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Full text of "Zeitschrift für Bücherfreunde .."

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ZEITSCHRIFT FÜR BÜCHERFREUNDE. 



ZEITSCHRIFT 

FÜR 

BÜCHERFREUNDE. 

Monatshefte für Bibliophilie und verwandte Interessen. 

Herausgegebc n 
von 

FEDOR VON ZOBELTITZ. 



Dritter Jahrgang. — 1899/1900. 

Zweiter Band. 




Bielefeld und Leipzig. 
Verlag von Velhagen & Klasing. 



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3 

N 
N 

5 



Inhaltsverzeichnis 

DL Jahrgang 1899/1900. — Zweiter Band. 

Die iUuimctteo Beiträge liwJ Bit * bezeichne!. 



Grössere Aufsätze. 

Mm 

Beer, Rudolf: Die Zimmernschc Bibliothek 401 

*Borov8ky, F. A: Die dritte Ausgabe des Psalteriums vom Jahre 1457 343 

*D äschner, Richard: Die grossen deutschen Antiquariate. Das Baersche Antiquariat 

in Frankfurt am Main 348 

Ebart, Egon: Von der Münchener Buchausstellung 277 

*Forrer, Robert: Alte und moderne Neujahrs wünsche und ihre künstlerische Wiedergeburt 369 

*Franke, Willibald: Deutsche Stammbücher des XVI. bis XVTII. Jahrhunderts .... 329 
*Genee, Rudolph: Schillers „Räuber" in den ersten Drucken nebst den wichtigsten 

Theaterzetteln 289 

Karpcles, Gustav: Der Ackermann aus Böhmen 387 

Kellen, Tony: Über welche Frauen ist am meisten geschrieben worden? 338 

"Meisner, Heinrich, und Johannes Luther: Die Anfänge der Buchdruckerkunst. Zur 

Fünfhundertjahrfeier des Geburtstages Gutenbergs 409 

Norden, J.: Die Anfänge des Buchdrucks in Russland 344 

*von Schleinitz, Otto: Die Bibliophilen. Bemard Quaritch 454 

*Schlosaar, Anton: Taschenbücher und Almanache zu Anfang unseres Jahrhunderts. II. 

Österreich und die Schweiz 298 

'Schnorrenberg, Jakob: Heinrich Lempertz sen. und seine Goethe -Sammlung .... 394 
Schwetschke, Eugen: Novae epistolae obscurorum virorum. Eine klassische Spottschrift 

aus der Zeit der Frankfurter Nationalversammlung 273, 315 

Stephens, J. GL: Gladstone als Bibliophile 351 

*von Zobeltitz, Fedor: Zur Reform der Buchausstattung 456 

*von Zur Westen, Walter: Der künstlerische Buchumschlag. DX Österreich — Schweiz — 

Italien — Holland — Belgien — Skandinavien — Russland — England . . 249 



561887 

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VI 



Inhaltsverzeichnis. 



Bauer, Katechismus der Buchbinderei ( — m) . . . 
Bonnana. Edwin: Bacon- Shakespeares Venus und 

Adonit (Fedor v. Zobeltitz) 

Branstwerter. Emst: Knecht Ruprecht f — «.) . . . 
Brockhan», Rudolf : Zum 28. August 1899 (Dr. Carl 

Schüddekopf) 

Bndie. E. A. Wallis: The Book of the Dead: The 
Papyrii of Huncfcr, Nechmet, Anhai, Nu and 
the Hook of Breathings (O. v. Schleinitz; . . 

Catalojne, The English, of Book». Vol. 5. January 
1S90 to December 1897 (P. E. Richter) . . . 

Dar, Lewis F. : Alte und neue Alphabete (— b.) . . 

Fettichrift au Goethes 15a Geburtstage, dargebracht 
Tom Freien deutschen Hochstift zu Frank- 
furt a. M. (F. v. Z.) . 

Forke, A : Blüten chinesischer Dichtung aus der Zeit 
der Han- und Sechs-Dynastie (M. Seelen) . . 

Oanz, Dr. Paul: Geschichte der heraldischen Kunst 
in der Schweiz im XII. und XIII. Jahrhundert 
(K. K. Graf zu Leiningen-Westerburg) ~ ~ 

Oaraett, Richard: Essays on Librianship andBiblio- 
graphy (O. v. S.) 

Ooedekei Grandrisa der Geschichte der deutschen 
Dichtung, neu bearbeitet v. Edmund Goetze( 14.) 

Corte, A: Der Ehrenbrief des Jakob Puterich von 
Reichertshausen an die Erzherzogin Mecht- 
hild (Dr. R. Petsch) 

Orlr.fi ii. Warner: 1 5 Illuminationen aus Manuskripten 
der Bibliothek des British Museum (O. v. S.) 

Orowoll, A.. Veröffentlichungen des Dibdin-Clnb in 
New York. Heft 2—4- Friedrich Levpoldt und 

Henry Ilarisse [E. Oettke) . 

— — : Book-Trade Bibliography in the United 
States in the XIX. Century (E. Oettke). . . 

Hedln, Swen: Durch Alien*. Wüsten. Drei Jahre 
auf neuen Wegen in Pamir. Lop-nor. Tibet 
und China (Z.'l 

Haar, J. C: Die Schweiz (Klans t. Rheden) . . . 

Heltz, Paul: Originalabdruck von Formschneider- 
Arbeilen des XVI. und XVII. Jahrhunderts (Dr. 
O. Zarctzky) . 



Kritik. 

469 Holtmann» Siegelmarken (— m.) 470 

Hoffmaa*, E. T. A : sämtliche Werke hersg. von 

378 Eduard Grisebach (F. v. Z.) 406 

36z *Hoelscher. G. : Heinrich Lempertz. Ein Lebensbild. 

(Jakob Schnorrenberg) 394 

32I Koennecke: Biographie Goethes in Bildnissen (F. v. Z.) 322 

Landor, Henry S.: Auf verbotenen Wegen. Reisen 

und Abenteuer in Tibet (2.) . ...... ~ 356 

359 Lorenz, Max: Die Litteratur am Jahrhundert-Ende 

(F. v. Z.) 463 

40 Ct. Utiow, Francis: A History of Bohemian Lite- 

406 rature (O. v. Schleinitz) 283 

Modern, Dr. Heinrich, und Dr. Alfred Ooelaila tob 
Tiefenau: Die Zimmemschen Handschriften 
323 der K. K. Hofbibliothek (Dr. Rudolf Beer) . 401 

323 „hl." Fünfter Jahrgang, zweites Heft 469 

Penneil, Mr. and Mrs. : Lithography and Lithographers 

(O. v. S.) TT 368 

357 Praetor, Robert: Index to the early printed books 
at the British-Musenm with notes of those in 

324 the Bodleian Library (O. v. S.) 471 

Saloawn, Ludwig: Geschichte des deutschen Zei- 

3 2 4 tnngs wesens ( — g.l 466 

Schleifer, Emil: Die Frau in der venezianischen 

Malerei (J. Hagen) 4*5 

464 Selpnel, Paul: Die Schweiz im neunzehnten Jahr- 
hundert. Band I (Klaus v. Rheden) .... 281 
Steinhaus*«, Georg: Deutsche Privatbriefe desMittel- 

alters (' — ob — ) 465 

Stflmcke, Heinrich: /.wischen den Garben ( — 7.) . 406 

Tsoeny, Ed.: Der Leutnant (F. v. Z.) 470 

qj 2 Voll. Karl: Velasquez ( — m.) 406 

de Vrles, A. G. L. : Ncdcrlandschc EmblemaU, ihre 
Geschichte und Bibliographie bis zum XVTfl. 
356 Jahrhundert (Dr. J. Hagen) 358 

28t Wmtmann, G. : Aus Leipzigs Vergangenheit. Neue 

Folge (Dr. Johannes Luther) 7 3^4 

— — Das 1/cipziger Stadtwappen (Dr. Joh. 
_3J1 Lutter) ...... 3SS 



Chronik. 



Zur Frage des Zeordruckes. (S.) 



Meinungsaustausch. 



404 



Buchausstattung. 



Sülle 

Adam, Paul: Der neue Stil in der deutschen Buch- 
binderei. ( — na.) 361 

Beskow, Elisa: Bilderbuch. fr. Z. W.) 466 

Brausewetter, Ernst: Knecht Ruprecht. (— r.) ■ ■ 362 

Gase, Jules: Die Sklavin. ( — n.) 3»j 

Hamsun, Knnt: Die Königin von Saba. (— n.) . . 325 

Kertten, Paul: Neue moderne Einbände. ( — m.) . 361 

Kurth, Ferdinand Max: Dichtungen. ( — m) ■ ■ . 325 

Marni, Jeanne, Pariser Droschken. ( — n.) .... 325 



Musterbuch der Aktien-Gesellschaft für Buntpapier- 
und Leimfabrikation in Aschaffenburg. ( — g.) 

Müller -Bonn, H.: Kaiser Friedrich der Gütige. 
(VY. v. z. W.) 



Münchener Kalender 1900. f — g/ 



3*5 



J«2 



Triniu», August: Thüringer Geschichten, (w — .) . 
Uitovering van Liederen nit het Licderboek van 

Groot-Nederland. (v. Z. W.) 466 



Villiera de I^sle-Adam: 
(W. v. Zar Westen) 



Histoircs soaveraines. 



ed by Google 



Inhaltiveroeichnii. VII 



in Bonn : 
Autographenschätze. L Die 
Dichter, Schriftsteller 
klassischen Periode. (R v. F.) ... 
Quaritch in London: Enter Teil 




364 



neuen Katalogs, der die Litteratur und Ge- 
schichte der Britischen Inseln behandelt(Th.G.) 363 
Jacques Rosenthal in München: Sammlung von 
Miniatur-Handschriften des Verlagsbaehhund- 
lers Dr. Trubner in Strassburg. (— g.) ... 363 



Von den Auktionen 



Seile 

Am »ler & Rathardt in Berlin: Sammlung Robert von 

Pommer-Esche, Abteilung I (— bl— ) .... 366 

Auktionen in Frankreich. Bihliothek Sarcey (— g.) 405 

Gilhofer 4 Ranschburg in Wien: Sammlung altkolo- 
rierter Originalkupferstiche (— bl— ) .... 366 



Seil. 

Leo Liepmannssohn in Berlin: Autogmphen — 

Dreisiigjähriger Krieg und Anderes ( — m.) . 404 

H.Hclbingin München : Simmig. Dr.M.Schubart( — g.) 365 

Sotheby in London: Tixall-Bibliothek (O. v. S-). . 406 
Sotheby in London: Bibliothek Lord Rendieaham* 

und einige kleinere Sammlungen (O. v. S.) . 467 



Seite Seit» 

471 Praakrele* 3»7 

3»« Itoll*« 367 

Dentschlaad 384, 326, 366, 406, 468 Österrelch-Ungara 2S4, 326, 366, 406, 468 

EntUuid 285, 327. 3«. W, 47» Staate« a «7. 3* 



Kunstbeilagen. 

Facalmlle des ersten Theaterzettels von Schillers „Rlnber" (zw. 292 und 293). 
Facslnfte des Titelblattes und lalttete D am Schlfiers Psattoriu von ISIS (zw. & 344 m»d 345). 
Facstatte elae* Doppelblattes aas der Ars aorieadl. Nach dem Exemplar der Bibliotheque nationale zu Paris, (tw. 
S. 412 und 413). 

Facaioille eines Doppel Mattes aas der Ars atemoraadi. Das 8.— 12. Kapitel des Evangelium Matthäi umfassend. Nach 

dem Exemplar der Bibliotheque nationale tu Paris. Verkleinert. (Zw. S. 420 und 42t.) 
FacsImUe aas Ortenbergs ZI selHtem Donat (sw. S. 424 und 42 5 > 

Calenberg. Nach dem Holzschnitte eines unbekannten Meisters vom Jahre 1578 (tw. S. 4*8 und 429). 
Unscblarielcbnuag voa Walter Craae (zw. S. 452 und 453). 

Zwei PactUaOes aach Origlaalielchnuntea voa Goethe «ad J. S. Bach (zw. S. 398 und 399)- 



Beiblatt 

Zu Heft 7— 12: Gesellschaft der Bibliophilen — Rundschau der Presse von Arthur L. Jelünek — Kataloge — Brief- 
kasten — Anzeigen. 



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ZEITSCHRIFT 



KÜR 



BÜCHERFREUNDE. 

Monatshefte für Bibliophilie und verwandte Interessen. 

Herausgegeben von Fedor von Zobeltitz. 
3. Jahrgang 1899/1900. Heft 7: Oktober 1899. 



Der künstlerische Buchumschlag. 



Österreich — 



Von 

Walter von Zur Westen in Herlin. 
HL 

Schweiz — Italien — Holland — Belgien — Skandinavien — 
Russland — England. 




loch vor Jahresfrist wäre es 
unmöglich gewesen, über Um- 
schlagszeichnungen österreichi- 
scher Künstler mehr als einige 
Zeilen zu schreiben. Selbst 
dann hätte man sich nicht auf 
österreichische Druckwerke beschränken dürfen, 
sondern auch die Umschläge zweier deutscher 
Zeitschriften in den Rahmen der Betrachtung 
ziehen müssen. In beiden bildet eine der be- 
kannten allegorischen Damen in antiker Toilette, 
die hier anscheinend die Poesie versinnbild- 
lichen soll, den Mittelpunkt der Kompositionen, 
von denen die auf der halbmonatlichen Aus- 
gabe von „Ober Land und Meer" (1897 und 
1898) von A. H. .SV///v/w/- Wien in einer süss- 
lichen Illustrationsmanier ä la Thumann aus- 
geführt ist, wahrend die andre, die V. Hynais- 
Prag fiir die „Illustrierte Welt entworfen hat, 
in einem pompösen Klassicismus ä la Baudry 
gehalten ist, den der Künstler sich in Paris an- 
geeignet hat und den auf dem Gebiete des 
franzosischen Buchumschlages L. Olivier Merson 
vertritt. — Von Hyn.iis rührt auch der bis 
September 189S angewandte, recht vernn- 
Z. f. B. 1899/1900. 



glückte Umschlag der „Kunst für Alle" her. — 
Unter den älteren österreichischen Umschlägen 
müssen wir den des Lieferungswerkes: „Hand- 
zeichnungen alter Meister", herausgegeben von 
J. Schönbrunner und J. Meder (Gerlach und 
Schenk) von Koloman Moser -Wien lobend 
hervorheben und mit besondrer Auszeichnung 
der Arbeiten Heinrich Le/lers-\\icn gedenken, 
unter denen der Umschlag des „Hausschats 
moderner Kunst' (Gesellschaft für vervielfälti- 
gende Kunst in Wien) obenan steht (Abb. 1). 
Er ist der einzige österreichische Umschlag, 
den Uzanne kennt, und mit Recht lobt er seinen 
„decor tres bellement presente, tres stylisc." 
Das Blatt ist die Glanzleistung Leflers auf 
diesem Gebiete geblieben, in der sein vor- 
nehmes stylistisches Talent und sein hoher 
Schönheitssinn am vollständigsten zur Geltung 
kommen. Zu seinen älteren Arbeiten gehören 
ferner die Umschläge des Katalogs der X. Aus- 
stellung des Wiener Aquarellistenklubs , die im 
Januar 1896 stattfand, und von P. von Schön- 
thans: „Wiener Lujt" (E. Pierson). Das letzt- 
genannte Blatt ist nur in schwarz und gelb 
gedruckt und zeigt eine junge Dame in 

32 



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250 



von Zur Westen. l>er künstlerische Bnchumschlag etc. 




C.'Sfilsrfcf.ft für vnmr\te\\i&rn}r }';jr.:.'> 



Abb. I. Unjchlagicicrtniuig roa Heinrich Lefler. 

vollständig flächenhafter Darstellung ohne jede 
Modellierung, teilweise sogar ohne eigentliche 
Konturierung , indem eine Anzahl schwarzer 
Flecken ohne Verbindungslinien auf den gelben 
Grund gesetzt sind; Gesicht, Schirm und Rock 
sind vermittelst des Papiergrundes weiss aus 
der gelben Fläche ausgespart. Trotz der Ein- 
fachheit der Darstellungsmittcl wirkt das Blatt 
ausserordentlich lebendig. Es beweist ein ver- 
ständnisvolles Studium der englischen Affichcn, 
vor allen der M. Greiffcnhagens und der 
Hrothers BeggarsteflT, und erinnert uns daran, 
dass Lefler unter den Flakatistcn Österreichs 
an erster Stelle steht. Aber auch unter den 
Umschlagkünstlcrn gebührt ihm nocli immer 
der höchste Platz, obwohl ihm in letzter Zeit, 
seit dem Eindringen der kunstgewerblichen Be- 
wegung, zahlreiche Rivalen erstanden sind. Kr 
hat für die Zeitschrift „Der Architekt*, Monats- 
hefte für Bauwesen und Dekorations - Kunst, 



einen ausgezeichneten Titclkopf ent- 
worfen; er hat auf dem Umschlag 
von „Kunst und Kunsthandwerk", 
dem von A. von Scala, Direktor 
des österreichischen Museums Tür 
Kunst und Industrie, herausgegebenen 
Hauptorgan der Bewegung, das 
Kunsthandwerk dargestellt, dem der 
Genius der Kunst einen Lorbeerkranz 
aufs 1 laupt drückt, und hat in seiner 
Geschäftskarte für die Berndorfcr 
Metallwarenfabrik von A. Krupp 
ebenfalls die Vereinigung von Kunst 
und Kunsthandwerk gefeiert Der 
Umschlag des XV. Jahrgangs von 
^/a/«j„i/>/«'/rww'Virdleiderdurch 
einen als Mittelpunkt eingeflickten, 
in Couleurschnitt reproducierten Kin- 
derkopf des bekannten Familienblatt- 
genres in seiner Wirkung beeinträch- 
tigt. Ob der, drei charakteristische 
Kriegerköpfe darstellende Prospekt 
der illustrierten Prachtausgabe des 
Musäusschcn Märchens „Rolands 
Knappen" (Gesellschaft für verviel- 
fältigende Kunst in Wien) und der 
ausgezeichnete heraldische Umschlag 
des „Österreichischen Kalender iStjg" 
(Artaria & Co.) wie ich annehme, 
von Lefler oder ob diese Arbeiten 
von seinem Mitarbeiter J. Urban 
entworfen worden sind, entzieht sich meiner 
Kenntnis. 

Bekanntlich ist die Kirchhofsstille, die lange 
Zeit im Österreichischen Kunstleben herrschte, 
seit kurzem lautem Kampfgetösc gewichen. 
Eine starke Gruppe hat sich von der Wiener 
Künstlergcnosscnschaft losgelöst, hat sich als 
„Vereinigung bildender Künstler Österreichs" 
zu einem neuen Verbände konstituiert und sich 
in der Monatsschrift „ Ver sacrnm'% die seit 
i. Januar 1898 in ungewöhnlich guter Aus- 



stattung erscheint, ein 



Kunst- und 



Kampfblatt geschaffen, das das Publikum für 
die Secession interessieren und gewinnen soll. 
Den Umschlag der ersten Nummer hat Koller, 
dessen Affiche für die Sievogt -Ausstellung im 
Winter 1S97 eine lebhafte Zeitungserörterung 
hervorrief, mit einer Darstellung geschmückt, 
die, wie einige bereits Iwsprochcne Arbeiten 
Eckmanns, einen programmatischen Charakter 



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von Zur Westen, Der künstlerische Bucliumschlag etc. 



trägt. Der in reicher Blütenfüllc prangende 
Baum der Kunst hat die Haiken des Kübels 
gesprengt, in den er gepflanzt ist, und hat im 
Erdboden Wurzel geschlagen. Leider hat aber 
das Gros der Secessionisten den hier gepredigten 
Anschluss an die Natur bisher nicht gefunden. 
In „Ver sacrum" treibt vielmehr ein tollgc- 
wordener Stilismus sein Wesen, der mit Natur- 
schilderung nicht das geringste gemein hat. 
Die Künstler haben die Lehre, die Herrmann 
Bahr ihnen im ersten Hefte gegeben: wer in 
Wien etwas erreichen wollte, dürfe sich nicht 
fürchten, lächerlich zu werden, nur allzutreu be- 
folgt. Originalität um jeden Preis, lautet die 
Losung. Derselbe Kolo 
Moser, der erst kürzlich 
in seinem vorzüglichen 
Umschlage zum „Kunst- 
Schate" (Gerlach und 
Schenk) einen Jüngling 
dargestellt hat (Abb. 2), 
der sich einen erquicken 
den Trunk aus dem 
ewig frisch sprudelnden 
Quell klassischer Kunst 
schöpft, hat in seinem 
Umschlag zu Heft II. 
des „Ver sacrum" eine 
ganz tolle Leistung ge- 
liefert, die zwar in den 
Farben an griechische 
Vasenbilder erinnert, im 
übrigen aber der edlen 
Kinfalt und stillen Grösse 
derantiken Kunst mcilen- 
fem steht. Das Blatt 
stellt drei vollständig 
gleiche Serpentintanzer- 
innen dar und steht 
an künstlerischem Wert 
weit hinter der bekann- 
ten Darstellung Stucks 
zurück, die dieser als 
Relief, als Gemälde und 
zuletzt als Titelblatt der 
Jugend (II., 38) behan- 
delt hat und in der sich 
Keminiscenzen an antike 
Wandgemälde mit den 
Eindrücken des moder- 
nen Serpentintanzes selt- 



sam mischen. Zu der Excentricität der Zeichnung 
gesellt sich in Mosers Umschlag zu E. Potsls 
„Bummelei" (R. Mohr) eine kaum leserliche 
Schrift. Es wäre sehr zu bedauern, wenn der 
talentvolle Künstler nicht bald wieder den 
Rückweg aus diesen Verirrungen zu gesundem 
Schaffen fände. Leider zeigen der neue Um- 
schlag der „Kunst für Aür" und der für H. 
Bahr „Die schöne Frau" (S. Fischer), dass dies 
bisher noch nicht der Fall ist. 

Für den Katalog der ersten Kunstausstellung 
der Wiener Secession hat E. Klint t die übliche 
Athene geschaffen, in demselben strengen archa- 
istischen Stil, den Stuck in seinem Athenekopf 




KVNSTöCriATZ 



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Abb. I, Umtchlagieichnung von Kol um au Motcr. 



352 von Zur Wc&len, Der künstlerische Buchumschlag c»c. 



für die Münchener Secessionisten-Ausstellung 
und in seinem Plakat der „Internationalen Kunst- 
ausstellung in München 1897" angewendet hat. 

Dieselbe Athene kehrt auch in dem Klimt- 
schcr Umschlag des Ausstellungsheftes von 
„Ver sacrum" wieder, der zugleich als Plakat 
gedient hat; hier schaut sie zu, wie Heracles 
irgend ein Ungeheuer bezwingt. Derartige 
natürlich symbolisch gemeinte Kompositionen 
finden sich noch auf mehreren Heften des „Ver 
sacrum". So hat Rotlen/eld einen Jüngling dar- 



überaus noble und geschmackvolle Färbung. 
— Das tollste, was der Wiener Kunstfrühling 
auf unserem Gebiete bisher hervorgebracht, 
dürfte der Frauenkopf von R. Kirchner auf 
dem Umschlag der Zeitschrift „Walhalla" sein. 
In erfreulichem Gegensatz zu der Fxcentricität 
und Originalitätshascherei dieses Blattes steht 
der ornamentale Umschlag der „Gesammelten 
Aufsätze Uber Hugo Wolf (S. Fischer), den 
ßamberger-Wicn entworfen hat. Zum Schluss 
sei noch erwähnt, dass auch der durch seine 





Abb. y Umichla£(cicbiiun); von T. Co Icnb r ander. 



gestellt, der auf einen Schild mit dem Künstler- 
wappen gestützt, am Kiel eines Schiffes steht, 
das mit schwellenden Segeln das brausende 
Meer durcheilt. Auf dem unsignierten Umschlag 
von Heft 9 schwebt die Frühlingsgöttin über 
die Lande, und wo sie hinkommt, bedecken sich 
die Baume mit reichem Blütenschmuck. Unter 
den sonstigen Umschlägen des „Ver sacrum" 
finden wir einen von Klimt und eine kraftige 
ornamentale Komposition von H. Schwaiger 
auf den den beiden genannten Künstlern ge- 
widmeten Heften, ferner eine landschaftliche 
Darstellung von C. Moll auf Heft X. — Lin 
gemeinsamer Vorzug aller dieser Blätter ist ihre 



Plakate und besonders durch seine geistreichen 
und koloristisch überaus reizvollen Fx-I.ibris 
bekannte ZT. OÄfc-Prag mehrere Umschlage 
entworfen hat, für //. Henzmann, „Sommer- 
sonnengluck" (Schuster & Löffler) für eine kleine 
Schrift R. M. Rilkes und für ein bei II. Storm 
erschienenes Buch „Üraussen im Leben" (letz- 
terer Originallithographie). Keins dieser Blätter 
giebt eine Vorstellung von der Bedeutung des 
Künstlers. — Von österreichischen Künstlern 
polnischer Nationalitat liegen mir nur zwei 
Umschlage der in Krakau erscheinenden Zeit- 
schrift „Zycie" von J. Mehofftr und Th. Axen- 
tozvicz vor. 



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S* - « 




Abb. 4. Uinichlagieichnuog von Walter Cime 



Zfittfkrilt /.r Äfc. ktr/rnnj, III 



Zm rvm Zur U'ttttm: Orr kwutlrrittkt tlu.kHm ickUg III. — , t 

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254 



In der Sdaveit erscheint seit 1897 eine 
illustrierte Familienzeitschrift: „Die Sc/iweiz" 
(Polygraphisches Institut, Zürich), deren einzelne 
Nummern mit farbigen Titelbildern versehen 
werden. Die künstlerisch bedeutendsten sind 
fraglos die von H. R. C. ///'/^/-Berlin (II. Jahrg. 
No. 5 u. 17), der zwar geborener Schweizer 
ist, aber mit Fug und Recht als deutscher 
Künstler angesehen wird und dessen Arbeiten 
daher auch bereits bei der Besprechung der 
deutschen Umschläge gewürdigt worden sind * 
Von den übrigen Umschlägen der „Schweiz" 
rühren verschiedene von //. Pfendsack her, der 
seine Landschaftsbilder mit naturalistischen 
Blumenarrangements umgiebt, die zu wenig 
stylisiert sind, um als Ornamente gelten zu 
können. Neben ihm sind u. A. Babler und 
Meyer- Cassel für das genannte Blatt thätig. 

•X<4v 

üb es in Spanien künstlerisch dekorierte 
Buchumschläge giebt, vermag ich nicht zu 
sagen; in Italien ist ihre Zahl keinesfalls gross; 
wenigstens habe ich in venezianischen Buch- 



handlungen nur wenig ausfindig machen kön- 
nen, was sich über den Durchschnitt erhob. 
Das relativ Beste ist bei verschiedenen Mai- 
länder Verlegern erschienen; hier sind die Um- 
schläge zum Teil signiert, am häufigsten fand 
ich den Namen Gloriano. Zu dem Hervor- 
ragendsten, was Italien auf unserem Gebiete 
hervorgebracht hat, dürfte der von A. Maroni 
entworfene Umschlag der seit 1893 bei A. Mal- 
cotti e figlio in Rom erschienenen, inzwischen 
aber wieder eingegangenen Kunstzeitschrift 
„L'Italia artistica e industriale" gehören. — Er- 
wähnt sei noch der Umschlag von „Le Arti 
graficlte" (Berger und Wirth) von dem durch 
seine Affichen für Auerlicht bekannten Matabni 
(1898). Der im Juliheft des Studio 1899 re- 
producierte und als „a good piece of purely 
decorative work" bezeichnete Umschlag A. Rizzis 
für die Zeitschrift „Primavera" ist mir nicht be- 
kannt geworden. 

Unter den Musikalien stehen die Ausgaben 
des Verlages G. Ricordi e Co. in Mailand oben- 
an. Freilich beschränkt sich — wie leider auch 
in Deutschland — die Thätigkeit des Künstlers 
fast durchweg auf die bildlichen Darstellungen ; 



« Vergl. Zeitschrift ßr Bücherfreunde Jahrgang 1898/99 S. 401, sowie den laufenden Jahrgang S. 1. 




Abb. 6. UmtchUi'eichnung ron Liuu Cachei 



von Zur Westen, Der künstlerische Buchum*chlag etc. 



255 



die Schrift wird in der Druckerei hinzugefügt 
und so kommt es, dass nur wenige Blätter 
einen einheitlichen, geschlossenen Kindruck 
hervorbringen; die weitaus meisten werden 
durch die konventionellen, in den verschieden- 
sten Grössen, Farben und Formen auf der 
Fläche zerstreuten Buchstaben um jede vor- 
nehme Wirkung gebracht. Verhältnismässig 
am wenigsten tritt dieser Ubelstand bei den 
graziösen, leicht hingeworfenen Arbeiten 
Mentas für eine Reihe von Kompositionen 
Alfred Sassernos (Text von Sophie Sasscrnö) 
hervor, wo die Schrift ganz klein gehalten ist. 
Die Musikstücke sind sämtlich der Königin 
Margarete gewidmet. Uber den Durch- 
schnitt erheben sich ferner die Arbeiten 
R. PeUegrinis, Montaltis und P. Scoppettas. 
Dekorative Qualitäten gehen ihnen freilich 
ebenso ab, wie der in überaus zarten Farben 
gehaltenen landschaftlichen Darstellung Micltet- 
tis Tür eine Komposition Tostis und merk- 
würdigerweise auch den von den bekannten 
Mailänder Plakatisten ATora da Hohenstein, A. 
Villa und Alfredo Edel herrührendenUmschlägen. 
Unter den zahlreichen Arbeiten des Letzteren, 
die abgesehen von diesem Mangel, manches 
Interessante bieten, stelle ich P. M. Costas 
„Amore e Neve" am höchsten. Der künstle- 
risch bedeutendste unter den mir bekannten 
italienischen Notenumschlägen ist aber jeden- 
falls der von G. A. Sartorio-Rom entworfene 
für ,'a Rumanella" von A. Rotoli, die Dar- 
stellung einer schönen Römerin, die sich träume- 
risch an eine antike Säule lehnt. Die im Kata- 
log der Ausstellung neuzeitiger Buchausstattung 
im Kaiser Wilhelms-Museum zu Krefeld auf- 
geführten Umschläge von ff. Beta und Martini 
Orasio habe ich nicht gesehen. 



>'*, <*a & i«b c«b 4Bj 

5<Z PUL" DEKINDUSTRIE BRUXELLES ' 
)tß\^TIUVUI\ ADMINISTRATIV | 
M Ol A R\cr.S Dt UiX£4k PUf - 
SSLlSLILATIONS II.LUMRCESÖ^ 



Abb. 7. Geschäfukarte der Druckerei V* Monnom in 
1 von Th. van R vtielberghc. 



Der kühle, objektive Realismus, der die Itol- 
lämlisc/te Malerei beherrscht, hat im Buchum- 
schlag in Vaarzon Morel einen tüchtigen Ver- 
treter, von dem mir zwei lithographierte Um- 
schläge grossen Formates vorliegen. Der eine 
für „Hat Hollandscltc Kermis" giebt eine lebens- 
volle Darstellung einer wandernden Kunstrcitcr- 
gesellschaft und ihres Publikums. Der andre, 
der den „Bloemencorso am 12. April ityti" 
schildert, scheint mir dagegen weniger gelungen. 



Mögen sich derartige gesellschaftliche Veran- 
staltungen der oberen Zehntausend Hollands 
auch nicht gerade durch besonders viel Chic 
und Hicganz auszeichnen, so werden ihnen doch 
diese Eigenschaften jedenfalls nicht so voll- 
ständig fehlen, wie man es nach Morels Um- 
schlag annehmen könnte. Auf dem Januar- 
heft 1898 der Zeitschrift „Word en Beeld" fin- 
den wir ein ausserordentlich charakteristisches, 
in Strichmanier ausgeführtes und durch den 
Holzschnitt reproduziertes Porträt N. G. Pier- 
sons, gezeichnet von H. J. Havemtan, gewiss 
kein geeigneter Schmuck für diesen Zweck, 
aber wegen seiner künstlerischen Qualitäten be- 
merkenswert. Der anonyme Umschlag von 
„Amsterdam in Stukken en Brokken" (Erven F. 
Bohn) sei beiläufig erwähnt. 

Wer die internationalen Kunstausstellungen 
der letzten Jahre besucht hat, wird aus den 
holländischen Sälen den Eindruck mitgenom- 
men haben , dass die Künstlerschaft keines 
andern Landes einen so gleichförmigen, so 
wenig individuell verschiedenen Charakter hat, 
wie die Hollands. Um so erstaunlicher wirkten 
im Münchener Glaspalast inmitten der meist 
vorzüglich gemalten, verstandesklaren und in 
Sujet und Auffassung so verwandten Bilder 
der Mesdag, Maris u. s. w. die symbolistischen 
Malereien Jan Toorops mit ihren seltsamen 
Farben, ihren emporgereckten, ganz unnatura- 
listischen Gestalten, den hieratisch steifen Be- 
wegungen und den mystischen Titeln, mit denen 
sich der Inhalt der Darstellungen so garnicht 
in Einklang bringen lassen wollte. Der erste 
Eindruck, den diese Bilder auf den Beschauer 



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von Zur Westen, Der künstlerische Huchumschlag etc. 



256 



machten, war wohl in den meisten Fällen ein 
lediglich unerfreulicher. Wenn man sich aber 
nicht damit begnügte, die Bilder als Excentri- 
citäten einfach 7.11 verwerfen, sondern sie ge- 
nauer betrachtete, so fand man manches scharf 
beobachtete und charakteristisch wiederge- 
gebene Gesicht, fand man Augen, in denen 
sich eine ungewöhnliche Fülle tiefer Empfindung 
und seelischen Lebens konzentrierte; schliess- 
lich spürte man auch wohl einen Hauch der 
mystischen Sagen- und Ideenwelt des Buddhis- 



Graefe der einzige, der in seinem geistvollen 
und instruktiven Aufsatz: „Das neue Ornament 
— die jungen Holländer" im Aprilheft 1898 der 
„Dekorativen Kunst" ihre Leistungen gewür- 
digt hat. Wenn ich im Folgenden die haupt- 
sächlichsten Persönlichkeiten mit ein paar 
Worten zu charakterisieren versuche, so thue 
ich dies unter der ausdrücklichen Reserve, dass 
mein Urteil, abgesehen von den mir durch 
Reproduktionen bekannt gewordenen Arbeiten, 
lediglich auf den im Folgenden namhaft ge- 



Abb. R. irmuhlagjtithnurig ron Lion Cachet, 



Ullis, in der Toorop lebt und die ihm die An- 
regung zu seinen meisten Arbeiten giebt. Vor 
allem aber entdeckte man Linien von edlem 
Fluss und dekorativer Grösse, Linienkomplexe, 
die Ornamente von eigenartiger, phantastischer 
Schönheit bilden. In dieser schöpferischen 
Thätigkcit auf ornamentalen» Gebiete beruht 
Toorops Bedeutung, durch sie reiht er sich 
einer Gruppe junger holländischer Künstler ein, 
die seit einigen Jahren rüstig an der Arbeit sind, 
um der Welt einen neuen Ornamentalst)! stu 
schaffen. Leider sind die reichen Früchte ihrer 
bisherigen Thätigkeit ausserhalb Hollands so 
gut wie unbekannt ; meines Wissens ist Meyer- 



machten Buchunischlägen, Prospekten etc. be- 
ruht , die zwar zu dem Eigenartigsten und 
Bedeutendsten gehören, was auf diesem Gebiete 
irgendwo geschaffen ist, die aber in dem Werke 
dieserUniversalkunstlerdoch nureinen verhältnis- 
mässig geringen Platz beanspruchen können. 

Meyer-Gracfe betont besonders stark den 
Einfluss, den die asiatische Kunst, mit der 
die 1 lollander durch ihre indischen Kolonien 
und ihren Welthandel vielfach in Berührung 
kommen , auf die Bewegung gewonnen hat. 
Toorop stein der asiatischen Kultur schon 
durch seine Herkunft nahe: er stammt von 
Mischlingen und ist in Java geboren. 1 )och 



von Zur Weiten, Der künstlerische Huchuiuschla^ elc. 



257 



I50C PETER NANSEN O« 

MARIA 




Abb. 9. UmtchliKicichoung \oa Gerhard Heilmana. 



erinnern die Gestalten seiner Pilder, wie seines 
mir in 5 verschiedenen Farben vorliegenden 
Umschlags für die Delfter Studentenzeitschrift 
„Indennevel", mehr an ägyptische Malereien, als 
an die Kunst seines Geburtslandes. — 

Th. van Hoytcma-V oorburg.der neben Toorop 
wohl der einzige der Gruppe ist, der in weiteren 
Kreisen ausserhalb Hollands bekannt und ge- 
schätzt ist, hat von der japanischen Kunst An- 
regungen empfangen, Er stellt besonders gern 
Vögel dar, Pfauen, Eulen, Störche. Perlhühner, 
die er sehr geschickt stilistisch umzuformen ver- 
steht. Auf seinem prächtigen, in rot und gelb 
ausgeführten Umschlag für das September- 
Oktoberheft 1896 der „Maandschrift vor Ver- 
enringsiunsr' bilden zwei fliegende Reiher das 
Hauptmotiv der Dekoration (Abb. 5). Ausser 
diesen» meisterhaften Platte hat Hoytema noch 
Umschläge für mehrere von ihm gezeichnete 
Piicher, wie „UtUngelut' und „Tzvee Hauen 11 , 
entworfen. 

Pei Toorop und Th. van Hoytema tritt der 
orientalische Einfluss stärker hervor als in den 
Umschlagzeichnungcn der andern holländischen 
Ornamentalkünstler. Ganz unberührt davon 
ist der Kindt rens Zeichnung für die in Liefe- 
rungen erschienene, von ihm illustrierte Pracht- 
ausgabe des holländischen Nationalschauspiels 

Z. f. B. 1899; 1900. 



„Gy sprecht van Amstet' von J. van den Vondel 
(Erven F. Röhn), die in einigen Motiven an 
gotische Miniaturen erinnert. Der Umschlag 
ist in einem stumpfen Grüngelb auf graugrüner 
Pap|ie gedruckt und erscheint mir zu diskret 
in der Farbe. 

Auch Johann Thorn - /V/Mrr- Haag hat 
der orientalischen Kunst nichts zu verdanken. 
Er ist eine der eigenartigsten, bedeutendsten, 
aber auch am schwersten zugänglichen Er- 
scheinungen der Gruppe. Für die Zeitschrift 
„L'Art appliqtie" hat er ein Plakat geschaffen, 
das so charakteristisch ist, dass ich mir nicht 
versagen kann, mit einigen Worten darauf 
einzugehen. Wirft man nur einen flüchtigen 
Plick auf die rein lineare Arbeit, so gewahrt 
man nichts als ein scheinbar unentwirrbares 
Chaos von Linien; erst allmählich erkennt man 
eine Darstellung Christi am Kreuz. Das Ge- 
sicht ist von fast brutaler Hässlichkeit, der 




Abb. lo. Um« •„.• . !> >•■ • ; vonCrrhard Möllmann 

33 



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258 




NORDISKK FÜRLAG BOG PO KLAGET ERNST «WESEN 



Abb. Ii. UmichLagzeichnung von H. Tcgncr. 

Körperbau ganz unmöglich; die Arme sind un- 
natürlich kurz, die Hände von riesiger Grösse. 
Die Darstellung geht an vielen Stellen ganz 
ins Ornamentale über, so die Haare, die Enden 
des Kreuzes, die Dornen, die des Heilands 
Arme umschlingen. Aber so sehr sich unser 
Gefühl auch gegen eine solche Auffassung des 
erhabenen Gegenstandes sträuben mag — aus 
Thorn-Prikkcrs Linien, die mit einander zu ringen, 
die sich wie im Krämpfe zusammen zu ballen 
und in einander zu bohren scheinen, spricht 
eine solche Gewalt physischen Schmerzes und 
seelischen Leidens, dass wir uns dem Ein- 
druck des Blattei nicht zu entziehen vermögen. 
In viel höherem Maasse als Toorop vermag 
Thorn-Prikker durch Linienkomplexe bestimmte 
Gefühle in uns zu wecken, uns in gewisse 
Stimmungen zu versetzen. Er ist eine willens- 
starke, kraftvolle, künstlerische Persönlichkeit, 
die zwar dem flüchtigen Auge nichts sagt, aber 
den ernsten Peschauer unwiderstehlich in ihren 
Hann zieht — Während bei dem Plakate für 
„L'Art applique" der figürliche Charakter über- 



wiegt, wirkt der Umschlag für „Meesterstukken 
der XIX. Eetewsche Schilderkunst" (H. Klein- 
mann) zunächst rein ornamental, aber bei ge- 
nauerem Hinschauen entdeckt man auch hier 
eine Reihe von Tiergestalten, die freilich ganz 
flächenhaft gehalten und ganz unnaturalistisch 
ausgeführt sind, die aber beweisen, wie schwer 
sich Thorn-Prikkers Phantasie von den Natur- 
dingen loslösen kann, die ihn zu seinen orna- 
mentalen Schöpfungen anregen. Doch auch, 
wo ihm dies gelingt, wie in dem rein linearen 
Umschlag zu „Souvenir de La Haye et Sche- 
veningue" (H. Kleinmann), schafft er keine Or- 
namente im eigentlichen Sinne. Wie bei allen 
Arbeiten des Künstlers folgt man auch auf dem 
letztgenannten Platte gern dem geistvollen Spiel 
seiner Linien, bemerkt bewundernd zahlreiche 
originelle ornamentale Einfälle, aber das Ganze 
hat etwas Zufälliges, Launenhaftes, ihm fehlt 
die Geschlossenheit, der einheitliche Charakter, 
den z. B. Bremmers ausgezeichnetes Titelblatt 
eines mir inhaltlich unbekannten Lieferungs- 
werkes (H. Kleinmann) besitzt, in dem ich den 
Einfluss der Arbeiten Thorn-Prikkers zu er- 
kennen glaube. Dieser weiss sich eben nicht 
genug zu beschränken; er lässt seiner reichen 
Phantasie nur zu gern die Zügel schiessen, und 
daher wirken seine ornamentalen Bildungen zu 
kompliziert, zu wenig einfach und gesetzmässig. 

In dieser Beziehung sind ihm selbst die- 
jenigen Künstler Jung- Hollands überlegen, deren 
Arbeiten ich sonst keinen rechten Geschmack 
abgewinnen kann, so Veld/ieer, der für das 
von ihm und Nieuwenkamp illustrierte Pracht- 
werk „Oude Hollandsche Steden aan de Zuidcr- 
see" (Erven F. Bohn) einen Umschlag ent- 
worfen hat, der mehr originell und seltsam als 
schön ist, und K. de Dazcl und M. Lauweriks 
(Amsterdam), die gewöhnlich zusammenarbeiten 
und deren Ornamente ich etwas kleinlich und 
spitzig finde. Sie haben einen „Prospectus" für 
die „Tijdschrift voor Vcrcieringskunst' 1 und 
Umschläge für eine Baugeschichte der Haar- 
lemer Kathedrale St. litwo, für einen Genoot- 
sehaps Kaiendtr für 1898 und eine andere 
Publikationen des Amsterdamer Vereins „Archi- 
tektura et Amicitia", und für die von ihnen 
herausgegebene neue Zeitschrift „Hoinv-ai Sier- 
k/o/st" gezeichnet, die seit 1898 bei Kleinmann 
in 1 laarlcm erscheint. 

Durch Klarheit und vornehme Einfachheit 



259 



zeichnet sich der von dem Architekten H. P. 
Z>Yr/tf£Y-Amsterdam in dunkelblau auf grünem 
Grunde ausgeführte Umschlag des November- 
Dezemberheftes 1896 der „Maandsehrift voor 
Vercieringskuust' aus. Die Ornamente erinnern 
an die freilich ganz anders geformten Metall- 
beschläge alter kostbarer Folianten. Unter den 
von Herlage gezeichneten Kalendern ist der 
der Feuervcrsichcrungsgesellschaft „Die Nieder- 
lande für 1897 ornamental am eigenartigsten; 
die farbige Wirkung — er ist in rot, hellgrün 
und blau auf kanariengelbem Grunde aus- 
geführt — ist nach meinem Geschmack eine 
zu laute. Für dieselbe Gesellschaft hat er noch 
einen zweiten 1898 und 1899 angewendeten 
Kalender gezeichnet und einen dritten für die 
Buch- und Handelsdruckerei von Kleytunberg. 

G. W. DySStikof'AxDSXttdxCÜ hat für die von 
J. Veth besorgte hollandische Ausgabe von 
IV. Cranes „Claims of Decorative Art", die 
unter dem Titel „Kunst cn Satnenlaing" bei 
Scheltcma und Hulkema erschienen ist, einen 
sehr originellen Umschlag entworfen, der aus 
zahllosen feinen, spitzen Linien besteht, die in 
bewunderungswürdiger Weise zusammengehal- 
ten und zu einem etwas komplizierten, aber 
durchaus einheitlichen und logisch gedachten 
Ornament vereinigt sind. 

Während Dysselhof lediglich mit Linien ope- 
riert, setzen sich die Ornamente der beiden Um- 
schläge, die der universellste Künstler der 
Gruppe, T. Colenbrander- Haag, für zwei Hefte 
der „Maandsehrift voor Veräeringskunst" ge- 
schaffen hat, aus scharf umrissenen Farben- 
flecken zusammen. Colenbranders Ornamentik 
erinnert in ihrem graziösen Fluss, ihrem heiteren 
spielenden Charakter an den Rokokostil, mit 
dessen Zierformen sie im übrigen freilich nichts 
gemein hat Colenbrander liebt leuchtende 
Farben und erstrebt eine möglichst reiche, 
farbige Wirkung. Der eine der beiden Um- 
schläge ist daher in gelb auf hellblau (Abb. 3), 
der andere in hellbraun, blau, rot, weiss und 
grün auf kanariengelbem Grunde ausgeführt. 

In dem ersten Hefte der bereits erwähnten 
neuen Zeitschrift „Bouiv- en Sierkunsf sind auf 
fünf Lichtdrucktafeln der Einband und die ein- 
zelnen Blätter eines Erinnerungsalbums repro- 
duziert, das dem Chemiker Professor J. Forster 
bei seinem Scheiden aus den Niederlanden dar- 
gebracht ist. Es ist von Lion Cadut und 



T/t. Xieuiuenhuis gefertigt und lässt bei aller 
Einheitlichkeit des Gesamteindrucks doch auch 
deutlich die Verschiedenheit der Kunstweise 
beider Meister erkennen. Nieuwenhuis erweist 
sich hier, wie in dem Umschlag für das Album 
„Souvenir de Schcveningue" (H. Kleinmann Co.), 
auf dem Fische, Mecrespflanzen, Muscheln etc. 
die ornamentalen Anregungen gegeben haben, 
und besonders in den zum weitaus grössten 
Teile von ihm gezeichneten Blättern der von 
Scheltema und Holkema herausgegebenen 
Kalender für 1896, 97, 98, 99 als ein sehr viel- 
seitiger, feinsinniger und geschmackvoller Ver- 
treter des naturalistischen Tier- und Pflanzen- 
ornaments. Dennoch erscheint Lion Cachct 
als der viel bedeutendere. Seine Dekorations- 
weise hat etwas Machtvolleres und seine Natur- 
auffassung ist freier und kühner. Auch seine 
Ornamentik lehnt sich oft an die Gebilde der 
Natur, insbesondere der Pflanzenwelt an, so in 
seiner Ankündigung der „Revue bimestriclle 
pour l'Art applique", in seinem Umschlag des 
Albums von Marken (H. Kleinmann) und vor 
allem in seinem Umschlag des Mai -Juniheftes 
der „Maandsehrift voor Vercieringskunsf, einem 
in seiner Art vielleicht unübertrefflichen Blatte 
(Abb. 6). Hier bildet eine ähnliche Moosart das 
Motiv der Dekoration, wie sie HL Obrist als 




HOLGER DRACHMANN 

MELODF^ER 

Abb. II. Umicbligieichmias von Cerhard Heil mann. 



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2ÖO 



von Zur We^en, Per künstlerische ItuchumschUg etc. 




AW>, lj- Anguyroc Umschtagzeicbouog ciuc» SlutLhalmcr Kuustlot. 




Vorbild für eiae seiner 
^ bekannten Stickereien ge- 
dient hat (reproduziert in» 
„Studio". lid. IX.. S. 105). und 
doch ist der Eindruck beider Arbeiten 
ein ganz verschiedener. II. Obrists Kissen 
zeigen stilisierte Pflanzen, L. Cachets Um- 
schlag wirkt dagegen zunächst als lineares 
Ornament, und erst allmählich kommt uns zum 
Bewusstsein, dass eine Pflanze die Anregung zu 
demselben gegeben und als Vorwurf für eine 
ganz freie stilistische Umformung gedient hat. 
Einen Höhepunkt erreicht Lion Cachets Kunst 
in dem Umschlag von „Dordrechf (uitgave van 
Morks en Geuzc Dord), dem ich eine weit über 
seine eigentliche Bestimmung hinaus reichende 
Bedeutung beilegen möchte (Abb. 8). Er ist in 
lichtem Grün auf weissem Grunde ausgeführt; 
der Titel und das Stadtwappen auf der Rück- 
seite sind in hellroter Farbe gedruckt. Das 
Ornament ist rein linear, von jeder Beziehung 
zu den Naturdingen vollständig gelöst, dabei 
von edelsten) Linienfluss, phantasievoll erfunden 
und doch so klar, so einfach, so logisch und 
gesetzmässig, dass es in seiner Art klassisch 
genannt werden kann. Diese Arbeit weist L. 
Cachet einen Ehrenplatz unter den Ornamental - 
kunstlern der Gegenwart an. 



mich hier etwas kürzer fassen, als es die 
Wichtigkeit des Gegenstandes an sich er- 
fordern würde, weil Meyer- Graefe bereits in 
zwei Aufsätzen in der „Zeitschrift für Bucher- 
freunde" ilns belgische Buchgewerbe behandelt 
und bei dieser Gelegenheit auch einen Teil 
der bedeutendsten Umschlagzeichnungen mitbe- 
spruchen hat. Wie in Holland, ist auch in 
Belgien die Schaffung eines neuen abstrakten 
Ornainentalstils das Ziel der Bewegung, deren 
Charakter sonst in beiden Ländern ganz ver- 
schieden ist. Der einzige Berührungspunkt, den 
die jungen Holländer mit einander haben, ist 
der exotische Einfluss, der sich in den Arbeiten 
der meisten von ihnen manifestiert. Im übrigen 
ist ihr künstlerisches Naturell so verschieden, 
dass man sich kaum einen grosseren Gegensatz 




Wenn ich mich jetzt zur Besprechung der 
belgischen Umschlage wetide, so kann ich 



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26l 



auf ornamentalem Gebiete denken kann als 
den, der zwischen den Einzelnen bestellt. Wir 
können daher vielleicht von dem Stil Colen- 
branders oder Lion Cachets, aber noch nicht 
von einem niederländischen Ornatnentalstil 
reden. Dagegen sind die Arbeiten der belgi- 
schen Ornamentalkünstler so völlig aus einem 
einheitlichen Geiste heraus geschaffen, bei aller 
Verschiedenheit im Einzelnen so gleichartig in 
ihrem Grundcharakter, dass Meyer - Graefe in 
diesem Sinne mit Recht von einer belgischen 
Renaissance spricht, weil hier wie in der Re- 



Begriff geben. Viel bedeutender und für die 
Ornamentik des Künstlers charakteristischer 
erscheinen mir der Umschlag für Art deco- 
rati/", die französische Ausgabe der „Dekora- 
tiven Kunst" (Bmckmann) und die Einladungs- 
karte für die Ausstellung „Constantin Meunier" 
bei Keller und Reiner in Berlin, die in stumpfem 
Grün und Violett auf grauem Grunde ausgeführt 
ist. — Unter den Umschlagzeichnungen des 
grossen Ruch- und Teppichkünstlcrs I.emmen, 
die sich durch einen wundervoll weichen Linien- 
fluss auszeichnen, stelle ich die für Kahns „Limbcs 



% 




1fr 




Abli. i|. 1'nMchUf/eichauug von H. Tcgncr. 



naissaneezeit „ein und derselbe künstlerische 
Impuls gleichzeitig alle Gebiete durchdringt." 

Die Schöpfer des neuen belgischen Orna- 
mentalste sind Th. von Rysselberghe, H. van 
de Velde und G. Leinmen. II. van de Velde, 
dessen grosses ornamentales Talent zuerst in 
dem Eries der auf der internationalen Kunst- 
ausstellung in Dresden 1897 ausgestellten „Salle 
de repos" dem deutschen Publikum in einem 
glänzenden Beispiel vorgeführt und seitdem 
durch die Einrichtung und die Ausstellungen 
der neuen Berliner Kunstsalons allbekannt gewor- 
den ist, hat die Umschläge zweier Bücher von 
M. Elskamp ,.Salttt<itw)i±" und „En Symbole vers 
l'Apostolat (beide Lei l\ Lacomblcz in Brüssel) 
entworfen, die von seiner Grösse keinen rechten 



de Lumieres" am höchsten (Brüssel, E. Deman 
1897). Die Schrift ist in zartem Maigrün, 
das Ornament in einem bronzefarbenen Ton 
auf hellbraunem Grunde ausgeführt. Weniger 
glücklich in der Earbenzusammenstellung wirkt 
der Umschlag zu einem Programm für „Les 
Concerts populäres de ßruxelles", bei dem 
die Schrift rot, das Ornament grün gedruckt 
ist. Eine der neuesten Arbeiten Lemmens 
auf unserem Gebiet dürfte die in diesen Heften 
bereits reproduzierte schöne Ankündigung der 
„Notizen über Mexico" vom Grafen II. Kessler 
(F. Fontane & Co.) sein. Von I.emmens Hand 
rührt auch der, meines Wissens einzige künst- 
lerisch wertvolle Titelkopf einer deutschen Tages- 
zeitung her, der der Krefelder Verkehrszeitung. 



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262 



von Zur Westen, Der künstlerische Ituchumschlag etc. 



In einer Abhandlung in der „Dekurativen 
Kunst" (I. Jahrgang, Seite ioo) über moderne 
Teppiche hat George Lemmen das Prinzip auf- 
gestellt, dass das Motiv der Ornamentation 
von der Natur angeregt sein, sich aus stili- 
sierten Tier- oder Pflanzenformen zusammen- 
setzen dürfe. Habe man aber z. B. Fische 
als Motiv gewählt, so dürfe man nicht etwa 
wirkliche Fische darstellen, sondern müsse 
eine Arabeske finden, in der das in Frage 
stehende Tier nur den Vorwurf für eine deko- 
rative Umformung liefere. Lemmens Arbeiten 
beweisen, wie streng er sich an dies Programm 
gehalten. Nur selten kann man den Natur- 
gegenstand erraten, der ihn zu seinen ornamen- 
talen Bildungen, seinen Linienschwingungen 
angeregt hat; sie wirken ganz abstrakt, rein 

; PeRC0CK'€Dm0NfflT5^ 



[ÄCMILLflN'S 
, v . ILLÜSTRHTeD 
v uv\ STÄNDKRP 
>V^N0V€LS 



•i 



CLOTH-.ÜNCüTeDGeS'^ö 

Abb. 15. Uni»chl:i£jei<.hntiii{ von A. Turb.iync. 



linear. In den älteren Arbeiten 77/. van Ryssel- 
berghes ist die Auflösung der Naturmotive in 
rein lineare Bildungen weniger vollständig durch- 
geführt, so in den reizenden Windenranken auf 
dem von ihm dekorierten Almanach Verhaeren 
(Dietrich & Co.), in seinem alljährlich wieder- 
kehrenden Umschlag des Katalogs der Jahres- 
ausstellungen der „Libre Esthetiquc" in Brüssel 
mit den Alpenveilchen und vor allem in dem 
überaus zarten Umschlage mit den Schmetter- 
lingen zu Verhaerens „Les heures claircs' 1 
(E. Deman), den Octave Uzanne in einem 
Aufsatz der Zeitschrift Art et Decoration (III, 
S. 42) mit Recht als „simplement exquis" 
rühmt. Fast rein ornamental wirken dagegen 
die Umschläge zu 3 anderen Werken Verhaerens. 
zu „Les Campagnes //aducinees", zu „Les Villes 
tentaculaires" und zu „Les Aubes" (E. Deman). 
In noch höherem Grade gilt dies von den 
Umschlägen der neuesten Publikationen des 
Demanschen Verlages, den „Histoires sou- 
veraines" des Comte de Villiers de LIsL - 
Adam, den „Poisies de St. Ma/Zanne 1 ' und 
den „Modidations sur la mer et la nuit' von 
Robert de Souca ; ferner von den Umschlägen 
einiger im Verlage von Schuster und Löffler 
erschienener Novellen J. Meyer-Graefes (ge- 
druckt in schwarz und grün auf braunem 
Grunde und in rot und schwarz auf blauem 
Grunde) und der Zeitschrift „Dekorative 
Kunst" und endlich von der reizenden, in drei 
verschiedenen Farbenzusammenstellungen 
ausgeführten Geschäftskartc der „hnprimerie 
Veuve Monnom" in Brüssel (Abb. 7), in der 
ein grosser Teil der Arbeiten der neuen 
belgischen Ornamentalkunst gedruckt ist. 

Viel näher als Rysselbcrghes Arbeiten 
stehen dem naturalistischen Pflanzenornament 
die Umschläge von A. Lynen- Brüssel für den 
Katalog der Kolonialausstellung zu Tervueren 
1897 und von F. Coppe/ts-limsscl für den 
Katalog der IV. Ausstellung der Vereinigung 
Pour l'Art 1896. 

Ein interessantes Blatt, dessen Schöpfer 
ich leider nicht kenne, ist der Umschlag des 
von M. Maeterlinck bevorworteten Katalogs 
der Werke des vlämischen Malers Franz 
Melcliers. Über die Mitte des dunkelgrünen 
Umschlags ist ein schwa17.es Band gelegt, 
über das sich seltsam verschlungene gelbe 
Linien ziehen. — 



von Zur Westen, Der künstlerische iiuchumschlag etc. 



THF. ENDYMION SERIES 





Abb. 16. Uin<ihU(<eichnunä; »on K. Anaing Hell. 



Merkwürdig selten sind mir Umschlags- 
zeichnungen von der Hand der besseren bel- 
gischen Plakatkiinstler begegnet. Die einzigen, 
die mir bekannt geworden, sind ein Frauen- 
kopf Privat- Livemonts der bekannten, von Mucha 
stark becinflusstcn Art auf einer Nummer der 
englischen Zeitschrift „The Poster" und der 
Umschlag von G. Combaz für „L'Art appliqui" 
Ein anderer Umschlag des Letztgenannten für 
ein Buch „Amurs" ist in „Art et Decoration" 
reproduziert (III, S. 41). Die dort Seite 42 er- 
wähnten Umschlage von //. Aleunter, Rassen- 
fosse und Berchmans sind mir unbekannt. 

Die sonstigen figürlichen Umschläge Belgiens 
kommen den ornamentalen an Bedeutung nicht 
gleich, so geistvoll auch Fe Heien Kofis' Kompo- 
sition für „La Vie elegante" (G. Decaux) er- 
funden ist und so stimmungsvoll und würdig 
auch Th. van Rysselberghes Darstellung eines 
harfespielenden Mädchens auf „Poesies niises 
en tnusique" von G. Fle (Ed. du Mercurc de 
France) wirkt. Nicht ganz auf der Höhe dieser 
Blätter stehen die allegorischen Umschlags- 
Zeichnungen von ff. Ottevaere- Brüssel auf dem 



Katalog der Ausstellung „Pour l'Art 1894", von 
A. Ciamberlani auf dem Katalog der V. Aus- 
stellung „Pour l'Art 1897" und von einem 
Künstler, dessen Namen ich nicht entziffern 
kann, auf „Les Parias de l'Art" von L. Dehur. 
— Eine reizende Glyptographie des Bildhauers 
Paul Dubois schmückt den Katalog der „Ex- 
position de l'Art photographique anglais", Brüssel 
1892. Ein höchst eindrucksvolles Blatt grossen 
Formates ist der Umschlag, den Karl Meunier 
für eine Sammlung von neun Arbeiten Con- 
stantin Meunicrs ausgeführt hat, die unter 
dem Titel „Au Pays noir" bei E. Dcman er- 
schienen ist. Das Blatt stellt eine Scenerie 
aus der Bergwerksgegend Belgiens dar und be- 
ruht wohl ebenso, wie der Inhalt des Albums, 
auf einer Zeichnung des grossen Maler -Bild- 
hauers. Den belgischen Symbolismus vertritt 
F. Khnoppf mit einer seltsamen Zierleiste auf 
den ihm gewidmeten lieft der Wiener Zeit- 
schrift „Ver sacrum", die archaisierende Richtung 
K. Doudelet mit seinen Umschlägen zu dem 
von Pol de Munt herausgegebenen Blatte „De 
Y'laawse School" — 



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264 



von Zur Westen, Her künstlerische Buchum schlag etc. 




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Abb. 17. Umschlafficichniiiig Ton C. (i. Wennerberif 

Unter den skandinavischen Landern steht 
Dänemark auf dem Gebiete des Buchumschlags 
an erster Stelle ■ — sehr begreiflicher Weise, 
denn neben der Keramik ist das Buchgewerbe 
der einzige Zweig der angewandten Kunst, 
auf dem sich Danemark bisher in umfassenderer 
Weise bethatigt hat. Selbst ein grosser Teil 
derjenigen Umschlage, die keinen oder nur ganz 
bescheidenen zeichnerischen Schmuck tragen, 
fallt dadurch angenehm auf, dass er aus schön- 
gefärbter Tappe von ausdrucksvoller Struktur 
hergestellt ist und die kräftigen, einfach ge- 
formten Typen so geschmackvoll auf der Fläche 
angeordnet sind, wie man es bei uns leider nur 
ausnahmsweise findet. Besonders hervorzuheben 
sind in dieser Beziehung einige neue Publika- 
tionen des „Nordiske Forlag", teils grosse Werke, 
wie J. Schovelins „Fra den danske Handels 
Empire", I. T., teils kleine Buchlein, wie „Den 
danske Skoles Sangbog" I. H. — 

Durch die in ihrer Art unübertrefflichen 
Erzeugnisse der Kgl. Porzellanmanufaktur und 
der Firma Bing und Grondahl in Kopenhagen 
mit ihren wundervoll zarten, lichtblauen Unter- 
glasurmalereien ist der Charakter der modernen 
dänischen Dekorationsweise weltbekannt ge- 
worden. Es ist zweifellos, dass die Kunst der 



Japaner für sie vorbildlich 
gewesen ist. In der däni- 
schen Malerei manifestiert 
sich ein frischer, kraftvoller 
Realismus und ein starkes 
I Icimatsgefühl. Leistete 
jener dem Eindringen des 
naturalistischen Dekora- 
tionsprinzips der Japaner 
Vorschub, so bewahrte 
dieses die dänischen Kera- 
miker vor der Gefahr, blosse 
Nachahmer zu werden. Wir 
können wohl sagen, dass die 
japanischen Anregungen 
nirgendwo selbständiger 
verarbeitet sind, wie in 
Dänemark. Die Kopen- 
hagener Porzellane haben 
nichts Japanisches, sie er- 
streben nicht den piquanten 
Effekt des Fremdartigen, 
Exotischen, sie wirken viel- 
mehr ganz dänisch, ganz 
germanisch. Dasselbe gilt auch von den Buch- 
umschlägen Gerhard Heilmanns, der einer 
der geschicktesten Maler der Kopenhagener 
Porzellanmanufaktur und zugleich einer der 
Hauptmeistcr des dänisches Buchgewerbes ist. 

Heiiniann ist in seinem künstlerischen Na- 
turell unserm Otto Eckmann verwandt; freilich 
hat er nicht dessen Zartheit, dessen graziöse, 
schlanke Linienführung; er wirkt derber, ur- 
sprünglicher. Er sucht seine Dekorations- 
motive fast nur in der heimischen Landschaft, 
ihrer Tier- und Pflanzenwelt, die er so geschickt 
und unmerklich stilistisch umzuformen und zu 
vereinfachen weiss, dass die Frische und Un- 
mittelbarkeit des Natureindrucks darunter nicht 
leidet. Hin possierlicher Vogel schmückt K. 
A. Taz'aststjemas „Kvindertgimente" (Gylden- 
dalskc Boghandels Forlag), ein geschmackvolles 
Blumenarrangement in violett Nyrops „Kysset og 
dets Historie" (Det nordiske Forlag). Häufig 
enthalten seine Dekorationen offenbar An- 
spielungen auf den Inhalt des Buches. So 
zeigt der Umschlag von K. Larsens „Dr. Zr." 
(Det nordiske Forlag) eine riesige Spinne, welche 
ihr Netz über ein Beet von Lilien ges[>onnen 
hat, die traurig die Kopfe hängen lassen, und auf 
//. l y oHtoppidanns: ,,iXaftei>agt' (P. G. Philipsens 



C) 



26S 



Forlag) erblicken wir einen Schmetterling, 
der mit seinen Flügeln in Disteln hängen ge- 
blieben ist; im Hintergrunde ist Rom mit der 
Peterskirche sichtbar. Mit ganz besonderem 
Geschick weiss Heilmann landschaftliche Scene- 
rien zur Dekoration seiner Umschläge zu ver- 
wenden. Die Darstellungen des Vorplatzes 
eines antiken Tempels am Meere auf P. Nan- 
sens „Mari^ (P. G. Philipsens Forlag) und 
der einsamen Mühle auf blumigem Hügel auf 
P. Nansens „Guds Fred" (Gyldendalske Bog- 
handcls Forlag; auch auf der bei S. Fischer 
erschienenen deutschen Ausgabe) wirken ganz 
dekorativ und dabei doch sehr stimmungsvoll 
(Abb. 9 und io). Ein schönes Blatt ist der 
Umschlag von Holger Drachmanns „Melo- 
dramer" (Gyldendalske Boghandels Forlag): 
Herbststürme schütteln die Bäume; welke 
Kastanienblätter fallen auf ein Beet von Herbst- 
zeitlosen ; im Toben des Sturmes braust grausen- 
erregend der wilde Jäger mit seinem Gefolge 
und seiner Meute durch die Lüfte (Abb. 12). Auf 
der y,Illustreret Kultur Historie" (Gyldendalske 
Boghandels Forlag) ist ein pflügender ägyp- 
tischer Fellache dargellt, vor dessen erstaunten 
Blicken eine Fata morgana, ein mittelalterliches 
Schloss, auftaucht Auf dem Umschlag von „ Vort 
Folk" (Gyldendalske Boghandels Forlag) ist 
das Medaillonbild eines pflügenden Bauern auf 
seinem Acker sehr gelungen; die Hauptdar- 
stellung eines Schlosses am See ist zu bild- 
mässig gehalten, und die aus Buchenzweigen 
gebildete Umrahmung wirkt ziemlich nüchtern. 
Überhaupt gelingen Hcilmann figürliche Kom- 
positionen nicht immer, wie z. B. das schaukelnde 
Mädchen auf der Zeitschrift „Tilshueren" und 
der seltsame Umschlag der Kollektion „Populäre 
Smaaskrifter" (Det Schubotheske Forlag) be- 
weisen, wo ein unbekleideter Mann die Thüren 
weit öffnet, damit der Lufthauch des neuen 
Zeitgeistes oder der modernen Bildung in breiten 
Wellen zu den Ochsen im Stall strömen kann, 
eine Allegorie, die nicht grade sehr schmeichel- 
haft für die Leser der Sammlung ist. Auf den 
Umschlägen von A. D. Sorgensen „Ifistoriske 
Afhandlinger" (Det nordiske Forlag) und von 
„Kopenhagen" ', einem reizenden, vom dänischen 
Touristenklub herausgegebenen Führer, hat der 
Künstler sehr geschickt heraldische Wappen- 
tiere und Embleme verwendet; auch Motive 
der altnordischen Ornamentik weiss er gelegent- 

Z. f. B. 1899/1900. 



Uch geschmackvoll zu verwerten, so auf dem 
Umschlag von „Vor Oldüd" von Sophus 
Midier (Det nordiske Forlag). Lehnt er sich 
dagegen an fremde Stile, die Antike (P. la 
Cour, „Historisk Matematik" und G. Brandes 
„7. Lange" [Det nordiske Forlag]) oder die 
Renaissance (R. Browning „Granatadler") an, 
so ist das Resultat wenig erfreulich. 

Heilmanns bedeutendster Rivale auf dem 
Gebiet des Buchumschlages ist H. Tegner. Die 
kluge Beschränkung und vornehme Einfachheit, 
die seine Einbanddecken zu gewerblichen Meister- 
stücken machen, bilden auch den Hauptreiz 
seiner Umschlagszeichnungen. Nur selten wählt 
er landschaftliche Scenerien zur Dekoration, so 
auf H. Pontoppidans „Minder« (P. G. Philip- 
sens Forlag), wo zwei Störche über eine ein- 
same Flachlandschaft fliegen, und auf M. Gold- 
schmidts „Poetiske Skrifter" (Gyldendalske 
Boghandels Forlag), wo eine Palme und ein 
Lorbeerbaum ihre Kronen vereinigen. In diesen 
Blättern wirkt Tegner nicht so frisch, so ur- 
sprünglich wie Heilmann. 

In seinen omamentalen Arbeiten bedient 
sich Tegner meist überkommener, allerdings in 
sehr freier und persönliche Weise behandelter 
Stilformen, am liebsten des Rokoko, in dessen 
Geschmack die reizenden Umschläge zu Hol- 
bergs „Komedier" (Nordiske Forlag), zu Svend 
Leopolds „Prinsessc C/iarlotte" (Abb. 1 1 und 14) 
und „HyggeUge Tider" (Det Schubotheske 
Forlag) und zu J. Henningsens „Under Pun- 
kahen" (Gyldendalske Boghandcls Forlag) ge- 
halten sind. Zu dem Umschlag von V. Vedels 
„Fra Italien" (P. G. Philipsens Forlag) haben die 
Altäre der Robbias als Vorbild gedient ,Julies 
Dagiog" von P. Namen (P. G. Philipsens Foriag) 
und Jule- Album, VII. Jahrg. 1898 (A. Jacobsens 
Forlag) sind im Zopfstil, P. Mariagers „Dron- 
ningen af Kyrene" (P. G. Philipsens Forlag) 
ist in dem etwas trockenen Klassicismus aus- 
geführt, der seit Thorwaldsen bis in die neueste 
Zeit hinein in Dänemark die Alleinherrschaft 
besessen hat H. Drachmanns „Ungdoms 
Digte" endlich sind mit einem Umschlag 
versehen, der deutlich den Einfluss einer Arbeit 
Anning Beils verrät 

Indessen hat Tegner, besonders in neuester 
Zeit auch eine Reihe ganz selbständiger und 
von überkommenen Stilformen unbeeinflusster 
Arbeiten geschaffen, in denen er meist pflanzliche 

34 



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266 



von Zur Westen, Oer künstlerische Ilucbumschlag etc. 



Motive zur Dekoration verwendet, so auf 
lt A. öhlenschläger et ZJvs Poes?' von V. Ander- 
sen, Weinlaub und Trauben (Det nordiske 
Forlag), so auf Mohr og Nissen „Tysk-dansk 
Ordbog" (Schubotheske Forlag) graziös ver- 
schlungene Brombeerzweige. Auf Shakespeares 
„Dramatisie Vcerker" (Schubotheske Forlag) 
bildet ein phantastischer Schmetterling den 
Mittelpunkt der Dekoration. Schlichte Linien- 
ornamente, die in rot auf weissem Grunde aus- 
geführt sind, schmücken einige Dichtungen 
H. Pontoppidans : „Afuld", „Domnuns Dag" und 
„Det forjeettede Land 1 ' (P. G. Philipsens Forlag). 

Neben Heilmann und Tegner, deren Ar- 
beiten ich nicht annähernd vollständig aufge- 
zählt habe, treten die gelegentlichen Leistungen 
anderer dänischer Künstler auf unserem Gebiete 
sowohl an Zahl wie auch meist an künstleri- 
scher Bedeutung sehr zurück, indessen finden 
sich auch unter ihnen eine Reihe trefflicher 
Arbeiten. Als besonders bemerkenswert ver- 
dient die schöne Landschaft von Agnes Slott- 
Möller auf dem Hefte „Sommer" hervorgehoben 
zu werden, das zum grossen Teil Arbeiten der 
jungdänischen Künstlergruppe vereinigt, über 
die der „Pan" kürzlich eine längere Besprechung 
aus der Feder N. V. Dorphs brachte. — 
Interessant sind ferner der Umschlag Norre- 
tranders zu „Hönsegaarden" (Det Schubotheske 
Forlag) mit zwei prächtig dargestellten Hühnern, 
die in der Art der Stilisierung etwas an Th. 
van Hoytema erinnern, und der Kongstad Ras- 
mussens zu Henrik Pontoppidans „Natur" (Det 
Schubotheske Forlag) mit einem Arrangement 
naturalistisch stilisierter Blumen und Zweige. 
Die hübsche Landschaft auf H. Bangs „Vcd 
Vejcn" (Det Schubotheske Forlag) rührt von 
Knud Larsen her, der jedenfalls wohl auch der 
Verfertiger des Umschlags von A. Nielsens 
„Fra Landet 1 (Gyldendalske Boghandels For- 
lag) ist, die Signatur K. L. tragend. Eine 
Mondscheinlandschaft mit interessanter orna- 
mentaler Umrahmung auf K. G. Brönsteds 
„Borretaarn" (Det nordiske Forlag) hat R. 
Christiansen zum Verfertiger, dessen junger 
Radfahrerin vor der Notrcdamekirchc auf H. 
Cavüngs „Paris" (Gyldendalske Boghandels 
Forlag) nur etwas mehr französische Eleganz 
zu wünschen wäre. 

Lorenz Fröhlich hat den Umschlag von 
„Den arldre Edda", Viggo Pedersen den von 



y. Jörgensens „Stenntinger" gezeichnet (beide 
P. G. Philipsens Forlag). Ein schönes Blatt ist 
der grosse Umschlag der Arbeiten der dänischen 
Radierervereinigung von Niels Skovgaard. Da- 
gegen ist der bekannte Radierer H. N. Hansen 
nur mit einer Vignette auf E. Skrams „Agnes 
Vittrup" und dem meines Erachtens wenig 
glücklichen Umschlag von „1001 Nat" vertreten 
(beide det Schubotheske Forlag). Schliesslich 
seien noch die Umschläge von Aug. Jerndorff 
zu Franzoi „Sandhedssögeren" (Det Schubo- 
theske Forlag) und von einem Anonymus zu 
„Kunstltislorien" (Det Nordiske Forlag) erwähnt. 

Von Musikalien verdienen die Umschläge 
der in W. Hansens Verlag erschienenen Noten- 
hefte eine lobende Hervorhebung. Aner- 
kennenswerter Weise sind es fast alles wirk- 
liche Umschläge, nicht blosse Titel, die mit 
dem Hefte zusammenhängen und womöglich 
auf der Rückseite bedruckt sind, wie es in 
Deutschland meist der Fall ist. Als Material 
verwendet der Verleger meist dunkelfarbige 
Pappe von kräftiger, ausdrucksvoller Struktur, 
die sich sehr angenehm anfasst Die zeichne- 
rischen Darstellungen sind freilich nicht alle 
Meisterwerke, aber sie erheben sich doch be- 
deutend über das Niveau der bei uns in Deutsch- 
land leider noch immer üblichen. Besonders 
erfreulich berührt das Fehlen alles Sentimental- 
Süsslichen in Sujet und Ausführung, was um 
so bemerkenswerter ist, als der grössere Teil 
der Umschläge von zwei Damen entworfen 
ist. Die bedeutendere von beiden ist Eva 
Kaikau, deren weibliche Köpfe auf „Viserne 
a/H. Drachmanns Brav- Karl" und aufF.Haagen- 
sen- Hansen „La petite Cosaque" respektable 
dekorative Leistungen sind. Frau A. M. Carl- 
Nielsen hat 6 Umschläge für verscliiedene Ton- 
werke Carl Nielsens, ihres Gatten, entworfen, 
unter denen mir der mit den Engelsköpfen für 
„Opus IV und VI" am gelungensten erscheint. 
Auf zwei andern huldigt sie archaistischen Nei- 
gungen, welche sie auch auf die Schrift über- 
trägt, die infolgedessen teilweise geradezu un- 
leserlich ist. Mir ist es wenigstens nicht gelungen, 
den Titel der einen Komposition zu entziffern. 
Unter den drei Umschlagszeichnungen EHs 
Aslunds gefällt mir das Stiefmütterchen- Arran- 
gement auf A. Meinigs „Mazourque melancolique" 
(op. 6) am besten. Zum Schluss seien noch 
Th. Petersen phantastische Landschaft auf 



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von Zur Werten, Der künstlerische Buchumschlag etc. 



A. Toffts Oper „Vifandaka" und der kräftig 
wirkende Lorbeerkranz Hammersköjs auf 
„Völund Smed" angeführt. 



In Schweden hat der künstlerische Buchum- 
schlag bisher nicht die gleiche Bedeutung er- 
langt als in Dänemark. Trotzdem ist aber 
das Gesamtbild mannigfaltiger, weil es Spezia- 
listen des Buchumschlages, wie Tegner und 
Heilmann, in Schweden nicht giebt, vielmehr 
die verschiedensten Künstler sich gelegentlich 
auf unserem Gebiete versucht haben. In Folge 
dessen herrschen auch nicht die strengen kunst- 
gewerblichen Prinzipien wie in Dänemark, viel- 
mehr sind die meisten schwedischen Umschläge 
den französischen darin verwandt, dass sie einen 
freieren, rein malerischen Charakter haben, was 
ich allerdings nicht als einen Vorzug ansehe. 

Der glänzendste Name, den wir unter den 
schwedischen Umschlagkünstlern finden, ist der 
Carl Larssons, der bekanntlich eines der her- 
vorragendsten dekorativen Talente nicht nur 
Schwedens, sondern Europas ist. Seine be- 
deutendste Umschlagszcichnung schmückt die 
1896 erschienene Nummer der prächtigen Weih- 
nachtsfestschrift „¥td", die der Stockholmer 
Künstlerklub alljährlich herausgiebt und zu der 
die erlesensten Kräfte der schwedischen Kunst 
und Litteratur Beiträge liefern. Das Blatt ist in 
Silber auf dunkelblau unter Benutzung des weissen 
Papiergrundes und massiger Anwendung von 
Gold ausgeführt und zeigt eine grosse Anzahl 
reizender Engelsköpfc. Ob auch der lose 
äussere Umschlag des Heftes, der in seiner vor- 
nehmen Einfachheit klassisch genannt zu werden 
verdient, von Larsson herrührt, entzieht sich 
meiner Kenntnis (Abb. 13). Auf dem Um- 
schlag der von Dr. Otto Sjögren heraus- 
gegebenen „Taflor ur Sveriges Historie? 1 , einer 
Sammmlung autotypischcr Reproduktionen 
künstlerischer Darstellungen aus der schwe- 
dischen Geschichte (A. Bonnier), hat Larsson 
in Erinnerung an die frühere Grossmachtstellung 
seines Vaterlandes den schwedischen Löwen 
dargestellt, der mit der Weltkugel spielt. Des 
Künstlers wenig würdig ist der Umschlag der 
Julnummcr 1898 der Frauenzeitung „Idun", 
reizend dagegen die nur C. signierte, aber 
sicher von Larsson herrührende Kinderscene 



267 



auf ,Jul" 1891, die lebhaft an die flotten Aqua- 
rellen aus seinem Familienleben erinnert, die 
1896 auf der Berliner Kunstausstellung allseitige 
Bewunderung fanden. Den gleichen Stoff wie 
diese behandeln die in dem Büchlein „De Mina" 
zusammengefassten humorvollen Zeichnungen 
in der Art unseres Wilhelm Busch, an dessen 
Manier auch der Umschlag erinnert. Der Zu- 
satz zu der Signatur C. L. „inte Claes" enthält 
eine Anspielung auf den schwedischen Kritiker 
Claes Lundin, der der neuen Richtung wenig 
freundlich gegenübersteht und mit dem Larsson 
daher nicht verwechselt zu werden wünscht. Der 
frische Humor, der aus diesem Blatte Larssons 
spricht, bildet einen hervorstechenden Zug der 
ganzen schwedischen Malerei und kommt natür- 
lich auch sonst im Plakat, wie im Buchumschlag 
zur Geltung. So ist z. B. E. Westmanns reizendes 
Kinderbild auf „W 1897 von schalkhafter 
Drolerie erfüllt Albert Engstrom hat in seinem 
Umschlag zu „Ibsen i västficksfortnat' (Loos- 
ström & Co.) eine geistvolle Karrikatur des be- 
kannten Schriftstellers gegeben, dessen Kopf 
eine riesige Löwenmähne umwallt, deren ein- 
zelne Strähnen sich zu zahllosen der bekannten 
Fragezeichen verschlingen, in die Ibsens Dramen 
auszuklingen pflegen. Die famose Karikatur 
eines frontmachenden Soldaten &ü(„OUei Grinn, 
E. Dccktan te" (Wahlström & Widstrand) ist 
ebenfalls von Engström gezeichnet In der 
allerliebsten Darstellung von A. Forsberg auf 
E. A. Karlsfeldts, „Fridolins Visor" (Wahlström 
& Widstrand) sind die uns so gravitätisch 
erscheinenden Kostüme der Biedermeierzeit in 
der Art Th. Th. Heines zur Erhöhung der 
drolligen Wirkung benutzt worden. 

Der von Niels Kreuger entworfene Umschlag 
zu G. af Gejerstams „ Vilse i lifvet" (Gcrnandt) 
ist eine ziemlich belanglose Arbeit An Kreugers 
Art erinnert auch die Landschaft auf M. Sterns 
„Slätten" (Wahlström und Widstrand); ob sie 
thatsächlich von ihm herrührt, weiss ich nicht 
Wohl aber findet sich seine Signatur auf dem 
ausgezeichneten ornamentalen Umschlag des 
VE. und VUI. Jahrgangs der vielseitigen und 
trefflich illustrierten Monatsschrift „ Ord och Bild 1 . 

Die in matten Gobelintönen gehaltenen Um- 
schläge Nords tröms zu „NyaDiktera/O.Lrvertin" 
und „Dikter af V. von Heidenstam" (A. Bonnier) 
wirken sehr vornehm. Auf dem ersteren, der 
mit seinen hellen gelblichen und rosa Farben 



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268 



einen heiteren, sonnigen Eindruck macht, bilden 
Feldblumen und Ähren, auf dem andern, in 
dunkelgrün und violett gehaltenen, düster-phan- 
tastisch wirkenden Umschlag geben vom Sturm 
geschüttelte Kiefern das Motiv der Dekoration. 
Ob hierdurch der litterarische Charakter der 
Dichtungen richtig zum Ausdruck gebracht ist, 
vermag ich nicht zu beurteilen. Weniger ge- 
lungen ist Nordstroms Umschlag zu 0. Lever- 
tins „Legender och Visor" (A. Bonnier), der in 
der Gesamtanordnung nicht glücklich, in der 
Darstellung zu bildmassig ist und zudem durch 
die konventionelle Schrift in seiner Wirkung 
beeinträchtigt wird. 

Die undekorative bildmässige Richtung 
scheint im schwedischen Buchumschlag über- 
haupt ziemlich verbreitet zu sein. Ihr gehören 
z.B. die Umschläge Dornbergers für drei Schriften 
von J. Hilditch (Wahlström & Widstrand) und 
die des berühmten Tiermalers Br. Liljefors für 
Jagdskizzen und Ähnliches von E. Hemberg 
(meist bei A. Bonnier) an. Besonders von Zeit- 
schriften werden derartige bildmässige Um- 
schläge bevorzugt, wie z. B. die Weihnachts- 
nummer ,3ulquäUen" 1896 beweist. Das Blatt, 
das eine elegante junge Dame mit Schlitt- 
schuhen zeigt, ist in Auffassung und Aus- 
führung ganz französisch und erinnert in seinem 
Gesamteindruck an die allbekannten Umschläge 
des „Figaro illuströ". Es ist eine Arbeit G. Gison 
Wennerbergs, desselben, der sich in dem hübschen 
Umschlag zu „Lifvets lek" von Ivar Dal (Wahl- 
ström & Widstrand) als ein tüchtiger Vertreter 
des naturalistischen Blumcnomaments auf dem 
Gebiete des Buchumschlages erweist (Abb. 17). 
Diese Dekorationsweise erfreut sich übrigens 
einer geringeren Verbreitung, als man es nach 
Wallanders Poterien und Hedbcrgs Einbänden 
annehmen sollte. Faute de mieux erwähne ich 
die ziemlich dilettantische Arbeit Elsa Beskows 
für M. Sterns „Elise" (Wahlström & Widstrand). 
Zum Schluss seien noch der anonyme Um- 
schlag eines Kochbuchs, auf dem das ziemlich 
abgenutzte Motiv, den Titel durch die aus 
einer Kasserolle aufsteigenden Rauchwolken 
bilden zu lassen, nicht ungeschickt benutzt ist, 
und die originellen typographischen Titel zu 
Forslunds „Jungfru Jan" (Wahlström & Wid- 
strand) und zu der Komposition: „Hätunaleken" 
von A. Körting (Musikaliska Konstföreningen, 
Stockholm) genannt 



Einen ganz anderen Charakter als der schwe- 
dische zeigt der norwegische Buchumschlag. 
Auch hier manifestiert sich die tiefgehende Ver- 
schiedenheit, die auf dem Gebiete der Politik 
wie des Geisteslebens zwischen den Bruder- 
völkern besteht und die auf allen internatio- 
nalen Kunstausstellungen so stark hervortritt 
Auf den mir vorliegenden norwegischen Um- 
schlägen finden sich die Signaturen einer ganzen 
Reihe von Künstlern, deren Namen weit über 
die Grenzen ihres Vaterlandes hinaus rühmlich 
bekannt sind Selbst Erik Werenskiold, der 
uns in seinen Bildern die Gestalten des nordi- 
schen Märchens in unvergleichlicher Weise 
lebendig gemacht hat, ist mit einem Umschlag 
zu „Eventyr for Born" vertreten, dessen be- 
sonders gelungene Vorderseite, eine Mondnacht 
im Gebirgswald, ein vorzügliches Beispiel für 
die zart poetische Naturauffassung des Künst- 
lers bietet. Noch bekannter als Werenskiold 
dürfte in Deutschland Otto Sinding sein, der 
einen effektvollen Umschlag für die Weihnachts- 
nummer „Juleaften" 1898 geliefert hat in dem 
er in seiner äusserlich vollendeten, aber wenig 
persönlichen Art einen mondbeglänzten Fjord 
zur Darstellung gebracht hat. Von Edvard 
Münch, dessen Zwist mit dem Verein Berliner 
Künstler vor einigen Jahren unliebsames Auf- 
sehen machte, rührt der Umschlag zu dem 
Strindbergheft des „Quickborn" her, ein uner- 
quickliches und mir in seiner symbolischen Be- 
deutung nicht verständliches Blatt. Die Um- 
schläge zur „Henrik Ibsen-Festskrift 1 (Bergen, J. 
Griegs Forlag) und zu „Sttorre Sturlasson, 
Norges Kongesagaer" , einem Prachtwerk, an 
dessen Illustration sichKrogh, Munthe, Peterssen 
und Werenskiold beteiligt haben (Christiania, 
J. M. Stenersen Co. Forlag), sind zwar originelle 
Leistungen, bringen aber das hervorragende 
dekorative Talent ihres Schöpfers Gerhard 
Munthe nicht vollkommen zur Geltung. Während 
die genannten Künstler ebenso wie Olaf Gul- 
branson („Eventyr og Forta:llinger for Born", 
A. Cammermeyers Forlag; ,J Taage af Th. 
Klavenaes", Biglers Forlag) Ewind Nielsen (Ivar 
Aasens „Udvalgte Skrifter", P.T. Mallings Bog- 
handel), A. Hagstedt (,-Ung Hans" von A. Paul, 
Bonnier, Stockholm) und Olaf Krolm (Tyrihans, 
Julenummer; 86° 14', Marsch zu Ehren Nansens, 
komponiert von Eivind Hansen) sich nur ge- 
legentlich im Buchumschlage versucht haben, 



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ron Tau Wetten, Der IcfliutlerUctte Bachumschltg etc. 



269 



besitzt Norwegen einen Spezialisten auf diesem 
Gebiete in der Person Thorolf Holmboes. Die 
Zahl der Umschläge, die dieser talentvolle und 
fruchtbare Künstler entworfen hat, ist bereits 
so gross, dass ich nur einen kleinen TeÜ der- 
selben erwähnen kann. Holmboe ist ein trefflicher 
Landschaftsmaler und als solcher vielleicht noch 
einigen Lesern von der Berliner internationalen 
Kunstausstellung 1897 bekannt Begreiflicher- 
weise kehren daher landschaftliche Scenerien 
häufig in seinen Buchumschlägen wieder. In dem 
1894 gezeichneten Umschlage von „Sorte Orn\ 
af Bern/ Lie" (H. Aschehoug & Co.) ist die 
Darstellung noch eine rein bildmässige, in seinen 
neueren Arbeiten ist der Künstler zu einer 
dekorativen Behandlung der Landschaft über- 
gegangen. Besondere Hervorhebung verdient 
der Umschlag zu V. Krags „Fra de Uwe 
Stuer" (H. Aschehoug & Co.), wo man zwischen 
hohen Bäumen hindurch auf ein Landhaus blickt, 
das der Mond bescheint. Dekorative Wirkung 
verbindet sich hier mit echtem Stimmungsgehalt. 
Ausgezeichnete Blätter dieser Art sind ferner 
J. Bojers „Paa Kirkevei" und „Et Folkttog" 
(P. T. Mailing) und Peter Egges „Jomfru NeUy 
Martens". Zu dieser Gruppe kann man auch 
den Umschlag von Fridtjof Nansen (Stockholm, 
P. A Norstedt u. Söners) zahlen, wo ein Adler 
zum Nordpol herabschwebt Von den ähnlichen 
Arbeiten Heilmanns unterscheiden sich diese 
Blätter Holmboes besonders durch ihre grossere 
Farbenfreudigkeit und durch die graziösen 
Pflanzenornamcnte , die die landschaftlichen 
Darstellungen meist umrahmen und in deren 
geschickter Stilisierung Holmboe unserem Eck- 
mann gleich kommt Meisterhaft ist z. B. in 
mehreren Blättern die schwierige stilistische 
Umformung der Rose gelungen, so in dem 
erwähnten Umschlag zu „Paa Kirkevei" und in 
dem schönen Widmungsblatt einer Universität 
an den König, wo man zwischen antiken rosen- 
umkränzten Säulen hindurch das Meer erblickt, 
das ein griechisches Schiff mit schwellenden 
Segeln durchfliegt. In einer Reihe von Um- 
schlägen verwendet Holmboe ganz oder fast 
ausschliesslich pflanzliche Motive zur Dekoration, 
so in denen zu V. Krags „Nye Digte", zu der 
Monatsschrift „Naturen", zu „Smaastef' von Ah>. 
Prydt (A. Cammermeyer), zu JVorshe Digtere" 
(J. Dybwad, Kristiania), zu „Af Norges Friheds- 
saga" von J. B. Bull (A. Cammermeyer), zu 



C. Collen „Amtmandens Döfre" (ebenda) und zu 
einer Weihnachtsnummer „Tu/'. Dagegen zeigt 
sich Holmboe in den Umschlägen zu seinem 
Buche „Sjofugt' (John Fredriksons Forlag, Ber- 
gen) und zu einem Heft „JuUroser" als frischer, 
Heilmann ebenbürtiger Darsteller der heimischen 
Tierwelt — Ich persönlich halte Holmboe für 
einen der originellsten und phantasievollsten 
Künstler, die gegenwärtig auf dekorativem Ge- 
biete thätig sind, für viel bedeutender und 
eigenartiger als manche anerkannte und viel 
gepriesene Grössen- Jedenfalls ist er eine sehr 
bemerkenswerte, ausserhalb Skandinaviens noch 
viel zu wenig beachtete Erscheinung. 



Als Arbeiten finnischer Künstler kann ich 
nur einen von A. Edelfelt gezeichneten Um- 
schlag für Jahrgang VI der Zeitschrift „Ord 
och Bild* (Wahlström & Widstrand) und den 
seltsamen Umschlag von Axel Gallen für A. 
Paul „Der gefallene Profiher' (A. Langen) an- 
führen. Wir haben im Jahre 1898 Gelegenheit 
gehabt, in der in mehreren deutschen Städten 
gezeigten Ausstellung von Gemälden moderner 
russischer Künstler Gallen als ein ungewöhn- 
liches Talent kennen zu lernen, der sowohl 
reizende Genrebilder zu malen, wie hochromanti- 
sche Scenen mit wilder Phantastik und deko- 
rativer Grösse darzustellen versteht Den er- 
wähnten Umschlag kann ich aber beim besten 
Willen nur humoristisch auffassen. 

Die meisten der im eigentlichen Russland 
entstandenen illustrierten Umschläge sollen in 
den hergebrachten byzantinischen Stilformen 
ausgeführt sein. Einige mir vorliegende Pro- 
spekte und Notentitel scheinen die Richtigkeit 
dieser Angabe zu bestätigen. Immerhin giebt 
es aber doch schon einige in moderner Art 
dekorierte Umschläge. So beweist der Um- 
schlag der diesjährigen Osternummer einer 
Wochenschrift den Einfluss Muchas; er ist von 
Frau Samokisch-Sudkowshaja gezeichnet. Weit- 
aus die beste russische Leistung auf unserem 
Gebiete, die mir zu Gesicht gekommen, ist das 
Programm der russischen Privatoper in Moskau, 
von A. Wrubcl, eine koloristisch recht interessante 



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270 



▼on Zur Westen, Der künstlerische Huchumschtag etc. 



und in dekorativer Beziehung vortreffliche 
Arbeit. Die Symbolik des Blattes ist mir nicht 
verständlich; die Darstellung ist von etwas bar- 
barischer Phantastik. Der von Frau Jakuniscki- 
koff gezeichnete Umschlag einer Extranummer 
der Kunstzeitschrift „Mir Isskushva" zeigt in 
der Zeichnung einen etwas gesuchten Primi- 
tivismus, kann aber vom rein dekorativen Stand- 
punkt ab tüchtige Leistung gelten. Schliesslich 
kann ich noch zwei Konzertprogramme von 
Jagajinsky und Pasternak anführen. Der Letzt- 
genannte wird mir ab guter Illustrator be- 
zeichnet Die in Krefeld ausgestellt gewesenen 
Blätter von Blumstedt, Miljutbt, Santokisch und 
Simoff kenne ich nicht. 



In England hat der Buchumschlag aus Pa- 
pier bei weitem nicht die Verbreitung als in 
den Ländern des Kontinents. Dem ordnungs- 
liebenden und praktischen Engländer sind un- 
gebundene Bücher ein Greuel, und da die 
Kosten eines Einbandes selbstverständlich viel 
geringer sind, wenn er im Grossen hergestellt 
wird, so werden fast alle Bücher, die auf irgend 
welchen dauernden Wert Anspruch machen, 
in festen und eleganten Leinewandbänden aus- 
gegeben, die meist ausser dem Titel noch 
zeichnerischen Schmuck tragen. Daher blüht 
in England neben dem nur wenigen, sehr 
reichen Leuten zugänglichen Kunstband, dessen 
I lauptvertreter Cobden-Sanderson ist, vor allem 
die industrielle Reliure, der zahlreiche tüchtige 
Künstler gelegentlich oder berufsmässig ihre 
Kräfte leihen. Was auf diesem Gebiete von 
MacmiUan & Co., von G. Bell & Sons, von 
G. Allen und anderen grossen Verlagshäusern 
für verhältnismässig sehr geringe Preise ge- 
leistet wird, verdient die höchste Bewunderung 
und hat nur in Amerika seines Gleichen. In- 
folge dieses Vorwiegens des industriellen Ein- 
bands beschränkt sich der künstlerisch deko- 
rierte Umschlag aus Papier im wesentlichen 
auf Zeitschriften, Lieferungswerke, Bilderbücher, 
Kalcndaricn, Kataloge und andre Druckwerke 
geringeren Umfangs. Übrigens werden die 
papiemen Umschläge häufig noch auf Pappe 
geklebt, so dass sie sich von einem festen Ein- 
band nur unwesentlich unterscheiden. So er- 
schienen z. B. die Hefte der Vierteljahrschrift,, The 



Savoy" in dieser Ausstattung. Neben diesen 
eigentlichen Umschlägen, von denen bisher aus- 
schliesslich die Rede gewesen ist, giebt es aber 
in England noch eine andre, sehr verbreitete 
Kategorie von Umschlägen, die häufig einen 
glänzenden künstlerischen Schmuck tragen. 
Viele Verleger lassen nämlich die meist in 
Gold oder in schwarzer Farbe auf die Leine- 
wand gedruckte Dekoration des Einbands auf 
den ihn umhüllenden Schutzpapieren farbig re- 
produzieren. — Der Gedanke liegt sehr nahe, 
nach dem Vorbild Frankreichs diese Um- 
schläge plakatmässig zu gestalten. Wenn nun 
die praktischen englischen Verleger, trotz des 
grossen Wertes, den man in England auf Re- 
klame zu legen pflegt, grundsätzlich die Um- 
schläge ihrer Bücher in leisen Farbentönen 
oder in schlichtem Schwarz-Weiss ausführen 
lassen, so sollte das ihren Kollegen in Frank- 
reich und Deutschland zu denken geben, die 
das Äussere ihrer Bücher zu einer Reklame 
missbrauchen, die ich für wenig wirksam und 
vor allem für wenig geschmackvoll halte. Auch 
die englischen Zeitschriften haben nur selten 
plakatmässige Umschläge. Eine Ausnahme 
und zwar eine durch ihren Inhalt gerechtfertigte 
macht die Plakatzeitschrift „T/te Pas/er". Meh- 
rere ihrer nur teilweise gelungenen Umsclüage 
rühren von True her; No. 5 und 12 seien be- 
sonders genannt. 

In stilbtischcr Beziehung können wir im 
Buchumschlag deutlich den Einfluss der beiden 
Strömungen erkennen, die in dem englischen 
Kunstleben der Gegenwart von besonderer Be- 
deutung sind: des Präraphaelitentums und des 
Japonismus. Dies gilt nicht nur von dem figür- 
lichen Umschlage, in dem die retrograde Rich- 
tung ihren hervorragendsten Vertreter in Walter 
Crane, die japonisierende in Aubrey Beardsley 
hat, sondern auch von dem ornamentalen Um- 
schlage. Die englische Ornamentik ist nicht 
so originell, so ursprünglich wie die belgische; 
man bemerkt fast in allen Arbeiten den Ein- 
fluss der Gotik, der italienischen Frührenais- 
sance oder des naturalistischen Pflanzenoma- 
ments Japans. Auch in andrer Beziehung ist 
die Ornamentik Belgiens und Englands sehr 
verschieden. Die Grösse der belgischen Schmuck- 
künstler liegt in ihrer grandiosen Einfachheit, 
in der Beschränkung auf wenige grosse Linien. 
Die englische Ornamentik ist weit komplizierter; 



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von Zur Wetten, Der künstlerische Buchum»ci)lag etc. 



ihr Reiz liegt in der gcsclückten Verteilung der 
Formen und Farben auf der Fläche und in 
der graziösen Führung ihrer zarten schlanken 
Linien. 

Wenden wir uns nun zu den einzelnen Um- 
schlagskünstlern, so gebührt W. Crane der Vor- 
tritt, nicht nur wegen seiner allgemeinen künst- 
lerischen Bedeutung, sondern auch, weil er spe- 
ziell auf dem Gebiete des Buchumschlages eine 
ziemlich umfassende Thätigkeit entwickelt hat. 
Sein Meisterstück auf diesem Gebiete ist der 
Umschlag für die Lieferungsausgabe der von ihm 
iüiistnerten„FaerieQueene"vonSpenser(G.A\lcn), 
ein Blatt von wahrhaft klassischer Linienschön- 
heit (Abb. 4). Die Komposition ist in einem 
schönen gedämpften Rot auf hellrotem Grunde 
ausgeführt und kommt in dieser Form viel mehr 
zur Geltung, als auf dem festen Einband des 
Werkes, wo sie in Gold auf die weisse Leine- 
wand gepresst ist. — Unter den übrigen Um- 
schlagszeichnungen W. Cranes verdienen die 
seiner allbekannten Bilderbücher und die seiner 
Festgaben für die Maifeiern der Sozialdemo- 
kratie, für die „Ckants of Labour* 1 (Swan Sonnen- 
schein & Co.) und andre sozialistische Schriften 
besondere Hervorhebung. Sehr vornehm wirken 
die in gedämpften Gobelintönen ausgeführten 
allegorischen Kompositionen auf den Prospekten 
zweier Versicherungsgesellschaften, der „Law 
Union and Crown Insurance Company 1 und der 
„Scottish WidowsFund Life Assurance Society." 
— Der Umschlag von „The Shepheards Ca- 
lender i8g8" (Harper Brothers) zeigt den Ein- 
fluss der von Morris herausgegebenen Bücher. 
Von den übrigen Umschlägen W. Cranes' seien 
der des Katalogs der „/. Arts and Crafts Ex- 
hibition 1888", der des von dem Künstler ver- 
fassten Werkes „The Bases of Design" (G. 
Bell & Sons), der des „English IUustrated 
Magazine", der der Jugendzeitschrift „Harper s 
Round Table" und der der diesjährigen Sommer- 
nummer des Studio ,ßeautys Awakening" ge- 
nannt 

R. AnmngBell, Walter Cranes bedeutendster 
Schüler, hat für die Gedichte von John Keats 
(G. Bell & Sons) einen sehr geschmackvollen 
ornamentalen Umschlag in Dunkelgrün und 
Rot auf gelbgrünem Grunde ausgeführt, bei 
dem Weinlaub und Trauben das Motiv bilden 
(Abb. 16). Auch der gegenwärtige Umschlag 
des „Studio", dessen Mittelvignette die Ver- 



einigung von Kunst und Handwerk symbolisiert, 
dürfte von Anning Bell herrüliren, da er ganz 
in der Art des Künstlers gehalten und zudem 
„B" signiert ist. 

Kay Womrath, der Grassetschüler, hat einen 
Notenumschlag für „Trinklieder", komponiert 
von y. B. Schlesinger (J. Weinberger), gezeichnet. 

Von den sonstigen zahlreichen, im Stil- 
charakter der Präraphaelitenschule ausgeführten 
Umschlagzeichnungen seien nur die für „The 
Art of W. Morris of L. F. Day" von J. H. Dearle 
(London, S. Virtue Co. Lim.), für „Art at the 
Paris Salons 1897" (G. W. R sign.) und für 
„The Architectural Review" hervorgehoben. 

Von den Umschlägen der übrigen Kunst- 
zeitschriften erinnert der des „Artist' an die 
Manier der Schottischen Liniensymbolisten, der 
Mackintosh, Macdonald u. s. w., während die 
schönen von L. F. Day entworfenen Ornamente 
auf „ The Magazine of Art 1 und „ The Art Jour- 
nal" an Motive der italienischen Renaissance 
anklingen. Day hat übrigens ausser den ge- 
nannten noch eine Reihe von Umschlägen für 
„The Womans World", für „The Worlds Great 
Explorers" (G. Philipp & Son) und für mehrere 
Kataloge etc. entworfen. 

Das frühere Titelblatt des „Studio" war ein 
Werk des leider so früh verstorbenen Aubrey 
Beadsley, des englischen Th. Th. Heine, bei 
dem sich, wie bei dem Münchener Künstler, 
groteske Satire mit glänzendem dekorativem Ge- 
schick vereinte und in dessen Stil Elemente 
des Japonismus und des Empire zu einem 
völlig einheitlich wirkenden Ganzen verschmolzen 
waren. Sein Umschlag zu „ The Savoy" Januar 
1896, zum „YelloW'Book" (1894) und zu einem 
Katalog seltener Bücher (L Smithers), welch 
letzteren ich allerdings nur aus der Reproduk- 
tion bei Uzanne (Decor. exter. S. 104) kenne, 
sind vollgültige Proben seines hervorragenden 
Talents. 

Uberhaupt verwenden verschiedene eng- 
lische Verleger auf die Ausstattung der Um- 
schläge ihrer Kataloge ausserordentliche Sorg- 
falt; selbst ein Künstler wie W. Crane ist wieder- 
holt mit ihrer Dekoration beauftragt worden. 
Besonders reizend sind zwei von MacmillanSr Co. 
1896 und 1897 herausgegebene Kataloge, die 
mit graziösen Blumenornamenten geschmückt 
sind. Weniger glücklich, weil zu grell wirkend, 
ist der Katalog der genannten Firma für 1898. 



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Die Kataloge von Dent, Fisher Umvin und 
Methuen <&* Co. verzichten auf grössere zeich- 
nerische Kompositionen und farbige Wirkung; 
dafür zeichnen sie sich durch vorzügliche typo- 
graphische Anordnung und geschmackvolle 
Randleisten aus. 

Aubrey Beardsley hat in seinen Affichcn 
die äussersten Konsequenzen des Plakatstils ge- 
zogen und die stärksten Wirkungen erstrebt 
und erzielt Ähnliche Tendenzen verfolgen 
zwei junge Künstler, Pryde und Nicholson, die 
ihre Affichen unter dem Pseudonym „Brothers 
Beggarsteff' veröffentlicht haben. Nicholson 
hat auch für drei von ihm gezeichnete Bücher 
„London Tyßes" „An Alphabet" und „An Almanac 
of twehe Sports" Umschläge ausgeführt, die 
für seine primitive, an Vallottons Holzschnitte 
erinnernde Manier charakteristisch sind. Die 
Figuren setzen sich lediglich aus schwarzen 
und weissen Flächen zusammen, die ohne jede 
Vermittlung durch Halbtöne nebeneinander ge- 
stellt sind. — Von Pryde ist mir nur ein Um- 
schlag von „The Poster" (No. 8) bekannt. 

Unter den Spezialisten des englischen Buch- 
umschlags sind A. Turbayne und Gleeson White 
die bedeutendsten. Während Turbaynes meist 
für Macmillan & Co. ausgeführte Arbeiten, unter 
denen ich den Umschlag für die Peacock-Col- 
lektion (Abb. 15) für die bedeutendste halte, sich 
durch ausserordentlich reiche und phantasievolle 
Ornamentik auszeichnen, bestechen die, fast 
alle für Bell & Sons entworfenen Umschläge 
des kürzlich verstorbenen Gleeson Withe durch 
ihre Klarheit, ihre vornehme Schlichtheit und 
durch ihre ungewöhnlich geschmackvoll ge- 



wählten Farben. Ein Musterbeispiel in letzterer 
Hinsicht ist der Umschlag von E. Rentons 
„Intaglio Engraving of Gents" in dem ausser- 
ordentlich feiner Farbensinn zu Tage tritt. Ein 
näheres Eingehen auf die grösstenteils sehr 
interessanten Arbeiten muss ich mir an dieser 
Stelle leider versagen, da sie sich fast alle 
nicht auf eigentlichen Umschlägen, sondern auf 
Schutzhüllen finden, und von den Künstlern 
nicht für diese, sondern zur Dekoration der 
festen Einbanddecken entworfen sind. Ihre 
Besprechung würde daher über den Rahmen 
unseres Themas hinausgehen und zu einer 
Schilderung des englischen industriellen Ein- 
bandes werden, dessen Hauptmeister Turbayne 
und Gleeson White sind. Ich beschränke mich 
also darauf, unter den Arbeiten Turbaynes die 
für die Schriften Captain Marryats und Th. 
Love Peacocks, für „Sense und SensibUity" von 
Jane Austen, für „Populär Tales? von M. 
Edgeworth, für „The History of Mankind" von 
F. Ratsei (alle bei Macmillan & Co.) und für das 
Lieferungswerk „ The Queens Empire 11 (Cassel & 
Co.) hervorzuheben, während ich unter den sehr 
zahlreichen Deckelzeichnungen Gleeson Whites, 
die auf E. Burne-Jones „A Record and Re- 
view?, auf Beils „Modern Translations", auf A. 
Moores „His life and works", auf „Ladies Book- 
Plates" von Noma Labouchere, auf „Legends 
and Lyrics" von A. A. Prokter, auf „Masterpieces 
of the Great Artists", auf „Shahsfieares Hero- 
ines", auf „Thomas Gainsborough", auf A. Val- 
lance „William Mooris" und auf F. Wedmores 
„Etching in England" als besonders bemerkens- 
wert und auch hervorragend erwähne. 




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Novae epistolae obscurorum virorum. 

Eine klassische Spottschrift aus der Zeit der Frankfurter Nationalversammlung. 



Von 



Dr. Eugen Schwetschke in Heidelberg. 




war um die Mitte des Fasching- 
I mondes 1849. Das Frankfurter Reichs- 
ministcrium hatte vollauf mit den 
Diplomaten der Regierungen zu thun, die sich 
wieder der Fäden des Zeitgewebes bemäch- 
tigten, um die vorhandenen Wirren zu lösen. 
Die Nationalversammlung aber befand sich nach 
neunmonatlicher Tagung endlich am Schluss 
der ersten Beratung der Reichsverfassung, einer 
Verfassung, welche nach der Hoffnung edler 
Männer dem deutschen Vaterlandc die ersehnte 
Einigkeit in dauernder Gestalt geben sollte. Je 
näher die Entscheidung kam, um so grössere 
Erbitterung, ja Vergiftung der Gemüter war in 
die Versammlung gedrungen, mit um so ge- 
steigerterer Schroffheit standen sich die beiden 
grossen Parteigruppen gegenüber: die der Ge- 
mässigten, als verfassungsfreundliche Monar- 
chianer, und die bedeutend kleinere, aber wort- 
reiche der Demokraten, die sich mehr oder 
weniger offen als Republikaner bekannten. 

In diese schwüle und trübe Stimmung, die 
selbstverständlich im Volke ebenso vorhanden 
war als in seinen Vertretern, fiel wie ein die 
Wolken durchbrechender Sonnenblick, wie ein 
die Gemüter allerorten erfrischender und er- 
freuender Luftzug ein Schriftchen, bei dessen 
Erwähnung noch heute ein heiter zustimmendes 
Lächeln das Antlitz nicht ganz junger Männer 
überfliegt, als ob sie selbst sich daran so recht 
von Grund aus einmal ergötzt hätten. 

Dies anonyme Schriftchen, zuerst in einem 
Privatkreise der preussischen Kasino-Partei auf- 
getaucht, war betitelt: Novae epistolae obscurorum 
virorum ex Francofurto Moenano ad D. Ar- 
notdum Rugium philosophum rubrum nec non 
abstractissimum datae. Editio altera in commo- 
dum Classis Teutonicae exstruendae. (Neue 
Briefe von Dunkelmännern aus Frankfurt a. M. 
an D. Arnold Rüge, den roten und ganz un- 
verständlichen Philosophen. Zweite Ausgabe 
zum Besten der deutschen Flotte.) 8. 16 Seiten. 
Seinen Inhalt bildeten sechs kurze lateinische 
Briefe leicht zu erkennender Führer und Redner 
Z. f. B. 1899/1900. 



der äussersten demokratischen Linken an ihren 
nach Berlin übergesiedelten ehemaligen Parla- 
mentsgenossen Dr. Arnold Rüge. „Wir sassen 
eben wieder mit unserer Politik gewaltig auf 
dem Trockenen", so schrieb 1850 das ehemalige 
Mitglied der Erbkaiserpartei, der heut noch 
als Bismarckverehrer des Daseins sich er- 
freuende Prof. Haym in Halle, „und waren desto 
empfanglicher für die übersprudelnde Laune 
dieser aristophanischen Briefe", die vor allem 
„gegen die Krassheitcn und Schwächlichkeiten 
der Linken gerichtet waren" (vgl. „Die Litteratur 
des ersten deutschen Parlamentes" in: Ross 
und Schwetschke, Allg. Monatsschrift für 
Litteratur, Halle). Die so wirksam gewesenen 
Briefe sind trotz ihres geringen Umfanges — 
die beiden Bande der alten Epistolae obscurorum 
virorum enthalten deren über hundert — eine 
würdige selbständige Nachbildung jener, nach 
Binders Vorwort zu seiner Übersetzung „unter 
den Erzeugnissen deutschen Witzes und deut- 
scher Satire den ersten Rang behauptenden" 
humanistischen Briefsammlung aus dem Anfange 
des XVI. Jahrhunderts. Aber während diese 
gegen das entsittlichte Priester- und Mönchtum 
und den verknöcherten Scholastizismus der 
Gclehrtenwelt sich in nachgeahmtem barbari- 
schem (Küchen-)Latein richtete, wendete sich 
die neue Sammlung gegen den politischen 
Demokratismus der Frankfurter Linken in 
klassischer Sprache, von der sich einzelne 
Barbarismen nur um so wirkungsvoller abheben. 
Dieses Sprachgewand entspricht auch glück- 
lich dem Bildungsgrade der Briefschreiber, von 
denen fünf, wie auch der Briefempfänger, den 
gelehrten Ständen angehören, während einer 
ein schlichter Volksmann ist. Die Briefschreiber 
und der Briefempfänger sind in den Augen 
des Verfassers viri obscuri, „Dunkelmänner", 
aber nicht als religiös-sittliche Finsterlinge und 
Schmutzfinken, sondern als blinde Politiker, die 
in ihrem „dunkeln Drange" nach deutscher 
Freiheit und Einheit den irreführenden Weg 
hohler deraokratischerBegriffe und abgestandener 

35 



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274 



Schwetschke, Novae epistoUe obtrcronim vironim etc. 



allgemeiner Redensarten einhertappen. Der 
Verfasser der neuen lässt in dichterischer Ge- 
staltungskraft mit dem Kunstgriffe der Verfasser 
der alten Episteln seine Briefschreiber in gleich 
ernster, würdevoller Ausdrucksweise erfreut, 
klagend und ratheischend die Wirkliclikeit und 
köstlich erdichtete Einbildungen abhandeln, 
und durch diesen Gegensatz zwischen Inhalt 
und Form wirkt die feine Komik des Ganzen 
noch unwiderstehlicher. 

Wie die alten Briefe meist an einen Ma- 
gister Ortuinus Gratius, Professor der scholasti- 
schen Philosophie an der Universität Köln, 
einen der hartnäckigsten Gegner des Humanis- 
mus, gerichtet waren, so sind die neuen, und 
zwar allein, an Dr. Arnold Rüge geschrieben, 
den „humanistischen" Philosophen, wie er sich 
selbst nennt; „den roten und ganz abstrakten" 
— oder unverständlichen — wie ihn der 
Dichter bezeichnet. Rüge war als eine hervor- 
ragend „polemisch-kritisch-humoristische" Natur 
zum geistigen Mittelpunkt dieser Spottschrift 
gleichen Charakters als deren Empfänger vor- 
züglich geeignet Schon im Sommer 1848 
hatte er nach einigen hitzigen, aber erfolglosen 
Tribünengefechten zornwütig Frankfurts Staub 
von seinen Sohlen geschüttelt und war nach 
Berlin gegangen. Von dort aus hoffte er durch 
seine Zeitschrift „Die Reform" viel besser für 
die demokratische Sache wirken zu können. 
Früher Docent der Philosophie an der Universität 
Halle, hatte er mit Echtermeyer die „Hallischen 
Jahrbücher für deutsche Kunst und Wissenschaft" 
(spater „Deutsche Jahrbücher") herausgegeben, 
die als das bedeutendste litterarisch-kritische 
und philosophische Organ der Zeit in Hegel- 
scher Richtung galten. War er so „als Publizist 
eine Autorität, eine Macht für sich gewesen", 
wie es in einem Briefe heisst in Nerrlich 
Ruges Briefwechsel II, S. 64, — : „der Politiker 
hatte sie zerbrochen zum Triumph seiner alten 
Widersacher." Die Regierungen hatten ihn 
schon ab früheren Burschenschafter mitFestungs- 
haft, dann seiner litterarischen Unternehmungen 
wegen andauernd mit Verboten verfolgt. So 
war er immer radikaler geworden, hatte aber 
ebensowenig wie seinen regen Kampfesmut seinen 
kecken Humor verloren. Zur Kennzeichnung 
seiner Denk- und Redeweise im Parlament 
seien hier aus den stenographischen Berichten 
nur diese wenigen Sätze herausgehoben: „Da- 



mals" (d. h. zur Zeit seiner Verfolgungen, „weil 
wir für die Philosophie und für das Prinzip der 
Freiheit sprachen") „damals habe ich gesagt: 
die Nation, die dies erträgt, ist niederträchtig. 
Jetzt sage ich: Die Nation hat dieses Joch ge- 
brochen. Das Volk steht jetzt über den Thronen" 
(Wer steht über den Thronen?), „diese hohe 
Versammlung, die hier versammelt ist, steht 
über ihnen, diese Versammlung, die sich nicht 
durch Landjunker aus Westphalen und Schlesien 
mit brüsken Redensarten ihre Souveränetät wird 
nehmen lassen. — Diese Versammlung ist die 
deutsche Republik, wenn auch wider Willen . . . 
Die heitere Verteidigung des Royalismus — 
darauf haben wir hier nicht zu antworten! Wenn 
jemand mit Heiterkeit eine Leichenrede hält, 
das soll ihm erlaubt sein . . . Die Königin von 
England ist mit der Funktion betraut, ihren 
Nachfolger zu erzeugen . . . Hier in diesem Saal 
ist die deutsche Nation! Wenn wir hinaus- 
greifen, so wird aus der deutschen Nation hin- 
ausgegriffen . . . Wir wollen uns nicht darüber 
entzweien, ob wir die demokratische Monarchie, 
die demokratisierte Monarchie oder die reine 
Demokratie meinen, im ganzen wollen wir alle 
dasselbe: die Freiheit die Volksfreiheit, die 
Herrschaft des Volkes etc. etc." Dass solche 
Ergüsse mehr mit stürmischer Heiterkeit 
als mit zustimmenden Bravos aufgenommen 
wurden, ist erklärlich. Rüge ist denn auch, 
ebenso wie die meisten der Briefschreiber, von 
mehreren der zahlreichen, oft derben Spott- 
bilder betroffen worden, die besonders in der 
ersten Zeit des Parlamentes erschienen. Zur 
Ergänzung der in den Briefen enthaltenen 
Charakterzeichnungen ihrer Schreiber nehme 
ich auf mehrere dieser Spottbilder Bezug, wie 
es mitunter die Briefe selbst unmittelbar oder 
mittelbar thun. 

Diese Zeitkarikaturen sind in grosser Zahl 
nachgebildet in dem im vorigen Jahre erschie- 
nenen Buche „Die deutsche Revolution von 
184^49" von Dr. Hans Blum, der auch in ihm 
(S. 302) die Novae epistolae rühmend erwähnt, 
nachdem er ihnen bereits zu ihrem silbernen 
Jubiläum 1874 in den „Grenzboten" eine fein- 
sinnige Betrachtung gewidmet hatte. 

Rüge nun steht in dem noch öfter zu er- 
wähnenden Gesamtbilde „Das Ministerium der 
Zukunft" im Vordergrunde als „Minister des 
Äusseren" — aber wie! Im Gclehrten-Schlaf- 



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Schwrtschke, Novae epütoUe 



275 



rock mit Zipfelmütze, Zopf und Brille, unterm 
rechten Arm ein Aktenbündel, tritt er auf ein 
Schriftstück und hält mit der Linken eine grosse 
Handlaterne hoch. Ein andermal ist er, mit 
Bezug auf seine zum geflügelten Wort gewor- 
denen „besonderen Anschauungen", dargestellt 
von hinten, wie er mit gesenktem Kopf zwischen 
den gespreizten Beinen nach vorn hindurch- 
schaut, und mit der Unterschrift: „Auch eine 
Weltanschauung. " 

An ihn, den urwüchsigen Rügener, werden 
nun nach Berlin sechs heitere Brieflcin gesendet 
von FrankfurterGcsinnungsgenossen aus Hessen, 
Schwaben, Schlesien, Deutsch-Österreich, Rhein- 
land und Sachsen; es scheint fasst, als hätte 
der Dichter mit dieser, wenn auch nicht hervor- 
gehobenen, landsmannschaftlichen Zusammen- 
stellung die gesamte deutsche Demokratie 
treffen wollen. 

Den Lesern aber, von denen wohl nur 
wenige das vielgenannte Schriftchen in den 
Händen gehabt haben mögen, glauben wir 
heute einen Dienst zu erweisen, wenn wir kurz 
zusammenfassend auf dasselbe hier eingehen. 
Mehr als eine flüchtige Andeutung des Inhaltes 
der einzelnen Briefe ist hier nicht möglich und 
auch die Formfeinheiten zu besprechen würde 
zu weit führen. Die Datierung ist: Dez. 1848. — 
Als erster der Briefschreiber tritt mit Recht 
der häufigste Redner der Linken auf, der 
Professor der Naturwissenschaften Karl Vogt 
aus Giessen, dem als geistigen Materialisten in 
dem Spottbilde vom Ministerium der Zukunft 
die Rolle als „Minister des Kultus" zugeteilt 
war. Der Scherzreiche, dem es trotz aller 
Verstellungskünste auf der Rednertribüne nie 
gelang, seine Natur, „die lüsterne Frivolität des 
verneinenden Schalkes" zu verleugnen, der sich 
also geistig immer in puris naturalibus zeigte, 
überschreibt deshalb in altrömischer Weise 
seinen Brief mit dem für Jedermann sofort 
kenntlichen Decknamen: Carolus Jocosus pro- 
fessor in naturalibus Arnoldo Rugio philosopho 
S. P. Er beginnt mit der Klage, dass seit 
Ruges Fortgang die Sache der Unken immer 
bedenklicher in Verfall geraten sei und schliesst 
mit der Mitteilung, dass er, um dem Elend 
des jetzigen Zustandes in Deutschland abzu- 
helfen, sich mit mehreren Freunden zur Gründung 
einer neuen und unerhörten Staatsform zu- 
sammengethan habe, welche durch ihre Vor- 



trefflichkeit alle Monokratieen, Aristokratieen, 
Demokratieen und Ochlokratieen radikal ver- 
nichten und ersetzen werde : nämlich zur Gründung 
einer „Lumpaziokratia". Diese geniale Er- 
findung weist auf ein Spottbild, auf dem Vogt 
als zerlumpter flotter Handwerksbursche „ohne 
Standpunkt", in freier Luft schwebend darge- 
stellt ist, ein Bild, mit dem wiederum der Ver- 
fasser der Briefe die Anspielung auf Nestroys 
bekannte Wiener Handwerksburschenpos.se : 
„Der böse Geist Lumpacivagabundus oder das 
liederliche Kleeblatt" verbindet Ausserdem 
aber dürften vorzüglich die Frankfurter Sep- 
temberunruhen mit der Ermordung der Ab- 
geordneten Auerswald und Lichnowski durch 
den Pöbel den Dichter mit zur Erfindung der 
edlen Lumpaziocratia veranlasst haben, zu deren 
Präsidenten Carolus Jocosus selbst, in naivster 
menschenfreundlicher Theorie, von seinen Freun- 
den erwählt zu werden hofft — 

Hatte Karl Vogt in einer neuen Staatsordnung 
das Heil gesucht so sieht es Prof. Wilhelm 
Zimmermann aus Stuttgart, der Geschichts- 
schreiber der Bauernkriege, hervorgehen aus 
einer von ihm verlangten Besserung der Ruge- 
schen Philosophie, die die Besitzenden nicht 
anziehe, und seiner philosophischen Kunstaus- 
drucke, die für den gemeinen Mann nicht ver- 
ständlich seien. Mit diesem Tadel hatte Zimmer- 
mann Ruges nicht volkstumliche Gelehrsamkeit 
in feiner Weise getroffen, was das Spottbild 
„Ein gelehrter Hanswurst" in gröberer Weise 
thut wo er auf der Rednertribüne in ähnlicher 
Weise dargestellt ist, wie im Ministerium der 
Zukunft. Zimmermann selbst Guilelmus Ligni- 
faber, seiner innem Natur nach einen durchaus 
edlen Eindruck machend, erschien auf der 
Rednerbühne wie ein kleiner wilder Faun mit 
seltener, von ihm selbst wohl kaum geahnter 
Hässlichkeit des Antlitzes und kreischender 
Stimme; daher der spöttische Zusatz des Dich- 
ters zu seinem Namen: cognominatus „amor 
et deliciae generis humani." Auch im Zukunfts- 
ministerium trägt seine Gestalt in lebhafter 
Stellung seiner Hässlichkeit wegen die Unter- 
schrift: „Oberster der Mohren und Verschnitte- 
nen." Er schliesst seinen Brief mit der Bitte 
um herzliche Grüsse an die Berliner Gesinnungs- 
genossen, von denen er als volksfreundlicher 
Mann vor allen nennt Molitorem tiliae et 
Karbium venerabillimum, d. h. den Kaufmann 



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276 



Schwetschke, Novae eputotae obscurorum virorum etc. 



Müller, genannt „Lindenmüller", und den Kon- 
ditor „Vater Karbe", zwei bekannte Volksredner 
des sog. Lindenklubs, der allabendlich an der 
Kranzlerecke zusammenkam. — Ein schlichter 
Volks mann, Friedrich Scktöffel aus Schlesien, 
Fridericus Loeffelius vir communis, bittet im 
dritten Briefe, höchst besorgt um das öffentliche 
Wohl, d. h. hier zunächst um die nur „4 thaleros 
3 grossos et 9 penningos" enthaltende Kasse der 
demokratischen Partei, den Doktor Rüge darum, 
in einigen Artikeln seiner Zeitung „Reform" 
den vom Briefschreiber beabsichtigten „höchst 
dringlichen" Antrag an die Frankfurter Ver- 
sammlung aufs wärmste zu befürworten, den 
Antrag: Von Reichswegen wird ein Preis von 
1000 Gulden ausgesetzt für die beste Kompo- 
sition einer grossen — Katzenmusik: pro optima 
compositione magnae musicae felinae! Katzen- 
musiken waren damals „eine sehr beliebte 
musikalische Abendunterhaltung vor den Woh- 
nungen missliebiger Persönlichkeiten." Die von 
Loeffelius mitgeteilte Begründung seines An- 
trages in ausgedehntester logisch-parlamenta- 
rischer Weise, ganz als ob es sich um die 
wichtigste Angelegenheit der Welt handle, 
wirkt durch diesen Gegensatz zwischen Inhalt 
und Form ganz besonders humorvoll! Still- 
schweigend nimmt natürlich der Antragsteller 
an, dass nur ein ganz selbstloser Demokrat den 
Preis erringen und ihn der Parteikasse zuführen 
werde. Nach weiter unten zu erwähnenden 
Aufzeichnungen Wesendoncks war Schlöffe], 
dessen Sohn im badischen Aufstande erschossen 
wurde, „ein Exfabrikant und Gutsbesitzer, aber 
der radikalste Mann im Parlamente. Auch er 
hat seinen Frieden später mit der Regierung 
gemacht und sein konfisziertes Vermögen wieder 
erhalten. Zur Zeit des Parlaments war er der 
einzige Sozialdemokrat". Im Ministerium der 
Zukunft ist er mit dem Dreschflegel über der 
Schulter „Minister der Gerechtigkeit". — Kommt 
der ganzen Sammlung Prachtstück in derber 
Komik: es ist der hierin an den oft angeschla- 
genen Ton der alten Episteln erinnernde Brief 
des Adolphus Pratensis, publicista incompara- 
bilis (Dr. Adolf Wiesner aus Österreich). Dieser 
war ein gemütvoller eifriger Mann, der aber 
durch seine langweilige, lehrhafte Redeweise 



zum Reichshaus-lcerer zu werden pflegte. Mit 
Bezug auf die Qualen, die seine langatmigen 
Reden den Hörem bereiteten, ist ihm im 
Ministerium der Zukunft die Rolle als „Ober- 
Interpellationsrat im peinlichen Höramt" zuge- 
teilt. Bei Beurteilung dieses Briefes, wie auch 
einer Stelle im Briefe des Lignifaber über die 
durchschlagende körperliche Folge eines Wut- 
ausbruchs bei ihm, muss man sich erinnern, 
wie der bekannte Kirchenhistoriker Hausrath 
über Luther sagt, dass „der Ton der Polemik 
im XVI. Jahrhundert ein anderer war als heute. 
Etwas Unappetitliches, Unanständiges gab es 
für dies Geschlecht überhaupt nicht, nichts, 
worüber man nicht geredet hätte." Und so 
haben unsere neuen Episteln mit diesen An- 
wendungen des Grundsatzes naturalia non sunt 
turpia einen vorherrschenden Charakterzug der 
alten glücklich, wenn auch mit Recht nur 
massvoll, nachgeahmt. Der Inhalt des Briefes 
ist nämlich folgender. Erfüllt von Entzücken 
— Magnum tibi gaudium annuncio, amice 
cordialissime! ingens gaudium! Res nostra 
floret, floret casu mirifico. Audi historiam fere 
incredibilem — erzählt Pratensis im ernstesten 
Ton des Ausführlichsten, wie er als personifi- 
ziertes „Wiener Tränkchen" durch einen auf 
Wunsch gehaltenen Vortrag über die Finanz- 
lage Europas dem an bedenklicher, von den 
Ärzten nicht zu beseitigender Verstopfung er- 
krankten Frankfurter Finanzbaron Rothschild 
nach 1 5 Minuten geheilt und dadurch zu „seinem 
ewigen Schuldner" gemacht habe. Mit einem 
Rothschild als „ewigen Schuldner" aber könne 
es der Demokratie naturlich gar nicht mehr 
fehlen, und Rüge solle nur schleunigst melden, 
wie viel Geld er pro fratris nostris Bcrolinen- 
sibus nötig habe. Bei den Göttern der Unter- 
welt!, Wiesner werde es dem Rothschild, dem 
alle Fürsten Europas unterthan seien, schon 
abzapfen, ut oculi ei transeant! Keine aus dem 
Zusammenhange gerissene Probe dieses Briefes, 
dessen komischste Stelle übrigens an eine Scene 
in Molieres „Eingebildeten Kranken" erinnert, 
vermag eine entsprechende Vorstellung von 
ihm zu geben. Man muss vor allem hier den 
Leser auf die eigne Kenntnisnahme des Ori- 
ginals verweisen. — ischi«. folgt m H«rt vm.j 



-5^ 



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Von der Münchener Buchausstellung. 

Von 

Egon Ebart in München. 



B P9fw en Beispielen von Berlin, Brünn und Kre- 
jfl EBB fcld folgend hat der Ausschuss für Kunst 
TO UVM ' m H an<iwark ^ München im Raum 25 
KJSSfl der Jahresausstellung im Glaspalast eine 
Buthkunstausstcllung eingerichtet, die von den 
Herren Hofrat Rolfs, Oberbibliothekar Dr. Schnorr 
von Karoisfeld und Architekt Bertsch besorgt wurde. 

Der helle, wohnlich und modern eingerichtete 
Raum zerfiel in zwei Katalogabteilungeu : 

A. Raumausstattung, aus der ich nur die treff- 
lichen Keramiken von Elise Schmidt - Pecht - 
Konstanz, einen originellen Wandteppich von O. 
Schwindrazheim - Hamburg und einen eigenartig 
schönen Kometlüster von Bernhard Wenig-Berchtes- 
gaden hervorhebe; und 

B. Die Buchausstellung selbst 

Was alles unter die Bezeichnung „Buchschmuck" 
gehört, ist hier zur Schau gebracht; Einbände, 
Vorsatzpapiere, Illustrationen, seltenere und auf- 
fallendere Drucke, Titelblätter, Umschlagblätter, 
Bibliothelczeichen, Lesezeichen, Zeitschriften, Ka- 
taloge, Flugblätter u. s. w. sind übersichtlich an- 
geordnet und geben, erfreulicherweise in nicht er- 
drückender Zahl, ein gutes Bild der modernen 
Buchkunst unserer Tage. Wo es anging, ist alles 
archaistische möglichst vermieden und ausge- 
schlossen worden, und, — sieht man auch man- 
ches Überschwängliche, Phantastische, so ist doch 
auch sehr viel Gutes und ästhetisch Schönes vor- 
handen, uns zeigend, dass wir auf dem richtigen 
Wege zu einem eigenen, charakteristischen Stile 
unserer Tage sind und die alte, köstliche Buch- 
kunst wieder zu Ehren gebracht haben. Vor 
5 — 8 Jahren wäre diese Sonderausstellung mit ihrer 
entschieden ausgeprägten Eigenart noch nicht mög- 
lich gewesen. 

Infolge der Auswahl fällt Nachstehendes als 
geschlossenes Ganze besonders auf: 

I. Die einheitliche Gruppe der ganz ausge- 
zeichneten dänischen Sachen eines Bindesböll- 
Kopenhagen, Einbandentwürfe (z. B. für Madsens 
J. Th, Lundbye; ältere Edda), CÄfWKwZ-Kopenha- 
gen fEinband zu Verdens Storbyer), Fred llend- 
riiton-Kopenhagen, G. //«/««««-Kopenhagen (Ein- 
band zu Slaegten Heilmann), Anker Kyster-Kopen- 
hagen (sehr gute Einbände), H. 7<p«/r-Kopenhagen, 
Einbandentwürfe (z. B. zu Ny Carlsberg); der Verein 
für Buchhandwerk, der Buchhändlergehilfenverein 
und das Kunstindustrie-Museum, sämtlich zu Ko- 
penhagen, haben sich durch Überlassung der dä- 
nischen Buchschmucke, die mit zum Besten der 
Neuzeit zählen, ein grosses Verdienst erworben. 

II. Die englischen Sachen, die sich namentlich 
durch die Buchillustration und durch schönen 
Letterndruck auszeichnen. Hier sind zu erwähnen: 



A. Beardsley (f; Le Morte Darthur, Salome), 
besonders R A. Äv7-London (Midsumroeroights 
dream), W-£r<M&y- London (Sleepy Hollav), W. Crane- 
London (Shepherds Calendar), A. Gashin (Good 
King Wenceslas), Guild of women-binders-London 
(Song of Salomon, Einband), Wm. Morris (f.), 
Keimscott -Press (Shepherds Calendar), Wm. Ni- 
cholson (Sportalmanach), Chs. Ricketts, the Bal- 
lantyne Press, London (Einbände, z. B. Sonnets von 
Sir Ph. Sidney, und gute Drucke). 

III. a) Unter Glas und Rahmen eine Auswahl 
von 89 nur modernen Bibliothehxeichen aus der 
Ex-Libris-Sammlung (der grössten des Kontinents) 
des Grafen K. E. zu Leiningen- Westerburg in 
Neupasing-München (16 000 Stück von 1470 — 1899 
aller Länder), die Prachtblätter (Stiche, Radierun- 
gen, Hobschnitte, Zinkätzungen) von Barloesing, 
Diez, Döpler, Eckmann, Am Ende, Erler, von 
Foelkersam, Greiner, Hirzel, Klinger, Lechter, 
Orlik, Sattler, von Schennis, Thema, Ubbelohde, 
Vogeler, Wenig; Bell, Crane, Ospovat, Sherborn, 
Simpson, West; van Hoytema; Rassen/osse; Cheret 
etc. aufweist und wohl imstande ist, zu weiteren, 
derartigen Kleinmeisterarbeiten oder zur erneuten 
Bethäb'gung der 400 Jahre alten Ex -Libris- Sitte 
anzuregen, b) 16 Bibliothelczeichen, reizende 
Original -Zeichnungen von Maximilian Dasio- 
München. 

An der deutsehen Abteilung beteiligten sich das 
Buchgewerbemuseum Leipzig, Bruckmanns und 
Oldenburgs Verlagsanstalten-MUnchen, Commeter- 
Hamburg, E. Arnold - Dresden, Breitkopf und 
Härtel-Leipzig (z. B. Frau L. Burger: Zoologie für 
Buchdrucker), Schuster und Löffler-Berlin (Der 
bunte Vogel) P. Behrens-München, E. Diederichs- 
Leipzig, W. Drugulin- Leipzig (mit persischen, 
hebräischen und anderen vorzüglichen Drucken), 
L. Eschenbach-München (Einband: naturfarbenes 
Leder mit patiniertem Metallbeschlag), Verlag der 
Jugend-München, deutscher Verein der Bücher- 
freunde , Meier - Graefe - Paris, Kaiser- Wilhelm- 
Museum- Krefeld (u. a. Menüs et programmes L. 
Maillards, Einband von W. Peiler). 

Von bekannten deutschen Künstlern sind ausser 
den schon Genannten vertreten: W. Caspari- 
MUnchen, J. V. Cissarz-Leipzig, J. Diez (dieser 
auch mit seiner Spielkartcnserie), die Worpswe- 
der H. Am Ende, Fr. Mackensen, Fr. Overbeck 
und H. Vogeler (u. a. : Hauptmanns Versunkene 
Glocke), dann Fidus(Hoeppener) - Berlin (u. a. 
mit „Das festliche Jahr der germanischen Völker")i 
M. I<echter-Berlin (Maeterlincks Schatz der Armen), 
MUUer-Schönefeld-Berlin (Jacobsens Niels Lyhne), 

B. Pankok-MUnchen, J. Sattler-Strassburg i. Eis., 
Frz. Stuck (das hervorragende Bismarckblatt der 



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278 



Kritik. 



Jugend), H. r-to^-Frankfurt-Karlsruhe (Thodes 
Federspiele), W. ^-München (Mopsus, Fauns- 
komödie) u. a. m. 

Als besonders schöner Druck ist die in unge- 
wöhnlich grossen, roten und schwarzen Buchstaben 
ausgeführte, riesige „Denkschrift des deutschen 
Buchgewerbevereins Leipzig" zu nennen, die sogar 
eine besonders fllr diesen Fall gedruckte Widmung 
an den „Ausschuss für Kunst im Handwerk, Mün- 
chen" enthält 

Zu allgemeiner Besichtigung waren auf einem 
Tische aufgelegt: Zeitschrift für Bücherfreunde, Patt, 
Dekorative Kunst, Kunst und Handwerk, Ex-Librit- 
Zeitschrift, Formenschatz, Das deutsche Zimmer, 
Kunstwart, Federspiele, Jugend, Simplicissimus. 

E. Gabelsberger-Miinchen hatte Vorsatzpapiere, 
Notizbücher, Fidus Lese- (Buch- oder Merkzeichen 
für Velhagen und Klasing- Leipzig und Henckell- 
ZUrich ausgestellt 

Da es der Raum verbietet, alles autzuzählen, 
seien nur noch vom schwacher vertretenen Ausland 
erwähnt Amerika: Emilie Delafield-New York (Alice 
in wonderland), T. B. Meteyard-Boston. Belgien: 
K Daudela-Brüssd (u. a. Pol de Monts Van Je- 
sus, Dat Liedecken v. h. Halevynes, Binus, — 
höchst eigenartige Illustrationen), G. Minne-Brüssel, 
H. v. d. Velde, Uccle-Brüssel. Holland: Th. van 
Hoytema- Amsterdam (Twee Hanen). Frankreich: 
Jossot-Paris,L. Lebegue-Paris, Peintres-Lithographes- 
Paris u. a; die Mehrzahl dieser letztgenannten 



ausländischen Gegenstände war vom Buchgewerbe- 
museum-Leipzig, Meier-Graefe-Paris und Commeter- 
Hamburg ausgestellt worden. 

Im Raum 22, der neben der Buchausstellung 
liegt, hatte Herr Kunstmaler Rieh. Riemerschmid, 
Neupasing-München, ein eigenes, modern ausge- 
stattetes Zimmer eingerichtet, in dem unter vielen 
anderem auch noch moderner Buchschmuck aus- 
gestellt war, so HA. ÄrÄ'-London (Keats Poems), 
W. Bradley-London (Irvings Rip van Winkle), H. 
M Brock-London (Handy Andy), einige dänische 
Einbände vom Kunstindustriemuseum Kopenhagen, 
E. Diederichs- Leipzig (Novalis und Spitteier), 
Meier-Graefe-Paris (Einband zu Chansons de Beran- 
ger und Baron Münchhausen); Einbände der Guild 
01 women binders-London; Karlslake & Co., Lon- 
don; L. Moe -Kopenhagen (Konvolute); Bücher 
aus den Buchgewerbe- und Kunstgewerbemuseen- 
Leipzig, englische illustrierte Werke u. s. w. 

Diese ganze Buch-Sonderausstellung bietet eine 
Fülle von interessantem Material und wird un- 
seren strebsamen Jüngern der modernen Richtung 
in München sowie fremden Gasten viele neue An- 
regungen geben; sie wird von den Besuchern des 
Glaspalastes ebenso fleissig besichtigt und studiert 
wie die Säle mit Gemälden und Skulpturen. Prinz- 
regent Luitpold erwies unsrer Buchkunstausstellung 
und ihren Veranstaltern die Ehre, zur Eröffnung 
am 15. Juli selbst zu erscheinen und seine hohe 
Anerkennung auszusprechen. 



Kritik. 



Racon Shakespeares Venus und Adonis. Ein buch- 
stäblich genauer Wiederabdruck der ältesten Original- 
ausgabc vom Jahre 1593, verbunden mit der ersten 
wort- und sinngetreuen Übersetzung und Erläuterung. 
Nebst mehr als 100 Büdcrtafcln. Leipzig, Edwin Bor- 
manns Selbstverlag. 1899. Lex., XIII, 277 S. (M. 20; 
in Halbfranz M. 22,50). 

Ich möchte von vorn herein betonen, dass ich kein 
Anhänger der Bacon-Hypothese bin und dass mich 
auch Edwin Bormanns neuerliche Beweise nicht haben 
überzeugen können. Trotzdem hat mich das vorliegende 
Werk auf das allerhöchste interessiert, das Werk eines 
geistreichen und eminent schartsinnigen Forschers, 
dem ich schon deshalb die weiteste Verbreitung 
wünsche, weU es auch abgesehen von den vielfach 
anfechtbaren Argumentationen des Verfassers zahl- 
reiches Neue und Wissenswerte erbringt 



Das Buch beginnt mit einer wortgetreuen Ver- 
deutschung von „Venus und Adonis", jenem glutvollen 
Liebesgedicht, das 1 593 zum ersten Male gedruckt und 
auf dessen Widmungsseite gleichfalls zum ersten Male 
der Schriftstellername Shakespeares genannt wurde. 
„Venus und Adonis" ist nicht oft in das Deutsche über- 
tragen worden und fehlt in den meisten Shakespearc- 
ausgaben (auch in der letzten, von Prof A. Brandl 
herausgegebenen). 1783 übersetzte H. C. Albrccht das 
Gedicht 1791 J- J. Eschenburg ein Bruchstück, 1827 
A. Schumacher, 1849 Freiligrath und 1894 A. von 
Maunlz. Eschenburgs Übertragung ist in Prosa, die 
drei letzten sind, wie das Original selbst in funfiussigen 
Jamben gehalten. Freiligraths Verdeutschung ist in 
poetischem Sinne die gelungenste, aber durchaus nicht 
wortgetreueste. Bormann hat sich dagegen bemüht, 
dem Original möglichst Wort um Wort zu folgen; 



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Kritik. 



279 



trotzdem dies geschehen und er infolgedessen auch 
auf den Reim verzichten musste, stehe ich nicht an, 
seine Übersetzung als eine ganz ausgezeichnete, wahr 
haft mustergültige zu bezeichnen. Bei aller seiner 
Sprachgewandtheit mag es ihm nicht leicht geworden 
sein, sich ängstlich genau an das Original zu halten; 
dass ihm dies möglich gewesen und dass dennoch 
von den dichterischen Reizen des Urbilds nichts ver- 
loren gegangen, ist ein nicht hoch genug anzuschla 
gendes Verdienst 

Originaltext und Obersetzung werden von erläu- 
ternden Glossen begleitet. Bonnann versucht nach- 
zuweisen, die Parabolik der Dichtung solle besagen, 
dass Francis Bacon, der Rechtsgclehrte, Naturforscher 
und Philosoph, der wahre Dichter, William Shake- 
speare, der Schauspieler, aber nur die vorgeschobene 
Maske sei. Das ganze Gedicht sei gewissermassen eine 
Allegorie auf das Wappen Bacons. Adonis sei die Per- 
sonifikation des Wappenschildes: Bacon selbst — der 
Eber die des Wappentieres: Shakespeare — und 
Venus die Verkörperung der Poesie. Und nun belegt 
Bormann Zeile um Zeile der Dichtung mit seinen Be- 
weisen. Man folgt ihm anfänglich willig und gern, denn 
Vieles von dem, was er sagt, scheint den Nagel auf 
den Kopf zu treffen, erscheint in der Auslegung 
sehr plausibel. Aber diese Beweisführung 
wird immer mehr zu ausgeklügelter Tüftelei. 
Er begnügt sich nicht damit, auf alle die An- 
spielungen hinzuweisen, die in dem Poem auf 
Heraldik und Jurisprudenz enthalten sind oder 
die man so deuten könnte, sondern geht noch 
erheblich weiter. Des Ausdruck „sweaüng 
palme" in der V. Strophe erklärt er durch 
Bacons wissenschaftliche Anschauung, eine 
feuchte Hand sei ein sicheres Zeichen der 
Jugend; die Silben „back" und,,bac" sind ihm 
in der Verbindung mit der Präposition ,,on" 
Anspielungen auf den Namen Bacon; in der 
Zeile „beake on feathers, flesh, and hone" 
sieht er eine doppelte Alliteration auf die 
Buchstaben F. B.; der Vergleich des Adonis 
mit der Sonne dünkt ihm zugleich eine An- 
deutung auf den Namen Bacon als Leuchte 
(„Beacon") u. s. w. Mit welchem Scharfsinn 
Bormann vorgeht, wie weit er aber auch seine 
Beweise herholt, mag Folgendes darthun: die 
Dichtung hat in der Originalausgabe 199 Stro- 
phen, die genau 50 Seiten füllen. Die Mitte 
des Buchs, am Schlüsse von S. 25, enthält 
auch den dramatischen (iipfelpunkt der Hand- 
lung. Strophe 99 schliesst: „He on herbelly 
fall's, she on her backe'', ßormann argumen- 
tiert nun : „Dadurch, dass der Dichter erst des 
Adonis Fall, dann den der Venus schildert, wo 
man doch das umgekehrte erwarten müsste, 
erreicht er, dass die Worte „on her backe" 
(Bacon) in den Keim, an das Ende der Zeile, 
an das Ende der Strophe, an das Ende der 
Seite und somit in die mittelste Mitte der 
Dichtung und des Buches zu stehen kommen. 
Da überdies die Seite den fünften Bogen des 



Buches beginnt, so musste sie selbst dem, der das noch 
unaufgeschnittene Buch im Jahre 1593 im Buchladen 
in die Hand nahm und mitten aufklappte, vor allen 
anderen zuerst in die Augen fallen". . . Geistreich 
herausgeklugelt hat Bonnann auch die Bedeutung der 
Klammem. Als Beispiel höre man: „die drei Worte 
der ersten Klammer, in Strophe 2: 'Thrisc fairer then 
my seife, (thus she heg an)' enthalten ein doppeltes 
Wortspiel. Denn 'thus' heisst nicht nur 'so', sondern 
auch 'Weihrauch'. Es giebt somit ein Wortspiel mit 
dem gleichfalls Weihrauch bedeutenden englischen 
Worte 'Irankim cnse', während 'began' ein Wortspiel auf 
'Bacon' giebt. 'Thus she began' gleich 'frankinecnse she 
began 1 . . . wir haben in der Klammer nun fast alle Buch- 
staben, welche den Namen Francis Bacon zusammen- 
setzen. Mit Franc (Verkleinerung von Franzchen) beginnt 
der Inhalt, mit began (Bacon) sclüiesst er . . ." In ähn- 
licher Weise erläutert Bormann auch den Inhalt der 
übrigen Klammern. Auch hier sucht er alle möglichen 
Deutungen hervor und vcrschliesst sich dem nahe- 
liegendsten : dass in der alten englischen Schriftsprache 
genau so wie in der deutschen vielfach Klammem an 
Stelle von Kommas oder von Gedankenstrichen, deren 
Anwendung man gar nicht kannte, gesetzt wurden. 




Neue Ex-Libri» »on E. M. Li Ii er 
Ex-Libris Richard Schütter. 



Kritik. 



Ebenso verhält es sich mit den grossen Buch- 
staben bei Beginn von Wörtern, die man beute nicht 
gross zu schreiben pflegt. Geistrekher Spürsinn lässt 
Bormann u. a. folgendes entdecken: gross gedruckt 
ist auf Seite I das Wort „Nimphs", auf Seite 3 „Eagle", 
auf Seite 5 „Altars". In den drei Strophen, in denen 
diese Worte vorkommen, ist die Wappensymbolik, die 
Hinweise auf die Sterne (Sternblumen) und das weiss 
und rot im Wappenschilde Bacons, am stärksten be- 
tont. „Nimphs" steht in der Strophe mit „white and 
red" — „Eagle" mit „beake on" — „Altars" mit 
„shield" zusammen („weiss und rot Bacons Schild"). 
Der „Adler in Greifengestalt", d. h. der Greif, war das 
Wappen von Gray's Inn, dem Londoner Gerichtshofe, 
an dem Bacon wie der Graf Soulhampton, dem „Venus 
und Adonis" gewidmet, thärig waren, und über dem 
„Altare" im Ostfenster der Kapelle von Gray's Inn 
hing das in Glas gemalte Wappen des Vaters Bacons. 
Die Gesamtsymbolik dieser Verse wäre nach Bormann 
also: Bacons weiss-rother Schild über dem Altare von 
Gray's Inn, dem Gerichtshofe mit dem „Adler-Greifen" 
im Wappen, dem Greifenhause . . . Abgesehen davon, 
dass es für Greif und Adler im Altenglischen verschie- 
dene Ausdrücke giebt und sie auch heraldisch ganz 
verschieden dargestellt wurden, scheint mir die ein- 
fachste Erklärung für die grossen Buchstaben an un- 
erwarteten Stellen im Originaldruck von „Venus und 
Adonis" die Thatsache, dass man Ende des XVI. Jahr- 
hunderts sehr wenig gewissenhaft in der Schreibweise 
zu sein pflegte. In den deutschen Büchern jener Periode 
findet man auch oft genug ganz ungehörig Worte gross 
und klein gedruckt 

Merkwürdig berühren dagegen zweifellos die zahl- 
losen heraldischen und juristischen Anspielungen in 
der Dichtung. Sie liegen oft auf der Hand. Die häu- 
fige Wiederkehr der Worte rot und weiss ist auffallend. 
Nach der parabolischen Lösung Bormanns tötet der 
vorgeschobene Shakespeare (der Eber) den wahren 
Dichter Bacon (Adonis). Ich meine, wenn man auch 
annimmt, dass es Bacon schmerzlich gewesen sein 
muss, unter dem Druck der sozialen und politischen 
Verhältnisse den eigenen Genius nur maskiert der 
Öffentlichkeit vorführen zu dürfen, so kann es doch 
andererseits nicht recht begreiflich erscheinen, dass 
Bacon den Shakespeare so grimmig charakterisiert; 
denn der Schauspieler Shakespeare fügte sich schliess- 
lich nur den Bitten und Wünschen seines Gönners 
Bacon und versteckte ihn hinter seinen Namen. Selbst 
zugegeben, dass in „Venus und Adonis" auch ohne 
künstlich konstruierte und weit hergeholte Argumen- 
tationen vielerlei auf die Verfasserschaft oder Mitarbeit 
Bacons hindeutet: das wütende Aufbäumen einer fein- 
sinnigen Poetennatur gegen den freiwillig gewählten 
Deckmann ist nicht erklärlich. Und erklärt es sich 
wirklich aus komplizierten psychologischen Gründen, 
so bezweifle ich, dass Bacon seinem Ärger in dem 
ersten Werke, das — doch jedenfalls nicht gegen 
seinen Wunsch und Willen — den Automamen Shake- 
speare trägt, Ausdruck gegeben haben würde. 

Der zweite Teil bringt 1 1 facsirnilierte Seiten aus 
der Originalausgabe von 1593, von der nur noch ein 



Exemplar (in der Bodleian Library in Oxford) vor- 
handen ist 1886 liess Mr. William Griggs diese Aus- 
gabe photolithographisch vervielfältigen. Ebenso wurde 
von der zweiten Quartausgabe, die 1 594 erschien, ein 
in 3 t Exemplaren abgezogenes Facsimile durch Mr. 
Ashbee hergestellt. Francis Meres erwähnt 1598 die 
Dichtung in seiner „Palladis Tamia": „Wie man dachte, 
dass die Seele des Euphorbus im Pythagoras lebe, 
so lebt die süsse witzige Seele des Ovid in dem glatt- 
fliessenden und honigsüssen Shakespeare ; Zeugnis sein 
Venus und Adonis, seine Lucretia, seine Sonette" ■ ■ ■ 
Die Forschung stützte bisher ihre Ansicht, dass Sha- 
kespeare der thatsächliche Verlasser der Dichtung 
gewesen, gerade auf diese Worte Meres'. Bormann 
dagegen meint, zweifellos wieder sehr geistreich ge- 
dacht, die Erwähnung des Euphorbus-Pythagoras — 
die Seele des Pythagoras im Körper des trojanischen 
Speerwerfers Euphorbus lebend (Uias, Vers 806) — 
beweise, es sei Meres bekannt gewesen, dass die Seele 
Bacons in der seines litterarischen Speerschwingers 
Shakespeare gelebt habe: umgedeutet also, dass Bacon 
der Dichter, Shakespeare nur der Namengeber ge- 
wesen sei. Entschieden hat diese Deutung viel für 
sich, zumal Meres ein juristischer Kollege Bacons 
und Southamptons war und die Annahme, dass Bacon 
selbst an der „Palladis Tamia" beteiligt gewesen, nicht 
ohne weiteres zu verwerfen ist. In dem Beginn des 
Mottos „Vüia miretur vulgus: mihi flauus Apollo — 
Pocuta Castalia plena ministret aqua" sieht Bormann 
eine Anspielung auf den Namen William: „William 
möge verehren das Volk: doch mir reiche Apollo den 
Becher" . . . statt „Gemeines (vilia) möge verehren" . . . 

Die nächsten Seiten beschäftigen sich mit dem 
Wappen Bacons und seines Vaters und bringen dazu 
eine Reihe von Abbildungen. Dann folgen eine syste- 
matische Zusammenstellung des Parabolischen in 
„Venus und Adonis", eine summarische Übersicht der 
Beweise und eine kurze Betrachtung über die 1594 
entstandene Schwesterdichtung „Lucrece". Auch „Lu 
cretia" ist für Bormann ein ähnlich parabolisches 
Gedicht wie „Venus und Adonis"; auch hier findet er 
überall Wortspiele und Hindeutungen auf den als 
Autor gemieteten Shakespeare und ein geheimnisvolles 
Versteckspiel mit juristischen und heraldischen Finger- 
zeigen wie gleichfalls wieder mit den Silben „back" 
und „on". 

Die Reihe der nun folgenden Bildertafeln ist gross. 
Sie sollen zur Erklärung der Sach-, Ort- und Zeit- 
verhältnisse dienen. Besonders interessant sind die 
Briotscben Kupfer zu dem Parabelwerk Bacons „De 
Sapientia Veterum", die Bormann in J. Boudoins 
„Rccueild'Emblemes divers" (Paris 1638/39) eingestreut 
fand, ferner die Facsimiletitcl einer Anzahl anonym 
erschienener Shakespearescher Werke, handschriftliche 
Facsimiles Bacons und die Wiedergabc des Umschlags 
des sogen. Northumberland-Manuskripts, das bisher 
als eine der stärksten Stützen des Baconismus galt 
Zu den Untersuchungen der Mr. Spedding und Holmes 
fugt Bormann mancherlei neues und auch thatsächlich 
Uberraschendes, wie die Korrektur bei„By mr. Franncis" 
der in derselben Zeile der Name William Shakespeare, 



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Krit.k 



folgt, und wie die Anknüpfung an des Citat aus der 
„Lucretia". 

Den Schluss des Werks bilden Porträts, Pläne und 
Ansichten; unter ihnen finden sich auch drei wenig 
bekannte Southampton- Porträts und eine Abbildung 
von Racons Grabdenkmal in St Albans. 

Das Buch ist glänzend ausgestattet, von Hesse 
& Becker in Leipzig auf Kupferdruckpapier gedruckt 
und solide gebunden. Fedor v. Zobeltit*. 

m 

Die Schweis im neunseknten Jahrkundert. Heraus- 
gegeben von schweizerischen Schriftsteilem unter 
Leitung von Paul Seippel, Professor am eidgenöss. 
Polytechnikum in Zürich. Mit zahlreichen Illustrationen. 
Erster Band. Lex., $98 S. (Verlag von Schmid&Francke 
in Bern und F. Payot in Lausanne). M. 18. 

Schwei t. Von /. C. Heer. Mit 181 Abbildungen 
nach photographischen Aufnahmen, einer Bunttafel 
und einer farbigen Karte. Band V von Land und Leute. 
Monographien zur Erdkunde, in Verbindung mit her- 
vorragenden Fachgelehrten herausgegeben von A. 
Scoöel. Gr.-8°, 192 S. (Velhagen & Kissing in Bielefeld 
und Leipzig). M. 3. 

Das erstgenannte Werk ist auf drei Bände geplant 
und dürfte mit Abschluss des ersten Jahres im neuen 
Jahrhunden beendet vorhegen. Der Eröffnungsband 
gliedert sich in fünf grosse Hauptabschnitte. Der ein- 
leitende Ted, von Dr. Theodor von Liebenau verfasse, 
beschäftigt sich mit der Geschichte der Schweiz am 
Ausgange des XVIII. Jahrhunderts. Als um die Mitte 
des XIII. Säculums ghibellinisch gesinnte Edelleute 
am Vierwaldstättersee den Grund zu der Vereinigung 
der Urkantone legten, aus der die Eidgenossenschaft 
hervorwuchs, da ähnelten Land und Leute noch der 
Beschreibung des Sankt Galler Mönches Notker: dura 
viris, dura fide, durissima gleba. Aber zu Voltaires 
Zeiten haue der Aufschwung der gewerblichen Ver- 
hältnisse selbst der Natur ihre ursprüngliche Rauheit 
abgerungen und das Klima gemildert: die Schweiz war 
bereits das Reiseziel der Fremden geworden. In poli- 
tischer Beziehung gährte es seit 1712. Es fehlte an 
einer systematischen Verwaltung; das Land zerfiel 
gewissermaßen in eine evangelische und eine katho- 
lische Republik. So war es erklärlich, dass die Ge- 
schicke der Schweiz in diesem Zeitraum lediglich durch 
äussere Einflüsse bestimmt wurden. Numa Droz schil- 
dert die Entwicklungsgeschichte des Landes von 1798 
ab in dem zweiten, umfangreichsten Abschnitte des 
Werkes. Die Periode von 1798 — 1815 zeigt den wieder- 
holten Überfall der Schweiz durch ihre Nachbarn im 
Westen und Osten; die weitere, bis zum Jahre 1848 
reichende Periode kennzeichnet sich durch das ener- 
gische Bestreben der Nation, ihre Selbständigkeit zu- 
rückzugewinnen, und die dritte (bis 1874) umfasst die 
Geschichte der Wiedergeburt des Landes, während 
die bis zur Gegenwart reichende Schlussperiode end- 
lich die Schweiz in der ganzen Fülle ihres demokra- 
tischen Machtbewusstseins zeigt Auf der Basis dieser 
Viergliederung entrollt Droz in grossen Zügen ein aus- 
gezeichnetes Bild der politischen Geschichte der Re- 
Z. f. B. 1899/1900. 



publik in unserem Jahrhundert. Er beginnt mit der 
französischen Invasion, die den Grund zu der Einheits- 
verfassung von 1803 legte und der die Mediationsakte 
und die Wiener Verträge folgten. Nach der Restau- 
ration brechen die ersten Kämpfe um die Verfassungs- 
änderung aus, fast zugleich mit neuen ernsthaften Ver- 
wicklungen mit dem Auslande. Aber die kantonalen 
Revolutionen stärken unbewusst den liberal- demo- 
kratisch-nationalen Gedanken, der im Jahre 1848 in 
der Bundesverfassung versöhnenden Ausdruck findet. 
Auch die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten 
wird fester und energischer; neben mancherlei Schatten 
zeigen sich glänzende Lichter, wie die Lösung der 
Neuenburgfrage und die glücklich durchgeführte Neu- 
tralitat während des deutsch-französischen Krieges. 
In allen diesen Schilderungen zeigt sich Droz ab ein 
Historiker grossen Stils und, wie beispielsweise 
das Kapitel über Neuenbürg beweist, als ein gerechter 
Beurteiler. Wie wenig befangen er ist, geht auch aus 
seiner Schlussbetrachtung in dem resümierenden all- 
gemeinen Überblick und seinen Warnungen vor über- 
triebenen Demokratismus und Individualismus hervor. 

Dr. Karl Hilter berichtet über die Gründe und die 
Entwickelung des schweizerischen Staatsrechts in einer 
funfiig Seiten langen Abhandlung, die auch in inter- 
essanter Weise die Frage des Sozialismus streift. Das 
Kapitel über die Armee hat den Obersten Ed. Secretan 
zum Verfasser. Die Katastrophen von 1803, 1813 und 
181 S hatten die Schweiz das Einsehen gelehrt, dass 
eine „Neutralitat", die sich nicht zu verteidigen weiss, 
nutzlos ist Noch immer ist das schweizerische Heer 
kein vollkommenes; aber eine Armee von 150000 Mann 
Stärke wird immerhin die Neutralität ihres Landes mit 
Nachdruck zu verteidigen verstehen. Im letzten Ab- 
schnitt des Bandes schildert Prof. Ernst Röthlisberger 
die internationale Bedeutung der Schweiz, die von den 
Zeiten der philhellenischen Bewegung ab bis zur Be- 
gründung der Genfer Konvention ständig gewachsen 
ist Das Schlusskapitel behandelt kurz den Schweizer 
in der Fremde und die Ursachen der Auswanderungs- 
bewegung. 

Ein grosses Gesamtwerk lässt sich nicht immer 
leicht nach dem Eröffnungsbande beurteilen. Aber das 
Eine kann man schon nach dem vorliegenden Bande 
behaupten : dass Plan, Anlage und Einteilung vorzüglich 
sind. Dem Schweizervolke ohne Unterschied der 
Sprachen, Parteien und religiösen Überzeugungen soll 
das Buch gewidmet sein; gewissermassen ein schwei- 
zerisches Gegenstück, wenn auch kein so umfang- 
reiches, zu dem österreichischen Kronprinzenwerke. 
Es ist natürlich, dass sich ein derartiges Werk, das ein 
Bild des ganzen nationalen Lebens eines Landes ent- 
rollen soll, aus verschiedenen Beiträgen zusammen- 
setzen muss. Dass trotzdem ein einheitlicher Zug erzielt 
worden, ist vielleicht das Verdienst des Herausgebers, 
vielleicht auch den Bemühungen aller Mitarbeiter zu 
verdanken, die bei völliger Freiheit ihrer Meinungs- 
äusserung doch nie das Ziel aus dem Auge verloren: ein 
im besten Sinne volkstümliches Werk schaffen zu w ollen. 

Eine grosse Fülle von Abbildungen nach Original- 
zeichnungen schweizerischer Meister, von Stichen und 

36 



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Kritik. 



Dokumenten schmückt das Buch und gestaltet es auch 
illustrativ sehr ansehend aus. 

Während hier die Wiedergabe von Landschaften 
und Städtebildern fast gänzlich fehlt, bringen die Ab- 
bildungen in der Heerschen Monographie lediglich 
solche und zwar, wie wir gleich vorausschicken wollen, 
in ausgezeichneter Reproduktion nach Photographien 
aus rühmlichst bekannten Ateliers. Das Heersche Buch 
ist der fünfte Band einer Serie ethno- und geographi- 
scher Schilderungen nach dem Muster der bekannten 
kunst- und welthistorischen Monographien der Firma 



Schweiz führt, weiss ich, dass ich ausser dem Bädecker 
dies prächtige Heersche Buch mit mir nehme. 

Klaus v. Rheden. 



Die Anfängt des Johanniter ordens in Deutschland, 
besonders in der Mark Brandenburg und in Mecklenburg. 
Von Julius von Pflugk - Harttung. Berlin, J. M. Spaeths 
Verlag, 1899. 4°, 178 S. M. 5. 

Eine Geschichte der niederdeutschen Balai des Jo 
hanniterordens ist noch nicht geschrieben worden. Die 
Herausgeber der märkischen, pommerschen, 
mecklenburgischen und einiger anderer Ur- 
kundenwerke, ferner Delaville Le Roulx in seinem 
Chartulaire Gentfral, haben zwar vereinzeltes 
Material erbracht, aber das Meiste ruht noch un- 
berührt und ungehoben in den Archiven. Pro- 
fessor v. Pflugk-Harttung hat nun den Versuch 
unternommen, in dem vorliegenden Werke einige 
der dunkelsten Punkte in den Anfängen der 
Ordensgeschichte aufzuhellen. Der alte Diene- 
mann hat in seinen 1767 erschienenen „Nach- 
richten vom Johanniterorden" ein mit Heinrich 
von Toggenburg 1251 beginnendes Verzeichnis 
der Grossprioren gebracht, auf das sich spätere 
Forscher vielfach stützten, da es auf einigen im 
Berliner Geheimen Staatsarchive liegenden Listen 
beruht. Nichtsdestoweniger sind Dienemanns 
Angaben im Wesentlichen irrig. Pflugk Hart tun gs 
Untersuchungen über das Grosspriorat stellen 
vieles richtig; zahlreiche Lücken verbleiben aber 
noch immer. Der Titel des Grosspriors wechselt 
häufig in den Urkunden; Prior, Präceptor und 
Magister finden sich; vom XIII. Jahrhundert ab 
wird die Bezeichnung Meister allgemeiner, auch 
Obermeisterund Herrenmeister treten auf. Pflugk- 
Harttung ist der Ansicht, dass unter dem Ober- 
meister der Vorstand der deutschen Zunge zu 
verstehen sei. Wir glauben, dass dies nur eine 
veränderteBezeichnung für Grossmeister, den Vor- 
stand des Gesamtordens, gewesen ist, dass unter 
dem „obrosten Meister" dieser verstanden wurde 
und Friedrich von Zollern 1392 (Mon. Zollerana 
l> P- 3°4) nur als dessen Vertreter galt („stathalter 
dez Obrosten Meisters in t titschen Landen"). In 
der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts ge- 
staltete mi n aie tierrcnmcisterwurac aer israriuen- 
burger Balai, welch letztere sich im Haimbacher Ver- 
trage völlig vom Konvente im Orient trennte, energischer 
aus, und damit begann die glänzende Geschichte dieses 
nordischen Ordenszweigs. 

Das zweite Kapitel des Werks behandelt die Lokal 
würden: die Pflegerschaften, die Komthure oder 
Kommendatoren. Nach Pflugk kommt die Bezeichnung 
Kommend ator zuerst 1244 in Werben vor; daneben 
giebt es für die Vorstände der Johannitemiederlassungen 
auch noch längere Zeit die Benennungen Bruder, 
Prokurator, Magister, Prior. Würdenanhäufungen sind 
in jener Epoche des Werdens und Anwachsens des 
Ordens im Norden nichts seltenes. 

Schildert der ganze erste Teil des Buches die An- 




Neue Ex-Ubru von E. M Lilien. 
Ex-Libris Anselm Haitog. 

Velhagen & Klasing. Die geschichtliche Übersicht ist 
knapp gefasst und bildet nur die Einleitung zu einer 
Reihe überaus reizvoller Einzeldarstellungen, die den 
Leser vom Bodensee bis zum Montblanc durch alle 
Landschaften der Schweiz führen. Von Haller ab bis zu 
dem oben besprochenen Werke ist über das schöne 
Alpenland unendlich v iel geschrieben worden ; auch an 
sogenannten Führern und Reisebüchern fehlt es nicht. 
Selten aber habe ich so anschauliche Schilderungen ge- 
funden wie hier. Der Verfasser ist nicht nur ein guter 
Kenner der Schweiz, sondern auch ein glänzender 
Stilist, der leuchtende Farben aufzutragen und fesselnd 
darzustellen versteht Und dazu dieser Reichtum an 
Bildern I Wenn mich mein Weg wieder einmal in die 



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Kritik. 



283 



fange des Ordens in Deutschland, so giebt der zweite 
einen ziemlich genauen Überblick über die weit ver- 
streuten historischen Bestände und eine Untersuchung 
der inneren Verhältnisse der Balai. Albrecht der Bär 
führte den Orden durch die Schenkung der Kirche zu 
Werben 1160 in Brandenburg ein. Über die Person 
des ersten Herrenmeisters waren bisher die Ansichten 
sehr verschieden. Aber es ist nicht zweifelhaft, dass 
Pflugk-Harttung recht hat, wenn er Gebhard von Bort- 
felde als diesen bezeichnet; auch die politischen Motive, 
die zur Erhebung Gebhards geführt haben mögen, 
sind anschaulich geschildert. 

Der umfangreiche Urkundenteil enthalt u. a. 
eine vortreffliche Nachweisung des vorhandenen 
geschichtlichen Materials. In älterer Zeit gab es 
kein Ordensarchiv. Auch als Sonnenburg Resi- 
denz wurde, lebten die Herrenmeister nicht dau- 
ernd daselbst, sondern vielfach auf ihren Kommen- 
den, wohin auch die Akten verschleppt wurden. 
Erst 16 10 erging der Befehl, dass alle Originalakten 
in Sonnenburg verbleiben sollten. Die Aufhebung 
des Ordens hatte schliesslich eine allgemeine 
/.erst reuungdes schon durch die Kriegszeiten stark 
gelichteten Materials zur Folge. Professor Pflugk 
zählt auf, was er an folgenden Stellen noch an 
Akten über den Orden vorgefunden hat: im ge- 
heimen Staatsarchiv, dem der Verfasser als Archi- 
var angehört, im landwirtschaftlichen Ministerium, 
im Königlichen Hausarchiv undin derHofkammer 
zu Charlottenburg ; ferner in den Staats- resp. Stadt- 
archiven zu Breslau, Braunschweig, Collin, Dres- 
den, Frankfurt a.O., Hannover(wcnig), Karlsruhe, 
Königsberg, Lietzen, Magdeburg, Prag, Schwerin, 
Stettin, Wolfenbüttel. 

An neuen Ergebnissen ist das PflugkscheWerk 
reich. Es ist ein Fundament, auf dem sich weiter- 
bauen lässt In der Darstellung hätten wir uns hin 
und wieder einen weniger trockenen Ton ge- 
wünscht E. H. 
AB 

A History of ftohtmian Literature by Francis 
Count Lützow. London, William Heinemann. 

Dies in England aus verschiedenen Gründen 
berechtigtes Aufsehen erregende Werk bildet in 
der That eine wesentliche Bereicherung unserer 
Kenntnisse über die böhmische Litteratur. Das 
Buch gehört zu einer Serie von Arbeiten, betitelt: „Short 
Histories of the Literatures of the World", die von E. 
Gosse herausgegeben und sämtlich von der Firma W. 
1 leinemann verlegt worden sind. Graf Lützow, Diplomat 
und Grossgrundbesitzer auf Zampach in Böhmen, hat 
schon vor etwa drei Jahren ein vortreffliches Werk über 
die Geschichte Böhmens verfasst Da gerade in diesem 
Lande die Geschichte mit der Litteratur auf das innigste 
verknüpft ist, so war der Autor auf Grund seiner histo- 
rischen Studien ausserordentlich befähigt, die beider- 
seitige Wechselwirkung anschaulich darzustellen. Seine 
ruhige, objektive und vornehme Art, Licht und Schatten 
zu verteilen, die Quellenangabe, sowie die Unparteilich- 
keit in der Behandlung schwieriger Religions- und 



Sprachenfragen, verleihen der Arbeit ein allgemeines 
Interesse, ganz abgesehen davon, dass viele berührte 
Punkte die Situation Böhmens zu dem Gesamtstaat er- 
klärlich machen. 

In seiner Vorrede sagt Graf Lützow, dass die 
böhmische Litteratur im westlichen Europa so gut wie 
unbekannt sei Hierzu kommt, dass geradezu ein Ver- 
nichtungskrieg, und zwar im grossen, gegen die Erzeug- 
nisse der Landeslitteratur stattgefunden hat Kein dra* 
matischesWerk von einigem Wert ist erhalten worden, 
dagegen hat der Jesuit Konias sich gerühmt allein 60000 
böhmische Werke vernichtet zu haben. Nach der Vor- 




Neue Kx-Libris von F. M. Lilien. 
Ex-Librii Martin Ure»Uu«r. 



rede und Einleitung, aus der wir erfahren, dass der 
böhmische Dialekt der slavischen Sprache von ca. 8 
Millionen Menschen gesprochen wird, gelangen wir zu 
dem ersten Kapitel mit der Überschrift „Die früheste 
böhmische Poesie". Hierher gehören zwei richtige 
Manuskripte. Das eine derselben, das „Grüneberg- 
Manuskript", erklärt der Verfasser „offen, wenn auch 
mit schmerzlichen Gefühlen, als eine Fälschung". Das 
andere vielumstrittene Dokument aus dem XIII. Jahr- 
hundert, das sogenannte „Manuskript von Königinhof', 
hält Graf Lützow trotz vielfacher Anzweiflungen für 
echt Der Inhalt des ersten Teils besteht aus 6 Balladen, 
der zweite Teil aus 8 kürzeren Gesängen. Diese Hand- 
schrift, für die auch Goethe sich lebhaft interessierte. 



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284 



wurde bekanntlich 1817 durch O. Hanka, späteren 
Bibliothekar des böhmischen Museums, entdeckt. Im 
zweiten Kapitel werden die Vorläufer von Johann Hus, 
so namentlich Stftuy, gewürdigt Dieser bediente sich 
zuerst der böhmischen statt der lateinischen Sprache 
in Werken, in denen sonst die letztere üblich war. 
1468 wurde das erste böhmische Werk „The Chronicle 
of Troy" in Pilsen gedruckt. Der Verfasser weist 
nach, dass ganz unabhängig von Wyclifte das Be- 
dürfnis für eineKirchenreform in Böhmen vorlag. Zu den 
bemerkenswertesten Vorläufern von Hus werden ge- 
zählt: Konrad Waldhauser, Milic, Janow und Stftuy. 

Im dritten Kapitel giebt der Autor ein meisterhaft 
gezeichnetes Bild von Hus und den Hussiten-Kricgern. 
Er erkennt alle Vorzüge dieser gewaltigen historischen 
Figur an, aber er nennt ihn unvorsichtig und auch 
halsstarrig. Selbstverständlich fehlt Johann Zizka nicht, 
der sehr anziehend mit CromweD verglichen wird Die 
Briefe des ersteren atmen ganz den puritanischen 
Geist, das Vertrauen auf seine gerechte Sache und 
das mitunter etwas phrasenhafte Anrufen des Gottes der 
Schlachten, das für Cromwell so kennzeichnend war. 
Einer näheren Betrachtung wird ferner in den Hussiten- 
kriegen die Person und Schriften des christlichsocialen 
Chelacky unterzogen, der als einer der grössten Denker 
des XV. Jahrhunderts gepriesen wird. Graf Lützow 
weist mit Geschick nach, dass viele Ansichten Leo 
Tolstois ihren Ursprung aus den Schriften Chelackys 
herleiten. Gleichzeitig wird wiederholt darauf hin- 
gewiesen, dass zu jener Zeit böhmisch und prote- 
stantisch, im Gegensatz zu deutsch und katholisch, jedes 
in sich identisch war, beides aber auf Leben und Tod 
sich feindlich gegenüberstand. Der Verfasser erklärt 
die Bibliographie über Hus als sehr unsicher, im all- 
gemeinen aber könne gesagt werden, dass seine besten 
Werke in böhmischer Sprache, die seinen lateinischen 
Schriften vorzuziehen, in den Jahren 1406 — 1410 ent- 
standen seien und von 1 4 1 2— 1 5 immer mehr an innerem 



Werte zunehmen. Besonders eindrucksvoll sind die 
teils vollständig, teils im Auszuge wiedergegebenen 
Briefe des Reformators. Noch kurz vor seinem Tode 
sandte er einen Brief in sein Vaterland, überschrieben 
„An die gesamte böhmische Nation", der kernig, klar 
und eindringlich sich an den Verstand und das Gemüt 
seiner Leser wendet 

Im fünften Kapitel wird die Litteratur der böhmi- 
schen Humanisten kritisch beleuchtet Erasmus, Me- 
lanchthon, Luther und die grossen Theologen dieser Zeit 
werden, soweit es zur Klarlegung in Bezug auf die Titel- 
überschrift des Buches gerechtfertigt erscheint, einer 
objektiven Kritik unterzogen. Nach der Schlacht am 
weissen Berge wurden der Protestantismus und die böhmi- 
sche Sprache vollkommen im Lande unterdrückt — 

Eine für damalige Verhältnisse ausserordentliche 
Bibliothek, die nach dem 30jährigen Kriege nach 
Stockholm wanderte, besassen die Herrn von Rosen- 
berg auf Wittingau. Palacky hat diese Sammlung 
genau geprüft und sie als eine litterarische Fundgrube 
von hohem Wert zur Beurteilung damaliger Zeitverhalt 
risse anerkannt. 

Kapitel VII beschäftigt sich mit der Wieder- 
belebung der böhmischen Litteratur. Nach der Schlacht 
am weissen Berge bis zum XVIII. Jahrhundert und so- 
gar bis tief hinein in diese Periode beginnt die Massen- 
vernichtung böhmischer Litteratur. Graf Lützow sagt 
über diesen Punkt: „Katholische Priester, in der Regel 
Jesuiten, untersuchten die Häuser der Böhmen in Be- 
gleitung von Soldaten; hiervon waren sogar die Bauern 
nicht ausgeschlossen. Da diese Geistlichen meistens 
nicht böhmisch verstanden, so hielten sie es für das 
geratenste, jedes in dieser Sprache geschriebene Buch 
zu zerstören." Dort wo die Kenntnis der neuern und 
neuesten böhmischen Litteratur noch weniger bekannt 
sein sollte, wird das Werk des Grafen Lützow zur 
Übersicht der betreffenden Verhältnisse eine bedeu- 
tende Erleichterung gewahren. O. v. Schleimt*. 



Chronik. 



Kleine Notizen. 



Deutschland und Österreich-Ungarn. 

Die vier neuen Ex-Libris, die wir in diesem 
Hefte veröffentlichen, sind von E. M. Lilien entwor- 
fen und ausgeführt, jenem jungen Künstler, auf dessen 
glänzende zeichnerische Begabung, speziell für den 
modernen Buchschmuck, wir schon früher aufmerksam 
gemacht haben. Die Bücherzeichen sprechen für sich 
selbst und erfordern keine weitere Erläuterung. 

Die Zeitschrift der Vereinigung bildender Künstler 
Österreichs „Ver sacrun" hat ihren zweiten Jahrgang 



begonnen. Das erste Heft interessiert besonders durch 
Olbrichs Ausstellungsgebäude des Vereins: antiker 
Emst ohne stilistische Schwere zeichnet die Facade 
mit ihrem Motto : „Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre 
Freiheit" aus. Beim Hauptsaal und der Halle wirken 
in erster Linie die Dimensionen mit, die man auf den 
vom malerischen Standpunkt aufgenommenen An- 
sichten absolut beurteilen kann. Ferner rinden wir 
zwei Privatinterieurs des Künsders, sowie die Faqade 
eines Privathauses in St. Pölten. Die überaus unregel 
massige Verteilung der Fenster ermöglicht abwechs- 
lungsreich geformte Innenräumcj von aussen kann ich 
sie nicht sehr bewundern, auch sind die Bemalungs- 
scherze — wie Baumeister Sehring sie einst in Berlin 
in Mode brachte — meiner Ansicht nach zu spielerisch. 



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28 5 



Hier bandelt es sich um eine Rautendelein- Hygieia, 
welche eine Schlange tränkt Wer würde es heute 
hübsch finden, wenn unsere ernsten Männer sich Schön- 
heitspflästerchen auf das Gesicht kleben wollten? 
Eine Facade aber ist das Gesicht des Hauses. 

Friedrich Königs Zeichnungen und Holzschnitten 
gehört das zweite Heft. Im wesentlichen handelt es 
sich um Märchendarstellungen von volkstümlicher 
Derbheit. In einem Originalhobschnitt „Die Nacht" ist 
besonders der kraftige tiefe ultramarine Ton zu loben, 
der auch bei anderen Bildern seine belebende Wirkung 
zeigt. Auffällig japanisierend ist der dreifarbige Hob- 
schnitt „Der Winter", bei dem selbst das Hervorheben 
der Kontur durch Farbauslassung nicht europäisch 
wirkt 

Vom platten Lande holt sich Alois Haenisch im 
dritten Hefte seine schlichten Vorwürfe; Bauernhaus und 
Hühnerhof hefern ihm unendliche Motive. Die schmeich- 
lerischen, beinah frauenhaften Konturen der Kaue 
bei ihrer Toilette reizen ihn in stillen Stunden, aber 
wenn Wind und Wolken sich aufmachen, ist er draussen 
und beobachtet das Spiel der Laubballen an den 
Bäumen, die grossen Linien des Geästs der Wipfel 
oder die Kurven des fern verdämmernden Waldes. 
Inhaltlich möchte ich Schäfers „Kunstenthusiasmus" 
(I S. 15) erwähnen. — m. 

Die älteste deutsche Übersetttung von Corneille* 
„Cid" befindet sich, wie W. Creizenach in der „Zehschr. 
für vergleichende Litteraturgesch." mitteilt, in der Ber- 
liner Königlichen Bibliothek, wohin sie neben vielen 
andern Handschriften aus der Starhembergschen Bi- 
bliothek einst gekommen ist Die Übersetzung stammt 
aus dem Jahre 1641 und umfasst 69 Blätter. Prof. 
Dr. Johannes Bolte beabsichtigt demnächst die ganze 
Handschrift in „Sauers Bibliothek deutscher Übersetzun- 
gen" herauszugeben. 



Im August-Heft der „Deutschen Rundschau" ver- 
öffentlicht Ellen Mayer neues aus den Tagebüchern 
des Englanders Henry Crabb Robinson, der bei wieder- 
holten Aufenthalten in Weimar zu verschiedenen Zeiten 
mit Goethe in Berührung gekommen ist Zweierlei 
macht diese Mitteilungen besonders wertvoll; wir 
empfangen wieder, diesmal aus dem Munde eines Aus- 
länders, ein Zeugnis von dem übermächtigen Eindruck 
von Goethes Persönlichkeit, und dann erhalten wir 
manchen direkten Aufschluss über Goethes Verhältnis 
zur englischen Litteratur. 

Zu den seltensten deutschen Büchern politischen 
Inhalts, die dem Sammler nur ein glücklicher Zufall 
in die Hände spielt gehört, wie die Voss. Ztg. schreibt 
das zweibändige Werk, das im Auftrage der Polizei- 
behörden aller deutschen Bundesstaaten der hanno- 
versche Polizeidirektor Dr. Wermuth und der preussi- 
sehe Polizeidirektor Dr. Wilhelm Stieber in den Jahren 
1853 und 54 über „Die Kommunistenverschwörungen 
im XIX. Jahrhundert" veröffentlicht haben. Unter 
anderem ist darin den Weberunruhen in Schlesien vom 
Jahre 1844 ein besonderer Abschnitt gewidmet und 



auch das Weberlied abgedruckt. Einige weitere Kapitel 
kommen besonders für die Geschichte Berlins in Be 

Dr. Hans Schult veröffentlicht in Band 33 der 
„Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Altertum 
Schlesiens" einen interessanten Aufsatz über rcuei 
schlesische Stammbücher: das des Herzogs Karl Fried- 
rich von MUnsterberg-Oels (1 593— 1647) und das des 
Breslauer Bürgers Georg Hansel (um 1604). 



lm Septemberheft des „Centralblatts für Bibuo- 
theksw." erlässt Otto Hupp eine Erklärung gegen die 
Kritik dtsDr. Adolf Schmidt isber das interessante Rosen- 
t halse he Missale speciale, der sich eine Duplik des Dr. 
Schmidt anschliesst Beide Herren verbleiben auf ihrem 
alten Standpunkt; Hupp führt noch einige weitere Be- 
weise für die Priorität des Missale gegenüber dem Psalter 
von 1457 an, die Schmidt zu widerlegen sucht Fest 
steht jedenfalls, dass die Kosen thalsche Inkunabel von 
grosser Wichtigkeit für die Geschichte des ältesten 
Buchdrucks ist, selbst wenn die Huppsche Annahme 
sich nicht bewahrheiten sollte. 



England 

Bei Longmans in London ist die zweibändige Bio- 
graphie William Morris' von Mr. Mackail erschienen, 
dem Schwiegersohne Sir Burne Jones'. Interessant 
darin ist folgende Thatsache. Als Lord Tennyson, der 
letzte Poet Laureate, gestorben war, wurde bei Morris 
mit Billigung des Ministerpräsidenten angefragt ob er 
Tennysons Nachfolger zu werden wünsche? Morris 
lehnte ab und machte einigen seiner Freunde die scherz- 
hafte Mitteilung, dass dem Marquis of Lome, dem 
Schwiegersohn der Königin Viktoria, diese Ehre zuge- 
dacht werden solle, weil die eigentliche Amtstätigkeit 
eines Poet Laureate in der Abfassung von zeremoniellen 
Versen bestehe. Dass der sozialistische Dichter sich 
von den ihm gemachten Antrag geschmeichelt fühlte, 
hat er nie verhehlt Die Stelle blieb bekanntlich drei 
Jahre unbesetzt, bis Lord SaUsbury sie an Alfred Austin 
vergab. 

DU Ausstellung von Papyrus-Schriften in der 
Londoner antiquarischen Gesellschaft. Die in der 
Königlichen Akademie in Burlington House von der 
genannten Gesellschaft veranstaltete interessante Aus- 
stellung bietet die Resultate der von Mr. Grenfell 
und Hunt sowohl in Oxyrhynchus und in der Fayünv 
Provinz Ägyptens entdeckten Papyri, als auch der in 
Naucraris gefundenen Antiquitäten. Letztere wurden 
im Auftrage des englischen archäologischen Instituts 
in Athen von Mr. Hogarth, dem Direktor dieser An- 
stalt im Laufe der vorangegangenen Jahre ausge- 
graben. Naucratis liegt an der westlichen Grenze des 
Nildeltas, nicht weit von Alexandrien entfernt Oxyr- 
hynchus befindet sich etwa 120 englische Meilen süd- 
lich von Kairo und ist derjenige Ort in dem Mr. 



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286 



Chronik. 



Crenfcll und Mr. Hunt den sogenannten „Logia Pa- 
pyrus" entdeckten. Über letztgenanntes Manuskript 
wurde bereits von mir in Heft Nr. 7. Jahrgang I der 
Zeitschrift für Bücherfreunde berichtet Dieser Pa- 
pyrus, der acht Aussprüche Jesu enthält, ist der ein- 
zige schon früher öffentlich ausgestellte, während die 
übrigen hier gesammelten Schriftstücke bisher noch 
nicht ausgestellt worden sind. 

Im Jahre 1896 begannen Mr. Hogarth und Gren- 
fell, sowie Mr. Hunt die Ausgrabungen und For- 
schungen nach Papyrus-Schriften im Nordosten von 
Kay um in zwei Orten, die später durch die dort auf- 
gefundenen Dokumente als Karaais und Bacchias iden- 
tifiziert wurden und sich als 
besonders gute Fundgruben 
erwiesen. Im allgemeinen, 
ganz abgesehen von dem be- 
deutenden antiquarischen 
und litterarischen Wert der 
aufgefundenenManuskripte, 
sind diese Ortschaften na- 
mentlich wichtig gewesen 
furStädtebestimmungen und 
zur Erkenntnis der alten 
Geographie Ägyptens. Wir 
erhalten auf der hiesigen 
Ausstellung Gelegenheit, die 
Werke von bekannten oder 
uns bisher unbekannten Au- 
toren zu studieren, so vor- 
nehmlich Fragmentcausder 
Zeit vom I. bis V. Jahr- 
hundert n. Chr., welche 
mehrfach vollständig neue 
Materien und divergierende 
Lesarten enthalten. 

Im Dezember 1898 be- 
gannen die Forschungen 
nach Papyrus-Schriften in 
Kasr el Banat (Jungfrauen- 
schloss), das bald als das 
alte Euhemeria erkannt 
wurde. Der weitere histo- 
rische Verlauf der Expedi- 
tionsarbeiten und die hier- 
durch gelungenen Feststellungen von Ortschaftsnamen 
gestalteten sich wie folgt 1 n derUmgebung vonEuhemeria 
enthielt eins der Häuser, welches unter der Regierung 
Domitians undTrajans einem reichen römischen Bürger, 
Namens Marcus Sempronius Gemcllus, gehört haben 
musste, über 100 Dokumente, die wohl zur Correspon- 
denz des letzteren gezählt werden können. Als die Thür- 
schwclle aufgerissen wurde, fand sich auf deren Rück- 
seite als Inschrift eine Petition an die Ptolemäcr für das 
Asylrecht in den Tempeln. Die dem Sebak und der Isis 
geweihten Tempel erwiesen sich als geplündert, aber in 
einigen noch nicht geöffneten Kammern wurde eine 
Anzahl Papyri in demotischer Schrift, Bronzen, Sta- 
tuetten und Ornamente entdeckt In Wadfa wurden 
Papyrus-Dokumente gefunden, aus denen hervorgeht, 
dass dieser Ort identisch mit dem alten Philoteris ist 




Neue Ex-Librii von E. M. Lilien. 
Ex-tibrU Richard Fischer. 



Kasr Kurfim enthielt Tempel, die bisher noch nicht 
nach Papyrus-Schriften durchforscht gewesen zu sein 
schienen, denn die Ausbeute war gut und es konnte 
mit annähernder Gewissheit festgestellt werden, dass 
es sich hier um das alte Dionysias handelt Aus den 
betreffenden Dokumenten wurde ersichtlich, dass dieser 
Ort als eine Art Grenzposten mit Zolleinrichtungen 
errichtet worden war für Karawanen, die aus FayGm 
nach den kleineren Oasen zogen. Gerade über die 
Lage der Städte Dionysias und Bacchias, und nament- 
lich ob sie unmittelbar an den Endpunkten des Sees 
Moeris lagen, ist viel gestritten worden. 

Unter den biblischen neuentdeckten Fragmenten 
stammen die erwähnens- 
wertesten griechischen Pa 
pyri aus deml 1 1 . J ahrhundert 
n. Chr. Sic enthalten Bruch- 
stücke aus den Evangelien 
Matthäus und Johannes und 
Teile der Epistel Pauli an 
die Kömer. 

Die Papyri in griechischer 
Schrift, welche klassische 
Gegenstände behandeln, ver- 
teilen sich auf die Zeit vom 
I. bis VII. Jahrhundert n. 
Chr. Die wichtigsten unter 
ihnen sind nachstehende: 
Fragmente von Herodot, 
Sappho, 5. Buch der Iliade 
(eine der längsten Rollen), 
eine Seite mit 40 Hexa- 
metern, j edenf alls aus einem 
grösseren Epos stammend, 
das aber von hervorragen- 
den Kennern als eine Fort- 
setzung der Uias angesehen 
wird; ferner Fragmente aus 
den Schriften des Aristoxe- 
nos, eines Zeitgenossen des 
Aristoteles, ein Teil des 9. 
Buchesvon Piatos Gesetzen, 
ein Auszug des verloren ge- 
gangenen Schauspiels Me- 
nanders „Die verlassene 
Frau"; ein Abschnitt des Euclid mit einer Figur, eine 
Abhandlung über Maasse, die bisher nicht bekannt war, 
und vor allem die wahrscheinlich älteste Lesart des 
Buches XXI der Iliade. 

Von den zivilrechtlichen und privaten Dokumenten 
sind die interessantesten Papyri: drei Quittungen von 
der Königlichen Bank in Crocodilopolis (Arsinoe) über 
entrichtete Steuern von Bürgern in Theadelphia (aus 
der Zeit Eucrgctes II.), eine Verteidigungsrede vor 
Gericht, Einladungen zu Festlichkeiten, der Brief eines 
Schulknaben an seinen Vater, der Kontrakt eines Lehr- 
lings mit seinem Meister (66 v. Chr.), die Ermahnung 
eines Vaters an seinen Sohn (I. Jahrhundert v. Chr.), 
Rechtsstreitigkeiten u. s. w. Die an einen römischen 
Konsul gerichtete Klage eines Ehemanns gegen seine 
Frau ist nicht ohne Humor und entspricht so ziemlich 



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Chronik. 



unsen modernen Scheidungsklagen. Auf die Be- 
schwerde eines Mäusefingers wird diesem erwidert 
(I. Jahrh. nach Chr.), dass er Zahlung nur für „Mäuse 
mit Jungen" zu beanspruchen habe. O. v. S. 



Über ein gewaltsam expatriiertes Buch lesen wir 
in der „R. B.-J.": In London kam kürzlich ein Buch 
zum Verkauf, das weder durch seine Seltenheit, noch 
durch sein Äusseres irgend welches Interesse verdiente; 
es handelte sich um einen zerles enen Band der „Histoire 
de Pierre Tevail, dit le Chevalier Bayard sans Peur et 
sans Reproche" von Guyard de Merville (Paris, Hansy 
jeune M.DCC.LXX11). Interessant an dem Buch ist 
nur eine Bemerkung auf dem Schmutzblatt, deren 
Anfang wörtlich also lautet: „This Book was given 
to me by Col. sir Henry Harding, who took it from 
the Library at St Cloud, where he was quartered in 
july 1815 . . ." Der französische Erzähler entschuldigt 
derartige Übergriffe wohlwollend und fügt hinzu: „Wir 
(d. h. die Bibliophilen) hätten uns nur etwas Besseres 
ausgesucht!" 



Spanien. 

In dem Leitartikel eines grossen Pariser Blattes war 
vor kurzem ausführlich dargetban worden, dass Spanien 
seit zwei Dezennien nicht mehr das Land der pronun- 
ciamentos sei, ebensowenig wie Frankreich das Land 
der Barrikaden. Man sei auf der pyrenäischen Halb- 
insel zur Erkenntnis gelangt, dass gewissenhafte Samm- 
lung der Kräfte und tüchtige Arbeit des Einzelnen im 
Interesse des Gemeinwesens jetzt mehr not thue denn 
je, und daraus erkläre sich die auffällige Apathie des 
spanischen Volkes angesichts der furchtbaren Kau- 
strophe, von der es im verflossenen Jahre heimgesucht 
worden war. Thatsache ist, dass die für Spaniens Macht- 
stellung verhängnisvollen Ereignisse des abgelaufenen 
Jahres an jenem Gebiete, das den Forscher, den Litte- 
raten, den Bücherfreund interessiert, fast spurlos vorüber- 
gegangen sind. Die wissenschaftliche, speziell die litte- 
rarische Produktion hat im Jahre 1898 nicht nur keine 
Herabminderung erfahren, sondern ist vielmehr in er- 
heblicher Weise gesteigert worden. Das liesse sich 
durch Aufzahl ung bedeutender, erst kürzlich erschienener 
Werke leicht darthun, ein solcher Nachweis kann aber 
hier mit Rücksicht auf den Rahmen der Zeitschrift für 
Bücherfreunde nicht geführt werden. Dagegen dürfte es 
den Lesern der Zeitschrift willkommen sein, näheres über 
den Inhalt gewisser periodischer Publikationen, die den 
Interessen der Handschriften und Bücherkunde dienen, 
zu erfahren; auch hier machte sich im verflossenen 
Jahre eine fast fieberhaft zu nennende Thätigkeit be- 
merkbar. Die bereits seit Jahren bestehenden und auch 
ausserhalb Spaniens bekannten Revuen, so das Holetin 
der Akademie der Geschichte zu Madrid, die Memorias 
der Akademie zu Barcelona, die Espana modern a, das 
Boletfn der Sociedad Arquelögica Luliana, des Centre 
Excursionista de Catalunya, der Sociedad Espanola de 
Excursiones, der Institucion libre de Ensenanza u. s. w. 
wurden eifrig fortgesetzt und auf gleicher Höhe erhalten; 



noch bemerkenswerter ist der Umstand, dass in letzter 
Zeit eine stattliche Zahl ernster historisch-litterarischer 
Revuen ganz neu gegründet wurden, so die Revista der 
sehr rührigen AsociaciAn artistico-arijucolrigica Harcclo 
nesa, das Boleiin der Denkmalkommission zu Orense, 
ferner 'La Alhambra, revista quincenal de Art es y 
Letras', die Revista deExtremadura u.a. m. Bleibt die 
Leistungsfähigkeit der letztgenannten Zeitschriften auch 
noch abzuwarten, so darf jetzt schon mh Befriedigung 
festgestellt werden, dass namentlich zwei Revuen, deren 
Neugriindung in früheren Berichten (Zeitschrift für 
Bücherfreunde S. 1 76 u. S. 343 f.) kurz gemeldet wurde, den 
Hoffhungen vollkommen entsprachen, die wir an ihr Er- 
scheinen knüpften. Es sind dies die Revista de Ar- 
chivos, Bibbotecas y Museos, seit 1897 als wettere Folge 
der alten gleichnamigen Zeitschrift, aber in wesentlich 
erweiterter Form erstanden, und die Revista erftica de 
Historia y Literatura Espanolas, Portuguesas 6 Htspano- 
Americanas. Namentlich die Revista de Archivos, das 
offizielle Organ des Korps der in einer Art von Koo- 
krerual Status vereinigten Archivare, Bibliothekare und 
Musealbeamten Spaniens darf sich in seinen Dar- 
bietungen mit den besten einschlägigen Fachzeitschrif- 
ten Europas messen. Nicht zum geringsten Teil ver- 
dankt sie dies der Mitarbeit Antonio Paz y Melias, des 
Chefs des Handschriftendepartements der National- 
bibliothek zu Madrid. Auf die Wichtigkeit des von 
diesem Gelehrten veröffentlichten Katalogs der Biblio- 
thek 'Haro", d. h. der von Pedro Fernindez de Velasco, 
Grafen von Haro im Jahre 145; angelegten, gegenwärtig 
in der Madrider Nationalbibliothek aufbewahrten Samm- 
lung von Handschriften wurde schon in den erwähnten 
Referaten kurz hingewiesen. Herr Paz hat nunmehr 
seine umfangreiche und mit peinlicher Genauigkeit 
durchgeführte Katalogisierung vollständig veröffentlicht, 
und es ist ein abschliessendes Urteil über dieselbe ge- 
stattet Die Kollektion Haro, von welcher man früher 
nicht einmal eine unbestimmte Kunde hatte, stellt sich 
nunmehr der berühmten Handschriftensammlung des 
Markgrafen von Santillana würdig zur Seite — auch 
mit Rücksicht auf die Werke nationalen Schrifttums, 
die in ihr vertreten sind. Man darf unbedenklich 
sagen, dass niemand, der sich mit der mittelalterlichen 
Litteratur Spaniens beschäftigen will, die in Rede 
stehende Arbeit die geradezu neue Horizonte eröffnet, 
unberücksichtigt lassen kann. Man vergleiche z. B. die 
Mitteilungen des Herr Paz über den codex, der den tra- 
tado sobre la jusdeia de la vida espiritual de los hom- 
bres des Erzbischors von Sevilla Don Pedro Gomez 
Albornoz (wie auch ein Veneichnis spanischer Hand- 
schriften der erzbischöflichen Bibliothek aus dem 
XV. Jahrhundert) enthält oder über die Handschrift 
der spanischen Version: Libro de Lucio Anneo Seneca 
que se llaraa de la providencia de Dios, ä Lucüo, die 
zum Schluss auch sehr merkwürdige Daten über die 
vom Grafen Haro gegründete Orden de Vera Cruz 
bietet Auch alte französische Texte sowie xylographi 
sehe Drucke finden sich in der Kollektion Haro. — 
Ein weiteres sehr wesentliches Verdienst hat sich Herr 
Paz dadurch erworben, dass er sein Versprechen, die 
wertvollsten Handschriften der Nationalbibliothek nach 



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und nach in der Revista ausführlich zu beschreiben, be- 
reits eingelöst hat An erster Stelle nennen wir hier 
seinen Aufsatz; El libro de ho ras de Carlos VIII. de 
Franda (1483—1498). Von der reich mit Bildern gc 
schmückten Handschrift werden drei Miniaturen repro- 
duziert: Die eine, Ludwig XII. darstellend, und zwei 
andere „Triumph des Lebens" und „Triumph des Todes" 
mit den Legenden: „Plaisir fait vivre" beziehungs- 
weise „Tous a la mort" an den Seiten, ferner mit 
achtteiligen französischen Gedichten am unteren Ende. 
Dem eigentlichen lateinischen Text der Handschrift 
gebt ein Kalender voran. Jeder Monat wird durch 
charakteristische Symbolik dargestellt und hat (ebenso 
wie die meisten folgenden Miniaturen) eine Legende in 
Versen. So z. B. der Januar: 

Je me fais ianuier appeler 
le plus froit de toute l'anee 
mais si me puis je bien venter 
que ma saison es approuvee. 
Zu dem Ergebnis, dass die an erster Stelle abgebildete 
Miniatur Ludwig XII., und nicht, wie zunächst zu er- 
warten, Carl VIII. darstelle, ist Paz durch Hinweise 
Mazerolles und besonders Durieus, welche die Hand- 
schrift studierten, gelangt. Es ergab sich nämlich, dass 
die Gestalt des auf Seite 1 12 r. abgebildeten Acteur keine 
andere sei, als die des bekannten Buchhändlers Antobe 
de Verard, welcher den Meister, von dem, wie Durieu 
aus schlagenden Analogien schliesst, die Miniaturen 
stammen, Jacques de Besancon vielfach beschäftigte. 
Das Bild des Königs, das ganz andere Zeichnung und 
Technik aufweist, summt aber von Jean Bourdichon, 
der offenbar das früher vorhandene Bild Carl VIII. 
durch das Ludwig XII. ersetzte. Das ist der Haupt- 
sache nach das gewiss bemerkenswerte Resultat der 
Forschungen Paz y Mdias; bezüglich der Einzelheiten 
wie auch bezüglich der mitgeteilten französischen 
Legenden sei auf den Aufsatz selbst verwiesen. Die 
Beiträge: Trotula del Maestra Joan, d. h. eine Art von 
Liber de remediis mulieribus eines hochbegabten bis- 
lang nur dem Namen nach bekannten catalanischen 
Dichters sowie Aelii Antonii Nebrissensis introduetionum 
latinarum secunaa eaitio setzen nie .vntteuungen uDer 
die Codices notables in erfreulicher Weise fort und 
bringen reiches neues Material für die Literaturge- 
schichte. — Man kann den übrigen, in Band I und II 
der Revista enthaltenen Aufsätzen kein grösseres Lob 
spenden, als wenn man feststellt, dass sie ihrem Werte 
nach von den Musterarbeiten Paz y Melias nicht weit 
abstehen. Eine kleine Revolution dürften unter den 
Kennern der alten spanischen Litteraturdenkrn äl ern die 
Mitteilungen Pedro Rocasüber die einzige uns erhaltene 
Handschrift des ehrwürdigen spanischen Epos, des 
Poema del Cid, erregen. Roca weist, bei aller Aner- 
kennung der trefflichen Ausgabe VollmöDers nach, dass 



ausser dem ersten Kopisten noch einige Korrektoren 
bei der Handschrift thätig waren ; die Eintragungen der 
letzteren sind durch andere Färbung der Tinte und 
kleineren Buchstabencharaktcr kenntlich. Durch die ge- 
naue Feststellung des ursprünglichen Textes gelingt es 
Roca in der That, eine Reihe von Versen, die bisher 
grosse Schwierigkeiten dargeboten haben, in über- 
raschend einfacher Weise zu emendieren. Auch die 
vielbehandelten Schlussverse werden von Roca in ganz 
anderer Form mitgeteilt als bisher; aus allem scheint 
aber hervorzugehen, dass wir — im Gegensatz zu der 
vielfach und auch noch von Roca vertretenen Ansicht 
— kein Diktat eines Jogiars, sondern eine regelrechte 
Kopistenarbeit vor uns haben. Es hiesse wahrhaftig 
ganze Abschnitte der spanischen Literaturgeschichte 
neu darstellen, wollten wir auf den überreichen Inhalt 
der beiden Revistabände näher eingehen. Mit Rück- 
sicht auf die hier gebotene Kürze seien nur als beson- 
ders bemerkenswert noch folgende Aufsätze hervorge- 
hoben: Spanische Buchdruckerkontrakte aus dem XV., 
XVI. und XVII. Jahrhundert, mitgeteilt und besprochen 
von Cristöbal Perez Pastor; die Sammlung von Porträts 
aus dem XV.-XVII. Jahrhundert in der Naöonalbiblio- 
thek von A. M. de Barcia; eine scharfsinnige Studie 
über den eigentlichen Titel des merkwürdigen „Buches" 
des Erzpriesters von Hita, bezüglich dessen Menendez 
Pidal feststellt, dass er Jibro de buen amor* gelautet 
habe; ferner eine gründliche und umfangreiche Unter- 
suchung über Lope de Rueda und das Theater zu seiner 
Zeit von Emilio Cotarelo. Endlich sind noch zwei ge- 
diegene Biographien berühmter, erst kürzlich ver- 
storbener Spanier zu erwähnen: die des iberischen 
Polyhistors Pascual de Gayangos von Pedro Roca und 
des Bühnendichters Manuel Tamayo y Baus, von Emilio 
Cotarelo. Der weite Rahmen, den sich die Revista de 
Archivos gesteckt hat — in der von uns gebotenen 
knappen Inhaltsangabe der zwei letzten Bände sind ja 
nur die Aufsätze aus dem Gebiet der Litteratur- und 
Kunstgeschichte berücksichtigt worden — dürfte in Hin- 
kunft noch erweitert werden. Die letzterschienenen Hefte 
bringen die Mitteilung, dassMarcelino Menendez Pelayo, 
der erste zeitgenössische Literaturhistoriker Spaniens, 
die Leitung der Revue übernommen habe und dass 
unter seinen Auspizien in derselben die Kataloge der 
Bestände spanischer Archive und Bibliotheken publiziert 
werden sollen. Dass hiermit Schatzkammern von unver- 
gleichlicher Bedeutung zum ersten Mal der bibliographi- 
schen, literarischen und historischen Forschung eröffnet 
werden können, unterliegt keinem Zweifel. Auch darf man, 
nach den bisher veröffentlichten Leistungen zu schliessen, 
auf den guten Willen und den Eifer der spanischen 
Archivare und Bibliothekare mit Zuversicht bauen, wenn 
auch wegen der Masse des Materials genug Schwierig- 
keiten zu überwinden sein werden. — rb. 



Ntuhdruck vertaten. — Alte Reehu vorbehalten. 

Ffir die Redaktion verantwortlich: Fedor von Zobeltitz in Berlin. 
Alle Sevillas« rcdekCMacDcr Nettr u deuca Adreis«: Berlin W. Ai^iburgeraraitc 61 erben«. 

Ccdnickt tob W. Drugatia ia Leipiig für Vclhagtn & Kluing ia Bielefeld «ad Lcipsig. - Papier der 

Menufeklur ia Sirauburg i. E. 



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ZEITSCHRIFT 

FÜR 



BÜCHERFREUNDE. 

Monatshefte für Bibliophilic und verwandte Interessen. 

Herausgegeben von Fedor von Zobeltitz. 

3. Jahrgang 1899/1900. Heft 8: November 1899. 



Schillers „Räuber" 



in den ersten Drucken nebst den wichtigsten Theaterzetteln. 

Von 

Professor Dr. Rudolph Gcnee in Berlin. 



:hillersTrauerspiel„Üie Räuber" 
hat seine Bedeutung nicht allein 
darin, dass es das erste drama- 
tische Produkt unsers volks- 
tümlichsten Dichters und Dra- 
I matikers ist. Die geschichtliche 
Bedeutung liegt auch in der Art seiner Ent- 
stehung, sowie in seiner Beziehung zu der ganzen 
stürmischen Genie -Periode. 
Wie Goethes „Götz von Ber- 
lichingen", als eine Frucht der 
Shakespeare- Begeisterung in 
den Köpfen der jugendlichen 
Dichter, das erste und grösste 
Drama in dieser Sturm- und 
Drangperiode war, so be- 
zeichnen Schillers „Räuber" 
am eindringlichsten den aus- 
klingenden I Iöhepunkt und 
den wild austobenden Drang 
dieser Dichter, sowohl in ihren 
grossen Anläufen, wie in ihren 
Verirrungen. Wir haben uns 
aller, in dieser Richtung für 
die Entwickelung unsers Dra- 
mas mitwirkenden und be- 
stimmenden Umstände zu cr- 
z. f. B. 189911900. 




Abb. 1. Portrat Schillert 
aus der Zeit de« ersten KauberdrucVs. 
Nach der Miniaturmalerei auf tllfenbein eines 
unbekannt gebliebenen Künstlers. 



innem, wenn wir die ganze Tonart in Schillers 
„Räubern" — namentlich in den ersten Formen 
des Dramas — verstehen wollen. 

In die allgemein verbreitete Gesamt- Ausgabe 
der Schillerschen Werke ist das Stück bekanntlich 
nach dem ziveitcn Originaldruck desselben, vom 
Jahre 1782, aufgenommen worden. Aber der sehr 
seltene erste Druck von 1781 enthält viele, von der 
zweiten Ausgabe erheblich ab- 
weichende Dialogstellen, die 
für die Litteraturgcschichtc 
ihre Wichtigkeit behalten, auch 
wo sie abstossend und für 
unser Gefühl zum Teil wieder- 
wärtig sind. 

Von zwei ganz verschiede- 
nen Seiten hatte das Geistes- 
und Gefühlsleben der Dichter 
jener Epoche die starken An- 
regungen erhalten: einerseits 
von Shakespeare , nachdem 
dessen Werke erst seit kurzem 
in die deutsche Litteratur ein- 
geführt waren; anderseits von 
Jean Jacques Rousseau. Wäh- 
rend bei dem jungen Goethe 
und in der ihn umgebenden 
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290 



Genie, Schillew „Räuber" in den ertten Drucken nebst den wichtigsten Theaterzetteln. 



Gruppe der Sturm- und Drangdichter, — Rein- 
hold Lenz, Klinger, Leopold Wagner und Maler 
Müller, — ganz besonders Shakespeare sowohl 
für die ungebundene und den „Regeln" sich 
entziehende dramatische Form, wie auch für 
den Ausdruck wahren menschlichen Empfindens 
und echter Leidenschaft als Offenbarung be- 
wundert wurde, hatte für Schillers mehr social- 
revolutionäre Richtung Jean Jacques Rousseau 
den Katechismus der allgemeinmenschlichen 
Freiheit und der Naturrechte gegeben. Mehr 
als einer der genannten Vorgänger hatte der 
jugendliche Schiller dabei alles auf die äusserste 
Spitze getrieben, sowohl in dem sprachlichen 
Bombast und den ungeheuerlichen Übertrei- 
bungen, wie auch in jenen Dialogstellen, in 
denen er die gemeinen Naturen eines Spiegel- 
berg u. s. w. zu charakterisieren meinte. Auf 
diesen letzteren Punkt kommen wir später noch 
zurück. 

Zu dem Stoffe der „Räuber" hatte eine im 
„Schwäbischen Museum" 1775 abgedruckte Er- 
zählung von Fr. D. Schubart unter der Über- 
schrift „Zur Geschichte des menschlichen Her- 
zens" die Anregung gegeben. Es war die 
Geschichte zweier sehr ungleich gearteten 
Brüder, von denen der bessere, aber leicht- 
sinnige Karl von dem anscheinend ehrbaren 
und frommen, in Wahrheit aber nichtswürdigen 
Wilhelm (Schillers Franz) durch berechnete 
Tücke und Verleumdungen ins Verderben ge- 
stürzt wird. Schon Reinhold Lenz hatte sich 
mit der Dramatisierung dieses Stoffes beschäf- 
tigt, wie wir aus den in seinem Nachlass vor- 
gefundenen Entwürfen erfahren haben. Schiller 
aber hat in seiner feurigen Phantasie den Stoff 
selbständiger und kühner erfasst, und was an 
Übereinstimmungen mit den Lenzschen Ent- 
würfen auffällt, ist auf die gemeinsame Quelle, 
eben jene Erzählung Schubarts, zurückzuführen. 

Die ältesten gedruckten Ausgaben des Schil- 
lerschen Dramas bieten in bibliographischer Hin- 
sicht mancherlei Schwierigkeiten. Ehe wir diese 
erörtern, mögen hier die ersten Drucke mit 
ihren Titeln und sonstigen äusseren Merkmalen 
verzeichnet sein. 

» Ausgabe A, noch ohne den Namen des 
Dichters (Abb. 2): 

Die Häuber. | ctin Sdiaufpiel | ((Titclbilb) | 
fraticffurt unb £eip3ig | \7S\. 
Der Kupferstich auf dem Titelblatt bezieht 



sich auf die Scene des Schauspiels, da Karl 
Moor vor seinem, aus dem Turm befreiten 
Vater Rache gelobt Karl ist in antik- römi- 
scher Gewandung, das Schwert in der Rechten, 
den Kopf wie auch den linken Arm nach oben 
gerichtet. Vor ihm liegt der alte Moor be- 
wusstlos am Boden, neben ihm Hermann. Auf 
der Rückseite des Titelblattes: 
1 1 ippoerates. 
Quae medicamenta non sanant, ferrutn 
Sanat, quae femim non sanat, igois sanat. 

Unter dem Personenverzeichnis: 

(Der Ort ber «Befchidite ijt Ceuifdjlanb, bie 
Seit ofjngefäbr jtoei 3<*f?r«.) 

Die „Vorrede" (Blatt 3 — 8) ist die bekannte, 
die auch in der Gesamtausgabe der Werke dem 
Stücke vorgedruckt ist (beginnend: „Man nehme 
dieses Schauspiel" u. s. w.) und ist unterzeichnet: 

«ßefcfcrieben in ber (Dftcrmeffe 

\78{ Der fjerausgeber. 

Ausser dem Titelbogen (mit Vorwort 8 
Blätter) hat das Bändchen 222 Seiten. Die 
letzte Seite enthält nur noch die Schlussworte 
aus dem letzten Satze des Karl Moor. Dann 
folgt ein Kupferstich: Charon im Nachen, in 
welchem zwei Römer stehend sich begrüssen 
oder verabschieden. (Jedenfalls Caesar und 
Brutus darstellend, mit Bezug auf die von Karl 
Moor gesungenen Strophen in der 5. Scene 
des 4. Aktes.) 

Ausgabe B: 

Die Räuber. | £in Sdiaufpicl | von fünf Elften 
| £}erausgegebcn j 001t | 5ri&erid} Schiller. | (Da- 
runter das Bild eines nach rechts aufsteigenden 
Löwen, mit der im Kupferstich selbst enthal- 
tenen Schrift: In Tirannos | ^roote 2luflcige. | 
5rcmffurt unb Ceipjtg | b«i (Cobias Cöffler | \782. 

Auf der Rückseite des Titelblattes, wie im 
ersten Drucke, das Motto aus Hippocrates. 
Unter dem Personenverzeichnis auf dem zweiten 
Blatte steht: 

(Der Ö)rt ber ««fliehte ifi (Eeutfchlanb, bie 
Seit ber <5efcr<id?tc um bie Iftitte bes ad^ebenben 
3ar;rr;nnberts. Die &eit bes Schauspiels obngcfäljr 
juxi 3ah.re). 

Die wiederholte „Vorrede zur ersten Auflage" 
ist wie dort unterzeichnet: (Bcfdjricben in ber 
©fternteffe \7S\; D. Schiller. 

Daran schliesst sich (auf dem 8. Blatt) die 
Porrebe 
3ur jtcoten Auflage, 



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291 



welche beginnt: „Die achthundert Exemplarien 
der ersten Auflage meiner Räuber sind bälder 
zerstreut worden", u. s. w. Diese zweite Vor- 
rede von nur i'/, Seiten ist unterzeichnet: 
Stuttgarts öen 5. 3an. 1,782. 

D. Schiller. 

Ausser den 8 Blättern des Titelbogens hat 
das Bändchen 208 Seiten, also gerade 13 Bogen, 
infolge dessen die letzten I'/, Seiten gedräng- 
teren Satz haben. 

Ausgabe C (Abb. 3): 

"Die 2?dubcr | €in Sdbaufpicl von fünf Jfften \ 
fjerausgegeben | von \ iriöcridi Schiller. (Darunter 
als Titel Vignette: Der Löwe, aber nach links 
aufsteigend und in anderm Stich, mit dem 
Motto: In Tirannos.) 3«»ote 2Iuflagc ! 5ranf. 
furt uuö Ceipjig | bei lobias Cöffler | \782. 

Hat auf dem Titelbogen (Blatt 3 — 8) wie 
in B die beiden Vorreden (ebenso unterzeichnet), 
aber in etwas grössern Lettern, infolge dessen 
der Schluss der ersten Vorrede tiefer hinunter 
reicht. Danach in gleicher Schrifteinteilung 
die „üorre&c jur jn>otcii Auflage" (Abb. 4), wie 
in B unterzeichnet. 

Die Einteilung des Schriftsatzes ist Seite 
für Seite genau dieselbe wie in B, so dass 
auch hier von den 208 Seiten die beiden 
Schlussseiten einen gedrängteren Schriftsatz 
haben. Trotz dieser Übereinstimmung sind in 
dem Drucke Abweichungen. Während in B 
die sämtlichen in Parenthesen stehenden An- 
merkungen, sowie auch die Strophengesänge 
Petitschrift haben, sind hier die Parenthesen 
wie die Gesangstexte in den gleichen Lettern 
wie das ganze Schauspiel gehalten. 

Ob nun die noch zu erwähnende Mann- 
heimer Theatcrbcarbeitung von 1782 zwischen 
A und B liegt, ist nicht festzustellen, zumal 
Schiller in den Vorworten keinen Bezug darauf 
nimmt. Da aber diese Mannheimer Bearbeitung 
mit den von uns reproduzierten Theaterzetteln 
in Zusammenhang steht, lassen wir die Angaben 
darüber erst später folgen, und zwar umso 
mehr, als auch der Druck von 1781 noch be- 
sondere Erörterungen nötig macht. 

Schon für die zweite Auflage (B und C) 
hatte Schiller zahlreiche Stellen aus dem ersten 
Drucke (namentlich in den Reden des Franz, 
des Spiegelberg u. s. w.) weggelassen. Er 
spricht sich selbst darüber in der zweiten Vor- 
rede aus, indem er bemerkt: dass diese Aus- 



Sie 




Sfftfltfttft ««» ««»PI**» 

J78 *. 

Abb. «. Titelblatt nir enteo AufUg« der ,.R»ub«r". 

gäbe sich von der ersten „an Pünktlichkeit 
des Druckes" unterscheide, wie auch in der 
„Vermeidung derjenigen Zweideutigkeiten, die 
dem feinern Teil des Publikums auffallend ge- 
wesen waren". — Mit solchen Worten hat 
Schiller die weggelassenen Stellen allerdings 
sehr milde bezeichnet, denn von „Zweideutig- 
keiten" kann bei diesen abscheulich eindeutigen 
Redensarten, die er den Libertincrn (namentlich 
Spiegelberg) in den Mund legt, kaum die Rede 
sein, und da ausserdem auch in dieser zweiten 
Redaktion noch genug ähnliche Stellen ge- 
blieben sind, so erhalten wir daraus eine Vor- 
stellung von dem Tone, der die stürmische 
Jugend jener Zeit beherrschte. Schillers Vor- 
gänger in der Sturm- und Drangzeit wurden 
in dieser Beziehung von ihm weit übertroffen; 



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Gene"e, Schiller* „Rluber" In den ersten Drucken nebst den wichtigsten Theaterzetteln. 



selbst Lenz, dessen Streben es war, der Em- 
pfindsamkeit und dem zimperlichen Umgehen 
alles dessen, was als anstössig galt, sich mit 
freudiger Rücksichtslosigkeit entgegen zu stellen. 
In Schillers Vorrede von 1781, die auch — 
wie schon bemerkt — in den beiden folgenden 
Ausgaben beibehalten ist, hatte er selbst sich 
veranlasst gesehn, derartige cynische Äusse- 
rungen, namentlich auch solche, die die Reli- 
gion betreffen, zu rechtfertigen, und diese Be- 
gründung seiner stark realistischen Auffassung 
ist so interessant, dass wir hier den betreffenden 
Satz buchstabengetreu wiedergeben. Er sagt 
darüber: 

2lud} ift es tjo ber große <ßefchmaef, feinen 
W'\s auf Koften t>er Seligion fptelen 511 (äffen, baß 
man betnahe für fein <Senie mehr pa ffiert, wenn 
man nicht feinen gottlofen Satyr auf ihren heilig, 
jten tt>ahrbeiten fich. benuntummeln läßt. Die eble 
Cinfaft ber Schrift mitg fich. in alltäglichen 3ljfem. 
bleen von ben fogenannten wi&igeu Köpfen miß« 
banbeln unb ins Cächerltcbe »erjerren laffen ; benn 
roas ift fo heilig unb ernflbaft, bas, wenn man es 
falfd) »erbretjt, nicht belacht werben fann? — 3<h 
fann hoffen, baß ich ber Sei ig ton unb ber wahren 
ZTToral feine gemeine Sache oerfcfiafft hohe, roenn 
ich *>»«f« mutbwillige Scbriftoerächter in ber perfou 
meiner fcbänblichften Säuber bem 2tbfdjeu ber iüelt 
überliefere. — 2lber noch mehr. Die unmoralifcbcn 
<£h«rflftere, »on benen oorljin gefprochen tourbe, 
mußten »on gewiffen Seiten gläujen, ja oft »on 
Seiten bes (Seifles gewinnen, was fie »on Seiten 
bes fjersens »erlieren. 

Dieser letzte Satz bezieht sich auf eine 
frühere Äusserung in derselben Vorrede, die 
auch für den Dramatiker Schiller von Interesse 
ist. Er meint dort, dass sein Schauspiel nicht 
für die Bühne sei, weil die „Ökonomie" des 
Stückes es notwendig machte, 

baß mancher Charaftcr auftreten mußte, ber bas 
feinere (Befühl ber (Eugenb beleiöigt unb bte &8ixi- 
lichfeit unferer Sitten empört. 3eber IlTenfcben« 
maier ift in biefe Sothwenbigfcit gefefyi, wenn er 
anbers eine Kopie ber wirf lieben HMt, unb feine 
ibealifeben Bffeftationen, feine (fJompenbienmeufchen, 
»in geliefert haben. 

Hier haben wir das stolze Bekenntnis des 
Realisten, der aber sehr bald danach (in der 
Selbstkritik über die Räuber) bekennen musste: 
er habe Menschen schildern wollen, bevor er 
die Menschen kannte. 



Wenn er nun auch von den anstössigsten 
Dialogstellen, die sich in der ersten Ausgabe 
finden, für den Druck von 1782 mehrere weg- 
gelassen hat, so enthielt doch auch schon der 
erste Druck von 1781 nicht alles, was ursprüng- 
lich dafür bestimmt war. Denn erst während 
des Druckes, den er in Ermangelung eines da- 
für bereitwilligen Verlegers auf eigene Kosten 
unternahm, hatte er bei Durchsicht der Druck- 
bogen mehreres umgestaltet, indem er einzelne 
Bogen herausnahm und sie durch andere er- 
setzte. Die verworfenen Bogen waren lange 
Zeit verschwunden und sind es zum Teil noch. 
Erst in neuerer Zeit ist einer dieser Bogen 
wieder zum Vorschein gekommen und zwar in 
einem Exemplar der ersten Ausgabe. Von 
den in dem Drucke mit 21 bis <D bezeichneten 
Bogen ist es der Bogen 23. Karl Goedeke 
hatte von der Existenz dieses Exemplars Kennt- 
nis, ohne aber etwas daraus mitteilen zu können. 
Nachdem VV. v. Malzahn in der Hempelschen 
Ausgabe Fragmente daraus veröffentlicht, ist 
erst im Jahr 1880 der ganze Bogen bekannt 
geworden und zwar durch den um biblio- 
graphische Forschungen hochverdienten Buch- 
händler Albert Cohn in Berlin, in dessen Besitz 
jenes eine Exemplar gekommen war, und der 
in dem Schnorrschen .Archiv für Litteratur- 
geschichte" (1880, 3. Heft) den ganzen Bogen 
23 mitgeteilt hat Danach sind in der zweiten 
Scenc des 1. Aktes — in der langen Unter- 
redung mit Spiegelberg die Änderungen sehr 
bedeutend, und es mag hier zur Charakteristik 
nur hervorgehoben werden, dass nach diesem 
Texte Karl Moor schon im Anfang tiefer ge- 
sunken erscheint, als ersieh in der Umarbeitung 
zeigt. Abgesehen von den sonstigen vielen 
Abweichungen in diesem Bogen lässt aber der 
Schriftsatz auch noch in anderen Bogen er- 
kennen, dass diese ursprünglich einen andern 
Text hatten. Denn wie in dem Bogen 23, so 
enthalten auch die Bogen XI und <D auffallend 
breite Zwischenräume in den Zeilenreihen, aus 
denen wir schlicssen müssen, dass die ausge- 
schiedenen Bogen mehr enthielten, und dass 
der Schriftsetzer sich daher bemühen musste, 
dem Minus des Inhalts grössere Ausdehnung 
zu geben. Albert Cohn in seiner Veröffent- 
lichung des Bogens 23 teilte mit, dass von der 
Ausgabe 1781 zwei Exemplare vor ihm lägen, 
von denen das eine den später ausgeschiedenen 



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Genie. Schiller» „R&ubcr" in den er«1en Drucken nebst den wichtigsten Thentertetteln. 



293 



Bogen 29 enthielte, das andere aber den aus- 
geschiedenen Titelbogen mit der früheren, von 
Schiller selbst verworfenen Vorrede. Diese 
Vorrede, welche beginnt: „Es mag beim ersten 
in die Hand nehmen auffallen, dass dieses 
Schauspiel niemals das Bürgerrecht auf dem 
Schauplatz bekommen wird" — wurde schon 
in dem 4. Bande der „Supplemente" zu Schillers 
Werken mitgeteilt, deren Herausgeber K. Hoff- 
meister den Originaldruck dieser ersten Vorrede 
aus dem Nachlasse Petersens erhalten hatte. 
Mit Ausnahme von einigen längeren Sätzen, die 
auch für die neue in A enthaltene und bekannte 
Vorrede beibehalten wurden, ist sie von dieser 
gänzlich abweichend. 

Indem darin (wie in der Vorrede von A) her- 
vorgehoben wird, dass die mancherlei Reden 
im Stücke, die „das zärtliche Gefühl unserer 
Sitte empören", zur Charakteristik der Personen 
erforderlich waren, richtet sich der Dichter mit 
scharfem Spotte gegen das Theaterpublikum, 
um auch damit zu begründen, dass sein Schau- 
spiel nicht für die Bühne sei. Bemerkenswert 
ist ferner, dass Schiller in dieser Vorrede zwei- 
mal auf Shakespeare hinweist, einmal auf eine 
Stelle in „Macbeth", ein andermal auf Prospero 
in „Sturm." — Wir haben also drei verschiedene 
Vorreden zu den Räubern: diese erste, von 
Schiller selbst wieder beseitigte, dann die be- 
kannte längere für die Ausgabe A und endlich 
die Vorrede „zur zwoten Auflage", die die beiden 
Drucke von 1782 enthalten. 

Da Schiller wiederholt es aussprach dass 
das Schauspiel nicht für die Bühne sei, erscheint 
es umso erklärlicher, dass er auf den Vorschlag 
des Mannheimer Theaterintendanten Freiherrn 
von Dalberg sich bestimmen Hess, eine gründ- 
liche Umarbeitung zum Zwecke der Aufführung 
vorzunehmen. Diese Arbeit fallt in den Spät- 
sommer 1781, nachdem die gedruckte erste 
Auflage schnell Verbreitung gefunden und Auf- 
sehn gemacht hatte. Nachdem Schiller auf 
Dalbergs Vorschlag freudig eingegangen war, 
konnte er ihm die Bearbeitung, unter dem Titel 
„Der verlorne Sohn", im Oktober zuschicken. 
(„Schillers Briefe an den Freiherrn von Dal- 
berg". Karlsruhe und Baden, 1824). Schiller 
selbst war mit seiner Arbeit zufrieden, indem 
er an Dalberg schrieb: „Die Verbesserungen 
sind wichtig, verschiedene Scenen ganz neu 
und, meiner Meinung nach, das ganze Stück 



wert." Dalberg erklärte sich mit den Ver- 
änderungen einverstanden, besonders auch mit 
der „Verdammung Franzens", während er es 
für ratsam fand, Amalie nicht erstechen, sondern 
erschicssen zu lassen. „Dieser Vorschlag", 
schrieb darauf Schiller, „gefällt mir ungemein 
und ich willige mit Vergnügen in diese Ver- 
änderung. Der Effekt muss erstaunlich sein, und 
kömmt mir auch räubermässiger vor." Dennoch 
licss man es bei dem Erstechen, und auch in der 
veränderten Mannheimer Theaterausgabe heisst 
es: „Er stürzt auf Amalie zu und wirft sie mit 
einem Degenstoss nieder." 

Gegen einen andern Vorschlag Dalbergs: 
die Handlung des Stückes in eine frühere Zeit 
(nicht in die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts) 
zu verlegen, machte Schiller die eifrigsten Ein- 
wendungen. „Alterdings", schrieb er am 12. 
Dezember an Dalberg, „ist der Einwurf, dass 
schwerlich in unserm hellen Jahrhundert, bei 
unserer abgeschliffenen Polizei und Bestimmt- 
heit der Gesetze eine solche meisterlose Rotte 
gleichsam im Schoss der Gesetze entstehen, 
noch viel weniger einwurzeln und einige Jahre 
aufrecht stehen konnte, — allerdings ist dieser 
Vorwurf gegründet und ich wüsste nichts da- 
gegen zu sagen, als die Freiheit der Dichtkunst" 
— etc. Aber der Widerspruch mit der Zeit 
Kaiser Maximilians würde ein schwererer Fehler 
sein; alle Personen würden für die damalige 
Zeit zu aufgeklärt, zu modern sprechen. Viele 
Tiraden, grosse und kleine Züge seien „aus dem 
Schosse unserer gegenwärtigen Welt heraus- 
gehoben" und würden in das Maximilianische 
Alter nicht passen. Freilich, fahrt er dann 
resignierter fort, könne „jedwedes Theater mit 
dem Schauspiele anfangen, was es will, und 
es ist ein Glück für den Verfasser der Räuber, 
dass er in die besten Hände gefallen ist." Hier- 
nach wird sich also Schiller wegen Zurück- 
verlegung in die frühere Zeit mit Dalberg 
verständigt haben, denn sowohl auf dem Mann- 
heimer Theaterzettel wie auch in der von 
Schwan in Mannheim gedruckten Ausgabe 
des Buches ist als Zeit die der Verkündung 
des „ewigen I-andfriedens" angegeben. 

Die erste Aufführung der „Räuber", zu der 
bekanntlich Schiller sich heimlich nach Mann- 
heim begeben hatte, fand daselbst am 13. Ja- 
nuar 1782 statt. Da der Dichter bereits mit 
dem Buchhändler Schwan in Mannheim die 



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294 



Genee, Schillers „Räuber" in den ersten Drucken nebst den wichtigsten Theaterzetteln. 



Buchausgabe dieser Thcaterbcarbeitung vor- 
bereitet hatte, konnte dieselbe nach wenigen 
Monaten erscheinen. Auf dem letzten Blatte 
des Bändchens sind unter den „zur Jubilatmesse" 
erschienenen Vcrlagswcrken der Schwanischen 
Buchhandlung auch die „Räuber" angezeigt. 
Im Buche selbst lautet der Titel der 

Ausgabe D: 
Die | Räuber j ein (Erotterfpicl | oon | 5rict>ridi 
Sd}iller. | JTcuc | für &ie IHamibetmcr 23ühne per- 
beffertc | 2luflage | (Dignette) | ZTIannrietm, J in t»er 
Svrjipaiiifdicu 23ud?r;an&lung | \782. 

Die dritte Seite enthält das Personenver- 
zeichnis, und auf der fünften Seite beginnt der 
Text des Stückes selbst. Das ganze Bändchen 
hat 166 Seiten. 



0 



©n ©dboufpict 

von fünf Zftcn, 

ton 

g r i t> c r i d> @ cl> 1 1 ( c r. 




3n>ete toerbeflerte Auflage. 

CT. V. V) Vi 'S. V9 -X. CA 6/i '^5 

granffnrt unb Seipjia. 

bei e b i a ö ? off ler. 
1782- 

Abb. j. Titelblatt «ur rwcittn Auflage der „Kaub er". 



Die Veränderungen, die Schiller mit dem 
Stücke für die Theateraufführung vorgenommen 
hat, sind längst durch verschiedene Drucke be- 
kannt geworden. Die bedeutendste Veränderung 
ist die im fünften Aufzug, in dem Franz sich 
nicht erdrosselt, sondern — da er „in die Flammen 
springt" — von den eindringenden Räubern er- 
griffen und danach in der letzten Scene des 
Stückes vor seinen Bruder Karl geschleppt 
wird. Dieser überlässt das Gericht über ihn 
den Räubern, die ihn in denselben Turm werfen, 
in welchem er seinen Vater schmachten liess. 
Für die theatralische Wirkung ist dies Ende 
jedenfalls eine Verbesserung. Dass dann Karl 
Moor am Schlüsse seine beiden Lieblinge 
Schweitzer und Kosinsky ermahnt, „gute Bür- 
ger" zu werden, war nur eine Verstärkung 
der ohnedies schon in den vorausge- 
gangenen Reden Karls ausgesprochenen 
moralischen Tendenz. 

Auffallend ist es, dass Schiller dieser 
Bühnenbearbeitung, die sich übrigens sehr 
lange auf den deutschen Bühnen erhalten 
hat und noch häufig beibehalten wird, kein 
Vorwort gegeben hat und auch in den 
andern Ausgaben von 1782 ihrer nicht 
erwähnt. 

Dem Personenverzeichnis ist auch die 
Mannheimer Besetzung aller Rollen beige- 
fügt; es ist dies genau dieselbe wie auf dem 
uns erhalten gebliebenen Theaterzettel. 

Dieser erste Theaterzettel der Mann- 
heimer Auffiihrung ist vermutlich in zweier- 
lei Form gedruckt worden: erstens für die 
Zuschauer im Theater, für die die Ansprache 
an das Publikum auf der Rückseite des 
Zettels stand, und zweitens als Anschlage- 
zettel in der Form, in der wir ihn hier 
(siehe Beilage) wiedergeben, und zwar 
nach dem in meinem Besitze befindlichen 
und vermutlich einzig noch vorhandenen 
Exemplar.' Das vorher erwähnte, von 
Schiller an Dalberg eingesandte „Aver- 
tissement" steht hier, mit der Überschrift 
„Der Verfasser an das Publikum" auf 



» Bei der grossen Musik- und Theater-Aus- 
stellung in Wien 1S92 hatte ich meinen Zettel in 
die Mannheimer Ausstcllungsabtcilung gegeben, 
während Mannheim selbst nur über einen Theater- 
zettel zur mreiltn Aufführung der „Räuber" verfügen 
konnte. 



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Genec, Schiltcrs „Räuber" in den 



Drucken nebst den wichtigsten Theaterzetteln. 



295 



demselben Bogen neben dem gewöhnlichen 
Theaterzettel. Eine Vergteichung dieser An- 
sprache mit dem uns gleichfalls überlieferten 
Schillerschen Entwurf ergiebt, dass Dalberg 
darin ein paar Änderungen gemacht hatte. 
Ausser einigen geringfügigen Abweichungen 
findet sich in dem erwähnten Schillerschen Ent- 
wurf nach den Worten: . . . „Reue, Verzweif- 
lung hart hinter seinen Fersen her 4 ' noch der 
folgende, in unserer Ansprache fehlende Satz: 
„Der Zuschauer weine heute vor unsrer Bühne 
— und schaudre — und lerne seine Leiden- 
schaften unter die Gesetze der Religion und 
des Verstandes beugen." Schiller ist hier in 
seinem Eifer, den Wünschen des ausgezeich- 
neten Intendanten entgegenzukommen, über 
diese Wünsche hinausgegangen, und Dalberg 
hat gewiss das richtige gefühlt, wenn er diesen 
Satz als überflüssig fortgelassen hat. Auch in 
einigen andern und unwesentlicheren Ände- 
rungen ist die Dalbergsche Fassung vorzuziehn. 
Dalberg war zwar kein dichterisches Genie, 
aber dem zweiundzwanzigj ährigen Schillcrgegcn- 
über doch der Mann von Erfahrung und Welt- 
kenntnis. ' 

Jedenfalls ist die ganze Ansprache mit ihren 
pathetischen Uberschwänglichkeiten charakte- 
ristich für den Schiller jener stürmischen 
Jugendepoche. Solche erläuternde oder lob- 
preisende Ankündigungen auf den Theater- 
zetteln waren bei neuen Stücken in damaliger 
Zeit sehr gebräuchlich. Auch in Berlin, zu 
Döbbelins Zeiten, wurden sie häufig bei neuen 
Stücken angewendet, wie z. B. bei der ersten 
Aufführung von Goethes „Götz von Berlichin- 
gen" 1774. Aber derartige Ankündigungen 
gingen sonst von den Theaterdirektoren aus, 
während bei der Aufführung der „Räuber" der 
Dichter selbst es war, der zum Publikum sprach. 
Gerade zwei Jahre später, bei der ersten Auf- 
führung des umgearbeiteten „Fiesco" in Mann- 
heim, gab Schiller dem Stücke einen ähnlichen 
Gelcitsbrief mit. In dieser „Erinnerung an das 
Publikum" war es freilich sein Hauptzweck, sich 
wegen den grossen Veränderungen zu recht- 
fertigen, die er mit dem ursprünglichen Drama 




äSorrebe 

pr jwoten Auflage. 

rÄic adjthunbert (Jremplarien ber erften 
^2fuflage mein« Oiauber finb baiber 
jerftreut werben, als alle ftebfjaber ju bem 
&tut Formten befriebigt werben, ^an utv 
ternafym bat>er eine jwote, bie ficf) öon ber 
erflen an Qtomflic&feit be$ £>ruFe<, unb 05er/ 
metbung betjenigen Sweibeutigfeiten autk 
nimmt, bie bem feinem ^beil bes ^>ublt# 
fums auffadenb gewefen waren, ©ne 33er* 
befierung in bem XVefcn beä (Stucfö bie ben 
^Bünfctyen meiner ftreunbe unb Äririfer ent* 
fpradje, burfte bie 5(bfid)t biefer Auflage 
nid)t feyn. © 

Abb. 4. Vorrtd« xur iweiien AufUjt der ..Riuber". 

(wie wir es kennen) vorgenommen hatte. 

Auf demjenigen Teile unsere Räuberzettels, 
der die Personen des Stückes aufführt, wird 
dem Leser zunächst die unter dem Titel ge- 
machte Angabe „in sieben Handlungen" auf- 
fallend sein; denn nicht nur in der Original- 
Ausgabe, sondern auch in dem gedruckten 
Buche der Mannheimer Theaterbearbeitung hat 
das Stück fünf Akte. Eine interessante Notiz 
darüber erhalten wir von Schiller selbst in einem 
Berichte, den er am 15. Januar seiner Selbst- 
kritik in dem „Wirtembergischen Repertorium 
der Literatur" beifügte. Um über den Verfasser 
dieses von der Aufführung handelnden und mit 



« Weniger lobenswert sind Dalbergs Bearbeitungen Shakespearescher Dramen — Macbeth, Coriolan, Timon. 
Julius Caesar — indem er nach dem damaligen allgemeinen Brauche allzu frei mit den Originalen schaltete. Im 
Julius Caesar ging er so weit, im fünften Akte eine ganze Scenc aus Coriolan einzuschalten, indem er die Rolle der 
um Schonung Roms flehende Volumnia der Gemahlin des Brutus zuerteüte. (Vgl. meine „Geschichte der Shakespeare- 
in Deutschland." Leipzig 1870.) 



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29 6 



Gene* Schillers „Räuber" in den 



Drucken nebst den wichtigsten Theitenctteln. 



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£>cr 2(nfanö itf um ljal& ecd>$ liijr. 



5. Verkl. Faciirailc de» Herliner Theaterzettels Her 
auf dein d»j en 



N. unterzeichneten Berichtes zu täuschen, hatte 
er ihn aus Worms datiert. Darin heisst es: 
„Unmöglich wars, bei den fünf Akten zu bleiben ; 
der Vorhang fiel zweimal zwischen den Scenen, 
damit Maschinisten und Schauspieler Zeit ge- 
wännen. Man spielte Zwischenakte und so 
entstanden sieben Aufzüge." Auch die zu lange 
Dauer der Vorstellung wird in diesem ano- 
nymen Berichte Schillers erwähnt, indem er 
schreibt: „Das Stück spielte ganze vier Stunden, 



und mich däucht, die Schau- 
spieler hatten sich noch beeilt" 
Und mit dieser Länge des 
Stückes ist es auch auf dem 
Theaterzettel motiviert, dass 
man den Anfang der Vor- 
stellung schon auf 5 Uhr an- 
gesetzt hatte. Nach Schillers 
Angabe von vier Stunden wür- 
de die Vorstellung also nur bis 
9 Uhr gedauert haben. Was 
die Namen derauf dem Theater- 
zettel angeführten Schauspieler 
betrifft, so ist es bekannt, dass 
der damals erst zweiund- 
zwanzigjährige Iffland nicht nur 
als Schauspieler, sondern auch 
als fruchtbarer Schauspiel - 
Dichter zu grossem Ruhm kam. 
Aber auch noch zwei andere 
in dem Stück beschäftigt ge- 
wesene Schauspieler, die Dar- 
steller des Schweizer und des 
Kosinsky : Beil und Beck haben 
sich später als Verfasser meh- 
rerer Theaterstücke hervorge- 
than. Man ersieht ferner aus 
dem Personenverzeichnis, dass 
in der Mannheimer Theater- 
bcarbeitung der Pastor Moser 
ganz weg blieb, und dass die 
etwas lächerliche Rolle des 
Paters in eine „Magistrats- 
person" umgewandelt worden 
war, jedenfalls mit Rücksicht 
auf die Geistlichkeit. Der Dar- 
. steller dieser Rolle, Herr Gern, 
war der Vater des später in 
Berlin so beliebt gewordenen 
Komikers. 

In dem erwähnten anonymen 
Wirtembergischen Repertorium" 
hatte Schiller über die Darsteller der einzelnen 
Rollen unter anderm bemerkt: „Herr Iffland, 
der den Franz vorstellte, hat mir (doch ent- 
scheidend soll meine Meinung nicht sein) am 
vorzüglichsten gefallen. Ihnen gestehe ich es, 
diese Rolle, die gar nicht für die Bühne ist, 
hatte ich schon für verloren gehalten, und nie 
bin ich noch so angenehm betrogen worden. 
Iffland hat sich in der letzteren Scene als 



Ar. Orrfbf. 
Ar. Sie*. 
?>r. 3fflant>. 
ib. Uninmann. 

r. jfr"^- 

r. Saffig*. 
r.£ri»(l. 
r. 9iefe. 
'. 55ftftnann 
. €cr>n>a6ff. 
: 93trq.tr. 
r. ?abrt. 

r.HSft|. 



Rauber", 
wird. 

Berichte im 



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Genie, Schillers „Räuber" in den ersten Drucken nebst den wichtigsten Theaterzetteln. 



297- 



Meister gezeigt. Noch höre ich ihn in der 
ausdrucksvollen Stellung, die der ganzen laut 
bejahenden Natur entgegenstand, das ruchlose 
Nein sagen, und dann wiederum, wie von einer 
unsichtbaren Hand gerührt ohnmachtig um- 
sinken: „Ja! Ja! — droben einer über den 

Sternen!" „Deutschland wird in 

diesem jungen Mann noch einen Meister finden." 



seinem Auftreten als Franz Mx>r entgegen 
mit welcher Rolle er in Mannheim seinen Ruf 
begründet hatte. Am 21. November zeigte 
ihn der Theaterzettel an, mit der höflichen 
Bemerkung: „Herr Iffland wird die Ehre haben, 
als Franz Moor aufzutreten". Das Stück selbst 
war schon seit 1783 viel gegeben worden, an- 
fanglich aber nicht in der Mannheimer Ein- 



Diese Voraussagung ist denn auch, wie man richtung, sondern in einer Bearbeitung des 



weiss, in Erfüllung gegangen. Wir fügen des- 
halb als Ergänzung dem Mannheimer Theater- 
zettel auch noch denjenigen hinzu, auf welchem 
der um vierzehn Jahre ältere Iffland bei seinem 
Auftreten in Berlin in der nämlichen Rolle an- 
gekündet war (Abb. 5). 

Während Iffland noch in Mannheim als 
Schauspieler und Regisseur unter Dalberg an- 
gestellt war und auch als Theaterdichter bereits 
grosse Erfolge errungen hatte, — namentlich 
in den .Jägern" und im „Spieler" — hatte er schon 
wiederholt mit Berlin in Unterhandlungen ge- 
standen, da dem Könige, Friedrich Wilhelm II., 
besonders daran gelegen war, ihn als Direktor 
des Königl. Nationaltheaters zu gewinnen. Seit 
Ende Oktober 1796 war er in Potsdam und 
Berlin bereits in mehreren seiner bedeutendsten 
Rollen aufgetreten, und nachdem am 14. No- 
vember seine Anstellung erfolgt war, sah das 
Berliner Publikum mit ganz besonderer Spannung 



Berliner Dramaturgen Plümicke. Aus dem Zettel 
der Irf landschen Vorstellung ist zu ersehen, dass 
man die „Magistratsperson" der Mannheimer 
Bearbeitung wieder zum „Pater" gemacht hatte. 
Der Darsteller des Karl Moor war der grosse 
Heldenspicler Fleck, und Amalie war die ge- 
feierte Unzelmann, spätere Mad. Bethmann. 

Aus den hier gegebenen Mitteilungen ersieht 
man, dass nicht nur Bücher, sondern auch 
Theaterzettel ihren Wert in der Litteraturge- 
schichte haben können. Sie geben uns, wie 
die Bücher, in ihrer ursprünglichen Erscheinung 
auch die Stimmung der Zeit getreu wieder — 
als „klassische Zeugen." Es wird aber nur 
wenige Theaterzettel geben, die für uns eine 
gleiche Wichtigkeit haben, wie der erste Räuber- 
zettel, durch den unser grösstcr dramatischer 
Dichter in seinem Erstlingswerk mit so gewich- 
tigen Vorsichtsmassregeln auf die Bretter, die 
die Welt bedeuten, geleitet wurde. 




Abb. 6. ScliltLMrignette der ersten Auflage der „Kauber". 



Z. f. B. 18^1900. 



38 



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Taschenbücher und Almanache zu Anfang unseres Jahrhunderts. 



Von 



Dr. Anton Schlossar in Graz, 
II. 

Österreich und die Schweiz. 





lass sich auf dem gegen Ende des 
XVIII. Jahrhunderts stets dem Felde 
deutscher Bildung und Gesittung zu- 
gezahlten Boden der österreichischen Kron- 
länder im östlichen und nördlichen Gebiete 
des Kaisertumes auch in litterarischer und poe- 
tischer Beziehung die Strömung geltend machte, 
welche das Erstehen der beginnenden klassischen 
Dichtung im reichsdeutschen Norden hervor- 
gebracht hatte, ist schon aus dem Zusammen- 
hange erklärlich, in welchem zu jener Zeit 
Üsterreich und die deutschen Reichsländer 
standen. Wenn auch manches feindliche Ele- 
ment in der Politik Tren- 
nungen hervorzubringen 
suchte, so hatten ja doch 
schliesslich die I^ebens- 
und Existenzbedingungen 
alle diese Staaten aufein- 
anderangcwiesen.nament- 
lich in jenen berühmten 
Kampfjahren, welche wir 
bezeichnend genug die 
Zeit der Befreiungskriege 
nennen, die freilich erst in 
den Anfang des zweiten 
Jahrzehntes unseres Jahr- 
hunderts fallen. Der Lit- 
teraturkundige weiss aber, 
dass schon lange Jahre 
zuvor geistige Kämpfer 
gegen französische Ge- 
schmacklosigkeiten auf- 
getreten waren und das 
grosse deutsche Geistes- 
leben eingeleitet hatten, 
welches dem Ende des 
vorigen Jahrhunderts sei- 
nen klassischen Stem- 
pel aufdrückte. Dieser 



Al.MANACIl Hi 



Abb. 



Titelblatt tu „Sellin 
Etwas verkleinert. 



geistige Strom drang auch über das Gebiet 
der schwarz-gelben Grenzpfähle ein, und wie wir 
in den neunziger Jahren, wenn auch in unbe- 
rechtigten Nachdrucken aus Offizinen zu Prag, 
Troppau, Triest und namentlich Wien zahlreiche 
Ausgaben unserer klassischen Dichter hervor- 
gehen sehen, so war auch schon lange vor- 
her, bald nach den Leipziger, Göttinger und 
Hamburger Musenalmanachen, ein ähnliches 
Unternehmen in Österreich begründet worden. 
Es ist dies der „Wienerische" später „Wiener 
Musenalmanach", welcher, von J. F. Ratschky 
geleitet, zuerst für 1777 in Wien bei Josef Edlen 
von Kurzböck herausge- 
geben wurde und im Laufe 
der Jahre in die Hände 
verschiedener Herausge- 
ber gelangte, von denen 
der bekannte Satyrikcr 
Alois Blumaucr und der 
feiner angelegte Göttlich 
Leon als besonders be- 
merkenswert genannt 
werden können. Der 
„WienerMuscnalmanach" 
erschien ununterbrochen 
bis 1796, und mit Unter- 
brechungen wurde er oder 
wurden dem Titel und 
Inhalte nach ähnliche rein 
der gebundenen Poesie 
gewidmete Almanache in 
Wien bis 1814 herausge- 
geben.' Die Residenzstadt 
bildete damals, wie ja auch 
heute noch, den Centrai- 
punkt des deutschen 
literarischen Lebens in 
Österreich, und wenn von 
besonders hervorragen- 




- ^/rtZ/ttt-At ////// ttn //rr/ave- r*^ 



lu v All toll- Stl Huff 



"r 



von 1S15. 



1 Ausführliches über diesen „Wiener Musenalmanach" habe ich in dem Aufsätze darüber berichtet, der sich in 
meinem Buche: „Österreichische Kultur- und Litteraturbilder" (Wien, 1879.) S. I — 64 findet. 



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Schlossar, Taschenbücher und Almannehe zu Anfang unseres Jahrhunderts. 



den Geistesprodukten der damaligen schön- 
geistigen Litteratur die Rede ist, so sind deren 
Verfasser meistens in Wien zu suchen oder 
standen doch mit dem Dichterkreise der 
österreichischen Residenz in der innigsten Ver- 
bindung. Auch was die verschiedenen Alma- 
nache und Taschenbücher betrifft, so wurden 
die für uns in Frage kommenden, welche eine 
längere Reihe von Jahrgängen aufzuweisen 
haben, alle in Wiener Verlagsbuchhandlungen 
und von Wiener Schriftstellern herausgegeben. 
Es sind daher vereinzelte solcher Almanachc, 
die allenfalls in der Provinz, z. B. in Prag, Graz, 
Laibach, Lemberg, Pressburg, erschienen, hier 
nicht weiter zu beachten, abgesehen davon, dass 
auch diese Provinzalmanache nur wieder Nach- 
ahmungen des „Wiener Musenalmanachs" bilden 
und ohnehin ihr Erscheinen in die Zeit vor 1800 
fällt Auch sie enthalten nur Sammlungen von 
Gedichten, namentlich scherzhafter Gattung und 
geringeren Umfanges. Infolge der Aufmerk- 
samkeit, welche man den hübschen und auch dem 
Geschmacke der Zeit entsprechenden Prosa- 
erzählungen in den Taschenbüchern von Becker, 
dem Damenkalender Cottas und ähnlichen 
ausserhalb Österreichs erschienenen Büchelchen 
dieser Gattung zuwandte, ging man nun auch 
in der Residenzstadt Wien daran, in Taschen- 
büchern erzählende Prosa zu bieten. Das 
„Idealische Taschenbuch fiir Damen auf das 
Jahr 1800" (Wien, Schuender) brachte sogar 
ausschliesslich Erzählungen in Prosa, denen 
die Namen der Verfasser gar nicht beigefügt 
waren. Dass dieses Taschenbuch ausserdem 
fast nur das Gebiet der Ritter- und Geister- 
geschichten mnfaj ste, mögen die Titel der Er- 
zählungen: „Rulf Langbart oder Schicksale des 
Ritters von Donsenberg", „Landulf von Starken- 
see oder die natürliche Erscheinung", „Die Wun- 
derquelle", „DieZaubernüsse"erwciscn; auch alle 
übrigen Stücke des Bändchens gehören dieser 
damals allerdings recht beliebten Richtung an. 

Grössere Beachtung verdient schon der 
„östereichische Taschcnkalender" , welcher bei 
Anton Pichler in Wien zuerst für 1801 und so- 
dann bis 1806 alljährlich herausgegeben wurde. 
Gedichte und andere Aufsätze sind in diesem 
Taschenkalender abwechselnd vertreten, wenn 
auch die Poesie in Versen meist vorwiegt. 
Unter den Namen der hervorragenden Mit- 
arbeiter finden sich so manche, die noch in 



299 




Abb. 2. Titelkupfer aus ..Sellin" für 1B15, 
Fr. Slüber tc. Etwas »trkkiucrt. 



dem alten „Wiener Musenalmanach" vertreten 
waren, so Karolinc Pichler, J. F. Ratschky, 
Gottlieb Leon, Freiherr v. Retzer, L. Haschka, 
Gabriele von Baumberg, dazu kommen aber 
noch andere der neueren Generation Angehörige, 
von denen als auch später bedeutend Alcib. 
Meissner und M. v. Collin genannt seien. In 
Bezug auf Ausstattung und künstlerischen 
Schmuck, dem wir ja an dieser Stelle be- 
sondere Aufmerksamkeit zuwenden wollen, 
bot dieser Taschenkalender allerdings nahezu 
gar nichts; er war äusserlich ebenso unbe- 
deutend, wie die auf rauhem Papier schlecht 
gedruckten Jahrgänge der einstigen „Wiener 
Musenalmanache". Dasselbe gilt von dem 
„Wiener Hof-Theater Almanack", der zu- 
erst für 1804 und 16 Jahre lang alljährlich 
herausgegeben wurde. Er erschien anfangs bei 
Ph. J. Schalbacher, sodann bei J. B. Wallis- 
hauser in Wien, später unter dem Titel „Wiener 
I Iof-Theater-Taschenbuch", wendete sich fast 
nur dem Thcaterleben und der Theaterchronik 
zu und lieferte in dieser Beziehung allerdings 
recht wertvolle Beiträge. Obgleich er aber auch 



3oo 



Fchlosiar, TaschenbDcher und Almanache rn Anfang unseres Jahrhunderts. 



Arbeiten von Collin und Castelli — letzterer gab 
sogar einige der späteren Jahrgänge ( 1 8 1 3 und 
18 14) selbst heraus — enthält, ist er doch noch 
immer nicht den eigentlichen, ausschliesslich 
belletristischen Taschenbüchern beizuzählen, die 
sich überdies durch Kunstbeilagen auszeichne- 
ten. Kupferstiche in sauberer Ausführung, und 
zwar lediglich Landschaften, bot das bei J. V. 
Degen in Wien von 1803 bis 1809 erschienene 
„Wiener Taschenbuch" 1 , dessen Text in allen 
Jahrgängen aber nur Reiseberichte und Reisebe- 
schreibungen enthielt, und das man deshalb hier 
ebenfalls nur erwähnen, nicht aber weiter in 
den Hauptbereich dieser Darstellung einbeziehen 
kann. Ahnliches gilt von dem für historische 
Kreise heute noch sehr wertvollen „Taschen- 
buch für die vaterländische Geschichte" (Wien, 
A. Doli, 181 1 ff.), welches der berühmte Patriot 
und Historiker Joseph Freiherr v. Hormayr eine 
lange Reihe von Jahren ohne Unterbrechung 
herausgab. Es enthält historische Aufsätze, 
zumeist mit Rücksicht auf die Geschichte 
Österreichs, wohl auch topographische Schilde- 
rungen bemerkenswerter Gegenden und daneben 




ÄrtlcJiciiftttcK 



K.K. priv. Thonlrr 



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Abb. J. Titelblatt zum Taschenbuch 
vom K. K. priv. Theater in der Leopotditadt für 1817. 
Etwa» verkleinert. 



Abb. 4. Titelblatt zum Taschenbuch 
vom K. K. priv. Theater in der Leop old •ladt, 
IV. Jahrgang, Wien 1B17. Etwas verkleinert. 



Sagen und Gedichte, allerdings nur solche, die 
ebenfalls österreichische GeschichtsstofTe be- 
handelten. Karoline Pichler ist in vielen Jahr- 
gängen durch Balladen und ähnliche Stücke 
vertreten; auch Joseph von Hammer, der her- 
vorragende Orientalist und spätere Freiherr von 
Hammer - Purgstall, hat öfters Poesien bei- 
getragen. Hormayr wusstei vielfach auf die 
im Lande weilenden Talente anregend und 
befruchtend zu wirken, wie seine ausführ- 
liche (bisher ungedruckte) Correspondenz mit 
Ant. Alex. Graf von Aucrsperg, dem später als 
Anastasius Grün berühmt gewordenen Poeten, 
nachweist In dem gleichzeitig in Wien von 
ihm herausgegebenen „Archiv" hat Hormayr 
manchen jungen Poeten, welcher sich in der 
Folge einen bedeutenden Namen errungen, zu- 
erst mit seinen dichterischen Schöpfungen an 
die Öffentlichkeit gebracht. Das „Taschenbuch" 
Hormayrs enthielt auch Porträts, Landschaften 

« Vgl. im Jahrgange 189S/99 II dieser Zeitschrift 
meinen Aufsatz über die Verlagsthätigkeit V. Degens in 
Wien, namentlich S. 469 f. daselbst. 



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3 oi 



und historische Scenen von den tüchtigen 
Stechern J. Blaschke, Krepp, Fr. Stober, Joh. 
Passini, Axmann u. Anderen. Da es aber 
doch vorwiegend für den Geschichtsfreund be- 
rechnet ist, so möge das hier darüber Mit- 
geteilte genügen. 

Ausschliesslich dem schöngeistigen Gebiete 
zugehörig erscheint dagegen: „Apollonion. Ein 
Taschenbuch zum Vergnügen und Unterricht", 
welches für die Jahre 1807 bis 1809 ebenfalls 
Degen, für die Jahre 1810 und 181 1 Anton 
Strauss in Wien verlegte. Unter den Heraus- 
gebern der ersten Jahrgänge sind die für 
das Gebiet der schönen Litteratur in den An- 
fangsjahren unseres Jahrhunderts bedeutungs- 
vollen Namen Gottlieb Leons und des Freiherrn 
v. Ketzer zu nennen. Die fünf Jahrgänge von 
„Apollonion" bieten Gedichte, Erzählungen und 
andere Prosastücke; unter den Mitarbeitern fin- 
den wir Cornelius v. Ayrcnhoff, Josef v. Hammer, 
J. F. Ratschky, Josef Sonnleithner, Pezzl (den 
bekannten Wiener Chronisten) und andere 
Schriftsteller, die in der Residenzstadt Wien zu 
jener Zeit eine hervorragende Rolle spielten. 
Es sind auch häufig Übersetzungen französischer 
Dichter und Prosaisten der neueren Zeit und 
sogar Übertragungen von Liedern der Minne- 
sänger, so insbesondere Walthers von der 
Vogel weide, darin enthalten. Von grösseren 
deutschen Dichtern findet sich im Jahrgange 18 IO 
ein Gelegenheitsgedicht Wielands, und auch 
allemannischc Gedichte J. P. Hebbels erscheinen 




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Abb. 5. Titelblatt ni „Aglaja' 
Etwas verkleinert. 



für lim. 




darin schon 1807, wohl zum ersten Male in 
einem österreichischen Verlagswerke gedruckt. 
Ein besonderer äusserer Schmuck zeigt sich in 
diesen schlichten Bändchen des „Apollonion" 
allerdings auch nicht, doch sind sie von dem, 
durch Sorgsamkeit beim Druck 
seiner Verlagswerke sich auszeich- 
nenden Verleger immerhin recht 
gut ausgestattet und neigen sich 
ihrem Inhalte und ihrem ganzen 
Charakter nach schon den eigent- 
lichen „Taschenbüchern" zu, wie 
wir den Begriff derselben nach den 
bald folgenden Unternehmungen , 
die diesen Titel führten, bestimmen 
können, und die sich wesentlich von 
den öfter erwähnten alten Musen- 
almanachen unterscheiden. 



Abb. 6. Nymphe im Bade nach Lud«. Caracci, »c. F. 

Tür i8jo. 



John, aus .. Aglaja' 



Mit Übergehung vereinzelter un- 
bedeutender Bändchen, die kein 
besonderes Interesse für die öster- 
reichische Almanach - Litteratur 



302 



Schlott«, Taschenbücher und Almanaehe m Anfang 



Jahrhunderts. 



bieten, möge nur das erste, scht>n mit Rücksicht 
auf den Herausgeber bemerkenswerte Taschen- 
buch hier Besprechung finden, welches noch 
zum Teil der Ubergangszeit angehört, aber doch 
bereits einen moderneren Anstrich aufweist. Es 
ist dies: „St/am. Ein Almanach für Freunde 
des Mannigfaltigen von J. F. Castelli" (Wien, 
Anton Strauss), welcher zuerst für 1812 und 
sodann für jedes folgende Jahr, zuletzt für 1817 
herausgegeben wurde (Abb. 1). Des Dichters 
Castclli (geb. 178 1, f 1862) Name ist so untrenn- 
bar mit der Geschichte des geistigen Lebens 
von Wien in der ganzen ersten Hälfte des 
XIX. Jahrhunderts verbunden, seine Persönlich- 
keit eine so bezeichnende, dass die Heraus* 
gäbe seines Taschenbuches „Selam" gewisser- 
massen eine neue Periode für die Wiener 
Taschenbuchlitteratur eröffnete. Castelli selbst 
berichtet in den „Memoiren meines Lebens" 
(Wien und Prag, 1861.) Bd. I. S. 286f. — einem 
Werke, das für die Geschichte des kulturellen 
Lebens von Wien heute noch die höchste 
Bedeutung hat — über die Entstehung des 
„Selam" und dessen Mitarbeiter in ausführ- 
licherer Weise. 

Es sei hier nur aus diesem eigenen Berichte 
Castellis eine Bemerkung mitgeteilt, welche die 
noch immer mehr als bescheidene Ausstattung 
auch dieses Büchleins betrifft. Der Verfasser 
sagt: „Man suchte damals noch nicht in Taschen- 
büchern nur schöne Bildchen und einen glänzen- 
den Einband, man sah die Taschenbücher nicht 
bloss an und legte sie dann auf den Tisch im 
Sitzzimmer, um sie auch von Andern ansehen 
zu lassen. Man las sie wirklich und forderte 
daher auch einen interessanten Inhalt." In der 
That war Castclli die geeignete Persönlichkeit, 
um sein Taschenbuch abwechslungsreich und 
mannigfaltig zu gestalten. Schon der erste 
Jahrgang bietet nicht weniger als 1 8 verschiedene 
Abteilungen, welche Fabeln, Märchen, lyrische 
Gedichte, Epigramme, Anekdoten, Charaden 
Prosaerzählungen, selbst dramatische Sccnen 
und anderes mehr enthalten. Jedem der Jahr- 
gänge sind die noch lange üblichen Kalcndcr- 
daten beigefügt, dem ersten derselben sogar 
„theatralische Memorabilicn", welche sich aus 
der besondern Vorliebe Castellis für das Theater 
erklären. Unter den Mitarbeitern finden sich 
Namen von bestem Klange, welche schon da- 
mals, namentlich aber später in der Lite- 



ratur Deutsch Österreichs eine hervorragende 
Stelle einnahmen. Es seien genannt: Therese 
v. Artner, Dcinhardstein, Joh. R. v. Kalchberg, 
Karoline Pichler, Retzer, Sonnleithner, Steigen- 
tesch, Alois Wcissenbach, Emanuel Vcith, ins- 
besondere der damals in Wien lebende, zu 
Castellis Freunden zählende Theodor Körner, 
welcher noch in den Jahrgängen 1814 und 1815 
durch einige Balladen und Gedichte vertreten 
ist. Antonie Adamberger aber, der unglück- 
lichen Braut des unvergeßlichen Dichters, „der 
allgemein geschätzten Künstlerin", hat Castelli 
den Jahrgang 18 16 seines Taschenbuches ge- 
widmet. Es dürfte bei den Beziehungen, welche 
der Herausgeber zu allen schriftstellernden Per- 
sönlichkeiten Österreichs pflegte, wohl kaum ein 
besserer Name derselben fehlen. Doch auch in 
künstlerischer Beziehung boten die späteren Jahr- 
gänge des „Selam" schon manches bemerkens- 
werte. Ein etwas marktschreierisches Bild von 
dem zwei Jahre später verstorbenen Kupfer- 
stecher Gerstner befindet sich in dem ersten 
Jahrgange für 18 12; die Folgejahrgänge ent- 
halten bessere Stiche von Blaschke, Gerstner, 
Fr. Stöber (Abb. 2), Rahl, J. G. Mansfeld, nach 
Zeichnungen von Loder, K. Russ und Anderen, 
die zu den besten Künstlern der Residenz 
zählten. Manchen Liedern und Gedichten sind 
auch Kompositionen in Notendruck beigegeben, 
und im Jahrgange 18 16 ist Rupprcchts Gedicht 
„Markenstein" sogar von Beethoven vertont 
worden, dessen Komposition in Noten dem 
Bändchen als besonders wertvolle musikalische 
Gabe eingefügt wurde. Das hübsche und 
kräftig im Stich ausgeführte Titelkupfer von 
Fr. Stöber, welches von 18 14 an jedem Jahr- 
gange des „Selam" vorangesetzt ist, findet der 
Leser hier reproduziert (Abb 2). 

Man kann die eigentümliche Beobachtung 
machen, dass in dem letzten Bändchen von 
Castellis „Selam" Prosaarbeiten ganz ver- 
schwinden und nur versifizierte Beiträge auf- 
genommen erscheinen. Dieser Umstand hat 
wohl seinen Grund weniger in dem Ge- 
schmacke der Leser, vielmehr in der Ängst- 
lichkeit, mit welcher jeder Schriftsteller und 
jeder Redakteur zu jener Zeit wegen der be- 
stehenden Zensurvorschriften in Österreich vor- 
gehen musste. Wir kommen damit auf ein 
recht trauriges Kapitel; heute noch kann man 
sich der damals bestandenen, litterarische 



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Schlossar, Taschenbücher und Almanache tu Anfang unsere» Jahrhunderts. 



303 



Dinge betreffenden polizeilichen Verhältnisse 
schämen, die manche unserer besten Talente 
in so beispielloser Weise zu Boden drückten 
oder selbst aus dem Lande vertrieben. Die 
Zensur musste jedes Druckwerk passieren; 
Verse wurden noch leichter genommen, aber 
bei Prosastücken fand der Zensor häufig Be- 
ziehungen und Anspielungen heraus, welche, 
wenn auch oft ganz harm- und beziehungslos 
verfasst, den» unerbittlichen Rotstifte des Prüfers 
zum Opfer fielen. Gut 
war es noch, wenn nur 
einzelne Stellen dieses 
Schicksal erlebten; oft 
aber gab sich der Be- 
amte der Bücherrevision 
gar nicht die Mühe, 
lediglich jene zu unter- 
drücken , sondern es 
wurde der ganze Aufsatz 
gestrichen und mit dem 
berüchtigten „Non ad- 
mittitur" versehen. 

Da hier von der Zen- 
sur und deren Einfluss 
auf die, wie man meinen 
sollte, doch ziemlich 
harmlose schönwissen- 
schaftliche Taschen- 
bücherlitteraturdie Rede 
ist, so möge über das 
merkwürdige Verbot des 
vortrefflichen Taschen- 
buches „ Urania" 1 in 
Österreich Eingehende- 
res mitgeteilt sein. Von 
Seite derRegierung, d. h. 

durch den K. K. Polizeipräsidenten und Präsi- 
denten der obersten Zensurhofstelle Grafen 
Sedlnitzky in Wien, wurde dem Verleger F. A. 
Brockhaus — neben einer Reihe anderer seiner 
Verlagswerke — die Einführung des Taschen- 
buches „Urania" für 1822 in Österreich verboten. 
Das Verbot war angeblich wegen der darin 
von Brockhaus selbst nach dem Französischen 
bearbeiteten Novelle „Die Nebenbuhlerin ihrer 
selbst" erfolgt, weil man in Wien einige der 
fingierten Personen darin auf eine vornehme 




Abb. 7. Tittlkupfer ru „Huldigung den Frauen" für 1829. 
Etw« verkleinert. 



österreichische Familie bezog. Auch soll der 
Zensor Schreyvogel an einer Stelle in dem Auf- 
satze W. Müllers über Lord Byron Anstoss 
genommen haben. Brockhaus wandte sich an 
den bekannten sächsischen Geschäftsträger und 
österreichischen Hofrat Adam Müller, der ihm 
befreundet und wohl gewogen war, und richtete 
auch eine Eingabe direkt an den Polizei- 
minister; er überschickte ihm das französische 
Original der Novelle, um zu beweisen, dass die 

Anschauung, man habe 
etwa bestimmte Per- 
sönlichkeiten aus Wien 
darin ins Auge gefasst 
und diese blossstellen 
wollen, eine irrige sei. 
Alles war aber ver- 
gebens; vom Polizei- 
minister erhielt Brock- 
haus gar keine Antwort, 
und Müller teilte ihm 
am 21. Oktober 1822 
mit, die „Urania" sei 
auch wegen einiger, die 
Sittlichkeit verletzen- 
den Stellen verboten 
worden, was bei dem 
ehrenhaften Charakter 
des Herausgebers ein- 
fach lächerlich schien. 
Dieser erklärte sich zu- 
dem bereit, die Exem- 
plare abzuändern und 
die beanstandeten Stel- 
len auszulassen. Aber 
auch dies wurde nicht 
zugegeben. „Die Re- 
gierung",schreibt Müller, „nimmt Beschlüsse nicht 
zurück; zumal bereits viele Exemplare in ihrer 
ursprünglichen Gestalt schon in anderen Län- 
dern zirkulieren, so würde die vorgeschlagene 
Abänderung mit Recht Aufsehen erregen 
und zu unanständigen Glossen Gelegenheit 
geben." Nochmals wandte sich Brockhaus in 
einem Promemoria an Graf Sedlnitzky, das 
von hohem Interesse erscheint, da es die 
vornehme Gesinnungsweise des Verlagsbuch- 
händlers in das schönste Licht stellt. Er pro- 



• Über dieses Taschenbach rergl. Teil I dieses Aufsatzes S. 58, III. Jahrg. der vorliegenden Zeitschrift, wo- 
selbst der Angelegenheit nicht Erwähnung geschah, die aber hier tu besprechen passend erscheint. 



304 Schlossar, Taschenbücher und Almanache zu Anfang unteres Jahrhunderts. 



testiert darin vor allem gegen die ausge- Wenden wir uns nun einem anderen Taschen- 
sprochene Beschuldigung, dass in der „Urania" buche Wiens zu, das Bedeutung und später grosse 
auch mehrere die Sittlichkeit verletzende Stellen Verbreitung erlangt hat Es hängt dessen Be- 
vorkämen, und sagt u. a. gegen Schluss des griindung mit dem ausserordentlichen Interesse 
ausführlichen Schriftstückes: „Sind die Grund- zusammen, das in der „Theaterstadt" Wien 
sätze, welche die K K Zensur zu befolgen stets der dramatischen Kunst und Allem, was 
hat, von der Art, dass von ihr Schriften als: mit ihr in Verbindung stand, entgegengebracht 
von Hügels „Spanien und die Revolution", wurde. Die Bühnen Wiens, namentlich die 
v. Raumers „Vorlesungen über alte Geschichte" Hofbühnen, galten damals als die besten auf 
und Okens „Naturgeschichte für Schulen" ver- deutschem Boden, und besonders das Theater 

in der Leopoldstadt, 
welches vorzüglich das 
Volksstück pflegte, war 
bei den Bewohnern der 
Residenz als ein der 
heiteren Muse gewid- 
meter Kunsttempel be- 
liebt Dieses Theater 
hatte sich auch weit über 
die Grenzen Österreichs 
hinaus einen Ruf ver- 
schafft, so dass z. B. zur 
Zeit des Wiener Kon- 
gresses Kaiser, Könige 
und andere Fürstlichkei- 
ten es nicht verschmäh- 
ten, die lustigen Komö- 
dien der von dem Direk- 
tor Marinelli geleiteten 
Leopoldstädter - Bühne 
zu besuchen. Von einem 
Mitgliede dieses Thea- 
ters, dem auch dichte- 
risch nicht unbegabten 
Komiker Gottfried Zie- 
gelhauser (geboren 1770, 
starb schon 1820) wurde 

so sei diese Ausführung, welche ein so bezeich- für 18 14 ein „Tlieatraüsches Taschenbuch zur 
nendes Licht auf die Bedrückung des dama- geselligen Unterhaltung vom k. k. priv. Tlteater 
ligen litterarischen Lebens in Österreich durch in der Leopoldstadt Wien" zunächst im Selbst- 
die Zensur- und Polizeihofstelle wirft, hier ab- vertage herausgegeben. Der Titel wurde bald 
geschlossen.» Wenn solche Plackereien und in „Taschenbuch vom K. K. priv. Theater in 
Schädigungen eines anerkannt hervorragenden der Leopoldstadt" geändert (Abb. 3). Dieses 
und damals schon berühmten Geschäftsmannes Taschenbuch hatte anfangs eine schlichte 
und Schriftstellers im Auslande möglich waren, Ausstattung, enthielt in den ersten Jahrgängen 
wie vorsichtig mussten Autoren und Verleger ziemlich schlechte Kupferstiche, zumeist Thcater- 
erst im österreichischen Inlande vorgehen, um figuren darstellend, und im Texte Scenen und 
nicht durch ihre Veröffentlichungen bei der Gesänge aus beliebten Opern oder Singspielen. 
Regierung Anstoss zu erregen! — Ausserdem erschien jedesmal das Theater- 

' Ganz ausführlich mit Wiedergabe des Wortlautes der Schriftstücke schildert diese Angelegenheit H. C Brockhaus 
in seiner grossen biographischen Arbeit: „Friedrich Arnold Brockhaus", I^eipzig 1881- Bd. 11L S. 367 ff. 



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boten werden müssen, 
wie dies kürzlich statt- 
gefunden, so thue ich 
freilich lieber auf allen 
buchhändlerischen Ver- 
kehr überhaupt oder mit 
Österreich Verzicht." Da 
auch gleichzeitig der 9. 
und 10. Band des von 
Brockhaus begründeten 
„Konversations - Lexi- 
kons" für Österreich ver- 
boten worden war, so 
erklärt sich die ener- 
gische Sprache des ge- 
kränkten Buchhändlers. 
Übrigens blieb auf diese 
wie auf die früheren 
Eingaben die Antwort 
von der massgebenden 
Stelle aus, und die Ver- 
bote wurden aufrecht 
erhalten. Da die weiteren 
Bemühungen undSchrift- 
stücke Brockhaus' sich 
nicht mehr auf das 
Taschenbuch beziehen, 




Abb. 8. Sophia Friederica Dorothea 
Eriherzogin Ton Österreich, am ,. Huldigung den Krauen' 
für lBj.j. '/• Originaltöne. 



Schlossar, Taschenbücher und Atinanache zu Anfang untere« Jahrhunderts. 



305 




Abb. 9. Titelblatt zu 
Der Freund des schonen Geschlechtes" für 1(17. 
Originalgrösse. 



Personal in dem Bändchen genau verzeichnet, 
ebenso wurden die Stücke angeführt, welche 
im verflossenen Theaterjahre über die Bühne 
gegangen waren. Daneben finden wir aber in 
den ersten Jahrgängen schon Gedichte, Fabeln, 
Charaden, Anekdoten und sonstige kleine, meist 
heitere Beiträge; auch dramatische Kleinig- 
keiten von Perinct, Karl Meisl, Schikaneder u. a. 
kamen darin zur Veröffentlichung. Die Kupfer- 
stiche wurden übrigens bald besser; man wählte 
gern die Porträts beliebter Künstler des Theaters 
in der Leopoldstadt als Darstellungsobjekte, nur 
der Jahrgang 1 817 brachte als Titclkupfer eine 
allegorische Darstellung, nach Pergers Zeich- 
nung von Stober gestochen (Abb. 4). Von 
den Porträts sei jenes Ferdinand Raimunds, 
gestochen von Passini, und das von Katharina 
Ennökl, gestochen von Hyrtl, erwähnt. In 
einigen Jahrgängen waren die Bildnisse litho- 
graphiert; derartige Lithographien finden sich 
seit dem Jahre 1825 und stellen Therese Krones, 
Karl Meisl, A. Bäuerle, Korntheuer, den Kom- 
ponisten Wenzel Müller und andere Persön- 
lichkeiten dar, welche zu dem Theater als 
Z. i. B. 1899/1900. 



Künstler oder Dichter in naher Beziehung 
standen. Aber auch in Bezug auf die litterari- 
schen Beiträge erhielt das Taschenbuch bald 
einen anderen Charakter. Zunächst sei er- 
wähnt, dass nach Ziegelhausers Tode für 182 1 
das Taschenbuch von J. S. Ebersberg (dem 
späteren I lerausgebcr des „Österreichischen Zu- 
schauer", f 1854) und zwar mit dem zweiten 
Titel „Erato", von 1822 an aber von dem da- 
mals als Theaterdichter angestellten beliebten 
Dramatiker Karl Meisl und zwar „zum Besten 
der hinterlassenen Familie Zicgelhausers" her- 
ausgegeben wurde; den Jahrgang 1828 redigierte 
der erprobte und unermüdliche Sekretär von 
Bäuerles „Theater-Zeitung", C.J. Metzger (f 1 865) 
die späteren Jahrgänge Max Carl Baldamus und 
dann wieder Karl Meisl im Verein mit August 
Schmidt Von 1843 an übernahm der Dichter 
jf. N. Vogl die Herausgabe des Taschenbuches, 
das mit geändertem Titel als „Thalia" noch 
Jahre lang erschien, so dass dieser Almanach 
einen Bestand von mehr als 50 Jahren auf- 
weisen kann. Vogl selbst führte die Redaktion 
bis 1857. Sehen wir von den ersten, noch 




Abb. iol Koloriertet Modebild MI 
„Der Freund des schonen Geschlechts" für 1817. 

Original grosse. 

39 



3 o6 



Schlotsar, Taschenbücher und Almanache la Anfang unseres Jahrhunderts. 



dürftigen Inhalt aufweisenden Jahrgängen ab, 
so werden die späteren bald einem weiteren 
Leserkreise gerecht Neben den kleineren Lust- 
spielen finden wir Novellen und Erzählungen 
der besten österreichischen Schriftsteller, so 
von Chr. Kuffner, Frz. Gräffer, Emil Gleich, 
Lembert, Eyb, Castelli, E. Duller. Durch poe- 
tische Stücke sind vertreten: A. Schumacher, 
Deinhardstein, L. Haiirsch, J. F. Schneller, 
J. G. Seidl, Saphir, E. Frhr. v. Feuchtcrsleben, 
J. N. Vogl, L. A. Frankl und Andere. Grill- 
parzer hat zu dem Jahrgange 1828 das Ge- 
dicht „Rechtfertigung als Antwort auf ein Ge- 
dicht, das mir meine Unthätigkeit zum Vor- 
wurf machte" beigetragen, das uns einen tiefen 
Blick in das Gemüt des grollenden Poeten ge- 
stattet und sich gegen eine poetische Apo- 
strophe Bauernfelds wendet. Es sei hier noch 
angeführt — obgleich diese Bemerkung eine 
Periode betrifft, welche weit über den von uns 
ins Auge gefassten Zeitraum hinausgeht — dass 
Grillparzer selbst in seiner späteren stillsten 
Zeit in diesem Taschenbuche durch Gedichte 
vertreten ist, so in den Jahrgängen 1852, 1853, 
1854 u. s. f. Die Beziehungen, welche den be- 
rühmten Dramatiker mit seinem Freunde Vogl, 
den späteren Herausgeber, schon von der Jugend 
an verknüpften, sind wohl die Veranlassung, dass 
der schweigsame Grillparzer doch diesem noch 
das eine oder andere Poem für solchen Zweck 
überliess. Als einen ganz besonders bemerkens- 
werten Mitarbeiter in den vierziger Jahrgängen 
finden wir den berühmten „Landsknecht" Fürst 
Friedrich v. Schwarzenberg; der Schauspieler 
E. Anschütz, der sich auch als Dichter bemerk- 
bar gemacht, fehlt in vielen Jahrgängen gleich- 
falls nicht Es braucht wohl kaum bemerkt zu 
werden, dass dieses „Leopoldstädter Taschen- 
buch", welches bis zur Redaktion Vogls stets 
ganz genaue Mitteilungen über das Theater und 
dessen Personal erteilte, dadurch auch eine 
wichtige Quelle für die Theatergeschichte ge- 
nannt werden kann; jedenfalls spiegelt es in 
der langen Reihe der erschienenen Jahrgänge 
auf dramatischem wie auf litterarischem Gebiete 
den wechselnden Zeitgeschmack in sehr be- 
achtenswerter Weise wieder. 

Das nachfolgend zur Besprechung gelangende 
Taschenbuch „Aglaja" verdient ganz besondere 



Aufmerksamkeit sowohl seiner wertvollen litte- 
rarischen Beiträge als auch der prächtigen 
Kupferstiche wegen, welche in allen erschienenen 
Jahrgängen, von demselben Meister des Stichs 
herrührend, enthalten sind. Dieses Taschenbuch 
war es auch, in dem Grillparzer häufig die 
schönsten und bedeutendsten seiner Gedichte 
zuerst veröffentlichte. Es erschien bei Johann 
Bapt Wallishauscr in Wien in seinem ersten 
Jahrgange mit dem Titel „Aglaja. Ein Taschen- 
buch für das Jahr 181 5 herausgegeben von 
Joseph Sonnleithner" und wurde bis 1832 un- 
unterbrochen fortgeführt (Abb. 5). Schon nach 
den ersten Jahrgängen nahm an Stelle des auch 
durch seine musikalischen Bestrebungen bekann- 
ten Theatersekretärs Sonnleithner der Dramaturg 
und eigentliche Leiter des Burgtheaters in Wien 
Joseph Schreyvogel, der unter dem Pseudo- 
nym K. A. und Th. West heute noch durch 
seine Bearbeitungen von Calderons „Leben 
ein Traum" und Moretos „Donna Diana" be- 
kannt ist, auch die Redaktion der „Aglaja" in 
die Hand und führte dieselbe vom Jahrgange 
1819, unterstützt von dem Hofschauspieler 
Lembert, bis zu seinem 1832 erfolgten Tode. 
Dieser merkwürdige, kunstverständige, vielbe- 
schäftigte Mann, dem Grillparzer eine Grab- 
schrift gewidmet und dem das Burgtheater 
seine eigenüichc Blüte verdankt, hat auch dem 
Taschenbuche „Aglaja" zu glänzendem Auf- 
schwünge verholfen; in bezug auf Ausstattung 
stand ihm der geschmackvolle Verleger Wallis- 
hauser wacker zur Seite. Wenden wir uns zu- 
nächst den künstlerischen Beigaben zu, welche 
in jedem Jahrgange erschienen. Diese feinen 
Stiche rühren sämtlich von dem Kupferstecher 
Friedrich John (1769 — 1843) her, jenem aus- 
gezeichneten Künstler, der durch die grossen 
Kunstblätter für die Göschenschen Ausgaben 
der Werke Wielands und Klopstocks sich schon 
früher bestens bekannt gemacht hatte. Alle 
Kupferstiche Johns sind in der von ihm selbst 
erfundenen eigenartigen Manier durchgeführt, 
welche von der gewöhnlichen Punktiermanier 
abweicht und sich durch besondere Weichheit 
und Feinheit auszeichnet, wie sie nach ihm kein 
zweiter durchzuführen im Stande war. Jedem 
Jahrgange der „Aglaja" waren sechs der schönen 
Stiche Johns beigegeben, ausschliesslich nach 
klassischen Originalen in den Wiener Gallericn, 
namentlich in der Belvederegallcrie gestochen. 



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Sehlogsar, Taschenbücher und Almanache tu Anfang unseres Jahrhunderts. 



Es liegen in. den 1 6 Jahrgängen der „Aglaja" 
nicht weniger als 105 von John gestochene 
Blätter nach Bildern von Corcggio, van Dyk, 
Andrea del Sarto, Caracci (Abb. 6), Rubens, 
Guido Reni, Rcmbrandt, Carlo Dolcc, Albani, 
Franceschini, Bassano, Murillo, I.ionardo da 
Vinci und anderen vor, in ihrer vortrefflich 
feinen Ausführung ein wahrer Schmuck jedes 
Bandes, der uns nicht nur die ausserordentliche 
Fertigkeit, sondern auch den Fleiss dieses aus- 
gezeichneten Künstlers bewundern lässt.' Schon 
diese Blätter allein verleihen jedem Jahrgange der 
„Aglaja" einen besondern künstlerischen Wert. 

Wenn wir den Inhalt des Textes an Er- 
zählungen und Gedichten ins Auge fassen, so 
zieht ein Stück Geschichte der deutsch-öster- 
reichischen Littcratur aus ihrer besten Zeit an 
unserem Auge vorüber. In den ersten Jahr- 
gängen begegnen wir noch den aus der früheren 
Periode bekannten Namen der Dichterinnen 
Gabriele Bacsany und Karolinc Pichler, welch 
letztere eine Reihe von Jahren durch ihre da- 
mals allbeliebtcn, heute langst vergessene No- 
vellen darin vertreten ist, ferner den Dichtern 
J. R. v. Kalchberg, Friedrich Schlegel, A. 
Weisscnbach, J. F. Castelli und Deinhardstcin. 
Bald folgen Beiträge jüngerer begabter Autoren 
wie L. Jeitteles, Ludwig Haiirsch, J. G. Seidl, 
und in dem Jahrgange 1 819, mit welchem Schrey- 
vogel-Wests redaktionelle Thätigkeit begann, 
erschienen schon die ersten zwei Gedichte Grill- 
parzers („An einen Freund" und „Des Kindes 
Scheiden") ; daneben taucht J. Chr. Frh. v. Zed- 
litz auf, der nunmehr selten fehlt. Eine reiche 
Lese von Gedichten hat Grillparzer in dem 
Jahrgange 1820 veröffentlicht. Dieser Jahrgang 
hatte für den grossen Dramatiker aber eine 
besondere Unannehmlichkeit zur Folge, da in 
dem der Königin von Baiern gewidmeten Bänd- 
chen das berühmte Gedicht „Auf die Ruinen 
des Campo Vaccino" enthalten war, das durch 
seinen gegen das päpstliche Italien gerich- 
teten Inhalt den Unwillen der streng katho- 
lischen Königin erweckte und rasch aus allen 
Exemplaren entfernt werden musste. Infolge 



307 



der deshalb nötigen Intervention der Zensur 
und eines dem Dichter erteilten kaiserlichen 
Verweises war Grillparzer viele Jahre hindurch 
allen möglichen Zcnsurchikanen ausgesetzt* 
Dennoch hat ihn Schreyvogel veranlasst, ihm 
noch für die Jahrgänge 1821, 1822, 1825, 1827, 
1828 und 1829 Gedichte zu überlassen; indem 
Jahrgange 1828 findet sich ausserdem von ihm 
„Das Kloster bei Sendomir", jenes Rabincts- 
stück einer Erzählung, das so hoch über die 
anderen novellistischen Schöpfungen der Zeit 
hervorragt In demselben Bändchen gelangt 
eine ebenfalls für die österreichisch-deutsche 
Littcratur bedeutend gewordene Dichtung zur 
ersten Veröffentlichung: die „Totenkränze" von 
Zedlitz, welche so ungeheuren Beifall fanden, 
dass noch im gleichen Jahre der Vcrieger des 
Taschenbuches von diesen eine schöne Sepa- 
ratausgabc veranstaltete. Schreyvogel selbst 
unter seinem Pseudonym West hatte ebenfalls 
zu mehreren Jahrgängen seine charakteristischen 
Skizzen und Erzählungen beigetragen. Aber 
auch nicht österreichische, damals beliebte 
Dichter und Schriftsteller wusstc der Heraus- 
geber für die „Aglaja" zu gewinnen : so findet 
sich der nach Wien gekommene Zacharias 
Werner und neben ihm Michael Beer und 
Rückert mit seinen „Neuen östlichen Rosen" 
ein; der beliebte Friedrich Kind und Hclmine 
von Chezy, Luise Brachmann, Theodor Hell, 
E. Rochlitz, Leopold Schefer, zuletzt noch 
L. Kruse, wie man sieht, Namen von Schrift- 
stellern, welche damals zu den am meisten 
gelesenen gehörten, fehlten nicht. Von den 
Österreichern blieben J. G. Seidl, Jos. v. Ham- 
mer, der Orientalist, und Castelli getreue poe- 
tische Mitarbeiter Schrcyvogels bis zu dem letz- 
ten Jahrgange, der noch Gedichte enthielt. 
Es war dies jener für 1830. Der Sinn für 
Vers und Reim war bei dem grossen Publikum 
durch die Vorliebe für erzählende und novel- 
listische Dichtung herabgedrückt worden; die 
letzten Bändchen der „Aglaja", für 1831 und 
1832, enthielten nur noch ausschliesslich No- 
vellen und das Trauerspiel „Herr und Sklave" 



• Die Kupfcrplattcn ru diesen Blättern dürften sich noch in den Händen des Verlags- Nachfolgers Wallishauters 
befinden. Noch vor etwa 2$ Jahren waren Separatabrüge aller Blätter, welche Wallishauser später veranstaltet hatte, 
käuflich, und viele derselben sind heute noch erhältlich. 

1 Aug. Sauer in der trefflichen Einleitung zur 5. Ausgabe von Grillparzers sämtlichen Werken (Stuttgart, Cotta) 
Bd. I. S. »3 berichtet eingehend über diese für Grillparzer so misslich gewordene Angelegenheit. 



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308 



Schlossar, Taschenbücher nnd Almanache zo Anfang unsere» Jahrhunderts. 



von Zedlitz. Im Jahre 1832 starb Schreyvogel, 
und das Taschenbuch „Aglaja" hörte zu er- 
scheinen auf. Es hatte sich bis zuletzt seinen, 
man möchte sagen: klassischen Charakter be- 
wahrt. Inzwischen war durch die Zeitströ- 
mung das Bedürfnis nach dem kleinen Bänd- 
chen grösser geworden, und verschiedene 
Konkurrenzunternehmungen tauchten auf dem 
Wiener Platze empor, welche, in modernerem 
Geiste geleitet, der „Aglaja" den Rang streitig 
zu machen suchten, und von denen manche von 
Schriftstellern herausgegeben wurden, welche 
wir als langjährige Mitarbeiter der „Aglaja" 
kennen gelernt haben, wie die Folge dieser 
Darstellung zeigen wird. An litterarischem und 
künstlerischem Wert aber haben selbst die besten 
dieser Nachfolger ihr Vorbild nicht erreicht. 

Zunächst seien zwei solcher Taschenbücher 
angeführt, die zwar keinen besonderen künstle- 
rischen, auch minderen litterarischen Wert, wenig- 
stens in dem hier betrachteten Zeitraum haben, 



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1 IrniH.'vrvjJ«'!»'!» viui 
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brvJr,». Riedl» lt-<-t: 



Abb. 11. TilclbUtl der „Aurora" von l*JJ. 
Originalgroll«. 



die aber doch für das Wiener Leben und dessen 
Äusserungen charakteristisch zu nennen sind 
und überdies einen Bestand von mehreren Jahr- 
zehnten aufweisen können. Es sind dies die 
Almanache „Das Veilchen" und „Iduna". „Das 
Veilchen. Ein Taschenbuch für Freunde einer 
gemütlichen und erheiternden Lektüre" erschien 
bei Josef Riedl in Wien zuerst 1819 und wurde 
bis 1851 ununterbrochen fortgesetzt' 1823 
wurde es von dem einstigen Lehrer am There- 
sianum J. C. Unger, später von Franz Gräffer, 
seit 1828 von J. G. Seidl herausgegeben; es 
hatte ein ganz kleines Format (65 : 105 mm) 
und enthielt neben den Kalenderdaten eine 
Anzahl von Gedichten und kleinen Erzäh- 
lungen von wenig hervorragenden Verfassern, 
unter denen die genannten Herausgeber selbst, 
dann F. v. I Iermannsthal , Franz Rittler, Frei- 
herr v. Schlechta, später E. Fitzinger, J. A. 
Kaltenbrunner, Aug. Schmidt, E. Straube und 
J. N. Vogl etwa als die bedeutenderen her- 
vorgehoben werden können. Es wurden auch 
kleine Kupferstiche beigegeben, von denen 
die älteren nur geringen Wert besitzen, ob- 
gleich auch Josef Stöbcr als Stecher genannt 
ist; die späteren Jahrgänge in den dreissiger 
Jahren wiesen schon besser gestochene Blätter 
auf, zumeist von Ign. Krepp und S. Langer 
ausgeführt. Kein Jahrgang aber entbehrt die 
kolorierten kleinen Modekupfer, welche in Ver- 
bindung mit dem zierlichen Einband und der 
ganzen zarten Ausstattung — selbst ein Spiegel, 
welcher dem Bändchen stets eingefügt er- 
scheint, fehlt nicht — es deutlich zeigen, dass 
dieses Buch doch mehr als Toilettengeschenk 
und Neujahrsgabe für Damen bestimmt gewesen 
ist und die Herausgeber gar keinen Anspruch auf 
besonderen litterarischen Wert desselben legten. 
Als Verleger dieses Taschenbüchlcins finden 
wir lange Jahre hindurch keinen Buchhändler, 
sondern die Buchbindcrfirma Riedl in Wien 
genannt. 



< Leid« gelang es mir nicht, die ersten Jahrgänge 
des „Veilchen" (1819—1822) trotz allcrUmfragc bei vielen 
grossen österreichischen Bibliotheken aufzufinden, ebenso- 
wenig war es mir möglich, von der „Iduna" die ersten 
10 Jahrgänge (1821 — 30) zu erlangen. Über diese kann 
ich daher nur nach zeitgenössischen Mitteilungen berichten. 
Den Herren Ilibliothekaren und Privalsammlern wäre ich 
aber sehr dankbar, wenn sie die Güte hätten, mir, falls 
sie diese Jahrgänge besitzen, davon Mittheilung zu machen. 



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Schlosiar, Taschenbücher nnd 



Der Almanach „fduna" erschien 7.uerst bei 
Pfautsch in Wien für 182 r und wurde bis 
1858 fortgesetzt. Für ihn gilt Ähnliches wie 
für das „Veilchen". Er hatte dasselbe kleine 
Format, zuerst auch ziemlich bedeutungslose 
Kupferstiche und enthielt neben dem Kalenda- 
rium stets Modebildcr. Wer der Herausgeber 
der ersten Jahrgänge war, ist mir nicht bekannt 
geworden, vielleicht ebenfalls Franz Gräffer, der 
ja, wie es bei mehreren Schriftstellern jener 
Zeit der Fall gewesen, gleichzeitig einige sol- 
cher kleiner Taschenbücher redigierte. Spater, 
aber erst von 1840 ab, übernahm J. G. Scidl 
die Redaktion. Auch der Inhalt der „Iduna" 
bestand in kleinen Erzählungen, Skizzen, Sagen 
und Gedichten österreichischer Schriftsteller. 
Weiter ist über dies Taschenbuch nichts be- 
sonderes zu bemerken. 

Dagegen verdient ein von Castelli her- 
ausgegebenes Büchlein dieser Litteraturgattung 
mehr Aufmerksamkeit, nämlich der zuerst in 
Leipzig im Industrie - Komptoir erschienene 
Almanach „Huldigung den Frauen. Ein neues 
Taschenbuch von J. F. Castelli für das Jahr 
1823". Des Herausgebers Galanterie geht 
schon aus dem Titel hervor, wenn man auch 
nicht aus seinen, Ende seines Lebens ge- 
schriebenen „Memoiren" wüsste, dass er dem 
weiblichen Geschlechte stets eine ganz besondere 
Verehrung geweiht. Das Büchlein erschien zu- 
erst in kleinem, von 1827 an aber in etwas 
grosserem Format (Abb. 7) und ging vom ge- 
nannten Jahre ab in den Verlag von Tendier und 
Manstein in Wien über. Es wurde von seinem 
Gründer bis 1848 fortgerührt. Die Stürme des 
genannten Jahres, welche so vieles mit sich 
rissen, haben auch diesem littcrarischen Unter- 
nehmen ein Ende bereitet. Den Widmungen 
der einzelnen Jahrgänge des Taschenbuchs an 
verschiedene fürstliche Damen verdankt der 
Herausgeber, wie er in den mehrfach erwähnten 
„Memoiren" (IIL S. 108) sehr selbstgefällig be- 
merkt, „die schönsten Geschenke in Ringen, 
Medaillen" und anderen Schmuckgegenständen; 
„an Honorar hat es mir wenig eingetragen", 
fährt Castelli daselbst fort, „da eines Teils die 
Ausstattung dem Verleger grosse Kosten verur- 
sachte, andernteils ich auch selbst Tür die darin ent- 
haltenen Erzählungen Honorar bezahlen musste". 
Man kann aber dem Herausgeber die Aner- 
kennung widerfahren lassen, dass, wie sich dies 



ra Anfang unseres Jahrhunderts. 3°9 




Abb. 12. Titcllcupfcr der „Aurora" von 11*25. 
Origtnalg-rosae. 



schon früher bei „Selam" zeigte, er auch nach 
dem geänderten Zeitgeschmacke die Redaktion 
mit grossem Geschicke führte, so dass seine „1 Iul- 
digung" bald zu einem der beliebtesten öster- 
reichischen Almanache wurde und selbst weit über 
Wien hinaus grosse Verbreitung erlangte. Die 
ersten vier Jahrgänge, welche aus Baumgartners 
Industrie -Komptoir in Leipzig hervorgingen, 
waren allerdings noch etwas dürftig ausgestattet, 
aber schon in diesen wusste Castelli durch seine 
persönlichen Beziehungen eine reiche Zahl von 
bedeutenden Schriftstellern zu versammeln. 
So hat im ersten Jahrgange Grillparzcr das 
Gedicht „Incubus" beigetragen ; neben ihm 
erscheinen in den Jahrgängen für 1823 bis 
1826 Kuffner, Karolinc Pichler, J. G. Prätzel, 
Deinhardstein, Friedrich Rückert, Zedlitz, Jos. 
v. Hammer, C. G. v. Leitner, Helmine v. 
Chczy, J. G. Scidl, Clauren, K. E. Ebcrt, 
L. Jeitteles, Tromlitz, F. Haug, L. Reilstab als 
Mitarbeiter in Vers und Prosa. Man sieht, dass 
dies Namen von bestem Klange geworden oder 
auch damals schon gewesen sind und nicht 
nur Namen von Österreichern. Aber auch die 
Kupferstiche verdienen Beachtung. Kein Ge- 
ringerer als der noch junge Schnorr v. Carolsfeld 



Schlo«s»r, Taschenbücher und Almnnaehe »u Anfang unsere» Jahrhunderts. 



hat für die ersten Jahrgänge die Zeichnungen 
entworfen, welche von Joh. Passini, dem 
Schüler G. Mansfelds, und von L. Beyer, dem 
Schüler J. Schmutzers, gestochen worden sind. 
Die seit 1827 in Wien erschienenen Jahrgänge 
waren viel reichhaltiger und boten oft ganz 
vortreffliche Kunstblätter in Kupferstich, von 
denen die zahlreichen schönen Frauenbilder, 
beispielsweise jene von Mezlcr gezeichneten und 
von Krepp in Wien gestochenen des Jahrganges 
1833, hier namentlich angerührt seien (Abb. 8). 
Von österreichischen Kupferstechern dieser Zeit 
mögen als solche, die in der „Huldigung" durch 
Kunstblätter vertreten waren, die bestbekannten 
Namen Blasius Höfel, Kotterba, Kovatsch 
und Jung genannt werden. Von den littera- 
rischen und poetischen Mitarbeitern, auch der 
späteren Jahrgänge, zählen viele in der Folge 
zu den berühmtesten österreichischen Dichtern. 
So hat in den Jahrgängen 1827 — 1830 Alex. 
Graf v. Auersperg noch unter diesem Namen 
seine Lieder veröffentlicht, bevor das Pseudo- 
nym Anastasius Grün geschaffen und berühmt 
geworden war; neben ihm finden wir häufig 
Zedlitz und ausser den schon oben Genannten, 
die dem Herausgeber treu geblieben waren, 
noch Bauernfeld, J. N. Vogl, Gustav Schwab, 
J. Mayrhofen Tschabuschnigg, Dräxler-Manfrcd, 
L. A. Frankl, A. Frhr. v. Prokesch-Osten und 
viele andere hervorragende Namen. Seit 183 1 
erscheint fast regelmässig Anastasius Grün, 
dessen flammende Strophen der „Spaziergänge 
eines Wiener Poeten" schon erschienen waren, 
der sich aber in Österreich hütete zu bekennen, 
dass er mit dem früheren Grafen Auersperg 
identisch sei; denn die Zensur fahndete eifrig nach 
dem „Spaziergänger", welcher in einer seiner 
Strophen dem Volke Österreichs die ironisch be- 
scheidenen Worte in den Mund legte: „Dürfte 
ich wohl so frei sein, frei zu sein?" — eine Cur die 
damaligen Machthaber geradezu erschütternde 
Frage und Forderung. Das Taschenbuch „Hul- 
digung den Frauen" ist eine der bezeichnendsten 
litterarischen Erscheinungen des alten Wien, wie 
der I Ierausgeber desselben wohl die bekannteste 
und beliebteste Schriftstellcrgestalt der öster- 
reichischen Residenzstadt genannt werden kann 
und auch namentlich durch seine Beziehungen 
zu dem Schrifttum des Auslandes für die Hebung 
des geistigen Lebens in Österreich sich grosse 
Verdienste erworben hat. 



Von unbedeutenden Anfängen ausgehend 
hat sich der Almanach: „Der Freund des 
schönen Geschlechtes' 1 , welcher zuerst für 1823 
von Joseph Ritter von Seyfried herausgegeben 
bei Riedl in Wien erschien, bald auch einen 
bedeutenden Leserkreis erworben und in Öster- 
reich wenigstens weite Verbreitung erlangt. 
Seyfried, der Bruder des einst vielgenannten 
Komponisten Ignaz Ritter von Seyfried war 
Theaterdichter und Sekretär im Theater an 
der Wien und hatte schon als Redakteur 
des „Sammler" Geschick für die redaktionelle 
Führung bewiesen. Die ersten Jahrgänge des 
„Freund des schönen Geschlechtes" schienen 
in die Bahnen der „Veilchen", „Iduna" und 
ähnlicher Damennippes-Litteratur einlenken zu 
wollen; kolorierte Modekupfer, Kupferstiche 
zu dem Texte in mässiger Ausführung zierten 
das ebenfalls zuerst in kleinstem Format er- 
scheinende Büchlein (Abb. 9), welches einige 
kurze Erzählungen (z. B. von J. A. Gleich) und 
wenige Gedichte neben dem Kalendarium bot. 
Von 1825— 1827 tritt der vielseitig thätige 
Franz Gräffer als Herausgeber auf, und wir 
finden als Mitarbeiter unter anderen Johann 
Langer, Dräxler-Manfrcd, Carl v. Holtei, Emst 
Frhrn. v. Feuchtersieben, auch Seidl, Leitner 
und Graf Auersperg. Die Stiche von Langer, 
Jung und anderen Wiener Künstlern sind 
zumeist nach Originalen des zu jener Zeit für 
Taschenbücher vielbeschäftigten Perger herge- 
stellt. Von 1828 an übernahm die Redak- 
tion der beliebte Johann Gabriel Seidl, dem 
wir schon öfter als Herausgeber ähnlicher 
Taschenbücher begegnet sind und noch be- 
gegnen werden. Nächst Castelli erfreute sich 
Seidl — nebenbei bemerkt der Textdichter der 
heutigen österreichischen Volkshymne — in 
den Kreisen der Residenz, die sich mit Litteratur 
beschäftigten, schon zu jener Zeit der grössten 
Beliebtheit; er besass ebensoviel Gewandtheit 
der Form als Geschicklichkeit in der Erfindung ; 
das Jahre lang von ihm herausgegebene Taschen- 
buch „Der Freund des schönen Geschlechtes" 
enthält viele Beiträge aus seiner eigenen Feder 
in Vers und Prosa. Auch nachdem er eine 
Profcssur zu Cilli in Steiermark 1829 antrat 
und Wien für 1 1 Jahre verlassen musste, führte 
er den Almanach fort, als dessen Mitarbeiter 
sich auch später fast ausschliesslich Öster- 
reicher finden, wie Tschabuschnigg, A. Schurz 



Schlosw, Taichenboeher und Alraanache ru Anfang unteres Jahrhunderts. 



3» » 



(der Schwager Lenaus), L. A. Frankl, A. Kalten- 
brunner, M. Rappaport, J. N. Vogl, G. Fitzinger 
u. a. Die Kupferstiche der ersten von Scidl 
redigierten Jahrgange, zumeist nach Zeichnungen 
vonCleraentineRuss, rühren von Leybold, Krepp, 
Langer und anderen österreichischen Künstlern 
her, welche hier schon Öfter genannt wurden 
und die recht gute, wenn auch mitunter scha- 
blonenhafte Arbeiten lieferten (Abb. 10). 

Viel bedeutender in litterarischer und künst- 
lerischer Beziehung gestaltete sich ein anderes 
Taschenbuch, das unter dem Titel: „Aurora. 
Taschenbuch für das Jahr 1824. Schönen 
Empfindungen geweiht" gleichfalls bei Joh. 
Riedl in Wien erschien. Die Redaktion hatte 
bis 1827 wieder Frans; Gräffer inne, dem 
ebenfalls J. G. Seidl folgte. Letzterer leitete 
die Herausgabe von 1828 ab noch 25 Jahre lang 
mit Geschmack und Geschick. Als Verleger 
finden wir später Heinrich Buchholz in Wien. 
Das zuerst in kleinem Format auftretende 
Büchlein (Abb. 11) nimmt im Laufe der Zeit an 
Grösse und Reichtum des Inhalts zu, und ins- 
besondere war der novellistische Teil jedes Jahr- 
ganges unter Seidls Leitung sehr gut bestellt, 
überhaupt ist die „Aurora" jenes unter den 
verschiedenen von diesem Poeten redigierten 
Taschenbüchern, welchem er besondere Liebe 
und Aufmerksamkeit zuwandte, selbst noch in 
seinem spätem Alter, als die Zeit dieser Littc- 
raturgattung lange nicht mehr hold war.' 
Als Mitarbeiter in Vers und Prosa standen den 
Herausgebern die besten österreichischen Kräfte 
zur Seite: L. Haiirsch, F. X. Toldt, Graf Aucrs- 
perg, Castelli, C. E. Ebcrt, Ernst Frhr. v. Feuch- 
terslebcn; Scidl und Gräffer selbst sind schon 
in den ersten Jahrgängen vertreten. Von den 
Mitarbeitern der späteren Jahre findet sich im 
Jahrgange 1828 ein Gedicht „Jugendträume" von 
N. Nicmbsch, jenem Verfasser, der wenige 
Jahre später weltberühmt wurde unter dem 
Dichternamen Nikolaus Lenau. Ausserdem 
begegnet man den Namen aller irgendwie be- 
merkenswerten Österreicher auf schöngeistigem 



• Man vergleiche z. B. die Äusserungen Seidls über 
von mir mitgeteilt in der „Zeitschrift Tür Österreich. (Jymnasi 
Gabriel Seidl und Carl Gottfried R. v. Leitner". 



Gebiete: Leitncr, Tschabuschnigg, Bauemfeld, 
Vogl, Jeitteles, A. Schumacher, Braun v. Braun- 
thal, Erich v. Eyb, Frankl, Carlopago, Aug. 
Schmidt, denen sich auch mancher heute schon 
Vergessene anschliesst. Jüngere Talente tau- 
chen daneben immer wieder auf, und so ge- 
währt dieses Taschenbuch ähnlich wie die früher 
eingegangene „Aglaja" einen guten überblick 
des österreichischen poetischen Lebens durch 
etwa 30 Jahre. Seidl hat auch manche seiner 
dramatischen Dichtungen den Lesern darin 
geboten, so z. B. im Jahrgang 1833 das im 
Burgtheater seinerzeit vielgenannte dramatische 
Gedicht „Das erste Veilchen" und anderes. 
Die den Jahrgängen nach 1828 beigegebenen 
Kunstblätter sind zumeist gut, mitunter sogar 
vortrefflich ausgeführt; von den bekannten und 
hier schon öfter erwähnten Wiener Stechern 
beteiligten sich daran S. Langer, Krepp, Ko- 
vatsch, später auch der durch seine feine Art 
der Behandlung sich auszeichnende J. Ax- 
mann. Eine hübsche Idee wird von 1828 an 
in den Kupferstichen jedes Jahrganges durch- 
geführt: illustrierte Szenen aus dramatischen 
Werken österreichischer Dichter, namentlich 
Grillparzers; die von Perger gezeichneten Blätter 
sind trefflich komponiert und ausgeführt Auch 
einige Frauenköpfe von Enderzeigen die feinere 
Ausführung dieses bald bedeutend gewordenen 
Künstlers. 

Gleichzeitig mit der besprochenen „Aurora" 
erschien, von F. X. Toldt herausgegeben, ein 
Taschenbuch „Fortuna'' für 1824. Toldt, selbst 
ein überaus fruchtbarer Novellist und drama- 
tischer Schriftsteller, hat sich durch sein 1842 
im Josephstädtcr Theater zu Wien aufgeführtes 
Zauberspiel „Der Zauberschleier'' mit Musik 
von Titl, bekannt und populär gemacht; sein 
Name ist uns auch schon in anderen Alma- 
nachen begegnet. Der erste Jahrgang der 
„Fortuna" enthält auf dem zweiten Titel den 
Beisatz „Taschenbuch des K. K. priv. Joseph- 
städter Theaters" und als Inhalt neben Erzäh- 
lungen und Gedichten das Verzeichnis des 
Personalstandes jener Bühne und andere dieselbe 

die „Aurora" in dessen Briefen an C. G. R. v. I.citner, 
a", Jahrg. 1893 Wien, Gerold) in dem Auftaue: „Johann 



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312 Schlossar, Taschenbücher un<l Almanache iu Anfang unseres Jahrhundertl. 




Abb. ij. Cupido nach Ii. Sirani, gcM. Ton C Kolterba. 
Au» dem Tatchenbuch „Gedenke mein" für I0J7- 
Fatt Originalgrotte. 



betreffenden Angaben. Schon im 3. Jahr- 
gang fehlen diese Mitteilungen, und die „For- 
tuna" tritt als selbständiges Unternehmen 
(Verlag von Tendier & Manstein in Wien) auf. 
Was den Charakter dieses Taschenbuches in 
der Folge betrifft, so nahm der Herausgeber 
auf Novellen besondere Rücksicht; aber auch 
lyrische Gedichte, Balladen, Romanzen und ähn- 
liche Beiträge fehlen nicht. Gräffer, Seidl, Leitner, 
Graf Auerspcrg, Ilalirsch, Castelli, Deinhard- 
stein und andere der damals bestgenannten 
Österreicher sind unter den Mitarbeitern ver- 
treten, denen sich von auswärts 1 lelmine v. 
Chezy, Rückcrt und la Motte Fouqu6 zuge- 
sellen. Die den späteren Jahrgängen beige- 
gebenen Stiche von einigen recht hübschen 
Zeichnungen Deckers beziehen sich meist 
auf Sccncn aus den Erzählungen in diesem 
Taschenbuche, und treten uns als Stecher 
derselben die Namen Beyer, Winkler, M. Hof- 
mann, auch noch Blaschke entgegen. Toldt 
führte das Taschenbuch bis zu seinem 1844 
erfolgten Tode, also eine lange Reihe von 



Jahren hindurch fort und hat in ihm eine 
Ubersicht der österreichischen Erzähler ge- 
boten, die für den Literarhistoriker jener Zeit 
von nicht zu unterschätzendem Werte ist. 



Noch ist einiger anderer Taschenbuchunter- 
nchmungen zu gedenken, deren anfängliches Er- 
scheinen in das Ende des dritten Decenniums 
unseres Jahrhunderts oder wenig darüber hinaus 
fällt Dieselben haben sich durch jahrelanges 
Bestehen oder auch durch ihre besonders 
schöne Ausstattung das Recht erworben, hier 
nicht übergangen zu werden. Freilich hatte 
nach den dreissiger Jahren das eigentliche 
Taschenbuchwesen im Sinne des früheren Zeit- 
geschmackes so ziemlich sein Ende erreicht. 
Die Fortschritte der Technik auf dem Gebiete 
des Buchdrucks, der Buchausstattung und des 
Stiches lassen diese späteren Almanachc ab 
ganz elegante Verlagsunternehmungen hervor- 
treten, zu denen sich so manche der bisher be- 
sprochenen Almanache im Laufe der Zeit 
erst mühsam gestalten mussten. 

Eines dieser Taschenbücher ist das „Gedenke 
Mein", dessen erster Jahrgang für 1832 in Wien 
bei Pfautsch erschien. In diesem Verlage 
wurde das Buch 26 Jahre herausgegeben. 
Wer der eigentliche Redakteur des „Gedenke 
Mein" war, ist mir nicht bekannt ; vielleicht war 
es auch diesmal J. G. Seidl, (der bis in die fünf- 
ziger Jahre mit Beiträgen darin erscheint), doch 
wage ich dies nicht bestimmt zu entscheiden. 
Es können für unsere Darstellung nur die ersten 
Jahrgänge dieses in littcrarischcr wie in künst- 
lerischer Hinsicht überaus bemerkenswerten 
Taschenbuches in Frage kommen, aber diese 
verdienen dafür auch volle Beachtung. Die 
meisten Kupferstiche sind nach Zeichnungen 
Weigls von C. Kotterba gestochen (Abb. 13), 
dessen ideale Frauenköpfe „voll Leben und 
Wahrheit" ganz besondre Aufmerksamkeit ver- 
dienen, so namentlich die Frauenbilder im Jahr- 
gange 1833. Sehr zierlich erscheinen auch die 
gestochenen Widmungsblättcr, nicht selten mit 
ebenfalls im Stich ausgeführten Gedichten (Abb. 
14). In späteren Jahrgängen finden sich — 
wie hier beiläufig bemerkt sei — auch wolü- 
getrotTenc Porträts österreichischer Dichter 
(Bauernfeld, Ebcrt, Vogl, Zedlitz, Castelli etc.) 



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3'3 



und von Erzählern neben vielen 
anderen Tschabuschnigg, A. Schu- 
macher, Braunthal, Kuffner, Castelli, 
von lyrischen und epischen Dichtern 
ausser diesen die Namen Dräxler- 
Manfredt, J. v. Hammer, Carlopago, 
L. A. Frankl; später sind auch 
ausserösterreichische Poeten wie K. 
v. Holtci, GusL Pfizer, Rückert, Hoff- 
mann v. Fallersleben durch Beiträge 
vertreten. Der geschmackvollen 
Auswahl in Text und Bild verdankt 
dieser Alm. mach die grosse Beliebt- 
heit, welche ihm durch so lange 
Jahre zu Teil geworden ist. 

Das nächste, ebenfalls in ein 
schönes Gewand gekleidete und 
vortrefflich geleitete Taschenbuch 
dieser späteren Periode ist „Vesta. 
Kleine Halle für deutsche Kunst unJ 
Litteratur", von dem für 1831 bis 
1 836 sechs Jahrgänge durch August 
Rodert herausgegeben wurden. Als 
Verleger zeichnet Franz Ludwig in 
Wien ; es dürfte aber Rockert selbst 
die Hauptkosten getragen haben. 
Rockert (geb. 1775, f 1855) war 
nicht nur poetisch thätig, sondern 
auch ein feiner Kunstkenner und so 
manche in der „Vesta" gut gestochen 
wiedergegebenen Originalgemäldc 
befanden sich in seinem Besitz. 
Die Originale dieser Stiche rühren 
meist von modernen österreichischen 
Malern her, wie Knder, Rieder, 
Feudi, Gauermann, Waldmüller u. a. m. Als 
Stecher treten uns neben andern J. Passini und 
der mit besonderem Kunstgefuhl begabte J. 
Axmann entgegen. Von litterarischen Beiträgen 
sind Gedichte, Erzählungen und auch kleinere 
dramatische Stücke in der „Vesta" enthalten. 
So insbesondere einige der ersten Lustspiele von 
Bauernfeld, Novellen von Leitner, L. Haiirsch, 
A. Schumacher, ausserdem Gedichte von Her- 
mannsthal, Vogl, Seidl. Namentlich aber finden 
wir seit dem Beginne auch Grillparzer wieder 
unter den Poeten dieses Taschenbuchs, welcher 
im Jahrgange 1835 seinen Cyclus „Tristia ex 
Ponto" abdrucken liess, eine Veröffentlichung, 
die gewissermassen einen Wendepunkt in seinem 
Leben und in seiner trüben Weltanschauung 

z. f. B. 1899/1900. 




Abb. I). Gexotticnc» W.drau»£tb!att am dem T»t:hcubui.h 
für OriginalgTöss«. 



.Gedenke mein" 



bedeutete. Noch sei angeführt, dass für den 
Jahrgang 1834 Platens Epos „Die Abassiden" 
vom Herausgeber gewonnen wurde, und es 
dürfte auch die Mitteilung nicht ohne Interesse 
erscheinen, dass der Dichter für diesen Beitrag 
ein Honorar von 100 Dukaten erhielt. 

Zuletzt sei das von % N. Vogl herausgege- 
bene Taschenbuch „Frauenlob'' erwähnt, das 
von 1836 ab einige Jahre hindurch erschienen 
ist und, da der erste Jahrgang die Bezeichnung: 
„Auf Kosten des Herausgebers der Vesta" 
(Rockert?) auf dem Titel trägt, wohl als eine 
Fortsetzung der „Vesta" gelten kann. Gedruckt 
wurde auch dieser Almanach bei Franz Ludwig 
in Wien. Er bot neben hübschen Stichen, 
nach Zeichnungen von Stcinrukcr, Mezler und 

45 



314 



Schlosiar, Taschenbucher und Almanache iu Anfang 



Jahrhunderts. 



Heicke, gestochen von Beyer, Jung, Passini u. a., 
einen schätzenswerten litterarischen Inhalt; No- 
vellen, Sagen und ähnliche Prosastücke von 
Vogl selbst, von Seidl, K. G. Leitner, Aug. v. 
Schmidt und manchen andern Schriftstellern, 
denen wir schon öfter begegnet sind. Die 
eigentliche Zeit der Almanache ist damit für 
Österreich und Wien vorüber; kein nennens- 
wertes Unternehmen wurde mehr neu begrün- 
det, nur die älteren eingelebten wurden noch 
eine Reihe von Jahren hindurch fortgeführt, 
wohl hauptsächlich der geschätzten Namen 
ihrer Herausgeber wegen und weil die frühere 
Beliebtheit derselben nachhielt. 

Wir wenden uns zum Schlüsse noch dem 
Gebiete der Schweiz zu, welche ja in so 
mannigfaltige Beziehungen zum litterarischen 
Leben Deutschlands schon seit der Mitte 
des XVIII. Jahrhunderts getreten war. Dass 
auf dem Schweizer Boden, soweit er deutsch 
war, sich keine grosse Entfaltung der Alma- 
nachlitteratur bilden konnte, ist leicht er- 
klärlich Von 1800 an erschien ein „Helve- 
tischer Almanaclr in Zürich bei Orell und 
brachte es auf 23 Jahrgänge. Dieser enthielt 
aber, einige Gedichte in späterer Zeit aus- 
genommen, keine belletristischen Beiträge; er 
wandte sich vielmehr der Geschichte, Volks- 
und Landeskunde der Schweiz zu und bringt 
in dieser Beziehung ein reiches, durch gute 
Kupferstiche illustriertes Material. Dagegen gab 
Joh. Rud. Uyss, genannt der Jüngere, welcher 
als Professor und Oberbibliothekar an der Aka- 
demie zu Bern wirkte und 1830 starb, im 
Verein mit G. J. Kuhn, Meisner und andern 
die „Alpenrosen, ein Schweizer Almanach auf 
das Jahr 1811" heraus (Bern, Burgdorfer, und 
von 1831 ab bei J. J. Christen in Aarau), der 
bis in die fünfziger Jahre erschien und eine 
hübsche Übersicht der Schweizer Dichtung in 
Vers und Prosa, aber auch so manches über 
Land und Leute, Sage, Volkslied und Dialekt 
bietet. Schon in der Vorrede zum ersten Jahr- 
gang sagen die Herausgeber: „Wir haben uns 
vorgenommen, alles was wir geben, auf die 
Schweiz zu beziehen, entweder durch seinen 
Inhalt oder durch seinen Urheber. Unsre Ge- 
hilfen sind vorzugsweise Schweizer in Poesie 
und Prosa, in Zeichnung und Kupferstich". In 
diesem Sinne sind auch thatsächlich alle Jahr- 
gänge des hübsch ausgestatteten Almanachs 



durchgeführt worden und machen daher einen 
einheitlichen Eindruck. Neben Wyss erscheinen 
als Herausgeber der „Alpenrosen" auch der 1825 
in Bern als Professor der Naturgeschichte ver- 
storbene K. F. A. Meisner und der durch seine 
volkstümlichen Dialektdichtungen bekannte G. 
J. Kuhn (f 1849). Alle drei boten in den 
ersten Jahrgängen schöne Beiträge, namentlich 
Kuhn zahlreiche Volkslieder und Dialektstücke. 
Wyss, der Verfasser des „schweizerischen 
Robinson" (der 181 2 und 1813 erschienen ist), 
liefert gleich im ersten Jahrgange ein Fragment 
seiner „schweizerischen Robinsonade" und ist 
weiterhin durch zahlreiche Gedichte vertreten. 
A. W. Schlegel veröffentlicht in den Jahrgängen 
1812 und 1813 „Umrisse" seiner Reise durch 
die Schweiz; in der Folge erscheinen J. Ch. 
v. Salis-Seewis, sowie auch dessen weniger 
bekannter jüngster Bruder Joh. Ulrich Diet. 
v. Salis, der 1817 starb, als poetische Mit- 
arbeiter; 1821 finden wir Beiträge von Matthisson, 
später von C. Baggesen, Ferd. Huber, J. M. 
Usteri, G. Schütz, A. E. Fröhlich und auch aus 
den angrenzenden Landesgebieten von Gustav 
Schwab, W.Waiblinger, sowie von andern, nicht 
der Schweiz angehörigen Dichtern, z. B. La 
Motte Fouquc - und Dräxler-Manfred. Einige 
Bände enthalten litterarische Reliquien, na- 
mentlich an Briefen von Schiller, Stolberg, 
Lavater und Jean Paul. 

Was den bildlichen Schmuck der „Alpen- 
rosen" betrifft, der auch nicht fehlte, so wurden 
in den beigegebenen Stichen, getreu dem Pro- 
gramm der Herausgeber, die besten zeitgenös- 
sischen Schweizer Künstler vorgeführt; nament- 
lich verdient hervorgehoben zu werden der 
sowohl als Dichter wie als Maler gleich aus- 
gezeichnete Verfasser des bekannten Liedes 
„Freut Euch des Lebens": J. M. Usteri, nach 
dessen hübschen Landschafts- und andern 
Gemätden mancher gute Stich von Franz Hegi 
ausgeführt erscheint. Der erste Jahrgang 181 1 
enthält in Umrissen gestochen das grosse 
Historienbild „Der Abschied des Bruders 
Nikiaus von der Flüe" des berühmten Berner 
Künstlers G.Volmar (1770— 183 1), von welchem 
Maler auch in der Folge sich Gemälde in dem 
Almanache wiedergegeben finden; für die 
ersten Jahrgänge hat häufig Franz König hüb- 
sche Stiche geliefert; Öfter finden wir Schweizer 
Landschaftsbilder oder solche aus der Schweizer 



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SchweUchlce, Novae epistolae obscurorum virorum etc. 



315 



Geschichte. Später treffen wir unter den Kupfer- 
stechern die Namen J. Lips, dem Goethe be- 
kanntlich besondere Aufmerksamkeit zuwendete, 
ferner Esslingcr, Burgdorfer, Gcissler, Erhard, 
Rahn, Buser u. a, von Zeichnern: Freuden- 
berger, Fegeli, J. Meyer, Disteli, L. Vogel etc. 
Kurz, auch in künstlerischer Beziehung werden 
die „Alpenrosen" ihrem Vaterlandc und den 
heimischen Talenten in jeder Beziehung ge- 
recht. Der Almanach erhielt später ein mehr 
modernes Gewand, namentlich seit 1836, von 
welcher Zeit an A. E. Fröhlich, H. W. 
Wackernagel und K. R. Hagenbach die weitere 
Herausgabe besorgten. Diese Andeutung, 
welche ja auch schon eine Zeitperiode be- 
trifft, die eigentlich ausserhalb unserer Be- 
trachtung liegt, möge den Abschluss unserer 



Darstellung über die Almanache und Taschen- 
bücher bilden. 

Es drängt den Verfasser dieser Zeilen, noch 
darauf hinzuweisen, dass in dem sonst so schätz- 
baren „Grundrisse zur Geschichte der deutschen 
Dichtung von Karl Gocdcke", III. Bd., in wel- 
chem die Almanachlitteratur behandelt ist, ins- 
besondere über jene Taschenbücher, welche 
der Schweiz oder Österreich angehören, manche 
unveriasslichc und ungenaue Angaben enthalten 
sind, was freilich mit der schweren Erreich- 
barkeit dieser oft unendlich seltenen Bändchen 
zusammenhangt. Die Neuauflage des „Grund- 
risses" von Goedeke, welche in so vortrefflichen 
Händen ruht, wird hoffentlich auch in dieser 
Beziehung unsere bibliographische Kenntnis 
der Taschenbücher zu bereichern suchen. 



Novae epistolae obscurorum virorum. 

Eine klassische Spottschrift aus der Zeit der Frankfurter Nationalversammlung. 



Von 



Dr. Eugen Schwetschke in Heidelberg. 



«u HeSt VII.) 




(ach der humoristischen Drastik dieses 
Briefes versetzen uns die letzten beiden 
vom Boden des „allgemein Mensch- 
lichen" wieder auf den der Frankfurter Partei- 
kämpfe zurück. Hugo WesenJonck, Advokat 
aus Düsseldorf (Hugo Schnickschnackius JCtus 
Rhenanus), klagt in tragikomischer Weise über 
den unerwarteten Abfall des Abgeordneten 
„Piepmeyer" von der heiligen demokratischen 
Sache. War es doch Piepmeyer, den die Partei 
schon als würdigen Ersatzmann des teuern Rüge 
im Geiste an ihrer Spitze gesehen hatte! Nun 
mussten sie ihm ein Coenotaphium errichten, 
und sie sangen vor diesem das Trauerlied, das 
der berühmte Dichter der Partei, illc Apollo 
barbatus (Moritz Hartmann), vertagst hatte, mit 
dem Schluss: 

Decessit <|uondam Rugius, 
Nunc sequitur Piepmeyerus. 
Hodie tibi, mihi cras. 
O vanitatum vanitas! 



Piepmeyer aber war keine bestimmte Persön- 
lichkeit, sondern der durch eine Reihe ge- 
lungener Bilder von Ad. Schrödter verspottete 
Typus eines sogen, gesinnungstüchtigen, aber 
eitlen und beschränkten Abgeordneten. Wesen- 
donck ging bald nach Amerika, wo er die 
Germania - Lebensversicherungsgesellschaft in 
New- York mit ihrer Zweiganstalt in Berlin be- 
gründete. Er ist wohl der einzige noch lebende 
Briefschreiber der Epistolae. Im vorigen Jahre 
gab er vom demokratischen Standpunkt aus 
interessante und massvolle persönliche „Er- 
innerungen aus dem Jahre 1848" mit dem 
Druckorte New- York heraus. Er nennt darin 
sich und „all die anderen Rheinufer-Advokaten 
doch im Grunde nur ephemere Agitatoren." 
Uber Rüge schreibt er nichts, als nach Er- 
wähnung Fröbels die Worte: „Er war ein Ge- 
lehrter und ein Radikaler, wie Arnold Rüge, 
der auch zum Donnersberg" (radikalster Klub) 
„hielt." Diese seine „Erinnerungen" schliesst 



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3i6 



Schwetschke, Novae epistoUe obscurorum virorura etc. 



W. (olim Schnickschnackius) mit dem grossen, 
auf das Misslingen auch anderer Sachen an- 
wendbaren Wort: „Niemand wird leugnen, dass 
das erste deutsche Parlament . . . nur deshalb 
elend zu Grunde ging, weil es entweder zu 
weit oder nicht weit genug ging." Schnick- 
schnackius ist sich offenbar als ,.ein demokra- 
tischer Wortheld vom reinsten, aber wohl eben 
nicht sehr tiefen Wasser" treu geblieben. — 
Der letzte der Briefe wird dem Sammelbegriff 
Saxo Dialecticus, dem sprecligewandten oder 
raisonnierlustigen Sachsen, untergeschoben, 
deren mehrere als eifrige Demokraten mit ent- 
sprechender Beredsamkeit in Frankfurt erschie- 
nen waren. Unter ihnen hervorragend der 
Advokat Schaffrat/i, spater Präsident der säch- 
sischen Zweiten Kammer, der ..sich häufig nur 
in Formalien, namentlich der Geschäftsordnung 
bewegte." Er bietet Rüge, der Selbstverleger 
war, den Verlag seiner Schrift an. gewisser- 
massen des Kraftauszuges des demokratischen 
Geistes: gemma gemmarum demoeratica oder 
die Kunst, in vienmdzwanzig Stunden demo- 
kratischer Redner zu werden. Als Probe seines 
Leitfadens, der ein Hauptgewicht auf die rich- 
tigen demokratischen Kraftausdrückc lege, nam 
minus sensu, quam sonitu verborum animi 
populi capiuntur et tenentur, teilt er einige in 
jeder Normalrcde mit sicherer Wirkung anzu- 
bringende Wendungen mit, wie: Polizeistaat, 
ruhige Bürger, wehrlose Frauen und Kinder, 
vertierte Söldlinge, nicdcrkartätschcn, Feuer- 
schlünde, Säbelregiment, unter dem Schutze 
der Bajonette beraten u. s. w., und seine köst- 
lichen Übersetzungen ins Latein: cives quieti. 
inermes feminac et infantes, mercenarii bestiati, 
globulis ferreis e tormentis ejectis prosterncre 
aliquem, regimen gladii curvi etc. etc. Hierin 
sieht er die excelsitudo et suavitas demoeratiae 
und endet mit dem feierlichen Anruf an Rüge : 
Tu, vir magne, hoc intelligis, tu eris fidelis 
semper socius labonim malorumque nostrorum. 
— So schliesst diese Sammlung heiterer huma- 
nistischer Fchdebriefe gegen eine vielfach sehr 
wüste, das deutsche Verfassungs- und Einigungs- 
werk hartnäckig bekämpfende Phantastenpolitik, 
wenn auch nicht zu leugnen ist, dass die Real- 
politik der andern Seite vielfach ebenfalls sehr 
schwer m verdauen war. 

Fast alle jetzt noch lebenden alten Frank- 
furter, Johannes Proelss zählt sie in tler Garten- 



laube 1898, Nr. 19 auf, bewahren noch heute 
dem Schriftchen ein mehr oder weniger 
lebhaftes Gedächtnis. Dies beweisen folgende 
von mir, als einem Sohn des Verfassers, 
besonders dankbar empfangene Äusserungen, 
die jene auf meine Frage nach ihren et- 
waigen Erinnerungen als zeitgeschichtliche 
Zeugnisse mir freundlichst zukommen Hessen. 
Der Abdruck derselben möge zugleich als 
Zeichen der Achtung vor den Veteranen der 
deutschen Sache gelten. Der Geschichtschreiber 
Prof. Karl Biedermann in Leipzig, der alte 
Vorkämpfer der preussischen Führung in 
Deutschland, in verschiedenen Stellungen um 
das Parlament, wie um seine Geschichte hoch- 
verdient, auch Mitglied der Kaiserdeputation 
an Friedrich Wilhelm IV., spricht von dem 
„lebhaften Interesse, welches in der ganzen ge- 
mässigten Partei des Parlaments die prächtigen 
N. e. o. v. erregten, dieses so bedeutende 
humoristische Dichtwerk, das so wuchtige 
Keulenschläge gegen die Linke führte." Der 
Dichter der Nibelungen und damalige Reichs- 
ministerialrat Dr. Wilh. Jordan in Frankfurt 
schreibt von den „berühmten Episteln" und 
dem „köstlichen Latein- Humor" ihres Verfassers, 
Prof. Dr. H. D. Backhaus, Geh. Reg.-Rat in 
Görlitz „erquickte sich s. Z. herzlich an dem 
packenden Humor" und Ad. Schultze, Wirkl. 
Geh. Finanzrat a. D. in Freiburg i. B. „bewahrt 
das Andenken an eine Lektüre, welche in den 
1848—49 sehr ernsten Tagen auf verhältnis- 
mässig längere Dauer allgemeine Heiterkeit 
hervorrief." Prof. Dr. Sepp in München, der 
trefTliche deutsche Patriot, dem wir 1870 die 
schnelle Zustimmung der bayrischen Kammer 
zu dem Kriege gegen Frankreich verdankten, 
schreibt u. a. : „Ich danke Ihnen für Ihre freund- 
liche Zuschrift. Sie erweckt mir neuerdings die 
Erinnerung an die Zeit vor fünfzig Jahren, wo 
ich mit den ersten Männern der Nation zu- 
sammen zu tagen die Ehre hatte. Darunter 
nahm Ihr I lerr Vater eine eigentümliche Stellung 
ein. Er brachte nicht bloss Humor in die 
leidenschaftlichen Verhandlungen, sondern hat 
mit seinem Sarkasmus und ncuklassischem Latein 
der äussersten Linken mehr geschadet als mit 
ernsthaften Reden, denn er hatte die Lacher 
auf seiner Seite, ja, einen Wiesner aus Wien 
(Pratensis) hat er förmlich zu Grunde gerichtet." 
Auch der Kammer- Präsident a. D. Schorn in 



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SchweUchke, Novae qiutolac obuororum viromm rtc. 



3»7 



Bonn erinnert sich „sehr wohl des Aufsehens, 
was die Nov. epp. damals machten." Ähnlich 
der Geh. Kommerzienrat G. v. Mcvissen in 
Köln (f 13. 8. 1899). Mein liebenswürdiger und 
geistesfrischer Lehrer und Freund, Prof. Rudolf 
Haym in Halle, als einer der Jüngsten ein 
Schriftführer, dann auch ein Geschichtschreiber 
des Parlamentes, fügt seinem gleich anfangs 
angerührten Urteil brieflich noch die scherz- 
hafte Erinnerung hinzu, dass „das so meister- 
haft vom Verfasser gehandhabte Latein an- 
steckend wirkte. In einem Kegelklub, in dem 
sich unter anderen auch Schräder" (jetzt Kurator 
der Universität Halle), „Marine-Jordan und der 
Journalist Robert Heller befanden, wurden wir 
nicht müde, uns in dem Dialekt zu üben und 
den Humor desselben zu erproben." Leider 
bedauerte der 88jährige Nestor der Frankfurter 
Veteranen, v. Simson in Berlin (seitdem f ), „auf- 
richtig, den ausgesprochenen Wunsch nach 
Mitteilung genauerer Erinnerungen" nicht er- 
füllen zu können, „da sein Gedächtnis bei seinen 
hohen Jahren dazu nicht mehr ausreicht." Ebenso 
der Zweitälteste, der 87jährige Dcutsch-Öst- 
reicher Dr. August Prinzinger in Salzburg, der 
sich nur „noch recht wohl der liebenswürdigen 
Eigenschaften" des „von allen Parlamcntsgc- 
nossen hochgeachteten" Verfassers erinnert. 
Der ebenerwähnte Geh. Rat Schräder in Halle 
„entsinnt sich des Momentes, wo der Verfasser 
ihm in der Sitzung eines der eben fertig ge- 
wordenen Exemplare" der erwähnten ersten 
kleinen Privatausgabe „in die Hand gedrückt." 
Soviel hier von der Wirkung der Episteln auf 
ihre Freunde im Parlament. 

Über das litterarischc Verhalten der durch 
sie betroffenen Linken schreibt Haym a.a.O.: 
„Diese fühlte die Stacheln tiefer als ein paar 
Bassermannsche Reden; aber sich zu rächen, 
ist ihr nur unvollkommen geglückt. Abgesehen 
von einigen gelungenen Poesien in der Reichs- 
tagszeitung ist uns von dieser Seite nur die 
,Reimchronik des Pfaffen Mauritius' (Moritz 
Hartmann) zu Gesichte gekommen. Aber deren 
Humor lag hauptsächlich nur in den Reimen." 
Doch schweiften als bestes Zeugnis für die 
souveräne Wirkung der vis comica auch von 
gegnerischer Seite lächelnd verständnisvolle 
Blicke zu dem bekannt gewordenen Dichter 
hinüber. 

Zur Kennzeichnung der nach aussen hin 



ebenfalb gewaltigen Wirkung der neuen Dunkcl- 
männerbriefe sei erwähnt, dass in wenigen 
Monaten acht Auflagen nötig wurden und eine 
Menge Beifallsschreibcn dem Verfasser zu- 
gingen, von denen die eigenartigsten sein möch- 
ten: der wärmste Dank der Gattin eines hohen 
bayerischen Staatsbeamten, der durch die 48 er 
Märzereignisse in die bedenklichste hypochon- 
drische Stimmung geraten, durch das Lesen 
der Briefe in seiner- Gesundheit jedoch voll- 
kommen wiederhergestellt war, — und ferner 
die Kunde von der Huldigung, die wiederum 
dem Briefe von Adolphus Pratensis zu Teil 
geworden war, indem ihn ein des Latein kun- 
diger Zögling Rothschilds in dessen Abwesen- 
heit im Kontor dem versammelten Geschäfts- 
pcrsonal verdeutscht und dadurch die geheiligte 
ernste Finanzstatte auf einen ganzen Vormittag 
in einen tumultarischen Heiterkeitsaufruhr ver- 
setzt hatte.— 

Alsbald erschienen als auf die Episteln be- 
zügliche Veröffentlichungen eine deutsche 
Wiedergabe in der Reimweise der Jobsiadc von 
einem jungen Frankfurter Juristen. Dr. F. Lucae, 
und als indirekte Gegenschrift eine lateinische 
Briefsammlung hauptsächlich gegen die Rechte 
der preussischen Nationalversammlung von 
Prof. Jacob in Lübeck (in 3. Aufl. 1849). Ferner 
wurden dem Verfasser handschriftliche Epistolae 
responsoriae Arnoldi Rugii zugeschickt, beide 
abgedruckt in dem Sammclwerkchen: Novae 
Epistolae virorum obscurorum saec. XIX. con- 
scriptae 1860 (Herausgeber G. Schwctschke). 

Doch nachdem wir andeutend uns an dem 
goldenen Humor des Werkchens erfreut, das 
für Kenner in fast unverminderter Frische in 
diesem Jahre sein goldnes Jubiläums- und 
Ehrenfest feierte, so ist es nun wohl an der 
Zeit, auch dankbar seines Meisters zu gedenken. 
Es war der Abgeordnete für Sangerhausen- 
Querfurt, Dr. Gustav Schwctschke in Halle, der 
gelehrte Dichter und Schriftsteller, Buchhändler 
und Buchdruckereibesitzer aus älterer ange- 
sehener Familie, der schon in der Vereinigung 
dieser verschiedenen Eigenschaften an Er- 
scheinungen des humanistischen Zeitalters er- 
innert. Schwetschke war, als er an die Schöpfung 
seines lateinischen Mcisterwerkchens herantrat, 
den alten Dunkelmännerbriefen gegenüber kein 
Neuling. Zu Ehren des würdigen theologischen 
Rationalisten Prof. Wegscheider in Halle hatte 



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3i8 



Schwetschke, Novae epistolae obscurorum virorum etc. 



er 1846 als einer der „Protestantischen (Licht-) 
Freunde", nachdem Stahl in Preussen die Um- 
kehr der Wissenschaft, d. h. die Beugung der 
Vernunft unter den Glauben forderte, ein la- 
teinisches satirisches Gedicht verfasst: Carmen 
de Ratione malefica (d. i. von der Hexe Ver- 
nunft), in dem er den Magister Ortuinus Gratius 
von Köln, eben der Hauptempfänger der alten 
Dunkelmänner- Episteln, Wiederaufleben liess; 
und aus der Zeit der Gefangensetzung des 
Kölner Erzbischofs Clemens August und der 
Verfassungsaufhebung des hannoverschen 
Königs Ernst August stammte schon seine 
Epistola lamentatoria Clementis Augusti ad 
Sevcrum Augustum (beides in seinen „Gedichte 
eines protestantischen Freundes" 1847 erschie- 
nen). Wie er in Frankfurt wieder auf die alten 
Dunkelmännerbriefe kam und sie nachahmte, 
um durch Versenkung in andere Geistesgenüsse 
seine „Seele von dem Jammer" zu befreien, „mit 
dem sie namentlich die stets wiederkehrende 
demokratische Phraseologie erfüllte", erzählt er in 
seiner wertvollen fünfundzwanzigjährigen .Jubi- 
läums-Ausgabe der Novae Epistolae obscurorum 
virorum. Zum ersten Male mit Erläuterungen 
versehen.'" Erst durch die geschichtlichen 
Erläuterungen dieser Ausgabe, die im Vorher- 
gehenden öfter benutzt worden sind, wurde es 
uns NichtZeitgenossen ermöglicht, die Briefe 
mit vollem Genuss und Verständnis zu lesen. 

Aus der zugleich mitgeteilten Entstehungs- 
geschichte des Werkchcns ist zu ersehen, dass 
die im Anfang Februar 1849 hergestellte erste 
und vom Verfasser an Freunde und Parlaments- 
genossen verteilte Privat- Ausgabe auf der 
Rückseite des Titelblattes den bibliophilen 
Vermerk trug: 'XXXVIII EXEMPLA SUNT 
EXCUSA' — , eine Anspielung auf die damalige 
Zahl der deutschen Bundesstaaten. Auch die 
Empfänger jener ersten 38 Exemplare werden 
vom Verfasser fast vollzählig genannt. — 

Zwischen den 1849er Episteln und dieser 
ihrer Jubiläums-Ausgabc liegt aber noch eine 
Anzahl weiterer Lateinbriefe Gustav Schwetsch- 
kes, die hier erwähnt seien, um diese eigen- 
artige Seite seines Schaltens im Zusammenhange 
zu überblicken. Da darf zuerst als Nachklang 
zu seinen Frankfurter Episteln der allerliebste 
gemütvolle Trostbrief nicht vergessen werden: 



' Neue mit einem Anhange vermehrte Ausgabe 



Epistola consolatoria ad Ottonem Nasemannum, 
den er als „Lucilius ab Uva" d. h. vom Gast- 
haus zur „Weintraube" in Giebichenstein-Halle, 
damals beliebt für patriotische Versammlungen, 
jetzt Villa des Kommerzienrats Bethcke — an 
den in mutigem Kampfe für Schleswig-Holstein 
durch den Verlust eines Beines schwer ver- 
wundeten wackeren Gymnasiallehrer Dr. Otto 
Nasemann, spätem Direktor des Hallischen 
Stadtgymnasiums, im Januar 185 1 von Halle 
aus richtete. Er verficht darin echt humoristisch 
den Satz: „neque necessarium esse, neque 
honestum, duos habere pedes." Darauf hatte 
ihn der Beifall, den seine Novae epistolae ob- 
scurorum virorum gefunden, zur Abfassung 
eines Seitenstückes zu diesen veranlasst, das im 
März 1855 ebenfalls namenlos gegen die re- 
aktionäre Rechte des preussischen Landtages 
erschien: Novae Epistolae clarorum virorum 
(Titel Nachahmung von ReuchlinsBricfsammlung 
von 15 14) ad dominum de Mixta-Colanda in 
cathedram dulcc desipientem et in loco missae. 
Doch war das dreimal aufgelegte Schriftchen, 
wie Schwetschke selbst schreibt, von ungleich 
geringerer Bedeutung und Wirkung, als das 
Frankfurter. Nur ein Brief ist von besonderem 
geschichtlichen und psychologischen Interesse für 
den späteren begeisterten Bismarck- Dichter 
Gustav Schwetschke: es ist der, den er damals 
dem „feudalen" Abgeordneten Pisguarkius eques 
in die Feder legte. — Im gleichen Jahre schrieb 
er den Aufsatz: „Über das Alter des volumen 
tertium der Epistolae obscurorum virorum." 
Selbstschöpferisch auf diesem Gebiet trat er 
dann zum letzten Male im Dezember 1859 hervor 
mit: Antonioli viri ementis e^pistola ad dominum 
Laquerimoniarium virum et scriptorem ob- 
scurum de papa et congressu, einem brieflichen 
Erguss des päpstlichen Sekretärs Kardinal 
Antonelli an den kaiserlich französischen Bro- 
chürenschreiber Lagueronniere, den Verfasser 
der Schrift „Du Pape et du Congres." Ausser 
den bisher genannten lateinischen Briefen hat 
Schwetschke keine weiteren veröffentlicht oder 
sich an solchen beteiligt, obgleich man dies 
vielfach von ihm als Klassiker dieser Litteratur- 
gattung annahm. Möglicherweise hat sein lange 
nachwirkendes Beispiel den Anstoss zu der 
Überschrift der bis heute fortgesetzten Rubrik 

!. Halle, G. Schwetschkescher Vertag. Preis i Mark. 



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Schwetschke, Novae epistolae obscurorara virorum etc. 



319 



Novae epistolae obscurorum virorum des 
„Kladderadastch" gegeben. Gewisses lässt sich 
jedoch nicht mehr ermitteln. 

Kehren wir noch einmal zu den Schwetschke- 
schen Novae epistolae ad D. Amoldum Rugium 
zurück. Hatte seine übermütige Spottdichtung 
selbst, nach ihres Verfassers Bezeichnung, am 
Ende und hinter der Frankfurter Tragödie wie 
ein Satyrspiel gewirkt, den Ernst der Zeit in 
verhältnismässig langwährende Heiterkeit lösend, 
so hinterlässt die spätere Geschichte der an 
diesem Satyrdrama handelnd und leidend be- 
teiligten beiden Hauptpersonen teils vom per- 
sönlichen, teils vom nationalen Gesichtspunkte 
aus gleichfalls sehr erfreuliche Eindrucke. Es 
sei gestattet, diese Geschichte noch zu be- 
rühren. 

Wenn auch in Frankfurt das persönlich freund- 
schaftliche Verhältnis zwischen Schwetschke 
und Rüge nicht gelitten hat, das zwischen 
Beiden gewaltet, seit sie gleichzeitig der All- 
gemeinen deutschen Burschenschaft angehörten, 
— ein „Verbrechen", wofür übrigens auch 
Schwetschke s. Z. mit Relegation „bestraff* 
wurde — , so war doch damals ihre grund- 
sätzliche politische Gegnerschaft die denkbar 
schärfste: der Eine bei der Erbkaiserpartei, der 
Andere Republikaner. Diese Gegnerschaft 
sprach sich wohl am stärksten bereits ein halbes 
Jahr vor Erscheinen der Episteln bei der Ver- 
handlung über die polnische Frage am 27. Juli 
1848 aus. Während Rüge als Apostel des 
weltbürgerlichen Freiheitgedankens in langer 
Rede seinen Antrag begründet hatte, keinen 
Teil des Grossherzogtums Posen in den Deut- 
schen Bund aufzunehmen, sondern „mit Eng- 
land und Frankreich einen Kongress zur Wieder- 
herstellung eines freien und unabhängigen 
Polens" einzuleiten, so gab Schwetschke da- 
gegen seinem deutschen Nationalgefühle den 
kräftigsten und unzweideutigsten Ausdruck (nach 
dem stenographischen Bericht): „dass ein Auf- 
geben unserer deutschen Brüder in Posen und 
die Btossstellung der Grenzen gegen Russland 
als ein Brudermord und ein schimpflicher 
Landesverrat anzusehen sei!" Diese politische 
Gegnerschaft aber beeinträchtigte, wie gesagt, 
nicht die Grundlage ihrer studentischen Freund- 
schaft, so dass Rüge „bei seiner Vorliebe für 
humoristische Sachen" an den ihn verspotten- 
den Episteln „sich sehr ergötzte" und durch 



seinen Schwager, den Professor Roediger in 
Halle, an den ein Exemplar für Rüge gegangen 
war, „dem Verfasser seinen Dank entbieten 
Hess." Nach dem Scheitern des Parlamentes, 
einer Versammlung, der u. a. auch Sybcl das 
Zeugnis ausstellt, dass sie „von keiner früheren 
oder späteren in Deutschland an Geist und 
Talent, an Wissen und Beredsamkeit, an idealem 
Streben und edler Vaterlandsliebe übertreffen 
wurden" sei, Hess Rüge dann nach mehreren 
kurzen Irrfahrten in Deutschland, Frankreich, 
der Schweiz und England — auch an Amerika 
hatte er einmal „europasatt und für ein nutz- 
loses Martyrium nicht schwärmend", gedacht — 
bereits 1850 sich in Brighton in England nieder 
als visiting tutor an verschiedenen Schulen. 
Schwetschke leitete in Halle sein Geschäft, 
dessen Hauptbestandteil die „Hallische Zeitung" 
war, und suchte sowohl durch die erwähnten 
lateinischen Briefe, auch einige lateinische Ge- 
dichte, wie durch deutsche dichterische und 
wissenschaftliche Schriften (dort Eigenes und 
Übersetzungen von Scarron, Spenser. Trissino 
u. s. w. und hier durch sein grundlegendes 
Werk „Messjahrbücher des deutschen Buch- 
handels u.s.w. 1564 — 1764" u. a.) die preussischc 
Reaktion zu bekämpfen und sich selbst über 
ihren geistig und gemütlich niederdrückenden 
Einfluss zu erheben. Die meisten Früchte 
seines Schaffens bis dahin sind im Bande „Aus- 
gewählte Schriften. Deutsch und lateinisch" 
enthalten (vermehrte Ausgabe 1866). Treitschke 
empfahl „das feine geistvolle Buch vornehm- 
lich fein gebildeten Gelehrten." Gleich im 
Anfange seiner Besprechung findet sich, als 
ob dies selbstverständlich mit dem Namen 
Schwetschkes zusammenhinge, der Ausruf: 
„Wer kennt nicht die Novae epistolae obscu- 
rorum virorum und die Novae epistolae clarorum 
virorum u. s. w." — lüer, wie so oft, eine dem 
Publikum gegenüber gebrauchte Höflichkeits- 
wendung. (Vgl. Historische und politische 
Aufsätze Bd. 4, S. 628 f.) 

Da vollzog das Jahr 1866 bei den beiden 
Frankfurter Gegnern die nationale Einigung in 
ihrem Eintreten für Bismarck, den gewaltigen 
Erfüller ihrer innersten deutschen Hoffnungen 
und Wünsche. Die Bekriegung Frankreichs 
und die Gründung des neuen Deutschen Reiches 
festigten selbstredend nur noch der Beiden Ver- 
ehrung für den grossen Mann. Sie bewiesen 



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320 



Schwetschke, Novae epistolae obscurorum virorum etc. 



durch dieses Eintreten für den früheren Gegner 
ihrer Anschauungen klärlich, dass sie nichts 
weniger als politische viri obscuri, Männer mit 
verdunkeltem politischem Blick, sondern viri 
clari im beste Sinne, Männer mit hellem Auge 
und reinem vaterländischem Herzen waren. Rüge 
hat sich öffentlich als Schriftsteller schnell und 
vielfach für Bismarck und sein Werk ausge- 
sprochen. Schrieb er doch schon in einem 
Briefe vor Beginn des Krieges von 1866 am 
7. Juni in seiner burschikosen Weise: „Die 
Revolutionairs, die sich jetzt nicht mit der 
Revolution verbünden wollen, weil Bismarck es 
thut, sind Philister und Narren."' „Seinem alten 
Freunde Dr. Gustav Schwetschke" widmete er 
1869 seine „Reden über Religion, dieses licht- 
freundliche Büchelchen", obgleich jener den 
Verlag ausgeschlagen hatte. Im Jahre 1878 
wurde ihm vom Reiche ein jährlicher Ehrensold 
überwiesen („aus Bismarcks eigener Ent- 
scheidung", wie Rüge mit Befriedigung hervor- 
hebt) wohl zugleich als Anerkennung seiner 
Thätigkeit für das neue Reich, wie als eine 
Art Ersatz Tür früher durch seine Verfolgungen 
erlittene Geldverluste. Schwetschke aber schuf, 
zeitlich als erster der deutschen Bismarckdichter 
von Ruf, nach 1866 seine beiden an Umfang 
ebenfalls kleinen deutschen Meisterwerke (ich 
betone: deutsch, weil man vielfach der Meinung 
ist, auch sie seien lateinisch geschrieben): 
„Bismarckias. Didaktisches Epos", im Novem- 
ber 1867 erschienen, und „Varzinias oder Die 
kleine Bismarckias. Ein didaktisches Idyll" im 
November 1869; und nach 1870 seine lyrisch- 
epigrammatischen Gedichte an Bismarck zu 
Geburtstagen und anderen Veranlassungen, 
deutsch und lateinisch, fast alle von seinem 
eigenartigen freimütigen, echt deutschen Humor 



getragen. Die meisten seiner nach den „Aus- 
gewählten Schriften" erschienenen Sachen hat 
er vereinigt in dem Bändchen „Neue ausge- 
wählte Schriften", (mit einem Anhange 1878), 
dem er Bismarcks herzlichen „Dank mit auf 
den Weg geben konnte für so manches Wort 
der Ermutigung, welches mir im Verlaufe harter 
Kampfe in heiterer und emster, stets aber 
klassischer und geistreicher Form aus Ihrer 
befreundeten Feder zugegangen ist." In einem 
und demselben Jahre 1881 wurden Rüge und 
mein teurer Vater von dem Felde ihres vater- 
ländischen Wirkens abberufen. 

Die vorstehenden heiteren Erinnerungen 
an die Frankfurter Parlamentszeit aber möchte 
ich bcschliessen mit den Worten meines Vaters 
über Arnold Rüge in der Bismarckias, Worte, 
die sich zugleich auf Ruges erwähnte beifällige 
Aufnahme der Episteln beziehen. Der Dichter 
ruft im Schlussgesange da der Muse zu: 

. . . Von dem Lob verkünde, 

Das dem Helden unsres Liedes 

Dichterisch ist zubereitet 

Aus dem Mund der Kinder Deutschlands, 

Die auf ferner Erde freudig 

Jetzt ein mächtig Deutschland preisen; 

Aus dem Mund der Demokraten 

Höhern Styls wie Arnold Rüge, 

Mein Epistelfreund von Frankfurt, 

Der, wie von dem alten Hofrath 

Schütz die Xcnien einst sangen, 

„Nicht den Spass nur liebt" — der Weise! — 

,.Nein, der auch den Spass versteht" 
So möge denn dem Dichter von ebenso 
gesundem Humor, wie kraftigem Nationalgefühl, 
und mit ihm dem einstigen „roten und gänz- 
lich unverständlichen Philosophen" der Pauls- 
kirchc, den beiden späteren Bismarckkämpfern, 
gemeinsam ein vaterländisches und ein heiteres 
Angedenken in Ehren beschieden sein. 




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Kritik. 



Unter den vielen Festschriften, die der 150. 
Geburtstag Goethes zu Tage gefördert hat, nimmt 
für den Biicherliebhaber neben der vornehmen Publi- 
kation des Freien Deutschen Hochstifts in Frank- 
furt die erste Stelle unstreitig eine Gabe ein, die 
ein deutscher Sammler dem Kreise von Goethe- 
freunden dargebracht hat Die stille Gemeinde 
zwar, flir die Salomon Hirzel lange Jahre hindurch 
am 28. August seine Privatdrucke ausgehen Hess, 
die jetzt schon von Sammlern mit Gold aufge- 
wogen werden, hat sich aufgelöst, als der letzte 
Enkel Goethes den lange verschlossenen Schatz 
am Frauenplan in Weimar der Grossherzugin Sophie 
von Sachsen vermachte und am 20. Juni 1885 die 
grosse deutsche Goethe - Gesellschaft sich konsti- 
tuierte. Aber auch neben der fast unerschöpflichen 
Fülle von Urkunden, die nun im Goethe- und 
Schiller-Archiv der wissenschaftlichen Ausbeute frei- 
gegeben und für jede eindringende Beschäftigung 
mit dem Dichter unentbehrlich geworden sind, 
bleibt für private Bethätigung Raum genug übrig ; 
keine grössere Autographensammlung ist ohne eine 
Goethesche Handschrift, und so sind die Heraus- 
geber der Weimarischen Goetheausgabe immer 
wieder auf fremde Unterstützung angewiesen. Es 
ist ein schöner Beweis von der Gesinnung, welche 
die deutschen Sammler erfüllt, dass sie fast aus- 
nahmslos die Forschung in freigebigster Weise 
fördern, durch eigene Publikationen wie durch 
liberale Darreichung ihrer Schätze ; und in beider- 
lei Rücksicht ist hier an erster Stelle der Heraus- 
geber der Festschrift „Zum 28. August 1899" zu 
nennen, Rudolf Brockhaus , der über das Grab 
hinaus seine vornehme Natur bezeigt hat 

Am 28. Januar des vorigen Jahres wurde dieser 
Erbe eines grossen Verlegernamens den Seinen 
und zahlreichen Freunden zu früh entrissen. Jetzt 
tritt er zur Gedächtnisfeier seines Lieblingsdichters, 
bei dessen „Faust" er in stillen Stunden, um seine 
eigenen Worte zu gebrauchen, „eine Art von inner- 
lichem Gottesdienst feierte", nochmals in ihre Mitte. 
Ungemein bezeichnend ist es für diese weitaus- 
schauende, konsequent wirksame Persönlichkeit, 
dass er bereits im Winter 1897 die Herausgabe 
einer Jubiläumsschrift zu Goethes 1 50. Geburtstage 
nicht nur vorbereitete, sondern fast druckfertig ab- 
schloss. Seine Söhne, die Herren Rudolf und Max 
Brockhaus, die die reiche väterliche Sammlung pietät- 
voll hüten, haben das posthume Werk in gleichem 
Sinne vollendet und so dem teuren Verstorbenen 
das schönste Denkmal gestiftet. 

Die nur in einer kleinen Auflage hergestellte 
und nicht für den Handel bestimmte Festschrift 
gleicht in Format und Ausstattung völlig dem 
Prachtwerk „Theodor Körner", mit dem Brockhaus 
am 23. September 1891 seine Freunde überraschte. 
Nur dass hier durchgängig das Facsimile zur Wieder- 
gabe der kostbaren Handschriften verwandt und die 

Z. f. U. 1899/1900. 



einzelnen Blätter von erklärenden Beigaben des 
Herausgebers begleitet sind, in denen ein Haupt- 
reiz der ganzen Publikation liegt Denn sie ver- 
setzen uns durch ihr liebevolles, behagliches Ver- 
senken in den Gegenstand und durch die Wärme 
der Gesinnung, die aus jeder Zeile spricht, sofort 
in einen ganz persönlichen Bezug zu den behan- 
delten Fragen, und es war sehr wohlgethan von 
den Herausgebern, dass sie diesen intimen Cha- 
rakter der Erläuterungen, wie er in erster Nieder- 
schrift vorlag, nicht durch eine nachträgliche Re- 
daktion verwischten. So ist das Buch zugleich 
eine persönliche Erinnerung an den Autor; als 
hätte er es geahnt, dass es sein Letztes sein werde, 
sind eigene Erlebnisse und Anschauungen darin 
niedergelegt. Und wie ein Vermächtnis erklingen 
die schönen Worte, die der Herausgeber allen 
Sammlern zuruft (Seite 69): „Fördern wir jeder, 
der es vermag und wie er es vermag, Bildung und 
Fortschritt!" 

Aber auch rein stofflich ist das Werk durch 
die hervorragend ausgeführten Reproduktionen der 
kostbaren Handschriften, die Brockhaus seit seinen 
Primanerjahren zusammenbrachte, von grossem 
Wert Sind auch ganz neue, bisher vollständig un- 
bekannte Stücke nicht darunter, so doch mehrere 
noch nie wieder abgedruckte Blätter und Fassungen 
einzelner Gedichte, die in dem weitläuftigen Appa- 
rat der Weimarischen Ausgabe so gut wie ver- 
steckt lagen. Gleich als erstes Facsimile giebt 
Brockhaus Goethes gedrucktes Verzeichnis seiner 
eigenen Autographensammlung, ein noch nie re- 
produziertes Quartblatt, das im Winter 181 1 ge- 
druckt und „mit Bitte um gefällige Beiträge" an 
die Freunde versandt wurde. Die folgenden Num- 
mern sind chronologisch geordnet und reichen von 
1775 bis 1832, von dem dritten der an die Gräfin 
Auguste Stolberg gerichteten herrlichen Briefe 
Goethes bis zu der gedruckten Anzeige von Goethes 
Tode, von der Brockhaus zwei verschiedene Fas- 
sungen nachweist Charakteristisch für die konse- 
quente Sammlerthätigkeit des Besitzers ist der erst- 
genannte Brief Goethes an „Gustchen" Stolberg. 
Dieser enthält auf der unteren Hälfte der dritten 
Seite die berühmte Zeichnung des „Frankfurter 
Dachstübchens", in dem so viele unsterbliche 
Dichterwerke, Götz, Werther, Clavigo und die ersten 
Scenen des Faust, geschrieben wurden. Als Brockhaus 
Mitte der siebziger Jahre den Brief erwarb, fehlte die 
Zeichnung, die von August von Binzer, dem Dichter 
des Burschenschaftsliedes: „Wir hatten gebauet ein 
stattliches Haus", zur Herstellung eines früheren, 
überaus seltenen Facsimile abgeschnitten war; erst 
im Spätherbst 1889 fand sich bei Frau von Binzer 
das Original der Zeichnung vor, und Brockhaus, 
der es sofort erwarb, hatte das Glück, Brief und 
Zeichnung wieder vereinigen und nun zum ersten 
Mal in der Gestalt, wie sie vor 124 Jahren aus 

4i 



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322 



Kritik. 



Goethes Hand gekommen sind, der Goethegemeinde 
darbieten zu können. — Auch die weiteren Facsi- 
mile bieten des Interessanten genug, so einen in 
der Weimarischen Ausgabe fehlenden Brief Goethes 
an Elise von der Recke, den G. Weisstein zuerst 
veröffentlichte, eine in derselben Ausgabe noch 
nicht benutete Fassung des Gedichts „Sehnsucht" 
(Was zieht mir das Herz so? was zieht mich hinaus), 
Briefe an Eichstädt mit herrlichen Worten über 
Schillers Tod und das berühmte Antwortschreiben 
an die Gräfin Auguste von Bernstorff, die alte 
Jugendfreundin, in dem Goethe sich über die höchsten 
Fragen der Menschheit so würdig ausspricht Das 
Prachtstück der ganzen Sammlung aber ist die letzte 
Handschrift, das Bleistiftkonzept der Schlussscene 
des zweiten Teils vom Faust Der Herausgeber 
des Faust in der Weimarischen Ausgabe, Erich 
Schmidt, hat sie in dem Apparat beschrieben und 
verwertet; die photographische Wiedergabe des 
ganzen Mattes aber zeigt aufs deutlichste, wie viel 
anschaulicher die Abweichungen einer früheren 
Fassung hervortreten, wenn sie als Ganzes ver- 
öffentlicht werden. Hier ist die Stelle, wo die 
Besitzer von Handschriften aufs Wirksamste ein- 
setzen können! Das Facsimile von Brockhaus zeigt 
eine andere Anordnung der letzten Scene als der 
gedruckte Text und ist schon dadurch von be- 
sonderem Interesse; noch wertvoller wird es dem 
Forscher sein, die zweifelhaften, fast unleserlichen 
Schlusszeilen des Entwurfs nun im Facsimile selbst 
enträtseln zu können. Die fraglichen letzten beiden 
Verse scheinen zu lauten: 

„Von Sternen umkränzet 
Zum Sternall entsteigst du" 

und im Schlussverse scheint Goethe zuerst „Zu 
Sternen entsteigst du" geschrieben zu haben. 

So dient das von der Brockhausschen Ofhzin 
aufs Vornehmste ausgestattete Prachtwerk in gleicher 
Weise den Interessen der Wissenschaft und des 
Bücherliebhabers wie dem Andenken eines der 
idealsten Sammler und wird unter den festlichen 
Gaben, die das scheidende Jahrhundert dem grössten 
deutschen Dichter dargebracht hat, stets an erster 
Stelle genannt werden. 

Weimar. Dr. Carl Schüddekopf. 



Aus der Hochflut der Veröffentlichungen zum 
Goethe- Jubiläum ist noch einiges zur Besprechung 
übrig geblieben. Die N. G. Elwertsche Verlagsbuch- 
handlung in Marburg hat als Sonderabdruck aus der 
zweiten Auflage von Koenneckes bekanntem und ge- 
schätztem Bilderatlas zur Geschichte der deutschen 
NationaUittcratur eine Biographie Goethes in Bildnissen 
erscheinen lassen. Das, nur 3 Mk. kostende Grossfolio- 
album enthält nicht weniger als 166 Abbildungen : zahl- 
reiche Porträts Goethes — darunter eine Photogravüre 
nach dem ölbüde J. K. Stielers aus dem Jahre 1828 — 
Silhouetten, Handzeichnungen, Autogramme, die faesi- 



milierten Titelblätter seiner hauptsächlichsten Werke, 
Darstellungen aus diesen u. A. m. 

Bedeutungsvoller ist die Fesischriß su Goethes 
rjo. Geburtstag, dargebracht vom Freien deutschen 
Hochstift zu Frankfurt a. M. (Lex., 300 S., Velinpapier, 
21 Lichtdrucktafeln : M. 15.), die bei den Gebr. Knauer 
ebenda erschienen ist Als Titelbild schmückt den 
stattlichen Band eine Reproduktion jenes Gemäldes 
des Professors Otto Donner von Richter, das dieser 
auf Grund vorhandener Skizzen und mit Hilfe der Er- 
innerung nach dem verloren gegangenen Transparent 
Moritz von Schwinds schuf, welches 1844 das ganze Hof- 
thor des Pfuhlhofes in Frankfurt einnahm. Der text- 
liche Inhalt setzt sich aus sieben Bciö-ägen zusammen. 
Prof. Dr. V. Valentin berichtet über Goethes Bezie- 
hungen zu Wilhelm von Diede auf Grund einer Reihe 
bisher unveröffenüichter Briefe, die vor zwei Jahren in 
dem ehemaligen Diedeschen Schlosse Ziegenberg 
in der Wetterau aufgefunden wurden, Briefe, die sich 
auf Parkverschönerungen, Monumente und deren In- 
schriften bezichen und durch beigegebene Abbildungen 
illustriert werden. Da Goethe selbst kurze Zeit in Zie- 
genberg verweilte, so hat Prof. Valentin die Topo- 
graphie des Orts mit den landschaftlichen Schilderungen 
in Goethes Schriften verglichen und hält einen realen, 
mindestens aber idealen Zusammenhang zwischen dem 
Schauplatz der „Wahlverwandtschaften" und der Be- 
sitzung des Barons Diede für sehr wahrscheinlich. Über 
die Familien Goethe und Bethmann giebt Dr. Heinrich 
Paümann ein kurzes Essai, einen Abriss aus seiner hier 
schon gewürdigten vortrefflichen Familiengeschichte der 
Bethmanns, die indessen nicht im Handel erschienen ist 
Sehr interessant ist E. Mendels Beitrag.- Der junge 
Goethe und das Frankfurter Theater. Mentzel erzählt 
von den Marionettentheatern auf den alten Frankfurter 
Messen, auf denen mit Vorliebe das Drama vom Erz- 
tauberer Faust zur Aufführung gebracht wurde— und 
als Goethe sich später in Strassburg mit der geheimnis- 
vollen Gestalt des Titanen näher zu beschäftigen be- 
gann, da mögen die Erinnerungen aus seinen Kinder- 
tagen wieder doppelt lebendig in ihm geworden sein. 
Erzählt er doch selbst in „Wahrheit und Dichtung", 
wie sehr das alte Puppenspiel von Doktor Faust ihn 
umsummt und umklungen habe, als er in einsamen 
Stunden den Plan zu seiner Tragödie gefasst Nach- 
klänge seiner theatralischen Jugenderinnerungen finden 
sich überall bei Goethe : im „Jahrmarktsfest", in „Scherz, 
List und Rache", im „Wilhelm Meister", in „Wahrheit 
und Dichtung", „Faust", „Claudinc von Villa Bella", 
„Mitschuldigen" — und es ist sehr interessant, mit 
Mentzel den viclvcrschlungenen Fäden nachzuspüren, 
die vom Arbeitstische des Dichters zurückführen auf 
die Marionettenbuden des Liebfrauenberges und Ross- 
markts, die französische Komödie im Junghofe und die 
Aufführungen im Olenschlagerschen Hause. 

Alexander Frhr. von Bernus nimmt als Vierter in 
der Festschrift das Wort Er erzählt von zwei Junker- 
sehen Blumenstücken, die in Goethes Lebensbe- 
schreibung erwähnt werden und die Baron Bemus 
auf Stift Neuburg aufgefunden hat, jenem schönen 
Landsitze oberhalb Heidelbergs am Neckar, den Goethes 



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323 



Freund, der Rat Friedrich Schlosser, erworben hatte 
und der später dem Hause Bernus vererbt wurde. 
Lichtbilder der beiden Blumenstiicke, die freilich auf 
Leinewand, nicht wie Goethe anfuhrt auf f loh gemalt, 
sind beigegeben. Dr. Robert Hering giebt Unter- 
suchungen zum Erdgeist im „Faust", eine feinsinnige 
und geistreiche Analyse mit mannigfachen Beispielen 
verschiedener Lösungsvorschläge des Problems. Den 
Grossvater des Dichters, den früheren Schneidermeister 
und späteren Gastwirt mm Weidenhof Friedrich Georg 
Goethe, behandelt Dr. R.Jung in einer auf mancherlei 
authentischen Dokumenten fussenden kleinen Studie, 
während Dr. Oskar Heuer im Schlussartikel der Fest- 
schrift eine wundervoll geschriebene Arbeit über das 
Verhältnis Goethes zu seiner Vaterstadt liefert 

Die Festschrift ist ausser mit den Lichtdrucktafeln 
auch noch mit zahlreichen, fein und anmutig ausge- 
führten Kopfleisten und Schlussstücken geschmückt. 
Der Druck (von Gebr. Knauer in Frankfurt) ist ausge- 
zeichnet, die ganze Ausstattung eine würdevolle und 
vornehme. Die Liebhaberausgabe auf Bütten in Origi- 
nal-Kalbledereinband, von der 200 Exemplare herge- 
stellt sind, kommt zu M. 2$ zum Verkauf. 

F. v. Z. 



Übersetzungen beherrschen stark den Litterat ur- 
markt; wir stehen nicht nur in Bezug auf Eisenbahnen 
im Zeichen des Verkehrs. Herr A. Forke hat sich 
wenigstens ein bisher nur gering beackertes Feld ge- 
sucht, indem er uns eine Sammlung von Blüten chine- 
sischer Dichtung aus der Zeit der Han- und Sechs- 
Dynastie, also dem IL Jahrhundert v. Chr. bis zum VI. 
Jahrhundert n. Chr., durch metrische Übersetzung zu- 
gänglich macht. Das mit farbigem chinesischem Um- 
schlag gezierte Grossoktavbändchen ist im Komis&ions- 
der Faberschen Buchdruckerei zu Magdeburg 
Aus der Einleitung des Verfassers ent- 
nehmen wir, dass in die oben erwähnte Periode die Blüte 
der chinesischen Lyrik fällt, zwischen die Zeiten des 
Volksliedes und der klassischen Dichtung, die vom VII. 
bis zum X. Jahrhundert n. Chr. florierte und noch 1 
das Hauptstudium der Examinanden bildet. Die 
sowohl, als die dritte und ebenso die moderne Periode 
haben in Rückert, d'Hervey St Denis und englischen 
Poeten ihre europäischen Übersetzer gefunden. Die 
zweite, lyrische Periode uns näher zu bringen ist Herrn 
Forkcs Verdienst, der die zahllosen Gedichtchen seiner- 
zeit zuerst im „Ostasiatischen Lloyd" veröffentlichte. 

Unter den angeführten Dichternamen finden sich 
viele chinesischer Kaiser, doch klingen sie allesamt so 
fremdartig, dass ich die Leser nicht verwirren will, son- 
dern lieber hie und da eine kleine Probe ihrer Kunst 
herausgreife, die mir charakteristisch scheint. Freilich, 
auch dies ist schwer, denn einmal war es auch schon 
im alten China sehr beliebt, sich möglichst genau an 
berühmte Vorbilder anzulehnen, so dass sich so man- 
ches Originelle zum Typischen verflacht bat Dann 
dichteten die Chinesen in einer «äisilbigen Sprache; 
das zwang natürlich den Übertrager in vielsilbiges 
Deutsch ein ganz freies und doppelt so langes Vers- und 



Strophenmass zu wählen, wodurch das Ursprüngliche 
ebenfalls leidet 

Zunächst möchte ich ein Liedchen erwähnen, das 
gleichsam das zweitausendjährige Motto zu Süder- 
nauens „Reiherfedern" bildet: 

„Ein wunderbares Weib im Norden wohnt, 
Die einsam dort in ihrer Schönheit thront; 
Blickt sie ein Fürst nur an ein einzig" Mal, 
Kommt eine »einer Stadt' im Reich zu FalL 
Doch schaut er sie zum zweiten Male an, 
So ist es um sein ganzes Reich gethaa. 
Und fallt die Stadt und stürzet selbst sein Thron, 
Das schöne Weib wird nimmer ihm zum Lohn ..." 

Ein chinesischer Zeichner hat uns auch das Abbild 
der verhängnisvollen Schönen überliefert: für uns Rund- 
augen sieht sie aus wie eine ganz gewöhnliche Chinesin. 
Am zahlreichsten sind — tout comme chez nous — die 
Klagen verratner und verhinderter Liebe. Die besten 
der Gedichte muten uns denn auch ziemlich europäisch 
an, bis uns chinesische Details eines Bessern belehren. 
Verse wie: „Was ich geliebt, muss ich verloren w.ihnen 
— Wie Scidcnfäden messen meine Thränen I" oder 

„Zwei Fisch' in einem Teich wir waren beide . . 
oder 

„Bietet Reis man ans zum Mahle 
Muss von einem Halm er sein, 
Und nnr in der Doppeltchale 
Schenket man den Trank ans ein. 
Unser beider Kleid ist Seide, 
Poppelfadiger Rrokat 
Und des Nachts umhüllt ans Beide 
Eine Decke ohne Saht! . . ." 

klingen schon fremdartiger. 

Interessanter noch als die Verse ist ihr kulturhisto- 
rischer Inhalt Besonders oft kehrt das Klagewort 
„AVr ein Weib!" wieder, und die sclavische Stellung 
der jungen Frau im Hause ihrer Schwiegereltern kommt 
ergreifend zum Ausdruck. Pflanzen, Tiere, Wind und 
Wolken finden wir oft, aber meist als Metaphern an- 
gewandt, oder auch symbolisch, selten als reine Natur- 
schilderung' wie : 

,jÜber'n Fluss der Wind hinstreift — 

Kaller Herbst ist wieder . . .'« 



„Es versank der Sonne Glut 

Hinterm Bergesrücken; 

Süll im Tann die Windsbraut ruht . . ." 
Natürlich sind auch Kampfes- und Trinklieder, so- 
wie Sagen und dergl. unter den Gedichten. Eigentlich 
patriotische Lieder fehlen ganz; das Persönliche mit 
seinem engen Kreis, das kleine Leid und die kleine 
Freude überwiegen. Wir machen, alles in allem, eine 
interessante Bekanntschaft mit den chinesischen Dich- 
tem vergangener Zeiten: eine enge Freundschaft wird 
es freilich kaum werden. 

Die original • chinesischen Tuschillustrationen 
bringen so manches feine Detail; sie sind ganz chine- 
sisch in der Durchfuhrung auch des Unwesentlichen 
und dennoch ein wenig modernisiert in der Vermeidung 
allzu gezwungener Bewegungen und gar zu primitiver 
Perspektive,wie man sie früher liebte. Geradezu auf- 
fallend ist es, wie oft die Frisur der Frauen wechselt, 
die sich bei anderen Illustrationen an das feststehende 
Schema der Schmetterlingsflügel zu halten pflegt; auch 



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Kritik. 



ist die Eiform des Antlitzes dem Charakteristischen 
zuliebe oft unterbrochen. M. Seilen. 

m 

Von Goedecka Grundriss der Geschichte der deut- 
schen Dichtung in der Neubearbeitung von Edmund 
Goetse liegt der sechste Band fertig vor (Dresden, L. 
Ehlermann). Damit ist das grosse Werk ein beträcht- 
liches Stück weiter fortgeschritten. Das Vor« ort nennt 
eine ganze Reihe von Mitarbeitern, aber von Be- 
arbeitern der einzelnen Artikel nur wenige. Die Nach- 
träge und Berichtigungen umfassen 19 Seiten; weitere 
sollen dem siebenten Band angehängt werden. Es ist 
begreiflich, dass eine absolute Vollständigkeit nur im 
Laufe der Zeit erfolgen kann; neue Funde tauchen 
allerorten auf; auch der gewissenhafteste Bearbeiter 
wird manches von dem in den Bibliotheken verstreuten 
Material übersehen, das erst später ergänzt werden 
kann. Auf Einzelheiten einzugehen, ist hier nicht der 
Platz; in den litterarischen Spczialorgancn, so im „Eu- 
phorion", ist bereits auf Fehlendes und Irriges hinge- 
wiesen worden. Wer die erste Auflage des Goedecke 
neben sich hat, wird erstaunt sein über die enorme Ver- 
mehrung des Materials in der zweiten, die mit einer 
übersichtlicheren Gliederung Hand in Hand geht. Aber 
wenn schon nach einer möglichst weitgehenden Voll- 
ständigkeit gestrebt wird, sollte auch nicht am unrechten 
Plaue gespart werden. Bei den Schriften Jacob und 
Wilhelm Grimms heisst es einfach: „Siehe die voll- 
ständige Liste Kleinere Schriften 4 und 5". Das ist 
fehlerhaft; im Grundriss darf nicht schlichtweg auf 
anderweitige Bibliographien verwiesen werden; er soll 
eine Zusammenfassung der Bibliographien sein und die 
einzelnen unnötig machen. Besonders ausführlich wurde 
im sechsten Bande Österreich behandelt (von August 
Sauer bearbeitet). Der Herausgeber erklärt dies An- 
schwellen des % 298 im Vorwort. Auch bei diesem 
Kapitel handelt es sich nicht um Wertung und Ab- 
schätzung, sondern um eine reine Titelaufzählung. Da 
aber bei der fast ausschliesslichen Benützung nord- 
deutscher Bibliotheken Österreich schon in den vorher- 
gehenden Bänden etwas stiefmütterlich behandelt wor- 
den war, so mussten im % 298 notgedrungen diejenigen 
Nachträge erfolgen, die als Verbindungsbrücke zwischen 
dem Neunzigerjahr und der Josephinisch-Theresianischcn 
Epoche gelten konnten. Lücken sind trotzdem ge- 
blieben und sollen in einer dritten Auflage an rechter 
Stelle ausgefüllt werden. 

Auch die inzwischen verausgabten Bogen des sie- 
benten Bandes beweisen die Fortschritte der Biblio- 
graphie seit dem Erscheinen der ersten Auflage. Wir 
können als Deutsche wahrlich stolz auf dies Standard- 
werk sein. 14. 
« 

Essays on Librianship and Bibliography. By 
Richard Garnett. London, George Allen. 6 Shilling. 

Dieser Band bildet einen Teil der Library Series, 
herausgegeben von Dr. R. Gamett, früheren Vorstehers 
der Abteilung für gedruckte Bücher im British-Muscum. 
Der im vorliegenden Werke behandelte Stoff ist ein 



vielseitigerer als in den vorangegangenen Bänden der 
betreffenden Serie, und hinsichtlich des litterarischen 
Wertes gehört es zu den besten. 

Viele der Aufsäue beziehen sich unmittelbar auf 
die Bibliothek des British- Museum. Die beiden wert- 
vollsten Verbesserungen in diesem Institut sind die 
Errungenschaften Dr. Gametts: der gedruckte Katalog, 
dessen Einführung unter den verschiedensten Kontro- 
versen ein halbes Jahrhundert lang angegriffen wurde, 
und die Einfuhrung der Sliding Press, der Schiebege- 
stellc zur Aufbewahrung der Bücher. Fünf Minuten ge- 
nügten Dr. Gamett, um ihn von der Richtigkeit und von 
den praktischen Vorzügen dieser Idee zu überzeugen. 

Zwei bemerkenswerte Essais sind der Anwendung 
von Telegraphic und Photographic gewidmet, die der 
Verfasser für grössere Bibliotheken, namentlich aber 
für das British-Museum befürwortet. Er will ein eige- 
nes Kabinet für diesen Zweck haben, und die Photo- 
graphen sollen Beamteneigenschaft besiuen. Für die 
Herstellung von Facsimile-Reprodukdonen sei dies in 
jeder Beziehung wünschenswert. 

Ein Teil der keltischen Manuskripte wurde von der 
Bibliothek des Museums der irischen Akademie über- 
wiesen, so namentlich alle Handschriften, welche das 
Londoner Institut aus der Ashbumham-Sammlung er- 
worben hatte. Dr. Gamett behauptet, falls die gedachten 
Manuskripte durch Facsimile auf photogTaphischcm 
Wege hätten ersetzt werden können, so wäre die Zer- 
streuung der genannten Dokumente unterblieben. 

Unter andern interessanten Aufsätzen sollen folgende 
mit ihren Titelüberschriftcn bezeichnet werden: „Para- 
guays and Argentine Bibliography", „The Early Italian 
Book Trade", „Some Book Hunters of the Seventeenth 
Century", „SomeColophons of the Early Printers" und 
die Vorrede zu Blades „Ennemies of Books". 

Ausser einem interessanten Artikel über das Thema : 
„The Manufacture of fine Paper in England in the 
eighteenth Century" finden wir endlich noch biographi- 
sche Notizen über die berühmtesten Vorgänger und 
Kollegen des Dr. Gamett im British-Museum. Unter 
diesen sind wiederum besonders hervorzuheben : Winter 
Jones, Stevens, Bond und vor altem Panizzi, von dem der 
Verfasser sagt: „Sir Anthony Panizzi war eine reiche und 
in sich geschlossene Natur, deshalb kann sein Charakter 
nicht durch eine einzige Phrase skizziert werden. Soll 
es aber durch zwei Stichworte geschehen, so sind dies: 
Scelengrösse und Hochherzigkeit. Er verband die guten 
Eigenschaften seines eigenen Volkes mit denen seines 
adoptierten Vaterlands. Gefühlswärme war der Schlüssel 
zu seiner Existenz. Er war zwar stob auf seinen wohl- 
begründeten und berechtigten Ruhm, indessen machte 
ihn derselbe nicht blind. Seine Willenskraft war unbe- 
zähmbar, ein Förderer des Guten, ein starker Hasser 
alles Bösen und finster Schleichenden. Seine Arbeiten 
für das Museum und die Litteratur seines Landes bilden 
ein unvergängliches Monument für ihn selbst. . ." 

Panizzi, der Oberbibliothekar des British-Museums, 
wird allen Fachleuten hinlänglich bekannt sein; es er- 
übrigt nur noch, darauf hinzuweisen, dass zur Kenntnis 
von Dante in England niemand so viel beigetragen hat 
wie gerade er. O. v. S, 



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Chronik. 



Buchausstattung. 



Drei neue Buchumsc AAj^t schliessen sich den früheren 
Exemplaren aus dem Alb. Langensrhcn Verlag in 
München an und zwar dienen alle drei fremden Geistes- 
produkten zum Schutz. Reznicek hat die „Sklar^in"' 1 
von Jules Case porträtiert: eine dunkel gekleidete mo- 
derne Dame, deren Hände hinter dem tiefgebeugten 
Kücken zusammengebunden sind und deren Haupt von 
der Wucht ihres Elends niedergezogen werden soll. 
Ich schreibe „soll", denn man gewinnt eigentlich den 
Eindruck, als sei ihr lediglich der Hut viel zu schwer. 
Die grosse schwarze Hutsilhouette, die vielleicht bei 
erhobenem Haupte recht flott wirken würde, ist häss- 
lieh und lenkt überdies das Auge vom Gesichtsausdruck 
der Heldin ab. Eduard Thöny ist die Raum Verteilung 
bei den „Pariser Droschken" der Frau Mami weit 
glücklicher gelungen. Er hat überdies seinem Titel- 
bilde noch eine Reihe entzückender Innenillusirationcn 
folgen lassen. Erstcres selbst zeigt im Hintergrunde 
die stumpfblauen vierkantigen Umrisse von Nötrc-Dame 
und, dem Beschauer entgegenkommend, das schmucke 
Wägelchen eines der weisslackbchutetcn Mitglieder der 
„Urbaine" Droschken Gesellschaft: die besten Kutscher 
von Paris. Sie unterscheiden sich von unsera Taxa- 
metern durch den Mangel eines Wegmessers und die 
dadurch unbenommene Fähigkeit, ihre Fahrgäste übers 
Ohr zu hauen. Im Wagen selbst — stark verkürzt ge- 
sehen — sitzt eine Dame. Von den, jeder der kleinen 
Novclettcn beigegebenen Tusch-Skizzen — so chic auch 
die „espeecs de type" getroffen sind — beanspruchen 
doch diejenigen das grösste Interesse, die ein Stück- 
chen Paris mitgeben, so z, B. die eiserne Brücke bei 
der St. Trinke", die die Geschichte von der „Frommen 
Pflicht" einleitet Als Cul de lampe sind die bekannten 
kleinen Motive von Th. Th. Heine verwandt; sie ver- 
lieren nichts durch diese mehr handwerksmässige Be- 
handlung an ihrer Originalität. Th. Th. Heine hat auch 
den dritten der Bände ausgestattet, eine Novellen- 
sammlung von Kunt Hamsun, die nach der ersten 
Novelle : „Die Königin von Saba" benannt ist. Es ist 
schwer, die Zeichnung des Künstlers zu schildern; ihr 
Reiz liegt in der geschickten Mischung von Kontur und 
grenzenloser Fläche, und selbst der Anachronismus, 
eine biblische Fürstin stark japanisiert zu geben, ist 
eine Pikantcrie mehr. Auf strohgelbem Grund stehen 
ganz unvermittelt das Schwarz und Veronesergrün der 
Figuren. Sehr sorgfältig ist auch die Schrift be- 
handelt; wir können nicht oft genug darauf hinweisen, 
welch integrierenden Teil des Ganzen die Aufschrift 
bildet Sie ist wohl der Pflege wert — n. 

*B 

Die Aktien-Gesellschaft für Buntpapier- und Leim- 
fabrikation in Aschaffenburg sendet ihre neuen viel- 
farbigen Musterbüchlein in die Welt, die vieles Reiz- 



volle enthalten. Neben den schlichten Ton- auf Ton- 
Mustern eines starken Damastpapiers zu Broschüren- 
umschlagszweckcn und den üblichen lithographierten 
Vorsatzpapieren finden wir als Neuheit eine Imitation 
des sog. Art- Linnen in zahlreichen Tönen , von denen 
man die grünlichen wohl am gelungensten nennen kann. 
Weitere Stoff- und Lederimitationen folgen; Celluloid, 
Holz und Porzellan — letzteres ganz entzückend — ist 
nachgemacht worden. Alles derartige mag für Bon- 
bonnieren, Puppenstuben, Kästchen und Rähmchen 
reizend sein: für Bücher sollte man aber nicht Surrogate 
wählen. Das Papier an und für sich, rauh, glatt, 
stumpf und glänzend, bietet in seiner eignen Technik 
so viel des Schönen, lässt sich so frei dekorieren, dass 
man es aufgeben könnte, es für ein andres, für unsre 
moderne Bibliothekseinrichtung ungeeignetes Material 
auszugeben. Weder hölzeme , noch Celluloiddeckel 
passen für unsere Regale, deren Holz wir ja auch nicht 
a la Brocard schmücken lassen. Das hindert freilich 
die Muster nicht, aussergewöhnlich hübsch zu sein. 
Helle Freude hat man an den köstlich sattgetönten 
marmorierten Proben der „Aschaffenburger", die sie 
satiniert und matt — für Deckel und Vorsatz — liefert. 
Eine besondere Neuheit auf diesem Gebiete bildet eine 
Serie Bogen, die an der Falz und dem Rücken eine 
algenartigc, andersfarbig in den Marmor gewischte 
Zeichnung aufweisen, je nach der Buchgrösse sorgsam 
ausgepasst. Diese Algen geben dem Band eine gewisse 
Intimität, wie man sie sonst nur bei speziell für das 
Buch entworfenen Vorsaümustern findet. — g. 

m 

Ein sehr begabter jüngerer Dichter, Ferdinand 
Max Kurth, veröffentlicht den ersten Cyklus seiner 
Dichtungen in eigenem Verlag (Berlin SW, Wilhelm- 
strasse2i) und zwar in zwanglos erscheinenden kleinen 
Heften (6 Hefte auf dem Wege der Subskription M. 3), 
die sorgfältig auf deutschem Büttenpapier gedruckt und 
mit höchst reizvollen Vignetten, Leisten und Skizzen 
geschmückt sind. Diesen Buchschmuck, der sich der 
ganzen Ausstattung der Hefte in voller Harmonie an- 
passt, entwarfen Hans Kurth, Otto Scitzund Fidus. Die 
Publikation tritt nicht anspruchsvoll auf; in ihrer Ein- 
heitlichkeit aber kommt sie den Zielen nahe, die Ernst 
Schur in diesen Blättern als die wünschenswertesten 
Ergebnisse der modernen buchgcwcrblich.cn Bewegung 
bezeichnet hat — m. 



Frans S fassen hat zu den Thüringer Geschichten 
von August Trinius (Berlin, Fischer Sc Franke) eine 
Reihe von Kapitelstücken und Randleisten geschaffen, 
die von Neuem von dieses Künstlers eminenter zeich- 
nerischer Begabung Zeugnis ablegen. Dass einzelne 
dieser ganz reizenden Bildcrchcn an den Stimmungs- 
zauber Vogclerscher Schöpfung erinnern, ist sicher 
kein Fehler; denn Stasscn besitzt und giebt zu viel 



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326 



eigenes, um ein Nachahmer zu sein. Er ist ein Poet 
gleich Vogeler : das ist beider Ähnlichkeit und Starke. 



Kleine Notizen. 

Deutschland und Österreich-Ungarn. 

Das vielbesprochene Rosenthalsche Missale speciale 
ist nun auch nach seiner liturgischen Seite hin unter- 
sucht worden. Abbe* E. Misset, wohl einer der besten 
Missalekenner, ancien Professeur ä l'ecole des Cannes, 
Dirccteur de l'ecole Lhomond, Paris, veröffentlicht als 
Auszug aus dem „Bibliographie moderne" eine Broschüre 
unter dem Titel : UnMissel spt'cial de Constance, anrvre 
de Gutenberg /450 (Paris, Librairie Hon. Champion). 
In diesem 41 Seiten starken Schriftchen weist Abbe" 
Misset nach, dass der Text des Werkes mit jenem des 
Missale speciale der Diözese Constanz übereinstimmt 
und kommt aus liturgischen Gründen zu ähnlichen 
Schlüssen wie Hupp durch seine typographischen Unter- 
suchungen. Er sagt am Beginn der Broschüre, die Be- 
hauptung, dass dieses Missale das erste bisher bekannte 
Druckerzeugnis sei, habe ihm anfänglich ein Lächeln 
abgenötigt und nicht ohne Skeptizismus sei er an das 
Studium des Werks gegangen. Seine sehr interessanten 
Darlegungen, an denen die Gclehrtenwelt nicht wird 
vorübergehen können, schliesst er mit folgenden Wor- 
ten : „Das Missale Roscnthal ist ein Auszug aus einem 
Constanzer Missale, nach der Absicht des Herausgebers 
zunächst für die rheinischen Diözesen und wohl auch 
für die meisten Diözesen des deutschen Reiches be- 
stimmt. Es kann Schöffers Werk nicht sein. Es ist ein 
Werk Gutenbergs, entstanden vor der zweiundvierzig- 
zeiligen Bibel, das heisst vor 1450." — z. 



Von den Bilderbogen für Schule und Haus, die im 
Verlage der Gesellschaft für vervielfältigende Künste 
in Wien erscheinen, ist kürzlich das III. Heft, ent- 
haltend Bogen 51—75, verausgabt worden. Wir haben 
schon früher unserer aufrichtigen Freude über dieses 
Unternehmen Ausdruck gegeben, das hoffentlich die 
hässlichen Karrikaturen, die man noch immer im deut- 
schen Hauseden Kindern zur Weckung des Anschauungs- 
vermögens vorlegt, bald völlig vertreiben wird. Indessen 
sind diese Bogen, so reformierend sie auch auf das 
Unterrichtswesen einzuwirken geeignet sind, nicht le- 
diglich für die Kleinen bestimmt; auch die Erwachsenen 
werden ihre Freude an ihnen haben. Es würde zu 
weit führen, wollten wir jeden der Bogen des III. Heftes 
näher beschreiben, obwohl jeder einzelne eine künst- 
lerische Schöpfung ist. Erwähnung verdienen vor allem 
Leder-Urbans Bilder aus dem dreissigjährigen Kriege, 
denen sich O. Friedrichs Zeichnungen gleichwertig zu- 
gesellen; Lefler hat sich auch nieder auf sein ur- 
eigenstes Gebiet begeben, das der Märchenillustra- 
tion, und Schneewittchen mit köstlicher Poesie verkör- 
pert Vortreffliche Blätter lieferten ferner Hassmann 
und Schwaiger (mittelalterliches Volks-, Lager- und 



Strassenleben), Russ, Berat, Nadler, Lichtenfels und 
Wik (geographische Bilder), Pock und Simony (Dar- 
stellungen aus dem Tierleben) und Suppantschitsch 
mit seinem prächtigen „Bauernleben der Gegenwart". 
Die technische Ausführung ist überall eine gleich vor- 
zügliche; die Farbenzinkätzung des Märchenbildes 
könnte man als mustergültig bezeichnen. Ausser der 
Volksausgabe (Heft M. 3, Bogen 10 Pf) erscheinen 
noch zwei Liebhaber-Ausgaben: die eine, ungemein 
luxuriös ausgestattet, auf Japan, montiert auf Kupfer- 
dmckpapier, mit eigenhändiger Namensfertigung der 
Künsder (Serie M. 100), die zweite auf Velin (SerieM. 10). 

— z. 

Vom Katalog der Frhrl. von Lipptr heideschen 
Büchersammlung in Berlin erschien jüngst Lieferung 
8/9. Das Doppelheft enthalt die Abteilung „Deutsche 
Volkstrachten", im allgemeinen und in den einzelnen 
Landesteilen und Städten; dann „Oesterrcich-Ungam": 
Allgemeines, Bildnisse von Fürsten der Monarchie, 
Böhmen und Mähren, Dalmaticn und Illyricn, Kära- 
then und Krain, Steiermark, Tyrol, Ungarn, Wien; 
ferner „die Schweiz" mit den Unterrubriken Basel und 
Zürich, „Die Niederlande und Belgien" und ein Teil 
von „Grossbritannien". — Wie die Zeitungen berichten, 
ist die Lipperheidesche Kostümbibliothek schon jetzt 
dem Berliner Kunstgewerbemuseum von dem hoch- 
herzigen Besitzer dieser einzig dastehenden Sammlung 
überwiesen und damit der Öffentlichkeit zugänglich ge- 
macht worden. — m. 



Eine interessante kleine Broschüre hat Staatsrat 
F. Sintenis in Dorpat über die Pseudonyme der neuen 
deutschen Litteratur veröffentlicht (Hamburg, Verlags- 
anstalt und Druckerei A.-G. vorm. J. F. Richter, 1899). 
Während das Pseudonym im Altertum nur vereinzelt 
erscheint, wird es seit dem XVI. Jahrhundert eine Art 
von Tarnkappe, welche vor Verfolgungen schützen soll 
Erst die Manie Fischarts, der Dichterorden des XVII. 
Jahrhunderts und Grimmelshausens hat den Gebrauch 
des Pseudonyms allgemein gemacht Im XIX. Jahr- 
hundert hat es überhand genommen, ohne wesentlich 
zu nützen. Merkwürdigerweise haben einige Männer 
weibliche Pseudonyme gewählt, während das Gegenteil 
weitaus vorherrscht Zahlreichen Euphemismen stehen 
auch manche absichtliche Entstellungen gegenüber. 
Von den Romantikem stammt die grosse Vorliebe für 
einzelne Vornamen. Einige Liebhaber des modernen 
Unfugs bringen es auf acht bis zehn, eine Dame gar 
auf dreizehn Pseudonyme. Dies soll die 1877 ver- 
storbene Katarina Zitz gewesen sein. Regierungsrat 
Meding schreibt ausser unter Gregor Samarow noch 
unter Paul von Weilen, Detlev von Geyern, Leo Warren, 
Kurt von Wallfried und einen halben Dutzend weiterer 
Pseudonyme. Warum übrigens die Gallmeyer nicht 
ihren entschieden hübscheren Familiennamen Torna- 
selli beibehalten hat, ist unverständlich. — m. 



Der Hersiog Victor von Rivoli hat sich kurzlich 
längere Zeit in Wien aufgehalten, um in der K. K. Hof- 



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327 



bibliothek interessante Stu dien zu betreiben. Der Herzog 
ist in gelehrten Kreisen nicht nur als Bibliophile, son- 
dern auch als selbständiger Forscher bekannt. Er ist 
Besitzer einer Bibliothek von 20000 Bänden, durch- 
wegs erlesenen Erzeugnissen der Buchdruckerkunst, 
und hat über ein eigenartiges Spezialfach, nämlich 
über venezianische Frühdrucke mit Holzschnitten, meh- 
rere luxuriös ausgestattete Prachtwerke veröffentlicht 
Der Anklang, den diese für die Kunst- und Kultur- 
geschichte wichtigen Publikationen fanden, hat den 
Forscher bewogen, seine Studien fortzusetzen und zu 
ergänzen. Der Herzog von Rivoli gedenkt in Wien eine 
der weitestreichenden Arbeiten ausfuhren zu lassen, 
die je in der Bibliothek in Angriff genommen wurden: 
sämtliche Katalogzettel der Bibliothek, deren Zahl sich 
rund auf eine Million belauft, sollen geprüft und die 
alten Venezianer-Drucke genau beschrieben werden. 



Der Abschluss der „Allgemeinen deutschem Bio- 
graphie", die von der historischen Kommission bei der 
Münchner Akademie herausgegeben wird, steht nahe 
bevor. Der Schlussband wird binnen Kurzem er- 
scheinen. Er ist der 4;. des Sammelwerkes. Alsbald 
nach dem Erscheinen des 45. Bandes soll mit der Her- 
ausgabe der Ergänzungsbände begonnen werden. In 
Aussicht genommen sind deren vier. Vertagt wurde vor- 
läufig von der historischen Kommission noch die Ent- 
scheidung, ob die „Allgemeine deutsche Biographic" 
von Neuem bearbeitet werden soll. Es ist dringend 
zu wünschen, dass die Münchencr Akademie die Fort- 
führung der „Biographie" zu ihrer Sache macht 



England. 

In der letzten Sitzung der Bibliographischen Ge- 
sellschaft, der Lord Crawford präsidierte, hielt der 
Oberbibliothekar des British-Museums, Sir. E. Maunde 
Thompson, einen Vortrag über das Thema: Englische 
Handschrift von $00 — 1400. Der Redner führte aus, 
dass die Geschichte der englischen Handschrift be- 
sonders interessant und lehrreich sei. Zu Beginn der 
oben erwähnten Epoche gab es in England zur Füh- 
rung in litterarischen Werken zwei rivalisierende Sy- 
steme: das eine bediente sich der vaterländischen 
Handschrift, wie er sie nennen wolle, und kam von 
Irland; letztere stellt eine Entwickelungsform der alt- 
römischen halb-uncial Schrift dar, wie sie namentlich 
auch im Westen während des Mittelalters eine grosse 
Rolle spielte. Die andere Schreibmethode hatten die 
römischen Missionen in Form der Uncialschrift mit- 
gebracht Diese wies in einigen Centren des Landes 
Erfolg auf, verschwand aber in nicht allzulanger Frist. 
Dann gewann die anglo-sächsische Hand als nationale 
Schrift die Oberhand bis zur Periode der normannischen 
Eroberung. Von diesem Zeitpunkt ab wird die eng- 
lische Handschrift nur eine abgezweigte Unterabteilung 
des westlichen Europas. England erreicht im XIII. 
Jahrhundert den Höhepunkt der ausgebildeten 
Schrift, deren Festigkeit und Sicherheit aber schon 



im XIV. Jahrhundert durch einen weicheren, ge- 
schwungenen und mehr fliessenden Stil ersetzt wird. 
Sir E. Maunde Thompson erläuterte seinen Vortrag 
durch Manuskripte aus dem British-Museum, die in 
starker Vergrösserung reflektiert wurden. 



Nach einer sorgfältigen Nachprüfung der im British- 
Museum befindlichen Broschüren, Bücher und Doku- 
mente, welche auf die französische Revolution Bezug 
haben, stellte es sich schliesslich heraus, dass nicht 
weniger als 30000 Duplikate vorhanden waren. Infolge 



dieses ausserordentlichen Reichtums 
Verwaltung des genannten Instituts, 
französischen Nationalbibliothek als 
lassen. Es bedarf wohl kaum der 
diese Gabe mit Dank angenommen 
zösische Nationalbibliothek will aber 
plikate für sich behalten, welche sie 
dagegen den Rest an di 
Paris überweisen. 



entschloss sich die 
die Duplikate der 
Geschenk zu über- 
Erwähnung, dass 
wurde. Die fran- 
nur diejenigen Du- 
noch nicht besitzt, 
Bibliothek von 
— sch. 



Frankreich. 



Von einem bemerkenswerten Versuch der Frauen- 
emanzipation, der w ährend der französischen Revolution 
gegen Ende des vorigen Jahrhunderts unternommen 
wurde, macht Marie Louise Neron auf Grund wieder- 
aufgefundener Dokumente in der „Fronde" Mitteilung. 
Es handelt sich um eine Buchdruckerei, die erste, in 
der Frauen thatig waren. Nach der Aufhebung der 
Privilegien versuchten die alten Korporationen, freilich 
vergeblich, sich in einer neuen Form wieder aufzuthun; 
vor allen anderen wollten die Buchdrucker ihr Gewerbe 
abgeschlossen erhalten. Unter den Pariser Buch- 
druckern widersetzte sich indessen der „Bürger Deltufo" 
diesem Bestreben, er öffnete seine Werkstatt 
jungen Leuten, die das Handwerk erlerne! 
So bildete er bald eine grosse Zahl geschickter Arbeiter 
heran. Aber er blieb dabei nicht stehen. Im Jahre 
1794 richtete er eine originelle Petition an den National- 
konvent, in der er die Errichtung einer Buchdrucker- 
schule für Frauen vorschlug. Gegenüber der Behaup- 
tung, die Setzerkunst sei zu schwierig, ab dass sie 
Jünglinge und Frauen erlernen könnten, weist er auf 
die Erfolge hin, die er mit seiner Buchdruckerschule 
gehabt habe. Der Konvent schickte die Petition dem 
Komitee des öffentlichen Unterrichts, und dieses be- 
auftragte den Bischof von Blois, Grcgoire, mit der 
weiteren Untersuchung. Der letztere erstattete einen 
äusserst günstigen Bericht. Deltufo kam, dadurch 
ermutigt, mit weiteren Bitten: der Prospekt sollte ge- 
druckt und affichirt werden auf Kosten der Nation ; er 
forderte Geldunterstützung und ein staatliches Gebäude 
für seine Schule, staatliche Aufträge für die Druckerei 
und anderes. Die Frauenbuchdruckerei wurde in der 
Folge wirklich mit Unterstützung des Nationalkonvents 
eingerichtet, und sie bestand auch mehrere Jahre hin- 
durch. Es fehlt freilich an Dokumenten über ihre 
Entwickelung, indessen hat sich eine Broschüre von 
117 Seiten in Oktavformat mit dem Titel „Der Triumph 



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328 



Chronik. 



der Philosophie oder die wahre Frauenpolitik" ge- 
funden, die den Vermerk trägt: „In der Buchdruckerex 
der Frauen, unter den Auspizien des Nationalkonvents". 
Der Druck ist recht gut und sorgfältiger als die ent- 
sprechenden Drucke jener Zeit 

Die erste vollständige französische Ausgabe von 
„ Tausend und eint Nacht" ist begonnen worden, Die 
Übersetzung wurde einem jungen syrischen Arzte, S. C. 
Mardrus, der lange Zeit in Paris studiert hat, an- 
vertraut. Das Werk soll in 16 Oktav-Banden im Laufe 
der nächsten fünf Jahre erscheinen. 

Aus Viktor Hugos Nachlass will Paul Maurice 
einen Band Memoiren und einen Band Briefe aus der 
Brautzeit des Dichters erscheinen lassen. — m. 

Der Herzog de la Tremoille hat bei der Sichtung 
des Archivs seines Geschlechtes einen für die politische 
und die Kirchengeschichtc Frankreichs äusserst wich- 
tigen Fund gemacht und der Nationalbücherei ge- 
schenkt: die amtlichen Protokolle der Sitzungen der 
Pariser theologischen Fakultät von 1505—1533, die seit 
der Regierung Ludwigs XIV. verschwunden waren. 



Belgien. 

Im 1 1. Heft der „Germania", Tijdschrift voor Vlaam- 
sehe Beweging, Letterkunde Kunst, Wetenschap, On- 
derwijs, Staathuishoudkunde, Handel, Nijverhcis cn 
Verkehr in Brüssel (Drucken) „Gutenberg" veorhern 
H. Diez Antwerpsche Steenweg) lesen wir folgenden 
Notschrei: 

„Die grosse Königliche Bibliothek su Brüssel lässt 
in vlämischer Hinsicht alles zu wünschen übrig. Für 
die Verwaltung derselben scheint es kein vlämisches 
Gesetz zu geben. Französisch ist die Amtsprache, und 
mit 2 oder 3 Ausnahmen versteht keiner der zahlreichen 
dort angestellten Beamten vlämisch. Bestellzettel, 
Briefwechsel u. s. w. sind nur französisch, die Vlamen 
müssen vorlieb nehmen mit den Brosamen, die vom 
reichen Budget übrig bleiben. Der Vlame, der ernsten 
Studien obliegt, findet dort keine oder nur ungenügende 
HülfsqueUen und entsagt daher dem Besuch dieser 
grossen gemeinnützigen Anstalt, die besonders auch 
den minder Bemittelten Bücherschätze zugänglich 
machen soll. Was muss man empfinden, wenn dort 
selbst das beste niederländische Wörterbuch, der Van 
Dale, nicht zu haben ist? Damit dürfte wohl alles ge- 



Natkdmck verboten. — 



sagt sein. Was gar das Deutsche betrifft, so muss man 
gestehen, die Königliche Bibliothek ist elend ausge- 
rüstet. Von dem, was nach 1870 in der deutschen 
Litteratur erschien, besitzt diese Anstalt spottwenig. 
Auch hier lässt sich der Massstab anlegen, wenn man 
vernimmt, dass ilir Brockhaus eine antiquarische Selten- 
heit vom Jahre 1875 ist. Die vielbedeutcnden neuem 
Forschungen auf dem Gebiete der germanischen Mytho- 
logie u. s. w. sind so zu sagen gänzlich unbekannt". . . 



Spanien. 

Die „Revista critica de Historia y Literatura Espa- 
nolas, portuguezas «5 Hispano-Americanas" enthält in 
ihren letzten Nummern einige wertvolle Beitrage, wohl 
als wertvollsten die Bibliographie der Reisen nach 
Spanien, die Prof. Arturo Farinelli veröffendicht hat 

Seine Apuntes sobre viajes y viajeros por Esparia 
y Portugal, veranlasst durch FoulcW-Delboscs Biblio- 
graphie des voyagcs cn Espagne et en Portugal 
(Revue Hispanique III, 1896) bieten eine so reiche 
Nachlese, dass sie geradewegs als zweiter Teil der 
Sammlung Foulch&Delboscs angesehen werden können. 
Die von erstaunlicher Bücherkenntnis zeugende Arbeit 
Farinellis wird wohl noch an anderer Stelle gewürdigt 
werden. Hier sei, um die Rundschau auf dem Ge- 
biet der historisch • litterarischen Zeitschriften Spaniens 
zu schliesscn, noch bemerkt, dass die Autos sacra- 
mentals del sigle XIV, welche Joan Pie in den letzten 
Heften der „Revista de la Asociacidn arti'stica-arqueo- 
lögica" zu Barcelona mitteilt, eine merkwürdige Probe 
geistlicher Bühnenstücke in katalanischer Sprache bieten 
und die nicht allzu zahlreichen Daten über dieselben 
(vgl. Otto Denk, Einführung in die Geschichte der alt- 
katalanischen Litteratur S. 424) in erwünschter Weise 
vervollständigen. Die neugegründete „Revista de Ex- 
tremadura" endlich, an deren Leitung Herr Manuel 
Castillo, der Übersetzer des Deweyschen Klassifikaiions- 
systems, eifrig beteiligt ist, bringt in ihrer ersten Nummer 
u. a. einen Aufsatz über den bekannten Humanisten 
Francisco Sanchcz de las Brocas unter Heranziehung 
neuer handschriftlich er Quellen. Parallel mit den periodi- 
schen Publikationen lief in den letzten zwei Jahren die 
Förderung grösserer Fortsetzungswerke, so der von den 
Mitgliedern der Akademie der Geschichte publizierten 
Historial gcneral de Espana, der von Marcelin o Me- 
nendez Pelayo besorgten Ausgabe der Werke Lope de 
Vegas (vol. VIII: Crönicas y leyendas dramäticas de 
Expana, 1898) der von demselben Gelehrten veran- 
stalteten Antologia de poctas llricos Castellanos (vol.VI I, 
1898) der Biblioteca venatoria von Guticrrcz de la Vcga 
(vol. IV, 1899) u. a. m. -rb. 



Alle Rechte vorbehalten. 



Für die Redaktion verantwortlich: Fedor von Zobeltitt in Berlin. 
All« Sendungen redaktioneller Natur an denen Adresse: Berlin W. Augibutcerstraise «1 erbeten. 

Gedruckt «mW. Drufulin io Leipiig lur Velhagen & (Claim« in Bielefeld und Leipng. - Papier der Neuen Papier- 

Manufaktur in Strasburg i. E. 



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ZEITSCHRIFT 

FÜR 



BÜCHERFREUNDE. 

Monatshefte für Bibliophilie und verwandte Interessen. 



Herausgegeben von Fedor von Zobeltitz. 



3. Jahrgang 1899/1900. 



Heft 9: Dezember 1899. 



Deutsche Stammbücher des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts. 



Von 

Willibald Franke in Berlin. 




r Student mit dem Stamm- 
juche ist seit Goethes Faust 
eine allgemein bekannte Figur 
geworden. Man erinnere sich, 
uie das junge Blut verblufft 
durch die cynische Weisheit des 
vermummten Teufels nichts zu sagen weiss, als 
dass es sich als besondere Gunst und Ehre von 
dem berühmten Manne, den es vor sich zu sehen 
wähnt, eine Zeile für sein Stammbuch ausbittet 
„Fritis sicut deus, scientes bonum et malum", den 
alten Spruch seiner Muhme, der Schlange, giebt 
der Satan ihm auf den Lebensweg mit. Latein 
war es, wie es dem Jünger der Wissenschaft ge- 
ziemte, und lateinisch ist die grösste Zahl der 
Gedenksprüche in den „libris (albis) amicorum" 
aus der Zeit des Humanismus; auch griechische, 
ja selbst hebräische gehören nicht zu den 
Seltenheiten. Die deutschen Sprüche und Verse 
nehmen in den ältesten uns erhaltenen Stamm- 
büchern im Verhältnis dazu nur einen geringen 
Raum ein, aber herzerquickender Humor und 
kernige Volksweisheit leuchten uns aus ihnen so 
reichlich entgegen, dass es sich wohl der Muhe 
lohnt, der Spur deutschen Fühlens und Denkens 
auch auf diesem Wege nachzugehen. 

Öfter noch als in den Stammbüchern der 
Studenten finden sich deutsche Sprüche und 
Verse in denjenigen, welche aus dem Besitze 
Z. f. 11. 1899,1900. 



des Adels, des I Iandwcrks oder eines Künstlers 
stammen, denen die klassischen Sprachen natur- 
gemäss weniger geläufig waren. 

Was den Inhalt der Eintragungen angeht, 
so besteht derselbe im XVI. Jahrhundert meist 
in einem Wahlspruch, einem Sprichwort oder 
einem zwei- bis sechszeiligen Verse. Während 
die Sprichwörter als Gemeingut des deutschen 
Volkes betrachtet werden können, dürfen von 
den Wahlsprüchen und Versen gewiss viele 
den Anspruch auf eine geistige Vaterschaft 
ihres Schreibers machen, was natürlich nicht 
ausschlicsst, dass verschiedene besonders ge- 
lungene von anderen usurpiert wurden und auf 
diese Weise ihren Weg durch eine ganze Reihe 
von Stammbüchern gern mmen haben. Wem 
nun „von seinem Ältervater Hans Sachsen die 
Kunst zu dichten gar war angewachsen", der 
bestieg wohl auch den Pegasus und widmete 
dem Freunde längere oder kürzere Poeme, von 
denen wir in der hieranschliessenden Auswahl 
deutscher Stammbuchblüten eine Anzahl origi- 
neller Proben folgen lassen. Da diese Erzeug- 
nisse meistens von Junggesellen und für Jung- 
gesellen waren, ist es erklärlich, dass dabei gar 
manches Spässlein mit untergelaufen, was für die 
zarteren Ohren unserer Tage weniger geeignet 
wäre. Unsere Altvordern liebten es ja, jedes 
Ding beim rechten Namen zu nennen; daher 



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33Q 



Franke, Deutsche Stammbücher des XVL bit XVIU. Jahrhunderts. 



kommt es denn auch, dass derartige Scherze aus 
Quellen des XVI. Jahrhunderts meist einen mehr 
naiven Charakter tragen, während am Ende des 
XVII. und hauptsächlich im XVIII. Jahrhundert, 
wo sich leider auf vielen Gebieten französischer 
Einfluss bedenklich geltend machte, dieselben viel- 
fach eine oberflächlich witzelnde, lüsterne und oft 
sogar obseöne Richtung einsclilagen. Wenn man 
von dem Bilde, welches die Poesie des Stamm- 
buches giebt, auf das Ganze schliessen darf, war 
die dichterische Begabung des Volkes vom XVI. 
bis zur Mitte des XIX Jahrhunderts, auf welche 
Periode sich meine Be- 



obachtungen erstreck- 
ten, in stetem Ab- 
nehmen begriffen und 
erhielt um die Wende 
des XVIII. Jahrhun- 
derts, stark becinflusst 
durch die zeitgenössi- 
sche Almanachpoesie, 
einen so faden, weiner- 
lichen, ewig beteuern- 
den Ton, dass ich es 
mir von vornherein ver- 
sagte, auch noch das 
Zeitalter unsererGross- 
eltern für meine Bluten- 
lese zu berücksichtigen. 

Die Wahlsprüche, 
deren ich erwähnte, 
finden sich meist als 
Beischriften zu den 
Wappen, mit denen 
die Mitglieder adeliger 
Häuser einander die 
Stammbücher zu schmücken pflegten. Da nur 
wenige jedoch kunstfertig genug waren, um mit 
eigener Hand ihr Wappen malen zu können, 
so übertrug man meistens diese Arbeit einem 
Mitgliede der noch bis zum Anfang des XVIII. 
Jahrhunderts weit verbreiteten Zunft der Brief- 
oder Kartenmaler. In Kreisen des hohen Adels, 
denen die grössere Segnung mit irdischen 
Gütern solchen Luxus gestattete, finden wir an 
Stelle des Wappens mitunter sogar ein zierlich 
gemaltes Miniaturporträt. 

Die gemalten Stammbücher erfreuten sich 
bald einer allgemeinen Vorliebe und fanden 
demgemäss auch in bürgerlichen Kreisen schnell 
Eingang und Nachahmung. Da diesen nun 




Familienwappen zur Verfügung standen, 
mussten sie sich nach anderen Gegenständen 
umsehen, die Büchlein damit zu verzieren. 
Dreierlei Art sind die Vorwürfe, deren man 
sich zu diesem Zwecke bediente. In erster 
Linie finden wir zahlreiche Darstellungen aus 
dem Alltags- und Studentenleben, als da sind: 
eine Mensur, eine Kneiperei, ein Gelage in 
Gesellschaft fahrender Fräulein, eine lustige 
Schlittenfahrt, ein Fackelzug, eine Schlägerei 
mit den Stadtknechten, eine Katzenmusik, eine 
„Depositur", durch welche der Bachant zum 

Studenten oder, wie 
die heutige Studenten- 
sprache sagt, der Fuchs 
zum Burschen wurde, 
wobei der junge 
Ankömmling auf der 
Universität sich einer 
Unzahl sehr phantasti- 
scher und für ihn sehr 
wenig angenehmer Ce- 
remonien unterwerfen 
musste, die alle darin 
gipfelten, dass er reich- 
lich geschunden und 
zerbläut wurde und zum 
Schluss noch tüchtig 
dafür zu zahlen hatte. 

Eine zweite Gruppe 
bilden die historischen 
Darstellungen, welche 
vielfach aus gleich- 
zeitigen illustrierten 
Werken, z. B. dem 
„Theatrum Europae- 
um", „Gottfrieds historischer Chronik" u. a. 
kopiert wurden. Endlich finden wir sehr zahl- 
reich auch allegorische und Kostümbildchen. 
Von ersteren war besonders beliebt die Dar- 
stellung der Fortuna auf der Kugel — das Angeln 
nach Liebe, welches ein oder mehrere Mädchen 
zeigt, die bemüht sind mit Fischreusen, Netzen 
und Angeln Männer im Wasser zu fangen — die 
vier Menschenalter und ähnliches. Für die 
Kostümbildchen bediente man sich als Vorlagen 
der damals weit verbreiteten Trachtenbücher 
der Vecellio, Jost Amman, Berteiii, de Bruyn 
und anderer; besonderer Vorliebe erfreute sich 
die Abbildung einer venetianischen Donna, 
auch finden sich vielfach Zeichnungen von 



Holiichuilt aus Jost Amman» 

'■ '57' 



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33» 



weltlichen und Kirchenfürsten, Landsknechten, 
Reitern, Mönchen, Reisewagen und dergleichen 
mehr. 

Meist waren diese Zeichnungen in Wasser- 
farben ausgeführt, vielfach auf Pergamentblättern, 
die zu diesem Zwecke von dem Buchbinder, 
der die Stammbücher zum Verkauf herstellte, 
von vornherein mit eingebunden waren. Einen 
besonderen Reiz hin- 



haltend: Viel artiger Figuren , betreffent das 
Leben eines vermeynden Studenten, sampt andern 
lehrhafften Vorbildungen. Jetzt auffs newe mit 
vielen schönen Kupfferstucken , sampt der Be- 
schreibung des Lebens Cornelii Relegati, vermehrt 
und gebessert. An Tag geben durch Jacobum 
von der Heyden, Chakographum. Strassburg 
Anno l6l8. a Die „Beschreibung des Lebens 

Cornelii Relegati", wel- 



sichtlich des bildlichen 
Schmuckes haben die 
Künstlerstammbücher, 
in welchen sich Skizzen 
und ausgeführte Zeich- 
nungen in allen Ma- 
nieren zum Teil von 
berühmter Hand vor- 
finden. 

Eine Sammlung 
solcher amüsanter 
Malprcien aus Studen- 
tenstammbüchern ver- 
anstaltete schon im 
Anfang des XVII. 
Jahrhunderts derStrass 
burger Kupferstecher 
Jakob von der Heyden 
und gab dieselben in 
Kupferstich heraus in 
zwei Abteilungen unter 
den Titeln „Pugillus 
facetiarum konographi- 
carum in studiosomm 
potissimum gratiam ex 
propriis eorundem albis 
desumptarum; et iam 
primum hac forma 
editarum ihoS. — 
Allerhand kurzweilige 
Stücklein, allen Studen- 
ten fürnemlich zu lieb auss Ihrem eigenen Slam- 
büchern zusamen gelesen und in diese form 
gebracht zu Strassburg' und „Stirpium insignium 
nobilitatis, tum etiam Soladium memoriale sin- 

s^ulari studio collectum Stambuch der 

Jungen Gesellen, oder Handtbuch mit sonder- 
lichen vleis zusammen gebracht, und mit schönen 
Kupferstichen geziert. In Verlegung Ludwig 
Kunings von Basel 1617." Beide Werke wurden 
im Jahre 161 8 vereinigt nochmals herausgegeben 
unter dem Titel „Speculum Cornelianum. In skh 



INS1GN1A GEORG1I COR- 

uini.Typographi Francofor- 
ceniis* 




che der Titel angiebt, 
ist dem Werke in Ge- 
stalt einer gereimten 
Vorrede vorangestellt, 
die eine interessante 
Schilderung des Stu- 
dentenlebens zu Anfang 
desX VII. Jahrhunderts, 
darin auch eine aus- 
führliche Beschreibung 
eines Studentenstamm- 
buches giebt. 

Ein Gegenstück 
zu der Heydenschen 
Sammlung von Stamm- 
buchbildern finden wir 
in dem Werkchen „Alk- 
modisch Stambuch, das 
ist, Von allerhand kurtz- 
w eilige, lustige und 
possierliche Inventionen 
allen deroselben Lieb- 
habern zu gefallen an 
Tag gegeben durch 
Cornelius Gramhart in 
VerUgung Peter Rollos 
Kupferstechern in Ber- 
lin" (ohne Jahr, gegen 
1650). Wie im Heyden- 
schen Buche die Bilder 
von kurzen Stamm- 
buchversen begleitet sind, so ist es auch in 
diesem der Fall; während in erstcrem aber 
nur hin und wieder auch ein etwas gewagter 
Scherz mit vorkommt, zeigen die Verse des 
Gramhartschen Werkes fast durchweg einen 
sehr schlüpfrigen Charakter. 

Zweifellos ist die Sammlung von Jacob von 
der Heyden bei der allgemeinen Beliebtheit, deren 
sich der Gegenstand seiner Zeit erfreute, früher 
viel verbreitet gewesen; auch die Veröffentli- 
chung desselben Stoffes in verschieden betitelten 



HotxschDiit au» Just Ammani 

ld \V»ppenbuch!ein von 157*. 



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332 



Ausgaben lässt wohl darauf schliessen. Dass 
trotzdem nur sehr wenige Exemplare des Buches 
auf uns gekommen sind und dasselbe thatsach- 
lich heute zu den grössten Seltenheiten gehört, 
erklärt sich zur Genüge daraus, dass es von 
den derzeitigen Besitzern, in den meisten Fallen, 
mit weissem Papier durchschossen, direkt als 
Stammbuch benutzt wurde, wie wir es denn 
noch heute hin und wieder in dieser Gestalt vor- 
finden. Die Stammbücher selbst wurden aber 




tJemalte» Sununtmchblait aus dem Stammbuch dt» Julius und Stephau Hayr von Nürnberg, 1578. 
tr reiherrlich von L<p|>cr)icidcs<.bc Bibliothek <u Berlin.) 



in der Familie, nach dem Ableben ihres Eigen- 
tümers wenig beachtet und waren meist als 
Dinge rein persönlichen Interesses dem Unter- 
gang geweiht. Es ist daher auch die Zahl der 
Stammbücher überhaupt, die uns erhalten, nur 
klein im Verhältnis zu ihrer früheren allgemeinen 
Verbreitung. 

Demselben Zwecke, der eben erwähnt — 
nämlich mit leerem Papier durchschossen als 
Stammbuch verwandt zu werden — diente auch 

eine Kategorie von 
W erken, die eigens 
hierfür geschaffen 
wurden; dieselben 
enthielten meist in 
Holzschnitt oder 
Kupferstich eine 
grosse Menge von 
leeren Wappenschil- 
dern, verziert mit 
allerlei zierlichen Fi- 
gürchen als Schild- 
haltcr, wie Ritter 
und Fräulein, Reiter, 
wilde Männer u. 
dergl., in welche als- 
dann nur noch das 
Wappen des je- 
weiligen Schreibers 
einzuzeichnen war. 
Die schönsten und 
berühmtesten Bü- 
cher dieser Art 
sind : „Jobst Ammans 
Staut und Wapen- 
buch hochs und nid er s 
Staudts", welches 
bei Siegmund Fever- 
abend zu Frankfurt 
a. M. im Jahre 1 579 
und in einer zweiten 
Auflage im Jahre 
1589 erschien; das 
gleichfalls im Jahre 
1579 in Wien von 
dem Formschneider 
David de Necker 

herausgegebene 
W : crkchen „Ain 
neues und künstlich 
schönes Stutn- oder 



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Kranke, Deutsche Stammbucher de» XVI. bis XVUI. Jahrhunderts. 



333 



Gesellen- ßüclilei/i"; „Virgil Solis' Wappai- 
büchlein", welches 1584 zu Nürnberg er- 
schien, und endlich das prächtige Werk 
der Brüder Isaak und Theodor de Bry, das 
1593 unter dem Titel: EmbLmata nobilitati 
et vulgo sa tu digrta, Slam und Wapen- 
bucltlem" in Frankfurt am Main im eigenen 
Verlagsgeschäfte der Künstler herauskam. 1 

Zu gleichem Zwecke wurden vielfach 
die in früheren Jahrhunderten sehr ver- 
breiteten Emblemenbücher (holländisch 
Zinneprenten) benutzt, von denen besonders 
diejenigen von Alciatus und Reusner sich 
grösserer Beliebtheit erfreuten; doch waren 
auch die gleichartigen Werke von Cats, 
Camerarius, Boot, Boxhorn u. a. ziemlich 
verbreitet. Falsch ist jedoch die Annahme, 
dass diese Emblemensammlungen mit viel- 
fach der Tierwelt entnommenen allegori- 
schen Darstellungen den Stammbüchern 
ihre Entstehung verdanken. Schon eine 
oberflächliche Vergleichung beweist, dass 
der Bilderkreis und der Charakter der Ab- 
bildungen von den im Stammbuch üblichen 
grundverschieden ist. Noch weit unver- 
ständlicher ist die Behauptung, dass die 
nach Form und Inhalt durchaus über einen 
Kamm geschorenen Symbola (Sinnsprüche), 
welche den Emblemen beigefügt, ausStamm- 
büchern gesammelt sein sollen. Meist sind 
dies bekannte Sprichwörter und Sentenzen, 
vom Herausgeber in gleiche Form (zwei 
oder vierzcilige Verse) gebracht, die wohl 
mitunter von einem Denkfaulen für das Stamm- 
buch benutzt und so ihren Weg aus den Em- 
blemen in das Stammbuch gefunden haben 
doch kaum umgekehrt. 

Aber selbst Bilderwerke, die an sich mit dem 
Stammbuch garnichts zu thun haben, finden 
wir, mit leerem Papier durchschossen, als 
solches verwendet. Mit Vorliebe gebrauchte 




3* 



SM 




Gemall» StammbuchbUtt 
au« dem Stammbuche de« Michael Loechel von Nürnberg um 1590. 
{Freiherrlich von Lipperheideichc Bibliothek ni Berlin.) 

man dazu die früher viel verbreiteten Bücher 
mit Bildnissammlungen berühmter Männer aller 
Zeiten; so fand ich mehrfach in dieser Art als 
Stammbuch benutzt die kleine Ausgabe des be- 
rühmten Bildniswerkes von Jovius und dasjenige 
des Tobias Stimmer, beide dem XVI. Jahr- 
hundert angehörend. 

Das ist es, was ich in grossen Zügen über 



• Ich erwähne hier noch zweier ähnlicher Werke, welche dem gleichen Zwecke dienen sollten, sich aber einer 
weit geringeren Verbreitung erfreuten, als die oben genannten. Das erste erschien im Jahre 1574 und führt den 
Titel: Fhrts Htsptridum pulcherritnae plcrorumque graeciae comicorum sententiae, cum duplici earutn versionc 
I.atina, tum aliis, tum praeeipue literarum studiosis qui amicis petentibus scriptum aliquod memoriae causa (ut nunc 
vulgo fit) relinnuerc cupiunt, profuturae. — Stamm- oder Gz-ftlUnhuch. Mit viel schönen Spruchen, auch allerlei offnen 
und bürgerlichen Schildten und Helmen. Allen Studenten und sonst guten Gesellen, so entweder ihre Wappen, 
Keimen oder Spruch zur Gedechnuss einander verlassen wollen, zu Dienst und Gefallen zusammen getragen. 

Das zweite im Jahre 1600 veröffentlichte nennt sich: 

Trachten oJer Stammbuch: darinnen alle fürnemste Nationen, Völkern, Manns nnd Weibs Personen in ihren 
Kleyilern artlich abgemalt nach jedes Landes Sitten und Gebrauch, so jetziger Zeit getragen werden, und zuvor 
niemals im Track ausgangen. Getruckt zu St. Gallen durch Georg Straub MDC 



334 



Franke, Deutsche Stammbücher des XVI. und XVIII. Jahrhundert*. 




eigenem Gegensatze stand 
zu dem oft schäumenden 
Übermute der anderen 
Blätter. 



y£ huar Jmlcm. i*j*t fdyute. (pettjt, 
Stukip Ijrtnjfiahr jttJu nunhj «j&f. 



SctriMS AemJiun. Atriu Criia.v>tttlät^n 
Fccia., tue Ojrjf r pari "/u in^tajrejc. 

Studentenbeluitigung im XVII. Jahrhundert. 
Nachbildung eines Kunfcratichei auti Allerhand kuriwcilige Stu..klem allen Studenten 
ihren eigenen Stammbüchern rusammcngcleien von Jacob von der Heyden. 



Sitte und Brauch der Stammbücher bei unseren 
Altvorderen zu sagen hätte. Einen eigenen 
Reiz hat es, diese Denkmale langst vergangener 
Zeiten zu durchblättern, die uns Kunde geben 
von fröhlicher Jugcndlust so manches deutschen 
Mannes, von dem sonst der Strom der Zeit keine 
Spur zurückgelassen hat. Soweit es, wie die 
meisten der uns erhaltenen, Studentenstamm- 
bücher sind, umfassen dieselben fast nur die 
Studienzeit; zum ersten, was der zur Universität 
ziehende junge Student sich anschaffte, gehörte 
das Stammbuch. Vielfach finden wir darin als 
erste Eintragungen die weisen I.ebensregeln der 
Eltern und Anverwandten; daran schliessen sich 
die oft kecken und übermütigen Verse und 
Bilder der Komilitoncn, die von so mancher 
lustigen Fahrt berichten, und den Beschluss 
bilden nicht selten resignierte und wohlgemeinte 
Ratschläge für den ins Philisterium Zurückziehen- 
den. Eines klassischen Beispiels dieser Art 
erinnere ich mich, welches den Beschluss eines 
von wildem Studentenleben zeugenden Stamm- 
buchs eines der Theologie Beflissenen bildete 
und in einem in Bister gemalten Bilde bestand, 
das den mit langer Pfeife vor seinem Hause 
lustwandelnden Pfarrherren darstellte. Als Unter- 
schrift war dem Bilde die Ode von Horaz bei- 
gegeben „O tu beatus qui proeul tKgotUS . . ." 
was mit seiner philiströsem Gemütlichkeit in 



Nachstehend folgt nun 
eine kleine Blütenlese aus 
den mir vorliegenden deut- 
schen Stammbüchern. 

XVI. Jahrhundert. 

Der Lieb sucht, da kein ist. 

Es erfreut mich zu Zeiten 
Ein' ripp aus Adams seiten, 
Dass ich es muss meiden, 
Bringt mir heimlich leiden. 

Gottc* gab 
Ist mein hab. 



Sei wfojg, 

Die Welt ist spitzig. 

Wan sich das Glück zu dir thut wenden, 
So hastu Freund' an allen Enden. 
Wan aber das Glück verschwindt, 
Derselben sich nicht einer findt. 

Hoff, harr und leid 

Ein kleine zeit, 

Die falschen meid, 

Veracht ihren ncid, 

Es wird dir doch gelingen, 

Du wirst sie überwinden, 

Gott wird dein ungluric wenden. 

Es steht in seinen Händen. 

Geduld im Herzen 
l'ebcrwindt alle Schmerzen. 

Gut ist nicht besser, 
Besser ist nicht gut. 

Wer was weiss, der schweig, 
Wer «ohl sitzt, der bleib, 
Wer was hat, der halt, 
Denn vnglück kommt bald. 

Welche Früchte bald entstehen. 
Dieselben auch balt vergehen, 
Und welche balt thun aufkommen, 
Die sind seiden gar vollkommen; 
Aber was lang mit müh aufgeht, 
Dasselbe auch lang ohne muh besteht, 
Und was langsam hat zugenommen, 
Das ist satter vnd mehr vollkommen. 



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Franke, Deutsche Stammbücher de« XVL bis XVIII. Jahrhundert«. 



335 



Trink Wein, 
Doch fein, 
Er sei dein, 
Nicht du sein. 

Borgstu nicht, so hast du zorn, 
Thustus dann, so ist's verlorn. 
Doch besser ist der erste zom, 
Als gcldt und freundt zugleich verlorn. 

Mit Gott und mit Ehren 

Soll sich mein Glück mehren, 

Was mir mit Ehren nicht werden kann, 

Da wendt mir Gott mein Herz davon. 

Frisch, frey und geduldig, 
Was ich nicht zu bezahlen hab, 
Das bleib ich schuldig. 

Wenn der Wolff das Maul leckht, 
Vnd die Junckfrau sich im liett streckht, 
So gelüst den Wolff nach dem lamb, 
Vnd der Junckfrau nach einem Mann. 

Von Adam her sind wir alle geboren. 
Einer so edel, wie der ander woren. 

Was du thust, das fahr weislich an, 
ISedenk vor woll, wie es darnach ward gan. 
Denn vor gethan vnd erst bedacht, 
Hat manchen otTt zu schaden bracht. 

Hoffnung emert Geduld. 



Im glückh erhob Dich nicht, 
Wer weiss was noch geschieht. 

Ich wag's, Gott walt's, 

Förster vnd Jäger, 
Rentmeistcr und Pfleger, 
Ampileut und Schösser 
Regieren Land und Schlösser. 
Sie haben wenig zu lohn 
Vnd werden reich davon. 
Rath wie das geschehen kann! 
Ihr griffe weiss nicht jedermann. 

Wer Gott traut. 
Der hat wohl pautt. 

Teutscher Glaub, Recht, Tugend vnndt Ehr 
Ist kommen in Verachtung sehr. 

Vertrauen bedarf Aufschauen. 

Tuck dich vnd lass furüber gahn, 
Das Gluck will stets sein' Willen han, 

Hodie mihi, eras tibi 
Heutt bin ich Jung, schön, Rott vnd weiss, 

Morgen im grab der wurmer Speiss ; 
Heust blüe ich, wie ein Rose Rott, 

Morgen im sarge kalt vnd tott, 
Heutt grün ich, wie ein junge Eich, 

Morgen im grab ein faule Lcich. 
O Mensch in Herz bildt feste dir 

Das Heutemir vnd Morgen dir, 




Studeiiienwohnung Je» XVII. Jahrhunderts. 
(IfltlM Stammbuchblau aus dein Stammbuche des Michael Schmidt, Studenten io Altdorf, um ibjo. 
(Frciherrlich von Lippcrheidesche llibtiotbek iu Ucrlin.) 



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336 



Franke, Deutsche Stammbücher des XVI. bis XVIII. Jahrhundert*. 



deine Stund naht immerzu, 
Da du sollst gahn zu deiner Ruh. 
Derhalben o Herr Jesu Christ 

üieb, dass ich all Zeit sei gerist. 
Zu scheiden hier von dieser weit 
Mit freuden herr, wenn dirs gefallt. 

Unfrcy und gelt 
Regirt in der Welt. 

Warte Herz und brich nicht, 
Die ich will, die will mich nicht. 
Die ich aber garnicht mag, 
Kann mir werden alle tag. 

XVII. Jahrhundert. 

(i. Hälfte.) 

Wies Gott gefallt, so lauffs hinaus, 

Ich lass die vögle in sorgen, 

Kombt mir das Glück nicht heutt zu haus, 

So kombts gewisslich morgen. 



Was hilft Wahrheit vnd Kunst, 
Wo gilt Falschheit vndt | 



Es soll mir lieber sein, wenn mich ein Freund gebissen, 
Als wenn ein Heuchler mir will meine Wange küssen. 

Man hört nichts in jetziger Welt, 
Jeder Man schreidt geldt geldt geldt. 

Wer sich der bienen Stachel lässt schrecken, 
Bekombt den Honig nicht zu lecken. 

Die Feder geht über leder. 

Es hat kein Harmony solch schön vnd lieblich klingen, 
Als wenn das Hertz vnd Mündt aus einem Tone i 



Selten ist der zu Hofe blieben, 

Der einfältig war vnd nicht durchtrieben. 

Zu hoff, in der hebe vnd auffder Jagt 
Wirdt selten einem diss, darnach er tracht. 




kupfenucli .Mi*. Theodor de bry» Summ- und Wappenbuch. 1593. 



Die Eltern haben sich der 

gülden Zeit gerühmet, 
Vergebens ! Unsrer Zeit der 

Titul bas geziemet: 
Gold jetzt das Unheil spricht, 

Gold bringet zu Gewalt, 
Gold in der Kirch regirt, Gold 

ändert die Gestalt. 

Wo Soldaten sieden vndt 
braten 

Vndt Geistlich in weltlich 

Handel raten 
Und Weiber haben das Hauss 

Regiment 
Da nimmt es selten ein guth 

endt. 



Wags, Gott 



Nichts Edlers hab ich auf 
dieser Erden funden 

Als bredt von Hertzen und 
Stille von Munden. 

Grossen Herren und schönen 

Jungfrauwen 
Muss man gerne dienen und 
nicht alzeit trauwen. 

Ich liebe, was fein ist, 
Ob es schon nicht mein ist 
Vnd mir nicht werden kan, 
So hab ich doch mein I.ust 
daran. 



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337 




t Studentenwohnung de» XVIII. Jahrhundert*. 
Gemaltes SummbuchbUll aui einen Rottocker Studentenjtammbuche ron 1736. 
(Freiherrlich Ton Lipperheideiche Bibliothek ia Berlin.) 



Die Feder klug durch scharf Verstand 
Wirft manchen starken held in sand. 

Siehe, wie vngleich ist hie der lohn. 
Der die Mül treibt hat nichts davon, 
Ob man dan treu ist, was lülfts eim. 
Der das glück hat fürt die braut heim. 

Wer die Tochter haben will, 
Der halt es mit der Mutter. 

Auf menschen hoffen, das thut nichts, 
Auf gott hoffen, das thuts und richts. 

Lass dir kein Ungemach über die Knie zum Heruen 

steigen. 

Freunde in der nodt, 
Freunde in dem todt, 
Freunde hinter dem rücken 
Das sind drei starke brücken. 

Lieben ist leydens anfang, 

Lieben ist leydens fordtgang, 

Lieben ist ein herber trank, 

Wer zu vill genisst den macheu krank. 

Sag mir, soll es woll köstlich sein, 
Wenn man aus goldt trinkt schlechten Wein. 
Mich dünket aber, aus einem glass 
Schmeckt mir de gute web viel bass. 
Z. f. B. 1899.' 1900. 



Disteln und Dornen stechen sehr, 
Falsche Zungen noch viel mehr , 
Lieber in Dornen vndt Disteln baden, 
Als mit falschen Zungen beladen. 

Lust vndt Liebe mm Dinge 
Macht alle arbeit geringe. 

Cuth verlohren, nichts verlohren, 
Muth verlohren, etwas verlohren, 
Ehr verlohren, viel verlohren. 
Gottes Wort verlohren, alles verlohren. 

Frommb, redlich, weiss und mild 
Gehöret in des Adels schild. 

XVII. Jahrhundert. 
(2te Hälfte.) 

Tag und Nacht 

Stürm vnd Schlacht, 

Scharmützel vnd Streit 

Macht gute Soldaten vnd Kriegsleut. 

Wenn du vor hast ein wichtige sach, 
So sehe dich vor vndt thue gemach. 
Mit Eyl soll man nicht heben ahn, 
Was man hernach nicht enden kann; 
Aber im Unglück hab eines Löwen Muth, 
Harr auf Gott, es ward baldt werden guth. 

43 



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338 



Kellen. Ober welche Frauen ist am meisten geschrieben worden? 



Der Wolff endert sein Peltz und Haar, 
Aber nicht die Art und die Jahr. 

Da die Treue war gebohm 
Kroch sie in ein Jägerhorn, 
Der Jäger blies sie in den Windt, 
Daher man sie so selzam findt 

Ein gesunden Bissen, 
Ein guths Gewissen, 
Ein reinen Trunk, 
Ein seeligen Sprung 
Aus diesem Leben 

Woll mir mein Gott aus Gnade geben. 

Tugend hat leider allzuviel neider o 

aber indessen 
Will ich sie dennoch allezeit lieben, 

nimmer vergessen. 
Willst du die Rosen unter den Dornen 

völlig abbrechen, 
Musst du nicht achten, oder betrachten, 

dass sie dich stechen. 

XVIII. Jahrhundert. 

Wohlan I es soll zum Schmausen gehn, 
Ihr Brüder lasst uns ohn Verweilen 
Hin zu Orestes Stube eilen, 
Wo schon die Gläser fertig stehn. 
Ja ja, er kommet schon gegangen 
Uns mit Vergnügen zu empfangen. 
Er kommt, er sieht, er stutzt, er fragt, 
Warum man Sporn und Stiefel trägt? 
Mein Freund! es hat nichts zu bedeuten, 
Wir wollen dich ein wenig reuten. 

O Tübingen! du bist zu bedauern, 
Du hegst in deinen schwarzen Mauern 



Den Gott, der selbst dem Teufel gleicht, 
Philister, die die Pursche prellen, 
Ein Heer verfluchter : Gesellen, 
Das schelmisch durch die Gassen schleicht 

Piano, sprach mein Schatz, 
Die Mutter steht dabey, 
Wenn wir allcinc sind, 
Steht dir ein mehres frey. 

Der vermehrt die Zahl der Weisen, 
Der als Jüngling scherzt und küsst 

Was hilft die beste Welt, 
Es ist doch alles eitel; 
Bald hat der Pursche Geld, 
Bald einen leeren Beutel. 

Vivat der König, mein Mädchen und ich, 
Der König vor alle, mein Mädchen für mich. 

Trinket Brüder, trinkt den Punsch der Britten, 
Schlürft ihn als freye Deutsche ein 
Und lernt, durch Herz, Vernunft und Sitten 
Noch freier, als der Britte sein. 

Ein Mädchen voller Weishcits Gründe 
Hält jeden Kuss für eine Sünde, 
Bis ihm ein Freund gefällt 
Hat dieser sie dann überwunden, 
So sagt sie froh zu allen Stunden i 
Dies ist der Lauf der Welt 

Der Hauptmann von Capcmaum 
Schlug alle Manichäer krumm, 
Und wenn er dieses thut auf Erden, 
Soll er zum Obrist-Lieutoant werden. 



4t 



Über welche Frauen ist am meisten geschrieben worden? 



Von 



Tony Kellen in Rüttenscheidt 



liese Frage hat meines Wissens bis 
| jetzt noch niemand zu beantworten 
versucht, und wenn man sie in einem 
Kreise von Gebildeten stellen wollte, würden 
wohl sehr verschiedenartige Antworten er- 
folgen. Es wäre natürlich auch dem eifrigsten 
Forscher nicht möglich, über die Frage mit 



völliger Sicherheit Aufschluss zu geben, wenn 
man alles Gedruckte berücksichtigen wollte, 
aber naturgemäss kommen hauptsächlich nur 
Buchwerke in Betracht, und hier ermöglichen 
es uns die modernen bibliographischen Hilfs- 
mittel denn doch schon, mit einiger Sicherheit 
eine solche Frage zu beantworten. 



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Kellen, Ober welche Frauen ist 



meiiten geschrieben worden? 



339 



Seit Jahren habe ich eine besondere Auf- 
merksamkeit der Frauenlitteratur zugewandt, 
und dabei kam mir eine sehr wertvolle liiblio- 
graphie zu statten, in der ein „alter Bibliophile" 
eine ausserordentlich grosse Zahl von Werken 
über berühmte Frauen aufführt Den näheren 
Inhalt ersieht man aus dem ziemlich umfang- 
reichen Titel, den ich hier vollständig wieder- 
gebe: 

Manuel de Bibliographie Biographique et d'lcono- 
graphie des Femmes CeHebres contenant: Un diction- 
naire des femmes qui sc sont fait remarquer ä un titre 
quelconque dans tous les siecles et dans tous les pays; 
les dates de leur naissance et de leur mort; la liste de 
toutes Ics monographics biographiques relatives h cha- 
que femme, avec la mention des traductions; l'indica- 
tion des portraits joint* aux ouvrages cites et de ceux 
gravis scparc'ment avec lcsnomsdcsgraveurs; les prix 
auxquels les livres, les portraits et les autographes ont 
ete portes dans les ventes ou dans les catalogues; suivi 
d'un repertoirc de biographies gcncralcs, nationales et 
locales et d'ouvrages concernant les portraits et Ics 
autographes, par um vieux bibliophile. (1892, Turin, 
L. Roux & Cic. Paris, Librairie Nilsson). 

Das Werk, das 30 Fr. kostet, ist nur in 
einer kleinen Zahl numerierter Exemplare er- 
schienen. Auf unbedingte Vollständigkeit macht 
es keinen Anspruch; es ist meines Wissens die 
einzige derartige Bibliographie. Der Heraus- 
geber hat sich aus einem mir unerfindlichen 
Grunde nicht genannt; er scheint ein Italiener 
zu sein, da er zahlreiche italienische Werke 
anführt und sich in den deutschen und franzö- 
sischen Titeln manche Fehler vorfinden. Am 
reichhaltigsten ist die französische Frauen- 
litteratur vertreten, aber auch die deutsche, 
englische und italienische sind keineswegs arm. 
Andere Sprachen sind nur in einer geringeren 
Zald von Werken berücksichtigt worden. 

Im ganzen fuhrt die Bibliographie 2584 
Frauen auf, über die Bücher oder Abhandlungen 
veröffentlicht worden sind. Ausserdem ver- 
zeichnet sie die allgemeinen biographischen 
Werke (Sammlungen von Frauen-Biographien) 
und dann die nationalen und lokalen Frauen- 
Biographien. 

Ausser diesem Werke giebt es noch ver- 
schiedene wertvolle Kataloge über Frauen- 
litteratur, z. B. ein älterer Katalog von Tcchener 
in Paris. Den neuesten Katalog auf diesem 
Gebiete hat der Buchhändler Martinus Nijhoff 
in Haag herausgegeben unter dem Titel: „La 
Femme, Qualites-Travaux-Histoire". Dieses sehr 



gediegen ausgestattete Werk ist eine Arbeit 
des Frl. R. Visscher und erschien aus Anlass 
der nationalen Frauenarbeit- Ausstellung im Haag. 

Ich habe nun mit Hülfe der erwähnten 
Bibliographie und zahlreicher Kataloge zu er- 
mitteln versucht, über welche Frauen am meisten 
geschrieben worden ist Natürlich kommen 
nicht allein Bücher in Betracht; allein es ist 
selbstverständlich nicht möglich, alle in Zei- 
tungen und Zeitschriften erschienenen Artikel 
zu ermitteln. Es giebt ja Frauen, wie z. B. 
Sarah Bernhardt, über die in Tagesblättern 
ungemein viel geschrieben worden ist, so dass 
die Zusammenstellung dieser Artikel viele Bände 
füllen würde, allein der wirkliche Inhalt jener 
Aufsätze würde doch keinen allzugrossen Raum 
einnehmen. Eine eigentliche Biographie der 
Sarah Bernhardt ist mir nur von Sarccy be- 
kannt Die übrigen Werke sind gegen sie 
gerichtete Schriften. Es mag nun auch noch 
einige andere kleine Biographien geben, jeden- 
falls werden nicht viel selbständige Werke über 
die grosse Sarah auf die Nachwelt kommen. 

So verhält es sich auch mit vielen andern 
Frauen, die in Zeitungen und Büchern wohl 
oft als „berühmt" erwähnt werden, über die 
aber in Wirklichkeit nur wenig Bücher und 
längere selbständige Abhandlungen veröffent- 
licht worden sind. 

Ich glaube wohl behaupten zu dürfen, dass 
die meisten Bücher und selbständigen Abhand- 
lungen über Marie-Antoinet/e, Jeanne ä'Arc und 
Maria Stuart geschrieben worden sind. Bei 
den beiden unglücklichen Königinnen sind es 
einerseits geschichtliche Forschungen und Streit- 
schriften und anderseits gewöhnliche Biogra- 
phien, bei Jeanne d'Arc hauptsächlich erzählende 
Werke. 

Die erwähnte Bibliographie führt 189 Werke 
über Marie- Antoinette auf. Man könnte die- 
selben jedoch leicht auf über 200 ergänzen. 
Dabei sind die von einzelnen Schriften erschiene- 
nen zahlreichen Neuauflagen nicht mit gerech- 
net So ist z. B. die „Lettre ecritc de la Tour 
du Temple par S. M. la reine de France, Maric- 
Antoinette, ä madame Elisabeth, soeur de 
Louis XVI", die auch unter dem Namen 
„Testament de la Reine" bekannt ist, sehr häufig 
neu gedruckt worden. Ferner sind die überaus 
zahlreichen allgemeinen historischen Werke, in 
denen auch das Leben und das Schicksal der 



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Kellen, Ober welche Frauen i«t am meinen geschrieben worden? 



340 



unglücklichen Königin geschildert wird, natür- 
lich nicht mit gerechnet. Zahlreiche Briefe, 
Bekenntnisse, Testamente u. s. w. wurden der 
Königin angedichtet. Schon 1790 erschien eine 
erfundene „Correspondance de la reine avec 
d'illustres personnages" (ohne Angabe des Orts 
in Paris gedruckt), und 1793 ein erfundener 
Brief „Lettre de Marie -Antoinctte, reine de 
France, pour etre presentee aujourd'hui ä la 
Convention" (derselbe Brief wurde auch unter 
dem Titel „Vöritable lettre de Marie-Antoinette 
d'Autriche" gedruckt). Ausserdem giebt es eine 
ganze Anzahl gefälschter Schreiben, die von 
Feinden der Königin veröffentlicht wurden. 
Gefälscht sind auch die „Souvenirs de Leonard, 
coiffeur de la reine Marie-Antoinette" (Paris 
1838, 4 Bände), sowie die „Memoires", die Frl. 
R Bertin, die Modistin der Königin, geschrieben 
haben soll. Apokryph sind femer die angeb- 
lich von der Princesse de Lamballe herrühren- 
den „Memoires relatifs ä la famille royale pendant 
la Revolution." 

M me Simon -Viennot hat ein zweibändiges 
Werk veröffentlicht: „Marie-Antoinette devant 
le XIX. siecle" (Paris 1838), in welchem das 
Interessanteste eine Unterredung ist, die die 
Verfasserin mit Rosalie La Morliere, der Köchin 
der Conciergerie, über den Aufenthalt der 
Königin in diesem Gefängnis und die Augen- 
blicke vor ihrer Hinrichtung gehabt hat. Übri- 
gens haben verschiedene Personen, die mit der 
Königin in Verbindung standen, selbst Werke 
über sie geschrieben. So hat einer ihrer Sekre- 
täre, J. M. Augeard, „Memoires secrets" hinter- 
lassen, die Evariste Bavoux herausgegeben hat. 

In mehrere Sprachen wurden die Memoiren 
der M me Campan übersetzt. Grosses Auf- 
sehen erregte das Werk: Journal de cc qui 
s'cst passe ä la Tour du Templc pendant la 
captivitc de Louis XVI. roi de France, avec 
fac-simile de deux portraits, Tun de la main 
de la Reine, et signe" de M. lc Dauphin, de 
madame Royale et de mademoiselle Elisabeth ; 
i'autre aussi de la main de la Reine et de 
madame Elisabeth." Es erschien zuerst 1798 
in London. Uber den Verfasser ist viel ge- 
stritten worden. Clery, der Kammerdiener 
Ludwigs XVI, wurde als solcher betrachtet; das 
Buch soll aber nicht von ihm herrühren. Barbier 
schreibt es der Gräfin de Schömberg zu, Hue 
einem gewissen Muralia. Endlich hat der 



Schriftsteller Gros (Sauveur), Sekretär des 
Prince de Ligne, behauptet, der Verfasser zu 
sein. Der Erfolg des Journal de Clery" war 
so gross, dass da3 Direktorium ein anderes 
Werk, „Memoires de Clery, valet de chambre 
du roi Louis XVI" (1800) dagegen veröffent- 
lichen Hess. Dasselbe ist von einem der 
Kommissäre des Temple, Danjou, verfasst. 
Ck-ry protestierte heftig gegen dieses ihm zu- 
geschriebene Buch in einem im Februar 1801 
in dem „Zuschauer aus dem Norden" (Ham- 
burg) erschienenen Schreiben. 

Sogar der Katalog der Bibliothek der Kö- 
nigin in den Tuilerien wurde 1863 und 1884 
veröffentlicht; ferner hat Lacour speziell den 
„Catalogue de la bibliotheque du boudoir de 
Marie-Antoinette" herausgegeben. 

Über den Halsbandprozess allein giebt es 
eine umfangreiche Litteratur. 

Mehrere Streitschriften gegen die Königin 
sind lediglich obseöne Pamphlete, so: „Lcs 
amours de Charlot (-= Graf von Artois) et de 
Toinette"; „Confession de Marie-Antoinette au 
peuple francais sur ses amours et ses intrigues"; 
„Le cadran des plaisirs de la cour" u. s. w. 
Das Gleiche gilt von dem Werk „Essai histo- 
rique sur la vie de Marie-Antoinette, redige 
sur plusieurs manuscrits de sa main". (Ver- 
sailles 1789, chez la Montansicr). 

Ein amtliches Protokoll über ihren Prozess 
erschien unter dem Titel „Procds criminel de 
Marie-Antoinette de Lorraine, archiduchesse 
d'Autriche, suivi de son testament et de sa 
confession derniere". (Paris, an XI). 

Eine heftige Streitschrift gegen die Königin 
sind die „Essais historiques sur la vie prive'e de 
Marie-Antoinette d'Autriche, pour servir ä son 
histoire" (London 1789 und andere Ausgaben); 
dieses Werk erschien 1789—90 in Oldenburg 
in deutscher Übersetzung. Abgesehen hiervon 
sind die ersten, mir bekannten deutschen Bio- 
graphien der Königin: Leben der Königin von 
Frankreich, Maria Antoinette von Österreich. 
(Hannover 1789) und (L. A. Schubart): Leben 
der Königin Maria Antoinette von Frankreich. 
(Cöln 1789—90. 2 Bände.) 

Eine „Vie de Marie-Antoinette, reine de 
France" erschien 1785 in Hamburg und Braun- 
schweig (Brunnswich!). 

Hier sei auch noch ein eigenartiges Werk 
erwähnt, das einem früher sehr beliebten Genre 



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Kellen, Ober welch« Fi 



341 



angehört: J. F. Gaurn, Marie Stuart und Marie« 
Antoinettc in der Unterwelt (Ulm 1794.) 

Eine merkwürdige Geschichte hat das Werk: 
„Memoires concemant Marie-Antoinette, reine 
de France, archiduchesse d'Autriche, et sur 
plusieurs epoques importantes de la Revolution 
francaise, depuis son origine jusqu'au 16 octobre 
1793, jour de Martyre de sa Majeste\ suivis du 
reeit historique du proecs et du martyre de 
Madame Elisabeth, de l'empoisonnement (sie) de 
Louis XVII. dans la Tour du Temple et de la 
delivrance de Madame Royale, rille de Louis 
XVI, et de quelques evehements ulterieurs, 
par Joseph Weber, frere de lait de cette infor- 
tunce sou veraine, ci-devant employö dans 1c 
ministcre des finanecs de France, et aujourd*hui 
pensionnaire de son Altes.se royale Mgr. le duc 
Albert de Saxe-Teschen". (Londres 1 804 — 1 809). 

Die Einfuhr dieses Werkes in Frankreich 
wurde verboten und mit solcher Sorgfalt ver- 
hütet, dass nur ein Exemplar der Beschlag- 
nahme entging. Nach diesem Exemplar ver- 
öffentlichten die Gebrüder Beaudouin 1822 
einen Nachdruck in 2 Bänden in der Samm- 
lung „Collection des Memoires rclatifs ä la 
Revolution francaise." Der Neudruck wies 
aber viele Veränderungen auf, und dies ver- 
anlasste W£bcr, einen Prozess gegen die Ge- 
brüder Beaudouin anzustrengen. Diese behaup- 
teten, der wirkliche Verfasser des Werkes sei 
der Marquis de Lally-Tollendal, Pair von Frank- 
reich. Es scheint auch, als habe Weber nur 
Notizen für die ersten Kapitel geliefert, wäh- 
rend der erwähnte Marquis nach seinen Erinne- 
rungen und denjenigen des Herzogs von Choiseul, 
sowie andere Schriftsteller die folgenden Kapitel 
geschrieben hätten; der Schluss ist wieder auf 
Grund von Aufzeichnungen Webers abgefasst. 
Wie dem auch sein mag: das Werk ist haupt- 
sächlich für die politische Geschichte wichtig 
und deshalb auch in der „Bibliothequc des 
Memoires rclatifs ä l'histoire de France pendant 
le i8e siede" (Paris, Didot) wieder abgedruckt 
worden. Es wurde auch in das Englische über- 
setzt (London 1805—6). 

Nach Marie-Antoinette hat Jeanne d'Arc, 
die Jungfrau van Orleans, wohl die meisten 
Federn in Bewegung gesetzt Die oben er- 
wähnte Bibliographie zählt über sie 148 Werke 
auf. Dieses Verzeichnis ist übrigens bei weitem 
noch nicht vollständig; hauptsächlich sind die 



populären Werke nur zum Teil angegeben. 
J. BartWlemy de Beauregard hat 1847 in seiner 
„Histoire de Jeanne <TArc" nicht weniger als 
1200 Artikel über die Jungfrau von Orleans 
aufgezählt, die bis dahin über die Heldin ver- 
öffentlicht worden waren. 

Ihr zunächst kommt Maria Sluart, über die 
die erwähnte Bibliographie 142 Werke aufzählt. 
Die ältesten stammen zumeist aus dem Jahre 
der Hinrichtung der Königin (1587), und noch 
jetzt bringt jedes Jahr neue Maria-Stuart-Publi- 
kationen in den verschiedenen Sprachen. Die 
älteste Veröffentlichung ist meines Wissens: 
„Carmen in Francisci, illustrissimi Franciae Del- 
phini, et Mariac Scotorum reginae nuptias". 
Paris 1560. 

Dieses Gedicht rührt von M. l'Höpital her. 
Von den folgenden Werken seien u. a. er- 
wähnt: (F. de Belleforest), L'innocence de la 
tres-illustre et tres-chaste princesse Marie Stuart 
reine d'Ecosse, douairiere de France, oü sont 
refutees les calomnics d'un Iivre secretement 
divulgue en France Tan 1572, touchant la mort 
du sieur d'Arley son epoux etc. Lyon 1572. 

Ein Exemplar wurde 1878 für 350 M. in 
London verkauft. 

Ferner: 

A discoverie of the treasons practised and 
attempted against the Queene's Majestic and 
the Rcalme, by Thomas Throckmorton, who 
was for the same arraigned and condemned in 
Guyld Hall, in the Citie of London, the 21* 
May last past (London) 1584. 

Dieses Werk ist gleichfalls sehr selten und 
wird mit 100 Fr. bezahlt. 

Seltenere Werke sind ausserdem: 

Maria Stuartae supplicium et mors pro fide 
catholica constantissima. Coloniae Agrippinae 
1587. 

Vera relazione della morte di Maria Stuarda, 
regina di Scozia. Perugia 1587. 

Deila morte della regina di Scotia, moglie 
di Francesco II, re di Francia. Vicenza 1587. 

Mort de la royne d'Ecosse, douairiere de 
France, oü Ton voit la procedure de son ex6- 
cution, ses funcraillcs etc. Paris 1589. 

A. Blackwood, Histoire et martyre de la 
royne d'Ecosse, Paris 1589. 

Die beiden letzteren Werke wurden jüngst 
von einem englischen Buchhändler für 450 M. 
angeboten. 



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Kellen, über welche Frauen ist am meisten Beschrieben wottlen? 



342 



Martyre de la roync d'Ecosse, douairiere 
de France. Edimburg 1587. Anvers 1588. 

Execution oder Todt Marien Stuart's Ko- 
nigin aus Schottland, welche den 18. Februar 
1 587 in Engelland enthauptet worden ist. Magde- 
burg 1588. 

O. Barnestaple, Maria Stuarta, Regina 
Scotiae Dotaria Franciae, Haeres Angliac et 
Hybcrniac, Martyr ecelesiae, Innocens a caede 
Damleana: Vindice Oberto Bamestapolio, Ingol- 
stadt 1588. 

Diese Ausgabe wurde für 130 Fr. ange- 
boten. 

Was andere berühmte und berüchtigte 
Frauen betrifft, so gebe ich hier nur von 
einigen derselben die Zahl der Werke an, wie 
die erwähnte Bibliographie sie verzeichnet: 



Ninon de Lenclos 


20 


Werke 


Charlotte Corday 


25 


» 


Heloise 


26 


rt 


Die Herzogin von Berry 


27 


» 


Die Dubarry 


28 




Die Pompadour 


28 


»» 


M— de Sevignc 


31 


'■ 


Katharina von Mcdici 


32 


•• 


Königin Luise 


33 


v 


de Stael 


35 


I» 


Christine von Schweden 


49 


>> 


Marquise de Maintenon 


49 


»' 


Maria von Mcdici 


62 


•' 


Katharina II. von Russland 65 


» 


Elisabeth Tudor 


6<S 


!> 


Maria Theresia 


88 


f» 


Selbstverständlich sind auch diese Zahlen 



nicht als vollständige anzusehen; die Reihen- 
folge dürfte aber annähernd richtig sein. 

Die Zahl der Werke über einzelne Frauen 
aus der Geschichte ist sehr gering; so ver- 
zeichnet die Bibliographie nur 9 Werke über 
Katharina Bora, die Gemahlin Luthers. 

Über die Papstin Johanna ist dagegen viel 
mehr geschrieben worden; in 31 Werken wird 
deren Existenz nachzuweisen gesucht, während 
in 32 Werken dieselbe in das Reich der Fabel 
verwiesen wird. Spanheim in seinem Buche 
„De Papa Foemina" (Leyden 1691) citiertc 
schon damals an 50x3 Quellen, die in hunderten 
von Artikeln über die märchenhafte Päpstin 
berichten. Eine ausführliche Bibliographie über 
die Päpstin Johanna giebt Philomneste junior 
(G. Brunet) in seinem nur in 54 Exemplaren 



gedruckten Werke: „I-a papessc Jeanne"; eine 
Vervollständigung der Brunetschcn Bibliographie 
wurde in diesen Heften versucht (vergl. „Zeit- 
schrift für Bücherfreunde" II. Jahrg. S. 279 fr. 
und 437 ff). 

Auch über Damen, die sich durch irgend 
eine Absonderlichkeit auszeichneten, wie Frau 
von Kriidencr durch ihre Mystik, sind viele 
Schriften veröffentlicht worden. So wurde auch 
über die unglückliche Caroline von Braunsckweig, 
Gemahlin Königs Georg IV. von England (1768 
bis 1821). viel geschrieben. Ausser 28 Werken 
und Übersetzungen zählt die genannte Biblio- 
graphie eine 1889 in I-ondon zur Versteigerung 
gelangte umfangreiche Sammlung von Pam- 
phleten und Bildern auf, die von 1817— 1821 
über den Prozess der Konigin Caroline gedruckt 
worden sind. Über die Königin Caroline Ma- 
thilde von Dänemark (1751—1775) wurde aus 
Anla-ss ihres Verhältnisses zu Strucnsee Zahl- 
reiches veröffentlicht (29 Werke). 

Viele Werke giebt es ferner über einzelne 
heilig oder selig gesprochene Frauen, Gründe- 
rinnen von Orden u. s. w., so über die Hl. Elisa- 
beth (37, aber sehr unvollständig), über die 
Hl. Theresa, über Jeanne-Fraucaise Fremyot 
de Chantal, die Mitarbeiterin des HL Franz von 
Sales (1572 — 1641) u. s. w. Ebenso reichhaltig 
ist die Litteratur über wohlthätige Frauen 
{Elisabeth Fry u. s. w.). 

Dass es unter den Büchern über berühmte 
Frauen auch höchst sonderbare giebt, braucht 
wohl nicht weiter hervorgehoben zu werden. 
Über Maria von Medici hat ein gewisser J. C. 
Frey, der anscheinend nichts Nützlicheres zu 
tliun hatte, eine Lobrede veröffentlicht, in der 
alle Wörter mit der Initiale der Königin, M, an- 
fangen: „Mariae Medicis augustac reginae elogia, 
ex dictionibus, qtiac omnes ab initiali regii nominis 
et cognominis litera M ineipiunt." Paris, 1628. 

Auffällig ist, dass von so vielen berühmten 
Frauen, besonders aber berüchtigten Frauen, 
gefälschte Memoiren, Briefwechsel u. s. w. ver- 
öffentlicht worden sind. Sehr viele Pamphlete 
erschienen gegen die Kaiserin Eugenie, und da 
die meisten derselben in Frankreich besclilag- 
nahmt und vernichtet wurden, dürfte es schon 
heute schwer sein, eine grössere Anzahl der- 
selben aufzufinden. 

Wenn wir zum Schluss eine Reihenfolge auf- 
stellen wollen, so werden wir wohl das Richtige 



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343 



treffen, wenn wir sagen, dass am meisten kommen sodann andere Frauen, die aus irgend 

geschrieben worden ist über Fürstinnen, die einem Grunde berüchtigt wurden und erst in 

durch ihr Unglück berühmt wurden oder durch dritter Linie die Krauen aus gewöhnlichem 

ihre guten oder schlechten Herrschercigen- Stande, die sich durch gute Eigenschaften 

scharten sich hervorthaten. In zweiter Linie ausgezeichnet haben. 

Die dritte Ausgabe des Psalteriums vom Jahre 1457. 

Von 

F. A. Borovsky in Prag. 



as bekanntlich erste, mit der Jahreszahl 
.ind dem Namen des Druckers be- 
_J zeichnete Druckwerk ist das sogen. 
Mainzer Psalterium (richtiger Breviarium) vom 
Jahre 1457, zugleich das künstlerisch hervor- 
ragendste Denkmal der ersten Erzeugnisse der 
Buchdruckerpresse. 

Die sämtlichen, zum grössten Teil mit den 
Typen dieser ersten Ausgabe gedruckten und 
mit denselben herrlichen Initialen ausgestatteten 
Ausgaben dieses Psalteriums sind wiederholt, 
am ausführlichsten von Antonius van der Linde', 
beschrieben worden. Die Ausgabe vom Jahre 
1 5 1 5 allein blieb bis heute nahezu unbekannt. 
Sowohl Brunet als auch Graesse führen sie 
zwar an, doch ist es aus ihrer überein- 
stimmenden Beschreibung ersichtlich, dass 
weder der eine noch der andere ein Exemplar 
dieser Ausgabe gesehen hat Sie zitieren nur 
die Beschreibung des Auktionskataloges der 
Sammlung Tross (versteigert in Paris im No- 
vember 1856). Dieses Exemplar muss jedoch 
defekt gewesen sein, mindestens muss das Titel- 
blatt gefehlt haben. Auch in anderer Richtung 
stimmt die Beschreibung dieses Exemplars 
weder mit dem Pariser, noch mit meinem Exem- 
plare übercin, und es muss entweder die Be- 
schreibung des Kataloges Tross ungenau, oder 
das Exemplar eine andere, sonst unbekannte 
Ausgabe des Psalteriums sein. 



Das einzige bisher bekannt gewordene und 
bibliographisch kollationierte Exemplar der Aus- 
gabe von 1515 ist jenes der öffentlichen 
Bibliothek zu Versailles; dasselbe ist im Kata- 
loge von M. Pellechet 1 genau beschrieben 
worden und stimmt mit meinem Exemplare 
vollkommen überein. 

Das Pariser Exemplar stammt aus dem 
Besitze des bekannten Bibliographen J. P. A. 
Madden, welcher es bereits im Jahre 1874J 
flüchtig beschrieben und der Bibliothek zu 
Versailles geschenkt hat. Diese Beschreibung 
zitiert dann sowohl Linde« als auch F. W. E. 
Roth», doch muss letzterem das Versailler 
Exemplar in M. Pellechets Kataloge entgangen 
sein, da er diese Ausgabe noch unter Johann 
Schöffers „Unechte oder zweifelhafte Drucke" 
einreiht. 

M. Pellechets Kollation ist richtig, nur hat 
sie zwei Fehler in der Paginierung übersehen, 
und zwar folio CXIUI (statt XCIIII) und haupt- 
sächlich auf dem letzten Blatte fo. CXIX (statt 
XCIX); infolge dessen zählt sie 118 Blatt des 
Psalteriums, wogegen dasselbe bloss 98 Blatt 
enthält 6 Die verworrene Foliierung des Hym- 
narius (in meinem Exemplar) ist nur durch 
Unachtsamkeit des Buchbinders, welcher einen 
Bogen schlecht gefaltet hat, verschuldet worden. 

Der Text ist mit Missaltypen (Missale von 
1483) gedruckt, die Versalbuchstaben sind rot, 




1 A. van der Linde, Das Breviarium Moguntinum. Wiesbaden 1884. — » M. Pellechet, Bibliothcquc publique 
de Versailles. Catologue de» ineunable» et des livre» imprimes de MD. ä MDXX. Paris 1S89. S. 255. — i J. V. A. 
Madden. Lettre» d'un bibliographe. 6 scrics. Versailles 1868-86. IIL sene, p. 76. - 4 I. c. S. 49. - S V. W. E. 
Roth, Die Mainicr Bucbdruckerfamilie Schoffer wahrend des XVI. Jahrhunderts. Leipzig 1891. S. 104, So. 9. 
_ 6 cf r . M. Pellechet, 1. c. 



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344 



Norden, Die Anfinge dei Buchdruck* in Russland. 



die Rubriken des Psalteriums rot, die des 
Hymnarius zum Teil rot; die Blatt-Titel (nur 
auf den Rückseiten jedes Blattes) und die 
Klammern im Texte sind rot, die Foliierung ist 
schwarz. Die Überschriften der einzelnen Ab- 
teilungen, besonders im Hymnarius, sind mit 
grosser Psaltertypc (vom Jahre 1457) gedruckt. 

Von den zierlichen Initialen des Psalteriums 
von 1457 kommen (sämtlich rot) vor: grosses 
2) auf foL XX., XXVH v» und LVI. (sieheBeilage), 
grosses (£ auf fol. XLV.v°, kleineres (£ auf fol. 
LIV und im Hymnarius fol. I., kleineres 9t auf 
foL LXXIII. Überdies ein © schwarz auf fol. 
XXXV., dem'© auf fol. LXX des Dresdener 
Exemplars des Psalteriums von 1457 gleich 
jedoch mit einer eingedruckten bildlichen Dar- 
stellung in Holzschnitt. 

Die übrigen Initialen, nahezu nur im Hymna- 
rius, weiss in schwarzen Vierecken, sind in 
Metall geschnitten, zumeist mit Pflanzen-Orna- 
menten, und von zweierlei Grösse: 28x28 mm. 
und 18x19 mm. — Soviel ich feststellen konnte, 
kommen dieselben zum Teil bereits in Titus 
Livius „Römische Historie" vom Jahre 1514 
(Mainz, Joh. Schöffer) vor. 



Die Notenlinien sind gedruckt und zwar 
immer drei schwarz und eine rot. Die Noten 
fehlen. 



Wasserzeichen: goti- 
sches p und die fünfblättrige 
Rose. Im übrigen sei auf 
M. Pellechets Beschreibung 
hingewiesen. 

Abgesehen von dem un- 
richtig beschriebenen und 
verschollenenExcmplar der 




Sammlung Tross ist unser Exemplar das zweite 
bekannt gewordene der Ausgabe von 1515- — 
Da dieses Psaltcrium zum allgemeinen Gebrauch 
bestimmt und auch als „ubique deserviens" be- 
zeichnet ist, so ist es die dritte Ausgabe des 
Psalters vom Jahre 1457', denn die Ausgaben 
aus den Jahren 1459, 1490 und 1516 sind aus- 
schliesslich Benediktiner-Psalter. 

Unser Exemplar ist in jeder Hinsicht vor- 
züglich erhalten und scheint gar nicht in Ge- 
brauch gewesen zu sein. Der Holzeinband ist 
mit rotem Saffianleder (jetzt ganz verschossen) 
überzogen und mit getriebenen, durchbrochenen 
Messing-Ecken und Mittelstücken beschlagen. 



Die Anfänge des Buchdrucks in Russland. 



Von 

J. Norden in Berlin. 



jüngst 



durch die Tagespresse die 



Notiz, dass demnächst, Ah. in i*/, — 2 
Jahren, die beiden ältesten Zeitungen 
Russlands, die russische „St Peter- 
burgskija Wedomosti" und ihre einstige Schwester- 
zeitung, die deutsche „St Petersburger Zeitung", 
das Jubiläum ihres 175jährigen Erscheinens be- 
gehen können. 

Manchen Leser hat das vielleicht gewundert 
Man hätte gewiss am wenigsten erwartet dass zwei 
der ältesten Zeitungen der Welt gerade in Russ- 
land zu rinden sind. Indessen sehr viel älter ist 
dort auch Uberhaupt der Buchdruck nicht, insoweit 
er in den Dienst der Öffentlichkeit gestellt wurde. 
Peter der Grosse, der geniale, weitsichtige Begrün- 
der Neurusslands, war es, der, wie er filr die Ent- 



wickelung des Buchdruckes Sorge trug, so auch 
eine Tagespresse ins Leben rief. Und mit welchem 
Interesse, geht daraus hervor, dass er seine erste 
Zeitung, auf die ich später noch zu sprechen 
komme, nicht nur thatkräftig selbst redigierte, son- 
dern mitunter gar auch ihre Korrekturabzüge las. 

Freilich hatte es in Moskau schon im XVII. 
Jahrhundert eine ständige Druckerei gegeben, deren 
Vorläufer uns sogar ins XVL Jahrhundert führen. 
Aber diese dienten ausschliesslich kirchlichen 
Zwecken. 

Die Jahrhunderte hindurch geübte handschrift- 
liche Verbreitung von Bibeln und religiösen Büchern 
hatte es mit sich gebracht, dass diese von Fehlern 
und wesentlichen Abänderungen wimmelten. Der 
gelehrte und gottesfUrchtige Mönch Maxim Grek 



« L Auigabc 1457, II. Ausgabe 150a und III. Ausgabe 1515. 



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§>altmu Samrim 
rantira et §#ni 

sWiSöffenitm. 
Ms. 




1 
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3 

51 



1 



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K . i . / ' 





Sf cum' s eüm/as Chrifto depromere laucfcs» 
QuecednüPlälres/ cantfcafaaacane. 

Ducit ad aethereos m entern pfalmodu n-atfus j 
E t uehu ad fuperas / pcclora noftra domos • 



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J. Schäften P»»lt«rium tob ijis. TittlblatL 



Ztittckrifi für BüdurJrwwuU K 



Z- Smatky: Dil dritii Auifait dti Ptmltiriumi vom Jährt 



•457- 



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Jfa LXVI 



Jba.CEX. 



SJriröfföönomfot 
ßöca&ejEtriemrio. 
Oonapnäiniml 
roo ruo0 .fralrllum 
ptfmm tiwttm. 
JjKQämrtutißtut 
tniirrctönorpffon: 
DominairüirnrDfo 



l tnlpnnnpmüiDie [inmuro? tuen?, 
ttütutte mein fplcnao:ib3frräi;: crxirrro. 
Jiiraufttmoet [antchiriferß gcnuitc 
nopmiteüttfötticöraffröoö tnercrnum 
"fenm&u o;ommt mr ! ctjif cor t Ii 

OüsaDfjEtriöruiffironfrcgit in Dtrtrrßir 
Xu&tabirunmtämtBimplebit [rege*- 
tatoas: ninPaWt rapita in terra mttn&. 
!*) fOKrmtftnoiabitrr^ffrfafftilrabii 
rapur.ö (onapam'etaiur. 



I. Schöffen Ptalteriom tob ljiy laiiiaU D. 



d by VjOO^IC 



Norden, Die Anfinge des Buchdrucks in Rum Und. 



345 



(•=• Grieche) vom Athos-Kloster, der viele grie- 
chische kirchliche Bücher ins Slavonische übersetzt 
hatte, war es, der bereits dem mosko wischen Gross - 
fdrsten Wassili Joannowitsch geraten hatte, den 
Buchdruck einzuführen, da „die Abschreiber so 
unwissend und so faul wären". Unter dem Nach- 
folger dieses Grossfürsten , dem Zaren Iwan dem 
Schrecklichen, wurde denn auch im Jahre 1548 
der Sachse Schmidt beauftragt, europäische Drucker 
nach Moskau zu bringen, doch Hessen die Inlän- 
dischen Ordensritter sie nicht passieren. Wenige 
Jahre später sandte der dänische König Christian III. 
den Hans Missenheim (alias Blockbinder) in einer 
kirchlichen Mission zum Zaren (es handelte sich um 
einen Unionsplan) und bezeichnete ihn gleichzeitig 
als geeignet, eine Druckerei anzulegen. Wie dem 
auch sei — die erste Druckerei, an deren Spitze 
ein Russe stand, war die des Iwan Fedorow, 
Diakons der Nikolski-Kathedrale. Er druckte im 
Jahre 1564 das erste russische, d. h. kirchen- 
slawonische Buch, eine Übersetzung der Apostel- 
geschichte und der Paulinischen Epistel, die ein 
Holzschnittbildnis des Evangelisten Lukas zierte. 
Es befindet sich jetzt, in silbernem Einbände, in 
der K. öffentlichen Bibliothek zu St. Petersburg 
und bildet einen ihrer kostbarsten Schätze. Ein 
Ilorenbuch folgte im nächsten Jahre; dann aber 
mussten Fedorow und sein Gehilfe Peter Timofejew 
Msttsslawez flüchten; das Volk verfolgte sie als 
Ketzer und verbrannte die „verdammte" Druckerei, 
die man ihnen eingerichtet hatte. Sie wandten 
sich nach Litthauen, wo sie beim Hetman Chodke- 
witsch ein Asyl fanden. In Salustewo, einem 
Schlossgut des Hetmans in der Nahe von Belostok, 
druckten sie dann noch ein „Evangelienbuch" und 
trennten sich hierauf, da Mstisslawez einem Ruf 
nach Wilna Folge leistete, wo er von 1574 — 76 
ein „Altar-Evangelium" und einen „Psalter" druckte. 
Spätere Nachrichten über ihn fehlen. Fedorow 
ging nach der Vereinigung von Litthauen mit Polen 
nach Lemberg und legte hier eine eigene Druckerei 
an. Er führte ein gar mühseliges I -eben, voll Ent- 
behrungen und Enttäuschungen, wie er das selbst 
in der Vorrede zur zweiten Ausgabe der „Apostel- 
geschichte" erzählt, die er dort veranstaltete. Im 
Jahre 1570 forderte ihn der Kiewsche Wojewoda 
Konstantin Ostrohski auf, in Ostrog (Gouv. Wol- 
hynien) eine Druckerei einzurichten, um für Süd- 
russland kirchliche Bücher herzustellen. Fedorow ver- 
pfändete seine Lemberger Druckerei und 140 Exem- 
plare seiner Bücher einem Juden für 411 Dukaten 
und zog nach Ostrog, wo er über 10 Jahre verblieb. 
Hier erschienen 1580 ein „Neues Testament nebst 
Psalter" und eine Bibelausgabe, von der bereits 
im nächsten Jahre eine zweite Auflage notwendig 
wurde. Das „Neue Testament" (in 8 U ) war in 
kleinster Schrift gesetzt und mit dem Wappen des 
Wojewoda geschmückt. Erstaunlich gut war die 



Bibel gedruckt, zweispaltig, in sauberer Schrift. 
Sie war mit einem Vorwort in griechischer und 
slavonischer Sprache versehen. Später kehrte Fe- 
dorow nach Lemberg zurück, wo er seine Druckerei 
nicht auslösen konnte und 1 583 in grösster Armut 
starb. Die Druckerei bestand aber dort noch lange 
fort und wurde im ersten Viertel des XVII. Jahr- 
hunderts nach Kiew in das Höhlenkloster überge- 
führt'. Die Ostrogsche Druckerei erhielt sich bis 
zur Mitte des XV1L Jahrhunderts. 



« s. I. N. Bosherjanow „Istoritschcski Otscherk 
rassischen Druckwesen*"). 
Z. f. B. 1899/1900. 



Wie aber war es mit dem Buchdruck in Moskau 
bestellt seit der Flucht des Fedorow? Nun — von 
1566 — 1589 war nur ein einziges Buch gedruckt 
worden, ein „Psalter", von einem Schüler des 
Fedorow, namens Andronik Timofejew Newesha, 
der sich dabei genau an die „Apostelgeschichte" 
vom Jahre 1564 hielt Von 1589 ab hatte Moskau 
eine ständige Druckerei, die von der Kirchen- 
obrigkeit unterhalten wurde und insbesondere seit 
1620 eine feste Organisation erhielt, sowie auch 
ein eigenes Haus. 

Aber das ganze XVII. Jahrhundert hindurch 
wurden fast ausschliesslich slawonische kirchliche 
Bücher und Schriften gedruckt, darunter auch eine 
sehr schöne Bibelausgabe aus dem Jahre 1663. 
An weltlichen Büchern sind nur zwei bekannt: ein 
Exerzier-Reglement (mit Bildern) aus dem Jahre 
1647, und das Strafgesetzbuch des Zaren Alexei 
Michailowitsch von 1649. Als Kuriosum sei erwähnt, 
dass das erste Abc-Buch (slawonisch natürlich) erst 
im Jahre 1637 gedruckt wurde. Bis dahin waren 
diese Bücher ausserhalb des moskowischen Reiches 
hergestellt worden. Denn es ist nicht zu vergessen, 
dass im westlichen und südwestlichen Russland 
der Buchdruck viel rascher Verbreitung gefunden 
hatte als im moskowischen, wo bis zum XVIII. Jahr- 
hundert in Moskau allein Bücher gedruckt wurden. 
Dabei war die Moskausche Druckerei schon lange 
hinter den Anforderungen zurückgeblieben und be- 
stand z. B. im Jahre 1681 nur aus drei Zimmern 
mit je vier Setzertischen. Auch wurde sehr lang- 
sam gearbeitet. 

Unter solchen Umständen erscheint es nicht 
verwunderlich, dass Peter der Grosse dem Amster- 
damer Jan Tessing die Erlaubnis erteilte, dort eine 
russische Druckerei einzurichten, wie er anderer- 
seits von Amsterdam Drucker nach Russland 
kommen liess. Auch die bürgerlichen russischen 
Schriftzeichen, die er, unter starker Anlehnung 
an die serbischen, aus slawonischen, lateinischen 
und griechischen zusammensetzte, liess er dort 
giessen. Bis dahin hatte man sich nur der alt- 
kyrillischen Lettern bedient, wie sie auch heute 
noch fast ausnahmslos in der kirchlichen Litteratur 
üblich sind. Eigentlich sind sie nichts anderes 



knigopetschatnawo dela" („Historischer Überblick 

44 



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346 



Norden, Die Anfinge de» Buchdrucks in Rutsland. 



als die sozusagen abgeschliffenen und etwas ver- 
einfachten Buchstaben der einstigen Handschriften. 
Das war im Jahre 1705. Inzwischen hatte der Zar 
bereits vier Jahre früher in Moskau eine besondere 
Druckerei-Behörde begründet, bei dem „Monastyrski 
Prikas", der obersten Klosterverwaltungsstelle, an 
deren Spitze der Bojar Iwan Alexejewitsch Mussin- 
Puschkin gestellt wurde. Anton Demy war es, der 
1707 aus Holland mit der neuen Schrift und 
den erforderlichen Pressen nach Moskau herüber- 
kam und mit zwei Gehilfen, Heinrich Silbach und 
Jan Foskul, sofort an die Arbeit ging. 1 Bereits 
im nächsten Jahre erschien das erste Buch in der 
neuen Schrift Es war bezeichnenderweise ein Leit- 
faden der Geometrie, d. h. die Übersetzung eines 
1690 in Augsburg gedruckten Werkes, dessen 
voller Titel hier mitgeteilt werden mag: 

„Slavische Geometrie und Geodäsie im neuen 
Druckverfahren herausgegeben auf Befehl des gottes- 
filrchtigen Grossen Herrn unseres Zaren und Gross- 
fürsten Peter Alexejewitsch, Selbstherrschers von 
Gross- und Klein- und Weissrussland, und zur Zeit 
des edlen Herrn unseres Zarewitsch Alexei Petro- 
witsch in der grossen Residenz- und Hauptstadt 
Moskau im 7216. Jahre seit Erschaffung der Welt, 
seit der Geburt des Heisch gewordenen Wortes 
Gottes aber im 1708., am ersten Tage des Monats 
März." 

Im selben Jahre erschien als zweites Weik 
— ein Briefsteller und Komplimentierbuch. 

Ausser den Genannten war bei der Moskauer 
Druckerei noch ein anderer Holländer beschäftigt: 
der später sehr bekannt gewordene Kupferstecher 
Peter Picart, der Pläne, Risse, mathematische 
Figuren, Illustrationen anzufertigen hatte, wobei 
ihm zwei junge Russen zur Seite standen — Iwan 
Subow und Wassili Tomilow. 

Mittlerweile hatte der Zar seine neue Haupt- 
stadt an der Newa zu bauen begonnen, der er 
nunmehr seine volle Aufmerksamkeit zuwandte. 
So befahl er denn auch 1710 Mussin-Puschkin, 
einen Teil der Druckereigeräte und des Personals 
der Moskauer Anstalt nach St. Petersburg zu sen- 
den, und hier wurde die erste „Typographie", wie 
die Druckanstalten in Russland bis auf den heu- 
tigen Tag noch heissen, im Jahre 171 1 eröffnet. 
Aus Riga und Reval berufene Setzer, Dnicker 
u. s. w. vervollständigten das aus Moskau herüber- 
gekommene Personal. Zum Direktor wurde M. P. 
Awramow ernannt, eine interessante Persönlichkeit, 
die unter Peter dem Grossen und Katharina I. in 
der Entwicklung des geistigen Lebens der jungen 
Kaiserstadt eine sehr hervorragende Rolle gespielt, 
auch unter anderem den Plänen der Begrün- 
dung einer Akademie der Künste und der Wissen- 
schaften nahe gestanden hat. Von Hause aus war 
er Unterbeamter im Moskauer Zeughause, aber ein 
begabter, für alle Wissenschaften sehr empfäng- 



licher Mann, der sich selbst emsig fortbildete. Der 
scharfblickende Reformator Russlands hatte es stets 
verstanden, aus der grossen Masse den rechten 
Mann herauszufinden und ihn an den rechten Platz 
zu stellen. So ward er auch auf Awramow auf- 
merksam und ernannte ihn zum Leiter der ersten 
Staatsdruckerei, bei der, nebenbei bemerkt, auch 
gleich eine Klasse fllr Kupferstechkunst begründet 
wurde und zwar mit einer Abteilung für Akt- und 
Modellzeichnen. Dieser Klasse stand der erst- 
erwähnte Picart vor. 

Eine zweite Druckerei wurde 1720 beim Alexander - 
Newski-Kloster angelegt Sie bestand aber nur bis 
1736. Eines der bekanntesten Bücher, das aus ihr 
hervorgegangen, ist die Prokopowitsche Lese- 
fibel nebst Katechismus. Ausserdem entstanden 
Druckereien noch beim Senat, der höchsten Ver- 
waltungs- und Justizbehörde Peter des Grossen, und 
bei der Marine-Akademie. Alle diese Anstalten wur- 
den 1721 dem Heiligen Synod unterstellt Gleich 
nach dem Tode des Zaren wurden Übrigens die 
geistlichen Druckereien nach Moskau übergeführt, 
dafür aber 1727 bei der neugegründeten Akademie 
der Wissenschaften eine eigene Typographie er- 
richtet. 

Im Laufe der nächsten Jahrzehnte folgten diesen 
ersten Druckereien noch eine ganze Reihe anderer 
in St Petersburg sowohl, wie in Moskau, Kiew u. s. w. 
Sie gehörten stets zum Bestände von allerlei Ober- 
behörden, Akademien und Lehranstalten, waren 
also staatliche Institute. 

***** 

Erst 60 Jahre nach der ersten von Peter dem 
Grossen in der Newaresidenz eröffneten Typogra- 
phie wurde eine private oder „freie" (d. h. privi- 
legierte) Druckerei ins Leben gerufen, und zwar 
von einem deutschen Schriftgiesser, Namens Jon. 
Mich. Härtung. Das war also 1 77 1. Seinem Bei- 
spiele folgte 1772 der Deutsche Weitbrecht, der 
sich mit Schnoor zusammenthat Sie trennten sich 
aber bald wieder, und 1785 sehen wir Schnoor an 
der Spitze einer staatlichen Druckerei für tarta- 
rische, arabische, tschuwaschische Schriftea U. a. 
wurden in ihr drei Ausgaben des Korans her- 
gestellt 

Wiilirend nun auch späterhin die Privatdrucke- 
reien, namentlich St Petersburgs, vornehmlich in 
Händen von Deutschen waren, wie Breitkopf, 
Gök, Meyer u. s. w. — gab es andererseits wieder- 
holt russische Druckereien im Auslande. Ausser 
der Tessingschen in Amsterdam, die sich nicht 
lange hielt bestand eine kurze Zeit eine in Danzig. 
Einer der Faktoren Tessings wollte nämlich mit 
dem Inventar einer Druckerei nach Moskau gehen, 
fiel aber (1708) in Danzig den Schweden in die 
Hände, die ihn zwangen, verschiedene Flugschriften 



» *. Pekarski „Nauka i I.iterature" („Wissenschaft und I.itteratur") «ind I. Karamyschcvr „Kratkija istoritsches- 
kija Sswcdcnja 0 petersburgskich Tipografijach" („Kurie historische Daten über die Petersburger Typographien"). 



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Norden, Die Anfing« de« Buchdruck» in Russland. 



347 



für das russische Volk zu drucken. Dann bestand 
im Jahre 1735 m Halle die Druckerei eines ge- 
wissen Simon Todorski, der dort mehrere pie- 
tistische Schriften in nissischer Übersetzung heraus- 
gab. Ein Exemplar der „Vier Bücher vom wahren 
Christentum" befindet sich inderK.öffenüichen Biblio- 
thek. Es zeigt auf dem Titelblatt eine sehr devote 
handschriftliche Widmung an einen Baron von Ende. 
Ebenso wenig bekannt dürfte sein, dass die Russen 
während des siebenjährigen Krieges längere Zeit hin- 
durch in Königsberg zwei Zeitungen herausgaben, 
eine in französischer Sprache : „Gazette de Königs- 
berg", eine andere, die 1758 — 60 erschien, in 
deutscher: „Königsbergische Staats-, Kriegs- und 
Friedens-Zeitung". Es sind grösste bibliographische 
Seltenheiten; nicht einmal die K. öffenüiche Biblio- 
thek besitzt Exemplare. Sie zeigten beide das 
russische Staatswappen mit dem Adler. Auch in 
Paris gab es im letzten Jahrzehnt des vorigen 
Jahrhunderts eine russische Druckerei; sie gehörte 
einem gewissen Peter Dubrowski, der u. a. einen 
„Russischen Plutarch" herausgab, d. h. Biographien 
berühmter russischer Männer. 

Die Erscheinung, dass russische Grandseig- 
neurs zu ihrem Privatvergnügen eigene Druckereien 
unterhielten, die nicht einmal immer einer staat- 
lichen Aufsicht unterworfen waren, ist im vorigen 
Jahrhundert gar nicht selten gewesen. Besonders 
bekannt waren die Druckereien des Grafen Grigorji 
Orlow, des so schwer geprüften Professors und 
Journalisten N. I. Nowikow, des Brigadiers Rach- 
maninow, vor allem die des Gutsbesitzers und 
Gouverneurs von Wladimir, Nile. Jerem. Struiski, 
der sich mit Luxusausgaben, u. a. auch von eignen 
Gedichten, auf Seide und in kostbarsten Schrift- 
zeichen geradezu ruinierte. Der Geist des Zeit- 
alters der grossen Katharina brachte solche Lieb- 
habereien mit sich. Nach ihrem Tode wurden nicht 
nur alle derartigen, sondern auch die gewerblichen 
Privatdruckereien geschlossen, und erst Alexander I. 
gab sie wieder freu 

Es würde zu weit führen, über die russischen 
Drucke, die gebräuchlichsten Schriften — die latei- 
nische Schrift führte ebenfalls schon Peter der 
Grosse im Jahre 17 14 ein — , über illustrative 
Ausstattung u. s. w. sich hier auszulassen. Für 
dieses Mal sei nur noch kurz der Entwickelung 
des Zeitungswesens gedacht, das, wie schon be- 
merkt, abermals der Zar-Reformator eifrig förderte. 

Im Moskauer Archiv des Ministeriums des Aus- 
wärtigen ist unter anderen kostbaren Handschriften 
ein Exemplar jener unter dem Namen „Kuranty" 
(= „courants") auch am Zarenhof für den Fürsten 
und die obersten Beamten hergestellten Neuigkeits- 
Flugblätter zu sehen. Es stammt aus dem Jalire 
1621. Und noch das ganze Jahrhundert hindurch 
gab es in Moskowien keine andere Art „Zeitung" 
als solche. Da war es, wie gesagt, Peter der Grosse, 



der nach seiner Rückkehr aus dem Auslande be- 
schloss, seinem Volke eine richtige, regelmässig er- 
scheinende Zeitung zu bieten. Im Dezember 1702 
erliess er die Verfügung, und bereits am 2. Januar 
1 703 erschien die erste Nummer der „Nachrichten 
über militärische und andere Ereignisse, die des 
Wissens und der Erinnerung werth sind und sich 
im Moskowischen Reich und den Nachbarländern 
zugetragen haben" — wie der lange Titel dieses 
ersten russischen periodischen Pressorgans lautete. 
Der Zar nahm solches Interesse an der Sache, 
dass er eigenhändig in holländischen Zeitungen 
anstrich, was für die „Nachrichten" („Wedomosti") 
benutzt werden sollte, und Korrekturabzüge las, 
von denen einige Exemplare in der Moskauer 
Synodalbibliothek aufbewahrt werden. Das Blatt 
erschien in einer Auflage von 1000 Exemplaren, 
und wie sehr es einem Bedürfnis entsprach, geht 
daraus hervor, dass viele, die selber es nicht kaufen 
konnten, sich Kopien davon anfertigten, soweit sie 
die altkyrillischen Schriftzeichen kannten, in denen 
die Zeitung anfänglich und zwar bis zum Jahre 
17 10 gedruckt wurde. Der erste Jahrgang bestand 
aus 39 Nummern und die beiden einzigen voll- 
ständigen Exemplare dieses Jahrgangs gehören der 
K. öffentlichen Bibliothek zu St. Petersburg. Durch- 
gängig bürgerliche Schrift wurde erst seit 171 7 
benutzt Interessant ist auch, d.iss von 1 7 1 1 an die 
Zeitung abwechselnd in Moskau und St. Petersburg 
erschien. Einige der Petersburger Nummern aus 
dem Jahre 1 7 1 4 zeigen eine ziemlich rohe Vignette, 
die Peterpaulsfestung an der Newa, darüber einen 
fliegenden Merkur. Seit 1 7 1 9 wuchs der Umfang 
einzelner Nummern auf 22 Seiten. 

Mitte der zwanziger Jahre des XVIII. Jahrhun- 
derts hörte diese Zeitung zu erscheinen auf. An 
ihre Stelle trat eine zweisprachige (russisch-deutsche) 
St Petersburger Zeitung, die zuerst von der Aka- 
demie der Wissenschaften redigiert, dann aber von 
ihr verpachtet wurde. Bald wurde übrigens in jeder 
Sprache eine besondere Ausgabe veranstaltet Doch 
rechnet die heutige deutsche „St. Petersburger Zei- 
tung" ihre Existenz von jener Zeit ab, wo das da- 
mals wöchentlich zweimal erscheinende kleine Qua- 
dratblättchen von vier Seiten deutschen und russi- 
schen Paralleltext hatte. Wenn ich nicht irre, 
datiert aber das Schwesterblatt, die „St Peter- 
burgskija Wedomosti", ihre Gründung bis in die 
Anfänge jenes ersten Petrinischen Organs zurück. 
Weit jünger sind die „Moskowskija Wedomosti", 
die am 26. April 1756 zum ersten Mal erschienen. 

Ausser diesen Zeitungen in den beiden Resi- 
denzen gab es, wenn wir von einigen Flugblättern 
und Revuen unter Katharina II. absehen, sowie 
von den Organen, die im ersten Viertel unseres 
Jahrhunderts die neugegründeten Ministerien für 
eigene Zwecke herausgaben, bis zum Jahre 1825 
keine weiteren; in diesem Jahre rief N. I. Gretsch 
die seinerzeit so berühmte „Ssewemaja Ptschela" 
(„Die nordische Biene") ins Leben. 



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Die grossen deutschen Antiquariate. 
Das Baersche Antiquariat in Frankfurt am Main. 

Von 

Richard Däschncr in Frankfurt a. M. 



m 



|eubauten und Umzüge von öffentlichen 
Bibliotheken sind in unseren Tagen 
keine Seltenheit mehr; wir besitzen in 
Fachzeitschriften und Monographien eine statt- 
liche Litteratur über dieses Thema. Dass aber 
ein Antiquariat ein Gebäude für seine Zwecke 
entwirft und errichtet, ist meines Wissens 
noch nicht dagewesen; der Neubau, den die 
Buchhandlung Joseph Baer & Co. in Frankfurt 
a. Kl soeben ausgeführt hat, wird daher in 
vielen Beziehungen vorbildlich werden und dürfte 
über die Fachkreise hinaus die Bücherfreunde 
interessieren. So sei es denn gestattet, einiges 
darüber aus dem Material mitzuteilen, das 
die Herren S. L. Baer und Architekt H. Bech- 
told mir in freundlicher Weise zur Verfügung 
gestellt haben. 

Die Buchhandlung 
Joseph Baer&Co.,deren 
Gründung auf das Jahr 
1785 zurückgeht, be- 
wohnte seit 1860 das 
Haus an dem Ross- 
markt, das allen Biblio- 
philen, die der Weg 
nach Frankfurt führte, 
wohl bekannt ist. Die 
zwei grossen Säle 
mit Holzgallerien und 
Oberiicht und das ge- 
räumige 1 linterhaus 
mit den vielstöckigen 
Magazinen schienen 
wohl beim Einzüge für 
die Ewigkeit auszu- 
reichen; aber im Laufe 
derZeit wuchsen Lager, 
Betrieb und Personal 
immer mehr an, und 
wer die Herren Baer 
in den letzten Jahren 
besuchte, wird sich der 
zwar malerischen, aber 
immerhin unheimlichen 




Antiquariate-Buchhandlung Joseph Baer & Co. 
in Frankfurt a. M. 



Wälle von Büchern erinnern, welche aus Mangel 
an Raum auf Tischen, Stühlen und Fussböden 
aufgestapelt waren und jedem die Frage ent- 
lockten: „Wie finden Sie sich hier zurecht?" 
Diese Frage mögen sich die Herren wohl selbst 
zuweilen vorgelegt haben, und sie führte zu 
dem Entschlüsse, das alte Haus zu verlassen 
und einen Neubau zu errichten. 

Als besonders geeignet wurde im Februar 
1898 ein Grundstück in der Hochstrasse er- 
worben, das in der Nähe der Senckenbergi- 
schen Gesellschaft, wenige Schritte von Frank- 
furts grösstem Klub, dem Bürgerverein, liegt 
Der Bau wurde dem Architekten und Bau- 
unternehmer Herrn H. Bechtold übertragen, 
der die Pläne ausführte und die Arbeit so be- 
förderte, dass schon im April 1899 der Umzug 

beginnen konnte. 

Die Büchervorräte, 
welche zu transpor- 
tieren waren, bildeten 
in laufenden Metern 
eine Reihe von rund 14 
Kilometern und wurden 
auf gegen 600000 Bän- 
de geschätzt. Die Auf- 
gabe bestand darin, 
diese Büchermassen 
binnen kürzester Zeit in 
richtiger Ordnung auf 
die ihnen bestimmten 
Regale zu überführen, 
und zwar ohne den Ge- 
schäftsbetrieb zu stö- 
ren, der bei dem Um- 
züge nicht stocken 
durfte. Dies wurde in 
der Weise bewerk- 
stelligt, dass die ein- 
zelnen Fachabteilungen 
nach laufenden Metern 
abgemessen wurden 
und auf den Plänen des 
neuen Gebäudes ihren 



Dischncr, Die grossen deutschen Antiquariate etc. 



349 




Platz angewiesen bekamen. Der Transport 
geschah in zwei Möbelwagen, von welchen 
der eine im alten Hause gefüllt, während der 
andere im Neubau entleert wurde. Im Durch- 
schnitt wurden täglich sechs Fuhren bewältigt, 
im ganzen nahe an 200 Fuhren im Gesamt- 
gewichte von gegen 12000 Zentnern. Die Ver- 
packung geschah in flachen, offenen Kisten mit 
starken Leisten als I landhabe : dieselben fassten 
vier Oktav- oder zwei Quartreihen, wogen ge- 
packt durchschnittlich I */i Zentner und konnten 
bequem von geübten Lastträgern auf dem Nacken 
in den Wagen hinunter und in den Neubau hin- 
auf getragen werden. Je 30—40 solcher Kisten 
wurden numeriert, der Reihe nach mit den von 
den Regalen in Ordnung herabgenommenen 
Büchern gefüllt und im Neubau in derselben 
Ordnung wieder entleert, sodass jedes Buch 
gleich an seinen Platz kam. Auf diese Weise 
ging alles ohne nennenswerte Stockung von 
statten, und die riesige Arbeit konnte in genau 
zwei Monaten bewältigt werden. 

Besuchen wir nun das neue Haus, so finden 



& Co. in Fr.nkfun «. M. 



wir einen Bau im Renaissancestil, dessen weisse 
Sandstein-Facade weniger durch Ornamentik 
als durch harmonische Maasse wirken will. 
Die breiten Fensterreihen zeigen deutlich das 
Bestreben, soviel Licht als möglich hineinfluten 
zu lassen. Über der Thüre ist als Wahrzeichen 
ein offenes Buch mit dem Merkurstab und der 
Jahrzahl der Gründung 1785 in den Stein ge- 
meisselt. Wenn wir die Schwelle überschreiten, 
so befinden wir uns in einem Laden von gegen 
168 Quadratmetern, der zum grössten Teil 
dem Sortiment eingeräumt und durch eine 
grosse Treppe mit dem Hauptgeschoss ver- 
bunden ist Diese Treppe und der mittlere 
Teil des Ladens werden durch ein riesiges 
Oberfenster erleuchtet, das A. Lüthi meister- 
haft gemalt hat, und das ein warmes, stim- 
mungsvolles Licht auf die langen Bücherreihen 
herabsendet. Wir steigen hinauf und gelangen 
in einen Saal von 80 Quadratmetern, in dem 
auf Mittelgeschosshöhe Gallerien angebracht 
sind. Hier ist der Sammelplatz der Frank- 
furter Bücherfreunde. In breiten Schaukästen 



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Dischner, Die grossen deutschen Antiquariate etc. 



liegen unter Glas die Cimelien des Hauses aus: 
Manuskripte mit Miniaturen, Pergamentdrucke, 
kostbare Einbände, Autographen und Stiche. 
An den Wänden stehen die Holzschnittbücher, 
die livres ä figures der Franzosen und die 
Standard books der Engländer; die eine Seite 
ist ganz mit Tafelwerken in Folio bedeckt. Es 
fehlen nicht die notwendigsten Nachschlage- 
bücher, Monogrammenlcxika und Kunstreper- 



chitcktur und Kunstgewerbe eingerichtet und 
mit hohen Regalen versehen, welche die grössten 
Tafelwerke bequem aufnehmen können. 

Das zweite Obergeschoss erwartet mehr 
den Besuch des Gelehrten als den des Bücher- 
liebhabcrs. Hier füllen die Regale in Magazin- 
system den ganzen Raum aus, überall das von 
drei Seiten und von oben einfallende Licht 
durchlassend. Die Bücher sind. nach Materien 




torien, und bequeme Sessel laden zum Verweilen 
ein und zum Vertiefen in die dargebotenen 
Schätze. 

Auf den Gallericn, zu welchen eiserne Wen- 
deltreppen führen, fällt uns eine lange Wand 
von Inkunabeln auf, sowie eine Abteilung Ma- 
nuskripte. Daneben stehen die Fächer, die 
den Sammler am meisten interessieren: bildende 
Kunst, Numismatik und Genealogie und — sehr 
bezeichnender Weise — Americana. Ein ge- 
schlossener Raum ist für die Werke über Ar- 



geordnet und zur bequemen Durchsicht auf- 
gestellt. Dasselbe Regalensystem herrscht im 
Dachgeschoss, nur sind die Bücher dort nach 
den Eingangsnummern geordnet und gelegt 
Alle diese Räume sind für die Aufnahme 
von Büchern bestimmt. Die Arbeitszimmer be- 
finden sich im Erdgeschoss in unmittelbarem 
Anschluss an den Laden: in der Mitte das 
Kabinet des Chefs, links davon das Zimmer 
für die Katalogarbeiten, in dem der Zettel- 
katalog des Lagers eine ganze Wand einnimmt, 



d by vj 



Stephen*, Gladstone als Bibliophile. 



35« 



während die anderen Wände von der biblio- 
graphischen Handbibliothek bedeckt werden; 
rechts befinden sich die Korrespondenz, die 
Buchhalterei und die Expedition. Für die Sen- 
dungen an Bibliotheken ist noch ein besonderer 
Raum im ersten Stock eingerichtet. Alle Stock- 
werke sind durch eine feuersichere Treppe in 
Monier- Konstruktion verbunden, ausserdem 
durch einen Aufzug für Bücher, der in den Pack- 
räumen im Souterrain mündet; in diesem sind 
auch der Verlag und die vielbändigen Zeit- 
schriften und Serienwerke untergebracht worden. 

Auf Feuersicherheit musste bei einem sol- 
chen Raum besonderer Wert gelegt werden. 
Alle Decken, der Dachboden eingeschlossen, 
sind in eisernen Trägern mit Betonkonstruktionen 



ausgeführt und werden von eisernen Säulen 
getragen, die mit Gipsmänteln feuersicher um- 
hüllt sind. Sämtliche Räume werden elektrisch 
beleuchtet und durch Niederdruck - Dampf- 
heizung erwärmt, die aus dem Nebenhause 
herübergeleitet wird. Dass Haustclephone die 
Arbeit in dem grossen Gebäude vereinfachen, 
braucht kaum erwähnt zu werden. 

So sehen wir uns einem grossen, vorneh- 
men, auf breiter Grundlage angelegten Getriebe 
gegenüber, das aus dem Vollen in geregelter 
Weise arbeitet und in dem uns ebenso sehr 
wie die im Laufe der Jahre angehäuften Bücher- 
massen der von Generation auf Generation 
vererbte Schatz an Erfahrung und Wissen an- 
zieht, der hier aufgespeichert liegt. 



3fc 



Gladstone als Bibliophile. 



Von 



J. G. Stephens in London. 



P7"ög?B|cr alte Gladstone oder wie sogar viele 
K RSr ö seiner Gegner in England ihn nennen 

*4/M S ran d mat »" >n seinen 

ff Bafel früheren Jahren als eifriger Büchersammler 
allgemein bekannt Wenngleich in seiner letzten 
Lebenszeit das eigentliche Sammeln so gut wie 
aufhörte, so blieb er doch ein Blicherfreund und 
Liebhaber bis zu seinem Ende. Nichts war ihm 
schrecklicher als der Gedanke, dass seine Biblio- 
thek dereinst aufgelöst werden könnte. Schon aus 
diesem Grunde allein, aber vielleicht noch mehr, 
um künftigen Generationen zu dienen, hatte Glad- 
stone testamentarische Verfügungen Uber die Er- 
haltung und Fortführung dieser Bibliothek getroffen. 

Einen interessanten Einblick in seine An- 
schauungsweise gewährt uns ein Schreiben, das 
der gTeise Staatsmann kurze Zeit vor seinem Tode 
an den bekannten Buchhändler und Antiquar 
Bernhard Quaritch in London richtete. Der be- 
sagte Brief befindet sich in Facsimile in dem von 
Qu;iritch herausgegebenen Nachschlagewerk „Bei- 
träge für ein Lexikon der englischen Büchersammler" 
abgedruckt 

Unter Beifügung von Kommentaren, die zur 
Charakteristik eines so bedeutenden Mannes wie 
Gladstone sicherlich willkommen sein dürften, 
mögen einige Anführungen aus dem ziemlich langen 
Briefe hier folgen. Gladstone schreibt: 

„Mein lieber Herr Quaritch. Das Regiment der 
Büchersammler bedarf keiner Rekruten; und selbst 



wenn seine Reihen spärlich besetzt sein sollten, 
so hege ich doch Zweifel, ob ich mich jetzt noch 
zur Anwerbung eigne. Ich bin seiner Zeit Käufer 
von 35000 Bänden gewesen und habe daher den 
quantitativen Versuch erprobt; aber ich fürchte, 
weiter nichts. Meiner Ansicht nach muss ein 
Büchersammler folgende sechs Eigenschaften be- 
sitzen: Appetit, Müsse, Reichtum, Kenntnisse, selb- 
ständiges Fachurteil und Ausdauer. Hiervon be- 
sitze ich nur zwei, und zwar die erste und letzte 
Eigenschaft, welche aber zur Sache nicht die wich- 
tigsten sind . . ." 

Teils war der Verfasser der obigen Zuschrift zu 
bescheiden, teils spannte er seine Ansprüche zu 
hoch. Die nötigen Kenntnisse besass Gladstone 
sicherlich, und ebenso war er wohl im Stande, 
durch sein bedeutendes Vermögen sich dieser Spe- 
zialliebhaberei widmen zu können. — In den nun 
folgenden Zeilen beklagt sich der greise Gelelirte 
und Forscher über sein immer mehr versagendes 
Augenlicht und bezeichnet diesen Umstand als den 
Hauptgrund, weshalb er sich fast vollständig vom 
Bücherkaufe zurückgezogen habe. Im übrigen be- 
absichtige er, seine Bücher einem in Hawarden zu 
gründenden Institut (mit geistlichem Charakter) zur 
Errichtung einer Bibliothek zu schenken. Die wenigen 
Werke, die er als Privateigentum zurückbehalten 
wolle, dürfte Herr Quaritch in seinem Lager kaum 
eines Blickes würdigen, viel weniger noch sie der 
Aufnahme für wert halten. 



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Stephen», Ghubtone als Bibliophile. 



Diese Äusserung lässt darauf schliessen, dass 
Quarilch sich erboten hatte, solche Werke aus 
der Bibliothek Gladstones zu erwerben, welche 
nicht für die neue Gründung bestimmt waren. 
Der alte Gladstone war äusserst genau, ein Fuchs 
und ein sehr guter praktischer Geschäftsmann. Zwei 
gewiegte Kenner ersten Ranges traten sich hier 
gegenüber. 

Der Buchhändler James Stillie, der 1893 in 
Edinburg verstarb und mit einer gewissen Berech- 
tigung als das letzte Bindeglied zwischen Walter 
Scott und der heutigen Generation galt, berichtete 
häufig, wie scharf und schneidig Gladstone im 
Buchhandel verfahre, wie er auf Heller und Pfennig 
seinen Diskont verlange und wie schwer es über- 
haupt sei, ihm ein Buch zu verkaufen. Ergänzend 
erzählt Lord Roseberry, dass er stundenlang mit 
Gladstone bei Stillie habe zubringen müssen, weil 
die Passion des ersteren eine sehr heftige war. 
Plötzlich aber — mitunter sogar ohne etwas zu 
kaufen — raffte sich Gladstone mit dem Entschlüsse 
auf: „Ich muss machen, dass ich fortkomme, oder 
ich ruiniere mich " 

Stillie hatte seine Lehrzeit bei der Firma Ballan- 
tyne & Co. vollendet, deren Teilhaber zu seinem 
Unglück bekanntlich Walter Scott geworden war. 
Dieser behielt aber bis zu seinem Lebensende 
eine grosse Zuneigung Air den jungen Stillie, der 
sich alsdann als selbständiger Buchhändler in Edin- 
burg etablierte. 

Eine kleine Einschränkung des Ausspruchs, 
dass Stillie das letzte lebende Bindeglied zwischen 
Walter Scott und der Gegenwart darstellte, ist 
übrigens bis vor kurzem vorhanden gewesen und 
zwar in der Person der im Oktober d. J. ver- 
storbenen Miss Skene. Sie genoss sowohl als 
Schriftstellerin wie in jeder anderen Hinsicht einen 
ausgezeichneten Ruf. Ausser mit Gladstone stand 
sie auch mit vielen ersten Kapazitäten des Iandes 
in regem Verkehr, so namentlich mit allen Schrift- 
stellern von Bedeutung. Nach dem Verlust seines 
Vermögens hatte der grosse Dichter Zuflucht in 
dem Hause ihres Vaters gefunden, und hier war 
es, wo Walter Scott mit Erheiterung den Märchen- 
erzählungen der jungen Miss Skene zuhörte. In 
den für seinen Enkel geschriebenen „Tales of a 
grandfather" finden sich viele Anklänge an Miss 
Skenes Erzählungen. 

Eingangs ist bereits erwähnt worden, dass Glad- 
stone eine grössere Bibliothek in Hawarden er- 
richtet zu wissen wünschte. Dieser Wunsch ist 
nunmehr einen bedeutenden Schritt näher gerückt, 
denn am 5. Oktober wurde in Hawarden, dem 
Landsitz der Familie Gladstone, durch den Herzog 
von Westminster der Grundstein zu der Gladstone 
Memorial Library gelegt Der Bau, für den 200000 
Mark vorhanden sind, wird sich im gotischen Stil 
erheben und unmittelbar neben der früheren Biblio- 
thek aufgeführt werden, die den Grundstock 
zu der neuen Sammlung bilden soll. Diese hat 
durch freiwillige Zuwendungen schon recht erheb- 



liche Vermehrungen erlangt. Selbstverständlich 
wird der einheitliche Charakter der Bibliothek auch 
fernerhin gewahrt bleiben. In der Hauptsache wird 
demnach die Sammlung nur Werke klassischen, 
archäologischen und geschichUichen, vor allem aber 
überwiegend theologischen Inhalts aufweisen. 

Bezeichnend genug trägt der aus grauem Granit 
hergestellte Grundstein die nachstehende Inschrift: 
„In diesem, von einer dankbaren Nation zur Er- 
innerung an ihn errichteten Gebäude wird die 
Bibliothek von William Ewart Gladstone aufbewahrt, 
der, ebenso bedeutend als Theologe wie als Staats- 
mann, diese Sammlung zum Fortschritt theologi- 
scher Gelehrsamkeit begründete." Es bedarf kaum 
der Erwähnung, dass die genannte Inschrift ganz 
im Geiste und Sinne Gladstones abgefasst wurde. 
Eine seltsame Fügung war es, dass einen Tag nach 
dieser Grundsteinlegung, d. h. am 6. Oktober, die- 
jenige Bibliothek thatsacblich eröffnet wurde, für 
deren Zusammenhaltung — nächst seiner eignen — 
Gladstone sich am meisten interessiert hatte. Es 
ist dies die jetzige Rylands- Bibliothek (Biblio- 
theca Spenceriana oder Althorp-Bibliothek). Diese 
BUchersammlung war bekanntlich schon zur Ver- 
steigerung angesetzt, aber im letzten Augenblicke 
erstand sie Mrs. Ryland en bloc für 5 Millionen 
Mark und schenkte sie der Stadt Manchester. Die 
Zahl der Bände beträgt jetzt 80000, und wie alle 
Kenner wissen, befinden sich darunter viele hundert 
Werke allerersten Ranges. 

In welcher Weise die Bibliothek Gladstones 
zusammenkam, hören wir am besten von ihm 
selbst in dem zweiten Teil des oben erwähnten 
Schreibens : 

„Das älteste Buch, das ich habe — d. h. 
das am längsten in meinem Besitz ist — wurde 
mir persönlich von Mrs. Hannah Moore geschenkt. 
Es ist ein Exemplar ihrer Sacred Dramas, gedruckt 
181 5 und mir als Kind vor 81 Jahren gegeben. 

„Meine Einkäufe begannen einige Jahre später, 
und habe ich cjann in Eton schon viel und allerlei 
Bücher gesammelt. Zu jener Zeit erhielt ich von 
Mr. Hallam die Constitulional History geschenkt, 
die bekanntlich noch heute als mustergiltiges Werk 
gilt Der junge Hallam war mein bester Freund. 
Tennyson verehrte mir alsdann sein so berühmt 
gewordenes Bach In Memoriam, das die Toten- 
klage auf den jungen Hallam enthält..." Die im 
vorigen Jahre erschienene Biographie „Alfred Ixird 
Tennyson", von seinem Sohne herausgegeben, ent- 
hält namhafte Beiträge aus der Feder Gladstones. 

Dieser fährt dann weiter fort: „In den zwan- 
ziger Jahren habe ich noch sehr theuer eingekauft, 
aber die enorme Entwicklung des antiquarischen 
Buchhandels hat mir das weitere Sammeln sehr 
erleichtert. Nur in einem Punkt hat sich fiir den 
Liebhaber ein Nachteil in England ausgebildet 
Dies betrifft den Einband. Er ist nicht nur 
theurer und schlechter geworden als er vor 70 
bis 80 Jahren war, sondern er erschwert heute 
auch das leichte Aufschlagen eines Buches. Meine 



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3S3 



französischen und italienischen Bücher bilden in 
letzterer Hinsicht einen günstigen Kontrast gegen 
die englischen Werke. Ich zeigte kürzlich einem 
Freunde ein Exemplar der Original-Oktav-Ausgabe 
von Walter Scotts Romanen (bis zu Quentin Dur- 
ward) in halb Marokko gebunden mit Goldschnitt 
Er taxierte den Einband auf vier Schilling, während 
der Buchbinder mir zur Zeit, als ich in Oxford 
war, hierfür nur zwei Schilling berechnete..." Man 
ersieht aus diesen Äusserungen, dass Gladstone 
sich für alle Bucherangelegenheiten ein frisches 
Gedächtnis bewahrte und in seinen Aufzeichnungen 
ausserdem die peinlichste Sorgfalt beobachtete. 

Er fährt fort: „Da beim Sammeln die Quan- 
tität meine stärkste Seite war, so kann ich wohl, 
ohne andere Sammler zu beleidigen, einen Ver- 
gleich zwischen Quantität, und Qualität ziehen. Ich 
habe in London einen Freund, der sich zu seinem 
wirklichen Gebrauch und Bedarf eine Bibliothek 
von 20000 Bänden anschaffte. Diese Kollektion 
sollte zum Verkauf kommen, und es wurde ihr Wert 
von einem Fachmanne auf zwei Schillinge pro 
Band im Durchschnitt taxiert Fast zu der näm- 
lichen Zeit wurde eine Bibliothek verkauft, die an 
Zahl nur sehr klein war, aber im Durchschnitt 
brachte der Band 120 Mark . . . 

„Obgleich ich nur ein ärmlicher Sammler bin, 
so besitze ich doch einige Spezialitäten. Eine 
hiervon will ich erwähnen. Ich häufte mehr als 
dreissig verschiedene und seltene Bearbeitungen von 
dem Book of Common Prayer auf Mehrere dieser 
Werke hatten Vorreden, die etwa folgendermassen 
lauteten: ,Das Prayer Book ist ausgezeichnet, aber 
es besitzt einige Fehler. Sobald letztere entfernt 



werden, erscheint eine allgemeine Anerkennung 
unzweifelhaft; demgemäss übergebe ich nunmehr 
der Welt das reformierte Gebetbuch...' An diesen 
Ausspruch knüpft Gladstone die treffende Bemer- 
kung an: „Niemals habe ich von diesen Werken 
eine zweite Auflage gesehen oder erhalten können." 

Nach einigen ähnlichen Belegen sagt der Brief- 
schreiber: „Büchersammeln mag seine Kniffe und 
Excentrizi täten haben, aber im ganzen bildet 
es ein belebendes Element in einer Gesellschaft, 
die durch verschiedene Quellen der Korruption 
gallig geworden ist Zu meiner Entschuldigung, 
dass ich nicht mehr gesammelt habe, dient der 
Umstand, dass durch andere notwendige Beschäf- 
tigungen mir nur die Ruhepausen fiir meine Lieb- 
haberei vergönnt blieben..." 

Gladstone war und blieb bis zu seinem Lebens- 
ende ein viel beschäftigter Schriftsteller. Es ist 
nur nötig, an folgende seiner Werke zu erinnern: 
„Der Staat in seinen Beziehungen zur Kirche", 
„Betrachtungen über kirchliche Grundsätze in Be- 
ziehungen zu ihren Resultaten", „Geschichte des 
römischen Staates", „Studien über Homer und sein 
Zeitalter", „Inventus Mundi", „Homeric Synchro- 
nism", „Die Vatikanischen Dekrete", „Rom und 
die neueste religiöse Mode", „Die Orientfrage". 
Schliemanns „Mycenae" führte Gladstone durch 
eine Vorrede in England ein. Für Fachzeitschriften 
lieferte der Altmeister unausgesetzt Aufsätze. Nächst 
Tcnnyson bezog er das beste Honorar als Schrift- 
steller, da er in der Regel für einen Artikel 2000 
Mark erhielt, während Ersterer in seinen letzten 
Jahren jedes geschriebene und aeeeptierte Wort 
mit 20 Mark honoriert bekam. 



Kritik. 



Der in unserer Zeit wieder zur Gehung gekommene 
Holzschnitt, der beinahe vergessen war, diente im XV. 
und XVI. Jahrhundert fast ausschliesslich zur Illustra- 
tion der Bücher. Der Kupferstich, obwohl durch Albrccht 
Dürer zu hoher Blüte gelangt, ist als Bücherschmuck 
im XV. und beginnenden XVI. Jahrhundert nicht üblich 
geworden. Die Anfange der Holzschneidekunst gehen 
über den Beginn des XV. Jahrhunderts zurück; sie 
stehen wolü uüt der Papierfabrikation in Deutschland 
im Zusammenhange. Die ältesten xylographischen 
Blatter sind ohne jede textliche Beigabe. Bald entstand 
dann eine den Bildern beigefügte Flugblätterlittcratur 
und gegen Mitte des XV. Jahrhunderts das Blockbuch. 
Als die ersten technischen Schwierigkeiten beim Druck 
der Bücher mit gegossenen beweglichen Lettern über- 
wunden waren, fand der Holzschnitt auch hier Eingang 
und entwickelte sich nun für kurze Zeit zu einer hohen 

Z. f. B. 1899/1900. 



Blüte. Bis gegen Ende des XVI. Jahrhunderts blieb 
der Holzschnitt das bevorzugte Illustrationsmittel der 
Bücher; dann tritt der Kupferstich an seine Stelle, 
und die Formschneidekunst verfallt rasch. Am läng- 
sten hält sich der Holzschnitt auf Flugblättern, 
Kalendern u. dgl-, von denen er ausgegangen war, 
von künstlerischer Ausführung aber kann keine Rede 
mehr sein. — Alte Original Holzstöcke gehören heute 
zu den Seltenheiten. Eine schöne Sammlung, in wel- 
cher die ältesten Stöcke bis zur Mitte des XV. Jahr- 
hunderts zurückgehen, besitzt das Germanische Museum 
in Nürnberg. Die Holzstöcke gehören zum grössten 
Teil der Schwäbischen Schule an ; über dieselben ist in 
den Jahren 1892—1896 ein vortrefflicher Katalog er- 
schienen. Eine andere hervorragende Sammlung alter 
Original-Holzstöcke süddeutschen Ursprungs besitzt die 
Verlagsbuchhandlung und Druckerei J. H. Ed. Hcitz 

45 



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354 



Kritik. 



in Strassburg i. E. Die wichtigsten Stücke derselben 
sind von dem zeitigen Inhaber der genannten Firma 
Paul Heils neuerdings wieder zum Abdruck gebracht 
indem Werke: Originalabdruck von Formsekneider- Ar- 
beiten des XVI. und XVI I. Jahrhunderts. Strassburg, 
J. II. Ed. Heitz (Heils &>Mundel)i 892— (M.2.:) 
Das in 166 Tafeln vollständig vorliegende Werk 
enthält eine Fülle von Formsclweidcr-Arbeitcn süd- 
deutscher Künstler, zumeist au» der zweiten Hälfte des 
XVI. Jahrhunderts. Die Stöcke entstammen Strass- 
burger Druckereien, zum Teil der Druckerei des Wen- 
delin Kihel, der von 1535 an thätig war und eine grosse 
Zahl reformationsfreundlicher, humanistischer, histori- 
scher, juristischer and naturwissenschaftlicher Werke 
druckte. Die Druckerei wurde von 1555 an von Wen- 
delins Söhnen, Theodosius und Josias, zunächst gemein- 
sam fortgeführt, später trennten sich dieselben. Des 
Josias Druckmaterial kam dann an Lazarus Zetzner, 
des Theodosius Druckerei erwarb Christoph von der 
Heyden. Beide Druckereien sind später in der Heitz- 
sehen Offizin aufgegangen. Johann Heinrich Heitz 
wurde 1721 der Nachfolger der Witwe des Druckers 
Johann Friedrich Spoor, 1723 wurde auch die Druckerei 
des Josias Städcl und 1737 die des Johann Pastorius 
mit der seinigen vereinigt. Von der grossen Zahl alter 
Holzstöcke, die so auf die Heitzsche Druckerei uber- 
gegangen sind, ist im Laufe der Zeit manches verloren 
gegangen, manches auch verkauft worden. Der ge- 
bliebene Bestand ist noch recht reichhaltig. Finden 
sich auch Meisterwerke aus der Blütezeit des deutschen 
Holzschnittes nicht unter demselben, so ist doch man- 
ches Stück einer besonderen Beachtung wert. Wie bei 
allen Kunstwerken zur richtigen Würdigung derselben 
erstes Erfordernis ist, die Entstehungszeil festzustellen, 
so musstc es sich auch darum handeln, die Holzstöcke 
zu datieren, d. h. in Drucken nachzuweisen. In den 
meisten Fällen ist das dem auf dem Gebiete des Form- 
schneidewesens durch langjährige Arbeiten bewanderten 
Herausgeberauch gelungen. Wo es sich um Illustrationen 
verschollener Volksbücher oder Gelcgcnhcitsdrucke 
handelt, wird man wohl dem Zufalle eine Ergänzung 
der beigegebenen Erläuterungen überlassen müssen. 

Die erste Folge, von der heute eine zweite Autlage 
vorliegt (Taf. 1—83), erschien zuerst im Jahre 1890 zur 
4$ojährigen(JedenkfcicrdcrErnndungdcr Buchdrucker- 
kunst. Die Reihe der Holzstöcke, welche aus den 
Strassburger Druckereien der Prüss, Mcsserschmid, 
Kihel, Christoph von der Heyden, Bernhard Jobin, 
Jost Martin, Nicolaus Wählt, Caspar Dietzel, Lazarus 
Zetzner u. a. stammen, eröffnen Nachschnitte von Hol- 
beins Totentanz für eine bis jetzt nur durch Neudruck 
der Holzstöcke bekannte Strassburger Ausgabe aus 
dem Jahre 1546. Es folgen dann Titelcinfassungen, 
Kopfleisten, Initialen, Signete, Wappen und ganze 
Bilder-Serien, fast sämtlich aus der zweiten Hälfte des 
XVI. Jahrhunderts. Taf. 8 und 9 enthalten vier reich 
mit Flechtwcrk verzierte Initialen, wie sie ganz ahnlich 
das Germanische Museum besitzt, und die wahrschein- 
lich auf den Nürnberger Schreibmeister Johann Ncu- 
dörfer (geb. 1467, f 1563) zurückzuführen sind. Die 
Bildcrfolgen auf Taf. 18— 30 sind 34 Illustra- 



tionen zu Ausgaben des Livius und Morus, die bei 
Theodosius Rihel in Strassburg erschienen sind. Die 
Schnitte sind von Christoph Stimmer, HansBockspergcr, 
Christoph van Sichern, Christoph Maurer, Jean de Gour- 
mont u. a. nach Zeichnungen von Tobias Stimmer her- 
gestellt. Eine andere Folge von Livius- Illustrationen 
findet sich auf den Tafeln 42 — 62, Zeichnungen von 
dem durch seine Schlachtenbilder und Jagdszenen be- 
kannten Maler und Formschncidcr Hans ßoeksperger, 
welche er für die berühmte Buchdruckerei des Sigis- 
mund Fcyerabcnd in Frankfurt a. M. ausführte. Die 
Tafeln 31 — 37 enthalten Bibel -Illustrationen von Tobias 
Stimmer, die sich in dem Neuen Testament von Eras- 
mus von Rotterdam, in Strassburg bei Theodosius 
Rihel 1576 erschienen, abgedruckt finden. Nicht un 
interessant sind die Schreibvorschriften aus dem XVI. 
Jahrhundert auf Taf. 64—67. 

Die Neue Folge (Taf. 84 — 129} enthalt Holzschnitte, 
welche zum grössten Teil zu heute nicht mehr vorhan- 
denen Volksbüchern in den Strassburger Druckereien 
der Jacob Cammerlander, Augustin Fries, Johannes 
Knoblouch d. J., Crato Mylius, Thicbold Berger, Wen- 
delin Rihel, Christian Müller, Johann l'astorius u.a. Ver- 
wendung gefunden haben. Wir lernen hier u. a. inter- 
essante Abbildungen zu einer unbekannten Strassburger 
Ausgabe des Salomon und Marcolf kennen, aufweiche 
wahrscheinlich die Schnitte in der 1580 bei Peter Schmid 
in Mülhausen erschienenen zurückgehen, ferner Ab- 
bildungen zu einer unbekannten Strassburger Ausgabe 
des Till F.ulenspicgel, der schönen Melusine und des 
Sicgfriedliedes. — Die um die Mitte dieses Jahres er- 
schienene Schlussfolge (Taf. 130—166) bringt zu den 
Erläuterungen der beiden ersten Folgen noch einige 
Nachträge. An der Spitze der Abbildungen ist ein 
ziemlich roher Holzschnitt abgedruckt, welcher nach 
der Ansicht des Herausgebers der älteste der Heitz- 
schen Sammlung ist. Das Alter desselben lässt sich in- 
folge der eigentümlichen Beschaffenheit des Holzstockcs 
mit Sicherheit schwerlich feststellen. Es folgen dann 
eine grosse Zahl einfacher, kleinerer Schnitte aus ver- 
schollenen Einblattdrucken, Katechismen, Gesang- 
büchern, Volksbuchern, Kalendern, Practikcn, Heiligen- 
bildern, Gebets- und Wallfahrtszetteln, die einstmals aus 
Strassburger Druckereien hervorgegangen sind. Sind 
die Holzscluiitte der beiden letzten Folgen auch fast 
durchweg nicht mehr von künstlerischer Bedeutung, so 
muss man dem Herausgeber doch Dank wissen, dass 
er sie uns nicht vorenthalten hat. Sie lassen uns einen 
Einblick thun in eine eigenartige Litteratur des XVI. und 
XVI I. Jahrhunderts, von der heute nur noch recht wenig 
erhalten ist und die doch in kulturhistorischer Beziehung 
in hohem Grade interessant ist Es ist nur zu wünschen, 
dass das Beispiel von Heitz Nachahmung fände und 
die Besitzer alter Holzstöcke sich gleichfalls zur Ver- 
öffentlichung derselben entschliessen möchten. 

Köln a. Rh. Dr. O. Zaretsky. 



G. Wustmann: Aus Leipzigs Vergangenheit. Ge- 
sammelte Aufsätze. Neue Folge. Leipzig, Grunow 1898. 
8. XVI, 488 S. 



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355 



G. Wustmann : Das Leipziger Stadtwappen. Seine 
Geschichte, seine Gestalt, seine Bedeutung. Mit zwan- 
zig Holzschnitten und zwei Kupferstichen. Leipzig, 
Seemann 1897. gr. 8. 33 S. 

Der bereits im Jahre 1885 als drittem Bande der 
Schriften des Vereins für die Geschichte Leipzigs er- 
schienenen ersten Sammlung von Aufsätzen „Aus Leip- 
zigs Vergangenheit" schliesst sich mit dem ersten der 
beiden oben genannten Bücher eine neue Reihe an. 
Wie in jenem ersten Bande, so geht Wustmann auch 
hier auf den verschiedensten Gebieten der Geschichte 
Leipzigs nach, sowohl auf der grossen Heerstrasse, wo 
noch mancher Stein näherer Untersuchung sich wert 
zeigt, als auf den weniger begangenen Seitenwegen. 
Und überall finden wir ihn ortskundig, sei es in der 
äusseren Geschichte der Stadt, sei es in ihrer inneren 
Entwicklung, sei es in ihrer Bedeutung für Litteratur, 
Kunst und Gewerbe, oder in besonderen Einzelheiten. 
Obwohl alle Aufsätze auf rein örtlicher Grundlage auf- 
gebaut sind, geht ihre Bedeutung in Inhalt und Dar- 
stellung doch weit über diese hinaus. Die Aufsätze 
„Zur Geschichte unserer Strasscnnamcn" und „Der 
Baudirektor" können als vorbildlich gelten und zeigen, 
dass in der geschichtlichen Betrachtung dieser an- 
scheinend so trockenen Vorwürfe viel Wissenswertes, 
ja auch ein gut Teil Poesie steckt. Die alten Strassen- 
namen sind geworden, die neuen sind gemacht. Was 
heute eine Beamtenschaft von etwa achtzig Personen 
schafft, konnte im XV. und zu Anfang des XVI. Jahr- 
hunderts noch ein einziger „Vogt" leisten, welcher 
„Bauinspektor, Strassenmcister, Rechnungsführer, Bau- 
schreiber. Baurev isor, ja zur Kot sein eigner Bote in 
einer Person" war. Vieles hat die Durchforschung der 
ältesten Ratsbeschlüsse und namentlich der ältesten 
städtischen Rechnungsbücher ergeben, die bisher als 
Quelle noch nicht genügend inbetracht gezogen sind. 
Durch diese mühevolle Arbeit konnte Wustmann neue 
Aufschlüsse über „Die Anfänge der Nikolaischule" ge- 
ben, hat er den Künstler in seinem Fache „Seger Bom- 
beck den Teppichweber" ermittelt, von dem noch im 
Jahre 1R83 in den Mitteilungen der deutschen Gesell- 
schaft nur als von dem Monogrammisten S. B. berich- 
tet wurde, dass alle bisherigen Forschungen nach 
Lebcnsnachrichtcn über ihn sich als fruchtlos erwiesen 
hätten. Ein anmutiges Bild entwirft er von der „Volck- 
mannie", jener reimfrohen, wenn auch unbedeutenden 
Mitvertreterin der Litteratur in der ersten Hälfte des 
achtzehnten Jahrhunderts. Der Aufsatz „Friedrich der 
Grosse und Gottsched" weist uns in die Vorbereitungs- 
zeit der letzten klassischen Periode unserer Litteratur, 
während die „Leipziger Pasquillanten des XVIII Jahr- 
hunderts" uns die Kehrseite guter Litteratur zeigen. 
„Bachs Grab und Bachs Bildnisse", „Aus Clara Schu- 
manns Brautzeit", „Die Gewandhauskonzerte", „Die 
Meininger in Leipzig" fuhren uns in das Musik- und 
Thcaterlebcn Leipzigs in früherer und neuerer Zeit ein. 
Wahrlich, Leipzig kann sich freuen, einen solchen Ge- 
schichtsforscher zu besitzen, der nicht nur selbst in alle 
Winkel der Vergangenheit seiner Stadt hineinleuchtet, 
sondern auch in den bereits in zwei stattlichen Bänden 
vorliegenden „Quellen zur Geschichte Leipzigs" Ande- 



ren das Forschungsmaterial über eine unserer bedeu- 
tendsten Städte zugänglich gemacht hat. Sind schon 
alle hier gesammelten Aufsätze jedem Gebildeten lehr- 
reich, so ist für die Leser dieser Zeitschrift der Aufsatz 
über „Luthers ersten Bibeldruckcr" von besonderem 
Werte. In ihm führt Wustmann die Verdienste Hans 
I.uffis, der namentlich zur Zeit, als dieser Aufsau in 
den , 1 Grenzboten"zum ersten Male veröffentlicht wurde, 
mehr noch wie heute in weit verbreiteter Meinung als 
einziger Drucker der lutherischen Bibel galt, auf das 
entsprechende Mafs zurück, während er andererseits 
die Verdienste Melchior Lotthers, der Luthers Bibel 
von ihrem ersten Entstehen im Jahre 1521 an eine Reihe 
von Jahren gedruckt hatte, in das gebührende Licht 
setzt. Dabei giebt er in knappen, aber inhaltsvollen 
L'mrissen eine Geschichte der Lottherischeft Druckerei. 
Melchior Lotther der Altere heiratete in die älteste 
und vornehmste Druckerei Leipzigs, die seit dem Jahre 
1480 bestehende Druckerei des Kunz Kachelofen, hinein 
und brachte sie weiter vorwärts. Die fast plötzlich her- 
vortretende und ausserordentlich schöpferische schrift- 
stellerische Kraft Martin Luthers, dessen Thesen nach 
Wustmanns und meiner übereinstimmenden Ansicht 
ebenfalls Lotther in Leipzig gedruckt hatte, veranlasste 
Lotther, ein Zweiggeschäft in Wittenberg zu begrün- 
den, w elchem seine Söhne Melchior, der Jüngere, und 
später auch Michael vorstanden. Dieses Zweiggeschäft 
hatte ungeheuer viel, namentlich auch an dem Bibcl- 
druck, zu thun. Aber irgend ein Vorkommnis, welches 
in dem Brotneid der Zunftgenossen allein keine völlige 
Erklärung findet und über welches wir trotz aller Über- 
lieferungen nicht genügend unterrichtet sind, brachte 
die Inhaber in die Ungnade des Kurfürsten und brach 
ihnen den Hals. Der jüngere Melchior Lotther ver- 
schwindet anscheinend ganz, Michael ging später nach 
Magdeburg, wo er bis 1554 druckte, der alte Melchior 
führte das .Stammgeschäft in Leipzig bis in die dreissi- 
ger Jahre fort. Dann scheint er sich von der Druckerei 
ganz zurückgezogen zu haben, während er allerdings 
als Bürger von Leipzig noch längere Zeit eine sehr 
angesehene Stellung behauptete. Auch dieser Aufsatz 
führt uns weit über das örtliche Gebiet Leipzigs hinaus, 
hauptsächlich nach Wittenberg und hier im Besonde 
ren in die Schreibstube Martin Luthers. 

In einer besonderen Schrift behandelt Wustmann 
das Stadtwappen Leipzigs. Das Buch ist reich aus- 
gestattet mit zwanzig Holzschnitten und zwei Kupfer- 
tafeln, jene nach Originalen aus den ältesten und 
späteren Drucken von 1404 an bis in das XVII. Jahr- 
hundert hinein, diese als Abdruck zweier noch vor- 
handener Kupferplatten aus den Jahren 1575 und 1580. 
Auf Grund dieser und anderer bildlicher Darstellungen 
stellt Wustmann fest, dass die Beschreibung des 
Wappens älterer Zeit nur dahin gehen kann, es ent- 
halte in längsgetciltem Schilde auf dem einen Felde 
einen aufrechten Löwen, auf dem anderen zwei oder 
auch drei Pfähle, die „landsbergischen" Pfähle. Eine 
feste Zuweisung der Figur, des Löwen, und des Bildes, 
der Pfähle, an ein bestimmtes Feld ist für frühere Zeit 
nicht nachweisbar; der Löwe steht bald im linken, bald 
im rechten Felde, bald nach aussen, bald nach innen 



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356 



Kritik. 



gekehrt. Erst allmählich hat sich die heutige Norm, 
den Löwen in das linke Feld — ich beschreibe mit 
Wustmann gegen meine Gewohnheit vom Standpunkte 
des ßcschauers — und nach aussen gerichtet, die Pfahle 
in das rechte Feld zu stellen, eingebürgert Die neuer- 
dings hie und da dem Wappen eingefügte Mauerkrone 
verwirft Wustmann als geschichtlich gänilich unberech- 
tigt. Da die bildlichen Beigaben ausser den beiden 
Kupferstichen sämtlich gedruckten Büchern entnommen 
sind, wo die Druckeneichen, Titelcinfassungen oder 
ähnlichen Schmuck darstellen, so ist die Schrift auch 
für die Geschichte der Büchcrillustration von Wert. 
Berlin. Dr. Johannes Luther. 

m 

Bei F. A. Brockhaus in Leipzig erschienen gleich- 
zeitig zwei Kcisewerke, die sich, diametral entgegen- 
gesetzte Routen beschreibend, mit dem gleichen Länder- 
strich beschäftigen. Henry S. Landor: Auf verbotenen 
Wegen. Reisen und Abenteuer in Tibet und Sven I ledin : 
Durch Asiens Wüsten. Drei Jahre auf neuen Wegen in 
Pamir, I^p-nor, Tibet und China nennen sich diese 
Werke, derenTitcl schon ihre Charaktcrverschiedenhcit 
ausdrücken. 

Der Engländer Landor ist Maler von Beruf und 
in erster Linie; der Schwede ! tedin Geograph und 
Forscher, dem es nur um IUustrierungsmatcrial zu thun 
ist. An Mut fehlt es beiden nicht, aber während Hedin 




Einband aus der Fachschule für kunstgewerbliche Buchbinderei 
in Düsseldorf. 

Helloli» Capsalnan mit dunkelgrünen Blattern und weissen Bluten i llogen- 
vcrgoldung j die Stcuipekben aus der Kc-chschcn Gruppe moderner Stempel. 



umsichtig rüstet und nur durch schlechtes Menschen- 
material Verluste erleidet, zeigt Landor eine gewisse 
Tollkühnheit; man kann ihn, bei aller Sympathie für 
seine Leiden, nicht ganz von dem Vorwurf freisprechen, 
sich ohne genügende Vorbereitungen in tolle Abenteuer 
gestürzt zu haben. Durch allerhand Zwischenfälle daran 
verhindert, den geplanten Weg überRussisch-Turkcstan, 
Buchara und Chinesisch Turkest an nachTibet zu nehmen, 
begab sich Landor nach Indien und suchte von hier 
aus über das „Dach der Welt" nach Lhassa, der Haupt- 
stadt Tibets und dem Heiligtum der Lamas, vorzu- 
dringen. Er schildert die Tibetaner als grausam, hinter- 
listig und unendlich feige, in welch letzterer Eigenschaft 
ihnen jedoch die Kulis des Reisenden wenig nach- 
standen. Mit zuverlässigeren und kampfgeübteren 
Männern wäre dem kühnen Engländer fraglos seine 
Expedition voll gelungen, wenn ihm auch die Unbilden 
der Witterung und die Schrecken der eisigen Einöde 
nicht erspart geblieben wären. Aber die Männer, die 
ihn schützen sollten, Hessen ihn im Stich; schliesslich 
blieben ihm nur noch seine beiden Diener, und mit 
diesen allein beschloss er weiter das ihm feindlich ge- 
sinnte Land zu durchdringen. Diese Waghalsigkcit 
musste er hart büssen. Dicht vor Lhassa wurde er 
von den Tibetanern gefangen genommen und hatte 
schreckliche Foltern zu erleiden, die ihm ein Auge 
kosteten und den blühenden Mann in einen Krüppel 
verwandelten. Bewunderungswert ist es, wie der 
Forscherin Landorden Menschen überwog. Selbst 
während seiner furchtbaren Gefangenschaft suchte 
er Bekanntschaften mit seinen Peinigern und deren 
Stammesangehörigen anzuknüpfen und sammelte 
er Material und Abbildungen. Die in jeder Be- 
ziehung interessanten Resultate Landors auf dieser, 
immerhin als verunglückt zu bezeichnenden Expe- 
dition lassen doppelt bedauern, dass er die Stadt 
seiner Wünsche, Lhassa, und ihre Heiligtümer nicht 
hat erreichen können. Neben den kulturellen, 
historischen und landschaftlichen Untersuchungen 
hat Landor auch so manche rein geographische 
Resultate zu verzeichnen. So hat er die Frage von 
der mutmasslichen Trennung des Mansarowar-Sees 
und des Rakastal entschieden, hat mehrere grosse 
Himaiaya-Gletscher Photographien, die ungeheure 
Höhe von 6700 Metern erklommen und endlich 
die noch von keinem Europäer besuchten beiden 
Hauptquellen des Brahmaputra festgestellt Über 
Taklukot, von dein aus Landor in das Inncrc von 
Tibet drang, kam er auch wieder zurück; Iiier 
endete seine Gefangenschaft, und hier fand er auch 
einen befreundeten Arzt, der sich seiner und seines 
Dieners annahm und gleichzeitig ihm die notwen- 
digen Dokumente ausstellte, die den Beschwerden 
an die indische Regierung beigefügt werden sollten. 
Diese Beschwerden hatten einen Erfolg, der die 
dortigen Zustände aufs deutlichste charakterisiert: 
die indische Regierung hat den tibetanischen Be- 
hörden zu verstehen gegeben, dass es ihnen infolge 
der Schändlichkeiten nicht mehr gestattet sein 
solle, von britischen Unterthanen Grundsteuer zu 
erheben!! Von einer Bestrafung der Schuldigen — 



Kritik. 



357 



deren Persönlichkeiten genau festgestellt wurden — 
erwähnt Landor nichts in seinem Buche. 

Während den tiefroten Leinenumschlag des Landor- 
schen Werkes ein Aquarell der Veste Taklakot — dem 
ganzen Charakter des Werkes entsprechend — als 
Einseieindruck ziert, tragen die beiden Bände von Sven 
Hcdin ein helles Gewand mit einer stilisierten Mongolin, 
einer Art weiblichem Buddha, gleichsam der Schutz- 
göttin des Typisch-Innerasiatischen. 

1 ledin ist nicht schlankweg aufgebrochen; er hat 
sich erst durch eine Eclaireursreise vergewissert, ob 
Kaschgar, der auserschene Start, sich auch wirklich 
zum Abfahrtspunkt für Inncrasicn eigne. Davon durch 
Augenschein überzeugt, benutzte Hedin ein Jahr später 
den von Landor zuerst beabsichtigten Weg über 
Buchara und den Hindukusch und gelangte ebenfalls 
zum „Dach der Welt". Wenn er auch, ebenso wie 
Landor, durch Eis und Schnee litt, so hatte er doch in 
Kaschgar bei seinen verschiedenen Zügen hin und her 
stets Gelegenheil, mangelnden Proviant nachzuschafTcn 
und sich von den ausgestandenen Strapazen zu erholen. 
Der erste Ausflug galt, da es heisser Sommer wurde, 
Vermessungsarbeiten auf dem Pamirplateau, inmitten 
von Kirgisen-Auls, deren Sitten und Viehherden höchst 
ungleich entwickelt scheinen, bis zu den Höhen- 
gletschcm des Mustag-ata. Das höchste Lager wurde 
6300 Meter hoch aufgeschlagen. Im Frühjahre darauf 
begann Hedin wiederum von Kaschgar aus einen Zug 
direkt nach Osten, der Wüste entgegen, in der ihn 
durch die L'nzuvcrlässigkeit eines Begleiters der qual- 
volle Tod des Verdursten« umlauerte. Er drang bis 
zum Chotan Darja vor. Diese Kapitel „Die Heimat der 
Grabesstille", „Kein Wasser" und „Gerettet" gehören 
wohl zu dem Erschütterndsten, was die moderne Reisc- 
litteratur uns vorführt, um so erschütternder, als sie in 
ihrer Schlichtheit deutlich den Stempel der Wahrheit 
tragen. Die dritte und letzte Abreise von Kaschgar, 
gegen Schluss desselben Jahres, führte Hcdin bis Peking. 
Diesmal marschierte er südöstlich bis zur Stadt Chotan, 
unweit «leren er uralte vom Sande begrabene Stadt- 
ruinen von grossem Umfange und kulturhistorischer 
Bedeutung vorfand. Es würde zu weit fuhren, wollte 
man all der bedeutsamen Qucrzügc Erwähnung thun, 
die Hedin von Chotan am Tarim entlang nach dem 
Lop-norscc und durch die Wüste Gobi ausführte. Von 
Chotan aus nahm Hedin auch später die Durchquerung 
des tibetanischen Hochplateaus in Angriff, dessen 
Inneres so gut wie völlig unbekannt ist. Über die 
Höhenzüge des Arka-tag führte der mühsame Weg 
zu den Zaidammongolcn, den ersten Vorläufern des 
äussersten Ostens. Zahlreiche Lamaistische Tempcl- 
fahnen, Amulette, Gebetrader und Buddhas hat Hedin 
zu erwerben Gelegenheit gehabt, wenn ihn auch sein 
Weg weit ab von Lhassa in das chinesische Gebiet 
führte. Ehe Hcdin jedoch Peking erreichte, blieb ihm 
noch die Ala-schan Wüste zu durchmessen, die, so kurz 
vor dem Ziel, ihm doppelt langwierig erschienen sein 
mag. Die transsibirische Eisenbahn führte ihn dann 
der Heimat wieder zu. 

Beide Werke, sowohl Landors wie Hedins, ver- 
dienten die gleiche Popularität, die einst Stanley und 




KinbanJ au» der >'ach»thulc für kumlgcwtrli liehe ISuihbiuderei 
in Düsseldorf. 
Mudcrue Hjiid»cf^.,ldung na<h gothUchcn Mtrtivcn. 



jetzt Nansen zuteil wurde. In einer Zeit, da Männer, 
die solche Reisen machen, sie auch trefflich zu be- 
schreiben verstehen, bedarf es wahrlich keiner erfun 
denen Berichte mehr, um die Phantasie gleichzeitig 
anzuregen und belehrend zu wirken. Z. 

M 

Bücherfreunde, Heraldiker und Kulturhisturikcr 
seien auf eine literarische Neuheit ersten Ranges auf- 
merksam gemacht, die kürzlich erschienen ist und in 
Fachkreisen ebenso wie in denen der allgemeinen Kunst- 
und Kulturgeschichte berechtigtes Aufsehen erregen 
wird. Es ist dies die Geschickte der heraldischen Kunst in 
der Schweiz im XII. und XI i '/. Jahrhundert von Dr. 
Paul Ganz. Fraucnfcld, J. Huber. i8<j<); 200 Seiten, 101 
Abbildungen im Text und 10 Volilafcln. 8 M. 50 Pfg. 

Wer die Kunstgeschichte des Mittelalters kennt, hat 
schon von der Züricher Wappcnrollc gehört; und nun 
erscheint nach 500 Jahren wiederum aus Zürichs Mitte 
ein Buch, das ebenfalls in späteren Zeiten noch ein Nach- 
schlagewerk von hoher Bedeutung sein und bleiben wird. 

„Die vorliegende Arbeit behandelt zum ersten 
Male die Anfänge und die Kntwicklung der Heraldik 
im Kähmen der Kunst- und Kulturgeschichte ; es wird 
darin versucht, die Wappenkunst als eine durch die 
Sitten und Gebräuche der Völker bedingte Erscheinung 
in Verbindung mit der allgemeinen Formwandlung in 
der Kunst zu schildern, frei von den Anhangsein einer 
barocken Wissenschaft und ohne die den Leser hin- 
dernde Terminologie der Neuzeit. Vermöge der engen 
Beziehung des Wappens zum Individuum gewährt die 



358 



KntiL. 



Heraldik einen «rundlichen Einblick in das alltägliche 
Leben und Treiben der verschiedenen Stünde im 
Mittelalter und eröffnet sowohl in sachlicher als in 
formaler Hinsicht ein bisher wenig beachtetes Gebiet." 

Zur Untersuchung ist der Kaum der heutigen 
Schreis gewählt, weil sich hier die Entwicklung der 
Heraldik früh und rasch vollzogen hat. und weil dieses 
Gebiet überreich an alten heraldischen Denkmälern 
ist. Doch sind auch ausscrschwcizerische Beispiele und 
Quellen zur Vergleichung herangezogen. 

Jeder Fachmann wird das Buch mit Eifer stu- 
dieren; denn ausser manchem naturgemäss schon 
Bekannten wird er eine Fülle neuverarbeiteten Mate- 
rials finden, das ihm anderweitig noch nicht geboten 
wurde. Dem Laien aber erschlicsst sich — ohne un- 
nützen Ballast, ohne beängstigende Nomenklatur — eine 
neue Welt voll anregend geschriebener, unbekannter 
Dinge aus längstvergangener Zeit, aus der jedoch noch 
zahlreiche und deutliche Spuren historischen oder deko- 
rativen Charakters in unsere Tage hineinragen. Das 
Resultat dieser Arbeit und deren Studium ergiebt nicht 
als Schluss ödes Prunken hochmütigen Sinnes oder 
langweiligen Ausdruck knechtender Kanzlcihcraldik, 
sondern eine Darstellung mittelalterlicher Sitte und der 
Lebensanschauung vor 7 und 600 Jahren, sowie „den 
Gipfelpunkt der dekorativen Kunst des Mittelalters". 

Aus der Menge des behandelten Stoffes greife ich 
einzelnes heraus, ohne eine vollständige Inhaltsangabe 
bringen zu wollen. 

Nach einer Einleitung, die die Bedeutung der 
Heraldik in der Kunstgeschichte sowie die Anfänge 
bei Griechen und Römern etc. behandelt, folgt der 
/. Teil mit der Geschichte und Entwicklung der He 
raldik von den Uranfängen an. dann der //. Teil: 
Geschichte der Heraldik in der Schweiz, XII. und 
XIII. Jahrhundert; Aufkommen der Beinamen, Schild. 
Helm. Fahne, sonstige kriegerische Ausrüstung; 
///. Teil. Die dekorative Anwendung der Wappen- 
kunst in Kunst und Gewerbe; das heraldische Deko- 
rationsmotiv, Kleinkunst (Kostüme, Waffen, Schmuck, 
Stoffe', Architektur, Malerei (Glas, Miniaturen), Plastik 
(Grabdenkmäler), Siegel (Keitcr-, Standbild-, Frauen , 
Schildbild , Helm-, Schild- und Helm , Bürger . Städte-, 
Geistlichkeitssiegd'; //'. Teil, die Heraldik in der 
Dichtkunst; u. a. Wiedergabe des Clipearius Tctito- 
nienrum (Wappengedicht, 1242— 49' des Konrad von 
Mure in latein und deutsch. 

Den Schluss bilden drei sehr genaue Register; 
der Reichtum an vorhandenem und verarbeitetem 
Material ist ungemein saehgetnriss angeordnet, folge- 
richtig gegliedert und alles mit hauptsächlich, bisher 
wenig oder gar nicht bekannten schweizerischen Bei- 
spielen belegt. Der Text ist in flüssigem Stil und gutem 
Deutsch geschrieben, der Dntck tadellos, die vielen 
Tcxtillustrationen und Tafeln sind hervorragend klar und 
deutlich, der Einband ist charakteristisch und originell. 
Auf die ausserordentliche Menge von interessanten 
Einzelforschungen des tüchtigen Heraldikers und Kunst- 
historikers und deren Ergebnisse näher einzugehen, 
verbietet leider der Raum. 

A'. E. Graf zu Leiningen- Westerburg, 



Unter den zahlreichen Doktor-Dissertationen, die 
von jungen Promoventen alljährlich eingereicht werden, 
finden sich nicht selten Arbeiten, die dem Verfasser 
neben dem erhofften Titel auch Beachtung in weiteren 
Kreisen eintragen. Die Arbeit A. G. C. de Vries' über 
Nederlandsche Emblemata. ihre Geschichte und Biblio- 
graphie bis zum X VI II. Jahrhundert (Amsterdam 1899. 
bei Ten Brink & de Vries) kann man wohl zu diesen 
rechnen. Der Verfasser leitet sein Buch mit einer 
kurzen, reichlich durch Citate belegten Erklärung der 
ehemaligen Bedeutung des Wortes „Emblem" ein. 
Griechischer Abstammung, bedeutete es zunächst ein 
von dem Hauptmaterial unabhängiges Zierrat t auf- 
oder eingelegt, z. B. Silberauflagen auf Vasen oder 
auch Intarsien, speziell Mosaiken, sei's aus Holz. Stein, 
Preziosen u. dergl. m. In ähnlichem Sinne gebrauchten 
es Lateiner, Gallier und Normannen, und selbst im 
Altfranzosischen ist die Anwendung von Emblem für 
Sinnbild noch nicht feststehend. Auch der Philosoph 
Montaigne gebraucht noch 1580 m der ersten Ausgabe 
seiner Essays (Paris, Ch. Lonandre'' das Wort, um eine 
Art Supplement zu dem „Marquettericwcrk seines 
Buches" zu bezeichnen. Der erste, der Emblem für 
„Sinnbild" anwandte, ist auch zugleich der Herausgeber 
des ersten Bandes über Emblemata, Andrea Alciato. 
Aus der Vorrede zu Alciatos Buche geht hervor, dass 
die Embleme nicht nur versinnbildlichen, sondern auch 
erklären sollten, ähnlich den Hieroglyphen der alten 
Ägypter. So waren denn die ältesten Emblcmesamm- 
lungen eigentlich nur Vorlagebücher für Kunsthand- 
werker und Graveure, sowie Bilderbücher für Er- 
wachsene. Sehr merkwürdig ist auch J. Fischarts 
,, Kurzer und wohldienlicher Vorbericht von Ursprung 
Namen und Gebrauch der Emblematen oder Ein- 
geblömeten Zierw erken", Strassburg 1 581, aus dem man 
entnehmen kann, wie ungewohnt der Titel noch den 
Deutschen war. Der Verfasser erklärt, jener sei „den 
sinnreichen Erfindungen, poetischen Dichtungen. Ge- 
mälmystcrien" u. s. w. „angew achsen", nach dem Muster 
der Griechen, bei denen der „auswendige Zusatz" oft 
mehr bedeutet habe als der „Prinzipalinhalt", und „ge- 
mein viel hcn-lichcr als das Stück, darum er gemacht 
worden,"' gewesen sei. Aus diesen „Anhängseln" sollten 
sich später Wappen und Feldzeichen entwickeln, nach 
Ansicht des Autors, der uns aber nicht verschweigt, dass 
andere Gelehrte umgekehrt meinen, die Emblemen 
seien aus den Wappen entstanden. Im XV11I. Jahr- 
hundert war man sogar geneigt, den Emblemen gött- 
lichen Ursprung zuzuschreiben, indem man die Gleich- 
nisse als Sinnbilder ansah. So lehrt J. P. Broekhoff 
in seiner „Dicht-en Zedckundigc Zinnebeeiden en Be- 
spiegclingen", Amsterdam 1770. die Rückführung der 
Sinnbilder auf die Chaldäer. Moses, die Ernäter, ja 
auf das höchste Wesen, dessen Namen auch am 
häufigsten durch Sinnbilder verherrlicht worden ist. 

In der Emblematenlitteratur tritt naturgemäss der 
Text nur an die zweite Stelle; de Vries ist sogar in 
der Sichtung des Materialsso streng vorgegangen, dass 
er Werke, bei denen die Abbildungen von Emblemen 
nur dienten, um den Text zu illustrieren, von seiner 
Bibliographie ausgeschlossen hat. Dagegen erwähnt er 



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Kritik. 



359 



Blockbücher und Incunabeln, obwohl es sich da mehr 
um mystisch-symbolische Abbildungen als um eigent- 
liche Embleme handelt Wie schon gesagt, beginnt 
die echte Emblcmenlittcratur erst mit Andrea Alciato, 
dem berühmten Kcchtsgelehrten. Der Erstdruck seiner 
Arbeit ist unbekannt; der älteste bekannte Druck er 
schien 1531 bei Stegner in Augsburg; er enthalt 104 
Emblemala in 97 Holzschnitten von Hans Schäufelein. 
1534 erschien bei Wcchtcl in Paris eine neue Ausgabe 
miti 13 Embleme in ebensovielen, Jollat zugeschriebenen 
Holzschnitten. 1546 kam die dritte Ausgabe bei dem 
Venezianer Aldus und 1551 die erste vollständige auf 
2t 1 Embleme gebrachte in Lyon heraus. Nach Alciato 
breitet sich die Emblcmenlitteratur schnell aus. Stamm- 
und Wappenbücher, Werke religiöser, politischer, rein 
künstlerischer, lehrhafter Tendenz folgen einander, von 
de Vries in klare Rubriken geteilt 

Das zweite Hauptstück des Buches gehört den 
Herausgebern und Graveuren. Und zwar steht an 
erster Stelle der Name einer Frau, der Maria Anext; 
bei ihr erschien die erste holländische Ausgabe von 
Sebastian Brandts Narrenschiff. Christoffel Plantin, J. 
Cnobbacn, Cloppenburgh u. a. folgen. Das dritte 
Hauptstück behandelt Stil, Richtung, Sujet der Em- 
bleme, und das vierte beschäftigt sich mit ihren Er- 
klärern und Dichtern; letzteres, mit seinen zahlreichen 
Versproben und knappen Charakteristiken ist von ganz 
besonderem Interesse, auch für den Litteraturfreund, 
dem das Hauptthema etwas ferner liegt. Die stärkere 
Hälfte des Buches nimmt die 245 Nummern umfassende 
ausführliche Bibliographie ein, und den Schluss bildet 
endlich eine Reihe von hervorragenden Emblcmata- 
Wiedergaben, meist in Originalgrösse. 

Berlin. Dr. f. Ziagen. 

The Book of tht Demi: The Papyri of Ifunefer 
Netchmet, Anhai, Nu and tke Book of Breathings. 
Facsimiles with transcriptions, by E. A. Wallis Budge. 
litt. D. Keeper of oriental antiquities at the British- 
Museum. Folio. London. 18'». British. Museum. 

Die vorliegende Publikation wird von der Ver- 
waltung des British Museum als die wichtigste in ihrer 
Art betrachtet, die überhaupt bisher erfolgte. Ausser- 
dem ist das Institut der Ansicht, dass es durch die Er 
Werbungen der letzten Jahre der Haupusammelplau für 
Papyrus-Schriften geworden ist Die Wiedergabe der 
vorliegenden fünfPapyriinFacsimilc wird noch besonders 
interessant durch den Umstand, dass diese Schriften 
teilweise illuminiert sind und künstlerisch ausgeführte 
Vignetten enthalten. Wir finden hier demnach die ersten 
Anzeichen der Buchillustration und Miniaturmalerei. 

Der Nu-Papyrus ist eine der letzten Erwerbungen 
des Museums. Das Schriftstück, welches 65 Fuss lang 
ist, wurde zu Qurnah, in der Nähe von Theben ge- 
funden. Es war entweder von Nu oder in seinem 
Auftrage geschrieben. Nu nahm die Stelle eines 
Crosssiegelbewahrers ein, die dem englischen „Lord 
Chancellor" oder , .Keeper of the scal" entspricht. Der 
Text enthält die vollständigste und sehr sorgsam zu 
sammengestclltc Version des Totenbuches Es werden 



darin 131 Kapitel aufgeführt, von denen 15 durch 
Vignetten illusticrt sind. Letztere sind jedenfalls die 
Arbeit eines Kunstlers und nicht die des Schreibers. 
Wahrscheinlich wurde die Schrift während der Re- 
gierungszeit von Amenhotep III. abgefasst (er. 1500), 
indessen verlegen andere Autoritäten die Entstehung 
derselben um 1650 v. Chr. 

Der Hunefer- Papyrus stammt aus der Zeit der 
Regierung von Scti I., 1370, dessen Oberaufseher des 
Palastes und des Viehes Huncfer war. Das Schriftstück 
misst 18 Fuss, seine Vignetten sind im besten Stile ge- 
halten, und die in demselben befindlichen Hymnen an 
Usiris und Ra waren bisher nicht bekannt Der Gesang 
an letzteren beginnt mit den Worten: „Du bist der Ilerr 
des Himmels, du bist der Herr der Erde, du bist der 
Schöpfer derer, die in den Höhen und derer, die in den 
Tiefen wohnen. Du bist der eine Gott, der in das Sein 
kam am Anfang der Zeit Du schufest die Welt, du 
schufest den Menschen, du trenntest den Wasserschlund 
von dem Luftraum. Du liessest den Nil sich bilden. Du 
hast beide, Menschen und Tiere, in das Sein gebracht." 
Die Illustrationen und bildlichen Darstellungen geben 
folgende Szenen wieder: Das Boot, in dem sich die 
Mumie befindet, nähert sich dem Grabe. Bei der An- 
kunft an die Grabesthür wird die Mumie aufrecht hin- 
gesetzt, umgeben von Trauernden. Ein Priester, der in 
der einen Hand ein Rauchcrgcfass, in der andern eine 
Wasscrschale hält, besprengt den Körper des Toten, 
während ein zweiter Priester das Totenritual spricht Die 
Farben in der Malerei sind vorzuglich erhalten. 

Der Papyrus der Königin Netchmet, 13 Fuss lang, 
wurde bei den Ausgrabungen, die zu den Entdeckungen 
des Tempels von Der el-Bahari führten, aufgefunden. 
Er ist nicht in Hieroglyphen, sondern in hieratischer 
Schrift abgefasst und weist mehrere sehr seltene Kapitel 
des Totenbuches auf Die Königin Netchmet scheint 
die Gemahlin desjenigen Priesterkönigs gewesen zu 
sein, der die 21. Dynastie begründete und sich als 
„Sohn des Amnion" auf den Thron setzte. Sein Name 
wird als „Hcr hcru-sa- Amen" wiedergegeben. Um Irr- 
tümern zu begegnen, will ich bemerken, dass sowohl in 
populären als in streng wissenschaftlichen englischen 
Werken grundsatzlich für „Ammon" stets „Amen" ge- 
setzt wird. Die Königin war die Vorsteherin des weib- 
lichen Ammon-Ordcns, und wenn die männlichen Mit- 
glieder desselben häufig mit den Jesuiten vergüchen 
werden, so fallt den letzteren die Rolle der heutigen 
Sacre Coeur Damen zu. Aus dem Dokument geht ferner 
hervor, dass Netchmet die 'Tochter des ersten Ammon- 
Propheten war und die Mutter des äthiopischen Priester 
königs Piankhi. 

Besonderer Nachdruck w ird in dem obigen Begräb- 
nis-Kitual darauf gelegt, dass niemand von dem Inhalt 
des Manuskripts Kunde erhalten soll. In Bezug hier- 
auf heisst es: „Dies Buch lehrt dich wissen, was das 
Schicksal des Menschen nach dem Tode ist, deshalb 
muss dasselbe ein Geheimnis bleiben. Kein mensch- 
liches Auge möge es erblicken und kein Ohr es hören. 
Lass es nicht die Menge wissen. Ich werde ihn ewig 
lebend machen und nichts Böses soll die Herrschaft 
über ihn gewinnen". Die zugehörigen Illuminationen 



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Kritik. 




Kinband aus der Fachschule für kunstgewerbliche 
Buchbinderei in Düsseldorf. 
Iii geudruck auf Saffian. 



stammen nicht aus dem Totenbuch, sondern aus dem 
Much des Wissens. Die Vignetten stellen Scenen von 
dem Durchgang der Sonne durch die Unterwelt dar 
und Prozessionen von Ungläubigen, die ohne Kopf ab- 
gebildet sind. 

Aus derselben Periode rührt der Anhai ■ Pa/>yrus 
her. Anhai, die etwa 1100 v. Chr. lebte, gehörte 
gleichfalls dem weiblichen Ammon-Orden an, und be- 
kleidete zu Kemat das Amt als Vorsängerin im Tempel 
des Gottes. In den Vignetten des Manuskripts findet 
sich eine Darstellung der Erschaffung der Welt. Durch 
eine Anmerkung des Herausgebers wird darin erinnert, 
dass auf dem Sarkophag Sctis I, der im Londoner 
Sloanc-Museum aufbewahrt wird, der ahnliche und 
selten zur Anschauung gebrachte Gegenstand, dort 
gleichfalls durch Eingravierung, wiedergegeben wurde. 

Das letzte der Schriftstücke i The Hook of Rrea- 
things, das Buch des Odems, Hauches, Seufzers, ge- 
heimen Gebets, etwas länger als 6 Fuss, enthält ausser 
Kitualvorschriften und Gebeten auch Lamentationen an 
Isis und Ncphtys. Die kurz vor der christlichen Epoche 
angefertigte Schrift ULsst erkennen, dass das alte Toten- 
buch etwas aus der Mode gekommen war und jeden- 
falls keine rechte Zugkraft beim Volke mehr hatte. 
Das im übrigen palcographisch wichtige Dokument ist 
gleichfalls ein mit Vignetten ausgestattetes Lcichen- 
ritual aus dem I. Jahrhundert v. Chr. Die unter 
griechischem und römischem Einfluss lebenden Ägypter 
wandten sich mehr der Verehrung des Thoth und der 
Schule von Heliopolis zu. Ja, man könnte wohl be- 
haupten, dass dies Buch, esoterischen und magischen 
Inhalts, ganz dem Gott Thoth oder Heimes gew eiht er- 



scheint, denn es heisst gleich am Anfang: „Thoth, der 
machtige Gott, kommt zu dir und schreibt für dich mit 
eigener Hand dies Buch, damit die göttliche Seele für 
immer atme und deine Gestalt von Neuem auf der Erde 
lebe". In dem „Book of Brcathings", das sich, soviel 
mir bekannt, auch im Bertiner Museum befindet, jeden- 
falls schon 1851 von ßrugsch entziffert wurde, wird die 
Wiederauferstehung auf Erden, die Wiederbelebung 
des Körpers und materielle Wohlfahrt gelehrt und ver- 
sprochen. Endlich enthält der Text des in hieratischer 
Schrift abgefassten Buches die sogenannten negativen 
und positiven Bekenntnisse des Toten. 

In den vorliegenden Papyrus-Schriften, die wichtige 
Keligionsepochen Ägyptens repräsentieren, ist es in- 
teressant zu verfolgen, wie anfangs der Orden der 
Ammon-Priestcr nur klein und unbedeutend ist, aber 
mit den Siegen der Könige und den hierdurch in das 
Land gebrachten Schätzen, deren Verwaltung der Orden 
übernimmt, immer mehr an Macht gewinnt Unter der 
zwölften Dynastie war Amnion eine noch verhältnis- 
mässig kleine Gottheit, die nur in einer einzigen Kapelle 
verehrt wurde. In demselben Masse, wie schliesslich 
Ammon zur Alleinherrschaft gelangt, werden die übrigen 
Brüderschaften durch die Ammonpricstcr verdrängt. In 
dem ,, Nu-Papyrus" wird Amnion Ka nicht erwähnt, in 
dem ,,Ani-" und „Huncfcr- Papyrus" (der „Ani-I'apyrus" 
wurde 1893 in Facsimile veröffentlicht) finden sich Hym- 
nen an Ka und Osiris; im „Netchmet- Papyrus" hat 
Ammon bereits die Funktionen des Osiris in sich ver- 
einigt und ausserdem noch Morus mit sich verbunden. 

Es bedarf kaum der Erwähnung und Hinweisung, 
welche bedeutenden Schwierigkeiten der Herausgeber 
des Werkes, D. E. W. Budge, zu überwältigen hatte. 
Gedruckt wurde das Buch von Harrison & Son in Lon- 
don. Der Preis beträgt M. 52,50. 

London. O. v. Schleimt:. 





























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Kwil'.int! von P. Kenten, prämiiert mit dem ersten 
Prent der Kumg Ludwig* • PrciMÜltung den Gewerbe- 

tmitcumt xu Nürnberg 1898, 
Orangefarbener SaifUn , Handvergoldung und Leder 
inuwK, Hlatturnament olivgrün, die Uiulhcn hehutrupE .ub.g. 



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Chronik. 




Einband von P. Kernen. 
Tcrraltottafarbiget Maroquin jcrase, Handvergoldung und 
l.cdcrmoiaik ; auMcrct Ornament olivgrün, die Jflutcu 
hellblau; inneres Ornament hellblau. 



Buchausstattung. 

Paul Adam, der Leiter der Fachschule für kunst- 
gewerbliche Buchbinderei in Düsseldorf , ist einer der 
wenigen Manner, die nicht nur mit theoretischen Ab- 
handlungen pro und contra „neue 
Richtung" kämpfen: er gehört viel- 
mehr, im Praktischen selbst aufs 
Kräftigste fassend, zu den Fuhrern in 
seinem Fache. Den vorzüglichen, im 
vorigen Jahre erschienenen ,, Prak- 
tischen Arbeiten'' — Verfasser dieses 
hat selbst mit Vergnügen danach ge- 
arbeitet - lisM Adam zum Jubiläum 
des 25 jährigen Bestehens seiner 
Werkstatt ein neues schmuckes 
Bündchen folgen, das den „Neuen 
Stil in der deutschen Buchbinderei" 
behandelt. „Vornehme Einfachheit 
und Klarheit, weise Beschränkung in 
Bezug auf die Füllung des Raumes, 
wenige, aber sprechende und an- 
sprechende Omamcntformcnl" — 
also charakterisiert er die Kunst des 
neuen Stils, die er pflegt und för- 
dert, und beigefügte Abbildungen, 
von denen wir eine Anzahl in die- 
sem Hefte wiedergeben, zeigen aufs 

Z. L B. 1899/1900. 



Beste, dass der Meister seinen eignen Gesetzen auch 
gehorcht. Zeichnen können nennt er das erste Erforder- 
nis für den Buchbindekünstler und warnt vor den Ent- 
würfen, die freie Künstler machen, ohne die Technik 
zu kennen, der ihre Entwürfe gelten. Nur der, dem die 
ausführenden Instrumente vertraut sind, wird auch mit 
dem Stift in der Hand die Grenzen der in Frage 
kommenden Technik respektieren. Es ist interessant 
zu sehen, was für künstlerische Resultate Herr Adam 
aus der Neugruppicrung alter Stempel, sowie auch 
neuer aus der Fabrik von Koch & Co. in Magdeburg 
erzielt; die Arbeit beschäftigt sich in erster Linie mit 
Handvcrgoldungcn auf Leder. 

Das mir zugegangene Exemplar des Schriftchens 
steckt in einem koketten grünen Saffianröckchcn mit 
I.orbccrmotiven (Handvcrgoldung). Als Vorsatz finden 
wir das höchst originelle Algcnmarmorpapicr verwandt, 
das die AschafTenburger Aktiengesellschaft liefert und 
das ich bereits erwähnt habe; als Farbenstellung sind 
Sienna und Indigo mit leichter sahncngclbcr Bei- 
mischung gewählt 

Ich kann Bücherfreunden aus eigenster Erfahrung 
ein wenig Beschäftigung mit dem Praktischen nach 
der Lehrmethode Adams nur empfehlen. — m. 



Ausser den aus der Adamschen Fachschule in 
Düsseldorf stammenden Einbänden veröffentlichen wir 
in diesem Hefte eine kleine Reihe Abbildungen von 
Einbänden Paul Kentens in Aschaffenburg, die auf 
der letzten deutschen Kunstausstellung in Dresden den 
lebhaften Beifall aller Kenner gefunden haben. Die 
Einbände, die für sich selbst sprechen und keiner 
weiteren Erläuterung bedürfen, sind sämtlich von Herrn 




Einband aus der Fachschule für kunstgewerbliche Buchbinderet in Düsseldorf. 
Halbfraaiband mit Punktitempetn der Spauenatssance in moderner Anwendung; die kleinen 
Bluten sind farbig 'ausgelegt. 

46 



362 



Chronik. 



Kerstan eigenhändig entworfen und ausgeführt worden 
und sind verkäuflich. 

M 

Im Historischen Verlage von Paul Kittel, Berlin, 
erscheint seit November vorigen Jahres H. Muller- 
Boftns vaterländisches Ehrenbuch: Kaiser Friedrich 
der Gütige. Nach dem Prospekt soll das Werk 25 
Lieferungen umfassen und bis November dieses Jahres 
fertig vorliegen. Da aber jetzt — Anfangs Oktober — 
erst die neunte Lieferung zur Ausgabe gelangt ist, 
wird der Termin schwerlich innegehalten werden. 
Der Verfasser beabsichtigt, unter Benutzung reich- 
haltigen, bisher ungedruckten Quellenmaterials (ins- 
besondere von handschriftlichen Aufzeichnungen, Briefen 
und Tagebüchern des Kaisers Friedrich III.) bei „edler 
volkstümlicher Darstellung in wissenschaftlich er- 
schöpfender Weise das ereignisreiche Leben des Lieb- 
lings der deutschen Nation dem Volke vor Augen zu 
führen." 

Eine grosse Anzahl trefflich durch Autotypie re- 
producierter Abbildungen von zeitgenössischen Por- 
träts, denkwürdigen Gebäuden etc. begleitet den Text. 
Auf die ausserdem beigegebenen ganz- und doppel- 
seitigen farbigen Nachbildungen von Schlachtenbildern 
und andern Gemälden von teilweise sehr zweifelhaftem 
Kunstwert wäre besser verzichtet worden. Sehr zu 
loben ist dagegen, dass der Verleger sich nicht mit 
Illustrationen im eigentlichen Sinne begnügt, sondern 
dem Text auch eine Reihe von ornamentalen Kapitel- 
anfangen, Schlussstückcn etc. eingefügt hat, die von 
Sütterlin meist recht geschmackvoll entworfen worden 
sind und die ebenso wie die für Collin ausgeführten 
I.ederaxbeiten ein erfreuliches Fortschreiten des Künst- 
lers beweisen. Sie besitzen einerseits die Vorzüge des 
bekannten Hammerplakats für die Berliner Gcwerbc- 
ausstcllung, das den Ruf dos Künstlers begründet hat: 
dekoratives Geschick, kraftige Wirkung, eine nicht 
sonderlich tiefe, aber klare und verständliche Symbolik, 
andrerseits sind sie aber auch fixier, vornehmer und 
zeigen, dass der Künstler das Steife, allzu Derbe, ich 
möchte sagen Plebejische abzustreifen beginnt, das 
man seinen früheren Leistungen mit Recht vorwerfen 
konnte. Die dem Text eingefügten Zierstücke sind 
selbstverständlich in rein linearer Manier ausgeführt. 
Der Schutzstreifen, der sich bei vornehmeren Lieferungs- 
werken mehr und mehr einzubürgern beginnt, ist in 
massvollem Plakatstil gehalten. Der Umschlag zeich- 
net sich durch Schlichtheil und Vermeidung des viel- 
fach bei solchen Gelegenheiten üblichen Aufdringlich- 
Rcklamchaftcn vor vielen seines Gleichen aus. 

W. v. z. W. 



Der erste Kunsthunger, der die Erwachsenen vor 
etwa fünf Jahren ergriff, ist nun gestillt, und rings er- 
heben sich Stimmen, die da rufen: „es ist noch genug 
Kunst vorhanden, gebt sie unsern Kleinen!" . . . Die 
Kinderstube soll nicht mehr die Rumpelkammer des 
Hauses sein. Das mechanische und imitierende Spiel- 
zeug ist heute zu einer Vollkommenheit, einem Luxus 



gediehen, den wir uns in unsrer Jugend nicht hätten 
träumen lassen; nur die Bilderbücher sind leider 
seit dreissig Jahren auf der gleichen geschmacklosen 
Stufe stehen geblieben, wenige, z. B. die von Vogel 
oder der Kate Greenaway ausgenommen. Wenn nun 
Herr Ernst Rrausewetter sich daran macht, Gutes 
in Wort und Bild für die kleine Welt zu sammeln, so 
muss man von vorn herein diesem Versuch mit den 
grössten Sympathien entgegenkommen; es wirft kein 
gutes Licht auf unsre Zeitgenossen in Apoll, dass Brause- 
wetter in seiner Vorrede zum „Knecht Ruprecht' über 
so viel Abw eisungen klagen muss. „Knecht Ruprecht", 
bei Schaffstein & Co. in Köln erscheinend, ist solch' 
ein Versuch zum Bessern.- ein Kinderweihnachtsblatt mit 
Versen und Gcschichtchen und Bildern. Die Gedichte 
von Paula und Richard Dehmcl treffen am glücklichsten 
den halb singenden Ton der „auld nursery- rhymes", 
wie Kinder sie so lieben; um kleine konkrete Dinge 
sich drehend, sind sie sicher, gleich dem kleinen Hirn 
eingeprägt zu w erden. Weniger geeignet scheint mir 
t. B. eine Art Fabel mit Moral von B. Janssen, die mit 
dem unkindlich -pessimistischen Satz endet: ,,in dieser 
Welt geht es immer mit dem einen hinauf, mit dem 
andern hernieder!" Sehr reizend ist auch ein längeres 
Gedicht von Schmidt-Cabanis; wenn ich noch erwähne, 
dass Namen wie I.ilicncron, Hamcrling, Trojan, Mia 
Holm vertreten sind, so wird auch mancher der Kinder- 
stube Entwachsene den . Knecht Ruprecht" — nicht 
nur lesen, sondern auch laufen, denn das hat der 
„Ruprecht" vor allem notwendig, um sein kostspieliges 
illustriertes Dasein fristen zu können. Den Illustrationen 
nämlich, besonders den farbigen, ist besondere Sorgfalt 
gewidmet worden. Gtotemcycr hat in der Vogel- 
sehen romantischen Märchenmanier reizendes geleistet; 
Thomas Münzers „Maskenball" mit seiner derb zu- 
greifenden Buntheit, }. B. Engl mit seinem Humor, 
Fidus mit seinem poetischen Duft bieten den Kindern 
viel Gutes und Unterhaltendes zugleich. Bei aller 
Lustigkeil ganz ungeeignet für ein Kinderbuch scheint 
mir Tit. Th. Heine zu sein, so sehr ich ihn sonst schätze; 
Fratzen schneiden Kinder schon von selbst genug. Die 
Sepiatuschen von P. Heidel wirken ziemlich nüchtern 
und langweilig. Als ein besonders guter Einfall er- 
scheint mir die Wiedergabe eines Genzmcrschcn Ge- 
mäldes; es giebt ja so viele für Kinder geeignete 
Sujets bei Knaus, Defrcgger. Max 11. a., und können 
die Kleinen auch die Schönheiten nicht voll würdigen, 
so nehmen sie doch schon eine kleine Galerie unsier 
grössten Meister als gute Freunde mit in das spätere 
Ktinstlebcn. D.iss auch das ("Ihr nicht zu kurz kommt, 
dafür haben zwei hübsche, leicht sangbare Liedchen 
von Hans Hermann und Humpcrdinck gesorgt. Die 
Umsfhlagztichnung, Knecht Ruprecht durch den 
Winterwald ziehend mit dem Sternensack auf dem 
Rücken, in feinen stumpfen Tönen gehalten, stammt 
ebenfalls von Fidus. Er versteht es wohl. Kinderaugen 
anzulocken. Meine langjährige Erfahrung als Familien- 
vater plädiert jedoch energisch für einen haltbareren 
Deckel; soll das Buch ein Liebling der Kleinen werden, 
so muss es auch etwas aushalten können; mindestens 
ist ein Leinwandrucken nötig. — z. 



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Chronik. 



Der Jahrgang 1900 des Munchtner Kalenders bringt 
eine weitere Serie der von Otto Hupp gezeichneten 
Wappen deutscher Fürsten und deutschen Uradels. 
Wappen und Stammbaum des Königs von Württemberg 
leiten das Heft ein; erstcres vereinigt Hirsch und Lowe 
sowohl auf dem Schilde — schwarzes Geweih und 
schwarzer heraldischer Löwe mit roter Zunge und 
roten Klauen, auf goldenem Grunde — als auch mehr 
naturalistisch aufgefasst am Fusscder Seite. Lothringen. 
Arco, Harrach, Moltke u. a. in. sdiliessen sich an. 
Dreimal wechselnde Randleisten — Affen und Hunde, 
Drachen und Löwenköpfe, irisches Hecht« erk grenzen 
Wappen und Kalcndarijm nach den Außenseiten zu 
ab. Besondere Aufmerksamkeit ist der Schrift gewid- 
met, deren ungefähr im Stil des XII. Jahrhunderts ge- 
haltene rote Buchstaben aul stets wechselndem, ge- 
netztem, geblümtem oder geflochtenem, schwarz » eiss- 
gclblichem (jrunde stehen. Da Kanzleirat Gust. A. 
St'yler den erklärenden Text übernommen hat, kann 
man von dessen Korrektheit überzeugt sein. Der Um- 
schlag zeigt ein die Wellen durchschneidendes alter- 
tümliches Schiff, dessen geschwellte Segel ein echt 
münchncrischer Engel leitet. F.in frucht beschwerter 
Baum ragt aus dem Fahrzeug auf, und Münchens Kahne 
flattert an seinem Bug. Auch der sog. Kitine Münchener 
Kalender von 1900 präsentiert sich sauber und zierlich 
und giebt überdies Gelegenheit, die Wahrheiten des 
hundertjährigen Kalenders nachzuprüfen. — g. 



Antiquariatsmarkt 



Die bekannte, äusserst kostbare Sammlung von 
Miniatur - Handschriften des V'erlagsbuchhandlers 
Dr. Trubner in Strasburg i / Eis., meist l'erlen der 
weltberühmten Hamiltonkollektion, ging in den Besitz 
des Münchener Antiquars Jacques Kosenthai über. 

4ß 

fiernard Quarifch, Londons bedeutendster An- 
tiquar und unser berühmter Landsmann, versendet so- 
eben den ersten Teil eines neuen Katalogs, welcher die 
Literatur und Geschichte der britischen Inseln behan- 
deln wird. Ouaritchs Kataloge und ihr hoher Wert 
sind so bekannt, dass hier nichts Neues über dieselben 
gesagt w erden kann ; gleichwohl verdient der vorliegende 
erste Teil aus mehr als einem Grunde, 'dass auf ihn 
besonders hingewiesen werde. Eine gedrängte Ab- 
handlung über die Entwickclung der cnglischenSpi ache, 
die, nach Quaritch, jetzt von 120 Millionen Menschen 
gesprochen wird, eröffnet ihn; in dem Bucherverzeich- 
nis selbst sind die Titel der wichtigeren Werke ausführ- 
lich gegeben und höchst wertvolle bibliographische 
Notizen begleiten die meisten derselben; was dem 
Katalog aber einen ersten Rang unter der Menge der 
antiquarischen Bücherverzeichnisse sichert, das ist die 
gros.se Zahl kostbarer bibliographischer Seltenheiten 
und — ihre I'reise. Er umfasst die Zeit vom Jahre 700 



bis t6» und enthält naturgemäss viele Manuskripte 
und Inkunabeln; sein Inhalt ist auf drei Abschnitte ver- 
teilt: englische und britische Schriftsteller von 700 bis 
1500, — die Kirche in England 1300 bis 1600, — englische 
Philologie: Werke über .Sprachenkunde und Vermischtes, 
unter denen sich auch neuere Bücher befinden. 

Was die Preise der Bücher anbelangt, so durfte 
sie wohl mancher deutsche Antiquar sehnsüchtig und 
mit stiller Wehmut betrachten, denn wo fände er unter 
dem „Volke der Denker" Kaufer zu denselben? Der 
74 Seiten starke Katalog verzeichnet nur 309 Bücher, 
von diesen aber repräsentieren 87 einen Gesamtwert 
von 13 146 Pfund Sterling oder, das Pfund zu 20 M. 
gerechnet, 262920 M., was für jedes der 87 Werke 
einen Durchschnittspreis von über 3022 M, ergiebt. 
Einbezogen in diese Aufstellung wurden nur die Werke 
im Preise von 40 Pfund Sterling oder 800 M. an, und 
der Merkwürdigkeit halber möge sie hier folgen, wobei 
die erste Ziffer den Preis, die zweite die zu diesem 
Preise vorhandene Zahl von Werken angiebt. Der 
Katalog verzeichnet zu 40 Pfund Sterling 8 Werke, zu 
42 = 4, 48-3. 5o = 8, 52 = 1, 55 - 3, 60 = 4, 63 = 4, 
64 = 1, 7" = 4. "2 = ', 74=", 75 = 4, 80 = 4. 84 = 3. 
9o=3. 95 = '. 0 = 3. 100 = 2, 105 = 3, no-i, 
115—1, 120^3, 125=1, 135-^1, 150^3, 180=1, 
200=2, 220=1, 240«= 2, 250=1, 300 = 1, 70:)= 1, 
1050= 1, 1500= 1, 2500=1. Es ist selbstverständlich, 
dass Werke im Preise von 20 bis 40 Pfund Sterling 
noch in recht ansehnlicher Zahl vorhanden sind, doch 
kommen auch Preise von 2"., Schilling vor, namentlich 
unter den neueren Buchern. 

Die vier höchsten Preise, von 700 bis 250a Pfund 
Sterling sind für folgende Werke angesetzt: 1. North 
English Miraile Plays about 1450. ein Pergament- 
Manuskript von ungefähr 1450: 700 Pfund Sterling; — 
2. eine erste, 1535 wahrscheinlich zu Zürich gedruckte 
Ausgabe der berühmten Coverdale Bible, mit alleiniger 
Ausnahme zweier das vollständigste aller bekannten 
Exemplare dieser Bibel; nur ein fehlendes Blatt und 
einige kleine Mangel sind in Facsimiles ergänzt worden; 
1050 Pfund Sterling; — 3. Anthony Woodville, Lord 
Rivers, 1442 bis 1483, Dictes of ihc Philosophers, das 
erste 1477 England gedruckte Buch , ein schmales 
Folio von 75 Blättern mit 29 Zeilen auf der Seite: 
1500 Pfund Sterling; — 4. Chaucer, The Canterbury 
Tales, — „tlrst edition of the first great English poet, 
printed by the first of English printers", sagt Quaritch 
in seinen bibliographischen Erläuterungen, — Drucker 
war William Leaton um 1498: 2500 Pfund Sterling. 
Diesen hochpreisigen Büchern ist wohl noch anzureihen 
die Wyklyffite Bible, das eimige bekannte vollständige 
Exemplar der kompletten englischen Bibel, wie solche 
von Wyklyffcs Nachfolgern um 1425 niedergeschrieben 
worden ist. Als Preis dieses Unikums erblicken wir 
drei Nullen (für Pfund, Schilling und Pcnce), zu denen 
man sich wohl noch einige Nullen mit voranstellenden, 
nicht zu niedrigen Einem zu denken haben wird. 

Bei all dem intellektuellen und materiellen Reich- 
tum des Inhalts dieser Katalog-Abteilung wolle man 
nicht übersehen, dass dieselbe nur einen geringen und 
speziellen Teil der bibliographischen Schätze Quaritchs, 



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364 



Chronik. 



deren voller Wert nach Millionen zu bemessen sein 
dürfte, verzeichnet, dass aber auch ihre Ansammlung 
nur auf einem Weltplatze wie London möglich und 
durchführbar ist. — Für alle, welche den betreffenden 
Katalog zu beziehen wünschen sollten, sei bemerkt, 
dass derselbe die Nummer 193 tragt und sein Preis 
1 Schilling beträgt Th. G. 

m 

Die von dem in Wien verstorbenen Sammler 
Alexander Posonyi hinlerlassenen Aulographenschtitst, 
welche zumeist auf den Versteigerungen, die im Laufe 
des letzten Jahrzehnts in Deutschland und Österreich 
abgehallen, zusammengebracht wurden, werden nicht 
auf demselben Wege der Massenauktion wieder dem 
Autographenmarkte zurückströmen, sondern es hat 
sich der Erwerber, Herr Friedrick CoAen, Antiquar in 
lionn, entschlossen, diese Autographc in Lagcrkata- 
logcn mit fixen Preisen den Liebhabern anzubieten. 
Der erste Katalog, welcher „Die deutschen Dichter, 
Schriftsteller und Philosophen der klassischen Periode" 
betitelt ist, wurde zu Anfang des Monates November 
verschickt; ihm sollen zunächst folgen „Musik" und 
„Neucrc deutsche Dichter". Ein ähnlicher Lagcrkatalng, 
wie der uns vorliegende, ist wohl niemals ausgegeben 
worden, weder in Deutschland, noch in England oder 
Frankreich. In fast 600 Nummern werden Stücke 
offeriert zu einem Gesamipreis von ca. 50COO Mark. 
Diese hohe Ziffer resultiert daher, dass Goethe mit 
über 70 Nummern, Schiller beinahe ebenso stark ver- 
treten ist. Theodor Körner erscheint vicrzigmal, Geliert 
zwölfmal, Kant fünfmal; Herder, Klopstock, Wicland 
sind ebenso zahlreich vorhanden, auch I.cssing fehlt 
nicht, wenn auch nur in Briefen, die von ihm als Sekre- 




Einband aus der 1.1.!...-: für kunstgewerbliche 
Buchbinderei in Düsseldorf. 
Handvergoldung; Lederauflage dunkelbraun auf bellbraun. 




' Einband von P. Ktriten. 
(iranatfarbiger Saffian, HandveTgoldung und l.edermoaaik auuere« 
Ornament hellrot, inneres olivgrün, die Blüten hellblau. 



tar des Gener alsTauentzicn geschrieben und von diesem 
unterzeichnet wurden. (Ein eigenhändiger Brief Lea- 
sings und ein Hütet von ihm werden in dem Katalog 
als bereits verkauft angeführt; das Zriny- Manuskript 
Theodor Körners, welches Herr Cohen bekanntlich 
dem Körner- Museum in Dresden für denselben Preis 
abgetreten, den Herr Posonyi in Leipzig bezahlt 
hat, wurde in den Katalog nicht mehr aufgenommen.) 
Wahre Kabinettstücke dieser Abteilung der Posonyi- 
se hen Sammlung sind zwei grössere Manuskripte, das 
eine von Goethe, das andere von Schiller. Jenes ein 
Aufsatz über Shakespeare, den der 22jährige Dichter 
zu einer Shakespearefeier nach Strasburg schickte, 
dieses der Entwurf zu einem Drama, über welchen 
Goedccke bisher Abweichendes berichtet hat Der 
Cohcnschc Katalog bietet viele Auszüge aus den zum 
Kaufe angebotenen Briefen und Manuskripten und 
sollte deshalb auch Nichtkauflustigcn auf dem Wege 
des Buchhandels zu einem massigen Preise zur Ver- 
fügung gestellt werden, denn kein Literaturhistoriker 
wird ihn gern in seiner Hülfsbiblioihek vermissen 
wollen. 

De mortuis nil nisi benc! Posonyi hat durch seinen 
unübertroffenen Übereifer bei Auktionen, an denen er 
persönlich teilnahm, häufig Missfallen erregt Wenn 
schon der Tod versöhnt, so stellt der dicke Band, zu 
dem die Cohcnschcn Einzclkataloge anschwellen wer- 
den, die glänzendste Ehrenrettung des Verstorbenen 
dar. Eine solche nicht bloss ausgedehnte, sondern in 
ihren einzelnen Teilen kostbare Sammlung bringt man 
heutzutage, wo jedes Blättchen, das von einer ersten 
Grösse stammt, teuer erkauft werden muss, nicht mehr 
zusammen, wenn man nur einen in den Grenzen des 



Chronik. 




Einband von P. Kcutni, 
Grüoei Maroquin ecrase; tinndvergotdiuif i die Bluten 
hellblau. 



Althergebrachten sich haltenden Eifer entwickelt. Das 
l'osonyi Museum in der Kohlenessergasse in Wien ist 
verschwunden, der in Nonn in Angriff genommene Band 
wird aber das Andenken seines Bcsiticrs nicht nur in 
den Sammlcrkreisen auf alle Zeiten erhalten. F. v. K. 



Von den Auktionen. 

Blieben alle Sammlungen auf ewig in fester Hand, 
seis in privater, seis in öffentlicher, dann würde des 
Sammeins bald ein Ende sein. Und so muss man den 
Wcchsclfällen des Geschicks einen gewissen Dank 
jollcn, wenn sie die hie und da aufgestauten Schätze 
einmal wieder auf den öffentlichen Markt werfen. Da- 
neben freilich regt sich inniges Bedauern , das« das in 
alle W inde zerstiebt, was eint Kennerhand feinsinnig 
vereinte, und nicht selten hört man auf Auktionen Aus- 
rufe, wie: „wenn der einstige Besitzer das erlebt 
hätte !" , . . 

Als im April dieses Jahres der vornehme Sammler 
Dr. Ii. Schubart in München starb, hatte er bereits 
den grössten Teil seiner Schätze zum Verkauf be- 
stimmt und die unerlässlichen Vorarbeiten begonnen. 
Herr Dr. H. Pallmann hat den nunmehr im Sinne des 
Verstorbenen beendeten beiden Katalogbanden je 
einige kurz einführende Sätze vorgestellt, sowie ein 
„Vorwort" aus der Feder des Verstorbenen. Dieses 
Vorwort leitete schon den 1894 bei Bruckmann in 



München erschienen Grossfolioband ein: „Sammlung 
Schubart. Eine Auswahl von Werken alter Meister, 
reproduziert in Heliogravüren und Phototypie. Mit er- 
läuterndem Text von C. Hofstede de GrooL" Es giebt 
ein so klares Bild von dem Geist, der Dr. Schubart bei 
seinen Sammlungen erfüllte, dass Dr. l'aümann sehr 
wohl gethan hat, es an dieser Stelle zu wiederholen. 

Der erste der sauber in braunes Englischlcinen ge- 
bundenen Bände bringt nur Gemälde, darunter zu- 
nächst das Porträt des Verstorbenen von Lenbach: ein 
Van-Dyk-Kopf mit flottem weissem Knebelbart, eigen- 
sinnigem Haar und ernsten forschenden Augen. Es 
ist im Jahr 1891 entstanden und erweckt sofort Sym- 
pathie beim Beschauer. Ebenfalls von persönlichem 
Interesse ist das Sammelzeichen, das die Gattin Dr. 
Schubarts anfertigen Hess, um selbst der zersprengten 
Sammlung eine gewisse Zusammengehörigkeit zu er- 
halten. Es stellt ein Stillleben dar, in dem die bedeu- 
tendsten Zweige der Sammlung vertreten sind: Bilder, 
Vasen, Albums, Pergamente und Bücher. Eine Sig- 
natur konnte ich nicht darauf entdecken. 

Die 102 Gemälde sind alphabetisch nach den 
Malern geordnet, so dass Albrecht Altdorfer den An- 
fang macht Dem Namen folgen Schule und Daten, 
dann die Bezeichnung des Bildes nebst kurzer Be- 
schreibung des Sujets, der Material- und Formatan- 
gaben, sowie bei Bildern mit einem Besitzerpedigree 
die Namen der früheren Besitzer und Quellennach- 
weise, wo die betr. Bilder erwähnt, besprochen, be- 




Einband von P. Kenten. 
Hellblauer Saffian, Handvergoldung und Ledermoiaik. 
Ornament waxiergrun. 



366 



Chronik. 



glaubigt werden. So wird diesem Kataloge ein be- 
deutendes kunstgeschichtlichcs Leben beschieden sein, 
lange nachdem die Auktion vorbei, für die er ursprüng- 
lich entstand. Zahlreich sind die photogravierten Il- 
lustrationen, die uns die Perlen der Schubartschen 
Sammlung veranschaulichen. Cranach, Hoogh, Hob- 
bema, Memling, Murillo, Rembrandt. Ruisdacl, Watteau, 
Steen, Wouwcrman, kurz Alle, deren Namen das Herz 
des Kunstlicbenden höher schlagen machen, sind durch 
Werke ihrer besten Zeit vertreten. 

Der zweite Band des Katalogcs, der Glas- und 
Porzcllanraritäten, Bücher und Kunstblätter behandelt, 
ist naturgemäss karger im Quellennachweis. Bei den 
Glasgcmäldcn geben noch häufig Namen und Wappen 
Aufschluss, bei den zierlichen Porzellanfigurchen die 
Brandmarke, bei Waffen und Holzschnitzereien hat 
man sich jedoch meist auf eine kurze Beschreibung 
beschrankt. Kulturhistorisch interessant sind wiederum 
die nicht zahlreichen Antiken und die prachtigen Möbel, 
von denen man allerdings nur die reproducierten Stücke 
beurteilen kann. In der Bibliothek der Kunstsammlcr 
wird man den Katalog Schubart nicht gern entbehren 
wollen. Über die Ergebnisse der bei Helbing in Mün- 
chen abgehaltenen Auktion, die rund 800000 M. brachte, 
haben die Zeitungen bereits ausfulirlif h berichtet. - g. 

.* 

In schöner Ausstattung erschienen die letzten 
Auktionskataloge von Am s/er S* Ruthardt in Berlin 
und Gilhofer «S-* Ranschburg in Wien. Ersterer enthält 
die Abteilung I der Sammlung Kobert von Pommer- 
Esche : wertvolle und seltene Kupferstiche, Radierungen, 
Holzschnitte, Lithographiccn u. dergl. m., darunter Ar- 
beiten von Boissieu, Chodow iecki , Dietrich, Klein, 
Menzel, Strange, l'ngcr, Wille. Der letztgenannte eine 
Sammlung altkolorierterOriginalkupfcrstiche von Schütz, 
Zicglcr und Janscha, Wien vor hundert Jahren dar- 
stellend, ferner viele historische und kulturgeschicht- 
liche Blätter, Porträts und Miniaturen; die beigegebe- 
nen Lichldruckbilder erhöhen das Interesse an dem 
Katalog. bl- 



Kleine Notizen. 



Deutschland und Österreich-Ungarn. 

Die erste Gabe der Gesellschaft der Bibliophilen -. 
eine Faksimilewicdcrgabe der Handschrift von Goethes 
„Mitschuldigen", ist im Laufe des November zur Ver- 
sendung gelangt. Die Schwierigkeit der Herstellung 
trug Schuld, dass sich die Versendung verzögerte; da- 
für ist das durch die Offizin J. J. Weber in Leipzig her- 
gestellte Faksimile auch eine Meisterleistung. Das 
Quartheft trägt einen marmorierten Kartondcckel, der 
genau nach dem Original fabruiert wurde; ein vier- 
eckiges Stück Papier ist auf diesen geklebt, das die 
Inschrift enthält: „Die Mitschuldigen, ein Lustspiel in 
drey Auf/ugen. 1769". Die Innenseite des Deckels 
trägt in einfacher Umrahmung das Ex Libris; Gesell 



schaft der Bibliophilen I. No. . . . Gedruckt für-, . . 
(folgt, ebenfalls gedruckt, der Name des Besitzers). 
Die Handschrift, auf Papier faksimiliert, das dem Ori- 
ginal gleichfalls getreu nachgeahmt wurde, umfasst 80 
Blatt oder, da die leute Seite freigeblicben, 159 Seiten. 
Daran schlicsst sich ein 19 Seiten langes, in gro» 
Schwabacher vortrefflich gedrucktes literarhistorische! 
Essay über das Lustspiel aus der Feder des Professor« 
Dr. Georg Witkcnuski. Dieser Beglcitartikel enthält 
noch ein besonderes Faksimile: die Handschrift Friede- 
rike Urions, zur Vergleichung mit jener Stelle im dritten 
Auftritt, Aufzug drei, wo Goethe irrtümlich statt der 
Personenbezeichnung ,,Der Wirth" die Angabe „Der 
Keller" geschrieben und Friederike hier mit eigener 
Hand das Richtige eingesetzt hatte. Das Manuskript 
der „Mitschuldigen" wurde lange als teurer Schatz in 
der Familie Urion gehütet, bis es der Leipziger Buch- 
händler Saiomon Hirzel erwarb, aus dessen Besitz es 
mit seiner gesamten unvergleichlichen Goethesammlung 
an die Leipziger UniveraitätsBibliothek kam. Den Biblio- 
philen wird mit der Faksimilcausgabe eine eigenartig 
interessante Reliquie geboten, für die man auch der 
Wcberschcn Druckerei in Leipzig Dank wissen inuss. 

Im Verlage von Franz Jäger in Goslar erscheint 
in stattlichen Lieferungen zti je 2 M. eine Geschichte 
der deutschen Illustration von T/t. Kutschmann, die 
in erster Linie der modernen Kunst dienen wird. Die 
Frühzeit ist infolgedessen nur knapp behandelt worden. 
Eine wertvolle Beigabe soll das Verzeichnis lebender 
deutscher Illustratoren bilden, sowie ein Rcgistersolcher 
hervorragender Ulustrationswerke, die nicht in den 
Katalogen des Buchhandels zu finden sind. Eine ein- 
gehende Besprechung behalten wir uns vor, wollen 
aber heute schon erwähnen, dass die äussere Aus- 
stattung des in Grossquarl erscheinenden, auf 10 Liefe- 
rungen berechneten und mit zahlreichen Textbildcrn 
und Einzclblältern in Lichtdruck, Heliogravüre. Farben- 
druck , Holzschnitt etc. geschmückten Werkes eine 
ganz vortreffliche ist. — m. 



Von der für alle Bibliotheken, Redaktionen, Ge- 
lehrten und Schriftsteller überaus wichtigen Biblio- 
graphie der deutschen Zeitschriften ■ Utteratur (vcrgl. 
„Z. f. B." II. Jahrg. Heft 7) sind die ersten Lieferungen 
des IV. Bandes (Januar — Juni 1899} im Verlage von 
Felix Dietrich in Leipzig erschienen. Die Bibliographie 
wild von nun ab nicht mehr in Jahresbänden, sondern 
in erweiterter Form in Halbjahrskatalogen verausgabt. 
Zu den bisherigen Herausgebern F. Dietrich, E. Roth, 
M. Grolig u. a. ist noch Arthur L. Jellinek getreten. 

— m. 

Von Reclams ( 'nhersainibliothek ist kurzlich die 
Nummer 4000 erschienen l Roseggcrs „Geschichten und 
Gestalten"). Den Grund zu dieser vortrefflichen Biblio- 
thek legte eine Ausgabe Shakespearescher Dramen in 
guter deutscher Übertragung, die in Zweigroschen- 
heften einzeln käuflich waren. Über die Firma Philipp 
Rcclam und den Wcllruhm, den sie sich in erster 



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Chronik. 



367 



Linie durch das genannte volkstümliche Unternehmen 
erworben, veröffentlichte Anton Bettelheini im Januar- 
heft 1897 der inzwischen eingegangenen Revue „Cosmo- 
polis 1 einen grösseren Aufsatz Auch wir werden Ge- 
legenheit finden, uns noch näher mit den Bestrebungen 
der Firma zu beschäftigen. Gleichzeitig mit dir 
40c». Nummer erschien ein Katalog der Universal- 
Bibliothck in der Anordnung nach Litteraturen. 

— m. 

Die Photographic hat für die Buchausstattung eine 
früher ungeahnte Wichtigkeit erlangt; nicht nur billige 
Ausgaben bestreiten heute ihr gesamtes lllustrations- 
matcrial mit Lichtbildern, der zahllosen, aus der Pho- 
tographie hervorgegangenen Techniken ganz zu 
schweigen. So bringt denn auch das von Dr. J. M. 
Eder herausgegebene Jahrbuch für Photographie und 
Reproduktionstechnik für das fahr /S<><) (Wilh. Knapp, 
Halle a. S.) so manchen den Bücherfreund interessie- 
renden Beitrag. Wir erwähnen von den Originalbci- 
trägen: „Schwierigkeiten des Dreifarbenverfahrens für 
den Buchdruck" von Dr. J. Husnik in Prag, und 
„Positiv- und Negativ-Steindruck von einer Platte" von 
Reg. Rat Georg Fritz in Wien. Dem Jahresbericht 
über die Fortschritte der Photographie und Reproduk- 
tionstechnik mit seinen zahlreichen kürzeren Artikeln 
über Atzung, Farbendruck, Autotypie u. s. w. folgt ein 
ausführliches Verzeichnis ncucrschiencncr einschlägiger 
Litteratur und ein Autoren- und Sachregister. Den 
Beschluss des starken Bandes bilden Rcproduktions- 
proben, zum Teil wahre Kunstwerke, z. B. die Kupfer- 
ätzung einer Aufnahme des Schlosses Rheinstein durch 
Rud. Schuster; die Autotypie eines Kindcrkopfcs von 
Meisenbach, Riffarth & Co. nach einer Wcissschen 
Aufnahme; ein Lichtdruck nach Naturaufnahmen von 
Junghaus und Koritzer, der einen kleinen Wasserfall 
im Laubwald mit der ganzen Lieblichkeit eines Ge- 
mäldes wiedergiebt. Eine weitere Autotypie von 
Mciscnbach, Riffarth & Co., ein landschaftliches Motiv 
mit Wasscrspicgclung und all' den reizvollen Zufällig- 
keiten der Naturaufnahme, ist ein vollgültiger Beweis, 
dass die Photographie berechtigt ist, bei gewissen 
Druckwerken die Kunstlerarbeit zurückzudrängen. 

Das Kaiser Franz Joseph' Museum in Troppau 
sendet uns seinen letzten Katalog (Herbstausstellung* 1 
zu. Es ist erfreulich, dass auch die mit verhältnis- 
mässig geringen Mitteln arbeitenden Provinzialmuseen 
sich Muhe geben, künstlerisch ausgestattete Kataloge 
anstelle der althergebrachten, schlecht und auf dünnem 
Papier gedruckten herzustellen. Ausser einigen hub 
sehen Leisten bringt der vorliegende Katalog als Kopf- 
und Schlussstück zwei kräftig wirkende landschaftliche 
Skizzen nach Holzslöcken des heimischen Malers Adolf 
Zdrasila : Ansicht Troppaus vom Dache des Museums 
aus und Windmühle in der Nähe der Stadt. — bl— 



Zwei hübsche Einladungen in Plakatform zu per- 
manenten Ausstellungen gehen uns zu. Die Eine rührt 



von den Herren Gilhofer cV» Ransehburg in Wien her 
und verspricht seltne Bücher, kostbare Manuskripte, 
Kupferstiche und Autographen. Das Blatt zeigt als 
Kopfleiste die Oberkörper zweier Mädchen aus der 
Zeit Dantes, die in einem Buche blättern, während 
man in einem Nebenraum einen alten Forscher im 
Wagnerbarett sich über ein Buch beugen sieht, das er 
mit der Lupe untersucht Die Schrift in braun, 
rot und blau erinnert an einige der L. F. Dayschen 
Zierschriften, die bei Hicrsemann in Leipzig kürzlich 
erschienen sind; sie ist sehr hübsch, aber schwer zu 
lesen. Als Künstler zeichnet E. Ranzendorfer. 

Ebenfalls seltne Bücher, Autographen etc. zeigt 
die permanente Ausstellung bei Joseph Daer &* Co., 
Frankfurt a. M , an. Dieses Plakat kommt durch die 
Klarheit seiner Schrift — gelb und schwarz auf weiss 
- - seinem Zwecke viel näher, obwohl es malerisch 
etwas nüchterner wirkt. Der grosse, flach ocker und 
ledergelb getönte Frauenkopf auf kreisrundem 
schwarzem Grunde scheint uns allerdings, so hübsch 
er ist, recht wenig Zusammenhang mit den Büchern 
und Autographen zu haben. —in. 



Italien. 

Der thattge und sachkundige Florentiner Antiquar 
Ifo S. Otschki, übrigens ein Deutscher von Geburt, 
hat in einem Exemplar der von Pannartz und Swcyn- 
heim 147 1 '72 zu Rom gedruckten Bibel eine Reihe 
von Ifandzehhnungen Mantegnas oder seiner Schule 
entdeckt. In der Zeitschrift „La Bibliofila" (Heft 7/8) 
erklärt Professor Romolo Artioli diese Skizzen als ein 
bedeutendes Dokument für die Geschichte der Kunst- 
wissenschaft und äussert den Wunsch, dass der italie- 
nische Staat diesen wertvollen Kunstschatz für ein 
Nationalmuseuni erwerbe, um zu verhüten, dass er wie 
viele andere ins Ausland wandere. Er vergleicht die 
Zeichnungen eingehend mit Mantegnaschen Bildern 
aus den L'fiizicn von Florenz und kommt zu der Schluss- 
folgcrung, dass sie entweder von der Hand des Man 
tegna selbst oder eines seiner hervorragendsten Schüler 
herrühren. Dem Artikel sind sechs Illustrationen bei- 
gefügt, von denen die eine eine Druckseite der Bibcl- 
ausgabe und die andern fünf die Zeichnungen repro- 
duzieren. 



Eine bisher unbekannte Florentiner Karikatur 
aus dem XIV. Jahrhundert, eine Federzeichnung, die 
einen Ritterkampf in karikierender Absicht darstellt, 
ist von Dr. Robert Davitisohn in Florenz aufgefunden 
worden. Sie befand sich in einem Aktenheft des 
Florentiner Handels- und Repressalien-Tribunals aus 
dem Jahre 1320. Ein philiströs aussehender Ritter 
reitet mit seiner Lanze, die andenhalbnial so lang ist 
als sein Ross, gegen einen anderen gepanzerten Ritter, 
der, von zwei Knappen begleitet, gekrümmt in einer 
eisernen Rüstung steckt, die für seine hagere Gestalt 
viel zu weit ist. Es ist bezeichnend, dass die Zeichnung 
aus den Kreisen der Schreiber des Handelstribunals 
hervorging. Sie richtet sich gegen das verfallende 



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368 



Chronik. 



städtische Rittertum, eine Auflassung, die bei Bojardo, 
Ariost und Cervantes später zum litterarischen Aus- 
druck kam. 



England. 

Fachmännern und Liebhabern der Lithographie 
wird das prächtig illustrierte Werk „Lithograph) 1 and 
Lithographers" , von Mr. and Afrs. Penneil heraus- 
gegeben (London, Fisher Unwin), gleich willkommen 
sein, da es eine vollständige 
Geschichte der Steindruck- 
kunst enthält. Mr. I'ennell 
hat am meisten dazu bei- 
getragen, die im South Ken- 
sington Museum in diesem 
Jahre beendete lithogTaphi- 
schcAusstellung zur hundert- 
jährigen Scncfcldcr- Feier 
nicht nur ins Leben zu rufen, 
sondern auch derart zu or- 
ganisieren, dasswirdurchsic 
einenausgezeichneten Über- 
blick der Entwickelung die 
ses Kunstzweiges gewinnen 
konnten. Im Zusammen- 
hange mit gedachter Feier 
und Ausstellung scheint der 
oben bezeichnete Folio-Band 
mit seinen Reproduktionen 
von 154 älteren Meisterar- 
beiten entstanden zu sein. 

Die praktische Ausübung 
der lithographischen Kunst- 
bethätigung und ihre lebens- 
fähige Einführung in Eng 
land verdankt diese unserm 
Landsmann Georg Scharf. 

Die National Art Library 
hatte der oben genannten 
Ausstellung zwei Hlättervon 
der Hand Georg Scharfs 
geliehen. Das eine, ein weib- 
licher Studienkopf, bildet den primitiven Versuch des 
Künstlers in derneucn Manier. Dasanderc „Die Kosaken 
in l'aris 1815", ist einige Jahr«: spater wie erstercs, d.h. 
etwa 1817 hergestellt worden. Scharf war hier der erste, 
der Scncfcldcrs 1818 erschienenes Buch zur Geltung 
brachte und seinen Schülern sowie anderen interessierten 
Personen praktische Anleitung gab, die Methode des 
Erfinders gründlich zu lernen und zu durchdringen. 
Von diesem Zeitpunkt an wurde der Steindruck populär 
in England. Georg Scharf sen. v 1 788 — 1860), ein aus 
Bayern stammender Künstler, war der Vater des nach- 
maligen Sir George Scharf, des Mitbegründers und 




Entbind *on P. Kenten. 



Saftgrüne* Maroquin sentit 
movaik. Ornament abw 



langjährigen Direktors der englischen National Portrait 
Gallcry. Vater und Solin haben sich somit um die 
englische Kunst erhebliche Verdienste erworben. 

Von noch nicht veröffendichten lithographischen 
Blättern moderner Meister werden in den» vorliegenden 
Werke mehrere Arbeiten von Whistler, Lcgros, Shannon, 
I.unois, Mac Lurc Hamilton und J. K. Way reprodu- 
ziert. Wenn Mr. Pennell ältere Meister kritisiert, so 
bleibt er stets gerecht und massvoll, sobald er aber 
über die hiesigen akademischen Künstler mit klassischer 

Richtung urteilt, wird er 
merklich subjektiv. Es muss 
allerdings zugegeben wer- 
den, dass eine ganze Reihe 
der Akademiker in Burling- 
ton-House, die das Land 
der Griechen mit der Seele 
suchen, es bisher noch nicht 
gefunden haben. Imgrossen 
und ganzen hat Mr. I'ennell 
ein ebenbürtiges Werk zu 
seiner früheren Arl>eit: Pen 
Drawingand Pen Draughts- 
»ten geschaffen, die von 
Zeichnern und allen denjeni- 
gen, die mit reproduzieren- 
der Kunst zu thun haben, mit 
Recht geschätzt wird. 

Wenn trotz ernstlicher 
Bestrebungen und schöner 
Erfolge die Lithographie 
und ihre Ausübung sich hier 
nie zu solcher Blute wie auf 
dem Kontinent, namentlich 
in Deutschland und Frank- 
reich erhob, so liegt der 
Grund zunächst mit darin, 
dass es hier keine K unstlücke 
auszufüllen gab. In keinem 
Lande ist die Tradition in 
der Kunst so beharrlich ge- 
blieben als in England. 
Nachdem durch die Erfin- 
dung der Photographie schon die graphischen Künste 
auf dem Kontinent in gewissem Sinne Einbusse er- 
litten, wurde die Miniaturmalerei in den meisten 
andern Ländern so gut wie vernichtet In England 
dagegen haben wir viele bedeutende Meister, die ge- 
legentlich sogar zur Buchmalerei im alten Sinne über- 
gehen. Wenn Meisler wie W. Kichmond, E. Poynter, 
J. Linton, Alma-Tadema und Herkomer mehr Interesse 
für Miniaturmalerei als für Lithographie bekunden, so 
kann eine solche Thatsachc nicht ohne Rückwirkung 
auf letztere bleiben. 

London. O. v. S. 



HandvcriiuMunj! und I.edcr 
cihaclad violett und weit*. 



Xa<hdru<k vtib-'ltn. — Alle Kfchte :*rt>sA,il/,-n. 



Für die Redaktion verantwortlich: l-'cdor von Zobeltitz in Berlin. 
Alle Sendungen redaktioneller Natur an dcruen Ailrc»»-. Berl.n W. AMffAmtf*rMnttM 61 erriete«. 



Gedruckt «an W. Drugulin in Leipzig für Velhagen & Klatin« in lliclefeld und l.eipiig. — Papier der Neuen Papier- 
Manufaktur in : . . t.urg i. E_ 



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I 



ZEITSCHRIFT 



FÜR 



BÜCHERFREUNDE. 

Monatshefte für Bibliophilie und verwandte Interessen. 

Herausgegeben von Fedor von Zobeltitz. 
3. Jahrgang 18 99/1900. Heft 10: Januar 1900. 



Alte und moderne 
Neujahrswünsche und ihre künstlerische Wiedergeburt. 



Von 



Dr. Robert Forrer in Strassburg L E. 



Ein Esel trabte über Land — 
Kostbares Gut war seine Bürde: 
Brot brachte den Armen er — 
Von der Braut Grüsse dem Bräutigam. 

Da kam ein Weiser des Weges, 

Der sprach zur horchenden Menge: 

Sehet das arme Tier und den grausamen Treiber — 

Fort mit Grüssen und Brot! 



„Fort" kreischte der Papagei — 
..Fort" riefen nachäffende Affen — 
„Fort" riefen auch alle Jene, 
Denen der Weise ein Amt zu- 
gesagt. 

Und man nahm dem Esel die 
Bürde 

Das Brot für ihn und die 
Armen — 

Die Grüsse der Braut und an- 
dere Zeichen der Liebe . . . 



Doch siehe, wieder trabet ein 
Esel über Land 

Des Weisen Wort ist ver- 
hallt 

Wieder trägtB rot er undGrüssc i 

Freudig gegeben — freudig 
getragen — mit Freuden er- 
wartet: 

Denn rückwärts drehen selbst 
Weise die Welt nicht! 
Z. f. lt. 1899/1900. 




Lebhaft gemahnt dies „Gleichnis" an den 
Kampf um die Ncujahrswunsche; Hier zahl- 
lose Freunde, die nach Grüssen der Liebe, der 
Freundschaft und des Gedenkens dürsten — 
dort einige „Weise" und Nachäffer, die da rufen 
„Fort mit Grüssen und Brot!" Denn Brot 
schaffen diese „Grüsse" zahllosen Ständen, und 
selbst der Bote (pardon, dass ich den Briefträger 
mit dem Lastesel vergleiche) trägt weiter gern 
Grüsse und Brot — auch ihm selbst blüht 
hierbei ja beides . . . Was Zeit und Liebe 
geschaffen, rollt weiter und 
bleibt trotz mancherlei 
Schreiern dauernd be- 
stehen. In der That — 
man eifere gegen die amt- 
lichen„Neujahrsempfänge", 
nicht aber gegen den brief- 
lichen Neujahrsgruss, denn 
dieser ist die neue Form 
für einen uralten, fest ein- 
gewursellen Brauch! 



Neujahrjkarte des Kuoitnuteri K. I.aikowiki in Siriliburg 
M Dr. K. Forrtr. Koloncricf PupicrauMthiutt. 



Zu allen Zeiten ist die 
Jahreswende gefeiert wor- 
den; schon in überaus 
•»7 



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37o 



Forrer, Alte und moderne Neujahrewünsche und ihre künsüerische Wiedergeburt. 




LcUte mit Neu)»hr»wun«cb mm einem Kalender de» XV. Jahrhundert». 



früher Zeit hat man mit der Feier auch das 
Austeilen von Geschenken, die gegenseitige 
Beschenkung verbunden. Mit der Beschenkung 
war schon im Altertum eine Bcgrüssung, der 
Neujahrswunsch, vergesellschaftet. Die alten 
Egypter beschenkten sich beim Jahreswechsel 
mit Gegenständen, auf denen sie ihre Glück- 
wünsche in Hieroglyphen anbrachten: 

„Die Blume erschlicsst sich 
Und siehe da 
Ein anderes Jahr" 

steht auf, in altegyptischen Gräbern gefundenen, 
blau glasierten Flacons, die jedenfalls einst wohl- 
riechende Öle enthielten. 

„Au — ab — nab" — 
„Allen Glück" 

liest man auf einer, wohl ebenfalls als Neujahrs- 
geschenk vergebenen 
Scarabae. Bei den Juden 
hat sich die uralte Ncu- 
jahrsfeier im „Sabbath 
des Blasens" erhalten. 
Sie verkündeten den 
Neujahrstag durchTrom- 
peten- und Posaunen- 
schall und Hessen ihm 
gegenseitige Begrüssung 
folgen (Posaunenfest). 
Ihr Neujahrstag fiel auf 
den ersten Tischri, den 
man für den Gerichts- 
tag Gottes und zugleich 
für den Tag der Er- 
Schaffung des Adam 
hielt. Besondere Beach- 
tung verdient die bei 
den/<7-.sr ///geübte Sitte, 
sich am Neujahrstage 
(Neu-rÜz) mit Eiern su 
beschenken. Auch die 
Römer feierten den Tag 
durch gegenseitige Be- 



von ttx ©,f«llfrfj«fi auf »nr. aKufiffad 

(Jr|tm ttfujabritogr 

Kr 

Cinrn unt iintfc ciliaren 
S)fi»rtif*<ii Srpunif. 

1/99. 

J u r 1 d> , grtfull in laute QütrK 



Schenkung. Sie sahen im Neujahrstage einen 
„dies faustus" — Tag der guten Vorbedeutung 
— wie ja auch heute noch abergläubige Ge- 
müter Zeichen und Vorkommnisse in der Syl- 
vesternacht und am Neujahrstag als gute oder 
schlimme Vorzeichen für den Verlauf des neuen 
Jahres deuten. Man opferte an diesem Tage 
dem Janus (Janusfest) und brachte den Be- 
kannten, insbesondere den Magistratspersonen, 
Glückwitnsche dar. Diese Wünsche begleitete 
man, wie schon oben angedeutet, mit Geschen- 
ken, die anfangs mehr symbolische Bedeutung 
hatten, allmählich aber zu Wertgeschenken aus- 
arteten. Die Sage verlegt den Ursprung dieser 
Sitte in die Zeiten des Titus Tatius, Königs 
der Sabiner, der zuerst am Janustage von einem 
der Göttin der Stärke (Strenia) heiligen Baume 

Eichenzweige erhalten 
haben soll. Die Ge- 
schenke bestanden an- 
fangs in Lorbeerzweigen 
oder, wenn man der 
genannten Sage eine 
gewisse Tradition zu 
Grunde legen will, waren 
es ursprünglich wohl 
Eichenzweige. Den Lor- 
beerzweigen schrieb ma n 
reinigende und segnende 
Kraft zu; sie sollten in 
den der Göttin Strenia 
geweihten heiligen Hai- 
nen gebrochen werden. 
Dann begann man, den 
Zweigen auch essbare 
Früchte. I lonig u. a bei- 
zufügen, endlich das Ge- 
schenk in Form von Mün- 
zen und von Kunstgegen- 
ständen aus Erz und 
edlem Metalle darzubie- 
ten. Die nebcnsäclüich 



der Züricher Mutikgcscllichafi 
vom J.hrc 1799. 



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■, Alte 



Neujahrswünsche und ihre 



37« 




ftfrB- Ofttrr-ico- fma rnS-fcora 



Prof. Ferd. Vetter in 



gewordenen Palmen- 
zweige und Früchte 
ersetzte man durch 
in Goldblech herge- 
stellte Zweige und 
durch mit Blattgold 
überzogene Nüsse 
und Datteln, ähnlich 
jenen, welche man 
in egyptischen Grä- 
bern als Mumienbei- 
gaben findet und 
ähnlich denen, wel- 
che noch heute 
unsere Weihnachts- 
bäume zieren. Auch 



diese Surrogate gingen schliess- 
lich ein, und man begnügte sich, 
sie auf Neujahrsgeschenken 
als Symbole und Verzierungen 
gelegentlich abzubilden. Nicht 
selten verband man das Ge- 
schenk mit einer den Glikk- 
wunsch darbietenden Inschrift, 
gewöhnlich: 

„ANNVM . NOVVM . 
FAVSTVM . FELICEM . TIBI . 
Andere wünschen 

„VIVAS.SINE.MALO.", 
eine auf einem geschnittenen 
Steine befindliche Inschrift: 
„ZHCAIC . AKAKIN - 
(Kraus, Realencycl. der christ- 
lichen Altertümer, nach Caylus). 
Ein Römer wünscht (auf einem 
Fragmente gebrannter Erde) 
sich selbst und seinem Sohne 
ein glückliches neues Jahr mit 
der Inschrift: 

ANNVM . NOVVM . 

FAVSTVM . FELICEM . 
MIHI.ET.FILIO. 
Eine dem Kaiser Commodus 
dargebrachte„Neujahrswunsch- 
karte" in Form einer in Krystall 
geschnittenen Tessera trägt die 
Inschrift: 

„ANNVM. NOVVM. 

FAVSTVM. FELICEM. 
FELICI . IMPERATORI ." 
Das Geschenk zeigt den oben 



erwähnten traditionellen Lorbeer, eine Frucht 
und ein Salbenfläschchen eingeschliffen, daneben 
eine den Lorbeerkranz reichende Genie als 
Münzbild, sowie Vorderseite und Revers einer 
Münze des Commodus. Von der oben genannten 
Göttin der Stärke übernommen, nannte man 
diese Widmungen „Strenae". Eine aus Knochen 
geschnitzte, runde Strena meiner Sammlung 
zeigt einerseits eine ausgebreitete Hand — als 
Zeichen der „Gabe" oder als Zeichen des „glück- 
erflehenden Oranten"? — andererseits die ein- 
gravierte Bezeichnung 

COS 
IX 

was wohl auf die Datierung Bezug hat und das 
Jahr bezeichnen sollte (bekanntlich wurde von 

ap 




Gericbukalender der Stadl Kottweil 
mit Ncujahrtwvuch de» GerichuprcVurators Bonavenl 



Schlech, 



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372 



Forrer, Alte und moderne Neujuhnwünsche und ihre künstlerische Wiedergeburt. 



1 53 vor Chr. ab der Amts- 
antritt der Konsuln auf 
den ersten Januar festge- 
setzt und das betreffende 
Jahr selbst nach dem 
Namen dieses Konsuls 
benannt). 

Wertvolle Bronzen, ge- 
schnittene Steine, Medail- 
len,Schmucksachcn,Haus- 
gcrätc.Schreibmaterialien, 
Manuscripte und selbst 
Kleider wurden als Neu- 
jahrsgeschenke vergeben. 
Je höher gestellt und je 
reicher Geber und Em- 
pfanger, desto kostbarer 
waren natürlich die Ge- 
schenke, desto übertrie- 
bener wurde in der Kaiser- 
zeit der damit zur Schau 
getragene Luxus. „Die 
Kaiser pflegten anfangs 
diese Geschenke vierfach 
zu ersetzen, aber, da das 
Unwesen mit den Ge- 
schenken oft den ganzen 
Januar hindurch anhielt — und der Spass die 
Kaiser wohl auch zu teuer kam — so be- 
schränkte Uberius das Geben der Geschenke 
auf den ersten Januar und gab in der Folge selbst 
keine Geschenke mehr zurück" (Kraus nach 
Sueton). Das war bequem und profitabel, konnte 
aber, wie die Folge zeigen wird, die Sitte der 
gegenseitigen Beschenkung nicht unterdrücken. 




Neujahrskarte in Kapferarich 
mit aufgeklebtem Seid e n<l ruck. Um 1790. 



Die Bezeichnung „Strenae" hat sich mit der 
Sitte der Neujahrsbeglückwünschung und Neu- 
jahrsbeschenkung auch bei den alten Christen 
forterhalten und durch das Mittelalter bis in die 
Neuzeit bei den Franzosen im Namen „6trennes" 



conserviert. Auch der 
Charakter jener antiken 
und frühchristlichen Neu- 
jahrsgeschenke entsprach 
dem unserer modernen 
Etrennes. Die römische 
Kaiserzeit hatte damit 
einen solchen Luxus ge- 
trieben, dass die in ihrer 
ersten Zeit der Einfach- 
heit zustrebende christ- 
liche Kirche es zu ihren 
Pflichten rechnete, die- 
sem Unfuge zu steuern, 
wenigstens ihn nach Mög- 
lichkeit auf bescheidenere 
Grenzen zu beschränken, 
da an eine Abschaffung 
einer uralten traditio- 
nellen Sitte nicht zu den- 
ken war. Beweise für die 
Fortexistenz dieser Sitte 
in frühchristlicher Zeit 
sind gerade die von den 
Kirchenlehrern gegen die 
Strenae gerichtetenWorte 
und Argumente. Hiero- 
nymus (Ephes.) tadelt es, dass die Schüler 
ihren Lehrern Strenae und ähnliche Geschenke, 
die er als sordida scorta brandmarkt, darbringen. 
Caesar Arelat. verdammt die Strenae als teuf- 
lischen Ursprunges: „Sunt enim, qui Calendis 
Januarii, augoria observant . . . diabolicas etiam 
strenas et ab aliis aeeipiunt et ipsi aliis tra- 
dut . . .". Der erste Kanon de Conc. Antissiodor 
vom Jahre 613 besagt: „Non licet Calendis 
Januarii . . . strenas diabolicas observare". 
Augustinus giebt den Christen den guten Rat, 
„statt der Neujahrsgeschenke Almosen zu geben, 
statt der unzüchtigen Gesänge sich an der Lesung 
der heiligen Schriften zu erquicken, statt in das 
Theater in die Kirche zu eilen und statt sich 
su berauschen zu fasten". Man sieht aus all' 





Neujahriwunsch für dai Jahr 1837. auf rota Seide gedruckt 



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373 



dem, dass die vor 1000 und 1500 Jahren üb- 
lichen Neujahrsgebräuche nicht sehr von den 
heutigen abweichen, dass diese Sitte mit allen 
ihren guten und schlechten Seiten durch das 
ganze Mittelalter bis in unsere Tage in ziemlich 
unveränderter Weise erhalten geblieben ist. 
Der eine betrachtet den Jahreswechsel mehr von 
der ernsten Seite, befolgt die Kirchenväter und 
geht in die Kirche oder liest Erbauungsge- 
schichten und verlebt den Tag als ernsten 
Feiertag. Der andere nimmt den Neujahrstag 
als einen Tag der Freude und lässt es in der 
Neujahrsnacht an ungestümem Geschrei und 
Unfug und gellenden Prositrufen nicht fehlen. 
So ist es heute noch in Stadt und Land, so 
war es in den letzten Jahrhunderten, so war 
es im Mittelalter. Sebastian Frank bemerkt 
zum Neujahrstagfeste: „Item in diesen Jahren 
geen die knecht und ledigen gesellen auflf 
dem land hcrumb durch die gantz nacht vor 
den heüssern auch an ettlichen orten in den 
Stetten und singen die leüt an mit grosser heu- 
cheley, loben den haussvatter und sein gesind 
von fuoss au(T und ersamlen mit yrem heuchlen 
vilt gelts. Etlich diser ziehen hcrumb durch 
das gantz land mit einem gtöcklin, leuten und 
singen darein an ein gotteshauss samlend . . ." 




O^ihV« 1 O** m^^i hl* 1*3 
JäK Dir ant 0>Ut fy Ü rrfrtinr. 

■a.-«n Driat 3«br» r<4 ntt BUffi^r 
C«münV> f<4 *"• ** Drtac 
ttak 9*f Kitt ta mm Jt{« uf/ion, 





Neujahrtkane in Kupfcrtticb mit aufgeklebtem Setdcndruck. 
Um 1790. 



Neujahrskarte in Kupfer<tuh mit aufgeklebtem Seidendruck. 
Um 1790. 

Dass dabei auch viel getrunken wurde, ist selbst- 
verständlich. Gottschalk Hollen gedenkt in einer 
seiner Predigten auch der Neujahrsgeschenke 
und Gratulationen und erwähnt, dass der Januar 
als ein Mann dargestellt werde, „der isst und aus 
einem Becher trinkt" (Schultz, Deutsches Leben, 
275). Auch die Sitte der Neujahrsgeschenke ist bis 
heute geblieben.. In Deutschland, in der Schweiz, 
in Skandinavien etc. hat man sie im Laufe der 
letzten Jahrhunderte vom Neujahrstage rück- 
wärts auf die Weihnachtstage verlegt — das Fest 
der Wiedergeburt der Sonne — das Fest der 
Geburt Christi — ; in den romanischen Landern 
dagegen findet die Bcschcnkung immer noch am 
Neujahrstage statt. 

Die uralte Neujahrsgratulation, d. h. die 
bald mit Beschenkung verbundene, bald ohne 
diese übliche Beglückivünschung, hat sich gleich- 
falls in allen Ländern bis heute erhalten und 
bestand von jeher in einer mündlichen oder 
schriftlichen Begrüssung. 

„Zum ersten Januar, zur Zeit, wo das Jahr 
und alle unsere Zeitrechnung beginnt, besucht 



374 



Forrer, Alte und moderne Neujahrswün*che und Ihre künstlerische Wiedergeburt. 



der Verwandte den Verwandten, der Freund 
den Freund, reichen sich die Hände und wünschen 
sich ein gluckliches Neujahr, und feiern dann 
diesen Tag mit festlichen Glückwünschen und 
Trinkgelagen. Nach althergebrachter Gewohn- 
heit sendet man sich auch gegenseitig Geschenke." 
So berichtet Johannes Boemus Aubanus in 
seinem 1535 zu Lyon gedruckten Werke „Ora- 
nium gentium mores . . ." (Alwin Schultz, Deut- 



©npfinliuiip 11m 3fetMr 815. 

ßro im ^cerrlirt nni becb irfttferonxn, 
ftcumtt, alt t*t Qvfnmt |*ift«m gntrlbcftf! — 
QBa« bif X^tavnto un» ctnfl ;r-i; -nr.if n. 
Jortna« aOlitbcn» tu un« im Stimwpb lutuef; - 
tt«utfa)e 8«»Smi, Ctr« itttf^n Bat«»««, 
SsulfeSe etlUHrofr, foAfinu, $r«Sf«pbcil Üb Vitt), 
«AI*«, **fterfi«pft im «ampf br. <R.«i»«m 



a 5 Pfund 6 gül- 
den", die Guhelin 
Cordula „10 ein 
grün sattin pro 10 
Pfund". Die Ge- 
schenke begleite- 
te man statt der 
mündlichen Be- 
glückwünschung 
nicht 
selten 
durch 
Glück- 
wunsch- 
verse. 
In dem 
Lieder- 
buch der 



041 tt&aU' im* birft 

tßtttx, »ort, b»4 utre piinroi 

Hirt «rftr mit Srirtrn bie &tm 

SDn t«oqar4«n, M »u b« rrfeMpfirn 

Ctaatenglitf unt> ©üro.«»oblfaub 1 

XX» im ?>«&«« wtfc ftirnt (HThhi 6««; 

<Da| an Wo« *mrf tRan.cn« «b« 

£«iU min'; uab t». Ml |M 3t«! - 

©arai ttirt frbmAluii tm ©ufrn fuOrn, 
Unb bU «"«foi »üb« b«r S«roantt.tnjrU, 

SBcrt b<« bdfr« €karmwrt rrt&üBen 

3« etn 6eJlrD«t rütfarftbrtn ae.Ni« 3«». — 

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Jlnfrrl ^rjmd fflunf*. - «r ift Kr fflöunf<b t>« ffiMt. - 
©cd <tbbr- - Dann im 3uM tum «tti* - 
Unb — brf trifft" !Danft4 fiomwc Ibidt« (im. — 





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Neujahr*gru»»karte 
Johann Catpar Lavatara 

vom x. Januar 1796. 



L Ofling« mb (üWitit Stoti*' unb SrUonj» • ttotrfftoaj 

Otaiaaata «rtta*«« 6* arafttk» w» Nt «iralti traft 0t» 
*W Kadaofta. <PUa (el 18iafH>><< »«• »*« »narff^am ftr^tora Jiotl.'k« 
«rfl 5*0, (pilet iooo, ■ tr »00 fjU|lR apnft awta. •Widern *3<t» 
Dur «axa»« a<*i efcli itfteili* ilNWi f»*»«» fag«r g>fpU#t. Di« 
ao. est jo Oftbc narkta «Ida la 0tlira» 4' Btnkt aaf D<t g» 
ftUi« ua »» e*»a a.»,.Pf«l Xaaaan« WataiWr. tmtf itaull 



Neiijahnjedichl auf das Jahr t8i j 
in „Zillautchcn monatlichen Tagebuch". 



sches Leben im XIV. und XV. Jahrhundert). 
Anno 1507 schenkt Anton Tucher seiner 
Schwiegertochter und seiner Tochter als Neu- 
jahrsgeschenk j'e 4 Gulden, ebenso anno 1508 
und 1509; 15 10 erhält die Schwiegertochter 
„6 ein perpianisch tuch czu einem welinhen 
rock pro 6 fl."; 151 1 schenkt er eine leder- 
farbene Schaube; anno 15 14 erhalten die Lin- 
hart Tucherin am Neujahrstage einen Stuben- 
schrank für 10 fl., die Anton Tucherin „iOeln 
halb atles gelb und praun czu einem untterrock 



Folz 



Clara Hätzlerin auf die Jahre 1441 — 1448 
haben sich mehrere derartige Neujahrs- 
wunschgedichtc erhalten. Ein solches 
beginnt folgendermassen: 
„<5ott grüfj &id? fra», 3U öifem 

netven jar, 
„(ßott grüfj öidi, fra», ufj aller enget fdjar, 
^(Sott grüfj Sich, fdjönes lieb t>efunberbar, 
„Das es btr triberfar, 
„3Us t»ol unb ich Öirs gan, 
„Dein ich. nie oergeffen 

Andere solche Verse sind in grösserer 
Zahl von Hans Folz, einem in der 
zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts 
zu Nürnberg wohnenden Barbier und 
Meistersänger bekannt geblieben: 
„Klopf an! got geb Dir ein gut jar, 
„fytfiu anders ein fraufes bar. 
„Uno fpicjig febu anb fanft fein tanejen 
„Unb ruft ben meiben nichts am ganejen 
„(Crcibeft mit frauen liplicfi fchercj." 
Ein anderer Neuj'ahrsgruss des Hans 
lautet (Schultz, a. A. p. 275): 




Neujahntruii von G. Koch. 



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Forrer, Alte und moderne Neujahrswunsche und ihre künstlerische Wiedergeburt. 



375 



„K I o p f f an ! mein aller liebfte 3art, 
„lüan mir fein clopfcn über roart, 
„21U enget in oe* himels ttOR, 
„Die fein ( oarum oein folt uno Ion." 

Als dann im XV. Jahr- 
hundert die Holzschneidekunst, 
die Buchdruckerkunst und der 
Kupferstich allgemeinere Auf- 
nahme und Verbreitung fanden, 
als man immer häufiger sich 
dieser Techniken auch für das 
Profanleben bediente, begann 
man allmählich auch die bis- 
hergeschriebenen und bemalten 
Neujahrsivunschsettel durch 
den Druck zu vervielfältigen. 
Zahlreiche derartige Neujahrs- 
wunschblätter sind erhalten 
geblieben, die Mehrzahl als 
Holztafeldrucke, manche mit 
beigefügtem Ty|>endruck, we- 
nige auch in Kupferstich. In- 
dessen ist gerade die älteste 
erhalten gebliebene gedruckte 
Neujahrskarte ein Kupferstich 
und zwar von keinem geringem gezeichnet, als 
vom berühmten Meister E. S. — ein Beweis, 
dass die Herstellung dieser Blätter damals noch 
eine Arbeit wirklicher Künstler war. Der 
Kupferstich wird in das Jahr 1466 datiert und 
zeigt das segnende Christuskind auf einer 




Blume stehend, dahinter ein 
Schriftband mit dem Wunsche: 
€3H * «GXDC » 
Selig * ior • 
Übereinstimmend mit die- 
sem Kupferstiche ist ein Holz- 
tafeldruck des Museums zu 
Basel, der ersichtlich auf jenen 
Kupferstich unter Vornahme 
cinigergeringcnVeränderungen 
im Blatt- und Blumenwerk co- 
piert ist (vgl. P. Heitz, Neujahrs- 
wünsche des XV. Jahrhunderts, 
Strassburg 1898). 

Die Mehrzahl der bekannten 
Blätter ist in Holzschnitt her- 
gestellt und zeigt gleichfalls 
beinahe immer das segnende 
Christuskind und die mehr oder 
minder sich gleich bleibende 
Inschrift „£in. gut. jor". So be- 
zeichnet ist auch der berühmte, 
in der Stadtbibliothek zu Colmar 
befindliche Holztafeldruck vom 
Jahre 1470. 
Die meisten dieser Bilddrucke sind mit 
Handkolorit versehen, gewissermassen als Nach- 
klang der einst miniaturirten, d. Et gezeichneten 
und gemalten Neujahrwunschbriefe der der 
Buchdruckerkunst vorangegangenen Perioden. 
Je mehr diese Tradition sich verlor, je mehr 



»_« m mm . - * ■ E» . 

Ncujohngruii von Ewald Thiel. 



Ncujjbnlurtc vuo l>r. Alb. Figdor in Wien »n Df. R. Fjrrer. Anujrell von C Limbctie. 



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376 



Forrer, Alte und moderne Neujahrswünsche und ihre künstlerische Wiedergeburt 



man sich um die Wende des XV. ins XVI. Jahr- 
hundert an die einfachen unkoloricrten Schwarz- 
drucke gewöhnte, desto seltener wurden die 
kolorierten Neujahrswünsche und desto häufiger 
sieht man sie vergesellschaftet mit den immer 
massenhafter auftretenden Aderlassbildcm und 
KaUnderdrucken. Sei es, dass man sich diese 
Kalender gegenseitig als Neujahrsgeschenke 
sandte, sei es, dass schon damals manche Drucker 
sich mit derartigen, am Neujahrstage ihren 
Kunden gebrachten Kalendern für neue Arbeiten 
empfahlen (gleiches thaten ja auch die Bäcker 
mit dem „Neujahrskranz"oder „Neujahrs wecken"), 
jedenfalls war die Verbindung des Neujahrs- 
wunsches mit einem so nützlichen und in der 
Zeit der Aderlasskuren so unerlässlichen Haus- 
ratstücke, wie es Kalender und Aderlasstafeln 
darstellten, ein gewisser Fortschritt. 

Besonders interessant ist der Neujahrsgruss 
auf einem Wandkalender des Jahres 1483, weil 
dort der Drucker Hans Zainer von Ulm seinen 
Kunden sich mit Namen als Gratulant vorstellt 
und in Erinnerung bringt: 

«3^fum vnb JHario fein mutter Mar, n>üiifchct 
euch ijanns Rainer 31ml mtteit 3«-" 
Gewöhnlich aber ist die auf diesen Kalendern 
angebrachte Wunschformel einfach: 
„ain . <5ot . faclig . 3 ar -" 




- ;r 



NeujahrH'nii» vua Prof. Gabriel Max id München 
an Dr. R. forrer. Mit Sepia grundierte FcdcRcitiinung. 




Neujahrsgnus dei Kunitmalen Walter Crane in London 
an Dr. R. Forrer. 



So auf einem Kalender von 1492, dessen Ori- 
ginal sich im Britischen Museum befindet 

Hans Boesch gebührt das Verdienst, in der 
„Gartenlaube" 1894 zuerst auf diese „Vorläufer 
unserer Neujahrskarten" aufmerksam gemacht 
zu haben. Ich selbst gab in der „Antiquitäten- 
zeitschrift" (Strassburg, 1896, No. 17) eine Zu- 
sammenstellung der mir damals bekannten 
alten Neujahrswunschblätter. Paul Heitz hat 
diese Liste in seinem Tafelwerke „Neujahrs- 
wünsche des XV. Jahrhunderts" erweitert und 
durch Beigabe von Facsimiles illustriert (Vgl 
auch „Stuttgarter Antiquitäten-Zeitung"; W. 
Scheucrmann, Der deutsche Neujahrsglück- 
wunsch im XV. Jahrhundert. Nr. I. 1899.) 

Auch in anderer Form verband man den 
schriftlichen Neujahrswunsch mit dem Neujahrs- 
geschenk. Die runden, viereckigen und ovalen 
Schindelschachteln, in denen man sich damals 
gezuckerte Südfrüchte, Konfekt und andere Ess- 
waaren, ferner Zinnteller und ähnlichen Hausrat 
zu schenken liebte, verzierte man oben und 
seitwärts durch Bekleben mit farbig kolorierten 
Holzschnittblättern. Besonders im XVI. Jahr- 
hundert waren derart verzierte Schachteln viel- 
fach im Gebrauch. Heute sind sie zwar selten, 
aber noch zahlreich haben sich Kupferstiche 
und Holzschnitte erhalten, die teils jenem 
Zwecke gedient haben, teils dienen sollten, aber 



> - 



Forrer, Alle und moilerne N'e«i»hrsw6ntche und ihre künstlerische Wiedergeburt. 



377 



nicht zur Verwendung kamen, d. h. unbeschnitten 
blieben. Ein solcher gothischer Schachtelbezug 
ist in Ludwig Rosenthals „Incunabula xylo- 
graphica" unter No. 
63 abgebildet und 
richtig als „vielleicht 
Neu jähr su •unsch"be- 
zeichnet Statt des 
Christuskindes ist 
hier das Lamm 
Christi angebracht 
— die Ueberschrift 
lautet: 

„Die « €uig * 
SAIigfril • 5c y * 
€uch « Httai * 8*> 
rail. * 

Eineanderederart 
beklebte Ncujahrs- 
gcschcnkschachtel 
zeigt eine um ei- 
nen Tisch sitzende 
Gruppe von Musi- 
kanten: ersichtlich 
ein Schnitt Jost 
Ammans. Dr. Hirth 
hat in seinem kultur- 
geschichtlichen Bil- 
derbuche unter No. 
1 1 20 einen Holz- 
schnitt, gleichfalls 
runder Anlage, ver- 
öffentlicht, der zu 
jenem das Pendant 
bildet und ein Gast- 
mahl im Freien, be- 
zeichnet I. A , zeigt. 
überhauptwird man 
mehr, als bisher ge- 
sc /u heu ist, der Frage 
nähet treten müssen, 
VO(lckfn Zwecken 
manche aus dt in \ V, 
XVI. und XVII. 
Jahrhundert erhal- 
tenen Holzschnitte 

und Kupfirstiche dienten. Man wird dann 
finden, dass, n ie das gegebene Beispiel zeigt, 
die uns erhaltenen Abdrücke oft nur „Probe- 
drucke" oder „Auustlerabzüge" waren, dass die 
Platte aber realeren Zwecken zu dienen hatte 
Z. f. Ii. 1899 1700 




Neujahrjgnin dei Kuiuunaleri Car 
Aquarellierte 



— Zwecken allerdings, welchen das Kunstblatt 
meist zum Opfer fiel — 1 als Zierbelag von 
Schachte/n, als Vorlagen für CiseUure, als 

Rcklamcbilder, als 
„Haussegen 1 ', als 
Vorlagen für Email- 
lcure und Waffen- 
schmiede, als Grüsse 
bei Namenstag, Neu- 
jahr u. dgl. m. 

■Mi 

Die späteren Jahr- 
hunderte haben, wie 
schon angedeutet, in 
den germanischen 
Landen die Sitte der 
Beschcnkung von 
der Beglückwün- 
schung getrennt und 
erstere auf die Weih- 
nachtstage verlegt. 
In England ge- 
schieht dies auch 
für die Begrüssung, 
denn die Glück- 
wunschkarten wer- 
den dort nicht am 
Neujahrstage, son- 
dern auf Weihnach- 
ten versandt — sie 
heissen dort denn 
auch christmascards, 
und ihre Beischriften 
wünschen kein fröh- 
liches neues Jahr, 
sondern eine „happy 
Christmas". Aufdem 
Festlande sind da- 
gegen, und zwar in 
Frankreich, Belgien 
etc. sowohl Besehen- 
kungalsBegriissung. 
in den germanischen 
Ländern wenigstens 
die Begluckwünschung, dem Neujahre geblieben. 



In den späteren Jahrhunderten häufen sich 
die Neujahrsgrüsse immer mehr. Den Wünschen 

48 



1 Spärri(f)>° Zürich an Dr. R. Forrer, 
Kcdertcichnung. 



Googl 



37» 




Heraldische Neujahrskarte dei (Iiafen K, F.. tu Lciniogcn-Weitcrburf 
in Nciipaiing-München an Dr. R. Forrcr. 



in Stich und in Holzschnitt, auf Einzelblättcrn 
und auf Kalendern, gesellen sich nun auch 
jene der allmählich zahlreicher werdenden 
Zeitungen bei. Es wird Sitte, dass die Redaktion 
den Leser am Neujahrstage mit einem Neu- 
jahrswunsche begrüsst Die Frankfurter „Post- 
zeittungen" vom Jahre 1624 begrüssen ihre 
Leser wie folgt: 

„Demnach das 1624. Jahr hierbei nahet, Als 
wünsch ich dem gutherzigen Leser durch das Neu- 
geboren Christkindlcin unsern lieben Emanuel und 
Frieden-Fürsten ein frölich antreffend und vielfolgen- 
der glückselig fried- und freudenreicher Neues Jahr, 
in welchem man Fried und Einigkeit im Heil. Rom. 
Reich und unter des Adlers Flügeln geruhig und fried- 
lich wohnen und leben mögen. Amen, Amen, Amen " 

Eine andere Zeit spiegelt der Neujahrs- 
wunsch vom Jahre 181 5 wieder, den das 
„Königl. sächs.-privil. Zittausche Monatliche 
Tage-Buch", herausgegeben von K. G. Groh- 
mann, Amts-Advokat, als „Empfindungen am 
Neujahr 1815" in gereimter Form veröffentlicht. 

Zahlreich sind natürlich die Neujtt/trs- 
grusstexte\ ihre Sammlung würde ein ganzes 
Buch füllen, doch genügen typische Beispiele, 
in denen sich die Zeit, die geschichtlichen Er- 
eignisse und die verschiedenen Charaktere der 
einzelnen Personen kennzeichnen. Den bereits 
oben gegebenen Beispielen sei hier ein Neu- 
jahrsbrief vom Jahre 1496 angereiht, den die 
Klosterfrau Brigitta Holzschuherin an Michel 
Beheim geschrieben : 

„3«f«s <£brifhts ber neugeborn König mit allein 
tCroft, 5renb unb Seligfcit, bie er uns mit feiner 
tfvbnrt gebracht bat, befimber mit feiner Kraft 



wirren ben heilfamen rtamen 3^f" am 
achten (Tag ausgefegt in ber Zlivrrhen 
Mitterreit feines yiittDcrgiejjen, in bem 
(Sefchmacf 6er Sü§igfeit lies ED(Uj< 
raud? unb (5olb feiner uuergriuibeten 
Cieb, rrünfeh 11 beger ich. bir aus 
<J5runb meines rjerjen, 311 einem guten 
feligen gnabenreid>en neuen 3ab,r." 

Hans Boesch verdanken wir 
auch die Bekanntgabe des folgen- 
den „Glückwunsches" der gegen 
ihren Willen Klosterfrau geworde- 
nen Anna Tucherin: 

„ (Rot t geb ihm ein p c r b 0 r b « n3 a b. r, 
der mid] macb.t ju einer Hunnen." 

Charakteristisch für das XVII. 
Jahrhundert ist ein gleichfalls von 
Boesch aufgefundener Neujahrswunsch 



Hans 

jener Zeit: 

„2ld\ laß bir audj fortbin öer ^eit 
3n beinen Sdmfe imb (Süligfeit 
Ulicb, unb bie ZTIein empfohlen fein, 
(Eb.u u?ohI öem Ixat und ber <5cm*m, 
Die Kird) unb priefterfd?aft erhalt, 
3»n ßaus aud; mit fbleuten tt>alt, 
Dil lianblung, ßanbroerf, i?ie^es3ud>t, 
Den 5elbbau fegue mit ber Srudjt 
Unb hab alfo bei allem Staub 
Dein bimmelbreite <ßnabenbaitb. 
iVljüt für Sünden, Sd;aub unb Spott, 
5ür II>affer, Seur unb anbror 2tot, 




ZEICHNER 

Nei4j.ihr*kartc des Zeichners Georg Otto in Berlin. 



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379 




T>aß irtr oas 3abr 

in fliuer Hub. 
Uni 1 bir 311m Cobc 

bringen 3U, 
Unb iraiin t>cr 3abre 

Dollcnbt 
So hilf uns an ber 

Gimmel €ui>. " 
Wie man sieht, 
ist im Laufe der 
Zeit das treuherzige: 
„liin guot selig Jor" 
verloren gegangen 
— schwülstige und 
frömmelnde Texte 

sind dafür Mode geworden. Dagegen macht 
sich allmählich und besonders im XVIII. Jahr- 
hundert eine andere Neuerscheinung angenehm 
bemerkbar. 

Damals begann man die gedruckten Neu- 
jahrsgrüsse dahin zu erweitern, dass man ihnen 
Gedichte und Musiknoten, endlich diesen Musik- 
stücken oft noch Abbildungen und belehrende 
oder gelehrte Abhandlungen beigab. Insbeson- 
dere in Süddeutschland und in der Schweiz hat 
diese Sitte dankbaren Boden gefunden und sich 
bis heute erhalten. Noch jetzt geben dort die 
verschiedenen Gesellschaften sogenannte „Neu- 



Neiijahngniu von A. l.ewy an die Re.UV.tion de« „Uahe.m". 



jahrsblätter", oft 
reich illustrierte 
undwissenschaftlich 
wertvolle Schriften 
aus; sie sind bald 
Geschenke für die 
Schuljugend, bald 
reine Neujahrsgrüs- 
se für die einzelnen 
Mitglieder der be- 
treffenden Gesell- 
schaften. Hervor- 
ragenden wissen- 
schaftlichen Wert 
haben beispielsweise 
die Neujahrsblatter der „naturforschenden" und 
der „antiquarischen" Gesellschaft Zürichs; ferner 
die der Züricher Chorherrn- und der Musikgesell- 
schaft, entere auf Neujahr 1782, letztere auf das 
Jahr 1 799, dem „ersten Neujahrstage der Einen 
und unteilbarst helvetischen Republik". Beiläufig 
gesagt bezeichnet auch Schiller die erste Aus- 
gabe seines Wilhelm Teil, die 1804 bei Cotta 
erschien: „Zum Neujahrsgeschenk auf 1X05". 

In der Schweiz war es ausserdem Sitte, 
dass Verwandte und Bekannte, wenn besonders 
eng befreundet, sich eigenhändig ausgesierte 
Neujahrsgrusse sandten. Als Beispiele mögen 



KeujahrsgniH von Carl Leonhard lleckcr 
an die Redakliou Ton Velhagrn & Klauogi Moitatlhefte. 



380 



Forrcr. Alte und moderne Neujahrswunsche und ihre künstlerische Wiedergehurt. 



zwei solche Neujahrswunschbildchen dienen, 
die sich in meiner Familie erhalten haben. 
Das eine, von Andreas Biedermann, Geschichts- 
forscher zu Winterthur, meinem Urgrossvater 
mütterlicherseits, ist um 1800 entstanden, in 
leichten Farbtönen aquarelliert, und bezeichnet: 
„Souvenir d'amitie! bonne anne'e Andreas Biedermann." 
Das andere Neujahrsblatt ist von dem be- 
rühmten Pfarrer und Physiognomiker Caspar 
Lavater zu Zürich an den gleichfalls mütter- 
licherseits mit meinen Urgrosseltern verwandten 
Kupferstecher J. R. Schellenberg adressiert, 
der Lavaters grosses physiognomisches Werk 
illustriert und den bekannten Totentanz „Freund 
Heins Erscheinungen" 1785 herausgegeben hat. 
Lavater hat nach seiner Gewohnheit einen 
frommen Spruch als Neujahrsgruss gesandt; 
er datiert vom 1. Januar 1796 und dokumentiert 
Lavaters grosses Gottvertrauen (in demselben 




Neuj »hragni« de» Kumtm ilen Prof. A. Crejpiii in Brauel 
Jci Di. R. Forfet. Aquarell. 




Neiijxhrsjm» des Kunstmaler» C«rl Koch. 



Jahre wurde er von der helvetischen Re- 
gierung als verdächtig nach Basel de- 
portiert). — Andere, denen dichterische 
und künstlerische Gaben fehlten, begnügten 
sich mit brieflichen Neujahrswünschen — 
es hat diese schöne Sitte niemals gestockt 
- stets haben sich Freunde beim Eintritt 
ins neue Jahr ..unter Anwünschung alles 
Schönen und Guten zum Neüen Jahre" 
(lirief H. Horners an Rordorf- Zürich von 
1827) freudig begrüsst . . . 

«feto 

Neben den besprochenen „Neujahrs- 
blättern" und verwandten Erscheinungen 
fehlte es dem letztvergangenen Jahrhundert 
auch nicht an zahlreichen kleinen, mehr 
oder weniger reich durch Druck ausge- 
zierten Neujahrsgrüssen, die den Neujahrs- 
wunsch lediglich in irgend einem Bilde 
und einem kleinen Verse zum Ausdruck 
brachten, und die unmittelbaren Vorlaufer 
der Neujahrsivunschbildchen unseres Jahr- 
hunderts sind. Das Christuskind ist aus 
diesen Blättern in Bild und Wort ver- 
schwunden; launige Verse, humoristische 



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38. 




Neujahrsgross des Kunstmalers Otto Hupp in Schieissheim 
an Dr. R. Forrer. Aquarell mit dem Familien- und Orts- 
wappen des Künstlers und des Adressaten. 

oder symbolische Darstellungen in antikisieren- 
dem Gewände, schlechte und gute Reime auf 
Liebe und Freundschaft sind die Kennzeichen 
der Neujahrskarten dieser Zeit. Überaus mannig- 
faltig sind die den Bildern beigegebenen Texte; 
wenige Beispiele genügen, denn ihre Zahl ist 
Legion, und man würde nicht fertig, wollte man 
alle die vielen Varianten durch Beispiele belegen. 
Neben frommen Spruchen begegnet man jetzt 
immer häufiger humoristischen, die sich bald an 
Freunde, bald an Freundinnen wenden, bald auf 
deren Tugenden und Fehler, bald auf ihre Be- 
schäftigungen und Steckenpferde Bezug nehmen. 

,,I)a Du des Bacchus Rebensaft 
Und schone Mädchen liebest, 
So gebe Dir das Kine Kraft, 
Wenn Du das Andre übest; 
Befinde Dich dabey stets wohl 
Hast Du geleert, füll wieder voll" 

„In diesem neuen Jahr 
Wunsch ich Dir neues Glücke. 
Gesund mit Haut und Haar 
Leg viele noch zurücke." 

„Das neue Jahr scy Dir, geliebte Schwester, schon, 
Ü grüne, blühe stets im besten Wohlergehn! 



Leb' immer hochbeglückt, des Himmels Segen sey 
Bcy Dir, o Theucrstc! mit jedem Morgen neu." 

Auch das in der ..Zeitschrift für Bücher- 
freunde" 1898 No. 2 (Forrer, Mittelalter- 
liche und neuere Lesezeichen) unter Fig. 4 
abgebildete Lesezeichen mag ursprünglich 
Neujahrswunsch gewesen sein. Sein Vers 
lautet: 

„Freund, Dir wünsch ich, dass bcy Deinem Amte 
Dir's an Muth und Kräften niemals fehlt, 
Nie an Gclde . . . aber das Vcrdamte! 
Dass es sich, so baJd es kommt, verzählt." 

Andere Beispiele bieten die hier gegebenen 
Abbildungen solcher Neujahrskarten vom Ende 
des vergangenen und vom Anfange des laufen- 
den Jahrhunderts. 

Es haben sich diese Blättchen zumeist in 
Büchern erhalten, in die sie als Lesezeichen 
gelegt oder als Andenken, besonders in Stamm- 
bücher, eingeklebt wurden. Wohl die bedeu- 
tendste Sammlung dieser Art besitzt Dr. Albert 




Neujahrsgniss des Kunstmalers Georg Dieckmann 
in Hannover an Dr. K. Forrer. 



3^2 



Forrer, Alte und moderne Neujahrswünsche und ihre künstlerische Wiedergeburt. 




Radierte Neujahrskarte J. Uiannet 
von Leon Lebegue in Pana. 



Figdor in Wien, dessen Kollektion kürzlich 
ebendaselbst ausgestellt war. 

Die verschiedensten Techniken sind bei diesen 
Bildchen zur Anwendung gelangt: Döcoupure, 
Spitzcneinlage, Kupferstich, Lithographie und 
Blinddruck. Besonders häufig erscheinen Kupfer- 
stich und Seidendruck vereinigt; man druckte 
den Vers auf farbigen Seidentaffet und passte 
diesen auf die freie Stelle der Unterlage ein. 

Das Empire, die Restauration und die fol- 
genden Jahre haben diese Neujahrswunsch- 
bildchen beibehalten, ohne dass indessen künst- 
lerisch irgendwelche Fortschritte zu verzeichnen 
wären. Weit eher mochte man von einem Rück- 
schritte sprechen, wenn man die grosse Aus- 
wahl und die ganz verschwindend kleine An- 
zahl auch nur einigermassen künstlerisch an- 
nehmbarer Blätter sieht, wie sie die Geschäfte 
in den letztvergangenen Jahrzehnten gegen 
Ende Dezember in den Handel zu werfen 
pflegen. Aber trotz der weitausgedehnten Be- 



strebungen gewisser Kreise, „zur Entlastung der 
Briefträger" diese Flut einzudämmen, wächst die 
Nachfrage nach solchen Neujahrsgrüssen noch 
immer und ist im Gegenteil ihre Popularität 
immer noch im Steigen. Die „feinen" Kreise 
haben sich von diesem Vergnügen allerdings 
zurückgezogen — solche Bildchen zu verschicken 
ist heute nicht mehr „chic" — das überlässt 
man den Dienstmädchen und der Jugend. Und 
das mit Recht — wenn man jene Fabrikkunst 
nicht um der Bequemlichkeit, um der Briefträger 
und um eigener Ersparnisse willen boykottiert, 
sondern um der Kunst willen von sich weist — 
dafür aber besseres zu schaffen trachtet l . . . 

Der Rückschlag, den die künstlerische und 
inhaltliche Geringtvertigkeit der oben erwähnten 
Neujahrsgrüsse gezeitigt, machte sich vor einigen 
Jahrzehnten darin bemerkbar, dass „bessere 
Leute" zur einfachen Visitenkarte griffen und diese 
als Zeichen des Neujahrsgrusses bald mit, bald 
ohne schriftliche Zuthat an Verwandte, Freunde 
und Bekannte verschickten. Die Visitenkarte 
selbst hatte inzwischen ungefähr denselben Weg 




Neujahrigruii von W. Zehme an du „Daheim". 



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333 



wie die Neujahrswunschkarten genommen, 
d h. sie war erst mehr oder minder ge- 
schmackvoll verziert, wurde dann aber 
immer einfacher, bis sie heute, bei schmuck- 
loser Schrift und schmucklosem Papier 
angelangt, kaum noch einfacher werden 
kann. 

Bei dieser „glatten" Karte war auch die 
Neujahrskarte angelangt, als vor einigen 
Jahren sich zweierlei Bewegungen geltend 
machten Die eine zielte dahin, die alte 
Sitte der Neujahrswunsche ganzlich zu 
ertöten — „Uberbürdung der armen Brief- 
träger" war wieder das Losungswort — 
„das verschwendete Geld den Armen zu 
geben" das weitere Lockmittel für Jene, 
bei denen das erstere nicht verfing. Die 
Sache war dreifach angenehm, denn sie 
ersparte eigene Arbeit, kam also der Be- 
quemlichkeit zu Hülfe, sie machte die 
ganze Sache billig — denn was die Leute 
einzahlten, entsprach keineswegs den 
wirklichen Kosten — und es ersparte das 
Nachdenken, eine Arbeit, die bekannt- 
lich sehr viele sich nach Möglichkeit 
schenken. Diese lastige Arbeit war um 
so lästiger, wenn man Diesen oder Jenen 
aus Versehen vergass . . . 

In Wirklichkeit ist in unserer raschlebigen 
Zeit die Neujahrskarte in lausenden von Fallt n 
das einzige Lebenszeichen, das Verwandte, 




I . y 



[ 



«jA r • s+QtJjn me*r f&j?«gw«g ijet j(§ nun Aiyrn jnJ^cC 



Neujahragrtua in Form ein« 
■MMlMi I.etil.K.<;imbeI in 




Pergamratbriefct de« Kuntt- 
Kaden-Baden an Dr. R. Forrer 



Neujahrtffruis dei Kunacaammlcra Notar A. Ritleng in Straatburg 
an Dr. R. F'orrar. 

Freunde und Bekannte sieh jedes Jahr als 
Zeichen senden, dass sie einander gedenken. Und 
gerade unsere Zeit ist auf solch' einen rasch her- 
zustellenden Kitt angewiesen, denn 
die Zeit der „Tagebücher" und der 
langatmigen Briefe ist längst vorbei 
— zu zahlreicher Familienkorre- 
spondenz reicht unsere fieberhaft 
ausgenützte Zeitspanne nicht mehr 
aus. Weit mehr als früher reissen 
unsere modernen Verkehrsmittel 
die Familien und die Freunde aus- 
einander; weit mehr als früher geben 
sie Gelegenheit, den Kreis lieber Be- 
kannte und Freunde zu erweitern. 
Wie sollte man da für Jeden einen 
Brief und viele Worte finden? Da 
greift man am Sylvester zur Neu- 
jahrskarte und sendet seinen Lieben, 
Verwandten und Freunden seinen 
Neujahrsgruss als Zeichen, dass 
man lebt und den Adressaten nicht 
vergessen hat. Es ist ein Gruss 



3«4 



Forrer, Alte und moderne Neujahrswünsche und ihre künstlerische Wiedergeburt. 



ohne viele Worte, aber er sagt dennoch viel. 

Auch die „Briefträger" und die „Armen'' 
kommen in jener Zeit nicht zu kurz. Der 
enorme Verbrauch solcher Neujahrskarten ge- 
stattet der Post, ihr Beamtenmaterial in jenen 
Zeiten zu verdoppeln. Den Armen aber gebe 
man statt Almosen Arbeit und wohlverdienten 
Lohn: statt eine Kunstindustrie zu unterdrücken, 
trachte man sie zu heben. Unter diesen Gesichts- 
punkten betrachte man die Tausenden von 
Arbeitern Brot verschaffende Neujahrskarten- 
industric! Hier kann ich nur das Wort aus 
„Lady Tartuffe" der Madame de Girardin 
wiederholen, wo es heisst: 

C.s „Und diese Spitzen! Man könnte mit 
den Kosten dafür ioo Arme ernähren"! 

B.: „Und jetzt sind es ioo Arbeiter, die 
daran verdienen! . ." 

Wenn ich also weder jenen unrecht gebe, die 
dicNcujahrswünsche eingeschränkt wissenwollen, 
noch jenen, die sie beibehalten wissen möchten, 
so rede ich doch wesentlich veränderten Neu- 
jahrswünschen das Wort — jenen Neujahrswün- 
schen, die ich die individuellen nennen und mit 
denen ich eine Änderung und Besserung auch 
nach der künstlerischen Seite anregen möchte. 

Zwei Sturmkolonnen rücken der „Visiten- 
karte als Neujahrsgruss" auf den Leib. Die 





Ccdruckte Neujahnkanc de» Kunstmaler» l.eon l.ebcgue 
in l'ani an Dr. R. Fotrcr. 



Gedruckte Neujahrskarte de« Kunstmaler» l.eon l.ckcgiic 
in Pari* an I >r. K. Korrcr. 

eine geht von Beamten aus, denen es lästig ist, 
Neujahrsempfänge zu halten und Neujahrs- 
besuche bei den höheren Vorgesetzten zu 
machen; denen c.s lästig Lst, diesen Neujahrs- 
grüsse zu senden und von ihren Untergebenen 
ebensolche zu empfangen. Die andere Be- 
wegung geht aus von Künstlern und Kunst- 
freunden, von Kunstverständigen, welche die 
Ansicht vertreten, dass eine gesunkene Kunst 
nicht zu unterdrücken ist, dass »tan sie heben 
soll. Unter diesen Gesichtspunkten sind die 
„individuellen" Neujahrskarten ausgereift, wie 
ich sie im folgenden vorführe. 

Was jene kunstlosen vielfarbigen fabriks- 
mässig und in grossen Massen hergestellten 
Neujahrswünsche dem Gebildeten nicht zubieten 
vermögen, was der glatten Visitenkarte im Auge 
eines Mannes mit Herz, Gemüt und Kunst- 
empfinden fehlt — das finden wir in den Neu- 
jahrswünschen vereinigt, wie sie neuerdings 
„Mode werden", bei Künstlern bereits üblich ge- 
worden sind und ebenso wie die modernen 
Exlibris immer mehr in allen Kreisen der Ge- 
bildeten Boden rinden. Alles künstlerisch aus- 
zugestalten, diese künstlerische Ausgestaltung 
individuell zu halten, ist das Prinzip der 
modernen Ästhetiker. Die Bucheinbände sollen 
— so verlangt der Bibliophile fin de siecle — 



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Forrer, Alte and moderne Neuj»hr»wünschc and ihre künstlerische Wiedergebart. 



38 S 




Neujahrt karte dei Kunitnultr» C. 
Spindler in SL Leonhard an Dr. 
R. Forrer. Fedcneichnung. 



in ihrer Dekoration 
dem Inhalte des 
Buches entsprechen 
— ein Ex-Libris in 
seiner Zeichnung 
den Bibliotheksbe- 
sitzer oder den Cha- 
rakter der Bibliothek 
kennzeichnen — ein 
Neujahrswunsch den 
Versender charakte- 
risieren. Was Künst- 
ler und Kunstge- 
werbetreibende in 
ihren Erzeugnissen 
vermeiden müssen, was uns an Fabrikerzeug- 
nissen oft so sehr abstösst — der Eindruck 
des „Faörikmässigen" — das ist es, was man 
auch bei den Neujahrswünschen vermieden 
sehen will. Dieser Eindruck verliert sich, je 
mehr man aus dem Bilde, aus dem Ganzen er- 
sieht, dass es rein persönlichen Zwecken dient 
dass die Zeichnung auf die Person des Ab- 
senders Bezug nimmt 

Den Anfang zur individuellen Neujahrs- 
wunschkarte machten die Künstler. Ihnen lag 
dies am nächsten, da sie es ja waren (oder 
wenigstens sein sollten), denen die Anfertigung 
künstlerischer Neujahrswünsche oblag. Bartsch, 
Haller von Hallerstein, Klein u. A. haben 
mehrere solcher Neujahrsgrüsse gestochen, 
hie und da haben auch seither Künstler und 
Kunstbeflissene sich am Neujahr gegenseitig 
mit selbst gezeichneten, gemalten oder in 
Kupfer gestochenen Grüssen erfreut. Erst in 
den letzten Jahren aber hat sich diese Sitte 
nicht nur unter den Künstlern allein ausgebreitet, 
sondern auch bei Leuten Fuss gefasst, die nicht 
selbst zeichnen, malen oder radieren, wohl aber 
die Kunst zu verstehen, zu lieben und zu pflegen 
wissen. So geht allmählich der von Hans Boesch 
schon 1894 in der „Gartenlaube" geäusserte 
Wunsch: „Es wäre sehr erfreulich, wenn diese 
alte Sitte bei unseren Künstlern wieder in Auf- 
nahme käme" in Erfüllung. Unsere modernen 
Kunstzeitschriften beginnen auch diesen indivi- 
duellen Neujahrskarten ihr Interesse zu schenke^ 
und bereits im Januar 1896 brachte „Die Kunst 
für Alle" die Fascimiles einiger modemer 
Neujahrskarten und die Nachricht, dass, dem 
Beispiele einiger Düsseldorfer Künstler folgend, 
Z. f. B. 1899/1900. 



nun auch in München jene Sitte Eingang finde. 
Karten von Prof. Franz Simm, Georg Diek- 
mann, Adolf Beyer etc. fanden dort Abbildung 
und — Beifall. Auch die französische Kunst- 
zeitschrift „La Plumc" hat in ihrem Januarhefte 
vom Jahre 1898 einige Neujahrswünsche von 
De Feure, Leon Lebegue, Roedel, Toulouse- 
Lautrec facsimilirt, die „Deutsche Kunst" in 
ihrem Januarhefte 1898 eine Neujahrskarte 
Liebermanns; „Daheim" und „Velhagen & 
Klasings Monatshefte" veröffentlichten mehr- 
fach die an sie gesandten Neujahrskarten be- 
freundeter Künstler (vergl. auch C. Spindlers 
„Illustrirte Elsässische Rundschau", Nr. 3: 
A Seyboth, Cartes de nouvel an artistiques). 
Man sieht: „'s liegt in der Luft" — allerwärts 
beginnt das Interesse für individuelle Neujahrs- 
grüsse sich zu regen. 

Ich habe in der „Antiquitäten-Zeitschrift" 
Januar 1896, dieser Sitte das Wort geredet 
„Die Aufhebung der Neujahrswunschkarte ist 
der Industrie ein Schlag ins Gesicht und eine 
nicht zu entschuldigende Unhöflichkeit gegen- 





HAFPV BEVV VTA* 





WrSo ciitf no 
ICC w/im fdt Jaj» 
axe cold, mu»r 
make hay whtn 
tht S«n thiTiis. 




HumorittUcher Neujahngrui» 
det Zeichnen Sydney Prentict-Lawrenct an Dr. R. Forrer 
Kederjeichnong. 



3 86 



Forrer, Alte und moderne Neujahrtwunsche und ihre künstlerische Wiedergebutt. 



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NnijiKngTtiu von Profeuor Gcorf Eb«ri |f) i« Milachto aa Dr. R. Forrer. 



über Freunden und Bekannten. Nicht unter- 
drücken, sondern heben sollen wir diese Sitte, 
denn wenn sie in die richtigen Bahnen gelenkt 
wird, kann sie für uns nur eine Quelle der viel- 
fältigsten Freude, der Kunst und der Industrie 
zum Segen werden. Dies Ziel zu erreichen, 
werden im High life und in der Aristokratie un- 
bewusst Anfänge gemacht, denn bereits wird es 
bei kunstsinnigen Leuten jener Kreise üblich, 
sich alljährlich eine künstlerisch ausgeführte spe- 
zielle, ich möchte sagen individuelle Neujahrs- 
wunschkarte herzustellen und diese an Ver- 
wandte, Freunde und Bekannte zu versenden. 
Man lässt sie durch hervorragende Zeichner ent- 
werfen und in irgend einer Reproduktionsart ver- 
vielfältigen, ja man lässt sogar jede einzelne 
Karte mit irgend einer Originalhandzeichnung 
versehen, um derart jedem Blatte noch einen 
besonderen Wert zu geben. Man erhöht diesen 
durch Anbringung von Symbolen oder anderen 
Dmgen, welche den Versender speziell charak- 
terisieren, und verleiht damit der Karte noch ein 
ganz besonderes individuelles Interesse. Jeder 
strebt nach etwas Passendem und Originellem, 
und es wird dadurch ein wahrer Schatz von 



kleinen Erinnerungsblättem 
geschaffen, die dadurch nicht 
bloss persönlichen, sondern 
oft selbst allgemeinen Kunst- 
wert beanspruchen können. 
Städteansichten wechseln mit 
Blättern, auf denen das Portrait 
des Versenders Verwendung 
findet Der Glückwunsch fliegt 
dem Empfänger in den ver- 
schiedensten Formen und Far- 
ben zu: der „Altertümler" 
verwendet je nach Geschmack 
ein zierliches Rokoko oder 
ein strenges gothisches Orna- 
ment als Rahmen für den 
Glückwunsch, und der Künst- 
ler bringt diesen in Form 
einer gehaltvollen Feder- oder 
Tuschzeichnung oder in Ge- 
stalt einer reizenden Aquarelle 
zum Ausdruck. Allein die 
derart geschmückten Neujahrswünsche, welche 
mir am eben vergangenen Neujahrstage 1896 
zugekommen sind, darunter einige wahrhaft 
kostbare Kunstwerke in prächtigster Aus- 
fuhrung, ergeben für sich eine Sammlung, die 
sich sehen lassen darf und jedem Museum 
zur Zierde gereichen würde. Und solch eine 
Sitte sollte verschwinden? Im Gegenteil: sie 
blühe höher und höher, sie verlasse die bana- 
len Wege und nehme in der gedachten Richtung 
ihren Flug nach oben!" . . . 

Seither hat diese Sitte an Umfang gewonnen; 
dem guten Beispiele sind andere gefolgt; meine 
eigene „Sammlung" hat sich im Laufe der 
Jahre gemehrt, und neue Freunde sind zu alten 
getreten. So biete ich denn dem freundlichen 
Leser hier eine Auswahl all der vielen „indi- 
viduellen" Neujahrsgrüsse meiner Freunde, der 
die Redaktion dieser Hefte noch eine Reihe 
weiterer angefügt hat An Aufmunterung in den 
Kreisen der mir befreundeten Künstler habe 
ich es nicht fehlen lassen — mit Vergnügen 
sah ich, wie sich Jahr für Jahr die Zahl 
Derer mehrt, die Freude haben am Schaffen 
und am Geniessen solcher Freunde sgrusse. 



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Der Ackermann aus Böhmen. 

Von 

Gustav Karpeles in Berlin. 



EJ fff^H 1 nenne ich ein Jubiläum, wert und 

vurd 'ß' dass es g eft>iert werde' Ein 
_5>y^| t jnfhundertjähriges Jubiläum in einer 
Zeit, in der nicht nur der hundertste und der 
fünfzigste Geburtstag, sondern auch vierzig- und 
dreissig-, ja sogar zwanzigjährige Jubiläen mit 
grossem Gepränge begangen zu werden pflegen. 

Dieses fünfhundertjährige Jubiläum feiert 
eine merkwürdige Prosaschrift aus dem letzten 
Jahre des vierzehnten Jahrhunderts, die den 
Titel führt: „Der Ackermann aus BoAeim." 
Die älteren Literarhistoriker kannten sie nicht. 
Erst Friedrich Heinrich von der Hagen hat 
durch seine Ausgabe von 1824 die Aufmerk- 
samkeit auf sie gelenkt; später ist sie, in der 
Literaturgeschichte wenigstens, zu hohem An- 
sehen gelangt. Aber bekannt ist sie darum 
doch nicht geworden. Es lohnt also wohl die 
Mühe, über dieses Buch anlässlich seines grossen 
Jubiläums gerade an dieser Stelle ausführlicher 
zu sprechen. 

In einer merkwürdigen Zeit ist es entstanden 
in einer Zeit der Vermischung widerstrebender 
Elemente, eines Streites, der sich nicht nur 
zwischen den Parteien, sondern oft auch in den 
einzelnen vollzieht, schmerzlich, unabsehbar, wie 
er ja auch volle zwei Jahrhunderte gewährt 
hat „Die alten Ideale, die Einheit der christ- 
lichen Völker, das Rittertum mit Heldenhaftig- 
keit, Frauen- und Gottesdienst, sie leben noch 
in den Gemütern: und doch wie widerstrebt 
ihnen die Wirklichkeit, die Natur! Wie er- 
heben sich die Nationen gegen jedes gemein- 
same Band j wie kämpft das Laientum für sein 
Recht gegenüber der Kirche; wie treten die 
Städte den Rittern, wie treten innerhalb der 
Städte die Zünfte den alten Geschlechtern ent- 
gegen!" Auch die Litteratur spiegelt natürlich 
diesen Zustand wieder. Die Poesie tritt vor 
der, der Wirklichkeit zunächst stehenden Form 
der Prosa tief in den Hintergrund; eine wich- 
tige Rolle spielen nur die religiösen Traktate, 
Predigten und Legenden in dieser von theolo- 
gischen Streitigkeiten tief durchwühlten Periode, 
und in den Denkmälern geistlicher Prosa ist 
es immer und immer wieder der Tod, der 



in allen Gestalten und Formen, in allen Unter- 
haltungen und Belehrungen uns vor das Auge 
tritt Der Tod ist in der That der rechte 
Vertreter jener Stimmung, die der Untergang 
so grosser Hoffnungen, so herrlicher Ideale, 
der ewige Krieg, die schrecklich wütende 
Pest hervorrufen musste. Die charakteristischen 
Vertreter der Zeitrichtung empfinden eine wahre 
Lust daran, ihrem Publikum den Vernichter 
alles Irdischen immer wieder von neuem vor 
Augen zu fuhren. Der würdigste Ausdruck 
dieser Stimmung ist das Werk, das man den 
„Ackermann aus Böhmen" nennt. 

Sehen wir uns, ehe wir seine Schicksale be- 
sprechen, das Werk selbst etwas näher an. 
Es ist ein Streitgespräch zwischen dem Tod 
und einem Ackersmann, dem er das Weib ge- 
raubt, die seines Herzens Trost und seiner 
Freuden Hort gewesen: „In dem buchlein ist 
beschriben ein kneg, wie einer, dem sein weip 
gestorben ist, schiltet den tot: so verantwort 
sich der tot. Also setzt der clager ie ein 
capitel und der tot das ander bis an das ende. 
Der Capitel sind vierunddreissig, darinn man 
hübsches sinnes getichtes behendigkeit wol 
findet, und beginnet also der Ackermann mit 
seiner clage anzuvahen." 

Der unglückliche Witwer schilt den Tod 
und erhebt die heftigsten Anklagen gegen den 
„grimmigen Tilger aller Leute". Der Tod weist 
natürlich die Anklage in seiner „Widerrede" zu- 
rück, indem er die Vergänglichkeit aller irdischen 
Dinge und die Notwendigkeit der Vernichtung 
hervorhebt Seine Antwort ist erst mild und 
ruhig, dann aber, je heftiger die Klagen des 
Witwers werden, voll scharfer Ironie und 
bitterem Spott Im dritten Kapitel stellt sich 
der Verfasser vor: „Ich bins genant ein acker- 
man, von vogelwait ist mein pfiug, ich wone 
in Beheimer lande". Dann bricht er in neue 
Klagen aus und zum Schlüsse verflucht er den 
Tod. Die Widerrede des Todes ist sehr 
treffend: ,Je grosser lieb zu bekennen, ie grosser 
leit zu emperen lieb. Weib, kint, schätz und 
alles irdisch gut muszt dann freude am anfang 
und mer leides am ende bringen. Alles irdische 



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3«8 



Karpelet, Der Ackermann aus Böhmen. 



lieb muszt zu leide werden: leit ist liebes ende, 
der freuden ende ist trauren, nach lust unlust 
muszt kommen, willens ist unwülen. Zu sollichen 
ende laufen alle lebendige Ding." Damit ist 
natürlich der Ackersmann nicht einverstanden. 
Er wirft dem Tode vor, dass er ungerecht sei, 
dass er die Guten vernichte und die Bösen be- 
stehen lasse: „Nennt mir, mit dem finger weist 
mir, wo sint die frommen achtperen Leut, als 
vor Zeiten waren? Ich wen, ir hapt sie hin. 
Mit in ist mein liep, die usel sint überblieben. 
Wo sint sie hin, die auf erden wonten, mit gott 
redten, an im hulde, genade und rechnung er- 
würben? Wo sint sie hin, die auf erden sassent, 
unter der Gestirne umbgenge, unde entschieden 
die planeten? Wo sint sie hin, die sinnreichen, 
die meisterhaften, die gerechten, die fruchtigen 
Leute, von den die kroniken so verre sagen? 
Ir hapt alle unde mein zarte ermordet, die sint 
all tode". Aber der Tod weiss ihn schlagend 
zu widerlegen. So dauert der Kampf noch 
lange fort und keiner der Streitenden giebt 
nach, bis Gott selbst ihre gegenseitigen An- 
klagen schlichtet. Es geschieht dies im 33. Ka- 
pitel: „Hie spricht Gott ausz das urteil des 
kriegs zwischen dem Tod und dem clager". 
Er erinnert die beiden daran, dass alles, was 
hienieden entsteht, auf sein Geheiss entstanden 




Neujahrskarte dea Kunsthistoriker» Prot Rud. Raho in Zürich 
an Dr. R. Forrtr. Faderjeichaunf auf einer Poatkan«. 
(Zu Forrer: Alte und moderne Ncujabrswilnsche.) 




fltafj .ftob-|forrec- Stra&puxqK- 

Neujahrskarte da» Dr. Rob. Forrer in StraaaWf. 
Zu Forrer: Alte und moderne* Neujahrswunacue.) 

sei, aber alles sei eitel und vergänglich wie der 
Tag. Der Kläger beklage seinen Verlust, als 
ob er sein Erbrecht gewesen sei, er denkt nicht, 
dass sein Weib ihm von Gott verliehen worden 
ist Der Tod dagegen rühme sich gewaltiger 
Herrschaft, die er doch auch allein vom Schöpfer 
zu Lehen empfangen habe. Beide haben Un- 
recht. Der Schluss des Kapitels lautet: „Ir 
hapt beide wol gefochten. Den zwang leit zu 
klagen, diesen da anfertig ung des clagers die 
Weiszheit zu sagen. Darum b, clager, la! her 
Tod, sige! Jeder Mensch dem Tode das Leben, 
den leip der erde, die sele uns pflichtig ist zu 
geben". 

Das ist der Weisheit letzter Schluss, und 
diesem beugt sich der Ackersmann, indem er 
mit einem innigen Gebet für das Seelenheil der 
Dahingeschiedenen sein Büchlein abschliesst: 
„Empfahe gutlichen die sele meiner allerliebsten 
frauwen! die ewig ruwe gib ir, mit deinem 
gnaden tawe labe sie, unter dem schatten deiner 
flu gel behalte sie, nim sie, herre, in die vol- 
komen genüge, do genügt — minsten als den 



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Karpele«, Der Ackermann tot Böhmen. 



389 



grasten ; la sie. herre, von dannen sie kommen 
ist, wonen in deinem reich bei den uberseligen 
geisten V . . . 

Schon aus diesem kurzen Auszug ist zu 

ersehen, wess Geistes ^ 

Kind der Verfasser 
dieses Büchleins ge- 
wesen ist. Aber aus 
dem Schluss, dessen 
Nachsatz ein Akrosti- 
chon bildet, erfahren 
wir auch seinen Na- 
men: Johannes; den 
Namen seiner Gattin 
und den seines Wohn- 
orts hat er schon im 
dritten Kapitel an- 
gedeutet Die Frau 
hiess Margarethe, und 
er lebte zu Saaz in 
Böhmen. Eis ist scha- 
de, dass das ganze 
Büchlein nicht von ei- 
nem hervorragenden 
Kenner des Zeitstils 
im modernen Sinne 
erneuert worden. Erst 
dann würde man die 
Bedeutung desselben 
in weiteren Kreisen 
würdigen und das 
Urteil bestätigen kön- 
nen, dass der grösste 
neuere Literaturhis- 
toriker, G. G.Gervinus, 
darüber ausgespro- 
chen: „Das kleine 
Schriftstück zeugt 
von Kenntnis der Al- 
ten und ist in einer 
eigenen Mischung von 
Mystik und Huma- 
nistik, man möchte 
sagen in dem Geiste 
eines Boethius ge- 
schrieben, der Kampf der Empfindungen und 
des Verstandes des ,Leides und der Weisheit 1 
ist darin auf eine Weise voller Geist durch- 
geführt. Der Ton der Ironie ist gleich gut 
getroffen wie der Ton der tiefgehenden Em- 
pfindsamkeit schon der späteren Zeit des XV. 




Ntujnhnlurt« dt« Dr. Roh. Forrer in Stfnuburf. 
(Zu forrer Alte und modern« N«uj»hnwutuche.) 



Jahrhunderts ; der Schreibart nach ist es wohl 
das vollkommenste Stück Prosa, das wir in 
unserer älteren Litteratur besitzen". Auch 
Wilhelm Scherer bestätigt dieses Urteil. Nach 

>hm zeigt der Ver- 
fasser eine sehr aus- 
gebreitete Bildung 
und eine sehr kunst- 
mässig durchgearbei- 
tete Prosazierlichkeit, 
gehäufte Bilderfülle 
und feierliche Pracht 
des Vortrags, dass 
wir sein Werk zwar 
nicht unbedingt be- 
wundern können, es 
aber doch unter die 
eigentümlichsten lit- 
terarischen Erschei- 
nungen des Mittelal- 
ters rechnen müssen. 
Karl Goedeke findet 
in dem Dialog „eigen- 
tümliche Kraft der 
Darstellung undTüch- 
tigkeit der Gesin- 
nung", und Wilhelm 
Wackemagel bezeich- 
net es als „eine der 
schönsten altdeut- 
schenProsaschriften". 
Diesen Urteilen ist 
kaum etwas hinzuzu- 
fügen. Es scheint, 
als ob das Buch auch 
zu seiner Zeit schon 
in hohem Ansehen 
gestanden. Der ge- 
fei ertste Kanzelredner 
des ausgehenden 
Jahrhunderts, Johann 
Geiler von Kaisers- 
berg, nimmt es ein- 
mal zum Grundtext 
seiner Predigt; eine 
Reihe von Handschriften und viele Drucke 
vervielfältigen dasselbe und — was das in- 
teressanteste ist — schon acht Jahre, nachdem 
es entstanden, erscheint eine böhmische Nach- 
bildung oder vielmehr Parodie dieses Dialogs, 
die die czechischen Kritiker für das Original 



393 



Kaipele», Der 



gehalten oder wenigstens auszugeben versucht 
haben. 

Mit einer Kühnheit sonder Gleichen haben 
sie diese Behauptung selbst in Briefen an Jakob 
Grimm und andere grosse deutsche Forscher 
noch vor wenigen Jahren festgehalten, bis es 
emsigem Gelehrtenfleiss gelungen ist, den 
Nachweis zu führen, dass das czechische Gegen- 
stück „Tkadlecek" (der Weber) eine Nach- 
ahmung oder vielmehr eine Parodie des deut- 
schen Werkes sei, und zwar eine recht schlechte 
Parodie. Es handelt sich nämlich in dem 
czechischen Gegenstück um ein Streitgespräch 
zwischen dem Unglück und einem Liebhaber, 
dem seine Geliebte, eine Ofenheizerin. untreu 
geworden ist. Es kann aber wohl kaum etwas 
wertloseres geben, als dieses Werk mit seinem 
Anspruch auf Originalität gegenüber der deut- 
schen Dichtung. Es schliesst sich zwar genau 
dem Gange des Ackersmanns an, nur dass es 
die kurzen Kapitel dieses Werkes erweitert und 
verbosert, ohne auch nur in einem einzigen 
Punkte das Original erreichen zu können, und 

x T a St Kraft der Poesie versa & t . kehrt die 
Nachbildung doch immer wieder zu dem Vor- 
bild zurück. Schliesslich geht aber der Faden 
aus, und so ist das Gespräch unvollendet über- 
liefert, das die czechischen Litteraturhistoriker 
für ein Muster des galanten Stils jener Zeit aus- 
gaben und aus dem der grösste czechische 
Historiker den seltsamen Schluss gezogen hat 
dass schon damals das geistige Übergewicht 
im Lande nicht auf Seite der Deutschen, son- 
dern bei den eigentlichen Böhmen gewesen sei 
Wie sinnlos die Nachbildung sich an das Origi- 
nal gehalten hat und wie sehr diejenigen Recht 
haben, welche sie eigentlich als eine Parodie 
bezeichnen, mögen zwei Beispiele zeigen, welche 
Ernst Martin in seinem ausgezeichneten Vortrag 
„Uber die deutsche Litteratur in Böhmen im Mittel- 
alter"' aus vielen anderen hervorgehoben hat- 
„Im .Ackermann' sagt der Tod, er sei von Gott 
eingesetzt worden, als dieser zu Adam und Eva 
sprach: welches Tages ihr von der Frucht esset, 
werdet ihr des Todes sterben. Im .Tkadlecek' 
spricht das Unglück: Jhre erste Macht hat sich 
gezeigt an dem ersten Menschen Adam darin 
dass er durch das Gift des Apfels uns über- 



liefert ward, damit er dem ewigen Tod über- 
geben werde'. Wo steht nun an jener zitierten 
Stelle ein Wort, das diese Behauptung recht- 
fertigt? Und noch ein Beispiel, welches zu- 
gleich den Charakter des czechischen Werkes 
näher kennen lehrt; in einem rührenden und volks- 
tumlichen Bild sagt der Ackermann, als er auf 
die Kinder zu sprechen kommt: ,Todt ist die 
Henne, die solche Hühner beschützt'. Das 
wendet Tkadlecek auf seine geliebte Heizerin 
folgendermassen an: .Ich bin das einzige Junge 
dieser überaus edlen Henne, bei der Brut ver- 
kühlt; aus mir wird schon nichts mehr'. Martin 
hat Recht, wenn er zu dem Schlüsse gelangt, 
dass so nur ein parodistischer Komiker spreche. 

Doch wir haben uns schon zu lange bei 
dieser armseligen Travestie aufgehalten und wir 
kehren wieder zu unserem Werke zurück, das 
durch seine humane Gesinnung, durch seine 
innige Religiosität, durch den echten Herzens- 
ton, der darausspricht, durch die oft hinreissende 
Beredsamkeit, mit der es den uralten, echt 
menschlichen Konflikt schildert und schlichtet, 
durch die künstlerische Form, durch die leb- 
hafte Darstellung, durch den Umfang der Kennt- 
nisse und der Lektüre, die der Verfasser ver- 
rät, in diesem einen Menschen von seltener Her- 
zens- und Geistesbildung erkennen lässt Wir 
versetzen uns in die Zeit zurück, in der das 
Werk entstanden und in der italienischer Huma- 
nismus, französische und italienische Kunst 
freundliche Aufnahme im Böhmerlande fanden 
und die Lehre Wiclifs zuerst weiteren Boden 
gewann, „indem sie, neben waldensischen und 
anderen Strömungen einhergehend und sich 
mit ihnen vermischend, die hussitische Be- 
wegung entfesselt, in der ausser dem Refor- 
mationsgedanken zum erstenmal das Prinzip 
der Nationalität mit der Kraft einer elementaren 
Naturgewalt in die Weltgeschichte eintritt." 

Einen wirkungsvollen Vorklang dieser Lehre 
Wiclifs und die gleiche ethische Grundrichtung 
enthält bekanntlich das grosse Gedicht des eng- 
lischen Poeten William Langland „Piers Plow- 
man", die Vision von Peter dem Pflüger. 
Conrad Burdach hat zuerst nachgewiesen, was 
bisher noch niemand erkannt hatte,* dass „der 
Ackersraann aus Böhmen den Titel und die 



' Centralblatt for Bibhothekswetcn. VIII. 152. ,. 3 



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Kupeles, Der 



391 



l Km * 



Fiction, dass ein Landenann über die grossen 
Welträtsel seine Gedanken ausspricht, und dass 
er der Gewissensangst und dem Schrecken vor 
dem daherrasenden Todesengel der Pest, die 
menschliche, die ewige Natur über die göttliche 
Weltordnung gegenüber stellt" dem englischen 
Gedicht Langlands, das 1362 entstanden, und 
dessen Nachah- 
mungen entlehnt 
habe. Man kann 
aber darum noch 
nicht sagen, dass 
das englische Ge- 
dicht die Quelle 
oder, im tieferen 
Sinne, das Vorbild 
des deutschen Pro- 
sawerkes sei ; wohl 
aber schwindet mit 
dieser Entdeckung 
Burdachs die bis- 
herige Annahme, 
dass der Verfasser 
unseres Werkes 
Johannes Acker- 
mann geheissen 
habe und ebenso 
fehlt jeder begrün- 
dete Anlass, ihn 
für einen Lehrer 
zu halten. Viel 
plausibler ist die 
Hypothese , die 
Rudolf Wolkan ' 
aufstellt, dass die- 
ser Johann Vogel- 
weid oder von der 
Vogelweid geheis- 
sen habe, da er den 
Worten „Ich bin 
genannt ein Acker- 
mann" hinzufügt „von Vogelwait ist mein Pflug". 
So könnte man am Ende gar in dem Ver- 
fasser des Ackermanns einen Nachkommen des 
grossen Minnesängers vermuten. 

Welcher grossen Beliebtheit das Buch in 
seiner Zeit sich zu erfreuen hatte, davon zeugen 
die verschiedenen Handschriften und die vielen 




Neujahrtkune dei KwMUimmlera Dr. Alben Fifdor in 
an Dr. R- ForrcT. Silbenriftzeichmmg von We i » e I y 
(Zu Forrcri Alle und moderne Neu)*hriwun«cho.) 



« Geschichte der deutschen Litteratur in 
- Vergl. Ernst Coisminn: 
Altertum. XXVHI. 25 tt 



Drucke, die es uns überlieferten. Von den 
Handschriften sind bis jetzt fünf bekannt.» 
Diese Handschriften gehören aber alle der Mitte 
des XV. Jahrhunderts an. Die älteste scheint 
die in der Königlichen Bibliothek zu Stuttgart 
zu sein. (Cod. phil. 23. fol.) Die Jahreszahl 
am Schlüsse der Handschrift weist ziemlich deut- 
lich auf das Jahr 
— I 1449 als das der 
Niederschrift hin. 
Ausser unserem 
Werke sind noch 
mehrere andere 
Stücke in diesen 
Handschriften ver- 
einigt. „Der Acker- 
mann" umfasst 16 
Blätter, von je zwei 
Spalten auf der 
Seite mit je 32 
Zeilen. Diezweite 
Handschrift ist die 
aus Heidelberg, die 
berühmteste von 
allen (Cod. Pal. 
Germ. 176 fol.). Sie 
hat 31 Blätter mit 
je 28 Zeilen, ist 
aber ohne Jahres- 
zahl; ihr Haupt- 
schmuck sind die 
35 prachtvoll ko- 
lorirten Bilder. Auf 
jedem dieser Bilder 
befinden sich zwei 
Figuren, ein Land- 
mann mit den 
Attributen seines 
Standes versehen 
und der Tod in 
Gestalt eines Men- 
schen mit vertrockneter Haut: eine Krone auf 
dem Kopfe, ein Scepter oder einen Stab in der 
Hand. Auf jedem Bilde ist eine andere Scene 
dargestellt, die bald im Freien, bald in einem ab- 
geschlossenen Räume sich abspielt Die Farben 
sind noch vortrefflich erhalten. Auf dem ersten 
Blatte sind zwei Wappen abgebildet: drei 



Zeitichrift für 



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392 



Ktrpele*. Der Ackermann aus Böhmen. 



schwarze Geweihe auf gelbem Felde und ein 
weisses Kreuz auf rothem Felde, also die Wappen 
von Württemberg und Savoyen. Mit Recht 
ist daraus geschlossen worden, dass Graf Ulrich 
von Württemberg, der Gemahl der Margarethe, 
der Tochter Amadeus des VIII., Beschützer 
der Handschrift gewesen sei. 

Auch die der Zeit nach dritte Handschrift 
des „Ackermann" befindet sich in der König- 
lichen Handbibliothek zu Stuttgart (Cod. phil. 
22). Sie datiert aus dem Jahre 1470; die 
Kapitelüberschriften sind mit roter Tinte ge- 
» schrieben, ebenso die Initialen, letztere in der 

Grösse von drei Zeilen. Die vierte Handschrift 
liegt in München (Ggm. 579). Ernst Martin hat 
sie mit den übrigen verglichen und ihr eine be- 
sondere Bedeutung für den richtigen Text und 
für die Sprache des Werkes zugemessen; end- 
lich die fünfte Handschrift ist in der grossen 
Bibliothek zu Wolfenbüttel (75. ia Ang. foL). 
Sie datiert aus dem Jahre 1468 und ist von 
Conrad von öttingen geschrieben. Die Kapitel- 
überschriften sind mit brauner Tinte geschrieben, 
die Initialen haben verschiedene Grösse und 
Farbe. Diese Handschrift wird auch von 
Lessing erwähnt 

Von den Drucken sind nur einige besonders 
wichtig. „Der Ackermann aus Böhmen" ist in 
einem Jahrhundert mehr als zwölfmal gedruckt 
worden; noch im XVI. Jahrhundert wurde er 
wiederholt gedruckt. Der älteste dieser Drucke 
ist für die Bibliophilen auch der interessanteste 
und wichtigste. Ein Exemplar davon befindet 
sich im Königlichen Kupferstichkabinet zu Berlin 
(D. X. 12) und ist aus dem Besitz des be- 
kannten Überpostmeisters von Nagler in das 
Königliche Museum gekommen. Andere Exem- 
plare sind im British Museum, in der Bibliothek 
zu Wolfenbüttel und in der Nationalbibliothek 
zu Paris. Druckort und Jahreszahl sind auf dem 
ersten Druck nicht angegeben, aber das Stück 
ist mit dem Fabelbuch von Boner zusammen- 
gebunden, welches bei Pfister zu Bamberg im 
Jahre 1461 gedruckt ward. Es stammt aus der- 
selben Bamberger Offizin, aus der das erste 
deutsche Buch hervorgegangen ist, und auch 
aus derselben Zeit Unter den Kunstfreunden ist 
dieser Druck berühmt wegen seiner vortreff- 
lichen kolorirten Holzschnitte. Schon auf dem 
ersten Blatte sehen wir den Tod mit einer Krone 
auf einem Throne sitzend, vor ihm ein einfacher 



Mann von zwei Knaben begleitet, rechts eine 
Frau im Leichentuche auf einem Grabstein. 
Seite 3 sitzt der Tod wieder in einer Halle auf 
dem Thron und vor ihm steht der Ackersmann; 
vorn kniet der Papst und legt die dreifache 
Krone nieder, neben ihm ebenso ein weltlicher 
Herrscher, ein Mann mit einem Säckel und noch 
ein vierter, dessen Bestimmung nicht klar ist 
Der dritte Holzschnitt auf Seite 9 zeigt uns 
oben den Tod zu Pferde mit Pfeil und Bogen, 
zwei Rittern durch ein Burgthor nachjagend, 
unten mäht er mit der Sense junge Leute nieder, 
hinter ihm stehen Krüppel und Alte; es ist ein 
rechter Zug des Todes. Auf dem vierten Holz- 
schnitt (17 a) thront der Tod oben im Freien, 
vor ihm steht wieder der Ackersmann, unten 
links treten Menschen aus einer Klosterpforte, 
rechts befindet sich ein Garten, in dem eine 
Frau einen Jüngling bekränzt, während eine 
zweite mit einem andern sich unterhält Der 
letzte Holzschnitt (21b) führt uns eine merk- 
würdige Scenerie vor. In der Höhe erscheint 
Gott von Wolken getragen, von Engeln und 
Sternen umgeben, die Hände erhebend, auf 
denen wunde Male sichtbar sind, unten stehen 
durch einen Baum getrennt der Tod und der 
Ackersmann. Eine genaue Beschreibung dieser 
Ausgabe befindet sich in der Bibliotheca spen- 
ceriana von Dibdin L (London 18 14.) 

Ausser diesem hat noch der zweite Druck 
kritischen Wert Das, wie es scheint, einzig 
noch vorhandene Exemplar desselben befindet 
sich in der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfen- 
büttel (19 Z. Eth.). Er ist darum wichtig, weil 
aus demselben Gottsched seine Abschrift des 
Werkes entnahm, durch die dasselbe in diesem 
Jahrhundert erst bekannt wurde. Das Manu- 
skript Gottscheds befindet sich auf der König- 
lichen Bibliothek zu Dresden und führt den Titel: 
„Abschrift eines Gesprächs zwischen einem 
Weber und dem Tode, welches ohngefähr 1400 
u. etl. sechzig zu Bamberg gedruckt wurde, auf 
der Herzoglichen Wolfenbütteler Bibliothek be- 
findlich." Der Druck der Abschrift stammt aber 
aus einer späteren Handschrift Wertvoll er- 
scheint ein Druck von Conrad Finer in Gerr- 
hausen aus Esslingen 1574. Der Titel lautet: 

nach folgend ettliche zu mole 
kluoger und subtiler rede wissend — 
Wie einer was genant der acker- 
man von bohem dem gar ein schoe- 



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393 



ne lieb« frowe sin gemattet gestor- 
ben was Beschiltet den dot vnd wie der dot 
im wider antwurt und setnt also ie ein cappit- 
tel vmb das ander der cappittel sind xxy vnd 
rahet der ack ermann an also ru clagen. 

Unter diesem Titel befindet sich ein Holzschnitt, 
der den Bauern mit einem Dreschflegel und 
den Tod, mit einer Leichenbinde und mit drei 
Schlangen umwunden, darstellt Derselbe Holz- 
schnitt findet sich auch noch später, nur dass 
hier in der Höhe Gott Vater mit erhobenen 
Händen erscheint. Ein dritter Holzschnitt zeigt 
einen Kirchhof, wo ein Bauer auf einem Grab- 
stein kniet, rechts vor ihm eine Frau im offenen 
Grabe, in Leichentücher gehüllt; oben Gott 
Vater mit segnend ausgebreiteten Händen. 
Ein Druck von Sorg in Augsburg, der sich auf 
der Herzoglichen Bibliothek zu Oldenburg be- 
findet, scheint mit diesem übereinzustimmen; von 
den folgenden Drucken befinden sich fünf auf 
der Königlichen Bibliothek zu Berlin. 

Der interessanteste ist der ohne Ort und 
Jahreszahl und ohne jede Signatur. Er umfasst 
36 Blätter und auf dem Titel ist ein kolorierter 
Holzschnitt: Die Frau tot auf einem Bette, vor 
ihr der Tod mit einem Bogen, hinter ihr der 
Ackermann mit einem Dreschflegel; ein anderer 
Druck, ebenfalls ohne Ort und Jahreszahl, hat 
auf dem Titel mit Holzschnitt den Tod mit 
einer Sense, hinter ihm einen Sarg und vom 
den Bauer mit einem Dreschflegel Die übrigen 
Ausgaben haben sämtlich das Druckjahr an- 
gegeben. Zwei sind aus Augsburg und Heidel- 
berg; der nächste ist von Johann Schott in 
Strassburg x 509 gedruckt und führt zum ersten- 
mal den Titel: „Schone red un widerred eins 
ackermans und des todes mit scharpffer ent- 
scheydung jrs krigs das ein iegklichen vast 
nutzliche vnd kurtzweillig zu lesen ist Pax 
legentibus." Unter diesem Titel befindet sich 
folgender Holzschnitt : Ein Sämann spricht 
mit demYTode, dahinter eine Egge, von zwei 
Pferden gezogen, auf denen ein Reiter mit der 
Peitsche sitzt; hinten ein Bauernhof. Denselben 
Titel und dasselbe Bild haben auch die folgen- 
den Ausgaben von Martin Flach in Strass- 
burg 1520. Es bleibt noch eine Ausgabe, die 
bei Rudolf Deck in Basel 1597 erschienen ist 
Der Titel ist derselbe, der Holzschnitt aber 
stellt den Tod mit einem Stundenglase und 
einen Mann im Pelzrock dar. Auch im fol- 

z. r. B. 1899,1900. 



genden Jahrhundert wurde der Ackermann aus 
Böhmen wiederholt gedruckt, aber die Aus- 
gaben haben keinen bibliographischen oder 
künstlerischen Wert mehr. Ja, es scheint dass 
das Werk später sogar in Vergessenheit ge- 
raten ist, da Gottsched erst die allgemeine 
Aufmerksamkeit darauf lenken musste. In 
unserem Jahrhundert hat Friedrich Heinrich von 
der Hagen, wie ich schon oben bemerkte, das 
Werk erneuert herausgegeben unter dem Titel: 
„Der Ackermann ausBöheim, Gespräch zwischen 
einem Weber und dem Tode." (Frankfurt a. M. 
1824.) Vielleicht war es diese Erneuerung, die 
die Aufmerksamkeit der Czechen auf unser 
Werk gelenkt hat, denn am Ende desselben 
Jahres erscheint das böhmische Gegenstück, der 
„Tkadlecek« (Prag 1824), und zwar, wie der 
Herausgeber Wenzel Hanka berichtet aus zwei 
Papierhandschriften, von denen die eine in der 

hov, die andere in der Bibliothek des böhmischen 
Museums sich befindet Der Streit über die 
Priorität begann aber erst in neuerer Zeit. 

Ein tüchtiger deutsch-böhmischer Litteratur- 
historiker, Dr. Johann Knuschek, hat den Acker- 
mann aus Böhmen in einer guten Ausgabe nach 
den besten vorhandenen Quellen als zweiten 
Band der Bibliothek der mittelhochdeutschen 
Litteratur in Böhmen (Prag 1877) herausgegeben 
und mit dem czechischen Gegenstück genau 
verglichen. Das Resultat habe ich bereits oben 
mitgeteilt Durch die Ausgabe Kniescheks ist 
die kleine, aber in vielen Beziehungen sehr 
wichtige Schrift wieder zu ihrer vollen Geltung 
gelangt. Wir können jetzt das bedeutsamste 
Stück deutscher Prosa aus jener Zeit genau 
studieren und uns an dem Inhalt dieses merk- 
würdigen Prozesses zwischen dem Tode und 
dem unglücklichen Wittwer sowie an der muster- 
haften Darstellung erfreuen, wenn in diesem 
traurigen Prozesse überhaupt von Freude die 
Rede sein könnte. In jedem Falle aber ge- 
winnen wir durch eine aufmerksame Lektüre 
den Verfasser dieses Werkes zum Freunde. 
Wir lernen ihn als einen Mann von Geist Ge- 
müt und Geschick kennen, der sich zwar von 
dem Tode wacker ausschimpfen lässt der aber 
doch sich als ein weiser und edler Mensch im 
Laufe des Prozesses erweist so dass der höchste 
Richter ihn mit allen Ehren aus dem Kampfe 
scheiden lässt Die Lektüre mahnt uns von 

So 



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394 



Schnorrenberg, Heinrich LemperU sen. und »eine Goethe-Swnmlung. 



an das alte wahre Wort des Mathias freudige Gläubigkeit des Ackermanns auch in 



Claudius: „Der Tod ist ein eigener Mann und 
ein guter Professor moralium, und es ist ein 
grosser Gewinn, alles, was man thut, wie vor 
seinem Katheder, wie vor seinen Augen zu thun." 
Darüber hinaus erwecken die Zuversicht und die 



uns den alten poetischen Trost: 

Was wir bergen in den Särgen, 
Es gehört der Zeitl 
Was wir lieben, ist geblieben, 
Bleibt in Ewigkeit I 



Heinrich Lempertz sen. und seine Goethe-Sammlung. 



Von 



Jakob Schnorrenberg in Köln. 



|m 7. Februar 1898 schied in Köln ein 
Mann aus dem Leben, dessen Sammel- 
thätigkeit es verdient, auch in diesen 
Blättern ein Plätzchen der Besprechung 
zu erhalten: Hänrtih Lempertt sen., der frühere 
langjährige Besitzer der weitbekannten antiquari- 
schen Buch- und Kunsthandlung J. M. Heberle 
(H. Lempertz' Söhne). Da nach seinem Hinscheiden 
eine ihn und seine Thätigkeit eingehend würdigende 
Biographie erschienen ist (Heinrich Lempertz. Ein 
I-ebensbild von G. Hölscher. Sonderabdruck aus 
dem Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, 
1898, Nr. 57 und 58), so kann ich es an dieser 
Stelle unterlassen, auf den äusseren Lebensgang 
des hochbedeutenden Mannes einzugehen, dagegen 
sei der Besprechung seiner Sammlungen ein grösserer 
Raum gewidmet. H. Lempertz sen. war ein Sammler 
„von peinlicher Gewissenhaftigkeit und hingebender 
Treue, welche auch das Kleinste beachtete und 
bewahrte, ohne das Grosse darüber zu vergessen, 
und seine Thätigkeit hat sich zu einer vorbildlichen 
und wahrhaft segensreichen gestaltet". Nimmt man 
dazu, dass der verständnisvolle Sammler zugleich ein 
„gelehrter Bibliograph" war und berücksichtigt man 
die Stellung, welche er als Besitzer eines der be- 
deutendsten Antiquar- und Bücherauktionsgeschäfte 
Deutschlands einnahm, so wird man es wohl be- 
greifen können, dass seine Sammlungen wahre 
Schätze bergen, die zu heben nunmehr Aufgabe 
der gelehrten Welt sein wird. 

Einzelne Teile der Sammlung H. Lempertz 
sen. sind bereits verkauft worden, so am 17. und 
18. Oktober 1898 seine Gemälde, am 24. bis 26. 
November desselben Jahres seine Kunstsammlung 
(Arbeiten in Thon, Fayencen und Porzellane, 
Arbeiten in Glas, Email und Elfenbein, Arbeiten 
in Metall, Miniaturen, Textile, Waffen und 
römische Antiquitäten), am 8. bis 15. November 
1899 endlich seine numismatisch-sphragistischen 
Sammlungen; ausführliche, mit Illustrationen ver- 
sehene Kataloge liegen darüber vor. Unverkauft 



und noch im Besitze der Erben sind folgende 
Abteilungen der Sammlung: Albrecht Dürer, 
Coloniensia, Americana, Russica und Polonica, 
die Autographensammlung in einzelnen Unterab- 
teilungen wie Reformation, Dreissigjähriger Krieg, 
Fürsten, Gelehrte, Dichter etc., der Weimarer 
Musenhof, die Holzschnitt-, Initialen- und Zier- 
leisten-Sammlung, Topographica, das Rafael-Werk, 
Kupferstiche und Radierungen mit Einschluss 
von Porträts, Handzeichnungen, Typographica, 
Urkunden, Wasserzeichen, Musik und Theater, 
Klinstierhandschriften, illustriert durch Bildnisse etc., 
Anglicana, die Bibliothek und Arbeiten von Prof 
Georg Osterwald als Illustration seines Schaffens 
und Wirkens. 

Von den hier genannten Abteilungen möge zu- 
nächst diejenige eine Besprechung erfahren, welche 
Goethe im Mittelpunkte seiner Zeit benannt ist; 
stehen wir doch noch im Zeichen des Goethe- 
Jubelsommers, der nun in diesen Blättern nach und 
ausklingen soll. 

Die ganze Sammlung umfasst ungefähr 1500 
Einzelnummern und besteht aus Autographen, histo- 
rischen Dokumenten, Portraits sowie sonstigen bild- 
lichen Darstellungen, Medaillen und anderen Er- 
innerungszeichen; sie liefert ein getreues Bild von 
dem Leben, dem Wirken, den Leistungen und den 
Einflüssen nicht nur des Dichterfürsten selbst, son- 
dern fast sämtlicher Personen, welche in seinen 
Kreis getreten sind. 

In ganz hervorragender Weise schon führt sich 
die Sammlung durch eine stattiiehe Reihe — es 
sind 86 Stück - von Goethe-Bildnissen ein. Sie 
führen den Dichter in allen Altersstufen vor, und 
die Betrachtung derselben ist um so interessanter, 
als man die Wahrnehmung macht, dass die Grund- 
linien der Züge Goethes, so namendich im Bau 
der Nase und des Kinns, derartige Verschiedenheiten 
aufweisen, dass man, hält man einige Bilder neben- 
einander, wirklich zuweilen im Zweifel sein kann, ob 
man ein und dieselbe Person vor Augen hat Im 



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395 



Alter ergiebt sich zwar eine ziemliche Gleichmässig- 
keit der Darstellung, in den jüngeren Jahren da- 
gegen sind die Verschiedenheiten auffallend gross. 
Besonderes Interesse nehmen die Bildnisse Goethes 
aus Lavaters Physiognomik in Anspruch, Schatten- 
risse, von denen einzelne in unveröffentlichten 
Probedrucken vorliegen, die, bei Rollett und Zarncke 
fehlend, handschriftliche 
Goethes Mutter aufweisen. 

In der Abteilung Goethes Kindheit und Knaben- 
Jahre (1749 — 65) ziehen vor allem die Abbil- 
dungen der Goethe-Stätten in Frankfurt a. M., sowie 
diejenigen der Eltern, Verwandten und Bekannten 
des Dichters den Blick auf sich, namentlich eine 
fein in Tusche ausgeführte und handschriftlich be- 
zeichnete Silhouette, welche Goethes Vater dar- 
stellen soll, sowie das Brustbild von Goethes 
Schwester Cornelia, nach einer eigenhändigen Zeich- 
nung des Dichters in Lithographie ausgeführt Die 
Mutter ist, ausser in verschiedenen Bildnissen, mit 
einem schönen eigenhändigen (Gevatterin-) Brief 
vertreten — man weiss ja, dass ihre Autographe 
sehr selten in den Handel kommen (Abb. 1). Aus 
dem Goetheschen Bekanntenkreise thun sich vor 
allem die Künstler hervor, welche der Rat Goethe 
und der in dessen Hause einquartierte Königs- 
lieutenant Graf Thoranc beschäftigte, so der Maler 
und Radierer Johann Andreas Benjamin Nothnagel, 
der pfälzische Hofmaler Trautmann, Vater und 
Sohn, sowie der Maler und Radierer Schütz sen., 
welchen der junge Wolfgang bei ihren Arbeiten oft 
zusah und deren Umgang recht anregenden Einfluss 
auf ihn ausübte. Auch der Dichter Friedrich Max 
v. Klinger, der die „Sturm- und Drangperiode" er- 
öffnete, zahlte zu Goethes Jugendbekanntschaften 
in Frankfurt, wenn auch der gesellschaftliche Ab- 
stand zwischen dem Sohne des „Kaiserlichen Re- 
sidenten und Wirklichen Rats" und dem einer ge- 
radezu ärmlichen Sphäre angehangen Knaben ein 
grosser gewesen sein mag; von Klinger liegen 
mehrere Porträts und zwei besonders interessante 
Schreiben vor. 

Die nunmehr folgenden Studentenjahre Goethes 
in Leipzig und in Strasburg (1765 — 71) sind in 
der Lempertzschen Sammlung ausserordentlich reich- 
haltig und eingehend illustriert. Nicht nur, dass wir 
Abbildungen von Leipzig zur Zeit Goethes sowie 
der von ihm gern besuchten Stätten vorfinden — 
alle Professoren, mit denen er in Berührung trat, 
das Theater, das ihn so 
sehr anzog, die Künsder- 
familien Oeser und Stock, 
die sonstigen geselligen 
Kreise beim Wein wirt Schön- 
kopf: sie alle treten uns in 
Wort und Bild entgegen. 
Das grösste Interesse in- 
dessen nehmen für sich in 
Anspruch vier Originalhand 
Zeichnungen Goethes aus 
seiner Leipziger Zeit: eine 



1 



bewachsene Landschaftspartie mit Baulichkeiten 
und felsigen Anhöhen, sowie drei Vignetten, eben- 
falls landschaftliche Scenerien darstellend, welche 
er unter der Leitung des trefflichen Malers Oeser 
in Sepia anfertigte. Jeder, der die in Weimar und 
sonstwo befindlichen Handzeichnungen Goethes 
kennt, wird schon aus dem Vergleiche dieser mit 
den vorliegenden die Lempertzschen für unzweifel- 
haft echt erklären mUssen, ganz abgesehen davon, 
dass Lempertz selbst, Autorität in allem, was hier 
in Betracht kommt, sie stets als Originale erklärt 
und als bedeutsamen Schatz seiner Goethe-Samm- 
lung gehütet hat (Abb. 8). Zwei von Goethe im 
Jahre 1767 in Leipzig gefertigte Radierungen — 
Landschaften mit Wasserfall, von Gebüsch umgeben 
— nach Zeichnungen des Hofmalers A. Thiele, 
stellen sich den vorhin besprochenen Handzeich- 
nungen würdig zur Seite, zumal da sie in selten 
schönen, alten Abdrücken vorliegen ; Goethe selbst 
hatte später in seinen reichen Sammlungen nur 
noch von der zweiten Platte einen Abdruck (vgL 
Sehuehardt, Goethes Kunstsammlungen I, 142). 
Noch eine andere Feder- und Sepiazeichnung, zwar 
nicht von Goethe selbst angefertigt, ihn aber zur 
Darstellung bringend und von einem aus seinem 
Leipziger Bekanntenkreise ausgeführt, zieht den 
Blick der Beschauer auf sich: ein von J. S. Bach, 
dem Schüler und Freunde Oesers, Enkel des 
grossen Seb. Bach, ausgearbeitetes Blatt „Opferung 
dem Schlafe". Es stellt einen Gartenpark dar, in 
welchem ein Jüngling, der Freund Goethes, Beh- 
nisch, eine Dame, Wilhelmine Oeser, führt, die 
einen Kranz auf ein Steinmonument niederlegt; 
auf der Treppe vor einem Pavillon ruhen ermüdet 
ein Herr und zwei Damen aus; ersterer ist Goethe, 
die Damen sollen Friederike Oeser und deren 
Freundin Käthchen Schönkopf darstellen. Das 
reizend im Stile und in der Auffassung jener Zeit 
gezeichnete Blatt ist um so interessanter, als es 
uns gerade diejenigen Persönlichkeiten vorführt, 
mit welchen der Leipziger Student in herzlicher, 
andauernder Freundschaft verbunden war «Abb. 9). 

Während Goethes Strassburger Studentenzeit ist 
besonders wertvoll für ihn geworden die Bekannt- 
schaft mit Herder und mit Johann Heinrich Jung 
gen. Stilling; von beiden Männern weist unsere 
Sammlung eine ganze Reihe von Bildnissen, eigen- 
händigen, auch inhaltlich bemerkenswerten Briefen 
und sonstigen Erinnerungszeichen auf. Die Be- 
ziehungen Goethes zum 
Pfarrhause in Sesenheim 
sind durch einen Brief des 
Bonner Professors Naeke 
illustriert, der in diesem auf 
seinen Aufsatz „Wallfahrt 
nach Sesenheim" Bezug 
nimmt und schreibt, dass 
das Goethe eingesandte 
Manuskript ,jiiesen höchlich 
interessirt, ja bewegt habe 11 
und dass der Dichter das 



der Malier Go.thet. 



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396 



Schriftstück ,jnit einem schönen Biaüe, vom jr. 
Januar aj. dotirt, zurückgesandt . . ." 

Die nunmehr folgende Abteilung, Goethes Ein- 
tritt in das /rahtische Leben und in die Litteratur 
(i 771 — 75), hat hauptsächlich des Dichters Aufent- 
halt in Wetzlar, am Rhein und in der Schweiz 
zum Gegenstande der Darstellung. Am enteren 
Platze ist es naturgemäss Charlotte K estner, geb. 
Buff, das Urbild der Lotte in Goethes Werther, 
welche das Hauptinteresse auf sich vereinigt Bild- 
nisse und besonders ein eigenhändiges Schreiben 
von ihr — ihre Autographe sind sehr selten — 
liegen vor (Abb. a); auch ihre Tochter gleichen 
Vornamens und ihr Sohn Georg Christian blicken 
uns im Bilde entgegen; von letzterem ist das Eigen- 
bildnis in Bleistiftzeichnung vorhanden, 1842 in 
Rom charakteristisch in der Weise der damals 
dort lebenden deutschen Künstler gezeichnet 

In den Rheinlanden war Düsseldorf das Cen- 
trum der niederrheinischen Schöngeister und da- 
selbst besonders das Haus der Gebrüder Jacobi, 
Johann Georgs und Friedrich Heinrichs, das Ziel 
von Goethes Rheinreisen, und darum eröffnet der 
Düsseldorfer Kreis mit den genannten und ihrem 
Anhange denjenigen Teil der Lempertzschen Samm- 
lung, der Goethes Beziehungen zu den Rheinlanden 



AM». 1. HuxUchcift too Cbirlottc Iillt<r. 

zum Ausdrucke bringen solL Ausser den Briefen 
des deutschen Plato, Fr. Heinr. Jacobi, die inhalt- 
lich höchst anregend sind und des öfteren sich 
mit der Person Goethes befassen, interessiert be- 
sonders ein Brief Goethes an v. Schlichtegroll 
in München, worin er u. a. bittet, seinen Freund 
Jacobi auf das allerbeste zu grüssen, dessen Werk — 
gemeint ist wohl dasjenige „Von den göttlichen 
Dingen und ihrer Offenbarung" — er mit vielem 
Anteil, ja wiederholt gelesen habe. „Frey lieh tritt 
er mir der lieben Natur*' — so fahrt Goethe fort — 
„wie man tu sagen pflegt, etwas tu nahe; allein 
das verarge ich ihm nicht. Nach seiner Natur 
und dem Wege, dm er von jeher genommen, muss 
sein Gott rieh immer mehr von der Welt abson- 
dern, da der Meinige sich immer mehr in sie ver- 
schlingt . . 

In Köln hat „Goethes Herz warm geschlagen 
und er hat hier einige seiner herrlichsten Augen- 
blicke gelebt". Warum soll man es da Lempertz, 
einem geborenen Kölner, verdenken, 
dass er in seiner Goethe-Sammlung gerade 
dem Aufenthalte des Dichterfürsten in 
Rheinlands Metropole ein breites Kapitel 
seiner Sammelthätigkeit gewidmet hat 
Doch nur das Hauptsächlichste finde hier 
Erwähnung. Eine Abbildung des Gast- 
hofes Zum Geist in Köln, „sehr angenehm 
gelegen am Ufer des Rheins", wo Goethe 
am 24. Juli 1774 einkehrte, eröffnet den 
Reigen (Abb. 3). Es folgen drei eigen- 
händige Briefe des Altmeisters an den 
Maler Jos. Hoffmann, von denen gerade 
einer die Kölner sehr interessieren wird, 
da Goethe in ihm den Maler ersucht, 
„ihm ein Xästehen mit sechs Gläsern Bau 
de Cologne tu überschicken ... Es ist 
dieses wohlriechende Wasser seit den Ver- 
wirrungen der Zeit schwer bey uns tu 
haben . . ." Was hätten die Düsseldorfer 
dafür gegeben, hätten sie mit einem 
ähnlichen Wunsch des Dichterfürsten be- 
züglich ihres weltberühmten Senfs auf ihrer 
Goethe - Ausstellung paradieren können ! 
Der Staats minister von Stein, mit welchem 
Goethe 1815 seine Fahrt zu den Kunst- 
schätzen am Rhein unternahm, der Kölner 
Gelehrte und Sammler Franz Ferd. Wallraf, 
die Gebrüder Sulpiz und Melchior Boisseree, 
ihr gleichgesinnter Freund Bertram, der 
Kunstforscher und Priester Fochem, der 
Domvikar Hardy, der besonders imWachs- 
bossieren sich hervorthat und dessen Kunst- 
arbeiten Goethe lebhaft anzogen — sie 
alle treten uns in Bild und Wort entgegen 




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Schnorrenberg, Heinrich Lempertz gen. and »eine Goethe-Sammlung. 



397 




Abb. 4. Hudtchrift von Christian« Vulpiui im SchluiM «inet Brlefct de* S«krttfr» Riemer. 



und beweisen die engen Beziehungen des Altmeisters 
zu Köln. 

Was von Bonner gelehrten Persönlichkeiten in 
des Dichters Kreis getreten ist, schliesst sich hier 
an, vor allem der Kunstsammler und Kanonicus 
Franz Pick, der berühmte Anatom, Archäolog und 
Kupferstecher d' Alton, der Botaniker Max v. Esen- 
beck, der Mineraloge Nose u. a. 

Im Mittelpunkte der Schweizer Reisen steht 
naturgemass Lavater, der Verfasser der Physiogno- 
mischen Fragmente. Eine grosse Auswahl von 
Porträts führt uns sein Bild lebendig vor Augen, 
und viele eigenhändige Briefe von ihm und Sen- 
tenzen unter Bildnissen charakterisieren ihn auf 
das glücklichste, so dass man sich allein schon 
aus dem, was die Sammlung Lempertz von ihm 
bietet, ein völlig genügendes Bild des zu seiner Zeit 
so hochgeschätzten Mannes machen kann. Aus 
manchem seiner Briefe kann man auch Goethes 
Anteil an den Physiognomischen Fragmenten er- 
sehen. In dieser Abteilung haben zugleich Bildnisse 
und Briefe der Gebrüder Grafen von Stolberg Platz 
gefunden, mit welchen Goethe im Juni 1775 ' n 
die Schweiz ging, femer des Grafen von Haugwitz, 
den er bei den erstgenannten kennen lernte, und 
selbstverständlich auch derjenigen, deren Bekannt- 
schaft Goethe in der Schweiz machte. Vor allem 
nimmt hier hohes Interesse in 
Anspruch ein Brustbild des Bauern 
Kleinjogg (Jakob Gujer) von 
Wermetschweil im Kanton Zürich, 
ein anonymer Kupferstich, im 
Probedruck mit aufgeschriebener 
Bezeichnung von der Hand der 
Mutter Goethes. Der geistreich 
wiedergegebene Kopf ist augen- 
scheinlich Dilettantenarbeit und 
ganz gewiss einer der Radier- 
versuche Goethes in Frankfurt, 
die ihm ja auch mehrfach durch das 
Einatmen der scharfen Dämpfe 
Halsentzündungen verursachten. 
Das Blatt dürfte vor der ersten 
Schweizerreise nach einer Zeich- 
nung Schmolte entstanden sein. 

Nun folgt in Goethes Lebens- 
laufe die grosse Weimarer Periode ; 
sie zeigt uns den Dichter auf der 
Höhe seines Schaffens undWirkens, 
und wenn schon die vorher- 
gehenden Lebensabschnitte in der 




Abb. 5. Silhouette WieUndl 
von Gotlhel Hud aui dem Jahre 1776. 



Sammlung Lempertz' so eingehend und hervorragend 
illustriert sind, so ist dies jetzt in noch weit höherem 
Masse als bisher der Fall; doch auch hier muss 
ich mich darauf beschränken, nur das Allerbedeut- 
samste und Hervorragendste kurz zu besprechen. 

Die Herzogin Anna Amalia, die den Hof zu 
Weimar zum Sitze der Musen machte, nimmt natu r - 
gemäss an dieser Stelle den breitesten Raum ein. 
Besonders interessieren hier einige Briefe von ihr 
an den schon erwähnten Maler Oeser in Leipzig, 
der ihr Lehrer im Zeichnen und Malen war, die 
von dem herzlich freundlichen Verkehr der hohen 
Dame mit ihrer Umgebung beredtes Zeugnis ab- 
legen. An dieser Stelle liegt auch ein Brief Maria 
Theresias vor, den sie zur Vermählung Anna Amalias 
mit Herzog Ernst August Co ns tantin nach Weimar 
gesandt und worin sie sich als „gutwillige Muhm" 
unterzeichnet Auch von den zum Hofe gehörigen 
Persönlichkeiten, wie vom Oberbaudirektor Coudray, 
dem Oberhofmeister Einsiedel, der Hofdame v.Göch- 
hausen, dem Hofmeister Knebel, dem Grafen Schlitz 
gen. v. Görtz, dem Hofrat Soret, dem Staatsminister 
v. Voigt und anderen liegen interessante Briefe 
und Bilder vor. Von Goethe selbst stossen wir 
hier auf ein Briefchen mit eigenhändiger Unter- 
schrift vom 16. Januar 1826, in dem der Wunsch 
enthalten, ,/fie kleinsten Carneol- oder C ha Icedon- 
Steine, welche Herr Facius besitzt, 
tu sehen oder tu erfahren, wo 
dergleichen, tu Ringen geeignet, 
auswärts wohl tu haben wären." 
Ein grosser Goldring Goethes ist 
beigegeben, mit einer ovalen 
Carneol -Gemme, Philosoph mit 
Schüler darstellend, ein trefflich 
erhaltenes, kostbares Stück. Noch 
mehrere eigenhändige Briefe 
Goethes fügen sich an, so einer 
an den Professor John gerichtet, 
in dem er um Fischers Prodro- 
mus Cranologiae Comparatae 
bittet Goethes Gattin, Christiane 
Vulpius, blickt uns im Bilde ent- 
gegen; ihre Schriftzüge in einer 
Zeüe Unterschrift finden wir auf 
einem Briefe von der Hand des 
Sekretärs Riemer; sie verraten, 
dass die Schreiberin es nicht gut 
verstand, mit der Feder umzu- 
gehen, so eckig und unbeholfen 
sehen sie aus (Abb. 4). Ein 



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398 



Schnorrenberg, Heinrich Lcmpertz sen. und seine Goethe-Sammlung. 



0%- ^^^^ 

Abb. 6. Handichrift der Herwgin Anna Amnlia von Weimar. 
Aui einem Briefe an Merck rom t$. Februar 17I7. 



schöner Brief von Goethes Sohn August vom 12. Juli 
1828 beschäftigt sich mit dem Aufenthalte seines 
Vaters auf dem Herzoglichen Schlosse in Dornburg 
a. d. Saale; er spricht seine Freude darüber aus, 
dass es seinem Vater dort gefalle, der sich einen 
ruhigen ländlichen Aufenthalt gewünscht habe. 
Auch Briefe von Goethes Schwiegertochter sowie 
von seinem Schwager Vulpius liegen hier vor und 
handeln zum Teil von der Person des Dichters. An 
seine Familie schliessen sich die Freundschafts- 
beziehungen und vereinzelten Berührungen Goethes 
mit Männern und Frauen seiner Zeit an. Es würde 
den Rahmen der vorliegenden Skizze aber bei weitem 
Uberschreiten, wollte ich ihnen allen hier auch nur 
wenige Worte widmen. Summarisch sei gesagt, 
dass fast alle Beziehungen, welche Goethe nunmehr 
in Weimar und von Weimar aus anknüpfte, in aus- 
giebigster Weise in der Lempertzschen Sammlung 
ihren Ausdruck gefunden haben. Da interessiert 
vor allem ein Brief des Dichters und Biographen 
Heinr. Döring in Jena vom 18. April 1815 durch 
die in ihm niedergelegte Charakteristik Goethes. 
„Bei Goethe, der im Dezember des vorigen Jahres 
sich hier in Jena au/hie/t, Hess ich mich meiden, 
und wurde sehr höflich, ja zuvorkommend aufge- 
nommen , obgleich man mir vorher seinen Stob, ja 
seine Geringschätzung gegen Fremde mit den leb- 
haftesten Farben schilderte... Goethe ist ein Mann 
von mittlerer Grösse, stark und kräftig gebaut, von 
blühender Farbe, schwanen Augen, tiner gebogenen 
Nase; kurz er hat ein echt griechisches Ansehen, 
wie wir es auf alten Gemälden oder Büsten tu er- 
blicken geivohnt sind. Er unterhielt sich beinahe 
eine Stunde mit mir von Dantigs Schicksalen, 
mannigfachen wissenschaftlichen Fächern, und meinen 
Studien, wobei er Gelegenheit nahm, mir die Natur- 
wissenschaften zu empfehlen, indem uns, wie er 
sagte, durch dies Studium allein die Schuppen vom 
Auge fielen . . ." Von den Briefen Eckermanns 
nimmt hervorragendes Interesse derjenige in An- 
spruch, der, an den Staatsrat Schultze in Breslau 
im Auftrage von Goethes Schwiegertochter gerichtet, 
die letzten Tage der Krankheit des Dichters aus- 
führlich schildert, seinen Tod und das Aussehen 
der Leiche. Ein Brief des Malers Theobald v. Oer, 
der dem Leichenbegängnisse beigewohnt hatte, 
schildert dasselbe also: „Das Leichengefolge, das 
sich in den Zimmern des ersten Stocks versammelt, 
war nicht so zahlreich als ich gedacht, Vielleicht weil 
über die Zeit der 
Bey setxung vor- 
aus gar nichts 
bekannt gewor- 
den war. Auch 



wenige Ordnung und W ür- 
de des Condukts. Selbst 
das schwarz gekleidete Ge- 
folge ging ohne Ordnung, 
dann aber drängte sich 
alles hinein, namentlich an 
Haufen Jenaer Studenten, über die ich mich ärgerte, 
da sie in lächerlichsten Renommistenhabitus mit 
langen Bärten, ohne Halsbinden mit Farbmütten, 
weissen, grünen pp. Flaussröeken u. Piqueschen, sogar 
einige mit Knittän u. die Pfeifen aus der Tasche 
stehend, sich dazwischen schoben, so dass die Wachen 
am Eingang in das Mausoleum mit Gewalt die un- 
anständig aufgezogene Schaar zurückweisen mussten, 
worüber erbittert sie hinterher sehr unruhig gewesen 
seyn sollen." Göschen, der Verleger der Werke 
Goethes, Schillers und anderer Geistesheroen, fällt 
in einem Briefe vom 12. Januar 1827 ein sehr 
auffälliges Urteil über Goethe, Schiller undThümmeL 
Es heisst da unter anderem: „Allerdings haben 
Schiller u. Göthe manches auf ihrem Gewissen, das 
den Gehorsam gegen die Gesetze lockergemacht hat. .. 
Bei Schiller lag die Ursache in seiner Neigung, 
Aufsehen zu machen, durch Originalität; bei Göthe 
in seiner Verachtung der Menschheit und in der Wert- 
schätzung seines fchs; bei Thümmel in der Nagung, 
seinen sinnlichen Vergnügungen keine Sehranken zu 
setzen . . . Schiller war etwas bequem und weichlich. 
Er mochte nicht gerne viel thun, aber gern viel ge- 
messen. Dabei standen seine Finanzen schlecht; die 
Schriftstellern sollte diese verbessern, damit sie das 
konnte, musste er originell und auffallend sein. So 
sind seine ersten Schriften, doch führte ihn sein 
guter Genius zu der Erhabenheit und Grösse, die 
er in seinen späteren Schriften zeigt . . ." Wieland 
ist ausser eigenen beachtenswerten Briefen durch 
eine in Tusche gezeichnete Silhouette vertreten, die 
von Goethe 1776 angefertigt worden (Abb. 5). 
In diesem Jahre beschäftigte sich letzterer viel 
mit Kunst, zeichnete, silhouettierte, malte u. s. w. 
Am 24. Juni 1776 zeichnete er Wieland in seinem 
Garten; er traf ihn besser, als es einem Maler ge- 
lungen und doch wollte er ihn noch einmal malen. 
„Der Hauptumstand ist", schreibt Wieland an Merck, 
„dass es Goethe und con amore gemalt hat" Die 
Silhouette der Lempertzschen Sammlung ist auf 
Weimarer Hofpapier gezeichnet mit dem verzierten 
Rande als Wassermarke, das von Goethe viellach 
gebraucht wurde. Auch von Goethes langjährigem 
Freunde Karl Fr. Zelter, dem bedeutenden Ge- 
sangskomponisten und Stifter der ersten „Lieder- 
tafel" in Berlin, liegen mehrere Briefe vor, von 
denen besonders einer interessiert, den er aus Wies- 
baden am 29. und 30. August 18 14 an den Staats- 
rat Schultze in Breslau geschrieben hat und in 




störte mich die 



Abb. j. Handicbnlt der Anyeli g» Kauf f manu. Au« einem Uriefe an ihren Vater. 



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Abb. 8. Faciimile «in« Or Igl o«lhandi e i chnu lg Goethe». 




Abb. 9. ..Opferung dem Schlafe." Facsimile einer Sepiaieichnunj von J. S. Bach. 



/.tiU<kr,Jl Jxr ßm, IttrjTrunJe IB. 



Zm £ kmorrtnife : fMlHdk I^mfrrU m. und ttitu C<vtAt-^m>*l*n{. 



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Schnorrenberg, Heinrich Lcmpertt sen. und «eine Goethe 



399 




Klopslockt. Am . 



welchem viel von Goethe die Rede ist, den er 
glücklich beredet habe, mit nach Wiesbaden zu 
kommen, wo er gesund wie ein Fisch sei, obwohl 
er gegenwärtig an einem verdorbenen Magen leide. 
Am Geburtstage Goethes habe er alle Hände voll 
zu thun gehabt, um zu verhindern, dass nicht 
Aufruhr in Wiesbaden entstehe, indem er sagte, 
Goethe gehe von dannen, wie er denn auch in 
Biberich beim Herzoge von Nassau zur Tafel 
gewesen sei. 

Nunmehr treten uns die Frauengestalten aus 
Goethes Leben hier im Bilde und im geschriebenen 
Worte entgegen: Elisabeth von Arnim, die Freün 
von Egloffstein mit ihren Töchtern, Minna Herz- 
lieb, Charlotte v. Kalb, Ulrike v. Levetzow, die 
erst vor kurzem im 96. Lebensjahre dem irdischen 
Dasein entrückt wurde, Johanna Schopenhauer 
nebst ihrer Tochter Adele, Charlotte v. Stein, Ma- 
rianne v. Willemer und wie sie alle heissen mögen. 
Manche dieser Briefe haben Goethe zum Gegen- 
stande der Mitteilung, besonders aber ist dies von 
2 1 ausführlichen Briefen der Schriftstellerin Johanna 
Schopenhauer an ihren Sohn Arthur, den Philo- 
sophen, zu sagen, die, wie Düntzer in den Abhand- 
lungen zu Goethes Leben und Werken I, S. 115 
sagt, für ihre erste Verbindung mit Weimar, ganz 
besonders mit Goethe, höchst bedeutend sind und 
eine empfindliche Lücke unserer Kenntnis von 
Goethes Leben ausfüllen. Ich lasse zur Charakte- 
risierung dieser höchst wertvollen Briefsammlung 
nur einen Passus folgen, mit dem Bemerken, dass 
alle übrigen Briefe in gleicher Art abgefasst sind 
und die interessantesten Urteile über Goethes täg- 
liche Gewohnheiten in Weimar zu unserer Kenntniss 
bringen. Der in Frage stehende Brief Johanna 
Schoppenhauers, vom 5. Januar 1807 datiert, 
handelt von den Erlebnissen der verflossenen Feier- 
tage (Weihnachten und Neujahr) und von einem 
Besuche Goethes im Hause Schopenhauer an einem 
dieser Tage. Im Verfolg des Schreibens heisst es 
unter anderem: „Goethe ist ein unbeschreibliches 
Warn., das höchste wie das kleinste ergreift er, so 

rt, «. 





sass er denn den ersten Feyertag im leisten meiner 
drey Zimmer mit AdeUn und der jüngsten Conta, 
einem hübschen, unbefangenen /6jährigen A fddchen, 
wir sahen von weitem der lebhaften Conversation 
zwischen den dreyen zu, ohne sie tu verstehen, zuletzt 
gingen alle 3 hinaus und kamen lange nicht wieder. 
Goähe war mit den Kindern in Sophiens Zimmer 
gegangen, hatte sich dort hingesetzt und sich Adelens 
Herrlichkeiten »eigen lassen, alles Stück vor Stück 
besehen, die Puppen nach der Reihe tanzen lassen 
und kam nun mit den frohen Kindern und einem 
so lieben milden Gesicht zurück, wovon kein Mensch 
einen Begriff hat, der nicht Gelegenheit hat ihn zu 
sehen wie ich . . ." Marianne v. Willemer, die Freundin 
Goethes, der sie im Westöstlichen Divan als „Suleika" 
feierte, war die Gattin Joh. Jak. v. Willemers und 
bewohnte oberhalb Frankfurts beim Dorfe Oberrad 
die GerbermUhle. Goethe verlebte viele angenehme 
und genussreiche Stunden dort an der Seite der 
von ihm angebeteten Frau. Die Lempertzsche 
Sammlung verwahrt eine Abbildung des Herrschafts- 
sitzes, eine vortrefflich ausgeführte Kreide- und 
Tuschzeichuung von Jon. Kaspar Zeheader aus 
dem Jahre 1773, die neben dem allgemeinen künst- 
lerischen Interesse ein noch erhöhteres dadurch 
darbietet, dass sich das Landhaus gegenwärtig in 
recht baufälligem Zustande befindet und sich wohl 
nicht lange mehr wird behaupten können. 

Von Goethes Karlsbader Bekanntschaften sind 
in der Sammlung Lempertz die Gräfin Tina Brühl 
vertreten, der Herzog Peter Biron von Kurland und 
Sagan sowie seine Gattin Anna Charlotte Dorothea, 
die Prinzessin Dorothea von Kurland und deren 
Schwester Elise von der Recke, geb. v. Medem, 
ferner der Dichter Christoph August v. Tiedge und 
der Maler Carl Friedr. Katz (Kaaz), der in Karls- 
bad Goethes landschaftliche Skizzen mit Wasser- 
und Deckfarben zur Wirkung brachte. Auch liegt 
hier das gedruckte Gedicht Goethes „Die Feier 
des achtundzwanzigsten Augusts dankbar zu er- 
wiedern" mit eigenhändiger Unterschrift und Adresse 
Goethes vor. Dieser Gelegenheitsdruck ist ausser- 
ordentlich selten, gerade so wie der gleichfalls der 
Sammlung einverleibte Karlsbader Druck Goethes 
„Beschreibung der Karlsbader Müllerischen 
Steinsammlung" vom Jahre 1807. 



Einen besonderen Absc 



ut auch Goethes 



Schilleri. 



italienische Reise erfahren; ein Brief der Herzogin 
Anna Amalie an Merck vom 25. Februar 1787 
eröffnet ihn (Abb. 6). Es heisst darin mit Bezug 



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40O 



auf Goethes Aufenthalt in Italien: „Ich will bey 
der Frau Aja ein gutes Wort einlegen, dass sie Ihnen 
die extraete aus ihres Sohnes Briefe, die er von Rom 
aus schreibt, communicirä; so riet kann ich Ihnen 
sagen, dass er wohl ist und sich da wie einheimisch 
findet; er gehet fast mit keinem andern Menschen 
als mit dem jungen Tischbein um. Wenig Menschen 
gibts und wird es geben, die Rom auf eine solche 
Weise sehen und so Studieren wie er..." Von dem 
genannten Tischbein hegen ein Brief und mehrere 
Original-Handzeichnungen vor. von denen besonders 
diejenige des berühmten „Tier-Laokoon" den Blick 
des Beschauers auf sich zieht Auch Angelica 
Kauffmann, die bedeutende Malerin, die kluge und 
teilnehmende Beraterin aller Rompilger, die zu 
Goethe in ein inniges Freundschaftsverhältnis trat, 
tritt uns hier in vorzüglichen Bildnissen entgegen; 
in einem Prachtstücke von Brief, den sie von 
London aus zum ersten Male an ihren Vater 
schreibt, lernen wir auch ihre dortige hausliche Ein- 
richtung, ihr Leben und ihre Arbeiten, ihre Gönner 
und Freunde und anderes mehr eingehend kennen 
(Abb. 7). Auch verwahrt unsere Sammlung einen 
interessanten und kostbaren Brief Klopstocks an 
Angelica Kauffmann, in dem der Dichter die Malerin 
bittet, ihm „in Edinburg oder auch weiter hinauf 
gegen Norden . . . einen Musiker aufzutreiben, der 
ihm die Melodieen solcher Stellen im Ossian, die 
vorzüglich lyrisch seyen, in unsere Noten setzen 
könne" (Abb. 1 o). Briefe und Bildnisse Reifensteins, 
des Fürsten von Waldeck, des Landschaftsmalers 
Hackert sowie ein Schreiben des Bildhauers Trippel, 
des Schöpfers der berühmtesten Büste Goethes, das 
durch die Naivität der Darstellung und die sonder- 
bare Orthographie uns ein Lächeln abnötigt, illu- 
strieren den Aufenthalt des Dichterfürsten in Italien. 

Es ist wohl begreiflich, dass Lempertz in seiner 
Sammlung den Beziehungen Goethes zu Schiller 
ein besonderes und umfangreiches Kapitel gewidmet 
hat So stossen wir denn nun auf eine Abteilung, 
in deren Mittelpunkte Friedrich v. Schiller steht. 
Bildnisse von ihm, Darstellungen von Stätten, wo 
er geweilt, seine Eltern und Geschwister, der Hof 
in Stuttgart und die SCärlsschulc , M unnhcirn und 
das Theater daselbst, Schüler im Kreise seiner Fa- 



milie, seine Freundschaftsbeziehungen und vereinzelte 
Berührungen mit Mannern und Frauen seiner Zeit, 
all das tritt uns in bunter Reihenfolge entgegen 
und würde für eine halbwegs eingehende Darstellung 
allein schon einen umfangreichen Raum beanspru- 
chen. Hier sei nur mitgeteilt, dass von Schiller 
allein ausser seiner Dissertation in der ersten Ori- 
ginal-Ausgabe, die bekanntlich von hoher Selten- 
heit ist, nicht weniger ab sieben eigenhändige 
Schriftstücke vorliegen, die meist auch inhaltlich 
das grösste Interesse in Anspruch nehmen müssen 
(Abb. 11); besonders sind es die Briefe, die er an 
seinen Freund Chr. Gottfr. Körner, den Vater 
Theodors, gerichtet hat, wie andrerseits auch dessen 
Briefe an Schiller — unsere Sammlung verwahrt 
drei derselben — gleichfalls hochinteressant sind. 

Zu Goethe zurückkehrend, ist noch ein Abschnitt 
dem Theater in Weimar gewidmet, in welchem uns 
viele der dort unter Goethes Leitung beschäftigten 
Künstler begegnen, wie der Dekorationsmaler 
Beuther, die Schauspieler und Schauspielerinnen 
Brandes, Fleck, Hendel-Schütz, Jagemann, Itfland, 
Koch, Kummerfeldt, Mecour, Mutter und Tochter 
Neumann, Opitz, Reineke, Reinhold, Waeser, Witt- 
hoeft, Pius Alexander Wolff und andere. 

Illustrationen zu Goethes Werken sowie ein 
letzter Abschnitt, der den Goethe-Forschem und 
Sammlern, den Bearbeitern seiner Werke, den 
Denkmälern, Medaillen und Gedächtsnisfeiern ge- 
widmet ist, macht den Beschhiss der Goethe-Samm- 
lung H. Lempertz sen., die, wie der Katalog der 
Rheinischen Goethe-Ausstellung in Düsseldorf be- 
sagt, „in ihrer Gesamtheit einzig und unerreichbar 
dasteht — vor allem zur Kenntnis unserer Klassi- 
cität, und im weiteren zur Geistesgeschichte des 
Deutschtums, auf den das industriereiche Rhein- 
land stolz sein darf . . ." 

Die im vorstehenden besprochene Kollektion, 
deren hohe Bedeutung schon aus dem Mitgeteilten 
erhellt, soll demnächst zum Verkaufe gelangen. 
Hoffen wir, dass sie vor Zersplitterung bewahrt 
bleibe, dass sie vielmehr dort in ihrer Gesamtheit 
eine bleibende Stätte finden möge, wo sie der 
gelehrten Forschung, für die sie eine wahre Fund- 
grube ist, am zugänglichsten sein wird. 




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Die Zimmernsche Bibliothek. 

Von 

Dr. Rudolf Beer in Wien. 



■BJKJJchon Bd. I (1897) der „Z. f. B." S. 286 f. 
[^]flB wurde das Erscheinen einer Publikation 
BfcmW angekündigt, die der Wiener Kunsthisto- 
HSaSMlriker Dr. Heinrich Modem, unterstützt 
von dem Vorstande der Handschriftenabteilung 
der K. K. Hofbibliothek, Vice-Direktor Dr. Alfred 
Goeldlin von Tiefenau, über die Zimmernschen 
Handschriften der kaiserlichen Sammlung vor- 
bereitete. Diese Publikation ist nunmehr unter 
dem Titel: Die Zimmernschen Handschriften der 
K. K. Hofbibliothek. Ein Beitrag zur Geschichte 
der Ambraser Sammlung und der K. K. Hof bibliothek 
in dem soeben ausgegebenen 20. Bande des „Jahr- 
buchs der kunsthistorischen Sammlungen des Aller- 
höchsten Kaiserhauses" erschienen. Der 70 Seiten 
in Folio umfassende Aufsatz ist in zweifacher 
Weise von besonderer Wichtigkeit Modern hatte 
es sich zur Aufgabe gemacht, die durch die 
dUrftigen Angaben des von ihm zum ersten 
Mal eingehend benutzten Katalogs einer BUcher- 
schenkung des Grafen Wilhelm von Zimmern an 
Erzherzog Ferdinand von Tirol (aus dessen Samm- 
lung zu Ambras bei Innsbruck ein grosser Teil 
der Bücher durch Peter Lambeck zufolge Geneh- 
migung Kaiser Leopolds I. nach der Hofbibliothek 
gebracht wurde) so vollständig zu ergänzen, dass 
die Identifikation der Nummern des Zimmernkata- 
logs mit den noch heute in der kaiserlichen 
Sammlung befindlichen Mannskripten als gesichert 
gelten durfte. Ferner wünschte er auch die Ge- 
schichte der alten gräflichen Bücherei nach allen 
Richtungen derart zu verfolgen, dass ihr Entstehen, 
beziehungsweise ihre Bereicherung als planraässigen 
Studien und thatsächlichen litterarischen Bedürfnissen 
der Mitglieder des Geschlechtes entsprechend dar- 
gestellt werden konnte. Die vorliegende Arbeit, 
die sich weit Uber das Niveau der landläufigen 
Handschnftenkataloge erhebt, bildet daher einen 
der wertvollsten Beiträge zur Geschichte der kaiser- 
lichen Büchersammlung, die nach Mosels bekanntem 
Werke erschienen, andererseits auch ein Muster- 
beispiel, wie der Bestand einer mittelalterlichen 
Privatbibliothek bis zu seinen Anfängen zurück- 
verfolgt werden kann und soll. Wenn wir gerade 
hier Modems streng wissenschaftliche Untersuchungs- 
methode als mustergültig rühmen, wollen wir nicht 
vergessen hervorzuheben, dass ihm hierbei ein ganz 
unvergleichlicher Forschungsbehelf, die berühmte 
Zimmernsche Chronik, ausserordentliche Dienste 
leistete. So ist denn fllr uns Abschnitt III der 
Einleitung „Die Zimmernsche Bibliothek" (Kapitell 
u. II handeln von der Überführung der Ambraser 
Handschriften nach Wien und den Schicksalen 
der alten Schenkungsurkunde) sowie der am 
Schlüsse der Arbeit gebotene Rückblick auf die 
Z. L B. 1899/1900. 



Zusammensetzung der Bücherei von ganz besonde- 
rem Interesse. Modern weist hier aus Stellen der 
Chronik und anderen Quellen nach, dass die 
Zimmern selbst schon frühzeitig vielfach schrift- 
stellerisch thätig waren, wie denn ja auch das 
Material zu der Hausgeschichte von zwei Mit- 
gliedern des Geschlechts, Wilhelm Werner und 
Frohen Christoph v. Zimmern, zusammengestellt 
wurde. Diese selbst hat uns nun einige sehr 
charakteristische Notizen Uber die Zimmern als 
Schriftsteller und — Bibliophilen überliefert Sie 
berichtet z. B. von Veit Werners von Zimmern 
(f 1499, im Alter von 20 Jahren) „acten und 
geschriftlichen handlungen, die er ainstails selbst 
beschriben", klagt bei der Geschichte des Frei- 
herrn Werner von Zimmern (f 1483), dass „mer- 
thails alte handlungen die herr Wömherr und an- 
dere seine vorfarn mit höchstem vleis zusamen- 
gebracht und behalten, sein bis unseren reiten aus 
sonderm unfal und haillösigkeit zerrissen, verbrennt 
und ellendigdichen verfenteret worden". Ein Bücher- 
liebhaber par excellence scheint Johannes Werner 
(f 1495) gewesen zu sein, Uber den sich die 
Chronik also vernehmen lässt: „Herr Johannes 
Werner Freiherr zu Zimmern der elter hat zu 
schönen bUechem ein grossen lust gehabt und vil 
gelesen. Dieweil aber zu seinen zeiten der druck 
ersüichs ufkommen und damals als ain neu in- 
ventum ain schlechten fortgang, liess er im ain 
schreiber, genannt Gabriel Lindennast, war burger 
und s esshaft zu Pfullendorf, vil und mancherlei 
büecher schreiben und zurusten also, dass er . . . 
eine zimliche liberei zuwegenpracht Etliche auto- 
res und historicos hat er selbs ausser latein ins 
deutsch transferiert, wie dann die selbige büecher 
sambt den rittern und taffelrundbüecher, die er ge- 
habt noch mehrthails vorhanden". Hiezu bemerkt 
Modem, dass dieser Schlusssatz noch heute seine 
GilrJgkeit behalte. Thatsächlich finden sich neben 
andern altdeutschen Handschriften sieben Exem- 
plare, die von „Gabriel Lindenast - Sattler aus 
Pfullendorf" im Auftrag Johann Werner des Älte- 
ren geschrieben wurden, jetzt noch in der K. K. 
Hofbibliothek und in der Fürstlich Fürstenbergschen 
Bibliothek zu Donau - Eschingen. Nicht minder 
eifrig im Sammeln von Büchern war Graf Wilhelm 
Werner von Zimmern, dessen „lateinische und 
deutsche liberei" im Schlosse Antian-Zimmern auf- 
gestellt wurde. Neben diesen Lichtseiten in der 
Geschichte der Zimmern als eifriger Litteratur- 
freunde fehlen auch nicht die Schatten. Gleich 
als ob alle Schicksale einer Renaissancebibliothek 
in den Annalen der Zimmernschen Sammlung ver- 
einigt werden sollten, hört man von den Vanda- 
lismen des gegen sein Geschlecht wütenden Grafen 



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4 02 



, Die 



Gottfried Werner, der die von seinen Ahnen ge- 
sammelten handschriftlichen Schätze zerstören, das 
Pergament zu Leim sieden liess; von dem Unfall, 
der beim Transport der Bibliothek des Grafen 
Wilhelm Werner von Strassburg nach Antian-Zira- 
mern „die böste geschribne büecher und collec- 
tanea die er von jugend uf hin und wider zu- 
sammen mit grosser arbait gepracht" betraf, in- 
dem ein Wagen mit zwei grossen büchergefÜUten 
Fässern in die Kinzig fiel u. s. w. Diese und 
ähnliche Nachrichten hat Modern aus den alten 
Quellen sorgsam zusammengetragen. Womöglich 
noch aufschlussreicher, jedenfalls noch mühsamer 
ist eine andere Untersuchung, die er am Schluss 
seiner Publikation — nach Beschreibung der als 
Zimmernsches Gut erkannten Handschriften — 
führt Die Studien und litterarischen Liebhabereien 
einzelner Mitglieder des Geschlechts bilden hier 
die Indicien, um die noch vorhandenen Manu- 
skripte auf ihre Provenienz hin zu prüfen und 
durch die Geschichte des Hauses die Zusammen- 
setzung der Zimmern sehen Bibliothek zu erklären. 
Durch diese Methode gelangt Modern zu sehr 
Uberraschenden Resultaten. Auf Johann Werner 
den Älteren, der in Freiburg i. B., Wien und 
Bologna studiert hatte und, wie die Chronik mel- 
det, „beider Rechte genugsam erfahren gewesen", 
sowie auf seinen Sohn Wilhelm Werner, der durch 
fast 45 Jahre (1509 — 1554) richterliche Funktionen 
in Rottweil und am Reichskammergerichte zu Speyer 
ausübte, ist die Erwerbung der juristischen Hand- 
schriften (canonisches, römisches und deutsches 
Recht) zurückzuführen. Die theologischen Manu- 
skripte (Pastoraltheologie und Homiletik), dadurch 
merkwürdig, dass bei mehr als der Hälfte der- 
selben (und nur bei diesen) der Anschaffungspreis 
auf dem Deckblatte verzeichnet ist, sind aller 
Wahrscheinlichkeit nach von den geistlichen Mit- 
gliedern der Familie, Johann Christoph und Gott- 
fried Christoph, angeschafft worden; die historischen 
Manuskripte wieder dienten bei der Abfassung der 
Chronik den beiden oben genannten Sprossen des 
Hauses als unentbehrliche Arbeitsbehelfe; sie sind 
als solche von Modern einzeln namhaft gemacht 
Die dreissig altdeutschen Codices (einschliesslich 
der Rechtsbücher), die bedeutendsten der Samm- 
lung, gehen ihrem Ursprung nach auf Werner VIII, 
den Blatterer, und dessen Sohn Johann Werner 
den Älteren, denselben, der den schon genannten 
Schreiber Gabriel Lindenast beschäftigte, zurück. 

Die eigentliche Arbeit, d. h. die Identifizierung 
der in dem alten Zimmemschen Kataloge (cod. 
1 2 595 der K. K Hofbibliothek) verzeichneten Manu- 
skripte mit den aus der Schenkung in der kaiser- 
lichen Sammlung heute noch erhaltenen Codices 
gestaltete sich aus dem Grunde besonders schwierig, 
weil die Angaben des Katalogs fast durchweg 
höchst ungenügend, oft geradewegs falsch sind. 
Auf Grund von Titeln, wie: „Von alten helden 
reimenweis" „ein decretal" „eine chronik" oder 
gar: „allerhand geistlich und weltlich", „von 



mehrerlei dingen" in einer Masse von zwanzig- 
tausend Manuskripten nachzuforschen, welche Codi- 
ces diesen Angaben entsprechen, erscheint auf den 
ersten Blick ein schlechterdings aussichtsloses Be- 
mühn. Modern hat aber durch Handschriften- 
vergleichung, Schreiberkonstatierung, durch die 
Wasserzeichen, Notizen über Vorbesitzer, Schen- 
kungen, Vermächtnisse, endlich durch die Ein- 
bände äussere Indicien zusammenzubringen ge- 
wusst, die seine Beweisrührung derart unterstützen, 
dass die Resultate der Identifikation in der weit- 
aus grössten Zahl der fraglichen Fälle als ge- 
sichert betrachtet werden können. Das schla- 
gendste Beweismittel hat Modern erst zum Schluss 
seiner mühevollen Thätigkeit ausfindig gemacht 
Auf einem der als Zimmernsche Handschrift sicher 
erkannten Codices bemerkte er eine verblichene 
Ziffer, die genau der betreffenden Nummer des 
alten Katalogs entsprach. Das Fehlen ähnlicher 
Zahlen bei den übrigen bereits als Zimmern-Reli- 
quien erkannten Manuskripten schien unerklärlich, 
bis es sich bei nochmaliger Prüfung des ganzen 
einschlägigen Bestandes herausstellte, dass die 
Original-Nummern von Lambeck mit grösseren 
Zetteln überklebt worden waren, um auf diesen den 
Inhalt der Codices zu verzeichnen. Dr. v. Goeldlin 
unterzog sich der Mühe, die aufgeklebten Zettel 
sorgfältigst abzulösen und so wurde für die Mehr- 
zahl ein unumstösslicher Identitätsbeweis bloss- 
gelegt Es erschien gerade an dieser Stelle an- 
gemessen, auf die Behelfe des von Modern ge- 
führten Indicienbeweises hinzuweisen, da seine 
Arbeit unbedenklich als Muster für ähnliche Auf- 
gaben hingestellt werden kann. Zu den inter- 
essantesten der sicher als Zimmernsche Codices er- 
kannten Stücken zählen folgende: Zimmernkatalog 
No. s, jetzt cod. 3049. Papiercodex „von Gabrielo 
Sattler von Pfullendorf" im Jahre 1479 geschrieben. 
Blatt 1 — 114: Konrad von Ammenhusen, Schach- 
zabel; 115 — 141: Jacobus von Cessolis, Das Buch 
vom Schachspiel; 14a — 171: Ingold, Das guldine 
SpieL Die Miniaturen (vorwiegend Schachspiel- 
figuren) sind ohne künstlerischen Wert, aber vom 
kulturhistorischen Standpunkt aus und mit Rück- 
sicht auf Kostüme, Geräte und Sitten von Inter- 
esse. Als Probe hat Modern ein Bildchen aus 
Ammenhusens Schachzabel „Handwerker und 
Schreiber" reproduziert: ein Jüngling mit wehen- 
dem Haar und rundbäuchiger Kappe, in der 
Rechten eine Scheere, in der Linken ein Messer 
haltend. Der hinter dem rechten Ohr steckende 
Federkiel und das an der linken Seite vom Gürtel 
herabhängende Tintenfass mit der ypcufno^mj 
(graphiarium) korrespondieren mit einander. Zwei 
Wappen, das Zimmernsche und das öttingensche, 
die als kolorierte Federzeichnungen das Buch 
zieren, weisen zwingend darauf hin, dass Johann 
Werner von Zimmern, der mit einer Gräfin von 
Öttingen vermählt war, diese Handschrift bestellte. 
Zimmernkatalog No. 13 jetzt cod. 2794, 98 Papier- 
Blätter, s. XV (1482). Was der Verfasser des 



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Beer, Die Zimtnernsche HibliotheV. 



403 



Kataloges „Ein geschriebes buch, reimenweis, von 
Frau Venus berg" nennt, ist „Die Mörin" Her- 
manns von Sachsenheim. Auch dieses Manuskript 
ist von Gabriel Lindenast -Sattler geschrieben; in 
ansprechender Weise vermutet Modern, dass die 
neun Verse am Schluss des Gedichts, die in allen 
andern Handschriften desselben fehlen — 

JDisa vorgetchrtben dicht 

als ich bin Unterricht 

mit rechter untler»tiur 

die fremde abenthur 

als ich mich kan venton 

ain Ritter hauz gethon 

In alter gra doch wys 

daromb ich inn och prys 

Er haut gemacht mit rlysa. Amen" 

— Johann Werner von Zimmern, der sich auch sonst 
dichterisch bethätigte, zuzuschreiben seien. Zimmern- 
katalog No. 16, jetzt cod. 2793, 117 Papierblätter 
s. XV: „Historia, geschrieben von Keiser Otto 
reimenweis". Es ist: „Der gute Gerhard" von 
Rudolf von Ems. Diese und eine zweite Hand- 
schrift der Hofbibliothek hat Moritz Haupt seiner 
Ausgabe des Gedichtes zugrunde gelegt Modern 
erkennt auch hier die Hand Gabriel Lindenast- 
Sattlers, obwohl er weder Namenszeichnung noch 
Datierung beifügte. 

Zu den altern Manuskripten aus der Zimmern* 
sehen Sammlung gehört No. 18 — cod. 2686 mit 
Willtrams Auslegung und Übersetzung des Hohen 
Liedes, s. XII sowie Nb. 20 — cod. 443, enthaltend 
Beda, Historia ecclesiastica gentis Anglorum, Pau- 
lus Diaconus, Historia Langobardorum sowie — 
nach einigen eingeschobenen Stücken des XV. Jahr- 
hunderts — Plato, Timaeus interprete Chalcidio 
s. XL Der alte Bestand dieses Sammelbandes gehörte 
dem Augustinerkloster Frankenthal bei Worms. 
Der Übergang des ganzen Manuskripts in Zimmera- 
schen Besitz ist durch eine Note aus dem Jahre 
1572 bezeugt Zimmernkatalog 21 — cod. 2914. 
s. XV, den Parcival enthaltend, ist durch das 
Monogramm auf dem Einbände: J(ohann) C(hri- 
stoph) V(on) Z(immem) sofort ab Zimmemsches 
Gut kenntlich. Für die Datierung der Handschrift 
nützlich sind die Illustrationen, welche die so- 
genannte Zatteltracht „von foL 1 angefangen fast 
auf jedem Bilde" zeigen. 

Zimmernkatalog 22 — cod. 2828, 412 Papier- 
blätter s, XV ( 1 463). Diese — nachweisbar — älteste 
Handschrift unter den Ziramemcodices, die von 
Gabriel Sattler geschrieben worden sind, ist durch 
die in ihr verzeichneten Preise, welche dem Schrei- 
ber und dem Initialen-Maler Stephan Sesselschreiber 
für die aufgewendete Mühe gezahlt wurden, von 
Interesse. Sattler erhielt für 35 Sextemen ä 5 Batzen 
im Ganzen 5 fl. 10 Batzen — eigentlich nur für 
30 Sextemen berechnet da der Raum für die 
Bilder abgezogen wurde. Der „mauler" bekam 
für 116 Bilder 3 fl. 16 Batzen. 

Zimmernkatalog 23 — cod. 2796, ab „ge- 
schriebes teutsches buch, reimen- und gesangweis 
von der Lieb" im alten Verzeichnis notiert, ent- 



hält den „Laberer" (Liebesgeschichte in der Titurel- 
Stro|>henform). Bemerkenswert ist, dass dies — 
wieder von Gabriel Sattler abgeschriebene — Werk 
in der Hauschronik der Zimmern ausdrücklich er- 
wähnt wird. 

Zimmernkatalog 41 — cod. 162 und Z. K. 64 
— cod. 482 erwähne ich hier zusammen, weil sie 
die ältesten Manuskripte der Zimroemsammlung — 
natürlich soweit diese heute bekannt ist — dar- 
stellen. Beide Codices stammen aus dem XI. Jahr- 
hundert; die Identität von 64 — 482 ist allerdings 
nicht absolut zweifellos. 

Zimmernkatalog 42 -= cod. 2861, Papierhs. 
s. XV, enthaltend u. a. Veldeckes Aeneis, ist durch 
die für Kultur- und Sittengeschichte wichtigen Blu- 
strationen merkwürdig. Modem verwebt auf „Aeneas 
und die Sibylle" (letztere ab Teufelin), „Aenc-as 
in der Unterwelt", auf die Akrobaten, Musikanten 
und Wettspiele bei der Hochzeit und die schla- 
fende Dido, die unbekleidet, nur mit der Krone 
auf dem Haupte, im Bette liegt 

Zimmernkatalog No. 48, heute cod 2694, 205 
Perg. -Blätter s. XIV, verzeichnet ab „Ein schönes 
altes geschrieben pergament buch, reimenweb, 
theuthet von Christo und vielen gläubigen" bt 
identisch mit dem unter dem Namen „das grosse 
gereimte Passionale" bekannten Werk. Modem 
hat die Handschrift bestimmt als Zimmernsche 
agnosetert (zum Überfluss bt auch die alte Nummer 
48 erhalten) und bt daher in der Lage, an der 
Bemerkung Lambecks: Pertinuit olim praestantissi- 
mus hic codex manuscriptus ad bibliothecam eubi- 
cularem imperatorb Maxtmiliani I ipsique propter 
antiquam Germanicum linguam et poesin fuit cha- 
rbsimus" Kritik zu üben. Es sei bei dieser Ge- 
legenheit bemerkt, dass eine ganze Reihe von 
wertvollen, zum ersten Mal von Modem ab Zim- 
memsches Gut erkannten Handschriften früher für 
Manuskripte der Privatsammlung Maximilians ge- 
halten wurden. 

Zimmernkatalog 60, cod. 549, 92 Pergament- 
blätter s. XIV enthält Jacobus Bertaldus, Con- 
suetudines civitatis Venetorum. In dieser Hand- 
schrift hat Modem die Indicien für eine Fälschung 
entdeckt, die auf den Manuskriptenhandel zur 
Renaissancezeit ein interessantes Licht wirft. Auf 
dem Vorsetzblatt des Codex findet sich — aller 
Wahrscheinlichkeit nach von einem Antiquitätenhänd- 
ler des XV. Jahrhunderts eingezeichnet — folgende 
Notiz: „Constitutiones de Veneria antique trovate 
in uno cason grande vecchio scritte sotto questo 
müesimo MCCXLV die V. Augusti spettante ü 
prefazio". Die angezogene Stelle in der Vorrede 
enthält allerdings dieses Datum, aber in einer Rasur. 
Klar wird die Fälschung durch den Umstand, dass 
Bertaldus, Dogenkanzler im Jahre 1300, Bbchof 
von Veglia im Jahre 13 14 wurde, daher das Werk 
unmöglich 1245 geschrieben sein kann. Der 
Häodlerkniff, ein Manuskript in „einer alten Truhe" 
auffinden zu lassen, um es dadurch wertvoll zu 
machen, bt also ziemlich alt Johann Werner 



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404 



Chronik. 



von Zimmern, der sich auf seiner Palästinareise 
1483 zweimal in Venedig aufhielt, hat die Hand- 
schrift wahrscheinlich dort gekauft. Unter No. 49 
und 58 des Zimmemkataloges bergen sich zwei 
Blockbücher der Apokalypse (Signatur der k. k. 
Hofbibliothek: IL D. 33) und des Symbolum 
Apostolicum (Sign. IL D. 42). Die Wiener Aus- 
gabe der Apokalypse ist seit mehr als einem Jahr- 
hundert in der Runstlitteratur bekannt und be- 
sprochen; unter die Handschriften der Zimmern- 
sehen Schenkung geriet sie durch den einge- 
schossenen Text einer hochdeutschen Übersetzung 
des nebenstehenden Tafeldrucks — auch Lambeck 
führt das berühmte Blockbuch noch unter den 
Handschriften an. Die Identifikation konnte auf 
Grund der alten Katalogvermerke mit Bestimmt- 
heit vorgenommen werden. Die ermittelte Pro- 
venienz findet auch insofern ihre Bestätigung, als 
die Illuminierung durch ihre Palette auf Schwaben, 
speziell nach Ulm weist 

Die zwölf Blätter des Symbolum Apostolicum 
waren zur Zeit der Zimmernschen Schenkung 
einem deutschen Psalter als Illustrationen bei- 
gebunden. Um die Mitte unseres Jahrhunderts 
wurden diese auf Pergament gedruckten, von einem 
Miniaturmaler sorgfältig und zierlich bemalten Holz- 
schnitte von der Direktion der Bibliothek dem 
Psalter entnommen und sachgemäss zu einem 
Bändchen zusammengestellt Bisher war dieses 
Blockbuch in der Litteratur wenig beachtet, die 
Münchener Ausgabe als Unikum angesehen worden. 
Dr. Modern erbringt den Nachweis, dass das 
Wiener Symbolum Apostolicum die erste Ausgabe 
dieses Blockbuches repräsentiert, das Heidelberger 



(unvollständige) Exemplar als ziemlich rohe Kopie 
der Wiener Ausgabe zu betrachten und das Mün- 
chener Exemplar thatsächlich nichts anderes ist, 
als eine etwas veränderte Kopie des Heidelberger 
Blockbuchs. 

Sehr wichtig und interessant erscheint der Um- 
stand, dass die 12 Blätter des Wiener Symbolum 
schon vor dem Jahre 1468 einem deutschen Psalter 
beigebunden waren. Dieser Psalter (cod. 2727) 
trägt in Schriftztlgen des XV. Jahrhunderts zwei 
Einzeichnungen, aus denen sich ergiebt, dass die 
Blätter dieser Handschrift zweimal, zuletzt im 
Jahre 1468, gezählt wurden. Damals war das 
Blockbuch schon dem Psalter beigebunden, denn 
nur mit diesen zwölf Blättern, die Überdies die 
entsprechenden Folienzahlen tragen, ergiebt sich 
die konstatierte Anzahl der Blätter der Hand- 
schrift. 

Auf dem datenarmen Gebiet unserer Block- 
bücherforschung ist dieser Fixpunkt von Bedeu- 
tung. Das Wiener Symbolum, die älteste Aus- 
gabe, ist also vor 1468 entstanden; es scheint, 
nach dem auf der Rückseite der Pergamentblätter 
geschriebenen hochdeutschen Mariengebete zu 
schliessen, auf einem süddeutschen Wallfahrtsorte 
verkauft worden zu sein. Ausgezeichnet vor der 
Heidelberger und MUnchener Ausgabe ist es durch 
die Korrektheit und Schönheit der Linienführung 
der Holzschnitte, durch die von kunstgeübter Hand 
ausgeführte Illuminierung sowie durch den Um- 
stand, dass es auf Pergament gedruckt ist. Das 
Verhältnis der drei Ausgaben des Symbolum 
Apostolicum erscheint nunmehr in einem durchaus 
neuen Uchte. 



Chronik. 



Meinungsaustausch. 



Zu meiner Besprechung des Forrerschen Buches 
über den Zeugdruck (J ahr £- III . Heft 4, S. 170) 
macht Herr Gustav UM, Friedenau-Berlin, darauf 
aufmerksam, dass das Finestra impannata der 
Zeugdrucker vielleicht in ähnlicher Weise wie die 
alten Tuchmacher- Rahmen konstruiert war. Die 
letzteren bestanden aus zwei horizontalen Balken, deren 
oberer (feststehend) mit kleinen, etwa 1 cm. von ein- 
ander entfernten, nach oben gebogenen spitzen Häkchen 
versehen war, während der untere (beweglich) eben 
solche Häkchen enthielt, die jedoch nach unten ge- 
richtet waren. War das Tuch mit seinen Kanten (Eggen) 
an beiden Balken befestigt, so wurde der untere ver- 
mittels Bolzen, die durch in den Querarmen (Trag- 
säulen) in geringen Entfernungen von einander befind- 



liche Löcher gesteckt wurden, so stark angezogen, bis 
die Tuchbahn völlig straff gespannt war. — Bedienten 
sich die Drucker nun ähnlicher, nur leichterer und 
kürzerer Rahmen mit gleichen Häkchen, so liess sich 
das Befestigen und Ausspannen des Tuches an den be- 
reits vorhandenen Löchern überaus schnell und leicht 
bewirken. S. 



Von den Auktionen. 



Vom Autographtnmarkte. Den Reigen der Auk- 
tionen eröffnete Herr Leo Ltepmannssohn in Berlin 
mit einer Sammlung, welche wohl den besten zuge- 
zählt werden darf, die jemals auf den deutschen Markt 
gebracht wurden. Der Vorbesiuer derselben strebte 
Vollständigkeit nur auf einem Gebiete an; auf diesem 
hat er sie aber beinahe erreicht Seit Weigels Samm 



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4Q5 



long, die durch das bekannte „Autographen- Pracht- 
album zur zweihundertjährigen Gedächtnisfeier des 
westfälischen Friedensschlusses" gleichsam verewigt 
worden ist, wurde der „Dreissigjährige Krieg" nicht so 
vollständig beisammen gesehen, wie in den ersten No- 
vembertagen in Berlin. Diese Rubrik, in der die Mörder 
VVallensteins , femer Holck, Isolani, Thum, Niemann 
und andere Seltenheiten nicht fehlten, umfasste nahe 
an 600 Nummern. Da der ganze Katalog nur 1400 Num- 
mern zählte, trotzdem die Sammlung sich über alle Ge- 
biete verbreitete, erklärt es sich, dass in den übrigen 
Rubriken beinahe nur Namen, die besonderes Interesse 
erregen, vertreten waren. Nachfolgend einige Notie- 
rungen, wie sie uns von der auktionierenden Firma mit- 
geteilt wurden: Kaiser Ferdinand II. 31 M.; Konigin 
Luise 35 M.; Wilhelm I. 55 M.j Wilhelm II. 21 M.j 
Königin Viktoria 46 M. ; Marie Antoinctte 70 M.; Na- 
poleon I. 46 M. ; Gustav Adolf 51 M.; Joh. Cochlavius, 
Luthers Gegner, 71 M.; Hutten, Druckschrift mit Wid- 
mung 210 M.; Melanchthon 76 M.j Zwingli 326 M.; 
Fabricius, einer der Ratsherren, die 1618 in Prag aus 
den Schlossfenstern geworfen wurden, 41 M.; Gordon, 
einer der Mörder Wallensteins, 31 M.; Leslie, Verräter 
Wallensteins, an Piccolomini, 64 M. ; Oxenstjerna 51 M. ; 
Tertzky 70 M.j Wallenstein 110 M.; Wallensteins ab- 
gekürzte Unterschrift 48 M.; Bismarck 146 M.; Prinz 
Eugen 43 M.; Lothar Bucher, Bericht über die Ge- 
fangennahme Napoleons III., 42 M.j Andreas Hofer 
165 M. ; Speckbachcr 151 M.j Zieten 52 M.; Danton 
77 M.; Marat 95 M.; Mirabeau 56M.; Robespierre 51 M. 
und 70 M. : Cromweil 125 M.; Fiesco39 M. ; Alba 71 M.; 
Fichte 45 M ; Kepler (höchste Seltenheit) 38$ M.; Si- 
mon Dach 56 M.; Hölty 43,50 M.; Ewald von Kleist 
121 M.j Körner 100, 46, 51, 24 M.; Lessing, Stammbuch- 
blatt von 1748, 191 M.j Melchior Pfintting 55 M.; Schil- 
ler 275 M.; Daniel Schubart 69 M.j Dubarry 22 M.i 
Theroigne de Mencourt75 M.; Gesaroterlös ca. 10000M. 

— ro. 



Am 7. und 8. November verauktionierte Sotheby 
in London die Tixali- Bibliothek mit ihren vielen be- 
deutenden Manuskripten und Büchern. Die Sammlung 
war zuletzt in dem Besitz des kürzlich verstorbenen Sir 
C. Constable und ursprünglich von Sir Walter Aston, 
englischen Gesandten in Spanien zur Zeit Jacob I., an- 
gelegt worden. Unter den wertvolleren Nummern be- 
fand sich ein bisher nicht verzeichnetes Folio- Exemplar 
von Josephus „De la Bataille Judaique" aus der Drucke- 
rei von VeVard, datiert Paris 1492. Ausser diesem Exem- 
plar auf Velin registriert Brunet nur noch dasjenige, 
welches in der Bibliotheque Nationale in Paris vor- 
handen ist Das Exemplar der „Tixall-Bibliothek" war 
für Thomas Bohier, General-Finanzsekretär Karl VII., 
angefertigt worden und obgleich einige Seiten jetzt 
fehlen , so wurde trotzdem das schöne, mit zahlreichen 
Miniaturen und dem Wappen des Kardinals von Bour- 
bon versehene Werk zu dem Preise von 4500 M. ver- 
kauft. 12 Bände diplomatischer Korrespondenz Lord 
Astons, 1620—25, meistens unpubliziert, wurden mit 
2260 M. bezahlt. Thomas Bewick „General History of 



Quadrupedes", 1790, erste Ausgabe mit Holzschnitten, 
grosses Exemplar, 1020 M.; „Heroica Eulogia Guiliel. 
Bowyeri", vonB. Bowyer, 1567, das Originalmanuskript 
auf Velin, mit 24 gemalten Wappen und symbolischen 
Bildnissen englischer Könige, 1320 M.; Die Evangelien 
und Epistel, Manuskript aus dem XIV. Jahrhundert, in 
nordenglischem Dialekt, 810 M.; „Horae Beatae Mariae 
Virginis", XIV. Jahrhundert, von einem englischen 
Schreiber, mit 19 Vollseiten Miniaturen, nebst dem 
Wappen von Ashmole, 1060 M. ; „Assisorum Liber 
et Piacitorum Coronäe", Manuskript auf Pergament, 
XIII. Jahrhundert, 550 M. Camdens autographische 
Briefe über Antiquitäten und Wappen, ca. 1609 — 10, 
kamen auf 660 M. Die Beschreibung der Trauerfeierlich- 
keiten für Katharina von Arragonien, Handschrift, 1535 
datiert, 600 M. ; „Historical Anecdotes of the Gencalogy 
of the noble Family of the Constables," Manuskript auf 
Velin, von Dr. Burton in York, 1761 datiert, 670 M.; 
„Chronide of England," ein interessantes Manuskript, 
verfasst von Matthäus von Westminster, XIV. Jahrhun- 
dert, 400 M. 

Unter den am zweiten Auktionstagc verkauften 
Werken erreichten die besten Preise nachstehende .- 
„Officia," Manuskript aus dem XVI. Jahrhundert, durch 
einen italienischen Miniaturisten illuminiert, 1200 M. : ein 
Gebetbuch aus dem Besitz Jacob II., 500 M. ; eine von 
Pepys verfasste Instruktion für die Marine, Handschrift, 
1661 datiert, 400 M. ; „TheStory ofOedipus," ein altes eng- 
lisches Manuskript aus dem XI V.Jahrhundert, von John 
Lydgate, einem Mönche in Bury herrührend 350 M. ; J. 
E. Ridingers Abbildung der jagdbaren Tiere, 1740 her- 
gestellt, 630 M.; Ridingers 1729 gedruckte „Edle Jagd- 
barkeit", 610 M.; das Hauptbuch der St Agathas Ab- 
tei von Richmond, die durch Roald Constable 115 t ge- 
gründet worden war, 2400 M. ; die Handschrift wird 
dem XIII. Jahrhundert zugewiesen. Die zweite Folio- 
Ausgabe von Shakespeare, ein vollständiges Exemplar, 
1632 datiert, brachte 2020 M. Frühere Preise für 
dieselbe Ausgabe stellten sich u. a.: Im jähre 189$ auf 
1080 M. : 1897 auf 1020 M.j 1898 auf 1800 M. Sir 
Bevil Skeltons „Variation of the Arms and Badges of 
the Kings of England", das Originalmanuskript auf 
Velin, 1684—92, dekoriert durch viele gemalte Wappen, 
800 M.j Skeltons „Catalogues of the Dukes, Marquesses 
and Earls", 1678, die Originalhandschrift, 600 M.j T. 
Hill „The profitable art of gardening", IS74. gotische 
Buchstaben, 410 M. 

Der Zudrang des Publikums und die in der Auktion 
gezahlten Preise leiteten die Saison gut ein und be- 
wiesen, dass der Krieg bisher keinen Einfluss auf den 
Büchermarkt auszuüben vermochte. O. v. S. 



Die letzten Bücherversteigerungen auf dem fran- 
zösischen Antiquariatsmarkte lieferten unbedeutende 
Resultate. Auch die Bibliothek des verstorbenen Kriti- 
kers Sarcey enthielt nichts, was irgendwie bemerkens- 
wert gewesen wäre ; nur einige Werke mit Widmungen 
berühmter zeitgenössischer Schriftsteller erzielten Nach- 
frage und höhere Preise. — g. 



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406 



Chronik. 



Kleine Notizen. 



Deutschland und Österreich-Ungarn. 

„Alte und neue Alphabite" nennt sich ein hand- 
licher, in farbige Lebwand gebundener Band von 62 
Seiten Text und 159 Seiten Abbildungen, der Uber 
150 vollständige Alphabete, Ziffernreihen u. dergl. m. 
enthält, zum Teil nach Vorlagen aus älterer Zeit, zum 
Teil nach Entwürfen von Walter Crane, O. Hupp, Franz 
Stuck u. A. Das im Verlage von Karl W. Hiersein arm 
in Leipzig erschienene Werk (4 M.) ist ein vortreff- 
licher Leitfaden für alle, die mit Schriften zu thun 
haben. Der Verfasser, Lewis F. Day, hat den Abbil- 
dungen eine kurze Übersicht der Entwicklung der 
Schrift und beschreibende Bemerkungen zu den ein- 
zelnen Schriftgattungen vorangestellt. Hie und da 
mussten auch bei den nach alten Manuskripten her- 
gestellten Alphabeten vereinzelte Buchstaben ergänzt 
werden; doch auch hierbei wurde sehr geschickt der 
Geist der Zeit bewahrt. Besondere Berücksichtigung 
wurde der Sammlung alter Ziffern und Jahreszahlen 
geschenkt. Das Buch ist nicht nur lehrreich, sondern 
auch höchst interessant. Beherzigenswert für unsere 
modernen Buchschmuck- und Plakaikünsüer ist das, 
was der Verfasser im Allgemeinen von der Schrift 
sagt: „Unter zwei Bedingungen mag es dem Künstler 
erlaubt sein, sich am Alphabet zu versuchen. Was er 
auch thut, es soll in erster Linie das Lesen leichter und 
in zweiter die Schrift für das Auge angenehm machen ; 
aber keins dieser beiden erstrebenswerten Ziele dürfte 
auf Kosten des andern verfolgt werden". Ein wahres 
Wort: gerade bei der Schriftmalerei sollte die Schön- 
heit niemals den Gebrauchswert beeinträchtigen. 

-b. 



Eine würdige Feier des dreihundertslen Gtburts- 
lagts des Vtlasquis hat die Verlagsanstalt F. Bruck- 
mann A.-G. in München veranstaltet, indem sie aus dem 
Ungeheuern Material des „Klassischen Bilderschatzes" 
eine Anzahl Blätter löste , die Arbeiten des grossen 
Spaniers wiedergaben, und sie in einer hübschen 
braunleinenen Mappe vereinigte. Zumeist sind es 
Einzelfiguren und Porträts, aber welche Abwechselung 
herrscht in der Auffassung der Habsburgischen Physiog- 
nomie mit ihrem grausamen Kinn und der starken 
Nase, wie treten unter dem Aufputz spanischer Gran- 
dezza die intimsten Scelenrcgungen dieser ehrgeizigen 
Olivarez und Borgia, dieser von tyrannischem Cere- 
moniell umschnürten Infantinnen und Kinder zutage 1 
Die kurze Monographie von Karl Voll, die der Mappe 
lose beigefügt ist, erleichtert dem kunsthistorisch min- 
dergeschulten Publikum sehr das Verständnis der Eigen- 
art des Meisters. Glücklich das Gclehrtengezänk um 
Dies und Jenes, den weiteren Kreisen ganz Unwesent- 
liches ausschliessend und ebenso geschickt die auf- 
gepfropfte Anekdote vermeidend, versteht Voll es, den 
Maler in seinem Leben und aus seinem Leben heraus 
plastisch hinzustellen, und die Worte, die er von dem 
„Meninas", einem der wenigen Mehr- Figurenbilder des 



Velasquez, in Bezug auf Behandlung des Raumes und 
Erfassen des Totalebdrucks sagt, dürften gering variiert, 
auch auf ihn selbst vorzüglich passen. — m. 



„Zwischen den Garten" betitelt Heinrich Stiimcie 
ebe Anzahl Essays (Leipzig, P. Friesenhahn Nachf.), 
die er einzeln b verschiedenen litterarischen Zeit- 
schriften veröffentlicht hatte, die sich aber der Samm- 
lung lohnen. Der erste Teil giebt ebe Reihe feiner 
Charakteristiken bekannter Persönlichkeiten. Stümcke 
ist nicht nur ein vielbelesener Mann, sondern auch ein 
Kritiker von Geschmack und Verständnis; er begnügt 
sich nicht mit der Quellenausschlachtung, sichtet viel- 
mehr die vorhandenen Dokumente und weist häutig 
der Forschung neue Wege. Ob er nun über die Frau 
Rat, über Freytag und Cotta oder über Anette von 
Droste-Hülshoff und Nietzsche spricht: er bleibt nie 
auf der Oberfläche, er berührt stets Unbekanntes und 
bisher Unerkanntes, frappiert gelegentlich durch eb 
geistreiches Paradoxon, ist aber immer fesselnd und 
bteressant Im zweiten Teile haben mir die Artikel 
„Aristokratie und Nietzscheanismus", „Das junge Mäd- 
chen b der modernen Litteratur" und „Der Roman 
der Börse" am besten gefallen. Der Schlussabschnitt 
enthält u. a. eben vortrefflichen Aufsatz Uber das 
soziale Drama der Gegenwart, b dem Stümcke nach- 
zuweisen versucht, dass der Realismus scheinbar konse- 
quent realistischer Dramen häufig auf arg thönemen 
Füssen steht Die Schreibweise Stümckes ist ausser- 
ordentlich gewandt, leicht und flüssig; aber auch aus 
dem Geplauder hört man den Uber eb gediegenes 
Wissen verfügenden Forscher heraus. — z. 



Die trefflichen Klassiker-Ausgaben Max Hesses in 
Leipzig sbd kürzlich durch ebe von Eduard Griseback 
besorgte funfzehnbändige Ausgabe der sämtlichen 
Werkt E. T. A. Hoffmanns vermehrt worden. Grise- 
bach hat ebe besondere Vorliebe für origbelle Er- 
Behebungen b der Litteratur, wie Waiblbger, Scheffner, 
Lichtenberg, Hebse. Auch Hoffmann, der allerdbgs 
b höherem Grade als die Genannten der Weltlitteratur 
angehört, zählt zu seinen Lieblingen; sein bteressanter 
Bibliothekskatalog enthält fast alle Origbalausgabendes 
Dichters. Nach dem Text der Originalausgaben ist 
auch die vorliegende Sammlung redigiert worden, die 
mit den „Fantasiestücken" begbnt, denen sodann streng 
chronologisch die Reihe der übrigen Dichtungen folgt, 
so dass sich an der Hand dieser Gesamtausgabe zum 
ersten Male der litterarische Werdegang Hoffmanns 
übersehen lässt. Von den früheren Gesamtausgaben 
der Werke Hoffmanns ist die Hempelsche jammervoll, 
besser die mit Hosemanns trefflichen Zeichnungen ge- 
schmückte Reimcrsche. Aber auch in dieser fehlt 
mancherlei, so dass die Grisebachsche Ausgabe als die 
erste vollständige der Dichtungen Hoffmanns bezeich- 
net werden muss. Sie enthält auch das patriotische 
Fantasiestück „Der Dey von Elba b Paris", zu dem 
Hoffmann durch die Rückkehr Bonapartes am 1. März 
1815 angeregt wurde und das er b den „Freimütigen 



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4 07 



Blättern" von Duncker & Humblot veröffentlichte — 
ebenso den Panegyrikus zu Spontinis „Lalla Rukh" 
und die Anekdote „Naivetät", die der Berliner „Zu- 
schauer" vom 13. Juni 1822 zuerst brachte und die das 
Letzte war, was von Hoffmann zu seinen Lebzeiten ge- 
druckt wurde. Gleichfalls zum ersten Male reproduziert 
werden in der Grisebachschen Ausgabe verschiedene 
Illustrationen der Originaleditionen, wie das Porträt 
Murrs, Kreisle« Bild und die kleinen Wölfischen Zeich- 
nungen zu der Erzählung „Die Geheimnisse". Der 
„Prinzessin Brambilla" sind Kopien der acht Callotschen 
Blätter angefügt, die Hoffmann von einem der Serapions- 
brüder als Geschenk erhielt und auf die die Entstehung 
des reizenden Capriccios zurückzuführen ist. Die bio- 
graphische Einleitung Grisebachs ist glänzend. Er 
trägt in ihr vielerlei zusammen, was bisher unbekannt 
oder vergessen war, giebt u. a. auch den köstlichen 
Brief Hoffmanns an den Grafen Pückler-Muskau vom 
Januar 1819 wieder, in dem der „Klein-Zaches" erwähnt 
wird, ferner Briefe an den Frankfurter Verleger WU- 
mans, auch einiges aus dem Tagebuche Hoffmanns, 
das sich, noch immer ein ungehobener Schatz, in Pro- 
fessor Kürschners Besitz befindet. Das Einzige, was 
ich an dieser sonst in jeder Beziehung ausgezeichneten 
Ausgabe als Mangel empfinde, ist das Fehlen einer 
ausführlichen Bibliographie. Grisebach verweist auf 
seinen ,, Weltliteratur Katalog"; aber die Bibliographie 
gehört zur Gesamtausgabe und hätte auf wenigen Druck- 
seiten wiedergegeben werden können. F. v. Z. 

Auf Anregung des Professors Dr. Karl Vollmöller 
in Dresden ist eine Romanische Text-Gesellschaft ins 
Leben gerufen worden. Dieselbe besteht aus Gründern 
und Mitgliedern. Gründer sind solche, welche der Ge- 
sellschaft mindestens 300 M. als einmaligen Mitglieds- 
beitrag zur Gründung beisteuern und dafür die Publi- 
kationen derselben auf Lebenszeit umsonst erhalten. 
Der Jahresbeitrag der Mitglieder beträgt 20 M. 

Zweck der Gesellschaft ist die Herausgabe wichtiger, 
noch nicht oder nicht genügend edierter romanischer 
Handschriften, bezw. seltener oder gar nur in einem 
Exemplar vorhandener romanischer Druckwerke. Sie 
bringt insbesondere Romane, Novellen, Theaterstücke 
und andere interessante Litteraturwerke, auch solche, 
die für die Kultur-, Literaturgeschichte, Volkskunde 
und Dialektforschung der romanischen Länder wert- 
voll sind. 

Die Ausgaben sind je nach Bedürfnis kritische oder 
Neudrucke. Im letzteren Falle erfolgt der Abdruck, 
abgesehen von Format und Schrift, welche natürlich 
für die Sammlung einheitlich sind, so getreu dem Ori- 
ginal, dass der Neudruck dieses vollkommen ersetzt. 
Einleitungen, Anmerkungen u. s. w. bringen, in deut- 
scher, einer romanischen oder in englischer Sprache, 
alles zum Verständnis des Textes Nötige. Nach Be- 
dürfnis werden photographische Nachbildungen von 
interessanten Titelblättern, Textseiten u. s. w. beige- 
geben. Überhaupt soll die Ausstattung eine derartige 
sein, dass sie den Ansprüchen der Bibliophilen genügen 
wird. Auch sind Faksimilewiedergaben ganzer Werke 
geplant. 



Die Exemplare werden numeriert und mit dem 
eingedruckten Namen des betr. Mitgliedes versehen, 
p Laren zudem wird eine beschränkte Anzahl von Exem- 
Aussererhöbtem Preis in den Handel gegeben. 



Es ist bekannt, dass das British Museum seine 
Werke nur in vier Farben einbinden lässt. Buchhänd- 
ler Hans Ellissen in Leipzig macht nun, an diese That- 
sacbe anknüpfend, im „Rathgeber für die gesamte 
Druckindustrie" folgende Vorschläge für die Farben- 
darstellung der Einbände wissenschaftlicher und schön- 
wissenschaftlicher Werke: 

Dunkelbraun: Encyklopädien, Sammelwerke, Litteratur- 

wissenschaft, Bibliographie. 
Hellbraun .- Mathematik, Technische Wissenschaften. — 

Handelswissenschaften. 
Dunkelblau: Orientatia. Alte Sprachen. 
Hellblau: Neuere Sprachen. Sprachwissenschaft 
Dunkelrot: Geschichte. 
Ziegelrot: Geographie, Reisen. 
Rosarot: Schöne Litteratur. 
Gelb: Kunst, Musik. 
Dunkelgrün: Naturwissenschaft. 
Hellgrün: Land-, Haus- und Forstwirtschaft. 
Orangegelb: Medizin. 
Hellgrau: Philosophie, Pädagogik. 
Dunkelgrau: Staats- und Rechtswissenschaft. 
Schwärs: Theologie. 

Vom praktischen Standpunkte aus hat dies viel für 
sich, vom bibliophilen nur wenig. 



Die erste Veröffentlichung der Gesellschaft der Biblio- 
philen hat, wie wir hören, allseitig lebhaften Beifall ge- 
fundeu. Von den Artikeln, die in der Presse über das 
Facsimile der „Mitschuldigen" erschienen, sei Gotthilf 
Weissteins vortreff lieber längerer Aufsatz im Sonntags- 
blatt der „National-Zeitung" erwähnt. 



England. 

Das Novemberheft des englischen Exlibris- four- 
nals enthält abermals, wie in der vorangegangenen 
Nummer, eine Reihe interessanter Bibliothekszeichen, 
in welchen die Urne entweder den Hauptgegenstand 
oder die nebensächliche Dekoration bildet Da der 
Verfasser des Artikels, der Bibliothekar Wright in 
Plymouth, in den folgenden Heften eine Fortsetzung 
bringen will, so bittet er die Besitzer von derartigen 
Exlibris um event gefällige Mitteilungen. Wie selten 
die genannte Spezialität vorhanden sein muss, gebt 
wohl am besten aus der Erklärung Mr. Wrights hervor, 
dass er bei Durchsicht von gegen 20000 Exlibris 
nicht mehr als 28 passende Beispiele gefunden habe. 
Von deutschen Liebhabern scheint bis jetzt allein der 
Graf zu Leiningen -Westerburg den gewünschten Bei- 
trag für das englische Fachblatt beschafft zu haben. 
Der Herausgeber des letzteren teilt die Ansicht des 
Mr. W. Bolton mit, nach der das Urnenmotiv sicher- 
lich nicht früher als 1775 entstand und wahrscheinlich 



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408 



Chronik. 



in England zuerst zur Anwendung gelängte. Für Frank- 
reich erschien der Stil eines mit einer gewissen Strenge 
ausgestatteten Entwürfe, der notgedrungen hiermit ver- 
bunden sein musste, zu düster, und in Deutschland 
wurde zu jener Zeit in den Exlibris das heraldische 
und dekorative Element bevorzugt. 

Einen ferneren Beleg, wie äusserst selten die Urne 
im Bibliothcksieichcn vorkommt, gewährt der von 
John W. Singer in derselben Nummer des Journals 
enthaltene Aufsatz mit der Titel Überschrift „Mr. Daniel 
Parsons, the pioneer Book-Plate collector". Der Autor 
sagt: „Sehr wenig ist bis jetzt bekannt gewesen über 
die Sammlung von Exlibris des Mr. D. Parsons, der 
seit langer Zeit als der Vater dieses Studiums be- 
trachtet wurde, denn er war der erste in unserm Lande, 
welcher eine solche Sammlung systematisch zusammen- 
brachte". Durch Vermächtnis des Begründers der 
erwähnten sehr bedeutenden KoDektion, unter der sich 
aber kein Urnenblatt befindet, gelangte dieselbe an 
die Benediktiner-Abtei zu Downside. 

O. v. S 



Tht Englüh Caialogut o/Books . . . Vol. 5. January 
1890 to December 1897. London, Sampson Low, Mar- 
ston & Co. 1898. Lex 8. (84 Shilling.) 

Dieses englische Bücherlexikon unterscheidet sich 
wesentlich von den beiden noch bestehenden deutschen. 
Während nämlich die unsrigen, das von Heinsius und 
das Hinrichssche, in einen alphabetischen Verfasser- 
Katalog und ein alphabetisches Sachregister zerfallen, 
hat man mit diesem fünften Bande den bisher zum 
English Catalogue erschienenen Indexband aufgegeben 
und die Alphabete der Verfasser und der Stichworte in 
ein einziges Alphabet verarbeitet, wie man das auch 
schon mit dem jährlich erscheinenden kleineren Eng- 
lish Catalogue seit einigen Jahren gethan hat Man 
kann ja darüber verschiedene Ansichten haben, welche 
der beiden Einrichtungen die zweckmässige« sei; es 
rühren jedoch verschiedene Wege zu demselben Ziele, 
und wenn man jenseits des Kanal es das Ein-Alphabet- 
System vorzieht, so muss es uns recht sein oder müsste 
es sein ; man hat aber genügenden Grund, mit der son- 
stigen Einrichtung dieses achtjährigen English Catalo- 
gue nicht ganz zufrieden zu sein. Er ist eigentlich in 
höherem Masse als unsere Bücherlexika ein Nach- 
schlagebuch für Bücherfreunde, weil er in seinen 
Appendices A und B zusammenstellt, was die gelehrten 
Gesellschaften, die Klubs, deren Aufgabe die Veröffent- 
lichung alter und neuer Werke ist, und andere littera- 
rische Vereinigungen herausgegeben haben, und ferner, 
welche Schriften in Sammlungen, sogenannten Biblio- 
theken, Serien und dgl., sei es von Gesellschaften , sei 
es von Verlegern, sei es von Behörden, herausgegeben 
worden sind. Diese Einrichtung bietet unleugbar für 



den Bücherfreund und den Bibliothekar grosse Vor- 
teile gegenüber der unsrigen, vorausgesetzt, dass der 
Name der herausgebenden Stelle bekannt ist, aber man 
sollte es nicht für möglich halten : weder kommen alle 
diese auf 86 zweispaltigen Seiten enthaltenen etwa 
1 2 000 Titel im grossen Alphabete des Katalogs vor, 
noch hält man für nötig, ein wenn auch ganz kurz ge- 
fasstes alphabetisches Register beizugeben. Das an- 
gehängte alphabetische Verzeichnis der Gesellschaften 
und Institute ist ja ganz nützlich, aber es kann doch 
ein Sachregister nicht ersetzen. Erst durch Beigabe 
eines solchen würde dem Benutzer wirklich ge- 
dient Er kann sich nämlich auf die Angaben der 
Appendices auch nicht ganz verlassen. Da kommt z. B. 
Catalogue of Early Printed Book« in the British Museum 
im grossen Alphabete vor, aber hinten, im Appendix 
unter den Veröffentlichungen des British Museum nicht, 
während an letzterer Stelle die Faksimiles of Early 
Printed Books in the British Museum zu finden sind; 
von den Faksimiles of Autographs ist im grossen Alpha- 
bet nur Serie t aufgeführt, im Appendix A auch 
Series 2—3, und so fort. Diesem Übelstande kann sehr 
wohl durch Einverleiben der in den Appendices vor- 
kommenden Titel in das grosse Alphabet oder durch 
ein besonderes Register abgeholfen werden. Wahr- 
scheinlich würde der Preis des Acht-Jahre-Bandes 
ein wenig erhöht werden müssen, aber wer den English 
Catalogue einmal braucht, zahlt auch den höheren 
Preis, der mit Zunahme der Litt erat ur doch von Zeit 
zu Zeit eintreten muss. Während der fünfte und vierte 
Hand je 4 Pfund 4 Schilling kosteten, war der Preis 
des dritten einschl. Index 3 Pfund, der des zweiten 
beträgt nur 2 Pfund. Der vierte Band des Katalogs 
enthielt mit dem Indexband zusammen 964 Seiten 
und sein Erscheinen brauchte 2, bez. 3 Jahre nach dem 
Schlüsse der Periode 1881—89; dagegen ist diesmal, 
wo der Band 1180 Seiten füllt, nicht ein ganzes Jahr 
bis zum Erscheinen desselben nach dem Schlüsse der 
Periode 1890—97 vergangen. Das Alphabet der Ver- 
fasser ist fast 60000 Namen stark, das der Stichworte 
etwa 70 000, doch würde letzteres noch umfangreicher 
geworden sein, wenn die Verweisungen von den Stich- 
worten auf die Verfasser gewissenhafter gemacht wor- 
den wären. So kommt Benthams British Flora nicht 
unter British vor, während 100 andere Stichworte, wie 
Birds, Boys etc. etc. auch unter British stehen; aber 
merkwürdig, von den unter Birds aufgeführten 13 Bri- 
tish Birds, findet man unter British nur 4, die andern 
sonst nur unter den Verfassernamen. Von Hookers 
Index Kewensis findet man unter Hooker sowohl 
Part 2 apart, als an anderer Stelle das ganze Werk 
u. s. w. u. s. w. Gewissenhaftigkeit ist eine der ersten 
Bedingungen für die Bibliographie. 

P. £. Richter. 



Xachdruck verboten. — Alle Rechte vorbehalten. 

Für die Redaktion verantwortlich: Fedor von ZobeltitL in Berlin. 
All« Sendungen redaktioneller Natur an denen Adreife: Berlin W. Augaburgerftraxe 6t erbeten. 

Gedruckt »od W. Drufulln ,n Leipi.g fiir Velhagen 4 Klaaing m Bielefeld und L.ipiig. - Papier der Neuen Papier- 

Manufaktur is Sir«. »bürg i. S. 



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ZEITSCHRIFT 



kCr 



BÜCHERFREUNDE. 

Monatshefte für Bibliophilie und verwandte Interessen. 

Herausgegeben von Fedor von Zobclütz. 
3. Jahrgang 1899/1900. Heft 11/12: Febr./März 1900. 



Die Anfänge der Buchdruckerkunst. 
Zur Fünfhundertjahrfeier des Geburtstages Gutenbergs. 



Von 



Dr. Heinrich Meisner und Dr. Johannes Luther in Berlin. 




n siebenhundert Werke und grössere 
Aufsätze sind bis jetzt über die 
Erfindung der Buchdruckerkunst, 
die nun 450 Jahre zurückliegt, 
und über ihre erste Verbreitung 
geschrieben worden. Was alles 
ist in ihnen enthalten? Da wird 
das Lob der neuen Kunst in lateinischen Versen 
besungen, da tritt der fromme Gottesstreiter in 
begeisterter Predigt für sie ein, und ein anderer 
hinwiederum hält sie für Teufelswerk und ihre Er- 
finder für der Hölle verfallen. Das Blei der Buch- 
staben, so meinen noch andere Lobredner, wirke 
viel kräftiger, als das der Kartätschen; das Harz, 
welches zur Buchdruckerschwärze gebraucht wird, 
gleiche den arabischen Myrrhen, welche die Augen 
erhellen, die Geister der Gelehrten aber würden 
durch die Druckkunst gleich Mumien für die Nach- 
welt einbalsamiert, und die Buchdrucker selbst, wie 
die Schicksalsgöttinnen, pflegten ihre Lettern ver- 
kehrt zu setzen, so dass wir die Abdrücke erst 
jenseits sähen. Dann disputiert der Professor mit 
seinen Studenten in einem Colloquium logicum 
Uber das, was eigentlich Buchdruckerkunst sei, 
und der historische Korscher steigt hinab in das 
Dunkel sagenhafter Zeiten, um in ihnen die Spuren 
der neuen Kunst wiederzufinden. Der Chronik- 
schreiber stützt sich auf alte Traditionen, die von 
Geschlecht zu Geschlecht Uber die ersten Drucke 
sich fortgepflanzt haben, und stellt seinen Lokal- 
patriotismus obenan; ihm entgegen tritt der findige 
Archivar, welcher Originalurkunden veröffentlicht; 
Z. f. n. 1899, 1900. 



und Uber sie hinweg schreitet stolz der Kritiker, 
der alles zu zersetzen vermag, um aus dem Nichts 
seine eigene Meinung emporwachsen zu lassen. 

Zu dieser Menge von Forschungen andere 
Thatsachen, zu diesem Widerstreit der Meinungen 
eine besondere hinzuzutragen, ist nicht der Zweck 
dieser Zeilen. Allein es verlohnt sich wohl der 
Mühe, jetzt, da ein Stillstand der litterarischen 
Fehden eingetreten ist und ein Abschluss zu Gunsten 
eines Mannes und einer bestimmten Zeit erfolgte, 
aus der Menge des nicht jedem zugänglichen oder 
nicht leicht lesbaren Materials dasjenige heraus- 
zuheben, was wert ist, einem grösseren Leserkreis 
der Gebüdeten erhalten zu bleiben. 

Über die ersten Versuche, Schriftzeichen und 
Bilder mechanisch zu vervielfältigen — die Kunst 
des Stempel- und Zeugdrucks, die hölzernen und 
elfenbeinernen Buchstaben der Römer, die Druck- 
verfahren der alten Chinesen, die Produkte der 
deutschen Briefmaler, die Metallschnitte, Schrot- 
blätter und Teigdrucke — wollen wir an dieser 
Stelle hinweggehen und verweisen dabei auf ein 
umfangreicheres Werk, das in den nächsten Wochen 
bei den Verlegern dieser Hefte aus der Feder der 
oben genannten beiden Verfasser erscheinen wird. 



Alle die ersten zeitraubenden und kostspieligen 
Versuche der Zeit vor Gutenberg, Bilder und 
Schriften zu reproduzieren, wurden durch den 
Holztafeldruck in den Schatten gestellt. Er allein 



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410 



Meisner und Luther, Die Anfange der Buchdruckerkunst etc. 



genügte dem Bedürfnis der Zeit, welche schnell und 
billig Bilder und Bücher verlangte. Die ersten 
Versuche fielen natürlich noch sehr schwach aus; 
obgleich es keine lange und keine mühevolle 
Arbeit erforderte, ein Blatt in Holz zu schneiden, 
waren doch die Holzblöcke und die Messer zu- 
nächst noch technisch sehr unvollkommen. Hatte 
man aber einmal einen Holzblock eingeschnitten, 
so war dadurch eine schnelle und leichte Verviel- 
fältigung möglich gemacht, und Hunderte von Ab- 
zügen konnten zugleich auf den Markt geworfen 
werden. So entstanden aus den alten Briefmalern 
(Abb. 2) handwerksmäßige Briefdrucker, die auch 
Formschneider (Abb. 13), Printers oder schlechthin 
Drucker (Abb. 15) genannt wurden und sich den 
verwandten Zünften, wo es anging, anschlössen. 

Die Zeit ihres Aufkommens in Mitteleuropa 
fällt mit dem Beginn des XV. Jahrhunderts zu- 
sammen. Herr Virich von Ulm geniesst die zu- 
fällige Ehre, als erster urkundlich belegter Form- 
schneider im Jahre 1398 nachgewiesen zu sein. 
Ihm schliessen sich als älteste bekannte Berufs- 




Abb. j. I>er Briefmaler. Nach Jotl Annan» 




Abb. 1. 



Kis> des Holuchnme« Maria nit dein Kinde mit der Jahreuahl 1418. 
iconogTaphitiues et typ j jrjph.-me» de la 
royale de Delgique.) 



genossen Jan de prenter in Antwerpen 
141 7, Wilhelm Kegel in Nürdlingen 
1428, J/ans Pömer in Nürnberg 1428, 
Henne Kruse von Mainz in Frankfurt 
1440 an. In der St. Lucasgilde in Ant- 
werpen, deren ältestes bekanntes Privileg 
bis zum Jahre 1442 hinabreicht, finden 
sich Maler, Bildschnitzer, Glasmacher, 
Uluminierer und Drucker vereinigt; die 
St Johannisgilde in Brügge umfasste im 
Jahre 1454 alle Schreiber, Schulmeister, 
Buchhändler, Holzdrucker, Blumina- 
toren, Buchbinder und Bildermacher. 

Je mehr man sich mit der neuen 
Kunst beschäftigte, desto mehr ver- 
suchte man auch, das Handwerkszeug 
und das Material dafür zu verbessern. 
In der Handhabung des sich verfeinern- 
den Messers übten sich alle, die es 
brauchten; die Druckerfarbe, die zu- 
nächst von braunem Leim gewesen 
war, stellte man nun durch Kuss und 
Öl her, und an die Stelle des schweren 
und teuren Pergamentes und des dicken 
brüchigen Baumwollenpapiers trat das 
Leinenpapier, dessen Fabrikation sich 
in Mitteleuropa schnell verbreitete. 

War der Schnitt einmal beendet, so 
war das weitere Verfahren des Druckens 
leicht Die Tafel wurde mit Farbe 
Uberstrichen, darauf das angefeuchtete 
Papier gelegt und dieses vermittelst 
eines Reibers fest an die Tafel ange- 
drückt Der Reiber selbst war ein mit 
Pferdehaaren oder Tuchstücken stratf 
gestopfter Lederballen (Abb. 17). Die 



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Meisner und Luther, Die Anfinge der Bochdrecker kunst etc. 



4M 




Abb. j. l>tr Pifyier. 
Jan Ammans HoUicbnitt. 



Kunst, ihn richtig zu gebrauchen, garantierte 
den Erfolg eines gelungenen Druckes; es 
gehörte zu seiner Handhabung eine stets 
gleichmassig verteilte Kraft Die Rückseite 
des aufgelegten Blattes zeigte infolge des 
öfteren Hin- und Herreibens die derben 
Umrisse der Bilder und Buchstaben derart, 
dass diese Rückseite für den Druck ungeeignet 
war. Die ersten Holztafeldrucke sind also 
alle anopistographisch. 

Was von Holztafeldnicken vor dem ersten 
Jahrzehnt des XV. Jahrhunderts berichtet 
wird, erwies sich als wenig glaubwürdig. Er- 
wähnt ist oft in den Geschichten der Buch- 
druckerkunst die Erzählung eines Franzosen 
Papillon, welcher ein aus dem XIII. Jahr- 
hundert stammendes Buch, in Holztafeldruck 
hergestellt, in Bagneux bei Mont- Rouge ge- 
sehen haben will. Der in Holz geschnittene 
Titel dieses Buches sei mit Wappen und 
gotischen Ornamenten verziert gewesen und 
habe besagt, dass die adeligen Zwillings- 
geschwister Cunio zu Ravenna in ihrem 
sechzehnten Jahre die ritterlichen Thaten 
Alexanders des Grossen nach ihren eigenen 
grösseren Gemälden in acht Tafeln in Holz 
geschnitten, mit Reimen versehen, abgedruckt 
und dem Papste Honorius IV. gewidmet hätten. 
Es hat sich Uber die Angaben Papillom ein 
arger litterarischer Streit entsponnen, den sie 
nicht verdienen; denn die Thatsache, dass 
spätere Holzschnitte zu der oft gedruckten 
Geschichte Alexanders des Grossen gar keine 
Ähnlichkeit mit den von Papillon beschrie- 
benen Bildern der Geschwister Cunio er- 



geben, besonders aber, dass dieser Beider Ge- 
schichte in Italien sagenhaft ausgeschmückt und 
von Scotti zu einer Novelle benutzt wurde, lassen 
darauf schliessen, dass Papillon selbst durch ein 
viel später entstandenes Druckwerk, welches zur 
Illustration jener Novelle gefertigt wurde, sich hat 
täuschen lassen. Andere Versuche, Holztafeldrucke 
vor dem XV. Jahrhundert nachzuweisen, haben 
sich als ebenso erfolglos gezeigt 

Durch den Abdruck eines einheitlichen Holz- 
stockes allein ist aber noch nicht der letzte Schritt 
zur Erfindung des Druckens mit beweglichen Typen 
geschehen. Es musste noch ein anderes Erforder- 
nis erfüllt werden; das war das Einsäten von 
Schrißzügm. Denn die Herstellung etwa eines 
Heiligenbildes in der Art des Holztafeldruckes, 
aber ohne jede Inschrift, ohne jede Jahreszahl 
konnte ihrem Wesen nach gar nicht zu der 
weiteren Erfindung führen. 

Diese einfachen inschriftlosen Abdrücke von 
Holzschnitten wurden daher von älteren Beobachtern 
gewissermassen als Vorläufer des mit Inschrift ver- 
sehenen Holztafeldruckes bezeichnet, und es wurde 
eine Reihenfolge : inschriftloses Bild, Bild mit Schrift- 
einsatz, Schrift ohne Bild innerhalb der Zeit der 
Holztafeldrucke und vor Beginn des Druckes mit 




a-nftoOmfitotm m rraanraire torrta -t- 
5(lnmw ftf Himer mm m mm$£ 




Abb. 4. Der Vcilije Christoph. 

; mit der Jahrcuahl 1413. 



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412 



MeUner und Luther« Die Anfinge der ßuchdnickerkunst etc. 



beweglichen Buchstaben konstruiert. Das ist aber, 
wie mit Recht dagegen eingewendet worden ist, 
mit den geschichtlichen Thatsachen nicht in Ein- 
klang zu bringen. Denn zeitlich liegen, das ist 



von der zeitlichen Trennung absehen und sie auf 
das rein technische Gebiet Ubertragen. Rein tech- 
nisch genommen steht das einfache Holzschnittbild 
dem Drucke mit beweglichen Buchstaben am fem- 



t~4 , ■ » l %-» - ■ «— 



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BuirfflrfjfliTütf PÜGUJ 



■ j^T^ — ! 



Abb. 5. Ulalt 
Nach <lcn> KxempUr in der 

(A. 



keine Frage, alle diese verschiedenen Stadien der 
Vorbereitung zur Erfindung der Buchdruckerkunst 
nebeneinander, ja sie gehen sogar noch weit in die 
Zeit nach der Erfindung des eigentlichen Buch- 
druckes hinein. Trotzdem ist diese Unterscheidung 
möglich, ja sogar geboten; nur müssen wir dabei 



Arracnbibtl. Vrrkloncrt. 
Albrechuchen I 



sten; der erste Annäherungsschritt ist das Einsetzen 
Schriftzeichen innerhalb des Rahmens des 



von 



Bildes, sei es auf Spruchbändern oder ohne die 
Umgrenzung eines solchen; ihm folgen Bilder mit 
geschlossen darunter gesetztem Text, beides zwar 
auf demselben Holzstock, aber Bild und Schrift 



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M«-i*ncr und Luther, I>ie Anfänge der BuclidruckerkunM etc. 



4' 3 




6. BUtt »>.. Itr Jcui^h« Au.eal.e ,1er Art raorien«ii. 
Nach dem F.«,n|.U» der Fur.ll. Fur.tei.betp.chtn Hcfb.bl.mhek 
«u iJuiuuic.chinge». (Duuth: Ar» muncmJ..) 



Zeit um das Jahr 1460. Die Karten, die aus 
früherer Zeit \orhanden, sind durch den 
Kupferdruck hergestellt, dessen Künstler und 
Techniker sich frühzeitig des gewinnbringenden 
Geschäftes bemächtigt hatten und Werke von 
grossem künstlerischem Werte sowohl in Auf- 
fassung als in Zeichnung schufen. 

Den Spielkarten stehen an Alter zunächst 
die Hiili;rnbiliier und andere Darstellungen 
der Heiligen, Kirchen- und Wundergeschichte. 
Auch sie waren viel begehrt und wurden 
namentlich bei Wallfahrten und ähnlichen Ge- 
legenheiten in grosser Zahl vertrieben, dienten 
aber auch der häuslichen Andacht 

Die Altersbestimmung dieser Holzschnitt- 
abdrücke schien leichter zu sein als diejenige 
der Karten. Ein Holztafeldruck mit einer 
JahKSMhl, welche als MCCCCxviii (1 418) ge- 
deutet wird, stellt die J/älige Jungfrau dar, 
mit dem Jesuskind auf dem Arm, umgeben 
von der hl. Katharina, der hl. Barbara, der 
hl. Theorithea und der hl. Margarethe. Sie 
sitzen in einem Garten, der vorn durch eine 
Thür verschlossen ist. Vom Himmel kommen 
drei Engel herabgeflogen, welche Kränze oder 
Blumenkronen in den Händen tragen. Die 
Jahreszahl steht auf dem obersten Querbalken 
der in den Garten führenden Thür (Abb. 1). 

Dieser Holzschnitt gelangte im Jahre 1844 
in den Besitz der Bibliotlu-que royale As 



räumlich von einander getrennt Dann kommt 
der bildlose Text auf einheitlichem Holzstock; 
und erst von diesem .ms führte der anscheinend 
so einfache, aber doch so ausserordentlich weite 
Sprung zur Erfindung de* Typendruckes. 

So schön sich theoretisch eine solche 
Reihenfolge ausnimmt, so ist sie geschichtlich, 
wie schon bemerkt, nicht berechtigt, und wir 
werden daher im folgenden, bei der Be- 
sprechung der Einzelbauer des Holztafel- 
druckes, uns den thatsächlichen Verhältnissen 
anschliessen. 

Der Wunsch, ein Verfahren zu erfinden, 
welches eine schnellere und bequemere Her- 
stellung von Bild- oder Schriftwerken gestattete, 
als das mühevolle Schreiben und Zeichnen 
mit der Hand es ermöglichte, traf natürlicher- 
weise zunächst solche Darstellungen oder 
Werke, die viel gebraucht und daher auch viel 
begehrt wurden. In den Ruhm, hier an der 
Spitze zu schreiten, teilen sich, es klingt fast 
paradox, gewissermassen Himmel und Hölle, 
Tugend und Laster, nämlich Heiligenbilder und 
Sf>irlkart<n. Wem von diesen beiden der end 
giltige zeitliche Vortritt zu lassen sei, ist zweifel- 
haft; will man aber eine Entscheidung treffen, 
so spricht die Wahrscheinlic hkeit für die Spiel- 
karten. 

Der heutigen Annahme nach stammen die 
ältesten erhaltenen Holzschnitlkartcn aus der 



|7 > ^fhmi«Wtt tft m£c cft>ut*W 

im&lct rui Ifc* beti vm ^jläxjpf? 
tut S^rttetöfer w***b*äe Rtt& 



Abb. ;. Tc 11b Uli iu Okijem. 



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4M 



Meisner und Luther, Die Anfänge der 



etc. 




crfiinolLbo cnplrj ütjitur 6i 6a 

fcfiöctfiFaTrüfrr* ei* tt ou>£ouiu$ 
jayuia oüig» i jmmiö^ 9 ^ffiv 

mirafi re^uicab.cui guuiib pyui 

ö.tpbT ifra tuöaai', rrnmcß 



TümD mibiSvir BbuÄu cHmnr 
uarcon a^arouliiiro öouuncrpr^ 
rr nf tt prT.uCfitytiütflPQö * filna 
rat tjQiJirv toas rt-plr . fftmuc Tai! I vt 
Ist cuniflprtt'qm mcrplo f^tTfüis 
cft öecrWß rt xitrfaßaitir m brtetto 



GrolqSmS? DD OCO& t mt ob G2o8Öu? 
Ol^marAntÜrfiirit'uOBOuiS fifeuft 
/yfbp qui gmättiB mue atnlüliiir rtüö 

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frnl lntt- orafo ome fociiotis fru 



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rwicru"utn Caui perferatiis cft guiu 
6fö inttnrajuüiflimi muauTüti 
buötviTftULprrrmRraulraccryr 

tum «warn öeültnj^rrfcwi oa 
turnen^ tri 



Abb. 8. Matt au» «lfm Liber Kegiim. Verkleinert. 
Nachdem F«em s .l.u i« <lcr K K. l'nivctsiian-IJibliuihck tu I »»»brück. (R. Hochegger; Uber Refiiro.) 



Belgique; allein es knüpftet) sich bald allerhand 
hässliche Erzählungen Uber den Verkäufer daran. Ks 
traten ziemlich unverhüllte Behauptungen auf, er 
habe das ganze Bild gefälscht, zum wenigsten sei die 
Jahreszahl irgendwie tiberzeichnet. Der wichtigste 
Kinwand gegen die Echtheit der letzteren waren 
die Ausführungen von Charles de Bruu, welcher 
nachzuweisen suchte, dass die Kostüme auf dem 
Holzschnitte keinesfalls aus der ersten Hälfte des 
XV. Jahrhunderts stammen könnten, sondern 



frühestens der zweiten Hälfte desselben angehör- 
ten. Ks wurde daher ein fehlendes 1 in der 
Jahreszahl vermutet, wonach diese eigentlich 
MOCCQxvin (1468) heissen sollte, ja andere 
Korscher meinten nach Kinsichtnahme des Origi- 
nals sogar Spuren dieses 1 auf dem sehr schlecht 
erhaltenen und ausgebesserten Holzschnitte noch 
zu erkennen. Natürlich fanden sich auch Vertei- 
diger der Unanfechtbarkeit des Druckes. Indessen 
sind die Meinungen zu sehr geteilt, um dieses 



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Meisner und Luther. Die Anfänge der Buchdruckerkunst etc. 



415 



Bild mit Sicherheit als eine zeitlich bestimmte Ur- 
kunde für die Geschichte des Holwchnittes be- 
zeichnen zu können. 

Ein Bildnis des heiligen Christopherus trägt die 
Unterschrift: 

Christofori faciem die quacumque tueris, 
lila nempe die morte mala non morieris. 
Millesimo cccc°xx° tercio. 
D. i. : „An dem Tage, an welchem du das Antlitz 



des Christopherus ansiehst, wirst du eines bösen 
Todes nicht sterben. 1423." Der Holzschnitt 
wurde auf der Innenseite des Deckels einer aus 
dem Jahre 141 7 stammenden Handschrift in der 
Bibliothek der ehemaligen Karthause ihixheim bei 
Memmingen um die Mitte des XVIII. Jahrhunderts 
aufgeklebt gefunden und gelangte mit der Hand- 
schrift später in den Besitz des bekannten Bücher- 
freundes und Büchersammlers Lord Spencer (Abb. 4). 






L an fco* W xxr tjtubfce vtmf<\% htem wtrbirj iwrt^rt 
rth Mku *u *K yittm Q*f*ue griff wp in trawtx <fc«rUt i 



0«m««rt we|Hb*0«J bmltgmWvrt* ■ 



Abb. 9. Der heilige Sebastian. 
Nach dem kolorierten Holmfeldnick des Münchaner Kuprerstiehkabinet». 147». 
l\V. Schmidt: Intereisante l'ormschuitte, 18S6. 



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4(6 



Meisner und Luther, Die Anfinge der Buchdnickerkunst etc. 



4 



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Abb. m, Blau aus der Apokalypne. Verkleinert, 
Nach dem KxcmpLar der Bibliothek Firmin-Didou (IMinski : Mvniuncau de La Xylugrapluc.) 



Die Folgerung, das Jahr 1423 als das Fntstehungs- 
jähr dieses Holzschnittes zu betrachten, lag nahe, 
aber sie ist nicht gerechtfertigt. Wie sich beson- 
ders bei den Blockbüchern, auf welche wir weiter 
unten zu sprechen kommen, zeigt, wurden in jener 
ersten Zeit des Holzschnittes die Zeichnungen für 
diese im allgemeinen durchaus nicht erst fiir den 
vorliegenden Kall angefertigt; vielmehr kopierten 
die Holzschneider zumeist ältere, seit langer Zeit 
bekannte handschriftliche oder handzeichnerische 
Vorlagen und schlössen sich diesen sklavisch an. 
Das brachte es mit sich, dass eine Jahreszahl in 
den Holzschnitt hineinkommen konnte, die mit 



dem Entstehungsjahr desselben in keinem Zu- 
sammenhang stand, sondern nur in der, vielleicht 
sehr viel älteren Vorlage enthalten war. Was sie 
in dieser für eine Bedeutung hatte, ob sie die Zeit 
der Herstellung des Bildes überliefern oder zur 
Charakterisierung des Bildes selbst dienen sollte, 
ist eine Sache für sich. Dass dieser Fall auch 
bei dem lülde des heiligen Christopherus vorliegt, 
ist anzunehmen. Er wird bestätigt durch die 
Thatsache, dass ein zwar ähnliches, aber von 
einem anderen Holzstocke abgezogenes Bildnis 
des Christopherus, welches sich in Paris befindet, 
gleichfalls die Jahreszahl 1423 trägt üb nun 



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Meisner und Luther, Die Anfinge der Buchdruckerkunst etc. 



417 



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Abb. 11. Blatt aui der Apokalypse. Verkleinert. Geeenbtatt ru dem Bilde Seit« 416. 



eine besondere Begebenheit, etwa von der Art, 
„dass Jemand, der gewohnt war, dem Heiligen 
täglich seine Verehrung zu bezeigen, dies nur ein- 
mal unterlassen und gerade an diesem Tage ums 
Leben kam" und dazu die Entdeckung, „dass die 
Andacht zu St. Christoph an demselben Tage 
vor gewaltsamem Tode schützt", so wichtig er- 
schien, um „durch ein Bild mit der Jahrzahl der Ver- 
anlassung erhalten zu werden", wie vermutet wor- 
den ist, oder ob der Jahreszahl 1423 eine andere 
Ursache zugrunde liegt, lassen wir dahingestellt 
Jedenfalls sind wir nach den obigen Ausführungen 
Z. f. B. 18991900. 



nicht berechtigt, das Jahr 1423 als das Ent- 
stehungsjahr des Holzschnittes vom heiligen Christo- 
phorus zu betrachten. Ja es wird von berufener 
Seite sogar in Abrede gestellt, dass dieser heilige 
Christophorus in der Weise der älteren Holztafel- 
drucke „mit dem Reiber und blasser Farbe" her- 
gestellt, sondern behauptet, dass er vielmehr „mit 
der Presse und dunkler Druckerschwärze gedruckt" 
sei; eine solche Herstellung hätte aber im Jahre 
1423 sicher noch nicht stattgefunden. 

Ansprechender ist schon die Vermutung Uber 
die Entstehungszeit des nicht datierten Holzschnittes 

53 



418 



MeUner und Luther, Die Anfänge der Buchdntckerkunst etc. 



mit den Reichskleinodien, der sich im Germanischen 
Museum zu Nürnberg befindet, und dessen Ent- 
stehung in die Jahre 1424 oder 1425 gesetzt 
wird Denn da in dem ersteren dieser beiden 
Jahre die Reichskleinodien aus Ungarn nach Nürn- 
berg geschafft wurden, so ist es leicht möglich, 
dass jenes Ereignis den Grund zur Anfertigung 
des Bildes gegeben hat 

Manche der noch erhaltenen Holzschnitte 
mögen ja wirklich ein recht hohes Alter besitzen. 
So setzt der grosse Kenner der ältesten Druck- 
erzeugnisse, T. O. Weigel, einen inschriftlosen Holz- 
schnitt seiner Sammlung, Christus unter der Kelter, 
in die Jahre 1380— 1390, und Minzloff, der Con- 
servateur en chef der Kaiserlichen Bibliothek zu 




Abb. II. Der Sclinltg ic»«er. 
Nach Jost Amman f Holtichuitt. 



St Petersburg, einen heiligen Hieronymus mit dem 
Löwen und ein jüngstes Gericht in die Zeit um 
1400. Allein eine feste Zeitbestimmung, ob sie 
der zweiten oder ersten Hälfte des XV. Jahr- 
hunderts oder gar einer noch früheren Zeit an- 
gehören, ist für diese mit dem Reiber hergestellten 
Holztafeldrucke, sofern nicht irgend ein besonderes 
Merkmal vorliegt, „wegen ihrer fast durchgängigen 
Rohheit" aus inneren Gründen nicht möglich. 

Es kommt hinzu, dass die Heiligenbilder in 
Holzschnitt mit unverdächtiger Zeitbestimmung 
sämtlich erst der Zeit nach dem Jahre 1450 ent- 
stammen. Von diesen möge ein Heiliger Sebastian 
erwähnt werden, der sich im Königlichen Kupfer- 
stichkabinett zu München befindet. Unmittelbar 
unter dem Bilde steht ein Gebet zum heiligen 
Sebastian als Beschützer vor der Pestilenz und ein 
Gebet zu Gott Am Schlüsse befindet sich die 
Ziffer 72, die zu 1472 zu ergänzen ist (Abb. 9). 



Diesen religiösen Darstellungen, die in grosser 
Menge erhalten sind, schliessen sich diejenigen 
weltlichen Charakters an, unter welchen die Kalen- 
der eine besondere Stellung einnehmen. Auch 
diese sind nach älteren handschriftlichen Vorlagen 
geschnitten. Der älteste bekannte ist für die Jahre 
1455 — 1759 berechnet und wahrscheinlich 1465 
oder 1466 geschnitten. Er befindet sich auf der 
Kaiserlichen Bibliothek zu St Petersburg, ist aber 
nicht vollständig erhalten. Er nennt sich selbst 
den Thesaurus curatorum und bringt eine lange 
Beschreibung zu seiner Benutzung. Der Zweit- 
älteste ist der berühmte Kalender des Johannes de 
Gamundia, der lange Zeit für den ältesten an- 
gesehen, im Jahre 1439 berechnet und im Jahre 




Abb. ly Der Formichneider. 
Nach Jon Amman« HoLnchiutt. 



1468 in Holz geschnitten worden ist Von ihm ist 
sogar der Originalstock noch erhalten. 



Alles das, was hier über Einzelblätter des 
Holztafeldruckes gesagt ist, trifft in seiner Ge- 
samtheit auf diejenigen Erzeugnisse dieser Art zu, 
die mit dem Namen Blockbücher bezeichnet werden. 

Rein äusserlich, ohne jeden Zusammenhang 
mit der Zeit der Herstellung, lassen sich die Block- 
bücher unterscheiden in solche, welche Bild und 
Text auf dem gleichen Block führen, solche, in 
denen Bild und Text getrennt auf verschiedenen 
Blöcken und demgernäss auf verschiedenen Seiten 
stehen, und schliesslich solche, die nur Text ent- 
halten. 

Folgen wir dieser äusserlichen Einteilung, so 
stellen wir an die Spitze das in der Komposition 




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419 



der Bilder und im Figurenreichtum hervorragendste 
Denkmal der Blockdruckkunst, die sogenannte 
Armenbibel, die Biblia pauperum. Sie enthält die 
ganze Heilsgeschichte von der Verkündigung Maria 
und der Geburt Christi an, Christi F.rdenwallen 
und Tod, seine Auferstehung und Himmelfahrt 
und die Ausmessung des heiligen Geistes. Darauf 
folgen in der vierzigblättrigen Ausgabe — es giebt 
auch eine auf fünfzig Blättern — noch die Krönung 
Maria, der jüngste Tag, die Hölle, das ewige Leben 
und die Belohnung der Glückseligen. Die Dar- 
stellung ist durchweg derart, dass das neutesta- 
mentliche Bild sich auf der Mitte des Blattes be- 
findet, rechts und links davon je ein Bild aus dem 
Alten Testament, welches seinem Inhalt nach auf 




Abb. 14. Der Rrift|ser (Zeichner). 
Nach J att A m Ol 1 0 I HoUtchnitt. 



das neutestatnentliche in Bezug gesetzt ist Über 
und unter dem Mittelbilde befinden sich je zwei 
Bildnisse biblischer Schriftsteller; auf Spruch- 
bändern, die von dem unteren Rande dieser Bild- 
nisse ausgehen, steht ein dem betreffenden Schrift- 
steller entnommener Text Der beiderseitige freie 
Raum neben den Bildnissen ist oben durch Bibel- 
texte ausgefüllt, welche die darunter befindlichen 
Darstellungen erklären sollen, unten durch einen 
kürzeren, ebenfalls auf die Darstellungen bezüg- 
lichen Text (Abb. 5). Eine Unterschrift in der 
Mitte des unteren Randes schliesst das Ganze ab. 
Zu beachten ist, dass die Blätter, ausser in einer 
Ausgabe, welche deshalb für die älteste gehalten 
wird, beziffert sind, und zwar durch die Buchstaben 
des Alphabets, deren je einer sich unter der Mitte 
der beiden oberen Bildnisse befindet. 

Umfasst die Armenbibel in ihrem Inhalt in 
gewissem Sinne den Ideenkreis der ganzen Bibel, 



so behandeln andere Blockbücher einzelne Teile 
derselben. Der Liber regum seu vita Davidis, 
das Buch der Könige, stellt auf zwanzig Blättern 
die Geschichte der Könige Saul und David dar, 
vom Knaben Samuel im Tempel an bis zu Davids 
Tod. Jedes Blatt ist in vier Felder geteilt, von 
denen die beiden grösseren oberen je ein Bild 
enthalten, wozu die kleineren unteren den Text 
geben (Abb. 8). Die Historia seu Providentia b. 
Virginis Mariae ex Cantico Canticorum, das Hohe- 
lied, bringt auf sechzehn Blättern zweiunddreissig 
Darstellungen. Die auf den Spruchbändern 
stehenden Textstellen des Hohenliedes erklären die 
Bilder aus dem Verhältnis Christi, des Bräutigams, 
zur Braut, der als Sinnbild der christlichen Kirche 




Abb. 15 Der Buchdrucker. 
Nach Jon Amman» Holuchnitt. 



dienenden Jungfrau. Die Historia Sancti Johannis 
Evangelistae ejusque visiones apocalypticae oder 
das Buch der heimlichen Offenbarung Sankt 
Johannis, d. i. die Apokalypse, giebt auf fünfzig, 
in einigen Ausgaben auf achtundvierzig Blättern 
Illustrationen zu den Visionen St. Johannis auf 
I'atmos und seiner I^eidensgeschichte (Über die 
verschiedenen Ausgaben der Apokalypse vergl. 
Z. f. B. 1897, Heft 1). Der Text ist in der Form 
von Spruchzetteln sowohl über als unter und neben 
den Figuren hinzugefügt (Abb. 10/11). 

Der Armenbibel nahestehend ist das Speculum 
humanae salvationis, der Jfeilsspiegel, oder, wie 
der Titel in holländischer Sprache lautet, der 
Spieghel der menscheliker Behoudenisse. Dieses 
Buch bringt eine Anzahl von Bildern aus dem 
Ideenkreis des Neuen Testamentes, vermehrt durch 
Darstellungen aus der Erlösungsgeschichte der 
Menschheit, mit dem Falle der Engel und der 



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420 



Meisner und Luther, Die 



der 



Vertreibung aus dem Paradiese beginnend. Das 
Defensorium inviolatae virginitatis b. Mariae Vir- 
ginis, die Verteidigung der unbefleckten Empfängnis 
Marid, ein lateinisches Werk des Dominikaner- 
mönchs Franciscus de Retza in Wien, welches aus 
mythischen und naturgeschichtlichen Beispielen die 
Möglichkeit einer unbefleckten Empfängnis zu er- 
weisen sucht, zeigt auf jedem Blatt zwei Bilder 
nebst darunterstehendem Text. 

Andere hierher gehörige Blockbücher sind der 
Entenrist, d. L die Legende des vom Satan ge- 
sandten falschen Messias, des Antichrists, ein 
Buch, welches von manchen Forschern als mit 
demjenigen von den Jünjtehen Zacken des Jüngsten 
Gerichts zusammengehörig betrachtet wird, ferner 
das Exercitium super Paternoster, d. i. die Aus- 
legung des Vaterunsers, das Symbol um apostolicum 
oder das Apostolische Glaubensbeketintnis, sowie die 
Zekn Bott für die ungelernte leüt. Dazu mögen 
noch drei äusserlich kleine, in Oktavformat ge- 
druckte Blockbücher, das Geist- und weltliche Rom, 
eine Art Reisehandbuch und Legendenbuch für 
die nach Rom ziehenden Pilger, sowie das Zeit- 
glöcklein und die Sieben Todsünden gestellt werden. 

In dem Totentanz, jener im Mittelalter und 
auch später noch so beliebten Darstellung der 
Vergänglichkeit des Menschen (vergl. Z. f. B. 1 898, 
Heft 7/8), den Acht Sckatkkeiten, der Legende vom 
ketligen Af einrat, der Fabel vom kranken IJhven, 
der Chiromantie des Doktor Johann Hartlieb, Leib- 
arztes Herzogs Albrechts des Frommen zu Bayern, 
sowie in dem Kalemtcr des Johannes Regiomontanus 
und der Folge der sieben Planeten sehen wir auch 
andere als rein theologische Themata behandelt 
Sogar ein, wohl in England angefertigtes kunst- 





Abb. 17- Druck- 1 [ tressc des XVI. Jahrhunderts. 



Abb. 16. Der Buchbinder. 
Nuch Jost Amman* ] 



volles Alphabet von Initialen, in welchem die Buch- 
staben aus Darstellungen menschlicher Körper zu- 
sammengesetzt und gelegentlich mit einer Inschrift 
versehen sind, ist uns in Holzschnitten aus dem 
XV Jahrhundert erhalten. 

Schon von den in dieser ersten Abteilung auf- 
gezählten BlockbUchern, welche Bild und Text auf 
derselben Seite vereinigen, bilden einige, wie das 
Liber regum, das Defensorium inviolatae virginitatis 
b. Mariae virginis u. a. dadurch, dass sie den 
Text in Kolumnenform unter und damit ausser- 
halb des eigentlichen Bildes stellen, bereits ge- 
wissermassen einen Übergang zu der zweiten Klasse 
von Blockbüchern, welche Bild und Text derart 
trennen, dass jedem ein besonderes Blatt ein- 
geräumt wird. 

Diese zweite Klasse von BlockbUchern wird 
repräsentiert zunächst durch die Ars moriemli, 
d. i. die Kunst tu sterben, auch unter den Titeln 
De temptationibus morientium und Tentationes 
daemonis geführt Sie ist ein Werk des Matthäus 
von Krakau, späteren liischofs von Worms, und 
umfasst 24 Blätter, von denen die zwei ersten 
die VorTede bilden, während die folgenden elfmal 
je ein Bild auf der einen und den dazu gehörigen 
Text auf der gegenüber stehenden Seite enthalten 
(Beilage). Die Ars moriendi ist sicherlich eines 
der verbreiterten Blockbücher gewesen. Das be- 
weisen sowohl die etwa dreissig bekannten Aus- 
gaben, als auch der Umstand, dass sie nicht nur 



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Meimer and Luther, Die Anfinge der Buchdrackeritunit etc. 42 1 



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werden muss, so sind doch die auf uns 
gekommenen Reste ausserordentlich gering, 
wofür allerdings der starke Verbrauch, 
grade wie für die geringen Überreste der 
Holzdruckspiel karten, eine genügende Er- 
klärung bietet Ähnlich ging es mit dem, 
wenn auch nicht ganz so viel gebrauchten 
Dcvtrinale des Alexander Gallus , 
( .rainmatik in Versen. 



Abb 1». T>pe« der j6 reiligen Bibel Gillenberg». 

in lateinischer, holländischer und deutscher (Abb. 
6/7), sondern auch^in englischer und französischer 
Sprache gedruckt ist, während andere Blockbikher 
ausser einem französischen Calendaire nur in den 
drei erstgenannten Sprachen bekannt sind. Die fran- 
zösische Ausgabe stammt vermutlich aus Flandern. 

Wegen ihres Inhaltes besonders hervorzuheben 
ist ein zweiter Repräsentant dieser Klasse, die 
Ars memorandi notabilis per figuras Evangelistarum, 
die Kunst, die Erzählungen der Evangelisten dem 
Gedächtnisse einzuprägen, gewöhnlich kurzweg die 
Ars memorandi genannt. Jeden» der fünfzehn 
Bilder (Sinnbilder der Evangelisten mit Attributen 
und Spruchbändern) gegenüber steht eine Textseite 
mit dem Inhalt der auf 
der Abbildung durch 
Attribut und Ziffer ge- 
kennzeichneten Kapitel 
(Beilage). 

Die dritte Klasse 
endlich , Blockbllcher 
ohne jede bildliche Bei- 
gabe, nur Text enthal- 
tend, bilden die Donale 
und ähnliche Unter- 
richtsbücher. Die Do- 
nate, so genannt nach 
dem römischen Gram- 
matiker Aelius Donatus, 
dem Lehrer des heiligen 
Hieronymus aus dem 
TV. Jahrhundert unserer 
Zeitrechnung, waren 
die bekanntesten Schul- 
bücher des Mittelalters 
zur elementaren Er- 
lernung der lateinischen 
Sprache. Infolgedessen 
versuchte sich der Holz- 
tafeldruck schon früh 
und in verschiedenen 
Ländern an ihnen. 
Allein wenn auch eine 



Das Aller der Bloekbücher hat man 
ebenso wie das der Einzelblätter des Tafel- 
druckes des öfteren bedeutend Überschätzt 
Äusserlich anscheinend unterstützt wurde 
diese Anschauung durch eine Erzählung Dibdins, 
Bibliothekars des bereits erwähnten Lord Spencer. 
Dibdin berichtet von einer Äusserung des Antiquars 
AlexanderHorn, der zu Anfang des XIX. Jahrhunderts 
in Frankfurt a. M. lebte. Horn, der ein bedeutender 
Kenner und Sammler von Seltenheiten des Buch- 
druckes war, habe nach seiner Erzählung einen 
Sammelband besessen, in welchem die Armen- 
bibel, die Apokalypse und die Kunst zu sterben 
enthalten gewesen seien. Diesen Sammelband 
habe er aufgelöst und jedes Werk einzeln binden 
lassen. Der alte Deckel sei hierbei verloren ge- 
gangen, aber, so hätte Horn weitererzählt, er er- 
innere sich noch, dass auf diesem Deckel eine 




*Jlmfttjtig Bönig m Ijnmis ttoit 
0fr off rttriftj tin tornt rroneJBn 
Cm fltiit bamr do blutcroir £>a& balgt 
ttufit in flftbmö not £f tö bat getragt 
2U Ö man grois JDn ix bitbrt rot nath r 
tm blois 5) ar an mnb mmrftqlitti tjeil 
gtütte Jcföuns to mir tttoiftun rrftrirtt 
E)nönbof£frantuBmOtrnf)itff um 

oorbas in all? ftutm toibti ontetfrnbr 
öurcBmnnbfltrn jaactjttnrrmbofm 



grosse Verbreitung der- 
angenommen 



Abb. 
(Di« 



t». Am der Ma ming derChriilenheit wi.ter die Türken., 
ie Initiale im Original ro(. ebenso der Strich durch die Übenchnft-i 



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4 22 Meiiner und Luther, Die Anfinge der Buchdruckerkunjt etc. 




Abb. 1«. (Jutenberg. 
(Nach 1 in..: Virs et ponrsiiu det horemet ilhiitrci. 1584.) 



Inschrift folgenden Wortlautes gestanden habe: Hic 
über relegatus fuit per Plebanum . . . Ecclesiae . . . 
Anno Domino 142 . . Die letzte Ziffer der Jahres- 
zahl hätte er zwar vergessen, wisse jedoch genau, 
dass die Zahl älter als 1430 gewesen sei. Wenn 
nun ein solcher Sammelband von BlockbUchern, 
deren es viele gegeben hat und deren auch heute 
noch einige vorhanden sind, auf dem Einbände 
eine Jahreszahl aus den zwanziger Jahren des 
XV. Jahrhunderts trägt, und Einband sowohl als 
Zahl unverdächtig sind, dann wäre das ein 
schlagender Beweis für das Alter der in dem 
Bande enthaltenen Bücher. Allein der vorliegende 
Bericht ist sehr verdächtig, denn von einem 
Sammler derartiger Seltenheiten muss man die 
Fähigkeit verlangen, dass er die Wichtigkeit eines 



solchen Deckels zu schätzen wusste; versteht er 
das aber nicht, dann ist auch auf die Aussage 
Uber die Jahreszahl gar kein Gewicht zu legen. 

Weit mehr Bedeutung hat die Thatsache, dass 
ein Sammelband von Blockbüchem aus der 
Bibliothek des Lord Spencer (der jetzigen Rylands- 
bibliothek in Manchester), der einzige uns wirklich 
erhaltene Sammelband, der mit einer Jahreszahl 
auf dem Einbände versehen ist und in welchem 
eine Ausgabe der Armenbibel und der Apokalypse 
zusammengebunden sind, die Jahreszahl 1467 trägt, 
also eine weit spätere als jene fabulose Zahl 
Horns und Dibdins. Wollte man ferner den von 
anderer Seite angestellten Schätzungen des Alters 
einiger Blockbuchausgaben Glauben schenken und 
diese neben den zeitlich fest bestimmten Angaben 



□ by VjOOQlC 



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1 n cuniicrj.rtic nemo Ruit mimn ineprus 9 ptu 
cmnor.öO amen qn pro non 4t)>ibio pom? .ut 
minu* bonu« x> maliuj.COjept quoqt 40übiKi» 
non fblä poHro Ti erum comparö lüajrur.qn ip ' 
(0 tompitiiiu» nf 40 fr utl 40 aliü rompjrur.vr 
«Cbllle« Cnt4 fcitior auf ef lultlor.ct 4I4X ubx 
• foitior nuapt q> Oiomcor.Compatiuus Jtirem 
quoii 5 4bUt<uo alüi mnjtur utnuTque numeri 
In tvio ü Mmrn et nrb.qn iy joiibium ffq mr Su 
gUnuus 4utr qmirö p«U4b ul' ßnajiUn lüginir 
qü ii3m nomf nnojiüirmjiiriruOinem ntrnirVAt 
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luimt. 1 j amen «r fit 4bufio in romp4i4h 
110 mbuo moOH-Oril) rianiRacönc.«Dnl>iurc6ne 
«t off»oo.Sioimfie»c6n«.qn non ft«iinat_4U»m 
tum fui pormiu.ut potif potior. ut ponnrü marc 
e oiilaut b> ntrM nurU t.minut 4m4tt.Vn Dir 
ps.C II qn compühuü 40 fl»nri4n4 tomp4rur.«t 
minut pof»rö dgninar.ut m4i» pontioi oulout. 
0/ renu'.» enim non 4D ouUM.fi 40 am.vu f. .« 
comp4c6ne orioitvr.p4u 4liq0 oulfroinrt ö> ttf* 
b4bf«t ponricut nun?.ConlVnifTÖn«.qn non con 
fttu-f ol 4blft.u«l al GmiU afu mtBunr» o>.ut 
m jio ■ iuumum p iuurnibno.ct nuior boi( C4n5 
a« s> bilt.OFfwo.qn non fianifinr pofinua ol 
nvi.jirjoribio.ut rofttor i.mitio.Vn ia/poar • 
Jütüll Upionfj, sxnii fcnn.&fii» !*tioAy»»»» 
^gUtiuum t? quoO ur 40 plunA (ut ortnt 
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In .ruif.non 4otiöenrq > iot;.imtRir> ujIo* feitif 
Con fr tun' JUnrm fupoiljnuü ruj a^n ttmo püiuU 
uT rum errnrn fmapaUn nominn oatltaiui.ut föt 
tM i foinlTim u» rominoti-foinr» cd foinilimm 
remjn* o^rttit ./4liqi" amen <bfolurt pomnir«t 
«quipollrr fuo poHrö «r ujlor joiibio.ut pctius 
f fbinfTimue .i.uji« Fcitit. rubi amen TupUtt 
uü ptrr fujm pi.opjltt »nlhuttöntm.tsnW 
cöntm tat por>ttui.^n (Wut bfi oiatur.rum Ami 
LfpUrunis ur pUtom.ia cougiu« bj.fum ßmilti 
mut pUroin uf pUro m;.« f um OK^nirTimufilVo 
rott Uuoit ur Uuoü.{TJttm notj 0/ TupUhuui 
qfiqt urnir uipeiUhuf tt phttu«.« Fm bor iiitoit 
fjluc öl .fotivt c rbififTimuf 4»noi; .1. iu kr futttt 
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woto m Toncq» pnnuü tenerur eonrotojre rü qc 
wtiuo in quc} ptirur in qjcto.ScO ilte rtrü» bibi 
utuqt numeu.ut 4Üquirbominü ninit.ur 4bqut 
bommuj oarür.Si ueio Occlirunir antii in plu 
nb numcttj.Oüt coaroiojie m qcncnr et m'io.ur 
nuptijq 4be bone 4be mj(e.9| nupttju .'J a bo 
im j 1 1 j iimU insngnie tft.Ttf Tt fut pricö in tre 
■trö finguUn nominn coUrcnui.tik: rt4bir" gano 
4 ntbiit funpormt.« non 4 «tntro.Vii Ti fi4f pn 
CO 9 «Mit enr moTrubni trcnmt.ur unuo iftiut 
popub e pcetut.Si 4iitf ftjr fi ftmm. eunr ehr 
rrminim cjencno.ur on4 iiViut popub c beim. Ii 

4UIV fi4r ptiCÖ pro IC infim&rj. ruru onr ncu.crr. 
ut ilHut aertui 4ttu0 i fr; r a jli 1 in i Upis.Oi 411 
rem ponif phrm nomen rui nomine morUro Or 
bet rri>icrrc jfnut quoO >b> i quij rompjcönc) 
babet 40 rrt p mmitiuG ruppoutje.f m urnuTqö 
ociiOtc ijtrnirö.ct tx c oirrnoü.vnut crioti.unj » 

C«.«t non vnü celou «t vnü epuUtt.non tn 
für vn ue rcli* ur vn4 epul4.qi ctenus plu 
rjl» e roitiut finsttun.Oc bor inFia 004m Oiat 
in tt» trrnt.ru m or nomimbut rtbrorUti« jtam 
♦ß *ic noa qp pnnuü qunicg mooif re'ptat uf nj 
ejft grmttuü.qir»« fmc »rciccCne jlirumr j T nri» 
ut ubioi mnu-Qna ol Oirnrröne ojenent.ut v 
nui u»oti.<4fio; cu OirmNrjno 301015 et numeri 
firut in compleriuit.ur nuptuu 4b« liint vnum 
«be funt plutj jlon «mm oonrrto rp bn Oiarur. 
ntipeuu 4IU r bor.4b4 rIV ilUiO.fiöqt rijbit « 
nue 4 i« ruppoßa.ut buiufpopub 4Üut e I am 
4buTr pljtu.ur jb.« btta 4(14 nclena.ai fennnM 
«ö uero non rubelt 4bquir(exH»,c*bt w» «eutro 
funV-ur buiue 4erhii abuD eO Bojnü 4ttu0 «IV U 



Abb. ji. Bl*llteit< 1» dem Kalhol.kon i«6o. 



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424 



Meiiner und Luther, Die Anfänge der Buchdruck erkunst etc. 



gelten lassen, so ergäbe sich die 
immerhin auffallende Thatsache, dass 
in einer grossen Anzahl der erhaltenen 
Blockbuchsammelbände Ausgaben 
zusammengebunden wären, die bis 
zu vierzig Jahren auseinander liegen. 

Die wirklich datierten Blockbuch- 
ausgaben tragen verhältnismässig späte 
Zahlen. Von zwei Ausgaben der 
Armenbibel ist die eine laut ihrer 
eigenen Angabe durch Friedrich 
Walther, Maler zu Nördlingen, und 
Hans Hürning im Jahre 1470 her- 
gestellt; die andere trägt die Wappen 
Hans Sporers, des Nürnberger Brief- 
malers, mit der Jahreszahl 1471; eine 

italienische 
Ausgabekann 
sogar nicht 
vor dem Jahre 
1509 erschie- 
nen sein, da 
in ihr einige 
Holzschnitte 

aus Dürers Kleiner Passion 
nachgebildet sind Eine 
Ausgabe der Legende vom 
Antichrist ist von dem Brief- 
maler Junghannss in Nürn- 
berg im Jahre 1472 ange- 
fertigt. Zwei Ausgaben der 
Verteidigung der unbefleck- 
ten Empfängnis Mariä tra- 
gen die Jahreszahlen 1470 
und 1 47 1 ,die erstere mit dem 
Monogramm F. W., das ist 
jedenfalls Friedrich \ V alt her, 
einer der oben genannten 
Drucker der Armenbibel, die 
spätere mit der Namens- 
nennung des Druckers Jo- 
hannes Eysenhut. Eine Aus- 
gabe der Ars moriendi ist 
von Hans Sporer 1473 
hergestellt. 

Einen weiteren Wahr- 
scheinlichkeitsbeweis gegen 
das überhohe Alter der 
Blockbücher bietet folgen- 
der Umstand In den Jahren 
1488 und 1491 druckte 
Feter van Os zu Zwolle 
in Ober-Yssel Bücher, in 
denen Teile derselben Holz- 
stücke, von denen die 
Originalausgabe der Armen- 
bibel abgezogen war, Ver- 
wendung fanden; ebenso iin 
Jahre 1483 der Buchdrucker 
Veldener zu Culenborg in 
Geldern einen holländischen 




Abb. lt. 
Siegel Johann Gutenberg*. 
Nach dem Origioat in der Boraca- 
vereins - Bibliothek der lreutachen 
Buchhändler iu Leipiig. 




Abb. ty Wappen 
der Familie Geniüeisch. 




Abb. 14. Gillenberg. 
Nach einer farbigen Minialure «in Veraot. 
(Duvergex : Hiitoire de l'wvenfion de l\mpr>mene. 1840). 



Heilsspiegel, in welchem die Holz- 
stöcke des früheren Blockdruckes, 
allerdings zerschnitten, wieder ge- 
braucht wurden. Wenn es nun auch 
Beispiele giebt, dass Holzstöcke sich 
sehr lange erhalten haben — auch 
heute noch existieren umfangreiche 
Sammlungen alter Holzstöcke aus dem 
XV. und folgenden Jahrhundert — so 
ist doch eine Verwendung derselben 
zu Druckzwecken nach vielen Jahr- 
zehnten nur in äusserst seltenen Fällen 
nachweisbar. Es ist daher zum min- 
desten nicht wahrscheinlich, dass die 
genannten Holzstöcke erstlich etwa in 
den zwanziger Jahren des XV. Jahr- 
hunderts, und dann erst wieder in den 
achtziger Jahren verwendet sein sollten ; 
vorsichtige Forscher halten vielmehr 
höchstens einen 
Zeitraum von 
3° — 35 Jahren 
für die Nichtbe- 
nutzung dieser 
Holzstöcke für annehmbar. 

Alle übrigen Versuche, das 
Alter der Blockbücher zu be- 
stimmen , sind bedenklich. 
Namenüich kann man aus 
den Eigenheiten des Stiles, 
der grösseren oder geringeren 
Vollkommenheit der Zeich- 
nung und des Schnittes, ja 
auch aus der Art der Herstellung des Druckes 
bestimmte Schlüsse kaum 
ziehen. Denn ebensowenig 
wie für die Einblattdrucke 
wurden die Zeichnungen zu 
den Blockbüchern erst be- 
sonders entworfen, sondern 
es wurden die grade vor- 
handenen handschrifüichen 
Vorlagen benutzt, welche 
zum Teil um Jahrhunderte 
früher entstanden waren. 
So gut man nun innerhalb 
der Bilderhandschriften ge- 
wisse Schulen oder andere 
zeitliche Charakteristika fest- 
zustellen vermag, ebenso 
kann man wohl ein Block- 
buch als gedruckte Nach- 
folge dieser oder jener 
Schule nachweisen, nimmer- 
mehr aber innerhalb der 
Reihe der Blockbücher aus 
diesen Eigenheiten nunmehr 
eine selbständige Reihen- 
folge konstruieren. Damach 
würde man versucht sein, 
gröberer Zeichnung oder 



Abb. 15. Siegel 
Johana Calenberg!. 



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cutorcem tottritt tocotf I?tito pfco wtoctftoEjtoi 
fisCfuIeütt fuit ^plr cücoä fim9 r futfm9 ffifef finecfc 
Hütt fiiedt iWtaprffrpffotu maPmtffli f&oj 
Mttceectf fuifTt ?p!aü incritctn^e fiitffem^£fdöf 
toaecatf lulfRt JtifotüiO(t9crof kfaMpto&tm 
tft iplt tu toctf infit 6ulm? citß C fiiciria tat ut fiwt 
Infiuitä tfia tri numpöft tgt pnittönta ipftolQcei 
prito pfco tpCtfrpftoiottö eKfitffftfttibtortumfoua 
pwipia ttwf a ööo paffio priru uttottf üitue utiorctf 



O£go legis legit-ssir legira? Itgite Itgüt priro ip 
ffa leg cbä legebao legebat^s Itgtbam? legeba 



1 


1 


mm 









au;i';:1l4lunifUHi lilIHnIHIlHl«: 



gtt uplt legtmu* legme icgcut Irapanuo raotatcpöe 
pTcctflan rcouttja u tttriä pronara legt itgat ^ lega* 
mm legtte leg ant sfutueo icgito tu icguo tüe sp£ Itga 
mualegitate itfluntout itfluntoteiOptoriuoraoöa ti 
pott pnti i ptttta ipfnj ut legtrctn legtrcB legtest ttplt 
ut Itgctcmns Itgecetm legerem pretito pfo uptTcppfö 
ut ItgttTcm tcgiCTcö legiffct^ ut legiffemua bgiunfo 
legifleut sfutua ut toalcgas legat 4£&ut legaraus It 
tratfelcgant ifantömua rito tf ptpfiütü legara Itgas 
legat ^pK cü legantf Icjotia legmn $cetfta ipffa tu Ic 
gtee legtcee legetet aplc tü legeretnue legetetts legetatt 
ftrerito pffo ai legmm Icgtcie legrat tü legmm? 
Icgratiö Itgtriut ßteteato pMqmpfato cum Itgtffcm 



»7 leiliger Conti Cutenbcrg». 



Ztlt-xkrift/ir B Mufi t wA III Zu MfUntr u»4 l M *trl Di, A*finf, J,r 



Meisner und Luther, Die Anfänge der Bnchdruckerkunst etc. 



425 



schlechterem Schnitte ein 
höheres Alter zuzuweisen 
als künstlerisch vollen- 
detem, während in wieder- 
holten Fällen grade das 
Gegenteil sich beweisen 
lässt So ist es eine 
Thatsache, dass ältere 
niederländische Block- 
bücher wegen der im 
XV. Jahrhundert in den 
Niederlanden in hoher 
Blüte stehenden Miniatur- 
malerei, welche sich wür- 
dig neben die italienische 
stellen kann, in künst- 
lerischer Beziehung weit 
hoher stehen als spätere, 
namentlich als deutsche 
Drucke. 

Ebensowenig darf 
auch weder die schon 
oben berührte äussere 
Einteilung der Block- 
bücher darnach, ob sie 
den Text innerhalb oder 
ausserhalb des Bildes, 
im letzteren Falle ob auf 
den gleichen oder auf 
verschiedenen Stöcken 
bringen, noch eine Ein- 
teilung in dem Sinne, 
ob Bild nebst Text in 
Holz geschnitten oder ob 
der letztere handschrift- 
lich oder im Typensatz 
hinzugefügt ist, als zeit- 
bestimmender Grund be- 
trachtet werden. Zwar 
Lesse sich eine technische 
Reihenfolge: Bild mit 
handschriftlichem Text, 
dann mit dem in den 
Block geschnittenen und 
endlich mit typogra- 
phisch gedrucktem Text 
vermuten, aber sie hält 
derVergleichungmit den 
Thatsachen nicht stand. 

Für das Hinzufügen des Textes in Handschrift oder 
in Holzschnitt ist im allgemeinen nur die Fähigkeit 
des Holzschneiders massgebend, und die Wahl 
zwischen Holzschnitttext und typographischem Text 
bestimmt meist das Fehlen oder Vorhandensein 
einer Buchdruckerpresse mit beweglichem Typen- 
satz. Ein besonders charakteristischer Fall für das 
letztere sind die Ausgaben des Heilsspiegels. Von 
diesen Ausgaben, für welche sämtlich die gleichen 
Bildholzstöcke zur Verwendung gekommen sind, 
haben drei den Text unter den Bildern in Typen- 
satz, eine dagegen auf einem Teile der Blätter in 
Z. f. B. 1899/1900. 




Abb. Hi. Fragment eine» jj zeitigen Donata ins der Gutenbergischea Preue. 



Holzschnitt und auf dem anderen in Typensatz. 
Es hat nahe gelegen und ist auch geschehen, diese 
letztere Ausgabe infolge ihrer eigenartigen Zwitter- 
stellung für die älteste der vier zu erklären und 
weiterhin zu behaupten, der Drucker sei während 
des Druckes dieser Ausgabe mit dem Typendruck 
bekannt geworden, habe ihn gar, worauf wir noch 
zurückkommen werden, selbst erfunden und dann 
auch für die übrigen Ausgaben angewendet Nun 
hat aber eine genaue Vergleichung der Holzstöcke 
der verschiedenen vier Ausgaben dazu geführt, 
dieser halbxylo- und halbtypographischen Ausgabe 

54 



426 



Meisner und Luther, Die Anfinge der Ruchdnickerkunst etc. 



erst den zeitlich dritten Platz einzuräumen. Dies 
ist neuerdings in scharfsinniger Weise dadurch 
erklärt würden, dass die Bildtafeln zum Heils- 
spiegel zwar in Blockdruck hergestellt, die be- 
druckten Bogen aber von Holland, der Heimat dieser 
Drucke, wegen Mangels einer am Ort befindlichen 
typographischen Presse, deren Vorteile man in 
dessen sehr wohl kannte und zu schätzen wusste, 
nach Köln geschickt und dort mit dem Text in 
Typendruck versehen wurden. Beim Rücktransport 
der dritten Ausgabe sei dann ein Ballen ver- 
loren gegangen, und, um sich die Zeit erneuten 
Hin- und Hersendens zu sparen, vielleicht auch 
weil das Werk zu einem bestimmten Zeitpunkt 
fertiggestellt sein musste, habe man kurz ent- 
schlossen die verloren gegangenen Bogen noch 
einmal abgedruckt, den Text dazu aber selbst 
schnell xylographisch eingefügt 




Abb. lt. Siegel de» 
Andrei Heitmann. 




Abb. 17. Gutenberg. 
Nach der Maüuer Copie des Struiburger Origin.il»- 



Die ältesten Blockbücher 
sind ohne Zweifel die am 
meisten gebrauchten und ver- 
brauchten Schulbücher, die 
Donate, deren Druck in Holz- 
tafeln nach einer Notiz in der 
Kölnischen Chronik bis in das 
Jahr 1 440 hinaufgeht Anderer- 
seits erhielt sich der Blockdruck 
der Donate sowohl als anderer 
Grammatiken und der Bilder- 
blockbücher, wie wir gesehen 
haben, lange Zeit durchaus 
selbständig neben dem inzwischen zu rascher Blüte 
gelangten Druck mit beweglichen Lettern, ja noch 
bis in das XVI. Jahrhundert hinein. 



Wenn wir nach 
dem Zwecke fragen, 
dem die Blockbücher 
dienen sollten, so liegt 
es nahe, diesen in 
einem Bedürfnis der 
Zeit zu finden. Man 
könnte ein allgemei- 
nes Bildungsbedürfnis 
vermuten, welches den 
Übergang von dem 
doktrinären Mittel- 
alter zu einer Zeit 
selbständiger Denk- 
thätigkeit charakteri- 
sieren würde. Diese 
Vermutung scheitert 
aber einerseits an 
dem engbegrenzten 
Ideenkreis , den die 
Blockbücher vor- 
stellen , andererseits 
würde die Entstehung 
aller Blockbücher, 
z. B. der Donate, kaum 
hierauf zurückgeführt 
werden können. 

Die Schulbildung 
des gesamten Mittel- 
alters ging darauf 
hinaus, zunächst den 
Kindern möglichst 
schnell und vollstän- 
dig die lateinische 
Sprache beizubringen. 
In der lateinischen 
Sprache, welche in 
der Hauptsache erst 
durch dieReformation 
aus der Schule ver- 
drängt ward, ist den 
Schülern dann der 



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Meisner 



; Die Anfinge der Buchdruckerkunst etc. 



427 




>9- Siegel de» 
Konrad von Sahipach. 



weitere Unterricht erteilt 
worden. Dieser aber ging 
giai und gar von theo- 
logischen Gesichtspunkten 
, aus. In welcher Art vollzog 
'sich nun der Unterricht? 
1 Schulbücher in der heutigen 
Verbreitung, in den Händen 
jedes Kindes, waren vor der 
Erfindung der Buchdrucker- 
kunst ein Ding der Un- 
möglichkeit Die Hand- 
schriften waren, wie schon 
oben erzählt ist, sehr teuer. 
Der ganze Unterricht musste somit ein vorwiegend 
gedächtnismässigersein; was der Lehrer vorsprach, 
mussten die Schüler sich einprägen. Um hierin 
eine Erleichterung herbeizuführen, wurden die Lehr- 
bücher häufig in Verse gebracht; hier ist der Ur- 
sprung der Regeln in gebundener Sprache zu 
suchen; auch der Donatus musste das über sich 
ergehen lassen. 

Neben den Versen bildete die Anschauung, 
das Bild, ein Hilfsmittel des Unterrichts, auf wel- 
ches vielfach hingewiesen wird. Stellen wir hier- 
zu den Ideenkreis der Blockbücher, so ist die 
Wahrscheinlichkeit gegenseitiger Beziehung nicht 
abzuweisen, mit anderen Worten: die Blockbücher 
-toaren ursprünglich Lehrbücher. Hier lag wirklich 
ein Bedürfnis vor, und diesem Bedürfnisse, diesem 
Zwecke entspricht zumeist der Inhalt der Block- 
bücher und die Gestaltung des Inhaltes in den- 
selben. 

Auch ein rein äusserliches Moment stimmt zu 
dieser Erklärung. Eine Zusammenstellung der 
Herkunftsorte der Armenbibel, des Heilsspiegels 
und der Ars memorandi hat die Uberraschende 
Thatsache ergeben, dass weitaus die Mehrzahl der 
heute von diesen bekannten Exemplaren Benedik- 
tinerklöstern entstammt; gerade die Benediktiner 
aber widmeten sich dem Unterrichte in besonders 
hervorragender Weise. Freilich erscheint es nicht 
nötig, den Kreis der Lernenden auf die eigent- 
lichen Schüler zu beschränken. Es ist vielmehr wahr- 
scheinlich, dass die Blockbücherauch für Erwachsene, 
ja für Kleriker selbst bestimmt gewesen sind. Sicher 
ist das z. B. mit der Armenbibel der Fall gewesen, 
die auch dem des Lesens kundigen Kleriker, der 
nicht gerade Lehrer war, Gelegenheit bot, seine 
Kenntnisse Uber die Erfüllung des Alten Testa- 
mentes durch das Neue zu ergänzen. 



Werfen wir schliesslich noch einen Blick auf 
die Entstehungsorte der Blockbücher. Während bei 
der Bestimmung des Zeitpunktes ihrer Entstehung, 
wie wir oben sahen, Stileigenheiten ein durchaus 
unbrauchbares Mittel bilden, kann man bei der 
Bestimmung der Herkunft, des Ortes ihrer An- 
fertigung von diesem Charakteristikum schon eher 



einen Gebrauch machen. Freilich darf das nur 
mit der grössten Vorsicht geschehen. Immerhin 
lässt die Blüte der Miniaturmalerei, wie sie im 
fünfzehnten Jahrhundert in Holland vorhanden war, 
die Vermutung nicht unberechtigt erscheinen, dass 
für künstlerisch wertvollere Holzschnitte in diesem 
Lande auch die Meister zu suchen sind, denen 
die unvollkommeneren I^eistungen der deutschen 
Zeichner und Holzschneider gegenüberstanden. 
Mehr aber noch als die Bilder lassen die Schrift- 
züge Folgerungen Uber die Herkunft zu. Wie fast 
jedes Land seine Eigenheiten in den SchriftzUgen 
noch heute hat, so machten sich auch in der Zeit 
der geschriebenen BUcher gewisse nationale Eigen- 
tümlichkeiten geltend. So ist namentlich der hol- 
ländische Schrifttypus von dem deutschen ohne 
Mühe zu unterscheiden, und es werden mithin die 
aus Holland stammenden Blockdrucke unschwer von 
den deutschen getrennt, selbst wenn die darin an- 
gewendete Sprache die lateinische ist Wo oben- 
drein die Landessprache herrscht ist die Zuge- 
hörigkeit natürlich noch leichter zu beurteilen, ja 
für Deutschland bieten selbst die Mundarten die 
Möglichkeit einer noch engeren Feststellung. 

So viel steht jedenfalls mit ziemlicher Sicher- 
heit fest, dass die Blockbücher ihre älteste Heimat 
in Holland haben, dass sich die neue Art der 
Buchherstellung dann aber schnell den Rhein auf- 
wärts verbreitete; vielleicht auch, dass hier und da 
die Idee selbständig schon aufgetaucht war. Am 
Niederrhein sowohl als im Schwäbischen und 
Bayerisch-Fränkischen entwickelten sich Schulen 
deutscher Holzschneidekunst; neben den Klöstern 
bemächtigten sich, wie wir sahen, die Briefmaler 
des neuen Verfahrens. Nürnberg, Nördlingen, Ulm, 
Augsburg, Regensburg, und Tegernsee waren Haupt- 
stätten dieser Wirksamkeit 

Die Thatsache, dass die Heimat der Block- 
bücher mit Wahrscheinlichkeit in Holland zu suchen 
ist, hat nun noch eine besondere Bedeutung ge- 
wonnen, indem sie der Grund für die Behauptung 




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428 



Meisner und Luther, Die Anfinge der Buchdruckerkunst etc. 



LAVRENT^IV^ COST ERVS 



HARLE MENSIS. 

Jnnum-J 4 




Abb. j«. Lorcm Köster. Nach dem Bilde ww J. V. Campen. 



geworden ist, auch der Druck mit beweglichen 
Lettern stamme daher, mithin sei die Buchdrucker- 
kunst eine holländische Erfindung. 

Derjenige, welcher Uber die Erfindung der 
Buchdruckerkunst als einer holländischen Errungen- 
schaft zuerst am ausfuhrlichsten berichtete, war der 
Arzt und Geschichtsschreiber Adrian de Jonghc, 
(Adrianus Junius), aus Harlem in seiner in den 
Jahren 1565 — 1569 geschriebenen und im Jahre 
1588 erschienenen Batavia. Er erzählt etwa fol- 
gendes: Vor 128 Jahren (das ist also um das 
Jahr 1440) wohnte am Markte zu Harlem in 
einem vornehmen, dem Königspalaste gegenüber- 
liegenden Hause ein Mann Laurentius Joannes 
cognomento Aedituus Custosve, d. h. Lorenz 
Janszoon, ein Aedituus oder Custos. (Die Bezeich- 
nung als Custos, das ist Küster, holländisch Koster, 
führte dazu, ihm den Namen Lorenz Koster [Abb. 31] 
zu geben, unter welchem er in der Folgezeit bekannt 
geworden ist) Sein Amt als Küster war in der 
Familie erblich. Diesem Manne gebührt der Ruhm, 
die Buchdruckerkunst erfunden zu haben. Er war 
eines Tages in dem nahe der Stadt gelegenen 
Wäldchen spazieren gegangen und bei dieser Ge- 
legenheit auf den Gedanken gekommen, Buchen- 



rinde in die Gestalt von Buch- 
staben zu bringen. Diese drückte 
er dann in der Art der Siegel 
auf Papier und stellte so zwei 
oder drei Zeilen als Beispiel 
für seine Enkel, die Kinder seines 
Schwiegersohnes, her. Nachdem 
ihm dies glücklich gelungen war, 
begann er höhere Gedanken zu 
fassen, erfand zunächst gemein- 
schaftlich mit seinem Schwieger- 
sohn einen besseren Farbstoff, als 
man bis dahin verwendet hatte, 
und druckte dann auch ganze 
Figurentafeln mit zugefügter 
Schrift (additis characteribus). 
In dieser Weise stellte er ein 
Werk her, das Junius selbst noch 
sah, welches als Erstlingswerk 
nur immer auf einer und der 
gegenüberstehenden Seite be- 
druckt gewesen, während die 
leeren Rückseiten, um das Buch 
nicht zu verunstalten, zusammen- 
geklebt worden waren. Dieses 
Buch, von einem unbekannten 
Verfasser in holländischer Spra- 
che geschrieben, führte den Titel 
Speculum nostrae salutis, das 
ist der Hälsspiegel. Die Holz- 
formen hat Lorenz später mit 
bleiernen, dann mit zinnernen 
vertauscht, um ein festeres und 
dauerhafteres Material zu er- 
zielen, aus dessen Resten in der 
Folge Weinkannen gemacht 
wurden, die noch jetzt, zu Junius Zeiten, in dem 
Hause am Markte zu sehen seien. Man sei dann, 
so fährt Junius fort, auf diese neue und lohnende 
Erfindung aufmerksam geworden, das Interesse da- 
für und infolgedessen die Beschäftigung damit 
seien gewachsen und man habe Gehilfen annehmen 
müssen. Das sei aber der erste Schritt zum Un- 
glück gewesen. Einer dieser Gehilfen, Johannes 
— ob es nun Faustus (das ist Fust) gewesen sei 
oder sonst ein Johannes, bleibe dahingestellt — sei, 
nachdem er die ganze Kunst erlernt hatte, eines 
Nachts, und zwar in der Chrismacht, in die Werk- 
statt eingebrochen, habe die zum Weiterbetrieb 
notwendigen Geräte gestohlen, sei damit zunächst 
nach Amsterdam, von da nach Köln gezogen und 
habe sich schliesslich in Mainz niedergelassen. 
Schon innerhalb eines Jahres, im Jahre 1442, sei 
mit denselben Typen, welche Lorenz verwendet 
hatte, des Alexander Gallus Doctrinale, nebst des 
Petrus Htspanus Traktaten gedruckt worden. 

Wie schon zu Anfang seiner Erzählung, so 
betont Junius auch am Schluss die mündliche 
Überlieferung als seine Quelle. Dass eine münd- 
liche Uberlieferung, auf die er sich seiner Aussage 
nach stützt, in Harlem bestanden habe, ist nicht 




Gutenberg. 

Nach (lein HoUuhntiic «ine* unbekannten Meistert vom Jahre 1578. 



JUiti.bnJt Jtir KtUkrr/rnHJt III . Zh Mt.mrr mmj iMther: Dil Anlamft .Irr /.». ..».». . .-.r 



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Meimer und Luther, Die Anfinge der KuchdnicVerkunst etc. 



429 




Abb. ja, Johann Fmt 
(N«ch Maittairt in Ü« Vinn«: InveWiun of printmj.) 



zu bezweifela Auffallend ist freilich, dass erst 
128 Jahre nach der vermeintlichen Erfindung sich 
jemand gemtissigt sieht, diese Überlieferung auf- 
zuzeichnen, und dass keine ältere Chronik hollän- 
discher Geschichte, weder die im Jahre 1478 ge- 
druckte Chronik von Gouda, noch das Magnum 
Chronicon Belgicum, das bis 1474 Bericht er- 
stattet, noch die bis 1479 reichenden Annales 
belgici des Aegidius von Roya, noch endlich die 
bis zum Jahre 1517 fortgesetzten Res Batava; des 
Rainer Suys irgend ein Wort von der Erfindung 
der Buchdruckerkunst zu Hartem erwähnen. 
Sicherlich ist die Erzählung des Junius, wie jede 
mündliche Überlieferung, durch unberechtigte Zu- 
sätze stark vermehrt, schon davon abgesehen, dass 
der Gedanke, Buchstaben aus Hob: zu schneiden 
und auf einen anderen Stoff abzudrucken, an und 
für sich nichts Neues bot. Der Hauptpunkt der 
ganzen Geschichte, der Diebstahl des Dieners 
Johannes, ist am verdächtigsten. Hatte sich dieser 
Diener einmal die Kenntnis des Verfahrens an- 
geeignet, so brauchte er nicht erst die Matrizen 
oder die Lettern selbst zu stehlen. Mit seiner 
Kenntnis allein hätte er Uberall eine Druckerei 
eröffnen können. Es ist auch der Grund nicht 
einzusehen, warum nun, wie es doch nach des 
Junius Darstellung aussieht, Lorenz Koster sich 
nicht neue Geräte angeschafft und damit die 
Druckerei abermals betrieben, sondern an- 
scheinend die Flinte ins Korn geworfen hat, und 
warum dann aus dem Rest der Metalle Wein- 
krüge hergestellt worden sind. 

Prüfen wir aber nicht nach Wahrscheinlich- 
keiten oder Unwahrscheinlichkeiten, sondern an 
der Hand der Thatsachen. Wäre jener Diebstahl 
in der von Junius beschriebenen Weise ausgeführt, 
so müssten die ersten Erzeugnisse aus der Druckerei 
Johann Grimbergs, auf den allein im letzten Grunde 
jene Bemerkungen fallen, mit den gleichen, den 
gestohlenen Typen gedruckt sein. Junius be- 



hauptet dies; aber es ist nicht wahr. Der hollän- 
dische Schrifttypus war, wie schon oben bemerkt 
ist, ein eigenartiger, gewissermassen nationaler. 
Gutenbergs erste Typen tragen aber, ebenso wie 
diejenigen der ältesten Druckerzeugnisse aus Strass- 
burg, Bamberg oder Köln, einen durchaus von den 
holländischen, dem Koster oder seinen Nach- 
folgern zugeschriebenen, verschiedenen Charakter. 
Die Ausgabe des Heilsspiegels aus Kosters an- 
geblicher Presse, die Junius selbst gesehen haben 
will, gehört zu den schon oben bei der Bestimmung 
der Entstehungszeit der Blockbücher erwähnten 
Ausgaben, deren Text bei dreien in Typendruck, 
bei einer teilweise in Typen-, teilweise in Block- 
druck ausgeführt ist Allein es wurde dort auch 
schon darauf hingewiesen, dass diese letztere 
zweifellos interessanteste Ausgabe nicht die älteste, 
sondern erst die dritte innerhalb der vier Aus- 
gaben ist, und dass die Erklärung ihrer Entstehung 
auf anderem Wege versucht werden musste und 
versucht worden ist. 

Fallen diese Punkte aus der Erklärung des 
Junius heraus, so bleibt nicht mehr viel übrig. 
Dazu kommt, obwohl das kein Beweis gegen ein 
höheres Alter typographischer Erzeugnisse der 
Niederlande Uberhaupt ist, dass die ältesten, mit 
der Zeitangabe ihres Erscheinens versehenen hol- 
ländischen Drucke erst aus dem Jahre 1473 
stammen. Aalst und Utrecht kommen in diesem 
Jahre als Druckort vor. Ja die älteste eigent- 
liche Druckerei Harlems wird erst im Jahre 1483 
durch Jakob Bellaert eröffnet. Schliesslich sei 
noch erwähnt, dass der Grabstein von Dierk Martens, 
welcher sich im Wilhelminenkloster zu Aalst be- 
fand, besagt, dass dieser Mann, der im Jahre 1534 
gestorben, die „Letternkunst" aus Deutschland und 
Frankreich nach den Niederlanden gebracht habe. 

Auch darf nicht ausser Betracht gelassen 
werden, dass ebensowenig, wie die dem Junius 
vorangehenden Chroniken von der Erfindung der 




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430 



Meisner und Luther, Die Anfinge der Buchdrnckerknnst etc. 



Buchdruckerkunst in Harlem etwas wissen, 
die aus dieser Stadt stammenden Drucker des 
XV. Jahrhunderts sich irgendwie in dieser Beziehung 
äussern. Es ist eine häufige Erscheinung, dass 
die Inkunabeldrucker, besonders auch diejenigen 
Deutschen, die in das Ausland gezogen waren, in 
den Schlussschriften ihr Vaterland, im besonderen 
die Stadt Mainz als Geburtsstätte dieser Erfindung 
priesen, und da hätte es nahe gelegen, dass die 
aus Harlem stammenden Drucker diese Ehre ihrer 
Vaterstadt energisch gewahrt hätten, wenn eine 
Kunde davon vorhanden gewesen wäre. Aber 
nichts dergleichen geschieht Wir finden weder 
bei Petrus de Harlem, Vicenza 1474, noch bei 
Henricus de Harlem, Bologna 1487, noch bei 
Gerardus de Harlem, Florenz 1498, auch nur eine 
Andeutung über etwaige Ansprüche ihrer Vater- 
stadt auf die Erfindung der Buchdruckerkunst 

Auf der anderen Seite begegnet es geringem 
Widerspruch, dass die ältesten Blockbücher, unter 
ihnen in erster Linie auch die Donate, in Holland 
entstanden sind; und als ein einseitig bedrucktes, 
mit den leeren Seiten zusammengeklebtes Block- 
buch schildert Junius den von ihm gesehenen 
Heilsspiegel. Über die Donate berichtet der Ver- 
fasser der 1499 durch Johann Koelhoflf aus Lübeck 
in Köln gedruckten kölnischen Chronik, der 
Cronica van der billiger Stat van Coelln, folgendes: 

„wie toail bie fünf) is pcnben 30 ZTlcnJj, als 
purf} (b. i. porcnäbjt) is, up bie mifo als ban im 
gemeinlicb, gebruidtf roirt, fo ts codi bie eirfte nur« 
bilbung ponben in Ijotlant uis ben Donaten, oic 
baefelfs nur der 31t gebrueft flu, inb van inb uis 
ben is genommen bat beginne ber purfc fünft inb 
is pil merfterlidier inb fubtilid?er pcnben, ban bie 
felpc manier was, unb ie lengcr ie mere funjllid?er 
würben." D. h. : „wiewohl die Kunst, so wie sie 
jetzt geübt wird, in Mainz erfunden ist, so ist doch 
ihre erste Vorbildung in Holland erfunden, wo 
man vorher schon Donate gedruckt hat Erst 
hieraus hat sich die feinere Kunst der späteren 
Zeit entwickelt" 

Der Verfasser fügt hinzu, dass er diese Nach- 
richt aus dem Munde Ulrich Zells, des ersten 
kölnischen Buchdruckers, erhalten habe: 

„bat beginne inb portganf ber purfj fünft bait 
mir muntlich, nebelt ber eirfame mau meifter Ulrich, 
5e0 pan fjanauroe, boichbrutfer 31t Coclleu noch, 
3er jit anno i>» r d? &en bie fuiifi purfj is 30 

Coeflen fomen." D. h.: „Den Beginn und Fort- 
gang dieser Kunst hat mir mündlich der ehrsame 
Mann Meister Ulrich Zell von Hanau, noch in 
diesem Jahre 1499 Buchdrucker zu Köln, durch 
den auch die Kunst nach Köln gekommen ist, 
erzählt" In Bezug auf seine chronikalischen Nach- 
richten war der Verfasser der Chronik unselb- 
ständiger Nacherzähler, wie alle Chronisten seiner 
Zeit; für die vorliegenden Nachrichten zur Ge- 
schichte der Buchdruckerkunst beruft er sich aber 
ausdrücklich auf das Zeugnis des Fachmannes Ulrich 
Zell, welcher, da er die Erfindung der eigentlichen 



Buchdruckerkunst, also der Typographie, ausdrück- 
lich nach Mainz verlegt, mit diesen älteren hollän- 
dischen Donaten naturgemäss nur Ta/eldrucie ge- 
meint haben kana Da man nun unter Holland 
damals noch das Holland im engeren Sinne, die 
Provinz Holland verstand, zu deren Städten 
Harlem gehört, so ist es leicht möglich, dass mit 
der Nachricht des Ulrich Zell auf diese Stadt hin- 
gedeutet ist Auch die heute noch vorhandenen 
Ausgaben von BlockbUchem, soweit sie nicht den 
Text in deutscher Sprache fuhren, also sicher in 
Deutschland gedruckt worden sind, weisen in der 
Mehrzahl und grade für die bedeutendsten unter 
ihnen, wie die Arraenbibel, den Heilsspiegel, das 
Buch der Könige, das Hohelied, die Ars memo- 
randi u. A., auf niederländischen Ursprung hin. 

Nach alledem scheint den Niederlanden zwar 
die älteste Anfertigung von Tafeldrucken zuzufallen ; 
aber die Erfindung der eigentlichen Buchdrucker- 
kunst mit beweglichen Buchstaben ihnen zuzu- 
schreiben, dafür mangelt es an jedem positiven 
Beweis. 



Es liegt nun nahe, zu sagen, dass man nach 
solchen Versuchen, Schriften und Bilder zu ver- 
vielfältigen, wie sie zu Anfang des XV. Jahr- 
hunderts geübt worden sind, nicht mehr recht 
von einer Erfindung der Buchdruckerkunst sprechen 
könne. Eine solche Ansicht hat auch Raum und 
Anhänger gefunden. War der Holztafeldruck ein- 
mal bekannt und geübt, so bedurfte es ja nur 
des Zerschneidens der Holzblöcke, um dadurch 
I-ettern zu erhalten, die man je nach Bedürfnis 
zusammensetzen konnte. Dies ist denn auch von 
den Holztafeldruckem gemacht worden, aber ihre 
hölzernen I-ettern haben sich nicht bewährt, und 
zwar aus einem einfachen technischen Grunde. 
Es ist durch wiederholte Versuche bewiesen wor- 
den, dass es unmöglich ist, die einzelnen Lettern 
aus einem Holzblock so auszusägen oder aus- 
zuschneiden, dass sie mathematisch genau neben- 
einander passen und ihre unteren Ränder eine 
fortlaufend gerade Linie bilden. Die Unregel- 
mässigkeit, welche bei der ersten Zeile eines sol- 
chen mit ausgesägten Holzlettern hergestellten 
Druckes kaum auffällt, macht es in den nächsten 
Zeilen bereits dem Auge unmöglich, schnell die 
lottern zu Wörtern zu vereinigen. 

Auf diesem Wege hätte die Buchdruckerkunst 
nie ihr grosses Ziel erreicht; es bedurfte trotz 
aller Vorbereitungen noch einer genialen Erfindung, 
und das war die der Schri/tvervielföltigung ver- 
mittelst gegossener einzelner Metalltypen. Diese Er- 
findung, welche also eigentlich die der Typographie 
ist, der sich aber, nachdem sie einmal geboren 
war, willig alle die Nebenkünste des Lettem- 
schneidens, des Setzens, der Farbenbereitung, des 
Druckens durch eine Presse unterordneten, ist das 
Verdienst eines deutschen Mannes, Johann Guten- 
bergs. 



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Meianer und Luther, Die Anfinge der Buch.lruckerkunit etc. 



43' 



Johann Gensfleisch sunt Gutenberg stammte so- 
wohl von väterlicher, als auch von mütterlicher 
Seite aus einem Patriciergeschlecht der Stadt Mains. 
Das Jahr seiner Geburt ist nicht mehr mit Sicher- 
heit zu bestimmen; die Annahme, dass er 1397 
oder auch 1398 geboren ist, hat sich jetzt als nicht 
richtig herausgestellt Viel mehr Wahrscheinlichkeit 
hat eine Berechnung, nach welcher man zu den ersten 
Jahren des XV. Jahrhunderts als der Geburtszeit 
Gutenbergs gelangt ist. Wenn sich deshalb die 
.Stadt Mainz dazu rüstet, am Johannistage des 
Jahres 1900 die fünf hundertjährige Geburtstagsfeier 
ihres grossen Sohnes zu begehen, so wird es eben- 
so unmöglich sein, diesem Zeitpunkt einen anderen 
genaueren entgegenzusetzen, als zu beweisen, dass 
gerade im Jahre 1400 Gutenberg das Licht der 
Welt erblickt habe. 



also ein bei den Verfolgungen der Juden diesen ab- 
genommenes Haus war, und zum anderen Teile 
dem Geschlechte tum Jungen gehörte. Nach diesem 
Besitz haben sich die Wyrichs und nach deren 
Aussterben die Hauptlinie des Geschlechtes Gens- 
fleisch den Namen sunt Gulenberg beigelegt. Der 
Ehe Frielos mit Else entstammten zwei Söhne, 
Frielo und Johann, von denen der letztere, später 
nach dem Stammhause seiner Mutter kurz nur 
Gutenberg genannt, diesen Namen durch die Er- 
findung der Buchdruckerkunst unsterblich machte. 
Die Nachrichten über das I-eben der Eltern (Juten- 
bergs und über dessen eigene Jugendzeit sind so 
gering, dass es unmöglich ist, daraus Thatsachen 
zu folgern. Deshalb sind auch sagenhafte Züge 
frühzeitig in das Leben des grossen Erfinders ge- 
woben worden. Indem man seinen Namen mit 




Bft tue <(V ur te ec&a «r ei? paittb; 
(vttca? «Jßonl? eft gr <P eccuau nix 

tbnmf AtafpuitsqttccfitcUu 
0 UtfcKo ßue jp Ife p mifht» 3no- 
jeatmv 1 ivnu cogTegvit? xbeoq 
/Vwammce ^abi'tale fxit'm tomo« 

Wt et /pfialie Cje bmetf \yomib) ?$repaf4cd<fa $ 



Abb. j 4 . Au. 



Rationale Durandi. 
rot.) 



Das Geschlecht der Gensfleisch hatte sich im Laufe 
eines langen Zeitraumes seine Bedeutung in Mainz 
zu wahren gewusst und kann seit dem XIII. Jahr- 
hundert eine Anzahl urkundlich beglaubigter Namen 
aufweisen. Sein Wappen (Abb. 23), welches 
wohl nicht, wie einige wollen, einen Bettelmönch, 
sondern einen Pilger darstellt, lässt auf die Teil- 
nahme eines seiner Mitglieder an den Kreuzzügen 
schliessen; es ist dem Wappen der Mainzer 
Patricierfamilie von Afterdingen oder Ofter- 
dingen ähnlich, so dass möglicherweise der Dichter 
Heinrich von Ofterdingen ein Vorfahr des Er- 
finders der Buchdruckerkunst gewesen ist Im 
XIV. Jahrhundert waren die Gensfleisch in mehrere 
Linien verzweigt; zwei Nebenlinien nannten sich 
von Sorgenloch und zur Laden. Der Hauptlinie 
entstammte Frielo Gensfleisch, tler die Erbtochter 
ihres mit ihr erlöschenden Geschlechts, Else ll'yrich, 
Tochter des Rechenmeisters Werner Wyrich in 
Mainz, heiratete. Dieselbe brachte nach dem Tode 
ihres Vaters ihrem Gatten einen reichen Besitz 
ein, darunter einen Teil des Hofes sunt Gutenberg, 
(Abb. 43) der ursprünglich ein sogenanntesjudenerbe, 



dem der böhmischen Bergwerksstadt Kuttenberg 
(Cutna Hora) zusammenbrachte und darauf hin- 
wies, dass diese einer der ältesten Druckorte in 
Böhmen sei, glaubte man, den Ursprung Guten- 
bergs von dort herleiten zu müssen. Ebensowenig 
hat>en die Ansprüche Strassburgs, die Geburtsstadt 
Gutenbergs zu sein, Bedeutung und können diese 
Ehre der Stadt Mainz nicht beeinträchtigen. Nur 
aus der Geschichte letzterer im allgemeinen lassen 
sich Streiflichter auf das Leben Gutenbergs während 
seiner Jugendjahre werfen. Es war damals die 
Zeit der Kämpfe der Zünfte gegen die Patricier- 
geschlechter, die anfangs die allein Regierenden 
gewesen waren, nun aber durch die Bürgerschaft, 
welche an Zahl und Intelligenz zugenommen hatte, 
im Besitz ihrer Macht hart bedrängt wurden. Be- 
reits im Jahre 141 1 waren nach einem Streite, in 
welchem die Zünfte einen neuen Anteil an der 
Stadtregierung sich gesichert hatten, 1 1 2 Patricier 
ausgewandert, darunter Mitglieder des alten Ge- 
schlechtes der Gensfleisch. Nicht lange darauf, 
im Jahre 1420, gab es aus Anlass des Einzuges 
Kaiser Ruprechts und des neuerwählten Erzbischofs 



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432 



und Lother, Die Anfinge der ßochdruckerkniut etc. 



von Mainz, Johann, wieder ernste Zerwürfnisse 
zwischen Adel und Bürgertum der Stadt, bei 
welchem die Häuser des ersteren von einer Uber- 
macht belagert und ihre Insassen gezwungen wur- 
den, den Zünften gegenüber einen neuen Teil 
ihrer alten Rechte preiszugeben. Diejenigen Pa- 
tricier, welche sich dazu nicht entschliessen konnten, 
suchten ihr Heil wieder in der Fremde. An der 
Spitze dieser auswandernden Geschlechter stand 
Georg Gensfleisch von Sorgenloch, der sich in 
dem Kampfe ganz besonders den Hass der Zünfte 
zugezogen hatte, und mit ihm verliess seine ganze 
Familie die Stadt Erst zehn Jahre später kam 
durch den Erzbischof Konrad ein Vertrag zu stände, 
durch welchen es den ausgewanderten Patriciern 
gestattet wurde, ungefährdet in die Stadt zurück- 
zukehren; nur der vorerwähnte Georg Gensfleisch 
wurde ausdrücklich davon ausgeschlossen. 

In diesem Vertrage nun wird Henchen zum 
Gudenberg, worunter Johann Gutenberg zu ver- 
stehen ist, ausdrücklich unter denen genannt, 
welchen die Rückkehr nach Mainz erlaubt wurde, 
jedoch mit dem Zusätze, dass er und einige seiner 
Genossen „v$i»"ö nit inleuoig", die also nicht 
auf Mainzer Gebiet, gewesen sind, und dass femer 
dieselben „by ocn Zilien 311 oirre 31t nit genxfl 
fint", d. h. dass sie damals, als die Patrizier aus- 
wanderten, sich nicht unter ihnen befunden haben. 
Daraus geht hervor, dass Johann Gutenberg aus 
einem anderen Grunde, als durch die inneren 
Kämpfe in seiner Vaterstadt veranlasst, diese ver- 
liess und wahrscheinlich auch zu einer anderen 
Zeit. Schon seine Jugend macht es unwahr- 
scheinlich, dass er sich an dem Streit gegen die 
Zünfte beteiligt hat; aber die unsicheren Verhält- 
nisse in Mainz haben gewiss auf den Jüngling 
mächtig eingewirkt, ihn zu stiller Einkehr in sich 
veranlasst und vielleicht bewogen, sich durch 
eigenes Studium Kenntnisse zu erwerben. Wahr- 
scheinlich hat Gutenberg damals auch eine Zeit 
lang in Eltville zugebracht, wohin sein Vater und 
sein älterer Bruder ausgewandert waren; dann aber 
ist er in jugendlichem Drange, an anderem Ort 
seine Kenntnisse zu erweitem, fortgezogen, viel- 
leicht derzeitig schon nach Strassburg, wo wir ihn 
später wiederfinden. 

Sein Vater scheint vor 1430 gestorben zu 



"Putafeat emrn 

judctöttiaxTmai^attirum curbisautcmtr; 

icjncmairnnoucre cuptctibite * cwma com* 
prcbmdcrcftir gCadio fe prtijt: digcs wo* 
bi{it»rin<mfx>tiwö ^fubdfaie fien pecon* 
bus : et contra tiatato fuo* imunjö mdu 



Abb. jv Aui d«r Biblis taen von Fu»t und Scböffer 146». 



sein, so dass er nicht mehr an der Erlaubnis, 
nach Mainz zurückkehren zu dürfen, teilnehmen 
konnte; sein älterer Bruder Frielo blieb in Eltville 
wohnen; sein väterlicher Oheim Henne Gensfleisch 
der Alte ging wieder nach Mainz, konnte aber das 
Stammhaus seines Geschlechts in der damaligen 
Markt-, jetzt Emmerangasse, an der Ecke der 
Steingasse, nicht zurückerhalten, sondern musste 
ein anderes mieten. Gutenbergs Mutter Else war 
ebenfalls in ihre Heimat zurückgekehrt, doch scheint 
auch sie ihr Stammhaus, den Hof zum Gutenberg, 
nicht mehr bewohnt zu haben. Die Unruhen und 
das Auswandern hatten den Besitz der Familie 
Gutenbergs Uberhaupt sehr verringert, so dass Else 
zum Gutenberg sich vielleicht dadurch mit veranlasst 
sah, einen Teil der Erbschaft ihres Sohnes Johann 
festzulegen. Die noch vorhandene Urkunde da- 
rüber aus dem Jahre 1430 beweist, dass der Sohn 
damals sich nicht in Mainz befunden hat. 

Um einen Zeitraum von etwa fünfzehn Jahren 
auszufüllen, für welchen sichere Nachrichten 
über Gutenberg gänzlich fehlen, hat man versucht, 
ihn auf weite Reisen zu schicken, nach Holland, 
nach Frankreich, ja bis nach Böhmen hin. Das 
ist nun aber alles Dichtung, und wir müssen uns 
begnügen, die erste authentische Kunde über 
Gutenberg im Jahre 1434 aus Strassburg wieder 
zu hören. Dort liess er zu dieser Zeit den 
Mainzer Stadtschreiber Niclaus verhaften und ge- 
fangen setzen, um Genugthuung dafür zu nehmen, 
dass die Stadt Mainz 310 Gulden rückständiger 
Rente ihm nicht bezahlte. Die Urkunde Uber 
seinen schliesslichen Verzicht auf jene Rente ist 
das älteste Schriftstück, das wir von Gutenberg 
besitzen. 

Vielleicht war er zu jener Zeit schon in Strass- 
burg verheiratet Mit der Thatsache, dass in den 
vierziger Jahren des XV. Jahrhunderts ein Ennel 
(Anna) Gutenbergerin in den Strassburger Zoll- 
registern erscheint hat man eine wenig verbürgte 
Nachricht zusammengebracht nach welcher das- 
selbe Ennel, mit dem Familiennamen zu der Iserin 
Thüre, Gutenberg schon 1437 wegen eines Ehe- 
versprechens vor dem Bischöfe verklagt habe. 

Was Gutenberg in Strassburg fest- 
hielt, war die Thatsache, dass er dort 
einen ihm zusagenden und Erfolg ver- 
sprechenden Wirkungskreis sich ge- 
schaffen hatte. Mit einer praktischen 
Thätigkeit war er von Jugend auf be- 
kannt geworden: das war die der Gold- 
schmiaU. Das Geschlecht der Gens- 
fleisch hatte mit elf anderen zu den 
Münzherrn in Mainz gehört, welche 
nicht nur das Recht, Münzen zu 
schlagen, ausübten, sondern auch die 
anderen Münzen zu prüfen, auf ihr Ge- 
wicht zu aichen und Gold und Silber 



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Meisner und Luther, Die Anfange der Buchdruckerkunst etc. 433 



zu den Münzprägungen selbst einzukaufen 
hatten. Dies brachte die Münzherren 
mit den Goldschmieden in nähere und 
öftere Berührung. Es galt für Patrizier- 
Söhne durchaus nicht für unter ihrem 
Stande, sich mit dergleichen feinen Kunst- 
gewerben eingehend zu befassen, über 
welche damals' noch ein Schleier des 
Geheimnisvollen gebreitet war. So hat 
nun auch Gutenberg wahrscheinlich eine 
gewisse Vorliebe und Vorbildung für 
mechanische Beschäftigungen und Erfin- 
dungen bereits mit in die Fremde ge- 
nommen, wo er, unterstützt von einem 
scharfen Denken und klugen Benehmen, 
dieselben zunächst wohl nur zum Zeitver- 
treib, dann aber auch zu seinem Lebens- 
unterhalte trieb. 

Für dergleichen Beschäftigungen war 
aber gerade Strassburg die geeignete 
Stadt, einmal durch den Zusammenfluss 
von mancherlei Fremden, welche Künste 
und Wissenschaften brachten und ein- 
tauschten, dann aber auch durch die 
geordnete Stadtverwaltung, welche nach 
dem Dachsteiner Kriege des Adels gegen 
das Zunftregiment trotz des Sieges des 
letzteren wesentlich aristokratisch und 
bei der Besetzung der Ämter konservativ 
war, auf der anderen Seite aber sich 
von den Einflüssen des geistlichen Regi- 
ments völlig frei zu halten wusste. Dem 
Zwange der Zünfte, von denen jede 
darauf hielt, dass sich ihr alle nur irgend 
Gewerbeverwandten anschlössen, hat sich 
Gutenberg in Strassburg niemals gefügt 
Er wurde dort den Constoflern (Con- 
stablern) beigezählt, welche im Gegensatz 
zu den Zünften keine gewerblichen, 
sondern lokale Innungen waren, zu denen sich 
die wohlhabenden und vornehmen Kaufleute sowie 
die Rentner hielten. Ungehindert in seinem Thun 
und hochgeehrt in seinem Kreise wohnte Gillen- 
berg in einem Gebäude beim Kloster St Arbogast, 
welches bei dem sogenannten Grünen Berge auf 
einer Illinsel lag. 

Dass er dort rfUkht Künste trieb, hatte 
sich bald herumgesprochen; aber es lag ein ge- 
wisses Geheimnis über allem, was er that Um 
das Jahr 1 435 fasste sich ein Strassburgei Bürger, 
Andres Dritzehn, ein Herz und bat den Meister, 
ihn doch in einige seiner Künste einzuweihen; 
Gutenberg willigte ein und verpflichtete sich gegen 
Honorar, den Andres Dritzehn in die Lehre zu 
nehmen. Was dieser lernte, war das Steinschleifen, 
eine Kunst, die damals ihren Mann nährte, da 
eine Menge geschliffener Halbedelsteine in Metall 
gefasst und zur Ausschmückung von Prunkgeräten 
gebraucht wurden. Das Steinschleifen aber war 
eine der Arbeiten, die Gutenberg für sich 
nur als Mittel zu anderen Zwecken brauchte. 

Z. f. B. 1899/1900 




Abb. 36. (Jutenbergs angebliche tnle Kuchdfuckpreiie, 
Nach den »ufgefundetieo Fragmenten rekonstruiert Mo H. Klemm. 



Denn er selbst scheint sich in der Erinnerung an 
das, was er in seiner Jugend in Mainz bei den 
Goldschmieden gesehen hatte, mit Anfertigung 
plastischer Metallarbeiter!, in welche er die ge- 
schliffenen Steine einfügte, beschäftigt zu haben. 
Der genannte Andres Dritzehn wollte auch in 
die übrigen geheimen Künste eindringen, aber 
Gutenberg hatte bereits mit einem anderen, der 
wahrscheinlich ihm mehr Betriebskapital beisteuern 
konnte, mit dem Vogte von Lichtenau, Hans Riffe, 
einen bindenden Vertrag geschlossen, um eine ge- 
wisse Kunst in dem Maasse praktisch auszuüben, 
dass man mit ihren Produkten bei der bevor- 
stehenden und alle sieben Jahre 
Wallfahrt zu den Heiligtümern 
gutes Geschäft machen konnte. 
Hess nicht locker und erreichte, 
das Konsortium aufgenommen wurde. Dasselbe 
gelang dem Andres Heilmann (Abb. 28); aberwährend 
Riffe nur als Teilnehmer und Geldmann bei dem Ge- 
schäft erscheint müssen die beiden letztgenannten 
an Gutenberg für den Unterricht je 80 Gulden 

55 



wiederkehrenden 
in Aachen ein 
Dritzehn jedoch 
dass auch er in 



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434 



Meisner und Luther, Die Anfinge der Buchdruckcricunst etc. 




(N»ch dem Stich in Linde: Erfindung der Buchdruck 
Abb. 37. 



zahlen. Was sie dafür lernten, war die Anfertigung 
von Spiegeln. 

Mitten in ihren Arbeiten merkten die Gesell- 
schafter, dass Gutenberg sich noch mit mancher- 
lei anderem beschäftigte, was er verheimlichte. 
Halb auf ihr Drängen, halb freiwillig ging Guten- 
berg darauf ein, mit jenen einen neuen Gesell- 
schaftsvertrag zu schliessen, nach welchem er ihnen 
nichts mehr verhehlen durfte. Natürlich mussten 
die Genossen neues Geld für das Unternehmen 
einschiessen, aber das ging langsam genug, so dass 
der Herbst des Jahres 1438 herankam, ohne dass 
Gutenberg jene in seine neuen Künste eingeweiht 
hätte. Um Blei und anderes zu kaufen, was zu 
der neuen Kunst gehörte, waren die Gesellschafter 
gezwungen, Darlehen aufzunehmen; als sie eine 
Presse zu ihren Versuchen brauchten, musste der 
Drechslermeister Konrad Sahspach (Abb. 2 9) sie ihnen 
liefern und ausserdem noch Geld einzahlen. Andres 
Dritzehn schätzte allein seine eigenen Ausgaben 
für das neue Unternehmen auf etwa 500 Gulden, 
behielt aber trotzdem guten Mut und die feste 
Überzeugung, dass er binnen Jahresfrist aus aller 
Geldnot heraus sein und überdies noch eine er- 
kleckliche Summe verdienen würde. Allein er 
hat diese Freude nicht mehr erlebt, da er in 
den Weihnachtstagen desselben Jahres starb. Be- 
reits als Gutenberg von der Krankheit des Andres 
Dritzehn hörte, der wahrscheinlich mit Andres Heil- 
mann zusammenwohnte oder mit diesem eine ge- 
meinsame Werkstätte hatte, schickte er seinen 
Knecht zu den beiden Andresen, um „ade formen 
ju rjolcn, uno iDÜröent jur loffcn, öas er cjj febe, 



unb jn jodj ertliche formen ruroete". Das heisst 
also, die Formen, welche sich bei den beiden 
Andresen befanden, wurden zerlassen und einge- 
schmolzen, aber es reute doch Gutenberg etlicher 
wegen. Als nun Andres Dritzehn mit dem Tode ab- 
gegangen „bo fpredj« (ßutenberg, fü foltent 
noch, ber preffen fenben, er formte bas man fü ferje, 
00 (ante er feinen Knecht fyxv jn fü sur legen." 
Also Gutenberg fürchtete, dass neugierige Leute 
die Presse und ihre Anwendung sehen könnten, 
und wollte am liebsten dieselbe abholen lassen. 
Allein dies würde erst recht Aufsehen erregt haben, 
und deshalb fasste er den Entschluss, seinen Knecht, 
der also in die neue Kunst eingeweiht sein musste, 
in das Haus des Andres Dritzehn zu schicken mit 
der Weisung, die Presse auseinander zu nehmen. 
Dann wieder änderte Gutenberg seinen Auftrag und 
schickte seinen Knecht an den Bruder des Ver- 
storbenen, Nicolaus, den er um eine Unterredung 
bitten und auffordern sollte, die Presse niemandem 
zu zeigen, vielmehr „gon über öie preffe unb bie 
mit ben jircyen roürbelin uff bun, fo oielent bie 
ftuefe poneinember, biefelben fhicTe folt er bann in 
öie preffe ober uff bie preffe lege, fo funbe bar- 
nach, nieman gefeb.cn noerj ut gemerefen." Die 
Presse also konnte mit zwei Wirbeln aufgemacht 
werden, so dass die darin befindlichen Stücke aus- 
einander fielen. Claus Dritzehn ging ans Werk, 
fand aber keine Stücke. Zugleich schickte der 
andere Gesellschafter, Andres Heilmann, welcher, 
wie wir oben sahen, vielleicht mit dem Verstorbe- 
nen gemeinsam gearbeitet hatte, den Konrad 
Sahspach, von welchem die Presse angefertigt 
worden war, hin, um die Stücke aus der Presse 
herauszuholen und sie, wahrscheinlich also die 
Presse selbst, auseinander zu nehmen, damit man 
nicht mehr sehen könne, zu welchem Zwecke 
eigenüich das Ganze gedient hätte. Auch Sahspach 
fand nichts; die Presse und die Stücke waren ver- 
schwunden. Es liegt nahe anzunehmen, dass 
Claus Dritzehn, der Bruder des verstorbenen Ge- 
sellschafters, absichtlich die Presse und was dazu 
gehörte beiseite gebracht hat, vielleicht bewogen 
durch den Wunsch seines verstorbenen Bruders, 
der in der letzten Zeit seines I-ebens in einem 
rivalisierenden Gegensatze zu den anderen Gesell- 
schaftern gestanden zu haben scheint Denn auf 
dem Sterbebette machte er einem Freunde das 
vertrauliche Geständnis, dass, wenn er wirklich 
nun sterben solle, es besser gewesen wäre, er 
hätte niemals mit jenen einen Gesellschaftsvertrag 
geschlossen. Nur aus einer solchen Uneinigkeit 
der Teilhaber lässt sich erklären, dass Heilmann, 
der dem Andres Dritzehn am nächsten gestanden 
und mit ihm zugleich die Formen in Verwahrung 
gehabt hatte, nicht selbst in das Haus der Ge- 
brüder Dritzehn ging, um die Presse auseinander 
zu nehmen, sondern Konrad Sahspach als Mittels- 
person hinschickte. 

Dem Zwist zwischen Gutenberg und Heil- 
mann einerseits und den Erben des verstorbenen 



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und Luther, Die Anfinge der 



435 



Dritzehn andererseits verdanken wir die Nachrichten, 
die obiger Darstellung zu Grunde liegen. Wir 
würden von aUedem nichts erfahren haben, wenn 
nicht die Brüder des verstorbenen Andres Driuehn, 
Claus und Georg, unsern Gutenberg vor dem 
grossen Rate der Stadt Strassburg verklagt hatten. 
Sie forderten, dass jener entweder das von ihrem 
Bruder zu dem Gesellschaftsunternehmen einge- 
schossene Geld wieder herauszahle oder sie selbst 
in das Konsortium aufnehme. Das Urteil des 
Rates fiel für Gutenberg günstig aus, denn nach 
dem Gesellschaftsvertragc sollten bei dem Tode 
eines Teilnehmers an die Erben nur hundert 
Gulden zu zahlen sein, das andere eingezahlte 
Geld, sowie alle Geräte den Uberlebenden Gesell- 
schaftern bleiben. 

Die Protokolle über diesen Prozess sind im 
Jahre 1745 in Strassburg aufgefunden worden und 
bilden natürlich eine wichtige Quelle für die Ge- 
schichte der Buchdruckerkunst Uber die Deutung 
ihres Inhaltes sind die Ansichten der Forscher 
weit auseinander gegangen. Die einen läugncn 
jegliche Beziehung der in den Protokollen erwähnten 
Presse, Formen und Stücke auf die Buchdrucker- 
kunst und sagen, es sei anzunehmen, dass alle 
derartigen Geräte und Materialien zur Anfertigung 
von Spiegeln, resp. von künstlerisch in Metall aus- 
geführten Spiegelumrahmungen und Spiegelkästen 
hätten dienen können. Andere geben zu, 
dass Gutenberg bereits in Strassburg sich mit 
Druckversuchen beschäftigt habe, dass man 
aber dabei nur an eine vervollkommnete Art 
des Holztafeldruckes denken dürfe. Endlich 
giebt es noch Verteidiger der Ansicht, dass 
aus den Protokollen mit Sicherheit hervorgehe, 
Gutenberg habe in Strassburg bereits die ersten 
Druckversuche mit beweglichen Lettern ge- 
macht Trotzdem die erste der drei ver- 
schiedenen Meinungen in dem in der Geschichte 
der Buchdruckerkunst als Autorität geltenden 
Antonius von der J.inJe einen energischen 
Vorkämpfer gefunden hat, neigt doch die 
allgemeine Ansicht mehr dahin, dass Gutenberg 
in Strassburg thatslichlich sich mit neuen Ex- 
perimenten zur Vervollkommnung des Druck- 
verfahrens beschäftigt hat, zu der damals bevor- 
stehenden Aachener Heiligtumsfahrt ausser 
Spiegeln wahrscheinlich auch Bilder durch Hol/.- 
tafeldruck herstellte, die Holztafeln zerteilte, 
erst hölzerne Lettern anfertigte und damit zu 
drucken versuchte und auch Lettern in Bleischnitt 
herzustellen sich Mühe gab, aber doch trotz 
allen Versuchen schliesslich nicht zu einer 
befriedigenden Lösung des ihm vorschwebenden 
Problems gelangt ist. Die Stadt Strassburg 
also ist nicht der Ort gewesen, wo die Kunst, 
mit beweglichen Lettern zu drucken, von 
Gutenberg erfunden worden ist, und der Denk- 
stein, der sich seit 1894 an der Stelle des im 
Jahre 1 53 1 abgebrochenen Klosters St Arbo- 
gast befindet und dessen Inschrift lautet: „Hier 



auf dem grünen Berge wurde die Buchdruckerkunst 
erfunden und von hier aus wurde das Licht in 
die Welt verbreitet" — er sagt zu viel, aber ge- 
wiss ist es richtig gewesen, an jener Stelle die 
an Gutenberg wach zu halten. 



Im Dezember 1 439 war der Gerichtsspruch in 
dem Prozesse der Brüder Dritzehn gegen Guten- 
berg gefällt worden. Der Gesellschaftsvertrag band 
letzteren noch bis zum Jahre 1443 an seine über- 
lebenden Teilnehmer. Es scheint aber, dass mit 
dem Tode des Andres Dritzehn ein Faktor 
ausgeschieden war, der sich nicht leicht ersetzen 
liess. Dass dieser in einer der verschiedenartigen 
Thütigketten, die zu der Druckkunst nötig waren, 
eine besondere Fertigkeit bewiesen hat, ist nicht 
unmöglich; vielleicht war er der Letternschneider, 
da er die „Formen" bei sich hatte. 

Auch nachdem der fünfjährige Kontrakt mit 
seinen Gesellschaftern abgelaufen war, blieb Guten- 
berg noch in Strassburg. Die unruhigen Zeiten, 
welche durch den Einfall der Armagnacs in das 
Elsass herbeigeführt wurden, hat er mit durchlebt, 
ist auch selbst mit in den Kampf gegen die Räuber 
gezogen. In jenen Tagen mochte in ihm wohl 
der Plan aufgetaucht sein, die Stätte so mancher 



Volenecs tm«rr EpiftoUs Aurcli) Augu* 
fVimJ/flponenfMt ptefuUs tngmffwnJui 
Q tut» nondü humane doqueae facuhdia 
fonafvo'u ctUm phmmi Giert tenpeure 
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pwutitr-Herefes 4* «t oroie« a rec*A (üoe 
x*ui):quAu malleo foltoiflune vmeaeisco 
ttrmit »et eoems vice Ageoe nozm a in ipya 
p(Vnngic»vtraimuiou(b'Aeur uittgruA» 
et via* queq$ ao ima mergeeta : uifta ras 
concoitpacur. 
Fo2talvciu u.oei. 
Icem TEpiftoUs % bti Icrommi . 
lofepbü oe anctVuiicaeifodt bell© tusaico. 
VirgiUu. Terenriu. 
Scnieiniu fctipturaic. 
L\fc>2Ü ofefuonu beaa Äugufhm« 
Valmü iWajclmu. 

Veniat ao bofptdu 3119cm 



Abb. 38. Verlagtverteichms Je» Jobann M enteil in Strauburg, 
Nach den exoxig TothAft4cn*u Exemplar in der Huf- und Staatsbibliothek 



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436 



Meisner and Luther, Die Anfinge der Buchdruckerkanst etc. 



Enttäuschungen und Widerwärtigkeiten zu verlassen 
und an anderem Orte und unter anderen Verhält- 
nissen aufs neue anzufangen, zu denken, zu probieren, 
zu] schaffen. Sollte er nochmals den Fuss in eine 
fremde Stadt setzen? Seine Gedanken flogen ge- 
wiss lieber nach seiner Heimat hinüber, von der 
er nun schon beinahe ein Vierteljahrhundert ent- 
fernt geblieben war. Indessen vergingen noch Jahre, 
ehe wir Gutenberg in seiner Vaterstadt wiederfinden. 
Ob er in der Zeit von 1444 — 1448 noch in Strass- 
burg geblieben oder herumgewandert ist, um Neues 
zu sehen und zu lernen, was der Vervollkommnung 
seiner Kunst förderlich sein konnte, das wissen 
wir nicht 



lieh den 7)'/>endruct, welcher allein der Buch- 
druckerkunst ihre weltbewegende Bedeutung gegeben 
hat, erfunden. Klar stand ihm vor Augen, wie die 
einzelnen Lettern beschaffen sein mussten, um Halt- 
barkeit und Schärfe zum Druck eines grösseren 
Werkes zu besitzen; die Versuche gelangen ihm 
mehr und mehr, und endlich war das Schwerste 
erreicht, was ihm noch zur Vollendung seines 
Werkes gefehlt hatte : die Herstellung brauchbarer 
Lettern. In einen länglichen Stempel von hartem 
Metall hat Gutenberg damals die äusseren Umrisse 
der Type eingeschnitten, die inneren Teile der 
Buchstaben mit einer Kunze, deren Gebrauch wir 
bei den .Metallschnitten bereits kennen gelernt 




Abb. ;,'). Ucdenktafel am Hof mm G ensflciich in Maiai. 



Ärmer, als er eingezogen, verliess Gutenberg 
Strassburg. Was ihn nach Mains zurückzog, das 
war ausser der Liebe zur Heimat die berechnende 
Überlegung, dass er daselbst für seine immer noch 
keinen Erfolg aufweisenden Versuche Unterstützung 
finden würde, wohl aber auch die Absicht, wenn 
es gar nichts mit dem Buchdrucken würde, sich 
ganz der Goldschmiedekunst und der Anfertigung 
von künstlerischen Metallarbeiten zu widmen, für 
welche Beschäftigung er Geschick und Glück ge- 
zeigt hatte. Für die Ausübung eines solchen Ge- 
werbes aber war Mainz der richtige Ort, denn dort 
stand die Goldschmiedekunst, deren Zunft 29 Meister 
aufwies, in hoher Blüte. 

Vorerst aber wollte Gutenberg nochmals sein 
Glück mit der Vervollkommnung der Buchdruck- 
kunst versuchen. Hier in Mainz hat er thatsäch- 



haben, zurecht gemacht, dann diesen Stempel, der 
den Namen Patriu führt, etwa 1 — 2 mm in ein 
viereckiges Kupferstück eingetrieben und dieses 
dann genau rechtwinklig nach einem bestimmten 
Maasse abgefeilt. So erhielt er eine Form, die 
.\fiitrize genannt wird, und die er nun zum Giessen 
der Typen verwenden konnte. Dieses letztere ge- 
schah in der Art, dass die Matrize an dem Boden 
eines Hohlraums befestigt wurde, den wiederum 
zwei auseinander zu nehmende Hälften von Stahl 
umschlossen. War der Guss beendet, so teilte man 
diese Hälften wieder, und die Type mit dem an- 
schliessenden Kegel konnte herausgenommen wer- 
den. Ein nicht unwichtiges Erfordernis zur Her- 
stellung guter Typen war natürlich schon damals 
eine gute Giessmasse. die weder zu weich sein durfte, 
damit sie sich durch den Druck nicht leichi 



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Abb. 40. Denkmal Gillenbergs im Ganen der Kaiino-CeielUchaCi ni Mann. 



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438 



Meisner und Luther, Die Anfinge der Buchdruckerkunit etc. 



abnutzte, noch auch zu hart, damit sie das Papier 
beim Drucken nicht zerriss. Wie man jetzt 
das Schriftmetall aus Blei, Antimon, Zinn und etwas 
Kupfer herstellt, so ist Gutenberg gewiss bei dem 
Abschluss seiner Versuche auch schon dahin ge- 
langt, eine Metallmischung zum Guss zu verwen- 
den. In Bezug auf die Konstruktion der Drucker- 
presse brauchte Gutenberg in Mainz nicht mehr 
Neues zu erfinden, da eine ganze Anzahl der ver- 
schiedensten Pressen bei Tischlern und Metall- 
arbeitern in Gebrauch war. Auch für das Einlegen 
der Lettern in die Druckerpresse gab es bereits 
Muster in den Holzrahmen, in welchen die Holz- 
tafeldrucke, wenn sie aus mehreren Stücken be- 
standen, eingefügt wurden (Abb. 15). 

Wollte Gutenberg filr die Ausübung seiner neuen 
Kunst einen Genossen werben, so musste er den- 
selben von der Möglichkeit des Gelingens über- 
zeugen, und das konnte er am besten wieder da- 
durch, dass er ihm ein mit Typen gedrucktes Werk 
vorzeigte. Deshalb hat die Meinung, Gutenberg 
habe gleich nach seiner Rückkehr nach Mainz auf 
eigene Faust Druckversuche im kleinen gemacht, 
eine gewisse Berechtigung. Erst dann, als er sah, 
dass der Versuch gelang, fasste er den Mut, sich 
von neuem einem anderen zu nahem, der ihm die 
Mittel zur Ausführung vertrauensvoll zur Verfügung 
stellte. Dieser Mann war der Mainzer Bürger 
Johann Fust (Abb. 32 und 33), und die Zeit, in 
welcher Gutenberg zum erstenmale mit seiner aus- 
gestalteten und praktisch gefundenen Kunst sich 
jenem anvertraute, der August 1450, welches Jahr 
wir deshalb mit vollem Recht als das der Erfindung 
der Druckkunst mit beweglichen Typen ansehen 
müssen. 

Über Johann Fusts Lebensgeschichte vor seiner 
Verbindung mit Gutenberg ist wenig bekannt. Er 
galt in seiner Vaterstadt als ein sehr wohlhabender 
Mann, der sein Geld gern in industriellen Unter- 
nehmungen anlegte, um so mehr, als er durch 
seinen Bruder Jakob Fust, einen intelligenten Gold- 
schmied, in die verschiedensten Künste und Fer- 
tigkeiten der Goldschmiedezunft eingeführt worden 
war. Ab sich die beiden Männer, Gutenberg und 
Fust, einander näherten, wusste jeder, was er von 
dem anderen zu erwarten hatte; der eine wollte 
absolutes Vertrauen und Geld, der andere aber 
war Uberzeugt, dass er sein Geld keinem Unwerten 
gäbe. 

Der Gesellschaftsvertrag zwischen beiden, der 
leider nicht mehr im Wortlaut verhanden ist, wurde 
schriftlich in einem Zettel, d. h. einem doppelt 
geschriebenen und dann durch eine Bogenlinie ge- 
trennten Kontrakt, aufgesetzt. Durch denselben 
erhielt Gutenberg von Fust 800 Goldgulden zu 
6 Prozent Zinsen, „um damit das Werk zu voll- 
bringen", d. h. um alle die Geräte anzuschaffen, 
welche zu der Einrichtung einer Buchdruckerei 
gehörten. Diese Geräte sollten für Fust das Unter- 
pfand sein für das geliehene Geld. Wenn aber 
Gutenberg letzteres zurückzahlte, blieb die ganze 



Einrichtung sein Eigentum. Bei diesem Geschäft 
erscheint also Fust nur als hypothekarisch ge- 
schützter Geldgeber, während Gutenberg das Risiko 
des Unternehmens allein trug. Daneben aber ver- 
banden sich beide durch einen besonderen Kon- 
trakt zu einem gemeinsamen Werke, bei dem jeder 
die Hälfte des Schadens und des Nutzens hatte. 
Dies war die Ausnutzung der Gutenbergischen Er- 
findung, die Benutzung seiner Geräte, der Typen 
und der Presse zur Herstellung von Druckwerken. 
Dazu versprach Fust jährlich an Gutenberg 300 
Gulden zu geben, womit dieser die Kosten, Ge- 
sindelohn, Hausmiete, Anschaffung von Pergament, 
Papier und Druckfarben bestreiten sollte, löste aber 
diese Verpflichtung im Jahre 1452 durch die ein- 
malige Zahlung von weiteren 800 Gulden ab, für 
welche er laut seiner mundlichen Zusicherung keine 
Zinsen verlangte. Es unterliegt keinem Zweifel, 
dass das Unternehmen der beiden Männer die 
Herstellung von Büchern mit beweglichen Typen 
bezweckte, welch letztere von Gutenberg auf eigene 
Kosten hergestellt worden waren; dass femer dieser 
der alleinige Leiter und Techniker des Betriebes 
war, nachdem er bei den ersten Unterhandlungen 
seinem Gesellschafter bereits zum Druck brauch- 
bare Typen hatte vorlegen können. Nun sollte 
es ans Werk gehen. In dem Hofe Jungen", 
(Abb. 48), jetzt Nummer 3 der Franziskanerstrasse 
in Mainz, schlug Gutenberg seine Werkstätte auf. 
Dieses Haus hatte sein Oheim Henne Gensfleisch der 
Alte seit dem Oktober 1443 von dem ihm ver- 
wandten Ort zum Jungen fllr zehn Gulden jährlich 
gemietet und überliess nun Räume darin jenem 
zu seiner Arbeit Der Hof zum Jungen, welcher 
früher eine grössere Ausdehnung gehabt hat, bietet 
noch jetzt das Aussehen eines alten Hauses, wie- 
wohl er gegen Mitte des XVII. Jahrhunderts um- 
gebaut worden ist 

Dort hat man nun bei dem Ausgraben eines 
Kellers im Jahre 1856 unter Trümmern und 
Ofenkacheln ein viereckiges Stück Holz ge- 
funden, vier Fuss lang und etwa einen halben 
Fuss breit, in der Mitte mit einem Schraubenloch 
versehen, mit der Inschrift J. MCDXLL G. Letztere 
deutete man sofort auf die Anfangsbuchstaben des 
Namens Johann Gutenberg, welche die Jahreszahl 
1441 umgeben, und glaubte in dem Holze selbst 
ein Stück der ersten Druekerpresse Gutenbergs 
gefunden zu haben, die der vorerwähnte Konrad 
Sahspach in Strassburg angefertigt hatte. Da um 
das Holzfragment andere Holzstücke lagen, suchte 
man aus denselben diejenigen heraus, welche etwa 
zu einer Druckerpresse hätten passen können, und 
rekonstruierte mit ihrer Hilfe, so gut es ging, eine 
solche (Abb. 36). Nun ist es ja immerhin mög- 
lich, dass Guten berg in jenen Kellerräumen, die 
damals nicht tief unter dem Strassenniveau gelegen 
haben mögen und, wie noch Spuren beweisen, recht 
gut eingerichtet waren, gearbeitet hat; aber das Be- 
denkliche bei der Bestimmung der Holzfragmente 
zu einer Gutenbergischen Druckerpresse bleibt in 



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Mciancr ond Luther, Die Anfinge der Buchdruckerkunst etc. 



439 



der Inschrift der Buchstabe des Vornamens, welcher 
damals nicht Johann, sondern stets Henne oder 
ähnlich geschrieben worden ist 

Es rauss ja nun von hervorragendem Interesse 
sein, die ersten Drutkversuehe Gutenbergs, durch 
welche er seinen Gesellschafter und Geldgeber 
Fust von der Möglichkeit, Bücher mit Typen zu 
drucken, Uberzeugte, kennen zu lernen. Gewiss 
trug sich Gutenberg damals schon mit grossen 
Plänen der Herstellung umfangreicher Werke, als 
deren edelstes und grösstes ihm die Bibel galt; 
allein um solche fertigzustellen, fehlten ihm die 
Menge notwendiger Lettern, die wiederum Zeit 
und Geld beanspruchten. So war er genötigt, sich 
nach einem kleineren Werke umzusehen, zu dessen 
Druck nicht zu viel Lettern nötig waren und 
welches dennoch grossen Absatz versprach. Das 
waren die unter dem Namen der Donatt in den 
Schulen der damaligen Zeit gebrauchten Lehr- 
bücher der lateinischen Sprache, die wir bereits 
bei Gelegenheit der Besprechung der Holztafel- 
drucke kennen gelernt liaben. Man hat Frag- 
mente von Donaten gefunden, welche als die 
Überreste der ersten Druckversuche Gutenbergs 
mit losen Typen gelten können (Abb. 26). Allein 
welches Fragment wiederum das älteste ist, darüber 
gehen die Meinungen noch auseinander. Im allge- 
meinen wird man wohl den beiden Pergamentblättern 
mit je siebenundswansig Zeilen eines Donatdruckes 
(Beilage), welche als Umschlag einer alten Rech- 
nung in Mainz gefunden worden sind und jetzt in 
Paris aufbewahrt werden, den Vorrang des Alters 
lassen müssen. Die Aufmerksamkeit, welche die 
Specialforschung diesen Blättern schenkte, ergab 
manchen Anhalt zu jener Annahme. Man fand, 
dass die ersten neun Zeilen des Fragmentes mit 
sehr weichen Blei typen, die sich schnell abgenutzt 
haben, gedruckt sind, dass weiter die nächsten 
neun Zeilen weniger abgenutzte, die diesen fol- 
genden sechs Zeilen neue, zum erstenmal in Ge- 
brauch genommene Typen zeigen, dass endlich 
die drei letzten Zeilen mit Typen gedruckt sind, 
welche aus einer besseren Metallmischung her- 
gestellt wurden. Es ist ferner festgestellt, dass die 
Pariser Donatfragmente mit denselben Typen 
gedruckt sind, wie die sogenannte 3 6 zeilige 
Bibel, und endlich hat man aus der alten 
handschriftlichen Notiz, „Heydersheim 1451" 
auf einem der Blätter auf das wahrscheinliche 
Jahr der Ausgabe des Donatdruckes schliessen 
wollen. Ein anderes Donatfragment, der sogenannte 
30 /.eilige Donat, ist mit denselben Typen, wie der 
ersterwähnte gedruckt, hat also ein etwas grösseres 
Format gehabt, woraus man schliessen will, dass 
dieses Produkt der Gutenbergischen Presse jüngeren 
Ursprungs ist. Ausser diesen beiden Überresten 
des Donat befindet sich in Paris noch ein anderer, 
der 35 zeilige, welcher dieselben Typen zeigt, wie 
die sogenannte 42 zeilige BibeL 

Wenn wir nun daran festhalten, dass die Donat- 
fragmente die ersten Produkte der Gutenbergischen 



Presse in Mainz sind, so ergiebt sich aus diesen 
wenigen Resten mancher Anhalt, wie sich die 
ersten Versuche, mit Typen zu drucken, entwickelt 
haben. Dass Gutenberg von Johann Fust Geld 
zur Einrichtung einer Druckerei lieh, ist oben er- 
wähnt; mit diesem Gelde stellte er die Typen her, 
welche er zum Druck des ersten Donat benutzte; 
die Typen waren also sein Eigentum. Der Zweck 
des ersten Donatdruckes war eine Spekulation, 
weniger auf Gewinn durch den Vertrieb des Buches, 
als vielmehr auf weitere Geldvorschüsse seitens 
Fusts; dieser sollte von der Möglichkeit eines 
Buchdruckes überzeugt und bewogen werden, zu 
dem grossen Unternehmen eines Bibeldruckes, 
welches Gutenberg plante, die nötigen Geldmittel 
als Teilnehmer an dem Unternehmen zu gewähren. 
Dies scheint Gutenberg durch die Donatdrucke, 
welche sich überdies noch als eine gute Einnahme- 
quelle herausstellten, gelungen zu sein; denn die Vor- 
bereitungen zu dem grossen Bibeldrucke, zu welchem 
man natürlich eine grosse Anzahl Typen giessen, 
ebenso Papier und Pergament ankaufen musste, 
begannen thatsächlich bald nach der Ausgabe des 
ersten Donates. 

Dass Gutenberg inmitten dieser Vorbereitungen 
noch Zeit gefunden haben soll, ein anderes Werk, 
welches unter dem Namen des Rosenthalschen 
Missale speciale erst vor kurzem bekannt geworden 
ist, vorzubereiten, hat wenig Wahrscheinlich- 
keit Und doch will man dieses Missale als den 
ersten Gutenbergischen Druck bezeichnen, setzt 
seine Entstehung in die Zeit vor 1450 und sieht 
darin einen Vorläufer des berühmten Psalteriums 
von Peter Schöffer aus dem Jahre 1457 (vergl. 
Z. f. B. 1899, Heft 10 u. ff.). Gegenüber dieser 
Ansicht fehlt es auch nicht an gewichtigen 
Stimmen, welche den Druck des Missale als die 
Arbeit eines ungeübten Gehilfen Peter Schöffers, 
der vielleicht bei der Herstellung von dessen 
Psalteriumsausgaben geholfen und durch irgend 
einen Zufall Stempel oder Matrizen seines Meisters 
in Besitz bekommen hat, hinstellen und seine 
Entstehungszeit in die sechziger Jahre des 
XV. Jahrhunderts setzen. Noch stehen sich die 
Meinungen ungeklärt gegenüber; aber selbst, wenn 
das Missale nicht von Gutenberg oder Schöffer 
gedruckt, sondern erst in einer späteren Zeit ent- 
standen ist, so bleibt es doch immer ein bemerkens- 
wertes Druckerzeugnis aus der Inkunabelzeit. 

Ehe wir nun auf das grosse Werk des Bibel- 
druckes durch Gutenberg und Fust ausführlicher 
eingehen, ist es besser, diejenigen kleineren Drucke, 
welche aus der Gutenbergischen Offizin vor der 
Vollendung des Bibeldruckes hervorgingen, näher 
zu betrachten. Wie für die Donate, so bot sich 
ein ähnliches grösseres Absatzgebiet, worauf es 
jetzt zunächst den beiden Gesellschaftern ankam, 
durch den Druck von Ablassbriefen. Geschäfts- 
gewandt benutzten beide, Gutenberg und Fust, 
eine sich darbietende Gelegenheit, ihre Buch- 
druckerei in den Dienst der Kirche zu stellen, als 



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440 



Meisner und Luther. Die Anfinge der Buchdruckerkunst etc. 





Abb. 41. Guteiiberg-Priikmal in Siraliburg. 



dieselbe einen dreijährigen Ablass allen denen 
versprach, welche durch den Kauf eines Ablass- 
briefes Geld gegen die drohende Türkengefahr 
zusammenbringen helfen würden. Von diesen 
Ablassbriefen sind eine ganze Anzahl erhalten 
geblieben, von denen neunzehn 31 Zeilen und 
fünf 30 Zeilen Text enthalten. Aus diesem Um- 
stand ergiebt sich, dass zweierlei Drucke der 



Ablassbriefe gefertigt worden sind; die grossen 
Typen des ersten Druckes sind die der 36 zeiligen 
Bibel, also auch die des ältesten Donatfragmentes, 
welches wir als aus der ersten Gutenbergischen 
Offizin herstammend angenommen haben; die 
grossen Typen des zweiten Druckes sind die 
der 42 zeiligen Bibel. Die anderen, kleineren 
Typen der Ablassbriefe zeigen eine ganz neue 



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Meisner und Luther, Die Anfänge der Buchdruckerkunst etc. 



44I 



Gattung; sie schliessen sich an die damals an- 
gewandte Kanzleikursivschrift eng an und scheinen 
auf direkten Wunsch der päpstlichen Ablasskanzlei, 
als deren Bevollmächtigter Paulinus Chappe nach 
Deutschland gekommen war, geschnitten worden 
zu sein, wohl aus dem Grunde, weil die Käufer 
der Ablassbriefe an diese Kanzleischrift durch die 
vordem geschriebenen Briefe gewöhnt waren. Wes- 
halb man zwei verschiedene Drucke der Ablass- 
briefe hergestellt hat, kann seinen Grund nur 
darin haben, dass zwei verschiedene Auftraggeber 
vorhanden waren; wirklich hat die genauere Unter- 
suchung auch ergeben, dass die 3 1 zeiligen Ablass- 
briefe ausschliesslich für die Erzdiöcese Mainz, 
die 30 zeiligen aber für die Erzdiöcese Köln her- 
gestellt wurden. Und diese Thatsache legt die 
Annahme nahe, dass zwei Druckereien mit der 
Herstellung der Briefe betraut worden sind; jedoch 
sprechen innere Gründe dagegen und es ist mit 
grösster Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass Guten- 



berg, nachdem er seinen ersten Auftrag auf Her- 
stellung der Briefe ausgeführt hatte, mit den ge- 
druckten Briefen selbst auch die Typen seinem 
Auftraggeber ausgehändigt habe; dass er darauf 
aber, als er von Köln aus einen neuen Auftrag 
erhielt, schnell durch einen anderen Typenschneider 
neue Lettern zum Druck herstellen liess. Dadurch 
würde sich auch erklären, dass die ersten Typen 
wesentlich besser, die zweiten Typen der Ablass- 
briefe aber sehr flüchtig und ungleichmässig ge- 
arbeitet sind. 

Wie so vieles in der Geschichte der aller- 
ersten Drucke auf Kombinationen beruht, so hat 
man deren auch in Bezug auf die Herstellung 
der beiden Typenarten der Ablassbriefe versucht, 
und zwar mit Glück. Die ersten Typen hat 
Gutenberg durch einen geübten Kalligraphen schnei- 
den lassen, vielleicht durch den talentvollen Peter 
Schliffer (Abb. 37) selbst, mit welchem er also 
damals schon in Geschäftsverbindung gewesen wäre. 




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442 



MoUner and Luther, Die Anfinge der Buchdrackerkuiut etc. 



Da aber die zweiten Typen der Ablassbriefe sicher 
nicht von diesem geschnitten worden sind, so mlisste 
in der Zeit zwischen 1454 und 1455 bereits eine 
Entfremdung zwischen Gutenberg und Schöffer ein- 
getreten sein, und diese hätte sehr wohl dadurch 
herbeigeführt werden können, dass Johann Fust 
damals in Peter Schöffer den Mann erkannte, den 
er besser als Gutenberg zu der Weiterfiihrung seiner 
grossen Unternehmungen brauchen konnte. So 
bieten die gedruckten Ablassbriefe Anlass zur 
Prüfung wichtiger Thatsachen aus der Geschichte 
der ersten Typendrucke; sie haben aber auch 
andererseits dadurch Bedeutung für diese, weil sie 
die ersten bekannten Drucke mit einer gedruckten 
Zeitangabe sind. Während, wie wir oben bemerkten, 
für Ort und Tag ein Raum zu handschriftlicher 
Einzeichnung leer gelassen worden ist, erscheint die 
Jahreszahl in beiden Arten der Ablassbriefe ge- 
druckt, und zwar als 1454 und 1455, so dass der 
Satz also während dieses Zeitraums stehen geblieben 
und ausser kleinen Abänderungen die neue Jahres- 
zahl zu richtiger Zeit eingefügt worden ist Das 
früheste Datum, welches handschriftlich auf den 
noch erhaltenen Ablassbriefen vorkommt, ist der 
12. November 1454, das späteste der 30. April 
1455, gerade der Endtermin des vom Papste 
bewilligten und am i.Mai 1452 begonnenen drei- 
jährigen Ablasses. 

In derselben Zeit, wie die Ablassbriefe, wurde 
auch das erste datierte Buch in der Gutenbergischen 
Offizin gedruckt Es ist dies die „Mahnung der 
Christenheit wider die Türken"' vom Jahre 1455 
(Abb. 1 9). Nur ein einziges Exemplar davon, welches 
aus dem Jesuitenkloster in Augsburg stammt, ist 
erhalten geblieben und wird in der Königlichen 
Hof- und Staats-Bibliothek in München aufbewahrt. 
Das Schriftchen besteht aus sechs Quartblättern, 
von denen neun Seiten bedruckt sind; die Seiten 
haben je 20 oder 21 Zeilen. Der Text des un- 
bekannten Autors ist in deutschen Keimen von un- 
gleicher Länge abgefasst und beginnt mit einem 
Gebete, an dessen Schlüsse sich die Angabe be- 
findet: „2Us man 3clct nach, feiner gehurt offenbar 
MCCCCLV iar Sieben moaVii unö IUI öage bo by 
Von natitatts bis cjto mid?i." Es folgen darauf in 
zwölf Abteilungen, deren jeder der Name eines 
Kalendermonats nach ihrer Reihenfolge vorgesetzt 
ist, die Mahnungen zum TUrkenkriege an den Papst, 
den römischen Kaiser, die Könige, Erzbischöfe, 
Bischöfe, Herzöge und freien Städte, endlich noch 
unter dem Monat Dezember die Erzählung von der 
bevorstehenden Gefahr durch die Türken, und 
am Schiuss der Wunsch: „£yn gut fclig nuroc 
3ar". Die Typen dieser Schrift sind diejenigen, 
welche Gutenberg für die ältesten Donate und 
die 36 zeilige Bibel anwandte, nur zwei eingemalte 
Initialen finden sich am Anfange des Gebetes und 
der Abteilung des Hartmonds (Januar). 

Unterdessen schritt der Bibeldruck, welchen 
Gutenberg und Fust gemeinsam unternahmen, 
immer weiter fort. Wann er begonnen hat, wissen 



wir nicht; denn eine Notiz der Koelhofrschen 
Kölner Chronik vom Jahre 1499, dass man im 
Jahre 1450 das erste Buch zu drucken begann 
und dass dies die Bibel in lateinischer Sprache 
gewesen ist, für deren Druck man eine „grobe" 
Schrift, wie die in den Messbüchern anwandte, 
hält einer kritischen Untersuchung nicht stand. 
Wahrscheinlicher ist es, den Beginn des Bibel- 
druckes in das Jahr 1453 und die Beendigung 
desselben in das Jahr 1456 zu setzen. Es ist 
auffallend, dass die höhere Geistlichkeit, besonders 
die der grössten Diözese Deutschlands, dem Bibel- 
druck so wenig Interesse entgegengebracht hat, 
während sie sich doch um den Druck der Ab- 
lassbriefe so sehr bemühte. Das immer wieder 
vorgenommene Abschreiben der Bibel hatte den 
Text derselben in hohem Grade verderbt, so dass 
fast kein Exemplar genau dem anderen mehr 
glich. Dieser Missstand war den Kirchenbehörden 
bekannt und hatte bereits zu wiederholten Re- 
visionen der im Mittelalter allgemein gebrauchten 
sogenannten Biblia Alcuini oder Caroli Magni ge- 
führt Hätte man den Satz des Bibeltextes einer 
genauen Korrektur unterworfen und dann gedruckt, 
so wäre auf einmal ein gleichlautender Text der 
Bibel in vielen Exemplaren vorhanden gewesen. 
Aber die Kirche kümmerte sich nicht weiter da- 
rum, sondern Uberhess den Bibeldruck ganz und 
gar der Privatspekulation, Für diese war es ein 
teures Unternehmen, denn nun galt es Papier und 
Pergament zu besorgen, sowie neue Typen in etwa 
hundert neuen Arten mit allen Abkürzungen und 
Buchstabenverbindungen zu giessen, auch den 
neuen Druck dem handschriftlichen Bibeltexte so 
viel als möglich in Ausstattung und Format an- 
zuschliessen. 



Aus der Zeit der Druckerthätigkeit Gutenbergs 
sind noei verschiedene Bibeldrucke uns erhalten ge- 
blieben, beide undatiert und beide mit einem An- 
recht auf die Priorität Darüber hat sich ein 
durch lange Zeit hindurch geführter Streit erhoben, 
der erst vor kurzem durch die eingehenden kriti- 
schen Untersuchungen Professor Dziatzkos ab- 
geschlossen worden ist Dziatzko hat von den 
beiden Bibeldrucken, welche in dem Streit um die 
Priorität in Betracht kommen und die man nach 
der Zahl der auf einer Seite befindlichen Druck- 
zeilen die 42 zeilige und die 36 zeilige nennt der 
ersteren das Vorrecht des Alters eingeräumt und sie 
allein als das Werk der Geschäftsverbindung 
Gutenbergs mit Fust erklärt, während die 36 zeilige 
Bibel nur ein Nachdruck jener ist Die Guten- 
berg-Fustsche Bibel enthält 64 t Blätter, zu denen 
in einigen Exemplaren noch vier Blätter Rubriken- 
verzeichnis hinzukommen; jede Seite enthält in 
der Regel 42 Zeilen in zwei Kolumnen 
gedruckt Varianten, die aber keinen besonderen 
Druck des Ganzen darstellen, sind vorhanden; so 
giebt es z. B. einzelne Exemplare, in denen die 



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443 



ersten neun Seiten 40 Zeilen auf jeder Kolumne, 
die tehnte Seite 41, die Übrigen 42 Zeilen haben, 
ausgenommen wieder die Blätter des Buches der 
Maccab'äer mit je 40 Zeilen. Von dieser Bibel, 
welche in ihrer typographischen Ausführung eine 
Kostbarkeit ersten Ranges ist, sind noch 31 Exem- 
plare, und zwar 10 auf Pergament, 21 auf Papier 
gedruckte, vorhanden. Man nimmt an, dass die 
ganze Auflage nicht grösser als 100, wovon ein 
Drittel auf Pergament gedruckt ward, gewesen ist 
Natürlich haben sich die grössten BUchersammlungen 
bemüht, Exemplare dieses seltenen und prächtigen 
typographischen Werkes in ihren Besitz zu be- 
kommen, und wirklich ist es den meisten gelungen. 
So haben Berlin, London, Paris und Rom, Dresden, 
Leipzig und Göttingen, Fulda und Kloster St. Paul 
in Österreich Pergamentexemplare der 42 zeiligen 
Bibel, wahre Cünelien, denn jedes Exemplar re- 
präsentiert einen Wert von 70000 — 100000 M., 
je nachdem sie mit Miniaturen geschmückt und 
künstlerisch illuminiert oder rubriziert sind. Denn 
nach dem Druck war das Werk noch nicht voll- 
endet; die leeren Räume zu Anfang eines Ab- 
schnittes füllte der Kalligraph mit hübschen 
Initialen aus, dann kam der Rubrikator, oft die- 
selbe Person mit jenem, welcher die Abschnitte 
oder bedeutenden Wörter durch rote Farbe her- 
vorhob, und endlich der Ligator, der das Buch 
einband. Einem Manne, der alle diese drei 
Arbeiten selbst an einem Bibeldruck Gutenbergs 
vornahm, dem Vikar an der Kollegialkirche in 
Mainz Heinrich Albech alias Cremer, verdanken 
wir eine wichtige Notiz über die Zeit der Voll- 
endung des Druckes. In das jetzt in Paris be- 
findliche Exemplar der 42 zeiligen Bibel schrieb 
er nach der Gewohnheit der Rubrikatoren zwar 
nichts davon, wer den Druck verfertigt habe, wohl 
aber, dass er selbst mit der niuminierung und 
dem Einbinden des zweiten Teiles der Bibel am 
Feste der Himmelfahrt Mariä, am 15. August, des 
ersten Teiles am Tage Bartholomäi, am 24. August, 
des Jahres 1456 fertig geworden wäre. 

Drei Jahre also war Gutenberg mit dem Drucke 
der Bibel beschäftigt. Unter seinen Helfem hatte 
er mit Scharfblick die Tüchtigkeit eines einzelnen 
erkannt, des Prtcr Schöffer von Gernsheim, dessen 
Talent als Typenschneider bereits bei der Er- 
zählung von dem Druck der Ablassbriefe Guten- 
bergs Erwähnung gethan worden ist. Zu gleicher 
Zeit aber hatte auch Fust sein Auge auf den 
jungen Mann gerichtet, den er für wohl geeignet 
hielt, an Gutenbergs Stelle mit ihm weitere Druck - 
Unternehmungen zu vollenden. Ungewollt hat 
Schöffer den ersten Anlass zu Misshelligkeiten ge- 
geben, welche zwischen Gutenberg und Fust sich 
einstellten, noch ehe der Bibeldr.ick vollendet 
war. Fust gelang es, den tüchtigen Gehilfen 
seinem Geschäftsteilhaber abspenstig zu machen. 
Als er glaubte, dass jener so viel von der Druck- 
kunst verstehe, dass er der Beihilfe Gutenbergs 
vollständig entbehren könne, zog er Schöffer durch 



die Aussicht, sein Schwiegersohn und Kompagnon 
werden zu können, ganz auf seine Seite. Um 
Gutenberg los zu werden, gab es für Fust das 
einfachste Mittel; er verklagte ihn auf Rückzahlung 
der geliehenen Gelder. Das waren die 800 Gulden, 
die er ihm zuerst zur Einrichtung einer Druckerei 
gegeben hatte, nebst 250 Gulden Zinsen auf un- 
gefähr filnf Jahre; dazu kamen weitere 800 Gulden, 
welche Fust als Betriebskapital für das gemein- 
same Unternehmen des Bücherdruckens hergegeben 
hatte, nebst 140 Gulden Zinsen dafür, endlich 
noch 36 Gulden Zinseszins. Das machte die statt- 
liche Summe von 2026 Gulden, die Gutenberg 
nicht zahlen konnte. Dieser verteidigte sich auf 
die Klage Fusts, so gut er konnte. Er wies zu- 
nächst nach, dass er die ersten 800 Gulden nicht 
voll und, wie es vertragsmässig ausgemacht war, 
auf einmal erhalten, dass Fust ferner ihm gegen- 
über mündlich auf jegliche Zinsen dafür verzichtet 
habe. Die zweiten 800 Gulden aber dürfe Fust 
Uberhaupt nicht zurückfordern, da dieser sie zum 
Betrieb des gemeinsamen Unternehmens her- 
gegeben habe, sondern er könne nur Abrechnung 
darüber verlangen, welche Gutenberg willig leisten 
wolle. Das Gericht erkannte, dass Gutenberg 
solche Rechnung legen sollte; wenn sich daraus 
ergeben würde, dass er mehr Geld erhalten als 
ausgegeben oder zu seinem eigenen Nutzen ver- 
wandt habe, so solle dieser Überschuss an Fust 
ausgezahlt werden. Dieser hingegen müsse durch 
einen Eid bekräftigen, dass er das Geld, welches 
er Gutenberg gab, nicht von seinem eigenen Ver- 
mögen genommen, sondern selbst auf Zinsen ge- 
liehen habe; in diesem Falle freilich sei Gutenberg 
verpflichtet, auch die verlangten Zinsen zu zahlen. 

Während Gutenberg die verlangte Rechnung 
bis zu dem bestimmten Tage nicht legte, erklärte 
sich Fust zur Eidesleistung bereit. Dies geschah 
vor dem Notar Ulrich Helmasperger am 6. No- 
vember 1455, und ein Glücksfall hat es gefügt, 
dass dieses Notariatsinstrument, welches neben 
dem Eide Fusts auch noch seine Klage, Guten- 
bergs Entgegnung und das richterliche Erkenntnis 
enthält, uns erhalten geblieben ist. 

Was aus dem Prozess Fusts gegen Gutenberg 
weiter geworden ist, wissen wir nicht. Keinesfalls 
aber konnte letzterer auch nur die ersten 800 
Gulden zurückzahlen und ging dadurch seines 
besten Werkzeuges, der Typen zum Druck der 
42 zeiligen Bibel und wahrscheinlich auch neuer 
kostbarer Typen, die später von Fust und Schöffer 
zum Psalterium verwandt wurden, verlustig; denn 
nach dem Vertrage zwischen Gutenberg und Fust 
bildete das „Geräte" des enteren das Unterpfand 
für die endiehene Summe. Auf diese Weise war 
es den neuen Gesellschaftern nicht schwer, ihre 
Buchdruckerei, welche sie sich schon im Jahre 1454 
im Hofe tum Humbrecht (Abb. 46) gegenüber 
dem Barfüsserkloster eingerichtet hatten, mit brauch- 
barem Geräte hind hübschen Typen auszustatten. 
Hier wurde der Druck der 42 zeiligen Bibel von 



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444 



Mettner und Luther, Die Anfänge der Buchdruckerkunst etc. 



Peter Schöffer vollendet Es ist viel zu Ungunsten 
dieses Mannes geschrieben worden und viel spricht 
gegen ihn, weil er mit dem schlau berechnenden 
Kapitalisten Fust einen Vertrag einging, der sich 
die Ausnutzung der Erfindung Gutenbergs und 
seiner Zwangslage zur Aufgabe machte. Allein 
wirft auch der Prozess Fusts gegen Gutenberg 
auf ersteren kein gutes Licht, so deutet nichts 
darauf hin, dass Schöffer sich dazu gebrauchen 
Hess, gegen seinen Lehrer Gutenberg schroff oder 
gar hinterlistig aufzutreten. Jedenfalls besass er 
ein Talent, welches dasjenige Gutenbergs im Fall 
der Not ersetzen konnte. Als letzterer bemUht 
war, seinem Partner Fust die Möglichkeit und 



giessen. Da die Typen der Schöfferschen Offizin 
viel regelmässiger und schärfer sind als die der 
Gutenbergischen, so hat man eben angenommen, 
die Matrizen zu letzteren seien gegossen, zu ersteren 
geschlagen gewesen. 

Nachdem die 42 zeilige Bibel im Jahre 1456 
vollendet worden war, ging Schöffer sofort an ein 
neues grosses Werk, zu welchem er wahrscheinlich 
die Typen schon fertig liegen hatte. Es war dies 
das Psalterium, nicht nur das schönste und voll- 
endetste Monument der kaum erstandenen Kunst, 
sondern auch das erste Druckwerk überhaupt, 
welches durch die Angabe des Druckers, des Druck- 
ortes und der Erscheinungszeit eine vollständige 




Abb. 4}. Hof ..Zum Gillenberg" in Maiiu. 



Rentabilität des Buchdruckens vermittelst beweg- 
licher Typen vorzuführen, im Jahre 1449, befand 
sich Schürfer als Kalligraph an der Universität 
Paris, kam wahrscheinlich gegen 1452 nach Mainz, 
wo er zunächst als Gehilfe von Gutenberg mit 
Typenschneiden, dann auch als Setzer und Drucker 
beschäftigt wurde. Durch die Verheiratung mit 
Fusts Tochter Christine wurde er dessen Geschäfts- 
teilhaber und eigenüicher Geschäftsleiter, denn Fust 
gab nach wie vor nur das Geld und bemühte 
sich gar nicht, in die Technik des Druckens ein- 
zudringen. Was aber von den grossen Verbesse- 
rungen des Typendruckes durch Peter Schöffer 
(iberliefert ist, kann man nur mit grosser Vorsicht 
aufnehmen, besonders die Nachricht, dass er und 
nicht Gutenberg zuerst auf den Gedanken ge- 
kommen ist, den in einen Stempel erhaben ein- 
geschnittenen Buchstaben (Patrize) in eine Form 
(Matrize) einzuschlagen, statt diese letztere zu 



Datierung enthält. Am Schluss des Psalteriums 
steht dieselbe, die aus dem Latein Ubersetzt fol- 
gendermassen lautet: Vorliegende Sammlung der 
Psalmen, mit schimen Kapitalbuchstaben geschmückt 
und nach Rubriken genügend abgeteilt, ist durch die 
künstliche Erßnttung des Druckens ohne Hilfe der 
Feder also gefertigt und zur Verehrimg Gottes nach 
vieler Mühe und Arbeit tu stände gebracht worden 
durch Johann Fust, einen Mainzer Bürger, und 
Peter Schößer von Gernsheim im Jahre des Herrn 
1457 am Vorabende von Mariä Himmelfahrt. Die 
beiden Gesellschafter hatten mit dem Druck des 
Psalteriums einen ganz guten Gedanken gehabt; 
denn solche Psalterien brauchte man überall in 
den Kirchen, bei der Messe und zum Chorgesang. 
Man hat sich also dieselben als Choralbücher vor- 
zustellen, die deshalb auch nicht etwa alle Psal- 
men, sondern nur deren 23 enthielten und auch 
diese nicht in der Ordnung der Bibel, sondern in 



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Meitner und Luther, Die Anfänge der Buchdruckerkunsi etc. 



445 



<J 



Abb. 44. Relief am C u ten be f g - Ue nk m al in Main*. 
Outenberg leigt Sch'irTer. der ein« Hvltiafel mit eingeschnittenen 
Buchttaben h-.lt, bewegliche Typen. 

der Reihenfolge, wie sie im Chor pflegten ge- 
sungen zu werden. Bisher hatte man geschriebene 
Psalterien benutzt, mit grossen und deutlichen 
Buchstaben, so dass der Text von den Priestern 
in der Messe und von den Chorsängern auf weitere 
Kntfernung gelesen werden konnte. Noch giebt es 
deren in Mainz, die aus dem dortigen Karmeliter- 
kloster stammen und von einem Mönche im Jahre 
M34 geschrieben sein sollen. Nur mit Mühe ver- 
mag man ihre Schrift von Druckschrift zu unter- 
scheiden, so schön und gleichmässig sind die ein- 
zelnen Buchstaben ausgeführt Da die letzteren 
sowohl, wie auch besonders die Initialen denen 
des Fust-Schöfferschen Psalteriums ähneln, so liegt 
es nahe, daran zu denken, dass Schöffer die ge- 
schriebenen Choralbücher des Karineliterklosters 
in Mainz gekannt und als Vorbild für sein eigenes 
Werk gebraucht hat Wahrscheinlich sind Uber- 
haupt nur zwölf bis fünfzehn Exemplare des Psal- 
teriums gedruckt worden, die zum grössten Teil 
in Mainz blieben ; drei davon besass das St Victor- 
Stift, ein viertes das Domstift, ein fünftes besassen 
die Benediktiner. Neun Exemplare sind bis 
auf uns gekommen. Das schönste, wahr- 
scheinlich das Mainzer Domexemplar, erwarb 
um 7000 Gulden die Berliner Bibliothek und 
besitzt damit einen Schatz, der jetzt auf 200000 
Mark bewertet wird; ein Exemplar in Wien ist 
ganz ungebraucht, so wie es aus der Offizin 
hervorgegangen ist; andere Exemplare befinden 
sich noch in Darmstadt, Dresden, der Rylands- 
Bibliothek zu Manchester, London und Paris. 
Alle Exemplare sind auf Pergament gedruckt, 
haben aber verschiedenen Umfang, von 137 bis 
175 Blättern, je nachdem wahrscheinlich die 
einzelnen Kirchen mehr oder weniger Psalmen 
bei ihrem Gottesdienste brauchten. Das erste 
Blatt hat auf der Vorderseite neunzehn Zeilen, 
von denen die erste und dritte Zeile rot gedruckt 
ist Mit der vierten Zeile fängt der erste Psalm 
an, der bei der Frühmesse zuerst gesungen 
wurde: „Beatus vir qui non abiit" etc., d. h. 



„Wohl dem der nicht wandelt im Rate der Gott- 
losen" etc. Der Anfangsbuchstabe B ist eine 
der schönsten Initialen, die es Uberhaupt giebt 
Im ganzen sind in dem Psalterium fünf ver- 
schiedene Typen vertreten, nämlich die 288 
farbigen Initialen, die wieder in drei verschiedene 
Gattungen zerfallen, dann die Kapitalbuchstaben, 
am Anfang jedes Verses rot gedruckt, weiter 
die Typen der Psalmen, die etwas kleineren 
Choraltypen und endlich die noch kleineren 
Typen der Schlussschrift Dass Fust und Schöffer 
mit dem Psalterium ein besseres Geschäft machten 
als mit ihrer Bibel, beweist die Thatsache, dass 
bald neue Auflagen nötig wurden, von denen 
die nächste 1459, darauf eine neue 1490, ferner 
1502 als letzter Druck Peter Schöffers, endlich 
noch 1515 (vergl. Z. f. B. 1 899, Heft 9) und 1516, 
von seinem Sohn Johann Schöffer veranstaltet, 
erschienen. 

Solchem kostbaren Druckerzeugnis, wie es das 
Psalterium Fusts und Schüffers war, gegenüber 
hatte Gutenberg einen schweren Stand. Wohl 
war ihm die Fähigkeit des Ausdenkens neuer 
Pläne und die Energie des Schaffens geblieben, 
aber es fehlte ihm an Geldmitteln und wohl auch 
in der ersten Zeit an Gehilfen. Die besten Typen 
waren gepfändet, nur die alte Donattype, die, wie 
wir gesehen haben, bereits in einzelnen Abschnitten 
der Donate abgenutzt erscheint, war sein Eigen- 
tum. Er versuchte schnell durch neuen Guss 
diese Typen zu vermehren und zu verbessern und 
ging dann selbständig an den Druck eines neuen 
Werkes, der sogenannten 36 seiligen Bibel. Als 
Vorlage diente ihm dazu, wie verschiedene Satz- 
fehler beweisen, ein nicht rubriziertes Exemplar 
der von ihm selbst begonnenen und von Fust- 
Schöffer zu Ende geführten 42 zeiligen Bibel Vier 
verschiedene Papiersorten zeigen, wie der Druck 
der neuen Gutenbergischen Bibel an vier Stellen 
zugleich begonnen hat, die abgenutzten Typen auf 
einzelnen Blättern, wie mangelhaft die typographische 




Abb. 45. Relief am Gutenberg-Denkmal in Maine 
Gillenberg uchi einen fertigen Druckbogen durch. 



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Meiiner und Luther, Die Anfinge der BuchdrucVerkuMt etc. 



Ausrüstung war (Abb. 18). Nur neun, zum Teil 
unvollständige Exemplare dieser 36 zeiligen Bibel 
sind erhalten geblieben und befinden sich in 
Leipzig, Wien, Stuttgart, Jena und Wolfenbuttel, 
ferner in Paris und Antwerpen, endlich in London 
und in der Bibliothek des Lord Spencer (Ryland- 
Bibliothek). Vollständige Exemplare enthalten 
882 Blätter. Noch weniger Geschäfte als Fust 
und Schöffer mit ihrer 42 zeiligen machte Guten- 
berg mit seiner 36 zeiligen Bibel, da sich auch 
gegen diese die Kleriker, trotzdem jener unter 
ihnen viele Freunde hatte, anfangs ablehnend ver- 
hielten. Ein solcher Misserfolg brachte es zuwege, 
dass Gutenberg auch diese Typen mitsamt der 
ganzen Bibelauflage um das Jahr 1458 an den 
Bamberger Buchdrucker Albrecht Phster, der wahr- 
scheinlich bei dem Druck selbst geholfen, viel- 
leicht auch mit bescheidenen Mitteln ihn unter- 
stützt hatte, übergeben musste. 

Unterdessen druckt Schöffer rüstig weiter. Um 
die älteren Gutenbergischen Donatdrucke zu ver- 
drängen, benutzt er die Typen der 42 zeiligen 
Bibel zur Herstellung einer neuen Ausgabe des 
Denat, welche unter dem Namen des 35 zeiligen 
bekannt ist. Dann fertigt er verschiedene neue 
Typen an, eine besondere zum Druck des Ratio- 
nale des Scholastikers Guilielmus Durandus, wel- 
ches, „artificiosa adinventione imprimendi ac ca- 
racterizandi: absque calami exaratione effigatus", 
am 6. Oktober 1 459 vollendet ward (Abb. 34). Eine 
um ein Drittel grössere Type als die vorhergehende 
verwendet Schöffer darauf zum Druck der Con- 
stitutione des Papstes Clemens V. im Jahre 1460. 

Alle diese Fust-Sehöfferschen Drucke tragen 
am Schluss die Namen ihrer Verfertiger und die 
besondere Hervorhebung der neuen kunstvollen 
Erfindung des Druckens, aber den Namen Guten- 
bergs nennt keine. Ja, selbst in dessen eigenen 
Druckerzeugnissen fehlt er in der Nachschrift, so 
dass die Annahme Berechtigung hat, dass Guten- 
berg es deshalb unterliess, ein Druckwerk von 
sich mit seinem eigenen Namen zu unterzeichnen, 
um es nicht der Pfändung auszusetzen. So schlimm 
stand es damals um die Finanzen des genialen 
Erfinders. 

Um so rühmenswerter ist das Benehmen eines 
Mannes gegen ihn, der nicht an ihm und seiner 
Kunst verzweifelte, sondern ihn durch ein vor- 
gestrecktes Kapital in den Stand setzte, nochmals 
den Druck eines grösseren Werkes zu unter- 
nehmen. Es war dies der Mainzer Syndikus 
Dr. Konrad Humery, dem Gutenberg für seine 
Bereit willigung sein ganzes Druckgerät verpfändete. 
Nun ging letzterer daran, ganz neue Typen her- 
zustellen, mit denen er wahrscheinlich zunächst 
zwei kleinere Druckwerke, den Tradatus radottis 
et conscientiae des Matthäus von Krakau und die 
Summa de articulis ßdei des Thomas von Aquino, 
herstellte. Nach diesen Versuchen begann Guten- 
berg den Druck seines letzten grossen Werkes, 
des Katholiken von Johannes von Palbus aus Genua. 



(Abb. 21). Es war dies eine seit ihrem Bestehen im 
Jahre 1286 sehrbeliebte und gebrauchte grammatisch- 
lexikalische Kompilation. Im ganzen umfasst der 
Druck des Katholikons 373 Blätter, in gespaltenen 
Kolumnen von meist 66 Zeilen ohne Initialen, 
für welche der Raum freigelassen ist Den ersten 
Teil bildet die Grammatik auf 64 Blättern, darauf 
folgt das Lexikon, welches mit einer Schlussschrift 
des Verfassers endete. Nach dieser nahm noch 
der Drucker, also Gutenberg selbst, das Wort 
„Unter dem Schutze des Höchsten," so schreibt 
er in lateinischer Sprache, „auf dessen Wink die 
Zungen der Unmündigen beredt werden und wel- 
cher oft den Kleinen das enthüllt, was er den 
Weisen verhehlt, ist dieses ausgezeichnete Buch 
Katholikon im Jahre der Menschwerdung des Herrn 
1460 in dem thätigen Mainz, einer Stadt der be- 
rühmten deutschen Nation, welche die Huld Gottes 
durch ein so hohes Licht des Geistes und durch 
ein freiwilliges Geschenk den anderen Nationen 
der Erde vorzuziehen und auszuzeichnen gewürdigt 
hat, nicht mit Hülfe des Schreibrohrs, des Griffels 
oder der Feder, sondern durch das wunderbare 
Übereinstimmen, Verhältnis und Maass der Matrizen 
und Formen gedruckt und vollendet worden. Des- 
halb sei Dir, heiliger Vater, mit dem Sohne und 
heiligen Geiste, dem dreieinigen Gotte, Lob und 
Ehre zu Teil, und du, Katholikon, klinge in diesem 
Buche zu einem Lobe der Kirche und unterlasse 
nicht, stets zu loben die fromme Maria. Gott sei 
Dank!" So endet Gutenbergs letztes grosses 
Druckwerk, ohne dass er auch hier seinen Namen, 
wie Fust und Schöffer, als Drucker kundgab. Nur 
25 Exemplare des Katholikons sind uns erhalten 
geblieben, 11 Pergamentdrucke und 14 Papier- 
drucke, von denen beiden Exemplare in den meisten 
grösserenBibliotheken Deutschlands vorhanden sind. 

Trotzdem Gutenberg durch Humerys Hülfe 
aus seiner Geldverlegenheit herausgekommen war, 
wollte es ihm doch nicht mehr gelingen, in einer 
eigenen Druckerei neue Werke mit der von ihm er- 
fundenen Kunst herzustellen und den Lohn dafür 
sich zu erwerben. Es scheint, dass nach der Voll- 
endung des Katholikons die Schaffensenergie des 
nunmehr etwa sechzigjährigen Mannes erlahmte, 
dass er in dem eigenen Bewusstwerden der Gross- 
artigkeit seiner Erfindung seinen Platz glücklicheren, 
weiterschaffenden Rivalen überliess und sich in den 
engen Verkehr mit einigen Genossen geistlicher 
Korporationen zurUckzog. Schon im Jahre 1457 
bezeichnet ihn eine Urkunde als Mitglied der 
Bruderschaft des St. Viktor-Stiftes, die durch from- 
mes Leben und thätige Nächstenliebe sich auf 
den* Himmel vorzubereiten suchte. Allein diese 
wohlverdiente Ruhe ward Gutenberg bald wieder 
gestört, indem mächtige Stürme von Streit und 
Krieg über Mainz zogen. Der Graf Diether 
von Isenburg, welcher den erzbischüflichen Stuhl 



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Meisner und Luther, Die Anfänge der Buchdruckerkanst etc. 



447 



von Mainz inne hatte, wurde am 21. August 1461 
von dem Papste, dem gegenüber er sich nicht 
willfährig genug gezeigt hatte, abgesetzt Sein 
Nachfolger, Graf Adolf von Nassau, hatte aber 
gegen ihn, der nicht gutwillig seine Rechte auf- 
geben wollte, einen schweren Stand. Den Kampf 
zwischen den beiden Rivalen leitete eine Anzahl 
heftiger Streitschriften ein, die alle in Mainz ge- 
druckt wurden. Ein Brief Kaiser Friedrichs III. 
über die Entsetzung Diethers von Isenburg, ver- 
schiedene Bullen des Papstes gegen diesen und 
für Adolf von Nassau, zwei Manifeste der beiden 
Gegner sind wertvolle Erzeugnisse der Mainzer 
Buchdruckerpresse aus den Jahren 1461 und 1462. 
Allein es blieb nicht bei der Fehde durch Wort 
und Schrift; am 28. Oktober 1462 überfiel Adolf 
von Nassau die Stadt Mainz, die durch Plünderung 
und Brand erheblichen Schaden erlitt. Die Bürger 
aber, welche auf seilen Diethers gestanden hatten, 
verloren ihren ganzen Besitz und wurden aus der 
Stadt vertrieben. Gutenberg, der mehr Verkehr 
mit der Geistlichkeit, als mit der Bürgerschaft 
von Mainz hatte, war ein Anhänger des Grafen 
Adolf und blieb deshalb von allen den Folgen, 
die der Aufstand mit sich brachte, verschont. 
Er scheint damals bereits in dem Algershdmer 
Hofe hinter der Christophskirche gewohnt zu 
haben, eine Besitzung, welche der Erzbischof Adolf, 
nachdem er Herr der Stadt geworden war, seinem 
Anhänger Ludwig von Lichtenberg als Burglehen 
übergab. 

Vielleicht durch letzteren wurde der neue Erz- 
bischof auf die bedrängte Lage, in der sich Guten- 
berg befand, aufmerksam gemacht, und, um ihn 
aller Not des Lebens zu entziehen, ernannte er 
ihn zu Anfang des Jahres 1465 zu seinem „Dienst- 
mann." Dadurch wurden keinerlei Dienstleistungen 
von Gutenberg verlangt, hingegen trat derselbe 
durch diese Ernennung unter den alleinigen Ge- 
richtshof des Erzbischofes, so dass sein Hab und 
Gut fortan vor der Beschlagnahme durch fremde 
Richter gesichert war, und erhielt noch dazu 
steuerfrei ein jährliches Deputat, bestehend aus 
einem neuen Kleide, zwanzig Malter Kom und 
zwei Fuder Wein. So oft er ausserdem an das 
Hoflager seines Herrn kam, welcher damals in dem 
zwei Stunden nördlich von Mainz gelegenen Elt- 
ville residierte, fand er dort freien Tisch. 

Allein Gutenberg scheint es vorgezogen zu 
haben, seinen festen Wohnsitz in Mainz zu be- 
halten, wenn er auch seine Verbindungen mit Elt- 
ville, woselbst Verwandte von ihm lebten, nicht 
aufgab. Drei Jahre kaum hat der grosse Mann, 
dessen Leben ein stetes Kämpfen, Sorgen und 
Denken gewesen war, die Ruhe des Alters unter 
dem Schutze eines Herrn, der seine Verdienste 
voll anerkannte, gemessen können; zu Beginn des 
Jahres 1468 — man nimmt als Todestag den 
2. Februar an — ist er gestorben. Seine Grab- 
stätte fand er in der Kirche des Dominikaner- 
klosters, wo mit vielen anderen Mainzer Patriciern 



auch die Gensfleisch ihre Begräbnisplätze hatten. 
Am 21. Juli 1793, bei der Beschiessung der Stadt 
durch die Franzosen, ging das Dominikanerkloster 
in Flammen auf und ist nicht wieder aufgebaut 
worden. An die Thätigkeit Gutenbergs in dem 
goldenen Mainz aber erinnert eine ganze Anzahl 
von Gedenktafeln, durch welche die dankbare 
Nachwelt das Gedächtnis an den Erfinder der 
Buchdruckerkunst erhalten wollte. Sowohl der Hof 
zum Gensfletsch (Abb. 39) in der jetzigen Emmeran- 
Strasse, wo Gutenberg geboren sein soll, als auch 
der Hof zum Gutenberg, das mütterliche Erbe, an 
der Christophkirche gelegen, endlich der Hof zum 
Jungen, in dessen Räumen Gutenbergs erste 
Druckerei sich befand, tragen solche Erinnerungs- 
zeichen. Im Jahre 1827 errichtete dann die 
Mainzer Kasinogesellschaft in dem ihr gehörenden 
Hofe zum Gutenberg die erste Bildsäule des Er- 
finders (Abb. 40), die von Joseph Scholl in Sandstein 
hergestellt ist und sich jetzt in dem neuen Guten- 
bergkasino auf der Grossen Bleiche befindet Ein 
würdiges Denkmal des berühmten Mannes schmückt 
seit 1837 den Gutenbergplatz. Thorwaldsen in 
Rom hatte ohne Entgelt die Modellierung desselben 
übernommen; der Guss in Erz ward durch Crozatier 
in Paris ausgeführt (Abb. 44/45)- Strassburg, das 
neben Mainz die nächsten Ansprüche auf Gutenberg 
hat, wollte auch in Bezug auf die Ehrung desselben 
nicht zurückstehen; in seinen Mauern, auf dem Guten - 
bergplatze, erhebt sich seit 1840 das von David 
d* Angers ebenfalls kostenlos modellierte Standbild 
des Erfinders (Abb. 4')- Von den anderen grösseren 
Städten sind die meisten in der Ehrung des grossen 
Erfinders durch Denkmäler zurückgeblieben; eine für 
den Lichthof der Pariser Bibliothek projektierte 
Statue ist nicht zur Ausführung gekommen. In 
Frankfurt a. Af. hat man 1857 ein grösseres 
Monument zum Andenken an die Erfindung der 
Buchdruckerkunst errichtet Es befindet sich auf 
dem Rossmarkt und vereinigt die Standbilder 
Gutenbergs, Fusts und Schöffers, die Idealfiguren 
der Theologie, Poesie, Naturwissenschaft und In- 
dustrie, sowie die der vier Städte, Mainz, Strassburg, 
Venedig und Frankfurt (Abb. 42). Auch hier rührt der 
erste Entwurf von Thorwaldsen her, die Ausführung im 
einzelnen aber von seinem Schüler Eduard Schmidt 
von der Launitz. Die Gedenkfeiern, welche be- 
sonders in unserem Jahrhundert allgemein und 
würdig begangen wurden, brachten eine Menge 
von Denkmünzen mit dem Bilde Gutenbergs in 
künstlerischer Ausfuhrung, aber in allen solchen 
bildlichen Darstellungen musste man sich damit 
begnügen, die Züge des grossen Mannes nach den 
wenigen, zum Teil nicht authentischen Bildnissen, 
(Abb. 20, 24, 30 und Beilage), die uns erhalten sind, in 
idealer Auflassung darzustellen. Das beste Porträt 
Gutenbergs, welches die Strassburger Bibliothek be- 
sass, ist 1870 bei dem Brande derselben unterge- 
gangen; eine Kopie davon in der Mainzer Stadt- 
bibliothek (Abb. 27) zeigt dass das Original nicht 
aus der Lebenszeit Gutenbergs hat stammen können, 



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448 



Meisner and Luther, Die Anfinge der Buchdrnckerkanst etc. 



wenngleich es möglich ist, dass ein älteres Bild dem 
Porträt als Vorlage gedient hat. 

Ebenso wie für Gutenberg hatte der Streit 
zwischen Adolph von Nassau und Diether von 
Isenburg im Jahre 1462 auch fiir Fust und Schöner 
schwerwiegende Folgen gehabt Aus dem Um- 
stände, dass aus ihrer Offizin die Streitschriften 
beider Parteien hervorgingen, lässt sich schliessen, 
dass sie eine vermittelnde Stellung einzunehmen 
bestrebt waren. Das lag auch sicher in dem In- 
teresse des berechnenden Geschäftsmannes Fust 
Es wäre diesem wohl auch geglückt, nach den 
Erfolgen Adolphs von Nassau den vollständigen 
Rückzug von dem Isenburger anzutreten und damit 
die Weiterentwickelung seiner Buchdruckerei zu 
befördern, wenn nicht ein unglücklicher Zufall es 
gefügt hätte, dass während des Überfalls von Mainz 
durch Adolph von Nassau das Haus, in welchem 
sich die Druckerei befand, mit in Flammen auf- 





4k 



Abb. 46. Hof ,,2um Humbrecht" w Manu. 



gegangen wäre. Wie Handel und Gewerbe noch eine 
ganze Zeit nach diesen Wirren in Mainz da- 
nieder lagen, so konnte auch die kaum erblühte 
Kunst der Buchdruckerei sich zunächst nicht 
wieder in der Stadt erheben, und die Ge- 
hilfen der Fust-Schöfferschen Offizin kehrten der 
Stadt den Rücken und nahmen die neue Kunst 
mit sich hinaus in die Fremde. 

Noch kurz vor der Eroberung der Stadt am 
14. August 1462 hatten Fust und Schöffer eine 
lateinische Bibel, die erste, welche das Datum der 
Vollendung ihres Druckes trägt und welche die 
^ teilige oder die Mainzer Bibel genannt wird, voll- 
endet (Abb.3 5); im folgenden Jahre aber erschien kein 
neues Druckwerk und 1464 nur ein Ablassbrief 
des Papstes Pius II. für diejenigen, die zumTürken- 
kriege steuerten. Allein die Geschäftsgewandtheit 
des alten Fust liess die Zeit des Stillstandes ihres 
Gewerbes in Mainz nicht unbenutzt vorübergehen. 
Er ist damals wahrscheinlich, wie schon vorher, 
umhergereist, um die Druckerzeugnisse seiner Firma 
an den Mann zu bringen. Ob in diese Zeit eine 
Reise nach Paris fällt, ist urkund- 
lich nicht zu erweisen; jedenfalls 
aber hat sich eine alte Tradition 
fortgepflanzt, nach welcher Fust 
sich mit einigen Exemplaren der 
42zeiligen Bibel nach Paris be- 
geben und dieselben dort als 
Handschriften verkauft haben 
soll. Der König von Frankreich, 
so wird weiter erzählt, habe 750 
Kronen für eine solche vermeint- 
liche Bibelhandschrift bezahlt, 
dann sei Fust mit seinen Preisen 
so herabgegangen, dass Gelehrte 
und Kopisten stutzig geworden, 
weil es ihnen unmöglich er- 
schienen, dass Handschriften zu 
so geringen Preisen losgeschla- 
gen würden; sie hätten sich 
zusammengeschart und den 
schlauen Fust geradezu der Zau- 
berei angeklagt Auf diese Weise 
ist aus dem Geschäftsmann Fust 
der Zauberer Faust geworden. 
Als er nach Mainz zurückkehrte, 
brachte er neues Geld, neuen 
Mut und neue Pläne mit Wie 
mit der Bibel, so glaubte er auch 
mit handschriftartigen Drucken 
der alten lateinischen Klassiker 
Geschäfte machen zu können. 
So liess er seinen Schwieger- 
sohn Schöffer den Druck von 
Cieeros Werk Je offieiis in An- 
griff nehmen. Als Typen dazu 
wählte er die, mit denen er 
1459 den Durandus gedruckt 
hatte; neben ihnen erschienen 
hier zum erstenmale in einem 




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449 



Druckerzeugnisse griechische Typen, 
ebenso wurde bei dem Druck zum 
erstenmal der Durchschuss zwischen je 
zwei Zeilen angewandt. Die 88 Hlätter 
dieser Ciceroausgabe, die noch im 
Jahre 1465 beendet wurde, sind in 
kleinem Folio und haben je 28 Zeilen 
auf der Seite. In der Schlussschrift 
des Werkes sagt der alte Fust: „Petri 
manu pueri mei feliciter effesin", d. h. 
also, Fust hatte sich selbst schon von 
dem Betrieb der Druckerei zurückge- 
zogen und seinem „Knaben", vielmehr 
Schwiegersohn Peter Schüffer den Druck 
besorgen lassen. Das Unternehmen des 
Druckes eines Klassikers glückte, denn 
die zweite Auflage des Buches erschien 
bereits am 4. Februar 1 466. Nochmals 
machte sich der alte Fust zu einer Reise 
nach Paris auf, um das neue Werk 
dort wieder günstig zu verkaufen. Auch 
dies scheint ihm gelungen zu sein; 
allein sein Name verschwindet seitdem 
spurlos, und so hat man mit einiger 
Wahrscheinlichkeit angenommen, dass 
der alte Herr an der damals in Paris 
wütenden Pest erkrankt und gestorben 
sei. Sein Sohn Konrad trat als Gesell- 
schafter in das Geschäft ein. 

Peter Schöffer, jetzt nun nicht nur 
der technische, sondern auch der kauf- 
männische Leiter der Buchdruckerei, 
führte dieselbe ganz in den Bahnen 
weiter, die sie bisher zu einem welt- 
bek annten Unternehmen gemacht hatten. 
Mit Hilfe der alten Typen des Duran- 
dus und der Mainzer Bibel von 1462 
wurden in den nächsten Jahren nach 
Fusts Tode eine Reihe von theologischen, juristischen 
und philologischen Büchern gedruckt: Thomas von 
Aquino, der heilige Hieronymus, Valerius Maximus, 
eine Grammatica rhytmica, die Institutionen 
des Justinian u. a. m. Letzteres Werk, 1468 er- 
schienen, ist deshalb bemerkenswert, weil in der 
Schlussschrift desselben zum erstenmal die beiden 
Johannes, Fust und Gutenberg, als die Erfinder der 
Buchdruckerkunst ausdrücklich genannt ii'erden, 
während das Andenken an letzteren in keinem 
Fust-Schöffcrschen Druck vorher vorkommt. Seine 
buchhändlerischen Verbindungen mit Frankreich 
gab Schöffer nicht auf. Er hatte im Jahre 1471 
in Paris einen besonderen Faktor, Herrmann von 
Stathone. der den Verkauf der Bücher betrieb. 
So kam das Geschäft immer mehr in Blüte, bis 
allmählich, ungefähr seit dem Jahre 1480, wieder 
ein Rückgang eintritt Derselbe zeigt sich in 
der geringen Zahl der Druckwerke, welche von 
da an bei Schüffer hergestellt wurden. Der Grund 
dafür lag in der stetig wachsenden Konkurrenz, die 
selbst'in Mainz schon der ersten Buchdruckerei ge- 
macht wurde. In den ersten Monaten des Jahres 1503 

Z. f. B. 1899/1900. 




Abb. 47. Der Schüffer hof tu M>im. 

starb Peter Schöffer; den Betrieb des Geschäftes 
setzte sein Sohn Johann fort Zum grossen Teil 
zehrend von den Erfolgen seines Grossvaters und 
Vaters, erreichte er es nicht, durch irgend eine 
neue Verbesserung des Druckverfahrens den alten 
Ruhm wieder aufzufrischen. Nur ein merkwürdiges 
Werk ragt unter seinen Druckerzeugnissen hervor; 
es ist dies die mit vielen Holzschnitten gezierte 
deutsche Übersetzung des Livius, welche 1505 er- 
schien. Als Johann Schöffer im Jahre 1531 kin- 
derlos starb, ging das ganze Unternehmen an seinen 
Neffen Ivo über, nach dessen Tode Balthasar Lipp 
seit 1553 als der Inhaber der Fust-Schöfferschen 
Buchdruckerei in Mainz erscheint 



Die Zerstörung von Mainz im Jahre 1462 gab, 
wie wir sahen, ohne Frage den Hauptanlass zur 
schnellen Verbreitung der neuen Kunst, indem 
ihre Jünger, brotlos geworden, wenigstens soweit 
sie dem in Flammen aufgegangenen Hause Fust- 
Schöffers angehört hatten, sich in die Fremde 

57 



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Meitner und 1 uther. Die Anfing* der Ruchdruckerkunst etc. 



wandten. Aber auch vorher schon müssen einzelne 
Typographen die Mauern dieser Stadt verlassen 
haben, da solche bereits im Jahre 1460 in Bam- 
berg und in Strassburg nachzuweisen sind. 

Der älteste Drucker in Bamberg ist Albrecht 
Pfister. In dem Buch der vier Historien, welches 
die Geschichten von Joseph, Daniel, Judith und 
Esther enthält, lautet die Schlussschrift: 

(£311 bambergr in ber felben flat. 

Das albrcd?t pfrjlcr gebrucfet bat 

Do man 3alt taufent onb uiorbunbcrt jar. 

3m 3»«i unb fed^igflen bas ift war. 

ZTit lang nach, fanb tnalpurgen tag. 

Die uns rool gnab erberben ntag. 

5rib onb bas eroig leben 

Das rooße uns got allen geben. 2lmen. 

Es wird hierdurch Albrecht Pfister in Bamberg für 
das Jahr 1462 als Drucker bestätigt In das Jahr 
1461, also ein Jahr früher, führt uns ein Druck von 
Boners Eddstein, einer Sammlung von Fabeln in 
deutschen Reimversen. Hier lautet die Schlussschrift: 

5u bamberg biß pöcbleyn geenbet ifl 

TXadi ber gepurt unfers henren ibofu crift 

Do man 3alt taufen t unbc rierbunbert jar 

Unb vm ein unb fecbjigjten bas ift mar. 

31n fant palentems tag 

<F>ot bebut uns cor feiner plag. 2(men. 

Diese Ausgabe war bis in die Mitte des acht- 
zehnten Jahrhunderts den Forschern unbekannt 
geblieben. Erst um diese Zeit wurde sie auf der 
Bibliothek zu Wolfenbuttel entdeckt, kam dann 
zur Zeit der französischen Herrschaft im Jahre 
1807 nach Paris und nach dem Pariser Frieden 
im Jahre 1817 wieder in den Besitz der ursprüng- 
lichen Eigentümerin zurück. Pfister nennt sich 
hierin zwar nicht als Drucker, sondern es wird 
nur Bamberg als Ort und das Jahr 1461 als Zeit 
des Druckes angegeben; aber es ist kein Zweifel 
möglich, dass jener dieses Buch gedruckt hat, 
denn es ist kein anderer Drucker zu jener Zeit 
in Bamberg nachweisbar, und ausserdem erkennt 
man den Drucker selbst auch an der verwendeten 
Type. Ein drittes Ruch ist der Belial oder der 
Trost der Sünder des Jacobus de Theramo, in 
deutscher Sprache, in welchem sich der Drucker 
auf dem letzten Blatte „3Ur>recbt pfiffet- ju 13amberg" 
nennt. Somit haben wir urkundliche Zeugnisse 
für Pfisters Druckerei zu Bamberg in den Jahren 
1461 und 1462. Allein das Alter seiner Druck - 
thätigkeit geht noch höher hinauf. Die hand- 
schriftliche Notiz eines böhmischen Gelehrten, des 
Paulus von Prag, ungefähr aus dem Jahre 1459, 
auf der letzten Seite eines in der Universitäts- 
bibliothek zu Krakau befindlichen Glossarmanu- 
scripts, besagt unter anderen Mitteilungen über die 
Bücheranfertigung, dass zu seiner Zeit in Bamberg 
jemand die ganze Bibel in Platten geschnitten und 
in vier Wochen gedruckt habe. Obwohl der 
Schreiber dieser Notiz ohne Zweifel Tafeldruck 
und Typendruck verwechselte, so kann doch seine 
Mitteilung nur auf Pfister und dessen Druck der 



Armenbibel, die ohne jede Angabe von Ort, Zeit 
und Drucker erschien, gedeutet werden. 

Pfister war ursprünglich jedenfalls Holzschneider, 
denn er ist, wenn wir von den in Holz geschnittenen 
Initialen Schöffers absehen, der erste Typograph, 
der seine Bücher mit Bildern in Holzschnitt 
schmückte. Pfister ist aber auch der erste ge- 
wesen, welcher in deutscher Sprache druckte, und 
zwar in der ausgesprochenen Absicht, damit auf 
diejenigen zu wirken, die kein Latein verständen. 
Ganz besonders kommt in Betracht, dass 
er auf die Schönheit der Type, vor allem auf Er- 
findung und Anwendung besonderer und neuer 
Typen kein Gewicht legte. Wir wissen, dass Pfisters 
Type diejenige der 36 zeiligen Gutenbergischen 
Bibel ist Wie er dieselbe erlangt hat, und be- 
sonders, ob er blos in der Erkenntnis der Vorteile 
des Typendruckes sie dem Gutenberg, als dieser sie 
nicht mehr gebrauchte, abgekauft, bleibt dahin- 
gestellt Jedenfalls war sie abgenutzt, und zwar 
abgenutzt durch das Drucken lateinischer Bücher. 
Dies erhellt charakteristisch genug daraus, dass 
diejenigen Buchstaben des Alphabets, die für 
lateinischen Text nicht zu verwenden waren, näm- 
lich k w z, in Pfisters Druckerei neben den übrigen 
verbrauchten Typen ganz neu und scharf er- 
scheinen. Mit dem Nachweis dieser Geschäfts- 
verbindung zwischen Pfister und Gutenberg wird 
der Versuch hinfällig, der lange Zeit gemacht 
worden ist, dem Pfister neben Gutenberg eine 
selbständige Erfindung des Druckens mit beweg- 
lichen Buchstaben zuzuweisen. 

Ausser jenen obengenannten Werken werden 
der Presse Pfisters noch zugeschrieben : Der Recht- 
streit des Menschen mit dem Tode, aus 23 Klein- 
folioblättern bestehend; Die Klage gegen den Totl, 
24 Blätter; eine Biblia pauperum nebst einer 
Ausgabe mit deutschem Text und eine Ausgabe 
von Boners Edelstein ohne Ortsangabe. 

In Strassburg erscheint als erster Drucker 
Johann Mentdl oder Mantelin aus Schlettstadt 
Er hatte bereits im Jahre 1447 das Bürgerrecht 
der Stadt erworben und gehörte damals der Maler- 
und Goldschmiedezunft an. Es wird vermutet, 
dass er nach dem Jahre 1450 dem Gutenberg 
nach Mainz folgte und in dessen Dienste als 
Letternschneider, wie später Schöffer, oder als 
Rubrikator und Illuminator thätig war. Nach der 
Auflösung von Gutenbergs erster Druckerei ver- 
liess er Mainz wieder und kehrte nach Strassburg 
zurück, um dort eine eigene Offizin mit eigenen 
Typen zu gründen. 

Der erste mit Angabe einer Jahreszahl aus 
seiner Werkstatt hervorgegangene Druck stammt 
freilich erst aus dem Jahre 1473. Aber schon 
für das Jahr 1460 lässt sich die Vollendung des 
ersten Teiles seiner lateinischen Bibel und damit 
ein noch in die fünfziger Jahre reichendes Be- 
stehen seiner Druckerei nachweisen; denn zur 
Vollendung eines solchen umfangreichen Werkes 
gehörte eine längere Zeit der Vorbereitung. Diese 



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Meisner und Luther, Die Anfange der Buchdruckerkunst etc. 45 1 



Bibelausgabe erschien in zwei Bänden, ohne Nen- 
nung von Drucker, Druckort und Jahr. Ein 
Exemplar derselben, das sich auf der Universitäts- 
bibliothek zu Freiburg i. Br. befindet, trägt jedoch 
am Ende des ersten Teiles die Bemerkung von 
der Hand des Rubrikators, dass dieser erste Teil 
im Jahre 1460, und am Ende des zweiten Teiles, 
dass dieser im Jahre 1461 vollendet worden sei. 
Diese Jahreszahlen finden noch eine Bestätigung 
dadurch, dass in einem Inhaltsverzeichnisse, wel- 
ches handschriftlich auf einigen dem ersten Hände 
vorgebundenen Blättern eingetragen ist, auch noch 
einige Jahreszahlen sich befinden, die nicht weit 
hinter jenen zurückstehen, nämlich einmal die 
Zahl 1462 und einmal 1464, letztere Ziffer auch 
noch innerhalb der Nietlerschriften auf einigen 
dem zweiten Bande angebundenen Blättern. Einen 
anderen Zeitpunkt für das Bestehen der Mentell- 
schen Druckerei giebt eine Eintragung des Rubri- 
kators in der aus dieser Offizin hervorgegangenen 
deutschen Bibel an. Das aus dem St. Margareten- 
Kloster zu Strassburg summende, jetzt in Stutt- 
gart befindliche Exemplar trägt von der Hand 
des Rubrikators die Bemerkung, dass dieses Buch 
„im Jahre 1466 durch Johann Mentcll zu Strass- 
burg' - gedruckt sei; und dies stimmt damit über- 
ein, dass eine gleichzeitige Hand in dem Mün- 
chener Exemplar bemerkt, dieses Buch sei am 
27. Juni des Jahres 1466 gekauft und eingebun- 
den worden. Die oben erwähnte Jahresangabe 
1473 trägt ein Druck des Speculum historiale des 
Vincenz von Beaurais. 

Andere Drucke der Mentellschen Officin sind 
ein Speculum naturale, doctrinale und morale, wel- 
ches mehrere Foliobände umfasst, eine Ausgabe 
der Briefe des heiligen Hieronymus, der Briefe und 
der Konfessionen des heiligen Auguslin, des Vale- 
rius Maximus, des Virgil und Terms. 

Mehrfach veröffentlichte Mentell auch Anzeigen 
seiner Bücher. Ein solches Blatt, in kleinem 
Oktavformat, hat sich in München erhalten (Abb. 38). 
Es sollte dem kauflustigen Leser nicht nur die Titel 
der von Mentell gedruckten Bücher vor Augen 
führen, sondern ihm auch die Herberge, in welcher 
die angezeigten Bücher zum Verkauf standen, mit- 
teilen. Die Anzeige sagt daher: diejenigen, welche 
die Briefe des Aurelius Augustinus zu kaufen wün- 
schen oder die weiter genannten Bücher, mügen 
nach der Herberge zum . . . kommen ; der Name der 
Herberge war handschrifdicher Ausfüllung vorbe- 
halten. Man setzt dieses älteste Verlagsverzeichnis 
in das Jahr 1471. Ein zweites, späteres Verlags- 
verzeichnis des Mentell befindet sich in Paris. Ein 
drittes derartiges Blatt zeigt nur ein einzelnes Buch 
an, die auch auf dem zweiten Verzeichnisse genannte 
Summa Asta.xani. 

Mentell gelangte zu grossem Wohlstand; er 
soll im Jahre 1468 von Kaiser Friedrich III. in 
den Adelsstand erhoben worden sein, starb im Jahre 
1478 und wurde im Münster zu Strassburg unter 
dem Geläute der „grossen Glocke" begraben. 



Nach der Zerstörung von Mainz begann die 
Verbreitung der neuen Kunst in grösserem Maasse, 
und mit schnellen Schritten eroberte sie sich das 
ganze Abendland. 

Wie wir bereits wissen, hatte Gutenberg, als er 
im Jahre 1465 in die Dienste des Erzbischofe 
Adolf von Nassau, der in Eltville residierte, getreten 
war, seine Druckerei selbst aufgegeben. Seine 
Werkstatt übernahmen zwei Verwandte, Heinrieh 
und Nikolaus Bechtermünze in Eltville. Diese 
begannen den Druck eines Vocabularium latino- 
teutonicum, bekannt unter dem Namen des Voca- 
bularium ex quo. Heinrich Bechtermünze starb 
währenddessen; an seine Stelle trat ein anderer 
Patrizier, Wygand Spiess (Spyetz) von Orthenberg. 
Im Jahre 1467 war das Werk, mit den Typen des 
Gutenbergischen Katholikon gedruckt, vollendet 
„Dieses Werk ist nicht mit Griffel und Feder her- 
gestellt, sondern durch eine neue kunstreiche Er- 
findung, begonnen von Heinrich Bechtermünze 
seligen Gedächtnisses in Eltville und vollendet im 
Jahre 1472 am 4. November von Nikolaus Bechter- 
münze und WyganJ Spyetz von Orthenberg". heisst 
es in der lateinischen Schlussschrift. Das Werk fand 
so grossen Absatz, dass es in den Jahren 1469, 1472 
und 1474 nochmals aufgelegt wurde. Als auch 
Nikolaus gestorben war. kam das Material in die 
Hände der Bruderschaft des gemeinsamen Lebens 
zu Marienthal, die es im Jahre 1508 weiter an 
Friedrich Heumann aus Nürnberg, der in Mainz 
druckte, verkauften. 

Die Herkunft der Eltviller Druckerei liegt vor 
Augen. Es wäre zweifellos interessant, wenn der 
Nachweis der Herkunft für jede Druckerei der 
jetzt schnell sich ausbreitenden Kunst beigebracht 
werden könnte. Es würde dadurch ein Einblick 
in die persönliche Wirkung der einzelnen Proto- 
typographen, Gutenbergs, der Firma Fust und 
Schöffer, I'nsters, MentelU oder der Bechtermünze 
möglich werden. Aber leider treten die Nach- 
richten hierüber jetzt wie auch später nur sehr ver- 
einzelt auf. 

Von Gutenbergs Schülern sind uns zwei ur- 
kundlich überliefert: Heinrich Keffer und Bechthold 
von Hanau. Wir kennen dieselben als Zeugen 
aus den Akten über den Prozess Fusts gegen 
Gutenberg. Von ersterem berichtet weiter eine 
Notiz von der Hand des früheren Eigentümers 
in dem Pariser Exemplar des von Gutenberg um 
das Jahr 1459 gedruckten Tractatus racionis et 
conscientiae, dass dieser „Heinrich Keffer von 
Mainz" dasselbe ihm geliehen, aber niemals zurück- 
gefordert habe. Im Jahre 1473 finden wir ihn in 
Nürnberg als Drucker, und zwar im Verein mit 
fohann Sensensch mid thätig; die Schlussschrift eines 
Druckes der Pantheologea oder Summa Fratris 
Rayneri de Pisis besagt, dass im Jahre 1473 dieses 
Werk durch die Meister in der Kunst zu drucken, 
Johann Sensenschmid von Eger und Heinrich 
Keffer von Mainz, beide Bürger der Stadt Nürn- 
berg, vollendet wurde. Bechthold Ruppel Von Hanau 



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452 



Meisner and Luther, Die Anfänge der Buchdruckerlcnnst etc. 




Abb. 48. Hofium Jun 
(Nach der Photographie in Kulan J : 



Gillenberg-Album. 1868.) 



ging nach Basel, wo im Jahre 1460 eine Univer- 
sität gegründet war, und Hess sich dort als Drucker 
nieder; im Jahre 1477 erwarb er in dieser Stadt, 
welche sehr bald eine überaus reiche Drucker- 
thätigkeit entfaltet hatte, das Bürgerrecht; auch das 
Steuerbuch dieses Jahres führt ihn auf unter der 
Bezeichnung: Beclrtold Rüpel der trucker im Palast 
an der Freienstrasse. 

Ob Pfister Schule gemacht hat, ist fraglich. 
Zeugnisse darüber besitzen wir nicht. Seiner ganzen 
Eigenart nach war er kein Erzieher für die Druckerei. 
Nach dem letzten, in dem Jahre 1462 her- 
gestellten Drucke aus seiner Offizin hörte die 
Druckerthätigkeit in Bamberg überhaupt für 
längere Zeit auf. Ob Pfister etwa in diesem Jahre 
gestorben, ob er fortgezogen ist, niemand weiss es. 
Erst im Jahre 1481 tritt in Bamberg wieder ein 
Drucker auf, und zwar eben jener Johann Sensen- 
schmiti, den wir schon in Nürnberg als Genossen 
Heinrich Keffers im Jahre 1473 kennen gelernt 
haben. Ob dieser früher ein Gehilfe Pfisters ge- 
wesen, ist nur eine Vermutung, welche aber nicht 
weiter begründet werden kann. Sensenschmid 
druckte im Jahre 1481 ein Missale ordinis S. Bene- 



dict für die Benediktinerabtei 
Michaelsberg, verband sich im 
folgenden Jahre mit Heinrich 
Fetzensteiner, druckte dann im 
Jahre 1485 gelegentlich auch 
zu Regensburg im Verein mit 
Johann Beckenhaub ein Missale 
ecclesiae Ratisponensis und starb 
nach weiterer ehrenvoller Thätig- 
keit in Bamberg vermutlich im 
Jahre 1491. 

Das Schicksal der Druckerei 
der Bechtermünze ist schon oben 
erzählt worden; von einer Wir- 
kung auf die Folgezeit verlautet 
nichts. Hingegen hat Mentell 
in Strassburg entschieden Schule 
gemacht .pafür bürgt, wenn uns 
auch direkte Urkunden darüber 
nicht erhalten sind, die ausser- 
ordentliche Rührigkeit und die 
grossen Fachkenntnisse, mit 
denen dieser Drucker alle Be- 
ziehungen seines Gewerbes über- 
blickte. Neben Mentell wirkte 
hier gleichzeitig Heinrich Egge- 
stein. Wollte man die Zeit 
der Thätigkeit dieser beiden nur 
nach den zeiüich sich selbst 
bestimmenden Drucken angeben, 
so müsste man dem Eggestein 
sogar den Vorrang vor seinem 
Fachgenossen lassen, denn er 
nennt sich in dem Decretum 
Gratiani und den Constitutiones 
Clementis V. schon im Jahre 
1471 als Drucker, während das 
erste Impressum Mentells, wie wir oben ge- 
sehen haben, aus dem Jahre 1473 stammte. 
Allein auch Eggestein war schon vor 1471 thätig. 
Ein Exemplar des ersten Bandes der von ihm 
herausgegebenen deutschen Bibel trägt die Be- 
merkung des Rubrikators, dass das Psalterium im 
Jahre 1468 vollendet worden sei, und die in 
Wolfenbüttel und München erhaltenen Exemplare 
seiner lateinischen Bibel hat der Rubrikator mit 
der Jahreszahl 1466 versehen. Mit dem Jahre 1472 
verschwindet Eggesteins Name. Die Druckerthätig- 
keit in Strassburg aber blühte schnell und mächtig 
auf, wie die Namen eines Hussner, Flach, Knob- 
lochtzer, der dann nach Heidelberg Ubersiedelte, 
der Schott Vater und Sohn, Prüss, Grüninger und 
vieler anderer zeigen. 

Der Siegeslauf der Kunst des Druckens war 
nicht mehr zu hemmen. Nach Köln brachte sie 
L'lnch Zell aus Hanau; sein erstes Impressum 
stammt aus dem Jahre 1466. Ihm folgten in 
kurzer Zeit Arnold ter Hoerntn, von 1470 an; 
gleichzeitig mit diesem erscheint Johann Koelhoff 
aus Lübeck. Dann kommt Nicolaus Götz 1474, 
und im Jahre 1479 t" 11 Heinrich Quenteltnuf, dessen 



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Meisner und Luther, Die Anfinge der Buchdrackerkunit etc. 453 



Druckerei seiner Familie bis weit in das XVI. Jahr- 
hundert erhalten blieb. In Augsburg druckt 1468 
Günther Zainer aus Reutlingen. Aus seiner Offizin 
stammt der erste Druck der bekannten Nachfolge 
Christi des Thomas a Kempis. Er ist auch der 
erste, welcher die aus Italien stammende Antiqua 
neben der gotischen Type anwandte. Ihm folgen 
Johann Schüssler 1470, Johann B Amier 1472, 
Anton Sorg 1475, Hans Schönsperger der Altere 
1481, letzterer besonders bekannt durch den über- 
aus schönen I'rachtdruck des Theuerdank. Im 
Jahre 1487 kehrt der Künstlertypograph Erhard 
Katdolt aus Venedig nach Augsburg zurück; sein 
in Italien erworbener Ruhm kommt nunmehr seiner 
Vaterstadt zu gute. In Nürnberg treten fast gleich- 
zeitig zu Anfang der siebziger Jahre vier Buch- 
drucker auf. Im Jahre 1472 begann Friedrich 
Crcussner mit der Ausgabe von Albrechts von Eyb 
Schrift: Ob einem Mann sey zu nemen ein elichs 
Weib oder nitl den Reigen. Im folgenden Jahre 
druckte jener Johann Scnsenschmid, dessen wir 
schon oben als Genossen des Heinrich Keffer 
von Mainz und als des zweiten bambergischen 
Druckers gedacht haben. Gleichzeitig mit ihm 
wirkte Johannes Kegiomontanus, der Verfasser des 
schon erwähnten Holztafelkalenders, besonders als 
Drucker mathematischer Werke. Der grösste der 
Nürnberger Buchdrucker aber war Antonius Koberger, 
dessen Druck- und Verlagsthätigkeit so umfangreich 
war, dass seine eigenen 24 Pressen nicht ausreichten 
und er daher noch in Basel und Lyon für sich 
drucken Hess. Er starb im Jahre 1 5 1 3 und hinterliess 
das Geschäft seinem Sohne gleichen Namens. 
Ihnen schliessen sich Conrad Zeninger 1 840, Georg 
Stüchs 1484 und andere an, Stüchs bis weit in 
das XVI. Jahrhundert thätig und seinem Sohne 
Johann Stüchs das Geschäft hinterlassend 

Nun folgt die lange Reihe deutscher Städte, 
die alle noch im fünfzehnten Jahrhundert die 
Druckerei in ihre Mauern einführen, unter ihnen 
Basel, Breslau, Eichstädt, Erfurt, Heideiberg, Leipzig, 
Magdeburg, München, Speyer, Tübingen, Ulm, W ien, 
Würzburg und andere, im Norden Deutschlands 
besonders Lübeck und Rostock. 

Viele Drucker hatten keinen festen Wohnsitz; 
sie zogen umher — dahin, wohin sie, besonders von 
geistlichen Behörden, gerufen wurden, oder wo 
sich ihnen aus anderen Gründen bessere Aus- 
sichten auf lohnenden Erwerb boten. Solche 
Drucker heissen Wanderdrucker. Einige deutsche 
Wanderdrucker mögen besonders genannt werden. 
In Johann Scnsenschmid, der erst in Nürnberg, 
dann in Bamberg, gelegentlich auch in Regens- 
burg druckte, haben wir bereits einen derselben 
kennen gelernt. Ein anderer ist Marx Ayrer, der 
1487 in Nürnberg, dann in Bamberg, 1497 in Ingol- 
stadt und schliesslich im Jahre 1498 in Erfurt druckte. 
Heinrich Knoblochtzer zog von Strassburg nach 
Heidelberg. Johann Otmar druckte vom Jahre 




Abb. 49. 

Gedenktafel am Hof zum Jungen in Maina. 



1482 an in Reutlingen, später in Tübingen und 
nach dem Jahre 1 501 in Augsburg; dort wurde sein 
Sohn Silvan Otmar einer der bedeutendsten 
Drucker, und von 1541 druckte ebendort dessen 
Sohn Valentin Otmar. 

Auf die mit überraschender Schnelle auch im 
Auslände stattfindende Verbreitung der neuen Kunst 
durch deutsche Drucker soll hier nicht näher ein- 
gegangen werden. 

Die Anzahl der im XV. Jahrhundert gedruckten 
Werke hatte man früher auf 13000 geschätzt, für 
deren jedes eine Durchschnittsauflage von 300 
Exemplaren angenommen wurde. Die hieraus sich 
ergebende Summe von rund vier Millionen Bücher 
hält indessen neueren Forschungen nicht mehr stand. 
Heute berechnet man die Zahl der gedruckten 
Werke auf etwa 25000 und nimmt für jedes eine 
Durchschnittsauflage von 500 Exemplaren an. Das 
ergiebt die stattliche Summe von zwölf und einer 
halben Million von Büchern, die bereits in den 
ersten fünfzig Jahren der durch deutschen Sinn 
und Geist erfundenen Kunst des Bücherdruckens 
das Licht der Welt erblickt haben. 



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Die Bibliophilen. 



Bernard Quaritch. 

Von 

Otto von Schleinitz in London. 




|m 17. Dezember 1899 starb in London 
der Buchhändler und Bibliophile Bernard 
Quaritch, der während eines Zeitraums 
von 30 Jahren als der erste seines 
Faches in beiden Hemisphären galt Noch am 
16. Dezember hatte er auf einige Stunden sein in 
London, 15 Piccadilly, befindliches Geschäft be- 
sucht, sich aber, wenn auch mit Widerstreben, so 
doch früher als gewöhn- 
lich nach seiner in Hamp- 
stead belegenen Privat- 
wohnung zurückbegeben 
müssen. Bei einem im 
Jahre 1 898 stattgehabten 
persönlichen Besuche 
teilte mir der jetzt Ver- 
storbene u. a. folgendes 
Uber seine Lebensge- 
schichte mit: 

. . . „Ich bin 1819 
in Worbis in Preussen 
geboren. Mein Vater 
war Freiwilliger in den 
Jahren 1813 — 15 und 
wurde nach dem Kriege 
als Offizier pensioniert. 
Er arbeitete dann auf 
dem Gericht in Halber- 
stadt als Hülfsarbeiter, 
um später daselbst de- 
finitiv angestellt zu wer- 
den . . ." Da Mr. Quaritch 
mir ausdrücklich ge- 
stattet hat, sogar die 
nachstehenden intimen 
Familienverhältnisse zu 
veröffentlichen, so be- 
gehe ich keine Indis- 
kretion, wenn dieselben 
hier mitgeteilt werden. 
Mr. Quaritch fuhr fort: „Als mein Vater sich ver- 
heiratete, besass meine Mutter mit ihren 6000 
Thalern Mitgift ein für damalige Verhältnisse ganz 
hübsches Vermögen. Leider hielt dasselbe nicht 
lange vor; in einem Anfalle von Verzweiflung 
erschoss sich mein Vater im Jahre 1828. Die 
Nebenumstände dieser That waren um so tra- 
gischer, als der unglückliche Schuss durch eine 
Pistole erfolgte, die als Corpus delicti auf dem 
Gerichtstisch lag. Trotzdem nun meiner Mutter 
rechtlich keine Pension zustand, so wurde ihr eine 
solche dennoch in Gnaden gewährt. Schon aus 
diesem Grunde allein habe ich dauernd für meine 




Bcrnard Quaritch t 



Heimat und für die preussische Regierung eine 
dankbare Sympathie bewahrt . . ." 

Der junge Quaritch kam 1834 zu König in 
Nordhausen in die Lehre. Obgleich er über die 
dort empfangene Behandlung Klage führt, Hess er 
in seinem Fleisse und seiner Ausdauer nicht nach 
Vor allem jedoch zeigte es sich bald, dass er 
kein mechanischer Hülfsarbeiter, sondern eine 

eigenartige Persönlich- 
keit voller Intelligenz 
war. Als sein Chef be- 
sorgt erschien, weil das 
liücherlager zwar immer 
umfangreicher, aber auch 
andauernd unverkäuf- 
licher wurde , riet er 
ihm zu dem damals — 
wenigstens in Deutsch- 
land — ziemlich un- 
bekannten Ausweg einer 
grossen Auktion. Der 
junge Lehrling fertigte 
demnächst seinen ersten 
Uücherkatalog an. Der 
Erfolg war ein so glän- 
zender, dass König sich 
zu einer zweiten Auktion 
entschloss, die gleichfalls 
brillant verlief. „Trotz- 
dem", erzählte Quaritch, 
„stellte mein Chef den 
Ausrufer der Auktion 
höher als mich . . ." 

Kein Ungemach aber 
vermochte den jungen 
Mann in seinen Bestre- 
bungen aufzuhalten. Er 
ging um 10 Uhr zu Bett 
und stand regelmässig 
zwischen 2 — 4 Uhr auf, 
um zu studieren. Bei zwei im Orte anwesenden 
Engländern erlernte er deren Sprache, indem er 
zuerst den „Vikar von Wakefield" mit ihnen las. Als 
Quaritch die Königsche Buchhandlung 1839 verliess, 
um eine neue Stelle in Berlin anzutreten, äusserte 
König hinterher: „Es kommt selten vor, dass jemand 
ohne Kapital sich als Buchhändler etablieren kann, 
aber Quaritch wird es vielleicht gelingen . . ." Trotz 
seines kärglichen I^ohnes hatte er sich einen kleinen 
Notgroschen zurückgelegt. Allerdings waren seine 
Entbehrungen auch gross gewesen; so bestand 
z. B. sein Frühstück regelmässig nur aus einem 
Stück Brot nebst einem Glase Wasser. 



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von Schleinil«, Die Bibliophilen. 



455 



Über seinen neuen Chef, Kleemann in Berlin, 
war Quaritch des Lobes voll. Im Jahre 184a 
siedelte der junge Mann nach London Uber und 
fand hier Aufnahme in dem grossen Geschäft der 
Firma H. G. Bohn. Bohn ist als Hahnbrecher Mir den 
grossartigen Betrieb des Antiquariatswesens anzu- 
sehen. Einen Katalog, wie er ihn herausgab, hatte 
man bis dahin noch nicht gekannt; die Auslagen 
für die Herstellung des Werkes betrugen allein 
40 000 M. Bohn war in jeder Beziehung ein her- 
vorragender und bemerkenswerter Mann, so dass 
man wohl nicht fehlgeht, wenn man behauptet: 
bei ihm hat Quaritch den Grund für seine zu- 
künftige Bedeutung gelegt. 

Im Jahre 1843 ging Quaritch als Gehülfe auf 
zwei Jahre nach Paris zu dem berühmten Buch- 
verleger Barrois, von dessen scharfer, kräftiger, 
aber auch humoristischer Weise mancherlei auf 
ihn übertragen wurde. Indessen schon 1 846 kehrte 
der junge Buchhändler zu Bohn zurück, um bei 
letzterem bis 1847 thätig zu verbleiben. Seine 
Hauptarbeit bildete hier die Anfertigung des 
klassifizierten Katalogs des gedachten Hauses, der 
als ein in jeder Beziehung ausgezeichnetes Werk 
zu betrachten ist. Um seine Einkünfte etwas zu 
vermehren, füllte der strebsame junge Mann seine 
Mussestunden mit Korrespondenzberichten für die 
„Rheinische Zeitung" aus. Als er Bohn verliess, 
richtete er beim Abschied folgende charakteristische 
Worte an letzteren: „Mr. Bohn, Sie sind der erste 
Buchhändler in England, aber ich gedenke der 
erste Buchhändler in Europa zu werden! . . ." 

So verhältnismässig gering seine ersparten 
Mittel für das geäusserte Vorhaben waren, so gross 
war sein Ehrgeiz und gleich stark sein eiserner 
Wille. Nachdem Quaritch sich selbständig ge- 
macht, erschien schon im November 1847 seine 
erste Arbeit: „Quaritch's cheap Book Circular." 
Dieser Katalog enthält etwa 400 Bücher mit dem 
Durchschnittspreis von i', — 2 M. Von nun ab 
folgte Katalog auf Katalog. Einen namhaften 
Kundenkreis erwarb sich das Geschäft vornehmlich 
dadurch, dass es besondere Sorgfalt der linguisti- 
schen und philologischen Abteilung widmete. 

Im Jahre 1858 trat ein Ereignis ein, das nicht 
nur die allgemeine Aufmerksamkeit auf Quaritch 
lenkte, sondern auch einen Wendepunkt in seiner 
Laufbahn bildete. Es gelang ihm, in dem Auktions- 
verkauf der Bibliothek des Bischofs Cashel eine 
Mazarin-Bibel für 12000 M. zu erstehen. In 
seinem Katalog No. 175 figuriert ein solches 
Exemplar zum Preise von 100000 M. 

Die Ankäufe mehrten sich von jetzt ab derart, 
dass Quaritch auf den Auktionen teils als der be- 
liebteste, teils aber auch als der gefllrchtetste Bieter 
galt Sein Urteil über Bücher wurde so mass- 
gebend, dass es bestimmenden Eintluss auf die 
Marktpreise ausübte. Die Kenntnis, die er sich 
angeeignet in Bezug auf die Feststellung der Echt- 
heit von alten Manuskripten und Büchern, sowie 
ihren näheren Daten, galt für so unfehlbar, dass 



er sich in der gesamten englischen Geschäftswelt 
und in Liebhaberkreisen eines blinden Vertrauens 
erfreute. Es dürfte nicht leicht sein, ihm irgend 
einen nennenswerten Irrtum nachzuweisen. 

Nachdem er 1863 auf der 'Alstein-Auktion 
in Ghent schon ein bedeutender Käufer geworden 
war, beteiligte er sich bei den nachstehenden 
grossen Auktionen: Auf der Perkins-Auktion 1873 
erwarb er im Ganzen Bücher und Manuskripte 
im Werte von 220000 M.; auf der Sir M. Tites- 
Auktion 1874 für 190000 M.; auf der berühmten 
Didot- Auktion in Paris 1878 — 79 für 232000 M.; 
auf der Beckford- Auktion 1882 für 800000 M.; 
auf derSunderland-Auktion 1881 — 83 für 660000M. 
Auch auf der 1898 beendeten Ashburnham- 
Auktion erwarb der Verstorbene den I.öwenanteil. 
Es war die letzte, in der er persönlich als Käufer 
auftrat, denn von diesem Zeitpunkte ab liess er 
sich auf den Versteigerungen durch einen seiner 
Angestellten vertreten. Hierbei geschah es kürz- 
lich, dass sein Agent nach seiner Meinung ein Folio- 
Exemplar der ersten Shakespeare- Ausgabe mit 
10000 M. über den eigentlichen Wert bezahlt hatte. 
Er ereiferte sich weiter nicht Uber das Missgeschick, 
sondern erklärte nur: ..Mein Motto ist und bleibt: 
für ein wirklich seltenes Buch ist mir kein Preis 
zu hoch!" 

Wenn Quaritch häufig behauptete: das Anti- 
quariat sei sein Hauptgeschäft, so ist dies selbst- 
verständlich richtig, aber gelegentlich hat er auch 
manches schönes Werk selbst verlegt, so z. B. zuletzt 
noch: „Hieratic Papyrii from Kahun and Gurob. 
Edited by F. L. Griffith." Vor allem muss jedoch 
seiner bibliographischen Leistungen gedacht werden. 
Seine Kataloge sind keine gewöhnlichen Preis- 
listen, sondern tragen einen durch und durch 
fachwissenschaftlichen Charakter und stellen das 
Resultat der eingehendsten Forschungen dar 
Namentlich gilt dies von alten Bilderhandschriften 
illuminierten Werken und von den Inkunabeln 
Alles was mit den Inkunabeln der Namen Guten- 
berg, Fust und Schöffer zusammenhängt, sowie 
mit den Frühdrucken bis zum Jalire 1500, blieb 
das Lieblingsstudium des Heimgegangenen. Sein 
Katalog No. 175 „Monuments of Printing", der 
die ältesten Druckerzeugnisse aller Länder von 
1455—1500 bespricht, ist geradezu mustergiltig. 
Er giebt hier eine so überzeugende und Ubersicht- 
lich geordnete Beweiszusammenstellung für die 
Priorität Gutenbergs in der Erfindung der Buch- 
druckerkunst , wie sie in einer solchen Schärfe, 
Kürze und Prägnanz kaum an irgend einer anderen 
Stelle angeführt worden ist. In demselben Kataloge 
ist auch ein Exemplar des Psalteriums von 1459 
aufgeführt, genau beschrieben und mit 105000 M. 
angesetzt. Es ist dies das früher im Besitz von 
Sir M. Sykes und Sir J. Thorold befindliche Exem- 
plar, für das Quaritch selbst 100000 M. bezahlt 
hatte. 

Der erste grosse Katalog von Quaritch erschien 
1858 mit 5000 Nummern; 1860 einer mit 7000 



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4$6 von Zobeltitz. Zur Reform der Buchausstattung. 



Nummern, und 1887 gab er seinen Generalkatalog, 
sein „opus magnum" heraus, eine genaue Be- 
schreibung von 40000 Werken. Dieser ist 
heute so gesucht, dass er auf den Auktionen mit 
150 — joo M. bezahlt wird. Zwischen der Heraus- 
gabe der einzelnen grösseren Kataloge erschienen 
unausgesetzt SpezialVerzeichnisse Uber seltene Manu- 
skripte, Blockbücher, Wiegendrucke, illuminierte 
Schriften, seltene Bibeln, Kunstwerke, Einbinde, 
Typographica u. s. w. Unter diesen sind fol- 
gende als besonders bedeutend hervorzuheben: 
No. 118, „Theologische Litteratur"; No. 138, „Manu- 
scripts and Books illustrating the science of Pa- 
laeography"; No. 158, „Works of Art and Books 
of Prints"; in No. 159 wird das gleiche Sujet mit 
dem Zusatz „Woodengraving" behandelt; No. 164, 
„Illuminated and historical Manuscripts"; No. 166, 
„Rook-Binding"; No. 193, „Litteratur und Geschichte 
des britischen Inselreiches" (mit wertvollen biblio- 
graphischen Notizen). Nicht oft genug konnte der 
Verschiedene mir die Worte wiederholen: „Meine 
Biographie sind meine Kataloge!. . ." Ebenso äusserte 
er häufig: „Einen zur Auktion gestellten Mainzer 
Frühdruck lasse ich unter keinen Umständen in 
andere Hände übergehen ! . . ." Vor etwa 1 o Jahren 
hatte Mr. Quaritch die bibliographische Gesell- 
schaft „The Sette of odd Volumes" gegründet, 
und wie es kaum anders zu erwarten steht, besass 
er selbst eine prächtige Privatbibliothek. 

Jedenfalls hat Quaritch nicht nur sein Wort 
eingelöst, sondern er hat auch noch mehr als sein 
vorgestecktes Ziel erreicht. Er wollte der erste 



Buchhändler in Europa werden, ist es aber zu- 
gleich auch für Amerika geworden, denn er hiess 
in beiden Hemisphären „The Napoleon of Book- 
sellers." Er sagte mir gelegentlich: „Ich teile mein 
lieben in zwei Abschnitte. Der erste ist deutsch, 
der zweite englisch . . ." Um der Wahrheit die 
Ehre zu geben, muss ich jedoch hinzufügen, dass 
er vollständig Engländer geworden war. Wenn 
er weiter sagte: „Obgleich ich Engländer geworden 
bin, so sind doch meine Beziehungen zu Deutsch- 
land und zum deutschen Buchhandel die denkbar 
ausgezeichnetsten", so war er eben ein zu kluger 
Geschäftsmann, um einem Deutschen gegenüber 
sein Innerstes blosszulegen. Zur Orientierung 
möge nur noch hinzugefügt werden, dass die eng- 
lische Firma sich „Bernard Quaritch" schreibt, 
während der eigentliche deutsche Name „Bernhard 
Quaritsch" ist 

Über die Fortführung des Geschäfts, sowie über 
die letztwilligen Verfügungen des Verstorbenen ver- 
lautete bisher nichts Bestimmtes. Sein ältester, 
bereits längere Jahre im Geschäft thätiger Sohn 
wird es vielleicht nunmehr allein leiten, obgleich 
seine eigentliche Neigung nicht dahin geht, da er 
gern Offizier geworden wäre. Ähnlich war es dem 
alten Herrn ergangen, der mir u. a. einmal sagte: 
„Auch ich hätte, wie mein Vater, der im preussischen 
Kadettenkorps erzogen worden war, für mein Leben 
gern den Soldatenbemf erwählt und erachte in ge- 
wissem Sinne meine Laufbahn für verfehlt, da ich 
wahrscheinlich ein besserer Offizier als Buchhändler 
geivorden wäre! . . ." 



•v 



Zur Reform der Buchausstattung. 

Von 

Fedor von Zobeltitz in Berlin. 



eigne , 



is scheint mir gänzlich unmöglich, Seele 
und Körper des Buches absolut streng 
zu trennen, und wenn ich auch in der 
Hauptsache letzterem diese Zeilen zu- 
so werde ich doch hin und wieder neben 
Typen, Deckeln, Kapitelstücken auch von dem 
Inhalt zu reden haben, besonders bei jenen 
Werken, deren äusseres Gewand nicht willkürlich 
gewählt, sondern aus dem Innern heraus ent- 
wickelt ist. 



Der Verlag von Albert Langen zeichnet „Paris, 
Leipzig, München", aber auch ohne die Erwähnung 
der Seinestadt ist es verständlich, dass sich unter 
den vier neu erschienenen Bänden drei französischer 



Abkunft befinden. Doch nur die Titelzeichnung 
Adolf Münzers zu den „Stillen Existenzen" der 
Frau Jeanne Marni ist typisch französisch. Eine 
flotte Frauengestalt — der schon besprochenen 
Reznicekschen „Sklavin" mit dem grossen Hut 
nahe verwandt — beobachtet mit sehnsüchtiger 
Neugier eine Taube, der ein Täuberich soeben 
Avancen macht. Der graue Grundton bleibt in 
dem Antlitz, den Lichtern im Haar, den Hand- 
schuhen und den Tauben, die in einem blauen 
Felde stehen. Die Schrift ist klar, wie bei fast 
allen Werken des l^angenschen Verlages. Nicht 
so ganz sind Münzer die illustrierenden Tusch- 
zeichnungen gelungen ; sie sind ein wenig spielerisch 
und begnügen sich, die Photographie eines Mo- 
mentes zu geben, statt den gesamten Inhalt der 



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von Zobeltiu, Zur 



der Buch« 



457 



betreffenden kleinen Ge- 
schichte zu verkörpern. 
Ausnehmen möchte ich das 
Balleteusenbild zu „Hinter 
den Coulissen", dem es 
nicht an charakteristischer 
Grazie fehlt. Münzer hat 
auch den Umschlag zu 
Mau/assants „Tag- und 
Nachtgeschichten" entwor- 
fen: die schuppenfleckigen 
Schlangenleiber auf gelbem 
Grunde entsprechen ganz 
dem unheimlichen Reiz des 
Poeten. Diese Nattern um- 
rahmen ein dunkelorange- 
farbiges Feld, auf dem ein 
gering bekleidetes Men- 
schenpaar in eilendem Laufe 
abgebildet ist Das Zier- 
motiv der Schuppenleiber ist 
mit Sorgfalt und grossemGe- 
schmack verwandt, während 
ich den etwas kurzbeinigen 
und stuckisch plattköpfigen 
Menschen nicht viel Reiz 
abgewinne. Der Langen- 
sche Verlag ist bei der 
Neugestaltung des Buchum- 
schlags bahnbrechend ge- 
wesen, und wir müssen es 
ganz besonders anerkennen, 
dass er einem Sonderkünstler 
wie Th. Th. Heine Gelegen- 
heit zur Entfaltung seines 
grossen Talents gab. Wie 
viel Humor liegt in der 
feinlinigen Ornamentik auf 
dem Umschlag zu Knut 
Hamsuns „ Viktoria , Ge- 
schichte einer Liepe". Dieser 

Kropftäuberich, nach dem die dummen Täubchen 
mit den blutenden Herzen girren, diese preziösen, 
dünnen, dornenlosen Rosenguirlanden, aus altmodi- 
schen Tüpfchen erwachsend, diese magere be- 
troddelte Cartouche, die ausschaut, wie das Lam- 
brequin im Zimmer der Urgrossmutter : alles das 
passt trefflich zu dem etwas altfränkisch breiten 
Stil, der den meisten, auch den gedanklich mo- 
dernsten Übertragungen aus dem Norwegischen 
anhaftet 

Die zweite Arbeit Heines galt einem Werke 
des feinsinnigsten Romanciers, den Frankreich 
augenblicklich besitzt: Anatole France. Die Marni, 
ein bessrer Abklatsch der Gypschen Schablone, 
wird in Deutschland mehr gelesen als Anatole 
France, und das ist fürwahr eine Schande. Seit 
die „Rötisserie de la Reine Pedauque" 
Bibliophilen und „Le Mannequin d'Osier" 
psychologischen Feinschmecker entzückte, 
Anatole France nicht 

z.f.ii. 1899/1900. 




»00 Frani Stuten 
i„ der VoIlul.edtr.wnn.lun« 
..Liebe. Lied und Lent". 
(tlerün. F.ich« * Fr»ke.) 



alle 
alle 

ist 



auch, sagen wir, populärere Themen zu wählen 
begonnen hat In seiner „Zys rouge" nähert er 
sich Annunzio in der Art liebevollen Eingehens 
auf künstlerische Details, im feinen Zurückdrängen 
von alltäglichen Vorkommnissen zu Gunsten der 
grossen Augenblicke, in dem Glanz der Sprache. 
Aber er ist knapper und darum nie schwülstig; 
er weiss mit dem Adjektiv sparsam umzugehen 
und braucht den Gedankenstrich nicht Auch 
nicht den Gedankensprung, denn Anatole 
France hat noch den Mut, seine Helden denken 
zu lassen — und er langweilt uns nicht dabei. 
Nach alledem sollte man meinen, dass die „rote 
Lilie" in feinen dunstumwogten Konturen zum 
Wahrzeichen des Buches erkoren werden musste, 
als eine jener Fabelblumen mit tropfenden Herzen, 
wie die Nichte des Doktors Pascal sie pasteliiert 
Eine zwar etwas harte, schwarzgeränderte Tulipane 
hat Heine denn auch gewählt, aus deren Kelch 
eine trübschwelende Fackel aufsteigt aber dahinter 

58 



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458 



von Zobeltitz, Zur Reform der Buchausstattung. 




Blumenornament von Ermt Kreidnlf 
aui Anderten ..Bilderbuch ohne Bilder". (Leipzig. Eugen Dicderichv) 



hat er im Stil der „Crimes boulevardiers" eine 
Gruppe gestellt, die seinem Geschmack wenig 
Ehre macht Besonders hübsch ist die Schrift 
ausgefallen, die jedoch nur Autornamen und 
Titel bringt; bei geringer Andersverteilung hätte 
man auch den Namen des Verlegers recht gut an 
der unteren Deckelkante anbringen können. 

«Mi 

Während Langen das Neue bis zum Hyper- 
modernen protegiert, greifen Fischer er* Franke 
in Berlin auf die alte Holzschnittmanier zurück, 
die heute ihre künstlerische Wiedergeburt feiert. 
Sie haben begonnen, unter dem Sammelritel 
„Jungbrunnen' 1 eine Serie von kleinen, auf einer 
Art gelblichem Büttenpapier sorgfältig in schönen 
und charakteristischen Typen gedruckten Heften 
herauszugeben, die wahre Perlen deutscher Dicht- 
und Märchenkunst enthalten. Zunächst sind für die 
Dauer des Jahres zwölf Heftchen geplant worden, 
zu dem billigen Abonnementspreis von i M. für 
das Heft, von denen drei bereits erschienen sind, 
zwei davon mit Blustrationen von Front Stassen. 
Das erste Heft bringt 25 Volkslieder unter dem 
Titel „Liebe, Lied und Lern". Jedes Liedchen trägt 
eine reiche Umrahmung illustrativer Natur, bald 
figürlich, bald rein landschaftlich oder mit oma- 
mentalem Beiwerk. Im Landschaftlichen hat Stassen 
am klarsten das Echtdeutsche der Lieder zum Aus- 
druck gebracht: z. B. bei dem reizenden: 

„So treiben wir den Winter aus, 
Durch unsre Stadt tum Thor hinaus, 
Mit sein' Betrug und Listen, 
Den rechten Antichristen!" . . . 

Durch den frei gebliebenen Raum zwischen zwei 
glatten Buchenstämmen sieht man aufgebrochenes 
Erdreich, durch das pflügende Stiere Furchen 
ziehen; Pflüger und Säemann dabei, dahinter 
Buschwerk und Kiefern und endlich, den Horizont 
abgrenzend, Ackerhilgel unter der aufgehenden 
Sonne. Rechts und links von dem Text zu Füssen 
der Buchen ein grämlicher Greis, von einem Lenz- 
bübchen auf die alte ehrliche Weise des Nase- 
drehens verspottet Einfacher und dennoch von 
prägnantester Stimmung ist der Ausblick auf baum- 
bestandene Wiesenpläne zur „Liebesprobe": 



„Es sah eine Linde ins tiefe Thal, 
War unten breit und oben schmal, 
Worunter twei Verliebte sassen 
Vor Lieb' ihr Leid rergassen." . . . 

Von den figürlichen Darstellungen gefällt 
mir am besten die Illustration zu „Schürz dich, 
Gretlein", wobei aber auch das Entzücken an 
den köstlich naiven und dennoch die Lebens- 
weise einer ganzen Periode kennzeichnenden 
Versen beitragen mag. Ganz reizend ist auch 
die haarstrählende Bauerndirne im Buchwald, 
die da singt: 

„Ein schöns, ein schön Häuschen, 
Ein schön, ein schön Bett, 
Ein schön, ein schöns Bübchen, 
Sonst heirat ich netl" 

Braucht ein Volk, das solche Poesie sein 
eigen nennt, wirklich zum Genre der Gassenhauer 
oder falsch-sentimentaler österreichischer Stanzein 
zu greifen? Und da komme ich gleich zu einem 
Wort des Bedauerns, dass man dem Text nicht 
je einen Vers in Noten beigegeben hat; nur die 
Gesangsstimme, die Noten vielleicht in der scharf- 
kantigen Manier der kleinen Psalterien. Das hätte 
die musikalischen Leser sehr erfreut und die andern 
nicht gestört, denn das typographische Bild würde 
nur noch dadurch gewonnen haben. Die Um- 
schlagzeichnung zeigt in der Ferne auf ragendem 
Felsen eine Burg, von Iaubwald umbuscht Im 
Vordergrunde sitzt, an weisse Birkenstämme ge- 
lehnt, von vollen Rosen umrankt, träumend ein 
Mägdlein — das Mägdlein, von dem das Volks- 
lied singt 

Bei dem zweiten Bändchen, das den Bären- 
häuter** und „Die sieben Schwaben" enthält, ist 
natürlich dem Humor ein breiterer Raum ge- 
lassen; Uberhaupt geht ein frischer kecker Zug 
durch das Ganze, der auch das Charakteristische 
der Gesichter kräftig herausarbeitet Prächtig ist 
z. B. das Vollbild, das die Toilette des Bären- 
häuters schildert Er selbst, das Urbild des frechen 
hübschen Abenteurers, hinter ihm der geprellte 
Teufel als Barbier und davor kauernd ein Unter- 
teufelchen mit der Waschschüssel. Im verknoteten 
Gezweig lauert eine Wildkatze und giftige Pilze 
schiessen aus dem Grund. Vortrefflich ist auch 
eine Vignette, die den verabschiedenden Fusstritt 
des Teufels darstellt Auch die 
„sieben Schwaben" bringen 
unendlich viel des Reizenden; 
die Entwürfe erinnern häufig an 
die Kraft eines Sattler. 

Mehr der Dürerschen Tech- 
nik nähert sich, schon der 
Entstehungszeit und derben 
Lustigkeit zulieb, die Aus- 
schmückung des dritten Bänd- 
chens: „Des weyland Nürn- Vignette na Emu 
berger Handwerksmeisters Hans »«• w *" 

Sachsens lustige Schwänk^, mit " ' *"i^^>»V* * 
Bildern verziert VOn Georg Eugen Uiedenchi.) 




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von Zobcltitc, Zur Reform der BachausitaUung. 



459 



Barlösius; hier fällt nur die Ab- 
wesenheit des Schmutzblattes un- 
angenehm auf. 

Unter den in Aussicht ge- 
nommenen Bändchen erwähnen 
wir noch die Rübezahlmärchen, 
Wander-, Soldaten- und Studenten- 
lieder u. a. m., denen junge und 
bewährte Illustratoren ein neues 
Gewand leihen sollen. Dieser 
„Jungbrunnen" ist eine jedenfalls 
gesunde, lebenskräftige Idee, der 
ich die wärmste Aufnahme wünsche. 

Herr Barlösius hat auch für 
ein andres, kürzlich bei Fischer und Franke er- 
schienenes Buch den Umschlag gezeichnet und es 
verstanden, den höchst „heutzutäglichen" „Gross- 
stadtmenschen" von Max Kretter seine etwas 
archaistische Manier anzupassen. Freilich lässt 
seine Zeichnung eine lokalhistorische Bedeutung 
vermuten, von der Kretzers „Neue berliner Ge- 
schichten" himmelweit entfernt sind. 



WIDMUNCEN. 




Au> Heinrich Vogeler ..Dir". 

nicht für alle Werke passend sein; aber gerade in 
dem Bestreben, zwischen Inhalt und Ausstattung 
einen Gleichklang zu schaffen, der den dichterischen 
Genuss mit einem rein ästhetischen verbindet und 
den Gesamteindruck künstlerisch nach Möglichkeit 
abzurunden sich müht, liegt ein besonderer Reiz. 

Ernst A>W</<?</-München hat den Buchschmuck 
für zwei andere Werke des Diederichschen Verlags 
übernommen: für lupoid Webers „Traumgestalten" 
und Andersens ^Bilderbuch ohne Bilder" (Druck 
von G. Pätz in Naumburg). 

Der Titel des „Bilderbuchs" zeigt eigentlich 
zur Genüge, dass der Verfasser sich auf Wort- 
malerei beschränken wollte — und wir wissen, 
wie es ihm prächtig gelang. Wo Herr Kreidolf 
sich in Böser-Buben-Manier versucht, bringt er 
uns die tiefe Poesie Andersens gerade nicht bild- 
nerisch näher. So im Titelbild, das eine Art 
männliches „Hannele" zeigt, oder in der Schluss- 
vignette zum „Zwanzigsten Abend", oder ganz 
besonders in dem Kapitelkopf zum „Siebenten 
Abend" mit seinem Armeleutsgeruch, der so gar 
nicht zu Andersens zarter Stimmungsmalerei passt 
Denn auch die ärmsten Häusler des Poeten sind 
von einem feinen Silberglanz umflossen und ihre 
Hässlichkeit spiegelt sich verklärt in den Thränen 
seines Mitleids. 

Kreidolfs hervorragende Begabung hegt nach 
der Seite des Blumenornaments. Nicht der üppigen 
südlichen Vegetation, nicht den phantastischen 
Formen der Meeresflora, sondern gerade den be- 
scheidenen Heimatsgewächsen, Storchschnabel und 
Farm, Zweiblatt und Pustbluraen, gewinnt er un- 
gemein reizende, bald symbolisch bedeutungs- 
wo ift noch «Iille und Ziel, oder Qrfprung und voUe > bald einfach-naturalistische Motive ab. 

Brüche? /*/*t/*/*J*J***/l>J* +/*/**/*/*/*/* BeSOn , dera l* 6 » Traumgestalten" sind gleich- 
r- r~ r» /- r\r~ r* r r> r c~ r - r» n r* r* r» t— sam damit durchstreut, wie eine Juniwiese. 
Du leuchtendes Ahrenfeld, bift du nicht ein 

Bild metner befreiten Seele? Du und ich 

beide in flutender ftclle, beide reich an 



Zu den Verlegern, die sich mit warmem 
Herzen der Pflege einer künstlerisch veredelten 
Buchausstattung annehmen, gehört Eugen Diederichs 
in Leipzig. Eine grosse Anzahl von Werken ist 
in den letzten beiden Jahren aus seinem Verlage 
hervorgegangen und fast alle zeichnen sich durch 
die vornehme und geschmackvolle Eigenart ihres 
Äusseren aus. Ich erinnere nur an Maeterlincks 
„Schate der Armen" in Lechters unvergleichlich 
schöner Ausstattung und an die Novalis- und 
Jacobsen- Ausgaben. Bei Hermann Hesses poetischer 
Dichtung „Eine Stunde hinter Mitternacht*', hat 
Herr Diederichs es mit einer neuen Type versucht, 
einer Art breiten Gotisch. Da Drugulin das Buch 
ausgezeichnet gedruckt hat, so gewährt es in 
seiner Gesamtheit einen vollendet künsüerischen 
Eindruck. Besonders schön in ihrer edlen Ein- 
fachheit sind die an Pnsters erste gelungene Ver- 
suche erinnernden grösseren Anfangsbuchstaben 
bei Beginn eines Absatzes; auch die unten auf 
dem inneren Spiegelrande stehenden Seitenzahlen 
nehmen sich gut aus. Natürlich würde die Type 



dnauafpr cebUchcm, beide einander 
befchenhend, und beide (ich 
neigend unter 
füfucn Laft? 



Tjrpenprc.be au« H. Unit ..Ein« 



Doch zeigen hier ein paar charakteristische 
Köpfe, dass die Armeleutmanier bei ihm 
eben nur — Manier ist und er Bessres geben 
kann. Blumenmotive sind auch auf den 
Deckeln beider Bücher verwandt, in kräftigen 
schwarzen Strichen auf erbsengelbem Grunde 
mit deutlicher Aufschrift. 

Auch bei IV. Lefebres Buchschmuck zu 
den „ Morgenliedem und Gedichten" von Otto 
Ealckenberg ist das Pflanzliche von besonderem 



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460 



Zobeltiti, Zur 




Zittern Itii im [riihliiidrnlmnn Dujt . 
DimittTad sdtiitm£rOfi[tltiI)thta 
JadzrkchmWluft. 
Goldpx \<ri£thl du Letzte S>onnt 

IM zur Mt die kULKaßlulkta, 




u Heinrieb Vogeler „Dir". 
iBerlio. ScbuMer & Löffler.l 



Gelingen- Jede Seite trägt wenige Verse in reicher 
Umrahmung; oft will es mir scheinen, als habe 
Lefebre zu Grosses in die engen Grenzen einer 
Buchseite pressen wollen, als spiele nicht genug 
leere Luft um seine Menschenleiber. Das fällt 
bei den Pflanzenomamenten fort; da versteht der 
Künstler es ganz hervorragend, Stengel, Blattrippen 
und Wurzeln rahmenartig zu verwenden und das 
Charakteristische der Form zu betonen; so bei 
den Tulpen und der Kapuzinerkresse oder den 
schlichten Butterblumen, die dem Umschlag — 
erdgrün auf bräunlich — zum Schmuck dienen. 

Streng omamental sind Blattformen bei dem 
Umschlag zu Nesses schon erwähnter „Eine Stunde 
hinter Mitternacht" verwandt: dieser schlichte 
Deckel macht fraglos unter den vier genannten 
Büchern den vornehmsten Eindruck, trotz seiner 
Schlichtheit oder grade deshalb. Der gleiche 
Rahmen wiederholt sich, etwas verkleinert, um den 
Index. Der Künstler hat seine Arbeit leider nicht 
mit einem Monogramm versehen. 

Erwähnen möchte ich noch die sehr geschmack- 
vollen Einfühlungskarten, welche der Diederichsche 
Verlag den Recensions-Exemplaren beilegt; sie 
dürften wohl von derselben Hand herrühren, die 
die Umschlagszeichnung zu Hesses Buch schuf. 

Ebenfalls bei Eugen Diederichs erschien als 
erster Band einer Serie von Zeit- und Sitten- 
bildern: „Der Soldat in der deutschen Vergangen- 
heit" von Georg Liebe, eine Monographie, die das 
deutsche Soldatentum von Beginn des Söldner- 



wesens ab bis auf unsere Tage in glänzender 
Darstellung schildert Den Vorzügen des Textes 
reiht sich würdig die treffliche Ausstattung und 
der illustrative Schmuck an. Die Sammlung und 
Anordnung der Bilder hat der Verleger selbst 
übernommen. Die 183 Abbildungen und Beilagen 
sind Reproduktionen nach Originalen des XV. bis 
XVIII. Jahrhunderts. Es ist mancherlei wenig 
Bekanntes darunter, so die interessanten Brief- 
taubenscenen aus Montevillas Reisen, Strassburg 
1488, die Blustrationen aus dem „Rudimentum 
Noviciorum", Lübeck 1475, die Einblattdrucke 
und Miniaturen. Die Bibliotheken und Kupfer- 
stichkabinette in Berlin und München und das 
Nürnberger Germanische Museum haben das meiste 
Material geliefert, doch wurden auch Privatsamm- 
lungen, wie die von Volkamer, Freytag und 
Lipperheide, herangezogen. Der Preis für das in 
Grossquart vorliegende, zehn Bogen starke Werk 
ist ein sehr niedriger (M. 4) und wird die Volks- 
tümlichkeit des Unternehmens befördern helfen. 
Die Titelzeichnung entwarf /. V. Cissars, den wir 
als Buchkünsder schon vielfach schätzen lernten: 
Ritter und Landsknecht, charakteristisch in starken 
Strichen ohne Schattierung wiedergegeben, um- 
rahmt von schwarzem Laubgewinde. Das Bild 
wirkt gut und passt sich dem Inhalt an. Den 
Druck besorgte Drugulin in bekannter trefflicher 
Weise. 



Sehr fein gezeichnete Kapitelstücke von Hugo 
L. Braune schmücken ein Büchlein, das im Ver- 
lag von H. W. Theodor Dieter in Leipzig er- 
schienen ist Es heisst „Die beiden Reginen" und 
ist von Wilh. Arminius einer Ko burger Chronik 
nacherzählt worden. Dementsprechend hat der 
Künstler mittelalterliche Söldner und Kriegsscenen 
zu seinen Zierstreifen verwandt, die trotz ihrer 
Kleinheit durch die Deutlichkeit jedes Details 
Uberraschen. Zum Druck (Drugulin, Leipzig) sind 
hübsche, eckig abgefeilte Typen verwandt worden, 
und auch hier fällt eine wohlthuende Akkuratesse 
auf, die das Satzbild ohne Spielereien einheitlich 
und in sich abgeschlossen erscheinen lässt 



Unter den Tausenden von 
Druckerzeugnissen, die jährlich 
den Markt überfluten, giebt es 
solche, die eilig durchblättert, sol- 
che, die nie aufgeschnitten und 
solche die stets an der gleichen 
Stelle aufgeklappt werden, bis sie 
ihren Dienst von selbst thun. 
Es giebt Prachtwerke, die auf 
Salontischen schlummern und un- 
scheinbare Bändchen, die ein 
bewegtes Leben führen. Es giebt 
Bücher, die achtungsvoll von 




Vignette von Joi. 
Sattler au* Lea- 
burg „Oberlehrer" 

Mülier". 
(Berlin, G*br.PÄ€tcL) 



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von Zobeltitz, Zar Reform der Buchausstattung. 



4 6l 



aussen angestarrt werden und solche, deren Blätter 
man gleichsam mit zärtlichem Finger wendet Zu 
den letzteren gehört die neueste Gruppe von 
Büchern aus dem Verlage von Schuster 6- Löffler 
in Berlin. Was der raffinierteste Geschmack an 
Vorsatzpapieren, an Fälzen, an Typen hervor- 
brachte, ist hier angewandt worden. Fast schwindet 
die Seele, der Inhalt vor diesem Gedichte der 
Buchtoilette — und nicht bei allen vier Bänden 
ist dies bedauernswert Diese Bücher wollen be- 
urteilt sein, wie schöne Frauen: aux yeux pour 
les yeux; dabei kommt man auf seine Kosten. 

„Die InseT 1 heisst eine neue, von O. J. Bier- 
baum, A. IV. Ifeymel und R. A. Schröder heraus- 
gegebene Monatsschrift, deren erste Quartals- 
nummer von G. Lemmen in Brüssel zeichnerisch 
ausgestattet wurde. Th. Th. Heine hat ein un- 
bedeutendes Hofbildchen und IV. Laage einen 
markigen Hans Thoma-Kopf in Vallotonscher 
Manier beigesteuert Die übrigen, höchst reiz- 
vollen Rahmen, Culs-de-Lampe und Kapitelköpfe, 
sowie das zartgrüne Flächenmuster des Umschlags 
— er ist, wie das ganze Buch, aus Büttenpapier 
gefertigt — stammen von Lemmen her, der auch 
die Ausstattung der nächsten beiden Quartalshefte 
übernommen hat Jedes Quartal wird nämlich 
seinen besonderen Buchschmuck von der Hand 
eines Künstlers erhalten; schafft Lemmen ihn für 
das erste, so wird R. A. Weiss ihn für das zweite, 
Peter Behrens für das dritte liefern u. s. f. Da- 
durch wird für jeden Quartabband eine aus- 
gesprochene Einheitlichkeit erzielt. Aus dem Ge- 
sagten geht schon hervor, dass „Die Insel" kein 
„Familienblatt" sein will; sie ist das Werk fein 
empfindender Geschmackskünstler und wendet sich 
auch nur an solche. In der That ist es schon 
eine Freude, dies Heft zu durchblättern und dabei 
lediglich dessen Äusserlichkeit auf sich einwirken 
zu lassen. Man spürt sofort, dass man eine vor- 
nehme, nicht absonderliche, doch immerhin eigen- 
artige, alltagsfeindliche Bekanntschaft zu machen 
im Begriffe steht Der Pergamentfalz trägt das 
Signet der „Insel", ein mit vollen Segeln durch 
die Wellen gleitendes Schiff; dasselbe Signet ist 
auch als Wasserzeichen für das Papier verwendet 




Vignette von Jotef Sattler 
aus Lenburg „Oberlehrer Müller". 
(Berlin. Gebr. Partei.) 




ÜHRÄST 




Buchschmuck von F.. R. Weit« 
im A.W. Heymel M Die Fiicher und andere Gedichte". 
(Berlin. Schuster & Löffler.) 



worden. Der Druck stammt, ich möchte sagen 
selbstverständlich, von Drugulin-Leipzig. Also: der 
erste Eindruck ist vortrefflich. Auf den Inhalt 
möchte ich erst näher eingehen, wenn die folgenden 
Hefte erschienen sind. Erwähnt seien nur Meier- 
Graefes Beiträge zu einer modernen Ästhetik, die 
klug und geistreich sind, und die köstlichen alten 
Briefe des Abbe Galiani. Das Abonnement beträgt 
vierteljährlich M. 9 inkL der festen Quartalsdecken; 
auch Luxusausgaben auf Japan und holländischem 
Bütten werden in kleiner Auflage verausgabt In 
einer Zeit, da miserable Spekulationsprodukte 
Hunderttausende von Lesern im Handumdrehen ge- 
winnen, kann man sich Uber ein Unternehmen wie 
„Die Insel" nur doppelt freuea Hoffentlich kämpft 
es sich durch. 

. . . Soviel hatte ich über die erste Nummer 
geschrieben. Nun sind mir inzwischen auch die 
nächsten beiden Hefte zugegangen, die ein Wort 
der Einschiebung nötig machen, zumal gleichzeitig 
auch die erste Mappe der „Insel" verausgabt 
worden ist Bierbaums „vernarrte Prinzess" ist 
eine der köstlichsten Schöpfungen dieses originellen 
Poeten; schon bei der Lektüre scheinen sich die 
Worte einer lebensfrischen Musik einschmiegen zu 
wollen. Aber rein äusserüch erschwert die 



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462 



von Zobeltitx, Zur Reform der Buchausstattung. 



Hug 



Gleichförmigkeit der Type in 
diesem Falle die Lektüre. Wenn 
für die Zwischenbemerkungen 
eine kleinere Form derselben 
Type gewählt worden wäre, so 
wtirde mit der Lesbarkeit auch das 
Bild an Gefälligkeit gewonnen 
haben. Harmonie ist nicht Mo- 
notonie. Eine Perle ist Lilien- 
crons Gedicht vom „Spazierstock". 

Die ersten zehn Blätter des 
Mapptnwerks der „Insel" (jährlich 
M. 50; Luxusausgaben zu M. 
100 und 200) sind bis auf zwei Ausnahmen, 
über die man streiten kann, von erlesener Schön- 
heit. Ein satirisches Bild in Radierung „Klugheit 
und Gemeinheit" von Geyger-Florenz eröffnet den 
Reigen: ein vergeistigter Rops, grandios in der 
Auffassung und in der Ausführung von höchster 
Künstlerschaft. Ein Akt von Lemmen ist litho- 
graphisch so fein wiedergegeben, dass er wie eine 
Originalzeichnung wirkt Auch Nicholson fehlt 
nicht; er hat einen Pascha des HUhnerhofes bei- 
gesteuert, in seiner bekannten breitflächigen Manier, 
einen räsonnierenden Prachthahn — in zweifarbigem 
Holzschnitt Einzig schön ist das Facsimile des 
Eyckschen Kopfes, voll zarter Weichheit, das 
Typische in der Art des grossen Jan mustergültig 
wiedergebend. Dagegen finde ich den Holzschnitt 
nach einer Zeichnung von Laage-Karlsruhe einfach 
schauderhaft; aber das liegt nicht am Schnitt 
Ebenso wird nur der das Manetsche Aquarell, das 
eine Dame auf der Causeuse vorstellen soll, schön 
finden können, den der Name des Künsüers hyp- 
notisiert. Die Maison moderne in Paris besitzt 
das Original; ich beneide das Haus nicht um 
diese Kostbarkeit Um so interessanter sind die 
Reproduktionen eines airjapanischen Holzschnitts 

ßfm flÄÄrat». \m$ Otfantt , 
lönt lirtv Dir jfhwimru fmnauf* flütipr. 
fln frYcimpfutiiauiid«! /Dnüi nmmtmt. 
lOasfriara ti&ntitt jr crrnaatu 





VifMtt* Ton Georg Bnrl6«iui iuNui! 

iBertin. rächet & Frank«.) 



Schaaken. 



o L. Braune am W. Arminiui „Die beiden Regiaen". 
(Leiprig. H. W. Th. Dieter.) 

und eines mittelalterlichen Glückwunschbildes. Im 
Allgemeinen muss gesagt werden, dass die Tech- 
nik in diesem Mappenwerk wieder eben glänzen- 
den Triumph feiert 

„Die Insel" ragt übrigens auch als eigene Ver- 
lagsabteilung aus dem Druckerschwärzemeer der 
Herren Schuster & Löffler hervor. Sie prangt als 
Untertitel auf den „divines creations", die ich 
nunmehr beschreiben will — mit ganz besonderem 
Genuss an ihrer Schönheit 

Da ist zuerst ein Oktavbändchen von Walter 
Heymel „Die Fischer und andere Gedichte" zu 
nennen, in einem finster-schönen Gewände von 
bräunlichem Weinrot mit schwarz- und schwefel- 
gelbem Pergamentrücken — einem Muster, ähnlich 
der „Gugeline" Bierbaums, sowohl als Deckel wie 
als abgepasster Vorsatz gleich geschmackvoll 
Dann eine grosse Opulenz an leeren und wenig 
bedruckten Vorblättern und der Titel mit einer 
htlbsch stilisierten Vignette von E. R. Weiss, 
dessen Stift auch die übrigen Zierfelder — von 
Illustration kann und soll man hier nicht sprechen 

— entstammen. Hierauf das Widmungsblatt und 
die Einleitungsseite und endlich — der erste 
Gedicht/MV/. Aber nun kommt wirklich Text — 
und zwar Text, der sich wohl hören lassen kann. 
Strophen wie: 

„Die alte Unrast, die wandernde Frau, 

Wankte knochig heran, bat um Einlas s rauh . . ■" 

oder 

„Ich hör' des Unglücks Peitsche schon: 
Das soll uns nicht erjagen. 
Mein Pferd ist gut beschlagen . . 

sind solcher sorgfältigen Umhüllung wert; freilich 
läuft aber auch manche Geschmacklosigkeit — ich 
erwähne nur das „Chanson" vom roten Kanapee 

— mit unter. Trivialitäten schön zu sagen, das ist 
allein das Reservat der Ganz-Grossen. Der Weiss- 
sche Buchschmuck ist in Lemmenschem Stile ge- 
halten und erzielt hie und da die stark künstle- 
rische Wirkung der primitiven Ornamentik im 
Holzschnitt 

In schüchtern Sämisch-grau mit einem Vorsatz 
von Grün-grau-weiss, gleich einem Nankingkleid 
aus der Biedermannszeit, erscheint ebenfalls im 
Insel- Verlag mit der gleichen Vorblattverschwendung 
und ungeheuer viel „Rand" versehen, ein Buch 
Gesänge von Rudolf Alex. Schröder unter dem 



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Kritik. 



463 



Titel „ Unmut". Der Nietzscheaner sind leider schon 
viel zu viele, und so gefallen mir denn diejenigen 
„Gesänge" Herrn Schröders am besten, die er 
eigenem Empfinden entkeimen liess. 

Das Beste komme zuletzt Ein grosser Künstler 
des Stiftes braucht kein Verskünstler zu sein, aber 
wenn er das, was er mit seinen Augen gesehen 
und in seiner Seele durchfühlt hat, schlicht wieder- 
gebt, so geht es eben, wie der Wiener Gassen- 
hauer sagt: „'s ist von keim Klassiker, von 

keim Schenie aber seine kunstlosen Verse 

sind dennoch voller Poesie. 

Hört man den Namen Hänrich Vogeler, so 
denkt man sofort der feintönigen Heidelandschaften, 
der zitternden Moore, der Birkenschleier und zaus- 
köpfigen Strohdächer aus den Mappen der 
Worpswedes Und Haideduft und Waldesweben 
wehen auch aus Vogelers kleinen lieben Versen, 
denen seine KUnstlerhand so unendlich köstliches 
Kleinwerk an Blumen, Vignetten und Rahmen 
eingestreut hat Die Gedichte, „Dir" betitelt, sind 
in Handschrift-Faksimilierung wiedergegeben, und 
die stolzen, feinen Federzüge passen harmonisch zu 
den infamen Versen und zierlichen Vignetten. Wie 
ein Stammbuch, vom Freunde überreicht, mutet das 
Buch an; die fatale, verhundertfachende Drucker- 
presse liegt fem zurück; „Eines für Eine" dürfte 
das Buch heissen, aus dem ich nur eine einzige 
Perle bringen möchte: 

„Der Frühling tobte aus sein glänzend Blumenfett. 

Der Sommer ging, die Schwalbe lies» ihr Nest. 

Da kam der Herbst und mit ihm kam der Tod, 

Der eisig alle Blumen knickte, 

Und mit Ihm kam auch unsrc Trennunginot: 

Der harte Zwang, der mich ins Leben schickte . . 

So einfach und schlicht deutsch und süss ist 
Vogelers Kunst wie diese Verse es sind. Die äussere 
Ausstattung — bei diesem Buch gehört sie auf 
den zweiten Platz — übertrifft wennmöglich noch 
die schon genannten Werke des Insel-Verlags. 



Der Farbenreiz der gelben Blümchen und Streifen 
auf dem perlgrauen Grund des Deckels, die zier- 
lich verschlungenen Linien der gelbgrünen Stiele 
und gelben Blüten auf dem Veronesergrün des 
Vorsatzes ist schwer zu beschreiben. Kleine recht- 
eckige Etiketts, rechts oben auf den Umschlag- 
deckel geklebt tragen bei allen vier Publikationen 
den Titel; diese Neuerung ist nur bei Uni-Deckel- 
papier wirklich geschmackvoll. Bei Buntpapier 
schimmert das Muster durch. 



Reizend sind die Zeichnungen Josef Sattlers zu 
Wolfg. Lenburgs liebenswürdigem Skizzenbuche 
„Oberlehrer Müller 1 ' (Berlin, Gebr. Paetel). Es 
liegt ein köstlicher Humor in diesen kleinen Bild- 
chen, und in den landschaftlichen Ausschnitten 
eine ganz besonders intime Poesie, eine feine 
Stimmung wie über Heinrich Seidels stillen All- 
tagsgeschichten. Einzelnes verliert meiner Ansicht 
nach durch die allzu winzige Reproduktion. 

Schliessen möchte ich die diesmalige Be- 
sprechung mit der Erwähnung eines neuen 
Büchelchens von Max Bruns „Zwei- Einheit' 1 
(J. C. C. Bruns, Minden i. W.). Es ist bis auf die 
beiden gegenüberstehenden Titelseiten, die zu un- 
ruhig wirken, aussergewöhnlich geschmackvoll ge- 
druckt und zwar in der Druckerei des Verfassers. 
Das muss eine besondere Freude gewähren, wenn 
der Dichter auch sein eigener Drucker sein kann! 
Als Abschlüsse der abgebrochenen Zeilen sind 
reihenweise winzige Schmuckstücke verwandt worden, 
die aus dem Typenbilde nicht herausfallen, wie ich 
es bei ähnlichen Arrangements oft gefunden habe, 
sondern gewissermassen eine bildnerische Ergänzung 
der Buchstaben bilden. Ebenso sind die Leisten, 
die die einzelnen Abschnitte trennen, in ihrer Form 
den Typen angepasst Es harmoniert alles; es 
fällt nichts auseinander. 



Kritik. 



Mehr und mehr hat die Glossierung des Zeitbildes, 
sei es m Politik, in der Kunst oder der Wissenschaft, 
sich vom trockenen Geschichtsstil befreit und ist — so- 
weit es sich nicht um wütende Parteischriftst ellerei 
handelt — weniger peremptorische Kritik als ver- 
gleichend abwägende Forschung geworden. Höchstens 
springen uns noch aus den Spalten der Tagesblätter 
vom Abend bis zum Morgen fix und fettig formulierte 
„Urteile" über Theaterpremicren in die Augen. Im 
allgemeinen kann man wohl sagen, dass es noch zu 
keiner Zeit so viele geschmack- und verständnisvolle 
Essayisten gegeben hat als jetzt Speziell über die 



Kunst. Es liegt öfters ein grösserer Genuss in der fein- 
sinnigen Erklärung als im Original. Herr Dr. Max 
Lorens, der eine Reihe lhterarkritische Aufsätze unter 
dem Titel „DU Litteralur am Jahrhundert-Ende" 
(Stuttgart 1900, J. G. Cotta) gesammelt hat, bringt her- 
vorragende Eigenschaften für den Essayisten mit Vor 
allem den guten Wülen, den Intentionen der betr. 
Dichter nachzuspüren, statt ihnen seine eigenen aufzu- 
zwingen, wie wir es leider so häufig finden. Ferner die 
Gabe, die Dinge und Menschen in einfach konstruierten 
Sätzen treffend zu charakterisieren. So sagt er über 
das Wesen des Naturalismus u. a. in Bezug auf die 



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4«4 



Kritik. 



verlangte Objektivität des Beschauers: „Die Dinge und 
Verhältnisse haben das Übergewicht und drücken mit 
ihrer Last und Schwere auf die wachsweiche Menschen- 
seele. Die Verhältnisse und Dinge sind gewissennassen 
die wirkenden Subjekte und die Seele ist das Objekt . . . 
Der Mensch ist den Dingen unterthan geworden. Die 
Verhältnässe — das .Milieu' — beherrschen und be- 
stimmen ihn." — „Das naturalistische Bühnenwerk," 
antwortet er auf die Vorwürfe des Undramatischseins 
des Naturalismus, „kann aber seinem Wesen nach gar 
keine lebhaft bewegte, vorwärts stürmende Handlung 
haben. Handlung erfordert einen Handelnden . . . Das 
ist beim naturalistischen Bühnenwerk unmöglich — 
(nämlich der Sturm der Geschehnisse). Hier sind die 
Menschen unterdrückt von den Dingen ... Es giebt 
keinen führenden Helden . . ." Sehr geistvoll weist dann 
Herr Dr. Lorenz die Entwickelung des modernen 
Märchendramas aus dem naturalistischen „Proletariats- 
drama" nach und das Unpolitische der sogenannten 
sozialen Dramen. Er zeigt, wie gerade die Führer des 
„Naturalismus" im Lyrischen ihr Bestes leisteten, z. B. 
Holz und vor allem Hauptmann, denn das Rohe ihrer 
Erstlingsstücke sei nur die sichtbare Wirkung ihrer allzu- 
grossen Sensibilität der Aussenwelt gegenüber gewesen. 
Leiden erzeugt Sehnsucht nach einem freieren Zustand. 
Hauptmann strebt in eine weichere, wonnigere Welt 
„Das lyrische Phantasiestück und Märchen ist das 
künstlerische Befreiungsmittel des naturalistischen In- 
dividuums." Auch in den „Webern" wird eine „lyrische 
That", das Weberlied, zum treibenden Motiv. Über 
den verfehlten „Florian Geyer" sagt Lorenz: „In der 
Geschichte wirkt allenthalben, und an den Wende- 
punkten am kräftigsten, der Geist; die naturalistische 
Kunst aber ist ihrem Wesen nach zwar äusserlich ein- 
drucksvoll, aber innerlich geistlos. Eine naturalistische 
Geschichtstragödie ist ein Unding ... Es wohnt dem 
Naturalismus stets etwas Weibliches inne. Es ist das 
die Kunst der Konzeption . . ." Kann man dem Wesen 
des Naturalismus unparteiisch näher kommen, als Dr. 
Lorenz es hier thut? Wollten doch nur alle die Helden 
der Schlagwortbildung dies Buch lesen) — 

Von den zahlreichen Aufsätzen des kleinen Werkes 
über Hamsun, Jung-Wien, Maeterlinck, Sudermann, 
Maupassant als psychologisches und gewissermassen 
auch pathologisches Problem, Fulda und seinen „Hero- 
strat", Hebbels „Herodes und Mariamne" und die 
modernen Frauenwerke an timar littscher Observanz u. a., 
will ich nur zwei kurz herausgreifen. Den ersten, 
weil er sich mit zwei Dichtern beschäftigt, die , heute 
nur von dem Geistes-Tausend gekannt, dereinst vielleicht 
Eigentum aller Gebildeten werden dürften, dass heisst, 
wenn sie — tot sind. Nämlich Richard Dehmel und 
Detlev von Liliencron. Geistvoll sucht Dr. Lorenz die 
Kluft zwischen dem ehemaligen Beruf Liliencrons und 
seiner Lyrik zu überbrücken „Man verleihe dem 
Soldaten die Macht des Worts, und er wird Gedichte 
formen. Denn ein Gedicht ist rhytmische Rede. Der 
Rhytmus aber gehört auch zum innersten Wesen der 
Soldatenexistenz . . . Rhytmus hat zur Voraussetzung 
und wiederum auch zur Folge erhöhte Lebensthätigkeit, 
gesteigertes Kraftgefühl!" — „Für Probleme hat 



Liliencron überhaupt kein Organ ... In jedem Augen- 
blick ist sein Interesse auf einen Punkt gerichtet. Dieser 
soldatische Dichter ist Offizier, der sich an jede be- 
stimmte vor ihn tretende Aufgabe zu machen bereit 
ist, die sich mit dem Degen in der Hand lösen lässt. . . 
Ihm sind hundert Gedichte glänzend gelungen, die so 
aus der Stimmung des Augenblicks heraus zu gewinnen 
waren. Aber ein Werk planmässig anzulegen und vor- 
bedachterweise durchzuführen, vermag er nicht . . ." 
Wie grausam legt Dr. Lorenz da den Finger an die 
Wunde, die Liliencrons Talent hindert, zum frucht- 
tragenden Erfolg zu gelangen! — 
*" Ich glaube, dass der Herr Verfasser dem Rein- 
menschlichen Richard Dehmels eine zu grosse Be 
deutung zumisst Wenn er von ihm sagt, dass das Tier 
in ihm Gott suche, so scheint mir das auf alle sinnlich 
veranlagten Künstlernaturen — sinnlich nicht nur im 
Sinne des Erotischen — richtig zu sein. Im Übrigen 
aber dürfte denn doch das „Problem Dehmel" nicht 
ganz so schwierig und tiefsinnig zu lösen sein, und „les 
grands appe"tits", wie Zola sagt, neben viel Eigen- 
geborenem auch manches Stückchen — Pose enthalten. 
Das hindert ja aber nicht seine Verse, „übermensch- 
lich" im Empfinden zu sein, selbst wenn er als Mensch 
das nicht ist. Auch hat Dr. Lorenz eine Seite Dehmei- 
scher Kunst zu erwähnen vergessen, die einen mensch- 
lich versöhnlichen Zug in das finstere Seclengemälde 
bringt: nämlich seine köstlichen Kinderlieder. Das 
hätte allerdings der Geschlossenheit des Aufsatzes ge- 
schadet, aber es wäre Herrn Dr. Lorenz auch hier ge- 
wiss eine feine Parallele leicht geworden. 

Der Schlussartikel des Bandes handelt über Theodor 
Fontane. Welche Tintenströme und Redefluten hat der 
Tod des echt-märkischen grossen Poeten nicht entfesselt ! 
Das schwoll über von Dithyramben und brachte Citat 
überCitat: eine wahre Plünderung seiner Werke. Auch 
Dr. Lorenz' Essay bringt keinen wesentlich neuen Ge- 
sichtspunkt, es sei denn die Beleuchtung der Zeit, da 
Fontane noch als feinsinniger und dennoch — man 
staune! — freundlicher und wohlwollender Kritiker an 
der „Vossischen Zeitung" beschäftigt war. Trotzdem 
thut es wohl, die paar Seiten durchzulesen; Lorenz ver- 
steht es, auch da, wo er warm verehrt, schlicht zu 
bleiben. Grosse Menschen dienen ihm nicht zum will- 
kommenen Vorwand für eigene Geistesblitze. Er bildet 
sich nicht ein, die Leute besser zu verstehen, als sie 
sich selbst, und darum berührt sein Buch so Uberaus 
sympathisch. F. v. Z. 

m 

Der Ehrenbrief des Jakob Puterich von Reicherts 
hausen an die Erzherzogin Mechthild. Von A. Gölte. 
Strassburgi.E. Verlag von Schlesier& Schweickhardi899. 

Einen Bücherfreund vor vierhundert Jahren lernen 
wir in dem bayrischen Ritter Jakob Püterich von 
Reichertshausen kennen, der, einer alten, durch eiserne 
Thatkraft zu Macht und Ansehen, zu hohen kirchlichen 
und weltlichen Ämtern gelangten Familie entsprossen, 
selber in Wort und That, im Kriege wie im Prozess 
seinen Mann zu stehen wusste und sich trotz seines 
weiten Gewissens bei der Beschaffung „alter püecher" 



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Kritik. 465 



doch das Vertrauen seiner Zeitgenossen in so hohem 
Grade erwarb, dass ihn die bayrischen Landstände in 
schwierigen Zeiten mit anderen hervorragenden Männern 
an die Spitze des Landes beriefen. Aber gerade der 
Einblick in die verworrenen Zustande seiner Zeit nährten 
in seinem Herxen die Sehnsucht nach den schönen 
entschwundenen Tagen des Rittertumes, und Jahr für 
Jahr häuften sich in seiner Burg die alten, guten mittel- 
hochdeutschen Ritterromane, sodass selbst in der 
reichen Bibliothek der unglücklichen, feingebildctcn 
Erzherzogin Mechthild, die ihm Bucheraustausch anbot, 
und die er in seinem 1462 entstandenen Ehrenbriefe 
mit wehmütigem Rückblick auf den verbleichenden 
Glanz des bayrischen Turnieradels als Schirmerin der 
schönen Künste feiert , nur dreiundzwanzig Werke un- 
bekannt waren. Mit Begeisterung, aber unbeholfen 
genug, schildert er dann seine I.icblingsdichtcr, während 
uns ein beigelegter Zettel mit dem vollständigen Ver- 
zeichnis seiner Bibliothek verloren ist. Mit feinem Ge- 
fühl stellt er die Klassiker Wolfram, Gottfried und 
Hartmann voran. Ja, er ist zu Wolframs Grabe im 
fränkischen Eschenbach bei Ansbach gewallt und be- 
schreibt es in einem Postskriptum. AU Probe seines 
bayrischen Dialekts und der eigentümlichen Strophe, 
die er dem allegorischen Gedichte Hadamars von Laber, 
der „Jagd", entlehnte, seien folgende Zeilen nach dieser 
neuen, kritisch bearbeiteten und sprachlich wie litteratur- 
geschichtlich erschöpfend erklärten Ausgabe angeführt: 

„Ich hob den Titurel, 
das haubf ab teutschen puechen, 
wer mir das widerpel, 

der findet khampf, ob er den ruecht zuc suechen, 
das nie sein gleich ward funden in allen Sachen, 
mit ticht so gar durchfeinet, 
als in dan hat Wolfram von Eschenbachen. 

Auch mer den Parxivale, 
»ant Wilbalms puech das ander 
and Lohengrein mit alle, 
die dreu gemacht, glaub ich, teiamen pander. 
von Strasburg Gotfrid Tristram hat besachcL 
so hat Hartman von Aue 

beim brun her fwein mit dem lewen gmachet." 

Dr. R. Petsch. 

m 

Der Wunsch zu spezialisieren hat in unserer Zeit 
neben Monographien und Einzelsrudien noch eine andre 
Gruppierungsart herv orgebracht, nämlich die, irgend eine 
hervorragende Erscheinung fest ins Auge zu fassen, sie ge- 
wissermassen den Kern bilden zu lassen, um den sich dann 
eine ganze Periode krystallisiert — freilich nur, so weit sie 
den Kreisder erw ähnten Erscheinung nicht üb ersehreitet. 

„Die Frau in der venezianischen Malerei" (Mün- 
chen, 1899, Verlagsanstalt F. Bruckmann) gehört zu 
Letzterer, die der Verfasser, Herr Emil Schaeffer, selbst 
als „Versuch" bezeichnet. Als Versuch, uns das,, Avant, 
pendant et apres" der irdischen Göttin der Bella Ve- 
neria zu ihrer Glanzzeit zu veranschaulichen. Wenn wir 
die zarten Madonnen der primitiven , die seelenvollen 
der Bellinesken Zeit bewundern, ahnen wir kaum, wie 
geringen Anteil am geistigen Leben die Urbilder dieser 
edlen Typen nahmen, dass die Venezianerin des Quattro- 
cento gleich einer Türkin verschleiert und eingesperrt 

Z, f. B. 1899,1900. 



gehalten wurde und selbst das Cinquecento mit seiner 
Hochflut der Lebensfreude eigentlich nur den Aspasien 
eine geistige Bedeutung einräumte. Die Stellung der 
Maler zu ihren Vorbildern hat Herr Schaeffer sehr ge- 
schickt in einen Satz zusammengefasst, in dem er sagt: 
„Die Meister des Mittelalters haben die individuelle 
Schönheit auf den Himmelsthron schoben, Bcllini setzte 
die Venezianerin darauf, Giorgione stellte den Thron 
mit der Venezianerin auf die Erde." Überhaupt wohnt 
dem Autor in grossem Masse die Fähigkeit inne, Schlag- 
worte von haftender Lebendigkeit zu prägen, so wenn 
er Tizian den „grossen fnnervösen" nennt oder von 
Tintoretto sagt, es sei seine Aufgabe gewesen, die ve- 
nezianische Fraucnmalerei von der Bewegungslosigkeit 
zur Grazie zu fuhren. 

Über Paris, Bordone und P. Veronesc kommen wir 
langsam zur Zeit des Rokoko, der Zeit, da das stolze 
Venedig, seiner politischen und Handelsmacht verlustig 
gegangen, „seinen scharfen Verstand, seine Talente, 
deren es für Handel und Diplomatie nicht mehr be- 
durfte ~- benutzte, um das Leben in ein Gedicht voll 
Duft und Grazie zu wandeln." Dr. Schaeffer zeigt uns 
die vom Hausrwang befreite Patrizierin in ihrem reichen 
Toilettenluxus — zu dem auch der Cicisbco, der stets 
dienstbereite Freund gerechnet wurde, in dem Kampfe 
gegen das geistige Übergewicht der Kurtisanen. War 
das weibliche Idealwort des Quattrocento „umile", das 
der Hochrenaissance „maesta" gewesen, so strebte man 
nun danach, eine ,, Donna di spirito" zu sein. Das Zier- 
liche, Spielerische wurde zur Richtung. Piazzetta und 
Rotari vertreten die neue Phase, vor allem aber Rosalba 
Camera, die mit der Erfindung der Pastcllstifte so recht 
eigentlich dem leicht hingehauchten Empfindurjgssch.il 
lem des Rokoko entgegen kommt, Ist sie in den Pa- 
lasten zuhaus , so hat sich Longhi das bürgerliche 
Interieur gewählt, das er nur leider mehr anekdotisch, 
als kulturhistorisch behandelt Über den Vieren aber 
thront in von ihnen unerreichter Meisterschaft Tiepolo, 
der „ein bisher unbekanntes Moment in die italienische 
Malerei brachte — die Geste." Mit ihm endet die 
Reihe der rein venezianischen Frauenmaler, und erst 
jüngst, in der Zeit eines Baudelaire, hat man Tiepolo 
voll zu würdigen verstanden; so voll, wie in den Tagen 
seines jungen Ruhmes. 

„Die Frau in der venezianischen Malerei" giebt ein 
scharfes, durch gute Reproduktionen noch plastischer 
modelliertes Bild der grossen Kunstepochen der La- 
gunenstadt und der Menschen, die jene schufen. Bei 
aller Gründlichkeit ist der Stil leicht, das Buch liest sich 
wie ein Roman. Den eigentlichen Forschern wird 
Dr. Schaeffers „Versuch" nicht viel neues bringen, 
dem Publikum wird er desto willkommener sein. 

Dr./. Hagen. 

m 

Dr. Georg Steinhausen, t'niversitätsbibliothekar in 
Jena, der bekannte Kulturhistoriker, hat seiner aus- 
gezeichneten Monographie über den deutschen Brief 
eine Sammlung Deutscher Privatbriefe des Mittelalters 
folgen lassen (Berlin, R.Gaertners Verlagsbuchhandlung. 
Herrn. Heyfelder; gr-S«, XIII, 454 S.). Die ganze 

59 



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4 66 



Chronik. 



Veröffentlichung ist auf mehrere Bände berechnet, von 
denen der vorliegende Band Briefe von Fürsten, Mag- 
naten, Edlen und Rittern bringt, die eben Zeitraum 
von 130$ bis 1499 umfassen. Der erste bekannte 
deutsche Brief, in die Zeit von 1303 bis 1306 fallend, 
ist ein naiver Freundschaiiserguss, den Elisabeth von 
Baierbrunn an die Kastnerin Diemut, Klosterfrau in 
München (Angerkloster), richtet Steinhaufen fand 
ihn im Münchener Reichsarchiv; bisher galten zwei 
politische Schreiben des Grafen Rudolf von Habsburg- 
Laufenburg -Rappers wyl aus dem Jahre 1313 als die 
ältesten bekannten Briefe. Abgesehen von der un- 
geheuren Wichtigkeit dieser Briefsammlung für die 
kultur- und sprachgeschichtliche Forschung ist sie auch 
köstlich unterhaltsam. Zu der naiven Derbheit des 
Brandenburger Kurfürsten Albrecht Achilles stehen die 
holden Freundschaftsepistel der Grete von der Mark 
an die Gräfin Anna von Cleve, die Briefe der Elisabeth 
von Mecklenburg, der Herzogin Sidonie von Sachsen 
und anderer hoher Frauen in charakteristischem Gegen- 
satz. Die sachlichen Erklärungen des Herausgebers 
beschränken sich auf kurze Angaben; eine Überhäufung 
von gelehrten Anmerkungen ist absichtlich vermieden 
worden. Das Orts-, Personen- und Sachregister wird 
dem Forscher willkommen sein. Die chronologische 
Fixierung der undatierten Stücke mag grosse Mühe 
gekostet haben; das denkbar Mögliche ist jedenfalls er- 
reicht worden. Der zweite Band soll Briefe von Bürgern 
und Geistlichen bringen. Ich wünschte, das Werk 
verbliebe nicht allein in den Händen der Gelehrten; 
es gehört in die deutsche Hausbibliothek. — ob— 



Von Ludwig Solomons „Geschieht* des deutschen 
Zeitungswesens" hegt der erste Band vor, den Zeitraum 
vom XVI. bis XVIII. Jahrhundert umfassend (Olden- 
burg und Leipzig, Schulzesche Hofbuchhandlung, 
A. Schwanz; 8°, X, 265 S.). Vereinzelte Studien über 
die Materie sind in letzter Zeit mannigfach veröffent- 
licht worden, ebenso eine Anzahl Monographien; an 
einem umfassenden Werke über die deutsche Zeitung 
fehlte es indessen bisher, denn auch das 1845 erschie- 
nene Prutzsche Buch gedieh nicht über den ersten Teil 
hinaus. Solomon hat sich in den weitschichtigen Stoff 
vortrefflich hineingelebt; es mag nicht leicht ge- 
wesen sein, ihn so zu gruppieren, dass eine klare und 
anschauliche Übersicht möglich. Das Buch gliedert 
sich in drei Hauptabschnitte. Der erste behandelt den 
Ursprung des deutschen Zeitungswesens .- die brief- 
lichen Zeitungen und die „newen Zeyttungen" des 
XVI. Jahrhunderts sowie die Messrelationen, die 
direkten Vorläufer unserer Journale von heute; der 
zweite die Presse in der Periode des dreissigjährigen 
Krieges: die älteste gedruckte Zeitung, die Strass- 
burger von 1609, die süd- und norddeutschen Blätter 
und ihren Einfluss auf die allgemeine Bildung; der 
dritte endlich die Presse im Fridericianischen Zeitalter 
bis zur Begründung der „Propyläen". Trotz des 
spröden Stoffes ist das Buch ausgezeichnet geschrie- 
ben und dürfte deshalb auch über die Kreise der 
Fachwelt hinaus interessieren. Der zweite, in Vor- 
bereitung befindliche Band soll die Periode von der 
Fremdherrschaft bis zur Wiederaufrichtung des Reichs 
zur Darstellung bringen. — g. 



Chronik. 



Buchausstattung. 



Jan Toorop hat für „Uitovering van Liederen uit 
het Liederboek van Croot-Nederland" (1809) einen Um- 
schlag lithographiert, der geeignet ist, auch diejenigen 
zu entzücken , die den Werken des Künstlers nur be- 
dingte Sympathie entgegenbringen. Auf der Vorder- 
seite ist eb junges Mädchen dargestellt, das mit den 
Händen b eben Quell fasst — im Gegensatz zu Toorops 
sonstigen Arbeiten einmal ebe verstandliche Allegorie. 
Der Ausdruck ekstatischer Verzückung b dem schönen 
Gesicht ist bewunderungswürdig wiedergegeben. Auf 
der Rückseite sbd seltsam verschlungene Lbien an- 
gebracht Das Blatt gehört nach meber Empfindung 
zu den künstlerisch bedeutendsten Buchumschlägen 
b den Niederlanden. Der Stebdruck ist bei Klebmann 
b Haarlem vortrefflich ausgeführt. v. Z. W. 



Ebe Leserin der „Zeitschrift für Bücherfreunde", die 
mebe ungünstige Beurteilung ebes schwedischen Um- 
schlags von Elisa Btskow im Oktoberheft für nicht zu- 
treffend hält, sendet mir eb Bilderbuch, das die 
Künstlerb bei Wahlström und Widstram in Stockholm 
hat erscheinen lassen. Wenn ich auch mebe Ansicht über 
den Umschlag aufrecht erhalte, muss ich doch konsta- 
tieren, dass das Bilderbuch b der That sehr niedlich und 
von frischem Humor erfüllt ist. In der flächigen Art der 
Darstellungen und manchen anderen Äußerlichkeiten 
lehnt es sich an die bekannten englischen Vorbilder an; 
die Auffassung ist im übrigen durchaus schwedisch und 
anscheinend von C. Larssons reizenden Darstellungen 
aus dem Kbderleben beebflusst. Bei dem bedauer- 
lichen Mangel an guten deutschen Bilderbüchern halte 
ich das klebe Werk (Preis 2 Kronen), dessen Scenen 
selbst ohne den darunter stehenden Vers verständlich 
sbd, auch für deutsche Kbder für sehr empfehlenswert; 



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Chronik. 467 



es steht ihrem Empfinden sicher näher, als die ver- 
breiteten englischen Bilderbücher. v. Z. W. 



Endlich ist die bereitsvor einem Jahre angekündigte 
Ausgabe der „Histoires souveraines" von Villiers 
de Liste- Adam erschienen, die der um die moderne 
Buchausstattung hochverdiente Brüsseler Verleger 
Edouard Deman dem Andenken des verstorbenen 
Dichters „en respectueuse memoire" gewidmet hat 
Die prächtigen Geschichten, 20 an der Zahl, präsentieren 
sich in einem neuen, einfachen, aber überaus vornehmen 
Gewände. Der stattliche Quartband ist mit einem 
grünen, seidenartig glänzenden Umschlag versehen, 
der auch, auf Pappe gezogen, als Cartonnage ä la ßradel 
Verwendung gefunden hat, um denen, die es nicht selbst 
einbinden lassen wollen, das Buch gleich in festem 
Gewände darzubieten. Die Umschlagvignette in Schwarz 
und Gold, die in blaugrauer Farbe auf dem Titelblatt 
wiederkehrt, ist ebenso wie der ganze übrige zeich- 
nerische Schmuck des Werkes von Th. van Rysselbergke 
entworfen. Er besteht lediglich aus Titelköpfen und 
Schlussstücken, die sich meist an sehr frei stilisierte 
Blumenmotive anlehnen, teilweise auch aus ganz ab- 
strakten Liniengebilden sich zusammensetzen. Er ist 
sehr diskret in dunkelgrüner oder blaugrauer Farbe 
gedruckt — dass er künstlerisch von grosser Schönheit 
ist, bedarf für jeden, der Rysselberghes sonstige buch- 
gewerbliche Arbeiten kennt, keiner Hervorhebung. 
Der Druck ist gut, von breiten Rändern eingefasst, das 
Papier von ebem angenehmen gelblichen Ton. Ich 
stehe nicht an, dies Buch für ein Muster vornehmer 
künstlerischer Buchausstattung zu erklären, vor allem 
deshalb, weil es von jeder Überladung frei und durch- 
aus modern ist, weil es nicht wie viele englische und 
deutsche Werke dichterische Erzeugnisse der Gegen- 
wart mit Zierstücken im Stile des XV. oder XVI. Jahr- 
hunderts begleitet, andererseits aber auch jene Ori- 
gbalitatssucht vermeidet, von der uns der sogenannte 
„Buchschmuck" in der Art des „Ver sacrum" ein gerade- 
zu abschreckendes Beispiel giebt Auch von allen den 
bei uns beliebten Spielereien: schwer lesbare Formen 
der Typen, Nichtgebrauch von Interpunktionszeichen 
und Versahen innerhalb der Zeilen u. s. w., findet sich 
in den „Histoires souveraines" keine Spur. Eine Limi- 
tierung der gewöhnlichen Ausgabe hat nicht statt- 
gefunden ; 50 Exemplare sind auf Japan, 10 auf Papier 
van Geldern gedruckt. Den Druck hat die bekannte 
Firma A. Berqueman besorgt W. v. Zur Westen. 



Von den Auktionen. 

Am 38. November beendete Sotheby in London 
die Auktion der Bibliothek Lord Rtndleskams sowie 
den Verkauf einiger kleinerer Sammlungen. Der Besuch 
war ein sehr reger und trotz des Krieges erfuhren die 
Preise keinerlei Absen wächung. Die erwähnenswertesten 
Werke waren folgende; Antobe Watteau, Oeuvres, 



graves d'apres sestableaux et dessins origbaux, 2 Bändet 
4000 M.; „Raphael, Loggie nel Vaticano", kolorierte 
Stiche von Savorelli und Ottaveianus, 1747 datiert, 2000 
M. ; Basan, „Oeuvres", mit Kupferstichen, 1762, Folio, 
800 M. ; Porträts berühmter englischer Persönlichkeiten, 
von Houbraken und Vertue, 1743 — 52, 600 M. ; ebSatz 
Kupferstiche, welcher die Originale b der Houghton- 
Gallery reproduziert, 1778 gedruckt, 620 M. : „Watteaus 
Figuresde differentsCaractcresde Paysagesetd'Etudes", 
schöne Originaldrucke in ebem Band, 1600 M.; „Eng- 
lands Parnassus", von K. Allot, Auszüge von Schriften 
Shakespeares, Spenscrs, Glascoignes, Ben Jonsons 
und anderer bedeutender Poeten, 1660 gedruckt, 900 M. ; 
Burtons „Tausend und eine Nacht", 620 M. ; Grimms 
„German Populär Stories", erste Ausgabe, 400 M.; 
„Les Metamorphose; d'Ovide", Stiche, 1767 datiert, 
800 M.; „Leaves from the Journal of Our Life b the 
Highlands", Geschcnksexemplar der Königin Victoria 
an Charles Dickens mit der autogTaphischen Be- 
merkung des letzteren: „Persönlich von der Königb 
an mich geschenkt, bei der cbzigen Unterredung, die 
ich mit ihr hatte." Dies Buch erstand der Sohn von 
Dickens für 2100 M. J. de la Fontaine „Contes et 
Nouvelles", executtf aux frais des fermiers-generaux, 
nebst einer Bemerkung von Diderot, 1762, mit 22 Stichen 
nach Eisen, die später unterdrückt wurden, 1200 M.; 
„Hcurcs a lusaige de Romme", von Godard, 1510—30, 
äusserst seltene Ausgabe mit dem Kalender, 1560 M.; 
Hieronymus „Epistolae", schönes Manuskript aus dem 
XIV. Jahrhundert, von einem italienischen Schreiber, 
mit 50 illuminierten Initialen; 1240 M. ; ein fast btaktes 
Exemplar der zweiten Folioausgabe Shakespeares, 1632, 
von der nur fünf Blätter etwas ausgebessert sbd,2oco M. ; 
„Lucan, Suetonis et Salluste en Francoys", Verard, 
1490, sehr selten, 3020 M. ; „ Roman t de la Rose", 
Paris, 1500, von J. Janot, äusserst selten, 400 M. Ebe 
Serie von Origbalzeichnungen von H. K Browne (Phiz) 
zu den Illustrationen für „Dombey and Son", brachte 
7700 M. ; von demselben zu „David Copperfield", 9000 M., 
und die Origbalzeichnungen von „Phiz" zur Illustrierung 
von „Bleak House", 7200 M.; Kiplbgs „Schoolboy 
Lyrics", mit 16 Jahren verfasst, 820 M„ und eb anderes 
Exemplar 920 M. Der Erlös der beiden ersten Auktions- 
tage betrug 40000 M. 

Im weiteren Verlauf der Versteigerung sind nach« 
stehende Bücher und die dafür gezahlten Preise be- 
merkenswert: „Schatzbehalter des waren hails", I49l,mit 
95 interessanten Holzschnitten von M. Wolgemuth, 1020 
M.i 37 Origbalzeichnungen von John Flaxman, Illustra- 
tionen zu Hcsiod, 300 M.j „The comic Almanack", mit 
Radierungen und Holzschnitten von G. Cruikshank, 
1S35 — 53, vollständiger Sau, 340 M.; Defoe „Robbson 
Crusoe", 1719, erste Ausgabe, beschädigt, $10 M.; 
Manuskript von Charles Dickens „Holiday Romance", 
ca. 1865, 3oSeiten, 2000 M.; Dorat „Les Baisers", 1770, 
610 M.; Briefe von George Elliot und G. H. Lewes über 
Litteraturangelegenheiten, adressiert an A. Mab, 1200 
M.j „Les Amours pastorales de Daphne et Chloe, 1745, 
mit dem seltenen Stich „Les petits Pieds", 225 M. ; 
Montesquieu „Le Temple de Guide", Stiche nach Eisen, 
1000 M. 



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468 



Chronik. 




erste Ausgabe, 1040 M. Die Gesamteinnahme in 
der sechstägigen Auktion betrug 168 los M. 

O. v. S. 



Kleine Notizen. 



FJtlibris grtciihnel von H. Hirtel. 



Deutschland und Österreich-Ungarn. 

Dem immer mehr mnehmendenSpecialismus 
in der Wissenschaft steht das umgekehrte Be- 
streben in der Kunst gegenüber. Die meisten 
Maler von heute radieren und ätzen, entwerfen 
neben Landschaften Tapetenmuster, neben Por- 
träts Möbel, neben Buchschmuck Lampen und 
Tintenfässer. Herrmann Hirsel gehört zu den 
Vielseitigsten seiner Kunst. So legen u. A. auch 
zahlreiche Exlibris Zeugnis ab von seinem 
Talent, gegebnen Raum auszufüllen, ohne ihn 
zu überfüllen, und zeigen gTaziöse Schmetter- 
lingsblütler auf den Umschlägen des „Daheim", 
der „Gesellschaft 1 ' u. A. m. den ihm eignen 
leichten Schwung der Linie. Als Schweizer von 
Geburt hat er besonders der prächtigen Zeit- 
schrift „Die Schweiz" zahllose Vignetten und 
Leisten voll liebevollster Naturbeobachtung und 
voll gesundem Humor geliefert. Überhaupt 
weisen seine pflanzlichen wie landschaftlichen 
Motive eine genaue botanische Kenntnis der 
Formen auf, die ihm wiederum ganz frei mit 
der Verwertung auch einzelner Teilchen zu 
walten gestattet. Dazu kommt eine geschickte 
ornamentale Verwendung des Volldrucks, sei 



Die letzten Auktionstage brachten eine Reihe 
von Publikationen der Keimscott Press zum 
Angebot, so namendich den ersten Druck „The 
story of the glittering Piain", 1891, 550 M.; „The 
Life and Death of Jason", mit Holzschnitten, 
265 M.; „Chaucer's Works", Folio, mit Illu- 
strationen nach Burne-Jones, 1280 M.j „The 
carthly Paradise", 500 M.j 16 Seiten der un- 
vollendeten Übersetzung von „Froissarts Chro- 
nicles" und zwei Seiten von der beabsichtigten 
Ausgabe von „Sigurd the Volsung", Folio, in 
einem Band, 1896 und 97 von der Keimscott- 
Press hergestellt, 2000 M. Dies ist das erste 
Exemplar von den überhaupt nur 32 vorhan- 
denen, das zur Auktion kam. Von anderen 
seltenen Werken sind folgende noch erwähnens- 
wert: „Poüphili Hypnerotomachia", erste Aus- 
gabe, intakt, 1499, David Garricks Exemplar 
mit seinem Exlibris, 400 M. ; „Romeo und Julia", 
1637 gedruckt, 1500 M. Eine Sammlung von 
Theaterzetteln und Porträts berühmter Schau- 
spieler, 4 Foliobände, 1000 M.; Bürgers „Lco- 
nore", übersetzt von D. G. Rossetti im Alter 
von 16 Jahren, Originalmanuskript, 530 M.; 
Tennyson „Helen s Tower", privatim gedruckt, 
1120 M. ; von demselben „The Falcon", 1879, 




Exlibris gcicichnet von H. Hirtel. 



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Chronik. 



469 



es in geschwungenen Kähmen, sei es in Stielausläufern, 
und gerade diese wirkt sowohl bei farbigen als auch 
bei schwarzen Abzügen sehr pikant. Die intime Be- 
schäftigung mit den Einzelheiten der Natur kommt 
auch den Schmuckstücken zu statten, die sozusagen 
Hirtel ihre Wiedergeburt verdanken. Seine bald na- 
turalistischen, bald linearen Schnallen, Broschen und 
Ringe, bei denen besonders die reizvolle Verwendung 
des Edelsteines nicht als Wert-, sondern als Schmuck- 
stück idealisierend wirkt, können wohl neben denen der 
Pariser Meister bestehen und haben eine neue Aera des 
Frauenschmuckes in Deutschland eingeleitet Hirzeis 
Radierungen erfreuen sich schon seit längerer Zeit der 
Würdigung aller Kenner. Eine kleine Anzahl seiner 
trefflichen Exlibris reproduzieren wir nebenstehend und 
auf den folgenden Seiten. — t 



So eng begrenzt der Kreis litterarischer Beiträge, 
so kosmopolitisch ist der künstlerische Teil des „Pan", 
dessen zweites Heft des fünften Jahrganges mir vor- 
liegt (F. Fontane & Co., Berlin). Neben Reproduktionen 
Hildebrandscher Büsten und Bronzen und einer farbigen 
I.andschaftslithographie Orliks, interessiert besonders 
eine Radierung Richard Müllers „Schncedächer mit 




Exlibru gezeichnet Ton H_ HiriaL 



Telephonstand". Müller hat ein echtes Grossstadtmotiv 
erwählt ; keinerlei Schnörkelgiebel noch Wolkenschatten 
helfen dem Künstler, und dennoch: wie glänzend hat 
er das Problem gelöst, wie fein das stumpfe Oberlicht- 
fenster gegen die beschneiten Simse abgewogen — 
wie luftig und klar die tausend Drähte sich einen und 
kreuzen und fliehen, als belebe sie ein Zug Zolascher 
Symbolik.wie die Bahnschienen in der,, Bete humaine !". . . 
Obw ohl Theodora Onasch nur durch Kleinigkeiten ver- 
treten ist, möchte ich ihren Zierleisten den zweiten 
künstlerischen Platz des Heftes einräumen. Die kraft- 
volle Eigenart ihrer kleinen schwarz-roten Landschaft, 
die Keckheit der gleichsam mit dem Pinselsticl hin- 
geworfenen Plaianenfrüchte und Pflaumen eignen sich 
prächtig für die starke Papiertextur des ,,Pan", ohne 
allzu massiv zu werden, wie dies z. B. bei Weissschen 
Ornamenten zuweilen der Fall ist. Eine glückliche 
Mitte hält auch Peter Behrens Schlussstück, während 
die allzu primitiv sein wollenden Vignetten Htrrmann 
Sandkuhls „Thor" und „Abend" etwas fremdartig an- 
muten. Von Ausländern finden wir den Franzosen 
Carri'ere mit Reproduktionen u. a. eines genialen Selbst - 
portrats vertreten, neben dem das Selbstbildnis Maries 
arg hölzern wirkt. Ignacio Zuloaga, einem Vertreter 
des Typisch-Spanischen, ist ein fernerer Artikel mit 
Bildbeigabe gewidmet, doch ist es unmöglich, nach 
einem Lichtdruckezu beurteilen, ob das Charakteristische 
nicht vielfach im äussern Aufputz zu suchen ist. 

J. J. Webers Verlag in Leipzig hat in die Reihe 
seiner illustrierten Katechismen eine weitere Nummer 
aufgenommen, die für unsere Leser, besonders insoweit 
sie sich auch selbst für die Technik ihrer Bücher 
interessieren, von Wert sein dürfte; nämlich Bauers 
„Katechismus der Buchbinderei" . In keinem wesent- 
lichen Punkte von dem Leitfaden Adams abweichend, 
den zu loben ich früher in diesen Blättern Gelegenheit 
fand, berücksichtigt das Buch Bauers bedeutend mehr 
Zweige der Buchbindekunst, so das Kleben von 
Atrappen, Geschäftsbüchern, Photographien u. s. w. 
Ist Adams Werkchen vielleicht mehr von einem ästhe- 
tischen Standpunkt aus verfasst, so erleichtert hier der 
klare Satzbau und die Berücksichtigung auch pri- 
mitivster Mittel die Arbeit ungemein. Zahlreiche 
Illustrationen veranschaulichen den Text und stärken 
das Gedächtnis des Anfängers. Selbst der absolute 
Laie wird aus den Kapiteln vom Aufziehen und Lösen 
von Bildern, Photographien u. dcrgl. m. manchen 
schätzenswerten Wink entnehmen können. — m. 



Im Herbst ist in den Räumen der Berliner deutschen 
Plakatausstellung eine Ausstellung von Exlibris bezw. 
Exlibrisentwürfen deutscher Künstler eröffnet worden, 
die bis in den Winter hinein währte. Einen Überblick 
über den gegenwärtigen Stand dieses Zweiges der 
Kleinkunst giebt sie keineswegs. Es fehlen nicht nur 
die Grossen, die sich nur gelegentlich auf diesem Ge- 
biete bethätigt haben, wie Klinger, Thoma, Ed. von 
Gebhardt, sondern auch eine Reihe der besten Namen 



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470 



Chronik. 




Exlibri» geieicluwt tob H. Hirtel. 



aus der Zahl der Exlibris-Spezialisten, wie Sattler, Orlik, 
Döpler, Barlösius, Erler, Diez u. s. w. Zahlreiche Wappen- 
exlibris haben Hildebrand und Krahl gesandt, Hirzcl 
seine prächtige Radierung für Imhoof Bluhmer, B. Wenig 
mehrere seiner trefflichen, ausdrucksvollen Buchmarken. 
Liliens hier veröffentlichte Exlibrisentwürfe fallen durch 
die Grösse ihres Formats auf. Von neuen Namen ver- 
dient der Darmstädter Maler Schmoll von Eisenwerth 
wegen seines Exlibris Hölscher rühmende Hervor- 
hebung ; das Blatt erweckt Erwartungen, die sich hoffent- 
lich erfüllen werden. Käthe Schönbergers teilweise 
etwas zu stark karrikierten Entwürfe zeichnen sich 
durch geschickte Durchführung der ihnen zu Grunde 
liegenden originellen Ideen vorteilhaft aus. Unter den 
übrigen Einsendungen ist nur wenig Bemerkenswertes ; 
ein Blatt, das eine Dame von mindestens Rub enscher 
Formenfülle zeigt, die ohne jede Bekleidung im Grase 
liegt und mit lüsternem Lächeln in einem Buche liest, 
ist zwar nicht die am schlechtesten gezeichnete Arbeit, 
aber wohl die ärgste darunter befindliche Geschmacks- 
verirrung. Welcher Sammler von erotischer Litteratur 
— an einen solchen kann der Zeichner doch nur ge- 
dacht haben — möchte sich wohl z. B. eines der 
graziösen französischen Bücher des vorigen Jahrhunderts 
durch ein derartiges Exlibris verunzieren? 

v. Z. W. 



Unter dem Titel „Der Leutnant' hat der Verlag 
von Albert Langen, München, ein Album der Offiziers- 
typen von Ed. Thoeny aus dem „Simplizissimus" 
zusammengestellt (M. $). Thoeny hatte einen Vor- 
gänger, der ähnlich köstlich wie er den Offizier in 
treffendster Charakteristik darzustellen und ebenso 
korrekt zu zeichnen verstand: den verstorbenen 
Konstantin von Grimm. In den meisten unserer Witz- 
blätter ist der Leutnant eine stehende Figur — wie 
die Schwiegermuttter, der zerstreute Gelehrte und 
der jüdische Kommerzienrat ; gewöhnlich aber ist 
seine Karikatur eine Verzerrung. Nun darf die 
künstlerische Karikatur allerdings in das Groteske 
übergreifen, aber die Grundlinien müssen immer in 
der Wirklichkeit haften bleiben : die Karikatur muss 
den Typus treffen. Das ist bei Thoeny der Fall 
Seine Offiziersgestalten trifft man überall — in den 
Gesellschaften, auf der Strasse, auf dem Rennplatz ■ 
sie sind spezifisch preussisch, in ihrer Eleganz und 
Vornehmheit, dem schön gescheitelten Haar, dem 
tadellosen Sichtragen; mit dieser Eleganz und dem 
schönen Scheitel und dem ganzen tadellosen Äusseren 
haben sie in hundert Schlachten gesiegt Was bei 
Thoeny, der unter den Karikaturisten der Gegen- 
wart in vorderster Reihe steht, so besonders erfreu- 
lich auffällt, ist die peinliche Richtigkeit in der 
Zeichnung der Uniformen. Das Album ist amüsant 
und hat auch einen gewissen kulturgeschichtlichen 
Wert Mich persönlich stören nur die sogenannten 
Witze unter den Zeichnungen. Die Zeiten des Leut- 
nantjargons und des Gardeticks sind in der That 
vorüber; die Satire trifft nicht mehr; es sind Schusse 
ins Blaue. Ich kenne die Offizierskreise auf das in- 
timste und bin trotzdem nicht befangen genug, um 
nicht einen guten Scherz, auch eine Bosheit auf 
das zweierlei Tuch goutieren zu können; aber so, wie 
der „Simplizissimus" seine Offiziere sprechen lässt, so 
haben sie niemals gesprochen. Das mich das stört, ist, 
wie gesagt rein persönliches Empfinden ; es wird genug 
Leute geben, die sich auch daran erfreuen. 

F. v. Z. 



Unter dem Namen „Hoffmanns Siegelmarken" hat 
der Verlag von Julius Hoffmann in Stuttgart einige 
Serien von Briefverschlüssen in den Handel gebracht 
die unserer Kleinkunst alle Ehre machen. Die Siegel- 
marken sind aus farbigem Kartonpapier gefertigt, auf 
dessen Grunde die Gravierungen kameenartig zur 
Wirkung kommen. Neben hübschen Phantasiebildchen 
giebt es auch Musik- und Radier Siegel und ähnliches 
mehr, und bei allen haben Reliefarbeiten tüchtiger 
Künstler als Vorlagen gedient Es ist eine Freude, zu 
sehen, wie sich mehr und mehr der Geschmack ver- 
feinert, der auch Gegenständen des täglichen Gebrauchs 
eine gewisse künstlerische Prägung zu verleihen ver- 
sucht. Die Billigkeit der kleinen Siegel (50 Pf. die 
Serie in allerliebst ausgestatteten Schächtelchen) 
wird ihrer Verbreitung entgegenkommen. 



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Chronik. 



471 



England. 

Die Wtihnachtsnummer von Scribners Maga- 
sine enthält u. a. eine Ballade von Harrison S. 
Möns, die von koloristisch sehr geschmackvollen, 
ganz dekorativ aufgefassten und doch stimmungs- 
vollen Illustrationen von W. Appleton Clark be- 
gleitet wird. Randleisten von T. Guemsey Moore 
umgeben den Text. Aus dem sonstigen Inhalt des 
Heftes verdient besonders eine Serie von Zeich- 
nungen Erwähnung, in denen der unübertreffliche 
Ch. Dana Gibson „The seven ages of american 
Woman" in gewohnter Meisterschaft schildert 
v. Z. W. 

Von Robert Proctors „Index to the early 
printed books at the British- Museum with notes 
of those in the Bodleian Library" (London, Kegan 
Paul, Trübner Sc Co.) ist der vierte Band erschienen, 
der den Schluss dieses hervorragend wichtigen 
Werkes für alle diejenigen Fachmänner und Lieb- 
haber bildet, die sich mit Inkunabeln beschäftigen. 
Durch die drei vorangegangenen, hier schon be- 
sprochenen Teile des Werkes hat der Verfasser 
ein vollständiges Bild der historischen Entwickelung 
des Druckes im XV. Jahrhundert geliefert Nun- 
mehr erhalten wir durch den Index eine alpha- 
betische Liste der Drucker und ein Verzeichnis 
der Bücher in der Reihenfolge, wie sie sich in 
Hains Repertorium befinden; ferner eine zweite 
Liste von Werken, welche Hab nicht genannt hat 
Ahnliche Register wurden von dem Autor für die Nieder- 
lande nach Campbeils , Annales de la Typographie des 
PaysBas" und eine alphabetische Zusammenstellung 
der in England gedruckten Bücher angefertigt Ausser 
als Katalog ist der Index ebenso brauchbar wie interes- 
sant im Vergleiche mit den beiden zuletzt genannten 
Schriften, deren Wert durch Robert Proctors Arbeit 
noch bedeutend gehoben und in selbstloser An- 
erkennung von ihm in volles Licht gesetzt wird. 

O. v. S. 




IM 



Exl bris gexeichaet von H. HirxeL 

die französischen und italienischen Malereien. Jene 
stammt aus Gratians „Decretum", einer Handschrift 
des XIV. Jahrhunderts, letztere aus einem französischen 
Psalter des XII L Jahrhunderts. Eine eingehende Be- 
schreibung jedes Bildes sowie des dazu gehörenden 
Dokuments rührt aus der bewährten Feder von Mr. 
Warner her. Für Kenner und Liebhaber mittelalter- 
licher Buchmalerei wird das interessante Werk sicher- 
lich seine Anziehungskraft nicht verfehlen. O. v. S. 



Ein Meisterwerk der Chromolithographie ist die 
kürzlich erschienene Reproduktion von 15 Illuminationen 
aus Manuskripten der Bibliothek des British Museum. 
Diese erste Serie wurde von dem genannten Institut 
durch Mr. Griggs und unter Leitung von Mr. G. F. 
Warner, dem Direktor der Handschriftenabteilung, 
herausgegeben. Die Chromolithographien hinterlassen 
vollkommen den Eindruck alter Miniaturen, und selbst 
der Anschein der mittelalterlichen Vergoldungsmcthode 
ist überraschend erreicht worden. In Zartheit und Ab- 
tönung der Farben bleibt nichts zu wünschen übrig. 
Die Serie bildet den Beginn eines umfangreichen 
Werkes , das den grossen Reichtum der Bibliothek an 
schön illuminierten alten Manuskripten darlegen wird. 

Zunächst wurden hier sieben englische und fünf 
französische Miniaturen, ferner eine deutsche, eine 
flandrische und eine italienische Miniatur ausgewählt 
Die englischen Illuminationen sind besonders wertvoll, 
etwas weniger künstlerisch gelungen erscheinen dagegen 



Amerika. 

Der DibdinC/ub in New- York hat in Mr. A. Gro- 
wo// einen hervorragenden Herausgeber für seine Ver- 
öffentlichungen gefunden. Von den kleinen bio- und 
bibliographischen Skizzen aus seiner Feder, die in nur 
100 Exemplaren für die Mitglieder des Clubs gedruckt 
werden, liegen uns Heft 2 und 3 vor. Heft 2 ist einem 
Deutschen von Geburt, Friedrich Leypo/dt, gewidmet 
Leypoldt ist für das amerikanische Buchhändlertum 
bahnbrechend gewesen. Als Sohn eines Württem- 
berger Fleischers entlief er der strengen väterlichen 
Zucht, um seinen litterarischen Neigungen folgen zu 
können. Nach rauher Lehrzeit gelang es ihm, in Phila- 
delphia eine Buchhandlung mit Leseräumen zu gründen. 
Als der Bürgerkrieg die Einfuhrzölle auf europäische 
Druckwerke steigerte, verfiel er auf die Idee, selbst zu 
drucken und zwar begann er mit den Übersetzungen 
berühmter Poeten: mit Andersens ,, .Schneekönigin", 



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472 



Chronik. 



Heines „Buch der Lieder", Kortüms „Jobsiade" u.a. m. 
Später verlegte Leypoldt sein Geschäft nach New- York 
und fand in Mr. Holt einen Associe; er selbst widmete 
sich mehr und mehr bibliophilen Interessen. So er- 
schien das „Litcrary Bulletin" mit seinen allmonatlichen 
Listen amerikanischer Neuerscheinungen , die dann 
später in einem Bande unter dem Titel „The Ameri- 
can Catalogue of Books" vereint herausgegeben wur- 
den. Zahlreiche derar- 
tige Veröffentlichun gen 
folgten: 1880 das Le- 
benswerk Leypoldts, 
der grosse „American 
Catalogue", der sozu- 
sagen den amerikani- 
schen Buchhandel erst 
in geregelte Bahnen 
leitete. Büch ermessen 
nach dem Leipziger 
Vorbild waren ein wei- 
terer Schritt auf diesem 
Wege. 1876 erschien 
auf das Risiko Ley- 
poldts das „American 
Library Journal", dem 
Werk auf Werk biblio- 
graphischer Natur 
folgte, bis 1884 der Tod 
plötzlich den von neuen 
Plänen noch ganz er- 
füllten Mann abrief. 
Ein Porträt Leypoldts 
auf Japan ist dem Hcft- 
chen vorangestellt 

Heft 3 hat Mr. 
Crowoll Htnty Harisse 
gewidmet , dem Ver- 
fasser der berühmten 
Bibliotheca Americana 
Vetustissima. Harisse 
hatte sich hauptsäch- 
lich mit Kunstkritik und 
Philosophie beschäftigt, 
z. B. Descartes meta- 
physische Werke über- 
setzt und mit Anmer- 
kungen versehen, ohne 
geeignete Verleger fin- 
den zu können, als er 

S. L. M. Barlow, den bekannten Sammler, kennen 
lernte. Das reiche Material der Bibliothek des Letzteren 
veranlasste Harisse zu den ersten bibliographischen 
Versuchen „Columbus in a Nutshcll" und dessen Ver- 
vollständigung „Notes on Columbus. New- York. Priva- 




IFO.iL. 

KxhbrU gejeichnet von H. H i r I e l. 



tcly Printed. 1866" mit höchst interessanten Photogra- 
phieen. Vorbereitende Notizen zu einem Werke über 
die Geschichte der Eroberung Amerikas bildeten dann 
den Kern zu seiner grossartigen „B. A. V.", deren Unter- 
titel lautet: „A Description of Works rclating to Ame- 
rica Published between the Years 1492 and .... 
New York: George P.Philes, Publisher MDCCCLXVI." 
Diese „Königin aller Bibliographieen" enthält nicht 

weniger als 304 Bücher 
von grosser Bedeutung; 
sie beginnt mit der 
„Epistola Christofori 
Colom" von 1493 und 
endet mit der Erstaus- 
gabe der anonym er- 
schienenen Reisekol- 
lektion von Kamusio 
1 5 50. 1 872 erschien ein 
Nachtrag zur „B.A. V." 
bei der Librairie Tross 
in Paris, woselbst 
H arisse geboren war 
und im späteren Leben 
seinen Wohnsitz wieder 
aufschlug. Von den 96 
Banden u. Broschüren, 
die Harisse seit 1854 
herausgab, sind 71 
bibliographischen The- 
men gewidmet, deren 
Titel Mr. Growoll am 
Schluss des Heftchens 
aufzählt 

Stattlicheren Um- 
fang weist eine weitere 
Veröffentlichung Gro- 
wolls für den Dibdin- 
Club auf, die 1898 er- 
schien. Es ist dies eine 
Book ■ Trade Biblio- 
graphy in the United 
States in the XIX. Cen- 
tury. Dem Werke ist 
der höchst interessante 
Katalog der Bostoner 
Buchhändler von 1804 
angefugt. Die Biblio- 
graphie beginnt mit 
den Uranfangen des 
Buchhandels in Amerika mit jener Presse, die Stephen 
Day 1640 in Cambridge, Mass., aufstellte, bespricht dann 
die Vereinigungen vom Beginn dieses Jahrhunderts bis 
auf die Neuzeit und ihre Lebensbedingungen, sowie die 
ersten 1804 erschienenen Kataloge. E. Geithe. 



Nachdruck verboten. — Alle Rechte tvrhehalten. 



Für die Redaktion verantwortlich: Fedor von Zobeltitz in Berlin. 

Alle Sendungen redaktioneller Natur aa denen Adrette: Berlin W. Auf iburgenlraise 61 erbeten. 



ledruckt »on W. I>rugiilin in I. eifrig fur Velh«gen Ik Klaaing in Bielefeld und Leipng. — Papier der Neuen Papiar- 

Mioufiklur in Strauburg t. E. 



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1 



1899/1900. 



BEIBLATT. 



Heft 7. 



Gesellschaft der Bibliophilen — Von den Auktionen — Auktionsmarkt — Kataloge — Briefkasten. 

Anzeigen 

Desiderate — Angebote — Litterarische Ankündigungen: die gespaltene Petitzeile 25 PC, 
alle übrigen: '/, Seite 60 M., «/. Seite 30 M., »/« Seite 15 M., •/, Seite 8 M. 
Bei Wiederholungen entsprechender Rabatt ; Vorzugs- and Umschlagseiten, sowie besonder« Beilagen nach Vereinbareng. 

Schluss für die Anzeigenannahme jedes Heftes am 10. des Torhergehenden Monats. 
Anieigen («fl. iu richten an di« Veriagthaadliini : Velhegea & Kieling, Abteilung (ür laterale, Leipiig. Friedricfc Augiutitr. *. 
Redaktionelle Zuschriften. Kateloge e«c an dm Herausgeben Fedor von Zobeliiti in Berlin W.. AugsburgentnaM 61. 



Gesellschaft der Bibliophilen. 



Da unser Sekretär Herr Victor Ottmann seinen Wohnsitz von München nach Stuttgart verlegt, befindet 
sich das Sekretariat der Gesellschaß der Bibliophilen vom 1. Oktober ab in Stuttgart, Hasenbergstrasse ig. 
Alle die Gesellschaft betreffenden Korrespondenzen, Sendungen und Zahlungen sind an die persönliche Adresse 
des Herrn Victor Ortmann zu richten. 

Neu aufgenommene Mitglieder: 
(Vom 19. Juni bis 10. September 1899.) 
Berlin: Buchhändler Hermann Lazarus; Verlagsbuchhändler Carl Messer; Verlagsbuchhändler Conrad 
Skopnik. — Bonn: Professor Dr. Berthold Litzmann. — Frankfurt a\M.: Rechtsanwalt Dr. Liebmann, — 
Heidelberg: Professor Dr. Max Freiherr von Waldberg. - Leißtig: Frau Marie Nachod. 

Ausgescfueden : 
Gestorben Sanitätsrat Dr. S. Herxheimer in Frankfurt a/M. 

Mitgliederzahl: 318. 

Beim Sekretariat belief sich der Eingang von Korrespondenzen vom 19. Juni bis to. September 1899 au,r 
42 Stück, der Ausgang auf 47 Korrespondenzen und $16 Drucksachen. 

Stuttgart. Hasenbergstrasse 19. Der Se kretär: Vict or OfaMOfl. 

Von den Auktionen. 



Im H6tel Drouot in Paris kam im Juni die be- 
merkenswerte Sammlung eines nicht genannten Biblio- 
philen unter den Hammer: nur einige fünfzig Nummern, 
die jedoch die stattliche Summe von 13$ 120 Fr. er- 
zielten. Darunter: H eures, Agendaformat, 140 Bl., mit 
Miniaturen, Randverzicrungcn und Initialen, in Holz 
gebunden, kostbares Velinmanuskript, für Jean Talbot 
Graf Shrewsbury Mitte des XV. Jahrhunderts hergestellt, 
Text englisch, französisch und lateinisch, aus der Bi- 
bliothek Ambr. Firmin-Didot summend (19020 Fr.); 
Livre d'heures, in 4". aus dem XV. Jahrhundert mit 
gleichzeitigem Einband, Velinmanuskript, 38 grosse 
und 837 kleine Miniaturen (29500 Fr.); Officium Hora- 
rum beatae Marie Virg. secundum usum ecclesie Ro- 
mane, Velinmanuskript, XV. Jahrhundert, in 16 0 , 15 
grosse und 571 kleine Miniaturen, kostbarer älterer 
Einband (5200 Kr.); Prieres de la Messe, Paris 1725, in 
8°, kostbar geschmücktes Manuskript, Einband Pade- 
loup, Geschenk Ludwigs XV. an Maria Leczinska 
(8200 Fr.); Roman de la Rose, Velinmanuskript in 4 0 
mit Miniaturen, Bordüren und Initialen, XV. Jahrhun- 
dert (19S00 Fr.); Ovid, Metamorphoseon libri XV, 
Paris 1587, in I2 0 , mit Holzschnitten, schöner Einband 
(2205 Fr.); Oeuvres de Louis Labe Lionnoise, Lion 1555. 
in 8°, Einband Mercier, sehr selten (39J0 Fr.); La Fon- 
taine, Contes et nouvelles, Edit. Fermiers-G^n^raux, 
1762 (2420 Fr.) ; Dorat, Les Baisers, 1770 (3550 Fr.); 
Morcau, Le Myositis. Paris 1838, mit 110 Aquarellen 

Z. f. B. 1899/1 90a 7- Beiblatt — 1 — 



von IL Giacomeüi, Einband Cuzin (4500 Fr.); Corneille, 
The'atre, Leyden 1644, Einband Trau tz- Bauzonnet 
(2005 Fr.); L'He*ptameron des Nouvelles, Paris 1560, 
in 4*, schöner alter Einband (1005 Fr.). — m. 

m 

Der Monat Juli, der in London für Versteigerungen 
noch ein sehr günstiger ist, brachte folgende Biblio- 
theken durch Sotheby zur Auflösung: Zunächst Anfang 
des Monats die Büchersammlung von Mr. G. H. 
Sup/iensonzus Paris, die als charakteristisches Merkmal 
sehr schone Einbände aufwies. Die wertvollsten Werke 
waren nachstehende: Anacreton, 1773, H6ro et Leandre, 
1774, in einem Band, mit Stichen von Eisen, 460 M. 
(Quaritch); Boccaccio „II Decamerone", Stiche nach 
Gravelot, Eisen und Boucher, 1757, ein gut erhaltenes 
Exemplar, 520 M. (Quaritch); des Grafen Chestcrfield 
Briefe, herausgegeben 1845 von Lord Mahon, 300 M. 
(Bain); „Collection complcte des Memoires rclatifs 
ä l'Histoire de France depuis le Regne de Philippe 
Auguste jusqu' ä 1763 et la Paix de Paris", 900 M. 
(Hatchard); Molicrc „Oeuvres avec des remarques 
grammaticales", erste Ausgabe, Paris, 1773, m 
von Moreau, 820 M. (Bain); Mussets „Oeuvres 
sa biographie", nur 100 gedruckte Exemplare vor- 
handen, 300 M. (Quaritch); Ovide, „Les Me"tamor- 
phoses", lateinisch und französisch, erste Ausgabe, 
mit Stichen von Eisen, Moreau, Gravelot u.s. w. 820 M. 

1 



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(Von den Auktionen.) 

(Quaritch); Rabelais, Quartausgrabe. 1741, Amsterdam, 
300 M. (Bain); Racine „Oeuvres", 1676, erste Gesamt- 
ausgabe, 360 M. (Quaritch); Pierre de Rousard 
„Les Oeuvres", 1567, 2000 M. (Fontaine); Ruskin 
„Modern Painters", illustriert durch den Autor und 
W. Turner, 1000 M. (Bain); Duc de St. Simon „M6- 
moires eompletes", mit Portrait (die Auflage ist nur 
100 Exemplare hoch) 700 M. (Bain); Walton und 
Cottons „The complete Angler", Majors erste Aus- 
gabe, 820 M. (F. Stevens). — 

Aus den Verkäufen der Bibliothek von Sir John 
Thorold, H. FormanwaA einigen kleineren Sammlungen 
erreichten die besten Preise: drei Exemplare der ersten 
Ausgabe von K. Kiplings „Schoolboy Lyrics", 18B1, je 
2000 Mark für die beiden ersten, 1520 M. für das letzte 
Exemplar ohne des Autors Inschrift (B. F. Stevens, 
Agent amerikanischer Käufer); Griechische Bibel, 
herausgegeben von H.Baber, 1816—28, selten, 1120M. 
(Leighton) ; P. S. Bartoli „Recueil de Peintures antiques 
trouvles a Rorae par Rive", 1783—87, defekt, 2100 M 
(Quaritch); Boccaccio „De Mulieribus claris", 1473, 
grosses Exemplar, aber wurmstichig, 1200 M. (Leighton); 
„Cronica van der Hilliger Stat van Coellen", 1499, 
sehr selten, ein Blatt fehlt, 320 M. (Quaritch); „Rerum 
Venetarum Historia", 1487, Dedikationsexemplar von 
A. M. Coccius an den Dogen M Barbarigo, 3080 M. 
(B. F. Stevens); 30 bisher unveröffentlichte Briefe von 
Dickens an John Hollingshead und 6 von Thackeray, 
1300 M. (Roberts) ; John Saunders „Loves Martyrdom", 
ein fünfaktiges Drama, 1855 privatim gedruckt, mit 
zahlreichen Anmerkungen von Dickens Hand, um es 
bühnengerecht zu gestalten, 510 M. (Sabin). Ein voll- 
ständiger Satz der Keimscott Press errickc 11 360 M. 
Am 15. Februar d. J. brachte ein solcher Satz nur 
8640 M.; der Originalpreis betrug 4000 M. Drei Seiten 
aus St. Augustinus „DeCivitate Dei", mit Illuminationen 
aus der Schule von Francois Fouquet, XV. Jahrhun- 
dert, 6000 M. (Quaritch); Napoleon I., Fragmente aus 
einem Notizbuche über die Geschichte Corsicas, wahr- 
scheinlich bisher unveröffentlicht, 320 M. (Maggs); 
Vespucius „Mundus Novus", 1594. die erste datierte, 
sehr seltene Ausgabe, 1000 M. (H. Stevens). 

Die wertvollsten Objekte aus der Bibliothek von 
Ij>rd Revehtoke und Lord Methum erzielten nach- 
stehende Angebote: ein schönes, aber etwas beschä- 
digtes Exemplar der ersten Shakespeare Folio-Ausgabe, 
1623, i27/gX8J/g Inchcs (eine Inch = 2,54 cm.) 34000 M.-, 
„Helyas the Knight of the Swanne", Wynkyn de Wörde, 
1512, mit dem Ex-Libris von Sir Paul Mcthucn. 8200 M. 
(Quaritch); erste Ausgabe von Charles Dickens, 46 
Bände, 2000 M. (Quaritch); Hypnerotomachia Poli- 
phili, Venedig, Aldus, 1499, grosses Format, 1040 M. 
(Hain); De Bry, Rcisebeschreibungen , Frankfurt, 
1590—1634, 12 Bande, sämtlich mit Ex libris von Sir 
Paul Mcthucn, 1500 M. (Rhodcs); Chauccr, Keimscott 
Press, illustriert von Bume-Joncs, 1160 M.; John Con- 
stables „English Landscapes", gestochen von F. Lucas, 



550 M.; Horae, Manuscript aus dem XV. Jahrhundert, 
dekoriert durch 56 schöne Miniaturen, 3000 M.; Missale 
Praemonstratense ad Usum Monasterii Parchensis, 
Handschrift mit zwei sehr schönen Miniaturen, 4000 M. 
(Belgische Regierung). 

m 

Die Auktion der Bibliothek des Professors Allmann 
ergab folgende Resultate: Humboldt et Bonpland 
„Voyages aux Kegiones Equinoxiales du Nouveau Con- 
tinent, fait dans les annees 1799 a 1804", koloriert, 
1$ Bände, 480 M. (Quaritch); Abertus Magnus „Po- 
stillatio in Apocalypsim", Basel, 1506, mit der Devise 
und dem Wappen Ludwigs XII. und der Anna von 
Bretagne, 1120 M. (Quaritch); J. Smith „Catalogue 
raisonne'", Holländer und französische Meister, 9 Bände, 
1829—42, 800 M. (Hatchard); Holbein „Imitations of 
original Drawings by Hans Holbein", 1792, erster 
Druck, 340 M. (Webb). 



Aus einer Reihe aufgelöster kleinerer Bibliotheken 
kamen einzelne wertvolle Bücher zum Vorschein, so 
namentlich: Robert Bums Poems, 1786 von J. Wilson 
gedruckt, verschiedene Blätter durch Facsimile ersetzt, 
2000 M. ; „The Giaour", 1813, Lord Byrons Dedikations- 
exemplar an seine Schwester Augusta Mary, 460 M.; 
Burtons „Arabian Nights" (Tausendundeine Nacht), 
1885, 10 Bände, $20 M.; „Choix de Chansons, mises 
en musique par M. de Labordc", 1773, Paris, 1040 M.; 
J. de la Fontaines „Fables choisies", vignettes par 
Chauvcau, 1668, erste Ausgabe, 600 M. ; „Laugh and 
Lie Down, or the Worldes Folly", gotische Buchstaben, 
1605, sehr selten, 1100 M. ; Samuel Rowlands „Hou- 
mors looking Glasse", 1608, äusserst selten. 800 M. ; 
„A. Ruful complaynt of the Publyke Weale to Eng- 
lande", wahrscheinlich von John Mordelay, gotische 
Buchstaben, Unicum, er. 1548 gedruckt, 900 M.; Mon- 
tesquieu „Le Tcmple de Gnide", 1772, mit Vignetten, 
schön im Stil v on Üerome gebunden, 420 M. Die erste 
Ausgabe von Oh'ver Goldsmiths „The deserted Viliage", 
1770, un beschnitten, brachte 420 M. — 



Am Ende des Monats gelangten mehrere Samm- 
lungen zur Auktion, die a tout prix verkauft werden 
mussten. Aus diesem Grunde gingen manche sehr 
seltene Werke zu schlechten Preisen fort. Gerade die 
Auktionen bis Mitte August bieten eine der letzten 
Gelegenheiten, um häufig recht bedeutende Werke 
billig erwerben zu können. Hierher gehören z. B.: 
Missale secundum morem sanetae Komanae Ecclesiae", 
Venedig, 1493, 220 M. (Leighton); „Die neue Ehe", 
Augsburg, 1476, bemerkenswert durch viele alte Holz- 
schnitte in der Manier der Blockbuchausstattung, gut 
erhalten, 200 M. (Hunter); B. de Brcydenbach „Reysen 
gern Jherusalem", Mainz, i486, die erste deutsche und 
datierte Ausgabe, mit Stichen und Titelblatt, 270 M. 
(Munter). Nicht billig stellten sich Kiplings Beiträge 
für „The L'nited Service College Chronicle", 2020 M. 
(B. F. Stevens). O. v. S. 



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Heiblatt. 



Antiquariatsmarkt 



Ernst Car Ubach in Heidelberg gelangte in den 
Besitz der seltenen, von (irazani il Lasca besorgten 
Sammlung von Kameva h Hedern : Trionfi. Tutti i trionfi, 
carri, mascherate o canti camascialeschi andati per 
Firenze dal tempo del Magnifico Lorenzo vecchio dei 
Medici. Firenze (Lr. Torrentino) I S59- P er Rt.. 10 Bl. 
Vorst., 465 Stn. u. 3 BL Tafeln (Kbert No. 23088). Die 
vollständigen Exemplare sind deshalb so selten, weil 
bald nach Beendigung des Drucks die Canti delT Otto- 
najo (S. 298 — 396) wieder herausgenommen wurden. 

Jacques Rosenthal in München zeigt eine Sammlung 
bisher anscheinend unbekannter spanischer Romamen 
des XVI. Jahrhunderts an. Es sind insgesamt 53 
Nummern, die Zeit von 1540 bis 1590 umfassend; dazu 
kommen: eine Sammlung Couplets, Manuskript von 
6 Seiten auf Papier des XV. oder XVI. Jahrhunderts, 
und ein gegen i72ogcschriebcnes Manuskript spanischer 
Liebeslieder. 



Leo Liepmannssohns Autographenkatalog 141 
(Berlin S W, Bemburgerstr. 14) enthält wieder viel Inter- 
essantes. U. A.: Chainisso L. a. s. 12. März 1807, an 
Varahagen und Wilh. Neumann, 20 M. ; Goethe, 3 Briefe 
ausWeimar 1827, un ediert, Adressat unbekannt, 180 M ; 
Elisabeth Goethe, Frankfurt 29. Januar 1787, unediert, 
Adressat unbekannt, 300 M. ; Homnanns waldau, 2 Briefe 
ä36 M. und 32 M.; Klopstock, L. a. s., Zürich 16. Januar 
1751 an seinen Verleger Hemmerde, 36 M.; Lenau, 
Wien 2. April 1840 an ßauemschmied, 150 M.; Schiller, 
Weimar 15. Januar 1801 an Göscher, aoo M.; Schopen- 
hauer, Frankfurt 22. Oktober 1857 an Dr. Ascher in 
Leipzig, 8$ M.; Beethoven, an Tobias Hastinger, 200 M. ; 
Brunetti, musikalische Manuskripte ä 250 M. und 200 M.j 
Haydn, Wien 25. März 1796, 115 M.; Franz Schubert, 
eigenhändiges Musikmanuskript (2 Lieder) mit Namen 
und Datum; das zweite Lied unediert, 425 M. Ein Nach- 
wort besagt, dass Herr Licpmannssohn ferner noch aus 
Privatbesitz eine grössere Anzahl hervorragend schöner 
Briefe von Schubert, Mozart und Beethoven erwarb, die 
in dem Kataloge nicht mehr Aufnahme finden konnten. 



Richard Rertlings (Dresden) Autographenkatahg 
No. 34 enthält u. a. (ohne Preisangabe) die unter der 
Bezeichnung „Albuin Fuchs" berühmte Sammlung von 
163 Originalmusikhandschriftcn aus der Zeit von t8i7 
—1851. Ferner ein kostbares Stammbuch mit mehr als 
hundert Widmungen von Künstlern, Dichtem und Schrift- 
stellern der Gegenwart. Erwähnung verdient weiter: 
Heine, Origman. Paris 12./2. 40, Artikel über Louis 
Philipp (M. 400); Heine, Origman; Fragment einer 
Korrespondenz an die Augsb. Allgera. Ztg. (M. 60); 
Kant, 1 BL Manuskript (M. 40); Mendelssohn-Bartholdy, 

2 Briefe (a M. 45 u. 60); Schumann, 3 Briefe (M. 25 u. 
50); Seume, 2 Manuskripte (ä M. 75); Wagner, Brief 
14/10. 63 an Graf Alb. Nostitz (M. 120); Wieland, 

3 Briefe (12, 45, 30 M.) ; Zola, 2 Briefe (M. 10 u. 12). 

- 3 



Desiderata. 

Kalligraphische Werke, 

besonders alte und llteste in Holucfcaitt und Kupfer 
stich, gesucht. 

F. Soennecken's Verlag, Bonn. 



Dcfiderata <# 

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Bücherkatalog 91: Geschichte. 
Bücherkatalog 92: Varia, zur Litte- 

ratur etc. 
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Kataloge. 



Deutschland und Österreich-Ungarn. 

S. Cahiary &* Co. in Berlin NW. 7. — Intern. Monats 
berükt VIII, //. 

Jacques Rosenthal in München. — Codices manuscripti. 
X.— XVIII. Jahrb. Viele Kostbarkeiten von hervor- 
ragender Schönheit 

Derselbe. Kat. No. 21. Porträts. 

Amerika, Böhmen, Danemark, Polen, Ru Island, Schwe- 
den, Ungarn; schöne Krauen; Tanzerinnen; Flugblätter, 
englische Scbabkunstblittcr. 

Derselbe. Kat. No. 22. — Alte Medisin. 

Derselbe. Kat. No. 17 und 19. — Theologie, Liturgie, 
Mystik, Kirchengeschichte. 

J. Scheitle in Stuttgart. Kat. No. 106. — Verschiedenes. 
Litter. Seltenheiten, alte Hollschnitt- und Kupferstich- 
werke, Kupferstiche, Kulrurgesch., Occultismus, Kuriosa. 

A. Twietmeyer in Leipzig. Kat No. 118. — Goethe. 
Porträts; 2 Originalzeichn. Goethe«; Orig. -Ausgaben. 

Josef BaerSfCo. in Frankfurt a/M. — Goethe 1749— tSgg. 
Autographen (Brief mit Unterschr. u. Adresse an 
Hofmarschall v. Spiegel, 24. 4. 1827, M. 150); Original 
drucke; Kunstblätter. 

J. Kaufmann in Frankfurt a/M. Kat No. 30. — Is- 
raelitische Predigten. 

Ferdinand Harrach in Kreuznach. Kat. No. 21. — 
Belletristik. 

Th. Kampffmeyer in Berlin SW. 48. Kat. No. 387. — 

Theologie, Philosophie. 
Frans Pech in Hannover. Kat No. lg. — Deutsche 

Sprache und Litteratur; Ausland; Kunst; Musik. 
Rieh. Loffler in Dresden. Kat No. 10. Verschiedenes. 
Alchemie, Almanachc, Americana, Kulturgeschichte, 

Litteratur, Geographie, Kunst, Medizin, Sozialismus. 
Ottosche Buchh. in Leipzig. Kat No. 527. — Geschichte. 
Dieselbe. Kat No. 528. — Moderne Belletristik. 

Kat No. 529. — Theologie, Philosophie, Pädagogik. 

Kat No. 530. — Auslandische Sprache und Litteratur. 
Josef Jolowics in Posen. Kat No. 131. Judaica und 

Hebraica. 2508 Nummern. 
Richard Berling in Dresden. Kat 33. — Verschiedenes. 
Derselbe. Kat. No. 34. — Autographen. 
Alfred Würsner in Leipzig. Verz. 148. — Philologie, 

Philosophie, Orientalia. 
Karl IV. Hiersemann in Leipzig. Kat. No. 225. — Das 

Zeitalter Napoleons I. 
Mit der Periode Wiener Kongress bis belgische 

Revolution. Politische, Kultur- und Litterar-Geschichtc 

Memoiren, Briefwechsel etc. ca. 1400 Nummern. 
R. Levi in Stuttgart. Kat No. 122. — Verschiedenes. 
Heinrich Besser (Oskar Bessheün) in Breslau II. Kat. 

No. 275. — Klass. Philologie und Archäologie. 

England. 

Brown &* Browne in Newcastlc-on-Tync. September 
1899. — Rare Books. 

Frankreich. 

V" Moquet (I. B. Brouillier) in Bordeaux I. Juli 1899. 
— Inkunabeln und XVI. Jahrhundert. 

- 4 



Briefkasten. 

Redaktionelles. — Die „Rundschau der Presse" fallt 
diesmal aus; die notwendigen Nachträge werden in der 
„Rundschau" des nächsten Heftes erfolgen. — Heft 8 
erscheint in den ersten Tagen des November. — Wir 
bitten wiederholt, alle Zuschriften für die „Zeitschrift 
für Bücherfreunde" an die Adresse des Herausgebers 
richten zu wollen: Berlin W., Augsburgerstr. 61. 

Bücher-Auktion. 

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gfveo with blbliographical fulneaa and there are thrce uaeful 
Indexea. The preface ia printed io German, Englieh, French 
and Ruealan, and thera are a UUmbar of careful fac-almile». 
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Wiaaeoscaafl esislieri. bereichAet worden nnd fiir jeden 
Ka>. hinaaa, als auch für Laien, die sieb über diesen Zu<cig 
der Gcsckichlswisseaacbari des Näheren uaterhehtrii wi.Ilen. 
uncotbebrlicn. Sie bilden die Einleiluagsbande A und B 
von Siebrnacher» Wappenbuch, neue Auagabe. über das 
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Rubens 


12. 


Franz Hals 


22. 




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" „Alk all 




3- 


Rembrandt 


1* 


van Dyck 


23. 




159 Abb. 3 M. 




»Abb. 3M. 




4 


Michelangelo 


14 


Ludw. Richter 


24. 




05 Abb. | M. 




,«7 Abb. jM. 




5- 


Dürer 


IS« 


Watteau 


25- 




134 Abb. 3 M. 




9a Abb. 3 M. 




6. 


Velazquez 


16. 


Thorwaldsen 


26. 




48 Abb. a M. 




146 Abb. 3 M. 




7- 


Menzel 


17 


Holbein d. J. 


27. 




141 Abb. 3 M. 




ist Abb. 3 M. 




8. 


Teniers d. I. 


18. 


Defregger 


28. 




63 Abb. 7M 




90 Abb. 3M. 




9- 


A. v. Werner 


1 9-Terborch JanSteen 


29. 




115 Abb. 3 M. 




95 Abb. 3 M. 




10. 


Murillo 


20. 


Reinh. Begas 


30. 


67 Abb. . M. 


117 Abb. j M. 





Chodowiecki 

104 Abb. 3 M. 

Tiepolo 

74 Abb. 3 M- 



Vautier 

»•Abk. ]M. 

Botti Celli 

90 Abb" 3 M. 

Ghirlandajo 

05 Abk. 2 IL 

Veronese 

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105 Abb. 3"M." 

Schinkel 

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Tizian 

113 Abb. 3 M. 

Correggio 



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16a Abb. 3 M. 

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115 Abb. j M. 

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34- 



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Gesellschaft der Bibliophilen - Rundschau der Presse. - Kataloge - Briefkasten. 

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alle übrigen: '/, Seite 60 M, '/, Seite 30 M., «/ 4 Seite 15 M, «/« Seite 8 M. 
Bei Wiederholungen entsprechender Rabatt; Vorzugs- und Umschlagseiten, sowie besondere Beilagen nach Vereinbarung. 

Schluss für die Anicigenannahme jedes Heftes am 10. des vorhergehenden Monats. 
Anicigca geB. zu nebten bd die Veriagibaitdluag i Valhagen tt Klnin(, Abteilung für Inserate, Leipiig. Friedrich AuguiUtr. i. 
Redaktionelle Zutchrifiea, Katalog« etc. an den Herausgeben Feder von Zobeltiu in Berlin W. . AugtborgeruraiM 61. 

Rundschau der Presse. 

Von Arthur L. Jellinek in Wien. 

Dt* nsr-rt folgen <ii* Ol fftkht »«Ttucht, dl* in Ta>; m V. altern, Wochen* und Moaatiichriften enthaltenen Aufsätze und A^hjndlun^en, 
tovreit *ie für dtc Leaer uneerer Zeitschrift in Betracht können* In s*e\titk*r Anordnung xu verzeichnen. Nur dat Wichtig er* au» den Ver- 
öffentlichungen der letrten Monate kann berücksichtigt werden. Absolute Vollständigkeit ru erreichen liegt tur den eini einen Uearbeiter 
anaaerhalu dea Bereiche* der Möglichkeit. Die Zeilachriften sind nach Händen. Jahrgangen. Heften oder Seiten, je nach der leichteren Auf* 
ftndbarkeit citiert. Gleicbmaaaigkeit tat hierin nicht angestrebt. Die Jahrratahl 1*99 iat überall xu erganaen, — Zunendung von Separat- 



Sehrift-, Buch- und Bibliothekswesen. 

Bibliographie: 

Hilgers, J., Ober den Index der verbotenen Bücher. 

Stimmen aus Afaria Laach. LVI, p. 408 — 424. 
St übel. Zur Bibliographie der Geschichtswerke von 
Eytring, Bor, Metesen und Suada. 

Centralbl. f. Bibliothekswesen. XVI, p. 423—429. 
Chamberlain, I., Contribiitions towardsabibliography 
of folklore relating to women. 

Journal of American Folklore. XII, p. 32—37. 

Buchdruck: 

Thomson, J., A Cooperative List of Incunabula. 

Public Libraries. IV, p. 327—28. 
Naeter, H., Ein Gutenberg- Album. 

Der Sammler. XXI, No. 7. 
Artioli, R., Francesco Bartolom e la sua opera. 

La Bibliofiiia. I, p. 23 — 104. 
Barbara, F., Stampatori umanisti del rinaseimento. 

Nuova Antologia. CLXVII, p. 65-85. 
Cordier, H., Un incunable anglais consent a Albi. 

Revue des bibliothiques. X, p. 110— 113. 
Das Missale speciale L. Rosenthals. 

Börsenbl. f. d. deutschen Buchhandel. No. 194. 
Hupp, O., Ein Missalc speciale, Vorläufer des Psalters 
von 1457. 

Centralbl. f. Bibliothekswesen. XVI, S. 361 — 368. 
Schmidt, A., Das Missale speciale L. Rosenthals. 

Centralbl./. Bibliothekswesen. XVI, S. 372—375- 

Buchhandel: 

Buchhandel, Papierfabrikation und Buchdruck im 
Jahre 1898. 

Börsenbl. f. d. deutschen Buchhandel. No. 211, 212. 
Vom russischen Buchhandel. 

Börsenbl. f. d. deutschen Buchhandel. No. 217. 
Holscher, G., Die Ausbildung des jungen Buchhänd- 
lers. Börsenbl. f. d, deutschen Buchhandel. No.t96. 
Z. f. B. 1899/1900. 8. Beiblatt — 



Two famous publishers of the Past. [H. Colbum, 
Theodose Hock.J 

Publishers Circular. LXX, No. 1697. 
Sortiment, Verlag und direkter Vertrieb. 

Börsenbl. f. d. deutschen Buchhandel. No. 179, 
184. 189. 

Zur kritischen Lage des Sortiments. 

Börsenbl. f. d. deutschen Buchhandel. No. 192. 
Systematische Übersicht über die Büchereraeugung 
Skandinaviens. 

Börsenbl./. d. deutschen Buchhandel. No. 187. 
Der dritte internationale Verlegercongress in London. 
Börsenblatt /. d. deutschen Buchhandel. No. 122, 
136, 159. 167, 180, 182. 
La ligue des e*diteurs americains pour la defense des 
droits d'auteurs. 
Memorial de Librairie Franfaise. VI, No. 18— 2a 

Bibliotluksxvesen und Btbliophihe : 

Andrew, F., The Mazarinus Manuscript and the prim 
eval biography of St. Francis of Assisi 

The Dublin Review. CXXV, p. 144—152. 
Austeri, W., Bookworms in fact and fancy. 

Populär Science Monthly. LV, p. 240—48. 
Bolton, H. C, A Model librarian three hundred years 
ago. The Litrary Journal. XXIV, p. 247—249. 
Chilovi, D., Cerco un libro [Instructionen für Katalo- 
gisierung]. Nuova Antologia. CLXVI, p. 672—690. 
Conover, M., What can the library best do for 
children? Public Libraries. IV, p. 317— 20. 

Copeland, A., The Monroe (Wis.) Amüsement Room. 

Public Libraries. IV, p. 247—49. 
Edmond, J. P., Cataloguing of I5th Century books. 

Ubrary Association Record. Mai. 
El Iis, E., Instruction of School Children in the Use 
of Library Catalogs and Refcrcnce books. 

Public Libraries. IV, p. 311— 3M- 
1 — 1 



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HeiblaU. 



(Riudiehau der Presse.) 

Eylac, La vente de Kuble. 

Revue biblio-iconographique. VI, p. 157 — 166. 
Finnoy, B. A., High School Instruction in Use of 
Refercnce Books. Public Ubraries. IV, p. 315 — 317. 
Förstemann, J., Felix König (Rex) Polyphemus erster 
Bibliothekar des Herzogs von Preussen. 

Centralbl.f Bibliothekswesen. XVI, p. 306—315. 
Jellinek, A. L, Die Freiherrlich Carl v. Rothschildsche 
öffentliche Bibliothek in Frankfurt a. M. 

Allgemeine Zeitung. Beilage, No. 199. 
Lacombe, P., Jules Cousin, conservateur de la 
Bibliothcque de la Ville de Paris. 

Bulletin du Bibliophile, p. 309—324, 378—861, 
427—440. 

Loubier, J., Die neuen Instructionen für die Kataloge 
der preußischen Bibliotheken. 

Börsenbl.f. d. deutschen Buchhandel. No. 164. 
Lydenbcrg, H. M., Historical manuscripts and prints 
in the New York Public Library and the method of 
cataloguing them. 

The Library Journal. XXIV, p. 244—252. 
Mörtel, V., Recherches sur l'emploi des termes 
BißXioO/|KT), ßißXioq>6XaE dans l'Egypte Romaine. 

Revue des bibliothiques. IX, No. 97 — 109. 
Pagani, G., L'Archivio storico del Municipio diMilano- 
Rivista delle Biblioteche. X, p. 53-50. 
Schlossar, A., Heinrich R. v. Zeissbcrg. Ein Gc- 
denkblatt. Neue Freie Presse. No. 12543. 

Shaylor, J., Some old Libraries. 

The Publishers Circular. LXX, No. 1698. 
Steinhausen, G., Eine Universitätsbibliothek [Jena] 
als Pfandleihinstirut (1686—1687]. 

Centralbl.f. Bibliothekswesen. XVI, p. 315—319- 
Tacchi, P. I\, Dei Mss. delle antiche biblioteche dei 
Gesuiti in Milano. 

Rivista delle biblioteche. X, p. 93—95. 
Les nouveaux travaux de la Bibliotheque Nationale. 

Revue biblio-iconographique. VI, p. 200 — 202. 
Voss, W., Kleinere Mitteilungen aus der Grossherzogl. 
Regierungsbibliothek zu Schwerin. 

Centralbl.f. Bibliothekswesen. XVI, p. 357 — 361. 

Zeitungswesen und Pressrecht. 

B. M., A travers les revues d'Ame'rique. 

Revue Universitaire. VIII, p. 172—176. 
Brivois, J., La Caricature de 1830—35 publice p. 
Ch. Phüipon. 

Revue biblio-iconographique. VI, p. 167 t, 242 f. 

Brüning, VV., Zensurwesen vor hundert Jahren. 

Augsburger Abendstg. Sammler. No. tot. 
Gourmont, R. de, Essay de bibliographie des „Peütes 
Revues". 

Revue biblio-iconographique. VI, p. 105 — m, 
176—180, 229—235. 
Raynaud, M., Note rectificative ä la bibliographie 
de la Presse (Gazette de Hollande). 

Bulletin du Bibliophile, p. 340—42. 
Schacht, H., Zur Entstehungsgeschichte der Zettungen. 

Allgem. Zeitung. Beil. No. 202. 



Tougard, A., Le moins eher des joumaux. [Union 
catholique. Recueil de rfflexions de Philosophie et 
religion. Lyon 1848—87.] 

Bulletin du Bibliophile, p. 441—442. 
Der neue Entwurf eines Reichsgesetzes betreffend das 
Urheberrecht 

Börsenbl. f. d. deutschen Buchhandel. No. 162, 
163, 165, 168, 171, 172, 176, 177, 179, 180, 181, 185, 
187, 189, 190, 192, 193, 195, 198, 199, 201, 205. 
Hölscher, G., Urheberrecht oder geistiges Eigentum. 

Börsenbl.f. d. deutschen Buchhandel. No. 222. 
Urheberrecht als Bestandteil und Ausfluss des Eigen- 
tumsrechtes an Geisteswerken. 

Börsenbl.f. d. deutschen Buchhandel. No. 213. 
Der Urheberschutz bei littcrarischen und musikalischen 
Werken. 

Börsenbl.f. d. deutschen Buchhandel. No. 168. 
Die Vorschriften des Gesetzentwurfs über das Urheber- 
recht, betreffend die Rückwirkungen. 

Börsenbl.f. d. deutschen Buchhandel. No. 171. 
Voigtländer, R., Ein Tag unter dem neuen Urheber- 
recht. Ein Zukunftsbild. 

Börsenbl.f. d. deutschen Buchhandel. No. 216. 

Litieraturgeichichte. (Allgemeine Darstellungen.) 

Biese, Dr. A, Die romantische Poesie des Gebirges. 

Deutsches Wochenblatt. XII, No. 29. 
Eine alte bergische Satire über Pontius Püatus und die 
Westfalen. Rhein Westphalische Ztg. No. 578. 
Heine, C, Die neue Wanderbühne. 

Dramaturgische Blätter. No. 38, 39. 
Holm, K., Die Gestalt des Todes in der modernen 
Dichtung. Der Türmer. I, 2, p. 487—493. 

Brückmann, A., Theaterrecht. 

Dramaturgische Blätter. No. 37, 38. 
Burckhard, M., „Modern". DU Zeit. XX, No. 259. 
Meyer, R. M., Die Legende vom Litterarhistoriker. 

Deutsches Wochenblatt. XII, No. 30. 
Morris, M., The Phüosophy of Poetry. 

The Xineteenth Century. XLVI, p. 504—513. 
Lohr, A,, Die Sänger des Sozialismus in der modernen 
Litteratur. Die Wahrheit. V, p. 181—192. 

Verch, O., Der moderne Roman. 

Deutsches Wochenblatt. XII, No. 39. 



Tchobanian, A., La littdrature armenienne. 

Revue EncyclcpMique. 8. Juli. 
Bartels, A., Haben wir ein deutsches Lustspiel? 

Deutsche Welt. No. 49. 
Elstcrich, J. L., Los primeros juegos rloreales en la 
ciudad de Colonia. 

Revista Coniempordnea. 30. Mai. 
Glaser, E., Die Tellsage. 

Der praktische Schulmann. XL VIII, Heft 6 
Gross, J., Die Romantiker. Fremden-Blatt, p. 265. 
Härlin, A„ Fürst Bismarck in der deutschen Dichtung. 

(iraser Tagespost. No. 208. 
Mensch, Dr. E., Das Grossherzogtum Hessen. Lit- 
teratur. Das litterarüche Echo. 1, No. 24. 
Mielke, H., Held und Heldin im deutschen Roman. 

Hannover Tagebl., Vnterhaltungsbl. No. 31. 



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Beiblatt. 



Meier, J., Noch einmal die böse Sieben. 

Allgemein. Zeitg. Beilage. No. 13:. 
Meyer, R. M., Elsassisches Theater. 

Nation. XVI, No. 43- 
Rem er, P., Die Mecklenburger in der Litteratur. 

Das litterarische Echo. I, No. 21. 
Sax, J., Musik und Theater in der furstbischöfl. Resi- 
denzstadt Eichstädt bis z. Jahre 1802. 
Jahresb. d. histor. Vereins f. Mittel/ranken. No. 46. 
Widmann, J. V., Schweizerische Festspiele. 

Nation. XVI, No. 42. 
Malagodi, O., II romanzo contemporanco lnglese. 

Revista politica e litteraria. VIII, No. 2, 3. 
Dowden, E., Puritanism and English literature. 

The Contemporary Review. LXXV'I, 22 — 40. 
Dowden, E., The English Masque. 

The Nineteenth Century. XLVI, p. 102— tu. 
Brausewetter, E., Finnische Litteratur. 

Nation. XVI, No. 40. 
Bornstein, P., Das französische Chanson im XIX. Jahr. 

hundert Deutsches Wochenbl. XII, No. 36, 37. 
Müller-Rastatt, K., Zur Geschichte der französischen 
Farce. Neue Hamburger Zig. No. 400. 

Roth, L., Der littcrarische Ncokatholizismus in Frank- 
reich. Di* Wahrheit. V, p. 216- 219. 
Palmieri, A., L'Ellcnismo nclla istruzionc. 

Bessarione (?). No. 33 — 34. 
Wünsche, A., Die Schönheit der Naturpoesie beiden 
Hebräern. Leipziger Ztg. {Beilage.) No. 85. 

U bell, H., Japanische Dichtung. 

Die Zeil. XX, No. 259. 
Sehr oeder, L. v., Indiens geistige Bedeutung für 
Europa. Allgem. Ztg. Beilage. No. 151. 

Klemm, K., Summsagen aus Hinterindien. 

Allgem. Ztg. Beilage. No. 186. 
Gjcllerup, K., Buddhistische Rcligions-Pocsie. 

Prtussische Jahrbücher. XCV1I, p. 253 — 271. 
Lieder d. Mönche G. Buddhas. 
Schroeder, L. v., Indische Poesie. 

Der Türmer. I, 2, p. 501—516. 
Mosto, A. de, II teatro a Vcnezia nel secolo XVII. 

Revista politica e letteraria. VIII, p. 144—164. 
Ncrucci, G., Arlecchino. 

Giomale if erudisione. VII, 5, 6. 
Ccsaresco, M., Naturc in the last latin poets. 

The Contemporary Review. LXXV1, p. 239—248. 
Kaupo, R., Die lettische Litteratur. 

Das litterarische Echo. I, No. 21. 
Henckel, W., Zur Geschichte der neuesten russischen 
Litteratur. Die Wage. II, No. 36. 

Wengerow, Z., Das jüngste Russland 

Magazin f. Litteratur. No. 30. 
Curzon, H. d', Le TWAtre de l'Espagne. 

Revue de la France Moderne. Juni- Juli. 

Einzeln» Schriftsteller. 

Winter, A., Joseph Addison als Humorist in seinem 
Einfluss auf Dickens Jugendwerke. 

Anglia. XXI, p. 453-5o8. 
Hillmann, A., Pedro Antonio de Alarcon. 

Nordisk Tidskri/t. S. 192—204. 



(Rundtchau der Preuc) 

Alexis Willibald, Erinnerungen. Mitgeteilt von Dr. 
Max Ewert Das Berliner Hoftheater. Das Ber- 
liner Volkstheater. 

Deutsche Dichtung. XXVI, p. 241—52, 259—67. 
Pizzi, I., Antara, eroe e poeta. 

Nuova Antologia. CLXVI, p. 132—136. 
Fiammazzo, A., L'ürlando Furiosoin dialetto berga- 
masco del sec. XVI 1. 

La biblioteca delle scvole ifaliane. VIII, 7. 8. 
H ansso n , O., Ein katholischer Dichter (Barbey d'Aure*- 
vüly). Histor.-polit. Blätter. CXX1V, p. 365—373- 
Faguet, E., Les Amours de Balzac. 

Revue Bleue. IV, Serie XII, 2, No. 7. 
Lothar, R., Balzac. Die Wage. II, No. 23. 

Roberto, F., Le amiche de Balzac. 

Nuova Antologia. CLXVI, p. 99 — 1 12. 
Stillmann, W. I., The „Decamerone" and its villas 
[Boccaccio]. 

The Nineteenth Century. XLVI. p. 289—301. 
Klaar, A., Die Wcrthcrzcit m Ludwig Börnes Leben. 

Bohemia, Beilage. No. 268/269. 
Bastide, Ch., M. Bruneticre. 

Fortnightly Review. LXVI, p. 500—509, 

Luzzatto, G., Cenni intorno alla vita ed alle opere sto- 
riche di Girolaino Bmsoni 

L'Ateneo Veneto. XXII, 1, p. 6—26, 218—226. 
Zannoni, G., Per Alanasio Buflönc. 

Nuova Antologia. CLXVI, p. 25—57. 
Bastide, Ch., Un mystique Anglais John Bunyan 
(1628—68). Revue Universitaire. VIII, I, 485—94. 
Gower, F. Did Byron write „Werner". 

The Nineteenth Century. XLVI, p. 243—250. 
Brömse, H. F., CarduccL 

Vossische Zeitung, Sonntagsb. No. 32. 
Chiarini, G., Giosue CarduccL 

Nuova Antologia. CLXVI, 193—224. 
Trevelyan, G. M., Carlyle as an Historian. 

The Nineteenth Century. XLVI, p. 493 — 503. 

List, Die Dorfgeschichte und Karl Heinrich CasparL 
Allgem. Zeitung, Beil, No. 192. 
Barrili, A. G., Emilio Castelar. 
Victor Cherbuliez. Rivista d'Italia. II, 2, p. 241—68. 

Nuova Antologia. CLXVI, 691—703. 
Faguet, E., Victor Cherbuliez. 

Revue bleue. 4. Ser. XII, 2, No. 2. 
Casanova, E., Nuovi documenti sulla famiglia di 
Dante. Rivista delle biblioteche. X, p. 81—92. 

Fearon, D. R., Dantes Ghosts. 

The Nineteenth Century. XLVI, p. 65-76. 
H auvette, H., Dante dans la poesie francaise de la 
Renaissance. 

Annales de l UntversiU de Grenoble. XI, No. 1. 
Faguet, E., Les carnets d'Alphonse Daudet. 

Revue bleue. 4. Ser. XII, 2, No. 4. 
Goetz, L. K., I. v. Dbllinger. 

Allgemeine Zeitung, Beil. No. 169. 
Sand voss. Fr., Theodor Michailowitsch Dostojewsky. 

Preussische Jahrb. XCVII, p. 330-— 341. 
Wassermann, J-, Ein Buch über Dostojewski 

Frankfurter Ztg. No. 178. 



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Beiblatt 



(Rundschau der PreMe.) 

Berg, L., Ernst v. Feuchtersieben. 

Naiional-Ztg. No. 531, 33. 
Meyer, R. M., Ernst v. Fcuchtersleben. 

Vossisch* Zeitung, Sosmtagsb. 36. 
Tiels, Q. R. T., Theodor Fontane s erste lyrische 
Dichtungen. Allgetn. Zeitung, Beil. No. 128. 

Faguet, E., Fönten eile. 

Revue de cours et Conferences. VII, No. 28 — 3a 
Frankl-Hochwart, B., Aus dem Nachlasse Ludwig 
August Frankl's. Bohemia (Prag). 171. 

Vo r e t z s c h , C, Franz v. Gaudy und das Schwabenland. 

Staatsanseiger ( Württemberg) Beil. No. 5 — 6. 
Spoelberch de Lovenj oul, Poesies de TMophile 
Gautier. Bulletin du Bibliophile, p. 361—77. 

Bauer, K., Deutsche Lyrik im 17. Jahrhundert (P. Ger- 
hard). Hildesheimer Allgetn. Zig. No. 153, 154. 
Anco na, A de, La prigionia di Pietro Giordani. 

Nuova Antologia. CLXVI, p. 1—26. 

Goethe.» 

Maddalena, E., Goldoni e Favart. 

L'Ateneo Veneto. XXII, p. 201—218. 
Dorez, L., La Mort de Jacques Grevin. 

Bulletin du Bibliophile, p. 325—28. 
Ehrhard. A., La fortune et la fin du roi Ottokar [Grill- 
parzer]. 

Revue Universitaire. 1899, VIII, p. 57 — 67, 
Bibliogr. p. 94/5. 
Ehrhard, A., LesVagues de l'Amour et de la Mer de 
Fr. Grülparzer. 

Revue des lettrts francaise et dtrangeres. No. i. 
Necker, M., Schloss Ullersdorf in Mähren, der Schau- 
plau von Grillparzers Ahnfrau. 

Über Land und Meer. LXXXII, S. 581— 82. 
Grimm, L., Über die Bedeutung der Gebrüder Grimm 
in der Geschichte der Pädagogik. 

Zeitschr.f. deutschen Unterricht. XIII, 585—006. 
B. F., Die Brüder Grimm und J. Gürres. 

Historisch-politische Biälter. CXXIV, p. 178 — 192. 
Biese, A, Klaus Groth. Der Türmer. 1,2, p.481 — 486. 
H o übe n , IL, Zur Bühnengeschichte des Uriel Acosta. 

Dramaturgische Blätter. No. 32. 
Werner, R. M., Johann Christian Hallmann als Drama- 
tiker. Zeitschr.f. österr. Gymn. L, S. 673 — 702. 
Werner, R. M., Ein politisches Gedicht Hebbels. 

Die Wage. II, No. 24. 
Karpeles, G., Heinrich Heine und Alexander Weill. 

Die Wage. II, No. 21. 
Weber, H., Entlehnung oder zufallige Übereinstim- 
mung? [H. Heine] Ein Jüngling Hebt ein Mädchen. 

Deutsche Rundschau. XC1X p. 303—309. 
Weichb erger, K., Aus Herders Haus. 

Allgemeine Ztg. Beil. No. 196. 
Garr, M., Hoffmann als Musikschriftsteller. 

Das litterarische Echo. I, No. 24. 
Istcl, E., E. T. A. Hoffmann als Musikschriftsteller. 

Frankfurter Ztg. No. 186. 
Werner, L., Eine vergessene Grösse. Therese Huber 
1764— 1834. 

Zeitschr.d.hist.Vereins f. Schwab, u. Neuburg. XXV. 



Rava, M., J. K. Huysmans. 

Nuova Antologia, CLXVI, p. 137 — 161. 
Ubell, H., J. P. Jacobsen. Graser Tagblatt. No. 218. 
Betz, L. P., Gottfried Keller in der Pariser Sorbonne. 

Eine litterarische Pilgerfahrt. 

Neu* Züricher Zeitung. 194—99. 
Zabel, E., Zur Erinnerung an Gottfried Keller und 

Conrad Ferdinand Meyer. Nationalstg.bio. 472,474. 
Briefe von Johanna Kinkel. Herausgegeben von Marie 

Goslich. 

Preussische fahrbücher. XCVI1, p. 185—222, 398 
—433- 

Schmidt, D. A., Klopstock, der Vater unserer Vater- 
landsdichtung. 

Preussische Jahrbücher. XCVII, p. 469—491. 
Peter, Job, Vom Jobsiadendichter. (Zu Kortüms 75. 
Todestage.) 

Leipziger Zeitung. Wissensch. Beil. No. 93. 
Boas, F. S., The Arrest of Thomas Kyd, 

Fortnightly Review. LXVI, p. 519—22. 
H enriet, Lafontaine aux archives de Chantilly. 

Revue bleue. 4. ser. XII, 2, No. 8. 
Harrison, F., Lamb and Keats. 

The Conlemporary Review. LXXVI, p. 62—69. 
Vulliod, A., Le pessimi&me de Nicolas Lenau. 

Revue des lettres francaise et /Irangeres. 1, No. 2. 
Ernst, A. W., Nikolaus Lenau und Gustav Schwab. 
Mit ungedruckten Briefen und zum Teil nach neuen 
Quellen. Grentboten. LVIII, 3, p. 443—51. 

Losacco, M., IlprimoccntenariodiGiacomo LeopardL 
Giornale storicodella letteratura/tatiana. XXXIV. 
p. 153—212. 

Betz, L. P., Heinrich Leuthold. Die Wage. II, N0.29, 
Rechcrt, E., Lichtenbergs Figuren. 

Vossische Zeitung. No. 303, 
Jellinek, A. L., Lope de Vega. 

Die Nation. XVI, No. 46. 
Carta Autögrafa de Lope F^lix de Vega Carpio. 

Rivista de Archivosi bibliotecas. III, p. 365 — 66. 
Scheid, N., O. Ludwigs Trauerspiel Die Makkabäer 
als Schullectüre. 

Stimmen aus Maria-Laach. LVI, p. 183— 197. 
Cor celle, J., La Savoie et Xavier de Maistre. 

Revue bleue. 4. ser. XII, 2, No. 9. 
Stern, F., Das psychologische Drama in England 
[Edward Martyn]. Neues Wiener Tagblatt. No. 67. 
Stoessl, O., Aus Maupassanis Nachlass. 

Die Nation. XVI, No. 48. 
Kräger, H., Eine Ballade von C. F. Meyer. 

Bund (Bern) Sonntagsbl. No. 28. 
Stern, A., Conrad Ferdinand Meyer. 

Westermanns Monatshefte. LXXXVI, p. 702—721. 
Eckert, Die Dichtungen Michelangelos. 

Historisch-politische Blätter. CXXIV, p. 262—76. 
Montesquieu in Italy. Quarterly Review. CXC. p. 43— 65. 
Freiberg, Günther v., Aus dem Leben Alfreds de 
Musset. Nationalseitung. No. 426. 

Maxwell, M. C, Madame Necker. 

The Nineteenth Century. XLVI, p. 302—316. 



» Die Jubiliums-Litteratur zu Goethes 1 5a Geburtstage wird in 

- 4 - 



besonderen 



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Semerau, A., Adam Olcarius. 

Nationalseitung. No. 490. 
Mrs. Oliphants Autobiography. 

Quarferly Review. CXC, p. 255—267, 
Bertolini, F., I'aolo Diacono nell' XI ccnteoario. 

Nuova Antologia. LXVII, p.3— 13. 
Lamma, E., I soneiti seri di Giuseppe ParinL 

LAleneo Veneto. XXII, p. 27—46. 
Scheri Ho, M., Giuseppe I'arini ncl primo centenario 
della sua morte. 

Nuova Antohgia. CLXVI, p. 627 — 653. 
Vossler, K., Giuseppe I'arini als Satiriker. 

Allgemeine Zeitung, Beil. No. 19a 
Jean Paul, Das Lob der Dummheit Mitgeteilt von 
Josef Müller. Nord und Süd. XC, 179—196. 

Frankel, L., Alexander Pctöfi. 

Nationalzeitung. No. 462. 
Glücksmann, H., Petöfi und die Deutschen. 

Norddeutsche Allgem. Ztg. No. 178, 179. 
Grollmann, H., Alexander retöfi. 

Fremdenblatt ( Wien). No. 206. 
Kohut, C. A., Pctöfi im Urthcile Deutschlands. 

Pester Uoyd. No. 183. 
Laday. St. v., Alexander Petöfi. Zum 3. Juli 1899. 

Frankfurter Zeitung. No. 207. 
Singer, S., Petöfi. Neue Freit Presse. 1899^0.12547. 
Segre", C., „II mio segreto" dcl Petrarca e „1c con- 
fessioni" di Sant Agostino. 

Nuova Antohgia. CLXVI I, p. 202—232. 
Scheffler, L., Fiatens letzte Wanderfahrt in Italien. 

Allgem. Zeitung., Beil. No. 132, 133. 
Gnoli, D., II Sogno di Polifilio. 

Rraista d'Itatia. II, 2, p. 44— 72, 269—93. 
Quelques lettres in^dites de Charles de Pougens, par 
L. G. Reüssier. Bulletin du Bibliophile, p. 413—26. 
Baumgartner, A., Die Dichtungen des Aulus Prü- 
den tius. 

Stimmen aus Maria Laach. LVI, p. 317 — 40. 
Lege'r, L., Alexandre Puchkine. 

Revue Encyclop/dique. I. Juni 
Brode, R., Ranke und die Geschichtschreibung über 
Friedrich d. Grossen. 

Allgemeine Zeitung. Beil. No. 159, 160. 
Susan, C. V., Johann Rauteastrauch. 

Oesterr.- Ungar. Revue. XXV, p. 168—174. 
Klar will, K., Georges Rodenbach. 

Die Wage. II, No. 37. 

Eucken, R., Runeberg. 

Vossische Zeitung, Sonntagsb. No. 27. 
Cabancs, Saint-Beuve im Privatleben. 

Deutsche Revue. XXIV, 3, 316— 35. 
Chantavoinc, H„ George Sand en Russie. 

Le Correspondent. 10. Juli. 
Glcichen-Russwurm, A. Frhr. v., George Sand und 
die modernen Romane. Eine Bücherbesprechung. 

Neues Wiener Tagbl. No. 268. 
Lothar, R., Francisque Sarcey. 

Die Wage. II, No. 22. 
Isolani. E„ Ernst Scherenberg. Zum 60jährigen Ge- 
burtstage des Dichters. 

Leipziger Tageblatt. No. 366. 



(Rundichau der Pro«;.) 

Lange, E., Ernst Scherenberg. 

Rheinisch- Westfälische Zeitung. No. 542. 
Batt, M., Schillers Attitüde towards the french Revo- 
lution, fournal of Germ. Fhilology. I. p. 482—93. 
Bennecke, O., An der Geburustätte der Jungfrau 
von Orleans. 

Hamburger Nachrichten, Beilage. No. 35. 
Gleichen-Russwurm, A. v., Das Schiller-Museum 
in Greifenstein. Nationalzeitung. No. 450, 452. 
Koch, M., Neuere Goethe- und Schiller- Litterat ur. 

Berichte des freien deutschen Hochstifts. XV, 109—62. 
Müller, E., Schillers Beiträge in Gökingks „Journal 
von und für Deutschland". 

Allgemeine Zeitung, Beil. No. 149. 
Rullmann, Im Zeichen Schillers und Wagner's. 

Graxer Tagespost. No. 257. 
Trebusch, Th., Schillers „Maria Stuart' ' eine Verherr- 
lichung des Katholicismus. Reichspost{ Wien). No. 20a 
Waldmüller, R., Zu Schülers Gedächtnis. 

Frankfurter Ztg. No. 236. 
Welt rieh, R., Eine Jugendarbeit Schillers. 

Das litterarische Echo. I, No. 22. 
Briefe Friedrich und Dorothea Schlegels an WallraL 

Kölnische Volksztg. No. 712. 
K. G.Schlegels Lucinde. Nationalzeitung. No. 428. 430. 

The Fortnightfy Review. LXVI, p. 317—34. 
Hehler, C, Ein Besuch bei Arthur Schopenhauer. 
Claretie, J., Shakespeare and Molicre. 

Deutsche Rundschau. XCIX, p. 241—250. 
Kok, Shakespeares „First Folio. 

Nederl. Spectator. No. 52. 
Messer, M., Die Shakespeare Sphinx. 

Dramaturg. Blätter. No. 32. 
Michel, H., Der deutsche Shakespeare im neuen 
Gewände. Dramaturg. Blätter. No. 34. 

Morel, L., Une nouvelle Vie de Shakespeare. 

Revue Universitaire. VIII, 2, p. 13 — 20. 
Morton, E. P., Shakspere in the Scventeenth Century. 

Journal of Germanic Phil. I, p. 31 — 44. 
Neruda, E., Auch ein Hamletinterpret [Traut]. 

Magazin f. Litteratur. No. 28. 
Reichel, E. , Die Bedeutung des Schauspiels im 
„Hamlet". Magazin f. Litteratur. No. 30. 

Reichel, E., Der „Geist" des alten Hamlet 

Dramaturg. Blätter. No. 33. 
Reichel, E., Hamlets dritter Monolog. 

Dramaturg. Blätter. No. 35. 
Schroer, A, Aus Dichtung und Wahrheit über Shake- 
speares Leben. 

Grenzboten. LVIII, 3, p. 21—26, 72—79. 
Steinbach, F., Shakespeare im Britischen Museum. 

Borsenbl.f. d. deutschen Buchhandel. No. 197. 
Haape, W., Wasily Andrejewitsch Shukowsky. 

Allgem. Ztg. Beilage. No. 198, 199. 
Isolani, E., Christian Heinrich Spiess. Der Begründer 
des Schauerromanes. Zu seinem loojährigcn Todes- 
tage. (17. Aug.) Kolnische Volksztg. No. 759. 
Icaza, F. A de, Olindo Guerrini y las traducciones 
cspanolas del „canzionierc" de Lorenzo Stecchetti. 

Revista Nueva. 15. Juni. 



Beiblatt. 



(Rundschau der Prost«.) 

Bosdari, A., Robert Louis Stevenson. 

Nuova Antologia. CLXV1, p. 601—618. 
Hölzer, R., Adalbert Stifter als Mensch, mit unver- 
öffentlichten Briefen. Die Zeit. XX, No. 251, 252. 
Schlossar, A., Ungedrucktc Briefe Adalbert Stifters. 

Die Wage. II, No. 3a 
Matthias, Th., Theodor Storm als Novellist. 

Zeitschr.f. deutschen Unterricht. XIII, p. 521—556. 
Preuschen, H., Erinnerungen an Theodor Storm. 

Deutsche Revue. XXIV, 3, p. 188—207. 
Aronstein, Ph., Neue Briefe Swifts. 

Vossische Ztg. Sonntagsb. No. 29. 
Barxelloth, C, Studi e opere giovanili di T. Tainc. 

Rivista dltalia. II, 2, p, 405—431. 
Hillmann, A., Antonio de Trueba. 

Nordisk Tidskrifl. p. 49—57- 



Häuser, O., Paul Verlaine. Dtsch. Dicht. XXVI, p. 275. 
Philippsthal, R., Charles de Villcrs. 

Allgem. Ztg. Beilage. No. 173. 
Sirven, P., Voltaire et 1' Italic 

Revue Bleue. 4. scr. XI, 2, No. 13. 
Morold, M., Ferdinand Georg Waldmüller. 

Oesterr. Ungar. Revue. XXV, p. 137— 152. 
M ünz, B., Ein auferstandener österreichischer Dichter. 

[S. A. Weiss.] Allgem. Ztg. Reil. No. 176. 

Münz, B., Ein l'ublicist des 18. Jahrhunderts über das 
geistige und soziale Leben Wiens [L. Wekhrlin]. 

Oesterr.- Ungar. Revue. XX, p. 163—168. 
Neumann-Strela, K., O. L. B. Wolff. 

National-Ztg. Sonntagsbeil. No. 30. 
Fred, W., Die erste Frauenrechtlerin [Mary Woll- 
stonecraft]. Allgem. Ztg. Beil. No. 184. 



Kataloge. 

(N«ch dem Ranging geordnet, (oweil d«r Raum •■ nüliiL Dl« 
Zurückg«flclU«& w«rdtn im nächsten Htft aacha;. tragen,) 

Deutschland und Österreich-Ungarn. 

Gilhofer St* RansMurg in Wien 1. Kat N0.52.— Sel- 
tenheiten, Kuriosa, Varia. 

Karl W.Hiersemann in Leipzig. Kat. N0.228.— Afrika, 
Australien, Polynesien. 

Richard Kaufmann in Stuttgart. Kat. No. 84. — Archi- 
tektur, Kunst, Kunstgewerbe. 

K. A. Stauf in Köln. Kat. No. 2. — Geschichte, Topo- 
graphie, Heraldik. 

Alfred Lorents in Leipzig. Kat. No. 38. — Litteratur- 
und Kulturgeschichte, Varia. 

C. Uebelens Nachf, Fr. Klüber, in München. Kat 
No. 108. — Varia, Kuriosa. 

S. Cafvary &• Co. in Berlin NW. 7. — Intern. Monats- 
berichte IX, 1. 
/osefBaer& , Co.inFrank{iArtafM. Kat. No. 417. — Ge- 
schichte, Topographie, Litteratur u. Sprachen Russ- 
tands. 

R. Levi in Stuttgart Kat. No. 122. — Verschiedenes. 
M. &* H. Schaper'va Hannover. Kat. No. 22. — Sprache 

und Litteratur des Auslands. 
Ernst Carlebach in Heidelberg. Kat. N 0.233. — Rhein- 

pfah und Raden. 
J. Halle in München. Kat No. 24. - Seltenheiten, 

Autographen. 

Paul Alicke in Drcsden-Blasewitz. Kat No. to.— Varia, 
Kuriosa. 

C. Kirsten in Hamburg. Kat. No. 12. — Philosophie. 

Ferdinand Schtiningh in Osnabrück. Kat No. 20. — 
Adelsgeschichte, Wappenkunde. 

facques Rosenthal in München. Kat No. 23. — Genea- 
logie, Heraldik. 

Heinrich Kerler in Ulm. Kat. No. 271. — Anatomie. 

Adolf Weigel in Leipzig. Kat. No. 45. — Occultismus. 

Derselbe. — Billige Parthieartikel. 

R. Seligsberg'm Bayreuth. No. 247. — Belletristik, Kunst. 

Rieh. Bertling in Drcsden-A. Kat. No. 33. — Varia. 

Derselbe. Kat. No. 35. — Kunst. 

Herrn. Lasarus in Herlin W. 8. No. 5. — Geschichte. 

Friedr. Meyer in Leipzig. No. 17. — Militaria, Sport. 

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- 6 



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und Theater. 

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Gelehrtengeschühte. Bibliographie, Buchdruck, Bucl 
hanriel, Bibliothekswesen. 

Derselbe. No. 311. — Musik, Theater, Autographen. 

Ludwig Rosenthal in München. No. 101. — Katho- 
lische Theologie. In fremden Sprachen. Inkunabel 
Manuscripte, Utnrgie, religiöse Werke, Miniaturen. 

M. Spirgatis in Leipzig. No. 70. - Wörterbücher. 
Grammatiken, Chrestomathien. 

W. Fiedler (Joh. Klotz) in Zittau. No. 29. — Deutsche 
Literatur. 

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wissenschaft. 

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Litteratur und Geschichte, Bibliographie. 
Derselbe. Kat No. 96. — Arcluiologü, Numismatik. 

Italien. 

I*o S. Olschki in Florenz. No. 46. — Livres ä figurts 

du XVI. siede II. 

Niederlande. 
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illustrirte Werke des IS. bis 19. Jahrhunderts. 
Ifoksehmtl - und Kufferstsekiverke. A'elmseM- 
Press-Ihntir. 472 Nummern. 
221 : Byzantinische und Russische Kunst. jr2 Nrn. 
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322: Kunstgewerbe l: Zeitschriften. Allgemeine und 

Sammelwerk». Museen und private Sammlungen, 
Ausstellungen. jSlf Nummern. 
223: Kunstgewerbe II: Keramik, Olas. Email, Mosaik. 



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ZeitalterNapoleoNs I. 

und die Periode vom Wiener Kon- 
gress bis zur Belgischen Revolution. 



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Russischer Ausserordentlicher Gesandter 
achtigter Minister am 

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ANTHROPOLOGIE PRÄHISTORIK 

von AFRIKA, ASIEN, AUSTRALIEN u. POLYNESIEN. 
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work» cl Die fifteemh. oixteentb. and aeventeenUi centurie«. 
The nlphabetlcal order !• atricuy preaerved, the title» are 
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Indexe». Theprefaee ia prlnted In German. Er.gli «h, French 
and Ruaauui, and there are a number of careful fac-fllmile». 
It vmld it difficult Ar imarine a (»tabfMt httUr caUahttd 
te mm Ikt Jatmtr i,j * h»kman er mm liktly U It cart/Mliy 
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1899/1900. Heft 11/ ia. 



Gesellschaft der Bibliophilen - Rundschau der Presse — Kataloge - Briefkasten. 

Anzeigen 

Desiderate — Angebote — Litterarische Ankündigungen: die gespaltene Petitzeile 15 Pf., 
alle übrigen: '/, Seite 60 M., «/, Seite 30 M., '/s Seit« 'S M., */» Seite 8 M. 
B«l Wiederholungen entsprechender Rabatt; Vorzug«- und Umschlagseiten, sowie besondere Beilagen nach Vereinbarung. 

Schiusa für die Anseigenannahme jede* Heftes am 10. des vorhergehenden Monats. 
Anteifea ferl. zu richtest an di« VarUjihandlune Velharen & KUsing, Abteilung fiir Inserate. Leipiic. Friedrich Auenm.tr. ». 
RtdaktioDtlle Zuschriften. Kataloge etc. an den H.r.usgeber.- Fedor von Zobeltitt ■■ Berlin W.. Augsburgentrasse et. 



An unsere Leser! 

Mit dem nächsten (April-) Heft beginnt der vierte Jahrgang der „Zeitschrift für Bücher- 
freunde''. Es sei uns gestattet, hier zu wiederholen, was uns kürzlich ein hervorragender Ge- 
lehrter über die abgeschlossen vorliegende Bändereihe unserer Zeitschrift schrieb: 

. . . „Ich muss Ihnen ausdrücken, welche Freude mir ihre prächtige .Zeitschrift für Bücherfreunde* 
macht und mit welchem grossen Interesse ich sie von Anbeginn ab verfolgt habe. Allerdings kann ich 
Ihnen nicht verhehlen, dass ich zuerst in Sorge gewesen bin, ob ein Organ von so vornehmer Eigenart, 
ein Blatt, das sich auch schon rein äusserlich durch die .Stilreinheit seiner Toilette aus der Hochfluth der 
Zeitschriftenlitteratur heraushebt, genügend Anhänger finden wurde; denn noch immer marschiert das 
Volk der Denker und Dichter in Bezug auf die Bücherliebhabcrei nicht an der Spitze der Kulturnationen 
— noch immer büdel das Buch selbst in den Kreisen derer, die sich an materiellen Genüssen nichts zu 
versagen pflegen, das Aschenbrödel im Hause. Dass Ihre Anstrengungen der .Zeitschrift für Bücherfreunde' 
den Boden sichern konnten, ist mir eine aufrichtige Genugthuung. Ich greife häufig zu den bereits 
erschienenen fünf stattlichen Banden . . . und kann Ihnen zugestehen, dass ich immer wieder Aufsätze 
finde, die mein lebhaftes Interesse in Anspruch nehmen — nicht nur jene Abhandlungen, die lediglich 
für den Forscher geschrieben scheinen, sondern auch die zahlreichen Artikel, die mehr für den gebildeten 
Laien, für den Kunst- und Litteraturfreund , den Büchersammler aus Passion, also sagen wir zusammen- 
fassend : den Bibliophilen bestimmt sind ; auch in ihnen finde ich als Mann der exakten Wissenschaften 
oft Neues, stets aber Anregendes . . . Viel Glück zum neuen Jahre und noch ein paar tausend Abonnenten 
mehr!" . . . 

Es brauchen nicht gleich ein „paar tausend" zu sein. Wir sind auch für ein paar hundert 
neue Abonnenten dankbar, wenn die alten uns treu bleiben. Denn Gottlob, über die „Anfangs- 
sorgen" sind wir längst hinaus — Dank der Zusammengehörigkeit unserer Gemeinde, die sich 
von Jahr zu Jahr erweitert hat und, im Anschluss an die kräftig aufblühende Gesellschaft der 
Bibliophilen, den Kampf gegen das Aschenbrödeldasein des deutschen Buches erfolgreich weiter 
führen wird. In den drei Jahren des Bestehens dieser Hefte hat sich in dieser Hinsicht bereits 
mancherlei gewandelt. Die moderne Buchausstattung ist geschmackvoller geworden; vor allen 
Dingen aber ist es uns gelungen, auch in weiteren Kreisen der gebildeten Welt das Interesse 
für Bücherkunde und Buchwesen zu wecken, für Materien, die bisher nur die Fachlitteratur zu 
beschäftigen pflegten. Das Jahr der grossen Gutenbergfeiern ist ein Jahr neuer fröhlicher 
Hoffnungen für uns. Wir bitten unsre Freunde, auch fernerhin nach Kräften für die Verbreitung 
der „Zeitschrift für Bücherfreunde" wirken und das Abonnement rechtzeitig erneuern zu wollen, 
damit in der Zusendung der Hefte keine Unterbrechung eintritt. 

Leipzig und Berlin. Verlag und Redaktton. 

Z. f. B. 1899/1900. it/ia. Beiblatt. — 1 — l 



Rundschau der Presse. 



Von Arthur L. Jellinck in Wien. 

Di« nachfolgende Oberlicht «wicht, die in TagesbUttem. Wochen- und Monatsschriften enthaltenen Aufsaue und Abhandlungen, 
soweit lit für di« Leeer unserer Zeitschrift in Betracht kommen, in tackhektr Anordnung tu verteichnen. Nor das Wichtigere aus den Ver- 
öffentlichungen der IcUten Monate kann berücksichtigt »erden. Absolute Vollständigkeit tu erreichen liegt für den «iuclnen Bearbeiter 
austerhalb des Bereiches der Möglichkeit. Die Zeitschriften sind nach Bänden. Jahrgängen, Heften oder Seiten, je nach der leichteren Auf- 
fiadbarkeit, citiert. Gtcichnustigkeit ist hierin nicht angestrebt. Zusendung von Seowmtab drücken und Aueecfcnitten an die Adresse de« 
i (Wien vn. Kirch enga.ee JJ) 



Schrift', Buch- und Bibliothekswesen. 

Bibliographie: 

Internationale Bücherstatistik. 

Börsenbl. f. den deutschen Buchh. 1899. No. 258, 
259. 260. 

Mouravit.G , Edouard Tricotel et ses varietes biblio- 
graphiques. 

Revue Biblio-Iconographique. 1899. VII, p. 393 
—403. 

Nestle, E., Kleinigkeiten zur Bibliographie des grie- 
chischen Neuen Testaments. 

Centrcdbl.f. Bibliothekswesen. 1899. XVI, p. 551 
—555- 

Pech, T., Übersetzungen aus dem Deutschen in die 
slavischen, die magyarische, die roman. u. die ost- 
europ. Sprache. 

Börsenbl. f. d. deutschen Buehh. 1899. No. 296. 
La terza Reunione della Societa Bibliografica Italiana. 

Centralbl.f . Bibliothekswesen. 1899. XVI, p-549 — 55»- 
Rostagno, E., II Monumentum Gonzagium di Giovanni 
Benevoli o Buonavoglia. 

La Bibliofilia. 1899- I. P- 145—168. 
Rostagno, E., Ancora del Monumentum Goniagium 
e del suo autor. 

La Bibliofilia. 1899. I, p. t86— 189. 
Weale, W. H. J., The newly discovered „Missale 
Speciale". 751» Library. 1899- N. S. I, p. 62-^7. 

Bibliothekrivescn und Bibliophile : 

National Association of State Librarians. 

The Library Journal. 1899. XXIV, p. 623—625. 

Berghoetfer, Chr. W., Die zweite deutsche Biblio- 
thekarsversammlung im Anschluss an die 45. Ver- 
sammlung deutscher Philologen u. Schulmänner. 
Centralbl.f. Bibliotheksw. 1899. XVI, p. 339-349. 

Blochet, E., Inventaire et description des miniatures 
des manuscrits orientaux conserves ä la Bibliotheque 
Nationale. 

Revue des Bibliothiques. 1899. IX, p. 227—268. 
Bohatta, Dr. H., Die k. u. k. Familien -Fideicomiss- 
bibliothek. 

Mitteilungen des bsterr. Vereins f. Bibliotheks- 
wesen. 1899. III, No. 4. 
Brigham, }., State historical Collections in the Old 
Northwest The Forum. 1900. XXVIII, p. 534— 65. 
Brown, J. D., Library Progress. 

The Library. 1899. N. S. I, p. 5—11, 
Buchanan, M.C., Travelling Libraries for NcwYersey. 

The Library Journal. 1899. XXIV, p. 62 c. 



Daublebsky v. Sterneck, Die Katalogisierungs- 
instruktion für die preussischen Bibliotheken. 

Mitteilungen des österr. Vereins f. Bibliotheksw. 
1899. III, No. 4. 

Delisle, L., Discovery °f to* long-missing pictures 
stolen from an illuminated Manuscript in the library 
ofMacon. The Library. 1899. N. S. I, p. 45— 49. 

Eastman, W. R., What can State law do for the 
public library. 

The Library Journal. 1899. XXIV, p. 619—620 

Ehrle, F. S. J., Die Vorsorge für die Erhaltung 
unserer handschriftL Schätze im Lehrplan d. histor. u. 
philolog. Setninaricn. 

Centralbl.f. Bibliotheksw. 1899. XVI, p. 533— 539. 
Erhaltung und Ausbesserung von Handschriften. 

Börsenbl. f. d. deutschen Buchhandel. 190a No. 10. 
Fovargue, H. W., Notes on library lcgislation. 

The Library. 1899. N. S. I, p. 89 — 91. 
Franke, Zur Organisation unseres öffentlichen Biblio- 
thekswesen. Magdeburger Ztg. 1899. No. S37 
Galbreath, C. B., Classification and Catologing of a 
State Library. Public Libraries. 1899. IV, No. 10. 
Richard Garnett. The Library. 1899. N. S. I, p. 1— 4- 
Guglia, E, Die Bibliotheken der österreichisch-unga- 
rischen Monarchie. Wiener Zeitung. 1899. No. 281. 
Hilgers, J. S. J., Die Bonifatiana (Päpstl. Bibliothek). 

Stimmen aus Maria Laach. 1900. LVII, p. 60—74- 
Jung, J., Heinrich v. Zeissberg. 

Mitteilungen des Vereines f. Gesch. d. Deutschen in 
Böhmen 1899. XXXVIII, p. 106—109. 
Womcn librarians in England. 

The Library Journal. 1899. XXIV, p. 528. 
The libraries of greater Britain. 

The Library. 1899. N. S. I, p. 123-128. 
The world's fomous libraries. 

Publishers' Circular. 1900. No. 1749 
Mason, T., The London govemment act 1899 at iü 
affects the London Libraries and Librarians. 

The Library. 1899. N. S. I, p. 25—31. 
Moore, H. K., Open accejs in public lending libraries. 

The Library. 1899. N. S. I, p.49— 62. 
Munde, Die alte Bibliothek der Hauptkirche St. Ma- 
rien in Kamenz. 

Neues LausitsMagasin. 1899. LXXV, p. 290—92. 
Pfannkuch, Die deutsche Bücherhallenbewegung. 

Tagliche Rundschau, Beilage. 1899. No 247- 
The John Rylands Library. 

The Ubrary Journal. 1899 XXIV, p. 621—23. 
Schinz, A., A Plan for the Selection of books for 
public Libraries. 

The Library Journal. 1899- XXIV, p 661-66. 



— 2 — 



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Beiblatt. 



Schnorr v. Carolsfeld, Umbauten in der Universi- 
tätsbibliothek München. 

Centralbl. f. Bibliotheksw. 1899. XVI, p. 557— 558. 
Staender, Die Handschriften d. Königlichen u. Uni- 
versitätsbibliothek zu Breslau. 

Zeilsckr. des Vereins f. Geschichte u. Altertum 
Schiestens. 1899- XXXIII. 
Swift, L., Pateraalisrn in Public librahes. 

The Library fournal. 1899. XXIV, p. 609 — 618. 

Buchhandel und Buchdruck. 

A famous publisher (Mr. William H. Appleton). 

The Pubtiskers Circular. 1899. No. 1739- 
William H. Appleton. 

Tke Publishers Weekly. 1899, p. 740— 74 2- 
Der Buchhandel u. das Inkrafttreten des Bürgerlichen 
Gesetzbuches. 

Börsenbl, f. d. deutschen Buchhandel. 1 899. No. 291 . 
Duff, E. Gordon, The printers, stationers and book- 
binders of York up to 1600. 

Transactions of the bibliograj>hical Society. 1899. 
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(W. Bölsche) — Die Reichswehr {Wien) No. 2102 
(G. Davis) — Neues Wiener Tagebl. No. 329 (K. E. 
Franzos)— Fremdenblatt {Wien). No.343(Hevesi)- 
Berliner Tagebl. No. 632 (G. Karpeles) — Augs- 
burger Abendatg., Sammler. No. 147 (G. Karpeles) — 
Berliner Neueste Nachrichten. N 0.583 (A. Klaar) — 
Franhf. Ztg. No. 345 (A. Kerr) — Die Volksstimme 



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PrihUtt. 



{Wien). No. 390 (O. Kraus) - DU Nation. XVII, 
No. 1 1 (R. M. Meyer) — Münchner Neueste Nachr. 
No. 573 (F. v. Ostini) — Frankfurter General- Ans. 
No. 292 (E. Schmidt) — Wiener Allgemeine Ztg. No. 
6S33 (F. Saiten) — Leipziger Ztg., Beilage. No. 145 (A. 
Winterfeld) — National- Ztg No. 720 (Eugen Zabel) 
— Norddeutsche Allgem. Ztg. No. 292 (G. Zicler). 
Hb,, Heinrich Heines Schwester. 

Bonner Ztg. 1899. No. 252. 
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Neu* Frei* Presse. 1899. No. 12684. 
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Focke, Rudolf, Karl Herlosssohn 

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Jung, Julius, Litterarhistorisches aus Franz Pulsxkys 
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L. E., Edgar Allan Poe. 

Norddeutsche A tigern. Ztg., Beilage. 1899. N0.236. 
T. H , Edgar Poe. Leipsiger Tageblatt. 1899. No. 516. 
Semtrau, A., Edgar Poe. 

Leipziger Ztg., Beilage. 1899. No. 1 16. 
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S^chd, L-, Alfred de Vigny et Marie Dowal. 

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Revue bleue. 1900. 4. ser. XIII, 1. No. 1. 
Hess, A., Iwan Sergjeewitsch Turgenjew. 

Hamburg. Correspondent, Sonntagsb. 1899. No. 26. 
Mülinen, F. W. v n Wicland in Bern. 

Allgem. Schweizer Ztg., Sonntagsbeilage. 1899. 
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dantesche tratta dalla „Vita Nuova". 

Rivista Dalmatica. 1899. I, 2, p. 6—23. 



Kataloge. 



(Nach de« Eiuuc geordnet, tevetl der Raum «« miaut. Dir 
xurilckg «atellteo werden im Duchiteii Heft nachgetragen.) 

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Leo Liepmannssohn in Berlin SW. No. 142. — Musik- 
litteratur. 

Wilh. Kotbner in Breslau. No. 244. — Evangelische 
Theologie. 

Hugo Helbing in München. No. 33. — Albrecht Dürer. 

Stiche, Schnitte, Kopien. 
Derselbe. No. 35. — Portrats. 
A. Twietmeyer in Leipzig. Jahreskatalog 1899. 
Derselbe. No. 119. — Kunst. 

Fr. Cruse (A. Troschiitz) in Hannover. No. 54. — Ge- 

Z>/>/rfrifAff*<Universitäts-Buchhandlung(L.Horstmann) 

in Göttingen. No. 27. — Theologie. 
Derselbe. No. 28. — Klassische Philologie. 
Ottosche Buchhandlungin Leipzig. N0.533. — Klassische 

Philologie. 

M. 6- H. Schaper in Hannover. No. 26. — Bibliotheks- 
werke. 

V. Zahn «V Jaensch in Dresden. No. 108. — Kunst. 
Dieselben. No. 107. — Porträts des XVI— XIX. Jahr- 
hunderts. 

List £~ Francke in Leipzig. No. 316. — Kunstgeschichte; 
Archeologie. 

Dieselben. No. 31 5. — Forst- und Jagdwissenschaft; 

Landwirtschaft. 
J. Scheible in Stuttgart. — No. 106. — Anseiger Jür 

Bibliophilen. 

Derselbe, No. 240. — Litterarische Seltenheiten. 

Derselbe. No. 241; 242. — Ältere deutsche Litteratur. 

Derselbe. Supplement zu Kat. No. 240/242. 

Max Ziegert in Frankfurt a. M. — Kunstblätter, Flug- 
schriften, ältere illustrierte Werke. 

Gilhofer &* Ranschburg in Wien. No. 63. — Russica 
und Polonica. 

fos. Jalowicx in Posen. No. 133. — Livres francais. 
Derselbe. No. 132. — Anthropologie, Kultur und Sitte. 
Derselbe. No. 134. — Deutsche Litteratur. 
Paul Alicke in Dresden-Blasewitz. No. 13. — Theosophie. 
Mystik. (Foru s. m 



Desiderata. 

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von F. Cizek 
> gezeichnetes 
und auf Bütten in Blaudruck hergestelltes Ex-Libris 
gegen jedes beliebige andere Ex-Libris alter und 
neuer Zeit Gefällige Zuschriften erbittet flustav 
Schmidt, Wien, rw\ k ITH /»Ii 1 
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bericht IX, 4. 

Derselbe. No. 202. — Bücher für Bibliophilen II. 

Karl Weissleder in Leipzig. No. 18. — Theologie. 

Derselbe. No. 19. - Geschichte, Germanistik, Belletristik. 

Wilh. Jacobsohn &• Co. in Breslau 1. No. 1 56. — Kathot. 
Theologie. 

J. Kaufmann in Frankfurt a. M. No. 29. — Werke 

des Prof. M. Steinschneider. 
R. L. Prager in Berlin NW. 7. No. 1 53. — Öffentlühes 

Recht II. 

Derselbe. Bericht 1899, IV. — Rechts- und Staatswissen- 
schaften 

Franz Teubner in Düsseldorf. No. loa. — Aus allen 

Wissenschaften. 
Derselbe. No. 103. — Bücherei für Geistliche. III. 
Derselbe. No. 101. — Belletristik. 
Karl W. Hiersemann in Leipiig. No. 236. — Kunst 

des Orients. 

Derselbe. No. 227. — Weberei, Stickerei, Teppiche, Spitzen. 
R. Lewi in Stuttgart No. 124. — Kunst. Kunst 
geschichie. 

Adolf Weigel in Leipzig. No. 48. - Biographien, Me 

moiren, Briefwechsel. 
M. Lemperts (1'. Haustein) in Bonn. No. 206. — 

Deutsche Sprache und Utteratur. 
Derselbe. An*. No. 207. — Theologie. 
Karl Th. Volcker in Frankfurt a. M. No. 228. - Deutsche 

Utteratur. 
J. Hiller in München. No. ta — Varia. 
M.SrH. Schaper in Hannover. No. 27. — Klassische 

Philologie. 

Alfred Würsner in Leipzig. No. 150. - Geschichte, 
Biographie, Rechts- und Staatswissenschaften. 

Ausland. 

Albert Raustein (Schweizerisches Antiquariat) in Zürich. 

No. 210. — Belletristik. 
Derselbe. No. 211. — Helvetica V. 
Derselbe. No. 209. — Sprachwissenschaft. 
Henri Foucault in Paris, 52 Rue Mazarin. No. 29. — 

Livres damateurs. 
H. Klemming in Stockholm. No. 135. — Varia. 
U. Hoep/i in Mailand. No. 128. — Veneria. 
H. Walter in Paris. No. 113.- Livres de M/dkine. 
Leo S. Olschki in Florenz. No. 47. — IJvres ä figurts 

du XVI. siede. 



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TUtena, Hrte ctforla o tratado dal eucnillo. Madrid 

1766. 4. Pnjt M 15.— 

Cartaa d« lndlaa. publtcadoa per prtmara vi: 

et af'ntftcrto da jfommto. Fol. can M 100 — 

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II. Keramik. Tcrracotta. Fayence, Majolika. Por- 
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III Gold und Silber. Elfenbein. 
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IV. Arbeiten in Eisen, Brome 

Zinn. Waffen. . 

V. Weberei, Stickerei und andere Nadclarbeiten, 

Teppiche (Gobelins), Spüren. 

VI, Möbel und Holzarbeiten. Tapezierkunst. Wagen. 

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DIE VIER EVANGELIEN 

nach der Übersetzung DOCTOR MARTIN LUTHERS. 

Mit über 3 oo^BUdern nach deutacheri^ i^ieniachen und^ederländischcn MeiMe^rwc^en^dea 14. Wa 16. Jahr- 

der Maler. 

Ein stattlicher Prachtbaad gr. 4° 
in feinem Ganz- Ledereinbande mit reicher Vergoldung und Gold schnitt, Preis 6» M. 

TT" eine andere Periode der Kunst erreicht, geschweige denn ubertrifft an frommer Innigkeit die Werke, 
*»■ welche die Meister des 14., 15. und 16. Jahrhunderts schufen. Diese Epoche, die Blütezeit der klassischen 
Malerei überhaupt, brachte uns auch die herrlichsten und erhabensten Schöpfungen religiöser Kunst. 

Aus diesem reichen Schatze der deutschen, italienischen und niederländischen Kunst jener Jahrhunderte 
sind in den „Vier Evangelien" über 300 der hervorragendsten, heute in den Kirchen, Museen und Privat- 
sammlungen der ganzen Welt zerstreuten Gemälde ausgewählt worden, die — ausnahmslos der Lebens- und 
Leidensgeschichte des Heilandes gewidmet — als der würdigste und edelste begleitende bildliche Schmuck 
zu den Evangelien erscheinen. 

Es ist wohl noch nie in gleicher Weise unternommen worden, die bildende Kunst so unmittelbar mit 
der heiligen Schrift zu verbinden, und wenn das Werk in erster Linie natürlich dem christlichen deutschen 
Hause dienen soll, so bietet es weiterhin aber anch für jeden Kunstfreund eine selbständige Fülle von An- 
regungen, da es einen in ähnlicher Art noch nicht vorhandenen, vollständigen Überblick über die gesamte 
religiöse Kunst in ihrer klassischen Epoche giebt. 

In einem Anhange sind ausserdem orientierende Aufsätze aus berufener Feder über die Meilter, 
deren Gemälde das Werk wiedergiebt, und ihre Stellung in der Kunstgeschichte beifügt. 

Die Reproduktion der Bilder, die nur nach Originalaufnahmen erfolgte, ist als mustergültig zu bezeichnen, 
wie überhaupt das Werk in seiner ganzen Ausstattung und Durchführung als eine hervorragende Leistung 
des Buchgewerbes überall anerkannt werden dürfte. 

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Kopenhagen, London, Lodz, Madrid, Malmoe, Moskau, Odessa. St. Petersburg, Paris, Prag, Riga. Stockholrr 

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Heidelberg, Kattowitz 0. Schi., Munster i. W. 
Königsberg, Magdeburg, Mannheim, München 



BERLIN 



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lcipzio 

KUriSTAriSTALE 

TOC^ÄTzunoeri 





EIN- UND MEHRFARBIG 



[ / 



VORNEHMSTE 
AUSSTATTUNO 



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Beleuchtung und Kraftübertragung 



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BERLIN 



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Mainz, Nürnberg, Oberschöneweide. Rostock 
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Ablaasb riefe 4J9. 
Ai-lt ermann aus Böhme 
Adam. Paul j6*. 
A d erlas »bild er 376. 
Adolf vun Na.sau 446. 
Aglaja 301. to6, 
Ägypten 359? 
Atbech, Heinrich 44 ,■ 
Alb recht der Bai 
Alciato, Andrea 
AI c latus 1 y. 
Abnanache j^B tf. 
Almana« h. Helvetischer U4. 
AI Im., im. Prof. 17/, 2. 
Alpenrosen 314. 
Alphabete, alte und neue 406. 
Ambraser Sammlung 40* • 
Amern ana 471. 

Amman, Jon 330t UJ. 17 7. 410. 
All* 41*. 4X9. 43P. 

Ammon-Wi-esler ,(>■■- 
Anuler & Ru, Hardt >p6, 
Anext, Maria \so. 
d' Angers, David 447- 
Anhan Papyrus <,6o 
Anna Amatia von Weimar jo8. 
Antichrist 430, 434. 
Antiquariate 3488. 
.»Antiojiiutenzcitschriil" j?6- 
Apokalypse 404. 416 f. 4« 1 )- 
ApoUonion ]oi 
.Architekt, der" iso. 
Armcnbibcl 4 1 j. 41c», 1 / ■■ 
An memorandi 4ai. 
Art moriend. 4M. 4^0. 
..Ar*. |\ apphque" *>•;?.. 261. 
•.All, I'. decorauf* atu. 
,.Art et Deeorafaon" 
„Am granch«"' »44. 
„Art Journal* 1 a?t. 
Artioli, Koraolo -.6?. 
„Artist" i?t. 
Ashburnham ] 2 \. 
As) und, KLi a£>a. 
Aston. Walter 40V 
Athos las. 

Aubanus, TohaAfles Boemus 374. 
Augeard. L M. ■_■_>>. 
Augustinus *,?.*, 
Auktionen .<<,. VuL l. 
AuktionakaiaToge ip«;. l66- 
Aurora 308. «i. 

Aufteilungen a^L i^, 
4& 

Auiosraphen JJJ ff. i^l» 144. 404. 

r//. 3. 
Ajteiitowicz. Th, asa. 



h. 



Bach. J. S.. rw. «08 u. trao. 

Rackhau.. H. D. ji'j. 

Bacoo 278 ff. 

Babler. A. aca. 

Bahr. H. hl 

v. Balbos. Johanne* 446. 

Hamberg iw, 

Haer. Joseph, ft Co. 3j8ff. .167. 
Bjrl.it.ui. Georg 462. 
Barlow. S. L M. iTT 
Bayr, Juhn« m, 
de Baiel. K. »58. 
BeariMey, Aubray j-.. f. . ?;. 
v. fteauvaia, ViiKena a tt. 
Bechtermurue. Heinrich u. Niko- 
laus 4SI. 
Bechthold von Hanau *ct. 
Beckenhaub, Johann ist. 
Becker. Carl l.eonhafq 170. 
Beer. Rudolf 401 ff. 
Becgarsteff. Bröthen »o. 172. 
Behren*. Peter 460. 
Belgiea 2ÖJL 

Bell. R. Anning aöi. 371. 177. 
Bellaert. Jakob ajfc 
Berlage. H. P. ^ 
Berlin 283. 

Berlin.K^LKupfemichkabinet 39^. 
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de Berry, Heraogin ui. 
Bcrtaldus, Jacobua aov. 
Berlin, K. an». 
Bertling. Richard 1 7/. 3. 
Beskow. Elsa 20& 466. 
Beta. N. M 
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Bibel ji^^^ü, J0*. , 

Bibei.^O 2 eilige aal. 
Bibel vun Fust uT5ch.iffer 1462. 
_«*. «44- 

Biblta pauperum 41a. 410. im. 
„Bibliobus, Lb" 167 ■ 
„Bibliographe moderne" 326. 
Bibliographisches 124. H7. »8. 

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Bibliophilen 151 ff, 40t. 4*4 

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Bisiurck 177. noff. 
Blockbiichert^i. 1^9, 1 o ll 4_i8. jjo. 
Blum. Hans 274. 
Blumauer, Alois 108. 
Boccaccio 17/. 1. 2. 
Bocksperger. Hans 3*4. 
Bodleian Library 471. 
Bcihmen alt, WB. 
Bonn. H.~tT 455. 



Bolte, Johannes ^85. 
Booers Edelaietn 410. 
Book. Tb*, of the l»ead mg. 
Borna ann, Edwin 37H ff 
Borovsky, F. A. tijfT. 
v. Bortfelde. Gebhard all. 
Boesch. Hans 176. ;?ar~l^. 
,4k>u*-en-Sierkunst" a^l. »eo. 
Bradley. W. »77. 
Brandenburg a&a. 
Brandl. Sebastian iv>. 
Braune. Hugo L. tbi. 
Branvewener, Mrnsl jr... 
Bremmer 2S8. 
Breviartum UI. 
Briefe u>K aia. 4^;.. 
BncfmaJcr \ v> r 41.1 
Bnon. Friederike i6Tj. 
Brockhau*, F. A. 10 \. 
Brockbaus. Rudolf 321 



Broekhoff. I. P. jc^ 
de Brou, Charles 4 14. 
Brunei Ut. 

de Bry. Theodor ^jj. ü«. 
Buch der vier Historien 4^0. 
Buch der Konige 414, 419- 
Buchati**tattung 24911. 4 ^o ff. 
Buchansstellung, Muncheocr 377 t 
Buchbinderei 10 1. 460. 
Buchdruckerg e»chichiej22, tat t 

l«4 ff, «4, 363, 4091t 
Buchdruckerpresse 4 tt. 
Buchschmuck 177 f. 
Buchunuchlage 249 ff. 315. 
Bikherdieb»lar>le ~2B7. 
Bücherhandel, erster Anfang 44p. 
Bücheiyraiie <yi , i6j. 4&7- 

Budg*. f.. a. wäinrii^r 

Buntpapier 125. 
Busch. Wilhelm £07^ 



Cachet. Lion aj . 1312. aco. 
Carl-Nielsen. A. M. itä. 
Carlebach. Emst / 7/. 3. 



Caae, Jules Mfc 
Castelli. I. r«j, w 
Castillo. jdanueT lalr " 
Catalogue ol Book*. The English 
40*. 

„Centralblatt f.Bild.utheV»w."38ii. 
Chaucer J6t. 
Chelacky gL 
Chinesische Dichtung sja. 
Christiansen, R. att. 
Chrt Mine v. Schweden 34a. 
Christoph, der heilige 41t, iiy 
CTiristu» unter der Kelter 41c. 
Chrumolithographie 471. 
Cuunberlani. A. 161. 
Od iji, 

Cun eilen »o. aal. 
Clement 277. 
Cohen, Friedrich 364. 
Cohn, Alben 202. 
Colenbrander. T. 2Cn. 
Combat. G. 263. 
Common Prayer Book m. 
Constable. C 405. 
Constitutione* Clemcoti* V, 
Cuppens. F. 262. 
Cord*)', Charlotte 142. 
Corneille 265. 
Coverdale Bibel 363. 
Crane . Walter, zw. 252 u. atj. 

370x272,32«. 

Crawford 327. 

Creiienach. w. a8X. 

Crespin, A. 180. 

Cr um well 384. 

Cupido nach E. Rirani 31a. 



Frh. v. Dalberg, Theaterintendant 

»21 ft 
Danemark 264, 277. 
Daschner, Richard ^48 ff. 
Dasto, Maximilian 277. 
Davidsohn, Robert jm. 
Day. Lewis F. 271. 367, 406. 
Dearle, I. H. ajj^ 
Deck. Rudolf 393. 
Decrctum Gratiaai *«. 
Defensonum invtolatae virginitatis 

b. Mariae Virginia 410. a2a. 
Dehmel. Richard 363. 
Bunan, Edouard 4O7. 
Demy, Anton 146. 
Denkmaler Cuienberg* 437. 440. 

UltAlSi üli 
Deposioon tto. 
Deutschland 377. iÜi. lt*- 



D 



Dibdio 421. 
Dibdin-CTüb 471. 
Dieckmann, Georg .181. 
Dietrich. F. 366. 
Doctrinale tfgj 428. 
Doktor-Dissertationen is8. 
Donatus , Acliua 4". 42;. ji 

Dor.nj, Heinr. 3->B 
Dornberger 1 'S 
Doudelet. Kare) jbj. 
Drachmann, Holger gjffr »6t. 
Dreifarbendruck 167. 
Dresden 30». 
Driuehn. Andre» 1J3. 
Drouol. Hölel l'/JTu 
Droz, Numa i£l. 
Druckerei-Geschaflskarte - 
Druckerpresse 4 XX 
Druckverfahren, ältestes 410. 
Dubarry ««*• 
Dubrowski, Peter 347. 
Durandus. Guiüclmus 446. 
Dürer. Albrecht 353. 4»|. 
Düsseldorf 306. 
Dysselhof, GTW. k.0. 



Ebart, Egon »77 t. 
Ebers. Georg 380. 
Echtermeyer, ThT »74 
Eikermann 108. 
Eckmaan. Otto »64. 
Edel. Alfredo 2^. 
Kdelfelt. A. 100 
Eder. J. M. jlS, 
E|cge>ilein, Heinrich 4t». 
Einhande 407, i'll, 1. 

«IbDildupgsmvtD. 1S7. 



_iLb . 



Einbände. 

360. 16L..I& 
EiosIeT Aji2 
Eusabeth Tudor Hl. 
EUisaen. Hans 407. 
Kmblemata. Ncderlandache 358. 
Etnblemenbücher 3J3. 
y. Ems. Rudolf 403. 
Engt. 1. B. 36a. 
England »77. 103. 
Engström. Albert 16;. 
Entchrist ««>. 

EpialoUe . tJovae, obscuromm 

virorum »7 t ff. U5 ff- 
Erato joj. 

Essays oa Librianzh.p 314. 
Ems 35». 

Eulentpiegel rvt. 
..Euphonon" U4 
Eyantccticnburn yis. 
Ex-Iabri. ? 77. » rffi« MijiSi 
„Exlibria- Journal" «07. 
F.ysenhut. Johannes 424^ 



F. 

Fachschule für kunstgewerbliche 
Buchbinderei inDüascldorf 35b. 
357. AOQ. i&Ia 304. 

Facs im. le- Ausgaben 2B0. 4t». 

Facsimile - Nachbildungen toi . 
y>a »')3. üäi J**; ««oft 

Fälschungen 403. 

Farinclli. Amiro j»8. 

Fedorow. Iwan 345. 

Festschriften ^21 tt 

Feyerabeod. Sigismund is<- 

Fidus 3»j. 

..Figaro illustre*, aöfi» 

Pigdor. Alb. t7S. <8i. toi. 

Finer. Cunrad tqa. 

Finnland 200. 

Fischart. Lj£8. 

Flach. Martin 303. 

Floren» 367. 

Flores Hesperidum m. 

Flugblatter tey 

Foix. Hans 174. 

Forke. A. 333. 

Formaii. KTT//. ». 

Formschacidcr tti. 4«o- 

Forrer. Robert jOofCTBat. aoa. 

Forsberg. A. »67. 

Fortuna In. 

Frasicitcu« de Reua 410. 
Frank, Sebastian 37«- 
Franke. Willibald jig ff. 



Frankfurt a. M. 395- 
Franz- Joseph-Museum 367. 
Frauen 338 ff. 
Frauenemanzipation 317. 
Frauenlob tu. 

Frau in der venetisn Malerei s6<. 
Freiligrath. F. »78. 
Freund, der, des schone» Ge- 
schlechtes jn^ .110. 
Friedrich d. Cr. Kfc 
Friedrich der Heilige t6». 
Fröhlich, Ijoreni abü. 
„Fronde" tri. 

Kruhdruckc >»7. 343 ff. 30». 405 ff. 
4JJ. 

Fürstergische Hofbibliolhek 4«3- 
Fast. Johann 420, 438. 



G. 



Gallen. Axel §69. 
Gallus, Alexander 4«t. 4.18. 
Ganz. Paul w. 
Garnen. Richard 124. 
..Gartenlaube" 376. t8c. 
Gaskin, A. mj. 
..Gazeue de "Königsberg" 
Gedenke mein 31z. 
Gedenktafel arnHof zum G ent- 
fleisch 4 yS. 
Gedenktafel am Hof »tun Jungen 

Geiler f, Kaltenberg, Johann 380- 
Genee. Rudolph »Soff. 
GensKe-.se h. Fnelo 43t. 
Gerardu* de Harlem 4to. 
GenchtskaJender von Rottweil 37«. 
„Germania" 3«B, 
Gerwmus, G. G. 189. 
Geschaftskarte »55- 
Geschichte der heraldischen Kunst 



Gesellschaft, antiquar. 

Gesellschaft der Bibliophilen 3*6, 

GilFnfai & RanscSburg jbo. 
Gimbel, K. 383. 
Gladitone 351 lt. 
Gloriano Ms. 

GoedeckesGrundrist ii<. Itt. 

Goeiuiln'^riefenau, Alfred 401. 
Goschen tn8. 

Goethe »8<7"i»o. 3»" ff. jil; i^: 

Goethes Mütter .liöj. 

Goethe- Sammluni; Lempcrtr loati. 

Gottfrieds historische Chronik jjo^ 

Gottsched m. W»- 

Götz, Nicolaut 4t». 

Coelze, Edmund J2J- 

Gouda 439. 

Gramhart, Cornelius 331. 
Graesse tat, 
Crcitlcnhagcu. M. zjo. 
Grenfell iüü. 
,.(»ren»botcn" 174. 
Gnllparzcr 106 f. 
Crisebach. EHüard 406. 
Grolig. M. 466. 
Grotemeyer 36». 
Growoll. A. 471. 



London 



Grün, Anaatasni. jio. 

" rZE 

Gutenberg 400 ff. 



Gulbrantoo. Olaf I 



Gutenberus Fortrat 4". 4»4. 4»°. 
4W^»M»crEl.«<ichDentinalcr ) 



H. 



Hagen. J. Jit 465. 

v. d. Hagen, Friedrich Heinrich 

Hallam, Mr. tc». 
Halle a. S. 147. 

..Hallische Jahrbücher f. deutscht 

Kunst u. Wissenschaft 4 ' 174, 
Hamilton-Kollektion 363. 
Hammershöj, S. »67. 
Handschrift, englische 127. 
Handschriften zttt. ui. 361, igi. 

401 ff, 405 ; # '//, I . 

Handzetchnungen 362. j^, zw. 

M u. joa. 



Handreichnungen alt. Meister »40. 

Haenisch. Alois »85. 

Hanka, O. »84. 

1 Lanka, Wenzel JQV 

Hansen. IL N. jST 

Harsum, Klint tzy 

Haritte, Henry 47». 

Hartmann, Moritz U4» 

Haltung, joh. Micn. 3 

H* liier. Clara 174. 

Hausrath. Adolf iyb. 

Ha us schätz moderner Kumt zip 

Haverman, H. 1. as«. 

Ha Warden 352. 

Ha vin. Rudolf 273. 317. 

Henerle, t. M. \n. 

Hedin, Sren 350. 

Heer, J. C. »fti~ 

Heidel. P. 362. 

Heidelberg trsi. 

Heiligenbilder alt. 

Heilmann. Andres tu. 

Heitmann, Gerhard »57, 3 so. 261. 

Heilispiege l 41g. sz«,. »ao. 
Heine. Th. TH~y.s. IfS Iii 
Heiu. I. H. Ed. 3<i. 
Heitz. Paul 37b. 
Hcioise tu. 
Hendrikaen, Fred »77. 
Henricus de Harlem 430. 
Heraldik 3S7- 
Herder 10 <. 
Hering, Koben 311. 
Hermann, Hans \t>i. 
Hesse, Hermann -159. 
Hesse, Max 406. 
Heuer, Oskar 
Heumann, Friedrich 431. 
Heures III, 1. 
von der Heyden, Jakob \\\. 
Hieronymus s*t. 

Hieronymus mit dem Löwen 4t8, 
Hiltey. Karl anl_ 



Hirth 17 
iLTTL 
£ H. 

H 1 irl, SaLomon Ul- 
is 418. 



HirzeL.lt 468, 4651 ilüi 
Hirzej, H. RTC. 2S< 



Hispanus, Petrus ^_ 
Hochegger. R. 414- 
Hof zum Jungen 4*1. 
Hoffmann, E. T. A. 406. 



Hoffmann, 
Hofllieatcr- XlmanachTWiener 230- 
Hogarth tää. 
Högstedt, A 2nA 
Hohelied, Das 410. 
Holland j ■,. 
Holbein 3 C4. 
Hollen. Gottschalk 37». 
Holmbie, Thorolf 260. 
Holscher, G. Vit. 
Holascbniu » »17 17^. 377. 442. 45°- 
Holzschnitt mit den Kelchs- 
kleinodien 418. 
Holztafeldrucke tü, 409.8. 4|Q. 
Honorare für Schreiber 11 MäTer 
403. 

Horenbuch 335. 
Horn, Alexander 421. 
ter Hoernen, Amold 4S»- 
vin H iytemj. Th. 1 ' ; , üi 
t. Hügel 104- 
Hugo, Victor t»8. 
Huldigung den Krauen 303. »»• 
JJJh 

Humanismus 320 ff. 
Huoiery. Koorad 446. 
Humperdinck '162. 
Huaefer-Papyrus tto. 
Hupp, Otto zäSj i*K i?i 
Hürning. Hans SJ i. 
Hus, Johann 384. 
silt, ^. 1167. 



Hynais, 



,,Idun" 267. 
iduna top. 
Illuminationen terj. 
Illustration \t6. 
,.IIIustrierte"Wclt" »aa. 
..Indennes-el" 1:57. ~ 
Index 47t. 

InkuitabeTn ly», t6 1. 4 ;o ff. 4SS.471. 
..Italia attistica e indutliale" 
Italien »54. 3QQ. 



J 

J ä ohus de Theraroo 450. 
JaniiiLtky gm 

Jahrbuch f. Photographie etc. j6j 

UV-inti. S.k.iff. Krau 370. 

Jan de prentcr 410. 

Jatufoon. I.aurcn'iut ^jfl 

Jeanae d" Are jjq. 

Jcllinek, ArthurT: 1661 l'Iit. % ff. 

/ A'. 1 iT. A'. ilt 
Jerndorff, Auf. *fa«S- 
Johannilerorden a8j- 
johaumes Re^irooatantu 430. 
Joha, Friedrich yo6. 
de Ioi.j;he, Adrian 418- 
Jardan. Wilhelm ^16 
JörgcDten, A. I>. 205. 
lojephu* <04. 

..Julquallen" afiiL 
Jane, R « 1*3« 

Jung- Sülling, Joh. Heinrich JgJ. 
Junghansuui 4»4- 
Juni US, Adnaous 4»8 
Jutunian 440. 



nz 35S. 



Kachelofen. Kunz 
Kalender 370, tto. _ 
Kalender. Munchcner 363- 
Kalkau. Era afifi. 
Karikaturen »74. jQ7. 470. 
Karlsbad 119. 
Karneval slieder f//. 3. 
Karpeles, Gustav jJJZ« 1 "- 
Kartenmaler tto. 
Kataloge tzO. 303. 364. 401 ff. 408. 

KaOtarina II. von Rualland 34«. 

KatiioVikon 146» . . . 4». 446. 
Kaulfmann, Amelica' T^. i'»i- 
Keffer, Heinrich att. 
Kegel. Wilhelm 410. 
Kellen, Tony IttHT 
KeImscott-Pre-<s 177 i l'U. »■ 
Kenten . Paul 160. jjg. iOt. I 1 - 1 - . 

Kestner. Charlotte 100 
der Kinderen ><7. 
Kipling. K. IT/Ta. 
Kirchner, R. »s»- 
Kittel. Paul 30». 
Klemm. G. iii. 
Klimt. E. 211. 

v. Klinger. Friedrich Max 30c. 
Klopstock 399- , 
Knecht Ruprecht 36^ 
Knieschek, Johann tot. 
Koberger. Antonius 453. 
Koch. Carl 3j2l 
Koch. G. 374- .4 
Koelhoff. Johann 43«! Iii 
Köln 306. 

KommunisteDvcrschworungen »65 
Koniai. Jesuit a8y 
Konig, Friedrich a8j. 
Koeneckes Bilderatlas tzz. 
Kanvcrsatious-Lcxikon »04. 
Körner, Theodor tot, tat, toa. 
Köster, Lorenz saST 
Kostumbibliothek 126. 
Kreidoir. Emst ü£ 
Krcuger, Niels 207. 
Krohn Olaf afioT"^ 
Kupferstiche 407. 
„Kunst für Alle" _^ 
,, Kunst, dekorative" 



2J0. 25t. 

re" 2t,6. 
..Kunsl und Kunsthandwerk" 
„Kunstschalz" >«l. 
Kupferstiche Jü. tfii J77- 
„Kuranty" 347 
Kurth, Perdiisänd Max t2c. 
Kutschmann, Tb. t.66. 
Kytter. Anker 177- 



Laberer. der 40t. 
de Lamballe. Prioceste tso 
Landor, Henry S. 13JK 
lasngen. Albert 4H6. 



Ü2. 



Schlagwort-Register. III. Jahrg. Bd. II. 



HI 



LangUnd , -] i 

La rasen. CIFf j6t. 

Laracii, Knud 36' 

I-avkowiki. F. ifri. 

Lauwenk. M. na. 

Lavatcr. Johann Caspar 37^ , ,■*>. 

Leaian, William vi.]. 
Lebegue, Leon 381. j 
Lelltr. Heinrich aap. 
Gf. xu Lcininic-n^wcciertmrc, K~ 

K- 157 f. 12*i 122: 
tt-pai* J9-5- 

■ •e.pngs Vergangenheit 354 ff. 

Unnrn, George »6t- 

Lenipcrtz sea., Heinrich 394 ff. 

Lcitau. NritoUtu 31t. 

v. Lennach. Fr«, joT. 

de Im Ion. Ntnofl ut. 

Lenz, Reinhold ar/o. 

L*taing .loa. 

Leutnant, der 4"Q. 

Lewy. A. «9. 

Lejrpoldt. Friedrich «71 

Lhassa ls6. 

labet Kcgum 4M. |tt 

v. Liebenau, Th. itu, 

Liebhaberausgaben jjj, aQT* 

Liepraaniissuhn. Leo 404 | ''//, J. 

Laiicu, K. M. *??ff- 

Liljefors. Kr jm, 

van der Lind«. Antonnt» u t. 435. 

Lipp. Iialtha«ar 449. 

Frh. v. lapperheiuc 1*6. uz ff- 

Lithographie 

laterary bull eh» «7*- 

Ijtieraiiirgetchicht«- j *S j - 

Liviu* 44a. 

Loechei. Michael 3 11* 
I.or«n<. Max 461. 
Lotther, Melchior 

Lul K U7. 

Lucasgila<: HO. 

Lüfft, IIa»* Iis. 

Luise, Konigin ua. 

Lundin. Clae* jrj". 

Lulher. Johann*» iüff, jooff. 

1-4 ith er 22^1 

Luther« erster Bibeldrucker 
Cu Lüuow, Franti» a<j|«. 
Lynen. A 26X. 



„Maandschrift voor Vercieringt- 

kunst" *ü. a*.*. IM. 
Macbeth ..PI. 
Mackail, 2*1,. 
Maddcn. t. F. A. ui. 
„MiGuint of Art" Z7I. 
Mag mim Chronicum Helgicuro^at). 
de Mainteoon, Marquise 342. 
Mainz £jj f. 
Mantegna jfe. 

Manuel d«- Heliographie 13a. 
Manung der Christenheit wider 

die Türken . . 4«, 44a» 
Manuskripte not. ,0i. 
Marani, A. 25«. 
Mardrus, S. C. 328. 
Mana mit dem Kinde 141t . ■ ■ 

Maria MMTl 33Q. 
Maria Theresia jaj, 
Marie- An tomclte JJJ- 
Marni, Jeanne 335. «".6- 
Manens, l»ierk 439. 
Martin. Emst v>o. loa. 
Mataloai au. 

Mattliaeu» von Krakau aao. 441V 

Maurice, Paul 318. 

Mas. Gabriel 370, 

Maxiri Grek 34 4- 

Mayer. Fllen 3HL 

Mazann-IIibel 

Mecklenburg 

e. Mcdtci, Katharina Ui- 

v. Media. Mana 34a. 

MehofTer, I. afta, 

Mcisner. Heinrich 4*0 ff. 

Melusine. Die •• hon« 354- 

Memoiren 328. 3.40. 

Mcnta 

M enteil, Johann tu. 4V0 
Mentxet, E. laa. 
de Merrilic, ( iuyard 287. 
Methuen. Lord 1"//, a. 
Meuruer, Karl »63. 
Meyer Cassel. IL Z54- 



Meyer-Graefe, J. 156. j6j. 
Michettä jjs. 

Miniaturen JÄL Uli Hl 

r//. 1. 

Miniaturmalerei «17. 
Minzloff 418. 

»kust 



(atisponensis 



..Mir Isskustwa" 270. 
Mitrale ccclcsiae Kai 
45» 

Missale ordinis S. Ilenedict. 45a. 

M. stale Speciale 185. 326. 4^9. 

Mi*s*l, E. 3J6. 

Missenhri^i, Hans 34s. 

Mitschuldigen, Ihe «,07. 

Modern, Heinrich 40» ff. 

Moll. C. a«. 

Monnom, Vve a-t$. 

de Mont, Pol Z63. 

Montalti W eg 

Moor«, Hannah 35a. 

Mora da Hohenstein asv 

Morin, Die 40t- 

La Morlier«, Kosalie 340. 

MoTri«, Wra- 177, a8y 

Moser, Koloman im ff. 

Mstissl isrcz. KetcrTimot«jew UV 

Miiller, Richard 

Muller-Bohn. H &2. 

Münch, Edrard zoST* 

München 19a . 

Muaihc. Gerhard aj^L 

Muiixer, Adolf 456. 

Munzer, Thomas t6>, 

Musenalmanach. Wiener aoS. 

Museum 3j67_ 

Museum, Ifntish Ua. u?. «o. 

t76. 407, 408, 471, 
Museum, Cermaaisches 353, 418. 
Museum, Schwabisches »90. 
Mufikalienumschiage 254 
Musikgesellscbaft. Züricher 



N 



Natura, P«(ei j^7. i*><, 
Napoleon I 'II, t. 

N arreiuchin* t^2i 
Na«rmann. Otto jig 
Nationathiblioihek. Kranxofifchc 

NaUotialvrr.4mrohiii£,Frank furter 

17 'ff. i'5 
National Zcttiini; 407. 
„Naturen" »OQ. 
Neldeckr 40). 
Neran, Marie l.ouLae jtj. 
Ncatroy »?«■ 
Netchmet Papyru« is<). 
Neu<li>rffer. Johann na. 
NcuiahrtblatteT \- 
Neujahnwün»che tpo ff. 
Neweaba, Andronik I .mofejen]45. 

Nirh 1. »7'- 

Niederlande jj,8. 
Nielaen, Earinä att. 
Nieuweokamp anü. 
Nieweanuta. Th. »w, 
Norden. J. Iii ff. 
Nordatrom 207. 
Norretrandcr 
Norwegen 2fa8. 

Novae epiitotae obicurorun vi- 

rorum \T\ ff, ti< ff. 
Nu-Papyrua tffj 



Obhat, H. js'J. 
Oluhki, I^o >. 162- 
y. Oer. Theobai d j^g. 
Oeser V>\ 

OaMcC Theodora 460. 
Orariß. Manuel w. 
..Ord och Bild" a<»7, »6o. 
Orifinalabdruclt von Formtchnei- 

drr-Arbeiten m. 
Orlik. E. »«. 46g 
van <>«. Peter ^Sj 
Oilerreich 340 1 ltjj ff. 
Oalcrretchiacher Kalender 1809 

Otmar, Silvan m, 
Ottevam, H. E 
Otto. Georg j^v 



P. 

Padaloup r//, 1. 

Pallmann. Heinrich tu. J6}. 

..Pan" aöo. 460. 

Paauri, Anthony t^4- 

Paanaru jfty. 

Papier 410. 

Papillon 411. 

Papyru. iwlff. 

ParcivaJ aot. 

Pan« 44a. 

Parodien yyi. 

Par.oni. Daniel 40*. 

PaaquillaMen. Leipnger J55. 

Pataiooale, Da« gToaae gereimte 

„ 4<,i - , 
Paaiemaa 370. 

Patheologea 4SI. 

Paulua von Prag 440. 

Pax y Mein.. Antonio »>?■ 

Pederaen, Vig^o ifiL* 

Pellechet, M. Hj. 

Pelleifrini. R. 

Pcm.ell. Mr. uTMr«. \0i. 

Peter d. Gr. .144 ■ 

Petersen. ITi^jSb. 

Petrus de Hartem 4 t". 

Pet.th, R 464/ 

Peuensteiner. Iteinrich 45J. 

I^eniisack. iL in. 

lYister, Albrecht 4<o. 

v Pflugk-Harlmng, Julius '*» 

Pican. Peter .146. 

Plakate j-,o. j'jj. 

Gf. Plate« III. 

..Plume, La" ta^. 

Pomer. Hans ato. 

v. Puminer-E»<.he, Rubtrt '66. 

Pompadour ,U3. 

Pomait-t.allery jpg. 

Porträts jBo» J04, Iii. joj. 45«. 

Posouyl, Aleiandei gfe 

„Poster. The" 263. 

..Posueirungen" ^?B. 

Potll. E. »I. 

Prenüce-Lawtence. Sydney 385. 

„Primavera" aea. 

Privatbnefe des Mittelalters 4M 

Privatdrucke II*. UI. 

Prival-Liveroont 

Proctor. Robert 471. 

Proelas, Johannes HO. 

Pryde in. 

Psalter U5 

Psalterium von 145a, 444. **.'■ 
Psattenum von tjtj tw, in ll itiS 
Pseudonyme i»o. 



Quantch. Rernard \6\. «M ff. 
t^uentell. Heinrich 4S^. 
„Quickbore" t&S. 



Radierung 4^- 
Regiomontanus. Job. a< l. 



Rahn. Rud. 18». 
Ranrendorfer. F. 167. 
Raunussen. Koagitad jVi. 
„Rati-eh^r flir die ges. Druck 

inoustrie" 407. 
Rationale Durandi t\i, 446. 
Rauber. Schillers 189 fr. 
v. Raumer 104. 
Reclam. PhTjoo. 
„Reclams Universum" IM*. 
„Reform. Die" a7a. 
Reisewerke UP. 
RendleshamlLörd 4&7- 
„Repertonum. Wirlembergiichej. 

der Literatur" so«. 
Rcuchlia 118. 
Reusner 1 1 1 

RnelstokeTLord VO, m 
.Jtevina de Atchivos etc." 187. 
„RctiMa de Kxtramadura" ta8. 
„Revista entica de liistona y 

Lttteratnra Espanol." tat. 
Revolution, (ratuosische .1^;. 
„Revue himestrielte pour l'Art 

applique** a<jQ. 
Resnicek wv 
v RhedenTKlaus ifil f. 



Richter. P. E. jotL 

Riffe. Hai« 4 ',i. 

Rihel. WendeGa 144. 

Rilleng. A. 3tj. 

Rittertum jO?. 

Hrag. v. rOVoli, Victor t»6. 

Rixzi. A. 15a. 

Kobia.on. Henry Crabb. 185. 
Rolands Knappen ico. 
Roller »y». 

Komanien. spanische I V/, j. 
Rops, Felicien »6t. 
Rosegger aOo. 
v. Rosenberg 184. 
Rosemhal. lacquea 161; /'//, j. 
Koientli.l. Ludwig 1:7 
Roth. F.. 166. 
Roth. F. wrF_ in. 
Röthlisberger, Ernst a8i_ 
Rottenfcld »51. 
Rottweil 371 . 
Rousseau, J. J. 180. 
von Roys, Agidius ut). 
Rüge. Arnold 171 ff. tu. 
„Rundschau, Deutsche" lH. 
Rundschau der Presse I 'III, 1 ff. 
IX, 1 ff. .V. t ff. 



Rappel. Bechthold 1». 
Russland abo. ui H 
Kylands-lliliTiothek j et. 
van Rystelberghe. In. «t<. a6t. 



&1a «°7- 



v. Sachsenheim, Hermann aot. 
Sahspach, Konrad 414. 
Salotnon, Ludwig afo. 
Sammlung Schubart 
Samokisch-Sudkowskaja /6»j. 
äanilkuhl. Hemnann 460 
Sarcey tjo. 
Sanorin, G. A. isi. 
Sattler. Joi. |6n t. 
Sauer. Aueust in. 
„Savoy, The" wo. 
v. Scala, A iy>. 
Schach 40a. 
SchaefferTTmil *<H, 
Schaffraih tio. 
Scharf. Georg »68. 
Schaufelein. Hans t*Q. 
Scbellenberg. J. R. jlö. 
Scherer, Wilhelm JÄO; 
Schiller i«2 ff . t".. jno. 
v. Schleinitl. Q. 18 1. t<o t. mff. 
Schliffet, Friedrich! 7ft, 
Scblossar. Anton aoS ff. 
Schlosser. Friedrich 3aj. 
Schmidt, Adolf 18t. 
Schnorrenberg. Jacob toj ff. 
SchoefTer. J. rw. jaj ja 5- 
Scholter. Peter t u. 441. 44 3- 
Scholtenhof tu Main/ 4 
Scholl. Joseph 447. 

Rathcne: 



Schonkopf, 



Schönsperger Hans 451. 
„School, de Vlaamscni" »6t. 
Schopenhauer. Johanna ti». 
Schorn. Kammer-Prasid. ^io. 
Schräder, Geh. Rat in. 
Schräm, A. II. 340. 
Schreyvogel. Joseph 306 f. 
Schriftstellerhonorare 313. 3^j_. 
Schubart, Fr. D. 190. 
Schubart, M. j6j_. 
Schiitidekopf. Carl 5a t f. 
Schulue, Ad. tt6. 
SchuU, Hans i<;. 
Schwaiger. H. a<l. 
Schwan. Uuchhandler aot. 
Schweden 107. 

Schwei« a8i. jq8 ff. »7. 358. 397. 
„Schweiz, Die" na. 
Schwei!. Die. im XIX. Jahrb. 
Iii f. 

Schwetschke. Eugen 27; ff. 315 ff. 

Scbwetichke, GuiUv ^17. 

von Schwind, Mohn 

Scobel, A. zibc. 

Scoppetta, P. I«. 

Scott, Watier 

Scribners Magazine 471. 

Sebastian, Der heilige ate. 418. 

Secretan, Ed. 181 . 

Seelen, M. Hl. 

Seidendnicke 17z. 

Seid), loh. Gabr. JQ7 f. Jtof. 

Seippel. Paul l. 

Selam jüSff. joa. 

Senefelder 168 



IV 



Schlagwort-Register. IIL Jahrg. Bd. IL 



Sensenschznid. Johann 43t, 45a. 
453- 

Sepp, Prof. Dr. \i6. 
Stile of odd Volume« «s6, 
de Sevigne. Maie. 14a. 
v. Seyfrted, Joseph 310. 
Seyler, Gust. A. 161. 
Shakespeare «28 «7^ 185 ff. 366, 

405 s J'//, 1. 
Sieffei etfc 436. 
Hiegclmarken 470. 
Silhouetten 30*;. 
„Simplictisimus** 470. 
Sulding. Otto rfcfl 
Stnteau» F. 316. 
Skovgaard, Nie]» zzzti. 
Skrain, K. ififL 
Slott-Moller. Agnes afifi. 
Solu, Virgil IM. 
Sophia Friederica Dorothea v. 

Österreich .tos. 
Soiheby ; n;. ^i- ; ; 'II, 1. 
Spanien z-u. 

Speculuru Cornclianucn tu. 
Speculum historiale 451. 
Speculum humanae salvationis 

Speculum naturale 451 . 
Speculum oosrrac sälutis 428. 
Spencer, I.ord 415 . 43a. 
Spenser's Faene yueenc tw. a$J 

u. *SJ. 171. 
Spielkarten 4' \. fJB 
Sjucss, Wvgand 4«ij 
Spindler, C. 38s. 
Sporer. Haas 414. 
Sporn, Carl 177. 
Spottschriften mC tu ff. 
Spyetz, Wvgand 43t. 
„Ssewernaia Plschcla" 147. 
„Staats-, Krieg*- und Fried ens- 

f eilung, Koaigsbergischc" 147. 
Stadtwappen Leipzigs 3s6. 
de Stael, Mmc. 343. 
Stammbücher 28*;. taoff. »o. 
Süssen, Frans j»5,. 457 t. 
SteindruckkunstTW 
Steinhaufen, Georg 46*,. 
Stephens, J. G. IM K 
Stieber. Wilhelm J*i 
Stillic, James 35»- 
Slimmer, Tobias tu. tli. 
Sirassburg 35,4. 43a. 
Strena 3?t. 
Stuck, FFT »<t, »77- 
Stu dcnlenbelusogung tu, 
Studentenwohnung 33«,. 1^7. 
Studentisches .tat) IT. 



„Studio** J7JL 
Siumcke. Heinrich 



t o6. 



Sturm, Der 203. 

Sturm- und Drang-Zeit all«} ff. 

Stuttgart, Konigl. Bibl. 391. 

Sudermann, Hermann 323, 

Summa Astaxani a»u. 

SüRerlin 36a. 

Snys, Rainer 43*7. 

Sweynheim 307. 

Symbolum Apostolicum 404. 



T. 

, .Tagebuch, ZiUausches monat- 
liches" 174. 

Taschenbücher sog ff. 

Taschenbuch, idealisches, fiir 
I 'amen 29g. 

Taschenbuch für die Vaterland. 
Geschichte \oo. 

Taschenbuch rom K. K. pnv. 
Theater in der Leopoldstadt 

Taschenbuch, Wiener 300. 
Taschenkaleuder, Österreich, aon. 
Tausend und eine Nacht 318. 
Tegner, H. 158, »61 ■ JOI. »77 ■ 
Teil i22. 

Tennyson, Alfr. 285. 353. 

Teniationcs ilannoms 420. 

Tereiu 451. 

Tessing, Jan tae. 

Testament, Neue» 34s- 

Texl - Gesellschaft . Romanische 

Thalia 305. 

Theatrum Kuropaeum 330. 
Theaiericttel a&off. 
Thesaurus curaiorum 418. 
Thesen Luthers 355- 
The tl er dank ±j \, 
Thiel. Ewaldj^, 
Thomas von Aquino 446. 44g. 
Thomas a Kempis t • \ 
Thompson. £. Maunde \n. 
Thöny, Eduard tu. 470. 
Gf. Thoraoc 395. 
ThonwPrikker, Johann z«i7. 
Tborold. John /'//. 2. 
Thorwaldseo, B. 44;. 
Tibet 

Tiepolo 405. 

..Tijdschrut voor Vercierings- 

kunst" am, 
„Tilskueren" iq«,. 
Tintoreuo 465. 
TixaU-BibUöTEck 4<*. 
Tizian 465. 
Tk-idlecck 390. 



Todarski, Mmon 347 
v. TüggcnburK. Heinrich 2H2. 
Tol-llTT. X. in. 
Gf. Tolstoi, Leo 281- 
Toorap, Jan 25S. 4°6- 
Tolenbiich q 
TotenUnz l<q. |J^- 
Trachtenbücher J30 
Traclatu» racionia et conscien- 

tiae «St. 
v. Treitschke. Heinrich . 11» 
Hrzg. de la Trcmoille \i97 ~ 
Triniu», August 315. 
Troppau to?. 
Tross, Sammlung 343 
Trübner. Dr. 363. 
True »70. 

Tucher, Anton 374. 
Turbayne. A iS7 ~»7a. 
Typenfortnen 41» ■ 



u. 

..Ober Land und Meer" 14O. 
Übersetzungen 385. 113» ~ 
Uhl, Gustav 404. 
Uitoveviag vanXiederen 466, 
Ulrich von Ulm 410, 
Universal- Bibliothek lob. 
Urania yt. 
Urban, I ay>, 

Urnen-Motiv für Exlibris 407. 
Usteri, J. M. jia. 
Uzanne, J. 38a. 
Uzanne. Octavc tfil 



V. 

Vaarzon, Morel ate. 
Valentin, V. 332. 
Valerius Maxunus 451. 
Veilchen, Da» 308. 
Velasquez 406. 
van de Velde, H. 
Veldheer a«,8. 
Venedig \n. 
Venus und Adonis 278 g 
Verard, Drucker 40c. 
Vcrlagsveneichtüs des J. Menlell 
,4Ji* 

„Ver sacrum" »50, 263. 284. 
Vesta jjj. " rl - 
Vetter.rerd. 371. 
Vucnetteu isq, 
VJia, A. 2«. 

Villiers del/Ule-Adam 4 07, 
Virgil 45t. 
Visscher. R. 339. 
Viamischen 32T. 
Vocabulariua ex quo 4SI- 
Vogeler, Heinrich 4<o I. 
Vogl. J. N. Jü 
Voirt. Karl 
Volkibucher t'.t. 
Voll, Karl 40^ 
Vollmöller, Karl »07. 
Vorsatzpapier 333. 36». 
de Vries, A. GTT!. 35S. 
Vulgiu», Christiane 307, 



vr. 

Wackernagel. Wilhelm 389. 
Wahlverwandtschaften 322, 
„Walhalla" jta. 
Walther, Friedlich 414. 
Wappen 363. 434, 
Wappenbücher 333. 3.S9- 
Weber, Joseph 341. 
Webers Katechismen 460, 
Wcberlied a«<. 



Weigel. T. O. 41». 
Weinnachtsnununex 471. 
Weimar 107. 
Weiss. ER 461. 
Weustein, Golthilf 40T. 
Wennerberg, G. Gison 264. 
Werenskiold, Erik j&JL 
Wermuth. Dr. iB-,, 
Wesendonek. Hugo 315. 
Wessely vn. 
Westmarun. E. 267. 
White, Gleesen 272. 
Widmungsblatt 313. 
Wieland 197. 
Wiener Luft »iq. 
Wiesner, Adolf 376. 
Wilkowski, Georg 366. 
Wolfenbüttcl y>i. 
Wolkan. RudofTjoi. 
Womrath, Kay 371. 
Woodville. Anthony 363. 



„Wedomosti" 117, 
„Wedomosd, St. 
kija" Jj«. 



Peterburgs- 



Worbi» fit 
„Word eaBecld 
Wright 40T. 
Wirbel, AT 2Qq, 
Wustrnann, U. ist ff. 
Wyklyffe irü, jjo. 
Wyrich, KTse 411 
Wysi, Joh. Rud7"in. 



Zainer, Hans i7*$7 

Zaretzky, O. i|jT- 

Zdrasila. Adolf j6-. 

Frh. v. Zedbu. J. Chr. 1Q7. 

Zehender, Joh. Kaspar 199. 

Zrhme. W, 382. 

Zeitschriften .]<*■■■ 

Zeitschriften, spanische 287. 

„Zeitschr. f. vergl. Litteratut- 

geich." zjs. 
„Zeitschr d. Vereins f. Gesch. u. 

Allen. Schlesiens" »85. 
Zeitungen 37B. 
Zeitungsgeschichte t47. 
Zeiiungswrsen 4^. 
Zeilung, Hallische 310. 
„Zeitung, St. Pelenbuxtter' * 
..Zeitung, Vossische** 28*;. 
Zell. Ulrich 
Zelter. Karl 
Zensur 307. 

/-eilgdrti! k 

Zimmermann, Wilhelm 

Gf. v. Zimmern, Wilhelm 301 ff 

Zinneprenten ttt. 

Zizka. Johann . H |. 

v. Zobcltitx, Fedor. 278 ff. 456 C 

Zriny 164- 

Zuloaga. lgnacio 460; 
Zum 28. August 1899 330. 
v. Zur Westen, Waller »49^407 
Zwilchen den Garben 406 
„2y«ie" m, 



Iii 




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