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Full text of "Archiv für österreichische geschichte"

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Archiv für 
österreichisc... 
Geschichte 



Akademie der 
Wissenschaften in 
Wien. ... 



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Archiv 



Ar 

Österreichische Geschichte. 



Herausgegeben 

zur Pfleg» vateiliiiidiseiier GescUelite auj^esteUteo Conmiisstoo 

der 

kftlMrllehen Akademie der WIsBenseluiflen. 



FQiiftmclaolitsigster Band. 



Wien, 1898. 
In CommisBion bei Carl Gerold'« Sohn 



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iiiul k. Hof- und UaiveraiUU-bocbdrutliGi >u Wm 



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3-^ 



Inhalt des fUnfundaclitzigsteii Baude». 



D«» CStftonieiMerklastar Saar in Ifihxvo und «em« OMchiditMdireibniig. 

Qaelleii9tadie von Dr. Frans Ton Krones 1 

I>ie 8«]sbnig«r Froriusiabynod« von 1649. Von J. Losertb .... 181 

Kiuc Denkacbrift des Gromhersogs (naohmaligen Kaisera} IVttu Stephan 
▼on Lothrinfcn-Toscana aus dem Jahre 1743. Von Dr. J. Schwerd* 
fef^er 369 

Nidbrnck nnd Tstiikt. Ein Bcitiap zur Eiitsteliuntr?grP«chichtf drr Maprde- 
l>iir<r<-r Ct'iiruricii uml zur Charakteristik KOnig Maximiiiaua II. 
Von Dr. Victor Bibl 37» 

Stadien zu dpn ungarischen Geschichtaqaellen. VII. Von Prof. Dr. 

Rnimnnd Friedrieh Knindl 431 

OwCarreichs diplomntiwhe Besiebnngen sw Pforte. 1668—- 1664. Von 

Dr. Alfons Hnber 609 



DAS 



ClSTEfiZlENSERKLOSTER SAAR 

IN :&d:Aii£iiäisr 

UND 

SEINE GESCHICHTSCHREIBÜNG. 

HSINBICH MB MÖNCH UND CHRONIST DES MÄHBISGHBN 
CISTBBZISN8ERKL08TSRS SAAR 

UND ÜBINEICH VON MEIMBüRG D£R ANIiALiST^ 

DIB »GENBALOGIA FUNDATORUM' UND DAS «CHRONIOON 

ZDIARENSE'. 

QUELX.EN6TÜD1E 

TO» 

FRANZ TOH K«ONES^ 



Ai«hiT. LXXXT. Bd. L UAlfle. 



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Vorwort 



Der Schwerpunkt dieser Studie ruht in dem Nachweise, 
dass Heinrich, der Mönch und Chronist des Cister- 
sienserklosters Saar, am böhmisch-mährischen Oemärke, 
and Heinrich von Heimbarg, der Verfasser von Jahr- 
büchern, beide 1242 geboren und mit 1300 ihre Werke ab- 
schliessend, eine und dieselbe Person seien, wie dies 1878 
und Emier bereits aussprach, ohne jedoch bliese Ansicht 

ftberzeugend zu begrtlnden. So hielten denn auch die mass- 
gebenden Vertreter der mittelalterlichen Quellenkunde, Wat- 
tenbach und Lorenz, die Ansicht von der Verschiedenheit 
beider Persönlichkeiten fest. Dieser aus den beiden Werken 
erschöpfend gebotene Nach weis der Richtigkeit der Annahme 
Emler's, soweit es £videiiz in gesclnehtlichen Fragen gibt, 
findet in dem Exonrse, welcher alle Parallelstellen ans dem 
doppelten literarischen Nachlasse Heinrichs von Heimbiug ver^ 
gleichend imammenUlgt, seine augenfiülige BSrgllnsung. 

Der Gang dieser üntersüchnngen erschliesst sngleieb den 
Inhalt des metrischen ^Chronicon domus Sarensis' in der Bres- 
laaer Handschrift nnd ROpeU'» Ausgabe, neben dem der 
Annalen, welche znnichst in ihrem seitgeschichtliehen Gehalte 
nnd dann mit besonderer Rücksicht anf den einleitenden Theil, 
der als ,Cronica Bohemorun* mit 861 einsetat und eine 
lockere Beibe gemischter Daten bis anf -die Zeiten Heinriefas 
von Heimbnrg liefert, nach allen Riehtungen untersucht werden. 

Es ergibt sich da «mächst als mehr denn wahrscheinlich^ 
dass Heinrich Ton Heimburg bis 1125 nicht das Ohronicon des 
Cosmas an sieh, sondern eine auf diesem beruhende chroni- 
stische Vorlage, einen Ausaug gemischter Daten sammt einer 



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Regententafel benützte, wie Derartiges in den ^Annales aulae 
regiae' und in den mit diesen wesentlich identischen ^Annales 
Bohemiae brevissimi' vorausgesetzt werden muss, ohne dass sich 
jedoch — nach der einen Seite — eine allen drei gemeinsame 
Grundlage oder — nach der anderen — die Benützung der 
Annales Heinrici Heimburgensis in den beiden genannten jün- 
geren Chronographien streng erweisen lässt. Ebensowenig lässt 
sich eine Benützung der sogenannten ,Continuationes Cosmae' 
von 112Ö — 1283, der ,Annales Gradicenses', ferner specifisch 
Olmützer Quellen (wie man annahm), oder der ,Annales 
Austriae^ — zunächst der in den Cisterzienserklöstem Nieder- 
österreichs, Heiligenkreuz und Zwettl, geführten Jahrbücher 
— greifbar belegen, was auch von einer directen Benützung 
weltgeschichtlicher Compendien, einerseits eines Ekkehard von 
Aura, eines Otto von Freising, anderseits eines Vincenz von 
Benuvais und Martin von Troppau (Martinus Polonus) gilt. 

Die Würdigung der metrischen Chronik vom Entstehen 
und Wachsen der Saarer Klostergemeinde musstc jedoch zu 
weiteren Erörterungen ftihren. Zunächst galt die Untersuchung 
dem zweiten Denkmale in der Breslaiier Ilandsclirift, das ist 
dem Prosa- Anhange dieser Chronik, welcher sicli als ^Ge- 
nealogia fundatorum' eintuhrt und allem Anselieine nach den 
Schreiber des einzigen bisher Kekannt gewordenen Maniiscriptes 
der Chronik, Johannes von Augsbur';, den jüngeren Kloster- 
und Zeitgenossen Heinrichs von Heimburg, zum Verfasser hat, 
indem sie, aus der Chronik geschöptY, über deren Schlussjahr 
(1300) nur bis 1312 hinauskommt. Diese Genealogia fun- 
datorum, seit 1854 sammt dem Chronicon domus Sarensis 
durch Röpell veröffentlicht, wurde Anfangs des 16. Jahr - 
hunderts von einem Saarer Conventualen bis 1312 abge - 
schrieben, aber willkürlich abgeändert und bis 1511 
fortgesetzt. So kam das seit 1751 bekannte ,Chroüicon 
Zdiarense^ zu Stande, worin wir nichts Anderes als aber- 
mals eine , Genealogia fumlatonim domus Sarensis' vortinden, 
aber mit Abänderungen des Schlusses der älteren Vor- 
lage. 

Daraus erhellt denn die unverkennbare Tendenz, 
das Haus Georgs von Kunstatt-Podiebrad, des Keichs- 
verwesers und Königs von Böhmen, und insbesondere dann 
seine vom dritten Sohne, Heinrich dem Aelteren, begründete 



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Nachkommenschaft^ die schlesischen Füi'sten von MUnsterbci-^- 
Oels, mit der 1312 thatsftchlich erloschenen Obiaiiur 
Stifterfamilie des Klosters Saar als unmittelbare oder 
gerade Descendenz zu verknüpfen imd durch eine auf 
absichtlichem oder uDabsichtlichem Irrthum beruhende Com- 
bination, auf den letzten ( Jbfaner Srail II. (f 1312), angeb- 
hch jenen, der sich der Erste von Kunstatt geschrieben habe^ 
als directen Ahnherrn zurückzuführen. 

Der Nacliwci.s dieser thatsächlicheu Fälücluing: des Stamm- 
baumes der Kunstatt-Podiebrader machte die genealojxische Be- 
leuchtung der mit der Stiftung des ( Jisterzienserkiosterb iSaar 
unmittelbar und mittelbar zusammenhiuigenden und unter ein- 
ander durch gemeinsame Abstammung od«'r Scliwägersdiaft 
verwandten Häuser: Obfan und Kuostatt, sodann Konow-Zittau- 
Lichtcnbur£r-Lipa, nothwendig. 

D iiiL< inass zcrfkUt diese Quellenstudie in oachsteheade 
Abtheilungen: 

I. Die metrische Chronik von Saar und die JahrbUcher 
Heinrichs von Heimburg, Lebensgaug des Verfassers nach 
seinen eigenen Angaben in den beiden mit dem Jahre 1300 
abschliessenden Werken. 

IL Der seitgeschichtliche Inluüt der Jahrbücher Heinrichs 
▼on Heimhnrg und des Chronicon domus Sarensia. 

m. Gehalt and £igenart der Saarer Klosterchronik Hein* 
richs von Heimburg. 

IV. Die Abfassung der metrischen Klosterchronik von 
Saar und insbesondere der Annales Heinrici Heimbuigensis und 
ihr gegenseitiges Vcrhältniss. 

V. Das Schicksal der beiden Werke Heinrichs yon Heim- 
barg und ihre Benützung. 

VI. Das Verhftltniss des Chronicon domus Sarensis Hein- 
richs von Heimbui^ sur Genealogia fundatorum domus Saren- 
sis, besieliUDgsweise zu dem ftltesten Bestandtheile des Chro- 
nicon Zdiarensoy oder der sogenannten kleineren Saarer Kloster- 
Chronik. 

VJl. Die ^kleinere Saarer Klosterchronik' oder das ,Chro- 
nicon Zdiarense sen notata qnaedam de familia Podiebradiana' 
(1251 — 1511) in ihrer Anlage und ihrem Qehalte. 

Vm. Ueber die igige bliche Nachkommenschaft Zmilo- 
Smils n. Ton Obfan (f 1312) und das ganze Obfaner und 



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KimBtatt>Podiebrader HauB bis auf Georf^ von Podiebrad, mit 
Rttcksieht auf die dem Kloster Saar nahestehende Seitenyer- 
wandtschafty als Kritik der bezttglichen Angaben im Chronieon 
Zdiarense. 

Ezciirs. Die ParallelBtellen Im (%romcoD domus Saren- 
818 und in den Annales Heinrid Heimbnrgensis. 

Amnerkttn^. Dem V«rfaM«r di««« Btniie «nQhi«ii«n fl«idi we- 
aprftoipllob die Gründe Emler'fl für die Identität de« flearer lISadiM Hein- 
rich und do- AnTi?ili«t<>n Hniurich von Heimburg überreugfond genup, wie dies 
dif« bezügliche ."stelle iu Krones' Gruudrisfl der Osterr. Geschichte, Wien 
1881, S. 287, darlegt 



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L V 

Die metrfMlie OhTentk ron Saar nnd die Mrbleher 

Henrichs roii Heimburg:, l-irbensgan? des Verfassers 
naeh seinen eigenen Ansraben in den beiden mit dem 
J»lire läOO abselilieasenden Werlten« 

Im Jahre Iboii erwarb die Breslauer IJniveraitätsbiblio- 
thelL eine äusserst werthyoile Handschrift, welche zwei in Um- 
fang und Sprache j^aiiz verschiedene Lateindenkmäler des 
mährischen Cisterzienserklosters Saar am böhmischen Gemärlte 
enthält. Eine kOraere Prosachronilsy bis 1511 reichend, war 
bereits seit 1751 im Drucke bekannt, in welehem Jabre sie 
der Stoekbolmer Bibliothekar Olaf Oelse aus einer im Zeit- 
alter des greesen deutschen Krieges in die Hauptstadt Sehwe- 
dens hinUbeigewanderten Handschrift veröffentlicht hatte.' Der 
mäliriscbe Landeshistoriograph P. Beda Dudik nahm von ihr 
(1852) bei seinen Forschungen in Schwedens Archiven Ein- 
sicht nnd besorgte einen neuen Abdruck,' nachdem bereits 
(178d) der Saarer Archivar und Qesehichtschreiber seines 
Stiftes, Otto von Steinbach, die Ausgabe bei Olaf Oelse 
sammt den Anmerkungen des gelehrten Raygerer Benedic- 
tiners P. Bonaventura Pitter als erstes Stttek dem Beilagen- 
bande seines Qescbiehtswerkes eingefügt hatte.' Den neuesten 



* BibliotlMeM NfiM StockbolnMoris hittoria, iworin sie abg«dnickt er- 

Hcheint. 

* Dudi'k, Fontohoiigeii in Schweden llir MUirMw QMchichte. BrUim 166)1, 

S. 381 — 388 

* Otto Öteiubacli vou KranicbHtein (geb. Ii*. November 1761, f 
letzter Abt des Saaror Kloeters, nach ienen Aufhebung im Jahre 1784, 
19. Febraar 1791 in Wien), diplomatische 8ammlnng bistoriaeher Merk- 
wflr^ketten mw dem Arehire des grlflichen Ci^tersienBentillfla Baar in 
Mähren, 2 Thdle, 1788. 1. Theil erzählender Text der Rlostergescliichte, 
i. Theii 160 Belege, aammt Siegelnbdrachen einaeluer Urkunden, Eiuzel- 



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Ahdriu-k l)ietot Euüer im Bande II, 2 der GuöchiübtsquelleD 
Böhmen». ^ 

Üugleich werthvoller an Alter, Umfang und Gehalt erwies 
sich jedoch der erste Bestandthcil jener Breslauer Erwer- 
bung, nämlich eine andere, mit dem Jahri« 1300 abschliessende 
Chronik des Klosters Saar, welche in nahezu 11)00 le ninischen 
Hexametern die Vorgeschichte und die Entwicklung der Kloster^ 
grtlndung (seit 1252) schlicht, treu und farbenreich erzählt und 
ans der Feder eines Mannes (Heinrich, Sohn des Steinmetz- 
meiBters Eckward oder Ekhard) stammt, der als Knabe die 
Anfilnge der OrdensgenosseDSchafl am mährisch •böhmischen 
Qrenzgemib'ke erlebte, ZOgling des zehn Jahre nach seiner Ge- 



nnd in der Abendzeit seines Baseins (1300) das Erlebte mid 
Gehörte aufzuzeichnen beflissen war. W. ROpell hat sieh durch 
die Heransgabe dieser Klostergeschiehte kein geringes Ver- 
dienst um die Geschichte Hfthrens und um die Culturhistorie 
überhaupt erworben.' Einen neuen Abdruck lieferte (1874) 
Emier im bereits oben angeführten Theile der erwähnten 
Quellensammlung.' 

1861 erschien im XV II. Bande der Script. Mon. Germa- 
niac, von W. Wattenbach lierausgcj^cbcn, ein inhaltlich nicht 
zu unterschätzendes Aanalenwerk liiir tlie Jahre seit 1260 von 
wachsender Bedeutung, welche — 1300 iri|)felt), das einen 
Geistlichen, Namens Heinrich, geboren ll'4L^ zi Ileimburg in 
Kiederösterreich , innerhalb der Jahre 1279 ,I)iakuii' 

und (zu St Pölten) ,Priester* geworden, als Verfasser auf- 
weist. 



Untersuchungen n. s. w. I. Breve Chronicon Zdiarensc antiqnum a M. 
OIato Celsio, bibl. Hr)lmtiiisi .iiino MDCCLI vulg. et a Hever. Bouav. 
Pitter, Praopoa. Kaygrad., uotis illustratuu», 8. 1 — 10. 

> Fontes rer. hohem. II, 2 (1874), ö&O— 557, mit gegenttbentehender 
tfeebiielier Ueberaetzuug. 

* Chronica domoa Sareasir Bretlan 1864. (8. 1—90 £iiiL, 20—60 die 
metrische Chronik, 60«- 68 die ,Qettealogi« fandatonim* in laMnieoher 
Prosa.) Diese Aoegabe ist noch immer, abgosobeu von der trefSichen 
Einleitung, we{:!:cn ihrer HandHchkeit und der ftbemchtlichea Zählung 
der V*»r'f) der von Eiriler vorauaiclien. 

* Foulen rer. hohem., a. a. O., S. 521—550, mit deohiscber Frosa-Ueber- 
setzung. 




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Eän zweiter Abdruck wurde yon Emier im m. Bande 
der Fontes rer. bohemieomm (1882) Teruistaltet^ Der Letst- 
genannte wiederholte in der Einleitnng* die Ansieht, das« der 
Veifiuser der Annalen nnd der Elosterobronist Heinrich eine 
und dieselbe Person seien und begründete dies ktmsweg in 
folgender Weise: fürs Erste stimme der beiderseitige Name; 
zweitens seien beide Heinrich im Jahre 1242 geboren; Heinrich 
von Heimburg sei mit seinen Eltern in Mähren, nach Saar, 
eingewandert und hier Cisterzienser geworden; um 1268 habe 
er sich dann von Saar entfernt und nacli Niederöstcrrcich, 
nach Giiiiuid der Gegend von WeiUa) begeben, von wo er 
jgegen seinen Willen^ ^ wieder nach Saar ins Kloster zurück- 
kehrte, und zvsiir zur Zeit des Abto.s Arnold (seit 1294). Beide 
Werke, die Jahrbücher und die Klosterchrouik, welche in ver- 
schiedenen iSteilcn augenseheinJich übereinstimmen, habe er 
1294 — 1300 vcrfasst und mit dem Jahre 1300 abgeschlossen. 

Wattenbach, der erste Herausgeber der ,Annalcs Hein- 
rici de Heimburg oder Heimburgensis',"* hielt auch (1094) in 
der jüngsten Ausgabe seiner Geschichtsquellen des Mittelalters^ 
die ursprüngliche Ansicht® fest, wonach Heinrich von Tleimburg, 
der Annalist, ausschliesslich als niederer WeltgeistUcher sni 
gelten habe; ihm folgte Dudik,' und Otto Lorenz bemerkt 
(1886) in der dritten Auflage seines bekannton, an Wattenbach's 
Handbuch sich anschliessenden Werkes:^ ,Emler habe mit 
wenig Ol tick in jenem Saarer Klosterchronisten (Heinrich 
„Steinert^ — lapicida^) den Heinrich von Heimburg Ter- 
mutbet'^<> 



/ * Fontes rer. bohem. III (1882), S. 809~S2t, mit ieoUseher UebeiMtottng. 

* S. 305 Vgl. Sitsangsb«. der bShm. GeMllMshaft dw WintOMsbaft 1878» 

6. 340—344. 

* ,Proti vula BT(^,* was wir atlerdingg nicht olme Weiteres unterschreiben 
wollen. 

« Mb». Genn. Seripi ZVn, 8. 711—718. 

* HitMlallerl. GeBebiebtMinellen Dentsebl., 6. Anfl^ 18H B. VU, Anm. 

" .\foTi. Gorm. Script. XYn, PraofHtio zu den Ann. Heinr. Hennbiug. 
» Dndik, Gesch. Mährens, VIII. Bd. (1878), S. 4 6. 

* Mittelalterliche aeschichtw^uelleu Deutschlands, 3. Anä., 1S86, I, fi. 292, 
Anm. 2. 

* Ueber dies Missverständniss s. w. n. 

Et adieini hiebel den verdienetvolleii Foneber kein fibenenipender 
Oraad untorlanliBo in eein. Lorens beaelchnet nKmImh Bniler*e Ab« 



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Der Ver&aser vorliegender Abhandlung stimmt im We- 
sentlichen der Begrttndimg Emler's zu; auch er ist der 
Uebeneugung, daae an persönliche Verschiedenheit der Urheber 
beider Werke nicht leicht zu denken sei, aber er hftit es fdkt 
doppelt nothwendigy den Beweis der Identitttt eingehender 
und ttbenseugender zu Aihren, und vor Allem aus dem Ein* 
schlägigen in der Saarer Chronik und in den JahrbOchem klar> 
zulegeu, wann und wie unser Heinrich jene beiden entscheiden- 
den Lebensgänge voUsog, welche ihn uns in einer Doppelgestalt 
▼orfilhren, oder — riclitigcr gesagt — als Doppelgänger, ver- 
larvt^ in ewei Personen gespalten, Tor Augen stellen. 

Ilciurich bezciilinet in den Annalen 1242 als sein Ge- 
burtsjahr und IIc)inl)ur^^ als Geburtsort.* In der Saarer 
Cliroiiik sa^'t er ausdrücklich, zehn Jahre älter zu sein als 
das genainiti', 1252 gestiftetu Kloster,^ und anderseits iiiaclit 
er die Beiin rkun^, er sei im Jahre 1257 nach Saar gekom- 
men, und loOU .seien 58 Jahre seit seiner Geburt verflossen 
(was wieder auf 1242 als sein Uebui^tsjahr surUckfUhrt).^ 



liaiidliiiif; ii) den ,Sit/nii<r»bericlit«u der b/ShinisclK^Ti <'es<»Jl.sLli;ilt »h-r 
WisitenscLaften' vom Jahre 1878 kurzweg^ als vüiit'iiit. Mehr Ulück 
batte Em 1er 's sweita Abkaudluug vom gleiuheu Jahre; »iv beschäftigt 
•ich mit dftr bttbmvchon Kanxlei in den Zeiten Ottokan II. und Wen- 
selt IL, und insbesondere mit den Noteren Henrieuft Itolvs, de laemla 
U.S. w., 63 Seiton. Emler'it Ansicht Uber die Identität beider Persön- 
lichkeiten, des Annali.sten Heinrich mit dem Klosterchronisten gleichen 
Namen», (nidft -ich nnchmals. 18S2, in seiner ceebisch verfassten Eiti- 
leitting 2u st>iner Ausgabe der Annales Heiurici Heimburgensu, S. 305, 
skizzirt. S. oben. 

' Heiiir. Heiniburg. Ann. 1242: Ego Ueinricus natus suui in Heimburg. 

' Ver.«i 36: Annis sicque decem si'nior s u iii «luaiii iluinus ifita. 

• Vers ä7— ay: In Sar, qnod veni, Juil XL diio att^uu unus. Tunc auui 
domini fuerant et mille trecenti (man mot» daher 48 von 1800 
in Absng bringen, «r«e 1857 als Differens eiyibt) — nnd (Yen 86) 
wdter ober: Quo natns fneran fnät annns tnnc L et ooto (was 
abermals als Zahl 58 von 1300 in Abzug gebracht werden muss und 
1242 als Rest ergibt). Am Schhifise der Klostfin-lironik, ,EzpUcit Expli- 
ceat' überschrieben, reeapitulirt er gewis^ermassen jene Augaben Yen 
1104—1109 (Röpell 8. 68, Emier S. 648): 

Et iicripsi, sicut dixi, nunc tempu» ad istud, 
Et quaado donuni nane annna C tiin mille, 
Abbatis ifNdns est annns nnno qnoqne sextas 
(Abt Arnold von Saar trat 1894 an die Spttie des Klosters) 



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11 



Für Heinrichs Lebensgang bis 1268 bietet die Saarcr 
Chruüik ganz bestimmte Nachweise. Zunächst sei die von ihm 
selbst gezogene »Suimm? seines Daseins angeführt. 

,Tn der Schule/ heisst es hier, , wurde ich Heinrich ..der 
Steinmetz'^ genannt, der Sohn Kekwards (Kkhards) des 
Steinmetzen,^ der das Kl istercapitel und noch vieles Andere 
erbaute; jetzt aber möchte leh Heinrich der arme Holzsrhnitzer 
(^pauper sculptor) heissen, und dies mit Hecht, nachdem ich 
Betstühle (sedilia) sflniitzte. Icli bin ein ireringwertliiger Kunst- 
fchnitzer, weil icli mir (Geringes davon verstfhe; denn ich bin 
kein solcher, um em richtiger Künstler dieser Art zu sein u. s. w.'" 
Dieser Gedankengang kommt auch in der Einleitung der 
Saarer Chronik zur Geltung, wo er unter Anderem mittheilt, 
von ihm seien Betstühle, in welchen die Junker der Stifter- 
Emilie (domicelli) dem ewigen Gotte lobsingen, ausgeschnitzt 
und mit verschiedenen Farben anständig bemalt worden. Man 
habe ihn Unwürdigen nachher einen Kunstschnitzer genannt^ 
obschon er doch kein richtiger sei.^ Wir können daher bei 
den Bezeichnungen Heinrichs ,lapicida', ,scul})tor' nicht leicht 
an einen formlichen Bei- oder Zunamen denken/ was noch 

Atque (lurTm<! po.site (KloHkjr Saar) nunc minus XL Ot ootO 
(1300 — 48 = 1262. das Jahr der KloatergrÜDduug) 

A«t inee vite nunc sann» est L et oeto 
Cim Jahr» IMG slhlte Heinikli 58 Jahre; geb. 1842) 

Annus qaippe decein auaiw mm quam domus bta 
(Kloster Saar; gegründet 1262). 
» Ver» 1118—1114 'Hnpell S. 58, Em 1er S. 54^1: 

In scoli.>< dictiis Tfeinrirvis eraui lapicida, 

Fiiiaa Kc'kwardi lapicide . . . 

• Yen 1116—1118: 

6ed nune Heinriens panper acnlptor volo dici 
Et merito aculptor, postquam sedilia sculpsi. 
Sum sculptor tnodicus, modicum quia sculpere novi, 
Nam non gum talis, quod sim sculptor generali«. 

» Vors i4— öö (Küpell S. 22, Emier S. 622): 

£t sedilia, quo comis presencia sculpsi 
Pinxi diTeniiqae eoloritnu illa decenter, 
Jn qaibns eterne Domino paallant domicelli 

Ergo sum dictn« indignti« postea sculptor 
Indiptins dico, iitioniam non sum pojipralis. 
« Wie dies Otto Lorens a. a. O. mit Bestirainiheit ,lapicida* = ,StoinerV 
aurii tankt. 



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12 



am ehesten bei Ersterem mit Rllckdoht aaf den Umstand, das« 
Heinrich der Sohn eines Steinmetzen war, ohne selbst das Ge- 
werbe auszuttbeni zatTttfe, sondern darin nur Anspielungen auf 
Herkunft und Beschäftigung erblicken. Nennt ep sich doch 
auch an anderer Stelle einen ^Lehrer' und ^Pädagogen'* Smils H. 
von ObhuD, eines Enkels des Stifters ^on Saar, und mit Vor- 
liebe jgering', ,klein', ,arm'.' 

An swei Stellen bemerkt Heinrich, er sei unter dem 
dritten Abte von Saar, Walthelm (1255—1260), mit seinem 
Vater Ekhard and mit seiner Mutter nach Saar gekommen;' 
1257, wie wir von ihm selbst erfahren. Der fttnfaehnjshrige 
Junge entschloss sich bald, ins Kloster einzutreten. Denn schon 
unter dem Tiorlen Abte, der 1259 vom Mutterstifte Pomuk 
(Nepomuk) nach Saar entsendet wurde, zählte er mit drei 
anderen Genossen zu den ersten Novizen und ^Professen^ des 
sich ausgestaltenden Conventes.* Der Sedl etzer Klostervor- 
stand nahm ihm die Gelübde 

> Vei« SO'-SS (UOpoll S. 21-22, Emter 8. 621): 
,Heinricu8 didascala» ae paedago^iu 
Ipttins pneri . . . 

* Modicus, parviis, miiiiiDus, pauper. 
Vera 1119— 11S4 (ROpell S. 68, Emier S. 548): 

8am pauper vera, re vel virtute Tel ere, 
Nön mihi virtatei matt, non nae mihi «nnt na. 
Eine panpertstii ganden» toIo nomine fiingi. 

» Vera 696—602 (Hü pell 8. 41, Emlur S. 535): 

Tunc erat Ekwardiu quidam lapicida maxister, 
Quem pn> mereede eonvenit tone palar idom. 
Et «eplt mnrare dmnnm nec non opna ipram. 

Ae tarnen Bkwardna ^nitor mens conatniit idem 



Vera 1125 (R^ipell 8. 58, Kmlor 8. ^8): 

äub patre Waltlitilmo i'uiu patre inatreque veni 



* Ten 618—684 (£8pell 8. 48, Emier 8. MS): 

Ati|tte aub Henrico conventus fit st^MIHus . . . 
Novizen waren: nn^er Heinritli, Konrad, Gerhard und Kupert (Qni «umna 
hic primi profossi noiticionim). 

* Vers 608—609 (Röpeli 8. 41, Emier 8. hSb): 

Et tone in Zedlitx Criatanus erat pater abbas, 
8nb qno profeasna ftienim, qai me monachavit 



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18 



Unter dem ftliiften Abte Winrich (atw dem Kloster 
WaldseaBeiiy 1862—1276) erhielt Hemrich die niederan Priester- 
weihen oder das Snbdiakonat^ 

Bald aber, yim sechsten Jahre^ dieses Ahtes (1268), tritt 
ein entscheidender ZwischeniUl im Kloeterleben unseres Hein- 
rich m, den er am Schlnsse seiner Chronik in bildliehe Worte 
Uddet: ,üntmr dem Abte Walthelm (siehe oben) kam ich mit 
Vater nnd Matter nach Saar, aber im sechsten Jahre des Abtes 
Winrich starb ich. Unter Arnold (dem elften Abte, seit 1294) 
erstand ich wieder von den Todten, denn Jeder stirbt, 
wenn er Apostat Christi wird, er lernt dann erst wieder leben, 
wenn er der Sttnde UberdrOBsig wird. So wurde auch ich be- 
kehrt nnd, zur Vernunft gekommen, kam ich snrAck, und so 
starb ich, wie gesagt, und erwachte wieder «im Leben.' * 

Diese bildliche Ausdrucksweise kann nur auf die Thai- 
Sache bezogen werden, dass unser Heinrich 1268 dem Kloster 
Saar und dem Cisterzienserorden den Rücken kehrte und erst 
seit 1294 wieder ( Jrdensgeistlichcr an dem Orte wurde, den er 
damals verlassen. Er selbst i:;edenkt ;in anderer Stelle dieses 
LcLenswechsels. und zwar dort, wo er uiil Kiiliruiig die inner- 
Kall) der vielen Julirc beiner Abwesenheit wesentlich veriunl« rten 
Zu t mde im Saarer Kloster erwÄgt. Ursprünglich sei dieser 
()i t jschrecklich und unwirtlilich* gewesen, so dass nur wenige 
Ordens] iiuger hier verbleiben konnten; deslialU wären auch 
einige Mfinche ins Weltleben zurückgekehrt und nicht wie- 
der heimgekommen; ,mich allein ausgenommen', setzt 
er hinzu, ^der ich doch elend und gar so imansehnlich bin^' 



■ Veis 71& (BOpell S. 45, Emler S. 538): . . . subdiaeonutqme fae- 

tas »nm cum Sueuo, cum Gerhardotiue Ruberto. 

■ Vm» 1126—1131 (Röpell S. 67—58, Em 1er 8. 648—649); 

Sub |>atre VValtbelmo cum patre matreque veni, 
8ed 9ob Winriei Msto •um nuntniu aDBo, 
Patre mb Arnoldo, firatrw, iam iamqw fwofgo. 
Nam moritar quisqne, qnando fit apostata Cliritti, 
Vivere tunc discit, peccatis dum re8i[)iscit. 
Sic ergo conversus, re«ipbceiiR, sniuque reveraaa, 
Et sie, ut rlixi, sum mortuus atqtie revixi. 
* Ven 987—991 (ROpell Ö. 54, Emier S. 646): 

Nan foit iite loeu priu hoRidu «t nale enhos, 
Vt paoci poMont hie neophyti reoMUMra, 
Ideiroo qnidan monaelii poit liee tedienuit 



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14 



In diese Lücke seines Klosterlebens 1268 — 12D4 springen 
nun jene Angaben ein, welche uns Heinrich als Annalist 
bietet. 

Auch in seinen Jahrbilohem verleugnet er nicht den 
Cisterzienser. So hebt er zum Jahre 1096 die misslichen 
Anilüoge des ^grauen Ordens* hervor.* Zum Jahre 1138 ver- 
seiehnet er den Tod des seligen Bischofs Malachias, desselben, 
den wir zantfchst als Abt von Banchor, dann als Bischof von 
Connor, Primas von Irland kennen, und der Grund seiner An* 
fuhrung erhellt aus der Thatsache, dass Malachias ein thätiger 
Förderer des Gisteraiensetordens war und der heil. Bernhard 
von Clairvaux das Leben dieses gottseligen EirchenlÜrsten 
niederachrieb.* 

An die Angabe vom Ableben des heil. Bernhard zum Jahre 
1143 (!) knüpft Heinrich die Bemerkung; er sei der Gründer 
von 160 OrdensklOstern geworden/ was allerdings nur sehr 



Ad voniituin seculi, qui poHtea iiuii rediei unt. 
Praeter uiu soluiu, qui sum luiser et pusillns. 
1 Amt. H«iiir. Heimburg., Mon. Genn. Script XVH, 8. 713, £mlor, Fontes 
rar. bohenn. III, 8. SlO: Inoepit ordo ^risenSt heu male. Dms bier 
der Cistemenserurdeu gemeint sein muae, ist wohl unzweifelhaft. So 
nennt er ihn auch iin Chron'u un domus Snrensis, Yen 5>4 : Onliiiis ]]]\m 
qui griseus vulgo vocattir. Dio Jahrtsaiio^.ilio ist etw.i.s iiuguuau, d.i 
die Anfänge des gedachten Ordens auf den 21. März ll>d8 fallen. 8. 
Janaasohek, Orig. Cist. T. I, Wien 1877, Einl., S. III. Dea ,heii 
male* kann nur den Sinn baben, dase der GrOndang von Giteaux (Ctster» 
tinm) von Srtten der nonnSonieobeD Edlen Alber^ Theodor und Ermen- 
gardis im genannten Jahre erst seit 1113/15 zahlreichere Kloster da« 
Geleite gaben, der Cinterzioiisfmrden tir«priint^luli mit Scliwierigkeiten 
zu kämpfen hatte. Watten b?i c Ii, Mun. (Jenn. Script. XVII, 8. 713 
(Anm. zu dieser iStelle), meint, da&> lieiuricb von iieiruburg hiebei viel- 
le&dit irHgerwdae an den sogenannten Jiaelaordmi* denke, der wet 1197 
auflcam: Ordo asinonun, L e, monBcbomm S. Trinitatifl, ita ^etns, quod 
eis in itinere asinis tantum uti liceret. 

• Mon. Germ. Script XVII, S. 713, Fontes rcr. bohem. III, S 311. HLinnch 
von Heimburg setzt das Todesjahr dos Malftclii.is nm lo Juhic zu früh 
an. Malachiaa f 1148, utiü zwar zu Clairvaux, bei üttiaem Freunde 
Bernhard. Uefele, Conciliengescbichte, 2. AuÜ., V. (1886), S. 532. Vgl. 
Potthaet, 2. Aufl., Ool. lUft. 

* Aoeb hier begegnen wir ^em efaronologiachett Yeneben. Bernhard 
von Clairvaux fllöS. Von Clnraviillis gegrOndet 10. October 11 18, ^nn^^en 
in den Zeiten de« Genannten (1158 — 1154} wohl nur an 67 Münclis- 
klOster aua (a. Janausobel^ a. a. S. 28t>ä.). D&cbte umser Hein- 



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15 



beilftnfig benffart erBcheint Jeden&Us genflgt dies AIl«s jedoch^ 
um die Vorliebe Heinridu von Heimbnig für seinen Orden au 
kennseicbnen. 

Wir mOBsen nnn aber jener wichtigen Angaben gedenken» 
die den entscheidenden Lebenswechael nnseres Heinrichs inner- 
balb der Jahre 1368 — 1294 benrknnden. Sie finden «eh in 
den Annale Q an den Jahren 1378 nnd 1279 eingeflochten. 

Das Ableben des .Prager Bischoft Johannes (1278) 
bereitet er mit den Worten, dieser habe ihn xum Diakon 
ordinirt' In der Saarer Klosterchronik lesen wir bekannt» 
lieh das Jahr 1268 als den Zeitpunkt beseichnet» in welchem 
Hrairich Snbdiakon wnrde; 1268 Torliess er das Kloster Saar» 
offenbar mit dem Entschlussey Weltgeistlicher la werden; der 
Emp&ng der Diakonatsweihe durch den Präger Bisohof, in 
dessen Sprengel das Kloster Saar gehörte,^ mnss daher in die 
Zeit von 1268--1278 fiftllen. Sicherlich mttssen wir da Uber 
das Jahr 1278 hinaafirflcken, denn das, was er in den Aanalen 
Kam gleichen Jahre erzählt, läset voraussetzen, dass er damals 
seinen Aufenthalt im Nordgebiete Niederösterreiehs ge- 
nommen hatte. 

Diese Erzählung bietet nämlich Einzelheiten aus dem 
zweiten, entscheidenden Kriege zwischen Rudolf I. und König 
Ottokar II. Es heisst liier würtHch:' (Der Bfthmenkönig) 
jSandte die Seinigen voraus, um in Oesterreich einzufallen und 
das Land mit Kaub und Brand zu verwüsten, was sie auch 
thaten. Unter anderem Unheil, was sie in unserem Grenz- 



rich d.ibel au HümmtUcbe OrdensklOrter, welebe bis su seiner Zeit (1243 
bis 1300) a.h Filiationeii von Claimnu Btt galten hätten, dann wäre die 

Zahl derselben ungleich gr^t^^ser. 

* Ann. lieinr. Heimburg, zum Jaliro 1278: Ipso auuo ubiit Johannes epi- 
iGOpn« Pragensb (Johann IIL von Dra^ic, vom 12. Mai 1258 bt« 21. October 

Garns, 8er. epiioop. eocl. Ckfhol., 8, SOS), nndone Bobemoa, qni 
ne dyaconnm ordinavit 

* Dkw Mgt Heinrioh in der Saarer Klosterchroiiik S. 530: Ad ins Pra« 
gease clauntrum sed pertinet illud — und ebenso heisst es in der 
päpstlichen liostÄtigung der Saarer Stiftung (Hoczek, Cod. dipl. n. n. 
epistoi. Moraviae III, S. 179; Emier, Heg. Buhem. 6, Nr. 14) 1254, 
16. Min, Latinm: elanatram in deveito Zaro (Srtere. ordiris Pragenais 
Dioceri0. 

* Ann. Heinr. Heimboif., Mon. Gern. Script XVII, 8. 716, Fontes rar. 
boheni. m, & 816. 



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16 



gemärke verübten, kam es «inch zur Einäscherung der Ma- 
rienkirche in Waidhofen (a. d. Thaja); auch erfuhr ich wahr- 
heitsgemäss, daas innerhalb des Gottesackers dieser Kirche^ an 
1722 Menschen im Feuer umkamen, und zwar alle wohl be^ 
kannty abgesehen von den Unbekannten und Fmnden. Auch 
nnsern Markt und seine Stefanskircbe steckten sie in 
Brand/ Obschon Heinrich diesen aweiten Ort nicht ansdrUck- 
lich nenn^ so erweist doch die Angabe des Namens der P&rr- 
kirche snm heil. Stefan, dass es Qmlind (bw Weitra) war. 
Um diese Zeit muss sich daher unser Heinrich in GmUnd be- 
funden haben, in welcher kirchlichen Eigenschaiti ob als Ga- 
plan oder Aushilfspriester, iHsst sich nicht nJlher feststellen. 
Dass er aber damals dem Osterreichischen Weltelerus 
und der Passauer DiOcese angehörte, ergibt sich aus der 
weiteren Angabe zum Jahre 1279: ,Peter, Bischof von Passau,' 
starb den 23. Februar' zu St Polten, woselbst er mir Un- 
wttrdigen mit Anderen die Priesterweihe ertheilt hatte,'^ 
eine Thatsache, die jedenfalls seiner Bestallnng in Gmttnd Tor- 
ausgegangen sein wird, ohne dass sich der Zei^unkt der Or- 
dinirung Heinrichs daraus genauer bestämmen Iftsst. 

Wie es unserem Gewährsmanne seit der Entscheidung im 
Kriegsjahre 1278, seit dem Falle Ottokars II., den er in tief 
empfundenen W orten betrauert,'' bis zum Wiedereintritt ins 
Saarei Kloster, naeh 1294, erging, lüsst sieh seinen Jahr- 
bücheni nieht entnehmen. Ks ist ganz trut denkbar, dass er 
sieh bald wieder aus Oesterreich nach Mähren zurückbegab, 
da er beispielsweise zum Jahre 1282 die Folgen der grossen 
Hongersnoth und liäubereien in dem genannten Lande beweg' 



* Dä sich iuuerh&lb die Hauer «los Kirchliofos, (I^r das Gotteshaus umgab, 
ein grosser Tbeil der Bevölkerung und der Zugedücliteteu geborgen 
hatte. 

* Ana. Heiar. Hdmbiuiif. mm Jahn 1S79 . . . Petar, Bischof tob Pumq, 
war «u Breslau 1265 durch K9vig Ottokar II. «nf den beiriechen 

Kirchenstnhl bef?5r(lert worden. 

* Obiit VII Kai. Marcias. Es schoint da im Jahre und TodesUpo ein 
kleine» Versehen vorsuiiegeu. Bischof Peter f 1. April 1280; sein Nach- 
folger, Weikhard Ton Polheim, wurde 1280, 20. August, sein erwihlter 
NeeUblger. 

* Apud J. TppoIituB (Hanpteite der PeaMuer in NiedevOetexreieh)» nbi me 
indiguum cum eUia in gradnm eaeerdotii pfomovit . 

» & derftber den IL Abechnitt. 



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17 



Bdl Bdilldert* and Aber die politischen Vorgängt; daselbst seit 
1280 aagführlicfa berichtet. Auch nennt er sich in der Saarer 
Kloeterchronik einen ^Lehrer und Erzieher Zmilos oder 
Smils', * des jüngeren Solines Gerhards von Kiinstadt-C )l)ran,* 
den wir als zwoitgcborencu Enkel des Stii'terb von 6a.ui; ßocek 
oder Bof ko 1. (f 12ö5), kennen. 

Bei den engen Beziehungen dieser Familie zu dem ge- 
naniiu u Kloster scheint es somit naliezuliegen, dass Hein- 
rich nacli seinem Abgange aus Oesterreieli und vor dem Wieder- 
eintritt ins Kloster die Stellung? eines Hauseaplaiis, Lehrers und 
Erziehers im Hause Gerhards vua obian antrat. Iliefür s|)rieht 
auch der Umstand, dass unser Heinrieh jenen Zniil oder Smil, 
den er um loOO als einzigen männliehen Sprossen^ der Stifter- 
familie von Saar feiert und als seinen Zögling hoehhiih. einen 
trotz tieiner Jugend beim daraali*rf'n Bühmenkönige Wen- 
zel 11. beliebten Adelshcrrn nennt/ der zur Zeit, als 



' Ann. Heinr. II«iin1»iaif. a, &. 1882: Fama invaleaeente et spoliu ingrare* 
scentibtu tanta mnititudo panperam eat in MoraTia, ita, nt eciam omneii 

»opeliri noii posiwnt. sed eflToMts in altuni pntei« corpnra riHirtnorum in 
caiupis vel tu vicia inventot ipaos pateos tandom repit)tin puteia terra 
obrudbantur. 

* Ghromoon Sareiuis, 8. 621. Sic eat Udinrlcna didaacalni ac paedagna 
Ipain« pueri, euina pator ipse Gerhardos . , . 

* Qerhard Ton Knnatatt-Obfan (f 1891), vermählt mit Jutta, Tochter de« 
Tnich«c«!<5 vnn Opsterreich und Herrn von Feldsberg (mähriach-nsterrei- 
cliiM-lie (ironxherrachaft), welche ihrem Gatten 1295 int Tode folj,'!»-. 
Aua dieiier Ehe entaprossen zwei Töchter und zwei äühnc, liudek (f 1296j 
and ZmilO'Smil, der sich später mit Anna Tcm NetUiatia Termlhlte und 
1318, noeb als jnnger ^nn, starb. (Vgl. den III. Abschnitt.) 

* (SuoBieon dODOs Sarenais, Vers 10B4— 1091 (ROpell 8. 67, Bmler 
S. 547 bis 648): 

Dm rera Stirpe (fundatornm domus Sarensi«) sup^^rosf mmtipcnlus iinus 
(Bo^ek. Bmils älterer Bruder, f 1296, die eine Öchwe^tor, Enfemia, 
12'J7, die andere, Aguos, 1300) 

Quem nobis, Christe, eenserves trinns et iinns. 



Unica scintilla maneas nobia, dens, Ula, 
Nam sont defuncti fratres eiusque sorores, 
Et pat^r r>t matnr, JutHna (Jutta von Feidaberg), Qerliardtts, 
Ipsorntii natus puer eat Zniilo Tocatus, 
Hic t«r »ii gratus, deoa optime, aitqne beatns. 
* Yen 87—88 (Ropell 8.81, J&mler 8. 581): Est tauen aeeeptns 
regi . . . 

AreblT, LZZZT.M I.BIlfl«^ 8 



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18 



Heinrich ins Saarer Kloster hei iii kehrte, seiner Zucht und Lehre 
bereits als entwachsen gelten muss. 

So viel über den Lebensgang Heinrichs von Heimburg, 
des Saarer Klosterchronisten und Geschichtschreibers seiner Zeit. 
Seine beiden Werke endigen mit dem Jahre 13(K). Der da- 
mals 50jährige Klostermann trägt sich in der Saarcr Chronik 
sehr viel mit Gedanken Uber die Vergänglichkeit des Irdischen 
und über sein Ende;* wann er fllr innner die müden Augen 
bchloss, entzieht sich unserer Kenntniss, die Feder hat Heinrich 
nach 1300 nicht wieder zur Hand genommen. 

Schwierig bleilit die Frage, in welclicm clironologischen 
Verhältnisse seine beiden Werke zu einander stehen und wie 
sie entstanden; die beiläufige Lösung dieser Frage wird sich 
aus den weiteren Abschnitten dieser Untersuchungen ergeben. 

n. 

Der zeitgeschichtliche Inhalt der Jahrbttcher Heiuriehs 
Ton Helmbarg and des Clironieon domns Sarensia. 

Die böhmische Chronographie des Mittelalters knüpft vor- 
zugsweise an das Geschichtswerk desCosmas an, das mit dem 
Jahre 1125 schliesst. 

Dem Wyssegrader Domherrn und seiner Chronik von 
1125 — 1142, dem Mönche des Emausklosters an der Sazawa, 
der bis 1162 erzahlt, reihen sich Vincenz von Prag imd Ger- 
lach, Abt von Mühlhausen, bis 1198 an» Mit ihnen schliesst 
die Annalistik des 12. Jahrhunderts ab, dann setzen die Jahr- 
bücher des Frager Domstiftes oder die ,Continuatio HI. Cos- 
mae' bis 1283 ein,"* deren TheU von 1254—1278 seinem Inhalt 
aufbige als ^Annales Ottocariani* bezeichnet zu werden pflegt. 



t Chronieon domna SmnsU (Vem 1182, BOpell &. 60, Emler 8. 5ft0}: 
«Explifiiti «zplieMt.* Deo Sehlttst Inldon die Worte: ,Gm(»a »ninina dsi 

Sit miserern mei. Amen/ 
• 8. Mon. Germ. Scrijit. IX, die Ansp.ibo der Contimiationes canonicoram 
Prageusis von K<?]tko, der da.s Gaiizo folgendürniasHen gliedert: 1. 1140 
— 1193, -l. I;di2- ii73 ^von mühreren Verfassom), 3. Bruchatack einer 
hlstoria W«aew1ai I, 4. 1196—1978, Aimales Pngeiue« I (tob awei Yer» 
fattem), 6. 1S64—1S78 Annales Ottoeariani, 6. Annalei Pngemetll 



Digitizca by Liu..- . «v. 



19 



Zwischen diese Chronographie und die des 14. Jahrliiin- 
derts. deren Auso-angs- und Schwerpunkt in der Geschicht- 
schreibung des Koiiigssaaler Cisterzienserklosters ruht, und die 
als vorhusitisehe den wichtigsten Ausläufer in der Chronik des 
Fulkawa und seines Fortsetzers aufweist, stellt sich als eine 
Hauptquelle für die Zeiten Ottokars II. und seln<^s Sohnes 
Wenzel II. das mit 1300 ahschliessende Annalenwerk Hein- 
rich.s von Heimhurg. Will man es mit Rticksicht auf die 
spärliclien und meist belanglosen Notizen seiner ,böhrai8chen 
eil ronik^ * von 861 ab den ,Fort8etzern' des Oosmas beigesellen, 
so tritft dies nur in uneigentlichem Sinne zu. Auch Heinrich 
war ftlr die froheren Jahrhunderte begreiflicher Weise an jene 
Hauptquelle gewiesen, aus welcher alle seine Vorgänger mehr 
oder minder schöpften, aber diese Quelle aller spateren Oe- 
schichtschreibnng Böhmens scheint er nicht unmittelbar, son- 
dem nur aujs anderweitigen Auszügen Twwerthet su haben, 
wie dies ein späterer Abschnitt darlegen soll. 

Mit seinen Voigängem, den eigentlichen Fortsetzern 
CosmaB% Terräth unser Heinrich jedoch nichts Qemeinsames; 
vor Allem lassen sich bestimmte Entlehnungen aus ihnen 
nicht nachweisen, und was den Haupttheil seiner Annalen, 
etwa Tim 1260 ab, betrifft, so steht er der bis 1283 reichenden 
Chronographie des Prager Domstiftes ganz unabhängig 
gegenüber, abgesehen davon, dass er bis an den Anfang des 
14. Jahrhunderts vorrückt. 

So ist es bezeichnend, dass er (von jenen bereits oben 
gewilrdigten Angaben, worin er seine Voriiebe ftlr den Oister- 
lienserorden kundgibt, zu geschweigen) auch in der Epoche, 
die an Heinrichs Kindheit grenzt und über dem, was er eigent- 
lich miteriebte, hinausliegti und zwar zum Jahre 1246 ^e An- 
gabe liefert, der wir in der Prager Domstiftchronik veigebens 
naehspOren. Er schreibt nltmlich, es seien damals Botso und 



»78—1281, 7. 1S80>-1881, 8. Annale« Pragena«» HI 1279—1188. — 
YgLDobrowsk/nadPali«!, Script, rer. bohan. I, 1788, und Emler'a 
and Tomek*« AmgalM in den FontM rer. bohem. II (7 Orappen; 1140 

bis 1195, 1196—1278, 124«— 1249, 1196—1278, 1278—1281, 1270—1283), 
Vgl. Otto Lorenz, Deutschl. mittelalt. fieschicht^quellen, 3. Aufl. (188ü) I. 
' Heinr. Heimbnrg. Ann., Mou. Germ. .Script. XVII, S. 711—718; Rniler, 
Fontes rer. bohum. III, 8. äOG — üil, stuiii Jahr« 861: Inchuatur cro- 
nien Bohamornm. 

2* 




20 



andere Vornehme Mährens von dem Herzo{?e Friedrich 
(dem Streitbaren) getancreu genommen worden.' Dies Ereig- 
niss hängt mit der Scliluppc zusammen, welche den 20. Jänner 
1246 die Ivriegsschaaren Wenzelö I. zwischen Laa und StaaU 
erlitten.^ Der genannte Borso ist keineswegs als der Kiesen- 
burger dieses Namens, einer der Mächtigsten unter den Adels- 
herren Böhmens, aufzufassen, da jener ausdrUcklieh als mähri- 
scher Landesbaron bezeichnet erscheint, sondern kann niemand 
Anderer als Bo6ek, Bodko von Kunstat-() b^an, der Lan- 
desmarsühall Mährens, Burggraf von Znaim und Unterkftm- 
merer der Brünner Provinz, nachmals (1252) Stifter des Klo- 
st( iH Saar, sein (dem die Ueberlieierung zum Jahre 12H;3 eine 
kühne Waffenthat gegen den Babenberger zuspricht ), da zum 
Jahre 12ü5 unser Heinrich die Worte einzeielinet: , Borso starb, 
der angesehrin Haron*, * und wir dieses Jahr als Todesjahr 
des Stifters von Saar kennen.^ Die Abweichung der liamens- 
formen^ darf uns nicht beirren. 

Bis zum Jahre 1260 beiläuhg bieten die locker gefügten 
Eintragungen im Grossen und Ganzen nichts von eigenartiger 
Bedeutung, und bei denen, welche über die Geschichte Böh- 
mens und Mährens hinausliegen, kommen nicht selten Fehler 
in den Jahresangaben vor; 80 bei der Ermordung der unga« 
riachen Königin Gertrude aus dem Hause Andechs-Meran/' bei 
dem Schkchtentode des letsten Babenbergers^' bei der Ent- 

* Copfns est Boran pt alii nobile» Moravie a duce Friderico. 

* Palnckj^, Ge;<ch. J^ohmeiis II, 1, 8. 127. Davon liatulfln die Jahr- 
bücher von Garsten, Lambach, Salzbarg und Jans Euenkei. Vgl. auch 

DoSok*« Wiffentliat Tom Jaltre 1238 gegen die OerteiTeietier, Palaeky, 
a. A. O., a 104—106. 

* Obiit Borso, illnitiM bat«. Denn der JBono* unseres Atumliiten hat 

nichts mit Borso von Riesenburg gemein, von welchRm es in der 
Contin. canon. Pragensnun ^ Annalrs Ottocariani) znm J.ihru r274 lu^isat: 
Anno de Mill. CCLXXlill Nubiliü vir Borso reee^it a rege amissa 
gratia Kegb sine culpa, aemulis ipsius sinistra Regi referentibas. 

* 8. weiter anten den III. Absehnitl, 

* In der Searer Kloeterohronik heiset er meist »BotselMS Botsco*; ,Boreieli- 

Bonchek-Borso* ist allerdings ein von Bo^ek-Ro^ko verschiedener Mamei» 
und so dttrfto in den Annalen eine nnriclitipt' Namonsschreihnnfj vor- 
liegen, da ja die einzipe nns von den Annalen Heinrichs gerettete 
Handschrift eine Abschrift den lö. Jahrhunderts ist. 

* Zam Jahi» 1S16 statt ISIS. 
' Znm Jahie 1847 statt 1946. 



21 



liauptung der ,bairischen Herzo^i\',^ Gattin Ludwigs des Stren- 
gen, Pfalzgrafen von Baiern-Wittelsbacli. 

Von den Daten vor 126Ü, welche Böhmen und Mähren 
betreÖt'ii, entfallen auf Naturereignisse die Angraben von Erd- 
beben Euiii Jahre 1201 und 1259,* während der Haupttheil die 
pohtische Gesehieiite betrifft. So finden wir zum Jahre 1203 
die Verlobung der Tochter Knnicr Philipps des Staufen* mit 
dem Pfalzgrafen Otto von \Vittelsbaeh angesetzt, anderseits be- 
merkt, dass diese Verlobung gelöst imd eine zweite mit dem 
böhmischen Künigssohne geschlossen wurde,* was zucrleieh als 
Onind der nachmaligen Ermordung; Könirr PliiHpps angegeben 
wird. 1222 erscheint da» Ableben des milhri.sch(ai Markgrafen 
Wladislaw Heinrich, Bruders König Ottokars 1., richtig ango- 
setzt,^ ebenso 1244 die Wahl Bninos, eines ,Sachsen von Ab- 
stammung', zum Bischof von Olmütz," 1248 die Empörung des 
Markgrafen von Mähren, Ottokar, wider seinen Vater, König 
Wenzel 1.^ Chronologisch ungenau sind die Angaben tiber die 
Heirat der Babenbergerin Margarethe mit Pfemysl Ottokar II.® 
und in Hinaicht des Einfalles der Ungarn in Oesterreich and 
Mäiuen.^ 

Von 1260 an wächst die Bedeutung der Aufzeichnungen 
Heinrichs von Heimburg, und bietet sich uns reichlichst Gele- 
genheity den Parallelismus derselben mit den seiner Kloster^ 



' 1257: DuciMm Bavaria decoUata est per Lucloyicum eins muitam. Der 
Vf.rfall erei^ete sich 18. Jäniitr I2ö6. Bemerkeiiswerth bleibt fis immer- 
hin, Jäich difs*' Anp;ib<i bei uiiwrcm Heinrich vortiiulet, während sonst 
nur in den Ueilbronner Annaion (Mon\ (ienn. Script. XXIV, iS. 44} Uni- 
•tiiidBehes bericblet wird. VgL Kiez 1er, Gesch. Baiems II, & 110. 

* IMl: Terra motoa fkctu cMft 4* nonat Hi^ nnd lSÖ9s Fketns eft torrae 
natu in Mom^ 4* Kalendas Febnuurii. 

' Heinrich nennt die deutsche Königstochter Constancia; so hiess wohl die 
Miittor Wuiizols T., die ar|>nr;j«(hc Prinzessin; Philipps Tochter, aeiiie 
spätere (tattin, führt den Namon Kunigunde. 

* Die Verlobung taud 1206 »tattj Wenzel I. wurde 120Ö gt<boren. 
« Wladifliav Heimieh f 1». August im 

' Die Wahl &tid wohl etat den SO. September li4S statt 
^ ,per consilinm pnTomni.* Vfl. die Contin. eenon. Fng.^ a. a. O., mm 
Jahre 1248. 

* Heinri' h von Heimbuig setat sie anm Jahre 1249 an} sie fand erst 
1252 sUtt. 

* 1251: Ungari depopuiati sunt Austriam et Moraviam. Interim Ottakanis 
narehio If^vie eanütlt 



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22 



gesokichte von Saar eingefügten zeitgeschiclktlicheD Daten 
au erkennen und auch auf diesem Wege die Identität der Yer- 
£Ei8Ber beider Werke dansulegen. SelbstverstJindlieh darf man 
bei dem Umstände, dass die Annalea in Frosai die Kloster- 
geschicbte in gebundener Rede abge&sst wurde, und and^raeits 
der Zweck beider Werke ein verschiedener war, sachliche und 
wörtliche Uebereinstimmung nur bis zu einem gewissen Grade 
vorauszusetzen. Immerhin zeigt sich diese Uebereinstimmung 
ausgiebig genug, da Heinrichs Saarer Klosterchronik solche 
zeitgeschichtliche Angaben auch mitunter in Prosa als gelegent- 
liche Zusätze eingefUgt zeigt. 

Zunftchbt ist es der Siep < Htokars TT. über Bola IV. vom 
Jahre 12t)0, dem wir da und dort befjeg'neii/ sodann die Geiss- 
lerfahrt, die er in den Aunalen zum .lalire 1261 sehr ausführ- 
lich scinldert, in der Klosterchronik kurz streift.* Dort lieisst 
es: jGeissler gingen einher; von welchem ijeiste diese Secte 
geh'nkt wurde, weiss ich nicht^ aber viele von unseren Leuten, 
Bekannte, traten in sie ein aus reiner Absieht und mit ;Mit- 
richtiiijer 1 )emuth. Sie zogen in iSehaaren von der einen zur 
anderen Kirche, mit Fahnen und brennenden Wachsliehtern an 
der Spitze; zwei sangen vor, die übrigen antworteten; nackt, 
mit Geissein sich peitschend, hatten sie die Lenden mit irgend- 
weichem Tuch umwunden und verhüllte Kopte. ^ 

Das ,Hungerjahr' 1263 findet in den Annaien und in der 
Klosterchronik seine Eintragung. Hier kennzeichnet der Ver- 
fasser die Theuening,' dort das Elend der Bevölkerung Mkh- 
rens und Oesterreichs.^ 

Ausschliesslich in den Jahrbüchern unseres Hein- 
rich begegnen wir den Angaben zum Jahre 1266 Uber 
den Krieg König Ottokars II. mit dem Baiemherzog und den 



* Httinf. Heimbaiy. Ann.» Mon. G^m. Soript XVU und FontM rar. bohMn. 
in aam Jahre 1860, Chronieon donras Sareui», Vers 6S1^6M. 

' Cbronieon domus Sarensia a. a, O., Vers 669 — 670: 

Uli» teinporibus cepenint in äagellis. 

Ac incedcntes nndi se percntientes. 
" C'hroiücou domuB Sarensis, Ver« 7UÜ— 7üy, mit dem Jahre 1263. 

* Ueinr. Heimburg. Ann., a. s. 0., 1968: Farnes validiasiina füit per Mora- 
▼iam et Anitriam, ita, nt malti Uan» morerentur» eomedentea radiees» 
arbonun cortices. Vgl. Ann. Canon. Prag., a. a, O., 1868» und Chronieon 
Pulkawae, FontM rar. bobem. V, 8. 164. 



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23 

« 

Tod smner von ihm geBchiedenen Gattin * (welchen die Kloster- 
cbronik an Mherer Stelle berOhrt*) 1268 (1271) ^rd eine Reihe 
von TodesfiÜlen verzeichnet: die Enthauptung Konradins,' das 
Ableben Bölas des Jüngeren,* das Hinscheiden Heins IV.,^ Avel- 
che Art von zusammenfassenden Todtenlisten'^ Heinrich liebt 
und solche auch in der Klosterchronik von Saar unterzubrin- 
gen pflegt. Wuhrend hier diese Datenreihe keine Auiiiahmü 
tindet, Stessen wir in beiden Werken auf den Krieg König 
Ottokars II. mit dem ArpAden Stephan V. vom Jahre 1271. 
In den Annalcn wird der Einfall des Bühmeukönigs nach Un- 
garn, der Kampf um Pressburg, Ottokars RlVckzug nach .))ei- 
läufig acht Monaten* und der rächende Ueberfall Mährens durch 
die nachbarlichen Feinde erzählt,'' während sich die Klocter- 
chronik diesbezüglich mit einer aligemeinen Bemerkung be- 
gnügt.« 

DenAnnalen cigenthümlich sind: die Antrabe zum Jahre 
1272 vom Tode des mächtigen LandeskämnirK i s von Mähren 
,NarkHt* oder Hartlieb® und die äusserst wichtigen Auts( hlüssc 
über dat» wechbrln le Verhältniss der Güssinger, der m i« litigen 
unga.rischen Magnaten, zum BöhmeokOnige,^*' weichem die inneren 

MATgareÜie, f 1267 zu Krems iu ihrer Leibge«lii)^ta(it. 

* In dam Chronloom doanu Banmda» Yen 66ft— 668, wird an ibre Helnit 
mit Ottolyir gletcli die Bemerkung geknüpft; 

Sed Urnen bee morltnr poet Margaretha veneno. 

s 1268, 28. October, s. Heinr. Heimbofg. Ann., 186a 

* 1269, Aua. Ueinr. Ueimbarg., 1268. 

* (1270) mit der richtigen Nebeubemerkung ^Ano. Ueinr. ileitnburg. xuin 
Jnbre 1S68) ,nadi S6jfthriger Regierung', da lein Vater nnd Voi^pftnger 
1S$6 starb. Ebenso enribnt Heinrieb der Mitregiereng xweier 86bne 
(ragnsvenint eo vivente dno filii eint, Sl^bauna et Bela). 

* ÄUe diese TodesflUle bewcgwi awiaeben 1967— 1S70 und weiden 

' Heiiir. lieimburg-. Ann., a. a. O., /um Jahre 1271. 

* Chrvnicou domus Sarensi», Vers 799 — 812: 

(Ottoeame) . . . mnlta mala fedt ... in partibva Ulis, 
Kam ras nagnifiens ftiit atqne potene nimia ipae. 

* Heinr. Heimbnrg. Ann., a. a. O., zum Jabre 1S78: Narelitos potens oa- 
merarius Moravie obiit. Tis Ist dies Hart lieb Jost von Dubna, 
Kämmerer von Vnttau, Znaiin, Brünn, Landes- Unterkämmerer von Mäh- 
ren, t 5. Februar 1273 (s. Emier, Heg. Bohem. II., S. 329, und seine 
Auagabe der Ann. Heinr. Heimburg., a. a. O., S. 314). 

** Ann.. Heinr. Heimbarg., a. a. O., nun Jabre 1S7S; praeeedenti anno 
(1S71) TiTente adbue Stepbano rege . . . 



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84 

Wsrren des ArpAdenreichea wiUkommen blieben. ,Heuirieh yon 
QüBBmgen, CJbei'gcäpan oder Chraf von Plrassburg, floh mit Tielen 
Anderen yon Ungarn nach Böhmen noch bei Lebseiten König 
Stephans V. Ottokar II. nahm ihn in allen Ehren auf nnd 
machte ihn zum Castellan von »Hlawa^ (Laa in KiederöBterreich)^ 
und des zugehörigen Gebietes. Nach dem Tode König Ste- 
phans y. (1272) begab steh Graf E^idius, der höchstgestellte 
Würdenträger des genannten Königs,^ gl^chfaOs zum Herrseher 
Böhmens. We3 nun aber jener Heinrich Ycn. GUssingen diesen 
Egidius basale, so wollte er nicht länger mit ihm beim Könige 
Ottokar weilen, sondern verliess das Land Mahren und begann, 
wie es der Lauf der Dinge an den Tag legte, Ränke gegen 
Ottokar zu schmieden/ Die daraus entsprungenen Verwick- 
lungen behandelt in den Jahrbüchern unser Heinrich zum Jahre 
1278. Ottokar habe Jenen , Meister' K^idius zum Castcllau 
von Pressburg erhoben und sodann die Heerfahrt gegen den 
Güssinger unternomiiien, hei welcher Ulrich von DUrnhol/., der 
Laudesverweser von Kärnten, Ottokars ^Eidam'/ im Kampfe 

* In der alteu Schreibung ,Lowa, Lawa' . . . 

* Eg^idin« von Badamdr, Schatim^ater oder Tavermens Ungiinit. 

' fEgetmüttri* b Endlos oder Eget>»me0tor* » meglater (teTeraieorain buf 

gister). EgidinB genoM das Vortrauen K(}nig Stepluiii.s V. Nach desfien 
Tode, al» Banus Pektari Heft bei Hofo in die HJUide bekam, wurde 
auch er ein MiasvergnÜptor nnd UoberliiuftT. 

* Aua dem Adelsstatnme der Kuuuici, 1267 Burggral' von /uaim, erster 
naehweisbwrer Inbaber der Burgberraehaft Laadakron (vgl. Loaerth in 
den MUth. des Yereine» Utr Gee«h. der Deulaehen in BOboaen, 27. Jabig., 
,Ziir Geaeh. dea Laadskroner Tbeiles der SehOnkengstler Spracbtnael*), 
aeit 1271/72 Landeshauptmann von Kärnten, Krain und der Mark (vgl. 
Tangl im Handbnche der GeMch. Kärntens IV, Abth. 1, 2, 1864/65, 
S. 83 f.). Uober seinen Ti d in der Schlacht bei Laa 2ö. Juli 1273 s. die 
Zuaammüustelluugen bei Tangl, a.a.O., S. 130, und Dudfk, Gesch. 
MUirens VI, S. 118. Heinrich von Heimburg beaaiebnet ihn anadrttok* 
lieb ab ^gener regia*. Er mnw daher eine dritte naftttriiebe Tochter 
Ottokar« geehelicht haben (denn von den beiden ana bekannten natür> 
liclit'ii Tr.cliit rii Ottok.'irs war dif eiiic mit dem Bawanif* von Str.ikonitz, 
die anderu mit Heinrich von Chuenring veiheiratot), oder war — wa» 
ungleich näher liugt — der ertite Gemahl der nach aeiuem Tode mit 
jenem Cbnenringer vennXhlten Ulegitimen Tochter dea Bsbmen* 
kOniga, da KOnig Ottokar II. in der awetten Urkunde aetnei Friedens 
mit KOnig Rudolf I. vom 2. Mai 1277 (Boosek, Cod. dipl. Mor. IV. 
S. 194, ausdrücklich üagt, er verbürge dem Heinrich von Chuenring 
und dewen Gattin (t'iiie no«tre dilecte) alle auf die Burg Dürren- 



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Sö 



▼om Feinde erBchUgen wurde. Der BOlimeDkdiiig sei acht 
Wochen im Ungarlande gelegen und habe viele Festen erobert.^ 

Bemerkenswerth ist zum gkiöhen Jahre die Angabe un- 
seres Chronisten^ Papst Gregor X. habe die Wahl eines deut- 
schen Kaisers angeordnet' und Pfalzgraf Ludwig, der Bruder 
des Baiemherzogs Heinrich, die Königswahl auf Rudolf von 
,Haspurk' (Habsburg) gelenkt.* Seit Kaiser Friedrich ent- 
behrte die Kirche eines , römischen' Königs.* 

Auch die Saarer Klostcrehronik gedenkt der Wahl des 
Habsburgers, iind beide Werke Heinriche verzeichutin die Ab- 
hukuDg des ConcUs von Lyon.^ 

Von Belang erscheint diu Angabe zuui Juiire l-7ö bis 
1276 in den Anualen über den Aufstand Einzelner in Oestcr- 
re i i U gegen König Ottokar 11.," ,der gleichwohl in Oesterreich, 
Steiermark, Böhmen und Mahren' mjlchtig herrschte*. Auch 
die Saarer Klosterchronik kommt darauf im Allgemeinen zu 
sprechen,^ und zwar offenbar im Hinblick auf die Vorgänge in 

holz (welche frühL<r dt.'m Ulrich von DQrreilhols WObl als Mitgift 
hürU*) ihnen zufit^hf^ndeii Kechtsansprilche, 

* S. über die«ea Krieg die Ann. Auutr. {iion. Germ, iäcript. IX) sum Jjüire 
1278. 

* Ipso snno (1878) Qraforiiw papa percepit eligi impentorttm. Heinr. 
Heinlnifg. Ann. 

* Von den LaienfUrsten war der Pfnl/o-rnf .illerdtDfB dwEnte, welohar 
»ich der Wahlactiou des Mainzer Kurfilrston Werner ansfhloss. 

* Nam a Friderico impcratoro ecclesia caniit ro'^e Hdnianorum, was nur 
iusoferu galten kann, ala keiner der Gegenköiiig» und Nachfolger Kaiser 
FriodfielM IL <t 1S60) «ine Bomfalirt unternahm. 

* In dar XloaterehroaU^ Vera 804<— 806, gaas kars, in den Annalea mit 
dam BeiMtee: In ipao eoneilio statatum eit, ne de eetero ecclesia tarn 
diu pastore careat sed infra 10 dies apostolicus eligatur. Der Tod dea 
Papstes Grej^or X. wird 1276 angesetzt; er starb 10. April 127ß. 

* Ana. Heinr. lleitnburg. Vgl. über diese Vorgän^'i) die quelleumä^isigeu 
Darl^uugen A. Uaber's in seiner Abhandlung ,Zur JbLritik der Beim- 
cbronik* in den ICttli. dee laatitiitei flir Oirterr. Qeeehiohtafemhnng IV, 
Jährig 188ft, and Bnteon: Salabnrg and BSlinea vor dem Kriege von 
I--'76, im Archiv für österr. GeMÜi., 66. Bd., 1881, S. 258, Bxcnrs, S. 300. 

' AnffalHger Weise übergeht der Ann.nlist die dem H«)hmenk/inig:»! f,'lt'ich- 
t.iils uuterthiinigeu Liiinler Kärut<»n und Kr;iin, wohl mir do.slialb, 
%\eil .sich hier jene Erhubungaversuche nicht sseigteu, welche in den vier 
augL iUhrten Pravbnen thatelehlieh begannen. 

* Chffoaieon domo» Swenaii, Vom 808— 81S: 

,Qaando domini fiiit anaoa MGCLXXVI « 



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26 



Böhmen toih Jahre 1276, denen die Angabe der Annalen vom 
gleichen Jahre Uber den Aufstand der Witigonen (mit Zar 
wisch und dessen Freunden an der Spitze) und des Herrn 
Boresoh von Riesenbnig — zufilUt^ 

Wenn schon das Bisherige die nicht au unterschätsende 
Bedeutung Heinrichs yon Heimburg, des Zeitgenossen Otto- 
kars n., för die Geschichte dieses Herrschers darlegt, so wachst 
dieselbe nur noch in Hinsicht der beiden verhUngnissvollen 
Schlussjahre des von unserem Gewahrsmanne bewanderten und 
betrauerten Ffemysliden. 

Zunächst kommt er in den Annalen auf den Ausgang des 
Kriegsjahres 1276 au sprechen. ,Eönig Rudolf/ lautet seine 
Erzählung, ,zog an die Donau und besetste die Wiedner Vor* 
Stadt von Wien.' Zwischen seinem und Ottokars Lager floss 
dio DoDau. Im Gefechte wurde Bernhard Wolfgersdorf ge- 
tödtet.* Als König Ottokar erkannte, solcher FeindessUirke 
nicht Widerstand leiston zu können, und keinen anderen Aua- 
we«:^ sah, aus diesem Handel mit Ehren davonzukommen^ be- 
gab er sich über die Donau zum römischen Könige und unter- 
warf sich iliiii mit aller Gutwilligkeit.* Er verzichtete auf seine 
Liinder,* erhielt Böhmen und Mähren zurück, schloss Frieden 
und Einigung mit Rudolf und kehrte nach Hause zurück. Als 
er aber heiin^^^ekommen war, ergi'iflf der Schmerz t>cin Inneres 
aus dem Gruude, weil er sich unterworfen hatte, und er begann 

Tuuc iuceperuiit mala piaiima roultipUeaii, 
Qitfdam se rogi barones opposuemnt, 
De qno iam niehit hio ad praecen« dieere potsam,* 
d. i. an dieier Stelle kSrnie er gtgmwUOg derttber nichts weiter aagen. 

' Znm Tod«> Papst Innocenz V. (f S7. Juni) ffigen die Ann. Heinr. 

Hetmbur^. die Aiifr?»'»«: Ipso anno qnedam cog^natio in Boemia cojrnomine 
VVitigenses opposnenint se repi Ottokaro, quoruui praecipui fueruut 
Sawiss et amici eius ut Borsu de Kisemburg (vgl. die Contin. canon. 
Preif. snm Jahre 1S74). 

* Heinr. Hi^bni^» Ana., a. a. 1S70 ... In elvitatem Witunenaem; man 
kann bei dleeer JBeeeicbnung — an^oslchta des Zuges Badolfs am »nd- 

liehen Donanufer — zmiSclist mir die Vorstadt Wieden (s. die Anni. in 
der Auagabe der Ainialen Moii. Uerm. Srrijtt X\'I1'1 denken; tXit die Stadt 
an sich sollte man ,Yienneneem' oder .Viunnaur voraussetsen. 

* Wahneheinlieh ein Osteneieliiselier Adeliger anf Seite Ottokais. 

* Ann. Heinr. Heinbnfg. a. a. 1876: ,Talde libenti ani»o*, was wohl nieht 
zuUifft. 

* Lant der Urkunde de« Wiener Friedens ▼om November 1976. 



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27 



gegen den rötnmchen KOnig Anschläge zu schmiedeB, wie dies 
der Ausgang der Sache erwies.' 

Noch genauer lautot der Bericht Uber die Vorgeschichte 
der Entscheidungsschlacht Yom 29. August 1278 und ihr Er- 
gebniss. 

Zunllchst ersählt unser Chronist, dessen damaliger Auf- 
enthalt TO Gmttndy im Bereiche des Eriegsachauplatses, sicher- 
stoh^ von den Unbilden, welche der Vortrab Ottokars in Waid- 
hofen an der Thaya und in Gmünd verübte.^ ^Um das Fest 
des heil. Jakob (25. Juli) brach König OUokar selbst mit seinem 
ganaen Heere in Oesterreich ein und belagerte den Markt 
Drosendorf, am Zusammenflusse der mährischen und österrei- 
chischen Thaya, volle 16 Tage* In dieser Feste befand sich 
damals Stephan von Meissau mit geringer Besatzung.-' Als ihm 
dann der genannte Markt ausgeliefert wurden, rückte < )tl»>k.ir 
nach Laa vor, gegen den römischen König Rudolf, der mit 
ilim im Bereiche der March, dort, wo sie sich bald mit der 
.Thaya* oder ,Dyje* vereinigt, zusammenstiess.* Im Gefolge 
liuilolfs befanden sich Uugarn und Cunianen,-' während Ottokar, 
ausser Polen, nur wenige Fremdländische im Heere 
zählte.^ In der Schlacht Üohen aber die Böhmen und Mährer, 



' S. oben, wmi im L AtMofanitt Aber den Labeaigaiig Hmnrielu yon Gmttiid 

berichtet warde. 

■ Vgl. Bnssi.n, Der Krieg von 1278 und die Schlacht bei Dtirnkrut. 
Archiv für n.sterr. Gesch., 62. Bd., 1. Hälfte, S. 60, über die durt nebeu 
Ueiiuich von Heimburg benutzten Qaellen, und Dudik, Qesch. Mährons, 
VL Bd^ B. M8j Otio Loren«, Deotseb« GMeb. n, 8. 886 f. 

* Ebflinda. 8tap]iAn Ton HeiMaa befehligte hier, Naebfolger dei aeinee 
Marsch&llamtee entoetztoii Ch ticnrin^cr», VerbQndeten Ottokan. 

* Vgl. Husson, R. a. Ü., S. 36— 43 ff. Dj^je ist die slavi«he Namensfom 
des Flnsnes. Bussou, a. a. O , S. 48. Die öteüuug dos königlich bOh- 
mischea Heeres^ welche ihr iicinrich von Heimburg beiiautig anweist, 
isfc wolil die bei Dr8ei»g', ia dem Buge swisebeii der Mtxtik «ad der 
bier einmllndeiideii Thaya. 

* IXeber dea bervomigendea Antbeil der Ungarn aa der Beblaebt •. Bne- 
son, «. a. O. 

* Darin weicht Heinrich ^bn Heimburg besonders von dor Ilistoria anno- 
rum (Mou. Germ. Script. IX, zum Jahre 1278) ab, worin das Heer Otto- 
kars vorzugsweise als ein aus fremden oder SOldnertruppen gebildetes 
beaeiohnet wird (Otaebanw . . . exereitnm fortem eoUigit, «ei ben con- 
daelieiani • • >). Die Reimehroaik, eap. 168, «piicbt gleiehiUle ron 
•eehe HeerhaaleMi, deren dritter Toa Helnaera nnd Thflriagera, vierter. 



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28 



tmd BO wurde denn jener gewaltige KOnig Ottokar mit vielen 

Polen zur Seite erschlagen/ 

Dae grosse Ereigniss vom 26. Augoat 1278, vom Tage des 

heil« Bufna/ den Fall des BOhmenkl^nigs am leidvoUeii Freitag', 

feiert der Annalist in folgenden gekünstelten, aber immerhin 

tief empfandenen Versen, denen die Worte: Nunc etgo Bohe- 

mia plange, o Moravia luge, tantum perdidisse honorem pro- 

tecta quondam sab elipeo regis Ottokari vorangehen. 

IndeftMN» nodo g««ta tMlaro doloram: 
£xiid«nt oeoli iMrymat, estermiiuuit ora 

Pallorem, connodet digitos tortur.i, cruentet 

Ttit^riora dolor et verberet ütlitjr.i i-lamor. 

Tnta peris ex morte sua: mor» uou fuit eius, 

i^ed Tua, non sola sed puplica roortia jmagOj 

O Veaerit lacrymo»« dtesl o »iiuu amarnin] 

lila tibi diei noa fuit, 9t Tenus illa Tenennml 

So regt sich in dem Annalisten die poetische Ader; die 
verhängnissvolle Bedeutung des Kampfes ,auf dem Marchfelde* 
oder, richtiger, am Weidenbaciie bei Dümkrut* fUr die Zu- 
kunft Böhmens und Mährens ergreift unsem Heinrich und 
drängt iiiii ins Geleise der f^ebundeiien Rede. I>aiin lenkt er 
wieder in die Prosa der luzaiilung zurück und scliildert die 
Lebenshühe des noch in der Fulle der lieiche diihingeraliteu 
PfemysUden. Jn seineu Tagen/ schreibt Heinrich von Heim- 
burg, ,damit ieh der Wahrheit Zeugnis« gebe, herrschten Friede 
und Huhe in seinem ganzen Ueiehe. Denn er war ein Uberaus 
m.'lchtiger Fürst, er 1)raeli und baute viele Festen, demüthigte 
und erhöhte gar Viele, mehr denn alh' seine V^)rgänger. War 
er doch König von Böhmen und Mähren, Herzog von Oester- 
reich, Steiermark"* und Krain, Herr von Eger und Fortenau. 

flbifter von Polen, sechster von iiacbseu und Baiern gebildet war, also 
Ton fremden Truppen in der Mehnahl. Immerhin bildeten avdi ihr 
snfblfe die Polen ein «terkee Cottüngent. Vgl. Bnaeon, e. a. O.» 8.86f., 

130, und Kohl er in den Fonebongen zur deutschen Gesch., XIX., XZ.« 
XXI. Jahrg., anderseits Loren x in der Deutschen Geschichte II. 

* Eigentlich nm Vorabende des heil. Rufuf*, denn die Schlacht fand, 
wie Ueinrich von ileimburg gleichseitig bemerkt, am Freitage nl&tl, 
diea war damals der 26. August, Rufus fällt auf den 27. August (Samstag). 

" Wie man wohl am genanesten den Sehanplato der Bntseheidttqg nennen 
darf. 

* Kirnten fehlt Vgl. weiter unten die Anmerknng Beinridw von Ham- 
burg über Philipp von fiponbeim. 



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99 



Er regierte als ftinfter König seit Wratiikw^ durcli 27 Jabre* 
und hlnterliesa einen einzigen Sohn, Wenzel, und zwei Töchter.* 
Dann verbreitet sich unser Annalist über die Zeitgenossen 
Ottokars II. Diese Ucbcräieht hebt mit den Tassaucr Bi- 
schöfen. Otto lind Peter, an,* ihnen werden die Prager Kirchen- 
fürsten iSiklaö, Johann^ und der Ulmützer Bischof Unino an- 
gereiht. Dann folf^en die Herrscher vom Laienstande: die 
Ungarn kön ige Bela iV., Stephan V., der jUngere Heia' und 
der Sohn König Stephans V.;' die Baiernfürsten liciurich 
und dessen Sohn Otto, der Pfalzgraf Ludwig. Heinrichs 
Bruder.** Ais Herzoge von Kärnten werden Ulrich IIL und 
sein Bruder Philipp® angeführt Ott^kar II. selbst erscheint 
als Herzog von Oesterreich und Steiermark.** 

Sodann kommen die ^gleichzeitigen Markgrafen' zur Spra^ 
che, nnd zwar Heinrich nnd Dietrich Ton Meissen, ihnen an- 



' Heimieb von Heimbniy beginnt dte bShmiaeh« Ktalgtreilie mit Wrstii* 

law, dem Zeitgenossen und Verbündeten KOnig Heinrichs IV., der be* 
kanntlich 108G (ad poraonam) den Knnigstitel erhielt; als zweifi r K'^nig 
gilt ihm Wladislaw If. ('^mt 1158), al» die fidppndf n ; Pfemysl Otakarl . 
Wenzel I. Diese Zalilung Otakars II. als .cjuiutus rex' Iiftlt Heinrich 
auch in seiner Saarer Klosterchronik fest. 

* Hninrieh •ebeint da die Hemebaft Ottokan IL nicht Tom Ableben leines 
Taten, Wensel L (f November UM), «mdern von der BeiiteerBV^Aing 
Oeetenreishs (1861) sn slUea; denn ab BOhmenkOniip hemebte w 
25 Jahre. 

' Die ehelichen Sprösslinge aus der sweiten üeirat Ottokars U.: Wenzel, 
Kanigonde und Agnes. 

* PeCer von Bredan, 1S6B— ISSO, Mtn Vorgänger, Otto von Lonsdorf 
1854^1966. 

■ Niklas Heittfieh von Bleienbniy 1841^1968, Johann von Diailc 1868 

1278. 

* Der sweitgebome Sohn Kfjnip Bolas IV., dorn der Vater die Thron- 
folge zudachte, f 1^^>^'. Ueinahlin: Kunigunde, Tochter den Markgrafen 
Otto von Brandenburg, Sehwugurä König Ottokam II. 

* ladialana lY^ der ^Knmanier' (1272—1890, geb. tun 1969). 

* Heinrieh L, 1968—1990; sein Sohn Otto (III.)» 1890--181S, Naehfolger 
im Heraogtbnm; Hetnriehe I. älterer Bruder, P&lignf bei Bhein, 
Ludwig n. der Strongp, 1253 — 1294. 

" Es ift hPTncrkeuÄwertb, d;i.«*s un.ser Annalist den äponhetmer Philipp, 
Ottokars Kivalen seit 126i>/7U, als Herzog von Kärnten anflibrt, 
offenbar in HinbBcfc «nf die ihm 1818 von Kttaag Rudolf U. ertbeilte 
Belehnnnf. 

^ Bs fehlt aiao Kirnten. Vgl. die vonngehende Anmerkung. 



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80 

gereiht die Brandenburger, und zwar Otto, der Schwager 
OttokarSy ^anns, der Sohn Ottos, ,weloher enchhigen worden', 
und Otto, JohannB Brader, beide Schwesterstthne Ottokars.^ 

Naoh den bereite an früherer Stelle erledigten Angaben 
ttber das Ableben des Prager Bischöfe Johannes, der unserem 
Heinrich das Diakonat ▼erliehen, und Uber die Wahl des Kach- 
folgers, ToUas," und anderseits snm Jahre 1^9 in BBndcht 
des Todes Bischofs Petrus von Passau, welcher ihn zum Priester 
(in St Pölten) geweiht, Übergeht der Annalist asor Schilderung 
der schlimmen Nachwehen des Thronwechsels in Böhmen. Zu- 
nächst gedenkt er des Ueberfalles und der Plünderung der 
königlichen Stadt Budweis' durch Zawisch, den Vordermann 
der bijhniischen AdelsoHgarchie und GünstJm^ di r Königswitwe, 
und beleuchtet die allgemeine Nothlage, so dass man in W ahr- 
heit sagen könne: ,Wche dem Laude, dessen Konii: > n Knabe!** 

Diese Wechselfölle fasst denn auch die iSaai'er Kloster- 
cbronik in nachstehende Verse zusammen:^ 

Cmtifit intsres, qvod magnns Ottakanu ille 

Occiditor princ6i>s et rex quintua Bohemorum, 

Tunc bona calc.intur et mala pluritna nniltiplicantar. 

Tnno vox in gravibtu naoiiat iam nunc in acutis. 



* Die Meissner Pürsten in den Zeiten Ottdkars IT. waren Heinrich I. 
der Erlauchte, 1221 — 1288, seit 1247 Landg'raf von Thüringen und dessen 
Sohne, Albert II. der Unartige, 1265—1314, und Dietrich II. der Weise 
von Osterlaad-Luidsberg, 1266—1885. Di« Markgrafen von Brandeo- 
borg am d«in Haue Anhilt, welelie Heinrieli Ton Hcimlnuf ftoilihrt, 
nad: Otto IIL dar Fnmum nm Salawadal, Gatt» der Sdiwailar Otto* 
kars II., Beatrix oder Boiena, seit 1244, f 1267, Hanns oder Jobann III. 
(1267^1268) und Otto V. der Lanpre (von Oobuig), 1867—1299, nacb> 
mals (1278 — 1283) Vorweser Hühmens. 

* Deasen Tod Vi'üb vom Annalisten augemerkt wird*, er »tarb 1296, 1. Märs 

«ad gehörte dem Hanse Bediin aa, geweiht 1S79, 19. Fobmar. V^. Uber 
die Wahl dos Tobiao die Gmitia. oonoa. Ptag. mm Jahro 1279; aohr 

ansfilhrlicher Bericht. 
3 Ann. llüinr. Heimburg.: Ip^o anno (1279) Zawijs BOCtO oivitatem Bttd- 
weya intravit, eamque omuem depredatus est. 

* Ann. Heinr. Heimburg, zum Jahre 127i): . . . ut vere posset dici: ,Yaa 
torre, «aiiis lez pmr oot*, quia domiaai terra Woaooalaaa pner adhae 
Mt 

* ChroaSeon domua Sareaaio, Von 876—884. Tgl. die metriiohe StQflbaag 

Peters von Zittau im Chron. aulae regiao^ A. Looorth is den Fontes 
rer. AuBtr. 1, 8. Bd., S..5U, «ftp. VIU. 



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81 



Daitt ToeM mille, dum ▼•piÜAt ilU rA ill«, 

Dum depredantur mueri, vestes rapinntur, 
Qaando ceduntur bnculis et po.«it cnpinntur. 
O Dens omnipotetics, ego (juauta pericala sonsi, 
Post eiuü luurieui, quot ego dücrimina vidi, 
Qni tone Tizennt» hUa in taniiqiie fnamnt^ 
Hii bene noTOrant, qv«, quali* iturtiimwaiit 



Es sind Verse von dem Schlage der Heimspiele des jün- 
geren Zeitgenossen unseres Heinrich, Peters von Zittau, des 
Künigssaaler Chronisten, eines ihm unstreitig verwandten ücistes- 

Bildet Ottokar II. die eine Hauptfigur oder grosse Gestalt 
im Annalenwerke Heinrichs, so ist die zweite der Staatsmann 
und Kirchenfürst Bruno von Olmütz (f 1281).» ,Weine, 
Muhren,' schreibt er, ,das8 du solcher Leuchten beraubt bist' 
Und zu Ehren Brunos lässt Heinrioh den Nachruf des ,wackeren 
Schreibers Marner^^ einfliessen. Auch in der Chronik von 
Saar feiert er ihn als ,Hort der Kirche, den WeiBen, Ver* 
efarungswOrdigen^ ^ 

AtlsfilhrHoher charakteririrt ihn Heinrich in den Annalen: 
Bmno war tapfer imd von allen Feinden gefUrchtet, gdiebt 



* Ann. Hüinr. Ilpimlinrp. znm Jahre 1280. 

* In laudem er^^n Iuuuü tanti praeüulis inter cetera commeiidabiiia car- 
mina cocinit liie egregius dictator ^Marnariaa' dictas: 

Opto, qnod in aeenlom — eleri flog «t «peenlnm yimt 
pnatttl Bnuo n. 0. w. 
Vgl. über diese Verse des Manier die Abhandlnng von Strauch in der 
Zeitscbr. für deutsch. Alterthnm XXIII, S. 91. Ausserdem b. Atd^y fOr 
(ygterr. Gasc-h., 65. Hd., ans dem Nocrologiiim Olomucense, heraasg. von 
Dndfk. cii e auafUbrliche Charaktoristik der Thätigkeit und der Ver- 
dienste Brunos, und zwar in eioer Urkuude von 126<i, ebeuda 493 
bif 496. DiMO nni nor durch Beinrieh von Heimbocg ttberlieCBrte Lob* 
diehtnng dee Marner*e auf den dauala noeh lebenden Olmfltier Bi- 
eebof V II l^rttno dürfte es seio, welche Wattenbaeh n. Dndfk (Qetch« 
Mährens VIII, S. 4) hauptsächlich veranlasst haben mag', zn bemerken! 
»Unverkonubar standen ihm (Heinrich von lleimbiirgf) OlmUtzor .\uf- 
seichnungen, die wir nicht mehr beattaen, zur V erfiigung.' Wir können 
nns dieser Schltusfolgerung nicht an«chlie«en. S. den IV. Abschnitt. 

* Uhronicon domos Saronsifl, Vers 899—901: 

8ed pieeedentt Bntno deAingitar anno» 
Qlü pteml teure fneiat srnnmoMine flaeerdoti 
Defeiuor cleri, sapiens, veneiabilb ille. 



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32 



and allen seinen Freunden gefilUig, ein Freund der G^rechtig* 
keity eine Sttttse des dems^ begabt mit Weisheit und Tugend.' 

Das Jahr 1281 wird in den Annalen sanächst mit der 
Enellhlung von der Steinigung eines gotlBchänderiscben Juden 
in Wien und von der Abreise König Rudolft nach Schwaben 

bedacht,^ dann folgt die interessante Angabe ron dem stram- 
men Walten Alberts von Habsburg in dem an König Rudolf, 
seinen Vater, verpfändeten Mährcrlande.^ Der genannte Hcr- 



* Heinr. Heimhurij. Ann. tum J.-ilirt.' 1280. Znin Schlnsspr Obiit nutfin nt 
(lixi anno iu<-. 'Inm. l'2>s<i (128lj, otn-ri rarnis|)ri\ ium (IH. Fchrtiar). 

* Heinr. Hpimburg. Ann. zum Jahre 12si: ßudolfu.s Romaiinrum rex post 
p&scha intor alia iudicia, que fecit Wienue, fecit ludeum quemdam 
Upidibas obnii, qai fertnr sacerdotem com oorpoi« dominico euiitem 
luto neacio vel lapide valuerasM. Dimm Ereigniu suchen wir ver- 
gebens in den gleichseitigen Ann. Anstr. (Hon. Germ. Script IX) \ auch 
dio ansftlhrlirln» Contin. Vindobon. hat nicht» davon. Dagegen findet sich 
(lif Abrt'i.xi" Kiinig Rudolfs I., dü<5sen Sohn Albrecht T. die Kciilislianpt- 
inaniischaft übi rnonimen hattt', ans Oc'itprreich von den Ann. Mellic, 
Coiitiu. Zwettl. Iii, Contiu. Vindobon., Contin. Claustroneob. VI, zum Jahre 
1S81 veneichnet. 

* Hmnr. Heimburg. Ann. mm Jahre 188t; Ipso anno dnz Austrie con- 
stitutne est Albertos, fiUus Bndolphi, Bomanonim regia. IKese Angabe 

scheint dem Jahresacblusse 1282 vorzugreifen, der etat die Belehnnng 
der KOnigHAUhne Albert und Rudolf zu Augsburg mit Oesterreich und 
Sleiermarlc vollzopf. Heinrirh von Heimburg venveclisplt dies offenbar 
mit der Bestallung Albrechts 1. im Mai 1281 zum KeichHverweser 
Oesterreichs und Steiermarks. Dagegen fällt es auf, dasa Heinrich vou 
Hetmburg die BesUltnng Alb rechts von Sachsen, dee Eidams KOnig 
Bndolfs, snm Statthalter Mfthrens nicht angibt» welche^ abgesehen 
von der Contin. Zwetl. III (Mon. Germ. Script. El, S. 657, zum Jahre 
1280)dte Contin. Clan.stron r-ob. .sexta, Mon. Germ. Serii>l. IX, S. 746, 
ausdrücklich zum Jahre bezeugt: Dux ÖHxnniae Moraviara 

intrat et subjugat, was wohl richtiger noch zum Jahre 1261 gehOrt. 
Vgl. Dndfk, Gesch. lilhrens VII, S. 63, hesw. 69, und die Monographie 
von A. Bocsek, Mihren nnter KSnig Bndolf I., Prag 1886. Es ist 
dahar anch denkbar, dasa Heinrich von Heimhtiig das, was naturgem&wer 
zu dem Gebahren des Sachsenherzogs passt, dem Herzog Albrecht 
von Oesterreich zuschreibt und so die beiden Albrecht verwechselt. 
Deuu im Chronicon domus Sarensis, Vers 895 — 897, sagt unser Heinrich 
selbst: Tunc dux Saxonia fore cepit marchio terre (i. e. Mora- 
vlae). Es ist weiterhin anflUlood, dass mit jener hhssregel gegen die 
beiden nnbotmXssigen Barone lührens die sweite Ton den Oester- 
reichem (Australes) ausgehende Unternehmung wider den räuberischen 
Grensnachbar Hostyel verlmüpft wird, und es somit den Anschein hat, 



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as 



zog nahm Herrn Gerhard von ,()bf i\sen'* und Milota,' die 
Barone, getanr^pn, was allerdings weit besser zu der Thätigkeit 
Herzog AlbrccliU vmh Sachsen, Schwie^ersoimeB König Ru- 
dolfs, zu stimnurt scheint, welcher, wie dies auch unser ileia- 
rich in der Saarcr Chronik andeutet, die Ötattbalterschaft im 
Laude der March überkam. 

An der Grenze begann das Fehdewesen, ^ wie allenthalben. 
Ende September^ belagerten die Oesterreicher das Schloss 
jTyma' ^ in der Nähe von Drosendorf, woselbst ein Gbwaltberr 
Namens ,Hostyel' sass, der nachmals enthauptet wurde. 

£in Seitenstuck zu diesen Verengen, und zwar auf dem 
gleichen Boden bildet die Aufzeichnung in den Annalen HmU' 
richs zum Jahre 1286, zur Zeit, als längst Mähren wieder aus 
der habsburgischen Pfandschaft gelöst und der jugendlich^ 
ersehnte Herrscher, der Vormundschaft ledig, von Brandenburg 
nach Prag heimkehrend,® dem Namen nach die Zügel der 
Herrschaft ergriffen hatte, seinen Stiefvater Zawisch zur Seite.^ 

ab wenn diese letsleve Thafanehe dem YorgeluHr des BtidiaverweMCi 
in Oesfeen^ch — «od nicht jene — snsnweisen «d. 

* Oder Obf»n, der Sohn Stifte» von 8Mtf, BottHu I. Dem entspre- 
chend beLsst es daher auch im Chronloon domns Sarensia, Ter« 896, un- , 

mittelbar nachdem der Statthalterschaft oder Mark^afiichÄft des Sachsen- 
herzogs gedacht worden: Tempore suh tali c.i|»it\ir tunc ipse Ger- 
harduH, Nunter fund&tor (als äohn des Stifter«) ... 1283 erscheint 
bereite wieder Gerhard von Olyifaii m Brfiim in der Umgebung KOnig 
W«M^ IL (Boesek, Cod. dipL Morav. IV, 8. 66S). 

* JedeniUla Milota, der Landeskämmerer (camereriiia) Itthreni, mit dem 
Prädicat von D^di'c, welcher /.. B. 4. Juni 1281 mit Chuno von Kun- 
stat nnd dessen Vetter, 0*>r>iard von «Obersazz' = Obfan alfs Urkunden- 
zeuge auftritt (Boczek, (Jod. dipl. Morav. IV, S. 260; Emler, 8.538, 
Nr. 1242). 1282, September, iat schon ein anderer ,canierarin8% Theo- 
dorieb Stenge von Ffiedbeig, beurkundet Dudik YII, 8. M« 

' Daher beiart ee aaeh in der Goiitln. dauteon. Yl, Men. Oer». Seript. 
IX, 8. 746, zum Jahre 1281: . . . propter caristiam et proelia ferne 
sTicccdeiite per Moraviani, Bohemiam et Poloniam niulti perierunt. 

* Ann. Ueinr. ileimburg. zum Jahre 1281 : Ipso tempore cirm Michaelis . . . 

* Bei dem heutigen Ober* und Unter-Tirnau oder Tuniau an der Thaja 
(TmaTka). 

* »84 s. w.u. 

* Seit 1888 htitt der ktaigl. Obenibolimeiater Zawiaoh in den Yordergmnd, 

ale Oatle der KOnigswitwe in zweiter Ehe (vgl. Chronicon aulae regiae, 
Ansg. Loaerth'f*. O.ip XXII, S. 74 f.). Tlnnifil« hatte der jugendliche 
KOnig eine allgüinf iue Amnestie verkiiudigen lassen, welche allen 
Laiidfri^eussttireru und anderseits den Gegnern seines verstorbenen 
AicUv. LXXXT.M. LUIfta. S 



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34 



Damals hatte der jun;^^r Kiinig mit dem liruder 0 in* r 
Braut, Herzog Albrecht I. von flabslmrg, eine Zusammeiikuntt, 
die den Kampf wider den unbotmitssigen, raublustigen Adel 
Mährens, als Landplage und sehlimme Nachbarschaft flir Oester- 
reich, betraf. Der Herzog von Oesterreich belagerte demzu- 
folge das verrufene Schloss Freienstein oder Frein an der 
Thaya, brachte es in seine Gewalt und Hess das Felsennest 
brecheil. König Wenzel II. hinwieder gebot die Hinrichtung 
vieler ,verruchten Räuber', insbesondere im Lande Mähren.^ 

Wir wollea die weiteren nach Zeit and Inhalt susammen- 
stimmenden Angaben in beiden Werken unseres Heinrich ins 
Auge faeaen, indem wir die bezügliche Parallele dem Ex- 
eu rs überweisen," welcher den Beweis der Identität des Ver- 
fassers der Annalen und der metrischen Saarer Kiosterchronik 
augenfUUig vervollständigen soll. 

Diese Angaben bewegen sich innerhalb der Jahre 1284 
und IBOO und setzen 1284 mit der Rückkehr des jugendlichen 
Bi^hmenkönigs Wenzel n. ans Brandenburg nach Prag ein.* 



V«ten Ml Gute kam. Dm ttberdiet ent seit 1186 Wenssl IL ab 

,Knnig' TOD Böhmen uud .Markgraf von Mähren formell p^alt nnd bbher 
als /lomJnii« et heres Hoheniiae »»t marchionatnn Moraviae' betitelt wnide, 
findet Mich bei Dudik, Göstii. Mährens VII, S. 77 f. «»rOrtert. 
lu diesen Zeilen, gleichwie iu der tiUüiitigen Augabe deb Cbroaicon do- 
vau Saffenris tAnim Aon. MCCLXXXYP aab eodem vex oeddit teslera' 
toi* (vgL den glaicblsnteiiden Anadniok in den Ann. Heinr. Heimbniy. 
,ReK Tete Wenceelaos inultos aceleratos et spoliatoras Iiiree in terra 
!««a occidi prpcopit maxiuio in Moravia*) sucht man verfrehens nach der 
Deniilthipunfi: (le.*- '!cm f'!n nniHtv^n so nahe stehenden Gerhard von 
Obfan, welcher 111 üriiuu vur dcui Küiiige (1:2(^6, 2Ö. Februar) Urfehde 
•cbwOran mneste. 8. seine Ericlärung li^ Boesek, Cod. dipl. Morar. IV, 
a 810; Emler, 8. 691, Nr. 1878. Vgl. auch Palaeky II. 2* 8. U1 nnd 
Dndfk yn, 8.94 f., IWt Heinrieb geht in beiden Weriten darOber 
stiUschweigend hinweg. 

Die Ueberein.stimmuttsr v»»n An^'aJtPi! in beiden Werken unaeres Hein- 
rich haben wir bereits nacli verschiedenen HichtUDgen ins Licht ge- 
stellt. Da« Uebrige soll der Excurü thun. 

Ueber den Rttektritt dee Bimndenbnigen Otto d. L. von der Tormnnd- 
■ebelt und BegentBobalt im Jebre 1S88 bsndeü «nsAbriieh die Oontin. 

canon. Prag, xu diesem Jahre. Vgl. die wortreichen AusfUhrangen im 
Chronicon atilao regiae, Atis^r. Loserth's, S. !>9 — 63, Cap. XIV, XV. Das 
richtige Jahr (nicht ümlet sich um li im Chronicon dumuK SarenHiM, 

dem Verse dlü angereiht; iu den Ann. Heinr. Heimburg. unterlief somit 
ein Teneken, 



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35 



Dann folgt ein Seitenblick auf das Treiben und den Feuer- 
tod des falschen Friedrich' (Tile Kolup).* 

128;") wird der Eiubrnch der Tartaren in Siebenbür<'»'!i 
und ihre Vernichtung durch die dortigen Deutschen gestreift.- 

Dem Jahre 1286 filUt d«r Tod des Sohnee der Königs- 
witwe Kunigunde aus ihrer swciten Ehe mit Zawisch, dem 
Witigoneiiy «a,* der als Propst von Wyssegrad sein Leben schloes, 
«rährend unter das .Jahr 1287 die Ankunft der Vttlobten Kö- 

Wenzel, Jutta^ Tochter König Eadol& L YOn Habsbui|;, 
gestellt erscheint.* 

1297 finden wir die feierEohe Beisetzung der sterblichen 
Reste König Ottokars II.» der 1278 bei den Hinoiiten in Znaim 
bestattet worden, und seiner Tochter Agnes in Prag erwfthnt,^ 



* Vgl. (las Nältprf^ bei Busson, Beitrag zur Kritik der «teiiT. Ucifnrlironik 
und zur Keichsjreschichte im 13. und 14. Jahrhundert I, ilcr falsche 
Oiec^icb, äiuuti^Mbericlite der kaia. Akademie der Wimenscb,, III. Bd., 
S. Abtfa., 8. 981—411, 

* Tgl. in Zeit und Gegeiictuid flberwiistiiniiiciMl« aber aii«fllhrUdi« 
Angmbe in den Contin. Vindobon. {ICon. Qenn. Beript IX, &. 719): Anno 
dorn. 1285 post nativiutem Domini Gomani et Tartan eun innumerabill 

niultitudine intraverunt Ungariam et va«taverunt eam et occidaront 6t 
dedn.ternnt ex ea innumer.ibiles vhoa ot nmliorfs et ])!irvuIoA eorum, 
tandem vero ab incolitt terre circa beptemcaHtra (dAtitochen 
Siebeubürger) tnrpiter sunt de terra fagati, occisis ux ein 
innamerabili mnltitndine. Beliqni Tero, qni evAMrant, quamria 
paaei, ftoglentetlatitantesiater numtw et Talles nemoraeaii, divino indi- 
eio ibidem fere ontnes perierant 

* Jfisdlko-Joluuines wer der Sohn Kunigundes, der bühmischen Küni^^s- 
witwe ann ihrer nn^prungllch geheimen Ehe mit Zawiach, alaoderüalb- 

bruder König Wenzels II. 

* Vgl. daa XX. Cap. des Chronicon aula«» rfginc, herausg. von Losörth, 
S. 70 f. Diese Eiufiihrung der jungen Küuigiu iu Prag fand den 4. Juli 
1287 statt. Vgl. Dudfk, Gesch. Mährens Vit, S. 180. 

* Die Leiche König Ottokars II. war von Rudolf I. 1278 bei den Mino- 
riten in Zaain beigeeetet werden tind gelangte ei^rt 1997 naeb FMg 
mir Wiederbeetattang, wie die Ann. Heinr. Heimbarg, beeagea. Das 

Chronicon aalaa xegiae, Cap. VIII (Loaerth's Ausg., B. 49— 50) schreibt: 
et in Znoyma circa fratres Minores, postmodum trausportaiidum in 
tk)hemiairi, corpus eius tumulari inaiidavil iKudolphus;. Gleichzeitig 
starb Ottokars Tochter, Wenzels II. Schwester, Agnes, Witwe Herzog 
BodeUii IL Toa Habtbnrg (f 1290) and Matter J<rfiaanea Parrieida. Das 
riebtige Todeijabr der Agnes Ut 1996 (f 17. Mai). 

9« 



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36 



worauf der Krthuinp^ des böhmischen Kuni^spaares und des 
frühen Ablebens der Gattin Wenzels 11., Jutta, iredaeht wird.* 

Zum Jahre 1298 finden der Sieg Herzo<r Albreclits von 
Oesterreich und äteiermark über König Adolf von Nassau und 
dessen Tod ,von der Hand des Siegers* ihre Aufzeichnung,* 
1299 wird die Heise des ^ussenfUrsten* nach Brünn, wa Ejömg 
Wenzel II., angeführt'^ 

Abgesehen Ton diesen, beiden Werken Hetnricbs yon 
Heimbuig gemeinsamen Angaben verdienen noch folgende ans^ 
schliesslich den Annalen angehörende Daten Beaehtung. 



* S. die ausfÜhrlicho Schildening der KrOnnng Wenzels IT. im Chronicon 
aulap rc^'ao, a. a. O., Cap. LXT— LXIII, S. 146—156; und über den Tod 
der Königin Jutta, ebend«, Cap. LXV^ S. 158; sie starb 19. Juni 1297. 
Vgl. Meli die Contin. Viadob. (Mon. Genn. Seript IZ, 8. 719— 7S0). 

* Die Angabe^ den Albiecht L aeinen Gegner im Zweikempfe gefUIt habe, 
findet tich em eneftthilicbsten im Job. Vietorienais A. BdbmerV 

Fontes rer. Germ. I, S. 337. Die Bieter. Reimchronik, Auf. See- 
müller, S. 9G1, Vera 72770—73: dö wart kunic Adolf erslagen. etliche 
hört ich sag^en, ez tüten dio rfthen gr&ven (die Rauhgrafon: Georp und 
Konrad) hat nicht» darüber, ebensowenig die Gruppe der Ann. Austr.« 
welche nur im Allgemeinen den Tod Adolfs in der Schlecht berichten. 
Dagegen finden wir in den Ann. Anlee reg iae (Aiuf. LoierthX 8. 2S) 
aneh enm Jebre IS98: oeeistts est Adolfn* rex Bomenoram per 
Albertum ducer» An.^trlao . . . Vgl. auch ßnssoni Beltrige snr Kritik 
der Hteir. Reinichronik III, dur Berkrlit über don Stan Adolfe TOn NMeetl. 
Bitr.nnpsberichto der Wienor Akademie, Jalirg. 1892. 

* Ob mit der nezeiohiniiig^ rcx Kuscie = Russie wohl Ilor/.og Wladin- 
law Lokietek, Herr von Pomercllen, Kujavien u. s. w. gemeint sei, 
weleber sich 23. August 1299 gegen KOuig Wensel n. verpflichtete, 
deseen Lehensmann in Prag su werden (a. Fiedler, Bohmena Herr- 
schaft in Polen im IS. Jahrbnndert, Aidnv ftr Merr. OeeebiehtiqiMlIen 
XIV, S. 183), wie Dudi'k, Oeteh. MShrens VII, 8.217, glaubt, mflnen 
wir dahinf^estollt so'm lassen. AufiUllifr blpibt Pfl, da.*« Heinrich von 
Ileimburg^ von enipm rex Rnscie .»«priciit, wa.s jener Wladislnw nach 
keiner Richtung hin war, da diese Bezeichnung üoust nie für polnische 
Fdnten engewendet eieobeint, nnd viel eher iiif Botbrnaelnnd-Hs^ 
litaeb hinweist Tialleidit darf man hier mit mehr Beebt an den »Ke- 
nig* Leo von Halitach oder Rothrnssland (1266— 1301) denken, welcher 
nach dem Zeupnisso der Woiy n'schen Chronik (s. Sxaraniewics, Di© 
Hypatio.s-Chronik, Lemberg 1872, Auszüge, Anbang XI) als Freund und 
Bundesgenosse König Wenxels II. mit diesem eine Zusammenkunft 
hatte. Die Annahme Sxarauiewics' 8. 90—91, diese habe 1290—1291 
atfttl^nnden, ist eben nnr Annahme. 



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87 



12^3 (statt 12«2) wird der Tod der Grossrauhme ROoig 
WenxelB II., Agnes,^ erwähnt; 1286 kommt die WUreburger 
Legatenaynode zur Sprache.' 1288 verzeichnen unsere Jahr- 
bftcher: die Reise Herzog AlbrechtB L nach Deutschland zu 
seinem königlichen Vater,* die Gefaogennehmung ZawiBch\ des 
Stiefvaters Wenzels IL/ die Beisetzung des Leichnams des heiL 
Bischolmbtes Viigilios toii Salzburg/ indem alle diese Ereig- 
nisse unter dem gleichen Jahre eingesteUt erscheinen. 

Ueber die langwierigen und wechselTollen Qrenzfehden 
des HaheburgefB Herzog Albrecht I. mit dem unruhigen, ge- 
waUthätigen Nachbar, dem Hause der Grafen Ton GOssingen 
oder jDeutsch'Keuburg' (Ndmet-ujvir), berichtet unser Annalist 
zweimal, zum Jahre 1287 und 1389, in welch' letzterem Jahre 



* Agnes socra Wenc^lai; »ocrn bedentet zunickst die Schwieger- 
mutter; Weszeb II. Braut und (jatüu hatte Annn, GrKfin von Hobon- 
berg, zur Mutter, diese starb jedoch 1281, 16. Februar. Name uud Da- 
tum itfanmen also Bidit Eml er In Miiter kiug, d« Aan. Btinr, HUaibarg^ 
8. 319, ttbeneHrt eocra nit ,tola*, U uhm«. Taut«, dst trfA abtr nur 
zu, wenn man die Orosstante Wonzols II., Agnes, Schwester König 
W^ Tizfls I., heran7i«^bt, welche 1282, G. März, als Aebtissin in Png 
starb; auf «u' p.isst denn auch der Beisnfr qnp fuit bona vite'. 

* Ueber die*'' L i l: iton«^yiiodo vpl. das Actenmk-Hsigo bei Hartsbeini, 
Coucilia Germauiau Iii, ä. 72ö — 734; die Beziehungen su BOhmen- 
mhiM Mkm dü MUmmb Im! Dudfk, CMi. Ifilirana VU, a 118 ff. 
Sie wmde in a«g«nwsrt KOnig Bodolft 1. und det pip«llle)i«B Lagstai, 
des CardinalbischoCi Ton Toscnlam, Johannes, vom 16. Mftn 1287 ab 
durch acht Tage abgehalten. Vgl. unter den gleichseitigen Cbrunikea 
die Contin. Vindob., Mon. Gerfn. Script. IX, S 714, zum Jahro 1287. 

» 1288, 14 , 2fi April (Basel, Woi.««»onbnT^) beurkundote König Rudolf I. 
die Verfügung über den Nachlass weiland Uersog Friedriclis II. von 

Oosteneieh nnd die Varpflieiitttag der YaMUen in SMemark, aeinen 
SSliMo (Aibnoht L nnd Bodolf II.) ala Hanofan Ttraoa an halten. Das* 
f laichen 1288, 80. ApiU, an Nenbmg. 

* 8. darfiber den anaflUirlichen Bericht zum Jahre 1288 im Chronicon aulaa 
regiae, Au.h^. Loserth, Cap. XXV, S. 80, und /nTtnch^t in der stoir. Reim- 
chronik, Ausp. Seoraüller, Vers 20360 — 2U6bU. Zawiscb wurde dann 
1290, 24. August, hingerichtet. 

' 12^, U. November ^Leunardi', d. i. iu die St. L. bei Huiurich vun Heim- 
bürg). Vgl. Ann. Hellie. som Jahre 1S89 (Mon. Oarm. Script. IX, S. 610), 
Contin. Vindob. (eband* 8. 714), domanica proaima poat f. 00. 88. n 
7. Nor. Ann, Salisb. Contin. Weichardi de Polheini (813) ,T> Idas No- 
vembris' = 7. November, was jeden£üla den Aasacblag gibt Vgl. aneh 
die ateii-. Beimcbruuik, Vera 28206. 



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88 



der Herzog don Handrl mit Iwan von Gttssingen in Hinsicht 
des Schlosses ,Walkembiirg^ austragt 

Dem Kreise der {toterreichisch-imgarischen Wechselbene- 
hiingen gehören die Angaben für die Jahre 1291 und 1295 2u; 
dort wird der Heeressng des neuen Ungamkönigs Andreas III. 
gegen Albrecht I., seinen Nebenbuhler, yor Wien berichtet;' 
hier die Vennähliing des letaten ArpadenherFSchers mit AI- 
brechts 1. Tochter Agnes erwähnt' 

In die Geschichte der polnischen Händel Kdnig Wen- 
zels n. von Böhmen schlagen die Daten zu den Jahren 1287, 

1291/93 und 1300 ein. Sie betreffen zunächst den Heereszug 
König Wenzels II. von Breslau aus gegen Polen/ sodann die 



* Vpl (lio genauen Angaben zum Jahre 1287 und 1289 in der Contin. 
Viudob. (a. a. O., ä. 714 — 716) Ubor diese KnegsunternehmuD^en gegeu 
den Gflflsinger und insbesondere die iteir. Beimchronik, Vei» 20050 bis 
M680, S978S- 81788. Heinrieb von Hoimbiuv bat mm Jahn 1889 die 
A]i(abe: Albertus ünx cum Iwano eastram Walkenbarg (Sohlosi 
Isklt). Unter ,WaIkeubnrg* inn«8 Alten bnrg verBtandeu werden, dessen 
Eroberung dio Steierlsclio Keiinchrmiik, Vers 30RJ>5 . . , 'lurch Albreeht 
besengt. Da dfinn Albrccht dio Fehde unisteiUe, so dürfte der Sata in 
den Aua. Uemr. Heimburg, vielleicht so gelautet haben: Albertus dnx, 
onm Iwano ,Walkembiiig' castnia ,eri|miäset, in temun snam rerersns 
est*, oder «gwenam iaiWi, emeltam demiiit.* 

* Vgl. die HaaptqtMlIe, sleir. Beinebfonik, au den Jafafon 1890—1891, Vers 

41584 ff. und die Contin. Vindob. (Ifen. Germ. Script. IX, S. 716— 717, 
sum Jahre 1291). Der Name des ungarischen Kiinigs ist bei Heinrieb 
Ton Heimburg ausgefallen: novus rex Ungarorum dictus. 

* Vgl. Contin. Vindob., a. a. O., aum Jahre 1295 (8. 718 1: ante oarnispri- 
vium*. Zum Jahre 1292 stellt Heinrich von Heimburg die Natix ein: 
Ipso anno Albertus dux Anstrie exivit Anstriam et Uefuit fere 
in to gram annnm. Vgl. die Contin. ^^ndoK, a.a.O., 6.717, wo es 
gleiehfime aom Jahre 1898 beiist: . . . (Albertos) tarnen moop!(S» sex 
septimanis anno nno mansit tbi (am Bbeine). 

* Heinr. Heimburg., 1287: Wenseslaus rex contra Polonos deWra- 

tinlavia et dux Albertus contra comitem Iwannm pngnavit. Ipso anno 
rex nxorem snam (.Intti) primo iuterduxit. Für diese Angabe finden wir 
weder in sonstigen bühmitichen noch in polnischen Annalen oder in Ur- 
kunden irgend einen Anbaltspnnkt. Selbst die steir. Beimchronik, welche 
rieh vom da]». 818 ab Tie! mit den sehleoseh-polniseben Angelegen- 
heiten befasst, bietet diesbesOglieb niehts. Aach Usst sich diese pol* 
ni^che üntemebmung des jungen BOhmenkOnigs xum Jahre 1287 in die 
sonst bekannte Datenreiho nicht gut einfilgen, dpnn aiu li die Verwick- 
lungen mit Herzog Heinrich von Bresslau (f 1290), deren das Chro- 



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39 



Entsendung eines Heeres gegen Kralxau, dvm hahl \V\ uzel II. 
folgt, um seinen Gcjrncr ,Boleslaw' Lokctko zu bekriegen. 
Dieser wird in der Stadt ,Syra* gefangen genommen.' 

Auch eine* (Tcsandtschaft der ,Tartaren' an den Bdbmen- 
kflnig findet sich (zum Jahre 1293) aufgezeichnet.' 

Den Schluss bildet die Angabe, 1300, zur Zeit des Jakobs- 
festes (25. Juli) habe König Wenzel II. seine (zweite) Gemah- 
lio (^Elisabeth, Toehtcr Pfemyslaws von Grosspolen) nach Böh- 
men gebracht und eine neue Heerfahrt gegen Loketko unter- 
nommen.^ 

Das Verhältniss des Pfemysliden zu dem Habsburger 
Albrecht L, dessen lange Abwesenheit aus seinen Ländern 1292 
angemerkt erscheint,^ berühren einige Anführungen. 1293 be* 
sucht Herzog Albrecht I. seinen Schwager in Prag, worauf 
dann, aar Weihnachtszeit, König Wenzel II. in Gesellschaft 
seiner Gattin (Jutta) sich als Gast in Wien einfindet* Irriger- 



aieon anlas ngla«, L A., Cap. ZXVI, godwkt, btoten diMbesllffUdi ktfae 

befriedigende ErlXutemng. Vgl. Btensel, Gu>>ch. Schleelens I, 8. 104. 

* VfL fllr die Jahre 1291—1292 xnnftchjtt die kurzen Angaben in den 
▲nn. Polf.normn, heratHg'. von Arndt nnd Rnpell. Mon. (Jorm,: 1291 
. . . episcopits tiambergensi« veutt cuiti exeruitu rogia Boen)ie . . . und 
1292 . . . Eodem anno rex Bohemie Syracz acquisivit; ferner das Chro- 
nJean «olae regiae, Aasg. Loterth, 8. 115 f., Cap. XLin. Dam die au- 
Ahrliebe Enlhlnnf in dar atair. Beimchronik von Cap. S84 ab. Vulor 
,Syra' ist wohl Sieradz zu verstehen, daa iSyiaca' der Ann. Pole&emmi 
^yradia* im Cbronicon anlae r(>jr'ae. 

' \Vnh\ Ton Polen ans, denn in den Ann. Polonorum A. A. 1293 heiast m: 
Tartari circa Saud o mir tarn fuerunt. 

' VgL abgeaeben von der kuraen Angabe in den Ann. Polonornm anm Jahre 
1300: Anno eodem rax Behende intrat Poloniam et obtinet toüun, daaaaa- 
Abrticlie 67. Cap. im Cbranleon aalae regiae» knag, Loterth'a, S. tmt 

* S. oben S. 88, Anm. S. 

* Dadnrch zeigen »ich die Angjiben in flör f'ontin. Vindob. (Mon. Germ. 
Script. IX, 8.717) znin .lahr*» 1293 unrl die im 4&. Cap. de« Chronicon 
aulae regiae, 8. iusutera ergänzt und yerkunpft, da dort von 
der Beiae Heraog All»eehti I. an «einer Schwceter nach BShmen, bier 
von der Terfebliehen 2n«ammen1nanft bmder FSnten tot Zn^ die Bede 
i«t Vgl. auch Dudi'k, Geaob. M&hrens VII, S. 171 — 172. Den Gegen- 
becnch König Wenzels II. in Wien bezeufft difi Contin, Vindob. (S. 717) 
zum Jabr»' 1298: Simili inoibi rox Boeiiiorum a d'ic Aii«^tri>' invitatii», 
\\ lenuani intravit cum uxore aua et copiosa torba iiobUium. Vgl. auch 
Dudik VII, S. 173, und die kOnigl. Urkunde vom la Deeember IfOS, 
d. Wien fllr die PrlmonafaratenserkllMer Gerea und Pemeck. 



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40 



weise wird unter das gleiche Jahr 1294 (lie W il l A lulLs vun 
Nfissau zum deutschen Könige und die Verlobung { laer acht- 
JiilH i<: n Tochter Wenzels II. mit dem Sohne König AdoUs 
ges teilt.* 

Für die T-iOcalguscIiichte Mährens bietet sich die Anpabc 
zum Jahre I2i)4, damals habe der Zulauf in ,Gurym' (Kurein) 
begonnen, was wohl auf Wallfahrten bezogen werden dürfte.* 

in. 

C^ehalt und Eigenart der Saarer Klosterehronlk Hein- 
richs Tou Ueiniburg. 

W&hrend den Jabrbttcheni Heinrichs von Heimburg die 
Bedeatnng einer seitgeschicbtlichen Quelle innewohnt, die uns 
fUr die Schlusshftlfte des 13. Jahrhunderts, insbesondere von 
1370 — 1300, mit willkommenen Vermerken eines oft ^t untere 

richteten Mannes bedenkt, ohne sich über die Linie annalisti- 
scher Notizensaramlungcn gewöhnlichen Schlages sonderlich zu 

erhoben, steht es mit dem .Chronicon domus Sarensis* oder, 
wie es im Emgaii^c um zutreffendsten kennzeichnet: ,De fun- 

^ Die Yerlobong der jogendUobwi Toehtw dei KVnigs, Agnes, geboren 
18. Oetober mit dem KSnigmobne Bnpreoht tuA ebenlUIi frtther 

18M »in vigilU b. Lumtitii* (Chtonieon «oIm reglaa, Cap. 47) b 9. Aug. 

statt. Die Braut stand also damals im dritten, niebt acbten Lebens- 
jahre, wfw 1294 auch nnmögUch wHre, da König Weii/pl II, 1287 die 
Ehe mit Jutta von Habsbnrg^ schloss, aus welcher Ehe hIh erstes Kind 
der kurzlebige äohu, Pfemysl Ottokar, 1288, 6. Mai, hervorging. 
* Aneh ich denke, wie die Anm. sn dioier Stelle in den Mon. Qerm. XVn 
snm Jahre 1294 beeagt, an GnreiaoKarim bei Brflnn, was gleiehvrie 
Parfus-BarfÜM Enr Dotation derTischnowitzer Nonnen ,zur Himmels- 
pforto' (porta coeli) gehörte (Boczek, Cod. dipl. Morav. III, S. 273, und 
V, S. 82, Emier, S. 90, Nr. 231, und Ö. 763, Nr. 1776 tax dorn Jahre 
1259 nnd 1298), während Emier in seiner Ausgabe der Ann. Heinrichs 
(Fontes rer. hohem. III, S. 321), die Stadt KaaHm in B^Ihmen Toran»- 
selat In Gnrein bestand eine Pfarre, deren Inhaber tS86 ein Jakob, 
k«nig:l. Hofeaplan, war («. Cod. dBpl. Morav. lY, 8. 806, Bmler, 8. 689, 
Nr. 1368), ,dora. Jacobe presbjtero, capellano nostro, plebano in Cur im*, 
in der Urkunde König Wenzels II., worin er den Verkauf eines Dorfes 
diirc)i den Al>t Dietrich des Pränioustratonserstiftes Obrowitz oder Zabr- 
(lowic bei Brünn an die Brünner Nonnen zur heil. Maria (Celia s. Maria 
de Btnna Koniginklotter in AltbrOnn) bestätig 



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41 



dacione dornns Eedesie Sarenns et cetera' yon gleicher Feder, 
gaiia anden. Diese GeBchiehte der Vorbereitniigy des Werdens 
and WachseDS der SJosterstiftuiig am Qemttrke Mährens und 
Böhmens^ dieses anspmebslose und doch mit so viel WSme 
nnd liebevoller Lebendigkeit geschriebene BOchlein in Versen 
and Reimen, worin das Selbsteilebte stets den Grandton an* 
schlägt, nimmt den Leser immer mehr gefangen, je tiefer er 
eindringt, es mathet ihn wie eine Beihe fleissig, aanbor nnd 
natorwahr angefertigter Kleinmalereien, Mintatoren an, wie eme 
Legende, eme Cfaronifc, die mit Holasehnitten naiv and lanter 
an ans spricht. 

Hat doch der Schreiber an der Wiege des Cisterzienser- 
eonventes gestanden; unter den Augen des mit seinem Vater, 
dem Steinmetsmeister Ekhard, zugewanderten Jungen entstand 
erst der dauernde Hauptbau des Klosters. Heinrich zählte zu 
der frühesten Gruppe der geistlichen Zögliuge von .Saar, und 
als er nacli lang^cn Jahren der Trennung wieder in den Con- 
vent zurUckkLlu Le, sah er luil l\i\hrung und Bekümmcrniss, 
dass er bcneits zu den wenigen ,^Uteu*, den Genossen der 
Gründungszeit, zuiiite. 

So hielt er sich denn auch für berufen, die Gründungs- 
und Entwicklungsgeschichte seines Klosters zu verfassen, nach 
Gehörtem und Erlebtem, aus Vermerken und lebendiger Er- 
innerung für die alten und junf,^cn Mönche des Cisterzienser- 
stifies, fllr Jünglinge und Greise, Knaben und Mündige, wie er 
im Vorwort schreibt, und der sioiiliche Wertli seines treu- 
gemeinten Buches erhellt am besten, wenn man seinen Inhalt 
mit dem vergleicht, wo/^ 1783 der Abteiarchivar von Saar und 
fleiösige Geschichtschreiber seines Klosters, Otto Steinbach von 
Kranichstein, über das erste halbe Jahrtiundcrt der Stiftung 
aus den Urkundcnbeständen von Saar zu erzählen in d«^r Lage 
war, ohne eb(!n die Chronik unseres Heinrich zu kennen. Wie 
dürftig, fadenscheinig und unsicher ist dies Alles gegenüber 
do?n, was Letzterer als Zeitgenosse und Augenzeuge umständ- 
lich und behaglich verbucht. 

Die Klosterehronik ^ erscheint in 20 Abschnitte oder Ca- 
pitel gegliedert, deren jedes eine Ueherschrifl als Inhaltsangabe 



* P«n farbenreichen Inhalt des Gänsen hat der Verfasser in der Form 
daar kritasdMn Slndie «Br <U« Z«itscbrifi VoreiiiM Ar die Q 6- 



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43 



an der Stirne trügt Das erste' hebt mit einer Widnumg an, 
kennzeichnet das Jahr des Abechliuses (1300) und den Ver- 
fasser; mit besonderer Vorliebe gedenkt es des Jnnkers Zmüo 
oder Smil als damals einzigen Vertreters der Stifterfamilie 
SaaiSy des älteren Hauptaweiges der hochadeligen Sippe, die 
man nach einem jttngeren gemeinhin die ,Knnstatter^' cu 
nennen pflegt, oder der Brttder yon ^Strsilita', wie sie unser 
Heinrich an späterer Stelle bezeichnet; ' es sind dies die guter- 
mächtigen und kriegerischen Herren Ton Obersess-Obl^an 
bei Brünn, zunächst der Stifter vom SQoster Saar, Bo6ek oder 
Bodko L, der älteste Sohn Gerhards, Burggrafen yon OlmfItz, 
sodann sein Sohn Gerhard (II.) und Zmilo-Smil (H.), Gerhards 
zweitgebomer Sprössling. 

Das n. CSapitel^ weist dem Obfaner Adelshause sdne Std« 
lung zu jener Familie an, welcher die Vorbereitimg dessen zu- 
ftUt, was dann jener Bodek oder Boecke L von Obfan verwirklicht 
Pfibislaw, Herr von Kfiianow (in der Nähe von Saar), den 
die Urkunden als Burggrafen von Eichhorn und Brünn anfUhren/ 



schichte Mahrtius uud Schlesiens, redigirt von Schober, seit 
1897, Bfann, bArtimmt, wo ai« 1807 (I, 4. H«ft) «ncfaiMi iH. Hier 
hnndelt es iieh blo« am die CIiarakt«rittib- d«r Quelle als aolebe. 

* De fandacione domiis ecciesie Sarenais et cetera. 

* Ich gebrauche die übliche Bezeichnung, welche gleichwolil der Chronist 
fttr die Nachkommen des jüngeren Bruders Boöeks I. von ObAm, Ka- 
nos, Erbauers von KunstAtt, nie anwendet. 

* VI. Cap. Quod Botscho tundaTit Sar . . . Hier (S. 530) spricht Heinrich 
von den leiblichen Brfldern BoMu I. von Obfan: Zmilo» Kuno, 
Nieolan« und nennt sie gem^ntav «Brttder von Stnilics*. (Ten 449: 
Twelus et fratrum de Strsilicz.) Offenbar bezieht sich dies anfeinen 
Besit«, wahrscheinlich Strelik, Strilky, Strielz (im Olmützer Kreise 
bei Zdonnek, Pfarre Korit!5chnii). das zunächst jener Bruder Boceks, 
Zmilu, Burggraf von Bramow (im Gesenke), innehatte uud daher sich 
«dominns de Striels* (Stfelik) schrieb. 8. Emier, Cod. dipl. Bohem. 
(IL A.), Index 8. 1410. Vielleicht fahrte der Vater dieser BrUder, Ger- 
hard I. von Obfan, diene Ortspiidieat 

* Quomodo Sibylla vcnit ad terrae istss. 

* Kfiianow-Kfi /Hrsau ersrhoint hei Heinrich von TTiMinbnrp in der Namens* 
form ,Cri»anH' '>vgl. die urkundliche Vnrm dos Samens .Crisanoue*). Als 
castellauus de Wewery (Veveri = Eichhorn) führt uusern Pfibislaw 
beispielsweise die kOnigl. Urkunde von 1888 iQr das Cislentenser Nonnen- 
kloster in Oslawan (Vallis 8. Mariae) an (Boeaek, Cod. dipl. Horav. II, 
S. 861; vgl. Erben, Reg. Bohem. et Morav. I, 8. 433, Nr. 983). 1239, 
80. December (Bocsek II, 8.868) Erben, 8. 466, Nr. 981) erMbeint 



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48 



heintet (vor 1239) > die Witwe des ,Bohiicho' (Bohusch)^* 
SibtlUy welche einst, wie uns der Kiosterchrdoist von Saar 
erzählt, als Edelfiüulein im Qefolge der ^nfischen Kttnigs- 
tochter Knnigimdey Gattin des böhmischen Thronfolgers Wen- 
sel nach Böhmen gekommen war. Aus dieser Ehe erwuch* 
sen swet kurzlebige Kinder, ein Knabe, Peter, und' ein Mttd- 
eben, Libiska,* und drei ,8chmucke' Töchter,* die das Eltern- 
paar überlebten. Die Miteste yon diesen, Stislawa, nahm den 
Gallas (Hawel) von Jabloo, Lewenberg, zum Manne,^ die 
zweite, Eufemia, wurde die Gattin BoSeks-Bodko I. yon 
ObHn, Marschalls von Htthren, Unterkämmerers von BrUsn 
und Burggrafen von Znaim,' während sich die Jüngste, Elisa- 
beth, mit Zmilo-Smil von Licfatenburg (aus dem angesehenen 
Geschlechtc der Hronowici, der von ,Zittau', nachmals von 
,Lichtcnbiirg' und ,Lipa-Leippa' ^) vermählte. Auf diese Weise 



Pfibialaw als Pribizlaus nobilis vir de Critanoae et eattellanas 

Brunensis. Vgl I?(*5[>en, «. a. O., S. 6, 

* lu der obigen Urkunde erscheint bereita (1239) aeiuo Qattiu ISibilla (de 
coDsensu coniugia suae Sibillae). 

* 8o nennt ihn nnier Cbronist, ohne nähere Angabe, die wir auf urkund» 
liebem Weg« niebt bieten liSniien. 

* FMnte va4 libiiea nennt eie <ler Cbroniat (Tete 79—73), beide bald von 
den Eltern uberlebt, da sie nSebt weitet snr Spraehe Icommen. 

* »formosas* Vor- TO) 

* Unser ChmuL-t nennt ilin (\'ers 78) Gallu« de .Tablon; er ist wühl 
derselbe HochadeUge, welchen als «weiten Zeugen: ^Gallii« de Jablouni' 
die SSnagmrkvnde von IS49, SS. September, Erben, 8. 576* Nr. 1S88, 
anlBhrt. Ueber dae sweite Fvidieat Lewenberg e. Emier, Fontes 
rer. hohem. II, 8. 526, ,LewenberiL*. Vgl. dee Niheveii BSpell, a. a. 0., 
8. 8, Anm. 1. 

* Ala jpurgrav^us in Znoyni' ernclioint er z. B 1389, tn jener Urlciinrlo Am 
Pribialaw von KriJtanan, desseu Eidam er wurde, iminittelbar tiftchGcr- 
bardna, purgravius in Olomucz, Bo^eka Vater. ,Mareticalcu8' war Bo- 
iek 1S8S, 1S84, ,flnbeameiariiw* Branends 1S84 ... 8. Erben, Heg. 
Bohem. et Iforav., Index 8. 580; Aber da* Pkidieat Beneek t. w. n. 

* Vgl. darnber Palacky, Dojiny nir. deek. I, 2, Ö. 469 (Hronowici); Kno- 
the, Gesch. <le.s Oberlaiuitaer Ariels . . Leipzig 1879, 8. 33'i f ilf rr die 
Herren von Leij>n. und Dndik, Ucst-h. Miihrens V^III, S. iüi rt. Die 
lichtenburger sind der eine, die von Lippa-Leippa der andere Uaupi- 
aweig der Berren von Zittau. Znr 2eit dee Todee Pfibialawe mnae 
Elieabetb aoob vnvermXblt geweeen «ein, da ihrer eine Urknnde 
(Cod. dipl. Morav. III, S. 153—156) Tom Jabre I25S ala ,domiee]la' ge- 
denkt. Ygl. ROpell, 8. 8, Anm. S. 



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geselien sich die mit den Obfanci n verschwägerten Lichten- 
bniger den Vorgenannten als Mitstifter und Wohlthiter dei 
Saarar PisternenserkloeterB bei. 

Hit dem III. Abschnitt * ftihrt uns der Chronist in die 
Vorgeschichte der Saarer KlostergrUndung ein. Sie behan- 
delt den gottgefälligen Versuch des kinderlosen Adelten Je- 
nisch, Jentzo oder Johannes von Poln« (m der Nidie von 
Saar), einen Cistenuenserconyent auf seinem Waldgnmde durch 
Oseker' HOnche ins Leben zu mfen. Dieser Versuch schei- 
tert aber bald an der Ungunst der Verhältnisse, vor Allem an 
der Yoreiligen Unzufriedenheit des hochfahrenden* (dritten) 
Abtes von Osck, Slavek oder Slavko von Riesenburg, 12iV8 bis 
124Ü, eines Solines des Stifters von Osck. Doch verblieb die- 
sem ersten mönchischen Ansic(ilun^;3ortc im Saarer Walde der 
Name ,Mnyscow'"* für lauge Zeit, und auch die S. Niklaskirchc 
bestand weiter. 

Der über die Vereitlung seines Lieblingswunsches be- 
kümmerte Herr Hanns von Polna lässt sich daher gern von 
seinem Nachbar, jenem PHbislaw von Kri2anow, zur Schenkung 
des Waldes von Saar fUr den gleichen Zweck beredea und 
nimmt als Ehrengabc einen schönen Becher im Werthe von 
15 Mark entgegen.^ Der geschenkte Wald sei allerdings viele 
solche Becher werth gewesen. 



' De Jdfaaaae de Polaa et eiot elaiutfo. 

* Dt» Cbtonieuentift Oiek im Tbale bei Teplitai im Biliner Bniy^ und 
DecADAtsbezirko erwachs 1S09 diueh die UeWta'agung der unprUng^ 

liehen Stiftung dea Adelsbaiues von Riesenburp «^ei» Stamme der 
IlrahiAiri! von MnAtow oder Maschan hei Kaaden (UM) dahin. (Vgl. 
JanaiK« 1) > k, Ong. Cistorc. T. I, VindoU. 1H77, 4«, S. 197, DVIL) Die 
Beniediuiig ging vun dem Mutterkloster Waldsassen aua. 

* Ciifeiiieoa domiu fiarenei« (Yen 114—117): . . . Tode soperba aua men» 
ipiM t«nc revoeafit — Atqae miM monadhoB» fleBun dnoens reraeavit . . . 
Was antor den Pasma (VuTM 1 12 — Iis): ,Postea percepi quod pro blan- 
ttbus pssot inter cos qaisdam talis diüsentio facta' zu verstehen, bleibt 
dunkel. Enilor, a.a.O., S. 624, Anin. 1, nioitit, es sei f!lr ,blfidantibus* 
verscbriöbun (bladare = säeu). Sollte vielleicht ,blantibus' dem plante 
(Daeange-Henschel, Yoeab. TI, 8. U6) =« Kwinehllwling ver- 
weadt aeia? Allerdiage müMte ee da ,pknt(Hubiui^ lauten. 

* Mxuilum » Manchen, Ort der MOache» wie Emier mit Beoht Ueet» 
wÄhrend Röpoll ,in Nyscow' liw (Wen 122). 

* Inbidt de» IV. A.: Qoomodo Pribislau« acqaiaivit aUTam . . . 



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46 



Aber aaeh PKbislaw bischte die QrllDdiiiig dee Gister- 
aenaerkloeten nicht fertig, er konnte de nur yorbereiteny in- 
dem er anf aeinem Sterbebette (f 1251)^ die VolUlthning dea 
frommen Werkes dem sweiten seiner SohwiegevsObne, jenem 
Boöek'Bodko I. Ton Obf an, ans Hers legte und seines Wortes 
sicher aus dem lieben schied.' 

Während uns der Y. Abschnitt mit diesen Vorkehrungen 
bekanntmacht und gleich dem III. werthyolle genealogische 
Beitrüge zur Qesehichte der Obfaner und Lichtenburger Adels- 
familien einschaltet, lenkt der VI. Abschnitt* in die schwierige 
Arbeit Bodeks I., die erste Anlage der dauernden geistlichen 
Niederlassung-, ein, welch o Abt Berthold von Porauk* im 
Saarer Grenzgebiete, zwischen der Sazawa und Polna, besorgen 
Hess. Das Klösterchen, zunächst ein Holzbau in der unwirtli- 
lichen rauhen Wildniss, den heil. Sendboten Petrus, .Tacobns 
und Johannes geweiht und — zum Leidwesen liischols jiruno 
von Olmütz — dem Prager Kirchensprengel eingeordnet,^ 
empfängt als ersten Abt denPoinuker Clsterzienser Friedriob. 
Zur Feier der Grundsteinlegung des Gotteshauses strömten 
deutsche und slavische Landsassen, insbesondere Bergleute her- 
bei^ Der dritte £idam des verstorbenen Pfibislaw, Zmilo-Smil 



^ 1251, am T«ce d«r beü. Märtyrerin Jnliwifl (10. Fobrnar), «tarb Pfibb* 

Iäw (Vera 333—384). 
' Inhalt (Ins V. A.: Quoraoilo PribislAiu eommiwi BoMhooi fnndationeiii. 

• Quüd liotacho fundavit Sar. 

* Pomuk oder Nepomuk, aui Flu^so Ilnadttow im Filsuor Kreiset erhielt 
Min CistennenserkloatMr dureb dieStiftang einei Herrn von Sternberg, 
besiebniigiw^fe «ueb de» Pfeaqraliden Heinrich Bitetiilaw, vm das Jahr 
1145—1146. Dil- Motu Iis Kolonie kam ans Eboracb; t. Janancebek, 
a. a. O., S. 83, Nr. CCVII. 

• Cbronicon domus Sarcn^i^ (Vor« 371): Ad ins Prafronso claastrum 
•ed pertinet illad und Hetzt dann fort ^Ver» 371 — 37Ii): 

<)no presulBrnno (Bischof von OlmQte) vir providna atquefanosna 

Omnlbm otnata« ▼fvtntibne et deoei«tiu 

NoB bene g audebat, poeine sed eorde dolebat» 

Qnod non pertinnit in Cremnyr, ad ana Iura, 

Nani '^i^ii dilfotns nmltum fnerat Inm« I«!tf>, 

Qnod tftmeii lii<^ monRchis nptnni reciüiiH|ue tui^get. 

Brono von OlmUU hätte mithin gern dm Saarer Waldgebiet seinem 

Kremsierer Lebeaabofe ngebiaeht 

* Chnmioon donina Beiemiii (Vers S88— 889): Tentnniei, Moravi, Montnni 
nnUl > • • 



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46 



▼on Lichtenbargy beeilt sich, die Marieiika|»e]le au stiften* 
Die Anfilnge des ersteiii fremdbUxtigeii CüstemenserconTentes 
werden dem Jahre 1252,^ die Einweihung des Onindsteines 
der Kirche dem nftchsten (1263) sngewieeen. 

Dieser Abschnitt der Saarer Klosterchronik macht uns 
auch mit dt-m Versuche unseres Heinrich von Heiuiburg, sein 
mütterliolu's Deutsch und das in Saar angelernte Slavisch für 
etymologische Namensdeutun^t'n aufzuwenden, bekuimt. Er 
geht da vurerst dem l)<)i)pelnamen jObersen* — Ob t au und 
,Oberzez^ = Oberscss zu Leibe, wie die einst stuuliclie, um 
1300 bereits zerstörte* Burg in der Nähe von Brünn, der 
Hauptsitz der Stifterfamüie von Saar, zunächst des Vatei*s 
Bockos oder Bodeks I., Oerhard (I.V Burggrafen vuu Olmütz, 
hiess. ,( >ljerscn* bedeute im 81avibchen die ,Burf^ der Riesen*, ' 
wälireud die Deutsehen mit ,Oberzez* einen ,grösseren Ansitz* 
(sessio maior) bezeicimetea. 

Dann wendet sich unser Chronist der Benennung des 
Kloaters Saar au. Dieser siavische Name beaeichue eine 



* Die ätittUQgsurkunde üodek« i. von Obfan für Saar datirt von 1262 
(Brttna) und brnnchost du neue Klostor snr ICarianquelle oder 
MariabrniiB (moiuut. fontls 8. Mariae in Saar) ansdrficklieh ala «filiam 

Nepomocensis eccleaa«*« 8. den Abdruck der Urkunde bei O. v. Stein- 
bach II, Nr. 2, 8. 10—12; Boc zek, Cod. dipl. III, Ö. 165—166; Emier, 
Reg., 8. 603, Nr. 1842. Vgl. auch Janauschek, «. a. O., S. ttiO, Nr. 
DCXLVIII. 

* Cbrouicon doimis .Sarcnsis, Vers 427— -429: 

Huius erat genitor GL'rliardu» nomine, quudain 
De Castro dictus Obersen quod erat vocitatum, 
Nobtlo caatollmn satie Aiit et modo mptnm* 

Gerhard (I.) von Obfan ereeheint seit 188«— ISM •tote ab .Burggraf* 
Ton Olmttti, niebt von Znain (wie Wolny, Topognq^Ue von Mihnm 
n, 1, 8. 76, annimmt), wm ent eeln Solia wurdn. 8. die Naehweiae bei 
SQpellt a.a.O., S. 10, Anm.3. Die ZerstCruirr l^ing wahncbeinUch mit dem 

streng'en Urtlieil des Krmijrs Wen«el II., Ije/.ichnnpsweiso .seines Stief- 
vaters und KfMchsvcirvvti«(irH Znwi.noh, tlber (»orliard (II.) von Obian, den 
Sohn Boöeki} 1. vom Jahre 12Ö6 stubammen, als Gerhard, ein schUmmer 
LandfrindmHKfmr« Urfthde eehw8r«ii mneita. 8. die besflf liehe Uifcn&de 
vom 88.Mrvar BrOnn, bei Booaek, Cod. dipl. Morav. IT, 8. 810 
bia 312. 

* Chrottioon domns Sarenais (Yen 480): ,eaitnim i^igantnm' . . . »Ober* 
qnaai gygaa (Yen 481). 



4 



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47 



,nette PflftBximg'^ oder das, was nutn Neubrneb, Rodung nennt. 
Wenngleich die Deutschen dicke oder starke Chrflser (gramina 
groflsa) ,Sar' nennen,' so stamme doch der Name nicht ans 
dem Deutschen, sondem Slayischen,* worin ihm denn auch 
beigepflichtet werden muss. 

Dieser besonders ausführliche Abschnitt endigt mit dem 
Ableben des Stifters von Saar, Bo5ek-Bo£ko I. von OblF-an, 
im fUnften Jahre seit dem Tode seines Schwähers Pribislaw 
und drei Jahre nach der KlostergrUndung, 1255; seine sterb- 
lichen Reste wurden \in Chore der neuen gemauerten Kirche 
beigesetzt, bei deren Aut'bau die zahlreichen Steinmetze (lapi- 
cide) viele Mühe an dein liarten und spröden Gestein* der Ge- 
gend aufzuwenden hatten. 

Nebenher sei bemerkt, diu»s unser Chronist den von ihm 
hochgestellten Klosterstifter nie mit jenen Fradicaten ausstattet, 
die uns in gleichzeitigen Urkunden begegnen. Das eine ,Graf 
von Perneck', wie sieh Boöek von Obfan — beispielsweise 
in der Gründungsurkuude von 1252 und in der ietztwillic^^Mi 
Erklärung fi'xr Saar vom 17. Dccember 1255* — selbst nennt 
und vom Markgrafen Mährens und Herzoge ( )esterrciehs, Otto- 
kar, 1252, in der Bestätigung der Klosterstiftung genannt wird,* 
hängt wohl unzweifelhaft mit der niederösterreiehischen 
Ortsgrafschaft Perncgg-rerneck im V. O. M. B. bei Horn zu- 



* Die kritiaelitt Erwigong diever «lleidigB ort^gereohten Nameoadentniig 
mOAen wir den Slavlstea aberlanea. Vgl. auch BSpell, a. a. O., S. S6. 

* .Saber oder ,8äher' (Schmeller-Frumann, Bair. Wßrterbiieh II, S. 244). 
Vgl. auch Miklosich, Etymolog. Wörterbuch der «Inv Sprachen, 1886, 
S. 337, über dHK urkundlu lie «aiiar und das siaTiscbe garu, Üchor. Vgl, 
aacb Röpell, a. &. O., ^ö. 

* Chnnioon domus Sarensis (Vera 438): ,Sar' non de teotonico sed de 
telaideo tialiift OfTtnnu Vgl T«rs 485: Qnod dod toittaiiio» Md da wla- 
Tieo tfahtt ortam. Dia gaaaa Miwlarkarto dar Ilteraii Namaaacliwlbttngea 
fOr Saar, jetrt 2dÜr im SUviiaheii i. b«i Jana Bf eh ak, a. a. O., 8. S48 
Zar, Sara, San u. s. w. 

* Chronicon dornxu Sarenais (Van 469): Nam ganiu hoc la|»idttm duroai 
faU atqoe »uperbum. 

■ O. T. Steinbacb U, Nr. 3; Bocsek, Cod. «lipi. III, S. 200: ,dei gratia 

comat Baniaoanab el ftantallamii Zaoamamlai* ... 
« O. r. Stainbaeh II, Hr. t; Boeaak, Cod. dipl. in, 8. lU— 166; Erb an. 

Cod. dipi. I, 8l 608, Nr. 184S: ,Boeako comei da Bamafcka at bnreh- 

giatriaa da Znofm* » . . 



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48 

MmmeD;' die ihm als erledigt der neue Landesherr Oestonreiehs 
verüehen haben dür^. Dagegen wird das sweite Prildicat, 
Graf von Nid eck (Nidche), welehea unserm Bodek I. von 
Obfan in der Papstarkunde vom 16. Mftrz 1354 gegeben ei^ 
Bcheinty' von ihm aelbat nie geführt, ihm auch in keinem lan- 



* Die Herren und ,Grafon' von Perneck, kU welcher beispielBweise ein 
Ulricli (com«! d« Perndce) 8. Augmt in dam Fr«ili«iti1iri«fe H«y 
Mffs IiMfiold VI. für £m» (M«il]6r, Bab. B»g^ B, 110, Nr. 108) «ntttr 
dan Zeugen erscheint, hingen mit den Herren nnd Grafen von Raabs 

ziisAmraen und fUhren auch das Prädicat »Teckondorf ; sie erloschen um 
1220. Vgl. Wendrinsky .die Graffn Raabs' in den Blättern des Ver- 
eines für LHnderknndo Niodornstorreidis, Wien !879. Dio spätcro Tra- 
dition versuchte es, swisclieu Perneck, atlwo auch ein Kloster erstand, 
nnd den XuoBtattern eine Verbindnng dahin hennatellen, daaa der 
Sohn de» totsten Grafen yon Pemeek (Ulrich HI., f eirea 1880), ein 
Gebhard, nach Bolmion floh, hier roich begUtert wurde and desMn 
Sohn als Gofolg^sniann Ottokars II. bei der HesIt7er{»TeiftTnp von Oester- 
reich Perneck erhielt i vf^l W o n dr 1 nsk y, a.a.O.). Nun kennen wir 
allerdings als Vater Boceki^ von Obran nnd seiner drei Briider (Smil, 
Kon« und Niklas, der von »Strsilici*, wie aie Heinrich von Ueimburg 
BOttttt), einen Gebhard, Burggrafen TOtt Olmllta, aber für die Tra- 
dition Reibet haben wir gar keinen arfcnndliehen Anhaltspunkt; nur die 
Verleihung der Oraf?icliaft Pameck an Bojfek I. erscheint als nahelie- 
gende Thatsaclie. Daher Palacky, Dejiny nArodu ?eskebo T, 2, S. 486, 
mit Recht geffen die .«ipäteren genealogi.Hcben Sagen von der de\itschen 
Reichsgrafschaü Üentegg-Nidda auftritt und nur Berneck in Niederöster* 
reieh als Amtstilel Bo^Sek-BoCkos I. in dem Sinne daer olakarisehen 
Graftehaffes- und Amtsverleihnng festhilt (18M eomes de Bemekke, 
reoter provinciae Bernekicensis, Cod. dtpl. Horay. m, S. 884). 
Immerhin ist es m^^lich, dass das Haus Bo^kos und die sogenannten 
Kun'^tritter, mit den alten Penieckern, verschwägert waren, weitllr die 
Schenkungen Eotfeks I. und .seine« Bruders Smil für das Priinioiustra- 
tenserkloster Geras am mährisch-Österreichischen Gemärke einen An- 
hattspiiakt Inetan dMen. (Vgl. Tfa. ICayer, Uikunden ▼on Gens im 
ArebiT lllr Bstenr. Gesehiehtiquellen H, 1849 und Wendrinskj, a. a. O.) 

* Papst Innoeens IV., bduIgensrerlelhnDg fttr das Kloster Saar (Bocaek, 

Cod. dipl. Morav. HI, S 179, vgL Potthast, Reg. pontif. H, S. 1267, 
Nr. 16279; fehlt bei Steinbach): Bochonis baronis -Marchie Moravio 
cnmiti» de Nidcbe . . . Boraerkenswerth ist, da.'y? hier da.s Cisier- 
sienserkloster in deserto Zaro als zur Prager DiiJoese gehörig bezeich* 
oet wird, witumid et fia Beelltigungsbulle des glelehen Papstes vmn 
6. Juni 1868 (Booaek, Cod. dipl. MonT. m, S. 160—161, fehlt gleiob- 
falls bei 0.r. Steinbach) eella b. Viigiais Cist. Ord. Olomucensis 
diore<!i8 nennt, also dem OlmQtzer Sprengel anweist. Es spricht dies 
für ursprangltche Competenigegenaitse, worauf aneh jene an firOherar 



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49 



desflIrttlioheD Diplom ertheüt. Jeden&lk habeu wir allen 
Gnmd, wenn ein aolche» PiUdicat Bo6elu L ihatsftcliHolL W ^ 
stand, dabei an eine mlüiziflelie Oerflichkeit zn denken' und 
jede Besiehnng zum retchadentsclien Nidda in der Wetterau in 
Abrede zu stellen, wenngleich man nachmals von der Ursprünge 
liehen Einwanderung der Kunstatter aus Deutschland mancher- 
lei auszuklllgeln beflissen Uieb.' 

Die Abschnitte VII, Vni> erOfihen uns den Einbliek in 
den ältesten Bestand des Saarer CSonventes unter den Aebten 
Friedrich von Pomuk und Konrad, ans dem gleichen Mutter- 
stifte, die einander rasch ablfisen, und in die kleine Welt mön- 
chischen Schaffens, gleichwie in die gemeinnützige Thätigkeit 
der verwitweten I^nen Sibylle^ und Euphemia, Mutter 



Stelle angeführte Bemerk uug uuseres KlosterchroniMteu über den Wuusch 
Bischof Bruno« von Olinllt«, da« 8««i«r Gebiet •einein UaehÜEreiM 
ramiraiideii, hinanweiMn MhoiBt Dm aber flaar steti mr Pnfsr Dim 

cese gezogen «nrde, beweist am besten die Bestltigong des Testamentes 
Boceks I. vom Jahre V2bb durch Bischof Brunn vom 27. J&nner 1261 
(St^^inbach II, Nr. 6; Boczek, Cod. dipl. Moniv. III, S. 295) . . . Con- 
veotui monaaterü in Saabr, Cbt. ord. Pragensis diocesis . . • Jene 
Pepetorkimde von 1264, welche anter den in Beer enfbewehrten Stift- 
brieüui fehlt, erscheint nicht nnhedenUieh. 

' Wir heben ein Nendegg-Njdek im Olmlltier Kreise bei Il]lhr.-Weiie» 
kirchcn, ein Neudegg-Neydek bei Lundenburg-Elagmb im Brllnner 
Kreise und ein Dorf Neydek bei Saar «olbst. 

' Vgl. darüber O. r. Steinbach, u. r. O., S. 4 ff. Paproczky (Zrc4idlo 
markgr. Mor.) setzt sie zn den Jahrou 1127 und 12öO!, Weleslawin 
sa ISÖO nnd IMG! en. 

* Chronieoa doonu Serenei» YII: Jb9 primia hne mlaiieS VHI: «Frinras 
sbbas Frideriene d« Pomuk (1263— ISMX de stabilitate eonrentaa*; 
(Abt Konrad lt!54— 1265); IX: .Terttus abbas Waltbelmu de Zedlies', 
1256 — 1259 (3' 2 .Jahre). Heinrich dürfte wohl Irrcfi, \venn er znr Zeit 
Walthelms den Stifter Bo?ek I. von (»brau .sterben iä8.-it. Denn im Te- 
stamente des Letzteren votu 17. December 1256 erscheinen aht erste 
Zangen; DoniniiB Cnnradna abbat und Johannea prior d» 8aaih{ 
Konrad von Ponink war abo noeh Ende 1856 Abi von Saar; ea mfliate 
denn die Enthebung des Äbte.s Konrad und die BestaUung Walthelnis 
nach dein 17. December 125') und noch vor dem Tode Bocek.s I. 
(f 20. December) von Obran eiiij^otreten sein, ahso innerhalb dreier Ta^^e. 

* Sibylla, zweimal verwitwet, heiratet nach dem Ableben des zweiten 
Gatten Pfibislaw ron Kfiianow (f 1261) den Yater ihre« Schwieger* 
aobnes Smil Ton Liehtenbnig, Heinrieb Ton ^ttan (Sitftvia); .liBqne pater 
uatiein, natam qnoqne nataa hababal*, heiast ea im Chfoelaoii doaroa 
Sareneb (7eraS48). Ihr dritter Gatte «tarb aber bald, and lie lebte nun 

Mi*, uoxv. B4. 1. mm«. 4 



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50 



und Tochter, welche im nahen KfÜanan haneen und ftlr das 
Kloster sollen. Die rtthrige Schaffiierin, Lenkardia, regt die 
fleimigen, konstfertigen Hflnde fUr den Bedarf des CooTentea 
an fitnigiachen Gewttodem aller Art 

Unter dem dritten Ahte, Walthelm, aus dem Cister- 
zienserkloster Sedletz* wird der ^hölzerne* Convent, ein Block- 
haus, fertifjgestclh, und der Zimmermann Le.upold vollendet 

die Wiihimng^ dt'S Ahtes. 

Jetzt tritt unser Chronist sclbsst auf die Bildfläc'he. Der 
15jährige Junge kommt mit seinem Vater, dem 8teinmetz- 
meister Ekkard oder Ekward, nach Saar, wo der St^han 
des Klosters in Angriff genommen werden soll. 

Als der neue (vierte) Abt, Heinrich von Pomnk, Walt- 
helms Nachfolger^ sein Amt in Saar antrat* (1259), be&nd sieh 
unser Steinmetssohn^ Heinrich, bereits unter den vier ersten 
Noyisen des Klosters. 

Dann erscheint 121)2 nach der Enthebung Heinrichs von 
Pomuk als ninf'tcr Abt der treffliche Winrich aus Wald- 
sasscn,^ der durch sein Wirken unvergesslichc Prälat,* der 
Berather Euphemias, der nunmehr in Saar selbst hausenden 
Witwe. In den 14 Jahren der Amtsführung Winrichs 1^1262 
bis 1276) vollzieht sich der Ausbau des neuen , steinernen' 
Kiut(Ler8,'' das miniiielir aucli unser Heinrich bewoluil und seine 
Kunstfertigkeit als ^Schnitzer' (scuiptor) in den Dienst der 



mit ihrer gleiclilUIs (teit 1866) ▼arwitwetsn Toolitor Baphemis In Kffia- 
oao und Smt und tttrb 186S (ChronieiNi dornt» S a m uHn^ Vers Ö78— 676). 

* Gegründet 1143 yon MiRwlaw tob Wutenben;. Jsnansehek, a. «. 

8. 78, Nr. CXnr 

' Chronicon doinus Saroiisis X: de quarto ^bbato de Pomuk, seil. Heiurico. 

* Altf 71. CUtercienserkloMtor gegründet 1128—1133 vom Kitter Oerwich 
von WoUeMiaiHteiii und dotirt tob den Yohbnifem; die Oolonie der 
llSnehe kam ans Clairyanz; von Waldsamn ans worden daan fied- 
letx und Osek itt Btllunen besiedelt Bw Janansehek, a.a.O.. 0.89» 

Nr. LXXI. 

* Chronicon domoB Sarensüi (Vera 691): rir pmdeiu, diflcrettu est traota- 
bilis ipse. 

* Ursprünglich wollte sie mit ihren Kindern nach BrOnn an den Hinoriten 
llbefriedeln (ükronieon domns Sarensis, Vers 680^688). 

* Ghnmieon domns flaiensis XII: De earo anno^ tnne ascemlimns ad la* 
pidenm elanstnun. 



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51 



würdi^M'u Scliartnerin Ku{)}»Lmius, Lcukardib, stellt* An späterer 
Stelle- deutet uus aber auch unser Heinrich an, dass er im 
sechsten Jahre dieses Abtes (1268) dem Saarer Kloster und 
dem MftnchslelH'ii den Rücken wandte. 

Wiis siel» dann weiter hin zu den 'l^'lL'■•"n seiner späteren 
Rückkehr (nach 1294) daselbst zutrug, behandeln die folgenden 
Abschnitte.* 

Zunächst erlitt Saar durch den Ab^'ans: des trefflichen 
Ahfes \\ inrieli einen .selnvcren Verlust. Naeli 15 Jahren seines 
fruchtbringenden Waitens musste er fort Denn das Kloster 
Eboraeh oder Ebrach in der Würzburger Diöcese. eine der 
ältf >t^^n deutschen Mutterahteien des Cistensienserordens/ be- 
gehrte ihn ,mit aller Gewalt* zum Vorstande. 

Persönlich am härtesten betroffen fühlte sich die Witwe 
des Stifters, Euphemia; sie ergab sich non ganz der rastlosen 
Krankenpflege inid aufreibender Kasteiung. 

Rasch wechseln wieder die Aebte des Saarer Klosters. 
Dem sechsten, Johannes I. aus Pomuk (1276), folgt nach 
sechs Monaten schon Johann II. ^C^aiplias* als siebenter Abt** 
Za seiner Zeit starb die unyergessUche und unvergessliche 
Gönnerin des Klosters, Euphemia. Aber auch KiOnig Otto* 
kar n. findet (1278) sein gewaltsames Ende, und es brechen 
herein die Zeiten, da ein ,Enabe' des Reiches Herrscher wird, 
fiir Mähren von der fllnfjäbrigen P&ndherrschaft des Habs« 
borgers Rudolf — in der Person des Herzogs von Sachsen, 
Albrecht* — erOffiiet. 



* ChronicoQ donius Sarensis, a. a. O., Vers 734—736: 

Et tone sculpebam sibi, qualia ligna valebaut 
Hoc ad opus fiuiere quidquid coatneTerat illa. . 

* ChroniooD donras Saremts XX: 4i*xplicit, ezplieeat* T«n 1126; 

Sod sub Winrici sexto «0111 mortnns anno. 
S. den I. Abschnitt dieser Studi«;. 

* Chronicon domus Saren,'«?.'?, XIII. — XVIII. Abschnitt 

* Um 1127 von Moritnond Ans gegriladet. S. Janauscbek^ a. a. 0., 
S. lö, Nr. XXVin. 

* Ghronioon donras Sarensis XIV— XV. Joluum II., GaipIuM^ anm enten 
Male Un-^mi Abt 

* Albrecbt II. von Sachsen- Wittemborgi 1260—1298, erster Gatte der habi- 
burg-i»clieii KönigstoclittT Ai^ries. V{jl. die MH.hren betrelTfiidcTi Au«- 
fiiLruii{ren im IL Abscbtütt za den Angaben üeiiurich» von Ueimbtti|f 
zum Jahre 1280. 

4» 



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52 



Diese Nachwehen des Jahres 1278, vor Allem die Schäden 

allgemeiner Unsicherheit, eiuptindet immer nachdrücklicher das 
Kloster seit dem achten Abte. .lohannes III. (1281 — 1283) 
von Pomuk, der nach zwei .ialireu wieder enthoben wird und 
den Johannes Oaiplias als Nachfolger erhäh, also ztiui 
zweiten Male dem Saarer Kloster vorsteht^ und in schweren 
Zeiten Jahre seines sorgenvollen Amtes waltet (1280 — 128G). 

Tinter dem neunten Abte Adam aus dem Kloster Sedletz* 
wird Saar von liäubereien derart heimgesucht, dass der ver- 
armte Convent gänzlicher Verödung anheimzufallen schien.' 

Adam war der erste Abt, welcher in Saar, nach kurzem 
Walten, starb und bestattet wtirde. 

Nnn trat (1289 — 1293) als zehnter Abt ein ,Sach8e*, Jo- 
hannes IV. aus fomuk, an seine Stelle, um dann wieder ins 
heimische Kloster zurückzukehren und hier zu walten.* 

Die Familie der Stifter, die Obraner, sollte bald nur auf 
zwei Augen stehen, denn Herr Gerhard II. von Obf-an, Bodkos I. 
Sohn, stirbt (1291) im blühenden MannesaUer,* sein Erst- 
geborner, Bo6ek (IL), scheidet bald aus dem Leben, und der 
aweite Sohn Smil-Zmilo (II.) bleibt der letste Sprome des Ter^ 
Ödenden Hauses.* 



1 Oifonieoii domni Saveiuis XTL 1283— ItM. 

* Chrouieon domus Sarenib XYIL Adam war ■wel JahM Abt (1S86 bis 

1288). 

* Chronieon domus Saraniis, a. a. O., Vers 926—927: 

In tantum, «]iiod conventus est tunc monacborum 
Dispersiis, niinia pro paiipertat© gravatus. 

* Chrunicou dumus ä&reiisii» XVIU : ,De abbate Johanne IV, qtüdam 
ßt(Mio>* JobaniiM (Vers 930). 

* Chronieon domni flarenriii Vccs 988^989, Mgt daber gelaffentlicb Mine» 
Todet: 

Sic nostri aabito fundatores obierunt 
Dum iw venös essout, nobia utiles(}U(> fiiisisent. 
Gerhard II., f 12 Jahre nach seiner Mutter £phuemia (f 1278). Sein !n 
einer spätoien üechischen Copie erhaltenes Testament von 1889, 6. No« 
Tombor (wned^U pied aw. Martinom) bedachte der Saarer Convenl (6. 
Steinbaeh, a. a. 0., II, Nr. 86; BoGsek, Cod. diplMontv. V» 8. 889.) 
Cbronicoo doniu Sarensis, Vers 940—941, S. 544, bemeilct Ton ihm: 
Dimidiani ville partem nobiH dodit ille 
In Suratk.i (Swratka) media quaado fuit .lutea nostra. 

* Jener Zmilo-Smil von Obran, dessen der Anfang und ijcblusa des Chro- 
nieon domns Se re neiB so UebOToU gedoikt» der Zögling nneeree Heiiwialu 



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53 



Da gewinnt endlich (12S^) an dem elften Abte, Arnold, 
das bedrflngte^ verfallende Kloster seinen Vaneifrigen, waekeren 
Leiter.' 

Es ist die Zeit, in welcher Heinrich von Heimhurg, seines 
weltgeistlichen Wanderlebens müde, in die Klosterzelle von 

Saar als , wiedererweckt vom geistlichen Tode' zurückkehrt 
allerdings nicht so grossherzig aufgenommen wie einst der , ver- 
lorene Solm', dessen, was er einst besass, nicht wieder theü- 
haftig, des Geringsten bedürftig,' und an dem Convente den 
Wechsel der Zeiten am besten ermessen kann. Denn von den 
Priestern seiner Jugendzeit findet er nur einen noch, den 
. greisen, gebrechlichen^ und erblindeten Wigand vor,* und er 
seihst ist inzwischen ein ,Alter' geworden. 

X>ie damals in der Zeit des Abtes Winrich (seit 1262) 
jung etnxogen, sind nnnmehr ,Seniores'. 

Wenige ansgenonunen sind die, welche er yorfiuid, sänunt- 
fich ,Z9g'1|nge' dieses Hauses, kein Iremdhttrtiger Oonvent mehr 
irie einst, nnd er allein war von denen, ,die der Welt Ter* 
fielen', wieder snrttckgekommen nach Saar, an die yormals 
,AlrchterUehe, schlecht angehante' Stattet 



' Chronieon domiu Satenrii ZDC, Yen 945—948: 

Poal hone vndediinu Amoldiis fit pater in 8ar, 

Filiiu ip«e iomxxB e«t, edifieamqne lilwBler, 
Ineipit hinc fundare domnin, i\nm fompore longo 
Nil fait extraotara, uil et fmt ediücattim. 

» Vet» 1188— IUI: 

ProAifi» ille t«in«n adol^teem «an redÜMet, 

St mieepliMt tpmm gandent patar eiiM 

Omni» pfima Mint reddita, lad mihi lie Don« 

Quam bone sufficerent mihi ai postrema dareutur! 

^ PrnpfOT- Wi^anduin, fragilem nimis et miserandnm (Von 901). An einar 
frühereu Stelle, X, Ver» 632—633, heisst es: 

Suntque defuncti dxcti fratres modo cuncti 
Fnetar Wygandnm nunc eeonm aed vtatrandnin. 

« V«rt 963—974: 

Sunt Iumh hie allqni« qni Winrici T«nio1»&t 
Tempore qui nunc nnnt hm omnibus et seuiores. 
Er sählt dann 24 Namfln von Mönchm «ofi aosterdem 2 Novisen. 
Vera 987—901: 

Nam fuit iate locus prius horridus et male cultus 
Ut iMnci pMMDt hie neophiti MmsoeM 
Idoiroo qnidsm inoii»ehl poat hee «biernnt 



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64 



Hier Alhlt er sich nun aber wieder wohl; er klügelt sieh 
ein paar Verse ans, damit er sein Saar um so treuer im Hersen 
hege und pflege.^ 

Zeitereignisse und vor Allem das Geschick der Obfaner 
Stifterfamilie and des Lichtembuiger Hauses, der Mitstifter von 
Saar, verewigt seine fleissige Feder. Gedanken an die Ver* 
gänglichkeit und an den Tod durchkreuzen die Seele des 1300 
achtundlOnfzigjährigca Mannes. Seinem gewesenen Zögling 
Smil-Zmilo, dem einzigen ^Hoffnungsfunken' des Saarer Con- 
ventes, gelten die Schlusszeilen des XIX. Abschnittes}' der 
nächste und letzte &8St das eigene Leben des Chronisten, 
Heinrichs, des Steinmetzen'^ des Sohnes ^Ekwards, des Stein- 
metzen'^ in Jahresangaben und allcguiischen Andeutungen zu- 
sammen.' 

IV. 

Die Ahfansnug der metrischen Klosterchronik you Saar 
uud iuöbesoudere der Auuales Ueinricl Heimburgeottis 
and ihr gegenseitiges Yerkältniss» 

Kür die Al)tassiiii<jf der metrischen Kloötcrchronik von 
iSaar bietet unser Heimich augenfällige Anhaltspunkte in dem 

Ad voinituiu neculi, qtii postea nun reilicrnut 
Praeter me solam, (j^ui suui miser atque prusilhis. 
' (Vers 999—1000.) Darin Bleckt ein Dntaendmnl ventdioben dar Num 
,Sew*: 

Hinc aliquot ▼ertfcnlg« «go oompomü nilii soli» 
Qnoe niilliu posset sine me cognoscere leotor: 
Ut possem melius hoc S.nr in conle t«Minr*'r 
Ar« aras arcos, artis |i;itcr astniis aritis, 
Ars arues curas, facis artibus artequo puras. 
* De Tera Stirpe (fmidatorum) «uperest rann«« Ulm unns» 

Quem nobis CShriste eonfarrea trinus et unus 
Non cito Sit fonus, hoc nobis trailito mann« 
Uniea seintilla m^naat nobia, dens Ula. 



Te uietri stilo laudu karissirae Zmilo, 
Et (^uia laudandiis, veutirandus, semper ainauduä, 
Et pins atqne bonos, noster qaandoqne patronns. 
Et benefaetoftt» nobi« tntoique fntama (Teva 1094—1097). 
* Siehe oben das in I. Abschnitt dieser Studie Gesagte. 



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55 



Werke selbst ZunSchst geschielit dies, wie wir im ersten Ab- 
sehnitt dieser Stadie bereits nachwiesen, im Eingänge des Cbro* 
nicon domns Sarensisy wo er sag^ er babe seine ^Biehtiing' 
(earmina) im Jahre 1300, das ist im sechsten Jahre des Saaier 
Klosterabtes Arnold, im 16. des KOnigthums Wensels IL, im 
48. seit der Qrltaidimg des Stiftes nnd im 58. seines eigenen 
Lebensalters niedergeschrieben. Mag man nnn auch darin 
blos die Schlusszeit der Abfassung erbficken, so findet sich 
anderseits eine Reihe Ton Stdlen, ans denen hervorgehtj dass 
Heinrich von Heimbarg an diese Arbeit erst dann ging, als er 
(nach 12^) in den Saai-er Convent zurückkam und hier das 
Bedürfniss verspürte, der Geschichtschreiber seines Klosters zu 
werden. Schon im VI. Capitel, worin er die StifUuig Bo^eks I. 
von Obfan behandelt (1252), bezeichnet er die genannte Burg 
als bereits zerstört,^ was nicht leicht vor i2öü der Fall sein 
konnte. * 

Im XII. Capitel erzählt er, dass unter dem Abte Winrich, 
welcher 1262 an die Spitze des Klosters trat, die fromme Zofe 
(puella) Euphemias (Bodeks I. Witwe), Alheidis (Adelheid), auf 
Bitten ihrer Herrin zur ,Inciusa' wurde und als solche 34 Jahre 
beharrte,' was mindestens auf 1296 hinleitet. Im XIII. Capitel 
erwähnt er des älteren Sohnes Gerhards von Obfan (f 1290), 



* Chronicon domus Saransis, Vera 429. Vgl. das im Ol. Absdinitt darttber 

* 1186 mwile GerharA voii Obiu dl» bakamitB UiMid« MhiNIfea vaA 
«idi dm KSnige auf Gnade und Ungnad« nnlenraifeii; es soheiiit daher, 
daae die 8telle im Chronicon domiu Banuna, Vers 428 ff«; 

De Castro dictus Obersen, qnod erftt vocitatum, 
Nobile castellum sAti» lioc fuit et raodo ruptum 
aut die von Gerbard d&mak dem Küuige Ubergebeueu Burgen sich be* 
sieht Allerdings erfahren wir aus einer Urkunde KOnig Johanns von 
BSlnnen (1316, 81. JUn, Ced. dipl. MeraT. VI, 8. 70; vgL Dndfk, Gesoh. 
imurena XI, S. 179—180), daes bei dem Aufstände der nUUurisehea Ba- 
rone gegen den Luxemburger die königstreuen B Arger vun Brünn die 
Burg: ,Ober/.fiii' er'>l>ert und dem LandesfUrsten ausg^oliefurt hatten. 
Auf dieses Ereignisa kann sich aber die mit 1300 abuchliessende Kloster- 
chronik unmöglich beistehen. Die Burg mUsste also nach 1266 wieder 
an^riehtet worden sein, was aneh sehr nahe liegt. 

' Vers 730: ... Et manet inclusa bis X aanis quoque septem. Kau kann 
gnns woU fXtl leeen, und dann beUbne man 1M8 +84 
1S96. 



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66 



Bodek IL, ab yjetst' Verstorbenen^^ was erat nach 1^5 
eintnit* 

Scliwieriger finden wir uns mit der IVage ab, wann und 
wie die Jahrbücher Heinrichs von Heimbnzg an Stande 
kamen. 

Zunächst darf wohl angenommen werden, dass zur Zeit, 
als Heinrich im Alter von 26 Jahren dem Kloster Saar den 
Rücken wandte und in das Nachbarland zog (1268), um hier 
als Woltgeistlicher sein Leben weiterzuspinncuj dem jungen 
Manne, welcher in engen Ortsverhftltnissen aufgewachsen war, 
Beruf und Antrieb zum Annalisten noch fernlagen. Ah er 
dann die besten Jahre des Mannesalters, 12G8 — 1294, grosslen- 
theils Im Nachh.ulaiulp Oesterreieh, in seiner ersten Heimat 
und in Mähren als Krzieher Smils-Zmilos II von Obfan ver- 
lebte, mochten die tiberaus wechselvollen und folgenschweren 
Ereignisse, die an unserem Heinrich vorüberzogen, seinen 
empfänglichen Sinn zu Vormerken angeregt haben, die uns die 
Eigenart und die wachsende Ausführlichkeit seiner Aonalen für. 
die Zeit von 1271 ab erklären. 

Mit solchen Vormerken dürfte er nach Saar anrückge- 
kommen sein, und hier erst fand er Müsse nnd die Mittel, 
diese Vormerke zu ergänzen; fortzusetzen und durch HiiiÄU- 
{bgung der yorzugsweiBe dem Geschichtswerke Oosmas, wahr- 
scheinlich mittelbar, entnommenen Notizen seit 861 zu einer 
,Cronica Bohemorum' auszugestalten, mit welchem Titel sich 
das Ganze in der einzigen uns bisher Toriiegenden Hand- 



* Nunc obiit Bot*ichtj (luit priinu» natorum, hei.s.st e.s weiter oben, aus 
der Ehe Gerhard« mit Jutta, der Tochter den Tnichsess von Feldsberg), 
Ven m una 8fil. 

' In dem Chronicon Zdiarense (s. den VI. Abacbnitt) wifd 4tr Tod Qw- 
hards Ton Obfftn 1891 «ageaetit, dann der wdatir Witwe Jutta 1896; 
hierauf folgt der Tod ihrer beiden TSchter, mä endlxdi li^ait ett M<»w 

tuus est itaqne Bocsko filins eittg et devolata e^t fondatio (monwterii 
Sar.) ad Sinilonem fiUnm Oerliai Ii I}o6ek II, von Obf.m mnss also erst 
nacli 12Ö6 verstorben sein, denn es steht weiter oben von seiner Mutter 
geschrieben: manens vidua et tenens bona mariti, sie hatte also bis 
an ihr Lebemende die Haiugttter Terweltet» dann flberBehm de und 
das Fatronal fiber Saar Bp2ek n. Veberdiea l»ewefait das nnne bei 
Heinrich von Heimhafg, dass der Tod Bofieks II. ent kOrslieh, also 
nicht lange vor 1800, eingetreten sein kann* 



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61 



schritt später Zeit* auch einfuhrt. Da anderseits die Annalen 
nnd das Chnmicon domus Sarensis mit dem gleichen Jahre^ 
1300, schliessen and, wie wir sahen, und was der Excurs er- 
Khöpfend darlegen wird^ in den zeitgeschichtlichen Angaben 
ehumder vielfach decken, so erhellt auch daraus ein Parallelis- 
mos der AbfiusnngBseit Jedenfalls &nd sich unser Heinrich 
▼erankasty in die Saarer Klosterchronik einschlägige Daten ans 
den Annalen anfkanehmen nnd sie dort metrisch au yenuheiten 
oder in Prosa knrs ananschweissen. 

Allerdings ist mit Röpell (S. 51), der diese in der Hand» 
Schrift eingeklammerten ProsazeUen als ^spätere', das ist nicht 
von Heinrich herrührende Zusätze betrachtet, schwer zu rech- 
ten, da uns nicht die eigentliche Originalarbeit, nrnnlich von 
Heinrichs Hand, vorliegt (vgl. den VIT. Absclmitt). Iiuinerliin 
ist es ganz gut denkbar, dass er selbst diese Daten einschob 
und ihre metrische Gestaltung unterliess. 

Wenn bis zum Jahre 1125 von einer vorzugsweisen Be- 
D&taong der grundlegenden Chronik des Cosmas die Rede 
sein mxaSf so lässt sich schwer entscheiden, ob unser Heinrich 
das bewusste Geschichtswerk unmittelbar bent&tzte, daraus 
beliebige Aosafige machte, oder irgend einen uns bisher nicht 
bekannten Aaszng ans jener Chronik an Händen hatte. Will 
man das Erstere gelten lassen, so muss man entschiedene 
WillkUrlichkeiten nnd Abweichungen Ton seiner Quelle 
in Kauf nehmen. 

So nennt Heinrich den ,erBten' Herzog der Böhmen Ne- 
aamjsl und beseichnet ihn als Vater der Libussa, was doch 
nach Cosmas Erok war, während Nesamysl hier dem Pfemysl 
fdgt. Heinrich stellt dann die weitere Reihenfolge der sagen- 
haften Pf^mysUden derart auf, dass dem Pfemyd: Hnatha, 
Neklan, Wogyii, Hostiwicz und BoHwoj sich anreihen, während 
sie bei Cosmas: Pfemysl, Nezamysl, Mnatha, Wojin, Unislaw, 
Kfesomysl,* Neklan, Hostiwit, BoHwoj lautet. 



s Ann. Hsinr. Heimbnrg., Mon. Germ. Script XVII, S. 711 (Prasf. editom), 
im Berliner CSodes Lsl Nr. 186, Pap.-Haadicbr. ans dem Anikoge dee 
16. Jalirhwidefto (1900 im Bentee dee KSnigibeiger Profeaeoxe Hedion), 
FoL 16—25. 

* Diese beiden Namen fehlen bei Heiniieb von Heimbnig gaan. 



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58 



Auch flas als Ausgangspunkt von unserem Heinrich an- 
gesetzte Jahr 861 fällt auf, da es nichts mit diesen Uranf^ngea 
der Geschichte Böhmens gemein hat, Cosmas selbst auf jede 
chronologische Fassung des ,mythischen* Zeitalters verzichtet 
und erst mit der Christwerdung Bofiwojs I. 894 die Jahre zu 
zählen beginnt. ' Des Letzteren Taufe wird statt cum Jahre 
894 zum Jahre 898 angeführt. 

Heinrich von Heimbuig stellt den Märtyrertod Wenzels 
wobei er auf eine der bekannten Legenden als Quelle an- 
spielty statt» wie die genaue Angabe zum 28. September 929 
bei Cosmas* besagt, unter daa Jahr 930 und bietst dann ttne 
kurze Uebersicht der Geschichte Böhmens — ohne 
Jahresangaben — bis zur Thronbesteigung Bfetis- 
laws I., worauf er dann wieder auf die frühere Zeit surftck- 
kommt und mit dem Tode des ersten Prager Bischöfe Dietmar, 
969,* einen solchen Nachtrag liefert. 

Dann setzt er zum Jahre 980 (^!) die Geburt Bi^eliblaws 1., 
des Sohnes Udalrichs, von der ,Bei8chliifcrin' Boiena, und 
dessen Thaten^ schaltet 996 das Martyrium Bischofü Adalbert 
oder Wojtech ein, 1001 die Gewaltherrschaft ,Mesko8** von 
Polen in J>o}iinen und 1002 die ,Kaiserwah!' Heinrichs II., 
welcher Bamberg stiftete und 23 Jahre und G >ronate regierte.* 
Nach einer weiteren Reihe von Angaben zu den Jahren 1004, 
1016, 1017, 1021 (Brautraub Bretisiawfi 1., den er schon an 



* Wie diM beupt«lfwtfie die ana Coimaa «chopfenden Ann. Grndieeniet 

(des Benedietinenrtiftes Kloster-Hradisch bei Olmttt«), Mon. Gem. Scripl. 
XYII, S. 644, thüti. bei welchen eneli die HenogneUie genau nadi 
Oosmas verbucht erscheint. 
» Ao. dorn, incarn. DCCCXXVIUI. quarta Kai. Octobri». 

* 8. Coamas Chronieon en dSeiem Jahra. 

* Kseh Goemaa, der Um atati Mines Söhnet BoleaUw d. T. in den Jahren 
1000--1001 ela ErobsMr Fraga angibt. 

> Diese Angabe erscheint nicht dem Cosmas, sondern einem Chron. uni- 
versale o. imperatoram entnommen. Vgl. Ottonis Frising. Chronieon 
1. "VT, Cap. 27, über Heinrich II. ... cnm e«i»et ehristianissimus, nobili«- 
simom episcopatom Babenberg fundavit . . . at Heinriuus iiuperator piissi- 
mns S4 ngid ani, 11. antem ImpeiU anno rehna humania ezceptus . . . 
Die Zeitreehnnng bei Heinrieh von Heimbaig iit aeheinbar genaner, 
aber ni^t ri^tiger. Heinrich U. wurde 6. Jnni 1002 zum König ge- 
wählt nnd atarb 18. Juni 1024, er hatte somit ala KOnig, nicht ala 
Kaiaer genan ti Jalire geherfacht. 



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59 



froherer Stelle gestreifl), * 1022, 1033, 1030> kommt er 1086 
frieder auf den Tod Hersog Udalriohs* snrftek. AuffaUend ist 
esy daas er dann von einem ^blinden Herzog Boleslanaf' epriolit 
und ihn im gleichen Jahre (1037) sterben läset, nnd zwar als 
,&ebenten Herzog V dem dann Kbtislaw L folgte und, am die 
Blendung seines Grossyaters an den Polen zu rihshen, gegen 
sie die Waffen erbob, während unser Chronist den un mittel^ 
baren Vorgänger Bfetislaws I., den entmannten mid gleichfalls 
geblendeten Herzog Jaromir, und dessen Ermordung durch 
die Wrasowici (1038) übergeht oder nicht zu kennen scheint. 

Den Kinfall Könif^ Heinriche III. in Böhmen und das 
Huncrcrjahr ii)46 zieht unser Annalist in eine Angabe zu- 
sammen. ^ 

Dann erscheinen dem Cosmas die Angaben zu den Jahren 
1045, 1047 ziemlich wortgetreu entnommen, worauf zum Jahre 
1056, 1057 kurze Auszüge aus der Chronik Böhmens gleicher 
Herkunft folgen. Der Tod Spitignöws II., bei Cosmas 1061 
angegeben, wird zum Jahre 1058 gestellt; das über die Hei- 
raten Wratislaws II. Gesagte findet sich statt 1062 zum Jahre 
1059 angegeben. Gleich falschen Datirungen, 1060 (statt 1067, 
1068), begegnen wir bei den Angaben ttber das Bisthum Prag 
und die Vorginge in Ohntttz, während das Sachliche auf Ck»- 
mas zurlickleitet. 

Dann setzt unser Zeitbnch erst mit der kurzen Angabe 
aber den Krieg der Pfemysliden gegen Leopold II. von Oester- 



* S. oben. 

* All« diMe flSnaeliieii Daten fuhren auf Comae aorttdt. 

* IQM (etatt 10S7): Obiit Odalriemdaz Boliemie., qai oottetmxitTrie- 
1>iee; 4ieeer Zusatz ist dem Coamaa nldit entnommen; welcher henog» 

Bau, welche Stiftung darunter g-emeint iot, entzielit n\ch unserer 
Kenntuiss. Von den spjiriichen Urkunden jener Zeit betriflt eine ein- 
sige (and xwar in einer späteren Bestätigung enthalten) eine Schenkung 
an da* alte («dum im 10. Jahrhnndert) gegrttndate Benetietineikloetor. 
Ostro«. Sollte Heinrich yon Heimbmi^ wohl gar an Trebiteeli in 
Hlhven denken? 

4 Die Angabe ttber den ,Uinden* Boleilans, das ist den gehlendeten Boles« 

laus III., ist deni Cx^mas entnommen; die Zahlung als Herzog, wie dies 
Heinrich von üeiuiburg liebt, ist richtig, wann man von Boriwoj L 
ausgeht 

* Bei Ooemae wiid der J^ieg gegen Bfetiilaw 104S und daa Hungerjalir 
1048 angeeetst. 



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60 



raicli (1082) ein, welchen Cosmae «uBfbhriieh behandelt Der 
Tod Jadifhs, Tochter Wratislsws IL, wird (1085) bub Coemas 
entnommen. Ebenso entnimmt er dieser Chronik die Erhöhung 
des Bdhmenherzogs snm Könige (1086) und den Tod sünee 
Bruders, des Ohntttser Herzogs. 

1090 wird — naoh Oosmas — das Ableben des siebenten^ 
Prager Bischofs angesetst Unser Annalist nennt ihn den 
Bruder Wratisiaws II., Ekkard, statt ,Gebhard^ Dann folgt 
die kurse Angabe ttber die Empörung Bfetidaws II. wider 
seinen Vater, Wratislaw II., xum richtigen Jahre 1091, der Tod 
des Lststgenannten und seines Braders Konrad, des mährischen 
Theilftlisten (1092) und das Jahr des grossen Sterbens 1095;' 
1096 ist zunächst von der Judenverfolgung in Prag — nach 
Cosmas — die Rede; 1097 von dem Ableben des Cosmas, des 
,achten^ Prager Bischofs. Dann gehen die Annalen unseres 
Heinrich auf die Vertreibung^ Kaiser Heinrichs IV. durch seinen 
Sohn Heinrich X., llOü, über, ' erzählen die Vertreibung Bofi- 
wojs II. durch Herzog Swatopluk von Olmütz und dessen Be- 
ziehungen zu Heinrich V.* 

Die ^freiwillige' Abtretung des Herzogthums Böhmen von 
Seiten Wladislaws I. an den älteren Bruder, den vertriebenen 
Herrscher (1117), wird 1116 angesetzt^ und 1117 vom Erd- 
beben in Böhmen gesprochen,^ dem 1118 grosse Ueber- 
schwemmuugen folgten.'^ 

' So zählt Heinrich voa Heimbui^, uud zwar richtig. 

' Ann. Heinr. Heimburg, sum Jahre 1096 : Ipio anno fait magna mortalita« 

hominnm. So heint et auch in den Ann« Gradieenaeet Hon. Genn. 

Script. XVII, 8. 648, nun Jalue 1096: In Boenua et nUqne mortnHtai 

hominnm facta est. Bei Coamai findet sich die Angabe zum gleichen 
Jahre: Aquilonalis plag'a p«>r nmUn.« noetes in coolo appaniit rubi- 
cunda, ohne dass» de.s ^rrosseii Hterhen« e-odacht würde; dageg-en heisst 
es zum Jahre 1094: Eodem anno fuit niorulitad hominum sed maxima 
In Theatonieis partibn«. In Hinciobt der Jilneeangabe weiehon kier 
MNnü die Ann. Gndieeoiee nnd Heinr. Heim1nns'> von CDenuw ab. 
' Vgl. Cosmae nm gleielieo Jahre. 

^ Nach Cosmas; auch die Bezeichnung fiwatoplnks als ,compater* Hein- 
richs V. wird anp^führt und die Sninm© von 10.000 Mark Silber. 

* Kbt'iiso diu Ann. Gradieense.«, a a. (> , S. 649, znm .Tahre HIß. 

° Zum gleichen Jahru uud faat gieicLlauteud in den Ann. Gradicenses. 
Cwinaa snm gleiehea Jabre ndt der Tagesangabe IIL non. Jan. (4. JSnner). 

' Naeh OoHDas; eaeli die Wamrlillhe an der Preger Brfleke wie dort an- 
gßgtibtn. 



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61 



Die dritte Vertreibung BoHwojs IL, imd «wer baeli Un- 
garn/ die MondesfinBtemiM toh 1133 findet sich anch bei 
Coona«, nur mit genauerer Zeitbestiinmung. - Den Tod des 
Prager Biaebofe ^Othmarus' (richtig: Hermann) und die Wahl 
seines Nachfolgers Meinhard stellen unsere Annalen unter das 
Jahr 1123. Cosmas verzeichnet beides genau zum 17. Sep- 
tember 1122 und 1124, 24. März. Zum Jahre 1124 wird — 
wie bei Cosmas — der Tod des vertriebenen ^sechzehnten^ 
Herzogs Boriwoj IL in Ungarn angeführt.' 

So viel über unsere Annalen bis zum Jahre 1125, mit 
welchem Oosmas sein Geschichtswerk schliesst. 

Wie nun ans unseren möglichst genauen Vergleichongen er- 
hellt, müssen wir zweierlei Sclücuwfolgerungen Kaum geben. 
Wellen wir annehmen^ dasa nnBerem Heinrich eine Abschrift 
der Chronik des Cosmas, somit unmittelbar dessen Werk 
▼orlag, so sind wir zu der Ueberzeugong gedrftn^, dass dieser 
ziemlich lockere, braohstttckweise Ansang vielfach Wili- 
klLrlichkeiten nnd thatsftchliche Abweichnngen zur 
Schau trigt, ohne dasa wir Uber die Beweggründe eines sol- 
chen Verfahrens Heinrichs von Heimburg mit seiner Quelle ins 
Klare kommen. 

Aber nichts hindert uns^ den Weg einer anderen Auf- 
fiwaung 2U betreten und der Ansicht Ausdruck za geben^ dass 
ihm nicht Cosmas selbst, sondern eine auf dessen Grundlage 

angefertigte chronistische Oompilation der Geschichte Böh- 
mens vorlag, ein fremder, uns nicht näher bekannter Aus- 
zug, den dann Heinrich ausschrieb, um seiner Zei^eschichte 
eine Einleitung vorauszuschicken. 

Dass dies die Annales Gradicenses oder die Kloster- 
Hradischer Annalen nicht waren^ ergibt sich am besten 

* Ann. Heinr. Heimburf. 1124: Obüt Bor/.iwoy dux XVI in exilio Un- 
gar ie. Bei Cosmas heisst es zum Jahre 1120: 

Est Bondwcil mmu regni d« enlmiii« palsns 
Aogiuti qnarta poit Um «mt ea futa. 

Von Ungarn ist bei ihm nicht die Rede; nncb die Aon. Gradicenses 
sagen da« nicht «ufldrücklich. Das Hlgte Heinrich von fi«inibaig bei, 
weil Boriwoj in Ungarn starb (s. weiter unten). 
' Coümas: Villi Aprilis, media nocte. 

* S. die frtthere Anmerkung (1). Die Zlblung dea 10. Hefsofs Boflwcg iflk 
riditig. 



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6S 

danuiBy daas diese «ich viel genauer an Cosmas achlieasen, und 
dass anderseits gerade das, was sie Eigenthttmliches ent- 
halten, in den Annalen Heinrichs nicht Torkommt 

£ine andere allgemeine, auf Oosmas gegrtbidete Chronik 
Böhmens fehlt uns his cur Qeeehichtschreibung des 14. Jahr- 
hunderts, in welchem der ,6echi8che' Dalimil und die EOnigs- 
saaler Annalen den Reigen eiOffi&en, sum beattgliohen Vergleiche. 

Es ist nun bedeutsam, dass unser Heinrieh fOr die Zeit 
nach 1126 auch keinen der uns bekannten Fortsetaer 
des Cosmas benütste, anderseits aber einige Daten einfliessen 
iRsst, die, wie wir bereits im ersten Abschnitt dieser Studie 
darlegten, mit der Geschichte seines, des Cisterzienser- 
ordens zusaTiimeiihün'jcn. Es sind dies: die Angabe über die 
Gründung des ,grauen Ordens' (1()96), das zum Jahre 1138 
über das Ableben des irischen i'nmas, LIalachias, Gesagte, die 
Aufzeichnung zum Jahre 1 14ä, welche den Tud Bernhards von 
Clairvaux betrifft. Nicht nur dies, sondern auch alle weiteren 
Eintragungen des Zeitgeschichtlichen bis 1257, in welchem er 
erst sein tunfzehiites Lebensjahr erreichte und in dem sich erst 
entwickelnden Kloster Saar mit seinen Kitern eintraf, kann 
nicht als von ihm erlebt und aufgezeichnet gelten. 

Mit air dem konnte er erst später vertraut werden und 
schwerlich wohl schon in der Zeit vor seinem Abgänge fl!?ß8) 
aus dem erst 1263 in den endgihigen Bau übersiedelnden (ou- 
vente, denn da gal> es Anderes zu thun ah eine Bücherei an- 
zulegen und G^chichtschreibung zu pÜcgea oder in Ciuoniken 
zu blättern. 

Dazu mochte es erst kommen, als er — nach 1294 — 
dem Saarer Kloster neuerdings und dauernd angehörte und den 
Drang in sich yersptkrte, das Erlebte und Gehörte mit dem vor 
seiner Zeit Liegenden au Terkutlpfen, Annalist und Kioster- 
chronist zu werden. 

Was htg ihm hief^ als Behelf vor? Man hat an dm Be> 
nützung von Aufseichnungen gedacht, welche mit dem Olmützer 
Bisthum zusammenhilngcn. Uieflir fehlt aber jeder greifbare 
Beleg, wenn man von dem absieht, ^ras er aus dem Marner 
zum Lobe Bischofs Bruno heranzieht, oder ^^n> in der Saarer 
Sllosterchronik über den vergeblichen Wunsch des genannten 
Kirohenftbrsten, das Waldgebiet von Saar an sich zu ziehen^ 
geftussert wird. Denn das hat mit unserer Frage nichts zu 



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63 



ihun, das fällt ausser den Kähmen der OlmUtzer Bisthuuis- 
und Orts schichte. Man brauclit du nur für die Zeit bis 
114.'j die Kloster-Hradischer Aniialen vergleichsweise zur 
Hand zu nehmenj um zu linden, dass von all' dem, was hier 
von der Olmützer Kirche berichtet wird, sich kein Wort beim 
Annah'sten TTeinrich findet, und el)en.s() versachlich wird man 
nach irgend einer Verwandtschaft des Inhaltes seiner Jnhrhf^chcr 
mit dem der Olmiltzer Nekrolo^ien' oder mit dem des 
,Granum cat^ilogi prnesulum Moraviae' fahnden, einer Quelle, 
die, wenngleich erst um 1421 zusammengestöppelt.^ denn doch 
allerlei aus der üeberlieferung ferner Zeiten zusammentrug, 
was da und dort bei unserem Heinrich aiiftaachen müsste, 
wenn er Olmütser Aufzeichnangen benützte. 

Dass unser Heinrieh sum Jahre 1240 den Tod des 
Olmütser Bischols Kupert und 1244 die Wahl Bmnos ver- 
seichDet (letzteres nngenan^ da er 20. September 1245 gewihlt 
wurde), läset sich nicht auf specifisch Olmftteer Localqnellen 
surUckfldiren. Dies sind die beiden einzigen Bisehttfey welche 
er, abgesehen von der ans Oosmas entnonunenen Angabe Uber 
die Ohnlltaer Wirren in den Jahren 1067—1068, gelegentlich 
anfUirL 

Da Hegt es denn doch weit näher, an eine unserem Hein* 
rieh Yorgclegene Chronik zu denken, die einem älteren böh- 
mischen Kloster seines Ordens entstammte. 

Zunächst musste man an das Pomuker Mutterstiit von 
Saar gehen, in zweit^^r Linie an Sedletz, mit welchem Stifte 
das Saarer in engereu iieziehangen stand, ahgeselien vom mäh- 
rischen Cisterzienserkloster Wclehrad. Oder dürfte man Osek 
in Betracht ziehen, dessen Mönch Rüdiger auf Kosten 8ibyllas, 
der Witwe Pfibiskws und Schwiegermutter Boceks I. von 
Obfan, eine Bibel für iSaar abschriebV ^ Keines der genannten 

* Vgl. die VerOffeaUichang Dudiks im 59. and 65. Bd. de» ArclÜT fOr 
Osten-. Qesch. 

* 8. die Atugabe wid Kritik bei Loserib im 88. Bd. des ArchiT Ar Osten: 
Gweh. (1899). 

* Gronleoa domw Sarmis, Cap. IX, Yen 668—669: 

. . . eeiam fit biblia scripta, 
Quam monacbuH finiilam Rnd^erun scrip^it de Osiee, 
Quam felix dominA jirecio consc-ribero fecit 
De proprio, prima fundatrix dict« bibylla. 



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Kloster hat sich bisher als eine StÄtte der Geschichtschreibung 
entschleiert. Anderseits kann von der Benützung der im Klo- 
ster Köni^ssaal keimenden Annalistik bei unserem Heinrich 
nicht die Rede sciu, deun letzteres Kloster wurde erst 1292 
gegründet. 

Wühl aber lässt sich doch ganz gut denken^ dass in 
jenen älteren Cisterzienserklöstern Bölimens chronistische 
Compilationen entstanden und abschriftlich verbreitet 
wurden, wie eine solche unter dem Titel Jncipiunt excerpta 
de diversiä cronicis* in Königssaal aufkam und Notizen vora 
Jahre 80, 220 ... bis 1328 liefert, mit einem Anhange, der 
einen Katalog der böhmiBchen Herzoge und Könige 
enthält. 

Mit dieser kurzen Sammelchronik hat wohl unser Annalist 
nichts gemein, aber eine ilim liehe Arbeit muss ihm vorgelegen 
haben, jedenfalls eine solclie KegentenUb ersieht, aus welcher 
er die Namen und die Zählung der Herrscher Böhmens ent- 
nahm, und der wir auch bei den Annaies aulae regiae, aber 
in einer mit Cosmas genauer stimmenden Fassung, begegnen. 

FVüe die Annahme einer solchen Vorlage sprechen unter 
Anderem auch die chronologisch genau gefassten Angaben von 
£lementarereigni88en, welche weit vor der Lebenszeit un- 
seres Annalisten lagen und in einer Weise aufgezeichnet er- 
scheinen, die auch wieder eine Benützung der uns bekannten 
Chroniken und Fortsetzungen des Cosmas bis 1283 ausschliesst. 
Die eine flum Jahre 1135 betrifft eine SonneniinstemisBy die 
andere von 1201 ein Erdbeben; jene wird zum 2. Augus^ diese 
aum 4. Mai — nach dem rtf mischen ELalender — angesetat ^ 



> 1135: Fait eelipaia solb IV Sonu Augasti; 1201: T«fm motna fiietog 

est IV' Nonas Mali. In der Cont Coomae Monachi Wyssegradensis, 
Moii. Germ. Script. IX, und in der des Monachus Sazawienais (ebd.), 
die als äScitgonu.sHon diu Ereignisse nach 1125 genau verzeichnen, und 
in den für diese Zeit gleichfalls maasgebendon Ann. Gradiceusea 
inehen wir Teiyebeiu nach einer Sonneiifiartento im Jahie 1196; «oU 
aber Tenwichnen alle drei eine «oldie ram Jahre IIU^ und ewer der 
Can. Wiasegradensie aiiafiUirliah an dem 4. Nonas Augusti, der 
Monachus Sazawiensis ohne Monats- and Tageadatnm, wohl aber mit 
der Zpitangabe .media die*, «nd die Ann. GradicennH« mit 4* Nonas 
Auguäti ... 10. liora ... Es i.st sicherlich das gleiciie Ereigtiiss, 
welches Ueiurich von Ileiiuburg xum falschen Jahre 1136 auseUtt uud 
keiner der genannten Quellen, wohl aber mit dieser Jahreaanfabe «einer 



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Doch müssen wir uns auch die Frage TOrlegen, ob jene 
▼or die Zeit eigener und bewnaster Erlebnisse Heinrichs faÜen- 
dea Angaben Terscluedener Art nicbt etwa solchen geschich^ 
liehen Handbüchern entnommen sind, die als Universal- 
Chroniken^ Päpste- and Eaisergescbichten in der Zeit ihrer Ab- 
fiutsang den Werken Heinrichs yorangingen und ebenso ver^ 
breitet als gelesen und benfttsst waren. Zunächst liease sich an 
das ^Memoriale omnium temporum' des Vincentius yon Beau- 
▼ais (um 1244 bearbeitet)' und an doi Martinus Oppavien- 
sis oder Polonns (f 1278)* denken. Doch auch hier bietet 
ach kein Anhaltspunkt Air eine unmittelbare und ausgie- 
bigere Benützung. 

Nicht anders ist es, wenn wir noch weiter zurückgreifen 
und fUr das, was Heinrich an Daten vor dem 13. Jahrhundert 
liefert, etwa in den Universaihistorien eines Ekkehard von 
Aura oder des dem Cisterzienserorden so nahe steheüden Otto 
von Freisuig und seinen Fortsetzen!, Ragvin und Otto von 
San-BIasien, Umschau halten. 

Sü bliebe denn noch die Frage zu beantworten, wie es 
sich diesfalls mit den Aüualeö Austriae verhält. Da einer- 
seits unser Heinrich geraume Zeit in Niederösterreich lebte 
and anderseits namentlich die seinem Orden zugehörigen Klö- 
ster, wie das von Heiligeukreuz und Zwettl, eine bedeu- 
tende SteIhiTi<^ in der Geschichtschreibung vom 12. und 13. Jahr- 
hundert einneiimen, so konnte deren Chronographie ihren Ein- 
gang in das Uber hundert Jahre später gekündete Bruder- 



Vorlage entnommen baben wird. Hniwied«r findet lieh das Erdbeben 

voiu Jahre 1201 in der Cont. Coemae Canon. Prägen tun zu (1ie»em 
Jahre mit den Worten: ,Terrae motn« fuit uhiqtie' (Mon. Germ. Script. 
IX, S. 170) ohne jede niihero Zeitbestimmung vorbut-ht. Da» im 14. Jahr- 
hundert compilirta Chron. Pulkawae, welches aus älteren Anfzeich- 
nongen schöpft, enthält (Fontee rer. Bobem. V, 8. 119) die Augabe: 
Anno domlni MCXi* (ISOO) tenre motoB tultm est magnna in fetto 
8. Gotb«rdi (5. Hei) meridinno tempore per mnltA loeoitun speci« . . . 
Die Jahr- und Tagesangabe 1201, 4* Nonas Maü hui unserem TToinrich 
ist richtig, Horm sie wird von den nUMgebenden deutüdi^üsterrttioliiflchen 
Chroniken gieicli aiifje.netzt. 
*■ Vinc. Bellovacensis, Ausg. Holder -Egger's, Mon. Germ. Script. XXIV, 
8. 184—171. 

' Mftrt. OppftV', Aoaf. nach dem Tepler Codes toh Klimei^ Frag 1859 
und dto vea WeOnnd in den Hon. Qenn. Script XXn, 8. 877— 47A. 
AnUr. LZZZT. ML L WA*. 8 



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kloster Saar fiudea oder sonst zu Händen unseres Heinrich von 
Heimburg gelangen. Es kämen also hier Bunäcbst in Betracht 
die sogenannte Continuatio I et II Sancrucensis Annalium 
Melticensium, anderseits die Continuatio I. Zwetlcn^is, das 
Auctarium Zwctlense, die Continuatio Zwetlensis II, III and 
die Annales Zwetlenses.* 

Unsere Umschau in diesen Jahrbttchern ergibt aber gar 
keinen Anhaltspunkt für ihre Bentttsuug ip den Annalen Hein- 
richs; ja gerade die hier enthaltenen Daten aar Geschichte des 
Cisteraienserordens finden sich z, B. in den Annales 
Zwetlenses anter anderen Jahren und in Terschiedener 
Fassung/ während wir bei den anderen Denkmälern Ton 
ZwetÜ und Heiligenkreuz ttberhaupt keine Vergleichspunkte 
entdecken können, abgesehen von einem Datum, der Hinrich- 
tung der Gattin Ludwigs des Strengen, Pfalzgrafen beim Rheine^ 
das uns in der Contin. Pancntc. H unter anderem Jahre und 
in anderer Aasdracksweise begegnet' 

Das (i laicht' ist der Fall, wenn wir einige andere Daten 
in den Annulen Heinrichs heranzielien und sie bezüf^lieh ihrer 
Fassung: in anderen Annales Austriae, so den Melkern und 
Admontern, vergleichen. 

Das gilt Yon dem starken Krdhoben des Jahres 1201, das 
sich hü] Heinrich richtig im Jahre datirt findet, während es 
die Melker mit sonst genauerer Zeitangabe durch Versehen 
dem Jahre 1202 zuweisen.^ Zum Jahre 1212 gedenkt Hein- 



* M ni G. riu. Script. IX, a 6S6— 628, 637—646 ; 589—640, 641—644; 

<K)lff., 677—684. 

* Ann. Ileinr. Huimburg. lOlM".: Imepit ordo gri.seus, heu maie; Ann. 
Zwotlenses (S. 679) zum Jahre loüö: Ordo Cy»terciensiani iucbuatur 
12 Kai. Aprilis (letzturea das richtige und genan« Datam}. Ann. Ueinr. 
Hei mb arg. 1148: Sanctna Beraardna migraTit «z hoo aaeido, egregiof 
doetor, eantnm et ■•xaginta omiobioniin pater «ztitit; Ann. Zwetlenae» 
(Wattenbacb« als den Cont. ClauHtrooeob. II, S. 615, entnommen): Obiit 
sanctisMiniU!« pntor et abbM Wenkhardua, abbaa Cläre Vallii^ vom rieh' 
tigon Jahre 1 1 53. 

' Cont. Sancruc. II, S. 643, muu Jahre 1266: i'alatiuuh, irater duci* iia- 
rarie^ interfedt nxorem man Ifargarethan (mit apitoren anaAbrlidieii 
ZiifXtien); Ann. Heinr. Heimbnrg. imn Jahre 1866; Dneiaaa Bava- 
riae decoUata est per LodOTicon eios maritnai. 

* Ann. IToinr. TTeimburg. 1201: Terre motus factus est IV" Non. Maii; 
Ann. Mellic. (8. 6ü6) 1202: Xene motos f actus eat magnua per nni- 



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6t 



rieh yon Heimbuig des sogenannten Kinderkreussnges, den die 
Admonter FortBetzong der Melker Annalen weit gemtuer ver- 
zdchnet. ^ 

Wenn daher in der FaBsung ein einziges Datum Hein- 
richs von Heimburg mit dem in den Klesterneubnrger Jabr- 
bQehem zusammenstimmt, so darf dies woU auf einen Zufall, 
nicht tiher aaf eine greifbare Benützung der letzteren zurück- 
geführt werden.' 

So mUssen wir denn nochmals auf flle naheliegende Schluss- 
folgerung zurückkommen, dass die lückergffll^ten Daten in 
Heinrichs Annalen (welche von 861 — 1253 vorzugsweise Böh- 
men und Mähron betreffen und flirs 9. — 10. Jahrhundert 6, 
fürs 11. Jahrhundert 28, ftirs 12. Jahrhundert lU, fürs 13. Jahr- 
hundert 25 Einzeljahre betreffen) allem Anscheine nach auf 
eine uns nicht näher bekannte chronistische Vorlage ver- 
weisen, welche in einem der böhmischen Cisterzienser- 
klöster angefertigt wurde und in ihrer Beschaffenheit mit je- 
nen Aunales aulae regiae verwandt sein musste. Wir wollen 
dem nocb einmal im nächsten Abschnitte unser Angenmerk 
zuwenden. 

Gewisse Bemerkungen im einleitenden Tbeile der Jalu> 
bacher nnseres Heinrieh, und zwar in der sogenannten ,Cro- 
nica Bohemonim' von 861 an führen auf den Verfasser selbst 
zurttck, da sie persönliche Erwägungen sind und seine Zeit 
betreffen.* 



▼efMm terrsm 4* Hon. Mati fsrU VL cirea boram nonam. Tliat- 
aieblich flel 1901 der 4. Mai anf einen Freitag; dt« Helker Annalen 
neigen alao nur ein Verschreibon der Jahreszahl. Vgl. auch die richtige 

Anfmbe in der Cont.Clau8troneob.il «'S. f)20) zum Jahre 1"201. 

* Ann. Hei D r. Heimburg. 1212: Multitudo infanciTim ab horeticiM tra- 
dttur Saracensis. Ann. Mellic. Cent. Adniont. (6. 692i 1212: Facta est 
espe^tio ]meionim ittriiiique aexae inatineta diaboUoo et pieterea Tiro- 
ram et mnlienim pvoreetoram, qnoram dnx eni NtooUna qnidam pner 
de Colonin, qni moitui et vonditi rant in locis diversis. Vgl. die Ann. 

1 onieneea mnximi (Man. Gevm. Script XVII, & 826/887) snm Jahre 
1212. 

' Ann. i{ e i n r. llei mbnrg. 1201: Terro niotus factns est IV " Hon Maii. 
CouLClaustroneob.il (S. 620), 1201: Torruiuutuä luaguus factus est 
17. N«B.Maii. 

* Vgl. die im maugebenden Abdnek der Mon. Germ. Script. XVU, 8. 71S» 
mit gesperrtem Sntae wiedeigegebeaen Stellen; ao beiapielsweiie bei 

6* 



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68 



V. 

Das Schicksal der beiden Werke Heiorielis ron Heim- 

hxatfs und Ihre BentttsaB^. 

Die metrische Elosterchronik Heinrichs Ton Heimbnrg 
liegt uns gegenwärtig in einer einaigen Handschrift des 14. Jahr- 
hunderts vor, welche augleich als Prcsaanhang die auf ihr he* 
ruhende yGenealogia fundatomm'y Ton derselben Feder, ent< 
hidt Sie muBS im Kloster Saar, bald nach dem Ableben 
Heinrichs, vielleicht noch in den letzten Zeiten desselben an- 
gefertigt worden sein. Ob nun diese Handschrift oder eine 
Copie der Genealogia fundatorum allein jenem Saarer Mönche 
vorlag) der 1505 — 1511 das im einleitenden Theile aus ihr ge- 
schöpfte ^Ohronicon Zdiarense', wie wir es zu benennen pflegen 
und weiter unten eingehend untersuchen wollen, oder eigentr 
lieh die von 1312 — 1511 fortgesetzte ,Gtenealogia fundatorum' 
aufzeichnete, entzieht sich jedem noch so yorsichUgen Wahr- 
Bcheinlicbkeitsschhisse. Nfthme man das Erstere an, so mllsste 
sich jene jetzt in Breslau befindliche Handschrift noch zu An- 
fang des 16. Jahrhunderts im Kloster Saar befunden haben, 
und ihr Verschwinden aus dem Kloster hienge entweder mit 
der scliwcdischeii Ausplünderung vom 13, Juni 1642* oder mit 
anderweitigen Zarallen zusammen. 



Bofivraj I. (894) aicnt hodie apparent in Bohetnia, bei der Er- 
richtung <l«s Prapfer Bisthnrns (967) . . . Bohömi«, qn« tnnc ad Ratis- 
pdiienspin (epLscoptam) ]«ertineb.it . . . Moravia .nitjuidem tunc 
teinporis pertinebat ad Bulieiuiaiu iu HpirituaUbus ... Ipsa 
quuque Maiift uoBMtorimii ianetiiiioiiisli«in oonafartizii ad 8* Oeoii^iim 
Prtg«, in eastrOf «bi hodie eernitnr .. . 1004 über dea MtitfravUid 
der fünf EremitMi is silva Polonie . . . qni modo nsgaa Teikere' 
tione babentnr aput Bohemoa et Polono*. 

13. Juni 1642 wurde Saar von den Schweden überfallen nnd annge- 
plündert. Die KlosteriPTfistlichen .verkrochen sich in die Höhlen und 
Klüfte des damals unzugänglichen Schültsrbergöa (^^ukowä bor»)*, und 
nur der KlosterOkonom oder Wiiibscbafter, Pater Wenzel Hubatucbek, 
blieb snrdck ,iiiid erwehrte sich mit einem Hanfon engeworbeaer Scharf- 
aobttUen innerhalb der Klosterroanem* der wnteren Oefahren. (8. O. 
Steinbach I, 8. S76— ST6.) Dai Kloster blieb also yeiMfaont? 



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JedenfftllB sind wir (Iber dts Geschick der Breslauer 
flaadschrift tod ihrem Entstehen bis smm Jahre ihres Ankaufes, 
Eode 1853, ganz im Dunkel be&ngen, wMhrend wir von dem 
yCfaronioon Zdiarense' auch nur so viel sagen können, dass es 
in dem einzigen uns vorliegenden Exempkire einer älteren 
Handschrifl des 15. Jahrhunderts eingebunden erscheint, 
nämlich jener Bibel, welche, wie wir wiBseii, für den ältesten 
Sohn KönijL; Georgs Podiebrad, Bo^ek (geb. 1442, f 1496, 
2^. September j, bestimmt war, nach seinem Tode in die Ma- 
ihmakircho von Bechyn gerieth und dann dem Grundherrn 
Peter Wok von Rosen borg (geb. 1539, f IG 11) angehörte.* 
Der jetzige Kinband stammt noch aus dem Jahre 1608, also 
aus den Zeiten dieses letzten Rosenbergers* und seines wackeren 
Archivars und Biblioiliekars Bfezan.*' Das Chronieon Zdia- 
rense muss also spätestens ItiOö den Weg in jene Bibel ge- 
iondeii haben. 

Otto von Steinbaeli, der Geschichtsehreiber seines Klosters 
1783, fand in dessen Bücherei weder die Klosterchronik Hein- 
richs von Heimburg und den Prosaanhang, die ,GeneaIogia 
fundatomm', noch ein Exemplar des sogenannten ,Chronicon 
Zdiarense' vor; letzteres lernte er erst durch die Publica tinn 
des schwedischen Bibliothekars Olaf Gelse vom Jahre 1751 
kennen. 

Das Chronieon domns Sarensis unseres Heinrich von Heim- 
bürg erscheint mithin bisher nur durch eine Handschrift des 
14. Jahrhunderts, aus einer ihm nahegerUckten Zeit vertreten 
und hat als unmittelbare Quelle ftlr dtie siemlich altersgleiche 



* .S I>ndik, Forschungen, 8.143, nach den Angaben Dobrowsky'«, 
welchor i»eitierzeit auch eine Forachangsreise nach Schweden unter- 
nommen hatte, über welche sein Bericht in den Abhandlungen der böh- 
uisdieD golehrton Cknallwhaft n. Bd., 8. 186—194, mid dto Mono- 
gtmghm Jteita nach Sehweden und RamhnA\ Prag 1796» Amktuift 

* Den SchluM f>einer lAbeotMÜt verlebte Peter Wok eis Witwer (seit 

1601) meist in Wittingmn. 

* Wenzel Bfezan, der fleimige Qeechichtscbreiber lius ILitisos Ro^euborp, 
der 1602 — 1608 einen {»ToaHen Katalof^ der Bibliothek diB-ses Hausos an- 
ft'rtig-te und 1597 das Wittingauer Archiv ordnete. (Vgl. über ihu Ta- 
lacky, Jirecek, MareA.) Seit 1619 verliert sich jede Spur seiner 
gemeiiiiitltrigen Tätigkeit. 



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70 



jQenealogia fundatorum', ab mittelbare ftlr das Chronicon 
Zdiarenae au gelten. 

Anden ist es mit der gl^ehfaUs einzigen bisher be- 
kannten Handsobrift der Annaies Heinrici Heimbnrgensis 
besteUt Sie befindet sieh in einem Papier codex ana dem 
Anfange des sechzehnten Jahrhunderts, stammt also ans einer 
Epoche, die an 300 Jahre dem Dasein unseres Annalisten, 
mindestens dem Abschlnsse seiner beiden Werke (1300), fem- 
gerttckt ist. Im Kloster Saar erhielt sich keine Spur von dem 
Originale dieser Chronik oder von einer Abschrift desselben; 
erst der Abdruck in den Mon. Germ, vom Jahre 1861 machte 
die Welt mit dieser nicht unwichtigen zeitgeschichtlichen Quelle 
bekannt. 

Das Original, lleinrichö eig«*nc Handschrift, konnte bei 
der bekannten Einäscherung des Klusti rs durch die iaboriten 
zu Grunde gegangen sein. Wie sich eino Abschrift desselben 
in dem Berliner Codex erhielt, wie sie dahin gerieth, entzieht 
sich bislang vollständig uubcrer Kemituiss. 

Diesem Sachverhalte entspricht denn aucli die Thatsache, 
dass wir so /icinlicli ohne Erfolf^' einer Beniitzung^ der An- 
naion Heinriclis in der Folgezeit der böhmischen Chronographie 
nachspüren. Saar selbst findet sieh seit unserem Heinrich von 
Heimburg und dem Verfasser der ,(jieuealogia fundatoruni' (ab- 
gesehen vom sogenaunteu Chronicon Zdiareuse) darin nicht 
wieder vertreten. 

Es läf^e dann am nächsten, in jener Geschichtschreibung 
des 14. Jahrhunderts Umschau zu halten, welche den Cister- 
zienserorden Böhmens vertritt und das 1292 fregrUndete 
Kloster Königssaal zum Ausgang.spunkte hat. Aliein weder 
die kurzgefassten Annales aulae regiac, welche bis 1314 
reichen/ noch der Königssaaler Uauptchronist, Peter von 



* Tgl. den gaim. AMraek In Loserth's ,Die KSaiganuder Gemhicbt»» 
qnellen* a. s. w.. Fönte» rer» Anstr^ I. Abth., 8. Bd., Wien 1875, S. Sl 
bis 29, nnd seine Abbandlnn^: »Die KOnigssaalor Ooscliichtsquellen, 

kritische TTütorsnchnnf^on fiber flie Ent>;tphnntr «l*"^ Chronicon aulae re« 
piae', Archiv für üsterr. Gesch., öl. Bd., 2. Hälfte, 8. 449 — 499 (Wien 
1874). Auch Loserth, der zunächst in den Mittb. des Vereine fUr 
Qeacb. der Deutschen in Böhmen XIV (1876), S. 806 f., Uber das Ter- 
hiltniM der rAnnales Bohenlae bcevisnmi' sn den »AnnaleB anlae vegiae* 
»ebrieb nnd jene ans diesen als entnemnen erkannte, und ttberall den 



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71 



Zittau (IdOo — 1B37),' verrathen «ine greifbare Benfltsung des 
Saarer Ordensgenossen in Beinem Werke, ebensowenig als ein 
Neplacbo, der AbtdesOpatowitserBenedictinerklosters, dessen 
Chronik mit 1365 schliesst,' oder die Sanuneicbronik des so* 
genannten Pnlkawa, weldie bis 1330 reicht' 

Dor verdienstvolle Herausgeber der Annales Heinrici 
Heimburgensis fand in dem Berliner Codex, der Heinrichs An- 
nalen einsehliesst, auch cbronistisclie Aufzeichnung'cn 
über Böhmens Geschichte vor, welche zunächst bis 1330 
reichen, hierauf einen Katalo<j der böhmischen Herzoge und 
Könige im Gefolge haben und dann in KinzeicbnuuLT'n aus- 
laufen, die zwi^ebon den Jabrcm 1377—1453 sieh bewegen. Er 
veröffentliebte sie unter dem Titel , Annales Bohcmiae brevissi- 
mi (123G - 1330l" im Anseblusse an jene Heinrichs von Heim- 
bnrg und meinte, sie seien zu den Jahren 1251 — 1281 theil- 
weißc aus dem Werke des Letztgenannten geschöpft.^ 

Zunächst muss bemerkt werden, dass diese 1861 in den 
Hon. Germ. Script XVU abgedruckten Annales Bohemiae bre* 
Tissimi, welche mit ^nno domini 80 floniit S* Dionysius areo- 
pagita' anheben, dann mit SltO floniit Origines (magnns) weiter 
etnsetaen, mit jenen Kttnigssaaler Annalen bis 1330 iden- 
tisch sind, welche uns in nnterschiedtichen Handschriften be> 



QnellMi dieser ,Ani)aIe« aalae regute' nachspürte, bat nirgendt eiaen 

Bezug auf Heinrichs von Heitnbnrg Annalen nachzuweisen ver- 
mocht. In der Aasgabe Emier 's finden sich die Annales anl.10 rogiao 
dem IV. Bd. der Fontes rer. hohem. (1«84) unter dorn Titel »Vypisjr aroz- 
licuycli kronik s nekolika zäpisky Zbraslavskymi' (Auszüge aus vor- 
•ehiedeaen duroniken, weit einigen Ktlnigsiaaler Aafkeicbnaugen), S. S41 
\A» 346, abgodraekt; aie führen liob aelbel ab ,exeerpta de diveni« chro* 
nicis' ein. Attcb Emier konnte keine Benehungen so den Ann. Heinr. 
Ffeimbsirg^. }ioran<?finden. 

* Vgl. Aiv> in der voripen Anmt'rknng licmorkto. 

' 8. den jüngsten Abdruck iu deu Fontes rer. hohem., III. Bd. (1882), 
herausgegeben Ton Emier, 8. 451—484. 

* S. ^e Ausg. von J«ro«Uw OoU ia den Fontes rer. bobem., V. Bd. (1883), 
8. S~S07, im lateiaiMdiea Origtaalteate. 

* Annale« BoLemlae brevissimi, Mon. Osrm. Script XVII, S. 714-— 7S1 (on» 

mittelbar den Ann. Hoinr. HeinriMirfr anfff ''(•blosf^nnl Pifiof. . . . ,px nnna- 
libus Cltmiaeon.sibiis, An.striae diversis et Heinrici H o i ni b u r^re n.-si8 
aUt»que usque ad a. 12til compositi, deinde n.^que ad a. IdäS protendun- 
tur, aubiecta contiouatione aonomm 1977 — 1463, parri quidem momenli, 
aed qnam Inel negandam non cenaimns.* 



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12 



gegncn und eine chronistische Compilation, welche auch 
nach dem. g^annten Cisterzienserkloster wanderte und hier 
efgünst wurde,' darstellen. Schon die erste Stelle ihrer selbst^ 
ständigen Aufzeichnungen: 1293 fundata est abbatia aulae 
regiae, beweist dies, abgesehen von der durchwegs wörtlichen 
Uebereinstinmrang. Nur finden sich diesen ,Annales aulae re- 
giae' die ^emorabilia domns fundatons' angeschlossen, denen 
die ,Series paparum et regnm Romanornm ab anno 
1294 . . folgt, was Beides in den ^Annales Öehemiae brens- 
simi' fehlt, und dann ent die Series principnm Bo- 
hemiae, welche wortgetreu auch hier zu finden. So bleiben 
also nnr die Einseidinungen ftlr 1377 — 1453 ttbiig, welche den 
Annales Bohemiae brevissimi eigenthttmlich sind. 

Wir raussten bereits oben erklären, dass uns nirgends in 
den Annales aulae rcgiac eine deutliche, ausgiebige, un- 
mittelbare oder mittelbare Benützung der Jahrbücher Heinrichs 
von Heimburg ersichtlich wurde, und mUssen dies nun auch 
im Wesen tlic Ii en bezüglich der mit den Königsaalern im 
Haupttheile identischen Annalea brevissimi wiederholen. In 
der Ausgabe der letzteren (Mon. Germ. Script. XVll) wird auf 
Entlehnungen aus Heinrichs von Heimburg Annaleu verwiesen. 
Versuchen wir die ZusammensteUung dieser beiderseitigen An- 
gaben. 



I. 

Annales brevissimi, bezw. 
Aulae regiae. 

1251. (Ann. aulae regiae das- 
selbe zum Jalirft 1241.) 

Tartari totam Ungaiiam 
et Polouiam devastaverunt. 



n. 

Annaies Heinrici Heim« 
burgeusis. 

1251. 

L'ngäri depopulati sunt Au- 
striam et Moraviam. In- 



* 8. darflber Loserth's Aasgabe und Untersuchungen; ferner Etnler in 
seiner A«sg:abp a. a. O., B. XVII — XVIIl, der im W<'«entlidien Loserth'« 
Ansit ht theilt, nur will er sie nicht ,AnnaIen', ooudcru uur ,An'<K»l5»e au« 
verschiedenen Chroniken' benannt wiBsen und führt sie auch uut der in 
der Donaneiieliiiiger Haadaehiift (vora Ende des 16. Jahihnndeito) ent> 
halteoen Uebereehrift: Ineipinnt ezcerpta d« dWersia eronieis 
ein. Vgl. auch das im IV. AbMhDitt dieier Studie Uber dieia Kdnigt- 
suler Chronographie OeM^fte. 



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73 



I. 



n. 



Eodem anno ecclipsis solis 
t€nebras fecit* 

1255. (Ann. aiilac reg-inc das- 
selbe zum Jahre llMf).) 

Fridericus dux Au.strie iuter 
fectiis est in proelio. Post 
cuius übituni Hermannus 
marchio de l'adcn iutravit 
Au&triam et duxit nxorem 
filiam ducis Heinrici de 
Mediich, vohiitque esse 
dtrx (Ann. aulac regiae: et dux 
es.se voluit) et non valuit (Ann. 
aulac regiae: sed non valuit). 

Dann folgt in den Ann. bre- 
vissimi zum Jahre 1256 (!): 
occisuB est Fridericus dux Au- 
strie (was in den Ann. aulae 
regiae fehlt).' 

1260. Ottakaras rex Boemie 
vicit in belle regem Ungarie 
(Ann. aulae regiae setzen irriger 
Weise noch in einer Hand- 
schrift den Namen ,Stephaniini' 
bei, der aber in der anderen 



terim Ottakarus marchio 
Moravie cxstitit.* 



S. weiter unten (an das hier 
vom Markgrafen von Baden 
Gesagfc fehlt bei Heinrich von 
Heimburg gans). 



1247, Occisus est dux fri- 
dericus. Conflictum nam- 
qae habait adversus Be^ 
lam regem Ungarie et po- 
titus Victoria occiditur.* 

1260. Ottakanis rex habiiit 
conflictum cum Bela^ rege 
Ungarie atque vieit. 



1 Dio^oa ram Jahre IMl gehörende Breigniw l>0trifit den gronen TartMen- 

einfall. 

* Diese Angabe betrifft den von dnn Amiales Aiistriae, z. B. MelHcenses, 
Sancrucensis cont. II und ff. zum Jahre 1262 verzeicknetea Ungarn- 
«inidl. 

* Di«M Angabein Biahen, abgoMhen vom inigon Jahre in dem Ann. Boh. 
bmi». (1S66), die EieigniaM von 1946—1248 nwunmen. 

« Znm Jahre 1S47 (atatt 1246) wie in den Ann. ZwetienBea. TgL den 

Excnrs. 

' Der Xame ,8tephann?s' 5n den Ann. aulao reg'iao erklärt sich vielluicht 
dArauM, da»H ÖtelHU [V.) ab jüngerer König oder Mitküiiig die Krobseu- 

hmnner 8ehlaeht nftmaehte. 



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74 



I. 

1273. Generale concilium in 
Lugduno. Eodem anno Otta 
karns rex Boemi«» cum re- 
ge Uugarie iStephano re- 
conciliatur.^ 

1276. Uudolphus Uomaiio- 
riim rex intromittit se de Au- 
atria et Stiria et 

1278 occidit Ottakarum re* 
gern Bohemie magnificum 
(Ann. aulae regiae haben das 
Wortgleiche zum Jahre 1276, 
ohne Verbindung des Weiteren 
mit ^et' und sagen sum Jahre 
1278: Ottocarus rex occiditur). 

1281. Albertus filius Ru- 
dolphi, regia Romanoram effl« 
cttur dux in Austria (Ann. 
aulae regiae dnx Austriae et 
Stjrriae). 



IL 

1274. Celebratum est eon- 
siliuLu a domino Greo^urio, sc'dis 
apüstolice pontiHce et aliis pon- 
titicibns et prelatis ecclcsie 
quam plurimis in Lugduno u. s. 
w., folgt noch eine Stelle Uber 
die ( 'oncilbebc^hlüsse. 

iieiiirich von Heimburg hat 
über diese Ereignisse einen 
ausführlichen Bericht zu 
den Jahren 1276 und 1278. 

In diesem Berichte heisst es 
unter Anderem: Heu occi< 
sus est iile magnificus' rex 
Ottakarus cum multis Po- 
lonis 

1281. ... Ipso anno dux 
Austrie constitutus est AI« 
bertus, filius Rudolphi, Roma- 
norum regis/ eepit Gerhar^ 
dum de Obersen et Milo- 
tham, majores Moravie^ et 
cepit esse gwerra in Mo- 
raTia. 



Wir begegnen somit keiner einzigen Stelle, welche auf 
dne greifbare und massgebende Benützung der Jahrbücher 
unseres Heinrich von Heimbuig durch die ^nnales Bohemiae 
brevissimi', be&iehungsweiBe der »Annales aulae regiae' sckliessea 



* Der Frief^p Ottakars mit Stftphau V. wurde 1271, Joli, abgOSchloBsen. 

Vpl. die Coiit. Viiidobon. zu diesem Jahre. 

' Das Zusainmentretfon des Wortes imagDiticuin" in den Ann. Bob. brevisR. 
mit dem ,magnitiuus* in Ann. Ueinr. Heimbarg, kann gleiekwolil ein zu- 

* Ygl. die Ckmt. Yindobon. mm Jähra 1288 und den Bscnn. Die Angabe 
Bum Jahre 1381 beiielit tiob eigendieb anf die SeididnnptmatiBechaft 
Albreehti I, 



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76 



läast, und müssen bei scheinbaren Anklangen* die wesent- 
lichen Verschiedenheiten nicht übersehen, denn diese letz- 
teren wiegen viel schwerer. 



VI. 

Das Verhiltiiiss 4e8 Chronieon domus Sarends Heinriehs 
▼OB Heimbiirg ssnr Oenealogi« fnndatomni domns Saren- 

sls, bezieh ang^swefse zu dem {(Itcsten Bestandtheile des 
Chronieon Zdiarense oder der sogenannten kleineren 

Saarer Klostereliroiiik. 

Zunächst muss hier Einiges über die Handschrift voraus- 
geschickt werden, in welcher uns das willkommene Büchlein 
unseres Heinrich von Heimburg erhalten blieb. Wir brauchen 
da nur dem sorgfältigen Berichte seines ersten Herausgebers, 
Röpelly «u folgen.* 

Diese Handschrift, auf Pergament geschrieben, in Schriftr 
/i"i:r<'n, welche im Allgemeinen auf das 14. bis in den Anfang 
des 15. Jahrhunderts hinweisen, umfasst nämlich in den letzten 
Blättern die von gleicher Hand abgefasste jOenealogia 
fundatornm' (monasterii Zdiarensis)' als den ursprunglichen 
Theü dessen, was wir seit Olaf Celse als ,Chronicon Zdia- 
rense, seu notata qnaedam de familia Podiebradiana' kennen 
und weiter nnten besprechen wollen, und reicht bis 1312, ohne 
dass Bttpell den Schlnss hierauf bauen mOchte, die Handschrift 
stamme aus diesem Jahre. 

Für uns erseheint Tor Allem wiehtig, dass die Handschrift 
nicht Ton ihrem Verfasser, unserem Heinrieh, herrührt, 
der als Mann von &8 Jahren mit 1300 seine beiden Arbeiten 
Bcbloss, aber gleichwohl Uber das Jahr 1312 hinaus leben 
konnte^ sondern einen Anderen als Schreiber aufweist Denn 
dem ,Amen', in welchem die Verse unseres Heinrich, des 
Elosterehronisten, ausklingen mochten, folgt offenbar der Name 



1 8o zum Jahre 1260, 1278, 1281. 

* Chronica domiu Sareasi», Bre«Uu 1854, 8. 1—3. 

' G0ii«a1ogia ftutdatomittt RBpelI*B Ausgabe, 8. 01 — 68. 



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76 



dessen, der unsere Handschrift anfertigte: Johannes de Au« 
gnsta^ was sich wohl zutreffend mit Johann von Augshurg 
verdeutschen Ittsst. Wir lassen vorläufig diesen durch keinen 
willkommenen Zusatz erläuterten Namen bei Seite, um uns 
zunächst mit dem Verhältniss der anhangsweisen ,GeneaIogia 
fundatorum' zum Inhalt der Klosterchronik HeinrichB von Heim- 
burg zu beschäftigen. 

Dass die ^Guaealo^na tuudatorum' nicht auch von ihm 
herrührt, leuchtet ein, da sonst der Sehn iher, Jolianii von 
Augsburg, scim ii Namen nicht zum Schlüsse der Klosterchia- 
nik, sondern dort, wo die Oeuealogia abbricht, angosrtzl hätte. 
Wohl aljcr ist (\s ^ut (lenkbar, dass letztere von dem ,Aug8- 
burger' .Johann vcrtasst wurde, um in Schla^.'^w orten die Lebens- 
läufe der Obfaner iStifterfamilie von Saar bis 1312 zusammen- 
zufassen. 

Den Anfang macht naturgemäss das Jahr der Grttndung 
von Saar, 1952, indem die Ueberweisung dieser frommen 
Stiftung durch den sterbenden PHbislav an seinen Eidam Bodko 
angedeutet erscheint. Dann folgt die verwirklichte Orttndang 
von Saar durch diesen Bodko, genannt ,Graf von Bemek'; sein 
Tod, im vierten Jahre nach der Gründung, 1255, am Vor- 
abende des heil. Thomas. ' Aus seiner Ehe mit Euphemia, Toch* 
ter Pfibislaws, hinterliess er zwei Söhne, Zmilo und Gerhard, 
und eine Tochter, Agnes, die nachmals den Witigo von Schwab- 
nitz oder Schwabenitz ehelichte.' 



* Vgl. das im HL Abaelmitt hierttber Bemerkte. 

' Das erzählt Heiarieb im IX. Cap., beziehnn(r.s\voi.^e im XIX., Vers 680 
und 1081, Röpell S. 40, Emier 8. 535 und 546. Dort wirr! Agnes 
^utoni tttnc soeiata,', mithin als damals mit Rntn (odor Huth, wie er 
weiter unten geschrieben erscheint) vermählt bezeichnet und erzählt, sie 
habe Saar vor Allem geliebt, denn obschon verheiratet, hätte sie hier 
mit dea ,Mflttem* (matiibns), da« iat mit der OroBsrnntter Sibjlla und 
Kotter Euphemia gelebt. Ton £e«em Bato-Ratb, der schwicblicheik Leibea 
starb (Postern Bnfh moritnr, fuerat quia debilis ipse) und Tielleleht mit 
dem Ruto ,camerarlu8 do Bielkuw et ZiiDym* identisch ist, welcher 1*255 
bis 1269 urknndlieh auftaucht (Kmier, Keg., S. 21, liabe sie dn"i 

T(tohter (domicelias) empfangen. Hier, gelegentlit h der Aiig^abo ihres 
Todes 1S90, iriid de als «Witigos Frau' (Witgonis quoque cuujux) an- 
geftlhrt. Sie aelbrt beseiehnet rieh in ihrer Sohenknogeiirininde für Saar 
Ton 1877 (Steinb'aeh II, Nr. 19, S. SS; BoCek, Oed. dipl. Horar. IT, 



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77 



Hierauf handelt die Genealogia fondatornm von der ,8e- 
I^en Matrone' Sibylla, der Witwe PHbialavs, des ^ersten 
StifterB* Ton Saar. Sie habe Allee dem Kloster vererbt, aasser 
etnem Unteigewande (tanica), worin sie im PresbjteriimL der 
Kirche bestattet wurde. Ihr Todesjahr erscheint ,um 1361' 
angesetzt Heinrich stellt ihr Ableben ausdrücklich zum Jahre 
1262; und zwar um ,cisio' circumcisio = Beachneidung des 



S. 206; Em 1 er, S. 462, Kr. 1095) <als Uxor domini Withichonis de 
.Rodenbach' uml 1200 (Steinbac h II, Nr. 27, S. 40; Hoi'^ek IV, S. III; 
Emier, 8. i'ibb, Nr. 15"J'J) als uxor domin Witliif^onw de ,Lipa% was nur 
zwei verschiedeue Besitzprädicate dm Schwabenitzers sind, gleich 
dem dritten ,voq Up»*, üeiiiricb kannte, wie das X. Capitel (Vers 580 
bla 688} darlegt, mir drei Tochter der Agnes, Yon denen eine noch 
eis Kind (pner) eterb, die sweite heiratete und die dritte, Bonka, Mne 
gottselige Könne wurde (folix monialis), und zwar als Spri'tsslinge der 
ersten Ehe mit jenem Ruto oder Ruth. Im XIX. (Japitel, wo er 
ihrer als Gattin de» Witigo gedenkt und an.sführlich (Vers lül5 — 1019) 
erzählt, wie sie. die einstens so schien und lieblich, nach langem äiecb- 
thnm etarb, r2ü0, zur Sommemmk in Saar hestirttet trnrde nnd der Ver* 
weinagegMuch Alle rom Grabe verscheoehte, echweigt er yon ihren 
KachluMnaien ani der Ehe mit Witigo, wohl aber spricht er Ton ihnen 
im Xn. Capitel (Vers 773-779) (Röpell S. 46, Emlor S. 639), woselbst 
Witigo von ,RwabIt7/ als zweiter Qatte der Agnes beaeichnet wird 
(faerat vir iste »ocundu^«): 

Quaepost Wiiigmii natos geuuit peneroso<<, 

Quonuii nt)miua sunt Botscho cum fratrihus ipse. (!) 

Offenbar }jilt ihm Bodko, der den Namen des Grossvaters von tüftttor- 
licher Öaitu (Boöeks I. von Obfan) l'ührt, als Erstgeborner. Er 8|)richt 
dann von dessen Brüdern, ohne ihre Namen anzufUbreo. In jener 
Urkunde der Agnes (von 1S77) Ist von iliren Kindern aas s weiter Ehe 
noch niehk die Bede, wohl aber in der Schenkung an Saar von 1890. 
Da erscheinen als ßOhne: Zeborius (wahncheinlich Stibor) nnd Qer- 
lirird. und nh Tjichter: TTedwIfj und Marg'.aretha. Bo?ko mnss also 
1290 uiclit mohr am Leben gewesen sein. Weil ander.teit.s Heinrich nur 
von Söhnen der zweiten Ehe spricht, so dürften Hedwig und Marga- 
retha ans der ersten stammen und jene zwei TOchtwr Rntofl lein, welche 
an jener Stelle unser Chronist ohne Kamen anlllhrt In der Urkunde 
▼on 1290 ersoheinen nun swei TOcbter der Agnes, und da der Käme 
Bonka nicht als ein Tanlname, sondern als Kosename zu gelten hat, 
so kann .seine Trii'jerin p^anz p;-at eine der Beiden, und zwar Margarethe 
sein, weil sie in der Urkunde an zweiter Stelle .steht und ,Bonka' bei 
Heinrich von Ueimbarg im IX. Cuptt«! unter den drei TKchteru Rutos 
suletst, nnd nrar ISOO als einsige noch lebende erwihnt wird. 
Vgl. auch Bttpell 8. 19—18. 



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78 



IKrrn - 1. .I;iniier/ ohne jems Umstandes beiihrer Bestattung 
zu gedenken, den die ^Genealogia^ anfuhrt. 

Dann ttbergeht nnsere Quelle auf das Jahr 1268, den Tod 
Zmilos, Bo^OB I. Sohnes, su Folge dessen die Pflichten der 
Stifterfanulie Saar gegenttber Bo6kos I. Witwe, Euphemia, über- 
nahm, da auch ihr zweiter Sohn, Gerhard, noch zarten Alters 
(tenellus) war. Heinrichs Klosterchronik setzt den Tod Zmttos, 
des erstgeborenen Sohnes Bodeks I. und Euphemias, ,12 Jahre 
nach dem Ableben seines Vaters' an, was ziemlich auf das 
Gleiche hinausläuft, da Bodek oder Boöko I. von Obfan 1255 
starb, und bemerkt Uber Zmilo, den yJunker* (domicellus), er 
sei wohl schön, aber häufig kränklich gewesen und noch im 
Knabenalter verstorben.' 

Der nhohste Absatz handelt von den frommen Werken 
Euphemias und von ihrem Tode In dem Büehlein un- 

seres Heinrieh bildet dies Alles den »Schwerpunkt seiner an- 
muthigen, gemüth vollen Erzählungen;' der Tod der in auf- 
opfernder Krankenpfle<!:c und Leibeskasteiung sich Terzehrenden 
Fi-.'iu wird in die Zeit des sechsten Abtes, Johannes II. ,Cai- 
phas' (1277—1281) gesetzt und an früherer Steile lebhaft be- 
klagt, dass man die Seelenmesse ftir die so hoch yerdiente 
Frau wiederholt versäumt habe.^ 



* Chronieon aoiiiiu Bsnoris, Gap. XI, Ytn 67S-^76 (ROpell 8. 41, Em- 
Ur a 5S7): 

Eins temporibus felix defungitur Ula 
Nobilis ancilla Christi, devoU Sibilla, 
Vltitnus Atqae dies eitis fit cinio circam. 
Hoc est mille dno C sexa^^änt.i secundo. 

* Chronieon dnmus Sarensis, Cap. Xll, Vera 705—766 (Rüpell & 46, 

Emier S, 0:19). 

3 Chronieon domiis Sarenaia, Cap. iX, XI, XII, XIII, XV; im lotztange- • 
fUvteii CapHel nennt «r ide kurzweg (Vm 870—872) : 

Sanctiqne fandatrlz hie Euphemia beata. 
In qna pndidimna* qn» non lebabere Talernns, 
Et b«ne äk lapimn» rninns Mt qnod inde dolemns. 
BS pell 8. 50, Emier 8. 642. 

* Chronieon domtu Surensis, Gap. Xm, Vers 640—846, RS pell S. 49, 
Emier S. 541: 

O felix domina, patri«, matri.'äqnp, mariti, 
Ac uati l'eiitis servit aolleiupuiter ilia. 



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79 



Dann kommt die Genealogia auf den (aweiten) Sohn Eu- 
phemias, Gerhard vonObHuy su sprechen, der die Stiftung 
TOD Saar gebührlieh tthernahm und die Jungfrau Tnta (Jutta) 

von ^Velsperg' (Feldsberg) ehelichte, mit der er zwei SOhne, 
BoäLO (n.} und ZmÜo, den gleisten' E^ben der Stiftung, zeugte 
ond 1291 starb. Dies Alles findet in Heinrichs Chronik tob 
Saar seine nähere AnsfÜhrung. ^ Gerhards Witwe Jutta heira- 
tete nicht wieder, sondern verwaltete die Güter ihres Gatten, 
erzog ihre Söhne und starb vier Jahre nach dem Ableben ihres 
Ehcherrn 1295, wa?> Alles Heinrichs Chronik bestati^jt, ^ g-leich- 
wie den anschliessenden Satz vom frühen Tode der hinter- 
lassenen Töchter Juttas, Euphemia und Agnes.' 

Den Schluss macht die Angabe über den Tod des first- 
geborenen Gebhards, Bodko (II.), worauf die Saarer Stiftung 
an seinen jüngeren Bruder, Zmilo (II.), den Rotsten' £rben. 



Hoc Tidi potthe« bene bia, qiiod eidem (Enpbemla) 

Ipaim in feato non unie« missa dabatar; 

De quo turbatua ego pauper corde gemebam, 

Nam fuit immeritum sie et hoc tibi, ChriBte, inolesttim. 

* Clironicon domus Snrensis, Cap. Xll, Röpell S. 47, Emler 8. fiaU; XIII, 
Röpell S. 49, Kinler P 510; XVI, Röpeli SM. p:nilr.r S 542; 

XVIII, Rüpell S. 62—53, Emier S. 544; XIX, Rüpell Ö. 55, Emier 
8.646. Der Tod Qeriiarda wird Cap. XVU, Röpell 8. 52, Emier 
8. 644 aaadrteUieli 1S91 angeaetet: Anno MGCLXXXZ primo oUit Gev- 
hardos fondator noater. 

* Chronieon domaa 8aniiaia, Gkp. XIX, ROpell 8. 66, 67, Emier S. 646, 

548. 

* Chronieon domti« Sarensis, Cap. XIII, T?(ipell S. 49, Emler 8. 541, und 

XIX, ROpell S 5»), Emier S. 54G. Heinrich faast dies nochmals (Rö- 
pell S. 57, Emler S. 548) iu die Worte am Schlüsse seiner Chronik 
zasammen (Vors 1087— 1Ü'J7): 

Unica ücintiila maueat nobis, deos, illa (Zmilo) 
K«m auiit defoneti £rttfea dLuaqne aororea 



WD da» Erloschen der Familie Gerhards hin auf den zw^tMi Selm Zmilo 

hervorzuheben und bezeichnet 1297 als das Todeigahr der Euphemia, 1900 
al-« (las der A^nes, der b- i lrn Tdclitor Gorliards. Beirln orwähnt er im 
Cap. Xill (R-'ipell S. 49, ii.n. ler S. 541) al» verheiratet (Vers 862 ff.): 
Nunc oliiit iiot^rho, ned vivat Zniilo beattist, 
Primaque nataruiu (Gerharui) imt Euphemia vocata, 
Altem aed dicto faii Agnes, iam aoeiate 
Coniitgibaa propriia »mbe, aed neno obierniit 



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80 



gediehen sei, der sich ihrer unterwand, aber ^dem Kloster 
nicht mit solcher Fürsorge vorstand wie seine Vor- 
gänger'.' Er ehelichte die Tochter Herrn Ulrichs yon Nea- 
haus, Jungfrau Anna, ,und starb noch jung an Jahren ohne 
einen Erben, nur „weibliches Geschlecht'' hinterlassend 
im Jahre 1312«.* 

Diese letzten Zeilen der mit 1312 abbrechenden ,Genea- 
lofxia fundatorum' gclien über das Jahr 1300, der Grenze der 
Klüstercliroüik Heiririclis vou lleiinburi; liiiuius und enthalten 
den bedeutsamen Hinweis, dass Zniilo ^on Obfan, das ^letzte 
Zweiglein* i raiimsculus) seinem Hauses, der Hoffniings-,Fuüke' 
(seintilla) dct» Klosters Saar, wie unser Heinrich seinen gewe- 
senen Zögling und LiebliniL!: nennt, die Erwartungen nicht er- 
füllte, welche sein Erzieher und Lehrer in überschwänglicher 
Weise an ihn knüpft. 

Ueberbiicken wir noch einmal den Inhalt der letztge- 
nannten Quelle, so darf sie wohl, abgesehen von «^erin^^füpgen 
Verschiedenheiten und von ihrer das Jahr 1300 tiberschreitenden 
Schlussangabe, als ein ttbersichtlicher Prosaauszug aus der 
Klosterchronik unseres Heinrich gelten, welcher sich 
streng an die Obfaner Stifterfamilie h&lt und von allen 
anderen Angaben der Klosterchronik, so z. B. über die Yer> 
sehwn^erte Sippe der Lichtenburger, der Mitstifter von Saar, 
absieht. 

Dies und der Befund der Breslauer Handschrift legt uns 
nahe, dass jener Johannes de Augusta, der uns das Werk- 
chen Heinrichs von Heimburg vererbte, auch als Verfasser der 
,Genealogia', gcwissermassen des Anhanges der Saarer Eloster- 
chronik, angesehen werden darf. 

Es ist klar, dass man bei unserem , Augsburger* Johannes 

zunilchst an einen Klostergenussen von Saar denken muss 
und in ihm einen jüngeren Ordensbruder unseres lleinrieh von 
Heimburg uni^uuehmen berechtigt ist. 



Genealogia, KOpell S. 63: et (sad) nun tauta sollicitudine prae- 
fuit monasterio sicut praedecessores sui. 

Oenealogia, Schluss: Et decessit iuveuis »ine berede relicto sexu 
feminfto e. a. d. MCCC^XIL Off«nbar mnw man dxs jeelieba* m mxxl 
feminao bisttberiiebAn und dw sine berede dereb «mMOUlo* erglnsen, 
wn einen dina heruMobekoinnieii. S. darttber weiter ttntea. 



r 



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81 



Die von diesem so genau und ein^i^eheud erzählte Gestal- 
tung des Saurer Cisterzicnserconventes ^ liisst uns die bunte 
Mischung der zunächst durchwegs aus dem Fomuker Mutter- 
kloster stammenden Mönche erkennen. 

Im Schlusscapitel der Klosterchronik bietet Heinrich einen 
iurmlicben Katalog der von ihm nadi der Kiickkehr ins Saarer 
Kioflier vorgefundenen Conyentualen.* Unter ihnen ist ein 
ySchwaW (Soenns), dann zwei Jobannes and Überdies ein 
yKaräe' dUiesea Namens. Einer dieser drei Johannes, vielleicht 
der jüngste, was am nächsten Uige, konnte gar wohl seine Feder 
zur Hand nehmen, am die verdienstliche Chronik des ^Seniors', 



1 Chronieon donras Saransis, Cap. YII: ,Do primia hoc mimia'; Cap. VIH: 
(Primiw abbat Friderieas de Pomnk. D» itabilito eonTentn*; Gap. X: /le 
quito Abbatai, de Pomnk, MsOioet Htinrieo'; Gap. XIIs ,de can> aimo. 
Tone ascendiraus ad U^deani olaostram'; Gap. XIX: »De abbate XI. 

scilicet Arnolde'. 

* EOpell S. 64, Emier 8. 644—540. Vers 904— 97r>: 

Sunt tameu hic ali<nii, <|ui Winrici venicbant 
Tempore, qui nunc sunt hiis omnibus et KOniores: 
Primns Conrad uä priur est^ Swewusque secnndii.s 
Cuaradiu, Petrus, alter Petras atque Wigandtui, 
Hetbert, CKrtfMdna, Beorieiia et Nicolaiu, 
Heiazidi de Qrediea, Gnnradiu, Bartolomeiit, 
Htfaricns de Laban, subcellerarius ipse, 
Volcmarns cantor, ArnnlduH et Nicolanf», 
Andreas, Heinrich, Cunradus, Mnsln, Johannes, 
Perchtoldus, Leapolt, HeintzeUuus atque Johannes, 
Et duo novieii, Sydlo puer atqae Joheanea 
Bs dao noa eeiam firagUeei qnoa aatea dixi, 
Hoc eat Wigaadna et ego paapenimiis ille. 

Weiter oben lieiaat ea nlmlielit 

Nam de eonaenta primo nvisCu ittper est nunc 
Preter Wigandiim, fragUem aSnis et nlserandtim, 
Freier ne soluin, qai aam niniinita monachorum. 

Dem nrsprQnglichen Convente ^hOrten an: Wirich, Arnold, Fried- 
rich, Heinricl« Celle, Johannen, Hormann, Jobann der Brabantincr, «wei 
andere JohaiuieH, Heinrich der VValiouä (gallicus) und jener Wigand, 
den Heinrich von Heimburg noch 1300 als Lebenden verzeichnet; so- 
daaii Heliaa, flehnon toh ,Kreaa' (de Cniee, Heilig enkrena? GSstenrieiiBer- 
alilt In ^ederOateneicb), Andreas, Albert, Konrad, AJlee, Herbord, Kon- 
red, Nieokmai Rudolf. 1266 kamen dazu Ulrich ,Miszuer' (Mei^ssner?), 
Petrus, Johannes, Konrad der ,Kleine' (pamus), 1800 als »Prior* an- 
gefilhrt. S.Vers 502-534, 620—624, 671. 766. 
▲ichiT. LXXXV. Bd. 1. HMft«. 6 



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82 



denn ein solcher war Heinrich «reworden, abzuschreiben und 
sie mit einer ,Gencalogia fundaitinLin' zu verbinden, und er 
konnte ebensogut ein Landsmann jenes ,Schwttben' sein, ein 
Sohn der Reichsstadt am LechÜussc. Das Alles bleibt natür- 
lich blosse Vermuthung^, aber sie darf wohl ausgesprochen 
werden, so lange kein weiterer Haudschriftenfund uns eines 
Besseren belehrt. 

Wir uiussen aber noch jenes Prosaanhanges von Daten 
gedenken, welche in der Bresiau('r Handschrift an zweiter 
Stelle steht. Zwischen dem Namen des Schreibers ^Johannes 
de Augiista^ und der ,Gcnealogia fnndatorum* finden wir meh- 
rere Zeilen eingestellt, und zwar von gleicher Hand mit der, 
welche alles Andere schrieb, worin 1. zum Jahre 9Ü0 die Grün- 
dung des Ordens von Clugny eingetragen erscheint; dann fol- 
gen: 10Ö3 der Orden von Arroasia,^ 1086 die Karthäuser, 
1088 der Cisterzienserorden mit dem Mutterstifke Citeaux unter 
dem Abte Robert, ,welcher im 83. Lebensjahre den XV. der 
Kaienden des Mai' im Herrn entsclilief, 1109 die Prämonstra- 
tenBer, 1183 die Trinitarier, 1200 der Orden des lieü. Dominik 
cos und 1210 der der MinderbrUder oder Minoriten, 

Es ist nicht unsere Aufgabe, die chronologische Richtig- 
keit Bämmtliclier Angshen tlher die Ordensstiftungen zu prttfen. 
Em genUgt, die Ueberzeugung dahin auBZUspreehen, dass sie 
von dem Schreiber oder Abfasser der ganzen Handschrifl, von 
jenem ^Johannes de Augnsta' herrühren, der sich als Cister* 
zienser auch durch den ausführlichen Bericht tther die Anf^Uoge 
seines Ordens kennzeichnet' Anderseits ist es ebenso sicher, 



t MLXZXIU. ,incepit ordo Arroasiensif^, so benumt nach dem Klottee 
Aridogamancia oder Arroasia in der IHSeese Arraa, weJehes die 

Priester Heldemar aus Toumid und Kuno au» Deutsohland (epltar Gtr- 

dinal von Präneste) gestiftet hatten. Die Bestätigung dieser Klo<«tr>r- 
Stiftung erfolgte 1097 in dnr Piücesansynode Bischofs Lambert von Arra», 
und aus diesem Kloster ^iu<^ i-rst später ein besonderer Orden hervor. 
8. Hefele, Concüieugescliichte, V. Bd., 2. Abth. (18«8), S. 251. Die 
Jabresangabe 1083 ereebeint eorait verfirfibt, gleiebwie fast alle an* 
deren in unserem YerMichniss. 
* Anno domini H*L3LXXVIII incepit Ordo Cisteroiensis et ftindata fuit 
abbatia Cigtorrü ?nh beato abbate Rudhcrtn qui post nbbns exstitit Ci- 
Btercii. Et auuo ;u tati« siie T.XXXIII" W. Kai. Mail migrauit a<l domi- 
num. Vgl. die Angaben über die Ordeusstiftung in den Ann. Zwet- 
lenses (Mon. Gem. Seript. IX, 8. 679) zum Jahre 1008: Ordo GIrter- 



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83 



dass sie nicht unserem Heinrich angehören, da der Letztere in 
seinen Aiuiulen abweichende Jahreszahlen bietet Wir brauchen 
nur zusammenzustellen: 



Varieichni^s iu der Hreslauor 
Handschrift. 

Gistendeiiser: 1088. 
Dominikaner: 1200 1 
Minorifen: 1210 J 



Heinrichs von Hoiuiburg 
Annalen. 

1096. 

1213: Franciscus et Domini- 
eu8 darent 



In den Annalen Heinrichs ist ttberdies weder yon Glngn^, 
noch Arroasia, und ebensowenig von KarthttuBenii Prämonstra- 
teneem and Trinitariem die Rede.^ 

vn. 

Die ykleinere titokret Klosterehrouik^ oder das yCkranieon 
Zdimrense, seu notata qnaedan de famllia Podiebradlana^ 
(1251—1511) In Ihrer Anlage and fkrem ttekalto. 

Der Stockhobner Bibliothekar Olaf Gelse entdeckte in 
einer zweitheOigen, schön geschriebenen Bibel,' die orsprüng* 
lieh fitr den ältesten Sohn Georgs von Knnststt-Podiebrad, 
Bodek, 1 14d6 als Fttrst von Mttnsterberg-Oels, bestimmt war, 
dann in die Mathiaskirche zu Bechyn, weiter, wie bereits oben 
gesagt worden, in die B&eherei des lotsten Rosenbergers, Peter 
Wok (f 1611), des Ghnndherm von Becbyu, gerieth' nnd 



dmuoM inehoatur IS* Kai. AprilJs und im Martiniit Polonns anm 
Jahre 1096. woraus ancli in den Ann. anlae regia« 109S: ineipit 
ordo CSatarciensiB sub sancto Ruperto primo abbate. 

* Unser 'Ver«eicTin!«is Imt (1ip«if,ills anch nichts mit den chronolog^chen 
Angaben in den Annalt t; \on K'tiiigssanl g^omein, worin die Grfln- 
dang von Cluguy aui üii ^Verz. i:^üU), des Karthätuerordena auf 1092 
(Ven. 1066), der Fribbonelnleiiier «nf 1069 (Yen. 1109), der Donini« 
keaer oder des Predigerordeos anf 1196 {Ten. 1900) und der Uinoriten 
auf 1S06 (Terz. 1210) angeeetet erscheint. 

' S d.iHlber Dudik, Forschungen in Schweden fQr Mährens Geschichte, 
Brünn 1862, 8. 143 f. ,Biblo Bo^knvskA*. Vgl. V. Ab.H. hn., 8.69. 

• Der jetzig Einband stammt aus dem Jahre 1608 (s. Dudik, a.a.O.), 
also noch aus den Zeiten Peter Wok's vou Uotseuberg. 

6* 



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später , glL'ich vielen anderen böhmisch - mähriBchen Hand- 
Bchrift r. I n Weg nach Schweden einschlug, einige ihrem 
zweiten Theile bcipcbundene Pergaraeutbl.'Utor mit 
chronistischen Aufzeichnungen ttber die StifiteifamÜie von 
Saar und das gesammte Haus der Kunstatter. Sie schliessen 
mit dem Jahre 1420, während die Bibel selbst nocli dem 

15. Jahrhundert angehört. Immerhin fanden diese Aufzeich- 
nttngen ihren Platz in einem Buche» das einem SproBsen des 
Kunstatter Hauses gewidmet war^ und eine unmittelbare 
Fortsetzung dieser Notizen, von 1425 — löll, zeigt sich im 
ersten Theile der genannten Boöek Bibel, vor der Vorrede 
zum alten Testamente eingefügt, die der gleichen Hand des 

16. Jahrhunderts angehört. 

Celse vereinigte beide nur znfilllig getrennten Theile dieser 
chronistischen Aufzeichnungen und gab das Ganze unter dem 
Titel ,Chronicon Zdiarense* in seiner ,Bibliothecae regiae Stock- 
hokniensis historia' (1751) heraus. Otto Steinbach ▼on Kra- 
nichstein nahm diesen Abdruck 1783 in den zweiten Theil 
semer yDipIomatischen ftLmmlnng historischer MerkwUrdigkeiten 
aus dem Archive von Saar' als Nr. I der Belegstücke auf, und 
Dudik sah ISöl jenb Handschrift in Stockholm ein und yer^ 
Offentlichte den verbesserten Text im Anhange zu seinen 1852 
erschienenen »Forschungen in Schweden für Mährena Ge- 
8chichte^^ 

ROpell's treffliche Ausgabe der »Chronica domus Saren- 
sis' vom Jahre 1854 bot durch die Herausgabe der dem 
14. Jahrhunderte entstammenden ,Genealogia fundAtomm' den 
willkonmieneu Nachweis, dass der erste Theil des zunächst von 
Oelse herausgegebenen ,Chronicon Zdiarense* nichts Anderes sei 
als die etwas abgeänderte ,Genealogia fondatorum' mit einer 
Fortsetzung, welche, von 1312 ab, das Kunstatter Haus, König 
Georg und dann vorzugsweise die Nachkommenschaft seines 
Sohnes Heinrich I. oder des Aelteren (f 1498), Herzogs von 
Mttnsterberg und Oels,* bis 1511 betreffe. 



S. 381 — 388, Beilage A: Chroaicou Z(liareiu>e, »eu nutaia quaediun de 
fiuniUa Podlebradiana. 

V^l. Grotefendt . SlamantaMn der seMemachen FSnten bU mm Jahr» 

1740, Breslau 1875, 8.82—23, Tafel XIII und XIV, ,Du' ältoron Pudin- 
bnds in Mttocterbeig und Oelf* and «die jOngeran Podiebrnd» in OelsS 



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85 

Dadik's etwas wundeiltche Ansicht; dass dieses soge^ 
luuinte jOhronicon Zdiarense' am 1505 ^höchst wahrscheiiilicb 
böhmisch verfasst und ans diesem höhnischen Originale um 
das Jahr 1511 ins Lateinische abersetzt worden' sei,' hat 
sehr wenig Ittr sich, auch wenn wir einräumen, dass Dudik 
noch nicht wissen konnte, dem Ohronicon Zdiarense Ittge die 
,6enealogia fundatorum' zu Grunde, eine lateinische, dem Klo> 
ster Saar entstammende Aufzeichnung, die denn doch wohl auch 
nur ihre kteinische Fortsetzung erlebte. Budik's Ansicht stützt 
rieh auf einen einzigen Ausdruck und auf eine genealogische 
Angabe zum Jahre 1505. Dort nAmlich, wo von der Familie 
Georgs von Ennstatt-Podiebrad und seiner ersten Gattin Euni- 
gimde, Tochter SmOs Yon Stemberg, die Rede ist, hetsst es, die 
dritte Tochter Barbara habe den böhmischen Landesmarschall, 
Heinrich von Idppa und Duba, geehelicht Der Titel Landes^ 
marschaU erscheint im Chronicon Zdiarense* mit Marschall 
koui gegeben, worin Dudik den Datir des böhmischen ,Mar£a' 
lek' Marschall erblickt • Allerdings fügt Dudik bei: ,0d6r 
dachte blos der Schreiber böhmisch und schrieb lateinisch?', 
da er das UnzuUhigliche dieses Beweisgrundes selbst empfinden 
mochte. Obschon nun im ganzen Übrigen Chronicon Zdiarense 
kein zweiter Ausdruck dieser Art uns unterkommt, so ist es 
wohl denkbar, dass der Schreiber dieses Chronicon, aller Wahr- 
scheinlichkeit ein Saarer HOnch, wie er sich als solcher gleich zu 
Anfing der Fortsetzung der ,Genealogia fundatorum' ▼errttth,' 

und TT. Grote, MUnwtodien, 1^ Stammtefeln, Letpsig 1877, 8.418 bb 

410, Nr. 318, 319. 
» Dadilt, a. a. 0., S. 143—144, Anm. 8. 

' C«ls« (•. O. V. Steinbaeb U, S. 3) und Dndfk (S. 383) afimman in 
der Lemag flberain: Barbura Mtem doniao ^inrieo de Lippa et Duba 

Marscbalkoui Regni Boheraie cupulata. Man kann nicht leicht den- 
ken, da.'<s der Schreiber ,Marschalkoni' schreiben wollte, was die Un- 
geheuerlichkeit: Marfchalko, Marschalkoni«, ^tatt: Marschalcus, Mare- 
■chalci aar Voratuaetzung hätte. Wohl abur kann man aach an ein zu- 
fiOligee Venehen im Sdiftfbeii denken; findet «ich doeh (Bndfk, 8. 888) 
iwetiaal labeniAtofein, Inbenulor etett: gabemAtorem, gabernetor. 
* Et bic Botxko (III., Sohn Zmilos und der Ann« von Nenhans) nltinuts 
sepnltu^ est in ^eimlcliro dnininoruni fundafonim in antodicto monast'^rin 
fonti« Sanctc» Marie» in Zdyary. V^l. S. 383 (Dudi'kj, wo von den Ver- 
dienaten Qeorg» von Kuastatt-i'udiebrad vur 144ü um da» verfallene 
»nMmaffteriiini in ZdiAiy* die Bed« iat, and endlioh den nur einem 6ei«t- 
Hcben sa«tehenden Pfeenm (Ondik» 8. 884): Qao» omnee qni naqne 



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als Slaye vom Harn ana irgend welchen bobemiairencleii Aus- 
druck entschlüpfen lieas.^ 

Beachtenswerther ist aber das awette Argument Dadik's 
au Gunsten des Jahres 1506, als das der ^ursprOnglichen' Ab- 
fassong. yFttr die Jahreszahl 1605/ schreibt Dudik,* ^rieht 
der Umstand, dass der Schreiber in der Anftählung der Ur- 
enkel des Königs Qeorg mit Ursnla, welche 1506 anr Welt 
kam, schliessty da doch nach ihr Herzog Karl, dessen Todiier 
Ursula ist, noch vier Kinder zeugte, die zwar als Randglosse 
in margine, aber von einer anderen Hand verzeichnet vor* 
kommen/ Die Stelle, welche hier Dudik meint, findet sieh 
dort, wo der Chronist die ganze Genealogie des Knnstatt>Podie- 
brader Hauses mit Geoig, dem Böhmenkönige der Jahre 1458 
bis 1471, als Ausgangspunkte, Söhne, Töchter, Enkel und Ur- 
enkel des Grössten seines Hauses zusammenstellt. ^ In der That 
bricht die Uebersicht mit der Geburt der Ursula, der f\hifiten 
Tochter Herzog Karls von Gels (geb. 1476, f 1536), im Jahre 
1505 (t 1539 als Gattin Hieronymus von Biberstein) und mit 
dem Sohne Joachim (geb. 1503, f 1563), dem vierten Kinde 
in der langen RoDic dieser Nachkommenschaft ab, während 
dem Herzog Karl 1507 — 1511, mit welchem letzteren Jahre das 
Ghronicon Zdiarense schliesst, noch zwei Söhne und zwei Töch- 
ter geboren wurden,^ welche in der Fortsetzung des Chro- 



modo in brnniiiis dcgent, umnipotens in loogena wnlinte, optitnaque «t 

secnnda j)rn?»i)pritntp ad diuturna tempnra conseniaro, defunctis rpro 
tumm ^raciam et immensam pieUtem requiem eternam tribuere dügnetur, 
Amon. 

^ 8. 388 (Ondik) inn Jahre 1611 wird Leo de Rocmital mit (fnpvemnni 
Burg grnbliink Pregeneem* beaeidinet, was «och mehr der bSluniedien 

Formt tparkrabi' tu entsprechen eehoint, abgesehen davon, dass der Name 
Saar »tots mit dein slaviacben Zdyary, Zdi irij wiodorfregeben er- 
srhfMTit. Aber aiidiT^eits finden sich wieder Scliroibungen wie Satzka, 
Lippa, Zeebergk, KozmiÜial, Hardegk, Borzitha, Biattzize . . welche 
mehr dmn dentwhen Idimn und «einer daawligea Sehreibweite nuneigcn. 
Man flieht daher, wie wenig Anhaltsfranlcte fSr die NationalitEI de« 
Schreiben im Texte des Chronicon Zdiarense geboten sind. 

• Forrhnnjrpn 7Mr mähr. Gescb^ 8. 144, Anm. 
» Dudik, .S. ;iH4, vtrl. 38S. 

* Heinrich Ii., geb. 1607, f lüiü; llodwig, geb. Iä08, f 1531; Johaiiu<w, 
geb. 1609, 1 1666, nnd Barbara, geb. 1611, f elf Kind 1614. Auaterdem 
kernen noeh swel Sshne war Weit« ein Qeoig, geb. 161S, f 166$, nnd 
ein «weiter Qeoig, geb. 9, f 1616, 17. JKnner (Gro tefend, n. n. O., 8. SS), 



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nicon Zdiarense auch süuimtlich mit iliicm ücburtsiagc ver- 
zeichnet erscheinen. In der That müssen wir annehmen, dass, 
als der Verfasser jenen Stammbaum der Nachkommen Oeorirs 
Podiebrad al»scliloss, die Ostern des Jahres 1507 noch nicht 
gekumnirii waren.' 

Wir wenden uns nun der Gliederung des ,ChronicoD 
Zdiarense'* y.n. 

Den Aiitan<; bildet die uns sclion bekannte ,Genealogia 
fundatoruni' des 1.'). Jahrlmnderts, mit jenen Weg^lassungen und 
Abweiehungen, auf die wir weiter unten zu. spreclien kommen. 

Dann foli^t furtsetzune^sweise die Nachkouimenischaft 
Zmilos [IL) von <_>bran (f 1312): .Sühn, Enkel und Urenkel: 
Bocko III., IV., V. oline jede Zeitangabe, llierauf werden 
die vier Söhne Bockos V.: Bocko (VI.), Johann .Kostky*, 
Hynkü und Vietorin angeführt, und nur bemerkt, dass die drei 
ersten ohne Kinder verstarben und der vierte. Victorin, im 
24. Jahre seines Lebens verschied mit Hinterlassung eines Sohnes 
Georg und zweier Töchter: Klisabetli und Margaretha, von 
denen die Erstgenannte Herrn Ilcinrieli vun Lippa und Duba 
zum Manne hatte, die zweite Herrn Buschko von Seeberg und 
Plana ehelichte. Jener Victorin habe die Mönche aus Saat 
vertrieben, so dass das ganze Kloster verödete.* 



die sich in jener Kandg'loHse (von I)it<1{k dem Texte in Klaraineni ein- 
gefügt: .Heynricura, Uedwigim, Georgium I. et Gcorgium IL, qui sta- 
tim obüV also gMeh naeh der Geburt gestorben) rorflnden. DaOro- 
tefeod, a. a. O., Sterlxijahr and Todestag dieeei sweiten Geoif kenntt 
17. Jänner I6lft, so muss diesem Kind ^ur selben Zeit geboren worden 
sein, wie nnsere Randglossf angibt. Diidi'k bemerkt, da er den Zeit- 
pTinkt des Ablobens diose.s zweiten Georj^s nic-lit zu ketuien sclipint: 
, Welches Bewandtnisa es mit dieoen zwei Georgen bat, uiu-sä die Ge- 
lehicbte darthnn.' Allerdings bleibt e» aufflUlig, dan awei SOhne, naeh- 
eioander g«borai, den gltiebem TaafikanMii fuhren. 
' BOTOg Karb von Oels siebentes Kind, Heinrich, kam, wie ea iaa Chro- 
nicoD Zdiarense heisst: Anno 1607 ^ecnnda foria jjost Palmarnm, qne 
fnit Ticeisima nona die« Marcii zur Weit (29. März. Vgl. Urote- 
fend, a. a. O., S. 23). 

• Dadfk, a. a. O., a 881^882 (Bteinbaeh H, 8. 1—9). 

* lieber dieeen Yietorin, Eidam Joiianas von Wartembaiig (f 1406), aefareibt 
Palacky, Gesch. Bohraens IV, 1, S. 118: »Man erzählt, sein (Qeofgs) 
Tanfpathe sei »MP-t 2i'?,kn gewesen; g^ewis« ist, dass die?:cr Feldherr bei 
seinem Tode keinen getreueren Freund besass als Georgs Vater, 
Victoria.* 



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Dann wird in gleicher Weise die F.uiiilicnbildung Georgs, 
des naclnnaliijen ( Jubcrnators und KüihV's von Böhmen bis zu 
den Urenkeln, wie wir bereits wissen, zusaniniengefusbt, Georgs 
Verdienste nni die Wicdcrherstelluner des vei*fallenen Klostei*s 
Saar gerUlinit und der Se^en des liiiunicls für die Nachkommen- 
schaft Georgs (um 1505 — 1507) angefleht.* 

Während in diesem zweiten Tlieile, von 1312 ab, ein- 
schliesslich des Stammbaumes der Nachkoronn nschaft Podic- 
brads,* alle chronologischen Angaben fehlen, liefert ein 
dritter Theil, ' anhebend mit dem Geburtsjahr Georgs von 
Kunstatt-l'odiebrad, 1420, solche fortlautend bis 1511. Man 
sieht, dass es dem Klostermanu von Saar darum zu thun war, 
an jenen übersichtlichen Stammbaum des Hauses Kunstatt-Po- 
dicbrad eine genaue Geburtschronik seiner Naohkummen- 
schaft zu kniipron und hiebei mit dem Jahre, Tage, ja sogar 
der Stumle anzuheben, in weicher der Berühmteste des Hauses, 
Herr Georg von Kunstatt Podiebrad (1420 — 147 1), Victorins 
Sohn, das Licht der Welt erbUckte, Denn dieser sei es ge- 
wesen, der (im Gegensatze zu seinem klosterfeindlichen Vater), 
noch vor seinem Eintritt in die lieiehsverwesung i>ühinens 
(1448)^ das Kloster Saar aus seiner Zerstörung und Verödung 
emporhob, indem er für seinen Wiederaufbau und für neue 
JVIünrhe Sorge trug, um so die ehrwürdige Stiftung seines Ahn- 
herrn, Boceks I. von Obfan, nicht verkommen zu lassen. 

Dass thatsächlieh das Saarcr Kloster* um N^'ij verödet 
war, beweist die (deutsche) Urkunde vom Jahre i4J(i, worin 



* Die Einzelheiten dieses Stammbanmcs der Podiobradf flborpelipn wir; 
jene Stelle im Chroninin Zdiarcnso (Dadik, S> S84) wurde bereit« iu 
einer früheren Anmerkung angeführt. 

* Diid<k, S. 383-384 (Steinbftch« 8. S— 4). 

* Dndtk, 8. 884—888 (Stein Ii ach, 8.4—8). Diese Anfseiebiraiigmi Unden 
sieh in der Bofek'schon Bibel (s. w. o.) an einem andezen PUtse als dw 

ffflbere eingenigt. Dudi'k, 8. 384, Aum. '2 

* Et liic Georgiu» nondtrm nnh(»rn.'it >ir iumjtjp Rpx existfi«. Mu- 
nastcrium predictum in Zdinry, quud a tempore ©xpulsioiuü uatnun 
eiufldem (dureh George Vater, Victorio, s. o.) deeiraetnm et deso* 
tatQm erat, denno redifieauit et quasi de novo fnndauit» in- 
troductis illuc fratribns nonis. 

» J^tfiiili.K Ii, Dijil. Merkw. n. s. w., Bd. II, bietet die bezüglichen Kloster- 
Urkunden seit r25_' Ihuiik (ForHchungen, S. 1G9 — 171 behandelt einen 
in Stockholm voriinndenen Codex aus dem Iti., 17. Jalirhundort, der ein 



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der AVt Johann, der Prior Jakob, der Kellermeister (Khelner) 
Stefan und der Convent von Saar ab in Brttns weilend einen 
Verkauf beseligen.' Allerdings dürfte es 1439 mit dem Kloster 
besser bestellt gewesen sein, in welchem Jahre wir einer KOnigs- 
nikonde nnd einer PriTatschenkung' fUr das Kloster begegnen. 
Immerhin muss es in einen aigen nnd lange nachwirkenden 
Verfidl gerathen sein, da eine Urkunde der MOnsterberg-Oelser 
Fttisten, der Enkel KSnig Georgs Podiebrad, von 1498 die noch 
damals ersichtliche ZerstOmng des Klosters durch die ^gottlosen, 
liuberischen und wilden Taboriten', anderseits die Wiederher- 
Stellung Saara durch Herrn Georg von Kunstatt und Podiebiad 
erwähnt, und es In den b(}hmischen Urkunden des Abtes Jo- 
luum vom 94. April und 25. Juli 1446 heiss^ man habe in An- 
betracht des grossen Verfalles und Verderbens, Willens, 
Saar wieder emporzubringen, ,mit Rath nnd Willen des 
bochgeborenen Herrn Georg von Kunstatt und Podie- 
brad, des richtigen Klo st er Stifters',' das Gut Bory und 
das Dorf Nowosicze nachbenannten Adeligen verkauft. 

Die weiteren Urkunden von 1446, 1448, 1450, 1457, 
1463, 1465 und besonders 1466,^ welche uns von der Guber- 



Saarer Diplomatar von 1411 — lt)i:J enthält, etwa Umi l' rknnfleiicopicn 
von tüuf verschiedenen Händen, deren hloa 19 8tetubach bokuunt 
waren; die ■ahlreiehsten betreffen die Zeit der Seater Aebte Leon- 
hard nnd Veit (1470— JSSO). 

»Steinbach H, 8. 13(5-137 (Nr. XC), deutech. 

• Stei Ubach II, 8. 138—140 fNr. XOH, lateinisch, nnd XCII, latohilseh. 
' In jener Urkunde von 1498 (Steinbach II, S. 191, Nr. CXX) heimt es: 

tandem post loogum per nequissimus, rapaces . . . rabidoaque Ttiubori- 
tarnm netsteiee ineinerati, exneti et in pnlTerem redacti in 
•pelnncanqne latrornm conTerai (monaeierii), i^nod neqne in 
bodierann minae einsdem intnentibus testantur ... Die Ur- 
kunden von 1445 finden flieh Steinbach II, S. 14.1— 14r» (Nr. XCIV 
und XCV), bObmiBcb, ,znamenaw8se Nassy wuliky tsabuby y Klasatoru 
Naüseho zkaienj, y chticze gey zasso ustawiti, y poi^adiwsse se Urozenyem 
ftnem Paoem Giriikem s Ktmatadu a n Podiebrad NaiBjm 
prawjm StifterSem Klasstera Zdiarak^ho* faei«t es bespiel»' 
weise in der zweiten Urkumlo. 

* Steinbach II. Nr. XCVI — CV, in bnhriiiiseher Sprncho, .ibfrfl^ehon von 
fler nnf Bitten KOnig Oeorgs erlassenen päpstlichen Bulle vom 
iö. März 1462, worin den Saarer Aebten die Tollmachi ertiieilt wird, 
lieh einer IDtra nnd der Pontifiealien (Kmmmitob^ Ring n. §. w.) in 
bedienen. 



90 



nator- zur KöriiVszeit Georgs von Podiebrad begleiten, lassen 
Uberall den Rath und Willen des Saarer Stiftsherrn erkennen. 
1466, 25. Jänner, verlieh König Georg dem Convente eine um- 
fassende Bestätigung seiner Rechte, Freiheiten und Besiteungen.^ 

Wie wir sahen, unterscheidet sich somit der zweite Theil 

des Chronicon Zdiarense vom dritten — und Ittngsten — durch 
das Wegbleibon aller chronologischen Angaben für die 
Zeit von 1312 — 1420; von da ab* setzen sie, im dritten Theile, 
regelrecht ein und betreffen die Geburt aller Söhne und 
Ti'tchter König Georgs aus erster Ehe, sodann der ganzen 
Nachkommenschaft' des drittgeborenen Sohnes, Heinrich I. 
oder jAelteren' (geb. 1448, f 1498), während die Descendenz 
seiner Brüder: Victorin (f 1500) und Heinrich IL, des ,Jttn- 
geren', oder Hinko (f 1492) ausgeschlossen bleibt. 

Der Grund mag darin liegen, dass sich jener Sohn König 
Georgs um Saar ein besonderes Verdienst erwarb. Das Chro- 
nicon Zdiarense erzählt nämlich an früherer Stelle, die Saarer 
Mönche seien neuerdings yertrieben und von Heinrieb dem 
Aelteren wieder eingeführt worden.* Obechon wir Uber diese 



* Steinbach, S. 162—164, Nr. UVI, lateinisch. 

* Am YielNitigiIeD enohein^n dio Daten Ittr Qeorg Podiebrad aad Mine 
ente Gattin, Ennigunde von Bternberg. Dort heint es; Annodon. 
Hilles quadringentesimo vicesimo featioitatia MUieti Qeor]^i die domiaiea 

vicesimatcrcLi niensis A]irili<, in qnnc nnhi¥i e<it «ercni-sinms princeps 
Georgius, Kex Bohemie et dominus do Cunstadtt göc. hor.-i diei 
uudeciuia, miuuta triceaima octava. Dm Datuui 23. April ist richtig, 
das OeoigsfeaC iat »bev am and fiel der 83. April nicht anf einen 
Sonntag, eondem auf den Dienstag. Hier, bei Kunigunde von Stern* 
berg, finden wir eingezeichnet: Anno dorn. Millesimo quadringentosimo 
vicesimo quinto in Vipilia S. E Ii zabf t h (18. November) fuit feria 
quintn (<\n<^ stimmt iiicbt, iIlmui <]i-r Ifi. Novomber tiel H2!S nicht auf 
den Donnerstag, sondern iSonntag), iu qua uata est Nubilih et generosa 
Domina KbonegmidtB de Steranbergkh hoza die qnarta ainuta qvadr»* 
geriras qninta. 

* Dm letite Datum betrifft die Gebart and Taufe dei sehnten Kindel 
Herzog Karls 1. von Oel» (f 1636) aus der fruchtbaren Ehe mit Anna, 
To<"htf»r Johann?* II. von Sagau, der sochjsten Tochter, Barbara, die 
jedoch noch im Kindeaalt«r, drei Jabre uacU ihrer Geburt (1511), löl4. 
Starb (Grotefend» a. a. O., S. 2S}. 

* Dudilc, S. 869, Bteinbaob, S. 3: Qni (mMiaebi Zdiarenaee) iternm 
tempore ipeini (Geoigii Bobemie) expulsi et per filium eini 
Heinricnm «eniorem iterato introducti. £• muss siob die« in 



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91 



Vurgiingc des Näheren nicht unterrichtet sind, so liegt uns 
wenigstens die lauge (bereits erwähnte) Urkunde vom 16. Sep- 
tember 1498 vor, worin die Sühne dieses Heinrich, die Fürsten 
von Münsterberg, Oels und Glatz, Albert, Georff tiud Karl, ihre 
Fürsorge um das Hauskloster durch eingehende Bestätigung 
seiner Rechte und Freiheiten bezeugen.' 

Ueberblicken wir nochmals die Oliederung oder, richtiger 
gesagt, die wechselnde Beschaffenheit des sogenannten Chro- 
nicon Zdiarense^ so kommt ihm der Titel ,Saarer Klosterchro- 
nik* nur sehr fragweise zu, denn es ist dies Denkmal im 
Grande nichts Anderes als eine Fortsetzung der ,Genealogia 
fiindatorain', wie jene Aufzeichnung aus dem 14. Jahrhundert 
weit richtiger betitelt erscheint, nämlich ein Stammbaum der 
orsprünglichen Stifterfamilie und ihrer Nachkommenschaft, und 
die localgeschichtliche, Saar betreffende Seite dea Chronicon 
Zdiarense findet sich nur noch in jenem zweiten Tbeile, der 
einerseits der Zugrunderichtung des Klosters durch jenen Vic- 
torin Bodek von Kunstatt, anderseits der Rettungen des Stiftes 
Ton Seite Georgs von Kunstat^Podiebrad und seines dritten 
Sohnes, Heinrich des Aelteren, gedenkt. Der dritte Theil ist 
dann nichts Anderes als eine Genealogie des Hauses Podiebrad» 
nnd zwar der Sobne Georgs und dann der Descendens Hein- 
fUths des Aelteren von MUnsterberg-Oeb. 

Wir kommen nun m ErC^mng det^n, was oben be- 
reite angedeutet wurde, nllmlich jener Abänderungen, welche 
die ,Genealogia fundatoram' im Chronieon Zdiarense erfuhr, 
indem wir bezüglich der Einsehdbe, Teztrerschiedenheiten 
u. s. w. auf die sorgfältige Arbeit BOpelPs* yerweiseu dürfen 
und diesfalls nur Einzelnes näher ins Auge fassen wollen. 

Zunächst findet sich im Chronicon Zdiarense der erste 
Absatz der ,GenealogiA fiindatontm', der von der letztwilligen 
Yerftigung nnd vom Ableben PHbiskws (von KHilanow) 1251 
handelt, weggelassen, indem der Schreiber äi» Chronicon Zdia- 
rense mit der Stifbing des Klosters Saar durch Bodko 1. von 



d«r wiireTollen Zeit des bsbrnieeh-mtbrisoben ThroDkrieges und Parteien» 
kämpfen 1469 — 1470 zugotrutrt-'n lialion. 
< Steinbac h II, S 190—19«» Nr. CXX. Vgl. oben die aiu dieeer Urknnda 

angezogene Stelle. 
' ROpellt in den Anm. zu seinem Abdruck dor ,Genealogia fuudatoruin', 
S. Gl— 63. 



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93 



Gbf an 1251 ' unmitielbar einzuBeteeii ftbr gut fand, da in der 
^Geticalogia fundatorum' ohnehin im zweiten Absätze jenes PH- 
bislawB als »ersten Stifters' von Saar gedacht wird. 

Während es femer in den Endzeilen der ,Oenealogia 
ftudatomm' Ton jenem Zmilo (II.) von Ohfan heisst: »Et de- 
cesflit tuuenis sine herede, relicto sexn femineo,* circa an- 
num domini MCCC^XII' — schreibt das Chronicon Zdiarense: 
,Et decessit juvenis circa annum domini 1312 relicto berede 
domino Botckone ex praefata domina Anna (von Neu« 
haus). 

Bemerkenswertfa ist ferner» dass Heinrich yon Heimburg 
in seiner Elosterchronik die Stifterfamilte nur mit dem Prädi- 
cate Obersess-Obf an ausstattet» gelegentlich den Stillter Boöek 
und seine BrQder auch als »StrzÜiczi' ;aiifbhrt» die »Genealogia 
fdndatorum' von der Bezeichnung »Obfan' absieht und jenen 
Bodek-Bodko ,Come& dictus de Bernek' nennt, während im 
Chronicon Zdiarense auch der' zweite mit der Grafenwttrde 
verknüpfte Name »Nidde' (Gomes Bemeczensis et Nide), dem 
wir in den Urkunden der Obhm-Eunstatter ftkr Saar und, ab- 
gesehen von jener Bulle Papst Innocenz IV.,' auch sonst in 
keinem offieiellen ActenstUcke und auch in keinem 
anderen Diplom begegnen/ auftaucht 

Sodann findet sich noch ein wichtiger Ein schuh in dem 
herilbcrgenommenen Text der»Oenealogiafundatornm'» und zwar 
gleichfaUs zum Schlüsse der letzteren. Während es nämlich 
hier heisst: »Hic (Zmilo) duxit filiam domini Vfarici de nona 
domo Anna nomine virginem'» sagt das Chronicon Zdiarense: 
Hic ommisso titulo comitatus primus se dominum de 
Cunstat nominavit Hic Smflo duxit filiam domini Vlrici de 
Nona domo» viiginem Annam nomine' . . . Zmilo habe somit 



* In der Qenealugiu fuudatorum findet sich keine Jahreszahl vorangefftellt; 
das Chronicon ZdiwenM bebt mit ^Aiiiio domini lUIIesImo dneenteaimo 
quinqnagenmo primo* an» indem es dabrt von der letstwilligen ErklXrong 

rribislaws vom Jahre 1251 ausgeht. Auch die Genealogin fiindatorum 
r« e]inot s>i, ^ie den Tod Bo<!eks von Obfan, f 1255, December, out 
,nuno fimdatiunis quarto' erläutert. 

* Wir kenaen diese Tochter oder diese TOehter nieht, auf welehe Qe- 
nealogi« ftindatorum verweist; jedenfalls war oder waren ne knmlebig. 

3 S. oben den III. Abechmtt. 

* Ich kann mich hier nur anf die Urkandem bei Steinbaeh II berufen. 



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93 



den Titel ,Graf von Bemeck and Nidde' abgelegt und sich 
fortan ^Herr yon Eanataf geschrieben. Diese Angabe ist 
nicht richtig, denn Zmilo schreibt sieh in einer Urkunde, die 
▼om 31. JSoner 1310, also nicht knge vor seinem AUeben 
(1312), herrührt,^ allerdings nicht ,comes' u. s. w., wie sich ja 
auch sein Vater Gerhard (f 1S91) nie schrieb, aber er ge- 
braocht das alte Prttdicat de ,0ber8az' Obersess » Obfan, 
wie es .Vater und Grossrater fährten. 

Andersttts winen wir, dass schon Gerhard sich ,von Kun* 
stat und Obhm' nannte,* ersteres Prftdicat mithin ebenso gut 
mnehat wie sein Ohm, Kuno-Knna von Kunstat, Bodeks I. 
▼on Obhm (jtlngerer) Bruder, mit dem zunächst der Ge* 
achlechtaname ,Eunatat' in die Geschichte eintritt Ihr Vater 
Gerhard (I.) (der Grossvater Gerhards II. von Obhtn) findet 
sieh in den Urkunden immer nur mit der Bezeichnung fBiirg- 
gnif von Olmtttz' (biirg^rayins Olomucensis). 

Dies Alles ei-füllt uns mit gerechten Bedenken ge^en tliogo 
Abänderungen der ,Genealogia fundatorum' im ,Uhronicon 
Zdiarense^ 



> CM. dipl. Morav. VI, 8. 26; E ml er, 8. 969, Nr 2208. ,Zmilo de Ober- 
znt. Hnbcnmcrarias MoraviM* nimmt die Stadt ,Badis* (Ung.'Himdiacb) 

in seinen Schutz. 

* So in der Urfebdoerklftranir ^> Febnuur 1286 (Cod. dipl. Mm»t. IV, 
S. 810; BmUr, B. 691, Nr. 1878) «OoriiftTdtui d« Knnatat et de 
Obrsan*. 



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94 



VIU. 

Ueber die angebliche Naehkommensehall Zmilo-Smils 
TOD ObhiD, t nHd das § anae Obfaner und Kanstatt- 
Podlebrader Haas bis aaf Oeorg toh Podiebrad, mit 

Klh'ksfcht auf die dem Kloster S«ar nuhestchcndo Scftcn- 
verwaiultscbaft, aln Kritik der Uc/ü^lichen Aiigaben im 

Chronicoii Zdiarense« 

Rüpel 1 liat in der miustfrpitifren Einleitung zu seiner 
Aus<ra1)i- der ( 'lironicM doinuä Sarensis folgende beachteoswerthe 
An»icbt uuügi sprochen (Ö. 14 — 15): 

,Nacb der unserer Chronik (der raetiischen Arbeit Hein- 
riclis von Heimburg) angefllgten Genealogie M nmealogia fun- 
datorum) starb also die von Boöck und der Euphemia ab- 
Btammondo Linie der Herren von Obrzan mit diesem Smilo im 
Jahre 1312 im Mannesstamme ans. Daa spätere sogenannte 
Chronicon Zdiarense wciclit aber an dieser Stelle von unserer 
Handschrift insofome ab, als es aus der Ehe Smilos mit der 
Anna von Neobans einen Sohn, Boöek, hervorgehen lässt und 
an diesen dann die ganze spätere Reihe der Herren von Eun- 
Btat und Podiebrad bis auf König Georg and dessen Nach* 
kommen anknüpft. Mir scheint, dass diese Anordnung aus dem 
Irrthum oder der Absteht einer spateren Zeit hervorgegangen 
ist, denn ich finde sowohl in unserer Chronik (Vers 441), als 
auch in den Urkunden des Cod. dipl. Morav., dass Cuno, der 
Bruder Bodek des Aelteren, von dessen Söhnen sich, wie auch 
Wolny (H, 2, S. 63) meinte, «jede Spur verliere dennoch 
Söhne hatte, von welchen der eine gleichfalls Bodek liicss (Ur- 
kunde von 1283, IV, S. 283) „Chuno de Chunenstat et filii sui 
Bosco et Bohusius" (Urkunde vom Jahre 1287, IV, S. 329), und 
da nun Cuno und dessen Nachkommen sich zuerst von Cun- 
stat nannten, so wird es wahrsclieiulich dieser noch im Jahre 
1300 lebende (Chronicon domus Sarcnsis, Vers 442) Sohn 
Cunos sein, welchen der Fortsetzer unserer älteren Genealogia 
zu einem Sohne Smils machte, so dass also nicht der ältere 
Bo^ek, sondern dessen Bruder Cuno, welcher noch im Jahre 
I2\)b lebte i^Cod. dipL Morav. V, S. 26), der wahre Stammvater 



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95 



der spttteren Geschlechter KmiBtet und Podiehrad sein wird, 
wfthrend der jüngste Broder, NicolanSy das Geschlecht der 
Henren Ton Dmovnts begründete, der mittlere, Zmilo, der 
OrOnder des Klosters Zmilheiin, dagegen ohne Nachkommen* 
Schaft starb/ 

RSpall erlilatert diese dnrchans berechtigten Eo^ ägungcn, 
denen sich anch Palack^^ anschliesst, durch einen Stammbaum 
des Hauses Obfan-Eunstatty den wir hier erweitem und er- 
gänzen wollen. 

Ziauichst sei der Zusaiumenhaiij!: der au der Klusterstlftiino; 
Saar unmittelbar und uiittclbar betliciiigtuii Familien duich fol- 
gende Lebersiicht erläuterl: 

l'ribislaw \ nn Kri/anüU, liurggraf von Eichhorn und lirünn (f 12:» l), 
Urhebrr der Klostorstif'tnnf^ und Sibilla (f 19<52) seine Gattin, 

U'itwc liohusch, in dritter Ehe verheiratet 
mit Heinrich dem Acltercn yon Zittau (Konow), Vater SmiU Ii. 



1. Niclawa. 

X 
Gallas 

Ton Jablon- 
L$weabeiir** 



8. Eaphenla. 

X 

BoSekl. TOD Olliailf 
Stifter von Saar, 

t 1255. 



8w EUflabeth. 

X 

Sttil-Zmilo II. 

YMI1 Zittau 
(bezw. LicliteuUarg). 



* Df jin v närodu ?csk61]n w (^f'chjich a w Morawf (I, 2, von 1126 — 1253, 
Pr.'i^r l»02, (Usf^on wiTtlivullr ßeila?Pii 8 295—498 Acm II. Kd., 1. Hoft 
laü^j seiner ureprüiighcii ddubch hviausgegebeituu Ueacbicbte von litih- 
in«n iBklaii), 8. 4M. 

* HaiarieliB von Halmburg «Chfonieoii doiiiiis Saranab*, Van 78— 8S: 

Gallas de Jablon Btislawam nomine dnxit, 

Qnt paricu.s natos sibi poit sine erimine vlzit. 
Gallun», Gallus breniter qiioquo vixit. 
Et Margaretham pulchram satis et generosam. 
Die von ,JabIon' oder, wie sie sich als Qeschlecbt schrieben, ,von Le* 
wenberg>Lemberk%gehSi«a aar grossen Sippe der ,MartnraTtici*» welche 
lä», die Ton Zwilelie, Miebelowie, Warlemberg und Waldstein omlasst 
(Palacky, Dej. nir. Cesk. I. 2, S. 474). Ein Gallus (Havel) de ,Lewcn- 
berch'-J.pmberk', ancb von .Ja]>lonni' p«*<ichrieben, tauclit nrkundlicb seit 
1233, 1234 auf, offenbar der Gatte jener Stislawa, wulche als älteste 
Tucbter des Plibialaw von Kfiianow und der Sibilla lange vor 1251 vor- 
mShlt gewesen sein wird. Der vom Chronloon domns Sarensis (Vers 
78—80) beeengle gleichnamige Sohn ans dieser Ehe erschdni bereits 



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Die Naehkommeii Gerhards 1> Ton INNffSoss-Obhin, 
Burggrafsn von Olmütz (1236 — 1240 urlnindlioh genannt), 
nach Brüder von StHUk genannt. 



1. Uocek 


2. Zmilu-Smil (I ), 


ä. Koua 


4. Nikul 


Oder iiovKo x«! 


teiu. ^9f^9 












Niklaa. 




lUii j jimii*.' iT| 


v/in K^ii'liiiA'ra 




KHinmorßr von i>runn| 


vjninut?r »if?* 


JiD A rei^ I IM 1 1 


«\ Ii Ii tl v' ■ I 


Burggraf von Ztiriini, 


viH(6rziBn3^rKic>9i(5r9 


vr\n \f tt Ii rAlt 
VUli 4lllilirdl) 


HCl 




^^TIli 1 itliAini 


E rb AU ö r 

MiS t W €% U V t 




Pemeek; arknndlich 


in Wywwite, 


▼on Knnstatt, 




Mit 188S .... 


Filiale von Welehnd 


urknndlich 




1 1S62, 20. Desember. 


(1861). 


noch 1896. 




X 


X 


X 




Eopkemia, 


BohnwiMta, 


Goinablin 




2. Tochter <\pfi l'flbis- 


stirbt 


ualjekannt. 




law von Kfiifcanow. 


k i inl 1' rlos' 
um 1273. 


Ortindor 




Grflnder 




der iweiten 




der eraten Linie, 




Linie, 




der yon 




(1 f.r von 




OberseBS'Obfan. 




K unstatt. 




(lA.) 


• 


(IB.) 





iirkniidlicli 1254 nh ,0finn8, filio« GalU' und 1268 als jjiimom.a' neben 
dem Vatersbruder Jaruslaus. Heinrieb von Heimburg »agt vuu ihm 
a. a. O*: ,breviter quoque vlxit^. 

» Palack/, a. a. O.» 8. 486, Hart 8aiÜ bia 187S ala lebend beiengt aoin, 
waa nemlicb intiiffk. Die teilte Urkunde, die ihn ala ^Zmilo de Bm- 
mow* anfUbrt, datirt Tom 14.0etober 1878, bema. Em 1er, Beg. Boh., 

S. 340, Nr. 839. 

* Palack]^, a. n (> , 8, 486, und Dudfk. r,o«,-l. MHhrons VITI. S. 104, fQr 
diewn Zn.saininenliaug. Vgl. die Bedenken dagegeu iu Braudl'a Aus- 
gabe der ,Knilia Dmowskd' (Brünn 1868, S. VI). Immerhin ist das 
Wappen der apüeren Dmowitaer init dem der Knnitalter im Weaen 
gleich, nnd ea iik beaeichneiid, daaa Smilo ▼<» Knnatatt dem von ihm ' 
gegiUndeten Cisterzienserklostor Sroilnbeiin in Wisowits unter Anderem 
aucb seinen Besitz in Drnowit^ (DymowicKe) xuwendet (Bocxek, 
Cod. dipl. Morav. III, 8. 318; Eraler, Keg., S. 122—126, Nr. 326, 1261, 
16. August, Olmttts). Wie ea sieb mit den früheren Dmowitzem ron 
1846-1849, einem Slawibor, Milia nnd Zdik, ▼erhKlt, welche 1868 auch 
in der Oründung^urkunde von Saar als Zeugen voAommen nnd den 
Brfidern BoAeka von Obfaa, also anoh in Jenem Niknl ronuagehen, 



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97 



I A. 



Die Naehkommen BuM oder BoBsM I. tob •keiSMS^IMfM, f 1865, 

und der Euphemia (TochU-r Pfibislaws von Crizans-Kfiiaoow), f 1279. 
Die Stifterfamilie von äaar:^ 



Znilo 

oder 

Smil ''l t, 
t 1268. 



Gerhard (II.), 

1 1291. Gern. Jutta 

Tochter (lef< 
österr. Schenken von 
Vebperg (Feldsberg) 

an der (toterr.^mlhn 
Landeggreaae, 1 1896. 



(t bald). 2. Gem.: Witigo 
von Hehwabenltz i Ro«IiMiburp. liipa, 
Upa oder Upy). Aus (THter Ehe: 
3 Tochter, von denen eine (Bonka) 
1^ Könne noeh nm 1300 leMe. 
Aas sweiter Ehe mehrere SObne.* 



KapbemiA, Agnes, 
t 1S97. t 1300. 



Boctk Zmilo-Smil ^11.), 

(II.;, t 1312 ala der letzte nachweisbare 
t Sprosae des Haaeea Obfan. 

Qem.: Anna von Neoha«. (Nur weib- 
liche NacbkommenBchaft erwähnt 

in der ,Geneal. fundatoruni'. 
Iiu ,Chronicon Zdiarcuse' wird ihr 
ein Sohn Bo6ek III. zugedacht 
nnd yon diesem das Knnstatt- 
Podiebrader Hans abgeleitet 
(«. darOber weiter anten). 



BOpell schiiesät mit dem Obfauer Hause ab, indem er die Fortdauer 
dss Xnoitatter Zweiges, der Kachhominentehaft Knnot andentet, der 
noch 129ft lebte (Cod. dipl. Her. V, 86) und denen Sohne: Bo2ek nnd Bo- 
hnteh mit ihm in Urkunden von 1888 (Ood. dipl. IforaT. IT, 883) nnd 1887 



können wir liier nieht nntennebmi (•. w. o. bei den SohwabOnItiern). 
Heinriehs Ton Helmboig Chnmioon domns Sarenaia, Vers 447, sagt nm 
das Jahr 1800: . . . solnm Tidi natnm Nicolai; er lernte nnr den 

Sülm des Nikul kennen, nennt uns aber den Namen nicht. 

' D.-iber «ichreibt Heinrich rrni Heimbuxg im Chronicon domoa Sarenaia, 
Vera 1082—1084, von dL-a Ubranem: 

Sunt alii fundatoreit, ^ui sunt laterales, 
Noo de progenie vera, aed aant patmeles, 
De Tora Stirpe snper est nuansenlna nnna 
(i e; Zadk» H. von Obian). 
• VgL Chronicon domus Sarensis, Vers 689—580, 721, 773—776. Aus der 
sweitea £be mit Witiiro von Schwabenits beseichnet unser Chronist: 
. . . natuü genuit geuuro.Hois, 

Qaomm nomina sunt Botscho cum fratribus tpe. 
JMhiT. LX2ZT. Bd. I. HUfts. 7 



98 



(Cod. dipl. MoraT. IV, SS9) auftaaehen. Wir Warden «of Bo^ ▼on Kiutatelt 
noeh larflckkommen. 

Noch seien aber bei diesem Anlasse die mit den Obtanern 

unrl ilircii Scitonvcrwandten wciblicherst'its vcrsehwä£:ertcTi 
Zittau lilpa-Liclitenburger vom Gescbleclito der Ronower 
oder Uronowici^ als Mitstift er von Saar «gestreift, schon 
deshalb, weil ihrer als stetif^er Wohlthiltcr seines Klosters Hein- 
rich von Heimburf,' so oft gedenkt, und das Saarcr Kloster- 
archiv von 1289 ab bis znr Mitte des 15. Jahrhunderts Stifts- 
und Schenkunirsbriefe ausschliesslich von den Lichten- 
burg-Lipa aufweist. 



Der von aiisonBi ChroaistaB genannte Belwdio « Bo6ke, Bodek, Sohn 

de.M Witigo, erscheint urkundlich seit 1283 . . . 1801 (Emler, Re^., 
S. 563, 603, 762, 804 i. Vuii seinen .Brüdorn' bepejrnen wir dem Witko. 
filius Witkonis de Swabeiiicz sive de Upa^ 13U1 . . . 1309 (Emlerf 
S. 833, 924, 930), ferner einem Wseborius (Vsebor), Gerhard oder 
Erhard und einem Johannes in den Jahren ISSSff. (Emler, Indes, 
S. USO); ttbeidies »wei TOcbtevn Har^arelha nnd Hedwig (aeit 
1290 f.). Vgl. den III. Abschnitt nnd Palaeky, D^j. nÄr. äesk. II, 1, S. 489 
(Iber dieses anj^esohone Geischlecht, welchem die«6r Forscher auch die 
Herren von Dr nowitz-Niuniest, Chfelow, Bobrowa einreiht, und zwar 
jenen Miliö und Slawibor, deren wir oben bereit« gedachten. Dem- 
sttfotge erscheinen MUi6 von Nimieet, 8tawibor von Drnowits nnd 
Egidiufl (Idik) von Schwabenits, Olmfitzer Ca.stellan 1^84—1869, 
all Brüder, Wilhelm von Namiest (1266—1262) und KojaU von Drno- 
wit7. 1269 als SOhne des Slawibor, nnd anderseits Wöobor (r254 — 126«), 
Hrabis ^Grabiaaiua) von Bobrowa (1254—1286) und Witigo-Witek 
▼on Sehwabenits, der sw^te Qatte der Agnes von Obhm, ab 8(dine 
dee Egidins. Jener Xbabtt, von nneerem Heinrich in dem Chronioon 
domns Sarensis (Vers 790, 1034) ,RewiMo' genannt, ehelichte die Witwe 
Heinrich» vnn , Zittau', EUsabeth, die Sclnvagerin Buceks I. von Obfan. 
Wenn soniit Pnlacky a. n. O., 8. 486 («. o.), bei den Kunstattfrn 
Kikulaoder Mikuls Nachkommen als Drno witzer bezeichnet, so mUtuteu 
diese Dmowiteer, di« allerdiiigs das Knnskatti» Wappen fthien, von 
jenen, den tlteren Dmowitaem, verschieden sein, nnd in dieser 
Beziehung liat Brandl entschieden Recht, denn jener Slawibor nnd 
Milir (ohne PrHdirat) In der Zeugunreihe der Saarer OrtlndtinpHurkunde 
vom Jahre 1202 wenlon auch nicht als Verwandte lioteks von Ohfan 
bezeichnet. Immerhin dürtteu am zu den Freunden oder Seitenver- 

wandten des Stiften von Saar gehört liaben, wie dies eben ans der 
Zeiigeneehaft henronngeben seheint 
> Vgl. über sie Faiaefc^, a.a.O., 8.469-472; Dndfk, Gesch. UShrans 
TH, 8. 8S, nnd Knoth«, Qeseh. des OberUnaiteer Adels, & 830—887. 



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99 



UA. 



Zmilo oder Smil (I.), 
1188—1205 (Vertraater König Ottokanl.)« 



Heiurich von .Zittau' 
1819— 185S (1S82— 1840 
kSnifl. bShnlMher StUtfaaltar 

in der Oberlansitz, als ,Präfect 
TOB Badissin' = Bautzen), 
Aus erster Ehe: 



1S4S-1269. 

Gem.! Elisaboth 

▼on Kf-iiauow. 



CluatolMtt (ILV 

öaatolov, 
Cenko, Cenek. 
126Ö— 1269. 



CbaätolauM {l.), 

OistoloT oder Oeaek 

1216— im 

(1226 kOnigl. Ober* 
Jlgermeister). 



Heinrieh, ChMtollUy Chwalo, 

1219— Castolow(IIL) ijful 

1264. oder Cenek, 1253— 

12&0— 1261. 1262. 



Nmeli 1S61 lelkloet Heinrieh (I.) ^ne iweite* »Ver diuek »einen 

Tod bald gelOst«, kinderlose Ehe mit Sibilla, der Witwe Pfibislaws 
von Kfi^anow (f 1251), des Urhebers der Saazer Klosterstiftang, woilnrch 
di» ilauii von ^Zittau' in die Saazer 8tift«rfan)ilie eintritt (s. o.), indem 
mit den Obranern verschwägert wird. Sibilla stirbt ala zweite Frau Hein- 
riohs L und Stiefmutter Snilll., der 18M Elieabeth, dritte Toehter 
SlbDlw vuid ihree (sweiten) Gftttea PKbisIaw toh iOMuiow gmhellcht, aafimfi 
126S ia Saar. Heinrichs Witwe, Elisabeth von Kfiianow, ehelichte dann 
den jRewisso'-Grabiflsius ~ HrabiS von Reh wabenitz,* Bruder des Wltipo 
and Schwester des Gatten der Agnes von Obfan, ihrer Nichte, Tochter 
Boceks L 



Von den beiden Lichtenbnrgern: Ubricti und Raimund 
(nfl]ie Taf.ni) anf S. 100) ging 1303 (2M)eeeinber) die Stif- 
tung des Armenspitales in Saar ans; 1306 achlow Raimund 
mit dem Abte Amdd nnd dem Convente eine Uebereinkunft 
über den Beata Ton Bdla.' Die Kaebkommen Heim an ns, des 
jüngeren' von Idcbtenborg oder KrnÜna, Jeiko and Heimann 
nnd ibre Mutter Bndiflcbay bescbenkten 1343 das Saarer Kloster 
mit Zebnten In Kotlaa; ibr Vetter (Senek von Vtf ttau vermachte 
dem Stifte 60 Mark fllr seine Bestattung in Saar (1345).' 

Auch diu Seitenverwandten der böhmisch - mährischen 
Herren vuu LachtuiiLiurg und VüttaU| die von Lipa-Leippe, 



' VpJ. dnn oben von den .Sfliwabf^nitzcrn Bemerkte. 

• Stei.ibach, a. a. O. U, 8. 48— f>(), Nr. XXXU, XXXIII. 

» Stein bach II, S. 75, Nr. L, 8. 76, Nr. LI. 



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100 



IIb. 



Smil (ir.), 


Chasfuluiis- 


Di« SMb« Chaato- 


Stammvater der Herren 


6isfoluK (II.). 


fl ...» 1 

laus oder 


von Lichtenburg 




(^enok (1.) 


(Licluüue) im Oaslauer KreiM, 


Stammvater 


begründen 


die iplter 


der Henren Ten 


das Herrenge«d»leebt 


•iiM mlhrisehe Linie, 


Somm 


erburff 


mit den Pridieaten: 


die von VOttau 


oder Konow 


W * TT* 

Lei ji j>H txler Lipa, 


(BitoT, im Znairaer Kreiae) 


nnd 


Duba, Fridlaod, 


bilden. 


Pfibiaiaw. 


Pirlcstein .... 


Heinrich, Smit Ulridi lUInnM 




Oenek 


Als oonn \ynano* 


HelmMm (III), oder eder 


(Hynek), 


oder 


iftufl ocior ^j*i-'»ioii>\ , 


oder 1262— Ulnan, R«niund, 


1283— 


Chnsto- 


l OIK'K III. i i Siiif^ 


Hynek, lS8l. 1278 ^ 1278— 


1314 


liiu», 


1 AU i )^ Qor n oni 


1250— 1318. 1313, 


mit dem 


Castoluw 


UDruutubWW V erufr* 


1888. dieMr 


Prtdioate 


(III). 


cer dieaee Aweigea» 




«Pfibie- 


128S. 


Heinrieb Ton 


zunächst 


Uw<. 




Juipa (laya — 13*v}t 


1 298 




* 


aeMeii o o n n v 


(all LandtiäUauptmana 




Heinrich »lerKisenie 


von Mälireo) 






und «Juhjiuu aucii 


mit dem Pridicate 




oaa xraaioa» iMpa 


J^ntembttis* 






ittbren, aber niebt 


(LiditenborK) 






mehr die Herr- 


nnd 






Bcoaiten Zittau 


»Wetobia* » 






11 nn K o H r A II in dAf 

UUU V U 1 eil U mMA Uv« 


Vottan 






Uberiauaita DeiaMen, 


in MIhren. 






weione inr vater 








lolU au nTD 








unii Muigvu 








erhalten hatte. 1319 








jedoch sammt 








in der Oberlanaita 








gcigen andere OQter 








im Inneren 








Böhmens an 








K. Johann 








von Lnzemboif 



▼ertaniehen 
mnaile. 

blieben dem Saarer Kloster geneigt, wie dies zunächst die Ur- 
kunde Heinriclis von Lipu, damals obersten Mai'scliiills von 
Bühmea und LandeBhauptmaimes von Mähren {V6i2, 28. Fe- 



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101 



brnar) und die seines Sohnes, Heinricli des Eisernen (vom 
10. April 1349 und 14. Mai 1368), beseugen.« 

Gleiehes ist bei der dritten Sippe dieses Hauses^ den 
Nachkommen Heimanns von Konow nnd Ff'ibislaw (1283 bis 
1314), der Fall. Sein £nkel Zdenko von Konow bestiftet 1366, 
14. Mai, einen Altar tsam Seelgerätbe für sich und seine An- 
gehörigen, seinen Grossyater Heimann oder Hynko, Vater 
Smil -oder Zmilo, Ohm ITynko u. s. w.* Wir finden daher in 
der wichtigen Urkunde König Karls IV. vom 24. Juni 1353, 
worin er alle Rechte und Freiheiten des Klosters Saar bestlt- 
tigt, snnäcbst den E<lelgeschlechtem von Licli ton bürg- 
Vöttau und Konow, die Wahrung des ganaen Besitsstandes 
und der Rechte des genannten Cisterzienserstiftes eingeschärft.* 

Allerdings wird in dieser Stelle auch des (dem Obhmer 
Stiftergeschlechte Saara verbrüderten) Hauses Kunstatt ge- 
dacht, dem ein solcher Schutz des Klosters zukäme; vergebens 
forschen wir jedoch, wie bereits oben bemerkt wurde, bis zu 
den Zeiten Georgs von Podiebrad nach einem Diplome, das 
ans iro^end eine Schenkung oder Aehnliches Air Saar yon Seiten 
der Kunstatter Bruderlinie des Obfaner Hauses beur- 
kunden würdn, auf die wir jetzt nJiber eingehen wollen (siehe 
Taf. I B auf folgender Seite). 

Während nun die dem 14. Jahrhundert angehörige und 
»mächst massgebende Quelle, die Genealogia fundatorum, 
in ihrer Schlussangabe zum Jahre 1312 den Tod Zmilo-Smils II. 
von Obfan verzeichnet und ihn als ohne männlichen Erben 
dahingeschieden angibt, finden wir in dem auf ihr bis 1312 be- 
ruhenden Chronicon Zdiarense den Schiusssatz der Genear 
logia dahin abgeändert, dass hier jenem Zmilo-Smil II. aus 
seiner £he mit Anna von Neu haus ein Sohn Bodek (lU.)^ 
angesprochen wird. 



* Steinbach II, & M, Nr. XXXYI und 8. 10«^ Nr. LXXO; Cod. dipl. 
M«iav. VII, 8. Wi (1849). & Aber dieM Urkunden aneb da« weiter 

unten Bemerkte. 
> Steinbacb II, S. 102, Nr. LXIX. 

* Steinbach II, fei. Nr. LXIi, mit dem irrigen Datum ,IX. KhI. 
Angusti*, ftatt wie e> im Original betet: Vim. KaL Jnlii (Haber, 
Bcg. Karls IV., & 1S4» Nr. 16tf0>. 

* So oittMte er als Obf aner gesiblt werden, lieber seine angebliebe 
Mutter Anna von Neubau» s. weiter unten. 



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102 



IB. 

Die Naobkommen dos nfiohstjüngeren Brüdern Bofok L tod Obhtn 
(t 1955), Kanal odor Kmbm I. (ISÖS— ;1995 vrkandlich angeAhrt), 
des Erbauen tod Kunos^statt (Ennino m&ito, Kwoi mösto) Eun statt 
lassen sidli anf nrknndlicbem Wege beiläufig in naohstohender Weise 
gliedern:^ 

Knnol. (1252—1295) von KuBstatt, 





l-'/'chhoni ( \'r'vrn'^. 




Bedek oder Bo£ko (I.), 


BohiiKli, 


Tochter 


Tochter 


urlniiidUcb 1S6S, 1287 geoannl»* 


urkuiid- 




Nonne 


lebt noch um 1300 und dOifte mit 


Uch 


vetmihlt 


im Kloster 


dem 1314 benrknndoten Brfinner 


1283, 


mit 


Tiscbnoirits.* 


und ZnnimL^r Kämmerer: 


1287 


Ingram 




BojEko von Jewivowic =■ 


genannt. 


von 




Jaispits identisch «du. 




Bistfits. 




Gerhard Gt-mid ii.-mid 


von Kuiistjitt, 


KSmmprer des Brflmier 



und Zn.iimer Laiidifchtos (urkundlich 1308), 
f 1350,^ walirscheinlich der Sohn diesM Bo^k. 



Smil-Zmilo 


BoCek (U.)> 


Kuna 


Willi olni, 


mit dem Pr-ii1if:ito 


BrpTÜndfr 




Hepriinder der 


TroVjow — Trübau 


des Jlaiihcs 


Kuno IL, 


Linie Holdhrad 


und Joviäovic 


KunatAtt- 


Begründer 


und iiroch; 


(Jaiäpitz) inHihren, 


Podiebrad 


der Linie 


erscheint 1366 


mit dem 


seit der 


Lissitt- 


als Brfinner 


vererlden Zunamen 


Erblehen- 


Rieh- 


Landrecbts» 


Zajima«', worauf 


erwerlmnp des 


«ald. 


kämmorer 


iriati die Hilelnng" 


K ronfjn tes 




neben »Bucao*, 


einer Linie, K an- 


Podiebrad 




d. i. Bo<U}k 


statt- Zajimad 


an der Elbe 




▼oa Renstatt. 


■nrttcklllhrt* 


in Jahre 1862« 







Gerhard, Erhard (n.)> 
Obevstklmnerer des 

Brü nner Landreohtes 

1368 1408 

(1407 
mit seinem Bruder, 
Georg, angeiUirt). 



Botek (m«), s^t 1882 urkundlich als von «Kttostat*, 
1888 und besonders seit 1394 als von Kunstatt 
und Podiebrad angefahrt* 



Bo6ek 

(IV.). 
noch 

14-2« 
ange- 
fahrt* 



TletoTln^Bo&k, 
t um Neujahr 1427 • 

I 

(ieorg von Kanatatt- 
Podiebrad, 1446 Keichs- 
verweser, 146B SOnig 
von Bvhmen, f 1471. 



HjQk<^ H jnek- 
Botek von Nymbuig, 

fTPtndtet 1426.'*' 
Das Chron, Zdiar. 

(s. w. u.) führt 
noch einen Bruder 
Johann ,Koaflcj*aa.*' 



IfB* Pie oben citirten Anmerkungen siehe S. 103— 1U4. 



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106 



AnmOTkimgea sa vonuuitehoiider TafeL. 

1. YgU PaUoky, Dej. nir. 9eik. I, fi» a 486 (IHaMe Epoche), and die gate 
Skine Uber die Knnst*U-LUlUer Linie too J. Tenor In Bboinik 

bistorick^, herausgegdben von Resek, I. Al>8chn., 8. IftS AT., II. 8.220 fr. 
Vgl. auch K'lpGll. Cronica domus Saren.oi«, S. 14 — 15. Die von ITopf 
im Genealop. Atlas, Nr. 431), fc». 244, aus Sommersberg I, 8. llö — 120, 
entnommenu Tabelle int ebeiuo unbrauchbar als die Damtellnog bei 
8teinb*e1i, a. «. O. I, 6. A ff. Einifea Bisodibere M Wolny, Topo> 
gmpUe Ton lAIhraB II, S, & 68— «4. 

5. Helariehe ven EMnburg Chronicon domns Sarensi«, Yem 441—448; 

Qui Cnno ceiniit Bntsclionem nomine quemdam 
Temporibuf? no.stris et «dhuc qui providua erat. 
1314 (24. April, Cod. dipl. Morav. VI, S. 53, Nr. 76} Bocxko de JewyMo* 
wies, Bninen«!* et Im^menäbi eeaMratioe, mit wekliein (einet in der 
OWEener Finnili«, Bo2ek I., gefBhrten) TUM aach «ein nmtiwnewlieher 
Sohn Gerhard 1308 (Cod. dipl. Momv. VT, 8. 18) anftendik 
8. Chronicon domns Sarensis, Vent 448—44.^. 

4. S. Tenor, a. a. O., S. 168. Vgl. Cod. dipl. Morav. VI und TU, S. 1322 
bis 1348. 

ft. In der für Beer von Herm von Taeow 1849 sa«g«eleUten Uikonde 
(Stein baoh, 8. 85, Nr. LVI; Cod. dipL Mormv. VII, 8. 680, Nr. 982) er- 
•efaeint als Zeuge Smilo de Kunstat dictus ,ZagimacB'; dieses Pr&dicat 
erhielt «ich auch in dieser Linie. 8o erscheint noch 1444 ein Jan Zagi- 
laac (das ist Kunstat-Zagimacji Script rer. hohem. III (Palacky), S. 137. 

6. IHe nukMgebenden Uaterialien flir dieeen BeSek und deasen gleich» 
wunige Naekkommen Anden aidi im Cod. dipl. If ornr., Ym. bia 
Xn. Bd., Hu her 's Reg. Karls IV., Pelzel's Gesch. des böhmischen 
Königs Wonz.eslau«, Palacky'n Gesch. B'ihnioiis, II., III. A)»th. liocok II. 
wurde 1352, 2Ö. Jäiiner, Prag, mit der Podie hr;ide r Kroiihorrschatt als 
Erblehen be<lacht. Wie beliebt er beim König war, beweist seine Be- 
a^knnng in der kflnigl. Uilnnide (Tom 4. Oetober 18S8, Plag), woeelbet 
«r als Herr der Borg Podiebrad, »pineema et familiaria notier*, ge> 
nannt wird. In einer kHnigl. Urkunde vom 7. Oetober 1848 finden wir 
dio Verleilmiip der Burp-^orrichaft Podiebrad ,zu rechtem Mannslehon* 
erneuert. Hier wird otTenbar sein 8ohn, liocek III., al« Eidam des 
Heinrich von ,8 leben' angeführt, welchem Letzteren der Vater Karls, 
fümg Joliaaa, die Burf Podiefand ftr andere Güter Terlieiien katte. 
Unter Heiarieb von ,81eben* oder Sieby iit wobl niemand Anderer au 
▼erstehen als ein H einrieb von Llpa, da das Pcidicat .Sh^heu-^Iüby 
auch hei den Llchtenburcern sich findet (Emlcr, Reg., S. 491», 893,962, 
966, 967) und anderisoits eine oben schon citirte Urkunde K'"Siu{: Joli.mn» 
von Böhmen vom Jahre 1319 solcher Gütertäusclie mit dem liauito Ku- 
now gedenkt Dieier Heinrieh von Upa mnm aber der Sohn de» 1888 
geilorbeneo Manehalb Heinricb eeia. Heinrieb der Eieeme^ seit 1888 
... 1846 als Lnndeannterklmmerer Böhmen» bekannt Anch das 
C h r o n j c < > !i 

/^diarente gibt 't^nem Bo6dc IV. Anna von Lipa und 

Duba zur Frau. 



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( 



104 

7. 138$, 9. MoTember, Bodetutadt {dA. dipl. Honv. XI, S. 440, Nr. &22): 

If^tnr Boosko de Chanatat alias de Podiebrad; er spielt itt 
d«ro bObmiscben Uerrenbnnde bei deiMtt Varfarigiein mit Markgraf 

Jodok von Mähren und den (Jsterreichischen IlerKo^dn 1394 eine wich- 
tige Rolle. Im Bündnisse vom 5. Mni 1394 (Cod. dipl. Morav. XII, S. 188, 
Nr. 193) und 17. December 1394 (ebenda, S. 214, Nr. 223) ab .Bo^fek x 
Kottitalu jinak Himf m Podiebiad* tmd ^oeako Ton der CbniuUt gen. 
TOD Fbdyebrad*; in einer Zaaehrift dei NOrobeigem Ulr. Stromer an 
Klaus (Cod. dipl. Morav. XII, 8. 248, Nr. 262) heisst er ,Bnflk von Wollen» 
braht* (!). Die T.ebßnsdauer dieses Bodek, der seit 1362 auftaucht, läKst 
'lieh schwer voranschlagen, da bei dem ewigen Woch.'sel clor Be.sitz- 
prädicate (».darüber weiter unten) man mit dem Natneu Buoko-Bo^k 
nicht auedilkommL Jedenftlls war er lange vor 1418 gestorben, da 
in den «libri eitattonom et aententiamm* (Knihj pnbonnA a nilesowi), 
Tbeil II, heravigegeben von Brandl (Brflnn 1878, S. 584, Nr. 852 zum 
Jahre 1418) seine beiden Mitcren SObne, Bofok und Victorin, ausdrück- 
lich als ,synov6 piniS Bo^kovi*, das ist SOhne do« Herrn Bocek Uber den 
Nacblass von ihrem Vetter, Gerhard (II.), und von ihrem eigenen 
Vater (aboil a nApad pao4} Herartaov i otee ev^bo) in einem Bechti- 
handel begriffen sind und ihres Vaters ab Verstorbenen (umiel) gedaeht 
wird. 

8. In der Chronik dos Barto^ek (Fönte« rer. bobem. V, 8. 691) erscheint 
er 1420 im Gefolge K'iiiiL'" siirintinds bei Wy»wegrad. Die StelNi im 
Cbronicou Trebouiemie ^Uoruujvgt'geben von Ilüfler, yontes rer. Austr., 
h Abtb., 8. Bd., 8.A6): «Thaboritae «tSirotkones obtrodemntclominmn Boei- 
konem diris bombardis et maehiais, eastrom (Trahoniense) espngnantes, 
qni Boczko v'uiliti r se defendens ntultos ex eisdem ab bac luce abire 
precepit,' bezieht t'ieli .iLor nicht auf ihn, sondern auf den jflnpston 
Bruder Hynko, der uucli don zweiten Namen, liorok, führt. S. Pelzel 
und Uobrowsky, s>cri£it. rer. hohem. II, S. 470, zum Jahre 1426. 

9. Lanr. de Bfeaowa (tates rer. hohem. V, 8. 44S) 1420« November: 
,Victorin Booiko (sein sweiter Name) Mt cum Fragendbiis.* 6. auch 
die nächste Anmerkung. 

10. Laur. de Bfes^owR, a. a. O.: . . . Hynkuni fr. Victorini) qui fnit ri'pis 
fSip^isHTTindi). Er Htiind somit «himals auf königlicher Seite. A))«_'r aurh 
ur wurde ein Vertlieidiger de«! Kelches, wenn auch kein Freund der 
l^boriten und Waisen, indem er sich mit den «Dontsehen* kemmsdilng. 
Im ChroB. Tel eolleg. Prag, (herausgegeben von HOfler, a. a. O., 8. 89) 
heisBt es zum Jahre 1426: Et post festum 8. Galli (16. Octobttr) dem. 
Hinko de Podiobrad (»cci.su.s (est) auto Niniburff, ot post novo anno 
(1427) frater eins duni. Victorinu» murtuus ust. iUjcr den Ti>d 
Hinkos von Nimburg die Letopisove in Script, rer. bobum. II (6. 470) und 
m (Palackj^), 8. 69-70. 

11. Ueber ihn fishit jeder Naobweis. 8. weiter unten. 



Wir kommen nun wieder auf die DarsteUung im Cbro- 
nicon Zdiarcnse zurück. 



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105 



Bo(5ek (III.) habe dann aus seiner Ehe mit Agnes von 
Hichalowitz^ einen Suhn, Boöek (IV.), liinteriaflsen, den 
letzten der Obfaner Stifterfamilie, der in Saar bestattet wurde 
und mit einer Rosenbergerin* verheinitet war. 

Ihm folgte ein Sohn BoÖek (V.) ,der AlteS der erste 
Herr von Podiebrad, bestattet in der Chorhcrrenkloeterkirche 
zu ,Satzka' (Sadski, im Caslauer Kreise)/ dem von seiner 
Gktttin Anna von Lippa und Duba vier Söhne: Botek (VI.), 
Johann ,Ko8tkj , Hynko und Victorin geborai wurden.^ Die 
ersten drei starben ohne Nachkommen, der vierte. Victorin, der 
die Mönche aus Saar vertrieb, so dass das Kloster ganz ver* 
ödete, erreidite ein Lebensalter von 24 Jahren (I)^ und hinter» 



* Dia TOB IGeliilowie oder MIchelabery fobSran mm Adol«rtam»o dor 

.Markwarttci' (gleich den von Jablon-Löwenberg, Lpraberp, Zwift tic, 
Wartenberp nnd Waldstein), mit dt-ii I?nrjrlii'rrscli.ift(Mi Wt-L'^» hin, 
Scb«rfenfitein, l)owin; verschwägert mit den RoHenbergorii (Paiacky, 
Dej. nar. desk., 174 — 477, und Klimescb, ,Die Ilerreu vuu Michols- 
Wr; ab BeiilMr von WoloiehiiiS ICttb. det Voroines dor Denticliea in 
Bshinon, XXII. Jtiag. 1888/84, & I8bff., 880 ff.). Rlimoaeht der (8. 381) 
AB dem ,Chroni(Min ZdUrODM* fenthiUt, .sieht in ihr eine Tncbtor De- 
nesi h' von Mirh''Isborg (der seit 10. Juni aus «Ipti l'rknndeii ver- 

lieh» indet : s. Kliiiiosch, a.a.O., S. 210). Für die^u Eiio liahcn wir 
nur das Zeugni&i de« Chrouiuou Zdiarense. Vgl. daä weiter unten Ge- 

* T^l. die gato, vwsn^wfliie auf Wonsol Bf «iaa, doia Otroniiton dor 

Boeeubergw, fiusende GcschlochtsUfol in Sedlaöok: Hr.uly, y^nmky « 
tvrr« kr/il. rf»»«k^ho III. Prritr 1884, 8, 35, worin eint' 'namenlose) Tochter 
r('t(.'r.s von Koseiibery: (f l.i47) als vermählt mit einem Bodek von 
,KuDstat* erscheint. Stuiubacb, a. a. O. I, S. 10, nennt aie Gertruds 
und borafi rioh daboi 8. 87, Anm. 88, auf Paprootky, Zreadlo a.8. w., 
BL 389, oinon nicht Qabod«iilElidien Qowihimuuin. 

* SadskÄ im ehemaligen Ca«lauer Kreine, schon seit 993 bekannt, Krougat 
nui\ '■»f*er-' Herzojr.ssilz. 1H»V* i,'rilndete hier Ersbischof Arneet von Prag 
ein August iner-Chorherreukluster, das aber 1372 in die Prager Neustadt 
verl^ wnrde. Um 1420 finden wir es aasdrUcklich als Kunstatt-Podie- 
bfadiiefae Homehaft botdehnot, ww m wohl Bchon längst gewordon 
war. 

* Die Reihenfolge ist unrichtig und stellt sich (s. o.) als: Bo£ek, Vic- 
torin (ßodek) nnr! Hrnko heraus; Ober den angeblichen zweiten Bruder 
Johann ,KoRtkjr' wiitsen wir nichts. 8. auch weiter unten. 

* Cbronicon ZdUurenae, Aug. Dodik*«, 8. 388: Quartna vidtBeot (filhtt) 
Tietarim» ZXnil amtorom oxiatons, doftinetna ort . . . Dav orbloa 
M Jahre lebte, iat nidit got inOgBch; er mUsste nlBalich (da er Anfangs 
IttT alarb) 1408 goboron worden aein. Wir begegnen ihm jedoob a«hon 



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106 



licss einen Sohn Georg (den naclimaligeii Konig von Böhmen) 
und zwei Töchter, P^lisabcth, vermählt mit Heinrich von Li])a 
und Duba, und Margarethe, die den Uerm Buschko von Öee- 
bcrg und Plana zum Manne nahm. 

Auf diese Weise werden die Kunstatter in ihrem Haupt- 
zweige, den Herren von Podiebrad, zu geraden Nachkommen 
Boöeks I. von Obfan, und diese Angabe des Chronicon 
Zdiarense, einer Quelle des 16. Jahrhunderts, hätte auch dann 
alle anderen begründeten Thatsachen gegen sich, wenn man 
zu der Annahme die Zuflucht nähme, der Verfasser der Ge- 
nealogia habe 1312 noch nicht gewusst, dass dem Zmilo- 
Smil n. von Obfan ein naohgeborener Sohn bescheert 
worden sei. 

Denn abgesehen davon, dass neben den Obhmem ein 
besonderes Geschlecht bestand, das sich von Kunstatt schrieb, 
ein Prädicat, das die Obhiner -vor Gerhard ü. (f 1291) nie 
führen, und Ii s aus diesen Kunstattem, den Nachkommen 
Kunos I., des Erbauers von Kunstatt, die von Podiebrad 
genannten als 8eitenzweig hervorgingen, mithin keine geraden 
Nachkommen der Obraner sein konnten, haben wir ganz be- 
stimmte urkundliche Angaben von 1322 und 1349, wonach es 
feststeht, dass die Obraner schon damals als ein erloschenes 
und theilweise von den verschwägerten Herren von Lipa be* 
erbtes Geschlecht betrachtet wurden. 

1322, 28. Februar, bestätigt zu Deutschbrod Heinrich von 
Lipa, Oberstmar schall von Böhmen und Landeshauptmann 
Mährens, dem Kloster Saar alle Gerechtsame, die von dessen 
Grttndem, Heinrichs Vorfahren, den Herren von Obersess* 
Obhui insbesondere yon Gerhard und seinem Sohne ZmOo (E.) 
frommen Gedächtnisses herrOhren, da sich Heinrich von 
Lipa, der ab der Erste seines Gesohlechtes in den Gütern 
des erloschenen Hauses Ohfan folgte, hieau besondeis 
Yerpflichtet fühle. Und sein Sohn Heinrich, der Eiserne, ge- 



1417 (Libri ciut. et seilt., IterauBgegeben von Brandl, II, S. 540, zum 
Ende des Jahns 1417) ab »elbatatändig Mine Beriteredht» vertretend, 
vor, neben dem ilteren Brader BoSek, nnd noch weniger lieoee «ich dies 

mit seiner politischen Kolle seit U20 rcimon (b. o.). Anrh wissen wir, 
dass or dor zweilo und nicht, wie das Chronicon Zdiarenee fiUsebUcb 
angibt, der vierte Sohn Bocelu HL. von Kunstatt war. 



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107 



denkt 1349, 10. April, in einer gleichartigeii Urkunde m 
Gunsten des genannten KlostetB aller Schenkungen, Gnaden 
nnd Wohlthalen, deren Saar von Seiten der ,weiland' von 
Obersess-Obf an nnd seiner Qeschlechtagenoesen, der lachten- 
bniger, theilkaft geworden.' 

Jene Angabe des Chronioon Zdiarenae beruht somit auf 
emem Irrtbnm, nnd es frftgt aicfa nnr, ob dieser ein unfrei- 
williger, in einer ilteren IBnoetertrmdition wnrsehder, oder ein 
absichtlicber, eine GeschichtsfälBehung war, deren sieh 
der Verfiuser des Chronicon Zdiarense im 16. Jahrhundert 
schuldig machte, um das Podiebradisebe Haus der Fürsten 
Ton Münsterberg- Oela, die Kachkommen Heinrichs des 
Aelteren von Kunstatt-Podiebrad, mit den Obfaner Stiftern von 
Saar kilnstlieh als unmittelbare Nachkommenschaft in yer- 
knflpfen. 

Erwigen wir, daes der Veifasser des Chronicon Zdiarense 
die ,€lenealogia' vor sieb hatte, dass er ihren Schlussabsats 
ohne jede nähere Begründung willklirlich abänderte und, was 
anderseits so aufflUüg bleibt, vom Jahre 1312, mit welobem 
seine Vorlage endigt, bis zum Geburtsjahre Georgs von Kon- 
statt-Podiebrad (1420) jeder bestimmten Zeitangabe ftlr 
seine vier yCbfaner* Bodeks, als Nachkommen Smik IL, aus- 
wich, dass er femer ebenso willkürlich in seine QueUe den 
Satz einschob, Smilo (II.) habe den Grafentitel (von Bemeck) 
aufgegeben und sich als der Erste einen Herrn von Kun- 
statt genannt' so müssen wir ihn einen Gescbichtsftüscher 
heissen. Aber es scheint^ dass er diese Gesehichtsfillschung 
einer bereits vorhandenen, tendentiOsen Ueberlieferung 
snliebe beging, welche, allerdings erst nach dem Ableben 
König Georgs (f 1471), in jener Urkunde der Münsterberg- 



* 8. diese beiden Urknadaa, welehe schon obfln sngsfllhrt wnrdon; in 
beiden findet »ich die Obfaner al^ ,alira de Oberzes dictos' angeftihrt, 
und ebenso in einer dritten Urkunde vom 24. April 1344 (Cod. dipl. 
Morav. Vn, S. 391, Nr. 640), ausgestellt von Bertbold von Lipa, einem 
Aiigehörigeu des rerwandten Hauses. 

* Cbronicoo Zdisinnae, Ausg. Dndik's, S. 382: Hie (Z^o) ommisso titnlo 
condtatOi» priuna m donrnram de Cnnatat noninanit Wir winen doeb, 
daas ainh 1S86 Smila Ynter, Gerbard, von Obfnn nnd Knnstntt 
adirittb. 



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106 

Oelser Fl\rstrn vom lö. September 1498 ilircn urkundlichen 
Ausdruck Hadet.^ Hier bezeichnen sich nUmlich die Hcrzog^e 
Albert, Georg und Karl, die Enkel König Geor?!^, nicht bloB 
als ^richtige Bluts v er wandte', sondern auch als .^esetsliche Nach- 
kommen' Bo£eks I. (von OLran), ,des Grafen von Benieck', 
und ,wahre Nachfolger' in der Saarer Kiosterstiftung, waB 211- 
nächst darin seine Krklilrung findet, dass es ihnen um einen 
erblichen Anspruch auf den ,Grafentitel' zu thun war, den man 
schon damals mit einer deutschen Keichsgrafschaft in Verbin- 
dung zu bringen beliebte. * Der Verfasser des Chronicon Zdia- 
rense, der aus den Saarer Stiftbriefen wohl wusste, dass schon 
die Söhne und Enkel Bodeks I. von Obfan sich nie ,Grafen* 
von Berneck schrieben, schaltete jene Stelle ein, um diese 
Thatsachc als einstweiligen froiwiUigen Verzicbt des Obfan- 
KuDStatter Hauses hinzustellen. 

Dass eine solche Tradition, ein Versuch, die Podiebrader 
Linie des Hauses Knnstatt mit den erloschenen Obfaner Ge- 
Bchlechtsverwandten unmittelbar an YerknUpfen und ihr einen 
glänzenden Hintergrund su verieihen, bestand, findet ihr Seiten- 
stück in der benrkundeten Thatsache, dass Anfangs des 
15. Jahrhunderts unter den proteusartig wechselnden Prädi- 
caten* der Eunstatter gerade die der Podiebrader Linie ange- 



» «tüiubach, a. a. U. 11, S. lÜO — 1Ü6, Nr. CXX. S. 192: . . . h primo 
ipeiiM monMterii ropndicto Aindatore vMgiABeo Bocskone, eomite 
Pernecenti, euiu« Nos secundnia veram «angniiiis lineam ab 
•odem legitime descendentes in fundatione existinn« reri 

«uccesBore« ... In einer xvveitcn IVkimdo (1601) (Stein bach, 
a. 197 — 198, Nr. CXXIj der genannten Fürsten hoiiist es wieder: Bocx- 
kuue comito Bornoceusi ot castcliauu Znujrmeusi, progenitora 
noatro . . . BedeutMun int es, dan da und dort des eigeiitlicbeii Prildi- 
cates Oborsess-Obfan keine Erwlhniiiig gORcbielit und der GreÜBa- 
tiiel in den Vordergmnd tritt. 

' \f^\. darüber die BachgemXne Bemerkttng Pal«ck^*s (Ddj. akr. €Mk. l, 

2, 8. 486). 

' Vgl. filo roichp .\phrRnleso dio«er Prädicate in den von Brandl heraus- 
gegebenen Libri citat. et seut, Bd. I, II ^Brüna 1872, 1873), lllr die Zeit 
von 1405— 14V) s Nantko, Bolotits, Boskowite, Binow (BOna). €Why, 
Chlum, Dobroehow, DoultrawitB, Lestnits, Lemits, lAsits, Liilow, 
Lu^any, Opatowita, OtMlawIte, Polehmdtti, Ibg'ets. Smitat, Skal, Tfebov 
(Trttbau). 



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109 



liOr^n Boäkos sich aaoh Ton ObiPan mhonter schreiben,' 
wahrend wir doch wissen, dass 1316 Ktfnig Johann von Böhmen 
den Gkiind des von den Brünnem eroberten und aserstOrten 
Schlosses an die genannte Stadt schenkte, 1365 das Dorf Obfan 
dem Ö^nek Eraschina von Lichtenboi^ und seit 1398 der 
KOnigsfelder Karthaose gehörte.' Die Kunstadt-Podiebrader 
besasseo also Obfan nicht, griffen aber auf den ältesten Besita- 
dtel des Gesammthanses zorUck. 

Alles dks macht das Vorgehen des Saarer Elosterchro- 
nisten im 16. Jahrhundert um so begreiflicher. Zudem war es 
mit Rllckaieht auf den CisterzienserconTent, der seit Geoig von 
Kunstatt>Podiebrad eine so namhafte GOnner&milie erwarb, eine 
,pia firaus', wie man zu sagen pflegt, und um so berechtigter 
hielt man sich dazu, da sich ja der Vater Smilos IL, Gerhard 
(IL) Ton Obfan auch von Kunstatt schrieb und das Obfaner 
Hans zu den Ahnen der Kunstatt-Obfaner im weiteren Sinne 
lählte. 

Wenn wir also sämmtliche im Chronicon Zdiarense für 
die Zeit von 1312 — 1420 angefUhrten Bo£eks oder BoÖkone 
dem Hanse Kunstatt, beziehungsweise der Podiebrader Linie, 
zuweisen müssen, so handelt es sich darum, diese Bodkone der 
genannten Quelle mit den uns urkundlich bekannten Bodeks 
von Konstatt-Podiebrad in £inklang zu setzen und mit dieser 
Zusammenstellung die genoulor^^ische Tafel fUr das •renannte 
Haus SU ver^rlnichcn, wie sich eine solche in Balbin's ,Mi8cel> 
lanea regni Bohemiae^ (1680 — 1688) vorfindet,* die uns zugleich 
den Stand der genealogischen Ansichten in der Schlusshftlfte 
des 17. Jahrhunderts, noch vor der Veröffentlic huni^- des Ohro- 
nieon Zdiarense (1751), bietet. Daraus wird sich, abgesehen 
von dem Umstände, dass man zur Zeit Balbin's auch die 
Grundlage des Chronicon Zdiarense, die ,Qenealogia funda- 
tontm' nicht kannte, bei aller Verschiedenheit doch auch 
manche Uebereinstimmang ergeben. 



* Libri citat. et sent II, S. 24, Nr. 88 and 90: Bo£ko z Obfan, und 
8.377, Nr. 52: Smil * Kun^t-itu rxljinnd z Obfaii, fllr dio Jahre 140(5 
h\M 1412. 1417 worden beide, Bocek und Smil, wieder nur ab von 
,Kau«tatt' geschrieben (S. 538, Nr. 694 und S. 642, Nr. 717, 718). 

■ 8. Wolnj, Topographie von MlUiMii II, 2, S. 16. 

* Doeas II, Oraealogiscfae Tabelle; Decw I, Uber 7, 8. 816 f. Erliot 
Anm. sam SlaminbMinie Geuga von Kunatatt-Podiebrad. 



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112 



Das Clironicoti Zdiarense zählt fUr den Zeitraum von 1312 
bis 1420 sechs Boöek oder Bodko, indem es fälschlich dem 
letzten Obfaner, Smil II. (f 1312), das Prädicat Kunstat an* 
nehmen lässt und ihm einen Sohn Boöek (III.) zmveist. Rich- 
tiger zählt Baibin, der wieder den Vater Smüos II . Herald ^ 
Gerhard, die Burg Kunstatt erbauen lässt (!), fünf Bo6ck, da 
er hiebei von Boöek ,Qn£ea Ton Bemeck und Nidda' (1), 
anhebt. 

Strenggenommen kann man als K uns tat t er bis 1420 nur 
vier Bodek zählen, als deren erster der Sohn Kunos von 
Kunstatt, Bodek, zu gelten hat. Wir gerathen daher mit dem 
Bodek III. und IV. des Chronicon Zdiarense in Schwierigkeiten, 
weil sie nur als Kunstatter gedacht werden können. Jcden- 
fiAlls wird man nicht fehlgehen, wenn man jenen Bodek III., 
angeblich Gemahl einer Michelsbergerin, auf Boöek I. von 
Kunstatt (1283 . . . 1314) zurückfUhrt, so dass Boßek IV., V., 
VI. des Chronicon Zdiarense als Bo6ek II., III. und IV. im 
Hause Kunstatt su gelten hätten. 



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Jii X c u r a. 

Die Panillelstellea im Chronlcon domus^ Sareubis uod 
in den Ansales Heinriei Heimburgensis« 



I. 

Cfaronicon domiifl 
Sarensis. 

(Cap.VI.) T6fs4M— 413: 
Milleniis dao C ac L et tercius 
iUe 

Hoc anno moritnr res qaar* 
ins nomine Watdaw 

Poet mortem patris fit qnintns 

rex Bohemornm, 
Tempore cuiiis erat pax et eon- 

cordia terria. 



(Cap. XI.) V«ra 660—670: 

ESiua temporibns MC dno sie 

simnl LX 
Adversos Belam, pugnaTtt Ota- 

kams Ule, 
Hnnonun regem, imno yicit rex 

quoqae noeter, 
Eetqne coronatUB anno 

atatim snb eodem, 

Mbkw. LUIT. U. L BMUta. 



Annales Heinriei Heim- 
burgensis. 



Obüt WenceeUus rex Boe- 
mie qnartus; pro eo regnavit 
Ottakanu fifins eins. 

ZttiB Jahre 1S78: 
In diebus antem anw, ut 
▼emm fatear, fiiit pax et tran- 
qnilliiaa in omni dominio suo. 



IMG: 

Ottakaras rex babnit con> 
flictam cum rege Ungarie at- 
que vicit. 



8 



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114 



I. 

Ac duxit (lominam, Marga- 
rethamqiic reliquit, 

Que Friderici gennana (uitf 
ducis Austrie.; 

Per quam rex fuenit dux fac- 
tus Ottakarus ipse. 



Sed tarnen hec moritiir poBt 
hec Mugaretha yeneno. 

Ulis temporibuB coeperunt ire 

flaji^ellis, 
Ac ineedentes uudi se percu- 

cientes. 

(Cftp. Xn.) Ven 706—710. 
Ulis temporibus quaado domtni 

foit annus, 
Kille duo 0 L X et terdna 

annuBy 

Ipse iriit duroB, miterU nee neu 

graiuB aimas, 
Nam pro dimidio data est me- 

treta talento. 

Ym 799—812; 
Mille duo C septoagenus quo* 

que primus, 
Fuit in Ungariara (!) res noster 

Ottakarus, illis 
£t mala plura fadt in terra 

partibna Ulis, 
Nam rex magniticus ftiit atqne 

potens nimis ipse, 
Tempore Winrid, qoando do* 

mint fuit annua 



n. 

1249: 

fisto tempore Margaretha, 
re^ina Konianornm, relictallein- 
rici, Koraani r. ^ns, soror Fride- 
rici, duciä Austric, copulatur 
Ottakaro, qni et Przemysl, mar- 
chioni Moravie, qui factus est 
dux Austrie.) 

Ipso anno obüt Margaretha 
regina. 

Ibant flagel lato res (folgt 
die längere Beschreibung der 
Qeisselfahrten) . . . Staates 
Qudi ... 

1908: 

Famf» vatidiaBima fnit per 
Horaviam et Anstriam, ita nt 
multi filme morerentar, come- 
dentes radices, arborum finiges. 



mit 

Ottakarus rex cum magno 
excHreitu intravit Uogariam u. 
8. w. 

Zum Jahre lS78t 

Fait quippe rex potentissi- 
muB . . . Buper omoea praede- 
eesBores buos . . . 



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I. 

Ji^lille ducentenus septuagenus 

quoquc quartiis, 
A domiiK) scdis est concilium 

celebratum, 
Nec nun a multis prelatis ec- 

clesie tunc. 



Postea Oregorius decimua de- 
fttDgitnr idem. 

Ac est romanos factas rex ipse 

KadolfoB, 
Tempore Winrici, quando domi- 

nifmtaoniiB [MGCLXXVI] 
Tunc incepentnt mala plarima 

multipliearif 



Qaidam se regi tratrooes oppo- 
suerant 

De qao iam nichÜ hic ad prae- 
sens dicere poseum. 



fCap. XV.) Vbfs »i7t»— «<i4: 

Contimit interea quod magnns 

Ottakaras ille 
Occiditur princeps et res quin- 

tu» bohemorum. 
Tunc bona oalcantur (et) mala 

plurima mtütiplicautmr. 
Tunc vox in grauibuB i:eBonat 

iam nunc in aentis. 



115 

n. 

1274: 

Oelebratnra est consilium 
adomino Grogorio, aedis apnsto- 
lice pontifice et aliis pontitici- 
1ms et praclatis eceleaie quam 
plunmis . . . 

1S76: 

Obiit papa Gregorius X. 
1S78: 

Tunc LodowicuB palatinus 
comesy frater Heinrici, ducis 
Bavarie^ consilio illonim prin* 
ctpnm, qni eleetionem babe- 
banty elegit Rudolpbom, comi- 
tem de Ha(b)8pnrk in regem 
Romanorum. 

1276: 

Ipso anno qnedam cc^atio 
in Boemia, cognomine Witi- 
genses, opposuernnt se regi 
Ottakaro, qnorum praecipui 
faemnt Sawiss et amici sui et 
Borso de Risemburg. 

S. znm Jahr» 1878 das den Annaleu 
eingeachaltete KKifrclii «! auf den Fall 

OttnkarHr 

Itidefessa modo gestu testare 
dolorem 11. s. w. 



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116 



L 

Dant YocoB nuUe, dum Tftpiilat 

ilU yel ille^ 
Dum depradantnr miaeri, TeBkes 

rapinntor, 
Quando ceduntor baoulia et 

poBt capiuntar. 

\>'vs 89Ö--897: 

Tunc Dux Saxonie fore ce- 

pit raarchio terre 
Tempore sub tali oapitur tuno 

ipso ( ( (■ rli a i'<l US 
Noster fundator . • « 

Vera 899—901: 

Sed prccedenti (anno) Bruno 

fungitur anno 
Qui presid tcrrc fuerat, sum- 

musque sacerdos, 
Defensor cleri, sapiens, ve- 

nerabilis ille. 

(Cap.XVL) VflnOlOwMvmilblgmi- 
den Proia«liitragiingeii begleitet: 

Annodomini UCCLSXKH^ 
sah ioliaiine fiiit fames. 

Anno dorn. MCCLXXXHP 
sub eodem rcdiit Rex de 
Brandenburg. 



Anno dom.MOCLXXXim<» 
mb Cajpha qnidam fecit se 
imperatorem. 

Anno dorn. MCCLXXXV^ 
Tartari intraverunt in Vn- 
gariam. 



127«: 

Ipso tempore miseria magna 
in Bohemia; ipei idem nobiles 
inter se terram devastabant . . . 

1281: 

! Ipso anno dnx Aiistrio con- 
' stitutus est Albertus, filius Ru- 
dolphi Roraanoruni rp^ris^ ce- 

! pit Gcrliardinn <\r Ol>ersen 

f 

(Obfan) et Milotham, maiores 
Moravie. 

1281: 

Ipso anno obiit b eatae Me- 
monae Rrnno venera bilis epi- 
sc'npus UJomucensis XVII. na- 
tione Saxo, pater et tutor 
cleri . . (Dann folgt die 
TodtenklajG^e in Prosa und das 
Citat aufi dem Marner.) 

Farne mvalescente et apo- 
li» mgraYescentibus o. s. w. 

1284: 

Wenceslaus iuvenis rex de 
Brandemburg reversus est 
in Bohemiam circa pentbe- 
costen . . . 

1S84; 

Qnidam titnirpaTit aibi Do- 
men Friderid imperatorta . . . 

1285: 

Tartari intraverunt Uu- 
gariam u. s. w. 



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117 



Anno dorn. MCCLXXXV« 



n. 

1286: 

Rex vero Wcneeslauö mul- 



sub eodem Rex occidit scele- , tos sceleratos ut spoliatorcs, 
ratos. j fures in terra sua occidi pre- 

cepit . . . 



Anno dorn. MCCLXXXVII 
tradiixit uxorem suain ,Gu- 
tam'. * 

(Cftp. XIX.) Don Votm lOM Mgm 
wieder Siiitnpiag«» ^" Pro»», vod 

HingescbtpdffTien Iiandelnd: 

ÄDDO MCOXCVI Jesko 
prepoeitui, frater regU. 

Anno (MCCXCVII). Ipso 
anno sepultus est rex Bohe- 
morum (][uintU8 et filia eius 
ducissa. 

Anno eodem coronatus 
est rex Bohemorum VI. Wencz. 
anno eodem et tempore regina 
Guta coronata. 

Anno MCCXCVIII. Alber- 
tus dux Austrie occidit 
Adolfum. 



Anno MCCXCIX. R. {rex 
RuBcie) ftiit in Brnnna eircs 
regem W. 



1287: 

Ipso aniu) lex uxorem 
suam primo introduxit. 



ISM: 

Obüt frater regU J(^ssko, 
praepoBitQB Wytsegradensis. 

1»7: 

Sepultus est rex Ottaka- 
rus et filia eius. 

Ipso anno coronatus est 
rex Wenceslaus cum domina 
regina (sorore) ducis Austrie 
Alberti. 

1998: 

Albertus dux Austrie 
ascendit contra Adolfum, regem 
Romanorum et occidit eum 
et fiM^tus est rex. 

1299: 

Rex Ruscie venit ad regem 
Wenceslaum in Brunnam. 



> Di« liaiidiichrift hatte filiam (Köpell, ä. 62), was Kiipoli kurzwug in 
,Gutam' verwandelte, weil offenbar bei filiam »Kudolfi regia Romanorum* 
aiufafijlea war. 



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Nachtrage. 



I. 

Die neueste Ausgabe der ,Croiiica domiis Sarensis^ Ton 
Bietericli« Mon. C^erni. SertpU JUUi^ L 

Im neuen Archiv der Gesellschaft für ältere deutsc he Ge- 
schichtskunde XXIII, 2. Heft 1898, S. 586, findet sich nacli- 
stehende, von 0. H. E. (O. Holder- Egger) unterzeichnete Notiz: 
,In der Sitzung der philosophisch-historischen Classe der Wiener 
kais. Akademie der Wisscnschaftt n vom 13. October 1Ö97 (An- 
z( it^^er Nr XX ) wird eine Abhandlung von F. v. Kroncs vorge- 
legt, welche den Nachweis fuhren will, dass Heinrich von Heim» 
bürg der Verfasser der Cronica domus Sarensis ist. (Vgl. Kro- 
neS) Die Anfange des Cistendenserklosters Saar in Mähren und 
sein Chronist Heinrich von Heimburg, Zeitschrift für Gesch. 
MUhrm und Schli Fli ns I, 4. Heft.) Oflfenbar war dem Ver- 
fasser noch die Ausgabe dieser Chronik von ,1, Üieterich in 
Script. XXX, 1, unbekannt, die einen nochmaligen liachweis 
jener Thatsachc überflüssig machen dürfte.' 

Ich gestehe ganz, unumwunden, dass ich erst dif s- 1- Notiz 
die Kenntniss von dem Erschienenscin des betreffenden Theil- 
bandes der Mon. Germ. Script, verdankte, was mir ebensowenig 
im Sommer dos Jjihros 1891, als ich jenen Aufsatz in der .Zeit 
Schrift ftir Gesch. Mährens und Schlesiens' druckfertig stellte, 
als im October 1897, zur Zeit der Einsendung jener Abhand- 
lung an die Uais. Akademie der Wissenschaften, bekannt war. 
Der lange Weg des Vertriebes der Mon. Germ, in die , Pro- 
vinz' erklärt es auch, dass diese jüngstf Fortsetzung der Mon. 
Germ. Script. Uber wiederholtes Betreiben meinerseits durch 
die Grazer Universitätsbibliotheksvorstehung erat vierzehn Tap^e 
vor Ostern zu Stande gebracht werden konnte, obschon das 



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119 



Vorwort von Holdcr-Egger als Zeitpunkt des Abschlusses der 
Publication den ,Deceinl)or des Jahres 1896' veneicbnet» 

Wie mir denn auch die Thatsache willkommen sein musste, 
nicht nur einem neuen und massgebenden Abdruck der ,Cro- 
nica domuj; Sarensis', sondern auch der Anerkennung: der Iden- 
tität des Annalisten Heinrich von Heimbaig und Heinrichs des 
Klosterchronisten von Saar zu begegnen, wie sie bereits 1878 
Emier zu begründen versuchte und ich 1881 als erwiesen an- 
nahm, so belehrte mich der erste Einblick in Dieterich's Aus- 
gabe, dass meine neuerliche Beweisführung in dieser Frage 
auc h durch diese Publication nichts weniger als ,überflüssig' 
geworden sei. Denn Dieterich beschränkt sich (und dies 
vom Standpunkte eines Herausgebers mit Reeht) darauf, die 
Ansicht Emler's als eine für ihn überzeugende einfach hinzu- 
nehmen. Er sagt nämlich (Praefatio, S. 67f,): ,Quam cditio- 
ncm (RöpeH's) cum V. Ol. Jos. Emier paucis mutatis in secundo 
tomo fontium rerum bohemicarum repeteret, cronicam Domus 
Sarcnsis ab Heinrico de Pleimburg presbj^tero, quem Annales 
a Georgio Henr. Pertz b. m. Script. XVII, p. 711 ff. editos con- 
scripsisse mnstat, eorapositara esse, accuratissime deraonstravit, 
neque nituuno est, cur hoc in dubium vocemus . . .* 

Kr verzichtet somit auf jede weitere Beweisführung. Nun 
lag aber bereits 1H7H <]]p Arpimentrition Kmler's vor, ohne dass 
Hif'selbe vonmassgt l n lcn J 'm-bchcrn, einem WattenV)a('h^ 1 894) 
und Ottokar Lorenz (l^^^j), als Überzeucfend lunL^rnfimmen 
worden wäre; ja Lorenz bezeichnete sie geradi zu ab verun- 
glückt. Es schien mir daher durchaus ancrczcii^^t, die bislang 
ni<-ht Ti berzeugeuden Gründe Emler's zu ergänzen und nach 
allen Hi< litungen hin gegen jeden Zweifel sicherzustellen, find 
da dies nicht im Plane Dietericli's lag, da er einfach auf Emier 
verweist, so erscheint meine Abhandlung nach wie vor auch in 
dieser Hinsicht keineswegs als ^überflüssig'. 

Wenn ich die neueste Ausgabe der Cronica domus Saren- 
sis von Dieterich als eine mir wie jedem willkommene In zi ii Ime, 
80 gilt dies zimtlchst von der neuen Siclitnng des Textes nach 
der Hreslauer Handschrift, wobei allerdings Köpell, der erste 
IL-musgeber, dem zweiten PMitor, P>mler, und so auch dem 
dritten, Dipterich, beziehungsweise Holder- Egger, nur eine spär- 
hche Nachlese an Emendationem übrig Hess, dann aber auch 
▼on der neuen Untersuchung der Breslauer Handschrift an sich. 



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120 



wodurch das, was der gewissenhafte Rtfpell bereits dargelegt 
hatte, seine Bestätigung findet. 

Auch Dictorich findet mit Kdpell die ,Gencalnp;ia funda« 
torum* von der gleiclu-n TTand des 14, Jahrhunderts geschrie- 
ben, die der unterzeichncto ^Johannes de Augusta' (Fol. 61) 
führte, und die Marginalvcrbesserungen als einer anderen, etwas 
jüngeren Hand zukommend. Ob jener Johannes de Augusta 
(Uber dessen Bcziehuiii^on zu Saar und zum Chronisten Hein- 
rich von Heimburg Dieterich keinerlei Vermuthungen ausspricht, 
wie ich solchen Raum gebe) den Stoff zu seiner ,Genealogia 
fundatorum* der ,Oonica domus Sarensis* Heinrichs von Heim- 
burg entnommen, Iftsst Dieterich als Frage offen (,Nescio, an 
librarius Johannes de Aiifnista Genealogiam fundatorum ex Cro- 
nica collegorit'), wiilircnd ich es^ trotz geringfUgiger Abwei- 
chungen, als naheliegend und wahrscheinlich erachte, da Jo- 
hannes von Augsburg die ,Cromca' Hemrichs von Heimburg 
abschrieb. 

(iS. f)7ft) theilt Dieterieh auch meine Ansicht, dass die im 
letzten Tlieile der Croniea domus Sarensis den Versen nngo- 
fligten clironistischen Frosanotizen deshall) in dieser Form unter- 
gebracht wurden, weil sie so leichter unterkommen konnten 
(,quia liaud fa<'ile versihus inchuli potuissent'). 

In zwei Einzelheiten vennag ich aber nicht, dem ver- 
dienstvollen Herausgeber beizustimmen. Es betrifft dies erstlich 
die Stelle in <lf'r INnofatio'. wo von dem Lebensweehsel Hein- 
richs von Heimburg 12G8 — 1279 die Hede ist. Dictcrich schreibt 
nämlicli diesfalls: .Undecira annis post (1268), anno 1279, cum 
quibusduni aliis (Heinricus) a Petro episcopo Patavien-=i apud 
S. Hippolytum (St. Pölten in Niederösterreich) ad gradum sa- 
cerdotii promntns est et pauIo post ecclesiae 8. Stepliani 
Gniundensi (GmUnd in iiiederösterreich) presbyter prepo- 
situs est.' 

Dieterich ist somit der Meinung, dass Heim it h von Heim- 
burg 1279 die Priesterwoihe in St. Pölten empfing und ,bald 
darauf der Pfarrkirche zu Gmünd vorstand. Dem widerspricht 
aber zweierlei. Einmal der Umstand, dass unser Annali.st die 
Erwähnung seiner Priesterweihe an die Angabe vom Ableben 
des Passauer Bischofs knüpft, das er auf den 23. Februar 1279 
ansetzt; und zwar in der Weise, dass er antresichts des Todes 
BiBchofe Peter sagt, er sei zu Öt Pölten gestorben, ^woselbst er 



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131 



nur UnwUrdigem mit Anderen die PriesterweÜie ertfieilt hatte', 
mithin diese Thateaohe als etwas in eine frühere Zeit Fallendes 
beMiehnel^ wonm ihn eben das Hinscheiden des Kirchenftlrsten 
erinnert. Es verhält sich damit gerade so wie mit der Angabe 
vom Jahre ]378, die das Ableben des Frager Bischofs, Johann 
von Drahts betrifit, yder ihn sum Diakon ordinirt habe', was 
gleichfalls weit früher (nach 1268) eingetreten sein musa. Da • 
unser Heinrieh 1278 die (Gmündner) Pfarrkirche sum heil. Ste* 
phan ak ,unsere^ Kirche bezeichnet und ab Augenzeuge von 
den Kriegsgreuehi berichtet, die der grossen Entscheidung 
zwischen Ottokar und Rudolf vorangingen, so mnss er die 
Priesterweihe in St Pditen sp&testens vor dem Sommer 
des Jahres 1278 erhalten haben. 

£ine aweite Bemerkung muss ich wider die wiederholt in 
den Anmerkungen Dicterich's su seiner AuBgnbo (s. S. 
Anm. 2, 4, S. 682, Anm. ^J) uns begegnende Bezeichnung der 
Stifterfamilie des Saarer Klostors ,(le Obrany-Obersess sive de 
Biesenburg' richten, da hicdurch das Missverständniss 
erweckt wird, als seien die Herren von Obfan mit den böh- 
mischen Ricscnburgern identisch, mit denen sie aber nichts 
gemein haben. Die Vorliebe Heinrichs von Heimburg in seiner 
Klosterchronik für deutsche und slavische £tymologisirungen 
führte ihn (s. oben S. 46) zur Deutung des Kamens Obran 
(Obnany) als ,Burg der Riesen^, ,ca8trum gygantum', ohne 
dass wir veranlasst werden dürfen, diese Deutung mit dem 
Ortsnamen förmhch zu verquicken. Zwischen dem slavischen 
^Obi'an' und dem deutschen .Obo.rsess' hat ,Riesenburg' keinen 
Fiats. Die Heiren von Obfan-Obcrsess haben sich nie ,Rie8en- 
barger' genannt, was ja auch Dieterieh nirgends ausdrücklich 
behauptet, aber, ohne es su wollen, ein Missverständniss 
nahelegt. 

Was die von ihm (S. 683) an fjcz 0^:011 cn Ergebnisse der 
Forschung von Teige über die Osseker Urkunde betrifft, so 
komme ich darauf im H. Kachtrage zu sprechen. 

SchHesslich bemerke ich noch, dass Dieterich S. 638, 
n. 114, bei dem von mir (s. oben S. 44, Anm. 3) gleichfalls als in 
seiner Bedeutung fraglich erklärten ,pro blantibus' die Bemer* 
knng macht: ,ne8cio, an „blaterantibus" cmendandum sit, 
nam qnod Roepell proposuit „bladantibus" (bladare = agrtim 
serere) verbum est solum in Gallia usurpatum'. — ,Bkterare^ fin- 



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122 



dot sich bei Ducangc-Henschel, Vocabularium I, S. 678, aiif 
8. 676 .l)Ins^ ^ stultiis, thöricht, dumm zurückgeführt, ,blate> 
rantibiLs' würde Bomit soviel wie das mittellateiiiische ^stultizan- 
tibus' bedeuteoy womit man allerdings aach nicht viel anzufan- 
gen wüsste. 

Noch ßei die zutreffende Bemerkung Dieterich's (S. 706) 
angeführt, dass die bei Heinricli von TIcimburg und in der 
Breslauer Handschrift zwischen dem Schlüsse der Cronica do- 
mus Sarensis und der Genealogia fundatorum eingeftif!:ten Zeit- 
angaben über Ordensstiflungen (vgl. oben S. 82—83) ähnlicher 
Weise auch in den Annales Moguntinenses (Scri|)t. XVII, S. 722) 
und Iti den Amiales Haiesbrunnenses (Script. XXIV^ ä. 43) vor- 
kommen. 

Teige Uber die Torgeschielite des Klosters Saar. 

Als ich in der ,Zeitschrift für Geschichte Mfihrcns und 
Schlesiens* I, 4 (1^97) eine Studie über die Anfiin^'o des Oi- 
sterzienserklostcrs Saar u. s. w. erscheinen liess, war mir aller- 
dings der kurze, aber wiehtijjje Aufsatz von Teige ,Zur Vor- 
geschichte des Klosters Saar' (Studien und Mittheilungen aus 
dem Bencdictiner und Cisterzienserorden I8f»2, XITI, S. 81 
bis 84) nieht unbekannt, ieh wollte aber zu demselben ni«-bt 
Stellung' nehmen, bevor ieh nur uiciit Uber die Ausführungen 
Teige's ein fjuellen^ereehtes Urtheil gebihlet liütte, nn<} he- 
sebrfinkte inieh aussehhesslieli auf flie Tuassgcbende ErzUhhmg 
Heinrichs von Heimburg und den von Steinbach dar^rebotencn 
Urkunden vorrnth. Da nunmehr auch Dietericli in der neue- 
sten Ausgabe der Cronica domus Sarcnfis (Mon. (ierni. Script. 
XXX, 1, S fiH}V) die Ergebninsr der For^'rhung Teige's unbe- 
dingt aTiiiiimni, so muss ich darauf naher eingehen. 

Zimaclist hat Bernhard Seheinpt'iug in seinem l»urichte 
Uber di( rrkunden im Archive des Cisterzienserklosters Ossegg 
(<>sek) in Böhmen (Mittheilungen des Vereines für Gesell, der 
Deutschen in Böhmen, VIT. Jahrgang, 1869, S. 187—18«) der 
auf das genannte Kloster belogenen, undatirten und in den Ab- 
drücken bei Boczek, Cod.dipl.Morav.il (1839), S. 
Nr. XXX und Krben, Reg. Bohem. (IS.Öö), S. 226. Nr. 4^7 
jcirca^ 120Ö angesetzite Urkunde, worin ein ,Johanues, comes' 



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123 



die BettiftoDg voMoht, eine genaaere Untemttchung'gewidmety 
worin er die Bedenken MiUaaer's aniUbrt und den Olanben 
Frind'e (Kirehengescbiclite Böhmens I, S. 413) an ihre Be- 
dentnng für die GrOndnngageechichte Ton Osaek entsohieden 
heklim|ifL 

Abgesehen von dem Umstände, dasB die Urkunde nieht 
datirt isl, dass die bei frommen Stiftungen ttbÜche InvocationB- 
fonnel fehlt, keine Zeugen angeführt werden, und der Urkunde 
spftter ein zu ihr mmprllnglich gar nicht gehörendes Siegel (mit 
der UmBchiift: yComes JarosstUB filius Sbislai^ angehängt wurde, 
schöpft Scheinpflug seine Bedenken aach aus dem Inhalt, vor- 
nehmlicb in der Richtung, dass sieh die Ortsangaben, Ortsbe- 
schreibungen und der Vorbehalt Olmtttzer Bisthumsrechte 
ftiT die Umgebung von Ossegg als durchaus unsn- 
treffend ergeben, dass man unter den Riesen burgern, den 
bekannten Stiftern des Gisterzienserklosters Ifaschau-Ossek um 
1193, damals keinen urkundlich nachweisbaren ,Johann' ent* 
decken kOnne, dass die Annahmen der Jahre: 1196, 1206, 
1830 ab Ausstellungsseit willklirliche seien, und dass man, um 
die Urkunde fttr Ossek sbu retten, auch Umformungen von Orts- 
namen wagte. So habe man den an erster Stelle vorkommen- 
den Namen der ,villa forensis', das ist des Marktes ,Kesekowe', 
um ihn für Ossek au retten, auf ,Mascowe' Maschau ge- 
deutet und in dem Schhisssatee der Stiftung statt: vÜlam fra- 
tris mei Pribidai nomine Sar redimam et ckustro confersm': 
— ,y. fr. m. Pr. nomine Sarredimam (auch Sarbedunam) ei 
daustro conferam' lesen wollen. 

Nebenbei bemerke ich noch, dass schon Erben (Index 
loeorum, S. 806) bei Zdir, Sar, die Bemerkung einfliessen liest: 
,in depravato Sarredimam, Sarbedunam i. e. Sar redimam,' 
gleichwohl dies Sar als ein ,Dorf des Klosters OsseV auffasst 

Schliesslich äussert sich Scheinpflug folgendermassen 
(S. 187/8): ,Ohne den Philologen Yom Fache yoigreifbn su 
wollen, glaube ich annehmen zu dürfen, dass es sich in der 
Urkunde, die fttr diesen Fall gleichwohl noch immer 
echt sein kann, weder um die Stiftung in Maschau, wo die 
Ossegger Cistensienser frtther angesiedelt waren, noch um die 
OrUndung Osseggs, sondern um die Errichtung eines 
anderen, hier nicht genannten Cistersienserklosters 
durch einen Grafen Johann handelte, welches mit Mönchen von 



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124 



Osscgg besetzt werden sollte^ indem ,de Ossek' eher auf ^fra» 
tres Aseumcns' als auf ,coenobium ordinis CistercieDsis' sich be- 
siehen lässt. Dieses neu zu gründende und mit Mönchen 
«UB Ossegg zu besetzende Kloster scheint aber nicht 
zustande gekommen zu sein, und selbst für die Grün- 
dung eines solchen Klosters seheint die angebliche 
Urkunde ein blosser Entwurf gewesen zu sein/ 

Auf dieses zunächst negative Ergebniss ScheLnpflug's 
baute nun mit unleuglmrem Scharfsinn Teige soinc Ansicht, 
dass sich diese, allerdings bedenkliche Urkunde auf die bei 
Heinrieh von Ilciinbtirp: in dem Abschnitte ,I)c Johanne de 
Polna et eins claiistro' seiner Klosterehronik erzählte, leider 
kurzlcbip;«' (friindiing eines Klosters bei Saar mit Mönchen 
aus Ossegf^ (Osek) beziehen müSf?e. Der Ortsname ,Sar' urul 
die Nanu^n Johannes und Fribiziaus, die Seliilderunf; der 
Wasser und lischreiehen Waldlandschaft in der Urkunde boten 
liicfiir willkommene Anhaltspunkte. Demnach gewahrt Teige 
in dfui jComes* Jnlianncs den Johannes de Polna Heinrichs 
von Ileimburir und in seinem Jiruder PribizJ ins dm Pribislaus 
von Crisans-Kriiano w, welcher nach der 8aarer Kioster- 
clironik von jenem Johannes von Polna den gleichen Wald- 
grund erwarb, den dieser für seine eigene, aber verunglückte 
Klosterstiftuu}; ;m«f rsehcn hatte. 

Diese Umdeutun«,'- der fraglichen ürkun l*' auf die dem 
Saarer Kloster vom Jahre 1252 vorangehende Stiftung Johanns 
von Polna, wobei Teige die Ausstellung des Diploms innerhalb 
die Jahre 1232 — 1234 stellt, hat nicht nur auf den ersten Blick 
schon ihr Gewinnende«;, sondern IttBBt sich Yorderhand durch 
keine bessere Erklärung ersetzen 

Immerhin steht den Selilu^sfolgerungen Teige's ein ge- 
wichtiger Umstand im Wege, dessen Gewicht auch Dieterich 
nicht zu unterschätzen scheint, wenn er in seiner Ausgabe der 
Cronica domus Sarensis (S. 683, Anm.) Folgendes bemerkt: 
,Johannes comes de Polna, HHus Zbislai de Bratercic, frator 
Pribislai de Krzizanow, memorati in curtis 1223 — 1244 (Keg, 
Erben's S. 226, 312, 338, 401, 504, 523). — ,Mirum, qu^d 
Heinrieus propinquam Johaonis et Prtbialai cognatio- 
nem nou uoverit.' 

Der iSaarcr Chronist, Heinrich von Heimburg, der an der 
Wiege der Kiostergründung stand, weiss nichts von der 



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135 



Blutsverwandtschaft Johanns von Polna mit PHbislaw 
von Ki^iianau, dort, wo er doch die Abmachung zwischen 
Beiden über das Saarer Waldgebiet so nrnstllndfich erzählt 
Diese Unkenntniss Heinrichs von Heimbarg wftre allerdings 
kein entscheidender Grund, die nahe Blatsverwandtschaft jener 
Beiden in Abrede zn stellen. 

Immerhin erwecken zwei weitere Umstände unser Be- 
denken gegen diese Deutung jener Urkunde. 

In keinem echtbefundenen Diplom der Jahre 1223 — 1244 
findet sich Johannes von Polna', wie ihn Heinrich von Heim' 
bnig nennty persönlich als Graf (comes) bezeichnet, sondern 
immer nur als Johannes filius Zbislai de ^Braterceric' 
(Bratröiö) und als ^nobilis vir*, der die Herrschaften Polna, Dro- 
bowitz, PHbislawitz u. A. besass: auch in der Urkunde fUr 
Leitomischl (1244, S. 523, Nr. 1096, bei Erben) heiast er nicht 
COmcs, sondern ,Johanncs, filius comitis Sbizlai^ 

Anderseits ftllirt auch Pribislaus von Kfizanow weder 
das Geschlechtsprädicat ,Bratercici', noch je den Titel ,co- 
mes*, sondern nnr den Namen ,Pribislaus' und die Amtstitcl: 
ycastellanus de Wewery' (Eichliom) (1238, Erben, S. 433) oder 
yCastellanuH Bnmnensis' (1239, Erben, S. 4Ö6) oder ,8upanus' 
(1240, Erben, S. 460), 

Das könnte nun allerdings nur auf Ungenanlgkelten 
in jener Oseker Urkunde schliessen lassen, und ganz wohl ihr 
,comes' Johannes und dessen ,frater^ Pribislaus als Johann von 
Polna und PHbislaw von Kriäanow aufgefasst worden dürfen. 

Aber noch ein zweiter Umstand erregt unser Bedenken. 
Der kinderlose Johann von Polna, der vor Pfibislaw von KH- 
2anow starb, verfllgte über seinen n 7 en Besitz zu Gunsten 
frommer Stiftungen, insbesondere fUr den deutschen Orden, 
dem er auch das Pfarrpatronat von Polna 1243 (Erben, S. 504, 
Nr. 1064) neben den Gütern Drobowitz, PHbislawitz u. s. w. 
zu%vandte, und ftlr das Prftmonstratenserkloster in Leitomischl 
(1244, Erben, 8. 523, Nr. 1096). Nirgends finden wir der Zu- 
Stimmung des nächsten Verwandten, des leiblichen Bru- 
ders, Pfibislaw, gedacht. Auch die ,Cronica domus Sarensis' 
spricht von der Bestiftung des deutschen Ordens durch Jo- 
hannes von Polna, sie gedenkt auch der näcbsten , Freunde', 
beziehungsweise Verwandten desselben, oline darin Pribislaws 
von KÜj&anow mit einem Worte zu erwähnen. Für sie besteht 



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126 



dieser nur als Gutsnachbar Johanns von Polna. Das ist und 
bleibt doch auffallend und mit Tcige's Deutung der Urkunde 
nicht gut vereinbar. Wenn schliesslich der Bruder Johanns, 
des ,Grafen', wenn jener Pf-ibislaw Grundherr von Saar war, 
und Graf Johann ihm diese HerrscliaH ablöste, wie kann die 
Saarer Klosterchronik, gerade umgekehrt, die Erwerbung des 
Saarer Waldgebietes seitens Pribishiws von Kfiianuu von dem 
Johannes von Polna berichten? So steht denn eine, wie es 
doch aus Allem hervorgeht, wohlunterrichtete Quelle, die 
Gründungsgeschichtc von Saar, einer in mehrfacher Richtuntj 
bedenklichen und aueli vom Seliarfsinu Teige's nicht unan- 
fechtbar gedeuteten Urkunde gegenüber. 

in. 

Bte Oronlea Boemornin anetore eanonlco S. Blasll Bruns- 

vicensls. Mon. Germ. Script. XXX, 1, S. lill—m. 

Holder-Egger hat liier in dankenswerther Wei^e einen 
neuen Beleg flir die weite Verbreitung böhmischer Chroniken, 
beziehungsweise Auszüge aus Cosmas und dessen Präger B'ort- 
Setzungen, von der Feder eines P>raunschweiger Chorherm 
in einem Trierer Codex (Cod. civ. Nr. 1199) geboten. Diese 
Handschrift, mit: Incipit Cronica Boemorum eingeleitet, 
gtiedert ihre Aufzeichnunprcn in vier Bücher, deren erstes 
bis 1038, das zweite bis 1092, das dritte bis 1124, das vierte 
bis 1270 reicht; dann findet sich als besfMuUMes Capitel (S. 42) 
,De rege Rudolfe Romanomm' angefUgt, das die Zeit von 1272 
bis zum Jahre der grossen Entscheidung (1278) betrifft, und 
dieser Abschluss Ittsst die AbCsssungszeit beiläufig bestimmen, 
wenn man daau noch aus der angefügten Herzogs- und 
Königstafel Böhmens (S. 43, ,Isti sunt duces BoemorumO 
als letzten Regenten ^Wenzeslaus^ (König Wenzel H.), Sohn 
der voi*genannten zweiten Frau ,Pfemy8ls* (das ist FJemysl 
Ottokar IL), Kunigunde, heranzieht. 

Diese ,Cronica Roemornm^ luit mit dem bezüglichen 
Theile der Annales Heinrici Heimburgensis nichts irgendwie 
Charakteristisches gemein und schliesst sich Cosmas weit ge- 
nauer an als die , Cronica Boemorum^ in Heinrichs Annalcn (vgl. 
oben II, S. lU, insbesondere III, 8. 06—62; vgl. V, S. 71—74). 



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InlialtsveneiolmiSB. 



Vorwort [8.8—6.] 

I. Die metrische Chronik tou t^-.mr iiiid die JahrbUolier Heiiiriclis 
Ton Hetmbnrir, Lebensjeranir des Verfassers naeh seineu eigeueu Aii- 
9»ben in den beideu mit dem Jahre 1300 absohllesseBden Werken. 

[S. 7—18.] 

Die Handsclirift der BreeUacr UiüverBitätsbibliothek. [S. 7.] Die 1751 
jrp«lriukto ProsAcbroutk. [S. 7—8 ] Dio beiden np«tfimlt)ioiIp der Broslanpr 
Handschrift. [8. 8.] Die Aiiualun Heinrichs von üeiitiburg und Emier, 
Wattenbach, Dadfk» Lorenz. [S. 8—9.] Die Ideutitiit Heinricha vou Saar 
«lad H^fficlui T«Mi Heinib«u]g;. QB. 10.] Der Lebetugang Reinridw bU 1S08. 
[g. 11— IS.] Sein GflKhiek von 1868 aa nach dar Klo«t«fohniiilk. (8. 18.] 
Die Angaben darUber in den Annalen. [S. 14—1^.] Heinriehs Besiehnngen 
aom Haue der StiflerfuaUie von Saar. £8. 17—18.] 

II. Per Keltgeschichtliche Inhult der Juhrbiieher Ueinriehs von Helui- 

hwtf und des Chroaieon douas Sorensla. £8. 18—40.] 

Die bVbmiiolie Cbronogiaphie und Hmnrieb von Hflindwig. (8. 18 bis 

19.] Seine Annalen und ihre Einzelangaben. [8. 19—21.] ParnllelUnnns 
derselben mit den Daten der Klosterchronik. [S. 21 — 22.] Aufzeichnungen, 
die den Annalen aosschiieAsIich angeliOren. £S. S2 — 25.] Angnben in beiden 
Werken von 1S73 bU 1299. (B. 86—36.] IK» Anfteichnuuguu in den An- 
nalen au den Jabi«n 1883, 1887 and 1839, 1891 ond 1896, 1891/93 and 
1300; 1898, 1893. 1394. [8. 36-40.] 

in. eiskalt maA Elg«Mtt im Starer Klottmhronlk H«liiii«hi tom 

Heioilbanr. [8.40—64.] 

Die Saarer Klosteigrttndnng und Heinrich ron Heimburg. [S. 40—41.] 
Inhalt der Kloelercbronik. Dia Stifterfisniilie nnd ersten Urheber der Rioiter^ 
frSodnng. [S. 41-44.] Roc^ek von Obfan. [8.45 ] Die geiatUehe Nieder- 
lassung in Saar. [8.45 — 46.] Heinrichs Ortsnamen-Etymologien: Oberness- 
Obhin und Saar. [8.46-47.] Boöek I. von Obfan, »Graf Ten Femeck' ; das 



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128 



I'rädicat .Nidcck' [S. 47 i^».] Dor S.-iarer Klosterconvfiit, seine W«ililtli;U«r 
und Aebte aml das Uetwhick des KloHter« uud der ältilerfamilie. [S. 4^ — ü'i.j 
Dar elfts Abt Arnold und di« Sfickkehr Heinrfelui von Heamburg ins Kloster, 
[a 68-64.] 

IT* Bie AkÜMtnaff te «MtrlMhaa Kloiterdiroiiik ra Saar mmä 1m- 
Ibesondet« der Anaales Helnrlel HeMavgeiuds ud Ihr segwiteMig«« 

TarUltalit. £8.54—67.] 

IKo AbÜMBungszeit der Klosterehronik Heinrielia. [S. 64— M.] Des 
Zustandekommen der Aanales Heinrici Heimbuisemis. (B. 66—67.] Das 

Yerhlltnisa der Annalen. und zwar der vorlaafenden Cronim Boheninrum zn 
Cosin.'is. [S. 57- 01,] Dio Grundl.ijrL' der Cronicn Br)hGmoruui; ihre Stellung 
TAI doa Xlosterhradisclter Auualeu und zu Oliuütxer tiesclticlitsquellea. 
[S. 62 — 63.] Die fragliche Herkunft der chronistischen Compilation, aus 
wflldier die Croniea Bobeuomm geodiSpfl ist Die Konigssaaler OompUation. 
[8. 68—64.] VeiliXltikiss der Gniniea Bobenuiram an den nniTenalbiftonacben 
Conpendieii und su den «Annales Austriae'. [8. 66—67.] 

V. Das Schieksal der beiden Werke Hclnriehs tob Keimbarf nad 

ihre Deattteaag. [8. 68-76.] 

Die jOeneskgia fimdatonun* md das ,Cbnmieott Zdiarense*. [8. 68 1^ 
69.] Das Verhältnisfl beider zur Klosterchronik Heinrichs von H^iubarg im 

Allpftmeinen. [R. 69—70.] Dio Annalcs Tloinrici Hoimbnrg^nHi« in ihrer 
Stellung zu den «Anuale» aulae reginc' und den mit diesen in ihrem Hatipt- 
theile identischen ^Anoales Bohemiae brevissimi*. [S. 71—78.] Vergleichimg 
der beiderNiÜgen Angaben. [8. 78^76.] 

TI» Bas TerUUtaln des Cbroalcoa doBoa Baraaais HehiTicl» 
Hatmbarf aar Ctoaaalogia ftaadatoram domoa Saraaili, ¥esiehaBg»- 
welae aa deai Iltastaa BestandUitlle des Chroaleoa Zdlareaae oder 
der MigenaBBtea Uelaerea Klotterehroalk. [8. 76—83.] 

Die Breslauer Handschrift nach BOpell's Besehreibong. [8. 76—76.] 
Johannes de Angnsla* nad die Genealopa fondatonun; ihr Inbaltf Oleicbes 

nad Abziehendes. [S. 76 — 80.] Verrnnthongen Aber Jobann von Angsbnrg . 

[S. 80 — 82.] Der Pro.taanhang des Chronicon domus Saretuiis Uber die 
Ordensgründungen verglichen mit besQgUchen Angaben in den Annales 
Heinrici Ueimburgensls. [S. 82 -83.] 

VII. Ble ^eiaere Baarer Klosterchronik* oder das ,Chronlcon Zdia- 
rease, sei BOtata qaaedam de famllia Podlebradiana* (12&1-1511> 
ta Ihrer Anlage vnd Ihrem Gehalte. [8. 83—98.] 

Die Stockholmer Bibelhandsehrift Bo6eks von Kunstatt-Podiebrad und 
die ihr eingebundenen chronistischen Notisen über das Kloster Saar. [S. 83 



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129 



bU 84.] OUf CMm, StolnlMUih, DacUk» ROpell. [8. 84.] Dodflc*« Yemn. 
thniig«!! Aber die Abfiumtiif. [8.86- 87.] QlMdenuig dos Ghronicon Z£a- 

rense. [S. 87 — 88.] Die Schicksale des Saarer Klosters und Ge<ir<^r Padiebrad. 
[8 — 90] Dio chronologiocbeti Angaben vor nnd nach 14"J0, Mutivc dos 
Vorfaäüer». [ä. 90 — 91.] Das Cbronicon Zütarentte als ForU«Uung der Ge- 
nealogU fanditonim. [8. 91.] Wesentliche Abänderuagen oder Abweichungen 
▼on der GenealogU. [ß. 91—08.] 

Ym. üeMr 4i« ugtbiiek« KMkkemMeiifleliafI Znil«»8iiitlt tm 
ObfM» 1 1812, vnd das guiM Obtaaer nad Kustott-P^dlebrader 
Haas bis a«f Georg Pedlebrad, nlt BBekilekt a«f die dem Kloster 
Saar aabestelieade Mte«Tenraadtsehafty als Kritik der bestsUehoa 
Aafaben Im Chronleon Zdlwrease. [B. 91—118.] 

BSpell's genealogische Ansführungen Uber das Ubrauer Haus, ergänzt. 
[8. 94—98.] Die Toohter Piibislaws von Kftianow mid SibyUas. [8. 9ö.] 
OeecbleebtitalU der Obeneae^ObNner (I). [S. 96.] Die Meebkommen Boteka 
oder BojyuM I. iron Obene-ts Obfan und Enpbemias (I A). [8. 97.] Die 
Seitenverwandten ans dem Hanse Konow: Zittau, Lipa-Lichtenbarg. [S. 98.] 
Ihre Gesclilechtstafol (IIA nnd IIB). [S. 99— IUI ] Die Kunstatter Brnder- 
linie der Obersess-Obrauer und ihr Ausgang; Uegenaugabu dos C'hronicon 
ZdiannM. [B. 101.] Qeeehleehtirtefel der Kunetetter (I B). [S. 102.] An> 
merkiingen. [8. 108—104.] Die Kiinrtatter ei« unmittelbere FortMtennf d«r 
Obeness-Obi'aner im Ghronicon Zdiarense und die nrknndlichen Gegen« 
beweist?. [8. 106 — 107] Irrtlmin oder GeHcliiclit.snüsoliuii},' dus CLronienn 
Zdi&reutMi. [8. 107.] Die Tradition und Teudensü im KunstaU-Podicbrader 
Uauae. [ß. 107—109.] Vergleich zwischen den Angaben I. im Ghronicon 
domm SerenBier in der Geneelogi«. fnndetomm und in Urkunden, II. im 
Chronleon Zdierense^ ÜL in Bolbin** Hiaeellaneen; Ueberaichlstafel bia 1487. 
[S. 109—111.] Die richti^'e Zfthlang der Boäeks von Kunstatt-Podiebnd gegen- 
flber der in Cbronicon Zdiareme. £8. IIS.] 



BxoiUB. 

IMe Parallolstellen tm Clirealeoa iemas Bareasls oad la den A^aales 
Heinilel Hefmbarfeasls. [B. 118—117.] 



Naohtrage. 

I* Bio aeaesto Aasgabe der Crealea iemas Bareasls vea Dleterieh, 
Koa. Gem. Beript. XXX, 1. [8. 118—188.] 

Meine Keclitfertigung. [ä. 118— 120.] Ueber den Lebeuswechsel Hein- 
rifibe TOB Heimburg (1268->1879). [S. 190—181.] ^ObiSDy-Obeneaa sive de 
Bieeenbaig.* £8. 181.] »Blalenttübae.* £& 181^188.] 

AfcbiT. UEXZV. Bd. 1. flUllt. 9 



180 



n. Teig« Vber 4to YorgeteUekte 4m Kloster» Star* [8. m~iM.} 

Teige «ad Dielericb. p. 122.] Seheinpflug (Iber die nndatirte Oanker 
Ürknnde. {B. ISS— 124.] Die Undentaag der Urknade aaf die Vontifkang 
▼on Sur. Die ,Brn(!(>r< Joh 

nach Teige. [& 184>-1SÖ.] Bedenken dagegen. [S. 125—126.] 



III* Die Cronlea Boemorum auetore canonico 8. Blasü BrnasTlMasls, 
««IM* MpL XXX« 1, 8. «7— dS« [8. m.] 



Verbosserung. 
& 96 (Stammtafel) «totl: NieUwa lie«: StinlaT«. 



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DIE 

SALZBÜRGER PROVINZIALSYNODE 

VON 164:9. 

2ÜR OESGHIGHTE DKft PfiOTSSTANTI8CH£M BEWEGUNG 

m DEiN USTEitiiKIClilSCllEiN LiiüLA.NDEßN. 

J. LOSERTH, 



9» 



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Einleitung. 



Ucber die wichtige ProvinzialsynofU , flic im .lahre 1549 
in Salzburg tagte, sind wir bis -^u rlir^ci Stunde in rocht im- 
genüf^-ender Weise unterrichtet. Man keimt hierüber nur die 
sogenannten ,Mandatt oder Tjandtsbevelch fle^ Erzbisthums Salz- 
burg', die aller Wahrscheinlichkeit nach nur auf dem Boden 
des Erzbisthums selbst Giltigkeit hatten, und die sich in Dal- 
ham's Sammlung Salzbur^ischer Concilien mit einer Einlfiding 
abgedruckt tinden, welche letztere über die Genesis und den 
Verlauf der Synode und die zwischen ihr einerseits und Baiem 
und Oesterreich andererseits eingetretenen Weiterungen und 
Irrungen nur Andeutungen macht. Man erfährt, dass es weder 
damals noch in den folgenden Jahren zu einem V'erglei* Ii ge- 
kommen ist, kennt aber weder die Ursachen noch die ganze 
Gesciuchte dieser Irrunprri. 

Schon vor vier Jahren wurde ich auf einen Fascikel Acten 
aufmerksam, den das stciermärkische Landesarchiv unter den 
,Religion8sachen* enthält, und die sich insgesammt auf die Salz- 
burger Synode des Jahres 1549 beziehen. Ich fand, dass sie bisher 
weder in ihrer Gesanmitlieit bekannt sind,* noch auch in Folge 
dessen bisher recht ;:^('wiii difft werden konnten. Sie enthalten 
die eigentlichen Piovin/.ialstHtuten, wie sie zuerst auf dieser 
Synode entworfen wurden: Provinciaistatuta (deutsch) des Erz- 
bisthums Salzburg, nacli einer alten, am unteren Rande ange- 
brachten Paginierung 14G Seiten fassend, dann 2. jene ,Mandatt^ 
die bei Dalham (S. 330 — 344^ abgedruckt sind, 3. ein Heft von 
79 Blättern, enthaltend die lateinische (ursprüngliche) Kedactiou 

' l>«r liaud hat auf einem Pei^g^amentumachlag den Titel: Uierinuen die 
FroTineiall od«r Landt Coneilinini Bandloog der Salspurgeriieben Piwins 
de anno 1649 Nr. 83, LIdl % Rep*»- 



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134 



(kr Stututen, dann 4. einen Fascikel von 142 Blältero, in 
welchem sich wieder ünden : 

1 . Die Instruction der Öalzburgisehen Provinzi^a'sandten 
de dato Sal/.hurg den 24. April 1540 (Copie). 2, ,Die Kath- 
scl>Iä<j der geistlichen Hnndlung*, wer dazu verordnet, im Hof- 
tlu'idin«; am 24. Juli anno 1549 (Coneept). 3. Beschwerden 
wider einzelne Bestimmungen der Provinzialstatiiten (Coneept). 

4. ,Auf der Geistlich Salzpurgisch Provincialstatuta. derer von 
Steier Antwort anno im 1549*, vom G. September d. J. (Conceptj. 

5. Auf der Geistlielien Gravamina der weltlichen Rathschlag 
und Gutbeduni<en. f)? Blätter. (Coneept .stark verletzt.) 

Man sieht aus dem vorliegendcTi Material, dass die eigent- 
lichen Statuten nicht den Beifall von 8eitc Oesterreichs und 
Baiems fanden und der Erzbischof sich daher zunächst be- 
gn{\gto, einen Theil aus den Statuten .auszuschneiden* und zu 
|)ublicicren. Es ergibt sicli aber, dass das Actenmaterial ein 
viel reicheres gewesen sein muss, als es heute in Graz vorliegt. 
Da hiess es weitere Nachforschungen halten. 

Im nioderöstcrreichischen Landesarchive fand ich dann 
zunächst als wvrtlivollste Ergänzung die Gravamina der Synode 
wider die landesfUrstlichen und landschaftlichen Gewalten in 
Oesterreich, dazu noch die schon oben genannte Instruction vom 
24. April, drittens ein Schreiben Ferdinands I. an den Land- 
marschall Andreas von Puechhaim vom 18. .luni 1549, in welchem 
ihm die Schriften der Syiiude mit dem Befehl zugesandt werden, 
sie durch die verordneten Ausschüsse und gelehrte Männer 
berathen zu lassen und die Beschwerden der WcltJiehen gegen 
die Geistlichkeit zusammenzustellen, viertens ein Schreiben des- 
selben Inhalts vom 24. Juli ,an die Regierung von Wien'. Aus 
diesen beiden Schreiben wird ersichtlich, dass die Sabsburger 
St.iitutcn und (Jravaniina von saniinüichcn Landesbehörden und 
daiHi auch von der Regierung becutachtct werden sollten. Im 
niederüstcrreicliischcii Landesareiuv tand sich endlich noch eine 
Entschuldigung der Landschaft vom 12. August, weshalb das 
Gutachten noch nicht eingelaufen sei. 

In den Handschriften der Wiener Hof bibliothek 11804 
und 11794 finden sich die Antworten der Landschalt von 
Kärnten auf die Statuten und die Gravamiiia der Synode, dann 
die eigenen Beschwerden der Laien in K irnten über wirklich 
oder vermeinte Uebergriffe des dortigen Clerus. 



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135 

Damit wur ein weiterer Einblick in die Sache gewonnen. 
Noch aher fehlten alle Materialien, um den weiteren Verlauf der 
Verhandlungen kennen zu lernen. In Linz hat sich hierüber 
niehtis gefunden, und die Andeutungen, die mir im niederöster- 
reichischen »Statthalterciarchiv Uber die betreffenden Befunde 
des crzbiscliöflithen Archivs in Salzbui^ gemacht wurden, 
lauteten betrübend genug. Dr. Starzer theilte mir mit, schon 
vor Jahren daselbst nachgefragt und die Antwort erhalten zu 
haben, dass sieh im Archiv in Salzburg hierüber nichts tinde. 

Zum Glück hat sich, wenn auch nicht das ganze, so doch 
jenes Material, auf welches es nunmehr noch ankam, im Archive 
des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht vorgefunden. 
Es ist ein starker Fascikel ,8alzburgische Synodalhandlung 
underschidliche Bericht und Guetachten** mit der (modernen) 
Signatur 58 C. Salzburg. Darinnen findet sich: 1. Ein aus 
vier Lagen bestehender kleinerer Fascikel von 64 Blättern, von 
denen die beiden letzten nicht beschrieben sind. Das ist die 
lateinische Fassung der Synodalstatuten. Sie ist vollständiger 
als die im Grazer Laiidesarchiv behüdliche, denn dieser fehlt, 
was sich in dem Wiener Exemplar noch von Fol. 45'' — 52* 
findet: 7 Capitcl mit dem 6chlu8s des Ganzen und der Datierung: 
,Dati> in civitaic nostra SaHsburgensi die Jovis ultima mensis 
Februarii anno a Salvatoris nostri nativitate 1549'. Es mag be- 
merkt werden, dass sich derselbe Fehler auch in der deutschen 
Fassung der iSynodalstatuten findet, wie sie in Graz sich finden. 
Das lateinische, den Grazer Ständen zugesandte Exemplar war 
demnach lückenhaft. 



* Auf dem Titolblatf ist ein Vermerk über deu sachlichen Inhalt: 1. Von 
ElectioD, Postuiaüou, Cootinuatiou« (sie) der Praelaten, 2. Von Visitation 
d« CniMtr und PiiMfeBnehaft und diM die Oidlmrit aUain ihr« geut» 
fielm m vkitl«mi haben, 8. Von Inventur der OeiatUelien düeter, daae 

die allain der kaia. gebur, 4. Von Anlegung geistlicher Contribution, 
6. Von Consensen und Alienierung der geistl. Gileter, 6. Von Hör Juris- 
diotiun in ecc.leaia/ttici» et realibun actionibiis de appellationibus, 7. Do 
appeilationibuH, 8. Vuu Inventur, spürr und Zebent der Priester und 
Pfium O&eter verlaasuugscball und Teetamenfti Ekecntion, 9, De iudi- 
die el finro competonti, 10. De poena eriminaU inzta legea et ordinationea 
civilai, ] 1. Yon Ehehandtlen, wie weit das geistlicb und weltlich Gericht 
jedes pro sna parte darin so handlen, rnnsas iuriBpatronatus et nati- 
vitatis. Idem decimarum. 13. De m trli^'i'Mtia iudicis set^nlaris, 14. De 
legatifl ad pias cauaas, Id. Passaw zu weitt exteudirteu Jurisdiction. 



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136 



Es findet sich dann in dem genannten Fascikel: 
2. Das Mandatum provinoiale, wie es bei Dalham gedruckt 
ist, 12 BlJlttor in Folio. 

!1 Ein Fascikel Gravamina des Clerus. Er besteht aus 
drei La^ren. Die erste enthält: Gravamina per oranes ordines 
eleri proviiioia(^ Saüsburgensis contra seculares in proxima sy- 
nodo provinciali obiata concernontia Austriam et Bavariain; die 
zweite und die dritte: concenn nt i.i Austriam inferiorem et 
comitatum Tyrolensem. Der Iniialt ist auch fUr Baiem der 
gleiche. Zusammen 78 Blatter in Folio. 

4. ,Der n. ö. Regierung u. camer • guetbedunken über der 
gaistlichen, so zu Salzburg in besamblung gewesen, fUrgebrachte 
beschwcrung und statuüi/*46 Blätter in Folio fassend. 

5. Das Outbcdtliiken der oberOsterreichischen Regierung, 
17 Blätter in Folio. 

6. Das OutbedUnken derer Ton Kärnten auf die Statuten, 
29 Blätter in Folio. 

7. Das GutbedOnken auf die Beschwerdeartikely 14 Blätter 
in Folio. 

8. ,Auf ettlich sonder der geistlichen statuta, so nach be- 
schluss voriger handlung fürknmen, derer von Kämim guet- 
bedunken/* 2 Blätter in Folio. 

9. Die Antwort der geistlichen und weltlichen Stände von 
Oberösterrcich auf die Svnodalstatuton, 19 Rlfltter in Folio. 

10. Die Antwort der wcltlielien Stünde von Ob erÖsterreich 
auf die Gravamina der Synode, 12 Blätter in Folio. 

11. Die Beschwerden derselben Stände gegen die Geist- 
lichkeity 4 Blätter in Folio. 

12. Die Instruction Ferdinands I. für seine Gesandten 
nach Salzburg, de dato Prag, 1649, August 24., 21 Blätter in 
Folio. 

13. Die Instruction der bairischen Gesandtschaft nach 
Salsbnig. Ohne Datum. 9 Blätter in Folio. 



Da» ist (He Antwort auf diejemgen Capitel, die im steiennftririaelien 
Exomplar der Synodalgtatuton fehlen (do pnenis, de poenitfntiis et re- 
miaiüoaibus, de seiitetitia excommiiiiicationU, de visitaiioilibuK und de 
^odia). Msn sieht daraiu, das« auch nach Kirnten ursprünglicli ein 
Iflekeahaftes Esemplar der Statuten gesendet worden wer. 



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187 



14. jFQrtrag* des Vertreters des Erzbischofs an die bai- 
rischen und österroichUchon Oesandten Yom 4. September 1549, 
ö BJAtter in Folio. 

15. Entschaldigung des Erzbiaclioft und der ^MitbiflcIiOie' 
^vf den ersten der kgl. commiBsarien Airtrag den 7. September 
übergeben'^ 6 Blätter in Fdio. 

16. Die Antwort darauf, 5 Blätter in Folio. 

17. Originalschreiben Herzog Wilhelms an Kail V. vom 
4. September 1549 über seine Bereitwilligkeit, eine gute christ- 
liche Reformation aufrichten zu helfen. 

In einer anderen Abtheilung des Archivs des Miaisteriums 
für Cultus und Unterricht (58, Gen. C.) fand ich: 18. Das 
Originalschreiben Ferdinands I. an das nioderüstcrrcichischo 
Regiment vom 14. Uctober 1549 mit dem Befehl, dass mit der 
Publicirung der Salzburgischen Synodalmandate Stiiiütaud ge- 
halten werde. 

So vollständig'^ imn auch das Material über die Verhand- 
lungen zwi.sehen Oesterreich und der Synode auch zu sein 
scheint, so fehlt doch noch manches Stück , das wichtitrc 
Aufschlüsse gewähren konnte, "^^an eiitmiiiint z. B. aus 
dem Sehreiben Ferdinands, dass f i no( Ii einen eingehenden 
Bericht über die Salzburger Vdrgaugc von seinen Gesandten 
erwartete und dieser mnsstc sich naturgemäss über die Ver- 
handlungen verbreiten, die norh in der Zeit vom 7. September 
bis Mitte October geptiogcn wurden. 

Ich unternahm denn noch weitere Nachforschungen in 
Salzburg. Leider findet sich, wie ich einer dankenswerthen 
Zuschrift der betreflFenden Archivsleitong entnehme, im Archiv 
der dortigen Landesregierung nichts, und von der Archivsver- 
waltung am erzbischöflichen Archiv, an die ich mich trotz der 
in Wien erhaltenen Auskünfte wandte, erfuhr ich zunächst, 
dass nur wenige ,vergilbte' Blätter über diese Synode in Salz- 
burg vorhanden seien, die nicht versandt werden können, da 
sie ,ani ( )rte* h«Hnfig benützt werden, auch ihr Zustand einen 
,mehrfachen l'ransport' nicht vertrage. Ich wandte mich, um 
über den Inhalt des Salzbur^er Materials nähere Auskunft zu 
erhalten, schliesslich an Sc. Hochwürden den Herrn Consistorial- 
ralh und Dircctor des Borromäums, P. Willibald Hauthalcr, 
und erfahr^ dass sich Uber die Synode von 1549 zwei grössere 



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Fascikel Acten im Diöeesanarchiv gefunden hatten, deren Ein- 
sichtnahme geboten sei. Es war iii der Th;U so, wie die Durch- 
sieht der Acten, die ich dank der gütigen lOrlaabaiss 8r. Emi- 
nenz des Herrn Cardinais und Erzbiscliofs von Salzburg Dr. J. 
HaUcr iiii Aiiliivc selbst vornahm, crgul). Der eine Fascikel 
enthielt nun freiheh zumeist nur Formahcn über die Februar- 
synode 1549, das Ccremonielj Verzeichniss der Mitgheder 
u. s. w., dagegen enthielt der zweite die Verhandlungen aus 
dem September und October und gewährte namentlich einen 
genauen Einblick Uber deren einzelne Phasen bis zu ihrem 
Scheitern, Das Material ist somit bis auf wenige Lücken ge- 
schlossen; diese Lücken betreffen das Gutachten der Stände 
von Niederösterreich Uber die Statuten und Gravamina der Sy- 
node. Dft M rieh aber mit dem der Oberösterreicher einer- 
seits» mit dem der niederösterreichischen Regierung anderseits 
decken durfte, so ist die noch rorhandene Ltlcke nicht tmi 
Belang. 

Die unten folgende Darstellung gibt eine Uebmcht tlher 
die Genesis und den Verlauf der Synode, theilt den Inhalt 
der Sjmodalstatuten und Gravamina der Geutlichkeit mit» ihre 
Aufnahme in den nieder^ und oberOeterreiohischen Lttndem 
(Oesterreieh unter und ob der Enns» Steiermark, Kärnten [Krain 
und G0n]y Tirol und Vorlande), und erOrtert die damit in Zu- 
sammenhang stehenden Verhandlungen im Sommer und Herbst 
des Jahres 1549. Ans den Einwendungen, welche die Land- 
schaften gegen die Statuten nnd Beschwerden der Synode 
machen, wird erriohtlich, dass und inwieweit die niederiSster- 
reiehischen Länder auf protestantischer Basis stehen. 

Von den ActenstUcken wurden nur jene mitgetheilt, die 
eine ganz besondere Wichtigkeit haben; der Inhalt der anderen 
wurde in die Darstellnngy hie und da in wörtlicher Anführung, 
verwoben. Die Darstellung jener Partien, Uber welche die 
Acten mitgetheilt werden, konnte in Folge dessen knapper ge- 
halten werden. 

Zum Schlüsse wiU ich nicht unterlassen all denen, welche 
diese mtthsame Arbeit gefördert haben, meinen Dank aussu- 
sprechen: in erster Linie Sr. EzceUenz dem Herrn Minister fUr 
Coltus und Unterricht, Dr. Paul Freiherm von Gautsch, Sr. Emi- 
nenz dem Herrn CSardinal und Erzbischof von Salzburg, dem 
Herrn Sectionschef Dr. W. R. v. Härtel, dem Herrn Hofrath 



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139 



Dr. II. R. V. Zeissbei^, und den Archivsverwaltangen im k. k. 
Unterrichtsministerium, dem Salzburger Diöcesanarcbiv, dem 
niederösterreichischen Landesarehiv, Herrn Director W. Haa- 
thaler und nicht zuletzt und Yornehmlieh auch dem stdermär 
kischen Landesarchiy und der hiBtortschen LandeBcommisrion 
für Steiemuurk. 

Gras, im October 1897. ^ 

J. Loserth. 



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1. Ble Sftlsbniger . ProTlnsUlsynode Ton 1549 und der 

Zweck ihrer Bemfimg. 

Am 15. Mai 1648, Nachmittags um 3 Uhr, war jener denk- 
würdige Augenblick, da Karl V. ala Ergebniss lange dauernder 
Berathungen und Verhandlungen das Interim verkündigte und 
dessen nnverwciltc Annahme begehrte.^ Der Widerspruch, den 
es auf beiden Seiten, auf der katholischen ebensogut wie auch 
auf der protestantischen, erfuhr, ist ofi genug geschildert worden. 
Hier genügt es, den Antheil hervorzuheben, den Karls Bruder, 
Köni^; Ferdinand I.,^ an dem Werke hatte. Ihm schien nun 
der rechte Augenblick gekommen zu sein, allen jenen Wünschen 
und Forderungen begegnen zu können, die er nunmehr fast auf 
jedem Landtage in allen seinen Erbländern zu vernehmen be- 
kam, und auf cV\c or bisher immer mit Vertröstim^en, die mit- 
unter einer Ablehnung gloiehsahcn, «reantwortet hatte. Seit dem 
gros.sen ,Fussfi\ll' auf dem IJarbara-LaiKltiig zu Prag 1542, da 
die nicdcröstciTeichischcu Stünde ,mit gebogenen Knieen' und 
um der Ehre Gottes willen baten, dass die freie Predigt des 
reinen und lauteren Wortes Gottes gestattet und das heil. 8a- 
crament unter beiden (gestalten empfangen werden dürfe, ^ war 
kein Jahr mehr vergangen, ohne dass die glciehcn oder ähn- 
lichen Wünsche das Ohr des Königs getroffen hätten. Immer 

' Le Plat> Montimentorum ad hmiomm concilii Tridentini . . . illastrandam 
ampl. Coli. IV, S. 32— 6'.^. Eine treffliche Würdigung der Sachlage findet 
aieli aehon bei Wesaenberg, Die grooen KiidieiiverMmmliuigen dea 
IB. und 1«. JaJvliniiderti, III, 8. 874-^889, und L. t. Bank«, Simmilieha 

Werke V, S. '25—38. Jet/.t vor Allem G. Wolf, Das Augsbnrger Interim, 
Do>it«< ),e Zeitaehrift Ittr Gesohlchtawumsdiaft» Neue Folge II, S. S9 

bis 88. 

* Heber den Aatheil Ferdinands s. uamouiiicii M. J. Schmidt, Neuere Qe- 
sehielito der Denliohen I, 8. 184; Bnddiols, GeBcbiehte Ferdiiianda I.» 
IX, 8. 407; Itonke, Werke V, 8. 86->87 und K. A. Hemel, Neneve Qe- 
schichto der Deutschen UJ, 8. 819 ff. 

* Steiermlikiachea LandeaaiehiT, Landtagaacten Iö4i/48. 



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141 



aber hatte er die Landschaften auf das Coneil vertröstet. Noch 
dai Jahr xavor hatte die steirische Landschaft ihn inständigst 
gebetmi; mit anderen Potentaten dahin «a, wirken, dass die 
strittigen Saehen, welche die Religion betrafen, ▼erglichen 
werden nnd tangliche Prttdicanten ins Land gehtssen werden 
mX^ebten.^ 

Die Bestimmungen des Interims sollten nun fireiUch| was 
die Protestanten mit Befremden bemerkten, nur sie selbst, 
nicht auch die Katholiken betreffen. Hätten sie für beide Par- 
teien gegolten,^ so hätte in diesem Augenblicke vielleicht noch 
dem weiteren Umsichgreifen der protestantischen Bewegung 
£inhalt geboten werden können. Vielleicht — denn schon 
stehen, wie wir aus den in Steiermark und Kärnten eben im 
Hinblick auf das Interim verfassten Schrifien entnehmen, die 
Wortführer der nruon Richtung auf einem um Vieles vorge- 
schritteneren Standpunkt als es jener ist, der durch die Bestim- 
mungen des Interims gekennzeichnet ist. Dem Herren* und 
Bitterstande konnten diese nicht mehr gefallen. Aber wenn sie 
nur weni^rstens auch ihnen gegolten hätten. Ihnen war eine 
andere Reformation zugedacht. Um die Protestanten sn ttber- 
sengen,* dass es ihm in Wahrheit nm die Verbesserung der 
Kirche zu thun sei, liess Karl am 14. Juni nach der Bekannt- 
machnng des Interims eine für die Katholiken geltende Refor- 
mationsordnung verkünden, die in 22 Capiteln von der Wahl 
nnd Ordination der Geistlichen, den Pflichten der kirchlichen 
Orden, der Domherren nnd Dechanten, von den canonischen 
Stunden, von Klöstern und Schulen, von Spitttlem, von den 
Pflichten der Prediger, der Administration der Sacramente, den 
kirchlichen Ceremonien, der Zucht des Clerus nnd Volkes, der 
Mehrheit der Beneficien, yon Visitationen, Synoden nnd vom 
Banne handelte.^ 

* Dm Schriltetitek (ebanda) hat swar kain Datum, geliSit aber doch wahr- 
•elMintieb in du Jahr 1547. 

* Wm wohl urfiprünjylich beabaiditigt war, wie von G. Wolf, Da.s Aug«- 
btirgpr Interim, S. 84 — 88, g-cpen Matiretibredier, DnitTol ii. A. wahr- 
scheinlich gemacht wird. Wolf widerleg-t auch die Ansii'ht, das« die 
evaugeliaoben Stände bis zuietsst da« Interim Dir ein allgemeines 
ltaidm«Mta gdialtsii Utttoa. 

' Sehmidt, S. JtmMn, Dwtiefa« 0«Mhiehte III» B, 619. 

* Caroli V, Formula raibrmationia eccleaiaaticae bei Le Plat IV, S. 73—101. 
Andere AbdrQeke vemlchitet Zavner, Chronik vim Salaburg V, 8. 268. 



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142 



i Ueber diese verschiedenen Materien, sagt Sarpi,* enthielt 

die Verordnung 130 Vorsrliriften, so gcreclit und billig abge- 
fasst, dass man ohne Furcht vor Widerspruch behaupten darf, 
es sei niemals früher ein so genaue?, unparteiisches, von Zwei- 
deutigkeiten, die den Unvorsichtigen berücken sollen, so weit 
entferntes Kefornintioiisformular erschienen. Wir führen das 
Urthcil Sarpi's hierüber deswegen an, weil eben dtos For- 
mular im Wesentlichen den Statuten der »Saizburger 
Synode zu Orundc liet^t: man entrmiiint daraus, dass sich diese 
an gute Vorbilder hielt. Öarpi meint, wäre diese Reformation 
nur von Prälaten gefertigt gewesen, so würde sie wahrschein- 
lich in Rom gefallen haben, zwei Stellen etwa ausgeiminnK n ; 
da, wo sie die AntoritMt dtv- ßnsler Concils anerkennt, und wo 
sie von den Excmpiionen und anderen päpstlichen Reserva- 
tionen spricht; da sie aber auf kaiserlichen Befehl gefertigt war, 
hasste man sie nocli mehr als das Interim bellisf, denn man 
hielt bei der (^urie die Maxime unerschütterlich fest, nicht zu 
dulden, dass ein Weltlicher, wees Standes er auch immer sein 
möge, den Geistlichen Gesetze vorschreibe, uud geschehe es 
auch in der besten Absicht. So urthcilt denn begreiflicher 
Weise auch Pailavicini von seinem Standpunkte aus, dass dieser 
Entwurf einer Kirchenverbesserung als ein todtgeborenes Kind 
bezeichnet werden muss; er irrt freilich darin, wenn er meint, 
dass der Entwurf nie zur Ausübung e:« iann^t sei.* Eben die 
jMandate*, die 1549 in Salzburg verkündet wurden, gehen ja 
auf diese Reformation Karls V. zurück. In Rom konnten sich 
allerdings Prälaten dahin äussern, dass der Kaiser auch dann 
nicht zu entschuldigen wäre, wenn er selbst nichts Anderes als 
das reine Evangelium verkündigt hätte. Es ward ja zugegeben, 
dass alle die Anordnungen, 'die hier über die Wahl der Kirchen- 
diener, über Zucht und Sitte u. s. w. getroffen waren, durch- 
aus nützlich seien, aber das Recht, eben solche Anordnungen 
zu treffen, konnte man dem Kaiser nicht zugestehen.* Noch 
weniger konnte es in Rom gefallen, dass er am 9. Juli ein Man- 
dat erliess, wonach zum Zwecke der Durchführung des Refor- 
mationsformuiars unverzüglich Bistliums- und Proviuziaisynoden 



» in, 8. 4. 

• XI, 8. 1. Ueber dxs Formular s, aiu-li Wessenherp, 8. 280. 

* JaoMeo, Ge&chichte den iletitiH^lien Vulke« Iii, 8. 61i>. 



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148 



gfl]i«lten werden aoSten.^ Er erwartete, daee die KBchltfe in 
ilirem Wsr nicbt erkalten wflrden. Sie würden das Blieen 
Mshmieden, so lange es noeh beiss sei. Wenn die BisUnuns- 
synoden an Martim begftniisn, konnten die Provinaiabynoden 
noch vor den Fasten des nttehsten Jahres erledigt sein. 

In diesem Sinne worden nnn in der That an mehreren 
Orten DentscUands Phtvinaial« und DiOcesansynoden gehalten. 
Hier setzt nun auch die Salzbnrger Synode ein. 

Erzbiöchof Ernst berieth hierüber mit dem Cardinal Otto 
Truchsess von Augsburg und sprach diesem gegenüber die Ab- 
sicht aus,* zunächst in jeder Diöcese eine Synode zu halten 
und daselbst den Reformationsplan des Kaisera vortragen zu 
lassen. Auf den einzelnen Synoden sollte dann ibcr die Lehre 
und das Lebeü der ücistlichkoit verhandrlt und Uber die Er- 
gebnisse dieser Berathungen nach Salzburg berichtet werden. 
Diese einzelnen Ergebnisse sollten den Berathunc^en der Pro- 
vinzialsynode zu Grunde gelegt werden. Um das Vorgeben 
des Krzbischofs von Salzburg und der Synode richtig zu wür- 
digen, ist es uUerduigs nothwcndig, auf die Ilultuni^ hinzu- 
weisen, welche die streng katholische Partei unter der Führung 
Baierns, beziehungsweise des Kanzlers Leonhard von Eck, den 
Absichten des Kaisers gegenüber einnahm.^ In dieser Partei 
nahm Salzburg eine wichtige Stellung ein. Indem Karl V. den 
Protestanten zu Liebe auf Vieles Verzicht leistete, was die 
strenge kirchliche Partei als ihr gutes altes Recht zu resti- 
tuiren und diese Absicht auf der Synode durchzusetzen hoffte, 
Ferdinand L aber so wenig als möglich von der Linie seines 
Bruders abweichen wollte, mussten sich nothwendiger Weise 
Differenaen eigeben, die schwer zu begleichen waren und auf 
der Synode auch zur Geltnng kamen. 

Die Salzburger Diöcesansynode versammelte sich an dem 
in dem Mandate Karls V. festgestellten Termin, am 13. No- 
vember 1548. Sie wurde Namens des 1 .i /liischofs mit einer 
Rede eröffnet, die auf das Keformatiousiormalar Karls V. und 



* IfsndAtam Caroli de habendis sjruodu dioecesams et provincialibui ap. 
läb Fiat lY, 8. 168^164. 

* i64»i Septambw SO. A. ZaniMf'a Chmidk vod Sthlmfff V, S. M9; Oal- 
ham, 8. 8S4. 

* S. hifltitber allM Nihera bei Wolf, a. «. O., & t»^19. 



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144 



die Notbwendigkeit, es auch in der Sakburger Diöcese einssu- 
lUhren, hinwies. Das Formular wurde demgemäss verlesen, 
von den anwesenden Prälaten und Pfarrern berathen und die 
Ergebnisse der Berathung in 85 Artikeln zusammengefasst: die 
einzelnen Kirchen der ganzen Diöcese sollten darnach einer 
Besichtigung unterzogen werden, in den einzelnen Archidiako- 
naten Synoden gehalten, das Leben des Clerus und des Volkes 
geprüft und über die Resultate des Ganzen Berichte an den 
Krzbischof eingesandt werden. In solcher Weise sollten für 
das Provinzialconcil die wiclitigsten Vorarbeiten gemacht wer- 
den. Ein grosses Gewicht ward darauf gelegt, dass die Re- 
forniationsdccrcte des Kaisers allenthalben im Lande bekannt 
gemacht würden. An dem in der Kirche gebräuehHchen Cultus 
sollten diesen gemäss keine Aenderungen vorgenommen werden. 
Die Krzpriester wurden ermahnt, ein besonderes Augenmerk 
dem sittlichen Verhalten des Clerus zuzuwenden und vornehm- 
lich darauf zu achten^ dass der niedere Clerus sich des Wirts- 
haushesuches, des Saufens, Tanzens und Spiolcns und des Con- 
cubiiiates enthalte. Er sollte nach alter gtiter Sitte ehr))ar und 
fromm und mit dem PfaiTer unter einem Dache leben. Jene 
Erzpriester, die ihren Pflichten nicht nachkommen würden, 
trafen strenge Strafen. Ueber die übrigen Oleriker, die zu 
Klagen Anlass boten, sollten nicht Geld-, sondern Kerkerstrafen 
verhängt werden, lieber alle diese Punkte wurde ein Synodal- 
recess errichtet* und im Namen des Prälatenstnndes von dem 
Dompropst Eberliard zu Salzburg und dem Abt Aegidius von 
St. Peter, im Namen der übrigen Geistlichkeit von Dr. Georg 
Vischel, Propst zu Friesach, und dem Pfarrer von Teisendorf, 
Christoph Diether, unterzeichnet.* 

Solche Synoden wurden noch kurz vor der Eröffnung der 
Provinzialsynoden in den übrigen Diocesen der Salzburger Pro- 
vinz abgehalten und hierüber nach Salzburg berichtet. So zeigte 
Seckau an, dass der PropsL von vSeckau ohne des Bischofs Voi - 
wissen als Erzpriester die Synode gehalten habe; ,er meine 
dessen Fug zu haben*.' Freising überantwortete seine Statuten, 
wie am 5. Jänner 1549 in Salzburg gemeldet wurde, Regeos- 



* Zanner, Cliroiiik Ton SaUburg^ I, 8. 871. 

* Dalham, 8. 325. 

* DiOceMoarcbiT Salsbiuig;, Synode 1549, Actam &. Jänner, Fa«c. L 



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145 



biiig werde sie beute oder morgen aberantworten, Brtxen dem- 
nttehst berichteD, und der Passauer Oesuidte habe die Synodal- 
stataten Ubergeben. Es gelang aaf diese Weise, einen Tollen 
Einblick in die kircblichen ScbJ&den an gewinnen.^ Die ers- 
btschüflichen Räthe begannen dann im Jänner 1549, das ge- 
sammte Material ssosammenansteUen. Die Synode war für den 
11. Februar berufen.' Scbon am 5. JOnner fand eine Be- 
rathnng statt In der nttebsten Zeit liefen die Entschuldigungen 
jener gcistticben Wttrdentrilger ein, die w^en Krankheit nicht 
erscheinen konnten, wie die Prälaten von St. Paul, Ossiach n. A. 

Die Ankunft aller zur Provinz gehöreiKkn Ijiächüli; war 
nicht sicher. In der geiianutcn Bcrathung hiess es: Sollte der 
Erzbischof persönlich priisidiren, so wUrden auch Re^renshui j; 
mit 18, Passau mit 32 Pferden kommen. Man bitte um Aus- 
kunft wegen der Bequartirung. ' In eigener Person fanden sich 
ein: Georg von ruppcaheim, Bischof von Kegensburg, Wolf- 
gang von Salm, Bischof von Passau, Hieronymus Mcittinger, 
Bischof von Chiemsee, Johann vuii Mallenthein, Bischof von 
8eekau, und Philipp Renner, Bischof von Lavant. Durch (Je- 
sandte waren vertreten die Bischöfe von Freising, Brixen (und 
Trient) und Gurk. Ausserdem erschienen die Pröpste und 
Prälaten, Erzpriester und Decane, Gesandte der Capitel, der 
erzbischöflichen und bischöflichen Kirchen u. s. w.* 

Im Namen des Doraeapitels zu Kegensburg erschien Lau- 
rentius Hochwart, Dr. der Hechte und Domherr zu Kegens- 
burg und Passau ; das Domcapitel von Pas>,an vi i lrat dt r nadi 
maiige Erzbischof von Salzburg Michael von Kliuenl)uri;. das 
Capitel zu Irk in der Brixner Diöcese der bekannte Johann 
Sebastian Pfauser, später llufjuediger Maximilians IL, die 
Prälaten der Freisinger Diöcese wurilen durch den A])t Bene- 
dict von Roth, die übrige Geistlichkeit daselbst durch Michael 

^ Ut iu noticiaiu deföctuuni, qui in iioätri.s essent dioecesibiLs, (jet-veDiremu.*^. 

* Zauner V, S. 272, ueuut dou 18., der ErzbUchuf iu der Eauleitung zu 
dm Stalnten den 11. 

* Salstnuger IK8e«HUiiurchiT. 

* Ebenda. Nomina omninm comparentiuin. Vermerkt, in was TTerbergcn 
di»' Gc^.nndton »eieu, die locatio der Rrsdiipnenon «»tc. S. das Verzeieb- 
niü5 der Tbeilnebmer bei Hund, Metropolis Salinb. 1, S. Hü ff. uud daraus 
bei Dalbam, Concilia Salisb., S. 341 — 344. auch Hansiz, Germ. Sacra 
n, 8. 615, and Zanner 8. 879 -278. 

AlvhfT. LXXXV. B4. L Bülte. 10 



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146 



Grasser und Wolfgang Traikel Tertreten. Ein AiisschuBS Ton 
gelehrten geistlichen R&then, wohl tür die Behandlung der 
kirchenrechtlichen Fragen^ bestand aus zehn Personen; unter 
ihnen ist der Magister Johannes Mann, Vorstand der Rnpertus- 
schule, zu nennen. Zur Feststellung der einzelnen Beschwerde- 
punkte ward ein Ausschnss von 17 Mitgliedern eingesetzt; es 
waren Wilhelm von Trauttmansdorff, der Abt von Admont, der 
Official der Passauer Kirche ibrhard Hneber, der Abt von Vic- 
tring, der Abt von Weltenburg, die Pröpste von Bamberg, 
Pölling und Ncnstifty dann die Herren Silvester Peek, Jörg 
Schreindl, Bernhard Schwarz, Johann Fein, Peter Seebacher, 
Sigmund Holzer, Ffaaser, Peter Braumaister und Michael Zerrer. 
Als Syndicus waltete Georg Schwindel, unter den drei Promo- 
toren erscheint Laurentius Hochwart, daneben functionirten Re- 
ferendare und fllr die drei Unteraurachüsse zur Feststellung und 
Formulirung der Oravamina je ein Notar. ^ Dann wurden die 
Formalitäten für die Verhandlungen und das Ceremoniel bis 
in die einzehien Punkte festgestellt.' Die Synode wurde mit 
einem feierlichen Gottesdienste eröffnet; dann wurden die Ver- 
handlungen unverzüglich in Angriff genommen. 

Die Eröffnungsrede betont den Verfall der Kirchenzucht; 
nur das Provizialconcfl könne Abhilfe schaffisn. Die einzelnen 
Gebrechen im Leben und Wandel des Clerus werden mit rück- 
haltloser Offenheit aufgezählt. Dann ging man auf die Refor- 
mationsformel Karls V. ein. Die meisten meinten, sie bezöge 
sich nur auf die Protestanten. In Betreff des Verbotes des 
Concubinates gab sich ein Widerstreit des niederen Clerus kund. 
Es handelte sich um die Priesterehe, die ja in vielen Theflen 
der Salzburger Kirchenprovinz eine allgemeine war. Man meinte, 
es wäre angezeigt, die Sache ruhen zu lassen, bis das Concil 
die Entscheidung getroffen hätte, aber die Synode ging über 
solche Wünsche zur Tagesordnung über, und das hierüber ver^ 
fasste Schreiben wurde nicht einmal in öffentlicher Siteung ver^ 
lesen. 

Es war eine glänzende Versammlung, die sich in Salz* 
bürg zttsammenfond. Die benachbarten Fürsten Oesterreichs 
und Baiems hegten den Wunsch, dass man dem Formular 



> DiOcesanarcliiT Salsburg. 

* Locfttio ingrewtts «d ehoram «tc. 



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147 ' 



Kark V. entsprechend vorent die Reform des Cleros und so- 
dann eine allgemeine Visitation vornehme und sich so wenig 
als mOglioh von dem kaiserlichen Beformationsentwurf entferne, 
da hierin alles Zweckdienliche enthalten sei. Dagegen setste 
der Glems nicht hlos eigene Statuten fest, in denen die Refor* 
mationsartikel aUerdinga einen hieiten Raum einnahmeni son- 
dern erhob auch Klage Uber die Verletzung der der Kirche 
gewährleisteten Privilegien. Der Ausschuss, der die Ghwyaniina 
^tstellte, ging hiebei sehr gründlich zu Werke; die einzelnen 
Punkte wurden durch Belege erhärtet* Drei Sendungen der 
Gravamina gingen ab: die eine, Oesterreich und Tirol hetreffsnd, 
an Ferdinand die andere, Baiem betreffend, an Wilhelm von 
Baiem, und die dritte, welche beide Länder einbezog, an den 
Kaiser. • Die Uebersendung der Beschwerden erfolgte ^t im 
Laufe des April. Schon während der Berathung dflrfte es 
zwischen den Gesandten der benachbarten Fttrsten und den 
Wortfohiem der Geistlichkeit zu lebhaften Auseinandersetzungen 
gekommen sein.^ 

Die Statuten und Ghravamina der Geistlichkeit entsprechen 
durchaus den canonischen Satzungen, aber unter ihnen waren 
doch viele Satzungen, die von den weltlichen, auch den katiio- 
lischen Behörden dieser Zeit nicht mehr berücksichtigt wurden, 
zum Theil, wie die Besteuerung der Geistlichkeit in InnerOster^ 
reich, auch nicht mehr berücksichtigt werden konnten. Indem 
man nun nicht blos die einzelnen Artikel der Gravamina festr 
steUte, sondern, um diese auch ftlr die Zukunft zu verhüten, 
die Statuten mit entsprechenden Bestimmungen anftülte, in 
denen den landesftbrstlichen Gewalten ernst ins Gewissen ge- 
redet und nicht wenige landeaf. Rechte von der Geistlichkeit 
reclamirt wurden, musste es zu einem Conflicte zwischen dem 
geistlichen Ordinariat und den landesflirstlichen Gewalten 
kommen, aus dem man dann doch wieder einen Ausweg 
suchte. 

Am 25. Februar waren die Gravamina durch die hiezu 
bestellte Commission festgesetzt worden.^ Sie umuittolbar ab- 

* Dalham nach dem Manui^cripte deü erzbiscüöflicben Hiatoriograplieii Jo- 
hann Gaspar, ConctUa Saliub., S. 328. 

* SAlsbnrger DiSooMuiarcblT. Qn^amina cleri Salisb. contra secularei per 
18 dondnM deputatos comportata. 1549« FoL tt. 

10» 



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148 



* 



zusenden, waren die ZeitumsUiiulc nicht geeignet. Wiewohl 
wir, schreibt der Metropolit ah die Bischüfe von R^ensborg^ 
FreiBingf Passati, Gark, ChioDBec, Seckau und Lavant, geneigt 
gewesen waren, die Statuten dem König und dann auch an 
ßaiern zu schicken and zu dem Zwecke au handeln, wie uns 
der Absehied der jüngsten Synode auftrügt, so dass der ,fUr- 
genommene Convent auf Sonntag Quasimodo stattfinden soU^, 
wollen wir, weil wir versichert sind, dass Ferdinand dermalen 
mit wichtigen Gescliäften beladen sei und nichts Fruchtbarea 
zur Abhilfe der Benchwerden geschehen konnte, die Statuten, 
sobald es thunltch ist, dem Könige senden und Euch hievon 
▼erstKndigen. Doch es ist Zeit, den Inhalt der Statuten selbst 
kennen au lernen. 



S. Der Inhalt der PrOYlnKlalstaiDteii. 

Seinen Provinsialstatuten schickt Krzbischof Ernst eine 
lilngere Einleitung voraus, ' in welcher er die kirchlichen Wirren 
der Zeit lebliaft beklagt. Alle Versuche, sie bei/ule^'on, seien 
bisher fehlgeschlagen. Statt einer Vergleichang der Zwietracht 
in den kirchlichen Dingen, einer Reformation im Leben und 
Wandel, sei nur ein noch hitzigerer Sli*eit eingefallen. Mit 
Huhm und Anerkennung wird des Keformationsentwurfes 
Karls V. aus dem Vorjahre gedacht und nur das eine daran 
getadelt, ,dass den geistlichen Obrigkeiten hierin die ThUr nicht 
eröffnet gewesen, ihnen auch keine Gelegenheit gegeben war, 
sich ihres Amtes zu bedienend Der Kaiser habe den geist* 
liehen Ordinarien indess Richtschnur und Form gegeben, «ne 
ordentlielie geistliche Beformation vorzunehmen. Allerdings 
habe Papst Paul HE. vor, demnächst das GeneraLconcilium ein- 
zuberufen, wo zweifelsohne von der allgemeinen christlichen 
Reformation gehandelt werden würde: da aber einerseits ,die 
Vollendung dieses Concils jetzo in Ruhe steht' und allerlei 
Zwist eingefallen ist, weshalb die Abhaltung des Concils ge- 
lündort werden möchte, anderseits die Vornahme der Refor- 
mation immer nothwendiger wird, so habe er nicht gezöger^ 
das Provinzialconcil fUr den 11. Februar einzuberufen. Dieses 

* UjilluMD, Concilia SalUb., 8. 328— 3». 



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149 



habe eine Reformation snsammengestellt, die in Kraft ste- 
hen soll, bis das aUgemeine Concii seine Ordnung getroffen 
haben wird. 

Die Statuten fassen &5 Titel. ^ Das ganze kircUiche Wesen, 
Lehre und Leben der Oeistüchkeit vom Obersten bis ^um 
Niedrigsten, sowie die Besiehungen zur weltfichen Gewalt und 
den Laien überhaupt werden in Rechnung gezogen. Die Re- 
formation des Clems steht ttberaU im Vordergrund und wird 
mit nachdmcksTollem Emst begehrt Auch werden Mittel vor- 
gelegt, die unzweifelhaft zweckentsprechend waren. Wären sie 
ein Jahrzehnt früher zur Anwendung gekommen, sie hätten 
dem Umsichgreifen des Protestantiamus Halt geboten: jetzt aber 
stand dieser schon gefestigt da und hat einen kräftigen Wortführer 
gefunden — den Herren- und Ritterstand. Ihm konnte die von 
der oberstell kirchlichen Gewalt in InnerOsteireich ausgehende 
Reformation, die ja selbst vom Laienkelch und der Aufhebung 
des Gölibats kaum noch etwas wissen wollte, nimmermehr ge> 
nägen. Gleich im Anfang betonen die Statuten den katholischen 
Standpunkt aufs Schärfste: in der Berufung (Artikel 1) auf das 
GUubensbekenntniss, ,wie es Christus gepredigt, die Apostel 
▼erbreitet, die Väter probirt und die Concilien bestätigt'; sie 
fassen sich, um kein Ifissverständniss aufkommen zu lassen, 
auch negativ, indem sie sagen, nichts zu glauben, was die ka- 
tholische Kirche verwirft. Sie ziehen gleich im ersten Artikel 
das alte Gesetz ,Marcian] Augusti" hervor; darnach dttrfe kein 
Unterthan, wessen Standes er auch sei, irgendwo, mit Ausnahme 
etwa der Im Erzbisthnm errichteten hohen Schulen und mit 
Bewilligung der geistlichen Obrigkeit, Öffentlich oder privat, 
das Volk ttber Glaubenssachen belehren oder hierüber dispu- 
tiren. Damit ist den protestantischen Prädicanten das Thor 
versperrt; aber auch den Laien ist untersag^ heimliche Ver* 
Sammlungen abzuhalten oder sich das Predigtamt an solchen 



1 Oder -18; mau weiss (h. oben B. 135 und 136 der Einl.), dass nach Kärnten 
und Steiermark «avoUitlndige Exemplare der SUtaten geeuidt wurden. 
Die fehlendeii sieben wurden denn eiginat 

> S, Corpns iurie eiTilis, Cod. Hb. I, lit I, De snmma trinitete 4t Nemo 
elericne vel militani vel alterina enimlibek conditionis de'fide Christian* 

publice tnrbis coadnnatis et andientibus tractare eonttliir in poeteram» 
«z hoc tomaltna et perfidiae oocanoneoi reqoirew . . . 



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150 



Orten anzumassen. Es ist damit der Wirksamkeit der Prädi> 
canten in Schlössern und BUrgerhäuseriiy ,in den Gebii^n und 
Winkeln^ ein Endo gesetzt. 

Die von der Synode erlassenen Statuten sollen (Artikel 2) 
wie die früher ei*flossenen unverbrüchlich gehalten werden. Sie 
sind in der erzbischöflichen Kirche und in allen Stiften der 
Erzdiöcese aufzubewahren. Copien hieven sind in den KliJstem 
und Pfarren su hinterlegen, damit aich alle genau darnach 
halten kOnnen. 

Da in den apostolischen Schriften viele alten Gebräuche der 
Kirche nicht enthalten sind, auch in den Sitesten Conoifien hievon 
nicht die Rede ist^ man aber daftbr hftlt, dass sie schon von 
den Aposteln gelehrt und im Laufe der Zeiten Gesetzeskraft 
erlangt haben, und da in diesen Tagen solche Gewohnheiten 
von Vielen schlecht geachtet werden, geht (Artikel 3) der 
strengste Befehl dahin, alle diese Gebräuche, die sich auf Feier- 
und Fasttage, auf Segnungen und Gebete, Kirchfidirten und 
Gedächtnisstage der Heiligen, auf Gesänge und Passionsspiele, 
die alle zu geordneten Tagen und Zeiten gehalten werden, auch 
in Zukunft beizubehalten: ,aber in der Gestalt, wie wir es von 
unseren Vätern erlernt haben^ 

Was die Wahl der Bischöfe und Prälaten betrifft, wird an 
die Basler Decrete erinnert Da es nunmehr nicht selten vor- 
kommt, dass ein Kloster die zur Vornahme der Wahl noth- 
wendige Anzahl von ConventsbrUdem nicht besitzt, so wird die 
Wahl im Beisein eines oder zweier Ptälaten desselben Ordens 
vorzunehmen sein, das Kloster also auch durch ,den Weg eines 
schlechten Urtcls oder Compromisses' versehen werden können 
(Artikel 4), Die Anwesenheit der Laien bei der Wahl, wo- 
durch diese beeinflusst werden kann, wird schon in den Basler 
Decreten verboten. Die Fürsten mögen die volle WahUreiheit 
verbürgen. 

Die Bestätigung der ^\'ahlen (Artikel 5) soll nicht unter 
Schau L'cpränge und Spectakelstückcn, sondern ernst und ^^u- 
mcsseii vor »ich gehen und erst nachdem die Wahlacteu und 
die Würdigkeit des Gewühlten genau untersucht seien. 

Da zwischen dem geistlichen Hirten und seinem ^^tifte eine 
geistige Heirat geschlossen ist, sollen ( Artikel Resignationen 
im Allgemeinen nicht zulässig sein und dürfen überhaupt nicht 



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151 



ohne sorgsamste Prüfung dureli den Ordinarius und ohne die 
Sicherheit, dass zwischen dem Abtretenden und neu zu Wäh- 
lenden kein Pact geseiilossen wurde, erfolgen. 

Ausserurdentlicl» genau wird dargelegt, welche Eignungen 
ein Priester haben muss (Artikel 7). Die Weihe erfolgt unter 
Ausschluss einer Mitwirkung der Laien durch die vom Ordi- 
Darius bestellten Oberen. Ein Examen geht voraus. Es be- 
trifft iüut" Punkte: den freien Willen des zu Weihenden, seinen 
rechten Glauben, seine Sitten, sein Alter und seine Geschiek 
lichkeit. Eltern, die ihre Khidcr dem «jeistlichen Stande zu 
widmen die Absicht haben, möchten deren Erziehung in diesem 
Sinne leiten. Der Priester soll ehelicher Geburt sein und Zeug- 
nisse rechten Wundelö vorleg-en. 

Die Bischöfe werden ihr Amt im Sinne der alten Kirelien- 
verordnun^-eii in eigener Person verwalten { Artikel 8). Köiineu 
sie das nicht, so werden sie, oImk; aber die Glftubigcn zu be- 
lasten, Stellvertreter verurdn« !!. Ist der Bischof verhindert, sein 
Amt als Prediger zu versehen, so hat er hiezu taugliche Per- 
sonen aufzunehmen. Die Bischöfe sollen ihre Mitbiseln'ife und 
nicht blos die Laien, sondern auch jene Priester überwachen, 
die keine Seelsorge haben. In Salzburg, Freising, Regcusburg, 
Passau und Brixen und in den reichen Stiften dieser Diöcesen 
ist je ein gelehrter Theologe zu unterhalten, der ^ia Priester 
täglich eine Stunde mindestens in der heil. Schrift unterweist 
und auch vornehnüich in jenen Dingen, die eines jeden Amt 
betreffen. Auch in den ärmeren Stiften soll den Chorherren 
und Priestern eine Zeit bestimmt werden, die sie mit der Lee- 
türe der Bibel und nicht, wie bisher oft geschehen, in Faulheit 
und mit Schlafen verbringen mögen. 

Decane und Chorherren werden ihr Amt streng im Sinne 
der Basler Decrete versehen (Artikel 9). Wo die Statuten ,zu 
lässig' wären, sind sie zu verbessern. Die Austheilung ,der 
Präsenz' hat nicht in der Kirche zu geschehen. Dompfründen 
sollen nicht an Leute unter 14 Jahren, Pfarren niemandem als 
dem geweihten Pliester verliehen werden. OlBcialc, Erzpriester 
nnd Landdecane dürfen ihr Amt (^Vrtikel 10) nicht miss- 
brauchen. Man wähle hiesn nkjht aUzujunge Leute, son- 
dern ältere guten Wandels, denn ne vertreten das bischöf- 
liche Amt, und ,am Hausgesinde sieht man, wie der Herr ge- 
sinnt ist^ 



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152 



Pfarrer und Vicarc müBSen ,rc8idiren' (Artikel 11). Die 
Erlaubniss, der Pfarre fernzubleiben^ wird nur unter triftigen 
Gründen auf ein Jahr gegeben. Freilich entlohnen die Pfarrer 
meistens ihre Vicare «u schlecht, so dass diese die Pfarrmenge 
durch unbillige Forderungen belastigen, das darf nicht länger 
gedtddet werden: jeder ^car hat gerechten Anspruch ,auf 
seine gebttrliche Nothdurft*. 

Ks ist zu ervvarti'ii, dass die Statuten sich über das Pm- 
digtanit und den Wertli der Predi<:t aiistiihriieli verhroitcn 
(Artikel 12). Die Predi^M-r sollen ,si(dier und i^ewalirsani' han- 
deln, um nicht auf die Linkssoite der Judt n oder auf die Kechts- 
seite der Ketzer zu kommen. Sie diirfeu (iottcs Wort jiicht 
naeh ihren eigenen Köpfen', i^i'dit nach dem Sinne verkünden, 
,dcn sie sell>st' aus der Schrift lesen, sondern nach dem Ver- 
stand, in dem es die Mutter Kirclie ang^enommen und die alten 
Kirchenlelirer, wie Clemens, Dionysius. Cyprian, Ignatius, Augu- 
stinuBj Ambrosius. Gregorins und Hieronymus verkündet haben. 
V(ui neueren L«dirern dürfe man sieh nur auf solche berufen, 
die mit d< r Ket/,erei nicht befleckt sind, auf Eck, Nausea u. A. 
Strengstens wird untersagt, die Schriften Luthcr's, Zwingli's, 
< »t colampadiu»', der Wi(Mlrrt;iufei- oder ,der dasigen Scribenten', 
di<' diesen nachfolgen, zu lesen; diese Schriften sind bei Ver- 
lust dei' PfKinde binnen Monatsfrist an die vorgesetzte Behörde 
auszuHefern. Für die eingelieferten Kcizerbücher wird keine 
Pn(s( hfldigimg gewährt: man musste wissen, dass sie verboten 
seien; wer sie nicht abliefert, ist der Ketzerei verdächtig. Was 
die Predigt betrillt. vernn idc man alles Zanken und Hadern, 
lobe sieh nicht selbst und preise die Werke der Barmherzig- 
keit. Pn (ligten in Schlössern, Kapellen, in Wählern und auf 
freiem Felde sind v(^rdüclitig. Nirgends, wo seit 20 Jahren 
nicht g( }M « digt wurde, soll dies geschehen, und .Niemand darf 
predigen, er sei denn gesandt. 

Aus anderen Diöcesen darf ohne zwingenden Grund ( Ar- 
tikel 13) kein unbekannter Prediger in ein Schloss oder Haus 
aufgenommen werden, es sei denn, dass er sich über seine 
Kechtgläabigk<;it ausweist. Die .Tagzeiten' müssen von allen 
Priestern gehalten werden (Artikel 14). 

Dem geistlichen Gericht darf nichts, was ihm tEukommt, 
entzogen werden (Artikel 15). Zum geistlichen Gericht ge- 



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153 



hören (Artikel 10): Ehostanclssachen. peinliche «^eistliehf 1 lund- 
lunfrcn, Kirchenraub, Ketzerei. Simonie, T.anflfrierlensbruch, 
^reineid, Wucher, Dinge des Kirehenpatronats und der Lehcn- 
sehaft der Beneiicien, der Naüyität und des kirchlichen Ze- 
hents. 

Kein Oeistliclicr darf vor ein weltliches Gericht gehen, 
wenn er sich nicht zuvor bezu-rlieh der Angelegenheit, um die 
es sich handelt, bei seinem < )rdinarius Raths erholt hat. Zu 
dem Zwecke müssen die Consistorien mit tanji^h'chen Leuten 
besetzt werden und sollen die ,gei8tliehen Richter* ehrbaren 
Alters und Wandels sein, im Urtheilsspnich nicht snuinii^. im 
Keehtspruch gerecht, sie sollen keine Gahen annehmen, höch- 
stens Speise und Trank, die man in drei Tagen verzehren 
kann. .Teder geistliche Richter wird seinen Notarius und seine 
Procuratoren haben. Geldstrafen werden nur ausnahmsweise 
auferlegt und tlauu für wohlthätige Zwecke verwendet. Geist- 
liche, die ihrer Laster wegen durch die weltlielie Obrigkeit 
,eingefangen' werden, dürffn nicht auf liinger als auf "24 Stun- 
den in solcher Haft verbleiben. Ihre Restrafuntr erfoi<rt durch 
die geistliche Obrigkeit: das ist nothwendig, denn die Welt ist 
Ott der Per.son mehr gehiis.sig als dem I^aster. Bei Citationen 
gei.stlieher Personen ist stets die ürsaciie der Citaüon zu ver- 
merken. 

Die Sacraniente, deren es sieben gibt, sind (Artikel 17) 
nur von reinen Priestern zu spenden. Die Taufe (Artikel \^) 
erfolgt unter den althcrgclnaehten Cereraonien Auf die Wider- 
täiifcr ist besunucrs achtzugeben. Die Firmung ( Artikel V.)) 
ist von den Hischüfcn selbst tax spenden. Dii- eingehendsten 
Weisungen Averden bezüglich der Ausspendung des heil. Ahrnd- 
mahls erlassen. Es ist streng darauf zu sehen, dass dem Saera- 
ment keine Unehre erwiesen werde; die Messe ist lateinisch zu 
halten, .abergläiihiselic' Messen wider den Diebstahl, wider 
Zaubc-rei u. s. w. werden vcrljoten. i>ic Hostie ist in sauberen 
Monstranzen aufzubewalircn. Hei den Primizen werden Sauf- 
gelage, Gaukelspiele, Schalix&narrendinge, Tänze und über- 
mässige (iastereien untersagt. Beim TTastmahle dürfen nur die 
niielistca V erwandten und die Priester er.^eheiiieii, die bei der 
Me^ssc gedient haben. Hei der ^[«-ssc darf das Kind den Vater 
— als Gcisthehen — nieht bedienen, aber auch der umgekehrte 
Fall wird gestraft (Artikel 20). 



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154 



Waa das Sacrainciit der Busse (Artikel 2\) bctrilTt, wird 
die l-iossprecluingsformel vorgoschriebrn, ' von den Beichtviltem 
verhingt, dass sie tromin, gelehrt, verscliwiigen und nicht geld- 
gierig seien, nicht ,zu hart^ auf die Krzähliing der Sünde dringen, 
uicl»t schmUhcn uiul nicht jäli^cuinig seien, und du^ö sie die 
deui Ordinarius vurbt haltcnen (34) Fülle kennen. FUr die 
Beicht wird burgBamc \ orlu rcitung verlan?t und uHiueiitiich, 
was dann in den Tagen der ( icL-^enn forniation streng durch- 
gcftlhrt wurde, dass die Beicliiknuler antijeschrieben und ße- 
gister der Ungehorsamen angelegt werden. 

Die nächsten Artikel (22 — 24) handeln von der Priester- 
weihe, der Ehe und der letzten Oclung und bieten nichts Be- 
sonderes. Wichtiger ist, was in dem Artikel {2b} von den 
geisthchen Ceremonien gesagt wird, dassi hiedun^h die l\Mit al- 
tigen, dw sonst durch ihren langsamen Verstand sehwerlich zur 
Krkenntniss (!ott<'s kommen, am leichtesten ,zinn ( Jediielitniss 
der Gutthaten (Jottes gebracht werden und nielit Icichtoinuig zu 
den tiefen riclicininissen Gottes hinzutreten'. An diesen Ccro- 
monien ist fest/.ulialten. 

Sehr ins Einzelne gehend sind die Vorschriften über die 
Zueht, das Leben und die ,Krbrigkeit' der Geistlichen (Ar- 
tikel 26). Man brauche keusche und reine Leute von ordent- 
licher Haltung in Kleidung und Sitte, die dem Geiz nicht hul- 
digen. Es wird verboten, kurze, ausgeschnittene, gestickte, reich 
verzierte und unterfütterte Gewänder zu tragen, es sind keine 
Ladschaften anzunehmen; alles ist zu meiden, wodurch die 
Geistlichkeit in einen üblen Ruf kommt. Strenge Gebote werden 
<;egen das ^VoUsaufen' und gegen das Spielen jeder Art er- 
lassen. Der Geistliche soll keinen Wein feilhalten, ausser in 
Weingegenden, wo der Wein sein Einkommen ist. Er soll das 
Haar nicht über die ,Hal8knöpfcl*, den Bart nicht nach Krieger- 
art tragen. Gegen das Concubinat werden scharfe Bestim- 
mungen getroffen (Artikel 27). 

Die Klöster (Artikel 28) sollen Werkstätten göttlicher 
Ehre, Behausungen gelehrter Männer und Herbergen der Armen 
sein. Sie dttrfen deshalb nicht nur nicht Tcrwtkstot, sondern 

* Mi tMvntiir liti nmniy»otoiw Don.*, «'t riMininns iio.xfer Josu.h Cliri^fii« por 
moritum passiuni» »iinu digtiutiir te ab.solvero, etego autoritato ip.siiu ab- 
«ulvo te a poccatü Um iu uuuiiue etc. 



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« 



155 

mfissen in jeder WiMse erhalten werden. Nur Leute, die man 
kennty nicht heigeluufcne Fremdlinge, sollen aufgenommen 
werden und nur solche, die zum Mönchsleben Liebe linbnn: 
durch Zwang soll Niemand ins Kio^r gelangen. In jedem 
Kloster wird ein gottesfUrchtiger und gelehrter Mann die Brüder 
,von Jugend an' nnterweisen; wer höheres Streben bekundet, 
werde an die UniTerßität gesandt, doch soll er während dieser 
Zeit auch in einem Kloster Unterkunflt finden. Die Nonnen 
sollen einen Prediger halten, der mindestens jeden Sonntag in 
ihrer Kirche predig^. Leider werde zu dieser Zeit in den 
Klöstern dnf rielübde der Armuth nicht gehalten. Das dürfe 
nicht geduldet werden: alle Klostervorsteher werden demnach 
strenge Inquisition halten, alles Eigenthum einzelner Mönche 
oder Nonnen einziehen und die Uebertreter strafen. 

Aebte und Prioren und alle Brüder haben sich genau an 
ihre Regel zu halten, von weltlichen Sorgen ledig, haben sie dem 
Lobe Gottes, dem Studium und der Betrachtung göttlicher 
Dinge zu obhegen. Die Stimme des Mönches ,8oll neben den 
Glocken klingen und nicht die Glocken allein, so Mönch' und 
Nonnen mittlerweile schlafen*. Kein ÖrdensmitgHed soll allein, 
ohne Mithelfer, zu einer Seelsorg' gelassen und einer Pfarre 
vorgesetzt werden. Solche Liccnzen, die bisher häufig crtlieilt 
wurden, um verhasste Personen ans der Nähe zu bringen, 
dürfen hinfort ohne Erlaubniss des Ordinarius nieht mehr er- 
theilt werden. Um der Leichtfertigkeit, mit der junge Knaben 
zu Zeiten ins Kloster genommen werden, vorzubeugen, wird 
bestimmt, dass mir solche Brüder anfgenonnnen werden, welche 
die Bedeutung ihres Schrittes zu cnnessen vermögen. In diesen 
zu frühen Aufnahmen sehen die Statuten den vornehmsten 
Grund, weshalb nun so viele Mönche , auslaufend Die Schuld 
hieran tragen somit die Klostcrvorstände selbst. Man 
hätte solclie Münche im Kloster nicht dulden, sie zum (Gottes- 
dienste an den Pfarren nicht :':ii!assen sollen. Solche ausge- 
laufene Mönche sollen binnen einer festgesetzten Frist ins Kloster 
zurückkehren und sich einstweilen gottcsdieustlicher Handlungen 
entlialten, bis sie absolvirt seien. Denen, die reuig zurückkehren, 
mögen keine überniiissigen Strafen auferlegt werden. Mönche, 
die aus Misstrauen gegen den Alit nieht ins Kloster zurück- 
kehren, mögen ihre (Jrünfle dem Bischof oder Ordinarius mel- 
den. Die Ungehorsajueu worden als Apostaten excouununicirt 



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156 



nnfl sind im Rrzhistlnim iiiclit zu dulden. .Damit wir das fJifl 
dieser verfluditcn A piistasic aus unserem Erzl)isthura austilL''cii, 
gebieten wir allen geistlichen Obrigkeiten, den Patronen und 
Lehensherren, den Geistlichen bei Strafe der Exeommunicatioil, 
den T^aien bei Verlust ihres Patronats. der Lehenschafl und 
geistlielicii (lerechtigkeiten, solche Apostaten nicht aufzuneh- 
men ' oder gar zu geistlichen Aemtorn zw beinfen/ Solche 
Apostatt^n dürfen fortan keine Caplaneien in den Schlössern des 
Adels und ihren Ka]>c>]lon erhalten. 

Den Klöstern wird der alte gute Brauch eingeschärft, 
arme Schüler aufzuzit-hen und ihnen nelicTi d» ?- geistigen auch 
,dic leibliche IsothdurfV zu reichen. In jenen Klöstern, wo bis- 
her Schulen nicht bestanden, sollen sie aufgerichtet werden. 
Die Prälaten mögen Fürsorge trctleu, dass die Bücher in ihren 
Büchereit n .nicht in Staub crfaulen und verderben, sondern 
rein und sauber gehalten und fleif=!sig g(desen werden*. Das 
.Vortragen* und \'erkaufen der Büchel- wird strengstens unter- 
sagt. Wenn die Werke der heil. Lehrer, eines Ambrosiu.s, 
llieronynnis. Augustinu.s, Grcgorius in einer Hibliothek abgehen, 
sollen sie ,aufs eheste' gekauft werden und .wofern dieser 
Seribenien Abgang in der Visitation befunden wird, sollen 
die Prälaten von ihren Urdinarien und Bischöfen gestraft 
werden'. 

Vor Zeiten sseien die Klöster Schulen der Tugend gewesen, 
jetzt sind sie Herbergen des Leichtsinns: nicht genug, dass 
man leichtfertige Personen in ,Höfen und hcrrliclicn Wohnungen* 
beherbergt, man zieht sie in die Klöster selbst und entehrt 
diese. Diese ,Wirthschart* müsse gewendet werden, und zwar 
ist es auch der weltlichen Fürsten Amt, ,auf Misabräuche und 
Bcöchwerungcn, die den Klöstern täglich zugeftigt werden, 
Heissig zu achten, sie nicht zu gestatten und die Verbrecher 
zu strafen'. , Unerträgliche Bürden sollen den Klöstern in Zu- 
kunft nicht auferlegt werden, man begehre kein geliehenes Geld 
von ihnen, lasse ihre geistlichen (liitcr nicht in fremde Hände 
komnicii, schmälere ihre Indulten nicht, schlage keine Steuern 
uut sie, Schafte die Gastereien ab u. s. w.' Auch den Kloster- 
frauen wird die Einhaltung ihrer Satzungen streng eingeschärft. 



Sio sollen nach Ahlatif oiner ¥n»i vni r.wci Monaton nach Vfrkfindig'uiij 
der StAtoien von Niemandem über acht Tago aufgenonunen werden. 



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157 



Das ^Hmaiusiehen' und die Schmansereien und aller Pnmk 
sollen eingestellt werden. Auch ihre KlOster sollen ySohulen 
der Tagend and Kenschheit' sem* 

Die Armenspitäler (Artikel 29) sollen fleissig viaitirt 
and in ihnen gleichmässige, den Stiftshriefen entsprechende 
Ordnung hergesteUt werden. Abgekommene' Spitäler in Klö- 
stern und an anderen Orten sind wiederum aufzurichten. 

Die Schulen (Artikel 30) sind nicht blos für die Erzie- 
hung fin Künsten und Schriften, sondern auch in guten Sitten' 
Aa%erichtet. Wiewohl die Knaben auch daheim bei ihren 
Eltern erzogen werden mögen, so ist es doch besser, dass sie 
in öffentlichen Schulen unterrichtet werden, namentlich jene, 
die in Zukunft öffentliche Aemter bekleiden werden. ,Sonder* 
liehe' Schulen, die man auch ^oetenschulen' nennt, seien nicht 
ySO gar hoch zu halten'. In den ,teutschen' Schulen sollen die 
Mädchen von den Knaben gesondert unterrichtet werden. Hei 
dem grossen Priestermangel im ganzen ,teatschen Land^ ist die 
Elrrichtiing vieler Itateinschulen dringend geboten; solche sind 
an allen Klöstern und Stiften, wo sie nicht schon bestünden, 
aufzurichten. Die Schulmeister müssen den Ordinarien ^vorge- 
stelit' werden, damit man von ilirem Glauben, ihrei^ Sitten und 
ihrer Kunst Kunde erhält; sie sind mit einer angemessenen Be- 
soldung zu versehen, so dass sie die armen Knaben unentgelt- 
lich unterrichten können. Zur Unterstützung armer Schüler 
wird der Erzbisehof in Gemeinschaft mit dem Oapitel, den Prä- 
laten und Obrigkeiten das Seinige beitragen. Die Autoren, 
welche in den Schalen gelesen werden, sind sorgsam auszu- 
wählen: ,äigerliehe, unverschilmte, ariifwriliiiisc lu- oder beileckte' 
Bttcber, ,deren Scribenten das Gift des Unglaubens ausspritzen', 
werden verwoi*fen. Keiner darf als Lehrer an irgend einer 
Schale geduldet werden, der an einer verdächtigen Schule stu- 
dirt hat, es sei denn, dass er gelobt, sich hinfliran zur katho- 
lischen Kirche zu bekennen. Die Jugend ist nicht blos im Ge- 
wng, sondern auch in den Gebräuchen und Oeremonien der 
Kirche zu unterweisen. 

Zu den Pfründen (Artikel 31) sind nur würdige und 
tatigUchc Priester ohne Ansehen dor Person und ohne Rück- 
sicht auf die Verwandtschaft und nie ohne sorgsames Examen 
seitens des Ordinariates zu befiirdem. Patronatsherren, die 
keine tauglichen Priester präsentiren, verlieren ,ftlr diesmal' 



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1Ö8 



ihre Gerechtigkeit. Mehrere Pfründen, namentlich incompatibflia 
beneficia, dttrfen nickt in einer Hand vereint werden.^ 

Binnen drei Monaten Bind diese Beneficien abssugeben^ 
nur da, wo ein Beneficium so geringfUgig ist, dass sich ein 
Priester da auch nicht erhalten kann, dttrfen swei vereinigt 
werden. ^Damit aber dem dreschenden Ochsen das tfaul nit 
verstopft werde, wollen wir und andere Ordinarien, soweit sich 
unsere Autorititt erstreckt, FOrsehung thnn/ 

Kirchen- und Klostergnt darf nicht als Eigengnt an- 
gesehen und Kirchen und Klöstern nicht entzogen werden 
(Artikel 32). Laien, die ihre Hand nach solchem Gut aus- 
strecken, können der Strafe des Himmels nicht entgehen. Jene 
Geistliehen, die ohne Vorwissen des Ordinarius Kirchengut 
abhanden kommen lassen, werden mit strengen Strafen belegt, 
ihre Contracte haben keine Kraft. Das Kinkonimen der Kirchen 
und Kloster ist sorgsam au verzeichnen: Register, die von den 
ConventBbrttdem unterzeichnet sind, sollen ohne Verzug an den 
Ordinarius eingesandt und zwei- oder dreimal des Jahres von 
den Amtleuten Rechnung gelegt werden. Keiner weltlichen 
Obrigkeit steht es zu, die Erlaubniss zur Verkttmmerung oder 
Entziehung der Kirchengtlter zu geben oder die Kirchen mit 
ungebttriichen Schätzungen zu belegen. Von allen Beneficiatcn 
sind Beschreibungen ihrer beweglichen und unbew^lichen 
Guter ,durch einen offenen Notar* oder mindestens durch eine 
vertrauenswürdige Person aufzurichten und Uber vorkaufte oder 
vMp^ndete Gttter Bericht zu erstatten. 

Testamente dürfen (Artikel 33) von weltlichen Priestern, 
in Ghemitssheit ftlterer Satzungen, doch nur so errichtet werden, 
ydass unehrlichen Personen, als CSoncubinen und Beischläferinnen, 
nichts verordnet werde'. Den Kindern der Priester darf bis 
zu ihrem 20. Lebensjahre das Nothwendige gereicht werden, 
,doch mit Vorbehalt der kaiserlichen Legitimation'. Ererbte 
GHlter sollen den nllchsten Erben zufallen. Amtleute, die sich 
aus der Hinterlassenschaft der Priester etwas widerrechtlich 



jlncompatibilia beneficU werden gtinaiint, so ein Priester mehr ab an 
eindm Ort fieelioK;; bat nnd denselben mit eigner Penon nicht Ton^ 
kunt. Item Bi»ehof, der swei oder mehr Bi§thnmb bat, eis der Oer* 
dinal tn Trient, item ein Abt» der swei Abteien bet^ ein Pftrrherr mwei 
Pfarren.* 



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159 



zaeignen, eoUen um das Dreifache gebUsst werden. Da die 
Laienweit die Hinterlassenschaft der ohne Testament gestorbenen 
Priester dermassen betrachtet, als sei sie durch Diebstahl oder 
unrechten Krieg erobert, sie demnach antaste, Tersehre oder 
▼erschleppey so ' sollen dagegen yerschSrfte Strafen eintreten, 
nnd »war soll sie das jus praesentandi für diesmal verlieren. 
An vielen Orten darf auf Befehl der Obrigkeiten keine Stifbmg 
für kirchliche Zwecke aufgerichtet werden; da diese Handlung 
ein bOses Exempel gibt, so wird sie ,hiemit verworfen und ver- 
nichtet'. 

In den folgenden Capiteln (34 — 35) werden die gebotenen 
Feier- und Fasttage aufgeefthlt und die Fastengebote neu ein- 
geschärft. 

Da man hierzulande auch schon gegen die Freiheiten und 
Privil^en der Kirche zu wttthen begonnen habe, sollen die 
Einflütigen hierüber belehrt und die Forsten und weltlichen 
Obrigkeiten zur Aofrechthaltung der Privil^en ermahnt wer- 
den (Artikel 36 — 37). Leider seien die bisher aufgestellten 
Gravamina nicht gehOrt worden. Die Eingriffe weltlicher Herren 
in das geistliche Recht werden im Einzelnen angefahrt: ,Welt- 
licfae Herren sollen keine Person, auch lUlefizische nicht, es 
sei denn in dem vom Rechte aasgenommenen Fällen, ans den 
Kirchen hinansnehmen, keine Gerichtshandlung in Kirchen vor- 
nehmen, in Häusern der Geistlichen keine gewaltsamen Ein- 
griffe vornehmen, die Geistlichkeit nicht zwingen, GerhaV 
Schäften anzunehmen, den Widerruf des Bannes nicht erzwin« 
gen, keinen Priester vor ihr Gericht ziehen, kein Kirchengnt 
antasten, keine Verbote auf geistliche Vermächtnisse legen, 
keine Kirche zerstören oder berauben, an keinen Geistlichen 
Hand anlegen, sie des Verkehrs mit Weltlichen und namentlich 
mit ihren Unterthanen nicht berauben, ihnen keine Lasten nnd 
Bttrden auferlegen, keine Statuten zum Abbrach kirchlicher 
Freiheiten aufrichten, die Geistlichen nicht zum Verzicht auf 
ihre Pfründen nöthigen, auch Priester oder andere Personen 
nicht belästigen, folls diese auf etwaige Wtlnsche der Laien 
bei Abts- und anderen Wahlen keine Rücksicht nehmen konnten, 
endlich soll die weltliche Gewalt ,aaf eigene Autorität hin 
Niemanden mit einem Bisthom, einer Abtei oder anderen geist- 
lichen Beneficien versehen, investiren, einsetzen oder gar ein- 
drängen'. 



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160 



Sollte jemMid die Meinung hegen, dass es nicht die Ab- 
sieht der Versammelten sei, duss diese Artikel so streng nach 

dem Buchstaben verstanden werden sollen, so möge er wissen, 

dass die Versammhing nur das sucht und begehrt, was recht 
und billig ist. Zum Schutz ,der geistlichen Freiheiten* wird 
allen Geistlichen bei Strafe der Suspension und Entziehung 
seines Einkommens verboten, ohne besondere Erlaubuiss seines 
Bischofs einem weltlichen Herrn oder einer Person, der 
er vordem nicht verbunden war, , zinsbar zu werden'. Nie- 
mand soll seine Investitur von Laienhand empfangen. Da die 
Sünde der Kirchendiener den Kirchen nicht zum Nachtheil ge- 
reichen darf, so .solhn die von den Ueistlichen gemachten 
Schulden, die den Kirchen nicht zugute gekommen seien, »nicht 
verbindlich sein'. D'w ( llUubiger verziehen freilich leider das 
Einziehen solcher Schulden bis zu dem Augenblick, wo der 
Schuldner todt ist, um dann desto leichter auch gegen das 
Kircbengut ,toben und wathen^ zu können. KirciiengiUer werden 
,von einaudergerissen und zerstreut, dass man fUrderhin keinen 
Kirchendiener imf die Pfarren überkommen, oder dass sich 
keiner auf ihnen behaupten kann'. Hierin müsse Ordnung ge- 
schaÖeii und entfremdetes Gut zurückgenommen werden. Ver- 
schwender dürfe man auf den Pfarren nicht dulden und müssen 
genaue Kechnungen von Zeit zu Zeit vorgelegt werden. 

Das Volk sei in den Predigten zu mahnen, dass ,die 
Schuld des Zeheuts' als eine Ordnung Gottes dem Volke 
annehmlich sei; demzufolge haben die Laien von Ackern 
und Neubrüchen, Wiesen und Gärten ohne Abzug der 
eigenen Ko.«tten, vom Vieh und allem anderen rechtlich erwor- 
benen Gut ohne Trug und ohne Abgang den Zehent zu be- 
zahlen. Die weltlichen Herren werden ermahnt, bei ihren 
Unterthanen darob zu sein, dass sie ihren Pflichten nachkom* 
men. An Opfergaben soll ein jeder Ohrist zum wenigsten vier- 
mal im Jahre: zu Ostern, Pfingsten, Mariä Himmelfahrt und 
Weihnachten in seiner Pfarrkirche als kleinste Gabe einen 
Pfennig opfern und jeder, der sieh dessen weigert und es fre- 
ventlich oder aus Verachtung unterliisst. von der weltliehen 
Obrigkeit gestraft werden. Alle MissbrUuche ,bei den Lad- 
schaften an Jahres- und Gedilchtnisstagen' sollen vermieden 
werden, kein Priester sich .voüsaufen', weder Klagelieder noch 
frühliche Gesänge sollen erschallen, kein ungeschicktes de- 



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161 



lächter, keine unnützen Fabeln und Märchen gehört werden. 
Unverschämte Schimpfworte, Bärentfiti/.«-, Gaukler- und Lotter* 
spiele sollen nicht geUtten und keine Teufelsmiunmerei getrieben 
werden (Artikel 39). 

Khen sollen nicht Nachmittags, sondern des Moi^ns ein- 
gesegnet und tlber das Brautpaar der Segen nur in alther- 
gebrachter Weise gesprochen werden. Aller Unfug, der bei 
den Hochzeiten geschieht, wird abgestellt, ,da8 ungeschickte 
Springen und Tanzen und das Saufen soll nicht geduldet wer- 
den (Artikel 38). In Fragen der Ehescheidung sollen allein 
die geistlichen Obrigkeiten handein, verhören und Urthcile 
fitUen. Laifn, die sich in diese Dinge einmischen, verfallen 
sammt den Parteien in die festgesetzten Kirchenstrafen. 

HeimUche Heiraten (Artikel 40) sind verboten ; Kinder 
aus Ehen, die heimlich und in verbotenem Grade geschlossen 
werden, gelten als uneheliche, selbst wenn Vater und Mutter 
von den Ehehindernissen keine Kenntniss hatten. Da sich die 
Fälle des heimlichen Versprechens mehren, soll dreimal des 
Jahres das Verbot verkttndigt und das Volk hierüber belehrt 
werden. 

Ehescheidungen (Artikel 41) sind gemeiniglich weniger 
Strafen für begangene Sünden als Ursache und Deckmantel 
mannigfaltigen Ehebruchs und Lasters. Daher muss der Ehe- 
scheidung die sorgfkltigste Untersuchung vorhergehen und die 
Parteien darin unterwiesen werden, dass auch die Ehescheidung 
das Band der Ehe nicht auflöst, also keiner Partei die Wieder- 
verehelichung gestattet ist. Einer verehelichten Person ist keine 
zweite Heirat (Artikel 42) zugelassen; man habe bisher Frauen, 
deren Männer im Krieg oder sonst verschollen seien, zu einer 
neuen Ehe zugelassen, doch sei auch hienn Missbrauch und 
Betrug geübt worden; solche Ehen dürfen fortan nicht mehr 
geduldet werden, es sei denn, dass der Verschollene mindestens 
schon sieben Jahre ubwesend sei, ohne hiezu einen nachweis- 
baren Grund zu haben, und dass der zurückbleibende Tlioil 
ach alle Mühe «jogeben, den Verschollenen auszukundschaften 
— auch da gibt es noch schwere Hindernisse für eine zweite Heirat. 

Ketzer (Artikel 43) dürfen nirgends geduldet, ihre Lehren 
nicht gepredigt, ihre Bücher nicht gelesen werden. Die Geist- 
lichkeit hat allerorten sorgsam darüber zu wachen, dass sieh 
keine Ketzereien einschleichen^ ofienkundige Ketser sollen durch 

▲rckiT, LIXXV. Bd, 1. lUlfto. tl 



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162 



treue Ermahnung zur wahren Lehre geführt und solche, die 
sich nicht bekehren latsen, dem Ordinarius angeseigt werden. 
£in besonderes Augenmerk ist den Winkelversammlongen der 
Ketzer in den Gebirgen und Almen snsuwenden. 

Die nächsten Artikel wendm sich gegen die Simonie 
(Artikel 44), den Wucher (45), gegen die im Banne befind- 
lichen Priester (46), die Entweihung der Friedhöfe (47), und 
gehen dann auf die Zucht des gemeinen Volkes ein. Die 
schlimmen Zustände in der Kirche dtürfen nicht der Sorglosig- 
keit der Priester allein zugeschrieben werden: ,Dc8 Volkes 
Widerwärtigkeit ist der Anfang aller Ketzerei und alles Zwif>- 
spalts^ — der Hochmuth des Volkes, rlas seine Vorgesetzten 
^mit aufgeblasener Hoffiut verachtete Man muss somit die Ke- 
fornirition des Volkes nicht weniger als jene des Clerus im 
Auge behalten und es dahin bringen, dass es der vorgesetzten 
geistlichen Obrigkeit mit Liebe, hoher Ehre und Furcht be- 
gegne. ,Kein Laie darf demnach (Artikel 48) seine Prälaten, 
Pfarrer und Priester freventlich richten oder strafen.' Und 
wenn auch die Werke der Priester zu Tadel Anlass geben, 
soll man doch wider sie nicht reden, sie nicht mit schmählichen 
und unbillitren Worten antasten, schmähen und schelten, keine 
jSchandliedel^ auf die Priester dichten, gedichtete Lieder nicht 
singen u. s. w. Wenn die weltliche Obrigkeit solche Misse- 
thäter nicht strafe, werde der Himmel ein Einsehen haben. \'on 
der weltlichen Obrigkeit werde erwartet, dass sie dem gemeinen 
Volke nicht beistehe, wenn es nach eigenem Ennessen Prädi- 
canten verlangt. Damit sich die Laien nicht etwa mit der 
Unkenntniss dieser Verordnungen entschuldigen können, soll 
diese Satzung alljuhrlich in der Pfarrkirche am ersten und 
zweiten Fastensonntag erklärt und das Volk zur Beichte und 
Communion zu gehen ermahnt werden. Zu diesem Zwecke 
wird von der Synode auch eine Vcrdrutschung der beiden Oa- 
pitcl Omnis utriusque sexus (betrittt die Beichte und Commu- 
nion der Laien) und Decet, De Immunitate ecclesiarum in 
Sexto (Besiipli der Messe und des Gottesdienstes überhaupt, 
Verbot der Krämerei in Kirchen und auf Friedhöfen etc.) an- 
getUgt. 

Die Strafen (Capitel 3 des Anhanges) sollen in GemKas- 
lieit der kirchlichen Satzungen auferlegt werden, die strengsten 
nur mit Wissen und Einwilligung der Bischöfe. Der Straf- 



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163 



g«walt dnd aadi die Laien für jene Vergeben unterworfen, 
Sie TOT daa geiatliche Gericht gehören. Geldstrafen dfbrfen 
nicht auferlegt werden, da de ans der QaeUe der HabBocht 
au entspringen scheinen. Kein Bichter soll strenger sein, als es 
die Gesetae fordern. Per weltliche Ann wird an seine Pflicht 
gemahn^ dem geistlichen in allen Dingen, welche die Refor- 
mation hetreffsn, thatkiültige UnterstHtani^ au leihen« Die 
Leitong des gerichtlichen Verfahrens bis an die auch ansser- 
halb eines Landes wohnende oberste Instana soQ nicht behindert 
werden. 

Das nftehste Capitel ,Yon der Bnssfertigkeit und Ver- 
gebung der Sunden' setzt fest, dass an jeder Eathedralkirche 
eine PersönJichkeit vorhanden 9m, die auch in den ReBcrvat- 
fitllen das Recht habe, Absolution zu ertheilen. Die weltUcbe 
Obrigkeit dttrfe Niemanden hindern, sich der Absolution wegen 
an die Orte zu begeben, wo dieser Poenitentiarius seinen Wohn- 
sitz hat. Von Excommunicationen darf nur in den zwingendsten 
Füllen Gebrauch gemacht werden, namendich nicht, wenn es 
sich um r^ bttrgerliche Dinge handdt Kirchliche Visitation<m 
sind in Gemässheit der Kirchengesetzc alljährlich zu halten;' 
noch in diesem Jahre mnss damit ein Anfang gemacht werden. 
Bezüglich der Abhaltung der Synoden werden endlich eben> 
falls die Xlteren Kirchensatznngen in Erinnerung gebracht 
Geistlichen wie Laien steht es frei, vor den Synoden ihre Be- 
schwerden und Streitigkeiten vorzubringen, doch mOsse dies in 
christlicher Mttssignng geschehen. Mit den Diöcesansynoden 
wird man im Jahre lÖöO beginnen; sie müssen nicht noth- 
wendiger Weise immer an demselben Orte stattfinden. Geeig- 
nete Personen werden auch sonst das Jahr Uber nach Mitteln 
suchen, wie eine gute Reformation in den ndthigsten Sachen 
durchgeftdirt werden könne. 

Die Statuten echliessen mit einer feierlichen Erklärung, 
dass in ihnen nichts enthalten sei, was nicht der Gompetena 
des firsbischofe und der Übrigen Bischöfe aukomme. 

8» IHe Angsbniger Befomutrttkel Karis V. und die Sals- 

bnrgiseheB SynodalstotnteiL 

Die yon Karl V. in Augsburg fUr die katholische Geist- 
lichkeit erlassenen 22 Reformartikel vom 14. Juni 154ä bilden 



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164 



— den Wünsclien Ferdinands entsprechend abor noch viel EU 
wenig — die Gruiidlfl|;e fOr die auf der Salzburger Synode 
erlassenen Statuten, ja diese Btimmcu mit jenen in einigen 
Punkten wörtlich Uberein. Man vergleiche: 



CoDStit imperial. Ooldast II» 8. 328. 
De moiuuterüft. 

. . . Honasteria apud nostros 
officinae erant cultus divini et 
pauperam quaedam cellaria . . . 



Quae vero contincntiae Stu- 
dium aectantur absque voti pro- 
fessione et vitam in collegüs 
ducunt religiosam, quales vo- 
cantor canonissae, etiamsi non 
habeant (quam tarnen decen- 
tissimum est habere) mensam 
communom, sed auam quacque 
peculiarem, debent tarnen com- 
mune habere dormitorium, ne 
pudicitiae insidiatori satanae 
detur oecasio ad incontincntiam 
tentiuidam. Debent qiioque a 
nimis exquisito et procaci ha- 
bitii abstinere nec secularitcr 
comptis inccdere vestibus ex- 
ciiltae, sed in liabitu modebto, 
mundo et casto, ut sint earum 
mouasteria scholac pudicitiae et 
virtntum, in quibus filiae nobi- 
liuni discant non lascivire, non 
superbirCj sed Deum timcre, 
orare et piis assuescant excr- 
citü.s nc uioribus bonis, ubi vo- 
hierint, nupture in domino. 
Talia aatem collegia sicubi in 



Balslnu^r Synodalstataten. 

Cum monasteria esse de- 
beant oföctna qoaedam cultus 
diyini conservatoria eruditorum 
hominum atque paupwom ho- 
apitia, curandum est summopere 
ne desolentur sed foveantnr 
pocius . . . 

Quae vero continentiae sta* 
dium sectantur absque yoti pro- 
fessione et vitam in coUegüs 
ducunt religiosam, quales vo- 
cantm* canonissae, etiamsi non ' 
habeant (quam tamen decen- 
tissimum esset habere) mensam 
coramunem, sed suam quaeque 
pecuHarem, debent tamen com- 
mune habere dormitorium, ne 
pudicitiae insidiatori satanae 
detur oecasio ad incontincntiam 
tentandam. Debent quoque a 
nimis exquisito et procaci ha- 
bitu abstinere nec secularitcr 
comptis inccdere vestibus ex- 
cultae, sed in habitu modesto, 
mundo et casto, ut sint earum 
monasteria scolae pudicitiae et 
Tirtntum in quibus filiae nobi- 
lium discant non lascivire, non 
superbire, sed Deum timcre 
orare et piis assuescant exer- 
citiis ac moribus bonis tibi vo- 
luerint nupturae in domino. 
Talia autem collegia sicubi in 



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165 



his yirgiDeB ob liberiorem vitun 
fiuii«]n Blum in pericdum ad- 
docant per saperunroB et epi- 
Bcopos reformentar. 



bis virgmes ob liberiorem Titam 
(famam) suam in periculum ad- 
duoant, per superiores et e^- 
seopos reformentar. 



Einzelne Titel haben allerdingB wieder eine Textirung, 
die mit jener der Augsburger Reformartikdi nichto gemein hat, 
wie s. B. der Titel: de Uospitalibus pauperum. Dagegen 
scbliessen sich die Bestimmungen Uber die EinrichtnDg der 
Scbnlen wieder mehr an die Angsburger Artikel an: 



Idcirco sedulo curandum, ne 
praolegantur eis libri obscoeni, 
öuspecti aut contagiosi, eomm 
qui perfidiac suae virus reli- 
gionisqne et pietatis odium te- 
nerac iuventuti suis scriptis, 
quac per bane tempeatatem 
^edidere, instillant. 



Ideireo quilibet ordinnrii . . . 
sedulo eureut, ue praelegantiir 
' libri obscoeni, suspecti aut eon 
ta<^iosi corum, qui pertidiae 
» suae virus rcligionisque et pie- 
' tatis odium tenerac iuventuti 
suis seriptis, quae per hunc 
j tempeatatem edidere, instillant. 



Die Bestimmungen in den Synodalstiituten sind bier durch- 
gchcnds verschärft: jedes Studium au den der Ketzerei ver- 
dächtigen Orten wird strengstens untersagt, wogegen die Augs- 
burger Verfllgungcn nur sagen: Curandum est, ut doctores et 
magistri, qui doeeant iuventutem, probi sint cathob'ei . . . 

Ebenso findet sich wörtliche Uebereinstimmung ini Capitcl 
de Pluralilate beneficiorum: 



Ac qnia sine gravi eccle- 
siamm detrimento aceidere non 
Bolet, nt aliquis pitira quam 
nnam (maxime ti cnrata sint) 
benefieia occupet . . . corandnm 
est, ne quis plores qnam nnam 
. . . eeeleeiam teneat . . . 



Qnia antem sine gravi ec- 
clesiarum detrimento aecidere 
non Bolet, ut aUquis plnra qnam 
unum (maxime Bi cnrata sint) 
occupet beneficia^ ideo praeci* 
pimuB et mandamns quatenus 
omnes et singuli praelati pres- 
bjteri et derid qui plura bar 
buerint . . . unum duntaxat 
retineant. 



Das Capitcl: De diBciplioa cleri et populi ist im Wesent- 
lioben aus den Angsbuiger Statuten genommen; in den Sala- 



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166 



burger Bestimmungen werden die einzelnen Punkte Uber die 
Ehrbarkeit im Wandel, Enthaltsamkeit von Trunk und Völlerei 
u. s. w. nur mehr ins Einzekie bestimmt. Und so ist es auch 
mit allen übrigen Abschnitten. In der Hauptsache bieten diese 
Salzburger Provinzialstatuten das, was die Augsburgische Re- 
formation festsetzt, nur steht sie noch fester auf streng katho- 
lischem Boden. Wo diese nur allgemeine Bemerkungen sum 
Theile vieldeutiger Natur macht, sprechen sich jene offen und 
in aller Deutlichkeit aus. Es ist begreiflich, dass auch noch 
jene Punkte beigegeben wurden, Uber die man in der Salz- 
barger DiOcese besondere Klagen ▼onubringen hatte. 



4. Ble Beschwerden der OeistUelikeit wider die Laien. 

Enthielten schon die Provinzialstatutcn nicht wenige An- 
klagen der Geistlichkeit gegen das immer rücksichtslosere Ge- 
bahren der Laien, so versäumte der zu diesem Zwecke einge- 
setzte Ausschuss nicht, diese Gravamina noch einmal scharf* 
und vollständifr aufzustcUeu. Sie g-ewilhren in Gemeinschaft 
mit den von den oberösterreichischen, steii-ischen und kärnt- 
nischen Ständen aufgesetzten ( legeuartikeln ein vortreffliches 
Bild von den kirchlichen Zustanden Oesterreiclis und mögen 
daher in Kürze ^ hier erwähnt wcrderi Die er'^te Beschwerde 
betrifft den Mang'cl an tiiclitigen Predigern und Priestern über- 
haupt. Die Synode weist auf die seblimmcn Früchte liin, die 
das willkürliche Aufnehmen von Prädicanten beim Adel und 
sonst im Lande bisher gezeiti<;t habe, und findet den Haupt- 
grund des Mangels, und das war auch die Meinung Fer- 
dinands 1. und der meisten seiner Käthe, in dem gewaltsamen 
Vorgeben der Laien gegen die Rechte des Clerus. Auf diesen 
Punkt fj^vht darum nicht blos das erste, sondern auch das 
letzte ( apitel (Iw (iravamina nähur ein. IJeklagt wird nament- 
lich noch das immer weiter um sn-h greifende Vorkommen 
lutherischer Andachtsbüclior. der vornehmsten (.Quelle für die 
Belehrung und Erbauung des .\dels und des adeligen Gesindes. 

Der allgemeine Drang nach dem Abendnuihl unter beiden 
Gestalten habe es dahin gebracht, dass der katholische Kitus 



Sie findeo dch unter den Beilagen Mr. Ul. 



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167 



in VenMshttisg gentben ist and die Ohrenbeichte nahesu ab- 
kommt. 

Alle weiteren Beschwerden betreifen schon die Usorpft- 
tionen des Laienstandee. Erledigte Pfründen werden zumeist 
apAt nnd wenn der gesetzliche Tennin längst vorttber, besetzt. 
Die betreffenden Laien, die Pati'onatsrechte haben, nehmen die 
Einkommen in der Zwischenzeit selbst; auf das persönliche Er- 
scheinen eines Präsentirten behufis seiner Examinirung wird 
wenig Gewicht gelegt Auch Leute, die das Recht nicht haben, 
unterfangen sich, Pfarren und Beneficien zu besetzenj nicht 
selten moss ihnen Geld hiefÜr gezahlt werden. Auch wo die 
Ersetzung rechtmAssig vor sich geht, werden die Geistlichen 
durch die Forderungen der Obrigkeiten und ,die Zehrungen' 
der Amtleute so mitgenommen, dass sie viel Zeit aufwenden 
müssen, tun die Verluste wieder hereinzubringen. Auch mfissen 
die Präsentirten den Patronen nicht selten Reversbriefe aus- 
stellen. An die Pfarrkirchen setzt man nicht selten Leute, die 
zur Seelsoige untauglich sind ; wollen dann die Ordinarien ein- 
schreiten, so kommt es au gefithrlichen Drohungen seitens der 
Weltlichen, so dass jene wenig ausrichten. Nicht selten werden 
die Pfründen ungebildeten jungen Leuten und solchen gegeben, 
die gar nicht die Absicht haben, sich dem geistlichen Stande 
zuzuwenden. Die grösste Sorge müssen die Ordinarien für die 
Wahl geeigneter Klostenrorstände haben, da das klösterliche 
Leben nahezu abgekommen ist. Die Wahlen sind an vielen 
Orten dem Laienstande preisgegeben, er setzt ohne Wissen 
und Willen der geistlichen Obrigkeit Prälaten ein und ab und 
läsat gar die Kluster durch Laienpfleger Terwalten* Ebenso 
maasen sich die Laien das Recht an, die Pfarren und Klöster 
zu visitiren, falls sieh, wie sie sa^en, die Geistlichkeit nicht 
wohl hält. Die Aufnahme des Kirchengutes nach dem Tode 
eines Prälaten erfolgt auch zumeist durch Laienhand, und da 
gebt viel verloren. Hit Kirchengut wird ttberhAupt sehr un- 
sättberlich umgegangen: Entfremdungen yon Kirchengut sind 
an der Tagesordnung; um den Consens der geistlichen Obrig- 
keit wird nicht gefragt und Entfremdungen, die von Geistlichen 
selbst vorgenommen werden, durch Laien noch befördert. Leb- 
haft sind die Beschwerden Uber den Steuerdruck, der auf dem 
Kirchengut lastet. Die landesfUrstHchen Commissftre kennen 
und flben keine Schonung, so dass bei dem Mangel an barem 



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168 



Geld die Veridaiulung von Kirchengut ailgcmciri ist, die Ein- 
lösung wird aber dem Geistlichen cm'hwert. Die Quarta, die 
von F<'rdinaiid I. vom Kirchengiit eingehoben wurde, wurde 
gelbst auf die ärmsten Pfri'nidoD, ja auf ^gestiftete Almosen' 
gelegt. Gegen die Rechte der Kirche wird sowohl in Buem 
als auch in Oesterreich von den LandesfÜrsten die Bewilligang 
zum Verkauf von Kirchengut unbedenklich gegeben. Vom 
Adel sieben viele die gestifteten Güter der Pfarren ein und 
verwenden das Einkommen zu eigenem Gebrauch. Von den 
Zechsehreinen und Kirchen werden Anlehen begehrt; ver- 
Avcigert man das Anlehen, so setzt man sieh der Qe£shr aus, 
die Stiftung ganz zu verlieren. In solcher Weise kommen die 
Pfarren herunter und ist es kein Wunder, wenn sich nur WMilg 
Leute dem geisthchen Stande zuwenden. Während man einer- 
seits die Vorladung vor das geistliche Gericht verachtet oder 
gar S^ft und nicht zulassen will, selbst wenn ein Priester 
einen anderen vorladet, usurpirt die weltliche Obrigkeit Rechte 
der Kirche, Excommunicationen werden verlacht, und Excom- 
municirte zwingen wohl auch den Clerus, auch in ihrer An- 
wesenheit den Gottesdienst zu verrichten. Dagegen mUssen die 
Clerikcr alle Profansachen von der Kanzel herab verkünden. 
Die Reservatfrfllo werden nicht geachtet und die Geistlichkeit 
gezwungen, auch in solchen FiiUen zu absolviren. Handelt es 
sich um Dinare, die das Kirehenpit angehen, so wird jode 
Klage vor das weltliche Gerieht f^ezogen, aber selbst Fälle, wie 
Ketzerei etc., sollen jetzt sclion vor diesem verhandelt werden. 

So gross auch der ^langel an Klostergeislliehen ist, Hndet 
sich ein tüchtiger daselbst, so wird er überredet, aus dem 
Klost(^r zu gehen und ,Hn weltliehe Gcsehilftc gebracht'. 

Die n;iele-t<-Ti Klagen betreffen die Unterhaltungen, die mit 
Wissen und Kriaubuiss der weltlichen < )brigkeiten zu unerlaub- 
ten Zeiten stutttinden, das Verbot, Citationeu ausser Land, wenn 
es sieh um kirchliche Dinge handelt, zu folgen, die Beschäf- 
tigung und Eiinnisehung der Laien in geistliehe ( leriehtssaehen, 
den GerichtÄZwang, den sie auf die Geistlichen ausüben, das 
Verbot gegen Weltliche, an das gcistUche Gericht zu aj)p(dliren, 
und alle die vielen Fragen, die damit im Zusammenhang stehen. 
Dass man die Verbrechen der Geistlichkeit noch über Gebidir 
und HiihL-'keit aufbauscht, ohne zu beachten, wie sehr hiedurch 
die kircliiiche Disciplin gelockert wird, wird lebhaft beklagt. 



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169 



Nachdem schon im Allgemeinen Uber die ttble Wirthschaft 
mit dem kirchlichen Gut ^[esprochen warde^ gelif rlie Be- 
schwerdcsclirift auf die Mängel im Einzelnen ein. Wenn ein 
Geistlicher gefangen gesetzt odor wenn er krank wird, ,nimmt 
sich die weltliche Obrigkeit sogleich seines Gutes an', stirbt 
einer, er habe ein Testament hinterlassen oder nicht, flugs ist 
der Vogt zur Hand, ohne auf die Testamentsvollstrecker oder 
dio Dccrete der p:eistlichen Obrigkeit Rücksicht zn nehmen, 
and haust nach Willkür mit der Hinterlassenschaft. Da wird 
wenig auf treue Dienste geachtet, durch die sich jemand eine 
Erbschaft erworben, nicht auf Liedlohn u. s. w. Mancher, der 
dieses Unwesen sieht, wird von dem Eintritt in den geistlichen 
8tand geradeau abgeschreckt 

Der grosse Zehent wird unregelmässig, der kleine fast 
gar nicht geleistet; nicht selten ist es die weltliche Obrigkeit 
selbst, die bei Neubrüchen den Zehent fUr sich nimmt; über 
die Grundholden der Geistlichkeit verfügt sie gleichfalls nach 
ihrem Belieben, denn das seien der Patronatsherren Kammer» 
guter: so wird den Pfiuren von den Pfründen kaum etwas 
Anderes als der Zins und die Stiftung von den Gütern gelassen, 
alle anderen Stiftungen gehen ein. Wären, wie man sagt, die 
geistlichen Güter Kammergttter, so hätte sich der LandesfUrst^ 
als er die Quart von dem jreistlichen Gut begehrte, nicht um 
die Erlaubniss rles Papstes beworben. Wenn die Adeligen und 
andere Leute Gründe einaielien, die bisher zur Zehentleistung 
verpflichtet waren, so wollen sie sich fortan dieser Pflicht ent- 
schlagen, ebenso wenn ,alter Acker wieder umgössen' oder 
Ackerland in Almen oder Weiden verwandelt wird. 

So geht es mit verschiedenen .infloren Zehenten, was sie 
auch immer fUr Namen haben. Auf Seelgcräthe und Opfer, 
und hierin bestand ein grosser Theil des geistUchen Einkommens, 
wird wenip: mehr gegeben. Heute treibe man mit denen, welche 
die Sacramente empfangen und sich an die alten Ceremonien 
halten, seinen Spass. Wenn es sich um althergebrachte Collec- 
turen handelt, müssen die Ocsellpriestcr und Capläne, Bettlern 
gleich, von Hans zu Haus ^L^elien; viele Leute weigern sich, 
Beiträge zu geben und verlangen scliriftiicheu Nachweis ihrer 
Verpfliclituni;. Die Edelleute ordnen ihre Be!L^riil)nisse an. ohne 
sich ,um die Begrüssuni:' durch die Pfarrer zu kümmern, 
haben sie doch aumeist eigene Beichtväter. Hier muss man 



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170 



Fürsorge treffen, sollen die Dingo besser werden. Sehr ins 
iMnzelne wird von den grossen Steuern und Abtraljen gehan- 
delt, die von der Geistlichkeit durch die weltlichen iJbrigkciten 
verlangt werden: da gehe man schliesslich so weit, dass man 
Kinkommen versteuern nniss, die man niclit hat, da verlangt 
man, dass die Geistlichkeit die kaiserhchcn ( )ratoren am Concil 
aushalten, dass sie ihre T.eute di-n T>aien znm Dienste und 
Scharwerke gebe, verbietet man ilir, ihre rigeiigebautcn Weine 
auszuschenken, wiewohl so viele Benefieieu auf Weingüter ge- 
stiftet seien, oder ihre Victualien r.n verkaufen n. s. w. Von 
den Satzungen des Rcgcnsburger Convents will Niemand wissen. 
Die ,Jahrtago' werden unter dem Verwände, dass man ohne- 
hin nicht Priester genug habe, die sie halten könnten, einge- 
zogen. Schliesslich kommt die Synode nochmals auf die vielen 
Belftstigungen zu sprechen, denen die Piarrer zumal an Sonn- 
und Feiertagen durch Amtleute und Pfleger ausgesetzt seien. 

Von diesen Beschwerden waren nicht wenige begrllndet: 
man übersah, indem man ihretwegen den Laienstand anklagte, 
nur das eine, dass er zum wenigsten diese Uebelstiinde ver- 
schuldet hatte, viele erschienen in zu greller Beleuchtung, 
andere wurden der Synode von den Laien geradezu bestritten. 



5. K9nlg Ferdinand nnd sein Terhalten sn den Be- 

schlttsscn der Salzburger Synode. 

Hatte auch der ErzlriBchof von Salzburg die Abdcht, die 
Statuten unmittelbar Terkttndigen zu lassen,' so sah er sich 
doch hierin durch die Einsprache der benachbarten Fürsten 
gehindert; denn diese, vornehmlich aber die Oesterreicher, er- 
hoben ihrerseits Beschwerden, die so beschaffen waren, dass 
der gewünschte Erfolg der Statuten ausbleiben musste, wenn 
nicht zuvor die Beschwerden selbst aus dem Wege geräumt 
würden.' Es blieb nichts übrig, als mit den benachbarten 



Dalham, 8. S81 : Univereo clero noitro pablieara aoqua Ulis sab poeni« 
cavooicis per omoia oonformaro . . . QnaoiTis nobia promptos animas 
fiiMset, statuta illa provincialia statim promolgare . . . 

. . . tumon g^ravaminn, qtme nobis a potestatibos saeonUribns inferontur 
ab hoc proposito dos avocaruuL 



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171 



Mttchten in Unterhandlung zu treten. ' Damit man aber nicht 
meine, dass der Erzbischof den Einspruch der Nachbarn als 
Vorwand bentttee, um sich seiner Pflicht zu entziehen, beschloM 
er, /ins dem ganzen Körper' ^ dieaer Statuten jene auszusuchen, 
deren Verkündigung sich als unumgänglich nothwendig herauB- 
stelhe, und sie in Gestalt eines öffentlichen Mandates zu ver- 
kündigen. Ea wniden sonach aus den sninnitlichen Titeln 10 
ausgewählt» jene, die in der That fUr die Hebung der Kirchen- 
zucht einerseitBi für die Verhinderung eines weiteren Fort* 
Schrittes der neuen Lehre auJcrseits von Bedeutung w^n. 
Das sind ,die Mandat! oder Landtsbcvelch des erzbisthums 
Salzbiug^, die man bisher allein als ^Mandatum et Constitutiones 
synodi provincialis Salisburgensis anni 1549' kennt.' 

Mit dieser Aas wähl meinte der Krzbischof die entgegen* 
stehenden Schuncrigkeiten besiegt zu haben. Das war jedoch 
keineswegs der Fall. Denn auch hier gab es noch einige 
Punkte, die im Verlauf der nächsten Monatf^ von den aur Prü- 
fung des Inhalts der Statuten durch Ferdinand I. eingesetzten 
Commissären angefochten wurden. In höherem Qrade war dies 
allerdings bezüglich der Beschwerden der Fall.^ Vier von 
diesen boten am meisten zu Streitigkeiten Anlaes: die Com- 
munion unter beiderlei Gestalt, die, wie man aus guten Quellen 
weiss, bereits in Oesterreich, Obersteiermark und Kärnten ziem- 
lich allgemein war, das Verhalten der Lehens- und Vogtei- 
herren bei der Besetzung kirchlicher Pfründen, auf die man 



* If^tar apud ihm eoBttttalmofl mtione taU«n gmvamiBirai et potwtiit«« 
illM reqninre atqne cnper MnoTttadis gnvwninllMis «zequeDdwqttfi «te« 

tutifl provincialibus tractandi ipris copiam facere. 
■ Idoo con.stitulione.'? quasdam qiT.no ulteriorein dilatinnr m nuae exccutionis 
f<»rre non facile poteraut, ex corpore statutoruui provincialium 
coUigere, in praeseus mandatum redigere . . . mandamas. 

* DalbMD, 8. 880. IMe 10 Titel lenten: 1. De religione et fide cadioltia, 
S. De praedieaioribna vertii et oflicio ecderiaatioe libriique prohibltis» 

5, De elericSs peregfrinit, 4, De bofie eettonieia et pra«>}>uratIoiiu ad rni8- 
sam, 5. De adniinistrationo sacramentonim et ceromunii^i t-cclo.si.istiri«, 

6. De diüciplina, viUi et hoiiestate clericonim, 7. Do continentia cluri- 
corum, de concubinariis ot contrahentibus matnraoiiia, 8. Do monastoriis 
et vita regulari, 9. De apostatia et prosbyteria exeomoranicatia eelebran- 
tibiie, und 10. De peenileneüe et femfanionibii«. 

* S. die Anfaählung der einzolneii Titd Voten« Beil. Nr. 1. In Allgemeineii 
ftttcb »tibou bei Dalham, 8. 3^0. 



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173 



zameist schon Angehürige der Augsbui^er Confession sotz.te^ 
die Entfremdung kirchlichen Gutes und die Diflpoaition Uber 
die PriestergUtor. 

Die Gesandten der welüichen Fürsten, die auf der Synode 
anwesend waren, yeilangten, dass die umfangreichen Statuten 
und die Gravamina an die Fürsten eingesandt wfirden, bevor 
ihre Pablication erfolge. Die Synode erklärte sich damit ein> 
verstanden,^ in der Hoffnung, dass namentlich Ferdinand I. 
für die Zulassung zu ihrer Verkündigung sein würde. Aber 
sie täuschte sich. Eine Gesandtschaft* ttberreiehte im Namen 
des Erzbischofs und des Bischofs von Passau dem König Fer- 
dinand die Statuten, Mandate und Gravamina und sprach die 
feste HoÜTiung aus: ,L Kgl. werde daran ein Gefallen haben 
und }iicl)ei den Ordinarien alle Hilfe und Unterstützimg ange- 
deihen lassen.' Dass sie auch Klagen g<'^o^^ die Uebergriffe 
der Laien yorhriu-liten, sei nicht ohne die triftigsten Gründe 
geschehen; der König werde sich erinnern, dass man schon 
zu wiederholten Malen seitens der ncistliclikeit gebeten habe, 
den Bescinverden abzuhelfen, man habe in diese Beschwerden 
nichts Anderes eingebracht, als was in göttlichem und mensch- 
lichem Recht wohl begründet ist und eine Obrigkeit der anderen 
zu leisten schuldig ist, ,aiicli thue das Reformationsformular 
Karls V. Fürsehung*, dass die weltliche Obrigkeit der geist- 
lichen Beistand leiste; die Geistliclien stützen sich ausschliess- 
lich auf ihre Privilegien und Immunitäten; ohne dass diesen 
Beschwerden abgeholfen werde, könne auch die geistliche Re- 
formation nicht erfolgen; da ciKllieh die Reformation auch den 
Laienstand betreffen solle, so habe man einen eigenen Titel 
,von der Zucht des Vi)lkes* (de disciplina poptüi) eingesetzt. 
Hit der Publication der Statuten habe man innegehalten, ,bis 
ein Verstand und eine Vergleichung zwischen I. Kgl. D* und 
den Ordinarien abgeredet und gemacht werdet Man halte es 
für gut, dass der Künig etwa in der Woche vor Pfingsten 
einige geistliche, gelehrte und geschickte Räthe mit voUmäch- 



* Cui et patrai «Itro awenMrant rati hae fwarentia« dgmfieatiotte pn- 
BiorOA tibi eonciliatam ifi piincipdm a&imoB. 

* Die Instraotion der Oeaandten trügt das Datum des 23. April 1549. Sie 
iinriet .sich im steiermürkiHchen LudeMurdiiT, Sign. B 1« 26» 1649» und 
im Salxbuiger DiOcQMiuurchiv. 



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173 



tiger Gtewah nach Sahboig abordne, wo auoli die OeBefattAB- 
trSger der BJsohtffe eintreffen würden. E2üe ibae Noth. Das 
yMandaf stim Mindeaten soll ebeatens in den Druek gelegt 
werden; daher legte man auch Ton ihm ein Exemplar vor. 

Kdnig Ferdinand antwortete hierauf am 10. Hai:^ Er 
habe die Schriften, ,80 viel es in der £11' mögHch gewesen, 
1lberle8en^ Er wttnsehe auch, dass mit der Eröffnung der Sta- 
tuten stillgebalten w^rde, bis ein Vergleich gefunden sei, und 
lasse sich die Tagung in Salzburg gefiülen. Er sei fUr die 
Durchfuhrung der Reformation durchaus eingenommen, aber 
die Sache sei an sich schwierig, der Ubergebenen Titel vide 
und greifen in die welthche Jurisdiction. Sollen diese Dinge 
mit Sorgfalt berathschlagt werden, so sei die gegebene Frist au 
kurz. Man werde — ^ Monate Zeit brauchen, um erat die 
Berathung durchzunehmen. Dann wären gelehrte und erfah- 
rene Männer nacli Salzburg zn senden, ,Tim zur Erhebung der 
alten wahren Religion und des geistliehen Standes und aur 
Pflanzung des christlichen Lebens und xur Ausreutung der 
ärgerliclien Irrthilmer das ihrige zu thun'. 

Gegen die Statuten hatte auch Baiem Einsprache erhoben. 
Am 17. Mai liess Herzog Wilhelm sein Befremden ausdrilcken, 
daas sie in Widerspruch zum lufüimationsentwurf Karls V. 
BtQnden. In der Antwort des Erzbischofs vom 25. Mai wird 
schon auf die Verhandlungen hingewiesen, die mit Ferdinand I. 
Btattfioden sollen. Zur Tagsatzung sei der 1. August in Aus- 
sicht genommen. Für diese Verhandlungen suchte Ferdinand 
die Grundlagen zu schaffen. Er sandte die Provinzialstatuten, 
Mandate und Beschwerden an den steirischen Landeshaupt- 
mann Hans Ungnad, Freiherrn von Sonnegg, mit dem Befehl, 
sie durch die yerordnetcn Ausschüsse und gelehrte Leute be- 
rathen und auch die Beschwerden der WeltUchen gegen den 
Clerus erheben zu lassen. Es komme ihm vor, dass die Sy- 
node die geistliche Jurisdiction zu Abbruch der landesflirst- 
licheu Hoheit und Obrigkeit zu weit ausgedehnt habe. ^lan 
möge ihm einige gelehrte Männer nennen, ,die man zur Ver- 
richtung dieser Sachen brauchen könnet* Ein gleichlautendes 
Schreiben ging an die Landeshauptleute von Kärnten und Ober- 



* Oopi« im »teisfiniildidM« LandeBSrehiv, Landtagtaeton 1&49. 

* LwidsMrcbiT, Orisii»twbreib«n vom 28. M^. 



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174 



toterreieh and den Xisndjiianohall von Niederteierreich Andre 
▼on Puchhaim^ und an die nieder- und oberOBterreichiflehe 
Regierung in Wien und Innsbrack. Endn blieb auBgescblosaen, 
da es nicht sur Salabui^er ProTini gehOrta^ aber die Folgen 
dieser Irrungen trafen sehliesatich auch Krain. 

Ungnad meldete am 4. Juni an die niederOBterreichiBche 
Regierung, er habe die Sache unTerweilt ^etlichen Herren und 
Landleuten yoigetragen', sie sei so wichtig, dass man nichts 
ttberstOrzen dOife, auch seien der Schriften sehr viele nud über- 
dies in lateinischer Sprache, so dass schon die Uebersctzung 
viel Zeit koste. Diese dürfte am nächsten Hofthaidin^ am 
St. Mar^arethentag (Juli 14) iiocli nicht vorliegen. Man werde 
die »Siichc übcrlmupt erst vor das Hofthaiding bringen. Gelehrte 
habe iiiaii nieht zur Verrii<^ung, l il bei dem Salzburgi- 
sohen Synodo gewest^^ das heisst also wohl, schon Partei gc- 
iiuiiimen hatten. Die Verdeutsehnng der Statuten möge in Wien, 
wo CS an tüchtigen i lieologen ja nicht felde, vorgcnonunen 
werden. Die deutschen £xemplare mögen so bald als möglich 
hercingesandt werden. 

Das Hofthai din«; tagte am 24. JuH. Hier wurden die 
Dinge in Verhandlung gezogen. Da aber nur eine verhHltniss- 
mässig kleine Anzahl von Herren und Landleuten die Ver- 
sammlung bildete and diese der Majorität nicht vorgreifen 
wollte, so beschloss man, den Landesfünäten am , einen Landtag^ 
oder eine gemeinsame Zusammenkunft der niederüsterreichi- 
schen Lande und der Grafschaft Tirol zu bitten.^ 

Damit aber inawiBchen nicht gefeiert werde, wnrde ein 
el^liedriger AuBschuss gewählt, der sich im Falle der Koth 
noch durch gelehrte Personen verstärken durfte, und dem auch 
sonst Herren und Iiandleute nach eigenem Ermessen beitreten 
durften. Er sollte die nothwendigen Yorarb^ten ftlr den Aus- 
schusslandtag besorgen. Wttrde dieser nicht bewilligt, dann 
sollten aus allen Vierteln Herren und Landleute erfordert, die 
yerfasBten Schriften ,abgehttrt' und an den KOnig oder die Re- 



Uio» ist vom 16. Juui datirt. Die 8chreibea su die LandeahAuptleute 
von Kirnten, Krain waä OberitatetreiGh Uagen aiebt Tor, aber eto wurden 
Kweifelloe, wie man am einer Note an einem spiteren Behflltscacke 

achliesflen darf, abgpesandt. 
liAndeMrchiv Steiermark. 



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175 



gierung eingesandt werden; die Grundzüge für die Beratbung 
wurden schon jetzt in allgemeinen Zügen erörtert. Man le^^t 
Werth duraul", dass die Gewissensfreiheit betont, die lutherischen 
Bücher und Gesang' nicht verboten und daä Abendmahl 
unter beiden Gestalten gereicht werde. 

Von den Wünschen des Ilofihaidings wurde die nieder- 
österreichische Landesregierung unverweilt verständigt. * Fer- 
dinand, der eben noch (Juli 27) zur Abschati'ung gewisser Un- 
ordnnng(!n und Uebergriffe der Canoniker und des Clerus der 
Diöccse Aqiiileja Verordnungen erlassen hatte, schrieb am 
29. Juh au Hans Ungnad, er habe die Absicht gehabt, die (Ge- 
sandtschaft nach Salzburg schon am 1. August abzuschicken; 
da aber das räthüche Gutachton ans Steiermark bisher nicht 
eingelaufen sei, so wird die Frist aut den i. JSej rf mher erstreckt. 
Bis zum 10. August hotte er das Gutachten in Händen üu 
haben.* Ungnad legte die Behandlung der Angelegenheit auf 
einem Landtage dem König dringend ans Herz, ^ dieser aber 
meinte, es sei nicht nöthig, deshalb den Landtag zu berufen, 
da ja das Gutachten blos von dem Landeshauptmann und den 
Verordneten, nicht aber von dem ganzen Landtag verlangt 
wurde. Ungnad möge daher dem an ihn erflosaenen Befehle 
unverzüglich naehkommen.^ 

Aehi^lich wie In Steiennark dürfte der Verlauf der Sache 
in den ttbrigen Ländern gewesen sein. 

6. Dm tttttachten der niedeHJsterreiclilselien Bef^ernng 
Uber die Besehwerdeii des Clems und die Statuten der 

Synode* 

Noch waren die Berichte der ständischen Körperschaften 
nicht eingelaufen, als die niederösterreichische Regiemng ihr 



> Man thdlte ihr auch mit, dan ddi ^ dm Statuten ein Abgang finde*. 
Jener Abgang findet rieh eneb jetsk noch. Er wurde abo troti der 
Bitte der Landschaft nicht gutgemacbt. VerrollstJtndigt warden rie in 
deutscher AuHgabe und mich für Kärnten» wocanf die Kärntner an Ibra 
Antwort einen Xachtnig lUifQgtdO« 

' Landesarchiir äteiermark. 

' I<atideflarchiv, Reformation, allgemeine Augeiogenbeiten, 1&49, AuguatÖ. 
« LatideaaichiT, Landtagaaeten 1649, Original, 



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176 



Gutachten Uber die Beschwerden der Geistlichen und die Syno- 
dalstataten an den König einsandte. Es geschah am 7. August. 
Das Schriftstück wendet sich mit änsserster Schttrfe gegen alle 
Uebergriffe der Geistlichkeit in die Competensen der weltlichen 
Obrigkeiten und ist toU von den bittersten und beissendsten 
Bemerkungen Uber die im letsten Grunde meistens unkirch- 
lichen Ziele des Clerus. Wenn sie das Vorhaben der Geist- 
lichkeit nicht in allen Punkten» schreibt sie, billigen könne, 
geschehe dies allein ,aus hoher Nothdurft', weil sie finde, ,dass in 
diesen Handlungen und Verordnungen an mehreren Stollen die 
Ursache und Zerrüttung des geistlichen Standes und dessen 
Abnehmen dem Künigc zugemessen werde» und dass sich die 
Geistlichkeit unter dem Schern der Religion weltiiche Sachen 
anmasse, was der Hoheit des Hauses Oesterreich und den Frei- 
heiten seiner FOrstenthUmer su ewigem Nachtheil und dem 
guten Wesen sur Schmälerung und xum Schaden gereichen 
wQrde'. Die Regierung ist wie schon früher so auch jetat der 
Meinung» sich »dieser Statuten halber mit den Geistlichen in 
keine gesonderte Verhandlung oder Disputation einzulassen, 
sondern die Sache entweder auf ein allgemeines Concil oder 
aiü eine weitere durch den Kaiser und die Reichsstilnde vor- 
zunehmende Retorniation und Vergleichung zu stellen'; denn 
was die Religion, den Wandel und die Sitten der lieistlielikcit 
betrete, das sei schon liinj^^st in den geistlichen Hechten vor- 
gesehen, und darüber bedürfe es keiner neuen Statuten. Die 
Synode hätte sich ausschliesslich damit beschäftigen sollen, wie 
diese alten Docrete und Ordnungen bei der Geistlichkeit ins 
Werk gerielitet werden könnten, und eben weil man dermalen 
diesen Dcereten nieht in allen Punkiea nachgehen könnte, habe 
der Kaiser die Keforniationsloriuel Hüsg{dien lassen, darin das- 
jenige, was zur Keformation des geistlichen Standes iiothwcndig 
sei, bedacht und geordnet ist. An diese hätte man sich, einige 
Artikel ausgenommen, über die sie spater bericiiteu werde, 
halten müssen. Würden die Geistlielien die«! gethan haben, so 
hätte man ihnen die gewUuschte Hille nicht versagen künuen. 



* Der n. 8, regierang und eAmer guetb«dtiiikh«a iibar der fOiiCUdisn, to 
KU 8«lsbaig in beMunblnng ««weMD, flliyobi»ekte baiehweniiig and sta« 
tuta. Archiv des UnterrichteminbtariniiM, 68 C, Salxbnrg. Die obige 
Duatelluiig bäli Bich tut w<trtliob an dies gut gesobriebene Qutachtan, 



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177 



Weil sie aber Dinge einfUiren, von denen in der kAiserlichen 
Reformation keine Rede ist, und velohe die Religion, die Ehre 
GU>tte8 und Zucht des CSlerus nicht berOhren nnd demnach 
gleichgam flir sich selbst eine besondere Reformation ^wider 
dem Directorio' anrichten, könne die Regierung dem König 
nicht rathen, darin einauwüligen; denn er&Üich wflrde hiedurch 
die so schwer zu Stande gekommene kaiseriiche Refonnation, 
der die vorliegende in einzelnen Punkten snwider sei, zorllck- 
gestellt, als sollte die kaiserliche Reformation nicht genug sein; 
soTid sich zweitens bei diesen gefilhrlichen Zeiten und augen- 
scheinliehen Mttngeln der Priesfcerschsit refonniren lasse, habe 
schon der Kaiser gethan, nnd dass er weiter nicht habe schreiten 
wollen, sei nicht ohne gerechte Ursachen geschehen. ,Eb habe 
der Synode nicht gebühren wollen, solche fremde und wellJiohe 
Sachen nach eigenem Ermessen ohne des Kaisers und der 
Seinigen Vorwissen ihren Statuten satzweise einzuverleiben, 
nicht anders, als ob diese in einem Conoil beschlossen seien/ 
Soweit ging ja ubri;:^ens die lidugniiis der Syuodc nicht, dass 
sie wider die künlgl. Majestät und deren Unterthanen in den 
fürHtlitlien Stiften, geistlichen Lehenseliaften, Vogteien u, n. w. 
sich zum Vortheil, anderen zum Nuclitheil, einigem Mass und 
Ordnung geben könnte. Wenn sie, die Geistlichen, auch zur 
Beschönigung ihres Vorgehens in ihrer Instruction etliche Ur- 
sachen einführen, so seien diese doeh nicht stiehhliltig. denn 
ei.-tlich werde die kuuigl. Majestät ganz unbilli«: beschuldigt, 
dass sie den Beschwerden der (lei.stUehkeit keine Alihilfe ge- 
wilhrt habe, zweitens k iiiiten diese Ursachen allenfalls jjcgen 
jeuc l*ersonen eingeführt werden, die ,dawider nit ^'eti-eit seien', 
nicht aber gegen die künigl. Majestät und deren Unterthanen, 
welche in althergebraehtem Gebraiieli ihrer Hoheit, Freiheiten 
u. 8. w. seien, wenn drittens d i Kaiser die weltlichen i? ürsten 
mahne, den Geistlielien .zur Kxeeution verholfen m sein*, so 
beziehe sich das nur auf die kaiserliche Kcforniatiousformel, 
die ftber so gestellt sei, dass Niemandem an seinen Rechten 
Abbruch geschieht; endlich ist viertens auch ihr Vorgeben, 
wenn ihren Beschwerden nicht Folge gegeben werde, könne 
die Reformation der Geistlichkeit keinen Fortgang gewinnen, 
ganz anerheblich, denn was ihre bischöflichen und sonstigen 
geistlichen Aemter betrifft, seien sie durchaus unbehindert. Es 
setzen selbst die Kirchensatzangen fest, dass sich die Geistlich« 

ArtUr. LXXX?. B4. I. Hilft«. i8 



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178 



keit, um ihrer Ptlicht besser nachkommen zu kOnnen, aUer 
weltlichen Händel und zeitlichen Güter entscblagen soUe; da 
sie dies ni 1 1 thue, wird die Schuld ihres zerrütteten unpriester- 
licheii Wandels ganz unbillig der weltlichen Obrigkeit beige- 
messen. Sie mUssten die Reformation nickt mit den zeitlichen, 
sondern mit den geistlichen Dingen beginnen. Und doch gehen 
diese Statuten mehr darauf aus, wie den Biscböfen, PMÜaten, 
Domherren und anderen ,Voigehem' des geistlichen Standes 
ihre Hoheit und Gewalt, ihr Ansehen und ihr Eigennuts ge- 
fbrderty als wie den armen Priestern in ihren Beschwerungen 
geholfen werden mOchte. Wtirde man das Iietatere tbun, so 
mtlssten vor allen Dingen die Zehenten, Piarrbesten, Beneficien 
und andere Grttnde und Qüter, die jetst ,haufenweis und ohne 
ErsKttigung' den Piairen entsogen werden, und welche die 
Prfdaten in Hftnden haben, freigelassen werden. Dann konnten 
sich die armen Priester, denen sie fast nichts oder doch nur 
wenig reichen, davon erhalten und würden in den Österreichi- 
schen Iianden nicht so viele unbesetaste Pferren gefunden werden, 
wie es jetst leider der Fall sei> wo eine so ungeheure Zahl 
von Christenmenschen im Leben und im Sterben des Trostes 
des göttlichen Wortes und der Sacramente beraubt sei. 

Wtlrden sie das Volk unterweisen, Sacramente spenden, 
statt sich an Qbennässige Pracht, ungeistlichen ,Ladschafien', 
Verschwendung geistlicher Güter, womit sie nicht geringen Un- 
willen erregen, zu erfreuen, würden sie unter sich eine solche 
Ordnung aufrichten und halten, dass nicht einer, welcher der 
Kirche nicht die geringsten Dienste leistet, so viel hat, dass 
dadurch sochsj sieben, acht oder noch niclir Priester, die das 
arme A^olk belehren, crlialten werden könnten, während sie jetzt 
Mütli leiden: das wäre eine rechte, wahre, christliche 
Reformation. Eine solche mUsste vor Allem ins Werk ge- 
richtet werden. Das aber thun die l^rälatcn niclit, und so wird 
auch diese Reformation nicht viel nützen. Die Schuld niüssten 
sie sich selbst zuschreiben, ihrem ,uner8ättigten Wesen und 
liederlichen Wandel*. 

Es hätte ihnen demnach nicht gebührt, in die Statuten 
solche fremde, rein weltliche »Einführungen^ zu inadicn, der 
kaiaerlichen Reformation vorzu^^reifen und den König Fer- 
dinand ,unter dem Namen der weltlichen Obrigkeit' zu verun- 
glimpfen. 



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179 



Die Statuten entluüteD ja Tiel Gates, als was da ▼on Si- 
monie, Biflcfaofsweihen, Versehung der P&iren n. s. w. gesagt 
wird, aber in gegenwJIrtiger Zeit sind es die obersten Geiste 
lieben mebr als die gemeine Priesterscbaft, die sieb gegen diese 
Punkte vergeben. Die Oberen mttssten denn einmal an sieb 
selbst den Anfang macben. Würde man nnr die arme Priester* 
Schaft unter die Statuten bringen woUen, und würden die geist- 
lieben Fürsten, BisebOfe, Domberren, PMlaten and Erzpriester 
in ibrem alten, prächtigen, eigemiützigen, liederiieben Wandel, 
in ihren EaafiDannsbAndeln, ihrer Erttmerei and dem bösen 
Ebenbild Terbarren, so würde die Zerrüttung in der Kirche 
zunehmen und der letäte Irrthnm ärger sein als der erste. 

Vielleiobt haben sie ihre Zosammenkniift zumeist deswegen 
gehalten, damit sie unter dem Sebein der Religion ihr aeitlicbes 
Wesen erweitem und aas der landedUrstlicben Jurisdiction 
bringen könnten, denn dass den ElOstem kein Anwalt mehr 
gesetzt, die geisdieben GHlter ohne bischofliehe Eriaubniss nicht 
^verändert', Yon Klöstern und Zechen kein Anlehen mehr be- 
gehrt, die Klostergüter nicht mehr ftb* Kammergüter geachtet, 
nirgends anders als vor dem Ordinarius Recht gesucht werden 
soll, dass die GcistJichkeit von allen ^lauthen. Zöllen, Landsteuem 
frei und exompt und in actionibus realibus nicht vor die welt- 
liche Obrigkeit gezogen, die öffentlichen Laster und Criniiual- 
ffllle von dieser nicht gestraft, sondern Alles voi- die Ordinarien 
gewiesen werden soll, das Alles seien Dinge, die mit der Reli- 
gion nichts zu thun haben und Zucht und AV'andel der Geist- 
Üclien nichts angehen; vielmehr sind sie im Grunde dabin ge- 
richtet, dass sie in die Rechte des Tjandesfllrsten eingreifen. 

Öe. Majestät der König werde sich erinnern, als ihn seiner- 
zeit der Erzbischof Matthäus und der jetzige Erzbischof, da- 
mals Administrator von Passau, bewogen haben, durch Generale 
dahin einzuwilligen, dass keiu Geistlicher mehr seiner Zehenten 
und seiner Güter wegen vor den weltlichen Gerichten zu er- 
scheinen schuldig sein solle, was das für Beöchwerden im Lande 
verursacht habe, bis diese Bewilligung durch , andere jüngere 
Generale' zurückgenommen wurde. Was sie dazumal durch 
ihre Praktiken und ihr ungleiches Anzeigen nicht crhah< n 
konnten, das suchen sie jetzt unter dem Schein der Ivcligiou 
vom Neuen zu erlangen. Es gebührt Uinen aber nicht. Als 

Geistliche sollen sie sich nicht des weltlichen Schwertes anmasseo. 

1»* 



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180 



Wollte auch Se. Majestät hierin der Geistlic hkt it etwas 
Duchseliuu, es würdt; doch bei den Landen nichts äsu erhalten 
sein, jdenn halten sie schüii ob der persönHchen Krseheinun^' ^ 
so steif, wie viel weniscer winden sie gedidden, dam die Geist- 
Hchen mit ihren h'e^^cnden < Gütern, Gülten und Einkommen aus 
I. M' Jurisdietiou «^ezoi^eii und vor fremde, verdächtige uud un- 
leidliche (Berichte gewiesen werden' ? 

Se. Majestät wolle sich demnach auf diese untermischten, 
unleidlichen, schimpflichen und in den meisten Artikeln nidit 
gut gegründeten Beschwerungen und Statuta nicht allein nicht 
einlassen, sie hätte vielmehr gerechten Qrond, sich hierüber zu 
beschweren. 

Die Regierung geht nunmehr auf die Beschwerdepunkte 
der Qeistlichen im Einsefaien ein. Wenn sich die Geistlichkeit 
beschwert, dass man seitens der Weltlichen Pk«diger ohne yor* 
herige Examination aufnehme, so sollte sie solche Fälle zur An- 
zeige bringen, man werde dann Abhilfe schaffen, es mttsste 
aber Vorsorge getroffen werden, dass diese ^Examination' in 
Eurer Majestät Landen ,bei den gewöhnlichen Aemtem' ge- 
schehe, so dass die armen Plriester deswegen nicht genOthigt 
sind, nach Salzburg oder Passau zu ziehen. Auch mttsse diese 
,Examination' durch ehrbare, gelehrte, bescheidene und zur 
Examination taugliche Priester geschehen. ,Dann k(}nne man 
Euer Majestät nicht bergen, dass die bischöflichen Officialämter 
zu Wien und Passau dermalen mit zwei Laien, die allerdings 
gelehrt seien, aber mit keinem Priester besetzt seien, wie es 
von Rechtswegen sein soll. Diese Geistlichen reden immer 
nur davon, man solle sie von ihren Rechten nicht dringen, und 
bleiben doeh in vielen Sachen nicht dabei. Worin sie sieh 
nun selbst dispensircn, das sollten sie doch so streng nicht von 
den L-Au n fordern. 

Auch wertn sie sich beschweren, dass die wcltliehe Obrig- 
keit ,unersiicht' ITnnd!nn<:en und Proeesse der Ordinarien vor- 
nimmt, so ist diese Behaujitnii^'- viel zu allgemein: mnii miisstf 
anzeigen, wo, wann, in welchen Fällen und durch welche 



lüpriUiPr folgt weiter unti'ii iinrh puu» orklnri'mlt« Sti-Un: ^iiNJändisolM" 
fjeistliclu^ l'iii-fston und Bisc'lii">f<< tniissten wegen ihrer in die.spn iJinderu 
goleg^oneii Uuter persönlich vor den LandrecUten erscheinen und mütisen 
M noch/ 



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181 



Obrigkeit solclies geschehen ist; erst dann wttrde man wissen, 
was an den Sachen sei, denn was ,meni eeclesiastica' seien, 
geschehe ihnen keine Veriunderung. ^WoUen de aber hienmter 
das verstehen, was zeitliche Gttter und Händel, als Schulden, 
Onxnd und Boden, Brief tmd Siegel berührt, so seien sie hiezu 
nicht befugt, da all' dies stets Ew. und dcro nachgesetzten 
Obrigkeiten zugehört habe/ 

Wenn das Volk während der Predig't aiii" den Friedhöfen 
herumstehe, so darf das allerdings nicht jrediddet werden, aber 
andererseits sollten doeh die Geistlichen auch bei den Predigern 
verfügen, dass diese auf' den Kanzeln nicht schelten nnd lästern, 
dem Volke nicht Märehen und was nicht zur Religion und 
Besserung des Volkes dient, vorsagen. Das ist doch die Haupt- 
ursache, weshalb das Volk ihren Predigten nicht gern zuhört. 
Man sieht ja wohl, wo es rechte, tapfere, cliristliehe Prediger 
gebe, da laufe das Volk in grosser Masse zusammen. 

Dass man Kirchhöfe und geweihte Stätten zu oÜenen 
Jahrmiirkten mache, ist wohl an manchem Ort alter Brauch, 
soll aber allerdings nicht statthaben, aber man vernehme, dass 
tlieser Misöbrauch nirgends mehr als bei den IIochi?tiften und 
Domkirchen getrieben werde, wo nicht nur auf den Friedliöfen 
und KreuzgUngcn, sondern auch unter den Kir( lithliren, ja so- 
gar im Innern der Kirchen solche Kramerei gestattet wird. 
Man möge also solch Aergerniss zuerst ,bei den Hauptcn' ab- 
stellen, die weltliche Obrigkeit werde dann schon das Ihrige 
dazuthun. 

Dass Laien ihren Hausfrauen, Kindern und Dienstboten 
den Kirchenbesuch verwehren, ihnen dj^egen daheim luthe^ 
tische und andere vcrljotene Bücher vorlesen, sei auch eine zu 
allgemein hingestellte Beschwerung. Man möge bedenken, dass 
viele ehrliche Lcut auf Schlössern, Edelmannssitzen und anderen 
entlegenen Orten ihre Wohnung haben; die können nicht in 
allwi'g Priester bekommen und können oft wegen der Weite 
des Weges, zur Wintersaeit oder bei anhaltendem Regen die 
Kirche nicht besuchen; mancher Mann kann wegen Leibes- 
schwachheit, manche Frau ilires hochschwangeren Zustandes 
wegen nicht vom Hause weg, da wäre es doch im hohen Grade 
beschwerlich und den Lehren der heil. V&ter zuwider, würde 
es in solchen Fällen untersagt sein, daheim etwas aus der Bibel 
m lesen. Solche Fälle müssten demnach in dem Artikel der 



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18S 



Geistlichen ausgenommen werden. Wo solche ürsaeheD nielit 
vorhanden seien, müssten die Kirchen gewiss fleissig besucht 
werden, wosu die Geistlichkeit durch gute Lehre nur beitragen 
mOge. Wie die Dinge liegen, kommt der schlechte Kirchen- 
besuch doch auch nur von dem liederlichen Leben der Geist* 
lichkeit und ihrem ungeschickten Predigen her. 

Darüber, dass man abtrünnige Ordensleute aulnehme und 
Bchütae, sei noch keine Klage vorgekommen. Man dulde Leute 
bei Pfiirren, Beneficien und KapeUen nicht, sie haben denn ihre 
ordentliche Dispensation und Erlaubniss. Auch in diesem Punkt 
mttssten Übrigens alle besonderen Fftlle zur Anzeige gebracht 
werden. 

jDbs Abendmahl unter beiden Gestalten sei ein Artikel, 
der jeteo in Spaltung schwebe;' er werde sich ohne Beschluss 
eines allgemeinen Concils nicht reformiren lassen, und bis dahin 
sollte man ihn auch ruhen lassen. 

Wenn geklagt wird, dass die Beicht nur im Allgemeinen 
geschehe, so kOnne hierin doch die weltliche Obrigkeit ^nicht 
Mass geben'. Nur wenn ein Christ sieh gar nicht zur Beicht 
bequemen mag, wird sie eingreifen dürfen. 

Betreffen die erwähnten Punkte insgesammt die ,Män^'cl 
in Religionssaclien', über die die Geistlichen Klage geführt 
hatten, so erwidert die Regierung nun auch auf die das Patro- 
nat betreffenden Beschwerden. 

Dass die Patrüiic das Kinkomiueu aus den Bcneticien zu 
iliiLiii Eigennutz verweiuhm, sei nicht gestattet. Die sich da- 
gegen vergehen, müssen angczei^^t und der 8cluiden gut ge- 
macht werden. Fälle solchen Ersatzes seien schon dagewesen, 
sollten noeh andere vorkommen, liege die Schuld wohl darin, 
dass die Geistlichkeit keine Anzeige erstattet habe. DaüS die 
Priester zu spül uder zu langsam prilsontirt werden, erfolge 
Wühl zumeist aus dem Grunde, ,dass die I*riester derzeit schwer 
zu bekommen seien*'. Geschehe es aus anderen (gründen, etwa 
des Eigennutzes wegen, so sei es allerdin^'s nielit zu dulden. 
Die (leistliehen mögen denn solehe Fälle zur Anzeige bringen. 
Au k?trafen werde es die Kegierung nielit fehlen lassen. 

Dass Untaugliche prilseutirt werden, ist bei dem Priester- 
Miaii-el nicht Schuld der Patrone, weiche die Priester nehmen, 
wie man sie bekommen mag, sondern der Geistlichkeit, die 
solche Xicute zu Priestern weiht. 



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188 



Dwrilber, dass nur schnftliclie PiUsentatiooeii Torkämeiiy 
habe man sich biaher nicht beschwert. Jeder Lehensherr soll 
«iorch seine Obrigkeit snr persönlichen PHIsentation des Priesters 
gehalten und Lttssigkeit darin dieser angezeigt werden. Da- 
gegen soll die Confirmation doreh Qffidale nnd Erspriester im 
Lande erfolgen, dann entfUlt auch der Qrund der schrifitlichen 
Präsentation. 

üass Leute , leihen, denen die Verlcilmn^ nicht zusteht, 
könne man nicht abnehmen*, dasa darin die (icistiichkeit be- 
scliwert sei. Wenn Jemand unbefugter Weise ,Ieiht', werde 
das Wühl zur Kenntniss des rcehten Lehensherrn kommen. 
Kommt CS dann zum i^treit, wird das Recht entscheiden. 

Man klage, dass die armen Priester mit dem Geld um 
die Possessbriefe Imch beschwert werden. Solche Fälle seien 
anzumelden, damit Wendung gethan werde. Wo aber einem 
Lehensherrn etwas nach altem Recht gereicht wird, so soll ihm 
das ,nit abgeschnitten' sein; billig aber Bei, dass die Taxen fUr 
die Confirmation nicht au hoch gehalten werden. 

Davon^ dass die nachgesetsten Obrigkeiten in den Pfiirr- 
hüfen ttbermflssige Zehrang treiben, wisse man nichts. Deriei 
Beschwerden seien den Pfarren durch Vögte zugefiigt und 
durch landesfürstlichen Befehl gerügt worden. Sollten trotzdem 
noch solche Klagen Qrund haben, so mOge die Anzeige erstattet 
werden. 

Wenn einzelne Ivohensherren wegen der Präsentation be- 
scfiwcrlielie Pacta aufrichten, sei das unbillig und nicht zu 
liuidcu. Aber man dUrfc hiebei nicht v* iL-^rssen, duss auch die 
geistlichen , Vorgeher* mit ihren Vicaren, die ihnen ihre Pfarren 
und Benetieleu verseilen, .abrechnen und paetircu', so dass 
arme PfaiTer sieli kaum länger als ein Jahr auf ihrer Pfarre 
halten können. Wollten sie also liirriu etwas reformiren, so 
müssten sie zunächst bei sieli anlangen. 

Die Ursache, dass die Priester Reverse geben müssen, 
liege auch bei der Geistlichkeit Manchem ist der Pfarrhof 
wohlversehen eingeräumt worden , war er geleert, ist er davon 
gesogen; andere haben vom Pfarrbesitz Theile , verschafft', 
teetirfc oder yeigeben, so dass sieh der folgende Pfarrer nicht 
erhalten kann. Damach sei es nicht unbillig^ Beyene zu 
nehmen. 



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I 



184 

Die Regierung kommt nun auf die ,intrusio in raonsibus 
papalibus^ zu sprechen. Das sei ein Artikel, der die RcligioQ 
nickt betreffe; damit werde auch den armen Priestern nickt 
gekolfen; er gehe nur die an, die nichts als den Eigennutz 
keben|> die sich in Rom die besten Pfarren ausbitten. Im 
Uebrigen geht aber die Oeistkckkeit auch hier viel zu weit, 
denn die päpstlichen Monate erstrecken sick nickt auf alle 
Pfarren und Beneficicn, sondern nur auf jene, deren Verleiliung 
den Biscköfen, Prälaten und GeistlicluMi zusteht, und darin ge- 
schehe dem Papst kein Eintrag. Mit den Pfarren und Pfründen, 
deren Verleihung den Laien zusteht, habe er nichts zu tkuu; 
aber diese wolle man jetzt auck an sick zickcn. Lässt sich da 
ein Lehensherr seine Gerccktigkeit nicht nehmen, so bat er 
durchaus nicht unbillig gehandelt. 

Man beschwere sich, dass die Pfründen jungen ungelehr- 
ten Knaben oder solchen Leuten verliehen werden, die gar 
nicht im Sinne haben, Priester zu werden. Das geschehe aber 
am meisten von der Geistlichkeit selbst. Viele haben nicht 
bloB gute Pfründen, sondern sogar hohe ansehnliche BisthOmer, 
nützen sie aus und gemessen Ihr EStnkommen, ohne — ein 
scharfer Stich gegen den Erzbischof von Salzburg^ — bis zu 
dieser Stunde Priester zu sein, und treiben, statt sich dem Stu- 
dium der heil. Schrift zu widmen, weltlichen Handel und Kauf- 
mannschaft. Was sie Laien versagen, sollten sie doch selbst 
nicht thun.' 

Auch die Beschwerde wegen der Wahl der PräUten sei 
eine solche, welche die Religion und die gemeine Clerisei nicht 
betrifft, und worin der Eigennutz der Geistlichkeit an den Tag 
tritt, da sie die weltliche Administration sammt der geistlichen 
Obrigkeit Uber die Kloster an sich zu bringen sucht. Dabei 
beschuldige man fiw. kgl. Majestät ganz unbillig, als ob sich 
diese unterstünde, Prälaten ein- und abzusetzen, oder wenn es 
zur Wahl kommt, Ordnung zu geben, wie man vorzugehen 
habe u. s. w. Was E. bisher in diesen Fällen gehandelt, 
das habe sie als oberster Vogtkerr und regierender LandesfUrst 
nack Recht un<l Billigkeit gctkan. Weil sick die Ordinarien 
um die Wakieii wenig oder gar nicht gekümmert und die 

> Zaun er V, S. 304. 

' Qula turpe est doctorl, cum culpa redargutt ipsum. 



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185 



Kloaterlenta, die dermalen snmeiet nnTentftndige nnd nner- 
&hreiie Leute aeieiii mit der Wahl haben hineinfallen lassen, 
80 das» flie nicht die tauglichsten, sondern jene wählten, die 
ihrem leichtnnnigen Leben nnd ihrer Verschwendung sugesehen 
und sieh selbst "prttchtig, unordentlioh und unwürdig gehalten, 
diuraus dann folgte, dass Stttck um StfLck Tom Klostergut yer- 
kauft werden mnsste: so habe E. kgl. eingreifen mttssen 
und dureh eigene Commissttre darauf gesehen, dass Personen 
gewählt oder postolirt werden, die in geistlichen und welllichen 
Dingen den KlOstem besser Torstttnden, damit das, was sur 
Ehre Qottes gestiftet wurde, nicht so schändlich Terschwendet 
würde. Den ESngri£P der weltlichen Obrigkeit ziehe man nun 
mit vielen Worten hoch an, der Ursachen aber, die dazu ge- 
ftthrt^ gedenke man nicht. Da der KOnig hierin nur seine 
Pflicht gethan, habe diese Beschwerde keinen Grund. Auch 
habe sich ergeben, dass diese Aufsiebt dem Klosterwesen nur 
zum Guten gereicht habe. 

Die Beschwerden über Beeinträchtigung der kirchlichen 
Visitationen sind der Meinung der Regierung nach durchaus 
gnindloB. Man weiss allgemein, wie lange die geistlichen Be- 
hörden selbst keine ordnungsuiässige Visuation gehalten, so das» 
,die Pfaffheit fast in ein liederliches un priesterliches Leben ge- 
wachsen'. Wäre ihnen dureh d\v Visitation der Laien auch 
ein Eintrag geschehen^ so hätte sie nichts verhindern dürfen, 
ihrerseits die Visitation so lange anstehen zu lassen. Es sei 
ein Recht und die Ptlieht des H<»rrschers, der zeitlichen Güter 
der Geistlichkeit wcjren Visitationen halten zu lassen. Man 
habe der ^'^ räcliwendung des dureh die Voreltern guütttteten 
Gutes hiuger nicht zusehen dürfen. Viel wichtiger sr-ieji noch 
die Visitationen behufs Abstellung des liederlichen uml unge- 
schickt*?n Wandels der ( a'istliehkeit: wolle die geistlieli* nUrig- 
keit solche vornehmen, sei i. M' bereit, zu helfen, wenn nicht, 
dürfe man den Grund der Verhinderung nicht auf die Welt- 
lichen werfen. 

Dass dureh die Weltlichen , Klöster ausgeboten werden*, 
sei nur in Kenn geschehen und sicher mit gutem Grund. Was 
die Bettelklöster betrifft, habe Se. Majestät gestattet, sie zu Spi- 
tälern umzuwandeln, da die Provinzialen durchaus nicht im 
Stande waren, die verödeten Klöster trotz allen Ersuchens 
wieder mit Mönchen au besetaen. Und auch die Umwandlung 



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186 



sei nur unter der Bedingung erfolgt, das» die Kldster wieder 
an die Orden ^.urttckgesteUt werden sollen, wenn man sie 
künftig wieder besetzen kann. 

' Dass die weltliehe Ohi ii^kcit ohne Vorwissen der Ordi- 
narien ,inventirt', sei altes Herkommen und geschieht zum 
Besten der Klöster und hindert den Ordinarins in den nicht 
exempten Klöstern nicht, an der Inventintng theilzunehmen. 
Die weiteren Beschwerden, dass man hiebei Barschaflen weg- 
schleppe u. 8. w., tdnnen sich nicht auf Oesterreich beziehen. 

Aach die Beschwerde wegen Entfremdung des Kirchen- 
gutes (de noD alienandis bonis ecdesiasttcis) sei nicht begründet, 
und So. sei hierin nach zwei Seiten hin verunglimpft; erstlich 
dass man fUr den der Religion hieraus erwachsenden Schaden 
den Landesfürsten verantwortlich macht, zweitens dass der 
Glems die Absicht hat, I. M* das Recht, ohne Erlaubniss der 
Bischöfe mit den Stiften zu verhandeln^ zu entziehen. ,Und 
das sei in Summa die Religion, die sie haben.' Den Vorwurf^ 
gegen Se. hätte man sich ersparen können, da sie im Gegeu- 
dieil stets die Religion ernstlich geschützt und an ihr in Wider- 
wärtigkeiten ,einen Eckstein gefunden habe'. Was die ^Quart' 
betreffe, sei nur gehandelt worden, was die geistlichen Rechte 
zulassen und der Papst gestatte. Auch sei die ,Quart' erst in 
der ärgsten Türkennoth genommen und mm gemeine, also 
auch zum Besten der Geistlichkeit verwendet worden. Und 
trotzdem seien hierin die Gotteshäuser so weit als möglich vor* 
schont und von manehem Stifl, namentlich in Steiermark und 
Kilrnten, weniger genommen worden, als wozu mau bereelitigt 
war; iiaiiientlicli seien auch die armen Klöster , übersehen* 
worden. Die Vcrkliufe seien zum Tlicil auf Wiederkaut ge- 
stellt vvonU n, und maiu hr riiilaten haben die Wiederlösung 
gleich angeboten, freilich nicht durchgeführt. Diese Antastung 
des 1 iMiidesfürsten dm*ch die Synode dürfe nicht ungeahndet 
gelacbc u werden. Man ersehe daraus am besten, welche Art 
von Reformation sie wünschen. 

Dass die Prälaten vom Landesfiirsten einen Consens 
haben müssen, wenn sie verkaufen wollen, sei nur billig: man 
müsse ein Wissen hri])eii. wie mit dem Gut gehaust werde. 
TJ'-ssc man ihnen frei, ilm in (^ fallen nach zu verkaufen, so 
ix^dürfte — wird ironisch beigcfii^^t — dieser Artikel keiner 
Reformation und stunde es ohnedies mit der Religion am besten. 



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187 



1Ia& dürfe ja aber einer solchen ,Terthttlicben^ Wirthschaft 
nicht znsehen. 

Ebenso habe die Majestät das Recht, die Prälaten nicht 
ihres Gefallens zusammenkommen zu lassen, denn man wisse, 
dass solche Oonventikel ohne Erlaubniss des Landesfürsten yer- 
botcn seien und was auf ihnen gehandelt werde. 

Was die geistliche Jurisdiction in eoolesiasticis betreffei 
sei den Geistlichen kein Unrecht zogefUgt worden, aber sie 
unterstehen sich, zu Abbruch und Schmälenmg der landes- 
ftlrstlichen Obrigkeit und der Landesfreiheiten die reales actio- 
nes und Sprüche um zeitliehe Gttter und Händel, wenn sie 
einen Geistlichen betreffen, vor ihre Oonsistorien und mit der 
Appellation gar ausser Land — etwa nach Salzburg — zu 
ziehen, Alles gegen die Rechte, welche L M ' you den Yoriahren 
fiberkommen habe. Dem dlirfe nicht länger zugesehen werden. 
Kein Weltlicher würde gegen einen Geistlichen im Lande Recht 
erhalten, aUes mttsste ausser Land zu den Consistorien laufen 
,und damit würden den drei inneren Ländern Steiermark, 
Kärnten und Krain ihre Freiheiten nicht allein genommen, 
sondern geradezu Terkehrt, denn bisher hätten ausländische 
geistliche Fürsten und Bischöfe wegen ihrer in diesen Ländern 
gelegenen Güter persönlich vor den Landrechten erscheinen 
müssen und müssen es noch'.^ 

Nicht anders steht es mit den AppelUtionen. Weil diese, 
schreibt die Regierung, des Hauses Oesterreich höchster Re- 
galien eine ist, und in realibus und allen weltlichen Sachen 
stets vor die vorordneten Küthe, das Kammergericht, Hofräthe 
und die Ke^ierung i^'.'in^^en seien, könuteii wir es nicht ver- 
antworten, wenn C3 hier zu Neuerungen käme. Es käme der 
Geistlichkeit selbst nicht zu Gute; denn viele seien zu unver- 
mögend, als dass sie nach Koni oder Salzburg gehen könnten. 
Man wolle einfach seitens der (Geistlichen auch die weltliche 
Hoheit und Obrigkeit an sich ziehen. Zu dem Zwecke wollen 
sie es dahin hringen, dass Laien, wenn sie vor daö geistliche 
Gericht gefordert wuideu, dort erscheinen mttssen. Diese Ge- 
walt habe in diesen Landen bisher nur die Regierung und die 
^nachgesetzte' Obrif^ki ii i:ehaht. ,Die anderen Gerichte haben 
keinen Zeugen, der ihrem Gerichtazwang nicht unterworfen iüt, 



1 S. oben 8. 180^ Note. 



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188 



vorzufordcrn, sondern müssen sich an die Obrigkeiten dieser 
Zeugen wenden; dort wttrden diese verhört und von liier aus 
werden ihre Aussagen verschloMen eingesandt Jetzt ^\olle 
man diese rechtmässige Ordnunj:^ zerrütten und cdch eine Übrige 
keit über die Laien, ^anz unbilliger Weise, anmassen/ An 
ihren wirklichen Rechten ist ihnen bei dem jetzigen Zustand, 
,wo de durch Nehmung eines ComparbriefeB die Kundschaft 
gleichsowohl erlanL können, nichts benommen'. 

Dass die Lehensherren den Pfrttnden Güter entziehen, 
einige vom Adel von den Zechlenten Anlehen begehren nnd 
wenn diese verweigert werden, das Yermlfgen der Zechen in 
die Steuer anaeigen, dass man das Vermögen der Zechen weg- 
schleppe u. 8. w., das seien meist weltliche Sachen, die mit der 
Religion nichts zu thun haben. Wofern diese Beschwerden 
gerecht sind, werde man Abhilfe schaffen; es soll aber in den 
einxelnen Fsllen darum angesucht werden. Diesen Artikel, 
schreibt die Regierang, schliessen sie mit besonders hohen Be- 
schwerden, ,dasB die Obrigkeit der Priester Malefissachen an« 
nehme, Urfehde von ihnen nehme, und wenn solche Priester 
prttsentirt werden, dem Ordinarius Mass gegeben werde, wie 
er mit ihnen au verfahren habe, dass man die Priester nach 
der Strafe des Ordinarius ein zweites Mal strafe n. s*. w.' Was 
die Annehmung und Ueberantwortung der Priester betreffe, 
habe es im geistltchen Rechte seine Ordnung, wenn der welt- 
liche Richter einen gefangenen Priester dem Ordinarius über 
antworten soU. Ist aber der Ordinarius so weit ^hintangesessen, 
dass die Ucberantwortimg in der bestimmten Zeit nicht ge- 
schehen kann', so soll sie ,auf 's ehendste' als es sein kann voll- 
zogen werden. Wo dagegen gefehlt wird, soll es zur Anzeige 
gebraelit werden. Dass man den Ordinarien Mass i;c;<eben, 
wie man die Priester strafen solle, odcT dass diese tiir ein Ver- 
gehen zweimal gestraft werden, davon wisse man nichts; solche 
Vorkommnisse müsscu gleichfalls zur Anzeige gebracht werden. 
Sollten sieh diese zugetragen haben, so wäre die Schuld nur 
der Geistlichkeit selbst isuzumessen, ,wcil sie der Priester öffent- 
liclie, ärt^orliche und gar oft auch maletizische Uebcrtretiiugen 
so liederlieh hingehen oder selbhi ungestraft lassend Die Re- 
gierung tugt ein grobes Verbrechen eines Priesters, Kn]>recht 
von Stör, an, ,der jilngstens einem Weilisbild einen Hutraueh 
gegeben, ihren Manu damit zu vergiften'. So sei der Propst 



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1S9 



▼OD Obemdoif ,aii8 dem Gtofilngniias gelaasen worden, den 1. M* 
wieder in Haft zn nelimen befohlen habe'. 

Wenn die Geistlichkeit bo Hederlich wie bisher in diesen 
wichtigen Dingen reifahTe, werde sich ,1. M* die Hände 
hierinnen nicht sperren lassen', sondern als Herr and Landes- 
filrst dermassen Einsehen nehmen, dass die Verbrechen an den 
Geistlichen nicht weniger gestraft werden als an den Laien. 

Was dann die ^Disposition' Uber die Priestergüter be- 
trifii und zunächst, dass sich die Weltlichen nnterfangen, die 
Guter der gefangenen oder entwichenen Priester' an sich zu 
ziehen, so dfirjfite dies darum geschehen, dass von den Gutem 
nichts entwendet oder gerechte Ansprüche der Weltlichen be- 
friedigt werden können. Sollte es ans anderen Motiven yor- 
kommen, wttre es nicht billig. Was die Beschwerde wegen 
der Inventirung der Habe verstorbener Priester, der Exequirung 
ihrer Testamente and die Reichung des Zehents betri£Ft, so 
werde man aus den von Sr. Majestät erlassenen Generalen sehen, 
dass sie stets ^billige Wendung geschafft habe*. Wo übrigens 
ein Geistlicher meint, dass er übervortheilt werde, möge er sich 
an die Obrigkeit wenden. 

Unbillig seien die Be.scliwerden wetren der Opfer und 
Seelgerätbe; sie seien nämlich ,nur daruui gestellt, dass die 
Bischöfe, Prälaten und \ or^^eher die Zehenten von Grund und 
Boden, die sie selbst den Pfarren entzo<j;en, um so leichter be- 
lialten uiöchten'. Zur Keichuug solcher Opfer soll Niemand 
gezwungen werden. 

.Dass Pfleger nnd Vii»;te hei der Stiftung der liülden sein 
wollen, ist auch eine Hcj^rhwerde, welche die Religion nichts 
angeht.^ ,Niein;indeTn soll lueriu genommen werden, was ihm 
nach altem Füchte zusteht/ 

Wenn die Geistliehkeit sich dagegen auflehnt, dass die 
Güter der Geistlichen Kammer<;üter j^^cnannt werden, so g-ibt 
sie zu erk»-nncn, dass sie unter dem iSehein der Relio;ion die 
landesfürstliche Obrigkeit und oberste V'ogtei wider die Frei- 
heiten des Hauses Oesterreich an sich ziehen wolle, so dass 
1. mit ihren fürstlichen Stiften wenig oder gar nichts mehr 
ta thun haben solle. 

Auch die anderen Beschwerden, dass der Cleras den 
Weltlichen den Zehent billiger verkaufen müsse, als er es sonst 
kdnnte, dass Edelleute ohne Bewilligang der P&rrer nach dem 



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190 



WohlgefaUeo der Weltlichen begraben, d&sB die Testamente 
nicht Tollsogen werden, die Geistlichen roboten mUsBen: all das 
seien Dinge, die einer Reformation nicht bedürfen, sondern 
wenn es hierin Klagen gebe, müssten sie der weltlichen Obrig- 
keit angeseigt werden. Was die Ahhaltong der Jahrestage 
betrifft, fehlt es mehr an der Geistlichkeit als an den Welt- 
lichen, denn jene halten solche Jahrestage oft ans Nachlässig- 
keit oder Kargheit nicht^. anch wenn die Erben der Stifter 
darum ersnohen. Hätten sie nicht ySosammenklanben wollen, 
was sich überhaupt nur gegen die Weltlichen' sagen lässt, so 
hätten sie wohl von dieser Beschwerde geschwiegen. 

Wenn ,Sammlangen' abgeschafft wurden, sei es deswegen 
geschehen, weil die GeistUchk^t Register anlege und aus der 
freiwilligen Gabe ein Recht schöpfe. 

Was das ,caritatiyum snbsidium' betriffst; geht der Rath 
der Regierung dahin, keinem Kloster an gestatten, anderen 
Hilfe 2U leisten als dem liandesherrn ; in Betracht kommen da 
der Reichthum des firzstiftes, die Tlirkennoth und die Lasten, 
welche die KlOster sonst, z. B. durch ihre Snbsidien an die 
Universität an leisten haben. 

Darin liege anch der Grund, dass den ,Abaenten' das, 
was sie beanspruchen, nicht gereicht werde. Man kluge, dass 
die Holden nicht von den Geistlichen besteuert werden dürfeu, 
sondern von den Weltlichen, nichts destowenigor würden die 
Steuern auf die Geistlichkeit geschlaircn, ,als ob sie nicht Hol- 
den zu steuern liiitten'. Diese Klage, zu der sie Fug hüben, 
mögen sie am künftigen Landtag anbringen. Die Geistlichkeit 
von Mauthcn, Zöllen, Aufschlägen und Taxen freizulassen, 
würde zu merklichem Abbruch der landesfürstlichen Kammcr- 
gctaile führen. 

Am h(>ch8ten zuwider sei I. der Artikel, dass sie den 
Prälaten und (Jeistlichen in diesen Landen keine Steuer odei- 
,Hiife* mehr auHegen, sondern, wenn es Noth tlme, die Ordi- 
narien darum ersuchen solle. Sic seien , dafür i^efreit'. Die 
Regierung will diesen letzten Punkt auf sich beruhen lassen, 
niaeht dagcp^en die Geistlichkeit aufmerksam, dass «Ii«- gefahr 
Hche Lage des Landes solche Exemption nicht duhict. 8<u es 
schon ))esehwer]ieh, Ihrer Majestilt etwas zu entziehen, was 
deren Vorfordern stets l>es«'sseu iiaben, so sei es geradezu 
öchimptlich, wenn L der ^Steuern wegen ,den Ordinariis und 



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191 



Bischöfen zu Gnaden gehen solltt/. Hier mUsse I. M* den 
Geistlichen das Missfallen att& Deutlichste zu erkennen geben. 
Da die Prälaten ihren eigenen Stand im Landtag haben, so 
müssen sie gleich den anderen Ständen zum gemeinsamen Mitr 
leiden beitragen nnd das nmsomehr, als biebei Kiemand, er 
sei reich oder arm, verschont werde. Wenn der verarmte 
Adelige und andere geawnngen seien, ihr Silbergeschirr nnd 
selbst KIdder zu verkaufen, um nur die Steuern aa beaahlen, 
warum sollten gerade die GetstÜchen exempt sein? Was fISr 
einen Unwillen mttsste das bei den anderen Ständen erwecken? 
So beschweren sie sich auch ganz unbillig ,der Zehrung ins 
CoDcili'. 

Erst in zweiter Linie nimmt die Regierung die Synodal- 
statuten selbst vor. Ganz unverändert will sie lassen die Ar- 
tikel 1, 2, 14^ 17, 19, 20, 22, 23. 24, 25, 26, 34, 35, 41, 42, 
46, 46, 47. (Die Titel der einzelnen Artikel s. in der Beilage 
Nr. 1.) 

Das Gapitel ,De Gonsnetndine' müsse der kaiserlichen 
Reformation entsprechend abgeändert werden, da dort viele 
alten Missbränche reformirt werden. Es sei nur zu sagen, dass 
mftnnigfieh bei seinen Rechten, Gerecht^keiten, altem Her- 
kommen nnd Gewohnheiten verbleiben soll. 

Was das Statut ,De Electionibns episcoporum' betrifft, ,wUr* 
nur zu wünschen, dass sie die dort gebrauchten Eingangs- 
worte nicht zu Wasser werden Hessen*. Was noch zu sagen 
ist, enthält schon die Antwort auf die Beschwerden. 

Jk'treffend daa Statut .De Continnationibus praelatomm' 
wäre zu wünschen, dass Prälaten und I'n'estpr hei Erlan<run^^ 
der Confirmation nicht so hoch uml merklicli ühcrnoiunien 
werden; flanu liegt der (irundj Jass sie so sehr in Abfall und 
Amiutli kouunun. Sie schreiben ja doth sonst so viel von den 
Bisciiwerden, die ihnen durch die Laien zugefügt werden, 
dieser aber wollen sie veigesaen. 

Was die Resignation l)etrt'ffc. soll keine gelten, durch 
die <lcni Lelicnsherrn die L('h<?nsi halt entzogen werden könnte. 
Das Statut .De < )idinatione ministromm ecclesiac" könne bleiben, 
nur müsse es nüt der kaiserlichen Reformation mehr in Ein- 
klang gehraelit werden. Am Statut ,De ordiue eeciesiasti- 
coruni* wird der Beisatz salva sedis upostolieae autoritate be- 
mängelt, denn damit ist dies Statut, welches sagt, dass Nie- 



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id2 

mand zu einem geistlichen Amt aufgenommen werde^ er sei 
denn ein Priester oder verspreche, in bestimmter Zeit Priester 
za werfen, schon wieder gemildert. 

Jbei dem Artikel ,De OfHcialium archidi&coni functionibus^ 
sei zn sagen, dass man an den Orten, wo es ein altes Her- 
kommen sei, ehrbare Erzpriester anstelle, mit denen das geist- 
liche Gericht nothdürflig versehen sein solle. Die Gewalt des 
Erzpriesters mOchten die Geistlichen etwa zu weit extendiren, 
daher wäre hier eine genaue Einsichtnahme in die Befugnisse 
nothwendig. Gering sind die Einwendungen zu den Capiteln 
,De parrochis ei Ticariis conducticüs', ,De praedieatione verbi 
Dei' und ^De dericis peregrinis'. Was hier zu ssgen war, 
wurde zumeist schon bei den Besehwerden abgehandelt. 

Was den Artikel ,De iudicüs et fbro competenti' anbe- 
langt, sei darüber, was zum forum poenitentiae gehört, kein 
Streit Aber in foro contentioso wollen die Geistlichen viele 
FttUe an sich ziehen, die vor das weltliche Gericht gehören. 
Der Fall ,in negligentia indids secularis' müsse weggethan 
werden, denn ist eine solche Nachlässigkeit zu erweiseU} so 
steht es I. zu, zu strafen, und sonst Niemandem. Dass von 
den geistlichen Richtern lateinisch gehandelt werde, lasse man 
sich gelallen, wenn sich aber eine Partei beschwert und wissen 
wollte, was und wie man handelt, mttsste man ihr willfahren. 

Stark angefochten wird der Artikel ,De sacramento poe- 
nitentiae', und zwar deshalb, weil die öffentlichen Verbrechen 
unmittelbar vor das geistliche Gericht gezogen werden sollen. 
,Da88 die GeisUiohen Ew. und dero nachgesetzter Obrigkeit 
dermassen die Händ' in der höchsten Gewalt des Schwerts, 
die in diesen Landen nur Ew. als regierendem Herrn zu> 
steht, sperren wollen, das ist bei uns mehr als zn viel und 
keineswegs zu dulden: E. M* verlöre das Recht, das Uebel zu 
strafen, und zweitens würden viele Verbrechen ungestraft 
bleiben, weil die Uebolthäter ^^sich um Geld abkaufen würden". 
Alle gute Mannszucht würde zu Grunde gehen, Friede, Recht 
und Gehorsam im Lande aufgelioben werden.' Die Regierung 
rttth dem entsprechend, dass der König in dieseni Tunkte sich 
nicht das Mindeste entziehen lasse, sonst möchte in Zukunfl 
ges^t werden, .dass König Ferdinand sieh die höchste Regali 
und Gewalt des Sehwertes, die seine Vorfahren iüblich erhalten, 
habe aus den üäuden winden lassen'. 



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m 



Dm Statut ,De Continentia Clerieonim' werde, wie die 
Begienmg l»eBOigt, auch molit Tiel helfen. Mit nerlichen 
Worten Bei niehts gethaiL Auch die Geiatfidieii seien Fleisch 
und Blnt Am hesten aei es, mit dem Artikel aof ein allge- 
meines OonciL an warten. Würde man die gemeinen Priester 
^ hart engen', so mochten noch viel mehr ans dem Lande 
liehen. In Aquileja, m Ungarn^ B^lhmen, Mshren, Schlesien 
und Poles halte man diese Strenge mit den Priestern nicht 
Nicht weniger als 1030 Pfarren seien in den LSndem der 
Passau'schen Jurisdiction unb^etzt. Man könnte ja eine Unter- 
suchung pflegen lassen, ob so viel hundert Personen (geistlichen 
Standes) in Ew. M* Landen gefunden werden, , welche Keusch- 
heit halten und die Pfarren und Gottes Gaben versehen könnend 
Im Falle der Bejühung wurde mau die ganze gemeine Geist- 
lichkeit au das Statut weisen, sonst wäre es besser^ bis auf ein 
allgemeines Concil , Toleranz halten zu lassend 

Im Capitel ,von den Klöstern* sei nicht wenig ausgelassen, 
wovon die kaiserUche Reformation handelt, ausserdem ist viel 
hinzugefügt, was sich dort nicht findet. Das sei zwar giit, 
werde aber jetzt wenig fruchten, übrigens seien einzelne «lor 
Beschwerden, wie das Einlccre?) der Jagdhunde oder di*' Ab- 
haltung von Tagsatzun^'cn in den Klöstern nicht auf die öster- 
reichischen Länder zu be/.ielicn. 

Auch in dem Artikel von den Arnienspitälem soll man 
sich mehr an die kaiserliche Reformation halten. Die Aufsicht 
über die von Weltlichen gestifteten iSpitäler wird iiinn wohl 
diesen lassen müssen, und das sei aucli bezüglich der Schulen 
der Fall. Man könne nicht begreifen, warum nicht Jemand, 
der das Vermögen daau iMsilsty für seine Kinder einen Schul- 
meister halten sollte. 

Der Artikel ,De praebendis ao beneficiis' sei in der kai« 
äerhohen Reformation anch besser geordnet. Der Ordinarius 
werde eingreifen mOssen, wenn die Verleih nn^'^ aus Nachlilssig' 
krit oder £igennnt8 verschoben oder der Lehensherr keinen 
Priester bekomme oder einem die Verleihung weigern würde. 
Mit der y&kenntniss der Tauglichkeit' sollten die geisthchen 
Behörden etwas ybescheidener' sein. 

Das Statut ,De rebus ecclesiasticis non alienandis' ist 
schon unter den Beschwerden behandelt worden. Was sie be- 
zQgfieh der Bechnnngslage der Geistlichen und der Inventirung 

AiAiv. LZZXT.Bi.1. Hüfte. 18 



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194 



des geistlichen Gutes sa^cn, lasse man sich gefallen) doch müsse 
beides mit Vorwisaen der Ordinarien und Lehensherren ge* 
schehen, dagegen könne nicht geduldet werden, dass sie den 
VOgten ,ihre Gerechtigkeiten abschneiden und eine bestimmte 
Besoldung geben wollen'. 

Was die Testamente Terstorbener Odstficher betriff^ sen- 
det die Regierung dem König die CSopie einer Confirmation m, 
die er der Friestersehaft in der oberen Steiermark jenseits des 
Semmerings gegeben habe. Daxans sei zu ersehen, dass die 
^Testamente der verstorbenen Priester alleseit unter der Dis- 
position der Landesherren gewesen seien und in den ausgegan- 
genen €teneralen den VOgten verboten worden sei, ^Eingriffe 
in die PfanrhOfe su thun'. 

Was die Titel |De immunitatibus ecdesiamm', ^De deei- 
mis et oblationibus', ,De sponsalibns et matrimoniis' betrifft, ist 
das Nothige schon in der Qegenschrift auf die Beschwerden 
gesagt worden. Den Artikel ,De ckndestina desponsatione' 
mOgen sie mit der hierüber ausgegangenen landesfilrsttichen 
Verordnung in Einklang bringen. 

Was den Artikel ,De haereticis' betrifft, kann sich die 
Regierung es nicht versagen, ein«i Strdeh gegen die Synode 
au ftihren: , Wiewohl Ew. M* die veritlhrerischen, einreissenden 
Secten auf das höchste verboten, gibt man ihr doch kein Lob 
dafUr. Schon daraus sei abzunehmen, wie die Geistlichkeit 
Ew. f\ir die empfangenen Gutthaten dankt und welchen 
Dank man noch in Zukunft erwarten darf* 

Was den Artikr! Simonia' aiihuiirt, müsse die Refor- 
mation bei den liäuptmi anfangen und auf die Glieder über- 
gehen, betreffend den \V uclier habe der Kaiser zuvor eine 
Verordnung erlassen, an die man sich halten müsse. 

Scharfe Bemerkungen fallen noch über die letzten Funkte. 
In dem Artikel ,De disciplina popnli* ,haben sie ihr Directorium 
(d. h. die kaiserliche Keformatiou) auch weit übergangen'. Dass 
die Laien von der Geistlichkeit ni« ht .schimpflich reden sollen, 
da iiiiissc man auf das Sprichwort weisen: wie sich Jemand 
hält, so singt und sagt man von ihm. Mögen die Geistlichen 
mit ihrem liederlichen Wesen nicht Anlass zu solchen Heden 
bieten. 

Die Mahnung, dass die weitÜehe Obrigkeit wider die 
Priester nicht ,wUthen' solle (Capitel ,De poenis*) sei ,zur 



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195 



Schmach' Sr. M* eingefiUul D«r' fizcommiuiieatioa der Welt- 
Jifihen gegenüber soll sieh die Qeistliehkeit nur bei gromeo 
üebertretttngen und aaeh dann nur mit ^Bescheidenheit' be- 
dienen, nicht ,um jede schlechte Sache, wodurch diese Gewalt 
bei den Laien in die höchste Verachtung gekommen sei*. 

Was endlich die Synoden betrifft, dürfen die Ilaudluii^^un 
und Beschlüsse nicht publicirt werden, sie seien denn zuvor 
I. M' vorgelegt worden, damit I. 31' sicli dHrinnen auch ihrer 
JLande Nothdurft ersehen möge. ,1. M' werde aus jetziger ihrer 
Zußammenkunh abzunehmen haben, was sie sieh auch über 
die Nothdurft der ReUgion hinaus zu handehi unterstehen 
\Mirdeu, wenn es ihnen so freigestellt wÄre, ihrem Gefallen 
nach und ohne irgend eine Widerrede Gesetz und Ordnung zu 
machen. 

Die Regierung fasst noch einmal ihre eigenen Hanpi* 
besch werden kurz zusammen: Die Geistlichkeit erlttest Statuten, 
,in dem, so olm Mittel E. M* unterworfen ist und greift E. M* 
mit unerweislichen Schmähungen und Hesehuldigungcn an'; in 
dem einen Punkt suchen sie die land<^sturstliche Hoheit und 
Dbrigkeit, in dem anderen die landesfürstliche Reputation zu 
»ehmälern. In diese Statuten zu willigen, könne die Re- 
gierung nur aufs Höchste widerrathen, da man sonst 
sagen könnte, Se. habe sich der ihr zustehenden 
Rechte selbst begeben, daher habe die Geistlichkeit selbst 
Ordnung geben und Statuta ausgehen lassen müssen, auch das» 
E. M' ,der Religion und dem getstUehen Stand ein ungütiger 
Fürst gewesen. Die Schmähungen, die sie vorbringen, können 
aber auf Niemanden als auf Se. gemünzt sein, weil es ja 
sonst im Lande Niemanden gebe/ ^der sibh solcher vermeinten 
Vei^ewaltigung und Drangsalirang der Geistlichkeit unter- 
stehen würdet 



7. Dm Bntaehten der olierVstemiehlselieii Beglernng. 

Die Statuten and Beschwerdeponkte der Synode hatte 
König Ferdinand auch an die oberOsterreiehische Begiening 
nach Innsbrack mit dem Befehl geinndt, sieh unverzüglich 
darüber au ttnssem. Am 17. Juni sandte ditfae eine Entschnl- 
digang ein, ^weshalb sie bis dahin die Sachen nicht habe an 



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Händen nehmen kOnnen'. Sie bezeichnete als die Penonen, 
die an den Verhandhingen nach Salzburg su schicken wären: 
den IVedjger Dr. Christoph Werterem, den Herrn Sigmund von 
Tann nnd Dr. Antoni Qaetta. Am 24. Juli wiedexholte Fer- 
dinand die Mahnnng, sieh mit der Einsendung des OutuefateBS 
Bu sputen, da die Zusammenkunft su Lanrensi stattfinden 
wfirde. Die R^emng war mit ihrer Berathnng damals schon 
an Ende gekommen, hatte die Ahsendung des Gutachtens aher 
rersögert, weil sie nicht wusate, oh die in Vorschlag gehraobten 
PersOnlichköten den Beifiül Ferdinands finden würden. Sie 
sandte es schHessfieh, ,da der Tag der Zusammenkunft schon 
so nahe', am 8. August dn. Wtthrend jenes der niederMer^ 
reichisehen Regierung 46 Blfttter fiust, genttgen dem Statthalter, 
Amtsverwalter, den Rogenten und Rüthen der oherOsterrnohi- 
schen Lande nur 17. Sieht man Ton einigen Fünkten ab, wo 
sie die landesftbntliohen Competenaen Terletst sehen oder 
schirfer herausheben wotlen, so ergibt sich im Gänsen und 
Ghroesen eine siemHehe Uebeceinstimmung mit dem Vorgehen 
der Synode. In l%rol lagen ebm die kirohlicheo Veibältnisse 
doch wesentlich besser als in Oesterreich. Man muss da im 
Auge behalten, dass der Eifer ftlr die von Karl V. angestrebte 
Reform in dem letzteren eben nicht blos in den ständischen, 
sondern auch in den Re^crungskreisen nicht gering war. Nach 
dieser Seite moclitc vielleicht auch Nausea nei^rcu, sonst wäre 
es unerklärlich, wie er der Träger jener geharnischten Bot- 
schaft sein konnte, die in Sakburg so grosses Entsetzen her- 
vorrief. 

Bei den ersten vier Artikeln finden die oberösterreichischen 
Regenten nur einen Anstand; in der Rubrik ,De electionibus' 
soll uMmlich der Name der kgl. M* umgangen und ,die Requi- 
sition auf die weltliclien ()l)r!i,^k ( itcn in genere' gestellt werden. 
Bei den Electionen oder Postulationen sei der Geistlichkeit in 
diesen Landen nie ein Eintrag geschehen oder sonst etwas, 
was sie an der freien Wahl gehindert hätte. 

Crpo-en die Artikel 5 — 14 sei nichts einzuwenden; in 15, 
iudiciis et foro competenti^ gehören zwar Sacrileg, Simonie, 
Ketzerei u. s. w. vor dm geisthchen Gerichtszwang, denn wenn 
z. B. Jemand in Ketzerei verfällt, muss dies von dem geist- 
lichen Gericht erörtert werden. Ist aber das crimen notorium 
und soll de poeaa crimiaalis iuxta leges seu ordinationes civiles 



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197 

gehandelt nrerden, so geUii^n diese FxUe vor das weltliche 
Gericht Auch die canne ezoommitnlcfttioiiti aoUen comm 
eoclesiastioo iudice gehuidelt werden, ,doeh deigestalt, ne gkr 
dio eioBmodo spirituali abatuitor eedeeiutici et quood cwisas 
prophanas et omnino UioM, wie denn bisher viel geschehen, 
tind dass die Ezcomninntcation mt missbrancht würdet Man 
sieht auch ans diesem Beispiele, dass man in Tirol auf einem 
wesentlich anderen Standptmkt sich befindet als in Wien, und 
so ist es bei den meisten folgenden Fällen; damit freilich hier ' 
der weltlichen Obrigkeit auch nichts vergeben werde, schlagen 
sie vor, dem Paragraphen die Clause! anzufUgen: ,ut puta per 
hcc tarnen nolumus serularilms potesiatil>us quoad poeiiab cri- 
rainales et bccuJarcs esse dtrugatum, (juaü ipM iure communi, 
c'onsuctudinc provinciali vel pragmatica imperii constitutione 
seil sanctione püssunt eiusmodi eriminosis infligere vel etiam in 
his casibus, qui mixti sint fori et in quibu« äücuiaris iudex po* 
(est cognoscere, quando ad civiles proceditur'. 

Auch in Ehestreitigkeiten wird hier der Anspruch des 
kirclilichen Forums gebilligt: ,aber wo quaestio facti cinfuel, 
als dass aine ainem andern vermahclt oder nit wär, üb der des 
siin oder nit sei, ob er eelich geborn oder nit, in disen und 
dergleichen fällen, wiewoi eh die ee berurt, tarnen quuniam 
( onsistit in facto, so mag der weltlich riohter auch darinnen 
erkennen*. 

Patronatssachen und was damit zusammenhängt, sind am h 
dem geistlichen Gericht zu lassen, nur in Fällen, wo etwa ein 
Laie dem andern sein jus patronatus zu geben oder zu schenken 
zusagte und solches hernach nicht thun wollte, oder darin einem 
Anderen Eintrag geschähe, dann käme die Sache vor das welt- 
liche Gericht. So auch in Sachen des Zehents: wenn es sich 
allein um die Frage handelt^ ob Einer den Zehent zu geben 
sehnldig sei oder nicht, so entscheidet das geistliche Gericht, 
wenn es sich aber dämm handelt, ob der Bauer den Zehent 
,nicht im Stadl und aus dem Sack, sondern auf dem Feld 
geben soll', das wird vor dem weltlichen Richter erörtert. 
,Oder wenn sich ein Span um einen Laicnzehent zwischen zwei 
Laien erhöbe, so soll die Sache auch vor den weltlichen Richter 
kommen, wie das die TiroHsche Landesordnung mit sich bringt' 

Die Causae adulterii civiliter intentatae quoad separationem 
,bedtlrfen keines Bedenkens, dass sie nit fori eecleeiastici sein 



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m 

sollten'. Wenn aber KacblSsBigkeit eines Ricbteni oder Ver* 
Weigerung der Gerecbtigkeit bis in die obersten Instanzen vor- 
liegt, mtfge die Sacbe vor das geistlicbe Geriebt gebracht, 
dieser Artikel in den Statuten demnach ausgelassen oder ab- 
geändert werden. 

Auch im Artikel ,De legatis ad pias causas* mttsse bei* 
gefügt werden: ,der weltlichen Obrigkeit nnvorgegriffbn'. 

Die Electionen, Postulationen und Confirmation gehören 
im Allgemeinen vor den geistliehen Gerichtszwang. Da aber 
£. an der Wiüil annehmlicher Prälaten gelegen ist, so em- 
pfehle sich der Brauch in Tirol, wo zu den Wahlen landes- 
fttratliche Rätbe und Commissäre geschickt und die Oapitel und 
Convento yermahnt werden, touglicbe Personen su erwählen. 

Streitsachen tun Beneficten gehören zwar dem geistlichen 
Forum an: ,wo sich aber in realibus actionibus, yel qnando 
agitur de fructibus et obventionibus teraporslibus, quae prove- 
niunt ex rebus spiritualibus', Sachen zutrügen, darin soll dem 
weltlichen Gerithtszwann: unbeuommtMi sein, so viel ihnen das 
gemeine Recht und der eingefUhrtc Brauch ziUässt, zu er- 
kennen. 

In Tirol sei Diatioli, wenn ein Priester absterbe, die Ver- 
hissenschaft durcli die vveltliclie Obrij^^kcit aiitnehmen zu lasson. 
Dieses liraiiehut» küiinte sie sich Tiiclit begeben, und in diesem 
Sinne sei aueh das Statut abzufassen, die Commissäre könnten 
dabei .mitlaufen lassen', Se. habe sich hierüber mit dem 
Bischof von Hrixen in Unterhandlung eingelassen. 

Ge^en die Capitel lü — 2() erliebt die Behörde keine Ein- 
wendunpj; geringe g^eiren 27, ,Dc monasteriis et vita rcgulari', 
wo man namentlich bezüglich der Stenern am alten Brauch 
nicht rütteln solle. Dasselbe gilt von den Capiteln über die 
Spitäler und Sehulen: wo die Weltlieiieu vordem Recht ge- 
ha})t, soll o« verbleiben. Die Sehulmeister vor ihrer Aufnahme 
den ( )rdinanen zu präsentiren, würde den armen Städten und 
Märkten beseliwerlich fallen. Hier würde die Auisicht der Re- 
gierung genügen. 

Bei dem Capitel ,De rebus ecclesiarum non alienandis' 
wird auf die Rechte hingewiesen, die der Landesftlrst durch 
Privilegien, Indulte u. s. w. erlangt habe, an diesen dürfe nicht 
gerüttelt werden; im Uebrigen wird an den Statuten 30 — 36 
wenig geändert Zu 34 wird die Beibehaltung des Festtages 



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199 



Maritt Verkttndigung, der nnr durch ein Veraehen ausgefallen 
sein mag; gefordert Bei Artikel 37 ^De sponflalihns' wird an 
die entsprechenden Paragraphe der Tiroler Landeeordnung er- 
innert Auch diePnnkte 88 — 46^ sind der Anrieht der Regierung 
naeh ydem gemeinen Reefat und der Ehrbarkeit gemiss' gestellt 

Um aber den Reehten des LandesflUrsten niehts zu Ter* 
geben, wird noch bemerkt: Sollten diese Statuten in Druck 
kommen^ ,80 sieht uns (\Xr gut an, dass sich die Coramissäre 
ausdrücklich vernehmen Hessen, Ew. kgl. M* hätte diesen den 
Befehl ertheüt, bei der Tagsatzunjj alles das zu bcfiirdeni, was 
zur Wiederaiifrichtuntr der alten Ki li<icion uiu] ^uter Reforma- 
tion, sowie auch zur Krlialtiiug Jei" Kirciicii und (Ici* Inuiium- 
tiiten und Freiheiten der Kirche dienen kaiuij und Ew. M* 
Hessen sich auch die Statuten^ wie sie j^estellt seien, im Allge- 
meinen gefallen. Soviel aber die ,.Iunsdietionaiia^ beträfe, ,und 
anderes darin einverleibt, darin Kw. M* und derselben land- 
schaften durch gemaine geistliche und weltliche recht, des heil, 
reichs abschied, durch j)rivilegien, indulta, alt herkommen und 
eingefürte brilueh, item durch verträg und verg'leirliuno:, so 
E. und derselben ersanie landschaiten mit inen, dm ^^Msilichen, 
weiche den ersten stand in den landschaften ciiinambcn, auf- 
gerichtet haben, des widerspils im gebraueli, posscssionc vel 
quasi gewesen und noch weren, solch ^^eriu hiigkeiten könnte 
Ew. M* sich nit begeben* ... Er werde sie aber so brauchen, 
dass die Geistlichkeit keinen Grund zur Klage habe. Sollten 
diese Statuten also in Druck kommen, so mUsste ein dieser 
Erldäiiing entsprechender Appendix — die Rogierung fügt 
einen solchen bei — hinzugesetzt werden. 

Was die Gravamina betreffe, seien rie entweder schon in 
den Statuten gesetzt oder gehen nur die niederösterreichischen 
Lande an. Wenn die Geistlichkeit sondere Beschwerden auch 
gegen die Laien in Tirol anzubringen habe, so mögen dieselben 
angegeben werden, damit man sie abstellen könne. Trotz dieser 
Erklärung geht aber auch die oberösterreichische Regierung 
auf einige Punkte ein, und auch hier fallen gegen die Ordinarien 
einige scharfe Worte. Dass a. B. zeitweise auf Pfrttndcn ,un- 
gelernte Knaben* oder solche gesetst werden, die gar nicht die 
Absicht haben, QeistUche zu werden, oder sonst ganz untaughch 



' Hier liaben die Statnten fiberhaapt nur so viel Punkte. 



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200 



sind, sei Schuld der Geistlichkeit. Diese habe auch ihre Pflicht 
der Visitatioii nicht erfüllt, sonst wäre es nicht nüthig gewesen, 
sie seitens der weltlichen Gewalt an du, was ihres Amtes ist, 
zu erinnern. 

Da der KiSmg die obertlsterreiehische Begierong an%e< 
fordert hatte, auch ihrerseits ihre Beschwerden gegen die Geist- 
lichkeit kundsogeben, so bittet sie ihn, die Ordinarien sn mah- 
nen, besser als bisher an den Statuten la hatten, wttre dies 
geschehen, so wäre die Eirohe nicht in diesen Abfall gekommen. 
Die Bischöfe mOgen selbst ihren Aemtem ordnungsmSssig aus- 
warten oder taogliohe Weihbischdfe halten. Um den Abgang 
dcnr Priester zu ersetaen, erfordere die Nothdorft die £rhaltiuig 
christlicher Scholen an den Kathedral- und GoUegiatkirehen. 
Ebenso solle ein jedes Stift an den UniTersitttten «ne Aniahl 
Studurender erhalten, dass sie nun geistlichen Stand und 
Predigtamt ausgebildet wttrden. 

Da manche Stlldte nicht so vermögend seien, eigene 
S( Imlcn zu erhalten, könnte man die Einkommen freistehender 
licncticicn zur TTnt(!rluiltung solcher Schulen verwenden. Die 
Vorsehung von Pfarren dureh sddeeht entluhnte Viciire hätte 
aufzuhören. In vielen Thülern würden die; armen Schilliein 
j(^tzt so geweidet, dass es kein Wunder sei, wenn der ;ro- 
meine Mann dem ungeschickten Priester gegenüber ,gar rauh' 
werde und ,von christlichem Glauben beinahe schier so viel 
Wissen trügt ab ein Heid'^ 

8. Die Gutaehten der StftRde Ton OberOsterreich, Steier- 
mark und Kirnten ttber die Statnten der Salsbnrglseben 

Provluzialsyaode. 

Das Gutacliten der Stünde von Niederösternneh liegt nicht 
vor. Es scheint niclit zur rechten Zeit zu Stande gekommen 
zu sein. Am 24. Juli hatte Ferdinand I. die Malmung nach 
Wien geschickt, die Antwort auf die Beschwerde der Geist- 
lichkeit unvcrzliglicli einzusenden. Der Termin füi' die Tag- 
satzunj; sei zwar vom 1. Auijust auf den 1. September ver- 
schoben, aber sie möchten sich nichiödestoweni^er beeilen. 
Am 12. August antwortete der Landmarschali Ludwig Kirch- 



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SOI 



l>erger von ViehofeD mit einer Entschuldigung. Die Statuten 
hatten Bonächst verdeatseht werden mttssen, wobu der Rector 
nnd die UniTersitftt ersucht worden seien. Etliche Gelehrte 
seien an der Arbeit, der Rector habe aber keine gewisse Zeit 
iu^i ben können, bis diese Arbeit an Ende gefdhrt sei. Ist 
dies der Fall, dann woUe man auch die Personen nennen, die 
als Oonunistilre zu brauche wXren. Sobald die Statuten ins 
Deutsche übertrsgen sden, woUe er die Herren und Landleute 
einberufen, um das Nothwendige zu veranlassen.^ 

Das Gatachten ,der Landleute geistliclien und weltlit hcu 
Striii lc» iui Erzherzogthume Oesterreich ob der Knns*- lief 
lufhtzeiti^ ein. Ks beerinnt mit einem Lobspniph auf die Anj^s- 
burger lieformatioü&iurmula Karls V. Sie sei der rocbtc S})iL'<;cI 
ftir eine züchtige Clcrisei. Darüber noch andere und mehr 
Artikel zu setzen, wäre nicht nöthig gewesen. I>''' Synode 
halm dies zur iSchmälerung der weltlichen und landeöiurötlicben 
Obrigkeit gethan. 

In Oberösterreich war man von einer Anerkennung dieser 
Statuten so weit entfernt, dass die Stände in den einleitenden 
Bemerkungen einen Satz aufnahmen, der der Justification durch 
den Glauben allein ziemlich gleichkommt. Die Beschwerden 
der Geistlichen sind ihnen ,vermeinte' Besehwerden. ,E8 werde 
wenig Liebe und Neigung zu den Priestern erwecken, so sie 
die Laien von ihrer Obrigkeit also unwissend dringen/ Gleich 
gegen den ersten Punkt der Statuten wird Verwahmng ein- 
gelegt, man wisse, dass die Statuten der Väter auf den Con- 
dlten und die Decrete der Pftpste sich in vielen Punkten wider- 
sprechen. ,Der gemeine Hann wird sich mit chrisdicher Fk«g,' 
wie ihm nach der heiligen Schrift auferlegt ist, um seines 
Glaubens sicher au sein, bei seinem Pfaner um die HauptstUck 
,des chrisilichen Glaubens nnd um Unterweisung anhalten' und * 
,die höchste Zuyerstcht' daraus gewinnen, dass Christus der 
EMöser ist, der für uns genug gethan hat Die rechte Liebe 
zu Gott und dem Nächsten folge daraus, und wer in diesem 
Artikel genugsam unterrichtet, habe den wahren Verstand von 
der £rche. 



* Bflida SebraitMitt in niodeifMarreieliiichen Lat^eMUcliiT. 

* Bb findet sieh in ArahiT des UnterriobtnDinitterittmB^ 58 C, Salsbaig. 
Xieider fehlm die Zweltriflen, ras denen die Detirang evdehüich wSre. 



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202 



DftSB man kraft der lex Harciani Angosü die Welt- 
lichen mit der Excommunication strafe^ Bei ein Eingriff in die 
kaiflerlichen Rechte. Die Meinung hierClber ist die gleiche, die 
kräftiger noch die Steirer und Kärntner betonen. 

Die oberOsterreichiBchen Stände wenden sich gegen den 
Artikel ,Ton der Ueberlieferung und den Gewohnheiten'. Viele 
MtBBbiüache seien hieraus erwachsen, Zaubereien und Ab- 
götterei. So lange ^solich Caeremonien* noch gehalten werden^ 
,in denen die Abgötterei so fest eingerissen ist', könne diese 
selbst nicht verschwinden, daher es das Beste wäre, diese Oere- 
monien selbst einzustellen. 

In den nächsten Artikeln werden wenig Ausstellungen ge- 
macht, aber es wird doch immer auf die Rechte des Landes- 
fürsten und die F reiheiten des Landes hingewiesen, denen in 
keiner Weise vorgegriflen werden diirfe. Die Statuten, in denen 
von der priesterliehen Zucht gehandelt wird, finden sie sehr 
gut, /u wünschen wäre, dass , ihnen um allen Kräften nach- 
gegangen würde*. Nur gegen die Punkte ,De piaedicatione 
verbi Dei' uml ,De officio ecclesiastieo* gestattet mau bich Ein- 
wendungen im 8inne der Neuerungen zu machen. Die ,Scripta* 
der alter Viiter si i» n ja sieln r niclit zu verwerfen, ,da88 aber 
des Luther s Jiüeln r noeli dieser Zeit und vur der mehreren 
Examiuation und Erläuterung, was etwa darin iii'ig sei, der 
i'riestersehaft we^"!i«'nomnieM werden .sollen, daraus könnten viel 
Irrungen entstelH-n. denn die Gewissen lassen sich niclit durch 
Gebote oder Vertilgung dessen, was man eine Zeit für ehrist- 
lieh erkannt hat. ?:wingen^ Wenn d;\L'('L'^''n die Christen hören 
würden, dass in Luther's Schriften irrlhiimer seien, niüehtcn sie 
wohl selbst aus rechtem Eifer die Priester um Erläuterung 
bitten. Es sei also am besten, die genannten Bücher, ausge- 
nommen die der sacramentschändenden WiedcrtiUifer, den 
Leuten bis auf eine fernere christHehe Erläuterung zu lassen. 

Das Statut ,De iudiciis et foro enin|ietenti* ,sei wider altes 
Herkommen, landesfUrstliche Hoheit und der Landleute Cic- 
roehtigkeit zu weit ausgebreitete Man müsse an die in Deutsch- 
land aufgerieliteten Concordata, durch die den Fürsten die 
Jurisdiction in den weltlichen Handlungen ungeschwächt bleibt. 
Auch haben die Kaiser die Fürsten ,wider der Geistlichen 
jetziges Vorhaben besonders gefreit*, ,also wann der kirchen 
und der fUrsten Teutsoher Nation ireiheiten, alt herkommen 



» 



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203 



und mer ab ersessene recht gegen einander erwogen wird, 
wird man finden^ dass das Salsburgisoh proyincialconcflium die 
angezeigten artiel, darinnen sie richter zu sein yennainen, in 
ir jurisdiction einzumengen kain ursach gehabt* . 

Hätte die Geistlichkeit in diesen Pankten Grand zu Be- 
schwerden, so waren sie firOher Torznhnngen gewesen. Es war 
nieht nothwendig, ,gleich ein Statut zu machen^, beTOr man den 
geigneriflehen Standpunkt Ternommen; denn auch in jenen 
Sachen, die sie als cansae ecciesiasticae bezeichnen, wie die 
causae matrimoniales, causa fidei, cauBa haeresis gehört die 
Jurisdiction nicht ihnen allein, sondern der «ganzen Kirche 
zu, jdarinnen der weltlich niag;istrat auch begriÜen, der von 
solchem iudicium nit gesondert werden mag*. Die Stände ver- 
gessen dann auch nicht anznftlhren, was sie unter Ketzerei 
verstehen: das sind nur Lehren gegen die Dreifaltigkeit, die 
Menschwerdung Christi, die unbefleckte EnipfflngnisH Mariil 
und die Artikel des Symbolums. Wer dac^egen lehrt, soll ,nit 
allein dem geistliehen gericht oder einem weltliehen process, 
sondern auf bewisne otfeubare that der weltlichen obngkeit mit 
aller ernstlichen straf unterworfen sein'. 

Mit besonderem Tadel wird merkt, wie schimpliich es 
sei, den Fürsten und aller weltlichen übrigkeit ,die nachvol- 
genden causas civiles zn entziehen: ennsae deeimarum, nerrli- 
gentia iudieis secularis in iegatis ad })ias cansfi'^, causae dune- 
gatac iustitiae und bona defunctorum clericonun*, aber auch die 
causae criminales ecciesiasticae gehören der Jurisdiction welt- 
licher Obrigkeit zu, denn wiewohl dieselbe ,allein criminales ad 
poenam canonicam' geklagt werden, so kann doch dem welt- 
lichen Schwert seine Schärfe nicht genommen werden. 

Die Stände bitten um Nachsicht flär Jene, die das Abend- 
mahl unter beiden Gestalten nehmen, die Taufe soll in deutr 
scher Sprache vorgenommen, den Pfarrern die casus resenratos 
mit JErlaubniss der Ordinarien zn absolviren freigelassen werden. 

Den Cölibat betreffend erinnern sie an die Worte Pauli: 
melius est nubere quam uri. In den durch die Weltlichen ge- 
stifteten Spitälern müsse diesen die Aufsicht verbleiben. Be- 
schwerlich sei es^ die gemeinen Schulen abzuthon.^ Belobt 



' Da di«B Ctpitei «in aUgemeinerM Interasie bietst, mdge es wSrtlicli 
hieliergeMtBl werden*, ^das ist nicht das geringest gSttUeh gebot, das der 



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S04 



werden die Sl&taten ^De monasteriis et vita regulftriam' und 
yDc pracbcndis et de pluralitate beneHciomm', nur möge hierin 
auch der kgl. M' und Anderen auf ihren gestifteten GHitem kein 
Eintrag geschehen. 

An der Bersthnng des Artikels ^De rebus eecleaiviun et 
monasteriorum non alienundis' ,haben die Pridaten ihr Qnibe- 
dttnken nicht eröffnen wollen'. Die anderen Stüade finden in 
dem Statut einen Eingriff in die Rechte des LandeilÜrsten als 
obersten Vogtes der Kirche. In Fällen der Noth dürfe Nie- 
mand sich ausschliessen. Auch in dem Artikel ^De testamentis 
defunctorum dericorum et clericorom bonis reUotis' geschehe 
der weltlichen Jurisdiction Eintrag; was die Immunitäten und 
Privilegien der Kirche betrifft, so handelt es sich darumi welche 
Immunitaten gemeint sind, gegen jene, die in der Schrift be- 
gründet seien, könne keine Einwendang gemacht werden. Was 
aber a. B. Zinse betriff!^ sei er dem Kaiser Augostus gegeben 
worden, da Christus noch in den Windehilag, und so habe er 
denn befohlen, der Obrigkeit zu geben, was ihr ankomme. 
Wider das göttliche und nattlrliche Gesetz hätten sich auch die 
Apostel und Eyan^clistcn keine Freiheit gemacht. Man ftlhre 
das hier an, nic)it um der Geistlichkeit die ihr Eukommcnden 
Freiheiteu zu nLhnien. sondern dass man erkenne, dass der 
weltliche i^Iagistrat ein Hüter und Seliiitzer deü guUlielien na- 
tUrÜchen Gesetzen »ei, der alle iiandluugen zu gleichen Rechten 

alltutiubtig (Itiu maj^itttraleu aufgul^t bat, daM bj ix vleUsig aufmerken 
über die sohuelen und snoht bftbeo. Dtas iltm die gemainea «clmelen, 
die in den . . stetuten poMrias gmennt werden, alxgethan und allein die 

schuelen, so bei den kirchen gehalten werden, bleiben sallen, das ist be* 
Kchworlich; dan yo kain rechte sehuell, dariiinen die g^ueten kiinst pik- 
iert werden, aussor der prainniatica, loica, oraUiriam et poe«im sein kau 
und dem alleut uichtt» mereru verhinderlich als der gesaug ist, wie auch 
in Italia, Gallia nnd andern landen mer abermal Bonder penon«i an 
dem kircbengesang verordent i^n, damit die andern In den particnlar* 
flcbuelen dem atudie mit merer aeit nnd vlmae obllgen mngen. Und 
weil anch nicht aim jeden sein kind oder freundt su dem gesang sQ 
ziehen oder in einer f^olii-hen nienig dur knaben, weil die nit all in ainer 
zucht >ri-lialtcu werden kOnnen, auch paldt verfuert und nu Unzucht go- 
braclit werden machten, an halten gelegen, und die kunst kein verhiu- 
demng, aoll änderst in solcbem studio ain nnts Tolgen, leyden mugen, 
acbten demnacb die fiiig^oi»nMn penenen, dan dietelbeo particnlar 
fltiidia an eriialtaii idn.* Li ^esen werden cU* Idtagialrate ancb die Vi* 
aitalioa ana&ben. 



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305 



IniiigeQ BoJle. Diese aUgemeiiien BemerkungeD werden hierauf 
durdi eine Reihe ifieeieUer Angaben nAher erittniert 

Die SlAnde lebnen sieh gogen «tie ^neuen' hohen Zehent- 
{brderongen der OeisUichkeit anf, ^die selbst von dem eroberten 
Qut den Zehent wolle. In den Oapitefai ,De oblationibiis et 
sponsalibos^ mOge man sieh an die in einaeilnen Orten heir- 
sehenden Gebillnehe halten, im Capitel ^e dandestina deepon- 
satione et divortio^ wird anf die landesfttrslliehen hierüber ei^ 
flossenen EriSne aufmerksam gemacht. Stftikere Einwendungen 
werden in den Capiteb ^De seeondis miptiis et matrimonio pu- 
tativo' und ,De beretiois' gemacht. Der Artikel ,De disci- 
pfina popnfi^ sei politiseh. Da überdies ,Ton der Gemain* eine 
Ordnung, die ohne Zathun der Weltliehen anfgerichtet ist^ 
schwer angenommen wird^ so aehtet der Anssehnss, dass der 
E9mg adbet das Nsthige veranlassen werde. ' 

Ans alledem ersieht man, dass man in Oberösterreich weit 
davon entfernt war, die in Salzburg beschlossenen Satzungen 
gutzuheissen. In vielen Punkten begegnen sich die Wunsche 
der Stände mit denen, die auch in Steiermark und Kärnten ge- 
äussert wurden. Zu beachten ist aber doch, dass bei der Ab- 
fassung und Zosammensteliung der Antwort in Oberösterreich 
auch der Präiatcnstand ^ theÜDinimt. 

In Steiermark war das nicht mehr der Fall; hier 8tund 
mau übrigens bereits auf einem viel fortgeschritteneren Stand- 
punkte, als es jener der Oberösterreicher war. 

Der Ausschuss, der mit der Aufgabe betraut war, die 
Provinziulstatuten einer Durchsicht zu unterziehen, bestand aus 
dem Landpsliauptmann Hans Un^rnad, dem Landesvicedom 
Christof J\<.s(h, den Herren und Landleuten Dietrichstein, 
Jakob von Moshaim, Franz von Snurau, Siiimnnd Gllller, Georg 
Stadler, Kolman Pruner, dem Dr. G. Stiirgkh und dem land- 
schattiichen Präceptnr. Der Letztgenannte ist vielleicht iencr 
Hartclme Pica, der zu den begeistertsten Anhängern der neuen 
Lehre gehörte und deswegen einige Jahre später in Verhaft 
kam. Die Commission hat gewiss sehr eifrig gearbeitet^ denn 

* Daher aadi der Titel: Der laadlent geiatlicha und weltlich» itond« 
dce ertehenogthiiiiih» Osterrdeh ob der Eons die «af R. kg^l. Ht . . . be- 
veleh m berathwihlagniii^ der handliing' errordert seiii» « . . Tener chrisi- 
lidk und trenlioh bedenken. 



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206 



ihre Antwort ist umfanji^eich genug; sie beginnt mit einem 
warmen Dankspnich an Ferdinand I., weil er einen so hoch- 
wichtigen Gegenstand, der nicht blos die Polizei, sondern auch 
das Heil unserer Seele und das ewige Leben betreffb^ seinen 
Landleuten zur Berathung ttbeifseben habe. Der AusM^hnss 
habe mit aller Emsigkeit, nach bestem Wissen und Gewissen 
und in GemMssheit der heiL Schrift beradien und bitte den 
König, die Arbeit gnildig entgegenzunehmen. 

£r dflrfte von dem Elaborate im höchsten Grade Uber- 
rascht gewesen sein. Seine Absicht war es gewiss nicht, da- 
hin zu wirken, dass Laien sich Uber Dinge des Glaubens und 
der Lehre, sondern nur Uber jene Eon- und Uebergriffe aus^ 
sprechen, aber die der Glems in seinen Statuten und Be- 
schwerdeschriften so lebhafte Klage geführt hatte. Was die 
Herren und Landleute aber hier dem Könige vorlegten, ist ein 
Bekenntniss, dass sie insgesammt protestantischen An- 
schauungen huldigen. Sie anerkennen, um diese Punkte 
von vornherein gleich festsustellen, nur die Bibel als Quelle 
des Glaubens, wollen nichls von den guten Werken, dagegen 
nur von drei Sacramenten wissen, nehmen nur jene Oeremonien 
an, die mit der Bibel in Einklang stehen, verwerfen alles seit* 
liehe Regiment des Cleras und haben von ihren iüteren For- 
derungen nichts aufgegeben: Aufhebung des Cölibats der 
Geistlichkeit und den Ijaienkelch. 

Ks ist (las erste Schriftstück, darin die steirischo 
Luudschall als eine protestantische Corporation auf- 
tritt oder aufzn treten «gedenkt. In dem Concept hatte der 
Ausschuss nämlich stets im Namcu der Landschaft — als die 
getreuen, gehorsamen Landleut — gespruchcu, dann diese Worte 
gestrichen und in die Worte ,wir^ oder ,uns* umgewandelt, 
wohl deswegen, weil eben der Landtag, der diese Sache be- 
handeln sollte, nicht zu Standij kam 

Bei einem solchen Staudpunkt des Ausschusses war von 
vornherein zu erwarten, dass die Synodalstatuten von seiner 
Seite keine Billigung finden würden. 

In der That fanden nur wenisfc Punkte der Statuten in 
Steiermark und ebenso in Kärnten aiigenicinen Beifall, und auch 
diese hezoq-en sieli auf mehr oder minder nehensilchiiche Ding'c. 
In beiden Ländern war man von dem Verhalten des Salzbur^er 
Ordiuanatö, sehr odor weil es im Ganxeu und Grossen den 



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207 



in AugBburg gefassten RehchlUsscn kathoUfichen Partei ent* 
sprach, nur wenig erbaut. In Kärnten war man der Meimmgi 
eine solche durch^ifende Befonnation könne nur von dem 
Landesfürsten ausgehen, und da dies nicht geschehen sei, 
würden die Salzbuiger Beschlüsse ohne £rfolg bleiben; in 
Steiermark urtheilte man noch viel schärfer, man sah in der 
Synode tmd ihren Beschlüssen einen Scliritt, der mehr stur Zer- 
rttttQDg ab cor Erbauung der Kirche führen müsse; auch hier 
sagte man, es sei eine Sache, zu der die Geistlichkeit nicht 
competeni sei, da sie viele Dinge betreffe, die zum weltliclien 
Re^ment gehören. Der Geistlichkeit sei es allein um zeitliche 
Herrschaft zu thon. Wo aber finde sieh hierüber etwas in der 
Bibel? Dort könne man lesen, dass Christus aaf die Erde ge- 
kommen, damit er uns, nicht damit wir ihm dienen, und so 
muss es aneh mit der Gtoistliehkeit sein. Sie bestehe aus 
Dienern und Haushättem des göttlichen Wortes: ihr Amt ist 
die Lehre und die Fredigt des Evangeliums und die Hand- 
reichung der Sacramente. In der wahren christlichen 
Kirche gibt es keine seitliche Herrschaft: diese gehört 
allein der weltlichen Obrigkeit zu. Wie dttrfe also die Qeis^. 
lichkeit zeitliche Güter, Renten und Gülten und die Herrschaft 
Uber das Volk beanspruchen, ja auch in geistlichen Dingen Ge- 
setze und Gebote geben, die wider Christi Gesetz sind und die 
das Gewissen aufs Schwerste bedrängen? 

Schon diese allgemeinen Bemerkungen zeigen die starke 
Differenz zwischen dem, was die Synode, und dem, was der 
grosse AuBschuBS^ steirischer Herren unter der ,wahren Kurche' 
versteht In allen Funkten,, wo die Synode Uebergriffe der 
weltlichen Gewalt an den Tag legte, vertheidigte der Ausschuss 
die Rechte dieser Gewalt; aber vornehmlich in den Artikeln 
des Glaubens finden wir ihn auf einem ganz verschiedenen 
Standpunkt, nämlich dem der — Augsburgischen Confcssion. 
Es ist das eine Fortbildung von Anschauungen und Grund- 
sätzen, die der Hauptsache nach in den letzten sielxjii Jahren 
erfolgt ist, denn nuch auf dem gemeinsamen Ausscliusstag der 
österreichischen Lande zu Prag im Jahre li>4^2 liandelt e^s sich 
im Wesentlichen doch nur um zwei Punkte: die Priestendie 
und den Lai« nkelch. Hier — in dem Gutachten von 1049 — 
liegt, wie bemerkt, ein ausgesprochen protestantiselies Programm 
vor uns. Gleich die ersten Artikel erwciscu es mit aller Kiar- 



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806 



heit, so wenn es hcisst, ,flass flnr pliristliche Glaulx' 
allein auf (Jottes Wort und auf nichts Anderes fc«-'J^tollt 
soin und man statt dessen bei k(!iTier ,!lnsserlichcn* 

Kirche Mass und liege! finden kann. Von der Tradition 
halten die Ausschussmitglicder wenig: der Herr sagt 
nicht, ich bin die Gewohnheit, sondern ich bin die Wahrheit; 
Gewohnheiten müssen der Wahrheit weichen, wie St 
Peter dem heil. Paulus gewichen ist. Mit den Gewohnheiten 
haben sich so viele Miasbräuche in die Kirche eingeschlichen, 
dass Bie das Volk höher acbtet als seib.st Gottes Wort. 

Bei der Wahl, Bestätigung und Ordinining der Bischöfe 
und Kirchendiener sollte man sich an das von den Apostohi 
gegebene Beispiel halten, das vielleicht ausgenommen, 

dass man auch den Priestern die Ehe erlauijc, clin ia 
noch lange gebräuchÜch gewesen sei; denn noch zu den Zeiten 
Heinrichs IV. habe man in Deutschland die Priester mit Ge» 
walt zum Cölibat gebracht, bei den Ghieehen aber bestehe die 
£he der Geistlichen noch heute. 

Wer den Priestern die £he abstricke, schätze den Ehe- 
stand za gering und das Leben ausser der Ehe su hoch, und 
doch hat dieses es dahin gelmicht, dass Niemand unsUchtiger 
und abscheulicher lebt als die Kirchendiener, die gerade das 
reinste, frommste und heiligste Leben fbhren sollten. 

Was den Artikel von den PHldieanten und ihrem Amt 
betrifft, geht die Ueberaeugung des Ausschusses dahin, dass 
das Eyangelinm rein und lauter ohne allen Menschen- 
ausatz und Aenderungen in dem rechten christliohen 
Verstand frei und ungehiiidert erklärt werden solle. Man 
spreche den Erklärungen des römischen Stuhles und den Lehren 
der Väter ihre Bedeutung nicht ab, könne sie aber doch nur 
annehmen und loben, soweit sie mit der heil. Schrift in 
Uebereinstimmung stehen; ist dies nicht der Fall, so müsse 
man mehr nach dem Wort Gottes als nach der menschlichen 
Vernunft yerfahren, ,wie St Johannes sage, wer nicht in der 
Lehr Christi bleibt, der hat keinen Gotf . 

Da ist es denn begreiflich, dass der Ansschuss, wenn er 
auch den neuen, von den Statuten so wann empfohlenen Leh- 
rern, wie Eck und Nausea, gerade nicht feindlich gegenüber» 
steht und anderseits auch die Zwinglianischen, Oekolampa- 
dischün und Wiedertiluferischcn Schriften preisgibt, doch von 



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209 



denen eines Martin Lnther, Philipp Melanobthon, Pomerar 
nus, Spengenbeig n. A. nicht lassen will, ,€la diese die heil. 
Saeramente und deren rechten ehristüiehen Gebrauch hoch- 
halten und mit allem Fleiss aus Gk^ttes Wort begrOnden, das 
£?angefium fleisaig wklllren und durch ihre Bficher den in 
der Kirche etngerissenen Ifissbiäuoben entgegenarbeitend ,IHese 
Bdcher pflansen die rechte Lehre von der Busse, dem Glauben 
an ChristuSy dem Unterricht der Gewisseni der Gnade u. s. w. 
Kommen in solchen Bttchem audi «mehie Scheltworte tot, so 
smd sie deswegen doch nicht zu yerbieten, denn keines Ton 
ihnen nn audi nur in einem Artikel des Irrthums überwunden. 
Man möge daher mit dem Verbot solcher Bücher stillhalten. 

Dass die Weltlichen in ihren Häusern und Schlössern den 
Ihrigen aus der heil. Schrift vorlesen und sie in Gottes Wort 
unterrichtcrij dazu sind sie von Gott verpflichtet, denn sie 
müssen dermaleinstens auch für ihr Gesinde Rechenschaft ab- 
legen. 

Was die Zahl der Saeramente betreffe, handle es sieh zu- 
nächst darum, was man unter Sacrament verstehe: auch Gebet, 
Trübsal, Almosen können dahin {redeutet werden. Rechnet man 
zu ihnen aber nur die Ceremonien, die im Evangehum von 
Christus eintrcsetzt, und dii äusseren Zeichen, die an die gütt- 
liclie Verheissuiig der Sündenvergebung angelieftet sind, so 
wird man in Wahrheit nur drei Saeramente finden: die 
Taufe, das Abendmahl und die Absolution. Solch' Saeramente 
müsse man lautor und klar von den anderen Sru ramenten 
scheiden, denn man findet nicht eine Stelle in (1( i dass 
auch diese dem Volk als Zeichen göttlicher Gnade ;^(>}mmi 
werden dürfe?!. Die Verordnet^Tt heben die Bedeutung der 
Saeramente hervor Der protestantische Standpunkt wird na- 
mentlich im Altarssaerament sehai-f ])etünt: Es gibt kein 
anderes Opfer und keine andere Genugthuung für die 
Sünde als jene, die von Christus am Kreuze geleistet 
wurde. ,Dieweil dies Sacrament unter beiden Gestalten ein- 
gttetxt iat, darf dem Volke nicht verwehrt sein, es unter beidra 
m nehmen/ Wenn die Provinaialstatnten ein Gesets daraus 
machen, dass den Laien dies Sacrament nnr unter der Qestalt 
des Brotes gereicht werde, so stehe dagegen fest, dass man 
den Geboten GN>ttes mehr als den Satzungen der Menschen ge- 
borchen müsse. Zudem ist ^widerspreehlicher Weise das Sa- 

inUT. UCJJLT.Bd. LHUfl«. U 



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210 



crament in den Zeiten der ersten Kirche unter beiden Ge- 
Btalten gespendet worden. Daran muss man sioli aaek in Zu- 
kunft halten. 

Dass man dem Priester bei sonstigem VerluBt seines Seelen» 
heiles alle seine Sttnden in der Beicht anieigen mUsae^ hievon 
finde sich in der heil Schrift nichts; des Menschen lieben ist 
ja nichts ab lauter Sflnde, es wird nicht m<Iglich sdn, die 
Sunden alle in eine gewisse Zahl au £Msen, ein Jeder wird sein 
Anliegen wohl selbst (Gott) ansuaeigen wissen, woau also durch 
solchen Zwang die unertiilgliche Last der Sllnden noch schwerer 
machen? Man halte sich an die Worte des heil. Chrysoetomus, 
dass jene Sttnden, die einer rieh schämt au beichten, durch 
heisse Zähren abgewaschen werden. Nicht auf die BlnBlhlung 
der Sonden: auf ein reuiges Hers, auf die christliche Besserung 
und Tor Allem auf den starken Glauben komme es an. Wenn 
Christas in der Sttnde auch Unterschiede macht, so kann sol- 
cher Unterschied doch nicht sur AbsolutioD gezogen w^den. 
Demnach gibt es keinen casus reservatus ftlr die, die rieh be- 
kehren. Der Ehnpfiing des Sacraments binde Niemand an eine 
bestimmte Zeit im Jahre, sondern an die Nothdurft;, in welcher 
sich Jemand befindet. Auch sollen des ,b^eren Yerstandes' 
wegen die Sacramente in deutscher Sprache administrirt werden, 
wie es noch dermalen bei Griechen, Croaten, Serben und 
anderen Völkern in der Volkssprache geschieht. 

So majuj man auch die Ccremonien. welche in diesen Pro- 
vinzialstatiiten auch Sacramenic gcnaiiut werden, gebrauchen, 
als Kirchen ubung, wie sie die erste Kirche eingesetzt hat. 
Sonstige Ceremouien werden in Gemässheit der alten und wah- 
ren, apostolischen und katholischen Kirche zu reformireu sein. 

Die Verordneten sprechen zum Schluss ihr Bedauern aus, 
nicht in der Weise, wie es billig wäre, auf alle Artikel einge- 
hen zu können; sie Algen indess noch einige Bemerkungen an, 
die ihnen besonders wiclitig scheinen: der König werde als ein 
gerechter und weiser, milder und christlicher Fürst den gajizen 
Handel, um den es jetzt gehe, und das Fundament der christ- 
lichen Kirche, die in Christus unserem alleinigen Heiland als 
dem lebendigen Brunnen ihren Ursprung hat, sicli wohl zu Gu- 
mUthe fuhren; diese Kirche ist von den Aposteln auferbaut 
und durch gottselige Männer gelehrt worden j sie haben nicht 
ihr eigne» UutbedüukeUj sondern Gottes Ehre gesucht, in Milssig- 



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211. 

keit and Annutby in Verachtung der Welt und mannig&cher 
Verfolgung gelebt, nicht nach eitlen Ehren und seitigen Otltem 
gegeizt, die fleischlichen Begierden getOdtet und einen reinen 
Wandel geftüirt: das war die Zeit, wo sieh die Kirche gemehrt 
hat und mit guten Dienern wohl versorgt war. Als sich aber 
die Geistlichen von Gott abwandten, irdische Herrschaft und 
aseitliches Gut an sich rissen^ da nahm die rechte Lehre ab, 
und Herr8chLt 4,i^ Hoffiurt, Ehrgeiz und Habgier, Hase und 
unsähfige Laster sprossten auf. Sie haben durch mancherlei 
Finten die Weltlichen Terfilhrt und unter dem Schein der Re- 
ligion, blos um Geld und Gut Ton den Laien su erpressen, 
diese mit ihren abgöttischen Lehren und Oeremonien ,von der 
rechten und alleinigen Justiiication Christi abgeführt' und die 
Sachen schliesslich dahin gebracht, dass sie eine ^anze. Kauf 
maiiMschaft und Simonie ins Werk .set/.ten und damit Lautl und 
Leut', die besten Städte und Seblösser, Herrschaften, Renten, 
Gülten und Einkommen von den Laien hohen und niedem 
Standes au sich gebracht haben. Unter dem Schein der Re- 
ligion habe man die obersten Häupter der Christenheit unter 
sich gebracht, und* wer ihrem geizigen und unersUttliclien Be- 
gehren nielit entsprochen, jxegen den wurde der Bann geschleu- 
dert. Hätte diesem Treiben nicht das wieder hervorbreeliende 
Wort Gottes ein Ziel gesetzt, so hätten die ( Jeistliehen alle 
weltlichen Mächte unter ihre Botmässigkeit gebraelit Jetzt, wo 
man ihnen mit der Predigt rlen Evangeliums * fiiu. l:i mn te, 
kommen sie mit dieser ihrer Reformation, ihren Staiuii n und 
Gravamina hervor, um ilire ahe Gewaltlierrscliaft wieder auf- 
zurichten. Wenn man ilmen jetzt naeli»^-i1)t^ werden sie keine 
Scheu trajt^en, noch mehr als zuvor zu begehren, sie trügen 
ungeaelitet der schweren Rechenschaft, die sie einstens geben 
müssen, kein Bedenken, die ganze Welt auf ihr Gewissen zu 
nehmen, wenn sie ihnen Jemand schenken wtirde: haben sie 
doch aus dem Reich Christi nicht so sehr ein Weltreich als 
vielmehr ein Teufelsreich gemacht, darUber alle gutherzigen 
Christen hohen und niederen Standes billiger Weise klagen 
müssen. Gegen dies weltliche Treiben des Cleros su schreiben, 
reize den Ausschuss kein bdser Affect, sondern einzig und 
allein der gerechte Eifer; was hätte er auch sonst flir einen 
Grund? Wäre es in Wirklichkeit so, wie die GeistUehen sagen, 
dass man allein um Menschenwerk| als Stiftung yon KlOstem 

14* 



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und Messen, Jahrtagen, Wallfahrten, Opfern und anderen Gaben 
an die G^istliehkMt die Seligkeit zu erkaufen verrntJcbte, was 
Einfacheres gäbe es für die Laien, die ja noch Eigengnt genug 
haben, als fflac das irdische Gut das ewige Heil einzutauschen. 
Gewiss kime es den Menschen, die nach ihrer Fleischeslust 
leben wollen, leichter an, hier in der Welt zu prassen und dann 
durch einige Messstiftungen die Seligkeit au erwerben, als die 
ganze Zeit des Lebens in diesem Jammerlhal mit ihrem Hirten 
— Jesus Christus — das Krens su- trsgen und tHgKoh wider 
ihr bOses Fleisch su streiten und an eifern. Wo aber blieben 
dann die Armen, deren Vermögen su solchen Stiftongen nicht 
ausreichte? Lauter und klar wie die liebe Sonne steht es in 
der heil. Schrift, dass wir durch nichts Anderes als durch den 
Glauben an den gekreuzigten Christus allein selig werden 
ktanen. Diesen Glauben wird man durch Liebeswerke an dem 
NHchsten erweisen; daraus kann man entnehmen, dass und in- 
wieweit die guten Werke, die aus dem Glanben fltessen, 
keineswegs zu yerwerfen seien. Der Ausschuss spricht endlich 
die Erwartung aus, die ,chriBtlichen hohen Häupter* werden pn 
diesem Handel' nichts sulassen, was wider "OhiM Befehl wSre 
und der weltlichen Jurisdiction zum Abbruch gereichen konnte. 



Ausführlicher als die Antwort der Steirer ist die der 
Kärntner, da sie auf alle und jeden einzelnen Artikel der Pro- 

vinzialstatuton Rücksicht nimmt und auch auf jene Funkte ein- 
teilt, wo in der Aufi;issun<i: des verordneten Ausschusses von 
Kärnten und der Provin/iulsynode eine DiflFerenz in den An- 
sichten nicht vorhanden ist. Während die Erwiderung der 
Steirer g^leich von vornherein den Standpunkt einnimmt und 
scharf betont, dass die GeistHchkeit mit weltlicher Herrschaft 
nichts f^emein haben dlirte, geht diese sofort auf den ersten 
Punkt ,von gemeiner Lehre des heil. Glaubens* über. ,Wem 
ist/ sagen die Kärtner, ,verborgen, dass der Christen Spaltung 
aus keiner anderen Ursache hergetlossen ist denn ans den 
mannigfaltig"en Satzungen der römischen Kirche, die, wie viel 
geschrieben und gesagt worden, wider (lottes ( )rdnunf!j und Be- 
fehl sein sollen.* Viele Ooncilien hätten e:«*irrt und nicht selten 
eines das andere veriiichtet, viele Satzungen der Päpste seien 



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31S 



mit Oottes Anordnongen nicht in Uebereinstimmung sa bringen. 
Soll man in offenem Unglauben stehen, bis ein digemeines G(m> 
eil erfolgt? Dftvor woUe Gott nns behOten. Ei wJire gans b^ 
echwerfich, wenn die Laien an ehriichen Orten xnsanimen- 
kommen, da» sie ohne Verletsang ihres Gtowiaaens nicht von 
dem heil. EvaageHom, darin der Mensch IVost, Frieden und 
Erlösung findet» sprechen sollten. ICt Recht habe der Kaiser 
die Entscheidung ttber alle Beschwerden auf ein allgemeines 
Condl gestellt^ doch so^ dass mittlerweike jedermann in seinem 
Glauben und sdner Erkenntniss verbleibe. Wenn aber Era- 
bisehofe und Bischöfe so viel Blihmens von den OcmdHen 
n^^oii^ so sei dem entgegen festsuhalten, dass es in keines 
OondEums Maoht steh^ Salaangen au ordnen, die der hdL 
Schrift zuwider seien.* 

Der zweite Titel ,von Aufsatzun^ and Ordnung*, wonach 
diese Statuten unverbi ii( hlich gehalten werden sollen, gehe zu 
weit, er sei ,in viel Weg' der göttlichen Ordnung und landes- 
ftlrsthchen Gesetzen zuwider; zum Mindesten hätten auch die 
Weltlichen dieser Lande ^dübei zu sein, so von des Glaubens 
Sachen gehandelt wird*. 

BeaUglich der ,alten Qebräuche und Gewohnheiten' seien 
jene toblich und christlich, die dem Worte Gottes nicht zu- 
wider seien und zur Anreiznng göttlicher Liebe dienen. Doch 
müsse Einsehung gethan werden, ,daRs die Geistlichen solche 
Werke nicht zu Verdienst anziehen^ und so zu Abgötterei An- 
laas geben. Statt vieler Ceremonien soll dem Volke Gottes 
Wort gepredigt werden; da möge es im Gehorsam g^;en die 
geistliche und wehUcbe Obrigkeit gefestigt werden. 

Die gasten' sollen billig nicht allein bei den Christen, 
sondern überall» wo gute Polizei ist, hoch erwogen und ange- 
sehen sein, Kirchfahrten, in attchtiger, ehrbarer Versammlung 
gehalten, seien su loben; fireilich geschehe es meist, dass Bauers- 
leute auf Wallfahrten ausziehen, ,deren mehrer Theil daheim 
Weib und Kinder in Armuth sitzen haf. 



* Di» Antwort tiudut »ich im Cod. 11707 der Wiener Uul bibiiuthek, Fol. 54 
bic 96; Auf der Oeiatlielien Stotata derer von Kirnten QaetbeduDkeo. 
Der Titel wiederholt ebemlet Der Ton KbSniteii QnetbedttiikeD in Saeheo 
der CMatUeliflii bb flalebnif fBigenoinmeiie Satnmgea vnd Ooattittitienee 
beUxigend. 



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214 



Was beBQglieh yder Erwtthlung der BrftlBten' gesagt wird^ 
,daB0 die Weltlichen nichts darein zu handehi haben sollten, 
das mtehte nicht allein dem COnig als Herrn und Landes* 
fUrsten, sondern auch anderen weltlichen FUrsten, Chntfen, 
Herren und Adeligen beBchweriich sein, denn die Welllichen 
haben Ton Alters her hie und da Bisthttmer, Prlüataren, Pfiuren 
und Beneficien zu verleihen, auch gebe es jetst Weltliche ge- 
nug, ,die der heil. Schrift erfahren und verstibidig seien, und 
dk ebenso gut als die Geistiiehen die GeBchieklichkeit eines 
Pfarrers, Bischofs oder Prälaten su erkennen im Stande seien'; 
wenn sich die Synode auf die Basler Acten berufe, so könne 
daraus nicht folgen^ dass damit den Laien etwas zu Abbruch 
ihrer alten Rechte gehandelt werden solle. Man wisse, wie die 
Wahl in altchristlicher Zeit erfolgte, und wäre zu wünschen, 
da.ss man deinentspreclicnd die Kirchen mit gelehrten, tVoninien 
und tauglichen Miintiern versähe. In den Dccreten werde be- 
funden, dass ,eiu Bischof ijuter Lclir', Glaubens, Lebens und 
Wesens sei u. s. w., dass er dann mit gemeiner Verwilliofung 
nicht allein der Geistlichen, sondern auch der Laien zum Iiis- 
thum genommen werden solle*, und dass die Bischöfe, ob sie 
schon erwählt seien, doch von Laien verklagt und dass ihrer 
Wahl widersprochen werden könne. Die Geistlichkeit soll sich 
mit dem Laster der Unzucht nicht beflecken, die Geistlichen 
mögen lieber heiraten. Ein Bi.sehof, drücken sieh die Ver- 
ordneten scharf aus, der seiner Dienstbarkeit nicht geuugthuet, 
ist nicht als ein Bischof, sondcni als ein unverschämter Hund 
zu aelilen. Die Geistlichkeit wulle in alleu üsterrcichischen 
Ländern in Bezug auf die Wahl und Bestittigung der PHllaten 
frei sein, ihres Krachtens in Mönchs- und Fraucnklösteru ge- 
bieten: das werde hoffentlich die kgl. nicht gestatten. 

Auch in dem Capitel von ,der Bestätigung der Bischöfe 
und Prälaten' spinnen die Landleute diesen Faden weiter. Die 
,Auf8agung und Uebergabe' der Beneficien habe in die Hände 
des Lehensherrn oder Ordinarius zu erfolgen. Was ,die Kirchen- 
diener' betrifft, soll kein Untauglicher ordinirt werden. Wer 
das bischöfliche Amt übernimmt, soll alle weltlichen Geschäfte 
lassen. Was dieser Artikel von d( r Gewalt des apostolischen 
Stuhles in Kom sage^ ,dasB näuiiich keiner zum bischöflichen 
Amt angenommen werden könne, er sei denn ein Priester, doch 
unverletzt des apostolischen ätuhls Gewalt', möchte besser 



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215 



Unw^ggelaswD werdeo* Welcher Bischof seinem geisdicheii 
Beinf Dicht naehkommty der soll einfach ahgesetst werden, 
denn et ist weder billig noch göttlich oder würdig, daaa einer 
das Brot isst, das ihm nicht gewidmet ist In Besag «nl die 
Anfinefat der Bisehdfe Uber die lllitbiaehOfe kOnne man den 
Stataten nicht anstimmen: die Hanptsaehe sei, dass Allee mit 
Willen nnd Znlassang des LandesfllrBten geschehe, ohne das 
würde es wenig Fracht bringen. Was ron der Würdigkeit 
der BisohUfe gesagt ist, gelte aaoh von der niederen Geistlich- 
keit Der grilaste ,St08s bei dem Unteigang der Kirche sei es 
gewesen, dass die F&rrer nicht selbst residiren nnd sehlecht 
entlohnte Vicare halten, die dann den Qoneinden lästig werden'. 

£s sei sicher ein getrenes Bedenken der Statuten, dass 
sie das Wort Gottes nicht durch giftige Lehren der Prädicanten 
fachen lassen sollen, aber man milsse leider sehen, dass jene, 
die das Evangelium lauter predigen, von den anderen, ,die mit 
menschlichen, ungekochten, groben Speisen befleckt seien, als 
Ketzer geachtet seiend Wollte Gott, ,dabs diese lieber alle 
unnöthigen Zänkereien von sich legten' und dahin wakten, 
,dass sein heih'gcs Wort ungefUlscht und lauter in seinem 
rechten Verstand' verkündigt werden möchte. Bei dem grossen 
Priesterraangel möge man ,fremde Priester, von wannen sie 
auch kommen, sofern sie eines ordentlichen Wandels sind, zu- 
lassend 

Wie man beten solle, sei in der heil. Schrift zu finden, 
daher die geistlichen Natzungen ,von den Tagzeiten* überflüssig 
seien. Im T^ebrigcn würden hiedurch auch die Priester im 
Stadium der heil. Schrift und im Predigtanit behindert. 

Die Geistlichen w n vor dem weltlichen Gericht nicht 
erscheinen: sie möchten am Üebstcn auch das weltliche Regi- 
ment unter sich bringen, wie sie es auch seit langen Jahren 
versucht haben und der Kaiser in seiner Reformation melde. 
Aber wo iinden sie solches in der heil. Schrift? Steht dort 
nicht das Widerspiel V Was dem weltlichen Schwert zukommt, 
sollen sie nicht an sich ziehen; nur wenn die Sachen ,in der 
Geheimnoss' der Beicht schweben, gehören sie der Geistlich- 
keit zu, wie sie aber offenbar werden, gelangen sie vor das 
weltliche Gericht: sonst müsste ja Alles vor den geistlichen 
Arm kommen, da alle Verschuldung zugleich ein Verschulden 
wider Gott ist Wenn auch die grossen geistlichen üerren und 



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216 



Forsten Hemohafteii; Schlösser, Städte und MArkte besitT^cn, 
60 werden diese doch durch ihre weltlichen Richter als Hof- 
meister, Hofmarschälle, Haupticute, Vicedome und Pfleger und 
nicht durch die geistlichen OfBcialc regiert. Wie unrechtmässig 
die geistlicheii Herren solch weltliches Regiment in ihrer Hand 
haben, mdgen sie der heil. Schriil und der kaiseriichen Re- 
formation entnehmen. So hat auch Kärnten seine besonderen 
Satsnngen, Landrechte und Freiheiten, denen suwider sie nichts 
ordnen nnd schlichten dttife% Tielmehr smd sie ihnen mit ihren 
Gatem in Reicher Weise wie die Übrigen Landlente unter- 
worfen; freilich ^all' das, was in ihr Küchel geht^ es sei per 
fas oder nefiks, das alles soll nicht wider Gh>tt sai% ja wenn 
sie der ganaen Welt Regierung unter sich brftchteni wttr* alles 
recht, und wer dagegen etwas sagt» ist ein Ketaer'. In gleicher 
Weise, wird yon den Laadleuten weiter ausgefilhrt» gehflren 
alle Ihlefiasaohen vor das weltliche Gericht Dass Pkocesse 
▼or dem geistlichen Gericht, wenn sie einen Priester betreffen, 
in lateinischer Sprache geftihrt werden, ,hat sein Fog, wenn es 
aber einen Laien betrilR, würde es nicht annehmlich sein'. 

Die deutsche Sprache soll auch bei der Spendung 
der 8acramente angewendet werden: was nützt es, dem 
Teufel in einer Sprache widersaj^cn, die man nicht verst»'ht. 
Unter hundert Menschen weiss nicht i ner, was die Taute ist. 
Das ist, wie man sieht, ein Funkt, wo die Kärntner den ,Tauf- 
gesinnten' nahcätehen. 

Von den Sacramenten hat man übrigens in den Krmsen 
der Kärntner mehr katholische Änschauungen als in Steiermark. 
Die Firmung ist ihnen noch ein Sacrament, ,eine den Christen 
nothwendige selige Nothdurft', nur an der Belehnmg des Volkes 
fehlt es hiebei. Die ,Bpottigen und Affenspeotakel' sollen be- 
seitigt werden, jetzt gebe man ohne alle vorbeigehende Unter* 
Weisung etlichen viel hundert Personen in einer Stunde die 
Maulstreich' und je zuweilen derart, dass das ganze umstehende 
Volk ein Lachen hat'. Nach der Fhmung wissen die jungen 
Leut davon grad' so viel als zuvor. 

Bezüglich des Abendmalücs unter beiden Gestalten denkt 
man in Kärnten auch nicht so streng als in Steier. Dass die 
Utraquisten Ketzer sein sollen, sei allerdings jcrbarmlich* zu 
hOren. SchÜessUch nennt man es doch aber auch hier schon 



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»IT 



enehreeklich^ dMS ein Geistlicher' die WeltBehen des hoch- 
wfirdlgstoii Sacramentes qntor beiden Gestalten bermht 

Die Lossprechung Ton SUnden soll nicht .lateinisch er- 
folgen: gegen die Ohrenbeicht gibt sich ,Krieg undUnrathbet 
grossen Henrea nnd viel Personen' knnd. Auch wisse die 
Bibel davon nichts. Die Bechtfertigung durch den GUnben 
allein steht noch nicht so fest wie bei den Stetrem.^ Doch 
hOrt man auch hier schon: die Haltung äusserer Werke wird 
dem Mensehen Yim Gott au kdner Gelegenheit gerechnet, es 
sei denn, der inwendige Gast sei gleichförmig. Gute Predigten 
werden mehr wirken denn alles Beichten. 

Der Geistlichkeit mög^e die Ehe erlaubt sein: ohne diese 
sei ,vielen mit ihrer Constitution zu bestehen mcht menschlich, 
noch möglich^ 

In den Cercmonien sollen die eingerissenen Missbräuche 
abgethao, in den Klöstern Ordnung gemacht und die Schulen 
besser gepflegt werden: Zu diesen Zeiten verstehen die Laien 
besser Lateinisch als die Geistlichen. £s sei nicht mehr noth- 
wendig, die Schulmeister durch Geistliche examiniren su lassen: 
aweifelsohne finden sich in jeder Stadt oder zwei Schul- 
m^steri die im Lateinischen er&hren, aber doch auch ,in der 
Lehr' nicht so vcfgiftet seien, dass sie nicht das Vaterunser, 
ein Ave Maria, die atwOlf Artikel des Glaubens und die aehn 
Gebote verstanden. 

Was die Pfründen betrifft, sollten die Bischdfe erst bei 
sich selbst Ordnung machen, dann erst wird mit grösserem Er- 
folg und mit Willen der Obrigkeit bei der niederen Geistlich- 
keit eingegriffen werden können. 

Sollten die Kirclien- und Klosterrechnungen allein von 
den Geistlichen geprüft werden dürfen, so würde dies eine 
ächmälerung der landesfürstlichen Autorität bedeuten. Ks seien 
noch viele christliche Potentaten, die oberste Vögte und 8chtltzer 
sowohl der Weltlichen als auch der Geistlichen sind und die 
alte Kothdurft aur Erluütung des geistlichen Standes yomeh- 



' Aber aiieb da lifltt nuii dooh «dion: !!• kuB ninuiisniMlir widenprodieii 
wecdmi, daas Jesm Christas, unser Hdland, «IMn der ist» der für uns 
getitorben und mit eelneoB Tod lllr anser» SOildeii gwwblt nnd genu;- 
getbaa hat 



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318 



men. Kirchen- und Klostcrinventare dem geistlichen OrcUnarins 
zu verabreichen, sollte I. M' verbieten: gerade uns dieser Satzung 
sei abzunehmen, daas sie ihres Gefallens sich selbst zum Nutzen 
mit den Klostergtttem handeln wollen, yhabe doch jtti^stens 
der Erzbischof von Salzburg damit einen Anfang gemacht 
und um seine bei dem Reichstag aufgelaufenen Kosten 
hereinzubringen, der doch den Geistlichen zum besten ge- 
halten wurde, eine Steuer auf die Prlllalen der hgL M* schla- 
gen wollen'. 

Da die Statuten so viel davon reden, dass man die yon 
Geistlichen hinterlassenen GMlter nicht angreife, ,ach Gott, wie 
unsäglich liegt den Geistlichen der verfluchte Geis am Herzen, 
so daas er nicht allein auf die Nttchstenliebe, sondern auch auf 
Gott, und sein ewiges Reich vergisst'. ,Ge8etst, aber nicht ge- 
standen, dass den Geistlichen in £ftmten solcher Weise etwas 
genommen worden wäre, und dass sie deswegen bei der welt- 
Hchen Obrigkeit nicht ihr Recht erlangt hätten, so dtlrjften die 
Geistlichen dennoch nicht ihre bitteriichen Strafen und vor- 
nehmlich die e>\ ige Verdammnisa vorschieben/ Ifit solchen 
Anzügen geschieht den Laien Unrecht, noch immer habe die 
Obrigkeit wirklichen Beschwerden Abhilfe verschafft Landes- 
brauch nach dem Tode eines Geistlichen sei: Aufrichtung eines 
Verzeichnisses seiner Habe und seiner Schulden, deren Be- 
zahlung, und was dann übrig bleibt, wird an die Verwandten 
erfolgt. 

Was die Vermächtnisse an die Geistlichkeit betrifft, sei 
(lieso hierin in nichts gehindert worden, dag^egen sei man mit 
fjutem r4riind in der Lage zu luoldcn, ,dass die Geistlichen die 
armen Laien in der Beicht und in Todesnöthen dahin bereden 
und weisen, dass sie den Geistlichen insoudcrs und je zuweilen 
den Kirchen ihr Hab und Gut und ihren Grund verordnen', 
wodurch sodann ,Weib, Kind und Blutsverwandte an den 
Bettelstab gedrungen werden*. Ueberdies verlangen die Geist- 
lichen, was die Orundherroü aui' keinen Fall leiden dürften, 
jdass ihnen die Bauern von den Herrengründeu Ueberssinse 
zahlen; diese werden dann ins Urbar geschrieben' und gelten 
als ständige Gerechtigkeit. 

Das Festhallen an den Feiertagen, an denen Gottes Wort 
erkliirt wird, das Halten der Fasten und ,die Thutigkeit zu 
allen guten Werken' sei zu loben: nur sollen die Geüstlicbeu 



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S19 



nicht, wie «n yielen Orten geschieht, auf der Kanzel verkttnden, 
dass aU' das Vergebung der Sttnden mit sich bringt Auch 
kOnne nicht gebiU^t werden, dass die Geiftliohen die Wahl 
der Speise in der Fasten nicht frei lassen. ,Wahre Fasten, 
▼on denen Gk>tfe nnd die hefl. Apostel Meldung thnn, ist ein 
jeder Christ mit sonderem Fleiss zu halten schuldig/ 

Sich selbst Pririlegien zu geben, ist die Geistlichkttt nie- 
mals sparsam gewesen. Das ärgste Unkraut — diese Klage 
kehrt somit £ut wörUidi wieder wie in Steiermark — hat sie 
gesäet durch die Scheidung des geistlichen von dem 
Laienstand, da es doch nur einen einzigen geistlichen 
Stand unter allen Christen gibt, denn alle Christen 
sind Ifitglieder eines einzigen Leibes, und ihr Haupt 
ist Christus, dem ,wir alle, jeder nach seinem Beruf, 
ZQ dienen schuldig*. ,Wieaber die Kirchendiener in diesem 
einigen Leib Zertrennung angerichtet, sich selbst zum liöclistcn 
Glied, ja zum Haupt g-emaclit, das liege am Tage, und Jeder- 
mann wisse, was daraviij erfolgt sei, daher kein Zweifel, wo 
diese Sachen recht erwogen werden, dass die Freiheiten der 
Geistliclien billig abgethan werden müssen. Da nun alle Christen 
nur einen einzigen christlichen Stand haben, sollen sich die 
Geistlichen keiner Freiheiten gegen die Laien bedienen. Zur 
Erhaltung des Gehorsams unter den Christen sei erforderlich, 
jdass jedes Glied nach seinem Beruf das Gericht thue, so dass 
die Kirchendiener alle geistlichen Sachen, so lang die noch in 
flor Geheim der Beicht und Absolution stehen, die anderen 
Glieder des weltlichen Regiments die öffentlichen verschuldigten 
Qerichtssachen zu haTideln haben*. Diese und keine anderen 
Freiheiten sollen «Ii* i-tlidien haben, nicht also, dass sie von 
all' den Lasten, welehe die Laien zur P^rhaltnng des Christen- 
thums tragen, befreit seien. ,Jetzt wollen die Geistliclien aller 
Sachen frei, ledig, unboladen und ungestraft bleiben': , daher 
könne man diese angeniassten Satzungen und (icbote, weil die 
in viel Weg wider die landesfiirstliche Obrigkeit und die 
Landesfreiheit sind, nicht annelunen und nicht zulassen/ 

Der Zehent an die Geistlichkeit sei im alten Bund den 
Priestern zu ihrem Unterhalt gegeben worden, auch zu den 
Zeiten der Apostel, damit sie ihrem geistUchen Amte, unge* 
hindert Ton anderen Sachen, Torstehen könne. Mit solchem 
Einkommen habe sie sieh aber nicht begnügt, sie verlange 



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SSO 

weltliches Regimeiit, GrandstUoke, Gülten imd Güter, die sie 
8UD1 UeberfluSB, und dennoch ungesättigt^ an flieh gebracht 
Man könne ihr den Zehent reichen, dann werde sie die weit- 
lichen Güter wieder abtreten, und so könne dieser Sache ohne 
grosse Muhe abgeholfen werden. Wie übrigens die Din^c jetzt 
liegen, tfiKte es noth zu wisseUi welchen Geistlicheii die Ze- 
henten nach der Gewohnheit einet jeden Ortes vorenthalten 
werden. Man habe im Lande gutes Gericht, das hierianen 
Ordnung schaffen könne. Unerhört sei es, ydass man nun auch 
von den Früchten der Bttume, yon Handlung und Hantirungi 
Yon Jagd und Vieh den Zehent reiche'. 

Dasfi man der Opfer wegen in die Leute dringe und siCi 
wenn sie nicht zum Opfergang erscheinen, strafe, ,könne nicht 
statthaben, ist aiieh wider Gott*. 

Was die Hochzeiten anlan<re. ?^ei nicht abzusehen, ,wanira 
das Ztisamnicngebon allein ii\ cb r Kirche unter der Messe er- 
foln^on solle'. Es gibt ^^^nug Gründl!, darunter die Erspaning 
der Unkosten nicht der kleinste ist, die dem entgegen seien: 
Weite des Weges, Ungewitter u. s. w. Offenkundiger Ehebruch 
und Jungfrauenschftndung sei bisher durch das weltliche Ge- 
richt gestraft worden, daher könne das Begehren der Statuten 
nicht Fiats haben. 

In Fragen der Ketaerei su handeb, stehe der Synode 
wohl zu, wenn man unter Ketaem jene verstehe, die den 
Sataungen und Geboten Qottes widerstreben: eben deswegen 
hätte aber der Artikel in den Statuten besser erwogen werden 
müssen; man. dürfe nickt aUe Leute, die nicht auf die ,irrigen 
und ungleichen Concilien und die dem Befehl Christi entgegen- 
stehenden Constitutionen' schwüren, ,so leichtfertige unverhürt 
und unverurtheilt als Ketaer verdammen'. ,Die Geistlichen 
haben viel zu firüh ihr unbedächtiges Urtheil und ihre Beschul- 
digungen gestellt', ohne die Entscheidung eines allgemeinen, 
freien Concils abzuwarten, wo es sich befinden wird, wer ein 
Ketzer ist 

Von den letzten Artikehi bot nur der von der Zucht 

des Volk*.s noch Anlass zu längeren Ausführungen im gegen- 
thciligen Sinne. Wenn gesagt werde, auch die weltliche Obrig- 
keit solle das Ihrige dazu beitragen, dass das Volk seine Bi- 
schöfe, PräUten, Fiarrer imd Priester liebe, ehre und fUrchte 



I 



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mid ihnea den gebotenen Gebomm leiste^ und wenn gesagt 
werde, OeürtBobe sollen, aneb wenn sie Missetbaten verttben, 
von den Laien niebt gestiaft werden, so erwidert der Aue- 
Boboss, die Geisdieben mOgen suTÖrderst daran denken, daas das 
beiL Evangelinm dnrcb sie und andere Prildicanten rein und 
klar und ebne den Zosats Teif^ifteter menschHeber Gesetze ge- 
predigt werde; aber sie ibon so niebt: Sie ,gebieten stracks', 
dass man ibren Predigern Alles, was sie sagen nnd lebren, es 
sei gut oder bOs, ja ancb wenn es aar Verdammniss der Seele 
germcbt, glaube, dass Niemand dem Widerrede, obne sn beden- 
ken, dass es von Goit ▼erboten ist, seinen beil. Namen sn 
listem. Sie rühmen sieb in ibren Satsnngen der Lebre der 
shen ElrebenTflter und etBober Gonei&en, legen sie aber immer 
nur sa ihrem Vortbeil ^ungloioben Verstandes' ans. Eine reebte 
Bdbrmation werde «mlebst nnd allererst bei dem geistlicben 
Stande vorgenommen werden müssen, wenn das geschehe, 
werden die wehliohen Stände, ohne dass es erst Bann und Ex- 
communication NoÜi hat, von selbst nachfolgen. Man werde 
seitens der Geistlichen die Kärntnische Landschaft nicht be- 
ziehten können, dass ihnen bisher t iniL^n Verachtunj^ zugefügt 
wurde. Sollte dies durch eine uud die andere Person gesche- 
hen sein, so werde eine Klage bei der competenten Behörde 
leicht Abhilfe schaflfen. 

Auch erfahre man, dass die , gemein Priesterschaft' in 
diese Beschwerden der Statuten keineswegs einstimme, sondern 
fiarwider replicire und erkläre, dass ihre rechtmässigen Be- 
schwerden bei den Bischöfen nicht angehört werden. Eine Er- 
klärung, Gründe hiefÜr abzupeln n, sei von den Bischöfen mit 
Ungestüm ahgeschlaH"f^Ti worden. Ks unterstehen sich die Bi- 
schöfe, ,ihrer sieben Personen Versammlung ein heil. Concilium 
zu nennen, so doch sonst niemand Anderer von der Geistlich- 
keit und kein Wehlicher in ihr Vornehmen und ihre Satzungen 
gewilli^'^t liat", ganz abgesehen davon, dass ihre eigenen Decrete 
es lauter mit sieh bringen, dass es ahen Mensehen geisthelien 
nnd weltlichen iStandes gebühre und zustehe, dabei zu sein, 
wenn von Glaubenssachen in Concilien uud anderen Versamm- 
lungen gebandelt wird. 



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223 



9. Bie Antwort der StÜDde von Obertf8terrek'h, Steier- 
mark und KSmten auf die BesehwerdepHokta der 

Synode.' 

Die steirischen Stände hatten die echt Beaehwerdepimkte 
der Synode wohl der besseren Beantwortung wegen in 68 Punkte 
serlegty in Oherltoterreioh und Kftmten hatte man sich an die 
Eintheilnng der Synodalbesehwerden gehelten. Wae den ersten 
Punkt, ,die Mängel in der Religion' betrifft, sagen die Steirer, 
an den Mängeln trage die OeiBtUchkeit die ganae Schuld. 
Allerorten fehle es an Oeisdichen; das Predigtamt au rer^ 
sehen, faUe weder den Erabischtffen, noch der übrigen Geistp 
lichkeit ein. Wenn irgend ein Laie das Wort Gottes bei einem 
ehrbaren und gelehrten (Geistlichen lieber suche als hei einem 
ungelehrten, dürfe man sich nicht wundem, und ganz begreif- 
lich sei OS; dass die llenge Ton schlechten Predigten nichts 
wissen woUe und während der Predigt lieber auf Friedhofen 
weile als in den Kirchen, wo die Prediger auftreten, nicht 
selten nbemächtig, nach Gelagen und anderen Orgien und so 
unvorbereitet, dass sie nicht wissen, was sie sagen oder viel* 
mehr stammeln sollen. Wie wolle man dann dem einen Vor- 
wurf machen, der den Seinigeu lieber ein Capitel aus dem 
Evangelium vorlese. Die Hansheiren, sagen die Kärntner, seien 
verhalten, ihr Hausgesinde in Gottesfercht zu erziehen. So faul 
und schläfrig seien die Geistlichen nach der Ansicht der Steirer, 
dass unter 1000 Bauern und anderen Gemeinen auf dem Lande 
kaum einer die Artikel des christlichen Glaubens, die zehn Ge- 
bote u. 8. w. kennt, nic ht zu reden von den Fundamenten 
des Glaubens. Und doch <;estatte man den Leuten den Ge- 
brauch der Sacramente. Mau sollte doch wenigstens an Sonn- 
und Feierla<;en jene Leute, die nii.hL lesen und schreiben 
können, in den Ötückcu des chriätlichen Ulaubeub unterrichten. 



Die Bt'MctivvurdtMclirit't der steiruchen titäudo findet sich hiiiKischrittlu-h 
im steiermärkiacken Landesarckiv, die der Kärntuer in dem Codex der 
WMoer Hofbibliotii«k 11804, Fol. 17—86, nad die der Obertetemicher 
im Arehive dee If inieterianM Ittr Cnltos und Uateniebt. Da die der 

Kärntiior und Steirer unten in den Beilagen mitgetheilt werden und die 

ilor ObiTöstn-rreü-liei' In vielen Piitiktoii mit ihnen zuMunmenstimtaeilf WO 
H ui'ileu die Beuch werdeu ubeu uur ganz übentiuliilich daiyeitielit. 



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Jetzt wachse in den Pfarren eine Heidenschafl auf^ die weder 
Gott noch Bein Wort kennt Bellte dann einem Sohlossherm 
nicht gestattet sein, zumal wenn sein Heimweaen von der Pfarre 
weit abliegt, dem Gesinde ans der Bibel yerznleeen, so wäre 
das AlrwiJir hoch beeohwerHch. 

Denselben Mangel an Oeiatfiehen beklagm auch die Ober- 
iteterreicher Findet nch irgendwo ^etn tauglicher Priester, so 
wird er 8<tfort Ton den Ordinarien yerjagt nnd, wenn er wieder 
ersdieinty ins Gefltagniiw geworfen'. Die P&rrer, die man habe, 
fthren, was den Ordinarien nicht unbekannt ist, ein dnrchans 
iigerliches Leben. £s sei dorohans ungehörig, den Weltlichen 
eine Schuld ananmeasen, die allein auf die Geistlichen falle. 
Dass man den Seinen ^nnehristfiche Lehren' ausgiesse, werde 
man nicht erweisen^ ^denn bei den Laien ist wohl grosserer 
Eifer fUkt die Seligkeit Torhanden als bei den Geistlichen'. 

Das E«xamen der Priester sollte Tomehmlich dahin gehen, 
dass das Wort Ctottes seiner Anordnung gemäss gepredigt and 
nichts^ was dem suwider sei, in die Kirche eingeftkhrt werde. 
Am besten würde es sein, wenn der PrUfimg der Geistlichen 
die lichre des heil. Pauhis su Grunde gelegt würde, der da 
SBordne, dass man dem angehenden Priester ,die Hand nit bald 
anflegen, das heisst ihm das geistliche Amt empfehlen solle, es 
sei denn, er sei flir genugsam, das hosst für gelehrt erkannt, 
Gottes Wort rein und lauter und ohne Menschensusatz zu 
predigend Dabei möge es aber unbenommen sein, einen Geist- 
litlien, der nicht mehr das reine heil. Wort Gottes predigt, 
Sündern Menschentand, unnütze, uugegründete Lehren vorbringt, 
hinwe^zuthun. 

Der dritte und viei-te Artikel der geisthchen Hcschwerden 
liandelte davon, dass die Laien ihren Kindern und ihrem Ge- 
sinde verbieten, in die Kirche äu gehen, und vom Abejulüuthl 
unter beiden (jestalten; darüber hatten die Steirer und die 
Kanitiier, ebenso wie die Oberösterreicher, schon in der Kr- 
widerung auf die Provinzialstatuten geantwortet- Artikel 5 — 8 
betrifft die Kla^^en der Geistlichen, dass vaeunte Stf Ihü von 
den Laien entweder usurpirt oder zu langsam besetzt werden, 
oder daa.s sich Leute das Patronatsrecht anmassen, denen es 
nicht zukommt, dass die Laien von den vaeanten Stellen das 
Kinkommen selbst nehmen u. w. Die ?5teirer erklären, liier- 
über seien bisher keine Klagen in Steiermark vernommen 



1 



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224 



worden, es gentige, die Sache bei der zuständigen Obrigkeit 
anzuzeigen, was indess bisher nicht geschehen sei. Die Ant- 
wort der Kärntner und OberOsterreicher ist fast gleiehlAutend. 
Die Oberösterreicher fUgen hinzu, an der langsamen Besetzung 
der vacanten Stellen sei der Priestermangel Schuld, auch habe 
die Präsentation besondere Sckwiedgkeit; nioht jeder^ mitimter 
auch taugliche, wird angenommen. 

Dass die Pfrttnden (Artikel 9) mitunter ,ungelehrten Enar 
ben' verliehen werden, gehe allein die Geistiiehkeit an; riehtig 
sei, dass man bierin nichts Anderes deon Simonie und Eigen* 
nnts treibe, Pfanen und Stiftongen den MeistilMetanden ver- 
kaufe, sich dag^n um die Eigaimg des Priesters wen% 
kttmmere. Es kommen Pfiuren an Leute, die nicht ▼erstehen, 
was sie lesen, an Lente, die ihre StiAnngen ttad Benefiden 
einander aVkanftn oder Tertaiiscben; solelie Dinge sollte die 
Geistlichkeit früher bei sieh selbst absteUen, ehe sie gegen 
andere Klage fUirt Man dürfe hoffen, dass der LandesAkrst 
auch hierin abhelfen werde, nnd erwarte, dass die Geistlichkeit, 
wofern sie wirklieh eine Beschwerde habe, dieselbe ror die an- 
ständige Obrigkeit bringe. 

Dass Vogt- oder Lehensherren, ftlhren dann die KlntDer 
aus, sich in die Beneficien eindringen, darin thne man ihnen 
Unrecht, ebenso wisse man in Kärnten davon nichts, dass die 
Weltlichen ihre Beneficien ,ungelehrten Knaben' geben. Auch 
weisen sie den Vorwurf surflck, ,dass sie die Besetanng der 
Prfllatoren fast in ihre Hand sieben oder bei den WaUen 
Ordnung geben wollend 

Dass das Klosterieben (Artikel 10 — 15 der Steirer) in 
starkem Abfalle ist, die Weltliohen rieh in die Visitation ein- 
mischen, die Klöster von den Weltlichen ,auBgebcten^ werden, 
die Fürsten Inventiire ohne Zuziehung der Ordinarien aufneh- 
men lassen, werde von der Geistlichkeit mit Recht vermeldet, 
man sehe daraus aber iinr. dass die ,vita regularis' stark in 
Al)!iriliine gekunuitien sei und die Freiheit des Fleisclies zuge- 
nitniiuen habe. Diese Sache sei männi^lich bekannt: was sonst 
über die Einmischung der Weithehen iu die J'ralaioiiwahl ge- 
klagt wird, sei fremd 2,u lioren. Die Visitation der Klöster 
dtirfe man dem LandesfUrsten ,tncht abütricken' lassen, da es 
seiner Reputation abträglich wäre. Die meisten Klöster seien 
von Landesherren gestiftet, auch vom Adel reich be widmet 



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m 



worden: sollte die Wahl der Prülaten allem in der Hand der 
Ersbisclitffe und Bischöfe stehen, so käme es Uald dahin, dass 
der Landesfürst mit einem Pkülaten gar nichts mehr sn schaffen, 
,ihm die Hand über die Oeistliobkeit gesperrt und alle Gewalt 
Uber sie einaig mid allein in die Hllnde der ErsbischOfe und 
• Bischöfe kAme, was in diesen Landen bisher unerhört sei^ 
Dem Landesftirsten dttrfe die Hoheit tiber die Klöster nnd die 
Geistlichen nhnmermehr entaogen werden. Alle die Missstände, 
die von den Steirem in lebhaften Farben geschildert werden, 
werden eher von den Weltlichen als von den Ctoistfichen ab- 
gestelh werden können. Wie sich die geistliohen Viaitatoren 
je snweilen m halten pflegen, liege an Tage. 

Was die Prälatenwahl betreffe, übe hiebei der König nur 
seine ttberkommenen Rechte, die fest begrilndet nnd in den 
Fkreiheiten nnd dem alten Herkommen des Landes Steier ent- 
halten sind. Der Landesfttrst werde denn anch in Zakunft von 
diesen Rechten nicht abgehen. Das ist anch der Standpunkt 
der Oberösterreicher und Kärntner. 

Wenn die Geistiichkeit klage, dass der gemeine Mann 
Tou der ttblen Haltung des Clerus öffentlich und heimlich rede, 
und dass dem auch die weltliche Obrigkeit zusehe, woraus wohl 
eiumul der genicine Muini zu t;mem Aufruhr (gegen die Geist- 
lichkeit) bewogen wvrdeu niüchte, so sei ja die Schul<l au der 
Geistlichkeit, die Schätze anliaufe und ein übles Lcb( n IuIik-, 
Ehe n (l inuu sei es von Nöthen, dass dor Krmi^^ eiue Kefor- 
luaiioa vornehme; man dürfe nicht übersehen^ dass so viele 
Mi&sbräuche im Clerus von diesem noch als Gottesdienst ge- 
rühmt und erhalten werden. 

Die Inventarisirunt^ ^geistlicher Güter soll so gehalten 
werden, wie es altem llerkoniuicn £reniiiss ist: wenn demnach 
ein Geistlicher mit Tod abf^ehe, so werde von Stund* an das 
hinterlassene (int vom Vogt j*:esperrt', l^farrliof, Stif^ nnd Häuser 
besetzt, die ITinterlassenschaft auff^enommen und verwahrt, bis 
zur Verschung des geistlichen Amtes wieder ein anderer Geist- 
licher eingesetzt ist. Des Pianers hinterlassenes Erbe bleibe 
dessen Erben. 

4 

Was die ,Verktlmmerung' (Alienation) geistliehen Gutes 
betrifft (Artikel 10 — '2V), wornacli die Gelstliehkeit mit uner- 
schwinglichen Aniehen, , Reise wagen' mit Eingriffen in ihre 
^Giilten^ u. s. w. geschädigt werde, so berühre diese Angelogen- 

Aftbiv. LXXXV. Bd. 1. JiiUrt«. Ib 



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226 



heil die luiulesfllrstliobo Obrigkeit. Man rattsse aber bemerken, 
daas die meisten Stiftungen zur Krbaltang derjenigen gemacht 
seien, die den Gottesdienst verrichten nnd Gottes Wort ver^ 
k linden, nicht aber um Schätze zu sammehi. Bei der Geist> 
liclikeit gehe es aber zu wie bei den Juden: sie habe das 
Hirtenamty auch den Genoss ^on dem Kirchengnt; arbeiten, * 
predigen^ die Schafe Gottes weiden wolle sie aber nicht; ja 
das Aergste ist, sie wolle es auch Anderen nicht gestatten. Wer 
die Sacramente nach Christi Anordnung spendet, den heisst 
man wohl einen Ketser, und wenn man eines solchen habhaft 
wirdy bringt man ihn erbArmUcher Weise um. Die jetsige 
Qeistlichkeit habe an einem 'siemlichen Einkoinmen lange nicht 
genug, sie trachtet unersättigt nach irdischem Gut^ beredet 
Forsten und Herren, Edle und Unedle su ttbermlssigen Stif- 
tungen und einem Gottesdienst^ der mit Christi Wort nichts su 
thun hat. Nicht genug an dem, hat sie mit ihren reichen Geld- 
mitteln nicht selten den BesitB weltlicher Nachbarn und ent- 
fernterer Herren ,ausgekauft' und mit dem Verkauf von Ab- 
lassen und Ablassbriefen u. A. Geld und Gut an sich gebracht, 
so dass den Weltlichen fast nichts ttbrig bleibt. Wenn man 
nun höre, wie die Geistlichkeit die Zahlung ,der Quart' zum 
Widerstand gegen den Feind ttbel aufnehme, dass sie von einer 
Restitution der Quart spreche, so sei das in hohem Grade be- ' 
fremdend, nicht minder, dass sie klagt, als sollten die dem 
Landesittrsten schuldigen Leistungen wider die geistlichen Frei- 
heiten und Immunitttten geschehen, während sie doch all' diee 
von ihren Unterthanen einhebe; stehe es doch in deü geistlichen 
Rechten geschrieben, dass im Falle der Noth die Kircheugüter 
angegriffen werden mögen. 

Die Kllmtner lehnen die meisten der gegen sie Tor- 
gebrachten Beschwerden als guuz oder theilweise unrichtig ab; 
so die Steirer auch den Vorwurf (Artikel 22 und 23), dass die 
vom Adel die gestifteten Güter wieder einziehen woUen, oder 
dass sie von den Zechschreinen Darlehen verlangen. Bisher 
sei eine besondere Bescliwerde gegen einen Herrn oder Land- 
mann nicht vorgebracht wordL-n. In der Antwort der Ober- 
Österreicher gesc hieht die Ablehnung der geistÜcheu Klagen in 
etwas mas.svollerer Funn. 

Dass man Ciiaiiimen zu geistlichen (Berichten (Artikel 24 
bis 27) verachte, daa weilhche Gericht äich m dad geistliche 



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327 



JCingn'ffe orUube und die Fühning der g^BkUchen Gerichtsbar- 
keit gehemmt werde, dagegen sei zu sagen, dass man sich 
keines £ingriffes in diese bewusst sei; wahr sei wohl, und das 
sagen auch die ObeHtoterrelcher, dass umgekehrt die Geistlich- 
keit sich Dinge anmasse, die vor das geistliche Gericht nicht 
gehören, was nicht au dulden sei, da es zum Abbruch der 
kndesfUrstlichen Hohmt gereidie. Ausserdem haben die Geist* 
liehen die Unterthanen der Herren und Landleute weder vor 
das geistliche Gericht zu erfordern, noch au ezaminiren, wie 
auch umgekehrt die geistliche Obrigkeit nicht gestattet, dass 
ein Priester vor das weltliche Gericht gefordert werde. Landes» 
brauch s^, dass nOthigenfalls der geistliche Richter dem Lan- 
deshauptmann oder in seiner Abwesenheit dem Landesverweser 
schreibe, dass sie diese oder jene Person examiniren und dann 
die Aussage Teisiegelt dem geistlichen Gericht auschicken; so 
sollen es auch die Geistliehen halten, und werde man sich von 
diesem Landeshrauch nicht drängen lassen. Aber die Geist- 
lichen mdchten am liebsten auch die Richter über die Unter- 
thanen der Herren und Landleute spielen oder die Rechte und 
Landsbräuche schmalem. ,Sie wollen das nicht gelten lassen, 
was sie doch selbst thun.' Einen Gerichtsswang, weltliche 
Herrschaft und Strafgewalt über die Weltlichen kOnne man 
ihnen in keiner Weise zugestehen. XJrtheüe, die sie sich in 
weltlichen Dingen anmassen, werden von der weltlichen Obrig- 
keit niemals ausgeführt werden. 

Wenn sich die Geistlichkeit darüber beschwere (Artikel 
28), dass die WeltHchen ,in Ehesachen Verträge machen', so 
sei das eine unbilhge Anschuldigung. Wahr sei dagegen, dass 
sich die Geistlichen hieriniien , eigennutziger und Loser geiicht- 
licher Handlung bedienen und ungerechte Urthcile erfliessen 
lassen*. Wenn luun auf die Excommunicationen der Geisthchen 
(Arlikei 29j nicht viel gcbcj so hegt der Grund darin, dass 
man den Bann nicht nach Christi Einsetzung gebrauche, son- 
dern zur weltlichen Herrschaft, ja selbst um eine i yraanei 
auszuüben. Heute werde um allerhand leichtfertiger Ursachen 
willen gebannt, es werde mit ,deu Schlüsseln* gekramt und gc- 
jahrmarktet, es komme vor, dass ein Geistlicher den andoicu 
wegen einer lieischl.'lferin banne, kein Wunder, dass der Bann 
in Spott und Alisacrcdit trckommen. Dagegen erlaube man um 

Geld und Gut den Bösen alle ÖUude^ ertheile Freiheiten und 

16* 



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238 



AblftBse, die GottesfUrchtigen aber, wenn de nicht saUen 
können, verfiülen in allerhand Reservatfiüle. 

Im Wesentlichen wird damit auch die Meinung der Land» 
leute aus Kärnten ausgedruckt, nur Algen diese noch an, dass 
sie sich nicht erinnern konnten, das Asylrecht der Kirche je 
missbraucht, Jemanden aus der Kirche, dahin er geflohen, ge- 
waltsam gezogen sn haben. Daau aber seien die Kirchen nicht 
da, dasB sie alle Uebelthäter, Diebe, Räuber und MOrder, die 
Yor das weldiehe Gericht gehören, in Schuts nehmen. In der 
Antwort der Oberösterreicher wird hievon nicht geredet. 

Eine Besc'liwcnlc der (jeistlichkeit (Artikel 30) betrittt 
den Umstand, dass sie genöthigt sei, Profansaclien, Mandate 
und dergleichen von der Kanzel herab zu verkünden. Die 
Steirer meinen allerdings, man solle von der Kanzel herab 
nichts vernehmen als das göttliche Wort. Man werde aber 
bemerken, dass die Geistlichen alle Dinge, die ihre Zehenten 
u. 9. w. betreffen, auf der Kanzel vortragen. Die Kärntner und 
Oberösterreicher sagen, die Nothdurft erfordere es« dass Dinge, 
die das ganze Land angehen, namentlich wenn es sich um den 
Schutz des Landes, um Nothsignale und dei^leichen handle, 
in den Kirchen, wo eben die meisten Leute zusammenströmen, 
bekanntgemacht werden. 

Die nächsten Artikel (dl--33) betreffen die Klagen der 
Qdsttichkeit, dass sie ,der verstifteten Guter wegen' vor das 
weltliche Gericht geladen und, falls sie da nicht erscheinen, 
als ,eontumaces' behanddt werden, da sie doch selbst Richter 
in diesen Dingen sein sollte. Die Steiermärker flnden, dass 
das ,Ckmttth der Geistlichkeit dahin stehe, die Landschaft um 
ihre Rechte und Freiheiten zu bringen', denn man wisse, dass 
diese dahin gehen, dass alle Fragen über Grund und Boden, 
Zehent und Schulden, Kaufrecht u. s. w. vor das Landrecht 
gehören. Man dllrfe nicht dulden, dass sich die Geistlichkeit 
mit ihrem in dou Erbländem liegenden Gut absondere und 
etwa dem Lande Steuern und Hilfen entziehe. Den Versuch 
habe auch der Krzbisc-hof von Salzburg zuweilen gemacht, es 
sei ihm aber nieiuHlö stattgegeben wurden. Man benife sieh 
hier nur auf den Vertrag, den der frt\here Pirzbisehoi MaUliiius 
mit denen von Steier eingegangen. Naeh derselben Seite hin 
erklären sich auch die Laudieute aus Kärnten. 



■ 



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Die Klage der Geiatfichen (Artikel 34), daes mui ^ge- 
schickte, taugliche Ordenspersonen ana den Kltotem berede nnd 
an welüiohen Geschäften brauche, sei nicht begründet. Dass 
die Weltlichen in DOrfem und Wirthshtusem ou Yerbotonen 
Zeiten Tinae halten lassen, wird dahin beantwortet, dass die 
GeistUehkeit ftber die Herren und Landleut' ,8o Burgfried', 
Landgericht nnd Gebiet innehaben', nicht befehlen dttifen; Be- 
fehle dürfe ihnen nur der Landes5)M ertheflen. Wenn aber 
je an Zdten bei Tlnaen Unaucht getrieben wurde, habe sich 
auch die Geistlichkeit betheiligt Uebrigena versftumen die 
Laien nicht, ihren Pflichten nachankommen. 

Die Eftmtner weisen noch andere Klagen, die von den 
Steirem und Obertfsterreichern mehr oder minder stillschwei- 
gend Qbergangen werden, ab; diese Klagen äiüd indess insge- 
sammt nicht eben belangreich. 

Die Artikel 30 — 41 handeln von der Competenz geistlicher, 
beziehungsweise weltlicher Richter in geistlichen Sachen. In 
Kariiten sagt man: Was (irund und Bodcu betinfft, haben die 
Landrechte zu entselieideu, und in allen diesen Sachen sind 
die Pralaien vor dem Landrecht zu crselieineu schuldig, wie 
dies bisher auch der Fall gewesen; sonst liätte der König nicht 
eben jetzt von dem persöiiüi in n Vorbringen ihrer Klagen bei 
dem Landrechte sie befreien künnen. Die Klagen, dass man 
das geistliche Gericht einschrÄnke, seitens der Weltliehen 
,rait strenger Frag' gegen die (Tcistlichen einsehreite, in ihre 
rJüter greife, falls sie flüchtig werden, ihre Güter inventnri- 
sirc, ilire Testamente nicht achte, all' das seien unberechtigte 
Klagen. 

Auf alle diese Dinge nehmen auch noch die Artikel 42 
bis 53 Bezug. Wenn die Geistlichkeit klage, dass man ihr 
den grossen und kleinen Zehent nicht mehr reicht, ihr von 
,Neubrüchcn' nichts gibt, dass die Vögte über die Stittsiinter- 
thanen nach ihrem Gefallen vorfügeu, dass man für SeelgerUtlic, 
für Todtenämter nichts gebe, so weisen die Landleute darauf 
hin, dass es in der Erhebung des Zehents nach den einzelnen 
Orten grosse Unterschiede gebe; werde Jemandem ein Unrecht 
zugefügt, so mOge er, wie es Landesbrauch sei, Klage erheben. 
In vielen Fällen wird sich die Grundlosigkeit der Klage heraus- 
stellen und der Geiz des Glems offen au Tage treten. Auf die 
Frage wegen der Seelenmessen geht man in Steiermark gar 



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380 



nicht mehr ein: ^Dem Abgestorbenen ist das Himmelreich um 
Qdd nicht sa kanfen.' Ob aber Jemand opfern wolle, stehe 
ganz in seinem guten Willen. Die Geistlichen sollen sich, 
sagen die Obertfsterreicher, in diesen Dingen nicht auf die 
päpstlichen PHTilcgien, ^die ttber die Alpes Teutscher Kation 
niemanden binden', nicht berufen. Der Zehent von den Nova- 
lien gehöre dem allein zu, der zuvor dem Gut den Zehent 
hatte. Unbillig sei, den Geistlichen ^\ on allem dem, was er' 
wKchst, auch den Bäumen oder von etlichen Gütern den kleinen 
Zehent zu reichen'. Bei Opfern haben sie kein Recht, den 
Weltlichen auf/ulegen, was sie den Geistlichen reielicn sollen. 
Andere Punkte faiulcji ihre Widerleg^uiif^ sehon in der Antwort 
auf die Statuten. Worin sie nochmals daraui zurückkommen, 
i&t wenig bedeutend. 

Viel ötharfer äussern bieh hierüber die Klirntner: Was 
namentlieh die Colleeiuren angehe, werde den armen Unter- 
thanen allerhand Bebchwerde zugeftigt. In frühc^ren Zeiten 
habe es bei den einzelnen Ffurreu viel mehr Gesellpriester ge- 
geben, da sei ja mehr ,gereicht' worden, man habe ihnen, wenn 
sie in Spendung der Sacramente ihre Pflicht ei*fJ\llt, gern all- 
jUlirlieh eine (tabe, es sei Brot, Käse, Getreide oder Geld, 
gegeben. Daraus haben d'w Gcistlieben ein ständiges Ein- 
kommen machen wollen, und y-tzt verlange man, wo auf der 
Pfarre mir ein Gesellpriester sitzt, dasselbe, was früher ftlr 
mehrere bestimmt war. Die TTnterthanen hfittcn es nie an Er- 
kenntlichkeit fehlen lassen; wenn Pfarrer und Priester sieh 
gegen sie freundlich und gebUbrlieh halten, so werde man gern 
geben, aber in das Urbar lasse man diese Dinge nicht schreiben, 
dass aus der freiwilligen Gabe keine Pflicht werde. Dies und 
alles Aehnliche sei, wie die Oberösterrcicher melden, von den 
Geisthcheu ,zur Exnction und höchsten Beschwerung* erdacht. 

Man klage Uber die neuen Begräbnisskapelien der Land- 
lente; man blicke nur um sich, man werde sehen, ,wa8 Iftster^ 
liehe Kapellenbauten die Geistlichen fUr sieh und ihre unehe- 
lichen Weiber errichten'. Da frage Niemand um den Oonsens, 
,ehriichen, wohiberUhmten Geschlechtem aber soll es ver- 
boten sein'. 

Bezüglich der Wahl des Beichtvaters soll man das Ge- 
wissen der Menschen nicht zwingen. 



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SSI 



Die Artikel 54 — 65 handeln yod Steuern, Taxen, Ifauthen 
und sonstigen Lasten, die unbilliger Weise auf die Geistlichkeit 
gehäuft würden. Die Abgaben, erwidern die Steirer, werden 
auf Befehl der Landschaft Ton den Unterthanen genommen, 
▼OD den Qeistfiehen selbst nehme man nichts Uber Gebttr,^ 
gegen AufechlSge in Taxen und Mauthen seien bestimmte Kla- 
gen nicht Tozgebracht Wenn man klage, dass Geistliche den 
Weltlichen roboten mttssen, so könne das nur den Fall betreffen, 
wenn Geistliche einen herrschaftlichen Grund, wo ein Herr Zins 
und Robot nimmt, erwirbt; dass der Ausschank von Wein den 
Getstüdien verboten ist, ist nur recht und billig; dass die 
Pfleger und Amtleute die Geistlichen an Sonntagen belästigen, 
davon wisse man nichts. Die Kärntner heben die Beschwerden 
hervor, die sie in allen diesen Punkten gegen die Geistlichkeit 
vorbringen können. Viel härter als diese würden die Welt- 
lichen mitgenommen, am besten wäre es. den vieiieü 1 Jieil von 
allem geistlichen Out /u verkaufen und vou dem Erlös die 
Grenzbefestigung ins Werk zu richten, denn alles Vermögen 
der Herren und Liiüdleute reiche hieflir nicht mehr aus. Auf 
keinen Fall solltf' mehr gestattet sein, dass Pensionen, Anuaten 
und sonstige geistliclie Gaben an Leute ausser- oder innerhalb 
des Landes gezahlt werden. 

Dass man von den geibtiichen Gütern, welche von ab- 
ziehenden Wiedertäufern besetzt waren, bis zu 40 Pfund Strafe 
nehme, davon wiüse man nichts (Artikel Ofi); dass die Welt- 
lichen endlich creistliche Stiftungen einziehen, wenn der ge- 
stiftete Gottesdienst nicht verrichtet werde, .sei nur recht und 
bfllig. Uebrigens mögen dui betrelieiideii Beschwciden bei der 
Obrigkeit vorgebracht werden. In Kärnten wurde auf diese 
Anklage erwidert, dass man sich an die Stiftsbriefe halte, nach 
deren Wortlaut die Krhen verfahren. 

In < >bcrüsterreich werden die meisten Rescliwerdcn der 
Geistlichkeit am Schlüsse nochmals scharf zurückgewiesen. ,Es 
wird den Geistlichen nicht gestanden, dass sie zu Koboten ge- 
zwungen, dass ihnen Wein feilzuhalten verboten wird — 
denn solches werde durch ihre eigenen Statuten verboten, dass 



' Wihrend, ngen die OberOtterreleher, in den meisten Lindern den Land« 
leuten von einom .Gulden (sie) Geld* (Ottlt) evrei Gulden => 14 SoliUUnge 
Aa%etragen werde» habe die Geistliebkeit nur ewei Schillinge m erlegen. 



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2S3 



eB untersagt ist, ihnon Fisch, Fleisch, Schmalz und Wildpret 
«Uiutragcn u. 8. w.* 

,Wic nun, sap:cn die Obcröstcrrcicher am Schluss, die 
Geistlichen zum Höchsten bitten, sie bei ihrem Anlangen hand- 
aubabcn, dessen sie doch gar nicht Fug noch Ursach haboii,* 
so geht die Bitte der Landschaft dahin, ,die Rechte, die I. 
aus landeslUrstUcher Obrigkeit und die Landleute aus ihren 
ersessenen Rechten haben, sich in nichts entrieben su lassen,' 

10. Die Beschwerden der steirischcu, käriitnisebeu and 
uberOsterrelQhisclieii IiAndsehftfl wider die Gelstlkbkeit. 

Der Auftrag König Ferdinands verpflichtete die Aus* 
schttsse in den einzelnen Ländern, auch ihrerseits die Be- 
schwerden wider die Cleistlicbkeit, falls man solche vorzubringen 
vermöchte, zusanmienzustellen. In Kärnten, Steiermark und Ober^ 
Österreich kam man diesem Auftrage ohne Zögern nach. In 
Steiermark hielt man es ftlr ,eine hohe Koth und schuldige 
Pflicht'. 

Die erste Beschwerde in Steiermark ist die wegen der 
Verweigerung des Abendmahb unter beiden Gestalten: Ganz 
wider die Schrift scheide man die Christen in zwei Classen, 
sondere die Laien ab, so dass man sie nicht fHat Mitglieder 
Christi, sondern als Knechte des Clerus ansehe. Die Geist- 
lichen verdunkeln mit dieser Zertrennung die Worte der Schrift. 
Wo es iluK'n annehmlich ist, beziehen sie es auf sich, sonst 
auf die Laien. Sie machen zwei Ivirelien und viM wirren das 
V'ulk, dass li(uit<: Nieuuuul weiss, was den Clerus und was die 
Laien aiigclit, während doch die heil. Schrift in allen die Seele 
anstehenden Fullen den Unterschied nicht kennt. Sic stellen 
sich unbegründeter Weise lioeli über die \\'(^ltlieiien, indess 
doch dureh die Taufe und die anderen Sacramtmtc alle Men- 
sclien gelu;ilijL;t seien. Ks sei nicht au dem, dass des Laien 
Seele eine andere Speise, nöthiof habe als die dcö (leistliehen, 
es sei denn auch kein Grund, den Laien das Abendmahl unter 
beiden Gestalten zu versa<xcn. 

Der zweite Mani;el betrifft die Noth an tauglidii n (5eist- 
licheu. Der gcmeiue Manu lebt dahiu wie das unvernünftige Vieh. 



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233 



Der Glenis ist in Laster Tersanken, nnd diese bleiben zu- 
meist ungestraft. Die Aussehttsse bringen bierGlber einen auBser- 
ordenilioh eingreifenden Fall einer Jungfranenscbändung bei, der 
so gut wie ungestraft geblieben war. Die Geistlioben unter- 
stehen sieb, den Weltlicben ihre Terlobten Bräute abspenstig 
zu machen. Die Klagen versteigen sieh su Beschuldigungen, 
die kaum su glauben sind: Wenn die Geistlichen ^ einem 
Eheweib fleischliche Begierde gewinnen, weisen sie diese Weibs- 
personen an, ihre Männer su veTgifken'. 

Ebenso eindringlich sind die Klagen ttber die Habsucht 
der Gelstliohen. Wer ihnen den Opferpfennig nicht sahlt, dem 
▼erweigem sie das Sacrament. Sie lassen sieh vernehmen, je 
nachdem der Opfergang ansfidle, wolle man predigen, und es 
komme wohl vor, dass sie alsdann wieder ,unge predigt* von 
der Kanzel laufen. Was erst gar die Besetzung der P&rren 
betrifft, findet man unter diesen ungelehrtej unerfahrene und 
unexaminirto Personen wie Apotheker und andere hergelaufene 
8('liüler, die kaum lesen, gcscliwcige denn predigen künn«'n. 
Wie gellt man nur bei der Besetzung,' der i'iriuiden vor: ,Da8 
Feiste nimmt der Pastor, mit dem Älagcrcu muss sich der 
Pfarrer oder Beneficiat begnügen*. Solche ungeschickte Pfarrer, 
die von ihrem schmalen Einkommen nicht leben können, ver- 
putzen noch das, was zum Pfarrhof gehört, bezahlen keine 
Steuern und verursachen den dauernden Niedergang der Pfarren. 

Trotz aller Verbote besuche die Geistlichkeit niclit blo.s 
die Wirthshäuser, sondern halte noch jLadseliaften', gemeine 
Hader, Tänze, zu nieht geringem Aerger des gemeinen Mannes. 
Was in Franenklöstern mit ,Kindervertliuung', Unzurlit und 
dergleichen getrieben werde, sei alli^emein bekannt. Die näch- 
sten Klagen betreffen die hedcrÜche Amtsführung der fieist- 
lichen, ihr habsüchtiges Vorg'ehen bei Stc^rbcfallen, ihre Prunk- 
und Zanksucht, das iialten von Wirthshäusem, die Aufreizung 
der Bauern gegen die Horrschafl und das habsUchtige Ver- 
fahren gegen den Adel. 

Wenn man nun auch all' das dem Erzpriester klagt, es 
hat keinen Erfolg: Alles drängt dahinj ydass eine gewaltige 
starke Reformation und Visitation TOi^nommen nnd solche 
Laster ehestens abgestellt werden. 

Die Besch Werdeschrift der Kärntner enthält nicht weniger 
scharfe AusiUUe auf das Treiben des Glems: ^Dass man den 



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234 



armen Unterthanen, die in den letsten Zflgen liegen, das heil. 
Sacrament nicht spende nnd namentlich an Feiertagen die 
Kranken nicht besuchen wolle, denn die Feiertage seien auch 
den Geistlichen gesetzt, um au ruhen. Die hauptsftchlichsten 
Klagen gehen auf den Geis des CleruB, der nur dann, wenn 
seine Habgier hefiiedigt wird, sein Amt verrichtet Die Pfarrer 
finde man selten anheims bei den Pfarren, sie streifen in Stildten 
und Märkten auf den Wochenmftikten herum oder liegen in 
den Wirtbshäusem. Bringt man dann ein Kind sur Taufe, so 
ereignet es sich wohl, dass der P&rrer nicht daheim ist, und 
die Kinder an einen zweiten, dritten oder vierten Ort getragen 
werden müssen, bis sie die Tanfe erhalten. 

Nicht iuiii(l(!r lebhaft sind die Klagen über den Missbraueh 
des Beichtstulils. über die n('])crvortheilung der Bauern, ja 
selbst der Gutsherren. So weit sei es p;ekommen, dass die 
GeistHt-hen den GmndlieiTen die Aecker, ,davou die Zinsen 
gezahlt werden', entziehen. 

Was Unzucht, lästerliches Leben und Wesen sich sonst 
in mancherlei Weg seitens der Geistlichkeit sutrage, das sei 
allgemein bekannt, man unterlasse es, zu erzählen, was sich 
,den Weibsbildern gegenüber' nicht selten im Beichtstuhl er- 
eignet 

Die GeseUpriester sind von den Pfarrern meistentheils so 
schlecht unterhalten, dass man kaum noch einen erhalten mag; 
und trotzdem nun deren Zahl so stark herabgemindert sei, wolle 
man dennoch alles Einkommen aus den Süftongen wie früher 
gemessen, trotzdem dass der gestiftete Gottesdienst nicht mehr 
gehalten wird. 

An manchen Orten wird selbst un den Aposteltagen und 
anderen hohen Festen keine Messe mehr gelesen, wo vor 
Jahren drei- bis Tiermal in der Woche der Gottesdienst 
stattfand. 

Nicht weniger beschwerlich ist es, dass die Geistlichen, 
wenn sie Jemandem Schaden zufUgen, sich der weltlichen 
Obrigkeit weder zu Verhör noch zur Strafe stellen, sondern 
alle Klagen Tor die Ordinarien ziehen, bei denen man indess 
selbst bei groben Verbrechen kein Recht findet, wie jüngstens 
noch ein Mönch in Villach, welcher der Sodomiterei Uberführt 
wurde, ungestraft geblieben ist. 



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235 



Wm SeelenmesBen betrifft, werde man von den Geist- 
lichen «Item Horkommeii snwider stark ttberhalten; man gehe 
90 weit, auf derKanael ro ▼erkttaden, wenn sich ^SterbelAufe' 
nitrOgcn, wolle man nicht gehalten sein, die Kranken su be- 
suchen. 

Das Schmerzlichste aber sei^ dass dio Untertbanen durch 
die ungclehrten und ungeschickten Prädicanten der AnhOmng 
des Wortes Gottes beraubt oder darin mindestens verkürzt sind, 
und dass raan von diesen Prädicanten mehr auf Menschen- 
Satzung und cif^cnes Verdienst als auf die alleinige und wahre 
Genugthuun»,' Christi p^ewieseii werde. 

Aueh die Oberüsterrcicher haben in der Hauptsaelie die- 
selben Besehvverden vorzubringen: zunächst das Streben des 
auswärtigen Clerus, sich allen Leistungen im LmihI* für die 
Güter zu entziehen, die sie in Oesterreich luiben, dann ihr Be- 
mühen, ,8ieh im Land zu Verkleinerung L Kgl. M* landesftlrst- 
lichen Obrip:keit noch eine besondere landegfürstliche Obrigkeit 
aufzurieliten, sich von dem landesfürstlicheu Kammergut, alb 
Mauthen, Zöllen und Aufschlägen freizumachen, in die kgl. Ju- 
risdiction Eingriffe zu thun, wofür sie noeh Einzelnheiten an- 
bringen, die Priesterschaft, gegen die man Straft i i kannt, ausser 
Land zu führen' u. s. w. Es wären, sagen sie, noch viele 
S ii'b rbeschwerden, die damit in Zusannuenhang stünden, ,die 
fiirgenommenen Personen aehteu aber', S. h . Gnaden werden 
gegen altes Herkommen und was sonst zu Irrungen fUhren 
könnte, nichts vornehmen. 



U. Der Ansgang der Verhandlangen in h^lzburg. 

Für die Verhandlungen zwischen Salzburg einerseits und 
Baiern und < Jest<!rTeichs andererseits war ursprünglieh der 
1. Aucust 1549 in Aussicht genommen worden. Die Vertreter 
der Kirche wollten nicht unvorbereitet (n>eheinen. Zu diesem 
Zwecke sandte der Erzbischof am '2. Juni ein Sehreiben an dit^ 
Bisehöfe seiner Provinz: ein , Vortag' sei nothwendig, .um sich 
einer gleichen Vornr})fnt und eines Hesehhisses zu vergleichen". 
In demselben Sinne Avurde an demselben Tage nach Passau 
geschrieben, man müsse zur Verhütung künftiger Eingriffe und 
zur Erhaltung der geistlichen Autorität sich einer Vorarbeit bo* 



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m 



fleisBcn. * Es sollte beratliscUagt werden, ^anf welchen Artikeln 
gänzlich SU beharren' und in welchen man etwa ,Mittel and 
welche' annehmen mtfchte. Damit meinte man fUr die Tag^ 
Satzung am 1. August hinliinglich gerOstet zu sein. Die ens* 
bischMichen und bischöflichen Räthe traten am 7. und 8. Juli 
au einer Berathung zusammen und entwarfen ein Gutachten^ 
das sich über die einzelnen Punkte der Besehwerden ausläset. 
In den meisten wird, wie ja nicht anders zu erwarten war, 
einfach auf das Eirchenrecht verwiesen, in Tielen aber zeigte 
die Oommission doch ein freundliches Entgegenkommen. 

Am 7. Juli fasblc sie ihre Beschlüsse in eine Reihe von 
Punkten zusammen, von denen wenigstens einige hier anp:eflljrt 
seien: Dass die Laien den Ihripron aus verbotenen IJuchi m 
predigen, darin sullen die Orduiariun ,sich nichts begebend 
Lutherische Prädicanten seien in den Schlössern uieht zu dul- 
den. Während der Predigt dllrfe kein Branntwein feilgehalten 
werden. Man finde, dass die Edelleute, wenn sie in weltlichen 
Sachen Verhöre haben, mehr den Bauern predigen als sie ver- 
hauen. Die .(Jommunio sub utruque leidet auch kein Mittel^ 
.dan sovil das Interim denen, so es zuvor im Gebrauch gc- 
wcst, zuelässt'. Priester müssen von den Patronen ,iuxta ea- 
nones' priisentirt werden. Durch eine Zertheilung reicher 
Pfründen werde man wohl arme Priester unterhalten können. 
jPossessgclder hei I [ol"^ wt-rden schwer abzubringen, aber un- 
ziemliche l'acta der Patrone vor dem Prilsentiren zu verbieten 
sein. Der Vertreter von Passau meldete zu diesem Punkte: 
,Es seien gute Mandate in Oesterreich ausgangen, aber man 
hält übel darob.' Die ,Intrusio in mensibus papalibus' sei wider 
alles Recht und ganz unleidlich, dass Beneficien Kindern und 
un;xelehrten Leuten verliehen werden. Ein- und Absetzung der 
Prälaten sei nach den Basler Decreten zu regeln. 

Wenn ein Prälat sterbe, ,inventtren' die Weltlichen und 
wollen die Commissäre der Ordinarien nieht zulassen; man 
mttssc das Provinzialstatut Uber die Inventuren der Pfiurren 
demnach auch auf die Prälaten und ElOster ausdehnen. Die 
Visitation der Klöster gehöre den Laien nicht zu.* Dass 



> DiUcesiiDArcfaiT Salsbuig. 

* Eine Randbemerkung' Mgt: sed de escIadendiM laicis non habelnr ex» 
preesttB textus, darum muas man bierinneu desto genacber thun fe> 



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S87 



KUtoter ^aiugebetea' nnd ihnen durch die weltliche Obrigkeit 
Oekonomen gegeben werden, ,]st AUes gegen die Canones', da^ 
nun mtt&sten sieh die Ordinarien darwider setzen. Die groBsen 
Kosten der Gastmähler bei Gonfirmationen ' nnd Benedictionen 
der Prälaten seien abanstellen. Entfremdung kirchlichen Gutes 
ist nicht au dulden. Auch hier lassen sich versöhnliche Stimmen 
Tenehmen, ,die Quart würde nicht so g^Uirfich gewesen sein, 
hätte man sieh an die kgl. Instmetion gehalten'. Wenn Hans 
Hofimann meine, dass der Geistlichen Hab und Gut Kammer- 
gut sei, so sei das eine ganz ,unleidliche* Ansicht. Entfremdung 
kireUiehen Gutes soll besonders scharf gestraft werden, wenn 
es durch die Pfarrer selbst geschieht In diesem Sinne wer^ 
den die meisten folgenden Artikel der Statuten begutachtet 

Man dttrfe, hiess es am 8. Juli, auf keinen Fall gestatten, 
,dass die Weltlichen in die geistlichen Güter &llen'. Die Dis- 
position liierüber stehe nur den Ordinarien su. Mit Scheigen 
und Amtslenten sollen die P&zren nicht so sehr wie früher be- 
drängt werden. Bei einigen Punkten bemerken die Oommissäre 
ausdrücklich, dass hier eine Vergleichung mit den Ausprüchen 
der weltlichen Obrigkeiten leicht möglich sei; so wird zum 
Capitel ,De remedüs' angemerkt: ,Kann gemittelt werden, aber 
b<*i der nächsten Visitation'. * Es war eine gründliche Bc- 
rutliun;; über alle einschlägigen Punkte doi*selbcn. Aber 
auch die Regierung war niclit miissig geblieben. Die Bera- 
thuugen und die Beschhissfassung der eir/.t In u Luutlschuftcn 
verzögerte sich so sehr, dass König Ferdiiiüiul schun am 7. Juli 
an den Erzbischof - schrieb, der Termin für die Tagsatzung 
werde auf den 1. September 104!) festzusetzen sein. Der Erz- 
bischof von Salzbm*g meldete dcmgeuiiiss am 14. .luli den be- 
treffenden Prälaten, sich am letzten August in Salzburg einzu- 
finden. ' 

Am 2. September waren daselbst anwesend: der Erz- 
bischof, die Bischöfe von Regensburg, Chiemsee und Lavant, 
die (iesaiMlten von Regensburg, Freising, Passau, Brixeu. Gurk 
und Scckau, der Abt von St. Peter, die Herren vom Salzborger 

wLsfl ein Beweis, dasä die CoromiAsäre mit peinlicher Oewüuenbaftigkuit 
vorgingen. 

* Bathaeblag und Bedenken «uper revi«ione grmvaminiini. Actam Sonntag 
nach Ulrici 7. Juli 1M9. DiOcosanarohlT Salzbttri^. 

* IHOeeaMarebiv Balsbnrg. 



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338 



Domeaintel, ein sw^tor Gesandter von FreieiDg, von Regens- 
borg und Fusau, dann die Gesandten ^on Baiern: der Propst 
au Ulmttnsfeer Vitns Tnx^aiueri der Dechaat an Mttnster 
Georg Stengl, der Landshuter Kanaler Conrad Bronn und Dr. 
Schweighard, ausserdem eine grossere Anzahl ,yon Salsburg 
geforderter Prttlaten und Elrapriester'. 

Herzog Wilhelm von Baiem wQnschte den Verhandlungen 
in Salzbui'g das beste Gelingen, und so waren auch seine Ge- 
sandten instruirty Alles au thnn, was das gute Werk fördern 
kdnnte. 

Als Gesandte Ferdinands, der sich damals in Prag auf- 
hielt, gingen der Bischof Friedrich Nausea von Wien, der 
Landesuntermarschall von Oesterreich unter der Enns Ludwig 
Kirehber^^er vuu Viehliofen und die beiden Räthe Mathias 
iVlber, Doetor der Rechte, und Cliristof Wertwein, Doetor der 
Theologie, iiacli 6ai/uurg. Sie erhielteii am '24. .Vugust eine 
ausführliche Instruction: der König habe in die Syuoduiätiituten 
Einsicht genommen und hierüber von seinen , nachgesetzten 
Obri^'keiten' Berielit ciaptangen. Er habe es ak hüchst be- 
schwerlich empfunden und sehe es als eine Veriinglimi)t"ung an, 
dass mau ihm die Zerrüttung des geistlichen Standes 
zur Last letre. Der Erzbischof und die übrigen Bischöfe 
müssen seib&t bezeugen, dass weder der König noch sein gan- 
zes Haus etwas unterlassen hätten, was zur Fürderong der 
Kirche diene. Die Ursachen des Abfalls und der Zerrüttung 
seien ganz wo anders gelegen, ea sei ganz unnöthig, davon 
zu reden. 

Die Geistlichkeit sage, wenn ihren Beschwerden 
nicht abgeholfen würde, könnte die Reformation ihr 
Ziel nicht erreichen, aber die lleformation sei doch auf die 
Beförderung der Ehre Gottes und seiner heil. Religion, nicht 
auf weltliche Gewalt, Obrigkeit und Freiheit der Güter ge- 
richtet von denen diese Beschwerden handeln. Nichtsdesto- 
weniger sei der König geneigt, auch in den weltlichen Ange- 
legenheiten den Beschwerden Abhilfe zu schaffen, falls sie ge- 
recht und billig seien, wie er es auch bisher gethan habe; und 
wenn das nicht in jedem Falle geschah, liege die Ursache darin, 
dass man den Geistlichen nicht gestatten düi-fte, Eingriffe in 
die landesfUrstliche Hoheit und die Freiheiten und das Her* 
kommen der L&uder au machen. 



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389 



Die Synodalstatttten kitaine nuui nicht «pnehnieity weil üe 
die kaiserliche Beformatioii, die doch die Geistlicheii selbst m 
Augsboi^ willig angenommen^ weit ttberschreiten^ und Dinge 
enthahen, Yon denen dort keine Bede sei, andererseits aber 
Sachen auslassen, die in der kaiserlichen Refozmation angeordnet 
seien. Sie selbst hätten sich unter dem Schein der Religion 
selbst allerlei Rechte und Sachen angesogen, die ihnen bisher 
in Osterreiclusohen Landen nie aogekommen seien, auch die 
Religion, die EIhre und den Dienst 6K>ttes oder des geistlichen 
Standes Zucht und Wandel, die doch die Tomehmsten Stttcke 
der Reformation seien, gar nicht berühren, sondern weltltche 
Handel betreffen, die sie ,gleich gesetzweis' sich sum Vortheil, 
Anderen aum Nachtheil den Statuten einverleibt haben. 

Da dies den Freiheiten und Regalien des Hauses Oester- 
reich, den Österreichischen LSndem an den geistlichen Lehen- 
schai^n, Vogteien, Freiheiten, althergebrachten, ersessenen 
loblichen GtobrKudien» Landshandvesten, Rechten und Qewohn- 
heiten aum ewigen Nachtheil, aur Schmttlerung und Zerrüttung 
alles guten Wesens, der Einigkeit und der bisher erhaltenen 
guten Polizei und ordentlichen Landrechte gereiche, daher 
unerträglich und unleidlich wäre, auch den Geistlichen in 
keiner Weiße gebühre, der welüichen Obrigkeit Mass, Ordnun/j^ 
und Statut zu hetzen und vorzugreifen, so sei der Künii: nuht 
in der Lage, diese Statuten in ihrer jetzigen Gestalt anzuneh- 
men und in Vollzug kommen zu lassen. Dagegen erbiete er 
sieb, um seinen Eifer für eine christliche Keformatiou zu be- 
zeugen, zu einer VergleicUung. 

Die einzelneu Punkte der Statuten werden mm duich- 
genommen. Gegen die ersten fUni* ist nichts einzuwenden. Nur 
die im Capitel von den Wahlen angebrachte ,hitzige Re(juiaiLit)n 
und Protestation muss ganz eassirt und ausgetlian werden', da 
der König orduungsnüii^sige Waiden nie gehindert liabe, ,es 
vielmehr ihm zur höchäten Freude gereichen wiu'de, wenn die 
Stifte stets mit den ailergeschicktesten Prälaten versehen 
wtirden. 

Im Capitel von der Renuntiation müsse angeiUgt werden, 
dass solche Ui t^ignationen dem Patronat nieht /um Nachtlroil 
fffM-cichen. Im folgenden Capitel von der Ordination der 
Kirchendiener ist einzufügen, ,was in der kaiserlichen Kefor- 
loation inbegriffen ist', hier aber fehlt. 



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S40 



In der Rubrik ,I>e ordinum eeclesiastfooram qualitate' ist 
die CSausel: salva tarnen sedis apostolicae autoritate wegzu- 
lassen, weil Bie ,die ganze Constitution^ schwächt^ auoh der 
kaiserlichen Reformation zuwider ist; dagegen wftre ansiifllgeiii 
dass Jene, die geistliche Pfrttnden beaitaen und ihr yollkom* 
menes Alter erreicht haben, zn ermahnea seien, die Priester« 
weihe au empfangen, widrigenfalls sie auf das dritte IConitorium 
hin als Ungehorsame ipso faoto ihre P^rtlnden yerlieren wftrden. 
Auch konnte hier der Artikel der kaiserlichen Reformation ,De 
paryulis catechisandis' einverleibt werden. In der Rubrik ,von 
den Pflichten des Dechanten und der Domherren' ist hinan- 
zufUgen, was die kaiserliche Reformation enthiüt. 

Die Abschnitte 10 — 14 werden nicht beanständet, nur 
wird bei 11 angemerkt, dass die Seelsorge Keinem veiliehen 
werde, er sei denn dazu völlig tauglich. 

Zur 15. Rubrik ,I)e horis canonicis' wird bemerkt, dass 
diese Andachten leider ,mit kleiner Andacht und grosser £«il'' 
gesungen werden und Alles rasch fertig zu werden sucht 
Auch werden die sieben Zeiten in den meisten Fallen nicht, 
wie sich gebUhrt, von den Ganonikern, sondern von den Suc- 
centores und Schfliem gesungen. Die Nothdurft erfordere, dass 
die Kirchengesänge, Gebete, Historien und Agenden auf Grand- 
lage der kaiserlichen Rcligionsordnung, das Interim genannt, 
und der kaiserlichen Re.forinationsordnung verrichtet und Alles 
vermieden w erde, was zum Aberglauben Ursache geben könnte. 
Die (iebete und Uctjüii^^^c iiiügen immerhin etwas gekürzt und 
in ,iicliti;j:«M-e Ordnung' gebracht werden, damit sie , durch die 
Geistlichen mit mclir Lust, Willen luid Andacht verrichtet und 
auch von den Wcltiielien besucht wllrden^ 

Genau vorgeschrieben ist in der Instruction, was als zum 
geistlichen Gericht geluin^ anerkannt wird.* Manches von dem, 
%vas die Geistlichen in Ansprueli nahmen, wird tiir die welt- 
liche Obrigkeit zurückverlangt, ,dann ob die gleichwol zum 



Causam fidei, excotnmnnicationb, causae inatrimonialos, in quibus <juae- 
Rtio iuri^, adulterii quoad separationem, causae iuris patrouatus, beneti* 
ciales, electionum, postuIationiuR, confirmationum, cauu eriminalM ee- 
cleriarticae nltem in foro poenitentiM «I qnosd pQ«iuim eanonieam 
deUotoimu üi eectotiii commiasmmiA, exeentoa» eccleriamm. Dasu 
wird bemerkt: doch nüt folgendem Anhang: per haec tameii volumu* 
prioeipibiu ei Moularibo» poteetatlbas iu foro coutenüoBo qaoad poenas 



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Sil 

geistliehen genohtszwing «UiebeiiiiMaen anhengig mOehten, 
80 seiii doch die geietlichen des gegen nns, noeh unseren land 
mid leuihen nie in gebrmnch geweaen und noch nit, sonder der- 
gleichen ssehen, desgleichen eil ander der geistiiehen reales 
sctiones umh grUnt, pöden, zehent, gtüt, gtteter, hrief, siegl, 
schulden n. dgl. noeh hei zeit unserer lOhUchen Toreltem^ ers* 
herzogen zu Oesterreich über menschen gedenken bisher all' 
wegen durch nnd vor nnsem nachgesetzten ohrigkaiten gehand- 
let und gereohtfortiget» nnd also damit ein alter^ langersessner, 
rechtmttssiger gebrauch geftiert worden, dessen wir ans dann 
keineswegs zu begeben wissen'. 

Die Artikel 16 — 19 bieten wenig Anlass zu Bemerkongen, 
etwa ob die Tanfe allein in der Kirche oder bei Kälte, Weite 
des Weges und Schwäche des Kindes zu Hause voigenommen 
werden soll 

Anstand wird gegen den 20. Artikel Ton der Busse er* 
hoben, da, wo ,bei Öffentlichen Sttnden' die Kisselhäter yor ,die 
bischöflichen poenitentiarioä^ gewiesen werdm. Der Erzherzog 
sieht hierin einen Abbruch seiner wohlhergehrachten landes- 
fbrstlichen und hochgerichtlichen Gewalten und kann sich die 
Bestrafung ,der offenen Laster gegen die Weltlichen nicht ent- 
ziehen lassend Auch muss man dem gemeinen Mann^ will man 
anders ihn wieder an die Beicht gewöhnen, die Wahl eines 
christlichen Beichtvaters lassen. 

Die Artikel 21 — 26 sind uu beanständet geblieben, erst 
der fül^^ende ,vüm Kloster und dem Kiüstcrleben* bietet Aulusä 
zu Bemerkungen. ,Die angehängte und hochgeschärfte Requi- 
sition mücht' wol umbgaugen oder gemildert werden/ 

Was die Armenspitüler (28) anlangt, muss den Weltlirlien, 
die solche aufgerichtet haben, auch die ,Ver8ehung' vorbe- 

erimiaalM et aaeolaiw non ene dentfatuin, quas ipsi iure oommimi eon- 
«oetadine pravinciali vel pntgnAÜch iiiip«rH, oonititntione mu ssiielioiie 
poBsnnt eiaamodi criniiiiMifl infligere, vel etiain in hüa eattbu, qnl mixti 

sint fori et in qoibus seculari« index potest cognoscere quam ad poenas 
civilea proceditor. Folgen dann: (causae) sacrilegii, haeresis, simoniae, 
. . . periurii, adultorii, in contractibus abi iuratum, usnrarum, uativitatis, 
decimamm (ist man gftnzlicb im brauch). Negligentia iudids, in legatis 
ad piaa eaiuti, dsMgstlo iulitiae, eansM bononini detdcolonim (iie) 
elericonim et iavMituiis deniper Aeiendia, fonemm et reaAdiaran, raalfia 
en«eione8, um gttltgQeter, brief, sigl, schulden. Die letetgenannlen Ton 
Negligeiitia au Hisäun wir deu Qfliatliiclieii keiuekwofi eiasnxtiuiteii. 
▲idur. I.II IV. Bd. L B&lfto. 16 



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342 



» 



halten werden. Dass die Städte genöthigt sein sollen (29), ihre 
SohulmeiBter den Ordinarien zu präsentireo^ und die Privat^ 
schulen abgestellt werden sollen^ sei eine schftdliche Nenerang. 
Man könne sich ja durch jährliche Visitation von der gaten 
oder schlechten Haltung der Schalmeister ttberaengen. 

Was die Pfrttnden (30) betrifft» ist der erste Artikel dieser 
Rubrik 80 zu fassen, ,wexin ein weltHchler Lehensherr wohl 
selbst Priester bekommen möcht' oder ihm von dem Ordinarius 
benannt wttrden, er aber die Vergleichung aus NachlSssigkeit 
oder Eigennutz Uber die rechtliche Zeit anstehen lassen würde, 
dass alsdann der Ordinarius die Verleihung für diesmal vor- 
nehmen dürfe*. Da der Pricstermangel ein so augenschein- 
licher, so solle man ,rait Erkenntniss der Tauglichkeit der prä- 
sontirten Priester Bescheidenheit gcbnuichen*. Was dHiiii die 
Auliaiifiing von Pfründen bctriti't, möge dieser Artikel nach 
der kaiserlichen Kefornuition ,niodirirt' oder \venii;stens der 
Satz angehängt werden, dass es in Zukunft verboten sein solle, 
mehr als ein Beneficium zu. besitzen. 

Ueber die Entfremdung des Kirchengutes (31) ist zu be- 
merken, dass der Landesfürst, ,so viel die in Oesterreich ge- 
legenen Stift, Prälaturen, Klöster und andere Geistliche be- 
trifft', sich seiner , durch Privilegien^ ludulta, altes Herkommen, 
Gebrauch und Vertrag* überkommenen Rechte nicht begeben 
könne, auch nicht gestatten, ,da8S der Geistliehen Contracte 
und alienationes, so mit 1. f Consons beschelien, refractirt wer- 
den sollen*. Der betreffende Artikel ist daher ,auszuthun', zu- 
mal kein Geistlicher jo p^ezwungen worden sei, das ,seinigc zu 
verändern*, es sei denn die Quart gremeint, die aber nach Zu- 
lassung des Rechtes und der päpstlichen Heiligkeit geschehen 
sei. Die OeistUchkeit habe auch kein Recht, den Vogtherren 
ihre hergebrachten Rechte und Gerechtigkeiten abzusprechen, 
wo sie aber unbilliger Weise beschwert werde, werde mau ihr 
Recht schaffen. 

Was die Testamente verstorbener Priester betrifft (32), 
kann in dies Statut nicht gewilligt werden, doch werde aich 
der Landesfürst aller Billigkeit nach verhalten. 

Die Zahl der Feiertage (33) soll nach der Regens- 
burgiselieu Ordnung und nach der kaiserlichen Keligionsord- 
nung ,uoderirt* werden. 



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Was den Artikel Uber die Immmutäten und Privilegien 
der Kirche (34) betreffe, sei su beklagen, dass der KOnig auch 
da wie an vielen anderen Orten ,80 hoeh angetastet werde*, 
als ob er je die Kirchen yon ihren Freiheiten gedrungen hAtte. 
Das sei niemab geschehen, wohl aber offenkundig, ,da8S sie 
dieselben missbranchen, sie weiter als recht ond billig ist, deuten 
und unter dem Schein ihrer berühmten Freiheiten uns in die 
landesflirsiliche Obrigkeit greifen und uns diese entaiehen^ 
Wie christlich, gnttdig, Täterlich und emstlich der Landesfilrst 
sich in allen seinen Krblanden der wahren alten Religion, des 
Gottesdienstes und geistlichen Standes, der Xirehen und ihrer 
Guter angenommen, alle Secten, Nenentngen und VerAnde- 
nmgen verhlltet, sei bekannt H&tte er nicht mehr und höher 
als die Geistlichkeit selbst sich dies angelegen sein lassen, so 
hätten diese Dinge eine andere und ärgere Gestalt genommen. 
So aber sei es gottlobl doch noch dahin gediehen, dass unsere 
alte ReHgion und der geistliche Stand in keiner Provinz deut- 
scher Nation in besserem Stand und Wesen sei als hier, and 
dies habe die Geistlichkeit allein der weltliohen Obrigkeit zu 
danken. An den Rechten, die der Landesfürst in dieser Be- 
sdehang habe, werde er festhalten und kOnne denn auch das 
betreffende Statut in seiner jetzigen Fassung und Gestalt keines- 
w^ billigen und annehmen. 

Was den Zehent (35) betrifft, wird vit-1 statuirt, ,davon 
au vielen Orten kein Zelient ^^regcbcn wird'. So werden wir, 
schreibt der Erzherzog, berichtet, dass die Zelienten in unseren 
Landen unteröchicdlich gereicht werden, an einigen Orten lilsst 
man ihn garben-, an anderen niandel- oder schoberweis; liegen, 
au einigen zählt man den /(ilient Iji ini Abführen des ( Jetreides 
oder gfar in den Stadehi ans: wir nun allenthalben von, 
Alters herkommen, dabei soll es bÜhger Weise bleiben. 

Der Artikel ,von den Opfern und den Leichenbegäng* 
nissen* soll nach der Regensburgischen Ordnung gefasst werden. 
Unbedeutende oder überliaupt keine Ausstellungen haben die 
Artikel 37—45 gefunden;^ zu 46 (De disciplina populi) wird 
bemerkt: Es sei wohl recht statuirt, dass die Laien den Geist- 



' Za 38 wird bemerkt: De oUiid««tiiill dMpODMitione lassen wir fUrgehen, 
doch unsem Inntltsordimng'en und p-nneralcn iovil die Terwirkang dM 
beimtagfuts und erbsciuift betrifft, uuYergriffon. 

16* 



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244 



liehen nicht Übel nachreden sollen, aber anderseits mögen die 
Geistlichen sich in ihrem Stand, Amt, Lehre und Leben der- 
massen halten, dass sie den Laien ein gutes Vorbild seien; 
diese würden dann keinen Anlass zu Ubier Nachrede haben 
und die Obrigkeit , desto Imws' befugt sein, die Verbrecher zu 
»trafen. 

Im folgenden Artikel (De poenis) weist der Erzherzog 
nochmals den Anzug, dass die weltliche Obrigkeit ihre Pflickt 
nicht thue, zurtlck, oder als ob sie der Geistlichkeit Mass geben 
wolle, wie sie ihre Leute — die Geistlichen - strafen solle. 
IVtan habe strafbare Geistliche stets an die Ordinarien gewiesen, 
man werde hierin auch in Zukunft gemäss der kaiserlichen 
Reformationsordnang vorgehen. Der Funkt 49 (48 ist iiber^ 
gangen^) ,De sententia excommunicationis^ sei ,gar zu weit- 
läufig gestellt'. ,Die Geistlichen kätten sich dieses höchsten 
Ocwalts in bttzgerlichen Sachen gar nit, desgleichen auch in 
criminalibus ecciesiasticis änderst nit, dann in höchsten Fällen 
SU gebrauchen/ Auch dies Statut hütte der kaiserlichen Re- 
formation gemäss gestellt werden sollen. 

Dasselbe ist bei den Artikeln ,De visitationibuB' (60) und 
,De synodis' (51) der Fall. 

,Dem Allem nach sollen die Rftthe und Commissäre dem 
Metropoliten und seinen MitbiscbOfen anseigen, dass EOnig Fer* 
dinand die Statuten, wofern sie auf oben genannte Begehren 
der Billigkeit gemüss moderirt werden, annehme und den landes- 
ftUvtlicheti Obrigkeiten Befehl geben wolle, sie in Vollsug au 
setsen.' Noch einmal wird in gemessener Weise betont, dass 
er sich der Rechte und Gerechtigkeiten, die er und seine 
Landschaften durch das gemeine geistliche und weltliche Recht, 
durch Reichstagsabschiede, PriTilegien, Indulte, Vertrage und 
Vergleiche erlangt habe, und die er nun seit jeher im Besits 
gehabt, sich weder als Erzherzog von Oesterreich noch auch 
als Graf yon Tirol begeben konnte, wie er es auch gegen seine 
Nachkommen nicht zu verantworten wUsste. Sollten diese Sta- 
tuten ihrem neuen Inhalt nach publicirt werden, soll noch fol- 
gender Zusatz angefügt werden: Fer haec tarnen nolumus 
S. M" domino nostro clementissimo ac aliis S. M"' potestatibus 
secularibus praeiudicare, si quid contra haec nostra statuta ac 



> In mufgt 48 trans iU B. M««. 



I 



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ordinattones per iuris canonici aeu ciTilis aut sacri Romani im- 
perii pragmaticam sanetionem et receasivam dispoiitionem aea 
per privilegii indulta, conauetadinam, coneordata aut quaeyia 
alia pacta aeu compositionea in contrariumj per tandem S. 
ac 8. M*^ aliaa potestatea aeeulares ae provintialea fnerit ob- 
tentom. 

Sollte in dieaen Punkten aeitena des Metropoliten auf 
Mittel gedacht werden, daaa ea au einer Vergleichung komme, 
so aoüen die landeafbzvlüiehen Bäfiie und CommiBSIlre dieae 
ewar anhOren, auch die Sachen nach den Abaiehten und dem 
Begehren des Erzherzoga mit ihnen ahhandeb^ ,aber nkht 
schliessen', sondern daa, worauf die Sachen beruhen, mit ihrem 
Rath und Gutbedünken bei eigener Post an den T^andesfUrsten 
gelangen lassen. Sollten die Bischöfe oder ihre Gesandten noch 
so lant^e in Salzburg verweilen, so mögen sie dort den Bescheid 
des LandosfUrsten erwarten, wo nicht, mögen sie die Sache ,in 
ferneres Bedenken ziehen und auf eine andere Zeit verschieben'. 
Da diese SynodalhaiuUun^tüi auch Baiern betreffen, mögen 
sich die österreicliischen Räthe mit den bairischen freundlich 
unterreden und sich vertraulicher Communication erbieten, auch 
wenn es die Noth erforderte oder für gut angeselien würde, 
participato consilio mit ihnen das Beste und Nützhche handeln'. 

Es seien auch noch die Gravamina zu bedenken, die der 
Metropolit und die Bischöfe auf der jüngsten Synode zusammen- 
gestellt und eingeschickt haben. Damit habe er gleichfalls in 
Kürze eine Antwort abfassen lassen, welche die Rftthe ihnen 
zu gelegener Stunde zu überreichen Auftrag haben. Ueber all' 
daa^ was seitens der Räthe und Commissäre in Gemllssheit 
ihrer Instruction verhandelt, abgeredet und ausgerichtet wird, 
darüber sollen aie, sobald die Tagsataong ihr Ende genommen 
(lu end angeender taglaistung), noch von Sabsburg ans einen 
anafUhrlichen aehriftlicben Bericht abfasaen und aich anheima 
verftlgen.* 

Leicht war es, den Wünschen Baierns entgegenzukom- 
men: denn dieae enthalten keinen Punkt, der nicht auch von 
geistlicher Seite auf firttheren Synoden, namentlich schon im 



* Der k;^. CommiMion, bo off den linodmo, xu Salsbai^ taau> 1649 ge- 
halten, abgefertigt, Instruction Copi, 42 Seiten, im Archiv des Unter- 
ricbtsninisterinnis, 68 C, Salsbnrg. 



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246 



Mandate von MQhldorf toq 1522^ dann aber Tornehinlicli in 
den BeschlllBsen des Regensbarger Conventes gefordert worden 
wKre: 1. ein sliehtiges, werkthätiges Leben der Geistlichen, 
2. dass nur fromme und taugliche Personen an Ffranden und 
Seelfloi^estellen befördert und 3. keine Prediger zugelassen 
werden, die nicht zuvor auf ihr Leben und ihre Lehren hin 
ezaminirt seien, 4. dass ordentliche Visitationen beim Oeras, 
namentlich auch bei der Klostergeistlichkeit stattfinden, und 
endlich dass keine ^ausgelaufenen Klosterpersonen' zu Pfarr> 
und Seelsorgestellen genommen würden. Wenn diese fünf 
Punkte ordentlich durchgeführt werden, dann mttssten alle 
Ketzereien und Spaltungen aufboren und würde die Geistlich* 
keit diesdbe Achtung gemessen wie in den früheren Tagen. 

Was die nach Baiem ebenso wie nach Oesterreich abge- 
sandten Beschwerdepunkte betreffe, findet Herzog Wilhehn, 
dass sie auf Baicm durchaus keinen Bezug haben. Den fUnf 
Punkten schickt er eine erläuternde Einleitung voraus, die ein 
düslcres Bild von dem Zustand der Geistlichkeit cntwirlt, frei- 
lich nichts bietet, was nicht sehüD aus hundert anderen Klage- 
schriften jener Zeit b* kannt wäre. In den ruiikten, die in den 
t)8terreiehiselicn Liindem scharf aufgegriffen wurden, gab es in 
] iuR Iii keinen Widerstreit: Von Missbriiuchen, betreffend die 
Leheuöchart und Präsentation geistlicher Lehen, trage der Her- 
zog kein Wissen; seien Klagen vorgebracht worden, so habe 
die weltliehe ( 'lji i«;keit stets Abhilfe geschafien, den Ordinarien 
sei in der Investitur ,aller geif,ilichen riottes<^aben* nie ein Ein- 
trag geselu lien, bei allen Steuern und Aulagen habe man von 
der Geistlieliki it nichts verlangt, was nicht sehon zu Zeiten der 
Voreltern gebräuchHch gewesen wäre, unluili^'e' Beschwerungen 
würden auch in Zukunft nicht j^eduldet werden, W^as die 
Klostervisitation betreffe, habe er selbst sehon vor wenig Jah- 
ren in Salzburg darum angelialton. Das unklösterliche Leben 
in den Klöstern sei nur zu bekannt, auch an wem der Mangel 
gelegen ist. In der geistlichen Jurisdiction thuc man weder 
Erzbischöfen noch Bischöfen einen Eintrag, kommen Irrungen 
vor, so rühren sie eher von geistlicher als von weltlicher S^itc 
her. Man sei nui* dann gegen Geistliche vorgegangen, wenn 
diese ein gan« ärgerliches Leben geführt und die geistliche 
Obrigkeit keinen Anlass genommen hat, dagegen einzu- 
schreiten. 



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247 



Am 2. September sollte die Tnp^satznnfr mit einer An- 
sprache des Vertreters des Erzbischofs eröffnet werden. Der 
yVortrag' geschah aber erst am Mittwoch den 4. September. 
Der Sprecher erinnert die beiden Gesandtschaften an die vielen 
Versuche, die bisher gemacht worden seien, eine ^christliche, 
ordentliche und löbliche Reformation ▼orvunehmen^ Weltlicbe 
ond geistliche Obrigkeiten hätten einzeln und in Gemeinscbafit 
zn diesem Zweck gearbeitet, Reichstags- und Landtagsbescblttsse 
seien zu Stande gekommen und allerlei Mandate erlassen wor- 
den. Kaiser und Papst hätten endlich erkannt, dass diese Re- 
formation nicht mit gewaltthätiger Hand ins Werk gerichtet 
werden könne nnd dass man, nm nicht noch mehr Unrohe zu 
erwecken, eine gelegene Zeit abwarten mttsse. Bin solcher 
Verzug därfe weder der einen noch der anderen Seite ttbel 
ausgelegt werden: man kOnne und dOrfe in solchen Bingen 
eben nicht ,nitt dem Kopfe hindnrchfahren', sonst hätte ja auch 
sebon Christus die Stadt der Samariter, als ihn diese nickt auf- 
nehmen wollten, durch Feuer austilgen können, wie es der 
Wunsch seiner Jttnger war. Der Weise wartet zu; er weiss, 
dass Alles seine Zeit hat. Diese Zeit ist nun auch fUr die 
Durchführung der Reformation erschienen und zu dem Zweck 
die Metropolitansjrnode gehalten worden. Was man daselbst 
in die Statuten aufgenommen, entspreche durchaus den alten 
Canones und sei die Ifeinung nicht gewesen, etwa etwas Neues, 
das nicht zuvor schon auf Concilien oder von den heil. Vätern 
gelehrt worden sei, einzuführen. Man habe nur aus den alten 
Kirchensatzungen einen Aaszug ,nach dieser Zeit Gelegenheit' 
gemacht, damit der ^gemeine Priester, der nicht so viel hat, 
dass er grosse Bücher knufon könne, jetzt, wo der alten Ca- 
nones Sü viele in Vert^essenlieit kämen, dureh die Statuten 
wieder an sie erinnert und der alte, reehte Gebrauch, den Krz- 
und Bischöfe mit Autrichtung von Proviiizialstatuten eingeflihrt, 
auch dieser Zeit nicht ausgelöscht werdet 

Iliebei sei es noth wendig gewesen, zwei Dinge im Anp^e 
zu behalten: erstlich die Neigung des Clerus zu gewinnen, 
diese Reformation auch durehzuftlhren, da gezwungene Andacht 
und Satzung wenig wirken; dann zweitens, dass die Refor- 
mation durch einen gebührlichen und schleuiiij^un Weg ,ad 
execiifi ncm' gebraclit werde. Zu dem Ende habe die Provin- 
zialsj^uode getagt und seien deren Beschlüsse ,den weltlichen 



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248 



Obritrkeiten jent>r Lande tmvh anfrozeifjt worden*. wurden 
denu auch di*' Statuten dem Erzherzog von Ocsterreieh und 
dem Herzog von liaiern ,mit gehuhrender Reverenz' überreicht 
und beide ersueht, sie in ihren Landen publiciren und zam 
Vollzug kommen zu lassen. 

Um die ,GutwiDigkeit und Submission der gemeinen Cleri- 
sci' und ,die Autorität der Ordinarien' zu erhalten, was nicht 
besser geschehen könne, als wenn ihre Freiheiten behauptet 
and^ was in jüngster Zeit dagegen ,eingensscn', wieder beseitigt 
werde, habe man aach die Eingriffe der Weltlichen in die 
Rechte der Geistlichen yerzciehnet und die Schrift den Regenten 
Ubermitteln und sie um Abhilfe bitten lassen; ,denn wo das 
Werk der Auctorität nicht zulegt, da wird die Gewalt 
mehr verspottet und verkleinert als gefUrehtety da be« 
gegnet der Beschwerte keinem guten Willen, sondern 
gelangt nur unter, ein noch schwereres Joch^ 

Da die Provinzialsynode ,sich weiter bedacht', dass diese 
Artikeln leicht zu Disputationen, Zweifeln und Missverstand 
Anlass bieten könnten, so habe man bei den beiden Fürsten 
um die Abhaltung dieses Tages gebeten. Der Erzbischof und 
die anderen Bischöfe sprechen ihren Dank ans, dass beide der 
Bitte willfahrt hätten, sie seien ,des gänzlichen Trostes, dass 
diese Zusammenkunft nicht vergebens sein, sondern zum Guten 
gedeihen werde^ Es wurde nun zunächst auch die Instruction 
in Erinnemag gebracht, die der Erabiscbof seinerzeit den Ge- 
sandten nach Oesterreich und Baiem, welche um diese Tag- 
Satzung zu bitten hatten, mitgegeben hatte. 

Da man damals auf diese Instruction keine Antwort er- 
halten habe, so sei man jetzt ihrer gewärtig. 

Die Österreichischen und die bairischen Gesandten ent- 
ledigten sich nunmehr ihrer Aufträge. Diese zeigten am 7. Sep- 
tember an, ,was sie von ihrem Herrn zu handeln ein Befehl 
habend 

Die Worte der Osterreichischen Gesandtschaft, die ein 
,Verzeichniss ihres mündlichen Vortrags' am Schluss der Rede 
ttberreichte, brachte in der Versammlung ein ^grosses Entsetzen' 
hervor. 

Samstag den 7. September wurde darauf ,die Entschul- 
digung des Blrzbischofs und seiner MitUschOfe auf den ersten 
Vortrug der kgl. Commissäre' verlesen und den Letzteren Uber- 



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249 



releht Es wurde snnächst ^diesem Entoetsen' krttftig Ans- 
drnck gegeben. Die kgL Mijestilt irgendwie »hftssig' aosu- 
Uesen, sd der Geistlichkeit um so weniger in den Sinn gekom- 
men, je mehr man ^der Chitthaten' eingedenk sei^ die er bisher 
der Kirehe erwiesen. Dms die Geistlichkeit dies dem Könige 
niemals ^billig belohnen' kQnne, wisse sie selbst Was sie yer- 
möge, darin wolle sie ihm aOe schuldigen Dienste erweisen. 
Wefl aber sein Verdacht ans dem ^ungleichen Verstand' der 
xavor Ubergebenen Schriften entstanden sdn mag, so betone 
man nnnmehr nachdrücklich, ,dass anter dem gemeinen Kamen 
der weltlicheo Obrigkeit nit die kgl. H*, sondem aUein die 
nachgesetaten weltlichen Obrigkdten yerstanden seien', das 
ergebe sich schon daraus, dass sie — die Geistlichen — zu 
dem Könige nicht als au ihrem Widersacher, sondem ,zu ihrer 
Obrigkeit Hittlw und Helfer^ ihre Zufludit genommen und dort 
Abhilfe gesucht haben. Es werde dem Könige noch in Er- 
innerung sein, dass die Ordinarien dieser Provinz sich schon 
mehrmals an ihn um Abstellung ihrer Beschwerden gewendet 
haben. Auch dazumal hätten sie nur von ,clen weltlichen Obrig- 
keiten, nicht aber von der Person des Königs gesproclien'. 
jDieser neugeschöpfte Verstand' mag in der Unwissenlieit jener 
Leute, die bei solchen Handlungen nicht betheiligt gewesen, 
seinen Ursprung haben. 

Wenn man den Ordinarien die Worte verüble, dass die 
Iveformation keinen Fortgang gewinnen könnte, wofern ihren 
Beschwerden nicht Abhilfe geschehe, ,so sei dieser Buchstabe, 
woher er immer stammen mag, nit bo ruuli gewesen*. Die 
kgl. werde sich wold seibsl erinnern, dass , ihren Mandaten, 
Ordnungen und Satzungen nit nachgelebt noch Gehorsam be- 
wiesen worden, dass etliche Jahr her nicht wenig Verhinderung 
in anderem I. M' Vorgeben geschehen'. Dass die lu t ormation 
ohne Abschaffung der geistlichen Bescliwerden keinen Fort- 
gang; Winnen könnte, sei um so sicherer, als die Reformation 
zwar nicht allein auf Erhaltung der geistlichen Gewalt, Obrig- 
keit, Freiheit und Güter beruht, sondern auch auf den Unter- 
thauen, aber es sei doch männigiich bcwusst, ,dass die geist- 
lichen Sachen ohne das Zeitliche nicht bestehen könnten'. Auch 
sei der Arbeiter seines Lohnes würdig. Was für Früchte dort 
gewachsen seien, wo die Jurisdictionen confundirt worden, habe 
man eine Zeit her wohl erfahren. Auch Karl V. mahne in 



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250 



seinem ^Reformationsbttchel', das» die weltliehen Fttnten und 
Obrigkeiten die gmftttiche Jurisdiction, Libertät und Immnnitit 
scbütsen sollen. Hier yerlange man nicht mehr, als das« man 
jenen Mandaten nachkomme, die der KOnig der Religion und 
GeisÜichkeit selber seit Jahren habe ausgehen lassen. Wie 
man bisher diesen Mandaten nachgekommen sei, sehe man aus 
dem Schutz, den die Apostaten finden. Sie könnten es vor 
Gott nicht ▼eratttvorten, wttrden sie sur Schmilerung ihrer 
Rechte und Freiheiten zusehen; sie seien fbr ihre Person auch 
nicht gewillt, in die Rechte anderer Personen za greifen. £s 
sei aUerdings richtig, dass sie am lotsten Reichstag die Ver- 
pflichtung auf sich nahmen, ftr die Durchftlhrung der kuscf- 
lichen Reformationsordnung nach weiterem Beschluss der Pro- 
▼inzial- und DiOcesansynoden zu sorgen, aber Aber den Zeit* 
punkt sei nichts gesagt. Man habe bei der Abfassung der 
Statuten überdies die kaiserliche Reformation zu Grunde ge- 
legt (s. oben S. 163); an den genauen Wortlaut hätten sieh 
auch die übrigen Bischöfe nicht gehalten, und dies sei auch 
nicht Kofh gewesen, da sich die kaiserliche Ordnung selbst 
nur eine Formula nenne. 

Es sei fUr die Ordinarien dieser Provinz sehr beschwer- 
lich, dass die österreichischen Obrig-keiten ,diese geistlichen 
Sachen der kgl. Majcstiit so hässlich eingebildet und sie be- 
schuldige, als suchen sie in ihren Statuten weniger die Ehre 
Ciottes und die Zucht des geistliehen Standes, als vielmehr 
wcltlielie Handel und verlei})eu darin das ein, was ilnien von 
Vuiiliril ist, Anderen aber zum Schaden gereicht und nament- 
lieli dem Ilause Oesterreich präjudieirlieh wäre'. Daran liiltte 
die Synode nicht geda( lit, sich vielmehr auch in formeller Hin- 
sicht an die Form gehalten, die ?eit mehr als 100 Jahren 
üblicli sei und auch jetzt noch in anderen Trovinzen geübt 
werde. I)ies(> Sfjituten entsprächen dureliaus dem Kirchengesetz, 
seien aller < >i>i )gk< iL und Billigkeit gemäss, und als solche habe 
man sie aucli dem Kaiser tiberantworten las>;en; der habe sie 
bis zu dieser St\inde , unverworfen und ungestraft gelassen*. 
Und so könne mau hierüber aiudi die Entscheidung des Papstes 
gewärtigen, jene des Kaisers und eines jeden unparteiischen 
Richters. ^ 



* Archiv dea UatemchtsmiuiBterium«, 68 C.« Salsbu^. 



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251 



Die Bftthe und CommUnttre König Ferdinands fühlten sich 
durch die yEntschuIdigong' der Geistlichkeit noch keineswegs 
heruhigt. Es sei nicht ganz so, wie es in der Entschuldigung 
gesagt sei, denn in dem Capitel ,von den Wahlen' werde König 
Ferdinand namenlÜch und ansdrllcklteh angeführt, die anderen 
Fürsten und die landesfürstlichen Obrigkeiten aber nur im All- 
gemeinen angezogen. Wenn seitens der Geistlichkeit gemeldet 
werde, dass die von König Ferdinand erlassenen Religionsman- 
date nicht seinen Absichten gemäss durchgeführt werden, so 
hätte die geistliche Obrigkeit dies der zuständigen landesfürst- 
lichen Behörde anzeigen sollen, worauf der König für die nöthigc 
Durchführuiig gesorgt hätte. Hier treffe also der Vorwurf 
weder den König, noch die landesAlrstlichc ( )bngkeit, sondern 
die Geistlichkeit selbst. Genau so verhalte es sich mit dem, 
was bezüglich der Apostaten gesagt werde, wobei nicht zu 
übersehen sei, dass die landesfürstliche Obrigkeit an vielen 
Orten, wo sie dessen berichtet worden sei, solche Apostat(^n 
abgesclinfft habe. Da die Formula Karls V. in Augsburfi; der 
Geistlichkeit vorgelegt und von ihr approliirt worden, so inrirre 
die Geistlichkeit dieser Provinz abnehmen, ob es ihr zustehe, 
etwas festzusetzen, was der Augsburger Keformationsordnunir 
zuwider sei. Man habe dem Erzbischof und den Bischüten 
nicht den Vorwurf gemacht, als thäten sie in den Statuten 
nichts für die Ehre und den Dienst Gottes noch zur Zucht des 
geistlichen Standes, sondern gesati;!, dn»^s sie sieh unt« r d'-ni 
Schein der Religion allerlei Rechte und Sachen, die weder die 
Religion noch Gottes Ehre und den Gottesdienst betreffen, 
beilegen. 

Ob man bei der Verfassung der Statuten stets die alther- 
gebrachten Formen eingehalten habe, wUssten die Gesandten 
nicht zu sagen, sicher aber wären alle , Requisitionen, übtesta- 
tionen und Protestationen* zu umgehen gewesen. 

Die Gesandten Ferdinands legen dagegen Einsprache ein, 
dass die Statuten in ihrer ersten Gestalt und Fassung an den 
Kaiser gesandt wurden: König Ferdinand werde wenig Ge- 
fallen daran haben, denn es gewinne den Anschein, als wolle 
man damit ihn bei dem Kaiser ,angebcn und yerunglimpfen'. 
Das könnten die Gesandten nicht ungerUgt lassen, wie sie ,denn 
von dem König hieher abgefertigt wurden, um die Unverein« 
barkeit dieser Statuten und der dem Hause Oesterreich und 



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S52 



soinem Lande zustehenden Freiheiten daixuthun^ Wenn schlieBS- 
lich der Ershischof nnd seine Mithischöfe melden, dase sie 
noch tther ihre Statuten ,die Erkenntniss des Papstes nnd 
Kaisers leiden wollten', so mttssten sie sagen, sie seien hieher 
gesandt worden, damit auf dieser TagsatsEong eine güiÜehe und 
endliche VergleichuDg vorgenommen werde, aher sich erst ,attf 
irgend ein Erkenntniss' einsnlassen, die kgl. demnach zur 
Partei au machen, daau hfttten sie keinen Auftrag. Sie wollen 
nur noch sagen, dass die Antwort und die Bedenken, die der 
König Toigehracht hahe, dem Ershischof und den MithischOfen 
keinen Anlass su ihrer leteten nnd aum Theil hitsigen und he- 
wegtea Entschuldigung habe geben können. Alles andere, was 
in dieser Entschuldiguugsschrift noch enthalten ist und dem 
König irgendwie ,zuwider' gedeutet werden könnte, wollten sie 
an diesem Orte der geliebten Kürze wegen übergehen und die 
Geistlichkeit ersuclit haben, lieber die Dinge, um derentwillen 
man hier versammelt sei, befordern zu helfen. Es kam denn 
nun in der That zu hmgwierigen Verhandlungen. Zunächst 
legten die Baiem ihre Bedenken gegen die Statuten (lateinisch) 
und gegen die Gravaunna (deutsch) vor. Wilhelm von Baiem 
hiilt es fUr nothwendig, ein ,gemeine8* Predigtbuch zu verord- 
nen. Würde es die Svnode nicht thun, so rattsste er selbst 
eingreifen. Was die Abtorderuii<i jutherisclier^ Bücher be- 
treffe, sei dies ein Recht des Herzogs. Waren die weiteren 
Beschwerden der l^aiern nielit gerade von Belang, so war auch 
das Entgegenk(nnmen der Synode entsprechend. 

Aber man hielt es für angezeigt, auch auf ,die hässigen' 
Worte in der Antwort Ferdinands I. einen freundlicheren Ton 
zu finden.^ Der Aosschuss, der Uber die Gravamina bcrieth, 
bestand aus vier Personen:* Christof von Lamberg, Pender, 
Michael v(m Khuenburg und dem Kanzler von Brixen. Es 
wurde beschlossen (14. September): Dieweil fast alle Artikel in 
der kgl. Schrift auf die Gravamina, auch jene, ,darin die kgL 
Majestät ftir billig achtet, Wendung zu thun, Appcndices und 
ein Gegenbegehren haben, so muss aller Artikel halber im Col< 



Den husig«ii elngang; in der 1^1. antwort auf die gntvainin* nitsant 
iren repliken roodeste su verantworten. 

Bei den einselnen Sitsungen findet wohl mitunter eine Vervtkrkttn; 
statt. 



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253 



loqoio Vergleichfing beedieheii und also die ganzen GraTaminA 
sammt der Antwort von Händen genommen werdend 

Es ergab «di^ .daas doch Uber eine Reihe ron Punkten 
schon Uebereinstammung herrschte und nur die Mittel au er- 
wägen waren, ¥rie die Vergleichung ins Werk gesetzt werden 
könnte. Nicht Tergtichen waren namentlich die Punkte Uber 
die Eingriffe der WdtBdien in geistliehe ProoeaBsachen, Uber 
die Inventuren ohne VorwiaBen der Ordinarien, die Ahenation 
von Beneficien, das Verbot der gemeinsamen Berathungen der 
Geistlichkeit, das Einziehen der ^WidumgUter^ der Pfarren durch 
die Edelleute, die Anlehen auf Versicherung, die ^actiones rea- 
les um Schulden oder liegende Stttck', Verträge der Laien in 
Ehesachen, über Zehnten u. s. w. 

In gleicher Weise wurde festgestellt, worüber man in den 
Statuten übereingekommen sei und woriu nocli nicht, liier 
waren es die Capitel: De iudicio et furo eompetenti. De sacra- 
niento poenitentiae, Du uion.isteriis et vitn reffuiari. Dt- plura- 
litate- beni^ticiorura, De rebus ecclesiasticis iion alienandis, De 
testamentis defunctoriuu clciicoruni, De immunitatibus eeclesia- 
ram. De sponsalibus et niatrimuuiis und <b'e letzten Capitel 
überhaupt. Von einlüden Capiteln wird bemerkt, dass ihnen 
Erläuterungen hinzui^tlugt werden müssten. 

Zum Zwecke der weiteren Vergleichung zog man nun die 
Vorarbeit vom 7. und 8. Juli herbei. Es wurde Ix-tont. dass 
man ,die angehängte Schürfe' in dem Artikel ( I)»^ eiectionibus), 
über den man üsterreichiselierseits klagte, nicht erfunden habe, 
sie sei aus den Decreten genommen. Nichtsdestoweuiger sei 
man auch hierin bereit entgegonzukommen. Die Verhandlungen 
iu den Commissi^jin n wurden nun Tag ftli* Tag fortgesetzt, von 
Seiten der Geistlichkeit mit dem entschiedenen Bestreben, deu 
Wünschen Ferdinands und Baierns, wo es nur immer möglich 
sei, entgegenzukommen. Wir können auch hier aus den weit- 
achichtigen Verhandlungen nur den einen und den anderen 
Punkt herausheben. Der Bischof von Regensburg meint am 
18. September: ,Die angehängte Schärfe' sei wegzulassen, aber 
dem Artikel beiaofügen: ne seoulares £EM:iunt ordinarüs et ec- 
cicsiasticis in eleccionibus impedimentum. Aehnlich verlief die 
Sache in der Berathang tlber das Capitel De renuntiationibus, 
De ordinum ecciesiasticorum qualitate u. s. w. ,Es ^nrd auch 
ftkr Noth geachtet^ für die Frovina einen gieichföruigen Kate- 



364 



chiBmus zusammensiuteUeD. Es könnte allenfaUs Dr. Ftunn 
den durch den Bischof von Wien angefertigten KatechismuB 
Übersehen. Sonst seien ja auch von anderer katholischer Seite 
gute Katechismen vorhanden, wie der von Mensins. Der Bischof 
von Passan will fortan Keinem eine Pfarre verleihen, es sei 
denn, dass er residire.' 

Am 19. September kam der schwierigste Punkt: ,De in- 
dieiis et foio competenti' zur Verhandlung. Man sacht nach 
einem Mittel, wie die eine der anderen Partei entgegenkommen 
kOnne. Es wird beschlossen, ein Verzeichniss ansulegen, welche 
Bechtssachen schlechthin vor das geistliche Gericht gehören und 
welche nicht. Den Artikel von den Klöstern werde man ftndern 
and zafirieden sein müssen, wenn gesagt würde, dass sie in 
Zaknnft nicht vor den Anderen im Lande beschwert würden. 
Der Bischof von Lavant meint, man solle mit Sr. M* ttberhanpt 
nicht so viel dispntiren sondern sie bitten, die Armuth der 
Klöster und Priester la bedenken, damit sie mit Steaem und 
Anlehen nicht übermftssig besehwert wttrden. Was die ,Inven> 
tirong' betrifft, mflsse man anzeigen, ,da8S man mit den Gotem 
ftbel umgehe und daraus der Abfall der Priesterschaft erfolge'. 
Um zu einem rascheren Ende zu kommen, wurde nach einem 
am 17. September gefaßsten Beschlüsse eine Anzahl von Ar- 
tikeln aus den Statuten in die Gravamina gevsehoben. Die ver- 
fi^liclienen Stalnten sollten dann als Statuten verkündet, die 
Gravaunna aber ,per viani transactionis vel pacti* abg;ehandelt 
werden. Alles soll bij> auf das künftige Concil gelten. Sollten, 
erklHrte der kgl. Gesandte Dr. AJber, die (ilravaniina in den 
Statuten bleiben, so könnte man sie iiiebl auaehmen. Wenn 
man mit der Antwort im Reinen war, wurde aie von der ganzen 
Versammlung- .abgehört' und p^ut^eheissen. Die Schärfe und 
die Auhäuge sollten aus den Statuten genommen werden; aber 
man solle gradatim vorgehen und zunächst eine .Moderation' 
vornehmen; wegen dieser Sache soll die Handiuiig sieh nicht 
scerstossen. Die völlige Auslassung der Schärfe sei das ulti- 
mum refugium. In manchen Punkten, wie über die Spitäler 
und Schulen, kam man den Weltlichen leicht entgrircu. Privat- 
schulen könne man gestatten, sich aber des Autsichtsrechtes 



Er fUgt bei: haue esse potiaaiinam cauaam harutn torbatwuttm. Qua sab 
lata malt» m« tpoale ia reclaia riain redibunt. 



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255 

nicht entachlagen. Gui udre es, eine Schulorduimg zu maclien, 
wie eine solche schon durch Cochläus verfertigt sei. 

Montag den 28. September kam noch einer der schwie- 
rigen Punkte, ,üe non alienandis rebus ei clesiastis', zur Be- 
rathung. Dieses Artikels könnten sich die Ordinarien nicht 
begeben. Sollten die Gesandten darauf bestehen, so mo^e man 
ihn aufs künftijje Concil schieben, einstweilen sollten die Prä- 
laten den Ordinarien einen Eid leisten, da^s sie vom Kirchen- 
ohne deren Zusuniniung nichts hinwegthnn. Das Versetzen 
der (TÜter komme den PrJllaten hilrter an als tlaa Verkaufen, 
da man die Gülten höher verkaufen, das versetzte Gut aber 
nieist nicht mehr zurückiüsen kann, will man sieli die Feind- 
schaft des Adels nicht zuziehen. In Bezug auf die Verlassen- 
schaftsabhaadlung nach verstorbenen Priestern k innf mmi sich 
dahin vergleichen, dass die i?ei''t!ichen und weitiiciien Obrig- 
keiten neben einander die Testaniente der Verstorbenen exe- 
quiren. In Kärnten ^^eschehe den Priestern hierin kein Ein- 
trag, wohl aber in iSteiermark, in Oeaterreich ob und unter 
der Enns. 

Die Immunitäten sollten in einen einzigen Artikel gezogen 
werden. Man aollte hierin so viel als möglich su erhalten 
trachten oder in den Statuten die FrWilegien in specie aus- 
lassen. Bezüglich der Mauthen, Steuern n. s. w. wird bei diesen 
Zettbioften nichts zu erhalten sein. Man aollte aber doch trai-.h<- 
ten, dass die Geistlichkeit wenigstens neben dem Adel ge- 
halten werde. 

Die Verhandlungen zogen sich nun ins Endlose fort. Die 
Abgesandten Oesterreichs und Baieros wollten ,verbindlieli^i 
nur Uber die Statuten verhandeln, was die Gravamina betrifft^ 
▼erweigerten sie zwar ihre Theilnahme nicht, aber die Be- 
schlüsse sollten die Landesfürsten mit nichten binden. Der Gr* 
dinaritts war, wie die Geistlichen erklttTten, in einer schlimmen 
Lage: yGibternaeh, so handelt er contra iuramentum; thnt er 
es niohty kommt kein Beschluss zu Stande/ Man werde dann 
auch in den Landen davon reden; es sei auch zu besoigen, 
dass hier gehaadelty das Verhandelte aber nicht ausgefilhrt 
werde; und doch — trotz aUedem — konnte man nicht um- 



' Aber sn«li biw batte KSnig Ferdinand eist noeb Btnnehtiimhbi'e in die 
B we M toe gefoidaft 



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356 



hin, die Oravaimna ganz dorchsanehmen, damit niolit aUer Ver- 
lust aof die Geistlichen -falle. Vom 28. September his zam 
10. October verging kein Tag, an dem nicht eifrig gearbeitet 
worden wttre. Am 5. October worden die Statuten von dem 
Bischof von Chiemsee übersehen and angemerkt, was verglichen 
ist und was noch ^hinter sieh gebracht werden soU^ Dann 
worden die Statoten im Tollen Rathe abgehört. 

Am 11. October liessen die ,KUnigi8chen' sich vernehmen: 
dass die Statuten vornehmlich in den meisten Punkten der Vi- 
sitation und Reformation verglichen werden sollen, werde I. M' 
nicht iiiissfallen. Dass aber die Reforaiatioii erst zur Hand ge- 
nommen werden solle, wenn die (iravaraina abgestellt seien, 
hatten die kgl. Gesandten ungern vernommen. Sie hätten Be- 
fehl; die Sachen dahin zu richten, dass die Reformation zu 
Stande käme. Sic liätten die Ordinarien aueli dessen erinnert, 
dass sie bei Kaisern und Königen und namentlich bei den 
anderen Krzhischöfen, die In ihren Diöeesen die Reformation 
schon aut'^erielitet hätten, in einen sehlinunen Ruf kommen 
müssten. Wollten sie zuerst die Uravamina erledigt stdien und 
dann die Reformation vornehmen, so möchte der König be- 
niiissigt sein, st'ibst ( )rdniing zu niaehen. Sie möchten also 
sehen, dass zuerst die Reformation in Angriff genommen werde. 
Nicht so seliroff Jtnsserten sich die Baiem. Am folgenden Tage 
replicirtcu die ()rdinaripn: Der heftige Anzug sei nicht noth- 
wendig gewesen. Sie hätten ihrer Pflicht, die l^eformation vor- 
zunehmen, nicht vergessen, sie seien bereit, die Statuten, sobald 
man mit der Berathung zu Ende sei, binnen zwei Monaten 
zu drucken, innerhalb eines weiteren Monats publiciren zu 
lassen und in einem Monat darauf die Visitation anzufangen, 
Sie seien bereit, einen Tag zur endgütigen Vergleichung dieser 
Statuten anzunehmen. 

Woher diese plötzliehe Schärfe, nachdem die Verhand- 
lungen bisher verhältuissmässig glatt verlaufen und eine Eini- 
gung in den wichtigsten Punkten entielt war? Man erfahrt es 
aus der Antwort der kgl. Gesandten, wie sie am 13. October 
gegeben wurde. Dass sie den Ordinariis diese Erklärung ge- 
geben, sei daher erfolgt, weil sich diese hätten ausdrdcklich 
vernehmen jassen, dass sie erst alsdann zu der Visitation und 
Reformation schreiten wollten, wenn die Statuten und Grava- 
mina zuvor verglichen seien. Darüber seien sie befremdet und 



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257 



hätten sich beschweren müssen, denn wenn man so lange 
warte, würde das ganze Werk der Reformation kaum verrichtet 
werden. Das sei der Grund, weshalb sie in der letzten Ant- 
wort i?esa^, die Statuten sollen in den wichtigsten Punkten der 
Visitation und Keformation verglichen werden. Wenn man 
früher weniger laut diese Punkte betont habe, sei es deswegen 
geschehen, weil man sich solcher Vorsätze der Ordinarien nicht 
versehen habe. Man habe aber umsomehr Grund, an diese 
Absichten der ( Jrdiuaricu zu glauben, weil sie schon in ihrer 
ersten Zuschrift davon geredet hätten, dass die Reformation 
nicht ans Ziel gelangen könnte, wenn nicht zuvor ihren Be- 
schwerden abgeholfen sei. 

Die Geistlichkeit hielt noch an demselben Tage eine Be- 
rathang: jDieweil die statuta forma reformationis sein sollen und 
müssen, könne man ohne Vergleichung der Statuten nicht visi- 
tiren/ Der Erzbischof entschied hierauf, dass man auf weiteres 
DLsputiion mit den Weithchen verzichten möge. Den Ge- 
sandten wurde mitgetheilt: Man habe nur im All^^^rinciiicn ge- 
sagt, jWenn die Sachen der Gravamina und Statut« n vciT^^Iichen 
sei', aber damit du( ii mcht gemeint| dass die Gravamina zuerst 
erledigt werden mussten. 

Am 14. October erklärten die Ordinarii: Sie hätten billigen 
Grund zur Beschwerde, ,da ihnen diese Ungleichheit als Schuld 
zugemessen werde', trotzdem erklären sie, wenn zwischen der 
kgl. und den Ordinarien alle Statuten verglichen seien» 
diese drucken und publiciien und in dem genannten Termin 
die Visitation vornehmen zu lassen. Fürs Zweite mögen sie 
leiden, dus, wenn von der Vergleichung der Statnten geredet 
werde, auch die Art der Visitation besprochen werde. Den 
Vieitatoren soll Gewalt gegeben werden, in den geringeren Be- 
schwerden der Geistlichkeit Verträge und Vei^leiohong anftor 
richten, damit sie nicht denken, ihrer aei veigeMOn worden. 
Wenn Uber die Statuten veiglichen wird, mOge man einen Tag 
festsetzen, an dem man die Gravamina verhandeln könne. 
Wenn dies Erbieten an die kgl. gebracht und den Ordina- 
rien weiterer Bescheid erfolgt sei, würden sie sich alles schul- 
digen Gehorsams beaengen. Sollte sich indess der Bescheid in 
die Länge ziehen, so würden die Ordinarien selbst statata, 
ohne die ja einnud die Visitation nicht erfolgen kann, auf- 
stellen und pubUciren, auch eine ordentliche Visitation und 

ArcUv. LUIT. B4. 1. HlUla. 1? 



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26S 



RefomuitiOD Toraehmen, an der I. tttr GefaDen haben 
werde. 

An demselben Nachmittag seigten die Gesandten an: es 
sei nicht ihre Meinung gewesen, ,den Enbischof and die Mit- 
bischOfe zu binden', ihr Anaeigen sei nur deshalb geschehen, 
ydass sie ihren Bericht desto stattlicher thnn konnten^ Sie 
mOssten im Uebrigen bei ihrer früheren Antwort verbleiben 
und erbieten sich, ihre — der Geistlichen — Personen 1. M' 
an empfehlen.' 

Der Ordinarius trat hierauf vor und bedankte sich den 
(gesandten gegenttber ,der Schickung des Tags'. Sie wollen es 
an dem nöthigen Fleiss nicht fehlen lassen, um die Sachen su 
einem guten Ende zu. bringen. Nachdem noch die Gesandten 

einige Worte entgegnet hatten, wurde das ,Colloqtii«m* fftr be- 
endet erklärt; die kgl. Gesandten blieben übrigens noch einige 
Tage in Salzburg; ob sio in dieser Zeit etwa noch weitere Ver- 
handluujjfc'u pHotrcn, ist aus den Acten niclit ersichtlich. So- 
viel aber ist klar, dass es zu der 80 seliubüchtig gewünschten 
Vergleichuiig nicht gekommen ist. 

Am 14. October sandte Ferdinand I. der nioderöstorrei- 
chischen Regierung den Befehl zu, mit der Publiciruiig der 
salzburgischen Synodalmandate einzuhalten. Er hätte sich ver- 
sehen, der Erzbischof und die Mitbischöfe würden mit der Pu- 
blicii-ung der Mandate stillgestanden sein, bis die Vcrj^leichung 
erfojfjt sei, zu der man ja so ansehnliche Käthe nach Salzburg 
gesandt habe. Weil dies bislier nicht geschehen, so g-edenken 
wir, schreibt Fenliiuinl, mit der Publicirung zu warten, bis 
wir von unseren üesaudten den Bericht über ihre Handlung 
in Händen haben. Einstweilen möge die Kcerif'rung darauf 
sc ii< Ml. dass der iandesAlrstUchen Jurisdiction kein Abbruch 
geschehe. 

Von diesem Befehl wurden die Landeshauptleute und 
Landesvitzthunie von Oesterreieh ob der Knns, Steiermark und 
Kärnten, Krain und Göra und der Landniarsehall von Nieder- 
österreich verständigt. Wenn auch in der nächsten Zeit mit 
Salzburg noch Verhandlungen gepflogen wurden,* so ftlhrten 
sie doch zu keinem Ziele. £^ war dw letste Augenblick, wo 
eine scharfe Generalreformation wohl auch im HinbHck auf 



* Hmmis, Germ. Smm« II, 8. 618; Oefele, Script I, 8. IfiS. 



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259 



die Neoernngeii Erfolge einelt hfttte. Von nmi an sobreitet 
der HenreD- und Bittentond npanfhalteain auf dem Pfade forl^ 
anf dem wir ihn in seiner Antwort auf die Sjmodalstatuften 
und Grayamina der Geietticlikeit und endlieli ancli bei seinen 
eigenen Beschwerden gefanden haben. Der protestantische 
Cbmrakter der Landschaften von Nieder- und OberOsterreich, 
Steiermark imd Kirnten — vielleiebt aoeh von Krain — ist 
seit 1549 entsehieden. 



BEILAGEN. 



L 

ProTiiuiaistataten dei Erzbistäums Salxburg. 

Er£biscJiof Ernst von Saleburg erlässi mit Zu st Immun ff und auf den 
Jiaih seiner ,3titbisc/iöft'' dir Prorinziuhtatatoi für die (jdmc Salzhurger 
KircJtenpravinz, die, bis zur Entschriduuff durch ein alJgemeifiea Concil 
geüen soüen. Salehurg, 1549, Februar iiö. 

(StetermErkiaehee Lan4eMtf«hiT, SefonufttioiUMeteii, du ProviDBialeoneil Sals- 

bmg lft49 b«Cr«ffeiid.) 

Krnestus . . . embieten der ganzen geistlichkeit und dem volck 
des l^ds, stat und pistomb Saitzburg ewiges hail im harrn zuvor. 

Ecclesiastes hat recht und fast wol gesagt, ein jeglicher handl hat 
lein zeit und gelegenbait, welches wir zu unsorn betriebten Zeiten vU- 
feltig ei-faren haben, aber in kainer Sachen mer als in dea handlui^en 
die hl. religion und gsistUeh refonnation betreffend Dan was ist in so 
Villen reichstagen, soTÜIen znsammenkünften, so TÜIen gesprachen, in so 
Villen der geistlichen synodis oder zusamenkünftcn und gahaitnen Visi- 
tationen, was ist aoch in so vill sonderliehsa und öffentlichen ratschlegen 
von wsgMl ▼aong^Chiing der Zwieträchten, welche in das schifiQ dar reli- 
giODf d<s lebens, reformation des wandels eingefallen, anders ausgericht 
worden, dan dass der handl nachent hitziger und ergar ist woidon, nach- 
dem aber in soliohsr nnainigkatt das gessts des hem sogo^gsn fast 

17» 



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S60 



s«ratr»t worden niid das schiffl Petri nicht illain ?on den wwsertbnnieD 
bewegt sondern auch zu sinckhen angefangen bat, alsdan war zeit so 
bandlen, dan wiewot der berr weit von ans gewichen was, hat er uns 
docb nit verachten wellen, sunder sich einen helfer m gelegner seit nnd 
in der trQebsall enaigt nnd bat gefhnden sein getreuen diener, welchen 
er mit seinem hl. gesalbt hat, vor weliches angesicht auch sein veindt 
gefallen ist und die in hasseten in die flucht geschlagen. Aus welichem 
errdgt ist ein grosse still, welches wir das f erder iar ans den hand- 
lungen des unuberwindlichisten und grossnachttgisten baiser Karl des 
fflnfften unsem allergn. hwni auf dem reichstag zu Augspurg be- 
schechen, gebandit und Ton allen sttadten des reiche angenumen, abse- 
nemen haben. Auf welichem nichstag mit wunderlicher und unglaub- 
licher weis sonderlich disen obbemolten zwaien artiggln der religion nnd 
reformation fflrsehung getbon ist worden, dermassen dass alle menig in 
demselben sich vei^lichea hat. Aber in dem ist den geistlichen obrig- 
kalten die thüoi nit oröffnot gewesen, auch nit gelegenhait gegeben, sich 
ieres ambts zu geprauchen, suiKler die richtschniir und fmrm einer orden- 
und christlichen rpformation inen freywiilig mit gepurlichei liauksagung 
haimbgostelt und bevolchen worden. Dieweil wir nun undter den uuor- 
zehlichen widei wertigkoiteii vast schwarlicli bedrangi sein gewesen, hat 
«nsor gomüet und gewissen nichts also fast beschwart ?oii diser zeit her, 
m welcher uns der almechtig gott als ainon unwürdigen des erzbischof- 
liehen ambts bernefft hat, dan da«s wir bey unsem leben zu diser ge- 
winschten zeit und gelegenhait, so wir so lang iierzlich hegen haben, halt 
erlangen mochten, der christlichen reformation, derohalhen. dieweil uns 
so glückselig zeit und gelegenheit ist zuegostanden, haben wu* unser ambt 
nicht lenger wellen anstellen. 

Wiewoll aber ein generalconcilinni von dem hi. vattem . . . Paulo 
. . . dem dritten . . . auszuschreiben turgcnumon, in welichem concilio on 
zweitil /oillich und mit grossem nutz von der ailgemainen cristlichen re- 
formation gehandlt wirt, auf welichos gcmain conciünm wir dises unser 
vorhaben gern betten anfgeschoben, dieweil aber wissentlich ist, dass die 
Vollendung desselben hi. cuncilii yetzo in rhue steet und aer vil dings 
sein, die durch anraizung dos teufels des vatters aller zwitracht Verhin- 
derung machen, welcherhalben die Vollendung des generalconcilii mocht 
verhindert werden: darneben bej uns die missbrauch und laster also 
hauffenweis tegiich uberhandt nemen, dass auch die allerklienist Verhin- 
derung, mit welicher die christUob reformation aufgezogen, vast schädlich 
sein wuerd, derohalben wir wider unsem willen abe^ ans not bezwungen 
von unserm f Ornemen nicht absteen mugen. Uiber das sein wir nit allain 



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dvich aanimng des geiat und anser gowitian beiregi, aondem auch 
mit dem beger der luuBerlicheii maiestet Termont und aoB beYelch der U. 
cuonen getriben, haben ain previneial- oder landtooncilinminiutfer etat 
8altsburg in dem namen goltea auf den montag den ainlURen tag des 
mooats febmanj sa baiten auageaohriben, in welchem landtooneilio als 
bej nns die boohwilrdigen nniere weich- und andere bischoff Georg bi- 
schofT von Begenapurg, Wolfgang b. in Paeaan, Jeronimui b. an 
Cbieraeee, Johan b. an Seggan, Philipp b. so Labend t in aigner 
peraon, anch der hochw. bieehoillireeandten Heinrich des b. in Frei- 
sing, Christoffen b. su Brichsen nnd Anthonien b. sn Gnrckh 
mitsambt den erwirdigen brobslen, preUtten, ertsbriestem nnd deeanen, 
Mich die gesandten der capiti, der erta- nnd andern bisehoiliehen hirdien, 
auch die ganti derisei nnaers ertsbisthomb in dem namen gottee Tersamlt 
gewesen nnd erstlich nach vollbrachten gew9ndlichen cevemonien haben 
gy angefangen die handlang des oltmichtigen gots nnd seiner kirehen als 
vil inen der vater der lieeht, Ton welchem alles gnets nnd alle Tolkhnm- 
Uche gab herbunbt, Terliben hat, Tleissiglich zu handien, und als wir alle 
ding vleissig ei-wegen hetten, haben wir ein reformation, welche wir allra 
vieiss bedacht und yon ganzen herzen winseben, mit nnserm urtl und be- 
willigung auch unserer bischoff und anderer Icut rhat in etlich canonet* 
Ii Uli Ordnungen, so dorn göttlichon ^[esetz und der leer der väter gemäss 
zusauic-u gezogen, welche wir hiemu gegen wurti^'lich publicieren und er- 
öffnen, dieselben auch mit der hilff gottes nach unscrm venuügen in ier 
Wirkung zu bringen understeen wellen, bis so laug das generalconcilium 
vollendet wirdt, welches goneraiconcilii decroteii und Satzungen wir als 
di*' kinder der gehoreamb gern geliorsaiu blich geleben wellen. Millerzeit 
wt llt ji wir dise unser statuta und Ordnungen all dem urtl des Römischen 
r^tuels, welchen wir pillicher weiss hoch eerpn, underworfen haben. Der 
Inhalt aber unserer statut und ordoungeu gemelter unser refonnation 
Tolgt hernach und laut also. 

Zu lob dem allmächtigen gott. 

1. Von der religion und cstholisehem glauben (fol. 9**— 4^). 

2. Von den Ordnungen und gesetzen (fol. 4* — ö*). 

3. Von gewonhait der kirehen (fol. 5'— 6'). 

4. Die erwolluug der bischoven und prelatteii (fol. »i'—ö'). 

5. Von conlinuation oder bestallung der prelatten (fol. 8' — 9'). 

6. Von der resignation oder anfsagung der prelatten und geistl. 
beneficien (fol. 9*— 10'). 



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263 



7^ Von der weich der priester und ierer geaiihioklichkaii (fol. 10* 
bis 14*). 

8. Von der gesoliickliciikait des standte der geistlichen und ieren 
ämbtern(fol 14*— IG"). 

9. Von dem ambt eines deean und chorherm (fol. 16* — 18*). 

10. Von den oflicialn und dem ambt euua ersbriester und gej- 
dechanten (fd. 18*— 19*). 

11. Von den pCurheiien und besteHten Ticarlen der kirchen (fol. 
19*— «0*). 

12. Von den predicanten nnd dem ambt des predigen (fol. fO^ 
bis 98*). 

18. Von fifembden briestem (fol. 98* — 94**). 
14. Von den horis canonieis oder tsgseiton (foL 94 — 87*). 
16. Von geriohtehandlnngen nnd ordentliehen geriehtpl&tien (fol. 
97*— 98*). 

16. Handinngen» so dem geistlichen gericht sngehorig (fol. 98* 
bis 88*). 

17. Von den sacramenten nnd deiselben raichung (fol. 88* — 33 

18. Von der tanff (fol. 84*— 85''). 

19. Von dem sacrament der flnnnng (fol. 85^ — 86^). 

20. Von dem sscrsmont des alters nnd mess (fol. 86^ — 89^). 

21. Von dem sacrament der puess (fol. 40* — 46^). 

22. Von dem sacrament der weiche (fol. 46 ^). 

23. Von dem sacrament des ehelichen standt (fol. 46*— 47 

24. Von dem sacrament der letzten Ölung (fol. 47'* — 48'). 

25. Vou den ^^eistlichon ceremonien (fol. 48' — 48*'). 

26. Von der zuclit, leben and erbrigkeit der geibtlicheu (fol. 49* 
bis 53'). 

2 7. V on der keuschheit der geiätlichen und denen, 80 beyschlai'erin 
haben (fol. 53"— 57^). 

28. Von den khlostern und munichKlcbon (fol. 58" — 69'). 

29. Von den spitalou der annen (fol. 69'* — 67')'. 

30. Von den schuelleo (fol. 67'— 70»). 

31. Von den geistlichen pfründen (fol. 70' — 72''). 

82. Von den kirchen und klosterguetern, dieselben nit zu entziehen 
(lül. 73'— 79") 

33. Von den testamenten der gestorbenen und verla^äueu guetern 
der geistlichen (fol. 80*— 88'). 



» Di« BUtter 67—69 aind doppelt. 



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34/35. Von den gebottnen feier- und fasttagen (fol. 88*— 94 '). 
3H/37. Von <len befreittogen und priTÜ^ien der kiichen und geist- 
lichM) (fol. 94'— 102"). 

38. Von den zehenden, opfern und soclgoriiidcn (fol. 103* — 106''). 

39. Von dem versprechen und ebeetandt (fol. 106 ''—110'). 
40—43. Von dem heimlichen varsprechen. Dedivortio. Desecun- 

dii» noptiis (fol. 1 10 *— 1 17"). 

43. Von den kheczern (fol. 118*— 120"). 

44. De simoni» (fol. ISC^ISS^). 

45/46. Deusurifl. Depre8byteroexeoinmaDieftto(fol.l23^ — 126*). 

47. Von dmn, so di« Idiehen oder f^iihöff entehren (fol. 126*). 

48. Ton crisflicher xucbt des gemainen Tolks (fol. 126**^ 130*). 

Im Anhang zu diesen Statuten finden sieh noch sieben Capltel 
(fol. 181*— 146*): 

1. Vertentscbiing des capitels Omnis atrinsque sexus. 

2. Vertentschnng des capitels: Decretnm de immunitate ecclesia* 
nun in Sexto. 

8. De poenis. 

4. De poenitentüB et remissionibiis. 

5. De sententia excommunicationis. 

6. De Tiritaelonibfis. 

7. De synodis. 

Das Gapitel schliesst di« Sammlung der Statuten, mit dum Befehl 
iiki ulle Bischöfe etc., sich genau an die Statuten zu halten: Datum in 
unser stat Saltz|yiirg am ]ifintztag den letzten februai'ü auuu lü4ü iur.^ 

Dann folgt (fol. 147'): 

Mandatt oder landtsbevolch des erzbisthnra Salzburg. 
Gedruckt, and zwar lateinisch, bei Dalfaam, Couciüa Salzburgensia 
provincialia ft dioocesana, p. 330 — 344. 

■ 

Es sind zehn Capltel : 

1. Von der roligioii und di'm cath. Erlauben. 

2. Von den predicauteu und dem ambt des predigers auch von den 
Terbotnen buechern. 

3. Von frembden priestern. 

4. Von den hohe canonicis oder tagseiten und von Zubereitung so 
der mess. 



* Diese Statuten liegen auch (in Reinschrift) in lateinischer UeberHetznng : 
StattitA provimiaUa arohiepiMopatiis äslxbuigeiiBi» vw. Mar die leisten 
Öäts« fehlen. 



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264 



5. Von der raichiing der sacrament und sreistlichen cpremottiea, 

6. Von dor zucht dfis lobcns und orbrii^kiiit der ^istlichen. 

7. Von dor iinkcii8chh(>it dor geistlidion auch doBen, 80 nii keuscb- 
holt halten und eewoibor ucnion. 

8. Von den rlr>storn und müiiichleben. 

9. Von den apostaten oder ausgeloffnon mimichen und den prie- 
Stern, die in paan sein und dai'fiber moss lesen. 

10. Von der puess und Vergebung der Sünden. 

Ks folgten, wie man ans dem Index des betreffenden Actenfascikels 
siebt, dann die Boscbwerdepunkte der Geistlichen wider die Laien: In was 
articl der geistlichen graTsmina oder heschwir artid wider der weltlichen 
gestellt: 

1. H&ogel in fällen die rel%ion betreffende 

2. Communion sub utraque epecie. 

3. Patroni beneficia ad vacantia. 

4. Intrusio in mensibus papalibus per secnlsrem poteatatem ad be- 
neficia etiam cnraia. 

5. Electio praelatontm. 

6. Visitationes clerieomm et monasterionun. 

7. De non alienandis bonis ecclesiaaticis. 

8. Diaposition der priester gneter. 

n. 

Auf der geistlioh Saltsbnrgiioh provineial itatata deren Yon Stejr 
aatwort Anno im 1M9**" (8eptein1»er 6). 

(LaudeaarchiT, KclormAUou, Prorinsiabytiude 1649, Concept.) 

* 

Auf der BOm. sn Hungern und Bebaim Kgl. unsers allergn. 
herm nnd landsfürsten n. regiemng bevelch sambt neben Obersen- 
dling der geistliciien schnften, welche sie statuta proiinciala, referma- 
tionsm eterieomm und ire grsTamina nennen, dieselben an beratslahen, 
das ist Inhalt gedachte bevelchs» der an den . . . herrn Hansen Un- 
gnaden . . . und herm Crfstoffen Besehen . . . ausgangen, die auch 
ander mer personen zu inen ervordert, in dem namen gottes, der allain 
in allen geistlichen und weltlichen sacben den waren und i echten ver- 
standt geben thuet, für die handt ),'eiiommen, und solch hochwichtiL'^ irticl, 
in welchen nit allain aiii pollicei oder urdnung, wie die goistlicheii und 
weltlichen in allen sacben in disor weit lebn oder was gestalt sy sich zeit- 



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liisber girater giebrandieii sollen, sonder das alleiliOgste» die artid nnseis 
crisUiehen sUligmacIiendeD glanbens, das haill nnsefer seel und dss ebig 
leben betreffen tiiaen; und wie dann diss seiilidi gegen dem obigen so 
gsr getingsebakiig, seblipferig, ungwis nnd gar kain bstanndt, ja dass 
wir der erf<Mrderung gotes ans disem iauMrttiall gar kain stnndt Teigwissi 
noch Tersieberi sein: nmb so tU ner bslwn wir in nndertblttigfceit sn 
geranet gefaert solcbe widitige artiel die bOehsten gneler befaugent» nit 
aller embsigkeit, damit solche sn der ere nnd dem lob gottes und dem bail 
unserer eeelen geraiebten, wie wir dann gar wol wissen, dass die B. Kgl. 

als ein cbristenlicber gerechter herr nnd knnig gotes lob nnd er som 
höchsten in beftirdem genaigt seien, sn gemüet und hers sn faem, und 
dieselben mit getronem vleis, so tril nns hietinnen Ton gotfegnad veriihen 
nnd wir solches nach unserm gewissen nnd der hl. gl^ttllchen geschriilt 
gemlss befinden haben können, nachvolgender mainung mit dem kursi- 
sten, als es die Wichtigkeit des haidehi immereileiden mögen in geschrifft 
ferfasst, nnderth. pitteni, wellen solehea ... mit allen gnaden 

annemen. 

Und bedanken nns anfänglichen gegen der . . . Kgl. . . . dass 

uns I.Kgl. M' solches wichtiges work zu berat.slahn gn. ubersemieu haben 
lassen . . mit . . . uiukith. intton . . . i.Kgl.M' werden solches alles 
. . . allergü. selbst ... an dio haiul nenion . . . dise nnser embsipe vlois- 
sigo, getrene und wolmainende arbait . . . mit allen kgl. guudun an- 
nemen. 

Und wirdet erstlichen in den provjnciaiBLü.tuten befunden, dass 
solcbe Schriften in genuiia uit, wie sy, die geistlichen, darinnen fnrcroben, 
zu aufpauung und merung des hl. evaugeliums und der cor gut. s rtouder 
zu vill nierer verhindrung nnd abfall de«sHlM 11 u'i btollt und dass sy, die 
geistlit linn. in den öiukumeüden puaeteu gar zuwider ires berueffs zu 
weitt greUien. und die hl. schrifft, so hieriuneu mass gibt, lurschreytten 
und mit nichte anniern, dei^leichen dass sy, die geistlichen ans warer 
gottlicher schrifft nicht befinden werden, dass inen, den goi.stlichen, ain 
ousserliche herrschung oder ainich regiment, wie sy fürgeben, sonder dass 
sy dieuer und haushalter des wortt gottes sein sollen, in der schrifft be- 
volhen worden: ja ein solcher dienst, der gar an kainor ousserlichon re- 
gierung oder herligkait hafft noch daian gehefft werden kann, davon et- 
liche spmch ans der hL schrifft volgen . . ,^ 



* Unten am Blatt fehlt ein Sitidu >> Fblgea mehrere Steilen ans der 
Bibel; Matth. ZZ, Kann X, Lneae XXU: Die Regenten der VSlker 
hemchen etc. 



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7BS0 

Mit disen worten anmbt der herr Cristos den apoatla and iren wa* 
ces8orn den biflohoTii das weltUcb dominium und herrsohong und flber- 
gibt inen «in ander ambt, in dem ay Bieh halten aellen ale knedii und 
diener, nSmbliehen dorcb leere ond predig dM emngelii andhandndchung 
der sacrament den cristen, wie dann der hl. aiioati Fanlna dises der apo- 
stel and irer snooeBsorn der biscfaeTen ambt also beeciiieiht» am ersten 
SU den Gor. IV: Dafür halt ans jedermann, nimblieh ftr Gristus diener 
and hanshalter aber gottos gehaimbnos; denn Cristue verbeut beden, den 
apoatln und bischoven, weltlicli gewalt and obrigkeit ander sieb au&u- 
richten, nnd mit dem, dass er hinsosetst: sonder der giMat onder eaefa 
soll sein «ie der jongist . . nimbt er in aaeh die maeht in der Urch 
mit nenen geaetsen sa herrseben und leret sj knedit and diener sein. 

Auch sindt tUI seugnoa nnd beweisung, durch wellidi darlieh au 
Ternemen ist, dass die bischoven nicht herrn oder oberkaiten aber die 
kirchen und cristenhait sind» sondern knecht und diener oder haushalter 
Uber gottea gehaimbnos, derhalb auch sy verbanden sein, nichts von den 
iren lu lernen und predigen, sondern ällain das von gott gegeben ist . . . 
dann dasselb nennet der apoetel Psnlua gottes gehaimbnos, und ist nichts 
anders dann die predig des evaugelii von der Vergebung der sanden durch 
Cristum und von dem ebigen leben, das da aller ist, so an Gristum glau- 
ben, dabei anch die predig der puess und von dem vie man sich von snn» 
den zn gott bekeren soll und das hinderstellig leben pessern und mit sa« 
cramentraichung bei denen, so dein evangiliu glauben und rechtgeschafine 
puess thuen, dicsolhcii zu sterken im<l trösten in irem glauben. 

Gleichwie* uuch der sunt- gottes . . . nit kuiueu iBt, das» man ime 
soll dienen scuidern dass er dienen wolte . . 

In diövsen spröchen wirdet j*» ernstlich aufgeliebt uüd gar verpotteu 
all« zeitliche herrschung in der waren christliclieu kirchen . . . Und die- 
weil nun Ciistus, gott der Iii. goixt und all apo.stel one bevelch und ono 
daB woi"tt gottes nichts haben geleniet, gemacht oder g^than und all bäpbt, 
biftchüve und concilia je oicht nier Gewalt haben dann die apostel, Cristus 
und der hl. geist ... so volyt, a is> sy one gottes bevolch und wortt, 
auch das wenigist, die gewissen betretfent. nicht macht haben ze lernen. 

Weil dann alle zeitliche und .'^serliche administration 
allain der weltlichen obrigkait zuegeiiorl ... so haisst auch Ci istus ouu 
mitti dem kaiser alles eusserlich vermisen and gott das innerlich geben 



• Dies Alinea koflpll oben an da« an, wa« Uber die Hemehaft des Glems 

gesagt ist: wie dor jungist. Es ist ein Einsehab auf getreniiteiii Bogen. 
0 Folgen sablraiche Citote w» der Bibel. 



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m 

. . . also hat er Bmdk selM den weHliehen nne geben nnd gelioream ge- 
latot; idcbee dise geieUiehen» w niohts gegen Cristo und den hl. »posttn 
BQ vefgleiehen (geschweige daes er sj der crieUiehen kiiohen herm 
nennen solle), no<di lü mer ni thnen Behnldig eetn werden, und aber ir 
der geiatliehen aamaianng der Termainien inriadietioD nichi aUain sich 
dahin erstrecken, daea sy mit hohem gewalt aber die seitlichen gaeter, 
itaten, gullten and gegen dem volkh in herrschen, sondern daas qr auch, 
soTÜ des innerlieh nnd geistKch benirt, geseta nnd gepotk so sehwerlicher 
bedrangung der menschen gwissen, snwider ehnstli^er nnd göttlicher 
leer se machen sich nnderlhben, daes aneh Tennag irer nnfiugliehen con- 
dlkii handlang nur gwelltig angreiffen nnd Ina werk se richten Yorha- 
bona sein, welches inen doch nit gepurt noch suesahissen ist, dsss mit 
ainichen der geistüchen gepotten, die gewissen betrelFent, so menschen 
gesats und wie in g<(ttlicher schnffi sn zeugen, Terdamblich und hoch 
verfuerlich sein, nicht beladen sonder darvor verhueten und bei rechter 
warer eTangeliecher leer, auch gruetor zucht sollon gelassen worden, die- 
weil «8 je gur lautter stett. dass i^i it nni meusclieu Satzungen und loeron 
umbsonst geert wudüt uud aiu giuea missfallen daran iiat. Isaie XXIX 
nnd Matth. XV. Also spricht auch Paulus Coloss. II: Lasst Euch nie- 
manden gewisBGU machen über »peiss, dranukh oder über besüiobteo 
feiertagen . . . 

Und wo aber orinelten geistlichen (daäs ainiohe disputation in 
weltlichen sax'hpn betten) gestanden oder durch sy mit ffirbriniriing nieren 
tichfiny Jarthan werden wollte, so wär doch unwid> i ^ju Mi licnlicb war, 
das^' :n>'n solchem allaiii von den kaif^iern, kunigi'U und den wdtlirlien po- 
tentaten gegeben worden, darinnen jinch löbliche und nothdürtitige äude- 
rung nnd wie es one mittl destwegeu bei den geistüchen verrer gehalten 
werden solle, zu jetzt regiernnder der R. K. n. kgl. M""" als den höchsten 
weltlichen potentaten allergn. willen nnd gefallen steen wirdet, des sich 
auch hochermelte K. kgl.M* aus hochl. volknmenhait zu gebrauchen wer- 
den wissen, dann wie zum theil hie oben vermolt, so befindt sich in hl. 
Schrift niudert, dass den geistlichen ainiche eusseriiche herrschung son- 
dern allain das ministeham des göttlichen wortts von gott berolhen 
worden. 

Was nnn die drea punct, dass dss, so Christas nnd seine apostel 

gepredigt und gelernet, zum andern, dass man nichts glauben, eeren 
oder für gnet halten, allain welches die Römisch kirch oder die Satzungen 
der rechtgiaabigen Täter urteiln, zum dritten, dass das alt gsatz des 
löblichen kaiser Marciani Augusti wider herffirsanemen, belsngt, darauf 
ist anser getrener rath nnd guetbedunken: 



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268 



Qftmblielioii so yü don ersten arkiol des crtetlieben glMiben be- 
trifft, achten wir nicht allain für lAblieh sonder gaiu nottwendig sein, 
dasB alle cristen solchen cristlichen glanben, «> von Christo und den hl. 
aposteln gepredigt, angwaigt, anch durch uachToIgende recht cihristUebe 
lesr und vätter gelernt und mit irem plnetfergiessen beiengt und besttt 
und durch das unwiderapreehlich wert gottes angenommen worden, ain- 
helliglich bekennen und glauben sollen und mttMsen, auch solche durch 
die hailsam predig des hl. erangelii aUen ciistenmensehen sUligiich an« 
gebotten und furgehalten wirdt, dieweil einmal das eraagelium predigen 
(wie der S. 8. 18. 81. psalm ausweisen) ist den namen, die eer, das lob« 
reich und wort gottes und also Cristum predigen . . . aber gebott machen 
und menschen leer predigen ist nichts anders dann der menschen namen 
erbeben, dieselben au herrn und regierer der gewissen wellen machen, 
welches alles den vorgemelten Wirkungen des evuigeliunis ganz wider- 
wärtig und entgegen ist. 

Das aber angeregte prorbcialBtatuten ven'er setsen, dass nichts le 
glauben oder anzenemen sey, welches die BiSmiech Idrch m verworffen 
vcrmaint, daraus hat menniglich ze sliessen und abzenemen, dass dise 
proviuciall Statuten solchen glauben eben am eud dises ar- 
ticls allain auf die Römisch kirch und auf der viitter und 
menschen succession gründen oder anzobinden fiirnemmcn, 
in sich selbst widerwärtig und auch der hl. göttlichen schriüi ganz ent- 
gegen, in iiem furnenion erkennt werden: dann ob wol die cristlich kirch 
diser weit mitsambt ireu guetern gebrauchen auch der nicht goratteu mag, 
jedoch spricht Cristus seist (Luc. XVll) . . . dass das reich gottes nicht 
khurabt mit eusserlicheu gebärden, man werde auch nicht sagen; Siehe 
hie oder do ist es, dann sehet, das reirh eottos ist inwendig in euch, tlai- 
zue sagt Paulus II ): l's >f'i kein annehmen oder ansehen der per- 
8on bey gott; so ist, auch uawulorsprechlich, dass der cristlich glau- 
ben allain auf das wort gottes, welches ist Christus Jesus, und gar 
auf nichts anderes gestellt sein solle und mag...* Derwegen 
auch solcher glauben bei keinem andern menschen oder eusserlicheu kir- 
chen, ort und verstandt ausser Cristi und der apostel selbst gegebnen 
mass, Ordnung und leer kan furgegeben oder angenommen werden: viel 
weniger mag dise Constitution Marciani die disputationes christlichen 
glauben betreffent mit solcher erweiterung veratanden oder zuegelassen 
werden, dass derwegen niemandt von cristlicher religion oder glauben zu 
erpauung und pflansung seiner selbst und des negsten cristlichen ge- 



« Folgen als Belog einige Blbelttellen. 



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S89 



muets lebüi od«r mndel ans goiüieliw leer le handln macht haben aoltep 
dann wir bei uns seihet leiohtlich erwegea und abnemen, daaa bestimhte 
eoDStitotion Ton den hochloblichen kuBem ana nottwendigea nreachen 
gemaeht and gesetzt, ja ancfa bei diaeii aneeni seitten nit ambgangea 
werden mag, sonder gedachte oooatitiition bei Wiarden und crefRaa sa er- 
hallten, dem pnainen pell and andern ungestnemen pereonen alle utaa- 
chen meren nnratta abfesehneiden, für notwendig angeaehen sein wellen, 
so ist doch die TiBement oonstitation an ir selbe kainswegs mit diaem 
Toratandt, als der dordi die provincialstatnteu wider die hellen klaren 
wort dee texte erschöpft, zu erweitern, ja auch aller nottwendiger under- 
richt cristlichs glauben», so ain criut dem andern mitzutailen schuldig, 
nit durchaus abzeschneiden, dann die Satzungen der kaisor allain den 
gegenwertigen tumuliou und aufruerern, dazumall auch den geverliclitü 
irrthumbon wider die heilig trifaltigkeit als die nibrikou des titels codicis 
neben dem tat und sonderlichen diu epibt^ 1 I^iler clarns mit aa^^••edruck- 
teu wurteu auzaigt, allermaist furzekomen erfunden wurdou, ahi r JaMuiib 
kainswegs die göttlich Qobung und underweisnng cristlichs glaubens 
ausserhalb der schnellen aufzeheben vermaint und ob auch solches wie- 
woll beschw&rlichen aus ernennten Constitutionen mit sonderlicher den- 
tung gegrundt werden wolt, so kunte und inocht doch dasselbig bei den 
cristen on grossen und un\\'iiU'i'l(riii^Micli<'ii scliadtiu der seelen als dkiui 
göttlichen wort stracks zuwidei knines s^cu-^^ fm [ü lieh angenommen (wer- 
den); dann S. Paulas au8ti*ucklicheu verineit, daas die cristen an allen 
orten, wo sie zusamenknmen, gott loben und preisen sollen (Eph. V, 
Thess. Y), darüber Cristi bevelch (Joh. Y) allen menaohea die schrift zu 
erforschen auf- ringt . . . ' 

Weiter wirdet in bemrtf ii provincialstatuten angezogen von autho- 
ritbet und craft der gewonhaiten in der kirchen, dass auch die gewon- 
haiten, so in der apostclsclirifft nit verschriben, noch in niu^hvolgenden 
concilien nit gefunden werden, dieweil sy von der gemeinen kirchen ge- 
halten und sonderlich die gewonhait deren, welchen die versamblung der 
kirchen zu regiem bevolhen, für aiu gesatz erkennt and angenomen sein 
sollen. Wiewol aber snvor im eingang doroh uns (die getreuen gehör' 
samen hwdlent) ^ aus gmndt der schrifft gennegsam daigethan, dass man 
denen geistlichen kainerlai weltlichen regtemng gest&ndig, fil weniger 



* Folgen noch mehrere Helegsteileu. ^ Die eingeklammerteu Worte 
«ugeetriehen; lo aoeh einigemal. Man eisieht daiwu, den der An^ 
■dm VOD Herren nnd Landlenten Im Kamen der gviammiaa Landlrata 
mi epteeben beaheiehtigla. 



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970 



dasg man vou iueu ainkherliu saUimgeii die gewiMtu wuwr der gött- 
lichen lehrifft zu pinden, orleiden oder anneiiieii mag, dann sj nit 
berrn sind irer aigsen gemlt in bieekeilclieB dMMtanbt, soadern 
knecht und diener, als in ainer frembden berrsebaft nnd ambt, «el- 
cbes sie anob zwinget, dass sy ire aigne leer nnd predig von iren gesetiea 
nnd menseben gepotten nicbt sollen bringen nnd die öbxistan mit den- 
selbigen nngemnet und snfriden lassen, dass aj alUin sollen dartbnen 
dise leer, so geben und gebotten ist von dem, des kneobt und dianer sy 
sein: so ist docb ancb diser avtkl an im aelbs gtttUeber scbriflk^ den 
geistlieben decreten nnd reebten minder befiinden. Dann obwel die ge- 
wonbeiten so an einer gueten <ffdnung in der kirdieii dienstlicb nicbt au 
verwerfen, so seyen sy doeh an kbaines gesats statt, sonder nasb gelegMi- 
bsit der seit und peraonen au balten oder in veiftndsrn, sonderliob wo 
dieselben gewonbaiten mit der seit aus uuTerstandt der lent 
änderst als sy erstlieben eingefuert seyen, verstanden und 
ge balten werden. Wo aber soteha bescbifib, alsdann annb die gewon* 
baiten nicbt allein an eines gesets stat nit mer gelten, sondern ancb gar 
mit einander abietbuen und an verweirilen seyen. Welehea etlicb OKempel 
in der scbriilt anseigen (Si. n. pueeb der konigen am 18), als der kunig 
Eieebias und ander mer, die die gewonbaiten naeb gelegenbait gebalten 
und wider abgeibon bnben, derbalben nicht die menig der vOlker oder 
ancb boobaiten der personen, so die gewonbaiten angenomen, oder aucb 
lang ber gebraebte seit hierinnen au bedenken, quod ab initio de Beg.iIor. 
in Seito, sonder vil mer die gewonbaiten an inen selbs, ob sy guett oder 
scbedlich anieseben, damit nicbt die gewonbaiten sondern die 
warbait an ir selbs für ain gesats approbirt sein muess, wie 
Augustinus in dem geistlichen reebten eingefort, vermeldet Gan.quicon- 
tempta. disi Yin., der berr spricht nit im evangelio: leb bin die ge- 
wonhait sondern sagt: lob bin die warbait, dammb wo .die 
warbait offenbar ist, sollen die gewonbaiten der warbait stat geben, als 
Petms mit der bescbneidung gewidien ist dem bL Pftab, so im das evan- 
gelium fnrgebalten lu den Gal. n . . . 

So ist ttuwiderspredilieh, dass eben sa disen ktrctaengewonhaiten, 
davon diso statnta provinoialia melden, vil misprenob durch unverstandt 
der men8chen hinzuegethan, auch das volk solche gewonbaiten merertaÜs 
fBr grösser und nöttiger, dann das haylsam woi-ti selbst achten und rue- 
men, ja auch sich wol so hoch darauf legen, dass sj gottes wort in der 
gemain schier darbey vergessen, so doch der hl. Hieronimiis sagt (über 
ilon Propheten Esaiam), dass die unwissenhait des wortt gottes eben so 
vill sey als wenn ainer von gott gai* nichts wisse (Can. qui iuzta dist. 



271 



XIXIX), wir0 dcarhftlben ftut bMchwirlioh» diw eolefae gowonhiiiQii sb 
aMkU dee wortt gottes miYeiiBdeirt aueh fiir ain gMete in d«r Idreheii 
sollen «rlulton irordm, diewoil «leli Pulns (I Tia. IV) Mlbst ipeisaagl» 
dMs der hl. ge»t denttwh anxaigi: In den leliten leiten werden etlicli 
von dem gteaben alitretlen* , . . Dummben leiehtUoh n versfeenp daas 
nit alle satinngen noeh gewonhaiten in der kirclie «ingeriBeen 
oder TOB nnverBtAndigen leaten sa Terwimuig und nkbt n anferpaanng 
der gewissen besttt, tob jedermann angenommen, sonder darin ain 
nndersohied naeli gSttUolier sohrift gehatten werden mness. 

Dann aoril die Bleotton, oonfirmation und ordiniervngder 
hisehoff nnd der Teroxdenten kirehendiener betrifft, weiten and 
begerten wir aos gansem orisUiehen enfer und henliehem gemoet^ daas 
man soll anf das allernihisi, anf der apostel gegrttndte und irer sneoes^ 
soren reekte leere, anch nAhist inen gehalten coneilien knmben, nnd den- 
aelbigeii in atten gleiohftniig snstimben, aasg«BombeB das einig, daas 
die alten, wiewol S. Panlus die ee kainem kirehendiener abstricket, eben« 
amtig iB dem piiestarstaad atar eeweib le Bsmen nit zuegegeben, her- 
nadier aneh denen, die safer weiber gehabt, bei denen selben sn wonen 
verpoiten nnd nicht lang naA disem anch niamaiidt so disem standt und 
dienst haben kamen lassen, er hab dan die ehe Terlobt, wiewol dises nii^ 
alsobaldt allenthalben angenomen iet, dann zn den zeiten des kaiser 
Hainrici des I? hat man die briester in tentscher nation mit gwah herso 
bringen mftessen. 

Dises aber, den kirchendienern die ee abzustricken, ist aus einer 
ZüTill ring8chätznng des eestandts nml zu vil Ii och sc h ätz un^,^ ausser der 
ehe zn leben aufkonif n und hat mit der zoit laider bracht, dass nun etlich 
hundert iar kain standt unzuchtiger und abscheuchlicher gelebt, dann die 
kirehendiener, welche aber die allerrainisten, frombisten und zuchtigistcn 
sein sollen. Dann man je sichet und greifft, man |2:lobo oder gebiete, was 
man welle, das?» die priester doch, wo man inen die eeweiber nicht zne- 
lS«8t, on schandt und laster nit leben, dicweil dann der heilig geist den 
eestandt selbs keusch und eerlich nennet (zu den üebr. am XIII. I Tim. 
II ), so ißt doch leichtlich daraus abzenemen, dass der eestandt an im 
selbs hei II ig nnd zu allem goettera fnrderlich und nit hinderlich sein 
rouess, auch noch die Kriechen und andere zu diesen weiten uit anders 
halten sonder in der eo bleiben. 



* Fol^ eine Reihe von Bibeicttaten in domsolben Sinne: Mw tth, 24, 
Hvc. lä, Daniel 7 und 8, I Tim. 1, A, Jer. VI, YU, die alle von Irr- 
Üittmeirn aud YerftthruDg bandeln. 



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372 



Der hoch bammbt Jurist Panormitanas schreibt nnd malt ans 
aigentlich fiir, dass man aus der erbrung geiiiig aehCi daaa auch die not- 
dürft erfordere» den briestern die ehe wider aotulaasen nnd bewerei das 
mit vil schonen Temnnftigen Ursachen . . . Desgleichen will anch der 
hl. marterer Ciprianus in seinem cendlio bsiossen nndgeschriben haben: 
Hegen oder wellen sy sich nicht enthalten, so knmeii qr in die ehe» wel- 
ches ja pesaer ist dann in pninst pOser begtrdt leben. Kpisi U lib. 1. 
Gleich in disen baiden stimt anch Pins der pabst in seiner epistel einerp 
da er cttriicb spricht, dass mit vU pesserer yemonft den kirchendienem 
die eeweiber snegelaasen werden sollen dann hinweggenommen. 

Also in solcher giestali (dies ainig aosgenomen was abatriekong 
der ee behuigt) wdten wir nichta liebers, dann dasa alle die heilige 
Ordnung und satinng wider aufgerichtet und in rechte haltnng wider 
bracht wurden, so in allen concilien, der alten apostolischen kiiehen 
von den hl. Tftttem and anch den kaisem geschriben nnd gesetst wor- 
den sein. 

Dann Terror in dem artid Ton den predicanten und irem 
ambt befinden wir,* daiss aolchen anihngs christliche leer und das hl. evan- 
gelium lautter und rain au predigen be?ilht nnd auferlegt, welcher wir 
nicht allain nfltslich sondern anch ain unTermeidlicbe notdufft an sein 
gtaisUch wellen erachteD, ja auch uns hogstes undertbenigistes verfauigan 
ye und alweg dahin gesetst und gestelt, damit nns das wort gottes 
rain nnd lautter on allen menschlichen snesatt oder todeniag mit 
cristlichem rechten verstandt unTorhindert faigetrugon und allenthalben 
erclärt wurde. Dieweil Cristus Jesus in solchem seinem hl. wort begriffen 
und angenommen * . . daneben wir auch (diu gehorsamen landleut) ^ 
gleichwol des rftmischen stuell auch anderer lerer und Witter rechten ver- 
standt oder nntaliche anslegung, als weil solches göttlicher geschrifft und 
dem hl. geist gemäss und ftndlich, cristenlich annemen und loben, jedoch 
anch für pillich achten wellen, wo gedachte Tlitter ausser der hl. ge- 
schrifft grundt oder rechten vei-standt sonderliche leer foigegeben, dass 
in demselbigen nach göttlichem wortt mer als menschlicher vemunfft ae 
handien and zu yerfaren sey, dieweil der hl. Johannes in seiner andern 
canonica dise ainig regel helt und anzeucht, nerolichen wer ubertrit nnd 
bleibt nicht in der leer Cristi, der hat keinen gott, wer in der leer Cristt 
bleibt, der hat beide den vatter und den sua ... * 



• Anspostrichen: dio g-etrenen und gehorsamen I.,HHlleut. ^ Die eilige* 
kUimiuerten Worte aind aiugestricbeu. ' Folgen noch einige Augu- 
stinoastoUeu. 



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373 



Demnach wirtt nit ftlr gat afigeaehen, dus alle neu« 8eribeiit«ii mit 
inn pnecbem (ansMr doetor Eekben und des heim biahof 2a Wien herrn 
Friedrieh Kanaee adiriffieii) on alle nndersdiid sollten zn lesen verbotten 
nnd an^heht werden, dann obwol die Zwinglischeii, Oecolampadischen 
anch Wiedertanfferiseben puecher tauneswegs anienemen, daranb dass 
solche den merem tail die bl. sacrament nneristenlieb und verftiSrerisch 
wider gottes Ordnung nnd ansdraekliehen bevelcb nrnbiestossen gedenken» 
derwegen aneb nit so gedulden sein mögen, so werden dodi entgegen 
doekor Martins Luther pneeher sambt derselben naebfolger als nSrnb» 
lieh Philippi HelanctoniSt Pomerani, Spangenberger» Oorvini, 
Haberini nnd ander dergleieben seribenten cristenlieh befänden, indem 
dass sy die hl. sacrament nnd rechten waren eristliefaen gebrancb der- 
selben hochhalten, mit allem vleiss ans gmndt göttlicher schrifft treiben 
nnd leeren nnd dss hl. wort gotkes vleissig ercJIren nnd ftrtragen, dem- 
nach dorch solche pnecher gleicbwol die missprencb nnd irrthnmb in der 
kirchen eingerissen gestrafft nnd dargegen rechte leer gepflanzt wirdet, 
als nemblich von rechter pnesa, von glanben an nnsern herm Cnstnm, 
wie die gewissen sn nnderrichten nnd zu trOsten» von der gnadt (^risti, 
wie man vergebang der snndt erlangt, wie der mensch gerecht nnd gott- 
gefellig whrdt, welches gnete werk nnd rechte gottesdienst sind, Tom 
rechten branch der sacrament, vou gcwalt der kircfaen nnd schlftsslen Ton 
weltlicher obrigkett nnd underschied nnd branch mensdiUcher satcnng 
nnd von andern Tillen nfittigen artict gehandelt wirdt. 

Wir bedenken anch gehorsamblich, obwol nicht gar sn vemainen, 
dass in etiiehen tiiclAfin sdieitwortt, so lilleicht nicht allenthalben an- 
nemblich befinden, dass denno£ht der merer tail solcher pnecher allain 
von ereUbmng nnd getreuer anslegung gotlicher schrifft nnd sonst nichts 
änderst tractieni oder vorhaben, ans welcher nrasch sj nicht sn ver- 
wsrffen oder so verpieten sein mngen, dann anch Panlas sn den BOmem 
am VI. allain auf diejeuiguu ain anftsehen sn haben vermant, welche 
ergemnss und sertrennung anrichten. Neben der leer, so er gelernt hab, 
dass sy davon abweichen, so verflucht er auch nur diejenigen, welche ein 
anders und nicht sein evangelium lernen; das doch in disen ernennten 
puechem wie oben unsenn gehorsamen erachten nach nicht ze finden, 
dass sy Pauli leer zuwider geen wellen, und sonderlichen ist auch zu be- 
denken, dieweil der h. Johannes in seiner canonica selbst lernet, dass 
in:in die geister probiern und erkennrn soll, ob sy aus gott oder dem 
menschen sind, welches on mittl aus der hl. geschrifft geschehen muess 
und aber noch pisher dise puech<*r in kainem artikl mit gott- 
liclier schrifft ainicbes iritliumbs uberwunden, sieht unt» für 
ANUt. LIXXT. BS. t. HHIto. 18 



* 



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374 

hochnotwendig und gnet an, dass diser seit bis zu künftigen connlion «5till 
gehalten und viloraennt pudcher ausserhalb desselben nicht reprobirt 
werden sollen. 

Dass aber die weltlichen miigcn in ieren he iisern gschlös- 
sei n und andern orten iren kindern und gsindt die hl. schrifft 
vorlasen und sy in gottes wort underweisen, ißt an vil ortender schrifft 
nit aUain gegrundt Hondern von gott hoch geboten zu thuen . . Und 
ist aus dison Sprüchen dar abzunemen, dass die eitern und hausherrn 
iere kinder und gsindt den willen gottes on underlass 711 Ifu nen schuldig 
und sy gött für ire kinder und gesindt rechonschaft geben müesson, . . . 
so hat auch das concilium zu Nicen bevolheu, in einem jeglichen 
bau8 bibel zu haben. Soll man glauben, so muess man es lernen . . . 

Weiter ist in den provincialstatuten die Ordnung von den sa- 
cramenten und derselben gebrauch uberlesen; und wirdet darinnen be- 
funden, dass derselben siben an der zall in gedachten Statuten benennt, 
welches wir auch dem gemainen gebrauch nach dahin zu verstehn yer- 
mainen, dass gleicbwol nach gelegenheit und wolgeüallen die ceremonien 
oder werch, welche werch mit göttUdien verhaissnngen angehengi sein, 
mugen anch sacrament zu nennen seiii, als gebett, trüebsall, kreuzkagen» 
ftlmiim g0ben, standt der obrigkeit, w^che all gar tröstlich und göttliche 
Tarhaissang in den schrüften haben: 80 man aber allam sacrament 
nennen will die ceremonien im evangelio Ten Cristo eingesetzt und die 
ensserlichen saichen, welche gegeben und angeheilt sind an die göttliche 
verhaissung von Vergebung der sünden, BO werden in dem newen 
testameut furuembl ich nur drei sacrament befunden, als die 
tauff, das abentmall des herrn und die absolution, wie dann Augustians 
ad lanuarium in seiner Spiatel auch bezeugt, dies der herr Cristus Jesna 
die gemeinachaft des neuen volks durch die sacrament, der an zall ganz 
wenig aueh >u halten ganz leicht und in der bedeutung ganz kreftig 
aeind» aveammen geknapfft, als die tauff und daa abentmall dea herrn, 
welches zaichen der göttlichen gnaden sindt, dass sy uns erstliohen erin- 
dem der Teriiaissung dea evangelii, dann ay seindt ja nicht inm geeetz 
gethan. Darumb so reden sy auch nit vom gseta sondern Ton eitel gnad, 
parmherzigkeit, leiden und sterben'Jeau CShristi, vergebvng der sunde und 
ewigem leben, zum andern bezeugen ey auch, daas nmh der gnadan 
gottes willen durch Christum die Torgehnng der sftnden nnd 



» BeweiMtollea eiie der Bibel V Moei« VI.: Daa aei ein Gebot und Qe- 
■eti doinee Ham . . . daae dm deiaw Kinder . . . Paalm LXZVHI: Ich 
will memen Mnnd anithaii n. ■. w. 



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das ebig leben iiBS«r sind» die wir im glftuben uns der heiligen 
hochwi erdigen sacramenta gebrauchen und nicht per rirtutem 
operis operati, dass wir sy schlechtlich gebraucht haben, wie der Indiidi 
iribnmb ye und albeg in der Uiehen geadit und gehalten hai; Tennain" 
ten wir hierauf solche sacrament von den andern aacramenten 
lantter nnd elar an unterachaiden, dann wir uns nindert ans der 
Schrift können erinnern, daas dieaelhigen dem chriatliclien volk tax sei- 
chen g<^ttlicher genaden gegeben werden mOgen, anch die gewiaaen nit 
künden veraichem amn ewigen leben. 

Als die tanff wftadiet die aQnden ah nnd macht nna an Unden 
gottee . . . bleibt aber gleichwoll ain atettigea gnadenaeichen der getauff- 
ten, daaa die gnadenreiche kindtachalR, in die er gebracht ist dnrch Cri- 
sfenm, nicht anflKJre nnd kflnne auch nicht sn nichte werden dnivh keinen 
nnraitt, ob auch der getanlft wider in die aOnde fiele, ao er allain im 
glanben an Griatnm Jeanm beharret; dann er kann widemmb 
anfateen nnd die Vergebung erhugen. 

Mit dem sacrament des leibs und pluets Jesu Oisti erhalten und 
Sterken wir eben denselben glauben grittlicher gnad und unser erlösung 
durch Cristum und ist ein wunderparliche ceremonj, die ulbeg mit uns 
redet, von der warhaftigen nionschwerdung gottes giuis und von seinem 
todtstoiben und hluetvergiessen uuib unserer sunde willen geschehen. Es 
bezeutrt auch dises sacrament, dass kain ander opfer oder genug- 
thuuiig sein für die sunde. daii die ainjnal geschehen ist im 
sterben Jesu Cristi. Und gleichwie es gott gefallen hatt, dass die 
predig des evangelii albeg in der kirche bliebe, die armen blöden gewissen, 
welche die sunde schrecket, zu trösten, also auch hat er geweit, daBs wir 
dises tröstliche sacrament also hatten, dass wirs teglich mechteu biau- 
chen, und darumb ist es seer tröstlich denen, so in sünd gefallen sein und 
erhelt sy vor der Verzweiflung.* 

Bipweil es aber Cristus unter beeder gestalt eingesetzt, beden- 
ken wir, dass es christlich und auch notwendig, damit da.sselbig nach 
dem bevelcb Cristi unter bederlai gestalt nfimblich des prots und des 
weins allen menschen, so es begern, nicht soll verzigen noch abgeschla- 
gen werden ..." Mit welchen werten leichtlich zu schliessen, dass die 
gehaimbnuss dises hochwirdigen sacramenta nicht allain auf die gestalt 



• Im Text stehen noch die Wort«: E« Rrvordert auch »lio lieb von nna 
nii'Uf>r uns peppn einander, aber diene haben mit dem Folgenden keinen 
Zufiarameniiang: Dieweil es aber. Es wurde also wohl übersehen, sie 
im Concepte aasxtutreicben. Folgen BibelatoUen I Cor. XI. 

18* 



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276 



des prots sondern auch auf don kelch oder gestalt des weins von allen 
menschen wOrdifflich zu empfahen von Cristo ist bevolhen und eingesetzt 
worden, wie dann die wortt der einsatzuiiEr hede gestalt mit hellen wei- 
ten ausdrucken ... zu dem ist oftenbni , 1;iös die Orientischen kirchen 
. . . ditsfals in raichung und on cmpfahung der sacranient in bederlai 
^'pstalt vermug des neuen testament*: bisher in Ordnung und gebrauch 
bliben und noch also in iier verst&itliclieu sprach halten und neu« 
naa . . . * 

Dass man helt ains menschen testanient und thuet nichts dazue. 
darumb hellt man pillich das testament Cristi. wie ers eingesetzt hat. on 
alle Veränderung. Dieweil nun solcher bevelch und einsetzung beder ge- 
stalt von dem herrn Cristo in der hl. schrift gegründet und ausgefurt, 
erachten wir, dass dis sacrament allen, so solches begern, dermassen wie 
es Cristus bevolchen zu geben und kaineswegs abzeslahen sey, dann auch 
in geistlichen rechten solche bede gestalt aniai-thailt se halten gepotten 
werden . . . 

Und obwol war ist, da^^ ain zeit lang den welOicben die ain ge- 
stalt als der kelch nit ist geraicht, daraus auch nun ein gesatz in disen 
provineialstatatn gemacht wil werden, das nochmals gedachten weltlichen 
das sacrament nnr allein under der gestalt des protts mitgetaüt werden 
solle, so ist doch ausgefQrt, ob solcher gewalt und eusserliche administra» 
tion den geistlichen erlaubt sey oder nicht. Zu dem ist unwidersprech- 
lich, dass gott dem allmechtigen mer zu gehorsamen, dann denen men- 
schen gepotten nach sa folgen sey . . . Nun ist je ainmal unwidersprech- 
lieh, dass bei den apostln und eisten kirchen und die merer zeit dits sa- 
crament änderst nicht sondern nur unter bederlay gestallt nach Cristi 
bevelch sein geraicht und mitgethailt worden^ wiewol es aber ain Zeitlang 
nnderlassen, darumb dannocht kain genuegsame ursach fuerbracht wird» 
80 ist doch unwidersprechlich, dass der bevelch Cristi mer dann alle ge- 
wonhaiten in disem feil anxnsehen, dieweil wir wissen, dass das die war- 
baitist, dass solches sacrament unter beederlay gestalt ist eingesetzt und 
spricht der hl. Ciprianos, dass (man) die warhait und nicht die gewonhait 
fttrsieben solle . . . 

Hierflber ist auch die puess und absolntion ain sacrament, 
daran gehefft ist die verhaissung von Tergebnng dw annden durch den 
glauben an Cristum, als geschriben stett am XXVn Fsahn: Ich will dem 
herrn meine flbertretnng bekennen ... * Daramb solch absolntion für 



■ Folgen Bibelstellen I Gor. XI. ^. Waa dvveh die belniSenden Stolleo 
dee Corp. iar. ean. enrieeen wird. * Folgen noch andere Bibelitellett. 



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877 



nfttiUcli nnd hoch ni biltra, daneben def gobraaelt in der kireheii, dass 
die cnsten puciiteD, d. i. Tor dem prieiter in der gehatm ir besckwening 
and obligen bekenneOi nembliehen dass sy gesündigt, gott den allmedi- 
tigen damit eraflmt, ancli inen selbst nnd andern dardurdi grossen scba- 
den snsgefnegt und billidie straf Terdient betten . . . darzne dieselbig 
abflolntion soleben bereuten und bekennten herzen ans gottee bevelch 
nicht ftbgeshdien wirdt, das ist ans Tillen gegründten nraaehen sin Üb- 
licher pranch in der kiieben mit vleis m erhalten . . . 

Itess aber durch ainen miss?erBtandt solcher gebnmch dahin ge- 
sogen wirdet, als seit vnd mDost man anchbei rerliernng der 
Seelen hail alle snnd,80 ein mensch je begangen, dem priester 
in obbemelter peicht erzelen und ansaigen, das ist in der hl. 
Bchrifft an hainem ort gegrandet nochgebotten worden . . . 
Dieweil dann des menschen leben und wesen an im selbst nichts ist, 
dann lantter sond und unrainigkeit, wie die hl. vfttter nnd propheten sol- 
ches auch erkennt und bekennt haben, so werden die sunde in ain gewiss 
aniall xn fiusen nnmuglich sein, es wirdet aber ain jeglicher sein anligen, 
darueber er rat suecht, selbs wol empfinden nnd ansesaigen wissen, und 
ist one not, die sund an ir selbst schwer, durch solchen swangsal nnd 
unerträglichen hwt noch grosser und schwerer se machen, zu dem dass 
auch die alten lerer als der hLOhrysostomus geleret haben, dass durch 
die slher gewaschen werden die sunde, welche sich ainer sonst schämet 
XU peichten . . . daraus dann wol ae sliessen, dass nicht die erzellung der 
Sunden sonder ain rechtschaffen bereuet hers und christliehe besserang 
des ganzen lebens neben einem starcken glauben* zu empfahung 
der absoltttaon erfordert wirdt. Solehe pesserung des lebens soll auf die 
empfangen absolntion durch den glauben folgen, als da steet geschriben 
Seele, am XTII.: Beker dich zum herm . . . Ich, spricht Ambrosius, 
fimde nicht, was Petrus geiedt hab, aber sein wainen ist mir wol bewist 
und seine sfther sein in den puechem beschrieben, dass er aber far die 
sund soll haben genug gethan, das hab ich an keinem ort gelesen. Can. 
Pet. de Pen. dist. l. Ans welchen werten Ambroeü auch befunden wirdt, 
das weder erzelung der senden noch auch nnser genugthuung, sonder 
allein ain rechtgeschaffen bereut herz durch vesten glauben aus gnaden 
durch vei*gebung der Sünden in der absolution aigentlicb erlangt und om- 
pbahen thaet . . . 

Gleicherweis bat auch Cristus durch den bevelch in der absolution 
kam andere distinction gemacht, dann d-d&a er bovolchon hat, diojünigüu, 



* Diese Worte siud am Uaude augefögt. 



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878 



so sich nit pMserii wGllen» toh der gttmaiii saaK080lili68sen . . .* Und ob- 
wol die efind von CSrirto anderactaaidel worden Matfh. XI, so kan noeh 
mag doch solche nnierschaid hieher m der ahsoluiion kaiaeswegs geaogeii 
werden, dieweil die snnd znm todt-und dafor nit va pitton ist; ain sflndt 
(sie) der halsstarrig nnd nnpussfertig pillich gehaissen wirdt, . . , diesel- 
bigen werden kainer aheolation nimmermer begern. 

Dammb es gleichwol nit sn Terwnndem, ob inen solche sflndt nim- 
mermer Tergeben werden. Aber denen so sieh bekennen und bekeren, 
kann oder mag man kainen casum reserratum mit grnndt der 
Schrift setxen . . . Und thnn solche casns reservat! in Sachen des ge- 
wissens nicht stat haben, dann ein ander ding ist inrisdiclao als ministe- 
rinm, nnd haben die geistlichen nichts anders in irem bevelch dann dass 
sie sollen verkonden Vergebung der sunden dorch gottes wort nnd durch 
die predig des evangelii die laster stralfon mugen. Was aber m der sucht 
nnd gutten sitten von nOtten, werden die weltlichen ordenlichen obrig- 
kaiten, denen es auch von gott bevolhen, fftr sich selbs wol wissen fiirtu- 
nemen und irem smbt nach m ordnen. 

Dann so ist auch zu bedenken, dieweü das hochwArdig sacrament 
des leibs und plnets sambt der absolution haben die verhaissuug von Ver- 
gebung der sunden durch den glauben an Cristnm und solche sum trost 
den cristen sind eingesetit, dieweil alle menschen tftglich sflndigen, dar« 
nmb sie auch des trosts tSglichen bedurffen ... so ist es auch pillich, 
dass soldier trost und ersney nicht an ain gewisse seit des iars gebunden 
sondern nach eines jeglichen notdurflt, als oft es von ndtten, und wer 
des begert, auch geraieht und mitgetailt werden solle als Cristus . . . 
sagt : Du solt deinem brueder nicht allein eibenmal etc. . . . 

Demnach nun aus hl. schrift gegniadt, dass die obementen sacra- 
ment an die göttliche verhaiesung gebunden, und dasä gleichwol in sol- 
chem allen ain rechtschaffner glauben und crisHiche underschid von nötten, 
dass derwegen woU und guetter cristlicher maynung solche 
sacrament von pessers verstandt wegen in Teutscher sprach 
zu aufrichtung grösserer und merer andacht administrirt und 
gehandelt wQrden, welches wir für mnglich und hochnotwendig an- 
sehen, dieweil die kraft und sterke durch den glauben gefasst und wirken 
thuet und ans dem gehör des worts kommen muss, das aber nit be- 
schehen kundt, wo solche sacrament nit in verstanntlicher 
sprach gehandelt wurden und auch noch heutigen tags bei den Krie- 
chen, Crabateu, Soi'ffen und andern in iren sprachen gehalten wii'det, so 

• Folgfln Mhlreidie Stellen ans der Bibel und den Kbeheolelirenu 



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279 



dann Paulas wa don Gorintiisrn am XIT enj^kü aa^: Wann Ir mit aon- 
gan radat» ao ir nicht ain tautUaha rad gabt, wia Inum man wisaan, waa 
jaradt lat, dann Ir wardt in dan windt radan . . . 

So miigan aoch dia andam aaramonlan, aoin diaaan proflndalata- 
tota Hieb aaerament genannat aain aoldiar gastalt» wia aia afttfioii in dar 
kMan goatar mainnng aingafliart für Idrchanilbnng gabiaodit wardan, 
ala dar bl. Angttstinns halt dia anflagang dar handt nnr für aia gapatt 
nbar den manaahan. Caa. Manna I. q, I. 

Was aber in disan provincialatatntan noch nbar vararnannta barat- 
alagta artial mafan von oidnnngan, aaramonian,gabranfihnndgotidiamrt, 
wia das ganant wardan mag in dar hirchan zn baltanp anah ir aigan 
satniagan, darmit sy, dia gaisUiehan, sondarlicban gapnndan und ragiart 
wardan aoUan, batrifK, das ?on ans niditin spadaangamart oder arelirt 
aain mfiahta, daaaalbig alias nnd jades achten wir ans graadt dar hl. 
schrifft nach dar altan apostoliaahan nnd rächten waren oriat- 
lichaa kirehaa gahaltnan gawonhaitan nnd harkoman sn ra* 
formieren and sa TerpaaaaraToanOttanaain, wie daon sam taflin oben 
angatagtan artialn von aathoritat nnd kiaft dar gawonhaiten aolohas mit 
marann anagafnart nnd angazalgt ist, damit nnaar cristlichar glaub anah 
all aaaer fibaagan neben dem anaaarlichan wände! nnd laben allaln sa 
gottaa tob, aer aad prala aad das nagatan paeaarnng dieaatUch sein, da- 
gegen andi alles da^nige, so daich misspiaach oder in ander wag dam- 
aalben snwidar in der kizehan eingarissan, dareh ein criatanlieha aad 
gottaelige verendeniag abgeatatt werden mnga; daiinnan LKgl.H* ala 
harr and landtafftrst aas derselben kgl. and bohea varstandt gnedigist 
mitl nnd ernstliche handlang wissen mit gnaden flirxanemen and m ver- 
ordnen. 

Solche von I. Kgl. W hochl. n. 0. regierang mit gnaden abarsdiick- 
ien der geistlichen flirgenomen artid haben wir anf I. gn. bevelh be- 
latsehlagt and aaser getrea aaddergewisseaaaeh scbaldig guetbadnnkan 
wie hiavar and nachvolgent in sahrifft verfiust. Got der ewige geb mit 
gnaden, dasa adcha unser arbait nnd wofanaynent gahorsamist bedenken 
an seiner obigen glori, I. Kgi.M* sa gn. wolgefallen und sa baetanndigar 
gottaftUiger anferpauung und pflansung der gemaine gottaa gedeihe «(nd 
raicba Amen, I. B. kgl. M* in nndertenigister gehorsamb pitent, I. 
wallen aaldie berathschlagung und verÜMSung, so ntt nadi art der reto<> 
riea siatlieh (wie sieh ffllioh I. Kgl. W als einem hochwaiaan kfinig and 
berrn flUrsabringen gar woU garimen wolte), aondar aas gottaaftrcbtigen 
bedenken and annüsnng anser gewissen das, so wir als die recht ge- 
treuen onderthanen nnd dienariram von got geordnatera nnd Argasatstam 



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280 



aiüigen golinblen kiinig, hori ii und crblandfürsU'n aus schuldijjer pflicht 
nach dem bt'velch Oristi, doch wie wir mit gott, welcher der moiisoheii 
herzen und nieren ain erft"»rf?cher ist, bezeugen wellen, gar herzlich ge- 
recht, getreu geliorsamblich in aller diemuth . . . gestellt, aUei'gaedigUt 
. . . von uns anneinen. 

Und ob etwo aus der menig und grossen auzal der ai'ticl in ainem 
oder nier nit derniassen. wie es pillich war, auch die gepur erforderte, mit 
unserni getreuen ratalag nachgelebt wäre, I. kgl.M^ wellen solches mit 
gnaden zu guet annemen und die Substanz des handle allergn. j^ass Tel** 
steen und zu kgl.M* gemüet fäern . . . 

Und haben nachmals I. R. kgl. hiemit zum besluss dises hohea 
handele . . . umb der guette und (Mmnhersigkeit gottes willen sn pitten, 
keineswegs nmbgeen kunen oder mugen, dasB I. Kgl. M* als ein gerechter, 
bocbweiser, müder und hochloblicbister christlicher kunig den haudl, 
welel^n die genannten geistlichen an yetzo tractiern und zn bewilligen 
begeni, woU m gemüet ffiern und behenugen wellen nnd den gnindt der 
rechten alten cristlichen kirchen, weklie Ton Cristo unserm ainigen liayl- 
Isndt als dem lebendigen prunnen iren Ursprung hat und von seinen hl. 
apostln durch den hl. geist auferpauot und hernach ein Zeitlang gott- 
8&liglich durch fromme gottsförcl ti:^' > männer nnd bisehoTe treniichen 
gelernet und nit ir aigen guctbeduucken, sondern goUes eer gesnedit 
und alles was zu seinem göttlichen lob gedient, darinnen embsig gearbait, 
in rnftssigkeit, lanterhait» in mundi contemptu, in armbsälligkait, in ma- 
nigerlaj Terfolgong, so sy des woiis halben geduldet, nit eitler eer oder 
seitlicher gneter geisig, in Mdtong der fleiBchUdien begirden und in allen 
rainen wandl sn pessemug und erpsnnng der gemain gottes gelebt nnd 
alleweil die kirchen mit oberselten geirenen dienern Torsoigt gewesen, 
da ist gott gelobt nnd der banffen der Cristen bat sich gemert und in 
sUem goetten xnegenomen. 

Als bald aber durch anratsttng des pQsen Teindts die geistlichen 
eich sn irem ab&ll von gott k^ten und an sich namen seitliche and welt- 
liche gneter nnd aber ander lent wie die wdtiichen sn herrsdien, da 
namb die recht leer and alles, was dieselb errordert, täglich nnd iSrIich 
bei inen ab, die begierltchkeit sn herrschen, hochfart, eer- nnd gaetgeis, 
neid, bass nnd deigleicben nnsellicbe laster wnechsen und namen bei 
inen sne. Daraus dann geTolgt, damit sy nur dem mammon woi dienten, 
grosa gelt and guet nberkhnmen, haben sy vill manigerlay lAndlein, dardi 
welche sy die weltliehen beschwerlichen vorfftert und ander ainem schein 
der religion and gottesdienst allsin su irem aignen nntx, dsss ei gelt and 
guet von inen den weltlichen zunberkomen, furgenomen nnd erdacht, fil 



I 



S81 



unzeüicher seelen mit irexk abgöttischen leeren nnd ceremonien tob der 
ainicben rechten jnstification Cristi ni ir seihst ferderben ein- 
getadt und abgeffkert haben nnd die Sachen dahin gerieht, damit sy aioe 
ganze kaafmansdiaft und simonei in das werk prftchten und alles nmb 
gelt Terkaafteo, grsoliohe laator damit gesteigert, sosgelassen und ver- 
vüligt» alles nmb desschftntlichen gelts und geix wegen» bis sy dahin ku- 
men und so nichtig worden, dass sy vill tieffenlicher landt nnd ient, ja 
die peeten stfttt, slOsser, heisehaflen, ifiant» goUt nnd einkommen Ton 
den weltliohsn hoehs nnd niders Staudts nnder sich gebracht haben andi 
mit irer antoritet nnd gewalt, alles nnter ainem schein aines gotesdienst 
die m&chtigen henbter der cristenhait in ain nnsimbliche serritnet nnd 
dnemnet gebracht nnd welche inen nit jedeneit ires geizigen nnd nner- 
settlichen begem statt thnen wellen, sy dieselben sn pannisieren, kirdien 
nnd ander ir hodi ambttich libertet und freiheit lu verpieten und nider- 
lelogen nnderstanden, nnd wo inen nit durch das wider herftorkumen 
silig machent wort gottes, welches wider sy erschölle, etwas errnnd ver- 
hindemng beschehen, so wir gar nit zu xweillen, dass sy die geistlichen 
anmalen alle ciistenlichs pottentaten, knnigreich landt und leut gar 
under iren gwalt gebiaeht hetten, und als sy nun gwar nemen, wie oben 
Termelt, dass inen durch die predig des sTangelü entgegen knmen und ire 
Terfuerlichen aigonnntsigen und eergeiiigen praktikhen und ansleg nit 
ires gefhllens fortgeen wellen, sein sy mit diser irer reformation, 
Statuten nnd gravaminen httfurkumen und weiten gern mit ainer 
verkluegnng und praetsit aines gueten schein ire ain lange seit gewonton 
autoriteten, gewalthen'schung, inrisdiction, intrada und einkomen wider- 
umben aufierichten sich understeen, ja auch noch merent, besonders in 
der Jurisdiction und immunitet irer personen und gueter halben. Wo es 
inen von der B.kgl.]r gestat und suegesehn wurde, noch merers als sy 
lUTor gehabt, lu begem, und an sich se bringen nit schämen thuen. 
Dann da ist kain rechte gottcsforcht, gewiss leer, glsnben, lieb noch ver- 
iEanen, weder gegen gott oder den negaten sonder alle halssterrige ver- 
plennte verstocknng die unersettlich ist, ja wenn inen die ganze weit 
kunt se thail werden, namen sie die auf ir conseiens und gewissen gern 
an ungeachtet der schweren rechenschaft, so wir alle an dem herrlichen 
tag des herm, wann er die pOck von den schafen scheiden wirdet, 
thuen mttessen, und haben also die geistlichen mit iren listigen geschwin- 
den praktikhen . . * ans dem reich Cristi . . . un irdisdi weitreich, ja wie 
man es pillich des teufels reich wol nennen mag, gemacht und aufgericht, 
dass pillich alle gnetherzigen cristen hochs und niders Staudts darüber 
seuffiran und ir tränen und zäher von grundt ires herzen ansgiessen. 



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282 



flehen und darwidcroifri^^ sein sollen und gott in ainuin starckon glauben 
XU pttteiii damit er die »einen in disen letzten gefärlichen zoiten durch 
sein oneiipmnte pannhenigkeit vetterlioh soiifitzen und damit sy in nidits, 
das wider sein hl. göttlich wort furgenommen, befanden , eingMn oder 
bewilligen ihnen, dann eB je laider mer dann zu flll am tag, ja warlichoa 
dermassen erkennt und befunden, dass wir in verplenndung gottloses 
thuen und wesen, welches alles allein zu bßgstem Wollust und fleiachlieher 
bqKierde, faolkhait (sie), weltliche herrschnng, gailhait» ff wen nad 
sanffen, niiTenchinteQakeiiiehbaitnBd vermiscltang getstlicber nnd welt- 
lioher hochfart gar wider gottes willen ond befelch gestellt, mer mit inen 
mitleidig und darober bekomem, als dass wir inen solcheB gitiwtt soUse; 
dann die B.kgl.M* sollen nns bey der hOgsten warliait glanben, dass wir 
sonst kein pSsen adfeot oder orsach etwas wider sj m raten, nit bey uns 
befinden, allein den gerechten eifer in onserm gewissen, der nns tu 
solchem bedencken anraist. Dana was weit nns daran gelegen sein, wenn 
es nnr ans hl. sebriflt gegrandt nnd warhaflig also erfolgete, dass, wie 
die geistlichen f^rpilden, dass man allain dnreb menschen werk, als 
oUlster* nnd messstiften, iartag, walfui, opfer n. dgl. gaben, so man inen, 
den geistlichen thne, sftllig werde, dass wir nit anch, die von der Ter- 
leibnng göttlicher gnaden noch so Till aigen gneter haben, 
unser seelen hail damit erlangen und erkanlÜBin weiten, dann es kimb 

die menschen yil leichter an, welche doch nach des lleisdi woUust 

leben weiten, alle seit in der weit in ainer sicherhait wol leben, prassen, 
schlemmen und belustigung der seitlichen gueter tu leben und in geden- 
ken, wenn ich stirb, will ich so vil guet auf kirehen, mess und dgl. werk 
Bohalfen, so wirdt ich sAlig, als dass wir die ganze seit unsere lebens in 
disem thall der trftnen und sfiher mit Cristo unserm hierten nnd hajbuid 
immerdar das kreuz trsgen, (wider) unser pöses fleisch, welches wider 
des göttlichen geistes eingeben on anfhOren streitten thoet, aus der 
gnade gottes . . . ritterlieh kämpfen nnd streiten, die weltlichen gueter 
und gaben nach der leer Pbuli besitien, als ob wir die nie betten, nnd 
ander mer cniciaten und niderdruckungdes sundtlichen fleiwdi, damit die 
aisten sich tflglich stmen, suchtigen, damit niesen und cntciem sollen. 

Und wann es die maynnng haben soll,, wo bliben die armen, so 
solch ausgaben ze thuen nit Termngen? . . . Und ist aus der hl. 
Schrift so lantter und dar als die lieb sonne, dass wir durch 
nichts anders allain durch den waren glauben in Jesum Chri- 
stum den gekreiizigtoQ s&llig werden . . welchen glauben anch 
alle crlsten durch die werk der lieb Iren negsten su erzaigcn schuldig und 
bey Iren fruchten, was sy f&r paumb seyn, an den tag geben . . . Daraus 



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888 

«ueh laot«r m ftnteen, dass die crii flieheD gaeten w«rkli, so am dem 
glaoben ÜieMen, kaineswegs n venretfen, dann ay haben nach der bL 
BCbriflt Ton gotk verbaiBsne Ijelonnng. 

Solehem allem nach, wie in der ersten schrift mit mererm ansge- 
inert, die B. taus. and I. hgl, II* als die erurtliehmi hohen henhter dieen 
beben bandl damit bierinnen niebts wider göttlichen herelcfa und der bL 
scbrüR zuegelaasen, ancb sn erhalinng irer selbe bögsten besehenden ▼<>- 
catlonen und Smbtern, anf dass iren beeden k. ii.k.M^ oder derselben . . . 
erben and nachkomen nit in derselben regalien, inrisdiction, libertet und 
bobaiten gegriffen und ?Uleicbt mit der seit» wo inen den geistlichen das 
•geriet und nacbgesehn, nocb weitter gegriffen wurde nnd letstlich nnwider- 
bringlicher naditl daraas errolgen mllcbte, allergn. nmb so tU dester mer 
nrsadi haben, diaes alles woll mit gnad zu erwegen. Und ist slflsslieben 
daa unser . . . ratt nnd gaetbednnken, woferr die geistlieben ye in iren 
vorhaben also in Terharren vermainten, dass L B. kgl. M* (ee wir raten 
weiten, dass LH* in ir, der geistliehen begem, dermassen willigen sollen) 
die sieben eher anf ain cristlicb gemein ordenlicb condllam, darinnen 
niemandts anderer allain das bl. wortt gottes riebter solle, 
anzestellen, da dann solche saeben am stattliehisten erledigt und sn art 
gebracht werden miksbten, nnd pitten, LS. E.]r abermals . . . dass ans 
und sonderlich die ganze gemain ersam landtsehafft nnd inwo- 
nem dite landts L legi. X* solch unser so denttich aasffterang des handls 
nit in Ungnaden gedenken, sondern demassen wie wir es mit recht nnd 
getreu meinen alleign. . . . annemen. ünd wiewol wir wissen, dass 
1. E. H* solcher handlangen ond wichtigen arHel nnd was lange zeither 
darinnen geschwebt nnd tta irrnng flltgeiallen lOfor allei-gu. erindert, 
80 haben wir dennocht sokbes LE»][* ans nnderthenigister nnd schul- 
diger pflidit . . . antesaigen nit anderlassen mögen, nnd tbuen ans bir- 
mit I. R. y. . . . ganz anderth. bevelchen. Actum Orftts den 6 tag dos 
monats Septembris anno im 49**. 

Hanns Üngnad freyhorr lu Sonnegg, 
landts in Steir hanbtnian und vitsdom 
in GUli und 

Cristoflf RescU, vitzdom daselbst R. kgl. 
rate sambt den ervmdci tcn horrn und 
laudletitttiu obeiut-nnts tüuibtüuthuiubK 
Steil-. 



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284 



m. 

Oravamina per clerum provinciae Saltzborgeniit in proxima sy- 
nodo provinoiali conti» Moularei obiftta MUMnientia Avitria» 
iafbriorom «t eoBiitatom T^rolauMm. 

(Niederü^itorreichisclicfl Landefliirchiv, Bd. I, S. 2Ö, 1549 und Arctiiv des 

Unt«rricbt«iuini«teriuni8, 64 C.) 

Mauugl iu t'älleu die leligiun beluu|jüiit. 

Erstliehen entfiteet ein groeeer muigl der prediger lialben, da die- 
selben on fnrsendnng und examinntion* der geietliclien olvigkeit nach 
will(en) und gefallen der weltlichen aufgenommen, eingeaetit und etwo 
anch wider der biecboif Tetpet bei den predicatorn gebandhabt werden» 
00 doch an im selbst allen rechten gemftss, dass solche predicanten iren 
ordinarüs am ersten fnrgeeandt nnd wann die durch gebnriich examen 
approbirt und xngelassen worden, daes sie alsdann sich des predigambts 
erst nnderbchen sollen. Was anch ans solcher aigeagewaltigen anfoem- 
bung, einsetsnng nnd handhabnng derselben aDl^worffen prediger ain 
zeither goets erwachsen, hat die täglich erfaning lauter aniaigt, sonder- 
lich aber dass solches xa merklicher und erbärmlicher spaltoDgin nnserm 
hailsamen glauben grosse nrsach geben hat, dann anch nit ein klein nr- 
sach gegeben, dass die weltlich obrigkeit in geistlich saohen oo ersuechen 
und guetbedunken der Ordinarien handlt und process fhmimbt, nnd wirdet 
doch darneben gestat, dass sn YÜmallen mer pharrlent anf dem kirdihoff 
dann in der kirchen bey dem gottesdienst nnd predig seyen. Deshalben 
von nöten, dass auch die weltlich obrigkeit hierinn notdflrfltig wendnag 
und einsehung thue und sonderlich auch, dass die kirchhof und geweichten 
stet nit SU offen iarmarkten gemacht werden. 

Bs will auch ye lenger je mer einreissen, dsss die layen ire bans- 
freuen, kinder und dienstpoten an den sonndtagen und andern geboten 
fcyi-tageu gur nit in die kirchen lassen geen sonder dass sy inen dahaim 
Lntterische und andere verpotue puecher und predigen Torlesen nnd inen 
solches ires gefallens auslegen und einbilden; neben dem so beflndt sich, 
dass die layen die auBgeloffen und abtrlnnigen ordensleut, so apostatirn, 
haimblich und öffentlich underhalten anch schntien und schirmen, daraus 
vill ybls und unrats entsteet. 



* Uaudächrift: tmiuiiatiuu (aic). Gt»bu«iettrt iihcL ö8 C. 



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Communis sub utraque specie. 

Desgleichen bey dem aliRiheil. sacrameni des leibs und pluets Cri- 
sti will auch anndrung be0oli6oh«iL dasgeyich vermessen und aigensiaaig 
layen wider die erkanntnus des grossen ooiieUi zu Cosstnitz an der ge« 
main layen comiDiiiiion, die allein under der gestalt des prots bescbehen 
soll, kain benuegen haben, sonder etlich communiciern freventlich und 
verdachtlich under bederUij gestalt» dmoe sie dann ire prediger» davon 
in nediBtem articl gesagt, weisen und Termngen. Ist ain grosser merk- 
licher mangl und absondemng von gemainer religion. 

Bs wellen auch die layen gans lasslich nnd sannibUeh sein bey em- 
pfaahang des hochw. sacraments xv österlichen zeit, also das« etlich gar 
•nl underlassen nnd etlich sich schlechtlich nnd kannb mit einer gemainen 
peichi danae schicken. Und wiewoU das zwier peichten in der naten 
ans vill bewegh'chen goeten nnd notdürftigen nraschen ?oa alter her in 
loblichMn gehraneh gewesen, doch solches nnangesehenr so wellen ir Till 
weder iwier noch sonst m gelegner seit beichten, sonder dringen dahin, 
obechon in ainer pharr nber 8 oder mer tansent menschen Seyen, dass 
man sy an dendreyen tsgen, nemblich am palmtsg, anttastag nnd oster- 
tag mit demeacrament Tersehen soll, nnd ssgen ir tUI in der beicht kaum 
sway oder drey wort nnd wellen, dass man sy darauf absolviere, wann sy 
schon nit wissen, wie sy sich zum hoehw. sacrament schicken sollen. 
Welcbes dann alles an sertrennnng der religion nnd spaltong cristlicher 
ainigkeit raieht nnd nit widerbracht werden mag, wo der geistlichen obrig- 
kait ir von gett Terlicbner nnd lang heigebrachter gwatt nnd Jurisdiction 
nit gelaasen nnd das geistlieh schwerdt zu gebrauchen Terbindert wirdt. 

Fatroni benefitiornm ad vacantia non presentant sed 

imprimnnt. 

Wdtter so ist ain groesernnd der religion sonderlicher naehtailliger 
mang], dasa die patronen der beneflcien, so die Taderen, ine etwo die 
frocht selber desnrpim und einnemben, dieselben auch eigens fhmembens 
sopprimieni oder doch spat und lang nach Terscfaeinnng der vom recht 
beatimbten seit darauf preeentiern, nnd wenn die sach schon sn solcher 
presentation kumbt, so werden dann oftermallen nntaugenlich, ungeschickt 
und von frembden bwkomen unbekannt personen allain durch ain ge- 
sebrifilliche presentation und mit aigner person fnrgesandt. Wo nun der 
Ordinarius darauf nit inatitnirn, sondern sieh geschicklichkeit des presen- 
talm dordi peiaondliche wacheinung und geburliche examination erfam 
wQl, so geet die saeh gar auruck, also das derpresentatna nit erscheint 



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und nichts weniger zu der poasession und nutzung df^v frucht des bene- 
firion kombt, auch darin wider alle recht und mit Verletzung der gewissen 
gehabt wirdt. 

Zu dem so nndersteon sich etlich der fursendung 2U den pharrern 
und benoßcion, unangesclicn dass inen im patronatus nit KuegehArig des- 
gleichen auch im fall so es ganz zweiflich ist, wer patronus sey. Uber 
das so imdersteben sy sich auch etlich pharm und beneficiazu verleihen, 
daran sy weder ius patronatus oder ander gerechtigkeit haben. So wer- 
den auch die armen priester von den weltUohen nit allein mit dem gelt 
so sy umb die possessbrief geben mflessen, zum höchsten beschwert, son- 
dei'n sy werden durch die weltlich nachgesetzt obrigkait und durch die 
abermassig zerung der ambtleut in den pharrhöfen dermassen ersaigert^ 
dass sy solcher lange zeit ersparn müssen und das viU geschickt briester 
desselben obgewenndt werden, die pharrn anznnemen. 

Uber das bescheben auch durch die patronos vill seltzamer pacta 
von wegen der presentation und werden den preoentirten viUerlaj be- 
schwerden aufgelegt und eingebunden, derbalben sy etwo reverss geben 
mttessen, alles wider gemains recht und der stifftar gemnei und willen. 

Intrusio in meusibus papalibus por secularem potestatem 

ad benefitia etiam curata. 

Se werden auch zu mennallen nnd sonderlich in den babbetlichen 
monaten auch die pharrkirchen von den weltlichen angefiülen nnd per- 
aonen ires gefaUens on allen rechtmessigen titU nnd institation intra- 
diert und so dann die ordinari solche eingedrangne nnd in mermalien ad 
r«gini«n enrae animarum nngeschiekt personen ad edubitionett titoH nnd 
anflegnng irer gerechtigkeit durch rechtliche mitl halten wellen, so wer- 
den sie dnrch die weltlichen daran nit allein Terbindert, sonder mit 
grosser dronua angetaast und die intms darwider gehandbabt, daraus 
wann einer gerecbtigkait su solcher vadirenden pharr oder benefioio bat, 
derselben seiner gerechtigkeit naohknmben will oder sdion nachkumben 
ist, die nrtl Ihr sich erlangt bat nnd nun mit der execution gegen dem 
intms TOftai will, so wirdet im das dordi dem layiaohen gewalt gewert, 
mit solchem ernst, dass rar eill einer seines leiba nnd lebens nit achier 
sicher ist. Bs wwden auch die geistliefaen, so dni ezeoatorialiboa, wie 
sie SU ifauen sdnddig, gehorsamb leisten wellen, nit aUain daran verhin- 
dert, sonder auch mit heftiger dronns und tbatlicher handlang dagegen 
persequirt und Terrolgfc. 

Zudem so werden die pbruenden ra leiten jungen ungelerten knaben 
und etlichen andern, die nit wiUeos sein brieater in werden oder die sonst 



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nntengttnlioh dann Wfvn, v«riih«ii und wo ij Behon gttadiiclctoii und g»- 
terien fwlihen wwdMi, lo rnftoflsen vj lang dammb dianem. Nun Ut ab«r 
iinirideni»ncUiöben war» dua di« raUgion dnnsli die achvldig und galniT- 
liek aeelBoig nnd dann dia ew und lob gottea «och die andicht dea volka 
daich daa ambt dar U.niMB, ao die banafldaten Tamohten, nndarhaltan 
waidaii. Darnmban iro obbavftartar gaatalt mit dan phariam nnd bona- 
fidaa an liandlan langer gastet waidan boU» waa mnaaa anders arrolgen, 
wann daaa daa criatenlieh Tolk an iren rechten Teraanmet die ear nnd 
dionat gotfeaa abgethan nnd die andaobt dea einfältigen Yolka gar erlaachen. 
Dammb ao iat von n5tan, daaa hiarizmau gabnrUch ainaahen nnd wan- 
dnng baachaha nnd die proviaionaa dar pharrldrohan nnd anderer gottoe 
gaben vidar in den alten atend garaainar geistlicher recht radndert nnd 
gaeetel neide» wie dann aolchee hiemit som höchsten bagert nnd ge- 
beten wirdl 

Electio pralatoram. 

Item dteweil b^ den doetem regolaria Tite hat fast ab- nnd die 
Craiheit des llalaeb soegenomben, ao gaechicht «ach, daas wenig redit* 
achnffiMr pralatton b^ den dcatem bafiindan werden, demnach hoch von 
nütton wiie, daaa in erkieanng dar pralaltan die ertebischof nnd bischolf 
gnet einsahen thetton nnd allen möglichen Tleiss baten, damit die elec- 
tionea nach anawaisnng dar recht tepferlichen anfrecht nnd trenlichen 
baadMchan, daran bcff inen kein rleias erwinden soll. 

So tragfc sich aber dar menngl me, daas die beaetenng der prela- 
tam be7 den doetem an etlichen orten nadient gar in der weltlichen 
haodt gesogen wirdt, also das« sich die wdtlichen anmaaaen, die pre- 
hilton on willen wissen nnd snthnen der geistlichen obrigkdt sn seteen, 
sn entaalaen auch aigena gwalte nnd unarsnecht der Ordinarien weltlich 
economoB nnd admtnistEateres sn geben nnd etwo etlich lar dnrch ainan 
wdtlichen phleger die closter regiem laaaen nnd wann es danne kombt, 
daaa sn selten von wegen der geistUdien obrigkdt jemandt so dner 
eleetion gesandt wirdt, ao wellen dodi die weltlichen ordnuug geben, wie 
man procediam soll oder comminiern den eUgentem alle nngnadt, wo 
gj nit irea der weltlichen gefidlen eligiem. Dieweill dann die direction 
der walten nnd da- oder absetenng der prdatten geistUdier obrigkeit ge- 
bort, der hanblarfeid cloaterlidier obrigkdt ftmemblichen an erhaktang 
dea regulierten lehana bestit, also daas prdatten in erwegnng dasaelben 
nnd nachdem de ad regulärem ritem geneigt sind, am meMn sollen ge- 
nommen weiden, ao mneas je von ndlen sein, wo die wdtlichen den pre- 
tetmrn l&rsehuiig thaen adlen, diser artid ofit wenig bedacht nnd ao rill 



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diser schedlicher cligiert werden, so nun unser tü. religioQ von bttiligkeity 
kuDst und goschickliclikeit der ordensleut und tor seit alt aj nidi am- 
weisnng irer regl tinder dem gwait der Ordinarien on mittl geweaen sindt, 
Till gewachsen und nutzperkait znogestanden ist, und dann den ordinarÜB 
ir recht und gerechtigkait bey farsehang der dosier mit tan^^iehen pre- 
lätten ye nnbiUich entwendt wurde, so bitt man hinin aneb fttmhnng 
so thnen. 

Yisitationes clericorum et monasteriorum. 

Tast gleichfols belt es sieh mit den ordenliehen Tisitation der do- 
sier nnd ander geistlidmlt nnd anch der layen» die nnn ein lange seit 
mit merklichem ecbaden der cristenlichen religion, wie sich gebnrt het, 
nit ist gehalten worden» am maisien ans diser nmch, das der geistliehen 
obrigkait ir gebarander gwalt nit gestat and sich die weltlitAen in den 
Visitationen nit allein nnderrnnschen sondern ires gefollens darbey aac- 
torisirn wellen. 

Item» die weltlichen sollen ty edirifUidi nnd mnndtlich hflm lassen, 
wo sich die geisttidien nit woU halten: so we|len sie selbst visitieren nnd 
einsebnng thaen, wie dann vor aogen gewesen. Ss werden andi die 
closter durch die weltlichen ansgebeten und on Tollbringung des gottes- 
dienst und stifftnng ingehalten. 

Zudem so ist nit wenig beschwtrlich, so die prelatnm der closter 
vaciem, dass die fursten die iuTentur ausser der Ordinarien fumemea, 
anch KU selten die parscbaflt in grosser ansall hinwegk lassen fnern, dar- 
ine anch etliche ph&rdt in die closter tog«n, darinnen sambt andern 
snereitenden nberflflssiges nnderhaltong gegeben und sodann die election 
aines kunfftigen pretotten offi hing Teraogen wirdt. So errolgt dem do- 
ster grosser nachtail und schaden daraus. So dann dises ain notwendiger 
articl, daran als ein yeder crist selbst urUen mness der religion vill ge- 
logen ist, soervordertdie notturfit, dassderhalben die gemaine gesefaribne 
recht wider fuigenomen und nach ausweisung derselben die Tisitationen 
redudert, angefangen nnd gehalten werden. 

De non alienandis bonis ecclesiasticis. 

So nun die stilltangen der elosterbeneflden andere gottosgaben und 
was Ton den cristglaubigen zdtlichs gnets von alter danue geben worden, 
ain gottsbrot ist, on den solche stliftnng nit mngen erhalten noch gehe- 
wigt (sie) werden, so haben die gemainen concilia, hl. vitfcer und ganeine 
recht statuiert und erkennt, dass die diser art amtliche gfletter Ton den 
gotäheusem nnd gaben one sondere geding und oeremonuln nit sollen 



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alienleit verden, daruiid«r dann sonderlich fonehen, dass solche slie- 
nation mit willon insgebon nnd orfcanntniis der geisttiohkait beschehe, 
also daas die prelallaK tmd andere die gotsgaben bekumben» sich mit 
einem sondern aidt ?erbinden, solcher constitation zu geloben und nach> 
suknmben. Und wiewol niemandts widersprechen ma^, wann dass solche 
forsehnng der religion sonderlichen nnts, das auch bewist, dass die geist- 
lich obiigkait nH leicbtlicb sn gewinnen ist, dass alienationes der geist- 
lichen goeter beochehen, so ist doch die leligion hiebei auch scbadt- und 
mangelhaiyg worden, erstlich dsss die ordinari, wann man die geist- 
lichen gneter Tenntndert und alieniert, nm ihren consens selten reqniriert 
und ertnecht werden, nadsvm andern, dass die weltlichen die prolatten 
nnd andern geiatlicfaen, ancb die Idichen dahin halten, dass sie nit allein 
die aiienationen mit iren willen thnen mflessen, sondern sie geben auch 
den geistlichen erLinbnns nnd etwo bevelch, dass sie alienieni, nnd so das 
beachehen, halten sy mit ernst darob. 

80 werden aach die prelatten nnd briesterschafft, anch Inrchen, 
spitall nnd gotshenser nber die vilfeltigen stenm nnd hilfgelt mit hohen 
nnd nnerscbwinglichea anlehen so ollt aagesnecht und mit den raiswSgen 
nnd fnemng der kriegerüstnng fiir andere stftndt im landt nnangesehen 
der geistlichen freiheiten nnd immunitftt dermassen beschwert, dass inen 
solches in die long sn erschwingen nit woll maglieh, sn geschweigen, 
dass etUichen prelatten schrilltlich bevolchen ist worden, dass sie die 
gnlten nnd gfieter, so sie der ^nart nnd stener halben Torsetit haben, an- 
dern ze lesen sollen geben. So ist auch menniglieh bewist, mit was un- 
erhörter Urtigkeit auch widor die päbstlichen concession und B. kgL M * 
gegebnen instmction nnd mass angeraerter quart halben durch L 
commissarien gehandlt worden, und erstlich so ist kein unterschied der 
▼wmuglichen nnd unTermnglichen doster gehalten, sonder jedes doster, 
es aey reich oder armb, lu verkauffang solchen vierten tails gedrungen 
worden. 

Item, so haben gedachten commissarien den dostem in ire goleg- 
nisten und pesten gölten griffen und nit vermtig kgl. IT Instruction die 
anzaiguug der gölten, der die prelatten am passisten geratten mngen, ta 
verändern angenomen, sondern innen ire pesten und gelegnisten gulten 
nach der knuffer willen und etwo umb ain sdilechts nnd gerings gelt ver- 
kaofil. Desgleichen auch, wenn ein prelat etwo sich angeboten hat, in 
dainer zeit geit au&nbringen nnd die gulten selbst sa lesen, so ist inen 
solches an vill ortten nit gestattet, sonder sein ubertriben worden, dass 
sie mit gewalt in frembde der layen hendt verkanffen haben mflessen nnd 
etwo auch umb ein vtll geringera dann soldi gfllten wert sein gewesen. 

▲rdiif . LXJUCV. Bi. t nUfl«. 19 



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So ist auch gar wenigen prelätten und etwo anf ein kurze zeit die 
widerlosung vorbehalten und sein also der merer taill solcher gQlten auf 
ewigen kauff und on vorbehält der widerlesung verändert und verlnafft 
und die prelutteii gedrungen worden, solch kauflFbrief zu verfertigen, un- 
angfs-ohf^n diiss soldwB wider Kgl. M* gn. erbieten, dass die, wo der al- 
meohtig I. M' sachen zu pessenmg schicket, solchen vierten taill wider- 
nmben zu erstatten gedacht sein, wolt bescbehen und ra gewisser er5r- 
terung der stifftungen und gotsdienst nn l dor doster nnuberwindlichen 
schaden kumbt. So haben sich auch gedachte OMumiBaari nii ersettigea 
lassen, solch quartam allein anf die vermuglichen und unTermtigUchen 
closter und prelätten tu sehlagen, snsambt dass unter solcher quarta auch 
etlich insonderheit gestifiH; almusen, so den armen wochenlich geraicht» 
Mitzogen und gesciunellert werden, sonder haben gemaine nnd verarmhte 
priesterschafft, pharrer, collegia und beneficiaten, die etwo von iren bene- 
ficien und canonicaten * jarlioh nit über S4 oder SO golden einkommen 
haben, auch umb solche quarta snm hftohsten angestrengt und zuletzt 
nach hohem flehen, bitten nnd gedrungnem abthädingen dahin gebracht, 
dass sie ain ansebenliche summa gelts in Steyer nnd Kerndten sn ab- 
hkinung der quarta haben sallen nnd derhalben eftlich gfllten nnd gfleter 
verkauffen Tersetien und yerlmnibera mfleason. 

Und wiewoU die geistlichen one vorwiasen nnd megeben irer Ordi- 
narien von den geistlichen güetem nichts yerandem oder verkanfFon 
sollen noch mngen, doch solches nnangesehen, so werden von der B. E. 
M* und den forsten von Bayern wiilbrief g^ben, dass die geistlichen 
etliche gneter mngen Terkanffen, nndmfiesaen solche brief darin in Baym 
ans der canaley erledigt werden. Dann auch dergleichen last nnd he- 
schwemngen anf sy die prelätten, pharrer nnd geistlichen geledigt wirdet, 
nnd sie begem sich deshalben anf geburlich gehoreamb leidenlich weg mit 
einander m nnderreden, so will inen solches keineswegs Ton der obrigr- 
kait anegelassen, sondern sy werden betraogt ob angemerten beschwe- 
rangen nber ir verrnngen etat sn thnen, ob tj gleichwoU durch den ordi- 
narium oder archidiaconnm nisammen errordert werden. Welches dann 
alles an Tortilgnng geistlichen Standes ansrentnng der closter nnd sonder- 
lich der Seelsorger nnd phanrlichen administration nnd ander gotsdienst 
thnet raiehen. 

Item, etliche vom adl sieben die widemgneter der pharrhof ein nnd 
brauchens sn irem nnts, bestellen ainen pharrer von isr sn iar nnd geben 
inen, Was sie wellen. 



* Handsehiift: Ooiunie»ten (At). 



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D«xQ bog^m etUoh vom adl plleger und aiidw« Ton den iMh- 
Bdmynen «iid Idreheik uUebea und wann innen soldi« abgeacUagan 
and das galt ait galQwn wirdat, ao leigen sie darnach solch gelt in d«r 
atener an. Alsdann nimbt man das gelt gar hinweg und wirdet den kir- 
ehen nnd sechschrainea gar nichts darfnr (gegeben). So dann diaer 
maagl and beschwerden vast gemein will wwden» also daaa eidi aneh 
•tlich phaiter andenteen, ire widom- nnd pangnetter la taillen, daiana 
oder etwo gar den layen an Terkanffen nnd also iren nachkomen die not- 
dürftig onderhattong abschneiden» so ist leichtlich so bedenken» wie lang 
die cristenlich religton derorten besteen möge und was In kaner seit fnr 
irrthamb daraoa entateen werden. Demnach begert man dises alles an 
bebenigen, ob dennaasen der religion woU gehaost werde, nnd so die 
geistlichen hierin wol fanetieii, sy bey iren rechten beleiben lassen nnd 
was darwider attentirt worden, abeehaffen. 

Daas die citationea nnd fllrforderung, so Ton den geistlidien rich- 
tem ansgeben, Teracbtnndnit wellen gestattet werden m ezeciairn, anch 
in Sachen darin kain xweifel ist, daas sie far den geistliehea geriehta- 
awang gehören, ja etwo so anch ain brieeter den andern selbst erfordern 
laast, darflber geschieht anch woU, so der taill citierfe worden nnd erscheint, 
daaa er dennocht in Sachen, so on alles mittel fiir das geistlich gericht 
gehören, von Miner weltlichen obtigkait amiert and ine Torrer aa erschei- 
nen nnd vor dem geistlichen gericht dem rechten nachsnkomen Terpoten 
wirdet. 

Gleichfalls begibt sich aoch mit dem clagunden taill, dasa er etwo 
in hangenden rechten ans verpot seiner weltlichen obrigkait. seiner dag 
der orten, da er die aogefimgen hat, absteen maess nnd der daselbst 
weiter nit nacbfam darf. 

So nnn sn zelten schon baide partheyen in recht ersoheinw und 
Torfaren sein nnd die geriohtsordnang oder Dotdnrfit der talU lebendige 
knndtschaft errordert nnd aber die layachen personen lengnuss sa geben 
ervordert oder ?on den weltlichen an ?erschaffen begert wirdet, so er- 
windet doch das erscheinen nnd lengschalft etwo, an den errorderten 
aeagen, die nit gehofaamb fhnen wellen and etwo an der obrigkait, die 
ay nit Terschaffen will. la wenn etlich sengen gehorsam thuen, so wer- 
den sie dammb gestrafft; dardurch dann die tayen von geistlichem ge- 
richt sn zeugen abgewendet, nnd mnss also die warheit verhindert nnd 
das recht gespei-rt werden. 

Wann aber m selten ain rechtfertigung ir endsdiaft dnreh ain nrtl 
erlangt, so falt es hernach an der exeention, wann so die geistlich obrig- 
kait die exeention irer geschftfft nnd urÜ am ersten und ante in?ocatio- 



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ii«m brachii secnlariB durch geistliche oensiir thuen aolle, so werdsn dio- 
Mlbon censnr Toneht oder aber sn pabUeiern Terpoten. Dardurch die 
pillich recfatmSssig urtl Terligen mflessen und xu irer bflüchen volxiehung 
nit ktuBben mugen. 

So hat sich begeben, dass in eesachen, darin das bail der seelen nit 
wenig gtthandlt wirdet, nach eigangnen urtl die layiaeh obrigkait sich 
nnderstanden hat, vertrilg so der urtl snwider gewesen, swisehen der taill 
zn machen, aafturichien nnd handxehaben, and als nit allain dem geist- 
lichen gerichtsswang m merklichem nachtail sonder auch dem armen 
ainfettigen an verdambnus irer seelen gehandlet und geholfen, ge- 
Bchweigen der grossen ergemosa, so hierans entstanden ist Ans dem 
ist nun von nOten, die geistlich Jurisdiction im anfimg, mitl und endt 
durch die weltlichen verhindert wirdet, dsss sy in Terachtung komb und 
wo nit Wendung beschehen soll, in kun gar ausgereut werdt. Das aber 
den gotlichen willen zuwider und zu ainer zerrflttung gueter christlichen 
poUicey reichen ist (I). 

Disermangl, Verhinderung der geistlichen iurisdiction, widerfert nit 
allein in gerichtlichen Processen, sonder auch wann die statuta canonum 
gebot und verpot der kirchen wellen gehandhabt werden, als sich dann 
oft zuetregt, in practica dispositionls et signis suadente, itein omnis 
utriusque sexus und in ezeerationibns ecclesiamm Tel cimiterium (sie) 
und was dergleichen ist, wann so man die violentos percossores deri ftir 
pannig zu halten begert, so besehichts nicht, so man auch denen so zu 
österlichen seit und iren letzten (sie) nit commnnidert, die eristenlieh 
begrebnus veneichett will, so gcdaldt man nit und handlt mü gwalt da- 
wider, also mOcht auch in andern exemplifldert werden. Item, wann der 
goistlich richter edict und mandat in Sachen seinen gerichtsswang belan- 
gendt aussendet und zu publiciern oder beruefen an der canzl bevilcht, 
das wird auch durch die weltlichen abgeschafft und verhindert. Zudem 
80 gehen zu Zeiten die excommunicati in die kirdieik und zwingen die 
briester den gotsdienst in irem bejsein zu volbringcu, itom, es werden 
auch die, so in die kirchen und andere geweichte und befreudte ortt 
fliehen, mit gewalt von layen darans genommen. 

Darsue mtteesen die pharrer allerlay prophansachen mandat und 
zetl wider alten gebiaudi und an bevelch des ordinari auf anhalten der. 
ambtlent auf der canzl verkinden. 

Darzue schreiben die ambtleut den phairem etlich personen in 
casibus reservatis zu absolvieren mit betroung der stralf, wo solches von 
inen nit bescheche. Welche straff dann in disem und andern dergleichen 
mandaten ungeburlicher weis mit nnbiUicher vorclagung in die forsten 



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(ne) fiirgonom«D wirdei. Zn dem so verbieten die layen den caplanen 
nnd benefldaten an etlichen oiien^ daas aie den pharrern actna eGcleaia- 
stiooB nicht helfen femehten, nnangeeehen dass die pharm bei dem 
groBflen mangl der biiester so allenthalben ist nber allen fnrgewendten 
Tleiss nit geaelbriester mngen bekomen and die gestifften beneficia dem 
pbarrer an gnetem aach geatifft eein, das aber allea eigerlieh und wider 
alten gebnrach nnd der geiatlichen freyheit ist nnd die cristenlich gehor- 
samb hinweg nimbt nnd wider recht ist. 

Weitter so ist atn grosser mangl, dass die geisflichen gedningen 
werden in reolsaohen, so der bene^ien und p&rrern guetter nnd der- 
selben aigenthnmb belangen, yor der weltlichen obrigkeit m erscheinen 
und zn clagen, dieweil doch solche irrung, als die umb geistUcho gueior 
seint, vor der geistlichen ohrigkeit sollen erörtert werden. 

Item, wanu die brit-ster vor den weltlichen veiclagt und furgefordert 
weideu, wann alsdann nit erscheinen so straft nians tamqiiani cuntu- 
uiaces. Und dieweil lang und verdrieslicb wäm vu «rzellen die lueugl so 
der geistlichen inrisdiction bey den vailen, so derselben von gemaineu 
rechten im mit! zuesteen, als der keizerey, floris (sie), eesachen, divortio- 
mm, et'licliü geburt, beneüciorum etc. ' Darziio will auch üiüinands nier 
super i»ubiico iucestu, adulterio, von verthauen kindern, totüchlegen und 
andern offen snnden kein offne puess in facie ecclüöie thuen, sondern 
werden vdn weltlicher obrig-kcit gewandlt und gerechtfertiget, und sonder- 
lich so muess der kirclien notdurfft an vill orten mit vorwissen und nach 
der weltlichen willen und urdnung mit grosser zorung uud uucosten ge- 
handlt werden. Darzue so und» rsteen sich die iayen mit den stocken in 
den kirchen und mit d«m gotsberat (sie) allain und an beyseiu der geist- 
lichen zu handien . . . Barzue so nembcn die weltlichen alle kirchen- 
dioner selber auf oder zwingen diejjfarrer, dieselben ires gefallens aufzu- 
neniben. Zudem so privieren sie die priester au wissen und znegebcn 
der Ordinarien irer bonoficien uml underfahon sich, derüelben einkoninion 
in pcrpetuuni also, dass die phatrhof zu zeiteA gax geplinderi und aus- 
geraumbt werden. 

Item, wenn eine geschickte teogliehc geistliche ordensperaon in 
einem closter ist, so wirdet diesolbig überredt und mit gueten Worten aus 
dem dofrter an den weltlichen geschafften gebracht 

Die layen geben xne, aach in iren dorfem nnd wirtsheusem ra nn- 
gebnrlicher nod Terbotner seit tans sn halten» welches dann sa schmelle- 



*■ Die Fälle >>iud auch weiter speciticiri. 



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294 



rnng geisttiehor jiirisdictioa laicben ancb ein nraacb fil Übels und mnet- 
willens ist ... * 

Dass ein geistlidier den andern nnd die weltlicben die geistlicben 
vor iren biscboTen und derselben geordneten riobtem fümemben nnd be- 
clagen sollen, ist nit allein durcb die babstlieben sattnngen sondern aueb 
dnrcb die gemaine eristlicbe conefli nnd kaiserlieben recht statnirt, er- 
kennt nnd gesetst nnd bei grosser sti'aff za halten geboten worden, ancb 
mit solchem ernst, dass darfiir geacbt wirdet^ welcher darwider bandelt, 
dass derselbig der hl. christlicben kirchen ain sondere sebmacb anftboe 
und daramb der gemeinsehafft der cristglaubigen nit wirdig sey. 

Solicho orduung der kirchen concilien uud kaiserlichen recht die 
wirdet jetzt auch manglhaftig bofunfion, wann es begibt sich, dass die 
wöltlichen Sachen annemben, dariiuuu ein vennessner poshaftiger cleric 
ainen prelatteu oder einen aiiilern goistlichon vor inen beclagt und wollen 
doch nit. leiden, dass ir cinor iure legatimiKs in priiua instantia ausser 
landes citiert oilor crviu-iit^rt wt-i ilc. vorniainon Mich, dass die ereistlichen, 
80 sy beschwert worden, aus dem laude für oi dtuiliche obrigkeil nitappel- 
liorn. sondorn dass die appellation von ilt-m goistlichen lichter für die 
weltlich Obrigkeit boscheheu soll. Item, die weltlichen verhören die geist- 
lichen Rachen, verabscbiden dieselben uud haudthaben Ire abscbiden duich 
sonderliche peenfail. 

Item, es werden die briester auch in personlichen sprnchen für die 
weltlich obrigkait erfordert und wann sie den gerichtszwai^ weigern, so 
worden sie mit gewalt zu erscheinen und zu handln gedrungen. Sy die 
briester werden mit droung des schergenhaus, der fenknuss, entziehung 
der gueter und andern straffen darch die weltlichen richter benottigt, den 
layen widcrmeff, abbitten oder andern abtrsg zu thnen ; dieselben welt- 
lichen richter hissen die briester auch ambts halben nach irem gefaUen 
durch die landtscbergen ftursich errordern, stellen inqnisitiones wider sj» 
wellen innen den aidt aufgebeni nnd straffen umb gelt gam nnmässig; 
darsne so werden die pbarrer oftermals von wegen der von slter gebalt- 
nen messen, so jetit kain aigen priester ertragen mögen, fnr die weltliche 
Obrigkeit enrordert nnd unnotdurfEkiger ding umbgesogen, one enmeohnng 
dero Ordinarien nnd nnangesehen, dass man yett die briester nit wie Ton 
alter bekommen mag. Dagegen aber will man etlichen ortten die recur- 
rentien wider die weltlichen petsonen vor dem geistlichen gericht nit sne- 
lassen, welches dann wider recht ist. 



• Wird uoch weiter aufigufUhrt. 



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über das alles so nemben sich die briester, so die otwo in bezieht 
oiüer freTeiitlichen handlang auch on das mallefiz komen, fengklichen an, 
enthalten die etwo lang, examinieren nacli vortl und gedunckt sich die 
inzicht darnach sein, so besprachein sy die mit peynlicher frag und wellen 
Mcb darbey «ein wonn gy ¥on irer geistlichen obrigkeit bespracht wer- 
den. Kernen nrfeehd und ander lesterliche Temchreibungen von inen und 
wenn solche geistliche etwo ordinaris schon presentiert worden, so be- 
sehicht das mit solcher schmach und uneer auch in gerint^schritzigen vor- 
brechen, dass dergleichen einem wissentlichen ubelthätw» der leib und 
leben verworcht hat, nit zuegetheilt noch angelegt wirdet, zu goschweigen, 
daw etwo den ordinarins neben nbenschickung solcher briestor mass und 
Ordnung gegeben wirdet, wie man es mit inen der straff halben halten 
solle. So auch ain solcher geburlicher weiss durch den ordinarium ge- 
strafift, so wirdet er nichts dest < wr nig( r bemach durch die weltlich ohrig> 
keit anch gestrafft und etwo des lands gar vnrwis:en oder in ander wog 
mit merer und xwiefiioher straff beladen und befindt sich wenig, daae in 
der geistlichen Terprechen, menschliche pledigkeit, die zier des jenen» su 
des dienst sy georndt sein, der andern erbam und frvmben sehmaoh tind 
verliebnng, anch die wissentlich ergernnss bedacht werde, so doch das 
nhl in geheim nIt weniger als mit soldiem spill gestraHt» dem toUc nnd 
andern in wissen, nnd einem exempel sich zo hfleten, wo es not ist» woll 
durch ander weeg mag bracht werden. Dieweill dann in sotehen ftllen 
des gebnrlichen mittels Ton den nngnetigen gemeinigUch Tergessen und 
die scfasad, schmach nnd spott straff dem Tsrprechen selben gemftss son- 
dern mer m scharlF ist und also der alhnechtig mer als in einem wsg be- 
laidigt wirdt, so ist ?on nOtten, dass nit allain mnb handhabnng willen der 
geistlichen iorisdiction sondern nmb gottes, der gerechtigkeit und der 
kleinmfleiigen willen, die nit allein der person, sondern aoch der pro- 
fession, ordens nnd religion halben geärgert werden, hiennnen ain siat- 
licb einsehen beschehen, also dass die obngkait die menschlichen pledig- 
keit mer helff mit dem Sem * und Constantino decken dann mit dem Cain 
sn emplossen, daromh soll aber das nit nngettrafit bleiben, sondern cum 
debito moderamine des strafls halber dnrch die gebvrlich obiigkait proce- 
dirt werden. 

Disposition der briestergnetter. 

Und so dann der geistlichen personen nnd gneter dem bischofflichen 
gwicfatsxwnng von recht nnderworffen sein nnd in gemein tu reden der 

• Iludaehrift: Sein. 



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296 



tododer abHtcrbon nit modus ist transfcrondac iiirisdictionis. so volf,'t auch 
daraus, duss dio bischoff in der geistlichen guet im leben und nach ircni 
absterben die iurisdiction und obrigkeit zu gebrauchen hcibcn, so tragen 
sich aber hierin auch vilfeltig mengl zu. also dass sich die weltlichen dos 
gertchts und Obrigkeit über der brieeter gueter anmassen und uuder- 
ziehen. 

Nemblich wenn ein Inicsier fencgiich angenommen wirdet, so be- 
gibt sich dsm die weltlich <>i.i lirkait, vogt, phleger und landrichter sich 
der guoter anncmben, und wirdet dem gefangnen durch dise curatores 
ganz ubol gehaust, entfleucht dann aiu briester, so ists gleich das regi- 
mendt, winii >t ainer krank, so bedarf er w.ill srlück, dass im von ambtleutcn 
nit eingriff beechehen und imo der gebrauch seiner gueter verhefft werde. 
So ainer nun gestorben ist, er hab ain testament gemacht oder nit, und 
obflcbondietestamentari vorhanden sein, sich der execntion underwinden 
wellen und etwo von der geistlichen obrigkeit schon licentiam exequendi* 
erlangt haben, so dringt doch der weltlich und angemasste vogt dm- kir- 
ehen sambt etlichen hofmarchsherren für, und wieweit man wie sträflich 
nngeschicklich und uubillichen offtermals mit den verlassnen guottern der 
abgestorbnen briester durch die weltlichen gehandlet and dass zu zeiten 
des abgestorbnen briesters oder pfarrers eehalten ires hardt verdienten 
lidlons von den verlassnen gfleiem nit besalt werden, hiebei antuzaigen 
anderlassen und gern die beschaidenheit halten will, so der geistlich 
standt zu leisten ist, doch kan nit ambgangen werden anxacaigen, dass 
nit allsin den aasgangen mandaten nit gelebt werde, sonnderlich dass 
«tlidi wellen, dass mit dem inTontiern and Terpetschiem der geistlichen 
gfleter die prevention statt habe, also welche obrigkait ehe komen, dass 
dieselbtg in inrentiern and zn sperm hab, item dass die handlangen der 
geistlichen yerlassnng betreffendt in loco domicilii et mortis und nit co- 
nun ordinario Tentiliert sollen werden, also« dass die weltlichen obrig- 
kaiten sa Stetten hierin allein wellen handien und dass sie ofkermalls der 
geistlichen obrigkeit furgedrackto Beeret abreissen and Tiolliern, derhal- 
bensum höchsten anrneffen, damit die inrisdiction der bischofion bey des 
geistlichen gnetter, es sei im leben oder nach dam tod derselben testa- 
ment, letzten willen, ezecntion und was daran hangen ist, gebaodthabt, 
dieselb In Iren alten standt wider redncieii and dise guetter so mermalen 
durch arbait, getreu dienst, grosse soigfeltigkeit und je durch erbfsll er- 
worben and uberkomen seint, der schmechllcben and unbUlichen ent« 
weerung nit dermassen haimbgestellt werden, darinnen dann weder recht» 



* LicentioD exequeuden, Haddmsbrift. 



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Sd7 

taeg noch billiehkait niigosnocht oder gobalten wtrdet. Es ist auch 
wissent und war, dass vil personen sieh in goistlichs wesen und stsndt 
haben begeben wellen, die nmb des willen am maisten seindt abwendig 
gemacht worden, dass sy gesehen haben, wie nach der briester ab* 
sterben so posslich mit iren verlassen gnetern umbgaogen worden ist 
Dammb dises einsehen nit aUain su erhaltong rechtens, gerechtigkeit 
nnd gaeter poUioey sonder auch des geistlichen Standes und ex conse- 
qoenti nnserer hL christlichen reUgion und der seelsorg hoch von nöten 
sein will. 

Weitter so ist nnvernaintlich, ^s die raichnng des grossen und 
wie mans nennt des clainen lehent eambt dem opfer den geistlichen aas 
gotlicher gab und üreyhait beschehen solle: nun werden aber die grossen 
Sebent vast untrenlich und die cbinen nachent gar nit geraicht, so seint 
die ordenlichen opfer nach gebrauch ainer jeden pharr vast gar aUEomen, 
darduch nun nit allein den dienern der kirchen ir schuldige onderhal- 
tnng sonder auch gott dem almechtigen sein schuldige eer, so durch die 
Opfer ersaigt wirdet, entaogen ist In gleichem fhll holt es sich mit den 
nofidlibus (sie) und neubruchen, davon man die sehent den geistlichen 
etwo gar nit salen will, so doch gott in einsetzung der sehent kain under- 
schidt der grundt gemseht, sonder von allen fruchten xn sehenden bevol- 
chen hat la es begibt sich auch an etlichen orten, dass die weltlich obrig* 
kalt sich die sehent von neupmchen sn £uigen understeet und den geist- 
lichen entseucht, des sie doch weder fueg noch recht hat Zu dem so wir- 
det den plurrem an etlichen orten nit zugelassen, dass sy iro aigne hal'* 
den wie vor alter stifilen, sondern die pfieger und vogt nndersteen sich 
wider den alten gopraach der geistlichen halden ires gefallens in die stifft 
SU errordem, und we11«A nitalhnn bei der stilll sein sondern wellen auch 
aber derselben holden gaeter farUagen mit ermeldung, dass sie das und 
anders mit der geistlichen gaeter su handien fu^ sollen haben, dann 
dieselben sojen irer herren cammerguetter, daraus dann ervolgt, das» die 
phleger nnd vogt den pharrem allain den zins und stifft der guotter zu 
lassen vermainen und dass sieh die übrigen snestandt der gueter selbst 
wellen behalten. Welches doch wir das göttlich anch die geistlichen und 
weltlichen recht und der der stiffter willen und mainung gentzlich zu- 
wider auch der geistlichen Privilegien entgegen und aller geschicklichkeit 
zum höchsten beschwarlich ist; dann unzweifflich wissent und war, dass 
die guett^r so ainmal gott und dem gottesdienst zugeaignot und g:t'{^('bt n 
worden äJüin, dem rechten nach ausserhalb etlicher fällen widtiimib zu 
weltlichen gebrauch dermassen als caniei%'uett'r nit gezogen uud gebraucht 
sollen werden, dieweill sie darauf nit gewidmet sein. 



298 



Zudem ist vor karwn iarn unerhört gewesen, <Isbs der geistlichen 
guetter chammeigiietter genenot werden oder sein e«»Uen, dann sonst 
faette die B. Egl in anlegong der qnart B. indnlt und snegeben nit 
bedni'fft, nber das so ist hierin in erwegen, dass nit aUain Ghristns son- 
dern aneh die apostel ex püs donationibos fidelinm geleht und dass der 
missbranch derselben guetter und donation exemplo Ananiae aogen* 
soheindiich nnd hart gestrafft worden. Bern sn entfliehen, bitt man sum 
h(ich8ten nmb abstellnng dises artikels. 

Item, wiewoll den geistlichen die sehent de iure difino suesteen, so 
begern doch die hijen und phan'leut, dass die geistlichen avUegen, war- 
nmb sie inen den zehent geben sollen, daraue wann die vom adl and an- 
dere grundt entliehen, so wollen sie gar kainsn lehent davon geben, nnd 
wann etlich alt aeker wider nmhgerissen und sn nofsUien oder nenge^ 
rentten gemacht werden, so wellen die Inhaber davon nicht sehenden, 
derirleichen thnn sy mit den ackern, den sy su albinwisen und waidt 
machen. 

Item, diennderthanen nemhen an etlichen orten von dem gswachs- 
nen traidt den samen auf das kflnfltig iar sambt den dienst 

Item, die sack- oder satizehent werden in villerlay weg untrenlich 
geben. Es sein audi vill pharrer, die Ire sehendten den edellenten vill 
umb ain geringeres dann sy es sonsten hingeben nnd verkaufen mochten, 
verkauffen, anch ainen gneten tails schenken mnessen. 

Verrer so sindt die remedia, seelgerftdt und ander pharrliche recht, 
die doch in gemainen rechten gegründt den bischofen nnd seelsoi'gern 
inegehoren nnd etwo als die quarta portionis eanonice geraicht werden, 
nit ain claines der geistlichen einkomen gewesen, in merUiehem ablUl 
kernen, nit allein dass die nndertiianen sich dieselben su raichen ver^ 
widern, sonder anch, dass die Obrigkeiten solches su beschehen verhin- 
dern, so ti-tigi sich auch su, dass su zelten die abgestorbnen wider ir Ver- 
ordnung nit besangen werden und wann sie was sn den kirchen redit- 
massiger weis verschaffen, dsss die byen dasselbig an husten nnd sn voll- 
ziehen verpietten. 

Item dieweill an etlichen orten kein remedi gegeben wirdt, so volgt 
daraus, dass vill begraben werden, die in etlich iaren nit gebeicht, noch 
das hocbw. sscrament des alters emphangen haben, geschweigen dass 
etlich offenlich das gepoit aos denen treiben, die sich crmtenllch nnd den 
alten loblichen gebreucben der kirchen gemäss halten. Ans welchem 
allem dann die geistlicbca die von recht gegebnen freyhaitten gesdimel- 
lert und den unfeltigen ain waan gemacht wirdt als ob den abgestcabneii 
nicht guets nachzuthuen und inen das furbit der lebendigen zu hilf khomb. 



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So etwo von alter mt gOllteD und diiiB den pterlMnB und 
gwllbriettom oder csplanon oolleetnm von den holden nnd pfsrrleaten 
gegeben worden, nnaiigesehen, daes die gseUbriester oder oaplin wider 
altera gebTanch (wo eich änderst nnderhalten sollen) von baue bu bans 
wie nmb das almnaen geen und bitten mfleesen, bo nndersteet man sioli 
doch eolebee abrothneo, die geisflichen irer raebigen alten inhabena ni 
entsetaen, daa aaeh etlicbe nnder dem eoheiii thnen ala aolten die ptoer, 
geaelln und eaplan adinldig sein briefliehe nrknnden nmb aolehe ire ge- 
lechtigfcaft anfimlegen, daa doeh wider di^ gemainon recht ist, nnder den 
layen selbst nit gehandit, gehalten noch anch rechtlichen erkendt wirdt 

Wann anch die edellent sterben, so werden dieselben durch ire 
frenndt ires gefidlens begraben und das grab on begriessnng der pfarrer 
nach irem willen gemacht DesgleiiAen so erweUen inen die edellent 
belchtvitter on der pfiurrer wissen nnd willen. 

Dem allem nach wirdt begert hierinn, was recht nnd billieh ist, 
sambt den merklichen beecbwerden nnd erarmen der brieaterscbaft su be- 
denken nnd fbrsehuDg zu thnen, damit diu goistlichen bei Iren rechten 
nnd gcrechtigkeiten beleiben mögen nnd goUandhabt werden. 

Was merklichem laat täglicher ausgab, hilff, dar- nnd fhrstncken 
andi hievor nnerhorte expens nnseren gnädigiston nnd gn. herrn den en- 
bisehofen nnd bisehoven diser provinte täglichen aufgelegt, suesteen nnd 
anflanlTen, das ist mer am tag, wenn es geschriben und gesagt mag wer- 
den, so ist ine aber vom rechte suegelassen, sind andi solches in kuig 
hergebrachter nbnng nnd gebrauch, dass sie in faaln der notdnrllt auf die 
prelatten und ander geistlichkeit irer bistbumb ain leidenlicbe hilff logen, 
erfordern, einbringen und zn solcher notdurfft anlegen und gebrauchen 
mugen, das aber unerwegen und unangeseben, so werden I. F. G. solche 
hilff und subsidia von den weiflichen yerhindort und zu raichcn verboten 
und sie hiedorch irer possossion und gebrauchs wider all rocbt entsetzt 
und spoliirt. Hingegen aber so schlahen die weltlichen fui ston und land- 
schaften auf die geistlichkeit sonder landsteur, raiswiigcn. lobatcn, noVnui 
die incorporation und absenden, so etwo den clühtoi n, stifften oder kirchen 
hcirn zuegehörn und das alles on vorwissen zuogeben willen und zue- 
thuen der Ordinarien. Demnach wie solche exaccio auf die geistlichkeit 
zu legen Iren freyheiten und dem rechten zuwider, also wirdt das auch so 
es dermassen aigens furnemens und selbst angemaster auctoritet be- 
scbieht umb so vill dester unbillicher und beschwerdter. Zu dem so wird 
auch die Ungleichheit gehalten, dass der ertz- oder bischufT hindor^assen 
von den guettern, so sie in den landgorichteu haben Ilgen, steuern 
müessen, aber hergegeu wudet nit gostat der weltlichen fursteu hinter- 



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sasMii, Bo an mittl in der geistlichen ftintenihainb und gericht Ilgen, le 
steuern; nber das so haben die geistiiehen kam hilff gelt oder stener auf 
ire holden ae schlahen, sonder muessen die auferlegten steuern aus irem 
aigen seokhl henllen und werden ire undertbanen nichtsdestoweniger 
Von der furstJiehen obrigkait oder den Togthenm gesteuert. Bs mfiessen 
auch die prelatten und pfiurer etliche einkomen, so sy nimber innen 
haben, verstenem und wirdet in soldier Tilfdtigen und uhennassigen 
Steuer weder prunst, schaur, bOees iar noch ander deigldchen unflU nicht 
angesehen, sonder die steuern inftessen Temmg der einlag bei Yomeidung 
hocher straff beialt werden. 

Desgleichen so werden die geistlichen wider gotlichs und weltlichs 
rechten und habende pri?Uegia sn besallung der tatx, meut und neuen 
aufschlegen gedrungen; dame werden sy angemuettet, der K. ain 
hilfgelt zu I. H* gesandten su dem concilio an geben; welches ain neue- 
rung und zwiefache beschwemng ist. 

Es wordfin auch offt^'omclte geistliihon :in otlichon orten mit allein 
darzue gulialt^'n, den weltlichen zu robatton und scharwerkeii, soiidci n sy 
uiüe8!<on sich aucli zu Zeiten verseht vi beu, dass sy goborsauib sein wellen 
wie ander di r wcltlichon underthanen. 

Itoin. die wcltlicli obrigkeit verpeut an etlichen urten den geistlichen 
iro aigne pauwein, zehent oder porkrechtam zapfen iiiisr.nschpnkpn; wol- 
clies sonderlich in den wcinlanden, da die beneficia und jiliarn'u auf dem 
wein geatifft und gewidemt sein, zum höchsten beschwerlich ist. 

Item, so werden die geistlichen nit wenig beschwert, dass inen alle 
TictuaUen und tsgliche speis als visch. Tieisch, sehmalx, feder und ander 
wlltprat auch ander notdnrffi xnesutragen und zu verkaufen von welt- 
licher Obrigkeit Terpotten wirdet, dass auch die, so solches öffentlich 
thuen, nemblichen kauffer und ▼erkauffer dammben gestrafft werden. 
Demnach wirdet begert, die hochermelten . . . herrn ertsbischoven nnd 
die biscboven des subsidium hslben bei iren rechten und gebreuchen un- 
verhindert beleiben su lassen und dann die geistlichkeit der steuern und 
layschen exaction, incorporation, absenden und andere» beschwerden zu 
entheben und bey iren freyhaiten beleiben zu lassen. Wann sieh dann 
ain genuine Uindtsnot zuetregt und dieselben den ordinariis anzeigt Ist» 
soll inen nit zuwider sein die geistlichen dahin su vermugen nnd halten, 
dass sy in ffillen im rechten zuegehissen sin leidenliche hilff und nach 
gelegenhait der not ain faandraichung thuen. 

Neben dem allen bitten die Ordinarien ire und irer clerisey und 
sonderlich ir aigne wein, getraidt auch so vill sy sonst zu irem hoff und 



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aoi 



liausbaltangon hatmliftieni lassen mit soll und nuratten auch mit nenen 
aoftchiegidn nnbelegt und (un)be86liW6rt zu lassen. 

Die pretatten und gemaine geietliehkeit haben nit ain geringen 
mangl nnd beaehwerden von dem taglichen anfreitten, deren die sich nn- 
geacbieUieh halten. DerhaUwn hitt man auch weodung nnd gn. einsehen, 
dieweil ir einkommen sonst fest gesohmellert nnd ^ sambt den nncosten 
durch solch gest Tilfeltig nbl gehalten nnd oftermals on allen gnindt ver- 
sagt (sie!), anch deihalhen in Ungnaden aneh meiUiehen schaden gefhert 
werden. 

Und am lotsten so ist wissnndt, das« mit der kiichen gnetter oft 
nbl gehanst und ambgangen wirdet, also dass allerlay anlehen davon ge- 
tiian, die nimmer einbracht werden, item daas auch die hOchst anctoritet 
nnd gewslt bey den vflgten nnd landtrichtern sein will und der ordinarins 
nns ain kiidiherr nachent gar niehta nier darbej gelten, wie dann der 
drit schUlssl mm »echschrein wenig phairherm wider die Begenspurge- 
riacfa eonstitation und ansgaogne mandat golassen wiidetj.und so dann 
die kirchen redmnng beschehcm, so thuet man grosse serung und mueosen 
danobea öffentlich personen von der Idrchen guet vereemng und drinkgelt 
geben werden. Dantue so werden die stURongen, so von der handt besalt 
sollen werden, auch nach Torricfatang der Stiftungen nit besalt sonder zu 
loiten gar innon behalten und den geistliehen entsogen, und wo grundt 
an dem gotshans gestifft sein, darauf purkrecht oder anders dergleichen 
ligt, so werden dieselben den pfarrern su irer notdnrflt auf ir hitt nit 
▼erlassen sondern wirdet den layen damit for die geistlichen gewilfiurt. 

Item, etlidie pfleger und ambtlent wellen alle Bonntag und fejer- 
tagen in den pfarrkirehen suppen essen und trinken und thuen dasselbig 
gemanlich ander der predig. 

Zudem so nemen etlich bei in 40 gülden straff, wann die Taufferi- 
Bcben personen von den guetern deneUlatem und kirchen megehftrig 
aiehen nnd entweichen. 

Item^ die hiyen so stifftung oder iartag boy den kirchen haben, wollen 
in ansohung und ans den Ursachen, daas die pfiurer die briester nit be- 
kommm nnd die iartag nit Tsmchten können, die gestiften gnlteh ent- 
siohon, nnd nachmals wann sich die pharrer augei üei-t, stifftungen und 
iartäg Wiederumbeil an halten erbieten, solches nit annemben noch den 
gotsdienst Terrichten lassen sondern die gölten behalten wider der sttffler 
inllen. Demnach von ndten, dass die weltlich ohrigkeit hierin gebnrlich 
einsehnng thne und bey der stilfter frenndten darob sey damit solch stiff- 
tungen hernach za gelegnen tägen gehalten und erstat werden, dass also 
die kirchau in grosse unvennugen komen und nit woU' mer underhalten 



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302 



mügen werden, nnch die crist^laubigen ir hilff und handtraichung darzuo 
zu geben abgewotult und scheuch gemacht werden, das aber zu drhaltoilg 
unser hl. religion billichen soll t,'eweiiijt werden. 

Was dann für beschworden furfalleii bei den variorendeii pfaii eii 
und phniiidten, ist offenbar und nienni^rlich bowist. Welche auch ob er- 
zeiien ursachea biilicheu abgestelt sollten werden. 

IV. 

Die .erforderten' Herren und Landlente der Steiermark weisen 
die fiesohwerden der Qeistiichkeit wider die Herren and Land- 
lente ab. (Qm, 1649, September 6 [!].) 

(StniomiirkiMbee LandeasrehlT, Balibmger Synode 154i9, Coneepi) 

Heraech volgt (der erforderten herm und landlent desAtreten^ 
thnmb Steier) * ralslag und gnetbednneken anf der geistliolien gnmiinina 
oder beeehwenmg, die sy wider die weltlidien Termainter weis gestellt 
haben. ^ 

EretUohen so vil die mAogl in fUlen die rellgion belangent» ist der* 
selb artid dnicb ans dabin erwegen nnd bedacht worden, nemblieben dasa 
diso bescbwär ein gani nnnotdarfftige beschwer sey, dann wo sy, die 
geistliehen, in disem &11 beeehwert gewesen wiren wider sin oder mer 
weltliche person in disem land Sieier, so betten sy solches sonder sweilbls 
an der B. kgl.H* oder derselben nndergesetste obrigkait im land ante* 
bringen nit nnderlassen. Barober dann I. fcgl. M* und derselben nnder- 
gesetste obrigkaiten gewiss anch je nnd albeg die pilligkait gebändelt nnd 
furgenonunen hette; aber das sei gleiehwol wer nnd gennegssm bewist, 
dass an pi^edigem grosser nnd sonderlidi an gelerten gneten predigeni 
der alleigrtat mangl erschein nnd faroemblichen» dass aaeb Ton denen 
geistliehen personen, den tnm allennaisten das predigambt, als erti- nnd 
andern bischoTen, ftbten, prelaten, brßbsten» pfarrern nnd deigleichen 



* Die ringeklammerlen Worte rind aiugeaMoben. 

' Des gaikie Schriftitllek innfewte eiiutem 67 BUtter. DwiiigefBgt «aydea, 

um ▼orschiedone Zusätze ansabringen, «ieben. Von den 46 BlKtu>rn ist 
<\i>T Fn«i-ikol (hirdi PHnlnins tind hiednrch pitijjetrntene Abbriickeliin^ 
Htark beschädigt. Doch treß'tiu die aui uieiätüii böi»cliädigt6n Blätter zum 
Theil nur solche Stellen, die von dem Concipieuten ausgestrichen war» 
den. Olewr Faaeik«! bildete die letete Lege de» gaaieii 407 Blitter 
fiMenden ConTolnteo toh Aetea Aber die Saliboiger Synode Ton >649, 



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303 



personen. ziipstoft. die wenigisten predig beschehen, ja oft von ainem gar 
kaiae gehört wirdet, die doch andern pvedigern . . . das exeiupl vortragen 
sollen, und wo sich nun aus solchem gleich zuetrug oder zuegetragen hett, 
dass ein weltlicher und frommer gottsförchtiger crist ainen bi iester, der 
des hl. evangelion und Cristi wares lerens and glaubens erfarn und geiert 
und erbars wandels und lebens war, predig lieber zuehörte als aines un- 
gelerten . . so war desselben niemandts ander die schuld und ursach, 
allain sy die geiütiichen selbs, die solchem nit nachgiengen und daininter 
wir auch allain diejenigen personen, so solches thuen und ergerlichs le« 
bens sein, Teimaint haben wellen; dann was uuformiichB in den pre- 
digen 80 den gemainen man so beaohwir, ja auch zu empörnng und auf- 
mer bewegt hat, fQrkomen, item wae geix, anch die prediger oft ander 
inen im schein cristlichen wolthuens ao^worffen haben, item was 
lesterns und Bcbmähens den weltlichen nnveraduunpt suegefoegt worden 
und anders mer in vil weg tnegetragen hat, das sey mer als zu vil am tag.' 

Item, BO B$j allermenniglich offenbar, was nngelei-t p£ai-rer und 
priester den pfarren und beneficien von den bischoven und geistlichen, ro 
allermaist die pfarren zu verleihen haben, fQrgesetzt werden, ond dass in 
solclien ein gelerter aber frummer briester, wo der je zu Zeiten, wiewol 
wenig, gefunden werden, ond sonderlich, so er nit gelt g«ge1»en hat, dem 
nngelerten und zu predigen ganz untengUchen briester, so er änderst 
guet und gab darzegeben hat, weichen muss, und in solchem fall nun 
dahin komen ist, das es schier kain sund noch simonei mer sein soll, das 
sey offenlich, damit und darunter dann die weltlichen des waren g5ttlichen 
cristlichen glaubens ungeleH bleiben und vil tausent seelen nnbewist des 
rechten erisUichea gUwbens also sterben und ondergeen mflessen, 

und 807 weniger, dass aus solchem irem, der geistlichen er« 
gerlichen leben , . . allerlay nnrats erfolgt, also dass anch ander inen 
. . . selbst bischof, briester nnd münich erstanden . . die solch nicht 
för recht noch pilUch geacht nnd darwider geschriben und solch und der- 
gleichen laster gesti-affl haben, wie dann auch dii^enigen geistlichen, so 
solch gottlos leben auf inen haben und den weltlichen pOss exempl damit 
ftr^agen, selbst nit widersprechen konen nnd sich dess mit der warhait 
beaigen in sein bekennen mOoBsen, 

neben dem ist nit weniger, dass die pfarrlent oft mer auf den 
Urchhof als in der kirchen befiinden werden: die nrsach aber desselben 
sei alhtin ir der geistlichen. Dann wie sy sich nttchtlich flberweinen, bei 
concobln liegen, kein predig lernen nnd so sy anf den predigstneU kne- 
men, oft selbst nit wissen was sy ssgen nnd erstomblen, item so die jar- 
mftrkt sein, ladschsflt halten, jene und diso laden, das hör und wiss men- 



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301 



nisrlifh; nnd ob nun davon uu.l duraus und aus dem, dass sy dem lernen 
und dem cristlichen studio gar nit obliegen, auch den weltlichen kein 
guet pxempl vortragen, erfolgen thne, dass der weltlich aiii entsetzen ge- 
winnt und für sich selbst demjenigen, so zu hall seiner seel dienstlich zu 
sein vermaint. nach gedacht, die bibl und ovangeli selbst liest, 80 sei die 
schuld niemants ander als ir der geistlichen selbs . . . Wann tj sich 
aber gotsalig hielten, guet exempl den weltlichen vortr&egen, pomp und 
geiz der weit underUessen, dem predigambt nachgiengen und das wort 
gottes lerten. so w^ren sj alsdann mit kaiiier beschwer umbfangen. 

WiwoU auch die ordinari in den . . . provincialstatuteu den seel- 
Borgem und predicaatea eondeiliche aber indem ÜU de discipHna popuH 
anweisuQg und <::onuegsame Ordnung . . . Termeinen gegeben haben, wel- 
chermassen sieb die seelsoi'ger und gemaine derisei in allem irem thuen, 
wandl and leer halten und erzaigen sollen, auch wie ier herd und be- 
volchne pfamnenig in christlicher gaeter inecht nnd gotsforcht mng er* 
halten werden, so . . . krinnen wir unangezcigt nicht lassen, dass die 
pfiirrherrn und predtger dises lands also nachlässig, Cauil, schlaflfrig nnd 
ires von gott beTothnen priesterambt unachtsamb . . . ersebeinen, dass 
under 1000 pauern und aiul« m gemainen auch auf dem gai gar wenig 
perBonen von jungen und alten leuten, mannen und weibern, nicht weil 
aine person, die recht deutlich die tS artikl unsers christlichen glaubens 
enellen, das hl. vatier unser petten» die 10 gepott gottes, was die hl. 
tauff, das hochwfiFdig sacrament des altars, in summa auf wen all unser 
seligkait gegrnndt sei, erftinden werden, nichts desto minder aller crist- 
lieber freiheiten, wdb. des saenunents des altars, mer su irer selbst ver- 
damnuss dann derselben bail sich jarlich gepnuchen, und ist entlieh mit 
den sellsorgern dahin geratten und auf den weg gestelt, dass sy vermal- 
nen, man soll sich an ainer predig, so des sontsgs oder feiertags geschieht, 
gentalich benuegen lassen, bedenken gar nicht, dass ire auslegnng des 
evangelii und christl. . . . demjenigen lenten auch andern ainfUtigen per- 
sonen, so noch des waren cristlichen glauben die erst und geringist gmnd- 
fest niemals empfangen, gans undienstlich und unbegreiflich seie, wissen 
auch selbs, dass sÖlUche ire predigen bei inen wenig fmcht schaffen 
mOgen, betrachten darneben nicht die schwere Terantwortung und rechen- 
Schaft, so sie von wegen irer schilflen vor dem jüngsten gericht geben 
muessen . . .* Demnsch sollen je alle pfarrer, gesellpriesier, eaplan mit 
höchstem emstlichen Tleiss nacht und tag dahin gedacht sein, dass sj 
der herd Cristi getreulich mit dem göttlichen wort, Termanungen, strafen. 



* Folgen neihrere Bibelstdlen. 



805 



bitten, sehelteE Torateen,* Bolten nicht wie in ordinArii polaterberm sun 
und allen woUnsk mit don höchsten Tlidien. Wir achten anch ain hflchst 
cristiiches nnd gueta werk sein, daas die prieBtersehalTt bei allen pharren 
alle Tolk sonderlich die ainfeltig gemain, so die schrtft nicht lesen luin, 
anfis wenigist an den Sonntagen nnd feiertagen Tor oder nach der vesper 
oder sonst an andern gelegen leiten auf das aHertreuliehlst nnd ein&I- 
tigist in den obbemelten diristlichen stocken nnderweisen und im iar an 
etlichen selten nicht aUein sn den ostem sondern als oft es beschehen 
kan das gottlich wert lernen; damit word in allen landen ain verstftndige 
christlidie kirchen von jugent anf erpanet, dann ansserhalb dises ▼leias 
der getrenen firamen hirten kan nichts dann schier ain lantere Tihische 
haidenschaft in den pfanren erwachsen, die weder gott oder sein wort 
nicht kennt und das hell dar evangelisch liecht schwftrllchkann erraichen, 
mnees dss arme volk on nnterlass wie die plintten in der finster tappen 
und xn der seit ires sterben in Tersweiflnng Men oder aaU wenigist in 
ainer nngewisshait ires hails von dieer weit abscbaiden. 

Zn dem weit auch beschwftrlich and erschrockenlSch se hOren sein, 
dass ein weltlicher hausherr, nachdem die slösser und haimwesen offt weit 
Ton deu pfarren Ilgen, nit fueg soll haben, anhalmf» das wort gottes se 
lesen oder auch sein kind und gsind nit lesen oder vurieseu lassen. Das 
wär hochergerlich und beschwerlich, dann Panius schreibt zu den £phe- 
sern am VI., wie sie ire kinder und hausgeslnd sollen ziehen . . . Wel- 
cher Spruch Pauli die eitern und haushalter darumben ernstlich vermant, 
damit sie sich selbs und ire kinder und gesind in ainer rechten göttlichen 
zucht und erbern gottgefälligen wandel auforziehen . . . 

Derhalben bedenken wir pehorsumblich. iluss ain hohe und unver- 
meidenlich notdurtTt soy, dass die predicaiiten. phairer und kir- 
chejidiener vermuj,' des sjiruchs Piiuli (1 lau. I, ;j, Tit. 1) auch 
uach rechtem cristlichem verstaiult der alten apostolischen kirclicii und 
dem hl. wort gottes gemäijä, auch die iler^fuiain aiHieml)lich sein, vleis- 
sig cxanuuirt. nach derselben oidiiun^' £,'epredigt und demselben ent- 
gegen nichts anders eingefurt wurde. Es wer auch in disem fall last 
nützlich nnd p^uet. dass die examination der geistlichen nach der 
lehr des hl. Pauli beschehe und recht prob hielt-en, der da spricht, 
daös man die band nit pald auflegen, i. e. das priesterlich anibt bevelhen 
solle, er sei denn für genuegsam, d. i. für gelert des rainen worte« goties 
und dasselb on allen falsch und zucsatz lauter zu predigen, auci^ erbers 
lebens und wandls befunden. 



• Folpon mehrere BibelsteUeo. 
Arebir. LXJULV. Bd. 1. Hilft*. . SO 



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ao6 

Tedoch soll damit nit abbsiuwiiiMn Min, wo tolclier pndig«r, d«r 
anTor examinirt und in der hl. göttlichen aehiilffc etfaren befnndenf Minon 
bnneff na«h, wenn er nnn den predigstoel erlangt hat, nicht m«r das 
heilig Tain wort gottes predigen sondern mensche ntand oder ander 
nnnntse nnd nngegrnndte leer anstat des OTangelto der ge- 
rn ain, von welcher er sai|jfenommen ist worden, fnrtragen wolte, dass 
sich ein solche gemain soldies seinen nngegrundten predigens nicht be- 
schweren, oder audi wo er nicht davon ahsteen nnd das recht rain wort 
gottes nngefelscht lernen nnd predigen wollte, dass sy die gemain die ftr- 
gesetst Obrigkeit derwegen nmb einsehnng nnd ahstellong solches nnleid- 
lichen predigens ersuechen nnd anlangen, die alsdann gebOrliche nnd 
pilliche einsehnng sn beftardening der eer gottes se thuen schuldig nnd 
piicfatig sein, dann die ohrigkait nnd gemain Ittr solchen irrthnmb, wo sy 
den gednldet, selbst antwort geben mflessen . . . Ans disem nnd andern 
dergleidien gottliehen spiüchen (wird) befunden, dass es Ton gott ver- 
potten ist, falsche prediger sn gedulden. 

Und (liisH demnach das pest und nutzist soy, dasb die kgl. M* bei 
den t'vtv- nnd luschofen. jibton. pre!at(^n, pröbsten, pfarrern, bripst^rn 
und aller rU riscy mit orust darob sei, damit die ^geistlichen hoclis und 
nieders Stands irem ambt warton, der cristliclicn It-rnimg «»Vdi^'on, das 
wortt <?ottf's und waren cristlic-iifn ^laulien dar und lauter dem hl. evan- 
gemäss predigen und den w^dtliclien guet exempl vortragen; so das 
beschicht, worden inen die weitlichen alsdann auch gern zuehöi'cn und 
lieber in der kircheu als auf dem tie^ tbof bleiben. 

Was dann den andern, dritten nnd Tierten articl, nemblich dass 
die layen ire kinder und gesind nit geen ktrcben geen lassen, sondern 
inen daheim verbottne Lutherische bnecher Torleeen und dass man unter 
beeder gestalt früviicber weis das sacrameut nemo, dergleichen dass die 
layen zu österlicher zeit das sacrament lässlich empfahen etc. belangt, 
diser dreien articl halben ist hievor in un-serni getreuen rat und 
guetbedunii hen über die statuta provi ncialia gestelt eiukomen 
und wir bedenken noch nemblichen, wo die emiifahung des huchwirdipren 
sacrameut under beederlai gestalt durch die weltlichen beschebou wilr 
oder noch beschehe, da&& sy die weltlichen desselben gleich so 
würdig als die geistlichen und dass die batzung, m in disem fall im 
conciii zu Cutetuitz (wie sie melden) beschehen sein soll, wider d;us dar 
lauter wort gottes und wäre Satzung Cristi sei und dass den weltlichen 
solche communion sub utraque dem ciaren evaugulio zuwider mit nichte 



807 

Imomeni flondern mftiuiiglieh dabei, vBgeui^ der gewitsen, gelttaui 
werden 8oUe . . . 

Dann was den fflnfften, sexten, sibenden nnd achten articl, daaa 
die Patronen, eo die benefioie vaeieren, die fimcht selber einnemen, nnd 
die fUrsendnng roden pfiuren, onaogMeben dase inen das ins patranataa 
nit snegebörig, nndenteen sollen, daes anob tü seltsame paet von wegen 
der presentatioB beeobeben, deigleichen was in des babets monat ftr 
pfiuren ledig werden, betrifft, ist nnser nnderth. bedenken, daas derhal* 
ben faisTor in disem land Steier kain beschwer fttrkommen sey, wo aber 
einer oder mer geistliobe ainidi beschwer wider einen weltUehen lehens- 
herm, patronen oder TOgten gehabt, er het das an I.kgl.lP nnd der- 
selben nachgesetete ordenliche obrigkait an bringen nit nnderlaasen, das 
mdeht auch noch beschehen, aber so ain landtman lehensherr einer stilft 
ist, nnd dass derselb nach ge&Uen der geistlichen das benefldnoi teilten 
und presentim nnd in disem feil Ton den geistlichen benOthigt sein solle, 
Ist sn bedenken, dsss die pationsn lebens- nnd vogthenren sdshes nit 
gedulden wurden. Wir knnen anch bei uns nit für rftthlieh bellnden, 
dass es ftiegUch beschehen mochte. Ks faab anch ain jeder stiflfcsr nnd 
stiffters erb nnd lehensherr mit dem leihen ain freie handt nnd knne Ton 
den geistlicben, er sei erz- oder bischov oder anderer, disem oder jenem 
geistlichen oder geistlichen person ii'es gefallens zu leihen, gar mit nichte 
benöttigt werden. 

Zudem so sey mer als zu vil bewist, wie die geistlichen mit den 
stiften uinbgeen, wie die pfuner. priester und boneficiaten mit dem ein- 
kommen der pfaricn und stilTtcii samht ireii concubinen hausen, die 
stifften in abfali bringen und 8onderlich auch mit den steuern, m By von 
den underthanen einncmcn, also dass.sy dieäelbeu verthuen und E. E.L. 
die eingebrachten steuern nit hezallen. 

Item, wie die bischof als lehensherrn in dip pfarihüf nach abgang 
der briester fallen n. dgl. vil mer weg, der sy im schein, als ob sy geist- 
lich sein und die weltlichen mit iuöii nichts zu schaffon haben möchten, 
befuegt zu sein Yermainen und darauf trutzlichen vtiliurrcn. Derwegen 
wirdt nit zu gedulden »ein, dass dio geistlichen in dem oder andern über 
sy die weltlichen und ire gueter, auch geistliche Verleihungen und lehen 
ire obei hei rn sein sollen. Aber die kgl. M' als herr uu i landsförst wirt 
für iren ober und obristfn herrn erkonnt, und wo ein geistlicher wider 
einen weltlichen ain besckwai hat, so mag er das an die kgl. M' oder der- 
Bolben nachgesetzt obrigkaiten mitdergepnr l)ringen, darnb« i l um albeg 

die püligkait, wie iandtsbrauch vor vil hundert iarn und von alter h«r- 

90* 



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308 



komen, gehandelt werden mag, nnd weil dann anfenglichen von den hoch- 
15blicben Aii'sten desheus Österreich säL ged. den herm graveui edln und 
unedln die etifftnngen auf mainnng, gottes lob und eer dardoreh sa he- 
iVirdera, beschehen, nnd aber ntimals aus göttlicher scbrilll befunden 
wirdet, daea aolch Stiftungen, wo sy dermassen gehalten, gottee lob und 
der göttlichen schrift inwider sein und allain ans sonderer persnision der 
geisttidien wa irem aigen nnti die weltlichen in mennigerlaj weg dahin 
gebracht haben, damit aber dannocht der iGbliehen fttrsten und binde 
stilRherm gottaUlig intention dabin wie es Teimaint verwandt werde, so 
stett demnach den lehenspatronen und Togtherm pillich nnd rechtlichen 
me, dasB solch beschehen stiftuugen wider su der lehensherm banden 
eingesogen nnd an rechter eer, lob nnd preis gottes, auch an aufei-pauung 
der christlichen gmain angelegt nnd adche einkomen Teiwendt werden 
mdgen, dann es nit Ar thnelich angesehen wird, das bös gewonhaiten 
dem hl. göttli^en wort füigesetat werden sollen. 

Dann den nennten ai-ticl, dass die pfruendten zn zeit^n jungen 
ungelerten knaben Terliben werden, betreffendt, ist unser getreues be- 
denken, dass wir nit erachten kunnen, dass dersclb articl ain landschaft 
oder die landlciit, sonder allain die ^geistlichen betreffen tbne, angesehen 
dass sie, als die so die allermaisten pfamn. stiffton und beneficien zu 
verleihen hahcn. mit Verleihung der stifften zuwider aller pillidikait . . . 
handln und dieselben dermassen registririi, dus.s es wo) ain kaufinann- 
schafft der gott^sg^aben und ain p^ewisj^ «?imonei ^renennt werden mochte, 
nachdem By daniüWi nichts and( i> ülhiiii .ug-ncn nutz irnj^ srfalleus trei- 
ben und die pfarrou und stillteu umb gelt verkaufen und darunter die ge- 
scbicklichkeit gelerter gueter tauglicher porsonon mit uioliu uum lu ii noi h 
donstdben die pfarreu oder beuelicia, Sinidern allain dent'u. so muett und 
gaben un<l am maisten cfelt ausgeben und auch pei8onen, so dasjenig, so 
sy lesen, offt uit versteeu, verleihen, ja dass auch die creistlichen |ifarrer 
und biuieficiaten selbs aneinander die beneficia und ^iilTtunrron nbk i II i. 
vertauschen und ainer dem audorn gelt dammbeu gibt, darunu i i inii 
der geistlich lehensherr seiner particln und aigens nutz auch selten und 
gewiss nymmer vergessen thuet. wie dann solch und dergleicheti siiu.>- 
neyische kaufmauschafft (das dannocht das wort, als sey es nur glilicn. 
nicht minder haben und also haissea muoas) nur gar zu vil l>ewisst und 
laider in te<,'li< hcm erebranch ist. derhalben sollen die sreistlicbon >ol( iit' 
handlnng, die sie s(dhst für gar bosrhwi'rlich achten, zuvor pillicli Ii^i iiwa 
abstellen und den weltlichen guet oxt'nipl bierinnen geben, mit diser 
weitern vermeldang, datis I.Kgl.M^ als herr und landsfarst dai*eiu sehen 



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309 



und solch aigennutiig han<1liin^ ernstlich bei inen abateUen solle, und wo 
auch herwidorumb ain gaisfeliche penon gegen ainem welttichea was sa 
8]irecliea hatt, dass er sdlchs auch an LKgLM^ und derselben nachge- 
setzte Obrigkeit bringen und jedemit darüber was sieb gebart gehandlt 
werden möge. 

Dann den sehenden, aindlifften, zwelfften, drei sehenden, 
viersehenden und fflnf fsehenden aiücl, wie bei den eUIstem rega- 
laris Tita fast bat abgenommen, dass die satsnng der preUten bei den 
clostern an etlichen ui'ten nabent gar in die weltlichen handt gesogen 
wirt, mit der ordenlichen Visitation der dOster, wie sich auch die welt- 
lichen hftren Isssen sollen, wo sich die geistlichen nit wol halten, dass s/ 
selbs visitim wellen, dass auch die düster dnreh die weltlichen ansgebe- 
ten nnd dass nit wenig beschwerlich, so die prselaturn vaciern, dass die 
fiirsten die inventiemng ausser der ordinaii vornemen, belangt, bedenken 
wir gehorsamblichcn, dass im anfang des sehenden artid von inen den 
geistlicfaen nit nnbilllch vermalt nnd bekennt sey, dass bei den dfistem 
regnlarls vita fast ahnemb und die fireiheit des fleisch snegenomen hab, 
dann was geistllchs leben, darinnen bei abbten, prelaten, brObsten, priem, 
abbtessin, priorin in vil weg gefnert worden sey nnd üoch geflElert wirdet, 
das wisB und seh menniglich. 

Aber dass sy die erts- und bischove darumben in der election nnd 
erkiesuDg der prelaten einsehnng te thnen nnd inen die ohrigkait der* 
halben darinnen xuesteen nnd die dectiones nach irem willen und wissen 
beschehen sollen, dss ist uns gans fi-embd und indem andi darsue gans 
beschwftrlich lo h$ren, dass sy die Visitation dei* clöster der kgl. als 
herrn nnd landtsfflrsten abstricken nnd in ir der geistlichen ainigen ge- 
walt bringen woUn, dai'dnrch dann L kgl. H* derselben 1. f. reputation 
entzi^n und ans derselben f. ohrigkait gänslich gebracht wurden. Item, 
dass auch solche clöster maistestails von den herren und 1. Arsten I. 
vorfordem nnd höchlGbl. voreitern fundiert und gestiflt und mit den dee* 
tionen und wie es damit gehalten werden solle bemflessigt sein, ja dass 
anch SU dem allen von edlen und unedlen vill dann gestilft und gewi- 
dembt worden ist, damit und so solches bescbähe und dass die election 
in der erts- nnd andern bischöflichen gwalt und wolgeflUlen sein soll, 
aller handl dahin gewisslich käme, dass die kgl. M' mit kainem prelaten, 
brobst und andern gdstlichen, weder in ainem noch dem andern weg, 
lestlich gar nichts mer se bandlen und umb gar nichte ze straffen, auch 
io mcMo. kein einsehung le tiinen, inen auch nichts aufzelegen noch von 
luuii /.ü tiifordern hette und sy also gäntzlich ausgoslosseu; I. kgl. die 



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SlO 



bandt aber vj gesperrt und bj allain ander der ertz- und bischove gewalt 
waren, welches doch hievor in den landen nie erhört ist worden, aach so 
«rpftrnien nnd ganier gemainer hindschafft nnftieglidi wAr, dass I. kgi,W 
also die I. f. hoohait aber die elMter and geistlidien benommen nnd I. IT 
nidit macht haben solle, die cMster und geietUehen zu visitiern und ir 
gottloBS leben so das darinnen befonden und getriben wirdet aosiereitten 
nnd sa straffen. Welches doch Lkgl.M' allain als herm und 1. fArsten 
suesteat, doch wirdet in I. gn. wolgefallen gestelt, dassl. dem geist- 
lidien oi'dinari schreiben mag etiiieh personen dann an verordnen und 
dass demnach die . . . nottdurfft ervordert, dass Lkgl.ITdiel.f. hochait, 
sovil die weltliche Sachen belangt, hierinnen gewiss und mit ernst orbfilt 
nnd bei den clGstern ernstliche forderlich einsehung thne» dann was le- 
bens nnd gaets geistlichs wandls von etlichen geistlichen inner nnd 
ausser der closter gefftert, wie mit dem gottesdienst umbgangsn, wie das 
wort gottes gepredigt, wie mit den cononbinen gehandlt, mit was pomp 
and hochfifft, das den geistlichen nit suesteet, nmbgangen, wie dem panch 
aoegewart, wie dem geis nachgetracbt, wie gelt nnd sch&ta gesammelt, 
wie die weltliehen auskanffi werden und hieTor auskaufft worden sein, 
wie auch die armen nnderthanen von inen hoch beschwort, das alles ist 
laider nnr gar an vil am tag, sambt dem, wie sich auch die geistlichen 
Tisitatores in iren Visitationen . . . je su Seiten gehalten haben. . 

Und so Til aber weiter die election der prelaten in den Clustern be- 
trifft, finden die kgl. M' augenscheindlich in dem 11 articl, dass derselb 
artid niemandts andern als Lk.H^angeei nnd dasssyl.kgl.sralsherrn 
und landtsfOrsten derselben fürstliche handt nnd gewalt nnd loblichs alt 
herkomen sperren und selbst oberherren sein wellen, also dass darinnen 
▼on inen geschriben wirdt, wie sich die weltlidien, i. e. die kgUM* an- 
massen, die prelatten on vorwissen der geistlichen obrigkait se setsen 
nnd xn entsetien nnd in die ddster administrstores und Verwalter sn 
ordnen, die döster xu regiern nnd Ordnung in den electionen xe geben, 
nnd hangen daran, dass sy ordinarii Ober die cKtster sein sollen. Nnn 
stellen wir aber gar in kainen zweifei, I ki^I.M* werde sich hierinnen 
nnd in allem dem, was sich zu handhabung I. und derselben hochl. 
voifordem nnd voreitern den forsten von Österreich 1. f. hochait nnd re- 
putation und derselben gerechtigkeit, obrigkait und langhergebrachten 
alt herkomen ze handien and ze thuen gepurt, ganz wol ze hallten wissen, 
damit I. kgl, M' in solchem allem nichts entzogen werde. Zu dem so 
wissen und erkennen wir auch kainen auJorn rechten und piUichen 
obristen vogten der clöster, wellen auch kainen andern erkt-niien, allain 
I. kgl. M' aiä berru und 1. füiäteii, dass wir uuö auch an solchem allem 



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311 



der gwsUifilieii Temninteii allogierung und diipntation, darron in lOlGheD 
artieln meldmig beachicht, gar niehta irren werden Uasen, dann daa land 
Steir anTorderiat LkgLM* haben ir frethett, recht und alt herkonuni 
daran man beeteet und darbei Terhairt, und weder geiatUohe atatntn, 
noch canonea oder anders miineinen werden laaeen; nnd daaa demnach 
die geiatlifihen snwider aolchem allem I. kgi. weder in eleotton der pre- 
laten noch viaitation der clteter kain maas nodi weg geben, aich auch 
derselben in den maieten noch wenigiaten nit annemen aoUen, aendam 
daaa LkgLM* nach der berm und fAnten von Steir 1.1 ah herkomen 
und hochaiten in adehem allem handln fortCuu nnd der prelaten .nnd 
geietUchen gottloa leben, geiz, nnkeuschheit, hoobfiui und welUich pomp 
abatellen und dermaeaen einsehnng tbnen aolle, damit ay dem, so iiem 
stuidt ae tbnen gipnert, auawarten, petten, nnechtem gottes wort lernen, 
predigen nnd den weltliehen gnet ezempl Tortmgen, und aey nit weniger 
wie ay, die geistlichen im 18 artiel vermelden, dasa der gemein man viU 
von der geistlichen gottloaen leben nnd nblbaltung haimblich und offen- 
lieh redt, ja auch dermaeaen, dass sy der weltlichen obriginit danne ubl 
reden, daBsdieselbaolduBmit offnen siehtpern augfen suealeht nnd gestatt 
und ain greul vor gott sey mit Til mar dergleichen hoben beechwerungen, 
ana welchem dann veratanden macht werden, daaa mit der seit der ge- 
nuin man an ainem andern als sn einer aufnier bewegt mecht werden, 
wie dann daaaelb hievor auch genuegsame exempl vor engen sein. Und 
aber der allmecbtig verhuetten nnd sein gnad geben welle, daaa die geiet- 
Uchen Ton irem ergerlichen und flblem leben nnd andern obTonnelten 
lästern der weit abateen und dem nacbgeen wellen, daa irem geiatlicben 
atandt gebnrt nnd nit zugibt, dass uj parschafft . . . sambeln nnd scheta 
suaamentragen nnd hanffen aollen, dammb je hoch von nötfeen, dasa die 
kgl. IT statUiclie reforroation nnd Visitation an die handt nemen und son- 
derlich dass auch ans gottiieher gnad durch gi andt der hL geachrüft offen- 
bar nnd gennegsam am tag, daaa ir Tita regnlaris, wann es gleich der- 
massen gehalten, wie das durch die rorgeer ffli^escbriben üt worden, 
dass dannocbt dasselbig mit irem vermainten gotsdienst ainer starken 
refonnation bedörfen wurde, die weil unwidersprechlich, dassvil missprauch 
(durch uuverstandt der einfeltigen den mer tail von derwegen, da er man 
gutes wort die leut nicht gelert und sy dieweil auf menschenwerk und 
verdienst zu ir äai |2;eistlirheii cigonnutz prowif^r-n hat) numals von ge- 
dachten ii^eistliclien noch fiir gotsilienst j^cnifinht und erhaben werde. 
Welches aber zum tail auch in dem nächsten articl angezogen, dasü dem 
christlichen glauben uud guttes wort zuwider ist, und weil dann oben oft- 
mala aui$gefüert>, wie die geiätlichen &o gar uuverBcUambt mit ireu cou- 



312 



cttbinon oraelireGklichen hausen und in täglichen sundcn Hgen, achten 
wir ganz gehorsamlicben für ain hoclis gottsaligs und crisilichs werk 
sein, (las inen Jen geistlichen eelicho wt iber, wie ineadann solches one 
das die hl. echhfft und L decrei xuelaseen, sn yerhaetung alles eid- 
lichen Wesens zne nemon zuegelassen werden. 

Und ist nit an swetfeln, so die geietiichen iren berneff and ambi 
dem wort gottes gemäss verriehten und von den lästern abweichen, dass 
gott der herr seinen ausgestreckten lom widemmben mildern nnd das 
ebtg leben nach gethaner peniteni mittailen nnd verleibai wirdet 

Wir haben auch von wegen der inventiening der geisüichen gfieter, 
so sy SU der seit ires Sterbens verlassen, bedacht, dass es derhalben ge- 
halten soll werden, wie von alter berkomen ist nnd dass sieh Mch. B. L. 
von solchem ütberkamen die geistlichen mit nichte dringen lassen wur- 
den. Und sey dennassen von alter herkomen, nemblieben wann ein geist- 
licher niit tod abgangen, dass von stundt an der vogt des geistlichen 
verlassen gnet gesperrt, verpettsehadt, den pfurholT, stiffi nnd benefieii 
heuser eingenomen, besetst nnd in beysnn gneter lent inventiert nnd den 
gottesdienst und hanswirtochaft mit dem peeten, piss wider ainer andern 
geistlichen person die pfiur oder stilft verlihen, nnd durch den vogt ein- 
gesetet sei worden, zu verpringen nnd su versehen bevolhen hab, und 
auch des abgestorben geistlichen negst erben kumen und ir erbschaft be- 
suecht haben. Welchen nagsten erben, wo sie bewist gewest sein, der 
vogt auch den tedfall gemainglidi verknndt hab. Das sei also jedeneit 
von alter herknmen nnd eines vogten recht nnd gerechtigkait. 

Zu dem so haben auch die landleut, so bei deo gslossern nnd hairob* 
wesen solch vogteien gehabt, auch dieselben oft aneinander, wann sy 
die slfeser und haimbwesen von inen weggeben auch mitverkanft, nach- 
dem man auch oft nnd vil vogtrecht von den pfarren, stiften, brobstmen, 
prftlatnren, ja nicht allain den hindienten sondern auch lufördrlst der 
kgl. H* selbs dient, und dammb so wer beswfirlich nnd nit leidlich, 
dass die geistlichen den weltliehen hierinnen ir recht, obrigkait, gerech- 
tigkeit und altherkumen enteiehen nnd entseteen wollen. 

Was aber nun verrer den 16. 17. 18. 19. 20. und 81. articl, dass 
die weltlichen die prelaten nnd andere geistliche dahin halten, dass sy nit 
alhun die alienationes mit irem willen thuen mOessen, sondern geben 
auch den geistlichen erlanbnuss, dass sy alieniern sollen, item, dass auch 
die prelaten nnd briestei'schaft mit unerschwinglichen anlehen, raiss- 
wagen und andern beschwert werden, it«m, dass die commissari inen den 
geistlichen ire pesten gulten angriffen, desgleichen dass den prelaten die 
gülten wider sn lösen an etlichen orten nit gostat werden wellen, item, 



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313 



wie Midi gar wenigui prelaton die widerlosnng Torbehalten worden, und 
daaa den geistUchen die gneter sa Terksiiffen wilbrief Ton der B.kgL]P 
gefertigt werden, betrilK, ist bievor dorcb uns ondertb. Tefmdt worden, 
d«6s dieielben allain die kgl-M* bemem und du LkgLU^den geiet- 
lieben daraber sonders iweifels wol zu begegnen werden wissen, docb mit 
diser verrern erlentemng, nAmbliehen dass die stüRongen der oloster, 
pfarren, beneficien und ander gotsgaben aHain dermassen besebeben sein 
von wegen einer erlicben xtmblicben nnderbaldong deijenigen, so den 
dienst und bevelch gottes predigen nnd verricbten und nit nmb dess- 
wiUen, dass man sobftts samblen nnd weltUehen pracbt nnd pomp treiben, 
den panch füllen nnd anders mer tbnen soll. ]>srsiie so sein die geist- 
lidien allesambt darsne bernelfen, dass sy die gemain gottea sollen pflan- 
sen, paaen ond gottes wort predigen. Aber es geet jetzt wie dort bei den 
laden, dass wenig irem bemeff gnueg tbnen . . . Das birtenambt baben 
sy woll, nemen ancb den genteas, leben wol fon der kirdien gneter, aber 
arbeiten, predigen und die scfaaf Cristi weiden weilen sie nicbt, nnd das 
ergist ist, sie wellen es aneb andern nit gnnnen nocb gestatten, ja die- 
jenigen, so sieb nach gottes wort riebten nnd die U. sacrament nach Crl- 
stos Ordnung handien, verjagen sie, heissen sie ketzer, und wo sy, 
die geistlichen, gewalt aber sy erlangen, bringen sy sy erpäimlich umb, 
und hat also das edel terbum domini, das sälig wort gottes bei den leuten 
kain raumb noch stat. Sy seind es auch nach den Worten Cristi Matth. 
VII nit werdt . . . Demnach ist rocht auch pillich, dass solch schütz 
samblen und pomp und pracht der weit und alles ungoltlichs leben abge- 
stellt und die rechten gotesdiener mit eerlicheü pfrundteu und einkomen 
zu irei- underhaltung furgesehen und dieselben nicht aliennl und wo si 
.iia iiirt wurden, wider ei'stat werden sollen. Und sollen sich auch die- 
selben gottesdieuer an eiüei zimblichen eerliciieii underhaltung, die nit 
lust oder bcgier der sund, pomp und pracht dei' weit macht und mit sich 
bringt, beimegea lassen . . . 

Nun aber ist das widerspill offenlich am tag, also dass die geist- 
lichen an ainer zimlichon gepurlichen underhaltung unorsetigt sundern 
unaufhörlich dem geiz und uuzoligon guet nachtrachten, fursten und 
herni, edel und nnedl zu übermässiger stifTtnng und gottosdi^nst. dor 
dem hl. wort guttes nit allerding gemesü ist, beredt und ;ui SDlchem allen 
noch kein gi üuegen gehabt sondern noch weiter gegritTon und aus sol- 
chen öberlUiss dor gebtifften guoler und einkommeu die weltlichen, so 
inen und iren ciostern nahont, ja auch verre gesessen . . . ausi<autVt, zu 
dem auch weiter mit verkauüuug des abhiss und hl. ablassbrief, tödlicher 
und iässlicher sundcn, aufgesetzten wallfortcn und indulgeuzeo, item v^r- 



814 



gelmng der snndttii, so besehehan buh oder noch besdieheu würden^ und 
aiifgeseteter puesB, kirchengepeu, eiwerbnng des bisoMfliehen vad pre- 
IsÜBcben gnet . . « gelt und guet Ton den weltlidien gebnwht nnd mb- 
gesogen, also dass Bcbier aller weltlteher gewalt, gnet nnd gelt nnder sie 
die geiBtlldien und dahin kommen, dass den weltlichen das mindeete 
bliben, nnd in Boleher not m widerstandt des erbfeindtscristUohs namens 
und glaabens des tyrannischen turken, die qnart gleidiwoU erfolgen hat 
mtteBsen, ja audh noch merers piUich errolgen wirt mlleBsen, nnd ist er- 
Bchrockenlich ze bOren, dass Bich die geistlichen hiewider ainieher be- 
schwftr vememen thnen hissen, so sj sieh doch vil piilicher merers nnd 
nlt allain das gnett, sondern leib nnd zu errettang des cristlichen namen 
nnd ghuibens danegeben erpieten nnd aneh dermassen mit leib nnd gnet, 
mer als die weltlichen thnen sollen, das aber alda gar nicht, sondern dass 
sy anch restitntion der qoart, widerbaben, und aneh inen allain gelt nnd 
gnet von dem weltlichen an sich se nemen nnd le kanfen nnd aber her- 
wider den weltlichen von inen nit recht nnd wider concilia nnd der hl. 
Vetter statnt nnd recht sein solle, offenbarlich beftinden wirdet; sn dem 
nimbt nns auch nit wenig wunder der besohwir, damit sy der kgl.M^ von 
wegen der hilf nnd Btener, gelt, snlehen nnd raisswsgen nnd dermassen 
als solle solefaee wider der geistlichen freiheiten nnd immnnitet besehe- 
heu, 80 gar nnrechtmlssig angreifen, so doch sj die geistliGben das alles 
▼on den underthanen nnd noch merers einnemen nnd 1. ^1. ntdit 
allain dasselb, sondern nl merers ze thuon und ze laisten schuldig sein, 
und auch also vor vil hundert iaren herkomen und die kgl. ir rechter 
herr und landsfQrst ist, zu dem sich auch in ir der geistlichen rechten 
selbst befindt, dass die kirchen guetcr in notten . . . wol angegriflfen 
werden mugen, d^rlwegen d'ut kpl.M' in irt wesner Tnrkensnot aus 1. f. 
vollkumenhiiit uiui aus ^'eistlirhen iiiul weltlichen rechten p^ucten fueg 
gehabt, die ({uart vou deu geistlicheu abzefoidern; dergleichen der wider- 
losung, dermassen wie sie es begern. weil dieselben von I.kgl.M' und 
iuen selbs mit verfertigten ver.schreihunii^en bekriutit;!, nit statt gethau 
werden kann, auch I.kgl.M' noch künftiger zeit zu enettung der crist- 
lichen soeleu und zu erhaltuug der edlen vatterlander wol und statlich 
wider an die haodt ncnu a mupri n. und in disem fall der geistlichen gueter 
nit verschonen durffen, unil duas demnach aus snlchem allem nichts an- 
ders hei dt;u geistlichen befunden werde, allain dass sy I. k.M' umb der- 
selben 1. f. hochait, oberkait und alt herknnien bringen, die fursteu nud 
herrn von Ostorreich für ir herrn und >)berc aussliessen, sich mit leib und 
guet exempl machen, auch von den weltlicht^n und einer gemeinen land- 
üchaft dits forstentumbs Steier in allen sacheu, dai-zue kriegsuotton soüa- 



815 



dem und ain Mndvrs gautliehs regiment haboi and di« weltlidien ? er- 
maintes Bcheins under ir iooh Vring«n wollten; nun aber bedenken und 
bebenigtti irir geboiaamblieben, weil ein gemaine landscbalft m der 
kgl.H* als irem gn. herm nnd landtafBreten aaeh derselben boehldblichen 
voifordern sei ged. jederieii ir leib und gnett getrenUeb geeetet, ir plaet 
Tergeesen nnd weib, kind noch gaeti nodi ir selbit Tersohont und aolobes 
such noeb gern gekorsamblidien allem irem vermiigen naeh thnen wollen, 
daea demnach den geietiiclien sit gebor, Uber solchea alles Jon Lkgl.H* 
nnd ainer genninen landsehaft im sohein ainer Teimainien geisüiehen 
iramnnittt nnbillicli nnd nnfoe^cherweiBabniWeifilien nnd andern berran 
nnd oberer nber sj die geistlichen gneter, davon doch ^ mer als von 
den weltlichen gnetem an widerstaadi des eristlichen Teints geihon wer- 
densolle, tn haben» nnd aber in solehem Lkgl. W 1. f. boctaait, reebtnnd 
alt berkomen, auch dits landte fireiheiten erhalten nnd anch in den d0- 
stern alles nnerbers leben und wesen, geiz, pomp, bracht nnd ander nble 
lasier, die gott den herrn erzürnen, abgestellt und nichts minder die pre- 
laten nnd closterlent, man nnd woib mit erlicher underhaldung zu Ver- 
richtung des rechten und waren gottesdionst furgosohen worden, sich 
auch weiter die closterleut nit zu beclagen noch fnrzegebon haben, als 
weren sy mit oder an die quart oder sonst in ander weg irer underhal- 
dung beraubt und dass sy dieselben nit hotten oder gehaben m'^chten, so 
erachten wir zu furkunibung vcrrers irrthumbs guet, dass I. kgl. M* durch 
raittung oder ander dergleichen guet rnitl die prelaten und closterleut wie 
sich gepurt (dieweil inen kein weltliche noch zeitliche herrschnng wie 
i m ei n gang der schrifft über die provi ncialstatuta angezogen 
znesteot) von dem einkommen der clöstor underhaldeu lassen und den 
ubertail zu widerstandt des Türken, auch lernung junger leut. darzun si i- 
tall, schneien, ppeisung der amen und elenden brauchen und anlegen 
welle, an dem dann ein recht gottlicli guet werch beschäche, anch alles 
gotlos und unzimblichs leben, schätz samblen, geiz. pomp. pracht und all 
andere Unzucht und rerschwendungbei den closterleuten abgestellt werde, 
zusambt dem, dass I. kgl. M' noch darzue ain ergetzlichkait des un- 
auBsprechlichen costens, so I. M' gegen dem Türken on underlass seit der- 
selben kgl. nnd 1. f. regierung aufgangen und darinnen I. kgl.M' nichts 
gespaH noch verschont und ir camerguet darneben eingeen hat lassen, 
von solchen geistlichen guetern pillich und rechtlich ervolge, nnd ist nn- 
widersprechlich war, wo I. kgl. M* und die weltlichen nit gewest, dass 
ilerTurk der geistlichen hfilff und rettung halben die lande leugst einge- 
nommen bette. 8o sey auch allermonniglich offenbar, was eiil und nott 
die quai'tt bedurfft bat und dase derhalben von I. kgl. M' und auch dei- 



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316 



solben commissarieii niefate aaders dann ms sich gttburt hatt» »ach orlieh 
aufrecht nnd piilich gewest ond noch also Ut, gehandlt worden sey. 

Was dann weittor den 33 und 38 aiüol, data die von adl die widen 
oder gewidenten gneter einziehen sollen, nnd dass eilich vom adlp pfleger 
und ander Ton den sechechreinen anlehn begern, belangt, darauf ist un- 
ser gehorsambs bedenken» dasa wir diae aween artiel für ain nuTerdiente 
inzicht halten und sidi solcher unTerechambter einatellung an den geiaU 
liehen nit versehen hetten. Nachdem deiiialben ainiche beschwer wider 
ainen landtman nie furhomen sey, una dea auch, dasa es solcher gestalt 
jemals gehaodlt worden, nit erfndem kunen, dass es weder von briestem 
noch pharleuten, zechmaistem noch andern clagt oder fbrbracht worden, 
wann aber jemandts hierinnen beschwSrt wir oder wurde, so mag sich 
dera^b dessen bei ordenlicher obrigkait beclagen, darauf dann auchjeder- 
lelt die pillichkeit gebandelt weiden möge. 

Dann den 34. 85. 26. nnd 37. artiel, dasa die eitationes nnd fur- 
foiderung, so von den geistlichen richtern ausgehen, veracht, dasa auch 
der clagent tail aas verpot der weltlichen obrigkait seiner dag der orten, 
da er die angefangen hat, weiter nit nachfam darf und dasa in f&erimg 

der zeugnass die woltlichon poi*8oneu nit gehorsam thuen wellen, auch za 
Zeiten, wo ain uitl crefclt, an der oxecution fällen solle, belangt, ist hie- 
vor unser underthfui:,^ lath und {^iietbediinkeu anirezaigt, dass <lio ^'oist- 
licheii mit keinem waren schein darthuL'n mugen, dass die landlent den 
geistlichen gericht in Sachen, darumbcn das i^cistliche gericht zu richten 
hat iidt i lui' das gpistlicli gericht p^ehören, sovil wir orindert, keint-n ein- 
t^riff gethou huln-n, aher das soy wtd war, dass sich die geiätliclien under- 
uemen und undernomeii haben zu richteu iu Sachen, so für ir geistlich 
gericlit nit gehOrn und darüber sie nichts zo richten haben, wie man «iaiui 
wol anzezeigen weste; welches aber (naclidem sülon «laer die laadesfrei- 
heit und alt herkumeu ibt und xuvurdrist auch der kt,'l. M' zu abbruch der- 
selben 1. f. hochait und repntation raicht) nicht zu ^^eduldeü ist. Zu dem 
HO haben die geistlichen mit der landlout underthanon nichts zu gejtieten, 
noch dieselben, wann sie in uroistlichen rechten von jenumds zu zcu^ren be- 
nennt werden, für sio und ir treistliches gericht zu erfordern und zu exa- 
minirn. als wenig auch sie die geistlichen nit gcduMen. dass ain welt- 
liche ubrigkait ainen briester oder geistliche person. so dieselb vor ir zu 
nincm zeui^en benennt wirdet, för das weltlich gm'icht zu erfordern und 
zu exaniiniern hab, sonder dass soy landsgebreuchig nnd von alter her- 
komen, dass der geii^tlich richter ainem herru laudtshaubtuiaa und in 



317 



abweseo ainein hen'n landtsrerwes^r Bchnrib, dass sj dieselb penon araa 
oder mw examiniern nnd derMlben sag TanehloBMii dem gaiatlkbon 
riehter raaehiekaii. Herwider wetde es mit den gaisUicheo penonen 
auch glaidi also gehalten, wie dann von den geistlidieii nit mag «ider- 
spiochen werden. Dammben so Ifet sich der landsbianch und recht nit 
dringen und ist nichts anders darans zu enichien, aliatn dass die geist- 
liehen Uber der landlent nndertfaanen aneh gern herra» richter, gepieter 
nnd obere wftrn nnd genuiner landschaft ir lang heqsebTBcht recht nnd 
iandsgebraneh smellem wollten, ünd weiten danimben hierinnen nit 
gnet sein lassen, dass vj doch selbe thnen nnd inen for recht an sein 
halten. Also nnd gleichwie hievor Tennelt, gesteet man den geistlichen 
gar kainen gerichteawang oder eosserliche herrschnng nnd stiaif nber 
die weltlichen. Wol mngen die geistlichen in der predig mit dem gött- 
lichen wort aaf der canil alle laster stnlfen nnd die weltlichen an rech- 
tem gottUehen leben Tennonen, so aber ain weltlicher etwas Torpridit, so 
hat in niemandts an straffen dann der landtsfttrst nnd desselben nach- 
gesetite obrigkait. 

80 sei anch bewist, welchermassen ein landtsdiaft hierinnen be- 
freit sey. Also und gleicherweis haben wir Ton wegen execotion nnd toU- 
siehnng der urtl, so in geistlichen gericht geschehen und von derselben 
ezecntion wegen im S?** arttd meldung beschidit, ansaigt, nemblichen, 
wann sieh ein geistlicher richter etwas se richten und se urtlen nnder^ 
steet, in Sachen, die nit Ar das geistUcho gericht, sonder für die lands- 
obrigkait gehört, dass B.L. nnd die landlent darober ainicher ezecntion 
stat le thnen nit schuldig sein noch anch etat thoen knnen, dann es ist 
wider der B. 1^1. 1. f. hoduit nnd wider die offenbar landsfreiheit und 
des landts horfcomm. 

Zum andern so sey anch nit Ton alter herkommen, wann ein landt- 
mann oder desselben nnderthan vor dem geisttiehen geridit, in sacken 
so vor dem geistlichen gericht an rechtfertigen gepuren, beclagt wirdet, 
nnd nrtel wider in ergeet, dass der geistlich richter, die execution selbe 
g^en demselben landtmann oder aincs landtmanns nnderthan oder welt- 
lichen ze thnen hab, sondern der geistlich richter mness solchs, wie von 
alter herkomen, der weltlichen person obrigkait als ainem herrn lands- 
haubtinan oder landsverweser oder so es ain burgersman ist, ainem herrn 
vitzdom ziieschroibeii und begeni, dass durch sy die execution, ist anders 
das urtel erber, gerecht und pillich, beschehe. Gleichwol sey war, dass 
sich djp fireistlichen in becden obangezeigten fällfn der execution und Voll- 
ziehung über din weltlichen uucli mit aller ausslii'ssung der invocation 
brachii secuiun» understeen ujid die weltlichen mit irer geistlichen ceu- 



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318 



Sur boflohweren und pannen und mit lieehtln verwerfen, geen Rom vor- 
dern und dei^leiehen thuen wellen. Aber aiu gemaiu lamischaflft hat 
solches nit gedult und auch ainsniAls an kaiaer Maximilian hochl. ged. 
I. kgl.M^ anherrn mit bwchwerd« gebracht und sonderlich, dass sich 
aaob die geistlichen umb flachen, so für die landtsobrigkait und das laadB- 
reeht nnd nit das geistliche gericht gehorn, zu richten nndernommen 
haben. Weksbes dann anch durch I.kai8.M' stracks von stand an nnd 
mit ernst abgestellt worden ist. Und wir sein der undertb. lueTersicht, 
die kgi. werde E. genudne L. von solchem irem altberkommen nit 
dringen laeeen sondern dabei gn. bandhaben . . . 

Dann betreffeni den 98 articl, dm die weltUchen in den eeaaoben 
Terfcrftggemaebt» solche» ist von den getetlieben gani wunderlich so b9ren, 
dasB Bjf die geiitlichen» die weltUcfaen demuMen nnpillicb beeoholdigen, 
nnd nns nit erindem konen, daas eich einer oder mer ain wäre wiseent- 
liebe rechte ee an vertldingen nnderstanden habe. Aber daa aey wol war 
bewist nnd offenbar, was aigennntaiger und pOeer geriebtlicfaer bandlnng 
Bloh die geistlichen hierinnen gebramdiennndwaB nngereobte nrtl dar- 
innen oft gethan nnd etwas nmb gelt, so nit gottlich geweet, snegelassen, 
nnd des eebnicha anch nm tail etlicb aelbs mit der cUgeiin oder ani- 
worterin ye ae selten teilhaftig gemacht haben nnd erachten dises artids 
halben, wo awei mit verbeisenng der ee ans nnverstandt oder jugent hal- 
ben etwo verirrt wurden, dass ein guel nnd gfittlich wercb sey, daaa sy 
derhalben gnetlicb nnd nit mit der bertigkeit des rechtens sn dem, was 
erber recht pillicb nnd dem wert gottes gemtes iat, gewisen worden nnd 
wie wir erachten, E.E.L. weiter von den geistlichen solcher nnpillichen 
antastnng nit gem mer gewartende sein wurde. 

Dann was den 89 artid von der excommnnication belangt, achten 
wir, dass solche beschwor, wie anch vil andere mer in diaem libell ans der 
geistlichen eigennnts und pösen adfecten, damit sy wider die wettlichen 
entsundt, einkomen und ob es aber durch etlicb sonder pei-sonen irem 
aniaigen nach gehandlt worden, darnmb gleiehwol nit aller weltlichen 
beolagt und beschuldigt sein sollen, so wir doch unwidersprecblich, dass 
solches durch der geistlichen eigen scbnld nnd verdienst, denregen dass 
sie nicht nach Cristi bevelch ir ambt gefuert, sonder aigener begirde 
ander dem schein tres ambts nacbgangen, piliioh bescheben; dann ofTent- 
lieb und am tag, waa grosses muetwillens die geistlichen ain lange zeit 
mit excommnniciem, saerament raichen, peicbthören und der verstorbe- 
nen begrebnuBSen wider die weltlidien gefiebet und furgenommeu, also 



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819 



iua aj d«r sliiMlTOnCristo der kirchon gegeben aigena gemtte und ge- 
MenB Sil «iner weltUeben hemcSiQDg ja so tiner ijnmnei wa gebnuebett 
sicli imdemeiumeii, wie dann unwidenpredhUdi, dase sy umb gehMhnl« 
den, vmb veindsebafli oder wo inea lehent, opfer oder ander anfordnmg 
nit geraicht worden, ja auch andern lenten in geMlen ans allen leiobt* 
fertigen iinachen alle cristliche nebnng nnd gottesdieast in der kirchen 
gentzUch nnderlaaeen, die leot Ton der abaolntion und laeianient, dar- 
nach Ton erlieber beelaitang zn der erden auageaebioeaen, nnd in aamna 
wie ea 87 aelbat gelnii nnd verlangt, mit den afaiaBeln geknonbt nnd ge- 
jarmarkt haben, ala wir anoh erinnert, die geiatliohen aelbat ainer den 
andern Ton aeiner concnbtn wegen, deren ay bede tailhafttg worden, in 
pann gethan nnd docb der panner nnd verpant ragleieb mit einander in 
ainer gleichmlaaigen anndt on alle peaaerang dea lebena verbarrt, welebea 
docb gotea beyelcb nnd allem oidenlieben leben und weaen in der Urcben 
entgegen gestanden. Daraua erfolgt iat, daaa ay aieb aelba nnd iren aigen 
erdaditen pann mit iren ergerlichen bandinngen gesmiöbt nnd verspot 
haben ... * Daaa aber die geiatlidien . . . omb gelt, mnet nnd gab den 
poaen balaat&rrigen die aflnd erlaubt, nachgesshen, auch indnigent, ablaa 
und alle freybeit darüber verkanft, aber den bereuten nnd gotteaforebtigen, 
wo ay die peaaening Ire« lebena furgenomen nnd der abaolntion begert, 
nicht deetweniger, wann ea an der aatiafiiolion, wie aie es genennt, daa 
ist, an dem afiekel gefälet oder gemangelt, bat ea müaaen oaana reaerva- 
ina, ain nnTergeblidie anndt an dcaa tod baiaaen; darvon ainer nkfat m 
ahaolTiem, aondem deibalben excommnnidert worden. 

Aber daa iat auch menniglicb bewiast, mit was erger liebem un?er- 
schamten leben und wandl 8y, die geistlichen iren cristlichen herden Vor- 
gängen und auch noch heutiges tags dieselben on alle pesserung schwär- 
lich ergern und verletzen thuen, wie sy, der merer tail, tag und nacht in 
nnzncht, schwelgerei und auch andern eusserlichen groben suudou ua- 
verschambt b^raben ligen und darzu noch uugestiatlt ami wellen . . . 

Was den .'JO. articl. das.s sich die pfarror, die zetteln und anders 
auf der can/i l /u vi j künden, beschwei-en, betrifft, ist unser g'eli. beden- 
ken, daj^« auf der eanzl nicht anders fürgetra^'on werden solle, allain 
das* rain göttlich wort. N'nn abor sei bewist, wici sich die Lceistiicheri 
hifcriiiuen anf der canzel halten und vorkun«lfn, wie und wan man iüüu 
packhreu (sie) und zeheut und andres bringe, dits und jenes ausgericht 



• Folffofi rütniro HiK<'l<«t*'llr»n •» Das wird nncli wcitor MUgefUhrt imd 

da«8 dies V orgtili«i»u dam ariuen Bauersmann nÜMfäUt 



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820 



werden soll. Und so sy nun solches ffir unpillich achten« so sollen sie 
aoch solches bei inen anfenglich abstellen und underlassen, und durch sy 
die geistlichen vcrrer auf der canzl nichts andres als tliis rain und lautter 
wort Rottes verlcOndigt und den cristen getreulich furtragen werden. 
Wir 1 Unken darzue, dasB auch die pfan oi diepriester, darauf die pfarr 
gestifft ist und sy einnemen, jedeneit in eetaer ansall on al^ng halten 
und den gottsdienst verrichten sollen, nachdem die weltiiolien nit schul- 
dig sein, inen ir capiän und bene&oiaten iren pfarrlichen gotsdienst so 
sy ihnen mflessen und dammben sy anob die pfurliehen recht nnti und 
galten empfaiien, lu verrichten lassen. ' 

Dann von wegen des 81. 89. auch 88. articl, dass die geistlichen 
•der TerstUfteB gneter halber vor der weltlichen obrigkait erscheinen 
mflessen nnd so sy nit erscheinen tut contamsces erkennt werden, nnd 
wie sy pillicb ricfater in etlichen ftllent eeeacben, eelicher gebnrt» wnecher, 
glflb(d), sepnltnr, sehent, selgerU nnd anders sein sollen, ist unser 
underth. bedenken, dass damus lautter nnd dar verstanden werde, dass 
der geistlichen gemflet snm höchsten dabin stee nnd gegmndt sei, wtesy 
die kgi.H* in solchem fall omb Lkgl.H^ landtsfttrstliche obrigkait, auch 
die landschaft nmb ir freiheit recht und alter herkumen pringen mochten, 
dann einmal sei bewist nnd je und albeg, diewnl die erbhmd sein von 
alter herkumen, dass die geistlichen, erts- und bischoff, p&rrer, briester, 
prelaten, br4)bst, sechlent mit den gnetem, so in den erblanden liegen, 
umb alles das, was gmndt, pöden, sehent, brieff und sigill, schulden, 
kanffrecht und wie durch sy mit den nnderthanen und panem gehandit 
wirdet und was solchem allem anhängig ist, in offnen landtsr echten und 
verhorshandlungen, so durch der kgl.H^ nachgesetarte landtsobrigkait in 
einem jeden erbland gehalten werden, zu recht und verhör steen und da- 
selbst nrtl und recht, abscbid nnd erkanntnus genommen, nnd was jeder- 
xeit erkennt und genrtlt, wie ander im landt angenommen haben, auch 
lang seit her also gegen inen (des von inen, den geistlichen, nie kain be- 
schwir flirgewendt) gebraucht nnd gehandit worden ist, dann wie knndte 
oder mochte den landlenten nnd tuvordriat auch der kgl.lt^ leidlich sein 
und gednlt wei-den, dass die geistlichen mit den guetem, so in den erb- 
landen ligen, und allem dem, was denselben anhengig ist, aus irer I. f. 
obrigkait abgesondert und derselben nit mit gehorsam in allen derglei- 
chen obgemelten Sachen sn fridUchen und unfcidlicfaen leiten steuern 



■ "En 8cheint hier ein Satztheil zn fehlen. Im Folgenden sind ^nige 
Zeilen aosgostrichen, aber das AiugMtricliene enthUt das Fehlende nicht. 



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321 



hiifen und lütan andern anderUiftnig und uoderworffen sein eoUen, und 
hat die geb. landschafft die kgl.H* hierinnen nneenn erindern nach 
on das berichten wollen, weldiemassen sieb die berrn eitsbiseboif au 
Salsbnrg aacb bievr^r etlicbmal zuwider gemaines landts Steter freibelt 
nnd altberknmen exempt macben und vor offnen landtsrecbten im landt 
Steter recht nit gedulden wollen, das aber au kainer leit statt gebaben 
mngen. Und ist fkst frembd, daas der jetzig regieninde berr und ertz- 
biscbove zu Salzburg berzog Emst mit solchem begem zuwider dem ver- 
trag, so S.F. 6. der vorig ertzhiscbof Hattheus sei. ged. für sieb Und all 
sein nacbkumen am ertsstifft mit E.E.L. in Steier eingangen ist» ffir- 
khnmen und publideren und damit solchs Yerti-ags ausgeen (?) welle, 
nmb so vil weniger iuen iree begern statt getban weiden kan. 

Der 34 ;u ticl halben, als goll^n j^eschickt tauglich ordciispersim 
mit giiet^n woitcn aus di'ii closttirn licMtxlt und zu weltliche» gi*- 
schäfTtti'n g'C'bram:!!! wd-ilen, kutiiieii wir uns nit ('iiii<l<'ni, dass disfalls 
j»'iiiauds ainiche beöchwär gehabt, «ierhalbou wir des uniiilln-h bescliuMiirt 
wt'idt-n. Wann abor ain g-aistliclier derhaliKMi widci' aiueii wtdtliclieii 
^f'liwür hat, dai<s ♦^•r ine diTbalbon vur sidiicr ordt-iilichfii obri^kait wie 
Ii ircl-urt boclairen inugo: dass auch der trfschicktou und wares gott- 
liclicu wuitis gelerti'U ordt'uslfut unsors achtens ;iuch nit vast vill ^(»fun- 
den werden, abor da.«« ist iiut» und menniglich wnl ht-wis-t, dass vill inunich 
und closterfrauen für hich sei bs. aus den ( histci n getretten sein, vilhicht 
dass sy tfemeint, dass munich und clo8terfranen orden vnn gott nicht anf- 
gesetzt oder villeicbt .so vil guet*; göttlich» leben in den Clustern nit ge- 
sehen oder getriben oder vil leicht dass sy selbst aus sigeu gewissen zu 
irem auspotten (sie) ursach gewiaueu. 

Dann sovil den 86 articl belangt, dass die weltlichen in dArfern 
und wirtshensern zu verpottaer z«t tänts halten lassen sollen, ist unser 
bedenken, dass die geistlichen aber die herm und landleut so purkfrid 
und landgericbt und gepiet inne baben und verwalten, gar nichts zu ge- 
pieten oder damit mass zu geben baben, sondern allain der landsftirst; 
und sei wol war, dass je zn zelten auf den t&ntzen unzucbt beschehen 
nnd die geistlichen auch selbst unzucbt daaauf getriben, mit getanzt und 
mit g^runken nnd rumor dazu ange&ngen haben. Aber die welUicheu, 
die landgericbt purkfrid und gepiet baben, die haben den weltlichen nmb 
ir Unzucht albeg ätiaff aufgelegt, und berwider so sey nie gesehen, dass 
die geistlichen munich und priester von ieren obrem darumbs gestrafft 
Ankir. Lxixv. Bd. I. muu. st 



323 



weron worden, deoen es doch fill pillicher enai^ und beechehen soll als 
den weltlichen. 

Dann betroflfond den 3t). 37, 3b. 3«J. 40. imd 41. articl, dass dio 
weltlichen die geistlichen vor der geistlichen obrigkait beclagen .sollen 
und wie man von den geistlichen urfeclid uii i verschroibung nome und 
wie luua sie in i,'- liaini straffen soll und /u scharff der verprechung ganz 
ungeniüs^^ suati uud wie man well, dass von dem geistlichen richter fflr 
den weltlichen appelliert werden solle, item wie man in personlichen 
sprfichen die geistlichen für die Wflllirlifii ciUi'iL mal /m erscheinen und 
abpitteu lu thain (sie) bedräng uud uuib gelt straff und mit stren^rer frag 
gegen inen verfar, und mau in iere gueter. so si\' lli<di»'ii und \\i'ich»>u, 
greiff, erhultung nit lu-xall, den ausgantr' n mandat. ii ;ui. h nit gelebt 
werde und der a-eistlichen gueter beschraib und invi iiiit i, der geistlichen 
IH'tM-Jmdt abnii.ss, iere testament auch nit han iluib, und daas .solcher 
Sachen halben vill personen nit biiosier werden wellen, erachten wir, 
dass sirli m Ii h ai tifl, inm!is«<»n wie die von inen den geistlichen ange- 
zogen weiden uit belinden w irden, und ist hieoben von uns geuuegsam 
gehört. Was K. 1». freiheit und recht und altherkomen s» y. lalx i wirdet 
E. T< unsers tuachtens nach zu bleiben urf ienken, dann » inniiil ist ein 
jeder gei.stlii'her umb anligund and varund i4net, so er im land bat und 
was demPidlMMi anlieni,') und anhengig ist, vor di'S hmdtfnrst^n weUlicbfn 
ge^<'t7.t«Mi -duio-i^jijt im landt in dag und aniwui t r<'i;ht /u geben und zu 
gedulden scIiuldiL'. und nrniblich in landtsrecliten iimb sachen. so dar- 
innen 7.\\ rorhtffi tiLr''n und in verhör auch nint» sachen. >n daselbs zu 
handien und im kelU'rgericht, auch pergrecht uud huebanibt, auch glei- 
cherweis uuib Sachen, so dnselbs zu handien sein, wie (lann .'^olcbs alles 
sein oidnuinr, mass. altherkumen, freiheit auch von aint-ui jeden lu-ren 
und landtiürsten, wie von alter löblich herkumeu, coufirmiert uud bestat 
worden ist. 

Was dann weiter den 43, avch 48, 44, 46, 46, 47, 48, 49, 60, 
61, 62 nnd 68 articl, wie man gross und ciain xehent nit recht raidit, 
auch von nenprachen tero tn Zeiten nit gibt, nnd wie sich die vogten mit 
der geistlichen nndeiidianen nnd holden an handien und in die stiften sn 
erfodem nndersteen und wie die Terstifften guetei* nit an weltlichen ge- 
brauch bei grosser straff exemplo Ananie verwendt noch auch camergneter 
genennt werden sollen nnd wie die opfer bei den pfiuren in gnetem ge- 
bmnch gewest, aber mt abkumen sein sollen, das man (nmb) seelgerfit 
nnd umb besingnng der abgestorben nit gelt ausgeb, noch au kirchen wie 
vor TorschalT und vmcbaflTen las» nnd die gsellbriester bei den pfarren 



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32S 



nit ¥aniar(?) pUiben noefa samblen Iasb, und sich die edlen im gefftUens 
begnben lassen, belangt: 

biemnf ist unser geb. bedenlEtn, dass es der lebent balben nnd mit 
raicbnng derselben vill nndersebid in den lannden bat, nnd manigerlay 
sf beut sein, nnd damit an ainem ort diser nnd einem andern ort jener 
gebiaudi ist Und wie es an ainem jeden ort der gebraneh und ?on alter 
berknmen ist, also ist man denselben ainem jeden, dan derselb sehent 
inegehorig, er sei geisttteh oder weltlicb, lu geben und derselb aneb sn 
nemen sebnldig, wo aber das nit besebiebt nnd der Sebent nit recht . . . 
gegeben wirdet, so ist der offenbar landsgebraaeb am tag, also dass ein 
jeder sebentberr, er sei geistlieh oder weltlieb, pfendten mag. Ist er aber 
der pfiuidtnng xn schwach, so mag er sich das vor dem landtsrediten odw 
der landtsobrigkait, nadidem daselbs alles, was gmnd und podeniebent 
belangt nnd was solchem allem anhengt, ron allennennigHch . . . gerecht- 
fertigen. Brflndt sich dann solche, so wird darauf erkennt, was sich ge« 
bnrt nnd recht, und geschieht dem behiidigten allenthalben gepnrliehes 
bennegen nnd abwag. Dammben wo ein geistlicher hierinnen von irgend 
jemands beswert wurde, so mag er solchen offenbar bewisslicben nnd un- 
widerq»redilichen landq^braucb nach mit pfandtung oder dag Terfarn, 
und sich des gebranefaen, wie von alter, dieweil die land gestanden, ge- 
west und hsrkumen ist. Und wurdet in solchem der geistlichen aaprin- 
gen kain pillicbe beswar, sonder allain ain offner geitx, also dass sy aus 
allen wachsenden fruchten des erdrichs den sebenten tail haben wolten 
nnd die sehent auch gern all betten, befanden, so doch die zehent als ob- 
gemelt in den landen, dieweil dieselben steon, vast nnderschidlich nnd 
menigerlaj gebrauche gebung nnd nemung sein und also vil hundert iar 
gewest und hsrkumen ist. Und wirdet xu dem auch der mainong gar 
kaine haben, dass inen die sehent, so die weltlichen innehaben, darsne ge- 
geben werden und roesteen sollen. 

Item, dass man inen auch leres gefallene mit denen opfern danue 
?erpnnden und seelgei'ftt und gelt umb erlangung des himmdreichs der 
abgestorbenen geben, auch an den Itirchen vill gelt und guet schaffen, 
und dass man sy noch danue hea gofallens samblen, auch lassen, und 
die edlen, wie es in gefiel, begraben werden sollen, xu solchem allem dann 
kein weltlicher mit nicbte Ten»nnden, und danue dem abgestorbenen das 
lummelreicb mit gelt nit su kaufen ist, sondern in aines jeden weltlichen 
gueten willen und gefalhm steet, ob er opfoi'n und ainem Teratorbenen 
hinnach etwas thuen will. 

Sovil den 54 artikel betrifft, ist unser bedenken, dass E.E.L. der 
Stenern halben gefreit sey und dass die erti- noch andere biscboifen noch 

21» 



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3S4 



gwstlieheii sof die l«nt, stack, galt und goeter, so im landt Steier Ilgen 
und inen raegehörig sein, far sich selbs gar kain Steuer snziislahen 
beten, dass aocli der nnderthan von inen darinnen mit niebte lielestigt 
sein solle; wann aber E.L. der kf^,W ain stener in den landtageo be- 
willigt, mag ein jeder geistlicher von seinen nnderthanen dieselb, wie der 
anslag Toa E. gemainen L. auf ain pfandt gelte beschiebt, einnemmen 
und E.L. besallenr und dass er auch auf die nnderthanen nichts merers 
anslahen noch einnemen soll, allain wie es von E.L. beslossen ist; und 
wo aber das jemandt er sei geistlich oder weltlich, darüber thuet, dass er 
damber wie aader in E,L. sti-alF sei nnd dass sich demnach B.E.L. an 
solcher irer Ordnung die geistlichen nichts ierren noch hindern mngen 
lassen, sondern daran vestiglich besteen nnd verharren. 

Was verner in dem 56 arUld angexogen wird von wegen der raiss- 
wagen, stener nnd anders, so aulf die geistlichen on vorwissen der ordi- 
naij gelegt wirdet, ist derhalben unser bedenlien hie oben vernomen 
worden nnd pleibt auch pillich noch darbei. 

Des 56 artiU halben, dass die geistlichen die steuern beiallen 
mfiessen, ist unser bedenken, dass es in disem fall mit inen wie mit an- 
dern gehalten ist worden nnd auch noch pillich gehalten werde. Yei"- 
maint'dann ain geistlicher, im werde angeslagen und er hab nit gult, 
oder ain vogt habe aines oder mer nit fueg, mag er derhiüben sein not- 
tarflft an die hindsobrigkait pringen, dann auch albeg da^jenig, so ]»llich 
ist, beschicht erkennt nnd veralwchtdet wirdet. 

Von wegen des 57 artikds, dass die geistlichen tats, mautt, zoll 
und anfsleg su geben nit schuldig sein sollen, auf disen artikel achten 
wir, dass von den geistlichen kain billiche beschwfir kan fUrgebracht 
werden, dann sy sein mit den mauten nnd anfingen in aller massen, wie 
die herm landlent befridet und sich derselben bisher beti-sgen und he- 
holfen haben. Darbei ploibn sie nochmals und hierinnen inen kain pillich 
beschwBr forbiingen werden mögen. 

Dann von wegen des 58 artikels, dsas die geistlichen den welt> 
liehen auch roboten und scharwerken sollen, und iee in zeiten verschrei- 
ben, dass sy in gehorsam sein wellen, derhalben ist unser bedenken, dass 
diser artikel seiner erlentemng bedarf, in was Sachen das were nnd be- 
schftche. Dttnn es mOgen Sachen sein, als wann die geistlichen gmnt 
nnd p5den, darüber ain weltlicher herr ist, sins und Steuer und robott 



S85 



ainenemen and su rordern hat, an sioh kanffrachtsweis erkaaff, oder üo 
ain weltlicfaer etwaa mit vorbehält diiior oder jener Torstiffl, und der- 
gleichen betreffen, daee es recht und pillioh ist and wer swer, dase ein 
geistlicher umb dese willen, dess er ain gustlicher ist oder wirt aioem 
weltlichen damit sein recht, gewonhait» sins, dienst, Steuer und robott 
abstricken und binnemen soll 

Dos 51» aitikel halben dass die gcistliclifii wein vom zaphen au8- 
umi .^t lioiikuu woMton. ist die landbfreilicit uffoiibar. ila.ss inen 8ol- 
chtJö vyipoteii ist. Darbfi Idcibt pillich, und ob aber diesoib landt»- 
freiheit nimmer wiir, so ist iuea, den t'eistliolien m vorhüetung alleiiey 
ergornnss inhalt irei' öeibs» decret und wie es in den provinrial statuta 
b.->j:ritTeii, verboten; dann was sicli durch sulcheu der priestfr woin- 
stheiiken fnr br»ss leichtfertig uuil auch widerwärtig handluni::. schandt, 
spott und ubi» zuegetrageu und noch zuetregt, dass ist offenbar und 
am tag. 

Sovil den 60 and 61 artikel betrifft, neniblichen dass der steuern 
und anderer ansleg und raichung von den weltlichen unbenötigt Bein, 
auoh iiM-e wein zu schenken gestat und inen visch, fleisch, smal/. feder 
und ander wiidprett zuegetragen werden soll, ist hievor unser bedenken 
Ternomen worden. Was aber das zutragen der visch, fleisch, smaiz und 
prott hclang-t. ist ain alt herkumen im land des furkauffs halben; so der 
auf verkaufl'en und wider verkauffen beechicht, niemands richter ist allain 
der landtf&rst und sein nachgesetzte weltlich obrigkeit im landt. Itcin, so 
ist im land von alter herkumen, dass dass^jetiige, so ainer zu verkauffen 
bat. seinem berrn für ander pillich verkanfft, inmassen sich dann solche 
geistlichen mer als zu vil gebrauchen, auch one das zu den stifften und 
cKhstern wiltpann und vischwasser und visoherei in fliessenden und still- 
steenden wasser nur gar zu vil verstifft und nicht anderes damit dann 
pauclifall geOebt wirdet, welches den geistlichen hoch verpoten und allain 
die leibliche underhaltung zu aufenthaltung des leibs und sustentation 
der natur, die in wenigen contentiert ist, suelest nach Ordnung des de- 
crets Can. eccl. Principes . . . 

Wae dann den 6t und 68 artikel, dass die landleut su inen den 
geistlichen aufreiten sollen, betrifft, ist unser bedenken, dass sollicbs ain 
nnnotturfftige beschw&r sei, und uns danunben nichts bewist, auch der- 
wegen aiuiche beswär in disem land nit fBrkomen ist. 



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826 



Dann des 64 aHikl halben, dasg mit geistlichen gnetern nit wo] 
gebanst und bei den vogten und landrichtern der gowalt sein will und 
der Ordinarius wenig gelten und der sluul >Q den Bechscbrein den pikri^ 
herra nit will gelassen werden und wie man, so man nuBt, grosse zening 
thue, und wie die Verrichtung der stifften nit bezalt werden und burkhea 
auf den verstifften gueteru machen und den weltUclien gnetsr für die 
geistlichen vorlassen, ist hie oben unser bedenken Teraomen worden, und 
ist nun gleichfalls solche beswär unbewisst, dann denselben bisher in 
disem land TermOg der kgl. ausgangen geueral allerdings gehalten und 
nscbgangen worden ; wo aber jemand derwegen aine pilliche beschwär 
se haben vemiaint, dass solches an die landsobngkait, darinnen ab- 
schaffung und einsehung ze thuen gebracht und dagt werden muge. 

Des 65 artikl halben dass pfleger und ambtleut am suntag und 
feiertAgen in den pforrhofen suppen, essen und trinken, und solchs ge- 
mainiglich under der predig tbuen» ist unser bedenken, dass sich solche 
allermassen wie oben vermelt auch nit befinden wirdet und auch dess- 
wegen der pfleger und ambleut, herren und.ordenlichen obrigkaitgar 
nichts dagt worden . . , 

Dann belangend den 66 artikel, dass der geistlichen nnderthanen 
halben, so widertauffer sein, durch die weltlichen richter und landrichter 
straff beschech, derhalben hievor kun beschwar furkumen sei. Wo aber 
ein pfaner beswart zu sein vermaint, mag er aines jeden ordenlichen 
obrigkait, wie von alter faerkumen, crsuechen, alsdann auch albeg darüber 
allermassen wie obgehört, was sich gehurt gehandlt wirdet. 

So yil dann verrer den 67 und 68 artikel betiifft, dass die welt- 
lichen die stifft, wann der gestifft gotsdienst nit verricht wirdet, ein- 
siehen . . .* wie vill beswer mit den vacierenden pfarren und pfinindten 
furfallen sollen, ist unser bedenken, dass solches ja nicht allain pilHch, 
Bondei' dass die briester und pfaffen, die nicht gottlichs lebens noch 
wandls sein, noch rechten gotlichen gotsdienst und cristenlicben studio 
obligen, gar davon entsetat werden. Wo aber ain geistlicher vermainet, 
dass ime darinnen unrecht beschech, mag er des weltlichen ordenlichen 
obrigkait dagen wie von alter herkumen und die landsflreiheit ausweist. 
Darüber auch albeg das was billich ist, erkennt wirdet. So hie oben ge- 
hört und vemomen, dass die geistlichen die weltlichen lehenshetm und 



• Eid Stack Text ist dacoh Abbrflokeltiiig das Papiers atugefkHen. 



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827 



patronon, desgleichen aaeh Togteii, gur nichts zu bcKchwärn noch su bo- 
trueben haben. Das allos wir der kgl. M' auf der geisUichen beschwä- 
rungen m underthejugiiiteii gehorflam rath und gnetbedunkensweis nit 
vorhalten wellen. (Datum Grata den 6 Septembria anno im 49**".)* 

V. 

Antwort der Kamtnmr ,aiif der OeittUohen Beiehw&r-ArtikeK 
(Cod. PaL Tindob. 11804 foL 17—3«.) 

1. Als die geietlichen fiirgeben, dass menge! in der religioneachen 
einfallen und fnrnemblich wie die prediger on furstendung und ezami- 
nation durch weltlich obrigkeit und zuweilen wider der bischoff verpot 
eingesetzt werden, ist unwissend, dass es solchermassen im landt Karndten 
beschehen war, Till weniger sind die apostaten offen and haimblich unde^ 
halten, geschützt oder gescheiinbt, auch gar in kainer erfarung, dass die 
geweihten stftti und kirehhoff zu offen iarmättten ye an einem ort ge- 
macht werden. Derbalben der geistlichen beschwfirden diser angeruerten 
Sachen ganz an grund gestellt ist. 

S. Weiter als sollten die hansherrn ire hausfrauen, kinder und 
diensiboten an suntagen nit gen kircben lassen geen sondern inen an> 
baimbe Luirische und andre verpotne leer selbe flirlesen, das ist ain weite 
beschnldigung, und unwissend welcher haiisratter den kirchgang weert, 
terhoffentlich aber» dass es von den gnaden gottes in disem land KSrnd- 
ten so christenlieh grehalten wird, dass menniglich manns- und Weibs- 
personen nicht allein die sonntsg sondern ander und tü mer vest als die 
kircben selbst anfsetzt, den gottesdienst besuechen. 

Ist auch nicht unpilllch, sondern von gott bei htehster Verant- 
wortung aufgesetzt, dass ein jeder hausvater sein hausgesindt, welches 
ans eehafb oder andern obligundt geschftfft dise predig und gottesdienst 
an einem hl. sonnt^ oder andern vest nit besuechen mugen oder wo an 
einem fest kein predig gewest, das hl. evangelium fbrlesen, und desselben, 
so TÜ gott goad gibt, underweisen mag. Die hansherrn sind auch » . . ir 
liansgeeindt in gottesfureht zu halten und zu seiner eer zu befnrdern und 
lernen schuldig, dann man sieht, wie die gewaltige band gottes offtmals 
80 erschrecklich ftber die haasvftter, auch ir weih kind und hausgesindt, 
wo gottlos im haus gelebt wirdet, kumbt; hinwider wo das wort gottes 



• Dn Datiun i«t uflgeatrieheii. 



888 



ileissig gelcrnet, der haiisTattor mit allem bailflgesilldt geso^net wird. 
Daraus orvtilgt dio waro Weh und ci-k:inntnuMH goit«8, darauo die IIb des 
negsten, und erlernt sich dius hHii8g<>8ii)dt und der gemaln man, wie die 
obrigkait, so von gott verordent hoch geacht geliebt nnd geert werden . . . 

Von dem hocliwierdigen sacrament dos altars. 

Als sich die geistlichen beschwaren, dass etÜich vonnes»en und 
eigensinnig layon das hochwierdig sacrament anter swi^iorlei gestalt ne- 
m«n, auch nit swier peichteUt sondern etwo kanm 7m..\ »der dreu wort 
sagen und darüber absolution bcgcrn sollen, ist auch unwissende peschul- 
digung: aber wie dem allen so ist man der ungezweifelten zue versiebt, 
die geistlichen werden sich ans dem hl. evangelion nochmals erindern und 
bei inen schllesssn, dass gottes bevelch mer dann der uugcpurlichon 
menschlichen gesatx zu gehorsamen ist, damit sy diser irer annotturfrtig*>u 
beschwarung künftig entladen sein oiugcu. 

Belangend vogt- und lehensherrn. 

Dass din vogt oder hdicnshcn n die geistlichen nit proycnliern, tiou- 
dern undtcrdruckcii und dass liif vnc;ititia vt>n den weltliclicii seihst usur- 
pirrt 'iilfr langsam iirasoiitirt, dass sich auc h ctlicli iin.li i^tocii ins jiatn»- 
natus, die es nit haben niiil die hriestor zu irer possess vun den atnbt- 
loutr ii hf>ch beschwärt, dass auch vill seltsamer pacta durch die patrouus 
mit gebung der rcvers gehandelt worden sollen, srdrhes nlles, so fcrr os 
donnassen beschäch, dass aber gar nicht wissundi. waie nit pillich noch 
recht, dann menniglich, so ins patronatiis hnt. soll dahin genaigt sein und 
handien, dass die vacantia mit dem ehisten durch tang-en liehe geschickton 
frumen erbarn und gclerten briestern ou ainich vorbehaltung oder pactii 
furgesehen wurden mit furstondung persondlicher pmesentation und vol- 
gundts on beschwarlichkait zu der pussess khumen mugeu, nnd ist auch 
nit wissundt, dass es anderer mainung gehandelt. Wo es aber je bescho- 
hen und an die I. f. obrigkait gelangt wäre, ist gar nicht anders zu ver- 
niueten oder es sey darinnen einsehung und gepurlich handluug ervolgt. 
Derhalbea abermals der geistlichen beschwarungen in disem fall uubillicb 
beschicht. 

Von eindringunir dur iM-nefici*' n, s«, durrh die weltlichen in 
den babstlicbcu muuaten pescbeheu sollen. 

Die weltlicheUt so beneficia an verleihen, haben pisher, wenn es an 

4 

filUen kumen der p&pstlichen monat halb, nie irrung oder Verhinderung 



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iS9 

gebabt. Es werden auch dieselben rnonsi auf die weltlich pilHcli nicht 
gerechnet oder verstandenf und lf»t beschwarlich zn rernemen, da«i die 
biücboTe die weltlichen in Kärnten unverschuldt angeben, als sOlten sy 
sich in solcher eindringung dennassen, dass die geistlichen iros leibs und 
lebens nit sicher sein sollen, halten, weil es ?or nie dann erst yetaund 
von den bischoven erhört worden ist, nnd thuen damit gemslten welt- 
lichen in Khimdten offonlichen unrecht und sollen sich als geistlich 
fursten pillich vor dergleichen ungeuebten beschnldigung enthalten nnd 
warhaften gmndt der Sachen pass erwegen. 

Gleichermassen wirdet auch nit gestanden, dass die weltlichen in 
Kbirndten ire beneficia, wie die biscbove ansaigen, uogelerten jungen 
koaben, die nit willens sein, priester an werden oder sunst untanglich, 
darumbeu i^j auch lang dienen uiiiessten, verleihen; daraus grosser abfall 
und versanmbnnss ervulgen solle. Derhalben aoch dise ira furgeben un» 
gciiiirlieh enolget sein.| 

Von orwellung der prulaien. 

Dass die weltlichen an etlichen orten die besetsuog der prelaturen 
nahendt swar in die handt gesogen, auch etwo ein seit durch weltlich 
pflegor regieren nnd wollen anch oft Ordnung der election geben, in disen 
beschuldigungen thuen sy E.L. in Khärndten gans unrecht, dann der- 
niassen im hmdt nie gehandelt worden, und hetten sich die geistlichen 
solchen nngmndts pilltch enthalten sollen. Was aber der B. kgl. . . . 
lohenscbaftin pisstomben, prebtiura oder andern bene&cien sein, werden 
I.H^ von den geistlichen khain Ordnung leiden mugen, sondern LH* 
wissen . . . selbs cristenlich au handien. 

Von der Visitation der briester und clöster. 

Dass sich die weltiicben in deren geistlichen Visitationen nndter- 
mnBchen und autorisieren sollen, item dass die vacierten closter von den 
weltlichen ausgebeten und dnreb der fursten inventnr ausser der ordinurj 
turgennmen nnd mit pferden und andeno ziiereitten nberflussig poladen 
und die election Torlegt worden, solche bcschwärden werden denen im 
land Kärndten auch nicht mit grnnd poigelegt, denn niemandt hat sich 
dem gleich zu handlon undterstaniien. damit nnbegeben derR. kgl. . . . 
gere^-hti^kaiten, die bei den clostt-rn unverliindert der geistlichen wol 
<)rdijiiii>^ und weg furnenien mugen. wie I. das zu thuen gelogen nnd 
pii>sher in unwidersprochlichem geprauch gewest ist. 



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d80 



Geiätlicbe guutter nicht zu vorkümmürn. 

HieriDnen worden die B.kgl.M* in Terftndenrng der geistlichen 
guetter, was in Yerkanfong des vierten thails und m«r anderweg mit an- 
lehen gebandlet worden sein solle, angeruert. Hieranf ist man ange- 
zweifelt, die B.]qrl.M* wissen ftirsewenden, dass LkglM* ... an Torhin- 
demng oder nngeirrt der geistliehen, weil sy dam nichts geben oder ge- 
stifftf mit handlung wol fnrgeen mugen. Dass aber den geistlichen 
in die gelegensten guetter gegriffen sein solle» wo das pesebehen, ist es* 
der kgl. oder derselben conuniseari sondern dor geistlichen selbs 
scbnld, dann man hat von ir etlieben die nrbari, damit iren ditslalls ver- 
schont werden. Derhalben dann die kgl.M^ sonder berelch nnd oixinang 
geben, über merbeschehen ervordemng nicht bekumen mugen; dardurch 
suweillen gleichwoU ans irer der geistlichen selbs widersataigbait dlse ir 
beschichten errolgt sein mochten. 

I>as8 etiich von adl die gewidembten guetor der kirchen eingeben 
nnd ainen pfarrer davon, was sy wellen, geben sollen, ist nitbewist, dass 
solches im huidt Kbimdten peschehen sei. Wer aber hierinnen po- 
schwärt wftre, dem steet pevor, dass er sich des an gepurlichen orten be- 
clagen mag. 

Dass von »Ion /ochmaisteni lelion bogert und wo «las ht pc- 
willipt, soll ü8 in ileii stenorii aller geminion weidi ii, hiuiiu ist E. L. in 
Khänitcn uupillich l>escliuMiirt. dass sie yo ieiiuui.i in einnoinung der 
steuern uugepurlichcrweis Miwn für .ii ii aiitleni |M srhwart, sondern jeder- 
zeit gleichhoit Brehalton haben, uiiJ s illtm die geiöllichen in iren schreibua 
pas pedacht sein, auf ilass »y erniul und aigenscbafTt anzaiü'ten . . . 

Dass sich die pfarrer undorKtceu sollen, verslilite gucttt i zu vci - 
kaufen, darumben sey den landtleuten niobt wissend, wfire auch nit recht; 
wo aber solches pescbeben und dass y»nnand pe.scbwärdt wäre, dorn f^tiM-t 
pevor, dass or die Inhaber solcher guetter vor dem landtsrocbtön alda 
»ichgriindt und pöden zu recbtvertigen gepurn, peclagen mag. 

Und wirdot in gmain nicht gestanden, dass der geistlidien citution 
bey den layeu veracbt, auch die kundt^cbaften und zeugnuss, wo <ly auf 
sy gewendt, durch die obrigkaiten unpilUclierwois verputon, derhalben sy 
die layen von den geistlichen su sengen abgeweudt wurden. Und mögen 
die geistlichen die personen, so solches nnd warumben oder wie es ge- 
handltv anzaigen. 



■ Eigiata: nicbt. 



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BSl 

Es solleii aoch die gttutiiah«ii pilliehnDdponenneiitlicih halWB fOr* 
prachl, von welchen weltliehen obrigkuten im landt die execution irer 
urtl anch pnblicierang, so die auf die laien reehtlieh gelangt, anf ir an- 
aueohen nicht gefolgt waren, damit deneelben nmb beriebt oder Verant- 
wortung machte mugeeprochen werden; welches sie aber onderlassen, 
derbalboB man disen pnnoten» dass es dermassen besehehen sei, kain 
wissen hat. 

Weiter wirdet aacb in gmain nicht gestanden» dass nadi eigaog- 
ner urtl dos eeetandts ainieh vertrag Bolchen nrtaillen luwider durch die 
weltlichen anljBeiicht waren, ob sich aber das sonder personen nnder- 
standen, sollen dioselben sa der Verantwortung pUUcfa angeielgt werden. 

Als die geistlichen fnrgeben, es werde von den weltlichen in den 
Statuten der canonen verpot der hirchen, in den paan, anch in der com» 
mnnidemng und mit der begrebnus nicht gehorsam gelebt «nd so die 
fluchtigen an die geweichten ort unterkamen, wurden dieoelbigen durch 
die weltlichen mit gwalt darab genumen: wiewol dergleichen ungehor- 
sam, das die im landt Khirndten peschehen sem sollen, unpewisst, so 
sollen sich abei' die geistlichen pei innen selbe erinnein, und Iren gewalt 
oder bevdch in der cristenlichen kirchen nicht weiter gebrauchen, dann 
wie der von gott geordent und geboten, wo ay den aber auf ander mittl 
nnd weg lenden und üben, haben ty aber weiter an bedenken, wie schwer- 
lich dannit wider gott gehandlt und gesundiget ist, wo sy aber den paan 
und andern gwalt dem wort gottes gemäss geprauchen, ist man schuldig, 
demselben pillich tu geloben und lu gehorsamen. 

Also ist auch unwissend, dass etwo in vill langen iaren ja jemand 
flichtiger ab dem geweichten enlti'eieh geweliig genumen worden, aber 
wie dem allen, so sollen die geistlichen für ander wol wissen, dass die 
geweichten stett und kirchen nicht sn aufenthaltung und schuts der ubi- 
thaten, mei'derei, rauberei, dieberei und ander misshandlung der posen 
menschen geordent, sondern vil mer dass man den enden Sachen, die gott 
gefellig, flben solle, so dann der weltlichen obrigkait das ubl au straffbn 
und aussnreutten, xnesteet und geherig ist, werden die geisüicben im faal 
so es sich luetregt, piilicherweis unbeschwärt sein, dass nach derogleichen 
mal^sig und ander muetwillig personnen su befurderung und Sicherung 
der fmmen, doch on ir der geistlichen schaden und nachtail, so ferr sy 
sich hierinnen kaines gewaltigen widersetzens oder in ander weg unpe- 
Ihegt irrungse thuen understeen, nach gelegenhait und gestalt der sadien 
anf oder in die geweichten orter durch die weltlichen gegriffen wirdet 

Dass allerluj profaasachen mandat und sedtl auf den caniln ver- 
kundt wurden, ervordei't der R.kgl.][* . . . auch E.L. unvermeidenliohe 



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383 



noUurffk, dieweil die Sachen, so menniglich im laod berorn» w ?it malen 
in auslegen, steuern und tandisordnungen, wie man auch den Türken in 
eilender furfallender nott xu gegonwer durch glockenstreich, creudtochnss 
«isammenkumen solle und dergleichen mer, so gemaines lands not und 
anligen pelangen, dass solohes an den feiertagen an den caniln meoig- 
lichen, des ain wissen sq empikhen, rerkhundt und angezeigt werde, 
das ist die B. kgl. und E. L. jederzeit in fihung und geprauch gewest 
und noch; werden auch anangesehen der geistlichen nnnottui'fftigen be- 
schwär, der sy sich ditsfalls pillich enthalten nnd iren unpefuegten an- 
gemassten gewalt nicht so hoch spanen sollen, hinfsr davon nicht steen, 
die geistlichen mOchten inen wol ander geschafft» die zu dem waren pre- 
digamt und der seel seligkait raicfaen, darumben sy goti dem herrn zu 
jener zeit sonder rechenschafit thuen, obligen lassen. 

Was aber die votpehalten sflndt pelaugt als mnessten dieselben 
durch die priester auf anlangen der ambüeut pei dronng absolviert, wo 
nit, so werden den capellanen verpoten, dass sy den pCurherm den kir- 
chendienst nicht verrichten helfen sollen. Die geistlichen wissen, 'wie 
es in Torpehait der Banden gestalt und was derhalben von Cristo dem 
herm gesetzt und gepotten ist; demselben sy pillich nachkumen und 
hiebt iren erdichten gesatzen obligen. Zn dem ist unpewisst, dass sich 
dergleichen handtnng in disem landt zuetragen betten. Das mochte wol 
pefunden werden, dass man je zuweilen an orten die cappellan darumben 
ersuecht, sy sollen den pfarrherrn die kirchendienst an den grossen festen 
helffen verrichten. Aber man kann es bei inen nit erlangen, und erscheint 
gegen dei' geistlichen anzaigen gleich das widerspil, so ist man nicht 
schuldig, die geistlichen in saehen, so gmndt und poden und demlben 
aigentbumb pelangen, vor der geistlichen obrigkatt zu beclagen oder fur- 
zenemen, dann darzue ist das landtsrecht geordent, an dem ort und sunst 
nindert gepurt sich grundt und poden zu berechten. Darfbr ist Kärndten 
gefreit und das pissher jederzeit in gebrauch und possrasion: welche bi- 
Scheven und geistlichen dises geprauch und rechtens nit bennegig sein 
wellen, mugen sich der gaeter grundt und poden der enden enthalten. 
Und wirdet irenbalben pillich kainer verflnderung gestattet. 

Die weltlichen haben vor und pissher öffentlich ketzerey saehen 
und die faal, die sich im jongfran schwechung, kinder verthuen und was 
des mer ist, tu straffen und zu handlen, dann solches steet inen und 
nicht den geistlichen zu, mit maleflz und weltlicher herrschnng ambze» 
geen, innen ist anch allaln das predigambt und die seelsorg, denen treu- 
lich nnd dem bevelch gottes gemäss vorzesein und zu wartten, pevolhen. 
Dem sollen sy alles höchstes vleiss nachkummen. 



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338 



Was aber lodiuit, wuecber, umoney, glvb, optvt, seelgerftt und 
mer peroert, wirdet ianon uot der gdaUicbeii statuta geantmtrt und 
dapsy gsIasBsn. 

Der sepnltnren halben ist nnverporgen, dass yiW alte geschlechter 
von adl und andern Stenden ire begrebnass an vil orten nnd ire sondere 
stiften haben, sonderlieh anch so disen Seiten tUI eerlicher lenth» an 
denen ortten sie wonnen, ire begrebnns an geweichte gdegne stett stellen, 
darin aber den geistlichen, weil sy pissher von irem gaet wenig kircben 
noch meoer nnb die kirchhoff gepaot, dan man ist inen dammben gelt, 
dahin diser handl TÜleicht gericht und gespilt ist, su geben nit schnidig, 
es wäre denn dass die begrebnussen von jemandt einer kirchen oder in 
ander weg an nachthaü nnd schaden pesebeben wollten. Hechte alsdann 
dnrch die weltliche Obrigkeit aines jeden orts pil liehe einsehnng hieniber 
pescbehen. 

Dass nieinandt offne piiess umh eepruchs, von verthanon kindern. 
todtslegeii uud anders posiii iliattt-n vordem angesicht der kirchen tluien 
welle, ist vorhin angezaigt, was dergleichen verst lmMung so die often- 
war werden, der weltlichen obrigkait zu stiafieu zuesteet. Und solle 
kaiaeswet,'» sein, dass die geistlichen «Iii; menschen, ob sy solche sundt 
in der peicht pt-kennen, dammben offenlich zu schänden machen unti irs 
gevallen damit schauspil, welche zum thail den nachrichtern pass zimbton, 
treiben wollten . . . 

Die geistlichen zeigen an, als sollten die lavMi mit .Ion stocken in 
<len kirchon und gottesberat an beysein der geistlichen handien. Der- 
halben i^t in gniain niemandt bewusst. so aber diejenigen, so stock aiif- 
prechen u<1»m rfjo kirchen berauben, betretten, wirdet gegen inen, was 
recht if:t. gfliandlt. Ausserhalb d»*s mugen dif uristlicbeu anzeigen, wer 
die sein, und gotsberai ailain für sieb selbs bandln. 

Die kirchendiener sind an vill orten bisher ans altem herkamen 
und gewonhait doreh die laien jedes ort^brauch nach an irmng der 
geistlichen bestellt nnd angenomen worden. Dabo; wirdet es pillich ge- 
lassen, es sei denn, dass solich aufnemen nnerlich ond sn nachtbail der 
gemain bescliehen wurd: so ateot der ordenlichen weltlichen obrigkait, 
mag anch wol sein anf der geistlichen anmefen nnd anlangen sue, ge- 
bnrliche einsehung ze thnen, dieweti anch die kirchendiener gewÖndUch 
Ton der gmatn pesöldt und nnderhalten werden. 

Und wirdet nicht gestanden, dass die briester der bisehoff anzaigen 
nach irer beneficien beianbt oder anf ewig eingezogen oder die p&rrhoff 
gar geianmbt nnd geplindert werden. Ist pisher nie fnAumen. Die 



334 



bischoff sollen auch pass pedacbt sein, nicht meAnigflioli oder in gemam die 
weltlichen mit solchen »chweren sichif ii one gnmd anzotasten; wissen 
sy aber jemand, der solchennassen uubefuegt g^ehandlet, den mugen sie 
vor ordenlicher obrigkeit benennen und beclagen . . . Also wirdet ttuch 
in gmain nicht gestanden, dass mau geschickte ordenslent aus den clo- 
Bteru zu laaffen bereth. Sind sy geschickt . . . werden inen viUeicfat die- 
seiben personon on zuethuung der berednng anderer , . . inen selbs, was 
Irer selikait das pest und uutzist . . . wol an raten wissen. 

Daas aber in dOrfern und wii-tshensern zn ungepfirlicher und Ter- 
potner zeit getanst werde, sollen sieh die herm geistlichen bischofe dito> 
fUls nit zu hoch bekumern, wie ey msndata und landtsoidnung selireilMn, 
dann dergleichen gepnrt der weltlichen obrigkait tu handien. Aber den 
herrn bischoven und andern geistlichen ist woU zuegelaesen nnd gebnit 
sich, dass I. F. 6. und die andern anf den canxlen mit dem wort gottes 
die criston nit allein Ton ungewondlidien und ungeporlichen tannsen, 
sondern von allem lästerlichen und ärgerlichen leben und nbln trenlich 
weisen . . . aber sichs hat wol inegetrsgen, dass die geistUchen die ersten 
sind, so solch ungepttrlich nnd nngewondUch tftnna neben andern muei- 
willen anfohen, daraus dann fechthandlung und inweilen tetschleg Tolgen, 
wie dann oifenwar und wissenlich beschehen ist 

Und geben die geistlichen ferrer für, dass nit aUain die b&bst, son- 
dern alle eoncilia nnd kaiserliche recht stetuiern, dass ain geistlicher den 
andern, und die. weltlichen die geistlichen vor Iren bischoven und Ordi- 
narien beclagen sollen, nnd w^ darwider handlet, solle der gemainsobaft 
der cristglaubigen nicht wirdig sein, aber Ton den laien werde das wider- 
spil gehandit, dariue auch in persondlichen spmchen für die weltlich 
obrigkait citiert und gegen inen mit aid, stralT und andern gehandit, ist 
vorhin angesaigt: was gmnd nnd boden betrifft, die werden vermng des 
erzhenogthnmbs Kftrndten freyheiten stetuta und handvesten, so von 
weiland den rom. katsern . . . bestattigt und becreftigt, dem alten her- 
kumen, gewonnhaiten und gepreuchen nach vor dem landtorechten be- 
recbtendt. Die prelaten sind auch in persondlichen suchen vor den landte- 
rechten zu erscheinen und sich allda au Terantworton schuldig; das alles 
▼erlangst und woll zu vermnetten, weit vor den daher ungeraumbton und 
aneinander (sie) widerwerttigen concilien dite landte in beruebigen in- 
haben und bis auf heutigen tag unwidersprechlicfa im gepranch ist. Die 
kaiserlichen recht werden auch der geistlichen vermainen nach daher 
nicht pinden oder rechtlich so weit verstanden, dass sy andern oder 
disem htndt Kärnten an iren freiheitten und ersessnen inbaben was ab- 
bmch oder neuerung machen sollen. Dann wo die preUton und prelatiB 



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386 



Tor dam lAndtsrechton tob alter her nicht selraldig,* war» jettt regi«- 
ronder S. kgl. M* aniiot gew«8t, die eloetfirfiEiien za befreien, daea sy per- 
eondlieh in dagen oder antworten vor dem landtsrediten weitter nicht 
erscheinen dnrlFen, sondern aolehee dnrch ire mhaffer, anwildt nnd ge- 
walttrager veirichtan mögen. Was aber ander geiatlieb penonnen der 
brieeterschaft bemert, werden von E. L. selbe, wo elagen, persondlich an- 
spradien irenfhalben fnrknaien» on alles mittl für ire enbriester gewisen 
und ist der heim biachove besehwamng ditsfalls aUain danunben und 
aof das vorhaben gcgrQndet, daas sy in grichtssaehen wandten, fielen, 
grossen nnd weltlichen rsginmiten hoch angesehen waren, vill in thnen 
nnd in schaffen hetken, so inen doch vil ain hohers und genOttigeree von 
Christo dem henm bevolhen nnd gepoten ist, nSmblich daas sy seine 
sobftfflein . . . treulich weiden; nnd wo sy disem iren aa%elegten bevekb 
. . . nacfagiengen, wurden sy warlich damit ausser weltlicher hiadl und 
vill grosses gerichtsswai^ und herrschung, die innen pillich nit sne- 
steen oder gebun, genug sn schaiTen und an thuen haben, nnd liessen 
die weltlichen mit berrschnng und regierang, die danne geordnet, hand- 
ien. Sf wollten es aber ye gern bejsamen haben, damit auch die welt- 
lichen in Irer forcht, gwalt und bevelch, leben nnd soletat wo es inen 
gestattet, von gott daramben schwarlicb gestrafft werden muessen. 

Bisher hat es sich, wie man weiss, in Eftrnten lang nicht suege- 
tragen, dass man die briester umb friiflich handlung nnd menschlich 
plodigkeit gepeinigt, gefangnusst oder überflüssig mitgefSun war. Aber 
zu verhüettnng des wftre guot, dass sy sich hinfhr wie andere cristen- 
menschen nnd layen timen, auch besorgt sein mllessen vor fravenlichen 
mnetwilligen nbeln und posen thaten ... Wo aber wider solches ge- 
handlt, wurde warlich nicht alleseit bei einem jeden tu erhalten sein, die 
mensehlicb plodigkeit (wie die bisehoff abscheulich und wol sn nennen 
qiftttiseh schreiben) mit dem Sem und Gonatantino zu decken und wo die 
brieetetr nbia oder misshaadlen, wirdet för recht nnd pillich geacht, dass 
sy wie ander dantmben gefimknusst und gestrafft werden. 

Von austailluug und vcrorcinung der geistlichtin guetter. 

Die bischoflichen laigen in disem artid an, der geistlichen peraon 
nnd gneter seyen den geistlichen grichtsiwang nnderwaifen, so volge 
auch daraus, das die bischoven in der geistUohen gueter im leben nnd 
nach irem abstei'ben die guichtsobrigkeit an gebrauchen betten. 



^ Fehlt oifenbar eiu Satztheil. 



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936 



Hieraus erscheint abermallen. wie hoch und gross die gottesfnK h- 
tigen bischove so treulich und vleissig nach der menschen seligkait 
trachten, wie hart I. F. Gn. die hl* schrift and das wort gottes aniigt, ja 
dass wol gesprochen werden mocht, es sey in allen iren eing^i^ben scbrifT- 
ten von solcher irer sorg der aeelen seiigkait aus rechtem guetem bestenn- 
digen gemnet . . . nicht ain alnigs wort geucbribfn. Dun wo es also, wäre 
nit muglich, dass solcher nffenwaier erschrockealicher uncristenlicher 
g(>iz nebons knndtoder mocht t iiitrcfiK i t werden, von welchen ander leat 
Wi llig singen oder sagen gcdurffen. (Jud iift derhalben hievor, auch wider 
die gestelten statuta, wie es in den gerichtssachen und geistlichen gne- 
tera bisher gehalten worden, anzaigon, beschecben gleicherweis auch von 
wegen der briester gueter, ob sy ge&ngen wurden, erkrankten, entfliehen 
oder starben und execatton der testament halben. 

Dass auch vill personen geistlich sein wellen, aber seien aus negst 
hie?or gestellten Ursachen abwendig gemacht worden, davon hat man 
kein wisson . . . wol ist zu verrnnten, dass die bischoff selbs arsach da- 
ran haben mochten, dass weaig personen geistlich werden . . . aus dem, 
dass sy die predicanton, so geleil verstendig und das hl. evangelium dar 
und lauter furtragen, nicht leiden magen, verfolgens oder verjsgens oder 
aber legen in vnertrftglich porden aaf. 

Der sehendt halben wirdet an andern orten g^rflndter and statt- 
lieber bericht ervolgen, also auch von w^en stiift and Steuer der geist- 
lichen gaetter, darinnen die B. kgl. anch angeroert werden. Daneben 
so gesteet man nit, dass in disem landt KSrodten die pfarrherm wissent- 
lich je dahin gedrangen worden, dass sy m sehenten denen vom adel 
verkaaflSNi und gar schenken hotten mflessen. Hette siohs aber saege- 
tn^en, mngen dieselben edelleut darumbea beclagt werden, solle hier- 
Innen geporliche gnaegthunng nnd einsehnng enrolgen. 

Weiter wirdet vermelt, welchermassen die seelgerait und plknrliehe 
recht in merklich abOtll kamen, die geschafft der ▼erstorbenen wurden 
anch nit vohogen sonder vei'potten, davon waiss man in gmain nicht, 
der sich solches se thaen anderstanden hette . . . 

Was aber die collecturen . , . belangt, ist nicht an, dass hierin ain 
merkliche beschwfir den armen underthanen von den geistlichen suege- 
fnegt wirdet. Ks haben sieh vor iaren die underthanen, weil hei den 
pfarrhGfen mer geselbriester gewest, aus gaetem willen far sich selbs von 
wegen irer der gesellbriester merrer underhaltang und dass die under- 
thanen in raichung der sacrament, sonderlich in iren krankheiten mit den 
leib nnd pluet Cristi befördert und bestellt worden, jftrlich ain gab, es sey 
nun prot, khass, traid, gelt oder anders se geben understanden. Daraus 



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887 



die i^MstUcbeB Tolgends ain besttndigs jarlieha und sehuldigs elnkomen 
machen wellan und dasadb ins ge&Hens mit settnng der maass und 
grfea der galten gefordert, das aber nioht sein knnen, ans dem fMm man 
ee 2» thoen nit echoldig oder Terpnnden sonder ein freiwillige gab iel. 
Dieweil aber anch vor iaien oft bei einer p&rr sween drei vier oder m«r 
briester gewonnt nnd nnn yetanndi nnr einer ist, will dennoch denelb 
ainig die soelflg in maasen, do irer vier weniger oder mer gewest, vailig 
haben, das kau nicht errolgen. Und mochte sich snetiagenp dass die 
weltlichen iren anderthanen anf ir anmeffen, weil sj von den geistlichen 
zn raichnng veimelter gaben nDgestnemb bedrängt nnd benftttiget nnd 
inen deihalben zuweilen das sacrament vOTgehalten werden wellen, aa 
entledigang nnbefuegter vordrung hilflicb, rathsam nnd beistandig gewest, 
demnach wirdet geacht, ea hab pillich und mit guetem foeg wol besehe* 
hen mngen. Man ist anch gana nngesweifelt, wo sich die pfi»Theim und 
priester gegen iren pfiurkindem, wie sich gebort, freundlich und tren- 
lieh halten^ sy werden sy entgegen auch gaetwillig und gehorsamblichen 
ersaigen. Kur dass danus kein nrbarium geschriben nnd damit ain ver- 
pflichte jarliche oder quattemberliche gab gemacht oder verstanden werde. 

Der edeUent nnd ander begrebnuss halb ist vorhin meldnng he- 
sehehen und haben sieh die geistlichen gleiehwol selbe nmbgeeehen, was 
lasterlichen begrebnuss und eapellenpau, ey sich ihre unehelicben weiber 
halb SU thnen understeen, umb deren conaenss niemand fragt noch acht, 
aber erliohen wolbemembten geaehlachteni der namen und thaten loblich 
nnd erlich sn bedenken, solle es vorpotten sein. 

Belangend erwelluDg der peichtvater davon haben die B.katB.M* 
in dem gestelten Interim meldung gethon, dabei sollen es die geist- 
lichen billich lassen nnd das gewissen der menschen ires gefallene und 
wie sy die nnrechtlichen xwingen und dringen wellen, nicht pinden an« 
ders dann wie ea Gristus nnd seine bl. aposU gepotten und gelernet 
haben. 

Und wirdet femer furgehalten als betten ertz- und bischove, pre- 
isten und all geistlich zu irer notturffb und hilf zu verlegen, anzuslahen 
und einzubringen Twki, des ay tou weltlicher obrigkait spoliert waren. 
Dagegen mocht ir geiz nnd unpillich anmueten, weil sy sonst uberlluss 
der gneter haben, die inen gotlich nicht suesteen, repetirt und angesaigt 
werden, wes gemuets und Vorhabens sy sein, aber wie dem allem; so ist 
wissentlich, dass in disem landtKämdten von geistlichen und weltlichen 
st&nden in einige landschafit und bisher in ansehlegen steuern hilfen 
nnd gaben nnzertbailt neben und bey einander gestanden sein. Wie oft 
und beechwfirlich solches beschehen nnd noch, ist laider zu vil menniglich 



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338 



wissen nnd solle dea bisebovea Ires geixigen und anrecbimesBigen vor- 
' babens gar nit gestattet werden. 

Se »bedarf es auch gar kainer Tortnnklvng, welehermassMi die 
Stenern, ratsswaigen nnd robaten von den weltlicben an die geistUcben 
besebehen oder wie die inoorporation und absenten vorlangst nnd gneter 
anxall Tersebiner iaren abgenomen worden, daas darunter die weltlicben 
nit ansgescbloBsen, sonder mit iren weib nnd kinder für die geistlichen 
xum allerhöchsten nnd lalder solchermassen, so doch gott im himmel er- 
parmen moidit, beschwardt sein; wann nnd so offt es bisher m ainem 
anmeg gegen dem Türken kumen ist, haben die vom adl nnd ander welt- 
lich daran ir gnet ieib nnd leben lassen nnd ir plnet veigiessen, dantue 
was nicht erwnrgt» in die nchische dinstperkeit der nnglanbigengeratten 
ranessen, dass dagegen die ertabischoTe und bischolT, auch ander geistlich 
sieber in irem geis, wnecher, simonei, gewerb, handtierang und uneeli- 
chem leiten in allem wollnst an sorg anbaimbs bebben. Dennoch und 
nnangesehen das alles haben sj kein feier, wie sj nnmehe, rill switracht, 
disputationes, absonderung nnd sertrennnng gemainer landtechafft alt* 
herkomen, ainhelligen Terwandtnass, doch alle in irem nnersettigten 
aigennnts dienlich anrichten, und tU relchtnmb zn sich sieben mochten. 
Der allmechtig gott welle es aber an pesserung nnd allen genaden 
schicken. 

Sodann wissentlichen nnd nnverporgen, dass geistlich nnd weltlich 
stftnde in den n. 0. landen aus den Til?eltigen Stenern nnd genomen 
Scheden, auch erlitten niderlagen, merklich erarmbt nnd entgegen angen- 
Bchetnig, dass die erti- und blschoren in den guetem uberflflssig gebaufit 
nnd ftngesehen, danne nur ainig peisonen sein. Wäre ein grosse nn> 
rermeidenliche nottnrft, dass von allen einknmen nnd anligenden guetem 
dea erzbisthumb Salsbnrg, desgleichen andern bistumben in den 5. landen 
der Tierte tail genomen, su gelt gemacht, darren der bind grenitsen er- 
paut und der rest au künftiger noth und widerstand der Türken behalten 
wurde, dann in der andern landtleut und landtechafiften ?ermngen ist 
nicht, hinfuralsosifttig und iarlich In den unmchwinglicben anlagen ta 
beharren . . . Zudem wäre auch nutilich . . dass man hinfttr kein 
Pension, annata und dei^gleichen vorbehält von denen geiatlidien gaben 
ausser oder inner land au geben gestattet, sonder au gemeines landts 
hilf und notturffi, su widerstandt der Tnrggen anleget und gebrauchet. 

Die bischoven schreiben Ton steuern, so in den landgerichten be- 
sebehen sollen, daron weiss man in Kftmten nichts und geben die bi- 
schove deshalb ungleichen bericht. Es ist audi ein solche Ordnung in 
Kämdten welcher herr seinen nnderthanen unbillich belegen oder in 



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Inder w«g nnbfifiie^r weis bcMhwaren wolt und dasi für den herm Qnd 
lAndshaabtiiiaii, «la iMuteohaft oder iren BniachiieB, an denen beeden 
orten anoh die gHstUdwii ettadt gleichmäeei; Terwmt nnd darbeieein 
gelangt, eo wird mit Terhor nnd abechid daiwiaehen gehandlt nnd die 
eppellation an die B. kgl. . . . den beeehwirdten bevor geeetst. 

Daea ay aber aniaigen, wy araeaaten ana aigenen aeokhl ateuer 
gaben, iat kein nauea, denn deigleiehen bllfen werden jedeneit dnrcb ein 
ganse gamaine landtachafft an den landtagen, datinnen iat nieauuidt ana« 
geacbloeaen, bewilligt, anoh danunban, daaa die onderthanen iraathaila 
nnb ao lü weniger atener geben, bei baoa nnd hoff eibaltan werden 
mngan, nnd beaehieht damit den amen von adl nnd andern weltlichen, 
die gleiebennaaaen ana aignem aeokl ateaem ml&eaaen vii beachwerlieber 
dan den geiatlieben, nnd aoUe ?ennng der landtaga beaohlieaanng hier- 
innen allenthalben in analegen gegen den paneraman ain gleiehhait ge- 
halten werden. Wie aber aotohea bei den geistliohen ToUsogen wirdet, 
davon hat man in gnetem tbatt wiaaen, daaa nemlidi die nndertbanen 
bierinnen von niemaadt mar ala von den geiatUchen ftberlegt nnd be- 
aehwSrdt werden. 

Und iat E. L. in Kftinten von den biaohoven on grandt bead»)- 
digei, ala mneaaten die prelatengneter, die ay nit innen bieten, ver* 
alenem. Dea berm enbiaobove inqniaitotea haben aioh an vaat geirrt, 
dann qr wiaaen well, wie ea ditablla gegen mennigliohen gehalten wirdet, 
nimblidi daaa die analeg auf ainw jeden aelba aehrifftlioben einlag, ao 
mit aeiner haadaabrifft nnd pedtaobadt bei eran and trenen beaobeben, 
und ab aich laetmeg, daaa ainer im aelba in vil angeaagt odar^gelrrt 
bitte: bringt er daa grflndtUob dar, ao wiidt im der beaohwarang on mitl 
abgabolCNi. 

Wie ay aber in i5ll nnd manten, aaeh aeraag der B. k. IT in den 
eonollien gedrungen werden aollen, davon waiaa man nit Iat auch 
biaber in diaem landt von niemand! ainicbe beaehwamng in gmein ge- 
bort worden. 

Den geiatlieben wurde aneh von den weltiiehen obrigkaiten alle 
victnalia taglicher apeiaa, ala flach, fleiach, achmali, feder nnd ander 
wildtprett verpotten: bcgem derbalben, aolche beaehwamng au&uheben« 
Iat man nit ingedenk, daaa ye von den geiatlieben in diaem landt ainicbe 
elag oder beaebwarung ftirgepracbt worden, noch vill weniger daaa der- 
gieicfaen verpott beacbehen. Man aicbt anoh an den geiatliclien abpmch 
irer namng halb gar wenig mangle. Und wo diaer caaua der notturfft 
nacb diapntirt and anregen, wurde aich befinden, daaa die weltliehen mer 
Qfsacb betten, ay über die geiatlieben zu beschweren, dann die geistlichen 

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widw <Ud weltlichen. Aber bei innen iai kain genuegen oder fkille, wie 
es dann in andern allen gleichermassen ri*sc1ieint. Zu dem ist man auch 
in (li»em landt nit wenig beschwardt, daes farnemblieh die geistlidieQ 
allenthalben das schmalz und andei-s zu irem gewerb und hantierongen 
anskaufTen, bestellen und staigern, das den inwonern m merUidiem ab- 
inrtich schaden und nacbtail raielit. 

Weiter vermelden erti- and bieohove: in gemainen landsnOtten 
and llUlen, so im rechten zuegelassen, wo die an die Ofdinaij langeteo, 
Seyen ay nit aswider, laidenliehe hilf und handraichuug sa thnen. Da- 
gegen wirdet gaantwnrt, daea tou iiem einkumen nidit merere zn thnen 
Tnd lae geben begert wirdet, dann waa ander, so gnlt, gneter und nnder- 
tbanen ira land haben thnen. Daven aaeb in gmain dnfoh B. L. bewilligt 
and beschloasen wiidet» wie es aneh von alter her beschlossent recht nnd 
billich ist» dem werden die geistlichen also yeder iseit naohkumen. Und 
ist noch von kainem geistlichen im landt nie erhört worden, der sich von 
B. h, in gemainen landta nOtten nnd hilfen abzesAndern merken oder 
vememen het lassen: allain die zween bischoff Salabmg and Bambaig 
(sie): In summa: die bischoff und hohenpriester wissen vor lauter gail- 
heit and nberflueaa der gneter nidit, waaa tj anliengen» damit ay noch 
mar nnd aUea ander sich prKchten, werffen soUich nnaimblich und vor 
nie gcpraachig irrnngen ein, die an kri^, sertrennnng und misaverstandt 
volgen mAehten, so sy doch vill billicher frid nnd ainigkait an befturdem 
ganaigt sein aollen. 

Als die bisoheff weitter fnrgeben, wie sich die prelatten and geist- 
lichen dea -taglichen aafreitena beschweren sollen, nun waiaa man kein 
sonder sue oder auf reiten in diaem landt der ende gar nicht, aa dem ateet 
in aines jeden prelaten oder geistlichen gefUlen, lentt irer gelegenhait 
sn sieh in lassen und wirdet kaines wegs geacbt, dass die prelatten und 
die geistlichen in Eftmdten dise beachwarung flii^wendt, sonder iat vil 
mer an vennueten, es sei durch die bischoff erdacht und darumben ange- 
sehen worden, dass man Ire hoff dsat minder beauechen aolle, ao waiaa 
und kennt man auch nicht, welche pikrrhöf die in Kirndten asin, dar- 
innen die phleger und ambtleuth an Sonntagen ander der predig aappen 
easen und trinken, sollen dieselben billich benennt, auf daaa dita laata 
halben erknndignng gehalten werden mOoht, aber es sind clagen aachen, 
die pillieh underlassen belelben nnd fhnupringen echimplIiGh und spot- 
lich geacht werden möchten, su dem dergleichen in Khfimdten gehandtt 
8^ biaher nie gehört worden. 

Betreffend antehen, so von den kirchen genommen nnd niditirider 
besalt werden sollen, ob dergleichen von yemandt gehandlt, dea man nicht 



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weiss, so mrxgm dieselhon darumben, wie sich gebart, beclagt werden. 
Waas die schlussl inbalt di-i Rog^onapuigischon orduung berueri, ist un- 
wissend, ob derselben gelebt oder zuwider beschechen 9m* Bs sind ge- 
mainiglicb bei den kirohen geprencb und Ordnung, wie man es in der* 
gleichen fallen nun lange iar her gehalten. Wo aber darzwiscbea ein 
misrerstandt einfiel, mochte durch die vogtherrn billich einaehong und 
Wendung mit wissen aines pliuxhenm daiinnen furgenommcn werden. 

Das:^ von der geistlichen gueter wa 40 ^ pfennig straff, wann sy 
die Taufforiscben personen abziehen, genommen wordon, ist unbewusst, 
uud welche solches unbillich tbnen,.miigen auch darumben an gebnrlichen 
orten beclagt wei'den. 

Item, die geistlichen geben fiir, als weiten die Iftyen die stiffkn, 
wo der gottesdienat nit gehalten wirdet einziehen, unangesehen, dasssich 
die geistlicheu erbicteu, den abgang zu erstatten, solich der layen vor- 
haben werden nach gelegenhait der Sachen nit für unbillich geacht» dann 
gowondlidi bringen die stifftbrief, darüber anch bisweillen reverss ge- 
geben werden, mit sich, ob die gestifften gottosdienst nicht jedeneit 
ordenlich gehalten, wie es damit weiter gehandlt werden solle, wo nnn 
deigleichen stiffitbrief und revers verbanden und die föll erzelteimassen 
beschechen, mugen die stiffter oder iio erben und nachkumen mit den 
guotern Inhalt der {^ti^Tt- oder reverssbrief ver£aren, doch ist es pillich, 
dass solches abermals nach gestalt der Sachen nach Ordnung im landts- 
rcchteu gehandlt werde, derhalben sich die geistliclien l i t ugter weis nicht 
an beschweren haben und kunen nicht befreyt oder sulchermassen exempt 
gemacht werden, dass sy brieff nnd sigil nit halten sollen. 

VI. 

Beschwerden des steirischen Landtaget gegen die Geistlichkeit, 
aniammengeateUt anf Befehl Ferdinands I. 6. (!) 8ept«mber 1549.^ 

OSttiennlrkiadiee LandeMvehiv, Balibniger Synode 1049. Conoept Copie 
im Cod. pat Vindob. 11804, foL SSO— 880.) 

Dieweill dann under anderm der R.kgl. M.^ bevelch mitbringt, ob 
man wider die geistlichen sonderbar beschwerungcn pillichorwois finze- 
bringen hatte, dass dieselben I.kgl.M* auch gehoraamlichen sollen fui- 



' Die Datinuig «teile ich «k eine ftvjj^die hin, da sie unten «nage* 
•triehea iet. 



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gebracht und angetaigi werden, volchea wir aus der widttigen und des 
Isndts Steier hoben not, auch au8 schuldiger pfUcbt hiemit onderih. tbuen 
wellen. 

(Besckwerde wegen der Verweigerung do8 Laienkelcbes.) 

Und ist anfenklicben nicht wenig beschwftrlicb sn hOren, dass in 
diseo proTinciatlstatuten, maadaten und graTaminibns der geistlichen 
(wie sy sich nennen) ain angemasste regiemng und herrschnng on und 
wider gotles bevekdi befunden, indem dass sy durchaus die landleut und 
ain ganse genain landsclmfll in suchen die hl. religion und die innerlich 
administration betreffent von allen gdttlichen gaben, cristlichen freiheiten 
und guetern abiesondern und ires gefallene ansiusUessen sich noder- 
winden, dieweilsydieselbigen durch den erschöpften verstandt des wortts 
flayenS damit sy die nennen, fttr prophanos, nnheillig oder abgesdnderts 
▼oick M halten Tennainen, dardnrch ey uns gnuegsam >u verateen geben, 
alsdann ire schrifRen beiengen , dass sy uns nicht mer fttr mit- 
glider Cristi sondern fftr tre knecht und onderthanen se halten be- 
dacht, darsue sy nicht mer kircbendiener (Paulus, II Cor. IV, I Cor. III) 
sondern kirchenherron sein wollen, und gleichwol ans einer vermaanten 
gewonhait und herkomen solchs gans wolbefuegt sn sein verhelfen; dar- 
aus erfolgt, dass sie die geechrifft verdunkln und mit diser iertrennung 
yetxo auf ir person, so es inen annemblich, hinwiderumb, wo es inen 
entgegen, bald auf das wort layen dieselbig liehen und auslogen wellen. 
Hachen iwo kirchen: das volk und sich selbst gant verirrt, dass nie- 
mandt seines namens wellen dann geschweigen de« ambts vergewisst sein 
mag. Durch welche Spaltung als durch die ainig recht haubtursaeh aller 
irtbumb und unverstandt in der gesehrifft erwachsen ist, dieweil nie- 
mandts sagen hat kfinen, welches die layen oder welches die geistlichen 
angieng, so doch die schriflt in Sachen die seel betrelfendt in gemain all 
menschen verstanden haben will, dieweil durch die cristlich kirchen, wel- 
cher haubt ist Cristus, nicht swen bette, darunter der ain tail heillig, 
der ander nnheillig, sonder ain ainiger ganzer durch das plnet (Tristi ge- 
heilligter leib und in demselben viti glider und ftmbter der glider be- 
funden werden . . , ^ 

Darumb uns nicht wenig besdiwftrllcli, dass sie uns durch einen 
solchen namen in ain unleidliche dienstperkeit ze bringen fftmemen, 
demnacb es nidit umb das siecht wort sondern umb den verstaut des 
Worts layen, damit sy uns entheiUigen und sn ainem abgesonderten volk 

• Folgen die ontspreeh«iid«ii Bihaliitfillen, Btelten mm Angmüniw etc. 



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848 



maeben wellen, se thaen isti wie ay dann selbrt in im staintis seteen, 
dass die goiBtlichen die weltUcben weitt ubertraffen, das wir inen mit 
nichte Boicber meinnng gestehen mOgen, dieweil dnroh die bl. tauff und 
die sacnment alle menseben geheiliget und oonseeiirt werden . . . and 
obwol ander den Idrcbendienern and der gemaln ain easserliebe otdnong 
in der Idreben soll gehalten werden, folgt dammb nicht» dass solche 
nnteraehid aach innerlieb in der seel etat habe, and des priesters ain 
andere, hinwiderttmb des layen seel aacb ain andere speis haben mvess, 
dieweil der innerlich mensch, es sey ain briester oder weltlieher dnroh 
ain gleiobmässige regiening TOn Cristo ans genaden in dem geistlidisn 
reich nnderhalten nnd versehen, ancb dnreb die hl. sacrament geheiliget 
und gewierdiget wirdet, als Aognstinns De decem leprosis sagt: Nunc 
omnes nngnntnr etc. . . . Welche nnderschaid des ensserlichen und inner- 
lichen menseben die geistlicben in disem fUl nicht erwegen, darumb nns 
ancb nun fort mer sokhe absonderung darch den verftchtlichen verstandt 
des namen layen naehOpft, beschwerlichen za pilUchen oder an gednlden 
sein wolte, dann sy in iren statnten und besebweningen öffentlich setsen, 
dass man den layen das saci-ament and«rbederlay gestaltnit geben aolle, 
nnd keinen andern gnind als dass sy ans mit dem wM layen Ton inen 
abflöndern nnd nnderschaiden, gesetit haben; welches doch wider die hl. 
göttlich sehrifti erdacht» als dann solches in dem artiel in der ?erant- 
wortnng aber die statnta proYlncialia gestelt mit mererm aosgefuert wor- 
den ist. Daramben wir ans solches mit dem hdchsten beschwem thnen, 
dass ans daagenig, so allen eristen von trost so gott geschenkt nnd ge- 
geben, darch der geistlichen absondemng versagt and abgeslagen wirdet. 

(Klage Ikber den Mangel an geschickten nnd gelehrten 

Oeistlichen.) 

Zum andorn, wt'k-hciiiiassen aiicli y^i-Icrteu uiul geschickten 
prt'tlicanten in ilisoin hind grosser mangl und gebrucli (ffu nenUtlicb liass 
dor g^'maino man nn alle gottöälige undcrrirht das wort gittteü uud audor 
cristlichei leer, scin l i v.ie das unvoniüiiftig vieli lebt) tjigcheint. das ist 
hie vor in beden unsern nberuntwortungen über die statnta jaovinciala 
und gravamina gestelt liiutor nnd nach lengs ausfuerlicheu begriffen, 
darein wir uns allerdiags referiert haben wellen. 

(Klage über die Laster und Straflosigkeit dor Ueistlicben.) 

Item, dsss sich nndter der geistlichkait erschrecklich und bei tent- 
scher nation unerhörte nnd nnnatflrliche laster suetragen nnd wann die 



844 



geistlichen personen, so solche schwcio ^nnd hopanjren, iren superioren, 
«lieselbigen zu strafen, gleich angezeigt und bestraft wer*ion. <la.s8 sy die- 
selben nit nach der verprechung straffen, son krn gold und gi\h nemen, 
dardurch solche schwere nn<\ uncristliche laster unge»trafft bloiboii. Und 
hat Bich neulich verscliino zeitain schrecklichs imcristlichs iiiul nrierhörts 
oxempl begeben, auch vor der landBobrigkeit in beisein des geistlichen 
superiorn clagt worden, dass ein geistlicher ein jiintrs nnorwachsenes 
jungfrealein wider menschliche natur wider allen ireu willfii erpärmlichen 
noizwangt und derniassen mit sudomitiscber unkeusch lioit :in iren jung« 
freulichen eeren geschwecht, dass man an gedachten maidlin in fur- 
brin^ng irer clag, die mit tränen und hoissen zäheren beschchen, das 
gejrebt bös werckh wol gespurt und abgenommen hat und on zweifei sol- 
ches des beschwerten meidleioB herzlichs laid mit gwaltiger benemung 
irer jungfrenlichen eer, die mit gelt nimmeiiuer zu erkaufen, gen himmel 
sehreit und seufzt. Es ist auch den geistlichen superiorn ex officio bo- 
volhen worden, gegen dem Verbrecher, wie sich gcburt und solches die 
geiafclichon und kaiserlichen recht vormugen, zu vorfarn, so ist doch kein 
andere einsehung boschehon, allain duss man dem armen maidlein umb 
ir noihzwangto jungfrauschafFt nit mer als 10// ^ erkennt und gespro- 
chen worden. Wie aber gegen dem vori»rocher umb die begangen uucrist- 
Jich und unnatürlich Verhandlung mit straff veiiarn worden, ist uns nit 
aigentlich bewist, aber unsers erachtens nach gar nit gestrafft sondern 
umb gelt iHul i;nWa ledig gelassen worden. Und sollen wir disen bösen 
uncriailichen haudl. deren sich täglich vil vun den geisUiehen zuetragen, 
darinnen doch doi* kgl. M' pcrson undt^rth. versohont wirdot, nach lengH 
erzellen, wordo monniglich dai-aus befinden» was uncristiichen unerbern, 
uncrhoi-ten handl und bose schantUcho werch von den geistlichen ge- 
tribea und gelebt werden. 

Item, Terrer understeon sich die geistlichen den weltlichen ire ee- 
liche versprochne weiber abzukauffen, wie dann wol mit grünt su exem- 
plirn war. 

Item, so und(>rfahen sich auch die geistlichen, wo sy stt einem 
eeweib fleischliche begierde gewinnen, daas dieselben Weibspersonen 
lernen und anweisen, irem eelichen man zu vergeben. 

Item, die boruerten geistlichen treiben auch mit den eelichen Weibs- 
personen mauigerlay schäntlich und unkeusch hantierung, und so man 
sich aus rechtmassigen ursiichen auf offenware that underfecht, die- 
selben zu beheudigen und ze straffen, dass sy denselben persouen, die 
der sach und der behendigung verwont, das sacrament verpietten und 
vorhalten. 



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345 



(Beschwerden über die Habsucht der Geistlichkeit.) 

Item» Bo yemandt den geiBtliGhen gotapfennig nit gibt, halten sy 
deneetben das sacrament vor. 

Item, so lassen sich auch die pforrer und aeelsorgar auf den eana« 
len aus xorn vornemen, gleich wie man inen opfert also wellen sy 
predigen, und lanien widernngepredigt ab den eaniln. Der werden vill 
an der lall auf dem gew und andern mer orten gefiinden, die nnr allain 
auf den geiigeis gericht, aber Ire bevolhne schäffl nach dembevelch Cristi 
se weiden, darinnen wirdet ans wissentlichem irem der geistlidien un- 
verstandt gi'osser mangl gespart und tSglich befunden. Und dass die 
pfarren, beneficia und dergleichen an vil orten abnemen und in ab&U ge- 
deien, ist desselben niemand nrsacher als die geistlichen oberen und vor- 
geer selbst, nemblichen dass sy die pharren und beneftcien dermasften 
mit so nngelerten unerfarenen und unexaminierten personen als 
apo thekern und andern gemainen hei'geloffnen scbnelero, die nit wol 
lesen, geschweigen ain predig oder vil wenigers thuen knnen, besetsen, 
das fkist nymbt der pastor, mit dem magern mnes sich der pfairer oder 
beneflciat betragen. Solch ungeschickt, ungelert und nnteuglich priester 
ondereteen sich volgents, wann sy mit dem kleinen einkommen nit ge- 
▼otgen mugen, Tertbnen sy noch das, so mm pharrhof gehortt oder ver- 
satsen das iarlich einkomen, beiallen die steuern nit und komen Tolgünts 
die pharren und benefiden wie vorgemelt aus solchem der geistiichen 
vorsteer aignem nuti in vwderben. So ist auch wissentlich dass in disem 
land mit vil geistlichen hochs und nieders Staudts in ruchung der steuern 
aof longere seit und termin (welches den landleuten nit besehehen) mit- 
leiden getragen worden. Daruber aber von inen einer gemainen land- 
Schaft wenig dankperkeit ervolgt, sondern wol beschuldigt worden, wa- 
mrab sy, ein landschaft, die steuern nit albeg zu rechter seit einnemen 
und abfordern und nit in die leng ansteen lassen sollen, welches unsere 
erachtens auch der notturift nach ftran besehehen und sieh E. B. L. vor 
solcher beschnldigung wol wirdet zu Torhnetten wissen. 

(Verschwendung geistlicher riütci, Wirthshausbesuch der 

Geistlichen.) 

Item, so ist allen geisfiiehen verpotten, Tonnugen auch ire decret, 
dass sy sich aller weltlichen freid enthalten, kain ladschaft halten, in 
offne wirtsfaeuser nit geen, sich auch danuean ungsbflrlichen enden und 
steilen nit finden Uwsen sollen, so wirdet doch von innen tfigtich und 
nächtlich das widerapill geliebt und dermsssen mit Verschwendung des 



346 



seitlichen guets in essen» drincken, pankhatiren mit baltang gemainer 
l^er, dergleichen mit aufrichtung tänts und in ?il ander unxelltg weg, 
den weltUchent sonderlich den gemainen man nit tu klainer ergernus und 
pösen Dachgedenken, den flberfluss mer als ta vill branehen nnd des nn- 
ordenlichen leben und wandels unersetUgt sein. 

(Unancht in Franenkldstern.) 

Item, SD wirdet auch in villen frowenclßstern in diitem tand mit 
kinderrerthueung» unzucht und anderer unsimblicher beiwonung und in 
vtl ander weg ganz unverachampt gehaust und gehaudlt, wie man dann 
solches in tSglicher erfimnig «»ieht und offenbar ist. 

(Liederliche Amtsfflhrung der Geistlichen.) 

Item, nachdem sich suuderli« Ii uiu! tpsrlicli zuotregt und boiribt. 
da^^8 mau die jungen kinder, so atif die well kiuiicn und zu der hl. Uiutl 
trrpt und det» pfarrers odor caplan.^. so der kiichen furgt stcllt, l)egcrt 
wirdet, tiaH8 die porsoiiou sambt dem kindl sonderlich winters/t it, welches 
beschwfirlich und nacbtailig, oft lang warten und verziehen niiiessm, ans 
wi'kheu) Verzug oft mannigs kind der geordenten cri!stli( heu taufl' nit er- 
Ii in-Hu. sitndern ans frost der kälten und andoror 2uefuil verschaidcn 
thueu, daran sein nun die geistlichen Vorsteher und Seelsorger schuldig, 
und wann man die ireistlichen wie obgemelt bei der kirchen oder in iren 
pfanhüfen Mueclit. werden sie gemainiglich in den wirtsheusern bei dem 
spill, tannzcn und iu verlu ingung anderer laster voll weins gefunden und 
betretten. Welches förwar nit aiti klain sondern hohe beschwar ist dass 
sy ireni bevolchen hirtenamt so nachlässig warten und demselben schier 
gar nit vorsteen noch verrichten ihnen und wann sy nun voll weins, was 
l'ür ain cristliche tauff bescheheu mag, das ist wol abzenemen. 

(Uabsächtiges Vorgehen bei Sterbefällen.) 

Item, 80 hat sich an vil ortten in disem land ausgetragen und noch 
tsgllch snetregt, wann ein crist von diser weit ?erschaidet nnd durch den 
zeitlichen tod ubereilt wirdet und das sacnunent nit empfangen, dass der 
geistlich Torsteer sich Yerwidert, den todten c9rper nit in das geweichte 
erdtreich legen ze lassen, man gebe im dann l€f ^ welehea wider ir 
aigene deci-et, dass tj gelt nemen tU weniger begem sollen, causa XIII 
8. p. q. n rubri. pro sepultura nichil muneris exigendnm. 

Und noch das darsne beschicht, so ain person stirbt, der aim geist- 
lichen ichtes schuldig ist, dass sy gleichennassen den abgestorbnen nit 



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847 



iMgmben wellen Iwaen, all&in die negsteo erben und Aretindt werden ime 
Qinb die schiiid guet, und so aiicli dieselb scbnld in koraer seit nit beult 
wirdet, 80 moese man den geistUdien interesse danne geben. Ob nun 
das Sit ungebnrlidi bandlong nnd unerhörte uncrlstlidie aimonei ist, hat 
menniglicb leichtliehen abseuemen. 

(Prunk- und Zanksncht der Oeistliehkeit.) 

Item, liass di« pfarrer und ander goietlicho der raorer Uil in taforn 
und wirt>;heii8eni undtr dem gemainen voick sitzen, auch auf der g:as8en 
mit langen messern (da karn gcverlichkait zu besorgen) uiiti mit welt- 
lichen zerhackten und zerschnitten claidern wandeln, vil ungebfuliclien 
hader und zank anfahen, dardurch »kh tiickcriiuil^ oin slahen begibt und 
also band anlegen, dass die arm<'n verwuudt oder leibli>s gemacht, dar- 
nach die armen gepannt und zu scliweren costen und schaden gel)racht 
werden, auch die armen alsu dringen, sicli mit inen ires gei'allens zu vci- 
gleichen und zu vertragen und sich aus dem i»ann neben des empfangen 
schadfön kautlen muesseji, wt-iches. aber l'urohiii kaüuiwegs holchergestait 
Vv»o den geistiiohtiu zu gedulden. 

(Verkehr mit leichtfertigen Franen.) 

Item, dasä die pfarrer und ander geistlichen den merern tail mit 
leichtfertigen weibern, darunter ir vill eelich Terq»rochen mänuer habeOt 
und kindern baashalten, auch bemelten m&nnem auf ir vilfeltigs begem 
und eranechen Ire weiber vorhalten and verpergen nnd ain solches erger^ 
lirlis. unerlichs und widei'wertigs und schanntlichs leben fuern, welches 
<l«>n pharrleoten au bösem exempl dienet, sy auch daraas leichtfertig und 
halssterrig werden, gleiche laster zu verbringen, welches innen durch 
dio geistlich obrigkait und lewider irer selbst decret niegesehen und 
offenlichen gestatt wirdet. 

(Wirthshäuser und Ladachaften der Geistlichkeit.) 

Item, so halten je su leiten die geistlichen auch oflne wirdt^ nnd 
ladachaften, dergleichen anf den kirohweiea der orten, da sy oberherm 
sein, legen sj oder ire diener, die anch priester sein, järiichen wflrfB, 
kugt nnd karttenapiel auf, nemen audi den gniess und scholler davon 
unTeraebambt, sagen es gebor inen aus obrigkait sne, wiewol in geist- 
lichen nnd weltlichen, rechten anch alle Obrigkeiten solches hocbliehen 
Terpietten, sy die geiaUichen aber Termainen nnd haben es sn ainem ge- 
eets genueht, dasa es also recht und guet sey. 



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848 



(Aufreizung der Bauern gegea die Herrschaft.) 

Item, 80 wirdet auch bei ainos taili gMetlicben und plurrern o1fen> 
lieb aof dw omil gepredigt und anageachrieni» dasa man sieb vor denen 
bfleten nnd acbtung baben solle, die in den staiaen hevaeni sitsen, dann 
was darinnen Ist, sein teollisch. Ob nun aus soleben und dergleichen 
argwonigen predigen die gemain panerschafft bei disen schweren iarn nit 
so ainer anfirner und empOrung erweckt und darsne nitiacb geben mdcbto» 
hat menniglich lekhtlich au erwegen. 

* 

(Habsflcbtiges Verfahren gegen den Adel.) 

Item, so undorstoon sich dio geistlichen abermals ganz uiiliillicher 
weih, liiv von adl. so dieselben ableiben, ir schilt und heim dem löblichen 
alten gebrauch uacli in die kirchen nicht aufrichten ze lassen, allein du.s 
abgestorben verlassen erben vei-gh ichen sich dann mit dum geistlichen, 
so derselben kirchen vor^tet, nach sciniin «olgefallcn; welches nit ain 
kleine beschwikr uud bei denon geistlichen abze^ieUeu die notturttt er- 
furdert. 

(Natslosigkeit der Klagen.) 

Item, ob nun gleich auf all fOrkoninnt und gefiebt fäll, so -imcli 
die geistlichen besclic]! -n und orvolgeu, licni ei t/.brioj^tcr gt cl.igt vvii det, 
so beschicht doch danuneu woni^' oder s;.ir kein einsehuug, daraus sich 
zuotregt, dass sich dardurch die öffentlichen auch iincristlichen lasier 
täglich bei den geistliciien meren und in aileu auvt^rsciiaiu^Uiu Sünden 
b^rabüu iigeu. 

(Nothwendigkeit einer starken Reformation.) 

Solch und dergleichen mer beechwftrlich handlang und laster wftren 
die wider geistlichen in grosser sali aniesaigen und furzebringen, so 
wirdet doch solches von uns alhun an verschonung der hochtöblichen kgl. 
person in nnderthenlginit underbttsen, dann sollen wir der geistliehen 
begangne laater und Abel halten nach lengs entdecken, das wurde im 
schreiben vil maee gepem nnd L W greaser long halben sn vememen 
und abaeboren vast verdriesslich sein. Wo es auch daran kiknba, weeten 
wir die obgemelten volbraditen laster und deraelben noch vil mer mit 
gneten gnindt ansnsaigen und ob von ndtten g^negsMihlichen sn be- 
weisen; derwegen wil in der Verantwortung auf der geistlidien beschwer 
angesogen die hoch und nnveimeidlich notdarflt erfordert, hierinnen und 



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in allen andern pnneten ain statliehs einsehen and dermassen ain ge^ 
wältige starke reformation und Visitation snm Itürderiicbieten fftiv 
innemen, anf dass solche Qn«ristlicbe laster nnd gans nnTenchambt und 
unerhört sacken enutlieh abgestaH und In ain goets critUichs und gott- 
aftligas werk gerioltt und das arm gemein Tolk von den geisitklien wider 
allen gottüolien bevelch nit dermaasen erbarmlidi verfiiert, sonder bej 
rechtem warem erisUiehem glaaben erhalten, aach inen die oristliialwn 
recht, wie dann an im selbst pillich nnd die gOtUieh gesehriffli suellsat, 
nit TOigehalten, aonder on alle waiganmg mitgetailt nnd trenti<dien ge- 
raicht wende, nnderlh. pittent, I. kgl.M^ wellen solche der geistlichen pfts 
nnd eigerlich handlang in Terhflatnng mar sinieisBendar laster mit ernst 
nnd gn. abstellen, wie dann L kgl. H! aas der hohen nott mit gnaden se 
thnen werden wissen. (Aefcnm den 6 Septembris anno im 49^.)* 

m 

£Uiohe bescJiwanuigen wider die geietlichkeit in Khärnndten. 
(Cod. pal. Viadob. 11804, fol. 81»»-aid».) 

Sieh tragt an etlichen orten mermalen ine, so die nnderthanen er* 
kranken, in todtsnMten ligen nnd ire pfkrrherm nmb das hochwierdig 
aMrament ersneehan lassen, dass die pfarrherrn qnd ire gsellbriester 
bierinnen die nnterthanan Terknnen, dardnrch ej nnpenoht nnd nnbe- 
rieht versehaiden. ünd sonderlichen wellen die geistlichen die nnder- 
thanen an den feyertagen in diaen fUlen nicht beaaechen, geben -die 
«Sachen fner, als aejen inen die feyertag auch gesetat, daran aie mähen 
aollen, dann nj auf dieselbigen tag atndiem nnd predigen mneaaan. 

Weitter nnderati«n sich die geistlichen ye inweillen den ander- 
thannen nmb schlechte nrsach willen, als nmb Sebalden und ander khün 
loeftll, so inen den geistliehen, Iren bedanken nach, inwider Terstanden 
werden, das sacrament Tonnbatten, dardoreh sy die panenr dahin drin- 
gen, dass sy sich mit innen, den geistlichen, ires gsMens vertragen 
mfleasen. 

Also anoh . . . wiidet es von den geistlichen gegen den nnder- 
thanen In anfordemng der coUeetnm nnd snel^ auch amb ander gar 
geringschüsig nrsaoh willen mit beechwarang nnd anfirag des hoch- 

• Die eingeklamnierten Wort« mnd «aniredtrichen. In der Wien«r Hand' 
ichrift leblt des Datatn gans. 



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360 



würdigen sacrametit, vaipietoiig der ehe ond ttuderbaltang ander pfarr- 
lichen recht grehalteu. 

Item, die geistlichen welieu auch die kiiidputtorin nicht eilUMgnen, 
8j haben sich dann vorhin mit inen einer gab haiben Terglichen. 

So erscheint weiter bei den pfarrhenn grosser besehwüilKher 
mangl in dinn, dase ^ich anbaimbe bei den kircheo in den pfarrhofen 
nicht enthalten sonder die merem tag in der wochen in den Stetten und 
markten, auf den wochenmärkten und auf dem landt in den wirtsheusem 
lig^n, dem trinken, spielen, tanzen, rumorn und andern lästern obligen. 
So man dann die jungen kindlein zu der tauff bhngt, findet man vy, die 
pfarrer, nit anhaimbs, derweilen die kinder an andere und zuweilen :in 
das dritte oder fierte ort der pfarren zu der tauff getragen und dardurch 
Terabaaambt werdeup daas die kindlein one tanff su selten verschaiden 
mnessten. 

Die geistlichen understeen sieb, an den peichtea und in der leisten 
seit manns- und Weibspersonen mit vordentung, als kume es iren seelen 
SU guetem und erlangen Jarmit die ewige Seligkeit, dahin zu bereden, 
daas gy irer gneter halb zu den kirchen sonderlich inen den brieatem 
Verordnung thuen; welliches zu vil malen den negsten rechten erben und 
pluetsfreundten zu Terderblichen schaden und aoUichennassen zu nach- 
thail nicht, dardurch ay sum pettelatab gedrungen werden und denaelbi- 
gen an sich nemen mflessen. 

Dass sy auch auf irer herren grundt jarlichen zins slahen und die- 
selbigen unwissend der herm den geistlichen jarlich raichen, die es als- 
dann in ire urbar schreiben und so es sich zuetregt, dass soiicbes offen- 
war wirdet, oder dass man sich diser sins zu geben verwidert, volgt 
daraus, dass die geistlichen solliche gaben als fbr ain alt herkumbne 
gerecbtigkait, die sie an der herren grundt hetten, ansprechen. Was 
das fbr ain erbrigkait an im tregt, hat ein jeder leichilich in er- 
wägen. 

Und ist nun so weit knmen, dasa die geistlichen die aeker, davon 
erseltenDasssn die sins erlUgen, den gmntherren gar entsiehen, von 
den hueben hinweg nemen und weiter ires geMens verlassen wellen, 
derhalben die underthanen ire sins, inmassen wie vor nit verrichten 
rangen; das alles den grnndtherm sn schaden, nachtail und unrecht- 
lich beschicht» 

Was Unzucht, lästerliche wesen und leben sonst in nionnigerley 
weg von Villen geistlichen gepraucht und genebt wirdet, erscheint teglich 
und ist menniglicb offenbar, derhalben und was sich su selten gegen den 
weibspildern an der peudit suetregt, zu enteilen underlassen. 



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851 



Die gesellbnester und caplän werd n nncli von den pfarrherrn und 
vicarien solicheimassea bescbwarlich und iibl undethalten, dass sy deren 
wol aicht mer beknmen kunen und wellen nicht minder alle einkumen, 
in tnassen sy die gesellbriester und caplan hielten, völlig von den etiff« 
tungen und andern, du bj für pfarrlich zuestenud achten, von den an* 
derthanen haben, nnangeeehen dass die gestifften gottsdienst nicht ge* 
halten oder verrichtet werden. 

Und tregt sich an etlichen orten zue, dass an vlll Sonntagen noch 
an das zwölfpotten und andern hl. tagen kain mess in den kirchen ge- 
lesen wirdet, so doch vor iaren in der wocben anfs wenigist sn drei oder 
▼iennalen in gepraach gehalten worden. 

Vast bescbwarlich ist es, so die geistlichen muetwillen romorn und 
jemandt schaden zuefuegen, dass sy so den weltlichen zu katner verhör 
noch straff steen, sondern solliches alles an Ire ordinari, darror man sy 
beclagen und recht sn inen snechen solle und ziehen welle, so doch in 
offenbarer erfarung, dass omb kainerlay misshandlung, todschleg nnd 
ander nbl pössthaten» so es an ire ordinaij knmbt, gegen tnen den ver- 
prechein mit kainer ernstlichen und verdienten leibstraff gehandlt wirdet. 

Dann es ist wissentlich, dass nit lang verschinen ain mnnidi so 
Villach mit Sodomitischer begangner sundi . . . öffentlich betretten nnd 
80 er dnrch das weltlich seinem geistlichen gericht uberantwnrt, ist er 
daramben, wie sieh gebnrt hett, nngestrafft, sondern wie man erindert, 
ans und frei gelassen worden. Welches aber nncristtich nnd wider alle 
pillichait ist. 

Item, die geistlichen halten ab den bmederschaften liehtkhnsn (sie) 
nnd anderm vich, so man m den kirchen daroh tr anraizen gibt, darvon 
im iar xosammenicnnftsn, malaeiten nnd nbermissigkait der loUerei 
halten. Wirdet tat nntslicher nnd pesser, anch gottseliger angesehen» 
dass soHche broederscimflen anl|peboben, abgethan nnd die armen notU 
dfirftagen menschen in ainer jeden pfiur von dem einkamen gemalter 
hmedoTflchafton, liecbtkhnen nnd anderm vich . . . nnderhalten worden. 

Die nnderthanen werden von den geistlichen wider alt herkamen 
in den seelgorftten höchlich gesteigert and beschwart; daneben wirdet 
inen Ton ir etlichen auf der cansl angetaigt, wann sich ein sterbelanff 
zoetmeg, so wollten die geistlichen nnTorpnnden sein, die kranken per- 
sonen zoe besnechen. 

Und fnmemblich werden die nnderthanen bei den nngelerten, on- 
gescbickten Seelsorgern an Terknndnng nnd fartragon des hl. evangelinin 
and wori gottes Terknrat, also dass sy von denselben nngelerten predi- 
canten mer auf menschengesats nnd aigne werch, dann auf die ain ig 



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S52 



nnd warf) gftnnegthnuiig Christi gewiaen werden. DerhAiben statt- 
lieh« fumhang am h^iohsteii Ton notten. 

vm. 

Auf «tUoli sonndar der geistUelieii steint«, so nm/dh beteUiiss 
voriger kaadlwig flurkTHBen, der«ii von Khirnton gnotbednnkon. 

(Cod. paL Vindob. 11804, fol. 316»— S17K) 
Von strafffiii. 

Der stniff baiben ist gleichwoU specificiert angezaigt, welcher- 
massen die verprecher sollt(^n belegt werden, welliches auch ganz billich 
und recht ist, doch das« die oaoh gotles bevelch geschehen: dass aber 
die geistlichen dieselben Tenneinen su ihnen, ist vorhin angecaigt, 
dsss sie die verschuldnngen nnd verprechnngen allain, weil die noch in 
der <]^f>haimb der peicht und absoiution steon, zu straffen haben, so die aber 
offenbar werden, so steen solliche straff allain denen weltlichen ze ihnen. 

Und als die geistlichen Terror onnigen, dass das weltlich regiment 
den goistlioht^n' canonibusen sollte nnderworffen sein, mit droung gross- 
ter straffen b^riffen, wo die weltlichen darwider thetten, soliches ist 
hoch beschwerlich zu vernemen, und der layen hochntes anligen wie dann 
hioTor such nach lengs in dem articl die straff belangund angezaigt ist; 
dann dass sich die geistlichen je und albeg mit höchstem vieiss in iren 
ooncilien, decreten und sonderlichen fomemen understanden, damit sy 
das weltlich regiment gar under sy gebracht betten, wie dann weit 
offenwar, so inen doch nach gottes bevelch gar nit gehurt, soiuiern viU 
ner nnsers lieben herrn Jesu Christi spruch. den er zu seinen hl. aposteln 
gethsn, vor angen haben sollen, nemblich die fürsten regieren das volle, 
zu verstpon die weltlichen, aber ir nit, also derbalben ire canones in 
disem fall gtaiz und stracks wider den bevelch und wort gottes sind und 
die geistlichen beleiben derhalbeu billich unter den fluglen der weltlichen 
obrigkait und derselben beschntsnng, wie sy dann seil« in disem articl 
SU bescbioss melden nnd begem. 

Von der puesswärtigkeit uiitl Vergebung der sundcu. 

Von wegen der puesswärtigkeit ist von nöttcn, hie was davon za 
retslagen, dann vorbin diser pnessw&rtigkeit halben nach lengs meldnng 



* Cod.: gdttlicben eononibiueii (iie) «ölten. 



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3^3 



beschelieii» bo «bor was daron gandt werdea soU, welle man rieh vd< 
sweiliieh TeraebeDi die geietlieheii wissten dau die recht pneeewftiiigkait 
«n sines jeden sandigen bereuten meneehen henen und die genueg- 
thueung in unsere lieben herrn und seligmachers Jesu Christi 
pittern Uiden und sterben steet, weltcher uns sU mit seiner auf- 
ersteung fttr seines himblischen vatter su der ewigen seligkait gesetit. 

Von dem nrtl der eieommunicierung und geistlichen 

straffen. 

Diser artici ist an etlichen ortten irrig In der abschriflt befänden, 
darauf nit wol raisleg ToJgen mögen, was aber richtig befanden, ist in den 
▼origen schriffton darüber anxaigt und bericht beachehen. 

Von der Visitation. 

Die Visitation ist wolbedsebt, dass die geistlichen von den btacho?en 
haimbgesneeht und ires thnens und wesens ersehen, und worin sy mengl 
befinden, in pessem und christlidien stat redigiern, doch dass soliches 
aambt etlichen tauglichen personen, die dieR. kgl. M^als herr und lands- 
farsi und obrister vogt der geistlichen beschehen. Man ist auch tröst- 
licher hoffnuAg, die bischoff werden die pfarrherrn höchster begierd und 
mit Tleiss dahin lernen und weisen, auf dass sy iren schifflein das hl. 
wort gottes treulich und höchstes Tleiss fiirtragen, auf dass das arm crist- 
lich Volk in der gemein doch m etwas verstandt des cristUcfaen glauben 
kumen mochten; .dann es mag in gueter warhait gesagt werden, 
dass nicht der sehent pfarrer weiss, was der recht warhafftig 
glaub ist, und allain aberglaubige verfiierische offenware oncristliche 
Sachen dem amen pauersvolkh ftirlragen. Daraus nun absnneaen, in 
was stall soltiehe schäfflein eingesperrt sein. Das solte got im himel er- 
pannen, aber, wie gemelt, vtfsieht man rieh, soUcher greuel werde durch 
die viritakion abgestellt und in ain sristlich wesen redigiert. 

Von den sy nodis oder versamhlung der geistlichen. 

Die snsammenkunft in synodis ist nicht unbiUich, auf dass den 
einreissenden unchstenüchen mangeln zeitlich farkomen mag werden. 
Aber dass soliches allain durch die geistlichen regiert, erkannt und ver- 
richt soll werden, ist nicht billich, wo anders sich in Unglauben was ein- 
reissen wolt, dann weil die hl. concilia die geistlichen an beisein und an 
rath der layen kain gwalt noch macht haben zu tractiern oder zu 
sobliessen. vil woniger dann dio »ynodi, derlialben hat in disom fall, dass 

die geiätlichen allain die synodos lü kaittiii,. iiit stat. Aber den layen, 
anifT. UUOCV.B«. L Bttfli. IS 



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354 



wie vorgemftU, ist nicht suwidert tMhens auch für notMOrftig an, daas 
die sjnodi gehalten, doeh in ir der layen beiaein, weit ay allaomal in 
ainem geistlichen leib» das iat, in Cristo dem herrn sein, daaa inen den 
layen gleich sovii an der seligkait irer Beelen als den geistliehen ge- 
legen ist. 

IX. 

Ava dar IhitrnetioB der hnixisehen Oesnndtiehnft. Ohne Satiim. 

(^Nj-uhiv des UnterriubUminütoriums, 58 C.) 

. . . Unsere rftt sollen beschliesslich mit allem Tleias und ernst 
darauf arbaiten 

erstlich, daas bei den geistlichen dturchaos in gemain hochs nnd 
niders standta ain geistlich saehtig und s^Uich leben, than and lassen 
angestellt und mit den werken gehalten nnd Tohtogeu werde, wie durch 
die hl. concili, bftbstllch und bischoflich sataungen nnd sich ?or gott und 
der weit geburt und bey den alten in der christlichen Idrchen gehalten 
ist worden. 

Zum and ern, daas sn allen geistlichen pfrttndten nnd sonderlich 
zu den seelHorgor gelorte fromme und taugenliche peraonen fargenomen, 
welche iren pfarrkindern mit leben und leer, christlich und löblich aignor 
person voigeon mogon, dass auch dieselben seelsoi'ger mit gopurlicher 
Unterhaltung veraehen, die ahaenten und dgl. abgeschafft und fnrter nit 
auslassen werden. 

Zam dritten, dasa kein prediger zuegelassen werde, er sei denn 
Bn?or genuegsamblich examiniert und für tungenlich durch seinen ordinari 
snegelassen, darin audi die enbisdioff und bischofT iren Ticarien etnat- 
lichen be?elch, auch selbe irem ambtnach darob sein und zoesehen wellen, 
dass hierin kain gonst, farderang oder hinliss^kait gcpi-aucht sonder 
der recht weeg und allain aue eher des aihnechtigen und der armen chris(c 
liehen Seelen selligkait bedacht werde. 

Zum Tiertten, dass sutolchomner erhaltung söllicher oi^nung bei 
aller geistUcbait, auch in den dOstern visidiei-t (sie) und alle mengl sovU 
menschlich gepessert und abgethau werden. 

Zum funfftcn und lotsten, dass kein ausgeloffno clostorporson zu 
pfaiTon seelsoi'gen, messen oder andern kirchendionst angenommen noch 
geduldt, sonder in ir closter geschickt und der enden nach eines jeglichen 
ordons rogol und Statut gestrafft und behalten werde. 



355 



So dann aolclie Ordnung furgenommAn und mit dem werk vollzogen, 
werden, on allen sweifel alle ketierelen nnd Spaltungen anfhSren, ge- 
naine gaigUielikeit «rlidi alt üe fllitor gehalten, darsne alle Zugewandte 
misepiancii nnd beechwerden von inen selbet fUlen nnd aufhören. Dann 
wir mit allem unserm vennugen rathen, helfen, auch sovil an nnn nnd 
mfiglich ist, unsere underthanen darzuo halten und in gemain nichtfl 
anderlassen wellen, was zae eero des allmechtigen ... die notturfft sein 
wirdet und wir ze thuen schuldig sein. Datum. * 

X. 

Xdnig ferdinAttd an das niederdstemioUselio Boginwat: Befehl, 
dMf Bit der PaWoiniif der 8elibvrgiMiien 8yBedefaMUide.to 
Stillstand gehalten nnd den Oeistlielien kdn Oeriehtüwang oder 

Gerechtigkeit, die sie bisher nicht im Oebrauch gehabt, zuge- 
lassen werde. Prag 1549i Oetober 14. 

(OilgiiiaL AreblT des CnltaMttiniiteriiiiiii» Aeta. 58, Qeik.-GL) 

Ferdinand . . . Wir haben Euer schroibon, des diitum den letzten 
tag nc( hst verschines monats Süpi^uibris stect, betreffent die publicie- 
rung des Saltzpurgischea sinodalmaudats empfangen und vcrnomen, und 
hotten uns gloicbwoU verseben, die erts- und biscboven Saltspurger pro- 
vinta wurden mit pnblicierung solcher mandata, in erwegung, dass su 
ferr«rn bandlung tag angesetzt, auch durch uns zn solcher handhmg 
nnser ansehenlich r&t und commissari gen Salzburg- yerordent worden, 
bis zu verrer vergleichnng stillgestanden sein. Dieweil aber solches nit 
bescbeben und wir von yetot angeregten unsern commissarien, so wir bejr 
angeregten ers- nnd biscboven zu Saltzpurg haben, taglichen ir bandlung 
nnd ansriebtung relation gewartendt sein, gedenken wir derselben rehi- 
tion und ausricbtung zu erwarten und mit publiciemng widerwertiger 
mandata noch xnr seit still zue steen. Doch ist unser will nnd bevelGh 



Das Datum ergibt sich aus eiiiom boiliegondon Schreiben Herzcp Wil- 
helms an Karl V. llerzofr Wilhelm bestätigt darin den Enijtf'anj;; des 
kaiserlichen öchreibens vom 4. Juli mit der Mahuung, seine Käthe nach 
Salrinug «b w MWPdBB, Br habe dies getban, wie die beiliflgmde Ibi- 
strnetlon answeiM. Da das Schreiben dee Heraoge vom 4. September 
datiert ist, wird das Datum der Instruction wohl von einem fiQberon 
Datum soin, xamal als der Tag der Benthnng auf den 1. September fsst* 
gesetst war. 

23« 



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an Eochf daes Ir iiiuuigwdi«ik und unTerhindert Boloher maadsta uns in 
unsern I. f., aucb ansern landt«n an danellmi bargobrachten obarkaiten, 
Jurisdiction und rechten nichts entsiehan noch die geiattiehen ainichan 
gericbtsswang oder gefeehtigkeit, deren sie bisher nit im gebranch ge- 
wesen, emnemen lasset noch gestattetp sonder nns bey unser Jotisdiction 
und rechten handhabt und uns davon bis aaf verrern bescbaidt nichta 
entstehen laset . . . Geben in nnserm kgl. sloss zu Pia^ am 14 tag 
Octobris anno im 49 unserer reiche des Bomisohen im neuniehenden und 
der andern im drey und iwansigisten. 

Ferdinand. 

Ali mandaium doinini regis pro- 
prium 

Wagner. 

Siegel verletzt. 

Den ersHincn . . . Statthalter, cauixler, regeuteu und räten unsers 
regimenie der a. Ö. lande. 

In dorso: Antwurt der general halben, die die geistliehen ausgeen 
lassen und der 1e.M* obrigkait au handhaben 21 Oct. 49. 

Dmes kgl. befelelw ingedenk au sein und bei der canslei lu beha- 
ben und disen bevelch dem hen'n landtshaubtman und Titidomb ob der 
Ens, Steir, Kärndten, Crain, Görz und dem herm landmaraebalk albie 
(Wien) m verkünden mit disen wortten, wie hierionen steet. 



kj i.y Google 



Vorbemftrkunppn 131 

1. Die Salzburger Provinzialsjnode von 1549 und dt^r Zwi'ck ihrer 

Berofong 187 

2. InlMÜft d«r ProriiuiabtatalMi 148 

8. Die AngilNiifar Baformirtikfll Karis T. und die Slthlnugisehein 

SynodalÄtatuton , 168 

4. Dif^ Heachwerdcn der Oei«tlichkeit wider die Laien . 166 

5. Kuiiig Ferdinand und sein Verhalten zu den Beschlüssen der Synode 170 
C. I>a8 GuUchten der niederösterreichischeu Regierung über die Ke- 

•eliweideii das CSIeras and die flynodabtataten 178 

7. Daa CHitaehtan dar obarfManeioIiUehaii Reifimmtg 186 

8. Die GuUchten der Stände von OberSfterreioh, Steiennark nnd 

Kärnten Uber die SynodalstAtuton 800 

9. Die Antwort der Stände von Obor<">Hterreich, Steiermark und Kärnten 

aof die Beschwerden der Synode . 888 

10. Die Beeehwerden der stetrischen, kärntniscben nnd oberOsterret- 

«hiachen Landaehaft wider die Oaiallidikeit 888 

11, Der Amgtaf der Salabuger YeriiaDdlungen 886 



BeOagmi. 



1. Die Provinzialstatuten des Erzbiathums .Salzburg 869 

■z. Auf der Salzburgischen Provinsialstatuteu derer von Steier Autwort 264 

5. JX» GraTanüna daa Salabuger derna wider die Laien 884 

4. 2arfiekweinuig dar Beschwerden dnieh die aftririaehe Landaeliaft . 808 

5. Znrtlckweiflong der Beschwerden durch die kSrntniflclie Landaehaft 887 

6. Beschwerden der gteirischen Landschaft wid^r d^n CleruB . , . , 841 

7. Etliche Beschwerden wider die (leiHtliciikeit in Kärnten S49 

8. üaüchwerden der Kärntner gegen einzelne Statuten der Synode . 352 

9. Ana der Lmtmetion der baiiiaehen GeMudtoehaft Ar die Tagaatsvog 

snSalabniy 864 

10* BeHabl Ferdinands I., mit der Pnhlidmng der flintnten atiU an ataben. 

Fing 1649, Oetobaff 14 866 



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EINE DENKSCHlllFT 

DES 

(jßOäSUEKZUÜb U\A(J11MALIG£N KAISEES) 

FÜANZ 8TEPHAN 
VON LOTHRINGEN-TOSCANA 

AUS DEM JAÜRE 1742. 

VON 

D» J, SCHWERjDFEGEE. 



Digiti 



Mit den Vorarbeiten fUr eine Publication tiber den bai- 
riflch^französischen Einfall im Jahre 1741 besebliltigty traf ich 
im Fascikel 341 der Kriegsacten des k. n. k. Haus-, Hof- und 
StaataarcbiTS em dttnnes Heft mit dem Vermerk: ,1. Entwurf 
(„Canevas^) eines Vorschlages zur Beruhigung des deutschen 
Reiches und einer Au^leichung mit Baiem (anonym an den 
Bischof yon Wttr^burg gesendet), Anmerkungen darüber und 
ein Schreiben an den Bischof. Concept tou der Hand des 
GrrOBsheraogs Franz ron Toscana und in Abschrift. S. D. 1741. 
2. Projet pour oontenter TElecteur de Baviere et lui procuver 
le titre de Roi . . . von der Hand des Grossherzogs. S. D. (1741)/ 

Dem verewigten R. Ameth lag^ als er 1863 und 1864 
die beiden ersten Bände seines grossen Werkes Uber Maria 
Theresia yerOffenÜichte^ dieser ^Entwurf noch nicht vor, da er 
es sonst gewiss nicht unterlassen htttte^ am betreffenden Orte 
eingehend darüber zu sprechen, umsomehr, als es sich in dem 
hier wiederzugebenden Sttlok Nr. 1 um einen weitausschauen« 
den, sich zu einer förmlichen Denkschrift gestaltenden Vor- 
schlag handelt Zwischen Maria Theresia, Baiem, Prenssen 
und Sachsen soO auf Grund der Vorschlage des Grossherzogs 
eine Aussühnnng zu Stande kommen, alle deutschen Mttchte 
soUten sich dann gemeinsam gegen Frankreich wenden; durch 
Niederwerfung dieses gefilhrlichsten Gegners solle ein dauern- 
der Friede zu Stande gebracht werden, das concrete Ziel des 
gemeinsamen Feldzuges gegen Frankreich die Rückeroberung 
des Elsass sein, welches dann ,allzcit eines erwählten römischen 
Kaisers Patrimonium sein müsste^ 

Das Stück besteht aus einem »Vorschlag zur beruhigong 
und sicherheitb des gesambten teutschen Reiches* — ein Bogen 
eigenhändiges Concept nebst Abschrift — den ,Anmerkungen 
über hiebejr kommenden Vorschlag', welche — drei Bogen eigen« 

84* 



362 



händlges Concept nebst zwei Bogen Reinschrift — die eigent- 
liche Denkschrift ausmachen^ und endlich einem Briefe an den 
Vermittler, auch wieder CSoncept und Abschrift. Auf der Rttck- 
Seite des ^Vorschlags' ist ein Zettel aufgeklebt, auf dem von 
gleichzeitiger Hand vermerkt ist: ^Projet de main propre de 
S. A. R. pour la pacification de L'Enrope envoie comme Ano- 
nime a l'ÜTeque de Würtzbux^.' Eine andere gleichfalls alte 
Hand setzte dann die irrthUmfiche Jahreszahl 1741 hinzu. In 
das Jahr 1741 ist vielmehr nur Nr. 2 zu setzen, betitelt: ,Projet 
de main propre de S. A. R. pour contenter TElecteur de Baviere 
Sur ses prötensions et Lui procurer le titre de Roy', in welchem 
Franz vorschlägt; gegen Mailand, Parma, Piacenza und Mantoa 
als ,KOnigreich Lombardei' Baiem einzutauscKen, ein Project, 
das auch spftter noch auftaucht und wohl in ein sehr frühes 
Stadium der Verhandlung mit Baiem zu setzen ist, da ja, wie 
im Weiteren zu bemerken sein wird, bereits im August 1741 
viel grossere Zugeständnisse an den Mttncbener Hof gemacht 
wurden. 

Dass Nr. 1 in das Jahr 1743, und zwar in die Zeit vor 
dem am 11. Juni 1742 zu Breslau zwischen Oesterreich und 
Preussen abgeschlossenen Präliminarfrieden gehört, ist mit voll- 
ster Bestimmtheit aus dem Inhalt der Vorschläge zu erweisen. 
Aus dem oberwähnten Zettel erfaliren wir denjenigen, dessen 
Vermittlung der Grossherzog in Anspruch nahm, und in dessen 
Hände er seine Schrift sammt einem Begleitschreiben gelangen 
Hess. Es ist dies der Fürstbischof von Bamberg und Würz- 
burg, Friedrich Karl Graf Schönborn, der 29 Jahre Reichs- 
vicekanzler und unter Karl VI. Mitglied der Conferenz gewesen 
war.^ Auf die Thätigkeit Schönbom's als Reichsvicekanzler 
zielt die Stelle im Begleitschreiben: ,Ew. fürsd. Gnaden, welche 
in Reichsgeschäften bekanntlich von iugend auf geübet'. 

Der ganzen Schrift liegt der Gedanke zu Grunde, dass 
ein deutscher Patriot, ,ein wahrer, seinem Vatterland völlig 
ei^ebener Teutscher', der jedoch sein Incoguito nicht lüftet, 
diese Vorschläge an den Fürstbischof gelangen lüsst, welcher 

* Ueber SebOnborn vgl. Arnetbt Prins Engen IH, B. 294, 451. Bakbsvice- 
kantler war er vom Februar 1705 bis Mai 1734; vgl. Kroischinayr: Das 
deutwhe R^ichsvicekanzleramt. Wltn 1S97. St iuiratnlMTna k aus J.mii 
Archiv für Osterr. Goscbicbte, b4. Bd., ti. 74 uud 77. Er sUurb am 
25. Juli 1746. 



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4 



m 

«Is VertraueBsmann Karls VII. — auf die VeTsOKaaDg mit 
diesem zum Zweck eines gemeinsamen Voigehens gegen Frank- 
reich ist das Hauptaugenmerk gerichtet — einerseits, als lang- 
jähriger Freund dee Wiener Hofes andererseits, als die geeig- 
nete Persönlichkeit die Vermittlung zu llhemehmen erscheint, 
umsomehr, als Karl VI I. selbst, noch als KurfUrst, im November 
1740 durch Schönborn Vorschlttge an den Wiener Hof hatte 
gelangen lassen.^ 

In der That nahm sich der Fürstbischof der Sache an. 
Heigel &nd im* bairischen StaatsarchiTe die Spuren diesbezfig- 
lieber Verhandlungen, namentlich einen Brief Schdnbom's an 
Karl Vn. vom 27. Juli 1742,' ohne freilich in der Lage au 
sein, den Urbeber jener Verhandlungen, Franz von Lothringen, 
zu kennen. Doch der unglückliche Karl VH. war von seinem 
Bundesgenossen, Frankreich, nicht zu trennen und wies die 
rettende Hand zurück, die ihm weit günstigere Bedingungen 
bot, als sie dann sein Sohn Max Josef drei Jahre später im 
Füssener Frieden eingehen musste. 

Die Vorschläge des Grossherzogs sind durchaus massvoU, 
der Lage der einzelnen Mächte im Frühjahre 1742 trefflich 
angepasst, und namentlich die in den ,Anmerkungen' nieder- 
gelegten Betrachtungen und Orundsätze bezüglich der Reicba- 
polittk entsprechen vollständig dem Wesen des klugen, ver- 
söhnlichen, die gegebenen Verhältnisse würdigenden, doch, 
persönlich gegenüber der gewaltigen Herrschernatur Maria 
Theresias, seiner Gemahlin, mehr in den Hintergrund tretenden 
Fürsten, als der uns der nachmalige Kaiser Franz von Lothrin- 
gen auch sonst erscheint. 

In schlichter Weise meint der Grossherzog, es werde 
nicht leicht sein, alle in diesen Krieg Verwickelten zu befriedi« 
gen^ Jedoch ist einem guten patrioten al Zeit erlaubt, seine 
Gedanken zu eröffnen und denen mehr erleüchten zu besserer 



' VgL Aruetb: Maria Ihoreoiatt erste Kegierungsjahru I, Ö. 177. üuber 
die Stellaog des Fttratbiaobofii sagt der OnMaltenog: ,Da» groMe Ver- 
trenen, so Se. KMjt\. meyat wie bülig, nicbl weniger des gesambte Söm. 

lieich in Ew. fürsi!. (ms Hetzen, ist wi'Mkündig, der wienoriache Hof lat 
ebenfalls von der lange Zeit dahin bagenden Freundacheft rOllig ver* 
sichert/ (Im Begleitschreiben.) 
' Hetgel: Der SstorreicUische Erbfolgestreit und die JCai«erwahl KarkVII., 
6. 889 und Anm. iM wnm IX. Cap. 



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a64 

Überlegung nnd ausarbeitung zu ttberschickeo'y eine Bescheiden* 
beit, die gar vortbeilhaft absticht gegen den allzu bestimmten 
Ton, den viele weit weniger Berufene anschlugen^ die in den 
Jahren 1741, 1742 und 1743 — namentlich Ton englischer 
Seite her — mit Projecton hervortraten. 

Die Denkschritt ist ohne Datirung, doch iMsst sich aus 
ihrem Inhalt ohne Schwierigkeit der Zeitpunkt der Abfassung 
feststellen. 

^Kaiser' und .Baiern^ sind identificirt| ^kaiserliche Truppen^ 
und jÖRterreichische Truppen* werden als gesonderte Bestand- 
theile der gegen Frankreich ;mf/nstellenden grossen Keichs- 
armee genannt, .Kaiser* und , Wiener Hof* sind im Begleit- 
s( Ii reiben an den Fürstbischof einander gegenübergestellt.^ Die 
Kaiserwahl ist somit schon vollz _ ' ti mit dem , Kaiser* der am 
Januar 1742 gewählte, am 12. Februar als Karl VII. ge- 
krönte bairische Kur(\lrst Karl Albrecht gemeint. Sieh mit 
diesem auszugleichen, ihn der unseligen Verbindung mit Frank- 
reich zu entreissen,^ zum Bündniss gegen Frankreich zu ge- 
Winnen, ist die Hauptabsieht de^ Grossherzogs. Beachtenswerth 
ist auch der Umstand, dass Fran?: von Lothringen kein Be- 
denken trägt, seinen Gegner und Mitbewerber um die Kaiser- 
krone bei dieser Gelegenheit ohne weiters als .Kaiser' und ,ge- 
krOntes Oberhaupt* zu bezeichnen, trotzdem ihn der Wiener Hot* 
als solchen, weniijsteiis hei seinen Lebzeiten, nie anerkannt hatte.' 

Gibt uns die Wahl und Krönung Karls VII. den terminus 
a quo, so bietet uns der Umstand, dass auch Preussen noch 



* Vgl. auch die Stelle ,Anioerkuiigeii', Punkt 5, Utiterabthenmig b: «alle 
niichtiee de§ Beicha Mint in Waffen: der Kayser, clor Königin Preuaten, 

die Krmigiii in Hnnparn, Chur.sachseii, (.'Inirpfaltz, C-Inirhanover.' 
' Punkt 5, 6 dor ,Anim'rIum»r<^ti' : .K< rillen wcrhiineinonden Keich><ft;inden 
daran gelegeu, ihr gekrOnteH Oberhaujit aii8 dum franzU.f ischuu 
Joch SU sieben und da« Teutsche Reich von einem so gewaltlgeu Erb- 
feind au befreyen/ 

* Ifaria Theresia neiint ihn notsh im Deeember 1742 ^vcrhlcndctun Kur* 
fQrsten und anma^-sliches Hoichsoberhaupt'. Arnetli: M.iria Thorosia II, 
S. 507, Anm. 21. Doch sprielit auch sie «päter von ihrer Thr.!!nahine 
Uber die unglUckUuben Begebenboiten und den Tod des ,bainKchen 
Kaiwn*. Ameth: ,Z«rei DenkiehriAeu dw Kaiaarin Maria TherwiaS im 
ArchiT f&r Itoterr. Oeechicbte, 47. Bd., 8. S06. Dia Anerkennung Karls VII. 
als Kaiser von Seiten Ocstorroichni erfniierto oftifioll erst naeh seinem 
Tode, im FUssenor Frieden. AmeUi, 1. c III, 23. 



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* 



365 

anter <1en wider Maria Theresia im b eide Steheuden genannt 
wird, dt'ü lerminus ad quem, nämlich den 11. Juni 1742, den 
Tag des Abschlusses des Breslaucr Präliminarfriedens, .la, 
dieser terininus ad riuem wird noeh näher zu fixircn sein, wenn 
man erwägt, dass der Grosshcrzog in seiner Sclirift die Räu- 
mung Mährens verlangt, das also zur Zeit der Altfassung unserer 
Denkschrift noeh von den Preusbcn besetzt war. Die Häumun«:: 
Mährens erfolgte Ende April 1742, drei Woi-lien vor der Selilaelit 
bei Chotuiitz.' Ferner wird in den ,Aumerkunf;en' drr fran- 
zösische Marschall Mailebois erwähnt, der anfangs 1742 be- 
stimmt war, mit seiner Armee Hannover zu bedrohen, uml der 
im September 1742 den bmtsatz Prags, in dem sich der fran- 
zosiselie Marschall Oraf Belleisle befand, versuchte * Da er 
in der vorliegenden Sehrift in V^erbindting mit Hannover L'e- 
naunt wird, so weist auch dies auf die erst*-« Hillfte des Jahres 
1742. Ebenso sagt der Grossherzog: ,Die newe frantzösische 
hijllf8-V?5lker, so der Duc d'Harcourt fUhret, seheinen sich zu 
der Donan zu wenden/ Gemeint ist der französisehe Marschall 
Harcourt. der 7.n Beginn des Jahres 1742 den Hhein über- 
schritten hatte, mit dem Auftrage, die österreiehischen Streit- 
kräfte aus l»aiern zu vertreiben und der. in dem Bestreben, 
Passau zu nehmeu, am 2K. Mai 1742 das Gefecht bei Hilkers- 
berg z%vise)ien Niederaltaieh und Passau gegen die Oesterreicher 
verlor.'^ Baiern wird als dem Kurbause ,wiedernm einzuräumen' 
bezeichnet, was sieli auf die Eroberung dieses Landes durch 
die Truppen Maria Theresias im Januar und Februar 1742 
bezieht. Ausserdem ist die Rede von 30.000 Franzosen, die 
in Böhmen stehen, die Truppen Belleisle's. 

Air dies weist uns mit der gröbsten Bestimmtheit anf die 
ersten Monate des Jahres 1742 als Abfassungszeit unserer 
Schrift. 

Die Situation ist demnach folgende: 

Maria Theresias ärgste Bedrängniss ibt bereits vorUber. 
Der jähe Umsehwung, der durch den um Neujahr 1742 be- 
ginnenden gluekliehcn Zug Khevcnhiller's nach Oberöster- 
reich und Baiern hcrbeigeftihrt wurde, ist bereits cinge- 



> Anieth: Maria TtieredU II, S. 46. 

• Ebenda, S. 117, 123. 

* £ben<U, ä. 91, 97. 



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366 



treten. Baicrii und seine Ilauptstudt sind von den Oester- 
reichern bcsetzL. Dessen Herausgabe gegen eine Entschudi- 
gung bringt der Grosshcrzog unter Anderem in N'orscblag. 
Die Kaiserwahl dagegen ist zu Ungunsten des Wiener Hofes 
entschieden. 

Die Franzosen und Sachsen stehen in Böhmen und Prai:, 
sind aber nicht mehr in der Offensive. Die Preussen h;dtuii 
Mähren besetzt, in welches Land König Friedrieh mit Brucli 
der Kleinschnellendorfer Convention eingedrungen war. 

Bei diesem Stande der Dinge tritt der Grosslu r/onc durch 
Vermittlung des ehemaligen Reichsvicckanzlers au Karl VII. 
mit seinen Vorschlugen heran : Das Haus Baiem soll sein 
Stammland wieder zurückerhalten, aber das Lund jenseits des 
Inustromes soll an die Königin von Ungarn fallen, wie denn 
das, freilich erst 37 Jahre spUter, der Tesehnor Friede ver- 
wirklichte. Baiern soll für seine ErbansprUchc mit Vorder- 
österreich entschädigt werden. Das scheint auf den ersten 
Blick ein hoher Preis, umsomehr, als Karl VII. — allerdings 
nur in seiner Eigenschaft als deutsches Reichsoberhaupt — das 
zu erobernde Elsass als ,Pati*imonialland* zugewiesen wird. 
Doch wenn es gelang, Karl VH. von den Franzosen zu trennen, 
80 war viel gewonnen. Noch standen bairifiche Truppen in 
Prag, noch hielten französische Regimenter einen Theil Böhmens 
sammt der Hauptstadt besetzt im Namen Karl Albreehts als 
,Königs von Böhmen*, noch focht das allerdings nicht zahlreiche 
Heer Karls VII. auch in Deutschland Schulter an Schulter* mit 
den Franzosen. Gelang es, diesen von Frankreicli zu trennen, 
so fiel auch die von den Franzosen fortwährend behauptete 
Fictiou, sie seien nur die Hilfsvölker Karls VII. und stunden 
mit Maria Theresia eigentlich nicht im Kriege. 

FUr wie wcrthvoU am Wiener Hofe, allerdings in einem 
früheren Zeitpunkte, ein Zusammengehen mit Baiem angesehen 
wurde, beweist die am 26. August 1741 abgehaltene Untere 
redung Maria Theresias mit der Kaiserin -Witwe Amalie, der 
Schwiegermutter des Kurfürsten; nebst den Niederlanden oder 
der Lombarde war Ifaria Theresia endlich selbst bereit, die 
Vorlande an Baiem abzutreten, wenn der Kurftlrst sie vor 
einem Verluste in Schlesien bewahre und ihrem Gemahl seine 
Stimme bei der Eaiserwahl gebe. Gleiche Vorschläge hatte 
der Wiener Hof im October 1741 in Paris und bei Belleiste 



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367 



in Frankfurt einbringen lassen.* DIcsom gcj]fenl\ber — Ab- 
tretung der Niederlande und der Voriuude — bedeutet der 
Vorsehlag des Orossher/ogs — Austausch der Vorlande gegen 
das Innviertel — bereits eine ganz gewaltige, der Lage von 
1742 angepasbte Minderung des Angebotes österrticliisclicrseils. 
Er ist viel massvoller und politisch möglicher al» das gleich- 
zeitige Project des englischen Staatsmannes Grafen Stair, Be- 
volhnilchtigten im Haag, der unter Zustimninng Georgs U. und 
des leitenden englischen Ministers Lord Carterets vorschlug: 
Karl VIL solle die bis au die Summe zu erweiternden öster- 
reichischen Niederlande nebst LoUiriDgen, Strassburg, filsass 
und Burgund erhalten. Baiern dagegen an Maria Theresia 
abtreten.^ 

Wie bereits bemerkt, ging Karl VIL auf den gewiss niclit 
unbilligen Vorschlag des Grossherzogs, Friede und Abtretung 
des Innvicrtels gegen die Vorlande nicht ein, somit die herben 
Worte Maria Theresias rechtfertigend, dio sie am 31. Milrz 
1742 an einen der hervorragendsten östorreicliischen Diplomaten 
jener Zeil, den Freiherrn von Wasner, nach London geschrie- 
ben hatte: ,Sich mit der Hoffnung zu schmeichlcn, dass Chur- 
bayern von 'l<'ncu französischen Fesslen, wan es gleich wolle, 
sieb zu cntöclUUten vermöge, wäre just so viel, als sich Selbsten 
betrügen und verblenden zu wollen.*' 

Und als endlich Karl VJI. im Herbst 1742 durch Ver- 
mittlang Englands Vorschläge machen wollte und den Verzicht 
auf seine Ansprtlche gegen Abtretung von Vorderüsterreich, 



s Arneth: Mnria Theresia I, S. SS7, 238, »29, 880. Tergleii lit n wir hie- 
mit den obeu (S. 362) genannteu eigenhändigen, iinseror ,r)oiik!>rhrift* bei- 
lifprenden Entwurf dos Orosshcrzogs, ,Projot de inain propre de S. A. K. 
poiir cuuteuter rElecteur de Baviere . . etc., der den Eiutauädi Baioru« 
gegen die su mnem KOnijpraich m «rhAbende» Osterreiehiscben Bwitoun- 
fen in Itatiea (Mailand, Parma» Piaeensa nnd Mantna) in Vonchlafp 
bringt, ao kommen wir zu dem Resultat, duss es sich hierin um ein 
frClheres Ptailinm der Verhandlungen mit Baiern handelt. Da» italionisrh- 
bainf<'he T.uiscli]jruject des Grossherzogs dürfte in die Zeit vor Auguät 1741, 
vor der durch Frankieichs offunun Anschluss an die Feinde Oesterreichs 
entatandenim groHOn Badräugnis Maria Therasiai au setaen sein. 0er 
Gedanke diesea Taoaebes kehrt abrigens npch in einer alteren Periode 
dea Osterreich ischen Erbfolgekrieges wieder. 

» Ebenda, II, S. 115 und 202. 

• Ebenda, II, ä. Ö07, Anm. 16. 



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des 

der Waldstädte und des Egerlandes in Aussicht stellte, ja durch 
den kurmainzischen Bevollmächtigten in Wi(Mi direct mit Maria 
Theresia unterhandelte, da war es zu spät. l>i'^ Königin hatte 
mswifichen ihren Frieden mit dem gofkhrlicliHten Feinde, 
Preussen, f^cschlossen und antwortet« jenem BevoUmUchtig^ten, 
einem Freiherm von Erthai, in ihr(;r entschiedenen Art, als 
eine Vergrössening Baierns auf Kosten Oesterreichs verlangt 
wurde: ,nein, ich «xcbe einmahi nichts her,** 

Ja die Monarchiu dachte bereits an eine Ent^< li;iflif,nitij£j 
f[\r das verlorene Schlesien durch bairische Gebietsthoile.* 
Auch dies wieder weist auf das Frühjahr 1742 als Entstehungs- 
<ett unserer Seln-ift Mn. 

So weit die Beziehungen zu Baiem. 

Franz von Lothringen schlägt ferner vor: Preu8sen soll 
Niederschle^ien, Sachsen das Herzogthnm Sagau eventuell als 
prenssisehes Lehen erhalten. 

Der HaujHvortheil fVir Maria Theresia sei darin zu snchen, 
dass sie durch diese Abtretungen in den ruhigen Wiederbesitz 
der yobschon in Grund und Boden verd -rhenen*, von den Fein- 
den ztt räumenden linder B^jhmen^ Mähren und Oberschlesien 
gelangt. 

Nun schreite t dor Grossherzog zu dem ihm am meisten 
am Herzen liegeudcu Punkte seines , Entwurfes* vor, in dessen 
^Anmerkungen' er Töne anschlägt, die an die Zeit der Be- 

freiungskripfr** erinnern. 

Alle Friedenscliliesscnden, der Kaiser, die Königin von 
Ungarn, der König von Preussen, Sachsen, Hannover, Köln, 
Hessen, sowie die Seemächte, ,welchc die Noth erkennen, 
Frankreich ein wenig zu stutzen','' sollten gegen dasselbe ge- 
meinsame Sache machen; erst, wenn dieser , wahre Kcichserb- 
feind' übcrwUltigt und ihm das zum Iteiche gehörige Elsa.ss 
entrissen worden sei, würde auf viele Jahre Kuhe sein und 
des ,teutschcn Reichs Herrlielikeit wiederunib hervorleuchten*,* 
, Durch diesen Vorsehlag würde Frankreichs Macht gcschwiicht, 
fcinf aninassende, despotische Arth gedämpft und der wahre 
Kcichs-Erbfeind ausser stand gesetzt, femers im Keich den 

' Arneth: Haris TbeMria II, S. 606» Anm. 18 ond S. 804—206 des TwcIm. 

* Ebaiidm, 8. ft06, Anm. 29. 

* V^'l. in <1cn ,Aiitnorkunfreii' des Oroanhenogs Punkt 6, Utitembth. 5. 

* Ebend», Punkt 6, Unterabtb. 6. 



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869 



MeiBter sn spiehlen.'^ Es w^tre der ganzen Welt zu zeigen, 
^dass, wenn der höchst Monarch sich mit seinen gliedern halten 
will, sie im Btant seynt, sich Ton keiner macht was vorschnM- 

ben zu lassen; sondern im Gegenspiel mann and( r( n vor'^chrci- 
ben könne*. Die geringeren KeichsstHnde, die bisher Frank- 
reich fürchteten, würden ,in Ansehung der Stärke des Reichs, 
so bald mann will, susammenhalten'.^ 

In den Erliiutemngen zum Punkte 6 seines Vorschlages 
beschäftigt sich Franz von Lothringen mit dem gegen Frank- 
reich aufzustellenden Reichsheer in der Oosammtstärke von 
^71.000 Mann. Hiezu sollten stellen: der Kaiser 25.000 Mann, 
Preussen HO.OOO Mann, Hannover und Sachsen je 20.000 Mann, 
Maria Theresia 40.000 Mann, Holland 30.000 Mann, England 
16.000 l^Tariii. Köln und Hessen je 10.000 Manu und die kleine* 
ren Reichsstände zusammen 20.000 Mann. Betrachten wir diese 
Ziffern, so illllt auf, dass das grösste Contin^r nt mit 80.000 Mann 
Preussen zu stellen gehabt hutte, dessen militiüis( li<^ Bedeutsam- 
keit vor allen anderen Heichsständen dem Grossherzog nicht 
entgeht. ^\':\t es aber das stärkste Glied der Hundesarmee, 
so war damit implieite auch seine Fuhrerschaft in dem Kriege 
gegen Frankreich enthalten, wenn sich auch Uber die Ober- 
leitung dieser Armee der Grosslierzog noch nicht bestimmt 
aussprirlit. der nominelle Oberbefehl jedenfalls von Karl VH. 
als Reiciisoberhaupt wftre beanspruclit worden. 

Erwügt man noch, dass als ideales Ziel des Feldzuges 
die Niederwerfung Frankreichs und die Beseitigung seiner 
Machtstellung in den deutschen Angeh irridtciten, als reales 
aber die Rückeroberung des Elsass geplant ist, welches Land 
^allzeit eines erwählten römischen Kaisers Patrimonium seyn 
mttsste', so ist CS schwer, den Gedanken an das Analogen des 
deutsch-französischen Ft Id/uges von 1870/71 zu unterdrücken. 
Mit besonderem Nachdruck weist der Grossherzog darauf hin, 
dass jetzt (1743) der günstige Moment sei, gegen Frankreich 
vorzugehen, ,so vielleicht in vielhundert Jahr sich nicht mehr 
ereignen wird*.* Betrachtet man die T^age Frankreichs im Jahre 
1142, so mnss man dieser Ansicht vollständig Recht geben. 



1 Vgl. »Anmerkmtgen', Punkt 5, Unterablb. 4. 

* Ebenda, Fttnkt 5. UnlerabCh. 7. 

* Vgl, ^nmerkan^vn* so Pttokt 6 (Untembth. 5) und mn Punkt S. 



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370 



Die schöne französische Armee, die im Aueust 1741 so 
prunkend den Rhein Uborsehritten und den Kurfürsten Kurl 
Albreeht bis wenige Meilen vor Wien jp^efUhrt hatte, war auf 
30.000 Mann zusammengeschmobsen, in Prag zu sa in menge drängt 
und r^ ni Untergange nahe, dem sie freil'K-)) dann Belleisle 
durch den schauerlichen Zug von Prag nach Kger im Decem- 
ber 1742 entzog. Cardinal Fleury brach fast zusammen unter 
der Last des Unghtckes, das sich seit Beginn dos Jahres 1742 
auf Frankreich gehiiuft hatte Eine oner^sclic Diversion der 
Seemächte von den Nicderhmdcn lu r hutte die Kratlt Frank- 
reichs gebrochen. Um das Ziel der Wiedereroberung des 
Flsaas zu erreichen/ hUtte es allerdings des vom Grossherzog 
so sehr angestrebten Zusammengehens der dcutscht u Milchte, 
der Geneigtheit Baierns und Prcussens, auf die Vorschläge des 
Grossherzogs einzugehen, bedurft. Und hiezu kam es nicht. 
Karl VII. wäre wohl zu einem Frieden geneigt g'owesen, keineS'» 
wegS aber, ein BUndniss gegen die Franzosen einzugehen. 
Und was Künig Friedrich von Preussen anbelaiiut, dessen 
Armee eine hervorragende KoUe in dem aufzustellenden Bundes- 
heci'C spielen sollte, so wies er noch im selben Jahre, als ihn 
die Engländer mit dem vorhin erwähnten Stair'scliea Project 
bekanntmachten und zur Mitwirkung in der Allianz gegen 
Fi-ankreich (zugh U li mit Holland und Karl VII.) aufforderten, 
dies auf das Schroffste surück.^ 



' Nftchdrack bt vom GroMhersog darauf gele<;t, dase das au erobernde 
Elsaas Karl VIl. nicht erblicb, sondern nur in «einer Eigenacbaft ata 

dermaligea Reiclisoberhaupt angehören solle, dass die Eroberaog^ gemacht 
werden gollf, ,umb dem römischen K.iv?>fr als Knysor ein Patrimonium 
zu verschatieri', da;if« das Elsasä ,alzoit eiue» erwehlu ii if^mijifhrn Kay-t'i.'i 
Patrimonium »ein müt<to', da^ sin geschehen sollte, ,uiub dem haubt dm 
tetttaehen Tattertaod« und seit liebem Kav.ser . . . gedachte landgraf- 
aehaft an venchaffen*. Dieses Betonen des nur an die Wilrde, nicht an 
die Person p^« knüpften dereinstigen He-it/' ^ Iii <t die HofTnuni: des GrosM- 
herzogs durchschimmern, ninst mit d< r Kaijserlirono auch in den Besitz 
diese« I^andcs j.n «»ßlangen. l>a.s» nicht auch Lothringen, das Stammland 
Franzens, erwaiiut wird, mag wohl darin seinen Grund liabon, dasä der 
Grossheraog in dieser Frage In Hinsicht auf Toscana staatsrechtlich ge- 
bunden war. Dass im Falle der Erwerbung de« Elsass auch die Stellnng 
Stanislaus Lesaczynt^lii's, des damaligen ße«itaer8 Ton Lothringen» unhalt» 
bar c»'n'ordon wäre, ist selbstverständlich. 

* Vgl. Ameth» Maria Thereeia U, S. 203 und S04. 



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871 



Die Durt ilfnhrttng des Hauptgedankens der vorliegenden 
Schrift fies Grossherzogs, einen clauernden Frieden herbeisu- 
ftkhren durch eine allgemeine Erlicbung gegen Frankreich, war 
erst den Jahren 1813 und 1H14, die von ihm geplante Rück- 
eroberung des Elsass dem Jahre 1871 vorbehalten. 

Eine warme, zuversichtliche Stimmung geht durch die 
ganze Schrift his -^um Schlusssatz, der mit den Worten beginnt: 
yGott gebe seinen Segen darbejr und hellfe ans allen aus dem 
elend/ 

Es folgt nun im Nachstehenden die Wiedergabe der 
Schrift. Was das Verhältnis zwischen dem Ocmcept und der 
Reinschrift anlu bingt, so sei bemerkt^ dass sich letztere — so 
weit erkennbar, denn das Concept ist auf fünf Bogen mit 
flüchtiger und wohl nur dem vertrauten Sin retär, der die 
Reinschrift besorgte, gilnzlich entzifferbarer Schritt hingeworfen 
— hauptsächlich die Aufgabe setzt, die Diction des Groseher- 
ssogs, die in dem Franz von Lothringen eigenthümlichen Deutsch 
mit französischen Anklilngen gehalten ist, dem damaligen Stil 
und der damaligen Rechtschreibung anzupassen. Im Concept 
hin und wieder bloa durch einzelne Worte Skizzirtes ist in der 
Reinschrift zu Sätzen verbunden, die prägnanten Ausdrücke 
des GrossherzogB sind sorgsam beibehalten, weder der Inhalt, 
noch die im Concepte durchgeführte Eintheilung in sechs Punkte 
iUr den ,Vor8chlag* und dir , Anmerkungen', wovon der Punkt 5 
der , Anmerkungen* als der limiptsHehlichste wieder in sieben 
ünterabthcilungen zerfUllt, im Geringsten geftndert. Unten- 
stehende Probe möge das Verhältnis der Reinschrift zum Oon- 
oepte illustriren.^ 

Im Schreiben an den Fürstbischof ist die Aufschrift 
,Hochwördigster Biscboff, (irnlldig.ster Fürst und Herr*, sowie 
das einmal vorkommende Wort ,höchstderoselben' erst in der 



* 1. B. (AoorarkiiDgeD' Fookt 6. 

Coneept: ReiiMebrift: 

f. . . das wan der alorhogsto Mon- . . das wann der höchst monarch 

ark Sig' mit Sfuien ^'lidorn wol isirli mit «ninnn ;_'liedem halten will 

halt Si iiii»t»laiit Sein lum k»iii »ie im staut »ejut, Mich Ton keiner 

ander Fui«anco Sich was uor Zu- macht was vorschreibdu zu lasseu, 

•ehMiben laaen and ocontrer er «ondem im gegenspieil umbii andenn 

in voiaobreiben kann.* Tnisdureiben kSnne.* 

Ueb«r dM Qronhenoga Sefanikavt vgL Ank«tb: Maria Tkamia X, 8. lt. 



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372 

Rpinsrlirift vorlianden. Das Conccpt dagofjcn tniijt fUc Auf- 
scln ift vmi tli-r Hand des GrosslnTzofifs: JtMic a l»'\'eke de , . / 
Als Titulatur rindet sich .Ew. fui^ll. (Jnaden' im Concopt. 

Im Naclifolffendcn sind , Vorschlag*, .Anmerkun«^:»'!!' und 
dvr Ih'k'i' au Schönboru narli der lieinsclirift, also in der Form, 
wif sie naeh dem Wunsehe des erlauchten Autors an den 
Fürslbiscbof gelangten, wiedergegeben. 



«Vorschlag cur beruhigang und sicherheith des geiambten 

teutiohen Eeiohs.* 

(Titel «nf dem Racken des Concepta: ,Projei de main propre de 8. A. R. 
ponr la pacification de L*Earope, eoToiA comme Anonime k TBregne de 

WttrlBlroif.*) 

1" witre dem Chiirhans Bayern scino hlndor wiodcrumb einzu- 
räumen, l'is ihn ilon innlhiss ristcrreiohischerseilhs, so der Könitrin in 
Hungern zukuiumeu gflif» und gedachter fluss zwischen hpydi u hindern 
djp Gräuitzschoidung zu maclien hätte, dargcgeu solte höchst i:«-.l;ichte 
Kmiigin dero vorderösterreichiscbe lander an das Cburhaus liayern 
abtretten. 

2" Der König in preüssen wftrdo crant/ nii .i. i vschlesien. aiisin noni- 
nien das Her/ogthumb sagau, welcb(;s churäachi>ea zu Tbeil würde, eigen- 
thuoiblich behalten. 

3** Die Knnii^in in Hiuil-"" rn wird nobst doTii stricli vuii IJaycrland 
bis an den Innlhiss Ihre übrige teütsche Krhhm kM* ab (.»i-sierreirli, Beli- 
men, Mähren und oberscldt'sien b^ybebaiteu und selbe vou allen freuibden 
kriegsvolk erlediget werden.' 

4** Das herz'itrthnnih sai^Mn snMc ;ui ( 'hnrMiclisoa fallen, Jedoch in 
Niedorschh^sien dem K»>nig in |)reü>>' ii /.n h liii i^< ln'n. 

5" Ubbenihrte sieh al^so Wrlniiih n h' ni;i< liti' tsowohl. als da^ u'"e- 
sainbte Uüm. ßeicb soltcu eine gemomschafl'tliche Sacb macheu, umb dem 



Der UitiHtand, dur Gro>sltcrzog auch ,Ooj«terroicli* unter den von 

frt'in.h'ii» Krif<r-v(ilk jcii ,erl eil igen d(>ii' Ländern anführt, wfi«t wieder auf 
d.-i.s Fiühjahr 1742 als AbfaMsung^tzeit untrer Schrift hin. Kode Februar, 
AnfangR Mäns 1742 nämlich, darcbatreifle die preiUMhche Reiter^ die 
beiden nOrdUehen Viertel von KiederOüterrelch. Die Ziptiten'nelien Ha- 
Mren drangen bis Stockenui and Komenbnrg vor. Vgl. Araeth: Maria 
Theresia II, S. 40 und 41. Daselbflt auch aber die SteUun^^ der Saehseu 
bei Iglaa. 



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373 



Rom. Kaysor als Kaysor ein Patrimonium zu verRchaffon und dieses 
köute dio land^raft'schaft Klsas, so ohnedem ein Beichslehn wäre, be- 
ireffen, untl all Zoit eines erwehltenßöm. Kaysers Patrimonium seyn müsi«. 

fi* Hier zu mfiste aufgemacht werden, wie Viel ein Jeder Kriegs- 
\'olk zu geben hiiUe, umb dem Haubt des (« ntschen Vatterlanda und 
Zeitlichem Kajser jeUt gedachte landgmfschttft zu verschaffen.' 

«Anmerkniigeii fiber hiebey kommenden Yorschlag.* 

,l)as absehen dieses gantzen wprks gehet nur dahin, das arme 
Vatt^rlandl einmahl aus dem biuthigen Krieg zu tWwn imd m Verhin- 
ii»'ni, (las die «rliodor dos Reiclis sich nichf selbst (Mi aiissor sta/ul sftzen, 
ihrem wahit ii Feind zu wid««rstebf»ii. liior zu wäre auszusuchen, alle zu 
befriedigen, wi lche dennalilen in dem Krieg Verwickelt seint, so nie 
leicht sein wini, jcddrh ist f'inf»m giitbcn patrioten al Zeit erlaubt, seine 
£rr»dankr ii zu t rötlnr n und deiiou mehr erleüchteu Zill' besserer überlegaog 
and auüarlieitunyf zu überschicken. 

Zu vor aber ist diesem w^erknoch eine kurtze auslegung boy zu fQgen. 

1** Die auswechsluntj eines kleinen Theils von Bayerland gegen 
die sotjenaniite Yordfrr»Htei r<'ichische ländcr scheinet dem Churhaus IJayern 
/um bi'snndfM ü Vortheil zu seyn, es ist sicher, das selbe länder so wolil 
iu erti-aguus als in der Grösse mebrers als das- churbayensclif ionscitha 
des inns gegen Oesterreich gräntzcmle land ausmaoliet. die Vorderoster- 
reirhische länder stusst'u zum Tbeil Mlmmittclbahr ahn die churbayorische 
iiud endigen sich bey der landgrafscluift Klsas, welches mann dem Kaiser 
als ein kayserlichc^ patrimonialland /.ii gedenket. 

2" Der König io pi oHwen kaim mit Niederschlesien wohl Vergnügt 
seyn — da.s hei-^ngthumh iiagan, s»» darvou gctreunet würde, ligt in einem 
Kk und ist V n kein« ] s^dchen wichiigkoith, das es dem köuig in prettssen 
einige ungern ütlilichkoit machen könte. 

3" Obscbou die Vorderösterreichiscbo länder ahn das diurliaiiK 
liayoi u abgetn tten und din Königin in hungern ahn deren statt die un- 
gleiche auswochslun^' mit dom Thfii von beyern was .Tenseiths des inn- 
fln«s ligt sich bf friedi!^. müsto. sn ist doch die^^os kb*ijie stnk land so ge- 
legen, da« es der K«inif^in aii^täntÜLT seyn könte, nebst deme überkommet 
sie dt'ii i"uhigen wifdorln-sitz dfifii uhscbou in grund und biMicn vciebube- 
neu länder als Bölimen, mähren und Oliersclilcsien, so gleichwohl der 
Königin zum t^rijsst-n Ndrtheii kann auger< i bm't worden. 

4" obwuhlfu das lierzogthumb nagan von keiner besonderen Wichtig- 
keit sejre, so wäre es jedoch wegen der nach barschafft Chursacbsen wohl 



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374 



gelegen, Tortheühafftig und anständig, wann es auch bey dem Etoig in 
Prettssen zu lehn mflsste genommen werden. 

5* Nichts wäre billiger, als das das gfsambte tetttsche Beich sich 
angelegen seyn Hesse, seinem Oberhaupt ein land znvnei^nen, welches 
bf» der Kaiserscron hafften tUlte, hier zu scheinet das land Elsas aus 
folgenden Yrsacben das YortheilbafTteste zu sejn. 

Erstlich ist os ohnedeme zum Reich gehörig gewesen und also 
wiedemmb daran kommen wOrde. 

Zweytens wäre es ein dem Kaysertbumb ei-worbenes land, welches 
keine Beichsglieder beti-effen, folgentlich des Boichs macht rerstärken 
würde. 

Drittens würde es der fiunzösischen Obermacht, welche in dem 
tefltschen Vatterhind schon zu starken gewalt erwachsen, einen einhält 
machen — diese obermacht bat in wflrklicb. so überband gencnnmen, das 
wohl an förchten, os mCgten baldhin die piivilegia und freyheith hoher 
und niederer Reichsstände, bochstiffter und Dombcapituln ia das Reichs- 
haubt und dessen glieder Ihren umbsturtz und völlig nnteiigang Tor 
äugen sehen. 

4^"* Durch diesen Vorschlag würde Frankimbs macht geschwächt, 
seine anmassende, despotische ai*th gedämpft und der wahre Reiche-Erb- 
feind ausser stand gesetzt, fernere im Reich doa moister zu spiehlen und 
endlich das liebe Tatterland in seine vorige freyheit gesetzt werden. 

gimu Es ist allen wohlmeinenden Reiclisstfmdeu daran gelegen, ihr 
gekrüntes Oberhaupt aus dem fiant/osischeni Joch zu viihen und das 
TeÜtsche Reich tou einem so gewaltigen Erbfeind za befreyen. 

anietxo würe hierzu die beste gelegenheith, so vielleicht in Viel- 
hundert Jahr* sich nicht mehr eraignen wird, alle mächtige des Reichs 
seint in waffen, der Kayser, der Konig in preüssen, dio Konigin in Hun- 
garn, Chursachsen, Churpfalz, Chorhannover etc. — Diese Znsammen 
8eint weit mehrers als zur er/wingung frnnl<ii ichs n^ithig wäre, es ist 
nicht zu zwoifflen, das die Seemächten, welche die noth erkennen, Frank- 
reich ein wenig zu stutzen, gahr gehrn, wann es YonnOth. wäre dar zu 
thnn würden. 

Frankreich hat wßrklich den fuss von .'^0 m. mann in Bdhmen aber 
in 80 elenden stand, das fiber die helffte daran abgeht, wann nun die 
mächtigere des Reichs Ihrem oberhaubt rechtschaffen beystehen, und das 
wehrte teütschc Vatterland noch retten wollen, so wäre leicht es dahin zu 
richten, das von diesem frantaOsischem Kriegs «Volk kein mann da von 



Im Coneept: ,in 1000 jar.* 



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376 



kommete« die weithe «ntferntiiig and das darzwisdien ligende Beich wflrde 
Ihnen das aurflokgvhen beschwehrlicli, ia nnmOglicli machen, gedachtes 
Kriegs Volk ist ein Theil von ihren besten lenthen und wenn sie es ver- 
lihren selten, wären sie sehr nideiigeschlagen. Sie seint dermahlen mit 
preüssisch und österreichisch Truppen fost umgeben und wäi'en gar Ittcht 
Im Vorbeigehen aafiiaheben. 

Jenen so der maillebois commandirt wire anch durch die stiffter 
crsys- und hanoverische Trappen ein grosser abbrach m machen. 

Dio newe frantzOsische hlUffii Vdlker, so der I>uc d'Harconrt f&hrei, 
scheinen sich zu der Donuu zu wenden. 

Sie seint auch sehr entfernt von ibrom lan<1, diesen wäre mit kay- 
seriich wie auch in der gegend befindiich toterreichisch Trappen bald ein 
end SU machen und wftren aus mangel der subsistena völlig su Grund zu 
richten. 

mann lass nrtheilen in was für stand sich Fi aukroich Anden würde 
und ob es schwehr sejn wflrde mit einer armee das filsae zu eroberen; 
wann es nöthig seyn 8<ilite, so köutu mann Ihnen von seithen deren 
Niederlanden aoch eine Diversion macb*'n. 

6^°" diese cron, weiche das arme Boich so despotisch getrni kt hat, 
würde Ton demselben das Oesctz annehmen, dardurch des teötechen 
Kcichs herrlichkeit wiederumb her vorlefuhttm und die untertruckte, 
gntbgesinntc, wahre patrioten in Ilire vorige freyhcith gesetzt werden 
. . . und wäre der uruiitzen weld zu zeigen, das wann der höchst monarch 
sich mit seinen gliedern halten will, sie im stant seynt, sich von keiner 
macht was vorschreiben zu lassen, im gegenspiel mann anderen vor* 
schreiben könne. 

7toLs (jjg geringem Reichsstände, welche Frankreich förchten, wur- 
den behertxt und anfgemundert werden in anschung der starke des Reichs 
so bald mann will zusammen (zo)halten, welches dann aoch für das künf- 
tige eine gnthe würkong haben k5nto. 

6** wegw di» zugebenden Kriegs Volk würde sich keine beschwehr- 
lichkeit ereig. wann mann nur über das haubtwerk verstanden ist, man 
weis beylänfig wohl, was ein Jeder hat und was £r beigeben könne ais 



mannschaft 

der Kayser 25 OOO 

der König in prefissen 80.000 

hanover 20.000 

Sachsen 20.000 

die Königin in hongarn 40.000 

hnlland gO.OOO 

Axelür. LXXXV. fiaud. II. Uilfta. ^ 



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876 



Engeland 16.000 ^ 

cöUnischs 10.000 

hesBische 10.000 

aus dem Betch von mmderen fllraten und Küindoo 20.000 

SuiiuiKi 271.000 

aus diosoD wilro oino gcnugt>aDio macht zu zihen, umb deä KtiicliB liovl zu 
würkeo, ein jodor sollt« gern das soinige beytvn'/on. umb auf vieie Jahre 
Bub SV haben, die so gewrinschtc froyheit im lu-ich wicdorum zu erlaii» 
gen und zu bcz('i<70Q, wie sich die Reichsgliodor Ihres Obcriiaubts anneh- 
men. Wäre ab«r einer von obigen, welcher sich nicht einfmdon wolte, 
so wSren die andern schun im Kt:ind, Ihm dahin ta vermögen und zu 
swingen; dann es ist uiub das allgemeine woblwesen und umb das heyl 
des Vatei lands zu thun und zwar ie ebnder mann darzu thät, ie mehrerer 
Vorthoil würde einem Jeden daraus erwachsen. 

Gott gebe seinen Segen darbey und helffe vns allen aus dem elend, 
anivtzo wäre die rochtc zeit, so sich in vielen hundert Jahren nicht also 
finden wird, es ist zu trachten sich solche TO nutzen zu machen und 
keinen augenblick zu verliehren. lasset man sUp das m-h die glioder unter 
einandf^r entkräfften, so wird mann nr andern zeit nicht molu* imstand 
sejn, dieses zu wegen zu bringen, was mann anietzo allem ansehen nach 
glflcklich und sicher ausführen könte. 

all dit'soH verdient ein ernstliches nachdenken und bestehet nicht 
in lehrer einbildung, es seynt auffriclitigo Godanken eines Gewissen, der 
sich zwar von weltgeschäft'ten entfernet, jedoch den betrübten zustand 
seines armen teütschen Vatterlands wo von £r viele erkantnus hat, täg* 
lieb beweinet . . 

Da.s anonvmo Befileitüchreibeu an «li-ii Grafen Friedrich 
Carl von 8cliüiil>ori), ('liema!i<r^"ri Reichsvicekaazler und Fürst- 
bischof von Bamberg und WUrzburg, lautet: 

HochwQrdigster Bischoff, Gnädigster FOrst und Herr.* 

Die wahre patriotis«:lie meinung, so Ew. fürsll. liiiaJHH in allf-n 
gelegenheith(en) geoffeobahret, thuet mich verkühaen höchst deroselbeu 

* D&a& England uur das kleine CouUugent vou 16.U00 Mauu zugemuthet 
wird, mag auf den eisten Blick befremden; doch muai man bedenken, 
dsM König Georg n. ja fttr Hannover SO.OOO Mann su stellen ge- 
habt bätte. 

• Fehlt im Cont-ppt, f\n^ blo« die Auf^rbriff trHrrtr Jpfr« a levoke de — 
Von Titulaturen im Cuucapt uur ^w. fürhtl. Guaduu' gebraucht. 



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377 



hiebey konmiMiden Vorschlag tonn golii»rig«]i anmerkungeii zu 

fibeTsohicken, io dem steifen Yertrauen und Hoffipnng Ew. fftrstl. Gn. 
werden 66 nicht angnldig aufnehmen, wann ein wahrer seinem Tatter- 
land Tellig ergebener Tefltscher Ew. IfirsU. Gnaden wdtbekanten hoch- 
erleflchten Urtbeil seine wohlmeinende Gedanken su des Vattarlands besten 
und anboifeader allgemeiner Beich(8) Buh unierwlrflt, nicht zweifRend, 
das wo änderst £w. fQrstl. Gnaden sn einem heilsamen Friedenswerk was 
beytragen kdnnen, die dero wehrtesten tetttschen Tatterland, wor von 
Ew. fOrstl. Gn. dermahlen eines deren vornehmsten und ansehnlichsten 
gliedern seint, nach anges tarnten patriotischen eyffer nicht aos banden 
gehen werden, es ist annothig Ew. fQrstl. <4uaden» welche in denen wich- 
tig:stcn Koichsgeecbftften bekautlich von iugend auf geObot, mit vielen 
VorstdluDgen sa bewegen, das Abel, so das französische Joch dem Tofit- 
schon Reich verorsaehen kann nach mOglichkcit nbznlAhnon, und das 
Vatterland zu retten . . . niemand ist mehrors als Ew. fQrstl. Gnad. 
iu) Stand an ein so heylsames werk kr&fftige Hand anzaleg. Das grosse 
Vertrauen, so sr. Kaysl. mayst. wie billig, nicht weniger das gesambte 
Kmhi. Reich in Ew. fürstl. (in. setzen, ist weldkondig, der wienerische 
UofT ist cbenfals von doro lange Zeit dahin hegenden froundschafft völlich 
viMsichoii, es ist also nicht zu zwfifflcn, das, wann Ew. l&rsU. Gn. sich 
die mQh geben wollen, h«'ichstdei>>elbe don hiebei kommendou, noch un- 
au^earbeiieien Frieden- Vorschlag hp^mv als Jemand zustand zu brin- 
gen vermögend wären. Es wird Ew. furstl. da. zur hnclisten Ehr ge« 
reichen, wann dtncb höchst dero Vermittlung dem Vatterland die Kuh, 
allen Teütschun mächten die einigkcit. der lUysercron ein Patrimonium 
verschafft und deren TeÜtschcr fein l lu i untergebracht wird. Ew. fürstl. 
Gn. werden sich von allen, die durch den lü'ivg uncbristliche Dinge 
leiden, • ine n vollkommeneo Segen beyaihen — übrigens aber von selbst 
hocherleächt wissen, wie di> heylsame werk am I r fr n anzugreiffen 
untb es zum baldig-glücklichen End zu bringen, der alimächtige wolle 
darzu auch seinen Göttlichen Segen Terieyhen. 

So weit die 8chrift des Grossherzogs. Dass eine Aus- 
fertigung derselben an den Fttratbisohof erfolgte, lässt sich nach 
der eingangs orwfthnten, von Heigel festgestellten ^hatsache, 
der Fürstbischof von Wttrzburg habe sich 1742 zur Friedens- 
yermittlang nngeboten, nicht beaweü'eln.^ Ebenso muss man 



' Noch 1745 trat Qbrigeiu SchOiibürn ab Vcrniittli-r uuf, begehrte aber 
die Vorland« fBr Baiern, wfthfend Maria Tfaerwi» biK;bsteiif( treueigt war 

25» 



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378 



CS mit llcipol lebhaft bedauern, dass Carl Albert von den 
Franzosen nieht zu trennen war. Die Grundlage ftir die Heaii- 
sirung des grossherzoglichen Planes fehlte somit. 

Hatte demnach die Schrift keinon positiven Erfolp, so 
kann man doch nicht umliin, die in dcrscihcn niedergelegten 
Ansichten als höchst henchtonsworthe zu bezeichnen. Das ehr- 
liche Ik'Strcben, das aus der ganzen Schrift hcrvorleuehtct, 
einen billifjcn I'Vieden herbcizutVihron, selbst mit einigen < opfern 
an das besiegte Baiern, die Schürte, mit welcher Franz — 
ganz im Gegensatz zu Karl VII. aut" Frankrciel) als den 
damals gefllhrlichstfn Feind l )t'ut.sciilands hinweist, die kUltnfn 
politischen Oombinationen, Avclebc or zu dessen Nicderwcriung 
entwirft, so z. B. auch: üeslci i cichs und Preussens Heere 
mö( litt n im insam die z^\■^f^l•hpIl ihnen in H()hnien stehenden 
Franzosen «'rdhu kcn ( , Auiaerkungen* 5, Unterabth. 5), sind 
von grossem historischen Interesse. Inwieweit Maria Theresia 
selbst f\lr die Pläne ihres Gemahls gewonnen war, lässt sich 
au« der Schrift leider nicht entnehmen. 

— WM an den Punkt 1 nnaeiw ,Vorachl«gs* erinnert — das InnTiertel 

mit fkhirding niitl BraanaiS g«g«i Scliwübiiscli-Oesterreich, doch ohne 
BreisgRil, die Waldstädte, ConstHiiis und Vonurlberg einintauichen. Araeth: 
MarU TbeiwU lU, H. Ii and 13. 



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NlDliUUCK UND TANNEß. 

EIN BEITRAG 

ZIK 

£ijTäT£UÜNGSQ£SCUlCHTK 1>£K MAGD£BUKGEB CKNTÜHIE^ 
UND ZUR CHABAKTEBISTIK KÖNIG MAXIMILIANS U. 

TO» 

D»^ VICTOR BIEL, 

covctnmir m m^. UMW-jJtam vm m Biauotn» ur miir. 



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Vorwort 



Die in den Handsehriften Nr. 9737 1 nnd k der Wiener 
Hofbibliothek befindliche Briefsammlang ' des kaiserlichen 

Käthes (Jaspar von Nidbriick (Njd brück) enthält autli dessen 
Correspondenz niit dem Keelüsgelehrteu und Professor dei- grie- 
chischen Sprache an der Wiener Univei-sitttt, Georg Tanner. 

An sich betrachtet wird dieser Briefwechsel, auf dessen 
Bedeutung bereits Aschbach anfmerksam gemacht hat^' abge* 
sehen von seinem biographischen nnd culturgeschichthchen Werth, 
immerhiu eine beachtenswertlu' Quelle für die Kntwieklungs- 
geschichte der Wiener Hot'bibljutliek sein; doch im Zusammen- 
hang mit den Übrigen Briefen der Nidbruck'schen Sammlung 
bildet diese Correspondenz noch Uberdies einen höchst wich- 
tigen Beitrag zur Entstehungsgeschichte der Magdeburger Cen- 
turien. Ich habe an anderer Stelle' Nidbmck's VerbttltnisB au 



• Die beiden mit rnndempn EinbSnden versehenen Papiercodices (Caps. 
Koli. II, III, XiiI et XIV, ch. XVI) umfsfiseu die Briefe des Nidbruck 

im ConcpptP und die seiner Correspondriuten im Originale, nowie finift* 
spätere Abschriften. Dif^^ielben werden Tou mir in kürzester Zeit der 
Oeffeutlicbkeit übergeben werden. 

• Qescb. der Wiener Universität III (1888/, P. 289. 

• ,Der Brief« echsei zwischen FlaciuH und Niiibnick' i^Jaiirimch dwr Gesell- 
schaft für die Gesch. des Proteatautismu» iu Oesterreich lödti, S. 1 f. 1897, 
8. SOI t und 1898, & 96 f.). Vgl. Hmwite, Baitr. in den SMBmlungaD von 
BriAfen Uelftnehthoii^B (SitmngiW. dftr kais. Akademie der Wiasemeb. 



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382 

dem latherischeu Ötrcittheologen Matiiias l' hu ius^ ausführlicher 
besprochen und an der Hand ihres Briefwechsels gezeigt, wie 
dieser angesehene Diplonuit and Maximilians speeieller Rath- 
geber unablässig an der Förderung der kirchengeschichtlichen 
Werke seines Freundes gearbeitet hat. So ist anch ^rOssten- 
theils durch seinen unermüdlichen und werkthnti^ffii Antheil die 
von Flacius und seinen Mitarbeitern, den sogenannten Magd««- 
bui^er Oenturiatoren verfasste Kireiiengeschiclite^ zu Stanih^ 
gekommen, jenes Riesenwerk, das ,durch scharfe Kritik und 
umfassende Forschung geradezu epochemachend wirkte und 
durch Mittheilungen aus einem reichen handschrifkitchen Ma- 
teriale not^ li jetzt sehlitzl)ar istV jedenlalls aber, man nia^ Uber 
ihren wissenscliaftHclien Werth urtiieilen wie man will, bei ihrem 
Erschciiieu in allen Kreisen das grösste Aufsehen, im katho- 
lischen Lager aber geradesn Bestttrsung wachrief.* Nidbruck's 
einflussreiche Stellung und seine vielseitigen Beziehungen zu 
den angesehensten reformatorischen Männern Terschafiten dem 
Werke allerorts zalilriiche Hilfskräfte und Förderer. Aber 
nicht nur durch Andere iiess er aus allen Ländern Europas 
ein reichhaltiges Quelleumateriale auftreiben, sondern er selbst 



LXXVI, 1874, S. SMfO; Schnltej» Beitrige sur Ent8tehaiigqre«ch. der 
Magdeburger Oentariea, 1877 (Separatebdr. eas dem XIX. Jabresber. der 
Philomatbia), S. 51 f.; Nürnberger, Die Bonifatiusliternttir der Magde- 
burger Centurieii (N.Archiv XI, 1886, 8. 29 f.); I.o.-rhe, .Toh. Mathe- 
»ius, 18%, I, 8. lyH f. (». die weitere Literatur); Bibl, Melaiichthoti iiiul 
Nidbrurk i .Talirlmch, 1897, S. 34 1'.); Loesclie, Zu Melanchthoii's vietfer 
SSäcularfeiüi, ubiiida, S. 8; MentSik, C. Nydbruck'» Verhältulss zu den 
Calixtinern, ebenda, 8. 48 f. 

' Preger, M. Flacius lllyricus, IHüi) — lÖGl, 2 liäi»U«; ISactnuwicb, Fl.iri.», 
studio biut^ratico .storicu, lÖbG; liollaender. Der Theologe M. Flaciui» 
lUjrrictu ia Stras»burg ;,Deut«cbe Zoitecbrift für Qeschichtswbsetucbaft, 
Nene Folge II, 1897/98, 8. 908 f.)« 

* Beeel 1669—1674, 18 voll. Pol.; Preger, a. a. O., S. 426. 

* WatttMibacb, D«utechlands Qe«chicht8qaellen 1, lä77, S. <i; vgl. auch 
Wegele, Geacb. der denteeben Blutorio^aphie, 1885, 8. 328 f. 

* Jabrbuch der Görres-Gesellschaft XVII (1896), S, 7« f. 



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383 



schaffte solches auf seinen häufigen GcBandtschaftsreisen aus 
den Terachiedensten Bibliotheken und BüchermKrkten herbei. 

Indem Nidbmck im Auftrage Maximilians Air die könig- 
liche Bibliothek sammelte ' und alle seinem Vorhaben entgegen- 
stehenden Hindernisse durch ein königliches Mandat oder ein 
Empfehlungöächreiben zu beseitigen wusste, strömten zahlreiche 
werthvoUc Handscliriften nach Wien, die er dann nebst anderen 
Büchern der königlichen Bibliothek den Oenturiatoren anr Ver- 
fügung stellte, wie z. B. den Wiener Codex Garolinns und die 
Wiener Handschrift der Bonifatiusbriefe, welche sich beide 
früher in Köln befunden haben. So kam wohl hauptsächlich 
(liiicli sfiiie rastlose Thätigkeit einerseits jene , lutherische Iii 
biiothek' zu Staude, welche Papst Paul IV. dem König Maxi 
milian sum Vorwurfe gemacht hatte, * anderseits erhielten durch 
sie die Arbeiten der Oenturiatoren wirksam^ Forderung. Der 
auf diese Weise yon Kidbruck gesammelte Quellenstoff wird es 
auch hauptsächlich gewesen sein, den er zur Vermeidung jedes 
AufHL'hens von Wien nuv Ii iiegensburg in das llau?^ iles Super- 
intendenlLii Nkulaus Gallus bringen liess, woselbst der im 
Dienste der Magdeburger stehende Marcus Wagner ein halbes 
Jahr hindurch ungestört daraus excerpuren konnte. Diese weiter 
unten nllher ausgeführte Unterstfitsung des Flacius und seiner 
Hitarbeiter stand im Vordergrund von Nidbmck's Interesse^ 
und dir IJereiclierung der königlichen Bibliothek erscheint mir 
nur als Mittel zum Zweck. 

Sein Briefwechsel mit Tanner' gewährt uns nun einen 
ttberauB interessanten £inhlick in die umfassenden Kaehfor- 
flchungen, welche er zum Zwecke der wissenschaftlichen Aus- 
beutung Italiens durch diesen Gelehrten anstellen liess. 

* Man fiadst dslier hävSg die Nachricht, Nidbmck Mi TonliaA im Wiener 
Hofbibliothek gewesen ; vfl. HomI, Geschichte der HofhibUefhek wa 

Wien, 1835. S 25. 
« Sickel, Zur Geschichte dos Coricil« voti Trieiit, 1872, S. 38. 
9 Bn sind 18 Briefe von Tauuer (nicht 20, wie A^chbach, a. a. O., S. 289, 

Jl»etDerkt) tuid 16 von Nidbraclc eiu den Jebreu 1664 — 1667. 



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d84 



Insoferne in diesem auch einige Anspielungen auf Maxi- 
milian selbst gemacht worden sind; habe ich versucht, dessen 
Haltung dem Flacius gegenüber zu beleuchten, wobei ich mich 
ausser den bereits bekannten Thatsaehen durchaus nur auf den 
in den Nidbruck'schen Briefbänden enthaltenen handschriftlichen 
Stoff hazo^ und keineswegs auf eine abschliessende Behand- 
lung dieser Frage Anspruch erhebe. 



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i. 



Wiederholt wurde Kidbruck auf ItalienB HandBcbriften- 

und BUcher»chätze aufmerksam gemacht. Flacius, der selbst 
im Jahre 1552, als er dm Plan zu seinen beiden kirchen- 
geschichtlichen Arbeiten gefasst hatte, eine wissenschaftliche 
Reise dahin untemomuK^n, doch Termuthlich aus Mangel an 
den nöthigr n Mitteln und Empfehliiiia^on keinen nennenswerthen 
£rfolg erzielt hatte, ' wandte sich zu diesem Zwecke an seinen 
mächtio^en Gönner. ,Iam illud tantum,' sehreibt er ihm am 
23. Febrii:ir ^h'yi, ' ,T. H, indieabo, videre mihi valde utile fore, 
ut cum Amoldü Arlenio,' qui ante Diep^ minister fuit, iam 
autem vel apud Ferrariae veiFiorcntiae ducem a^it, agatur, ut 
conquisitionem librorum, quos ei vel nominatos sigilJatim vel in 
genere indicare potcs. ndiuvet; habet enim onines hibliothecas 
Italicas notissimas. ütinam et Romae non solum bibliotliecas, 
sed acta paparum vetustiomm inspicere per idoneum bouiinem 
possemus! Utile esset eins rei causa tuum Burgondum'^ in 
Italiam mittere, si modo sumptibus abundaremus. Tu yide, 
quid tua crumina possit; nam mea est tenoior. Concilia Graeca 
manuBcripta habere, valde utile esset.' 

Auch Conrad Oesner, der berühmte Verfasser der ,Biblio- 
iheca univeraalis', wies auf Arlenius hin. ,£t tu/ schreibt er 
am 1. Mttrz 1554 dem Basler Buchdrucker Michael Isengrin, 
der dieses Schreiben an Nidbruck zu senden hatte,* ,Arl6nium 



> Bibl (Jahrbueb 1896, S. 2). * Bb«n4m 8. 

• Vgl. 6. 386, Ann. 8. 

* Diego Hnrtado 4« Mendoza; vgl. S 380» Anm. i. 
^ Hubfrt Laiif^iiet: v^l. S. 421, Anm. 4. 

« VgL ä. 4U2, Aooi. 2. 



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386 



&lioBqtte in Itaiia notos tibi ac familiäres habcs, a quibus haec 
sunt cognoscenda/ ' Der golelirte Belgier Arnold Arlenius 
kaJDDte allerdings die italienischen Bibliotheken griliullioh. Kr 
hatte als lan^ähriger Bibliothekar des kaiserliclien Gesandten 
Don Diego Uurtado de Mendoza,^ auf den ich nocli zu sprechen 
komme, viele Handschriften, vorwiegend griechische, aus allen 
Thcilen Italiens erworben oder abge^cbrieben und besass auch 
selbst nach dem Zeugnisse Gesner's eine ansehnliche Bibhothek,' 
Kidbruck war daher auch diesmal eiärig bemüht, sich diese 
Winke su Nutze zu machen. 

£üne günstige Üelogenheit dazu bot sich ihm, als er bald 
darauf von dem kaiserlichen Käthe Wolfgung Kremer'' erfuhr, 
dass der Jurist Georg Taiinor mit dessen Söhnen ^ in Italien 
weile und willens sei, TJom, Neapel und die übrigen bedeuten- 
deren Städte diest )■ Halbinsel zu besuchen/' Tanner ^ musste 
vermöge seiner bisherigen verdienstlichen Arbeiten auf dem 
Gebiete griechiseher Codexausgaben ganz besonders geeignet 
zur Ausführung von Nidbruck's Plaue erscheinen. Aus Em- 
mersdorf in Niederösterreich gebürtig, hatte er seit dem Jahre 
154() mehrere auswärtige Universitäten besucht und später als 
Erzieher der Söhne des erwähnten Kremer viele Jahre hin- 
durch Deutschland, Frankreich und die Westschweiz bereist,^ 



* Otig, i, «Ol. 100. 

' Fesenmair, D. Die^^o H. de Mmidoza, ein spauischer HniuaniMt de» 

IH. Jnhrh. (Programm df"< k. Wilhelm-O^niDMiums Mttncheu 

1882); Leesclie, MathosiuH II, S. 268. 
' Ueber Arleuiiu« vgl. Feseumair, a. a O., S. lü f.; iStiutzing, Ueorg 

Tanner*! Briefe an Bonifatius und Basilini Amertmeb, 1664—1667, Bonn 

1879, 8. 67, Anm. 4. 

* WüvriU y, S. 286. 

* Oiine Zweifel Wolfgaiig uud Georg Kremer aus Wien, 1552 in Padua 
iinmntruiiHrt ; f^f^rhln, Oesterreicher an italianiscben UniTenitätan, 
188Ü, 1. Abth., t>. 45. 

* Brief des Nidbruck an Tanner, ddo. 9. Octobor l(>f)4; vgl. S, 387, 

* Ueber ibn vgl. Ascbbach, a. a. O., 279 f.; Eiaenhart (Allgemeine 
dentaehe Biographie XXXYU, 1894, 8. 382 f.). 

* In Herbei 1666 waten ee nnhesn setin Jahre. Aacbbnoh» Eiaenhart, 

Stintzing und Lnsohin wiraen von dieser Stellung nichts. Ich faabe diese 

Kenntnis» aus Tanner^s Brief an Nidbruck, ddo. Venedig, 4 St^ptember 
1655 (Ori*:^ i, ff>\ 37-'^ ;'<»<fli»nt't. ,D<)ioo,' «chr*!ll)t dort, ,nie ileceii- 
nio fere in ipaitiH tiliis plane infautibmt primunt ci uaiuuUia et eUucaudiM 



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387 



woselbst er Überall wissenschaftliche Studien betrieb, und war 
im Herbste 1552 ^ mit seinen Schillern nach Padua gekommen. 
Im nftchsten Jahre finden wir ihn mit der Uoratellung einer 
▼erbesserten Ausgabe der Novellen Kaiser Justinjans beschftf- 
tigt, die er suerst nach einer ihm von dem päpstlichen Legaten 
Lodovico Beceadolli Uberlassenen ÄbschrÜt des in der M arciana 
zu Venedig aufbewahrten Originales, später nach dem Origt* 
nale selbst besoigte. Im Jahre 1554 wendete er sich an den 
Rechtsgelehrten Bonifatius Amerbach' in Basel, um durch 
dessen Vermittlung die Novellen dort herausgeben au kOnnen. 
Einen oder den andern von Tanner's Briefen, in denen er ttber 
seine Arbeiten und einige unedirte Handschriften der Marciana 
auaftihrltch spricht,' hatte Nidbruck, als er auf setner ftlnf- 
monatlichen Gosandtschaftsreise sum Pfalsgrafen Ottheinrich, 
Wilhelm Herzog von Jülich, Christof Herzog von Würt- 
temberg u. A.*^ mit Amerbach zusammentraf, zu Gesicht be- 
kommen.' 

Dies war wohl die eigentliche Veranlassung, dass sich 
Nidbruck am 9. October 1554" mit dem ihm bereits von früher 
bekannten Tanner in Verbindung setzte und sich dessen Mit- 
hilfe erbat ,Ex domino Kremer,^ schreibt er, ,inteUexi, te cum 
filiis suis in Italia esse, Domine Tanner carissime, et consti- 
tttisse vos, Romam, Neapolim et reliquas Italiae urbes celebriores 
visitare . . . Nam cum superioribus mensibus in legatione 
essem Uü superioribus Germaniae partibus, vidi, quas ad D. D. 
Bonif. Amerb, dederas, in quibus de nonnullts libris nondum 
editis scribebas; idem officium st mihi amico tuique certe per- 



laborioäisMiuno in germanicb, gallicis et iutlicis peregrinatiunibiis v«r- 
satum . . 

* Niehl lb5S, wie Ei«eiüiaii «nnimint (a. «. O.)» weil er 1668 inmfttii- 
eulirt wurde. 

* Ueber ihn rgl. 8tiiitniig (Allgeineine deutiebe Biographie I, 1876, 

S. 397 f.). 

* 8tintzitig, Qwrg Taooer's Briefe tu Bonif. and Builius Amerbach, 

8. 17f 

« Nidbruck ait Melancbtbon, Wien, ddu. 23. Augiu>t löö4 (Bibl, Jahrb. 1897, 
8. 41 f.); Uber seine Sendung an Christof von Württemberg vgl. Le 
Bret's Hagesin IX, 1786, 8. 1 f. 

* Nidbrnck's Brief an Teniier ddo. 9. October 1654; vgl. Anm. 6. 

* Conc. i, <bl. 1S9. 



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388 



stacItOBO praestiterii, pergratum facies. Kam et e^o antiqiiis 
libns non panim delector, sed üb potioB, qni in reli^ionui ne- 
gotio a Tetoribus purius acripti sint^ aut qui histonam 8ucces> 
sionu vel eertaminum in ecdesia contineant, non iuris consul- 
tontm centonibu8| tot enim extast commentarii, ut aetas deficiat 
Tel cottgregandis yel cum delectu Icgendis; meam professio- 
nem* non propteroa desero ncque probatos commentatores taxo, 
sed longe utiliuB hoc Btudium et meae eonscientiae eonducibilius 
agnOBco, qnod solidas consolationes mihi exhibere soloat in bis 
procelliB publicarum curaram. Quare et tu rem pergratam fe- 
ceris, tt ad me scripsem sacpius^ quid, ubi Bcias in Italia 
libromm graecorum vel lattnonim, qui de diBsidüs tractent, de 
progreBSu, statu ecdesiae cuiusque temporiB, ante tamen tem- 
pora Ltttheriy ut plenius ex indice meo intelliges, in quo, licet 
non potuerim omnia sigillatim enumerare, attamen indicavi ca- 
pita quaedam. De meo hoc studio non est cuiquam quid re- 
feras, nam iniqua sunt hoc maximo tempore iudicia. Scias velim 
nihil esse, quo plus me exhilare possis, quam crobra litterarum 
tuarum tiTansmissione, quae, si prolixae sint^ erunt eo gratiores. 
De studiis agere poteris libere et indicare, quales, in quibus 
bibliothociB videris libros, praeterea si Tellem curare copiari, 
quibus id rationibus vel sumptibus commode fieri possit Si 
quando Florentiam venias, Amoldum Arlenium' conventas, 
virum doctum et in Italicis bibliothecis versatiBsimum. Huic 
indicem ostendere poteris et de ceteris bibliothecis varia expis» 
cari, quae omnia ut ad me perscribas, ▼eheTiioiiter rogo. Si 
quid in reditu in tui gratiam potero, ut forte dabitur, sentieB 
me tibi vere amicum fore.' 

Es ist begreiflich, dass Ntdbruck in seiner exponirten 
Stellung als Hofirath und Gesandter wie bei allen diesen auf 
die Förderung der Kirchengeschiohte absielenden Schreiben 
und Aufbitgen, so auch hier strengstes Geheimhalten verlangte,* 
da schon sein Verkehr mit Protestanten an und för sich — 
und bei Tanner konnte ja bezüglich seiner evangelischen Ge- 



Dieser Wortlaut findet sich fast iu alleu Briefen, in welchen Nidbruck 
sur Unteratfltsnng des FlteiiM auffordert 

* Hidbniek war •benfall« Juriit. 

* Vgl. 8. 386, Anm. S. 

« Bibi, Jahrbuch S. b. 



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tiiimtog kein Zweifel beeteheii^ — bei Hofe niumgenehm auf- 
fallen miisste.* 

Dieses Schreiben hatte Kidbrack dem nach Padua reisen- 
den Juristen Qeorg Aigmayr' mit dem Aultrage mitgegeben, es 
dem Tanner zu aberbringen and persönlich auf ihn einsuwirken. 
Ueber den Erfolg dieser Mission berichtete Aigmayr in seinem 
Briefe ddo. Padua, 14. November 1554, in welchem er augleich 
seine eigene Mithilfe yerspiach:* ,Litteras Donnero inscriptas 
reddidi, similiter copiam librorum comparandorum tradidi, ut 
mutuam operam ea in re praestaret, quibus potui preeibus in- 
steti. Operam quidem pollicitns est suam, de nummis Tero 
suppeditandis sibi necquicquam constare ex litteris Kremeri^ 
respondit, imo iunioribus inhiberi, ne cniquam pecnniam porri- 
gat. Interea occasione data in bibliothecis tum Venetiis tum 
Patavü inquiram eoeque ad responsum consenrari studebo. 
Spero etenim copiam plurimorum ab £. V. notatorum non der 
futuram/ ,InteU^ quoque,' fUgt er hinau, ,quantus thesauras 
Hbivrum latitet in bibliotheca Marciana Venetiis, quam ingredi 
otinam daretur copia, sed audio diffieultatem esse summam/ 

Tanner hatte inawischen (am 22. Februar) das Original 
der Novellen durch Vermittlung einiger Professoren der Pa- 
duaner Hochschule von dem Kanzler Laurentius Rocca aus der 
Marcusbibliothek gegen ein ansehnliches Pfand empfangen; 
allein die Besichtigung derselben war ihm nicht gestattet wor- 



*■ De Wftl (Opmerkingon eo giMiiic«n oaar anleidiog van eeu der onlaug» 

uit^egevea brieven van Georg Taimpr 1R70, S .'>) "glaubt, dnnü Tanner 
wirklich Calvinist cowegen »ei, « .Uirt^iid JStintziiiir ((inrtrir Tanner's Briefe, 
S. 10) nur von einer Neigung zum Protestantismus spricht; Ascbbacb, 
«. A. 0.V 8, 884. JedeBfallä war er kein KAtholik, wie «ine Stell« «o» 
Minem Brief« «n Nidbrack, ddo. Venedig, 18. Juli lft66 (Orig. i, fol. 880) 
beweial: ,Ab auditore legati Pontificis Venettii certa norma dündleaiidi 
. Mtlinli. i.s n protosfnntihns propot^ita est: quicttinqiie Christtim .s<»mp*»r in 
ore liabeat, hm ceiti^tHime esse Lutheranos. Relinquaniu» sane illirt 
oAtoMiMxpiTot« Buas sodonnticas vuluptate« et pumpas et toto pectore 
gandeamm, noa in «o grege parmloram Tenari, ad quem propter filittm 
Pei heredita« aeternae vitae ipectat* 

* Sehliesfilich könnt« seine religiöse Haltung gerade so wenig wie die Ma- 
ziniiliaus oin G<^ht'iiiiiiii«i bleiben. Ferdinand solbst hatte den Nidbrtu-k 
im Verdacht, das» ©r den Holprediger Tfauser immer anstachle; vgl. 
Hopfen, MazimUiau II., 189&, 6. 60. 

* Ueber ihn vgl. Liitchifi, a. a, O.» 8. 10 (a. die weitere Literatar). 
« Orig. i, fol. 187. * Vgl. S. 888» Anm. 4. 



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390 



den. Doch hatte er einen Katalog erlangt, der fast alle in 
Nidbruck's VenseichnisB aufgeführten Werke enthielt. 

Darauf machte er den Nidbruck in seiner ausführlichen 
Antwort vom 1. Mlirs 1555 aufmerksam, indem er sngleich die 
Nothwendigkeit einer königlichen Elmpfehlang zum Zwecke der 
Besichtigung und Bentttsung der Marciana und die weiteren 
zur EiTreichnng dieses Zieles auseinandersetzte. ,E!go In- 
terim/ heisst es darin, ,et meomm praeceptorum et gjmna- 
siarchamm Patavinorum commendationibus adiutus his geniali- 
bus Tuv toO *lou9Rvt«voO vcopiav if^f^iKcnt vetustissimum et emen- 
datissimum a clarissimo D. Laurentio Rocca, magno Reipublicae 
Venetae cancellario, non tarnen sine magni momenti pignore 
aceepi;^ bibÜothecae autem visendae copia mihi fuit denegata.' 
Indicem nactns sum, qui bona fide communicavit nobis fere 
omnia, quae tuus catalogus tantopere desiderat; quam ob rem 
si mecum aliquem tanti thesauri fructum exoptas, fac nos Regüs 
diplomads et üs quidem pro Italica ^iXovenUct ambitiosissiniis omes. 
Qui hodie Venetiis Dux salutatur, est Franciscus Venereius}^ 
praefecti gymnasii Patavini sunt illustrissimi Tin D. Matthaeus 
DandalttSy Marinus CavaUus, Hieronymus Ferrus. Hii petenti 
se subscribunt et horum x^<P^YP*?^ deinde mittuntur magno can- 
cellario,^ qui claves bibliothecae habet ^ Postremo cancellarius 
utitur opera sui nepotis D. Georgii Stephani, iuvenis humanis- 
simi et eruditissimi, cuius beneficio ipsas veopa; consecutus sum.'* 

Nach einer eingehenden Besprechung seiner Novellen- 
editaonsarbeiten und einiger werthvollen Handschriften der Mai^ 

* Vgl. Tanner's Brief Rn Bonif. Amerbach ddo. Padua, 1. Mftrz 1655 
(Stinteing, a. a. O., S. 31); Omont, Deux Kegistres de Prets deManuücriUi 
de h BibUoiliAqm de SMiiMfaro i V«iiiie, 1545—166S (Bibliotb^ue 
de rieoU de» cluurte« XLYin, 1887, 8. 677); Cu. GwrteUsni, mit Bei- 
trägen (AtU del R. latituto Veneto dl Sctense, Letten ed Arti» T. Vlll, 
Ser. VIT, !896— 1897, S. 311 ff.^ 

* Vgl. Tauner s Brief au B. Amerbacb, ddu. l'Adtta, 1. Mätk 1&66 (äliatsiug, 
e. e. O., 8. 87). 

* Fnnoeiee Yenier, Doge von IftM— 1656; rgl. Tube, Vene*. Depewben 

II (1892), 8. 656. 

* Laurentius Rocca. 

* Vgl. dagepreii Tanner an Bonif. Amerbacb ddo 4 Februar 1554 /'Stintzin?. 
a.a.O., H, ,Clayeä diversae sunt in academiae Patavinae gyinna,- 
siaxebM diftribotae, i^ui, quia nuro nna Tenetii« vetMnttur, pancis et vix 
•Ine tnagnornni Tirorani eommendAttone «oatinglt edire Corintbnm/ 

* Vgl. Ten&er ea denaelben, ddo. 1. H«n 1566 (Stintelng, e, «. O., S. 31). 



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391 



ciami preist er am Schlüsse dieses interessanten Briefes Maxi- 
milians warmes Interesse für die Ausbreitung der iiciuii LthiH': 
^Singularis Regis nostri Maximiliuni crga deiim et eins verbum 
pure et incorrupte propagandum amor omnibus verae pictatis 
studiosis incrcdibilt plane omnium congratulatione innotuit. Ae 
ideo et singuli pii coniungunt sua vota, ut deus aeternus pater 
propter ipsius et ülii sui gloriam hune animuni prineipis aX*/;»i&{ 
xarranuo/ttxcv, ut verbis Aristotelis utar, divino adilatii incitatum 
in Vera fide et ardenti invocationc pcrpetuo conservet ac ab 
omnibus inquinamentis praemuniat. Ac nihil minus dubitet, 
quam se pro veri prineipis officio verae eeclesiae defensionem 
de mandato divino sascepisse. Reges nutritores tai erunt* 
Fsal. 81 fEgo dixi: Dü estts/ Officitnn magistratunm ideo vo- 
cat divinum et impertit ip«B sui nominia societaftem, ut aecum 
ingentia bona populis communicent: vene doctrinae et omnium 
litterarnm ostenstonem et propagationem ; idolatricos cultns om- 
nibus Tiribus abfJeaot et veros inatanrent ae plane statuant de- 
Ibnaioiiem pacis et honestae discipKnae salutarem iuturam. 
Quod cum intelligat meus princeps, sibi tantarnm rernm munus 
a deo commendatum esse, deo aeterno patri cum meis quotti- 
die agam grattas ac orabimus indesinenter, ut diaboli rabiem, 
quam odio Christi in suis orgauis nunc furenter exeruit, de* 
menter mitiget et reprimat, ecelesus et optimis studiis bospitio- 
Jnm praebeat. Arma Turcica bactenus propter contemptum 
divinum plus quam pharisMcnm tanta libertate in mea patria 
grassatum esse, nequuquam dubito . . . Bene vale, et Regi et 
tibi publica et privata atudia eurae esse velisy toto pectore opto/ 
Am 14. März hatte Kidbruck dieses Schreiben erhalten,* 
und zwei Tage später erfolgte die Antwort ans Augsburg, ^ wo 
er an den Reichstagsverhandiungeu als königlicher Vertreter 
theilnahm.'* In derselben setat er dem Tanner die Unmllglich- 
keit ansdnander, ihm während seiner Abwesenheit vom Hofe 
ein königliches Empfehlungsschreiben au versebaffen, verspricht 
ibm aber auf einem anderen Wege, und zwar durch Literven- 



* iMi. 49. 2S. 

• Baiidbem«rlcnug X!(1bruck*H (i, f.>l. 188): .Hecepi 14. HartU 1555; Re- 

Hpondi 16. Martii lörif)/ " Conc. i, fol. 1P2. 

Seine Depeschen von ilurt an Maximilian bilde« eine wichtige Quelle 
fUr die KeichstAg.tverhandlungeit iles AugsburgL»cheu Ueligionsfriedeus; 
vgl. Wolf, Der Aogsbarger ReligUnwfnMle^ 1890, 8. IX. 
izvkiv. LUX?. ML U. Hilft«. 96 



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m 



tion des dortigen venesianisclien GesandteD, Kuin Ziele zu ver^ 
helfen: ^Quod vero promotione Regia tibi aditum cupis pate- 
fieri ad bibliothecas, fieri id hoc tempore non potest, nam ab- 
sum a SereniBsimo Rege Maximiliano et durantibuB comitiis hic 
Augustae mansuras. Quare ego conaaltnm fore arbitror, ut io- 
dicem Hbrorum, quos Venetiis esse arbitreris, mihi mittas, quid, 
qua ratione impetrari posse existimes, tum ego per legatum 
iUustria domiui Venetorum/ qui in aula Sacrae Regiae Maje- 
Btatis agit ac per eins praedeeeseorem, magmficum D. MichaeJem 
Surianum' curabo vobis accessum forte dari/ 

Der Ankauf von Bttcbern, romehmlich theologischen, wird 
dem Tanner neuerdings ans Herz gelegt und ihm vorläufig 
eine Anweisung auf 10 Daeaten gesendet: ,Rogo, ut roei quo- 
que subinde memor esse velis, et quia indicem eorum aeoepisti, 
quae coemi mihi desidero, non indicabo, quae mei sint 
stomachi; inridica non peto nee quae in arttbus ant humaniori* 
bus scripta sint, sed theologica, quae sacra sint et faciant ad 
cognoscendam discrepantiam in ritibus aut alias dissidia eccie« 
siarum tractent, sive illa graeca sint sive latina, item si quid 
de hisee rumoribus bellicis prodeat aut de monstris Postelli.* 
luvabit te D. Aigner^ ita, ut, quod alteri non occurrit, prae- 
stetur per alinm, et ut vobis snmptus non desint, mitto sche- 
dttlam, quam si Venetiis in fontego offeras^ dabuntur tibi ooro> 
nati decem, qui, postquam a te insumpti fuerint, curabo super> 
nümerentur alii. Si inteUigas graecum autorem utilem alicubi 
extare, qui pluris vendatur, significabis prtus per litteras. Kolo 
etiam magnos tractatns mihi emas; nam quae talia eruntiustae 
magnitudinis et maioris pretii, de iis ad me prius perseribere, 
non gravaberis; tum respondebo, num illa habeam aut emi mihi 
eupiam. Talta subinde mitte, quae sine molestia litteris poesint 
coniungi: erit autem tibi commoditas maxima, si temporis ha* 
beas exactam rationem; per octiduum Semper tabellarü liuc 
oommeare solent, cura igitur litterae tuae opportune Venetiaa 
veniant, ut inde per tibi notum pheredario Augustano, ut vo- 



* Paolo Tiepolo, 1564 — 1667 Gesandter aui Hofe Ferdinanil.s; Turba, 
Venm. Depesehen in, S. XV. 

* Ifioluiel Snriaao, dMgleieben ron 165S«16M} ebenda» S. XIII. 

* Vgl. 8. 414, Anm. 4. 

* £• iMnn nnr Aigmajr gemeiat sein; ygl. 6l W9, Anna. B. 



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893 



eant, perferendae committantur ... Ex decem coronatis D. 
Aigner reddaa, qaae pro xne ezponit.* 

Tanner hatte In seinem letsten Schreiben der Hoffnung 
Atisdnick yerliehen, dass die neue Lehre mit ROnig Maxi- 
milians Hilfe siegreich durchdringen werde. War dem Nid- 
brück ftlr seine eigene Person schon jede Andeutung tther 
seine religiöse Haltung unangenehm, so mussten ihn derartige 
Aeusserungen bezttglich Maximilians noch bei Weitem peinlicher 
berühren. Daher seine mahnenden Worte: ,Cäve de rdigione 
quioquam in posterum, ut nuper fedsti, nec minus qnioquam 
de Domino meo, qui» haec nobis finaudi forent; noTi animum 
tuum, et tibi mens est dubio proeul perspectus.' 

Es war allerdings seit dem Jahre 1556 kein Geheimniss 
mehr, dass König Maximilian dem Protestantismus ttusserst 
günstig gesinnt war,^ wie dies auch einige Briefe der Nid- 
bruck'schen Sammlung bezeugen.* Weit mehr aber mnsste 
eine unmittelbare UnterstUtsung eines der radicalsten und un- 
erbittlichsten Gegner der römischen Kirche, des Flacius, durch 

* treber MazimiUtiM relifl:isns Verhalten Nuntiaturberlehte tm 

Dentschlaiid, II. Abth., 1572 I, 1UU7, 8. XLII f.} Losertli, Die 

Registratur Er/.lierzocr Maxitniliana (II.) nii> lifii J;ilin>n 1547 — 1651 
(Font. rer. Au-^tr , II. Abtli , Diplomataria et acta XLVIiI, 2, S. .^71); 
derselbe, Au.h den Lehrjahrüu König MaximiliaiKs II. (Beilage £ur All- 
gemeinen Zeilnng 1SS6. Nr, 105); Hopfen, Kniser Ifezimiiian II. nnd 
der CompromiMloitholieianra«, 1S05 (s. die weitere Litemtnr) und die Be- 
sprechnng dieMs Werkes von Qolts (Hlateriaelie ZeitMilirift LXZVII, 
t89G, S 193) 

' Nicolauü Ualluä au Niilbnu-k tlclo. Rojyensburj^, 8. Mai ittöb (Orig. i, ful. 
240): ,De Maxioiiliano muituin a*l nos boni; coitfirniet Dens, i^xutd 
opermtitt eet in eo, et mleerM intwi eocletiw elemeiiter tudem reipieiet*; 
Paul Vergerim an Nidbruek ddo. Stattgart, SS. Jaai IftftS (Orlg. i, fol. 
294): «Herenit^.x Max cotidie melius audit; Deuts augeat illi doiia voe> 
le-stift!*; Erhrinl v.)ii Kiiuheini an Nidbrtirk Mty Wilna, 24. Augiist 15.''^5: 
,Ego viciH.siui &hs 16, clari«.sime D. ductor, ]ieto, «jtioniani varia nobio 
uarrantur do Hege Maxiiniliano au quilibot talia fere de eo spargat, 
qnalein «Me ipram optat, nt certi qnidqaam mihi rignifleee» ei Tera «int 
ieta, qnae ego fteile eredere cogor, praesertfan «um tiuun penonam eta- 
di&mqne tnam, deinde aliorum etiam, praecipne Illyrici (qui uuperrime 
adhlic honorifioam tut fecit mentinnein Wi«m.trine in nn(itüfi Dtici.H Jo- 
banois Alberti MeckelburguuMis et liliue liuci^ i'rus^iae, quibuM et egu 
interfui) de te iudicium cun!<fidero. Ex animo opto, ut Deue spiritu 
aancto eno eom regat atqae in agnita illa veritate magit magiiqne eor* 
roboret atque conflrmet, Anenl* 

S6* 



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394 



Maximilian Befremden erregen, daher auch Nidbruck ängst- 
lich bemüht war, jede Spur eiueB Verkehrs mit Flacius au Ter> 
wischen. In der ganzen umfangreichen Briefsammluug ist der 
Name Flacius nur ein paarmal genannt und da in der Regel 
von Nidbruck getilgt worden.^ Wenn sich auch aus der gan- 
zen Correspondenz keine directen Beweise für die Forderung 
der Kirchengeschichte des Flacius von Seite Maximilians er* 
bringen lassen, gewinnt man doch bei dem eingehenden Stu- 
dium dieser Briefbände den sicheren Eindruck, dass Nidbruck 
wie bei anderen Gelegenheiten, so auch hier nur als Mandatar 
des Königs waltete, und dieser die Ceaturiatoren auf alle mög- 
liche Weise unterstützte, weniger vielleicht mit Oeld als mit 
Bttchem und Handschriften der königlichen Bibliothek.' Sicher 
ist eines, dass Maximilian darum gewusst hat, denn es ist wohl 
kaum anzunehmen, dass Nidbruck ohne Wissen seines Königs 
im Auftrage desselben Nachforschungen pflegen lassen konnte, 
wenn er z.B. bald nachdem ihn Flacius in seinen üan einge- 
weiht hatte, am 26. November 1553 an Zabertinus, Bischof von 
Grosswardein, schreibt:' ,Posteaquam intellexi, isthinc Wara- 
dini et aliis in locis illius regionis reperiri libros doctrina atque 
vetustate praestantes, et sciam, Serenissimum Regem Maximi- 
lianum. Dominum meum dementissimum eiuscemodi antiquita- 
tibus non parum delectari pro dementi atque singulari animi 
studio erga honesta atque pia litterarum studia adeo, ut mihi 
olim investigationem talinm autorum iuiunxeritS oder am 22. Juni 
1555 an Tanner: ^ ,Scribe* etiam proxime, qua commendatione 
habeas opus ad Proregem Neapolitanum, an suf&ciat, si ego 
scribam et humiliter petam, te gratiose amplectatur, faeturum 
meo iudicio rem gratam Serenissimo Regi, qui mihi aliquando 
iniunxerit hunc laborem investigandi, quod hoc tempore non 
possim, aulicis negotiis impeditus. idcirco tibi demandasse, vel 
simili aliquo stilo; nam Kcgis litteras impetrare absens nequeo.' 



* Si« nennen neh gegemeitig «^(Xoc*, oder «amieiu*. Flacim nnler^ 
«cbreibt nmne Brief« mit Theod. Henetus« Tb. TT., Petrns Pan, Andren» 
Petri, Jühatinn-i HoppiuR, PetroB Hoppins, P. Oppiu» ete. Vgl. fiibl, 
J.ihrbUfh IM'.HJ, S h 

■ Damit wäre auch eine Erklärung gegeben, warum die C'enturieu u. A, 
dem KSnig Maximilian gewidmet wurden. 

* Cooc. i, fvl. S9. 
« Cone. i, foU Ü42. 



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B95 



Auch wKre Nidbruck schwerlich immer, wenn es sich um 
die Erschliessung fremder BibHotheken handehc, mit königUchen 
Mandaten zur Hand gewesen, wenn er nicht der Zustimmung 
Maximilians~sicher gewesen wäre.* Dass er nicht etwa im Na- 
men desselben diese Mandate selbst ausfertigte, beweist die 
eben citirte Stelle aus seinom Briefe an Tanner, worin er als 
Grund der Unmöglichkeit, diesem ein solches zu Terschaffen^ 
seine Abwesenheit vom Hofe anführte. 

Den eigentlichen Kernpunkt, um den sich die ganze rege 
Correspondenz mit Tanner dreht, bildet, wie ich schon in der 
Einieitang bemerkt habe, lediglich die Förderung des Cent n v.- 
Werkes und nicht etwa die Anschaffung von Büchern für die 
königliche Bi}»liothek, wie dies ganz unzweifelliaft aus Tanner's 
Schreiben ddo. Venedig, 4. September 1555^ hervorgeht, worin 
er die bisherige Erfolglosigkeit seiner wiederholten Bemühungen, 
Zutritt in die Marciana und andere Büchereien zu erhalten, 
in bitteren Worten beklagt: «Kgo Tero^ ut vr/» lotofiocv exxAi)- 
ff{a<7;'.y.v;v ^ plurimum iuvarem, quo magis urgebam, hoc minus 
proliciebam. Noc aliud tt liqnum esse opinor, quam ut Kegiis 
commendationibus instructu» le^Mtus nostri Kegis bic Venetüs 
me scnatui hoc nomine commendi t, ut unius sepUmanac spatio 
proposita supra condicione in bibÜotheca yersari liceat . . . 
Tu si meis litteris superioribus obsecundasses inequo Kegiis di- 
plomatis Omare non dubites, et temporis iacturae eonsuluissem 
et citius, quod optamos, obtinuissemus. Doleo ine tantis sump- 
tibus itcr Italicum instituere et Regiis commendationibus desti- 
tutum optimas bibliothecas intactas relinqucrc/ 

Noch eine Stelle aus einem anderen Briefe Nidbruck' s an 
Tanner scheint mir beachtenswerth. Am 14. September 1565* 



* Z. B. Kidbraek an CaM&nder, Wien, dem 18. Au^t 1663, Conc. i, 
fol. 80: ^«m httie obitaenlo Bgo fscile renediuiii inTeniani, ul id Tobif 
autoritate Bcyia lieoat'} derselbe an Cellin, Wien, den 10. December 

1555 (Conc. i, fol. 84): ,Qua{>rupt«r quam primuin tibi licebit, expi^care 
rem omnom. qua felieitate hnbori possinf, Tuum opns, nt fort« Sereiiiss; 
Kex Maximilianas id roc^uirat. Vg). auch MenciJt, Jahrbuch 
8. 61, 66. 

* Orig. U foL 872. 

* Die ^ri^iteh goHchriebcnon Worte bedentau in der Begel, daw etwa» 
als Oeheimni« beliandell wird. 

* Conc. i, fol. 246. 



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896 



schreibt er nämiich: ^Nihil emas extra catalo^nm, nisi forte 
omnino recentia sint et eicigua, düferamlllam oinptioncm in com- 
inodius tcmpiis; omnia mihi cmuntar, non Regi Maximiliano; 
forte Dcus aliquando dabit mcntem, ttt adiiciat anünum ad in* 
strucndam bibliothecam. Nihil nunc rei tacio, msi meomet 
nomine/ Nidbruck wollte offenbar vermeiden, dass die sich 
nunmehr hUufeuden (}orUrlito Uber Maximilian neue Nahrung 
erhielten — man muukelte vitilloicht auch damals schon, dass 
er eine lutherische Bibliothek besitze, die, wie bereits erwähnt, 
demselben wenige Jahre darauf in Rom stark verübelt wurde * 
— daher er diese Mahnung, ^^aximilian ganz aus dem Spiele 
zu lassen, an Tauner ergehen liess. Denn nun hatte auch 
König P^erdinand von der evangelischen Gesinnung seines 
Sohnes Kunde erhalten und am 10. August dieses Jahres eine 
emstliche Mahnung an diesen gerichtet. * 

Ein Jahr früher sclion hatten die Gegner Verdacht zu 
schöpfen begonnen, weshalb sich Nidbruck cntschloss, eine 
grosse Anzahl von Werken zu Nicolaus Gallus nach Ucgens- 
bürg zu schicken. ,Kgo quoque,* schreibt er diesem am 
23. August 1554 aus Wien,^ ,post has vindomias ad sumnium 
curabo mea ad vos; videntur cnim nonnulli nescio quid olfa- 
cerOy ut sois nostri ordinis homincs calumniis ubique obnoxios; 
non fcriatur cnim hostis et habet sua organa eaquc vaferrima. 
Nemini libros meos isthinc ostcndas, nisi tibi perprobe notus 
aut a me tibi commendatus fuerit; hac honesta excusatione 
ceteros repellere poteris, me scilicet ita ut fierct, rogasse te. 
Me ubique quam minime esse in ore hominum optarina; id tu 
et omnes cavctc, nc cuiquam de mc quidquam/ 

Am 26. Uctober 1554 werden zwei Kisten Bücher und 
Handschriften per Schiff nach iiegcnsburg gesendet und in der 

> Vgl. S 38a, Aum. 2. 

* Hopfen, a. R. O., S. Sä f.; Budiiiob, Qesehichto der Itogieruiie Ver* 
dinands L VlU, 8. 763. Ich grlaube, d«M dieM BeiwifniM, Maximilian 
IM Oeredo mi bringen, der einssigo Oruiid bt, we^liHtb Tminer did Bttcber 
nur mehr in Nidbruck's Nriiiu'n k.ntfoti f^ollto, uml nicht «twn, wie mun 
vielleicht auch «nni'hrntMi küniiUs um «tu billiger zu bekumineu. Ueiiu 
wenn die^t diu L'rsHcliu wUro, würde Tanner »cbun frftber darauf auf* 
mwlMm gemacht worden Min und nicht ent j^tet, da die Bilcher* 
«nsehafung sum groBMu Thell eingestellt und der Geldverleg utüclc» 
gew-hickt wurde. 

• Cime, i, fol, Vio. 



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597 



Wohnung <les Nicnlaiis (iallus^ zum fast ausschliVsslichen He- 
brauehf (\rr ^^Vntiiriatoren ntit hrwalirt. * In hinein ausf iiln- 
liclM M Uricte an ( lallu» wird tlicsi-s (^>u< llfmnat('rial sciiirr < Hi 
sor^^'c anvertraut und <Iie Hediii;j:un<:< n für die Kntlfihuntc t"i;&t- 
gcsi'tztr aus^^crdcni winl iliin iicuerdinirs ijrösstc V(n>ic!jt und 
Stilbrliwcij^cii autgctra|[^on. .Quho {»olliritus snm.* sclircdit er 
am Hl. October, ^ ,ca pi'uesto; bunt in iliaerü adversuni Danu- 
bium diio vasa, hic 28. Oetobris navi impositÄ et .Icaiini Za- 
wisch ex Lititz commissa, quar I). Kudriss Wolff rcddentur et 
in raanus ttias pervenient, alterutor (:?ic!) ex duobus t ontinet libroö 
Tp;; iz-i "/.try» ' si^natum A (quod si vcro non veniat ad vos hac 
bieme, mitte -m vr/.') quam primum illud, quod öignatum A), 
alteruni si<:natum B eontinet libros imprcssos ad me spectantes. 
Ambo vasa loco coneninerato includas et non aperias prius 
illud fJijynatum littera \, donee ad te veniat amieus; seeundum 
littera U bignatuni potes aperire, quando volcs, et ad eos libros, 
qui ad dextram sunt seeundum introituni. eollocare vel rectiub 
supra spondam lecti. (juae in niedio eonclavi est. Fasciculos, 
ut colliir.iti sunt, cxiiuaii et couscrves, nani data opera et non 
sine laborc coUigavi seeundum matcrias. 

,In hoc vasc «igiiato B nihil est, quo existimem, tcv «piAcv 
iuvari posse, sed omnia, qnae pro ipso laeient, inehisi ei vasi, 
quod sitjnntuni est A et ut hciat, quac in co reperire possit, 
mitto hic ^f/.'.) iudices Hbrorum vusi A signatu inehisorum. 
Tu pro nostra uuiieitia littcras resignarc ac legere, post rur- 
sum obsi;,ni;i,-e poteris. Clavem ad vasa hic mitto et profecto 
conöultum vi<]etur, si singuhs heptomadibus i^noni tlagrantcm 
ex iuniperis in medio loci concamerati, ubi libri sunt, eures 

* Uebor Niculaus Habn vgl. Herzug, Pütt, Hnuck, Kealenc^klüpidia IV 
(1866), 8. 7M. 

■ Dort «od nicbt in Wien, wie Präger («. a. O. II, 8. 410) annimmt, 
machte MHreu« Wagnor ein lui11i*>s .T;i}ir latig für diu Centuriaton ii Aii-i- 
ziigu; vgl, Nidbrufk nn Kla< ms, Uegoiislnirtr, <!«jn IM. Decemliei I ' .><> 
(Coiic. k, toi. 169): ,Attulit mihi Marcus Wagner, qua.H .ad «itd.Ma« 
4. Octub. et opportune sane vonit Ck>u)muiiico tili et ingenuu <iuno- 
cumque babeo . . . Caravi hac advelii umnia, «laae vobie usoi fotura 
arbitiatue «um;' deiyleicben Wagner*» Briefe au Nidbravk ddo. Uegeiw 
bttrg-, den 6. Jiuui < Orig. k, i'ol. JIT) und 16. Juni 1667^ (Orig. k, fol. W\ 
wnriit er über seine Arbeiten berichtet. 

= C'üuc. i, lül. 131. 

* Flaciu», vgl. S. 394, Aniu. 1. 



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898 



fieri, quo ita hiimiditas exsiccetar, et libri non corrumpantur, 
apertis tcnestris, si coelum serenum eit. Tu quaeso dispice, ne 
libri damnum accipiant et, 81 ignis tiat, quod omnino necessarium 
iudico, ipse intersis. 

,Hoc profecto cupio a te obserrari, ut quam paucissiDods 
bibliothecam meam isthinc patere (ergänze sinas) et nonnisi bonis 
ac ootis bominibas, quia, si cleriu vester aut alius quidam falsoB 
£rater Tel etiam loquaculus eam videat (sie!) et vel minimum de 
meo uiBÜtuto inteliigeret, iocommodaret profecto non parum mihi, 
quin imo universae cauaae, et nescio, quid mihi praesagio de 
hmuBcemodi homimbna. Ego vestro clero notus sum, ut faoi- 
liu8 in einiatram suspenaionem prolapsuri Bint; quare consul- 
tiseimum, ut nemo intromittatur praeter amicum, ti yeniat; et 
quicquid fiet, id fiat clam et sine multia sermonibue aut se 
quartus intelligeret. Hisit t -jOo^ ad me catalogum libronun, 
quos desiderat, quem et ex Angusta priuB acceperam; video 
ipsum multiB libris habere opus, et in mea bibliotheca oon 
paucos reperiet. Verum hoc (^uuijuo neceasarium mihi videtnr, 
et tu quaeao diligenter percipiaa. Ego tibi ingenue fitleor, 
quicquid habeo ad communem usum et praecipue ad tuum pium 
institutum, lubentisaimc communicaturum, non ea Bolum, quae 
aliunde habeo, sed etiam, quac meia sumptibua et magnia lar 
boribua conquiaivi, et [iropterea iibcram amioo' concedo facul- 
tatem es ik aumendi, quaecumque volet et quantumcumque. 

yQuia tarnen nonnulla accommodato Bumpai et ea poBt uaum 
reBtitui c-upio, partim etiam me obligavi chyrographo, partim 
repromisi, partim cogor redderüi msi me in pericnlum trahere 
▼elim: idcirco aequum et mea cauBa necesaarium iudieo, ita 
dimittere libroB, ut sciam, quibus et quo pacto restitutionem 
expectare debeam. Oogitavt autem, me privatam perBonam 
onorare non debere, et id in Bumma commodiuB confici ncm 
possc, quam ai alicui communitati id committam. De senatu 
autem veBtrae urbis adco bene mihi persuasum est, nt non Be- 
lum reB meaB omnoB illi libere committere et devovere cupiam, 
verum et Bodes eo aliquando coJlocarc, quantum per condtcio- 
nem licebit, ut intelligere poteriB ex D. Hiltner. 

, Quare non occurrit meo iudicio commodior ratio, quam 
Bi illi, qui aliquid librorum auforre Tolent, Benatui veBtro vel 



* FImcias, t^I. S. 394, Adid. 1, 



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899 



duobus aut tribus (inter quos et tu et D. Hiltner ac tertius ali- 
quis e senatu esse poterunt) ad hoc deputatis rcpromittant. so 
post usuiii et intra tot vel aDnorum vpI mensiimi spatium librum 
in manuB deputatonira rcstituturum. i'tiam non admonitus. Ea 
de causa mitto ad te chyropjaphum uieum, in quo cüin'-do 
illis potestatem, ut videbis; tac autem omnino tu ac D. Hiitiier 
illis rem declaretis, ue putent, id ipeifi difücüe fore; nam üon 
omnes intelligent. 

,Ego tibi vere dico teste conscientia, rae nec tö) dh') nec 
cuiquam diffidere, nec merito quis suspicari tale quid pote«t, 
nisi iniquus esse veltt, nani et cominunicabo, quae habeo, om- 
nia et non parcam sumptibuB in conquin ndis, quae desidera- 
buntur; si hahitaient in on loco, nhi Iil)ri sunt, nihil quicqiiam 
curareni. Fit autcni id a nie ca de causa, ut de rostituliüue 
maior spcs sit; nam ubi niagistratus autoritatem iiiterpooit, cu- 
rator a privatis personis negotium diliprentius. 

,Af?^gif^tratus vester nec siiraptibus nec aiiqua re oncratur, 
uisi cura illa, ut depiitati a map;i^tiatu chyrograpluini arcijiiant 
ab auicrente libros et »\ po^t pracrixuui tcrniiinnu in iiinra sit, 
admoncant »mith proniis^ionis factae. Ncsciuius onmcs, (juando 
qiiih'bet nonirum cvocabitiir ex valle inist riaruni ; niagistratus 
vero sive commnnitass scniper vivit. i^o.stquani vero usi fiierint 
libris, cupio cos partim icstitui, ])artim in )Mi>)!icum aliquem 
locum vel academiam iransferri, ' partnii ad heredes 
TueoK pervenire, ubi usui esse possint, idcireo et melius cautum 
mihi voll) . . . Seribo etiani : /.sv. ut curet, (pio magistra- 
tus suus vel duo deputati sivc scholareliae, in snmma nniver- 
sitas sivc communitas aiiqua libros, (juoscuniqur volunt, a vcstro 
magistratu sivc deputatis ex mea bibliotlieca sumant sub chyro- 
grapho. siraul vel per vices quomodocumquo et (|nnscumquc 
voluermt; addam enim in dies plures. et eos vel t'.» ^^lAfo vcl 
aliis bonis viris ac piis nn'nlstris distnhuant, |)r'>iit ip?!S vidc- 
bitur; nam quicquid agcnt, id rntum et gratum cnt. Hoc solum 
cupio, libros y)ost usum mihi salvo» esse et bona tide rcstitui; 
sumptus aurigis vel tabellarüs ego satiam^ si illis molestum 
sit . . / 



* Nach dMn Worte »tnuwffwri* laM» Midbiuck nnprilnglich ,8ub ditione 
Serenissimi Regis' g^eschriebeD, dieses »ber AusgeatiiehMi iwd ,par* 
tim ad heredw meo« porrenere* dMilb«i8«»obrieb«n. 



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400 



Aelinlich hatte Nidbruek am 1. November an Flacius ge- 
schrieben:' ,Hoo taiULii scias, nihil cssp. quod non ad pro- 
positiim piurn et utile sim collatiirus, sed oinnino cupio caiite 
et (liligt'Titer custodiantur, ob quam causam e;^o rjtmqtio, volo, 
per ma^istratus sivc dcputatos id iv/\. scilicct recipicndo et re- 
mitteiido oosdom Übros, rrrtc tlicsauniin niciim um nnn dirrcto 
dominio, nam restitiii velicm ad loca j)ublica post usuin, 
unde dcprompti Bant, et propter quos ego arcte sum 
obstrictus.' 

Icli ^^laiibo nun n)it zieudiclior SiclK'rhcit annehmen zu 
dürfen, dass ein grosser Theil dieser liiicher, weleliü nach ihrer 
Benlitzun;^ ,in publieuni ali<pieni loeum vel aeademiam sab di- 
tione Scrcnipsinii Rcj^is', l)e/.iehunj^SNvei:^e .ad loca puhh'ea, 
undc depronipti sunt' kommen sollten, thcils aus der Hofhiblio- 
thek, thcils aus der Pnvatl)ibliot}iek Maximilians stammten. 
Nur so verstehe ich die drückenden Cautclen, an denen der 
sonst so liberale Nidbruek trotz Bitten und riegenvorstellun<ren 
der (,'enturiatoren - zähe testhielt, und die Einbeziehung cifVent- 
liclier n^Mvalten, wie der iStadtrttthe von Regensburg und Mag- 
deburg in dieses Ausleili verfahren. 

Diese meine ursprüngliche Vermnthnng ertaiir fltin-h die 
nachträglieh von mir angestellte Untersucliuiig üV)er die Pro- 
venienz der wenigen namentlich aufgezJlhlten Werke vo|j(> Be- 
stMtigiing. Nidbruek kt\ndigt nämlicli in seinem IJriil'e ddo. 
Augsburg, 27. September 1. dem l-'laeins an, dass er die 
Briefe des Hadrian an Pipin. dann j<'ne des Bonlfatiu?;, die er 
schon früher, am 1. November lör)4, nach Hegensburg zu sen- 
den versprochen hatte,'* mitschicke. Nun unterliegt es keinem 



« Conc. k, r..!. i'«-2 r.Tahrbitc-h 1«t»7, S iJ7V 

* bchreiben des Flaciu/t, Wigaml, Cupu», Iudex und I'räluriuä, ridu. Magde- 
burg, den 16. December (Orig. i, fol. 141; Jahrbuch IHU», 8. 103). 

' Conc. I, foL ,Hitto vetora, qoM babui, nempe epbtolaa Adriani ad 
Pipinum et Csrott etc., itam eptetolas Bouifacii.* 

* Conc. It, ful. 'J82, Forlfietzuiig : i, ful. 133 (Jahrbuch 1897, S. 232f.): 
,Habeo quaedam prnctrroa, qnne tibi tum, ubi hac in parte rne.ie i|Uo- 
que voluutati nec iiiiu;?tHü obteinperaveritü», scilicet iuterpuueudo cau- 
tionem at agendo id per publicas peraonas ani publice «altem nomiae, 
lubami comuanicabo, Milieat apbtoüu Pipini ad Stapbanum et Adriani 
ad Carolam, iuAtum opat, item epiatola« Bonifaeii primi «pisoopl Ger- 
inHnnrnm ntl Liillum et nlios coepiscopos MIM cmB per QensanUun tum 
per We»tpbaliam et alia quaedatn.' 



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401 



Zweifel, dass dieselben mit dem Wiener Uodex (Jarolinus und 
der Wiener HandBchrift der Bouifatiusbnefe identisch sind^ 
ferner dass dieselben einst ztir Hibliothek des Ersbischofs Willi- 
bert von Köln (870—889) gehörten.* Dort hatte f^ic amli Nid- 
btuck gesehen, ' und von dort sind sie auch entweder durch 
ihn selbst oder mit Hilfe des Gelehrtenpaares Qwrg CuMiider 
and Cornelius Wouters'* nach Wien gekommen.^ 

Dass FJacius Btteher ans der königlichen Bibliothek ge- 
liehen bekam, geht UbrigenB auch ans Nidbruck's Correspon- 
denz mit Matthäus Colllnus hervor.* 

Wie immer die Sachlage war, ob Kidbruck mit oder ohne 
EinverständniBs des KOnigs Maximilian die Centuriatoren unter* 
sttttate: die eine Thatsache steht fest, dass man in berufenen 
Kreisen von der Forderung sprach, die Flacius seitens Maxi- 
milians erfahren habe. So äussert sich der karfUrstKch säch- 
sische Rath Dr. Ulrich Mordeisen in einem Briefe an seinen 
CoUegen Dr. Georg Cracau ddo. 18. Juni 1559 in einer fllr Ma< 
ximilian graWrenden Weise, indem er seiner Verwunderung 
Uber die Friedensbestrebungen Ausdrack gibt, ^da doch eben 
]^faximilianus zuvor den Illyricum hovirt und ime allerlei ge- 
schengk and gelt zugeschickt'.* Auch Melanchthon spricht 
sich in diesem Sinne aus: ^Nunc me ad moderationom hortan- 
tur isti, qui aluerunt Flacicos errores.'^ Nur durch diese be* 
sondere königliche Begünstigung des Flacius, die aber nicht 
dessen Lehre, sondern nur der Förderung des Centurienwerkes 



1 Nflnibergcr (Neuw ArehW XI, 1886, 8. 32 f.). 

* Nidbniek an CMsander, ddo. Speiert 8. Juni 1664 {Conc i, fol. 108): 
«Vidi alicubi oiiistolai« Adriaiü ad PipinniD, item BoDifacii primi Evan» 

ppÜstae iti Germania upistnlas ad s»<<*< roadititnrcs linui mir pi'r rJerma- 
tiiam dii»per»us.' Er war übriguu», wie da» Datutu de.n UrioteM ait FiaciuM 
beweist, worin or verspricht, mehr als hundert Bibliothukeu besuchen 
SU kSonen (Bibl, Jalirbnch 1897, 8. 205), un 14. April 1664 in KSln, 
wo er WAhncheinlieh diea« HandachriAen «elbst «rwirb. 
■ Das Letztere vermuthet Nürnberger, a. a. (> , 8. 32 f. 

* Laniltoi ciiis 'CKiuipeut. de bibl. Cupü- Viiid. II, S. vcrniair suh dies 
nicht zu erklären: ,Caetori)rn pf>r <piam varia rerum vici.sMitudiiie:» et quo 
tuiuporo &u mudu idein ille prau<>tauti«»imu8 codex (Carolinua) taudem per* 
v«tiefit in aagnstlamnum bibl. e««i. Vind., id wt nlbi pronn» inoofnilain.* 

* Men«ik (J»brb«oh 1897, 8. 49). 

* Brieger, Theulo^r Stud. und Krit 1878, 8. 726. 
' Corp. Ref. IX, ti. 832. 



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402 



galt, läset sich bei Maximilians aupfrespmchener Hinneigung zur 
Friedenspartci anffallende Verbreitung des Flacianismus ia 
Oefiterreich erklären. ' 

Am 3. October 1553* hatt! Nidbruck den Gesner durcli 
Isengrin ereucheu lassen, ,ut non ;;ntvetur catalofjura eorum 
autorura. qui supcriori aotatr errores varios taxarint puriusque 
de noniiulliß articulis vel tempore seismatum v^l in conciliis 
scripsc rillt, annotare et . . . Isingrinio iiiittorc, itüiu illi»rum quo- 
que librorum, quos a doctis dcsiderari i t liincindi in bihliothe- 
cis repcriri possc. etiam qiiihtiscum stiiiiptibus cxistiiuabit; naui 
tum forte libri illi, quorum mention» iii tarttims est, bincinde 
poterint reperiri et ad propagationein rerum veraruiii adbibori.' 
Gesner hatte hierauf in dem Sehreiben an Isenp^rin * auf Plio- 
tius' Hiblidlliek ^ hingewiesen: .Kgo puleherriiniim et Optimum 
librum gra» cuni Pliotii patriarchae d(^ aiitoribus. qiios legit, 
valde eupcreia mihi redimere vel describendum curare, quem 
poBte.i vel graece vel latine conversum ederem, si non deesaet 
maecenas, qui desiiiptionis suinptuiii solveret.'^ Und am 
22. März 1555 hatte sich (tPSDi i- an Nidlinirk selbst prcwendet 
und ihm über Photitis brriehtct : ,Quod ad I'hotittiu patriar- 
chani, mcmini, nie irraeeuni eiu.s iil)riim satis magninn de srri- 
ptoribiis, fjuos h'^nt etc. N'enctiij. vidit^sc' apud Arnohbim 
Peraxytuin Arhiiiinn,* viriini cruditum < t Isin;;rinio notum, 
(^ui cx iJicgi ilurUidi Hcudozzac^ liiäpaui co tempore Caesa,- 



* Die» vermutliol auch L<ie»chc auf Grund eiiie« vuii mir iiiil{;utheilteD 
BriefoH von Nidbruck an Flaciuf, worin er dio»f"m 5rlireiht. durch Ein- 
treteu Maximiliau« könuten Hie Kflcher aus vcr»chiedeiien UibliotliKkeu 
bekommen, dio ihnen aonnt versagt wäreu (Jahrbuch 1897, 8. l'J). Brie» 
ger erwartet eich eine Klirong dieses dttiiklen Punktes aus dem k. k. 
Haus-, Hof- und Staatsarchive («. a. O., 8. 7S7). 

" Conc. i, foh 88. ■ Vgl. 8. 386, Anm. 1. 

* Uebor Photiuü (f 891) und seine Bibliothek vgl. llorgenrolher, l'botiu«, 
l'atriarrli von Cori'it^ntinopol, 1867; Krumbacher, tiesvb. der bysaa- 
tiiiischö» l.itt r.ttur, ISi»!, S. 223 f. 

» Vgl. Nidbruck au Flaciu«, ddo. 23. ÄugUbt 1504 (Jahrbuch lbU7, ö. 2la), 
weria er diesen davon vetstXadigt. 

* Cone. i, fei. 199. 

* Oesner, Bibl. (1589, 8.698): ,Photü . . . volnmina dua graeea extant 
Venetüs ia aedib« D. Diegl Hurtadi » Mendosa et in Stroane biblio- 

theca.* 

" Vgl. 8. 886, A. 3. " Ebenda, Anm. 2. 



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m 

reae Majestiitis apud Venetoa legati bibliotheca illDm habebat. 
Hic Arlenras adhne Venetüs agit et procul dubio tum hoc tum 
alia multa vetuata exemplaria habet Praeterea bibliopola qui- 
dam Itaiiis (Petma Ferna ^ nomine) Isingrinio famiKam Phothim 
illum nescio unde habere se posse aliquoties mihi rettolit, si 
quie pro libro descripto et rursus ad archetypum colhtto (quod 
omnino faciendum est) XXX coronatos expendere vellet. Per 
hnnc Pemam aut eins famulnm . . bingrinii re\ mea opera 
res curari poflset Praestiterit tarnen, £> T. vel nunc per lega> 
toa aliquoa in comitüa vel per amicos VenetUs haue rem per- 
ficere. Quod si Über iUe tamdiu desideratus tandem ad me 
pervenerity iit in bittnam linguam puro ae mediocri stito . . . 
transferator, quam fieri primum poterit, et in tuum nomen ho> 
noriiice inscribatur, operam dabo omnem/* 

Nidbmck gi*iff mit Eifer diesen Vorschlag auf, und bald 
nach Empfang dieses Schreibens, am IS. April 1555, richtete 
er YOn Augsburg an Tanner das Ersuchen, den Arlenius' zu 
dem Zwecke in Venedig aufzusuchen, um den Ankauf des 
Photius zu besorgen: ,ltlud qaoque vehementer te rogo, ut cum 
Venetiis veneris, Amoldnm Peraxylum Arlenium convenias et, 
quia eruditos est, fac ineas famtliaritatem; dicitur plurimos au* 
tores graecos habere nondnm impressos. Sufficit, si indicem ad 
me miseris. Iclem ex D'mgi Hurtadi Mcndozzae Hispani bi- 
bliotheca babnit Photinm Patriarchum de seriptoribus, quos le- 
git; qui liber etiam apud alios quosdani Venotiis esse dicitur; 
inquire rogo et percuncteris de prctio/ Neuerdings mahnt er 
mit dringlichen Worten zur fleissigen Erforschung alter Schrift« 
denkniäler und bedauert, dass er selbst, anstatt die Bibliotheken 
und Büchereien zu besuchen, seine Zeit mit der Besichtigung 
der Baudenkmäler verbracht habe: ,Fac inter proficiscendum 
quoquc diligens sis in pervestigandis antiquoriim monumentis, 
üs dico, quibuscum sermonem habere ae coHoqui possis; nam 
me quoque poenitet, tot temporis marmoribus inspiciendis con- 
trivisse et non potiua id quoque bibliopoUs ac bil^iothecis in- 



' Ein reformtrter Italiener aus Lneea, Bnchdriieker in Venedig; vgl. 
Stintaing, Q. Tanner^a BriefiB^ 8. 68, Anm. 10. 

* Nidbmek aendeto den Buehdroeirera liandflolitillUehee Maleriale mm 
Dfveke, nn Flaeine au entlasten (Bibl, Jaltcbneb 1896» & 8). 

• Vgl. S. 888, Ann. 3. 



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404 



visendis tribuisse. In hi8 quoque ipais ego plima iacio, quae 
ad gloriam Dei illttstrandam statnmque ecclesiae atque piorum 
per sueceBsionem cognoscendttm pertinent, quam quae iiiridiea 

sunt aiit philosophica . . / * 

Noch \ or Empfang dieses Briefes* berichtet er am 16. April 
1555 aus Padua ^ Uber eiB Photius-Exemplar der Marciana^ 
und die Mittel sur Beschaffung desselben: ^Photius autem om- 
nium fere Graecoruni theologorum diligentissimus abbre\nator 
in bibliotheca Marciana recondituB est, quem Camillas, qui<1am 
Florentinus, scriba tarnen graecus iiamit, se Salviato cardinali, 
D. Diego de Mendozae ... et quibusdam aliis descripsisse 
30 dacatis; 24 folia media, halbe pogen oder swelf ganse po- 
gen coronato describuntur. Ac quia integram optimorum scnp- 
torum graecomm bibHothecam instruere videris, opinor tua mal- 
tum interesse, ne tibi de hoc antiquissimo scrtptore prospicias. 
Legatus, qui :i\nu} Hogem nustrum habitat, Venetus debet re- 
formatoribuä 1). Matthaeo Dandalo, Marino Caballo et Hiero- 
nymo Ferro hoc nomine seribere, qui suam voluntutem postea 
breviter magno caneellario D. Laurentio Koccae significeot. la 
enim habet chives bibHothecae. Est autem pignu» 25 corona« 
tomm deponendum in fidem libri aecepti. ^ Tu i<ritnr cum le> 
gato agas, qui faeile conficiet omnia, ut me refonnatoribus 
commendet.' 

Acht Tage später, am 24. April ^ konnte Tanner die wenn 
auoh gans flüchtige'* Besichtigung der Marciana mittheilon: 

• Vgl. »ach Midliruck au Tauner, ddo. 11. .Mni 1ü55 (Coijc. i, ful. 241): ,To 
certe per Italiain, 4Uucuu)<juo locu sis, mallem sacra pcrquirere, quam 
ittridica . . . Ego deploro saep» uiea« «MMtlatton««, dum Bomae «mem 
et mamor« perlustrarem, com tarnen in bibliotheca Vaticaoa ei Car> 

dinaliatn cnm doctiMimis atque roleberrimui riris iisque abHeutiltus collo- 
qui et do rebus gravItsimiM c-oufurre }»otui«<«*>n( ; c!eit»do qucwl in biblio- 
poliis praeter iuridica uiliil curavuriui, euui tameu »acta, hUtorica cuius- 
qne generis nonanlla obvie faerinl.* 

* Der Phoiitta war daher offenbar auf der Liate der ansusehaff'endett 
Werke v^rseichnet. 

• Conc. i, fol. 2S1. 

* Cod. Nr. .H.'SO nnd 351 : ValontitipUK a a O , R HO. 
" Vgl. S. ayu, Aniu. 1. • Vgl. S. »yu, Aum ö. 

* Cone. i» lel. 884; vgl. auch Aigmayr an Kidbntck, Padua, den H, April 
15W (Oriff. i, fei. 819). 

• Tanner an Nidbruck, Padua, den 4. Juni Itbr, (Orlfr i, ful. 263): ,8. 
Marei bibiiotheeam quaai per transennam contigit inajkieere.* Geoig 



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405 



,Fui his diebus sammoram huius schoUe Yiroram eommendatio* 
nibus in bibliotbecam S. Marci admissus, ubi nobUiasimas Bes- 
Barionis, ConstantinopoUtani patriarchae thesanroa graecoB iticre- 
dibili Yoluptate et admiratione intuituB som. Bone deuB, qitanta 
veteram graecorum theologorum et bistoricoram copia adbao 
reliqua est, praetereo iam pbilosopbos, retbores, matbematicoB 
et iurisconsaltos omnisqae generis diBciplinanini scriptorest 
Quodai alicuius principis mtmificratia iuvarer, sperareiiii me ec- 
clesüs et politüa universae posteritati gratissiraum faturam.' 

In dem AntwortscbreibeD des Nidbruck ddo. 1 1 . Mai * er- 
bält Tanner den Auftrags eine genaue Abschrift des PbotiuB 
berstellen zn lassen: ,Quod ad Photium attinet, de quo scribis, 
cupio sane illum qaidem emi, aed quia in describendia antori- 
buB et negligenter et pertiile nonnumquam agitar, Telim, te 
praecipuam curam eius rei habere et non rcciperc, nisi prius 
ad arehetypuin, duo vel tria quoqne exemplaria alia, si fieii 
queat, fideliter coUationatuB Bit, adnotata diversa leetione. Prae- 
terea neque hoc satis esse duco; te post rogatam vellem, ut 
ipse quoqne ita probe collationatuin Photium cum exemplari 
bibliothecae divi Marci conferas, adhibito docto aliquo et Hn- 
guae pcrito studioruui socio; nam mihi profecto multo caruB 
esset Photios, si a te sub incudem revocatus et excusns esset.' 
Ueberhaupt werden die griechisclien Kirchensehnftsteller dem 
Taoncr ganz besonders empfohlen: ,Opto autem te ecelesiae 
maxime inservire non deserta tamen vocntione sive professione 
inridica. Tu qui linguae graecae coguitiouem habes baud con- 
temnendam, debebas sedulo in graecis illis antoribuB abBtrusis, 
quotiesciiraque per otinm vacat, versari et excerpere, quae ad 
confirmationem verarum äcntrntiarum faciunt et ad refutandaa 
falsas persuasioneSy exterminandas superstitiones et convineen- 
dos pertinacittm errores; haec ab antiquis Bumpta BcriptoribuB 
plurimam sane lucis et ponderis adferrent deplorato hoc tem- 
pore, quo scholae ac coetus doctorum fere dilabuntur, atque 
omnia habeuntur pro novis dogmatibus, quae non omnibus arn- 
deant. Fac igitur elabores pro viribus in Tinea doinini/ Be- 
attgUch des Ankaufes der neuen Erscheinungen ertheilt er dem 
Tanner die bemerkenswerthe Weisang: ,£t quae nora erunt 



Stepbamw ('vgL 8. S90, Am». 8) hatt« ihn bttimlieh hiaeiiigelMMn; vf 1. 
a 411, Ann. S. * Com. i, fol. Ul. 



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406 



in posteram, fac, ut dno excniplaria accipiain, quo partem Se« 
renissimo vel aniicis mei heri mittere, reKqaum mihi re- 
aenrare poesim.' 

Taimer, solcher Art in die Pläne des Kidbruck und der 
Centuriatoren eingeweiht, ausserdem von diesem mit genUgen« 
den Geldmitteln versehen, ' schritt nun mit unverdrossener Aus- 
dauer an die Ausführung. Tagelang forschte er in Venedig 
nach den von Nidbruck begehrten Schriften und wendete sich, 
als er nichts Nennenswerthes vorfand, deshalb an den erfahre« 
nen Schriftsteller Antonio Brucioli, * der mit ihm das Verzeich- 
niss der gewünschten Werke durchging und ihn auf Versehie- 
denes aufmerksam machte.* Auch zu John Cheke/ dem ehe- 
mahgeu Erzieher König Eduards und engVschen Slaatssecretftr, 
der sich bei dem Regierungsautritte der Künigin Maria flttchten 
musste und sich einige Zeit in Italien aufhielt, ging er in der 
Absicht, ihn Uber die alten griechischen Theologen zu beftagen. 
Dieser gelehi*te Englllnder, der selbst sich griechisehe Hand- 
schriften wie den Athanasius abschreiben liess, einiges Mate- 
riale über die Synoden von Nicäa und Ephesus erworben hatte 
und auch die tlbrigen in das Bereich seiner Forschungen sieben 
wollte,^ rieth ihm ab, auf den Photius so viel Geld zn ver- 



* Vgl. S. 423, Auiu. 7 und S. 424, Aniu. 1. 

* Usber ihn vgl. Benacb, Index dm- verbotenen Bücher, 1883, I, S. 373; 
Benrath, Geach. der Ref. in Venedig (Schrillen d. Y. f. Bef. 1887, Nr. 18). 

* Tenner «a Kidbmek, Pedue, den 16. April 1666 {Otig. i, fol. 231): ,Ve- 
netÜB auteui, quod lue bona fide factiirum accepi, toto btdiui dillgenliN- 
sime inquLsivi illa ipsa scripta, quae tu tantopere desidoras. Ubi cum 
nihil oi^töXoYov occurreret ac etiain atque etiam verarer, ne pro meo offi- 
cio nogliguaUue in aniei oeriMini negoüo venari Tlderer, dednetes «um 
teadem e cendidlMimo qeedem bibllopola ad Astoniiiin Bmeioliun, qno- 
cnm de eoDimenibiia elndiis Mtb dia iMttiliwiMime contnli. Percurrit 
nuHtruin catalogum . . . me amnnter hortntiis est, \it iiihil diMiicepn lu- 
quireretn, nihil cnim mf (ifipri> iHg^iiiiiii reperturum. Qraecos acriptoresy 
quo« auuotasti, dicit so iiuiu>iuam vidii»^. 

« Dictionery of natioiial bingraph> X (1887), S. 178 f. 

* Tenner an Midbnick, Padua, den 4. Juni 1665 (Orig. i, foL S8S)t »Cnrai 
iaiu 81 bi Athanasiufli graeeuin deeeribi, oävwyiui ifiw xaT2 rr;v iiadh( 
iyiav aivooov rpay')<yTti>v iam nactns e^t, ac promiasiim csi ipsi mlliup mf- 
liori« tidei üxenipluin; rfUijua-* synodus ».<t aiitiiplioros t-t }iuiiurfs, qiiae 
kuiuü aetatis coDtrover»iB» cuiilutare docent, diligentissiiito iiujuisiturua.* 
Tanner an Kidhrnck, Padna, den 14. Juni 1666 (Orig. i, foL 876): ,Prae- 
fiiit Nieaenee sjnodi Anathaalui, cnius commentarioe et (%eeiM hie aon- 



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407 



wenden. ' Dagegen sollte man die Verhandluii^^^aeten dt r in 
den ersten Jahrliundertcn abgehaltenen Synoden, wie der von 
Nicäa (320). - Gangra (ciina .^f)!)), Constaiitinopel (381), Epiie 
sus (431) und Chalcedou (451) iu ihrem Urtexte ausüudig 
machen 

Jr lacius selbst hatte schon vorher seinen Freund Nidbruck 
auf den Werth der g'riechisclien ConciHen aufmerksam gemacht; 
und zwar dachte er, für dieses Unternehmen die Unterstützung 
der i ugger zu gewinnen.* Nidbruck uuterlianclclte später mit 
Oporinus, Herwagen und Amerbach, um den von ihm selbst 
und von Cheke gesammelten Stoff sum Drucke zu befördern. ^ 



Düllos sibi describi cnrat.' Nidbruck an Oporinas, Angsbnrg, den 16. Sep- 
tember 1555 (Conc. i, fnl. 178'): ,D. Jo. Checn< venit ex It.nlia. Habet 
inter aiia Athana«ii multa graece, item reliqiios canones aynodi Nicaena«, 
item et EphMinM. Haee Iie«t mtgiiiB nmtptibuB eararit in Itali» de* 
•eiibi, tibi tumen vel enivia, ■! notis« dftbit impriaaenda . . .* Die ^npa^ 
XjBivta Iv iMx«{a <Tuvö8(ü' hatte Nidbruck erworben ; Nidbroek an OpoTtniw» 
Wien, den 19. März 1666 (Conc. i, fol. 179): Jlabeo et e(fo Ttpä^tv -cf^i h 
yixala auvooou mauuflcriptani, graoro pxredit 4<mi folin über. 8i linbeas, 
qui vertat, mittam lubena.' Vgl. auch Nidbruck an Peucer, Wien, 
lt. Min 1566 (i» fol. 4210- 

1 Teoner nn Nidbroek, Padua, den 89. Mai (Ortg. i, fnl. 864): ,Ae bis 
diebna D. Cheeitm, Ednardi Rogis AngliM qnondani Tui tnatörem eonTeni 
non aliam ob cauMini, ({iiain ut de vptnribus graeci.s tlioolopis, fpinrtim 
ip<»e studiof»iji«imu« e«t. libfriiis conffrreiii, Ac post ali(t.s .itijiu! .aliu» va- 
riort scriptoreH nianuoeriptois ac nondum editun oinnni'r.ivit uubif» et Pho- 
tinni, patriarebam CSemtimtioopolitaiiam, CQiu.<i (jaiu uk nliquam aitae bi* 
diebn« vidiaw^ et qnia louge podt pnrioret veteres iaterpretet Trixit et a 
pnritate grsecanini ecclesiamm nibinde pbile$opbiei« rationibus pln» 
aequo addictuft Rt fasc-inatui« discoHNit, censet in eo» Ut ante scripsi, non 
tanlüs suinj)t(is faciandos esse . . .* 

' Da.>4 angebliche Autograph der Synode von Nicäa liatte im Vorjahre der 
päpstUdie L«gai in Venedig, Lodovloo Beocadelli, der m daselbet er- 
werben hatte, dem Pap«te Julius III. snm Geiehenk gemacht; ebenda: 
(«utoypafBV T^; vtxnoK ouvooou . . . anno 8upcrtor<- D Lndovicu» liecca- 
tellu.<< . . . cniusdam indoi-ti sacrificuU beneficto Venetiis nactua Julio 
pontifici defnnrtn doiio dedit . . .* 

' Ebenda: .Synodo.H autem priores, treceuti.'« aiiui» post doraini ascoiwtouem 
celebratas, ntpote Epheainam, ChaloedraenMm', primam Conatantinopoli- 
tanam et enmprimia Nieaenam ^ligentimime sna liogua inquirendaa.* 

* Flacius an Nidbruck, 23. Februar 1654 (Bibl, Jahrbuch 1896, 8. 2J); 
4. August 1654 (ebenda 1807, ?<. 211); 1. Aj.ril 1556 (Orig. i, fol. 217). 

» Oporinn^^ an Nidbntck, Haftel, den 12. Februar 1655 (Orifs: i, fol. 166): 
,De concilü» graeci« egi cum Herv.agio et Amerbaehio et hp«ru, conailio 
AicblT. J.UXT.lli. ILHilllt. 87 



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408 



Auch Tanner ist von der Wichtigkeit und ßodeutung der 
Uerauagabe der griecliiachen Synoden in ihrem Urtexte, frei 
▼on allen Entstellangen nberseugt: ,8jrnodi autem illae abunde 
docenty quomodo aetads controversiae tolli poasint; et si multi 
synodorum autoritatem ceu schema maxime plausibile subinde 
nostriB Sttbüciant^ tanien graecis uiitograpbis pessime redditis^ 
aliquando prolatis mirabüiter confutari poterunt Ac miror, ne- 
minem hactenuB cavisso"^ 

Er wollte vomebnüich su diesem Zwecke die angesehen- 
sten Bibliotheken von Venedig, wie die von S. Marco, S. Gio- 
vanni e Paolo und S. Antonio di Castello, welche einen grossen 
Theil der von Nidbruck verzeichneten griechischen Seliriften 
enthielten, durchforschen;' doch da stiess er ttbenUl auf be- 
deutende Schwierigkeiten. 

In der Bibliothek der Dominikaner von S. Giovanni e 
Paolo wurde Tanner trotz einer Empfehlung des Paduaner 
Ordensprovinciales Sixtus nicht eingelassen. Der dortige Biblio- 
thekar erklärte ihm, die Codices seion noch nicht angekettet, 
und er könne unmöglich fUr die Dauer ihrer Durcli^^ieht bei 
ihm sitzen. Tanner machte sich hernach wenig Ploti'nung, in 
diese BibUotliek zu gelangen, geschweige denn Codices ab- 
schreiben zu dürfen, zumal da unmittelbar vorher sogar ein 
Mitglied des Käthes der Zehn abgewiesen worden war. Auf 



iioatro acquietunMf led qnsm citts BMcio.* Vgl. ftiich & 403, Antn. 2 und 

S. 406. Atim. r>. 

* Vgl. dascu Tanner an Nidbruck, Padua, den 14. Jani X66b (Orig. i, fol. 
276): rftfaCandos impicM HophiatM et eonfirmando« pH» nulUi «Ii« 
ratio reliqo« eue videtnr, qvMm ut e« eoncUi« miA ouvoSoi, qiue . . . 800 
«Q( 400*** « domini ««eeiisioiiie «nnis celebr«t«e auntt in lttc«ni «aa Hn- 

g'ua proferantur. Inept.nn enim roonachonim |>prv<»rHK>ne« et tr-nnsln- 
tionoa nobis germanam yeteruin .«sviiofiorum seiitfinti.-im ]i»'rv( vtt rnnt et 
ad Huas töiXoOpijtrxeta^ superstitiose accoiumodaruut . . . Ühüa con.Htat, Nicae- 
miitt eonciltum « pontifice «liqaotiai com «liii deformstnro faiara; non 
tamea desont «xmnpUri« ae quidem cEUTo^paipa, dnde snoniiii arromm 
affectatornm conviuci poterunt . . 
' TaiiinT .in Ni.lbnick, Padn.n. den 29. M.-ii ir.r,r> (Ori-. i, fnl. 254). 

• Ebenda: ,Fui iam quat«r aut quinquien hoc nomine Venetii« .. . S.An- 
tonius instrucUflsimam bibliolLecam pussidet, S. Marcus cupiaHioroni et 
mtilto ornatiorem« item noaast«ri«m 8. Josnnis et P«aU Dominieanomm 
boiuun partem BCatthiae Regis Unfari«e fortiaaimi et sapientininii illiiw 
heroiM graeeornm inornm theologorum, quoruni tuua eataloi^« memiaity 
habet' 



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409 

seine bei einigen Bckauuten eingeholten Erkundigungen, wie er 
dennoch zum Ziele gelangen könnte, wurde ilnu uls der einzig 
mögliche Weg eine Empfeiilung von irgend einem angesehenen 
venezianischen Patrizi» r in die Mönche von S. Giovanni e Paolo, 
S. Antonio di Castello, 8. Giorgio Muggiore, endlich wpcren 
Besichtigung der Bibliothek von Ö. Marco an den Kath be- 
zeichnet. ' 

L)er I^esuch der Marciana, dieser hf^rrlicht^n Schöpfung des 
Cardinais Bessarion, war damals erst vor kurzer Zeit äusserst 
erscliwert worden, und (jbwuhl Tauner wiederholt aus der- 
selben Bücher gegen eine entsprechende Sicherstellung geliehen 
bekam, ^ war ihm die Bibliothek selbst zw sehen nur ein ein- 
ziges Mal, und zwar nur heimlieli und ganz HUchtig gegönnt 
gewesen.-' Man hatte nämlich — nach dem /nn/nisse Tanner's 
— dem kaiserlicheii Gesandten Don Dii'go liurtado de Men- 
doza,** welcher mit Hilfe einip:er ^'•i'iechisehi.'r Cojtisten, wie Ni- 
candros Nuncios, Kicohius Sophi.inus. ans i'-mz Italien, ja so- 
gar aus dem Oriente Absrhrit"t(ni von griechischm Handschriften 
macheu und unter der Uberaufsicht »eines i^ibhothekars Arnold 

* Tannei- an Nidbruck, Failua, den 4. Juni 1666 (Ori^. i, fol. 2G3): ,Ve- 
netiis mouacbi Dominicaui apud S. Joauuem et PanliiB Ariatidb Apolo- 
getienm pro Christiani»» MeUtum ApoUinarem, Haximani Planndem 
cttm aliifl mnltis aeriptia habent Fui a D. Stxto, bomin Aratram pro- 

vinciale bibliotheeario commendatuH, non tanien intromiHaus. Dixit, 
libroH mauuMcripto» nonduni alligatoH e»ne, nee mihi, eos percurreiiti 
ajiflidere poMMe, idoni Iiis diebuK qnendain cardiualem pütüsse, repulsam 
tameu paaüum ease. Quudtii igitur iueptiaiimaa et saspidoausimiui frater 
tarn arrofanter et quiden dimisit (tertu oit D. BaaUiiu ernditindtnm 
invenia, J>. AKHurbachü iiiriaeomulti Baailionsifl filius, qui metmin iu 
bibliutheca Marciana fuit ac nie ad monacbuj« <)ubinde ent Hecutu»), multo 
minus alicuiuB cwlicis describendi copiam fat tnnip pst. RDjj.'ivi amii-on 
pa^Hsim, qua via redeuudum esHotr ut voti coiupo« tierem, ainautor aum 
eommonabetiM, avlla alia ntion« ne nnquam introadinim iri, nid ab 
aliqno palricio Veuto, magnae tamea in republiea avtorilatb riro fka- 
tribuR iS. Joann! et Pauli, item fratribus 8. Antonii, it«m fratribu« maio- 
ri» D. Georgii, postremu ipsi «»'iintui in biblioflit i a Man iann iiorlnsfrajidn 
comm^ndatiis fnerr».' Dernelbe nvi i'-nsolboii. Padua, 14. Juui 1 '»ri'i (< )i ijf. i, 
ful. "216): ,Ego provincialera i'ataviumn hoc nomine cunvuni, qui »uis 
litterifl me fratribn« Venetüs commendavit, sed paMiw fui repnlMm. 8ed 
opinor, l«|fatttm CmU« effeetarnai, ut intronittar. Beiecernnt anper 
quentbiui doceinvirum; mouacbi sunt arri>gantiH.Himi/ 
« Vgl. S. .Ttü, Anm. 1. ■ Vgl. S. 404, Anm. 8. 

* Vgl. 8. aSli, Anm. 2. 

VI* 



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410 



ArloiHiiR auch aus Aor Marcnsbibliothek zahlreiche Codices ab* 
schreiben liess^ einige Veruntreuungen und Unzukömmiichkeiten 
zur Last gelegt, und die FoIg:e war, dass die Bedingungen dir 
die Benutzung der Bibllutliek wesentlich erschwert wurden.* 
EndHch mit dem Briefe vom 11. Mai ^ traf das heiss er- 
sehnte Empfehhingssclireiben des venezianischen Gesandten 
Paolo Tiepolo ein.' Wenigstens ftlr zwei Tage hoffte er in die 
Bibliotheksbestän li RiuLlick nehmen zu können; gerne wollte 
er sich allen möglichen Cautelt ii unterwerfen * Voller Erwar- 
tung begab er sich zu den Brüdern des Tiepolo, an welche er 
empfohlen war; der Erfolg aber blieb aus. Dieselben hiessen 
ihn zuerst wiederholt kommen; allein so oft als er hinkam, 
waren sie entweder abwesend, oder sie ruliten von der Mahl« 
zeit aus. ^ Schliesslich erklärten sie, man mfisee die Vollendung 



* Tanner an Niilbnick, P.Kliin. don 4. Juni l;i56 (Orig. i, fol. 2C3): .Notnm 
enim tibi «sse puto, ropiaiu librornrn tlescribenflnrutn et j>«rvestigaD- 
duruoi ob D. Diegi da Mendozae iuiquitateni dil'tioultt^r «ine a&siduiü 
preelbttfl et suinniAe lldei hominam conmeDdatioiiitiiu ettiqnsm fieri.* 
Tanner an Nidbnick, Pedn«, den U. J«ni 1655 (Ori^. i, lol. 276): ,Qnod 
si Diego FT. Mendoxa apad reinp. Venetoram omtor se |>aulo aeqnioreu) 
in librin cDTinnrHlnffi dntis ]»r.n«»!»ni«<«(»t, non tam difficilis ejwet aditus.' 
Tann*T an Nitlbrtifl«, Venndiif, den IH. Jnli 1555 (Orig. i, fol. 320): ,Don 
Dif^u Mendoza in tot^ Italia eifeeit aditum in bibliothecas difficillimnm. 
Tanner an Vidbniek, Padua, den 4. Februar 1654 CBtintainir» «• 0.« 
8. 19 t): iPenclwtmiii iam aditus ad Mblioiheeam Ifardaoam Ttoendani 
palet, qnod ante biennium Dlefni . . . non soltim Veneta-o, vemm etiam 
ItaltcftH -»tippilavftrjt bibliothecas omnes, libros optimos quosque comma- 
dato dato« rar<» rastitnerit . . Fesenmair (a. ri. O.. S. 16 f.) unternimmt 
seine Vertbeidigung. Ueber seine Eutlehunn^n u vgl. Omont, a. a. 

8. 668 f.; Valentinelli, a.a.O., 8. 46 f.; Qraux, Eaaai rar Im oriifinea 
do fonda grec de TEtettrial 1880, S. 165 f. 

* Nidbmck an Tanner (Conc. i, fol. 241): ,Habea hic littera* a lepato Ve- 
nPtnrnm in hm« ania miln f.-nnilinritmiino Si qntd praeterea ipaioa am- 
baMciatorifl Venetorum prtnuutiout^» habeas opu», pem-ribe.* 

■ Tanner an Nidbmck, Padua, den 14. Juni 1665 (i, fol. 276): ,Nnne vero 
illnitrlsdinireipnbücae Veoetaeoraloria eommendalaeiw litteria tae bene* 
fieto aeeeptia diligentissime, quam primum admiamia faero, totnm anto> 
rem (Photium) pervolvam.' 

* Ebenda: ,Descendam intra paucos dies, sed nihil mapifä npto, quam ut 
mihi biduum visendae bibliothecae coucedatur; patiar, me et mane et 
vespeii libeniar Inelodi et Innoeentein me et ingredientem et «gredien- 
tem exeutiant* 

* Tanner an Nidbmck. Venedig, den 16. Juli 1555 (Orig. i. fol 315): 
,Gumaiendation«e D. Pauli TiepoU propler bibliothecam 8. Marci Tiaen- 



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4U 

des &Xr die Bibliothek bestimmten Gebäudes abwarten; ausser* 
dem wuBSten sie nicht, wer die Schlüssel dazu hätte. Tanner 
nannte ihnen den Kanzler Lorenzo Rocca, worauf sie sich 
wunderten, woher dies ein Fremdling erfahren hatte können. 
Er suchte hierauf Georg Stephanus, durch welchen er das eine 
Mal in die Marciana gekommen war, * auf^ um durch dessen 
Vermittlung zum Ziele zu gelangen. Dieser versprach ihm auch 
einen Aufenthalt von zehn Stunden zur uneingeschränkten Er- 
forschung der Bibliotheksbestände zu erwirken und hiess ihn 
am folgenden Tar^c wirderkotninen. Dii bedauerte er nun, 
sein Versprechen nicht lialten zu können; es hätten nllmiieh 
die Maler vor der Thür der Bibliothek fhirch Ritzen Jemanrl 
in den ßiiehcrn blättern g-eschen, und ho sei zu befürchten, 
dass dieses (^eriiclit dureli Tanner neue 2jahrung erhalte und 
er sich dem Kanzler entiremde. ^ 



(latii noD Ulud, t|Uud HperAbam, poudus liabueruiit. Fraireii i|iaiui» iUMse- 
runt ms qvMsm «liquotiM redirej «ed qnando «dveni, aut abfosrant, 
aut s prandio atotiin dieebantnr qniMcere in lecto/ 
> V^I. & 404| Aum. 8. 

' Tanner an NMbnuk, ddo. JH. Juli i:..^5 (k, fol. 309): ,Ne<? aliud 
est mmc, «hkkI scribain, 4iiain rae litti'ias tuas 13. Jiilü «latai* 'JO. ein»- 
deoi, ni t'allor, accepisse una cum alia Teupoli comuieiidaliuue ad tra- 
ireti, ({nain vefeor non plm quam priorem ponderu habitnrum . . . He> 
spondttniat, expeclandttm ease, donee aedifteinm biblidtheca« dssU- 
natiim absolvatur, neque so sctre, quisnam clave» bibliotbecao habeat. 
Comitatus wt me D CJuidus I'ancirnlus hirisroMsiiItu« ac [»rofej«w»r Pata- 
vinuH publicum bis ad D. .Sti-jibaiu Tüupoli aedes«; ipsi vero iuveneK aut 
abfuerunt aut, quando etiam babitA temporis ratiuue me redire iuaüerunt, 
dioobaatnr qoMti d«ditl mm. Brevi nutnu autem putamat, «e omnia 
confectun», «i modo reMisooraat, qninam elaves bibtiotheeae baberet. 
Rei«pondi, D. Laurontinm Koccam caucellariumi eutus neptb marittie iu« 
vpnis aHi(naTi<li' I>. Pnnrirnü HTiditor. qui nunquain a CMnccllarii lafprp 
dii»c6i»flit meque hcinel ea cotidiciune introduxit, ut nemiiit patufaceroin, 
habere. Hagnopere mirabautur, unde boc bomo peregriuus rosciviüset 
TSro repstivi ssdes eanesllarii bona ape, me inveni« Mtiiu opora 
intromimam iri, ac promitamt mihi deeem borarnm i^atiiim, quo «olua 
in perquirenda bibliutheca pru mea volantate rersarer, toaaitque me re- 
vorfi -oTiMonti Hit- iü collepinin aulae, tibi rtim ipsiim rpperi"?«pm. pxcu- 
üHwi se alio ücbetnate, quominuB protniiw^iH pareru po>i»it, nani pit-Uiroa 
ante iauuam bibliotheeae mu camerae in iptta L>. Marui aude vidü«e per 
rima» qosndam in bibUotbeca vetMatom libros, atque ee tdeo mate me- 
tnere, si me intromitterat, banc fiunam confirmatam in animumque D. can- 
collarii a tte alienatum iri. Quod commeutum me, bibliotheeae revieendae 
avidtmimam taatopere crociaTit, at| quo me Tertererot plane ipiocarem.* 



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412 



Auch ftn den Gymnasiarchen Hieronymus Fernt$>, an den 
« r von den Professoren cmpfohlon war, wendete sich Tanner. 
Ferrus vertröstete ihn auf einige Ta^e, und zwar bis zur Wahl 
zweier neaer Gymnasiarehen an Stelle der abgetretenen, und 
stellte ihm licrii.u h die Ei*flUhing seines Wunsches in Aussicht.' 
Tanner kam alsl»uld zur Einsicht, dass « ine Empfehlung an den 
Vater des venezianischen Gesandten, Stefan Tiepoli, der über- 
dies das Amt eines Procurators von S. Marco innehatte, un- 
gleich mehr Erfolg gehabt hUtte, als jenes an die den Wissen- 
BchaAen gänzlich abholden Brüder, dass aber eine Empfehlung 
von Maximilian sell)st unzweifelhaft die nrfi'.sstr Wirkung hftttc, 
was auch die Professoren Guido Panziroli und Francesco Ro- 
bortello bestätigten. ^ 

Am 20. Juli liatte Tanner mit dem Schreiben vom 13. Juli 
ein zweites Empfehlungsschreibini empfangen, von welchem er 
sich von vornelurein nicht viel versprach.* Am 9, August 
suchte er damit die Brüder des Gesandten neuerdings auf, 
worauf ihm diese einen Katalog der ^[arciaua gaben, welchen 
Tanncr schon V( ; fVuif Jahren in Paris zu Gesicht bekommen 
hatte, und ihm damit einen grossen Gefallen erwiesen zu haben 
glaubten. Tanncr erwiderte, dass er nicht ein bestimmtes 
Werk wünsche, sondern die ganze Bibliothek besehen möchte. 
Wenn sie ihm zu weoig Vt rtr.iuen schenkten, möchten sie ihn 
fUnf Tage hindurch bis zur Mahlzeit einsperren. Darauf hiessen 
sie ihn nach vier Tagen wiederkommen, inzwischen wollten sie 

■ THiiiitir an Nifüniick, Venedig, doii Iti. Juli 1655 (Orig. i, lV»i. ^lö): ,C'on- 
veiii igitur nuiguiiicum et eruditiMiinum Timm l). Hicronymum Ferrum 
gymuMiiirebiiiii, cnl a nostria profeMoribtta eoiiimendatus inwim^ ut mihi 
Uuidem bibliothocae viMndM faeultas obtioferet. Reapondit» aliciuoi die- 
bu8 Gxpectanduin esso, donoc alii ^ymiinniarcliae in locum priomm duo 
(»tifficiniitur; dotiM]<> nihil inilii done(r.it""i iri . . .* 

■ T.iniuT an Nidhnu-k, V^onedig, den IH. Juli 1556 (Urig. i, fol. 320): 
,(juodt»t parenti RViu» flcrip»iMetf voU mei hsttd dtibi«, ut e D. Uobor* 
tello et Pencirolo cognovi, «ompw fsctnii eweu.* Tanner «n Nidbrack, 
Vouodip:, den 16. Jnli 1656 (Oriufl i, fol. 816): «Qilod sl filius me pn- 
renti .Stepliano, nunc S. Marci procuratori, snmmae in rop. aiitoritati.s 
viro rnmnu'ndn'ss'ot, !«tatini. '|n»)d optavi, consecutus fui^öcm. luveiies 
non i-urant littor<Ui et litteratos . . . Quam ub rem »i tboftsuros univer- 
Me Italiae preUrutiaBimas in bibliotbeca S. Maral recondlto« videre vo- 
luerie» faiS ut nostri ]Hrincipii Masimiliani commendiiUo quam priuttm 
advolet. 

* Vgl. 8. 411» Anm. 2. 



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413 



sich Muhe geben, ihm Zutritt zu verschaffen. ' Am 20. August 
endlich ging Tanner zu Stefan TiepoH selbst, welcher ihn auf 
Hir Fnrspniclio seines mit diesem befreundeten Capellans hin 
wicfloniiii an den Sccretiir der Reformatoren, Andreas Fri- 
jiorius, empfahl. Dieser führte ihn nun am Morgen des 30. August 
zu den Reformatoren, die nun eigenhändig dem Kanzler Rocca 
befhMitf'teii. er mf^p^c Tanner einlassen. Rocca versprach dies 
auch. - «loch später gal) er dem Tanner, der ihn wiederholt in 
Begleitung des Professors l'anziroli aufjresucht hatte, den Be- 
scheid, dass er dem Bcfclde der (ivmnasiarchen. ihm einen 
Beamten der Kanzlei als Wächter mit/ugehen, nicht Folpe 
leisten könnte, weil er seliwerlich Jemanden tinden wei-de, der 
einen so mühevollen und zeitrauhenden 1 )ienst auf sich nehmen 
wollte. Auf Tauner s inständige Ritte, ilin für den Fall, als 
sieh Niemand dazu fUnde, einige Tage liindureh bis zur 3Iahl- 
zeit einzusperren, und dessen Versieherung. er werde gewiss 
alle Bücher wieder an Ort und Stelle zurücklegen und sich 
nichts zu 8chtddeii kommen lassen, erwiderte Rocea, dies sei 
nnmüglieh: wenn er aber irgend eiu einzelnes Buch wUnsckte, 
könne er auf ihn rechnen. ^ 

* Taaner an Nidbruck, d. August 1566 (Orig. i, fol. 332): ,Et ut de Teupuli 
fratmm studüs erga ntnimqae paacis raspoiideMn, UIm qnraqmes iam 
eonveni et hodie 9. Angnati hoc nomine npetiTi VeneUas cum . . . D. 

Pauli Teupoli litteriü, ut tandem innpicieiidae bibliothecae facultas ob- 
tin^pift. Fratros TetipoH obtiilonint itulicem MarcianHO bibliuthccae, 
quem ante «luinquenniuiu Pari.sÜM habui; cuius iiutpectioae putarunt me 
maguu beneficio «ffedaM. Beapondi lUnatriMimia et clariMiniM doqiina- 
tioDtbos ipeoiuin, me hortotu et tno et D. Panli Teapoli, ipsoram fhttrii 
non Mlam unicmn petere librnm, eed nt iutttendae bibliothecae facuItM 
obtiugat. Quodsi, ut video, mihi parum fidei adhibuerlnt, iiicludant me 
p«'r (puntidutTm, «|uoUbet die ad coenam us<nic3 . Dixenini (rerte ad 
manuH »uas diligenter convertuntur oculi, tacies auteni lüc): »die iunae 
redibii^ koe «et post quatridomn; dabümui iaterim openm, at adnittarls'*.* 

* Tanner «n Ifidbinck, Venedig, den 80. Angust 1665 (Orig. i, toi. 866); 
,89. Angniti pofltremam eonveni hie ipsan StepliaaaDi Teipolum, D. Pauli 
legati Veneti parentem, qui commondatione »ui capollani optinii et anii- 
cissimi mihi %'iri commotUM me sprrotario rpfortnatorma AiulrfH»- Frii,'t>r»o 
comroend.ivit. la me 30. Augunti mane ad reformaturu« »loduxit, qui suo 
cbyrographo caneellario magno Iianventio Booeae «igniticarunt, nt me 
iiitromttlerat b promiait.' 

* Tanner an Nidbrack, Venedig, den 4. Suptember 1555 (Orig. i, fol. 

,Ac »emol iterum at«|ue iterum cxmx clari^iainio IiiriM-Miisultr» D. Guido 
Fancirolo ipaum cancellarium coaveni. Nupcr mo dimisit salia süperbe 



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414 



So waren alle bisherigen Anstrengungen, in der ^Tarriana 
nach alten griechischen Handschriften su forschen, erfolglos 
geblieben. 

Nicht viel besser dürfte es dem Tanner bei den anderen 
Bibliotheken ergangen sein, weil er dies sonst gewiss an Mid- 
brück geschrieben hätte. 

Dageji^en erhielt er Zutritt in die von Cardinal Domenico 
Grimani gestiftete Bibliothek im Kloster S. Antonio diOastello, ' 
die er gründlich durchforschte und dabei auf einige, Synodal- 
verhandlungen enthaltende Handschriften sticss. in welchen aber 
überall einige Seiten fehlten.* ,Monachi', fügt er seinem Be 
rieht hinzu, ^ignavissime dissipant omnia et clam vendunt; ab- 
stulerunt indices, quo minus deprehendantur ipsoriim furta.' 

Noch ein anderes Moment gestaltt^-lc in W ncdig und Pa- 
dua die NachforschuiifTo n äusserst schwierig und gefahrvoll, 
weshalb or auch von Hmcioli^ «gewarnt wurde Denn ^'crade 
in dioscni Jahre setzte die Oepfejirctorniation kräfti<jfst ein. und 
es wurden alle, rlie des Ketzerthums verdäehtit: erschienen, vor 
das Inquisitionstribunal eitirt, wie der an^reseliene Jurist und 
Lehrer an der Paduaiier Iloehsehule Matthäus (rribaldi und 
der mehr dureh seine wundcilichcn Schwärmereien als (lurch 
tiefe Gelehrsamkeit bekannte Wilhelm Postell.^ Besonders in 



•I arroganter, ntaa qnod (^mniuiiarchae iu&Hprint, tit tnibi iuTenem e 
cnncellarift fiistiKlfm .•«flnmpat, nnlltim omiittio r^perir«, i\\n nmle- 
Mtiam tHiitae inurae in tivolvendiü valumiiiibiirs terre voltt. Kütipuiidi 
müdosttKaitne: „CUrisHime domiue caucullarie, si iuvcois ali(|Ut8 hutuii 
morae pertawut fnvrit, oro hmnillimO) me ad coeoam atquo aliquot die- 
bus in bibliothecam recondere velia, aancto rompio, me libro* onmcs in 
•um ttattunt quo autea iuTeni, re{)o.situntn] ac boiM flde in iptH> cubi- 
culo verMtnrnm." Kps*pnttdjt aliqtiotii's. hoc tiori non poSse; sed ü 
iiiinm aliqueiTi lihriiin pctieru, so mm defuturum.' 
' Paneirulli (Horum inotnorab. libri 2. 1$07, 8. IH) s&tilt di«M Bibliothek 
so den bedeutendsten. 

* Tannsr an Nidbrueb, Venedig, den 18. Juli t5M {(Mg. i, fol. 321 ): .In 
coeiiubin S. Antunii Veiietiis bibliotho«-Min a Grymanno Cardinale 8. Mari-i 
ioi>:atatu diligeiiter inspexi; invcni aliquot aynodoo, in quibo« priores ei 
piwieriores (|uintoruionea seoiper desunt.* 

* VgL 8. 406, Anm lt. 

* Tanner an Nidbruek, Padua, den 84. April 1556 (Orig. fol. 884): ,Quod 

vero ad alia huiu» ^ctit ris «cnpta tii>|ti!iL'u<)a attinct, amanter monuii. 
Kmrinlus, iit piano abütiiionni: ciiiiii nihil opera dignnm invonttinnn, 
doni^uo lianc investigatioDom cum poriculu couiaactajn osao. £8t autom 



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415 



Pari IIA scheint sie sehr schwungvoll betrieben worden zu sein 
und die Lehrer und Studenten der dortigen Hochschiile arg 
betroffen zn haben. * Viele versteckten * oder verbrannten ' aus 
Furcht vor der Inquisition anrüchige Schriften. Bmcioli selbst, 
der den Tanner so frenndschafVlich gewarnt hatte, musete in 
demselben Jahre vor dem Tribunal erscheinen.* 

War auch der Versuch, die reichen Schtttae der Marcianft 
flir die kirchengeschichtliclion Arbeiten ansinbcuten, an dem 
W^iderstande der venezianischen Behörden und dem Mangel 
einer hohen Empfehlung gescheitert, so hat Tanner trotzdem 
die Sache der Magdeburger Centuriatoren krilftig gefordert und 
Nidbriu k's zahlreiche Aufträge bezüglich der Ausforschung und 
des Ankaufes von Blichern und Ilandschrit^cn filr seine und 
König Maximilians Bibliothek mit unermüdlichem Eifer aus* 
geft\hrt. Wiederholt konnte er an Nidbruck borichten, dass rr 
die ihm als wUnschenswerth bezeichneten Bücher ausgekund- 
schaftet und erworben habe.^ Vieles Hess er abschreiben. 



nnne inquidtio com ob D. Matthlam Gribaldnm iariftconsulCuin, propter 
flingulared in religione HOiitentiaK ordinario doctMidi munere iroprobo 
moiiHcIiorum et aerruilorum itnpulNU a g"ymnai«i«relii8 s«u potins coriHiHo 
decenvirurum inutiim, hone»te Utmeu diini««uni, tum ob Uuilieltnum 
Postollaoi fiwilUoum illuro . . . evuUro iuiMn difflcilluna.* Postell lehrte 
«ach einige Monate (IM4) an der Wiener Univeivitit; vfl. Avehbacli, 
M.. a. O., 8. StSf. 

' Aigmair au Nidbrui'k. l'adua, den 31. Mai läö5 (Orig'. i. fol. 258): ,(>ri* 
baldtt« nostpr nnper reliw'i'Miif» eaiisa relcgatuä e«t; accusautnr dofrrtm- 
turqiie quotidio plurimi ex dd. et scolaribiu: voreor, ue statiiü »cholae 
deficiat* 

• Tanner an Nidbruok, Venedig, dem 10. Juli 1A55 (Orig. i, fol. 316): »In- 
veni tarnen pium bibliupolam, qni oommentarios BracioU iam diu in 

pf>Mf«traIibu8 abditis rocuiidiU>8 meta futurae iuquit^itinniü noTiis vendidit.' 

• Laij^rut't -m Nidbnu-k, Uologna, den 17. Aupiist lö5ö ((Jrifr. i, t"<>l 354): 
^juciilus Philalteua . . . diuebat, »e metu iuquiHitorum ante aliquut meu- 
Mt qnoedam antores mamiecriptoe eomlniMlne/ 

• Taaner an Nidbmek, Venedig, den 16. Jnli 1556 (Orig. i, fol. 815): 
Optitniu enim »onex D. Antoniu» RruceiolM tum a monaebis et legato 
StoßoXt bic VenetÜ8 ius.mis fuit ingredi carcere« publico«, quod iliis su- 
«pectns viilerotvir.' Vgl. Keusch, a. a O. I. 8 373: Schatzitiayr, BeitragB 
»ur Uesch. des Prutostaiitiauiu» in Istrieu und Triest (Jahrbuch 1H'J4, 
6, 66), woeelbefc anoh ein Anfing an« der im ArditY dee Santo officio 
befindlieben Prooemlirte milgetheilt irt. 

• Tanner an Ntdbruck, Venedig, den 16. Jnli 1565 (Orig. i, fol. 315): 
,(^oa Ubroe praeter Phottnm a me tibi eompamri voloiali, boe diligen* 



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416 



wie z. B. zahlreiche imgedruckte Hymnen und Oeaänge des 

Brucioli. ' 

Männer^ welche mit <\cn Handschriftenachätsen Italiens so 
vortraut waren wie Arnold Ailenius, * suchte er eigens zu dem 
Zwecke auf, um sie nach diesen anssuholen. ^ Gelegentlich 
solcher Umfragen erfuhr er auch von einigen in Venedig und 
Padua lebenden Griechen, dass in ihrer Heimat die Klitoter 
voll von alten, ganz unbeachteten Schriftdenkmälern seien.* 
^Estque certissimum', Bchlieest er seinen Bericht an Ijidbruck, 



tbdme tribus deincej» Mptimania Venatii« inquinvi ae iam medioerem 
idslrazi sttpp^llectileni, cuius cAtalogum Qna cum Ubris mi^tiirus sum 

proxime . . . Emi libros theoloj^ifO!* tmnnnllof! (rrncroft, nt Tlicuilnrici 
vftliimfii contra haereaes . . ., item Oiipinem in Joaimem . . . dainde 
latina ot italica variaque hUtorica, quae ?uu loco, deo voieutu vidobU/ 
Tannw »n Nidbniek, d«n 29. JqU 1565 (Orig. k, fol. 309): ,Hortattt tui 
catalogi et Üteologieos «t hutorieos emi Ubroa, qaos snperioribui litterui 
Htgnificavi.' In eine Untenttehiing, welche der Ton Thiiiioi- erworbenen 
llrtii(1»chriften und Bücher (Lambe- t iu';, n. a O.. Hb. VI, {.. I, 8. 2T) 
der Hof bibliothek angehören, habe ich niieli nidit eiii<rfla,ssf>M , da, 
wie ich erfahren habe, Herr Dr. Gottlieb eine Geschichte der Hof- 
bibUothek vorbereitet, und ich denuelbeo in keiner Weise vorgreifen 
mflcbte. 

< Taaner an Nidbnick, Venedig, den 4. September 1655 (Orig. i» fol 871): 
»Nunc mitto reliqua tria cauticorum D. Änt. Brucioli Florentini Volu- 
mina, lib. vl(l«>ii( ot 2 3. et 4., deindo oinstlriu hymuonim libros duo», 
qui inncribuutur „l->üllo amure divino clirihliaiio'* ; snnt folia iu uuiver- 
«um 38ö, pro tiingulis foliis, ut antoa scripsi, siuguluo quiuque ipolidas. 
Tanner bemerkt daxu (Brief tat Nidbmck, Venedig, den 18. Juli 1555, 
Orig. i, fol. 380): ,8ant enitt omni« vurae pietatis, doctrinac, suuvitatts 
et consoUtionls plenis»ima, Uaxiroiliani et ipsiue coniugis lecktone 
dignissinia.* 

» Vgl. S. :m6, Aiim. s. 

* Tanner an Nidbruck, l'adua, den 24. April 1555 t^>"g- »> >^'*e- 
terum quud toties moaes, nt Arnoldo Arleoio omninm bibliotfaeearum 
peritiflsimo quam familiariMime atar, eeaast mibi bnne virum typogra- 
phomm BaNiliensinm eommendationet quam primuni Pataviutn veui, 
foiMO Dotissimum. Hunu et alios, quorum I). Diego de Momloza 
in manu.'icriptü codioibus doioribendis opera usus est, diltgoDtissime 
oxcussi.* 

* Tauuer an Nidbruck, Padua, den -I.Juni 1556 (Orig. i, fol. 263): ,Vo- 
netib et Patavii rogavt Oraeeo«, qni diount» monasleria pamim in Grae- 
eia vetemm theologmrnm monumenti« refertiMinia esse, et qnia aaeri 
honiines, qiübns ha«c studia ourae esse debent, non inquimat, nee ipei 
fratres magaopere cnrant.* 



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417 



,adhuc hodie Constantinopoli nobilissimam bibliothecam super- 
esse; Bed Turca neinini nisi familiarissimis aditum coiicedit/ 

Sofort griff Nidbruck dieaen Gedanken auf. ,£x Ghraecis', 
Bchrieb er ihm am 22. Juni anrUck, ^ ,qui Venetiis sonty per* 
quiraa, qnae sint illa monasteria pasaim in Oraecia Teteram 
theologomm monumentis refertissima; qua ratione per ludaeos 
et mercatorcs ipsi existiment haben talia posse, item quid CoO' 
Btanttnopoli hiiiusce generis extet; nam legatus Hegiae Maie* 
Btatia, qoi nanc cum Turcarum imperatore est, coniunctissimus 
Semper fiiit et aliquoties ad ipsum oa de re soleo ecribere.' ^ In 
der That kam noch im Jahre löoö aus Constantinopel und Amasia 
in Klfiiiasion eine Sendung von Handschriften,^ welcher sehr 
wahrscheinlich schon im n&ohateu Jahre eine weitere folgte. * 

Doch Tanner'a rastlosem Geiste genügte das bisher ±lr- 
reichtc kf'inoswcjjiK. Kin königliche» £mpfclilungsschreiben an 
den Vicekönif? von Neapel, die Herzoge von Florenz, Urbino, 
Ferrara und Mantua, den Secretär des Hcrzoprs von Florenz, 
Lclio Torelli u. A. sollte ihm auf seiner Weiterreise durch 
Italien die bedeutendsten BiMiotheken öffnen. Ja sogar an die 
Vaticana wird er gedacht haben» wenn er an Papst PaulJV. 
und seine Cardinäle empfohlen sein wollte.^ 



« Orig. i, ful. 842*. 

* Es tat Auger Qbislain von Busbeek (f SB. Oc tober 159S) gemeint» der 

vom Anfange des Jahre» 1555 bia vor Ablaut' dieneM Ja)ire.s und dann 
nicfler vom Beginne lö^e fast sieben Jahre in Ci)ri>t;mtin()pel und Ama- 
sia mit dem Sultan Solinian wogen eine» Waffen» üUetandes untorhan- 
delle; Aschbticb, a. a. 0., 8. 335 f. £« dürfte interessiren, dass somit 
die von Busbeck besorgte Erwerbung der Mtblrticiten griechischen Hand- 
Schriften aus Constantinopel und Amasia, welche heute eänen kostbaren 
Bc^tandtheil der Wiener Hofbibliothek ausmachen, dnreh Nidbruck an- 
gebahnt wnrdo. 

' Nidbruck an Gesner, Wien, den 12. Üecember 1655 (Conc. i, toi. 4;i5): 
fMissi sunt ad mo ex Coustautiuupoli una cum aiiis ot Diouysii Areo* 
pagitae libri graeci tempore Emanuelis descriptt . . / Midbraek an Arleu, 
Wien, den 81. Min 1A6S (Gone. k, fol. Aü)} ,Mihi qnoqae ex AmMia et 
Constantinopoli paiica qnaedam allata sunt per oratores regiest frag^ 
m«<ntfi Instorica, quao miai fcre omni» ad (Jci'nornm.' 

* Nidbruck an H. Wolf, Goislingon, den 3. .S(^i>tcml)rr 1656 (Conc. It, 
fol. ll'J): ,Uodie ex Constantinopuli littera» aceepi, «[uod pUira autt(|UO> 
mm scripta istbine meo nomine indagantnr. Expeeto qualia sint* 

* Tanuer an Nidbruck, Padua, den 4. Juni 1555 (Orig. i, fol. S68): ,Ad 
Laelinm Taurellum, Ftorentini Ducis aecretarium rogo me tu* commen- 



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418 



Mehrmals wiederholt er diese Bitte in den eindringliclisten 
Worten und knüpft daran die Verheissiing, dass der ErfoJ|,^ 
nicht ausbleiben werde. ^Quicquid potero'^ schreibt er an Nid- 
brack^^ ;dabo operam, nc te frustra commendationibus tatiga- 
veris', und ein anderes M»l:^ ,Spero enim, in It.ili.i nmlta 
veriorft) quam Lazium me investigaturum ac de Kege bene 
meriturum esse/ Mendoza' schwebt ihm vor Aug^, der einst 
mittelst eines kaiserlichen Mandates in ganz Italien und eines 
Empfehlunf^sbriofcs des türkischen Gesandten zu Venedig in 
ganz Griechenland und sogar in Constantinopel eine unglaub» 
liehe Anzahl von griechischen Codices erbeutet hatte. ^ 

£r hat auch noch nicht die Hoffnung, in die Marciana 
zu gelangen, aufgegeben und beschwört seinen Gönner, ihm 
bis zu der fUr den 24. October geplanten Btlckkehr nach Ve- 
nedig ein königliches Schreiben zukommen zu lassen, damit er 
wenigstens eine Woche lang sich darin aufhalten k<)nne.^ 



dslione iuveSp ae nuncprimis apud Proragem Neapolitiinuiii, ubi est motis 
Cuaalrans 8. Benedieti reliquiic et monaslerio oelebenimiu et tnstgiii 

gTAecorum cmlicum biJjIiotheca nubilitatus, mihi dfes-sp nolis.' Tannor 
an Nidbruck, Phi1u;i. dtni 14. Jntii 1555 fOrip. i. l'ol. 276): ,Quodsi igitur 
iiitorim it\*> Uegi» Maximiliaiii litten» ad senatum Venotum, Floroii- 
tiiiQm priiici]iem, ad pontificeni . . . Proreg«in Meapolttanuin propler 
moiuMtoriiim in monte CMsalino, nobiUtatam inmgni bibliotheoa, item 
Urbinnm dncein * Tanner an Nidbruek, Venedig, den 16. Juli 1555 
(Orig. i, M. 316): ,Fac ut nostri principis Maximiliani cuinmcndatio 
quam primum advolet. Optarim eodem argumeuto me aliis priiH<ipn>us 
commendari et cumprimi» Floreutinu, Urbino, Ferrarieoiii et Pontiticii 
icio, me nasqnam repalMm pasinnifli mb«.' Ttmtw an NIdbrnek, Padua, 
den 9&. Juli 16ft6 (Orig. i, toi, 3Sb)t ,Gommendabmi( me . . . dnoi Ur- 
bini, Mantuauo, Florentino, Neapolitauu Proregi ... et poutifict cum 
»ui» CardinHÜbTis . . . Flurentiae autom Laelio TaurplHo Heni iuriHcou- 
Hulto, totius lt*lUe consulttwimo et fecundiuimo; Komae tu me Antonio 
AugUütino . . .* 

< U. Jnni 1556 (Orig. i, fol. 276). * 25. Joli 1566 (Orig. i. fol. »86). 

• Vgl. a 409, Anm. 4. 

* Tssner an Nidbnu k, .len 29. Juli 1565 (Orig. k, fol. 30t>'): .Notun. i^t, 
i\uo artifkio 1). Mt iiriu/.H praetextu maudati Caesaraei videl. Venfitiis 
nratov per univorsHiii Italiaiu et Turcici legati, tuuc Venotii» ip.>iu8 Im- 
peratori» causam agentis commoudatiuue per totam Grauciam Constan- 
tinopolim uaqne inendibibun libronim gnwoeniin «nti(|noirani nuaieruni 
eonpenritt eodemqna in pin et pnblies cnnan Uoebii et noi Regt» nostri 
!)• nelicio roliqaiea peneqid.* 

^ Vgl. 8. 896. 



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419 



Nur mehr di oi Tage waren bis zu seiner Abreise nach 
Rom»' die er ohnehin so lange als mOglich Itinausgeschoben 
hatte, und noch immer waren die erwarteten Schreiben nicht 
eingelangt. Da wendet er sich nochmals an Nidbruck: in hef- 
tigen Worten klagt er, dasa er ohne königliche Empfehlung 
das Kirchengeschichtswerk nicht fördern könne, die herrlichsten 
Bibliotheken unberührt lassen müsse, woran aber niemand 
Anderer als Nidbruck selbst Schuld hätte. * ,F&c\ schreibt er 
noch am Vortage selbst,' ,litteras regias propter bibliothecam 
S. Marci viseudam 24. Octobris inveniam apud Ulstet cum aliis 
litteris ad Regium legatum nostmm. Doleo, me Htteris Kegüs 
destitutiim non posse in bibliothecis libere rersari.' 

Doch Nidbruck weilte noch immer ferne rem königlichen 
Hofe in Augsburg* und konnte nicht gut auf brieflichem W^e 
dieses Mandat von Maximilian erwirken. ,<^usyd petis', schreibt 
er am 7. September an Tanner, ^ ,commendari litteris et sacnie 
Regiae Maiestatis regis Ferdinandi et praecipue Serenissimi 
Regia Maximiliani, scribis qoidem recte, sed hoc tempore con> 
fici n<m potest; nam per litteras urgere baec n^otia, non est 
commodum/ Nidbinick wird es wohl nicht gewagt haben, ans 
Furcht, die Briefe könnten in unrechte Hände gelangen; denn 
gerade damals, wie ich schon bemerkte,*'" fing man an, Maxi- 
milians religiöse Haltung scharf zu beobachten, weshalb die 
grösste Vorsiclit am Platze war.» War die Erlangung eines 
derartigen Mandates auch tot der Hand nicht möglich, so 
stand derselben 7m einem späteren Zeitpunkt gewiss kein Hin- 
demiss im Wege, daher sollte nach Nidbruck's Plane Tanner, 
von ihm und anderen Gesinnungsgenossen unterstützt, noch 
einlote .Talii e hindurch in Italien bleihen, ,Optarim*, schreibt er 
am 22. Juni an Tanner, ' ,certae pubHcae utilitatis et ecrlesiac 
causa te adhuc per bienniura in Italia vei*sari. Forsan alii Uer- 
manorum' filii regendi tibi hiuc vel etiam a magniticis Vcnetis 
aut aliis committerentur; nam si in Germaniam venias, iam de 



> DlMelbe erfolgte am 7. 8ept«inber; AigmaTr an Nidbrnck, PaduAp den 
18. September 1656 (Orig. i, fol. 386); »Pont Mptimo hntas foeliz, ut 

j»uto, abivit cum mh.' 

• Vgl. S. 395. » 6. September (Orig. i, fol. 316). 

* Vgl. 8. 391, Anm. 4. » Conc. i, foj. 246'. 
« VgL 8. 896. ^ Conc i, fol. 848. 



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420 



uxoro, de ftliis rebus interturbabuntiir aiires, interea dominus 
tuus ' et ego nihiloininus de oondirione disquirerenius aut si 
omnino opus putos esse deducere tibi commissos filios lieri ad 
patrem usque, operae prei'ium duco, si quam primum revcrteris. 
Partem sumptuum et de meo et ex aliorum bonorum aliquot 
contributione poHiceor. Perscribas i^tur mature, quid res ra- 
tionesque tuae ferant, ut ego quoque deliberare plenius de Om- 
nibus qiieam. Tu iudicio, dexteritate et diligentia plura prae- 
Stares intra biennium, quam alins intra annos decem/ 

Nidbruck Hess diesen Plan nicht fallen. Am 7. Sep- 
tember- raaelit«' er dem Tanner neuf iflings den Vorsohlao-. In 
Italien noch liint^ere Zeit zu verweilen und frei von jedem 
anderen Amti' sich ^anz dem Dienste der Kirelie und der 
Wis^enselinft ZU widmen: ,Quod petis commendari litterifj . . . 
nou diiiliiu tam<'u nos impetraturos, sed in reditu tuo in Ger- 
maniam; nam iibi curam discipulorum aluliearis et praesens 
fueris, pei- nie Serenissimo Regi JMaximiliano praesentatus et 
eommendatus impetrabimus , qnae volemus, maiori tua eum 
laude et ipsin?? institiiti tui loinmoditate. Nam, nf ipse scribis.'* 
haee pervesti^^oatiei liberum hominem requirit; tb' sumptibuö forte 
Dominus prcividebit, et si nolint principe«, vi^n de meu. quan- 
tum })otero, eontVram. De bis ntjiote fnndamentis coram deli- 
berandtim; i|uotI fiel, ubi Dei beiietieio reversus fueris. Nam 
non adeo erit molcstum tibi, opinor, in Italiam reverti et buie 
rei •^nli vacare, eeclesiac et rci litterariac servire nou sine ma- 
xima laude, quam boe nomine tibi eomparabis quoque uberrimam, 
si ulla ratione. Tu aptas es et bonesto studio ac pio zelo du- 
ceris; inveniemus forte rationes, qniluis et necessaria in bien- 
nium 8Up}ie(litentur et posteaquam istiuu eursum (jnocjue ab>ul 
veris, non deest tibi pro profe>sioue tua honesta condieio. Me 
habebis tuis eommodis addietum, et forte eo loco, ubi cgo fuero, 
nun decruut coudicioiies/ 



» W'Af.r. Kromer; vgl. S flHß, Aniu. 1. 

' C'onc. i, fol. 24f>'. Vgl. auch Htitu'ii Hri<'f an 'ruiiiifr ild«- H Kc]itt tnin'r 
1656 (Conc. i, ful. 24G*): ,in reditu habitn tecnm ileUbt^nilione iiiipotra- 
bimos sine dubio liUvn» ab utroqna et Ke^ Rom. et Seretiiw. rege 
Maximiliano; tnm tibi reverti in Italiam per unnin «nnum licebit; de 
suinptibiu forte provideix» ego »piOt etianni de meo baec Ita obiter eoa- 
firi nf»n posHpnt.' 

■ ddo. 9. August 1656 (Orig. i, fol. 332;. 



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421 



Wir wissen leider nichts was Alles Taillier geleistet hat; 
jedenfalls aber konnte ihm Nidbrack das ZeugoisB auaateUen, 
dass et* bisher auf das Gewissenhafteste seine Freundeapflicbt 
erfüllt habe. ^ In seinen Bemilhmigen wurde Tanner von dem 
Juristen Georg Aigmayr* unterstützt, der ebeofaUs mit Kid- 
bmck in Correapondena stand und viele Ankäufe fUr diesen be- 
sorgte. Diese swei, natfIrHch Tnnnor in erster Linie — denn 
Aigmayr eignete sich wegen soiner Unkenntniss der griechischen 
Sprache weniger ' — hatte Nidbrack offenbar im Auge, als er 
dem Flaeius Vorwürfe darüber machte, dass er dem im Dienste 
d« r < '♦•ntiiriatoren reisenden Hubert Languet^ nicht mit eben- 
solchem Nachdrucke wie er von der Heise nach Italien abge- 
r&Üien und ihn nicht dafür zu einer solchen nach Frankreich 
bewogen habe. Denn in Italien, meinte er, werde Languet 
sehr wenig ausrichten, wo sich Überdies Andere befänden, die 
aus vielen Gründen mehr su leisten im Stande seien.'* 

Trotzdem war Laiif^^uet am 10. Juli mit einem Empfeh- 
lungsschreiben des Melanchthon an den Cardinal Jean du Bellay* 



' Nidbrurk au Tniiner, Augsburg, <len 14. S(>}>tt'tnher 1555 (Oonc. i, 
fol. 2iG*): .FiH-isti hacteniia diligeatusime amici officiam/ 

« Vgl. S. .189, Anm. 8. 

* Tanner an Nidbruck, Venedig, den 14. Juni 155ö (Orig. i, fol. 278): 
,Aigniajr graee*ntm pluie rndia est* 

* Ueber diAMn bervonragenden PoUtiker nitd Theolog«ii, der lieh dnreh 
aoiiie Briefe und Schriften 6ia« bedeutende Stellung in der Oenehichte 
erworben h.tt, vp;]. den Anfvatz TOD L. Geiger in der AUgeni. deutlichen 
Biographie XVIi (^IBt^a), 8. 692 f. (9. die weitere Literatur); Herzog-Plitt- 
Ilauck, Bealeucykloitadie VUI (1B81), S. 410f.; WaddiiigtoD, De Hu- 
brnrü Langtieti TtU (1618—1681) 1888; Hollamider, Uabertas Lenfuetttt 
in BtraMbnff, ein Beitrag «nr Oesob. der BertboIoniftnenMlit (Zeitsebrift 
filr die ficwh. de« Oberrheins 1895, Nflue Folge X, 8. 48 f. 

» Nidbnick ?i!t Flacius, den 26, Juli lüöö (Conc. i, fol. 3.?7): ,Mjr.ih.ifur 
(Ijangnutiis), quod non isthinc adeo serio do gailiea profectione cum 
ipao ^is^eti«, atque ego hic feci. Fere ipsum ad voa reoiiaifweuiUM, 
nam dieam, qnod ree eal: pamm videtnr mihi in IlalU oonfecterai. 
Bant enin alii in Itali«, qui eperam snam mibi pollieiti aint et Uli ipsi 
poammt mnlti« de causis plura praestare, qnann Laafoetua, praeaertim 
cum ante hi*»mem de reditu onpitet.' 

* Corp. Het. V Iii, Cal. Jun. loöö ; vgl. .hik h Fiaciu» au Nidbrnck, den 
9. September Ibbö (Orig. b, fol. 14): ,2suniu antem id reettw, qnam La^ 
g:netna piaeatare poMit, expeditla rebna Qallicia litteria a T!li(s imo et 
Belize, qaem eme Romae aiebat et ad quem bebet n D. Pbiiippo 
iitteraa.* 



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422 



und wohl noch anderen von Augsburg sunllchst nach Mailand 
abgereist, nachdem ihm ^idbruck eine ausführliche Instruc- 
tion und eine Liste der anzuschaffenden ^^'e^ke ' auf den Weg 
gegeben hatte.' Als derselbe nnerwartet schnell schon am 
6. December desselben Jahres nai Ii Augsburg aorückgekehrt 
war,^ herrschte im Kreise der Centnriatoren grosse Ent- 
täuschung, denn aasser einigen Indices hatte et* nur gedrucktes 
Materiale, das er in Rom, Ven(;dig, Bologna und anderen Städten 
gekauft hatte, mitgebracht.^ Den einen Vorwuzf konnte Fla- 
eios seinem Freunde mit Recht machen, da^s er ihm die Be- 
kanntschaft mit Tanner und anderen dienstbeflissenen Ge- 
lehrten verheimiicht hatte. Die Anbahnung von Beziehungen 
zu Arnold Arien und Basilius Donzellini erschien dem Flacias 
noch ais die gröastc Errungenschaft der Languet'schen Expe- 
dition. ^ Das erwähnte Memoriale, ^ das Langnet von Nidbruck 
mitbekommen hatte, enthält im Wesentlichen dieselben Punkte, 
die wir bereits bei Tanner kennen gelernt haben: Ausforschung 
der Canones, Dt t retalien uiul Acten der frühesten Synoden etc., 
daher auch beide aufgefordert werden, mit einander in Fttb- 

* MemoriAle pro Hubert«! LHiigueto il<io. 10, Juli lö&fi {Coiic i, f'>l. 309 f.). 

* Nidbruck an Tauner, den 26. Juli IböC* ^Couc. i, fol. 244 ): ,Hoe quoi^ue 
•ciM velim, 10. hnios Julii viram pinm «t doctnm Une dimuwwisse 11«- 
diolannni ▼erras, nomin« Hnp«rtiu Laogattliis Bnrfttniliit.* (lob habe 
im .THiirbuch 1896, S. 4, in thnmlich den 20. Juli an^geben.) 

* Hain7.el an Nidhrnok, Augsburg, don 9. Doccmbor 1666 (Orig. i, fol. 438); 
«Hubertus no.ster ante tridiiinn ex Itaiia incoluinis huc pervenit.' 

* Ebenda: ,Fro Parthenupoiitania quaedani cuniparavit, omnia tjiinen ini- 
pnMM. Quid pnetar«* effecerit, haud teio, quod sumpttbiii» quo« im- 
pMidit, reipofidAre quefct; nam a me tantnm 70*/« ItalicM «oe«pit. 8i 
in Oalliam profertu^i fnisiet, meo iudieio mains operae precium ftiiaaei.* 
Flaciiis an Nicihnu'k, den 9. September l'>."i5 (Orig. b, fol. 14): «Dentque 
II»'«- :p([Xo; — Nidbruck) nnqunin iiidicavit, »e tarn commcMio» ministros 
:ili(i()iii in itaiia habere, alioqui ti>r«|ue quaterque stolti fuisseuiUH, n'i ea 
per plurM maloriqoe snmptn , . / 

* DwMlb« an dentelben« den 1. Jinnor IM6 (Orig. fol. 16): «Mihi qoi- 
deitt non omnino sntisfactum est, Md Urnen, ai «a pevfici potArant, qni« 
bn« quaeilnm jirincijüa dedit, non contemnendam o))erani nayaverit; con- 
ciliavit oiutii ali>|iii> modo sibi familiaritatem Amoldi Arlenii TiL ^({Xto) 
et quill iiabent, exploravit . . . Contraxit quoque fauiiliaritatem cum 
quodain tnonacho Baailio DonBellint amiea; l» ettam quomndam ntllraoi 
apMn fecit* Von Arlmi balindei aleb ein Brief ddo. Bologna, Becember 
1556, in diener Sammlang (Orig. i, fol. 438). 

' Vgl. oben Anm. 1. 



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423 



laog sa treten, am niolit dasselbe zn bearbeiten oder su 
kaufen. * 

Wftbrend Languet diese und andere Reisen im unmittel- 
baren DienstverbAltniss eu den Centuriatoreti gemacht zu haben 
scbeinty und wir aus dem Briefwechsel sahireiche Beweise 
haben, dass er von diesen' sowie von Anderen' reichliche 
Geldmittel erhalten hatte, lltsst sich bei Tanner eine solche 
Unterstatzung mit Geld von Seiten Nidbruck's, beziehungsweise 
Maximilians, wenn sie auch wahrscheinlich ist, nicht nach- 
weisen. Nidbruck bedauerte in seinem Briefe ddo. 22. Juni 
1555,^ dass weder er noch Maximilian ihn ausreichend zu 
untersttttzen im Stande seien: ,Kgo certe solus lubens tibi 
sumptus suppeditarem, sed cum maximas expensas in dies co> 
gar facere, m'hil inti'a qiünquennium a Rege adhuc pcn tpcrim 
dementiae, orbatus sim parentibus, iuiputes^ bellis vastata sint 
haereditaria feuda et agri, ipse coniicere potcs, quam parum 
sit integrum.^ Sereniss. Rex Maximilianus nihil fere adhuc 
suum possidet, in nnlla cum sit libera administrationc}** ali- 
qnando bis meHora Deus.' 

Fttr den Ankauf von Bttchem und Handschriften erhielt 
Tanner von Zeit zu Zeit bei den deutschen Kaufleuten in dem 
Fontego zu Venedig Geld angewiesen; so einmal 10,' ein 



* >iidbnak au T.'mii. i, AuysUurg, ilt-u 2G. Juli 1556 ^i, fol. 244';: .Iilcirco 
te ((iioquo rogo, ut «iiKimprinmm UUerw serllNM «d prAedictum Lan- 
graetiUD «t Uli si^ificM, quid pro me VenetiU iam «mdris, ne itle idem 
coniparet Roinao ' Vnst gleichlautend eehreibi er am Juli 1665 (i, 
fol. 331) au Laiifrnft. 

• 20 Thaler; Flaciu» an Isidbrut-k, Magdeburg, lien 1. Juli löbh (,Orig. i, 
fol. 304): ,Dc(liiuua ei hie taleru» 20 et Noriuibergae quidem uoster 
patronu», eu! enm commeiidaveranias, dedit ipsl Bhenanoa 6.* 

* 8o einnuil 60 Tbaler; Languet au Nidbmck, Bologna» den 17. Anguet 
1656 {<^ng. i, fol. .154): ,Accepi illos «luinquaginta coronatos, pfo quibiu 
scripierat D. Hencelitif«.' * i. ful 

» Nidbruck an Flaciu«, den l.l. bi« 14. März löää (Jaiirbuih IsaT, S. 204); 
dereelbe au Haiozcl, den 12. Jäuuer löö4 (Couc. i, fol. 77): ,Ego qui 
forte aliqnantii liic nnne poUeo autoritate, certe opilme deetitnor; oontri- 
boani tameo aliqnid/ 

• Nidbruck an Oporintm, den 19. MXrz ir).'>ü (Com-, i, fol. 17'/): ,8od cum 
in nullo adhuc sit re^imine et ex depiit.Tto viratj nibil potMt elargtrii 
nisi ex quotidiano victu quid deniere velit.' 

' Nidbruck an Tanner, den 16. März l&5ä (Couc. i, fol. 192): ,et ut Tobia 
snmptUB non deaint, mitto noednlani» quam si VenetÜM in Fwtego offeraa, 
AKliiv. LXXXV. Ild. II, fltin«. SB 



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424 



anderes Mal 30 ThaK r. ' Als or nach Rom abreiste, ü^' rL'ab 
er an Aigmayr 2ö Thaler, 3 Oulden und 3 Schillinge,^ die 
sich Nidbruck aber, weil mittlerweile die Anschaffung von 
Bttchern Air Maximilian — wenigsten« olficiell — eingeatellt 
worden war, aurUckerstatten lieaa.^ 



II. 

Von Tanner's Abreise aus Venedig bis zu si iiu in Wieder- 
eintretl'eu in Wien enthält die ISidi)nick'sche Briel^^ammhing 
gar keine Nachrichten: der Verkehr ersilieint voUstiiiiUig ab- 
gebrochen. \\ ir wissen nur aus anderen (Quellen, «lass er in 
der Zwist luMizeit Rom, Florenz und andere Städte Italiens be- 
suchte"' und dann wieder in Padua und Venedig seine C^ucllen- 
edition fortsetzte. ^ Am 9. Oecember entlieh er, wie die 
Ausleihre<rister berichten, der Marciana gegen ein Pfand von 
40 Scudi zwei juridische J landschrifteii, die er aui 2. Jänner 
155Ü wieder zurückstellte,'" und nahm — nach einem späteren, 
in dem Codex Nr. der Wiener Hofbibliothek betiudlichen 

St lireibcn an König Maximilian, ddu. Wien, 1. Mai 1557 zu 
KchliesHcn — von der Liberulitat des venezianischen Kaila.^ 
den besten Eindruck mit.' Ob er bei seinem zweiten Aufent- 



dabunttir tibi coronati decom, qui po»tqiuuu a te insiiinpti fueriut, ca- 
rabo, supernuiuerentur aliü* 

* Denelbe «n (leiMalb«n, den 11. Hai (Conc i, fol. 241): hie 
oaittI«oriaitt tednlam de trigiat» «oronatb rapm prione decen*. 

* Algüayr an Nidbrack, den S8. Ootober 1566 (Ori|r. i, fol. 898) i ^ 
Tanncro recepi 26 coronatos, 3 f et 3 ß. 

■ Niilbnu'k an Aijjmayr. den 7. Beptember 1555 (Conc. 5, fol. 291): ,Scribit 
D, Tannern«, tibi daturum 30 coronatos vel circiter, q[ui sibi Miper- 
snnt; non est, (|uid in posteram libroram pro ine mmMv in hac portur- 
faatione et diffiealtate irMuniiiionif. DiffBiam boe totum negotinm in 
alied tempn«; nova auten et qnae exi|ru« emot et litteris tnle eoninn» 
g-pro poteris, siibiiuie rnnas ot mittas cum HttPri.M. Kestitnam sumpttis. 
I't'i'uniniii voro, quam D. TaniHT ^s tii)i tradct, in tuos um» couvertas et 
patri tno rescribe Viennam, ut Untuudem mihi reddat.* 

* Aaohbaeh» a. a. O.» 8. 881. * EiMubut, «. «. O. 

* Omont, a. a. O., 8. 677 f. 

* Fol. 7: ,Quae quideni Volumina mihi siiperiori biennio in Italia seve- 
lioribas eloqnentias^ antiquitatia et inriaprndentiae atudüa dedito^ opti> 



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425 



halt in Venedig ein k<{nigIicheB EmpfehlungBsdireiben erlialten, 
und was er während dieser Zeit für Kidbmck und die Gen- 
turiatoren geleistet hat, darüber habe ich leider nichts erfahren 
können. 

Wenn das Datum von Tanner's Brief an Basilius Amei^ 
bach ^ richtig ist, h&tte er sich am 26. Jftnner 1556 schon in 
Wien befunden.* Jedenfisdls aber war er im Mai dieses Jahres 
bereits dort, weil Nidbruck, der damals auf dem Regensburger 
Reichstage yerweilte, in einem Briefe ddo. 15. December 1556* 
schreibt: ,Tannems noster Viennae est; a Maio non vidi.' 

Als Kidbruck im darauffolgenden Sommer gclc^^cntlich 
einer grösseren Gesandtschafbreise in Magdeburg mit den Cen- 
turiatoren susammengetroffen war, hatte Nidbmck denselben 
eine von Tanner ausgearbeitete Darstellung der zweckniässigsten 
Anordnung und Eintheilung der Kirchengesehichte * tlbergeben, 
die denselben sehr gefiel.' Damals wird wohl auch die eigent- 
liche Redaetiott des Centurienwerkes mr Sprache gckonxmen 
und Tanner wegen seiner gelehrten Bildung und seines guten 
Stiles als besonders dazu geeignet erwähnt worden sein, doch 



mti» et )iu[naniR.siiim.s Kl'>rf>ntinoriiiTi princrps CosmiUI et iUoitriMiiniw 
Renatus VenetuH benignissime communicaruut.' 

* Stintsing, G. Taoner's Briefe, S. 86. 

* Taimer h«l rieh aber In ieiuem Briefe an Nidbniek ddo. Wien, 26. JKnner 
1667 (Orig. k, fol. 18} ntehweisbar geirrt nnd l/jü6 geschrieben (er er- 
wähnt nämlich darin seine am 8. Jänner 1557 erfolgte Ernennung zum 

Professi^r an der Wiener rniversit.nt und bezieht sich auf spätere 
Schreiben), so dass er sich vermutiilich auch hier geirrt hat. 

* Conc. k, fol. 168. 

* Ntdbmek hatte »ich anf Ersneben des Flaeiiu desir^en aneb an Ifelancb« 
thon, Calvin» Gesner, 8ehard, Arien, Collin t tc. gewendet nnd von einigen, 

wie z. B. von Calvin nnd Gesner, au« li tlmtiiHchlich ein Gntnchten er- 
halten, f ApMHswrHt 5nf«'rr"i!'nnt ist das Unheil dos Gfsnfr. welches all«» die 
Schwächen der Centurien trifft, die auch Wegele, a. a. 0., S. 3.13, rügt: 
die Eintbeitusf naeb Jabrbnnderten, die grone Zenfftekelnng dea Stoffes 
in sabireicbe Kategorien nnd die dadnrcb noihwendig gewordenen 
Wiederholungen.) Von Nidbmck selbst ist ein Gutachten in dieser 
Saninilinifr: vul. IJil.l (.I;ihrbnc!i imt7, S. 35, Anm. 4). 
^ Nidbruck au T.iiuicr, Hf;:<'nsbnrg, den 19. .September Ififif) (Conc. k, 
fol. 125): jProximis meis tibi »ignificaveram, me iu hac jirofectione 
fniaee apnd Imum et doctos viros, quibnt exbiboi seriptnni» qnod mihi 
tradideras de conseribenda historia ecelesiastiea. Perplaeet illis dictio 
tna , . .* 

88« 



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426 



ohne class man hierül>er zu einem festen Entschlüsse gekommen 
wäre. Denn erst nach Nidbruck's Abreise von Magdeburg 
stellte Johann Wigand' im Namen des gesammten Fünfer-CoUe- 
giums* den Antrag, den Tnnner gegen ein Honorar damit zu 
betrauen. ,Caetenmi', schreibt er am 18. Angust 1ÖÖ6 an Nid» 
brück, ' ,cum forte non ignores, nos desideiare hominem medio' 
criter methodicum et ad scriptionem idonenm, ideo te summis 
preeibos oro, ut aliquem recto iudicio praeditum ac stüo utcuni' 
qae valentem nobis indices. Non euim dubitamns, quin in 
hisce tuis quasi perpetuis peregrinationtbus plures explores et 
noriSy quam nos perpetuo in uno loco conimorantes. Thanerum 
nobis proxime, cum adesses, valde praedicasti, nee sane dubi- 
tamiis, quin neoessariis rebus ad hanc scriptionem instructus 
Sit. Te igitnr oramus, ut ei persuaderi coneris, ut huic nostro 
operi sese adiungat .suaque praeclara dona inprimis ad eum 
glorificandum et ornandum conferat, a quo ista aecepit; forte 
autoritatc tuu adduci posset, ut consentiret. Posses etiam de 
modiocri stipendiu nostro nomine eum Ipf>o, ut arbitror^ tran- 
sigere. iScriptionis ea est ratio, ut, si volet, sicut onmino ne- 
eesse est fieii, sese nobis accommodare, faeillime eam consequi 
deo dante possit. Hoc ipsum forte D. lUyrieiis^ pluribus ad te 
perscribet. Mihi propterea hasce breves litteras adiiecre visum 
est, ut intelligcrcs, totum eollcgium a te hoc ofticium petere/ 

Doch üoch vor Empfang dieses Briefes** hatte Nidbnick 
am 24. August an Tanner geschrieben:'^ ,Compollerunt me ali- 
quot viri boni et pü, num in illis regtonibus vivere velis in 
eoetu doetissimorum virorum; offerunt tibi aniuiatim centum 
thaleros. Qual« autcm hoc negotium sit, cum dei beneiicio ad- 
venero, exphcabo uberius/ 

Als er von Tanner keine Autwort erhielt, wiederholte' 
er am 19. September seinen Antrag, indem er ihm zugleich 



* Ueber ihn den Atibats yon Brecher in der Allgem. detitscheii Bio* 
grapliie XL11 (1897), S. 452f. (h. die weiter« Literntm 

» Vgl. 8 4'i7. Anm. 2. » Orig. k. fol. 64. * Flaeiiis. 

^ Nidbruck hatte deiiselbou erst am 12. September erhalten; eigenhändige 
Anmerkung (k, fol. 64'). 

* Cone. k, fol. 126. Tanner seheint dieses Schreiben nicht erhalten au 
halMn; wenigatene schrieb Nidbrnek ad marg.: ,8cribit« se non ac- 
cepiNse.' 

^ Deügleicken am 19. Ovtober (Conc. k, fol. 126). 



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437 



eine glUnzende ÄDstellaiig am OBterreiebiecben Hofe verbieas:' 
lAptam te pntaiit ad conscribendani Ulam htstoriam, ita tamen, 
ut tibi nibil coUigendam sit; sunt enim qninque docti viri' in 
hoc solum oonstitatiy qui, quantom ipse Tidi, magnam habent 
copiam aelectarum historiarum et eententiarum de rebus maxi- 
mis; sed id solum stilo expoliendum et reeensendum ordine. 
Qua in re tu operam utilissimam certe toti ecclesiae praestabis 
et cum maxiina laude toa apud posterttatem. Quam necessa- 
rium hoc opus futurum sit et quam excellens, ipse facUe iudi- 
cabis et cognosces, ubi in manus tibi tradetur, quod conges- 
serant et ia dies conferre solent doctissimi viri. Quapropter 
per amicitiam nostram te rogo, ut cogites, quantum propaga- 
tioni rerum ▼erarum studero omnes debeamus, et non tantum 
mihi tui certe studiosissimo, sed multis praeclaris viris morem 
geras et per annum unum atquo alterum ad ipsos concede. 
Familiaritas tibi iucundissima futura est, cognitio earum rerum, 
quas tractabis, non Inutilis. Ad communes praeceptores, * cum 
remtttere scriptionis intensum Studium volueris, excurrcre ad 
octo aut decom miliaiia licebit; inter eos vereabci'e, qui, scio, 
tibi sint coniunctissimi. Ofierunt, qui te aceer»iri iusserunt, 
annuos ceatum tbaieros et aoiplius; ego et ulii boni viri, qui 
eommuni utilitati fayemus, ailduiuus, quod reliquum fucrit ad 
usus necessarios de nostro. Kthü ncgloctum propterea, nam ubi 
ad tuos rursum in patriam revorti votes, cuodcm condiciones 
obviae erunt, quae nunc otiam ab amicissimis offerri posBcnt. 
Et ego, si quid saltem et quantum in me (m it, interea temporis 
ita tuis couimodis invigilabo, ut priusquaiu inde recedas, scias, 
quid in Austria vcl apud Austriao dominos tibi agcndum atque 
expcctandum sit, et hacc tua opera ita commendabitur, ut tibi 
ad longo maiora aditum sine ullo dubio patefactura sit . . . 
Non video, quare renuas merito hanc honestissimam tuisqne 
studiis cooiunctissimam occasionem; quae res facit, ut eo citius te 
mihi aä(»ensuram credam. Rcsponsum autem quaniprimura expocto.* 
Erst aui 6. November erfolgte Tanner's Antwort. * Er er- 
klärt sich darin gerne bereit, der evangelisciieD Wahrheit su 

» Com-, k. fol. 125. 

■ Ks sind die fiiuf Iiispectoreii i lncius, Kieling Äletuai), Martin Copus, 
Jobana Wigand und MatUiftu» Judex*, vgl. Preger, a. «, O. II, 8. 428. 

* Gemeint «ind die Wiitenberger, ▼ornehmlicb Melancbthon. 

* Orig. k, fol. 143. 



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488 



dienen, doch mOchte er sich vorher gegen die tinaashleiblichen 
Anfeindungen durch irgend einen Fttrstenschutz yersichert 
wissen : finm autem hodie nullnm aliud sorihendi genue, quam 
qaod uoiyersae historiae ex ipsis fontibus haustae consensum 
tuetnr, citius tristissinias potentum verae doctrinae hostium 
offensiones incurrat, praemunienda est scribentium infirmitas 
talibus principibuB, quos ipsa seriptura nutritios appellat. Hmus> 
modi piomm ducum voluntates adversus impios conatus^ cum 
tibi ex assiduis l^ationibus perspectas esse, plane confidam, 
rogo, ut mihi huius saluberriml consilii patronum, sub cuius 
umbra et stipendiis militandum sit, amanter signifiees/ 

Auch hätten ihm seine Freunde geratben, endlich einmal 
das Reisen aufzugeben und in seiner Heimat ein öffentliches 
Lehramt aussutiben: ,Amici post diiitumas nostras profectiones, 
quibuB iam fere consenui, ^ subinde dehortantur^ ne. alio conce* 
dam, sed publice docendi munere, si quamcumque aliam re- 
gionem, certe patemam aliquem studiorum nostrorum fructum 
pcrcipcrc sinam/ Ntdbruck möge daher auf einen Modus 
sinnen, wie er die Rcdaction der Oentuiiengeschichte mit einer 
öffentlichen Docentur auf heimischem Boden Terbinden könnte: 
,Ut igitur et tuis et assiduis amicorum cohortationibus adquies' 
cam, quaeso, eam rationem pro tua prudentia et in nos caritate 
ineas, qua scripttones institutae et adhuc colUgendac cum pu< 
blico docendi munere propter mediocrem et necessariam facun* 
diam confirmandam coninnctae ipsius patroni autoritate in pa- 
terna regionc contcxantur.' 

Die Unterhandlungen mit Tanncr wurden zuerst von Nid- 
bruck, dann auch von den Magdeburgern, die ein förmliches 
Berufungsschreiben an ihn ergehen Hessen,' eifrig geführt. 
Doch hätte Tanner unbedingt seine Heimat auf einige Jahre 
verlassen mUssen. Neuerdings stellte ihm Nid brück die glän- 
zendsten Bedingungen und seine wärmste Fürsorge in Aussicht, 
wenn er keinen andern Posten annehmen und sich ganz in 
ihren Dienst begeben wollte. Der Patron, den Tanner als 
I!:uiptl)( ilingung verlangt hatte, ist ohne Zweifel in der Per^ion 
des Königs Maximilian gefunden worden; denn während Nid- 



> Seit 1540; vgl. 8. 38«. 

* Flseiiu an Nidbnick, 18. Feliruar 1657 {Otig. b, fot. 17): .Uittimu» to- 
catorias üttera« ad Thanemni.* 



I 



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429 



brttck am 24. Dccembor noch in allgemeinen Ausdrucken be- 
merkt: * ,Quod de patrono scribls, ille, utt gpero, tibi concilia- 
bittir et qoidem is, cui ego addictissimns sum. Occasio expec- 
tanda erit, quam ego aucupabor; nam eogitavi mecum dndam, 
quomodo id commode fieri possat, et commoditates non videnttur 
longc abesse. Qoapropter ego consalo, ut fratri vel amico; ne 
condicionem suseipias temcre, prinsquam intellexeris, quäle re- 
sponsam accoptun simus ab eo, quem vellem tibi dominum 
esse . . drUokt er sich wenige Tage später, am 4. Jänner 
iöö7, deutlicher aus: * ,Argamentum erat et praecipue quidem, 
ne ullam condicionem suscipereSy sed tuas rationes meis con- 
iungeres, viveres mecum et ita consnleres boni, quoad tibi 8ere- 
niss. Dominum^ metun concUiarem et pro domino procurarim; 
nam tamquam bibliothecarins futurus ao servitor hoc tempore 
si esses, exiatimarcm, nos satis ])rofecisse; sneoessu temporis 
meliora speranda forent, et quod si mecum viveres, pluriraae 
occasiones promovcndl tc in dies se offerrent. Cogito etiam 
hisce diebus litteras ad Serenissimum dare, in quibus tui men- 
tio üat.' 

Inmitten dieser Verhandlungen wurde Tanner auf Antrag 
des Wiener Untversitätsconsistoriums durch Regierungsbeschluss 
vom 8. Februar 1557 zum Professor graecarum litterarum an 
Stelle des Peter Raymund ernannt* Noch einmal macht Tanner 
den Vorschlag, dass er seine Arbeiten im Dienste der Gen- 
turiatoreu zu verrichten unter der Bedingung gerne bereit sein 
wolle, wenn er seine Professur in Wien beibehalten könne :^ 
,£t ut antea meam doctis et bonis obtuli operam^ quod si ea 
hic Viennae uti voluerinty faciam, quod potero. Sin, ut scribis, 
cum munere docendi coniungi non possit, cogor amicissimis 
bominibus, quos parentum loco Semper reverenter colui et ob- 
servavi, obtemperare et operas scholasticas institutas pro viri- 
buB augere . . ,* 



» Conc. k, fol. 106. 
« Conc. k, fol. 126'. 

' Unter , dominus mous' odor .Serenissimus* ist immer Maximilian g-emeint, 

* Aächbach, a.a.O., S. 281; vgl. aucli Tanuer's Brief au Nidbruck ddo. 
Wien, 26. JIbhot 1667 (k, fol. IB): .comiBttiii «ehoUe VianneiMit con- 
BaiMn Ftttro Reymundo Sabaado, graeeanim litteramm profeMori mif- 
ftictus sutn,' 

* Ebenda. 



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430 



Du sich dieses iiher niclit von-incn Hess, so zeidchlug sich 
die ganze Sache zu Xidhriick's grossem Hedaueni. ' ,Munu8', 
schreibt er am lö. Februar zurück,* ,dc quo tibi scriboham. 
ecclesiac certe nccoääarium, illo loco mn potcs obiroj cogitaa- 
duni erit de aUo/ 

TIi«T endet die (\)rre:^}tondeiiz. Bald darauf', am 2ti. Sep- 
tember, starb Nidbruck unerwari« t (ang-eblich durcli Gill) auf 
einer Oesandtschaftsreise zu IWüssel,^ tiel l)etrauert von ^fa- 
ximihan, * seinen Freunden und Gcsinnung's£r<'no8scn. ^ Von ihm 
konnte FJuciiis mit Keeht saijen:^' .Kxcitavit illc ^Deiis) ad id 
cons'iliiun opusque jirimum elarissiiuuni vinim D r',t<|»aruin a 
Micdpruck, C. M. consiHarium et nie <nu)(nie, iiuü^uissimum 
ministrum suuni. qui consuhiit passim muitos doetos de toto isto 
opere; cocpit etiatn libros conqiiirere . . . eontulit et nieciim 
tum corain. tum per littera.-^ saepissinie (lili^eiiter, quia aliqiui 
nobis iioiiiia inteiredeltat uo, quod aUquando }>(ditica Aristotelis 
W)it( lier:::;u- a me audierat. Verum illo — proh dolor — tato 
»obib iiimium cito abreptus est/ 

* Nidl'iiuk an Kl;n-iii.'', Kp-^reu.sburjf, den lO. Miir/- l");'»? K'')iic. k, fol. 213): 
,(.'oiidii-i(»nom Hiihcepit, iiu^ciu t^ualeui, (^uud »anu acgre teru.* 

* Couc. k, fol. 20C. 

* Loenclie» Matbwiiu, 8. 200. 

* CMrweDka» Oescbiehte d«r oviingeUacheti Kirche in Bttbinini II« 1870, 

S. 344. 

^ Audi Melanchtliun beklagt seinen Tod; Opji. IX, S. 'MMy 

* Vorrede au Herzog Juliauu Albert vou Mecklenburg in neiuer ischritt: 
,Refutatto invectivue Braiii contrn centurias historiae ecclesiantieae* 
(Baiel 1566); vgl. Scliulte, a. a. O., 8. 64. 



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STUI>IEi^l 

zu DEN 

ÜNGARISOIIEN GESCHICHTSQÜELLEN. 

YIL 

P""^ D" lUlMUNl) FlilEÜRICH KAINDL 

1« czemiowm. 



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VII. 



Dio «ng»rlB«liou Chronikea. Kritische Zergiiedenmg 
dcmlben. Bas Entstehen der einseinen Rednetlonen. 

BeYor wir an die Untersachuog der ungarischen Chroniken 
BchreiteOy wird es nttthig sein, die verschiedenen Redactionen 
derselben hier anzuführen; die Anordnung ist alphabetisch: 

1. Chronicon Acephnllini. Ungedruckto Pergamenthand* 
Schrift der Wiener Hofbibliokhek aus dem 14. Jahrhundert mit 
der Signatur Mö — 528. Der Anfang fehlt; der Text beginnt 
erst in dem Abschnitte, der Uber den Krieg Stephans des Heili- 
gen gegen Qyula handelt (1002), mit den Worten ,regnum 
illud Hungarico Erdelv^ Einige eigenthUmliche Stellen dieser 
Redaction werden in einer folgenden Studie mitgetheilt werden. 
Das Capitel ,De archiepiscopo Chanadino' ist bei Florianns, 
Hist. hung. font. dorn. II, S. 288 f. mitgetheilt; ebenda S. 345 
der eigenthUmliche, bis cur K()nig8kr<$nung Ludwigs I. (1342) 
reichende Schluw. Dass ich diese sehr werthvolle Handschrift 
in Gsemowits benfttsen konnte, verdanke ich der besonderen 
Gute des Herrn Hofrathos Ritter von ^oissberg; ich ergrnfe 
daher auch an dieser Stelle die Gelegenheit, um hiefÜr meinen 
besten Dank auszusprechen. 

2. Ananyml Gesta Hungarorum. Nach der wahrschein- 
lich um 1800 entstandenen Handschrift neu herausgegeben von 
Florian US, a. a. O. II, Iff. 

3. Chronicon Budensv. Gedruckt im Jahre 1473 in Ofen 
durch Andreas Hess. Wiederabgedruckt von J. Podhracsky, 
Ofen 1(S3Ö, nach welcher Ausgabe stet« im Folgondtni citirt 
wird. Die von Hess benützte Hundschrift ist uns unbekannt. 

4. Chronicon Dubnfccnsc. Nach der Handschrift des 
ausgehenden 15. Jahrhunderts jetzt gedruckt bei Florianus, 
a. a. O. m, 1 ff. 



9 



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434 



ä. Simonis de KcZA Qesta Hungarorum. Die beiden alten 
Han(ischritk'n sind verschollen; daher hat Fiorianus, a.a.O. 
n, 02 ff, die Auspilje von HorAnyi (1782), die auf der Per- 
gamentlmndschrift Kösa's beruht, abgedruckt. Die Ausgabe 
▼on HorAnyi verdient vor jener von Podhracsky (1833) den 
Vorzug, Aveil letztere nur auf einer modernen, von Ilevencsy 
hergestellten Abschrifi der verlorenen Kis-^lartoner Handschrift 
beruht. Die VOn ungarischen Herausgebern und Forsebem in 
die Welt gesetzte Fabel, dass die Handschritl des Sambucus 
(Wiener Hofbibliothek 3374—504) eine Abschrift des Werkes 
von Koza enthalte, ist ein Zeugnis» bedauernswcrthcr Leicht- 
fertigkeit und Leichtgläubigkeit. Die Hemerkung Endlicher's 
in seiiu n Monumenta Arpadiana I, H3 ,E eodiec cliartaeeo saec. 
XV. bibUothecae palatinae Vindobonensis' bezcielinct Florianus 
II, p. V. mit Recht als ein ,mond.i( iuin litorarium, noc leve, 
scd raagnum et iiiiimdcns*. Dass Toldjr und Marezali nieht 
schon den Sachverhalt entdeckten, darf uns mit Hecht Wunder 
nehmen: Die Haudschrifi des Sambucus enthält eine sehr werth> 
volle ChroDikredaetion, welche swischen Keza and dem Chro- 
nicon Aecphalum, Pictum u. s. w. steht. Mehr darftber an 
anderer Stelle. 

0. Clironicon Monaccnse. Gedruckt nach der Handschrift 
des 15. Jahrhunderts bei Florianus, a.a.O. Hl, 214ff. 

7. .Miigleirs Chronik der Hunnen. Nach beiden Wolfen- 
bUttler Handschriften aus dem Anfang»! des 15. Jahrhunderts 
herausgegeben von M. G. Kovaehich, Sammlung kleiner, noch 
ungedruckter Stiieke (Ofen \xm, S. XV— XUII und 1— %. 

8. Clironicon Pliitiini, Vindobonense oder Marci. Nach 
der Handschrift des 14. Jahrhunderts bei Florianus, a. a. O. 
U, 100 ff. 

9. Chronicon Posonicnsc. Jetzt nach der Handschrift 
des ausgehenden lö. Jahrhundorts gedruckt bei Florianus, 
a. a. O. IV, 1 ff. 

10. Lateinische Reiinclironik. Sie ist auch nach 
0. Roethc's neuen Ausführungen in der Zeitschrift für deut- 
sches Ahcrthum XXX, 345 ff. ein Werk Muglcn's. Gedruckt 
bei Engel, Monumenta Ungrica (Wii ii 1 "^09), S. 1 — 54, 

11. Chronicon SambaeL üngedruckte Papierhandschrift 
der Wiener Hot'bibliotliek aus dem Iti. Jahrhundert mit der 
Signatur 3374 — 504. Diese Kedaction beginnt wie Kesa mit 



1 



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435 



der Vorrede (Prohemmni) Jitvictiraimo et poteDtissimo . . . ho- 
nor et gloria in secala Bempltema', hat ferner wie dieser, das 
Ohronicon Posoniense und Magien die Einleitung in den ersten 
Theil yMultipharie multisque ... ad bonum pronior erat'. Die 
kurze selbständige Schlassnachricht über Karls Tod und Lud* 
wigs Thronbesteigung findet sich abgedruckt bei Florianus, 
a. a. O. III, 127, Anm. 11. Auch die Benützung dieser Hand- 
schrift ist mir durch das freundliche Entgegenkommen des 
Herrn Hofrathes v. Zeissborg ermöglicht worden. 

12. Thnroez* Chronik bei Schwandtner» Scriptores re- 
rum Hungaricarum I, Iff. 

13. Chronicon Varasdiense« Aus der Handschrift des 
14. Jahrhunderts herausgegeben bei Florianns, a. a. O. 
III, 350ff. 

14. Chronicon Yatieanniii« Ungedmckte Pergamenthand- 
schrift der Taticanischen Bibliothek, Nr. G526. Sie beginnt erst 
im Abschnitte über die Auskundschaftung Ungarns vor der 
Besiegung Suetibolugs; es fehlt also die ganze Hunnengeschichte 
und die ersten Paragraphe der Ungamehronik. Die Hand- 
schrift war mir unzugänglich; dagegen stand mir neben den 
Lesarten bei Florianus auch zur Verftigung die Zusammen- 
stellung der Varianten dieser Handschrift in «Joannis Lucii, 
Inscriptiones Dalmaticae u. s. w.', Venedig 1673, S. 77 ff. 

15. Ohronicon Ztgrablense« Aus der Handschrift des 
14. Jahrhunderts herausgegeben bei Florianus, a. a. O. 
m, 260ff. 

Zur vorstehenden Zusammenstellung bemerken wir noch, 
dass sie nur den Zweck hat, eine allgemeine Uebersicht zu 
gewähren und die in den folgenden Ausftihrungen vorkommen- 
den Citate ohne nähere Angaben der Handschrift, Ausgabe 
tt. 8. w. verständlich zu machen. Es ist daher auch in der 
Regel nur die benutzte Ausgabe angeführt worden. 

lieber den allgemeinen Gang der folgenden Untersuchung 
möge Nachstehendes bemerkt werden. Zunächst wird in der- 
selben nachgewiesen werden, dass die Chroniken oder vielmehr 
ihr Grundstock kein einheitliches Werk sei, sondern aus eini- 
gen Theilen bestehe. Diese werden festgestellt und sodann 
theils in dieser Studie, theils in folgenden Arbeiten auf ihre 
Entstehung, ihren Umfang u. s. w. geprüft werden. Auf diesem 
Wege dürfen wir hoffen, zu ge8i<;licrtcron Resultaten zu gc- 



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436 



langen, es in den bisherigen Arbelten geschehen ist, die 
sameist nx-In oder weniger diesr Ocschichtsquellen als einheitr 
liclie Werke betrachteten imtl I I er in nianclien leicht s«u ver- 
meidenden Irrthum verfielen, ich bemerke noch, dass ich in 
der Regel in keine Polemik gegen frühere Ansichten einsu- 
gehcn beabsichtige, weil dieses Verfahren den UmfiiDg meiner 
Arbeit ttber&us vergrössert hätte. 'SUt Freude constatire ich, 
dass ich aus allen mir bekannten Studien viel gelernt habe, 
doch stelle ich es meinen Kritikern anheim, zwischen den 
früheren und meinen Anschauungen, insofern sie nicht überein- 
stimmen, zu entscheiden. Gestattet sei mir die Bemerkung, 
dass meine Ergebnisse zum Theil schon feststanden, bevor mir 
Heinemann's Arbeit im Neuen Archiv XIII (I8b8) zu Ge- 
sichte gekommen war. Dass ich diese Erklärung niclit schon 
in meinen ,Studien zu den ungarischen Groschichtsquellen* 
(1893) gebracht habe, ist dem Umstände zuzuschreiben, dass 
mir damals die Studie Heinemann's noch nicht bekannt war. 
Meine Arbeiten zu den ungarischen Clkroniken reichen nämUch 
bis in meine Studienjahre aurück. Gerade in den Zeitraum, 
der zwischen dem Krsclieinen der Studie von Heinemann und 
dem meines oben citirten Büchleins liegt, fielen aber meine 
zahlreichen Fachprüfungen und die Fertigstellung meiner ersten 
grösseren ethnographischen Arbeiten. Daraus erklärt sich, dass 
ich Einzelnes ans der neueren Literatur Ubersah, als ich im 
Jahre 1Ö92 daran schritt, meine ungarischen Studien drucken 
zu lassen, um sie als HabiUtationsschrift verwenden zu 
közmen. 

Zur besseren Uebersicht der folgenden viel verzweigten 
Untersuchung möge auch eine Zusammenstellung der Auf- 
schriften der einzelnen Haupt- und Unterabschnitte dienen: 

A. Gesta Hungarorum vetera. 

1. Nachweis einer ungarischen Oeschichtsquelle von Almus 
bis zum £^de des 11. Jahrhunderts bei Alberich von Trois 
Fontaines. 

2. Näherer Beweis, dass diese ,alte Ungamchronik' nur 
bis zum Ende des 1 1. Jahrhunderts reichte. 

3. Näherer Beweis, dass diese ursprüngliche Ungam- 
geschichte mit der Hunnengeschichte nicht verbunden v^-ar. 

4. Weitern Spuren unserer Quelle. Ihre Benennung: 
,Qesta Hungarorum vetera^. 



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437 



5. ZosammenfasBimg der gewonnenen Ergebnisse Uber 

diese Gesta. 

B. Gesta Hunornm. 

0. Andere in den Chroniken benUtste oder in sie 
aufgenommene Geschichtsquellen. 

1. Die Darstellung von Koloman bis Stephan V. rührt in 
ihrer kürzesten Fassung von Keza her. 

2. Die Aufzeichnungen im Minoritenklostcr in Ofen von 
Ladislaus IV. dem Kumanier bis Karl Robert. Das Entstehen 
der nationalen Grundehronik (Ofener Minoritenchronik^ uv.d der 
Redactionen Chronicon Zagrabiense, Varadiense, Posonieuse, 
Yaticanumi Muglen, Sambuci, Acephalum, Pictum und Mo- 
nacense. 

3. Nachweis einer Geschieh tsquelle des 12. Jahrhunderts 
im Chronicon Pictum und bei Muglcn. Kritik der bisherigen 
Ansichten tlber die Entstchungszeit der Chroniken. 

4. Die Fortsetzung der Grundchronik bis 1342. Johanns 
von Kikkulew Geschichte Ludwigs I. und die Schrift des Bru» 
dcrs Johannes zur Geschichte dieses Königs. Die Kedaciionen 
Budense, Dubnicense und Thurocz. 

D. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. 



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438 



A. Geita HoAgaronun veter». 

1. Nachweis eioer ungarischen Geschicbtsquelle Ton Almas 
bis zum finde des 11. Jahrhunderts bei Alberich von Treis 

Fontaincs. 

In der Chronik Alberichs von Trois Fontaincs ist der 
ungarischen Geschichte besondere Beachtung zu Theii gewor- 
den. Es finden sich nämlich in derselben nicht nar zahlreiche 
Naclirichten Uber Ungarn, darunter auch solche, die deutochen 
und italienischen Quell« n nicht entnommen sein können, son- 
dern auch ein ununterbrochenes, chronologisch angeordnetes 
Königsverseichniss mit Angaben der Regierungsjahre, wobei 
noch 2U bemerken wäre, dass die ungarischen Könige oft gleich 
an der Spitze der Darstellungen sn den betreffenden Jahren 
genannt worden. 

Durch diesen Unistand sali sich schon im Jahre 18.^1 
Wilraans^ veranlassty die Benützung ungarischer Quellen durch 
Alberich anzunehmen, ohne jedoch eine Vorlage nachweisen su 
können. Diese unbekannte Quelle wäre aber nach der An- 
sicht Wilmans' dem Verfasser der Chronik durch die Vermitt- 
lung Roberts von Leyden, nachmaligen (seit 1227) Erzbischofs 
von Gran, zugekommen, welcher auch von Alberich in seiner 
Chronik zum Jahre 1^^7 genannt wird.^ 

Anderer Ansicht war sputer Scheffer -Boichorst, der 
Herausgeber der Chronik in den Mon. Germ.'^ Er glaubte näm- 
lich, alle Mittheilungeii Alberichs T^ur ungarischen Geschichte 
auf mündliche Nachrichten zurückführen zu können, die der- 
selbe vorzüglich vom Cardinal Jakob von Prilneste, der früher 
Abt von Trois Fontaincs war und sieh i?n .T;i]ire 1233 in Un- 
garn aufhielt,* erhalten hätte. Diese Ausicht ist, wenn man 
sie auf alle Nachrichten in der Chronik bezieht, aber an und 
für sich unhaltbar. Denn so wahrschoinlich es ist, dass Albc- 
rich seine reichen und genauen Nachrichten für die ersten 
Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts — er schrieb um 1235 — von 



* Archiv der Geaellschsft fttr ftltere deutache GeMliichtBknnde X {tS5 1 ), S. 2S t. 

« Mui, Gorni S. .ipt. XXfll, 920. ■ Ebstid«, 8. 6Ä2. 
« EbeudA, S. 938. 



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439 

Jakob erhalten habe, ebr-iiso iin<;lanbHol» ist es, dass ilim auch 
die g'anzp Künit^srcilie mit iliren fii«besundcrs für das ll.Jalir- 
hundert genaueu Zablcuaugabcn miindbcb üborlieturt worden 
wäre.* 

Pen Ansfiilirung:en 8ebeffcr-Boichorst's trat Marczali 
ontEToc-fMi.- Dcrsrjlx' verweist auf eine Rciltc von Stellen, in 
denen sicli die Arbeit All)ericbs rait iinganselien (\)uel]en, i>e- 
sonders den Chroniken, berührt, nnd foluert daraus, d;v-- AI 
herieh ,Hltero schriftHche, ans Unirarn stannncnde Anfzeiehnuu- 
gcn benutzte, deren Naeln-iehten nieht srlir von denen der 
un^ariselien Chroniken abwichen^ Die folgenden Ausfiihrnn<2:en 
werden nieht nur diese Ansieht Marezali's bcstiltijrcn. sondern 
aueli manches andere wiehtigc Kesultat lUr die Kritik der un- 
garischen Geschichtsquellen eygebon.* 

Um dem Leser zunächst Klarheit über die Verwandtsclmft 
zwischen dem Werke Alberiehs und den uuirariselien Quellen, 
und zwar vor Allem mit den Chroniken, zu verseludVen. mr><ren 
liier in Ki\rze sowold die bereits von Marczali aufgezahlten 
gemeinsamen Naehri<'hteu wiederholt, andererseitf* einige 
von ihm übersehene hinzugefügt werden. Zum Jahre ^93 
nennt Alberich den ersten ungarischen Grosslierrn Almns, der 
bei den deutsehen Sehriftstellern jener Zeit nicht erscheint. 
Zum Jahre 957 berührt er die Sm'^c von den sieben Heer- 
führern und den siehen Ungarn, du uns auch in den Clnunikeu 
beiregnet. Zum Jahre lÜlO wiederholt Alberieh die Naehricht 
.Sigel)erts zu diesem Jahre über die Bekehrung 8te])hnns durch 
Gisela und berichtet so(binn, dass die L'ni^arn dem gegenüber'* 
dieses Verdienst dem heil. Adalltcrt zuschreiben, der (b-n K(>nig 
bekehrt und getauft habe, und dem zu Ehren der König die 
grössere Kirche in Gran erbaut habe; Gisela habe hingegen 



> Wm Sobeflfor-Boichoni, a. a. O.« 8. 068, Anm. 85» Air Mioe Ansicht «n- 
fOhrt, ist itiebt iMweixend; ein dicont, dicatar n. dgl. »pricht durohaiu 
nirlit fInpopiTTi, dnis dio Mittliciliinp- einer schriftlichen Qlieilo entnom- 
men mi. \ VI. fitjri^Bn» unser« weiteren Anüführuugeu. 

* Ungarns OeiK*hicht<«qnellenf S. 109 ff. 

' Dtefoigmidm Aiicf&hniiigMi sind thAÜwsis« bereits in meinen fieitrigen 
sur Illeren nngarisdie» Oesebiclite (Wien 1898), S. 45 ff. enthalten. 

* Mon. Oerm. Script. XXIIT, 779: Tarnen dicnnt Untj.u i, qnod lanrtns 
AdalbPrtns otc N.if nrlicli Ut da« ,dicnnt' nicht SO «ufsufMlsen, «Is ob 

nur niUndlicho l't'lxMlieferung vorläge. 
Archiv. LXXXV. ßd. M. iiulfte. SV 



« 



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440 



nach den unsfarisclien Bnricliten* nur viel Böses verübt und 
wäre daher nach dem Tode Stephans cnnordet worden. Auch 
diese Nachrichten, die Ubei'lies von Alberieh Musdrücklieh mU 
unganschen Urfiprunfre^^ bezeichnet werden, linden sich in den 
uns erhahenen ungaiiisehen Quellen wieder: über die Thütig- 
keit Adalberts berichten sowohl die Chroniken- als die Legen- 
den Stephans; der Darstellung Giselas in den Chroniken ent- 
spricht völUg der Bericht Albcrichs Uber diese Königin; die 
Bemerkung desselben Uber die dem heil. Adalbert in Gran er- 
baut»- ivnchc findet sich in der ungarijseh })()hiischen Chronik 
wieder;^ auch berichtet letztere, dass Gisela in Ungarn gestor- 
ben sei,* was wenigstens cinigcrmassen der Nachricht Alberichs 
entspricht, während die iil)rigcn Quellen übmhuupt Uber das 
Ende der Königin niehts niitthcilen. Zum Jahre 1041 berichtet 
Alberich Uber die Thronbesteigung Peters und benu ikl hiebei. 
dass dieser ein Bruder Giselas war, welcher irrigen Ansicht 
wir auch in den Chroniken begegnen. Alberichs Angabe, dass 
Peter zweimal zu zw ei Jahre regierte, tindct in der Bemerkung 
der ungarisch-polnischen Chronik, dass er uum zweiten Mal) 
zwei Jahre herrschte, ihr Gegenstück; die anderen Chroniken 
geben für beid«; Uegierungsjahre zusammen 5'/, .Jahre au. 
Ferner hebt Alberich an dieser Stelle hervor, dass die Ungarn 
diesem Könige feindlich gesinnt waren, weil er nicht ,de se- 
mine Ungarorum' war, eine Bemerkung, die den Kern der 
Darstellung der Chroniken wiedergibt. Zum Jahre 1001, 1066 
und 1078 fuhrt Bela I. den Namen Pugil, was dem Beinamen 
Benyn dieses Königs in den ungarischen Chroniken entspricht. 
Ebenso wird zum Jahre 1075 Geisa I. als ,rex Magnus' ange- 
fUbrt, eine Bezeichnung, die auch in den ungarischen Chroniken 
und in den Annales veteres Uugurici vorkommt EndJich ist 

' Am eben s. O. . . . ned ilU QisU regim, ut dicnnt, mnltaB malitiaa in 

forra illa fecit. 

* Vgl. Keza {bi*i Floriaims, n. a. o. II. '.»:5). tj 4s und Chroiiicon Bud«n<»f 
(ed. rodhrat'zky), S. 47, «owie auch die anderen Chroniken an den 
entapreclienclcQ SteUen. AlleufalU ^hüren dione Uemerkungen nicht zu 
dem ureprilngUcfaen Theile der Cbfoniken (daher aie aneh bei Keia, 
% S4 nnd im Bndenae, S. Gl nicht vorkommen), eondem sie tind emt 
»püter aus der 8te|)han»legende geschiJpft worden. 

" Mon. Pol. liist. I, 605. Vp^l fibor dio^ft VerwandtHclmff der tmgarisoh- 
polnlächen Chronik mit Alberich die .Studie VI (Archiv, Bd. 84, S. 526). 

* Mon. Pol. hint. I, 612. 



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441 



der bereits um Eingang dieser Uiilci-suchung erwähnte Umstun J 
hervorzuheben, dass das Verzeichniss der ungarischen Könige 
bei Alberich sehr genau ist und mit den ungarischen Quollen 
Ubereinstimmt. Doch niuss betont werden, tlabs dies luu tiir 
das 11. Jahrhundert gilt, wozu die weiter unten (S. 442) fol- 
genden Zusammenstellungen zu vergleichen sind. Dicrf sind 
die gemeinsamen Nachriciiten in der Darstellung Alberiehs und 
den ungarischen Quellen. ^\ as er für die Folge zu den Jahren 
1151, 11G7, 1171 und 1194* über Ungarn bietet, zeigt mit den 
ungarischen Quellen keine Verwandtschaft. Wie sehr sein 
Königsverzeichniss seit dem luuii- des 11. Jalu liunderts deu 
ungarischen Chroniken und den wirklichen Verlüiltui.-sben wider- 
spricht, werden wir im Folgendm zu betrachten haben. Was 
Alberich aber etwa von Emerieh an bietet, .*?ind zeitgenüssisehe 
Aufzeiehmingen und können als solche luilürlieh nicht mit den 
ungarischen (Quellen verglichen werden. 

Das Krgebniss unserer Betrachtung ist ein doppeltes: 
1. finden wir in Alberiehs Nachrichten und den ungari- 
schen Quellen so viele engverwandte Berichte, dass wir 
noth wendiger Weise die Benützung einer ungarischen 
Quelle durch den Mönch von Treis Fontaines ann<'h- 
men miisöcn; blos auf Benützung von mündlichen Kachrichten 
aus Ungarn diese Uebereinstimmung zurlickzufUhren, geht nicht 
an, einerseits weil schon das vollständige Königs verzeichniss 
mit den Regierungsjahren nicht leicht auf diese Weise ihm zu- 
gänglich geworden wäre, andererseits aber wäre es dann un- 
erklärhch, warum Alberich für das elfte Jahrhundert reichere 
und bessere Nachrichten aufweist als über das zwölfte. — 
Letztere Bemerkung führt uns auch auf das 2, Ergebniss un- 
serer vorstehenden Betrachtung. Da sich zwischen Alberich 
und den ungarischen verwandten Quellen nur für das 11. Jabr- 



A. 1151 In Hnit^'ririn rpf^at GW.tr vcl CJeicha jfer anno« 20; ab isto 
desceudf-riuit i.sti uiuderai röge» Huugarie. — A. Ilü7. In ihiiifjaria 
poat regem Ibeta (!) regnavit filius eias Bola per aonos, ut dicuut, 30. 
In primis «dveiMbatar ei quidam irater »auf nomine Gnitbardiu, aed 
Undem Tietoa fuit et conclnaiu. — A. 1171. Flornit hoc tempore in 
Hnngaria vir Ranctus archie)>I.<;copus Lucam Strigonie, et abhiuc nx Bela 
regnavit annJs 25. — A ll'.t t, Memnialtilft quiddam contigit hoc anno in 
Hungaria, quia in autuu]|inü quadani die fuit inter Dravum et Savum 
plavU laeattarttm densi^aima. 

89* 



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442 



hundert gonaiie und cnjjc Beziehungen aufwoi?:cn lassen und 
ferner kein Grund vorhanden ist, weshalb Albcrich weitere 
ihm vorliegende Nachrichten nicht benützt hiltte, so folgt, dass 
die ihm zugängliche ungarische Quelle über das elfte 
Jahrhundert nicht hinausgereichi habe. Daraus ergibt 
sich auch unmittelbar der Sclüuss, dass Alberieh keine der 
umfiissenden nationalen Chroniken vorlag. Andererseits weisen 
aber die aablrcichen mit diesen Chroniken ihm Air das 11. Jahr- 
hundert gemeinsamen Nachrichten darauf, dass er eine 
diesen Zeitraum umfassende Quelle mit den eben genannten 
Chroniken gemein hat. Ebenso ist es klar, dass diese Quelle 
erst mit Nachrichten Uber die Einwanderung der Un- 
garn bespann, weil die erste gemeinsame Nachricht Alberichs 
und der nationalen Chroniken Almus betrifft und fllr die Uunnen- 
gescbichte keine nähoren ]>crUhrung8punktc sicli finden. 

Die vorstehondcn Erörterungen finden ihre Bestiltigung in 
einem weiteren Vergleiche der Nachrichten Alberichs mit un- 
garischen Quellen. Wir werden also im Folgend« n auf weiterer 
Grundlage zunächst nachweisen, dass Alberichs Quelle that- 
sftchlich nur bis zum Ende des elften Jahrhunderts i-eichte; 
femer dass dieselbe wohl schon eine Darstellung der ungari- 
schen Einwanderung enthielt, nicht aber die Hunnengeschichte 
schilderte; zugleich wird sich ergeben, dass die Alberich vor- 
gelegene Quelle auch den anderen Chroniken zur Grundlage 
diente. Bevor wir jedoch weiter gehen, möge gleich hier unter 
Hinweis auf die Studie VI* bemerket werden, dass in den fol- 
genden Ausführungen auf die ungarisch-polnische Chronik keine 
weitere Rücksicht genommen werden wird, da ihr Verhältniss 
zu Alberieh und den anderen ungarischen Chroniken bereits in 
der citirten Studie erörtert wurde. Wir wiederholen nur, dass 



Alberieh. 

A. 1006 Stephanus 
rex in Ungaria regnat 
per annoB 35. 

A. 1010 Erzfthlung 
Uber die Bekehrung 
zum Ohristenthnm. 

* Archiv, Bd. 84, S, 



KSM, 

Stephanus XLYI anno 
stti regiminis in die As- 
snmtmnis Beate Virginis 
migravit ad dominum 

(S. 78). 

. 623ff. 



Chr. BudeaM. 

Stephanus ... qua- 
dragesimo sexto an- 
no regni sui in festo As- 
sumptionis Beate Marie 
virginis . . . eripitur 
(S. 73). 



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443 



trotz der unleugbaren Verwandtschaft zwischen der Quelle der 
imgariach-polmschen Chronik und jener Alberichs und der an- 
deren ungarischen Chroniken nicht anzunehmen sei^ dass ihnen 
die Quelle etwa in dersolbon Oestalt vorlag. Vielmehr ist es 
schon in der Studie VI betont worden, dass dem Verfasser der 
ungarisch'polnischen Cln-onik offenbar nur sehr spärliche Auf- 
zeichnungen vorlagen, die erst mit Stephan begannen, während 
Alberich und die nationale Chronik bereits eine reichere und 
bis auf Almus zurückgreifende Quelle ausschrieben. Oh diese 
Quelle dem Mönche Alberich und der nationalen Chronik in 
derselben Redaction vorlag, ist zweifelhaft; jedenfalls steht AI« 
berich der ungarisch-polnisdien Chronik in gewissen Nachrich» 
ten (8. Studie VI, S. 526 und oben S. 440) nUhcr als die anderen 
ungarischen Chroniken; diese konnten also bereits eine zum 
wiederholten ^thile erweiterte Quelle benutzt haben. Dass aber 
die der Darstellung Albe ri( Iis und jener der imgariM li. n Chro- 
niken zu Grunde liegende Vorlage — wir wollen sie die ,alte 
Ungarnchronik' nennen — bezüglich ihres Umfangcs und ihrer 
wesentlichen Züge dieselbe sei, wird sich aus den folgenden 
Ausführungen zur Genttge ergeben. 



2. Käherer Beweis, dass die ,alte üngarnchronik' nur bis 
zum Endo des 11. JahrhnndoTts reichte. 

Um zuuiielist unsere Beweisführung zu vervollständigen, 
dass die fraghche Quelle das 12. Jahrhundert nicht umfasste, 
stellen wir im Folgenden die bei Alberich gebotene Königs- 
reihe neben diejenige der ungarischen Chroniken. Die Angaben 
des Künigsregisters und der Annalen werden angeitihrt, um auch 
unsere Ausführungen in der Studie V zu vervollständigen.^ 



Cbr. DabniesiiBO. 

ebenso (S. 49). 



Chr. Fietttm. 

ebenso (S. 147). 



Küiii^sr^bter 
vom Jahre 1810. 

Stcphanus rex 

rcgnavit 
XLIIII annos. 



AnnalM veterai Ungsriei. 

988 Gcyza jniiiccps 
Ungaroruiu obiit. 

1000 Stcphanus Un- 
garorum rex coronatus 
est. 



* Archiv. S4. 94, S. 621. 



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444 



A. 1040 . . . Obiit 
sanctuB rex Stepbanus 
de Ungaria post annos 
30, ex quo recepta fuit 
ibi chrifltianitas. 

A. 1041 Ungatis re- 
gnavit Petras annis 12 
(offenbar irrthUndich 
statt 2). 

A. 1043 . . . Obbo 
Ungaris regnat aunis 2. 



A. 1045. . . . If^itur 
ab hiuc Petrus iterum 
regnavit Uogaris an- 
nis 2. 

A. 1047 ... Olli 8UC- 
ccssit in regnoUngaro» 
mm Andreas annis 24 
(offenbar irrig statt 14). 



Anno ergo regni Petri 
tertto . . . comitcm no- 
mine Aba . . . regem pro* 
fecerunt . . . (S. 79 f.) 

Tertio auteiu anno 
Aba rcgisdesi-endit Petrus 
rexcumllenricoCesaro. . . 
(S. 80) 

Post mortem itaqiic 
sancti reg:is Stephani trans- 
acti sunt annt XI menses 
IV usquo ad annum pri- 
mum inipcrü Andree rc- 
g\s. Intcrea ven» Petrus 
rex primo et sccundo re- 
gnavit annis quinque et 
dimidio. Aba vero re- 
gnavit annis tribus (S. 8ö). 

Cum igitnr Andreas dia* 
dema regni suscepisset 
(S. 84), ohne Jabreszahl. 

Andreas autem eonfec- 
I tus bcniü auno impcrii 
. sui XII filium suura Salo- 
monem . . . regem consti- 
tuit (S. 85). 

Ipso autem ohiit anno 
regni sui XV (S. 85). 



ebenso (S. 78). 



fclilt (S. 84). 



ebenso wörÜicb(S. 1 13). 



Porro dux Andreas 
. . . eoronatus est anno 
Domint MXL septimo 
(S. 101). 

ebenso fast wörtlich 
(S. 114). 



fehlt (8 115). Die 
Dauer der «lanzen Re 
gierung wird nicht an- 
geführt. 



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445 



ebenso (S. 51). 



fehlt (S. 55). 



ebenso wört- 
lich ^Ö. 69). 



ebenso (S. 64). 



desgleichen 
(S. 69). 



desgleichen 
(S. 70 f.). 



ebenso (S. 146). 



fehlt (S. 150). 



ebenso wönlich 



ebenso (ß. 158). 



desgleichen 
(ä. 163), 



dc;»glciclicn 
(S. 1Ö5). 



' 1 038 Stefanus (1) rex 
mortuufl est. 



Petrus rex \'L 
Aba rex III. 



Amlrcuö 
rex XII. 



1038 Petras in re- 
gem elevatar. 



1041 Petrus rex eiei- 
tur et Abba in regem 
elevatur. 



llM4 Abba lex iiitcr- 
ficilur. et Petrus rex 
in priötiuum restituitur. 

1047 Petras rex cum 
dolo obcecatur ot An- 
dreas rex elevatus est. 

1057 Andreas rex 
infirmatur et Salamo- 
nem filium suum coro- 
navit. 

1060 intcr Amlroam 
et fratrem ejus lielain 
gravis (lisoorflia oritur, 
et rex Andreas mo- 
ritur. 



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446 



Bcnyn Bda . . . roguavit | BeU completo re- 

Autem duobas annis et giü sui anno tercio 

in tcrtio migravit ex hoc . . . migravit a seculo 

soculo (8. 86). (a 120). 



Dio Dauer der liegie- 
ningszcit Salomons wird 
nicht genannt (S. 80 f.). 



ebenso. 



Post Salomonem vero i ... regnavit autem 
regnavit Geicha annis tri- , tribus annis (S. 169). 
btts et mortiius est (S. B7). 



A. 1061 In Uugariu 
roguavit Bela Pugil 
annis 4. 

A. 1065 ... In Un- 
garia post Belam pn- 
gilem regnavit Salomon 
annis 11. 



A. 107Ö ... In Un- 
garia post Salomonem 
regnavit rex Magnus 
nomine annis 3. 

A. 1078 ... In ün- 
garia regnavit sanctus 
rex Logescelaus Bele 
pugilis filius annis 18. 



A. 1005 . . . Sanctus 
Logescelaus rex Hun- 
garorum moritur, cui 
sueccdit Colomanns an- 
nis 16. 

Was nun weiter bei 
Alberich folgt, leidet an 
grosser Ungenauigkeit. 
Die Königsreihe wird 



Post Geicham vero re- 
gnavit Ladislaus XXX 
(offenbar irrig statt XIX) 
annis et tribus mensibus. 
In Warod requiescit. Das 
Sterbejahr wird nicht ge> 
nannt (S. 87). 



Ladizlaus . . . regna* 
vit autem decem et 
novcm annis et mensi- 
bus tribus. Migravit 
autem ad Dominum 
anno Domini millesimo 
nonagesimo quinto, 
quarto kalendas Au- 
gusti feria prima 
(S. 171). 



Ladistao autem migrato ' 
regnavit post cum filius ' 
Qeiehe rcgis Kolomannus 
annis X et oeto» cuius 
corpus jacet Albe (S. 88). 



Regnavit autem rex 
Colomannus annis de- 
cem et octo, mensibus 
sex, et diebus quinque. 
Migravit ex hoc seculo 
anno Domini millesimo 
centesimo decimo quar- 
to, tercio nonas Febru- 
arii, feria tercia, eius 



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447 



ebenso (6. 73). 



ebenso. 



ebenso (S. 



ebenso. 



Bela rex III. 



Salomon 
rox XI. 



r 

ebenso (Ö. U2). ebenso (S. 102). Geysa rex III 



ebenso , nur 
wird noch bei 
der Regic- 
run^sdaucr 
diebus tribue 
hinzugesetzt 
(S. 97). 



ebenso (S. 90 ). 



transiit ;ul con- 
sorcia ungclorum 
I anno rof:fni sui 
X IX° et sopultiis 
I Waradiiii in mo- 
I nasterio suo. An- 
no D:MXOV°np 
Kai. Au^Listi Teria 
prima ^b. 200). 



Rcp^navit nutom 
a. XXV inpii.-«ibu8 
Vldi.-l.usV. An- 
noD.M (• XlHl« 
tertif> Nonas F( - 
bruarii teriatertia 
migravit ex hoc 
scculo (Ö. 207). 



Ladiz- 
laus XVI, 



Colomuniius 
rex XXll. 



wird ausser an der 
soeben angeführten 
Ste lle nicht mehr er- 
wähnt. 

wird ausser zum .laiire 
10r>7 (s. oben!) auch 
zum Jahn- lOtls, 1071, 
1072 genannt; hirrant* 
1074: inter regem Sa- 
IfMüoneni et dueem 
luagnuni gravit^ di^eor- 
dia t»ritur i t Salomou 
regno privatur. 

1075 Magnus rex 
coronatur. 

1070 Magnus rex 
obiit. 

1076 frator cius (Ma- 
gni) Ladiziaus in regem 
elevatur. 

1097 Ladiziaus rox 
obiit. 



1097 Colomnnnus et 
IVatcr cius Almas suc- 
ccdunt in regnum. 

1 (J9 8 ( .'o I n m a n n u s r e X 
coronatur, et iVatcr cius 
Alinus diadoma indui- 
tur. 

1117 Colomanus rex 
I mortuus est. 



448 



so wirr, dass dieselbe ' 
neben die der anderen 
Quellen nicht trestcllt 
werden kann. Ks niuss 
daher dieselbe fortlau- 
fend abgedi'uckt wer- 
den: 

A. 1 1 1 1 In Unj^aria 
rctznuvit Stcphanus an- 
nis 15. — A. 1126 In 
Unji^aria reguat Lodis- 
ImiH 11. nniio nno. — 
A. 1127 In Unpu-ia 
rc'rnat Stephanus an- 
no 1. - A. 1128 In 
Himpiria regnat iSle- 
pbanus annis 8. — 
A. 1135 In lIii^Miia 
reguabat Beia cccus 
per annos 10. — 
A. 114f>f !^ In Unpfaria 
rt'o iiat IWieius per an- 
nüöürn. — A. 1151(!) 
In Hungaria regnat 
Gizza vcl Oecha per 
annos 20 ab isto 
descenderunt isli nio- 
derni reges Hungarie. 

— A. 1167(!) In Hun- 
garia post regem Ihe- 
ta(!^ regnavit filius eius 
Behl per anuüü, ut di- 
eniit, ijO. In primis ad- 
versabatur ei fiiiiilaiu 
frater suus nomine 
Guithardus. sed tandem 
victus fuit et eonelusus. 

— A. 11U6 Rex Hun- 
garie Bcla moritur in [ 



Stephan II. wird gar 
nicht genannt. 



Post Bclam autem re- 
gnavit Geicha XX aiini.s. 
Tandem moritur et iUbe 
.sepehtur (S. 881. 



corpus Albe quiescit 
(S. 162). 



Post Kalomannum vcio 
regnavit Rela aiiuis iX j 
duobus iiiojisibus. Albe 
tumulatui* (^S. 88). 



(jui biKH-cssit Ste- 
phanus lilius eins. Qui 
regnavit annis (Khm^iu 
et "i-to et nu'usibus 
(juiiKjue. Migravit au- 
tem ad Dominum anno 
Domini millesimo cen- 
tesimo tricesimo primo. 
( 'iiius corpus Varadiui 
i^meäcit (S. 183). 

Post ipsum vero re- 
gnavit Bela Cecus . . , 
annis iiuvem et mcast- 
biis XI et diebus duo- 
(U'i-iiu . Mijxravit au- 
tcni a 1 liuiruniun anno 
D. niiiit sinio centesimu 
(|ua(lrag('simo primo, 
ydilms Februarii, foria 
quinla. Ciiiiis corpus 
Albe quiescit (^Ö. 184 
und 186). 

Re^,Miavit aulem post 
euni ( icysa . . . annis 
XX. inciisihus tribiis 
et diebus mnlceim . . . 
Migravit aulem ad D. 
a. D. millesimo eentesi- 
mo scxagesinio prinio, 
pridie Kalcndas Junii, 



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449 



ebenso (S. 98). 



ebenso (S. 99). 



ebenso 
(S. 100). 



. . . anno regni 
Bui X»VIIP et 

sepultus est Vara- 
dini (S. 212). 



ebenso (S. 216). 



ebenso, nur wer- 
den bei der Re- 
gierungsdauer 
diebus XV ange- 
geben (S. 220). 
Ebenso hat hier 
Aceph. Bl. 2aa. 



Stephan US 
rex XU. 



BelarexVIUI. 



Geysa 
rex XXUIL 



1117 filius eius (Co- 
lomann!) Stephanns in 
regem elevatur et coro* 
natur. 

1121 Stephanas rex 
accepit eivitatem Nis. 



wird nicht erwtthnt. 



Gcysa wird zu den 
Jahren 1143 und 1145 
genannt; sodann 11G2 
(im Text irrig 1172): 
Geyza rex appositos 
est ad patres suos. 



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I 



450 



cena Dominik de cm'us 
|>otionatioiic contrii 
quciidam episoopuni 
Calanum orta fuit su&- 
picio. 

Hiciiiit stehen wir 
bereits an der Schwelle 
des Zeitraumes, ilher 
den Albcrit'li durch 
ZeitgciiüSiscn Kuude er- 
halten hatte. Seither 
werden seine Nach- 
richten wieder reicher 
imd richtiger: 



Post hune rognavit Ste- 
phanns annis undecim 
mcnsibus novem. Qtio 
quidcm imjierantc Ladis- 
laus dux sibi usurpat rc- 
gnum et coronam anno 
inedio. Albe sejicHtur. 
Post istum Stcphanuiu (!) 
frater snus coronam usur- 
pat mensibus V et diebus 
V. . . et finivit vit.Miii siiam. 
Albo quiescit (ö. 66 L). 



Scd post hune reguavit 
Bela Grecus . . . Albe ia- 



I foria quarta. Cuius cor- 
])us Albe quiescit 
I (ö. 187). 

I-oeo eins cornnatur 
Stephanus tilins eins 
et regnavit annis nn- 
dccim, mi'nsilnis novem 
et diebus trihus. In 
eins imperio Dnx La- 
dizlaus . . . usurpavit 
sibi coronam dimidio 
anno. Migravit ad D. 
a. D, millesirao eentcsi- 
mo septuagesirao sc- 
cundo IX. Kalcndas 
Fc!)niarii, feria prima. 
Cuius corpus Albe quie- 
scit. Post hune Ste- 
phanus frater eius usur- 
pavit sibi coronam 
mcnsibus quinque et 
diebus quinque . . . 
obiit . . . a. D. raillesi- 
mo ccntesimo septua- 
gosimo tercio ydus 
Apiilis, t'cria quinta. 
Cuius corpus Albe quic 
seit Dictus vero Ste- 
phanus, tilius Ccysc . . , 
migravit ad D. a. D. 
millesimo centesimo 
septuagesimo tercio. 
quarto nonas M.treii^ 
feria piiraa. i unis cor- 
pus Strigonii quie&cit 
(S. 187 f.). 

Püstea rcgnavit Heia 
frater cius . . . annis 



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451 



ebenso 
(S, 101). 



ebenso^ our steht 



statt IX. Kai. Feb. 
blos: Kai. Feb.; 



statt mensibus 
qainque et dic- 
biis qainque bloe: 
mensibus quin- 
qne; statt mille- 
simo ecntesimo 
septuagesimo tcr- 
cio ydu8 Aprilis: 
MCLXXIIl" ter- 
cio Idas Aprilis. 
Ebenso Aceph. 
Bl. 2aa. 



Stephanas rex 
XV sunt anni 
usque Be- 



11 62 fiUus eins (Gey- 
sae) Stephanus Coro- 
na insignitur. Ladis- 
laos et Stephanus^ fra- 
tres Gejrxae regis, de 
Gh^cia revertcntes ün- 
gariam intraverant et 
supradieto Stephano 
Corona privato Ladia- 
laus in regem eleTatur. 
Qtti Stephanus in Poson 
fngit. Mortuo itaque 
Ladizlao Stephanas 
irater eins regni guber- 
nacula suscepit. Item 
Stephanus filiusOey zae 
de Poson exiens ar- 
niata manu oxpugna%nt 
Stephanum fratrem La- 
dizlai. 

1 1 74 moritur rex 
Stephanus. 



ebenso 
(S. 101). 



ia rex XXV. 



1 1 74 Bela frater eins 
(Stepliani) de Grecia 



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462 



(A. 1196) Post quem 
re^ayit Hemericus li- 
lius eins pro eo auois S. 
Hnis llemcrici ttxor 
fuit Constantia . . . 



cet tumulatii'; (S. 89). 
Ohne Angabe der Re- 
gierungaseit 



viginti tribusy mense 
ano et diebus decem 
novem. Obdormlvii . . . 
a. miUesimo centesimo 
nonagesimo (!). nono 
Kai. Maii^ feria tercia; 
cuius Colins in Alben- 
si ecclcsia tumulatnr 
(S. 109). 



Post Belam vero re- 
gnavit Emiricus filius eins 
(S.89). Ohne Angabe der 
Kegierungsseit. 



Cui successit Erae- 
ricus filius eius et re- 
gnavit a. octo, mensibus 
Septem et diebus sex . . . 
Migravit autem ad D. 
a. D. millesimo diieen- 
tesimo (!) pridie Kai. 
Decembris, feria tercia; 
I cuius corpus requiescit 
I in eeelesia Agrienai 
(S. 190). 



Fassen wir auf der vorstehenden Tabelle zunächst nur 

die h*eihenfo!ge der Könige ins Auge, so wird es uns schon 
aus derselben klar, dass Alberich für das 12. Jahrhundert keine 
wohlgeordnete Quelle vor sich hatte: es hritte sonst sicher nicht 
die arge Verwirrung, welche seit Stepiian IT. in seiner Cluonik 
sich findet, platzgreifen können. Dies .stimmt völlig mit dem 
Ergebnisse unserer früheren Betrachtung iil)erein, wonach die 
Chronik Alberielis nur für das 1 1 . Jahrhundert mit den unga- 
rischen Quellen verwandte Naolirieliten aufweist und seit Ladi.s- 
laus überhaupt — abgesclien von dem eben betrachteten wirren 
Königsverzeichnisse — nur noch wenige Nachrieliten für das 
12. Jahrhundert bringt. Also umfasste seine (Quelle nicht das 
12. Jahrhundert. 

Fassen wir die Zahlenangaben Alberiehs nilher ins 
Auge, so finden wir /unüchst, dass ihm sieher nicht die An- 
nalen tur dieselben vorlagen. Wäre dies der Fall gewesen. ?o 
müssten sich AllT-richs Angaben der Anfangs und Endtermine 
öfters mit den Auualen decken; er hätte nicht Stephans des 



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458 



ebenso 
(S. 101). 



ebenso, nur fehlt 
auch das nono 
vor Kai. Mali 
(S. 321). 



ebenso (S. 221). 



Henricus 
rex Vim. 



eduetns in regem cle 
▼atnr. 



Heiligen Regierung in die Jahre 1006 — 1040 gesetzt u. dgl. m., 
wenn ihm. die ausdrücklichen Angaben der Annalen vorgelegen 
wttren. Auch die Dauer der einseinen Regierungen kann Albe- 
rieh nicht aus den Annalen berechnet haben, weil sie nicht 
übereinstimmen; übrigens ist es nicht anannehmen, dass er 
diese aus den Angaben der Annalen berechnet hätte, wenn er 
schon deren Anfangs- und Endtermine nicht bentttste. Schliess- 
lich hat Alberich keine der den Annalen eigenthttmlichen Nach- 
richten mit denselben gemein, was deutlich genug dafUr spricht, 
dass er dieselben nicht gekannt hat Wenn dagegen Alberichs 
Zahlenangaben mit den verschiedenen anderen in unserer Ta- 
belle angeführten Quellen ebenfalls nur wenige Beziehungen 
aufweisen, so ist dies anders zu erklliren. Dass die Angaben 
der Anfangs- und Endtermine für das 12. Jahrhundert so ganz 
und gar nicht mit den Angaben des Chronicon Bndense u. s. w. 
stimmen, die für diesen Zeitraum bereits diese Termine klar 
und deutlich bieten, ist wieder ein Beweis, dass Alberich nicht 
eine so vollendete Redaction vorlag. Nicht einmal so magere 



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454 



Äufzeiclinungeii, wie Bie Kcza bietet, konnten Alberich fUr das 
12. Jahrhundert vorgelegen eein^ weil er aus denselben sich 
eines Besseren hätte belehren können. Dies liefert wieder den 
Beweis, dass Alberichs Quelle nur bis zum £nd6 des 11. Jahr- 
hunderts reichte. Bis dahin (1095) bietet aber keine der Chro- 
niken Anfangs- und Endtermine der Kegierungen, also hat auch 
sicher die gemeinsame Quelle sie nicht enthalten, und somit 
sind Alberichs Angaben der Anfangs* und Endtermine seiner 
Berechnung und Combination entsprangen. Anhaltspunkte hiezu 
können ihm nur die in der gemeinsamen Quelle offenbar schon 
▼orgekommenen Angaben der Regierungsdauern gegeben 
haben, wie denn auch Alberich auch diese anführt; freilich stim- 
men auch für das 11. Jahrhundert nur wenige seiner Zahlenan- 
gaben mit den aus der gemeinsamen Vorlage geflossenen der 
verwandten Geschichtsquellen Uberein; vielmehr weichen seine 
Angaben auch in diesem Zeiträume in der Regel um ein bis zwei 
Jahre von denen der anderen Quellen ab, ja bei Stephan ist die 
Abweichung noch grösser. FUr diese, gegenüber den Fehlem 
in Alberichs Angaben für das 13. Jahrhundert übrigens vei^ 
hältnissmässig geringen Abweichungen können wir mit grosser 
Wahrscheinlichkeit das combinirende und compilirende Ver- 
fahren Alberichs verantwortlich machen. Die bereits erwilhnte 
bedeutendste Abweichung, welche die Regierung Stephans des 
Heüigen betrifft, ergab sich aus dem Umstände, dass er bei 
Sigebert, den er ausschrieb, die Bekehrung Stephans erst zum 
Jahre 1010 verzeichnet fand. Dieser von ihm angenommenen 
Jahresangabe zuliebe musste er die Daner der Regierung des 
ersten Königs herabmindern. Die folgenden abweichenden An- 
gaben erklären sich daraus, dass Alberich stets nur nach vollen 
Jahren zählt. Er lässt also Stephan 1040 sterben, hierauf erst 
1041 Peter auf den Thron kommen und zwei Jahre regieren, d.h. 
1041 und 1042; 1043 und 1044 regiert Obo u. s. w. Daraus 
erklären sich seine abweichenden Angaben für das 11. Jahr* 
hundert; Salomon lilsst er übrigens elf Jahre regieren wie das 
Künigsrepster, wtilirend Kcza 15 Jahre anführt und die anderen 
Quellen diese Regierungsdaucr nicht ausweisen; filr Geisa weist 
er die drei Jahre aus wie alle anderen Quellen; dass seine 
Angabc libci- I*rt, rs liegicrungsjahre in Beziehung zur be- 
treffenden Angabe der iin«(arisch-polnisehcn Chronik steht, ist 
schon oben (8. 440) bemerkt worden. Dem Angeführten zufolge 



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455 



sind wir aleo dttrehans nicht Terudarat, «nnuLehineii, dws Albe- 
rieh (tar sane Zahlenangaben moht den Chroniken nahe- 
stehende Quelle benlllBte, denn irir haben fklr die Abweichnn' 
gen im 11. Jahrhundert dnrehanB etichhiütige Erklärungen ge- 
funden. Noch weniger können dies« geringen Abweiehungen 
unsere auf die gemeinsamen Naehrichten Alberichs und der 
Chroniken gegründete Aneicht ersehltttem, daas ihnen eine ge- 
meinsame Quelle «a Ghnnde Hegt. Weitere Beweise ftlr die 
gemeinsame Bentttaung dieser Quelle werden sich Übrigens auch 
noch weiter untea ergeben. G-ana unaweifeihafit hat es sich 
aus der Betrachtung des Königsveraeichnieses bei Alberich aber 
ergeben, dass er nur fftr das elfte, nicht aber auch fttr 
das zwölfte Jahrhundert seine Quelle ausschreiben 
konnte, denn ftU* letsteres Jahrhundert stimmen, um dies 
nochmals zu betonen, nicht nur die Zahlen bei Alberich 
nicht, sondern es ist auch* die Reihenfolge der Könige Töllig 
verwirrt. 

Denselben Scblnss ergibt nun aber auch noch die folgende 
Betrachtung. Wenn wir ^ne der Chroniken (in ursprOnglicher 
Gestalt)^ oder Keaa auftohlagcn, so finden wir in denselben, 
etwa an derselben Stelle, wo Alberiehs Quelle abbrach, eben« 
faDs unTerkennbare Spuren des Versiegens einer bis dahin 
reichenden Vorlage. Sowohl die anonymen Chroniken (in 
JÜterer Fassung), als Kesa brechen plötaUch mit denselben 
ausfikhrlichen Kachriohten Uber Koloroans erste Regierung»- 
thaten ab. Die anonymen Chroniken fahren sodann mit der 
Hotia tlber dessen Tod fort und tibergehen hierauf sofort auf 
Stephan II., Uber dessen Regierung sie ttbrigens im Qegensatae 
an der firOheren Darstellung bis su jener Lücke nur ebenso 
ditrflag handehi wie über die ganze folgende Zeit bis An- 
dreas n. Dieselbe DttrftigkeH macht sich auch bei Keaa 
geltend; nach jenen ihm mit den Chroniken gemeinsamen aus- 
ftthrlichen Naehrichten Uber Koloman filhrt er mit den Worten 
fort (S. 88): ,Post Kolomannum vero regnavit Bela*, nennt also 
Stephan II. gar nicht und bietet fklr die folgenden Jahrzehnte 
nur ganz spirliche Notizen. Aus diesen Umständen eigibt sich 
ganz oflFenbar, dass den anonymen Chroniken und Keza 

* Uiebei ist vor Allem von <lein orweiterten Ohrüuicon Pictum und Mii;^loii 
abzusehen, lieber die Krweiterung derselben wird weiter unten gehan- 
dslt werden. 

AnblT. UCXXT.Bd. ll.Hllftk 30 



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456 



fttr ihre Darstellung bis zum Ende des elften Jahrlinn- 
derts eine besondere ehronikartige Quelle vorlag» und 
wir finden darin nicht nur eine Besttttigung der Richtigkeit 
unserer Annahme, dass Alberichs Vorlage auch nur bb au dem 
genannten Zeitpunkte reichte, sondern es ergibt sich daraus 
auch unmittelbar eine weitere Bestätigung für die Identität 
der Vorlage Alberiche und jener der nationalen Chroniken. 
Man vergleiche übrigens auch noch die Bemerkungen am 
JSchlusse des folgenden Paragraphen, aus denen es auch hervor* 
geht, dass dem Anonymus eine wohl noch das elfte, nicht 
aber das swölfte Jahrhundert umfassende Quelle vorlag. 
Dass die ungarisch-polnische Chronik auch auf eine Vor* 
läge weist, die nur bis gegen das Ende des 11. Jahr- 
hunderts reichte, ist in Studie VI näher ausgefllhrt worden. 

3. Nüheror Bcwi'is, dass die alle (ursprüngliche) Unj»avu- 
gcschichic mit dor KuDucugcschichtc nicht verbunden war. 

So haben wir in den ungarischen öironiken dnien deut- 
lichen Fingerzeig gefunden, dass sie mit Alberich eine tns 
gegen das Ende des 11. Jahrhunderts reichende Quelle be- 
nfttzt haben. Ist nun nicht vielleicht auch in ähnlicher Weise 
der Kachweis m%fich, dass diese Quelle in Uebereinstimmung 
mit unseren Schlüssen aus den Nachrichten Alberichs erst mit 
der Geschichte der Ungarn begann, nicht aber jene der Hunnen 
Mithielt? — Dies ist nun thatsächUch nachweisbar. 

Zunächst möge bemerkt werden, dass ebenso, wie wir um 
1100 in den Chroniken, bei Keza und Alberich eane Naht^ 
einen Weclisel der Vorlagen feststellen konnten, dasselbe sich 
auch in den Chroniken und bei Keza beattglich der Anknü- 
pfung der Hunnengeschichtc an die Ungarngeschichte aufweisen 
lässt. Nehmen wir zuniicbst Keza zur Hand. Hier finden wir 
im Schlttsscapitel der Hunnengeschichtc Vielem mitgetheilt, was 
im zweiten oder dritten Cnpitel der Ungamgeschichtc einen viel 
rirhtigcren Platz gefunden hätte. Da^« fi^anze Capitel beschilftigt 
»ich n ilmlich mit Mittheilungen, die eigentlich zur Geschichte 
der Eroberung des Landes durch die Ungarn gehören . Diese 
T)arst<'llung wHre nicht erklUrlich, wenn man an ein einheit- 
liches Werk denken würde: sie weist deutlich darauf hin, dass 
hier zwei verschiedene Arbeiten verknüpft werden. Und noch 



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457 



ein anderer Umstand deutet darauf. Im vorletaten Gapitel der 
Hunnengeflchichte lesen wir (S, 70): ,£demen (Sohn des Ohaba, 
Enkel Attilas) autem, cum Hongari in Pannoniam seenndarie 
sunt reverm, com maxima familia patris sui et matris introiyit* 
Damach sollte man erwarten, dass in der .Folge Edemen doch 
noch erwähnt werden wUrde. Indess werden bei der Ein- 
wandertmg der Ungarn in Uebereinstimmung mit den anderen 
Chroniken wohl andere Führer erwähnt, Edemen wird aber 
gar nicht mehr genannt. Im dritten Paragraph der Ungarn- 
gesehichte kommt nns femer der Sata ^Ex istis eigo capitaneis 
Arpad filins Almi, filii Elad, filü Uger de genere Tum!, rebus 
ditior erat . . unvermittelt vor; van Elad und Uger wird an 
keiner früheren Stelle etwas ausgeführt. Nehmen wir nun eine 
andere Bedaetion aur Hand, z. B. das Ohronicon Bndense, so 
wird man noch stGrendere Merkmale einer Zusammenscliwcis- 
snng yon zwei getrennten Texten finden. Die Chroniken be- 
ginnen nämlich ihre Darstellung der Ungamgeschichte mit einer 
Genealogie der Hersoge und Herrscher von Ungarn, welche 
Keza nicht hat; erst dann setzen sie mit der sich bei Keza 
vorfindenden Darstellung fort. Wie merkwürdig beginnt aber 
diese Qenealogie: Porro Elend, filius Ugek, ex filia EnnodbiUa 
in Mogor genuit filiam, qui nominatur Almus' ü. s. w. 80 wird 
doch wohl Niemand an dieser Stelle eine ursprüngliche Dar- 
stellung begonnen haben; das Ganze sieht so ans, als ob es 
aus seinem früheren Zusamuu nhange losgerissen worden wäre. 
Dazu kommt noch, dass die in diesem Capitcl gebotene Dar- 
stellung zu jener in der vorangehenden» mit Keza gemeinsamen 
Uunnengeschichte im Widerspruche steht. Dort wird nümlirh 
— wie bereits oben erwähnt wurde — behauptet, dass Attilas 
Enkel Edemen nach Ungarn kam, hier wird Almus ])er(it8 
zum Urururenkel Attilas gemacht, und folglich ist Arpad, der 
Sohn Almus' und der Leiter der Occnpation Ungarns, noch 
um eine Generation jünger. Wie hätte mit diesem Edemen 
nach Ungarn kommen können, da er vier Oonorationen älter 
istl Aber vielleicht ist das Capitcl ,Porro Elend, Hlius Ugek' 
n. s. w. eine spätere Interpolation und ist erst durch den Inter- 
polator jener Widerspruch gescliaffeu worden. Dem cre^^cnaber 
müssen wir darauf hinweisen, dass dieses Capitel nothwendiger 
Weise auch von dem bei Keza vorhandenen Satze »Ex istis 

ergo capitaneis, Arpad filius Almi, filii Elad, filii Uger de ge- 

80* 



458 



nere Ttmil', auf den schon oben hingewiesen wurde, Torans- 
gesetEt wird. Ebenso muss nochmals darauf hingewiesen wer* 
den, daSB der anffilUige Anfang dieses Capitels ,Porro Elend, 
fiHns Ugek' etc. wohl 7on Niemandem, also auch nicht von 
einem Interpolator, freiwillig gewählt worden sein kann, viel* 
mehr anf Entlehnung desselben aus einer Vorlage deutet, wo 
er in anderem Zuaammenhange stand. Vor Allem ist aber 
noch Folgendes su beachten. Wir werden noch später ans- 
filhrlich darüber zu handeln haben, dass dem Zeitgenossen 
Kesa's, dem anonymen Notar, dieselbe Darstellong der ungari- 
sehen Geschichte vorlag, welche wir auch bei Kesa und den 
anderen Chroniken benutst finden. Nun kommt auch beim 
Anonymus die wunderliche Geschichte von der Abstammung 
Alrous' vor, und swar aeigt, wie die folgende Zusammenstel- 
lung lehrt, seine DsrsteUung mit jener der Chroniken so 
nahe Verwandtschaft, dass die gemeinsame Quelle unrweifel- 
haft ist: 



Chronicou Uudonse, 8. 35. 

Porro Eleud, filius Ugek, 
ex filia Eunodbilia in Mogor 
genuit filium, qui nominatur 
Almus ab eventa, quia matri 
eius in somnio innotuerat avis, 
quasi in forma nstnris veniens, 
dum esset gravida, et quasi 
de utero eius egrederetur tor- 
rens, ac in terra nun sua multi- 
plican tur: idooque fatatum fuit, 
quod de lumbis eius gloriosi 
reges propagarentur. Quia vcro 
somnium in Ungua nostra di- 
citur alm, et illius ortus per 
somnium fuit pronosticatus, ideo 
ipse vocatus est Almus, qui 
fttit Eleud, qui fuit Ugek . . . 



Anonymus, S. 6. 

Anno dominice iiicamatio- 
nis DC(X)XVm Ugek . . . 
duxit sibi uxorem in l>('ntu- 
mogor, filiam Eunedubeliani 
ducis, nomine Emesu. De qua 
genuit ülium, qui agnominatus 
est Almus. Scd ab cventu di- 
vino est nominatus Almus, quia 
matri eius pregnanti per somp- 
ninm apparuit divina visio in 
forma asturis, que quasi veniens 
eam frravidavit. Et innotuit ei, 
quod de utero eius ^edcretur 
torrens et de lumbis eius reges 
gloriosi propagarentur, sed non 
in sua multiplicarentur terra. 
Quia ergo sompnium in lingua 
hungarica dicitur almn, et illius 
ortus per sompnium fuit pro- 
nosticatus, ideo ipse vocatus 
est Almus. 



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459 



Aus yomtcliender Zusammenstellung geht es, trotsdem 
beim Anonymus Ugek als Vater, in den Chroniken dagegen 
als Gross vater Almus' erscheint, herror, dass beide dieaalbe 
Quelle beutttsten^ und diese ist es auch, welche Keza vorlag, 
was noch später nXber geseigt werden wird. Es ist also gans 
offenbar, dass Keza hier aus seiner Vorlage ein Capitel aus- 
liesS| das der spHtcre Chronist wieder aufnahm. Warum aber 
Kesa das Capitel ausliess, liegt auf der Uand: es wideraprach 
seiner von ihm in der Hunnengeschichte angenommenen An- 
stellt, dass die Ungarn schon mit einem Enkel Attilas nach 
Pannonien gekommen wären. Hiebei ubersah er aber, dass 
er seinen Lesern die nnherc Nachricht über die Abstammung 
Almus' vorenthalte, die doch wieder von dem oben citirten 
Satae ,Ex istis ergo capitaneis etc/ ▼oransgesetat wit-d. da die 
von Keza hinzugefügte Bemerkung ,de genere Turul' doch 
nicht befriedigt.* Der spätere Clironist nahm das Capitel Uber 
die Genealogie wieder auf, abersah nun aber wieder den Wider« 
Spruch, welcher hiedurch mit jener Bemerknng der Hnnn en- 
geschichte Uber Edemen enfeitand. Kuraum wir bemerken 
gana unzweifelhafte Spuren der Verschmelzung einer 
Hunnengeschichte mit einer Ungarngeschichtc, was zu 
beweisen wir uns znniiehst zur Aufgabe gemacht hatten. 

Unsere vorstehenden AusfUhniDgen würden natürlich sehr 
an Gewissheit gewinnen, wenn wir nun auch nachweisen konn- 
ten, dass die Ungamgeschichte zunächst selbstständig bestand; 
also nicht mit der Hunnengeschichte vereint war. Es ist nun 
schon früher betont worden, dass Alberichs Darstellung nur in 
der Ungarngeschichte zu den ungarischen Quellen in nahen 
Beziehungen steht, bezüglich der Hunnengeschichte sich ein 
nKheres Verliältniss durchaus nicht nachweisen lasse. Schon 
dies ist ein deutlicher Fingerzeig, dass seine Quelle nur die 
Ungarn-, nicht aber die Hunnengeschichte umfasste, also dass 
die erstere fUr sich sunächst selbstst&ndig bestand. Wir haben 



' üebri^ns ist es offenbar, »Infs diese Kozcichnnnf: dos GcscJi lochte» mit 
der Sage über die Qeburt dea Aimu» ini Zusammeuhnnge steht. Ein 
»AHtur', also ein Falko war oa, der die Geburt de^ Prinzen vorhersagt, 
und eine jsvia, que hnsgerice turnt dieitur* war da» Banner der unga- 
liichen Hensclier bU auf den Herao; Qeiaa (Keaa, 8. 68). Andere 
Chronikredactionen fChronieon Bad., 8.19) nelinen an dieser Stelle etatt 
des ^ris*innü' einen «astar'. 



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460 



ferner auch schon orwilhnt, da88 der Anonymus, die Chroniken 
und Kcza dieselbe Quelle ausschrieben. Es liegt nun der Ge- 
danke nahe, die Darstellungen derselben zu vergleichen und 
daraus festzustelleo, welchen Umfang die gemeinsame Quelle 
halte. Und d» ergibt sich nnzweifelhafl, dass dem Anonymus 
die gemeinsame Quelle nur für die Ungarngeschichte, nicht 
aber fUr die Uunnengeschichte Material bot. Dieser Nachweis 
ist von überaus grosser Bedeutung, denn er wird nicht nur den 
gewünschten Beweis ergeben, dass die Ungnmp:eschichte einst 
sclbstständig bestand, sondern uns auch Uber die Beschaffen- 
heit dieser Quelle näher aufklitren und auch betreffs der Autor* 
Schaft der Hunnengeschichte nicht ohne Ik'Iang sein. Unsere 
8chltlsse wollen wir aber nicht, wie es bisher oft ^rcsclmh, aus 
einigen wenigen Parallelstellen ziehen; die Fülle der beige- 
brachton Citate soll uns vor Fehlschlüssen bewahren und eine 
sicherere L(}sung der verwickelten und schwierigen Fragen ge- 
statten, als sie bisher geboten worden ist* 

Nehmen wir zunächst den Anonymus zur Hand, so linden 
wir, dasF seine gesammtc Darstellung bis zu jener Stelle über 
AlmuSf welche wir bereits ol)en S. 4ö8 citirt haben und mit 
welcher der /weitf Theil der nationalen Chroniken beginnt, 
nur zwei bis di « i Seiten umfasst! Auf denselben gibt der 
Anonymus eine Darstellung iSkythiene, der Urheimat der Ma- 
gyaren, behandelt ihre Abstauinmng und diejenige ihrer Könige 
und schildert in zehn Zeilen die Geschichte Attilas. Was er 
über diesen sagt, hat nicht die geringste Berührung mit den 
weitiäuHgen Ausführungen bei Keza und den Chroniken. Schon 
dies legt den 8chluss nahe, dass in der dem Anonymus und 
den anderen Chroniken gemeinsamen Quelle von einer ausführ- 
lichen Hunnengeschichte nichts vorhanden war. Aber noch 
mehr: beim Anonymus erscheint nicht einmal der Name ,Huni*; 
er weiss daher auch nichts vom Stammvater Hunor, den Keza 
und dann die Chroniken als Bruder Mogors anflühren, und der 
beim Anonymus (S. 3) als Magog (cens illa a Magog rege vo- 
cata est Moger) erscheint. Das Wenige, was er von Attila 
berichtet, ist ganz offenbar aus der mündlichen TToherHeferung 
geHoRsen. Dazu kommt noch, dass seine Mittheilungen sich 
ganz klar innerhalb des anderen Textes als eine der Einschte- 
bungeii t^rweisen, mit weh'hen der AIl()Ilynlu^i seine Vurlage 
nicht gerade zum Vortheile seiner Darstellung durchhechelt 



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461 



hat.* Dass seine Dai*stclIuDg — wir beschränken uns zunächst 
auf die zwei ersten Paragraphe — die Ueberarbeitung eines 
ihm vorliegenden Textes ist, geht klar aus den wiederholten 
Bemerkungen über den Reichthum an Edelmetallen und Edel- 
gesteinen des Landes, aus der Wiederholung der Behaup- 
tung vom hohen Alter der Skythen, ihrer Abhärtung und Un- 
besiegbarkeit her^'or. Daraus sind auch die sieh häufenden 
Bemerkungen ,sicut in scMiuentihns dicetur' (S. Z. 33, und 
S. 4, Z. S) und ,8icut diximus* (S. 2, Z. 20, S. 3. Z. 33 und 
S. 5, Z. 19) zu erklären. Die MitthiMlunjren über Attila äussern 
sich insbesondere als Einschiebuni^ in den Text der Vorlage, 
weil durch diesclhcn die Austiilirunfifcn über die Abstammung 
der Un;^arn und deren Könige unterbroelicn werden und der 
Anonymus, um von diesen Mitthcihinfrcn auf die genealogischen 
Ausfiihrung<'n /urilekzukommen. sieli der Worte bedient: ,Qnid 
plnraV Itt-r hystorie teneamus.' Damit bezeichnet er klar 
genug seine Mittheilungen aN eine Kinsclii<'hnT!g in nainr. Vor- 
lajre. deren Umarboitnng auch sonst auf Schritt und Tritt zu 
Tage tritt. Zu den Erweiterungen zäWt auch die im 2 mit- 
getlieilte Ableitung des Namens Ungarn von dor lJurg Ilungu 
in Pannonien, die im i? 13 an der pas^jendercri Stelle sieh wieder- 
finflet und in der Vorlage nacli dem Ausweise Kv.za's und der 
an 1 r Ml Chroniken auch thatsHchlich erst an dieser späteren 
Stelle stand. Wie durch diese willkürlichen und oft unpassen- 
den Interpolationen der Text litt, ist augenselieinlieh. Man be- 
achte nur z. B. noeii, wi(! die Mittheilungen über die llcrkuntt 
der Magyaren und die Abstamnmng ihrer Könige durch die 
Kinseliiebungen verzerrt wurden. Der Anonymus beginnt diese 
itt In üniigen mit dem Satze: ,Et prinius rex Scithie fuit Ma- 
gog, tilius .Ja{)het, et geus illa a Magog rege vocata est Moger.' 
Nun schiebt er die Nachrichten über Attilla ein, worauf er mit 
den schon berührten Worten ,Quid pluraV Iter hystorie te- 
neamus* erst wieder oÖenbar auf seine Vurlag^e zurückgeht: 
, Longo autem post tempore de progenie eiusdem regis Magog 
descendit ügek, pater Aimi duciö, h quo reges et duces liuu- 
gario originem duxerunt, sicut in sequcntibus dieetur.' 
Nun unterbricht er wieder seine Darstellung durch zum Theil 



Nähere!« nhftr die Interpolfttionen des Anon^mits an di«ier Btelle wird 
eine spätere Studie briagen. 



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4ü2 



schon frillier mitfCPtlM'ihf' Nacln-ichteii und otlenkiimiijje luter- 
polationen, bis er undiicii am Aut'ung das dritten Paragraphen 
mit den Wortoü ,Ann<i dominice incarnationia i>('OOX^T^^ 
Ugek sicut supra diximus longo priiis tempore de gciM ir 
Magog regis erat etc.' die Mittheilungen iUier die AlKstaiiiniung 
der luigarisclien Herrscher fortsetzt und min die iji n it> ohtm 
S. 4;')^ angeführte Uebchichte über Almus' Geburt und Benen- 
nun^' anfidirt. — Fassen wir die Ergebnisse unserer Unter- 
suchung zuBamuien, so dürfen wir nicht nur mit Restimmtheit 
annehmen, dass dem Anonymus keine DursteHung der Ilunnen- 
geschichte vorlag, stindern auch, dass wir in dessen Erssäh- 
kmj; unzweit'elhatte »Spuren einer starken Umarl)eitung einer 
illteren Vorlage erkennen, weielio nach einer Hoschi-eibung 
^Skytliions nnd Mittheilungen über die Ab t miniung der Ma- 
gyaren und deren Herrseher sofort auf die t tehurt Alnuis' und 
dessen Namen überging, um sodann die Geschichte der Ungarn 
seit diesem Herzoge zu erzUhlen. 

Diese Schlüsse werden durch folgende Betrachtungen be- 
stütigt. ^\'ir erinnern nns, dass schon oben duranf hingewiesen 
wurde, wie auüällig jenes Capitel beginne, mit dein die natio- 
nalen Chroniken ihre Darstellung der Ungurngesehichte ein- 
leiten, und das Keza aus einem bereits erörterten Grunde ans- 
liess: ^Purro Elend, iilius Ugck, ex tilia Ennodbilia in Mogor 



Anonymus. 



I 



Keca. 



§. 1. Scithia igitur maxima [ >?.;'>. Seitieum enim regnum 

teria est. qne Dentuniogcr j ... in regna tria dividitur prin- 

dicitur vei sns orieutem, finis j cipundo, seilicM t in ßarsaeiam, 

cuius ab aquilonali parte ex- , Dcutiaui et Mogoriam. 
tenditur usque ad nigrum pou- 
tum etc. . . . 



Scithica enim terra qoanto 
a torrida zona ff remotior 
est, tauto propagandis generi- 
hoB salubrior. Et qaamvia ad- 
modam sit spatiosa tarnen mnlti- 
tadinem populorum inibi gene- 



§. 4. Scitioa enim regio in 
Europa sitiun habetr ezftenditnr 
enim versus orientem . . . a 
sona torrida t*f* distana . . . 
§. 3. Factum est aatem, cum 
diutius in ipais paludibna per« 



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46$ 



genttit filium, qui nominator Almu« ab eventa etc.' Wir haben 
schon oben die Ansicht ausgesprochen, dafls diese Steile den 

sei sie aus ihrem Zusammenhange heraos- 
geräaen worden. Was konnte nun aber dieser Stelle ▼oran- 
gegangen sein als jene Nachrichten, die auch beim Anonymus 
▼or der über Aimus' Geburt und Namen handelnden Stelle 
stehen? AJso nichts Anderes als, wie wir oben festgestellt habeUi 
eine Beschreibung der Urheimat und eine Erzählung Uber die 
Abstammung der Ungarn und ihrer Könige. Thatsächlich 
wdsen des Anonymus' Beschreibung Skythiene, seine Mitthei- 
lungen über die Abstammung der Ungarn und ihrer Führer, 
sein Bericht Uber Almus und Uber die folgende Geschichte 
seines Volkes trota der starken Ueberarbeitung, welche er vor- 
nahm, unverkennbare Spuren einer gemeinsamen Vorlage mit 
Keza und den anderen nationalen Chroniken auf; dagegen 
kann von nähereu Beziehungen zwischen den beim Anonymus 
als Einschiebung erkannten Notizen Uber Attila und der bei 
Keza und den anderen Chroniken vorhandenen ausführlichen 
Hunnengeschichte gar keine Spur entdeckt werden. Ueber die 
letztere Behauptung sind die Ausführungen oben auf S. 460 zu 
vergleichen; die gemeinsamen Nachrichten aus der IJiigarn- 
c:esehiohte sind aus der folgenden Zusammenstellung er- 
sichthch. 

Chrouieou Budenso. | AniuurkuugeD. 

S. 10. Seitin enim ... in 
tria regna dividitur principando, 
sciÜeet in Barsaciam, Dcn- 
ciani et Mogoriaui . . . S. 11. 
Propter hoc ipsi Seite nulÜ im- 
pcrio . . . aliquo tempore öunt 
subjecti, et pro tanto vocamus 
eos demptos, id est ezemptoe 
ab omni potestate etc* 



fehlt 



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Diese Stelle beruht ganz 
ottenbar auf Regino zum Jahre 
889 (Mon. Germ. Seript. I, 599). 
Da nun aber hier gegenüber 
dem sowohl beim Anonymus 
als bei Keza vorhandenen 



464 



ratorum nec alerc sufficie- 
bat nec capere ff . . . 



Uomines voro, qui habitant 
eam, . . . nullius unquam im- 
peratoris potestate subacti fu- 
ernnt , . . Scithica enim geus a 
nullo imperatore fuit subiugata, 
nam Darium . . . fecerunt fu- 
gere . . . Item Scithici Cirum 
regem . . . occiderunt. Item 
Scithici Alexandrum ma- 
gnum . . . fogaverunt. 

§. 2. Quare Hungari dici- 
tor . . . Siehe anten §. 13. 

§. 3 f. Anno dominice in- 
camationis DGCOVim Ugek 
. . . dnxit Bibi axorem in Dentu* 
moger, filiam Eunedubeliani 
ducis nomine Emesn. De qua 
genuit filium, qui agnominatus 
est Almus etc., wie oben S. 458. 

§. 6. Die sieben Fiihnn- der 
Ungarn, unter deren Leitung 
sie aus Skytliien aufbrechen, 
sind: 

Almus patcr Arpad. 
Eleud pat«'r ZoIidIsu, a quo 
genus Saac desccndit. 

Uundu pater Curzan. 



(Juud pater Ete, a quo ge- 
nus Galan et Colsoy desoendit 



! mansissent, in gentem validissi- 
mam succrescere incepenmt, 
nec capere eos potuit ipaa 
regio et nutrire. ff 

§. 4. Propter quod nec ro- 
mani Cesarcs nec magnus 
Alexander, quamvis attemp- 
tassent, potuorunt in eam (sc. 
Scitiam) introire. 



§. 19. Ex istts ergo capt> 
taneis Arpad ülius Almi, filü 
Elad, filü Uger de genere 
Turol, rebus ditior erat et po- 
tentior gente. 



i?. 19. Bei der Ankunft der 
Ungarn in Paiiuomcu standen 
denselben vor: 

Arpad. 

Zoljule . . . Ab isto Zobole 
generatio Chak esse habet. 

Quinti vero exercitus Cund 
est dictus capitaneus . . . Iluius 
filü Cusid et Cupian sunt 

vocati. 

wird nicht genannt. 



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465 



S. 11. Proptcr hoc ip« 
Seite nulli imperio nee etiam 
Macedonico aliquo tempore 
sunt snbiecti. 



8. 35 f. Porro Eleud, tilius 
Ugek, ex filia Rnnodbilia iu 
Hoger genuit filium, qui nomi- 
natur AJnras ab eventu, quia 
matrl eiue in somnio innotuerat 
avia, quasi in forma asturis 
▼eniene etc., wie oben S. 458. 

40 ff. In Ungarn lassen 
sich nieder: 



,t Orr Ida zona' die Worte ^ab 
aestu solis* stehen, so ist es 
offenbar, dass Anonymus und 
Keza nicht selbständig aua 
Regino ihre Nachrichten entr 
lehnen. — 

Gs ist bemerke ns Werth, dass 
an dieser Stelle der Anonymus 
von allen Darstellungen dem 
JElegino am nttehsten steht: 
. . . Darium regem Persarum 
turpi a Scytbia submoverunt 
fuga. Cyrum cum omni ezer« 
citu trucidaverunt. — Mehr 
darüber in einer Studie Uber 
den Anonymus. 



Arpad. 

Zabolny vero alius capita- 
ncu8, unde Ohaak oritur ge- 
neratio. 

Quarti si(jui(leni capitnnei 
vocabultmi ftierat Kuud, cuius 
iiiü Kufiid et Capa . . . 

wird nicht genannt. 



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466 



To«a pater Lein. 

Huba, a quo genus Zemera 

desccndit. 

VIIus Tuhutum patcr Horca, 
cuius filii fuenint Oyyla et 
Zombor. 



§. 7. Anno dominice incar- 
nationiB DCCCLXXXIin, si- 
Ottt in .innalibus contiuotur 
oronicis, septem principaleB 
persone, qui Hetamoger yo* 
cantur, egreasi sunt de terra 
Scitliia versus occidcntcm . . . 
£b wird der Zug durch das 
Land der' Kuthcnen und 
Cumancn geschildert, wobei 
auch Kiew und Susdal ge- 
nannt werden. 

§. 12, 13. tt sie ve- 
nientes per silvam Uouos ad 
partes Hung dcscenderunt . . . 
Tunc dux Almus et sui Ca- 
strum Hung subintrantes . . . 
dttx Almus ipso vivente filium 
Buum Arpadium ducem ac 
preceptorem constituit. Et vo- 
catus est Arpad dux Hungaric 
et ab Hungu omnes im miÜtes 
Tocati sunt Hunguari secundum 
linguam alienigenamm. 

14 — 53 folpt flio weitläufige 
Erzählung übf-r dio Eroberung Un- 
garn». Dass diene auf Sagen, Na- 
memdeutangeii u. dgl. bernbeade 
Sehitderanp «in Machwerk im Ano- 
nymm ut, liegt auf der Hand; bei 
Keza und den andoron Chronikt'n 
•toben di«aer weitfichweifigen Era&h- 



Lel ergo exercitua sexti 

ductor fuerat. 
wird nicht genannt 

Tertii quidem exercitus Jula 
fiiit capitaneus; hic cum alüs 
in Pannoniam introtsset, in 
partibus Erteuelu tandem ha* 
bitayit 

§. 18. DCOCLXXII anno 
ab incaniatione Jesu Christi 
Uuni sive Hungari denno in« 
gressi in Pannoniam transierant 
per regna Bcssorum, Alborum 
Comanorum et civitatem Kyo . . . 



§. 18. ff ... et deinde in 
fluvio Hung vocatOf ubi Ca- 
strum fundavere, resederunt. 
A quo quidem fluvio Hungari 
a gentibuB occidentis sunt 
vocati. 



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467 



Sed qamtiu Leel est nomi« 
natQB. 

nicht genannt 

Teitios yero capitanens 
Gynia foit . . . qni omtatem 
Albam in Erdeel in Yenatione 
aua mvenerat . * . 

S. 36. Anno octingentesimo Es ist bemerkenswerth, dass 
octnagesimo octaTo ab inc. der Anonymus an dieser Stelle 
Ihesu Christi TuIgariterMagyari direct auf seine Vorbge hin> 
siTeHnni, latine vero Hnngari, weist 
denno ingressi suntPannoniam, 
transenntes enim regna Bease- 
nomm, Alborom Cumanomm, 
SusdaKam et ciTitatem Kyo 
nominatam . . . 



diese etymologische Erlttnte- 
mng fehlt 



468 



Ivag nur ganz kurzo Danfealinngen 
gegonflber. Dio Porübrung'spunkto 
können daher nur purinfr, "i»<^ Kwnr 
nur sachliclier Natur soin. In dieaer 
Besiehnn^ ittminen die TeisebiadeiMD 
D«ntollaiig»ii in allen Hwtptpnnkton 
llberein: 

Hieher gehOrt die Ansicht, 
dass die ^laTen und Böhmen' 
mortua Athils rege (g. 35) das 
Land besetst hatten. Hiean 
beaonderi noch die Erwähnung 
Keana und der Bulgaren (S. 12 
und sonst). 

Femer die Erzählungen 
vi»m schlauen Auskundschaften 
des Landes und den glück- 
lichen Kftmpff'n, besonders die 
Sage, Gap. 14 und 16, welche 
die ersten Unternehmungen 
nach der Eroberung Ton Hung 
darstellt. 

Ebenso die iM'obcniiig 
Siebenbürgens zur Zeit Almus' 
und Arpads durch Tuhntum- 
Gjrula (§. 27), 

f Siebenbürgen wird fol- 
gendermassen beschrieben : 
Quod terra illa In igatur opti- 
mis fluviis ... et quod in erenis 
eonun anrum coUigerent, et 
aurum tcrre illius Optimum es- 
set (§. 25). 

Endlich die am Ansgr«nge 
der Eroberungsgeschichte er- 
wähnten Einftllle in ,Carinthi- 
noi*uin, Moroancnsium fines' 
(§. 50 lind 51 ; vgl. auch §. 53 
dafi ,cum exercitu Caranthino'). 



Vergleiche den Schlnss der 
Hunnengeschichte (§. 16), filr 
den der Stoff schon aus der 
Ungamgeschichte geschöpft 
wurde, wo im §. 18 derselbe 
wieder berllhrt wird, üeber 
die Bulgaren siehe §. 16 und 24. 

Vergleiche §. 16 (de fluvio 
Hung Tarüs numeribus allcc- 
tum et Auntiis exp]<Mrante8) und 
§. 18. 



§. 19. Juia ... in paitibus 
Erteuelu tandem habitavit 



§. 20. Cum autem resedis- 
sent Pannonia occupata tiindem 
Moraviam et Boemiam bonis 
Omnibus spoliarunt, Wratislao 
eorum duoo in prelio interfecto. 
Post hoc viTo Cnrintliiain hosti- 
liter adeuntes ultima Castrum 



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469 



S. 37. . . . Deinde yenit ad 
ducem provincie, qai regnabat 
poat Atilam etc. — lieber die 
Bulgaren S. 66 f. 



Vergleiche die Darstellung 
S. 38 f,^ die zu auaAlhrlich ist^ 
um hier mifgeiheilt su werden. 



Vergleiche S. 41. Eratque 
iBte QyuUi dux magnus et po- 
tens, qtu dvitatem Albam in 
Erdeel in venatione sua inve* 
nerat etc. ; ferner vgl. S. 6ö. 

§. 65 f. Erdeel, quod irri- 
gatar plarinis fiuTÜs, in quo- 
rum erenis aurom colligitar, et 
anmm terre illina optimum est 



S. 54. Postquam ... Hun- 
gari descendissent in Pannonia 
per sex annos eomm anna et 

eqnos meliorare curavcmnt. 
Anno deinde septimo MoraYiam 
et Bohemiam, in quibus eo 
tempore Dax Wratizlaus re- 



Vielleicht atthlt zu den ge* 
meinsamen Bertthrungspunkten 
auch die Erwähnung yoa Bana 
(Anonymus, S. 31) ^ Banhida 
(Kesa, §. 16) =^ Pons Bani 
(Chron. Budense, S. 32) und 
des Flusses Bacns bei Anony- 
mus, S. 39 ^ Keza, §. 16 (in 
der Chronik sind die betreffen- 
den Worte auBgefaUen). Hie- 
bei muss man den Umstand 
bertteksichtigeni dass diese 
Nachrichten allenfaUs anr Un- 
gamgeschiehte gehören, wenn 
sie auch bei Keaa am Ende 
det Hunnengeschichte er^ 
scheinen. 



Die Stelle aus §. 53 beim 
Anonym, ist offenbar verderbt. 
Bei Floriauus II, 46 steht: 
,cum exercitu Carantbino de- 
crevemnt', offenbar statt ,de- 
certaveriint*. Bei Endlicher, 
Mon. Arp. I, 49 steht: ,cum 



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470 



Leopah, Meranie dux Oot- 
fridus nomine, dnxque Eber- 
hardus cum A4uilgiensi patri- 
ardia ipais oceurentos atrocHer 
in simul pugnaverunt . . . 



Mit dem §, 68, wo sieb die Der' 
ilallmig den inMereii KltnpfiBB eu- 

wendet, verlassen den Anonymas 
Äpino i]i}r angarischen Uf borli»'f»^rang, 
UrtkcuuUiUs IX. s. w. eiitiiuuuueneu 
^ Nacbricbten, die Ersählang wird 
wieder knapper, und mm «teilen rieli 
aadi eofort die engeren Bemehungen 
sn den anderen ClironilEen wieder ein: 

§. &3 f. Kt per forum 
Ja]ü in marchiam LomWdia 
▼enenmty nbi ciTitatem Padnam 
cedibus et inoendÜB et gladio 
et rapinifl magnis crudeliter 
deTaataTenmt £z hinc in- 
trantes Lombardiam multa mala 
facere cepenint . . . Tuuc Lu- 
tuardus episcopus VerceUensis 
ecdesie, vir nominatiBsimus^ 
Caroli min<»ifl quondam impe- 
ratoris fanuliariseimns amicna 
ac fidelissimas a secretOi . . . mos 
ab eis captus intorfioitur, et 
thesanmm estimationem fauma- 
nam transcendentem, quem 
lecnm ferebat, rapuerunt . . . 



Tempore item alio per 
Forum Julii intrant Lombar* 
diam, ubi Lni- 



tardnm, Wercellane ctyitatiB 
episoopum, imperatoris Caroli 
consiliarinm fidiseirnnm oeei- 
dentesy ex ipsius ecdesia ihe- 
MHirum maximnm rapuenint; 
totaque pene Lombardia de* 
molita cum maxima preda in 
Pannoniam revertuntur. Post 



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471 



gnare videbatur, cradeliter spo- 
lianiDt . . . Post bec Corintbiaia 
hoetiliter adeuntes ultra castmm 
Leopacb dax Meranie Gotte* 
fnduB nommatns et dux Corin* 
tbie Bernbardtts nec non Gre« 
gorins Aquilegieosis Patriarcba 
ipsis occurrenteB intumul atro- 
citer pngnaverant . . . 



S. 55 f. Postquam autem 
memorata regna devicerant, 
per Forum Julü naqne in mar 
cbiam Longobardie mtraverimt, 
nbi civitatem Paduam igne ae 
gladio coDBumserant Es binc 
intrantes Longobardiam Lin- 
tbar Vercelline civitatb epi- 
acopam, imperatoris Oaroli con* 
siliariam fidissimum oecidentes, 
ex ipsins ecclcflia thezaoram 
maximum rapnenuit^ totamque 
p^e Lombardiam apoliantes, 
cum maximo »polio in Pan- 
noniam cum Tictoria redierunt 



exereitu in Garinthiam Ire de- 
crevenint'. 



AroWT. lAtXY, IM. U. Hilfto. 



Wie andere, so berubt ancb 
diese SteUe auf Regino (aum 
Jabre 901); aber es ist aucb 
bier offenbar, dass die einael' 
neu Obroniken nicbt direct aus 
Regino, sondern bereits aus 
einer gemeinsamen QueUe 
sebOpfen: So bat die Kaebricbt 
ttber Padua Anonymus und 
die Ofener Chronik gemeinsam, 
wllbrend sieb dieselbe bei Re- 
gino nicbt findet Dagegen bat 
Kesa und das Cbronicon Bu- 
dense z, B. das ,WercelIane 
civitatis' gemeinsamiWAbrend 
der Anonymus mit Regino bier 
^Vercellensis ecclesie' bat 
Andererseits baben mit Regino 
Kesa und die Gbroniken die 
Beseicbnung des Bischofs als 
,oonsiIiarius*, während Anony- 
mus das Wort nicht hat. Alle drei 

ungarischen Quellen haben ,tbe- 

81 



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472 



§. 64. Deinde Lotorigam et 
Alemanniam devastaverunt, 
Francos quoque orientales otc. 

§. 55. Lelu et Bulsira capti 
sunt et iuxta fluvium Hin in 
patibnlo auspensi occidüntar. 
Botondu et alü Hungarerum 
militesy qui ex eis residui fii« 
enint, . . . totam Bayariam et 
Alemanniam ac Saxoniam et 
regnum Lathariense igne et 
gladio consnmpeerant et Erch- 
angenum atqne Bertoldum du- 
ces eorum decollaverunt 



§* 56. Et exinde egresai in 
qnadragesima transienint Re- 
num flnyinm et regnum Lata- 
riensem in arcu et sagittie 
exterminaverunt. Univemam 
quoque Galliam atrociter af- 
fligentesy ecelesias dei crade- 
liier intrantes spdiayenmt 
Inde per abrapta Senonensinm, 
per populos alimino8(V)y ferro 
sibi viam et gladio aperuerunt 
Saperatis ergo iUiB beUioosiBBi- 
mia gentibus . . . montes Seno- 
num transccndcnint ot Scgusam 
ceperunt civitatem. Deinde 
eprressi Taurinam civitatem i 
opulentiasimam expugnaverunt | 



bec Saxoniam, Thuringiam, 
Sueviam . . . orientalem Fran- 
ciam . . . destruxOTunt 



§. 21. Lei et Bulcbn ... in 
transitu Ratispone captivati 
Ceeari transmittuntur. Quo» 
Cesar . . . Ratispone feeit oc- 
cidi in patibulo . . . §. 22. Alias 
yero exerdtus . . . Danubü flu- 
vium in Ulma traneierunt et . . . 
tota Suevia [demolita] Renum 
Wormatie transierant, ibique 
duos ducesy scUicet Lothariogie 
et Suevie, cum maximo exer- 
citu contra eos venientes inve- 
nemnt. Qaibas devictia et 
fugatifl tandem Franciam 



intraverunt, ubi cbristianis et 
cenobitis persecutio valida (a^^ 
est per eosdem. Exindo autem 
egressi usque fluvium Rodanam 
venientes duas 



civitates, scilicet S^osain et 
Taurium, spoliarunt, per Alpes 
I Italic sibi viam preparando. Et 
I cum planum 



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478 



PoBt hec decem «nnis repaa- 
santes anno andedmo Saxo- 
niam, Tnrmgiatn, SveTiam, 
fVancoaque Orientale« . . . de- 
moliti . . . 

S. 56 f. ... in quo loeo Leel 
et Bolchu iUuBtres capitanei 
captivati saut et dacti ooram 
Oeaare . . . Detentiqae smit 
sine mora et Ratispone pati- 
biüo saffocati ... S. 57f. Aliue 
aatem exercituB . . . Beno trans- 
pasaato LotoringeiiBem ducatum 
igne et gladio vastaverant» 
ubl eiroa Stroaburg in qnodam 
prelio £kliardum dacem Loto- 
ringe et Pertoldum dacem 
Brabanoie, qui ei venerat in 
auxilium, captivantea decoUa- 
rnnt Inde 



vero Qalliam atrociter affli- 
gentes, <»iide)itcrque in ecclesia 
dei aevientcs Metense, Trave- 
rense et Aquisgi'anense terri- 
toria igne devastarunt. Deinde 
per abropta Montinm Seno- 
nensitun per populos etemi 
Maitis viam sibi gladio aperi- 
entes paraverunt. Ubi siquidem 
.Se^usam Taurinamque civitates 
destruxerunt, montesque pre- 
üUkm perforantes pianamLongo- 



flaiinun . . . rapaenmt', wMbxend 
bei Begino steht: ^quae eeeum 
ferebantnr deripiantnr'. 



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474 



Et poBtquAm planam regionem 
Lambardie aspezenmt) totam 
pene Italiam bonis omnibiw 
affiuentem et exaberanteiii con* 
citatis cunibuB spoliaTenmt. 
Demde . . . felici victoria firuen- 
tes ad propria regna revertun- 
tur . . . f Sed istad notom sit 
onmibos scire volentibos, qnod 
milites Hnngaroram hec et 
huiusmodi beUa usqae ad fem* 
pora Tacsan dnciB geneniiit. 

%, 57. Dax vero Thocann 
genuit filium nomine Qeysam, 
quintam dncem Hungarie. — 
f Die vollstttiidige Hemchetv 
reihe ist: Almufi (§. 4^ Arpad 
(§. 14), Znlta (§. 63), Tocsnn 
(§. 57), Geisa (ebenda). 

§.27(vgl.§.24)t ...Tem- 
pore cuius (Geulae minoris) 
sanctus rex Stepbanos sub- 
jogavit sibi terram UltrasilTa- 
nam. Et ipsum Geulam vinc- 
tum in Hungariam duxit . . . 
eo quod in fide esset vanuB et 
noluit esse ChristiamiB et multa 
contrarie faciebat sancto regt 
Stepbano, quamvis fiiisset ex 
cognatione matris sae. 



yidissent Lombardie concitatis 
cnrsibus spolia multa rapuenmt, 
et sie tandem 



ad propria rOTertantiir . . . 

§. 23. Communitas itaqne 
Hungarorum com sais capita- 
nis sen dueibos . . . nsque tem- 
pora dacis Geiehe bine inde 
buic mundo spolia et pericnla 
dinosdtor inttdisse. 

Zulta und Toesun werden 
nicht genannt 



§.24. ... Jnla avonculo 
sno cum uxore et dnobna fifiis 
de Septem castris in Hunga- 
riam adduoto et adiuncto Sep- 
tem castra Pannonie . . . 



Aus den vorstellenden ParallelsteUen ergibt sieh snnächst 
sweifeilos, dass dem Anonymus ebenso wie seinem Zeitr 
genossen Keza eine Geschichte der Ungarn vorlag, 
welche mit einer Darstellung der Urheimat begann, 
Uber den Ursprung der Ungarn und deren Fuhrer han- 
delte und sodann ihren Zug naeh Ungarn unter AlmuB 
scliil«lerte. Mit einer Hunnengeschichte war diese 
Darstellung damals noch nicht verknüpft; dass dies erst 



j 



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475 



bardie cum vidiuenty totam 
pene piovinciam concitatis carBi> 
bns Tastavere, et Ha ad pro- 



priam regnom eum vietoria 
reTertantur . . . "f* S. 60. Com- 
munitaB itaqne Himgaronim 
com suis capitaneis aiTe dnci» 
buB bec et alia buiaBmodi us- 
que ad tempora Toxan dueia 
gessisse perbibetor. 

S. 36 "f". Ahnas antem ge- 
nuit Arpady Arpad genmt 
Zoltan, Zoltan genuit Toxim. 
S. 61. Pom» Toxun genuit 
Geycbam. 



S. 65 f. Anno itaque D. 
miUeeimo secundo beatus rex 
Stepbanus cepit Gyukm ducem 
cam oxore et dacboa filüs suis 
et in Hnngaiiam transmisit. 
Hoe autem ideo feoit, quia 
sepimime fuit amnumitas a 
beato rege Stepbano nee ad 
fidem Christi convennis est 
nee ab inferenda Hnngaiis in* 
iniria csonqnievit . . . 

durch Keza stattfand, wird in einer späteren Studie Uber dessen 
Werk nftber dargelegt werden. Da des Anonymus Darstel- 
lung schon mit Geisa abbricht — die oben angerülute Stelle 
aus der Zeit StephauB verdanken wir einer vorgreifende n Wo- 
merkung des Notars — so können wir die vergleichende Be- 
trachtung nicht fortsetzen. Indess genügt wohl die eine Stelle 
fiber Stephan nebst anderen Andeutungen, welche sich in der 
uns vorliegenden Darstellung des Notars finden und auf die wir 



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476 



in einer weiteren Studie Uber sein Werk näher eingohen wer- 
den, um die Annahme zu begrOnden, daw seine Quelle auch 
das 11. Jahrhundert umfasste; dagegen finden wir bei ihm keine 
einzige Andeutung auf die Qeschtohte des 12. Jahrhunderts. 
Aus diesen Umstanden ergibt sich einerseits, dass wir durchaus 
nicht Zweifel hegen dürfen, dass die Quelle des Anonymus auch 
das 11. Jahrhundert um&sste. Andererseits drttngt sich uns 
wohl mit Recht, wenn wir die recht zahlreichen Hinweise auf 
das 11. Jahrhundert dem ytfUtgen Schweigen des Anonymus 
Uber das 12. entgegenhalten, der Gedanke auf, dass er ans 
seiner Quelle wohl für jene Zeit, nicht aber auch fttr die Folge 
Belehrung schöpfte. Dies stimmt mit unseren früher gewonne- 
nen Resultaten vOllig ttberein. 

Anmerkungsweise mOge am Schlüsse dieser Ausführungen 
noch bemerkt werden, dass die gemeinsamen Nachrichten des 
Anonymus, Keza's und der nationalen Chronik nur auf die Yon 
uns angenommene Weise durch die Annahme einer gemein- 
samen Quelle erklärt werden können, nicht aber durch gegen- 
seitige Entlehnung. Wir werden darüber noch in einer späteren 
Studie näher zu handeln haben, in der wir die entgegengesetzten 
Ansichten im Einzelnen zu widerlegen haben werden. Hier 
möge CS genügen, hervorzuheben, dass der Anonymus aus 
Keza oder der nationalen Chronik nicht geflossen sein kann, 
weil er eben keine Spur der in denselben enthaltenen Hunnen- 
geschichte aufweist; er kann überhaupt nicht aus einw so wohl- 
geordneten Ungamgeschichte, wie sie die nationalen Chroniken 
enthalten, geflossen sein, weil sonst zahlreiche seiner Fehler 
sicher unterblieben wären. Dass Keza und die Chroniken 
nicht aus dem Anonymns schöpften, bedarf keines wdteren 
Beweises; findet sich doch in keiner dieser Quellen etwas von 
den dem Anonymus eigenthttmlichen Ausftihrungen. Ebenso 
genügt es, diejenigen Stellen, an welchen die Chroniken der 
Darstellung des Anonymus näher stehen als derjenigen Keza's, 
zu betrachten, um sofort zu erkennen, dass die Chroniken nicht 
aus Keza, sondern aus der diesem und dem Anonymus vor- 
gelegenen Quelle flössen. Die betreffenden Stellen sind in der 
Znsammenstellung S. 462 — 475 mit einem f bezeichnet An- 
dererseits geht aber auch Keza — abgesehen von anderen Um- 
ständen, die in der Keza gewidmeten Studie näher erörtert 
werden sollen — nicht auf die uns jetzt ▼erliegenden ansführ- 



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477 



liehen Chronikredactionen zurttck, weil er an manchen äteUen 
(lern Anonymus näher steht. Diese Stellen sind in der obigen 
ZasammensteiluDg mit iff be&eicbnet Schliesslich ist auch in 
den AnnierkuQgen zu unserer Zusammenstellung (S. 46o und 
8. 471) daigethan, dass bei der einen und anderen mit Regino 
gemeinsamen Nachriclit sich nachweisen lasse, dass diese Stellen 
den einzelnen Chroniken nicht direct aus Kegino^ sondern be- 
reits aus einer gemeinsamen Quelle, welche diesen ausgeschrie- 
ben hatte, zukamen. 



4. Weitere Sparen naserer Uuello. Ihre Benennung: 
,Gesta Hnngarorum vcturaS 

Aus den vorstehenden Ausfllhrungon ergibt es sieh, dass 
sur Zeit Alberichs — also um 1230 — bereits eine Geschichte 
der Ungarn von deren Anfängen bis gegen das Ende des 
11. Jahrhunderts bestand. Die enge Verwandtschaft dieser 
Quelle mit den Vorlagen des Anonymus und Keza's, femer 
der spUteren Chroniken <^i-ht aus den zahlreichen verwandten 
Nachrichten hervor, welche Alberich in geringerem Masse fUr 
die Zeit von Almus bis Stephan, in reicherem von diesem 
Herrscher an mit den ungarischen Quellen gemein hat. Diese 
enge Verwandtschaft geht auch ferner aus dem Umstände her- 
▼or, dass die Alberich vorgelep:cne Quelle sich in ihrem Um- 
fiinge mit einem alten Bestandtheile der ungarischen Darstel' 
lungen deckt, wie dies zur Genüge dargethan wurde. Hiezu 
kommt übrigens auch noch Folgendes. £s ist bereits oben 
bemerkt worden, dass Alberich zum Jahre 957 die Sage von 
den sieben Ungarn berührt. Er berichtet nämlich, dass nach 
der Schlacht am Lechfelde sieben Un<ir<'ini entflohen seien, 
welche, in ihre Heimat zurückgekehrt, alle dort zurückgeblie- 
benen Ungarn sich unterthänig machten; von ihnen stammen 
auch alle Edlen Ungarns ab. Nun finden wir in den späteren 
Chronikredactionen eine heftige Kritik gegen die Darstellung 
gewisser ,codices*, welche die UeberUeferung von den sieben 
Heerführern, die aus dem Osten mit ihren Völkern nach Un- 
garn kamen, mit den sieben Ungarn, die zur Zeit Toxuns 
schimpflich aus Deutschland zurückkehrten, verwechselt. Diese 
bekilmpfle Ansicht findet sich offenbar bei Alberirh wieder, 
und er hat sie einem jener Codices entnommen, gegen deren 



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478 



Darstellung die ap&teren Chronikreductioncn ankUmpfen. Da 
nnn uns keine von einander unabhängigen Darstellongen der 
ungarischen Gesdiic lito bekannt sind und wir wohl auch kaum 
fUr das 13. Jahrhundert eine Mehrheit von dergleichen anneh- 
men könnon, so ist ans all' dem Gesagten wohl an eine Iden- 
titttt der Vorlage Alberichs mit jener der ungarischen Chroniken 
nicht SU zweifeln. 

Von dem Bestehen dieser Quelle etwa in den Dreissiger- 
jahren des 13. Jahrhunderts — also zur Zeit Alberichs — er- 
halten wir nun aber auch noch von einer anderen Seite eine 
höchst werthvolic Nachricht. In der Schrift ,De facto Ungariae 
Magnae a Fr. Ricardo ordinis FF. Predicatorum invonto tem- 
pore Domini Gregorii IX.' (f 1241) lesen wir nämlich:* ,In- 
▼entum fuit in gestis Ungarurum Christianorum, quod esset 
aÜa Ungaria maior, de qua Septem duces cum popuiis suis 
egressi fuerunt, ut habitandi quererent sibi iocum, eo quod 
terra ipsorum multitudincm inhabitiuu-ium sustiuere non posset. 
Qui cum miilta regna pertransissent et destruxissent, tandem 
venerunt in terram, que nunc Ungaria dicitur, tunc vcro dice- 
batur pascua Romanorum. Quam inhabitandam pre terris ce- 
teris elcgerunt, subiectis sibi popuiis, qui tunc habitabant ibi- 
dem. Ubi tandem per sanctum Stephanum etc. . . Auf den 
ersten Blick erkennt man in diesen Zeilen einen Auszug: aus 
der von uns nachgewiesenen Geschichte der Ungarn! Satz für 
Satz können wir den Ursprunfi^ dieser Darstellung, die be- 
merkenswerther Weise auch der Hunnen nicht erwähnt, in der 
vnrans<rosetzten VorlM<re der un^rarisehen Chroniken nachweisi u: 
auf (lif Erwähnung der Urheimat der Ungarn (nicht der 
Hunneni folfrt dir Notiz über die i^ieben Hforfi^brer; hierauf 
die Notiz Uber deren Auszug, weil das Land dem Volke nicht 



' Endlieh ftr, MonmnenUi Arpadiaaa I» 848. Bich«rd schrieb dehw sur 
Zeit B«Ia*a IV. (vgl. 8. 84d die Bemerkung ^demini Bela nniie reg^ 

Hungarie'); also zwischen 1235 und 1270. Die £ntdeckuiigBrei)»en, die 
er be-^rh reiht, fanden aber bereits vor 1241 statt, weil Papst Oro- 
gor IX., iu d«6«eu Zeit nie fallen, iu diesem Jahre starb. Die Anregung 
SO den Reisen war bereits — man vergleiche den Text — aus der von 
nn« naefagewiesenen Quelle entsprungeUf also bestud diese sieber schon 
in den Dreifl-si^^erjahruii. Da nun Bichard wohl bald naeh der Blldckelir 
de« Uruders Julianun schrii'b, ho darf man wohl annehmen» daas dies 
■wischen 1236 und 1240 geschah. 



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479 



genOgte; dio Ersählung Uber den Manch durch viele Reiche 
und deren Brandschatsong; endlich das Niederlaasen in Ungarn, 
nachdem dasselbe als das geeignetste Land befunden worden 
war und dessen frühere Bewohner besiegt worden. — Dass 
die gemeinsame Quelle des Anonymus, Eesa's und der natio- 
nalen Chroniken genau denselben Aufbau geseigt haben mnss, 
wie Richards Quelle ihn gehabt hat, ist aus den obigen Ter- 
gleichenden Betrachtungen hervorgegangen: sie umiaast keine 
Hnnnengeschichte; an die Beschreibung Skythtens schloss sich 
sofort die Ungamgeschichte. Dass allen genannten Dar- 
Stellungen — Bichard, Anonymus, Keza und der natio- 
nalen Chronik — dieselbe Vorlage, wenn auch viel- 
leicht in verschiedenen Redactionen, vorlag, ist gani 
unzweifelhaft. Es m<^e hieau nur noch bemerkt werden, 
dass der Anonymus ebenso wie Richard Pannonien vor der An- 
Siedlung der Ungarn als ,paacua Romanorum' bezeichnet (§. 9), 
was deutlich auf dieselbe Quelle hinweist. Dass diese Quelle 
auch Alberich vorhig, ist bereits genug ausführlich daiigethan 
worden. Zwischen den Nachrichten bei Richard und jenen bei 
Alberich finden sich allerdings keine Beziehungen, weil jener 
nur die ESngangscapitel bis auf Stephan auszog, dieser aber 
vorzüglich die Vorlage für die Zeit seit Stephan benutzte; aber 
Richards Nachrichten für die Zeit vor Stephan finden wir in 
den anderen Quellen ebenso wieder, wie Alberichs Mittheüun- 
gen seit St^han zu denselben in engsten Beziehungen stehen. 
Sie haben also sicher beide dieselbe Quelle bentttzt, nur dass 
jeder von ihnen seinem Zwecke entsprechend verschiedene 
Theile derselben ausschrieb. Hervorgehoben wurde bereits, 
d^ss Richard und Alberich fast gleichzeitig diese Quelle be- 
nutzen. Aus der citirten Stelle Richards geht schliesslich auch 
hervor, dass die gemeinsame Quelle, mit deren Feststellung wir 
uns be&ssen, mit dem Namen ,Oesta Hungarorum' zu be- 
zeichnen seL Zur besseren Kennzeichnung können wir noch 
,vetera' hinzusetzen. 

5. Zu8aiiimcnin'??'nng der bishcrigcu Ergcbuisso über die 

,(icsta Hungarorum. vetera'. 

Fassen wir die Ergebnisse unserer Untersuchung zusam- 
men, so ist Folgendes zu ssgen: 



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480 

Es ist uns gelungen, nachzuweisen, dass bereits um 1235 
eine ungarische Chronik bestand, welche mit einer Beschreibung 
Skjrthiens begann, sodann über den Ursprung der Ungarn und 
ihrer Könige handelte, insbesonders die Abstammung Almns' 
erläuterte. Sie erzählte ferner den Aussog der Ungarn ans 
ihrer Urheimat, schilderte ihre Wanderung nach Pannonien 
nnd ihre Niederlassung daselbet, sowie endHch ihre Qeschicke 
in der neuen Heimat bis gegen das Ende des U. Jahrhanderts. 
Eine Geschichte der Hannen nmfasste diese Quelle nicht Ihr 
Name war ^Gesta Hungarorum (Tetera)'. Aus dem ersten Theil 
derselben bis auf Stephan I. schöpft Richard seine Nachrichten; 
fast gleichzeitig hat Alberich von Trois Fontaines besondera 
den Theil von Stephan bis gegen das Ende des 11. Jahrhoa- 
derts benützt. Leider haben beide genannten Männer aus ihrer 
Quelle nur dürftige Auszüge gebracht, so dass sie uns — wenn 
auch ihre Mittheihingen aneinander anschliessen und dem ganzen 
Umfange der Quelle entsprechen — doch nur ein dtirftigOB 
Bild derselben bieten. Glücklicher Weise haben aber schon 
wenige Jahrzehnte später zwei Zeitgenossen — Keza und 
Anonymus — unabhängig von einander die Gcsta benützt^ und 
ebenso sind später dem Verfasser der Grundchronik der natio- 
nalen Chroniken die Gesta vorgelegen.' Aus dem Vergleiche 
aller dieser Quellen werden wir die Gestalt der ,Gest<a Hunga- 
rorum vctcra' näher bestimmen kdnnen und weitere dieselben 
betreffenden Fragen zu lösen haben. Dies soll in einer folgen* 
den Studie geschehen. Hier wollen wir zunächst in unserer 
Analyse der Chroniken weiter fort&hren. 



B. Gesta Hunorum. 

Durch den in den vorhergehenden Ausftihrungen er- 
brachten Nachweis, dass die ,Gcsta Hungarorum (vetcra)* selbst- 
ständig ohne die Hunnengeschichte vor Keza bestanden haben^ 



' Zum Beweis hieftlr, das» dio nationale Chronik nicht etwa nur au« Kox« 
sclUtpfto, «irnirleni das Oriirinal der ,rro<!ta vptera* selbstständig benutzte, 
srenllgt es, auf die Ausfilh runden üben, 8. 476, zn verweisen. Hiesu 
k«tiimt vorzüglich noch die Beobachtung, dass dio Chroniken oft dem 
Anonymus niher stellen «1b Keaa, was natürlich neb nar aus im un- 
mittelbaren Dentttsung der Grondquelle erkliren lisst Vgl. die Zu« 
Bammenstellnng 8. 462 ff. nnd die Benerkiing hies« S. 476 f. 



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481 



ist sogleich der Beweis erbracht, das« er erst diese beiden 
Ärbeiteii verknüpfte. Die ^Gesta Honoram', wie wir füglich die 
Huonengeschichte, welche bei Keza and den anderen Chroniken 
den ,Gesta Hungaromm' vorangeht, nennen kOnnen, sind also 
als ein selbstständiger Theil der C9ironiken aa&nfassen. Näheres 
tiber diesen «weiten Bestandtheil derselben wird eine selbst* 
ständige Studie bringen. Hier war es zunächst nor unsere 
Aufgabe, das Verhältniss der ,Gesta Hnnontm' sn den anderen 
Theilen der Chroniken an bestimmen. 

C. Andere in den Chroniken beniitite oder in dieselben anf' 

genommene Geschichtsqiiellen. Entstehung der nationalen Gnind- 
ohronik Ofeaer Jünontenohronik) ojid die andeien Eedacüonen. 

Nachdem wir die .Oosta Hunirarorum vctera* und die 
,Gei>ta Hiinorum' als Bestaudiheile dt r unfjarischen Chroniken 
erkannt haben, sollen die andeien elironolojLcisehen Darstolhm- 
gcn, die in dieselben einflössen, fest^'^estellt werden. Doeli han- 
delt et; sieh zunächst nur um die un^rarischon Qui-llen, welche 
selbststilndig uns nicht erhalten sind. Ks soUen also liier weder 
die deutschen .lahrbiiehcr, ans denen die un^^arisehen CMironistcn 
öchüi>ften, noch die ungarischen Legenden, die sie ausschrieben, 
festgestellt werden. Dies bleibt den Studien vorbehalten, welche 
sich mit den einzelnen Reduetioneu insbesondere beschäftigen 
sollen. 

1. Die Darstellujig vou Koloman bis Stephan V. rührt in 
ihrer kürzesten Fassung von Koza her. 

Fassen wir snnächst Keza nnd die anonymen Chroniken 
(letztere in den ursprünglicheren Redactionen) ins Aoge, so 
finden wir, dass nach den ausführlicben Ifittheilungen, welche 
dieselben ttber die ersten Regierangsjahre Kolomans enthalten, 
nnr Überaus dftnre Anfteiehnangen folgen. Auf diesen Umstand 
ist bereits oben S. 455 hingewiesen worden. Bezeugen die 
Chronik^ dnrch ihren reicheren Inhalt bis zu diesem Zeit- 
punkte deutlich, dass ihnen bis dahin eine chronikartige Quelle 
zur Yerfilgung stand, so ist es aus ihrem folgenden Bestände 
deutlich zu erkennen, dass nunmehr eine solche QueUe fehlt. 



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482 



Bei Kesa sind die Nachrichten besonders spärlich. Die ganze 
Darstellnng Ton Eolomau bis auf Ladislaus IV., den Zeit- 
genossen Keza's, nmfasst nur etwas mehr als eine Seite der 
Ausgabe bei Florianus. Dasu konmty dass Stephan IL und 
Xiadislaus III. gar nicht genannt werden, und zwar ist beson* 
ders das Fehlen des ersten sehr aufiUlig^ da es ausdrücklich 
(§. 37) heisst: iPost Kalomannum rero regnavit Bela annis IX 
duobus mensibus. Albe tumulatur/ Aber audi das Fehlen 
Ladislaus' III. kann nicht etwa als AbschreibefeUer oder der> 
gleichen aufgefasst werden, weil bei Keza Ladislaus der Ku- 
manier nicht als der vierte, sondern als der dritte K(>nig 
dieses Namens erscheint (S. 90). Etwas aosfUhrÜcher werden 
die Notizen erst seit Andreas II., aber auch da ist das Ge- 
botene hQchst dllrftig. Nicht viel ausführlicher sind die Nach« 
richten in den Chroniken. Die ein/ige grössere Nachricht im 
12. Jahrhundert, nilmlich jene Uber das Blutbad in Arad unter 
Bela n. wird — wie bereits Huber anmerkt^ — dadurch als spätw 
Zusatz gekennzeichnet, dass die Bezeichnung der ^ville conditio- 
nales' in Ungarn als ,donationes reguin*^ davon hergeleitet 
werde, weil nach dem Blutbad durch Bela II. das Besitzthum 
der Hingerichteten ,ecclesiis cathedralibus est divisa*,* Was 
an Nachrichten fi\r das 13. Jahrhundert sich hier mehr als bei 
Keza findet, ist unbedeutend, und mit Recht bemerkt Iluber,' 
dass ein Zeitgenoissc schwerlich geschrieben hätte, Andreas 
habe bei seiner Rückkehr vom Kreuzzuge sein Reich ,in pro- 
spero statu' gefunden.^ Dagegen muss hervorgehoben werden, 
dass die Chroniken^ bereits das Dattmk des Todes Ladislaus 
des Heiligen (anno Domini miUesimb nonagesimo quinto, quarto 
Kai. Augusti, feria prima) genau angeben und seither ähnliche 
Daten über die Regierungsantritte und das Absterben der 
Könige bringen, was bei Keza, der nicht einmal immer die 
Dauer der R^erung anzugeben weiss, durchaus fehlt Sonst 



' HlttHeilvogrett des laatltats Ar Stterr. Gesehielttafonebiiiig IV, 1S4. 

* ein >nu on Bud., S. 186; ebenso die ssdartn Cfafonikan su den tut- 

•preclu ii'len Stellen. 

* Mittheil ungou des Instituts liir Osterr. Geschiübtaforschuug IV, 135, 
Anin. 1. 

* Chratiikon Bnd., 8. 195, and die anderen Chroniken an den entsprechen" 
den BtelleR. 

■ Bbenda, 8. 171. 



t 



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483 



«eigen sich aber in den anderen Nachrichten bei Kesa and 
den Chroniken aahbeiche wOrtUcbe Bexiehungen. Man ver- 
gleiche: 



Ken. 

§. 40. Post ietom Stepha- 
nnm firater anus coronam asor- 
pat mennbns Y et diebus V, 
tandemque devineitor. In quo 
prelio plurea regni nobiies oc- 
cidantor. Idem vero de regno 
expoisas, dernnm venit in Ze- 
min, nbi et finivit Titam suam. 
Albe requieseit 



§. 41. Uic (sc. Bela) qui- 
dem Aires et latrones persccu- 
tns est, petitionibasqno loqui 
traxit onginem, nt Homana 
habet coria et imperü. Albe 
jacet ttunnlatns. 

§. 43. Iste (Andreas) etiam 
terram sanctam visitavit, ubi 
per omnes principes christia- 
nomm cajNtaneus ordinatur et 
exeroitam soldani Babilonie 
cnm Uungaris et Zaculis effu- 
gavit . . . 

§.44. Istius (sc. Bclae) qui* 
dem in diebus Mougli sive 
Tartan de tribns partibna re- 
gni in Hnngarian adeunt cnm 
quinquies oentenis milibas ar- 
matomm . . . (^uem (Frideri- 



ChnmicoB Budenao. 

S. 188. Post hnnc Stepha- 
niis frater eins iisarpayit sibi 
Coronam mensibus quinque et 
diebus quinque. Coronatos est 
autem tertio Idas Februarii in 
Dominica Exsurge. Devictus 
est autem in feste sanctorum 
Qerrasü et ProtasH, feria ter> 
cia$ u1» multi nobiies Hnnga- 
rorum corruerunt. Post hoc 
expuIsiiH est de regno, obüt in 
Castro Zemien a. D. miUesimo 
centesimo soptua^esimo tertio, 
ydus Aprüis, feria quinta. 
Cuius corpus Albe quiescit. 

S. 189. . . . qui fores et la- 
troues persecutus est et petitio> 
nibus loqui traxit originem, iit 

I Romana habet Curia et Imperü. 
Qui coronatns est ydibus Ja- 
Tiuarii . . .; cuius corpus in 
Aibensi ccclesia tumulatur. 

S. 194. Post hec rex An- 
dreas terram sanctam Tisita* 
vit . . . Et ibi in terra sancta 
super exercitum Ohristianomm 

' contra soldanum Babilonie ea- 
pitaneus et dux preficitur et 
mox Victor cfticitur gloriosus, 
S. rj9. Tempore autem 
istius P>olac regis, änno a na- 
üv, D. miUesimo dncentesimo 
qttadragcsimo prtmo Magali 
sive Tartari cum quinquies 
oentenis miilibus armatorum 



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484 

com) ante Civitatem Novam 
Hungari com lanoea in maxilla 
transfixum peremenint . . . 



§. 45. Postea vero regnavit 
StephanuB rex filius eius, qui 
Boemie rc^cTn nomine Ota Ca- 
rum ante fluvium Bebeha con- 
tra eum vcnicntem, cum Boe- 
mis videlicet AustralibuB, Sti- 
riensibuSy Brandebargensibus 
et ceteris mixtis gentibos ex> 
pulit virtuose. Iste etiam civi- 
tatem Budum suo dominio sub- 
jugaTit dominum quo Bulgaru 
rum eo vivente sibi compuUt 
obedire. 



regnum Hungarie invaserunt . . . 
8. 201. Ducem Austrie Fride- 
ricum Beliicosum ante Novam 
civitatem gens occidit Honga- 
ronim in proelio per mazillam 
transügendo. 

S. 204. Post ipsum, aono 
D. millesimo dacentesimo aep* 
tuagesinio primo eepit regnare 
filius eius Stephanus super to- 
tam Hungariam, qui Othocamm 
regem Bobemoram in Ilunga* 
riam com BohemiSy Aiutralibus 
et Banburgennbus com poten- 
cia venientem ac ceteriB mixtis 
gentibus ante fluTium Babcba 
devixit viriliter ac ingavit. 
Postea Bodun civitatem Bul- 
garonim et Bulgaros superans 
regem eorum sibi compulit de- 
Bervire. 



Die eben milgetheilten Parallelstellen deuten klar auf 
einen engen Znrammenimng zwischen den beiden Darstellungen 
hin. Fragen wir nun, welche von denselben die uraprlloglichere 
sei, so werden wir uns fUr Keza entscheiden mUssen. Warum 
hätte dieser im Gegensätze zu seiner Darstellung bis zum An- 
fange des 12. Jahrhunderts und zu jener der Regierungszeit 
seines zeitgenössischen Königs Uber eine Anzahl von Königen 
nur gar so spärliche Nachrichten gebracht, wenn ihm dieselben 
etwa in der Gestalt, wie sie in der Chronik vorhanden sind, 
vorgelegen wären V Warum hätte er vor Allem deren genaue 
Zeitangaben consequent vermieden? Setzen wir noch hinzu, 
dass das Plus der Nachrichten — abgesehen von den Zeit- 
angaben, welche sich in der Chronik fropcniiber Keza Huden — 
durchaus nicht zeite:enössisch ist, so wird man wohl die kürzere 
Fassung Kczn's für die ursprünglichere halten müssen. Es ent- 
steht nun die Frage: gehen Keza und die Nationnlchronik auf 
eine ilritto iremeinsame Quelle '/nriirk. die Kezii etwa weui^er 
verändert hätte, die Chronik aber durch chronologische Daten 



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485 



und andere Nachrichten erweitorte, oder ist Keza die Vorlage 
der Chronik gewesen und wurde seine Darstellang durch die- 
selbe efgttnst? Fttr die erste Annahme würde der Umstand 
sprechen, dass Keza im §. 41 eine Nachricht aufweis^^ welche 
die Chronik nicht hat, ferner die Beobachtung, dass zwischen 
den beiden Quellen wohl bis auf Stephan V., nicht aber mehr 
für Ladislaus den Kumanier sicli Beziehungen aufweisen lassen. 
Abor jene Stelle könnte die Clirunik mit oder ohne Absicht 
ausgelassen haben; und das Fehlen der Beziehungen zwischen 
den Darstellungen über Ladislaus kann nicht als Beweis ftür 
die Nichtbenutzung Keza's durch die Chronik angefahrt wer> 
den, weil die abweichende Schilderung offenbar daraus zu er- 
klären ist, dass dem Verfasser der Chronik die itanegryrisehe 
Schildemng Keza's nicht gefiel und ihm wohl auch ein anderer 
zeitgenössischer Bericht Uber diese Zeit ^( hon vorlag, worüber 
die Ausführungen weiter unten zu ver^deiehen sind. Für die 
Annahme, dass Keaa in diesem Theile die Quelle der Chronik 
sei, nicht aber ihm und dieser eine dritte gemeinsame Quelle 
yorliegti spricht aber Folgendes, ^^'ie wir wissen, müsste diese 
gemeinsame Quelle bis auf Stephan V. gereicht haben. Nun 
ist sie aber sicher nicht eine mit den Ereignissen fortschreitende 
zeitgenössische gewesen, daher schon Huber ^ sich gerade aus 
der Betrachtung dieses CSuroniktheiles zum Urtheile veranlasst 
sah, ,die Abfassung der ungarischen Chronik muss ... in die 
leiste Regierungsperiode Andreas' II. ... oder wohl noch 
mehrere Decennien später gesetzt werden, da sich die Chronik 
Qber die Regierung des genannten Königs nicht sehr yerlässlich 
zeigte Dieses splltere Ansetaen ist aber um so mehr nm Platze, 
als wir genau wissen, dass z. B. der um 12ä5 schreibende Al- 
berich noch für das 12. Jahrhundert keine ungarische Auf- 
aeichnnng, auch nicht eine so knappe wie die bei Keza, hatte, 
während ihm die ,Ge8ta Hungarorum vetera^ durch seine oin- 
ÜUBsrelchen Freunde aus Ungarn verschafft worden waren. Ist 
nun aber die Abfassung der dttnren Darstellung von Koloman 
bis Stephan V. erst naeh dessen Tod, also etwa um 1275, er- 
folgt, so ist doch wohl als ihr Autor Keza anzunehmen, 



> . . . Bela Qreetu, qMin B«cha et Oragor vpnä imperatoram Oraoorum 

diutiiis tennonint. 
' Büttheilangen des lutituto fllr Ssterr. Oesebidititforacbiiiig iV, 



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486 



der sie, so gut es ging, ziisammenstoppte, um die 
Lücke yon Koloman bis auf seinen gefeierten König 
LadislauB zu überbrücken. Hiebei wird ( r vielleicht 
aQB irgend einem knappen Königsvorzoiehniss die Ke- 
gierungsdauer für Bela 11,^ Stephan III., Ladislaus IL 
und Stephan IV. entnommen haben. Seine Darstel- 
lung ist sodann offenbar durch den Verfaflser der 
NationaigrundcKronik aus einem genauen Verzeich* 
nisse der Krünungs- und Sterbejahre der KOnige er» 
gftnzt^ und durch einzelne Nachrichten erweitert 
worden. 

2. Dia Aufzeichnungen im M inoritenkloster in Ofen von 
Ladislaus IV. 6om Kumanicr bis Karl Robert. Das Ent- 
.■<tchcn der nationalen Grundchronik (Ofener Minoriten- 
chronik) and der Kedaotionen Cbronicon Zagrabicnse, 
Yaradiense, Posonicnse, Vnticanum, Muglcu, Sambuci, 
Acephalnm, Pictum und Monaccnse. 

Wie bereits oben bemerkt worden ist, weichen von LadtB* 
laus IV. an die Chroniken bereits von Keza ab. Andererseits 
ist aus rli r Darstellung der Chroniken über diesen Herrscher 
und die folgenden ganz offenbar za erkennen, dass wir hier 
bereits aeitgenössische Berichte vor uns haben. Damit boU 
nicht etwa gesagt sein, dass die uns vorliegende Darstellung 
der Chi'oniken bereits fUr da^ Ende des 13. Jahrhunderts etwa 
glei(hzeit% oder auch nur bald nach den Ereignissen aufge- 
zeichnet wurde. Dies ist wohl erst seit dem Anfange des 
14. Jahrhunderts der Fall, seit welchem Zeitpunkte die Be- 
richte rocht ausführhch werden und bald auch Jahr f\ir Jahr 
die wichtigsten Ereignisse verzeichnen. Wohl aber waren den- 
jenicren, welche diese Aufzeichnung am Anfange des 14, Jahr- 
hunderts veranlassten, die wichtigsten Ereignisse der letzten 
Jahrzehnte noch wohl bekannt, so dass dieselben im Allge- 
meinen richtig erzählt werden, wenn auch manche Inthüiner 
und Lacken vorhanden sind. Da in diesen Aufzeichnungen 



* DiMe binnen mit der Angabe dem Todofdatonu Ladinlati« I. (Chron. 
find., 8. 171: Migravit ant«in ad doiniiiiun a. d. nUiMiniO aoiUlgMlino 
qainto, quaiio ICal. ▲uguatt, feria prima.) 



J 

■i. 



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467 

das Minoritetikloflter in Ofen boBonders bertteksielitigt wird, 
ferner die Chronik rieb besonders betreffs der in Ofen nnd 
Pest stattgefundenen JSreignisse wohl unterrichtet erweist, end- 
lich auch aum Jahre 1325 die Qrttndung des Minoritenklosters 
in Lippa an der Maros in aUen Bedactionen ansftihrlich er-* 
wähnt wird, so ist die Yon Marcaali^ vertretene Anrieht zu 
billigen, dass diese (aber nar diese) Aufsei chnnngen im 
Uinoritenkloster an Ofen stattfanden. Hier ist aber auch 
offenbar die Ghnindredactaon der nationalen Chronik entstanden, 
die man deshalb auch yOfener Minoritenchronik' nennen 
kdnnte. In dieselbe wurde Eesa's Hunnengeschichte mit ein- 
zehnen Aendemngen au%enommen;' fär die Ungamgesehiehte 
bis snm Ende des 11, Jahrhunderts wurden wieder die yOesta 
Hungarorum yetera' selbstständig benfltst (vgl. oben S. 476 und 
S. 480, Anm. 1) nnd deren Barstellung bedeutend erweitert;' 
ftlr die Zeit des 12. und 13. Jahrhunderts bis Stephan IV. 
wurde Eeza's dttrre Anfseichnung aus iigend einer genauen 
chronologischen Zusammenstellung der KrOnungs- und Todes* 
daten der Könige ergänzt nnd dureh einige Nachrichten be- 
reichert; seit Ladislaus IV. beginnt die selbststfindige Anf- 
seichnung. 

Der so cntstendcnen Ghrundchronik steht am nächsten 
jene Bedaction, welche das Chronicon ZagrabieiiBc und 
Varasdiense ausschrieb (gedruckt bei Florianus III, 2500".), 
ferner das Chronicon Posoniense (bei Florianus IV, 1—44). 
Den näheren Beweis fUr diese Behauptung wird die nächste 
Studie erbringen. Die genannten Chroniken sind leider nur 
Auszüge. Am reichsten ist das Chronicon Posoniense. £s flosa 
aus der Grundclironik, bevor noch in dieselbe der ausftlhrliche 
Bericht von dem Majestätsverbrechen des Felicianus und dessen 
greulioher Bestrafung durch König Karl (1330) eingezeichnet 
war; daher findet sich im Posoniense hievon keine Nachricht; 
die folgende kurze Bemerkung Uber das unglückliche Unter- 
nehmen Karls gegen den Wojwoden Wasarad (1330), mit 



* Ungarns Geschichtsquellcn, 8. 52 f, 

* Darüber wird in einer späteren iätudie näher g-ebandelt werden. 

* Hiflrflber wird ausführlich eine folgende Studie bandeln, in weleher die 
Gwtalt der nnprfiiiglieb«! fGMte Tet«i«* nlher untamioht wodon wird. 
— Die TerbindendMi Sitae swiaeh«» d«r Hnniuni- und Unfaragasebidit« 
sind natOrlu-h Ko/.si entnomnien. 

Afobiv. LXXXV. Bd. Il.UUlte. 99 



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488 

welcher das Chronicon Poeoniense schliesst, weist aber mit den 
anderes Redactionen keine Verwandtschaft mehr auf. Etwas 
später flo88 aus der weiter fortgesetzten Qrandchroiiik eine 
Redaction, welcher jene im Codex Vaticanas Nr. ()52Ö sehr 
' nahe sieht) und anf die nucli die Chronik Muglen's (herausp 
gegeben von Kovachich in seiner ,Sammlung kleiner noch un- 
gedruckter Stücke*, Ofen 1805), die Kedaction im Codex 
Sambuci (Wiener Hofbibliothek 3374-504), im Codex 
Acephalns (ebenda 545 — 528), das Chronicon Pictura, auch 
Vindobonense oder Marci (bei Florianus II, lOOff.) und das 
Chronicon Monacense (ebenda III, 214ff.) zunukgehen. Das 
gemeinsame Merkmal dieser Chroniken br.stciit darin, dass sie 
alle — abgesehen von dem nicht vollendeten Chronicon l'i tum 
— die gemeinsame Vorlage noch fUr den italienischen Zug 
Karls bentttaten (1333), mit welchem sie ihre Darstellung 
schliessen, während das weiter unten au besprechende Chro- 
nicon Budense, Chronicon Dubnicense und die Chronik des 
Thurocz bereits auf der weiter fortgefküirten Grundlage be- 
rulien. Die näheren Ausführungen über das Verhältniss der 
Redactionen Vatioanum, 3Iu<;](>i), Sambucus, Acephalum, Pictum 
und Monacense zu einander bleibt einei- folgenden Studie vor- 
behalten. Hier haben wir nur diese (Iruppe insofern zu be- 
trachten, als in zwei Redactionen derselben die Benützung 
einer selbstständig nicht mehr erhaltenen besonderen geschicht- 
lichen Aufaeichnnng nachweisbar Ist 

8. Nachweis einer Gesehiohtsquelle de« 12. Jahrhunderts 
im Chronicon Pictum und bei Mu^lon. Kritik der bis- 
herigen Anflicht über die Entstebungszoit der Chroniken. 

£^ ist bekannt, dass von allen Chronikredactionen das 
Pictum für die zweite Hälfte des 11. und die erste Hälfte des 
12. Jahrhunderts die reichsten Nachrichten bringt. Dass die 
zahlreichen Zusätze, welche sich in der oben citirten Ausgabe 
►S. lf)0 — 220 finden,* nicht zu dem ursprtinglichen Bestände der 
Chronik gehörten, ist für jeden nüchternen Geschichtsforscher 

' Ziemlich genan iat dss Pin* der Nsehfiebten, welches da« Piotam gegen- 
ttber anderen Redsolimien «nfweiat, von Florianna in den Anmerknn- 
gen zu a^ner Anagnbe de» Chronieon Dnbniceim (Fonlae III) hervor* 
gehoben. 



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489 



eine festol^eiide Thataache und wird auch in einer spilteren 
Stndie nfther dargelegt werden.^ Dieser Redaction steht be- 
attglich der IHlile der Nadirichten am nächsten die Chronik 
Muglen's. Viele yen den Nachrichten^ welche das Fictnm gegen- 
ttber den anderen verwandten .Chroniken mehr besitst, finden 
ach in der deutschen Chronik wieder. £& entsteht nun die 
Frage: hat Huglen oder seine lateinische Vorlage dieselben ans 
dem Fictum entnommen, oder geht dieses auf jene zurück, 
oder endlich liegt beiden eine gemeinsame selbststlbidige Quelle 
an Gründe? 

Von den zahlreichen Erweiterungen, welche das Chronicon 
Pictum vom Feldzuge Heinrichs III. (1051) bis auf Ladislaus I. 
aufweist (S. 160 — 200), hat Muglen keine. Diese Kachnchten 
sind auch aumeist ganz sagenhaften Charakters und rUhren 
wohl zum grossen Theil aus der Volksiiberliefemng her.' 

> Vgl. Übrigrens die Ausfnhrtingeu in Studie V (Archiv, Bd. 84, S. 508), 

ferner die folgende Anmerkung. 
* Daneben wurde s. B. ««eb die Ladislanslogttnde voni flebreiber det Fic- 

tam für seine EnreiternnfEeii benUtst, auf die er ttbrlfem aueb 6. 800 

AusdrHckllch hinweist (de gMtie eiusdem plenam potuerit habere noti- 
tiani). Mit dit*«oi tiat er die Nachricht über den Zuj>- Ladislaus' nach 
Blihnieu, seine Krkrauknng und das Zusammonnifeii der Filrsteii pcmein. 
Man vergleiche Pic, S. 200: ,Kex autem cüngregato exercitu suo cepit 
ire eotttm Bobenoa . . . gravis inBnnitu ««101 invasit. Convoeatiiqtte 
prfncipibus . . mit der Stalte am der Legende (EndUdier, H onnmenta 
Arpadiana Ml): ,eoBlfa BobenuM in espedietonem profectus est . . . 
figritudine repentina corroptn?« . . . convocatisqne regni principibus*. 
UebrigeuH bat auch das Duhtiiconse (S. 97) zur Geschichte Ladislaus* 
dessen L^ende selbstständig beuüty^t, indem es aus derselben (S. 240) die 
Naebricbt vom angeblicben Krenzzuge eatttabm nnd Aber den Zog naeb 
Böhmen and die Krankb^t Ladialana' sogar mit wVrtlieben Anklingen 
an die Legende berichtet. Die Stelle lautet (8. 97): ,. . . in peregrioji- 
cione proficisci Jerosolimam dispuia'bat. .^'"^ in hrevi expedicinne 
contra Bohenius existente egritudiae curreptus . . Ebenso hat 
aber auch Muglen die Legende vor sich haben mUsseu, denn er hat mit 
ibr nicht nur den BOhroeniog gemein und die Naohriebl Ton der Krank- 
b€dt, londera anoJi ^e Haoliriebl Ton dem Empfange dee Abendmahlee 
durch den KOnig und von dem allgemeinen Jammer um denselben. Man 
vergleiche Muglun, Ca]». 47: ,. . . und an dem widerzug wart er siech und 
wart beriebt mit gotes leicbnam und starb . . . den tod des heiligen kuniges 
beweinten allerhant lewte* nnd die Legende S. 241: ,. . . ditm iam ra- 
Ifredi Gogitaret, egrttndine repentina oorreptne . . . led res aeeepta ew- 
karistia . . . planxit ante eum nniTenitas Ungaromm, olenu et popnloa 
•imiUter, in nnom divee et panpearea, iUTenee et viiginea . . .' Ana dem 

82* 



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490 



Anders verhiüt es sich aber mit vielen der Kaehriohten, welche 
das Pictiim von Koloman angefangen bis auf Gejsa II. ent- 
hält (S. 200—220); in diesem Theile weist das Pictam viele 
gemeinsame Nachrichten mit Magien (Oap. 48 — 51) auf, und 
diese erscheinen dem Kerne nach, wie sie beim Letateren vor- 
kommen, von beachtenswerther Wahrheit Koch mehr gilt dies 
von zahbeichen Kachrichten, welche Mnglen auch fUr die 
lotsten zehn Regierungsjahre Geisas II. und ftlr die Zeiten der 
folgenden Thronstreitigkeiten bis zum Tode Stephans III. ( 1 1 72 
oder 1173)> aufv^eist (Oap. 52—55). Trotz der Schwierigkeit 
dieser Periode findet man in der deatschen Chronik alle Haupte 
ereignisse mit genügender Qenaaigkeit verzeichnet, so dass 
man zur Annahme sich veranlasst sieht, eine zeitgenössische 
oder doch nur wenig spätere Darstellnng vor sich zu haben. 
Da nun von allen diesen Nachrichten in den nrsprOnglicheren 
Redactionen der Nationalchronik keine Spur vorhanden ist, so 
standen sie zu den von denselben bereits benutzten «Gesta 
Hungarorum' in keiner Beziehung, sondern bestanden wohl ge- 
trennt von diesen. 

Thatsäclilicli lassen sicl» nun auch in den Chroniken, 
welche diese Nachrichten enthalten, die Spuren der erfolgten 
£inftigung einer Interpolation nachweisen. Zunächst ist 
nUmlich zu bemerken, dass die ersten nuf diese Quelle zurück- 
gehenden Nachrichten in den beiden Chroniken an verschiede- 
ner Stelle sich finden, was einerseits die Arbeit dm Inter- 
polators verräth und andererseits gleichzeitig den Beweis er» 
bringt, dass die Verfasser beider Redactionen unabhängig von 
einander die Quelle benutzten. Im Chrouicon Pictum finden 
wir nämlich die Nachricht, dass Ladislaus I. Almus zu seinem 
Nachfolger bestimmte, dieser aber vor Koloman zurtLcktrat, 
bereits in der Geschichte Ladislaus' (8. 200: BeatUB autem 
Ladislaus sie ordinavit, ut poat ip$wn AlmuB re^naret, qui 
Hncera $implicitaU duciu§ honoravit fratrem »uwn Colomanvm, 
preferendo Mtbi coronam regni, tamquam cui iure primogentfure 
9ideb€aur con^tere). Nach den Schlussbemerkungen Uber 

Umstände, dasn jede der Cbrouiken eine andere Gruppe von Nachrichten 
MB d«r Legende aehOpfte, ist die MlbeMindige BenfltaBi« twwioMii. 
IMe aUgemein beksnnto L^petide war offenbar jeden der Schreiber »i^ 

(^änglich. 

* Vgl. Haber, Oerterr. Oeaebicbto J, 367, Aam. 8. 



s 



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491 



Ladiakas' Bagierung beginnt es sodann^ abweichend yon den 
anderen Chroniken, die Darstellang Uber Koloman folgender- 
masBen: yCoIonianna itaqae filiue regis Oeyae de Polonia feeti- 
nanter redüt et ooronatoa eet^ et daci Almns dneatam plenarie 
concefleit. In cuius etiam temporibns multa mala sunt 
perpetrata ut inferius patebit Erat namque hMta eorporU 
emUempHlnlU, sed €u^tUu8 et docili$ . . / Vergleichen wir 
nun mit dieser DarsteUnng jene Muglen's^ so finden wir, dan 
bei demselben die mit dem Fictnm gemeinsamen Stellen, welche 
in anderen Redaotionen nicht ▼orkommen und in den eben 
gebrachten Oitaten euniv gedmckt sind, in entgegengesetzter 
Reihenfolge stehen; auch sind sie beide bei Muglen erst in 
Kolomans Geschichte yerwendet. Femer steht der oben ge- 
sperrt gedruckte Sats, der zu den ursprünglichen Bestand- 
theilen der Kationalchronik gehört, bei Muglen nach der 
Bemerkung ttber die Httsalichkeit Kolomans und vor den Mit- 
theilongen Aber Ladislaus' Verfügungen ttber die Thronfolge. 
Dasu kommt noch, dass an Stelle des dem Fictom allein eige- 
nen Satses ,Oolomanu8 itaque concessit' bei Muglen die dem 
Wortlaut der anderen ursprünglicheren CShroniken entsprechen- 
den Worte ,Nach sant Lasla dem kunig wart au kunig Kolo- 
man, Knnig Qeysan sun' sieben.' Aus dem allen ersieht man, 
dass weder das Pictam aus der bereits interpolirten Vorlage 
Muglen's schöpfte, noch letstere aus dem Fictum, sondern dass 
beide ans einer dritten Quelle schöpften und deren Mittheihm- 
gen nach Gutdttnken in die ihnen yorliegende Kationalchronik 
einftigten. Zu demselben Schlüsse gelangt man bei der Be- 
trachtung anderer Nachrichten. So hat Huglen den mit den 
anderen Chroniken gemeinsamen Bericht über die i<roberung 
Dalinatiens etwa in der Mitte seiner Darstellung ttber Koloman 
(im Cap. 48), das Fictom bringt sie aber erst am Ende (S. 
Höchst interessant ist auch folgender FalL Bei Muglen (Cap. 48) 
lesen wir folgende aus der gemeinsamen Quelle geschöpfte 



' Die (caose Stelle lantet bei Muglen, Cap. iS: Nach aant Lttla dem 

kimijr wart zu kuiiijj Koloiiuin, kiiiiip Gnjsan snn. Dprsßlh waz un^e- 
stalt :u\ der peraon uud waas gar lyst^L' In dm »eiteu wart begnügen 
Til potttiheit. Waa der beilig kunig Ln.sia het geschickt d&z daz 
Alniw, Cotomaas bnider, wH nach ym kunig werden, wann er weat wol, 
das er (ae. Ahma) nats wer den reyoh. Do entwaüiii Almna uid liew 
jm (ae. Koloauui) knnig weiden, wann «r der eldeat waa. 



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492 



NAchricht: fColoman liet mit seiner ersten bawssfrawen tswen 
8un Lasla nnd Stephanum. Nach Christus gepurt tanasent iar 
Tnd in dem ein nnd hundertisten iar do kam Almas des knniges 
pmder za dem Kunig, wann er vor ym geflohen was . . / Dasa 
der von nns gesetzte Punkt awisehen ,Stephannm' und ,Nach^ 
richtig sei, unteriiegt wohl keinem Zweifel, denn einerseits rind 
wohl dem Könige die beiden Söhne nicht innerhalb des Jahres 
1101 geboren worden, und andererseits aetgt der ganze Satz- 
baa, dass die Zeitbestimmung snm Folgenden gehört Der 
Schreiber des Pietnm bringt die beiden oben mitgetheilten 
Nachrichten getrennt und besieht die Jahreszahl auf die Oebnrt 
der Prinzen (S. 203: Rex autem de prima nxore sua genuit 
Ladizlaum et Stephanom anno Domini MCI);* für die Rttck> 
kehr des Herzogs Almus nennt er aber das Jahr 1106 (S. SOS: 
Anno Domini M^C^VP reversos est dnx Almna de Patavia, 
qui propter regia timorem illuc fiigierat), was offenbar eine 
wiUkttrliche Annahme ist. Aus dem ganzen Sachverhalte geht 
wohl aber unzweifelhaft hervor, dass Muglen nicht aus dem 
Fietum schöpfte. Ebenso Ittsst sich an anderen Stellen nach- 
weisen, dass das Pictum nicht aus Muglen schöpft. So erzfthlt 
z. B. das Pictum S. 210 von einer Niederlage, welche die Un- 
garn zur Zeit Stephans n. durch die Byzantiner erlitten hatten, 
und setzt dann S. 212 fort: ,Rex autem Stephanns diligebat 
Kunos tnnc tcraporis plns quam deceret. Quorum dux nomine 
Tatar, qui a cede imperatoris (sc. graeci) cum paucis ad regem 
fugerat, cum rege morabatur. Rex autem incidit in dissenteriam 
etc/ Bei Muglen lautot mm dieser Bericht so wirr, dass wir 
ihn nur mit Zuhilfenahme des Pictum verstehen k ''n-ien: sicher 
hätte aber nicht der Schreiber des Pictuui aus dem bei Magien 
Vorhandenen den ricbtiiron Sachverhalt hcr<i:cstellt. Muglen 
erzfthlt nämlich (Gap. 49): ,Auch het er (der kunig) lieb die 
heyden und die tatter mer dan die Vngem. In den tzeiten 
tet der keyser von Kriechen den Vngem grossen schaden vnd 
slug ir vü zu tode. Do tzugen sie zu dem kunig von Vngern 
vnd gaben sich seiner gab. Do nam sie auf der konig liep- 
lichen. Donach wart der kunig siech u. s. w.' Der Grund 
der Verwirrung bei Muglen ist Übrigens offenbar. £r hat aus 



* Han bssAt« aash dta Unutaad, daas im Pie. wi« b«i Mvglsa di« Jalurea- 
sahl nach dem Namen der Piinaea steht 



H 



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493 



der Niederlage der Ungarn durch die Griechen and jener dar 
Kumanen durch eben dieselben eine gemacht Um niebt tm- 
nöthigcr Weise allzu ausführlich zu werden, müge nur noch 
auf einen Umstand hingewiesen werden, der deutlich darthut, 
dam daa Pictum nicht aus Magien Bchtfpfte. Es ist bereits 
schon oben darauf hin^^e wiesen worden, dass das Pictum nur 
bis auf Geysa II. die Erweiterungen biete^ und zwar schliesst 
es mit einigen auf die Züge dieses Künigs nach Galizien be- 
züglichen Nachrichten (S. 220). Muglen bietet sowohl über 
diese Züge Genaueres (Cap. öl), als auch enthält er noch für 
die folgenden Jahre bis 1172/73 viele beachtenswertho Kach< 
richten (Cap. 52 — 55), von denen im Pictom keine Spur vor- 
handen ist. Es ist nun klar, dass der nach Erweiterung seiner 
Vorlage mit allen Mitteln strebende Schreiber des Pictum sich 
sicher nicht diese zahlreichen Nachrichten hätte entgehen lassen, 
wenn sie ihm vorgelegen wftren. Uebrigens wird es aus den 
Ausführungen in einer späteren Studie klar hervorgehen, dass 
die Chronik Muglen's in der Reihe der Redactionen nicht un- 
mittelbar neben dem Pictum steht, sondern von diesem durch 
andere Redactionen getrennt erscheint, die keine von den dem 
Pictum und Muglen geraeinsamen Stellen aufweisen. Es ist 
also die Annahm^ dass das Pictum und Muglen selbst» 
ständig aus einer Quelle ihre Nachrichten schöpften, 
vollständig gerechtfertigt. Ilinzugei^igt mag noch werden, 
dass offenbar dem Pictum die Quelle in unvollendeter oder 
unvollständiger Gestalt vorlag, während Muglen ^ne weiter 
reichende Redaction benütstc. Man könnte aUerdings auch die 
Ansicht aussprechen, dass Magien etwa bis 1150 eine Quelle 
und seitlir^r bis 1172/75 eine andere benutzte. Dagegen spre- 
chen aber folgende Gründe: 1. weisen alle Nachrichten einen 
ganz unverkennbaren gleichartigen Cluurakter auf, so dass sie 
aus derselben Quelle geflossen sein mttssen; 2. ist es doch 
nicht wahrscheinUch, dass zwei getrennte Geschichtsaufzcich- 
nnngen von Terbältnissmässig geringem Umfange bestanden, 
von denen die eine bis zu den Ztlgen Geysas nach GaHzien 
gereicht hätte, die andere aber die genaue Fortsetzung hiezu 
bot. Auch ist es wenig glaublich, dass gerade diese zwei ein- 
ander ergänzenden Aufzeichnungen Muglen bekannt geworden 
wären und er sie so genau verknüpft hätte, dass keine Spur 
dieser Verbindung ersichtlich ist £in Meister in dieser Kunst 



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494 

war aber Muglen nicht; und damit kommen wir su unserem 
3. Beweiapunkt. Wir haben oben die Sparen der Inter* 
polation beim Beginne des EinschiebeDB unserer Quelle in den 
Contezt der Chronik nachweisen können. Und nun finden wir 
ebenso sichere Spuren der Naht am Ende. Dieselben sind 
aber nicht in der Darstellung der Regie rnngsseit Geysas II. 
vorhanden, sondern erst, wo die ausnihrliehen Nachrichten bei 
Muglen mit dem Tode Stephans Iii. (1172/73) abbrechen, um 
wieder mit jenen der Kationalchronik fortzufahren. JNachdem 
nämlich Millen aus seiner ausfilln liehen Quelle die ganze Zeit 
bis Stephans III. Tod (also auch das in diese Zeit fallende 
Auftreten der Kronprätendenten Ladislaus Ii. und Stephan IV.) 
dargestellt hat, auch vom Tode des Königs Stephan III.' und 
dessen Beerdigung gehandelt hat, setzt er nicht gleich mit dem 
Berichte der von ihm ausgeschriebenen Nationalchronik über 
Bein III. fort, sondern er nimmt aus derselben nun deren kurze 
Nachrichten Uber Stephan III., Ladislaus II. und Stephan IV. 
auf, so duss diese Krmig^e bei ihm zweimal erscheinen. Hiermit 
ist der Nachweis der Interpolation einer von Koioman bis auf 
Stephan HI. reichenden Quelle erbracht. 

Es erübrigt uns noch| Uber die Entstehungszeit der nach- 
gewiesenen Aufzeichnungen zu handeln. Nach den verbältniae^ 
mässig guten, bis 1172/73 reichenden l^achhchten, welche aus 
derselben flössen, glauben wir annehmen zu dürfen, dass 
sie schon um 1175 verfasst wurde. Um diese Ansicht 
näher zu begründen, müssen wir uns zunächst mit den bis- 
herigen Ansichten über die Entstehungsaeit der un* 
garischen Chroniken abfinden. Warum wir diese Kritik 
gerade an dieser Stelle bringen, erklärt sich aus dem Umstände, 



In der Chronik Muglen'ä, wie n'w. in der fciinz nngenUgeuden Ausp-abe 
TOQ Kovachich erscheint, i»t Folgeudei» riclitigvostelietu Nachdem im 
Cbp. 5S von Stephan« III. Thronbesteigui^ die Bede war» feraer von 
Ladialaue* D. Auftreten und fiühem Tod berichtet wurde, mw» der An- 
fang des Cap. &4 natürlich: ,Do der Knnig Lasla (nicht Bela) nu ge- 
starb . . .' lauten Der in ilicscin ("'apitel auftretende , grosse kunip 
Steph&u' ist der IV, iHesos Nanifiis; über sftinßn Tod wird am Ende de« 
Capitels gehandelt. Der König, Uber detMüu Tud am Ende dea Cap. i>ö 
berichtet wird, kann netOrlieh nur Stephan in. aein. Ee man also 
beiwen: ,Damech starb der kttnig Stephan (nidit.' der hwwog Bela) 
und ligt begraben tzu Gran/ (Man vergleiche Chron. Bndeniei 8. 188; 
. . onins [Ötaphani III.] oorpos Strigonii qnieseit*) 



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495 



daaa die Fnge nach der EototehungBeeit der von ans nach- 
gewiesenen Quelle mit der Kritik der Ansohannng Marosali's 
und seiner Gkgner Uber die Abfassung der Ohronik im engsten 
Zusammenhange steht. 

Es muss nämlich sunllchst betont werden, dass die Aus- 
führungen Marcaali's, wonach die erste Fizirung der ungari- 
sehen KOnigsgesohiehte um 1150 — 1160 au setaen wäre,^ yUA 
wen^er auf die ganse Chronik vor 1160, als auf unsere Auf* 
Zeichnung allein anzuwenden seien. Marczali hat eben zur 
(Grundlage seiner Untersuchung das Chronicon Pictum genom- 
men; in diesem reicht aUenfiiills ,der ausführlichere Theil . . . 
bis zur Zeit Geisas II.',' und das bewog zumeist diesen For* 
scher, da er den bis zu diesem Zeitpunkte reichenden Theil 
der Ohronik ab einheitliches Weric auffasste, jene Zeitbestim- 
mung betreib seiner Abfassung zu treffen. Für uns ist jedoch 
wohl kein Zweifel darttber vorhanden, dass die ursprünglichen 
Chronikredactionen ihre ausführliche Darstellung nur bis zum 
Ende des 11. Jahrhunderts fortführten, weil eben nur bis dahin 
die ,Ge6ta Hangarorum vetera' reichten. Das CSironicon Pictum 
hat erst durch allerlei Interpolationen und durch die Benützung 
der Ton uns nachgewiesenen Quelle seine Darstellung bis in 
die Fttn&igerjahre des 12. Jahrhunderts anaführlicher gestaltet 
Daher ist die obige SchlussfoJgerung Marezali's, auf die ganze 
Chronik angewendet, vidllg Terfehlt, besonders, da er auch die 
,<3ksta Unnomm' sich bereits damals mit der Chronik verknüpft 
denkt. Er hat eben übersehen, dass die Chroniken kein ein- 
heitliches Werk seien. Die von Marczali fttr die ganze 
Chronik angenommene Entstehungezeit gilt nur für 
die TOn uns nachgewiesene Quelle, und zwar ist diese, 
wie sie Hu^n vorlag, allenfidls noch etwa 15 Jahre später 
anzusetzen (circa 1175). 

Wie aber Marczali Fehlsohlttsse zog, weil er nicht zwi- 
schen den einzelnen Theilen der Chronik schied, so sind aus 
demselben Ghrunde anch die Ausführungen seiner Gegner miss- 
glückt Dieselben kf^nnen nur insofeme als gelungen bezeich- 
net werden, dass sie den Beweis erbrachten, dass der bis auf 
Geisa II. reichende Theil des Chronicon Pictum in der uns 



^ Uncsnu QeMhiditMiaeUen, & 80. 
* BbciidA, 8. 70. 



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496 

▼oriiegenden Qestalt nicht um tl60 Terlawt sein kOnno. Dan 
aber die Chrotiik in anderer Gestalt und iusbesonden einzelne 
Thefle derselben nicht damals bereits vorhanden waren, folgt 
noch aus diesen Ausführungen dnrchaus nicht' Es sei gestattet, 
auf dieselben hier nfther einsugehen^ da dieselben sowohl gegen 
unsere oben betreffs der von uns nachgewiesenen Quelle ge- 
ftusserten Ansieht gerichtet erscheinen, als aneh den Ansftihmn- 
gen, welche spttter über die Entetehungsseit der ,Oesta Hun- 
garorum Tetera' geboten werden sollen, vu widersprechen 
seheinen. Wir wollen daher zunächst die von Huber in 
seiner Kritik der Geschichtsquellen von Karczali geltend ge- 
machten Grttnde prOfen und sodann jene Radema<eher's kriti- 
siren. Hiebei behalten wir insbesonders stets die Ton uns 
nachgewiesene Quelle im Auge und prüfen, ob die von uns 
oben angesetzte Entstehungszeit sieh bestlltigen wird. 

Hub er, der treffliche Kenner der Österreichischen G^e- 
schichte, macht zunftohst geltend,^ ,das8 bei der Erzählung der 
Ursachen des angebliehen Feldzuges Ladislaus' I. gegen Böh' 
men im Jahre 1095 die Verhtthnisse dieses Landes ganz irrig 
dargestellt werden'. Diese Behauptung ist durchaus richtig; 
aber die unrichtige Notiz ,propter iniuriam nepotis sui' findet 
sich nur in dem Chronicon Pictnm (S. 200) und rührt somit 
erst aus der Mitte des 14. Jahrhunderts her, da diese Redaction 
entstand.* Auf die Beurtheilung der ursprünglichen Chronik 
und insbesonders deren einzelner Theile hat sie somit keinen 
EHnfluss. — Dasselbe gilt von dem falschen Bericht über den 
Durchzug der Kreuzfahrer durch Ungarn unter Koloman; auch 
er ist erst in die Redaction des Pictum eingeschoben worden 
(S. 20 n. — Ganz richtig bemerkt Huber, dass ein Zeitgenosse 
die Bezeichnung der ^villae conditionales' in Ungarn als ,dona> 
tiones rcgum' nicht davon ableiten konnte, dass nach dem 
Blutbade in Arad durch Bcla II. das Besitzthum der Ilin- 
gerichtotcn ,ecclcsiis kathedralibus t'M clivisa*^ ((^hron. Budense 
S. 185, Pi( tum S. 213). Diese Stelle gehört aber jenem Theüe 
der Chroniken an, der auf den ron Keza erst um 1^5 ver- 

* Mittheiliinpen des In.itituts fl5r österr. Gescbichtäforscbung IV, 1S4. 

* Keine der Quellen — vgl. Anm, 2, S. 489 — welche über dieses Böhmen- 
krieg bandeln, begründen ihn wie dtm Pictam. Dm Pletmn echinttckt 
wie intmer, eo aneh in dieaem Falle eeine Vorlag«» hier die LadieUnu* 
legende, wo». 



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497 



fiwBten Aufzeichnungen beruht (siehe S. 481 f.), und swar ist 
aie in denselben erst nach Kesa bei dem sie noch fehlt — 
hineingekommen. — Die ungenaue, den Charakter der Sage 
an sich tragende Brsfthlung yom Feldsuge gegen Borics findet 
sieh nur im Fictum (S. 214) und ist also ein spllterer Znsais. 
Bei Muglen, Cap. 60, steht nur: yDerselb kunig Bela sing 
Befinum, den König von Polau vmb (?) mit allem seinem 
beer.' Alle anderen Chroniken wissen Uber diese Verhlltnisse 
gar nichts. Aus dem letaleren Umstand und aus dem Ver- 
gleich des Pictnm mit Muglen ergibt sich, dass die Nachricht 
Uber den Krieg mit Polen aus der Ton uns nachgewiesenen 
Quelle stammt In dieser stand sie aber nur in der bei Muglen 
bewahrten sachgemässen Form,* die einer um 1175 ent- 
standenen Quelle sehr wohl eigen sein konnte; erst das 
Pietum hat, wie wir es bei dieser Redaction gewohnt sind, die 
sagenhaften Krwelterungen hinsugeftlgt. — Was die Schilderung 
des Krieges Qeisas II. gegen Oesterreich im Jahre 1146 be* 
trifft, so sind die falschen Namen der beiden deutschen Grafen, 
welche sich Pressburgs bemUchttgen, nur im Pictum genannt 
(8. 216); ebenso ist der grobe Fehler, dass Heinrich ,erat enim 
tntor pnpill! ducis Herrici Leonis, cni Saxonia et Bavaria here- 
dilario conpetebant', ein eigenthUmlicher Zusatz des Pictum 
(S. 217). Weniger gewichtig erscheint die Ausstellung, dass 
Heinrich als ,dux Austrie' bezeichnet wird, und dass von ihm 
erzählt wird, er hMtte Sachsen und Baiem mit sich gegen die 
Ungarn geftlhrt Was zunächst nämlich die Bezeichnung Hein- 
richs als Herzog von Oesterreich betriffl^ so ist dieselbe, da 
Heinrich zur Zeit des Kampfes Herzog von Baiern war und 
wenige Jahre später Herzog von Oesterreich wurde, nach zahl- 
reichen bekannten Beobachtungen selbst bei einem wenig sp&ter 
schreibenden Chronisten mdgUch, und dies umsomehr bei einem 
in Ungarn lebenden. Auch die Bemerkung, dass in Heinrichs 
Heere sich Baiem und Sachsen befanden, könnte aus den Be- 
ziehungen, welche zwischen Baiem und Sachsen einerseits und 
zwischen Baiem und Oesterreich andererseits bestanden, er- 
klärt werden. Es ist leicht, anzunehmen^ dass ein auch nur 
wenig später in Ungarn schreibender Chronist ttb«r diese 
schwierigen Verhältnisse des Auslandes nicht genau nnter- 



* Vgl Hnb«r, a«idiidite Osstwreleha I» 849. 



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498 



richtet war. Wenn also auch — wie dies aus den gemein- 
samen Nachrichten des Pictum und bei Magien herroigeht < — 
die eben besprochenen Mittheilnngen aus der Ton uns festge- 
stellten gemeinsamen Quelle beider hervorgegangen sind, so 
wXre dies noch immer mit Bucksicht anf dUe sonstigen reich- 
lichen und TerlässHchen Nachrichten derselben kein Qrund, 
dass diese Aufseichnung nicht etwa 1175 stattgefun- 
den haben konnte.^ — ZutreiFend ist die Bemerkung Huber^s^ 
dass die ^Verwechslung der angeblich in Admont begrabenen 
Sophia, Gemahlin des Königs Salome, mit der gleichnamigen 
Tochter Belaa n., die seit 1150 in dem genannten Kloster als 
Nonne lebte', erst Tiel später stattgefunden haben kann. Die 
betreffende MittheQang ist aber offenbar erst seit Kesa in die 
Chronik gekommen. Thatsache ist nftmlich, das« in allen 
Chroniken nur die übereinstimmende Nachricht sich findet, 
dass Salomen aus Furcht vor seinen Verwandten seine Familie 
nach Admont brachte. Man yeigleiehe: 



Kez«. 

S. 86. Salomen ergo mo- 
tu cns fratres suos cum tuta 
familia in Stiriam introirit, ubi 
in Agmund mouasterio familia 
sua derelicta, in Musunium est 
reversus . . . 



Chronicon BadenM. 

S. 155. Postea autem rex 
Salomen metnens Geysam re- 
gem et ipsius fratrem cum 
rebus et familia Stiriam introi- 
Vit et in ciaustro Agmund 
matre et uxore relictis in Musun 
est reversus . . . 



Uebrigeug muBa aut die bemerkenswertiiu Abweichung zwischeu dorn 
Texte bei Ifnglen und jenem in der Chronik hingewiesen werden. Bei 
Magien lautet Cftp. 61 die Stelle: ,In deeaelben knniges Seiten riet der 
heiisog Heinrich TOn Oetetreich dem Keyser, das er gen Vngern 

(T.xifrn), Do nam der Keyser Tknuricli tlio Pairn uud die Sachsen vnd 
tzoh gcweldip pcg'en Vnp^ern . . .' Im I'ictum. S. 217, heisst es: .Quam- 
vi& eniin cesar i» propria persona non veuerat si4>er regem, uaiversum 
lene robnr regni Teatonicorain ad extirpendam Htingariam eonmoTerat. 
Herriettt «ntem qnidem dnx Anitrie, principeli« adTerearing regle, omnee 
hellatores de Saxonia et de Bavaria necum addnxerat. Erat euim tutor 
pupilll (Imis Horrici Leonis, (.ui Saxonia fit Bavnria IirTcditario conpete- 
bant ' H<>atlitet man die bciiw ifrit^kfit dieser jiKlitistliRn Verhältnisse, 
ao wird man auch im Aogesichte der IrrthUmer zugeben umäsen, das» 
die sn Gnipde Kegenden Aufceichniingen nieht etwa eret viele Jahr- 
seimte nach den Begebenheiten gemacht wurden. Die anderen «ngari- 
sehen Chroniken wiiien niehte von dieien Vorgingen. 



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499 



Diese an uefa nicht unglaubwürdige Nachricht wird abo 
unoweifelhaft schon in den ^Qesta Hnngarorom' gestanden sein.^ 
Andern yerhSlt es steh aber mit dem an das Ende Salomons 
gekntlpften Berichte Uber den Ausgang seiner Fran, besiehnngs- 
weise aach seiner Mnttw. Zwischen dem betreffenden Berichte 
Keaa's nnd demjenigen der Chroniken findet nch keine nithere 
Beziehung. Keaa weiss Überhaupt nur von der Gemahlin au 
erafthlen, und nur sein breiter, sagenhaft ausgeschmUckter 
Bericht knüpft an die Nonne Sophie an; die Chronik weiss 
nichts von dieser Nonne, erwähnt aber in ihrer gana knraen 
Notia auch der Mutter des Ktoigs: Uxor autem eins et mater 
in Agmund requiescunt (Chron. Budense, S. 169). Zwischen 
diesen Berichten besteht somit keine nUhere Besiehung, und 
es stand somit hievon nichts in der Vorlage; die Nachrichten 
sind vielmehr offenbar erst aus der üeberlielerung von Keoa 
und ebenso vom Verfiwser der nationalen Grundchronik auf- 
genommen worden und unterscheiden sich dedialb in Inhalt 
und Form.' — Endlich sei noch bemerkt, dass jener Bericht 
ttber die Trunksnoht Belas II., welchen Huber sulctst h«rbei- 
sdeht, sich nur im Fictum (S. 216) findet Durch den Hinweis 
auf diese Notiz in der Chronik hat Huber die Bemerkung 
Harezali's (S. 78) zu widerlegen versucht, dass die Chronik 
ftkr yBela II. und dessen Sohn Geisa II. das höchste Mass dy- 
nastischer Anhänglichkeit entfaltet', so dass ,nur die Gleich- 
zeitigkeit diese Anhftufnng von Lob erklürf. Diese Bemer- 
kung Marczali's ist sicher unrichtig, insofern er den ganzen 
Bestand des Pictum im Auge hatte. Thatsache ist abcr^ dass 
wir auch in Muglen die höchste Lobpreisung Belas II. und 



' Die Flucht müsste 1074 oder 1075 ätHtt^üfunden ]iabon; voran geht nSm- 
lieh in der Chronik (S. 151) dio Erwähnung der Krmipskrflnurg^ Oeysas, 
die man mit den Anualus v&teres Ungarici in das Jahr 107ö setzt, wilh- 
ftnd die 8«hilderung des Zuges Heittridia IV. vom -Jahre 1074 nacli- 
folgt (8. 156). In jedem Falle bettend bcureita dameb das 8<ift| denen 
Kirche bekanntlich im September 1074 geweiht wurde. (Wiehner« 
Geschichte dos Bfiiodictinerstiftes Admont I, 31.) 

• üebrigens lajr Ko/rt dem Verfasser der Nationalchrrmik vor (atis seinor 
Dantelluug wurdu die iiunneugeechicbte, der Uebergang von dernalben 
rar UngarngoMhielite mai «ndlidi die Besis fttr die Osntelliiiif von 
KoloBMi bie anf Stephan V. entnommen); es wftre also mOj^oh, dam 
auch seine Uagarugeachichte bis Kolomaa suweilen neben den ,aesta 
HwifMonnn vetera* sn Batha gesogen wurde. 



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soo 



Geisas finden, wie sich diese auch im Pictum, hier jedoch be- 
reits neben der schmähenden Bemerkung über Belas Trank- 
«acht» findet Die Erklärung ist nicht schwer: nur das, was 
die von uns festgestellte, dem Pictum und Magien gemeinsame 
Quelle cnthieltp iit zeitgenössisch; hiezu gehören eben auch die 
Lobeserhebungen der KOnige^ und diese deaten thatsäck- 
lich auf den aeitgenOssischcn Verfasser.^ 

Wir gelangen nun au den Ausfuhrungen Ka demach er's.' 
Dieser ftthrt zunächst in den Forschungen zur deutschen 
Geschichte XXV, S. 392 Einiges an, was gegen die Abfassung 
der Chronik vor 1200 sprechen soll. Hier rächt sich der von 
ihm gleich am Anfange seiner Abhandlung ausgesprochene 
Grundsatz, dass es von geringer Bedeutung sei, die Unter- 
schiede zwischen den verschiedenen Redactionen der Chroniken 
festzustellen, und ebenso war es ftlr seine Ausführungen ver^ 
hftngnissvoU, dass er die Gesta Hunorum fUr einen ursprüng- 
lichen Theil der Chronik hielt. Besondws griindhch ist Ubrigras 
Rademacher bei seiner Beweisführung Uberhaupt nicht vor- 
gegangen. ,Beide Chroniken (Keza, S. 80 und Pictum, S. 148) 
— bemerkt er zunächst — haben die Stelle: „Tunc enim Au- 
stria non duces, sed habebat marchiones." Oesterreich wurde 
Herzogthum 1156. Jene Worte kHngen, als wäre es längst in 
Vergessenheit gerathen, dass Oesterr^ch einst Markgrafen 
gehabt, als mttsste ausdrllcklich daran erinnert werden: sie 
können nicht vor 1200 geschrieben sein. »Ii er später/ Hätte 
JECademacher die verschiedenen Chronikredactionen mit einander 
genauer verglichen, so hätte er gefunden: 1, dass alle anderen 
Kedactionen diese Bemerkung nicht enthalten, und 2. dass das 
Pictum auch sonst neben der ihr vorliegenden Nationalchronik 
Keza benützt und wie an anderen Stellen, so auch an dieser 
Keza ausschrieb.' Er wäre dann sofort auch auf den Ge- 

* Bei Magien, Cap. 50, heink si von Bei» II.: ,In des konigei asitea wis 
Vngerlant in Md Tnd in gnad. Danelb Iranig was mild» und cOim . . .* 

Und von KOnig Qeyn, wird berichtst, GSsp. 61: ,. . . Derselb kunig was 
{▼ewaMig vtid ^nt tzu allen zeiten . . .' Cap. 68: . . In de» konigee 
tzöiton wjiz Vngerlaat in grossen frid . . .' 
' Zur Kritik ungarischer Geschiclitsquellen (Forschungen znr deutschon 
Oeaehiehte XXV, 8. 361 IT.) nnd «Die nngsriaehe Chionik als <^elle dentp 
•eher Geaeliiehte* (Progr. dea DomgTnuiaaiQma an Menebnijg 1887). 

* Man vei^leiche beeonders noch die EntlehiuiDgen ana Xesa im Sdilnaa- 
capitol der Uannengeeohichte dea Fietam (8. 120/.). 



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501 



danken gekommen, daaa die Bemerkung von Keza herrtthrt 
und somit keine Beweiskraft für die yon ihm benutzte Quelle 
Lat. Wir fügen noch hinaUf dass an der betreffenden SteDe 
des Pictam die den anderen Redactionen fehlenden Nachrichten 
klar als Eänsehiebung au erkennen sind. Was nämlich das 
Pictam mit den anderen nationalen Chrcmiken gemein hat, 
stimmt wörtlich mit diesen, nicht mit Keaa ttberein; die Kach- 
richten, welche es aber gegenüber den nationalen Chroniken 
mit Kesa gemein ha^ stimmen mit diesem voUig im Wortlaute. 



Kewi, S. 80. 

Tandem quoqae mis- 
80 ezerdtu in Carin- 
thiam pro spoHo fa- 
ciendo, cum inde 
redirent honerosi, Got- 
fridus Austrie marchio 
circa Pctoviam insul- 
tnm £Aciens super eos, 
eorura spolia fertur 
abstuliase. Tone enim 
Austria Tion duces, sed 
habebat marchiones. 
Cumque eo tempore 
Colonie degerat impe- 
rator, audito quod . . . 



ricttittt, S. 14H. 

Post hec rm'sit bellatores 
fortes in Karinthiam, qui 
piurimoB captivos recepe- 
runt et in Hungariam re- 
dierunt. Gothfridus autera 
Austrie marchio circ a Pe- 
toviam insuitum faciens 
super eos, eonim spolia 
fertur abstulisse. Tune 
enim Austria non duces, 
scd habebat marchiones. 
Eo autem tempore Cesar 
pasca domini Colonie cele- 
bravit et cam principibus 
suis oonciliatos est . . . 



Budense, S. 81. 

Post hec misit beUa* 
tores fortes in Carin« 
thiam, qui plurimos 
captiyoB ibidem rece- 
perunt et in Hungariam 
rediemnt. Eo 



tempore Cesar paacha 
Domini (Kolonie eele- 
bravit et cum principi- 
bus suis . . . 



Mithin hat die erste Stelle Bademacher's keine Beweis- 
kraft. — Wie steht es nun um die zweite? ,An einer anderen 
Stelle wird unter den von Attila zerstörten Städten Oberitaliens 
Alexandria genannt. Die Stadt ist im Jahre 1108 gebaut. Das 
Gerücht von ihrer unter so auffallenden Umständen erfolgten 
Gründung war gewiss auch nach Ungarn gedrungen, musste 
aber gänzlich vergessen sein, ehe die Stadt in solcher Verbin- 
dung erwähnt werden konnte.' Daraus wird nun wieder der 
Schluss gezogen, die ganze Chronik sei vor 1200 nicht ent- 
standen. Nun genügt es aber, daran zu erinnern, dass der 
Beweis aus §.13 der ,Gesta Huuorum*, die erst Keza verfasst 
hat, geholt ist, um auch den zweiten Beweis Rademacher's zu 
entkräften, insofeme derselbe daraus SchitLaae auf die ganze 



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609 



Chronik sieht — Ferner verweist Rademaeher In seiner Ab- 
handlung yDie nngarische Chronik als QaeUe dentscher Ge- 
schichte', S. 3, Anm. **y auf den Umstand, dass ^der Chronist 
eine gewisse Kenntniss deutscher Heldensage seigt, die wohl 
erst erworben sein kann, nachdem die Aa(xeichnung der 
grosseren Heldengedichte um 1200 stattgefunden hatte'. Auch 
dieser Beweis leidet an derselben Schwäche wie der voran- 
gehende. Die Verweise auf die deutsche Heldensage finden 
sich nJtmlich in der Honnengesohichte, die als Werk Keaa's 
allen&Us erst dem 13. Jahrhundert angehört — Auch eine vierte 
Bemerkung Rademacher^s a. a. O. ist hinfiülig: ,Bilderchronik, 
p. 131 (nicht 331, wie er citirt) hat zu „Suevia" die Bemer> 
kung „tmde Imperator Fridericus ortnm habet^, was wohl auf 
Friedrich Barbarossa zu beaiehen ist.' Dass der Chronist unter 
Friedrich wirklieh den Kaiser Barbarossa verstanden habe, ist 
wohl unsweifelhaft, weil an der betreffenden Stelle auch das 
^Castrum Stoph' genannt wird. Jene Bemerkung kann also 
allenfalls erst der Zeit nach Friedrich I. angehören. Aber 
Rademacher Ubersieht, dass dieselbe jenem Verseichnisse 
der nach Ungarn Eingewanderten angehört, das noch bei 
Keza getrennt von der Chronik erscheint >n 1 erst nach ihm 
mit dieser verbunden wurde. Uebrigens Hndet sich noch bei 
Keza jene Bemerkung Uber Friedrich nicht vor; die Stelle 
lautet nttmlich: ,Sed postea tempore Petri regis Kelad et Qnth 
intrant, tres fratres ex f^cncre Suevorum, de castello Stof na- 
tivi^ (S. 94). Erst der Chronist, welcher das Verzeichniss ,de 
noLilil us advenis* in den Context der Chronik aufnahm (es ist 
dies der Schreiber der Grund- oder Minoritenchronik), hat jene 
Erweiterung vorgenommen, die sich daher in den späteren 
Chroniken findet. So zerfallen auch diese Ausführungen Rade- 
macher's in nichts. — Wenn er aber schliesslich bemerkt, dass 
im Pictum, S. 134 ein ,dux Meraniac' genannt wird, der Name 
aber sonst erst seit circa 1150 vorkommt, so können wir durch- 
aus nicht die Ansicht theileti. dass damit auch der Beweis fUr 
die Abfassung der ganzen Chronik oder auch nur des betreffen* 
den Capitels nach llöO erbracht sei. Ist es doch durchaus 
nicht aasgeschlosBcn, dass der Name auch schon einige Jahr^ 
zehnte vor 1150 bekannt war, wenn er auch in anderen 
Quellen in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts nicht vor^ 
kommt. Wenn also diese Nachricht auch aus den ,Gesta Hnn- 



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60B 



garorum vetera* stammt,* so würde daraus sich nicht ergeben, 
dass diese nicht schon etwa am Anfange des 12. Jiihrhunderts 
entstanden sein könnten. 

Fassen wir die Ergebnisse unserer Betrachtung zu- 
sammen, so ergibt sich Folgendes. Da bei den besprochenen 
bisherip^en Untersuchungen die Chronik als einheitliches Ganze 
betrachtet wurde, ferner weder auf die einzelnen Theile der- 
selben Rücksieht genommen, noch deren ursprünghcher IJestand 
von späteren Zusätzen unterschieden wurde, so waren die Er- 
gebnisse zum grossen Tlicile unsicher. Als ihr gesichertes Er- 
gebniss konnte nur die Thatsache gelten, dass keine der 
Chronikredactionen in ihrer Gesammtheit, und vor Allem nicht 
das Chronicon Pictum vor dem 13. Jahrhvmdert entstanden sei. 
Hingegen scheinen keine stichhiiltigen Gründe vorhanden zu 
sein, dass nidit einzehic Theile der Chroniken bereits in an- 
derer (ipf^talt früher bestanden. Nur muss man dieselben eben 
in ihrem ursprünglichen Bestände ins Auge fassen und darf 
hiebei aach einzeln«' F«>}tler und Lücken, die sich auch in dem- 
selben zeigen, nicht immer :iu^ der spateren Zeit der Aufzeich- 
nung erkliiren wollen, wenn sie sich in natürlicher Weise aus 
anderen Gründen erkliiren.- Darnach ^'lauben wir, dass 
zunächst kein Grund vorhanden ist, dass die nrn lige- 
wiesene historische Auf'/cichnung von Koloman bis 
Geisa II. nicht schon einige Jahre nach den noch in 
ihr geschilderten Erei^'nissen abgefnsst wurde, also 
etwa 1175. Ihre Berichte erscheinen nämlich in ihrem durch 
den Vergleich des Chronicon Pictum mit Muglen sich ergeben- 
den Kern - - worüber eine besoiHicrc Studie ül»er diese Quelle 
alleres bringen wird — so sachgemäss, dass eine spätere 

* Die SteUe kommt uauiUcb auoh bei Kesa, 8. 73 und in den anderen 
Chroniken (vgl. Bödme, 8. 54) vor. AUralüli klhiiile ei« la dteae 
Qoellen ent ana oiner «plIereD Bedaetioa der ,Q«»ta Hunferontin Tetera* 
geflossen oder ans Kesa in die Chronik Obernommen wofden tein. Tgl. 

S. 409, Anm. 2. 

' D.OÄs übrigens oinzdiie Versehen auch bei ZeitgouossLMi vorkomnion 
kOanen, ist wohl eine Thatsache, die keiner näheren Erörterung bedarf. 
Hidit Jedes Vefvehen vnd niehl jede Art von Veneben moas alao m» 
qilter Avfiwiebnniig erklärt werden. Intoreaaant ist dieebesOf lieh eine 

Betnushtang der GeHchichte Ludwigs des CjrusH<>n von Johann von Kik> 
kniew niifl dr-:-;pn S(«lb8tbekeniitiii.s.s Oir r, Hudenae, Sil ■= Chron. 
Dnbnicense, .s. 180 — Thurocs, Cap. 2&, ö. tb7. 
AichiT. Bd. LXXXV. II. imrte. 33 



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Ö04 

Auf/<<'i<'liiiung kaum denkbar ist. Ebenso weisen die in ihr 
eutiialtrnen Lobeserhebungen auf Bela II. und Gfysa II. auf 
den z('it|;('Iujs^is(•hen Verfasser. Dass wir es mit einer un- 
garisrluin Aufzeichnung" zu thun haben, ist wohl un- 
zweifelhaft. Eine nähere lie&iimmung des Abfassungsortes 
und des Autors ist nicht möglich. Jene das Kloster Dümös 
betreffenden Nachrichten, aus denen Marczali (S. 81) die Ab- 
fassung der ^'anzen Chronik bis etwa 1150 dahin verlegt, ge- 
hören zu den Erweiterung'en des Pictum, die es nicht mit 
IMuglen gemein hat und somit auch nicht aus unserer Quelle 
schöpfte. 

4. Dio FortBeixuDg der Orandohronik bis 1842. Johann 
von Kikkulew's Qcsohiohte Ludwigs I. und die Schrift 
des Brnders Johannes sur Geschichte dieses Königs. Die 
Bedaotionen Budense» Dabnieense and Thuroes. 

Um unsere Untersuchung über die Bcstandtbeile der 
Chroniken fortzuführen, kehren wir nun wieder zur Entwiek- 
lungsgesehiehte derselben zurück (vf^l <>hou 8. 4>^8). Die Chro- 
nik, aus welcher der Codex Vaticanub und die ihm verwandte 
Grundlage der Gruppe Magien — Sambucus — Aeephalum — 
Pictum — Monacense ^a^flosscn war, wurde unter der Regierung 
KaiL-i gleichzeiti<2^ weiter furtgesetzt oder e.s \Mjrden doch die 
Aufzeichnungen bi.s zu seinem Tode bald darauf niederge- 
«ehrieben. Der überaus ausführliche Berieht über die Leichen- 
feier des Küuigs deutet deutHeh auf den zeitgenüsöiöchen Cha- 
rakter desselben. Diese vom Jahre IHi^ö 1342 reichenden 
isachriehteii finden sich übereinstimmend im Chronieon Budense 
(S. 2r)2 -2*).")) und im Chronieon Dubnieeuse (S. 127 — l.'jö), 
ferner auch bei Thurocz (vS. 165 — 170). Weiter wurde die 
Chronik zunächst nicht fortgesetzt. Was nun alle drei eben 
genannten Chroniken über die Regierung Ludwigs L bieten, 
ist das Werk .lohann von Kikkulew's, des geheimen Nutars 
König Ludwigs. Die Verbindung dieser selbstf^tflndicren Schrift 
mit der Chronik erfolgte wohl erst zur Zeit Maitloas , .ils für 
literarische Bestrebungen in Ungarn wieder die Möglichkeit 
geschaffen worden war; denn die tra u Zeit von Sigmund 
bis auf den genannten König war »iehei m h( fl^r eine derartige 
ThUtigkeit geeignet. Man vci band itun zunächst mit der bis 



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605 



zum Tode Karls fortg<^f Vihrten Chronik die Arbeit Jokanns Uber 

Ludwig, und zwar zunächst ohne dessen Namen zu nennen,* 
nnd füln te die Darstellung mit spärlichen Notizen Uber Sigis* 
mund, Albrecht, Wladislaus und Ladislaus bis in die erstem 
Jahre Matthias' fort. Die Spttrlichkcit dieser Notizen ist ein 
Beweis fUr ihre späte Abfassung. In dieser Form ist uns die 
Chronik in dem von Andreas Hess im Jahre 1473 in Ofen ge- 
druckten Chronicon Budense erhalten. Diesem am nächsten, 
doch so, dass es nicht aus dem Drucke, sondern aus dessen 
Vorlage floss,* steht das wonig spätere Chronicon Dubni- 
censo. Dieses führt die Geschichte Matthias' etwas weiter 
fort und ergänzt (S. 143 — 167) die Geschichte Ludwigs von 
Johann von Kikkulew, der auch in dieser Chronik nicht ge- 
nannt erscheint, durch die sehr eingehenden Schilderungen dor 
Jahre 1345 — 1355 von einem Augenzeugen. Derselbe stand 
zum Könige offenbar in sehr engen Beziehungen rind gehörte 
dem Ordrn der Franziskaner an. was aus den Bemerkungen 
auf S. 15öt. und S. 162 hervorgeht." Offenbar ist der Verfasser 
jener ,frater Johannes', dem der König nach der Krzälilung 
S. IGf) jUnuui equum, quem habuit raeliorem, concessit* und der 
auch S. lOG als Gefllhrte der missglücktcn Expedition Ludwigs 
genannt wird. Schliesslich ist noch zu bemerken, <la.ss Thurocz 
ebenso wie das Hudense und Dubnicense die bis zum Tode 
Karls fortgeführte Chronik benützt hatte, an diese aber das 
Werk Johannes von Kikkulew über Ludwig I. vollständig und 
mit dessen Namen bezeichnet, anknüpft und von Ludwigs Tod 

' Doch wird sonst die Quelle so weuig geändert, dass z. B. im Budense, 
8. 811 £e in der TorangebendAn Anm. mrwiluiteii Estwhnldignngen de« 
Anten wegen d«r ünsnllfqfliehkrit «einer Denteltung wSitlicb anfge* 
nommen wird. Dieselbe Stelle findet sieb Im Cbron. Dnbnieenee, B. 180 

und bei Thurocr., 8. 187. 

* Dies wird ia einer späteren Studie nKlier dargclugl wardeu. 

* S. 168: . . claustrum autem fratrum miuoruni incouderuat et pluros 
ex ebdem fbitribae mortie pooolo inebriarant.' 8. 159: . . dixit res: 
Dem seit, qnod tota «ttinia mea in manibn« fratrnm ninornn est; 
ideo, postquam me mortaara Tlderis, accipe eapni et cor meum, et porta 
matri mee, et postqnam mü .aiiiprissime defl«verit, sepelias in Strigonio 
circa sepuicruui regis I^le iu ecclt-siH beate virginis ordinis fratrum 
minorum, in 4na pro nunc et semper eligo sepeliri.' — S. 102: ..ve- 
nerant dno f rat res minores, qui com ab eo elemoiinam peterent, voee 
Atribnnd« responditt Qnis ille Franeiscns, qiti dedit vobia o«easionem 
vagmidi? . . .* 



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506 



die Geschichte selbstständig bis auf Matthias fortführte. Auf 
die von ihm hiebei benutzten und auch bezeichneten Quellen 
ist hier wohl nicht nötliig, näher einzugehen, da der Arbeit 
Thurocs' spiUer eine selbstständige Stadie gewidmet werden soU. 

B. ZntammenfMiiiiig der wiohtigiten BigeVniiie. 

Am Schlüsse unserer Studie sei es gestattet, nochmals in 
Kttrse die wichtigsten Ei^ebnisse zusammenzufassen. 

Benu'ts um das Jahr 123Ö besteht eine ungarische Ge- 
schieh tsjuifzeichnung , die ,Ge8ta Hungarorum (vetera)^ 
Dieselbe begann mit einer Beschreibung Skythiens als der Ur- 
heimat der Ungarn, handelte sodann über den Ursprung der 
Ungarn und ihrer Könige und erläuterte insbesonders die Ab« 
stammung Almus'. Sie erzählte fenier den Ansang der Ungarn 
ans ihrer Urheimat, schilderte ihre Wanderung nach Pannen icn 
und ihre Niederlassung daselbst, sowie endlich ihre Geschichte 
in der neuen Heimat bis gegen das Ende des 11. Jahrhunderts. 
K&heres nber die Gestalt und Abfassung dieser ,Gesta' wird 
eine spätere Studie bringen. Eine Hunnengeschichte enthielten 
sie n i c h t. 

Um 1235 schöpfen aus dieser Quelle bereits zwei Schrift- 
steller. Der Mönch Richard benutzte sie in seiner Schrift 
,De facto ITungariae Magnae', und aswar bringt er, seinem Zwecke 
entsprechend, Auszüge aus der Zeit bis auf Stephan 1. — 
Dagegen hat der Mönch Alb er ich von Treis Fontaines in 
seiner Chronik bereits die Nachricht von Almus aus den ,Ge8ta' 
ttbemomnien, benutzt dieselbe aber besonders ftir die Zeit seit 
Stephan I. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, wo ihn eben 
seine Quelle im Stiche lässt. 

Etwa vier Jahrzehnte später haben wieder fast gl<Mch- 
zeitig zwei Männer die ,Oesta' benutzt, der Anonymus und 
Koza, wobei wir es zunächst dahingestellt sein lassen, ob ihnen 
etwa dieselbe Redaction vorlag, und ob sie nicht gegenüber 
Riehard und Alliorich bereits erweiterte Handschriften hcnütztcTi, 
Der Anonymus hat in seine Vorlage zunächst einip^e Mittlici- 
lungen über Attila eingefloeliten, da er über die Hunnen in 
dorpolben nielits fand; aucli sonst hat er seine (^^ueUe dni-rli 
viele willkürliche Zusätze entstellt. Mehr wird hierüber in einer 



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507 



folgenden Studie sn sagen sein, Keza bat den ^Gesta' zu- 
nXchst eine ausfilhrliche Hannengeschichte vorangestellt^ ferner 
deren Darstellung durch dllrre Notizen von Coloman bis auf 
seine Zeit forlgefUhrt. Erst fttr die Zeit LadisUus' IV. des 
Kumaniers wird er aosftlbrlicher. Auch über Keza's Werk, 
das die erste zusammenfassende Darstellnng aber die Hunnen 
und Ungarn ist, wenn wir von der missglttckten ungarisch- 
polnischen Chronik absehen, wird eine besondere Arbeit folge u. 

Um das Jahr 1300 entstand sodann im Minoritenkloster 
zu Ofen die Nationale Grundcbronik oder Ofener Mino- 
ritencbronik. Dieselbe bestand aus Keza's Hunnengeschichte, 
femer dem Ton Keza herrührenden Uebergange von dieser zur 
Ungamgeschichte; filr letztere wurden (neben Keza) die ^Gesta 
vetera' in ursprunglicher Gestalt benutzt. Keza's dOrre Dar- 
stellung von Coloman bis auf Stephan V. wurde aus einem 
genauen Verzeichnisse der KrOnungs- und Sterbejahre der 
Könige und durch einzelne» oft irrige Nachrichten erweitert. 
Daran knüpfen sich seit Ladislaus IV. die selbstständigen 
Nachrichten. Aus dieser Grundcbronik flössen allmttlig die 
anderen Redactionen der Chroniken. Ueber deren näheres 
Verhältniss zur Grundcbronik einerseits und zu einander an- 
dererseits wird eine weitere Studie handeln. Auch ist nach- 
gewiesen worden, dass im Chronicon Dubnicense die Darstel- 
lang des Johannes von Kikkulew über Ludwig den Grossen 
durch die zeitgenössischen Aufieeichnungen eines Augenzeugen 
(frater Johannes) fOr die Jahre 1345—1355 erweitert wurde. 

Schfiesslich wurde nachgewieseni dass um 1175 eine 
ungarische Geschichtsaufzeichnung entstanden war, 
welche die Zeit seit Coloman bis 1172/73 umfasste und gute 
Nachrichten enthielt. Dieselbe ist im Pietum bis etwa 1150, 
bei Mu^en aber bis 1172/73 benutzt. Die Beconstruction 
dieser Quelle wird später versucht werden. Nebenbei wurden 
die bisherigen Ansichten über die Entstebungszeit der Chroni- 
ken geprüft und widerlegt 



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ÖSTERREICHS 

DirLOMATISCHE BEZIEHUNGEN 
ZVU PFOKTE. 

1658—1664. 
ALFONS HUBER, 

WIUUCBKM aiTULlMOe PÜR KA18. AKADEMIK OtA VUHlüHiVtlAnt». 



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Vorwort. 



Bei den Vorarbeiten ftlr den VI. Band meiner .Geschichte 
Oesterreichs' kam ich bald sur Ueberseugung, dass es un- 
raöglich 8«, sich ans den btsherigeu Darstellungen zu erklären, 
wie der erste Krieg Kaiser Leopolds I. mit den Lin ken im 
.Jahre ItiÜ^ zum Ausbruche kommeu kouute, dA Oesterreich 
Alles getban su haben schien, um ihn zu vermeiden, und auch 
die Pforte ihn nicht gewOnscht hat. J. t. Hammer hat zwar 
für den VI. Band seiner ^Geschichte des osmanischen Reiches' 
(1830) nicht blos türkische und abendländische gedruckte 
Quellen, sondern auch das ^elu iine Haiif?-. Hof- und Staats- 
archiv benützt. Aber die Benützung der in letzterem aufbe- 
wahrten Berichte ist eine so ungenügende, dass seine Darstellung 
eher verwirrt als aufUftrt. Es ist mir nun leider im Allgemeinen 
omnOglich, fttr meine iGeschichte Oesterreichs' eingehende ar^ 
chivalische Studien ftn machen, weil ja Air die Erforschung eines 
kurzen ZeitnuinR's Jalir/clinte nothwendifr wftren. Aber in 
diesem Falle glaubte ich doch eine Ausnahme machen und an 
die Quellen selbst beruitreten zu mllssen. 

Ich wendete mich zunächst an das k. k. Hans*, Hof- und 
Staatsarchiv, dessen Benützung mir mit gewohnter Zuvorkommen- 
heit gestattet wurde, so dass ich nur einer Pflicht der Dankbarkeit 
nachkomme, wenn ich dem Herrn Director Hofrath Dr. Winter 
und den Herren Dr. A. v. Gyürj und Dr. Schlitter hier 
meinen Dank abstatte. 

Drei Abtheilungen konnten über den Gegenstand meiner 
Forsehungen AuftchlQsse gewähren: die ,Turcica', die ,Hungarica' 



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512 



und die Protokolle des QGheimon RAthos oder, wie sie Uber- • 

schrieben sind, die , Berichte' an den Kaiser. 

Von den letztgenannten haben sich leider aus der Zeil von 
1657 bis 1064 nur sehr wenige erhahen und beziehen sich meist 
auf die nordische Frage, besonders das Bttndniss mit Dänemark, 
und auf die Verbandlungen in Regensburg Uber die Erlangung 
einer ReicbshUfe. Nur einzelne finden sich unter den ,Tnreica^. 
Es sind übrigens nicht Protokolle, wie sie jetzt ab^refasst werden, 
sondern Gutachten, welclie auf Grund der Borathungen und 
BesehlUssc des Geheimen Käthes im Namen desselben an den 
Kaiser erstattet wurden, so dass die Meinungen der einzelnen 
Mitglieder gar nicht erwähnt weiden. 

Auch die ^Hungarica'^ an sich gering an der Zahl, ent* 
biilten nur verein/.t ltc auf unsere Frage bezügUche Stücke. 

Um so umt'angreieher und werthvoller sind die ,Turcica*. 
Öie enthalten die Berichte Simons von Renigen oder, wie man 
damals gewöhnlich sich ausdrückte^ Keniger 's/ welcher seit 1649 
die Stolle eines kaiserlichen Residenten an der Pforte bekleidete, 
fast vollständig, ebenso die Berichte des Hofkammersecretärs 
Boris und des Freiherrn von Goess, welche 1662 und U>i)3 mit 
diploniatisclien Verliandhingon betraut waren. Von den Weisun- 
gen an Reuiger sind nur wenige vollständig erhalten. Aber wir 
lernen den Hauptinhalt derselben wie der Depeschen Reniger's 
aus den ersten Jahren kennen aus den ,Extracten der vom 
Residenten eingegangenen Schreiben in Transsilvanicis und was 
ihm darauf befohlen worden*, welche vom 10. JUnner 1658 bis 
zum 7. October 1660 roieben und offenbar im Herbste lUGü für 
den Kaiser zusammengestellt und in ein Hell gesehrieben worden 
sind. Alle Actenstilcke, deren Inhalt ich ohne nähere (Quellen- 
angabe anführen werde, sind den ,Turcica' entnommen. 

Leider fehlt unter den Depeschen Reniger's gerade jene 
Uber den Abscblass der Friedenspräliminarien am 10. August 

> So und nickt R»ning«r nennt «r «idi Mlbat in allen Minen im Original 
erbnltetten OepetelMnii. 



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513 



1664^ die er in der folgenden vom 4. September erwfthnt, nach 
wflchür sie am Ii). August ul)p:eta88t worden ist. Es gereichte 
nur daher zu grosser Frcudcj uls HeiT Hauptmann Veltzö im 
Kriegsarchiv mir mittheilte, dass Remger am 27. April 1666 
ttber seine diplomatiBche Thtttigkeit an der Pforte eme mr 
sammenfitasende Schlnssrdation erstattet habe, worin der Inhalt 
der wichti^ten Einzelberichte wiedergegeben ist, und als Ich 
darin aut h den Bericht Uber die Verhandlnnjron fand, welclio 
zum Abschlüsse de« VjisvArer Friedens getülirt liaben. Das» 
Veltsö, welcher die Publication dieser Sehlnssreiation vorbereitet 
hat, mir In nneigenntttaigster Weise die Benlltanng dieses Be- 
richtes gestattet hat, verpfliehtet mich zum wärmsten Danke. 

Dam das k. und k. Rrierr^nrchiv für meine Zwecke werdi- 
vollcs Material eiitlialTcn wiirdo, konnte ich nicht bezweifeln, 
da ja der diplomatische \'erkehr mit dem Oriente damals tbeil* 
weise durch den Hofkriegsrath vermittelt wurde und auch 
manche militttrische Anordnungen ttber die Politik der Regierung 
der Tflrkei g^enttber Licht verbreiten mnssten. Fttr die Ge> 
stattung der BenOtznn^ und ftlr die Forderung meiner Arbeiten 
sprcelie ich dem Diroetor desselben, Sr. Excellenz Herrn Fcld- 
marschalllicutenant Leander von Wetz er, und Herrn Haupt- 
mann Veltz^ meinen verbindlichsten Dank aus. 

Leider enthält das Kriegsarchiv in Folge der umfassenden 
Ausscheidtmgen, welche in früheren Zeiten, wo man die Arehive 
nur als Hilfemittel fltr praktische Zwecke ansah , vorgenommen 
worden sind, nur wenige Stücki? aus dieser Periode. Aber 
wenigstens einigen Ersatz bieten die noch erhaltenen Register, 
nämlich die ,kaiserliche HoHLriegskanzlei-Registratur^, in welcher 
die TOn dieser Kanzlei ausgefertigten Weisungen verseichnet 
sind, und das ,Protokollexpedit', in welches auch die einge- 
laufenen Berichte und andere Schriftstttcke eingetragen wurden.^ 



leb werde entere als ,Regi(«tratur', letzteres ab .Protokoll' citiren. 1668, 
wo Leopold L wegen der Kaiserwahl in Frankfurt war, und 1S60, wo er 
in dar swsltAn Hilft« dei J*hre« die Bnldigung in den inner(Memicbiieh«n 



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514 



Finden eich in diesen Registern, die ich für die Jahre 16ö8 bis 
1661 durchgesehen habe, auch manchmal nur Schlagwörter, die 

man mvld vt-rwerthen kann, so geben andere EiHlragun<!fcn doch 
8o viel vom Inhalte, dabä man oft werth volle Aufklärungen aus 
denselben erhält. 

Endlich habe ich für die Jahre 1659 bis 1664 auch die 
yDispacd' der yenetianischen Botschafter Holin und Sagredo, 
welcher ersteren im Juli 1661 abgelöst hat, durchgesehen, wo- 
bei mir durch die Directiou des k. k. Iliius-, llof- und Staats- 
archivs die Benützung in jeder Weise erleichtert worden ist. 
Manche werthvoUe Notizen habe ich denselben entnehmen 
können. 

Leider ist das von mir gesammelte Material noch immer 
nicht vollständig und zeigt manche Lücken. Aber ich glaube 

doch, die Ergebnißs» lu iner Studien der OefFentlichkeit nicht 
vorenthalten zu sollen, weil sie unsere bisherigen Kenntnisse 
immerhin nicht unwesentlich bereichem und berichtigen. 

LSndora empfing, gab es zwei Äbtheiluiigen des Kriegsrathes, indem ein 
Theil der Mitglieder ,bei Hof anwesend/ der andere ,in Wien binter- 
laeeen' war. 



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Oestemlefas Stollnng zur sleb^nbttr^seben Fra^ r^n 

der AUsetziin? Ocor^s II. Uiik6ezy bis zur Wegnahme 
C^rosswardeins dareh die Türken. 

Der fViedOp welchen Oeateneieb am 11. November 1606 
yan der Zsitva Mfindang' (Zritva torok) aaf awansig Jabre 
gescblossen bat, ist von längerer Dauer gewesen als einer der 
frttberen. Im Jabre 1615 ist er in Wien, 1625 in Oyarmat, 
1642 in Ssöny, 1649 in Gonstantinopel, ttnd swar gewObnlicb 
auf awansig Jahre erneuert worden. Zwar fehlte es auch 
wahrend des Friedens nicht an Feindseligkeiten. Httnfig wurden 
von den tOrkischen Grenscommandanten EinfiUle in das unga- 
rische Ckbiet unternommen, Ortschaften ausgeplllnderti Vieh 
imd aahlreicbe Bewohner weggeschleppt, wtthrend ungarische 
Gkwe oder kaiserliche Commandanten oft Gleiches mit Gleichem 
veigalten. Aber der Kaiser wie der Sultan betrachteten dies 
nicht als Friedensbruch, weil jener wfthrend des dreissigjAhrigen 
Krieges froh war, wenn er nicht auch mit den TUrken in einen 
Kri^ verwickelt wurde, die Krifte -der Pforte aber durch Äuf- 
stttnde im Innern, durch Kriege mit Persien und endlich seit 
1645 durch den Kampf um Oandia, welches die Türken den 
Venetianem zu entreiasen suchten, in Anspruch genonmien 
wurden. Endlich fährten wie schon einmal im Jahre 1565 die 
Verhiltnisse Siebenbttrgens einen Krieg swischen Oesterreich 
und der Pforte herbei. 

Als der ehrgeizige Fttrst Georg II. Rikdczj, der sich mit 
dem Schwedenktfnige Karl X. zur Theilung des polnischen Reiches 
verband und im JAnner 1657 mit einem Heere die Karpaten 
ttberschritt, trotz der Befehle de^ Pforte nicht umkehrte, sah 
diese in dem eigenmAchtigen Vorgehen eines Vasallen ein Ver- 
gehen, das man nicht unbestraft lassen dttrfe. Man gUiubte 



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516 



jetst nach atusen energischer auftreten zu können, weil der 
nene GroMwesir Mohammed Köprili mit eiserner Hand die Kuhe 
im Innern hergestellt und das verfallene türkische Reich ge- 
kräftigt hatte. Der Sultan forderte daher den Chan der Tataren 
aufy Riköczy für seinen Ungehorsam za züchtigen, und befahl 
den drei Nationen Siebenbürgens, statt dieses Rebellen einen 
andern Flirsten zu wählen. 

Da Rdköczy durch seinen Angriff auf Polen, der im Sommer 
1657 mit dem Untergange des grOssten Theiies seines Heeres 
und mit der Gcfangonnehmung des Restes durch die Tataren 
geendet hatte, sich auch unter den Siebenblirgern viele Feinde 
gemacht hatte, so wählten die Stände am 2. November 1657 
den Franz Rhädej zum Fürsten, freilich mit der Bestimmung, 
dass BäJLÖcay seine Würde wieder erhalten sollte, wenn es ihm 
gelänge, den Zorn des Sultans zu besänftigen.^ Rh^dey wurde 
sofort vom Sultan ab Fürst bestäti^^, aber nur unier der Be- 
dingung, dass er die befestigte Stadt Jenö an der Köiös mit 
einigen umlinf]^enden Palanken abtrete und den doppelten Tribut 
zahle, eine Forderung, welche der Grosswesir dem kaiserlichen 
Residenten Reuiger gegenüber damit rechtfertigte, dass schon 
Bcthlen Qabor dieses Versprechen gegeben, aber nicht gehalten 
habe.' 

RAköczj glaubte in der That, die FUrstenwürde wieder 
erlangen zu können. Er rechnete auf die Anhänglichkeit eines 
grossen Theiies seiner früheren Unterthanen, welche niicli durch 
die von den Türken an ihren neuen Herrn gestellten Forderungen 
aufger^ wurden, und auf dit; Hilfe der Woiwoden der Moldau 
und Walachei, welche mit seiner Unterstützung ihre Würden 
erhalten hatten. £r gab die Hoffnung nielit auf, die Pforte 
umstimmen zu können, weswegen er dem Chan der Tataren 
50.000 Thaler versprach, wenn er sich zu seinen Gunsten beim 
Sultan verwendete. £r scheute im Nothfaüe auch einen Krieg 



* Fflr die inneren Angelegenbeiten SiebeobflrgenB Terweiae leli mf die (freilieh 

grossentheils in ungarischer Sprache gepchriclienoii) Actengtöcke in ,Honnin. 
coinitialia Transaylvaniac' XI uni XII. nn<l ilii' gcdinp;«nen Einleitnngen 
Szylägyi« zu den 6ins6elneu Abschnitten wio auf die ,Sit)bonbilrgiAche 
Cfarooik des Schftmburger Stedtschreibera Georg Kraus' in Fotiteo rer. 
Att»tr., BS. in. nnd IV. • 

* Beniger'a Bericbte Tom 6. Jlaner nnA 19. Mini ISftH, Ueber das Ver> 
sprechen Betblen'« mehe meine »Oeidiiebte Oeeterreiofaa' 5, 76 ff. 



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517 



mit den Türken nicht, gegen welche er die Hilfe des Königs 
Leopold der am 3. April 1657 seinem Vater Ferdinand IIL 
auf den Thron yon Ungarn wie in den böhmischen und öster* 
reichifichea Lllndeni gefolgt war, zu erlangen suchte. Schon 
bald nach seiner Abdankung wendete er sich an den ungarischen 
Hofkander Szelepca^nj, Erzbisehof von Kaloesa, und liesa ihm 
Torslellen, dass die auf Befehl der Pforte erfolgte Absetsung 
eines Fürsten von Siebenbürgen nur der erste Schritt aur Um- 
wandlung dieses Landes in eine türkische Provina sei, welche 
die Pforte schon bei der Einsetzung BetUen's angestrebt und 
nur dieser vereitelt habe.^ 

Riköczy wartete übrigens eine Antwort von Seite des 
Königs^ der sich damals in Prag aufhielt, nicht ab. Als Rh^dey 
am Beginn des Jahres 1658 in Mediasch einen fjandtag hielt, 
zog Bik6cz7 mit bewafineter Macht vor diese Stadt und griff 
sie an. Halb gezwungeui halb freiwil% erkannten die Stände 
ihn am 32. Jflnner neuerdings als Fürsten an. 

Wenn nun die Pforte dies nicht ruhig hinnahm, so musste 
sich Oesterreich entscheiden, ob es unthätig zusehen wollte, 
wie die Türken in Ungarn neuerdings eine nicht unbedeutende 
ClebietserwM'bung machten und Siebenbürgen auf die Stufe der 
Moldau und Walachei hinabdrückten, wo die Pforte nach Be- 
lieben Woy woden ab- und einsetste. 

In der That wurden im Käthe des neuen Hemchers Stimmen 
laut, dass man die Absetzung Bäkdczy's nicht dulden solle^ weil 
nach den Bestimmungen des Friedens von Zsitva Torok keiner 
der beiden Kaiser in Siebenbürgen eine Neuerung einführen 
sollte, und auch die Abtretung Jenös an die Türken glaubte 
man nicht ruhig hinnehmen zu sollen.' Aber man begnügte 
sich dann doch mit einer Weisung an den Residenten Reuiger, 
,sioh mit guter Manier au befleissen, der Türken Prätension 
wegen JenÖ zu verhindern', weil dies in Ungarn bOses Blut 
machen würde.* 



< A. Ssilif 7i, Erd% <• am tekkal««! hiborft (ThUMwylvsnU et bellmn 

borcoorientalo. Acta et docnrnentn) 2, 448 sqq. 
' D.I.«« man damals be%Uglicli boid»'!- Frafifon vi>ni)>'Mvr>'liond diese ML»innii^ 
gehabt habe, sagt Auersperg in einem Uiitaehtuu vom 30. October iOGU 
(Turcica). 

* Dftmit be^nnen di« im Vorworte erwllmton Extriiete, wftietio 16S0 fflr 
den KaiMr Sbor die «iebeobSiy»ehe Angelafonlieit gemacht worden eind. 



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518 



Reniger machte auch dem Grorawesir Vonteilungen und 
meldete am 28. Februar und 1. M&rs, die Pforte habe auf JenO 
▼erdichten wollen, als auf die Nachricht, daas BAköcsy Sieben- 
bfiigen mit Gewalt wieder an sieh gebracht habe, besehlosaen 
worden sei, denselben als Rebellen mit Türken und Tataren 
zu ttberaiehen. Am 25. Mftrs liess der Chroeswesir selbst die 
Standarte auastecken. ^ 

Dadurch wurde nun die Frage acut, ob Oesterreich dem 
Fürsten RAkdoxy gegen einen Angriff der Türken und Tataren 
Hilfe leisten soUe oder nicht. 

Für die Person desselben konnte der Kaiser keine Sym- 
•pathien hegen, weil die Räköcsy immer eine dem Hause Oester- 
reich und dem Katholicismus feindselige Haltung eingenommen 
hatten. Aber mit der Person waren auch staatliche biteressen 
verknüpft. Denn RAköczy besass nicht blos jene ungarischen 
Comitate, welche schon seit dem vorigen Jahrhundert an 
Siebenbüigen gehdrt hatten (Zariad, Bihar, Krasana, Mittel* 
Ssolnok und Marmaros), sondern nach den Bestimmungen des 
Friedens, den sein Vater 1645 mit Ferdinand HI. in Wien 
geschlossen hatte, auch die Comitate Ssathmir und Ssabolcs 
mit der Bnig Ecaed, die Festung Munkics im Beregher und 
Sarospatak wie die Burg und Herrschaft Tokaj im Zempliner 
Comitat Das kOnig^ieh ungarische Qebiet und die Besitzungen 
Ri&kdcay's lagen also theflweise durcheinander, und es konnte dem 
Kaiser nicht gleiohgiltig sein, wenn die Türken oder der von 
ihnen eingesetate Fürst von Siebenbürgen bei der Bekttmpfiing 
RAköczy's sieh auch der HerrBchaflen desselben zu bemftchtigen 
suchten oder dabei gar königliches Gebiet besetzten oder wenig- 
stens dorchsogen und verwüsteten. Diese Verhältnisse konnten 
überhaupt leicht einen Bruch mit der Pforte herbeiführen. Denn 
der Kaiser hatte vieUeicht nicht einmal das Recht, gewiss aber 
bei der geringen Tmppenzahl, die damals in Un(:^nrn stand, nicht 
die Macht, zu verhindern, dass R^köczy im Falle einer in Sieben« 
bürgen erlittenen Schlappe sich auf seine Besitzungen in Ungarn 
zurückzog und hier neue Krilfte sammelte, er konnte es nicht 
verwehren I wenn demselben nicht blos seine eigenen Leute 
zuliefen, sondern auch Unterthanen des Königs von Ungarn sich 
unter dessen Fahnen stellten. Andererseits hatte aber doch auch 



^ Berichte rom 8. and 8. April 1688. Mon. eomit TrsiuiylT. 11, 880 ff. 



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519 



die Pforte ein Recht, äch su beschweren, wenn ihr Foiud, wenn 
sie ihn besiegt hatte, auf ungarischem (Gebiete eine Zuflucht 
fand und hier die Mittel erhielt, einen neuen Angriff auf Sieben- 
bürgen yorzabereiten. £s waren dies Zustande, welche frUher 
oder später fast nothwendig su einem Conflicte Aihren musstcn. 

Schon im Februar 1658, ehe noch die Nachricht von der 
Wiedereinsetzung Rihöczy's nach Oonstantinopel gekommen war, 
beklagte sich der Groeswesir dem österreichischMi Residenten 
gegenüber, dass jener nach einem Berichte Rh^dey's von Ungarn 
aus in Siebenbürgen einbrechen wolle, dass seine Ifutter unter 
des Kaisers Schutze dort Truppen werbe, und dass er auch von 
mehreren ungarischen Herren (NAdasdy, Forgiloh, Zriny, Bat- 
thyiny) UntersttttEung erwarte.^ Als nun Reuiger meldete, daas 
ein türkisches Heer und die Tataren gegen Rikdczy ziehen 
Warden, sprachen auch die yhinterhtssenen geheimen und depu* 
tirten R&the" in einem Gutachten an den Kdnig Leopidd I. vom 
S7. Mttrz die Befürchtung aus, dass, wenn einmal jene in Sieben« 
bürgen wttren, audi Ungarn vom Feuer ergriffen werden, dass, 
wenn RAköczy sich in die Gomitste Ssathmir und Szabolcs 
znrttckzöge, die Tataren ihn verfolgen und auch Ortschaften 
des Königs, als angeblich RAköczy gehörig, augi*eifen und dass 
auch die Türken dies als Vorwand braützen würden, da sie ja 
schon sagen, dass ein Theil der ungarischen Magnaten BUkAozy 
unterstütze. I>ieselben riethen daher dem Kaiser, die wenigen 
in den Erbländem liegenden Truppen nach Ungarn führen zu 
lassen, da die Grenzfestungen ganz vernachlässigt und zum 
Widerstände unfthig seien. Dadurch würde auch den Ungarn, 
die ganz desparat seien, einigermassen Muth gemacht worden. 

In der That wurde auch im April der Beschloss ge&sst, 
deutsche Völker, und zwar 10 Regimenter, unter dem Feld- 
marschall Murkgrafen Hannibal Gonzaga nach Ungarn zu 
schicken und bei Kaschau Stellung nehmen zu lassen, was aber 



* Renlgttr'i Bertebte von 18/ und S8. Februar und 1. Mtn. 

* So hieMen Jene ifebeimen Bläie, welche, wihreod ein TheQ denelben 

Leopold I, zur Kaiaorwahl nach Prankfurt begleitete, in Wien znrilck- 
blleben. Ihre Namen «iiml in ihren Qatachten ant^l Horichten nicht ge- 
nannt. Aber nach den Süegeln, welche einem Berichte vom 2C. April 
Aufgedruckt sind, waren es der Markgraf von Gonzaga, die Grafen Traan, 
CSaTrisni, TraulsoB und Freiberr Sehmid von Bebwanenhorn. (Gütige 
Mittbeilong dea Herrn I>r. von Siegenfeld.) 
AkUt. B4.LtXX?. UBUft«. 34 



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520 



dann dabin abgeVadert wurde, dass die Armee nicht nach Ober^ 
Ungarn riehen, sondern sieh bei Komom aufatellen sollte, weil 
ee dort an Proviant fehlte und Easchau sich weigerte, eine 
deutsche Besatsung aufzunehmen.^ 

Die herTorragendsten Wfirdentriiger Ungarns waren daftlr, 
dass der Kaiser sich RAköczy's annehmen solle. Ohne Sieben- 
btti^en, erkittrten der Gbaner Ersbischof Lippay und andere 
Magnaten, werde stob auch Ungarn nicht behaupten lassen. 
Wshrend die htnterlassenen geheimen BSthe in ihrem Gutachten 
▼om 37. Kttra 1658 ihrem Honarehen riethen, dem Ghrossweshr 
durch den nach Wien geschickten Aga sagen su lassen, dass der 
K(5nig die Aufrecbthaltung des Friedens wflnsehe, und dass er 
RAkÖczy keine Hilfe zu Theil werden lasse, eine Versicherung, die 
dann auch der Obersthofineister Graf Porda in einem Schreiben 
an den Grossweetr ans Frankfurt vom 7. April abgab, waren der 
Ersbiachof und der Palatin WesseMny fUr ein eneigischeres 
Vorgehen. In einem am 26. Juli' aus Plressbufg erstatteten Gut- 
achten sagten sie, alle Ungarn erklAren es filr unmöglich, dass 
sie nach dem Verluste Sieb6nblli|;en8 bestehen konnten. Es sei 
die grOsste Wahrscheinlichkeit, dass die Türken auch mit dem 
Kaiser Krieg anfangen, schon deswegen, weil die Besitenngen 
RAköczy'B mit denen des Kaisers Termischt seien. Dieser solle 
daher nnTerzOglich einen Intemunttus an die Pforte schicken, 
um m sehen, ob diese den Frieden halten und Siebenblli^en 
die frühere UnabhAngigkeit lassen wolle, unterdessen abw alles 
ftlr einen eventuellen Krieg vorbereiten, mit Riköczy und den 
früheren Woiwoden von der Moldau und Walachei, welche 
wegen ihrer engen Verbindung mit RAköcsy von den Türken 
Tertrieben worden waren, ein Bündnisa schliessen, die deutschen 
Reichsst&nde um ihre Unterstützung ersuchen und den unga- 
riechen Reichstag einberufen, um sich über Vertheidigungs- 
massregeln zu berathen.* 

Zu einer solchen Politik, welche wahrscheinlich einen Bruch 
mit der Pforte herbeigeführt hatte, wollte sich aber Leopold I. um 



Krie^sarchiv, ,KepfjstratTir', Protokolle dpr Expeditionon der bei Hofe an- 
waseaden Hofkriegsräthe Iböb, fol. 73. ä6. 96, Protokoll von der Hebe 
und der hiatwfaMMiian HoflniegMitiie vom 8. und 16. Mai, foL 196. 239. 
Sm bMiif«B «iah dAiin aueh aaf lrtt]i«ra Gntaehtsn. 
K. k, Ua«u-, Hof- und Staattarohiy, fHuapwi««*. 



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521 

BO weniger entsehliessaiy ak er ja damals in einen Krieg mit 
Schweden verwickelt war, welcher den besten Theil seiner 
Streitkräfte in Anspruch nahm. Auf das Ansuchen, welchee 
Hiköczy Ende April durch seinen Kämmerer Gabriel Köv^r an 
ihn richtete, ihm Truppen zu Hilfe zu schicken oder wenigstens 
Jcnö im Falle einer Gefahr durch 1000 bis löÜO Musketiere 
besetzen zu lassen, <]rab er eine ausweichende Antwort.* Als 
er im Mai Truppen nacli Unn^arn schickte, Hess er durch den 
Residenten die Erklärung abgeben, dass die« nur zum Schutze 
der Grenzen geschehen sei.^ Der Grosswesir nahm dies auch 
gut auf und bemerkte, man werde sieb, aucb wenn lÜO.ÜOO oder 
2ÜO.ÜU0 rl.nhin kiimcn, nichts daraus maclien, so lange sie keinen 
Anlass zu Klagen geben, und w(;r(le sein Wort eben so gut 
halten, als wenn 10 Manu dort wären. 

Dem Grosswesir, welcher bei der Jugend und Vergnügungs- 
sucht des Sultans Mohammed IV. die Geschicke der Türkei 
mit unumschränkter Gewalt leitete, konnte es ja nur erwünscht 
sein, wenn der Kaiser sich auf den Schutz seines Gebietes be- 
schränkte und ihm in Siebenbiirgen freie lland Hess. Denn die 
Bemühungen Käköczy's, dii Onade des Sultaiin zu (;rwerben, 
waren vergeblich. Im .Suuuner 1658 fielen der Tatarenchan 
mit den neuen Woiwoden der Moldau und Walachei, welche 
die Pforte nach der Vertreibung der Verbündeten Rj'ikoczy's 
dort emgesetzt hatte, und der Pascba von Silistria in Sieben- 
bürgen ein, welolses aus Furcht vor den Türken keine ernst- 
lichen Vertlii i liL';nu;;smas8regeln getrotten hatte, verwüsteten und 
brandschatzten einen grossen Theil des Landes uiul ftihrten 
Tausende von Bewohnern als (}efangene hinweg. Gleichzeitig 
nahm der Grosswesir die Festung Jeuö weg. welche der Com- 
mandant am 2. September ohne Widerstand übergab, und zwang 
dann den Siebenbürgern, obwohl sie durch ein Privileg Sulci- 
mans II. das Recht erhalten hatten, ihren Fui'sten frei zu wählen, 
den Achaz Barcsay als Herrn auf, der ihm auch noch Karan 
sebes und Lugos mit den dazu gehörigen Dörfern abtreten und 
versprechen musste, einen jährHcben Tribut von 40.000 statt 
wie bisher von 15.000 Ducaten zu entrichten und eine Kriegs- 



1 Hon. eomtt Tranwylr. 11, 385—392. Mon. Huog. hint. Dipl. 23, 619. 

• Weisunp n>i Reniger vom 0. Mai Extr. und Srbr**ni*>n des Freiherrn von 
öchwarzeiiliorii vuin 28. Mai erwAbut in Heniger'« Beriulit vum 24. Juni. 

34* 



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5^ 



entseliadigunji von öUO.OiX) TIkiNth /.u zalileii. Ja die Tataren 
streiften Iiis an die Thf^iss, verbrannt^-ii einige Dörier und ent- 
führten mehrere tausend Menschen. Ks hatte also wirkHeli, 
wie man befürchtet hatte, eine Verletzung des ungarit>ehen (ie- 
hiitcs stattgefiinden. Man besorgte zugleich, dass die Türken, 
wie sie Jenö wt <^i;enommen hatten, auch nocli (irosswardein, 
die stiirkste Festung des östlichen Ungarn, in ihre Gewalt zu. 
bringen suchen würden. 

Dessenungeaelitet besehränkte sich Oesterreich auch jetzt 
auf diplomatiRche Vorstellungen. Reniger erhielt die Weisung, 
wegen des JStreifzuges der Tataren sich zu beschweren, worauf 
der Grosswesir erwiderte, dasa dies nicht befohlen worden und 
nur deswegen geschehen sei, weil die («renzcn des kaiserlichen 
Gebietes sich so weit erstrecken. Mau Hess neuerdings ver- 
sichern, dass der Kaiser Kak('>czy nie unterstützt habe und nie 
unterstützen werde, sprach aber die HoflFnung aus. dass die 
Türken Sieb»>))lMir«ren verschonen und den Standen das Kecht 
der freien Furstenwahl und ihre Festungen lasseu wüiden.' 

Leopold I., der unterdessen zum Kaiser ^ewHhlt worden 
war, liess der Pforte zugleich einen lu uen Vorsehlag raachen, 
der, wie man glaubte, die siebcnbürgische Frage wenigstens 
fUr einige Zeit aus der Welt seluiticn würde. Am <>. Jftnner 1059 
erhielt Reniger die Weisung, bei der Pforte den Autrag zu 
stellen, dass sie Baresay liefehle, gegen Rjikoczy und die noch 
in seinen lliiiulun behndüchen Besitzungen keine Feindselig- 
keiteii zu verüben, wogegen auch der Kaiser dafUr sorgen wollte, 
dass I\ak(uv.y sich zur Ruhe begel)e. Auf dieser Grundlage 
konnte man auch zwischen den beidtm Uival« n auf einige Jahre 
einen Waffenstillstand sehliessen lassen. Namentlicli (JrobS- 
w.Hi-deiu buchte man vor den Türken zu retten, ohne freilich 
für dasselbe etwas thun zu wollen. Der Resident sollte darauf 
sehen, dass es weder in die Hände Harcsay's noch in die der 
TUrkei) falle. \\ i im der Grosbwesir die Entfcstigung vorschlüge, 
sollte lieniger dies ad referendum nehmen. Wenn es aber von 
der Pforte absolut gefordert würdi-, sollti- v.v sagen, er iiabe 
deswegen keinen Befehl, aber es würde dies die gauze Christen- 
heit irritiren. 

' \Vei.Hiiii^ an Ivoiii^rn vum 14. iwiiteniber 16&ti uud liericht denselben 
voQi 23. Jäuiier ItiöU. 



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538 



Zu {i^leichcr Zeit w urdcn zwischen Uiircsay uiul den sicbcn- 
bür^isclicn StUiulen einerseits und lüikcK'zy, der bieh auf seine 
ungarischen Hesit/ungen znriiek^'^ezoüi-en hatte, anderei'seite Unter- 
handlungen «reführt, die sieli auf einer ahnlu iitu Basis hewegten 
wie jene, welche der Kaiser vorgeschlagen hatte, und am 
30. Jänner It).')!) auch wirkUch zu oinera Abkummen führten. 
Rilk«>czv vert^pruch gegen vollständige Amnestie für seine- An- 
hänger und andere Zusicherungen Grosswardein und Köviir mit 
ihrem Gebiete an Siebenbürgen zurückzustellen unter drr Be- 
dingung. das8 es nie in die Hände der Türken geliefert wUrde.' 
Nachdem dieser Vertrag am 3. März auch von den bieben- 
bürgischen Stünden bestätigt worden war,* wurden diu genauuten 
Festungen den Siebenbürgern tibergeben. 

Wenn aber jemand glaubte, dass damit in Siebenbürgen 
die Uuhe hergestcHt wäre, so rechnete er nicht mit dem Hasse 
der Türken gegen Rslköczy, Als Keniger dem Grosswesir und 
dem Reis Kitab oder Kanzler den Voi*schlag machte, dass die 
Pforte Barcsay und Rriköczy bei ihren gegenwärtigen Besitzun- 
gen bleiben lassen und dass sie jenen, der Kaiser diesen 
im Zaume halten sollte, erklärten beide es für unmöglich, dass 
R^köczy den besten Theil Siebenbürgens behalte und Barcsay 
den IMbut zahle, jener aber den Nutzen habe. So lange dieser 
Mensch dort sei, werde keine Rohe sein. Es sei die Ehre des 
Sultans engagirt. Der Kaiser solle denselben strauguliren oder 
beim Kopf nehmen lasseni sonst werde man ihn neuerdings be- 
kriegen. Der Resident bemerkte zwar, Köpfen und Stranguliren 
sei bei den Christen nicht in Bmuch; auch sei RAköezy Landes- 
mitglied des Königreiches Ungarn, und man kGnno ihn nicht 
ohne Ursache hinaosstosaen. Aber der Grosswesir versicherte 
neuerdings» so lange ein Türke Torhanden, werde man RAköcsy 
bekriegen. Auch ab die Nachricht kam, dass dieser mit Baresay 
und den Siebenbürgern wegen der noch in seinem Besitse bc' 
findlichen Ortschaften und Festungen unterhandle, schrieb der 
Grosswesir, wie Reuiger meldete, an Barcsay, der Sultan wolle 
nicht hören, dass Räköcsy lebe, viel weniger dass man mit ihm 
VertrKge schliesse. Er soUe diesen so weit als mOglich Ter- 
folgen. Reniger rieth daher auch dem Kaiser, sich fUr RAköeay 
nicht mehr zu Ferwenden; es sei kein anderes Mittel, als dass 



* Mon. comit. TttnujW, 12, 146 s(iq. * Ibid. 12, 194 tqq. 



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524 



dieser sich einij2rc Zeit aus Ungarn oder gar Oesterreich rctirire 
und bessere Zeiten abwarte.* 

Der Kaiser beeilte sich daher auch, der Pforte die Ver- 
sicherung geben zu lassen, dass er sich in das RÄk6czy*sche 
Wesen nicht einmische, und dem Residenten zu befehlen, in 
der siebenbllrgischen Sache vorsichtig vorzugehen, sich naeli 
der Stimmung der Pforte zu richten, sich zu stellen, als ob der 
Kaiser mit Barcsay wohl zufrieden sei, und diesem soweit als 
möglich zu helfen, damit nicht etwa die Pforte als Pfand fUr 
die als Kriegsontschlldigung geforderte grosse Summe, welche 
die Siebenbiirger nur schwer und langsam aufbrachten, Gross- 
wardein hu sich bringe.* 

Noch vor der Herausgabe Grosswardeins durch RAköczy 
hatte Barcsay den Kaiser ersucht, dass dieser seinem Gegner 
keine Hilfe leisten und die demselben überlassenen Comitate 
Szathuiär und Szabolcs, von welchen aus Siebenbürgen bedroht 
werde, in Besitz nehmen möge, weil sie sonst die Türken 
occupiren würden, welche nicht dulden wollten, dass RÄköczy 
oder sein Sohn, seine Mutter oder seine Gattin auch nur eine 
Hand breit Land besitzen.^ Es wurde nun im Mai der Hof- 
kammerrath Freiherr von Radolt beauftragt, Rdkoczy dahin zu 
bringen, dass er, da die Türken ihn nicht in Ungarn dulden 
wollten, die festen PlRtze in den genannten Comitaten freiwillig 
dem Kaiser übergebe, mit der Versicherung, dass die Einkünfte 
ihm verbleiben, die kaiserlichen Garnisonen von der Hofkammer 
unterhalten und nach Beseitigung der dem Königreiche drohen- 
den GefaHr die Festungen ihm wieder zurückgestellt werden 
sollten. Riköczy zeigte sich Anfangs geneigt, in die Festungen 
Szathmir und Kalle kaiserliche Besitzungen aufzunehmen, machte 
aber bald Schwierigkeiten. Er wollte sich erst im Falle einer 
unmittelbar drohenden G^e^r dam herbeilassen und verlangte 



* Reni^pr's RBrieht vom 16. Märs und 7. AprÜ. — Anch fffm scTilesischen 
Kammerrathe AagasU» von Mayern, der im Mai als Intemutitiu.s 
«i di« Fforte abfasohicikt wurde, mn dem Balten die Wahl und KrOnung 
Leopolde I. lum Kaiier ra melden, und am 80. Juli in BrOM ankern, er- 

1 IKrten der Sultan und dar Gro;<s\voslr, der Kaiser »olle RAköczy aus- 
liet'ern, uulripenfalls ihn die TiirkeTi ,nu li .luf dem Gebiote dp« Keisere 
aufsuchen würden. Mayern's Relntion vom 15. Docomber 1659, 

* Weiaangeu an Heniger vom 16. April, 23. Mai und 10. Juli, 

* Ifen, eomit TmniigrW. 12, 8i0 sqq. 



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5S5 



dann noch eine Venicherang yon Seite des ungiurttcheii Land- 

Unterdessen trat in der siebenbUrgischen Angelegenheit 
eine neue verhllngnissvolle Wendung ein. Theils in Folge dee 
Drängens der Türken, tbeils aus egoistiacben Motiven verletntea 
Barcsay und die Stände die Bedingungen des mit Räköczy ge- 
schloesenen Vertrages und nahmen gep^on ihn und seine An- 
bänger eine feindselige Haltung ein. Nun bescbloss dieser neuer- 
dings sein QlUck zu versuchen. Er sammelte in Oberungam 
seine Anhänger und Soldtruppen, begann £nde August die 
Feindseligkeiten und drang In Siebenbürgen ein. Da ihm 
niemand Widerstand leistete und Barcsay selbst zum Pascha 
von TemesvAr floh, so war in wenigen Tagen last das ganze 
Land in seinen Händen. Ein Landtag-, welchen er auf den 
24. September nach Maros- VäsÄrheiy berief, erkannte ihn neuer- 
dings als Fürsten an. Ein Abmahnungsscli reiben, welches der 
Kaiser am 22. August an RAkoczy gerichtet hatte,^ war diesem 
2u spät zugekommen und hätte wohl auch keine Wirkung anf 
ihn hervorgebracht. 

Ende November fUhrte nun allerdings Seidi Ahmed, 
Pascha von Ofen, Barcsay wieder nach Siebenbürgen surttck. 
Aber da die Türken am Ende des Jahres das Land wieder 
verliessen. erkannte der grösste Theil desselben Riikoczy als 
Ftlrstcn an. Barcsay, welcher sich nach Herniannstadt zurück- 
gezogen hatte, wurde nur durch die Ausdauer der dortigen 

* ,Kegi8tratur' 1669 fol. 133, 143 and Ib-i (an Radult vom 13. und Ii. Juni 
als Antwort anf Mine Berichte vom 31. Mai and 7. Juni ans Eperiei und 
an Nidudj vom 21. Juni). Sebrelben BadolU vom 20. and Leopold« L 
vom 29. Juli in Ifen. Hang. Dipl. 23, 649 Hqq., und B«richt Petheo's, Vice- 
generals in ObeningrÄm, '^om 22. nnd 23. Atign.st, im .Protokoir fol. 342. 
Vgl. fol. 466b uud 467. — Durch den Feldmar^hall Gouxaga (H. 
lieas man dem neuen Wesir von Ofen und durch Keniger (6. September) 
aneh der Pforte die beabaicbtigte Bedtmahme der beiden Oomitate in 
dem Lichte darstellen, dau dies nur desw«igen geschehe, damit nicht 
die türkischen Orem^biete and die fiiebenbflrger doieb die Bdkdcij'sehen 
beunruhigt würden. 

' Mon. eomit. Transsylv. 12, 357. (Das vom Tage vorher ibid. p. äbö ist 
wahrscheinlich nicht abgegangen.) Die Antwort Bikdoay*« vom 14. 8ep- 
tomber p.tM. Sr bemerkt darin, da« er Aaftng gegeben habe, die 
Festungen fleitbwl» nnd Kallo den kaiserlichen Besatzungen einzuräumen, 
bat aber dann, als seine Lage sich ^nstiger feitaltete, dies doch wieder 
▼erschoben. Protokoll' 1669 foL 632 b. 



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626 



Bürger goreUety welche eine molirinonatliche BelagoruDg aus- 
hielten. 

Dieser Erfolg UAkdczy's Hess für den Sommer 1660 einen 
neuen Angriff' der Türken auf Siebenbürgen mit Sicherheit vor- 
ausselien, und dann lag wieder die Gefahr nahe, dass nicht 
blos Siebenbürgen in eine noch grossere Abhängigkeit von der 
Pibrte gebracht und vielleicht wie 1658 wieder einer Festung 
beraubt, sondern dass auch die Besitzungen lUköcssy's Im nord* 
östlichen Ungarn angegriffen werden wtlrden. Es entstand daher 
Atr den Kaiser die Frage, welche Massregeln er sum Schutze 
seines Gebietes ergreifen sollte. 

Im Februar 1660 wurde in Wien «ine Conferenz darüber 
abgehalten, was man auf einen Berieht Reniger's und das Gut- 
achten des Graner Erzbischofs, des Palatins, des Grafen Nddasdy 
und des Bans Zriny in Be7jehung auf das siebenbttrgische 
Wesen und den etwa erfolgenden Türkenkrieg thun, wie man 
sich der zwei Gespanschaften Szaboles und Szathmdr mit der 
Festung Kallo bemächtigen und was ein an Rak(>czy abzu- 
sendender BevolhnUchtigter deswegen verrichten sollte.* 

Offenbar auf Grund dieser Berathungen beschloss der 
Kaiser, wie am 24. Februar an Reuiger berichtet wurde, ein 
deutseh(^s Corps nach Oberungarn zu senden, an der Theias 
Stellung nehmen zu lassen, sich der I)oi(lon Gespanschaften, be- 
sonders SzAthraärs, zu bemächtigen und dem Kdköczy den Rück- 
zug zu verwehren, eine Mittheiiung, welche die Türken mehr 
mit Wf>li1[refallen als mit Bedenken aufnahmen.^ 

Für diese Aufgabe wurde das Corps des Feldzeugmeisters 
de Souchcs bestimmt, welches in Westpreussen und Pommern 
gegen die Schweden gekämpft hatte, aber jetzt, wo der Ab- 
schluss des Friedens hevorstnnd. dort entbehrlich schien und 
im Winter theilwcibe in den bölniiisclK'u Ländern eintiunrtirl 
worden war. General Heister, der ein«- Abtheilung desselben 
eonnnandirte, sollte durch Polen nach BarttV ld, de Sonebes selbst 
durch den Jabluukapass nach Oberungarn ziehen. Die deutschon 



» .Protokoll* 1660 fol. 74. 

* 8o •ehreibt Benifvr am 7. und IS. April an d«n Kalier. In laMsrem 
Berichte bemerkte er, die Pforte wnndere «ich, daw der Kaiser die zwei 
GeHpnnschaften noch nicht ein^'ozog^n hsbe; wenn es nieht bald getobehe, 
wurden sie die Türken angreifen. 



I 



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Thippen soUten dnroh die Hofkammer imteriialteii, dem Palatm 
10.000 Ouldeo snr Werbung 7011 3000 Hiuaron «ngewieaen 
werden.' 

Ehe noch die IVappen ihr Ziel erreieht hatten^* war in 
SiebenbQigen die Katastrophe eingetreten. Anfangs Mai halte 
Seidi Ahmed Paseha einen neoen Angriff auf daa zu Sieben- 
bürgen gehörige Biharer Comitat unternommen und war dann 
gegen Klauaenburg vorgedrungen. Weattieh von dieser Stadt 
awiflchen Gyalu und ITenes erlitt RAköczy, der auf die Nach- 
richt vom Anmärsche der TOrken die Belagerung yon Her^ 
mannstadt aufgehoben hatte, am 22. Mai eine voUsttadige Nieder- 
lage und empfing mehrere Wunden, die am 7. Juni 1660 aeinen 
Tod herbeifiihrten. 

Jetat galt es für die kaiserliche Regierung um so mehr 
sieh SU beeilen. Hatte ja Beniger soh<m am 35. April aus 
Adrianopel an den Kaiser berichtet^ dass AU Pascha^ weleher sum 
Serdar ernannt worden war, mit 10.000 Mann nach Belgrad auf- 
gebrochen sei^ dass die Paschas aus Asien nachrücken und dass, 
wenn Ohrosswardein noch in den Händen Rilköcay's wäre, nicht 
blos ein Angriff der Türken auf diese, sondern auch auf andere 
Festungen und auch ein Anschlag auf die zwei Gespanschaften 
zu fürchten sei. In der That hatten die Türken, wie der PalaUn 
am 3. und 4. Mai meldete, einen Thcil dt s Szaboicser Oonütates 
ausgeplündert und verheert und der Pascha von Ofen die 
Haidaken zur Unterwerfung aufgefordert.^ Die Besetzung der 
2wei Comitate oder die Occupation Siebenbürgens durch die 



1 NotisMi hierttber ans dem Hitnt und April im »Protokoll* 1660 fol. 108 b, 
154 b, 166b, ^Registratur* foL 37, 60b, 61b, 66, 96b. Der Palatin hatte 
als Anftthrer der Truppen Sierbenberg oder für «schwere Impreieii* 

Enekevoert vorgeschlagen, gefr^n Ifoister spocioll Vorstellangeii gemacht. 
, Protokoll' ff»l. 166. Man hattn auch am Hofe, wif der venctianischo 
Botschafter am 1. Mai berichtet, au Enekevoert gedacht, musate aber 
wefea der Xiiakßehlnii dkewlben dafoa abulieii. DiipaeeL T. 116, 
fol. 166. 

* Erst am 8. Juni berichtet Heister, d«M er in Eperies angekommen 

uikI sich mit de Souches vereinigen werde. »Protokoll' fol. 231. 
' »Protokoll' 16Ü'» fol. 192 Ah dcT Rei^ident, doiii .im H». Mai davon Mit- 
tbeiluDg gemacht vkorden war, sich beschwerte, sagte man, wie dieser 
am 18. Juni beriehtet^ den Emfidl bebe ein Peaeka nntemoinmen, der 



mH Bikdeey beinlieli einveiyiaaden gevreien sei; warum habe der Kirfier 
die zwei OeepaMolielkea niebt Mber eingesogen! 




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588 



Türken wollte der Kaiser aber durchaus nicht dulden, wie Graf 
Poitui fleni venetianischen Botschafter erklärte.* 

Auf die Nacliricht von der Niederlage und tödttiohen Ver- 
wundung Räköczy'Sy die am Wiener Hofe mit Freude vernommen 
wurde, befahl denn auch der Kaiser, dass neine Truppen die 
Theiss Ubersehreiten, die zwei Gespanschaflen wohl besetzen 
und dem Königreiche Ungarn wieder einverleiben, nach Tokaj 
eine Garnison legen und sich bei Ssathmär aufstellen sollten*' 
Da die Witwe mköcay's, w( Iche zum Katholicismus übertrat 
und nur beim Kaiser gegen die TUrken Scbuta linden konnte, 
dagegen keine Schwierigkeiten maclitc, so wurde Tokaj von 
den Kaiserlichen besetzt, und die Bewohner der awei Comitate 
leisteten am 20. Juli die Huldigung.^ 

Der Kaiser hatte nach RAköczy's Tode beschlossen, an 
Reniger zu schreiben, er möge sich bemtthen, dass in Sieben- 
bUigen ein katholischer Fttrst eingesetzt werde, wosn Fnaa 
Kornis voi^schlagen wurde. Wenn dies nicht zu en*cichen 
wäre, sollte er sich für Rhödey oder endlich fUr die Bestätigung 
Barcsay's verwenden, aber jedenfalls verhüten, dass Kem^ny 
oder gar ein Pascha dahin gesetst wcrde.^ Es ist aber aweifel- 
haft, ob eine solche Weisung an den Residenten abgeschickt 
wwden ist, da er nichts davon erwähnt. 

Bald bedrückte den Kaiser und seine Käthe eine andere 
Sorge. Man befUrchtete allgemein einen Angriff der Türken 
auf Grosswardein, welches in den Händen der Anhänger 
R^ktkzy's war, aber eine ganz ungenügende Besatzung von 
S50 Mann hatte. Wie der Erzbischof Lippay am 16. Juni be- 
richtete, war der Comnutndant bereit, die Festung dem Kaiser 
zu Ubergeben, wenn man ihn bei seiner Religion lassen und 
dafär belohnen wdlte.^ Sicher ist, dass er bereit war, ja dringend 



* Bericht MoUn's vom 12. Jum. Dispucci, T. 116. fol. 489. 

* Hitthailiuis mn die nngttriaeh« HvCknulai vom 18. Jani und an den 
Pabitin wm 14. Juni ,PtotokoH« 1660 fol. S86b und ,R««iatraliir* 1660 

foL 102. 

' Beriehto des Palatins und de Sonohes' Tom 8. — 88. Juni und 14. Jali im 
.Protokoll' fol. 267, 272, 285. 

* ErwjUint in der Hitthetlung an die ungarische Hofkanalei rom 18. Juni. 
J»Ni«okoll* M. t86b. 

.Protokoll' 1660 fol. 2ti7b. Ein äbuliolier Bericht traf am 17. Juni Tom 
Paletin ein, wie UoUn beiiolitet. Di^paooi, L e. fol. 687. 



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539 



wOnBcbte, kalfleriiche Trappen bot Venttrkniig der Beaatsnng 
in die Feetnng anfetmelimen, und dMS er ns diesem Zweeke 
300—400 Musketiere yeriangt hat Der Paktin, welcher dies 
am 3. Jnfi dem Hofkriegsratfae meldete, sendete einige Tage 
daranf an diesen die dringendsten Bitten, dass man Qross- 
wardein nicht in die Hände der Türken fallen lassen mdge.^ 
Am 3. Jxüi hatte auch de Sonches an den Hofkriegsmth die 
Anfitige geriebtet, ob er sieh Grosswardeins bemSohtigen dttffe.* 

Aber schon am 89. Jnni war an de Souches der Befehl 
abgegangen, einen Brach mit den Türken anf alle Weise an 
verbflten. Anch an den Pakrfin wurde am 9. Jnli, ehe noch 
seine erwähnten Mittheilangen eingetroffen waren, geschrieben, 
dass es nicht rathsam sei, eine kaiserliche Besatsnng nach 
Grosswardein zu legen.' 

Wenn man aom Schntse Grosswardeins etwas thnn wollte, 
war jedenfolls Efle nothwendig. Aber ein rascher Entschloss 
war sehr erschwert, weil sieh der Kaiser damals nach Graa 
begeben hatte, am hier und in den anderen Xiändera Innere 
Osterrdchs die Huldigung zu empfangen.^ E!rst nach längerer 
Zeit erhielt de Souches ein kaiserliches Rescript^ welches ihm 
gestattete, mit der Armee so weit gegen Groeswardein Tor- 
zurttcken, dass sie in des Kaisers Gebiet an einem bequemen 
Orte Posto fassen könnte, und von da aus Ali Pascha zu er- 
mahnen. Was man damit erreichen wollte, ist freilich nicht zu 
erkennen, da sich Ali durch blosse ,EIrniahnungen' gewiss nicht 
▼on einem Angriffe anf Ghrosswardein abhalten liess. De Souches 
und der Palatin beschlossen denn auch, mit der Armee stehen 
zu bleiben, weil sie sich zu einem offenen Kampfe mit den 
Türken zu schwach fühlten, so lange meht drei ans Mähren 
heranziehende Regimenter eingetroffen und die ungarische In* 
surrection aufgeboten wäre.* 

Wie am 1. August vom Hofkriegsrate dem Paktin ge^ 
schrieben wurde, fanden in Wien Berathnugen statt, ,wie beim 



* «FMtokoU* 1660 fol. 280, M3b. 

* EbendAaelbflt fol. 279 b. 

■ ,Reft8tratur' ir,r>0 fol. lOfib, 11'» ff. 

* In Graz fand sie am b. Joli statt. Von da begab sich der Kaüier nach 
einem Uriferea Aafenthalt nach Klagenftirt, Laibseh, Odrs und Triest. 

* De Senehee vom 8., WeeseMoj ▼em 1. aod 6. Angoet. «Pkotokon* fol. 909, 
SOS C 8$4. 



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gefiüirliohon Zustande Grosswardeins zu helfen' wttre.^ Da in 
Ungarn wegen der lauen Haltung der Regierung, welche sich 
nie entBchliessen konnte, den Fortschritten der Tflrken Im Noth- 
folle mit Waffengewalt entgegenautreten, eine furchtbare Aof- 
regnng bestand und man offen sagte, dass man ihnen lieber 
erlauben solle, sich unter den Schutz der Türken au begeben, 
wenn man sie doch nicht achtttsen kOnne,' so berief man die 
herrorragendsten ungarischen Magnaten, den Erzbischof Lippaj, 
den Bischof von Raab und die Qrafen Nidasdy, Niklas Zrinj, 
Frans Batthydny und Erdddy,* nach Oraz, wo der Kaiser selbst 
mit ihnen sich berathen wollte. Am 9. August* kamen sie 
daselbst an. In einer weitläufigen Denkschrift* setsten sie die 
Gründe auseinander, welche ihrer Meinung nach ftkr ein EUn* 
schreiten des Kaisers zum Schutze Grosswardeins sprachen. 
Diese Gründe wurden theilweise gewiss auch yon den übrigen 
Ruthen des Kaisers getheilt Denn dass Grosswardein eine der 
stärksten Festungen der Christenheit sei und sein Fall von den 
nachtheiligsten Folgen begleitet sein ktfnne, war ja unbestreitbar, 
weun auch ihre Behauptung, dass der Fall dieses Platzes den 
Ruin Ungarns, besonders Oberungams, und die Umwandlung 
Siebenbürgens in ein Paschalik mit sich ziehen würde, durch 
die späteren &eigni88e widerlegt wurde. Auch ihre weiteren 
Darlegungen, dass man im Nothfiüle einen Krieg mit den Türken 
nicht scheuen solle, weil diese dnrch den Einfall In die zwei 
Con^tate und ihr gewaltsames Auftreten in Siebenbürgen eigent- 
lich den Krieg mit dem Kaiser schon begonnen hätten und nicht 
mehr so stark seien als früher, waren nicht unb^Ündet. Aber 
die Rettung Grosswardeins stellten sie sich doch etwas zu leicht 
vor, und sie operirten mit Zahlen, hinter welchen die wirklielien 
theilweise weit zurückstanden. Sie sagten, das Heer Ali Paschas 
sei angeblich 40.000 Mann stark, aber tbatsächlich viel schwächer. 



,He|pstrstnr* fol. 146. 
' Ueber die bSse Sttmmuiif der Ungarn, die «ehon die Untersttttrang 
RAk6czy'» verlangt hatten, berichtet def Tenetianiaehe Botiohafter hat in 

jeder Depesclip. 

* Ihro Namen in .Hetrisfrntur' fol. 

* iJiesuii Tag gibt Molin in seiner Depesche vom 10. August (Dupacui, 
p. 807) aa. 

* 8ie finden eich ab Bailage in einem Beriehte MoUn't a. a. O. nach 
p.8M. 



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581 



Dagegen habe de Souches 10.000 Mann aehr guter deutseher 
Trappen, 3000 seien auf dem Marsche zu ihm, der Palatin habe 
8000 ungarische Reiter , von den Hajduken seien mehr als 
6000 (?) Mann bereit, die Witwe Ritköozy'B habe 2000 (?) Mann, 
waa also 25.000 (1) gnte Soldaten ausmache, und in den ober^ 
ungarischen Gomitaten sei die InBurrecüon jede Stunde aum Aua- 
rttcken bereit, was wieder 10.000 (?) Mann geben würde. Man 
solle Übrigens, meinten sie, dem Belagerungsheere keine SeUacht 
liefern, was gef^rlich und ein offener Bruch mit der Pforte 
wäre. Vielmehr sollten de Souehes und der Palatin eine Hilft* 
Schaar, besonders Deutsche nach Grosswardein hineinzubringen 
suchen, was für die Tttrken kein genügender Omnd aum Bruche 
wäre. Wie man dies anstellen könne, ohne dass es mit den 
Belagerern au einem Kampfe käme, vergassen sie anzugeben. 

Mehr Eindruck als diese GrUnde machte vielleicht, dasa 
die Ungarn mit einer Rebellion drohten und erklärten, sich ent- 
weder mit dem Kaiser vertheidigra oder noh mit den Tttrken 
einigen au wollen, und dass man aus einem au%e&ngen6n 
Briefe der Pforte an Ali Pascha erfuhr, dass diesem aufj^etragen 
worden war, sich nicht blos Ghrosswardeins, sondern aller Festun- 
gen und Güter Räköczy's au bemächtigen. Der Kaiser selbst 
soll den Ausschlag gegeben und nach langen Beraihungen seiner 
Minister and der Ungarn crkl.lrt haben, man mttsse sich in der 
Sache Gottes auf die Vorsehung yerlassen. Es wurde be- 
schlossen, Grosswardein zu unterstützen, aber sich dabei in keine 
Schlacht einaulassen, um nicht das Heer und damit die Länder 
des Kaisers auf das Spiel zu setzen.^ Am 11. August wurde 
an den Palatin ein Befehl über die Einfilhrung «nes Succurses 
nach Grosswardein ausgefertigt und ihm aufgetragen, über die 
Art der Ausführung sich mit de Souehes und anderen Kriegs- 
ofdcieren zu berathen.' 

Noch konnte diese Weisung nicht an den Palatin an die 
Theiss gelangt sein, als dieser am 16. August dem Kaiser meldete, 



* Bericht«! \fo1!n'H mu Qna vom. 14. und 17. AngMt Dlipamii 1. «. 

p. 83(1 ff., 843 ff. 

* fUegistratar' 1660 fol. Iö6b. Au Beniger meldete der Kaiser am Ib. August, 
•r habe» weil er den Frieden mit den Tttrken nicht bredmi welle, dem 
Pfttatin und de Soechee befohlen, dam aie, «wenn ee mllitaiiter mit guter 
Sicherheit und ohne Rinkininf^ unserer Armada (geschehen kSnnte% einen 
Snccnr» von Deateohen und Ungarn hiheinachicken nSgen. 



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682 



dass die Succarirang Grosawardems ohne offenen Streich nicht 
geschehen könne.' 

Um diese Zeit war übrigens Grosswardein bereits dem 
Falle nahe. Am 16. Juli hatte Ali Pascha die Belagemng der 
Festung begonnen. Am Aogoat mosste die Besatsnng, welche 
auf 300 KampflUhige ausanunengeschmolsen war, nach helden* 
mlltliiger Vertheidignng gegen freien Abang dieselbe Über- 
geben. 

II. 

Oesteirefebs seliwnnkende HftltQtiff: ron der Brobernnpr 

(jrroMKwardeiiis durch die Tfirkcn hin zum Aufbruche des 

Krieges. 

War schon die Wegnahme Grosswardoins, durch welche 
den Türken auch der Weg nach dem nordöstlichen Ungarn 
geöffnet wurde, ein schwerer Schlag (Ur den Kaiser, so wurde 
die Aufregung am Hofe noch dadurch vermehr^ dass die von 
verschiedenen Seiten eintrefFeuden Nachrichten noch weitere 
Uebergriffe der Türken befUrchten iiessen. 

Am 28. Juni meldete Beniger aus Adrianopel, wo der 
Sultan sich aufhielt, der Grosswesir habe ihm gleich auf die 
Nachricht vom Tode lUköczy's durch den Dolmetsch Fan%|otti 
sagen lassen, dass dessen Güter und Schätse, wo immer sie 
gelegen wären, dem Sultan hoimgefallen seien. Der Grosswesir, 
den der Sultan absolut regieren lasse, habe auch am 17. Juni 
an Ali Pascha den Befehl geschickt, sich nicht blos Gross- 
wardeins, sondern auch KUusenboigs in Siebenbürgen zu be- 
mächtigen, alle Guter Räköczy's einzuziehen und einen Pascha 
darüber zu setzen. Die Türken, schrieb er am 10. Juli, seien 
seit der Niederlage Biköczy's so stolz und übermüthig, dass 
sie öffentlich sagen, sie trauten sich ohne Widerstand ganz 
Ungarn und sogar Wien einzunehmen. Am Hofe traf weiter 
noch im Juni die Meldung ein, dass die Türken Szathmir, das 
doch nur Rdköczy ftir seine Person iibertragen worden war, 
eingenommen und dem Barcsay hätten schwören lassen, und dass 



' «Protokoll' 1660 fol. 667 b, 668. 



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533 



Seidi Ahmed Pasdia behaupte, alles Land bis aar Theiae Bei 
Ar RAköeiy'B Land an halten. Zugleich forderte Ali Paeeha 
die AuBlieferong der Witwe lUkiSoaj'e und ihres jungen Sohnes, 
waa der Kaiser ohne Verletxung seiner Ehre unmOgilich hfttte 
bewiUigen können. 

Dagegen wie gegen die Forderung der ausser Sieben- 
bürgen gelegenen Besitanngen lUköcay's wie Sarospatak und 
Eesed liees der Kaiser freilich durch seinen Residenten Vor- 
stellungen machen. Jenes liege mitten im kaiserliohen Gebiete, 
dieses in den ihm gehörenden awei Qespanscbaften. Wenn die 
Türken, wie sie immer erklärten, wirklieh den Frieden wollten, 
so sollten sie dieselben in Ruhe lassen und ihre Volker aus 
den awei Gespansehaften und anderen Gebieten des Kaisers 
surUckaiehen.^ 

In dieser Beaiehung gaben nun die Türken wirklich be- 
ruhigende Zusicherungen. Man erklirte dem Residenten, dass 
man vom Lande des Kaisers nichts begehre und an Ali Pascha 
geschrieben habe, die awei Gespanschi^n und das kaiserliche 
Gebiet in Ruhe au lassen. Was dem Kaiser mit Recht gehOre, 
solle er nehmen, aber sich auch in das siebenbOrgische Wesen 
nicht einmischen.' Aber ^on der Forderung Grosswardeins 
wollten sie nicht abgehen. Mit dem osmanischen Reiche, sagten 
sie, sei es nicht so schlecht bestellt, dass es sich von den 
Ciiristcn schrecken lassen und auf d^n .AnliaJ**« die Armee 
abfuhren sollte. Bezüglich Siebenbürgens versicherte zwar der 
Reis Kitab, dass der Grosswesir nichts als den Tribut und die 
Kriegsentschädigung von 500.000 Thalem verlange. Als aber 
Nachricht kam, dass jetzt von Venedig nichts zu besoi^n sei, 
habe dieser seine Gedanken gleich wieder auf Siebenbürgen 
gerichtet und an Barscay durch dessen Agenten schreiben lassen, 
dass der Sultan auch Klausenburg begehre. Auf die Vor- 
stellnngen des Residenten sei ihm geantwortet worden. Sieben- 
bttigen sei des Sultans Patrimonium, mit dem er thun möge, 
was er wolle. Der Kaiser habe nichts damit au schaffen, und 
wenn er nur im geringsten sich dessen anmesse, werde es au 
einem Kriege kommen. Reuiger solle sich wegen dieser Fra^e 
nicht an den Grosswesir wenden. Der suche ohnehin eine Ge- 



*■ WfliiiiiigeB «B Benigw rom 99. Jtmi, 9. und 11. Juli. 
* Betklti Beiiiger*s «a dSD Kaia«r rwn 19. Angiut. 



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534 



legenheit, etwas anzo&Dgen. Dem Panajotti, der ibin von den 
Auftrügen des Residenten Mittbeilang gemacht» habe er ö£fentHch 
gesagt, dieser solle hinattsschreibeD> dass man sich in des Sultans 
patrimoniom nicht einmischen mOge, sonst werde nichts Gates 
entstehen; die Waffen seien ohnehin schon dort und bereit 
Einige htttten gesagt, man solle nur bei Zeiten die Schlüssel 
TOn Wien schicken. Und als der Resident durch Panajotti nm 
eine Andiena beün Grosswesir ansachte nnd erklärte, die 
Christenheit werde nicht dulden, dass man Siebenbtttgen gaaa 
unterdrücke, schrie der Grosswesir: ,Ihr anglftubigen Hunde, 
was habt Ihr mit des Sultans Land au schaffen? Krieg! Krieg! 
Krieg!' Kr werde jetst auch die Paschas yon Aleppo und 
Damascus und den Tatarenchan pOTsOnlich berufen. Dem Re- 
sidenten liess er sagen, er solle ihm nicht unter die Augen 
kommen. Auch später, als er ruhiger geworden war, Hess er 
demselben erklären, der Sultan verlange nichts vom Lande des 
Kaisers und von den zwei Gespanschaften. Aber in die sieben- 
bUrgiscbcn Dinge solle dieser sich nicht einmischen, sonst werde 
unfehlbar Krieg entstehen.^ 

Diese drohende Haltung der Pforte und die immer mehr 
zunehmende Aufregung in Ungarn veranlassten den Kaiser, im 
October nach Wien zurttckznkehren, wo er gegen £nde des 
Monats eintraf. Auch unter seinen Käthen wurden jetst Stimmen 
laut, dass man an Gegenwehr denken müsse, was man ja um 
80 leichter wagen konnte, als der Krieg mit Schweden durch 
den Frieden von Oliva vom 3. Mai 1660 beendet worden war 
und die noch an der Ostsee stehenden Tmppen unter dem Feld- 
marschall Montecuccoli, soweit sie nicht abgedankt wurden, nach 
Bdhmen, Schlesien und Mähren zurückgeführt wurden. Vom 
Fürsten Auerspeig liegt ein Gutachten vom 30. Octo])er 1660 
vor, worin er sich gegen die bisherige unklare Politik aus- 
spricht. Man habe, sagte er, an&ngs gemeint, man solle die 
Absetzung Räköczy's nicht dulden, weil nach den Bestimmungen 
des Friedens keiner der beiden Kaiser in Siebenbürgen irgend- 
welche lieuerungen einführen sollte. Man habe weiter bei der 
Forderung Jenös, dann Grosswardeins gemeint, man könne 
dies nicht geschehen lassen, sondern solle die Wegnuhme mit 
Gewalt hindern $ aber man habe nie etwas gethan. Der Kaiser 



* Bericht Reniger'« vom 14. September. 



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535 



aoUe sich daher endlieli ein bestimmtes Ziel setzen und die 
Untentätztttlg auswärtiger Mächte nachsuchen. 

Es wurde nun, wie der venetianische Botschafter berichtet, 
in einer Conferenz der geheimen Räthe beschlossen, sich an die 
italienischen Fürsten und an den Papst zu wenden, der als 
Haupt an die Spitze einer Union aller christlichen Fürsten gegen 
den gemeinsamen Feind treten sollte. Auch die fleutschen 
Reichsstände sollten um Hilfe angegangen werden. Selbst mit 
Frankreich suchte man durch spanische Vermittlung freund« 
achaftliche Beziehungen anzuknüpfen.^ 

Am 5. November fand beim ( )bersthofmoister ( Jrafrn Portia 
eine weitere Berathung statt, weleher die gelieimen lUithe Auers- 
pcrg, Trautson, Schwarzenberg, der Keichsvicekanzler Oettingon 
und der Feldmarschali Gonzaga, Viceprii.sident fb^s Hotkriegs- 
rathe.s, beiwoiinten. Das Gutachten, welches auf Grund der 
Bcrathungen im Namen derselben erstattet wurde, ist uns er- 
halten. Da der Kaiser sich ent.sehlossen habe, sich mit aller 
Macht gegen die furbrechende Gewalt des Erbfeindes zu setzen 
und .'^ieh hicfür nicht allein der Erbkönigreiche und Länder zu 
beiiienen, sondern auch um ausländische Hilfe zu bewerben, 
80 hätten sie beratben, wie dies ins Werk zu setzen wäre. Es 
»olle der Gegensumd des Streites und was bislier geschelien 
von der Kriegskatizlei aufgesetzt und von den Hofkanzleien 
und der Hofkamuit r über die Mittel der eigenen Länder be- 
rathen werden. Auswärtige Hilfe solle bei allen christlichen 
Potentaten und Stän'bni gesucht werden, weil die Türken die 
Erbfeinde der Ciu'jstenhcii seien, nüiulich beim Papste, Spanien, 
Frankreicli, dem römischen Reiche, den itaUonischen Fürsten 
und Ständen, besonders bei Toscaua, Savoyen und Mautua, und 
bei Polen und Dänemark. Man solle vor Allem Geldhilfe ver- 
langen, weil man dann freiere Hand hätte, während bei Volks- 
hilfen schwere Bedingungen wogen des Commandos zu be- 
fllrchten wären. Doch solle man auch diese nicht auHschlagen, 
wenn das nütliige Geld ftlr den Unterhalt während der Dauer 
des Feldzuges gezahlt wUrde. 

Dieses Gutachten wurde am folgenden Tage in einer zalil- 
reicheren Versammlung des geheimen Rathcs verlesen, welcber 
der Kaiser selbst, der Erzherzog Leopold, sein Oheim, Fürst 



* Bericht Molin's vom 30. Uctober. Dispacci, T. 117. 
MOw. LXXXT.Bd. 11. null«. 85 



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636 



Auerepergj die Grafen Portia, Trautson, Schwarzenberg, Oettin- 
gen, liottal, Gonzaga, Nostitz, Leslie, Starhemberg, Traun, 
Montecuccoli und der Hofkammerprilsident Oraf Sinzendorf bei- 
wohnten. jConclusit M'*^ Sua, wie gerathcn und besonders st^irk 
auf Geldhilfe zu gehen', wird auf dem Gutachten bemerkt. In 
der zweiten Hälfte des December wurden dann nach allen 
Seiten Gesandte mit Briefen und Instmetion cn abgeordnet. 

Zu diesen Beschlüssen hatten sich alle geheimen Küthe, 
die Friedens- wie die Kriegspartei vereinigten können. Glaubte 
die letztere auf diesf^ Weise die Mittel zu einem erfolgreichen 
Kampfe gri^cn die Türken zu erlan<ren, so hoffte die erstcre, 
dass, wenn die Aeusseruniren der fremden Fürsten j^^ünstig 
lauteten, die Pforte sieli zu einem l)etiie(ligenflen AV»kommen 
herbeilassen würde, willirend sie im entgegengi^setzten Falle 
darauf rt'chnete, dass nueli die (ietrenj)artci nnil der Kaiser 
den Frieden einem gefährliehen Krie<;e vorzielien würden.' 
Jedenfalls war eine Entscheidung bei deu danisiÜL'"''?! Verkehrs- 
mitteln und der scliwerfjilligen Art, wie man die Staatögeachütlu 
behandelte, auf längere Zeit liinausir' -eli ohcn. 

Die ungarischen Magnaten verlaugten zwar aueh jetzt 
wieder eine bestimmte Krkläruug von Seite des Kaisers und 
begaben sich zu diesem Zwecke neuerdings nach VV^ien. Sie ver- 
lasen in einer Sitzung des geheimen Käthes am 21. Jilniier 
der sie heigezogen wurden, eine Denkschrift, in weleher sie (lie 
Rechte des Königs von Ungarn auf Siebenbürgen wie auf Gross- 
wardein auseinandersetzten und die Aufrechthaltung der Freiheit 
desöelben verhmgten. Die drutschen Küthe und der Kaiser 
sprachen sieh nielit gegen <h'ri Kiieg ans. Aber sie erkllirten, 
man dürfe dies nielit otTt-n äussoni, weil die Türken gerüstet 
seien und daher Ungarn überfallen und ruiuiren würden, sonderu 
man mtlsee die VerhaudluDgen mit ihneu fortsetzen. £s wurde 



So schreibt Molüi am 6. November. DiRpaeci, 1. c. Leider nennt Molin 
weder hier m^L-li in antlpren Depo-^chon tlio Mittrlieder der einen oder 
der anderen Partei. Erst in einer i>epe»elie vnm 15. October 1661 be- 
merkt MoUn's Nachfolger Sagredo (DUpaccl, T. 119): Due Kii minutri 
a queUn eorU tengono qtudeh« ineUnatione per la guerra, ü Prineipe Autbetgk 
€iat e Do» Ännihale Qomaga. Stn» forM ä megtio dd amtit^, mm h 
nego. Ma Ü prindpalt, ch' ^ »7 Principe lÜ P,>rna imtieme con tutli ^aUri 
jw > anerithitivu} e qnrjtta oUmaLiorm daUti roUura i poi univeraale m Mti 
yl'ttUi'i yenveri di p9r»Ott9. 



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&37 



daher dem Residenten geschrieben , er solle der Pforte er» 
klären, dass der Kaiser den Frieden wünsche nnd keine 
NeueroDgen in Siebenbürgen anstrebe, dass aber dies aach die 
Türken nicht thon sollten, und dass die chriBtlichen E^üisten 
nieht dulden wOrdeni dass Siebenbttrgen von jenen ooonpirt 
werde.* 

Doch liesB man es nicht bei diplomatischen Sehritten be- 
wenden, sondern traf auch emstliche Vorbereitnngen fUr den 
Fall eines Krieges. 

Anfangs Februar 1661 &nd eine Conferenz des Uofkriegs- 
rathes mit der Hofkammer, dem Land- und Hauszeugmeister 
Grafen Traun und dem Feldmarscball Montecnccoli ,llber die 
resolvirte Eventual- Kriegsverfassung* statt. Es sollten gegen die 
Türken drei Corps in der SUirke von 53.000 Mann, die theils 
durch Werbung, theils durch Recrutirung au%ebracht werden 
sollten, gebildet, ftkr die nothwendige Ausrüstung und Proviant 
gesorgt, in Komom, Raab, Neuhttusel und in NiederOsterreich 
Magazine errichtet, die Befestigungen in Ungarn und Croatien 
verstärkt und eine Kriegscasse formirt werden. Eine kaiserliche 
EntSchliessung vom <S. Februar verUlgte, dass die vorhandenen 
11 Reiterregimenter, die Dragoner und das Croatenregiment 
auf 1000, die Tnfanterieregimenter auf 3060 Köpfe gebracht 
werden sollten.- Das Obercommando wurde am 12. März dem 
Feldmarschall Montecnccoli anvertraut und ihm de Souches als 
Feldzeugmeister, Spork nnd Starhembeig als FeldmarschaU- 
Itentenants untergeordnet.' 

Diese Massregeln, welche alles für den Kriegsfall vor- 
bereiteten, waren in der That nothwendig, da sich der politische 
Horizont immer mehr verdüsterte. 

Die Wegnahme Grosswardeins, welcher Baresay wie ein 
Gefangener im Lager Ali Paschas hatte beiwohnen müssen, die 
Forderung der Pforte, dass als Dependens dieser Stadt auch 



* Bsrieht Moliu's vom 88. Jlnner 1661, der soffletdi darauf aufmerkaam 

macht, dass der Kaiser, indem er SiebenbOrgen, nicht aber QrcMBwarddin 
aaedrik klich nannte, dieses stÜlaehweigend prmagab. 

■ .Protokoll' 1661 fol. 86, 86 b. 

' tRcgistrabu' 1661 foL 41b, 64b. Madi «hier DepeMbo Molln*i vom 
86. Min (Dispaeei, T. 118, fot 61) hatten d«r Palatiii, d«r Markgraf von 
Badeot HeiHter und andere Oenaral» erkllrC, «nter de Boncbee nicht 
dienen an wollen. 

36* 



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die Coii)itat(> Hili.-ii-, Kraszna und MiUolsaolaok abgetreten werden 
soUten,^ and die hohen Stenern, welche zur Aufbringung 
wenigstens eines Theilea der von den Türken geforderten Krie«xs 
entschädigong erhoben worden, erregten den Unwillen der 
SiebenbUrri^er immer mehr und raubten dem Fürsten alles An- 
sehen. Dies benutzte der ehrgeizige Johann Köm^nj, nm sieh 
an dessen Stelle zu setzen. Tin November 1()60 zog er an der 
Spitze einer Kriegsschaar, die er im nordöstlichen Ungarn ge- 
sammelt hatte, gegen Barcsay, welcher sich sum Widerstände 
zu schwach ifÜdie and nach einer langen Unterredang mit 
seinem Gegner sich herbeiüess; gemeinsam mit diesem einen 
Liandtag nach Regen zu berafen. Was nun vorauBzuschen war, 
geschah. Die Stände bewogen Barosay zur Abdankung und 
wählten am I.Jänner 1661 Kem(^ny zum Fürsten. 

Es schien anfangs zweifelhaft, welche Haltung die Pforte, 
welche in diesem Jahre ein Heer gegen die Venetianer nach 
Dalmatien schicken wollte,' Kemöny gegenllber einnehmen wUrde. 
Als Rcniger am Iti. Februar beim Grosswesir Audienz hatte, be> 
klii;xte sich dieser Uber die Siebenbttrger, dass sie rieh aus der 
ottomanischen Pforte Gehorsam ziehen und den ihnen vom Soltan 
gesetzten Fürsten nicht anerkennen wollten sondern einen andern 
gewählt hätten, und dass «'ie weder den Tribut noch das ver- 
sprochene Geld geben. ,Meint Ihr/ sagte er, der Sultan werde 
daztt stillschweigen?' Die Absichl, nach Dalmatien zu ziehen, sei 
aufgegeben, berichtete Reuiger, man werde jetzt mehr Völker als 
je gegen Siebenbürgen schicken. Aber der Reis Kitab bemerkte, 
es gebe ein Mittel, nämlich dass der neue FUrst persönHch 
eich zu Ali Pascha begebe, mit ihm die Sache vergleiche, den 
Tribut und die Kriegsentschädijrunfx pünktlich zahle und (als 
Zeichen der Relchnung) die Standarte empfanfrc. Als am 
IS. Februar der Sultan selbst zum (rrosswesir kam, wurde, wie 
Rcnif,'er hörte, beschlossen, Kemeny zu bestätigen, wenn er 
selbst kflmc und den Tribut und das Geld brächte.' Tn der 
That schickte auch Ali Pascha an Komc^ny Gesandte, welche 
ihm die Aussieht auf s*'in<" Bcstatif^'un^ eröffneten, wenn er 
persönlich zu ihm käme und einen seiner Sühne als Geisel an 



* Mon. comit TranMylv. IS, 470. 

• Bi-rii lit Rüui^ri r'u an den KaiMor vom 28. J&nner 1661. 
' Iteoigär'ü Uaricht« Tom 18. nnd ÜO. FebmAr. 



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589 



die Pforte schickte. Im April kam eine ähnliche Erttfhting 
auch Tom GroMweair.^ 

Aber Kem^ny scheint den Verspreohnngen der Türken 
nicht getraut oder gebuchtet zu haben, dass ne, wenn sie ihn 
in ihrer Qewalt hätten, ihn einkerkern oder ans dem Wege 
rftnmen wUrdon. Er erschien daher nicht bei Ali Pascha. Und 
in der That äusserte sich der Grosswesir in einer Andiena, die 
er dem kaiserlichen Residenten Ende März gewährte, in einem 
Sinne, welche keine Aossicht anf die Bestätigang Kem^ny's oi^ 
öffnete. Es handle sich, sagte er, am die Ehre und Reputation 
des Sultans, der nicht ansehen könne, wie Einer sich in seinem 
Lande propria authoritate und mit Qewalt zum Fürsten cin.^etse. 
Wenn die Siebenbttrger sich nicht rechtzeitig zum Gehorsam 
bequemten, das ▼ersproehene Geld mit dem Tribut und dem 
Kemc^ny lieferten oder diesen zum Teufel jagten, so werde die 
türkische Macht in grösserer Zahl als je gegen Sichi iibllrgen 
rücken. Den Kem^ny werde man absolut nicht dulden.' 

Mit um so grösserer Spannung blickten Kemäny und die 
siebenbUrgischen Stände nach Wien, wohin sie auf dem Land- 
faige nach der Erhebung des neuen 1 Kirsten einen der ange- 
sehensten Edelleuto, den Dionys BäntVv, und den Jesuiten 
Pater Martin Kassoni schickten, um den Kaiser um seine Unter- 
stützung zn bitten. Aber diese scheinen ihre Reise erst viel 
später angetreten zu haben nnd trafen erst am 6. März in 
Wien ein.' 

Schon am folgenden Tage erhielten sie beim Kaiser Audienz, 
obwohl einige Minister dagegen waren, dass man sie als Ge- 
sandte empfange, weil dadurch auch die Anerkennung Kenieny's 
als Fürsten von Siebenbürgen ausgesprochen zn sein schien. 
Sie baten den Kaiser, sie in seinen Schutz zu nehmen und, 
wenn ein Friede mit den Türken zu Stande käme, sie einan- 
scliiiessen, wenn aber dies nicht der Fall wäre, sie zu ver- 
theidigoi, wozu sie ihm alle ihre Plätze und Elräfte cor Ver- 



* Kranfl, Siebenb. Chronik. Fontea rar. Auttr. 88. 4, 141 f., 146 f. 

* Bericht Reniger's vom 30. MSrz. 

* Bericht Molin's vom 12. März. Dispacci, T, IIU, fol. 1&, der iu dieser 
wte in den folgeodi« DapM^en vom t9. vaA Min toi. ü mä 60 
anoh tlb«r fibra TOThudlmigeii in Wien beriehtot. Itagtgem war di« 
Vollmacht für die ]>eldeik Gsssiidlsii nach ,PMtokoll* 1661 fbl. 198 achon 
vom 18. Jlas«r datürk 



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640 



fÜgtUDg stellten. Sie ersuchten um eine rasche Entscheidung, 
damit sie nicht von den Türken erdrttckt würden, ehe Hilfe 
käme, und um sofortige Absendung von 2000 Husaren. 

Man konnte aber in Wien lange zu keinem Entschlüsse 
kommen, theils wegen der Zaghaftigkeit, die hier überhaupt 
bei den meisten geheimen Käthen herrschte, theik weil man 
den SiebenbttrgerDy welche gleichzeitig mit der Pforte untere 
handelten, nicht recht traute und ihre Vollmacht zu unbestimmt 
fand. Doch wurden die Riistungen fortgesetzt, Recruten aus- 
gehoben, fUr den baldigen Einmarsch der in den böhmischen 
Ländern stehenden Regimenter Vorbereitungen getroffen. 

Ein baldiger Entsehluss wäre um so nothwendiger gewesen, 
als die TtLrken ihr Qebiet immer weiter ausdehnten. Der Pascha 
von Grosswnrdein nahm im Februar das Castell St. Job im 
Nordosten des Biliarer Comitatos ein, machte einen, allerdings 
vergeblichen Verauch, auch die n^irdlich davon an der Grenze 
des Szathmdrer Comit.itcs gelegene Festung Szökelyhid weg^ 
zunehmen, und bewog die benachbai'ten Hajduken wie die Bauern 
der Krasznaer Gespanschaft zur Hiddigung, so dass sie un- 
mittelbar an der Grenze der Comitatc Szathmdr und Szabolcs 
standen. Auch die dortigen Ortsdiaften wurden in drohender 
Weise zur Tributzahlung aufgefordert. 

In den ( i sten Tagen des April erklärte sich endlich der 
Kaiser nacb (Miier Berathnng mit den ungarischen Magnaten 
bereit, für Si*;.benbUrgen einzutreten, wenn ihm die F ^tmiiren 
Szekelyhid, Kdvär und 8zamos-üjviir oder Illye an der Maros 
Überlassen würden. Am 9. April wurde Heister beauftragt, diese 
Plätze mit deutschen Völkern zu besetzen.' 

Unerwartet« 1 Weise machten die SiebenbOrger Schwierig- 
keiten. Wie Heister am 7. Mai berichtete, stellten ihre Depu- 
tirten, welche ihm auch statt des am Eingang nach Sieben- 
btkigen golcgonen Kövär Szamoe-Ujvär oder das entfernte Deva 
anboten, die Forde^lnc^ dass die Garnisonen nicht blos dem 
Kaiser sondern auch dem Fürsten und den Ständen von 
Siebenbürgen verpflichtet sein und dass diese Plätze nach dem 
Schwinden der Gefahr ihnen wieder zurttckgegeben werden 
sollten.* 



> »Protokoll' fol. 174 b, 176. ,B«givtnKtttf* fol. 66b, 69b. 
* ^rolokoU* fol. 207 b. 



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541 



Doch wurden die Qeeandten vntn. Keminy nnd den sieben- 
btIrgiBehen Stttnden am 5. Mai mit neuen Vollmachten naeh 
Wien geschickt Die ^ebenbtti^r erklärten sich bereit^ in 
Ss^kelyhid, KöyAr und eine dritte noch au bestimmende Festung 
kaiserliche Besatiungen aulzonehmen nnd flir den Unterhalt 
derselben wie ftlr Qeschtttse und Munition au sorgen. Dagegen 
versprach der Kaiser in einer am 30. Mai in Laxenburg er- 
fiossenen Resolution denselben aur Besetsung anderer Pltttae 
ftr die Dauer der Gk&hr 1000 Fus^ftnger au überlassen und 
sowohl durch Unterhandlungen mit der Pforte als auch durch 
andere Mittel dahin au wirken^ dass der FOrsty die Stände and 
das Land im alten Zustande und bei ihren alten Rechten und 
F^iheiten bleiben. Von den siebenbllrgischen Gesandten wurde 
diese ErklHrung ^mit Dank acceptirt'. Doch waren sie, wie der 
yenetianische Botschafter berichtet^ nicht gana befriedigl^ weil 
sie wünschten, dass der Kaiser mit den Tttrken sofort offen 
breche. Auch weigerte man sich in Wien lange, eine schrifl- 
Uche Urkunde hierüber ausauatellen, weil man flirchtete, dass 
die Siebenhtt^er dieselbe bekannt machen würden, um den 
Brach awischen dem Kaiser und der Pforte herbeizuführen. 
Erst am 26. Juni wurden die Vertrüge in Wien schriftlich be- 
urkttodet* 

Auf Ghrund dieser Vereinbarungen wurde Anfangs Juni 
Sa^elyhid Yon den Siebenbüigem gerRumt und von den Kaisei^ 
liehen besetst Ende Juni rückten diese auch in KOvAr ein.' 

Die Völker aus Btthmen, Mähren und Schlesien mit der 
Artillerie waren schon am 16. Juni zwischen Schintau nnd Neu- 
hftuael anter Montecuccoli yereinigt* 

Die Verwendung derselben war schon längst Gegenstand 
der Verhandlungen in den massgebenden Kreisen gewesen. Für 
den 20. Mai war eine Conferenz anberaumt worden, um zu be- 
rathen, wie, wenn Ali Pascha in Siebenbürgen einfalle, der 
Krieg zu fuhren sei, damit man ,8ich Siebenbürgens defensive 
annehme', weiter um über einige Anfragen Montecuccoli's eine 
Entscheidung zu fiülen, namentlich darüber, wie er sich zu ver- 

^ Die Urkunden in Mon. corait. Tr.mssylv. 12, 520 .sqcj. Uoher dio früheren 
mUndlicben Vereinbarungen siehe .Protokoll' fol. 216 und den Bericht 
Molia^f Tom 4. Juni. 

* Nach HtistMr's B«rieht0ii vom 11. nnd 89. Jnni. «Protokoll' fbl. Vt9. S»lb. 

• NMh d«M«ii Mehten Tom IS. nnd 16. JnnL Ebondswlb«! 878, 875^ 879. 



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543 



halten habe, wenn der TOrke Siebenhüigen mit Macht angreife 
oder Eemäny Hilfe begehre oder sich in des Kaisers Land 
retirire, ob er gleich hinsiehen oder durch eine Diversion helfen 
solle.' 

Wir haben leider keine Nachrichten, waa von der Con- 
ferenz beschlossen worden ist Einselne Notiaen würden es 
wahrscheinlich erscheinen lassen, dass sie sich für den Fall eines 
Angriffes Ali Paschas auf Siebenbürgen ftr eine Diversion in das 
türkische Gkbiet ansgesprochen hat. Denn am 4. Juni ertheilte 
man an Montecnccoli auf dessen Anfrage, wo die Armee campireo 
sollte, die Antwort: ,swi8chen Komom und Totis^ also am 
rechten Donaanfer in unmittelbarer Nähe des türkischen Qe* 
bietes und der Festung Qran. Auch Montecnccoli spricht am 
12. Juni die Absicht aus, unterhalb Komoms eine Brücke über 
die Donau zu schlagen und nur Starhemberg mit 1000 Mann 
nach Oberungam au schicken. Ja noch am 12. Juli meldet 
er, dass er bei Totis das Lager schlagen werde.' Montecuccoli 
berichtet in seiner Darstellung dieser Ereignisse auadrücklich, 
dass er mit der Hauptarmee, unge&hr 15.000 Mann auserlesener 
Truppen, Gran oder Ofen belagern wollte, sobald die Türken 
sich gegen die eben von den Kaiserlichen besetaten sieben- 
borgischen StKdte Feindseligkeiten erlaubten oder einen Einfall 
in das kaiserliche Gebiet machten.'* 

Dagegen spricht aber der venetianische Botschafter in 
Wien, der die kaiserliche Regierung inmier zum Kriege drängte, 
aber ihr nie einen krilftigen Entschluss zutraute, in einem Be- 
richte vom 11. Juni die Ueberzeugung aus, dass die Minister 
durch diese militArischen Demonstrationen nur auf die Türken 
Eindruck machen und dieselben zu einem Abkommen bewegen 
wollten.' 

Die Weisungen, welche der Kaiser dem Residenten an der 
Pforte ertheilte^ scheinen diese Vermuthungen zu besttttigen. 
Am 27. Mai schrieb er ihm, er wünsche ebenso den Frieden 
wie die Pforte und wolle, dass Alles aus dem Wege geräumt 
werde, was denselben stVren könnte, weswegen er nttchstens 

» .Protokoll' fol. 215. 
« .RegiBtratur' fol. 111 f. 

• »PMtQkoU* fol. 27«. 880. 
« Conniantarii Ml. p. 188. 

* Dwpaooi T. 118, fol. M8 ff. 



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543 



ausführliche Instractioneii Benden werde. Untreuen solle er 
dahin willen, dass dem Ali Paseha und den anderen Türken 
der Einbrach in Siebenbürgen verboten werde. Dieser Auftrag 
wurde vom Kaiser am 3. Juni erneuert und augleich Vorschlllge 
- snrHerbeiAlhrang eines Ausgleiches gemacht Reniger soUte sur 
Erhaltung des Friedens eine Zusammenkunft von Commissllren 
beider Theile an der Orenie Torschlagen, um dieselben genau 
festsustellen und dadurch kttnftige Streitigkeiten zu yerhUten. 
Wenn etwa der Qrosswesir sagte, dass den Kaiser SiebenbOrgen 
nichts angehe, solle er darthun, dass auch dieser VertrHge mit 
Siebenbttrgen habe, welche, wie der yon 1606, von der Pforte 
selbst anerkannt worden seien. Sollte aber Alles nichts helfen, 
so solle er erklttren, dass der Kaiser vor Gott und der Welt 
entsdiuldigt sei, wenn ein grosseres Uebel daraus entstünde. 
Wenn die Türken erftlhren, dass der Kaiser heimlich befohlen 
habe, Ss^elybid und KOy&r mit deutschen Völkern (jedoch im 
Namen der Siebenbttrgcr) zu besetaen, so soUe er es ableugnen. 
Auch sollte er über die. von den Paschas an ungarische Dörfer 
besonders in den zwei Gespanschaften gerichteten drohenden 
Schreiben, welche sie aur Huldigung aufforderten, Klage ftihren. 

Aber durch so kleinliche Mittel Hessen sich die Türken 
in ihrem Vorgehen nicht aufhalten. Ende Juni brach Ismael, 
der jetsige Paseha von Ofen, und einige Tage spftter Ali Pascha, 
dem sieh bald auch ein tatarisches Corps anschloss, durch das 
Eiserne Thor in Siebenbürgen ein. Da sich Kemtoy mit seinen 
ungenügenden Streitkrftfken in keinen Kampf einsnlassen wagte, 
andererseits die Siebenbürger auch keine Miene machten, eine 
Verstftndigung mit Ali Pascha herbeiBuftIhren und an Kemdnj's 
Stelle einen andern Fürsten su wühlen,^ so wurde im I^kufe des 
Juli der ganze Westen des Landes von den Feinden über- 
schwemmt, welche durch Raub, Mord und Brand die unschuldigen 
Bewohner ihren Zorn fühlen Hessen. 

Schon vor dem 9. Juli traf in Wien von Kem^nj die 
Nachricht ein, dass die Türken in Siebenbürgen eingebrochen 
seien und er sieh habe aurücksiehen müssen. In dringender 
Weise bat er namenüieh den Grafen Portia, an den er sich in 
einem besonderen Schreiben wendete, tun Unterstütsung. 



* BarcMij war wegen t^er gebeimeii VerbindaDgen mit dan TBiken am 
SO. Juni auf Bafthl Kemkaj*» etmotdet wordan. 



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544 



Es fanden nan sablreiehe Conferonaen statt, in denen das 
nun einauschlagende Vorgehen berathen wnrde.^ Wenn frUher 
weuigstcna MonteeneeoH einen AngriflT auf Gran oder Ofen ge- 
plant haben mochte, so gieng man jetzt wohl besonderB aus 
poHtiflchen GrOnden davon ab. Ein solcher Angriff war ja ein 
offener Bruch mit der Pforte, während die Aufstellung eines 
Heeres im nord(56tIichen Ungarn, so lange sich dieses auf den 
Schutz der Besitzungen des Kaisers bescbrttnkte, bei den Türken 
keinen Anstoss erregen konnte, und selbst wenn es dabei zu 
einigen Zusaromenstössen mit den tttrkischen oder tatarischen 
Schaaren kam, dieses bei der damaligen etwas laxen Auffassung 
der internationalen Verpflichtungen noch nicht zu einem Kriege 
ftlhren mnsste. Auch durfte man Kem^ny nicht gmz unter- 
liegen lassen, wenn man verhüten wollte, dass Siebenbürgen 
ganz unter die BotmMssigkeit der Türken komme und dann ein 
Fttrst eingesetzt werde, der ein blosses Werkzeug in den Hftnden 
desselben werde. Man musste durch die Aufstellung eines 
Heeres an der Ghrenze Kemöny wie den SiebenbUrgem Muth 
zu einem möglichst ausdauernden Widerstande eioflitasen. 

Am U . Juli wurde daher ai^ den Feldmarschall Moniecuccoli 
der Befehl gesendet^ mit der Armee gleieh nach Oberungam 
zu sieben und bei Komom nnr ein Corps von 4000 Mann zu 
Fuss und 9000 au Pferd unter dem Feldzeugmeister de Sonches 
stehen an lassen.* Vergebens machte Montecuccoli am 15. Juli 
Einwendungen dagegen und befürwortete den Plan^ entweder 
Gran anzugrcifsn oder nahe bei Gran und Ofen Stellang zu 
nehmen,* indem er offenbar durch die Bedrohung dieser Festungen 
die Ttbrken bewegen woUte, zum Schatze derselben heranzu- 
ziehen und Siebenbürgen zu rAnmen. Vergebens sprach sich 
auch der Erzbischof Lippay in zwei Schreiben aus Presbarg 
▼cm 18. und 21. Juli ftlr einen Angriff auf Ghran und zugleich 
ftlr die Aufbietung der ungarischen Insurrection aus.' Man 
blieb in Wien bei dem einmal gefassten Beschlüsse and sendete 



* Beridit ll4>lin*8 ▼on 9. Juli I. e, fol. 300b, wortn dioeer w wbon ala wahr- 
•dMinlieh beseichnail, daM MonteenoooU dm BsfoU >itm Zuge naeb Ober- 

Ungarn erhalten werde. 

* .Registratur' fol. 160. Vgl. die Weisung vom 31. Juli fol. ISO uad vom 
24. fol. 1S5 b. 

* «FMlokoll« m, 99%, 

« EbendaMlbet fol. 336b. 



I 



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545 



am 21, und 28. Juli neue Befehle an Monteeuccoli, ohne Verzug 
mit dem grössten Tlicile seiner Armee nach Oberungarn zu 
ziehen, wo er zunächst bei Tokaj und jenseits der Theiss Stellung 
nehmen sollte.* Wie der venetianische Botschafter hörte,* lautete 
die ihm ertheilte Weisung dahin, Kem^ny zu unterstutzen und 
dafUr zu sorgen, dass der Sitz des Krieges in Siebenbürgen 
bleibe, aber sieh imt seiner Macht nicht zu weit einzulassen, 
nur als Helfer za erscheinen und sich in der Defensive zu 
halten. 

Aber der Marsch von Eomom an die obere Theiss Hess 
sich nicht so rasch durchführen, als nothwendig gewesen wäre. 
Man mosste erst fUr den nothwendigsten Proviant und fUr zahl- 
reiche Fahrwerke sorgen, die nicht in wenigen Tagen aofsu* 
briugcQ waren. Erst am 31. Juli brach Monteeuccoli mit seiner 
Armee auf.' Die sehkehten Wege, die von L^va an der Gran, 
wo der Feldmarschall am 3. August eintraf, durch gebirgige 
Gegenden nnd enge Thäler Uber FQlek nach Tokaj führten, 
machten ein rasches Fortkommen unmöglich. 

So hatten die Türken Zeit gehabt, ungehindert Ton den 
Kaiserlichen ihre Operationen fortsnsetzen. Um Eemänj in 
seine Hftnde zu bringen, drang Ali Pascha Ende September 
IttDgs der Maros in Ungarn ein, wo nun die Tataren' und theil- 
weise auch die Türken das flache Land bis unter die Mauern 
von Sziget (in der Marmaros), Huszt und Munkics ausplflnderten, 
die Ortschaften niederbrannten, die Einwohner hinwegschleppten. 
Kemöny hatte sich mit seinen wenigen Truppen gltLcklich Uber 
die Theiss gerettet. 

Monteeuccoli, welcher den Auftrag erhalten hatte, sich mit 
Starhemberg zu vereinigen und, wenn der Feind sich auf dem 
kOnigliehen Gebiete befllnde, bei Gelegenheit gegen denselben 
einen guten Streich zu fUhren,^ eilte auf die Nachricht von dem 
Einbrüche der TUrken in Ungarn mit der Cavallerie voraus, 
wjthrend der Markgraf Leopold Wilhelm von Baden ihm mit 



> .Regbtratar* Ibl. 160, 170b, 171. 

* Bericht BagVMio*t vom 1. AnfiuL DiapaMi T. 118, fol. 362. 

* So nach Bericht des Hofkrieg^athes vom 2. August au Heister. «Kegintratur* 
fol. 185. Monteeuccoli selbst hatte nach Bericht vom 27. Jali den Auf- 
brach auf den '60. testg«se(at. ,Frotokoll' fol. 376 b. 

* So wnrda vmi der Hofkricgvkaadei am 9. August m Hsiiler, sn 4. an 
dm Pllatiii geaehrtobea. 3e«i*liatiur* fol. 186, 186. 



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546 



der Infantario folgte. Am 18. August erreichte er bei Ladiny 
sfidlich Toii Tokaj die Theiss. 

Wenige Tage Torber batte Ali Pascha^ da ibm Kem^ny 
entgangen war, ttber Nagy Banya und KOvir wieder den 
Rttckaug nacb Siebenbürgen angetreten |^ um sunftcbst das 
NOsner Land und die Sa^kler zu unterwerfen und dann die 
Wabl eines neuen Forsten au betreiben, zu welchem Zwecke 
er einen Landtag nach VAsärhely berief.' 

Unterdessen waren bei Montecuccoli auch seine Reiterei 
und Artillerie angekommen. Seine Truppen waren durch den 
Marsch an die Theiss hart mitgenommen worden, besonders 
weil in Folge des unerwarteten Aufbruches fttr Ph>Yiant in gans 
ungenügender Weise gesorgt worden war, die Bauern aber 
ihm keine Lebensmittel lieferten und sich bei der Annäherung 
der Truppen mit aller ihrer Habe in die Wälder aortlckzogen. 
Ja sogar kleinere Abtheiluiigcn, welche, um zu fonragiren, sich 
vom Heere entfernten, angriffen und todtschlugen.' Schon am 
3. und 4. August schrieb Montecuccoli, dass die Völker in Folge 
von Krankheiten, Hitze, Todschlag durch die Bauern und 
Desertion tSglich abnehmen. Am 14. und 18. berichtete er, 
dass die meisten Soldaten erkranken. In Berichten vom 26. 
bis 31. August meldete er, dass nicht blos viele Officiere und 
Soldaten, sondern auch die Generale Spork, der Markgraf von 
Baden und Starhemberg, der dann in den nächsten Tagen starb, 
krank seien.^ Doch vereinigte sich Ende August Kem^ny mit 
seinen Thtppen mehreren tausend Mann,^ unweit Tokaj mit dem 
Heere Montecuccoli's. 



* Am 28. Aiigiut meMm di« Riehtor und «fi« SohQflbtt von Bittrits, da» 
mm veiipuigaaeii Sonnabend (17. August) der Feind sich wiederum bei 
KOvar ins arme Vaterland faereingescblagen. Kraus in Pontes rer. Anatr. 

SS. 4, 165. 

' SipJiP die ÄctonstUcke bei Kraus a. a. U. 8. l'>7 tf. 
' Bericht Sagredo's vom 3. September. Diopacci T. 119. 

* .Protokoll' fol. 883. 894b. 417. 424 b. 

* Kaeh Hontecuoooli, Commentar. p. 140 hatte Kenifoj nur 8O0O Haan 
bei sich. Naoh einem vun Franz Heinrich Viseher ron Rampeisdorff 

am 4. Ottober an« dorn 8iebenbnrpi*''hen LaEr^r an den Hnfkrippsrntli pf- 
stattoten Berichte über die Zttstäude Siebenbürgens hatte aber Konieiiy 
damals das Fussvolk in die Garnisonen eingetheilt, die Reiterei, die 
etwa in 6000 Hann bestanden habe, und den Adel meist abgedankt, 
das flbffige in Klausenbnr; und andere Städto eingelegt und hatte jetst 



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547 



Für diesen entstand nun die wichtig Frage, ob er in Ober* 
Ungarn stehen bleiben oder den Tflrken nach Siebenbürgen, 
folgen sollte. Es seheint nicht, dass er dazu einen Anftrag er- 
halten hatte. Am 9. Aogust hatte man ihm eine Instruction ge- 
schickt, wie er sich gegen Türken, Tataren, Kemöny und die 
SiebenbUrger cn verhalten habe.' Es ist aber nicht wahr- 
acheinliGh, dass darin oin Zog nach Siebenbürgen in Aassicht 
genommen war. Denn der Kaiser spricht in einem lungeren 
Schreiben an Montecuccoli vom 39. August' seine BilÜgung aus, 
dass dieser Kemöny zu bewegen suche, sich wieder nach Sieben- 
bürgen SU begeben, da die Türken sich snrückgesogen und 
daher vieUeicht keine so grosse Gefahr mehr sei, und, wenn 
derselbe Ubiger ausser Landes wttre, die Siebenbürger den Huth 
und die Zuneigung zu ihm verlieren könnten. Da, fthrt der 
Kaiser fort, aus einem Berichte des Residenten vom 7. August' 
und ans den Thaten der Türken sich ergebe, dass sie ihre 
bOsen Intentionen mit den Waffen behaupten wollen, so sei 
Montecuccoli zwar über das, was de hßto dagegen vorzunehmen 
sei, genugsam instmirt. Weil jedoch dieses Werk erst in der 
künftigen Oampagna recht eingehen und geraume Zeit dauern 
dürfb, 80 solle man alle Mittel zum Kriege, oder wie man sonst 
aus dem Handel kommen könnte, bei Zeiten bedenken. Aber 
ehe er darüber berathen lasse, erwarte er Montecuccoli's Bericht, 
was er thun wolle, wenn der Feind sich in eine Stellung be- 
gebe; vro man ihn nicht angreifen könne, wie man die Armee 
den Winter über conserviren oder ob man während desselben 
mit ihr fruchtbarlich operiren und in welche Postnr man sich 
für die zukünftige Oampagna stellen solle. 

Der Zug nach 8i('l)(^n})i'irgen ist Montecacooli's eigener 
Initiative entsprungen. Nach einem Berichte des vcnetianischen 
Botschafters Sagredo vom 10. September hatte derselbe gemeldet, 
dass er nach der Ueberachreitung der Theiss ohne Ruin der 
Armee dort nnmögÜch habe stehen bleiben können, weil alle 



noch aber 600 Pferde bei sich. Oi« Truppen Kemtey*« dflifken daher 
Ende An^t doch etwa 7000 Masm g8B&blt haben. 

» .Kepi^trÄtur' fol. 196. 
' Orig. im KriegsarchiT. 

* Beniger beriditet darin, iam die Sttmmang gegen den Kaiier bei der 
Pfbrie wegen der Ten jenem den Siebenbttffero gewährten Hilfe, die ne 
weit Übertreiben, immer sehiimwer werde. 



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548 



Dörfer leer, die Bauern mit allen Lebennnitteln in die dichtesten 
.Wälder geflohen gewesen seien. Kr habe daher den Entsehku» 
gefaasty im Vereine mit Kem^ny nach ISebenbUigen an ziehen, 
was sowohl für den Fall eines Krieges wie des Friedens vor 
theilfaaftor sei, weil es im ersten Falle besser sei, im Lande 
des Feindes als im eigenen an stehen, im Falle von Untei^ 
handlangen Tortheilhafter, wenn man etwas anbieten könne, als 
wenn man fordern müsse. Die Regierung hat auch nacbtrtiglieh 
diesen Zug gebilligt und- dem Feldmarschall aa%etragai, sich 
der vornehmsten Plätze Siebenbürgens zu bemüchtigen und mit 
dem grössten Theile seiner Truppen dort die Winterquartiere 
SU beziehen, um im nächsten Frühjahr früher als die Türken 
im Felde sdn zu könnend 

An&ngs schien der Zog, den Montecuccoli mit Kem^ny 
in der eisten fibflfte des Sept^ber Über Szalbmir unternahm, 
günstig zu verlaufen. Ohne Widerstand gelangten ne am 
15. September nach Klausenbui^.' 

Aber unterdessen war in Siebenbürgen eine ungünstige 
Wendung eingetreten. Durch Drohungen und Versprechungen 
hatte Ali Pascha es durchgesotzt, dass die von ihm nach Maros 
Yisärhely berufenen Abgeordneten der Saclisenstädte und einige 
£delleute am 14. September den Michael Apafy zum ITOrsten 
wählten, der sofort von ihm die Bestätigung erhielt. 

Auf Montecuccoli musste dies grossen Eindruck machen. 
Er hatte vielleicht geholft, Kem^ny ohne ernsten Kampf den 
Besitz Siebenbürgens wieder verschaffen zu können. Jetzt waren 
ihm die Thore der festen sächsischen Städte verschlossen, die 
Sz^kler, Kem^ny's eifrigste Anhänger^ waren von Ali Pascha 
unterworfen. Auf eine ausgiebige Unterstützung im Lande 
selbst durften er und sein Schützling offenbar nicht rechnen. 
Kur durch einen entscheidenden Si^ konnte Siebenbürgen 
noch gewonnen werden. Nun war ein günstiger Ausgang 
einer Schlacht nicht unmöglich, weil das kaiserliche Heer wohl 



* B«ri«ht Sagredo's vom 17. September I.e. Auch in ,Registratiir' fol. 237 
wird zum 3. September als TiiliaU eine?« Schreibens der Hofkriegflkan'/.le! 
an Montecuccoli angegeben: .Approbatur sein Fortzug in Oberungarti 
und SiebenbUrguu' mit der weiteren Bemerkung, dasa zur Aufbringung 
▼on Proviant bare« Geld dorthin gwchiekt worden aei. 

* IMeaen Tag giht naoh gliiehsflitifea Klanienbnrginr Anfioiehnnngttn 
Katona, Hirt. crit. Hangariae S9, 968 an. 



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549 



viel schwUeher,^ aber avcli tüchtiger ab äsm tOrkiscfae war. 
Aber dann war der Krieg mit der Pforte entschieden, den 
Montecuccoli aof eigene Verantwortung doch nicht wagen durfte. 
£in Stehenbleiben konnte aber filr das Heer Montecuccoli's 
geradezu yerhilngnisevoU werden , weil in dem Tcrwllsteten 
and ausgesogenen Lande keine Lebensmittel ani^eutreiben waren, 
so dass in knrzer Zeit in Folge ungenügender nnd ungesunder 
Nahrung 600 Soldaten durch die Ruhr und den Typhus hin- 
weggerafft wurden.* Schon am 16. September meldete daher 
Montecuccoli dem Kaiser, dass er wegen Mangels an Proviant 
den Rttckxug nach Szathmir beschlossen habe.* Doch Hess er 
zum Schutze Klansenbuigs deutsche Truppen zurück, wie auch 
die kaiserlichen Besatsungen in Saamos Ujvdr, KOvir und Ssdkely- 
hid gelassen wurden. 

So war ein feindlicher Zusammenstoss mit den Türken auf 
dieser Seite nicht erfolgt. Aber die Pforte hatte immerhin einen 
genugenden Vorwand zu einem Kriege gegen den Kaiser, da 
sie wiederholt erklärt hatte, dass sie eine Einmischtmg desselben 
in die Verhiiltnisse Siebenbürgens nicht dulden würde. 

Der Kaiser hatte aber noch einen anderen Act der Feind« 
Seligkeit unternommen, welcher freilich durch den Einbruch der 
Türken nnd Tataren in das nordOstliehe Ungarn und dnrch 
die Attsplflnderung und Einftschenmg zahlreicher Ortschaften 
mehr als gerechtfertigt schien. Um dafUr Repressalien zu üben, 



' Weou Kraus, Siebenb. Chronik S. 182 die kaiRerliche Armee aus 80.000 
wo!,) ff -rüsteten Mann bestehen, die KlauscnbiirgL-r AufztMcluninp bei 
Katuna 33, 262 sie 3(3. (MJO, <iie ']'ru)i])-:'n Kciiiony'.s 1 1 (HJO Mann eaiiluu 
lässt, m> ittt dies gewiss zu hoch, da Müotecuccoii's Armee bei Komorn 
«Mb seiner Angabe nnn Ift — 16.000 Hann stark gewesen ist, davon 
7000 Mann bei Komorn snrflekgeUieben sind, die frilher in Oberangam 
stebenden Truppen nach einem Ausweise de Sonches* vom 7. November 1660 
an Infantoriö, CavalU'rie und Dragonern nur 13.302 K^pfo i'i 'iüilf 
haben (»Protoknll' 1G6U ful. 455), von denen ein wenn auch nicht sehr 
grosser Theil Kur Uei»etisuug der Festungen verwendet worden bt Nach 
einem Beriebte Sagredo's Tom IS, Angnst bat das Corps Starbemberg's, 
mit den rieh Honteenecoli Toreinigt bat, nur 6000 Mann (im Felde) ge> 
zählt, die Kaiserlichen dürften daher auch mit den Streitkräften Kom6ny'» 
(h oben S. 516 Ann». 5) nicht viel molir als 20.0U0 Mann stark gewesen 
»ein. Die Türken wurden nach dem erwähnton Berichte KampelsdorflT.s 
rom 4. October auf 40.000 Mann geschützt, wa» er aber fllr la boch hielt. 

* Kraus a. a. O. 8. ISS f. 

• »Protokoll* fol. 468. 



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660 



ertheüte man am 20. AugUBt dem Feldsengmeiater de Soaches, 
der mit seiDem Corps bei Komom stand, den Befehl, ,den 
Tttrken eine Diversion sn than, dass sie es empfinden V oder, 
wie der Kaiser am 23. September an Beniger schrieb, ,um au 
zeigen, dass er genugsame Mittel au helfen habe'. De Sonches 
unternahm in Folge dieses Auftrages mit einem Theile seiner 
Truppen einen Streifaug gegen Ofen und plünderte einige Ort- 
schaften aus» worauf er sich wieder surttcksog. Nun hatten 
ja, wie schon bemerkt wurde, die tttrkischen Qrenscommandanten 
wie ungarische Grosse häufig solehe Raubsüge unternommen. 
Aber es war doch ein Unterschied, ob ein solcher einen privaten 
Charakter trag oder ob er, wie diesmal, auf Befehl des Staats* 
Oberhauptes erfolgte. 

Und noch einen dritten Qrond zur Beschwerde hatte die 
Pforte um diese Zeit gefunden. Im Sommer 1661 erbaute Qraf 
Kiklas Zriny, Ban von Croatien, am linken Ufer der Mnr 
gegenüber von Legrad eine Feste, SerinvAr' oder Zrinyv^ (die 
,ZrinyburgOy welche ihm als Ausgangspunkt und Zufluchtsort bei 
Streifzügen in das nahe türkische Gebiet dienen konnte und 
den Türken besonders verhasst sein muaate, weil sie in un- 
mittelbarer Nähe der Festung Kanisa lag. Die Regierung: wagte 
den Bau nicht zu verbieten, weil sich Zriny, wie der vene* 
tianisehe Botschafter bemerkt,^ nicht darum gekümmert hätte, 
gerade so wie er trotz der Befehle derselben die Raubzüge in 
das türkische Gebiet nicht unterliess. Der Kaiser suchte daher 
den Bau zu entschuldigen, indem er versicherte, dass derselbe 
nicht zur Offensive, sondern zur £^haltung des fViedens diene, 
und bemerkte, dass sich die Pforte um so weniger darüber auf- 
halten könne, als sie selbst während des Friedens in Ungarn 
drei bis vier, in Croatien über dreissig solcher Festen au%eftUirt 
habe.^ 

Der Groeswesir hatte auf den Vorschlag des Kaisers, 
Commissärc zur Feststellung der Grenze zu ernennen, mit der 
allgemeinen Versicherung geantwortet, man wolle den Frieden, 
wenn der Kaiser keinen AnUss zum Bruche geboi und begehre 

* ,Kegiatratur' 1661 foi. 207 b. 

' Graf von Serin iat die damab gebräuchliche Form fQr Zriny. 

* D»|M«eh6 vom 9. Jnli. DbpMoi T. 118, loL 803 b. Den Bau der Zriny- 
bnrg erwihnt er sQm entonmate in «inem Baiielifee ▼om 2. Juli, 

* K. Leopold an Beniner, 18. Joll. 



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551 



aucli nichts von den zwei Oeapanschaften. Aber er hatte zn- 
gleich mit einem Angriffe auf Ungarn gedroht, wenn der Kaiser 
sich in die Verhältnisse Siebenbüigens einmischen und Kemöny 
schtttsen wollte.' 

Als dann im September in Adrianopel, wohin rieh der 
Soltan hieben hatte, die Nachricht eintraf dass die kaiserliche 
Armee gegen SiehenbOigen marschire und dass Zriny mit seinem 
Oebttn fortfahre^ wie dass Kem^nj sich wieder auf das Gebiet 
des Kaisers retirirt habe, da drohte man, dass der Soltan mit 
dem ganzen Heere nach Griechisch -Weissenbnrg (Belgrad) 
marschiren werde, am mit dem Kaiser Krieg aneulangen. Die 
Türken wollten Kemdnj aufsnchen and den für einen Feind 
halten, der ihn schlitze. Besonders, berichtete Beniger, ttrgere 
die Türken der Baa von SerinYAr, weil durch dieses die Ver- 
proviantirung Kanisas gehindert werde. Es sei schon Befehl 
g^eben, Trappen sa sammeln, am dassdbe za zerstören nnd, 
wenn Zriny dies hindern woUe, ihn selbst anzngreifen.' 

Und ähnlich lauteten die Berichte Beniger's in der nttchsten 
Zeit. Am 6. Octoher schrieb er, der Sultan habe selbst ge- 
meint, die Differenzen sollen beigelegt and die Commission zur 
Feststellung der Ghrenze ins Werk gesetzt werden* Aber wegen 
der Krankheit des Grosswesirs habe sich die Ausfbhrung yer> 
zSgerty und jetzt sei die Lage geändert in Folge der Nachricht, 
dass die kaiserlichen Volker nach Siebenbürgen ziehen, dass 
ein Streifzug gegen Ofen unternommen word^ sei, dass auch 
BatthjAny Material zum Baue einer Feste sammle. Uebrigens 
könne das Gastell Zriny's allein Anlass zu einem Kriege geben. 
Sonst würden sich die Türken nach der Wahl Apafy's zufrieden 
geben, wenn der Kaiser Kemänj nicht mehr unterstützte. 

Auch am 24. Octoher berichtete der Resident, der Sohn 
des Grosswesirs habe ihm gesagt, das riebenbttigische Wesen 
sei jetzt beigelegt. So lange aber Kemöny im Gebiete des 
Kaisers rieh aufhalte und dessen V<^er sich nicht zurückziehen, 
können auch die Türken das Land nicht räumen. Wenn der 
Kaiser Kemäny schütze und in seinem Gebtete dulde, werden 
sie rieh mit gesammter Macht dorthin wenden, wodurch der 
Friede gestOrt werden könnte. Man solle auch wegen der 



* Reuiger aa den KAiier, 19, Jnli. 

* Benifar ad den Kahet, IS. September. 

äxMf. LIXXY. B4. U.HUfto. 86 



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StreifoDg gegen Ofen Sattsfaction geben und wegen dee Castells 
bei Kanisa Abhilfe treffen^ dann werde der Friede erhalten 
bleiben. Doch seien nnterdeasen die Türken doreh die Nach- 
richt von neuen StreifzOgen der Ungarn bei Stuhlweiasenbuig 
erbittert worden. Mao habe ihn aufgefordert^ dem Kaiser su 
schreiben, er mOge sich kategorisch erklären, ob er Krieg oder 
Frieden wolle. Wenn letzteres, so solle vor allem Kem^njr 
aus dem Wege geritumt und das Castell bei Kanisa demolirt 
und yerlassen werden. 

Aber einen bestimmten Beschluss Termochte man in Wien 
nicht zu fiwsen, weil die auswttrtige Lage noch ^iel zu wenig ge« 
klärt war. Die Gesuche, welche man an die fremden Mächte 
und die deutschen Reichsstände um eine Unterstatzung gerichtet 
hatte, waren bisher &st Überall ohne Ergebniss geblieben. 
Allerdings hatte der KurfUrst Ton Mainz schon am Beginn des 
Jahres 1661 die Sendung von SOOO Mann zugesichert und der 
von Cöln erklärt, er wolle hinter jenem nicht zurückbleiben. 
Auch der Kurfürst von Baiern hatte ein Angebot gemaclit.' 
Die cölnischen und bairischen Völker, 2000 zu Fuss und 600 zu 
Pferd, waren schon im Juni auf dem Marsche und zogen theils 
zu Lande, theils auf der Donau nach Ungarn, wo sie dem 
Heere Montecnccoli's zugetheilt und von diesem nach dem nord> 
östliclien Ungarn mitgenommen wurden, während die mainzischen 
Auxiliarvölker, 1400 Mann, wegen der der Festung Zrinj's drohen- 
den Gefahr nach Pinkafeld im südwestlichen Ungarn geschickt 
wurden. Auch der Bischof von Münster liattc sieh zur Sendung 
von 700 Mann zu Pferd und 1000 zu Fuss herbeigelassen. Der 
Erzherzog Ferdinand Kai'l von Tirol versprach Geschütz, die 
Städte Ulm and Nürnberg Pulver.^ Aber die meisten deutschen 
Reichsstände verweigerten jede Hilfe, wenn nicht ein Reichstag 
einberufen würde, und von diesem wollte man in Wien nichts 
wisscm, weil man von ihm neue Einschränkungen der kaiser- 
lichen Gewalt und im besten Falle die Au&tellung eines selb- 
ständigen Rüichsheere» erwartete. 

Auf Frankreich konnte man nur mit Misstrauen blicken, 
weil es gerade in dieser Zeit bestrebt war, den Rheinbund, 

* Bericht Molin's vom 15. Jäoner 1661. Nach Bericht vom U.Jniu hat 
B«i«ni ISOO Itenn m Fom geccbiekt. 

* ^agiftnrtnf« IMl fol. 185b. 166b. 166. »ProtokoU* 1661 fol.S18, S51b, 
S6«bv 1179, 807b, ai7b. 540, M4. 



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Ö53 



weicher 1658 gefichlossen worden und gegen den Ktaaet ge- 
richtet war, noch zu erweitem. 

Spanien war überhaupt dagegen, dass der Kaiser sich mit 
den Türken in einen Krieg einlasse, weil es demsdben dann un« 
mdglich war, ihm irgend wdche Hilfe %vl leisten, die es gegen die 
aufstllndischen Portugiesen sehr nothwendig gehabt hAtte. Es 
▼ersprach awar dem Kaiser ftSae den Tlirkenkrieg die Einnahmen 
des K^toigreiches Neapel zu 'Überlassen. Aber der VicekOnig 
erklttrte, diese nur dann auszahlen zu können, wenn er von den 
anderen auf dieselben angewiesenen Verpflichtungen befreit wttrde. 

Seihst beim Papste fand der SLaiser nicht das erwartete 
Entgegenkommen. Er Hess zwar im Februar durch seine Kuntien 
die christlichen Fürsten auffordern, Bevollmächtigte nach Rom 
zu schicken, um über eine Union zu ▼erhandeln, deren Haupt 
er sein wollte. Aber die Verhandlungen darüber gingen nicht 
▼orwVrts. Auch auf den Abscbluss eines engeren Bundes 
zwischen dem Kaiser, Venedig und dem Papste ging dieser 
nicht ein und ebenso wenig schickte er Subsidien, obwohl es 
hiesB, dass der Cardinal Uazarin ihm 200.000 Scudi für einen 
Türkenkrieg ▼ennacht habe." 

So blieb dem Kaiser nichts übrig, als die Unterhandlungen 
mit den Türken hinzuziehen, bis sich die Lage Europas klarer 
gestaltete. 

Am 20. November ertheUte er seinem Residenten neuerdings 
den Auftrag, den Strei&ug de Souches' mit dem Einfall des 
türkischen Heeres in Oberungam zu entechuldigen und wegen 
der Klagen der Türken über Zriny*8 Sdüoss darauf hinzuweisen, 
dass sie während des Friedens ebenfalls an der Karlstttdter, 
Banal- und Meergrenze 38 Schlüsser erbaut hätten.' 

Andererseits trat bei der Pforte ein Wechsel des leitenden 
Mimsten ein, indem der alte Grosswesir Mohammed Küprili am 
31. October 1661 starb und sein Sohn Ahmed, ein Mann von 
32 Jahren, sein Nachfolger wurde, von dem Reuiger am 13. No- 
vember meldete, dass er mehr zu einem Frieden mit dem Kaiser 
geneigt sei als sein Vater.' Aber von ihren wesentlichen Forde- 

' lieber die Haltung den Papntefl und der tihri<ren FUraten finden sich tw* 

streute Notisrei» in den D«>peschen MoHu h und SagredoV 
' Eia Verzeicliui».>i derselben liegt den Acten bot. 

' Dar Inhalt diena Beriditaa findat lich in ainer Depawlia 8ngrado*a vom 
(ll.f) Daeanbar. 

86* 



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554 



ruDgen gab die Pforte auch jetst nicbto auf. Am 13. NoTember, 
Bcfarieb Reniger am 29., sei an die gesammte Militia in Aeien 
und Europa Ordre ergangen, sich fUr den künftigen Feldaug 
bereit zu halten. Doch wolle die Pforte nicht direct gegen 
den Kaiser Krieg anfangen, sondern sie werde sich diesem 
gegenüber so verhalten, wie er sich Kem^ny gegenüber be- 
nehme. Und am 14. December berichtete er, die Sache wegen 
des Zuges de Souches' habe er ziemlich geordnet; auch von 
Siebenbflrgen veriange die Pforte nichts. Aber wenn der Kaiser 
im folgenden Jahre den Krieg vermeiden wolle, mttsae er 
Kem^ny, der sich, wie der Pforte geschrieben worden, nach 
Szathmär zurückgezogen habe, an einen Ort thun, wo er nichts 
anfangen kOnne. 

In einem Punkte zagte sich die Pforte entgogenkommend, 
bezüglich des vom Kaiser gewünschten Zusanunentretens von 
Gommissftren an der Grenze. Der neue Grosswesir, berichtete 
Beniger am 2. Jlinner 166S, sei dem nicht abgeneigt Aber 
wenn der Kaiser bei seiner Forderung, dass das siebenbttigische 
Wesen io den Stand gesetzt werde, wie es vor dem IUk6czy*sehen 
Rumoren gewesen, auch die Rückgabe Grosswardeins verstanden 
habe, so könne davon keine Rede sein, weil die Türken frei- 
willig nie etwas zurückgeben. Ebensowenig werden sie Kemisky 
oder einen anderen Fürsten dulden, weil Apafy bereits bestfttigt 
sei und den Tribut und die Hälfte der 500.000 Thaler bezahlt 
habe.^ Nach seinem Berichte vom 16. Jänner hatte Ali Pascha 
bereits Vollmacht zur Ernennung von Commissäien erhalten. 

Wir kennen den Grund nicht, der den Kaiser bew(^n 
hat, gerade in dieser Zeit eine entschlossenere Haltung einsu 
nehmen. Am 9. Jftnner 1662 richtete er an Reniger den Befehl, 
die Herausgabe Cbvsswardeins und der übrigen den Sieben- 
bürgern abgenommenen Plätze zu verlangen und um die freie 
Wahl eines anderen Fürsten in Siebenbürgen anzuhalten. Einen 
Monat später berief er die deutschen Reichsstände in einem 
Patente, welches wie eine Kriegserklärung an die Pforte klang, 
auf den 8. Juni zu einem Reichstage zur Abwehr des Erbfeindes 
der Christenheit, welcher Grosswardcin erobert tmd dadurch 
Siebenbürgen, die Moldau und die Walachei umfasst und jeder 



1 Die Mi4«ra fläUI» hatte man ihm nach Bericht Beiüfei-*e Tom 84. Oe- 
toher 1661 npd IS. Jinner 1668 erlesaeu. 



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665 



Hoffnung beraubt habe, sich aus viehischer Dienstbarkeit zu 
retten, ja auch Ungarn^ Polen und Deutschluid bedrohe.' Aach die 
ungarischen Stände wurden auf den 1. Hai nach Ihresburg berufen.' 

Aber wenn man wirklich ernstlich an den Krieg gedacht 
haben sollte, so trat bei den Käthen des Kaisers bald wieder 
die frohere Muthlosigkeit au Tage, nnd man suchte wenn irgend 
möglich den Frieden zu erhalten. 

Dazu mögen nnn wohl besonders die Berichte Montecuccoirs 
ttber den Zustand seines Heeres beigetragen haben. Standen 
die Ungarn den kaiserlichen Trappen von vorneherein fast 
feindlich gegenaber, weil diese, unregelmässig besahlt und un- 
genügend verpflegt, schon im Interesse der Selbsterhaltung sich 
manche Gewaltthaten erlaubten, so war dies nach dem Rück- 
züge 3f ontecuccoli's aus Siebenbürgen noch mehr der Fall. Die 
Ungarn meinten, die Kaiserlichen seien nicht au ihrer Ver- 
theidigung, sondern zu ihrer Unterdrückung im Lande. Selbst 
die Aufnahme in die Winterquartiere wurde ihnen lange ver- 
weigert, so dass sie in dem rauhen Klima furchtbar litten. 
Namentlich die Infanterie, berichtete MontecuccoU, sei ganz 
krank und nackt und brauche Zeit, sich zu erholen. Ende 
Februar sah er sich sogar genOthigt, sein Heer wegen der un- 
günstigen Verhältnisse von der siebenbttrgischen Grenze in die 
Gegend von Komom zurtlcksaftthren.' Auch die Besatzungen 
in den Festungen litten Mangel. Ein Versuch, Verstärkungen 
und Proviant nach Klansenburg zu bringen, misslang^ weil er 
mit zu geringen Streitkräften unternommen wurde. 

Zugleich waren in Siebenbttrgai Ereignisse eingetreten, 
welche die Aufrechterhaltung des Friedens erleichterten. Am 
13. Febmar traf in Wien die Nachricht ein, dass Johann Kem^ny 
am 23. Jänner unweit Schässbuig von den Türken geschlagen 
worden und selbst im Kampfe gefallen sei. Man war also der 
Verpflichtungen ledig, die man gegen ihn eingegangen hatte, und 
es war kaum noch eine Aussicht, Apafy beseitigen zu können. 
Zwar schaarten sich einige vornehme Eklellente um Simon 



* Dm gedruckte Patont trRgt dnx Datum 8. Februar, muss abor zurück» 
djitirt fein. Denn Sapfrcdo hprirbtr-t erst am 26. Februar, man h.nbe nach 
langeu Beratbuugeu be«chlosseu, den Reichstag zu berufen, nnd drucke 
die Patente, am sie an die deutachen Fürsten an «cbickmi. 

* Sagredo berichtet von dieaem BaecMiiaae am tS. Min. 

* Berieht Sagtedo*» Tom S6. Febnuur. 



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566 



Kem&nj, den Sohn des gefallenen Fürsten, ▼orweigertcn Apafy 
auch jetzt die Huldigung und wendeten sich nm Hilfe an den 
Kaiser, auf dessen Gebiete sie tbeilweise Schuta suchten. Aber 
die Zahl derselben war au gering, als dass der Kaiser an ihnen 
bei einem Kriege eine wesentliche Stfltze hätte finden kdnnen. 
Auch Hess sich nicht yerkennen, dass Apafy und die sieben* 
bttrgischen Stände, welche den Kaiser nm die Hemosgabe der 
in ihrem Lande besetzten Festangen baten, nicht Unrecht hatten, 
wenn sie ihr Ansuchen damit begründeten, dass sonst die Türken 
dieselben erobern und dann für sich behalten würden. Selbst 
die Ungarn waren, wie der venetianische Botschafter am 9, April 
berichtet,, nicht mehr sehr für den Krieg eingenommen, weil 
der Kaiser zu schwach sei, der grossen Macht der Türken au 
widerstehen. 

Der Eindruck dieser Verhältnisse wurde noch verstärkt 
durch die Berichte Reniger's, welcher von der Macht der Türken 
übertriebene Vorstellungen hatte nnd den Kaiser immer aum 
Frieden drängte. Die jetzige Regierang, meldete er am 23, Fe- 
bruar, sei schon entschlossen gewesen, die Waffen von den 
Grenzen abzuftlhren nnd den Krieg in Candia fortzusetaen. 
Aber bei den Forderungen des Kaisers* sei nichts zu hoffen. 
Die Pforte werde den Apafy schützen und die Festungen zu 
erobern suchen. Wenn der Kaiser diese behaupten wolle, werde 
es zum Kriege kommen. Der frühere Grosswesir hätte vielleicht 
das Feuer schon angesteckt, während der jetzige, ein zwar 
junger, aber verständiger friedliebender Mann, allerseits za 
löschen suche. Der Kaiser müge ja den Krieg vermeiden, weil 
die Pforte S00.000 Mann ins Feld stellen könne. 

Am 20. März fand nun beim Oberstholmeister Fürsten 
Portia' eine ,Zu8ammenkunft der dazu deputirten geheimen 
Rätibe" statt, welchen die in letzterer Zeit eingelaufenen Schreiben 
des Graner Erzbischofs, des Palatins, Montecuccoli's, des Bischofs 
(Franz St. Gjörgyi) von Waitzen und der beiden siebenbttrgischen 
Abgeordneten vorgelegt wurden. Als Inhalt dieser Schreiben 
wird angegeben, dass die von den Kaiserlichen in Siebenbürgen 
besetzten Plätze um Hilfe an Volk, Proviant und Munition 

* Gemeint sind wohl die von diesem am Jauiiur ertheilten Weisungen. 

* Er war am 17. Febmsr IMS in den ReiohaflliateiMland erhoben worden. 

* Nur Bottal und Ooosa^ heiwt es, aeien nicht enchienen. 



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557 



bitten, daas die meiBten Leute in den zwei OespanschAften 
Ssathmir und Szabolcs wie die fireien Hajdnken den Tarken 
gehuldigt haben, dasB die Sache mit Easchan (das man sur 
Anfnahme einer Besataung bewegen wollte) nicht geordnet und 
daher ganz Oberangam in gefilbrlicher Lage sei, dass der Palatin 
rathe, man solle mit SiebenbOrgen und den Türken wegen 
Mangels an Krftften FVieden machen nnd des Grafen Zriny 
Burg gehen lassen, weil man sie gegen die tttrkische Macht 
doch nicht werde behaupten können. Man ging nun in eine 
Berathnng der Frage ein, wie der Friede au erhalten oder der 
Angriff zu bestehen sei. 

Was den letateren Punkt, die ,Verfas8nng', betrifft, so 
wird bemerkt, dass schon jttngst auf Anrathen sämmtlicher ge- 
heimer Räthe die kaiserliche Resolution erfolgt sei, alle Rath* 
schllge dahin zn richten, als wenn schon wirklich Krieg wäre, 
also die Werbungen fortzusetzen, die Obristen, die schon Geld 
empfangen, zu mahnen, die Remontirung zu befördern und die 
vorhandene Mannschaft kriegstOchtig zu machen. Weiter solle 
man Kaschau zu bekomm'en suchen,^ das keine Besatzung ein> 
nehmen wolle, aber in grosser Gefahr sei. £s soll auch bei 
der kaiserlichen Resolution, die siebenbttrgischen Besatzungen 
zu behaupten, bleiben. Doch meinte der geheime Rath, dass 
man die weit entfernten und schwer zu behauptenden, z. B. 
Klausenburg, um nicht die Besatzung zu verlieren, räumen, die 
festeren aber, besonders Sz^kelyhid, mit aUem Nothwendigen 
versehen soUe. Doch solle man zugleich die Verhandlungen 
mit den Türken fortsetzen. Aber diese sollten sich nicht blos 
auf eine Orenzberichttgung beschränken und es sollten ange- 
sehene, gehörig bevollmächtigte Commissäre ernannt werden. 
Zugleich solle man der Pforte mit Rücksicht auf die vom Kaiser 
in Siebenbttrgen besetzten Plätze erklären, dass dieser von 
diesem Lande nichts Air sich begehre und nur die Herstellung 
des alten Zustandes wünsche. Da Übrigens wegen der Kränk- 
lichkeit Reniger's, der deswegen auch schon wiederholt um 
seine Abberufung gebeten hatte, zu beftlrchten sei, dass er 
plötzlich sur Führung der Verhandlungen nicht mehr im Stande 
sei oder gar sterbe, solle man fllr eine geeignete Persönlieh- 



' Wie dM gaaehdiMi Milte, haben €ie geheimen Bädie leider «nsngeben 



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558 



keit sorgen, die üim beigegeben werden oder eventueU ihn er« 
setzen könnte. 

Zwei Wochen spUter, am 3. April, wurde eine neueOonferenz 
gehalten, bei welcher die FUrsten Lobkowita, Anersperg und 
I'ortia und die Grafen Trautaoni Schwarzenberg, Dettingen, 
Lamberg und Montecuccoli anwesend waren. Die Confcreoz 
sprach sicli neuerdings ft'ir die Verhandinngen mit den Türken 
aus, weil man nicht stark genug sei, einem so mächtigen Feinde 
zu widerstehen, von anderen Staaten aber wenig oder nichts 
zu hoffen, zum Abschlüsse einer Liga ausser dem Papste wenig 
Lust vorhanden und anch auf das deutsche Reich wenig zu 
baaen soi. 

Man berieth nun darüber, ob man es mit der Absendung 
von Weisungen an Reniger bewenden lassen oder ob man eine 
eigene Person, welche und mit welchen Instructionen senden solle. 

Bezüglich der Person gingen die Meinungen auseinander 
und es wurde gegen den in Vorschlag gebrachton Hofkammer- 
seeretär Johann Philipp Beris namentlich geltend gemacht, dasser 
erst jttngst noch Advöcnt L'^nwosen sei und von den türkischen 
Sachen gar keine Erfahning habe, auch, weil er verheiratet 
seif nur auf einige Monate hingehen würde. Bezüglich der zu 
ertheilenden Instruction bemerkten die geheimen Räthe, dasa 
man Klausenburg und Szamos-Ujvdlr herausgeben könnte, weil 
man sie doch nicht erhalten könne. Auch Grosswardein solle 
man nicht fordern, wenn man Sz^kelyhid behaupten könnte. 
Die Entfernung Apafy's und die Wahl eines neuen Fürsten sei 
nicht bestimmt zu fordern, obwohl derselbe schlechter sei als 
ein Pascha, weil er nur den Namen fllhren, die Türken aber 
regieren würden. In B< ziehung auf die siebenbüigische Frage 
war also der geheime Rath schon zu einem vollständigen Rück- 
züge bereit, was ja um so begreiflicher war, als nicht blos ihr 
einflussreichstes Mitglied Fürst Portia, ein alter, gichtleidendor 
und bettliegoriger Mann, der den Rest seiner Tage in Ruhe 
verleben wollte, sondern auch die meisten anderen Räthe immer 
gegen den Krieg gewesen waren und Fürst Auersperg, ,dw 
stürkste Schild fllr Siebenbür<::enV der eine entgegengesetzte 
Politik vertrat» mit seiner Ansicht fast allein stand. 



ü fSU fort» »endo per Im TVohmAnmi»» nmitit ibn Sagredo in alaem Btt* 
rieht Tom S8. Febraar 1662« 



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669 



Man aoUte mm moineii^ dass man sich beeilt haben wfirde, 
mit den Türken noch vor dem Beginn des Sonunen, wo die- 
selben ihre Operationen su beginnen pflegten, ein Abkommen 
SU Stande au bringen. Aber erst am 5. April wurde für Bens, 
den man trotz der gegen ihn geltend gemachten OrOnde fUr 
die Hission bestimmte, ein Pass ausgefertigt. Einige Tage darauf 
trat er die Reise an.* 

In der Instruction, welche für ihn und den Residenten 
ausgefertigt wurde,' erklfirt sich der Kaiser bereit, aur Bei- 
legung der Differenaen Commissftre au ernennen; nur sollten 
auch von Seite der Pforte Ali Pascha selbst oder geeignete 
Minister, nicht aber untergeordnete Personen mit den Ver- 
handlungen beauftragt werden. Gehen die Tfkrken darauf ein, 
so soll ein allgemeiner Waffenstillstand geschlossen werden. 
Was die Bedingungen eines Abkommens selbst betrifit, so er- 
klärt sich der Kaiser aur Räumung der siebenbOrgischen Festun- 
gen bereit, sobald er genttgende Garantien für das Zustande- 
kommen des Friedens habe. Als solche Garantie wird zunttchst 
die Rückgabe der von den Türken in den letzten Wirren occu- 
pirten siebenbttrgischen Festungen bezeichnet. Wenn aber die 
Pforte darauf nicht eingehen wollte, so sollte es dem Kaiser 
auch seinerseits gestattet sein, für den Schutz der Grenze zu 
sorgen, und zwar durch Besetzung der Festen Szathmibr und 
Szä^eljhid, von denen erstere unbestreitbar ihm gehört, und 
die zweite, an der Grenze gelegen, auch nie einen Bestandiheil 
Siebenbürgens gebildet hat, wenn es auch im Besitze yon Sieben- 
bttrgem gewesen ist. Diese kdnne der Kaiser absolut nicht 
aus seinen Händen lassen, falls die TOrken Grosswardein und 
die andern von ihnen occupirten Festungen behalten wollen. 
Wenn die Türken Apafy's Erwähnung thäten, soUe man, ohne 
sich direot für oder gegen ihn auszusprechen, antworten, dass 
der Kaiser jeden von den Ständen Siebenbürgens erwählten 
Fürsten anerkennen würde, der eine friedliche Haltung ein- 
nehme. Wenn die Türken entschieden die Demolirung der 
Feste Zriny's forderten, solle man darauf hinweisen, wie viele 
Castelle sie während des Friedens errichtet hätten, kOnne aber 

> Nach den Berichtea Sagredo's ist er zwUchen dem 16. und 23. April ab- 
gereist. 

* Sie iit von fiagredo in einem B«ridite vom 24. Jnni in italianisdier 
Spnelw milgetlMilt. 



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560 



dann bemerken^ dasB dies einer der von den Oommiwäron zu 
erledigenden Punkte Bein würde. 

Nachdem Bens nacb Constanttnopel abgereist war, trafen 
in Wien Berichte des Residenten Reniger vom 3., 19. und 
28. April ein. Im ersten meldete er^ dass der Unwille Uber 
die Nachrichten ans Ungarn gross and bis auf den Grosswesir, 
den Reis Kitab (Kanzler) und des Gfroeswesirs Kehaia oder 
Hofmeister Alles Älr den Krieg sei. Es marschtren Völker an 
die Grenze und es werden wohl noch mehr folgen, besonders 
wenn die Streifereien der Ungarn nicht aufhören. Auch der 
Tatarenchan habe Befehl erhalten, mit den Moskowitern Frieden 
zu schliessen und sieh bereit zu halten. Am 38. April schrieb er, 
die Pforte werde keine Commissflre schicken, weil Ali Pascha 
genügende YoUmacht habe; dieser werde aber auch nicht per- 
sönlich erscheinen, weil dies eine Verletzung seiner Wfirde 
wfire. Der Kehaia des Orosswesirs habe gerathen, von der 
Commission ganz abzostehen, weil doch nichts Gutes heraus- 
kommen werde; denn die Türken würden nicht eine Hand 
breit zurückgeben, keinen anderen FOniten in Siebenbürgen 
wählen lassen und auch die Feste vor Kanisa nicht dulden 
sondern w^piehmen. Diese Feste wie die von den Leuten des 
Kaisers besetzten Plätze Siebenbürgens, welche beide die Türken 
angreifen würden, werden den Krieg herheiflihren. 

Diese Berichte, welche am 19. Mai der Conferenz der ge> 
heimen R&the^ yorgelegt wurden, scheinen bei diesen einen 
grossen Schrecken hervorgerufen zu haben. Sie sprachen sich 
zwar, da die Türken zum Kriege entschlossen zu sein schienen, 
ftür Rüstungen und für die Heranziehung der entfernter liegenden 
Volker an die Grenze (der in InnerOsterreich li^enden nach 
Radkersburg) aus. Aber sie beschlossen zugleich, an Reniger 
neue Instructionen zu senden, welche weitere Zugeständnisse 
enthielten. Er sollte neuerdings Tcrsichem, dass der Kaiser 
den Frieden erhalten wolle, von Siebenbürgen fUr sich nichts 
fordere, wenn er eine verlässliche Versicherung des Friedens 
habe, die siebenbürgischen Festungen dem Fürsten abtreten, 
das Zriny'sche Werk demoliren lassen werde und gegen Apafy 
kein Bedenken habe, wenn das Land im vorigen Stand bliebe. 



' Sie Hmi bei Portia «tett nnd uhmeD Lobkowite, Anenper;, Sebwanen- 
beigi Oettingen, Ledie, HonleoiieeoU und Buendorf daraa tbeit. 



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Ml 

Nur Yon den swei OeBpanBchaften werde er nichts abtreten und 
Ssökelyhid, das ohnehin in Ungarn gelegen sei, wenn es auch 
früher im Besitse Siebenbürgens gewesen sei, nicht abtreten; 
doch könnte dieses im Nothfalle geschleift werden. 

Am 10. Juni fand in Presburg» wohin sich der Kaiser 
mit dem Hofe des ungarischen Landtages wegen begeben hatte, 
eine neue Conferena statt, welcher ausser den deutschen ge- 
heimen Rttthen auch der Ersbischof von Gh'an^ der PaUtin, der 
ungarische Hofkanzler, der Judex Curiae Nidasdy, Qraf Zriny 
und Andere beiwohnten. Man berieth über die IßVage, ob man 
die siebenbürgischen Festungen räumen solle oder nicht. Man 
sprach sich gegen die sofortige Räumung und für die Ver^ 
theidigung Klausenburgs bis zum Aeusserston aus, weil man 
sonst den Türken bei den Vexhandlungen nichts mehr zu bieten 
hätte und, wenn es zum Kriege käme, Ali Pascha durch diese 
Festungen wenigstens einige Monate aufgehalten werden könnte. 

Unterdessen war Bens am 82. Mai in Constantinopel an- 
gekommen und erstattete noch am nämlichen Tage an den 
Kaiser einen Bericht. W^n der Commissäre, schrieb er, werde 
es keine Schwierigkeiten haben, nur würden sie von Ali Pascha 
im Kamen des Sultans geschickt werden. Wegen des Waffen- 
stillstandes werde es schwer gehen, weil Nachricht gekommen 
sei, dass des Kaisers Völker wieder gegen Siebenbürgen im 
Anzüge seien.^ Die Türken seien dem Frieden nicht abgeneigt, 
aber auch zum Feldzuge fertig. Das siebenbUrgische Wesen 
werde leichter zu ordnen sein als die Zriny'sche Festung, die 
sie durchaus nicht dulden wollten. 

Am 35. Mai hatten Reuiger und Bens Audienz beim Gross- 
wesir. Dieser zeigte sich, wie sie am 31. Mai dem Kaiser be- 
richten, dem Zusammentreten einer Commission an der Grenze 
«wischen Gran und Komorn nicht abgeneigt. Wegen des Waffen- 
Stillstandes sei noch kein Befehl ertheilt worden, aber der Sultan 
habe gesagt, wenn -von Seite des Kaisers keine Veranlassung 
gegeben werde, würden die Türken nichts anfangen. Auf die 
Klage, dass vom Pascha von Ghwsswardein von den zwei Ge- 
apuischaften eine Steuer eriioben worden sei, habe der Ghross- 



^ Man suchte nämlich die Be«aUung Klauseaburgs, das von Apatj einge- 
whloMen war, a« Tentihkeii vaA mit den notbwaadigen BedUrfiiiaMii m 



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56S 



WQflir gesagt, es sei demselben niclits dei^leichen befohlen und 
schon an ihn geschrieben worden und man werde ihm neuer- 
dings schreiben. Der Hanptstein des Anstosses sei das Werk 
bei Kanisa. Wegen S«4keljhid solle man sich so lange als 
m<^]ich stellen, als wenn es anr Spanschaft Saathmlr, nicht zu 
Siebenbürgen gehöre, sonst werden die Türken es per fonsa 
zurllckhaben wollen und auch die Siebenbtti^er daranf Anweisen. 
Für die Orenzconferena habe Ali Pascha als des Sultans Gene- 
ralissimus alle Vollmacht 

In Folge dessen reiste mm Beris von Conatantinopel wieder 
nach Korden, um sich au Ali Pascha nach TemesT^ su be- 
geben. 

Aber nachträglich scheint man an der Pforte die Ansichten 
gettndert zu haben und man hielt es fUr besser, die Verhand- 
lungen selbst in der Hand zu behalten. Der Grosswesir he^ 
merkte dem Residenten, weil beide Theile zum Frieden geneigt 
und Uber die Hauptpunkte einig seien, so würde die Conferenz 
besser an der Pforte als an der Grenze abgehalten. Der Kaiser, 
welchem Reuiger dies mittheilte, erklftrte sich damit einver- 
standen.' 

So wurden die Unterhandlungen an zwei yerschiedenen 
Orten und von zwei verschiedenen Bevollmächtigten geführt, 
was gewiss nicht zur Beschleunigung derselben beitrug und 
leicht zu Verwirrungen fUhren konnte. 

Die Verhandlungen in TemesvAr erhingten allerdings keine 
Bedeutung. Wenn der venetianische Botschafter gut untmichtet 
war, hätte Beris ttberhaupt nur die Weisung erhalten, auf den 
Congress und den Abschluss eines Waffenstillstandes zu dringen, 
und zwar nicht nur in Ungarn, wo ja zwischen den Tttrken 
und den Kaiserlichen der Friede nie gestOrt worden war, sondan 
auch in Siebenbürgen, wo Apafj mit türkischen Truppen seit 
längerer Zeit das tapfer vertheidigte Klausenburg, wenn auch 
ohne Energie und Erfolg belagerte, die Veriiandlungen über die 
sachlichen Angelegenheiten aber möglichst lange hinzuziehen 
und daher der ShrOrterung der wichtigeren Differenzpunkte, 
welche Anläse zum Bruche geben konnten, so gut als mOgÜeh 
auszuweichen.' 



* Naeh RsnigBf^t D«pMelie vom SA. Jtmi. 

* Bericht 8«gredo*s rom 15. Juli 1662. 



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663 



Beris selbst berichtet am 30. Juli, dasa er bei Ali Pascha 
Audienz gehabt und dieser ihn gleich gefragt habe, ob er be> 
Tollmttohtigt sei, die Pltttae in Siebenbttrgen, unter denen der^ 
selbe anch Saäkeljhid genannt habe, au r&umen und das 
Zriny'sche Gebftu demoliren zu lassen. Als er dies Temeinte 
und erklärte, er habe Befehl, zu erfiüiren, wie es Ali mit der 
Ton der Pforte bewilligten Oommission und dem WafFenstillBtand 
gehalten haben wolle, habe derselbe gesagt, es brauche beides 
nicht, sondern nur die Erledi^^ung ubigcr zwei Punkte, die in 
Constantinopel verabredet worden seien. Uebrigens sei der 
WafFenstUistand schon publicirt worden. Als er dann am 27. Juli 
All sagte, dass der Kaiser ihm durch den letzten Ourier mit- 
getheilt habe, es solle Alles in Constantinopel yerhandolt werden, 
fuhr Ali, wie Bens am 29, dem Kaiser berichtete, hitzig auf 
und sagte, er sehe, dass man unsererseits keinen Frieden und 
Alles nur hinausziehen wolle. Er werde mit seinem Volke 
aufbrechen, Beris habe hier nichts zu thun und solle an die 
Pforte oder nach Wieu gehen und dort Tcrhandeln. Als Beris 
bemerkte, er habe Befehl hier zu bleiben, sei der Pascha 
wttthend fortgegangeu. 

Unterdessen waren in Constantinopel die Unterhandlungen 
schon emstlich begonnen worden, wie sich aus einem Berichte 
Reuigeres vom 23. Juni ergibt 

Der Reis Kitab schlug dem Residenten drei Punkte vor: 
1. die Abtretung der von den Kaiserlichen besetzten sieben- 
bUrgischen Plätze an den Fttrsten; 2. die Demolirung des Werkes 
bei Kanisa; 3. die Elrsetzung des Schadens, dw durch die 
Feindseligkeiten um Ofen den Tttrken zugefügt worden. Auf 
die erste Forderung antwortete Reuiger, der Kaiser werde die 
Plätze gleich räumen, sobald er des Friedens versichert wäre tmd 
auch die Türken das Land verlassen hätten. Bezüglich des zweiten 
Pünktes bemerkte er, der Türke werde wegen eines so un- 
bedeutenden Werkes, das nur zur Vertheidigung gebaut worden 
sei, weil es geheissen habe, dass der Krieg ausbrechen werde, 
keine solche Schwierigkeiten machen, da auch der Kaiser zur 
Erbauung von 39 (SB) Festen durch die Türken die Augen zu- 
gedrückt habe. Gegenüber der dritten Forderung wies er auf 
den Einfall der Türken und Tataren in Oberungarn hin, wofür 
nicht die geringste Genugthuung geleistet worden sei. Als den 
Hauptpunkt bezeichnete der Reis Kitab die Feste bei Kanisa, 



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564 



worauf der Resident erkUtrte, dies werde wohl kerne Schwierig- 
keiten macheD, wenn die Türken aaoli einige Feeten demolirten. 

Der Reis Kitab stellte aber im Namen des Ghrosswesirs 
auch noch einige andere Forderungen, gegen welche Reuiger 
keine prinoipiellen Einwendungen erhob, nämlich 1. dass man 
Apaty im ruhigen Besitze von Siebenbürgen lasse, wogegen, 
nach seinem Tode die Stilnde das freie Wahlrecht haben sollten; 
2. dass der Kaiser rebellischen Siebenbttrgem in seinem Ge- 
biete keinen Unterschleif gebe; 3. dass alle Streifungen ein- 
gestellt und Batthydny und Zrinj im Zaume gehalten werden 
sollten; 4. dass eine Unterstützung des jungen Rikdczy- und des 
jungen Kem^nj nicht erlaubt werde. Zugleich sprach der Reis 
Kitab den Wunsch aus, dass der Kaiser möglichst bald mit 
der R&umnng wenigstens eines Platzes in SiebenbtUgen den 
Anfang mache. 

Die Türken legten bereits einen fertigen Vertragsentwurf 
vor, welchen der Resident zur Ratification an den Kaiser nach 
Wien sandte, da er auf die Forderung des Residenten, ihn auf 
eigene Verantwortung anzunehmen, denn doch nicht eingeben 
konnte. 

Der Entwurf enthielt folgende Bestimmungen.' 

1. Der Kaiser soll seine Truppen aus Siebenbürgen zurück- 
ziehen und auch der Sultan Alt Pascha mit seinem Heere ron 
jenen Grenzen abberufen. 

3. Die Feste des Grafen Zriny bei Kanisa soll zerstört 
werden. 

3. Der Pascha von Grosswardein soll fortan von den Ge« 
bieten des Kaisers keine Abgaben erheben. 

4. Die Oomitate SzathmAr und Kallö (Szabolcs) sollen wie 
bisher dem Kaiser verbleiben; doch darf er dort kein organisirtes 
Heer* mit einem Generale halten. 

5. Die Türken sollen in diesen Gomitaten keine Abgaben 
und Leistungen fordern. 

6. Von den Ungarn sollen nach den benachbarten Qb- 
bieten keine Streifzüge mehr unternommen werden. 

* Er liegt leider dem Berichte Renigrer> nicht bei. Aber der Inhalt ist 
in einer Depeftchc dos venetianiHcheu Botschafterx Sa<rn'fIo vom 5. Anglist 
tnitgetheilt, und zwar mit den Abäuderun^^auträgeu des Kaisers, welche 
wir ftoust auch nicht kennen. 

* fmnM^ tsoercttu» gUnbe ich m ttbmetien sn aoUeii. 



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Ö6Ö 



7. Apafy soll Fürst von Siebenbürgen bleiben und nacb 
seinem Tode die Stände das Recht haben, einen neuen Fürsten 
SU wflhlen. 

Dieser Entwarf wurde den vornehmsten ungarischen Grossen 
mitgetheilty welche mit den Bestimmungen desselben durchaus 
nicht einverstanden waren. Ihren Wünschen entsprechend wurden 
bei jedem Punkte Abtaderungen beantragt. 

Der erste sollte lauten, dass beide Kaiser ihre Soldaten aus 
Siebenbürgen zurückberufen sollten, wenn das Friedensinstrument 
festgestellt und von beiden Th^en ausgetauscht worden wäre. 

Der zweite Paragraph erhielt den Zasats, dass die Zer- 
störung der Feste Zriny's erfolgen, dasselbe aber auch von Seite 
d^ Türken mit den von ihnen nach dem Frieden (von 1606) 
erbauten Forts geschehen sollte. 

Im dritten Paragraphe sollte der Pascha von Grosswardein 
nicht erwähnt werden, damit nicht indirect die Abtretung Gross- 
wardeins anerkannt wäre. 

Der vierte Pünkt wird angenommen unter der Bedingimg, 
dass die Grenzen bestimmt und Terschiedene Ortschaften, nament- 
lich Szdkelyhid, als innerhalb derselben liegend angeführt würden. 

Zum fünften Paragraph sollte der Zusatz gemacht werden, 
dass diese Bestimmung auch von allen anderen Orten im Ge- 
biete des Kaisers gelten sollte. 

Auch dem sechsten Paragraphe sollte beigefügt werden, 
dass auch den Tarken solche Strei&llge verboten sein sollten. 

Der siebente Paragraph sollte lauten, dass Siebenbürgen 
bei fldnoi alten Privilegien erhalten werden und den Ständen 
Immer das Recht der freien Wahl anstehen sollte, eine Fassung, 
wodurch die Anerkennung Apafy's vermieden würde. 

Endlich sollte noch ein neuer Paragraph hinzugefügt werden, 
wornach allen Anhängern des einen oder anderen Theiles Am- 
nestie gewährt und ihre Güter zurückgegeben werden sollten. 

Dieser corrigirte Vertragsentwurf wurde mit Schreiben 
des Kaisers vom 38. und 29. Juli an Reuiger abgesendet und 
diesem Auftrag gegeben, ftlr denselben die Unterschrift und die 
Ratification des Sultans zu erwurken, wenn aber etwas daran 
geändert würde, dra Cnrier zurückzuschicken und cUe Resohitlim 
des Kiusers einzuholen. 

Am 17. August traf der Cnrier, der am 1. von Wien' ab- 
gereist war, in Oonstantinopel ein. Schon am folgenden Tage 



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566 



leg^ Reniger deo lateinischen Text dem Grosswesir yor, mit 
der allerdings nicht ganz richtigen Bemerkung, dass an dem 
türkischen Entwürfe nichts Wesentliches geändert, sondern nur 
einiges zur Vermeidung TOn Missverstttndniasen genauer gefasst 
worden sei. Am 19. wurde dann vor dem Sultan im Beisein 
des Mufti, des Qrosswesirs, des Reis Kitah, des Janitscharen- 
Aga und des Chehaia Bc^ Bath gehalten und der Reis Eitab 
beauftragt, mit dem Residenten darüber au verhandeln. 

Zwei Punkte bildeten hauptsächlich den Gegenstand der 
Differenzen, die Forderang des Kaisers, dass auch die Pforte 
Festen zerstöre, und die Stellung der Hajduken, die im Ostlichen 
Ungarn in der Nähe der türkischen Grenze wohnten. Gegen 
die erstere Forderung machte der Reis Eitab geltend, es finde 
sich kein Beispiel, dass die Türken so etwas gethan hätten. 
Was die Hajduken betriflft, welche der Kaiser im conigirten 
Vertragsentwürfe ofifenbar ausdrttcklich ftbr sich in Anspruch 
genommen hatte, so sollte klar gestellt werden, ob jene, die in 
des Eaisers Gebiete wohnten, oder jene, welche zu Grosswardein 
gehört und sich freiwillig unter den türkischen Schutz begeben 
hätten, gemeint seien. Darüber sollte sich der Kaiser gegeu 
Ali Pascha erklären.' 

Auf Grund dieser Verhandlungen wurde vom Reis Kitab 
der Vertrag in neuer Fassung vorgelegt, die tun so wichtiger 
ist, als seine Bestimmungen mit jenen des Friedens von VasvAr 
im Wesentlichen ttbereinstimmen. 

1. Die von den Kaiseriichen in Siebenbürgen besetzten 
Städte und Burgen sollen dem Fttisten und den Ständen zu- 
rückgegeben werden, die Truppen beider Theile das Land ver^ 
lassen. (Wenn ein Wechsel des Fürsten eintreten muss, kOnnen 
die Stände nach den alten kaiserlichen Privilegien nach ihrem 
Willen aus ihrer Mitte eine taugliche Person wählen.') 



Uobor diese Vüriiandlungeii siehe Keniger'» liericht vom 4. äepleuiber 1662. 
Der eingeklammerte Satz: ,Quando doveru seguire mutatione di prencipe, 
potrino U Hati teetmio TonMidU hiy^a4oH eapUtdatkni dtggen e riCrooare 
pertona habüe tra loro con Uro libera nehnti, che dowfrä euer prencipe e 
godet» fantiai Ubertit, prerogalive e giuriaditioni' fehlt in dem dem Berichie 
Kenig6r*B vom \ Sontember beiliegenden Vertrapsentwurfe, <iteht aber in 
der von &igre<lu in seiner Depeacbe vom 22. October an den Dogen ge- 
aendeten Faamiikg und mius auch In der That im Elatwaife rorbauden 
gttwMBO a«ia, weil «r sich «ueli in dem Ton Gotta» und Beris als B«ilafftt 



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5G7 



2. Die Comitate Szathmär und Szabolcs wie die aiukrcn 
Gebiete des Kaisers mit ihren StUdtcu, Burgen, Palaukuii und 
Dörfern wie die von Alters her dem Kaiser gehörigen Hajduken 
sollen weder von den TUrken noch von den Siebenbürgern 
oder deren Fürston belästigt und von ihnen keine Abgaben 
nnd Steuern erhoben werden. 

3. Die Söhne R4k<'»czy'8 und Kem^ny's wie Andere aus 
Ofoerungam sollen sich nicht mit Truppen in die Verhältnisse 
Siebenbürgens einmischen. 

4. Der Kaiser kann Städte und Castelle in den zwei Ge- 
spaiiBehaften besonders Szathmdr, Sz^kelyhid, Käroly, KalM und 
Ecsed befestigen, »ber keine organisirten Heere unter Generalen 
bnneinfübren. Wenn obige PläUe wirklieb in den swei Ge- 
sponftehaf^n und im Gebiete des Kaisers liegen, sollen sie nicht 
beunruhigt werden. 

6. Feinde des einen oder andern Kaisers sollen beim 
andern keine Zuflucht finden.^ 

6. Die neue Feste bei Kanisa soll zerstört werden. 

7. Strdfzüge sollen mcht gestattet, oder bestraft, die Heere 
▼on den Grenzen abgeftkhrt werden. 

8. Die Siebenbttrger, welche in den letzten Bewegungen 
das Land verlassen haben, sollen ihre Güter und Würden wieder 
erhalten, wenn sie ihren Fttrsten treu sind. 

Man kann nicht sagen, dass die Türken Übertriebene 
Forderungen gestellt haben. 

Die Punkte 3, 5 und 7 entsprechen nur den Verpflichtungen, 
welche jeder Staat dem andern schuldet. Die Punkte 2, 4 und 
8 lagen im Interesse des Kaisers. Der Punkt 1 legte in seinem 
ersten Theile beiden Theilen die gleiche Verpflichtung auf. Zur 
Schleifung SerinvAr's (§ 6) hatte sich der Kaiser bereit erklKrt, 
wenn dasselbe 7on Seite der Türken mit den von ihnen seit 



»U eiiHTn niMiclito vom AI. Jüiiner 1663 gesendeten Vortrag-ontwiirio, 
,wie er von deu Türkei) zuletzt corrigirt witrdeu', gleichlauteud üudet 
und ht& den »plterao Verhandlangen wiederholt darauf Betag ge- 
sommen wird. 

* Der Artikel hatte nach der Correctur des Uei» Kitab früher gelautet: dais 
die Sitjbenliiirper das Rocht haben sollten, ihren Fürsten frei zu wählen, 
ai»<i dass, wenn oiiu-r von di.-von rebellU würde, er nicht in das Qobiet 
des Käufers aufgenouimnn und beHchützt werden sollte. Dies war dann 
in obiger Wein TeraUgeineinert worden, 

AnUr. LUXr. M. II. HUn«. 87 



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568 



1606 erbauten Befestig^imgeii geschähe. Aber diese Forderung 
war nicht so sehr im Interesse des Staates gestellt worden, da 
diese t&rkischeti Forts keine grosse militärische Bedeutung hatten, 
als weil man glaubte, man müsse dies wegen der Ehre des 
Kaisers und vielieicht aucii mit Rücksicht auf die Ungarn ver- 
langen, damit man darauf hinweisen könnte, dass aucli die 
Türken ein ähnliches Opfer gebracht haben. Von diesem Punkte 
abgesehen, waren die Wunsche, welche in dem vom Kaiser 
corrigirten Vertragsentwurfe Ausdruck gefunden hatten, im 
Wesentlichen berücksichtigt worden. Nur die Bestimmung, dass 
die Stände Siebenbürgens das Hecht der freien Wahl haben 
sollten, ,wenn eine Aendcrung des Fürsten eintreten muss', war 
zweideutig, indem er die Möglichkeit nicht ausschloss, dass der 
Sultan einen gewählten Fürsten, der seine Unaufriedenheit er^ 
weckte, seiner Würde beraubte. 

Der Resident unterUess übrigens nicht, die Gründl , welche 
fllr (Iii- Annahme dieses Entwurfes sprachen, durt li Hinweis auf 
die Zunahme der kriegerischen Stimmung und die Rüstungen 
der Türken au verstärken. Die Pforte sei, schreibt er am 
4. September an den Kaiser bei der Uebersendung des Ent- 
wurfes, wegen des langen Plinziehens der Verhandlungen und 
in Folge von Hetzereien voll Ai>cuohn, dass der Kaiser den 
Frieden nicht wolle. Sie werden im Frühling die ganze Macht 
ins Feld schicken. Am 26. August habe man den Krieg gegen 
Dalmatien ö6fenthch ausgerufen und den Völkern in Asien und 
Europa Befehl gegeben, auf künftigen Frühling bei Zeiten anher 
und dann unter des Grosswesirs Führung bis auf weitere Ordre 
nach Belgrad zu ziehen. Habe man sich bis dahin geeinigt, 
80 werden die Türken nach Dalmatien ziehen, sonst müsse sich 
der Kaiser auf den Angriff der ganzen Macht gefasst machen.^ 

Um so rascher hätte man in Wien, da man ja den Frieden 
emstlich wollte, zu diesem Vertragsentwtnfe Stellung nehmen 
sollen. Aber die Regierung liess den Residenten mehrere Monate 
ohne Antwort, obwohl dieser eine allarmirende Depesche nach 
der andern schickte. 

Am 30. October schrieb er, dass bei GallipoH immer 
asiatische Völker übergehen und zu Ali Pascha ziehen. Wenn 
Yom Kaiser nicht bald eine halbwegs gute Resolution komme, 



Dawelbe meldet Beniger ia oiaem Berichte vom 21. September. 



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569 



werde voml AK Pftaeba Befehl acbieken, dch mit seiner Armee 
gegen EaniBa su wenden. Am 13. Noyember berichtet er, von 
der Grenze werde gemeldet, dasB der Kniser gar keine Apparens 
zum Frieden gebe, und dass das Gebttu bei Kanisa fin^eaeUt 
werde. Daher setze aneh die Pforte die Rüstungen fort; man 
sende Geschütze nach Belgrad nnd es sei an den Tatarenchan 
geschrieben worden, steh bereit za halten. Ali Pascha solle 
sich mit seiner Armee noch diesen Winter nach Kanisa begeben 
und des Zrinj Werk attakiren, was er ohne Verletzung des 
Friedens thnn könne, weil es gegen den Frieden angerichtet 
worden sei. Am 26. November nnd in ähnlicher Weise auch 
am 4. December schreibt er, weil Tom Kaiser noch keine Reso- 
lution angelangt sei, beschuldige man ihn und den Dolmetsch 
Paiuijotti, dass sie die Türken durch ihre Verhandlungen be* 
trogen und zu so langer Unthfitigkeit veranlasst hätten. Am 
22. December meldet er, der Orosswesir wolle im nächsten 
Frühjahr mit dem Heere nach Belgrad. Doch fügte er diesmal 
bei, wenn vom Kaiser eine gute Resolution komme, so hoffe er 
noch Alles richten zu kOnnen, weil die hohen Minister be- 
sonders der Grosswesir und der Reis Kitab mehr zum Guten 
als zum Ueblen geneigt seien. 

Man beeilte sich in Wien auch diesmal mit der Fassung 
eines Beschlusses durchaus nicht Wochen lang wurden über 
diese Frage Berathungen gehalten, wobei sich wieder die An- 
sichten Anersperg's und Gk>naaga's einerseits, die Portia's, 
Schwarzenberg's und der übrigen geheimen Räihe andererseits 
gegenüberstanden. Jene erklärten, dass auf Grund der Forde« 
rangen der Türken ein dauerhafter E^ede nicht mOglich sei, 
dass diese jetzt nur deswegen dafttr seien, weil der Krieg mit 
Venedig noch fortdauere, und dass sie ihn bei der nächsten 
günstigen Gelegenheit brechen werden. Diese sagten, dass der 
Kaiser, wenn er mit Unterstützung des Reiches, dessen Stände 
in Regensbuig noch immer nicht zusammengetreten waren, einen 
Krieg führen wolle, dies immer thun könne.^ 

Die Ungarn legten besonders auf zwei Fragen Gewicht, 
die in Gonstantinopel unentschieden geblieben ^waren, erstens 
dass Sz^kelyhid, als zu Ungarn gehörend, dem Kaiser bleibe, 
was den Verlust Grosswardeins theilweise anlegen würde; 



* Betieht SagMdo'a Tom 1&. Ootober lS6t. 

87* 



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570 



swetiens dass die freien Hajduken als Unterthanen des Kaisers 
anerkannt werden, weil man b diesen kriegstUohtigen Leuten 
den besten Schatz filr Sz^kelybid erblickte.^ Um diese beiden 
Punkte drehten sieb in der nttehsten Zeit die Verhandlungen. 

Da fieris die Frage, ob die freien Hajduken und die 
Festungen Szökelyhid, Nagy-EAroly und Ecsed in den dem 
EUüser gehörenden swei Gespanschaften Ssathmir und Scabolcs 
lügen, bejaht, aber vorsichtig hinsugeftkgt hatte, er wisse es 
nicht gewiss, forderte der Grosswesir Ali Pascha auf, darüber 
Erkundigungen einzuziehen. Ali Pascha meldete dies in einem 
Schreiben vom 2. October, mit welchem er den Hnsein Aga 
nach Wien schickte, dem Fürsten Lobkowitz, der als Hof- 
kriegsrathspräsident den Verkehr mit der Pforte und den Ghrenz- 
pasohas vermittelte, und ft^e bei, er habe verschiedene Personen 
gefragt und diese tibereinstimmend versichert, dass die Hajduken 
vom Gouverneur von Grosswardein abhltngcn, dass Nagy-Kiroly 
einer ihrer Flecken und im Register des Sandschakates von 
Szolnok eingetragen, Ssäkelyhid immer dem Commandanten 
von Grosswardein unterworfen gewesen sei, Ecsed immer 
SU Siebenbürgen, nie /u Szathmär oder Eallö (Szabolcs) ge- 
hört habe und Eigenthum des alten HAköczy und seines 
Sohnes gewesen sei. Um ttbrigens die Sache ins Reine nu 
bringen , solle man eine genUgend bevollmächtigte Person zu 
ihm schicken oder Bens, der bei ihm sei, mit den Verband- 
lungen betrauen.' 

Man beschloss nun, den Baron Go^ss, einen fähigen, ge- 
wandten Mann. ^ r während des nordischen Krieges Gesandter 
am dänischen Uofe gewesen war, an Ah Pascha zu senden 
und diesem reiche Geschenke mitzugeben, um den Pascha, von 
welchem die Entscheidung dieser Fragen abhing, günstig «a 
stimmen. Auch eine hohe Geldsumme sollte demselben an- 



* BOTlebt denelbeo vom 28. October. 

* Dm Sohreibmi lat Ton Ssgredo in «üMin Bertehi« Tora S9. Oetober voll- 

* ständig mitgetheilt. — Nach Coiistantinopel meldete Ali Pa*cha, «ie 
Rcnig'or am 19, October berichtet, dass Szi^ki^lyhul dorn Frau/ Kli^h^y 
als Cnpitäu von ürosswardein ffehört iiahe, also Zutu'hör die.ser Ferttiuif^- 
»ei, KÄroly ein altea äiamet und äcliuu ssur Zeit d»r Einnahme Krlau'ti 
(1590) in det Soltau« Bogiiter eingeochzisben gowoMii Mi und s^tfaer 
olin« Widempraoh Tribut gosablt habo, daM dMMlbe mit Kalld der Fall 
Mit dMt am GroMwardein allM Hi^diikeii gewoMn Mien. 



■ 



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571 



geboten werden, wenn ein den Wllnscben des Kaieera ent* 
sprechender Friede zu Stande kllme. 

£s ist ein neuer Beweis ftbr die Lttssigkeit und den Leicht* 
sinn> mit welchem damals in Wien die wichtigsten Geschäfte 
betrieben wurden, dass Lobkowits am 01. Ootober an Ali Pascha 
das Beglaubigungsschreiben für Go^s, der mit Bens ihn in- 
fermiren sollte, ausfertigte,' dass dieser aber erst in den ersten 
Tagen des December von Wien abreiste.' 

Die Heise ventügerte sich auch da^nn noch in einer un> 
glaublichen Weise, weil Goäsa, der die Fahrt bis Ofen xu Schiff 
machen wollte, durch das Eis gezwungen ward, sie zu Lande 
fortzusetzen, und dann noch durch den tiefen Schnee aufge- 
halten wurde. Erst am 20. December verliess er Ofen, am 
9. Janner 1608 traf er bei Ali Pascha in Temesvir ein.' 

Wie Gk>Ms und Bens am 27. Jänner berichteten, liess sich 
Ali Pascha in keine systematischen Verhandlungen Uber die 
einzelnen Artikel ein, sondern sprach in verschiedenen Audienzen 
Uber alles Mögliche durcheinander. 

Die Unterhandlungen betrafen die Punkte, welche in Con- 
stantinopel nicht vollständig erledigt worden waren. 

Wegen der freien Hajduken in den zwei Gkspanschaften 
gab Ali Pascha zu, dass sie beim Kaiser bleiben sollten. 

Von den im Artikel 4 genannten Ortschaften verlangte 
Ali die Herausgabe Szökelyhids, weil es nicht in den zwei 
Gomitaten gd^pen sei, wogegen sie erklärten, dass es nie 
zu Siebenbürgen gehOrt habe und' dass es der Kaiser 
mit demselbefl Recht besitze, wie der Sultan Grosswardein. 
Ali wollte nun darüber die Weisungen der Pforte einholen 
und die kaiserlichen Bevollmäehtigten sprachen ihre Ueber- 
Zeugung aus, dass höchstens die Demolirung zu erreichen sein 
würde. 

Die Verhandlungen über das im Artikel 1 den Ständen 
Siebenbürgens zugesprochene Recht der freien Fürstenwahl 



* K. k. StutnrehlT. Toreiea. 

' Bericht Sa^redo's vom 10. December. — Es entspricht dem, wenn Beniger 
am 5. Jänner IßßS meI(1ot, er habe ein Schreiben des- Kaisers vom 
81. October mit Postscriptiim vom 1. December (!), das Gdös« nntor dem 
17. December mit des Pascha von Ofen Curier bestellt habe, am äl. I>e- 
cember «ihalten. 

* Nach artnem Beridite vom 87. Jlnaer. 



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573 



drehten sich um die Frage, ob diese erfolgen sollte, quando 
mutatio faeitnäa €rit, wie die Türken, oder qwxndo j^rina,faium 
mtcare eontigerit, wie der Kaiser Vorschlag. Eine Einigung 
erfolgte auch ttber diesen Punkt nicht und die BeToUmttchtig* 
ten meinten, dass man diesen Passus vielleicht ganz weglassen 
könnte. 

Dieser Bericht^ wie die letaten Depeschen Reniger'a wurden 
nun auf Befehl des Kaisers den daau deputirten geheimen 
Bäthen vorgelegt Die Conferens, welche bei Portia abgehalten 
wurde, sprach sich dahin aus, dass man sich auf den Fdeden 
nicht zu sehr verlassen solle, weil Ali die streitigen Artikel 
nicht gut geheissen habe. Man solle sich in Postnr erhalten, 
damit man sich den Feinden im Nothfall entgegenstellen kOnne. 
Weil man aber mit Munition, Proviant, Artillerie und Volk nicht 
genugsam versehen sei, solle man den Frieden mögliehst be- 
fördern. Bezüglich des Eintrittes der Fürsienwahl in Sieben- 
bttigen könnte man obige Einleitung weglasaen. Was Sz^ely- 
hid betrifft, so beruhe auf diesem Platze die Sicherheit und die 
Reputation. Aber wenn der Friede von diesem Punkte allein 
abhängen sollte, so könnte man die Demolirung und im Koth- 
falle auch die Zurückgabe an den rechtmfissigen Besitzer, die 
Familie Zoljomy, zugestehen. 

Der Kaiser, dem dieses Gutachten am 31. Februar voi^ 
gelegt wurde, sprach seine Zustimmung aus. 

Da Oesterreich auch bezüglich Sz4kelyhids, dessen Rück- 
stellung an Siebenbürgen der Grosswesir allerdings unbedingt 
verlangte,' nachzugeben bereit war, so schien die Kriegsgefahr 
abgewendet. So sicher rechnete man in Wien auf den Frieden, 
dass man um diese Zeit den Spaniern fünf der besten R^menter, 
die man auf 7000 Mann schätzte, für ihren Krieg gegen Portugal 
überUess. 

Aber wieder liess man mehrere Wochen verstreichen; bis man 
an Goöss und Reuiger die nothwendigen Instniotionen schickte.' 



* Er umfasat 14 Bogen folio. 

' Dits meldtet Renif^er, der mit dem fSro-sswe^^ir darübiT vi iliHiidflt hatte, 
am I i. Februar au« Constantinopel, und Uni-ss «iiid lieri.s, denen Ali l*a.scha 
ein Schreiben de» (irosswesirs mitgetheilt hattti, am 1. März aus Temesvär. 

* SAgredo meldet »wer em 4. Min, ee eeien ,vorgeiieni* Wetsqngen en 
OoBae ebseeehiekt worden, der Demolimog und im NothfUle der Zurück- 
gebe Be^eljhide easnetunmen, and ee sei daron «neh dem Beridewten 



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573 



Erat als ein Bericht Reniger'i tohi 24. Febraar eintraf, dass 
der Qrosswerir das Ultimatnm gestellt habe, man müsse sich 
ftr den Krieg oder Frieden entscheiden, nnd dass, wenn man 
den letsten Erklflningen der Pforte nicht zustimme, sich ihre 
Waffen mdit gegen Dalmatien sondern gegen SiebenbOigen 
wenden würden,* fertigte der Kaiser am 16. Märs für Reniger, 
am 20. für Qoübb and Bens die VoUmacht aus, zu erklären, 
dass er im Interesse des Friedens das Castell und die Festungs- 
werke von Szökelyhid demoliren wolle, wenn die Türken mit 
dem benachbarten St. Job dasselbe thäten.' Aber es scheint 
auch jetzt die Absendung des Guriers nicht gleich, sondern 
erst am 30. Hftrs erfolgt au sein.' 

Als GoQss und Beris diese Vollmacht erhalten hatten, 
nahmen sie am 10. April bei Ali Pascha Audienz. Da dieser 
bemerkte, dass er den Krieg erklären werde, wenn der Kaiser 
auf dem Besitze von Sz^kelyhid bestehe, gaben sie die Er- 
klärung ab, zu der sie Yom Kaiser bevollmächtigt worden waren. 
Ali erklärte sieh damit zufrieden, sagte aber, dass er die Sache 
an den Grosswesir gelangen lassen müsse. 

An Reniger gelangte die Vollmacht des Kaisers erst am 
17. AprU, und er machte noch am nämlichen Tage von dem 
ZugesUimlnisso, zu dem sich derselbe herbeiliess, dem Gross* 
wesir Mittbeilung. 

Aber das verhängnisSToUe ,zn spät!' war auch diesmal 
eingetreten, , Am 19. März war der Sultan, wie Reniger am 
22. berichtete^ nach Adrianopol aufgebrochen, wohin ihm der 
Grosswesir folgen sollte, nm dann direet nach Belgrad zu ziehen. 
Die Türken, schreibt der Resident, seien entrüstet, dass sie 
durch die Verhandlungen nur hingehalten werden. Am 16. April 
meldete er, dass der Grosswesir, dem er nach Adrianopel hatte 
folgen müssen, am 9. die Tomehmsten Kriegsobristen zu sich 



Mitl^iliiiig gemacht worden. Aber beide enrlhnen keine MUieiren 
Weirangen als yim 16. besiehnngsweiae SO. III». 

' Dli-son Bericht erwHbnt nur Sagredo in einer Depesche vom 18. Min. 
' Diese Vollmachten sind nicht erhalten, werden itbor von Goi'ss in •einem 

Berichte von» 1.')., von Koniper in dem vom 22. Aprii erwähnt. 
* Sagrudo btiriclttut am 1. April, vorgetttem aei ein Curier nach Coastau- 

tinopel geeendei woiden, der, ttber Temeevir reiiond, snob «n GMSn eine 

Depesdie ttbergebeo tollet worin die Demolimng nnd im Nothfidle aneh 

die Abtretang Seikelybide nn Apaly sngeatenden eei. 



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574 



berufen und im Beisein des Mufti (dargelegt habe, wie viel üiü 
Türken bisher nachgesehen, damit der l' ri< dc erhalten bleibe, 
und wie sie sich den g^anzeu Sommer und Winter durch Ver- 
liandhmj;* 11 haben auflialteu lassen. Man sehe aber keinen 
Ernst, das Zriijy sehe Werk bei Kanisa sei ni)eh nicht demolirt; 
der Kaiser wolle von den zu Siebenbürgen gehürigen Festungen 
eine zuiiiekhehalten. Daraul" Iiabe sich der Janitscbaren-Aga 
für die Verziclitleistun^ auf den Feldzug nach Dalmatien und 
fiir den Krici^- niit den Deutsehen ausgesprochen und die anderen 
ihm beigestimmt. Dann seien der Grosswesir und der Mutti 
zum Sultan gegangen, der den Krieg gegen den Kaiser be- 
willigt habe. Am 11. sei ein Bote an den Chan der Tataren 
abrre''!!ni^<'n mit der AutTordernng, persönlich aufzubrechen. Am 
l'J. liai)e der Sultan dem (Ip'sswesir die Falme Mohammeds 
eingehändigt. Die rasthas von .Vl<'|>))o und Damascus, die bei 
Constantinopcl lUurjjelien, seien auch avi>irt worden. Beide 
bringen 15.000 — 2U,(HM) Mann Cavallcrie, dir andern Paschas, 
welche bis auf jene von A( ;jv|it(n, Habylonien und .Mesopotjunien 
alle kommen, je 1000 — 2(HH) Mann. Die Militia aus Graeeia, 
die der beste Nervus «ei, werde alh- aufbrechen. Mit den 
bei Ali Paselia befindliehen Tru]nien werde man wenigstens 
100. UUU .Mann 7Aisammenbi-in*;en. Der Talarenchan versj)retdie 
t)O.OOÜ Mann, die ^luldaucr, Walachcn und Sielicnbllrger werden 
wenigstens 2U.U0Ü — 2ö.(HK') Mann machen, .so dass die Armee 
nicht viel weniger als 200.000 Mann stark sein werde. Reni$j:er, 
der in seiner Ueberschut/.uns^ der Tilrktn auch dir über- 
triebensten Zahlen an^-n bell uhiubte, bemerkte, ihm wolle das 
Herz brechen, dass alle seine Bemühungen um den Frieden, 
den der Kaiser in den Hilnden ^»^ehabt habe, umsonst und wegen 
des einzigen Sz^kelyhid ein so grausamem Unheil von den Türken 
zu besorgen sei. 

Als nun der Resident am 17. Ajtril dem Grusswesir mit- 
theilte, dass der Kaiser im lutuiesse des Friedens Szekelyhid 
schleifen lassen wolle, wenn die Türken mit St. Job dasselbe 
thftten, erklärte der Grosswesir, man lia))e sich lange hinhallen 
lassen; jetzt könne er von Tractaten nit ht.s mehr hören. ,An 
der Grtmze wollen wir weiter reden.' Ware die Resolution 
wegen Szekelyhid acht Tage früher ^'■cmeldet worden, so htttte 
sich alles richten lassen, schliesst Reuiger den Bericht, welchen 
er am 22. April über diese Audienz erstattete. 



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575 



Am 18. April worde auch in CooBtantiiiopel der Krieg 
gegen die Deutschen ausgerufen.^ 

in. 

Die Verhandlungen während des Krieges und der 
Abselilass des Friedens Ton YasTAr« 

Nachdem der Sultan den Krieg gegen den Kaiser be- 
schlossen hatte, brach der Ghx)S8wesir mit den bei ihm befindlichen 
Truppen von Adrianopel gegen Norden auf und traf am 4. Mai 
in Sofia ein. Hier blieb die Armee wegen der Kameele und 
Pferde, weiche auf grünes Futtt r angewiesen waren, längere 
Zeit liegen, trat aber dann den Weitermarsch nach Belgrad 
an, wo der Grosswesir am 8. Juni seinen Einzug hielt. Hier 
sollten sich die türkischen Truppen ftlr den Feldaug gegen den 
Kaiser sammeln. 

Aber trotz des Kriegszustandes wurden die Verhandlungen 
nicht abgebrochen. 

Die Käthe des Kaisers gaben die Hoffnung, den Frieden 
erhalten zu können, noch immer nicht auf Am 16. und 23. Mai 
schickte der Kaiser an GoSss ein Schreiben mit einer Vollmacht 
des Hofkriegsrathspräsidenten Lobkowita {i\v ihn und Keniger,^ 
deren Inhalt wir Ir l h ; nicht kennen. Auch der Grosswesir 
hielt sich die MögUclikeit offen, die Unterhandlungen fortzu* 
fuhren. £r nahm daher den kaiserlichen Residenten mit sich 
und gab auch Ali Pascha den Befehl, Go^ss und Beris nach 
Belgrad mitzunehmen. 

AH Pascha hatte diese schon am 24. April zu einer Audiens 
gefordert und ilmen mitgetheilt, dass es wegen der Demolirung 
von Sa^elyhid und St. Job seine Richtigkeit habe, dass aber 
der Grosswesir jetzt 200.000 Thaler verlange, weil der Kaiser 
durch den Bau der Festung bei Kanisa, die Einsetzung eines 
Fttrsten in äiebenbtlrgen , die Besetzung dortiger Pl&tae, 
die Verbrennung einer Paianke und Wegfllhrung vieler Ge- 
fangener den Frieden gebrochen habe, daher ein neuer ge- 



^ Nach Bericht Renig^cr'ä am Sofia vom 21. Mai. 

* £rwiliat in übrem Beriobte vom Ii. Joni uom Griocfaiadi-WeiaflMibiug. 



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576 



scUoBsen und wie bei dem von Zsitva Torok eine Summe 
Geldes gezahlt werden müsset Spftter forderte auch der Qro88- 
wesir, wie Reuiger am 9. Mai aus Sofia berichtet^ wegen der 
Ausgaben, die er schon gehabt habe, 200.000 Gulden wie 1606. 
Doch erklärte der Grosswesir, als GoSss und Reniger nach 
seiner Ankunft in Belgrad am 10. Juni bei ihm Audiens hatten, 
dass er sich in keine IVactate einlasse, so lange nicht das Werk 
Zrinj's geschleift und die siebenbürgischen Festungen geräumt 
seien, mit welcher ESrkUlrung sie Beris an den Kaiser schicken 
sollten. Auch in einem Briefe, den der Gh!OS8we8ir am SO. Juni 
an Lobkowitz schrieb und dem Secretttr Beris mitgab, stellt er 
als Vorbedingung fUr die Verhandlungen über die Erneuerung 
des Friedens die gleichen Bedingungen auf.* 

Unterdessen hatte der Grosswesir seinen Marsch fortgesetzt. 
Am 21. Juni brach er yon Belgrad auf, nachdem sein Heer 
sich schon am 14. Uber die Brücke, die Uber die Save ge- 
schlagen worden war, in Bew^ung gesetzt hatte. Am 28. 
langte er in Essek an, wo am 7. Juli die Drau Überschritten 
wurde. 

Goäss und Reniger, die ihm folgen mussten, hatten am 
3. Juli mit dem Grosswesir, am 4. mit anderen Würdenträgern 
eine Besprechung. Der Reis Eitab, der das Wort fUhrte, sagte, 
der Sultan habe sich alle Tractate seiner Vor&hren vortragen 
lassen, und Ton dies^ habe ihm keiner so gut gefallen wie 
jener, den Suleiman mit dem Kaiser Ferdinand T. geschlossen 
hatte, vermöge welchem dieser jenem jährlich 30.000 Ducaten 
zu zahlen sich verpflichtete. Wollten sie diese Bedingung auch 
eingehen, so sei Alles richtig. Sie haben dies zurückgewiesen, 
aber der Grosswesir habe ihnen sagen lassen, dass er darauf 
bestehe.' Emst dürfte es dem Grosswesir mit der Forderung 

* Nach dem Frieden von Zjäitva Torok hatte der Kaiser sUitt de« bisheritreu 
Tribute« ein- für allemal 200.000 Gulden salileu müsüen. Jetxi ist bald 
▼OB OnMeo, lialil tchi Thalera die Bede. 

* Dieaen Brief hat Saffredo in einem Berichte Tom 81. Juli ▼oUitlndifl^ 
mitgeth^lt. Dageg^on finden sich für die Bichtigkeit der von ihm wieder^ 
holt f'-ernarhten Anpalw, flnss <}rr Qrnsswr^sir auch die Abfrctiinp dfr Gp- 
spanschaften SzMthniär tind Kallu (SzaboU-j*) au Siebenbürgen verlangt 
habe, keine Anbaltapnnkte. Namentlich Goe«s uud Keuiger erwähnen 
dies nie. 

* Bericht Qoto* und Beniger*« vom 9. Jali am Batassik (nOrdlidi von 
Mehitt). 



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577 



emes Tributes wohl nicht gewesen sein, wenn er auch, wie 
Go^ und Reniger am 30. und 31. Juli an den Kaiser schreiben, 
in Folge der ihn umgebenden Macht und der Nachricht Ton 
den ungenügenden Krlften des Kaisers nur noch hodmHItbiger 
und untractabler geworden war. Am 16. theilte ihnen denn 
auch der Dolmetsch Panajotti mit, dass der Qrosswesir die 
Forderung des Tributes fallen lasse, aber auf der einmaligen 
Beaahlung von 200.000 Thalem bestehe, die in barem Oelde 
und durch eine grosse Botschaft an die Pforte gebracht werden 
mttssten und Ton dieser mit Geschenken ad fibitum erwidert 
werden würden. Sie sprechen übrigens die Vermuthung aus, 
dass der Grosswesir vielleicht nachgiebiger geworden sei, weil er 
Kachricht erhalten habe» dass man beim Sultan gegen ihn 
intriguire, was ihm die Rllckkehr zu demselben wttnschenswerth 
erscheinen lassen musste. 

Man kann wohl mit Sicherheit annehmen, dass der Gross- 
wesir, wenn er auch einem ▼ortheilhaften Frieden nicht ab> 
geneigt war, doch nicht nach Hause ziehen wollte, ohne mit 
seiner Armee etwas imtemommen zu haben. Dies zeigen auch 
die Vorgiinge bei der Oouferenz, zu welcher GoSss und Reuiger 
am 28. Juli in Ofen berufen wurden und der Ali Pascha und 
andere Würdenträger, später auch der Grosswesir selbst bei- 
wohnten. Dieser verlangte vom Kaiser binnen -vierzehn Tagen 
die Demolirung SerinvArs und die Räumung der siebenbttrgischen 
Plätze, behielt sich aber das Recht vor, unterdessen g^en Neu- 
häusel zu marschiren. Auch wollte er jetzt die Demolirung 
Szäkelyhids und St Jobs nicht mehr zugeben, wollte sich aber 
begnügen, wenn von den geforderten 300.000 Gulden die Hälfte 
in barem Oelde und die Häfte in Geschenken gesendet wttrde.* * 

Da der Grosswesir am 30. Juli Ofen veriiess, um die Be- 
lagerung Neuhäusels zu unternehmen, so hörten für längere Zeit 
alle Unterhandlungen auf. Doch wurden Goäss und Reniger 
nicht entlassen, sondern in Ofen in einer Art Gefangenschaft 
gehalten, und zwar wurden beide getrennt und so strenge be- 
wacht, dass sie mit einander gar nicht verkehren konnten.' 

Erst ab der Grosswesir nach der £roberung Neuhäusels 
und der benachbarten kleineren Festungen Neutra, Ldva und 



* Bericht vom SO. Jnli. 

* Baiebt vom S. Soptnmber. 



578 



NeogrAd am 10. November nach Pest surtlckkami entliess er 
Qo6s8 nach Hause. Den Residenten Reniger aber nahm er 
trotat seines leidenden Zustandes mit sich nach Belgrad, um au 
gelegener Zeit die Unterhandlungen wieder aoknilpfen an kOnnen. 
Aach dem Freiherm von Oo^ss sagte er beim Abschiede^ dass, 
wenn der Kaiser die gestellten Bedingungen anntthme, der Friede 
gleich geschlossen werden konnte. In Belgrad könnte mau, 
wenn sie Lust hätten, weiter verhandeb.* 

In Folge der Rückkehr des Freiherm von GoSss sfeUte 
der Kaiser am 24. November für Reniger allein eine Vollmacht 
zum Abschlüsse des Friedens mit dem Grosswesir aus. Doch 
kam es lange Zeit au keinen emstlichen Unterhandlungen. Es 
wurde zwar vom Grosswesir, der den Winter in Belgrad au* 
brachte, einem Berichte Reniger's vom 29. December ein 
Schreiben mitgegeben, in welchem er seine Bereitwilligkeit zum 
Frieden aussprach, wenn Siebenbürgen vollständig geräumt, den 
TOrken die im letzten Feldzage eroberten Gebiete gelassen und 
vom Kaiser der frühere Tribut gezahlt würde.' Aber gerade 
die letzte Bedingung machte den Frieden ftlr den Kaiser un- 
annehmbar. 

EShe dieser Brief in Regensburg eintraf, wohin sich der 
Kaiser im December begeben hatte, um den deutschen Reichs- 
tag einer auegiebigon Hilfeleistung geneigter zu machen, am 
18. Jänner 1664, hatte er seinem Residenten den Auftrag ge- 
geben, sich zu erkundigen, wie man wieder Frieden und gute 
Nachbarschaft aufricliton könnte.' Als Reniger nach Empfang 
dieses Schreibens durch Panajotti dem Grosswesir mittheileu 
liess, dass der ELaiser unter Bedingungen, die mit seiner ?]hre 
^tt vereinbaren wären, auch jetzt zum Abschlüsse eines Friedens 
bereit wäre, liess derselbe ebenfalls seine Bereitwilligkeit aus- 
sprechen und liess auch die Forderang eines Tributes fallen. 
Doch verlangte er auch jetzt, dass von den eingenommenen 
Plätzen keine Erwähnung geschehe, viel weniger etwas rcstituirt 
werde, dass man die obstacula, bcsoiulei-s das Zriny'sche Fort 
demoliren lasse, und dass fUr die Verlängerung des Friedens 
ein Präsent von 200.000 Gulden in barem Gelde durch eine 

* Beriebt Go&iA' aus Ofen vum lt>. November. 

* BrwUwt in D«p«scbeii Sagredo** Tom 18. nnd 26. Jlnnw 1S64. Der 
Bwieht B«iig«r*a feblt unter den «Tnreiea*. 

* ErwUuit in Bnnignr*« Finalfelation. 



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579 



grosse Person gesendet werde. Auf des Panajctti Vorstellungen 
Hess er jedoch die Sendung in Barem fallen. Das, berichtet 
Reniger am 12« Mftrz^ sei des Qrosswesirs endgiltige Meinung. 
Man mttsse aber bei Zeiten daini thnn, ebe die Armee auf- 
breche. 

Dies ist denn auch gescbeben. Auf diese Belaüon Reniger'Sy 
das fiHber erwähnte Schreiben des GnMswesiFS und ein Qutr 
achten der in Wien hinterlassenen geheimen und deputirten 
Ruthe wurde am 3. April bei Portia in Regensburg eine Con- 
ferenz gehalten und beschlossen, dem Kaiser zu rathen, dass 
er Reuiger su Friedensverhandlungen bevollmächtigen mOgCi 
aber nur in generalibus, ohne auf die einzelnen Punkte einzu- 
gehen, weil, wenn dies bekannt würde, alle Vorbereitungen fUr 
den Krieg ins Stocken gerathen würden, und weil man nicht 
wisse, ob den Türken Emst sei, und ob sie nicht wie im Torigen 
Jahre den Kaiser einzuschläfern suchen. 

Da der Grosswesir zwar schon am 14. April von Belgrad 
aufbrach, aber dann mehrere Wochen in Semlin blieb, um die 
Sammlung und Verstärkung seines Heeres abzuwarten,^ und 
erst um die Mitte des Mai die Operationen begann, so wäre 
der Fortsetzung der Unt( rhandlungen kein äusseres Hindernis 
entgegengestanden. Als der Resident, wie er am 12. Mai be- 
richte^ das vom 8. April datirte Befchlschreiben des Kaisers 
empfangen und daraus entommen hatte, dass dieser dem Kriege 
den Frieden unter billigen Bedingungen vorziehe, Hess er dies 
durch Panajotti dem Grosswesir melden und fragen, ob er 
die Verhandlungen durch beiderseitige Ck>mmissäre oder mit 
ihm allein fahren wolle. Der Grosswesir zog letzteres Tor und 
▼erlangte, dass Reniger ihm nachreise. Dieser bat nun den 
Kaiser, wenn er damit einverstanden sei, ihm ein Crcditiv an 
den Grosswesir und eine vollkommene Instruction, wie weit er 
sich im äussersten Falle einlassen dürfe, zu senden. 

Bis diese eintrafen, verging wieder eine lange Zeit, da 
der Verkehr durch den Kriegszustand erschwert war.* £rst 
am 16. Juli erhielt Renner die kaiserlichen Hefehlsehreiben vom 
23. und 27. Juni, worin ihm, wie er am 1. August meldet, neben 



* Nach Benigvr*« Bericht am Belgrad vom 17. kpril. 

* Sagredo meldet das Eintreffen eine« Cnrien Reniger*«, der offenbar deiMeu 
Berielit vom IS. Hai breohte» am 6. Jnnl. 



580 



der Pienipotenz zu trnctircn und zu sehliessen, auslEÜhrliche lo- 
atruction crtheilt wurde. Es war ihm darin wieder anfgetragen, 
die Demolirung von Sz^kelyhid und 8t. Job und ausserdem 
die Kttckstellang oder wenigatens Schleifung Keuhäueels zu 
▼erlangen. 

Unterdessen hatte er vom Ghpoeswesir die Aufforderung 
erhalten, sieh zu ihm zu betreten, der er am 28. Mai Folge 
leistete. Aber als er Belgrad verliess, war der Grosswesir aus 
£ssek bereits nach Westen auiVcbrochen, um Kanisa zu ent- 
setzen, welches von einem Theile der kaiserlichen Truppen be- 
lagert wurde, worauf er Scrinvdr angriff, das nach längerem 
Widerstande am 30. Juni erstürmt und zerstört wurde. 

Reniger reiste ihm dorthin nach, kehrte aber neuerdings 
nach Essek zurück, wo er am 16. Juli die erwähnte Vollmacht 
und Instraction des Kaisers erhielt. Obwohl er überzeugt war, 
dass es unmöglich sein wUrde, die Forderungen des Kaisers 
durchzusetaen, brach er am 17. auf und reiste dem GroBSwesir 
nach, den er am 27. bei Könnend an der Raab erreichte, 
welchen Fluss die Türken in jenen Tagen vergebens zu ttber^ 
setsen suchten. 

Als Reniger dort anlangte, hatte sich die türkische Armee 
flussaufwärts nach 8t. Gotthard in Bewegung gesetzt, wo das 
Bett weniger breit und tie f war. Er Hess den Grosswesir durch 
Panajotti um eine Audienz l)itt('n, aber zugleich, wie man in 
Wien gewünscht hatte, um Geheimhaltung ersuchen. Der Gross- 
wesir Hess ihm sagen, er solle kommen. Aber da er einen 
Herrn und Nebenbuhler habe, so mllsac er die vornehmsten 
Kriegsofficicre und Ministri berufen, damit man nicht sage, er 
habe sich corrumpiren lassen uud nichts unternehmrn wollen, ob- 
wohl er Wien oder eine andere Festung hätte einnehmen können. 

Am 30. Juli Hess er den Residenten /u sieli rufen und 
empring ihn in Gei^enwart der Pasclias Ismacl von Bosnien, 
Mehemct von Aleppo, Ali von Damabcus, der Paschas von 
Romnlien oder ( Irit'fln'uland unil Anatolien, des Dcfterdar, der 
zwei Obersten der >pahi, des .'\p;as der Janitscharen und Anderer 
uml tVaf;te ilm, was er zu tractireu habe. Auf Renitrei's Ant- 
wort, dass er, wenn man sich über f!;;ewisse Punkte geeinigt 
hiltte, Vollmacht zum Abschluss ein<!s Vertrages habe, sagte 
der (irosswcsir, er solle mit den Anwesenden verhandeln, 
während er selbst sich hinter eine Tapete zurückzog. 



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581 



Reuiger schlug nun als Gnmdlage des Vertrages die za 
Constantinopel and TemesrAr tractirten Ar^el und die nicht 
durch spfttere Vertrage aufgehobenen Bestimmungen der firClheren 
Vertrüge Tor, wogten auch die Türken keine Einwendung er* 
hoben. Als er auf die Frage, was ^ weiter vorzuschlagen 
habe, die Demolirung der Castelle Ssökelyhid und St. Job nannte, 
wurde dies von Ismael Pascha, der das Wort ffthrte, sofort 
absolut abgeschlagen und er ausgelacht, ebenso als er die Rttck- 
steUung Neuhäusels verlangte; die Ottomanen hätten den Christen 
nie etwas surttckgegeben. Auch die Schleifung desselben wurde 
▼erweigert. Als er nun wenigstens zur Verhinderung der Streif» 
zttge der Türken die Gestattung der Erbauung eines Defensions- 
werkes zwischen der Waag und Gutta forderte, wurde darttber 
dem Qrosswesir berichtet und er gefragt, was er sonst noch 
vorzuschlagen habe. Als er nun sagte, dass man sich im Falle 
eines Accords wegen der Absendung .der grossen Botschaften 
vergleichen solle, erschien der Grosswesir selbst wieder und 
theilte ihm Folgendes als seine endgiltige Resolution mit: Die 
Restitution und Demolirung Neuhäusels sei unmöglich. Die 
Türken seien in solchem Stand, dass sie nichts zu furchten 
brauchten. ,Wir sehen nunmehr fast Wien/ bemerkte der 
Janitscharenaga. Auch wegen Szökelyhid und 8t. Job sei nichts 
zu melden. Die Aufrichtung eines Forts bei der Raab solle 
dem Kaiser erlaubt sein, wenn es keine grosse Festung und 
jenseits der Raab, nicht auf der Seite von Neuliäusel gelegen 
wäre. Weiter sollte Reuiger zugestehen, dass Serinv^r und das 
von den Türken nach jenem eroberte und zerstörte Fort Klein 
Komom' nicht reparirt und dass Neutra, wenn es nicht unter^ 
dessen von den Türken erobert wUrde,^ demolirt werden sollte, 
was der Resident nur bezüglich Herinvdrs zusagte. 

Dann Hess der Grosswesir die zu Oonstantinopel aufge- 
richteten Artikel* vorlesen und machte dazu seine Bemerkungen. 

Bezüglich der Einleitung forderte er, dass diese in forma 
novae pacis aufgesetzt werde. 

Bezüglich des 1. Artikels verlangte er, daas Siebenbürgen 
nicht erwähnt werde, weil es dem Sultan gehöre und ein anderer 

* Ki« Komiiroiii zwischen Kanisa und dem PUttenses. 

* Es war aiit«id«8MD ebenao wi« Liva den Tfliken dwch die KaiMrlicben 
nutor de Bmuibm eatriasen woiden. 




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588 



nichts dftmit zu scliaffen habo, Hess aber endlich doch den 
früheren Wordaut passiren. Dasselbe that er bezUg^ich des 
2. Artikels^ da Reniger sagte^ dass unter den in demselben er- 
wUhnten Hajduken nur die in den zwei Geapanschaften wohnen- 
den gemeint seien. Auch der 3. Artikel machte keine Schwierig- 
keit Dagegen wurde die im 4. Artikel verlangte Demolirung 
Sz^kelyhids und St Jobs abgeschlagen, aber endlich sage« 
standen, dass diese nicht von den Türken besetzt werden, 
sondern bei Siebenbürgen bleiben sollten. Der 6. Artikel war 
gegenstandslos geworden, da SerinvAr bereite Ton den Türken 
geschleift worden war. Der 5., 7. und 8. Artikel machten keine 
Schwierigkeit. 

Wegen der Forderung des Prttsents ging der Resident 
den Weisungen des Kaisers entsprechend ,gradatim' vor. Aber 
der Grosswesir bestand unbedingt auf den 200.000 Gulden wie 
nach dem Abschluss des Friedens von Zsitva Torok, und zwar 
halb in Geld. 

W&hrend Reniger am 1. August seinen Bericht ah&ssie, 
überschritt ein Theil des tfirkischen Heeres die Raab, und es 
kam zur Schlacht bei St Gotthard, welche damit endete, dass 
ein grosser Theil derjenigen, welche hinübergegangen waren, 
getOdtet, die übrigen zurückgetrieben wurden.* 

Wenn auch ein bedeutender Theil der türkischen Armee 
dem Kampfe ferngeblieben war und Montecuccoli nicht wagte, 
im Angesichte des Feindes die Raab zu übersetzen und den 
Sieg zu verfolgen, so machte doch der Ausgang dieser Schlacht 
auf die Türken einen grossen Eindruck. ,Eb war,' schrieb 
Reniger am 15. August an den Kaiser, jAlles kleinlaut und ver- 
bittert Man ist hierüber ein paar Tage stillgelegen, hernach 
aber zurückmarschirt und war ein solches Regenwetter einge- 
fallen, dass etliche Tage Alles im Wasser und tiefen Koth ge- 
standen. Viel Kamel, Wägen und Pferd hatten unterwegs er- 
liegen müssen; an Mehl und Brot hatte es ermangelt; die Spahy 
fangten an zu murren, dass man sie in Koth durch Wftlder 
und harte Pttsse hin und her geschleppt' 

Vornehme Türken, die auch sonst seine guten Freunde 
waren, Hessen dem Residenten durch Panajotti sagen, er soUe 



Wagen dioMr Sehlacht honnte Reniger, wie er am 15. Angnst lehraUgt, 
den Berteht vom 1. Augmit nicht ebsenden. 



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583 



dafllr eintretoD, daw wieder FHede werde. Er liem Urnen ant- 
worten, an ihm solle nichts ermangeln; sie sollten nur ihrerseits 
dastt helfen. Wenn man von beiden Seiten thue, was recht 
und biUigy werde ein gewOnachter Aasgang erfolgen. Er hatte 
den Panajottiy wenn er beim Grosswesir selbst gute Neigung 
verspürte, instmirt, was er sagen und wie wegen Demolirung 
▼on Neatra, und daas Klein Komom nicht reparirt werde, wie 
de pecunia numerata keine Meldung geschehen sondern es 
beiden Theilen freistehen soUe, ein ehrliches Prftsent ohne 
Taxirung su schicken; ebenso mttssten Saökeljhid und St Job 
nothwendig abgeworfen werden. Am anderen Tage iheilte 
Panajotti ihm mit, dass er mit dem Grosswesur und dessen 
Kehaia geredet habe, und dass Jener auf seinen früheren Forde- 
rungen, besonders den 200.000 Gnlden, halb in Geld und halb 
in Werth, bestehe. Er entgegnete ihm, er habe schon erklärt, 
dass er mehr, als er im Befehl habe, nicht eingehen kttnne. 
200.000 Gulden in Talore könnte er, die Ratification des Kaisers 
▼orbehalten, auf sich nehmen, aber in barem Gelde keinen 
Pfennig. Sie sollten sich besinnen Und wegen Neutra und 
Klein Komom keine Meldung thnn, dann kdnne man sich 
einigen. 

Am folgenden Tage kam Panajotti wieder ni ihm und 
meldete, der Grosswesir sei mit 200.000 Qulden in valore zu- 
frieden, lasse auch die Forderungen wegen Neutra and Klein 
Komom faBen und gestatte, dass der Kaiser jenseits der Waag 
eine Festung baue. St. Job könne er nicht demoliren lassen^ 
weil eine türkische fiesataung darin liege, Ssökelyhid aber, weil 
den Christen gehörig, kOnne er abwerfen lassen. Da des Kaisers 
Befehl Tom 23. Juni hauptsftchlich auf Sz^kelyhid gelautet, liess 
er dem Grosswesir sagen, dass er sich anfrieden gebe. Er 
setzte nun die Artikel auf, die am 10. Au>,^u8t in Vasvtlr (Eisen- 
burg) unterschrieben und am 11. im Lager unweit Marcelli' 
ausgewechselt wurden. Am 15. schickte er sie ans dem tUrki* 
sehen Lager bei Visony nach Vesaprim, von wo sie nach Wien 
weiter beferdert wurden. 



* Einen Ort ihnliclieD Namens finde ich in der Gegend von Va«var nicht. 
ÜB durfte dttr weiter OitUeh nofdwirUi nadi Baab flieBsende Bseh üfareial 
oder eine m diesem gelegtne OrtMlialt ftneiiit eeis. Vimnj liegt noch 
weiter OtOieli anf der älnen von Bttmegh naoh Teeeprin. 

IrcklT. M. LXXZT. a Hüfte 88 



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584 



Die FriodenBorkande ^ bestand aus sehn Artikeln, deren 
Inhalt sich aus der bisherigen Darstellung ergibt. 

Artikel 1 bestimmt, dass der Kaiser die von seinen Truppen 
besetaten Plätze in Siebenbürgen dem Fürsten und den Ständen 
aurttdkgeben,* dass dieses Land von den Heeren beider Theile 
gleicbsseitig geräumt werden, und daes, wenn das Fürstenthum 
erledigt würde,' die Stände nach ihren alten kaiserlichen Priyi* 
legien den Fürsten irei sdlten wählen dürfen. 

Artikel 2 ver^ft, dass die dem Kaiser gehörigen Comitate 
Szathm^ und Saabolcs wie seine übrigen Cemitate und Gebiete, 
besonders die von Alters her ihm unterthänigen freien Hajduken 
weder yon den Türken noch v<m den Siebenbürgem mit Tribut- 
und Stenerforderungen belästigt werden sollten. 

Artikel 3 spricht dem Kaiser das Recht an, die in seinen 
Gebieten gelegenen Plätae, namentlich Saathmir, KAroly, Kalld 
und Ecsed au befestigen, und ordnet die Demolirung der Festungs» 
werke von Saäkelyhid an. 

Artikel 4 erklärt, dass weder der Sohn lUköeay's and 
der Kem^ny's noch jemand anderer aus Obemngam mit Truppen 
in Siebenbürgen einfallen dürfe, und dass dieselbe Verpflichtong 
auch die Türken und Siebenbürger gegenüber dem (Gebiete des 
Kaisers haben sollen. 

Artikel 5 verbietet beiden Kaisem, den Feinden des andern 
irgend welche Unterstütaung au gewähren. 

Artikel 6 untersagt beiden Theilen den Wiederaufbau der 
Feste bei Kanisa. 

Artikel 7 sichert den siebenbürgischen Emigranten die 
Wiedereinsetsung in ihre Güter und Rechte zu. 



' Abgedruckt mit ainer den Frieden den Uof^urn in einem mll|^licli«t ^ttmtigen 

Lichte zeigenden Einleitung bei Dumont VI, 3, 24. Deut«ch nachdem 
Original im Aufsatze des M.'ijnrs M. v. Angeli, RettrHjre zur vatpr- 
läudi^cben Geschichte. I. Di r Frindo von Viavir. ,Mittb. des k. k. Kriegs* 
ArehiYs', U. Jahrg. 1877, S. 1 ff. 

* Diese Beitimmanf, Übrigens vom Kaiser längst r.ugestenden, bette ihre 
Bedeatong verloren, weil die kiUserifclie BegiMnuf dm dort Uegentoi 
Trappen keinen SoH Rchiekte nnd daher die Soldaten in'* Szökelyhid 
schon 5m Deceniber 1663, diA in Klannpnbnrg im Febmar 16()4 flippen 
ihren Commandanten sieh omprtrteu und den Plais den Siobenbilrgern 
flbergeben. 

* ttjHidem prkuipatim vaeare eontigeriL Es wer also die vom Kaiser ge- 
wttnselite Fassung sngestaaden worden. 



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585 



Artikel 8 erlaubt dem Kaiser, am rechten Ufer der Waag 
eine Deae Featttng au errichten.' 

Artikel 9 verfUgt die ElinsteUang der Feindaeligkeiten und 
die Rttekberufung der Heere von den Grenaen. 

Artikel 10 ietst die Dauer dieses Friedens auf 20 Jahre 
fest und bestimmt, daas die Urkunde vier Monate nach erfolgter 
Ratification durch eine feierliche Gesandtsohaft ttberbracht und 
▼on dem Gesandten des Kaisers zum Zeichen der Freundschaft 
ein freiwilliges Geschenk im Werthe von 200.000 Gulden Uber- 
reicht und dieses von Seite der Pforte durch entsprechende 
Gegengeschenke erwidert werden SoU. 

Es handelte sich nun darum, ob der Kaiser diese Friedens* 
präUminarien ratificiren wollte oder nicht. 

Günstig waren sie ifBtr Oesterreich nicht, da den Be- 
stimmungen derselben der augenblickliche Besitsstand au Grunde 
kig und daher die von den Türken eroberten Festungen Keu- 
häusel und Neogräd ebenso wie das früher weggenommene 
Grosswardein in ihren Händen blieben. Aber es fragte sich, 
ob der Kaiser bessere Bedingungen zu erlangen vermochte. 

Die Operationen, welche der Schlacht bei St. Gotthard 
gefolgt waren, Hessen dies jedoch nicht als wahrscheinlich er- 
scheinen.^ Der Grosswesir zog sich nach dem Abschlüsse der 
Friedenspräliminarien Uber den Bakonyer Wald aurttck und 
marschirte Uber Veszprim und Stuhlweissenburg nach Gran, 
um diese Stadt zu decken. MontecuccoH wollte die Nachhut 
des türkischen Heeres beim Uebergange Uber d^ versumpften 
Fluss Marczal angreifen. Aber die Reichstruppen, welche durch 
Desertion der neu ausgehobenen Soldaten sehr ausammenge- 
schmolzen, und die Franzosen, wdche wegen ungenügender 
Verproviantirung in übler Stimmung waren, verweigerten die ^lit 
Wirkung. Montecuccoli sog daher nach einigen Rasttagen nord- 
wttrtS an die Donau und beabsichtigte einen AnfrrifT auf Gran, 
während andere, namentlicli Portia, sich fUr die Wiedereroberung 
Neuhäusels aussprachen.' Aber ersteres war ebenso unmöglich 



* Es wurde dann die Kestnnp Loopül'^■;tnr1^ erbaut. 

* 8. über diese dmi St'hlusa der Arbeit Kintelun'H ,Die l'eldKÜjro Monto- 
cuccoli'ü gegen die Türken von 16til bis 16(>4' in der ,Oej>terreich. militftr. 
Zaitochrift* III, 7» SS ff. (1828) und d«n «rwUmten Anftate Ton ADg«li 
8.9 ff. 

* Berieht Sagtedo*« TOro S4. Angoet 

38« 



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586 



wie letztoresy weil unterdessen der Qrosswesir mit seinem Hern 
bei Gran angekommen war und am 30. August auch Truppen^ 
Munition und FroTiant nach Neuhäusel geschickt hatte.^ Im Ange- 
sichte der numerisch weit Überlegenen ttirkischen Armee konnte 
an dieBelagerung einer starken Festung unmöglich gedaohtwerden. 

Konnte man aber den Krieg noch ein Jahr fortsetaen, um 
im nttchsten Sommör noch einmal das KriegsglUck au versuchen? 

Wie man am Kaiserhofe darttber dachte, aeigt uns eine 
Denkschrift ^Erhebliche Ursachen und Motiven, welche Ihre 
KayL May. bewogen haben, den jetzigen Frieden mit der Otto- 
manischen Porten einzugehen'.' 

Erstens habe es an Mitteln zur Fortsetsong des Krieges 
gemangelt, weil die ausländischen Qeldhilfen im Verhttltmss zn 
den Ausgaben nicht erklecklich, das kaiserliche Aerarium bis 
auf den Grand erschOj^ sei und die durch die früheren Kriege 
und die Durchmärsche verödeten und verderbten Erbländer die 
bisherigen Leistungen nicht mehr ertragen konnten. 

Zweitens sei der nothwendige Proviant Uberall, wo der 
Feind sich hinzieht, nicht aufzubringen. 

Drittens sei zu einer erfolgreichen Kriegführung nothwendig, 
dass beim Kaiser allein das Conunando absolute sei, was bei diesem 
Kriege nicht der Fall gewesen. Verschiedene CSapi hätten sich ge- 
weigert, wenn eineOperationgegen den Feind vorgenommen werden 
soUte^ so daasman manche gute Action aus den Händenlassen mOssen. 

Viertens war die Fortsetzung des Krieges schwer und 
aussichtslos, weil man ges^en, dass der Kaiser vom Reiche 
und von den anderen Potentaten keine genügsame Hilfe oder 
nur unter der Bedingung zu erwarten habe, dass seine Leitung 
noch mehr beschränkt würde. 

Uebrigens, wird fttnftena bemerkt, sei der Friede uHli$, 
weil dadurch der weiteren Verwüstung des christlichen Gebietes, 
die bei der Ueberiegenheit der feindlichen Reiterei nicht zu 
verhindern wäre, vorgebeugt und dem Kaiser durch Szathm^, 



Bericht Reniger's vom 4. September aus dem tQrkischen Lager bei Gran, 
Sie folfrt im k k. Haas-, Hof- und Staatsarchive auf ein Schreiben des 
Kaisers« an seinen Botschaftor um spanischen Hofe, Grafen PRttin^, vom 
25. October, worin er ihm den abgeschlossenen Frieden und die Motive, 
ffie Um dam bewogen, mittbeilt. E« wird abw darin aar dw Friede in 
ein mOgliehat ipOovtigeB Lieht geatellt» Ober di« »onstigen Motive jedoch 
niehti gaaagt. 



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587 



Eesed und Kalld in Oberangara eine feste PoBition veraehAfft 
werde, honetla, weil dadurck die Umwandlaiig SiebeabUrgeas 
in eine absolute Pronna oder eia Veztrat verhindert und des 
Kaisers Herrschaft Uber die ausgedehnten Comitate SzathmAr und 
Szabolcs ausgedehnt werde, endlioH aeeura, weil er in so feier- 
licher Weise geschlossen werde. Endlich sei noch zu ftirchten 
gewesen, dass Venedig Frieden schliesse und dann der ganze 
Schwall der Feinde sich gegen den Kaiser wende. 

Manche Gründe wurden in diesem Promemoria mehr an^ 
gedeutet als angeführt, waren aber gewiss schwerwiegend genug. 
Dass Oesterreich allein nicht im Stande war, den Krieg gegen 
die Türken lange fortzuführen, unterliegt wohl keinem Zweifel. 
Auf eine ausgiebige Unterstützung durch das deutsche Reich, 
dessen bunt zusammengewürfeltes Heer auch wenig geleistet 
hatte, war auch nicht für längere Zeit zu rechnen. Auf Frank- 
reich endlich konnte der Kaiser nur mit Misstrauen blicken, 
da es jede Gelegenheit benützte, um seinen Einfluss im Reiche 
auszudehnen, gerade damals ein französisches Heer im Herzen 
Deutschlands stand, um dem ISrzbisehofe von Mainz die Stadt 
Erfurt unterwerfen zu helfen, und der König seit Jahren be* 
müht war, Lothringen in ▼ollstilndige Abhängigkeit von Frank- 
reich zu bringen. Spanien endlich hatte längst zum Frieden 
gerathen,^ und wenn der König Philipp IV., wie man seit längerer 
Zeit erwartete, aus dem Leben schied, war Yorauszusehen, dass 
der franzOsisdie König im Namen seiner Gemahlin Ansprüche 
wenigstens auf einen Theil seiner Länder erheben würde, was 
der Kaiser auch nicht mit gleicbgUtigen Augen ansehen konnte. 

So riethen denn auch die meisten geheimen Räthe dem 
Kaiser zur Ratification des Friedens. Nur einer derselben, be- 
richtet der venetianische Botschafter, habe sich gegen den Frieden 
ausgesprochen, wenn man Neuhäusel nicht zurückerhalte.* Am 
27. September wurde die Ratification des Kaisers vom Residenten 
Reuiger dem GbDSSwesir in feieriicher Weise überreicht. 



* So l»«riGhlst wMoriiolt venetiAittioks BotMhafUr. 

* Depesche vom 21. September, in welcher auch mitgetheilt wird, datts 
TiHch flroitfl{3;'ip'en Boratliungen und Streitigkeiten hpsclilof?seu worden sei, 
einen Curior au Kuiager zu schicken und ihm mitisutheilen, dass der 
Krieg beendet sein werde, wenn der (irus^westir die Demolimng Nea- 
binwls sagestoh«. In Beaigev'B Berichten eteht hievon niohto. 



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Archiv 

* 

Mr 

Österreichische Geschichte. 



Herausgegeben 

¥60 dar 

xur Pflege raterländisciier Geeeliielito an^gestillteii Gemnlssion 
ittiserliehen Akademie der Wiseeneebafleii. 



Seohsundaohtsigster Band. 



Wien, 1899. 

In Commisflion bei Carl Gerold'« Sohn 



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Druck von Adolt Uotzhans«u, 



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Inhalt des sechsundachtzigst«]! Bandes. 



rtie (totarreiehitelM Haadalipolilik nmtar MuU TbamU imd Jowf n. 

Von Adolf Beer 1 

Ein Tagebuch wahrend der Belagerung von Wien im Jahre 1688. lüt- 

getbeilt von Ferd. Meneik 206 

Die entwi Yersnehe Keiaer SadolA IL, tun in den AUaittteeita der 
ChraAeheft T&ol an gelangen. Ton J. Hirn S58 

Die Beiae Kaiaer Maiiwilton n. »Msb Spaniea im J«Iife 1818. liü- 

getheilt Ferd. MettSiic 98S 

Beiträge zur Geschichte der Habsburger. Aus den letzten Jahren des 

gpauiflchen Königs Philipp II. Von Dr. Uustav Turba .... 809 

Zur Oeaehidile der MindeijSlirigkeit Heraoy Albredita T. Ton Oeatei^ 



r^h. (Hit einer Beechrmbang der Handaohxift SnppL 8844 der k. k. 
HofbtbliolhekinWien.) Von Dr. Heinrich Ritter Ton Zeiaaberg 466 

Daa Unterthanaweaen in der Bukowina. Ein Beitrag inr Qeeebiohte dea 
Banematandea und leiner Befreiung. Yen Prof. Dr. Baimand 
Friedrieb Kaindl S51 



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DIE 

0ST£RRE1GHISGH£ HANDELSPOLITIK 

UNTER 

MABIA THERESIA UND JOSEf II. 

VON 

ADOLF BEER. 

WiaKU MiNUEbe DBH KAI8. AKADKMIK DCK WISaKMISUliAFTSK. 



Areif V. LXXXVI. Bi. L filUto. 1 



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« 



I. 

In keinem Staate wurde das PtohibitiTsystem mit Boleher 
CJonseqneni durehgefHkrt wie in Oesterreich seit dem Beginne 
dee 18. Jahrhunderts. Schon unter Karl VI. wnrde die Ab- 
Schliessung Oesterreichs gegen die Fremde als Aufgabe der 
Handelspolitik beseichnet, und Maria Theresia nnd Josef hielten 
im Wesentlichen daran fest. Die Leiter der Handelsbehtfrde 
waren entschiedene Anhttnger der Prohibition nnd wurden von 
den Mitgliedern derselben bereitwillig unterstUtst. Wohl er- 
hoben sich seitweilig einige Stimmen, welche die ergriffenen 
Massnahmen nicht billigten und sich namentlich gegen die fort* 
wahrende Vermehrung der Verbote mit Entschiedenheit aus- 
sprachen, allein sie blieben in der Minoritltt Obgleich bei Maria 
Theresia manchmal Bedenken Uber die Richtigkeit der Pro- 
hibition anftanchten, so entschied sie dennoch in der Regel im 
Sinne der Majoritttt, da namentlich der Commersienrath die 
Fortschritte der Osterreichischen Industrie in panegyrischer 
Weise in den Vortrlgen schilderte und damit die Antrftge Uber 
die Bu erbusenden Verbote begründete. Seit Josef auf die Ge* 
schälte Einfluss gewann, erhielten die Prohibitionisten michtige 
UnterstUtsung. Im lotsten Jahrzehnte der theresianischen Re- 
gierung trat seitweilig eine Linderung des Verbotssjstems ein, 
unter Josef, sum Theil im Widerspruche mit den Raihgebem, 
eine Verschärfung. 

Zwischen den einseinen Königreichen und Ländern be- 
stand in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kein reger 
Verkehr. Fast jedes Land bildete ein abgeschlossenes wirth- 
schaftliches Gebiet Der Zolltarif schUtate die Industrie, sowie 
in einzelnen Ländern auch die Landwirthschaft gegen die 
anderen Gebiete. In NiederOsterreich war sogar der Verkehr 

1» 



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4 



swischen der Residenz und dem flachen Lande durch einzelne 
Massnahmen erschwert.^ Dazu kam, dast» die zahlreichen 
Maathen auf den Verkehr der Länder unter einander hemmend 
einwirkten. Obfi^lt ich die ,Rectificirung' der Mautlien seit dem 
Anfari^n^ des Jahrhnnderts in dem Frogrammo dor Regierung 
stand und zu wiederh<^ten Malen von Seiten Maria There.sias 
und Josefs Aufträge an die Behörde ergingen, namentlich die 
Privatmauthen einer endgiltigen Regelung zu unterziehen, waren 
am £nde des Jahrhmiderts die missbräuchiichen jßrhebangen 
mancher Gebühren zu T>ande und zu Wasser von Privatpersonen 
nnd Oorporationen nicht beseitigt. 

Der Mangel guter Coramunicationcii beeinträchtigte die 
Verbindung zwischen den verschiedenen Ländern. Die Regierung 
Karls VL hat zwar dem Baue der Strassen, der Schiffbar- 
machang von Fltissen, der Anlegung von Canälen Aufmerksam- 
keit angewendet, die kärglichen finanziellen Mittel an ui den jedoch 
anderweitig allzusehr in Anspruch genommen, als dass die 
Plttne, d(;ren DurohiUhrang fUr die Hebung des Handels als 
erspriesalicli erkannt wurden, hätten durchgeführt werden können. 
Mancliet- richtige Gedanke fand bei der Schwei*ftllligkeit der 
Behörden in deu Acten sein Grab. Auch unter Maria Theresia 
ging es nur langsam vorwürts, und wenn mancher Plan doch 
in Angriff genommen nnd zum Theil wenigstens durchgeftlhrt 
wurde, so kann die unermüdliche Fran das Verdienst in An- 
spruch nehmen, dies bewerkstelligt zu haben. 

Die Anlegnng der sogenannten Kaiser- oder Aerarialstrassen 
ist ein V^erdienst der Regierung Karls VI. Die Strassen von 
Wien nach Brflnn und von Wien über Igluu nach Prag wurden 
in Angriff genommen und die Kosten theilweise durch Mauthen, 
sowie durch einen Grenzweinaufschlag bedeckt. Maria Theresia 
setste das Werk ihres Vaters fort. Unablässig zeigte sie sich 
bemüht, die Hindernisse, welche dem Verkehre durch mangel- 
hafte Strassen entgegenstanden, an beheben, und namen^ch 
seit der Herstellung des Friedens nach dem dritten Kriege nut 
Preussen wurde den Strassensügen in die Nachbarländer grosse 
Sorgfalt zugewendet. Eine selbstständige Tnspection wurde ge- 
schaffen. Leider fehlte es an den nothwendigen Geldmitteln, 
und die einaelnen Länder, deren Beitragsleistung in Anspruch 
genommen wurde, vermochten den an sie gestellten Anforde» 
mngen nicht au genttgen. Dasu k«m, dass die Untersuchungen 



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Ö 



flW die Strassenriditang jaBreling daaerten und die von Fach- 
mMmkem gesteUten Antrflge vielfach engherzigen Bedenken nnter- 
lagen. Die kaiserlichen EntSchliessungen wurden Tcrschleppt, 
die Centralstellen schoben die Verantwortlichkeit einander gegen- 
seitig SU, und die yon der Kaiserin wiederholten Aufforderungen, 
endlich VorschlUge su erstatten, führten in seltenen Fällen sum 
Abschlüsse der langwierigen Erwftgung. Die Strassen, welche 
unter Maria Theresia vollendet wurden, kamen dem Verkehre 
zu statten, so die Strasse yon Wien nach Triest, die Strassen 
in Böhmen und Mähren. Bereits im Jahre 1749 verlangten die 
Tiroler Stände die ,Aufsperrung' des Arlberges sur Förderung 
des Verkehres. Das Commersdirectorium war jedoch aus politi* 
scheu Gründen dagegen und erwartete auch von diesem' Strassen- 
' suge einen geringen Kutsen. Im folgenden Jahre empfahl Graf 
Enienherg nach einem Besuche Bosens, wo er sich Uber die 
HandelsverhältniBse zu unterrichten suchte, die ,Oeffnung^ des 
Arlberges; nun wurde der Antrag als ,betrachtttngswttrdig' 
beseichnet und die Stände sum Baue der Strasse aufgefordert' 
Josef sprach in einem Handschreiben vom 11. April 1784 den 
£ntschlnss aus, zur Beförderung des deutsch-erbländischen 
Handels Hand ans Werk legen zu wollen. Der Ausbau 
einer Strasse von GOrz Uber den Fredil wurde wohl erwogen, 
aber man befUrchtete, dass es ,an Fuhrwesen mangeln und 
Villach einen Abfall seines Nahrungsstandes erleiden werde'.* 
Auch fehlte es an dem erforderiichen ,fando' in Gorz und 
Crradisca.* 

Die Schiffbarmachung der March, die Verbindung dieses 
Flusses mit der Oder, sowie der Donau mit der Moldau und 
Elbe waren Projecte, die seit dem zweiten Jahrzehnte des 
18. Jahrhunderts von Zeit zu Zeit auftauchten. Im Jahre 1763 
wurden die Behörden von der Monarehin angewiesen, sich ein- 
gehend damit zu beschäftigen, in Folge einer Anregung des 
Png«r Handelsstandes, die Schiffahrt auf der Moldau zu ver- 
bessern, um eine lebhaftere commerzielle Verbindung zwischen 
Böhmen und Oesterreich anzubahnen. Dem Commerzienrathe 
wurde gleichzeitig der Auftrag ertheüt, in Erwägung zu ziehen, 
in welcher Weise damit das italienische und Triester Commer- 
cium zu verbinden wäre.^ Namentlich bei der Kaiserin zflndete 
der Gedanke. Sie forderte die rasche Erstattung eines Gut- 
achtens, und durch Erfahrung belehrt, dass die Kostenfrage 



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6 

wohl ein HindeniiBs bilden könnte, Aigte sie in ihrem Hand- 
sehreiben an Rndolf Chotek vom 29. März 1763 hinsn, dass 
diese bei einem soleh' nützlichen Werke nicht in Betracht 
kommen kOnne. Gleichzeitig lag auch ein Plan vor, die Donau 
mit der Elbe zn verbinden, welcher von dem Verfasser Baron 
Stemdahl der Kuserin überreicht worden war, nnd welchen sie 
ebenfalls den Behörden zur Berichterstattnng anwies.® Das 
böhmische Qnbemium, aufgefordert, seine Wohlmeinung abra- 
geben, Hess sich Zeit, nnd es bedurfte mehrfacher Anffordenm- 
gen, ehe man sich in Prag entschloss, das Gutachten abzugeben.^ 
Der Commerzienrath stand der grossen Frage ziemlich kfihl 
gegenllber. Ftlr die Verbindung der Donau mit der Moldau 
konnte sich der Commerzienrath Überhaupt nicht begeistern. Er 
könne nicht einsehen, heisst es in einem Vortrage, was fUr einen 
Nntsen die Vereinigung vom Standpunkte des Handels haben 
könne, es frage sich also, ob aus politischen liilcksichten der 
Aufwand zu machen sei. Das Gutachten gerieth aber in Wider- 
Spruch mit sich, indem anderseits die grossen Vortheile ge- 
schildert wurden, wenn der nach Norden bestimmte Waarenzug 
aus Tirol, Steiermark, Kärnten anstatt auf der Donau gegen 
Begensburg, künftig von Linz auf der Achse nach Budweis und 
sodann zn Wasser durch ganz Böhmen geftüirt werden könnte. 
Auch würde es nur vortheilhaft sein, wenn verschiedene Waaren 
aus Hamburg, besonders Specereien und trockene Fische, ans 
der Elbe in die Moldau und sodann zu Lande bis Linz geführt 
würden, um von hier anf der Donau nach Ungarn gesendet zu 
werden. Indessen vergingen Jahre, ehe das Gutachten über den 
Plan Stemdahl's der Kaiserin vorgelegt wurde. Am 16. Januar 
1766 schrieb sie auf ein Protokoll: ,Mir liegt dieses Werk 
sehr am Herzen, dass es zu Stand kommt.' Erst im Jahre 1769 
lagen bezüglich der Schiffbarmachung der Moldau eingehende 
Arbeiten vor. Die Verbindung der Donau mit der Moldau 
aber wurde als mit grossen Schwierigkeiten verbunden bezeich- 
net, weil hiezu ein Kostenanfivand von 2 bis 3 Millionen er- 
forderlich sei. Diese grosse Idee, heisst es in einem Vortrage 
von Hatzfeld, sei daher in suspenso zu lassen, bis man die 
Schiffbarmachung der Moldau zu Stande gebracht haben werde. 
Allein auch die bezüglich der Regulirnog der Moldau in An- 
griff genommenen Arbeiten befriedigten nicht Der Plan war 
eilfertig entworfen und an die Ausftihrung geschritten worden. 



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7 



ehe eine Daroharbeitang in aUen Einselheiten stattgefnnden 
liatte. Die Besitser der Waseermanthen stommten sich gegen 
die Beseitigiuig derselben, so der Ersbischof von Prag und die 
Stadt Bndweis. Ein nener Plan mnsste entworfen werden, und 
am 23. März 1774 legte der HofkammerprSeident das offene 
Gestttndniss ab, dass die Navigation sich in einem schlechten 
Zustande befinde, obgleich in den Jahren 176d — 177d mehr 
als 300.000 fl. verausgabt worden waren. Der Jesnit Walcher, 
der in Wasserbauten eines grossen Rnfes genoss, wurde nach 
Böhmen zur Besichtigung entsendet. Am 21. November 1774 
erstattete Kolowrat die Anzeige, dass die Moldauregulimng 
vollendet sei. Nun sollten die zur Verfügung stehenden Mittel 
fHr die Elbe verwendet werden, und man beabeichtigte, in der 
Gegend von Lobositz den Anfang zu machen. Josef ertheilte 
dem Oouvemeur den AuihiH^, auch von Prag bis Leitmeritz 
die Schiffbarmachung in Angriff zu nehmen. 

Auch die Regulirung der ungarischen Fittsse bildete 
den Gegenstand oftmaliger, sorgfilltiger Erwägung; namentlich 
sollte dadurch den ungarischen Naturerzeugnissen der Weg 
bis zum Meere er(Sffiiet werden. Die Verbesserung des Begar 
canals wurde 1753 genehmigt.' Die Schiffbarmachung der 
Maros, sowie der Kulpa und Save wurde ins Auge gefasst.* 
Die Leitung der ganzen Angelegenheit wurde dem Holrathe 
Kaab im Jahre 1771 Übertragen. Im Jahre 1773 wurde damit 
begonnen. Femer lag ein Antrag vor, welchen Fremont fOr 
eines der wichtigsten Werke der Krone bezeichnete, worauf 
schon der unsterbliche Feldmarschall EhevenhüUer in Slavonien 
füi^edacht hatte, nftmlich unterhalb Sissek die Save durch einen 
Canal mit der Donau zu verbinden. Auf der Donau sollten 
die Hindemisse, welche der SchiffiJsrt zwischen Wien bis Press» 
bürg und von da bis Komom entgegenstanden, hinweggeräumt 
werden. Die Schiffbarmachung der Gran und die Verbesserung 
der Schiffidirt auf der Raab wurde 1780 anbefohlen.^* In 
Steiermark wurde die Schiffbarmachung der Mur von Leoben 
bis zur Mflndung in die Donau in ErwOgung gezogen, um dem 
steirischen Eisen und Wein Absatz zu verschaffen und vielleicht 
auch Air den Verkehr mit Triest einen neuen Handelszug zu 
eroffnen. Das Ghitachten des zur Beaugenscheinigong des 
Flusses entsendeten Gruber ging dahin, dass die Arbeiten mit 
140.000 ff. bewerkstelligt und binnen 6 — 7 Jahren vollendet 



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werden konnten. Die Stände weigerten eich jedoch, einen 
Vorecbiu^s zu geben, mit der Bemerkung, daB8 die Beaahlnng 
der Schulden nothwendiger sei als die Navigationsverbessenui' 
gen. Die ,Emporbringiing* der Schiffahrt auf dem Rhein wurde 
am 31. Mai 1769 angeordnet. Fttr die Verbindung des Bheines 
mit der Donau lag ein Project von Bernard Natale vor, wurde 
auch berathen, aber zu den Acten gelegt Auch die vielen 
Pläne in den anderen Ländern behufs Regulirang der Flüsse 
und die Anlegung von Canälen kamen nicht zur Ausführung. 

Die Handelsbehörde satste sich zur Aufgabe, den inländi- 
schen Erzengnissen Absatz zu verschaffen. Seit 1749 wurden 
an die Consesse in den einzelnen Ländern wiederholt Weisungen 
ertheilt^* und später, namentlich seit dem Jahre 1766, Commis- 
säre in die Landeshauptstädte gesendet, um die Kauflente mit 
den inländischen Waaren bekanntsumachen, die Bezugsquellen 
und die Preise anzugeben. Der Wiener Handelsstand wurde 
aufgefordert, den Absatz inländischer Erzeugnisse ins Auge zn 
fkssen. Nach Erlass des Patentes vom 24. Ilärz 1764 wurden 
die Consesse angewiesen (25. April 1764), ein Verseicbniss 
jener Waaren anzusenden, welche in den verschiedenen öster- 
reichischen Ländern verfertigt werden, damit den Eaufleuten 
mitgetheüt werden könne, wo jene Waaren bezogen werden 
können, welche dem Verbote unterliegen. Bei Ertkeilung der 
Pässe fikr die Einfohr ausländischer Artikel wurde darauf Rück- 
sicht genommen, ob sieh die Bittwerber verpflichteten, eine 
entsprechende Menge inländischer Erseugnisse abzunehmen. Als 
sich die Wiener Leinwandhändler nicht wiUfllhrig zeigten, ge- 
zogene Leinwand der Bttrgtteiner Fabrik abzunehmen, wurde 
ihnen bedeutet, dass sie auch keine Pässe erhalten werden. Die 
Weisungen der Behörde scheinen jedoch auf die Kaufmann- 
schaft geringen Eindruck gemacht zu haben. Wenn man auf 
Bestellungen des Handelsstandos warten wollte, heisst es in 
einem Schriftstücke, dann würden die Fabriken schon in ihrer 
ersten Geburt ersticken. Die Widerspenstigkeit der Kaufleute 
wird in den Vorträgen an die Kaiserin vielfach hervorgehoben 
und mit Beispielen belegt. Eine Verdrängung der fremden Er- 
zeugnisse erfolgte nicht, und die strengen Verbote fruchteten 
nicht viel. Die Fabrikanten bestürmten die Regierung, ihnen 
Absatz zu verschaffen; Graf Josef Kinsky, der grosse böhmiache 
Industrielle, wandte sich an den Gommerzienrath. Die Niederlaga- 



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▼enrandton wurden yorgerafen und ihnen vorgestelll^ dasB die 
Allerhöchste Absicht dahin ginge, die Mannfactoren an erheben 
nnd den Geldansflnss an hindern, sie mdgen Bestellungen anf 
Barchente nnd Tischzenge machen nnd ,einige Abnahme' der 
Mannfacte ansiehem. Die Niederiflger antworteten, die Indu- 
striellen sollen sich bestreben, ihre Ersengnisse preiswttrdig an 
▼erkaufen, dann werde jeder Handelsmann gerne bei ihnen Be- 
stellungen machen. Auch der bürgerliche Uandelsstand der 
Besidenz seigte sich nicht geneigt^ die in Oesterreich erzengten 
Waaren abzunehmen.^' Nur die Leinwandhändler Hessen sich 
nach vielem Zureden bestimmen, eine gewisse Menge abzu- 
nehmen, unter der Bedingung, dass den Fabriken untersagt 
wttrde, Niederlagen zu halten und das Hausiren verboten 
werde.** In Graz wurde den Kanflenten empfohlen, anstatt 
ausländische Tücher mährische zu beziehen. Fabrikanten, 
welche feine Tttcher in gehöriger Qualität erzengten und zu 
entsprechenden Preisen lieferten, wurde die Abnahme fhr die 
Uniformen zugesichert; Schuhe für das Militär sollten aus erb* 
ländischem Leder verfertigt, tkberhaupt der Bedarf fllr dasselbe 
nur im Inlande beschafft werden; die Stifte wurden aufgefor* 
dert, sich zu äussern, bei welchen Fabriken sie die zu ihrer 
Kleidung nOthigen Stoffe beziehen.*^ Allein es zeigte sich bald, 
dass die heimischen Erzeugnisse nicht selten dem Bedarfe nicht 
genügten, in der Qualität schlechter, im Preise hoher waren. 
In einer vom Wiener bürgerlichen Handelsstand ttberretchten 
Denkschrift, worin die Verbote fUr unentbehrliche Waaren als 
schädlich bezeichnet wurden und gebeten wird, die voreilig 
gemachten Verbote aufzuheben, wird bemerkt, dass die Preise 
der erbländischen Fabrikate um 80 — 100 Percent die auswärti- 
gen ttbersteigen. Die Regierung hielt es filr nothwendig, Air 
den Absatz ,Verleger' zu gewinnen und deshalb den Fabrikanten 
den Verkauf eigener Erzengnisse zu beschränken. ,Der eigene 
Handel des Fabrikanten,' lautet die Begründung in einem Vor- 
trage, ,fiihre zur Schleuderci und gebe zu Misscredit der in- 
ländischen Manufactnren Anlass, indem jeder Fabrikant, um 
den Vorzug im Verkaufe zu gewinnen, sich anf ein geringeres 
Fabrikat, welches hauptsächlich in Böhmen den jüdischen Ab- 
nehmern angenehm sei, verlege, folglich niemals zu erwarten 
sei, dass ein Verleger oder ordentlich gelernter Handelsmann, 
welcher sein CSapital auf Nutzen bringen mttsste, aufkommen 



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konnte. Bei Vermischang beider „Nahrungsgewerbe* denke 
man niemals anf die Vermehmng des Handels, sondern die 
Circnlation des Geldes sei darum ungleich, dass solche ledig- 
lich swisefaen dem ersten Fabrikanten nnd letzten Abnehmer 
bemhe, folglich ein zwischen beiden haftendes Nahrangsgewerbe 
dem Staate entfalle. Es sei in Prenssisch^Schlesien nach diesem 
Grundsätze der Handel von der Fabricator dergestalt abgeson- 
dert worden, dass dem Fabrikanten stttckweise an den Verleger 
vermöge einer Convention, auf den inländischen Wochen- und 
JahrmArkten zu verkaufen, niemals aber einen Ausschnitt im 
Lande oder dem Handel im Grossen nach Aussen sowohl mit 
eigenen, als den von den Mitmeistem eingelösten Manufacten 
zu treiben gestattet werde, sondern dieses Recht werde den 
Handelsleuten privative eingeräumt. Die Kaiserin habe anbe> 
fohlen, diese Ordnung auch in den k. k. Erblanden einzuführen; 
damit aber diese Absonderung unvermerkt und durch eine frei- 
willige Einleitung geschehe, sollte den Landinspectoren aufge- 
tragen werden, dahin zu trachten, wie dem Fabrikanten die 
genügsamen Verleger verschafft und von solchen mit der ganzen 
Gewerbe- und Meisterschaft Oontracte geschlossen werden 
konnten.' 

Die Errichtung von Niederlagen in der Residenz, in den 
Landeshanptstitdten und anderai Orten für den Absatz inländi- 
scher Erzeugnisse wurde begünstigt und hieftbr auch staatliehe 
Unterstfltzung gewährt." 

Nicht blos fremde Waaren, auch die ausländischen Kanf- 
leute, welche bisher die Osterreichischen Idäirkte und Messen 
in ziemlicher Anzahl besuchten, sollten von nun an ferne ge- 
halten werden. Der Antrag auf Beschränkung des Handels 
fremder Kaufleute wurde von der böhmischen Repräsentation 
und Kammer angeregt, um sächsischen Kaufieuten all' den 
Handel mit böhmischen Fabrikaten zu verhindern. Bios auf 
den Jahrmärkten sollte ihnen der Detailhandel mit fremden 
Erseugnissen gestattet sein, sonst aber bei Confiscations- und 
Abschaffhngsstrafe verboten werden. Das Gutachten des 
Commerzienratbes, von Degelmann, wohl dem energischesten 
Vertreter aller Beschränkungen, ausgearbeitet, ging dahin, dass 
es am erwttnschlichsten wäre, wenn an den grösseren Plätzen, 
wo ohnehin Kanfleute vorhanden seien, auch die Jahrmärkte 
gänzlich eingestellt würden, aUein vorläufig sollte man sich 



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doch mit einer aUgemelnen Verordnung, die fremden Kanileate 
betreffend; begnügen; fUr Böhmen; speciell für sftehBische Kanf- 
lente, eine Verfügung zn treffen, sei bedenklich. Die Kaiserin 
nahm Anstand, anf den Antrag einsngehen/* und erst nachdem 
Sachsen den böhmischen Eanflenten den Handel anf den Jahr- 
märkten verbot, wnrde eine Verfbgang gegen die sllchsischen 
Hllndler erlassen.** Im folgenden Jahre wurde in dem Patente 
vom 24. Mars 1764 den fremden Kaufleuten auf den Messen 
und Jahrmärkten zu Pilsen, Brttnn, Ofanütz, Troppau, Wien, 
Krems, Linz und Qraz der Verkauf mit nicht verbotenen 
Waaren gestattet 

Von dem böhmischen Consesse wurde 1771 der Antrag 
gestellt, ,zu mehrerer Einschränkung der ohnehin noch nicht 
vollkommen eingestellt werden könnenden Einschwärzung und 
zur Erzielnng eines besseren Verdienstes fllr die inländischen 
Handelsleute den fremden den Besuch der Jahm^rkte nut in- 
läkidischen Waaren einzustellen'.'* Die Majorität des Commerz 
zienrathes war für die Aufrechterhaltung des Patentes. Die 
Minderheit befürwortete den Antrag des böhmischen CSonsesses 
mit dem Hinweise, dass die Waaren, welche den Fremden zu* 
fallen, dem Lande entzogen, das Geld aus dem Lande geschleppt 
werde. Die Kaiserin entschied für die minderen Stimmen. Der 
Handel mit erbländischen Waaren auf den Jahrmärkten, lautete 
die Bntschliessung, sei gänzlich zu untersagen und dieselben 
lediglich auf den Verschleiss ihrer mitgebrachten ausländischen 
Waaren zu beschränken.'* Später kam die Angelegenheit noch 
oftmals zur Sprache. Die Kaiserin beharrte jedoch auf dem Ver* 
böte, verlangte aber doch nach Ablauf eines Jahres eine Anzeige, 
ob grosse Nachtheile für die Jahrmärkte oder andere schädliche 
Folgen wahrzunehmen seien.*' Augsburger, Nürnberger und 
sächsische Kauflente wurden durch das Verbot hart getroffen. 
Nach kurzer Zeit jedoch änderte die böhmische Behörde ihre 
Ansicht und beantragte, auf den Stand des Jahres 1764 zurück- 
zukehren." Nach einigen Jahren kam die Angelegenheit in 
der Tarifcommission, welche mit der Ausarbeitung des allge^ 
meinen ZoUtarifs betraut war, abermals zur Sprache. Fremden 
Kaufleuten anf Österreichischen Märkten die Losung zu ge- 
statten, war nach ihrer Ansicht keineswegs räthlich. Der Vor- 
theil sei gegen den erbländischen Kaufnumn, welcher die Contri- 
bution zu entrichten habe und mit verzollten Waarenlagem 



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18 



haadl«. Eine GkBtattung wäre daher den erblMndiBchen Handels- 
leaten nachtheilig. Eb sollte daher keinem Fremden gestattet 
werden, aoMer den Marktseiten Handel tu treiben, aoaser er 
hätte sich in den (toterreiohischen Staaten als Unterthan nieder- 
gelasaen nnd die Eriauhniss dazu erhalten. Erst unter der 
Josefinischen Regierung wurde die Beschränkung aufgehoben. 
Die Märkte von Graz, Klagenfurt, Laibach und Ldns wurden 
fitr frei erklärt nnd sollten von In* und Ausländem christlicher 
und anderer Religion besucht werden kOnnen, um daselbst 
au Terkaufen, ohne durch die ausser den Marktzeiten daselbst 
berechtigten Handelsgesellschaften oder Zünfte beirrt au wer^ 
den; nur des Verkaufes von Haus au Haus hatten sie sich zu 
enthalten.'^ 

IL 

Auf die Anbahnung eines innigen Verkehres zwischen 
Ungarn und den Erblandra lenkte die Kaiserin wiederholt die 
Aufmerksamkeit der HandelsbehOrde. Wien und Linz waren 
noch in dem ersten Viertel des 18. Jahdbunderts von ungari- 
schen Kaufleuten stark besucht. Seit 1726, nachdem in den 
Zolltarifen ftlr Nieder- und OberOsterraich ,ZollerhOhungen' und 
^unerträgliche Aufschläge' eingetreten waren, wandten sich die 
Ungarn nach Brttnn, aber auch ,dort wurden sie durch Auf- 
schlage Tertrieben'. In Folge des 1738 erlassenen Einfuhr* 
▼erbotes wollener Waaren, welche die Linzer Fabrik in der 
erfbrderiichen Menge nnd zu mässigen Preisen nicht liefern 
konnte, wurden Breslau und Leipzig von den Ungarn mit Vor- 
liebe besucht, wodurch ,die Erbländer mit jährlichen 3 Millionen 
entkräftet wurden'. Der Wiener Handelsstand machte in einer 
Bittschrift darauf aufmerksam, mit der Bemerkung, ,dass man 
den ungarischen Kaufleuten keineswegs zumuthen könne, die 
erforderlichen Waaren in den Erblanden mit Schaden abzu- 
nehmen, es bleibe kein anderer Ausweg übrig, als jene Freiheit 
des Handels wieder herzustellen, wie sie bis 1726 bestand, da 
bis dahin Ungarn und Siebenbürgen und alle angrenzenden 
Länder in erster Linie von Wien aus versorgt wurden. Gegen- 
wärtig werde das Aerar verkürzt, die Einschwärzung der Waaren 
vermehrt'. Die Wiederherstellung des ZoUtarifes vom Jahre 
1673 wurde empfohlen. 



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13 



Die Commerzbehörde, deren Leitang danuds dem (trafen 
Rudolf Chotek anvertraat war, aei^ «ich nidit geneigt» der- 
artigen Forderungen Rechnung an tragen, obgleich die foter- 
reid^che Indnitrie dem Bedarfe an entsprechen nicht im Stande 
war. Abgesehen von dem Zolle wurde der Handel swisofaen 
Wien und den Ländern jenseits der Leitha durch sahlreiehe 
Mauthen erschwert Einige derselben wurden tther Weisung 
der Monarchin aufgehoben und dem Strassensuge nach Ungarn 
Erleichterongen gewlthrt'^ Die ungarische Eaufleute &nden 
es jedoch Tortheilhaftery ihre Waaren auf den Hessen in Breslau 
und Leipsig einsnkaufen und dieselben Uber Polen und die 
Karpathen einsuschwltn«i** oder unter der Finna tttrkischer 
Händler nach Ungarn bringen au lassen, da diese blos den 
yertfagsmässigen Zoll von 5 Percent entrichteten, eine aller- 
dings nicht entsprechende Interpretation der Verträge mit der 
Pforte, worin blos flir Waaren türkischer Proveniena geringere 
Zoilsätae Tereinbart waren. Auch die tttrkischen Eaufleute be- 
suchten deutsche Messen, rerkanften ihre Waaren in Leipiig, 
Kllmberg und Breslau und fithrten die daselbst eingekauften 
Artikel nach Ungarn und fiber Ungarn in die Heimat. Die 
ungarischen Slanfleute &nden in Leipsig leichteren und unbe- 
schränkteren Credit. Um die Ungarn au bestimmen, ihre Mu' 
käufe in Wien zu machen, wurde der Commenienrath ange- 
wiesen, lauf die Mittel flirzudenken, wie von den unentbehrlichen 
fremden Waaren durch eigene inländische Handelshäuser der 
nöthige Verlag angeschafft und damit die erbländisohen deutschen 
sowohl als ungarischen Kaufleute deren ''kostbaren Reisekosten 
auf fremde Messen enthoben werden kOnnen'.*^ Waarenlager 
sollten in Wien errichtet werden für solche Artikel, die bisher 
in Leipzig gekauft wurden. Die Mauthen auf der pohlischen 
und schlesischen Grenze sollen aufs Schärfste genommen wer- 
den.** Der Plan stand in Beraihung, für verbotene Waaren 
ein Magazin anzulegen, um die ungarischen Kaufleute au be- 
stimmen, ihren Bedarf in Wien zu decken. Ghraf Philipp Sinaen- 
dorf schlug vor, Krems zu einer freien Niederlage ftlr un- 
garische und siebenbttrgische Kaufleute zu erklären. Der 
Commerzienrath verschob die Besehlussfassung; man werde, 
beriebtete er der Kaiserin, bei Verfassung des allgemeinen 
Tarifs darauf Rtteksicht nehmen.** Die Kaiserin war mit diesem 
Aufschübe nicht einverstanden und heischte schleunigst die 



14 



Stellang von Antrftgen,^^ ^da die Abwendung des ungarischen 
und aiebenbttrgiachen Negocü von Leipzig und BreaUra einer 
der wichtigsten GegcnsUindc der inländischen Gommerdi sei'. 
Aach die Grazer Märkte sollten Begünstigungen erhalten, um 
die nngparischen und siebenbtirgischeu Kauäeute dahinzuziehen 
nnd von fremden Märkten abzuhalten. Bereite im Jahre 1759 
war mit der £infUhrang der Verbote in Ungarn^ Siebenbürgen 
nnd dem Temesvarer Banat begonnen worden, und xwar mit 
Zustimmung der Mitglieder der nngarischen Hofkammer, weiche 
den Berathung^ beigest^en waren. Ein Anstand in den un- 
garischen Gesetzen schien nicht vorhanden, da der 1 16. Diätal' 
artikel Tom Jahre 1728 ohnehin forderte, das« die Einfahr an- 
ntttser nnd schitdl icher W'aaren in Ungarn verboten werden 
solle. Anfangs wurde darauf Rücksicht genommen, ob die be- 
treffenden Waaren in genttgmder Menge in den dentschen 
Ländern eniengt werden, nm anch die Gebiete jenseits der 
Leitha damit versehen zn kSnnen, und die Kaiserin ertheiite 
den Behörden die Weisung, darauf Bedacht zu nehmen, dass 
die Waaren in hinlänglicher Qualität nnd Quantität zu einem 
billigen Preise erzengt werden. ,Die ungarischen Erbländer 
sollten Uberhaupt angewimn werden, sich mit inländischen 
Hann&cten zu versehen und jene Erzeugnisse, die der Flelss 
der erbländischen Unterthanen zur Vollkommenheit gebracht 
habe, aus fremden Ländern Anzuführen verboten werden.' Die 
Kaiserin wttnschte eine Zusammenstellung jener Artikel, die in 
Ungarn verboten werden könnten, ,maassen was nützliches in 
diesem StUck geschehen soll, jezo während des Krieges ge- 
schehen mnsV. 

Ehe das Patent vom 24. März 1764, die Verbote betreffend, 
veröffentlicht worden war, wurde die ungarische nnd sieben- 
bürgisohe Hofkanzlet aufgefordert, ihr Gutachten abzugeben, 
inwiefeme die erlassenen Verbote auch auf Ungarn und Sieben- 
bttrgen Anwendung zu finden haben." Es dauerte jedoch einige 
Zeit, ehe diese Voten einliefen, und die Kaiserin verlangte zu 
wiederholten Malen die Aensserung ihres Commerzienrathea 
Uber die Erstreckung der Verbote auf die ungarische Län- 
der.** Am 4. Jänner 1766 erfolgte die Allerhöchste Entechlies- 
sung, dass die gleichen Verbote der Einfuhr fremder Waaren 
in den ungarischen wie in den deutschen Erblanden von nun 
an statthaben sollen.'^ 



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15 



Bei Eiüheilimg von Pttsaen für die Einfuhr verbotener 
Waaren beabsichtigte man die (toterreichisdien Kaaflente za. 
begttifstigeny da ^das ungarische Commerciain mehr Rücksicht 
auf die Exportation als auf die Importation verdiene'. Aber 
es gewann den Anschein, als würden an viel Pitsse verlangt 
nnd grossere Waaremnengen eingeAlhrt, als für den heimischen 
Bedarf erforderlich war. Man verfiel daher anf den Qedanken, 
das Erfordemiss der nngarisehen Erblande an fremden rw- 
•botenen Waaren zn erheben, gleiohaeitig aber anch Eraengang 
nnd Verbraach in den deatsch'dsterreiohischen Ländern sn er- 
mitteln and für jene Mengw, welche in den ErUanden nicht 
erzeugt werden, Pässe au ertheilen; indess seilte sich die £r^ 
mitdung des Bedarf^M an ausländischen Waaren blos auf die 
königlichen Städte beschränken und für jede derselben die 
Menge, welche eingeführt werden kOnne, bestimmt werden, die 
individuelle Repartition sei den Magistraten zu überlassen. Auf 
diese Weise hoffte man einerseits den Städten wieder aufzu*^ 
helfen, damit dieselben jene Artikel an sich ziehen, mit welchen 
auf dem Lande zum Nachtheil des Aerars die im Schutze der 
Dominien stehenden Juden und Reizen bisher Handel getrieben 
haben. Die Kaiserin genehmigte diesen Antrag, fügte jedoch 
hinzu, dsLss an Juden und an die ausser den Städten wohnen- 
den Oriechen und Armenier gar keine Pässe auf fremde Waaren 
ertheilt werden dürfen.'* Da man aber nie ein vollständig 
richtiges Bild über Production und Gonsumtion gewann, blieb 
trotz aller Bemühungen der WillkUr Thür und Thor geOfifnet. 
Namentlich über das Verbot der Nürnberger Waaren wurde 
Klage geführt; auch die ungarischen S|,täade erhoben Besehwerde^ 
aber die freie Einfuhr dieser Artikel wurde nicht gestattet, da 
diese Waaren in den k. k. Erblanden in gleicher Güte und zu 
entsprechendem Preise erzeugt werden.^' 

Der Absatz angarischer Erzeugnisse in den dentschen 
Erblanden unterlag beschränkenden Massnahmen. Getreide 
nach Böhmen, Mähren, Oesterreich einznfiihren, war nur vor^ 
übergehend erlaubt.^ Als im Jahre 1770 die Ernte in den 
deutschen Eri)Ian(len ungünstig ausgefallen war, wurde die 
bisher freie Ausfuhr von Brotfrttchten gegen das Meer aufge- 
hoben. Wolle aus Ungarn konnte nur gegen vorherige Pass- 
ertheilung eingeführt werden, um durch deren unbeschränkte 
Einfuhr die böhmische und mährische Wolle nickt zu ver^ 



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16 



schlagen.*^ Kurs zuvor wurde zur Bef^rdemng der Indostrie 
die WoUemiiihr^ welche für die deatBch-erbiSndiachen Fabriken 
pnuiBginglich nothwendig schien, erleichtert durch di^ Ver« 
ftlgnng der Kaiserin, dass die Freipttsse zur Einfohr der fttr 
die Fabriken nothwendigen rohen Waaren, besonders der un- 
garischen Wolle, gratis zo. eriheilen seien, denn es sei nicht 
,anf die mehrere Taxertrllgnnss, sondern lediglich auf die mehrere 
Beförderong der Fabricatnren und des Conunerdi za sehen'/* 
Der Transit der ungarischen Erzeugnisse war durch landes- 
Airstliehe und noch mehr durch ständische Manthen ungemein 
belastet. In jedem Lande wurden grosse Abgaben erhoben, 
und die wohlgemeinten Absichten der Konarchin, Abhilfe zu 
schaffen, stiessen auf Schwierigkeiten. Die niedertisterreichi- 
Bchen Stände sahen die Ausfuhr ungarischer Weine mit scheelen 
Augen an und befürchteten von jeder gewährten Erleichterung 
Beeinträchtigung des eigenen Absatzes. Steiermark erschwerte 
clie Durchfuhr ungarischer Ochsen nach Italien. Ungarisches 
Getreide und ungarische Häute hatten bei der Ausfahr hohe 
Hautfaen zu entrichten.^* 

Auch der Handel mit Vieh war beschränkt. In einigen 
Ländern wurde bei der Ein-, Aus- und Durchfuhr ein Zoll er- 
hoben, in anderen zahlte das Vieh blos einen Viehaufschlag^ 
in Oesterreich unter der Elnns unterlag es einer handgräflichen 
Oeblihr, in manchen Ländern erhoben die Stände besondere 
Aufschläge. Als bei den Berathungen Uber den allgemeinen 
Zolltarif einige Stimmen die Begünstigung des Eintriebes un- 
garischen Viehes nach Böhmen befürworteten, sprach sieh der 
Präsident der Ministerial-Bancodeputation Graf von Wrbna ent- 
schieden dagegen aus; er sehe keine Ursache ein, ,den ungari- 
schen Ochsen zu favorisiren', ohnehin sei bekannt, dass für 
Rinder ein namhaftes Geld nach Ungarn |;ehe; durch eine 
BegOnstigung des ungarischen Viehes wttrde auch das 
Banoogefidle einen beträchtlichen AbfisU leiden und be- 
trächtliche Mengen nach Böhmen getrieben, wodurch Wien, 
welches ohnehin schon seit einigen Jahren Mangel an Rin- 
dern habe, in eine noch grossere Verlegenheit gesetzt werden 
dürfte.*» 

Eingehende Berathnngen wurden gepflogen, durch welche 
Mittel das ungarische Commercium mit dem Litorale auf dnen 
soliden Fuss gesetzt werden konnte. 



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17 



Der ertte Versnoli bot Einleitang eines Haßdelsverkehrcs 
ans dem Banate nach der KOste machte ein Hauptmauu, Namens 
Theodor Sbhley, der aieh mit dem Feldschiffbracken-Oberlieute- 
nant Gaati verband, um anf drei von ihnen gemeinsam erbauten 
Schifl^n Getreide, Waehs, geselchtes and gesalzenes Fleisch 
nnd andere Landesprodaete nach Triest and Finme an f\Üiren. 
Die Fahrt war mit grossen Beschwerfiehkelten verbunden, da 
die Gestade überaU mit Bäumen bevachsen waren und die 
Schiffe deshalb nicht mit Pfwden aufwärts gezogen werden 
fconnteii| auch die Fahrt durch Räuber unsicher gemacht wurde. 
£r erbttt ^h deshalb ein Ckmvoi, und der Hofkriegsrath wurde 
ersucht, demsdben jede mögliche Untersttttaung angedeihen zu 
Lüsen, da die Sadie von der grössten Wichtigkeit sei.^ In 
Fulgc der guten Geschäfte wurde er von der Kegierung nach 
Wien bmfen, um an Berathungen aber die zu ergreifenden 
Massnahmen theilzunehmen, und sodann beauftragt, auf Kosten 
des Amrs Weis^ und gepökeltes FImsch auf der Save und 
Kulpa und sodann auf der Caroliner Strasse nach Finme au 
fuhren.** Das Untemdmien gcUng, der Nutzen betrug mehr 
als 100 Percent.^' Der bei der Intendans in Triest angestellte 
Raih Raab wurde nun angewiesen, mit einem croatischen Oom- 
missär, Namens Busan, die Hindemisse auf der Save und Kulpa 
zu untersuchen und sidh vorzttglich mit der Fhige zu besdiäfti- 
gen, welche Massnahmen ergriffen werden sollten, um aus dem 
Banate nach den Seehäfen Ctetreide und andere Landesenseug- 
ntsse zu versenden. Raab erstattete einen ausführlichen Be* 
rieht, in welchem er auf die Wichtigkeit des Handels mit Ge- 
treide hinwies.*' 

Die Temesvarer Gompagnie zur FUrdraimg des Handels 
wnrde mit einem Capitale von ÖO.OOO fl. im Jahre 1769 ge- 
gründet und 100 Aotaen zn 500 fl. ausgegeben. In den näch- 
sten Jahren trat zweimal eine Erhöhung des Capitsls ein. Am 
1. Juli 1764 betrug dasselbe 200.000 fl. Die Gesellschaft setzte 
sich die Aufgabe, eine innigere Verbindung mit der Kttste zu 
bewerkstelligen, Naturprodncte, Httlsenfirachte, Tabak, Pott- 
asche, Häute, Speck und Wolle auszuführen, dafür Specerei- 
und Krämerwaaren einzuführen. Die ersten Berichte lauteten 
ungemein günstig. Die Kaiserin, hoch erfreut über den guten 
Fortgang, bestimmte, dass sich auch der Stsat zu betheiligen 
habe.^^ Später jedoch beschränkte sich die GesdUsohaft nicht 

AnU*. UZXTJ.Bi. t.Bitft«. 2 



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18 



blo8 auf den Handel^ sondern sie gründete auch eine Tuch- 
fabrik, erzeugte Wolltücher, Kotzen, Strümpfe, Segeltuch und 
erhielt die Versorgung des Müitiirs mit Bettfourniturcn in Pach- 
tung, sie erstand endlich auch die Apotheken zu Essegg, Petor- 
wardein, Temesvar, Hermannstadt nnd Earlsburg. Von Seiten 
der Regierung Hess man der Gesellschaft jede Unterstützung 
angedeihen. Fremont wnrde naeh Temesvar entsendet, um 
die nothwendigen Flnssregulirnngsarbeiten dnrchznführen, der 
Landesregierung wnrde der Auftrag ertheilt, Anstalten zur 
Hebung des Getreidebaues und der Schafzucht zu treffen und 
darauf hinzuwirken, daas das Getreide entsprechend gereinigt 
werde. Der Weizen sei deshalb schwer an den Mann zu 
bringen, weil er mit Unrath gemischt nnd mit schlechtem Ge- 
rüche behaftet sei. Den nach der Kttste versendeten Waaren 
wurde vollständige Befreiung von den Manthen eingeräumt. 
Die Geschäfte der Gesellschaft waren jedoch nicht gewinnreich. 
Die Verwaltung war schlecht.*' Bereits im Jahre 1763 wurde 
eine genaue Untersuchung von der Commerzbeh5rde angeord- 
net und Prokop von der Brttnner Lehenbank nach Temesvar 
entsendet In einem umfassenden Berichte schilderte er die 
grossen Schwierigkeiten, nm sich eine genaue Einsicht in die 
Lage der Gesellschaft verschaffen zu können. Es fehlte an 
Bitchem nnd Rechnungen. Ende April betrugen die Activen 
168.324, die Passiven 177.735 fl.« 

Im Jahre 1766 erfolgte die Vereinigung der Temesvarer 
Gesellschaft mit der Triester.** Am 31. Deoember 1768 wurde 
Chotek durch ein Handschreiben aufgefordert, den wahren 
Stand der von der Temesvarer Compagnie geführten Ge- 
sehitfte zu erheben und vorzulegen. Josef erneuerte diese Auf- 
forderung durch ein Handschreiben vom 14. Februar 1769. 
Endlich am 27. Februar 1769 erldftrte der Commenienrath, er 
sehe sich ausser Stande, die Bilanz vorzulegen, in Folge des 
Ablebens eines Directors in Triest. ^Erwarte es ehestens alle 
14 Tage anzuzeigen, wo es haftet,' lautet ein Marginal der 
Kaiserin. Am 27. März 1769 erstattete die Behörde einen 
Vortrag^ worin sie darlegt, dass die Gesellschaft Getreide- 
geschttfte gemacht und Colonialwaaren eingeftüirt nnd Verluste 
gehabt habe, in Buccari eine Spinnerei angelegt, eine Tabak- 
fabrik und eine Glasfabrik gegründet habe. Letztere wurde 
dann spater von einem Laibacher, Namens WeitenhttÜer, über- 



19 



nomnien, dem joflocli fjestattet wurde, mit Aetien zu bezalilen. 
In den niielisten .laliren bessert«Mi sich die Verliiiltnisse der 
Gesellschaft nicht; die Auflösung wurde beschlossen.^^ 

in. 

Dass Josef, der die Stajilseinlieit zu verwirklichen suchte, 
die Einbezieliuno^ L'nfjarns und seiner Kebenliinder In das Zoll- 
gebiet anstreben werde, war von vorneherein zu erwarten. 
Graf Carl Zinzendort' re^'te die Fraj^e we^en lieseitif^un^^ der 
österreichisch-uuf^arischen Zolllinie im Jahre 1781 an, ohne bei 
den Behörden Anklang zu finden. Namentlich der Ausfall, 
den die Einnahmen durch die Beseiti<i;unf? df-r Zollschranken 
erleiden würden, war hiet'ür ma.ss;^ebcnd. Der Zoll .sei .so 
niedrig, wurde bemerkt, dass dem Handel aus der Aufhelning 
kein Vortheil erwachsen würde; derselbe habe mehr den CUii- 
raktcr einer Accise. da der grüsste Verkehr blos in Lebens- 
mitteln bestehe. Auch besitzen die Länder verschiedene Ver- 
fassungen, und es sei daher räthlich, den Vermrigen-sstand und 
die Handelsbilanz für jedes Jahr besonders auszuweisen, um 
bei etwa zunehmenden Staatserfordemissen den Zuwachs des 
Reichthums in Anschlag bringen zu können. Auch bezüglich 
der ungarisch-siebenbürgischen Zolllinie lautete das Votum auf 
Beibehaltung, wofür sich das siebenbürgische Thesauriat aus- 
gesprochen hatte. Wohl wäre eine bündigere Manipulation 
nothwendig, dann aber müsstcn beide Länder einer Ontral- 
stelie, etwa der ungarischen Hofkainmer, untergeordnet werden, 
was aber bei den verschiedeneu ( Jesetzen nicht möglich sei. 

Josef brachte der endgiltigen Regelung der Angelegenheit 
ein lebhaftes Interesse entgegen. Schon ITOP hatte er von dem 
Commerzienrathe die Ausarbeitung eines neuen ungarischen 
Tarifes gefordert, und die Zinzendorfschen Ansichten, dass die 
einfachste Lösung aller Schwierigkeiten durch die' Aufhebung 
der Zolllinie bewerkstelligt werden k?>TiT'.te, hattt^i auf ihn ent- 
scliiedenen Kindruck gemacht. Der Hinweis der Hehfirde auf 
den tinanziellen Kntgang blieb jedoch nicht ohne Kinfluss, und 
bei seinen ruif d'w })olitische und wirtlischaftli<'h<' Liidieit des 
Reiches gericiitet<'n l^cHtrebungen mochte die Lntschliessung 
ihm schwer genug talien, nicht allsogleich an die Aufliebung 



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so 



der ZüHscIh aiikcn sclireitcn zu können, sondern sich mit der 
Weiäuiig in piiicm Handschreiben an Kolowrat vom 8. Septem- 
ber 1781 begnügen zn sollen, ,(la.ss das Augenmerk daranf zu 
richt(Mi aei, wie künftig dieser wichtige Endzweck des herzu- 
stellendeu freien Zuge» zwischen den Ländern erleichtert, wie 
die Mittel und Wege ausgefunden werden könnten, die Hinder- 
nisse und Bedenken, die zum Theil durch die Verminderung 
der Zollergebnisse, zum Theil durch die Rücksiclit aul die 
Erhaltung der deutschen Er blande Bezug tuiljcn, durch ange- 
messene Modalitäten und Veibo.sserungcn zu btdieben^ 

Die Coniiui.s.sion, welche in Folge dieser Weisung sich 
abermals mit der Beratlmng beschäftigte, scheint durchwegs 
aus Gegneni der Reform i)estandeTi zu haben, denn ihr erbchien 
der kaiserliche Auftrag zu allgemein gehalten; sie wünschte 
die Willensmeinung des Monarchen kennen zu lernen, ob seine 
Ansicht dahin gehe^ bios den Zwischenzoll für Industrieerzeng- 
nisse aufzuheben, oder ob auch der Zoll für Vieh, Kömer und 
Wein beseitigt werden solle, ob die Aufhebung sich blos auf 
die ZoUlinicn der österreichischen iMMandc oder auch auf Ga- 
lizien und Tirol zu erstrecken hatte. Jede Aendeiung war 
nach der Ansicht der Commission von Uebel. Nicht blos um 
einen Entgang von 3 Millionen Gulden Zolleinnahmen handle 
es sich; die Zerrüttung des Nahrunga- und Contributionsstandes 
wäre die Folge; alle Verfassungen würden im Grunde er- 
schüttert werden. l)ie llerabminderung des Weinaufschlages 
würde auch den Absatz von Bier verringern, daher nicht blos 
das beträclitliche Tranksteuergef^lle Einbusse erleiden, sondern 
auch die Erzeugung des Bieres, der Gerste, des Hopfens, folg- 
lich die zwei betiitchtUchsten Gegenstände der böhmischen 
Agricultur grösstcntheii., zu Grunde gehen und dadurch auch 
die Kontribution in IMitleidensehaft gezogen werden. Selbst 
weuii an eine Beseitigung des Aufschlages f\lr Kömer, Wein 
und Vieh geschritten werden wollte und ein Ersatz fiir den 
beträchtliclieu Verlust au jährlichen Erträgnissen ausfindig ge- 
macht worden kihinte, würde noch immer zwischen den deut- 
schen Erblanden und Ungarn eine Zollliiue wegen der Trank- 
steuer und des Tabakgeftllles, dann wegen des höheren Salzpreises 
bestehen müssen; der Einführung dieser Gefklle in Ungarn 
stünde die Verfassung des Königreiches im Wege, und selbst 
wenn die« nicht der Fall wäre, würde ein Aufbchlug aui Tabak 



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in einem Lande, wo derselbe in ij^rosacn Mengen erzeugt werde, 
einen nachtheiligen Luirtuss uusubcn ,und diesen wichtigen 
Zweig der Indnstrie und zum Theil des auHWärtigen Handels 
ersticken, die Monarcliie der Gefahr auasetzen, mit der Zeit 
aus fremden Lundm mit Tabak sich vernehen und baarc^^ Geld 
mit unersetzlichem Schaden daflir Imiiui-ischicken zu müssen'. 
Die ungarischen Weine wurden lu wenigen Jahren diesen 
Zweig der Landwirthschaft diesseits der Leitha zu Gruude 
richten, (ia <las ö.sterreiclusche Erzeugniss mit dem weit kost- 
bareren ungai'isuhcn ebensowenig in Wettbewerb treten könnte 
wie mit dem croatischen Wein der innerüsterreichische; dem 
österreichischen Weine würde nur der (vonsum der geringsten 
Classen übrig bleiben und die vom Weinbau lebenden Untcr- 
tliutu n Oesterreichs, 8teit rniurks und Mährens ausser Nahrungs- 
uiul Uontributionsstand gesetzt werden. Die ungarische Vieh- 
zucht würde der böhmischen, üsterrei* liiächeu und auch der 
galizisehen und tiroliachen Kuitiag iliuu. Man glaube dalier, 
dass der Kaiser blos die ZüHe: für die übrigen Waaren aufzu- 
heben beabsichtige. Dieses System wUidti zwar nicht so viele 
Bedenklichkeiten lialjcii, alier noch immer wären damit be- 
deutende Schwierigkeiten verbunden, dass man dermalen einen 
guten Erfolg nicht auhulieu könne. 

Im Staatsrathe, dem die ComniissiunspnitokoUe übermitielt 
wurden, gingen die Ansichten auseinandei": ilie Einen sprachen 
sich für die Aufreeliterhaltung der Zwischenzolliinie aus, deren 
Beseitigung für die deutschen Erblande mit L^rossen Nachtheilen 
verbunden wäre, ein Anderer bezeichneto d'nt Authebung als 
das Ziel, dem uiaii zusteuern müsse, wieder Andere beftlr- 
worteten fast mit denselben Gründen wie Carl (iraf Zinzendorf 
die sofortige AuHassung und erklärten etwaige liefturguiösc ^ds 
unbegrimdet. Josef in iiaü te auf Erleichterung des Verkehres 
und forderte die llcgelung der ungarischen Zollortinuug. Die 
ungarische llofkanzlei hatte i iueii Tani ausgearbeitet, und 
Josef verfügte durch Handschreiben vom lü. Juni 1782 ge- 
meinschaftliche Heratliung. Die Anbahnung eines irmigeren 
commerziellen Verbandes zwischen den Landern diesseits und 
jenseits der Ltitlia wurd(; besonders von Eger in einem Schrift- 
stücke vom 22. Juni warm befürwortet. Es sei endlich an der 
Zeit, heisst es in einer von ihm auagearbeiteten Sclirift, und 
Alles daran gelegen, diese verbruderten Staaten von der cin- 



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28 



leuchtenden Wahrheit zu Uberzeujjjen, dass ihre ^rftsste Ghick- 
seligkeit auf der Belebung des wechselseitigen Handels unter 
sich beruhe. So lange man aber die deutschen und ungari- 
schen Krblandc nur als Stiefgeschwister, als HiiJ)>ft'c\infh' an- 
sehe und der ungereimten Ansicht huldige, dass die J5( toi fie- 
ning der Vortheile des Einen zum unvermeidlichen Nachtheile 
des Anderen gereichen rallsse; so lange man behaupte, man 
müsse die Einfuhr der ungarischen Kümer, des ungarischen 
Weines und Viehes in die deutschfin Erblande mit Abgaben 
beschweren, so lange werde der wechselweise Handel und die 
Industrie immer eingeschränkt sein, diese Staaten mehr und 
mehr von einander getrennt bleiben. 

Ein greifbares Ergebniss hatten die angeordneten Hc- 
ratliungcn niciit. Es wurde angeregt, Ungai*n ,1111 Zolle als 
Halbfreund' anzusehen, ,cine Behandlung^, wie der Referont 
meiiiu-, ,die zwiselien vorbttndeten, dem nämlichen Scepter ge- 
liorchendcn Staaten tVeilicli iiiclit zum Besten klinge*. Der von 
E^'er aus^^esprocliene Gedanke, da;?s es sich lilos danini liandie, 
einen Ersatz für die Einnahmen zu finden, dalier auf ein 
Mittel gesonnen werden müsse, zwiselien diesen Landein ein 
gleichmftssiges Contributionsverhältnisa herzustellen, scheinen 
den Kaiser beeinflusst zu haben, denn einige Monate später 
bezeichnete er in einem Handschreiben vom 14. Januar 1 7s;-, 
die in An<;rifi' zu nehmenden wirthschaftliclien Reformen, wor- 
unter auch die Verbesserung des Gnindsteuerkataster«, die 
Vereinigung aller Länder der Monarchie zu einem einzigen, 
nach gleichen Grundsätzen eingerichteten Zoll- und Steuer- 
gcbietü, und in den ( Jrundsätzen, wcdtdie er bezüglich der 
Gnindsteuerregulining an die von ihm eingesetzte Commission 
hinausgab, raeinte er, dass nach Durch führung dieser Steuer- 
reform in allen Ländern die ,Zwischenmäutlie von einem Lande 
in das andere gänzlich aufgehoben werden und die freie Cir- 
culatiou unter etlichen 20 Millionen Menschen hergestellt wer- 
den könnte'. Er forderte auch, die Grenzen mit einer besseren 
I^Iauthcinrichtnng zu versehen, um die zur Ueppigkeit dienen 
den fremden Producte hintanznhalten, hingegen aber Ackerlmu 
und Industrie in allen ihren Fäcliem zu befördern. In einem 
Handschreiben vom April 1784 beauftragte er den Grafen 
Kolowrat, der Commissinn, die sich mit dem lunien Zülltarif 
für die deutscheu Eiblande zu beschäftigen hatte, auch den 



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23 



Referenten der ungarischen Hotkanzloi lioizuzichon urul seine 
Entschliessungcn Uber da« künftige Zollsystem auch dem un- 
garisch-siebenblirgischen Kanzler mitzutheileu, um eine Zu- 
sammentrctuiic: der beiden Centralstellen zu veranlassen, welche 
(ho weiter" M;tnIpulation nnd noch andere damit in Verbindung 
btchcnde Gegenstunde in reifliche Erwägung zu bringen habe. 
Die Conferenz fand am 6. Juli 1784 statt. Man ciniL'tc sich, 
da.ss die neuen Zullsiitze in Ungara erst sechs Monate nach 
ihrer Einführung' in den erbländischen Provinzen in Kraft treten 
sollten, demnach erbt am 1. Ajtri! ITSö. Am 9. Januar 178b 
vcrfligte der Kaiser die Auflu ltunp: des Ausfuhrzolles auf alle 
crbländischen Erzeugnisse l>ei ihrer Einfuhr nach Ungarn. Am 
Hl. April fragte er in einem Handbillet die Kanzlei, ob seine 
EntSchliessung })ereit8 kundgemacht oder aus welchen Gründen 
unterlassen worden sei. Nun betnig der Ausfuhrzoll Pro- 
cent vom Werthe, und die Kanzlei machte darauf aufmerksam, 
dass überdies noch die Iheissigstgebllhr eingehoben werde; 
man Vteschäftigte sich mit iler Erhebung, wie hoch diese Ab- 
gaben seien; diese Ausweise seien bisher iiielit eingelangt. Un- 
geduldig über die Verzögerung, erliess der Kaiser am 2 4. A}uil 
1786 die Weisung, den Ausfuhrzoll für die na< li Ungarn ge- 
führten deutsch -erbUtndischen Erzeugnisse ohneweiters aufyiu- 
belx ii, und am ."50. April erfolgte ein Handschreiben an den 
ungarischen liofkanzlei i'altfy: da in den deutschen Erblauden 
für die nach Ungarn und Siebenbürgen zu vei*fllhrenden Waaren 
die Ausfuhrgebühr aufgehoben sei, habe er an< }i für gut be- 
funden, zur Befürdenmg des gemeinschaftlieheu Besten der 
unter sich verbrüderten Lande die auf die erbländischen Er- 
zeugni.sse bei direm Eintritte in ilie ungarischen Lande gelegte 
Dreissigstgebuhr giinzlich aufzulassen. Die ungarische Hof- 
kanzlei erhob Vorstellungen, indem sie darauf hinwies, dass in 
Folge kaiHerlieher Weisungen bereits die ungarisc!) sie}»en- 
bürgischen Zwisehenmauthen beseiti^rt, die Ofener Mauth und 
die Judentaxe aufgehoben worden seien: die Heralisetzung des 
Zolles, welche nunmehr verfügt werde, würde dem uuL^arischen 
Aerar einen Ausfall von nahezu 150,0W) Ii. V>ereiten. und es 
würde schwer sein, die für Ungarn systemisirteii (Quoten zur 
Bestreitung der iSt;t;ii>:iusgaben hereinzubringen. Lugarn könnte 
nie ein Surrogat datür leisten. Dem Lande erwachse dadurch 
kein Vortheil, im Gegentheii wUrden die crblltndischeu Fabrikate 



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durch die Concurrenz der ungarischen beeintrttchtip^t woidon. 
Auf diesen Vortra-;; vftm IIS. Mai 1786 orfloss die kaiscrlielie 
Verftiguüjr, dass es bei seiner Weisung: zu verbleiben habe, 
allerdings Mos für Knnsterzeugnisse, dass der eigentliche Aus- 
fall zu eriicben und er nicht abgeneigt gei, den Kntgang 
dem ungarischen Camerale ersetzen zu lassen. Zwischen den 
beiden Centrnlstellen sollte nun der Zeitpunkt fostp-f^^etzt wer 
den, von dem an die gänzliche Zollfreiheit stattzufinden hätte. 
Am 26. Januar 1786 wurde die Verordnung erlassen (in Oa- 
lizien kundgemacht am 14. Horuung 17^0), dass galizischc 
Erzeugnisfse in Ungarn invl Siebenbürgen olinc Unterschied 3 
vom Hundert zu zalilen liaben. Fremde erlaubte Waaren, in 
rializien erkauft und nach Ungarn und .Sie}>enbUr«j<^n gefiihi-t. 
unterliegen in diesen liilndcrn keiner weiteren ConsuraverzoUung, 
wenn ansgewiosen wird, dass sie in Galizien bereits den Zoll 
bezahlt liaben. Fremde erlaubte Waaren, die aus Kussland, 
Danzig oder einem anderen Ausland durch Galizien nach Un- 
garn oder Siebenbürgen ausgeftihrt werden, zahlen in Oalizien 
die in dem neuen Zolltarife ausgemessene Durclifuhrgebulir, in 
Ungarn den Consumzoll. Am 14. Juli 1786 erfolgte sodann 
die kaiserliehe Kntsehliessnng, wonach vom 1. Aucrnst 1786 
angefangen die deutsch-erbläncbschen und galizischen l^'abrikate 
odfT Knnsterzcugnisse, sowie jene fremden Waaren, deren Fin- 
fuhr erlaubt und die bereits in den deutschen und t:ali 'isclicn 
Erblanden verzollt worden seien, })ei ihrem Kintritt m die un- 
garischen Länder von der Bezahlung der bisherigen Cotisumo- 
DreiesigBtgebühreu gäusUcli irei bleiben sollen. 



IV. 

Einige Waaren spielten auf dem Weltmarkte eine grosse 
Rolle. Böhmisches Glas wurde nach allen Kiclitungen ver- 
sendet. Die Glashilndler in Haida und Steinschönau ver^cliick- 
ten ihre Waaren nach Spanien und Portugal, nach Dänemark 
Tind Skandinavien. Man könne in diesen Orten, bemerkte Carl 
yon Zinzendorf, beinahe soviel Wissenschaft von dem europÄi- 
schcn Handel erlangen als in manchen d< r grr»ssten PTandels- 
plntze. Unternehmende Fabrikanten sendeten Glaswaaren in 
den Orient, nach Aegypten.^^ Einige liesaeu sich zur Förde- 



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95 



rung ihrer Verbindungen in fV( niden Ländern nieder und ver^ 
heirateten sich daselbst. Seit den Siebzigerjahren wurden 
allerdings Klagen laut, dass der böhmische Glashandel ysich 
dem Ver&lle nähere', weil in den Ländern, wohin die Versen- 
dung von GIm statt&nd, Glasfabriken errichtet, die Einfuhr 
ordinärer Glaswaaren theils verboten^ theÜB mit hohen Zöllen 
beschwert worden seien.** Auch nach der Türkei nahm der 
Glashandel ab, indem die tttrkischen Kaufleute die Waaren an 
der Htttte zu beziehen suchten. Die Spiegeifabriken zu Lin- 
denau und Wöllnitz hatten einen starken Verschleiss nach 
Spaniea, Portugal, Holland und Danzig. Die Glashändler ver^ 
•endeten ebenfUla die an Swoika verlertigte Waehflleinwand 
nach Spanien. 

Nicht minder betrttchtlich war der Leinwand- und Gam- 

handel. Die in Böhmen erzengte Waare ging vor der Ab- 
tretnng ScklesienB an die dortigen Kaufleute und wurde von 
diesen versendet. Die seit 1750 verfügten zollpoUtischen Hafl»> 
nahmen und das Scheitern der Vertragsverfaandlung mit Preussen 
wurden in den betheiligten Kreieen hart empfunden. Einigen 
nntemelimenden Fabriken gelang es wohl, dem bohmisohen £r- 
aeugnisse einen neuen Markt zu erobern. 

Im Leitmeritzer Kreise wurden glatte und fassionirte Lein- 
wände, feine, mittlere und ordinäre gebleichte und weissgamichte 
Weben, das Stttck zu 70 Thaler, buntscheckige halbleinene und 
seidene Gradl, mit türkischem Garn gewebte Leinwände, englisch- 
blaue und auf indische Art gedruckte Tttchel, Bett- und Ma* 
tratzenleinwand, geschnUrlter Futter- und Bettbarchent, ebenso 
£Är den englischen, spanischen und italienisr lion Handel gang- 
bare Artikel verfertigt. Schreyer hob in einem Berichte hervor, 
dass die Leinwände nicht blos die in dem Königreiche Böhmen 
erzeugten übertreffen, sondern aucli den sächsischen den Rang 
streitig machen. Die Bleiche und Appretur sei tadellos, und 
die appretirten Leinwände finden auch im Auslande bedeuten- 
den Absatz. Auch werden von den Kaufleuten gebleichte und 
appretirte Leinwände ins Ausland versendet.^^ 

Die Ausfuhr von Tüchern blieb trotz aller Bemühungen 
der Regierung während de» 18. Jahrhunderts unbedeutend. An 
feinen Tttohem konnten die Erblande den Bedarf nicht be- 
friedigen, und die Einfuhr fand bi.s ins achte Jahrzehnt aus den 
liiederlanden, sodann ans Frankreich und England statt Der 



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96 



Oberleitensdorfer Fabrik wurde nachgerühmt, dasH sie ihre Er- 
zeagnisse in fremde Lande verschicke. ^'^ Hoichenbergs Waaren 
fanden in Italien; der Schweis tind in Deutschland Absatz; die 
Erhöhung des Zolles in Sachsen vernichtete jedoch den frühcfcn 
Handel der Keichenberger Ti'u lipr dahin. Seit den Siebziger* 
jähren waren Polen, ebenso Russland und die Türkei wichtige 
Absatsgebiete. Mährische Tücher aus Fnlnek und Odei-an 
werden im Jahre 1776 auf den Messen von Stnigaglia erwähnt 
Hclnryoc klagte noch 1190, dass sich in Böhmen kein einziges 
Handiungshaus finde, welcheB dir Tuchmacher und Fabriken 
verlege und einen reellen Handel im Grossen betreibe, 8<mdeni 
die Krzeager versenden theils aus Speculation, theils gegen 
Bestellungen. Die Bemühungen der Brünner Lehenbank, mühri' 
sehe Tttcher über Triest in die Leyante aussufUhren, hatten 
keinen sonderlichen Erfolg. 

Sensen aus Oberösterreich wurden in beträchtlichen Mengen 
ansgefUhrt Der Waarenzug mit diesem Artikel ging nach 
Begensburg, sodann auch ttber Böhmen und Magdeburg ent- 
weder nach Hamburg und von da nach Frankreich oder über 
Stettin in die nordischen Staaten, ferner nach Polen nnd in die 
Schweis. Die Waidhoferische Sensencompagnie verschickte 
ihre Erzeugnisse über Peterwardein, Gradisoa und Semlin in 
die Türkei. lieber Triest wurden Sensen nach England und 
von da nach Amerika und auf der Donau nach der Türkei 
und Russland an^eftihrt.^^ Schmelz werk, Tombak und fal- 
scher Schmuck wurden in nicht unbetrttchtliohen Mengen nach 
der Türkei versendet.** 

Betrftchtlich war in den ersten Jahrzehnten der Maria 
Theresianischen Regiemng die Ausfuhr von Bergbauproducten. 
Die Bergwerke lieferten an Eisen und Süihl, Kupfer, Queck- 
silber, aueh an Silber und Gold grosse Ausbeute, unrl fllr einige 
Gegenstände hatte die Hegieining, in deren Händen der Berg- 
bau fast ausschliesslich lag, mit auswärtige Häusern Contracte 
abgeschlossen, welche das Erzengniss zu einem bestimmten 
Preise abnahmen. Namentlich Kupfer, Quecksilber und Eisen • 
waren vielgesuclite Artikel, mit denen Oesterreich zeitweilig 
den Weltmarkt beherrschte; später traten Beschränkungen oder 
Verbote bezüglich einiger wichtigen Ai tikel ein, da eine kaiser^ 
liehe Weisung ausdrücklich forderte, dass die Ausfuhr jener 
Produote, deren die inländischen Fabriken bedürfen, erschwert 



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87 



oder Terboten werden solle/'* lieber die Erspriesslichkeit 
Ausfuhr von Kupfer wichen die Ansichten der Behörden von 
einander ab. Während die Hofkammer in Montantstiois der 
Kupferaiisftihr namentlich in die Türkei das Wort redete, er- 
klärte sich der Commerzienrath daprcgen. Der Staatsrath Brnder 
bemcricie bei dieser Gelegenheit in einem Gutachten, es wu 
;:^epcen die guten MauthprinoipieD, den Verscfaleiss der eigenen 
Producte durch Aufiageil unmöglich zu machen oder zu ver^ 
mindern. Die unf^llcklichen Mauthprincipien seien die eigent- 
liehe Ursache, warum die Türken mid die übrigen Kaohbeni 
Oesterreich das active Commercium und die Concurrens abge* 
Winnen, und so lange hierzu nicht in vollem Masse Rath ge- 
schafft werde, seien alle Bemühungen und Anstalten zur Er- 
hebung den Nahrungsstandes nutzlois. In der That genehmigte 
auch die Kaiserin, dass den Tttrken die Ansfnhr gegen Pllsee 
gestattet werden solle. 

Grosse Anstrengungen wurden gemacht^ nm den Absatz 
von Bergwerksprodncten in Italien tu enreitem und die Con- 
onrrens anderer Länder zu Ijcseitigen. Bereits 1751 wurde 
geklagt, dass österreichisches Eisen durch den Mitbewerb 
Schwedens und Husshinds leide. Die Ausfuhr von Eisen 
unterlag Besch rflnknngen mancherlei Art. In Innerösterreich 
und Vordemberg war der Verschleiss in das rOmisohe Beicb 
den Gewerkscliahen f\ir eine bestimmte Menge gestattet. 
Kärnten sollte sein Eisen auäscIilie.sRlicli zu Land oder aber 
Briest nach Italien senden. Wenn der Export nach anderen 
Kichtongen stattfaud, musste ein doppelter AasfnhrzoU ent- 
richtet werden."' Nun baten die Gewerkschaften um Gestat- 
tung der Ausfuhr in das Keich, wurden aber abgewiesen, weil 
dadurch der Preis sinken würde und die Vordemberger nicht 
bestehen kOnnten. Nur dem Mangel an Eisen in Tirol, wo blos 
8000 Centner erzeug^ vertragsmässig aber an Bayern 16.015 Cent- 
ner abgeliefert werden mussten, sollte Kärnten abhelfen.** 

Ein wichtiger Artikel war ungarischer Wein, der in be- 
trächtlicher Menge nach Schlesien ging, ehe die Abtretung 
eines Theiles an l^renssen erfolgt war. In Folge der von der 
preussischen Regierung eingeführten Accise verlor Ungmm dieses 
Absatzgebiet, und man lugie nach anderen Ländern aus, um 
einen Ersatz zu erhalten. Die österreichischen Niederlande, 
Holland und Enghtnd wurden ins Auge gefasst; ^nachdem aber', 



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38 



heisst es in f^inom Scliriftstticko, ^ungarische Weine nach Tricst 
und von da durch das adriatische und mittelländische Meer 
nach Spanien und Portugal, femer durch das grosse Weltmeer 
nach England und von da durch die Ostsee naeh Peterahnrg 
gefuhrt worden seien, habe man erfahren, daas sie in Rnssland 
noch den meisten Anwerth finden'. Auch Polen erschien als 
ein wichtiges Absatzgebiet, nur musste für eine billige Ver- 
sendung gesorgt werden. Der Hofcomraerzienrath hielt es für 
bedenklich, die Durchfuhr ungarischer Weine allzu stark zu 
erleichtem und den Absatz nach Aussen zu begünstigen, um 
dem österreichischen und steirischen Weine keine Concurrenz 
zu machen. Ludwig Graf Zinzendorf wies darauf hin, dass 
der Preisunterschied so gross sei, dass eine Beeinträchtigung 
der erbiändischen Erzeugnisse nicht zu befürchten wäre.*' 

Der Absatz iandwirthschaftlicher Erzeugnisse konnte bei 
dem mangelhaften Znstande der Strassen nur ein beschränkter 
sein. Auch die vielen Abgaben, welche Staat und Stände er- 
hoben, wirkten erschwerend für den Verkehr. Dazu kamen 
die zeitweiligen oder dauernden Verbote bei der Ausfuhr land- 
wirthsohaftlicher Artikel. Wohl wiesen einsichtige Männer, wie 
Raab, schon seit den Sechzigerjahren darauf hin, welche Zu- 
flüsse aus dem Handel mit l'roducten des Ackerbaues dem 
Staate erwachsen könnten.'^ Die meisten Mitglieder des Staats- 
rathes sprachen sich für die Gestattung der Getreideausfuhr 
aus. Nur ein Mitglied, Stupan, machte die Beschränkung, dass 
die freie Getreideausfuhr nicht für alle Erblande, auch nicht 
für ewig, sondern nur insolange zuzugestehen sei, ,als die nicht 
vorzusehen möglichen Zustände nicht anders erfordern'. Eine 
Denkschrift, den staatsräthlichen Acten beiliegend, spricht gegen 
die Freiheit und mit dem Hinweise auf die letzte Hungersnoth 
in Böhmen, wozu die heimische Ausfuhr beigetragen habe, 
sowie auf die grossen Leistungen des Aerars, um Abhilfe zu 
schaffen, weil es bewiesen sei, dass eine unbeschränkte Getreide- 
ausfuhr schädlich und es schwer sei, durch Zufuhr aus anderen 
Provinzen die Nothleidenden zu retten; nur beschränkte Aus- 
fuhrfreiheit sei nützlich, anbedingte müsse dem gemeinen Wohl 
verderblich werden. 

Die Ausfuhr über Triest nahm seit Freigebung des Ge- 
treidehandels zu. EiniL'c KauHeute erhielten auch Vorschüsse, 
80 2. B. Brentano lOO.UOO fl. Die Hoizaosfiüur wurde erschwert. 



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29 



0ie SNudity daas Holimangel emtreten konnte, w«r die Ünache 
der lioben AnsfohnOUe nnd des Verbotei. Suchte man doch 
auch im Lande adbat dem Verbrauche von Hda entgegenan- 
wirken, indem man die Verwendung von Steinkohlen anem- 
pfthl nnd begünstigte. 

Behnft Förderung der Ansfobr heimischer Waaren wurden 
Exportprümien gewfthrt. Die Kaiserin erwartete too dieser 
Hassregel grosse Erfolge/'* eine Ansieht, die in den Kreisen 
des Oommersirantthes nicht getheilt wurde. Expoi-tprttmien 
eigneten sich nach der Darlegung des Commersieiirathes nur 
für den geringsten Theü der erbUtaiidischen Mannfacturen. Ein- 
fuhrrerbote seien ein besseres Förderangsmittel und Prttmien 
nur dann, wenn die Erxeugnisse im UeberAusse ▼orhanden 
sind.^* Fttr das ablehnende Votum des Gommeraienrathes war 
allerdings die Thatsache massgebend, dass die finaniieUen Mittel 
oft nicht Torhanden waren, um den Anordnungen der Mon- 
arehin Folge leisten au kifnnen. Auf Antrug der Intendens» 
wurde eine PrSmie filr jedes Uber Triest gefUhrte Stack Tudi 
gewfthrt, und swar ftr die Ausfuhr auf heimischen Schiffen 
1 Oulden, auf fremden Schiffen SO Kreuier.^^ Ffir die Aus- 
fuhr steirischen Wünes Uber Triest wurde die Bttckerstat- 
tung des Landesanftchlages und fttr jeden Steriin eine PrSmie 
TOn 1 Oulden auf fllnf Jahre gewahrt^ Auch Josef gewihrte 
Prsmien, so fttr jeden Centner gesponnener deutseh-erblUndischer 
nnd ungarischer Wolle 80 Kreuier, fttr jeden Oentner dacuns 
verfertigter Tücher und Zeuge, sowie fttr Strümpfe 2 Gulden.^' 
Diese Oewühmisse wurden jedoch in einigen Kreisen miss- 
liebig aufgenommen. Reichenberg bat wiederholt, die Ausfahr 
▼on Wolle gänalich au Terbieten, die Tuchmaoher in yersdiie- 
denen Gftegenden sdiloesen sich an. Einige Jahre spttter wurde 
der AusfuhrsoH für Eisen auigehoben und zur Aneiferung des 
Verschleisses eine Frimie bei der Ausfiihr gewllhrt^* Um die 
Ausfuhr Ton Leinwand über Triest au leiten, genührte Josef 
eine FMmie von 2 Oulden per Gentner, auch jenen, die nicht 
in Triest wohnen.^* 

V. 

Für den ttsterreiohisohen Handel war der Veriust Schlesiens 
ein harter Schlag. Der Breslauer Kanfmannsstand besorgte 



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30 



unter der Österreichischen Herrschaft in erster Linie den Ab» 
utz der Indnstrieerzengnisse Böhmens. Noch zwei jAhrsehnte 
später hat ein ttberseugnngatrener Mercantilist darauf hinge- 
wiesen, dass der Handel mit Lothgamen dnrch den Abbrach 
der Besiehungen za den Breshiaer Kanflenten in Verfiül ge- 
rathen sei, bis es später einigen Prager Spediteuren gelungen 
sei, den Weg nach Holland m finden. Die böhmischen Lein- 
wandhttndler, bemerkte er, besitzen nicht hinlängliche Kxftfte, 
ihren QMchftften grossere Ausdehnung zu geben; man könne 
hierlands die Kaufleute, welche einen betrttehtliehen Handel 
nach Aussen treiben, zllhlen ; jene, die Vermögen besitzen, seien 
des auswirtigen Handels nicht kundig.'''^ Zwar fehlte es unter 
den österreichischen Fabrikanten an unternehmenden Köpfen 
nicht, welche Handelsverbindungen anknüpften und fiir den 
Verschleiss ihrer Erzeugnisse nach Aussen eine rege Thätig- 
keit entfidteten, aber sie waren doch spllriich gesäet. In erster 
Linie standen die böhmischen Glasfabrikanten, deren Verdienste 
um die Ausftihr österreichischer Erzeugnisse nicht hoch genug 
angesehlagen werden kann, denn sie beschrftnkten sich nicht 
auf die Versendung ron Glaswaaren, sondern mit den Verhält- 
nissen der Lttnder, mit denen sie in langjähriger Verbindung 
standen, innig vertraut, ftlhrten sie auch andere Industrieerzeug* 
nisse aus. Die yfleissigen Qlashändler' wurden in den 
SchriftatUcken gebührend hervorgehoben und belobt. Auch 
Hessen sich in einzelnen Städten Böhmens Ausländer nieder, 
wdehe sich mit dem Absätze einzelner Erzeugnisse, wie z. B. 
Lnnwand und Garn beschäftigteu und denen Privilegien er- 
theilt wurden.*^ Wenn die Holländer, heisst es in einem 
Schriftstacke, statt ihres ungeschlachten und undankbaren Erd- 
reiches einen so gtttigen und gesegneten Boden, ein zu so 
vielen hunderterlei Commersien, Fabriken und Manufactnren 
taugliches Land das Glttck hätten zu besitzen, würden sie durch 
ihre unverdrossene Arbeit und ihren aufmerksamen Fleiss die- 
jenigen Schätze, welche durch die diesseitige Saumseligkeit 
muth^Uig hintangesetzt werden, in Menge an das Licht brin- 
gen und aus diesem Königreiche ein Peru machen. 

Zumeist beherrschten Ausländer den Verkehr, und zwar 
die sogenannten Niederlagsverwandten und die Unterthanen der 
Pforte. Schon Maximilian I. hat fremden Kaufleuten, die Oeko- 
nomiehandel trieben, Begünstigungen eingeräumt Sie durften 



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31 



in NiedoNtalerrack aaoh «mer Marktieiteii Handel treiben, 
es war ihnen jedoch verboten, «gene Küche und ^nebaltung 
sn ftihren und <HFent]iehe Wecheelbinke zu errichten and mit 
in den ErUandem erfcanften Waaren in handeln, Sie worden 
als AnaUlnder nnd leitweilige Ünterthanen «ngeeelien. Von 
der Entrichtung von Abgaben waren sie befreit. Diese Privi- 
legien wnrden ihnen von den gpftteren Herraehem beitätigt.^<^ 
Namentlicb auf den Freiheitabrief Leopolds I. vom 7. Juli 1662 
legten die Niederiltger hohen Werth, 6a. darin die Bestimmimg 
anfgenommen war, daas sie ,von allen nnd jeden Unaerer tren 
gchoraamBten Stftnde ordinari nnd eactraordinari Anlagen, wie 
sie Namen haben mdgen, allerdings befreit sein sollen'. Anf 
den Markten an Wien, Lina nnd Krems machten die lüieder^ 
lager die besten Oeschafle dnreh Absats fremder Erzengnisse. 
Als in Folge der nnter Karl VI. für Nieder- nnd OberOsterreich 
eriaesenen Bfanthordnang diese Markte ihre bisherige Beden- 
tang verloren nnd befürchtet wnrde, dass die Niederiagsver* 
wandten in grösserer Aniahl answandem wttrden, snehte man 
durch Gewährung von Begttnstignngen voraubeugen. Eine Er- 
neuerung der Privilegien nnter Maria Theresia erfolgte nicht 
ohne Widerspruch. Namentlich wurde darauf hingewiesen, 
dass der bürgerliche Handelsstand durch die Kiederiager viel- 
&ch beeinträchtigt werde,^* allein die Handelsbeh9rde sah in 
den Niederlagsverwandten die alleinige Stütse des auswärtigen 
Kaufhandeis, ,da dieselben im Besitse des Wechselhandels seien, 
den Vertrieb und die Ausfiihr der erblandischen Produete und 
Manufiu^taren nicht wenig bef^trdem und auch bekannt sei, 
wie sehr es den bürgerlichen Handelsleuten au wichtigen Unter- 
nehmungen mit wenigen Ausnahmen an Kräften gebreche^''^ 
Das Privilegium vom 37. Januar 1769 bestätigte alle bisherigen 
Rechte der Niederlagsverwandten mit Rücksieht auf die ,ge> 
treuesten und willigsten Dienste^, welche sie geleistet, nament^ 
lieh in dem noch andauernden Kriege durch namhafte Darlehen, 
Vennügenssteuem und andere freiwillige Gaben,^* und es wurde 
die Hoffnung ausgesprochen, dass sie in dieser eifirigen Gesin- 
nung femer beharren und ihre Nachkommenschaft au einem 
gleichmassig lobenswürdigen Betragen aufmuniom, des allere 
unterthAnigsten Erbietens sind. Die Witwen und Kinder der 
Niederlager wurden bei dem Abaug voil dem Abfiihrtsgelde 
befreit 



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92 



Durch da« Patent vom 23. Mai 1774 wurde nach l^^m 
Antrage der von der Kjuaerin verfugten Berathang der Hof-* 
stelle die Bestimmung getroffen, dass die bisherigen Nieder- 
läger die ihnen ertheilteo Freiheiten behalten, künHighin aber 
keine Niederlagsfreiheit mehr verliehen werden soll. In Wien 
sollten die Grosshändler ein Gremium bilden, sich ihre Vor- 
steher wählen dürfen, sobald zwölf aufgenommen wurden* Eine 
Beschränkung sollte nicht stattfinden. In den Provinzen gab es 
jedoch damals keine Grosshändler, obgleich man der Ansied' 
lung von Aualflndern Erleichterungen gewährte. Die Grosa» 
hundler mussten vor Beginn ihres Geschäftes ein Capital von 
30.000 fl. aufweisen und einer tolerirten Religion angehören. 

Unter Josef erbaten die Niederlagsverwandtcn die Be- 
ffttttigiing ihrer Privilegien. Die niederüsterreichische Regierung 
sprach sich duhin ans, die Niederlagsverwandten seien fUr ihre 
Verdienste belohnt genng, sie wKren von Abgaben befreit nnd 
haben grosse Vermögen erworben. Die Hofkanzlei befürwortete 
das Gesuch, dagegen war die Hofkammer des DafUrhaltens, 
dasB derzeit dergleichen ausserordentliche Freiheiten, wodurch 
man in jBrftheren Zeiten fremde Handelsleute in die Krblande 
au ziehen gesucht habe, nicht mehr nöthig seien. Die kaiser- 
Hohe £ntBohUes8nng hintete dahin: ,Ohne die eigentliche Be- 
stätigung dieser Privilegien haben die Niederläger ihr ])isher 
gehabtes Vorrecht bis weiter in connivendo in allen Stücken 
an gemessen.**' 

Einige Niederlags verwandte und Grosshändler spielten in 
dem wirthschafÜichen Leben Oesterreichs eine hervorragende 
Rolle, so der aus Muhlhausen in der Schweis gebürtige Fries, 
dorn die Kuserin sehr gewogen war, so Thys, der von der 
Regierung in wichtigen Angelegenheiten um Ratii gefragt 
wurde und namentlich bei Einrichtung der Fabriken ein ent- 
seheidendes Wort mitsprach. Als das Verbotssystem den Handel 
mit ausUindischen Waaren unterband, wandten sich einige 
Niederlagsverwandte der Industrie zu, und manche von den* 
selben gegründete Fabrik wurde als Muster den Heimischen 
empfohlen. Der gesammte Geldverkehr in der Residenz lag 
in ihren Händen, und bei dem Mangel eines Creditinstitnts, 
yor dessen Gründung man unter Maria Theresia und auch 
unter Josef Scheu hatte, erwarben sie grosse Vermögen. In 
Brünn beschäftigte sich die Lehnbank mit dem Piscontirea 



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88 



▼on Weehseln. Der ZinsfiiBB war hocb, lutmentlich insolange, 
als der Staat 6 Procent und darüber bei Darkben gewahrte. 
Als nacb Beendigung des siebenjttbrigen Kriej^es der staatlxcbe 
Zinsfnas auf 4 Proeent berabgesetat wnrde, soUte aneb im 
Handd und Verkebr ein böberes Procent bei Darleben niebt 
gefordert werden dttrfen; eine erfolglose Hassregel^ d» man 
sieb gentfthigt sab, d*Ton abangebeo nnd f^r die Ejinflente 
eine Ansnabme zu gratatten. 

Der Handel mit orientaliscben Waaren wurde anasohliess' 
lieb Ton tttrkiscben Untertbanen betrieben^ obgleicb st^on unter 
Karl VL anf ^e Bescbittnkang derselben hiugcarbeitet wnrde.*^ 
Eine Normalresolntion vom Ö. April die am 29. April 1741 
emenert wurde, besagte, dass den ottomaniscben Untertbanen 
ausser Harktaeiten der Handel nur im Grossen mit eigenen 
tUrkiscben Waaren erlaubt sein solle. Diese Weisungen sebeinen 
jedocb nicbt gefiruobtet su baben, denn die Klagen der Eauf- 
leute über Beeinträchtigung durcb die Türken borten nicbt auf, 
und Jahraebnte lang bescbttftigten sieb die Behörden mit der 
Frage, wie denselben abzuhelfen sei. Bereits im Jahre 1752 
hatte Graf Rudolf Chotek Gleichstellung der Christen und 
Türken in Antrag gebracht/^ und die E^aiserin Terf u^te durch 
£ntschliessung Yom 30. Juni 1754 in diesem Sinne. Die Schuld 
der Nichtdurchfttbrang lag an der Bancodeputation, welche sich 
dagegen stemmte, den inlfindischen Kaufleuten zu gestatteTi, 
türkische Waaren zu demselben Zollsatze einzuführen wie die 
ottomaniscben üntortbanen, da sie einen Aus&U in den Zoll- 
einnahmen befürchtet^ obgleich ein Blick auf die Einfnbr- 
tabellen den Beweis erbringen konnte, dass alle Waaren aus 
der Türkei zu dem yertragsnUlssigen Zollsätze eingeführt wur^ 
den, weil kein christlicher Kanimann den höheren Zoll zahlte, 
sondern mit einem tttrkiscben Unterthan, deren es damals in 
Oesterreich schon eine ziemliche Zahl gab, im Bunde unter 
fremder Flagge seinen etwaigen Bedarf deckte. Man lugte 
nach Auskunftsmitteln aus. Um den Tractat nicht zu ver- 
letzen, so Uutoto die stricte Weisung, sollte allmälig die Be- 
seitigung der Uebelstttnde angestrebt werden. Die tttrkisdien 
Untertbanen, meinte Josef in einer Entschliessung, sollten so 
▼iel thunlieh von den Erblanden abgehalten und der Verkebr 
mit denselben auf die Grenzgebiete beschrankt werden. Die 
türkische Bihinz sei nicbt durch Beschränkung oder Erschwe- 

AnUv. LXlZn. Bd. I. Bilfte. S 



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S4 

nmg des Imports »ns der Türkei, sondern durch Erweitenmg 
des Exports m gewinnen. In dem Handel der Levante seien 
die Osterreichischen Unterthanen mit den Tflrken gleichsnstellen, 
der orientalische Handel, wie man den Verkehr mit der Pforte 
auf dem Landwege oder anf der Donau nannte, nnter thnn- 
liehster Einschrünkmig der Vorrechte der Türken ansnstreben. 
Das E^ct vom 5. April 1725 sollte wieder in Uebnng gesetat 
and den Tttrken ausser der Messsrnt nnr der Orosshandel ge- 
stattet» der Handel mit erblMndisehen Waaren Terboten werden. 
Der Dnrchfnhrfaandel kOnne jedoch den Tttrken anf Ornndkge 
des Vertrages nicht besohrftnkt werden, es erttbrige daher 
nichtSy als dass die erblündischen Eanflente mit den tttrkischen 
sieh in Wettbewerb setsten, es wJIre aber bedenklieh fbr den 
Staat als auch filr das Pablionm naohtheilig, wenn der Handel 
der Tttrken gans eingestellt werden wollte, da der ohrisüiehe 
Handelsstand in Ungarn, Siebenbttrgen, TemesTar nnd in den 
M ilitftrdistricten noch schwach der Zahl nach, noch sehwacher 
in den Mitteln sei, bei den Raison nnd Juden aber in dasigen 
Landen die Stttrke des Handelsstandes sei.'* 

Die Klagen hOrten nicht anf. Die (Ssterreichische Kan^ 
mannsohaft entwickelte nicht die von Josef gewttnschte Thätig- 
keit. In Wien nnd in Triest forderte man eine Einsohrilnknng 
der türkischen Händler. Man glaubte einen Ausweg gefunden 
zu haben, indem man ^ne Ansahl tttrkischer Waaren mit Ver^ 
boten belegte. Der Commeraienrath schlag vor, die Einfuhr 
der persischen reichen seidenen und halbseidenen Waaren au 
untersagen. Die Kaiserin, ▼emUnitiger als ihre Rathgeber, 
lehnte den Antrag ab, da der Gonsum gering sei, dagegen be- 
Btttigte sie das Verbot tOrkischer ,Hand-, Für- und Kopftücher', 
der gana- und halbbaumwoUenen Binden, der Abbatttcher und 
der wollenen Kotaen mit dem Zusätze, es sei den Fabriken 
die erforderliche Leitung zu geben, um diese Artikel in hin- 
länglicher Anzahl zu yerfertigen.*' Diese Massregel ntttste 
nicht yiel. Bei Tielen Waaren blieben die Türken begttnstigt, 
und die Kaiserin kam darauf zurück, erbhindische, deutsehe, 
ungarische, siebenbttrgische und banatische Unterthanen bei 
Verzollung tttrkischer Waaren den ottomanischen Unterthanen 
gleichzustellen. Jahrelang stand der Gegenstand auf der Tages- 
ordnung. Es wimmelte tou Antrügen. Die Einen forderten 
Gleichstellung, Andere befürworteten, den ottomanischen Unter- 



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85 



thanen den Eintritt za Lande in die Erblande sn vertagen, sie 
sollten ihre Waaren nur bis zur Grense bringen dttrfen, wo 
mit ihnen eine Art Stich- oder Barattohandel getrieben werden 
soll; an Wasser sollte ihnen aber der Verkehr in der ganzen 
Monarchie freistehen. Endlich wurde von dem freisinnigsten 
Handelapolitiker, Carl yon Zinzendorf, die Emenerung des 
Passarowitier Vertrages in Antrag gebracht Anstatt der bis- 
herigen ZoUbegttnstigang (in Art. III) sollte blos die Bestim- 
mung Aufnahme finden, dass die Unterthanen beider Reiche 
künftig die jedesmaligen tarifmttssigen Mauthsätse bei der Ein- 
md Ansfhhr an entrichten haben. Sollte man aber damit nicht 
durchdringen kOnnen, dann bliebe nichts Übrig als Gleiehstel- 
Inng. Die Schfitatingen der Waaren müssen jedoch an allen 
Einbnichstationen die gleichen sein, was bisher nicht der Fall 
eei.^ Auf die Kaiserin scheint die Denkschrift Eindmck ge-' 
macht an haben. Durch ein Handschreiben überwies sie die- 
selbe der Behörde mit der Weisung, über die so lange in 
Schwebe stehende Angelegenheit Bericht lu erstatten. Am 
27. Januar 1772 erschien endlich eine ,Kachricht', worin die 
Oleichstettnng der türkischen und der Osteneichischen Unter- 
thanen verfügt wurde. Für eine Revision des Vertrages mit 
der Pforte nach dem Vorschlage Zinaendorf s wurde aus politi- 
schen Gründen der Zeitpunkt als nicht günstig erachtet. Erst 
mehr al» ein Jshrsehnt später, in Folge der Vereinbanmg swi- 
sehen dem Osmanenreiche und Rusaland, erstrebte man, tractat- 
müssig dieselben Begünstigungen au erlangen, welche Rnssland 
eingerttmnt worden waren. 

Besondere Erwühnnng verdienen die sogenannten ,Lidnstrie- 
wanderer', im Gänsen 20.000 Menschen, die in Russland, Frank- 
reich, England und H<Jland, in Persien und Oairo sich längere 
Zttt aufhielten. In Imst und Tarsenz beschäftigten sich Viele mit 
dem Verkaufe von OanarienvOgeln, die sie in schwäbischen und 
fr&ikisdien OrtschaftNi vericauften oder gegen AfSea und Papa- 
geien eintauschten, welche sie in Archangel oder Barcelona ah- 
setaten. Auch werden Bilder- und Kupferstichhändler erwähnt; 
die GhrOdner und Deferegger wsnderten aus dem Pnsterthale mit 
Decken und Holswaaren, einige beträchtliche Handelshäuser 
standen mit Spanien, Deutschland und Italien in Verbindung, 
die Zillerthaler versandten ans Kräutern verfertigte Ode und 
verschiedene Heilmittel gegen Viehkrankheiten. i 

8« 



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36 



VL 

Triest ist ein wahres Schmenenskind der teterreichiscben 
RegieniDg.** BerothiiDgeii Uber FOrderang des SeehandeU 
reichen in die Leopoldinische Zeit zurück. Ein mglisober In- 
genienr erstattete im Jahre 1703 einen Bericht über die Küsten- 
gebiete. Unter den Häfen gab er Bnecari den Vonrag. Triest^ 
sagte er, wäre nicht fthig, Eanfschiffe anoh nur von mittel- 
mfisaiger Ladung anfinmehmen.*^ Als spttter, nnter Karl VL, 
die Schaffnng eines Freihafens anf die Tagesordnung gelangte, 
sprachen sieh die meisten Stimmen filr Fiume ans.*' Fürst 
Alphons Porcia drang mit seiner Ansicht durch, Triest und 
Finme an Freihäfen an machen. 

Von der Erklärung Triests und Finmes au Seehäfen yer> 
sprach man sich grosse Erfolge, aber fremde Schilfe stellten 
sich nur spärlich ein. Von Einigen wurde Triest jede Zukunft 
durch seine Lage im äussersten Winkel des adriatischen Keeres 
abgesprochen, dagegen wiesen die Freunde Triests auf Venedig 
hin, welches ebenialls den Weltrwkehr nicht günstig ge- 
legen sei; auch Triest könnte einen Theil des levantinischen 
Handels an sidi reissen und die Waaren in die ,weit8chichtigen' 
deutschen Erblande und wdter nach Deutschland verschleissen. 

■ 

Nur die Nachbarschaft Venedigs erschien als ein Stein des An- 
stosses; diese Republik werde den ,Aeheron moviren', um dem 
Triester Handel alle erdenklichen Hindernisse in den Weg an 
legen, allein durch yVorsicht und Klugheit' hoffe man doch ans 
Ziel SU kommen. Hatte doch Venedig bisher die Ausfahrt 
▼on Schiffen aus Triest an hemmen gesucht und jeder Schiff»- 
eigner erst au Capodistria die Erlaubniss nachsuchen müssen, 
ins Heer steuern an dürfen. Die Bestrebungen auf Hebung 
des Seehandek wurden Ton einigen Seiten auch mit dem Hin- 
weise auf die grossen Geldsummen bekämpfti die bereits ohne 
' grosse Erfolge verwendet worden seien; höchstens der Handel 
mit Italien würde gefördert werden, was unnötbig sei, da ein 
lebhafter Verkehr dahin durch Tird stattfinde. Die Rücksicht- 
nahme auf das Alpenland, um dasselbe vor Schädigung au 
wahren, wurde Yon dm Vertheidigem des Seefaandels und 
Triests bestritten. Wer könne dafür, ,dass die offene See nicht 
bis Bozen reiche'? Die Klage dieser Stadt wurzle in der Tielleicht 
eingebildeten Furcht, bei Zunahme des Seehandels au ▼erlieren. 



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37 



Der GegensatB der Ansichten wurde vabrend der Regie> 
mng Karls nicht augeglichen. Die Vertheidiger Triests be- 
mühten sidi, den Nachweis an liefern, dassi wenn anch he- 
faanptet werde, dass die Boiener Blärkte und der Transithandel 
Tirols leiden werden, ^dnrch den Seehandel eine Wohlthat für 
das Cenuners in allen übrigen deutschen Idtndem, als: Steier- 
mark, Kftmten, Krain, BViaol, Ober- und Niederüsterreich, in 
allen böhmisdien Ländern, sowie anoh in Ungarn nnd ftür den 
Handel ans allen diesen Lttndeni in das deatsche Reich nnd 
mngekehrt nach innerOsterreichischen Meerplätzen, ohne dass 
man fremdes Territorinm an betreten brandite, erwachsen 
würde'. 

Venedig nahm ftlr sich das Recht in Anspmoh, alle frem- 
den im adriatischen Meere erscheinenden SchifTe einer Unter- 
sncbnng zu nntersiehen. Frankrddi nnd England einigten 
sich mit dem Österreichischen Oabinet, die Zurücknahme einer 
an die TenetlantBchen Behörden erlassraen Weisung zn fordern. 
S. Saphoiin, der Vertreter Englands in Wien, erklärte dem 
Botschafter der Republik, Friuli, in der Wohnung des Hof- 
kaaders Gh«fen von Sinzendorf im Beisein des französischen 
Legationsseeretärs, dass sein EOnig durch den Adminü Bring 
,die Visitationsfreiheit zu mainteniren wissen werde'. Die Re- 
publik beeilte neb, Engbmd sufHedenzusteUen, widizend Frank- 
reich an der Vereinbarung mit Oesterreich festhielt Mit Venedig 
sollte ein Handelsvertrag behufe Bespectirung der kaiseriichen 
Unterthanen und Flaggen abgeschlossen werden, wenn aber 
die Marensstadt Qewidtthätigkeiten verüben wt^e, ihr der 
Handel nach Neapel gesperrt werden.** Venedig war nicht ge* 
neigt, darauf einzugehen. CoUoredo wurde daher angewiesen, 
zu erklären, wenn die Schiflfe unter kaiserlicher Flagge insul- 
tirt würden, werde man Repressalien üben.** 

Untersuchungen über die Mittel, den Handel Triests em- 
porzabringttii beschäftigten die OonmerzbehOrde unaufhörlich. 
,Die Stabilimng des Transitohandels, die Reetificirung der 
Manthen', der Bau der Strassen nach der Küste wurde als 
nothwendig erkannt, es dauerte jedoch oft Jahre, auch Jahr- 
zehnte, ehe ein Beschluss ausgeführt wurde. Die zu über^ 
windenden Schwierigkeiten waren allerdings nicht gering, da 
die Verhandlungen mit den Ständen sich nicht glatt abwickelten 
nnd auf die Verschiedenheit der ErbkOnigreiohe und Länder 



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38 



Rücksicht genommen werden wollte. Die Regelung des Tran- 
sitoverkehres gelangte erst durch das Patent vom Jahre 1731 
zum Abschlüsse. Für den Verkehr nach Triest war nament- 
lich (üc Beseitigung der Mauthen in den inneröaterreich Ischen 
Ländern unbedingt nothwendig. Dieselben waren jedoch in 
Kärnten und Krain verpfändet^ und die Finanzbehörde verfUgte 
nicht über die genügenden Mittel zur AbiöBiing.'* Der von 
Wien nach Triest in Angriff genommene Strassenban schritt 
langsam vorwUrts. 1727 war die Strasse bis zum Semmering 
▼oUendety nnd in einem Vortrage wurde die lloffiinng ausge- 
sprochen, ,das8, wenn einmal dieselbe gans fertig sein werde, 
man mit den schwersten Lastwagen von den innertfsterreichi- 
schen Meereshäten in die kaiserHchen Phrblande ungeachtet des 
hohen Gebirges imd der.Thäler fortaukommen im Stande sein 
werde*." 

Von der £röffaang eines Jahrmarktes in Triest erwartete 
man eine Steigerung des Verkehres.^*^ Nach Böhmen mid 
Italien wnrden Agenten gesendet, um fUr den Besuch Stimmung 
zu machen, eine Ilofcommission wurde abgeordnet, um die er- 
forderlichen Vorkehrungen in der Adriastadt zn treffen. Hier 
fehlte es an den primitivsten Einrichtnngen; selbst für die 
Unterkunft der Fremden mnsste erst Sorge getragen werden. 
Der Jahrmarkt war in der That scliwach besucht. Aus Venedig 
war ein einziger Kanfinann ans dem fondaco di tedeschij Lorens 
Jakob Meiling, erschienen; aus Italien kam Niemand; selbst 
das benachbarte Sinigaglia fehlte; ans der Levante kamen 
einige Deutsclio; von Oesterreich wurde der Markt nur von 
Görz zahlreich besucht; aus Lina, damals einem wichtigen 
TIandelsorte, erschien Niemand; auch von der österreichischen 
Küste war der Rpsiich ein spärlicher. Speciell wird hervor^ 
gehobeui dass kein äalsburger, Nürnberger, Augsburger er- 
schienen sei.^^ 

Die Uoranziehung fremder Kaufleute wurde der Behörde 
.8ur Pflicht gemacht Durch ,LeutseIigkeit und Gewöhnung' 
sollten dieselben, besonders Deutsche, Böhmen, Italiener und 
Levantinor in die innerösterrcicliischen Meergegenden p^ezogen 
werden. Auf die Deutschen in Venedig wurde besonders hin- 
gewiesen. Den einheimischen Kaufleuten sollte ,mehrcrer Mut* 
SU Unternehmungen gemacht, auch der inländische Adel dazu 
angefrischt werden ,mit der Erinnerung, dass der auf das 



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89 



Commercium anwerbende Reichthuni auch den Adel ehre'. 
Auch Juden sollten Aufnahme finden.^^ 

Die besondere Vorliebe fiir die Entwicklung des Sechan- 
deis mochte Maria Theresia von ihrem Vater ilberkommcn 
haben. Vielleicht über keinen Gef2;en8tand sind solch' ein- 
gehende Berathun^en gepflogen -worden als über die zur Em- 
porl)hngiing Tricbts und der Küste überhaupt zu ergreifenden 
Massnalnneu. Grat" ilerberstein hatte bereits 1744 einen aus- 
tuhrliclien lii'richt Uber die Küste erstattet; fünf Jahre später 
wurde eine besondere Commission unter der Fllhrang des Grafen 
Kudolf Chütek nach Triest entsendet, die daselbst vom 2. bis 
11, <>cto]>cr Sitzungen hielt und Vorscliliige erstattete, die sieh 
nicht nur auf die Handelsverhilltnisse beschränkten, sondern auch 
auf die V'ervvaltung und die Finanzen des städtisclien Gemein- 
wesens bezogen. Die in Wien herrseliende Besorgniss, dass 
es schwerlich gelingen dürfte, den Handel Triests zu heben, 
sucht Chotek durch statistische Belege zu zerstreuen, Avobei 
der herrschenden Auffassung Uber die grössere Bedeutung dos 
Activlumdels daHnrch Rechnung t^^rtragen ist, dass das Ueber- 
wiegen der Ausfulir n\)vv die Einfuhr besonders hervorgehoben 
wird. Wohl dürfte es Triest scliwerlich gelingen, meinte Chotek, 
eine ähnliche Stellung zu erringen, wie Livomo, Amsterdam, 
Genua und Hamburg einnehmen, aber immerhin Averde sich 
mit der Zeit ein , rechtschaffener Handelsplatz formireu lassen'. 
Zur Bekräftigung seiner Ansicht fügte er hinzu, dass auch die 
in Triest anweisenden Niederländer Proli, Arnold und Henri 
der Ansicht seien, dass von Triest aus nach der Levante und 
nach dem Westen ein einträgliclier Handel getrieben werden 
könne. Allerdings müsse für Triest noch viel geschehen, ehe 
der Verkelir daselbst eine grössere Bedeutung erlange. Ohne 
industrielles Hiuteriand, mit (i(!bieten in der nächsten Nähe, 
di<! schlecht bevölkert und auf einer primitiven Stufe stünden, 
kfjnntr- Triest nur dann in die Lage kommen, die Residenz 
mit orienUdischen WaJiren zu versorgen, wenn die StrasaenzUge 
in einem guten Zustande sich befinden. ^'^ 

Drei Jahre später finden wir Chotek abermals an der 
Ki'iste in Begleitung von ^\'rbna, Phüipp von Sinzendorf, 
Stup})an und Quiex, um die Handelsverhältnisse zu studiren. 
Zu Fiume weilte die Commission vom 17. September bis 2. ()c- 
tober 1752. Von den anderen K.iUton8tädton machten Buccax 



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I 



40 

und Porto- R<^, auf Chotek «nen grossen Eindruck. Von Finme 
begaben sich di(* Herren nach Triest, wo sie sich bis 22. Oc- 
tober mit rlon Verhältnissen der Stadt, sowie mit Studien tlbor 
den Verkehr beschliftigten und in einem umfassenden Proto- 
kolle, welches für die damalige Verwaltung der Stadt die inter- 
essantesten Angaben enthält, die Ergebnisse ihrer Untersnchling 
niederlegten. Die Zustände hatten sich seit der ersten Anwesen« 
holt riiotok's wenig geändert. Die Strassen waren noch so 
schlecht wie früher, der Verkehr hob sich langsam. Die Vor- 
schläge gingen auf Verbesserung der Strassen, auf Anknüpfung 
von Verbindungon mit Neapel durch Abschluss eines Handels- 
vertrages, endlich auf Errichtung einiger für die Schiffahrt 
nothwendigen Anlagen. Auch zwei Reisende der mährischen 
Lehenbank, welche im Jahre 1755 Triest besuchten, steilen der 
Stadt, diesem ,Kleinod des österreichischen Commercii*, ein 
günstiges Horoskop; ,Gewinne das Triester Seenegotium durch 
behörige Furkehrungen einmal seinen rechten Zug» so sei nicht 
zu zweifeln, dass auch die meisten Waarensorten ans denen 
übrigen W(?lttheüen, etwelche nordische etwa ausgenommen, 
ebensowohl als über Hamburg in die Erb- und Keidislunder 
werden gebracht werden können. Der grösste Theil des Ham- 
burgischen Negotii könnte in die Erblande über Triest gezogen 
werden, wenn gute Wege die Transporte beschleunigen*.*®* 

Wenn in den nächsten Jahnsehnten die Behörden eine leb- 
haftere Tliiitii^^keit entwi(/k<>lten, so gab hiezu die Kaiserin den 
Anstoss. Auch wJlhrend des grossen Kampfes mit dem Nach- 
barstaate verfolgt sie unermüdlich die wirthschaf\lichen Verhält- 
nisse der Küste. Mit grosser Aufmerksamkeit liest sie die aus 
der Adriasüidt «einlaufenden Berichte; zahlreiche Bemerkungen 
bekunden ihre lebhafte Ungeduld über die grosse Langsamkeit 
und schwerfällige Methode der Berathung. Bereitwillig ge- 
währt sie die Mittel zum Ausbau der Strasse von Wien nach 
der Küste, und der Strassenzug' nach Triest wurde als ein 
Cluster für Deutschland aufgestellt.^*^* Grössere Bauten in der 
Adriastadt wurden in Angriff genommen, eine Sensalenordnung 
am 15. Deoember 1751 erlassen, eine Hafeninstruction und 
Sanitätsordnung, eine Handels- und FaUiten Ordnung, sowie ein 
Gesetz über die Handelsmarine folgten. Im Jahre 1755 erhielt 
Triest eine nandelsbörsie und eine Börsenordnung; die 1722 
für Triest und das Litorale erhwsene Wechselordnung wurde 



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41 



dureh ein nenes GeBetz vom 19. Januar 1758 enetst.'^' Der 
Auftrag der Kaiserin anr Abfasning eines Seereehtes erging 
bereits am 6. December 1756; zwei Jahre spttier wurde der 
Antrag ,nach dem £xempd aller anderen eine Seehandlung 
treibenden Staaten fUr das latorale eine NaTigationsordnnng 
zu publiciren', genehmtgt| wobei jene von Livomo zu Qmnde 
gelegt und die Scglements von Ragnsa, sowie die französischen 
von Colbert erhuwenen Gesetze benutzt werden sollten. Die 
Prüfung des Entwurfes zog sich jedoch trotz des wiederholten 
Drängens der Kaiserin in die Litnge, and das Werk gelangte 
erst im Jahre 1774 zum Abschluss.**^ An der Errichtung der 
Leihbank hat die Kaiserin einen grossen Anthei). Die Be- 
günstigungen der Banco di assicurazioni e Cambi maritimi, an 
deren SteUe seit 1788 die Camera di assicurazione trat, be- 
standen in der B^iviuBg des gesammten Fondes im Betrage 
von 400.000 fl. von der Erbschafts- nnd Interessenstener, sowie 
darin, dass den Seeweehselcontracten der Gesellsehaft die Eigen- 
schaft von förmlichen Wechselbriefen gesetzlich und allgemein 
ertheilt wurde und dieselben von der Nothwendigkeit der Unter- 
fertignng zweier Zeugen losgezfthlt waren. • 

Von Maria Theresia ging auch die Anregung aus, dass 
für den Handel ein grOndÜcher Unterricht der Jugend in den 
zur Sebilbhrt gehörige Wissensehaften nöthig sei, da sonst 
die Handelsschaft nach und aus entlegenen Landen kaum Uber 
die adriadsche Kttste sich erstrecken würde. Um ,Stadenten 
der Nautica' auf Seereisen zu schicken, werden die erforder- 
lichen Summen bewilligt Im Jahre 1763 wurden je zwei nach 
Spanien und der Levante entsendet. Die Erfolge und Bestre- 
bungen der Staatsverwaltung zur Verbreitung nautischer Bil' 
dung scheinen jedoch nicht bedeutend gewesen zu sein, denn 
nach mehr als einem Jahrzehnt berichtete die Intendenza, dass 
in dem Litorale kein Schiffsführer zu finden sei, welcher nach 
Spanien und England segeln könne. Nicht wenige Weisungen 
der Kaiserin beschäftigten sich mit dem Gegenstände; der 
Staatsrath erörterte, durch welche M ittdi die ,Erzügelung' taug- 
licher CSapitäne zu bewerkstelligen sei. 

Die Triest unter Karl VI. ertheilten Privilegien wurden 
unter liaria Theresia erneuert, den Wünschen der Kaufleute 
in jeder Beziehung Rechnung getragen. Die Ausarbeitung des 
Tarifs ftlr die innerösterreichischen Länder, schon unter Karl VI. 



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42 



als nothwendig erkannt und in Angriflf genommen, ohne zum 
Abschluss zu gelangen, wurde auch mit Rücksicht auf die 
Adriastadt betriebon, namentlich um den Verkehr mit dem 
dentschnn Reiche zu fördern. In der 1766 erlassenen Zoll 
Ordnung tur Innerösterreich wurde ausdrücklich bestimmt, dasa 
die Triest und Fiume crtheilton Freiheiten unverkürzt zu bleiben 
hätten. Der Transit von und nach den Seehäfen war schon 
durch das Patent vom 0. November 1731 erleichtert worden, 
indem die Waaren nur zu Laibach und Graz eine Gebühr zu 
entrichten hatten; auch jene Waaren, deren Einfuhr in die 
Erblande einem Verbote unterlag, konnten durchgeführt werden 
mit Ausnahme der bereits in dem Transitopatente vom Jahre 
1731 namliaft gemachten Artikel : Eisen, Stahl, Kupfer, Queck- 
silber, Salz, Pulver, Spiegel und die auf böhmische Art ge- 
machten GlUser. Die über diese Seehäfen eingeführten Dro- 
gueiiewaaren hatten nur die Hälfte zu zahlen. 

Indess tauchten seit Erlass des innerösterreichisehen Tarifs 
vielfach Klagen der Triester Kaufleute auf über die Mauth- 
raanipulation, sowie über höhere Gebühren, die abgefordert 
wurden, und man wird sich darüber nicht wundem dürfen, da 
die Mauthbeamten später oflFen gestanden, dass der Tarif durch 
Bancalverordnungen ,8einer vorigen Gestalt nicht mehr ähnlich 
sei', andererseits Jahre verstrichen, ohne dass einige Aemter 
sich an die Bestimmungen desselben hielten. Wieder war es 
die Kaiserin, welche der Verzettlungsmanie der Behörde ent- 
schieden ein Ende machte und eine Conferenz für den 28. No- 
vember 1767 anberaumte, um die Besehwerden über die Triester 
Mauthmanipulation zu untersuchen und die Mittel zur schleu- 
nigen Abhilfe an die Hand zu geben.***'' Trotz der Betreibung 
der Kaiserin verstrichen noch beinahe zwei Jahre,'**' bevor 
diese Angelegenheit geregelt war, allerdings dann in erschöpfen- 
der Weise und zur völligen Zufriedenheit der schon damals 
wenig genügsamen Triestiner, die in ähnlicher Weise wie 
gegenwärtig für jedes commerzielle Missgeschick die Hilfe des 
Staates in Anspruch nahmen. 

Das Patent vom 27. April 1769 regelte in eingehender 
Weise die Zollabgaben und die Manipulation, und die wesent- 
lichsten Bestimmungen blieben seitdem Jahrzehnte in Kraft. 
Nicht unrichtig hat man das Patent als Zollcodcx bezeichnet. 
Die Einfuhr aller Consumartikei in das Triester Territorium 



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43 



wurde Bumthfrei erklärt. Die Entsdicidung Uber die fär die 
Fabricatioii nöthigcn RohstoffB wurde dahin getroffen, da88 die 
Intendenza auf Grund der von den Fabriksinhabem über ihren 
Bedarf vorgelegten Ausweise mit Rücksicht auf den l'iufung 
der Fabrik und auf die Menge des betreffenden Rohstoffes, 
welche in dem Litorale und in den Seestädten aufgebracht 
werden konnte, Pllase ertheilen durfte, wodurch die namhaft 
gemachten Qoantittten nnr den erbländisohen Ausfuhrzoll in 
jenen Ländern zu entrichten hatten, ans welchen die Aasinhr 
stattfand. In einem besonderen Verzeichnisse wurden sodann 
jene im Litorale erzengten Waaren namhaft gemacht| die bei 
der Ansfiibr in Lande den Ausfnhnsoll zu zahlen hatten, sodann 
aber in der sonstigen Behandlung erbländischen Gutem gleich- 
gestellt waren. Auch nach dem Erlasse des Zolltarifs vom 
Jahre 177Ö blieb die fUr Triest und Fiume gewährte Handels- 
freiheit aufrecht. Bei der Ans- und Einfuhr zu See waren die 
Waaren zollfrei; wenn sie in die Erbländer oder durch diese 
in fremde Länder gingen, miterlagen sie dem Einfuhr* nnd 
Durchfuhrzölle. Fttr die Triester nnd Finmaner Erzeugnisse 
wurde ein BegUnstigungszoll in einem Specialtarife festgesetzt, 
und zwar bei der Einfuhr f&r destillirten OrUnsp&n, Rosoglio, 
Odseife, Segelttlcher, Seile und Strickwerk, Wachskerzen, prft* 
parirten Weinstein, Zucker aus der Finmaner Fabrik: zumeist 
Artikel, welche die Industrie der Hafenorte erzeugte. Bei der 
Ausfuhr waren begünstigt Felle, Flachs, Hanf, Gam, Wolle 
und Zwirn. Der im Jahre 1784 erlassene Tarif erhielt noch 
eine grössere Anzahl bei der Einfuhr begünstigter Waaren, 
und zwar ausser den angeführten noch Baumwollgespinaste 
(aus der Fabrik des Handelsmannes Baptist Basso), Fische, 
Leder, Majolicageschirr, beide aus den im Tarif bezeichneten 
Fabriken. Die Packung dieser begünstigten Waaren musste 
in Triest, Fiume oder Zengg in Gegenwart eines Beamten, den 
das Qubemium ernannte, in den anderen Orten im Beisein 
einer obrigkeitlichen Person erfolgen und von derselben mit 
einem besonderen Siegel versehen werden. Auch wurden Triest 
zum Theil für die Einfuhr von Wein und Baumwolle Begünsti- 
gungen gewährt. 

Triest besass auch eine nicht unbedeutende Industrie. 
Kari VI. emp£shl die Unterstützung derselben, überhaupt die 
,£rrichtung zweckmässiger Manu&cturen' in den innerOstei^ 



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44 



reiohischen Seehäfen. Von der orientalischen Compagnie er- 
wartete maDy diu» sie in dieser Richtung thUtig sein werde. 
Die Salinen versorgten die Nachbargebiete mit Salz, und man 
beschäftigte sich mit der Frage, durch welche Mittel dem Sals- 
handcl Venedigs Concurrens gemacht . werden könnte. Ro- 
sogliofabriken wurden von Baletti aus Ferrara gegründet. 1766 
zählte man sehn Fabriken. In den Siebzigerjahren betmg 
die jälirliehe Erzeugung ÖOO.OOO Bouteillen im Werthe von 
250.000 fl.; (He nach Ungarn, Siebenbargen und nach der 
Moldau-Walachei, femer nach Bosnien nnd Serbien verftüirt 
wurden. Der Triester Marasquino erfreute sich eines grossoi 
Rufes und ging nach Frankreich, England und den Nied<H> 
landen. Der Sprit wurde aus Modena, Ferrara, Bologna und 
Dalmatien gebracht. Der Indolenz der Triester Industriellen 
wurde es sugmdiriebeni dass dieser Industriezweig nicht zu 
grösserer Ausdehnung gelangte. Die Wachsbleiche, von Nico- 
landini eingeführt, wurde schwunghaft betrieben. Es befanden 
sich in Triest Seifenfabriken, Rothgerbereien, Seilcrfabriken, 
SeidenfilatorieUj Schiffsseil- und Segeltuchfabriken. Im Jahre 
17G4 wurde eine Werkstätte für Ankerschmiede errichtet. Ein 
Bericht des Grafen Chotek hatte Porto-Rd als ungemein gUnstig 
bezcielinet, und man Ix'absiclitigte auch, diesen Hafen zum 
Mittdpunkte der Schiffsbauindustrie zu machen."*' Indcss 
mochte man sich überzeugt haben, dass Triest »ich gleich£sUs 
für den SchitTbau eigne, und gewülirtr mannigfache Begünsti- 
gungen. Die Ausfuhr von Schiffsbauholz wurde verboten, ein- 
seinen Baumeistern G^Idbetifige verabfolgt und auch die Neben- 
gewerbe unterstützt. 

Vielfach wurde die Frage erOrterty ob die Errichtung von 
Fabriken in der Hafenstadt gestattet sein solle. Der Com- 
roerzienmth sprach sich mit Rücksicht auf die etwa SU ge- 
währende ZoUbegttnstigung bei der Einfuhr in die deutschen 
Erblande dagegen aus. Anderer Ansicht war die Kaiserin. 
Sie linde nicht, bemerkte sie auf ein Protokoll des Commerzien- 
rathes vom 24. Mai 1763, wie in einem Seeplatse die Errich- 
tung einiger Fabriken schädlich s( in kOmiei ^nachdem nicht 
alle Gattungen von Menschen und Alter zum Schiffsdienste 
l^hig und besonders für das Weibsvolk ein Nahnmgsverdienst 
ohnumgänglich sei*.*'* Auch später noch vertrat die Bancodepu- 
tation den Gnmdsats, dass die Seestädte und besonders Triest 



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46 



sich fUr Manufacturen nicht eignen, ,die Hände dlirfen daselbst 
nicht der Mitwirkung der Handelschaft, Seefahrt and Fischerei 
geflissentlich entzogen vrexdeaaf. Aach habe das Litorale nicht 
die nämliche Contriljutiun za entrichten wie die übrigen Erb- 
lande, der Staat habe daher dafür sn sorgen, dass diesen der 
Nahrangäverdienst verbleibe. Nur wenn die Manafactaren des 
Litorale das eigene oder das in den £rblanden Uberflüssige 
Materiale verarbeiten, wenn die JB^aengnisse mit dem Seehandel 
in Verbindung stehen and zum Export geeignet sind und keinen 
Naciitheil für die deutschen Staaten haben, möge die Nabrang 
des Landvolkes in dem Litorale eine Begünstigung erhalten.^*' 
Um die Schiffahrt, den Schiffbau und die Fischerei an 
heben, wurden jene, die sich demselben anwendeten, wenn sie 
in die Schiffsmatrikel eingeschrieben waren, von der Becruti' 
rang befreit, den Witwen der Seelente, die zehn Jahre auf 
Ustetreicbischen Schiffen gedient hatten, sowie den Kindern der- 
selben eine Pension gewährt. Die Kheder forderten nach dem 
Mnster der englischen Navigationsacte, ,welche als der erste 
Grundstein der unendlichen Vermehrung der englischen SehlÜ'aiirt 
zu betrachten sei', den Schiffbau zu heben und den heimischen 
Schiffen Begünstigungen auauwendcn. Die Antrttge gingen zu- 
meist von Triestinem aus, ohne jedocb Anklang zu linden. Die 
Intendenza befürwortete diese Wünsche. Die An^iditen des 
Commerzienrathes waren getheilt. Die Mitglieder, die für un- 
bedingte Abweisung waren, vertraten die Ansicht, dass man 
noch niemals eine Nationabchiffiihrt gesehen habe, die, ohne 
sich auf den Besitz von auswärtigen CSolonien zu stützen, ledig« 
lieh durch den eigenen Handel sich vermehrt hätte. Was man 
im Litorale erboffen kdnnte, wäre bikihstens, dass zwölf National- 
sebiffe in Bewegung gesetzt werden, auf welchen 80 erbländi- 
acbe und 160 fremde Unterthanen Nahrung erhalten würden. 
Diesen zwdif Itiffen zu Liebe die ansehnlichen Aufschläge 
auf Zucker und Kaffee fidiren su lassen, würde sich das Finanz«- 
nünisteriuni nie entschliessen. Monarchien, die in verschiedenen 
Meeren Seehäfen haben oder mit der See umgeben sind, könn- 
ten ihr ganzes Handlungssystem auf den Seehandel gründen; 
ein Staat, der nur einen oder zwei Seehäfen an der ttussersten 
Spitze seines Gebietes besitze, sei in einer anderen Lage. Die 
nur die Freiheit des Handels vertretenden Triestiner irren, 
wenn sie den dermaligen Handel in Böhmen und in Oester' 



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46 



reich aus seiner natürlichen Lage und unter das Joch der See- 
fahrt bringen wollen. Dagegen wurde von einigen Mitgliedern 
geltend gemacht; auch Venedig habe keine Oolonien, noch 
sei OS von den Finthen der See umzingelt, habe aber der 
Nationalschi£fahrt Begünstigungen zugestanden; warum sollte 
Oesterreich nicht ein Gleiches thun? Nie wird man dazu ge- 
langen, die österreichische Schiffahrt auf eine angemessene 
Höhe EU erhel>en, wenn man nicht Begünstigungen gewähre, 
welche ebenso nöthig seien, wie Liebkosungen bei der Leitung 
der Kindheit als das beste, wo nicht das einzige Mittel ange- 
wendet werden."* Vornehmlich bekämpfte der Gouverneur von 
Triest, Graf von Zinzendorf, vom froihändlerischen Standpunkte 
alle dahin gerichteten Bestrebungen. Mit dem Hinweise auf 
ein in Venedig im Jahre 1751 erlassenes Gesetz, wonach Le- 
vantiner Waarcn, die auf anderen als venetianischen oder le- 
vantinischen Schiffen nach Venedig gebracht wurden, mit einer 
zehnpercentigen Abgabe belegt worden waren, wurde auch für 
Triest eine ähnliche Verordnung verlangt. Derartige Verfügun- 
gen, schrieb Zinzendorf, laufen nur darauf hinaus, dass der 
Gesetzgeber die Wohlfahrt des grössten Theiles der Unter- 
thanen einer geringen Anzahl von NationaUchiffsrhedem vor- 
sUtziich aufopfere. Solche Gesetze seien eine wahre und sehr 
bedrückf^ndc Auflage auf den Nationalconsomenten im Interesse 
der Schiffahrt; Triest habe durch das venetianische Gesetz 
nichts verloren, sondern gewonnen, denn seit Erlass desselben 
Sachen die Schiffe der fremden Nationen, welche Levantiner 
Waaren an der adriatischen Küste absetzen wollen, Triest auf, 
und der Handel daselbst habe seit 17r)2 sich nahezu vervier- 
facht. Und da die Bittsteller vornehmlich eine Begünstigung 
für den Verkehr mit Egypten heischten, so wies Zinzendorf 
darauf hin, dass 1774 der Handel dahin ausdrücklich für frei 
erklärt und der damalige Intemuntinft beauftragt worden sei, 
diese kaiserliche Entschliessnng in Constantinopel zur Kennt- 
niss zu bringen, um daselbst and in Alexandrien bekanntge> 
macht zu werden. 

Triest hatte das Glück, dass die Verwaltung zumeist in 
den Händen einsichtiger Männer lag, denen man in Wien mit 
besonderem Vertrauen entgegenkam, und die daher vielfach in 
der Lage waren, die Wünsche und Forderungen der Kauf- 
mannschaft darchsusetsen. Uamüton, Liohnowsky, Aaersperg, 



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47 

Zinsendorfy Brigido haben wob. tun die Hafenstadt grosse Ver- 
dienste erworben. Es ielilte niobt an ntttslichen^ grosse Sach- 
kenntniss bekundenden Voracbligen. Von dem bei der Inten> 
denia in Tiiest angestellten Rathe Kaab, einem Manne» der 
später eine einflossreiche Stellung in Wien bekleidete, lag eine 
nmfiusende Arbeit ans dem Jahre 1760 yor, die sich allerdings 
nicht auf Triest allein beschrtokte, sondern auch die allge- 
meinen Handebrerhlütnisse des Staates ins Ange fasste. Raab's 
Forderungen waren: allgemeine bessere Einrichtang der Manth- 
tarife, Befbrdenmg des Handels ungarischer und inneröster- 
leichiscber EineQgnime mit dem Litorale, um yon hier ans znr 
See anageiUhrt sn werden, Einleitung innigerer HandelsbesiO' 
hangen Böhmens mit dem Kttstenlande, Erweiterung des Han- 
dels von Triest nach dem römischen Reiche: Gesichtspunkte, 
die von nun an den Gegenstand yon Berathungen und com- 
missionellen Verhandlungen bildeten, und zwar in Folge un- 
mittelbarer Weisungen der Kaiserin, auf die die Arbeiten 
Raab's einen grossen Eindmck gemacht hatten."^ 

Dem Grafen Hamilton gebührt das Verdienst, auf die 
Nothwendigkeit, an ausländischen Seehäfen Consulen anzu- 
stellen, hingewiesen zu haben. Eine ausführliche Arbeit lag 
von ihm vor über die Wahl der Persönlichkeiten, ihre ci for- 
derlichen Eigenschaften und Uber die ihnen zu ci-theilenden 
Weisungen, um allen Ciommerz- und Sanitätssachen die ge- 
naueste Aufmerksamkeit zu schenken, österreichischen Kauf- 
leuten und Schiffspatronen gebührenden Schutz zu gewäliren. 
Die Anträge &nden in Wien Beachtung; vorläufig beabsichtigte 
man jedoch nur in den tOrkischen Handelsplätzen, wo keine 
eigentlichen Consulen angestellt waren, die portugiesischen, eng- 
lischen und holländischen Consulen mit der Aufgabe, fUr die 
österreicbischen Interessen Sorge zu tragen, zu betrauen, um 
dadurch Kosten zu ersparen. Von der Türkei abgeseilt n, 
wurden Cadix, Lissabon, Venedig und Genui^ sowie die Handels- 
orte Stciliens und Neapels für die Aufstellung von Consulen 
ins Auge gefasst."*^ Nur die Consulen in Cadix, Neapel und 
Genua erhielten eine Besoldung; indess machte man bald die 
Er&hrung, dass man bei den unbesoldeten Consulen ,keinen 
besonderen Diensteifer yerspüre', und beabsichtigte, sich mit 
Toscana zu yerständigen, um auf gemeinschaftliche Kosten den 
Consulen eine Entschädigung zu gewähren und ihnen nach 



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48 

dem Beispiele Frankreichs and Neapels zu gestatten, eine Uni- 
form zu tragen. Die Wiener Behörden legten der consolari- 
schen Thätigkeit nur einen geringen Werth bei; es wäre über- 
üttftBig, die Consulen besolden za wollen, der ,£influ88 derselben 
in das Nattonulhundlungsgeschüft sei an nnd flir sich selbst 
ein bios theoretische« Wesen'. Nationalhandlnngshftnser in den 
Pl&tsen, wo Oesterreich ITandelsschaf^ treibe^ würden ein wirk- 
sameres Mittel seiu.*^' Die Zahl der Consnlen wurde anch 
im I^nnfo der Zeit vermehrt^ und Josef kargte trotz seiner 
ängstlichen Sparsamkeit nicht, wenn os sieh um die SchaflFiing 
eines nenen Postens handelte.^^'* Die Consulen hatten mit der 
Intendenza zu Triest zu correspondiren.**' Maria Theresia 
wünschte, dass ein Mitglied des CSommerzienrathes nicht blos 
mit den Consulen, sondern auch mit fremden Kaafleaten in 
unmittelbaren hricf1icli< n Verkehr treten möchte, um genaue 
Nachrichten über den Handel und die etwaigen Veränderungen 
desselben zu erhalten. Der Commerzienrath sprach uoh Je- 
doch mit Entschiedenheit dagegen aus; die CorrMpondens werde 
ohnehin dnrch die untergeordneten Mitglieder betrieben und sei 
eigentlich ,fUr einen Commerzienrath nicht recht anständig', 
eine Ansicht, welcher Maria Theresia nicht beipflichtet,^** 

Die Kaiserin legte hohen Werth darauf^ dass jene Per- 
sonen, die mit der T.eitnng der Handelsangelegenheiten betraut 
waren, die verschiedenen Löndor aus eigener Anschauung 
keinen lernen sollen. Die Vorstände des Commerzoberdirecto- 
rinms und später des HoicommrTzienrathes erhielten die Mittel 
zu Bereisungen. Graf Rudolf Chotek war zweimal im Litorale, 
Graf Andlern -Witten ging ebenfalls in Folge kaiserlicher Ver- 
fügung in Begleitung des Hofrathes Degelmann und des Hof- 
concipisten Eger nach Triest und dem Litorale. Sie erstatteten 
der Monarchin bei ihrer Rückkehr Uber die gemachten Wahr* 
nehmungen Berichte, welclic von ihr mit grosser Aufmerksam- 
keit gelesen wurden.*-* Aber auch Reisen in die Nachbarländer, 
um die Handelsverhältnissc derselben kennen zu lernen, wurdm 
angeordnet und hiefür die nöthigen Mittel bereitwillig ange- 
wiesen. Die Brünner T.rlmhank veranlasste im Auftrage der 
Kaiserin eine umfassende Studienreise nach Ungarn und Polen, 
nach Italien und dem deutsclien Norden, Gebiete, welche für 
den Absatz österreichischer Erzeugnisse, wie man annahm, 
wichtig werden konnten. Nachdem die jahrelang mit Preossen 



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49 



geftihrtaii Vertragsverhandlnngen gescheitert waraii sptthte man 
nacb einem Enati fUr doi yerlorenen Abeats biftimüoher Er> 
sengnuse nadi ScUeiieo aus. Die nmfiwsenditen Reisen machte 
mit Btaatlicher Unterattttzung Graf Carl yon Ziosendoif, rmd 
die Ton ihm abgearbeiteten Berichte seichnen eich durch sel- 
tene Reidihaltigkeit ans nnd gewahren nns einen Uarm Ein- 
blick in die wirthschaftÜchen VerhültnisBe der Tcrschiedenen 
Länder, welche er besucht hatte. Für die Kenntniss Öster- 
reichischer VerhKltnisse in Bezug auf Handel nnd Indnstrie 
si^d die Schriftstücke von nnschMtsbarem Werthe. Kein Druck- 
werk jener Zeit kann sich damit messen.^'* Kach der Er- 
werbung Galisiens erhielt der Director der Linzer Fabrik^ 
Sorgenthal, dem unter Josef auch die Leitung der Wiener 
Porzellan&brik übertragen wurde, den Auftrag, die polnischen 
Gebiete au bereisen. Nach Italien wurden zu wiederholten 
Malen kundige Personen entsendet, so der eben erwähnte 
Sorgentbai, Eger u. m. a. Die erstatteten Berichte wurden so* 
dann ssmmt den Mustern der verschiedenen Industrieeraeug- 
nisse den Länderstellen vorgelegt 

Seit dem Beginne der Sechzigerjahre wurden eingehende 
Berathungen gcpHogeu, welche Massnahmen su ergreifen seien, 
um die gesammte Einfuhr und Ausfuhr über Triest su leiten, 
ein Gedanke, der bereits unter Karl VI. erörtert worden war. 
Erbländische Erzeugnisse sollten über die Adriastadt nach dem 
Westen Europas gesendet und die wichtigsten Oolonialwaaren, 
die bisher überwiegend aus dem europäischen Korden, sumeist 
aus Hamburg und Holland besogen wurden, über Triest ein- 
geführt werden. Sachsen und Preussisch-Schlesien beherrschten 
mit einigen Waaren den Triester Markt, deren Verdrängung 
durch erblttndische Erzeugnisse angestrebt werden sollto. Der 
Handelszug aus dem deutschen Reiche nach Italien sollte über 
Triest und nicht, wie bisher, über Venedig stattfinden, was 
bereits unter Josef 1. geplant war. Die aus Deutsehland nach 
der Lagunenstadt gesendeten Waaren nahmen nämlich bisher 
ihren Weg Uber Tirol, da die Schweiaer Alpenpäsae für den 
Verkehr sehr beschwerlich waren; hierauf beruhte die Bedeu- 
tung Bosens für den Verkehr. Auch die Strasse über Salaburg 
und Kärnten war stark besucht 

Zur Ablenkung des Verkehres über Venedig und Leitung 
desselben über Triest erhöhte man die* Mauthen auf den nach 

AidiiT. LXXXTI. Bd. I. DiUlt. 4 



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50 



Venedig fthrenden Strasfen. Bereits 1753 wurde die Kauth 
▼OD Tairia erhöht, eine längst geplante Verfügung, die irohl 
aoe dem Ghrunde eich verzögerte, da ans Kärnten seit 1749 
Bittgesache vorlagen, keine Massnahmen znr Begünstigung des 
Verkehres Uber Triest sn treffen, weil ,das Commmdnm keinen 
Zwang leide, sondern dnrch natttrliohe Convenienz geleitet 
werden müsse'. Anoh in Tirol sprach man sich wiederholt 
dagegen ans. Namentlich die Bozener Kanflente Uagten ttber 
Bednträehtigung und stemmten sich gegen die Errichtung einer 
Niederlage Osterreichbcher Waaren in der Adriastadt Sie 
hegen, heisst es in einem Schriftstücke, ,einen nnverwttstlichen 
Hass gegen Triest nnd vermeinen das Ncgotiom viel besser in 
ihren Tiroler Klippen als in dem Triester Molo verwahrt'.^** 

Im Jahre 1766 wnrde in dem innerOsterreiohischen Tarife 
sn Pontafel, damals die wichtigste Einbmchsstation nach Italien, 
ein ZoUsata von ? fl. fbr den Centner festgesetst, hei Krems- 
hmck hios 1 fl. gefordert, um den Verkehr Uber Kärnten nach 
Venedig za erschweren nnd ttber Tirol nach Triest zn fahren. 
Die drei Strassen von Triest ins Reich gingen Ober den Leibi, 
aber Würzen nnd den Predil nnd waren insgemein länger als 
ttber Pontafel, da man an dem Grnndsatze festhielt, die Gttter 
anf der längsten Strasse zn fttbrra, um das Strassengewerbe 
zn fordern. Die Folge war natürlich eine erhebliche Ver- 
thenemng der Frachtkosten; so kostete der Centner ttber Ve- 
nedig nach Innsbruck 2 fl. 45 kr., von Triest dahin 4 fl. Die 
Herabsetzung des Zollsatzes bei Kremsbmck im Jahre 1771 
auf ein Drittel scheint nicht viel gefruchtet zn haben. Ein 
nm&ssendes Gutachten von llannagetta Hegt vor mit dem Vor* 
schlage, die kttrzeste Strasse ans dem deutschen Reiche nach 
Triest herzustellen, da der bisher festgehaltene Grundsatz, bei 
dem Durohzugsverkehre die Ittngste Strasse zn begünstigen, 
nicht aufrecht erhalten werden konnte. Auch in GtOrz und 
Gradisea wurden von dem Consess ähnliche Wttnsche geäussert. 
Die Verwirklichung scheiterte jedoch an den nOthigen Geldern. 

Graf Lichnowsky machte den Vorschlag, den Verkehr 
von Hamburg abzulenken und Triest zum Stapelplatz fttr die 
aus dem Norden bezogenen Waaren zu machen, und zwar dar 
durch, dass der Verkehr mit Hamburg durch Transitzölle er^ 
schwert werden konnte^ wodurch ein grosserer Nahrungsver^ 
dienst im Lande erhalten wttrde, indem der Frachtlohn nicht 



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Fremden snfiele. Die bObmischeii Eanfleute liezogen njhiüieli 
bisher ibren Bedarf von Oolonialwawen gTOsstentfaeiie aus Ham- 
burg, nnd eelbflt bollflndiscbe Waaren worden nacb Oeeterreieb 
ttber den genannten nordiscben Seeplats gefUhrt Audi die 
Wiener Kanflente besogen engliscbe Waaren Uber Hamborg. 
Anf dem Landwege daoerte es 3 Monate, Uber Triest 5 bis 
6 Monate, bevor die Waare anlangte. Aocb die Frachtkosten fUr 
den Waarenang über den Norden waren geringer als Uber die 
Adriastadt Der Hamburger Kaofinann besorgte die Frachten bis 
nach Lttnebnrg, dessen Spediteure dieselben Uber Sachsen oder 
Freossen nach Oesterreich führten. Wenn aber der Osterrttchi« 
sehe Eanftnann Waaren direct ans Holland bezog, so tlberliess 
er dem Holländer die Spedition bis nach Köln, Ton da Über- 
nahm sie der kölnische bis nach Frankfurt oder bis Maina, 
om von hier Uber Regensburg nach Oesterreich geführt an 
werden. Oeflers worden aocb K&ofe ond Verkttofi» loco Regens- 
borg abgeschlossen. Aof die Kaiserin machte der Vorachhig 
Lichnowsky's Eindrock; die Handelsbehörde stand diesen Be- 
strebungen skeptisch gegenttber. Aof die Anfrage, dorch welche 
Mittel die Ober Hamborg nach Spanien gesendeten Waaren über 
Triest ihren Zog nehmen würden, gab der Oommeraienratfa die 
Antwort; jener Weg werde, insolange die Elbe nach Hamborg 
fliesse, den Vorzog Tor jenem über Triest erhalten. 

Die Intendenaa worde am 31. December 1761 aofgeforderly 
die Kanflente einzoTcmehmen, dorch welche Mittel der Waaren- 
aog von Hamborg, Lüneborg, Leipzig, Breslau, Regensborg, 
Salzburg nach Triest geleitet ond besonders Specerei-, Material* 
nnd Farbwaaren von der Adriastadt dorch LmerOsterreieh nach 
d^ deotschen ond ungarischen Erblanden ond dem rltaiischen 
Reiche versendet werden konnten. Die Triester Kaofleote be- 
fUrworteten, den Verkehr mit Hamburg dnrch hohe Zolle zo 
erschweren, mindestens soUte die Verfügung getrofien werden, 
dass Zncker, Kafiee nnd aoch Golonialwaaren nor über Triest 
bezogen werden dürfen.^'* Der Commensiennth sprach sich 
dagegen ans, wefl der Handel Böhmens in erster Linie mit 
Leinwand mit Sachsen ond Prenssen ,dermalen noch unent- 
behrlich sei' ond jeden&Us dorch die beantragte Massregel eine 
Einschrünkung er&bren würde, sodann aber, weil die-Aosfohr 
inländischer Erzengnisse ttber Triest nicht in ergiebiger Weise 
erfolgen konnte, da die heimische Selufflbhrt nicht stark genug 

4* 



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53 



sei, die Monarchie mit Drogaeriea und Specereien m, Tenor- 
gen.^'^ Ein Triester Kaafmann, Namens Jakob Hirscbl, wurde 
nach Böhmen gesendet, um die dortigen Fabriken zu beBiohti-. 
gen und Vorschlttge zu machen, durch welche Massnahmen der 
Verkehr mit der Adriastadt in Verbindung gebracht werden 
könnte. Sein umfassender Bericht vom 28. November 1770 
bildete die Grundlage der Beratliung. Hirschl, lautet das Gut- 
achten der mit der Berathung betrauten Commission, sollte eich 
mit den Glasfabrikanten Böhmens in Verbindung setzen und 
ihnen mittheilen, dass er zur bestimmten Zeit ein Schiff nach 
Cadix senden werde, ftlr die daliin gesendeten Glaswaaren 
keine Provision nehmen, ihnen alle mögliche Assistenz leisten 
werde, die sie bisher von ihr^ Hamburger Correspondenten 
genosscoi hätten; die Frachtkosten werden nicht höh' v ^(^In als 
Uber Hamburg; ohnehin fUhre Böhmen Glaswaaren Uber Triest, 
die sodann nach Italien und die Levante versendet werden; 
die Strassen nach Triest seien zu verbessern, die Mauthen zu 
beseitigen. Diese Massnahmen werden mehr wirken als die 
Gewährung einer Exportprämie. Einen Zwang auf die Fabri- 
kanten aussuttben, wäre nicht rathsam. Hirschl sollte auch 
mit den preussisch-schlesisclien Leinwandhändlei-n zu Hirsch- 
berg und Schmiedberg in Verbindung treten und ihnen be- 
kanntgeben, dass regelmässige Fahrten nach Spanien stattfinden 
werden; nicht an Schiffen, sondern an Waaren zur Verfrach- 
tung fehle es in Triest.*^' 

Auch der Plan wurde erwogen, von Triest alljährlich 
zwei Schiffe nach Cadix zu senden, um den directen Zug 
nach Spanien einzuleiten. Die Kosten sollten von der Re- 
gierung getragen werden. Mau berechnete, dass der Glas- 
transport an Frachtlohn 320.000 fl. den Nachbarländern zuführe, 
wovon ein grosser Theil in die Adera des österreichischen 
Staates geleitet werden könnte. Der Staat, wurde darge- 
legt, wUrde bei einem derartigen Unternehmen nicht viel 
verlieren, und j^elbst wenn die Comraerzcasse einige Tausend 
Gülden daran \vii<^e, werde der Aufwand nützlicher sein, als 
wenn dieser Betra;^ einer Fal>rik in Triest zugewendet wiirdf. 
Josef genehmigte den Antrag und verfugte^ dass die Stjuit.s- 
kanzlei davon verständigt Averden möge, damit zugleicli die 
Absicht erreicht werde, den niederlilndiselien Handel mit dem 
österreichischen zu verbinden} es mögen daher in den 2fiedcr- 



58 



landen gleichzeitig Anstalten getroffen und Schiffe naeli f'ixdix 
gesendet werden, um daselbst die nach Triest oder von Triest 
nach Ostende bestinimtoti Waaren gegeneinander auszuwechseln 
und umzuladen. Dem bö))mischen Gnberainm sollte der nach* 
drttcktichste Auftrag ertheiit werden wegen ungesäumter Her- 
steUnng der Strassen; den Glashändicni aber sei bekanntzu- 
geben, dass, wenn innerhalb sechs Monaten die gutwillige Ein- 
leitung des Handels über Triest nicht erfolgen sollte, alsdann 
ein Aosfohrzoll von 10 und mehr Procent auf das nach Ham- 
burg ausgehende Glas gelegt werden wUrde; femer sei darauf 
Bedacht zu nehmen, binnen Jahr und Tag die Klnfulir über 
Triest zn loiten, damit sich der gesammte Handelsstand dar- 
nach richten und während dieser Zeit seine Veranstaltungen 
treffen möge. Die kaiserliclif' Entschliessung wurde dem böhmi- 
schen Gubemium zur Veröffentlichung mitgetheilt. Die böhmi- 
schen Glashändler legten eingehend dar, dass die Frachtkosten 
nach Triest höher seien als nach Hamburg, und wiesen auf 
den schlechten Zustand der Strassen in einigen böhmischen 
Kreisen hin, die über alle menschliche Vorstellunf:^ elend und so 
geartet seien, dass der Fuhrmann sich, seine Pferde und seine 
Wagen, besonders die Glaswap^en, Gcfabren aussetzen würde. 
Ein seit langen Jahren her blühender Handelszuj; sei zweifel- 
los Tortheilliafter für das Land und alle eingebildeten Ver- 
besserungen zur Vermehrung des Strasseng^ewerbes nur Hirn- 
jresplnnste gegen den wesentlichen Nutzen, den ein verjährter 
Handelszng mit sieh bringe.'-- In Prag wagte man e», dem 
Befehle des Kai!>ers nicht nachzukommen, in der Erwägung, 
dasB nur ein Theil der nach Hamburg gesendeten Glaswaaren 
für Portugal und Spanien Ix'stimmt sei, eine nicht unbeträcht- 
liche Menge a})er den Weg nach Uusyland, Holland und Lübeck 
nehme. Die Hofkanzh i machte dem Kaiser nochmals Vor- 
stellungen. Josef scheint die Uebereilnng eingesehen zu haben. 
Placet, Rchrieb er an den Kand des Vortrages, und sind vor 
allen Diiigen dureli Her^iteliung der Strassen. Schitrhurmachung 
der Flüs^se und andere Mittel den in- und ausländischen Ne- 
gocianten die nämlichen und womöglich grössere Vortheile über 
die österreichiselien Hitfen m gewähren. 

Ein weitergehender Vorschlag wurde in den ersten Mo- 
naten (]m Jahres 1771 eingehend erwogen, den Handel Uber 
Frankfurt und Hamburg gänzlich zu sperren, die bisher von 



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diesen Orten bezogenen Waaren üb^T Triest zu tiiiiren, wo- 
durch auch die Ausfuhr von Loinvvaud und Glas aus Böhmen 
über die Adriastadt sich steigern würde, was nach der Ansicht 
de» Verfassers des Planes Serione — erreicht werden künnte, 
wenn die auf dem Landwege oder auf der E!he bisher nach 
Böhmen gebrachten Waaren, sowie die i\hor (iiMuia und Vene- 
dig bezogene!^ ( Tei::pnstilnde einen um In- -\i l'roceut höheren 
Zoll zu entnciiten liftttcn. Der Serioiie'sehe Plan wurde nach 
Böhmen gesendet mit der Weisung, denselben mit dem Handels- 
Btande in Berathung zu ziehen. In dem Kcscripte würfle be- 
merkt, ,dic Wendung des Handels von Hamburg nach irieat 
habe den Allerhöchsten Beifall, und der Antrag sei eine un- 
abänderliche 8taat^maxime*. An den commissinnellen Berathun- 
gen betheiligte sich auch Graf Philipp Cobenzl, der sich damals 
in Prag aufliielt, um die commerziellcn und industriellen Ver- 
hältnisse Buluucns kennen zu lernen.'** Bei den böhmischen 
Industrielleu fand der Gedanke keinen Anklang. Von ver- 
schiedenen Seiten wurde darauf hingewiesen, das« es ausser- 
ordentlich schwer sein dürfte, den ^\ uiischen der Ilegierung 
zu entsprechen und die Waaren Böhmens über Triest zu 
senden. 

Der Plan Serionc s war iladurch nieht beseitigt. Die 
Kaiserin wies Hatzfeld an, seine Wohlmeinung abzugeben. 
Serione, mit dem er j>crsünlich die Angelegenheit besprach, 
verwies ihn auf »ein Memoire, worin dargelegt wurde, dass 
die Frachtkosten für \iele Waaren weit geringer wären, wenn 
dieselben auf dem Seewege nach Triest eingeführt und von 
da nach Wien und anderen Orten der Monarchie versendet 
würden. Der Gewinn der Zwischenhändler in Frankfurt und 
Haniidug, den er auf 500.000 bis tJlKJ.UUÜ Ii. veransclüagte, 
werde den österreichischen KauHeuten zufallen, auch die Aus- 
fuhr böhinischer (Tla.s^^ aan n und Leinwände Uber Triest ge- 
winnen. Auf iial/ii'ld machten jedoch die Berechnungen 
Serione 's keinen überzeugenden Kind ruck. Auch bezweifelte 
er, dass die angeführten Erzeugnisse der österreichischen Län- 
der ihren Weg über IViest nach dem Westen Kuropas nehmen 
werden: höchstens Mähren und Oesterreich könnten daraus 
Vortbeile ziehen, keineswegs Böhmen, dessen V\ ( n stet«? vor- 
iheilhaft über Hamburg vorsendet werden dürft. ;i. Die Trie.ster 
Kaofleute, bemerkte Hatzfeld weiter, hätten unerschwingliche 



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55 



Summen nöthi^, um sämmtliche deutsche und ungarische Erb- 
lande mit jenen Waaren zu verselion. welche dermalen über 
Frankfurt und Hamburg bezo^^en werden. Hatzfeld veran- 
schlagte das erforderliclie (Kapital auf mindestens 20 ^liliiuneii 
Gulden, von jenen Betrügen abgesehen, die erforderlich wären, 
um zur Aufnahme der Waaren in Triest Magazine zu erbauen. 
Die ühterreichischen Kaufleute erlialteu in Hamburg und 
Frankfurt betriiclitÜclien Credit, auf dessen allbaldige Sal- 
dirung, wenn keine weiteren Bestellungen gemacht werden, 
unverzüglich gedrängt werden dürfte, was h( mcr Meinung 
nach einen ZuBammenbruch der erbländi-sciien Kaufleute üur 
Folge liaben würde. Die Erhöhung der Mauthen, welche 
Serione vorscldtig, wäre seiner Ansicht nach nicht das Mittel, 
den Handel nai It Triest zu leiten; nur der Schwärzer werde 
dadurch gcwmnen. Nicht durch Gewalt lasse sich die Aus- 
führung derartiger \'orschläge erzwingen, sondern dieselben 
können nur durch die üeberzeugung der erbländischen Kauf- 
leute, dasa ihnen Triest nützlicher sei, ins Werk gesetzt werden. 
Hatzfeld schlug vor, zunächst Erhebungen zu pflegen über die 
Fiaclitkoriten, über die Menge des Waarenbezuges aus Ham- 
burg und Frankfurt, ein Antrag, dem Josef beistimmte, um 
nach Kinholuug der vorgeschlagenen Auskünfte über dieacn 
wichtigen Gegenstand einen Vortrag zu erstatten.*** 

VlI. 

Der lebhafte Verkehr mit den deutschen Staaten hatte 
durch die seit dem Beginne der Füufzigerjahro eingeschlagene 
Verbotspolitik grossen Abbruch erlitten. Der durch die selilesi- 
schen Kaufleute vermittelte Absatz österreichischer Krztu^nis.se 
verminderte sich seit dem dritten schlcsisclicn Kriege beträcht- 
lich. Der illegitime Handel im W^ege des Schmuggels blieb 
allerdings nicht unbedeutend. Auf Schleichwegen wurden be- 
farftchtliche Mengen ein- und ausgeführt. Auch mit Sachsen, 
mit dem b9hmtsche Kaufleute in innigeren Handelsbeziehungen 
standen, war der Verkehr durch die beiderseits ergrifienen 
Zolhnaesnalim«! unterbunden worden. An dieser Grenze wurde 
bis tief in unser Jahrhundert hinein geschwärzt. Ungarische 
Kauflente führten im vorigen Jahrhundert Uber Polen auf den 



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66 



Leipzi^rer Märkten erkaafte Waaren in ihre Hcmiat, mit den 
Zoll Wächtern im innigsten Einverständnisse. In Böhmen und 
Mähren machten sich die Nachtheile durch den Abbruch der 
Handelsbeziehungen zu Preussisch- Schlesien bemerkbar. In 
einer grossen Arbeit dos llotVathes Simon, eines genauen Ken- 
ners wirthschaftlicher Verliültnisse, dessen Sendung nacli Mähren 
erfolgte, um die gewerblichen und mercantilen Zustände des 
Landes zu ötudircu, findet sich eine Fülle von Angaben über 
die Rückwirkung des unterbrochenen Handels. Noch nach 
Jalirzolmteu wies ein hartgesottener MercantUist wie Schleyer 
daiiiuf hin, dasa der Lothgamhandel durch den Al)bruc}i der 
Beziehungen zu den ßieslauer Kuutieuten in Verfall gerathen 
sei, bis einige Prager Spediteure den Weir nach Holland ge- 
funden hatten. Die bölimisclien Leinwuiidliaudler besabsen nach 
der Angaljü desselben Gewälirsmannc.s niclit Ii mlangliche Kräl'tc, 
um ihren Geschäften eine grössere Ansdelinun^ zu geben. Man 
könne liierlands, bemerkte er, die Kautieute, welche einen be- 
trächtlichen Handel nach aussen treiben, zählen, jene, die 
Vermögen besitzen, seien des auswärtigen Handels nicht kundig. 
Auch die schlesischen Grenzgebiete namentlich litten ungemein. 
Noch im Jahre 1780 wird darauf hingewiesen, dass einzelne 
Orte, wie z. B. Zuckmantel, welches früher einen lebhaften 
Handel mit Breslau unterhielt und Natur- und Kunstproducte 
im Werthe von 500.000 fl. dahin abgesetzt haben soll, seinen 
ganzen Handel verloren habe.*'* 

Einen Ersatz fUr den verminderten Absatz nach Deatsdi- 
land erhoffte man in Italien. Oesterreich besass das Mailändi- 
Bche und Mantnanische, Toscana wurde dem Erzherzog Leopold 
übergeben, und man glaubte daher, dass Österreichische und 
angarische Erzengnisse tiber Triest sowohl in diese Oebiete, 
als aach in die übrigen Gegenden Italiens gesendet werden 
könnten und die deutschea km Sachsen und Prenssen nach 
der Adriastadt gebrachten Waaren verdrängt werden könnten. 
Die Anzahl der KMifleute, welche mit italienischen Plätsen in 
Handelsverbindungen standenj war jedoch eine winzige.*'* Die 
mXhrisohe Lehnbank bemtthte sich, Veibindungen mit Triester 
Eanflenten anzuknüpfen, allein die grössten und vermöglichsten 
derselben waren, wie es in dem Berichte heisst, an die Inter- 
essen der sächsischen und preussisch-schlesischen Kegocisnten, 
ihrer alten Freunde, gebunden und zeigten sich daher wegen 



I 



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57 



Beförderung des VerschleisBefl der erbländischen Fabrikate sehr 
kaltsinnigJ** Da der Staat bei der mtthriachen Lehnbank be- 
theiligt war, verfiel man anf den Plan^ daas dieselbe in Triest 
ein Magazin für mtthriache Tttcher errichten solle. Auch 
sollten die böhmischen und schlesischen Industriellen bestimmt 
werden, Waaren nach Triest zu senden. Die schlesischen 
Weber lehnten das Ansinnen ab, sie hätten liinlänglichen Ab- 
satz nach Polen und Ungarn, und nur die Weber in Zack* 
mantel erkl&ien sich daan bereit Die böhmischen Fabrikant«! 
antworteten, sie seien awBser Staude, sich in einen Credithandel 
einzulassen, wolltm jedoch mit den l'riester Kaufleuten in Ver- 
bindung treten, wenn sie bei Abliefemng der Tuche in Wien 
sogleich baare Bezahlung erhielten. 

Zwisclien Oesterreich und Toscana war am 17. Januar 
1748 eine Vereinbarung getroffen worden, dass alle Uber Triest 
eingeführten toscanischen Natur- und Eunstproducte — seidene 
Bänder, Tttchei nnd Strümpfe, sowie gemeine Weinsorten «db- 
genommen — in allen deutschen Erbländem an Consumo- nnd 
TransitozoU, sowie an Mauthaufschlag oder -Zuschlag nicht 
mehr als die Hälfte bezahlen sollen; die Seiden watfren miusten 
mit dem Namen und fh-m Zeichen des Meisters dngewirkt 
sein, jedes Stttck an beiden Enden mit dem Siegel des Ortes, 
wo dasselbe erzeugt wnrde, bezeichnet und jene Waaren, 
welche keine Obsignirnng gestatten, in Ballen, Fässern oder 
Kisten verpackt, von aussen mit einem Siegel versehen sein. 
Waaren, welche sich nicht auf diese Weise legitimiren konnten 
und nicht Uber Triest in die Erbländer eingefuhrt wurden, 
hatten die ganze Mauth gebühr zu bezahlen. 

Nachdem im Jahre 1740 die Einfuhr einer grösseren An- 
zahl von Waaren verboten worden war, wurde die Frage er- 
örtert, wie es mit den in Toscana verfertigten, nunmehr ver- 
botenen Waaren zu halten sei. Das Oommcrzdirectorium war der 
Ansicht, dass dieselben als fremde zu behandeln seien, folgHch 
dem Verbote unterliegen müssen, da die Florentiner bei einer 
geringeren Mauthentrichtung noch gefährlichere Concurrenten 
für die erhliindischcn Fabriken würeii; eine verlUssliclie Con- 
trole, damit Tiiclit fremde Krzengnisse flir toscanisolie ausge- 
geben werden, sei unmöglich. Üeherliaupt können hei ver- 
botenen Waaren partieulare Begünstigungen nicht pLatzgreifeii. 
Auch Tirol und die Vorlaude werden als fremde Llüider an* 



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58 



gesehen, dio Vcrl)üte rinden daselbst, einige durch besondere 
Verordnunfjcn bea^iinstisrtc Waaren aus«^enuninien, Anwendung. 

Die Kaiserin verfugte, mit dorn gros>5!ier7n_'-liolien Minister 
Grafen von Kosenberg in Correspondenz zu treten, um die dem 
toscanischen Handel ohne Beeinträchtigung der österreichischen 
Fabriken zuzugestehenileTi Begünstigungen in Vorschlag zu 
bringen. Zwischen den tiraten Chotek und Rosenberg fanden 
in der Tliat \'erliandlungen statt, die jedoch ergcbnisslos blie- 
ben, da der tosamische Unterhändler Begünstigungen fllr Seiden- 
waaren forderte, welche von der österreichi sehen Behörde ab- 
gelehnt wurden. Graf Chotek stellte der Kaiserin vor, welcbo 
Folgen es für die Krblande haben würde, wenn die florentini- 
Bcheu Erzeugnisse von den Verboten ausgenommen würden. 
Da man genaue Tabellen über die Ausfuhr und Einfuhr der 
Waaren nicht bosass, so musste sich Graf Chotek blos auf 
einige aligemeine Bemerkungen beschrilnkcn. Toscana konnte 
den Erblanden für Leinwände und ' Haswaaren. für Stahl-, 
Eisen- und KujitVniabrikate einen })etrarhtlichen Abzug ver- 
schaflfen, wenn erstere, wie (uaf Kosenberg bekannte, nicht 
grösstentheils von Hamburg dahingebracht würden, daireiren 
führte Toscana den Erblanden Wein, Oel, gearbeitet*^ und rohe 
Seide zu. W' im sich auch die Bilanz zwischen beiden Liin- 
dem wirklich ausgliche, so müsse doch in Betracht gezogen 
werden, dass die Abnahme erblftndisclier Producte für Tuscana 
vortheilhaft und nöthig, jene der florentinischeo hingegen fiir 
die Erblande in einigen Artikeln nur , willkürlich* und entbehr- 
lich, in anderen alier der eigenen Erzeugung nachthcilig wäre. 
Würde das Verhiiltniss ein L'leiches sein, so müsste auch Tos- 
cana einige Artikel zum Vortheil der Erbhinde mit Verboten 
belegen, da die österreichischen Verbote toscana zum Nutzen 
gereichen, aber bis dies gescliehe, würde es gegen die ,ver- 
theilende Gerechtigkeit laufen', Bestimmungen bttütehen zu 
lassen, welche nur einseitigen Vortheil bringen und besonders 
die erliliindische »Seidenmanufactur ihrem gefährlichsten Mit- 
eiferer preisgeben. Die AntrHge des Grafen Chotek wurden 
abgelehnt, Toseana behielt jene Begünstigungen, die dcmselbea 
bereits eingeräumt wf)r<len waren. 

Als der Secretär der Kaiserin, Neny, im März 17G8 nach 
Florenz ging, erhielt er die Weisung, ülier die Tarife in Tos- 
cana Erkundigungen einzuziehen. Bei seiner Rückkehr legte 



59 



er um&8aaide Berichte vor.^'^ Hiemacb bestanden in dem 
Grossherzogthume einige Verbote, so auf Eisen in Stangeiii 
Gasseisen, Wollraanufacte, leonische Gold- und Silberwaaren, 
Seide und Seidenfabrlkate, Verbote, die sich aaf alle Länder, 
demnach auch auf die erbländiachen Erzeugnisse erstreckten. 
Die Berichte Neny's wurden in Folge eiitea keiaerlichen Hand* 
Schreibens vom 6. Juli 1768 an die Intendenia getendety nm 
den HandelBstaiid zu Triest einzuvemehmen und sodann ein 
Gutachten zu n- tatten, namentlich darüber, ob and wie all- 
monatlich eine bestimmte Schiffahrt zwischen Triest nnd Li- 
▼onio einsorichten sei. Die Triestiner Kaufleate epnchen sich 
dahin bxu, dass die den toscanisehcn Waaren zugestandene 
BegUnstigong bei dem Conf^umo- und Transitozolle fttr den 
Freihafen ungemein erspriesslich sei, da den crbländischen 
Feilschaften Beciprocität zugestanden sei, wodurch der toscani- 
sche Consument veranlasst werde, diese Waaren ans Oester- 
reich TAI holen. Kupfer, Quincaiileriewaaren, Blech, Eisen- 
fabrikate, Stahl, Quecksilber, Zwillich nnd X<einwande, Wachs, 
Glaswaaren und Getreide können nach Toscana bedeutenden 
Absatz haben, aliein die im Jahre 1Ö48 getroffene Verständi- 
gung habe blos swel Stras^ien im Ange gehabt, nämlich jene 
über Porto di Lago sonro nnd über Hantna, während von einer 
directen Verbindung zwischen Livomo und Triest nicht die 
Rede gewesen sei. Nun habe zwischen Triest und Livomo 
vor Zeiten gar keine Verbindimp: bestanden, und sehr viele 
östeiTeichische Waaren, so z. B. kämtnerischer Stahl, seien 
über Venedig nach Livomo geführt worden. Bei einer neuer- 
lichen Vereinbarung erbaten sich nun die Triestiner, auch die 
Verbindiiiif^ zwischen Triest und Livomo ins Auge zu fassen.'^* 
Am Iii. Deccniher ITtis fand nnter dem Vorsitze des obersten 
Kanzlers Thotek eine Sitzung statt, in welcher die Frage über 
die Toscana einzuräumenden Bofrünstifjunfjen in Folge eines 
Handschreibens vom 20. November eingelicnd erörtert wurde.*''-* 
Abgesehen von den in den trüberen \'ereinbarungen fest- 
gesetzten Artikeln, welche liei fler Kint'ulir in Toscana begün- 
stigt wurden, sollte auch dahin {restrebt werden, ungarisches 
Getreide und Tabak in Toscana zu einem raHssigen Zolle ein- 
führen zu können, da diese beiden Gegenstände Avichtige Aus- 
fuhrartikel über Triest abgelnin könnten. Von Seite Toscanas 
wurde die Willfährigkeit ausgesprochen, einige Magazine zu 



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60 



Livomo den erbländischen IlandelBleaten unentgeltlich za über- 
lassen, um daselbst Waarenlager errichten va kennen. Die 
Ansicht der Commission ging dahin, dass man diesen Antrag 
zwar mit Dank anndimen könne, aber keinesfalls sich in eine 
Verbindlichkeit einlassen solle, Niederlagen zu Livomo errichten 
zu müBsen, da die Triester Handelslente sich gegen diesen 
Yorscblng ausgesprochen hätten und auch dem Kaufinanne 
freie Hand gelassen werden solle, nach eigenem Ge&Uen seine 
Speculalionen einzurichten. Die Kegulirung (mhos besseren 
Wassertnmsportes wurde für übei*fl(\ssig «jeiuiulün, da eine 
,Barca corriere' nach Fcrrara in Triest ohnehin bestehe, die 
•Schiffifthrt swischen der Adriastadt und Livomo überdies derart 
sngenommen habe, dn^n es an Transportmitteln nie fehlen 
werde. Die Anträge der Commission wurden von der Kaiserin 
genehmigt und die Weisung ertheilt, von dem toscanisehen 
MiniBterium eine Gegenerklftrung abzufordern,"® 

Bei den mit dem toscanisehen Mini.steriiim geftlhrten Ver- 
handlungen wurde die Frage erörtert, ob Verbotsgesetze zum 
Vortheil der österreichischen Krzeusrnisse in Toscana zu er- 
lassen seien, oder ob nicht violniehr eine Mautherhöhung für 
tVcnide Waaren eintreten solle. Graf Rosenberg hob hervor, 
dass die Zollerhöhnng in einem Staate wie Toscana nicht wohl 
tliunlich soi und nur GefuUsuntcrschleifo zur F()l<re iuibi'n 
dürfte^ CS walte jrdoch koin BfMl(Mikon ob, mit (Miiigcn Vorboten 
vorzugclion. worm man den Beweis erbringen würde, dass die 
er])lilndiscliei^ Erzeugnisse in J3e/aig auf" C^ualität und l*reis den 
ausländisehen Krzeugnissen gleich stünden, sowie aucli naeh 
Bedarf geliefert Averden könnten. Hei dem Verbote der Hüte 
und Glaswaareii stünde zu besorgen, dass die Venetianer den 
Toscanesen den Transit nach Ala sperren könnten. Eine 
Vereinbarung wurde nun dahin getroffen, für den Fall, als 
die Venetianer den Verkehr nacii Ala hindern sollten, durch 
die Sperrung des Transits durch Kärnten Keprestjalien zu f\ben. 
Graf Rosenberg fügte auch hinzu, dass in dem Grosslierzog- 
thum wohl einige Verbotsgesetze bestünden, so auf fremde 
Tücher und Wollenzeuge, alier die gleichartigen erbländi- 
schen Waaren von dcnselixui ausgs noninien w^erden sollten, 
Salz und Tabak seien jedocli ein landesfürstliclies Privativum, 
und die Einfuhr dieser Artiktd könne daher nicht gestattet 
werden; die den üsterreiohiBchen Waareu zu gewährende Mauth- 



61 



besttnstignng sollte in Zukunft anf alle Arten des Tnmeportea 
nnd anf alle StrasBen Anwendung finden.^** Am 11. December 
1769 meldete Graf Roeenberg in einem Sehreiben, da« der Qross- 
beraog die Vereinbarang gnthiesse, jedocb solle nidit nur Salz 
nnd Tabak, sondern ancb Elsen nnd alle grosshenoglichen 
BegaHen dem Einfnhirerbote unterliegen nnd die erblllndiscken 
Ftodncte davon niobt befreit sein. In Wien wfinscbte man venig- 
stens die Zulassung des österreichischen Eisens an erwirken. 

£in unmittelbarer Handel zwischen den italienischen 
Gebieten mit den anderen Provinzen des Österreichischen 
Staates konnte weder zu Lande noch an Wasser stattfinden. 
Die llerzogthümer Mailand und Mantaa waren von dem öster- 
retchisohen Litorale durch venetianischc und päpstliche Gebiete 
getrennt, die Schiffahrt auf dem Po durch die ttbergrosse päpst> 
hohe Mauth im Betrage von IG bis 24 Procent des Waaren- 
werthes bei Porto di Lago sonro, unweit Ferrara, beinahe ge- 
sperrt. Die Pächter waren vernünftiger al die Gesetzgeber 
und liessim den Eauflentcn den vierten Theil gutwillig nach. 
Auch die päpstlichen Untertlianen hatten dieselben Zölle zu 
erlegen. Die Venetianer verführten ihre Waaren auf der Etscli, 
deren Mündungen wasserarm waren, anf kleinen Schiffen (bnr* 
chielli). Die den Po aufwärts gesendeten Waaren kamen 
grösstentheils aus der Levante, aus Deutschland und dem 
Königreiche Neapel und Sicilieu. Die Venetianer machtm dem 
päpstlichen Hofe die Herrschaft über den Po streitig, um den 
Handel anf diesem Flusse au beherrschen. Auch belegten sie 
alle Waaren, die aus frraiden, am adriatischen Meere gelege- 
nen Gebieten nach Venedig gebracht wurden und nicht eigene 
Landeserzeugnisse derselben waren, mit einem hohen 15pro- 
centigen Au&chlag. Der päpstliche Hof ergriff Repressalien 
durch eine Verordnung, wonach alle auswärtigen Waaren, jene 
ausgenommen, die aus den päpstlichen Handelsplätzen oder von 
erster Hand kommen, bei Porto di Lago scuro ebenfalls mit 
einem löprocentigen Werthzoll beschwert wurden. Obgleich 
gegen Venedig gerichtet, litt audi der Verkehr der österreichi- 
schen Kllate empfindlicli unter dieser Massregel. Der öster- 
reichische Verkehr mit der Lombardei war daher durch die 
Venetianer auf dem Landwege, durch den päpstlichen Hof zu 
Wasser gesperrt, während die Venetianer ihren Verkehr anf 
ihren Wassei'strassen zu heben suchten. 



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62 



Graf Christiani, mit der Leitnng des Oesterreicli gehöri- 
gen italiemachen Gebieten betraut, knüpfte Verhandlungen mit 
Venedig an, um durch cin^ Vertrag dem Verkehre mit Tirol 
und der Küste Erleichtenmgen zu verBchafiTnn, und in der 
Marcusstadt sohien man geneigt, die alten Gaoäiei welche in 
Verfall gerathen waren, herzustellen, von Legnago nach Osti- 
gKa einen neuen Canal zu eröflfnen, dessen Kosten auf 100.000 fl. 
veranschlagt wurden, wovon jeder Thcil die Hälfte tragen sollte. 
Christiani zögerte jedoch, die Verhandlungen zum Abschluss 
zu bringen, von der Ueberzeugung geleitet, dass die Venetianer 
natürliche Feinde des österreichischen Handels seien und blos 
die Ftirderung- des oig-eneii Interesses bezwecken, daher dem 
Handel der Küste durch eine Vereinbanmp: mit Venedig mehr 
Nachtheil als Vorthoil erwachsen würde. Seine AbBicht war 
auf eine Vereinbarung mit dem piipstlichcii Hofe gerichtet, und 
die mit Venedig eingeleiteten V'erliaadlungen sollton eigentlich 
nur die , Beisorge' Kotns erwecken. Der Cardinalsecretür Arch- 
nito und der .Scliatz-iiri^tfr Perelli macliten Hotl'nung zu einer 
Verständigung. (Jhnstiani erhielt 1707 von Wien die erbetene 
Vollmaclit. Trleiehzeitig bemühte Hich auch tla.s Conimerz- 
directurium, durch den in Rom anwesenden Grafen Philipp 
von Sinzendürf Herabsetzung des Wasserzolles bei Porto di 
Lage scuro zu erlialten. Der rtsterreiehische Antrag ging dahin, 
für die j)iip.stlicht n Waaren die Transitozolie zu Laibach und 
Graz, sowie die ( \>nsumogebuhren für einige Artikel gegen 
Herabminderung der ferraresischcu Zölle auf dem Po zuzuge- 
stehen, worauf man jedoch in Rom niclit eingehen mochte, da 
die erwähnten innerösterreieliiseiien Mautheu zu genug seien 
und mit den päpstlichen in keinem Verhitltnisso str-hon. Graf 
(Jhnstiani Itraelite Hudann in Wien eine Zoliiierai)Tuin(iening 
für ilie päpstlichen Unterthanen in allen dentHchen Krblanden 
in Antra":, wa« dem Commerzdirectorium wieder ,zu hoch ge- 
spannt' ersclueu, weil die Erblilnder grti.s.ser als der Kirchen- 
staat seien, mithin die ,Proportion iii)er6teige'. Graf Christiani, 
fürchtend, dass durch die in den Kreisen der Commerzbehörde 
herrschenden Ansichten nur eine nachtheilige Verzögerung ein- 
ti'eten könnte und die Venetianer Kunde von seineu Unter- 
liandlungen mit Uuin erh.ilten würden, erbat sich die Ermächti- 
gung zum Abschlüsse eines Vertrages, indem er verspracii, 
dem Handel der Küste iudirecte Vortheile zu verschatlen und 



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63 



den We§^ sn weiterer Verständignng mit Rom sn erOffiien. 
Dem Anracben wurde toh der Kaiserin Folge gegeben, and 
es gelang dem Grafen, eine Convention rom 30. November 
1757 anm Abscblnss an bringen. Die Erleicbtenmg der 
Schiffahrt anf dem Po für die beiderseitigen Unterthanen 
wurde vereinbart, von Osterreiehiseher Seite wurde der grosse 
WasseraoU an Gremona, von päpstlicher jener zu Porto di 
iMgo scnro herabgesetat Diese Zollerleicbternng sollte jedoch 
nnr jenen Waaren, welche eigene Enengnisse der betreffen- 
den Lftnder waren oder von der ersten Hand auf den Po 
kommen nnd nicht von anderen an der Adria gelegenen See- 
hilfen gebracht werden, an Theil werden, welcher Znsata das 
Österreichische Litorale nnd die Häfen anssehloss; nnr Sala 
war ausgenommen, welches ohne Unterschied der Proveniena 
einen Nachlass erhielt. In einem geheimen Artikd wurde 
jedoch den FVeihftfen THest nnd Finme angestanden, die 
eigenen Eraengnisse anf dem Po einzuführen nnd sollten die* 
selben wie die Erzeugnisse der österreichischen Lombardei 
bei der Verzollung den ferraresischen gleichgehalten werden, 
auch den vertmgschliessenden Theilen vorbehalten bleiben, hin< 
sichtlich der deutsch*Osterreichischen Erblande sich durch einen 
besonderen Vertrag einauverstehen. Diese Abmachung wurde 
mit Rücksicht auf die ,Scheekucht' der Venetianer geheim ge* 
halten nnd nicht verkündet Man begnttgte sich, dem Oommera- 
directorium au weiterer Benaohrichttgung der Behörden die 
Mittheilung zu machen, dass der Graf Christiani mittelst eines 
besonderen Verständnisses mit dem pil]fötlichen Hofe es dahin- 
gebracht habe, dass alle in Triest und Fiume oder in dem 
dortigen Litorale erzeugten Waaren, wenn sie mit Zeugnissen 
(\or dortigen päpstlichen Consulen beglaubigt wurden, in Porto 
di Lago seuro die geringeren Zollsätze zu entrichten haben. 
Den Bedürfnissen der Seehäfen Triest und Fiurae entsprach 
der Vertrag allerdings nicht, da die eigenen Erzengnisse dieser 
Gebiete nicht bedeutend und zahlreich genug waren, aus wel- 
chem Grunde sich das Ck>mmerzdirectorium mit Entschioden- 
heit gegen den Vertrag ausspracli. l^enn der Verschleiss des 
Litorales bestand in Eisen, Stahl, Kupfer, Messini;:, Quecksilber, 
leinenen und wollenen Zeugen aus den Erbländem, sowie in 
Waaren aus der Levante, welche frUher anf dem Po durch 
das päpstliche Gebiet oder zu Lande durch das Venetianische, 



64 



wenn auch gegen Entricbtang grosser Zollabgaben, geführt 
werden konnten; nun war dnroh den ,nnglilckseligen Tractat' 
die Wasserfahrt auf dem Po ausschliesslich den päpstliche 
Unterthanen, die blos einen lOprocentigen Zoll zu entrichten 
hatten, ermöglicht.**' Nach längeren Verhandlungen erfolgte 
im Jahre 17(54 oinc Erkliirimg Roms, die von Trii^t nach den 
römischen Staaten und auf dorn Po nach der Lombardei ge- 
führten Waaren so zu behaudi'In, als wären sie direct aus den 
deutschen Staaten dahin fi;e.sendet wonlen.'** Die Kaiserin er- 
theilte dem Stuatskan/.lcr die Weisung, mit dem päpstiichen 
Stuhle abzuschliesgen,'^-' 

Die Gewährung von Befriinstiguni^en an Mailand und 
Mautua stiess auf Schwierigkeiten. Die Kaiserin gab am 
28. Juli ITüÖ dem Commerzicnrathe den Auftrag, einige Wtuiren 
gegen Entrichtung de.s lialben Zolles gegenseitig einführen zu 
dürfen.'*"' Es vergingen Monate, ohno da.ss die Angelegenheit 
einen Schritt vorwilrts maclite. Die Kaiserin drängte auf Ent 
Scheidung.**' Endlich, am 23. April 170^, legte der Coni- 
merzienrath sein Gutachten im verneinenden Sinne vor. Die 
Kaiserin schrieb eigenliändig auf das Frütokoll: .Diese .so lang 
dauernde sach ist ohne fernem Verschul» eiiizuriehtenj l'iirchte 
man was nachthciliges, wie es nicht einsehe, so seyud ja die 
Länder mir, kann es wieder abändern.^ 

Durch Patent vom 3. Juli 1769 wurde verflogt, dass die 
deutsch-österreichischen, dann die in dem Litorale erzeugten 
Waaren in das Herzogthum Mailand und Mantua gegen Ent- 
richtung der halben ausländisehen MauthgebUhr zugelassen 
werden sollen. Diese Waaren mus^ten jedoch in den deutschen 
Erbstaaten bestätigt wenlen. Die in dem Herzogtimme Mai- 
land und Mantua erzeugten Waaren und Feilschaftea, beson- 
ders die Seidenwaaren, sollten von der Behörde mit einem 
bestimmten Zeiehen versehen werden und wuiden sodann ohne 
Unterschied, ob die Waaren zu den verbotenem oder nicht 
verbotenen gehörten, mit dem halben Zoll bei der Einfuhr in 
die deutsch-östen'eichischen Läitilei belegt. Eremde Waai-en, 
welche durch die deutschen Erbländer iihei li(ihinen und 
l>iiederö8teiTeich nach Triest und Fiume trausitiren und von 
hier ins Mailändische und Mantuanische geftihrt wurdeUj er- 
hielten die gleiche Begünstigung der halben Mauthgeblihr unter 
gewissen Vorsichten. Auch fremde Waaren, welche aus den 



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65 



dentscIi-Osteimeliiwsh«]! ErbUbidern, nachdem sie daselbst be- 
reits die Zollgebttbr abgestattet hatten^ kamen, wurden in Mai- 
land und Hantna snm halben Zoll sngelassen.^* 

Die Herabeetnmg der Zollsätze filr den Verkehr mit den 
Osterrekshisoh- italienischen Besitsongen — Mailand nnd Mantoa 
— sofaeint den gegenseitigen Verkehr nicht gefördert in haben. 
Die Osterreichische Lombardei f^rte ans der Fremde ein: 
Leder, Eisen, Okwwaaren, Wollenieage n. s. w. Die Verbesse- 
rung der Schiffahrt aof den Flflssen wurde zur Erleichtemng 
des Verkehres ins Auge ge&sst, allein die Mauthen auf dem 
Po in den parmaischen ond modenensischea Gebieten waren 
zu hoch. Ein Kaufmann, Namens Dassi, unternahm Probe- 
ladangen von Trio^t nach Mailand nnd von Venedig ebendahin, 
um auf diese Weise den Unterschied der Transportkosten kennen 
zu lernen. Später wurde ein Handlnngshans in Mesola eta- 
blirt, da die Fahrt nach dem Hafen von Porto goro sn imßiclier 
war. Dieser war nämlich von Triest aas hei günstigem Winde 
binnen 24 Stunden m erreichen, bei ungünstigem aber dauerte 
die Fahrt 7 — 8 Tage. Dcslialb ,verab8cheuten' die mailändi- 
sehen ELaufleute die Verbindung mit Triest, und man beab- 
sichtigte, den Verkehr Uber Mesola zwischen Maihuid ond Triest 
zu fördern. T.ago scuro, damals päpstlich, wurde von Triester 
Schiffen wohl besucht, allein die Waaren blieben Wochen und 
anch Monate lang liegen, weil keine regelmässige Schiffahrt 
von und nach Mailand bestand. Ein weiterer Ucbelstand, der 
einem lebhaften Verkehre zwischen Mailand nnd der Adriastadt 
entgegenstand, waren die vielen Mauthen.'^' Das Zolhvcson 
in Mailand war noch am Anfange der Siebzigeijahre kein ein- 
heitliches. Dasselbe "war, wie e.s in einem Vortrage hciast, als ein 
aus sieben ver.scliiedenen und vun einander unabhängij^en Körpern 
bestellendes betrachtet, nämlich das llerzorjthum Mailand, das 
Fürstentlinm Pavia, die Grafschaft Cremoua, die Rt zirke von 
Lodi, Cüneo und Casal ma^giore, endlich die. 8ta<it Mailand. 
Jedes dieser Gebiete hatte eiTio besondere Züilordnuug. Die 
Zölle waren verpachtet. Die Mailand fr bezogen deshalb levan- 
tmische Waare wohlfeiler aus Nizza und Genua als über Triest, 
auch in kürzerer Zeit, nämlich binnen 14 Tagen, während die 
Sendung über 1 riest 40 beanspruchte.'^'* 

Mit Modena wurde ein Handelsvertrag zu Mailand am 
22, August 1757 abgeschlossen und zu Wien am 7. September 

Atüüi. LiXXVl. bd. I. Hüft«. 5 



66 



1757 ratificirt. Unterhändler von österreichischer Seite war 
Oraf OhristiMii^ von modenensischer Graf Sabbatini. Die beider- 
seitigon Unterthanen sollten wie Nationale behandelt werden. 
Für den Transit auf dem Po wurden die zwischen Oesterreich 
und Sardinien am 24. Juli ITöi und zwischen Modena und 
Sardinien am 14. Februar 1753 geschlossenen Vei'träge laasa- 
gebend anerkannt. Für die Dttrclifuhr zu Lande bewilligte 
Modena eine Herabmindening der Zollsätse fiir alle Waaren, 
die auf der Strasse von Bologna und Massa nach Mailand ge- 
führt wurden, sowie für Seide auf der Strasse über Mailand 
nach PieiQont.^^ Mit Neapel gelang ein TertragsmässigeB 
Uebercinkoraraen nicht. 

Seit dem Jahre 1763 wurde an einer Verütändigiing awi- 
schen Toscana, Mantua und i^lodena gearbeitet, nm den bis- 
herigen Zug der Waaren aus und über die Schweiz und Grau- 
bUnden durch den sardinischen Antheil des Herzogthums 
Mailand nach Ferrara und an den Po zu beseitigen, dagegen 
eine gerat! r Strassf aus Tirol über Verona durch die erwähnten 
Staaten mit Umgehung des päpstlichen und Inccaischnn Gc 
biftes nach Livorno herzustellen. Den Bomüliungen dos (irafen 
Firmiari war es ^^elungen, dass im Toscaiiisclieii und Modouensi- 
selion ,zusanuuenhUngende' Strassen errielitct wurden und noch 
eine kleine Strecke in dem Muntuanisclieu herzustellen war. 
Zu Sabioncelli wurde ein Zoliliaus errielitct. Aueli eini<rten 
sich die drei Staaten über eine beträchtliche Herabsetzung der 
Transitozüile.'^^ 

VIII. 

Die Anbahnung einer Handelsverbindunc: zwisciien Holland 
und dem Litorale stand seit Leopold auf der Tagcsordnun;j: 
und wurde unter Karl VT. im Jalire 1735 von der Minibtcr- 
cuuferenz m Antrag ^e})rac]it und vuni Kaiser genehmigt, ohne 
jedoch zur Auisfüiirung zu gelangen. Die Unterstützung, welche 
Maria i heresia wHlirend des Krbfolgckrieges und später wäh« 
rcnd des dritten bchiesibclien Kri<';;<'S bei den belgischen Stän- 
den fand, bestimmte sie zu dem Entschlüsse, den KauÜeuten 
thunlich.ste Begünstigungen zu gewiiluen, übcriiaupt die öster- 
reichischen iSiiederhinde mit der MDuarchie wirthschaftlich in 
innige Verbindung zu bringen. In diesem Sinne sprach sie 



67 



sich Sjlva Taronea gegenttber «tu, und Graf Ohotek erhielt 
die Weienngy die zu ergreifenden Masmaluiien mit demselben 
in Erwlgung sn sieben. Der Yereinbanmg safolge sollten die 
Seidenwaaren kos den Niederlanden in gleicher Weiee wie jene 
ans Toscana gegen Entrichtung der Httlfte des Zolles eingefilhrt 
werden dürfen, anter der Bedingung, dass der Import Uber 
Triest stattfinde; feine Leinenspitaen, Monsseline, deren Er* 
zengmig damals in österreichiachen Landen unbedeutend war, 
daher eine Concnrrenz mit österreichischen Ersengnisaen nicht 
zu bei^chten war, sollten aach bei der Einfohr zu Jjande eine 
Zollennässigüng erhalten. Die Kaiserin ging jedoch weiter and 
schrieb eigenhändig auf den Vortrag, sie habe den Entschlnss 
gefasst, Tücher ansgenommen, alle belgischen Waaren einer 
ZoUbegUnstifrnnp; tlioilhaftig werden zn lassen.'" Der Handel 
der Österreichischen Niederlande sollte Uber Triest ge]<-it(>t 
werden. Die Kaiserin wendete sieb an ihren Schwager, Karl 
von Lotbringen, der jedoch wenig Hoffiinng machte, dass die 
Belgier die gewohnten Wege verlassen werden ; er rieth, Schiffe 
nach Cadix und Lissabon zu senden, wo belgische Schiffe ein- 
treffen würden, um auf diese Weise eine Verbindung mit den Öster- 
reichischen Niederlanden herzustellen."'^ Im Jahre 1753 einigten 
sich Sylva Taronca und Chotek, auch Tüchern die Begünstigung 
des halben Zolles zu gewähren, da, wie der Letztcrc in einem 
Vortrage hervorhob, feinere Tücher in den ?>blanden nicht 
erzeugt wurden und in ordinären Sorten eine Concurrenz Bel- 
giens nicht zu befürchten sei. Auch die Beseliränkung der 
Seidenwaaren auf die Einfuhr zur See sollte entfallen. Ent- 
scheidend für dieses Entgegenkommen der österreichischen 
llandelsbehnrde war der Umstand, dass mittlerweile die Zoll- 
ordnungen für R?>bmen, Muhren und Schlesien mit höheren 
Zollsätzen fertijL'^^e.stellt waren. '^'^ Obp^lfich eine prineipielle 
Ver.stän(li<2;unfi; erfüllet war, zopen sich die Verhandlungen zwi- 
sclien dem niederländischen Depai'tement nnd dem Oommerz- 
directorium noch jahrehing liin. Taronca klagte dw Kaiserin 
über die Widorhaarigkeit der österreichischen Handelt^behörde, 
niederländische Waaren zu dem Zollsatze von (> — 8 Procent 
zuzulassen.'" Die Verzöf!;ening wurde, wie aus einem Vor- 
trajije Chotek's hervorgeht, (Uidurch herbeigeführt, dass man 
erst die Ergebnisse der damals mit Sachsen und Preussen 

geführten Veitragsverhandluugeii abwarten und die Tarife 

5* 



68 



für Ungarn und KiederOBterreieli sum Absehlasse bringen 
wollte. 

Im Jahre 1761 brachte die Kaiserin die schlummernde 
Angel^ienheit in Anregnng.^^^ Graf Ohotek berichtete in einem 
Vortrage vom 4. Juni 1761, man habe beabsichtigt, einen 
Barattohandel swisohen den erblftndiscben gröberen und nieder» 
ländischen feineren Tnchsorten einsnleiten, vosn jedoch eine 
grössere Niederlage erforderlich gewesMi wäre, um die ver- 
schiedenen Tuchsorten gegen einander auszutauschen, allein die 
hiesigen Kaufleute haben weder Kräflte noch Neigung zu sol« 
chem Unternehmen; ob aber in den Niederlande ein bemitteltes 
Handelshans va einer derartigen Niederlage zn yermögen sein 
werde, mUsse erst erhoben werden. Auch komme zu erwägen, 
dass die niederländischen Tücher die feinen und ordinären 
erbländischen Gattungen nicht ^zurückschlagen*. In Folge dieser 
Darlegungen wnrde auch die Erledigung dieser Angelegenheit 
vertagt.'^" 

Nach Jahren brachte Kaunitz, dem die Leitunoj der nieder- 
lllndischen Angelegenheiten übertragen war, die Frage wieder 
in Fhiss. Der Staat.sl<.anzler wit;s auf den Vortrag Taroncn's 
vom Jaiire 1755 hin, der von der Kaiserin ohne Erledigung 
gebUeben .sei. Cliotek, damals Obristkanäsler, dem auch der 
Comraerzienrath unter.stellt war, von Maria Theresia darüber 
betragt, wusste keine Auskunft zu gehen. Alles Nachsuchens 
ungeachtet habe er keine Spur von einer .solchen Mittheilnng 
gefunden. Aua den ihm vorliegenden Scliriften ersehe er blos, 
dass 1753 ein Anwurf zu einer Handelsverbinduug zwischen 
den deutschen und niedt rländischen Staaten gemacht worden 
sei; ,das damidige Commerzicndirectorium habe dazu die Hand 
aber so schüchtern, so zweifelhaft geboten, als oli es solche 
bei der nflehsten guten (ielegenheit zurückzuziehen gedächte; 
mau habe vorbehalten, die Begünstigungen stückweise aufzu- 
heben, gleich.sani, als ob schon damals beide Stellen Zeiten vorge- 
sehen hätten, welche die Glückseligkeit <ler IStiuiten der Kaiserin 
nicht in wechsclweiseu Opfern, sondern in der Verbesserung 
ihrer eigenen \ ciia-sung sehen würden'. Die von dem Commerz- 
direetoriuni in Antrug gcbiuchlcn Zollsätze wären von dem 
Grafen Tarouca zu hoch befunden worden, da das österreichi- 
sche Handelsamt 5 — 20 Procent in Antrag gebracht habe. Bartcu- 
stein's Vorschlag habe dahin gelautet, niederländische Waaren 



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69 



gegen die Hälfte des taiifmttMigeii ZoUsatzes BnsnlasBeii, was 
dem niederländischen Oonvememoit nickt tu geniigen 8obieii| 
da die Zölle durch die mittlerweile erlassenen Tarifordnangen 
bedeutend erhöht worden waren. Nach hergestelltem Frieden 
hakhe. man sich genöthigt gesehen, die Abgaben um 8 Millionen 
zn erhöhen, nnd sei einstimmig der Meinung gewesen, dass man 
diese Summe nur durcli ^Vcnnehrong der Industrie erschwingen 
machen könntet Ob BegUnstigongen eingeräumt werden könn- 
ten, behielt sich Chotek vor, erst dann au beantworten, bis er 
die Angelegenheit mit dem Oommerrienrath in Ueberlegnng 
werde gezogen haben.*'* 

Der Commerzienrath erstattete am 1. September einen 
Vortrag. Wenn man die Lage der deutschen Erblande sowohl 
als der Niederlande in Erwäo^cmg ziehe, heisst es daselbst, so 
lasse sich mit \f'nvr Art der Wahrscheinlichkeiten behaupten, 
die einen Grad der Gewissheit ausmaclieii, dass der wechsel- 
weise Handel niemals in das (rro^isp prhen wird. Die Nach- 
barschaft der Republik Hollaiul, die Kitersucht dor Seemilclite, 
die Entlegenheit der beiden Staaten zu Lande erlaul eii nicht, 
sich mit der süssen HofTminc' zu schmeiclieln, dass Triest die 
levantinischen Waaren Ran im ein werde, um sio nach Neuport 
und Ostende zu führen, und auf dieaen Seeplätzen ost- und 
westindische Waaren zu erkaufen, um die Zinsung zu ver- 
meiden, welche die (lewohnlicii j< ticn Nationen leistet, welche 
im Besitze dieser ilandelsschatt ^ind. Was den Auhiausch der 
gegenseitigen Natur- und Kunstpruductc aubelan^^t, erwartete 
der Commerzienrath nicht, da^is sich damit ein lebhafter Ver- 
kehr entwickeln könnte. Wein würde allcnfalla einen Hiiiidei.s- 
artikel a))geben, aber die Niederländer geben den besseren, 
reizenderen und nahrhafteren französischen Weinen vor den 
kalk- und erdartigen steirischen und österreicliischen, sowie 
den feurigen ungarischen Wcinca Jen Voiv.u|^^ x^ucli mit 
Bcrgwerksproducten werde sich nichts niaclien lassen. \\'ülle 
erhalten die Belgier in Holland zu besseren Preisen, erbländi- 
sche Wollerzeugnisse werden keinen Absatz linden. Die öster- 
reichischen Niederlande erhalten den Rohstoff billig» r, auch 
sei der Arbeitslohn daselbst geringer, eine Begünstigung der 
belgischen Rohstoffe würde daher die Passivbilanz der deut- 
schen Erblande steigern. Wohl gehen Oeterreicbiscbe Lein* 
wände nach England, sie seien aber nicht snm enzopHasehen, 



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70 



sondern siim. westindiscben Handel, den dio Niederlande nicht 
treiben, geeignet. Feino (rnrne werden nach Holland al^esetzt, 
wo die Belgier ihren Bedarf befriedip^en kennen. Glaswaaren 
werden ausgeführt, aber ihretwegen besondere Veranstaltungen 
zu treffen, verlohne die Mühe nicht. Das öaterreichische Ptand- 
leder sei nicht nach dem Geschmack der österreichischen 
Niederlande fj^oarbcitet; Seiden- und Cotonwaaren beziehe man 
daselbst ans Fraiikroich, Holland nnd Enp;land und selbst aus 
Indien. Ein ireflfüilicher Activliandel der deutschen Staaten soi 
daher nicht zu erwarten, ^Iautli])egünsti^nn^en würden nur 
den Niederländern zum Vortlieil j^ereichen, da dicscHien an 
feinen Tiichern und Wollzeugen mehr als bisher in die Erl>- 
lande verschleisscu würden. Dem Staate müsse daran gelegen 
sein, die Concnrrenz der niederländischen Fabrikate zu ent- 
fernen, und nur jenen Industrieartikeln sei eine Begüuiitigung 
zu gewUhren, bei denen dies ohne , Nachstand^ Her deutach- 
erblHndisclieii Manufactnren geschehen kdnne So könnten 
Halbfabrikate au einem geringeren Zolle zug( den niedcr- 

lUndischen Spitzen ein V'or/ng vor den franzOsi^clien ein<i;eräumt, 
für niederländische Tapeten aus Wolle, sogenannte ,Nie(ler- 
länder Spaliere', ein Zollsatz von 15 Pj occnt festgesetzt werden, 
obgleich letztere ein Surro^^at der erbländischen seidenen und 
leinenen Spaliere bilden; auch feinen riiclu'in könne eine ZoU- 
herabäctzung zu Theil wer(ien, insolan^^e die Erbländer die 
erforderliche Menge nicht erzeugen. , Sollten die Niederlande 
für dieses sozusagen uueutgeltliche Geschenk einen wcchsel- 
weisen Nutzen, folglich einen wahren Vortheil für die llandeU- 
scliaft der deutschen Erblande auszuweisen verinö<^en, so würde 
man dadurch angeeifert Mcrden^ auch auf andere Bej^ain Stiftun- 
gen vorzudenken, insoweit iliesea ohne Nachtheil i^cschebeu 
könne; bis dahin könne man in tiefster Erniedrigung nicht 
bergen, dass die allgemeinen V()r8tellun*;en von 1 Iandelsvcr}>in 
düngen zwischen weitläutigeu, obwohl Einem Kcgentcn ge- 
horchenden, jedoch in ihrer Lage und Verfassung, folglich in 
Handelsabsichten selbst, und in deren Beitrage zu der Erhal- 
tung des Ganzen nuterschicdenen Landen dieses Ortes keinen 
Eindmck machen werden, sondern dass man Pflichten halber dem 
Staate ansurathen nicht aufhören werde, mehr auf den Wohlstand 
seiner wesentliehen Lebenstheile, als anf eine ungleiche and 
also fehlerhafte Nahrung einiger äusseren bedacht sn sein/'** 



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71 



Diese Ansichten wurden vom niederländiBcheii Departe- 
ment, dem die Kaiserin den Vortrag zur Begutachtung zu- 
gewiesen liatte, entschieden In- k -impft.**'' Kaunitz, der auch 
aus politischen und iinanzielleu Gründen für die innige Ver- 
bindung der Niederlande mit den österreichischen Staaten 
energisch eintrat^ war dem CSommersienrath in der nnbefan- 
genen Beurtheilong der Verhältnisse weit Uberlegen, und die 
vom Staatskanzler unterzeichneten, der Kaiserin IVbermittplten 
Schriftstücke zeichnen sich durch weitblickende und eingehende 
Sachkenntniss aus. Punkt für Punkt widerlegte er die Be- 
hauptungen des Commerzienrathes und suchte den Beweis zu 
erl»rinpcn, dass ein lebhafter Verkehr mit den belgischen Ge- 
bieten auch den deutschen Erlilanden nur zum Vortheil ge- 
reichen werde. Die Fra^e müsse vormihoilsfrei })eurtheilt 
werden, um eine Bef^leiciumg: der Schwlcrij^kciten zu bewerk- 
stelligen. Selbst wenn man den Nutzen der Nierlerlamle nur 
von dem Standpunkte betrachte wie der Conimerzienrath. dass 
niimlicii in dem letzten Kriege der Monarchie Anlehcn Lse- 
wöhrt wurden, so würden dieselben p:r;5sscre Sorgfalt verdienen. 
Wenn die Ansicht des Commerzienrathes in den Niederlanden 
bekannt würde. wUre der Eindruck ein nngünstifcr.**^* Ihre 
Pflichten werden die vlämischen Provinzen immer erfüllen, 
aber in Zukunft sich passiv verliHlten. wenn sie sich vemaeh- 
liissigt sehen, und es an ausi^erordentliciien Anstrengungen 
fehlen lassen.**'" Ohnehin hnhr die Autliebung der Ostcnde- 
Compagnie einen ungünstigen Hindruck gemacht, der bisher 
noch nicht verwischt sei. Er thue alle» Mögliche, um diese 
unglückselige Epoche vergessen zu machen. Es handle sich 
nielit um (ileichstellung d(M- Nieflcriande mit den Krblfindern, 
sondern nur um eine Bevorzugung vor fremden Stiuiteii, und 
die Kaiserin habe schou bei ihrem Regierungsantritte die Ge- 
neigtheit ausgesprochen, die Belgier in die Lage zu setzen, 
mit den Pirblanden eine commerzielle Verbindung aii/.uknüpfen. 
Nur um Begünstigung jener Industriezweige handle es sich, 
die in den Krblanden nicht erzeugt werden, mehr werde nicht 
gefordert. ^^ enn es nützlich sei, dass Herrscher versehiedener 
Stallten llandel.svorti'äge abschliesscn. um so grcisseren Vortheil 
mÜ8«c es gewilhren, wenn Stiuitcn, die unter Einem Monarchen 
stehen, sicli über diese wichtige Frage, welche gegenwäiUj^ 
alle Mächte beschäftige, verständigen."'' 



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72 



Für (lerartif^e Ansichten war nun clor ^ Vmmfrzipnrath 
nicht zu f^e Winnen. Wenn die liathgeber der Kaiserin sich 
vor einem Jlenschenalter für eine innice Verbindung der nieder- 
ländischen Provinzen mit den Erblandcn ausgesprochen hatten, 
80 erschien es den Mitgliedern des Comraerzienrathes mehr aU 
zweifelhaft, ob sie dies auch jetzt thun würden, nachdem die 
Industrie in den deutsch -böhmischen Lflndcrn trrosse Fort- 
schritte gemacht liatte und ,der Verlust des Kahrungsätandes 
in iivn weitschichtigstea Manufacturen zu befllrchten war'. 
Die V'erhandlungen zwischen dem Commerz ienrath und dem 
niederländischen Departement gelangten erst im Jahre 1770 zu 
einem Ergebnisse, dass wenigstens einige Erzeugnisse, die in 
den Erblanden niclit verfertigt wurden, zu einem geringeren 
Zollsatze zugelassen wurden.**" Von den Zollerleichteruugen 
abgesehen, sollten zur Förderung des gegenseitigen Verkehres 
noch andere Vorkehmngen getrolfcn werden. Nach ))elgischem 
IMustcr bollten Niederliigf>magazinc (EntrrjH^ts) in den deutschen 
Krhlanden eingerichtet werden, welche, wie mau annahm, ,von 
grosser Nutzbarkeit und aueli von wesentlicher Nothwendigkeit 
zum gegenseitigen Handel sein wUrden*. Di*; Namen jener 
Kaiitleute wurdini zusaimnengestellt , die zu ^^'ien, Triest, 
Prag und au aiuleren deutsclicn Orten sich befanden und iin 
Stande wären, von England, Holland, aus den französischen 
und spanischen Seehäfen Waaren zur See an sich zu ziehen. 
Die Frachtkosten fllr die Waarensendung über Hamburg 
und Holland wurden erhoben. Graf von Zinzendorf theilte 
die Erfahrungen mit, welche er sich auf seinen grossen 
Reisen erworben. Ein Kaufmann, Namens Romberg, war 
anseraehen, sich mit Kaufleuten in Triest und anderen Städte 
ins £inTeniehmen zu setzen. Ans seinen Mittheilimgen hoffte 
man , vieles Lieht so bekommen^ um davon bei Combinirung 
der Mittel, einen unmittelbaren Handel swisohen den Häfen 
Ostende und Triest einsufUhren, guten Gebrauch machen 
sn könnend Besonders rechnete man auf den Absats öster- 
reichischer Leinwände, und bezeichnete es als einen Vortheil, 
wenn dieselben, anstatt durch preussische, sächsisi^e und hol» 
ländische Hände su gehen, Uber Ostende nach Oadix geschickt 
würden. Auch die holländischen Kauflente würden Uber die 
Osterreichischen Kiederlande böhmische Leinwände beaiehen 
könnenj*^ 



73 



Auch in den Niederlanden wurde eine Commission nieder^ 
gesetzt, welche sich mit demselben Gegenstaude zw beschäftigen 
hatte, und die umfassende Protokolle an den Staatskansler ein- 
sendete. Es wurde darin die grosse Wicbtigkeit| aus dem 
Litoralß das Centrum des österreichiBchen Handels zu BUMheDy 
anerkannt. Dieser Hafen, heisst es in dem Protokoll, werde 
der Mittelpunkt einer grossen Handelsschaft und in gewisser 
Beziehung der Vereinigungsplatz der kaufmännischen Qeschäfte 
aller deutschen und ungarischen Erbländer werden. Der Plan, 
mit den Niederlanden einen blühenden Handel einzuleiten, werde 
sich jedenfalls verwirklichen und die niederländischen Kauf- 
leiite in Triest einen genü^^enden Absatz f\lr ihre Feilschaften^ 
sowie entsprechende Riickladun^^en von erbländisch-deut«chen, 
ungarischen oder von levantinischen Erzeugnissen linden. 

IX. 

Kocli am Beginne der Füntzigerjahre beschäftigte man 
sich in den massgebenden Kreisen mit dem Abschluss von 
Handelsverträgen; später neigt© mau sich der Auflfassung zu, 
dass Handelsverträge von gei-ingem Nutzen wären.'*' Nicht 
blos Froh ibitionib ton waren die Vertreter dieser Richtung, auch 
der entschiedenste Freihändler damaliger Tage, Carl Graf 
Zinzendorf, spracli ssicli ge^en Tarifverträge aus. Ausnahmen 
von Zollgesetzen, meinte er, als es sich um die Erörterung der 
Frage handelte, ob ein Handelsvertrag mit Russland abge- 
schlossen werden solle, seien mit Recht gehässig und öifnen 
dem Unterschleife Thür und Thor. Weit sicherer und besser 
verfahre der Staat, wenn alle Nationen gleich behandelt und 
dieselben Veriügungen für alle ausnahmslos in Kraft gesetzt 
werden. Das Nationalcapital erhalte dadurch keine gezwungene 
Verwendung; die Hindemisse, welche der Freiheit des Ver- 
kehres entgegenstehen, müssen hinweggt läumi werden."" Als 
Präsident der Hofrechetik uumer äusserte er sich unter Josef 
in demselben Sinn« : I huuielstractate seien, wie die Krfaiu ung 
aller Zeiten und aller Nationen lehre, nie von Nutzen gewesen; 
die beiderseitigen Geschäftsträger beeifem sich gemeiniglich 
um die Wette, einer den anderen zu überlisten; der beste aller 
Handelstractate würde sein, den wecheelweisen Handel in Frei- 
heit SQ setzen* Ein solcher Vertrag brauche nur eine Zeile. 



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74 



So lange die Monarchien und Gemeinwesen diesem einfaclicn 
Grundsatze nicht beipflichten, so l.inrre sie sieh noch bereden, 
dass sie mit ihren vielen Uunstlich verwickelten und einander 
widersprechenden I'^rtindungen und Zwang;svert"iifjnnf^en die 
Wohlfahrt der Länder und IJnterthanen besser befiJrdern Irinnen 
als durch den freien Handel: so lange erfordere es die Klug- 
heit, sich aller ( 'onn^if^rztractate sorgfHItig zu enthalten, denn 
diese setzen zu dem eingeführten Zwange neue Verwicklungen 
hinzu; sie trennen das Interes o d^r verschiedenen Classen von 
Unterthanen so »ehr von emauder, dass kein menschlicher 
Verstand zureiche, um bei so verwickelten Absichten und Ver- 
fügungen die austheilende Gerechtigkeit und Billigkeit nicht 
aus dem Auge zu verlieren. Es sei daher weit besser, jeder 
Staat veranstalte bei sich, was ihm gat dUnke, ohne sioh die 
Hände binden zu lassen.*'* 

Mit Svmnien war unter Karl VI. 1725 ein günstiger Han- 
delsvertrag allgeschlossen worden, dessen Erneuerung unter Maria 
Theresia anee-^trebt wurde. Der Vertrag von Aranjne?: 1751 
sicherte OeMrficich die Kechte der meistbegünstigten Kation. 
Worin jedoch diese Meistbegünstigung bestand oder bestehe, 
wuüste nach Jahren weder der ( 'oinmerzienrath in Wien, noch 
die spanische Kcgiernng. Nachforschungen in Madrid ergaben, 
dass Frankreich, auf alte Verträge gestutzt, geringere Zollsätze 
bei einigen Leinwandgattnngen zu entrichten hatte. Da der 
Handel von Cadix nach Indien nur den Nationalen gestattet 
wai-, aus einem Berichte des österrei einsehen Consuls jedoch 
entuonunen wurde, dass die Genuesen liegünstigungen daselbst 
genossen, erstrebte man, denselben gleichgestellt zu werden, 
da dadurch die österreichischen Nationalen angelockt werden 
krinnten, Häuser in Cadix zu gründen.''- Im .Jahre 1780 wur- 
den der Österreich isehen Flagge dieselben Begünstigungen wie 
anderen Nationen auf Grund des Vertrages vom Jahre 1725 
eingeräumt.''* 

Die wichtigsten Gegenstände beim Handel mit Spanien 
waren Leinwand und Glas. Seit den Siebzigerjahren vermin- 
derte sich allerdings der Absats von Leinwand theils in Folge 
der ZollerhOhungen, wogegen Einsprache nicht erhoben werden 
konnte, sodann nachte sich die Concorrenz Schlesiens mid 
Frankreichs recht Alhlbar.^^^ Den nett errichteten Glashtltten 
8U St Ddefonse wurde der ROckgang des bis dahin nngemeio 



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76 



lebhaflton Glasliandels zugeschrieben."' Derselbe Bcheint je- 
doch noch anter Leopold nicht unbedeutend gewesen zu sein, 
was daraus ersichtlich ist, daas der Kaiser den bühmischen 
Glashändlem auch die Ablegnng des engeren Eides erlaabto.^^* 
Man unterschied nämlich sswischen dem ireito^n und engeren 
Eide. Durch den letzteren wurde man spanischer Unterthan. 
Wer den ersteren abgelegt hatte, war nicht berechtigt, Klein* 
handel zu treiben. 

Wenn auch einige von der spanischen Regierung er- 
lassene Mautliverordnungen den Absatz böhmischer Leinwand 
beeinträchtigten, in erster Linie war es doch der Mangel an 
Unternelinumgsn:eist imd Capital, weshalb der spanische Markt 
nicht mehr au8gel)cntet wurde. Die Handolsbcziehnngen zAvi- 
schen der Adriastadt und dem Westen entwickelte sicli uiif^e- 
mein langsam. Noch 1770 wnr'U> crf^klnirt, da«« sich da.Helb^4t 
selten ein Schiff finde, weiches u.irh Spani' n absfirlf. Im .Jahre 
1764 wurde wohl der Antrag gestellt, ein Schiti" ailjälirlich nach 
Cadix abzusenden und den hiefür nothwendigen Aufwand von 
2000 fl. von der Commerzcassa zu bestreiten, um auf diese 
Weise .einen sicheren und regelmä.s.si<^en iinniittell>aren Zug 
nacli Spanien einzuleiten'. Der Vur.scldag wurde damals von 
der Kaiserin abgelehnt und die Ausarbeitung eines praktische- 
reu Systems gefordert."^ Einige Jahre später kam die An- 
geiegcuheit abermals auf die Tagesordnung, und wurde be- 
schlossen, alljährlich zwei Schiile von Triest nach Cadix zu 
senden nnd die Handelsschaft in Kenntniss zu setzen, dass 
die Kostt>n von Seite der Regierung getragen würden. Das 
Ergcliiiis.-, «ar kein günstiges. Auch die vom Staate unter- 
stützten Handelsgesellschaften machten schiechte Geschäfte, 
Die regelmässige Fahrt der Schiffe nach Cadix wurde 1776 
eingestellt, da der Triester i lundelsstand darauf hinwies, dass 
der unmittelbare Handel mit Spanien vielen Schwierigkeiten 
unterliege und die Kaufmauuschaft sich mit dem niittellwi i u 
Verkehr über Genua und Livorno begnügen zu wollen erkl;iri 

Die Anknüpiuu^ vuu Ihiiulelsverbindungen mit Portugal 
wurde sclion von Karl VI. ins Auge ^efasst, und die uricntidi- 
sche Compaguic erhielt 1722 das ausschliessliche Privileg auf 
15 Jahre, von Triest, Fiume, Buccari, Porto-Re und anderen 
, Meerporten' nach Portugal und anderen Gegenden im Westen 
mit ihren Schiffen zu fahren.^^' Unter Maria Theresia erhielt 



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76 



Georj» von Starhemberg, der im Herbste 1750 nach Lissabon 
geschickt worden war, Weisungen, und von dem damaligen 
Premierminister Carvalho^ der einip:c Zeit in Wien pjelebt hatte, 
erwartete man, dass er der Anbahnung: , eines nützlichen Han- 
dels' die Hand bieten werde. In der dem Grafen .Starhem- 
})erg ertlieilten Instruction wf-rden jene Waaren aufgezUhlt, von 
welchen man einen Absatz nacli Portugal erwartete: Kupfer, 
Quecksilber. Wei'^^^lilr'ch, Messing, Bramitwein, Spiegel und 
Glaswaaren, versrhit di rtp Sorten von Stnlil und Feuergeweliren, 
Wild und andere Häute, Porzellan, tStecknadeln und. andere 
kleine Waaren.'*^ 

Die ersten Berichte Starhembcrg's eröffneten ftlr den 
Abschluss eines Vertrages günstige Aussichten, ('arv.illio zeigte 
sich gut disponirt, und der österreichische Sendbote erhielt die 
Versicherung, dass er mit Freude zur Ankntipfung des Handels 
zwischen Triest und Portugal die Hand bieten werde; er sei 
zwar fi\r Handelstractate niemals ,portirt' gewesen, indem die 
Erfahrung lehre, daas dieselben gar selten beobachtet zu wer- 
den pflegen und in Folge der daraus entstehenden Schwierig- 
keiten meiir schaden nützen, aber im gegenwärtigen Falle 
würde für beide Theile eine Abmachung dienlich sein. Auch 
der König erklärte in einer Audienz, keine Gelegenheit vor- 
übergehen zu lassen, der Kaiserin wahre Proben seiner auf- 
richtigen Freundschaft und Hochachtung zu geben. Die ver- 
witwete Königin unterstützte die Wünsche Oesterreichs. Die 
Conjunctur, schrieb StArbemberg nach Wien, aei favorahle, es 
wäre wünschenswerth, einige Schiffe mit verschiedenen Li z ug- 
nissen der Krhiando beladen zu senden, indem man dai'aus 
um besten ersehen würde, mit welchen Waartui nach Portugal 
Handel getrieben worden konnte.'^- Die Verhandlungen wur- 
den Monate lang geführt, ohne jedoch ein günstiges Ergebnis» 
ZVL erzielen. Portugal verlangte die Einräumung der liechte 
meistbegünstigter Nationen, wogegen man von Seite des Com- 
merzdirectoriums die Hinwendung machte, dass dann portu- 
gieuBche Waaren zu demselben Zollsatze wie die türkischen 
eingeführt werden konnten. Anch nahm nutn Anstand, auf 
den geforderten AnsfuhraoU fUr Bretter, Scliindehi, Latten, 
Schiffslwiiliols n. 8. w. zn yersichten, da diese Waaren Uber 
Triest und Finme einen sicheren Abzug haben und die Ein- 
nahme nm 30.000 fl. gesohmälert wOrde.^*^ 



77 



Naehdem sioli die politischen BesiehiiBgeik m Frank- 
reich dnrdi die 1766 ahgesehloBBeoen Vertrftge inniger ge- 
Btoltet hattaiii erstrebte man llhnliohe HandeUhegtlnstigimgeDy 
wie sie Ftttnssen bisher besessen hatte^ und mit Rftoksicht auf 
Trieet und die Kttste die Aufhebung des Tonnengeldes in den 
iiaaiOsisehen Httfen. Das VersaiUer CSabinet schien nicht ab- 
geneigty den Wünschen Oestemeiohs nachsnkonunen, aber es 
forderte Begllnstignngen tütt die SSnfiihr nach Belgien, wonraf 
man nicht eingehen mochte^ da man einen bekächtUchen Aus- 
fall der Einnahmen und Schädigung der Fabriken befürchtete.^^ 
Einige Jtixre später brachte einer der tüchtigsten Handels- 
politiker, der Intendenzarath Raab, nochmals den Abschluss 
eines Handelsvertrages mit ITrankreich in Anregung, um von 
Triest dahin Getreide und gesalzene Fische su senden, dagegen 
aber Rohzucker einzuführen. Dies wäre ein Mittel, meinte 
Raab, die Navigation 80 heben und einen rechtschaffenen 
Handelsplatz ans Triest zu machen. Noch in der Mitte des 
18. Jahrhunderts fand ein unmittelbarer Verkehr awischen 
Triest und Frankreich nicht statt; französische Waaren wurden 
Uber XiTomo und Genua nach der Adriastadt gebracht, auch 
Ragnsaner Schiffe yermittelten den Verkehr. Marseiller Schiffe 
erschienen, wie berichtet wird, erst 1770 in Triest, sodann 
folgten Bordeaux und Nantes« Speciell wird hervorgehoben, 
dass die Rückfrachten gering waren. Ein Theil des Handels 
ging über Genua, Livorno, Ancona und Hamburg. Bnhmische 
Leinwand fand Absatz; als die Zölle in Frankreich erhöht 
wurden fl78i\ erhielt Graf Mcrcy den Auftrag, bei der Re- 
gierung Vorstelinngen zu machen. 

Mit England war unter Karl VI. und isodanii l»al(l nach 
dem Regierungsantritte Maria Tlicre.sia.s der Ah^ichluss eines 
HandelsvertraL^ps angeregt und später oit in Erwägung gezogen 
worden. Lebhait hätte man gewünscht, das« sich der Verkehr 
zwischen Triest, Fiume und dem Inselstiuite entwickle, namentlich 
um ungarischen Rohcrzeugnissen, in erster Linie Wein, einen Ab- 
satz zu verschatten. Als Graf Belgioso als Gesandter nach London 
ging, erhielt er die Weisung, Erkundigungen einzuziehen, wie 
die Schillahrt zwischen England und Triest zu heben sei. Es 
wurden ihm auch einiiz:e Artikel bezeichnet, welche das Insel- 
land aus It-{dien bezog und deren Einfuhr aus Triebt vorthcil- 
haft werden küime: üel, Seide, Stalii u. s. w., ferner Pottasche, 



78 



welche EnglaD<l utis Amerika erhalte, die jedoch der nngari- 
schpii niclit jL^K'ichkomme, Kupfer und Kupferplntt. i., l- • zum 
Theil aus Mamburg nach London f^oscliickt werden; di« k. k. 
Yerschleiasdircction werde aich in Freisen und nnderen Be- 
dingnissen billig finden lassen; ebenso konnten mit Quecksilber 
Versuche gemacht werden; weisse Weine, alte österreichische 
und steiiische könnten vielleicht ebenfitUs in England Absatz 
finden. Aus England könnten belogen werden: Färb- und 
Drogueriewaaren, ferner Wollenaeuge und Tttcher, Lederartikel 
und Stahlarbciteu. Wenn sich geschickte und wegen ihrer 
guten Aufführung bfkannte Leute, besonders Schön- und Seiden- 
tUrber, in die Erblande Ix j^'f^lxMi wollten, so würde ihnen eine 
Unterstützung yon je lÜO bis 200 fl. ««gestanden werden. 
Auch wäre es wUnschenswcrth, wenn man einige Personen 
nach England senden würde, um die dortigen industriellen 
Verhältnisse kennen zu lernen.**'' Dem österreichischen Ver- 
treter an der Themse gelnii«^ es, nach jahrelangen Bemühuujijeii 
fttr Weine, Holzgattungt n und andere Waarfn eine Parlameiits- 
acte zu erwirk«'!!, wonaclt ein/(^lne österreichische Artikel uiclit 
nur unmittelbar aus Oesterreicli, sondern auch über die öster- 
reiclüschen Niederland»' juicli Kugland gesendet werden konnten, 
ohne (lesliall) einem höheren Zolle zu unterliegen.**' Der Ab- 
satz österreichischer Erzeugnisse nach England blieb gering. 
Der wichtigste Artikel, welcher dahin verführt wurde, war 
Pottasche, deren Austuiir jedoch ersciiweit war. Mit ungari- 
schen Weinsorten wurden wiederholt erfolglose V^ersuclie ge- 
macht. England sendete wohl Waaren nach Triest, von denen 
ein Theil in di<' Krhlande und nach Ungarn gebracht wurde, 
aber bedeutend kann der ganae Verkehr nicht genannt werden. 
Mit Irland sollten ebenfalls Hand(dsl)e/.ieliungen angeknüpft ' 
werden. Von einem Oberstlieutenant Nangle lag ein Vorschlag 
vor, den die Kaiserin dnrch ein Handschreiben vom 9. Novem- 
ber 1776 an Blüraegen überwies, dem Proponentcn zum Be- 
hufe eines Versuelu s alle diensamen Nacliricliten zu ertbeilen 
und gutächtlieli sich zu äussern, welche Begünstigung bei »1er 
Ausfuhr gewährt werden könnte. Nangle wurde von dem 
Commerzieni*athe verständigt, duss die ungarischen Katur- 
erzeuguis.se in Wein, Getreide, 1 alwik, Kupfer, Antimon, rohen 
Häuten und Wolle l>estelieii, die l)oi der Ausfuhr über Triebt 
und Fiume von jedem Austuhrzulle befreit seien j Schafwollo 



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79 



habe 3 fl. 12 kr., Pottasche 1 fl.^ Hasenblüge 9 fl. pro Gentner 
an entriehten, wovon niofat abgegangen werden kOnne, da die 
aUza häufige AuBfrihr dieser Artikel den eigmen erbländisohen 
Eraengnisaen naditheilig sein wttrde. 

Im Mitte Im eere wurde der Verkehr dnrch das von Sar- 
dinien in Ansprach genommene Hecht, von allen Schiffen anter 
3ö0 Tonnen, welche swiscfaen Corsica und Villafranca fahren, 
zn fordern, dass sie in ViUairanca anlegen und daselbst 2 Procent 
vom Werthe ihrer Ladung entrichten, beeinti-ftchtigt. Knr französi- 
sche Schiffe waren davon befreit. Aach in Monaco wurde eine 
Zollabgabe erhoben. Erst im Jahre 1783 versprach Sardinien, 
keinen SchifFszoll in Villiifranca zu fordern. In Monaco ver- 
weigerte Dänemark die Zahlang der Abgabe, and Oesterreich 
Hess erklären, es würde dem Beispiele folgen. Auch in 
Sardinien prolan^^ o!^ dem kaiserlichen Consnl Franz Bailli im 
Jahre 1785, den Vicekönig zu bestimmen, die unter Österreichi- 
scher Flagge segolndoii Schiffe von einigen Gebühren sn he- 
freien. Die Abgabe betrug von nun an 4 Francs von jedem 
Schiffe ohne Rücksicht aof die Tonnenfithigkoit.**^ 

X. 

Seit dem Beginne des 18. Jahrhunderts legte man der 
Handelsverbindung mit dem Oriente grosse Bedeutung bei und 
envartete, dass Oesterreich in handelspolitischer Beziehung im 

Osmanenrciche eine tonangebende Stellung erringen wUrde. 
Die Verträge zu Passarowitz und Belgrad enthielten für den 
Handel und Verkehr wichtige Bestimmungen. Eingehende 
Berathungen wurden angestellt über jene Waaren, welche in 
der Türkei von den handeltreibenden Nationen abgesetzt wer- 
den, um sodann brurtheiloii zu kchmon, welche Artikel ()(»ster- 
reicli auszuführen in der Lai^e wäre. J^einwaml. Uhis, Z^vini 
und jKisenwerk' wurden in erster Linie ins Antje fjohisst, so- 
dann die in Oberüsterreich ,in <;uter Vollkomnienlieit tabrieirten 
Wollzeuge^ Aueh an die Landesstelleu öolltcn W'eiHungen er- 
gehen, etwaijje Waaren namhaft zu machen, die Absatz finden 
können, oder jene Industrieartikei zu bezeichnen, die erzeugt 
werden könnten.'^* Unter Karl VI. wurde auch <lie orientali- 
sche Compagnic mit einem Capital vo?) im hreren Millionen 
gegründet, vornehmlich, um mit den Veuctiuiiern in Coucur- 



80 



renz zu treten, aber sie machte schlechte Geschäfte.*^' Unter 
Maria Theresia wurde 1750 alu rmals ein Versuch durch die 
Gründung der sogenannten Seemann'schen Gesellschaft ge- 
macht, ebenfalls ohne Erfolg. Nur einigen thiitigen Mttnnem 
griechischer Abkunft gelang es, gewinnreiche Beziehungen mit 
der Levante ansuknUpfen. So wird in einem Vortrage an die 
Kaiserin eilk Grieche Ivo Curtovich erwähnt, der sich vom 
Fachin emporgearbeitet hatte nnd ein wohlhabender Mann ge- 
worden war. Sein Vermögen wird auf 100.000 fl. angegeben. 
Sein Bruder hatte sich in Smyma niedergelassen, verkaufte 
daselbst erbländische Erzeugnisse und sendete levan tinische 
Waaren nach Triest. Wohl tiber keinen Gegenstand wurden 
solch' eingehende Berathungen gepflogen als darüber, wie der 
Handel Tricsts mit der Levante und mit Egypten in Auf- 
schwunf^ zu bringen sei. Ocstcrreichische Schiffe, sa<;te man, 
können in derselben Zeit nach Sniynia nnd Alexandrien sep:eln 
wie die venetianisclien ; die üsterrcichisclien Seefahrer besitzen 
ebensoviel Mutii als jene der Marcusstadt, [r^nicssen aber nicht 
dieselbe Sieherheit. Oesterreich besass keine Flotte, inn seinen 
Kautieuten und Rhcdern Schutz zu gewilluen Woran es aber 
am meisten gebrach, war Mangel an Unternclinmngsgeist. Per 
Activ- und Passivhandel nach der Levante war in den Händen 
türkischer Unterthanen, zumeist griechischer Abkunft. Zwei 
Kaufleute in Trieat, Grosr^in Vita Levi und Loen, musateu die 
Fahrten nach der Levante auf'^eben^ weil sie mit den Türken 
die Concnrrenz nicht auszuhaken vermochten. In den Vorträ- 
gen an die Kaiserin wurde betont, das« Englands, Frankreichs 
und Hollands Kuuiieute in Aleppo, Sniynia und l onstantinopel 
Häuser besitzen, und es gab nach der Ansiclit der Wiener 
Kreise nur Ein Mittel, um den Passivhandel mit der Levante 
activ zu machen und denselben den Türken zu entwinden, wenn 
ansehnliclie Handlungshäuser in den wichtigüteii Handelsplatzen 
des Orients, in Salonich, Smyma, Aleppo, Alexandrien und 
Cairo errichtet wllrden. Von Seite der Regierung mögen Kcal- 
schüler, welche die Anstalt mit gutem Erfolge zurtlckfjclef>;t 
haben, auf Kosten des Staa '.( .-, in Triest in ^ute liandlungs- 
httuser untergebracht, sodann aber auf eini^^e Jahre in die Le- 
vante geschickt werden, wodurch sie in die I^age kiinien, diese 
Länder nnd die Möglichkeit ihrer Verbindung mit den Erb- 
Btaaten kennen za lernen, um sodann bei ihrer Heimkehr viel- 



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81 



leicht zu glttcklichen Unternehmungen den Anstoss za geben. 

Vielleicht würden sie selbst T-iiist l)ekomraen, sich dort oder 
da niederzulassen oder die Neigung dasn in anderen Gemüthera 
rege maclicn.'** 

£inige Monate später wurde der Plan erörtert, ^dasa der 
Staat eine grosse orientalische und levantinische Compagnie 
errichte, in welche ein jeder Unterthan, wenn derselbe aneh 
kein Negociant und Handelsmann wäre, ohne mindesten An- 
stand eintreten könne, nm an der Handlang theilznnehmen', 
allein die Behörde sprach sich dagegen aus, indem nochmals 
auf die Schicksale der 1iei*eit8 in den Jahren 1719 und llöO 
in Triest errichteten Compagnien hingewiesen wurde. Zar 
Emporbringung des Handels wurde in Vorschlag gebracht, an 
den Hauptscpplätzen in der Levante und in Egypten nicht wie 
bisher fremde Nationale, sondern geborene Österreichische Unter- 
thanen zu Consulcn mit einem anständigen Gehalte zu bestellen, 
weil nur von solchen zu erwarten sei, dass sie ausschliesslich 
die Vortheile ihres Staates ins Auge fassen werden. Die erb- 
ländischen Fabriken und Manufacturen seien nach dem Genie 
und Geschmackc der orientalischen Nationen einzurichten, zu 
vermeinen und zu orweitern, um es anderen mithewerbcnden 
Nationen in den Kr/,eu«!:iinf;sj)reisen zuvorznthun, in <len Haupt- 
handelsplätzen der Levante Handlunfj.shäuser zu crricliteTi und 
verständigen Kautieuten mit ctwaifjen l'i'iimien oder anrlerweiti- 
gen Unterst iitznnj^en unter 'Vv Arme zu greifen. Von der* 
ai'tigeu Maasnahnien werde der Staat jedenfalls einen p^rösseren 
Nutzen ziehen als durch Errichtung einer orientalischen Com> 
pagnie. 

Der Handel mit dem Oriente sei so wlditiL'. Iicisst es in 
einer Denkschrift, und ftlr einen europäische) ^taai so nützlicii, 
da«s fast alle europäischen Kcinip^reiche und i{ej)n'(lik<M! <owf>ld 
in älteren als neueren Zeiten sieb alle Mlthe g^e^eWen und 
Alles daran gewagt haben, um denscibeu an uich zu zielien 
oder mindestens daran theiizunehnien."'^ Von Maria Theresia 
er^'ing der AuftrajLr an Heischach zur Erstattung eines Gut- 
achtens wef^en Einleitnni: »dner nützlichen Handelsschaft mit 
dem Schwarzen Meere und den türkischen Land<'n. Wenn 
andere Natioucn auf Umwegen und mit Gefahren aller Art 
aus dem Verkehre mit der Türkei Nutzen ziehen, um wie viel 
mehr kümite es Oesterreich, wciciies eine Anzahl Waaren dalüu 

▲rchiT. LXXXVI. Bd. I. UÜfte. 6 

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82 



senden könnte^ heisst es in einem Protokolle; wollene Waaren, 
Tttcher, Glas, EisenwaaFen, Qaincaillerie, Porzellan, gedruckte 
und andere Leinwände, Papier, ungarischer Wein könnten in 
der Türkei ein Absatzgebiet finden; leider herrsche unter der 
Kaufmann schaff wenig Untemehmongssinn, nnd es wäre wün- 
schenswerthy den nationalen Haiifllnngsgeist anfsomantern. An 
dem directen Verkehr mit der Pforte nahmen Oesterreicher 
keinen Theil, derselbe war ganz in den Händen der Grnechen 
und der tUrkiaehen Unterthanen. Den Verkehr hemmten aller- 
dings die Sanitätsvorschriften, indem xu Lande eine 80tägige 
Qnarantttne vorgeschrieben war, die sodann auf 21 Tage herab- 
gesetzt Avnrde. Die Commission schlug zur Beförderung de« 
Handels die Bildung einer grossen Actiengescllschaflt vor| 
welcher in erster Linie die Aufgabe zufallen 8n!lf(>, die Wege 
an bahnen, wobei auf Betheilignng niederlttndisclien Capitals 
gerechnet wurde. 

Unter Josef haben Verhandlungen mit der Pforte über einige 
Aenderungen des Vertrages zu einem günstigen Ertxi'bniss geführt. 
Der bisherige Tractat wurde bestätigt und einige BestimmuDgen 
erweitert. Von Wichtigkeit war vornehmlich, dass in den 
Donaufürstenthtlmern Moldau und Walachei nur eine Üprocen- 
tige Abgabe stipulirt worden war, da die in dor letzten Zeit 
eingezogenen Erkundigungen herausgestellt hatten, dass die 
österreichisehen Kauflentc liei einigen Waarengattungen höher 
als die Russen belastet waren, ja Artikel, die aus anderen 
türkischen Provinzen dureli die Fui stenthi'uner geführt wurden, 
einer Transitocrebiihr unteriacren. endlieh aiudi in einigen türki- 
schen Städten noc|i Localab^'-aben entrichtet werden niiissten. 
Die Besitzer enntjer Mon<>))ole stellten drni freien Handel Hinder- 
nisse entgegen, wogegen Ahliill'e zugesa^'t >\'urde. Die l^forte 
erkl'ii'te, d.nss die r)stem'iclns(dien Unterthanen mit ihren Piissen 
in tl' ui >xiu)7A']\ (iel)i(>te des ottüniani.schen Heiclicf? reisen und 
ge<^en Kntriiditunt^ der te.stjr<*s^'tzten Zoll;^nd)uhr Handel treiben 
können, wührcnd es Ijisher ei-t"<>rderlieli war, eisjene i^'ermane 
oder Befehle von der l'lorte zu erwirken. Oeöterreicher er- 
hielten ferner zugesichert ,dieselben Froiheiten, Vortheilo und 
Begünstigungen, deren andere fränkische Nationen, namentlich 
aber die Franzosen, Englilnder, Holländer und Küssen oder 
irgend eine andere licii-üuätigte Nation geniessen oder kiiuftig 
geniessen werden". Auf Grund des zweiten Artikel« des Passa- 



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8d 

rowitzer Vertrages konnten Oesterrciclior auf der Donau fi'oien 
Handel treiben, aber die Scliiti'o durften nur bis Widdin. gehen, 
die Weiterführung der W aareu in das Schwarze Meer blieb 
türkischen Schitlrn vorbehalten. Diese "Resehränkung wurde 
nunmelir beseitigt. Niclit minder wiclilig war, dass künftigliiu 
streitige Fragen auf Grund (Irr Hestinimungen des im Jahre 
1 7^*H zwisehen lüissland und der Pforte abgesehlo.ssenen Handels- 
vertrages entschieden werden sollen. Dieser umfassende Trac- 
tat bestand aus 81 Artikeln, in welchen auf die mannigfaltigen 
Kventualitiiten Kücksicht genommen war. Schon in dem 
11. Aitikel des Belgrader Friedens hatte die Pforte Zusiclie- 
rungen geg»'ben, gegen Seeriiubereien von Algier, Tunis und 
Tripolis einzusehreiten, allein bisher hatte sich Oesterreieh ge- 
nütliigt gesidun, im Interesse der Triestcr Schiffahrt mit den 
Barbareskt n l)e8ondere Abmachungen zu treffen und die sichere 
Fahrt der Schitl'e dureli Tribut zu erkaufen. Die Pforte sagte 
nunmehr Sicherung gegen Kapereien der Barbaresken und 
einen Schadenersatz innerhalb sechs Monaten zu. 

Auf der Donau oder auf dem Landwege wurden aus der 
Türkei folgende W'aarcu eingeführt: Sehafwolle, Baumwolle, 
gesponnene und gefärbte Garne, Kameelhaare, Leder, Keis, 
Wachs, Gewebe aus Baumwolle, Wolle und Seide, Quinciiillerie- 
waareu. Den Werth der WoU- und Baumwollwaaren seliiitzte 
man im T. Jahrzehnt auf 5 Millionen Gulden, wovon ein Tlieil 
wieder ausgeführt wurde und etwa zwei Drittel mit baiircm 
Geldc beglichen werden mussten.'^® Bei den vorherrschenden 
mercantUistiselieu Ansichten ging die ,genieine iMcinung* dahin, 
dass dieser Handel niclit vortiieilhaft sei. Deusclben activ zu 
raachen, und zwar iu doppelter Hinsicht durch grössere Aus- 
fuhr österreichischer Waaren und durch Betheiligung der ein- 
heimischen Kaufleute, sowie durch Verdrängung der Türken, 
war seit 1750 das Bestreben der österreichischen Regierung. 
Die Schiffahrt auf der Donau hatte mit grossen Hindeniissen 
ZQ kämpfen.*^' Die von der Kaiserin mit grosser Lebhaftig- 
keit angeordneten Massnahmen zur Beseitigung derselben nick- 
ten nur langsam vorvrttrto. Zum Tbefle fehlte es an den nOthi- 
gen Geldmitteln, aber auch die Behörden Hessen es an Enerke 
fehlen. Die ungarischen Stände ermüdeten nicht, Klagen in 
erheben, aber die ungarische Hofkammer zeigte sich nicht 
bereit, die erforderlichen Sommen anfznbringen, die zu Flussr 



84 



regulirungen notliwpndi^ waren. l>er thätige Grieclic ii])erwand 
die Schwieri<rkpiten (1<m- sclilf'cliteii Strassen und i)olierr8chte 
den gesainmtoM Voi kehr. Allerdings hatte ov uucli den grossen 
Vurtlu'il eiueö geringeren Zolles, wÄlmMid die cliristliclieii Kaul- 
lente die in den Taril'en festgestellten höheren Gebühren be- 
zahlen mussten.^^® 

Um den Verkehr durch Unguru nach dem tniKischen 
Reiche, in der Amtssprache zum Unterschiede von dem Le- 
vantehandel, der von Triest aus betrieben wurde, orientalischer 
Handel genannt, zu heben, erhiolt der Interiiuiitius von Zeit 
zu Zeit Weisungen. Die Handlung, heisBt es in einem Schrift- 
stücke, welche aus den deutschen Erblandon in die angrenzen- 
den polnischen, tartarischen, russischen und türkischen Land- 
schaften, dann gegen das Schwarze Meer getrieben werden 
könnte, s«m aU der wichtigste Endzweck anzusehen, so immer 
für das hieüige Commercium und daa Wohl der Länder zu 
erzielen sei.*"* Der uumitteibare Verkehr zwischen ^Vien und 
Courft-antinopel sollte durch Gründung einer Factorei in i\iko- 
polis oder in I^raila behufs L'ebernulini<' von l^estellungen ver- 
mittelt worden. Die Berichte aus Couatantinopel stellten ,dem 
Commercium keine Vorthcile^ in Aussicht, weil Holländer, Eng- 
länder, Schweden, Venetianer W'aart'u dahin bringen, welche 
die Ei'bländcr nicht erzeugen und nicht so wohlfeil auf der 
Donau heruntergebracht werden könnten.^"' 

Wohl entwickelte sich ein für die damalige Zeit ziemlieh 
lebhafter Handel mit türkischen Waaren, nur bereitete derselbe 
dem Commerzienrathe und später auch der ungarischen Hof* 
kanzlei manche Sorgen. Einmal stellte sich heraus, dass yid 
mehr Waaren ans der Türkei eingeführt als dahin ausgeführt 
worden, der Osterreichische Handel daher passiv war, sodann, 
dass snmeist tttrkische Unterthanen bei dem Verschleiese der 
betreffimden Waaren betbeiligt war^. Die awiacben Oester- 
reich nnd der Pforte abgeschlossenen Handelsverfrltge seilten 
für die Einfhhr einen 3prooentigen Zoll fest, thatsachlich wnr^ 
den 5 Procent erhoben, ohne dass von Seite der Pforte wider- 
sprochen wurde. Wie dies gekommen war, wnssten die Zoll- 
gelehrten damaliger Tage selbst nicht. In einem Vortrage 
wird bemerkt, dass in Constantinopel eine Abgabe von den 
daaelbst wohnenden Osterreichischen Unterthanen erhoben wor« 
den sei, die den Anlass gegeben zu haben scheine, als eine 



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85 



Art Repressalie 2 Prooent mehr za erheben, als vertragsmäasig 
fettgesetzt w«r. Der aiemlich einträgliche Handel verlockte 
eine grössere Anzahl türkischer ünterthanen, zunächst orien- 
taÜBche Waaren auf Österreichische Märkte und Messen zu 
bringen nnd später auch während des ganzen Jahres ihre 
Laden offen sn halten, wortlber natürlich viele Klagen ttber 
Beeinträchtigungen ron Seite der christlichen Kanflente laut 
wurden. Namentlich in Ungarn war ein grosser Theil des ge- 
sammten Handels, nnd awar nicht blos mit türkischen Waaren, 
in den Händen der Griechen nnd anderer Orientalen. Die 
ersten Diflforenzen ergaben sich, als tttrkische Händler auch 
Schweine nach Ungarn brachten.*^' In Ptessborg worden 
Klagen Unt, dass die Begünstigung der türkischen Unter* 
thanen bei dem Viehlumdel durch die Verträge nicht begründet 
werdfm kdnne, und wenn der Türke schon bei den Schweinen 
eine Begünstigung erlange, so könne dieselbe nicht auf das 
Hornvieh ausgedehnt werden. Eingehende Berathnngen wurden 
ttber diesen wichtigen Fall gehalten. Die Hofkammer sprach 
sich dahin aus, durch Erschwerung der Gontumasanstalten, 
Visitationen und Provinsialaufsehläge, allenfalls durch Erlass 
eines allgemeinen Einfuhrverbotes einsnschreiten, fUgte aber 
doch hinsu, es scheine ihr, dass der Eintritt des türkischen 
Viehs die Wohlfeilheit befördere und das Monopol der ungari- 
schen Ochswhändler einzuschränken fürträglich sei. Anderer 
Auffassung huldigte das Commersdirectorinm. Der Viehhandel, 
meinte dieses, werde ganz in die Hände der Türken kommen, 
woraus für den Staatsschatz ein grosser Verlust erwachse. Der 
Viehhandel sei das Hauptgewerbe Ungarns; die Wohlfeilheit 
komme gar nicht in Betracht; es sei besser, wenn die Unter- 
thanen hühere Preise bezahlen, als die Handelsbilanz noch 
günstiger für die Türken zu gestalten. Der im Jahre 1733 
Atr Serbin, Slavonien, Temesvar und die österreichisdie Wa- 
lachei erlassene Viehtarif besage ausdrücklich, dass die türki« 
sehen Unterthanen den kaiserlichen in Bezug auf Pferde, Ochsen, 
Kühe, Füllen u. s. w. gleichzuhalten seien. Was die Anträge 
der Hof kammer anbelangt, so sei zu bedenken, dass der Türke 
,keinesweg8 so einfilltig sd, dergleichen Cliicanen nicht merken 
zu sollen; häufige Reclamationen werden daher erhoben werden, 
und man werde mit Schande nachgeben'.-"' R<'i <loii auseinander- 
gehenden Ansichten sollte in üblicher Weise eine Confereoz 



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86 



entscheiden. Der ungarische Hofkansler sprach sich mit Ent- 
schiedenheit (üi Beschränkungen ans. Bas Sttmegyer Comitat 
empfinde den ganzen Nachtheil; der ungarische Landtag hahe 
darUher Beschwerde erhohen; es wäre wOnschenswerth, den 
Schweinehandel ahznstellen; wenn man aber anch den Vieh> 
handel gestatten wolle, so wttrde dieses Ungarn den letsten 
Stoss yersetsen. Bartenstein sprach viel Uber den Passarowitser 
Vertrag, der den Stein des Anstosses bilde; die Errichtung 
der orientalischen Compagnie hahe dem hiesigen Handelsstand 
den gänzlichen Untergang angedroht; um dem abzuhelfen, habe 
man den Commerzientractat mit der Pforte abgeschlossen. 
Einen bestimmten Vorschlag machte er nicht EÜar und er- 
schOpfend erörterte Kaunitz die Sachlage. Die Basis, von der 
auszugehen sei, waren seiner Meinung nach die Vertrüge und 
die bisherige Gepflogenheit. Die Türken zahlen factlsch 5 Pro- 
cent; der Passarowitzer Vertrag sei unklar, und nicht leicht 
durfte ein demselben gleichkommender Vertrag zu finden sein, 
da es sehr seltsam sei, dass eine Nation der anderen mehr 
Begünstigungen zugestehe als den eigenen Unterthanen; indess 
bestünde er in Kraft, und man kOnne davon nicht abgehen. 
Bezüglich des Viehhandels verwies Kaunitz auf die Observanz, 
die allerdings zum Theil mit dem Inhalte des Vertrages in 
Widerspruch stehe.*** 

Es verdient hervorgehoben zu werden, dass Nicolaus 
Kiemann im Jahre 1768 der Erste war, welcher mit einem mit 
Waaren beladenen türkischen Schiffe die Donau hinabfiihr, was 
in Wien grosses Aufsehen machte. Nach seiner Rückkehr er* 
hielt er als Manipnlant beim TabakgefitUe in Böhmen eine An^ 
Stellung und überreichte einen Entwurf ,znr Gründung einer 
Handlnng* aus und nach der Levante, Krim und Tartarei: es 
seien eigene Oonsulen in den HandelsplAtzen der Levante an- 
zustellen und HandlungsgetieUschaften zu gründen, Anträge, 
die in üblicher Weine bei der Commerzbehörde ziemlich kühl 
aufgenommen wurden.**^* 

Dem Freiherm von Fries, der überhaupt in dem wirth- 
schaftlichen Leben Oesterreichs eine gtone Rolle spielt, gebtlhrt 
das Verdienst, in Verbindung mit einem gewissen Zevarovich 
die erste grössere Unternehmung, /ine Handclsschaft mit erb- 
ländischen Waaren auf der Donau in die türkischen Lande 
bis an das Schwarze Meer*, eingeleitet zu haben. Niemand 



87 

war biezn geeigneter als Fries. Doroh den Thalerhaade] nach 
dem Oriente hatte er zahlreiche Verbindungen angeknttpfl.*^ 
Maria Theresia gewährte bereitwillig die von ihm geforderten 
BegllDStigangen. Der Österreichische Vertreter in Constanti« 
nopel erhielt den Auftrag, Fermane anssnwirken. Die Gesell- 
schaft erhielt die Befngniss, gleich den Türken mit türkischen 
Waaren Handel ausser Marktaelt im Grossen und während 
derselben Kleinhandel treiben zvl dürfen, und zwar an jedem 
Orte, ohne früher in die Gasse der Qrosshändler oder Handels- 
leute aufgenommen werden oder einen Fonds ausweisen au 
müssen. Sie durfte das erforderliche Quantum an Eisen und 
Stahl Oberau kaufen, ohne an einen jlVidmungsdistrict' ge- 
bunden 2u sein. Das montanistische Departement wurde an- 
gewiesen, ein Verschleisslager zu Semlin zu errichten; Fries 
soUte sieh den Absatz der ärarischen Güter angelegen sein 
Uwsen. Die Gesellschaft erhielt das erforderliche Quecksilber 
ftlr den Debit in der Krim ftlr 140 fl. den Centner franco an 
einem Orte an der Donau, wohin man es am leichtesten schaffen 
könne. Nach Constantinopel und der Levante durfte jedoch 
Quecksillier von der Gesellschaft nicht verkaaft werden, da 
diesbezüglich contractliche Verbindliclikeiten mit dem Hause 
Steiner bestanden. Kupfer erhielt sie vom Staate für 41 fl. 
den Ccntner, mit einem zwölfinonatlii licn Predit. Die nach der 
Türkei geführten Waaren wurden im Zoll begünstigt. Endlich 
wurde ihr anch die Erlaubniss ertheilt, ÖOOO cntio fl. in Sieb- 
zehnem auszuführen und Thaler zu dem billigen Proise von 
2 fl. 5 kr. vom Münzamte zu erhalten, jedoch mit der Ver- 
pflichtung, damit innerhalb Oesterreichs keinen Handel zu 
treiben."« 

Auch Josef zeigte sich stets geneigt, derartige ünter- 
nehmnngen zu unterstützen. Willeshofen erfreute sich des 
kaiserlichen Wohlwollens. Der Kaiser nahm in die Berichte 
Einsicht, liess ihm seine Zufriedenheit erkennen geben ftlr die 
Unternehmungen nach Cherson und auch den angesnchten 
Schutz und tbunlichsten Beistand zusichern. Die Gesandten 
in Pete» {»bürg und Onn.stantinopel sollten zur bestmöglichen 
Unterstützung dieser Haudelsschaft angewiesen werden. Mit 
Beobachtung der allgemeinen fUr die Transitogüter bestehenden 
Vorschriften wurden einige Erleichtonmr^en bei Verfühning der 
erbländischen Manufacturen durch Ungarn nach Russland und 



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88 



nach der Türkei gewährt. Aus den vom Staate betriebenen 
Fabriken sollten gegen einen achtzehnmonatlichen Credit Waaren 
verabfolgt werden: Wollenzeuge aus der Linzer Fabrik, M(\ssing- 
und Porzellan waaren, nur wurde daran die Verpflichtung fjr- 
knüpft, eine ausführliche Bilanz über don ersten Versuch und 
die zur Verfügung stehenden Fonds zu üben-cichen, damit man 
sich übcrzeup:on könne, ,ob sie zur solidini Kinloitiinji? dieses 
Handels «renugsanip KrJlftr habe'. Durch einen Freipa^ü wurde 
dif Compapiie von jedem Transitozoll befreit, nur war sie 
verpriiehtet, eine ordentliche OonHipmation aller Ausfuhrartikel 
einzureielien, damit man die Sicherheit habe, dass sie nur 
solche Waaren ausführe, deren Fxjturt zn bejrünati^on sei.*** 
Die Compagnie maclife jedoch schlechte (Jeschät'te. und der 
Kaiser zeigte sieh wolil anfangs {geneigt, als er erfuhr, dass; 
der Geldmanfrel nur ein vorüberi^ehender sei, bezüglich der 
Verpflichtungen pregen den Staat einiire Be<rünstignng:en zu jre 
währen, war alx'r dann höchst erl)itt<'rt. als er einiure Monate 
später die Sachlan^e genau kennen hM-Tits\ .Die so schiecht ;;e- 
filiirte üud durch ein so unehrliche» l" all iment freendipte Willes- 
hofen sche Compagnie ist ihrem Schicksale zu iiberlassen,' schrieb 
er auf einen Vortrag vom 13. April 1784, ,damit dieser so ver- 
hasste und bei dem Publico kein Vertrauen mehr habende 
Name der Compagnie erlösche.' 

Kaurieuten, die nach Cherson und Constantinopel Geschäfte 
machten, gestand der Kaiser Zollerleichtemniren zu, so dem 
Grosshandlungshause Carl und Friedrich I^ar^rnni, welches von 
dem Freiherrn von Tauigerer ein Gescliaft iihernonimen hatte.'^*' 
Josef verfügte, dass jene Waaren. die in ( 'lierson am meisten 
Absatz finden, öffentlich bekanntoremacht werden, um andere 
Handelsleute zu animiren.*" Um den Handel auf der Donau 
künftig mit grö.sserer Verlässlichkeit einzuleiten und zu be- 
fördern, lautet nach dem Falle der Willesliofen'sehen Com- 
pagnie eine Weisung des Kaisers, sei es nothwendig, die Be- 
nützung dieses Handels weges durch gedruckte Anzeigen, wie 
es auf den Handelsplätzen zu geschehen pflegt, auf der Börse 
und in öffentlichen Blttttem dem Publico bekannt zumachen, 
um diejenigen aufzufordern, welche sich an einer derartigen 
Unternehmung betheiligen werden, ihre Vorschläge bei der 
vereinigten Hofkanzlei einzureichen, worauf sich sodann werde 
beatimmen lassen, ob man eine Compagnie formiren werde 



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80 



oder nichty ond welche Vorrechte oder VorschllMe denelben 
ertheilt werden können. 

Obgleich die Regierung bereitwillig Untersttttinng und 
Zollerleichterang gewährte, entwickelte eich der von Oester- 
reichem getriebene Handel mit den Pfortengebieten nnr lang- 
sam. In einem Schriftstttcke vom Jahre 1771 wird bemerkt, 
daas ausser einigen Unterdianen nnd Negocianten in Triest 
sich in Wien nur awei Kanflente mit dem Absatse erblllndi- 
scher firsengnisse nach dem Oriente beschäftigen. lieber d^ 
Verkehr Ungarns mit den türkischen Nachbarländern heisst es 
noch in einem Vortrage vom 26. Jnli 1784, derselbe werde nie 
lebhaft werden, weil beide gleichen Ueberflnss an Prodnetw 
nnd gleichen Mangel an Mannfaetnren haboDi. 

Der Handel nach Egypten wnrde dnrch kaiserliche Ent> 
sefaliessnng fUr irei erklärt nnd der Intemnntins in Gonstanti- 
nopel, Thngnt, angewiesen, in Constantinopel and Aleesandria 
eine Verlantbarang sn yeranlassen. Die egyptische Compagnie 
erhielt die Begttnstigang, leyantinische Waaren zu demselben 
Zollsatse wie die Türken eininfnhren, nnr mnsste die Menge 
angegeben werden.'*' Die KMserin sprach den Wnnsch ans, 
dem egyptisehen Handel jede Unterstatsnng angedeihen an 
lassen. Josef war geneigt, den Eauflenten Sehnt« angedeihen an 
lassen, aber keine Manthherabsetznng an gewähren, nnr sdlten 
die Behörden in Erwägrung ziehen, ob eine oder andere aus 
Egypten kommende Waare, welche mit übermässigen ZdUen 
belehrt sei, nicht allgemein erleichtert werden könne. Unter 
den Kanflenten, welche nach Egypten Handel trieben, werden 
Beletti, Zuc<ai- i'^c Comp, erwähnt, fllo unter Josef thätig waren. 

Mit den Barbareskenstaaten Tunis, Tripolis und Algier 
wnrden Verträge zur Sichemng der Schiffahrt ahgeschlossen'*' 
und später wiederholt erneuert, allein dieselben blieben ohne 
Wirknn}2:, fla die Räubereien den Verkehr nnsicher machten 
und auch die von Zeit au Zeit Ubersandten Geschenke an die 
Deys nur ftlr kurze Zeit die Sicherheit auf dem Meere her- 
stellten,*" Ganze Actenstösse wurden tlber die Wegnahme von 
Schiffen verschrieben. Oesterreich beaass keine Marine anr 
Anfrech terhal tun LT der Sicherheit auf dem Meere. Der Malteser- 
orden that nichts, da er, wie man klagte, ans Kationen be- 
stehe^ denen daran liege, die Schiffithrt anderer Staaten beun- 
ruhigt an wissen, worüber man auch in Wien ungehalten war, 



90 



da der Orden in Oesterreich ansehnliche Beneficien genoas.*'^ 
Da mit Marocco ein Vertrag erst am 16. October 1783 ab- 
geschlossen ward, so bedienten sich die Seeräuber von Algier 
nnd Tunis der Flagge dieses Barbareskenstaates nnd beraubten 
die (österreichischen Schiffer. Die Fahrten im mitteUSndischen 
nnd selbst im adriatischen Meere waren nnsicher, und alle Be- 
mühungen der Österreichischen Regierang, durch Vermittlung 
der Pforte die Sicherheit auf dem Meere zu bewerkstelligen, 
blieben ohne Erfolg. 



XI. 

Einen regen Verkehr mit Polen hat die österreichische 
Regierung seit dem Beginne des 18. Jahrhunderts vielfach zu. 
fordern gesucht. Polaken, Lithauer, Russen, Masaren und 
Armenier wurden auf dem Breslauer Markte begtLnstigt. Die 
Österreichischen Lftnder bezogen aus Polen Wachs, Honig, rohe 
Häute, Pelzwerk, Wolle und grobe Leinwand und verführten 
dahin Ttlcher, Wachsleinwand, Mesolan, Schreibpapier, Gel aus 
dem Litorale, trockene Früchte. Besondere Wichtigkeit hatte 
der Handel mit Wachs, wovon man zwei Sorten unterschied: 
das lithauische Waldwaelis und das mit besonderer Sorgfalt 
zubereitete Öartenwachs. Ein gewinnreichcrer Tlandel, wurde 
betont, könnte nicht l>etrieben werden als mit Polen, denn man 
führe nützlich»^ .Materialien und un>rhädiiehe Fabrikate ein."* 
Die theresianisehe Regierung wai nach der Ahtretun^^ Schlesiens 
eifrigst bestrebt, die Handelsbeziehungen mit der Republik zu 
erweitem und den Waaronzug, der bisher in Folge der grossen 
Begünstigungen über Breslau gegangen war, i\her Oesterreich 
zu leiten. Von sächsischer Seite wurde bereits 17o0 ein hier^ 
auf bezüglicher Antrag gestellt. Die damaligen Verhandlungen 
führten jedoch zu keinem Ergebnisse.*'' 

Seit 17Ö3 wurde der Plan, einen innigen Verkehr mit 
der polnischen Republik anzubahuen, wieder aufgenommen. 
Im Vordergrunde stand, eine ,freie Niederlage' in Schle- 
sien oder in Polen für österreichische Waaren zu errichten. 
Die letzte Alternative wurde fallen gelassen. Wenn die Polen 
Verkttüfer und Abnehmer zugleich sein sollen, so lauteten die 
Envä;:ung('n, so müssen sie alle Waaren an einein Orte zn- 
sammeatinden; es müsse daher eine mit Breslau coucurrirende 



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91 



Stadt dazn bestimmt werden. Kur ttber den Ort schwankte 
man lAngere Zeit. Früher wnrde Bielitz, später aber Troppau, 
wofür der schlesiscbe Consess sich aussprach, in Aussicht ge* 
nommen. Der Commerzienrath erklärte sieh Uos })riucipie]l 
fHr ein yEmporinm', fUgtc aber hinan, man könne die Lage 
der Sachen nach dem dermaligen Staatssystem nicht so tief 
ergründen, tun darüber »Anhandlassnngen oder Vorschlüge' 
wagen zn dürfen. Wenn man sich dazu entschldsse, htttte 
Böhmen einerseits einen Handelsplatz an Pilsen, Kähren nnd 
Schlesien an Troppan, Oesterreich an Wien nnd Lins, Innei^ 
Österreich an Triest Was Ungarn anbelangt, sei ein Theil mit 
Wien, ein anderer aber mit Ghraz, mit Troppan aber ein Theil 
Obemngams in Handelsbeziehung zu setzen.*** 

Die Yon der Kaiserin angeordneten Berathungen, ob 
Bielitz oder Troppau zu wählen sei, gelangten rasch zum Ab- 
schluss, da man in dem Gedanken, an die Errichtung einer 
Niederlage zu schreiten, durch einige von preussischer Seite 
^lassene Verordnungen bestärkt wurde. Am 38. September 
1764 erschien eine den Transite von Polen durch Schlesien 
nach Sachsen und umgekehrt erschwerende Verftlgung.'^* Der 
Commerzienrath gab Troppau vor Bielitz entschieden den Vor- 
zug, schon deshalb, weil letzterer Ort, hart an der preussischen 
Grenze liegend, nur durch' das Flüsschen Biala von dem gleich' 
namigen polnischen Orte der Republik getrennt war und be- 
fürchtet wurde, dass Biahi die Vortheile des Verkehres an sich 
ziehen könnte. Dass Troppau in yielen Waaren den damals so 
wichtigen Orten Breslau und Leipzig den Vorrang abgewinnen 
könnte, wurde als wahrscheinlich angenommen; in LcTantiner 
und orientalischen Waaren, dann in Seide, Stahl, Eisen und 
Tuch würde es jedenfalls den Vorzug erhalten können; auch 
Material- und Specereiwaaren würden von Trieat ihren Zug 
nach Troppau nehmen, obgleich es in diesen Artikeln schwer 
werden dürfte, mit Prenssen und 8acli:^cn in Concurrenz zu 
treten; aus Oberungarn \\ i'n dr n sich die Kaufleute dahin wen- 
den, wenn ihnen einige Zollbegünstigungen eing^ernurat werden. 
Allen Religionsverwandten müsste aber der freie Zutritt und 
private ReligionsUbung gestattet sein. Weder die Handelsleute, 
noch andere Marktbesuchcr, niclit einmal die Juden dürften 
mit einer Contribution, Personalanlage oder Leibmauth und 
auch die Kaufmannsgüter in keiner Weise belastet werden.'"^ 



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99 



In ein weiteres Stadinin kam die Angelegenheit in Folge 
eines yertraolieken Promemorias des Fürsten Poniatowsld, 
welches Vorschlitge snr Anhahnung eines innigeren Verkehres 
swiflchen Polen nnd den Osterreichischen LUndern enthielt» nnd 
worin besonders Erleichtenmg des Absatzes von polnischem 
SalZ) Begünstigung der Durchfuhr aus Sachsen nach Polen 
durch Böhmen und Errichtung einiger Magazine an der Grenze 
gefordert wurde."^ Eine Zusammentretung Ton Mitgliedern 
des Commerzienrathes und der hOhmisch-östeireichischen Hof- 
kanzlei erfolgte zur Berathung dieser Antrüge, wobei gleich* 
zeitig der bereits in Verhandlung stehende Plan, eine freie 
Messe in Schlesien zu errichten, zur Erörterung kam. Gegen 
Bielitz wurden die schon erwähnten Gründe ins Feld geführt, 
femer auch der Umstand, dass es, hart an d& Grenze liegend, 
in kriegerischen Zeitlftaften leicht einem Anfiille ausgesetzt 
wSre; Troppau, wofür der Commerzienrath sich ausgesprochen 
hatte, erschien nicht zweckmässig, da die Guter einen Umweg 
machen müssten, um aus Polen oder Sachsen dahingebracht 
zu werden. Der O «danke, Olmtttz zu wählen, wurde bald 
fiillen gelassen, und einhellig einigte man sich in der Wahl 
Teschens.*** Ks befinden sich daselbst^ heisst es in dem Vor- 
trage, der königliche Laiulosältcatc, eine fürstliche Regierung, 
LandesofBciere, endlich eine Mauthbestellung dergestalt, dass 
sowohl das Polizeiwes^ als die Mercantilgerichtspflege hin- 
reichend vorsrlu n freien, auch mit geringoTMi Unkosten die 
nöthigen Mauthvorsichtcn getroffen n crdnn kOnnen; femer haben 
daselbst die Akatholiken freie Religionsübung, sogar ein so- 
genanntes Gnadenhans, folglich sei es unbedenklich, anderen 
Religionen freien Gottesdienst daselbst zu gestatten; der Ort 
könne gegen einen Anfall mit geringen Kosten sichergestellt 
werden; das nahegelegene .Ta1>lunka gebe Gelegenheit zur 
Rettung der Waaren; die Zufuhr aus Uii^mt-ti sni leicht, aber 
besonders fiele in die Waagschale, dass die Herstellung^ der er- 
forderlichen Strassen mit geringeren Kosten möglich wäre. 
Die Antrftge wurden von der Kaiserin genehmigt."' 

Die Wirren in Polen vertagten die Ausführung. Im 
Sommer dos .Tahres 1770 wnrHe in Folge einer Anregung, die 
von dem ( 'oiniiifr/A'onsesse in S('}iler*icn ansf^'inLr, die Anjjelogen- 
heit abermals in Fluss t;el)railit. In dem eingesendoten Proto- 
kolle wird auf die Wichtigkeit des polnischen Verkehres hin- 



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»3 



gewiesen und Polen als ein zweites Amerika beseicbnet Der 
Handel ttber Krakau, Lemberg nnd Kaminiec'Podolski konnte 
als |ein Eigentbnm' an Oesterreicb gezogen werden. Teschen 
▼erdiene den Vorsag vor Bielitz tmd Troppan.**^ Hofratb 
Simon wurde nach Teschen entsendet^ um den Ort in Angen* 
schein zn nehmen. Abermals wnrden Berathnngen in Folge 
kaiserlicher Weisung ttber die Errichtung einer freien Messe 
gepflogen. Der CSommerzienrath sprach sich dagegen ans, in- 
dem er auf die yielen Anstände, die sieh entgegenstellen, hin* 
wies, die Herstellung der Strassen, die Herbeiziebung TermOg' 
lieber Handelsleute, die Besorglichkeit der Manthunterschleife 
ins Feld führte, Wohl sollten Massnahmen getroffen werden, 
am den eigenen wollenen und leinenen Erzeugnissen, die sich 
durch die innerliche Concurrenz tflglich verbessern, Absatz in 
das polnische Nachbargebiet zu verschaffen, aber hieza sei ein 
freies Emporiura nicht erforderlich.^*^ Graf Harsch, damals 
mit der Leitung der Verwaltung in Schlesien betraut, wider- 
l^;te in einer Denkschrift die Ansichten, dass die österreichi- 
sche Industrie durch eine freie Messe leiden würde, mit dem 
Hinweise auf Leipzig und Frankfurt an der Oder. Von den 
drei von ihm ins Auge gefassten Orten: Troppau, Bielitz und 
Teschen entschied er sich für den erstgenannten. Der Conimer- 
zienrath stimmte nnn zu, nur Graf L. Zinzendorf war ftlr Teschen. 
Die Bancodeputation hielt es nicht an der Zeit, einen Vorschlag 
zu machen, da die Wirren in Polen noch nicht beendet seien, 
aber niemals, meinte sie, dUrfc Troppau in Frage kommen, nur 
Tesflion. Im Jahre 1772 meldete Reviczki aus Warschau, 
polnische Reichstagsdeputirte hätten den Wunsch ausgesprochen, 
dass zu Bielitz oder Teschen Waarenlager errichtet würden, 
um den Waarenzug zur Verineidnnfr dos hohen preussischen 
Zolles durch Oesterreich zu leiten.-- Uel)er den Ort gingen 
die Meinungen abermals auseinander. Sechs erklärten sich fUr 
Troppau, vier für Teschen. Die Kaiserin entschied für letzte- 
ren.**' Am 9. September 1774 wurde das Patent erlassen, dass 
jährlich am 15. April und 1'). September zwei Messen abge- 
halten werden und bis zum HO. dauera sollen. 

Im April 1775 sollte die erste Messe stattfinden. Mit 
grosser Spannung sah man derselben entgegen. Eine Comrais- 
Hwn wurde zn diesem Behufc dahin entsendet. Die Berichte 
Eger'fi bieten ein anschauliches Bild von dem Verlaufe derseilien. 



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94 



Die Stadt traf alle möglichen Vorbereitungen, sorgte auch fllr 
Feuergeriithschafteu. ,Gott wolle uns jedoch tllr Feuer be- 
wahreUi' schrieb Eger nach Wicn.''^'* Mit dei Messe sehe es 
gewaltig schlecht aus, meldete er am 20. April, Mit dem Ab- 
satz erbländischer Waaren wolle es nicht von der Stelle gehen; 
der bisherige Verkauf sei nicht inessmilssig, sondern kaum 
einem gemeinen Jahrmärkte ähnlich. Die Brodyer Juden, denen 
Eger ins Gewissen redete, durch Verschleiss üstorrniehiseher 
Producte sich die Gnade \md Oiin-^t der Kaiseiin zu erwerben, 
fanden die Erzeugnisse der Liiizer Fabrik zu theuer. Mit der 
Zahl der Verkäufer könne mau zufvif den ?«ein, aber Käufer 
selie muii nicht, selyriob Eger am A})ril naeli Wien. Er sehne 
sieh iiaeli der Ankunft der Isnieliten aus l'itlen, sonst würde 
es schleeht aussehen, ,So mittehnässig ieli mir auch die erste 
Generalprobe von einer freien Messe anfänglich vorj^estellt 
habe,' heisst es wörtlich, ,so unerwartet ist mir jedoch, dass 
bis zur Stunde noch gar kein Verkaul' von Fahriks- und Manu- 
faeturwaureii vor nich gegangen.' Sen)>t (Vw hiesigen und 
gnlizisclieu Landesjuden seien über die 1 lartnäekijj^keit der 
Gulizier äusserst aufgebracht, die erbliiudlscheji Kautieute aber 
sehr niedergeschlagen, dass sie sich verschworen, die Men.se 
niclit nielir zu be.suchen. Indess, luun sei nicht in einem Tage 
erbaut wunien. und wenn man der llaudeUgcschichte Glauben 
])eimessen wollte^ so mochte die erste Leipziger Messe noch 
bchlecliter gewesen sein.-^'* Anf den Absatz österreichischer 
Waiiren an galizische Juden hatte luan sich starke Iloll'nungea 
gemacht. Sie kauften hn (ranzen im Werthe von 7Üi> bis 
800 Ducatcn. Ullenliar hattr nuui di*- Früüuung der Messe 
zu bt'schleunigcn gfsuclit, ehe die erfoivlcrlichen Anstalten gc- 
truÜen waren. Oic Strassen waren selilceht, und die böhmi- 
schen Kaufleute klagten Uber die ungenügenden Verbindun- 
gen,-'" Um den Besuch zu forthrn, hatte man einzehien 
Fabrikanten eine Unterstützung von .")0 fl. gewähl t, anderen 
eine solche von löO bis 200 fl, in Aussicht gestellt, im (Manzen 
1400 iL zu diesem Zwecke veranschlagt. Die ärarischen Fa- 
briken zu HoUitsch und Linz wurden zur Beschickung ange- 
wiesen. 

Durch die Teschener Messe sollte in erster Linie d«r 
Handel mit Galiziea und Polen gefördert werden. Da man 
Uber die wirthsoh^tlichen Verhältnisse dieser Länder keine 



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95 



Kenntniss besass, wurde der Director der Linzer Fabrik, 
Sorgenthal, mit der Aufgabe betraut, sich nach Tcschen zu 
begeben und sodann Galizien und Oberungarn zu bereisen. 
Seiner Ansicht nach musste man, wie es Preussen nach Er- 
richtung dor Rromlmrger Messe gethan, allen jüdischen und 
christlichen Kautieuten den Besuch der Leipzif^cr Mossc schilrt- 
steus untorsaLccu, da man sonst eine Vorbindiiug mit den in- 
ländiscliPii Fabriken herzustellen nicht im Staude sein werde. 
Die (isterrcii'liisclien Fr'/eu<j:ni»se Beien in Galizien nicht be- 
kannt und können die ( 'oncurrenz mit den fremden wegen des 
theuren Preises nicht aushalten. Den Auftrag, galizisthe Pro- 
ducte auf der Tesehner Messe aufzukaufen, konnte er nicht 
ausführen, weil ,ausöer eini^'en uk • rschanmenen Tabakspfeifen, 
einigen Wildkatzenbälgen und 20 Centuern Uuachlitt nichts 
zum Verkaufe bracht war'.*" 

Der umfassende Bericht Eger's diente als (iinndlage für 
die Berathung, welche Mittel zur !b 1 ung der freien Messe in 
Teschen ergriffen werden konnten. Um den erbländischen 
Waaren einen grösseren Absatz nach Galizien zu verschaffen, 
wurde die Befreiung derselben von jedem Eintuhrzolle, sowie, 
die freie Zulassung galiziseher Erzeugnisse nach den üater- 
reichischen Erblanden vurgetichlagen. Die galizische Hufkanzlei 
forderte dieselbe Begünstigung für den Verkehr zwischen Ga- 
lizien und Ungarn, wogegen aber so viele Anstände und Be- 
denken erhüben wurden, dass man zu keinem Beschlüsse kom- 
men konnte.*'^ Man einigte sich blüs dahin, die Vnrtheile, 
welche die Messe den Kaufleuten biete, mehr bekanntzuuiuclien. 
Wohl lialle nuui in den Trattner'schen Kalender eine iiierauf 
bezügliche Verlautbarung einireriiekt, die galiziselie llofkanzlei 
stellte jedoch den Antrag, aiu h in einer Lemlierger Zeitung 
eine Ankiindijruni; zu verütfcntliehen, an siimiutliciie Krci.siimter 
ein Circular zu erla.sseu und dasselbe auch in deutscher Sprache 
mit hebräischen Lettern in den jüdischen Buchdnickereien zu 
Zolkiew aufzulegen, sodann aber in sämmtlicheu Synagogen 
öffentlich vorzulesen.'-'^' 

Auch die zweite Teschener Messe war schlecht besacht 
Da man den Grund in den judischen Feiertagen sah, wurde 
die Herbstmesse vom 15. auf den 1. September yerlegt. Die 
Messtermine inirden in den inländischen und ansUndischen 
Zeitungen und mit Rücksicht auf die galixische Judensehaft 



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96 



auch in den jüdischen Kalendern bekanntgemacht. Beson- 
ders spärlich erschienen die Juden aus Galizien, wie man an- 
nahm, aus dem (»rnnde, weil dir* .irrösseren Handelajuden' den 
Besuch der Messen zu Leipzig und Frankfurt vorzoi^en, nm 
daselbst ,dpn Verkauf und den Einkauf für die kleineren Juden 
zu besorgen', wobei sie ihre Vortheile hatten und befürchteten, 
dass die kleineren Juden Tescben aufsuchen würden. Der 
Commissär a Sole meinte, dass dieses hartnäckige fj;ali/.ische 
.Judenvolk mit der bisherigen Naclisiclit und Güte zum Besuche 
der Teschener Messe nicht zu l)ewe}xen sein werde, man solle 
daher die Transito und Consumomauth für die auf den frem- 
den Messen gekauften und nach Galizien geführten \Va;iren 
erhöhen oder andere Zwangsmittel ergreifen. Kinsichtiger laiii' t'3 
das Ürthcil der galizischen Hofkanzlei. Die .luden üiudcn 
auf den fremden Messen, die sie schon so lange besuchten, 
mehr Credit als m Tesclien, auch sei daselbst eine grössere Aus- 
wahl von Waaren vorhanden, man möge dalier die kleinen Kauf- 
lente zum Hesuche der Teschener Messe antreiben.*** I)urch 
eine am 20, März 1776 veröü'entliehte Nachricht wurde bekannt- 
gege])en, da»« nicht nur die aus Galizien und Lodomerien, son- 
dern auch die aus allen fremden Ländern nach Teschen ge- 
brachten Waaren nur den iu der neuen Zollordnung \ oni 
15. Juli 177.0 festgesetzten Durchfahrzoll zu entrichten haben, 
daher, wenn sie von Teschen zurückgeführt oder in fremde 
Länder gebracht werden, keiner Ausfuhrgebühr mehr unter- 
liegen, was bisher auf Grund des für Teacheu erlassenen Pa- 
tentes der Fall gewesen war.*** 

Auch die apätcreu Messen lieferten kein günstiges Er- 
gebnis«. Die Zollraanipulation erschwerte die Einfuhr fremder 
Waaren, und die heimischen Erzeugnisse fanden keine , Lieb- 
haber'. Ausser Galanterie-, Mode- und Frauen putz waaren 
setzten die üsterreicliischen Fabrikanten auf den er.sten sech.s 
Messen nichts ab, wohl aber fanden einige ausländische Waaren 
Käufer. Auf der Aprilmesse 1782 fanden sich aussliiudische 
Kaufleute niclit ein. .Josef forderte Berichterstattung.*^ Nichts 
könne in politischer und commerzieller Beziehung gleichgUtigcr 
sein, lautet der Vortrag, als diese jährlichen zwo Messen wieder 
eingehen zu lassen, die schon von Anbeginn nur von sehr 
wenigen und zuletzt von gar keinem fremden Raafmann be- 
sucht worden sind. Nur weil sie mit so viel Feierlichkeit ein- 



Ö7 



gpfllhrt wurden, fand man, dass es bedenklich, noch melir ;il«'r 
überriussij^ sein würde, eine Mes.se ürteutlich zu widerrufen, 
die durcl» die Nichtliesuchung aufgehört hat oder, besser /.n 
mgüUf nif in rechten Oan^ gekommen ist. Die i^aiscriiclie 
Entschliessunf^ \ erfugte Aufhebung der freien Messe und üm- 
wandhing in gewülmliche Jahrmärkte.*" 

Naeh der Erwerbung polniscliei- ( Jeljiete wurde nicht ohne 
hai'tüu Kampf des österreichischen ( le'sjimlten Ke\ lezki eiu 
Handelsvertrag am 10. September 1775 nui' tlureh Unterstützung 
des Vertretern Kusslaudö abgeachluöjieü. Besonders die Forde- 
rung Oesterreichs, für ungarische Weine eine Zollbegünstigung 
zu erlangen, stiess bei der polnischen Ueh'gation auf Schwicrig- 
keitt'u. Da.s Krgebniss der lang(;n und niiilisciigen Verhand- 
lungen war duch ein derartigea, dass der Staatsrath bei Prüfung 
des Vertrages die Ansicht aussprach, bei gehöriger AusnlU;«ung 
sei Aussicht vorhanden, den grösseren Thcil de» polnischen 
Handels den östeiTeichischen Staaten zuzuwenden. Die Vertrags- 
bestimmiingen lauteten, dass für die Waaren der beiden Staaten, 
die mit einem Verbote belegten ausgenommen, kein höherer 
Zoll als 4 Procent erhoben werden dürfe; der Ausfuhi^oll 
sollte '/j, Procent, der Durchfohrsoll 1 Procent betragen; on- 
gftrische Weine sollen nicht hoher als mit 7» Ducaten pro 
Tonne belegt werden, während bisher mehr als das Doppelte 
entrichtet werden masste.'*** 

Der Abschlnss eines Handebyertrages mit Russland 
wurde bereits nnter Mari* Theresia in Erwägung gebogen. 
Dass eine Handelsyerbindnng mit dem nordischen Staate nur 
nützlich sein kOnne, stellte der Hofcommerzienrath nicht in 
Abrede, allein die Anknüpfung von Triest ans hielt er für ge- 
wagt. Rnssland sei seit 1763 bestrebt, mit den mittelländischen 
Meergebieten unmittelbare Handelsschaft sa treiben^ und habe 
ein grosses Kaufikkrteisehiff mit 30 Kanonen ausgerttstet. Von 
dieser Untejmehmung habe man jedoch nicht das Mindeste ge- 
hört. Was konnte man sich davon auch versprechen? Wie 
kOnne man hoffen, von Triest aus solch' weite Schiffshrt su 
treiben? Zwischen den Erbstaaten und Russland bestünde 
wohl ein Verkehr, indem ttber Krakau Waaren dahin ausge- 
führt werden. Krems treibe Handel mit Sensen nach Russ- 
land; ungarische Weine gehen ebenüdls dabin. Was den 
Handel nach dem Sohwanseu Meere anbelangt, so Hesse sich 

AnklT. LZZITLBi. L HiUli. 7 



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98 



nichU Anderes than, als bei gtlnstigen UiuBtänden mit der Otto- 
manischen Pforte die freie Schiffahrt ins Schwarae Meer an 
sichern, die vielleicht von Wichtigkeit werden durfte.*^* Einige 
Jahre später, nach Herstellung des Friedens zwischen Rossland 
und der Pforte, regte Kaunitz die Angelegenheit wieder an, 
durch das Schwarze Meer einen unmittelbaren Handel mit 
Rassland einzuleiten und den erblftndisoheu Waaren einen neuen 
Absatz zu verschaffen. Die österreichischen Waaren sollten 
auf der Donau in das Schwarze Meer gebracht und rassischen 
Fahrzeugen die WeiterfUhrung ttberlassen werden. Man dachte 
zunächst an Eisenwaaren und ungarische Weine. Kaunitz hatte 
auch ein diesbezügliches Promemoria dem russischen Gesandten 
in Wien ttbergeben, jedoch eine ,vage und dilatorische' Ant- 
wort erhalten.'*** Der Staatsrath schlug die Errichtung einer 
Compagnie vor. 

Seitdem ruhte die Frage, bis unter Josef die Besiehungen 
zu RuBsIand sich inniger gestalteten und, wie es scheint, Uber 
Anregung von Petersburg der Gedanke, auch in zollpolitischer 
Beziehung die beiden Reiche aneinander zu knüpfen, nachdem 
Oesterreich der bekannten armii^n Neutralitlit beigetreten 
war, greifbare Form annahm. Die Hofkanzlei, aufgefordert, 
ein Gutachten über einen mit Russland abzuschliessendeti 
Hiindelsvcrtrag abzugehen, legte das Gef^tändniss ab, keine 
Kenntniss der nis<i>( }ien Zoilgesetze zu besitzen; es könnte 
im Interesse Kus.sluuds gelcgcMi sein, Eisenwaiiren aus Steier- 
mark, sowie aus Ungarn billig<*r ,alä durch die weite See&hrt 
von den an dem Oceano wohnenden Nationen' zu beziehen. Der 
österreichischen Handelüt^ehaft könnten drei Keiche zum Ab- 
sätze der WaiinMi goöfl'net werden: Russhmd. das osinanische 
Reich und die Tartarei, wohin vielleiclit ein Absatz von WoUen- 
zeugen, Tüchernj Zinn, Glas, Messing stattfinden würde. (Oester- 
reich könnte aus Kussland \\'<ichs, Pelzwerk, Hanf, Rhabarber, 
Oaviar, Juchten beziehen.*** 

Oesterreicli erstrebte durch eine Abmachung mit Ru-ssland, 
den Handel auf der Donau nach dem Scliwarzcn Meere zu fordern 
und in Cherson, Kertsch und Jenikale TTandelshUuser und Maga- 
zine zu errichten, auch ftlr den Verkehr Ostendes mit Rii-<.sland 
Begünstigungen zu erlangen. Die von dem Petersburger ( ':ibi- 
nete dem Grafen Cohenzl am 9. September 1782 li})ergehenen 
Schriftstücke, welche die Giiuidsätze eiithieiten, von denen 



99 



man bei dem HAndekvertrage «imgehen habe, sowie der 
Entwurf eines Tractatee bildeten in Wien den Gegenstand ein- 
gehender Berathungen. Die Behörden cr^^-arteten nicht riele 
Vortbeile ftlr den Osterreichischen Handel. In diesem Sinne 
sprach sich die ungarische Hofkanzlei ans. Die Ansicht des 
Präsidenten der Kechenkammer, Qrafen von Zinaendorf, ist 
oben dargelegt worden.**'' In dem auswärtigen Amte erregte 
der sechste Punkt der russischen Fundanientalgrundsätze, wo- 
nach Hussland das Hecht, den Verkehr auf dem Schwarzen 
Meere zu regeln, in Anspruch nahm, Anstoss. und man wollte 
deshalb in Wien vermeiden, dem Petersburger Cabinct in dieser 
Richtnng irgend eine ßefugniss einzuräumen.'''''' Die Verhand- 
lungen ruhten in den nächsten Jahren, und Oesterreich be- 
nutzte die zwischen Kassland und der Pforte in Folge der 
Besetzung der Krim ansgebrochenen DifiSsrenzen, um am ßos- 
poras durrh eausa Sened vom 24. Februar 1784 eine Erweite- 
rung der bisherigen BegUnstifrnngen österreichischer Unter* 
thanen bei dem Handel mit der Pforte zu erwirken. 

Erst nach dem Abschlüsse dieser Vereinbarung in Con- 
stantinopel wurden die Verhandlungen über den Handelsvertrag 
in Petersburg fortgesetzt. Die Bemerk im fftn des Präsidenten 
der Hofkammer machten auf den Staatskaii/Jcr nm so weniger 
Eindruck, da, wii- er in oiner Zuschrift an die vereini^'t'- l)(»h- 
misch-österreichische Hofkanziei bemerkte, die meisten Stipu- 
lationen des Vertra«r<*f< auf so alls'omeinpn und unvortantrliclicn 
( }nindsatz«*n l)tMtiln'n, dass derselbe kaum etwas enthalten 
werde, was nicht schon aus den GrnndsHtzen des europäischen 
Völkerrechtes fliesse. Ks werde auch gut sein, meinte Kaunitz, 
den L'-ej^emviutigen Zeitpunkt zu l)oni'it/cen, da die einsichtige 
Regierung in Petersburg von ihren bialiengen Vorui tlieili n und 
Missbräuchen zum Thcile abgehen wolle, nni Ycrschuiit-ne 
Hindernisse aus (It ui (Ji-uik1c zu hehelMui. welche triiher den 
Handel mit Russland äusserst nachtheilig machten. Aneh sei 
das ZugesÜindnisf» t iniger von iistei reiehischer Seite an«reliage- 
nen Zollbegünsti^run^en als ein Voitheil anzusehen, der dem 
österreichischen Handel e])enso8ehr aU tieui russischen zu Statten 
kommen werde, da es nicht moj^dieh sei, mit einer fremden 
Nation einen beträehtliclieii Activhandel (iline verhöltnissTnUssigen 
Passivhaudcl zu fuhren, und der Schade, der etwa fiir einige 
iuiändische Fabrikate durch Begünstigung ähnlicher fremder 

7* 



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100 



» 

Artikel weh ergebe, könne durch den Nutzi M ni »geglichen 
werden, den andere inländische Fabrikate durch V'enaehmng 
des Absätze» erhalten. ^^'^ 

Der Handelsstand wurde durch eine oflicielle Mittheilong 
anf die Wichtigkeit dieser Abmachnngen aufmerksam gemacht 
nnd gleichzeitig die Begünstigungen kundgegeben, welche der 
Donauschitfahrt eingeräumt wurden. Alle Waaren, welche aus 
den deutschen und ungarischen Erblaudeu auf der Üonau von 
kaiserlichen Unterthanen für ihre Rechnung in das ottomanische 
oder russische Gebiet geführt werden, sollten nur einen Zoll 
von Procent vom Wcrthe zu zahlen haben; die aus der 
Türkei oder uns Russland naidi der Donau eingeführten Waaren 
hlieben in L'n^nrn von dem I )ui'cht'ulirzuUe befreit, wurden sie 
aber von Wien weiter versendet, so hatton sie denselben nur 
einmal zu entrichten; Gesellschaften zur Beförderung der 
Donaufahrten oder des FlandeLs in ottomanische oder russische 
(lebiete, welche Comptoire oder Factoreien errichten wollen, 
wurde jede Ilnterstüzung zugesagt; ferner wurdeu jene Artikel 
bezeichnet, die für den Handel in dieser Richtung , brauchbar* 
sind: böhmisches (üas, mährische Tliidier, österreichische Wolien- 
zeuge und Leiüwajide, Eisenfabrikate aus Steiennark und Kärn- 
ten; endlich wurden auch di*» curruntcn Preise des letzten 
Wiener Jahrmarktes liinzugefügt. 

In Peters ljuij; und in Wien erwartete man von dem Ab- 
schlüsse des ilandelsveitra^es namentlich eine Steigeiuug des 
Verkehres mit ungarischen Pruduclen. Für die von Kussiaud 
eingeräumte Begünstigung bei Verzollung ungarischer Weine 
M'urde als Gegenleistung Erleichterung für Caviar und Pelze, 
sowie für Kupfer gefordert.-^* 

Der uumittelbare Handel mit Dänemark war gering. An 
der Neuschlosser liHndelst om[)agnie war der dänische Gesandte 
in Wien betheiligt, allein der Absatz nach Däuemark war uu 
bedeutend, und seil 1781 unterlagen daselbst die Leinenwaaren 
einem Verbote. Der Prager Handel.sstand berichtete im Jahre 
1791, dass aus Danemark tmcknete und gesalzene Fische, 
Fischthran, Stuhlrohr, Rhabarber, Radix calanga uud mauch* 
mal auch Syrup mit Vortheil bezogen werden. Vor 1784 habe 
man auch dänische Handschulie, deren Einfuhr seitdem ver- 
boten worden sei, aus Dilnemark bezogen. Nach Dttnemark 
wurden ülas waaren und etwas Leinwand gesendet; früher 



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101 



wurden «ach Gold nnd Silber, Steingefitose und Galanterie- 
waarcn abgesetzt^ bis Dänemark vor etwa acht Jahren ein 
Verbot erliess. Unmittelbar yrnrde der Handel nur von sehr 
Wenigen betrieben, zumeist vermittelte^ Typipzig" den Verkehr. 
Ein »weiter Bericht aus deni8en)en Jahre bemerkt, dass BUrg- 
steiner Spiegel, Zwirn und Strümpfe nach Dänemark vprsendet 
werden, die Vermittler bildeten die ^fleissif^-cTi Glashändler'; 
sodann auch Rumburger Drechslerwaarcu, aU: hölzerne Dosen, 
hörnerne Tabakspfoifcnrohre, die auf der Leipziger und Frank- 
iiirter Ifesae abgesetzt und nach Norden verführt werden.^^ 



XII. 

Dio p:rnss<»ii Handelsge.sellschaftfn. welche in England, 
Frankreich und den Niederlanden zur Anbahnuiiir des Vei'- 
kehres mit dem asiatischen Osten ins T/('))cn «rorufen wfu'den 
waren, fesselten die Aufmerksamkrrt cini^^ci MitgiiediM- des 
Commerzienratlif s. Von G()ttfrie<l Joatliiiii Edlen von Mavers- 
bach, einem in ijünebur«; wohnliatten k. k. Commer/irnratlic 
und seit ITöf) SpeditioTisfacttii- ungarischer Hergwerksproducte, 
lag ein Flau zur Ktrielitung einer ostindischen Compagnie nach 
dem Vorbilde der asiatischen ( omjiairni«' zu Emden vor.*^' 
Das Gutachten des Commerzienrathes riilmito den Arlieiten 
nach, dass sie avuIiI verfasst seien, viele dicnliclit* Narluichten 
enthalten, von (Irnen jedoch dermalen kein (M-biaucli gemacht 
werden könne, dem Verfasser sei jeducli das Allerhöchste Wohl- 
gefallen zu bezeugen. Am Ende des Jahres 1705, am ;>U. De- 
ceiuUer, llberreichte Mayersbacii abermals eine Arbeit. Josef 
beauftragte den Grafen Ihidolf (^hotek, den» Propnjienten zu 
bedeuten, d.iss er, wenn er dem Staate einen nlUzlieiieii Dienst 
in dieser ]iiauche des Ooramercii zu leisten vermeine, die in- 
Inndischen und fremden Waaren, mit denen nacli Ostindien 
der Handel getrieben werden könne, die Preise derselben, liie 
Orte, wo solche am wohlfeilsten zu erlangen, die Art der Be- 
schaflfung durch Tausch oder Geld, welche Waaren und in 
welchem Ausmasse dieselben gegen einander vertauscht werden 
könnten, Berechnung der Fracht-, Assecuranz- und anderer 
Kosten anzeigen und darthun möge.*** Der Comraerzienrath 
sprach sich Uber den Plan nngemein skeptisch aus. Man sei, 



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103 



heisst OS in rlom Schriftstück, dor p:ocrrUndeten Ueberzrngiing, 
(l}i88 floni curopiiiscli^'n Wrlttlieilr das ( 'ummorciiini iiacli Ost- 
indien nicht nur nicht uützlicli, sniulnn \v(>}jj('u seines lodijji^lich 
passivt^n Bestandes hOchst schädhch «ei, während doin <»st<'i- 
reiehisclit'U Staate nichts erwünschlicher wlire als die Ki weite- 
runp; seines Handels nach der Levante nnd zurUck gegen den 
Ponente.*^^ Auch über die von einem Niederländer, Delplang, 
einige Jahre später vorliegenden Anträge gingen die Ansichten 
auseinander.*^" Das Project, lautete die Meinnn^^ der Einen, 
sei von solcher Wichtigkeit, dass man sieli nicht getraue, das- 
selbe platterdings zu verwerfen, vielmehr dem Antragstellor, 
wenn er »ich Uber seine Solidität answeise, zu bedeuten, dass 
die Kaiserin nicht ab<reneigt sein wurde, zu gestatten, Schiffe 
zu Triest zur Fahrt nacii China ausrüsten zu lassen und den- 
selben den Allerhöchsten Schutz zuzusagen. Ein ausfuhrliches 
Votum lieii;! vou Carl von Zinzendorf vom 11. December 1771 
vor. Wenn einige geschickte Kautieute, meinte er, die Unter- 
nehmung oder Eiideitun^^ eines directen Handels von rriost oder 
Ostende nach China und Indien bewerkstelligen wollen, so 
liesse sieh dagegen kein Betlenken erheben; die geschickten 
Xuütleute wissen besser, welche Speculationen die nützlichen 
seien, allein das vorliegende Project verdiene keine Rücksicht, 
denn man künnc unraöglu Ii unratlien, sich au dem ostindischen 
Handel direct oder indirect zu betheiligen, Corapt^ir.s in Indien 
anzulegen, diesi-lben mit grossen Küsten zu erhalten, denn 
Manuiacturen, Fabriken und Handelsunternehmungen, an denen 
sich die Landesherren betheiligen, können niemals einen glück- 
lichen Ausgang haben. Auch ein ausschliessliches PriTileg 
einer einzigen geschlossenen Gesellschaft von Kaufletiten f)lr 
den H«idel nach China oder Indien za ertheilen, könne wohl 
schwerlich beAlrwortet werden. Der Hafen von Ostende würde 
allem Anscheine nach noch jetzt Schiffb nach CShina senden, 
wenn die damalige Regierung nicht durch die an sich fehler- 
hafte Art und Weise der Veranstaltang die Aufinerksamkeit 
der Seemächte unnöthig erregt hätte. Eine Privataasociation 
unter einfachem landesfllrstlichen Schntae würde nie Verdacht 
erweckt haben. Der Handel in ferne Welttheile gehöre zu 
jenen blendenden Vorschlägen, die genan nntersncht werden 
müssen; der einfache nachWliche Verkehr mit den angrensen« 
den Nationen sei weit wichtiger und weit höher zu schätzen. 



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103 



er trage weit mehr dazu bei, den Kahrungsstand und die Ge- 
schät'tsthätigkeil der Imterthanen zu erlialten, als die Al>,v( n 
dung eines mit Geld beladenen Seliifl'es nacii Chiii;i, ulkiu 
dieser so wichtige nachbarliche Verkehr wurde durch Verbots- 
gesetze und übermässige Mautben unterbroclicu. 

Einige Jahre spllter berichtete Belgioso, der damalige 
Gesandte in LondoUi Uber einen Plan von Wilhelm ßolts — 
der bisher im Dienste der englischen Gompagnie gestanden, 
jedoch in Folge von Zwistigkeiten Ostindien verlassen hatte — 
einen nnmittelbaren Verkehr zwischen der Adriastadt und Ost- 
asien einsnleiten. Bolts Terspreche sich, schrieb Belgioso am 
1. November 1774 nach Wien, von dem persönlichen £influ8s, 
den er bei verschiedenen ^indianischen Fttrsten' sn gewinnen 
Gelegenheit gehabt, solche Handlnngsvertrttge mit denselben 
errichten sn können, die nicht nnr der Ehre des kaiserlichen 
Hofes angemessen, sondern auch fähig sein würden, diese Unter- 
nehmnng danerhaft zn machen und mithin den Grand zn einer 
Emenenmg des Handys zn legen, den vormals die Compagnie 
von Ostende mit so viel Vortheil getrieben habe. Er mache 
sieh anheischig, dieses ohne Gewalt nnd ohne Land« nnd »See- 
macht, sondern auf friedsame und ruhige Art zu bewirken, 
dass bei keiner Nation die geringste Unruhe veranlasst oder 
d^ luuserlichen Hof mit anderen, auf ihran Handel mit Eifer^ 
sucht wachenden Staaten in unangenehme Streitigkeiten ver- 
wickeln würde, wie es bei der Errichtung der Compagnie von 
Ostende geschehen sei. Bolts verlangte keine andere Unter- 
stützung als ein Begleit* und Vollmachtschreiben an die ,india- 
nischen' Fttrsten, um mit denselben Handelsvertrttge abzu- 
schliessen. Er weise darauf hin, dass, wenn die im Jahre 1746 
von dem grosshensoglich toscanischen Oberst Mill vorbereitete 
Unternehmung vor sich gegangen wäre, Oesterreich sich gar 
leicht in den Besitz von dem grOssten Theile des heute von 
England eingenommenen Königreiches Bengalen gesetzt haben 
würde, indem Lord dive zehn Jahre darauf, luiehdem er das- 
selbe erobert, dem von MiiI vorgeschlagenen l^lane fast durch- 
gehens gefolgt sei.*** Die Absicht von Bolts sei, die zwei Orte 
wieder zu besetzen, weklu- die Compagnie von Ostende inne- 
gehabt und welche der Kaiserin noch bmtzutage mit allem 
Hechte gehören, von keiner anderen europäischen Macht bisher 
besetzt und in den besten englischen I^andkarten allezeit als 



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104 



der Compagnie von Ostende gehörige Orte beseiehnet seien. 
Ausserdem wolle er noeh eine dritte Faetorei in dem Lande 
der Maratten errichten, mit deren Fürsten er persönlich bekannt, 
deren Sprache er yollkommen verstehe. Belgioso redete dem 
Unternehmen das Wort nnd widerlegte alle Einwendungen; 
welche mit dem etwMgen Hinweis anf die ostendische Com- 
pagnie gemacht werden könnten. 

Graf Kolowratj dem der Bericht des österreichischen Vei^ 
treters an der Themse tlbermittelt wurde, sprach sich dahin 
aus, dass er keinen Anstand nehmen würde, das Vorhaben von 
Bolts XU unterstützen, um so mehr, da seine Absichten auf keine 
monopolistische Unternehmung gerichtet seien und er auch das 
Aerar nicht belasten wolle. Mit dem Hinweise auf die unter 
Karl VI. gegründete ostindische Compagnie fklhrte er aus, 
dass von Triest aus dem Unternehmen Schwierigkeiten nicht 
entgegenstünden; da man durch Verträge nicht gebunden sei, 
könnten andere Nationen keine Klage fUhren, allein es hänge 
von der Klugheit und Einsicht der Hof- und Staatskanzlei ab, 
au beurtheilen, ob die Lage und ,Standhaitigkeit der Umstände' 
so geartet seien, dass man deren Ansichten Folge geben 
könne.^'^* Eingehend wurde die Frage, ob der ostindische 
Handel fUr die Erbstaaten von einiger Wichtigkeit sei, in 
einer Conferenz erwogen, an der blos Kolowrat, Binder und 
Raab theilnahmen.*''^ Letzterer legte dar, dass der ostindische 
Handel, den Bolts unternehmen wolle, ,cine l>eträchtliche Bahn 
SU einer nie geprüften, gltlcksoligeten Exportation' eröffne, ohne 
das Aerar irgend einem Verluste auszusetzen. Der Passiv» 
handel für die Monarciiie sei der Beuehtung wertli, und es 
müsse dem österreichischen Staate daran liegen, ,die Erforder- 
nisse der ersten, zweiten und dritten Nothwendigkeit* so viel 
möglich aus der ersten Hand zu beschaffen. Auch scheine es, 
dass das Untornolirnon «rlücken könne. Alle Nationen, heisst 
es in dem Protokolle, haben es erfahren, wie schwer es sei, 
mit jenen Handelsschaften in Concurrenz zu treten, die sclion 
seit einem Jahrli ändert in Ostindien sich festgesetzt iiaben, 
aber Bolts fasse die Küste von Malabar ins Auge, daher f^anz 
unabhängige Gebiete, die weder mit England, noch mit Hol- 
land in Verbindung stehen; er gedenke nach China zu goh<^n, 
wo alle Schifl'e z. B. in Kanton und Macao nach }i;loiol)om 
Rechte behandelt werden. Ausser Frankreich, dessen Handel 



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105 



dahin unbedeutend sei, treibe die prenssisclie Ilandeiscorapnirniei 
von Kmdcn, die dllnische zu llelsin^rör, die fsebwedipclie zu 
Güteborg freien Handel nach China. Glücke das Unternehmen, 
80 eröffne sich für Triest eine «/rosse Zukunft, indem (»st- 
indische VVaaren von hier ans auch nach ausserösterreiehischen 
Gebieten verfiihrt werden dürften. Der Ilandol'^ireist <ler Nation 
werde sioli regen, und et* sei ein L'lii' kÜrl ler Umatund, dass 
di<' allerdinf^s gefilhrliche Unternehmung durch Fremde ohne 
Beihilfe de» Staates oder der IJnterthanen einjxeleitet werde. 
Nicht auf den Activhandc). ob^deieli Bolts in seinem Memoire 
den Werth dcüselhen auf iihei- eine Viertel niilliou txulden ver- 
aiisehlajjt hatte, lehrte diu ('ominiösion besonderen Werth, son- 
dern auf den Pas.^ivliandel; Zimmt Mcrde aus Ceylon, Mnscat- 
ntisse und MuscatblUthen ans Banda, Gewürznelken aus 
Aniixuiui, Ingwer aus Guzerat, Pfeffer aus Malaliar n. h, w. 
unmittelbar nach Triest gebraclit werden; der (kontinent werde 
sodann indische Waaren au^< Triest holen müssen. Wie hoch 
sich der Bedarf dieser Artikel in der Monarchie stelle, lasse 
sieii allerdings nieht btvstimmen, weil <?8 an genauen Commerz- 
tabellen bisher noch fehle, aber ein beiUiutiger Ueberschiag 
über den Import von iudiseiien Feilsrhaften nach dt n Nieder- 
landen ergab, dass im Dnrclischnitte in den Jahren 1760 — 1768 
eingefidirt wurden: Tlu:e Ö70.000 Pfund, Ingwer 10.500 Pfund, 
Mousselin OOO.CHX) Ellen.«-'" 

Bolt« kam im Mai 1775 nach Wien. Kaunitz sprach sich 
über ihn günstig aus.**^ Die Kaiserin verfügte, dass Binder 
und Kaab mit ihm zusammentreten, die Vorschläge anhören 
und darüber einen Befund anstellen sollen.^*'^ Als Begünsti- 
gungen, welche Bülts gewährt werden könnten, wurden in 
Vorschlag gebracht: kärntnerische Bergwerkserzeagnisse, welche 
ihm auf Credit gewährt werden kannten; von Mn«keten wftren 
13.779 Stück vorhanden, die für 4 fl. 30 kr, das StUck ge- 
liefert würden.**^ 

Bolts erhielt am ö. Jnni ein Octroi anf sehn Jahre für 
den Handel der adriatischen Häfen mit Persien, Ostindien, 
China und Afrika. Die Regierung verpflichtete sich, Kupfer 
Air 46 fl. per Qointal su liefern, als ,6ratification' für je 
5 Qmntal 100 Pfund, für 200 Qnintal 400 Pfnnd, für 300 Qnintal 
900 Pfnnd; Blei zam Pi«ise von 8V| fl. für den Qmntal, der 
Hofkriegsrath sollte ihm 13.779 Stück Gewehre iür 4 fl. 15 kr. 



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106 



prr Stttck Hefern, flocli musste er sich vorpflichten, keine 
Feuerg-ewehre den britischen Unterthanen in Amerika zu ver- 
kaufen. Bolls hatte in seinem Gesuche auch die Forderung 
gestellt, Silber zu erhalten, die VorwaltuiiL'' war aber durch 
(\>nti'art mit dem Bankierhause Steiner ^ Comp, für den Deliit 
über Triest naeli Italien uml der TiCvantc und mit Verbru^^^ 
und Göll fiu- den Aiisat/ naeli England, Holland und Fiaiik- 
reieh prebunden. Holts wurde flaher blns ei-niäclitii^t, mit diesen 
Häusern in Verhandlung zu treten und deren Zustimmung zu 
erlangen, sodann werde er die geforderte Menge zu einem au- 
«remessenen Preise erhalten. Die Ausfuhr von Eisen und Stahl 
sulJte keiner (JebUhr unterliegen. Für die l>o\vafinuug der 
SchiflFe wurden ihm Kan(uu'n zuu^esagt; die angeworbenen Sol- 
daten erhielten die Löhnung; au8 der Staatscasse, i'Wr die Ver- 
pflegung hatte Bolts zu sorgen. Die ihm vom Stiutte L^elicttrteu 
Gegenstände erhielt er gegen eine entsprechende Caution auf 
zwei Jahre ereditirt; er wurde ermächtigt, im Namen der 
Kaiserin und ihnM- Naelifolger alles Land in Besitz zu nehmen, 
welches ihm die iudiaclicn Fiuijteu abtreten würden. 

Mit grosser Spannung verfolgte mau in Wien die Fahrt 
von BoltK. In dei Ijixy von Dellagoa, an der Mündung des 
Mafoumüllusües wurde Bolts aui' eine Sandbank geworfen und 
glaubte, sich .seines beschädigten Schiftes ,Jo8ef und Maria 
Theresia' nicht mehr bedienen zu können; er setzte die Ladung 
ans T^and und schickte seinen Geflihrten Myau nacb Bombay 
zum Ankaufe eines neuen Schiffes. In Dellagoa erhielt er von 
dem , Oberhaupte dieses Landes, welcher ein unabhängiger 
Schwarzer ist, das Eigenthum des Hafens, iu welchem sich 
noch keine Nation festgesetzt hat*. Bolts Hess ein kleines Boll- 
werk mit der k. k. Flagge daselbst aufvrerfen. Wider alles 
Vermnthen wurde sein Schiff wieder durch die hohe Flnth flott 
gemacht. Bolts Hess zehn Mann mit einer Kanone in Dellagoa 
zurück and segelte nach Sorate, wo er am 5. Herbstmonat 1777 
anlangte. Hier fand er Schwierigkeiten, die ihm wahrschein- 
lich von einer englischen Handlungsgesellschaft bereitet warden^ 
nnd ging nach Qogo und weiter nach Pnnna, wo er Ton dem 
maratischen Fürsten Freiheit des Handels auf dieser Kttste zu 
erlangen hoflte. Das Schiff sollte von hier nach China gehen 
und im Brachmonat 1779 nach Triest zurückkehren. Es sei 
nicht zu zweifeln, meinte Blaunitz, dass in Kurzem die k* k. 



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107 



Flagge in Indien keine seltene Erscheinung mehr sein nnd 
dieser Handel dem Staate zum Vortheile und Kahme gereichen 
werde.**^ 

Die ersten Fahrten lieferten kein gllnstigfs Er^^oVmiss; von 
einer Verzinsung des auf die Untornr himmg verwendeten Oapitals 
war keine Rede. Die Kosten für die errichteten Etablissements 
waren zi«nnlich beträchtlich gewesen. Die Hriissler (renossen 
waren jedoch entschlossen, die Versuche fort zusetzen, uml beah 
sichtigten, das Capital zu vererrnssern und durch Aetieu 3 — 4 Mil- 
lionen fnitzuhriu^en.**'' ( "arl l'roli ^vfnfl' t'" ^\v]\ mit der Bitte 
an die Kaiserin, hiezu die Bc\villi^un,ir zu ertlieih'ii. Die Frage 
muöbte entscliiedcn vverden, ob einer (icj^ellscluitt das aus- 
schliessliche IJeeht zum Tlandelsbetrieho nacli (b>m ( )sten ein- 
geräumt werden solle, in einem NUrtrafxe an die Kaiserin legte 
Kaunitz dar, dass es noch nicht an der Zeit und schwer sei, 
zu sagen, ob es gut oder nicht gut sei, den uatindiüclien Handel 
einer OeselUchatt ausscidiesslich zu überlasf^en. Einerseits wäre 
CS bedenklich, den llaiubd ganz freizugeben, da in politischer 
Hinsicht die Gestattun^-- tb-r Flagfre Hehutsamkeit fordere und 
weirni Abgang' einer Manne «inr^'talti;^^ (hirauf Bedacht geuom- 
meu werden miisbc, dass den eitcrsiiclitigen Seemilchteu kein 
Anlahii zu Klagen oder Thätlichiveiten i^egeijen werde. St-lbst 
mit Rücksicht auf den Handel würde eine Frt'i<;ei)ung schäd- 
lich sein, wenn die Eigenartigkeit des (»stindischen Handels 
ins Auge gefasst werde. Die Koäteu und die iicfahr fUr das 
Unternehmen seien so gross, dass einzelne Ivautieute kaum 
hoffen könnten, den Handel mit dauerhaftem Erfolg zu betrei- 
ben; durch Vereinigung des Capital» sei die Gefahr eines Ver- 
lustes eine geringere. Aus diesem Grunde haben sich auch 
andere Nationen bestimmt ^'et'unden, grosse Compagnien zu 
errichten. Andererseits lasse sieli niclit leufrnen, dass diu'ch die 
Frivilegiruu;:, von Gesellschatten grosse ^Nlissbräuche entstehen 
könnten. Kaunitz war der Ansicht, da.ss zwischen der Ein- 
leitung des ostindischen Handels und seiner späteren Consoli- 
dirung onterschicden werden müsse. Wenn letztere eintrete^ 
düi'fte es vielleicht erspriesslicher sein, die bestehende Gesidl- 
Schaft aufzubeben und den Handel unter gewissen Einsohrln* 
kuDgen fireisugeben. Er rieth daher sn einem ProTisorium 
durch Gründung einer Actiengesellschaft mit einem Gapitale 
▼on 3 bis 4 Millionen an 1000 fl. und das Octroi auf lAng- 



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lOd 



sl<"ns 15 Jahre zu ertheilen; nach Ablauf derselben werde man zu 
beurtheilen im Stande sein, ob die Frist weiter zu erstrecken sei. 

Die Annahme der Vorschläge von Proli wurde von ihm 
aiicli aus (Irni Grunde befürwortet, weil die deutschen und 
ungaiibciien Erbstaaten sich nicht in der Lage befinden, oinen 
ostindischen Handel zu unternehmen, da sicli von der Kennt- 
nis» und Geschicklichkeit der österreichischen Handelsleute 
wenig versprechen Hesse; eine erspriessliche Eijilcitnng eines 
mit ostindischen Waaren nacli Italien, Deutschland, der »Schweiz 
und anderen Liindcrn über Triest einzuflihrenden ökonomischen 
Handels sei nur von der Thfttigkeit und den (rrossen Verbin- 
dungen der niederländischen Handelsleute mit tndereu handel- 
treibenden Nationen zu erwarten, von den iMifjlflndern und 
HoIlUndem unüberwindliche Hindernisse niclit zu besorgen.*^** 
Proli erbat die Erlaubniss, zwei Schiöc nacl» Ostindien ab- 
senden zu dürfen; Abfahrt und Abladung sollten zu Triest statt- 
finden; wenn die Zeit nicht erlaube, beide Schiffe in Triest 
ausrüsten zn können, wurde die Abfahrt eines derselben von 
Livomo gestattet,'** Kaunitz befürwortete und die Kjaserin 
genehmigte, dass die chinesischen Waaren, welche Proli nach 
Triest bringen würde, bei ihrer Sendung nach Oesterreich einen 
zehnproeentigen Nachlass erhielten."** 

Eingehende ßerathungen ftihrten ssn dem Beschlüsse, auf 
die Vorschlüge nicht einsagehen, wenigstens nicht in dem Um- 
fange, wie Proli gewttnscht hatte. Es wurde ihm gestattet, 
ein Schiff von Triest nach China abzusenden, mit nicbten aber 
nach Indien, da man das dem Bolts gewährte Oetroi nicht 
verletzen mochte.**'' Aach Josef hielt daran fest und billigte 
diese Entschliessung seiner Mutter. Proli fand jedoch in Triest 
und Venedig kein fftr eine Fahrt nach China taugliches Schiff 
und bat in Verbindung mit dem Grafen Gjulay, die Bestim* 
mung der beabsichtigten Expeilition ündem und ein Schiff 
,nach der westlichen Kttste von Afrika und den Übrigen jen- 
seits des Vorgebirges der Guten Hoffnung gelegenen Heeren' 
senden zu dürfen. Der Kaiser gestattete den ,Besnch der 
afrikanischen Küsten' unter der Bedingung, dass die Ktablisse» 
ments von Bolts nicht berührt werden und die Abladung der 
Waaren in Triest oder Fiume erfolge.*** 

Nachdem Bolts von seinen Fahrten zuirückgekelirt war, 
fanden in Brüssel Verhandlungen statt über die Gründung einer 



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109 



- Compagnie, an denen sich auch der Kaiser, der damals in 
Belgien weilte, betheiligte. Bolta bezifferte die erlittenen Ver^ 
Inste auf 10 Millionen nnd forderte ein aasschliesslidbes Octroi, 
die Erlaabnisa zur Ausgabe von Actien, nm 5 — 6 Millionen 
aofbringen zu kOnnen, endlich BesatSQngstmppen die indi* 
sehen Etablissements.**^ Im Märs 1782 kam die neue GeseU- 
Schaft zu Stande. Niederländische HandlungshAuser mit gutem 
Namen gehörten zu den Actionttren. G^af Belgioso betheiligte 
sich mit 12.000 Fnmcs, Carl Proli, Borrekens und Nagels zeich- 
neten zusammen 800, Peter Proli 300 Actien, jede zu 1000 fl. 
Die letzten vier, denen noch ein von der Gesellschaft ernanntes 
fünftes Mitglied zugesellt werden sollte, waren bestimmt, den 
Ausschuss zu bilden und die Direction zu fuhren. Alljührlich 
sollte eine Cteneralversammlong stattfinden. Je 12 Actien er- 
hielten eine Stimme. Als Verzinsung wurden b Procent be- 
stimmt Nach Ablauf des Octrois sollte eine allgemeine Thei- 
lung der Gewinnst«' ntattfinden. 

Die GeseUschai't ernannte in 21 enropttisehen Handels- 
plätzen Oorrespondenten und Agenten. Die Schiffe ,Fllrst 
Kaunitz' und ;Graf Kolowrat' waren nach China besttnmit, 
, Baron Binder* sollte narli der Küste von (ioa gesendet wer- 
den, ein viertes Scbitf sollte angekauft und ,Graf Belgioso* 
genannt werden.^*'*' 

So bereit Josef war, die Unternehmung durch (lewülirung 
▼on BegtLnstigungen zu unterstützen, und auch den Bot'ehl 
gab, an Hyder Ali Geschenke zu schicken, um dadurch der 
Gesellschaft unter die Aime zu grcifen,^*^^ eine aotive Betheiii- 
gung^ des Staates lehnte er ab. Als dio Corapagnie im Früh- 
jahre 1783 ein neues Schiff ,Graf Cobenzl* nach China und 
Ostindien abzusenden beabsiclitigtc. erbat sie einen Staatsvor' 
schuss im Betrage von lÜU.OüO tl., 2öO Centner Schiesspulver 
und etwa« Kupfer aus den staatlichen Bergwerken. Der da- 
malige Gouverneur von Triest, Graf von Brigido, befürwortete 
das Gesuch. Die Hofkanzlei begnügte sich, auf die bedeutende 
Fordeiimg, welche der Staat bereits bei der Handlung s£(f' Seil- 
schaft habe, liinzuweisen und stellte die Entscheidung dem 
Monarchen anlieim. Diesrlhe lautete ablehnend. .Da ich,' schrieb 
Josef auf den Vortrag, ,in das ganze Bolts '.sehe Geschäft, so 
allerdings verworren au!«.sieht, gar keinen Eintluss nelinien will, 
so hat es auch von diesem Vorschuiii» gänzlich abzukommen. 



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110 



und ist den IntorcBscDtcn lediglich zn Überlassen, dieses Unter- 
nehmen durch ihre Mittel zu unterstti-tsen oder solches fahren 

zu. lassen.'"'^* 

t)ie Compagnie bcsass zur Zeit ihrer Auflösung drei Fae- 
toreiofi an der malabariächen Küste: zu Mangalora, Carwar und 
Bahapatnam. An dem erstgenannten Orte hatte sie von Hydcr 
Ali 200 Klafter Grund und Boden zugewiesen erhalten, eine Schen- 
kung, die von dem Nachfolger Tippo bestätigt worden. AuHser- 
dem bestand eine Factorei auf den Nicobaren und ein Magazin, 
auf dem die kaiserliche Flagge wehte. ^''^ Nach der Autlösung 
der Compagnio schoint man in Wien nicht abgeneigt gewesen 
zu sein, die l^Uiblissoments ;in der niahi barischen J\.i■l^^t(• zu er- 
halten und einem aus dem Kreise der Triester Handel.sseliaft 
ausgesprochenen Wunsche zu entsprechcti. Es handeile nich 
nur um die Modalität, wie dies olme grossen Kostenaufwand 
zu bewerkstelligen sei, bis die erbländischen Kanfleute in die 
I^age k 'imnen würtlen, davon (lebraTieh zu machen. Die aus 
Trieft eingelaufenen Gutachten wiesen jedoch auf die »Schwierig- 
keiten hin, begreitlich daher, dass (b'r Kaiser, der sich bei «len 
Verliamllungen geneigt gezeigt hatte, die etwaigen Be8it5:ung«'U 
der ( "umpaguie zu übernehmen und auch die ErwerVmng an- 
derer Colonien ins Auge fauste, nunmehr sieh daliin aussprach, 
dass der Staat an dem Dstindischeu Handel kein besonderes Inter- 
esse, noch daran unmittelbar theilzunehmen, sondern sicli blos auf 
die Ertheilung von Flaggenpatenten und den allgemeinen, auch 
jedem anderen Zweige der Privatiudustrie zukommenden Schutz 
zu beschränken habe. Um jedoch zu verhindern, da^is Einzelne 
ilire Capitalien einem Handel zuwenden, der mit mancherlei 
Fährlichkeiten verbunden sei, rielh Kaunitz, die Triester Kauf- 
mannschaft darauf aufmerksam zu niaehen, dass die t Jriindung 
von Handelsgesellschaften zum Beti iebe des orientalischen Han- 
dels zu empfohlen sei.-'*' Die Regierung beschränkte sich mit 
Genehmigung des Monarchen darauf", allen jenen Fremden, die 
vun fliest Scliiti'e nach Ostindien auszurüsten sich anschickten, 
die Naturaliäatiun zu ertheilen; einem reichen Orientalen, Na- 
mens Satur, der in Ostasien begütert war und von dem in Er- 
fikhrung gebracht wurde, dass er nach Triest Ubersiedeln wolle, 
wnrde auch eine Standeserhöhnng zugesagt. 

Von der Anbahnung eines unmittelbaren Handels mit 
Ostindien ab|^hen, wurde anch noch ein andeirer Plan er> 



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111 



wogen. Der VorAchlag eines mit dem LevAnteverkehre ver- 
trauten Mannes, Picoiotto, dem auch später die Natofalisation 
in Triest ertheilt wurde, ging dahin und wurde von dem Ver- 
treter Oesterreichs am Bosporus, Herbert-Rothkeal, beftirwortet, 
die Route Uber Constantinopd, Aleppo, Bagdad und Bassora 
ins Auge zu fiusen, daselbst und an einigen Orten in Indien 
Factoreien zu gründen. Wohl, fügte der Intemuntins hinzu, 
wttre der Weg ftber Aegypten jenem ttber die. syrische Kttste 
vorzuziehen, aber es wAre unklug, sich ohne eine vorher- 
gegangene grosse Revolution in Aegypten der Ge&hr eines 
ostindischen Handels durch das Rothe Meer auszusetzen. Der 
Weg ttber Aleppo sei weit llinger, aber nicht solch' grossen 
Gefahren ausgesetzt'^* Der Vorschlag erschien um so be- 
aehtenawerther, als damit auch die Hebung und Entwicklung 
der Donauschifiahrt in Verbindung gebracht und nebst Triest 
auch Wien der Ausgangspunkt fUr den orientalischen Verkehr 
werden konnte.*" Der GepHojrenheit geinüss holte man Gut- 
achten ein. Vfor Triester Handelsstand, die privilegirte Asse- 
ouranz- und Handlungacompagnie u. A. m. wurden einvernom- 
men. Einstimmig wurde aus allen diesen Kreisen bemerkt: 
der Vorschlag Picciotto's wttrde keiner europUischea Nation, 
um so weniger Oesterreich Vortheil bringen. Die Strasse Uber 
Ägypten »ei jener über Rassora vorzuziehen. Nachrichten 
waren verbreitet, dass Frankreich einen Handels- und Schift- 
fahrtsvertrag mit der Pforte in Betreff des ägyptischen Ver- 
kehres im Begriffe stehe, Oesterreich solle daher in Constanti- 
nopel einen Hat zu erlangen >«nchen, um der kaiserlichen 
Schiffahrt Freiheit und Sicherheit zu verschaffen. 

Auch die ersten Anträge zur Anknüpfung einer Handels- 
verbindung mit den nordamerikanischen Colonien wurden be- 
reits unter Maria Theresia gemacht. Im Jahre 1763 brachte 
der kui pfälzische Hofrath und Resident in Pisa, Philipp Fabini, 
in Vorschlag, mit österreichischen Kunst- und Naturerzeugnissen 
vomehmlicli ülx r die ,canarischen Eyländer' Handel nach 
Amerika zu treiben. Der Commerzienrath sprach f»ich ableh- 
nend aus. ,Die blosse Möglichkeit einer Saclie,' meintt' er, ,.sei 
noch nicht znroicherid, diosollx' werkstellig zu mucluMi, und die 
mit leeren Worten spielende Einbildiintrskraft könne zur Voll- 
ziehung de!?8en, was allenfalls und am Kndt- lediglich auf die 
UnternehmuDgen der Kaofleute aukoiumo, nichts beitragen. 



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112 



Diese mttssen am 1>esteii wissen, welche Negotia ihnen anstän- 
dig seien/ Die Kaiserin war indess anderer Ansicht. Da 
aas diesem Antrage fortan einiger Gebraach gemacht werden 
kOnne, lautet ihre Entschliessung, so sei die Intendensa anfau- 
fordern, den Handelsstand einzuTemehmen. Der erste Versuch 
wurde unter Josef gemacht Die erste Versendung österreichi- 
scher Waaren soll ein Wiener Kaufmannn, Weinbrenner, 1783 
unternommen haben, indem er acht Kisten Wollhtlte, Leinwand, 
Glaswaaren, Sensen und Strohmatten, gemeine mithriache TUcher 
Uber Hamburg nach Philadelphia abschickte.^* Die privilegirte 
Triester und Fiumaner tlandelscomjmgnie sendete in Verbin- 
dung mit andei'en ansehnlichen Handelsleuten ein grosses Schiff 
,La capricioaa' nach Philatidpliia und erbat durch Vermittlung 
des Grafen Brigido, dem die Kxjiedition dirigirenden Oapitän 
Simpson den Titel and Rang eines CapitAns der Marine- zu 
verleihen. Der Gouverneur befürwortete das Gesuch und rieth, 
auch fUr (bis zweite SehitV, wehdieH man auszurllaten im Be- 
griffe stehe, ,U Conte Hrigido', ein Flaggenpatent zu ertheilen.^'^ 
(leorge Simp'^«m war der Krste, der von Triest österreichische 
Waaren nach Nordanierika brachte. Am 7. August 1784 wur- 
den silnimtHche LUnder^teHen verständigt, dass Baron vun 
HeeUni mit dem Titel eines Commcrzienrathes nach Philadel- 
phia gesendet worden sei, um Hieb Uber die Handelsverhält- 
nisse zu unterrichten, ,die Unterthanen der Monarchie mögen 
sich an ihn wenden, wenn sie etwa Geschäfte einleiten wollen'.*'* 
Später bildete »ich in der Hafenntadt eine iisterreichisch-amerika- 
nische HandelBgesellschaft, um österreichische Kunst- und Natur- 
producte nach den amerikanischen Freistaaten zu führen. Die 
üandelsieute Strohleiidorf, Beletti, Maffei und Simpson waren 
Directoren derselben. Das Unternehmen, dessen In sleboii treten 
Graf Brigido am 12. August I7<S5 anzeigte, wurde mit JietViedi- 
gung von Josef bcgrüsst.*'^ Ueber den Fortgang besitzen wir 
keine bestimmten Angaben; dir Vt rstiche scheiterten wc«r«'n 
Mangel an erforderlichen Kenntnissen, wie es in einem Sclirilt- 
stiieke heisst. Die .Hochsjährige Anwosenluit Beelens lialtf 
elx'iifalls keinen Krfoig; man halte .sich iiberzeu;jrt, heisst es in 
fiiiem Vortrage, dass dir durti^'fii I landcl.s]tlätze mit den erb- 
lündisflnMi in keiner \'<Tbindung slelu-n. .\u.s dieK^m Grunde 
wurdr auch ein .lalir/.ehnt später auf die von dorn Grafen 
Brigido befürwortete Anstellung eines Cousuls iu l-*hiliuleiphia 



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113 



tind auf den Abscbluss eines HandeUvertr&ges mit der nord* 
amerikaniachen Kepublik nicht eiDgegangcn.'** 

XIll. 

Die Ansichten über die Erspriesslichkeit der dsterreichi- 
sohen Handelspolitik gingen in den Kreisen der Regierung 
auseinander. Bis in die Siebsigeijabre bildeten die Vertreter 
des Verbotssystems in dem Batiie der Kaiserin die Mehrheit 
Im Staatsiathe Uateten die Urtheile meist nicht dorchvegs gün- 
stig über die handelspolitischen Massnahmen. Im achten Jahr- 
zehnt rang sich bei Schaffang des allgemeinen Zollgebietes eine 
freisinnigere Richtung durch.*'* Carl von Zinsendorf, der 
niederöstcrreicliische Regierungsrat]» llägelin waren Vertreter 
des Freihandeb; Sonnenfeb, principiell für eine liberale Handels- 
politik, war ^'efiigig genug, den getroffenen Massnahmen in 
seinen Gutachten das Wort zu reden. 

Einige Gutachten verdienen Erwähnung. Raab, der Jahre 
lang in Triest gelebt und sich mit Uandelsfragen zu beschäfti- 
gen Gelegenheit gehabt hatte^ kann als gemässigter Schutz- 
sSlIner bezeichnet irerden. In einer ausfi\hrlichen Denkschrift 
legte er seine Ansichten niedoi-. Die problematische Frage 
über die Wirkung der Verbotsgesetae sei dr^halb schwer za 
beantworten, weil Voranssetziingen zu Grunde gelegt werden, 
die keine Ueberzeugung begleitet. Man weise auf das Beispiel der 
mächtigsten und wichtigsten der handeltreibenden Staaten hin. 
Beide Meinungen, die für nnd gegen die Verbotsgesetze, habon 
das gleiche Ziel im Auge, und es frage sich nur, ob der Mangel 
der Verbotsgesetze vor dem Jahre 1764 das Zurückbleiben der 
Nationalindustrie veranlasst habe, und ob durch die bestehenden 
Verbotsgesetze das Wachsthum der Landesindustrie eingetreten 
sei und (lefahr vorhanden wäre, wenn dieselben wieder auf- 
gehoben würden. Erhöhte Mauthen können immer dasselbe, 
was Verbotsfj^esetze bewirken, nnd wenn in früheren Zeiten 
der Staat mit fremden Waaren überschwemmt worden sei, so 
liege der Grund nicht darin, weil es an Verbotsgesetzen ge- 
fehlt, sondern weil mau die fremden Waaren mit zu ^'cringen 
Zöllen hereingelassen und für die Vermeinuu^ der T.andes- 
industrie nicht viel Sorge getragen habe. Eine gute Mauth- 
rc'»:ie könne allein fr<^.?ea die schädliche Coucurrenz fremder 

Archiv. LXJULYl. B4. I. UUlM. b 



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114 



Waaren schützen, ohne diese seien aber Verbote und Mauth- 
gesetzc gleich nnmächtig. Auch Rücksichten auf das Fiminz* 
geiklle, sowie auf die Keciprocität der Haadelsschaft anter den 
▼erscliiedenen Nationen, aaf die VervoUkommnung der inländi- 
schen Fabriken durch fremde Concurrcn/. verdienen Berück- 
sichtigung. So wenig man beweisen könne, dass diese oder 
jene Fabrik entstand oder sich beträchtlich entwickelt habe, 
weil die Vwbotsgesetze vorhanden waren, so unleugbar »ei es, 
dass viele, ja die wichtigsten Fabriken im Staate geblüht, ehe 
man auf Verbotsgesetze gedacht Iiabe. liieher gehören die 
Leinwandfabriken in Böhmen, Mähren, Schlesien, Kärnten, 
Krain, die Glasfabriken in Böhmen, Steiermark und Krain, 
die Eisenraanufacturen, die Grobtuchfabriken, die Seidenfabriken 
in Görz und Tirol, die Hutmacherei in Wien, dif Stickerei 
u. 8. w. Es soi nicht zu loiignon, dass die feinen Tiicbor und 
die Spidouinanutactnron und andere Sprossen der Indu.strie 
sic'li im Laufo der letzton 30- 40 Jahre entwickelt liaV)en; ob 
die Verbot8«;e.setze dazu mitgewirkt haben, sei pri)})leniatis(;h, 
keineswegs aber zweifelhaft, sondern notorisch, dass die J^rünner 
Tuchfabrik erst seit zwei Jahren, nachdem sie eine geschicktere 
Direction erhalten, wirklicli Tücher von ebenso guter Qualitiit 
als die tVemden erzeugt, während früher trotz aller Verbots- 
gesetzc dieses nicht eireicht wurde. Die Anfhebunj; inländi- 
scher Mauthen, die Beseitigung der Verzollung der Rohstoffe, 
die Cuncurrenz der (ie werbe, denen noch der ZunftzArang im 
W'cj^e steht, seiou kräftigere Mittel als die Verbotsgesetz«' Die 
Erthcilung von Pässen auf iVenvh' Waaren führe oft zu « inem 
Monopol für jene Handelsleute, \m 1« de dieselben erlangen. Man 
führe für die NothwendijErkeit der Verbotsgesetze den gerin- 
geren Arbeitslohn in fremden Staaten an, eine unrichtige An- 
sicht, da der Lohn bei vielen Nationen noch h<>her «ei als in 
Oesterreich. Kiuib sprach üich für Verbotsgesetzc höchstens 
bei jenen \\ ü^iien aus, welche im Lande in Menge, Qualität 
und Preis den fremden gleichstehen. Die Ausfuhrverbote auf 
agricole Erzeuguisi^e verwirft er ganz und glaubt, dass nur 
dann eine zeitweilige Ausnalime platzgreifen sollte, wenn ein 
offenbarer Misswachs im ganzen Staate eingetreten sei. Bei 
jenen Artikeln, bei denen ( )est«'rreicli bei der Verarbeitung mit 
fremdcu Nationen concuiTÜfcn müsse, genügten 10 — 15 Procent, 
um den Landesmanufacturen ,eiu billiges Reciprocum zu lassen* 



115 



Frt ihändlerischen Gesicht s^mukteii huldigte der nieder- 
Osterreichiache KegierungBiiath Ilägelin. Es müsse in Erwägung 
gezogen werden, ob es nämlich müglicli oder der Wohlfahrt 
der Staaten zuträglich sei, alle Bedürfnisse im eigenen Lande 
sa befriedigen. Die Natur gebe einem Lande iiiclit Alles, 
sondern theile ihre Gaben mannigfaltig au8. Dadurch werden 
die Volker mit einander verbunden, dass ein Volk dem anderen 
von seinem Ueberflnsse mittheilen könne und Freundschaft 
nntcr ihnen erhalten werde, welche eine Gnindfeste der Glück- 
seligkeit des menschlichen Geschlechtes sei. Man irre sich, 
wenn man Alles in seinem Lande haben wollte; man müsse 
die vSchätze der Katar in einem Lande kennen, mit dem Pfunde 
welches sie gewKhren, zufrieden sein und «himit zu wachem 
suchen. Der wahre ursprüngliche Keichthum bestehe in dem 
Ueberflussc der durch den Fleiss hervorgebrachten Landes- 
producte; das Geld sei kein wahrer Keichtlium, sondern nur 
ein Zeichen davon. 

Verbote sind überhaupt dem Staate nicht zuträglich, wenn 
es auch gleich unter dem scheinbaren Vorwande. das Geld im 
Lande zu behalten, geschehe. Das Ebenmaas des Geldvor- 
rathes ^elje sich von seihst, weil es als eine Waare dorthin 
g«'he, wü es am meisten cicbraucht werde. Die anf^estelltr-n 
Berechnungen der Bilanz seien trügerisch, weil der Zusammen- 
hang der izanzen handelnden Welt nicht jjonau übersehen wer- 
den könne, (lall r auch alle Tabellen Unrichtifi^kGiten aufweisen. 
Englantl habe (iurcii Verbote anderen Völkern ein übles Bei- 
spiel gcf^ebcn, allein es sei dabei zu erwägen, dass es den 
Vortheii hatte, einen reichlichen Umsatz nach den Oolonirii zu 
besitzen, um den anderweitigen Nachtbeil dadurch zu paraly- 
siren; andere Länder sind durch ein anderes Verf'alircn empor- 
gekommen, wie z. H. Sachsen und iloUand, welches die Einfuhr 
durch Verminderung der Zölle erleichtert hat. 

Der Zwan«;, welcher durcli Verbote dem Handel und 
\\'andel anj^etliau werde, sagt Ilägelin am Schlüsse seiner Aus- 
einandersetzungen, sei naclitheilig; zur Befordeninfx des Handels 
sei Freiheit, Sicherheit und Schutz, d. i. blos eine kluge Lei- 
tung, erforderlich. Die Freiheit bestehe in Aufhebung schäd- 
licher Einschränkungen, die Sicherheit in guten Gesetzen und 
der Sclmtz in der Aufmunterunpr; zur Beförderung des Acker- 
baues als der Quelle des wahren Keichthums seien gute Acker- 
st 



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116 



gesetze, zur Befestigung des Credits strenge Justiz, zur Be* 
lebnng des Handels Begünstigung des Verkehres zwischen den 
Provinzen einer und derselben Monarchie nothwendig. 

Eine Verschärfung des Verbotssjstems trat unter Josef 
ein. Schon als Mitregent hatte er seine Ansichten Uber die 
Handelspolitik in einer Denkschrift ausgesprochen^ und während 
seiner Regierung hielt er an denselben fest. Die lauten Klagen 
der Fabrikanten iiher die Linderung der Verbote bekräftigten 
ihn in seinem Gedankengange, und die Darlegungen der I?e- 
hörden, die für den Tarif vom Jahre 177ö mit Wärme und 
Entschiedonheit eintraten, wies er mit schneidender Schürfe 
als inüg zurück. Die Mufkanzlfi hob in einem Vortrage vom 
24. Deeember 1782 hervor: die Fabrikanten haben kein Recht, 
zu klagen, denn sie seien schon im Besitze aller vernieintlicheu 
Vortbeile, um welche sie so ungestüm anhalten. In Folge der 
bolien Seilätzung bei dem Tarif vom Jahre 1775 seien die 
ausliindisclien wollenen Waaren nnt 50 Procent, manche fremde 
Seiden waarcü mit 40 Procent belegt. Die Fabrikanten ge- 
niessen Befreiung von erbliindisehen Mauthen. Auch haben 
die inlandischen Fabrikanten em« Begüuätiguug dadurch er- 
langt, dass der bisherige Zwang der Qualitittenordnung und 
die Beschau der Waaren auf den Stühlen aligeschaftt worden 
sei. Die Hofkanzh^i wies auf die giiustigeü Folgen des be- 
stehenden Tarifes für die Industrie hin, auf die grössere Frei- 
heit filr den Handel, die grössere Einfachheit bei der Mauth- 
manipuiatiou.^^* Anderer Ansicht war der Kaiser: Daü Zoll- 
system tauge nichts, es sei ein Zwitterding, welches nicht zn 
exiötiren verdiene. Vergebent» machte Grat Kolowrat, von 
Kaunitz unterstützt, Vorstellungen. Josef heischte die Aus- 
arbeitung eines neuen Tarifes. 

Die Gründe lur die Verschärfung der Verbotsgesetze sind 
in der Einleitung des 1784er Patents dargelegt. .Die Erweite- 
rung der allgemeinen Nahiungszweige, welche mit dem Wohle 
der Unterthanen so innig verbunden sei/ heisst es daselbst, 
, werde hauptsächlich durch den llaug nach ausländischen 
Waaren gehemmt, denen nicht selten nur ein Idosses Vorurtheil 
vor denselben inländischen Erzeugnissen den Vorzug einräume. 
Dadurch werde der Absatz der Nationalfabriken beschränkt, 
der Emsigkeit der Lohn, den sie anzusprechen berechtigt sei, 
entzogen und der arbeitsamen, d. i. der nützücbsten Classe des 



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117 



Volkes ihr Unterhalt schwer oder gar unm^^licli gemacht. 
Diesem Uebel Einhalt zu thun, solle entbehrlichen fremden 
Waaren durch hdhere Belegung einigermassen der Eingang 
erschwert worden, um dadurch den Nationalverzehrer in die 
Nothwendigkeit zu versetzen, die inländischen Erzeugnisse sn 
suchen und sich sowohl durch den Gebrauch von dem gegen 
dieselben genährten Voi urthcile au ttberseugen, als den National- 
geworben Absatz und Verdienst anzuwenden/ Das Erträgniss 
der Zölle wurde für einen Commersialfond aur HnterstUtzang 
der inländischen Industrie bestimmt, ,da es nur billig sei, dass 
die Verzehrer auswärtiger Waaren, was durch sie auf einer 
Seite den Nationalgewerben entgeht, auf der anderen dnrch 
einen verhältnissmässig grösseren Betrag zum Commersiaifonde 
ersetzen'. Die Verbote erstreckten sich nicht auf Erzeugnisse 
aus Toscana, Mailand, Mantua, Tirol, Ungarn und den Nieder- 
landen. Mit Ausnahme der toscanischen seidenen Strümpfe, 
Bftnder und Tüchcl, femer einzefaier niederländischen Erzeug» 
nisse, hatten die Waaren aus diesen Ländern bei der Einfuhr 
Mos ein Sechstel des Zolles zu entrichten^ wenn ne als Erzeug- 
nisse des betreffenden Landes ausgewiesen wurden. 

Durcli den am 16. September 1784 erlassenen Zolltarif, 
der mit dem 1. November 1784 in Kraft zu treten hatte, ,um 
durch Vereinfachung der Vorschriften unri durch Deutlichkeit 
die Beobachtung leichter und zuverlässiger zu machen^, erfolgte 
die EinV>ezieliung Galiziens in das österreichische Zollgebiet. 
Kger und Pilsen verloren ihre Aosnahmsstellung als Zollaus- 
schlüsse. 

Auf Durch fUlirung einmal testgestfllter Grundsätze be- 
harrtc der Kaisei- mit grosser Zähigkeit und zeigte durchaus 
keine Geneigtheit, auch nur die kleinste Abweichung zu ge- 
statten. Zahreiche VVeiaungeii an die Hofstellen zeigen, wie 
sehr ihn der Gegenstand beschäftigte. In der Bezeichnung 
jener Artikel, welche der Verbotsliste eingereiiit werden sollten, 
war er unermüdlich und unerschöpflich. Da durcli die ge- 
troffi iie Anordnung in Mauthsachen dif Industrie in allen 
Fächern immer mehr zu wachsen beginne, lautet»' ein Hand- 
schreiben vom 2. Juni 1786, so wäre es ilnu leid, wenn durch 
Undeutlichkeit der Tarif in seiner Wirkung geschwächt würde. 
Die Spiegele in fuhr sei verboten, Rahmen und Futterale aber 
nicht; das Verbot werde umgangen und unter Angabe von 



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118 



letzlPFPfi Spiegel eingeführt; dio Einfuhr von ZwimstrUTnj)fon 
sei Pilaubt; auswärtige Fabrikanten ha'^t'n nun «TssonnoTi. Seide 
LOiteinzuwirkcn und auf diese Weise viw nchuncrcs Krzeugniss 
geliofort, welches dem Verbote nntcrlioge; überhaript werden 
meliiere Waiiren^ die zwar verboten seien, unter einer au< leren 
Bezeichnung hereingeseldeppt^ Cb liabe daher nochmals einf 
Durchsicht der Waaren, deren Einfuhr gestattet sei, statt/ii 
finden und mit Kennern wold zu Uberlegen, welche Artikel, 
um die eigenen Falirikanten zu unterstützen^ unter die verbote- 
nen zu setzen seien. 

Die böhmiscii-österreichische Hof kanzlei legte am Schlüsse 
des Jahres ein Verzeichnisa einiger "Waaren vor, zunioist solcher, 
die leicht eingeschwärzt werden konnten, und zu deren Er- 
zeugung die Rohstoffe im Inland« vorhanden waren. Egcr, auf 
dessen Gutachten der Kaiser grossen Werth legte, weil er sich 
zum Dolmetsch seiner Ansichten machte, wollte jedes aus- 
ländische Erzcugniss ferngehalten wissen, welches durch in- 
ländiaclie Artikel, wenn auch nicht derselben Gute, ersetzt 
werden konnte.*^'' Die kaiserliche Entschliessung bezeichnete 
32 Artikel, die mit dem Verbute zu belegen seien, jedoch 
sollte die Einfuhr jenen gestattet werden, die tur ihre Person 
dieselben aus dem Auslände beziehen wollen und 60 Procent 
an Zoll entrichten. Vier andere Artikel sollten künftig nur 
gegen Pässe und gegen einen Zoll von 20 bis ;30 Procent ein- 
geführt werden dttrfen. In einem beiliegenden Verzeichnisse 
sind jene Waaren namhaft gemacht, die ausser Handel gesetzt 
werden sollen, sowie jener, die zum Zollsatze von 30 Proeeoi 
eingeftülirt werden dttrfen. In den nächsten Monaten worden 
neue Verbote erlassen; der Kaiser und die Behttrden waren 
nnermüdlioh in der Aasfindigmachnng neuer Gegenstände. 

Das Patent yom 8. Mars 1787 setste eme grosse Anzahl 
Waaren ansser HandeL Auoh die Einfnhr der verboteiien 
Waaren gegen Pllsse wurde erschwert Vor Erhaltung eines 
Passes mnsate genau untersucht werden^ ob die Waare dem 
Bedttrfiusse dessen^ der sie einfiihren will, angemeaaen sei. 
Fttr einige Waaren, wie: glatte und geblümte Battiste, leinene 
Dttnntttcher, gestreifte und geblümte Mousselinei endlich Schleier 
aller Gattungen wurde der Zoll auf 6 fl. vom Pfond fest- 
gesetsty dabei aber die Beschrttokung hinangefügt^ dass die 
Einftihr, um den Absats der inländischen Fabriken und Manu- 



119 



facturen durch übermässigen Zusaminonfluss dieper Waaren 
niclit zu heriimen, nur pregen Pässe <;e.staUet sein solle. Bei 
Ki tljf ilung dtTöflbeii sollten die Laiideustellen darauf sehen, 
ob die inländischen Maimfacturen nicht etwa an Absatz Mangel 
leiden, in welchem Falle Pässe nur jenen zu gewähren seien, 
welche sich durch Beförderung des Absatzes der inländischen 
Waarcn um die allgemeine Nationalhandlung verdienstlich 
machen. 

Der Tarif vom Jahre 1788 enthielt sowohl die erlaubten 
als auch die verbotenen Waaren. FOr die Einfuhr aus den 
EIrbländem anaserhalb des Zollgebietes wurden ermAssigte ZoU- 
stttse ausgeworfen; ungarische und galizische Hanu&ote sahlten 
in der Regel die Hälfte des Aussenzolles; die bei der Einfuhr 
ungarisciMr Froducte nach Galiaien bisher gewithrte B^fOnsti- 
gung bHeb »ufrecht erhalte; Triesti sowie die Seehäfen Fiome, 
Buccari; Porto-R^, Zengg und Corlopago behielten ihre Frei- 
heiten; die Einfuhr des ausländischen Stahles, Eisens, Kupfers, 
Quecksibersy Salses und Schiesspulvers, sowie der Spiegel 
blieb wie bisher verboten; die der Stadt Brody am 1. August 
1779 bewilligte Handebfiwiheit wurde bestätigt; russische und 
polnische Waaren, denen in den Tractaten eine Zollermässigung 
zugesagt war, hatten nur die vertragsmässigen Sätse m ent- 
richten; aur Erleichtarung des inländischen Handels wurde 
eine Anzahl von Abgaben auf Vieh| Getränke und Getreide 
«u^ehoben.'"* Fttr die Durchfuhr wurde jenen Waaren, welche 
aus dem deutschen Reiche Uber die Osterreichuchen Ptovinzen 
nach Polen und Preussisch-Schlesien transitirten, sowie jenen, 
die aus Sachsen oder Kiederdentschland Uber Böhm«i und 
Mähren nach Polen geführt wurden, eine öOprooentige Er- 
mässigung gewährt; die Wasserzölle am Inn in Oesterreich ob 
der Enns und an der Salsach blieben in Kraft; f^ die G^nz- 
zölle zu Kremsbruck und Pontafel wurde ein besonderer Tarif 
erlassen, indem die Waaren, die Uber den erstgenannten Ort 
geführt wurden, einen höheren Zoll zu entrichten hatten als 
ttber die Triester und Finmaner Strassen; noch höher war der 
Pontafler Zoll für Waaren ans und nach Italien; zollfrei blieben 
Eisen und Leinwände ans Kärnten bei der Ausfuhr; bei der 
Eh ift hr und Ausfuhr: Getreide, Hanf und Baachs, Heu und 
Stroh, Mahlsteine, Steinmetzarbeiten, Ton- und Töpfergeschirre, 
gemeine Weine und Ziegel. 



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120 



Die Zoll- und Handelspolitik Josefs wurde nur von 
wenigen Personen o£bn angefochten. Obgleich die Hofkaaslei 
mit derselben nicht einverstanden war, wagte sie es dennoeh 
nicht, nachdem äet Kaiser sich Air das Verbotssystem ans* 
gesprochen hatte, dasselbe sn bekämpfen, da ihre Vertfaehe, 
den Monarchen anderen Sinnes zn machen, erfolglos geblieben 
waren. Der President der Hofrechenkammor, Carl von Zinzen> 
dorf, besASS den Mnth, seine Bedenken ronnbringen. Es sei 
in der That ermttdend nnd befremdend, schrieb er, dass die 
Klagen einiger Fabrikanten immer nnd ewig und ohne Anf> 
hOren die Regiemng beanmbigen. Vor 21 Jahren hJltten sie 
dasselbe Lied gesungen wie gegen wftrtig und betrftchtliche 
Geldanshilfe, Einfohrverbote, wiederholte Visitationen der Ge- 
wölbe gefordert Die böhmischen Glashändler handeln in der 
ganzen Welt und klagen nie, die Leinwebw, die Gamhttndler 
erfrenen sich des Freihandels nnd bereichern sich. Was solle 
man von einer Mannfoctnr sagen, die seit 30 Jahren ein Mono- 
pol besitae und noch immer jammere, dass sie die Conoorrens 
aussnhalten nicht im Stande sei? Niemals habe die Landea- 
regienmg genngsame Daten in der Hand, tun su bestimmen, 
ob dieser oder jener Tansch dem Nationalhandel nnd der In- 
dustrie nachth^ig sei. Der Handel sei kein Krieg Aller gegen 
AUe, sondern das Band der Kationen, nnd jede Regienmg, die 
ihn nicht auf solche Weise betrachte und solchergestalt be- 
handle, lege unfehlbar der Ausbreitung der eigenen National- 
thätigkeit die grössten Hind^misse in den Weg. Es gebe 
keinen schttdlichen Passivhandel. 

Selten Hess Zinzendorf eine Gelegenheit vorllbergehen, 
ohne die Erspriesslichkeit einer freisinnigen Handelspolitik zu 
berühren. In einem Gutachten, welches er über Aufforderung 
des Kaisers ttber den Staatsbedarf im Falle eines Krieges im 
Jahre 1783 erstattete, bespricht er die Mittel zur lebhafteren 
Beförderung des Geldumlaufes uml Lilllgt das Verbot von Geld- 
sendungen nach Rom; die Geldausfuhr nach Rom, fügte er 
hinzu, wäre zuverliUsi^ der einzige Passivhandel d< r Krblande, 
dem kein Activhandel das Gleichgewicht halte, und der, obgleich 
er in den Mercantiltabellen nicht erscheine, einen wahren Verlust 
in der Staatsbilanz verursachen mUsste. Die HersteUimg völli- 
ger Freiheit des Handels und derlndustri- in der ganzen Mon- 
archie wäre ein Mittel zur Förderung des G^dumtaufes.*'*^ 



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181 



Bei dem grossen V\ ertlie, den die Ver&sser de« Tarifes 
vom Jahre 1788 auf die MercantiltabeUen legten, hob Zinzen- 
dorf die UnzuverlHssigkeit derselben hervor, indem sie nicht 
einmal mit einander übereinstimmen. Allerdings seien auch 
die englischen und französischen nicht zuverlässiger. N^rker 
habe in seiner Schrift Uber die Ver^^ altimg der französischen 
Finanzen grosse Mflhe danuif ▼ervendet, über die sogenannte 
Handelsbilanz) welcher er ungemein viel Wichtigkeit beige- 
messen, etwas Erträgliches zn sagen, nnd ungeachtet ailer 
darauf verwendeten Mtthe bringe er dennoch nichts als ein von 
aller Wahrscheinlichkeit entblOsstes Himgespinnst zusammen. 
Einfuhr und Ausfuhr nehmen zusammen zu oder ab. Nur die 
80 hoch gepriesene Lehre von der Handlungsbilanz liabc der 
mühsamen und stets unsicheren Arbeit der MercantiltabeUen 
ein so grosses Gewicht beigelegt. Da aber keine Nation mehr 
zu kaufen im Stande sei, als sie verkaufe, oder mit anderen 
Worten, als sie Zahlungsmittel habe, so sei die ganze Lehre 
von der Handelsbilanz nichts mehr und nichts weniger als ein 
leerer Traum, und alle auf diesen falschen Wahn sich grün- 
denden Verfügungen der Reprierungen können nur Unlieil und 
Verwirruno: stiften. Die Anhäut'unci: klingender Münze für den 
Heichthum einer Nation ansehen zu wollen, sei kurzsichtig^ und 
trüfjlich. .Je glücklicher eine Nation, je weiser, je zusammen- 
hängender ihre Gesetze seien, je Aveniger klingende Münze 
habe sie nötbig, um die für den lehhatten Umlauf von Waaren, 
für den ausgebreitetsten Handel und die Industrie erforderlichen 
Dienste zu leisten.**' 

In der Opposition gegen die von Josef befolgte Zollpolitik 
stand Carl von Zinzendnrf nicht allein, auch Philipp Graf 
Smzendorff theilte die freien Ansichten. ,Da mir die Wahr- 
heit, besonders von einem scharfsichtigen Auge betrachtet, an- 
genehm zu vernehmen ist/ au lautet ein Handschreiben des 
Kaisers an den Grafen Sinzendorff, ,sü werde ich Ilinen ver- 
bunden sein, wenn Sie mir iiberhaupt Ihre Meinung, den 
Handel betrefl'eud, eröffnen werden.' Sinzendorff kam der Auf- 
forderung durch Abfassung einer Denkschrift über den erb- 
ländischen Handel vom 26. September ITSi; nach. Er geht, 
wie er bemerkt, von seinem Lieblingssatze aus, dasö ein jeder 
Plan so geartet sein müsse, dass ein jedes mitteliniissige, thätige 
und ehrliche Öubject ihn in Ausübung bringen und man augen- 



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128 



blicklich sphen k?5nTie, ob die Befelilf vollzogen worden seien 
lind wer an der Unterlassung SchuM tra<,n>; ein die inneren 
Einnchtunfren der T.änder unitaaMudes System künue nicht 
einfach genug sein. Das Wort Handel unfl Wandel bringe 
mit sich die Freiheit. Alle Hindernisse duK h Zölle oder durch 
Verbote seien der Natur zuwider, daher schädlich. Wenn Je- 
mand l)ehaui»ten wolle, dast, die Freiheit schädlich sei, so Vivi^c. 
demselben der Beweis oh; eis lasse sich jedoch nicht behaupten, 
dass durch Mauthen und Verbotsg-esetze der Handel vermelirt 
worden sei, im (^Jegentheil wilrde sich die Sache aufklären, 
wenn die Facta und das interessiite Landvolk und nicht die 
Tischschreiber befragt würden. Mit der Behauptung, die I.agc 
der Krbiänder sei nicht der Art, um einen beträchtlichen Aus- 
t'uhrhandel treiben zu können, sowie dass die verschiedenen 
Nationen Oesterreichs nicht den gehörigen Ertindungsgeist be- 
sitzen und höchstens, wie man behauptet, als Affen anzusehen 
sind, die blos im Stande seien, nachzuäffen, habe er sich nie 
zu befreunden vermocht, er Vx'haupte vielmehr, dass kein Land 
in Europa mehr im Stande sei, einen auswärtigen Handel zu 
treiben, als die Erbläuder. Wann war liöhmen glücklich und 
iudustriös? Als e.< seinen Frei li;iiidel aul" der Elbe bis nach 
Hamburg hatte, von wo die W.iaren bis nach Spanien, Portugal, 
Frankreich und iMi-land tVei ausgeführt wurden. Wie köunte 
man dieber isaliun Industrie absprechen, welche in ihrem Glas- 
und Leinwandhandel der lieben Natur gefolgt und in ganz 
Europa eine hervorrageude Stellung erworben hat, ja, ohne 
das geringste Zuthun die anderen so hochtrabenden Nationen 
mit ihren Producten geschlagen? Man frage nur die gesamm- 
t&n. Gebirgsbewohner und nicht die Tischschreiber, 80 werden 
alle einstimmig erklären, daas sie nichts Anderes wttnsdien als 
die Freiheit des Handels. AUerdings dürfe man nicht jene 
befragen, welche Fabriken angelegt haben, welche ans Mangel 
▼on Kenntnissen oder ans Geiz ihren Privatvordieil dem all- 
gemeinen Nutzen vorziehen. Oesterreich könnte sich sogar 
bezüglich seines Handels, wenn namentlich mit den Kachbar* 
lindem Freiheit des Verkehres bestfinde, nAmlich mit Sachsen, 
Batem, Prenssisch-Schlesien nnd Venedig, bezüglich der Handels- 
bilanz sogar mit England nnd Frankreich messen. Schon die 
Donan, welche einen grossen Theil der Monarchie dnrchfliesst» 
gebe einen Vonng für den türkischen Handel, um welchen 



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128 



die meisten und grössten Nationen buhlen; Triest mit den 
ttbrigCD Seehäfen Bei durch seine Lage zu einem ailMchlie«8- 
liehen Verkehr nach der Levante vollständig geeignet nnd 
wttrde jede ConcTUTeni in der mittelländischen See besiegen 
können. 

Leider sind wir nicht in der I^ge, Whvv den Hesammt- 
handcl der österreichischen Länder im 18. Jahrhundert ein 
richtiges Bild zu gewinnen. Die Angaben, welche sich in ver- 
schiedenen Werken vorfinde ttnd durchaus unzuverlässig nnd 
hiichstens als Schtttsimgen anzusehen, die oft niclit einmal an- 
mtbemngeweiae richtig sind. Wussten ja doch die Behörden 
bis in 'las erste Jahrzehnt unseres Jahrhundeiis keine genaue 
Auskunft zn ertheilen. Es fehlt wohl an statistischen Tabellen 
nicht, die sich in den Acten vorfinden, aber diese geben nicht 
einmal tlber den legitimen Handel genaue Angaben. Die 
Kaiserin nnd Josef legten auf statistische Tabellen (i^rossen 
Werth und Ix-talilen wiederholt, auf die Ausarbeitung Sorp:fHlt 
zu verwenclf n. ailtMu die Zollregister blieben mangelhaft, da 
den Heaniton die ek-mentiirnten Kenntnisse fehlten. Noch im 
AnfmiT" <lei* Neunzigerjahre bemerkte die mit den Hundels- 
>er}ialtni!S8en Oesterreichs vertrantente Persönlichkeit, dass die 
Meroantiltabellen allerdings seit acht Jahren etwas ZAveckmässi- 
ger l)earbeitet werck ii, aber durcliwe-rs noeh fehlerhaft seien. 
Ks gäbe keine allgemeinen Tabellen iilier die Kx])orte und 
Importe der Monarchie: ein Theil weide in den deutschen 
Erbländem, ein anderer Tlieil in Galizien. ein drittel* in L'ngarn, 
endUch ein vi<'rter in Sie})enbürgen bearbeitet, und eine Zu- 
sammenstellung sei um so sehwieriger, als in jedem dieser 
Lander die Tabellen nach anderen (iruudsätzen und Schätzun- 
gen verfasst werden; auch die Einzeltabellen seien aus höchst 
unznverlUssigen ^laterialien zusammengesetzt, denn die meisten 
Beamten, denen es obliege, die Aufzüge zu niaeheti, hätten 
kaum Zeit genug, um darauf die nöthi^'e Mühe zu verwenden; 
andere unterscheiden das Inliindische nicht genug von dem 
Ausländischen, vermischen beiden ja sogar öfters die Ausfuhr 
mit der Einfuhr, betraciiten überhaupt die Abfassung der 
Mercantiltabellen als eine Nebensache und als ein ihnen lästiges 
Geschäft.»^ 



Anmerkungen 



1. Nur der Transitohandol wurde seit 1763 ia Folge eiaei' kaiser- 
licben Weisung gefördert. 16. December 1762. 

8. Reskript aa die Depatation und Kammer in Tirol. 13. Ootober 1 750. 

8. Schriflatflcke vom 9. April und 7. Hai 1763. 

4. Vortrag 11. Februar 1764. 

5. Aus einem Schhftstückt) vom 29. Jauuür 176ä. 

6. Handechreiben vom 30. September 1768. 

7. Am 18. KoTember 1763 erging der Anftrag nach Fragi die Auf- 
forderung znr BeBchleunigung dea Gntaehtens an das bfttamiBChe Gober^ 
niom nrgirt am 7. Juli 1764 und 28. December 1764. 

8. PiotokoU 18. Jrttlll7ö8. 

8. Vortrag 11. Februai* 1767. Die »Navigatiunsrepantioa' auf der 
Save bereits 21. December 1764 angeordnet. 

10. Handschreiben an Esterhäzy 16. August 1780. 

11. Instruction für die in NioileK'st erreich aufgestellte delegii-te 
Commerci(»n-Hofcommis8ion, 4. Jannnr 1754, unterzeichnet Chotek. 

,Dio Absicht gehe dahin, dass die Coinnierziiilfi^eschäfte auf einen 
kürzereu Weg uüd nach t^inbeitUchen Gruadsätzeu geleitet werden sollen. 
Der Obsorge der Üommission sei anheimgegeben: 1. die emsige Fort- 
pflanaong aller Landesfkbriken und HanuHutoren, daas sie Aber den 
gegenirirtjgen Stand derselben sidi genau erkundige, ihre Gebieohen er- 
forsche, die Verbessemngsmittel wohl ftberlege, auch daa etwa Dienliche, 
wenn es uioht von grosser Wichtigkeit sei, sogleich vorkehre; 

2. ihr immerwährendes Nachsinnen dabin zu verwendeo, dass neue 
Fabriken, die dem Commercio eiiiig'pn Vorschub briug-en, auf einp stand- 
hafte Weise geführt, dazu wohl bemittelte Verleju^er oder Sucietäteu auge- 
frischt und sonderlich auf jene iMauufartiiren der vdizügiiche Bedacht 
genumuien werde, die entweder zur Verarbeitung inläudiücher l'rüductorum 
oder zur Untei'stQtzung des auswärtigen Cotnmercii dienlich seien; 



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S. TOD Seiten des Directorinms in Commercislibus werde man der- 
artigen heilsamoii Untpinfhmnng'pn all»» hilfreicLe Hund bieten und Jen 
Verlegern riebst dorn AllerhOchstoo Schutz viele weseuUiche Vortheile 
angedeihen lasneu: 

4. auf dieBlüth , las Wachsthnrn der diesländi^'n Hatidelsschaft zu 
sehen und das Augenmerk daiiiu zu ricbton. damit die einheiinischpn Er- 
•/eugniBse ausser Land gebracht, der Handel al in grosso befördert uud 
sonderlich die Vorkehiuug uach Uugaru uud Türkei, dauu über Triost 
dnreh alle dienliche Leichtigkeiten nnd YotBchnbsmtttel emporgehoben 
werde; die von der Beschaffenheit des Laadea nnd seiner Insassen die 
§nr0s8te Kenntniss hahen, an vernehmen nnd Jedermann dahin anan- 
frisehen, dass sor WoUlkhrt des Landes und aar ünteistAtaung der 
tnildnrittoi liehen Gesinnungen der Kaiserin nQtiliche Yorschläge an die 
Hand gegeben werden. Nach diesen Vorbereitungen sei sich mit Beflissen- 
heit dahin zn verwenden, damit jedem Lande der Verschloiss und die Aus- 
fuhr seiner Xatiireneugnissp erleichtert werde, wobei sonderlich zu über- 
legen kuuiiiie, wie zwischen den Erbläuderu tielbst eine nützliclie Vor- 
keliruug getroffen uud dessen su iiorissanter Stichhandel wieder erhoben 
werden kOnnte, weil nichts uatüi-licher sei, als dass ein Erbiand dem an- 
deren mit seinem üeberllvss an die Hand gehe. 

Da aber der Handel ohne grute Strassen nicht wohl besteben und 
noch weniger in Aufnahme kommen kOnne, so sei fortwfthrend Sorge an 
tragen, damit jene Hanptstrassen, die aar Beförderung des Handels nn- 
entbehrlich sind, in anfrechtem Stande erhalten, mitbin jene, denen das 

Operationswerk obliegt, mit ernstbaltem Nachdruck dazn ?erhalten nnd 
die nOthigen Hilfsmittel ausfindig gemacht werden mögen. Das vorzflg- 
lichste Augenmerk sei auf die Anlegung nnd den Wachsthnin der Mann- 
facturen zu richten, wodurch dem Handel und Contriburionsstand viele 
beträchtliche Vorthoilp znfliessen. Die Deputation liabe daher auf die 
Seele eines nutzbaren ( i nuuercii mit geflissensteni Eifer zu sehen und 
vor allen Dingen deu gegeu hurtigen Stand der Laudesfabrikeu und Muuu- 
factaren sa erheben, die dabei iidi ftosaemden Gebrechen an entdecken, 
sich eine vollkommene Kenntniss von den tauglichen fkbriksmaterialien 
im Lande selbst oder aaa den anderen Erblanden an Terschaffen, femer 
anzugeben, wie der Genins des Volkes beschaffen, wie dessen Iiebensart 
eingerichtet und was man sich eigentlich von desselben Industrie nnd 
Fähigkeit zn vorsprechen habe; die Anträge seien mit solcher Behutsam- 
keit 7u fassen, damit die Kaiserin die AllerhiVhgte Tfps.dntion darauf mit 
Sicherheit stützen möge. Nebst den im Lande eingeluhnen Fabriken sollen 
aber auch andere dem I^nde gedeihliche Mauufucturarbeiten zu fordein. 

5. Um hierländigen Manufacturswaaren, welche sich Bubm in der 
Premdi ei worben, einen stui keron Ausweg zu eröffnen, so ist alle Beflissen- 
heit anzuwenden, damil lauter tüchtige kaufrechte VVaaieu um ertiäglichen 



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196 



Prois <^r/.onpt, mithin die imswomiigen HandelHleiitf hpfriftüpt. alle Schleu- 
(li)ioi vyj uaetieu und auch iiio Fabricator Selbsten iiath jener Alt, wie es 
die auswendigen Negocien verlangen, «iugericLtet wurde. 

Naitientlich aaf die Manufactareu in Wolle, Seide, FlachB, Loden, 
anf alle Mineralien und Metalle babe die Commtssion ihr Augenmerk ta 
ricbten/ 

Am 27. Mftra 1766 wnrde an die Reprftsentation ond Kammer in 

Mfthren folgendes Hescript « i lassm . ,Da unsere allergnädigste Geeinnung 
über Eniporbringung des Handels und Wau h-Is in Ansehung aller vnsei'er 
Lande die nfimliche und unsere fQrnehmste Absicht auf dir gegenseitiire 
Aushnlfo unserer Staaten und dns dadurch in den (ian^-- zu bringende 
iniicrlu li»' Commercium gerichlft ist, wuraiif auch alle im ZoHweson noch 
jaiigsthin •remachten Aendeningen und zum Boliiife des Transports der 
ialündif^chüu VVauren verächalVte Etleichteruageii abzielen; dieä aber nicht 
wohl eingerichtet werden kann, wenn nicht ein jedes Land die genaue 
Kenntniss sowohl von den BedQrfiiisaen als Enengnisaen des andern be- 
sitzt, so werdet Ihr den Consessnm commercialem hauptaidilieb dahin 
ananweisen haben, dass solcher sich sowohl mit dem böhmischen nnd 
S( hif sischen, oberösteiTeicbischen, steirisclien, kärntnerischen, kraiue- 
rischen, tirolischen Consesse, nicht minder mit der in Niederösterreich 
für Commerzsachen dclpirirtt n Uofcommission wie auch mit dem Grafen 
Chamart« in Cnrrespivndrn/, s-tzen und denselben von den neuen Er- 
findungen <id(M- ad majorem ptMfcciionpiii in »[iiaii. quanto et prctio ge- 
brachten pruductis artis et naturae sowoiil in dem innerliclien Vertriebe 
oder in eine auswärtige Handlung und Vcrschleiss einschlagender Vor- 
&llenheiten die rechten Nachrichten ertheilen oder die erforderliche Ans- 
knnft von der eigentlichen Beecbafltenheit einholen.' 

12. Vortrag vom 20. Juui 1766. 

18. Commissionsprotokolle Tom 2. und 9. December 1766. 

14. Anf den Gräser Mftrkten wurden die gemeinen Tachsorten ans 
M&hren, Böhmen und Oeaterreichiscb-Schlesien bezogen, und swar bis 
1 18 kr. bis S4 kr., die feineren bis 3 fl. per Elle aas FrenaBisch* 
Schlesien nnd Sachsen, die feinsten bis 4 fl. ans Aachen ond Leyden. 

Die Reisenden der mährischen Lehnbank zeigten den Grazer Kanflenten 
Muster mährischen Tuches, aber diese ,bezeigten wenig Neigung, von 
ihren ausländischen Freunden abzugehen, theils weilen es der Kaufleute 
Kigenschat't ist. dass selbige nur ihren Pi ivatnut/en und keineswegs das 
Bauernpublicuni in Coiisideiation ziehen, mitfolL'lirii ihre Ankanfjireise 
gern verhohlen haben, wozu ein auswärtiges Lima uieusamer ist, theÜH 
weilen durch gehässige die k. k. privilegirte Lehubank als ein zum Ver- 
derben der Kaufmannschaft gereichendes Werk, so flberdies Toa keiner 
Daner sein werde, aageschwänt worden*. (Diese Stelle ans dem Original 



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des Heiseberichteg im Archiv für «isterrreichiscbe Geschieht«, Bd. 73. naoh 
einem Auszuge eines Beamten abgedruckt.) Halbwollonf imd halbleinene 
Wnaron. aln: Halbrastnr, Hali)iasch, auch Mesiilaii. wurden blos aus 
rnMiHsisiii-SclilDsicn bcz(i^:pn. Englische Kurzwaaion und Nürnberger 
Wiüiiüu wurdüu von zwei Vürlogern aus Leipzig und Nürnberg bezogen. 
Linzer Leinwände hatten einigen Absatz; den Markt beherrschten jedoch 
pmisiseli'MihlMiscbe EnengoiBse 52 Ellen lang im Preioe fon 80 bis 
50 Baichsthalern. TiBcbteog« fauDen ebeolUls au Proiisaieeli-Schlesien 
und Sachsen dis Garnitur 10—80 BMchsibaler. Noch 1770 wnrde Klag» 
geführt, dass in Graz Kaaflente und Fabrikanten ans Ulm, Nürnberg 
Sachsen, d<^i Schweiz, Italien Sclileichhandel mit ausländischen Waaren 
(reiben and das Geld aas dem Lande schlepfan. Protokoll 86. Febmar 1770. 

Die Kaufleute, heisst in einfin Schriftstücke, bpzci^'cn sich gegen 
den in der Vorstadt Mariahilf wohnenden Boissbloischuftider .Johann 
Ji»achim Mayor so widerwärtig', dass sie. um dessen Maniifactur in Verfall 
zu bringen, '-''rh vorabiedet hfitten. ihm für seine Waaren .nichts zu 
l">s*>n geben', obgleich dieselben so i^fut wie die Nürnberger und auch 
wohlfeiler wären: dies sei eint» ,üblo Gesinnung wid^r die eigenen Landes- 
manufacturen und eine sträfliche Begierde, mit fremden Waaren einen 
wneberisoben Handel an trsiben, mithin das FnbUeum su dmoken nnd die 
beilsame anf die Bmporbringung der UanQfaetnren absiebende landes- 
fttrstliche Absicht an Terbindern, daher als strftflicb anxnsehen'. Wenn 
die Eaoflente die Waaren nm den FreiSt wie sie an NOrnberg verkaoft 
werden, nicht abnehmen, wflrde man den Fabrikanten die Erlsabniss er* 
theilen, damit en gros und en detail Handel zu treiben, und wenn dies 
nicht an«?iebig wäre, habe der Handelsstand zu gewärtigen, dass man 
noeh nachdrucksamere Zwangi^riiittei ergreifen werde. 

Die Kaufmann.schaft habe sich so schlecht geäussert, lautet ein 
Bericht vom 6. April 1749 aus Linz, dass deren Antwort zu eraählen 
einen Ekel verursachen würde. Sie habe nur Klagen über das erhöhte 
Ye( tit'al voigebracht, freie Kiiifuhr der fremden Töcher verlangt, deren 
(Qualität besser sei, und doch erzeuge ein Weber, Namens Pachner, Ilalb- 
rasch so gut, wo nicht besser, als die schleeiscben Weber som Preise von 
8 11. 80 kr. bis 9 II. Aneh an der Appretur Heese sich nichts ausstellen, 
nnr der jScbwnng' sei nicht so Tollkommen. Als üebelstand wnrde be- 
zeichnet, dass die oberOsterTeichischen Weber keine Gapitalisten seien, 
die lange borgen können. Wenn die Cassen der Landstinde nnd Städte, 
beisst es dann in dem Berichte wörtlich weiter, nicht so sehr ausgeleert 
und der Corpus nicht so stark mit Schulden outrirt wäre, könnte man 
Beihilfe gewähi'en, so aber müssen vi^Ie <:';'♦»' Hedanken in der Geburt 
ersti'-ken und es an dem genug sein, das^ man so weit geht, als man 
gbhfMi ki jine Mannigfaltig aber waren die Massnahmen dijr Behörden in 
den tspittereu Jahren. Der Oousess in Oberösterreich wurde angewiesen 



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7A\ untersuchen, ob es den dortigen Lederern an Terscllleiss gebreche 
(13. März 17fil\ Beliuls Erweiterung des Commerzes wurde bewilligt, 
da«s in den Krblaiuiou frztMigtes Leder untoi gehöriger Beschoiniguni? 
in die lieöidenz oiii^'ctYibrt werden dtirfe, jedoch solle dasselbe nicht in 
dou gewAhnlichoii Miirktzeit*>n zum Verkunfe crebracht werdou. (An die 
KepräHeuUtion und Kaiuuiui lu Mähren, Schlesitrtu 10. Marz 1 762, Böhmen 
15. Hai 1762.) Der CommenienTath sprach den Wunsch ans, es möge 
auf die Einfahr Ton moskowitischem Juehteo, wofttr 170.000 fl. auaser 
Landes gehen, ?eruchtet werden. Dies hänge vom Hofkriegsrathe ah. 
Graf Harrach enenge anf seinen GAtem in Bfthmen Leder, welches dem 
monkowitischen Juchten nicht ving!»M( h sr i. Da Jnchten, Corduan, Lamni- 
nnd Schaf jeder den grössteu Theil des Passivums ausmachen» lautet die 
kaiserliche Entschliessung. sei dio inländische Fabrikatur in diesen 
Stücken emporzubringeu, und dem üot'kiiegBraUie seien Juchtensorten 
vorzuk'Kt'n (Vortrag 13. April 17HH.) 

.\bei ;ille HemOhtiii^nMi waren ver,i,'ebon.s. Die iiiläiuiibcbeu Fabriken 
konnten oft di u Bedarf nicht decken, wie aus dorn liandbillet vom 11. Sep- 
tember 1772 ersichtlich: Nach Anzeige des Hofkriegsrathes können einige 
Begimenter, die jedoch kaum anf 12 in der Zahl sich heianfen dftrfben, das 
anf Offteiersuniformen henöfhigte Tuch in den erblbidischen Fabriken 
weder in der echten Farbe noch fein genug aufbringen und sind also be* 
mfissigt, beilftuflg 8 StOck für jedes dieser Kcgimenter aus Holland zu be- 
stellen. Da Ich nun verwilligt, dass dem Militär su dieser Einftihr die ge- 
wöhnlichen Commerzialpässe für dieses Jahr zu ertheilen, so will dessen 
den Commercionrath zur Nachricht und weiteren Verfügung verständigen. 

Den FordemnE^on der Fabrikanten wurde zu entsprechen gesucht. 
Nur selten tiiuien .sich riclitiKeve Anpichten. Am 9H. .Januar 1754 hatten 
Juhauu Fricj» und JolKuuiet» Togaiola ein Privilegiiuii zur l<]rrichtuni,' einer 
Sammtfabrik erhalten, und obgleich dem neuen luddHtriezweige durch Er- 
lass eines Eänfuhrrerbotes auf fremde Sammte unter die Arme gegriffen 
wurde (11. Februar 1757), Huid die Sanuntfabrik mit ihren Eneugnissen 
keinen Absatz. Fries A Comp, wandten sich tu wiederholten Malen an 
die Begierung mit der Bitte, sie hätten ein betrfichtliches 'Waarenlager 
von Sammten auf das Beste gearbeitet, könnten aber nichts absstien; sie 
müssten eine Beschränkung ihrer Fabrication eintreten lassen, wenn ihnen 
nicht zur Abnahmf» ihrer Waaren veiholfen werde. Der niederHster- 
reichische Consess gi»nicli .>^icii dahin aus, da andere Fabrikanten Abzug 
hndeu, uiüisse bei Friuä die Verwaltung an manchen Gebrechen leiden, 
er sei daher abzuweisen. 

15. An die bOhmiseh-Osterreicbische Hofkauslei am 39. Juli 1771. 

16. Die sämmtlichen Leinwandhäudler in dem Gebirge der schlesi- 
sehen Grause entlang, su Arnau, Trautenau, Starfcenbach, Sehatalar, Frei- 



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heit, vereinigten sich zu einer Handlungegesellschaft, welche 1758 einen 
laadeefftntliclien FreikeitsbrfAf erhalten hat. (Prot. Directorii in publicis 
et comtnorcialibns quo ad commorcialia mixta 22. October 1853.) Niemand 
durfte AufiialiMie finden, der nicht der römisch-katholischen T?oli|»ion zu- 
gethau und ehelicher Abkunft war. Sie b<»absichtigte zu Trag eine Nioder- 
lagv zn orrichten, um von hior ans »iie inhindisch^'u Märkte, anssor iler 
böbmi^hea Landebhauptstadt noch Filsen, iuuisüaa, BudHois-, Eger, Wiün 
ond BrflnD mit Leinmod ni YarMben, ersuehte aber, weder fremde Eauf- 
leote ins Land ,ein6ohleiehen an lassen noch u ▼enchreitien*. Sie erhielt 
Befirehin; Ton aller Steuer. (5. Jon! 17&8 an die Beprisentation und 
Kammer in Böhmen.) 

Zur Emporbringung der böhmischen LeinwandmauafMtnr nad sor 
firleiebterung .dea diunit sich näbrenden ünterthans' wurde zu Potten- 
stoin ein Ma^eTi/in errichtet, ,m-o dor arme Contribnont jeno Leinwand, 
welche anderwärts zu vcrsclileissen keine Gelegenheit sei, geilen billif^ 
massige baare Zahlung sogleich verkaufen könne'. Graf Ohamare erhielt 
die Anfsicht. ztir Erbauung 3000 fl. nnd .30.000 fl. Verlag.<?gelder ange- 
wiesen. (All die böhmische Adiüiniätiatiüü 16. Februar 1765.) Waluend 

des dritten sehlesisdien Krieges worden die Wauen ans dem Potten- 
ateiner Magasin nach Wien Terftthrt nnd hier mit grossen Kosten eine 
Niederlage errichtet. Bis anm Jahre 1761 waren SOO.OOO fl. Verlags- 
geldo' von Seiten des Staates Torgeschossen worden; nnn worde der An- 
trag gestellt, das Magazin an ChamarS sa flberlassen und ihm gegen 
4% ige Verzinsung Vorschüsse zu gewähren. Einen Maugel, heisst es 
in dem Vortrage, habe das Matrazin mit mehreren Institutis treiucin, dass 
solches anf Kcchnung- des .SUiates geführt wurde. foljü-liVh da]>ei nicht die 
nämliche Oekononiio und Beflissenheit zu erwarten pffweseu, welche in 
Privatuutcrnehmuugeu den Nutzen vergrössern. (Vortrag 14. April 17til 
nnd 4. Juni 1761.) 

Das Triester Magazin, wohin die Leinwände gesendet worden, 
wurde 1768 Ar 20.000 fi. Ton Jakob Hirschl in Verbindaag mit awei 
anderen Kaufleuten, ttanasse und I. Horpurgo, gekauft, 

17. Schriftstfielr Ttm 21 . Juni 1768. 

18. Vortrai,'' vuui lü. Juli 17ü3. 

19. Vortrag des Coramemenrathes 18. October 1 7(5 in Sachsen 
denen bohmischon Kanflcutcn aller Verkauf der sächsischeu W iuiren ä la 
minuta aucli auf den Jahrmärkten verboten ist. so ist ein (ileiches auch 
jure reciproci gegen die sächsischen Kauiieute zu verbäugen, doch aber 
solches auf andere fremde Kanflenta deneit noch nicht au «stendiren, 
sondern dieser Punkt, wie auch jener, was fiir Jshrm&rkle die fremden 
Kaulleute besuchen kOnnen, ehevor mit der bdhmisch-östeneichischea 
Canslejao oonoertiren. 

ItM». LUXTI. Bd. I. HlUle. 9 



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lao 

80. Unterzeichnet Josef Kinsky, 17. Juni 1771 : im Wesentlidi«!! 
nur pinp WioiUsrboIunf]^ eines bereits im Jahre 176 4 vrn dem Grafen 
Chamaiö g^cnuichten Aütnvges, den ansländischon Kauiieuton die inlandi- 
schen Markte vollständig 7.n verbieten oder mindetiieng 2U beschranken, 
wobei er blas die Zittaner im Auge hatte, die seiner Meinong nach gering 
gerechnet 100.000 Ü. gutes kaiserliches Geld aus dem Lande schleppen, 
dl« ktimrliclM Uanth nm einige Tausend Gnlden TerUnen, die böhmisehen 
latereBMn nnterdrfioken. Diese Zitteaer, heisst es weiter in dem eigen^ 
bftndigr geschriebenen Sduriftstflcke, sind theils böhmisch' hvssitisebe 
Bmigranien, welche der böhmischen Sprache knndig seien» bei ihren Be- 
reisnngen im Lande und bei den Besuchen der Mäi kte nicht einmal in 
Wirthshäusern ihr Geld verzehren, sondern bei ihren Anverwandten auf 
Kosten des Landes nmsonst leben, mit ihren hnssitisclien Ufichern den 
Ueberrest dieser bösen Secte versorgen, also vieien Idachtheil stiften. 

21. Protokoll vom 16. Jnll 1771. 

92. Protokoll vom 27. Januar 17 72. 

23. Vortrag Tom 13. Jani 1773. 

84. An die Landesregierungen vom 9. September 1788. 

25. Bereits am 24. März 17öü erfolgte die Weisung der Kai.serin: 
,Znr Facilitirung des Handels und Wandels zwischen der hiesigen Stadt 
und Ungarn bei den Mautbstationen Sehwechatt Hainburg, Pröllenkirchen, 
Bruck an der Leitha, Himberg ist die tariftnSssige Mauth von den durch- 
passiranden SAufmann^tern anfzuheben und blos xnr Idemnisirung des 
Aerari eine Wagen- oder Pferdemauth einzuführen.' Einige Hauthen 
wurden in dorThat aufgehoben, z. B, die gros.se Mauth zu Schwechat; die 
dem Grafen Harrach gehörige Mauth zu Bruck an der Leitha wnrdo filr 
100.000 fl. eing-ftlost, die , «schwere' Mnntb zu ]>tronell in eine Schiffs- 
inauth umgewamlelt, w^Mlurcb der i^anz'' Sti assonzug zu Wasser und zu 
Land nach Ungarn von allen Abgaben befreit wurde. 

89. In einem SchrifUtflcke (ohne Datnm) »Reflexionen was für Vor- 
fügungen von seithen Hungern in SOsten Weesen zur Beförderung der 
commercii voraunehmen', heisst es: ,bei dorn Hnn^ar würkhof ein Stficklein 
geld mehr, als alle scharfe Befehl: wenn das Cuwniercien-I)irec((iriiini 
einen solchen .'iOger des .lahrcs 40 oder 50 fl. donceiir reichen lassen 
wolte, welches bei derley gering bcsoUleteu Leuthea viel ist, konnte mau 

mit 1000 fl. auf zwantzig solche Beamte auslangen, Die ehr 

würkht anch ungemein ^e1 bei den Hungern, der nnaehen vielleicht 
guter eifeet zu Terapfihren wire» wenn Ihro M%}estilt allaignftdigBt 
gewähren weiten, dem Hung. Hofcammerprftsidenten, wie dem Tbesaniio 
in 7 bürgen durch etwas schmeichelhafte allerhöchste HandbtlUeten diese 



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Angd%enheit der tngendeo Ansicht auf die eiiigftiig« fronbder Waaren 
an deaten grinitaeE in reeommendiren.* 

87. An Baron Beischac]), 27. September 1769. 

28. iiutächlieäsung auf das Conferenzproiokoll vom 28. October 
und 16. Deeerober 1762. 

29. Vortrag 17. Januar 1763. 

30. Bntscblieasnng auf Protokoll Tom S3. April 1768. 

SL EntachUessong auf Protokoll des Commerzienrathos 25. Fe- 
bruar 1768. 

32. Die Einfuhr wollener Zeuge war in Ungfarn seit 1761 ver- 
boten, ohne dass eine Veröffentlichung erl'olj^te, erst Aiifiings Jamiar 1 764 
hielt man ,bei yorsoyeudeu UuiBUiuleu' eine Bekauutuiuchuug zu ver- 
anlaaeen für nötbig. (Votom Degelmann*8 21. Janoar 1764.) Anch halb- 
wollene nnd halbleinene Zeugwaaren worden ohne Torherige Pablication 
▼erboten. Indessen hatte sich heransgeBtellt» dass wollene Zeuge in ,iin- 
zulänglicher Menge' erzengt werden; Degelmann, der entschiedenste Pro- 
hibitioniet, sprach sich in einem Scparatrotnm dahin aas, dass keinem 
Anstand nnterliege, das Verbot aufzuheben und wollene Waaren gegen 
Entrichtung des tarifmässigron Zolles zuzulassen. Die kais. Entschlicssung 
auf das Sity-Tin^protokoll vom 21. Januar 1 7(34 lautet: .Hütte vor Zu- 
lassung des Verbotes die Zulängliclikeit der iiiliiiidißcheü wollonen Zeuge 
für Hungern untersucht werden sollen, damit keine gegründete Be- 
schwerde vorgebracht, noch die Mauthgefalle durch Einschränkung ge- 
schfidigt werden m/^n.' 

33. An die ungarische und siebenbürgische Uofkauzlei, 31. Ja- 
nuar 1764. 

34. An den Grafen Andlorn, 29. April 17G&, und an den Grafen 
Rudolf Chotek, 23. September 1766. 

86. Ton Seiten der Commerzbehrjrde wurden dagegen einige Vor^ 
Stellungen erhoben Zunächst wurde darauf hingewiesen, dass es wohl 
angezeigt sei, in den Ländern jenseits der Leitha die fremden ordinären 
und mittleren Leinwände zu verbieten, jpdoch die ordinäi'en Hanf- und 
die sogenannten polnischen nnd m. skowitischen Leinwände seien in Un- 
garn unentbehrlich, da mit den selben ein starker Baratt^ihandel gegen 
ungarische Weine getrieben werde. Eine gleiche Bewaudtuiss habe es mit 
dem ordinalen Tischzeug, Schachwiz, Zwillich und Drillich, weldie Gat- 
tungen in den deutschen Brhlanden für den Conanm kaom hinreichend 
ersengt werden, weshalb auf ein Verbot dieser Waaren in Ungarn derzeit 
nicht angerathen werden k6nne. Waa die glatten fremden Seidenwaaren, 

9* 



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dann die halb- und ganzseidenen Tfichel und Bänder, sowie die Kfirn- 
berger SpioEfel anbelangt, so sei vorauszusehen, dass der ungarische Con- 
sum die erbläiulische Erzeng^nntj üliersteigo, aber es sei schon ein .be- 
trächtliche r Aufang' in dm deutächüu Ei'bluiiJeu mit dieseu Artikeln 
gemacht worden, und derselbe werde sich erweitern, wenn die Nachfiugu 
gesteigert werde. Damit aber von Seiten der Ungarn keine Klagen er- 
holKui wftrden, werde man daraiif Bedadit nebmea mflssen, in den dent- 
achen Handelsplitsen einen hinreicbenden VorrathandeiirieicbenWaaren 
in Bereiteehafi la luüien, selbst wenn su diesem Zweeke die Brlheilang 
von Pässen für die Einfahr nothwendig w&re. Eisen-, Stahl- und Draht- 
waaren» Klingen zu Säbeln wftren in Ungarn von dem Yerbete anssn- 
nehmen, weil die Geschmeide waaren ohnehin ihren Abzug haben und 
einen lanj^en Transpnr* nirlit. ertiTig'en k^>nnpn. jedermann daher bestrebt 
sei, sie aus der Näln\ f "l';! ! nus den Erbhmden zu erhalten. l)ie kiiis. 
Genehmigung anf dieses riotuk^dl des Cümuiei*zieTirathes Vdm i*. Januar 
1 76G erfolgte uut dem Zusätze: ,üamit aber die Execution dieses Verbotes 
möglicLstermasseu erleichtert werden möge, so sind von dem Commenien- 
rathe nebst der Linzer Wollenseug&brik einige Niederlagen dahin ansn- 
friscben, nm in den ungarisdien und siebenbfirgischen Landen einige 
Magazine von erblftndischen Fabricatis anzurichten, doch aber ist dnreh 
die Veranlassung und Bertchtigong dessen die Publication des erwähnten 
Verbots nicht aufzuhalten, indem meine Wiliensmeinnng dahingeht, dass 
damit auf das Schlennigste fftrgegangen werden solle.' 

86. GommissionsprotokoU vom 12. December 1766 nnd Vortrag 
Tom 94. December 1766. 

37. Uoreits im Julire 17,'i5 wurde durch eine Zuschnti aa die un- 
garische Hof kanzlei vom 14. Juni auf die Nothwendigkoit eines Wechsel- 
rechtes aafroerksam gemacht; sehn Jahre spftter, am 8. October 1765, 
wurde das far die dentschen Erblande publicirte Wechselpatent der nnga- 
rischen Hof kanslei miigetheilt mit dem Ersuchen, sich darOber zu äussern, 
ob Uli 1 unter welchen Modalitaten dasselbe in Ungarn einzuführen sein 
dürfte. Die Hofkanzlci beeilte sich mit der Antwort nicht. Die östi>r- 
reichisrhe Hehördo legte in einem Vortrage an die Kaiserin dar, wie noth- 
wendit,' im Interesse einer Hebung des osterreicliiselMin;^ui i>chpn Ver- 
kehres diu Krb3diiriint,'- der Angelegenheit wih o. Die Kinfiilirvcrbote fremder 
Waaren in Uiifrarn, lieisst. es In dem Vui trage vom 0. ilüra 17iiti, würden 
ihl'e Absicht vorfehlen, wenn die ungarischen und siebenbdrgischen Kauf- 
leate nieht statt Frankftirt, Breslau nnd Leipzig die erbUadieoken Handela- 
plfttae besnchten und die erblftniischea Sneugnisse nicht cn^flsseren Ab- 
sng nach Ungarn finden. Um diese doppelte Absieht sn emichen, sei es 
nflth%, Ungarn alle Leichtigkeit sn versehaifea, weldie nngarische Kanf- 
lente answArtig (laden, vonQglich aber Credit. Hiean sei schleunige nnd 



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gute Beehtepreehnog nofhwcikdig. Der alMnigB Stein des AnstoBBei bei 
der «Dgai-ischeB Handelsschaft sei, dass man den Xaaflenten dieser Kation 

und noch weniger den Griechen nnd Armenieni, welche jenseits der Lettlia 
den grössten Kaufhandol treilien, ohne grosse Gefahr nicht creditiren 
könne; Verinste, wftlrhn I^oipzig-er erleiden, seien erträglicher, weil 
sie sich unter viele maclitigo Handelshäuser verthcilon. Dio bisherige Art 
in Ungarn zu handeln sei, dass man fiir die Bezahlung? fordere, ^/j 
aber borge; bezahle der üugar zweimal, so könne die dritte /aiilung ver» 
schmerzt werden. Vor Jahren sei man mit der ungarischen Hof kanxlei 
ftber die BinflUinuff einet Weehselreehtei in Terbtndaug getreten, ohne 
etwas in Siinde zn bringen. Die Kaiserin flbertmg nnn dem Ctonunerrien** 
ralhe die Ansarbeiinng, nnd wenn sieb Schwierigkeiten beifiglich der 
EdelleuieieigeniSei das Wechselrecht yorläufig auf die Bürger in den Frei'* 
Städten zn beschiänken. (Vortrag 27. Januar 17G7.) Die hanatische 
Landesadniinistration, mit welcher mRn stich in Verbindung stützte, meinte, 
ein Wechsolrecht soi im Banat überflüssig und könne vielleicht narh- 
theilig sein, ,dä die Handlung auf Wechsel doillandes nicht sunaerlioh 
betrieben werde'. Die Entschliessung der Kaiserin verfügte, da&s kein 
Bedenken obwalte, in dem TemesTaier Banate das Wechseliecht einzu- 
ftlhren. 2mn Wecbselgeriehte erster Instänx sei ein raiiiseher nnd anefa 
ein armenischer Kaufmann beiiuieben, »massen be^de Nationen in die- 
sem Lande den Handel stark treiben, folglich dnreh deren Zniiahnng das 
Erkenntniaa nm so viel mehr Yertnnen erlange'. (Vorbag vem S7. Ja- 
nuar 1767. Sntsobliessung auf den Vortrag vom i . October 1767.) Die 
Kaiserin verlangte zn wiederholten Halen Auskunft, warum dieses so 
lange dauernde Oeschäft bezflglirh der Einführung des Wechsel- nnd 
MfrcantilnH'hies in Ungarn und Sichf nbürgen noch nicht zur En<lsclr;rt 
gebracht worden sei. (Handschreilx-n vom 2 1 . Januar 1 7G8.) Erst 17»)« 
wurde die Einführung in der MiliUugrtüwe nnd Siebonbörgon verfügt. 
(Kais. Entschluss auf Vortrüge vom 30. Mäiz und 18. April 176B.) 
Durch Torordnung vom I.August 1773 erhielt Siebenbürgen auch eine 
Fatittenordnnng. 

Ueber eine Beschwerde von Seiten der ungarischen Handetaleute 
w^en des Abganges mehrerer Wiiaren auf dem Margaretheumarkte des 
Jahres 177S schrieb die Kais)'rin: ,Dic hiesigen Handelsleute sind ledig> 
lieh zu erinnern, dass sie bodacht sein sollen, sich mit solchen Waaren zu 
versehen, wovon sie nach don vo rkom nie ndfu Aufragen dermalen einigen 
Abgang b'idon. Die inländischen beyziischatTon mag ihnen «dinehin nicht 
schwer fallen, und wegen der fremden Artiiiel wird Meine demnächst er- 
folgende Besoltttion Ziel und Maas setaen, wie weit sie damit sich kanftig 
rwsehen mögen.* (Protokoll vom 14. Härz, reproducirt 2. April 1774.) 

Nach Erlasa des Patentes Tom 14. October 1774 forderte die 
Kaiserin» dnsa die EnnMgnng der Einfuhrverbote fremder Waaren «och 



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anf das EQn^eich TTngarii, sowie auf Siebenbürgen und das TemeavarMT 
Banat sich Ku erstrecken habe. Hiebei zeigte sich der Anstand, dass ver- 
schiedene Artikel der erlaubten Wiiaion bei der uriniittelbaren Einfuhr h\ 
die Länder jenseits der !,oith:i nach der danelbst üblichen Schätzung una 
Belegung cinon g:('r!ngt ! • n Zoll abzustatten haben wiir.lon, als durch das 
Patent vom 14. October 1 7 74 auf Grund der neuen allf^enieinen Tarifsätze 
ffir die deutächeu Erblande festgestellt worden war. Die Finanz- und 
Commerzstellen verfielen daher aof den Mauken, ei bei der allgemeinen 
Begel, nach weldier die fremden Hannfactarwaaren in Ungarn bei der 
nnmitfcelbaren Einfohr 80% xtt sahlen haben, fo beiaasen, dieScfaitanng 
aber bei jenen, die dem nni^eachtei in dem Zoll geringer ala in den deut- 
schen Brblanden ausfallen würden, dergestalt zu erhöhen, daee noch ein 
mässiger Yortheil den ungarischen und baAatischen Kaufmann aneifem 
könnte, diese Waaron auf den deutsch-erbländischen Handelsplätzen zu 
suchen, wo sich ähnliche inländische Erzeugnisse anprehäuft befinden, 
allein die Durchtührung war mit Schwierigkeiten verbunden, da die Ab- 
äuderuug der unf,'ar)schen Tarifschätzung ohne Bekunntniachung aus 
Billigkeitsgrfluden nicht vorgenommen werden könne, diese aber ,da8 
Absehen hfttte entdeehen mflssen, den nngarisdien Handelsmann Ton 
der unmittelbaren Correspondens mit answirtigen sa entfernen, eine Be- 
schränkung, welcher derselbe bei der Tormaligen Passertheilang nicht 
nnterworfiftn gewesen sei'. Uan einigte sich daher dahin, dass die Be- 
kanntmachung des Patentes in Ungarn dermalen bis zur allgemeinen 
Tarifrogulirung unterbleibe, inzwischen aber die auf diese Länder abge- 
zielte Wohlthat durch den erleichterten 7a\^ der wiedorerlaubten fremden 
Waaron den lieut-schen Handlnngsplntzen zug-ewendot werden könnte. 
Die Waaren, deren Einfuhr in di*- Länder diesseits der Leitha seit 1774 
gebtattdit war, blieben bei der unmittelbaren Kiuiulu nach Ungarn ver- 
boten. (Protokoll 7. April 1775.) 

38. Während dos siebenjährigen Kri( gt>s gestattet«' mau die freie 
Einfuhr von Getreide und verbot dieselbe nach Been liL'uiig dessselbon. 
Diese Abschliehsuug in Bezug auf den Verkehr mit Brotfrüchteu wird er- 
klärlich, wenn im Auge behalten wird, dass auch zwischen den deutsch- 
erbl&ndischen Provinzen die abgabenfreie Versendung von Getreide nicht 
gestattet war. Gegen die See wurde 1763 den ungarischen Eraengnissen 
die mauthfreie Ausfohr hur anf f Anf Jahre gesiattet nnd 1767 Yerl&ngert. 
Kais. Entschliessung 25. Mai 1 762 und Tortrag 17. September 1767 und 
die darauf erfolgte kais. Entschliessung. 

89. Allerhöchste Entschliessung vom 20. September 1770. ,Da 
heuw in Meinen deutschen Srbhindea die Ernte meistentheib nicht er- 
giebig ausgefallen, so mag in den hungsrischen Erblanden die K4)mer- 
aosfuhr ad extra auch mai-e Tersus fernere nicht gestattet werden, damit 



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186 



man sich von dort §m des NafiksduilMi so mohr Texnohart hatten 

40. Protokoll der FinaouteUen und des Gommeruenratlies Tom 
16. Juli 1768 und kais. Entschliessnng. 

4L Kaif. Entaohliesßungaiif die Protokolle derBaieodeputatioiiQnd 
des OommeruenratheB Tom 29. Hai 1768. 

42. So zahlten 720 Metron nnfrarischps Getreide, deren Werth am 
Erzeugüissorte oft uicht 300 ü. buiiug, au landosfürsUichen und Privat- 
naotlieii TOn Wien bis Engielhartsiell 889 il. 66 kr. 

43. Handhillet vom 3., acc. 5. September 1774. An den Grafen 
Külowrat! Den ihm ohnehin pchon bekannten von der galizischeu Kanzloy 
gemachten Voiächiag, die pruducU und fabricata der hungarischen Erb- 
lande iuterimaliter mit der nämlichen Consummauth von 27s7q 
Producta und Fabricata der deutseben ErbUinder sd belegen, habe swar, da 
es am ein blosses Interimale m tbun, indessen genehmigt, Ich will ihm 
aber anmit aar geheimen Direction des Commenienratbea mitgeben, bey 
Festsetzung des kflnftigen Hauptsystems die Betrachtang nicht ansser 
Acht zu lassen, wio nach der Gieichhaltang der hungarischen Manu- 
facturen mit den deiitsch-erblüiidischen die bekaiiiito Rucksicht im Wege 
stehe, dass die Inhaber <ler hnngarisrhen Fabriken als keine Steuern und 
andere Abgaben zahlenden Maf,'nato und Kdellente vor den deutsch-erb- 
ländischen Manufactuitiverletji'rn einen grossen Vnrzü£f hieriufalls be- 
sitzen und daäs anderseits, nachdem üuugarn über die deutsche Erblande 
dnich die nnentbebrliehen Nalni-alien eine so starke AetiYbUanee hat, naan 
den deutschen Landen durch die Begünstigung ihrer Artefitctorom gleich* 
samein Gegengewicht sn scliafren geneigt sei: allermassen denn ans die- 
sem doppelten MotiTO die deutsdi-erbländischen Mannfiicta bisher jeder- 
seit in der Uauth leichter als die hnngarischen gehalten worden. 

44. Au den ilufkriogsrath, 19. April 1 757. 

45. Er erhielt am Mai 1758 als .Graiiale' 50 Ducaten und am 
10. Juni 1758 al£ Beitrag für die Eückreise 12 Ducaten. 

48. Ein interessanter Bericht 8chley*s, Carlowitx, 17. Mftn 1759. 

47. Italien habe oft Missjahre, und das nngarische Getreide werde 
daher daselbst Absats finden können. Das aus ungarischem Mehl ge- 
backene Brot sei awar ein wenig sehwfttser als jenes ans wUschem Hehl, 
fiberhanpt trage daa nngarische Hehl etwas vom Eidgemche an sich, 
welches daher rühre, weil der Bauer sein Getreide nnter der Erde in Gruben 
liegen lawennd die Erbauung von Getreideböden von diesen Leuten weder 
SU verlangen noch an erwarten sei. Ks möge daher den Unterthanen anf- 



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186 



getragen woiiJon. da.ss dieselben ihre Lecher bei Strafe nach dem Vorbilde 
von Tüscaua irnt Stroh df»n Wfuiilcn V(.'rl»iu<!en sollten, welches keine 
Kosten verursaclu- und dorh dfii Krd^'cruch hiataiilKilto. Ausserdem habe 
dei uagariische Wi'izeu noch den Fohlor, dass er mit Korn uud anderen 
Früchten vermengt sei ; es mOge daher dahingestrebt werden, daes der 
Anten j«d«i-Mit nur mit rdnem Samen bMrwkstofligt werd«. Auch in 
diMer Richtang 8ollt«n di« Unterthanen nfttbigen&Us dnreh Straf!» an- 
getrieben werden» ein besseres Prodnct su Tage zu fördern. Der Ackerbau 
sei dnrch Belohnungen zu befördern und die ungarischen nnd croatischen 
Stände auf die Wichtigkeit des Getreidehandels aufmerksam zu machen. 
Kaab wies ferner darauf liin, dass die Schiffe durch die Tlu iss und Donau 
in dif» Savf Ifnifen, sodann über Sissok bis in die Nähe von Laibach oder 
auf dem Kulpaflusse bib Karlstadt befrudert werden könnten, nur raüssten 
alle Hindernisse der Schiffahrt beseitigt werden. Die schwierige Frage 
war nur, auf welchem Wege sollten die bis uuch Karlstadt gebi-achteu 
Handelsgogcnst&nde bis an die See weiter befördert werden. Mit Saum- 
pferden, meinte Baab, sei nichts an thun; die Aniahl derselben sei nicht 
gross, aneh giengen diese allzu langsam und mflssten der Trene vieler 
Leute anTertrant werden, welche erfahrungsgemäss das Getreide ans den 
Säcken stehlen, den Fest aber zur Ergänzung des (Jewichtes mit W ;>ser 
benetzen und dadurch verderben. Die Strassen seien unsicher, da» Kaub- 
pesitide! habe in den umliegenden Militär- und Rancahvaldnn^en die 
]*este Gelegenheit, pich zu verbergen, nnd finde bei den an der Stra.sse 
wohnenden Moi'lakkeu jede rntcrstützung. Von Novigrad bis nach Karl- 
stadt sei die grösste Gefahr für den Transport der Waareu. Es niüs^ite 
daher fflr die Sicherheit der Strasse durch Aufstellungen von Soldaten 
Sorge getragen werden. Ferner wies Baab anf die Nethwendigkeit hin, 
fflr die Bevölkerung dieser Gebiete durch Ansiedlung von Fremden Sorg« 
SU tragen. Die Vortheile, welche sich aus einer solchen Hasaregri er- 
geben würden, seien ungemein gross, indem nic^t Mos bisher unbenutzter 
Grund und Boden bebaut wflrde, sondern auch der benachbaiie Croat zu 
gleicher Emsigkeit aufgemuntert und dadurch auch die Sicherheit der 
Strassen eraielt würde. Die von Raab »•rtheilten Hathschl^e wurden auch 
von dfin Wiener Commer/directoriuni der Kaiserin zur Annahme empfolilea 
uud genehmigt. Der Bericht Rivab's vom 29. Novomber 1759. 

48. Vortrag, 19. Juni 1761. Die Commortiatcasse nahm mit 
06.500 fl. theil. 

49. Kan branche einen guten Director und einen tftchtigien Buch- 
halter, heisst es in einem Protokoll, ,weii der bisherige Bnohhalter, N»- 
mens Kreidemann, durch die ihm zugemuthete völlige Commorzialbesor- 

crnntr. welche nicht sein Gegenstand, mithin eigentlich über seinen Schwuog 
wai', vieUeieht aus SelbsterkenntDiss seiner UoTermÖgenheit in Schwer» 



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107 



muth fOfftUtn, darAbw- auch sogar letzthin mit eioir Yerwiming der 

Sinne von Gott heirogcsuchet worden'. Protokoll vom 2. November 1769. 

Der Inteii.lanzrath R;uib, wohl dtM- beste Koniicr dieser Verhältnisse, sprach 
sich einige Monate fri!h<»r dahin ans r An« der '!Vmp??varer Handf Ironiiiagnie 
könne was Grosses werden, wenn man nur wolio und erfahrene Kandels- 
leate und nicht Camei-alofüciaDtea das Steuerruder führen würden. 

50. Die Kai?crin forderte Auskunft, .warum die Compagnie noch 
keinen Dividend ausgewiesen'. Der Comraomionrath setzte auseinander, 
die Gesellschaft habe das Schicksal erfahren, so Handluugshäusern nicht 
selten zustOsf^t, besonders wenn sie sich in nene Unternehmungen ein- 
lassen, daäs sie Verlust leiden. Kiucn Tlieil deb Capitalä, nämlich 
220.000 fl. babe lie in »Gebäude gesteektS bei der Baffinerie einen Man- 
gel an Eenntnissea bewiesen, bei dem Ankauf rohen Zuckers nnd aneb 
bei der Hanipnhition Schaden gehabt, sie habe Capital in drei Schiffe ge- 
steckt, sich in Pottascbenhandel, Wachsbleichen und Besoglioltbriken au 
tief eingelassen und nambi^to Verlnste erlitten. Schon im Jahre 1760 
war ein Capitalsabgang von 357.478 fl. 38 kr. vorhanden. Im Jahre 1762 
habe die Compagnie allerdings 17. Tis n. l" ki'. bei der Rafflnerio ge- 
wonnen, jedoch nach AbzLif,' aller Tnkosten 2549 11. H kr. Capital einge- 
büsst in Folge hohen Ankauf. s des Rohzuckers. (Vortra;,', 5. Juli 1763.) 
»Bei der angezeigten Beschaffenheit,' lautet die kais. EntHchliessung, ,hat es 
bei dieser Entschuldigung sein Bewenden, doch ist die beständige Obsorge 
an tiagen, womit das Einlagscapital dermaleiost wiederum ergänzet und 
die Interessenten wie Mein darin gleicb&lls verfangenes Aerarium xu 
einigem Genuas des so lange Zeit fruchtlos liegenden Capitata gelangen 
mögen. Dahcro dann der eigentliche Stand der Sachen von Z* It /.u Zeit 
einzusehen und Mir vorzulegen ist.* Aus einer an die Kaiserin gerichteten 
Note geht hervor, dass die Compagnie raffinirten Zucker aus England be- 
zog und als eigenes Fabrikat verkaufte. (Vortrag, 9. April 1764.) 

61. Handbillet ddo. et acc. 15. Juli 1778. ,Ich will, dasa die Temes- 
varer Compagnie doch einmal anseinandefgesetaEt werde, weil unter aolchen 

80 viele Arme, die ihr Weniges gebrauchen; es ist daher«» die Sach dahin 
einzuleiten, dass die Compagnie sich in 3, 4 oder mehr Theile eintheilo 
und jedem das, was noch vorräthig ist, zugetheilt und übergeben wird, 
duniii jeder mit diesem selbst disponiron könne und die ganze Sache ihre 
Endschaft hal>e.' Kigenliändig fügte sie hinzu: ,Allo acht Tage will einen 
Bericht haben, was geschehen.* 

,Mein Aerarium ist hierunter sowie ein anderes der Actionira an 
betrachten. leb gedenke also andi weiter als in dieser Art in das Oesch&ft 
keineswegs einangahen, folglich werden die in Beohtsstritt rerfiuigenen 
Angelegenbeiten in dem behOrigen Weg glucbwobl an betreiben aeyn. 
Wae Übrigens an haaren Geldern schon obbanden ist, kann sogleioh 



138 



unter die Aktionärs iiacli dorn ausfallenden Dividenten vertheitt und 
eilt Gleiches mit den nach und oAcb eiubriogeAden Banchaffcen beobachtet 
werden.' 

Eig(^nhändisr: ,Wan iiber dui-cU die Yertbeilung denen Partlieien 
ohender wuä zuiiomuiete und die Sach sich einmal endigte, so approbire 
sftlbe, auch das Atnriiim ab«r nur als eine Partbei anzusehen. 

62. Kolowrat bemerkte in dorn Vortraf^'o vom 2. August 1773, dasB 
znnücbst die Ansprüche der Gläubiger befriedigt werden müssen, ehe eine 
Vertheihingr dos otwaigen Vermögens stattfinden köiiuto. Maria Theresia 
soliiit'b eiironliaiidii: ain liande: ,S('ai)da!pnFP if:t die VfrzöpiMiing dio.ser 
8arlu', crwai to aläu den Bericht bis 16. wo allo in Behitz zu bononneii 
wiireu utid was sie davon geniessen. Präsidial Vortrag vom 23. August, 
reproducirt 11. September 1773 über den Commerzienrathsvortrag vom 
16. Aogust, die Tememrer Handelsoompagnie betreffend. 

53. Anton Rohiti^ihok hob in einer Bittschi ift vom Jahn« 17 52 
lu rvor. or wärp der Ert^to gewesen, der Handel mit (ihis in diesen öo- 
bii ton ^'-otricbcii habe, uitd bat um die firlaubniss, eine Niederlage in 
Wien errichten zu dürfen. 

54. So müsse man in Lissabon für eine Kiste böhmisches Glas im 
Werthe von ungefähr 60 fl. 240 0. anstatt wie bisher 24 fl. entrichten; 
in Spanien und Riissland sei der Zoll erhöht, daxn koninip, dass der 
Wcchselcours gofallon soi; mit don Niederlanden liabo der Handel mit 
Glas aufpreh'irt. woil die Lothringer ihre Waaron dabin bringen und nicht 
mehr Zoll zahkui alü die liuhmeu; es werde keine Tara vergütet, Stroh 
und Kiste müssen daher ebenfalls verzollt werdeu; aiicii iu den italioni- 
fMslien Staaten^ in Mailand» Mantua habe der Abeati sich vermindert, da 
Savojen und Piemont ihr Enengniss ilabin Bonden. Die Beschwerde 
wurde in Wien im Jahre 1774 von Qwrg Janke and Tineen t Preisler 
vorgebracht. 

Einem Berichte von Josef Anteil Schreyer, Haida, 20. April 1774 
entnehme ich folgende Angaben: Das in B<)hmen erzeugte Glas wurde 
grösstenthoils an die Glasverleger des Leitmoritrer Kreises gebracli*, hier 
vpr^fhiiinen, ^'csihliUV'ii. i^'ekn^'olt. voriroldet. t'finalt und in die i'rtiuden 
Lüiidei', nach Spanien, Frankreich, Italieu, ivus.siand, Polen, der Türkei 
versendet. In den lel7.ten Jahren habe jedoch der Glashandel abgenommen, 
und awar aus folgenden OrQnden: Sei in Portugal nicht weit von Lissabon 
anter dem Premierminister Carvalho Glasfabriken errichtet worden, wosn 
der EGnig 80.000 Cmiados bewilligt habe, ebenso in Spanien, wohin 
kein fremdes Qlas eingeltlhrt werden dflife; im Lothringischen und Pader- 
bornischen sei die Anzahl der Fabriken vermehrt worden, und zwar mit 
ans den Erblftndem emigrirten Arbeiten. Dieae Fabriken abersohwom* 



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m«ii gtni BnlNUii, Frankreich nnd Holland mit Gfawwiiareii und tmv 

senden dieselben zu Wasser, während die österreichischen zur Achse his 
Hamburg oder Altona und Triest ihre Waaren bringen niflssen, -iahov die 
fremden n-nen Frachtvortheil haben. Auch in den Ostorreichischeii Erb- 
ländern aind GiH«LüttüU ei richtet worden, welche die böhmische Fubrica- 
Uou benachtheiligen. Der Handel nach der Tüt koi habe abgenommen und 
befinde sich gänzlich in den Händen der türkischen Baitzen, welche die 
Olaswaaren gl^ieii ?oa d«r HOtte za beziehen Sachen. 

Die Tornehmeten Häuser und in Oeselleebaft stehenden Kanfleote, 
welche diesen fftr Böhmen so wichtigen Handelszweig betreiben, sind: 
zu Steinschönan Zahn Comp., handelt nach Frankreich; zu Fareben 
Palm & Comp., bandelt nach Frankreich und Spanien; zu Langenau 
Witwe Trauske & Comp., nach Portugal und Holland; Franz Tianske 
& Comp., nach Spanien und Türkei; BretscluKid« r ^'«c Comp, nach Spanien, 
in Haida handeln Janke & Comp, nach .Sjianieu, Ziegeuhein & Comp, 
nach Portugal, Zirameiniann Ä: Comp, ebenfalls nach Portugal; die rnftisten 
unter diesen Leuten hatten sich eine geraume Zeit in jenen Ländern, wo- 
hin ihr Handdiszug gehet, aufgehalten; einige hatten flicii in der Fremde 
terbeiratet 

Binem um&ssenden Berichte Ksal ▼. Zinsendorfs entnehme ich 
folgende Angaben: Die erwähnten Glashindler machen ihre Bestellungen 

in den Glashütten des Prachiner und Czaslaner Kreises, sodann lassen 
sie durch iu diesen vier Dörfern wohnhafte Glaekugler, Glasschleifer und 
Vergolder dem Glase die zur Versendung- n'^thig-en Präparationeu geben. 
In die Nähe yorkaufen sie ppar nichts, können liaher nicht viel von der 
Sperrung dr>B Stichhandels mit Sachsen reden, doch sind sie überhaupt 
für die Freiheit. 

In Frankreich ziiiiit der Centacr von österreichischen Glaswaiircn 
36 Livres, man eriiebt aber diewn Zoll nidit mit der inssersten Schbfe. 

In Schweden and Dinemark sind nnsere Glastafeln ferboten; es 
kommen ihrer dennoch Tiel hinein, nnd zwar per Contreband banptsftchlicb 
nach Norwegen. 

Was die Glashändler nach liussland senden, das nimmt seinen 
Weg über Lünebui^ nnd Lftbeck nach Petersburg, um die prenssischea 
Lande zu vermeiden. 

Im Jahre 176ü wurden in den böhmischen ManufacturtalM Uen an- 
gegeben ^2 Glashüttenm*»ister. 576 Glasmacher, Hö (ilas^rlileifer. Die 
in den Jahren 1752, 17t)S und 1771 verführten Glaswaarya belaufen 
sich im Durchschnitte auf eiueu jährlichen Werth von 292.473 fl. 

Die Spiegelfabriken zu Lindenan und WOlInitz haben dnrch die 
Danziger Unruhen an ihrem Absatz ein wenig gelitten. 

Das Olas zu den Spiegelfabriken wird geblasen, nnd zwar sn 8ta- 
benbach im Xhittaner Antheil des Pilsner Kreises. Die Höbe der Tafeln 



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kommt bis auf 60 Zoll, die Breite aber nie über 20. Der Gjpt, welcher 
znr Befesti^^unt,' der Olastrifelo, dir luilirt wiaden SoUttH, gelliaiiebi wird» 
kommt aus Srl-Ir sir ti und wird hier gcbi aniit. 

Der Vr-rt^ciiloiss dieser Spiegel geht stark nach Spanien, Portugal, 
Holland und Danzi^'. 

Die Preise sind viel wohlfeiler aU die von der Fabrik zu Fahrafeld 
NtBstedt in Oestvireieh, sllwo di« Tafeln ^^egogsen werden. 

65. In Lomnitz, eiuei dorn Grafen Morzin gehörigen Herrschaft, wo 
viel Sangalotten oder Schflttloinwand erzeugt wurde, werden die beiden 
Rischawy namhaft gemacht, welche diese Artikel, die auch in der Gegend 
von Lomnitz, Arnra, Starkenbach und Falkau verfertigt wurden, naeh 
Spanien, Holland, der Scliweia nnd Italien Torsendeten, Aman stand 
namentUck mit diesem Artikel mit St. Gallen in Yerbindung. Die jfthr- 
lich ausgeführte Menge wird im Anfiuige der Siebsigeijahre auf 45.000 
Stack ä 6 bis 9 fl. angegeben. 

S6. Die Weberei hatte in der Gegend Ton Bumburg ihren Sitz, in- 
dem in der Stadt und in den m dieser Herrschalt gehörigen DoifiMilaften 
900, auf der Herrsehaft Schluckenan 800, In BrhmiFch-Lelpa und Bflig- 
stein über 150, zugaiqmen in dem gesammten Kreise Aber 2500 Stühle 
sich befanden. Die Anzahl der Weber in Bdhmen wird auf 2A.00O an- 
gegeben. 

67. Bericht 20. April 1774. In einem Pi-otokolle vom 25. No- 
fember 1786 wird der p^fsjnnnito Absatz böhmischer Leinwand auf 
4.(100.000 fl. angegebon, n:\rh Italien, thoils über Triest, theils unmittel- 
bar 14U Land wurde Leinwand um uni^cfahr 400.000 H. verkauft (im Ge- 
wichte über 4000 Centnor). Zumeist ordinäre Leinwand fand den meisten 
Absatz auswäits (im Werthe von 15 kr. die Elle und der Contner von 
80 ft.), naeh Polen allein um 1,770.000 fl., in das Seich, Sachsen und 
Freussen nm 1,490.000 fl. (im Gewicht swisehea SO.OOO nnd 80.000 
Centner geschltst). 

Am 2. Juni 1770 verbot der Commei-zialiDspector Eberle, Garne 
ausser das Land au verkaufen, und verfugte, dass statt Lothgarnen starke 
Webergarne gesponnen werden sollen. Am 25. August knin sodann wieder 
die Woisung vom Kreisamto, dass don GebirgsbewoliniMMi das Lothgarn- 
spinnon ungehindert gestattet sei. am 3. Januar 1771 jedoch die Ver- 
fügung, daöü die altü Verordnung, wonach Webergarne nicht eher verkauft 
werden dürfen, bevor sie nicht auf den Garnmärktuu feilgeboten und 
dnrdi Magistrateatteate bestitigt worden sei, daas sie auf den Virkten 
nicht Teikanft werden kflnnen, auch auf Lothgame ausgedehnt werde. In 
Folge eines Berichtes Ton Eresel Yom 29. Märs 1771, der diese Yerhftlt» 
nissG in Böhmen in ansffthrliAher Weise darlegte nnd sich tadelnd fiber 
die Weisungen aussprach, erliess die Kaiserin am 6. April 1771 ein 



141 



HandBchreiben an Chotok, der Commerzienratb habe die Sache schleunigst 
in Uebei lcgun^ tn nehmeii, ,Mf flokheMassregeln ffirzudanlran, die sowohl 

znm Boston dieser Gebirgsemwohner, damit ihr Nabrnni^yprdienst be- 
fördeil w^rip. als auch zur Aufnahme des Miiniprcii überhaupt WOhl 
angemessen seien, und hierüber ühmn Vortrag zu erstatten*. 

58. Vgl Mittheilungen des Vereines fflr Geschtclite der Deatschen 

in Böhmen. Jahrg. Iii, S. 87f. 

59. Vortrag, 11. April 1764. Die Kaiserin forderte hali^rige 

Ausvv^ise. 

60. Protokoll der Hofkammer in Montaniatiois vom 15. and 

16. März 1777. 

61. Vortiag, 20. Mai 1 TOG. 

62. In Tirol musste ein Contract des Arhener Bergwerkes mit einer 
Nürnbei-ger Firma, welche die pff'sanimtfn Er/eujpungsmenc^en ahznnehmen 
verpflichtet war, in Folge eines Ausfuhrvorbütes gelöst und das Kupfer nn 
die Wiener leoninische Fabrik abgeliefert worden, die jedoch die jfihrli* im 
Lieferung von 800 Centnern nicht für sich /u \ tu wanden im Staude war 
und 630 Centner gegen Pässe uosfahrte. Mit vollem Rechte klagte die 
Oeweitochaft» irelche das Kupfer in einem besseren Preise hfttte absetzen 
können, wenn die Ansfnhr gestattet gewesen wtre. 

63. Vortrag der Uufkammer in Moutauisticis vom 24. Mai 1771 
und die dazu gehörige staatsrithliche Berathnng im Februar 1771. 

64. Das Hau8 lireutaiti, Cimaruli & Cuuip. beschäftigte sich in 
hervorragender Weise mit dem Absatse von Eisen aus Kärnten. Später 
machte Carl v. Zinaendorf auf manche üebeJstftnde aufmerksam, welche 
dem Abaatse (isterreichiachen Erzengnisses im Wege stehen, einmal daas 
seit etwa xwei Jahnehnten die kftrntnurischen Eisengattnngen nioht mehr 
von so guter Qualität als früher seien; in dem Königreiche Neapel sei 
der Verschleiss des ausgeschlagenen Eisens ein Monopol in den Hftnden 
der Landesre«,'ierung, welche dasselbe von sechs zu sechs Jahren ver- 
pachte, dei ikzug^ des Ei.sens stehe jelofh frei. In Folge dieses Be- 
richtes wurde der iJofsecretar Gioigio vuu der Kaiserin nach Italien ent- 
sendet, um über die Concurrenz des nordischen Eisens mit dem oster- 
reichischen die erforderlichen Erkundigungen elu/.uzieheu. Auf der Messe 
von Sinigaglia wurden Kupfer nnd Eisen abgesetzt. Hofimth Eger erhob 
in Ancona Anskflnfte Aber den Ssterreichischen Eisenverschleiss. Mit 
dem Versehleisse von Kupfer beschftftigte sich in Triest Josef Tosti seit 
1763. Beletti schickte Blei nach Aegypten. (Schriftstflcke aus den Jahren 
1 751 und 1753. Der Bericht Zinzendorfs, Triest, 30. August 1776; die 
kais. Entschliessnng vom 17. Herbstmonat 1776.) 

eft. Protokoll vom 1». Februar 1770. 



143 



66. Vortrag von Hatzfeld toid 26. März 1770, fsmer Tortrag d«r 
Hofkammer in Montanisticis Tom 9. M&rz 1770. 

67. Durch kais. Enteobliessung wiude die AusfiihrgebQhr bei den 
nDgariscTien Dr^issigstbiiterii fiSr alle nach and dnircb die Brblando ge- 
fDhrten Weine herabgesetii, anf der Strasse darch Unter- und Ober- 
GsteiTeicb die Paasgebfibr nnd aelbei die Forderang eines Passes beseitigt, 

die Maathen bei Hainbui^ von 6 kr. auf 3 kr. herabgemindert, bei Schwe- 
ebat 3 kr. und bei Wien ebensoviel erhoben. Die Stragsp durrli Inner- 
osterreich nach den Seehäfen wurde gänzlich freigegeben; über Wien ge- 
föhrtf» Woine erhielten die Auflage am Tabor znrflckerstattGt, ebenso die 
Mautbbetrage zu iiaiiibtirg, Bruck, Schwechat und den ständischen Auf- 
schlag. Dieselbe Repünbtiguug wunie auch don nsteneicliischen und hiei- 
rischeu Weinen zu Theil. Gemeiut^ameä PioU'koU «iar Finanzstelleu uud 
des Commerzienrathes, 17. November 1764, von der Kaiserin wurde ein 
Qutacbten gefordert. Handschreiben an Herberstein, 14. November 1764. 
,Mir ist von der Cammer and der Sancodepntation das standhafte Oat- 
afihten gemeinschaftlich sn er5fnen, was an der Menth den Hnngerischen 
Weinen, and in welcher Oattang in dem Essito nnd Transito etwas uach- 
lolassen, und was sonsten anzugehen seyn wolle, um die Exportation der 
Hnngarischen Weine in fremde Länder zu befördern. Die künftige 
Woch die Auskünfte. (Die unterstrichenen Worte eigenhändig hinzu- 
gefügt.) 

Zwei Eiitschlieüstini^'eu Maria Xhereeia'e gewähren Erleichterungen 
für den ungarischen Wein. 

jWas die Strasse zu Land von Presshiir^ oder Ocdenbui^ über Wien 
durch Mähren uud Böhmen ad extra anbelangt, da i^t für die auf der- 
selben in fimde Lande ausgeführt werdende hangarische Weine nicht 
allein der Anfscblag am Tabor ä 80 kr., sondern auch der Manthbetrag 
za Hainborg oder Brnck and jener sa Schwechat mit 9 kr., ingleieben 
der sifindische, nnnmelir dem Wegamt ftberlassene Anfschlsg in Hfthren 
Ii 10 kr. und die Trankstcucr in Böhmen auch k 10 kr. per Eimer gegen 
Kinlegting deren Essitocertificaten zurQcksageben, somit auf dieser Strasse 
nur 2'/.^ kr. Transito in Oesfei reich, ebenso wie in Mähren und Brdimen 
nebst der TaborbrÜckeumauth ä 1 kr. per Eimer zu erheben, weil dann 
solchergeHtaUi'ii ein jeder Eimer um bOK'^ kr. uud damit um ein Aus- 
giebiges erU iclitert wird. 

»Wegen der Stra88e aus H Ungarn über Schlesien ad extra nach 
Polen und Preussisch-Schlosien bej^aehmige dan Einrathen. Bey den 
Strassen darcb InnerOstereich ist jene nach den See^porti auch weitershin 
ganz frei so kusen und wegen deren übrigen Strassen der Binsats jt 8 kr. 
per Eimer für ein jedes deren innerOsterreicbischen Landen von nnn an 
festxnsetten. Im Üebrigen ist der Bedacht auch darauf sn nehmen, dass 



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143 

Bof die hungarischen Weine, welche hier in Wien erkaufet werden, die 
dasipe Aufschlfige und Mauthen nach eingebrachten Etisito-Bcversalien 
zurückgegeben werden; ferner f^ind die denen hungarischen Weinen ge- 
stattet werdende Beueficia denen österreichigcheu und üteirischen Weinen 
ebenmässig zu Guten zu lassen. Insonderheit aher ist nöthig, dass das 
Publicum von demjt*uigeu, was %uui lieiiufe des liungurisclieu Weins ge- 
fllaifcet wird, dotch die Zeitangeblitfcer in und anmer Landes benach* 
riclitiget wird.' Protokoll eommiaBionis mixtae awisehen der k. k. Hof* 
kammer, dann Hinieterial'Baneodepittation, Beehenkammer und Com- 
mereieoratli, daürt vom 17. und 19. Kovember 1764. 

J)ie Beeitogebühr bei den hnngarisclien DreiesigstftnitArn ist üBr 
alle nach oder durch Meine deutsche Erblande geftthrt werdende hun- 
gariscbe Ordinari- Weine auf 12 kr. per Eimer zu setzen und darunter die 
Auskunft alle nach oder durch die deutsche Erblande essitireiido hnn- 
garisclie Weine von darum zu gebrauchen, auf dass die nnangenehrne 
Annahme wegeu deren nach Peilen essitirt-nden Weine veniiieden Wiarden 
möge. Auf der Strasse durch Unter- und Überoaterreich ist überhaupt die 
Paasgebühr und die Erforderung eines solchen Passes für die ad extra 
transitirende bungariedie Weine nmeomehr ganz anfkngeben, als die Br- 
forderong eines Passes dem Commercio beschwerlich ond die diesAllige Oe- 
btthr 17 kr. per Bimer eine wahre dem Oommercio schädliche Auflage ist, 

,Anf der Wasseifahri durch Unter- und Obet<teterreich sind anvor- 
derst die Pri?atmäiither nach ilirem bisherigen geringen Beaog von dem 

au Wasser cssitirenden hungarischen Wein auf ein j&hrliches Gewisses 
von dem Uauptmauthamt zu Hainburg ipt von 6 auf 3 kr. per Eimer 
herabzusetzen, jene zu Schwechat aber ä 3 kr. und 80 auch die hier sn 
Wien für herein und hinaus ä .3 kr. zu belassen. 

.Ferner sollen jene hungarisclie Weine, welche mit denen öster- 
reichisclien in der Mass ausgeführt werden, dass die österreichische drei 
Viertel und die liiingai-ische ein Yiei-tel in dem cxportirt werdenden 
Quanto ausmachen, in denen über W'ieu gelegenen Müuthon das gleiche 
Beneficium mit den Österreichischen Weinen geniessen und solchergestalt 
an der kdnigl. Hauthgebflhr nur 1 kr. per Eimer entrichten. Auch ist 
der st&ndische Aufschlag bey diesen Weinen in Niedertoterreich auf 
80 kr. und in OberOsterreich auf 6 kr. per Eimer zu Termindern, dahin- 
gegen haben jene hungarische Weine, welche ohne Zulage der drei Viertel 
fisterreichische Weine oder auch ganz allein ausgefühi't werden, an stän- 
dischem Aufschlag in Niederösterreich 1 fl. und in Oberösterreich 12 kr., 
an kr.niir]. Mautii aber wie auch für die von dem königl. Oberraauthamt 
aufgefundene Privatmäuthen ein für alle Mal 30 kr. zu entrichten.' 

68. Eine Aendemag der Getreidepolitik trat erst 1778 ein. Am 
12. Juli 1778 wurde ein Oirciilar an die Behörden in Triest» GOrs, Krain, 



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144 

Kärnton und Stoiormark hinaTisg-ppoben. In Erwilg'ungr, wolcho Vx'trächt- 
lichen Niitz»'n die Krb8taatea bei dem tVeion Handel des Getreides vor- 
uehuilich S6ur See penipsspn können, der Haiidhingsbetrieb aber unmoü:licli 
sich in Erweiterung' setzen knnne, wenn der Hiindelsmann nicht in vtdl- 
kuüiuieaui Sicherheit nai, durch urplützliclie Verboisgesetze memalH ge- 
«tArt nn^ g«int iq werden, werde knft landefllAntlkiheii OrondgemtMS 
biemit erUftii, diu» Ober das tetemichütohe Littonle mr See die Aneftdir 
der dentedien undnngBriaehen Körner tu Rllen Zeiten frei nnd ungehindert 
offen bleiben Mlle; aadi in jenen FUlen, wenn in anderen Ländern die 
Ausfuhr 7.II vorbieten oder zu beschränken fOr rathsara erachtet wftrde, 
solle die Zufuhr aoe den deutschen und ungariiohen Ltadem in das 
Idttorale offen bleiben. 

69. Handschreiben an Chotek vom 17. Februar 1767. Den Anstoss 
gab ein Bericht des Grafen Belgiojoso aus Stockholm Uber Exporipifloiien. 

70. Vortrag vom 22. Januar 1767. 

71. Tgl. kais. Entsehliessung auf den Vortrag Chotek^s vom 
2S. Januar 1767, die jedodi im August 1768 noch nicht publicirt war 
und deshalb ^on der Kaiserin abermals nrgirt wurde. 

72. Handschreiben vom 20. Januar 17B8; in demselben Schreiben 
auch verfügt, dass für die nach Sachsen geführten Weine die Ton Wien 
bis Prag beiahlten Ifanthen im Betrage ?on 17 fl. 16 kr. luracksuer- 
statten seien. 

7S. Hofdecret vom 13. Hait 1783. 

74. Vortrag vum U. Mai 1786. 

75. An das Gubeminm in Xne»t, 21. Januar, 10. April und 
23. Juli 17H7. 

76. Schrejer, Bericht vom 12. April 1772. 

77. So Heinrich Franquelin, später dessen Compagnon Johann 
Goulstons. Das PriTtleginm dos Krstoren vom 16. Juni 1753, des Letz- 
teren Tom 24. Februar 1764. In diesem heisst es, es werde ihm die Zu- 
sicherung ertheilt, in ninnburff wohnen, die ihm anständige Leinwand 
in "Rehmen zusammenkaufen und fjreg'pn bmire Zalihing nach Aussen ver- 
senden zu din fen, er haln- sieh jedDch als Acatlioliriis des öffentlichen 
Exercitii zu enthalten, in Glaubeiüs^achen kein OlVoutliches Aergerniss zu 
geben, auch nicht andere als katholische Bediente und Leute zo seiner 
Arbeit su brauchen. Stände und Geistlichkeit erklärten sich jedoch gegen 
die Heranziehung ausländischer Eaufleute. (Vortrag, 16. Januar 1776.) 

Als in massgebenden Kreisen der Verwunderung Ausdruck gegeben 
wurde, dass der Export so gering sei, bemerkte ein Spötter am Kande eines 
Schriftatflckes: Graf Kinsky und Chamar^ bedeissen sich hierin Bath nt 



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145 



schaffen, allein wenige Schwalben machen keinen Sommer, item sin4 sie 
Orafen und keine Kanflente. In Bdheim beeitsen die Herrieiialten allen 

Beichfhun] und alle Landesmittel, und allda werde ein reicher Leinwand- 
bändler leicht 7.U einem '"rnfon K<?i"Ji<"^it ^^^^a Preussisch-Schlesien sieb 
anf iKm spanischen Markte behaupte, während die Oesterreicher Rück- 
schritt i.- mnrhcn. erklärt drrfäolbo Schroihor: In don prmipsischen Landen 
bleiben die Kauüeute choii K:iutIcuto, in <lt>n k. k. Erblandeu werden sie 
aber gleich Edelleute uüd güntthcn in Verfall. 

Kicci, eine bei der Intendeuzu in Triebt durch Arbeitskrai't und 
Keuntuiss hervorragende Persöulichkeit, spricht sich äber die öster- 
reichische Eanimannschaft in folgender Weise aus: Les n^^ians an- 
irichiens n*ont ni le genie ni Tesprit de commerce, ceuz qni c^y devonent 
Tezercent par principes et moyens mat^riels, et ne font pas ?aloir eeuz 
de la sp^cnlation. On n'en sera point surivis si on consid^re, qnW ne 
rencontre parmi les negocians autrichiens pas meine I'ombre de la con- 
currence et de la rivalite, qui font agir les ressorts de rinJustrif». On ne 
sera suiTiris uon plus du lioftint de concnrn>nce et de la rivalite, si on 
fait attention, qn'ils s'eu taut beaucoup, que le nombre des negocians 
öoit en proporiiou de Tetendue du commerce actif et passif. 

78. Die Privjlpfjioii der NiodorlajjRverwandten sind folgende: vom 
S.Juli 1613, i;» Januar l^tfi. 3 März 1530. 20. März 1565, 24. Sep- 
tember inna, 7. Juh liH)2, 24. September ltJ64, 2ü. Januar 1713. 

79. VortragsprotokuU der Hofcommission, delogirt in rommcT-zien- 
sachrn in NiederAstorreich vom 9f>. April 1 758. Di»* Niederlagsverwandtcn 
treiben mit Waareu Handel, die in den Frivilet'ien nicht genannt werden. 
Dify gtimdo den CommerzialifrundHätzen iin.l dem damit verknüpften 
Isunrung^tjlaude der LaudtäiabUäscn üutgegeu. In dem ueuün l'rivileg 
sollen die Wsaren namhaft gemacht, der Kleinhandel anten»agt, &tu^ die 
Menge der Waarsn, welche sie einftthren dflrfen, bestimmt werden, wie 
in dem PrivUeg llaximilians und Ferdinands. Unter Ifathias sei swi- 
sehen den Niederli^verwandten und dem bQrgerlichen Handelsstande 
ein gerichtlicher Vergleich abgeschlossen und die Quantität in rabprcsrti^t 
Wurden, die Niederläger lifttten aber die ihnen eingerftnmteu Befugnisse 
ttberschritten. 

80. An das Directoriom in pnblicis et cameralibns, 90. Juli 1768, 

unterzeichnet Bud. Chotek. 

Selbst in Hezug auf die wichtijro Fraprf^ df>r ''t Bedienten 

und Lehrjnng^en der akatholischeu NiedorlaL'svfiw.iudlen Iniidi^'te man 
freisinnigen Gruudhatüeu. .Es sei in facto iinb> /.wpifp|b;ir, da^s sie zu 
allen Zeiten von der Schärfe der KeformaLiunspateate eutübrigt gebliebeu, 
und da mau den jüdischen Negocianten ihre jüdische Bediente gestattet, 
so kennen die Augsbnrger ConfesaionsTerwandten nidit wohl geringer 

AtakiT. UÜUIVI. Bi. I. miiu. 10 



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146 

« 

gthalten worden, da siiefa ein Gleiche« in Spanien nnd Portngal geschehe, 

wo so viele eiifjli^che, holländische und Hambiir{?er Häust-r iliiu" rurnptoire 
haben, denen trotz der bekannten Inquisitionsstrenge die freie Religions* 
Übung für die ganze Familie gestattet werde. Am üllcrwenip^ten aber 
scheine es jetzo de tf'niporo zn sein, hierin einige iMuschriiiiknnpoii zu 
machen, wo iium dnn hii .sigen Hofe uhueltiu so viele HetigiousgehäS8igkeit 
zuwälzt. Es luo^'t; Juher bei der bisherigen Observanz bleiben/ 

81. 1750 hatten sich die Niederlagsverwandten zu einem donum 
gratuitum auf sechs Jahre anheischig gemacht; 1757 auf weitere drei 
Jahre. 

82. Die fierathnngen in der CommiBsionseitsnng vom 28. Au- 

gust 1773. 

88. Vortrag dei- böhmiscb-Oeterreicbischen Hofkanslei vom 5. An- 
gnst, rep. no. August 1781. 

Man zählte in Wien 9<i H(>f liefr^-ite. '2^ Leiiiwan iluindlor. 12 Ei^en- 
händler, 12 Tuchbändler, 51 türkische Untcrthanen oder sogeuauute 
Baitzen. 

Die Anzahl der Wechsler betrug 11, und zwar: Kühner &, Comp., 
Bender & Comp., Erhard Biesch. Johann von Fries, Oehrflder Schmidt- 
mayer, Philipp Caatellini, N. Segalla, Heini'icb Steinmetz, K. Dohm. Prani 
MartineUi, N. Heller. 

In einerliste der NiederlAger finden wir folgende Namen: Jobann 
Lutz, Johann Geoi^ von Scheidlin. Job. Wolfgang S( Vnrick. Krdmauu 
Thech, Marci & Plattensteiner, Job. Georg Särgel, Christian Wilhelm 
Fi'uerlin, Joh. Bapt. B»M iiiet Ä Comp., Miehjiel Passy Beriuot & Comp., 
Georg Christof Müller Ä: Com]) . fleorpr Passy et Galliaro, Chretion 
Pouvard & Comp., Ludwig Decret, Bernard Fahinet & Comp., Josef 
Schwarzleithner & Sohn, Joh. Bapt. Ruard, Gebrüder Violant, Kosler 
sei. Frau Erbin, N. Ehrenhofer & Comp., Claudi Saliet & Brüder, Joh. 
Karl Grosse sei. Witwe, Josef Fftssy is Comp., Joh. Cretien Bahn, Franz 
Josef Brandesky sei. Witwe, Franz Ton Churfeld, erster Depntirter, 
Cbristian Heinrich Eorh, Johann Oupar Kreidemann, Josef Eollmann 
A Comp. Buchhändler anter den NiederUlgem: Peter Conrad Honet, 
Emerich F( lix Bader, Perul Kraus. 

Nur Mähren erfreute sich einer Bank. Im Jahre 1751 am O.Ja- 
nuar wurde in Brünn eine Lchnbank, zu .Unserer lieben Frauen' j^e- 
nannt. errichtet, dasOclioi dem Cassaverwalter der mährischen Jianktri'tTilb', 
Johann Ant(iii Kernhofer, am 25. Juni auf 25 .Tahre ertheilt, während 
welcher Zeit keine andere Bank in Mäliren errichtet werden durfte. Die 
Bank sollte alle Mobilien and Immobilien anf Gi-undlage einer von be- 
eideten Schftttmeistem Torgenommenen Schätzung belehnen nnd zwar in 
der Höhe, wie andere wohleingerichtete Yersatzimter. Der Zins, den sie 



147 

absufordorn berechtigt war, betrag anfinglich 5"/^ und 3"/o Babatt» 
wurde aber dtirch Nachtratrspateiit vom 31 üctober 1751 auf 4*/^ und 
^Vi^^/o beralit,'('rninr!ert. Dio ]>iuik konnte bei Darleheu entweder baares 
Geld oder auf ein bis di t i Monat« laufende Wechsel v*»r;ibfolcrf*n. Wollte 
oder konnte die Partei die Verfallszeit des Wechseln niclit abwarten und 
ihre Schuld früher berichtigen, erhielt sio dun Baarbetrag gepon 2'/^**/^ 
Abzug — den sogenannten iiabatt — auhgezahit; es stand jedoch in dem 
Belbbcn des P&ndgebei's, den W«cbmlbrief auch an eman dritten wa ba- 
gdban. Die Bank war berechtigt, Lotterien an erdffnen, eine Befagniea, 
die jedoch nach EinfOhrang des Lotto di Genova anfhOrte, wofür sie vom 
1. Jannar 1769 aogefiuigen eine Entachidlgnng von 8000 fi. ans dem 
zu diesem Zwecke geschaffeneu mährisch-Hchlesisehen Stirkefond er- 
hielt; 2000 fl. sollten dem Gewerbe- und Manufacturamte zufliessen. 
Später erhielt dif Bank auch die Postfrcihcit für ihre Privatcorrespondenz. 
(VArtrag vom K). Mäi7 1755.) .Ihewcilcn.' so lautete die kais Ent- 
hchliebsung, ,gauz natürlich und gewi^b uhi, Uass bey allen di«'SMn (iciu 
Publicum so nützlichen Unternehmungen eine grossere Correspondcnz 
nnd ein grösserer Aufwand erforderlich 8ei; es haben auch die Reisen des 
Grafen Podstateky» des Grafen Haugwitz, von WinunerBberg nnd Prokop 
mehrere Taneend Gnlden gekostet. ' Der Bank wurde derVertag aller Brflnner 
Zeitnngen nnd Intelliganablätter zugestanden. Das Ton der Brflnner Lehn- 
bank herausgcgobene Blatt führte den Titel: |W6chentlicher Intelllgens- 
lettel ans dem Fragamte der k. k. priv. Lehnbank in Brünn'; 1788 in 
,Ernnner politisch-st.itistisrhi' Zeitung' umgewandelt. Das Capital sollte 
durch 200 Actien ä ti. aufgobrui ht woi .lcii. Die ,Obereinsicht' wurde 
dem Präsi'Ienton Freiherr von I{lünie<j:eii übt«rti;it,'C'ii. Ailos müsse mit 
Vorwisnen und Gt;nohiuhaltung des Kupräsentations- und Kammerpiii.si- 
dent«n geschehen, heisst es in dem Octroi, es seien besonders anfangt» die 
Ausgaben mit dem erst nach nnd nach sich entwickelnden Credit an ver* 
gleidien and nicht Aber die Einnahmen an erhöhen» da sowohl d«ni Pobli- 
com als der Kaiserin daran gelegen sei, damit nicht etwa ans einem 
Uebersehen oder ans allzn frOhzeitigen grossen Aasgaben das ganze Werk 
serfalle, vielmehr von Zeit zu Zeit zunehme. Das Institut war als oine 
wirkliche Leihb:ink i,'odaclit. indess scheinen die Geschäfte nicht umfang- 
reicli iin I eintra^'lich gewesen zu sein, denn die Bank verlegte sich auf 
Handelsgeschäfte mit Tuch und Leinwand und um für die Waarcn sich 
einen Absatz zu verschafTen, entsendete sie den Grafen Pudstiitzky und 
Prokop auf Keiheu. Das Capital der Bank im Detragu von 100.000 fl. 
erwies sich ab onsoreiehend ; die Kaiserin le^ sich erbötig» ,der Com- 
pagnie thnnlicbst zn secnndiren* nnd genehmigte» dass der Banco auf 
Gewinn und Verlost als Thelüiehmer beiti-ete, während von Seiten der 
Lehnbank blos ein Torschoss von 80.000 fl. gefordert wurde. (Vortrag 
10. Mftn 1755.) Anfuiga schien auch in der That Alles gut zu gehen. 

10» 



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148 



Nach einem Jahi-^chiite stellte sich jedoch heraus, dass die Bank grosse 
Vf.ilii>.tt' .•! litten liaitf. Eine Untersuchung ergab, dass dor die Firma 
führende Üuclilisiltcr Si hiclin unvorsichtiger Weise von dt-m .ludon Eiben- 
schütz \V<'clisrl im Hoti ii^a' von 22.905 i\. ohne Bedetkuiif.' lingenommon 
hatte. Auch wuid« üb«r die Concurrenz einiger Fabrikanten, die schlech- 
tes Tuch und schlechte Leinwand ei-zeugten, Klage gefühlt. Der Lehn- 
bankinspecfcor Ktrnhofer und der Hanufaetursingpoctor Prokop wiesen 
darauf hin, dasB die Lehnbank mit mftliriacbeii Tdchern einen gewinn- 
reichen Handel nach Ungarn, Siebenbürgen nnd Tirol getrieben, En Gras 
nnd Wien, noch ehe die Niederlagsfreiheit gewihrt worden war, einen be- 
trftchtlichen Absatz erzielt, gestreifte Drilliche, Zeuge, steife und andere 
Leinwände nuoh Italien gefühi-t und einen öO^^/gigen Gewinn ei'zielt habe, 
aber die Fabrikanten hätten die Abnehmer der Lehnbank erf<>r5cht und 
Waaren srhlechterer Qualität abgesetzt, wodurch das Geschäft der Lehn- 
l«;ink nach und naoli zernieht^t worden fei !>ip eigenen Verdienste der 
Lehnbaiik wnnieti in ilas lu'lUtf Licht gbsetit. 8io habe eine Fabrik zur 
Ki/.euguag von Kiou-. W»U- uad Halbrasch, Woaren, die bisher aus- 
schliesslich iu Schlesien und Sachsen verfertigt worden seien, dann von 
Halbcastor mit etlichen 30 SlOhlen errichtet, mit den LeinenwebenAnften 
Verträge sar Lieferang von 8000 Stflck Leinwand abgeschlossen. Auf 
diese Weise sei der Arbeitslohn von 3 auf 6 kr. gestiegen. Die Waaren 
hätten grosse Nachfrage gehabt und wAren mit gutem Nutten verkauft 
worden. Die Bank würde nuch künftighin gute Gcscbfifte machen, wenn 
die Fabrikanten, welche den Handel der Lt luibiink ,st"i(Mi, ernstlich be- 
straft und die den Coutracten zuwiderhandelnden heiuili' heu Niederlagen 
der betrritrerischen Juden gänzlich aufg< liohpn würden. Auf die Frage, 
ob die Trciiijung des Handels von dor F.r/t iit^ung der .Kahrnnt; und För- 
derung der Fabrikarbeit nicht mein scliä ilich als nüiziich ^ein dürfte', 
bemerkten die beiden Inspectonni, da>h derzeit nur ein einziger erlernttir 
Tuchmacher und eine einzige Handlung zu Iglau mit Tüchern in fremde 
Lande Handel treibe, sonst aber Mangel an Eaufleuten in Mähren wixe. 
Ausser der privilegirten Lehnbankgesellschaft sei kein Verleger vor- 
banden, weicher sa dem Handel mit den im Lande erzeugten Waaren 
geschickt wäre, heisst es in einem Berichte; die meisten Kaufleute seien 
ungelernte Han lrlsleute, die keinen Betriff von einer echten Führung 
eines Ge8chäft<'s iiahen. Ueberhanpt war Mährens Handel und Industrie 
noch in der Mith- lier Fünfzigerjahre gering. Es sei unbegreiflich, heisst 
OB in einem K<*is<'berirhte, da?s so vioj»« Kaufletito vfm sogar weit tind 
wohl ein paar Hundert Meilen t iilferuten Orlen mit allerlei Waaren die 
Leipziger Messen bauen, aber nicht ein einziger aus den benachbarten 
kais. Erblanden mit Producten und Fabii«Hten dahinkomme, sondern viele 
blos des Einkaufs wegen Leipzig besuchen, wie denn die Linter Fabrik 
eine sehr massenhafte Partie an WoUenwaaren daselbst erkauft habe. 



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149 
* 

In actiTo negotio fand man blos «inen Präger Juden mit böhmischen 
Galanteriewaaren und etwelchen böhmischen Strampfwaarenp endlich ver« 
schiedenen Stfichen böhmischen Fries. Die brandenbnigischen Eanfleate 
visseu sich die Nachbarschaft ganz anders zu Nutzen zu machen. (Ans 
einem Schriftstücke, 1755.) 

Durch Patent vom 15. März 1762 wurde verfügt, wenn die Lehn- 
bank mit ' MTK i- ganzen Weberschaft einen C tntract auf Ltcfpnmg' der 
gesamiiiteii Erzeugungsmencre schüessc, iüil'oii dieselben Waarfii an 
Niemainiön verkaufen, auch daü Knlimati iialf uiclit von Judeu oder Christen 
kaufen, weil sonst die Lehubank dei Gefahr, eine unechte uder ver- 
fälschte Waare zu erhalten, sich ausgesetzt finden würde. Die von der 
Lehnbank bestellte Waare sollte mit einem Zeichen gleich bei der Be- 
schau bemerkt und allgemein kundgemacht werden, dass eine derartig 
bezeichnete Waare bei Conftscationsstrafe nicht verkauft werde. Die Vor- 
Steher der Webermeister hatten mit Zuziehung der Beschauer die Material- 
Ton äthe, sowie dio bereits verfertigten oder in Arbeit befindlichen Waaren 
von Zeit zu Zeit auf das Genaueste zu untersuchen und mit fremder Wolle 
erzeugte Waaren zti confiscirf n. Natürlich bliciti'ii allo andr-ren Weher, 
die mit der Lt hnliank iu keiaem Contractverhältuisse staudeu, von die- 
ser Aufsicht betreit. 

Im Jahre 1764 übernahmen mit kais. Genehmigung die Gebi iider 
Israel und Moses Hönig die Subadministration der Lehubauk. Im Jahre 
1770 erhielt die Bank den PottaschenYerlag in den böhmisdien Lftndern, 
den bisher ein gewisser Popper innegehabt hatte, nnd gegen den mehrere 
Beschwerden vorgekommen wai'en, jedoch mnsste sie sich verpflichten, 
SOO Ducaten j&hrlich fttr die WaisenUlusei' zu entrichten. (Vortrag 16., 
rep. 27. Jannai 17 70^ Das HOnig ertheilte Privileg lief am 9. Juni 1 776 
ab. Das Gesuch um Verlängeruii£r auf weitere 25 Jahre wurde von dem 
nuberniiim warm bcfni wortct Die Lehnbank sei für das Land und die 
.Maimfactur nnp-emoin iiiit/.lu h und wichtig, habe tinter dor gpgonwflrtigf'n 
Leitung giossc Dieu&te geleistet. Aus den l^üchfin dt i Bank wurde der 
Beleg erbracht, dass durch den Aukauf von K*>iimateiialien und Ver- 
legung ärmerer ,Laudesgowerbschafteu' der Verschleiss erbländischer 
Natur- und Cunsterzengnisse in den letzten 26 Jahren einen Umsatz von 
1 1 ,777.410 fl. erzielt habe. Dio Fortsetzung der Leihbank sei wflnschens- 
Werth, in ähnlicher Weise wie in Wien und Prag, weun man dem ohno' 
hin überhandnehmenden Wucher nicht Thflr und Thor öffnen wolle. Die 
Ertheltnng des neuen Privilegs wurd*' auf if) Jahre mit einigen Abände- 
rungen in Antrag gebracht. Die Bank sollte in Zukunft mit Geld, uicbt 
aber auch mit Wechselbriefeii belehnen dürfen und /.war mit 7 wobei 
darauf hingewiesen wurde, dass in Wien und Prng 10 11"/,, bei .jen 
Versatzäiatei ii üblicli seien. Der Handel mit fremden nicht verbotenen 
Waaren in den böhmischen Erblandeu, sowie auch in den Hauptstädten 



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150 

d«r Obrigea Länder, auch in Galizieu uml Lodonierien sollte ihr gestattet 

seiilr jedoch nur mit Wachs, Honig, Sohafwolle, Baumwolle, gefärbten 
rothcu uu*l türkischen Garnen, mit Gespinnsten aus fremder Schafwolle 
und Baumwolle. Anch das galizische Gubernium sprach sich ffir die Zu- 
lassunsr ans. da daran? dor c^nlizischon Judonschaft, welche sich keines 
ausschiiessli* hf.'ii lu'chteh zu fi iVciu'n hätte, nicht der mindeste Schaden 
erwüchse. Mau kniiute die Cuinpaguie auch von der Toleranz- nnd Ver- 
air*gensstouer, welche die galizischen Juden zu entrichten haben, be- 
fireien. Die Leiter der Lehnbuk, sowie anch die im Geschftile verwen' 
deten Handlungsdiener sollten nach ron der jödischen Leibnurath befreit 
sein. ,In der Hauptsache/ lautet die kais. Entschliessung, ,beangenehme 
Ich das gemeinschafUiehe Einrathen*. Nor hielt es die Kaiserin nicht fftr 
schicksam, dieser jüdischen Compagnie die Administration lor um den 
gesetzmässigen Werth ihr zugeschriobonon Herrschaften und Güttr zu 
gestatten. Die Compapnie sollte .^ich oiiieii Sequester wählen urni dem 
(iiiliernin Torschlagen. Dit-scr hätte üir zwar über die Wiribsoliafi lünie 
und Antwort zu stehen, in die Administration selbst aber, besonders in- 
soweit sulche einen Bezug auf geistliche Dingo, die Ei /ii lumg der Jugend 
oder den Zusammen hung zwischen Obrigkeit und Unterthaneu hat, sich 
nicht einzumengen; anch sollte die Compagnie gehalten sein, dergleichen 
ihr anheimgefallene Gflter binnen drei Jahren zu Terkanfen. (Vortrag, 
10. April, rep. 18. April 1777. An der Berathung nahmen Theil: Blfi- 
megen, Eolowrat, Beischach, Stnpan, Neffiter, Bob», JKoaian, Oniber.) 

Das neue Privilegium wurde den Gebrüdern König «n 30. Mai 1777 
auf weitere 15 Jahre verlängert. Die neue Firma lautete nun «mährische 
Lebnbank-Interessenten'. Die Lehnbank sollt« von joder Vermögenssteuer 
nnd allen Stempelgebühren hefreit bleiben. Die .Brfmnor Zeitung^ der 
Verlag der Intelligenzblätti r und das Fragauit wurdon ihr belassen. Sio 
konnte Handel mit IVcnideu nicht verbotenen Waaron iu den liöhuiischen 
Ländern, in den iiauptbtädteik der übrigen Eiblande, namentlich iu Wien, 
sowie in den Königreichen Oalisien und Lodomerien mit erbl&ndischen 
Natur- und Kunsterxengnissen treiben. Der Grosshandel mit fremden 
Waai-engattungen sollte auf folgende Artikel beschr&nkt bleiben: Färb- 
materialieD, Wachs, Honig, Schaf- und Baumwolle, gelärbte, rotbe und 
tOrkiscbc Garne, Gespinnste aus Baumwolle und Wolle, zu welcbem 
Zwecke ihr gestattet wurde, in den anderen Hauptstädten oflFene Nieder- 
büren halten zu dürfen. Ihre Handlnnp^Fsbodipnten hatten keine Toleranz- 
oder J/eiliniaiitli oder sonstig'e Gebühr zu entrichten. Auch wurden der 
Lehnbauk sjiater noch Erleichtemniien i^ewahrt; als e««! sich ein Jahr 
später um die Frage handelte, ob hie die Grdssliandluiit.'-suxe von 2Ufn) Ü. 
in entrichten habe, sprach sich die Justizstelle tur die Verpflichtung aus, 
die Hofkanalei dagegen, ebenso huldigte diese einer günstigeren Anf- 
fsssung aber den Im Octroi geforderten Ausweis von 100.000 II. Die 



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161 



Kaiserin schrieb eigeuhiuidi«,' auf den Vortrag vom 10. Jaaoar 1778: 
rplacet iler Kanzley Mtuiiun^' in lieedcn Punkten * — 

Der Mangel einer liaiik wiinle von 'it-r Kaufinaiinswelt tief em- 
pfuiiduii iind voü V(jrächitidi!uea Seitt'U Anlaufe gemacht, Eticuuiptebankcii 
ins Leihen zu rufeii, ohne jedoch sich der Unterstützung der Regier uug 
SD erfreuen. Der Banqoier Fries beabsiclitigte eine fiscomptecasM im 
Jahre 1788 zn begrflnden. Josef flberwies den Yorsclilag des Weehsel- 
hanees durch Handachreiben Tom 8. M&ra 1788 an Eolowrat mit der 
Bemerkung, dass ihm derselbe viel Naksbares flir den Credit des his- 
sigen Platzes SQ enihalten scheine. Der Antrag gieng auf Brriehtang 
einer Rscomptecasse mit einem Capitale von einer Million, von der 
jeder Wechsler, wenn er seine guten Papiere und Wechsel nicht ver- 
kaufi ii kuiin«-, g:egen eine Vorgntnncr von 4" '^^ 'las (uM erhalten könne. 
Der Hof riskire nichts und ei zicle Interosheii, der Wechselhandol werde 
dadurch aciiv werden. Wenn über dui liof öich nicht darauf eiulabsen 
wolle und es gerne sehe, dass er selbst eine solche Casse errichte, werde 
er daran denken, allein der ünterschied werde der sein, dass er es unter 
6^0 kikine. Das Gutachten Ziniendoif* s, damals President 

der Hofrscfaenkammer, lautete: das Wechseldiscontiren sei ebenso gut 
sin Zweig der Industrie und des Handels als irgend sin anderes Qe» 
schäft. Die Vortheile einer geschwinden und raschen Bedienung, welche 
Ton Seiten der Wechselbesitzer gewährt werde, verschaffe aliein die Con- 
curren?.. Das Discontiren müsse ebenso gut ein freief» Gewerbe sein als 
jt'ile andere Gattnnp- von Industrie. Jedem Capitalisten müsse frei stehen, 
einen Theii seiner Kapitalien auf diesen Zweig der Industrie zu verwenden. 
Je mehr Wechsler, desto hesser. Dieses Gewerbe sammt dem damit ver- 
knüpften Gewinn dur allgemeinen Thätigkeit eutreissen und dasselbe als 
ein ausschliessliches Vorrecht einer Privatperson, einer Handelsgesell- 
schaft oder gar einer landesfttrstUcben Caisse d*esoomi»te ausschliesslich 
einznrtamen, hiesse in der That der Ausbreitung des Wechselhandels 
entgegenarbeiten. (Schriflstflck vom li.Hftrs 1788.) Kolowratnnd Chotek 
schlössen sich in einem Vortrage vom 38. Mfirz 1783 im Wesentlichen 
der Ansicht Zinaendorf s an. Der Kaiser war zum Theil anderer Ansicht. 
Seine Entschliessnng lautete, die Caisse d'escompte, so wie er sie ver- 
stehe, könne einstweilen his zur näheren Aufklärung, welche von Fries 
selb.st abznYerlanp:en sei, fulirf^Tub-i niassen ohne ,\nstand und d< ni Handel 
zum grüssten Vorschub eingeleitet Wifdcii, niinilich wann bei jähen Zah- 
lungen auf der liOrse jedt in Wechsler udtr Particulär gestaltet würde, 
gegen Einlegung öfferitlioher Creditpapiere, sowohl ärarischen als stän- 
dischen, die Summe in Baarem ans einer Aefarjalcasse su empfangen, wo- 
mit er seine Wechsel saldiren kannte. Begehre er seine eingelegten Pa- 
piere surflck ond ersetie er das erhobene Oeld, so seien ihm selbe in 
natura surackxnerstatten; lasse er sie einige Zeit im Deposit, so ersisls 



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158 



(las Aorar das IntorRSse dieser Papiere; lose er sio nicht ein, so habe das 
Aerur si'iin* ('igoaen mit Afxi" frelicmlen Croditpapiwie ohne dasRolbc ciiiare- 
löst und immer eine gute üperaliou gemacht. Ob nun dies auch aul gute 
ausländische Pikiere oder Wechsler ei-süreckt werden k(^Dnte und wie das 
Aerar vor Schaden ni bewahren, sei Fries einsiiTemehnien. Iniwischen 
sei das oben Angeordnete in AnsQbung sn setsen nnd werden, wenn auf 
der Börse nicht xureichend bsares Geld vorhanden sei, dnrch diese An- 
wendung nar die besten mit Agio gehenden Staatspapiere realisirt ohne 
Risico für den Staat und zur Vermehrung des Credits auf den hiesigen 
Platz. Die Fries ertheilte Antwort lautete nun, es stünde ihm frei, eine 
Qolclie Kscomptecasse ins Leben zu rufen, jt^dnch bleibe die nämliche Dis- 
contirung auch allen übrigen Wechseihäusern and Kaufleuteu Torbohaltea. 
(An Fries 15. April ITHS.) 

Einige Jahre später überreichte Salomi>n einen Vorschlag zur Er- 
richtung einer Giro- und Escomptebank. Graf Chotek erstattete dem 
Kaiser hlerflber einen Vortrag. 

Der Grossb&ndler Bargum hatte ein Gesuch snr Errichtung einer 
Commerzial-Leih- und Wechselbank eingereicht. Das Institnt sollte anf 
bewegliche und unbewsgludie Güter leihen, mit Wedttdgeseh&ften sich 
befassen und als Bank sugleich als Depot dienen von Baarschaften, die 
derselben anf Zeit oder zur weiteren Disposition anYertraut werden. Es 
wurde auf eine Verordnung der russifchen Kaiserin vom 28. .Toni 17H6, 
hetteffpnd die Errirbtune^ einer Leihbank, hingewiesen, welcli*^ Kaiser 
Jüsef dem Grafen Chotek am 2'2. November 17S»; durch ein Hand- 
schreiben übersandte, ,um das Nut/.hare davon etwa auch in Meinen 
Staaten erforderlichen Falls anwenden zu kouuen'. i>ie russische Leihbank 
verkettet den Staatseredit und das ganze öffentliche Finanssystem mit 
dem PriTatcredit, wird in einem Vortrage der vereinigten b(ilimisch''(i8ter- 
reichischen Hofkanziei, Hofkammer nnd Bancodeputation vom 18. März 
1 787 bemerkt, dass Einer mit dem Anderen bei nngfinstigen Ereignnngea 
leiden muss, niemals aber dieser jenem zu Uilfe kommen kann, eine 
Erwägung, die freiere Nationen auf die Scheidung des Eineu und Anderen 
aufmerksam gemacht und Eure Majestät zum Entschltisse bewogen haben. 
l>ei allen Veianlassungen, die anf den Privatriedit Bezin: lialion. don Bei- 
tritt (lei- Mi.narrhie blos anf 'icn .Schutz und die An»'rkfiinii)ii,' ui ha- 
schräukeii. Das sei aucli. was Bargum anstrebe, allein er verlange die 
Anerkennung einer uiVeutlichen Anstalt, obgleich sie nur den Privatcredit 
betrifft. 

Die kais. Bntscbliessang auf diesen Vortrag lautete, dass die Be- 
fugniss, auf Mobilien zu leihen, ansdrflcklich dahin beschränkt werden 
mfisse, dass weniger als ein Beti-ag von 1000 fl. auf derlei Mobiliar- 
pf&nder nicht abgereichet werden dfirfe, weil es sonst ein Versatzamt 
wfirde. 



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153 



Dei- Kaiser genehmige auch den beiliegenden Privilegienentwurf. 
Das Privilegium wurde am 6. April 1787 ausgestellt. Das Reglement der 
k. k. octroyirten CoiTiirH»rzial-Leih- tmd Wechs^lbank in Wien ist unter- 
zeichnet von Johann Fürst von Schwarzenberg als Oberdirertcur und 
Hauptactionaifp. Franz Guudaker Graf zu Colleredn-Msnsfcld als Ober- 
directeur und Uauptactionaire, Friedrich Karl v«m Nostiz und Rhineck 
als Oberdirecteur und Hauptactionaiie und Carl and Friedrich Bargum 
& Comp, als ConMienten, aad wurde am 16. Novembar 1787 ge- 
nehmigt. 

Der ZinafiiBs war hoch. Die Absicht, denselben auch im geschftfl- 
lichen Terkehre mit 4^1^ festsusetsen, scheiterte. 

Jch begnehmige zwar das Einraihen des Gommensienrathes gegen 
deme jedoch, dass diese hftheren Zinsen nur jenen Darlehen einzngestehen 
seien, welche blos swischen Kanfleuten, Fabrikanten und Jaden, nicht 
aber dio?en von anderen Parteien geleistet werdon. 

.Anbey ist nnr allein in jenem Falle zwischen Haudidsleuten ein 
höheres Interesse zu erlaubr^n. wonn das Darlehen ausser Waaren durch 
keine Kealhypothek bedorkt t wird. Küdlich ist diese Freiheit inzwischen 
nur auf zwei Jahre zuzugestehen.' (Kais. Entschliessung auf Protokoll 
vom 22. Oct^ber 1770. rep. am 9. Februar 1771.) 

Durch IIal'decr''t vom 27. Miitz 1771 wurde gestattet, von trockenen 
Wechselbriefen, die nicht über sech» Monate laufen, ü^Jq zu bedingen 
nnd jene den Hercantil wechseln dnrch Patent vom 1. Hat 1766 inge- 
standene fiegQnstignng zu geuiessen, wenn der Wechsel lediglich swi- 
schen Eanfleuten, Fabriken, Fabrikanten nnd Joden lauft und daher kein 
PftrticQlar weder als Darleihen noch als Acceptant oder Zahler eintritt, 
wenn der Wechsel über sechs Monate nicht verlängert, das Darlehen mit 
keiner speciellen Hypothek oder Unterpfand ausser in Waaren sicher ge- 
steilt wird. Sammlung der politischen Gesetze. ]?d. VI, S. 3.1G. 

Durch Normale vom 1 7. Septomber 1773 wurde den> uiederöster- 
reichischen Handelsstande nicht nur zwischen Nf*'.r'iciatit< it, Fabrikt ii tind 
.luden das Mf tcantiliiir<»re>se zu s"/,, ir<'trpn W*'i hs^-ibriide mit odt i nhiie 
Unterpfan.i auf etliche Mannte nuch .lahie erlaubt, sondern iim h 
Negocianten, Fabriken und Juden die Bewilligung ertlu-ilt, die n»»Uiigin 
Gelder gegen Wechselbriefe von zwei bis sechs Monaten vounschietssen. 
Sammlung. Bd. IX, S. 620. 

84. Iii <'iiu in Schriftstrirkp findet sich dio Homerkung: ,Dio orien- 
talisclu' < 'iMiiii.\iriiii- komi*' mit iU-ii Hnizon nicht concurrircn. Der Raize, 
so gewolml und diii« li »-iiif F^i-liirion zu dem schärfsten Fiu<ten gehalten 
ist, begntlgt sich niit Knoblauch, schlechten Fischen und rohem Speck, 
wodurch er des Tsgs öftermalen nicht einen Groschen versehrt, wo ent- 
gegen die Oompagnie ihren Faotoren gute Besoldungen aaswerfen mnss.* 



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1Ö4 



85. Vortrag, 3. Januar 1759. 

86. Vortrag Tom 10. Januar 1 7 60. Die Eutschlwmng rQhrt von 
Josef ber, mit dem Zusätze »w^en UnbässUcbkeit'. 

Dem Haadschreibeii vom 11. Juni 1767 liegt folgende Besolution 
bei: Da die innere Politik erfordert, dass man die aus dem tQrkischen 
Handel fDr die Erblftnder entepringende Scbädliclikeiten so viel möglich 

zu vermeiden suche; die äusserliche Politik aber erheischet, dass man alle 
Schritto mit niijglichster Behutsamkrit und MäBsi^MlIu^ dergestalt ein- 
richte, damit Alles, was Unzufriedenheit, Beschwerde oder gar den Frie- 
densbruch nur von Weitem veranlassen oder befördern könnte, entfernt 
w<»rde. so ist nöthip^. dass auf dio Vcn'inigiiug diost-s doppolton End- 
zweckes, mithin auf folgende GrimdiegoLn, welche dazu den Weg bahnen' 
das Augeumei'k gerichtet weide: 

I*"" dass nichU uitteruuuimen werde, was auch als die genügst« 
Verletzung des Commerztractatos angesehen werden könnte. 

II«« dasSf da das Vebel sacoessiTe eingerissen habe, die Gegenmittel 
aoeh BoccesslTe angewendet werden, 

ni'* dass» was indireete bewirkt werden kann, direote nicht ange- 
griffen werde, folglich 

IV*** dass die Türken und türkische Unterthanen ohne Abbruch 
ihres Privatinteresse, so viel nur immer thunlich, von den Erblanden ab 
und an den Grenzen gehalten werden: und dass 

V*" da die türkischen Handelsleute f^nOsstontboils .l;iiiitschareu 
sin<l. die anstatt, wie in vorigen Zeiten. ein«ii Krieg mit Gewalt und Auf- 
.stand /.u erzwingen, vielmehr wegen ihror (Jewerbschaften und comnier- 
ziellen Vortheile nichts als Frieden wünschen, man den Gewinn der tür- 
kischen Handelsleute ron dem Gewinne des türkiseben Staates selbst wohl 
unterscheidet «rarerem so wenig als möglich Abbrach ihue, letzteren aber 
so Tiel als möglich an sich siehe; folglich die türkische Bilanz nicht so- 
wohl durch Beschr&nkung oder Erschwerung der türkischen Impoiiation 
als vielmehr durch Erweiterung und Beföi'derung der erbl&ndiscben Ex- 
portation zu gewinnen suche. 

Diese generalen ni iunfsritze also vorausgesetzt, kommen die ver- 
j5("hi»^d»>npn Gattnn^^on dos türkischen Handels zu hoti acliten, wo sich dann 
düi Handel, welchen die türkiscl)* n Ha nd' lälente mit türki- 
schen Waaren nach und in den Erblunden treiben, in den levan- 
tiuischeu und orientalischen theilet. Bespectu des crstcren begnehmige 
die Meinung des Gommerzienrathes. Was aher den orlentaliachen Handel 
anbelangt, da waltet darin ein grosses Gebrechen ob» dass sich dessen 
ganzer Urotrieb meistenthells in den Händen der Türken befindet. Dahero 
dann mit der Behebung dieses Mangels der erstere Anfiing zur Hülfe sn 
machen, folglich den erblindischen Unterthanen der gleiche Genuas, deren 



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165 



dem türkischen Huidelsmaiin auf die tQrkischen Waaren ansteht, an den 

Mauthbeneficien zn £^et;tatten ist. Wo dann, wenn dieses geschieht, und 
dabei dem erbländischen Unterthanen in dem Thaler- und Seusenkauf 
vor dem türkischen ünterthanfn der Vorzug ff^lafsen wird, auch das 
orientalische Commorzium, wiee.s mit dem levantinihcbeu bereits geschieht, 
sich anfänglich zwischen denen erbländischen und tQrkischeu Unter- 
thanen theilen, and in Folge der Zeit an die ei'steren gänzlich gebracht 
werden kann. 

Die weitere Behelfe, bo in Anselinng doB tOrkisdien Untertbanen 
selbstens angewendet werden mOgen, ohne daas dem Commendentraetat 
sn nahe getreten werde, bestehen in Folgendem: 

I""* dass Derjenige, BO sich für einen türkischen Unterthanen an- 
gibt, verhalten werde, sich dazu mittelst eines Fasses oder Urkunde des 
nächstgelegenen türkischen Bcffhlshabers zu legitimircn. Und da die 
Hof- und Staatskanzley ln'ieitö im Jahre 1753 einen Ft iiiiaii bcv lier 
i'forte erwirkt hat, welcher auf derselben wiedei hultes Verlaiii'on im 
Jahre 17G1 mit dem ausdrücklichen Befohl uu alle türkische Gi.mil/.guu- 
verneurs erneuert worden, dass alle dicjeuigou, welche sich wegen Kauf- 
mannsohafl in die Erblande begeben, Seiten der Granitabaadieii mit 
einer schrifilichen Erlaobniaa, oder Passeport, in welcliem nebat dem 
Namen ihre ftusBerliche Gestalt nnd Ansehen auf die kennbarste Art be- 
Bcbrieben wird, rersehen, Niemandun ohne obboneldeter Erlanbniss der 
Uebertrieb irestattet, und gedachten Handelsleuten kräfHi^sf anbefohlen 
werden solle, dass sie sittsam, ruhig und ohrlich hin- nml hern isen, und 
sowohl unterwegs als in allen Oertern und Städten mit den deutschen 
Unterthanen. unJ wem immer an k-rn sich in keinen Zank einlnseen, son- 
dern blos allein ihi-em üewerb lleif>hii|L^ na<'hg'eheu un i sich vun allen iin- 
^reziemeuden Tliaten enthalten sollen: sd wird j^inlaciilö liof- und SUiats- 
kauzley die Krueueruug und gtuaut: Üeubdchtuiig dieser Befehle von der 
Pforte nochmals anbi^hren : wo sodann von der Behörde die erforderliche 
Obsicbt darauf so tragen seyn wird, dass keinem Türken oder tOrkischen 
Unterthanen ohne dergleichen Pasaeport der Eintritt in Ungarn gestattet, 
und deijenige, welcher ohne erwähnten Paseeport in irgend einem Erb* 
lande betreten wurde, sogleich in das Turcicum abgeschoben werden möge, 

U*''' dass alle aus der Contumaz gehende Waaren und Ballen nicht 
aliein specificiret, sondern auch die Zahl und Gattung jeder in einem 
Ballen enthalteuoii Waare bemärket und diese so viel thunlich, jedoch 
ohne allen Entgelt gestempelt sofoit mit dieser Consignatiou in das 
Dreissigstamt begleitet werden, 

Iii"" dass ülieriiaiipt üUe Uandelsleute au die Städte als die ge- 
wöhnlichen Handeisplitae angewiesen, diesen aber wegen der türkischen 
Handelsiente insbesondere aufgegeben werde, dass sie dieselben willig ein- 
nehmen und Ton ihnen keinen Tribnt, Gab oder Geschenk fordern sollen. 



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1Ö6 



Ingleicheu, (iass Jas Edict ddo. 5. April 1725, doch ohne desseii 
neuerliche Publicntion wiederum in die Uebung gnsetzet, soweit den tfir- 
kiscfaen Handelsleuten ausser der Messxeit nur der Grosshandel gestAttet 
werde. 

Da abpr du- liuiiLMrischfii i^tundherreu die Türkon un<\ tfirkisrlio 
Uutoitliuucn in die \or dicsielbe gegen höhern Zins ernchUtüü (ii '^v^ll^ler 
za ziehen suchen, und gugen ein gewisses jährliclies Schutzgcld und an- 
dere Discretionen in Schutz nehmen: und daliero, so lajige der Grund 
dieses üebels nicht gehoben wird, alle noch so heilsame Verfügungen den 
Handel in die Stildte zu ziehen und den tftrkischen k la minuta Handel 
elnsuschränken, fruchtlos seyn durften: so erfordere unter einstens so- 
wohl von der Kammer als hungarischen Hofkanzley die gutächtliche Mei- 
nung, wie diesem Unfug mit Nachdruck abgeholfen werden kOnne; und 
endlich 

IV"* dass dio t'rhhlndischen Handelsleute, so mit türkischen W;iaren 
den f^roBsliaiiM treiben, ebenfalls von aller Contributiun und Uabe frey 
gelassen weiduii. 

Was übrigens den Autrag wegen dos den tiirkis^olu n llandelsleut^in 
anzuweisenden besonderen llandiungsplatzes anbelangt, da begnebmige 
ich die Meinung des Commerzienrathes, dass solchem dermalen nicht 
stattzugeben sey ; gleich wie es denn auch 

Wegen des Handels, welchen türkische Handelsleute 
mit erbländischen Prodnctis et Fabricatis perfissito treiben, 
einer weitern Vorsehung bedarf, 

Dahingegegon ^ lührt den tQrkischen Handelsleuten das Coni- 
inoicium juit erbländischen Waaren ans einem Krblande in 
das andere Consumo nicht, dahoro (Irim denen^><'lbr'^ diese Gattung 
des Handels nicht 7.n ?estatto!i i«*^, docli ist nirlit iii>tlüg, dai>s hier- 
wt'gfn ein Patent pnMiriit weidt*. luiifui nii' (i"ni <lu\>-fallsigen Einsehen 
de casu ad caijian dir nämliche Endzweck, und /war ohne ein Aufsehen 
zu erwecken, erreicht werden kann. 

Was den Handel, welchen die tflrkischen Handelsleute 
mit fremden Productis und Fabricatis in den Erblanden per 
Consumo treiben , betrifft, so ist sich wegen dieses Punktes mit grosser 
Vorsichtigkeit zu benehmen und sich wegen dessen Ausdrflckung dahin 
zu besrhränken, dass man in ein Mehreren, als zur Abhaltung des dies- 
seitigen Schadens nnunigänglii Ii n ^luLC, sh li nicht einlasse, somit nur 
allein ausdrücke, dass die türkischen KauHeute alles H nidols tnil vpi- 
botfMien Waaren sich f'iitlialt«>n sollen, auch ihnen ni( lif ^(•i■uil^'^ oiuitre 
l'it'iii ln Waaren aus fit iii Itn Sf;iri,ton in die Erblande per Consumo einzu- 
führen und in diesen zu iK-gtben. 

Der Handel, welchen türkische Kaufloute mit türkischen 
Waaren per Transito Aber die Brbl&nder treiben, kann nach 



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157 



dem Commerstractat nicht befl«hrftnkt noch erschwert werden, dahero denn 
niebtB Anderes erftbrigt, als dass der erblindisehe Kanfinann sich mit 
dem tflrkisclien in die Gompeteni aetie und die fremden Waaren dem 

Türken selbst zuführe. Der Handel, welchen türkische Ilamlels- 
lente mit fremden Waaren per Transito über die Rrblande 
nach der Türkei iiii'l auch :iiidfut>ii Lfiiiilcrn treihim, kann 
denenselben ebenfallr^ nicht verboten werden; es bleibt also nichts Andores 
übrig, als dass in bt-stihtinlicher, anbev abor iinanstr»s8i^er Art gesucht 
werde, den TiaiisiUihautiei mit fienidt'ii Waaifu nach dci- Türkei nach 
und nach an die erbländischen Kaufleute zu ziuhou und, bis dies bewirkt 
werden kann, die aus diesem von Tflrken selbstens betrieben werdenden 
Transitobandel erwachsenden Scbfidlidikeiten so viel möglich abinhalten 
oder doch sn vermindern. Wo dann anf das Bratere umsomehr der Hanpt- 
bedaii^t itt nehmen seyn wird, als darin die Orondhfllfe nicht allein des 
Uebels, nm solches au beheben, sondern auch des Guten, so dagegen im 
ZowtMidcu dieses Coramercii an die erbländischen Unterthanen bewirkt 
werden kann, bestehet: es bat demnach der Ooinmerzieni-ath uut dessen 
Bewirkungdie Hauptabsicht zu richten, und sind den ei blandischen Kauf- 
leuten, welche III das diesfällige Nef^focinm sich pinlassen wt>r len, alle 
diensame Begünstigungen in der Mauth und sinisten lit'8oad«*rs auch in 
den Eisenwuaren angedeihen zu lassen Was die vun dem Commensien- 
rath vorgeschlageneu Mittel ^ui uiut>tweiligen Hülfe anbelangt; da ist 

ad 1*"° et 11^""' die eingetragene Anordnung nicht anf die Tflrken 
in Bpecte, sondern auf alle durch die hungarischen Lande traneittrenden 
fremden Waaren insgemein sn statnirea, 

ad IH"" ist nach der Mass, als die verbotenen Waaren, wenn 
diese dispensando eingelassen werden, mit 30% Mauth beleget sind, auf 
dieses Quantum die Cautif>n oder Dopossedirung zu erfordern, 

ad IV""" sind die JJ:illeii der Waaren ebenso wie in Frankreich ge- 
schieht, mit Stricken Aber da« Kreuz doppelt zu umlegen, und mit Bley 
zu siegeln, 

ad V'"" ist in dorn Fall»! einer Mauthdefraudation nach dem iVun- 
uiorzientractat der doppelte JJetrag der Mauth, so bei den verboteneu 
Waai en 60% aubmacht, auf das Quantum der herausgenommenen Waa- 
ren und ebenso auf das Quantum der snrrogirton Waaren, was nämlich 
deren ManÖi beträgt, abzunehmen. Und da übrigens die Aufrichtung 
einer besonderen Goromerzialstrasse und eines eigenen mit besonderen 
Pflichten belegten Commerzialfohrwesens zu Wasser und zu Lande von 
besonderem Nutzen sejn würde, so hat der Commfrziciirath auf Mittel, 
wie beydes zu Stande zu bringen, fflrzudenken und den diesfalligen gut- 
ächtlichen Vorschlag hemufzutreben. 

Schliesslich wird der Hand<>l, welchen erbliindi sehe Unter- 
thanen, wie auch Kaitzen und Juden anter dem Namen türki- 



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158 



scher Handclglent« mit türkischen, auch erbländiRchen and 
frcniileri Waaren per Consumo, Transiio und Essito treiben, 
von gelbsten aufhören. in«obald jene, so sich für türkische Handelsleute 
austrchnn, sich d;izu legitiiuiren niiis^en. würdp ahr-r hplenkürh iind 
fiii dt ii Staat, auch fflr das Publicum nachth' iliir sein, wenn diesen Leuten 
(Ut Hüiidel eingestellet werden wolle, \'u^ la ilor christliche Handelsgtaiid 
in Uuugarn. Siebenbürgen. Temesvar uuJ doii mittleren Districteu uuch 
schwach in der Zahl und noch schwächer in den Mitteln, bey den Baitzeu 
und Juden sber hishero in dasigen Landen die Stftrke des Handels be- 
standen ist, so will nfithig seyn, dass die Raitxen mit ihrem Handlnngs- 
trieh in die Stftdte gewiesen werden, wegen der Jnden aber erfordere anter- 
einstens von Kammer nnd hnngarischen Eansley die gutAchtliche Meinung, 
was wegen derenselben dem 6rllndsut^. das8 alle Conunerzien in die 
Stidte gewiesen werden sollen, unnachtheiUg verfftget werden konnte. 

87. Vorti-ag. 19. Msi 1768. Verordnung 2S. Juli 1768. 

88. Die Deukschnlt Zinxendorfs vom 21. November 1771. 

89. Die grOssten Verdienste um die Geschichte Triests erwarb sich 
Kandier durch seine Documcnte. Vgl. LAwenthal, fie.schichte Triests, 
■2 ni»' und E^eiifl.al. Mnria Thfroia und die Handelsmarine. Triest 
1 HHS ; F. M. Mavi 1 . Die Autauge des Handels und der Industrie in Oester- 

reich, rnnshni« k 1882. 

80. Ualiej 7. und 10. Märs 1703. 

81. ,Finme,' beisst es, ,sei vonnzlehen wegen der angrenxenden 
Crösten und Dalmaten, sodann wenn die gerechtesten Waffen des Kaisers 

noch ferner Conqueten machen mf><-hten, ssmahlen, da dessen Inwohner 
weit über die Trier^tiner in Trafßc nnd Hercantilsachen bisbero sich sehr 
indastrios erwiesen haben.* 

88. Commenprotokoil vom 1. I>ecember 1718. 

88. Commersprotokoil vom S I.Juli 1719. 

94. Von den luliahern der Mauthen wuidfu tlio Besitztitel abge- 
fordert (G. September 17 Ii)). Die Ablösung der landesfürstlicheo und 
Privatmanthen wurde vom Kaiser am 8. Januar 1784 nnd 26. April 1725 
verfügt; man erhoffte von dem Stadtbanco eine Anticipationsleistung xu 
diesem Zwecke. Decret an den kais. Commiss&r Wagensperg, mit den Land- 
schaften in Kärnten und Krain wegen Einlösung der Mitteldinge zu ver- 
bandeln. 

85. Gommerzprotokoll vom 8. November 1787. 

96. Protokoll vom 2.1. August 1729 der Hofcommerzcommissiou. 
In Folge des gefassten Beschlusses wurde eine Hofeommission nach Triest 



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gMendet, welebe diaen Bericht erstattet», worüber am B., 5. md 6. Ho- 
veniber 1780 Bnratbiing^n der Uofcommencommiesion stattfanden. Der 
Jahrmarkt sollte am lO. Aagnst 1731 unter dem Namen «freier Lorensi* 
markt' abgebalten werden. 

97. Als Grund doa Ausbleibens wird ungegeben, dass die Kaulknite 
vieler Orte sich durch diu hohen Zoll zu Krerasbruck abhalten Hessen 
oder den Bozneru zu Gefallen sich ferue hielten. Aus einem undatirton 
Yortrage; in dorso die Bemerkang: de anno 1730 (was nicht richtig sein 
kann), ans den hinterlassenen Schriften von Bosentbal 31. Novembor 
1730 in die Commersialregistratar gelegt. 

Abftllig Uber die ergriffenen Maassnabmen spricht sich Barten- 
stein in seinem Schrütstflcke ans: Ohnmassgebigste Gedancken ttber die 
mir alleignäd igst mit|r< th* i1tc Anmcrckungen, den Verfall des Erbländi- 
schen commercij, und wie deuiscllu ii wieder auflFgeholffen werden köndte, 
betreffend. ; Wii ii. 21. März 1749) . . . Dnss an erthoihmp dos Ortroy 
von Osteiule sehr übt'l heschehen, ist unlaiigbalir. und nirht aiijezo erst, 
sondern zui r*:rhtt'i Zeit von jenen, welche liilulahl^^ nicht gf-h^rct worden 
wollen, erinnei t wor den. Die proben dosseu kondten unschwer Vieygebracht 
werden. Ai:ein wäre e.s dantahls eine missethat, auch uur m zu dcncken, 
wie nacbhero die erfahrong abersengend dargetban bat, dass es das ali- 
gemeine beste erheischet hfttte. 

Die nembliche, welche sotbanes Octroy am helftigsten betrieben, 
wurden als die stOzen des Commei'c^ angesehen, und jene, welche es 
missrathen, fflr dessen Osores ausgeschrien, und in dieser eigenschafft 
nach dein lauff der verkehrten weit verfolget. Wer von damahUgen Vor- 
fallenheiten eine grQndüche kandbins bat, wird mkh unschwer verstehen, 
mithin ist nur zu wOn^schen, dass man das ver^ngene NB. genau und 
gründlich ontorsuehon, sodann aber erst, wann man das darvon ver- 
lässlich unterrichtet ist, ein solches sich zur Warnung dienen lassen 
möge: obgleich ineiueü wenigsten erinessen.s die ertheilungdesOst^^ndlHchen 
Octroy zwar ungemein schädliciic Folgen ansonsten nach sich gezogen 
hat, doch die wahre ursach des Verfalls des Erbländischen commercij 
nicht ist. 

Sichtig hingegen ist allerdings, dass su Trieste das beste su 
erreichnng des endswecks allerdings negligiret worden. Es 
ist aber nicht von wegen des Ostendischen commercij, sondern aus der 
nrsach beschehen,dass man das werck nicht recht angegrieffen hat. Nahm- 
baffte Summen seind allda und anderwirts, nmb das commercium dorthin 
tu leiten, verwendet, auch mühe und bewegnngen gennng su solchem ende 
sich gegeben worden. 

Der höchstsee Ii erste Knyser hat nich Selbsten im jähr 1728. dahin 
verf&get, und weilen Kr nur allzu viele gebrechen vorgefunden; So wurde 



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die sdiold anffden von Steix ae«!: feschobeii, und derselbe seines diensts 
entsesei Es giengre aber nachhero nicht besser, als der Gral! von Sinsen- 
dorffseel: in Begleitung des Raron Widmanns seel: die dahinreiss onter- 
nobmen. Das Tyrolerische Strassen gewerb nähme ab und das Commer- 
cium zu Trieste käme nicht aufF. Kostbahre in lio antron fallende gebäude 
wurden anfffi^offihret, und das wenige ko«thiihie unentbehrliche Torab- 
saumet. Mit einem wort, gleichwie ein uhruerck stille stehet, wo es an 
dem mindesten kleinen Rad y-ehrieht, also wurde der ganze ß-r^^^'ö auff- 
wand aus maugel desseu, was zum ersten hätte besorget werikii sollen, 
nnd nicht gleich grosso kobten erfordert haben würde, gänzlichen ohunuz 
gemaebt. Auf die feyrlicbe Verkflndung der Meerports-freyheit, undanlF 
die pompöse einladong frembder traficanton fanden sieb einige KaufEsrdey- 
scbiife ein. Allein niemand wäre rorhanden, so ibnen waaren abnähme» 
oder gegen andere Tertanschete. Dahero der erstere Versuch fehlschlage, 
und wegen des daherr» erwachsenen Schadens von weiteren Unterneh- 
mungen abschrOckete. Ja es haben des Kaysers Maytt: mir erst unlängst 
gemeldet, da.s.s das nemblirhe schicksaal die aus Toscaoa dorthin flber- 
schiffte waaren im vorigem jähr betroffen habe . . . 

98. Instruction Tom 36. Hai 17S1 an die Intendenia. 

99. Die Schilderungen Chotek's in dieser Hinsicht sind trostlos 
genug. Die StrRssen in Krain, schrieb er, sind schlecht, die Fnhrlsnte 
finden nicht einmal die nftthigen Schupfen, bei einer Ergiessung der TJnxa 
müssen sie bei der Gi'af Cobenzrschen Herrschaft Haspei'g entweder mit 
grossen Kosten und grosser Gefahr die Ueberfnhr bewerkstelligen oder 
4 — 8 Tage liegen bleiben. Dasu kamen die bedeutenden MauthabK^aben» 
deren Aufhe1iim«r unter Karl VI. fortwährcib! leiathen nn.l liesdilossen 
wurde, bei denen, wie ('hotek mit Recht bemerkte, Handel und Wandel 
unmöglich floriren könne. Die ärarische Consumnianth in ^»ra?, betrug 
3 fl. 7 kr.; aussenlom wiirden entrichtet in Xoiidorf 'J iL 39 kr., in 
Sollenau 3 fl. 31» kr., in Neu.^t i if 7 fl. 18 kr., zu Xeiinkirdien 5 fl. 51 kr., 
zu Glognitz 1 fl. 13 kr., zu Schoftwieu 5 fl. 5u kr., zu Kui»ft?nberg 54'/j kr., 
bei Bruck 3 fl. 3ü kr. und zu Pegj,MU •'»4 ^^'^ zusammen daher 33 fl. 
34 kr. (Protokoll der in dem CommisisionsweKen tn Triest a II'* usque 
XI*" Octobris 1749 furgewesten CommisKlon: Praeses: Chotek, Mit- 
glieder: Baron WiesenhAttor, Kannegiesner, Quiex, Stuppan; Secret&r: 
ünkhrechsbei^.) Das eigenhftndige Marginal dM- Kaiserin auf die Belation 
Chotek's lautet: Dtse relation ist sehr wohl und gutt wie auch mfibesam 
alles in der commission attcudirt und aiistrearbeitet worden, wäre SU 
wOnt*ichen das alles gleich zu stände gebracht kunto werden, hoffe aber mit 
der beständigen assi liEitrit i1es praesidii die sarhen nach und nach ihr^n 
vortfranir nehmen werden ; Placot in totuni aueh das triest vAJlig von 
militari separirt seye ausser in einiger feinds gefahr wo ein ofticire ex- 



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161 



presse dahin geschickt würde der nach kriegsgebrauch seine dienste ver- 
richten würde und alda vor die zeit comandiren würde . . . 

100. Das eigenhfindic^'e Marginal der Kaiserin auf den \'urtr<ig 
lautet: piarot und ist die aacbe in all.'ii sehr wohl und iiiiih(»sam auüge- 
ai beiiet allein vvi'gcn naples ist sich noch ohender mit der Staatscanzley zu 
verstehen und dem Transport zu wasser doch nicht gar zu negligiren durch 
I. Oe(Bterreich). de reliquo placet. Ans dem Berichte Uber Fiutne verdie- 
nen einige Angaben mitgetheilt n werden. Der Weinanesehank war ein 
Becbt der Stadt in den Monaten November bis April, wfthrend in den an- 
deren Monaten die freie Einfuhr von Wein, venetianiecher anegenommen, 
gef^tattct war. Die Kaufleutc konnten während des ganzen Jahres fremde 
Weine für ihre ,Hausnothilurft' beziehen. Als bedenklich hebt die Com- 
mission hervor, dass die Josiütt n die Hälfte des Weinzehents im ganzen 
Gebiete orhf»bpn. Vom I.April an ps Niemandem gestattet, in nnd 
ausser FiuuM' Wein aiizuzaitfen. »Obwohl der Wein ein zusammenge- 
mischtes Getränk von schlechter (Qualität sei, verkaufen sie denselben um 
einen höheren Preis.' Die andere Hälfte des Zetieuts liel dem (Japitel der 
CoUegiatkirche in Finne nnd den Angnatinern m, ,die giefa tibwt nie 
eines privativen AaBSchankes anmassen*. Die Jesuiten atfltaen sich anf 
ein Privileg Ferdinand II., verlangen ein Aequivalent von 139 fl. 47 kr. 
für die Yenichtleistnng oder die Befugniss, auf der Fiumara eine M&hle 
mit vier ßüdern eiTichten zu lüi fcn. Die Commission empfahl die Caltur 
der Maulbeerbäume und die Einfühining der Seiden Industrie, die Anlegung 
einer Pottas- lu nfabrik und die Verleihung eiuew Sanistag^wochenmarktes, 
welch letzterer auch am 15. December 1752 gewählt wurde. 

101. Diese Stelle findet sich in dem Original des im ,Archiv fttr 
österreichische Geschichte', Bd. 78, abgedruckten Berichtes. 

108. Justi, System des Finanzwesens. Halle 1766, S. 154; noch 
1767 war die Strasse nach Triest gegen Baubereien nicht gesichert. Pro- 
tokoll des Gommeraienrathes vom IS. Februar 1767. 

lOS. Die Aber Fallimente erlassenen Bestimmungen wurden von 
dem Handelsstande tu streng befanden, von der Behörde jedoch als noth- 
wendig bezeichnet, da in Triest viele ,beti-flgerische Fiillimente vor- 
kommen'. 

104. Editto poUüco di navigasione mercantile austriaca 36 Aprile 

1774. 

105* Graf Rudolf Chotek machte den Vorschlair. die (Grundsätze der 
Mathematik un 1 Xaturlehre, »weiche den natürlichen Trieb der Menschen 
zur Schärfung der Verniinfi anreizen', der .Tugfiid hfizubringen. (Vortrag, 
17 Än^nist 1753.) Graf Chotek fugte hinzu: Wie nun die Jesuiten über- 
haupt mit eintM be sonders gnteu Art die Jugend zu unterweisen sich au- 

ArchiT. LlXXVl. Bd. 1. UAUte. 11 



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163 



gelegen sein lassen, mithin dadurch dem St-aate die beilsunsten Dienete 
leisten, Bo habe man sich auch diesfalls an sie sn wenden, mit ihnen zu 
berathen und den Grund der Sache zu überlegen. Die Kaiserin gab ihr 
Placet. Es lag ein V-it si lilnt,'' riiios aii> Fiume gebürtigen Jesniten Or- 
lando vor, für ili<' >ci('utia uautica • iiif P}l;uizsobule in Triest zu er- 
richten, die SocieUit foi J. rtA Hos 20ii il. und IHOO 11. für die Anschaffung 
von IJüchern. Die VerstuiiUigung au die Intendeuzu erfidgte am 20. Au- 
gust 1753. Die Erfolge dieser nautischen Schule scheinen uicht beträchU 
lieh gewesen va sein. In einem Protokolle vom 9. Fehi*uar 1770 wird 
bemerkt, daes die Schule SOOO fl. koste. Wie wenig dieselbe fimchte» 
könne man aus der allgemeinen Klage an nationalen Schiffscapit&nen 
entnehmen. Die Intendenza entsendete bereits 1763 geeignete Personen 
nach der Levante und nach Spanien, um den Seedienst kennen zu lernen. 
Binnen wenigen Jabren, bemerkte sie in einem Berichte vom 1. October 
17G3, .sei die Ei flM innif ^'•oschickter Schiffscapitäne zu erhoffon*. Ein 
Uaudschreiben der Kaist i in vom js. Octobf^r 1 Tfio an den Grafen Andiern 
lautet: ,Da in Frankreich ntVcatlicho Lehrschuitju gclialten worden, um die 
Jugend iu dem Schitlbbau m uaitinichtou, zu dem aut der Douau zu er- 
richten vorhabenden SchifTsarmoment aber Leute, welche iu dieser Kunst 
die vollständige Kenntnnss besitxen, erforderlich sind« so sind einige von 
denen» die sich dem studio nautico gewidmet haben, in dieser Absicht 
nach Frankreich abzuschicken, damit solche seineiieit zum Nutzen des 
Staates angewendet wei'den mAgen.' Im Jahi'e 1774 wurde eine Schule 
für Nautik und Mathematik in Fiome gegründet, 1784 nach Triest ver- 
legt. Einige Notizen bei Rechtkron, Geschichte der Kriegsmarine, S. 132. 
Vgl. Ebenthal, a. a. 0., S. ßf^. und Pellegrini Ragguagli's .storica suU' 
Academia di commercio e nautica in Theste' in dem Programme von 
1866— 18fi7. 

106. Billet nn Rudolf Chotfk. 97. November 17 »5 7. Ein Hand- 
schreiben an Hatzfeld vom 30. November 1767. jedoch blos die Manipu- 
lation in Wien betr^'fFfMul. fordert einen Vcrtiaji: ril>er die Beschwerden, 
,das8 nach doi deiuiuligeu Mauthmanipulatum die Kaufleute allhier mit 
der Expedition sehr lange aufgehalten würden und die Güter auf offenen 
Strassen der Witterung und dem Verderben ausgesetzt wären\ 

107. Handschreiben an den Grafen H. Chotek vom lä. März 1160 
urgirt das Patent Püferenion zwischen dem Commerzienrath und der 
Bancodeputation waren die Ursache der Verzögerung. 

108. Protokolle der Hofcoramerzcoromission vom 4. Mai und 
21. Juni 1720. 

109. Protokoll vom 21. April 1761. 

110. Zwei Fregatten sollten daselbst gebaut werden, zu weichen 
100.000 fl. herbeizuschaffen waren; 60.000 fl. sollte die niederlftndischo 



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CaSM TOrschiessen, der Hp<^\ dtitrb eine Auflage auf Pottasche beschafft 
wenleu; von jedem zur Ausfuhr gclaugeuden Ceutner sollte der Inländer 
1 fl. auf inländischen Schiffen, 2 fl. trnf ansländisThcn Schiffen, dio Aus- 
länder 3 fl. an ylw (voimiM'r^inlcasse oiitrichteü. Vortrag dm Commerziea- 
ratbes vom 10-, reji. 2U. November 1764. 

Ueber die Industrie in Triest vgl. KbtJill.al. JiesuüJere Erwähnung 
verdient die Förderung der ZuckerrafÜjierie. Arnold & Comp, erhielleu eiu 
Privitagiom znr Gillndung einer Handelsgeeellschalt and rar Errlehtimg 
einer Zuckeraiederei in Triest auf 2b Jahre. Die eingrffihrten Bobstoffe 
waren mautblrei. Der nach den Erblanden gesendete Zneker hatte nnr den 
Consamzoll au entrichten nnd blieb von allen Privatmantben befireit Wenn 
dio r;r.>. llschaft das Publicom mit der erforderlichen Menge Zucker zu vor- 
sehen im Stande sein werde, sollte ,11*^ s.tn.-^tige Kinfuhr uiit einem doppelten 
Zoll belegt werden. Das Capital Jei- Ge8»:llschaft wurde auf zwei Millionen 
festgestellt, welches durch i'doo Acti^n a lOOO fl. beschafft werden sollt«. 
Der vierte Theil musste gleich eingezahlt w^ idt ii. Frerodo, die 20 Actien 
zeichnen, .'^ dlten als Einheimische angesehen werdt-n. «dine eines weiteren 
ludigeuats lü bedürt'uu. Der Comyaguie wurde übeidiob gestattet, uiit 
erblftndischen Waaren Handti an trüben nnd in fremde Lande sn ver- 
führen, ferner in Triest und Finme Schiffe su banen. Der erste Director 
war Arnold, der mit einem Gehalte von 15.000 fl. angestellt wnrde; als 
Assistent stand ihm Binna aar Seite; ein drittes Mitglied sollte von dem 
Grafen Rudolf Chotek ernannt werden. Es betheiligten sich an dem 
Unternehmen die Kaiserin mit 12.000 fl., die Bank von Wien mit 
144.000 fl., ülfeld, Kud. Chotek, Johann Carl Chotek, Franz Esjitnrhazy, 
Josef Kinsky, Beluscx), ein Kaufmann in Triest, sowie Vöber mit je 
12.000 rt , Graf Taafl'e mit 24.0U0 fl., Graf Puchta und Baron Lilien 
mit je 4000 fl., Gräflu Hamilton und üath Bobiauo mit je 2000 fl., 
snsammen i'Tti.OOO fl. 

Chotek ernannte Ricci ans Livomo snm Mitdirector. Am 24. Fe* 
bmar 1765 vnirde ein Vertrag xwischen Arnold nnd den Wiener 8pe- 
cereihftndlern geschlossen, wobei sich letztere veipflichteten, ihren Zncker- 
bedarf von ihm sn beliehen nnd swar xn folgenden Preisen: 

Fein Cftndlssocker, Brot 41 fl. per Centner, fein fein 367t« 
näre fein 34 fl., Raffinade fein 31 fl., Raffinade ordinär 29^4 fl-. Melis 
fein 28^8 fl-. Lumpenzucker 237» braunen 287, ö » weisser 
Candie 50 fl.. zweite Snrtf 40 fl . j^elber 34 fl.. brauner 28 fl. Künftig 
sollte der Zuckorprois in Frankreich massgebend sein. Den Kaullt-utcii 
wurde ein dreimonailicher Credit, bei allsogleichei IJt zalilung 2"/o l^abutt 
gewährt. Nur wenn die Compagnie düii Ziickerbedarf zu befriedigen nicht 
im Stande sei, sollte die Einfuhr au8 fremden Ländern stattfinden. Am 
31. Mai 1755 erfolgte ein Circnlare an die Behörden in Oesterreich ob 
und unter der Enns, Steiermark» Kärnten, Bjain» dass vom 1. Augast 

11* 



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ll^yCi keia ausländischer Zucker "hne CoMimci*zialpris?o Dinzuführen et**- 
stattot sei. da dor Bedarf in Fiiime und Triest jreluudeii worde. Bereits 
am S( hlns«o dos Jahres wurde d^r fiusläudischc Zucker mit oiiiom höheren 
Zoll belegt, tiamit er dem Fnimaiier im Preise gleich »lehe. (Vortrag 
vum fi. December 1 7 55.) Di« Zuckorpreise waren nämlich in Hamburg 
gefalleu, und der gegen Pässe eingeführte Zucker wai* daher billiger zn 
haben. Es fehlte nicht an Klagen Aber den thenron Preis des Zuckere, 
nnd die KaiBerin verlangte auch eine Auekianft. (Kaie. Weisnng auf ein 
Protokoll Tom 28. Jnni 1761.) Die Fiumaner Raffinerie erwiderte» der 
höhere Preis fftr ihre Producte sei eine Folge der Kriegsereignisse, femer 
habe Hamburg natürliche Vorzüge vor Fiume. (Vortrag vom 11, No- 
vember 1761.) Die kais. EntSchliessung lautete nun folgendcrmasseu: 
.Djpsor Punkt ist von grosser Wichtigkeit für das Publicum, da dasscllie 
an lias M^nopoliiim der Fiumaner OimpnLMiiij gebunden ist. Vor allen 
Din^'cn ist alf^u die nähere Berechnung und die Bilanz zwischen lern von 
Uiuaburg kumaienden Gut, dauu vwn jenom der Comp?iguie von d'»m hie- 
sigen Handelsstande zu erfordern, iiichL minder auch hierüber die luten- 
denza in Trieft und durch diese die doi-tige Eanfioannschaft zn ver- 
nehmen, und da vorkommt, dass ein mährischer Kaufiamnn den Yersnch 
gemacht hat, den Zocker ans Hamborg Uber Triest nach HSihren kommen 
zn lassen und dabei Vortheil gefunden habe, dadurch aber, und wenn 
dieses im Grossen anginge, ein unendlicher Vortheil für diese L&nder 
im Stiassengewerbe und sonsteu vei-schafft, dagegen der bisheri^M Nutzen 
Hannover und sächsischen Landen entzogen werden würde, so hat das 
Commeradirectorium Ober diese Betrachtunjr ifison Iprliftt spino Wohlmei- 
nuni? 7n eroffnen, auch vorläufig darfibor «Ion hit'sig"oii, dann den böluni- 
schen und mährischeu Handelsstand als die lutendt^uxii zu vernehmefi.* 

Im Mai 1762 forderte die Kaiserin eine gründliche Untersuchung 
der Geschäfte der Fiumaner Compagnie, denn diese Fabrik hab« in effectn 
ein Monopolium, so allezeit in einem Staate sehr schädlich sei. (Hand- 
schreiben an Andler^Witten.) 

Der Msident des Hofcommerzienraths bestimmte wiUiread seiner 
Anwesenheit in Fiume die Compagnie, den Brachwerden des Wiener Han- 
delsstaades Bechuung zu tragen und den Hamburger Preis als Begnlativ 
nehmen za wollen. (Vortrag vom lO. October 1762.) Kine neue Con- 
vention zwischen d^^n Wiener Speccreihändlern und der Fiumaner Com- 
papnie wuidf* am B. l)»'Cümber 1762 durch dl»» Verinitilnucr de« CAmmer- 
zienrathes über die Preise vereinbart, un i am Sclilusse den Jahros stellte 
der Comraerzienrath den Antrag, dio Kinliihr lit^mden Zucker^ in Inner- 
österreich zu verbieten, da die Compagnie diese Gebiete ebenfalls mit 
diesem Artikel versehen kOnne. (Voi-trag vom i7. Decembw 1762.) 

Die Fiumaner Compagnie erhielt am 1. October 1775 ein Privilegium 
auf weitere 2ö Jahre, das Becht, die Fabriken zu vermehren oder zu ver- 



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165 



mindern und die Direction an jedem beliebigen Orte sa balteo, Eoeh in 
den anderen deutschen Erblanden Znckeifabriken an eiriobten. Die Ma- 
terialien zur Erbauung und zum Gebrauche der Zucken^iedereien sollten 
mauthfrei sein. Sie erhielt die Freiheit des SchilTbaues; die Ei*theilung 

von Plaggenpateiitcn wurde ihr zugesichert, den Zuckerhandel aller Orten 
frei zu betreiben und die Befu^rniss nnf Steinkohlen m frnibon, din Ein- 
fuhr dpj« rohen Zuckers in Tri^-st iiikI Fiiiint' wurdn ihr ^-cstiittct und eine 
Rogünstigune; von 3 fl. gegen den iVöUiduii Zucker gewahrt, und auch in 
deu übhgesi Liluduru sollte sie bezüglich dieser Abgabe dieselben Begün- 
stigungen erhalten. Fremde, die 20 Actien besitzen, sind als nataralisii-t 
ZQ betrachten. 

111. Von Maria Tlieresia wieJciliolt AnfruLron au den »'onimerzien- 
rath: so ob nicht Kupferhämmer in Trieht errichtet werden können, 
welche Begünstigungen denselben zuzuwenden wären (Protokoll vom 
4. Febraar 1768). 

112. Aus einem Schriftstücke vom Jahre 1769. 

113. Rescripte vom 24. Januar und 20. Mftrz 1764. 

Auch winden tüchtige SchiflFsbaumeister vom Staate angestellt. 
Pietro Nocetti, der Sohn des in Fortf»-R6 verstorbenen Schitlsliaunioistprs 
Giulio NVicetti. erhielt 600 fl. jährli' li. .Vnd da das 15öi.ie des Staates *m- 
heischet. dat»* der in dem Litorale glücklich angefangene Schillbau weiter 
erhoben werde, sei Pietro als Schiffsbaumeister inu i2U0 fl. beizubehalten. 
Die lutendenza habe eine Compagnle zusammenzubringen zum Bam von 
Kanffarteiscbiffen. (Vortrag TOm 81. December 1766, rep. 26. Jannar 
1767.) 

114. Vortrag des Hofcouiiut i /aeurathes vom 6. August 1770. Die 
kais. Entschliessung lautet: Was gegenwärtig zur Erweiterung der Na- 
tionalechiffahrt zur See Torgeaehlagen wird, ist zn einer endlichen Schluss- 
fassung noch zn nnbestimmt, dahero von dem Commerzienrath anvor- 
deret nodi die Ausarbeitung eines vollkommenen praktischen Systems 
hierOber gewärtigen will, wornach sodann die weitere BinTernehmung mit 
den Stellen wird veranlasst werden IcSnnen. 

U5. Der Commerzienrath war der Ansicht, dass die Vorschlilge der 
Zeit nnd des Geldes — mehr als eine Hillion — bedQrfen; anch kflnne 
dies nicht anf einmal, sondern nach und nach geschehen, und jetat kftme 

es hauptj!.ächlich auf die .standhaffte Einrichtung der Mauthtariffen allein, 
and die darnach zuverlässig bestellende Manipulation' an, welche, wenn 

es auf vleiii liislierigeii Fnsso gehi, d"in ' '..mm^rzienrath noch für einige 
Jahre StotV geben wird, weun er etwas fiij- «ien Siaat Tüchtiges leisten will. 

Da nun der Commerzieniafh ?ä\t Berichtiguug (lies. r luiil versrhi«'- 
dener anderer iu den sieben Commorzialausaibeitungen auch vorkoinmeu- 



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166 



d«n Angelegenbeiten kaum oder gar nicht Zeit bat, um mit der Hofkammw 
und der BaaeodeputaUon die Sache zu ftberleges, so glaubt er, dass man 
die übrigen derzeit noch nicht spruchreifen und uicht prnkticirlichen -~ 
oder weuigsteus jetzt niolit Iringticben — Vorschlfige des V«rfiuBen 
einetwoilou auf sich beruhen l<a»ise. 

Darauf resnlvirte die Kaiserin: ,Es hat nicht di^ Mf>virnnir. 
dasß die dem ( inniiM r/ionrnth initL'* tliciite Vorschläge n]\>- ;iuf fiiiuml 
untersuchot. und die üUh .s*>l« lutu luit/lii Ii orfuiiden werd< ri i«- M.gloich an- 
g©gau(^üu Werden tjollon. sondern es will vii liuclir noihig ht vn, dass «turk- 
weiss fürgegangen, und dabey mit dem nöthigsten der Aafaug ge- 
machet werde. 

,In wessen Folge dann, wie leb bereite anbefoblen habe, alljährlich 
«in Systeme au verfossen ist, was in BOlcher Zeit znm Kutacen der Fabri- 
catur und des Commereienwesens anzugehen seyn wolle, an Bnde eines 
jeden Jahres aber ausgewiesen werden mos» wie und mit was Erfolg die 
ausgesezte Unternehmungen ansgeffihret worden seyen, auch was zu Er- 
hebung deren dabey etwa sich ergebenen Anständen weiter nOtbig seyn 
woileV 

,Irli u't'wrutiL-"*' .tl^<^ eh^^^teuH s<>th;iiii' Ausweisung für «i.us \>'rIlo.-st'n'' 
Jahr, niiil su aucii den \'i)rs( lihig. was für da8 neu (»irj^eirt'lleiic aus 
derae. wa-s allberoits vorgekommen, und in denen oberwelinten Antrügen 
weiter enthalten oder isonstou von Seiten dcä Commercien-Raths für dien- 
sam enditet wird, femer sn unternebmen seyn wolle, and nach den unter- 
waltenden Umständen« wie auch nach den Kräften der Cassa ansgeffthret 
werden ktane. Ingleicben gewärtige nntereinstens die Answeissnng der 
Ertragnfls deren sämtlichen in Meinen Landen bestehenden besonderen 
Commercial-Fundorum. und deren von solchen zu bestreitenden Ausgaben/ 
Vortrag vom 22. Februar, herahgelangt 11. März 1768. 

116. An Hamilton, 80. Hai 1762. 

117. Vortrag vom 6. Augnst 1770. 

118. Jopof legte t»es.üii Icnii W crtli auf Krrichiuug vuii Consuhiten 
ia den russl>( iieu Uäfeu, z. B. in Chersoa, wozu Kaunitz Anregung gab. 

119. Weisung vom 7. Februar 1758. 

120. Kais. Weisung auf das Protokoll des Commersienvathes Tom 
8. Mai 1768, znrQckgelangt am 13. August 1763. 

Oesterreich besass seit der Mitte des 18. Jahi^hunderts folgende 

Consulate: zu Raguba 1750, Neapel 1752, Zante 1755, Tunis 1758. im 
Kirchenstaate 1758, zu Genua 1759. Algier 1759, Cadii 1763, im König- 
n i' h h. i.lrf SiiMlif'n 1764, I^»rdeaux 1766, Alicante 1768, London 1780, 
Kophalouia 17 81, Cette 17H1 Bremen !784.0herson 1784. Alf»i)]>o 17w4, 
Corüica 1787. lu der Levante wurden die Consuleu von dem Internuntius 



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167 



eniMint. Bis 1771 gvnossen nur die Consalen in Genna und Cadiz Be- 
soldungen, die anderen waren auf Consulartaxen angewiesen. Bereits 
1718 wurde der Beschluss gefaset, die Consulate in der Levant« nicht mit 
Griechen, sondern mich mit deutschen und italifiiischon Unterthanen za 
besetzen. Jusct. >Un- im Jahre 1783 die Verfügung traf, dass nur Oester- 
reicher zu Cuah.uleu eruannt werden .sollen, gestattt'tc iluuselben auch die 
Uniform zu tragen. Die Consulatsheriohte Kollten der Triestor Börse aus- 
zugsweise zur Informirung mit<r>'tht ilt woiilcn. 

121. .Diese kf»ino,sweg8 als untiQtzo 8chreil>ürei aiizusclu'ii kom- 
mende Heiichlt; .siji.l uicht allein den Kaufmanub^^rseu zu Tricsi und 
Fiume. sondern auch den wi!?f«eiitlicbi'u Haudlungscompagnien und dem 
hiesigen Handelsstande in Extenso uiitzutheilou; die von einigen Conaulen 
noch rfickstfindige Berichte zn urgiren nnd mit der gedachten Commnni- 
cation alle kfinftige Jahre fttnsagehen. Wo dann der Commenienrath die 
diensamen Anfragen und Anleitungen an die Coneulen su erlassen, und 
in seinen Operationen und der Correspondenz mit der Intendenza in der 
Confonnität der erhaltenen Kundscliaften, alles was die Exportation der 
hierländigen Producten und Fabricatorum befördern kann, recht on detail 
ahzt:hrindoln und hiernaehst ins Werk zu stellen sich zu beeifern haben 
wird. V\m] >]:\ in dr-r Lovante und besonders zu Smyrna nnph kr-ine Cnn- 
sulen angestellt sind, das levantinische Negocium aber das uuiüi liebste 
für den österreichischen Staat ist, so hat der Commerzienrath der Inten- 
denza zu Triest aufzugeben, dass dieselbe mit Einvernehmung dei Triester 
Börae sich gutächtlich ftnssern soll, was zur Beförderung des levantini- 
schen Negocii in Anstellung der Consulen and sonsten Diensames Ter- 
anlasst werden IcAnnte.* Protokoll des Commerzienratbes, 16. Octoher, 
rep. 14. November 1766.) 

Handschreiben vom 16. December 1769 an Grafen Rudolf Cbotek: 
Jch theile ihm die anliegende von dem Consnl zu Bordeaux rer- 
fasste Anmerkungen Aber das erbländische Commercium zu dt in Ende mit, 
auf dass von Seiten des Commerzienraths von denen etwa niitziicb be- 
funden werdenden Gegenständou der gehörige Gebruudi macht 
werden möge. Mai-ia Theresia/ 

im. Vortrag vom 80. August 1 762. 

188. Der Bath bei der Intendenza in Triest, Raab, unternahm eine 

Keiso in Croatien und Ungarn. Die von ihm verfasste ,Hi>torische Be- 
schreibung aller jener Umständen', die er in der ihm .allergnädigst auf- 
gotrasrenen rommorzial-rommissinnsreise in das Königreich noatien be- 
ohachtet, und mit dem zu errichten vorhabenden Commercij mit diesem 
Königreich sowohl als jenem von Ungarn einige Verknüpfung zu haben 
beurtheilt habe', wurde am 2 H. November 1759 eingesendet. Im Jahre 
1777 wurde Eger nach Triest und Aquileja gesendet, um die dortigen 



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168 



liauten zu liPsichtiVen mid bei di^'sor Oelr'Gr^^nheit snllto er auch nach 
Mesola g»'li>Mi, um dasclfist das iM-kaiiuti- Maiiilirin Vclu; Ktublibsement, 
welches die Fuiiloi ung des Vwi ktthrt-s iwiscln ii DtMitM-lilaii'! und Itulien 
erzweckte, zu besicbtigeu. (Haudscbi eiben au diu böhiu.-ÖHt. Kanzlei, 
16. März 1777.) 

Josef wies dem Autuaiu di Giuliani vou Tiiesi, ,ein junger Manu, 
dem es an Geschicklichkeit und besonders uu Eifer für die Beförderung 
des Handels tu Triest nicht zu feblen scheint, der aber noch keine frem- 
den Seehfifen und Handelspl&tze gesehen hat', zur Besichtigung 500 6po- 
lici Ducaten zur Bereisung der mittellfindischen Seehäfen an (Hand- 
schi'eiben vom SO. April 1785), im Februar 1788 abermals 800 Ducaten 
zur Fortsetzung der Beise. 

124. Die Bi'iiiüliuiiL'fn der österrfiehisrhen Hot^if^rnng, den Haiidol 
aii8 Deutschland üb» r Trie.st zu leiten, suchte \ inciiiir /n kreuzen. Grau- 
bünden sollte zur Anlegung einer Strnsse ulxr den .Inlier bewoq-en 
werden, um »tit Umgehung Tirols deu WaareJizug durch die Schwuiz an 
den Bodensce und nach DeutJschlaud zu leiten. In einer Zuschrift an das 
CemmerzdireetoriuBi vom 14. Juli 1759 wird ein ,berflchtigter' Frands- 
kanermönch erwähnt, Numeos Padre Novare, der nach Venedig zur Verhand- 
lang geschickt worden sei. Die Bepublik zeigte sich zur Erneuerung eines 
Vertrages erbötig. worin sie sich 1706 vei'pflichtet hatte, 711 Dublonen an 
Grnnbfinden zu zahlen und dem Cauton das nöthige Salz zu liefern. Tirols 
Salzhandel kam dadurch in Gefahr. Förderer dieser Bestri l.imiren war 
das Haus Salis. Chiavenna war zu einem Emporiiim für den Hand» ! /wi- 
schen Italien und DonKdilund ausersehf^n, ein IMau, der schon früher 
aufgetaucht war, ahi r lii-hor von Oesterreich durch .ausgiebige Geldvor- 
wüudunpren*. wozu au< h ^\^■ tu olische Landschaft und Bozen Beiträge 
gaben, hintertrieben worden war. Zwischen Tijul und den vorarlbergische u 
Herrschaften einerseits und Graubflnden anderseits war nimlich 1518 
ein Vertrag abgeschlossen worden, welcher auch Bestimmungen ttber den 
Handel enthielt. Freier Verkehr und Frttchteausfnhr, «Gottesgewalt und 
Herrennoth* ausgenommen, waren darin bedungen. Eine Erneuerung 
dieses Vertrages hatte 1643 zu Feldkit ch stattgefunden, jedoch bezüg- 
lich der Waarenansfuhr nichts vnthiclt. .weil mttn damals auf diesen 
Gegenstand keine sonderbare Aufmerksamkeit zu tragen pflegte'. Durch 
die mailändische Capitulation vom Snpfrrnber 1G39 wurde Graubünden 
angeregt, eieone und frcni Waan n *»1iup Qinderniss durch das Mai- 
ländiM.hf gegen EiitiiolituiiL: dt-t i:t^\v *hulicben Zollgebuhr zu führen, 
mailaudischen Unterthaueu war dagegen die Durchfuhr in Graubünden 
zugestanden. Gegen die Cantoae wurden, wie es in einem Schiiftstücke 
heisst, angenehme und unangenehme Mittel angewendet: Androhong der 
Qetreidesperre, Einziehung der mailftndischen Pensionsgelder im Betrage 



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169 



von 27.000 Lire di Milano (7780 tl.) jährlich. In dem 1707 (IihlIi Vtn- 
mittiuiig Knglands und ilollamis abgeschlossenen Vortiii^«' mit Grau- 
bündeu wui ile ziigesagt, dass einige Z»»lle auf Salz, Getreide, Branntwein 
und andere Wiuuen, die in den lokton Jahren in Tirol eingeführt worden 
waren, beseitigt worden sollen. 

125. Beriebt Tom 8. October 1761. 

126. PfotokoUe vom 10., SO. and Sl. Januar 1765. 

127. Hirscbl wurde cliirch Decret Tom 1. October 1770 aufgefordert, 
sich nach Böhmen ta verfagen, die Fabriken nnd Mannbcturen m be* 
suchen, fdenselben die ad extra^gftngige Appretorsart nnd Dessin an Hand 
zu lassen und andurcli die dieefUligen Fabriken nnd Qewerbslente in 
einen soleben Begriff an setzen, mittelst welchen Bebelfen ein lebhafter 
Debit und ausgiebiger Verschleiss n<\ extra besonders über Ti ie^i erhielt 
und zur nUteren Verbindung des diesfalligen mit dem oi hlfindischen See- 
handel prreicht werden mßchte'. Am 1 0. October 1 770 war Hl rsclil in 
Prag und erhielt von dorn Präsidenten des Commcrzconspssos ;in die In- 
spectoren des Leitnieritzer, Bnnzlanr»r nnd Könit^trräl/er Kreines Em- 
pfehlungen. Am 28. November 1770 erstattet er seine .gehorsamste Re- 
lation über die genommene Localein^icht des böhmischen Leinwand-, 
Glas- nnd Tnchhand^ls nnd durch was ftr nnmassgebliche Torschl&ge 
deren Debit Uber Triest am fflgtichsten einsoleiten wftre'. 

128. Die Olashändler wurden zu Haida am 19. August 1771 unter 
dem Vorsitze des Commerzialinspectors Schreyer einvernommen. 

129. Die Mitglieder der Commission waren: Pachta, Josef Kinsky, 
Cescbi, VVasmuth, Loscani. 

130. Vortrag vom 7. September 1771, herabgelangt am 19. Dem 
V^ortrage lieirt die Arbeit Serioue's bei : Plan de rexecntion du change- 
ment de Franefort et de Hambovir^' \i^>\\v Tapprovipi nrinent dts Etats de 
Sa Majeste des deiiree? dos denx Indes et den fniit.v d'Espat^'iio et de 
France. Die Erhcbuniceii winden am ;J0, September angeordnet. 

181. Vortrag vom 9. Juni 1 780. 

182. Noch im sechsten Jahrzehnt werden die Namen jener Kaufleute, 
diein anmittelbarer Verbindung mit den italienischen Handelsplätzen stan- 
den, ausdrücklich hervorgehoben. Als im Jahre 17r)7 Erkundigungen in 
Wien einprezAf^'en wurden fi!t»*i' den Handel mit dem i.;iii>tlu hen Oebiote, ergab 
sich, dass v^n den NiedeilaK'>Yerwandten, dem Tiielilanhencollegium und 
den Leuiwandbändlern njemand ua< li lei Ki.niugua liaudel trieb Hieraus 
erhelle, heisst es in dem erstatteten Berichte, dass das Negotium der hie- 
sigen Kaufleute blos in Bestellung fremder Waaren, keineswegs aber in 
Terachiekang hiesiger Fabrikate oder in einem nfitalichen 8tichhandel 



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170 



bestellt'. Im Änfnogc der Ffmfzigeijahre wird ein Brünner, Namens 
Scholz. diM ein klfinos Waarenlager iu Triest hirlt und mit ordinären 
Tüchern die Messen von Siuigaglia besucht«, namhaft gremacht. 

138. Ich entnehme diese Stelle dem Originalberichte. 

284. Beseripte an die Beprftsentans und Kammer in Hfthren vom 
17. Mai, 6. September und 8. November 1768. Der Lehnbankinspector 
Xemhofer machte Bedenken geltend, indem er auf die vielfachen Hinder- 
nisse hinwies, welche erst behoben werden milssten. Die im Prerauer 

Kreise befindlii lu n Tu« hfabriken, legte er dar, hätten früher Handel nach 
Triest getrieben, den Markt jedoch eingebüsst. Di*' rrsai lit liege darin, 
weil dii' Tnclicr uoch immer durch die IJngesrhicl<li( ]ikfit und Nachlässig- 
keit der l'Yir!i('i' iiiattileckig tmd nicht leMiaft L't'mitr s^ien, schlecht und 
nicht vorschriftsinäspig aj^itretirt wünitui, in der Jireite ungleich seien. 
(Bericht vom 2. l)»M ('niber 1763."^ Zur Probe sandte er jedoch 20 Stück 
Tücher nach Triebt, allein die Antwort lant^'te. da^s die Fulneker Tücher 
höher im Preise stünden und auch in der Levante und in Italien Absatt 
i&nden, in ähnlicher Weise mfissten in Breite und Qualität die Brfinner 
Tflcher gearbeitet werden, wenn damit ein Geschäft gemacht werden 
konnte. (Bericht der Intendenza vom 29. Februar 1 764.) 

135. Oirculare an die Manthfimter vom 34. Januar 1748; beiliegend 
eine in fransOsischer Sprache geschriebene Weisung des Kaisers Frans 
vom 17. Jannar 1748. 

138. Die kals. Entschliessung auf einen Vortrag vom 6. August, 
rep. 14. September 1767. womit die mit dem Orafen Rosenberg gepflogene 
C!orrespondens wegen der verbotenen florentiner Waaren vorgel^ wurde, 
lautete: ,Hir ist vor Allem, und zwar sobald als m^licb die gutichtliche 

Meinung sn eröffnen, ob den erbhindischon Kaufleuten auf solche Waaren, 
die in Toscana, Mailand und in den Niedorlanden fabricirt werden und an 
haben sind, die Pässe für andere fremde Länilor 7n vertagen seyen, inso- 
lange vicAr- «nlchp Waamn in erwähnten droy Landein zu hokommen sind.* 
Eigenhändig fügte die Kai.serin hiir/u: ,Hahi> abor ontsrhlossen, 
ohne weitere declaration oder verbündlichkeit nur dem cnniuorcienrath 
zur richtschnur es bey deme zu lassen, bis weiters befeUl, was 1753 ist 
verordnet worden, nicht umb meinen Sohne zu favorisirn, wan es preussen 
wäre, thäte das nämliche, weilen unsere fabi i<iuen täglich schlechter und 
theurer werden und nichts dardurch als das publicum leidet, besonders 
in Seidenzeugen sejnd wir sehr schlecht daran und ist kein Fleiss keine 
emulation weil man die Verbott weiss.' 

137. Die Berichte Neny's vom 16. Hai 1768. 

138. Bericht vom T.September 1768, unterzeichnet Heinrich 
Auersperg. 



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171 



189. Das Hftndschratben im den Grafen B. Chotek lautet: »Damit 
der wichtige Gegenstatid wegen Verbindung des diesseitigen Commercü 

mit dem toscanischen in das rochto Geleis eingeleitet werden möge, ist 
nötbig, daBs in einer besoodern Schrift dasjenige zusammengeseiset and 
des Erz- und Grossherzogs Liobden mit^etheilt worde, was in d^^m an- 
liegenili-n Vorhair Jes Commprcienrathes einkoinmot odor was sonst zur 
Bef'u iit'i ung Meiner hierlütallH hegenden Absicht ili*'iili« h erachtet wird. 
El liut altso bey einer zu veranlassenden Cuiiniiissiou mit Ileyziehnng des 
dermalig hier anwesenden Auerspt^rg und des Neny nicht ulloin die ge- 
dachten Punkten zn entwerfen, sondern auch fiber den beiliegenden Mir 
Yon der Camer eingereichten Vortrag die Berathnng lu pflegen und Mir 
ein so anderes an Meiner Schlnssfassnng voraulegen.' (tO. NoTember 
1768.) 

140. Protokoll Qber eine gemeinschaftliche Znsammend^tung der 
Hofkammer, Ministerialbancudeputation, der ungarischen Uuf kanalei und 
desCommerzienrathes, betreffend die nähere Verbindung des erbländischen 
Commercii mit dem toscaoischen. 

141. Protokoll vom 16. October 1769; unter dem Vorsitze Rudolf 
ChoteVs anwesend : Oraf von Rosenberg, Neny und Degelroann. 

Die kais. Entschliessnng, von Josef nnterseiehnet, genehmigte 
das Einverst&ndniss in allen Punkten. 

148. Protokoll des Gommemenrathes Tom 16. Deeember 1769. Die 
kais. ßntKchliessung lautete: Es dient xnr guten Nachricht, dass Toscana 
die mit dessen Mtnistro getroffene Verabredung wegen beiderseitigem 
Mauthnachlass auf die erzeugenden Waaren begnehmigt hat. 

Die Aui<nabnio deren Regalien b idet keinen Anstand und ist hier- 
orts gleich ohnbestimmtermassen geltend zu inarhrn 

W*^g«'u deren Attesten ist insonderheit auf den Platz Trifst dif^ 
Rücksidit 7.U lu'hiiioii. hierwegon das \'prnphmtMi zu ittlcg-cn, damit die 
da8elll^t citikoiiiiiiünde Waaren untt'i' »ior Attfstatinn der dasigen Inten- 
denza begi»beu werden können. Uebrigeus kann der Kick za Marseille 
als Consul angestellt werden. 

143. Vortrag Cho^k's vom 22. September 1758. 

144. Der Vertrag vom Jahre 1757 bei Martens Supplement au re- 
cuoil des principaux trait^s, Oöttingen 1802, T. II, p. 76. Der bisher un- 
gedmckte »Articolo separato e secreto' lautet: 

Articolo separato e secreto. 
Sondosi nell' articolo quarto il ribasso del D.i/.iM sopra i generi e 
merci dirette alla Lombardia Austriaca ristrctto alli ^n-neri, e merci pro- 
cedonti de Ijuot^hi originarii, e di prima niauu, e nun niai per gli altri 
generi e merci pruvenienti per mezzo di stati esteri situati nel Golfe adria- 



173 



tico non compresi nel presente trattato, si couviene a mafggioT ohiarttsta 
di taie limitazione, cbe Ii Prodotti originuri o oianifatture de! littorale 
aii«triaco posto in dotto Golfo non debbano restare ne snggetti eo- 
gette alla dotta KoBtrizione doli nrt" IV e debbano ETolore do] l ibasto alle 
Dianifattiiro, o Prodotti o oi o procpfl^nti da Porti anch'' E?5tm 

ßituati fu*'ri d*'ir Adiiaticu purclie pen> m giuütiüclii di iimno in umno mn 
le cautele soUle piaticarsi, essere veri Prodotti, e manifatture di Trieste 
0 Fiume, liservandosi poi tanto Sua Santitä, quanto S. M* di dimostrare 
la loi'O TiMndeTolfl pRiti€olar propensione per atnpliai'e anche in altri 
neri la faeiUtft de commercio a benefieio e comodo de rispettivi sndditi, 
e etati nelP altro snccessivo trattato» che ei eta manegiando tn Ii stati 
della S. sedfl. e qoelli di S. Maestl in Germania. II presente artieolo 
sejMirato e aecreto dovia aver forza, come se fosse inscrito di parola in 
parola ntd presente trattato e non dovra publirartsi se non di concerto 
delle due Potenze conirattanti ed al tetnpo, che dalle med'"* eerä credate 
opportnno. 

Roma, 7 decenibre 1757. Milano, 30. iiüv«mbro 1757, 

A. Card" Archinto. C" Christiani. 

145. Vorfci'ag vom 17. Angnet 1764. 

146, Handbillet vom 28. ace. 99. Juli 1768. 

,Da Ich heachlossen habe, ein rcciprocirliehes Commercium mittelet 
beydereeitiger Mantherleichterang sowohl fQr die deatseh^erbUlndischen 
Waaren in der östeiTeichiachen Lombardei als hingegen ffir dortl&ndige 
in den deutschea Erblanden nach gleichen Mass einzuführen; so ist 
sich zwischt ii <\cm Commerzienrath und der Kammer einverBtindlich und 
mit allem Eifer dahin zu bearbeiten, dass dieses so gemein erspriessliche 
Werk baldmr>rf!icb8t zu seiner Vollkommenheit gelangen möge, wo dann 
der auf diese deutsch-erbländi^che Producta und Fabricatn in den niai- 
ländi>' hen und mantnanischcu Gebieten per modum reciproci auf die 
Hälfte zu vermindernde Mauthansatz, und was dieser bey jeder dieser 
Gattungen deren currentesten Waaren als: Eisen, Stahl, Messing, Kupfer, 
Glas. Leinwand, weisse und gedruckte TUcber, Hflte, wollene SIrfimpfo, 
Wollenaeuge, Cottons, Zitz, Uousselin, Barchent, seidene Bänder nnd 
Leder betrage, auszuweisen nnd auf den erbl&ndischen Handelsplätzen sn 
verkfindigen, auch dieses reciprocnm anf die TordorOsterreiebisehen Lande 
auch darum zu erstrecken sej^n wird, weil dahin die lohe und fabricirte 
Seide und daq-egen znrück die Leinwand eiuon starken Zug liat, ferner 
wild auf :{]]<■ S'i idenwaaren dfr Riirlczoll nach Ungarn V'^n nun an anfzu- 
heben und oli difpr»]- au«'h in übrigen und in welchen Gattungen 

deren Waaitu weiter aut^iih*'l'f ri .sei. Mir von der Kammer und dem 
Commercieurath das gemeinsciiuttlichu Guiaclitcn in Zeit von 14 Tagen 
zu erstatten se)n.' 



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147. HaadBchreiben vom 10. April: ,Da leh Heine so oft xn er- 
konnen gegebene Willensmeinung wegen Einleit- und Verbindung des 
gegenseitigen Commercii awischen den deutschen und italienischen Erb- 
landen mitteißt beiderseitiger Erleichterung der Manthen endlich einmnl 
in ihrp Ei'fnlhin<jr crf'^etzt wissen will, so hat iler C' iinnftrcipnrath liiorülM>r 
unge^iäuiiit mit I^lciuor Hof- und Stuat^kaiizlov dif Hciatliuii;.' zu pfli^gcii, 
damit rnir hingst in Zuit vou 14 Tat^eii dw wichtige Vortrag in dieser 
wichtig*ja Angelegenheit erstattet werden möge.' 

148. God.EQstr. VI, 1208. 

149. Die HantlisteUeii waren zu Lage scnto, Ouadrelle, GnaAtalla, 
BerBello, Casal maggiore,ToriiieeUi, Polesine, Cremooa, Lodt und Mantua. 

150. Beruht anf einer prrr.sseren Anzahl von Verträgen und Con- 
feieuzumtokoUen aus den .Fahren 1773 und 1774. sowie atif f»iniiron 
S( liriftstücken des Staatsrathes, ferner auf einem Vuiiiaire von Kaunitz 
Vom 2. September 17 74. Kais. Entschliessung auf Vui Liag vüin 21. No- 
vember 1774, ,den österreichischen und Aber Triest kommenden fremden 
Waaren die nftmliclien ZoUerleichterungen, die den gennesiechen nnd sar- 
dinischen Waaren eingestanden ist, ebenfalls susawenden.' 

Von Triest wurde eine l»arca corrierra nach je 14 Tagen nach Porto 
goro gesendet; die Triester Scliiffspairone insultirten dieselbe auf im- 
pertinente Weise*. (28. October 1747.) Der mit den Schiffspatronen von 
Fcnara gcsrhlossene Contract ging 1767 zu Endo und wurde am 1. .Tuni 
1757 bis Endo Mai 1 765 erneuert, und zwar mit Boncchi und Balletti. Die 
Unternehmer verpflichteten sich, den Ver)rf'hr zwischen Triest und Lago 
scuro di F.Miara zu fuhren. Ein Tarif war vr;reinliart. Im Jahre 1760 
nbernahni die barca Giacomu Bailelii. Die Wsuiren gingen über AUa Punta 
di (ioro. wi'lches päpstliches Gebiet an der Adria war, nach Mosola, vou 
hier auf dt«n durch den Po formirten Canälcn über Porto di Lago scuro in 
die Lombardei. Bis zum letztgenannten Punkte fuhren die Triester Schiffe; 
dort wurden die Waaren umgeladen und auf die aus der Lombardei kom- 
menden Schiffe, bnrchi genannt, weiter nach Ferrara, Hodena, Mantua 
und Uailand geflüirt. 1772 sollte eine Erneuerung des Gontraets statt- 
finden, allein die Triester Kaufmannschaft erklftrte sich dagegen, und die 
Fahrt auf dieser Seite des adriatischen Meeres wurde freigegeben. 

151. Neumann, Kecueil des traites 1,211. 

152- Fürst Kaunitz beantragte, dass Oesterreich die zur Herstfl- 
lung der Strasse im Mantnanischen erforderliche 8umm»' von 15.000 11. 

rihf'rn**hnif. da bei -Ion Verhandlnniron das Hestieln n dahin gerichtet war, 
dem Triester Handel einen Vurtheil ■ian li ü«' Ih rahsetzung der Ci»'brihren 
an den Ufern vou Bercello und in den dazu gehörigen Districten zu ver« 



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174 



schaffen. Kaniiitz befürwortete die Herabsetzung der Transitomaothen in 
Tirol, was nidit lilos tlem Hf rzoifthtini Maiittia, srindorn auch der Graf- 
hclmfi. Tirol /um Niit/cii ^n'r!'i(.:lifii wünie, iihli'iii liaiiiin li 'ior Strassonzng 
einen Zuwachs «rhalLuii wt'iJe. Indens be^vsuilulti' (•^ tiraf En/f-nlierg^, 
dass es möglich sein dürfte, den Verkehr von Lindau nach Genua abzu- 
lenken, indem die Kosten per Centner sich lediglich auf 5 fl. 30 kr. auf 
dieser Strasse belaufen. 

173. Dan CoUegiuni remnicn jnnmi — unterzeichnet ?i<r. Pnirkner 
— weii ict sich Wien 23. August 1670 an die österreichische llolkanzlei 
mit doiii HiiivviLis. dass es sich bei den jüngsten Conferenzen wegen ,in- 
tiüducirung der Commercion' besonders darum handelte, .was für Waaren 
aus den kaia. ErUanden an die Itais. Häfen am adriatischen Meere ge- 
bracht werden, waa man hingegen ans Holland snr «tDtrodnciiiing der 
Commercten* verlangen kOnnto, welche Seehftfen and Kfisten za benennen 
wftren und wie selbe wegen der Tiefe, Sicherheit und Gelegenheit znm 
Einladen beschaffen seien/ 

Am 30. August 1670 ergeht die Weisung des Kaisers au die Inner- 
Österreichische Kammer, dass sie i)in w^'gen dieser Punkte ,niit nächstem 
in eiuem und andern die wahre und eigentliche Beschaffenheit erinnere*. 
Die iuuerösterreit he Kammer scheint sich nicht beeilt zu haben, der 
kais. AiifTordoniiiu: zti ^nt^prorhen. Eine »R^'l^'-^'O"' .loh. Joachim 
Becher an den Grafen Ludwig Sinzendorf (präs. Wien 5. Novembris 1671) 
gab den Anstoss zu einer neuen Weisung. 

Die Kelatiou lautet: 

Hochgeborner Graff. 
Gnädiger Herr. 

Bey meiner anweesenheit in Hoilaudt haben einige der Holländi- 
schen KauSleuth ihre gedanckben gehabt, über See zn den Kaiserlichen 
Erblanden zvhandlen, gestaltsamb dann Sy HoUftndter jederzeit lieber zn 
Wasser, alss zu Landt handien thuen, unnd weil die Kays. Erblsnden 
nifgendts an die See grfinzen« alss in dem Adriatischen Meerbusen, haben 
sie Termaint, dass nach St. Veit am Pflanmb ein nuzliches negotium ge- 
than werden möchte nicht allein der bequemlichkheit selbigen Ports, son- 
dern auch deren umbligenden Laiidlsi halTt wegen, alss Villach, Labach, 
Istria. c.räz, an welchen orthen Qneckhsilber, Bley, Kupfer, Staal, Heut. 
Wein umid and^ro Sachen ztivfrlianllf n fallen, wolch umh Holhlndipchft 
Wahren erhainil<-t. unnd abo seUiiiri- Lancier darinit vci srln-n. uinnl bei- 
derseits gueter ^'uzen geschafft, und liandl unnd wau^ii ms laudt gebracht 
werden könte, ob Ich Ihnen auch zwar wol vermeldet, dass es die Veue- 
tianer gern sehen, oder solche Schiffahrt dulden wttrden, haben Sie doch 
zur antworth geben, dass Sie nach den Venetianern nichts fragen, sondern 
Ihrentwegen hin&hren mögten, wo Sie wolten, Unnd obgleich die Yene- 



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175 



Uaner Ivo Kays. Higeatät Terbieten wollen, nicht mit dero aigenen Schiffen 

auf der Adriatischen See zufahren, köntf sie es dannoch ihn« n ikn 
Holiänderen nit vorwehren, dass Sie mit Ihren aigenen schiffen dahin 
fahren, Unnd kombe Ihnen wunderlich vor, dass alle Potentaten auf sel- 
bige Küist ihre pnrtus allein aber Ihiu kuvt^. Mnjcstät dif ihrige nicht gi^- 
brauchen riH Lr' ii, wollen derohalben di&bs o!l^t;u ulum auf sich neliuibon, 
ehe sio ahn ilises werckh anneniben, verlaui^i n sie folg-enden Jiericht. 
wie zu beben aus der Beylag Nr. 1**. Uund weill die HuUander verhoffen, 
dass dises Negotiam beederseiis gneten Profit geben werde, alss treiben 
Sy solches nmb so ?U1 besser, gestaltsamb dann auch der Holländische 
Tice-Admiral Gent, unnd andere dessentweg mit Ihro Kays. Majestät 
Besidenten in dem Haag Herrn Gramprich gei'edt haben, teh aber habe 
solches, wie es an Mich begehrt worden, Soor Hocbgrftflichen Ex* gehöre, 
hinderbringen nnnd verbleiben woUen. 
Euer Uuchgrafl. Kxc* 

Untertbünig gehorsamster Picner und Knecht 
Johann Joachimb Bochor. 

Nr. r. 

Oopia au83 dem Holländischen, in dass Uochteutsche übersetzt, pro- 
pouiürt in Ambsterdamb von Govert Ontvorst, den l.aug^^ 1671. an 

11(11 11 Dr. Becher Kays. Mt. Rath. 
Wass uugehüt den Uandelplaz in Jro Kays. Mt. Landen gelegen, 
in dem Gdfo von Venedig von hierauss nach denselbigen zafahren, Uund 
alda zu negotyreu, nnnd mit gfiettern an trocqaieren, oder sonsten in 
geldt den handel anzustellen, mttssen wür Erst nachfolgender puncten 
Brlefitterong haben also. 

1*. Muess Mein Herr wol nntersuechen, Tor wass preiss mann die 
an selbigen orthen fallendte güetter, alss Knpfsr, Qaeckhsilber, Stahel, 
HeQt, Wein unnd andern Kauffmanschafften haben kann, unnd dass an- 
8talt gemacht werde, dass solcher güeter genung, und SQ rechter seit vor- 
handen Seyen, damit die Schiff nit angehalten wftrden. 

2°. Weer unns auch nothig anwiesen, warn etwan fflr gftetter nnn- 
sererseitä widerumb selbiger orthen, unnd in wass vor preiss unnd qnan- 
titet sie ohngefebr, etwan verhandlet werden. 

3°. Müste ein Ordnung von Ire Kays. Majestät gestellot, unnd 5 
oder 6 Persohnen sich m conjungieren, Unnd eine Conipagnio zu mjichen, 
auch das Diift toi iimi ziifiiliion zncrolassen, nnnd freyheit gegeben, auch 
ein Plaz assigairet wtirden. wo Si" ih\i\ (\.nto8 aufrichten möcrten. 

4*. Müste auch hier in Hollandt eine Cotnpagni*' i;< ina< lit werden, 
welche mit der in Oostorreich cori e.spoutlire, nnd Fieyheit hai)»;, nach den 
Kciyl. Krblanden zur See znhandlen, auch Ir Kanffhanss dortou in poi-ta 
zababeu, unnd dises Privilegium mass sich erstreckhen auf 60 a 80 Jahr, 



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176 



auf daes man in diser seit dasB Negotium recht fimdireu und stabllieren 
könne. 

Hieranflf versiiech ich an Meinen lierrn, auf alle di.se obenstehenden 
puncten pertinent doch mit neirster L'oh'g'fnlieit zuhaben, wie neuiblich 
unnde ;mf wass ffir nianieren, die herrn gesinnet seinde, ihrerseits dises 
Negütiiim anzufaagea, ist imterachriben sub nomine, ioco et dato, wie 
obenstohet. 

Diese Schriftstücke Bocher'.s wurden am 23. December 1671 au 
die iunerösterroichische Kammer zur BeguUchtung gesendet. 

154. Vortrat;. 18. Deceraber 1749, von Cbotek untpr/fu hnot. l)ie 
Kai.seriu bonierktt: « itrenhändig: ,.T'ai resohi qu'on favorisera eii tuut les 
produits dt!» pays bas hors les draps et les cauielots qui doiveut rester 
comme ils sont asteur.' 

155. Kar! von Lothringen an die Kaiserin, 9. Juni 1751. 

156. \'<)rtrag Tarouca's, 1 Mär?, 1 758, Schreiben Maria Theresiaa 
an Karl von Lothringen, 21. Mäi-z 1753. 

157* II Bern d*autant plns impossible ans sujeta de V. M. dana 

les Pay8-bas de faire nn commerce r^iproquement utile et avantageux 
avec les autres Etats hereditaires qne la haateur des droits fait naitre an 
metier destriictif de tous les bons commfrcans, la trainle devieut une pro- 
fession iucrativo. ^galejuent contrairo au hii u de l'Etat et de comnieror», 
Texperifiire pinuve journali^r<Mnent daiis l< s Pays-bas, (jm- la iii uiei ation 
iU'h dii'its Oll aiigmente b« pii -lnlt en menie tenis, qu il aninie le commerce. 
(Vürtr;ig 'l'arouca's, 8. Miiiz 1755.) 

158. Meine Abhandlung im Archiv für österrotchische Ooschichte, 

Bd. 79, S. 401 f. 

U>9. Kesalution auf Note vom 6. April 1761: .Der bereits vor 

einigen .TahrtMi gemilcht«« Antrag, das niederländische Tncliercommcrciuni 
mit dem deiitsch-cibirindischen mehrer zu vereinigen, wäre anwiedpiiim 
m r«'a.«sumir(Mi nnil (li<'-<"^ fnr b*'ydf» Landti wichtiir»' (rf*schiift zu ln'i irli- 
tigen.aii. i) turzihi»!akf u, welcher gestalteü dorloy fremde Mauulacturanteu 
hieheru zu /.iehon seyon.' 

160. Die kais. Entsohliessung ;nif dfii Vortrncr vom 4. Juni 17ül 
lautet: ,Da bey dem AtitraL' d«^r Vcrluiiilun«.' iit s iiif icrländischen Com- 
mercii mit dem deiitöch-erblän.libclieu noch allzu gro.-ise Beschw • raiss und 
Jiedenklichkeiton obwalten, so wäre derzeit diese Sache nocli au.sgtSfUt 
zu laäs>en, bis etwa hierzu eine n&bere Gelegenheit erscheine; indessen ist 
20 trachten« daas die Kladniper und Walleneteiner Fabriken, die sich auf 
die Verfertigung deren feinen Tflcher schon verwenden, wo möglichst 
unterstQtzt und in das Grosse gebracht werden/ 



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177 

161. Vortrag von Kaunitz vom 5. August 1763; Vortrag von Chotek 
vom 24. Aug-nst. rep. am 2. H( ptembn* 1768. 

Auf dioBeu Vortrag' schrifh »lif Kaiserin (»igonhändig: 
.placet übrigens i^it uiclit die Frage von schädlichen Froigebigkeiton 
gegcu audere pruviu^itju wohl aber, wie zwiöcbcii hier uud niderland <mii 
beederseitiges DQtzlicbes Comercc einzuführen wäre, wan wiederuiub 
Qnter denen schädlichen Freigebigkeiten dasjenige will Terstanden werden 
was wegen mailand und toscana gethan so kann es nicht zulassen, allein 
in seiden waaren und andern Kleinigkeiten hatt der Conunereien rath 
forgetegt, das noch um eine million man fremhder solcher waaren ge- 
brauche, ist es besser das der ?enetianer, leipziger, hambnrger selbo uns 
procurirt, das Geld aus dem Lande schleppt als der Mailänder und Tos« 
canler moino I'nterthanen wie der böhm und Oesterreicher. 

162. Vortrug des Commerzienrathes vom 1. September 1768» unter« 

zeicbiif'l R( i> -liach; der Verfasser ist Degelmann. 

163. Vortrag vom 14. October 1768. 

164. ,Daus uü pays d*£tats/ fügt Kaunitz hinzu, .la bonne on 
inauvaise volonte du penple et de ses repr^entants n'est rien motns que 
chose indifferente.' 

165. ,. . . que moins la genöraliti? d'un Etat accorde de fsveurs ou 
de protection a une prnvine«». moins cf>lle-ci est-elle tenue ä faire des 
efforts pour le soutien de cette generalit^.* 

166. In pinor Bt il;itrp mm Vortrage vom 14. October 17r»s findet 
sich ein Aiisziipr eines Schriftstiu-kr's. welches das niod^rländisrlic Depar- 
tement am 14. September 1768 filier die Finauzlage der Niederlaiidi' lii-r 
Monarchin überreicht hatte. Es wird darauf hingewiesen, dass daselbst 
Ermässigungen der Zollsätze vorgenommen wuiden und doch die Ein- 
nahmen gestiegen seien: ,0e fait/ heisst es sodann, »est assex frappant 
pour confirmer la thöorie qu*on a adopt^e aox Pays-bas dans la direction 
des finances, et pour proscrire des maximes oppos^s. 

jComme cependant on peut abuser de tout principe, et qu'nn patrlo- 
tisme avengle serait portä ä laisser dep^rir pour des pr^tendus avan- 
tAges du commerce les produits dos douanes, dans un jMiys oh Yotre 
Majestö ne pent pas recup^rer, par la voie dp«? consommations, c*> qn'elle 
perdrait dans la rec<»ttp des donanes: Tl faut fixer des borne!^ ä la maxime 
generale, que les >]ouanes doivont etre subordonnees au commerce , . . 
Le calcul seul peut et doit d. tenniner les faveurs qirexicre le commerce, 
et le benefice qu'on peut accorder k la douane. Car les droits d'eutree et 
de sortie ne sont proprement qu'un partage des profits entre le proprM- 
taire des marehandiaea et le flse. Pour les partager, ces profits, il fant 
qnUls existent, et pour en fiüre nne jnste repartltioD, il fant qn'ils soient 
connns: si on en laiaae une portion trop petite aux n^ocianta, ils aban- 

AnkiT. LXXXf I. Bd. I. HUft«. 18 



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178 



donnent nne profession inprate, et les sources Jes richesses d6p^rtraieot, 
Bl on r«tieut tm taux tiop faible pour lo tisc. on risqu«' Ic sfu viot» d'EtAt 
doiit l?i conaorvatinn cxi^^o ilos dt^penses imnu'iitses . . . d'aillfuis la satua 
poiitique fait touj»>urs niai oln r <ie ü'^ni les avantapes des peui»k'S aviM ceux 
du tresor Koyal. Le cab d une uppoiitiou d iuUircts na doit jauuiis ötre 
suppoäü, et &i maikeureusemeut il a lieu quelque fois, il ne fall pa« regle, 
maiB il etabtit vae exception ä la ri>gle g^n^rale et sacr^e» qo« le bien- 
Ötre dee Biiü^ie est la baee la plus solide de la puiaaance des sonveraias.' 

167. Eiu« aui 7. Mai 1 770 vei'tfTt iitlichtft .Nachricht' besagi«, dajis 
die fremden Spitzen und Entuilagou vuu Zwirn in die Erblande einzu- 
ffibren verbotoa sei. Ebeusu habe es bei dem Verbote der Spitzen von 
Seiden- und Nesselgarn zn verbleiben. Diejenij^n aber, welche eine Be- 
stellung derselben bereits gemacht haben, h&tten binnen acht Tagen sich 
bei dem Commerz-CSonsess su melden und die erforderlichen Pisse so ?er- 
langen. Nur die in den Niederlanden gemachten Spitzen von Zwirn 
und Entoilagen sind ausgonommi ti und werden in Zukunft nicht mehr 
als zwei Kreuzer vom Guldenwerth als Consumzoll zu zahlen haben, je- 
ilorh müsse ein jedes StQck mit einem Certificate dor bclg'ischon Manth- 
ämter zu Brflssf»!. Tiöwen, Mochpln, Antwfrppn, (ieut. Mi»ns ddor Nainur 
versehen sein. Dieselben könneu nur iu den in dem Patent vom Jahie 
1764 nuiiiliiift gemachten Hauptmarktorteu, ^uwie nach Laibach, Klugeu- 
furtund Görz eingeführt werden; ebenso werden auch iu den österreichi- 
schen Niederlanden jene Waaren einen Nachlass geniessen, die in den 
deutschen Erblanden geuiUit oder gestickt werden. Der Zoll Ifir Mfinner^- 
und Frauenkleider, ftür Kirchensierat, Decken, Nachtseugtttcher n. dgl. 
werde nicht mehr als 6 fl. vom 100 betragen; die gestickten und genähten 
Tüchel, Hanchetten, Haubt n. gestickte Bänder und daraas verfertigte 
Waaren, ebenso Handschuhe werden 2 7a A- vom 100 zu entrichten 
haben; in der Provinz Liixomburg zahlen dif letzteren nur 1 und die 
ersteren nur 2 tl. vorn KU); auch könncMi diu deutsch-erbländischen 
Waaren in den österroichisi hcii Xiedi rlandtii durch ein Jahr ohne Zoll- 
entrichtung niedergelegt wei den, und wenn sie während dieser Zeit in 
fremde Länder ausgefaiirt werden, bleiben sie von dem TransitozoUe be- 
freit, dieselben mttraen jedoch ebenfiills mit einem Commendalstempel 
eines deutschen Erblsndes beseichnet sein. 

168. AuH einem Protokidle vom n\. März 1771 über die Haudcls- 
vörbiuduug der deutschen Erblunde und der Niederlande. Gegenwärtig: 
Ueini'ich v. Auersperg, Intendenzapräsident, Baron von Reischach, Graf 
von Zinsendorf, die Hofrithe v. Degelmann, Baab, Titelbach, Bger. 

Auf ein Protokoll vom 80. November, rep. 14. December 1772, wo- 
rin Bericht eratattet wurde fiber die von der Kaiserin gelbrderte Auskunft 
wegen der in der Stempeltaxordnung auf die maittndischen, msntuani- 



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179 



sehen, toseaniBeh^B und niederlAndiscIien Waann gdegton doppalten Qe- 
bAhr «eilrieb sie eigenhindiip: 

^iese 80 nidits beissende Conenrrenz eines Groschen oder Erenzers 
auf ein Stuck kann unserm Handelsstand keinen Nutzen schaffen, welcher 
in wesentlicheren Sachen billig zu favorisiren ist. Es int aber eine Falsch- 
heit, Schicanne wiiUt Jas Wort, was denen nicdorländischen und italieni- 
schen Waaren unter Meinem Namen zutresa<,'t worden. "Wau es ist das 
Steinpelaiut iu besolden, «o wäre Mir heraufzugebeu, was es beläuft und 
was grossen Nutzen gelbes dieses Jahr eingebracht, diesen doppelten 
Stempel alsogleioh autV.uhetien.' 

Mau reebnete, das» einige erbländisch» Waareu iu den Niederlanden 
einen entaprecbenden Abmta finden könnten, so Xupfw und Queeluilber, 
Eisen in Stangen, eiserne Nägel, Schafwolle. Toraflglich ungarisdie, Lein- 
wände, Tischzenge, Spaliere, Hflte, Papier, Pottasche, Weinstein, Stahl, 
Weissblecb, Sensen nnd Sicheln, Gsterreiebiscbe Weine, gedörrte Frflebte, 
Tabak in Blättern, gesalzenes Fleisrh u. dgl. In den Siebzigerjahren 
wurden auch von einigen Eauflcuten Waaren Sendungen von Triest nach 
den Niederlanden gemacht. Rosetti, der auf eigenen ScIiilTen 4000 Ccnt- 
uer P*ttta.sche nach Ostende senden wollte, erhielt auf sein Ansuchen 
einen ZoUnachlass von 2 11. per Ceutner, wenn die ausgeführte Menge 
den vierten Theil der Ladung, d.i. 1000 Centner nicht übersteige. (Vor- 
trag vom Iii, October 17 71.) Als er einige Zeit später — im Februar 
1774 — nm die Erlaubniss bat, 2000 Centner aasfflhren zu können, 
glanbte man darauf nicht eingehen zu sollen, da der gewährte Nacblaas 
ohnehin schon eine WoUthat Ton 2000 fl. sei. Bosetti werde sieh ein 
Verdienst erwerben, wenn er mehr an erblftndisehen Prodneten nnd Trie- 
ster Feilschaften zur Probe nach Ostende laden würde. Ein Triester 
Kanfknanu, Tribuzzi, erhielt ähnliche Begünstigungen. Wiener Nieder- 
lagsverwandte erhielten Freipässe zur Ausfuhr von Pottasche und Enop- 
pern. Um un^rarischem Wein Absatz in den Niederlanden zu versehaflTen, 
wurde Hofratb liaab angewiesen, für löOO H. die besten Smten anzu- 
kaufen und al«! Probe dabin zu senden. (26. September 17 74.) Proli 
machte den Vorschlag, in Brügge ein Handelshaus zu errichten, welches 
mit Triest in Verbindung treten sollte; bei der Ausfuhr aus der Hafen- 
stadt und bei der Einfnhr in die Niederlande sollten ihm Begünstigungen 
gewährt werden. Das ünternehmen zerschlag sich jedoch, da Proii Zn> 
geständnisse forderte, anf welche einsngeben die Behörde abrieth. (Pro- 
tokoll vom 2. April 1776, Vortrag vom 19. April 1776 mit eigenhändiger 
Ent.schliessung der Kaiserin, fet ner Protokoll vom S. September 1776 
nnd Handschreiben vom 10. September 1776.) 

169, l urnilichö Haudelsverti'äge, schreibt Chotek in einem Vor- 
trage vom Mai 1761, finde ich bedenklich, w^ nidito mehr Aenderungen 

IS* 



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180 



unterliegt als die TTathllnntr nrnl der vortheilhaftfsto Cunmerzientrartat 
r; pfiff» nvflihind II Ilgen mit sich führt, dl« nnrli Zeit zu grossen Üe- 

schwf idf'n gereichen und doch nicht widornifen werden können. 

170. Gntachten Tom 26. October 1777. 

171. Gutachten des HotVechenkammerpritoidenten Aber einen mit 
Enssland atanschliessenden HandolsTertrag 1783. 

178. Vortrag am 6. August 1770. 

173. Florida Bianca an Kaunitz, IH. Aiiguht 1780; Kaunitz an die 
bftbmfoch-Ssterreichische Hofkanzlei, 27. September 1780. 

174. Bericht von Lobkowitz. I>f>«M»nibf'r 1773, Es wird darin 
ein Pracjer Bfirjr'^rssdliii. .Tohami «Jotteiba, eivvahiit. schon lanpcrc 
Zeit ii> Siianieu weil»? und spanisch besser spreche al.s böhmisch und 
deutsch. Als Ursache über die steigende Concuneuz Frankreichs wird in 
einer Denkschrift bemerkt: Xes Autrichiens n*avoient pas atteint commes 
les Fran^ois le goftt des Espagnola et dee Am^ricaina dans Tappi'dt, dana 
rannage et dana raesoiiiment.' 

175. Bericht von Lobkowits am 22. Janoar 1776. 

176. Vortrag vom 27. Januar 1792. 

177. Vortrag vom 6. Angust 1764. 

178. An die Intendenza, 2. Januar 1776. Die Firma Langwider 
nnd Fedriani in Triest stand mit Spanien in Handelaverbindnng, machte 
aber Banquerott. 

Handelsgesellschaften worden gegründet för den Verkehr mit 
Spanien Kinc Gosellschaffc wurde 1766 von dem Präsidenten doi Intt-ii- 
denza. Auorsport;. und dem Frcilicrrn von Rorie ins T^ebea gerufen. 
Unter den TUvilnohniern erscheint ein Herzoif von Sacliseu-Hildburg- 
bausen und ein Graf Battiiyany. Auch der 6uu\t nahm zehn Acuen a 
500 fl. und lieferte hiefür Leinwand von der Potteusteiiner Fabrik. Mit 
der Direetion worden Gambini und Buaai betraut, denen ea jedoch, wie 
68 sieh beranastellte, an den nöthigen Eenntniaaen gebrach, da sie erb- 
lin&iache Sraeugniase nach Spanien fahrten, die (br den dortigen Handel 
nicht geeignet waren. (Protokoll, 28. Juli 1775.) 

Im Jahre 1767 wurde eine Leinwandhandelscompagnie gebildet, 
deren Statuten von den Coramerzialinspectoren Lieblein und Eberlo vor- 
fasst waren. Es wurdo darin hfrvnrfi^ehoben, dass dio rompacfnio durch 
ihro (k'ldniittol in der Lage sei, die meistpn Artikel am wohlfeilt^ten ein- 
zukaufen, indem bisher die Schlesier den Factoron wenigstens eine Pro- 
vision von 0 kr. per Stßck geben nnissten und bei Mangel au barem 
Gelde meistentheils '6 — 6 Monate fällige Assignationen ausstellten, wo- 
durch die Waare natflrlich Tertheuert warde. Durch die Errichtung der 



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181 



Cotnpagnie werdeu tiie inländischen Fabrikanten in der Lage sein, ihre 
Waaien gegen baros Geld abzusetzen und sich von S<'hlc!sien vollständig 
uuiibluingic: zu machen. Viele ilermalen mit der Weberei, mit der Bleiche 
iinii Ziiricbtiinf^ beschäftigte schlesische Inwohner werden sich hiei im 
Lande niederlassen. W(>d«rch die Toptilation vermehrt und die Verbej^se- 
ruug deb WoblbUjideb der L'nterthaneii burbeigufübrt werden dürfte. Es 
werde dem Lande durch die Bleichen und die Zurichtung, dann durch die 
Speditions-, Traneporfe* und HuidlnngsproTieion alljfthrlich heiliailg eine 
Summe Ten 70.000 — 80.000 fl. saflieesen. Bisher hahen die Sehteder 
die höhmiachen Gewerbeleute in einer betrübten Ahh&ngigkeit erhalten, 
von jedem Handel ausgeschlossen und die in Böhmen enengten Waaren 
unter dem Namen ,in Schlesien erzeugter Waaren' abgesetzt. Die be- 
träclit liebe Xenge der von den Schlesiern aufgekauften Nihmiscben Garne 
und Leinwand»» mi bisher fast durebgfmcrisr dm<|i| Sible^ien über Ham- 
burg, und zwar durch tVtmid); Fuhrleute aubgulührt wurden, und gegen- 
wärtig beabsi» lititre man, die Strasse über Berlin und Magdeburg zu 
Wasser nach üuiuiiurg einzuschlagtii, wogegen die Compiiguie bemüht 
sein werde, diese Waaieu durch die kaiserlichen Erbländer und durch 
inlftndieehe Fuhrleute sn versenden. Die Trautenauer Handlungssoeietiit 
machte jedoch grosse Anstrengungen, die Behörden su bestimmen, die 
Bildung der neuen Gesellschaft nicht zu genehmigen. Die böhmisch» 
österreichische Hof kanilei und der Commerzienrath weisen in einem Vor- 
trage darauf hin, dass der böhmische Leinwandhandel von Schlesien and 
Sachsen noch abhängig sei, und befürworteten da.s Ansuchen derCompagnie. 
Die Kaiserin machte jedoch die Einschränkung, dass man derselben nicht 
ein besonderes Octroi ortheilen solle, da dieselbe ohnehin sich derjenigen 
Unterstützung uud JJegünstigunir /u erfreuen haben werde, welche sie 
überhaupt allen nützlirhen ( 'Ommerziulunternehmungen in thunlichstem 
Maaäse angedeihen zu las^i^u allemal geneigt sei. (Entschliessung auf den 
Vortrag vom 21. November 1767.) Unter den Interessenten befimden 
sich Graf Josef Kinsky und Graf Bolsa mit je 50.000 fl., Graf Batthyany 
mit 60.000 fl., Graf Vincenz Wallenstein mit 80.000 fl., Baron Garignani 
mit 85.000 fl., Baron Fries mit 80.000 fl., Josef Carl von Benda mit 
S5.000 fl., Maximilian Carl von Schmerling mit 4000 fl. 

Die Interessenten wendeten sich dann später an die Begierang mit 
einem Promemoria, worin sie Torstellton, dass sie doch einige Berechti- 
gungen nöthig hätten. ,nm das Zutranen zu erhalten*. Sie verlangt^-n die 
Krlaubnisf*. überall .Mairazine anlogen zu dürfen, mit fremden erlaubten 
Waaren handeln zu küniien. Befreiung den Handliing^pcapitals von allen 
Abgaben, den Titel einer privilegirUiU Üessullschaft tühieu zu dürfen; 
ferner, dass das Aei'ar ebenfalls der Gesellschaft beitreten möge, endlich 
die Absendung des Barons CuJgnani nach Cadix. Dieses Anliegen wurde 
von Seite der Hof kanzlei befftrwortet. Die Kaiserin genehmigte die mei- 



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stpn dieser Belangte, fögte jedoch auf den Voi-trag" vom 23. Mära 1768 
am Sclilnsse ei^'-tMihiimiit,' hinzu: .ich m^^te kein« eiiilaag bey diser com- 
pagnie haben. Cari^nani kan nach cadix gebü will ihino 1000 fl. als 
eine pensinn vorsichein und ibme ein decret zu geben, wan er zurück- 
komet 8eineu posto und gehalt wider bekomen »olle, kein octroi oder 
partieulAr privilcgiiim will diMr eompagnie nicht geben mir also das dteret 
vorlegen wie man an selbe expedirn werde.' 

Nadi drei Jahren wendete sich die GeeellscbafI an die Begiemng 
um einen Aerarial?orB6hn8S mit 900.000 fl. Die kaiserliche Entschliessimg 
lautete: DerCompagnie sei die YertioHtang fa geben, dasa Ich Mich Tiel- 
leicht entschliessen dürfte, ihr einigen YorschusB gegen genügende 
Sicherheit zu bieten. Der Staatskanzler erhielt den Änftrap, Creppi oder 
einr'Ti anderen vermöglichen Herrn in den Niederlanden zur Association 
zu bewegen, (Vortrag^ vom 21. Ortoher. rep 1 November 1771) 

Eine dritte Hautielpg'esellschaft für den Uandel mit Spanien wurde 
mit einem Capital von 324.000 fl. gebildet. Zehetner, Mitdirector, wandt« 
sidi mit einem Gesuche vom 24. April 1771 an die Kaiserin am einen 
Torschoss ?on 900.000 fl., da die Oesellschaft wfthreBd der letitsa drn 
Jahre grosse Yerlnste hahe. Die Behörden beantragten, 100.000 fl. anf 
fünf Jahre zu bewilligen. Es sei eine Untersnchnng anznatellen, lautete 
die Entschliessong Josefs, ob die innere Verfassung der Compsgnie keine 
Gebreclicn habe oder fftr die Vorschösse genügende Sicherung vei-schafft 
werden könne; das Haus Creppi sei zu bestimmen, sich mit der Gesell« 
Schaft zu verbinden. Auch Josef Kinsky richtete ein Schreiben an die 
Kaiserin (praes. am 17. September 1771), worin er zu Gunsten der 
Gesellschaft sich verwendete. Von der Kaiserin erfolcrte die Weisung', 
einige ,vermOgliche' niederländische Kauileute für diü Uaudülägüsellächaft 
zu gewinnen. (2. December 1772, Kaunitz an den Hofcommerzienrath.) 

In einem Memoire snr la eompagnie des tolles de Bohtaie (wahr- 
scheinlich TOn 8erione) werden die GrDnde dargelegt, die den böhmischen 
Leinwandhandel in Cadiz behinderten. 

,Qnand on a form6 le plan d^on commerce des toiles de Bohfime ä 
faire en Compagnie en Espagne par retablissement d'une maison ad hoc 
k Cadix, on n*a point asses röflöchi sar la maniere, dont se fait le com- 
merce a Cadix. On ne trouveroit pas un seul exemple d'nne entrepriso 
de cette natnre chez aucune de nos natirms conimer^'autoi^. et il ost aise 
de se couvamcre, par un peu d'atteutiou sur le commerce d'Espagne, 
qu'une teile entrepri^e ue Bauroit jamais tourner ä compte. 

,Les toiles sont Tun dan priiicipaux articles du commerce deTEurope 
Cadix, et par Cadix anz Indes occidentales. Hais le commerce ne se 
fait point aotrement, que par assorttment, et dans rassortiment, qni se 
forme k C^uüz, les toiles de Boheme n*y entrent qae comme Tarttcle le 
moins recherch^, od comme toiles de Silesie. 



ß 



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183 



^Ainsi 4tablir ane maison k Cadix occup^e uniqu^ment d« setil 
ticle des toilos pour ♦cnt objet de commerce, c'est s'assmrer des partes in- 
faillibles, tant sur ie \>nx ilos toilcs, que pas l'ontix'tion dispeüdieux rnrie 
maison. Si Ton ayoit lait pai* l'eutremise de cftt»' maison, une ou plu- 
sienrs ventes avoc ben^fice. ce seroit Teffet du hazard. f»t de qnelques 
circoufitances, q^ui se reucoutreut quelques foi&, qui ne mnt polut dans 

10 coim ordinain du commeree, qn*!! fiuit bien se doimer de garde de 
^rexkdre ponr base d 'Operations nMiianreB, qui ^tant tuits aar des si man- 
vaia principaa domnt toiyom donnor des partes. 

»Lea BoaiBona de oommarce de Cadix n'entretiennant point de magaain 
permaneiit ponr le commerce dea Indes. IIa atteudent, qn'on annonce 
Texp^ition procbaine de !a Flotte, des galtons ou de qaelqoea vaisaeaux 
de r^gistre. ce qni arrive toujours plusieurs moi8 d'avance; pour speculer 
sur to'ito^ los sortes de inarchandines qni doivpnt former leors cai'gaisoDs. 
Les tolles ou sont un des principaux objets. Les inaisons (iwi y donnent, 
forment le plan d'un achat des toiles assoi-t^es de Kio milk' piasties plus 
uu moiui», üidoiiaent des achaU en Bretague, eii Nüimuadie, dans les 
deux Flandres et Brabani, en Uollaude, en Vestpbalie, eu Siiesie, Bo- 
btaie etc. pour former lenr amatimeiit, et proposent en mime tema k 
totts leors eorrespondans, de prendre dea interöta dana lenr spfenlation. 

11 un?e qnelqne fois aox grandea maisons, qn'il ne lenr raste ancnn in- 
test dans leur sp^nlation. Lenr objet capital est de se procnrer la cotn- 
mission. Tous les autros articles sont traites de m6me, et dana le mftme 
esprit. Iis mettent la condition de la vente a Cadix, tout ou en partie 
siiivant le cnurs des prix qui ^'y forment par la concurrencc on de l'en- 
vnv aiu Indes y ou de la cou Version 4 on bou prix en coutrats a la 
grobse. 

,Une compagnie voulaut taiib ie commerce des toiles d« Boheme, 
devoit donc donuer sa commission a Tuue des premieres maisous de Cadix, 
et Tint^ser dans son plan, ponr fonner ü chaqne exp^ditlon un inter6t 
dans les sp^nlations de cette maison snr les toiles comme cy-dessns, an 
prorata dn montaat des toiles de Bobftme qn*elle anroit fonmi, et attendre 
ponr regier les Umites des sas achats en Bobtaie les ordres de cette mai- 
Bon, n n'y a?oit absolnment point d'autre routo ä suivre poin fnire le 
commerce avec quelque .snoc^s. En attendant Toccasion de £aire dea 
acbats, les funds de la CompafTTiie deroieut etre place? fi intoret. f»t n'etre 
employös que dana lea tema, et en proportiou dea ordres de la maison 
de Cadix.' 

Die Leinwandgesellschafteu wuideu in d<Mi Jahren 1781 und 1 782, 
während des englisch-amerikanischen Krieges, unterstützt und ihueii Vur- 
acbflsae im Betrage Ton 400.000 fl. gewlhrt. Josef lehnte einige Jahre 
sp&ter ein Gesneh der Industriellen ab. ,Die Ursachen/ lautet eine Bnt- 
scUiessnng anf den Vortrag vom 38. November, ,ans welchen zur Zeit des 



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184 



Seeki'ieges deDLeiiiwandhandlungsbäusorn vou Seite desSIwtee Vorflcbüsse 
geleistet worden, bestehen jetzt nicht mehr. Damals war es bei Stockun;? 
dos Veischleisses ad extra zu Krbaltung der beträchtlichen Zahl der iu- 
ländiacben Spinuer uud Weber nothwondig, die Leinwandhändler mit 
Geldern zu unterstötzen, um sie dadurch in das Vermögen zu s;etzeu, Vvin 
dem armen Weber und bo mittelbar aucli von dem Spmuer beiu Product 
abiulOron; jetzt, wo die Ldnwuid ins Ausland wieder wie vorhin vor dem 
Seekrieg Beinen gatmi Atang erhält and der Weber und Spinner bei der 
ConcuiTens mehrerer Iniindischer nnd anslftndisdier Säufer von der Ab* 
nähme seiner Enengnisse gesichert ist, kann einer Leinwandhandlongs- 
Gompagnie keine besondere Begflnstignng mehr umwendet werden, da 
man hiedurch nur die Cencnrrenz der Käufer selbst schwächen und inm 
grossten Nachtbeile dieser so wichtigen Brauche der Industrie der vor- 
züglich begünstigtsten Leinwandbaudlungscompagnie facto das Mono- 
polium einräumen wüidp. Die K^^niirinhofer Leinwandhandlungsoumpagnio 
ist daher mit dem au|2:ebucliten neuerliehen Vorschuss lediglich abzu- 
weisen. In Ansehung des in ihren Händen nuch befindlichen alten Vor- 
schusses von 18.00U ü. aber ist sich nach Meiner nach Vurir.4; der 
Kanzlei vom 18. April 1785 geschöpften Entsehliessnng sa benehmen.* 
Der lUser liess eich von dem einmal gefassten Bntschlnsae nicht ab- 
bringen; denn als in einem Vortrage vom S5. Januar 1787 dem Kaiser 
vorgestellt wurde, dass das Eretaamt bei seiner BefQrwortang der Bitte 
der HandliuigsgeseUschaft nicht Mos auf den Handel allein gerichtet sei, 
sondern das specielle Bestreben derselben wäre, die Spinnerei und Wti>erei 
auf dem flachen Lande zu verbreiten und namentlich feine Leinwand- 
und Schleiergattnnpen zn erzeugen, man daher geglaubt habe, die Com- 
pagnie nicht für eine blosse Handelsunteruehmung, sondern auch für 
eine Fabriksunteraehmung anzusehen, und da die Leinenmantifactur 
für den Staat gewiss die wichtigste sei, auf eine Unterstützung auratheu 
in können. Der Kaiser resolvirtc, dass dem Begehren dieser Handelsleute 
nicht willfahrt werden könnte. 

178. Codex Austriacus, 20. Mai 1122. 

180. Instruction an den Grafen Georg von Starhemberg, 36. Sep- 
tember 1760. In kaufmännischen Kreisen scheinen die Bestrebungen 
der Begiening behufs Abschliessung eines Handelsvertrages bekannt 
geworden zu sein, und mehrere Kaufleute wendeten sich mit besonderen 
Anliegeji id dif l\egif i nnsr, so z. B. .losef Zanke ic Comp, aus Oberliebig 
in Böliineii. mit der Voistellung, dass sie nach Lissabon böhmische r;ias- 
waaren führen und Brasilianer Tabak zurückbringen, allein dieser werde 
doich die Lissaboner Kaufleute immer mehr vertheuert, und sie wünschten 
daher, dass auch Oesterreichern gestattet würde, direct mit Braaitten 
in Handelsverbindong au treten. Da nun, beisst es in einer Zuschrift an 



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ia5 

die Staatskanzlai vom 26. Januar 1751, der Handel mit Glaswaaren als 
eines bf^hmisch-erbli)?! üsohen Producles uarh Lissabon wie nach allon 
auwwfiitigon I>"indern alle F5rdeninp verdiene, obwohl zu wünschen wäre, 
(lass die Kaulleuto anilero Waareu als brasiilianischen Tabak znrück- 
briugen, da Buhinen mit ungai itichem Tabak wie die übrigen Erblander 
Yorseben werden könnte, &o sei der (Jlasbandel schon eingeleitet und 
Böhmen an den Brasilianer Tabak gewohnt, die Siaatskanilei werde daher 
ereaeht, in dieser Bichtong thfttig m sein. 

181. An die geheime Staatskanzlei, 27, September 1750. 

182. Beriebt aus Lifisabon vom 12. Februar und 26. Decem> 
ber 1751. 

188i An die gebeime Hof- and Staatskanzlei, 1. August 1751. 

184, (Thotek an Starhembeig, 14. Oetober 1756; Btarhemberg an 
Cbotek, Paris, 13. NoTember 1758. 

186. 2. Februar und 6. August 176S. 

186. Der Gommersienratb an Kannitc, 19. Mftrz 1770. 

187. Berichte Belgioso's vom ö. August und 14. St pteniber 1782. 
Die Parlamentsactc Georg III. CLXXVIII, 1782. An Act to pei mit Brugs, 
tbe Product of Hungarj or Germanj to be imported from the austrian 
Netberlands or any Part of Oeimany upon Payment of the Single Duty; 
to allow the Importation of Huugary or Oeiman Wines an organised 
thrown Silk, fi'om tbe austrian Netberlands or any Part of Germany, into 
Great Briiaiu, uid of Timber, and otbers Goods from any Part of Europe 
in Ships the property of subjects under the ssme sovereign as the country 
of which the Goods are the (Jrowth, Produce or manufacture. Am Schlüsse 
des Berichtes vom 6. August hcisst es: .Niederland wird dadurch wesren 
des Diirchznges neuer W;iaien i^rossen Nutzen habfii. und was die Seide 
und das Quecksilber iielrifft, wird sie auch den Staaten, >V(> diese Pro- 
ducta erzeugt werden, vurtheilhaft sein, alieiu was fürwahr unbegreiflich 
oder vielleicht ein Versehen ist, so kommt dieser Vortheil nun auch, allen 
deutschen Seehftfen ohne Ausnahme zu statten, denn obsohon in der 
Acte nur jene mit Kamen angefflhrt irerden, die unter österreichischer 
Herrschaft steben, so werden docb durch den allgemeinen Ausdruck 
der deutschen Seehftfen nun auch die prenssischen Staaten denselben 
geniessen.' 

188. Bie Abgabe wurde durch den mit Frankreich su Turin ge- 
scblossenen und zu Byswick bestätigten Frieden gerechtfertigt; Frank- 
reich hatte sich durch eine Summe Geldes davon losgekauft. 

189. Zuschrift Ton Kaunits an die vereinigte Hofkanilei und 
Kaouner, SO. October 1788. 



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186 



180. Kaonits an die Hof kuiilei» SO. Januar 1784. 

lOL Dia Abgabe wurde als üfBxio dalllnquisitione Ton allen ka- 
tholischen Fanten entrichiftt. 

192. Conferenzprotukuil, 27. August 1718. liefereiit war Huf- 
kriegsiath von Octtl, von dorn die ZuBammeüBtellung der Waaren, die in 
die Türkei von anderen Nationen eingeführt werden, herrühi-te. 

193. In dem der orientalischen Compagnie am 2 7. Mai 1719 er- 
theilten Patente wurde derselben gestattet, mit allen dem menschlichen 
Commöicio unterliegenden Kaufniannsgtitorn oder Wiiaron und Handels- 
schaften zu Laude und auf den Flüssen, äondüiUch auf dem Hauptflusse, 
der Donau, Über die Grenzen des Erbkönigreiches Ungarn in die tQrki- 
Bchen Linder oder von da herana rein priTaÜTe tu bandeln. Im folgen* 
den Jahre wnrde der Antrag gestellt, daas der Stadtbaneo nm 100.000 fl. 
Aetien von der orientaliselien Compagnie abnehmen solle, damit sie ihr 
Common auf der Donau in die TOrkei TorroUkommne. Die kaiserliche 
Entschliessung lautete dahin, dass, wenn es ndthig sein solle, der 8tadt> 
banoo auch 150.000 Ii. einlegen m^ige. 

194. Tortrag (nnterzeichnet Chotek) Aber die BefOrdemng der 
Handelsschaft in die Levante vom 11. Mftrs 1771 und Vortrag Tom 
9. Juni 1771. 

105. Aileranterthftnigste unmassgebliche Gedanken: die feste 
Grttndnng, Emporbringong und Ausarbeitung des orientalischen und 
levantinischen Wirthschaltahandels in den kaiserlichen Brblanden, dem 
Vortrage vom 16. September 1771 beiliegend; der Teifasser Begiemngs- 
rath Gaya. 

196. Protokoll, 10. April 1775. Die Kaiserin gab ihr ,PIaoet'. 

197. KaunitiÄ an die böhmisch -/österreichische Hof kanzlei am 
29. August 1783; die Hofkanzlei au die iStaatskauzlei am 29. Januar 
1784. 

198. 1 752 wird der Werth «iei über Semlin, .Mehadia und Triest 
eingeführten türkischen Waaren auf 1,017.706 tl. angegeben, wovon 
Waaren im Werthe von 510 ooo 11. ausgeführt wurden. 

199. Auch die Binim t der SchitTe entsprach nicht. Eine Arbeit, 
,dio Verbesserung der DonauschifYalirt' hetretTend. übermittelte Maria 
Theresia dem Commerzienratho durch Handschreiben vom 18. August 
1765; es lianJelte ßich um Erbauung eines Schiffes, welches geeignet 
wäre, stromaufwärtiä zu fahren. Die Behörde zögerte mit der Bericht- 
erstattnog, die Kaiserin erliess in Folge dessen folgendes Handschreiben 
am 27. September 1765 an den Grafen Rudolf Chotek: »Yor einiger Zeit 



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187 



schon, und zwar unter dem 18. An^st, habe den von dem Majnier 

Schiffmeister Hopp an Hand gelassenen Vorschlag wegen Verbesserung 

dor Schiffahrt auf der Donau an den Commerzienrath zu dem End^ ge- 
langen lassen, damit solcher in Erwägung- genohmen und wpgtm der ge- 
hörigen Einleitung mit dem gedachten Schiffmeister das weitere Terhan- 
delt werde. 

,Mich uii)S8 es befremden, dasä nachdeme der eruauute Hopp schon 
durch 5 Woehen, wie ei Terlantei, neh aHlder befindet, gleichwohl noch 
nicht inr Sache gesehritten und weder die nähere Verhandlung angeord- 
netennassen mit demselben Torgenohmen, noch sonsien in der Sache ein 
Vortrag erstattet worden seye. Hein Auftrag geht also hiemit neuerdings, 
damit von Seiten des Commerzienrathcs ohne gering^tpn Vorschub mit 
Erast das Werk gefasst, sofort dem Schiffnioistci nach dessen 

näherer Vornehmung alle diensame Behelfe und Mittel vcrscliaft werden, 
mit seinem Vorschlag, welcher mit in dpn Auschlu^is UKchmal folget, 
selbst den V'cr'^n' h zu machen. Zu diesem Ende i^t demselben der uöthi^'e 
Kostensbetrag aus der Commerzcasse voiznsohie.>jsei). damit erden Winter 
hindurch ein Schiff nach der vorgeschlagenen Structur erbauen und zu 
Stand bringen lassen, folglich damit sodann mit nahendem Fruhej^ so- 
gleich der Versuch angestellt werden milge, ob nnd wie weit in dieser 
Art der abgesehene Notien nnd die Erleichterung in der Schiffahrt gegen 
den Strom werktb&tig an erreichen sein dürfte, allermassen dann selbter 
sich erbietet, in jenem Fall das Schiff zu flbemehmen und den ganzen 
Kostensbetrag zu ersetzen, wenn der angegebene Nutsen in der Tbat 
nicht befunden werden sollte. 

, Durch die Zeit seines hiesigen Aufenthaltes, ?ö lange er nämlich 
wogen dieses Heschäftes hier /u verbleiben hat, werden ihme von dem 
Tag seiner Anlu rokunft zu rei hiien zu Subsistenz taglich 2 fl, ans eben 
gedachter Comniercialcasbe abzureichen seyn. Im Uebrigen hat der Com- 
merzienrath sonderheitlich zu Oberlegen, ob nicht der Vorschlag mit Er- 
richtung der snr Ausladung diensamen sog. Krahne oder Wippen Torxfig- 
Uch hier und in andern grOssem am Strome gelegenen Ortschaften mit 
gutem Nutzen gleich jetto einzufthren nnd ob nicht allenfalls damit zum 
Behuf des Commercialis einiger Fundns zu erzeugen seyn dürfte.' 

Ein Jahr später, am 19. September ITHG, riclitete Maria Theresia 
an Lichnowski ein Handschreiben: .Nachdeme Ich auf die Verbesserung 
der Schiffart mit ganzem Eiiif^t gearlieitet wissen will; So ist in dem 
nächsten Handlungs-Blatt demjenigon eine Belohnung von 1000 11. zu 
versprechen, der den besten Hau eines Schifes auf dem Donau-Strohm 
angeben \vürde, mit welchem auf und gegen den Strohm mit Seegein ge- 
fahren, und in dem bisherigen Frachtlohn eine Verminderung erlauget 
werden könne.' Eine Verbesserung des Schiffbaues wurde 1770 in einem 
Outachten von Staatsrath Binder als nothwendig erklärt» »wenn das Thor 



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188 



zur Exportation unueror Prrnincte recht oroffnot werden sollte*. Die 
Kaiberin ertheütf» hierauf bezügliche Wr.isunL'eii. Dnrrh Pat.'ut vom 
1. August 1777 wurde die Ei-bauung vou Schiffen auf ,rheunt»che Art' 
empfohlen. 

800. Audi die Schätzung der Waardn gewährte den türkischen 
Kaufleuten grosse Vortheilo. üie Wajircnpreise wurden nach dem An- 
kaufspreise in der Türkei hr-rochn(^t. wobei ns an unrichtigen Angaben 
und Unterschleifen nicht fehlte, betrug der Preis im Jahre 1751; 





in Trie«t 


nach Angabe 
der TOf keo 




fl. 


kr. 


fl. kr. 




13 


50 


4 24 




6 




1 48 




4 


80 


1 8 


Schildkröten, 100 Stfick .... 


3 




— 23 


Seife, per Centner 


8 


45 


4 15 


Ein Baumwollballeu im Gewichte von 








300 Pfund 


99 




25 — 


Feine Scliiifwolle, jM-r i'fntnt'r 


30 




7 — 



< iligleich 1751 der Besclilu^s L'ofjisst wurde, dii' türkischen Waan-n 
iiil' «iriinil dor Preise an dem Vei k;inf'^<ii tt' zur Verzollung herauzuzit'iien, 
waren die. (jebühren d^'r christlichen Kaulliiulo höher als jene der Türken. 
Su zahlte der östen eichische Unterthan bei der Einfuhr von Oel 14"/^, 
bei Wein 40 ^Z^. der Tflrke blos 5^/^. (Anmerkungen Aber die Gleich* 
beii der k. k. ünterthanen mit den TQrken von Mygind vom 86. Januar 
1768.) In Mehadia wurde Baomwolle mit 15 fl. geschitst, in Trieat 
bisher. 

801. Chotek an Penkler, 1. December 1750. 

202. Bericht von HObsrh vom 23. Januar 1751. Das deutsche 
roinnn rcinm wurde aus dem Handel keinen Vortheil ziehen. Polen, Tar- 
taien und Kushtin kommen nach Constantinopel, treiben nicht mit barem 
Gelde Handel; sie bringen Honig, Schmalz, Kühe, Ochsen, Häute und 
Pelzwerk. Die Türken seien au das englische Zinn gewöhnt, welches 
ihnen fftr 42 fl. der Wiener Centner zugeführt werde, Blei au 6 bis 7 fl. 
Schweden verkaufe Stahl um 8 bis 9 Piaster; der aus Ornten nach Con> 
stantinopel gebrachte koste 10 Piaster. Frankreich liefere Tücher, wovon 
der dritte Theil in Constantinopel abgesetrt werde; wenn man die Tflcher 
in Oesterreich anf franxdsiache Art verfertigen wQrde, wftren gute 6e* 
sch&fte zu machen. 

808. Die Zollbehörden hatten einen h(ttieren Zoll als S"/» erhohen. 
Ein Schweinehftndler, Geoiig Bona mit Namen, fahrte jedoch Beschwerde 



1 



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189 



Uber die Hehnahlnng nnd erhielt nech langjflhngen VerhandiunKen den 
1746 ei u ige Jahre hindurch heaahlten Mehrbetrag von 69 &9 fl. 
9S den. snrOck. 

804. Vortrag Chotek*8, 6. Febmar 1759. 

205. Protokoll vom 7. Miiiz Anwesond waren: Oollomlo. 
KbeveuhülU'r. Baitliyjtiiy. Konigso^'f]:, Kaunitz, Chotek, Palffy, Barteiisleiii, 
Koller, Biudt'r. Aehulicb hatte akli Kauuitz eiaige Jahre früher bei Be- 
rathung des ungarischen Tarife» geäussert. 

206, I>i<» Kai^jcrin hatte das Schriftstflck an die Hofkanzlei mit 
den Worten geleitet: »Dietscr Mann scheinet etwa» zu verdienen', und das 
Gutachten scbloss mit dem Autrage, fOr die schon in zweiter Anfluge in 
Leipzig in Druck erschienene Schrift, welche auch ins Holländische und 
Russische fiberset^t worden war, eine Gratiflcation von 200 bis 300 Da- 
caten zu gewähren. Coneept eines Vortrages, 28. Febmar 1777. Der 
Titel der Schrift: Briefe Uber die Schiflkhrt und Handlang in Ungarn, 
Slavonien und Groatien; geschrieben auf einer Beise in diesen L&ndern 
im Jahre 1773. 

S07. Ueber den Thalerhandel vgl. Hittheilnngen des Finanzmini- 
steriums, rv. Jahrgang, 1. Heft. 

208. Fries hatte seine Forderungen in einer allerunterihänigsteu 
Note flben-eicht Die Kaiserin genehmigte die Autiüge des Staatsrathe» 
und der betreffenden Hofstellen in einem aasf ahrlichen Handschreiben 
an die b0hmiseh-5sterreiehische Hofkanzlei vom 24. Juli 1777. 

209. Vorträge vom 22 .i .tu aar 1782 und 30. .Tauuui 178.H. Die 
am 11. Juui 17Ö2 von Wien abgegangenen Schilfe langten am ^0. Juni 
in S^lin an, fuhren von da am 6. Juli ab nnd erreichten am 29. Juli 
Galatz. In Semlin hatte Willeshofen die Waaren fibernommen. Am 
6. August wurde die Fahrt fortgesetzt und sodann russische Schilfe zum 
Transport nach Cherson beladen. Die Abfahrt erfolgte am 16., die 
Ankunft in Cherson am 18. August. Die Contumaz dauerte bis zum 
4. September. Hauptmann Lauterer machte die Fahrt mit. Dieser Schritt, 
hcisj^t es in einem Schriftstücke, kann die höchst wichtige Folge nach 
sich ziehen, pinon sehr wichtigen Transitohandel anzubahnen, der mit 
(It r Zeit auch von auswärtigen Nationen durch eine sichere Schiffahrt auf 
der Donau durch die erbländischen Staaten werde gepflogen werden 
können, denn Niemand verkenne die Wichtigkeit der diesfalligen Schiflf- 
fahrt auf der Donau, wenn sie nur einmal im Ernste betrieben werde. 
Bisher fuhren ntmUeh die Schiffe nach Semlin nnd wurden daselbst ver- 
brannt. 

210. Vortrag, 3. Juni 17ö3. 



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190 



211. Vortrag lOm 13. April 1784. Bioige Versuche zur unmittel- 
baren Anknüpfung von Handelsbeziehungen mit Constantinopel wurden 
in der That g-pmacht. So bat Josef Etzoi . bürn-orlicher Handelsmann in 
Wien, ;i'if s"iii liier prbaute.s und mit Laiuicsproducten nach der Türkei 
abzuschickendes Schill" ein ,Fahnel' mit ilem kaiserlichen Adler aufstecken 
zu dQrfeu (1 784). — Kaiserliche Kutsch liessung" auf Vortrag vom 12. Oc- 
tober 1784: Zur Bofördeiiing dob Uominerzeb werde es fiiiiiniglich sein, 
wenn eine ordentliche Waeserdtltgence auf der Donau a1>wlrt8 eingeftthrt 
werden könnte. Einige Wochen spftter auf Yortrige vom 30. Deoemher 
1784 und 20. Janaar 178& verfügte der Kaiser: eine regelmfsBige Fraeht- 
sendnng nach Constantinopel sn ermöglichen, er würde ein privatiTnm 
eiiheilen fQr die Fahrt bis Galatz. Eine ,]>onau- und Seehaudluugs- 
compagnie* wird 1784erwfthnty Director Butter Ignaa, früher bei Willes- 
hOTcn. 

212. Resolution auf Protokoll des Commorzienrathea vom 1 1 . Ja- 
nuar 1770. Das auch TOn den Lehnbankreisenden erwähnte Handlung^- 
haiis Seomann & Comp., welches Handel mit AeL'-ypten trieb, machte aus 
Mangel an Capital Bankerott, l^^iii nicht unwichtiger Handelsartikel, 
der in beträchtlicher Menge nach dem Oriejite ^'ing, war Speik (Spica 
celtica). Das Sammclii in der ISteiernuirk war ])los Jordan gestattet. 
Den nach Alexandrien ,handelnden Partoieu' wurde der kaiserliche 
»Schutz' gewährt. (Protokoll, 6. November 17B9.) Josef verlieh dem 
ügyptiflchen Oberp&chter Caaeia Faraone den Grafenatand. Im Jahre 1784 
werden Beletü, Zacar k Comp, erwfthnt, die mit Aegypten in Handels- 
hesiehnngen standen. 

213. Der Tractat mit Algier wnrde nur iheilweise TCrÖffentlicht, 
damit nicht andere Nationen Ähnliche BegOnstigungea erlangen. Im 
Jahre 1761 wurden Verhandinngen angeknflpft, um auch Ostende und 
Nienport der Vortheile der Stipulation theilhaftig lu machen. Der Friede 
wnrde 176& gebrochen, nach swei Jahren wieder hergeatellt und 1758 
ein neuer Vertrag geachloasen. 

814. In einem Vortrage vom 12. Mai 1760 wird der Kaiserin an- 
gezeigt, der Bey von Tunis habe rundheraus erUftrt, im Falle er inner- 
halb sechs Monaten keine Plante erhalte, den Frieden brechen au 
wollen. Die Staatskantlei sei der Ansicht, dass sich der Bey mit Ver- 
tröstungen nicht begnügen werde, es bleibe daher nichts übrig, als Ge- 
schenke abzusenden. Maria Theresia schrieb eigenhändig auf den Vor- 
trag: Placet, auch für die Frauen etwas convenables zu schicken. 

215. An die geheime Hof- und Staatskanzlei, 28. September 1772. 

216. Besonders wiid ein Kaufmann Namens Laskiewicz genamit, 
der ftber 8000 Oentner Wachs jährlich nach Oesterreich fiUirte und daflllr 



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191 



800.000 steirische SdilMn nach Polen, Busslaad nnd in die Tartarei ab- 
setzte. Er hatte fast ein Monopol, da die Breslauer Kaufleute und polni- 
schen Juden gegen ihn nicht aufkommen konnten. Aus ein^m Berichte 
dra Gouvemeurs von Galizien, Grafen von Pergen, vom Juni 1773. 

817. Ton aflehsiacher Seite wnrde 1760 der Antrag gemaclit, den 

Waarenzug über das (österreichische Schlesien, Mähren und Böhmen zn 
leiten anstatt über Breslau. Auch beabsichtigte der polnische Goneral- 
postmcister, die Briefe aus Kussland, Polen nach Belgien und Holland, 
sowie in das Kelch zu ,mehrerer Bequemlichkfit ond Sicherheit* nicht 
mehr durch die iiieussischen Lande, sondern über Uefetorreich zu senden. 
(7. December 17.'')0.) Die damaligen Vorhandhingon führten jedoch zu 
keinem ErgebniHS^ uud einige Jahre spater erschien ein Herr D/iem- 
tH>«sky in Wien, nm Uber den Ytehdurchtrieb an Terhandeln, der von 
Biala ans, wo ein polniacher Vieh- nnd Jahimarkt angelegt werden 
nnd über Oberaciilesien, Kfthren nnd Böhmen nach Sachsen gehen 
sollte. (Yollmaoht» 14. H&rz 1766, nnterz. Brühl.) Die polnische Be- 
gierung verlangte die Herabsetsnng der Durchfuhrgebflhren. Der Unter- 
hftndler wurde anf die Verordnung vom 30. April 1763 verwiesen, welche 
eine Gebühr von 12 kr. nonnirte, abgesehen von den Mauthen, deren 
Ertragnisse zur Herstellung der Strassen und Brücken bestimmt waren 
und wovon die Kaufieute nirgends befreit wurden. Für die Waaren durch- 
fuhr zeigte man sich geneigt, Erleichterungen zu gewähren. (Das pol- 
nische Schriftstück ist vom 30. März 1756, die österreichische Antwort 
vom 5. April 175G.) 

218. Protokoll des Commerzienrathes vom 23. October 1764. Die 
kaiserlicht! Resolution auf das Protokoll vom 23. October 17tt4 lautet: 
,I)er Commerzienrath hat zuvörderst noch mit der Osterreichischen und 
böhmischen Kanzlei, der Baucodeputatiüu und der Bechenkammer zu- 
saDuneninlreten und Aber die Frage die gemeinschaftliche Ueberlegung 
anzostellen, ob Troppau oder Bielits an diemm Emporio vorsnwfthlen 
seyn wolle; woh^ drän sonderheitUch auch daraof der Bedacht sn nehmen 
sejn wird 

ob nicht diesem nea ernennenden Handclsplati sodann alle 
diejenigen Privilegien und Begünstigungen zu verleihen waren, die den 
freien Moor porti in der Mauth sowohl an den Ort selbsten als auf denen 
zu solchem führenden Strassen, wie auch ferner in der Ansässigmachung 
aller Religionsverwandten und in deren Befreyuntr von aller Contribution 
eingestanden werden, allermassen zu betrachten seyn will, dass die nach 
und von diesem Handelsplatz ziehende Güter nur als Transitu anzusehen 
nnd der durch die Befreiung sich ergebende geringe Entfall der dormali- 
gen h6heren Tzansitogebühr dnrch die Yermehrnng des Strasaengewerbea 
nehifhch einznbringen sejn dflrfte, wie dann anch der Betrag der Oontri' 



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hiition allenfalls auf die Accinen in dtT Cnnsnmtion eingeschlagen und 
wenu auch nicht öi.^ifich i?as Totuin (IiiilIi .Ii*' Ac< isen zu erholen, dpn- 
noch der geringe Entfall in wenigen Jahren doppelt eingebracht wer- 
den mag. 

Jl*^ Ob nicht auf die Qber diesen Platz ausgehende inl&ndigche Ex- 
portanda, so einer Hfilfe bedürfen, praemia sn setxen wiiren. 

jjlUn darauf fOrzudenken seyn» damit zn der Bauung deren 
nach diesem Piatie ftlhrenden Commercialstrassen die wirksame Baad. 
angelegt, nicht minder 

Damit ein und nach dieser Stadt^ wenn die Vorwahl aof Bie- 
lits ausfiele, die Brief und fahrende Post eingerichtet werde. 

,Dem Corouier/ionrathe wird »sodann auch obliegen, die Weitere 
Sorge zu tragen, damit znm ersten Anfang die inländischen grusseren 
Fabriken und Handlungscompagnien . benanntlich die Linzer Zeng-« 
Nadelburger Cottfni ttnd i;rdrnc]<tf' Leinwand, Thyss'sche Tuchfabriken, 
die Fiuiuaner Compagiii*-. dio inähri.sche Lehnbank, um mit ihren Nie<ier- 
lagen df^n Vorgang zu maclu n, bewogen worden. 

Endlich hat der Conimerzienrath noch zu er\v;l)^i;ii. ub nicht den 
Gebrüdern Bartelmus von nun an der freye Tuchhandel wie auch die 
manthfreye Einftthmng deren zu ihrer Wachsleinwandfobrik diensamen 
polnischen geringen I«inwanden doch letzterer nur in der Mass zu ge- 
statten wäre, als sie ausweisen kr>nnen, dass sie den dritten Theil davon 
zu inlindisehen Leinwänden eingeschafft und zu Ihrer Fabricatur ver- 
wendet haben.* 

219. Liegt dem Acte bei, unterzeichnet: Normaun, Operuann, 
Hille; die Transitoabgaben von Polen durch Schlesien nach Sachsen wer- 
den bestimmt: von rohen Hftnten und Leder per Centner mit 8 Reichs* 
thaler, von Garn, kleinerem Schlachtvieh, Getreide, Wachs, Galmei nnd 
Farbwaaren SO^/q. vom Stück Rindvieh 6 Thaler nebst doppelter Hand- 
lungsaccise, vom Stein Wolle 8 Thaler. 

880* Yorlftufiges Gutachten des Commeraienrathes. 

221. Durch Haudschi eibeu Maria Theresias vom 2. December 1765 
dem Grafen Rudolf Chotek Qbermitteit. 

882. Zwar sei die Stadt keine landesfUrstlicbe, sie gehöre jedoch 
SU den Cameralgütern der Kaiserin, datier sei keiner von jenen Anständen 
zu besorgen, , welche nicht anraten einJBmporium in einer unterthinigen 
Stadt herzu8telien^ 

888. Bs ist des Augenmerk darauf sn richten, lautet die Ent- 
schlieasnng, dsmit der Yortheil ans dem polnischen Handel so viel als 
möglich den Erblanden «gewendet werde »und von sothanem Ckmimeieio 



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nur so viel an Sacbeen überlassen werden möge, als die Erblande nickt 
föhig sind Holhsten zu bestreiten'. Der Wabl Tcschens wurde vollkommen 
ziigestininit. Es walte kein Bedenken ob, allen Keligionaverwandten Zu- 
tritt und die Hebung der IJeligion zu gestatten, jedoeh nur den Luthera- 
nern und den Calvinern, sowie den Jnden, keineswegs aber den nicht- 
uuirteu Uaizeu und Türken; die Meäüen küuueu jedoch selbstverständ- 
lich TOB allon besocbt wordsn. Alle Hsndobleate, die Jnden eingeachlossea, 
seion von jeder Penonalcontiibatioii freiiuluBen, ebenso aach die Nieder- 
lagen und Gewölbe. Die dermaligen Einwohner Teschens sind von der 
Feraonalatener, sowie von allen anderen Steuern lu befreien, dagegen 
die Consnintionsaufscblfige und die Accisen um so viel, als der durch die 
Befreiung entstehende Entgang beträgt, zu erhöhen; Handelsleute, die 
sich daselbst dauernd niederlassen und den Grosshandel betreiben wollen, 
sidlen nicht ungleiche i'rivilcgien wie die Niederlagsverwandten zuge- 
sichert erhalten: den neu erbauten Häusern sei auf 10 Jahre Befreiung 
von der Realcontribution zu gewähren. Verbotene Wanren kr-uaen frei 
zu- und weggeführt werden. Die in den Erblandeu besteheudou Verbote 
sind auch auf Ungarn zu erstrecken. Bezüglich der Waaren, wel^e Un- 
garn aus Teschen beziehen mag, sei su nntersnchen, welche bisher Ober 
Wien oder aber Leipzig und Breslau bezogen worden seien, und nur 
jenen ein 6procentiger BOdtsoU su gewihren, welche bisher aus Sachsen 
oder Preussisch-Schlesicn oingefQhrt wurden. Die beiden Hessen in 
Teschen sind zwei Wochen früher, als jene in Breslau stattfinden, anzu- 
setzen. Da aber der polnische Activhandel mit Vieli stattfinde, sei für 
Einrichtung von einigen Viehmärkten Fürsorge zu tragen. Die erbländi- 
scheu Waar» !i, welche nach Teschen geseiuict werden, haben '/s^ 
Consuuio und Transito zn zahlen; für Waaieu, die bereits die Consumo- 
gebühr entrichtet haben, sei dieselbe zurückzuerstatten. Die über Triest 
nach Teschen gebrachten Material- und Droguericwaaren sollen '/a^/o 
bezahlen. Endlich wurde die Weisnng ertbeilt, die Strassen in guten 
Stand zu setzen und bezQglich der Manipulation die erforderlichen Vor- 
kehrungen su treffen. (Vortrag Aber die Zasammentretnng vom 9. De- 
cember 1765.) 

S24. Protokoll des schlesischen Consesses, 24. Juli 1770. 

825. Protokoll des Gonunerzienrathes, 7. Ocioher 1771. 

226. Ein kaiserliches Handschreiben vom 19. l)LCiuiber 17 73 
regte die abertnalige Erwätr i n^*^ der Angelegenheit au. Wenn vorerst 
wegen Kegulirung der Mauthen m Galizien, so hiutet dasaelbe, und über- 
haupt in dem Cummerzweseu zwischen Galizien, Polen, dann den hiesigen 
Erblanden ein System festgesetst worden, so wird dar Commerzienrath 
alsdaim den ihm schon bekannten Voi-schlag des Harsch weg^'n EinfBh- - 

AnUT. UEXXTI. M, L BUft«. U 



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IM 

führnng einer freien Hesse tn Troppan neuerdings Tor die Hand nehmen 

nn.i die Gutmeinnnp: ordffnen, ob nach dem in ergrüiifcnden Sytitem Bok- 
oher mit KnUen zur AasfÜhrung gebracht werden mdge. 

227. Yortng vm ^S. Augnst 1774. 

228. IS.Aprfl 1776. 

229. Bericht vom 28. April 1776. 

230. BeschwtM'de der Haudelsleuie über die schlechten Strassen 
durch Bi'thmen nach Teschen. Februar 1776. 

231. Aus einen Behebt» Soigenthai's vom 28. Ifoi 1775 ab«r die 

Xeschfi i r Messe. 

232. Protokoll, Mai 1776, ontor den Vorsüie to^gAUtiMben Hof- 
ksntlen Wrbna. 

288. Protokoll, 6. Fobmar 1776. 
284. Berichte ans dem Jahre 1776. 

2d6. Protokoll der imter dem 5. Hornung 1776 abgehaltenen Zu- 
saminentretung, die TeedieDer Messe betreffend, unter dem Vorsitze des 
obersten Ksnxlen Blflmegen. Bs eebefait^ da» di« Henuixlehaiig der 
Juden in einigen Kreisen Abel "femerkt worie. Die Hofkanilei nebte 
sieh an rechtfertigen. »Nienmle/ schrieb sie, »mr die Absidrt dahin ge> 
richtet, den Handel kleiner Krftmer nnd Pinkeljnden anf eine dem Staate 
•nachthoilicro Art durch die Messe zu Teschen zu begllnstif^en. ^ohl aber 
dieselben als Werkzeug zum m^liehsten Verscbleisse erbländischer Er- 
zeugnisse in gebrauchen.' 

286. (Sowie Ich aas einem Banoo Protor 1] rseben, ist zwar der 
Kanzley von Seiten der M. Banco-Deputation boroits die Anzeigo mitge- 
thftilf't wordoti, dass h»>j dor letzteren Messe in Toseben sieb keine aus- 
län lische Fieranten mit fremden Waaren eingefunden haben. So wird 
sie Mir anzeigen, ob es nicht besser wäre, dif^se ^anze Messe einzu- 
stellen und aufzuheben, da sie nur Unkösteu und Beschwerlichkeit in 
MautUbezug verursachet.' An die böhmisch -österreichische Hofkanzlei, 
30. Hai 1782. 

287. Vorti-ag der böbmiRch-ögterreichischen Uot kaoziei, untei*zeich- 

net iilüiiiwgen und Auersperg, in. .Tuni 17B2, 

238. Staatsräthliches Prot<3koll vom 3. Apiil un l M.w 177,'». 
Der Vertrag bei Neumaun. Ein in Folge des Uaudelsvertrages erlassener 
Zolltarif vom 1. October 1776. politische Gesetzessammlung, Bd. Vn. — 
Um den Verkehr mit der polnischen Republik zu heben, wurde £eviczki 
in WaradiM beanftragt, namentikh von l^peeeni- und lefanüniaehen 
Waaren die Preise in BrlUining an bringen, um den Wiener Knalentem 



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^nlass zu Speculationen zn geben*. Von Seidenzengen soUtea ihm Master 
und die Preise derselben übermittelt werden, desgloichon auch von den 
Biüuuer Feintuchfabriken, sowie von den Fabriken zu Lüu, Neugedein 
und Mährisch -Neustadt. Einige Cottonfabriken erklärten sich bereit, 
ganze Stöcke nach Warschau zu senden; Graf Josef Kiu.sky wuide auf- 
gefordert, die Preise der LeLQwa,ude und Tisckzeuge dem österreichische u 
Tertreier n llbersenden; auch sollte er genaue Infonnatioaen Aber die 
sMriscben Euenwsaren, Spiegel, Ponollan, Fayence, Kupfer n. dgl. m. 
erbalten. An BeTicdd, 2S.M&rs 177a. WUirend der Yerhaiidlniig stead 
dem Geeandte n das dahU enlnodete. HUfflied de« GmuneniaiitatlieB, 
Degelmanp, tnr Seite. 

999k Toitn« tmi so. Ujkn 1779» in Folg« eiauiB Qandsdireibemi 
Jemlii an Ohotek Tom 17. Januar 1771 fiber einen anonymen TeoeUag, 

das CoBunercium von Triest nach Heskan zu leiten, ein Gutachten abzu- 
geben; von der Kaiserin am 20. Hftra 1772 betriebenj ,wie die Communi- 

cation von Triest geg'en Moskaii wegen des Juchten einzuleiten*. Die 
EntschliessunE^ Maria Theresias lautete: ,Die vor;:'« srblugeue Einleitung 
einer Haudeiaischaft mit Moskau scheinet vieien Aabuiuden unterworfen 
zu sein; Ich will es derzeit bei dem belassen, dass jenen Ilandelaleuten, 
welqlie dahin einen Versuch machen wollei^i alle thunlicheu Begünätiguu- 
gen zugewendet werden m^g-en * 

240. OommibbioaspruU'kuU vom lü. April 1775. 

241. Anfrage von Kaunitz an die böhmisch-österreichiBChe Hui' 
kamlei, 15. S^tember 1781; Antwort 86. September 1781. 

242. Ziniendorf fibenalttelt sein Totnm an den obersten Kanzler 
Grafen Kolowrat am 31. März 1783; die nngarische Hof kanzlei gab ihr 
Gntaditen am 27. April 1783 ab. 

M8. Die prindpes fondamentauz bei Marlens: Beoneil des Tnü- 
tte etc., T. II. Traitös avec l'Autriche, St. Petersbonrg ISTT), p. 143 im 
Ansznge. Gleichzeitig erhielt Cobenzl zugestellt: Articles r^sultans des 
principes fondamentaux, die im Wesonllichen zum Theil wörtlich in den 
Vertrag übergingen. Der Standpunkt Oesterreichs in einer Zun-hrift 
von Kaunitz an die böhmisch-österreichische llofkanzloi, 10. Decomber 
1732. Das Zageständniss, den Zoll in russischer Münze abtragen zu 
dürien, war ein vortheilhaftes. Bisher musste nämlich von den fremden 
Kaoflenten die halbe Zollgebühr in holläAdischen Uftnzaorten entrichtet 
werden, wovon nnr die Engländer befreit waren, wodurch sie, wie die 
Staatakanalei h^nrorhob, den giOesten Theil des nuaischen Handels an 
sich gesogen haben. 

244. I^nnits ap die feieinig^ bOhmiach-teterreichische Hof- 
kanslei, 8. Kai 1784. Der sechste Punkt lautete: l«a restriction du 

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PftTillon qnant aux ports de la mer noire oü les trois Pnisaaiiees ToisineB 
de cette mer, la Bosaie, la Porte et le Chan de Grimte, ont eenlB le droit 

de navigiipr et d'exiger par const'qncnt, qno le commprce des nations 
que nou8 admettons dans cps Torts so fasse siir nos prtiprcs vaisseaux, 
ou sur ceux, h qm nous accoidons notier pavillon, aiusi que Sur les yais- 
seaux des deux autres Puissances ci-densus intiutioiiiies. 

846. Kaunitz an die böhmisch -Oeterreichiedie Hofkanilei und 
Kunmer TOm 10. December 1782. 

M6. Bericht 8chrejer*0, 11. Juni 1791. 

847. Mayershach hat eich am 6. December 1764 nnmitielbar aa 
Maria Theresia gewendet und am 86. Hftrs 1765 an den PrSsidenten des 
Cemmersienrathes. 

848. Handschreiben vom 19. Jannar 1766. 

249. Voitiag, 23. Jaauai' 1766. 

2&0. ObservatioDS sur un projet intitulö: Memoire sur Tint^rdt, 

qui anroit la Conr de Vienne a enconragor sps snjpts a commercer aux 
ürandf« Indes ot ;i la Chine. Von Starhemberg aus Brüssel ein'Tfst'n.let 
Kaunitz eibat 2. December 1771 die Wohlmeinung des Commeizien- 
ratbes. 

251. Kaiser Fran/ scheint die Abpicht tj:ehabt zu habou, eine Ex- 
pedition nnter Mill nach Indien zu schicken und einen grossen Betrag 
hiefür m beätimmen. Er wendet »ich an »eiueu Bruder Carl von Loth- 
ringen, ihm über Mill genaue Auskunft zu geben; Je m'en reuets', heilst 
es iu einem Schreiben vom 30. August 1746, ,entierement ä Tons pour 
prendre snr Im lieai lee connaiaeaneea ndceBiairee, enr la capacit6| con- 
dnite, fldellt6 et examiner b1 cette expiSdition pent s^entreprendre, «ans 
Dure qnelqnee ombragce au PniBsancee maritimefl.* 

252. Note Kolowrat's vom 14. December 1774. 

253. Die coinniissionelle Berathung wurde durch üandscbreiben 
der Kaiserin Tom 26. März 1 775 augeordnet. 

864. ProtolEoll» 10. Mai 1775. 

856. Ameth, Maria Theresia IX, 8. 470. 

866. Handschreiben an Reischaeb, 26. Mai 1775. 

257. Protokoll. -Jt;. Mai 17 7;'). Franz Kyan n-ichte unmittelbar bei 
der Kaiseiiü ein Meniuire mit einem Haiijilane eines zu Ti iest zu erbauen- 
den Schiffes ein. Dasselbe solle für die ustindische Fahrt bestimmt sein. 
Er bedüi fe aber eines angemessenen SchifTsbauplatzes, wozu ein Aufwand 
?on 6000 A. erferderiich w4re. Aach mangle es in Triest an geschickiea 



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Zimmfirleutan, Ank«ndiinieden und dergleielMii PmfflasioniitoD» 4ie Biber 
amdcnaadoren Erblanden leicht aufzubringen wären. Seine Bitte gehe dahin, 

da weder er noch snn Vssociö Bolls bei ihrer bevorstehenden Reis« ojusli 
Indien dem Rfinp dos Si liifTog {selbst beiwchnon konnr-n, auch die dazu er- 
forderliche Barschaft aufzubringen nicht im Stande seien, dass das Aerar 
den Bau des Schiffes nach dem beigefögtcn Modelle übernehmen und sol- 
ches bis Ende Januar 1778 herstellen lassen möchte. Die beiden Associos 
würden die gemachten Auslagen eräet^eu. Die böhmische Huikauzlei 
stollto jedooli den Antrag, das SobiffslNiiilioh unentgeltlieli Terabreichen 
ra lassen, nnd iwar ans den Hilitirwaldiuigen; den Bau des Schiffes auf 
eigene Eoeten an flbernehmen, kOnne man nicht anrathen. Yortrag vom 
6. Aprit 1776. Unteneielmet Blflmegen. Die Kaiserin genehmigte das 
Einrathen. 

998. Katmits an die l»0hm.-«BteRelch. Hofkanzlei, 4. Juli 1778. 
869. Vortrag, 25. September 1779 von Kunits. 

260. Vortrag, 25. September 1779. 

261. Aus einer Zuschrift von Kaunitz au lilümegen vom 15. No- 
vember 1 7 79, worin die- kaiserliche Entschliessung mitgetheilt wird. 

262. 2. December 1779. 

263. Handschreibon vom 9. September 1780. ,Die von dum Proli 
ansinnende Ertheilung eines Octroy für den ostindischen Handel findet 
dermalen nicht statt und mus» allem bevor noch die Zurückkuuft des 
Bolls abgewai-tet werden, inzwischen aber stehet dessen nneehindert dem 
Pruli sowie jedem auderu paiticulari frei, vor sich selbsteu Schillt) nach 
Ostindien abzuschicken. ' Vei-gl. Vortrag, 12. October 1780. 

264. Vortrag, 2 ü. Januar 1781. 

265. Eine Correppondf-nz ^wiarhon S^aiheuiberg and Kaunitz vom 
Juli 1781 gewähi-t hierüber interessante Angaben. 

866. Vortrag von Kaunitz, 21. März 1782. 

267. Die Geschenke gingen am 23. Juli 1783 nachTriest, indes» 
langte die Nachiicht von dem Ableben Hyder Ali's ein, und man verkaufte 
dieselben. Die kais. Porzellanfabrik hatte Waaren im Werthe von 2170 fl. 
geliefert. Ausserdem kosteten die 20 Stück Tücher, welche die Biünner 
Tuchlubi jk des Jidiaiin Leopold Edlen v. Küfiiler zu liefern hatte, 3161 fl. 
In dem Yutliagf; vom 31. August 1782 wird auch von Sammten ge- 
sprochou. welche bis zur bestimmten Zeit nicht geliefeii werden könnten. 

268. Der Bericht Brigido's vom 23. April 1783. (Vortrag vom 

2. Mai 1783.) 

269. Aus einem Schriftstücke von Kaunitz an die vereinigte Hof- 
kanzlei vom 7. Januar 1786. 



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870. KaoDifci am 6. Müi 1787 an die TerMnigto UaOuauM, 
tn. Bericlit «DB ConstsDÜnopel vom 9. Joli 178S. 
278. An die Hof- und Staatskanzlei, 29. Aoguet 1785. 

273. Vortrag, 30. i^ovember 1763. 

274. D'Elvert, Schriften der tiistoriach-sisfeiatisehen Section» 

XU. Band, S. 76. 

275. Vortrag, 12. Hai 1783. Josef verlieh Simpson den Uanpi- 
manuatitel in der Armee ohne Qage and Bang. 

S76. Erwähnenswerih ist die Stellung Josefs sram Anfttoidit der 
nerdMimritaUMechen Cuhmien gegen England. Als im Mai 1778 ein Agent, 
KamenR Im, vom französischen Botschafter Bretenil dem Staatskanaler 
vorgestellt wnric, rrblickte Kaunitz darin den Versuch Franki'eichs, 
Oesterreich mit England zu verfeinden, und rieth d^'^r Kaiserin, demselben 
keine Audienz zn gewähren. Maria Theresia ging daiauf hpreitwilliernt 
ein, da es, wie sie an Merry gehrieb, fflr Oesterreich niciit passend 
in dem jetzigen Augenblicke nach dem Beispiele Frankreichs diese Unab- 
lULugigkeit aaznurkeBiMi. Ton JtmH fitfi «int DukiohKlft im M. J«U 
1779 vor, worin er die Beilegung der Wirren swiscben Fr^nkreiisli ond 
England im Interesse Oesterreicbs l)eftnrortete. 

»Eine Folge von melireren Betrachtangen» so ich znm Nntien des 
Staats, mit mir al1* in. nai !i meinen wenigen Begriffen fifters mache, Ter- 
anlasset mich, Euer Majestät folgende Gedanken zu FOssen zu legen. 

,Dor b<'stphendt> Krieii,' zwischen Eni,'land und Prankreich kann 
meines Kraclitens auf keine Art von Euer Majestät mit Gleichgültigkeit 
augeöeben werden, so wenig, als vorm Jahr Frankreich £aer Magestät 
Krieg mit Preussen mit Gleichg-filiigkeit betrachtete. 

,i>ie daraus i\i eutspriugoude Fulguu künueu auf eiu uder andere 
Art von der äussersten Wichtigkeit sejn, und Euer M^estät Honarchie 
in gefiUirliche ond nnangenehme ÜmBtftnde setsen. 

,Um also diesem Hebel Tonnitommen, schkne wohl nidits erwünsch- 
licheres, als eine baldige Av8S(^hnQng nnter denen Krieg ftlirenden 
Mächten, mittelst welcher keine so ansehnliche Vortheile über die andere 
erhielte, dass ihr ganz politisches Ansehen verminderet, oder ihre Macht 
wpf>?f»nt!ich geschwächet wurde; da die Rivalität auf der S^o, 7 wischen 
England und Frankreich allein Rtrer Majestät Allianz bey Frankreich 
(^rhäzbar und dessen so glücklicher Lage und sonstigen Umständen Ziel 
und Maass setzet. 

,Um mich nicht weiter in diesen Beweisen aufzuhalten, ao erachte, 
daes der jetzige Zeitpunkt, wo noch nichts weesentUches vorgegangen, 
beederseits so xn sagen, die Würfel annoch auf dem Tiaeb liegen, der 
günstigste seje, um beeden Theilen ram Flieden snsoreden, nnd Sie 



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unter Bmr MulMitt XedifttiMk ttt billig«]i BedingnkMii harbeyn- 

briBgen . 

,Die lezte Relation des Grafen Mcrcy scheinet dazu Stoff zu geben, 
da selhf diP drey wissentliche Bedin^rnisse in sich enthält, so Frankreich 
in i'ührung, auch eines glück lirliHu Jüiega zu erhalten wünschte. 

,Da nnn dessen Ausgang üunoch unsicher, so sollte ich vernmtiien, 
ds^Sh äie auch über »elbe in ein udei andern sich anuoch werden be- 
handlen lassen. 

«Dw HtuptailStMid ist frtg^lidi iunMr die Indcpendens von den 
Amerihuiiselieii Piaitt-StlttNi, alleiiL ttber diese kann sieh Bngland 
neinee SneMens woU uMbt nehr MlUMidheln, sie giniliehen, wie Tor- 
bbIs sa nnterwerffen, ich glaube anoh, daes die Tecnfinfligsten tob beeden 
Parthejen sich das wohl im Voraus schon sagen, allein ein Milkel sa 
finden, wie der König und das Ministerinm doch etwas mit Ehren daraus 
kommen könne, ist desto härter zu finden. Sollte doch diese IToherxengung 
und das Verlangen wahr seyn, so überlasse ich Euer Majestät tiefesteu 
BeuiUieiluiig. «ih iiirht dieses ein Mittel dazu wäre, wann Euer Majestät 
mit dem König von KagiaiiJ überoins k&men, mittelst Anerkennung der 
Amerikanischen Independenz, so ganz gewis von den mehrsten übrigen 
BonipliafllienStastenltienuif befolget wnrde. Ihm dadurch die Gelegenheit 
SQ Tersehsffen, sich so sn sagen genöthigter» onter ihnen leicht in be- 
stimmenden Bodingnissen» auch sich mit denen Pflans<^tittten anssi»- 
s(ttinfln, nnd ihnen einige deren schon Gfkers ^oifgekommenen Bedinge 
nmsen zn yerwilligen. Bei Frankreich könnte man dieses noch als eine 
besondere freundschaftliche BQckaieht gelten machen, und wann alle strei- 
tende Theile in Endigung des Krieges ihren Vortheil fanden, oder noch 
grösseren Schaden vermieden, so sollte man wohl Tormathen, dasa mau 
selben zu Stand bringen wird. 

,Eine noch wichtigere Betrachtung ist jene, dass wann wir nicht 
dieses oder ein anderes dazu führendes Mittel ergreifen, ganz gewi»ti 
Preossen und ?ielleicht auch Bossland sich desselben bedienen wird, am 
Frankreich sich ▼erhindlicli sn erweisen, und ihr Ansehen in Buropadoroh 
Stiftong eines Friedens desto mehr zu ▼eigrOsseren, welches aber nicht 
■Wachsen bum, ohne dtos sogleich TTnseres abnimmt. 

,IJm die Mittel dazu zu gelangen, wäre, um alles Aufsehen, welches 
durch Abechickimg eines eigenen Ooariers nach Bnghund entstünde, m 
verhindern, das ratblichste, wann man Vllhier nn den Englischen 
Gesandten diesen Gedanken eröfnete, selben zu Abschickuug eines eigenen 
Couriers nach London bewegte, durch welchen man zugleich das Xemliche 
dem General Belgioioso zur Benachrichtigung und Betreibung überschriebe. 
Ob man nun Frankreich gleich Anfangs und wie davon verötändigeu 
wolle, entstehet die Frage. Ich erachte zwar, dass es besser wäre, es 
^•ich ihnen mitenfhiüeii, da sie niobt anders als billig finden mflssen. 



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900 



wenii wir das Endo dieses Krieges je eher je besser wünschen, und bp- 
sondera zu firkültuug für sie anoehmlicher Bodingnuse die Hände bieiben 
wollen 

,01» nun Kussland, Holkind, Spani'ni ftwar^ nnd was Tan diesem zn 
uieldeu wäre, dann wie überhaupt dieses Kuu/.e Ueschatt eiiizuleiton seye? 
überlasse ich weiterer Beurtheilnng; und besi^hhinke mich allhier diesen 
rohen Gedanken vorläufig Euer MajeBtät allerunterthänigst vorgelegt 
za haben. 

,Wa8 ich allein TorfllliFeii fcanii ist, dass mir die Zeit sehr dringend 
scheint und wann man etwas thnn will, selbes gleieh nnd werkthitig ge- 
schehen rnftsse, damit nicht entscheidende Streiche eich derweil hej den 
Krieg führenden Mftchten ereignen, oder andere Pnissaneen anf die nem* 
liehe Art Uns bevorkommen könnten. 

,Ueber Alles dieses wird Fürst Kaunits allein nnd am aller^ichorsten 
Euer Majestät guten Rath geben können. Joseph Correg.' 

.Tosof verffig-tp dip Sendung Beelen's dureh Handschieiben vom 
2. Mai 17b3 aji den (trafen Kdluwrat: .T>a die den amerikanischen Staaten 
von England anerkannte ^'■änzliclie Unabhängigkeit nunmehr aurh vnu 
Seite Meiner Erblande die Vorsicht iiothwendig macht, wie etwa diese 
veruudei-te Lage der Umstände für den erbländischea Handel nfltsUch an 
machen seyn dttrfte: so bin Ich entschlossen, ein Individunm ans Kieder^ 
landen in der Eigenschaft als Minister oder Resident nach den doitigen 
Staaten abzuschicken, welcher die dahin commercirenden Handelslente 
Heiner gesammten Erbhinde von da aas zn leiten, ihnen zu rathen nnd 
sie zn unterstützen vermöge. Zn diesem Kiide werden Sie Mir ein kuraes 
Verzeichuiss dt-rjenigen erbländischen Hauptproductcn und Manufacturen, 
welche ihren Alisatz Qber Triest finden, mit Beyrflrkung" der Preise eines 
jeden solchen N'erzeichnisses vorleg'en, damit sifli das daliin absendenile 
Individuum hier um so leichter in die Keuotniss auch der dicsfälligeu 
Capi setzen künn«.* 

277- Schütter, Die Ikzu hungeii Oesterreichs zu den Voreinigtea 
Staateu vou Amerika 177« 17S7, Innsbruck 1885. 

278. Gubernialbericht vom 13. Uct<dipr 1792. Vurtrag Philipp 
Cobenzl's vom 12. November 1792 und em Schriftstück vom 30. Juui 1 <Ö6. 

279. Meine Abhandlung: ,Die Zollpolitik unter Maria Theresia' in 
den Mittbeilangen des ösfcefreichiachen insUtuts, Band XIV» Heft 2. 

SSO. Das Ontachten Baab*s vom Mai 1774. 

281. Die n.-O. BankalgeMsdirection sprach sich in ihrem Berichte 
vom 37. December 1781 fl&r Anfhebnng der Ans* nnd Elnfuhrrerbote ans. 

m. DieEinbesiehnng Galislens in das allgemeine Zollgebiet hatte 
Josef dnrch Sntsohliessnng auf den Tortrag tob 80. Jannar 1 788 TerfOgt. 



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201 



Bger fthrt« das PnTÜeg der Zollfreihait auf das Jahr 1815 snrftck. 

Als das Gebiet von Kaiser Ludwig dem Bayer an Johann Ton Rohmen 

verpföndet worden war, erhielt die Stadt einen Versicherungsbrief, wo- 
durch die Privilej^ien, bosonders die Zollfreihoit vorbolialton wurden. 
Pilsen stützte sich auf ein Privileg Sigismunds aus dem Jahre 1434, wo- 
nach es von St^norn und Mmithen bctVoit wurde. In den Mauthordniing-fln 
Karls VI. und Maria Tliürüsiais (1 737 iiml 1752) blieben Et,'( i und PiUeu 
befreit, Eger und PiUen wurden als ZoUausschlftsse erklärt. Eine kais. 
Entschliessung auf den Vortrag vom 7. September 1764 lautete dabin, 
dasB die Freiheiten Egers und Pilsens mit den dermaligen Principien 
keineswegs vereinbarlieh seien und nicht aliein dem Aerar, sondern anch 
den Handelsstädten in Böhmen snm wesentüchen Schaden gereichen. Die 
Bancodeputation habe daher die filteren Acten sn erheben, mit dem Com- 
mersienrath iu reife Erwägung zu ziehen, ob die beiden Städte ihre Z*>\\- 
befreiungsprivilegien noch beibehalten sollen. Die in Folge dessen statt- 
L'efnndenen Bei a^linnt^'r>n omüg-ten mit dem Ergebnisse, die Ausnahms- 
Stellung dicsfi- Urte buizubohalten. 

.In^of i iclit<»tp an df»n Grafen Hatzfeld am 5. Aiicrti^t lolirt iidt's 
Handschreiben: ,lch liabe zwar denen Städten Kger und rilhi-n ihre be- 
sitzende Mautprivilegia auch ferner bejzulassen befunden, da aber in 
solchen die Einfuhr und der Consnm der generatiter Terbothenen Waaren 
keineswegs mit verstanden werden kann: so ist die strengste Torsicht 
ansu wenden, damit in beydea Stftdten, besonders aber in der Mitten im 
Lande gelegenen, nnd mit den st&rksten Jahrmärkten verliehenen Stadt 
Pilsen kcirif fremde verbothene Waaren zum Nachtheil der in Meinen 
Landen bestehenden Fabriqiion einErt fiihret, und gebrauchet werden: und 
werden solche, wenn sie zum Consumo eingeführet werden, sogleich, und 
ohne Weiienn zu confisciren seyn.* 

283. Vortrag, 26. December 17«6. 

284. Die Viebif'dle des Tarifs vom Jahre 177ft bei dem Ein-, Aus- 
nnd Durchtrieb zwischen den deutschen Erbländern und Galizien, der 
auslandische Viehaufsrhla«r in Mähren, die Gebühren in Oesterreich unter 
der Kniis. der iiilainli^clio Vicliaiit'schla^ in Sclilfsien vom 21. Februar 
17tj4. tlt-r inuürustt 1 it'irhi.s,')io (ircnzz-'ll, die bUiidischen Auff^chlfige in 
Karüt»;a und Oesterroicli ub J<u Euns, der Wegreparationsaufschlag in 
Steiermark, der erbländische Cousumtionsaufschlag auf Getränke, der 
ständische Transiioimpost in Schlesien, durch Patent vom 9. März 1744 
eingefohrt, der EOrneranfschlag in Oesterreich unter der Enns vom 
Jahre 1784 wurden aujjgpehoben. 

2SÖ. Note Zinzendorfs vom 89. Juli 1783. 
d86. Vortrag, 34. Mai 1788. Die kais. Entschliessung lautet: ,Das8 
die gegenwärtigen Mercantiltabellen aus Mangel richtiger Daten nnver- 

Aieblv. LZZXTI. Bd. I. Bilfk». 14 



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m 



1a>8licb lind iinbraachbar sind, ist nur nn iMi'« nehm zu veruehmeQ und 
obschou die Voifassnng ganz vollkommenei Mwrcantiltahcllpn uiiU-r die 
iiiuiir.g'lichen Dinge zu g-ohören solioiiit: po bleibt es docli iniiiier tiingUch, 
dasf? man selbe so (üiu irhteii kniine, um doch der Wahrheit Uüd Yerläsi»- 
lichkeit am nächbteu /.u knimueii. 

,Dqi' StuatSTerwaltuüi,' ißt zu veibchiedtiueu Speculationou oliuuut- 
gäugUcb XU wiasdn nöthig, welche Prodocta einem Lande abge hen nnd 
welche im UeberfluM ?orhandea sind; dann wie sich die Ezportation erb- 
ländiscbei' Producta gegen die Imporlaticn ans fremden Staaten verhalteV 
nicht minder, bei welchen Artikeln die Ex- und Importation sn- oder ab* 
nehme und \v*'Iche mithin eine Aufmunterung und Unterstützung so 
mehrerer Beforderuiifr *ler Industru' mit einiger Gewisshoit d«r Hoffnung 
los Absatzes nfithig haben dürften. Dieses müssen wohlvoi fiisste Com- 
ing cialtabellen an Händen geben, uml um >iuzu zu ^'•t'langen, ist die Bncb- 
liaiter^i anzuweisen, dass sie einverstaudtich mit der Mauihdirection einon 
Entwurf vorfassen solle. 

,Wenn nun dieser verfasst ist, so wird solchen die EecheJikauimur 
auch den administrirenden bdhmischen and hungarischen Hof Itantleien 
mittheilen und in einer Zosammentretang ihre dabei lu machenden Be- 
merhungen in Srwftgnng liehen, aohin aber ICir das gemeinschaftlicfae 
Besultat in einem wiAldetaüirten Protokoll vorlegen, auch auf gleidie Art 
sich alle Jahre bei Vorlegung der Commerztabellen benehmen. 

.Uebrigens bin ich von der Güte der derzeit bestehenden Verbots- 
iresetze durch die zum Vortheil des Staates bestätigte mehrjährige Er- 
liiiirung vollkommen überzeugt, und wird mich darin kein Ivaisonement, 
t»u uur auf Würlei gebaut ist. jemals iire machen umi können Sin duber 
in Hinkunft ihre diesfallige stützige Bemühung zui Wiudertinluiu uug 
der gänzlichen Freiheit im in- und ausländischen Verkehr gänzlich er- 
sparen. Joseph.' 

287. Aus einer Denkschrift Carl v. Zinzendorf s. 



I 



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InlialtaveneiohiliBB. 



8«iU 

Das FrohibitivBystem 8 

Bau der StruMn, SelnffbAnnadiiiDf ron Flttssen . . 4 

Bagolirang der ongmriaeheii FMiM » , 7 

Angaben der HandelebehOrde, Wtiamigen an die Coiueme, den ittllndi- 

fifhf>n Errrni^nUaen Absatz Stt vencheffen 8 

Ma««nahijii-ii in rlicser Htosicbt 8 

Haltung der Kaudeute 9 

BeschrilDkiing der fremden Kenfleute auf Otterreichiicben HXrkten . . 10 

Der Verkehr mit Ungarn 19 

BinAbrnng der Verbote m Ungarn 14 

Der Absatz iinpfarischpr Erzotifrnl.s.so in don tltjutsilifii Erblanden ... 15 

Verbindung" des luiu'.irisclien Haniieln mit dein Litorale 16 

GrUnduDg der Temesvarer Compagnie 17 

Ungame und leiner Nebenlinder Einbeaiebnng in das Zollgebiet ... 19 

Die wichtigsten Waaren Oesterreichs auf dem Weltmarkte 94 

Der Olaaliandel, der Leinwandhandel . 94 

Senaen aus 01)>'r'5Hterreich 26 

Rer<rban]»rodint>' .... . . 26 

(jugarinelier VVoin 27 

Die Ansfohr landwirthschaftlicher Erzengnisfle 98 

Exportprimien 99 

Der Osterroicbbehe Kaufmannsstand 99 

Die NiedoHn{»!«vf»rwandtPn .80 

Die tUrkisciien L'ntertfianen 88 

Die Industriewanderer 85 

Triest unter Karl VI 36 

Triest unter Maria Thereria 89 

Die Tbätigkeit der Kaiserin zur Emporbringung des Seehandels .... 40 

Di<> Erripiwnmg der iiTitf>r Karl VII. ertbeilten Privilegien 41 

Das Patent vom 27, April 1769 für Trie»t 4» 

Die Industrie in Triest 48 

Die Hebung der Sebillshrt, des Sehiffbanea und der Fischeret 45 

Die Österreichischen Connulon im 18. Jahrhundert 47 

Reisen zur Kenntni»«nabmo dor Einriclitungen fremder Liinder 48 

Berathungon, die ^&«>ammte Eintuhr und Ausfuhr Uber Trie.nt zu leiten 49 

Vorschläge Lichnowsky's 50 

V<HrBchläge Serione*s 58 



204 

Mm 

Der TI.iii<ie1 mit DoutschUnd 66 

Der Handel mit Italien 56 

Der Vertrag zwischeo Oesterreich und Toscanft 67 

Dar Handel mit deo ita1teDiseh«B Gebietaa 61 

Der Handel mit Mailand und Bfantua ' 66 

Der Handelsvertrag mit Moilena . 66 

Die HandoLsverbindiinjf zwischen Holland uinl ilom T.itnr;ile .... fi6 

Anj^ichten Uber don Abschluss von Hand eis vcrtrkjfen mit fremden Mächten 73 

Der Vertrag mit Hpanien 74 

Venach« snm Abeefaltme eines Haadelsvertngei mit Portngtl .... 76 

Versuche nnm AbsebloaM einee Handeisvert r a y mit Fraokreioh ... 77 

Versuche zum Ahschlima eine* Handelavertragee mit England .... 77 

l>er Vcrkt-hr iiii Mittt hnepre 7ft 

Der Haiulcl mit dem Orient 79 

Dur Handel auf der Dunau 03 

Zollerleiehterungen tür Kauflenta nach Cherran und Conataatinopel . . 89 

Der Handel mit Aegypten 89 

Verträge mit den Harbareikenataaten 89 

1)< ! Verkehr mit Polen 90 

Die Gründung der Teschener Mestie 90 

Berichte Uber die Teschener Mesae 95 

Der Eandelavertrag mit Polen 97 

De» HandeUvertrag mit Rtusland 97 

Der Handel mit Dänemark . 100 

Der Verkehr mit d^m Orient, Ijidion xuvi China 101 

Handelsverbindungen mit den nordamerikanischen Colonien III 

Urtheile über die OHterreicfaische Handelspolitik 118 

Dae Ontachien Raab** 116 

Das Gutachten Hegelin*« 116 

Die Verschärfungs?«ysleme unter Joeef 116 

Die Tarife von 1784 und 178» 117 

Graf Carl Ziuzeudurf Uber die Handi>ls|iolitik 120 

draf Philipp Sinfendorff 191 

Mangel einer 68terreicht«chen Handetsstatistik im 18. Jahrhundert . . 196 

Anmerkungen 124 



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EIN TAGEBUCH 

WÄUHEND DER 

BELAGERUNG VON WIEN 

IM JAHRE 1633. 

MITGETÜKiLT 
JOB 

FEED. MENCIK. 



Atflkiv. LXXXn. Uui. I. Hllllt. 16 



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Im XLVIII. Bande des Archivs ist das Tagebuch abge- 
druckt, welches Graf Ferdinand BonATentnra Harrach wfthrend 
seines vierten Aufenthaltes' in Spanien im Jahre 1698 ge* 
schrieben hatte^ und es ist auch dort eine klmne Biographie 
dieser hervorragenden Persönlichkeit mitgetheilt. 

Als eine vorläufige Ei^nzung dazu fügen wir bei, dass 
Harrach, seit 1673 — 1676 Botschafter in Spanien, zu den be- 
liebtesten WUrdentrilgern sowohl bei dem Madrider, als auch 
bei dem Wiener Hofe gehörte. Durch das goldene Vliess in 
jungen Jahren ausgezeichnet bekleidete er seit dem Jahre 1677, 
in welchem er aus Spanien zurückgekehrt war, die Stelle dee 
Oberststallmeisters des Kaisers Leopold 1. ; erst im Jahre 1699 
wurde er sum Obersthofmeister und somit auch zum Vorsitzenden 
Conferenzminister befördert. 

Als Oberststallmeister gehörte er zu den intimsten Ge* 
sellschafitsgeoossen des Kaisers und begleitete auch denselben, 
als dieser im Jahre 1680 wegen der in Wien grassirenden Pest 
seine Residenz verlassen musste, nach Böhmen. Dieselbe Auf- 
gabe fiel dem Grafen Harrach zu, als im Jahre 1683 die 
Türken gegen Wien im Anzüge waren. Er begleitete den 
Kaiser nach Passau und von da wieder in das befreite Wien, 
und alle Erlebnisse bei dem kaiserlichen Hofe während der fast 
dritthalbmonatlichen Anabasis hat er in seinem Tagebuche be- 
schrieben. 

Das Tagebuch fUngt mit dem 1. Juli 1683 an und endigt 
mit dem 13. September. In erster Reihe enthalt dasselbe wahiv 
haft getreue Kachrichten alles dessen, wovon Harrach selbst 
Augenzeuge war, und äpeoiell Berichte Uber die Sitzungen der 



* Zuerst GeiiAudter im Jahre 1661, dsim lüüU, zuoi drittou Mal im 
J«hn 167S. 

16* 



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308 



geheimen Oonferenaen, welche der Kaiser in dieeer Zeit ab- 
halten liess. Es gibt uns aUo die beste Kunde von den Strö- 
mungen, wdche aich an dem kaiseilichen Hofe in dieser be- 
wegten Zeit bemwkbar machten. In aweiter Linie berichtet 
er aber auch von den Kriegsaperationen der k«serlichen Armee, 
indem er die wichtigsten Depeschen, welche aus Wien oder 
aus dem Lager ankamen, anführt und die in Folge dessen 
getroffenen Dispositionen des kaiserlichen Hofes beschreibt 

Auf Grund dieses Tagebuches kOnnen wir sowohl die be« 
reits bekannten EreigniBse controUiren, haben aber ausserdem 
eine ausammenhflngende DareteUung der Str5mungen in der 
Umgebung des Kaisers. Dem Grafen Harrach gebohrt aber 
das Verdienst, dass er trota seiner Sorgen und Beschttftigangen 
der Zukunft ein solches Bild aufgeseichnet hatte. 

Das Tagebuch theflen wir mit aus einer Abschrift, welche 
im 18. Jahrhundert der grttfliche Archivar und Historiograph 
Johann Michael Girmus (um das Jahr 1760) wohl nach dem 
Originale, welches sich jetat nicht mehr vorfindet, gemacht hatte. 
Diese in der gräflichen Bibliothek in Wien sich befindende 
Handschrift enthXlt noch das Tagebuch der im Jahre 1665 nach 
Spanien unternommenen Reise und der Erlebnisse in Madrid. 



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Wünn d«B 1. JiUi 1688. 



Die Nachrichten, so heunt von (l<»r Aimee kommen, geben, dass 
der Türck sich hey J< n Märtiiisberg unweiUi Raab sehen lasse. Die 
Unsrigott ligen jenseithK dcss Flugs Raab, au der Vristune arbeithen tag- 
lich 6000 Mann von lior Infanterie, so einander abwecbsslen. Graff 
Draüchkowicz, Judex curiae, so von denen Gränic7.en an der Rabau 
kommen, versichert, dass selber Flnss. dio Wälder vnd Pä.ss also ver- 
hackht vnd mit seinen vnd Bndianiscben ' Vßlckhern also vorschanczt 
vnd besQczt seye, dass sich einige» Durcbbruchs selbiger seiths nit zu 
besorgen seye. 

WMim dmi 8. Jvly. 

Nunmehr ist prwiss. dass der Türckh mit seiner vidligen Macht vor 
Raab stehet, ob er nun selbige Vöstung belagern werde, wird sich bald 
zeigen. Die Vni>rigen haben sich dissseiths dess Fluss Raab geseczt. 
also dass sie mit den linckhen Flügel an der Vostung. mit den rechten 
aber in der Rabau sieben. Anff den Alit-nd ist fin (ienoral-Adjutant von 
den Herzog von Lothringen kuiunien mit der Nachricht, da^s der Türckh 
posto disBseiths der Saab gefast. die Vnsrigen aber den ibngeu ver- 
lassen vnd gewichen seyn; bring'f't auch, das? 20000 Tartarn zu streiffen 
ausgegangen waren, wisse aber nit, ob es Österreich oder Steyrmarckh 
treffen dörffte. 

Wienn den 8. Jnly. 

Man hat vermeint, Ihr. Kay. May. solten dass eiiiferichte Jaagen 
xn Petorstorff einstellen, sie seynd gleichwohl hiiiwss, vnd haben in 
grosaenB^en in dass Gebflrg reflthen, allda jagen vnd wider zuruckh- 
gehen muessen. Zu Peterstorff haben sie das Mittagmalil eingenohmen, 
allwo schon alles voller Bomor Ynd Ängsten wäre. Man hat dise Nacht 
vnterscbiedlicha Fewer gesehen, weiche theils vor weith in Hungarn, 
andere aber vor nahet in Osterreich jadicirt haben. Za Wien als wir an* 



> Onf Batthyanj. 



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210 



kommen, hat man spargiert, das Bnickh vikI lioiaii^ saiubt iiiaiisteiiü dar- 
zue gehörigen Döi-ftVrn selten ahgebieniit seyn. weloheiJ über viller Votb- 
htänden halber nit hat seyn könueu. Ihr. Mayt. der Kayser haben mir in 
Uaimbfahren gesagt, dass sie Montag einen geheimbcu Rath halten vnd 
resoWieren wollen, ob vnd wann sie von Wienn nnffbrechen sollen. Ich 
bsbe meine Meynang Ihnen gesagt, d<i!-.s die Abreyss auflf keine Weiss 
so Terschieben seye, vnd wollen Ihr Mt. länger, sollen wenigst Ihro Mayt. 
die Kayserin, so in 8. Monath schwanger, vnd die junge Herrschafft mit 
der UUÜsten Hoffstatt voran weckh scbickhen, dann Ihr M:i} t. Pei'sohn 
könne mau allzeit, aber oit die Kayserin mit der jungen Uerrschafft vnd 
Uoffstaat aalvieren. 

Wienn den 4. July. 

Hennt hat dass Gebett bey St Michael angefangen, wohin Ihr. 
Kays. Hayt. m Ambt vnd Predig gegangen. Von der Armie ist weither 
niehts Newes koramen, als dass sie bis Kitseo' suruckgerackht, Hnn- 
garisch Altenbnrg aber besezt gelassen haben. Heunt hat man eifahren, 
dass die Tartam anff den Haydtboden vnd mh den Neysidler See etlich 
Bftiffer abgebrennt habSBi in Österreich aber noch nit kommen seynd. 
Hein Gemahlin ist vber diso Zeitnng also erschröekhen» dass sie noch 
Hofgen vnd zwar au Landt abreyssen will 

Wienn den 5. July. 

Kennt Morgen ist sjffhf^imber Rath gehalten worden, so sich erst 
g<^en 3 Nachmittag geendet hat. Ist wegen vnterschiedl icher Anetaltcn 
sowohl der hiesigen Statt vud Landt, als der Annve tractiret worden. Ihr 
May. haben absonderlich retiul viert, dass die junge HerrschafTt künfftigcn 
Donnerstag abreyse, denen folgen zu können, man autTdie Anstaltenge- 
denckhen solle. Sonst^n wird anbefohlen, den Wiener-Waldt zu ver- 
hauen, vnd die Frembden vnd Herrnlosse auss der Statt zu schaffen, 
weilen man billich anstehen könne. dei Feind Wienn oder Raab be- 
Iflgem wolle. Sobald ich von HoflF nacher Hauss kommen, ist mein Ge- 
mahlin* mit denen Kindern zu Landt abgereysst. Von der Ait:i. hat 
man so vill, dass die Cavalierie sieb bi-y Kitsee gestellet, die lulauu iiA 
aber tn die Kleine Scbitt gegangen, welches an Hoff gar nit approbiert 

' Die Bentoung de« Grafoit Harraeb. 

* Klttaee» ein Städtchen gegenüber Preasbnrg. 

' Jobaana Tberesin, geborne GrXfin von Lemberg, Tochter de« Obertthof- 
meiBten». 



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211 



wordou. Graff Philipp von Tburu^ ist in Fohlen geschickt worden, den 
SuGcors zu soUdtiron. 

Wieun den 6. July. 

Frohe mb 9 Uhr Ist der Herzog von Croj tu mir gekommen vnd 
sich benrlanbet, weilen er gestert von Ihr Hays. beordert worden^ als 
CSomendant in Raab zu gehen vnd selbe Yöstung zu defendieren. Sagte, 
dass ein Hanbtman von dannen heranff kommen, der vor gwiss sagte, dass 
selbes Orth belSgert seye. Als ich aber nacher Holf kommen, befindete 
sich selbes nit also, sondern es brachte der General-Ajndant Graff von 
Auersperg, dass der Feind sieh mebrers gegen Hungarisch Altenburg 
nfibere, sagte, dass die Türckhen mit denen Ynsrigen biss vnter denen 
Stflckhen vor Baab Torgestert charmiziert haben, eisehlte, wie woU sie 
beritten, vnd in Silber vnd Ooldt bekleidet seyn, anch wie schon ihre Zelt 
von unterschiedlichen Formb vnd fernen zu sehen seyen. Ynser Cavallerie 
stehet noch bey Kitsee, die Infanterie aber in der Klein>Schfltt 

Canwwbiurg dan 7. July. 

Ich bin gestert vu^ hPiint von deueii Abreysenden vmb Erlaubnnss, 
Schiff vnd Wagen (welche alle in Verbott genohmen worden) au haben» 
gepli^^ worden. Zu Mittag hat mich Graft von Krmigsegg zu Gast ge- 
laden, allwo Gräftin von Felss, mein Frau Schwester,^ 2 Gräften von 
Waldtstoin vnd Graff Kint^ky guwessen. Als wir nach dem Essen in der 
Conversation sizUn. schickte der Kayser vmb mich. In der Antecamera 
vernahm ich. dass der Graff von Anrsperg^ vnd gleich nach seiner der 
Rittmeister von Töring von der Armde geschickht worden mit der Nach- 
richt, dass der Feind mit seineu Vortroopen schon zu Hungarisch Alten- 
burg stundte, vusere Cavalli-iit- aber gegen Vischa maichiere. Hen* 
Christ- Uoffiueister,^ so auch beiuffener komme, sagte mir eben dises, 
Ihre Mays. ruefften mich hinein, aUwoH. Bischoff von Wicnn auch wäre, 
vnd fragten, was meine Heynung wäre Trh sagte, der Feind seye nahe 
vnd geschwindt, verneine also, Ihr. Hay. solten sich nit einspehren 



* Bruder des Grafen Johann von Thum and Taxis (auch della Torre), 
Generalpostmei'5ters in Spanten, eine sonst wenig bekannte Persönlichkeit, 

' Marie Elisabeth, seit 166U vermühlt mit Carl Graten Wald«teiii. 

* Graf F^a Carl voa Auersperg. 

* Graf Albreeht von Zituendorf war Kachfolger des im Jahre v«r- 
«torbonen Obersthofmeutem Grafen Johann Maximilian von Lambeig. 
Er «tarb schon am 6. October 1688. 



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212 



lassen, sondern alsobald weckh gohon. Vnterdessen kamen mohrers f^e- 
heimbe Kafh ziisiimmen. von der Arm^e aber der General Caprara vnd 
Obrist Moiitt'cucoli. so ubor nur vor sich gelbsten in Wienn kammeten. 
Als wir in dor Ante-Camora redeton. käme des Gener, Caprara^ Stall- 
meister vnd sagte, dass die Tflrckhen ?nd Tartan in die Bagz^^e bey 
Fibcba eingefallen vnd die Sf inigo, Saclij^en-Lauenburg, Croy vnd Monte- 
cncolische ganz weckhgeuohmen haben; ci (Jraflf Oprara vndCaidirs* 
sagten ofFentlich, der Kayaer solto sich kein Viortlstundt auffhalten, wau 
er nit wolle in Wienn eingespehrt weiden, (iegen 6 Uhr rnefften Ihr 
Kay. Mt. alle anwesende gebeimbe Käth in Dero Ketirada, fragten stante 
pede die grosse Gefahr vor vnd wolten wissen, ob sie von Wienn weckh, 
wohin vnd was vor einen Weeg »le nehmon Suiten? Alle gitu^j^eu uuani- 
miter dahin, da^s man heunt noch <dine Zeit?erliehruug abre^^sen 
Sölten; wohin, waren theils vneins, dann einer wolt«' n acher Lincz, der 
andere narher Prag; also aucli wegen dees Weeg, da tlieils die ordinari 
Linczer StrasB, andere vber das Gebürg bey Heiligen Creucz, andere jen- 
seiths der Donau gegen Crembs zue, dass sicherste zu seyn v-nm inten. 
Es praevalierte aber diss*^ bv/te Meynnng, vnd resolvierten Ihr Kay. May. 
so bald als müglich diseu Abend noch abzureyssen vnd vber die Hröcken 
aufT Cornewburg zu gehen, befahlen mir ako alles ferttig zu halten, da- 
mit sie gleich weckh kunten. Ich schaffe alsobald dem Fuetermoistei-, ' 
l.andtgntscher vnd schwäre Wägen zu bestellen, vnd denen Sadl- 
Knerhten alle Hoffwagen einspannen lassen, gienge vnterdessen nacher 
Hauss, mich vmbzukleydten vnd mein Bestes einpackhen zu lassen, ritte 
nach dissen gleich wider nacher Hoff, allda anzuordnen, dass Alles in 
Bereithschaflft stehe, Weilen sowohl in der Statt, als in der Burckh alles 
in vnglaublicher Oonfusion wäre, Ihre May. resolvierten vnterdessen die 
Depntirten. so sie hinterlassen walten, als den General Caplirs, Graft 
Ernst von Stahrnberg als der Statl-Commondantcn, H. Landt-Marscball 
Greffen von Mollarth, Graffen von Heiasenstein als Eltesten vnd angu- 
Feczten SUiUhaltei' der N. 0. Kegieruug, vnd von der Hoff-Cammer, 
Die 20U Pferdt, so gestört mit der Honguiscben Cron von Prespurg ^ 



* Graf Aeneaa Caprara. 

* Graf Zdenko Ca«par K^plif von Sulewita, Vio»prlUUlent des Kri«fs- 

rathefi. 

' Juhaou Baptiäta von Creiniz. 
« G. Fi»iw ll«diiiili«B MoUarl. 

* Ein» Lttcke. Soll hier atehttn: C«rl Theophil von Aiebpttoliler. 

* Graf Kaplir hat sie trotz des Protestes der Qrafeü SSichy and Brdttdy 
nach Wien gebracht Vgl. Toifel, S. 868. 



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kommen, wai-en tub zu bedeckben commuidiert, ingleicben 100 Mann 
Ton der Statgnardi nacher Corneubnrg commandiert worden. Vmb 8 Ulur 
Abends seczten sieb Ibr Kay. May. zu Gutseben vnd fabrten von Wienn 
hinweg, die Kayserm aber Hesse sieb in Sesael tragen. Ymb die Statt 
saben wir die PagBge nacbeinander kommen, vnd vill so woU Boss als 
Befither selber yon der Armäe in die Statt geben ; tbeito sagten, vnsere 
waren gescblagen, andere, die Ta,rtarn Ynd T&rckben waren n&cbst an 
denen Vorstätten. Von den Stepbans-Tburn aadit man die Schwächet 
vnd Fiaeha brennen, vnd wäre die Confosion so gross, dasa man nit 
wnste, was zn glanben aeye. Als wir an denen Brücken kamen, vnd es 
unfangte Nacht an werden, haben wir grosse Fewer selbeten gesehen. 
Die 200 Pfordt, so ras convoyren solten, waren nneh nicht da. Ich 
schaffte also, nach deme die Kayeerin in Wagen aasse, wohl daimnff sn 
fahren, liesse die Handt-Ross neben dem Wagen geben vnd der Hartscbier- 
Onardi Leuth. Obr. Tarlan batirte himmtarweckbs mit denen Hartscbiern 
die Strassen, vnd liesse nur 20 von ihnen bey den Leibwagen. Als wir 
zu Langen Enczersdorff dnrcbfahrten, stunden selbe Baum mit BOhren vnd 
Gewöhr, welche denen, so dnrchraysseten, vi 11 Schmachwort sagten vnd 
ti-obeten, sie die flttehenden anssreissenden Wienner nennendt, die dass 
Landt wohl genossen, vnd jecst verlassen th&ttsn. Vmb halbe 19. seyndi 
wir Bu Carnewborg ankommen. Ibr Kay. May. ftssen was weniges vnd 
legten sich auff Amb Stroh vnd Wagenpölster vnd mit Hantel bedeckbten 
Sie sich. Die Hoff-Damea vnd meisten Gavallier waren ohne Betb, alle 
aber blieben die gancse Nacht angelegter vnd scblafften tbeils in Sesseln, 
theils anff Bäncken. Ich bin noch mit dem Graff Sigmondt von Tränt- 
manstorflf^ vnd Gralfen von Paar* avJT den Statt^Thnm gestigen, zn 
sehen, was man vor Fewr sehe, haben aber nur eines wahrgenohmen, so 
die Wächter von Bruckh oder Boren gehalten, ich habe es aber vor Fiseha 
oder Schwechat genehmen. Vmb 8 seynd die 100 commandierte von der 
Stattgaardi kommen, so ist anch gegen halber 8 die verwittibte Kayserin 
mit ihrer Hoflhtatt angelangt. 

Cremba den 8. Jnly. 

IMse Nacht hat man wenig geschlaffen, vnd alle mit anbrechenden 
Tag wider auffgewessen. Vnterdessen ist Graff von Anrsperg vnd Obrist 
von Stftrheimb * kommen, so von den gestrigen Bnmor Nadiricht gebracht 



' Graf Geoig Stgiennuid von Tranttmaiutorff, HofkanuiMnafh. 

* Graf Carl Paar, ObentportDeular. 

* Onf Tttrhrnm (Thierhmm). 



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2U 

haben. Zwischen Elend vnd Fißcha^ haben sich in den Waldt etlich 
1000 Tüi'cken vnd Tartarn abgestollen, welche denen Vnsrigen in die 
Bagage vnd zuruckh in die Retroguardi gefallen seyiid. liMhr.n » inen sol- 
chen Schrecken verursacht, dass das Montecucoüsche Begiment mit Oifi- 
ciren vnd Staudarten geflohen ist. die Savoyischen Dragoner haben aaeh 
mit gehalten, der Prinz oder Chevallier de Savoye, ilii Oberst, nachdem« 
sein Pferdt mit einen Sabol gehauet, ist von den Pferdt gestürcst vnd an. 
der Brust verleczt worden ; ^ die Taflischen Compagnien, 80 gar wohl ge- 
fochten, haben 2 Rittmeister, den Princ« TOD Arenberg, deme mit einen 
Säbel der halbe Kopff zerspaltet worden, vnd den Paulo Antonio Mellini, 
det> Cardinal, so Nuntio in Spanien ist, Bruder, verlohren; das Denne- 
waldtsche^ Regiment, an die sie auch kommen, ist fest gestandten vnd 
uit allein Widerstandt geleistet, sondern sie poussiert vnd bise Peteniol 
gejaget, haben einen Leinwathen, weiss vnd rothen Fahn. erobert. Voa 
vnserer Infanterie weiss man nichts ?nd füi< ]it* t man, dass sie nit von 
Wifnn aiij5v<rf«chlossen werde, iu solchen i''all die Statt mit der ordinari 
Ouardi vnd den halben kay. Regiment vbel \ ( rsolien wäre. 

Wir hahi'u ,mi Afittatr 7m Newstiflft eingekehrt» weilen aber nit mehr 
als 2 HofTköch vnd ein Taffeldeckher da wäre, worden wir sehr schlecht 
taractiert. Die 200 Pferdt, so yns bedeckhen sollen, sejnd allda zn vns 
kommen, sie seynd gestert nacher Purckei^torfT coomandiert worden, 
weilen die junge Herrschafft heunt disen Weeg nehmen sollen. Vnib 8 
seynd wir anff Crembs kommen, allwo wir vnterredt haben, ob Ihr Kay. 
May. nit sicheror vnd bequemer sn Wasser gehen kanten, vnd weilen 
man es also vor gaet befunden, seynd 4 Schiff mit den Rossen zu der 
Hohenau bestelt worden. Auff den Abend seynd noch Briefif von der 
Armee kommen, brachten aber weither nichts, als das^> der Herzog dass 
andere Landt der Donau verlassen vnd eich mit der Cavalleria in die 
Tabor-lnsel gesecst habe. 

■tlokh den 9. Jnly* 

Ich habe heunt Nacht wider wt nig geschlaffen, dann vmb Mitter- 
nacht hat mich der Graff von Kngolforth weckhen lassen vnd gesagt, die 
Tartarn waren jciiseiths der Bruckhen bey Stein, er habe Leuth vnd Uos.s 
allda gesehen vnd 5 Canonschuss gehört. Ich bin gleich auffgestandou. 



* Toifel, Die Türken vor Wien im Jahr« 1683. Wien iSbi, 6. 2-k2. 

* A. V. Arneth, Prinx EugeD von Savoyen. Wien 1858, i, 8. 18. Ludwig 
Julius von Savoyen. 

3 DOneweia. 



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215 



mich angelegt vnd ihme zmn ObriKi^HoflmeiBter gef&brt» der auch gleich 
Haffgestanden vnd begehrt, ich aolle der weill sehen, was daran seye. 
Bin also mi ihme tot die Statt gegangen, aber alles stiil gefunden. Un- 
terdessen habe ich einen an Pferdt vber die Bmckhen geschickt vnd 
sehen lassen, ob jenseiths was zn hören ist, war alles ganz rahig. Also 
sejnd wir wider nacher Hanss, ich aber habe meine Wi^^en gleich voran- 
gesehickht vnd bin nacher Hoff gegangen, allwo wir den Graffen von 
Ani'speig angetroffen, der allein gebracht, dass der Tfirckh sich gegen 
Wienn n&here, man wisse aber nicht mit was Intention, ob es nur ein 
Streiff seye, oder er die Statt belfigern wolle. Ihr Eay. Hay. haben die 
Ordinanz heont vmb 7 in puncto gegeben, seynd aber erst vmb halbe 9 
zn denen Patres Gapncinern zum Brflndl genannt. Allda haben Sie ein 
Hess gehört vnd seynd alsdann zu Schiff gesessen. 

Wir hätten sehr starckhen Contrari-Windt vnd grosse Hica, haben 
erst vmb 8 zn Agspach zu Hittag gössen, vnd obwoUen wir bald nach 
dem Essen weckh seyn, gleichwohl erst vmb halbe 1 nacher Hittamacht 
zu Melckh in Cloeter ankommen. Die verwittibte Kayserln, die ein 
2 Stundt nach vnser von Wienn weckh vnd heunt zu Landt gereyst, ist 
vmb 7 schon hier gewesi 

Melokh den 10. Joly. 

Wir haben heunt allhier anssgerast, theits weilen wir gestern so 
spatt ankommen, vnd tfaeils weillen alle die Boss so mfldt waren. Herr 
Obrist-Hol&neister vnd ich haben vns vnterredt, dass weilen die wenig- 
sten kayserlichen Sachen noch von Wienn abgefiihren, darzne abor die 
Anstalten nit gemacht werden, weilen der Fnetermeister nit hier noch zu 
Wienn, sondern vnterweegs seyu solle, also habe ich meinen Hoffmeister 
vorgeschhigen nacher Wienn zu schickhen, deren auch von der Hoff- 
Canzley ein Beeret mitgegeben, damit man ihme lu Abfthning der Kays. 
Gueter an die Handt gehe. Ist also dise Nacht noch weckh. 

Ambstittaa dan 11. Jvly. 

Dip V'^i wittibte Kaysserin ' i>t gestört voran vinl hat vbor Nacht zu 
NewHiairkli gf^chlaffeii. Wir babeu zu Mittat: allda gesson vn.l zu Nachts 
zeitlich autV Ambstätteu kommen. Zu Melckh hat riei- iiaruii Zweyor Ilir 
Kay. May. einen Tartai isch» u Fahu, so dum ncnuewaldtpch»' Regiment 
Im kommen, gezeigt vud verehrt. Sonaten istheuut uichts weder vunWienu 
noch der Armee kommen. 

*■ Eleonorm, (ffOmahUn Kairar Ferdinand lU. 



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Eimss den 12. Jaly. 

Der Weeg auff den StrenWg wire disBonhl lo gaet, dass wir 
ganz hinaaff gefUizen sejnd. Ihre Kay. May. liat das Mittagmahl allda 
eingenohmen, so tdb aber sehr yersalmn war mit der Nadiricbt, die ein 
Coarrier brachie, dass der Tfirckb scbon mit sein«]| Tronppan bey dar 
Baabenstfttten md Paaliner Closter stehe, der Hersog, der deh vber dia 
grosse Brnckben scbon reteriert bat, hat den General Sohnk» ' (so ein 
Corpo ?on 8000 Mann an der Waag commandiert) sn sich bsmifen, da- 
mit er Stärkher seye, wann die TOrcken herüber secsten und ihme an- 
greiifen wolten. 

Der Kaysser hat vns geheimbe Bath vor dem Essen alle hinein 
gemeifen vnd oonsnltiert» ob disM au approbiren ssys oder nit. Die 
Minors seynd dahin aussgeschlagen, dass weilen der Henog den Feind 
der Zeit nit vnter die Angen stehen» sondern sidi reteriren mness, wäre 
besser gewest, wann er den Scholoz an der Waag, selbe Linder su be- 
deekhen, gelassen hfttte. Wir seynd seitlich nacher Eons kommen, allwo 
wir 700 von Peckhisehen' Regiment vnter den Obrist Leothenant Gallen- 
felss ' angetroffen haben« Diso vnd iOO fon Wflrtenbergischen Begiment 
bleiben an der Ennss, dass Landt an defendiersn. 

Linei den 18. Jnly. 

Weilen wir auflf Mittag nur biss Eberspt.iig, hcynd wir vou Enu*s 
gar spatt auffgewest. Xachiiiittag aber zeitlich liither koniiuen Ich habe 
in düBs Praelatlien von VVillering Hauss mein Quartier vnd bin gar woll 
logirt. Newes haben wir heunt nichts gehört. Mein Gemahl ist anstatt 
Aschach gar nacher äalczbiu*g gegangen. 

Lmc2 den 14. Juiy. 

Weilen heunt das Fest des h. Bonaventorae Tnd mein Gebnrthslag 
ist| habe ich bey denen PP. Capncinem Mess gehört. Zn Mittag haben 
wir in der Ante-Camera den Adjutanten von Hersog von Saxeu-Lauen- 
buig angetroffen, welcher von der Arm^e kommen, bringt aber nichts 
Neues. Er sagt allein, dass der Generalität Heynong seye, der TOickh 
thue nor ein Gavalcata vmb Wienn, werde aber die Statt nit beligern. 



> Graf Sohols, Feldiiumeh«]l>U«tttoDant. 

* Bech'flcU«« Infimterierugiineiit. 

* Carl Baron von Qallenfoi«. 



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Aschach im Schiff den 16. July. 

Wir haben heont nach Mittenudit wider einen AUenne gehabt 
Giaff Wilhelm fon Lemberg ist mit dem kajr. Waldtechaffter TOn Wienn 
anff der Poet kommen^ brachten, daas die Tartam vnd Hnngam, vnter 
welchen er deaa Palatini Lenth gekendt habe, an die Ynterthanen, lo den 
Wienner Waldt verhackhen eoUen, kommen, sie etlichmahl angegriffen, 
abgetriben Tnd oidlioh durehgebrochen hätten, bimneten dass Landt biss 
gegen 8t. Feiten vnd seye schon Helddi ein grosser Schreckhen, siso 
dass alles fliehe rnd darren lanffe. Hit diser Zeitnng hat mich Ghmff 
Wilhelm anffgeweekht, rnd ist gleich nach ihme H. Obrist-Hoffmeister 
in mir kommen, Tnd wellen seine Heynnng war, wir selten gleich forth 
Tod nlt des Feindt, der gesehwindt, 17000 starckh seyn solle vnd xa 
Enoas vber dss Wasser leichtlich kommen kaa, nit erwarten. Ich habe 
mich gleich angeUgt Tnd nacher Hoff gegangen, habe vnterdessen den 
Oraff Unsky vnd Grsffen von Hanafeldt, das Faeter-Ambt Tnd SadeU 
knecht weckhen lassen, in der Ante-Oamera habe ich f^eich an dem 
Fenster aussgeschanet, ob Fewer oder lieehte Wolckhen gegen Tnter 
Osterreich so sehen waren, aber nichts deigleichen abnehmen kftnnen, 
so ich TOr ein gaetes Zeichen gehalten habe. Vnterdessen hat man Ihr 
Kay. Mayt. geweckht, die in SehlaffbelCB heranss kommen Tnd stante 
yede mit denen anwessenden gelieimben B&then consnltiert haben, ob, 
wann Tnd wohin man Ton hier snssgehen solle. Ihr Kay. May. haben 
resolTiert Tor ja, Tnd woUen gleich wecUi, ihren Weeg aber nacher 
Passan nehmen. Was sie absonderlich danoe bewegt hat (sonsten sie) 
seye, dass gestert ein Conrrier Ton Rom mit d«r Dispens dess Princs 
Francs Ton Newbiug sin fiisthnmb Tnangesehen seiner Jagend m haben, 
kommen, Tnd haben Ihr Pabstliche Heiligkeit Ihr Kay. Hayt. dnrch den 
Cardinal Pio erindem Tnd ermahnen lassen, sich Tor denen Hnngam, 
absonderlich den jungen Serin, ' dess enthanbten Peters Sohn, sn hfleten, 
dann diser stellete ihnen nach den Leben. Eben diser Serin ist Tor 
Tnserer Anknnilt an Melckh gewest, md mit dess Xarques de Sebbe- 
Tille,* fmniöeischen EnToyl Page, in dass Oloster gegangen, sich 
erkundiget, wo der Kayser wohnen, wann er kommen, was Tor einen 
Weeg weither nehmen werde, Tnd mit was vor Lenthen Tnd Gusrdl er 
begleydet Tnd bedeckht seye. 



* Graf Jobann Anton Zrinyi, «tarb in der Gef«ngenBchaft zu Kottenbafg 
hl Tirol im Jehr« HOB. 

* Uaiqiiis de Sepperille, ftanBeriadber QeMuidtor. 



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218 



Ihr Kay. Uayt. haben aoff Aschach zue, vnd TOn dann^n mit Schiff 
nach«r Passan zu g«hen, sichentschlosseDr voddisses aus zw«y Vraaehen: 
Biaa, wann die Tartarn vna nacheylen solten, wir anff die andere Seithea 
der Donau vna Seesen kanten^ änderten, weilen die Eayaaerin gross 
BChwanger, die jnnge Herrschafft aber klein, sie also mehrere Bnhe vnd 
weniger Yngelegenheit h&tten. Ymb 7 seynd wir Ton Lines weckb» Tnd 
erst mb 2 anff Aschach kemmen. Man hat Ihr. Kay. Mayt. ihr Essen 
geschwindt bereith, vns aber zn der Freytalfel hat die Unbmerin, WQrthin 
»sam schwarzen AdlerS gekocht, vnd gar guet zn essen gegeben. Ihr Kay. 
Hayt. vnd wir alle haben in Schilf geschlaffen. Als sie hinein gegangen, 
ist die Ordinari auss BOheimb vnd ein Stsfeta von Wienn kommen» die 
gebraehtf dass die Tttrcken schon in der Yorstatt die vmbligende Girten 
angesflndet vnd in dess Sohidenicz^ seinen sich absonderlich sehen lassen, 
von welchen er die Statt woll beechnessen darffe, vnd weilen die Tartarn 
anch zu Nnssdorff gebrendt, vnd man glaube, dass die Tflrcken selben 
posto werden behanbten wollen, also hat kein Schiff mehr von Wienn 
sieher abreyssen kennen, also ist des Kaysers beste Silber, Tapecierey, 
Qemahl, archivmn vnd acta der maisten Canzleyen alldorten verblieben. 
Mein Armetey ist anch darinnen, vnd habe nit mehr als 19 Tragen vnd 
Yerschlag anff 2 schwären Wagen salvieren kOnnen. Mein Hoibneister, 
2 Seeretarien vnd noch 11 Fersohnen seynd auch noch in der Statt vnd 
was vns snm maisten Sorgen macht, ist, vnser Infonteria nit in Wienn 
zu wissen. 

Bngarhmrtsseli den 16. Jnly. 

Ich bin heuot fnihe vmb halbe 3 anffgestanden, die Schifttenth vnd 
andere, so zn vnserer Abreyss ndthig gehabt habe, anffzuwet^hen. Vmb 
4 habe ich boute-selle aber mit der Sordine' blassen lassen vnd soyml 
wir vmb halbe 8 mit 6 Schiffen abgefahren, vnd erst vmb halbe 3 an die 
Bona kommen. Allda haben wir Ihr Kay. Hayt. tu Mittag gessen. Ein 
Coarrier von Wienn bat vns die gestrige Zeitungen coufirmiert vnd zne- 
geseczt, dass der Tftrckh alles vmb Wienn verbrendt habe, noch wer er 
nit in der Tsborinsel, dahero die Ynserigeu von Wienn anss vnd dn 
knnten. Wir seynd gleich nach dem Essen von der Bona weckh. Ynter- 
weegs haben wir den Graffen von Eaunicz angetrofTeu, der hat bey dem 



* Scbidenicss, ioi Jahre 16Ü7 — 1666 Secretär der kaberlicben Hof kaazlei. Er 
durfte «einen Garten in der Gegend, wo tLch dw Auervper^^WUe Palaia 
befindet, beieiien haben. 

* Somt Sofdanea, eine Art Pfeife oder Fagott. 



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GhurfftrBteii von Bayrn bo woU negodrt, dass sie gleich 10000 ICiiiin, ihi-e 
vnd dea Bayr. Kreyss YOlckhor geben vnd smn Snccurs schkkhen wollen. 

Passau den 17. Jnly. 

Man bat bennt frohe vmb die gestrige Stnndt vnd WeiM boote-eelle 
gebfaiMen. FOrat von Dietricbatein, H. Hoif-lIarschaU^ vnd Obrist- 
Cansler* seynd an mir in das Schiff kommen, dann aie in dem W Arths- 
hansB geachlalbn Tnd sich bo gnet ein jeder honte accommodiert. Wir 
seynd erst gegen 2 hier ankommen nid wir mm Essen, Schreiben Tnd 
AuBsrasten naoher heranssgegangen, 

Pastaa deu 18. July. 

Ihr. Kays. Kayt seynd disen Moigen sn den Qnadenbild anff den 
Berg, allda ihre Andacht verricht, den Gottee-Dienst beygewohnt, Tnd 
Kachmittag die Vesper in St. Paul Kirchen gehOrt. Es ist heunt dees 
General Graff Taff A4jQtant von Knebelsperg kommen, der bringt, dass 
die Tfircken Wienn anss des Sehidenics Garten wllrcklich beschfleBsen. 
Der Prina Lonis* ist mit etlichen Begimentem commandiert worden, die 
Vorstätt TöUig abtabrennen. In der Stsit war» ein groeser Schrecken, 
indeme sich etliche Türcken in tefltschen vnd anch Weibskleydem hinein 
praeticiert vnd Fewer gelegt haben, ist also der gancse Schottenhoff, 
Graff Baqnoy, des Ffirst von Anersperg Tnd Greffen Ton Trann Hianss 
mit noch andern abgebrendt worden, Tnd solle die Intention gewesen 
seyn, in das Bargerliehe Zeiighanss das Fewr su bringen, altwo Till 
PolTor liget, also dass anch dises mness ansskandtschafft seyn worden. 
8 Tflrckhen, so dass Volekh bekommen, ist einer lebendig gevierdtelt, der 
andere (wie sie sagen) geschunden worden. Sonaten fimget man zu 
Wienn an die grosse Conftision sn stillen, Tnd ein gnete Ordnung xn 
machen, die Posti ausscntheilen, Tnd weilen Tnser ganze Inftnteria nun« 
mehr an Wienn ankraimen, haben wir bessere Hoffnung geschOpfft. 

Paieaa den 19. July. 

Wir haben heunt nichts Ton der Arm^ Temohmen, Tnd weither 
anch nichts Torbej gegangen. 



* Graf Fraus Augostin von Waldstein. 

* Graf Leopold Wilhelm Kumgs&^g. * tou Badan. 



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SSO 

PUMtt d«ii 80. Jnly. 

Hennt fruhe ist der General Graff Tal! selbst kommen, loformatioik 

von allen sn g^eben, Succura zu 8olicitierii viul wie solche r anzuführen 
seye, zu unterreden. Sagt, dass die Türckben di*- Tabor-Insnl vnd Leo- 
poldtstatt würcklicb innen haben, der General Schulcz, so sie mit allen 
teatsohen vnd pohlnischen Dragonern defendieren sollen, hat sie lang anff- 
vnd gar woll gehalten, endlich aber die Leuth zu schonen zurnckh gehen 
muessen. Der Herzog hat den Pi incz Carl von Xt^wbntg aofrohl als den 
Obr. Princz Ludwig (der ^rar krauckh war) auas Wienn geuohmen, er hat 
auch frühe vmb den Graff Fries von ScherffenbMg vnd meinen Sohn Carl * 
geschickt, sollen zu ilime kommen; dem Ersten hat er g^^ag-t, er habe 
einen von seinen Officieren vonnöthen, den jungen von Uanrach, beede 
haben nit gewust, was sie antworthen sollen, der Hei-zog aber, er glaube, 
dass er mit seinem General Leuthenant nit competiren werde, vnd den 
Carl befohlen, solK- mit ihm gehen vnd sein Bagage in dass Lager brin- 
gen lassen. Bey Hoff ist es approbiert worden, weilen mein Sohn nit 
engagirt noch ein Charge hat, bey Defendierung der Statt wenig nuczen 
kan und in Eroberung derselben (das Gott verhOete), weilen er eines Obnst- 
Stallmeisters Sohn, gar zu grosser Bantion Tnterworffen wäre. Zu Linea 
ist der Graff Antoni Serin, dess enthaubten Peters Sohn, wegen Tnter> 
sehidlichen Aigwohnen eingesecit ynd znr Sidierheit starcUi Tenrarkfa 
worden. 

Passau dm 81. Jnly. 

Disen Morgen ist der fiaron von Welspei^ kommen, der von Ihr 
Durchlaucht Herrn Herzogen von Lothringen nacher luspi-uck geschickt 
wird, den Marche selber Kays. Völckher zu solicitieren, brin-jt auch, dass 
die Türcken sich der Tabor-Insel bemächtig vnd ein Lsuff bruckhen vber 
selben Donauarmb, so dass Wienner Wasser genannt wird, gemacht 
haben. Alle die Kayserlichen Tud poblnische Di*agoner vntei dem Com- 
mando dess General Sdiulcz waren beordert, die Insel zu defendiwren, 
welches sie auch mit grosser Dapferkcit getban, aber endlich dw grossen 
Menge der Feindt weichen mftssen. Die Vnsrigen haben einen vornehmen 
tQrekischen Officier erschossen, welches auss diessen wahrguulluüen 
worden, dass, als er gefhllea, alle die Vmbstehende angleicb ein grosses 



* Oer iuiMte Sohn det GieÜBn FenUnjuid Boii*Yfliitarik Hsnraeh. Er wnide 
durah eine Xanoneakogel am IS. August 1684 tot der Feitiiiig Ofen ver- 
wnndet nnd starb bald naebbrnr. Vgl. Bv^toaor, 1891, 8. IM. 



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Geschrej angefangen, ihre Kappen auff den Boden gvwarffon fnd ihnen 
dia Haar ansigonnft liaben. Die Tnarigen halben aeinan Schfldt vnd 
Sabal bekoDunan, welche raieh vnd kfoUich waren. Die Bnhanogin 
Ifarta Antonia hat hannt daa Stftgliche Fieber bekommen. 

Fastan den 22. Joly. 

Es ist hennt Duo Ifayt. der Eajserin Nahmen Tag, weillen aber 
die wenigsten GaYallieran sanbere Kleyder hier haben, also ist kein Galla 
angesagt Worden, Tnd haben Ihro May. der Kayaer selbst zu Dero ordi- 
nari EIag>Eleidt nur ein Kleynodt in den Tnson genehmen. Yonnittag 
ist geheimber Bath gehalten worden vnd consoltiert wwden, ob Ihr "Kaj. 
May. mit der jungen Herrschafft Tnd Hoflstait hier Terbleiben, oder wohin 
sie gehen sollen, ist aber niehta resolTirt worden. 

Als wir in der Kirchen ?nd h. Hess waren, kämme ein Courier ansa 
Pohlen mit der Nachricht, dass der abgeschiokte Oraff Philipp ?on Thum 
den 14. su Warschan angelangt, aber noch nit ein Andiens gehabt habe. 
Tnterdesaen berieht der Kay. Basident Zierowsky,^ dass der EOnig die 
Anstalten machet Tor Endt dises Uonath mit der Armfo anffsubrechen, 
weldies man helfet, mb so Till ehender geschehen werde, wann sie die 
Belägeruug vad Gefahr der Statt Wienn wissen werden. Particnlaiv 
Bdeff melden, dass an seihen Grftnieaen ein grosse Forcht seye, weilen 
der Teckeli mit S Bsssa Tnd tOrkfaisohen Th>uppen betrohe, in selbes 
Königreich einzuMen Tnd alles zn roiniren. Es ist aneh ein Stafeta Ton 
der kays. Arm^e kommen, in welcher bekrftffllget wird, was gestert be- 
richt worden, dass die Ttlreken die Tabor-Insel occnpiert haben, der 
Genera] Schnlci in den Bflckhen ynd beeden Achssien, Tnd Graff Ton 
Salburg, Obrist Wachtmeister Ton Stftrheimischen Dragonern, in die 
Hand Tennindet, Obriat-Iianthenant GeratoHT Ton Snlcsischen Dragonern 
Tnd der Obriat-Wachtmeister Ton den Lnbomirskischen Dragonern todt 
geblieben Seyen. Alle diso Dragonor-Begimenter haben mit grossen Yalor 
gefochten. Der F^indt nach Erobernng der Insel hat in selber Torstatt 
hey ,den Pfahen' in den Wflrthshanss, so gleich an der Schlag-Kneken 
ist, ein Batteiia anflgericht, mit weicher er den Bastion bey den Botben 
Ihnm beechiessat. 

Von Oomom berichtet Graff Ton Hoffkirehen, dass er so tüI Ge- 
fangene Tberkommen, dass er nit wisse, was mit ihnen zu thnen seye, 



Johann CturiBtopU Zierowski, Freiherr von ^ierowa, kaiserlicher Besideut 
bei dam polaiacheii Hofo. 



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wann es also forth gehe» werde er sie niderliMeii lassen, AJldortea for- 
bey gehen tSglich Till kleine Partien soruckh nacher Gran, gUmbe, es 
Seyen die Benth ynd Oebngene, so sie hinsebiekben. Dass Oran dnrcb 
gelegtes Fewer in die Luft gesprengt Tnd die Statt sowobl als die TOstong 
T((llig miniert seye, wird mit disen Scbreiben bekrfiiltiget. Von Graff 
Caprara' seynd Schreiben von Offen kommen, so aber noch nit deeifriert * 
worden. 

Fassau deu 23. Juiy. 

Ein Coonrier, so heunt frühe aosa Saehssen zurackh Tnd durch die 
KayserMchen gerayst» hat Brieff T.on Henog Ton Lothringen von den 30. 
dits gebracht, welche allein melden, dass sie grosses Sohiessen vor Wienn 
hOren. Der General Dennewaldt, so mit 4 Begimentem zu Stein irber die 
Bmcken gegangen, hat dieTartam angetroffen vnd vber 800 erlegt, 
gehet ihnen weither nach, sie anss selbe Gegend su jagen. Gedachter 
Coorrier meldet mflndlicb, dass selben Tag, als er ?on der Arrode weckh 
seye, ein Vngar allda angelangt ist, der meldet, als selten die Polackhen, 
ist nit wahr gewest, des Teokelt Annöe au ff das Haubt geschlagen haben 
vnd der Teckeli iodt oder gefangen seye. Weilen aber der Henog nichts 
danion schreibet, wird diser ynd andern mehr Zeitungen, so er mOndlich 
entehlet, wenig Glauben zuegemessen. Ueunt vmb Mittag ist oin Com- 
]ngnie von SO Bentbem Bayrisches Volckb Tber hiesige Inn-Bruckhen 
marchieret, so zu den morgigen Rendesvous nacher Schärding g^bet. Die 
Chnr-bayrische vnd theils von des Bayrischen Kreyss Infanteria solle sich 
Tbermorgen lu Straubing auR' die Donau seczen, und nacher Creinbs gehen. 

Es seynd geetert Brioff von dem Hnngarischen Palatino^ kommen, 
der anss Furchtenstoin, seinen Gschloss zwischen Newstatt vnd Edenbnig 
ligend, schreibet, dass er sich allda antThalte vnd seine G")» t r (deren er 
vill vnd schöne in selber Gegend hat) alle verbrondt vnd ruiniert seyen. 
Gestert seynd Uiro Mayt. der Kayserin Guardaroba vnd andere Sachen, 
wio auch der kuy. Schacz. heunt aber das Archiv zu Wasser ankommen, 
das Eayserliche Silber, Tapezoreyen vnd andere Praetiosa haben Ton 
Wienn nit kennen weckhgebracht werden. 

Passan den SC July. 

Wir haben heunt frühe BrietT durch dcss Princz Louis Stallmeister von 
der Armee gehabt, welche noch bey denen Wiennerischen Brückben stehet, 

* Qnf Albert Caprara war diplomstiMbMr Retidont b«i d«r Hohen Pforte. 

* Qni Paul Soterhlsy. 



I 



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223 



biiiigoD sonsten wenig Kewes, als dass die Türcken biss vergangenen 
Montag starckh geschossen, Erchtag aber mau gar nichts gohOrt habe. 
Ein Eunstabel, so sich ans der Statt practicirt, ist zu dem Herzog kommen 
vnJ erzehlet, dass der grösste Attaque noch bei dem Burggthor seye, biss 
dato aber der Fortification wenig Schaden zuegefuegt hätten. Der Gross 
Visir bat seine Zelt bey dem Newgebau, so in dess Oniff Coloredo Gai'ten 
logieren solle, li.it iiuff ;} Stundt Stilistandt begehrt, seine Todten, deren 
vnzahlbare vberall herumb ligen sollen, zu begraben, ho or iluuu aber ab- 
geschlagen, vnd als er die Statt auffordern lassen, geantwortet, waim er 
sie erobern wolle, müesste er vmb noch so vill Volckh vnd Stuckh dem 
Grosstflrcken zu schreiben. Durch ein geworffenes Fewer solle die Kirchen 
des Cüllegii Soc. Jesu abgcbrunnen seyn. 

Es seynd heunt wider Brieff von den Hungarischen Palatino auss 
Furchtenetein kommen, der berichtet, dass er seiner Leuth einen in das 
TQrckische Lager geschickt, vmb von ihren Thun vnd Lassen Kundt- 
schafft zu haben, welcher so vill erlahien, dass Jer TQrckhenmacht in 
40000 Janitschareii, 40000 Albaneson vnd 60000 Spais, Rebellen, vnd 
Tartaru bestehen solle. Ihr Intention soll seyn Wienn zu erobern, Öster- 
reich biss aulf Lincz zu verbrennen vnd ruiniren vnd biss auff Prag in 
Boheuub zu streiffen. so aber Gott verhüeten wii'd. Er widerhoUet den 
Buin vnd Zerstörung seiner Gueter vnd meldet, dass die Statt Edenbnrg 
gehuldigt, die Jesoiter weekgeschafft, die PP. Franciscaner aber be- 
halten haben. 

Ftana den SS. Jvlj . 

Ihro Kay. May. haben den Gottsdienst in den Chor der Thumb- 
kirchen gehabt, welches gar ein schönes Yaso ist. die Cupola vnd theils 
dess obern Boden ist von den Tincala ^ gcuiahleu vnd kommet ^r schon 
herauss. Nachmittag haben Ihr May. die Vesper oben bej dem Gnaden- 
bildt gehalten. 

Es solle ein Courrier von der Armee disen Abend kommen seyn. 
Wir haben weder seine Brieff, noch seine mfindliche Belation erwarthen 
können. 

fcsnil «Üb 26. Jnly. 

Es ist heunt der Königin von Spanien Nahmen, vnd vnsers Prin- 
czen Gebunhstag. Vnser etlich haben zu vnsern ordinan Kleydern nur 



> Vg]. 11^, Carpoforo Tencala in 3wichto nnd MitthailmigMi de« Wiener 

AltortliumTereiiis' 1886, S. 10. 

16* 



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m 

Eleynodt angeheneU. Ihr Kay. Maj. seynd erst niob 12 m denen PP. 
BVancisGMienL in du Ambt, allwo Dedtcatio ecelesiae war. 

DergeetertTon der Armfo kommen, wäre der Eriegsseci-eiari Bosstin- 
ger. Diaer hat nit allein Brieff ron dem Herzog, sondern auch auss der Statt 
Wienn von denen Deputierten an Ihro May., dann von Graffen von Stahrn- 
berg vnd Caplirs an Herzog gebracht. Ein Beütber ?on Obristen Göcz 
hat flieh hineia in dia Statt vnd wider hinanss zu der Armee gewagt, 
welche! aaoh ein Soldat Yon dem Stahrnbergiecben Begiment gethan bat; 
lie beriehtan, daaa ihnen dar Feindt mit aeinen Canon noch kein Schaden 
m der Fortifleation gethan habe. Die TQreken seynd noch 60 Schritt 
von der Ckmtrucarpa, welche die Tnsrige oontiaminiert haben. Die Borckh 
Tnd etliche hohe Hineser haben tob denen Stadihen gelitten. Bise dato 
seynd ?on den Ynerigen nnr SO Mann Tnd der Stahmbergieche Capitau- 
Lenttienant todt- geblieben Tnd 60 geschidigt worden, entgegen haben 
die Ynarigen Tbtr 7000 TArcken erlegi Es manglet ihnen nidits in der 
Statt, ala dasa sie f(5rcbten, mit der Zeit dOrffte ihnen PnlTor Tnd Kngien 
abgehen. Ihre Batterien haben sie die erste bey dess FQrst Gonsagischeni 
anjeczo Dietricbsteinischen Garten,' die andei'e in der Sdiidenitschisdienf 
die dritte in dem Spanischen Ofisterle,' vnd die 4^ in dem Fflrsl Ton 
Schwarezenbei-ggarten, jenseiths der Donau in der Taborinsel haben sie 8 
an den Waaser an, der gröaste Attaque aber ist aigecao gegen der Schotten- 
pas tein. Es continuirt, dass der Gh»neral Dennewaldt 800 Tartarnp der 
Obrist-Leuth. Heflssler aber 200 Tftrcken erlegt habe; ein jeder hat einen 
Aga gefangen bekommen vnd sagte ein jeder Ton ihnen Tnwissend dess 
andern auss: 

1* dass der Gross -Vesir Bsab habe beligern wollen, der junge 
Serin, dess Teckeli Schwager habe ihamit Schreiben beredt, er solle gradt 
nacher Wienn geben, werde die Statt Vbel besecxt, schlim Teraehen Tnd 
in grosser Confnsion fttnden, abo dass er sie ohne Mühe erobern 
werde; 

2* dass die Tflrckische Armee anfange wider den Yiair an murren, 
dass er sie an ein Vöstung führe, die sie nit erobern werden: 

8* fange an Hangel an ProTiant an seju Tnd 

4* bestehe die Tflrckische Armee in 20000 Janitscham, 10000 an- 
dere Infsnteria Tnd 60000 CaTallerie. 



' Dieser Garten befand sich In dem Theile der Josefttadt, wo jelst der 

fpr»9se Melkerliof »ich befindot. 
* Das Montoerratkloster der »chwarzen spauiscbeu Miinche vor dem ScboUen- 
thor, gegründet im Jahre 1633. 



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226 



Pkitan den t7. Jvly. 

ündlicben ist iMnni trnh» der Oiaff Philipp Ton Thnrn ansB PcMen 
kommen mit der Nachricht^ dasB der Ednig mit seinem eitern Prinmen^ 
in Penohn ?nd 50000 Hann kommen wolle, dus er sn End Angnsti tn 
Wienn sejn werde, welche guete Zeitung «Ue sehr erfrettet ?nd gaeten 
Mneth gemacht hat. Er bringt auch Brielf Ton der Armte Ton den 
mit, aber weither nichts Kewes. 

Paaian den 28. Jnly. 

Der P. Wollt Jesniter, so mit den Graff Philipp von Lemberg in 
Bntttdenbiirg gerajat» ist jmi ihme anff der Poet geschickter ankommen, 
bringt erstlieh von Dressden, dass der ChnrllBrst TOn Saehssen mit seinen 
eignen ?nd SieyssTdlkher 10000 Mann dises Monath noch anffbricht, vnd 
innerhalb 14 Tag bejr der kay. Arm^e seyn wird, von Biandenbnrg aber, 
dass selber Chnrflrst Ihr Kays. May. 18000 Mann antraget, die Gon« 
dition vnd eine vtate Alliana aber nie scbliessen den Hersog von Anhalt 
mit Plenipotens schicket. 

Bey den H. ObriBt-flbfihieister haben H. EeHhianchall tnd ich mit 
ihme ein Gonferem gehabt, wie man hier gttete Ordnnng Terschaffen, vnd 
wann Ihre Kay. May. hier bleiben oder weither gehen selten, wie das 
Fohrwerkh eintnnchten wäre. Wir seynd bey ihme som Essen geblieben, 
allwo auch H. Spanischer Pottschaffter war.* Dei- Chnrilirst von Baym 
ist aaff Mittag bisher kommen vnd hat bey Ihro Kay. )Cay. an Mittag 
geessen. 

Passaa den 2d. Jiüy. 

Oeetert vnd hennt ist nichts Ton der Arm^e kommen. Zu Holf war 
Kriegs- Tnd Hof-Cammer-Bath. Obr. Caniler Qraff Kinsky* vnd ich 
haben bey den H. Hoifinarschall gessen. Ton Begenspnrg wird geschri- 
ben, dasfl dnrch eignen Conrrier der König von Franckreich sich denen 
Beichsstindten erUirt habe, Tnangesehen dass er wisse, in was Gefshr 
der S^sor vnd s«ne Erblftnder siandten, wolle w gleichwoll bey denen 
flchon angetragenen Priedenspnncten bleiben, oder ab» ein Armisticium, 
daaa alles wie jecxnnder stehe, anf 80 Jahr eingehen, man solle aber die 



Jekob Ludwig H^inrleh. * Boigo Meinen». 
* Oiaf Fnutt Ulrich Klnsky, leit 8. April 1688 Obeisler Ksosler tob 
BOhineD. 



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m 

alterDativam vur Endt iloss Aug^usti iiohmeu. Heiint Nachi ist ein eitra- 
ordinaii Goarii«r aacher Sj[»aiiieii abgeffertigt worden. 

Fimn d«a 80. Jvly. 

Es ist heunt weder von der Armee noch Wienn was kommen, wir 
halten es vor ein guetes Zeichen, nemblich dass dio Statt sich wohl de- 
fendirt, der Feindt nit avanziert vnd die Armee nichts zu Ihnen hat. 
Auss Pohlen ist ein Courrier kommen, bringt, da<^s der König den 
20 Angnsti zn Wienn seyn wirdt, nimbet seinen Marche vl>er Schlesien 
fnd Mähren. 

Nachtnittag ist der Eaysef sambt dem Cborfürsten von Bayrn, der 
zu Mittag mit Ihro Kay. May. gessen, hinaussgefahren, die 4 Bayrischen 
B^menter zu Fuess gesehen, seynd vor Ihr Kay. May. abmarchiert, gar 
feine woU gekleydte Leuth, die in Ansehen denen Eayserlichen nichts 
nachgeben ; die Of&cier aber haben vns was jung vnd schlecht gedunckt. 
Der General von Degenfeldt commandiert sie : das erste wäre sein Re^- 
ment» blM mit rothen Ausschlägen gekleydt, das andere des Obersten 
vnd General-Wachtmeisters von Steinbach, roth vnd blaue Ausschläge, 
dass dritte des Christen Graffen von Preysing mit gelb vnd rothen Aus- 
schlagen, das vierte vnd loczte des Obrist Merci, gi-au vnd rothe Aus- 
schlage, jedes ist von 1200 Mann. Die Cavallerie, so in 4 fiegimenter 
jedes au 600 Mann bestehet, solle erst Morgen kommen. 

Ihr Kay. May. seynd vmb Mittag in das Collepio der PP. T» suiTf i n 
gegangen, allwo das Fest des h. Vatters Ignatii colebrirt worden. Sie 
haben allda gössen. Auff den Abend haben sie die Vesper bey Vnser 
Frau Hfilff auü den Berg gehört, vnd nach selber die Bayrische Cavallerie 
gesehen, so in 4 Regimentern bestandten, jedes zu 600 Pferdt. Der Ge- 
neral Degrmfeldt commandierte sie: das erste war des General Wacht- 
meister Münster, das andere ist des Obristcn Bobo, dass dritte des Obri- 
sten Schflczen, vnd dass vierdte des Obristen Graffen von Arch, waren 
alle gar wuht inontieii;, vnd von gar schöner Mannschafft gleich denen 
kays. Begimenteru. 

Pmim dm 1. Angiiit 

Es seynd disen Morgen lOOO Mann von dess Princzen von Lothrin- 
gen Eegiment hier ankommen, der Obr. Lenthenant Archinto oomman- 



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237 



dkrt sie. Seynd tot der Statt sn der Innseitli«! »bgeetig«]! yüA cmpki. 
Von dar Aim^ ist hennt wider nidite kommen, man Trtheilt, es mfleate 
einCoonier von denen Baiiem erschlagen sejn worden oder dass rieh in 
der Beligemng niehte abeonderiiehes saegetng«a bat» aber aneb disee 
meritirte die Nadtrieht. Morgen wird der gefangene Serin in biesigea 
GaeblosB gebraebt, vnd bald daranif examiniert werden. 

Paasa« den 8. Ani^nat 

Dissen Morgen haben wir eniilich duich ein Stafeta erfahren, wai- 
umben so lang man von der Arnu'e nichts gewust hat. Sie ist von denen 
Brücken hinab an die March gegangen, sich mit denen 2 Kegimeutern 
Baaden und Gruna conjungiert, vmb allda den Teckeli, so vmb Presspurg 
ein Corpo von Türckhen vnd Rebellen zusammen klaubet, zu observieren 
vnd die Ländler zu bedeckhen. Von Wienn auss hat man den 24'*°, 25'^" 
vnd 26. gar wenig schüesson gehört, man vermeint, dem Feindt müsse 
was manglen vnd sie mehrer Vnlckh oder grössere Stuckh vnd Munition 
erwarthen. Von Eaab vnd Cumorn schreiben sie woll, dass zu Offen ent- 
lich Schiff mit dergleichen beladen, vnd dass der Sultan alldahin kommen 
solle. Die Vnsrigen behaubten noch Closteruewburg, man besorgt aber, 
die Tiircken werden sie bal l herausschlagen. Heujit ist das halb Lothrin- 
gische Bogimeut hinunter gei'eysL 

Passan den 3. Angasti. 

Gestert Abend bat man den Serin, welchen ein Leuthenant mit 
40 Hnaqnetlem von Beckachen Begiment convoyrt, in Waaaer in 
St Schiffen bieber gebracht An den Waaaer atnndte ein Wagen mit 
6 Boaaen beapandt» ao anff ibma warthete, in dieaen fahrte er mit dem 
biacbonlichen Commiaaario vnd dem Lenthenant in daaa Schloaa, allwo 
ihme der Sebloaa-Obriat Graff von Kneffatein Tbernabme. Er iat in ein 
achwars fAnaterea GwMb, wo nnr oben ein Ideinea Loftfenaterl iat, logiert. 
Br begehrte wenigat einen Diener [ao anch gefangen seynd] bey aicfa m 
haben» wurde ihme aber abgeachlagen. Graff von Eneffatein aagte Ihme, 
er aoUe aeine Hoeaenaftdcb aaaalfthren, in welchen nichta ala Bett-Bfleohl, 
Schirl vnd in ein Papier ein weiaaea Poloer war; man hat ihme allea 
aoaaer daaa Bnechl weddigenohmen. Er macht aich gaaci Tnachnldig 
vod aagt, er möchte nur wiaaen, waramb man alao mit ihme verfUiret, 
da er doch aich in geringsten nichta acfanldig wiaae. Diaaen Morgen iat 



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228 



•ndlidi ein Stefttia von der Aimfo mit Schreiben vom 30. Jnljr kommen, die 
bringen, dwe der Henog dnreh den Prince de Groy Temoltmen b«be, wie 
dMB die TiMen vnd der Teekely mit denen BebeUen bey 20000 stnrekh 
b^ Frespnrg etnndten, alldorten eine SchiffbracUien in mnehen, wonnff 
der Henog es in Terhindem snff sie losagegangen, die aleolwld geflohen, 
die Polaekhen Tnd Tnerige aber ihnen biss naeh Sehinta 6 Heil nach* 
g^agt Tnd von 7 btee 800 nidergehant, einen Aga, vnd wie etiieh wollen, 
den Teckeli Seeietari ge&ngen bekommen; auch diae geftngene Tttr«ken 
sagen Ther den Serin anss, dass er sie nacher Wienn in geben beredt 
habe. DieVnsrigen haben dess Teckeli Tnd diien Tflrcken, vnter welehen 
2 Bassa waren, Bagage von 1000 Wagen, jeden mit 8 Bossen beepaath, 
bekommen. Der Henog hat alle Schiff, die dort hemmb waren, verhrennen 
lassen vnd haben die Prespnrger, so schon ihme Teckeli gehnldiget hatten, 
Ihr Durchlaucht auff dass Newe wider alle Trew geschworen. Den Tag 
zuvor hat der Henog 200 in Faess von den Granischen Tnd 200 in 
Pferdt Ton Carafltschen Tnd Yetenntschen Tnweith Prespnrg comman- 
diert, welche Ton denen Behellen, deren 8000 waren, attac^mert, die Ben- 
therey hat gleich die Flocht gegeben, die Infanterie aber hat sich statt* 
lieh gewährt, Tnd seynd 60 damon geblieben. Der Obrist Hettssler,* so 
dess Princa Ton SaToye Begiment Dragoner bekommen, bat bey Tiseha 
wider ein Parthey gesehlagen Tnd 50 Tftrcken nidergemacht Tnd gefan- 
gen. Diso sagen anss, dass die Janitscfaaren Tor Wienn ganes schwflrig 
Tnd Tnwillig seynd. Der GrossTisir hat sie aber getritet, dass er Tber 
40 Tag nit vor Wienn bleiben wolle. Sagten, daas rill an der Dissen« 
terie sterben, absonderlich aber an einer Kranokheit, die ihnen anff die 
Bnist flUt, den Atham Terlegt, geschwollen Tnd gleidi sterben, also dass 
sie Till Lenth Terliehren. Die Statt Wienn haben sie aber avff ein solche 
Weiss gespehrt, dass nichts anss noch ein kau, Tnd stehen TOn 10 sn 
10 Schritt Schiltwachten hemmb. 



Pasian den 4. Angniti. 

Dess Obrist Graff Seran Quartiermeister hat Nachricht gebracht, 
dass 2 Compagnien seiner Dragoner die Bndianisdien Bebellen geschla- 
gen Tnd bey 400 maistens EdUenth geblieben seyn. Er hat den Obristen 
gesehriben, dass ihnen gar recht geschehen seye, weilen sie ohne sein 
Befehl anssgegangen seyn, er wflste aber nit, was Ihr ftrstlicfae Gnaden 
der FOrat Teckeli danne ssgen werde. 



* Dona! Ton Heiader. 



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989 



FhiMii den 6. AnfutL 

Von der Armee ist nichts Nowen koniraen. Der Praelath von Clo- 
sterneuburg bat Brieff von Beinen üehant albia, dass sich das Cb">stf*!- vnd 
obere Statt noch halte, dass den 30. .Tuly die Vnsriijen Bomben lu dass 
türckische Lager geworflfen vnd man dasselbe mehr als ein Stundt habe 
brennen sehen. Disen Abend ist hier dass Lesliscbe Kegiment ynter den 
Obrist-Leuthenant Spinola ankommen, so ein Stundt vor der Statt 
campiert. 

Piam te 6. AvgiuU. 

Piwn H4»]g«a ist der Grobaton Obristo QnS Kery Ton d«ii Gene- 
nl-YMdtwigflMiBter QnffLesle «am Gremba gescliidrim' bier ankommeB, 
er OnS Lesle bat denen Bajiiselien Tronppen antragen lasBen, mit denen 
KajserlidiMi die Straffurey in Talner Feldt an irerbindera, sie eniacbnl* 
digen sidi aber, kein andere Ordre an haben, als Wienn an seenriren, 
wann die Beidu- nnd foUnisßbe HilflTen bey einander, vnd man an diser 
impresa vnitis viribns wird geben kennen; sonsten saget er mfindlicb 
anss, dass au Wienn alles woU stebe, Ercbtag vnd Mittwech b&tte man 
ikst nichts sebAessen gehd'rt, die Türcken seyen noch 60 Schritt ?on der 
Contnscaipa, bitten grossen Mangel an Foniage vnd Brodt, also dass 
ein Leib in ihren Lager 6 Bt. koste; in einer An iwiscben denen Wienner 
BrOekhen bfttten die Tflrckhen alles das BanmYolekh, so sich hinein 
retirirt, nidergemaeht, md mit denen Schiffen, so sie allda bekommen, 
Tber die T511ige Denan secien wollen, waren aber durch vnsere Dragoner 
abgehalten worden. Sagt, der Teckeli habe dem Orossvesir geschriben, 
dessen Brieff interdpiert worden, in welchen er ihme clementissime Do* 
mine gibt, sagt er, were besser an fliehen (redet von der lecsten Occa» 
sion) als geschlagen an werden, weilen Ynsere an starekh waren, Trasch- 
kowica^ solle seinem Sagen nach als Palatinns in Hnngem prodamiert 
seyn, habe die vornembsten Tflrcken an Orenca, dess Pslatinns Qnet, 
welches er vor sieh genobmen, an Mittag tractiret. Der Zober solle sich 
anch schon zu den Teckeli geschlagen haben. Ob dises alles wahr iat, 
atehet dahin. Oestert iat ein pohlnischer EnToy6 Tnd hennt der Fftrst 
von Anhalt mit 50 vnd mehr Persohnen, danmter S4 seiner Garde«, an- 
kommen, vnd beede dIsen Abend bey Ihre Kay. May. Andiena gehabt. 



' Graf Draikowici. 



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230 



Fmmii dtn 7. Avgutti. 

Gestarl Abend ist der General- WACbimeister Grafif PalfQ von der 
Arm^ kommen, der fienog hat ibme geschickt mit den Hoff die Weiss, 
Wienn zn seccnriren, abzureden, bringet sonsten wenig Newes vnd con- 
ilrmirt allein, was wir schoa durch den Obrist Kery erfahren haben, 
nemblich daes die maisten Hnngai'n von den Kaysser abgefallen vnd den 
Tcckeli anhangen, als da ist der eitere Ardedi,* Zober' vnd Adam von 
Coüonitsch, der in der leczten Occasion todt geschossen worden, dass der 
Draschkowicz Palatinos worden vnd andere Sachen mehr, so wir schon 
gewust haben. Heant ist das Leslisch e Regiment zu Wasser abgeraysst, 
solle die Beckischen vnd WOi-tonbcrgischen an derSnnss abiessen, 1000 
Mann darvon aber in Steyrmarckh gehen. 

PMtnu d«L 8. Avgiiiti. 

Es ist kennt Abend ein Stafsta von der Arm^ kommen, die Brieff 
berichten, dass der Heiaog nach den Stftttel Enczerstorff mit der Aimfo 
kommen, den Obriat Pioolomini aber an die BrOckhen mit dem seinen, 
Hensslerischen vnd Bidardischen Begimenten geschickt habe, alle Acht 
SQ haben, dass die Tftreken anff den andern Landt nit posto fassen. Bin 
Beoegat oder Tttrckh, so herüber kommen oder sich nit retirieren können 
oder spionirea wollen, ist «nmiaiert worden, redet italianisch, gibt sich 
bald fOi einen Koch, bald Tor einen Schsloksnarren anss, der sagt, dass 
die tllfckische Arm^ den 5. dits ihres PnWer erwarth habe, vnd wolten 
alsdann die gemachten Minen springen lassen. Die Statt hat ein Zeichen 
geben, dass ^ner, so ?on der Arm^ hinein geschickt worden, durch vnd 
darinnen ankommen seye; durch disen hat der Hei'zog ihnen zu wissen 
geihan, dass der Bajiische Snccnrs ankommen, vnd der Pohlnische in 
10 Tagen gewiss folgen werde. 

Passam dm 9. Angnsti 

Es ist der gebeimbe Bath disen Morgen abgesagt worden, weilen 
Ihr Kay. May. sich an einen Buidibnch Tnd Brechen^ doch ohne Alte- 
ration, so Beih gefnnden. Wir haben auf den Abend mit Ihr. May. ge- 
spillet, die sieh besser befandten. 



< Offaf Bfditdy. 

* Olaf Adam Owbor (f 1891). 



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231 



Von d«r Ariii^ isi weitiMr nidite komintti, «in SiaM« wmi» 
wartlMt, wdlen der Kajwr WoUon bUto, all« Tsg eins von d»r sno 
BdiidEon. YorgoBtorl haben hioigos H. BkolwiEB JIger anf einon Borg 
8 Stnndt von hior aUo StaeUwcbiiaB von Wionn henmir gehört» aagtn, 
man h&tto Ton 9 ülir an bis anff die Kaeht ttaitUi geochooien. 

Es ist geatert der Cbovalier de Soiaaoni,' dos ▼eratorbenen Chen- 
lior oder Prinoe de Savoyo Braeder, kommen, der sagfc, daaa der Frinee 
de Conti mit 50 andern der Tornembaten framOaiiehen Gavallieri ta 
maerar Armde gehen wollen, der König habe ea eiftbren Jüä aia alle 
amatieren laaaen, er aeje aber entrungen, vnd der Prince de Conti* aeya 
in IVanckforth erdapt worden. Br aagt, daaa die Königin ?on Fianckh- 
reioh an dem Kreba, an welohem ein hieaigea Fieber geaddagen, in wenig 
Tagen gestorben aeye, welchea aneb ein SaToyiachor Cavallier, Tarini ge- 
nannt» ao naeh aeinar kommen, bekrllRiget; atehot dahin, ob ea aich 
verilldere. 

Haant ist der Marquea de Farelln, * «in Bavojard, dea Marqneoa 
Teaaaa Bmador, gdt 6 Cameraden bey mir geweat» gehat anch in der 
Armde. 

Fnaann dan 10. Angnati 

Ihro Kay. May. seynd heunt noch in Beth geblieben, weilen sich 
das Brechen vnd Durchbmch nit gancz gestillt hat. Wir haben anff den 
Abend wider bey den Beth gespilt, vnd ist in wehrender Zeit ein Stafeta 
von der Arme*? kommen. Der Her20g von Lothringen berichtet, dass vor 
seiner etlich Dürffer von denen Bebellen angezQndet worden, hat also 
600 Pohlackben commandiert, welche 4000 Rebellen angetroffen, sie 
gleichwohl chargirt vnd 400darvon nidergemacht, 700 Boss vnd 10 Fahn 
bekommen haben. Vnter denen Gefangenen solle der Herschany vnd Fe- 
tenhasy verwnnder gefangen seyn worden. Zu Prespurg haben die Vns- 
rigen bey 25000 Tartarn maichieren sehen, die in die SchQtt vberseczen 
wollen, weilen aber die Donau zu gross, seynd sie weither hinunter, vnd 
vermeint man, sie seyen nacher Gran vber selbe Bmckhen an pattiien 
vnd sich mit den leekeli so coajnngiren Willena. 

Fataau dan 11. Angnati 

Diaen Morgen ist der Affjntant Tom Henog von Saohaen-Lanen* 
borg kommen, dar mioh gleich beanobt hat. Er iat geaehikt in Nahmen 

* Arneth, 1. c, 8. 13, berichtet^ al» bitte Prins Engen von cSavoyen sich 
wdum an der Sdilaelit bei Petronell am 7. Juli beUieiligt. 

* Fkaofoie Louis da Condi. * Toifol, & 460. 



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233 



der Generalitet, welche begehren, dass alle diejenen Generales, so boy der 
Arm6e dienen, besoldet werden mögen. Er sagt, es seye ein Preiss auss 
den türckischen Lager vbergeluffen, der sagt, dass die Türcken 2 Minen 
an der Contra-Scarpa springen lassen, die aber ihnen mehr zu Schaden 
als zu Nutzen aussgescb lagen seyn. DenHenog vnd die Am^ hat er 
bej Vngera an der March gelassen. 

Ihro Kay. May. haben sich heunt Nachmittag angelegt vnd befun- 
den sich schon besser, gleichwohl haben sie auflf den Abend mit ?ns 
spülen wollen. Mich hat frohe der pohlniscbe Eavoy^^ hesuoht, ao gar 
ein feiner Gavallier ist. 

Piumn den 19. AognitL 

Es ist zwar hrant frühe gfihoimbGi- Kath angesagt worden, die Me- 
dici haben aber vor rathsamb befunden, dass Ihro Kay. May. ein Cristier 
nehmen solle, dahero man tos wider abgesagt hat. Der französische Ab- 
geaandte JL de SeppeviUe hat endlioh disen Morgen einen setner Conrrier 
zumckh von Paris bekommen, der confirmiert, dass die Kffnigin den . . 
dits gestorben seye. Vmb ein 8 Vhr hat man auff hiesigen Oschloss 
2 Canonschuss gethan, welches ein Zeichen ist, dass es in der Inn-Statt 
brenne. Ich bin gleich nacher Hoff gegangen, alldorton aber gehört, 
dass ein Fählor geschehen vnd nur ein Schoss hätte geschehen, vrmhn 
das Fewrin der Ilcz-Statt war, Tnd wann es in der Statt zwischen beeden 
WAssern brennet, scboesset man 8 mahl. Ist gleich wider gelescht 
worden. 

Disen Abend ist der Graf Antoni von Hermstein von der Armee 
kommen, praetendirt dess 0 brist Hallweil Obristleuthenant anstatt des 
Obi istcn Heussler zu werden. Der Herzog schreibt mit ihme, dassLandt 
ob der Ennser, so lang bey denen Türcken war, heröber kommen, der 
sagt, dass der Frindt bey dem Burgthor die Contrascarpe innen hätte. 
Heunt seynd 1000 Mann von dess Princz Ludwig ?on Kewbnrg Regi- 
ment kommen. Der Obrist Hcü ssler hat sich mit commandirten Drago- 
nern vnd Musqnetierer bei Closterneuburg vber die Donau führen lassen 
vnd denen Türcken 400 Cam«/1, vill Koss tnd Maulessel von der Waidt 
weckhgetiieben, ?nd die Türken, so darbey waren, nidergemacht, sich 
also- in den schmallen Weeg an der Denan fersohancit, deme die TQrcken 



* Andraee Potoeld, OeeteUeo von Kimkan. 

* Eine Lücke. Königin Maria Theresia, KOnigs Philipp lY. Ton Spaiiiea 
Toobter, ist am 80.. Juli 1688 gwlorben. 



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233 



attaqniren wollen, als sie aber gesehen, dass «r sidi Wikmn wolle, seynd 
sie snrnckgegangen. Er hafc ein Gamel an dnen Striekh an das Seliüf 
gehenckt, deine seynd die andern so woU Bobs all Essel in der Tropsn 

nachgeschwumen. 

Paas«! äiuk 13* AngiiatL 

Es ist heunt fnilie des Obrist Graff von StÜrheimbs Hoffmoister 
von der Arnu-e in seinen Geschefften kommen, der sagt, er babo bey 
denen Wiener Brückhen vernohroen, dass einer anss der Statt zu der 
Armee gegangen, der sagt, «lass die Vnsrigen den Feind von der Contra- 
scarpe wider zunickgeschlagen haben. Weilen aber keine BrieCf daruon 
melden, stehet man an, es zu glauben. Er bringt auch, dass der Kay. 
Internuntius an der Ottomanischen Porten Gi'aff Alberto Caprara von 
ihnen frey gelassen worden vnd schon zu Crembs seye. Es war disen 
Morgen gelieimber Rath, auff den Abend fahrten H. Hoffmarschall, Obrist 
CanzhM- vnd ich vor die Statt spacieren, weilen aber ein grosses Wetter 
vnd liegen vns betrohct, seynd wir nacher Hauss vnd haben vnss zum 
Fenster geseczt vnd geschwäczet, da käme ein vh^rans starckher Dunner- 
streich, SU vns sehr erschräckte, der hat 3 oder 4 Heusser von (uns) in den 
Spittalthurn bey den heiligen Geist eingeschlagen vnd das ganze Dach, 
so von Ziegel war, zerschlagen, dass nit einer darobou gebliehen. Wir 
haben von dem Fenster anss den Bauch sehen heraussgehen, hat aber 
nichts angezündet. 

Fktf tav dm 14. AngastL 

Es ist heunt frühe dess GrafF vun Anrsp^rg IIolTmeister von der 
Armee kommen, der mir BriefT von meinen Sohn von 10. dits gebracht. 
Der schreibt, dass der Herzog alle Bagage von der Armee nacher Corneu- 
bnrg geschickt habe; mündlich sagt diser aiiss. dass ein Dragoner neben 
einen Vberlauffer anss den Landt ob der Ennss, der eine anss der Statt, 
der andere von der Armee kommen; sagen Beede anss, dass die Tiircken 
anss der Contrascarpe zuruckh wider geschlagen worden vnd getraueten 
sich die Belagerten noch wühl G Wochen zu halten Oh dise Aussag 
wahr, wird die Zeit geben. Ueuut ist das halbe Begiüiuent von Princz 
von Newburg hinab zu der Armee gefahren. 

Pttssan dMi 16. AvgiiitL 

Disen Morgen ist Graff Albexio Capram, so latarntintio in Tflrck^ 
war, bier ankommen, er ist den 9. dits in dos Fsinds Logw vor Wien 



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834 



giw«sty aber nit den OroBSTuir gesdiaiif mndeni nur so lang neh aaff* 
halteB döiffan, biss er mine ProTision gemacht liat Sagt, daas die Statt 
vnd Sehloie Bro^ an der Lefltha eicli noch halte, Ynd er derentwegen 
8 Staudt vmbfidiren mfleesen, das Tbrige aber mb selbe ganeie Oegend 
seye allee verbrennt vnd ruiniert. Ebentorif hat noch die Hanren vnd 
lejndaUein dieDftcher weokhgebmnnen; Newgebaw haben sie vnbe- 
rthrter gelassen, die Fkt?orita aber seye also seratttrret, dass man nit 
sehe, wo sie geatanden seye. Br ist durch den Wienner Waldt, der ganei 
nit Terfaanet ist, ge&hren; bringt Schreiben von den Besidentett mit» die 
aber noch nit deeifrirt waren; mUndUch sagt er so Till, daas ea tn Wienn 
noch gnet sehe Ynd an der Contrascsrpe nichts mlohren seye. Anff den 
Abend ist die Ordinaii kommen, so von den it**" dita Brteff Ton dem 
HersQg gebucht. Der meldet, daa 8 Gefhngene anssgesagt httten, daas 
die Türoken eine Batterie anlf der Contra^Scaipe bitten vnd eine Qaleria 
in den Graben in machen in Wercfch wiren. Der regierende Marggiaff 
von Ansapach ist kommen, so ata Tolnnter an der Armde gehet. Ana 
Pohlen hat man Nachricht, dasa der KAnig den 16., daa wire Hoigen, 
gwias von CnMskan aaff brechen werde, kennt solle er von dem Nontio 
apoatolioo' die Benediction emp&ngen. Rr hat aein Teatament gemacht, 
aagend, er gehe nicht ala ein KOnig, sondern als ein Capitain in disen 
Krieg. Graff Trantsohn ist nacher Inapruckh, die Kayserin vnd Königin 
in eongratoUren, geschickht worden. 

Faetan den 16. AogustL 

Bs ist disen Moigen der Kriegsrath in den geheimben Bath vor- 
kommen vnd consnltiert worden, anff was Weiss vnd Weeg Wienn knnte 
secnndiert werden vnd dahin geschlosaen worden, dasa ea dureh den 
Wienner Waldt geschehen solle, doch aber die vOUige Beaolntion ver- 
schoben werde, biss der EOnig von Pohlen, der Ffirst von Waldecfcfa vnd 
andere AlUirte mehr ankommen. Diro Kay. Hay. haben anch mOndlich 
proponirt» dass sie von hier sich nacher Lines vnd von dannen anch 
weithera sa der Armde m gehen vermeinten, wann es die Kriegscoignnc- 
toren inebaseten, vnd es vor nncilidi erachtet wnrde. Anff welches der 
gaaie geheimbe Bath einhällig es approbirt hat, vermeinend^ Ihro Kay. 
M^y. Gegenwarth wurde alle Competenxen, Disaenaionen vnd Diflcnlteten, 
so vnter denen Alliirten entetehen knnten, aulfheben, disen vnd denen 
ihrigen einen groaaen Hnth, den Feindt aber groase Soig verursadien 



* Opisio PalleWeiai. 



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S85 



▼nd auch der ginsen Wott leigen, dam sie yiol Wienn rnd Lines nit 
anB8 Kteinnillthigkett geflohen, eondern es selbige gtthlinge SinllU eines 
so gesebwindten vnd mflcbtigen Feindt erfordert babe, TAd wurde bier- 
dardb die Liebe vnd Affeetion, so eiwann die Linder ynä Yntertbanen 
in etwas sQnbben bitten lassen, biemit wider verstirddiet, indeme sie 
seheten, dass sie nit abandoniert vnd veilassen, sondern Ibr Xay. Maj. 
ihnen dero Conserration lassen bOebstens angelegen seyn. 

Ihro Kay. May. baben mich anif den Abend nscber Hoff bestelt 
Tnd die Befebl geben, was sn der Abrayss naeber Lines sa thnen seye. 
Qleieb tot meiner ist der Ghraff Otto von Drann anff der Post kommen, 
Ibr Kay. May. sn expresentiren, dass sie die Verordneten, Tnter denen er 
einer ist, die Saeb mit der ProTtant dahin geriebt haben, 8(H)00 Mann 
anff ein Monatb lang sn Terseben, allein seye der Landtsebaflt-Gsssa sn 
Wienn mit den LandtmarsobaU eingesperrt md erstrecbhe sich selbe anff 
130000 B., jecsiger Zeit aber ein newe AnfiBag sn machen vnd einsa- 
fordern, wnrde sich nit woU thnen lassen, dahero verlangten sie, dass 
Ihr Kay. May. ihnen Verordneten nnr etlieh wenig 1000 B. Torstreckhen 
Hessen, damit sie dises Proviant mehrers Yersichern kanten. Sonsten 
bringt er, dass die Bay. V91kfaer 'iber die Bntckhen sa Stein gegangen 
Tnd bey Mantem das Lager neben denen Vnsrigen geschlagen haben. 
Ein Lenthenant, so aass Wienn kommen ist sn Crembs dnrcb, der bat 
den General Veidtseogmaister Giaffen Leele referirt, dass den 11. dits 
die Tftrcken vnter den ebemin convert in den Graben gebrochen vnd ein 
BcUk des Beyelin bey der Lffwenpastein minirt Tnd fliehen lassen, mit 
welchen ein Hanbtman mit 16 Mann geblieben. Sie baben daranff gar 
starckh gestArmet, seynd sber biss som drittenmabl Ton Vnsrigen abge* 
trieben worden, also sie sich in einen Winkhell der Oontiascsrpa nle- 
riert, welchen die Vnsrigen freywiUig Terlassen haben. Die Tftteken 
haben Tber 1600 Mann Terlohren, entgegen die Vnsrigen wenig aber 
dapffere Leath als S Obrist-Lenthenant: Cotolinsky^ Ton Stahmbetgl- 
sehen, Walter Ton Wflrtenbergischen, Graff Leele Tnd Obrist-Wacht- 
meister Gallenfeiss von Mansfeldischen Bogiment; Obrist Soocbes Tnd 
Heflster seyndt beede Tcrwondt» aber ohne Geflüir. Man erwarlfaet, dass 
sieh disse Zeitungen conflrmiren, weilen Graff Ton Draan mit den Leu- 
tbenandt nit geredt, sondern sltein Ton den Csrl Ton Lemberg sn Crembs 
gehM bat. 



* Georg Adolf ron KottwIiiHky. 



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236 



PMsan den 17. Augasti. 

Heunt Kac-biiiiitat^ ist der General Adjutant H. Graff ?oil Aiian- 
perg kommen, vnd Ihr Kay. May. Brioff von Eevzog vnd Caplirs gebracht. 
Es ist nit allein der gestert gemelte Lcnthonant, sondern aaeb einer von 
der Orientalischen Compagnie den 15^" in das Lager kommen; der JSnrte 
ist den 8*'" auss Wienn, dar Andere den 12., vnd wird confirmirt, was 
gastert der Graff von Draun gebracht hat. Der Geaeral Caplirs vnd dia 
andern Daputirten zeugen kein so grosse forcht, als man ans ihren ersten 
Schreiben von 38. Jnly Terspflron können, noch haben sie gueten liuth, 
keinen Abgang, vnd sich stattlich so woll in den Graben, als auch anff 
vnd hinter denen Pasteian Tarsdinitten, also dass sie dem Feindt den 
Tereno wohl disputieren vnd lang darmit auffhalten werden. Man sagt, 
der General Ton Stahruberg solle geschriben haben, dass er sich 4 Wo- 
chen tn halten getraue; der firieff ist aber Ihr Kay. May. nit geschickt 
worden, vielleicht weilen man glaubt, dass nit 80 eyffrig die Succurs IQ 
haben gehandlet wurde. Die Kayserliche Jagerey vnter den Üuter-Jager- 
meister von Kiellmanseckh ^ hat bey den Newthor einen Be?elin sn da- 
fendiren Tbemohmen, den sie wohl dispatiran werden. 

Pasian den 16. AognstL 

Diaan Morgan ist geheimbar Bath gewesaaut in walchen dia gaalri> 
gan Balationan Ton der Statt ?nd Ann^ referirt worden, so aber wenig 
andere Paiticolaritetan in sich haben, als wir gewnst haben. Der Fürst 
von Waldeckh, so die Fl-anchlBohan vnd Bheintsehen KreyasvlHckhsr com* 
mandiert, ist hennt frohe bey mir gewest, der wsr der Heynnng, dasa 
sieh Wienn gar wohl 4 Wochen vnd biss alle nothwendige Sacenrs sn- 
samman kommen, wahren könne; auff dasa Duro Kay. May. so gfthüng von 
Wien geflohen, gibt or seine Meynnng, sie hfttten nit fliehen, sondern mit 
den Degen in der Hand m ihrer Can(8)lerie) gaben vnd sieh stallon sollen 
vnd mit Beputation sich alsdann ratsrieran. Ich antworthate, dass diaea 
gaste wSre, wann wir nit eine gross schwangerer Sayserin vnd die jonge 
Hsrrsebailt bey vns faittan, die nit von den Sayser, noch der Kaysar 
von sich lassen wolte. 

PiaMA den 19. AngutL 

Heunt frühe ist ein Stafeta von der Armee vnd 16. dits koianien, 
so aber ganz nichts Kewes bringet. Die kayserliche Abreyss ibt biss auff 

* Heinrieh Friedrieh Fnihetr von Kielmaiuegg. 



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237 



d«i S5**" Ttncliobeii worden. Die Franckhuehen 8000 Huiii werden 
Btflndlieh erwaHhei, kSnnen aber m Begenepnrg keine Schiff Iinben, 
diees iet die Yraaeh flm Terschob. Henni Abende eeynd die 2 gefan- 
gene tflrckiselie Agg, 9 Tartarn, dee Teokeli Secretari, der Poaimeiater 
Ton Toekej Tnd die DepnUrten, so der Teckeli der Statt Prespniig ge- 
aehickht, anf einer Hoehenan Tntor dem Commando einea Hanbtnian vnd 
etlich Muaqnetierer dea Baadiachen Begiment ankommen vnd gleieh in 
das Oberhanaa oder Schloea geffthrt werden. 

PatiMi dan 20. A«gutL 

Es ist heunt vnib Mittag wider ein Stafeta kommen, so aber lüclita 
Newes bringet ParticiilarbriftY melden, dass der König von Pohlen die 
Post genohiiion vml den 22. oder 23, vor sein Por.suhn bey vnsorer Ar- 
mee soyn werde. 8000 seiner Pohlacken seynd schon zu Tropau durch, 
man sagt, dass die vbrigen, 80 folgen, nit vill mehr als 7 oder 8000 
Mariii -1 yn sollen, da er doch 40000 versprochen hat. Hennt frühe ist 
der Gr ill Alberto Caprara bey mir gcwcst, mit welchen ich lang von denen 
türckischen Sachen disputiert habe. Die Fianikhischen seynd heunt noch 
nit ankommen, vnd solle der Churlursl von Hayru alle die Bayrischen 
Schiff zu Kegenspurg abfahren lassen, seine 2 liegimenter zu Fum, Pe- 
rusi vnd Montforth, zu denen vbrigen uacher Crembs ehestens abza- 
schickheu. 

Paaean den 21. AngnitL 

Hennt fmhe eeynd 6000 Hann FnssYoickh anas FrancUien an- 
kommen, Tnd gehen 2000 Pftidt aooh an Landt, so danne geboren, aoUe 
gar ein adiOne Mannachaflk aejn. Hiesige Herr Bisohoff^ hat hennt 
einen liMtag mit Wasser vnd Brodt verkAndtigen lassen, damit Gott den 
Snocors, Wienn au erledigen, glficklichen abgehen laase. Ich habe anch 
also gefast. Der P. Wolif Jeaniter, ao mit den Greif Philipp von Lam- 
berg bleibt, iat hennt anff der Post kommen, sagt, daaa sein Graff naeher 
Lines an einen Rothlanff in Gesicht krankh Ilgen bleiben, vnd also Ihme 
in negoeia wegen der SSchsischen Yölekher marehe gesohickht habe. 

pMsan diu 22. AngvstL 

Man hat diseu Morgen die Reliquien der heiligen Maximian! vnd 
Valentiuiani von der Pranciscaner Kirchen niidi denen Josuiteru vud 
von dannen in die Thumbkirch proctissionaliter getragen, allwo Predig vnd 

' Gfif Sebastlaii tod Ftoeltiiig. 

AnUr. UXXTI, Bwia. I. Ulfta, 17 



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Ambt gehaltaiL worden, viid haben Ibro Eej. May. disan allen beyge- 
wohnet Die FranokischenTMckher seynd disen Uorgen wider aligefiihren. 
Anas VngeBciiicklielüreit eines etwann ToUen SchiAomnn hfttten bey 800 
Mann eraanffen sollen, weilen das Schiff an ein Felssen angangen, seynd 
aber alle glllcUioh salvirt worden. 

Anff den Abend ist ein Stafeta oder Conrrier ?on der Arm^ kom- 
men mit Briefen Yon 19^" aass der Statt Wienn der Statt-Obiisten, Graff 
Ton Stahmbeig vnd der General Osplirs mit denen ]>epiitirten, schreiben, 
dass denselben Tag fnihe der Tfirckh wider eine Mine an der pointe des 
Bevelin springen vnd gleich datanff sttinnen Isssen; die Ynsrigen haben 
sich ein Weill dapffer gewehrt^ alsdann somckh gewichen, der Fetndt 
hat sieh mit 7 Fahnen vnd 800 Janitscharen daranff logirt, die Vnsctgen 
aber die Contramine springen vnd einen Anssfall thnen Inssen, Y&d also 
800 Mann verschitt vnd nidergemacht, die Vbrigen aber biss an die 
Ck>ntra8catpa xnmckh gejsgt. Die Ynsrigen seynd so behercit» dsas 
80 Mtisquetierer 100 Janitschai-en weckhjagen, einer von diesen ist le- 
bendiger auff den BoTelin gefangen worden. Der sagt am», dass sie 
11000 Janitscharen vor Wienn Tcrlohren bfitten vnd die Ybrigen sehr 
schwftrig wider den Gross-Yisir werden. In der Statt stehet alles wohl, 
jeder Mosqnetlerer bat des Tags S üf Brodt 1 if Fleisch vnd ein Mass 
Wein, vnd werden alle 8 Tag mit paaren Gelt aassgeiahlt. Entgegen 
in denen Yorstfttten ist alles so minirt, dass man kein Gassen mehr vor 
der andern k<)nne. Bisa dato attaquiren die TArcken die Statt nur an 
einen Orth an, vnd glanbt man, es seye auss Mangel d«r Infhnterie. 
Bises altes hat ein Bici oder Tollmetsch, so den 19. anss Wienn ge- 
gangen,^ mitgebracht, sie haben entlich die Zifer oder Zeichen der Yer- 
st&ttdtnuss swischen der Statt vnd der Armde agiosstirt, vnd damit es 
die Ynsrigen wissen, haben sie in der Statt gleich 9 Bagetl fliehen lassen. 
Der Henog hat den Stattobristen geschriben, dass der Snocors so End 
dises Monath bey einander seyn vnd geschehen werde, anff welches er 
alle Glockhen leflthen, anff denen Pasteyeu alle Tromel vnd Trompeten 
vnd Fanckhen schlagen vnd vmb die ganie Statt alle Stockh leaen lassen. 

Pasian den 23. AngnstL 

Hount hüben wir nichts Newes gehOrt, noch hier vorbcy gegangen. 
Weilen Diro Kay. May. vber Mars' noch weekh wollen, habe ich so woll 

' Es war Georg Franz Kolschitzki, recte Kulcaycki, welcher am 12. aus 
dw Stedt geiebiekt ward« und schon am 17. d. M. wieder dorlhla glllek- 
Uch surOohgekehrt war. 

* Wahnelieiiilich der Ort Ben unweit Faman. 



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239 



die LandtgotBchj als Hofltwagen vnd Boss Yoran wS Xiincz gehen 
lassen. 

Pftssan dtn 8i.AiiSBStL 

Wir wissen hfiiint wider nichts von der Armee norh Statt Wienn, 
halten es vor ein yiKites Zeichen, weilen sie Nüttel finden, nmn der Statt 
ZU schickhen oder wenigst Zeichen zu geben, wann wider Verhoften zu 
Wienn ein Gefahi* wäre. 

Uboi den S6* Avgiisti 

Thre Kay. May.^ seynd frühe vmb halbe 9. zu Schiff gesessen vnd 
abgefahren. Die junge Ilerrschafft alle ist zu Passan verblieben, beede 
Ihre Kay. May. mit der B'rau Obristhoffmeisiorin der Graff Souschin, so 
die küüfftigß junge Herrschaft zu der andern führen solle, 4 Hoffdauies, 
die 4 hohen Ambter, 3 Canczler vnd 2 Praesidenten, 2 Guardi Haubt- 
leuth, Obrist-Kuchelmeigter vnd Obrist-Silber-Cammcrer mit 6 Camnier- 
herrn abgereyst. Zu Mittag hat man zu Wasers Vfei- angelaugt vnd vmb 
1 Vhr wider abgefahren. Zu A.scliach hat sich die Burgerachafft in Ge- 
wehr gezeigt vnd -1 mahl Salve gegeben, bald nach 7 Vhr Abends seynd 
wir hier ankommen. Wir haben da einen Courrier gefunden, der von 
König Pohlen kommet, hat Siuie May. mit der Armee vnweith Tropau 
verlassen, vermeint, dass sie künftige Wochen bey unserer Arm^ werden 
seyn können. 

Uiwi dnn S9. Angntti. 

Es ist heunt nichts Ton der Armöe kommen. Ein Trompeter des 
Obristen Graff Kery. so Ton Crembs in seines H. Dienst geschickt wor- 
den, sagt mOndlicb, dass der Heraog mit der Cavalleria wider an die 
ü^trch gegangen seye, weilen er vernohmen, dass die Bebellen sich wider 
sehen lassen. Die Franckischen Völckher campieren aaff ein halbe Standt 
tnon hier, warthen anff ihr CaTallerie vnd Bagage. 

Linea den 27. Angnsti. 

Der Obrist Heflssler hat von den lecst abgenohmenen Oamellen 
86 heranff gesohickt, damon 12, vnter denen 2 weisse, Ihre Kay. 

> Toifel, 8. ftts. 

11* 



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240 



May. Tordui, die Tbrigen aber ?Dt«r die MiniBtri- iwihnt, vnter 
welchen vor mich S waren. Die Franokische GavaUeria solle diaen 
Abend ankommen, vnd Hoigen neben der In&nteria za Landt naeher 
Cremba marschiren. Tmb S Uhr Nachmittag ist der Graff von Anra- 
perg anff der Poet kommen, hat mir Brieff von 25. vnd 26. dits mit- 
gebracht, deren Innhalt ist, dass den 24. in der Frohe sie angeaOn- 
de(te) DOrffer biss Langen Snczerstorff gesehen, dahero gleich mit der 
vAlligen Cavalleria ihnen entgegen gegangen vnd sie bey Fisenbeig' an- 
getroffen, weilen sie aber die Höhe hftttes, knnte man nit abnehmen, wie 
vlll ihrer waren, dahero sich die Ynsrigen in Bataglia geetellet vnd anlf 
sie loasgegangen, sie sejnd aber selbst anff die Ynsrigen vnd nit ihnen 
ein Paar Stundt cbarmisiort, endlich anch mit 2000 Mann durchbrechen 
weUen, sejnd aber an vneere Stnckh kommen, dahero sich geschwungen 
vnd anff die Pohlen kommen, welche sie anch mit einer Salve empihngen» 
sie aber gleichwohl dnrciigobrochen nnd also von denen Tnsrigsn vmb- 
ringet vnd 800 nideigemacht worden. Die Gestrigen haben sich wider 
in die Höhe vnd alsdann die Höhe gewunnen, da sie gesehen, dass der 
Feindt bey 12000 siarckh wäre, sie aber seynd gewichen vod haben sich 
in 2 Theill, einer gegen der Bmckhen vor Wienn, der andere gegen der 
Harch gewendet; denen ersten seynd 40 Husaren vnd eil ich Voluntain 
nach, die glaubten, es konmion alle vnsore Trouppen nach, eteigten von 
Pferdt ab, vnd warffen sich in dass Wasser; die Vusrigcn haben 800 
darunter schöne tQrckische Pferdt bekommen. Die Armee aber hat wogen 
eingebrochener Nacht sie nit verfolgen können, sondern ist wider zuruckh 
naeher Cornewburg gegangen. GratT Caraffa ist von den König von Pohlen 
snrackh kommen, vnd gebracht, dass er den 3. September l>iy Crembs 
seyn wird. Der Herzog hat mit der gauczcn Artilleria ein Salve geben 
hissoii, den Graff von Stahmberg zu berichten, dass er die BebeUen vnd 
Tfirckhen veijagt habe. 

linoi dmi S8. AngvstL 

Es seynd die Franckbiscbcn 2 Regimenter sn Pferdt vnd Dragoner 
erst heunt frühe durch die Statt marchirt vnd neben der Infanterie gleich 
an den Vorstätten campirt. Qraff Königseckh, Graff Franz Augustin vnd 
Graff Kinsky vnd ich seynd hinauss gefahren vnd gegangen, die newe 
Invention von Plockscbiffen zu sehen, weilen wir aber Niemandt gehabt, 
der vns deren wahren Gebranch vnd Nncaen ezpliciren kennen, haben 
wir wenig damon capirt vnd verstandten. 

' BiMUttbeig. T 



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Ui 



Lbiet dm 80. Angviti. 

Es ist disen Morgen in der Pfankirchen die Procession eben zu 
diser Andacht, iils vor 8 Tagen zu Passau, gehalten wordeü, \reüeA es 
aber regnete, ist man allein in iler Kuchen herunibgegangen. 

nps^Ai t Abends ist der Goueral iiiibata kommen, ist von den Her- 
zog geschikt wdiflen, zu remonstrieren, wie schwär seye, deu Türckeu, 
Tartarn vnd Kebellen dass StreiOen vud Brennen jenseiths der Donau zu 
verhindern oder wenigfit abzureden, auff was Weiss solrh'^'s geschehen 
Sülle. Nach seiner auch der Postverwalter bey der Armeo kömmen, 
di!?er bringet vieroiicy Au>sa;i;iHigen von dfnen lieiangenen vnd Vber- 
lauiVeru, 6o alle melden, dass lier Fcindt den Id velia vor Wienn böhaubt 
Tnd sich in den Graben logiit haben; die Türikt ii wären gesinnet, als 
heiint einen Generalstnnnb zu thuen, vnd wann üclber nit so glucklieb 
vor öle ablauffe, dass sie die Statt bekommen, wollen sie darvon abziehen. 
Er hat auch ein Sclin iben von den Keijidenten von Kunicz auss den 
törckischen Lager grbracht. so aber in Zifer ist. Als wir in der Kirchen 
waren, igt ein Leuthenant von den Strasoldischen Kegimeut mit Prieffen, 
von llerzog kuunuen, der bericht, dass die Türckeu die Brücklieu vber die 
grosse Donau wider zurichten vnd bauen wollen. Man hat vnterschied- 
liche Meyuung, wurumb sie disos thuen, ob es seye, damit sie von Wienn 
sich sicherer rcteriren. die Bruckhen hinter sich aliwertTen, vnd also einen 
Einfall in die Ketroguardia verliintern können, oder ob sie die Türckeu 
vnd Tartarn, so aufl den andern Landt stehen, mit ihnen sich zu conjnn- 
gieren, disen Weeg vnd Gelegenheit machen wollen, oder ob sie vns in Zeit, 
da der Siiccurs vor Wienn gehen solle, hierdurch zu divertiren vermeynen. 
Es wird aber disen allen mit deme voigekomuien, wann man dise Bruckhen 
zu bauen sie verhindei t, welches wohl wird geschehen können. 

Ihr Kay. May. haben aulT den Abend die Franckhischen Völckher 
gfcsehea, seynd GOOO zu Fuess vnd 2000 zu Pferdt, stattliche schöne 
Leuth. Sie werden Morgen uacher Crembs marchiren, aber 9 Tag darzne 
nehmen, weilen der Fürst von Waldeckh, so sie commandirt, die Caval- 
leria nit von der Infantoria lassen will. AufT den Abend ist das Bayri- 
gche Regiment vnter dem Obrist Perusi auch ankommen, ist 1200 Mann 
starckh, alle Feügelfarb mit roihen Aubsscblägeu bekleydt. 

Lincz den 30. Augusti. 

Gestert gar Bpatt ist noch ein Cornet vor der Arm^e kommen, der 
Brieffe von denen Generalen Stahrnbei^ vnd Gaplirs auss Wienn tob 
37. dits gebracht, deren Innhalt in disen hestehet, dass dio Tftrckhen 



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2^ 

eben selben Tag den Hevoliii wider gesturmct vnd minirt haben, seyud 
aber gar dapffer von denen Yusrigen abgetrieben worden ; doch besorgen 
dieVnsrigen, dass sie gedachten Kevelin nit lang vnd villeicbt vber einen 
Tag nit werden halten können. Die Türcken haben sich an der Contra- 
Scarpe, deren sie nur einen Tbeil haben, mit Minen erweithern wollen, 
so ihnen aber nit angangen. Die iu der Statt beklagen t^ich, dass ihnen 
die Stnckh zu manglen anfangen, weilen vill darvon zersprungen, vi!1 zu 
Schanden geschossen worden. Die Ruhr regiert gar starckh in der Statt, 
also dass in einen Tag von 30 bis 60 sterben, also dass gai* offt die Cor- 
poral vndBefreÜtendieHaubtman- vnd Leuthenantstell versehen mOessen. 
Bey diser letzten Action ist der newe Stahrnbergische Obristleuthenant 
von Schallenberg geblieben, der Obrist Herzog von Würtenberg vnd 
Souchcs verwundt worden. Gleich selben Tag, da dises geschehen, haben 
Tusere Hinirer an der Burckhpastein eine Mine 6 Schuch vnter der ihrigen 
wahrgenohmen, der Stattobrister bemühet sich zwar selbe zu vntergraben, 
beklagt sich aber, dass er wenig, die dir? Minen verstehen, vnd nur zu- 
sambgeklaubte Leuth habe, die aach sich sehr fftrchten, in die Lnfft g»* 
sprengt zu werden. 

General von Stahrnberg schreibt, der Törcken Lager seye sehr zer- 
theillet vnd ihrer nit vber 60000, verspricht, wann sie auch nur mit 
wenigen angegriffen, dass sie fliehen oder geschlagen werden. Die Brieff 
von dem kay. Residenten auss dem Türckischen Lager,* so gestert frühe 
gebracht worden, sagen auch, dass der Türcken Macht sehr abgenohmen 
vnd sie vber 47000 Mann verlohren bähen, die Janitscharen, deren Ge- 
brauch vnd Obligation allein ist, 40 Tag in denen Tr:inclipn zu s^yn vnd 
vber dise einen den Grosstürcken. den andern Gross-Visir vnd den dritten 
den Janitscliart'n Aga zu Ehren zu bleiben, pchuMig ^cyn, haben schnn 
angpfangen zu muircn, ihre Veldtprediger aber bereden sie, dass sie noch 
bleibou, zu welchom sie mit absonderlichen Schenkungen von Grossvisir 
auch angefrischt werden. Er meldt auch, dass sie aufl" nächsten Feyertag 
der Statt absonderlich mit Minen vnd Sturmb zueseczen werden, man 
kan aber nit wcdl abnehmen, was diser ein Feyrtag seye, dann die Türcken 
fewreu den Freytag als wie wir den Sontüg, vnd also kunte es der Tag 
von 27. gewesen seyn, oder ob er etwan den Sontag 29. vermeynt, weilen 
sie an den Fest der Entbaubtoog des h. Johannis allzeit ihre grössten 
impresen vm-nehmen. 

Der Gross-Visir hat den Teckeli mit denen Hebellon in das Lager 
kommen lassen, Xraschkowicz, Setschy vnd 2 Nadasty seynd schon allda. 



' KoaiU. 



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Di« baben den QroBBvisir einen Fueeifidl gefebna; Uime vn]» Jvitieift wider 
den Kayeer aogeniiren> die 8 Baeh wegen ihres YatAer Todt (rod Bertis 
iution ilirer abgenohstenen Gneier begehrt. Der Abafil ist mit 8000 
Siebenhftrgem in dem Lager angelangt, die Fftraten von Holdan Yttd 
WaUadhey sejnd noeh allda, die haben dem kaja. Residenten venproclien 
Tnd solle es nor Diro Kay. May. bericihteni daas wann ea sa einer Schlacht 
komme, wollen sie wider die Kajrserliehen nit &ohten, entgegen sollen 
aueb die Ynsrigen sie nit angreiffen, Tnd das Eenzeiehen sejn, dass sie 
in ihren Fahnen ein Grudfii vnd aulf der andern Seithen Ynser'Franen 
Bildt fahren. Kan glaubt, der Siebenbfliyer werde es auch thnen. Denen 
Wallachen ist anffgetrsgen worden, die vorbemeldte Brockhen fber di^ 
grosse Donau sa schlagen, haben aber mit den Besidenten verhiasen, dass 
wir nnr blinde Stnckhschnss anlT sie thnen sollen, so wollen sie gleich 
sieh reteriren Tnd Ton disen Qebafl abstehen. Man hat dises alsobaldt 
vnd noch gestert dem Heraog erindert» wird aber nicht an recht kommen; 
weilen bericht wird, dass der Obrist Hefissler commandiert worden, dises 
Oebaü an verhindem. 

Dass Penisische Begiment anss Baym ist nnb Hittag weckh, ent* 
gegen daa Ton Hanss Sachsaen-Qotta ankommen. Der Maiggraff Ton 
Baaden ist disen Abend xn der Arm^e nacher Crembs abgofiKhren, der 
ConsoUa oder ^iegsrath mit den Kfoig von Pohlen, 9ersog Ton Loth- 
ringen vnd Ffirst von Waldeckh nit als Kriegspraesident, sondern als 
Veldtmarsehall bejsnwohnen, wird in Endt der Wochen wider hier seja 
vnd alsdann Dir Kay. May. sich resolviren, ob sie in Persohn sa der Arm6e 
gehen wollen. Der König von Pohlen stosset mit seiner Arm^ hennt au 
der Ynsrigen, hat sich schon verbunden lassen, dass er den Kayser die 
Handt in seinen Lsndt nit lassen könne, er swar hfttte es kein Bedencken, 
wnste es aber nit bey der Bepnblica xn Torantworten, verlange aber wS 
alle Weiss, dsss sein Princs den Kayser besnche vnd sehe. Dies ist ein 
genngsames Anseigen, dass Ihre Kay. May. nit sn der Arme^ gehen. 

Und dm 81. AngnstL 

Hennt Nacht ist ein Conirier von der Arm^ ein anderer von dea 
Abaffi kommen. Der erste bringet, dass der Ohrist Heflssler mit dem 
halb Lothringischen tu Fness vnd seinen Begimeni Drsgoner sidi der 
ersten Insel an denen Bmckhen jenseits der Denan beodchtiget vnd die 
Erbannng der Bmckhen verhindert habe; der von Abafil meldet, dass die 
Tflrcken seinen Pörsten mit bey sich habenden 6000 Siebenbflrgem an 
die Baab commandiert, entgegen aber selben Bassa mit IQOOO Tflrcken 



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244 

za dar Hanbtarm^ bernffen halieo, solle or sich bieten, wann H in einer 
Aktion oder EntsacB der Statt Wienn kommoy er nul die Seinigen wider 
die Tnsrigen nit fechten werden. Sogt snebr dass der GrOBB-Visir sein 
Quartier in der Gapociner Closter bey St. Ylrich babe, allwo sie Till SIcUl 
mit Erden gefQlt aalf einander gestellet, vnd ein Hanr darmit gemacht 
bsben. 

Lin«s dan 1. September. 

Nacbmittag ist ein Gomet yon den Picolomischen Regiment kom- 
men, bringt aber nichts anders, als des KOnigs von Pohlen Anknnlft m 
Hollabran, vnd dass ibme der Henog biss dorthin entgegen reflthe. Za 
Wienn hflre man noch starckfa schttessen, absonderlich ?ergangenen Son- 
tag frnhe. 

Die 9 Begimenter Metemich xn Pferdt, Seran Dragoner ?nd halb 
Pechhemische so Pness waren bey Fflrstenfeldt csnpirt, sls diso die 
Bndianisehe mit 6000 Mann in der NIhet gewost, haben sie angegriffen 
Tnd also verfblget, dass sie gar anss ihren Lager veijagt vod 800 nider^ 
gemacht haben. 

linn dmi fL fcptmnbef • 

Anff den Abend Ist ein Oonrrier kommen. Der Henog sehreibt 
allein, dass er vorgestert den K^nig in Pohlen sn Hollabnmn^ empihn- 
gen, alldorten tu Hittag mit einander gössen vnd einen gasten Bausch 
angetranckhen habe.' Stehen in gar gaeter VerstAndtnnss mit ein- 
ander, wie auch mit den Fflrst von Waldeckh. Der Harggraff ist m 
Crembs ankommen, wird aber erst heont anif Gestetteldorff n der grossen 
ConliNrens. Den 4. dits wird der Chnrfttrst von Sachssen vnd auch die 
Franckhisdien zu Crembs erwartet. 

Heunt frnhe ist der P. Harco d'Ariano Capnciner hier ankommen.* 
Der hat anff den Abend in der Hoffcapellen eine andftchUge Exhor- 
tation gemacht, dass Gott vns gwiss die Tictori wider den Tflrcken 
geben werde, wann wir uns our ancb recht vornehmen, vns zu bessern vnd 
Gott nit so Arenentlich vnd offt zn belaidigen, aufT welches er den Seegen 
gegeben. Dir Kay. May. haben mir befohlen, ich solle ihme die Gelegen- 
heit machen, dass er Morgen mit anbrechenden Tag nach der Arm4e 
iUiren mflge, vnd einen sogebe, der ihme unterwegs hinab vnd wider 



* Am 80. August Tgl. dam; JXMsium aiüUeriae praefactt* in ,Aeto hifUn 
ric* res gectM PoloniM iUvatnntia Cneoviae*, 1883, vol. 8, p. 584 ff. 

* TiAMt S. 499. * Ebenda, 8. 460. 



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345 



hinuff vwsoige. Habe alio meinem 8«er«tam dise Commisrion nttgt^ 
tragen to4 ein Landtgiitaehj mit 4 Pfardten naehar CSrembe geidii«fct^ 
die ijime snrfiekfUure. Er wird der ganzen Ann^ den 8e«fni geben vnd, 
wann ea verlangt wird, mit dem Cneifix Torangehen, wann die Tnarigen 
den Feindt angreiffen sollen. Es iat hennt das WflrienbdijgliMdiie Sflgi* 
msnt als ein Theill der Schwäbischen KrejasT^lskher ankemm^ fa4 
toUeiL die Ybrigen in wenig Tagen folgen. 

Uifli dmi 8. 8«]^tember. 

Es ist bennt frnhe ein Officior von der Ami» kommsii, der brii^ 
Brieff von dem Genend von 8tabmbeig anaa Wienn ynter den 1**" dita. 
Weilen sie in Zifer waren» hat man nit aigentlick wiesen kOnnen, was 
sie bniebten. Hfindlicfa sagt er so Till anss, vnd geben es aneh Brielf 
von der Arm^, dasa dieTnsrigen den Bevelin noch erhalten, des Feindts 
grosse Mine haben sie entdeckfat, vnd ihme das Pntner heranssgenobmen. 
Sie besorgen aber noch ein andere vnd fbrehten, er dOrflIe gfthling mit 
derselben der Statt grossen Schaden snefiiegen, dahero sie vmb beiden 
Snccon anhalten. Doch glaube der General Graff Stahmberg, dass er 
14 Tsg sich noch wohl halten kOnne; in einen Aussfall aollen die Ynsri- 
^en eingebiest haben. Diese Brielf hat wider der BSca gebracht, der 
dffters anss vnd eingehet. 

Das Schwabische oder Wflrtenbergische Regiment warthet der Ca- 
valleria, Bagage vnd vbrigen Begimentem allhier. 

Lines 4«n 4. September. 

Die gestrigen Brieff von 1^*° in Zifer haben nit so gute Nachrichten 
gebracht, als man spargiert hat, indeme der Stattobrister vnd die Depu^ 
tirten schreiben, daee sie die Minen nit finden kSnnen, also beeorgen, 
wann dise springen, dass die Lffwelpastein, so znruckh nit genugsamb 
verschnitten hat kennen werden, vber einen Tag nit zu halten seye. 
Weilen aber der Saecurs nun mehr also bey einander, dass er tdglich 
kann gegoT>r n w^^rden, also hat man solchen au beschleinigen. 

Qesteri noch ein Conrrier, den Henceg geschickt, heunt ist wider 
ein Page von GrafT Schaff^^otsch^ ankommen, der bringt aber allein, das 
vorgestert der Veldtherr Jablonowscky' bey der Armte ankommen, vnd 



* Graf liMpold Cfanitoph 8eha£(ip>tMb, leblMieehar Kaauaw^PvIflldeikL 
' SCanuUns Jobaim Jablonowdd, Palattn von EoMlaad. 



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246 



keakfe dn grosse Confofttns oder Kriegsrsth «erden solle. Ihro Kay. Maj. 
seyxid Dodi der Ueyniuig, dies sie m der Annie gehen wollen, wuin an» 
deisi dM Geremonial mit dem Kftnig von Pohlen niohta entnriadien 
bringe. Man erwarthet aber disen Abend dieKRcbricht mil eignen Coor* 
rier. Bin Hoflfovrier von Chnr-Baym ist beant ankommen, begebiet Lo* 
giening vor Seine Dnrehlanoht^ dero Hoffttatfc vnd 600 Pferdten. 



limi d«L S. Sapfeenbw. 

Han hat diso Nacht von 12 bis 2 tJhr die Stnehli von oder ftr 
Wienn gar wohl geb9rt Tnd wird vor ein gutes Zeichen gehalten, indeme 
desB Feindts Minen bis dato keinen sondern wahren Elfeet thuen Iritnnen. 
Es ist kennt nichts von dem Hersog, sondern allein ein Sckreiben von 
dem Graff Sebaffgotsch kommen, der besiehet sich anff ein anders, welcher 
aber Ihre Kay. May. nit eingelolfen. Also verbleibet vnaer Abreyss noch 
in der vorigen Yngewissheit, bise dass der H. Maiggraff von Baaden 
selbst oder wenigst ein aussfthrlidie Nachricht einlanlTet. 



Linos den 6. Beptomber. 

Man hat mit grossen Terhuigen eines Conrriers erwarthet, nit allein 
dess Gratr SehalTgotschs Negotiation mit dem Ktoig von Pohlen wegen 
dess Ceremonial tu wissen, sondern auch den Marggraffen von Baaden 
selbst mit deiqenigen Bericht, waa bcy dem gehaltenen grossen Kriegs- 
rath gehandlet worden. Bndlich ist diser vmb 4 ühr erschienen vnd so 
vitl mitgebracht, dass Moigen den 7^ der Oenerat^Bendesvons von der 
ganzen Armde seyn solle, Ybermorgen aber dieselbe in den Wienner 
Waldt marschieren vnd allda Posto ftssen sollen. Ton Graff Schaffgotsch 
ist einiges Schrnben nicht kommen, also kaben Ihro Kay; Ibiy. anbe- 
fohlen, dass alles in Bereitschafft stehen solle, dass wann hennt Nacht, 
wie sie vnfthlbar erwarthen, ein Conrrier kömmete, die Pfordt Morgen 
ftnhe SQ Landt vorangeken vnid Ihr kay. May. Ybermorgen au Schiff folgen 
m0gen. 

Ymb 6'tJhr ist der Ohnrflirst von Baym zu Schiff aokommen, dorne 
Ihib Kay. May. bey dem üfer empfangen vnd in ihren Wagen in das 
Sckloss gefikhrt haben. Der jflngere Princi von Hannover hat b^ Dir 
Kay. May. Andient gehabt, will Moigen mit sambt den Tag sn der 
Armde gehen. 



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Linof d«B 7. teplenbar. 

Ihro May. die Kayserin seynd disen Morgen ymb 6 Uhr mit einer 
Princzesin glücklich erfrewet worden. Nachmittag wird sie durch H. Car- 
dinal Nuntio getauffet, vnd von Ihr Churfürstl. Durchlaucht auss Bayrn 
aus8 der Tauif gehöht werden. Ihro Kay. May. haben disen Morgen (wei- 
len hetint \acht weither nichts von der Arai^e kommen) ihre Hinabrcyss 
resolvirt, dahero alsobalden der kayserlicbe lloffstall vnd andere noth- 
wendige Ross vnd Wagen zu Landt voraji geschikt werden. Morgen vmb 
9 Vhr frühe wollen Ihr Kay. May. sich zu Schifl' seczen vnd wenigst biss 
Bestenberg fahren, H. Choi-fürst ab^t ist nach gescbeliener Tauff disen 
Abend noch abgereyst. 

Die newgebohrne Princzosin ist Maria Anna Jusepha Antonia Ke- 
gina genannt worden, ü. Cburfürst bat sie allein als Gevatter aass der 
Tauff gebebt. 

Ja flohiff bey den Jigw in d«r An dm S. Saptmbtr« 

Gestert Abends liaben wa von (]('V kayserlichen Armee von 5. dits 
Brieff gehabt. Schreiben, dass die l'ohlen .schon in Anmarsch Yber die 
Tuluer Schiffbruckhcn gehen sollen vnd vermeynen, ämn den 7*^, also 
Gestert, der General RendesvouB in Tulnerfoldt seyn solle. Heunt fmhe 
ist dess GrafT Scliaffgotbch Page kommen, der bringt, da.'^.s als er dem 
Vicekanzlor ^ von Pohlen gesagt habe, dass der Kayser in Persoha zu der 
Armee kommen wolle, diser geantworthot, es wurden Ihr Kay. May. nur 
Verhinderniiss bey der Operation machen ; wann selbe woll ablauffe, 
kunten Sie alsdann komnu-n vnd den König erabpfangen. Diseshat wider 
den Kayser vnd etlich Ministi i so gir* gemacht, dass wann nit Alles schon 
bestellt wäre, man gar zu Lincz wurde geblieben seyn. Endlich ist ge- 
schlossen worden, Ihr Kay. May. sollen forthgehen,^ aber gemach, biss 
dass man höre, was der Herzog vermeyne vnd was man antworthen würde 
auff die kayscrliche Resolution, dass Sie gehen wöllen. Man hat also 
lang verzogen, dass Ihr Kay. May. erst vmb halbe eins von Lincz in dass 
Schiff gefahren, alldorten zu Mittag gessen vnd nach Gelegenheit biss 
hiehei ^um .lager in der An, 5 ^leill von Lincz, gefahren seynd. Wir 
4 hohe Ambter, die 2 Guui\ii Ilaubtleutb, 2 Cammerherrn, so Dienst 
haben, Graff Mollarth, Oberst-Siiber-Camrer vnd der von Spiring (so den 
Frincz Franczen von Newburg, der auch mitkommet, zu iatfel geschenckt) 

' * Joluuui Gniiitki. * Um sss mfirbe. 
* Der qwmwAit Gtonadte diiikcte fa«MNid«ra da^a. < 



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848 



halMii in d«m Leitechiff gessen, denen kayeerltehen Edlknaben habe ieh 
soff dees Eayeen C^intnronB vnd Degen kEnifen, auch Pistollen anff die 

• 

Fferdt gelten lasBen, weilen es also vor disen gehalten worden. Graff 
Schaffgotseh schreibt von 7**", es seye geetert, das wtre den 6***, dem 
iieronsky gesagt worden, dass die in der Statt Wienn lamentierlichen 
Zeichen machen aecouriert zu werden, es seye die pnneta der LOwel- 
Pastein gesprungen vnd waren noch 4 Minen, die aie auch worden gehen 
lassen. Dises hat in der Antecamera ein grosse KleinmOthiglieit vemr- 
eachet^ ich habe aber Ihre Kay. Hay. vnd andern remonstriert, dass dises 
nit wohl eeyn IcAone, erstlich : weiten der 2ierons^ es nur von andern 
gehört, änderten der Heraog nichts danion schreibe, drittens seye es nit 
so geflhrlicb, dass sie die Puncta Ton Pastion gesprengt, sie mneaten 
erst stnnnmen md werden nit gleich also hineinlaoflen, dass sie nitvill- 
mshl abgeschlagen werden, so k<tnne man es auch nit gwiss wissen, dann 
ansser der Statt ist Niemandt seyder dess l . kommen, auch dnrch Gefiingene 
keine Knndtschafft gebracht worden, wohero weiss man dann, das« diese 
Mine disen Bffect gethan habe, vnd dass noch 4 andere aeyen. Die Mei- 
sten seynd diser meiner Meynnng beygefkllen. 

In Schür bei Tnmitein dsn 9. Septembris. 

Wir haben hennt frühe vmb 7 abfahren sollen, so hat rns aber ein 
starckher Nebel daran verhindert, der sich erst nach 9 gehebt hat. Ynter- 
dessen haben Ihro Kay. May. Mess lesen lassen, weilen man aber gestert 
die Ordinanz gegeben, dass das rkuhemahl sn Marbach seyn solle, haben 
die Kuchl- vnd Kellerechiff nit glanben wollen, dass sie za Pessenbeiig 
tnefahren sollen, seynd also erst anff 8 Viertl anff 8 allda ankommen, 
vnd wir erst vmb 4 aom Essen kommen. Gegen 5 ist dess Greffen Schaff- 
gotech Page einer widerkommen vnd dem Obrist Hoffmeister einen Brieff 
gebracht, in welchen er meldet, dass als er dem Staig gesagt, dasa Ihre 
Kay. May. an der Arm^ gehen wollen, habe er geantworthet, tenes s'am- 
baras vnd weither gesagt, Ihre Kay. May. Persohn wäi e gar zu praecios» 
dass Sie solte einige Gefahr exponiert werden, er könne diso Feindt, er 
habe 3 Snltane geschlagen, vnterdosson aber wären ihme die Tartam in 
die Betroguardi aUseit eingefallen, das knnte aigeczo anch geschehen; 
vnd mit disen habe er sieb reteriert. 

Ihr Kay. May. haben ein nach dem andern von vns geheimben 
Rftthen, so in dem Schiff waren, gefragt, was za ihnen seye. Mein Mey- 
nnng war, alle Resolotion zu vcrscbicbtn, bis!< dd- General, so Ihre Kay. 
May. von den Herzog nacher Crembs begehrt haben, komm«, vnd anch 



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»9 



der Henof anif Ihro May. gefiMSte Besolutioa aatworthe; lurackh Ulme 
man nit mehr, hier za bleiben atundle nit wohl, anff Tnlln in gehen, 
ohne dass man wiese, was vor Anstalten gemacht werden, ist nit nth- 
samb. Haben sieh also Ihre Kay. Kay. dahin resolviert, dass man Moigen 
nit ab&hren, bis sie es nit befehlen werden. 

Es hat Qestert der Graft von Paar seinen Page naeher Crembs ge- 
schickt, nachanfragen, ob Till Eranckheiten allda regieren, so hennt sn* 
mckh gebracht, dass an der rothen Sohr tflglksh 10 bis 18 sterben Tnd 
ilmen die Eranckhen TOn der Arm^e snegeschickt werden. Des Graff 
Schaflisotsch Page sagt mflndlich ans, dass der Obrist Heflssler mit 600 
Pferdten die Tflrcken von dem Callenberg Teijagt habe, vnd denen in der 
Statt ein Zeichen gegeben, anff welchea sie gleich geantworthet haben. 
Hennt sollen die Ynsrigen schon in den Wienner-Waldt stehen. 

Türnstein den 10. Septembris. 

Diso Nachricht ist der Oeneral Baliata Ton den Hersog an Ihro 
Kay. Hay. geschickt worden. Hit disen ist der Oraff Philipp von Lem- 
berg kommen ybA sn mir in den Schiff vber Nacht sn bleiben gegangen. 
Sagt, dass der Obrist Hellssler Tor S Tagen soff den Callenbeig mit 
600 Pferdten gewest, mit einen Fewr der Statt ein Zeichen gegeben, 
dass die Ynsem In der NAhet seyn, anf welches gleich die Statt mit einen 
Zeichen anch geantworthet hai In den tOrckisehen lager aber wftre ein 
solches Gesehrey md mouTcment ansskommen, dass man spüren kflnnen, 
dass es ihnen wunderlich vorkommen, denen in dei* Statt aber auch dises 
ein Trost gewesen seyn wirdt. Er ist seithero wider hinauff mit 500 Pferdten 
commandirter gogangen, aber 8000 TOrcken aogeti'offen, die ihme atta- 
qniert, er nch aber so Ternflnfftig vnd glücklich retertrt habe, dass er biss 
50 Tflicken erlegt vnd von denen Seinen Niemandt TCrlohren habe. 

Der General Herd ist mit SOOO Pferdten vber den Wiennerwaldt 
sn recognosciren geschikhet worden vnd biss Scb6nbmn gewest, ohne 
dass er Jemandt angetroffen, welches alle erfirewet hat, dann man ge- 
glaubt hat, der Feindt wurde sich zu Endt dess Wsldt mit Bedonten ynd 
Fortinen hin Tnd wider verschancst vnd an die Paftss gelegt haben* Sie 
halten nun vor Tnfihlbar, dass es zu einer Schlacht kommen müesse, 
bilden ihnen anch die Victori sicher ein, weilen sie nit allein den Feindt 
in der Macht gleich, sondern den Situm Tor sich, die Tflrcken aber die 
Ton der Statt auch hinter ihnen haben. 

Die tentsche Infanteria vnd Cavalleria vnter einander getheilet, 
solle die Avantgarde haben, die Pohlakhen aber snrackh souteniren, vnd 



4 



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350 



glauben all«, dase Morgen die BataiUe geschehen solle. Daes Ihre Eay. 
Maj. dsrbey seyn sollen, widerrathen nit allein der König in Pohlen, 
sondern anoh der Hersog tnd die gesambte kayserliehe Qeneralitet nid 
glauben, dass Sie mehrere Yerhindemuss maohen als Nncien Terursachen 
wurden. Ihr Kay. May. haben darftber die anweasende geheimhe Bith in 
das Leibsehiir kommen lassen, geheimben Bafh oder Conferena in halten, 
vnd haben geschlossen: 

1*. daas Sie hennt hier bleiben Tnd erwarihen wollen, biss Tnaer 
Ann^e irber den Wienerwaldt, die pohlniachen Tnd die kayserllehen vnd 
BeiohaYOlokher Tber Clostemenbnrg seyen, Tnd sich Tnter den Oallenbei^ 
coignngirt haben. 

2*. Wann dass geschehen Tnd der Feindt weiche, gleich nacher 
OoBtemeubnig an gehen; 

8*. wann der Feindt gewichen Tnd die BeUgemng Tcrlasaen, in 
Wienn einsureithen Tnd das Te Denm hmdamna bey St. Stephan singen 
SU lassen. Zu diesen Ende Ihro May. werden Terbiethen lassen, dass Tor 
Ihnen Kiemandt in die Statt gehunen werde; 

4«. der Arm^ sn erindem, dass wann ein Schlacht geadiebe, sie 
sieh nit mit Blindemng der Bagage aufhalten; 

6** dass Sie einen OaTallier gleich sa der königlichen May. in Poh- 
len, beeden Cburfftrsten md Henog Ton Lothringen schickhen, ihnen 
wissen zu lassen, dasa sie in der Nflhe seyen md allein bleiben, weilen 
sie glauben, es dörffte Morgen mit dem Feindt su thnen geben i^d sie 
etwann einige Hinternuss Terursachen ddrffen. Wann ea aber Terschoben 
wurde oder Torbey wäre, wurden sie gleich darbey seyn. Tnd lu disen 
ist Graff Keffenhiller benennt worden. 

Herr Henog ist diso Kacht su Dierling, * der König aber ra Eönig- 
stltten geweet, Tnd wird der erste bey Closternenburg, der ander bey 
Manrbach Tnd Heyderstorff heraussgehen, Tnd steh beede Tnter den 
Callenberg coi^ungiren. Man hat diso Kacht mit 8 Stncksehnss bey an* 
brechender, 8 andere bey Mittemacht Tnd 8 bey anbrechenden Tag die 
Lossung gegeben, dass der Snccurs der seye, Tnd dises wird man heunt 
wideihollen. 

Tnrnitein in Schiff den IL September. 

Frühe Tnd gegen Mittag ist ein Courrier Tnd ein Gornet Ton der 
Armöe kommen, weilen sie aber Tnaer zu TuIIn erwarthet, bringen sie 



* Dvioh fehlerhafte Letert des Abiehreiben, analatl Kierling. 

* Badendorf brt Weidlingaa. 



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961 



nielits gar frisches. Sagen aUein» daas die gestrige Naelit derHenoglMj 
Olostemenbnrg» der König in Waldt gewest vnd sieh Geatert noch vnter 
den Callenberg cenjnngiten sollen. Oben anff den Berg, wo das Oester 
gestandten, belinden sich begr 6000 TflreUien, die man bemnter schlagen 
solle, werden nit Till Widerstandt thnen» weillen sie keine Infiuterie 
noch Stack bey sich haben. Die anif den Berg in stehen commandtert, 
werden goeien Gnsto habeni an sehen» wie alles her Tod abgeben werde. 

Türnstein in Schiff den 12. September. 

Es Ist hennt Nacht ein Cenrrier Ton der Armde vnd bald damnff 
der Qrail KeflTeiüiiller kommen, der gebracht, daas nit allein die Tnsrigen 
Posto anf dem Callenberg geüMst, sondern schon den Berg hinnnter 
gehen, Tnd wo sie die Tflrcken Antreffen, mit ihnen channizira rad 
weidien machen. Wienn haltet sidi nit allein, sondern sdraesset mit 
Stnckhen Till heranss, entgegen die Tflrcken wenig hinein. Vnib 
4 Abends ist snch der jnnge Graff Tschemin kommen, deme der Hersog 
geschickht, nut der Nachricht, dass die Tentschen Tnd Polaekhen sidi 
schon eonjongiert Tnd dapffer anff die TQreken lossgehen. Deas Dnc de 
Croy jflngerer Broeder ist Ton ein Stuckh todt geschossen wm'den; er- 
sehlet, wie dapffer die Vnsrigen tischten Tnd mit grossen Hnth den Tflr- 
cken Terfolgen Tnd nachgehen. 

Der Kayser hat Lost bekommen. Morgen frohe naeber dostemen- 
borg sn gehen. Hat dahero mit einen nach dem andern Ton Tns darren 
geredet^ es seynd aber etliche darwider gewest Tnd eingerathen» den 
morgigen Tag noch sa warthon, es war dann, dass hennt Nacht die Nach.-« 
rieht komme, dass Wienn entsecst oder der Tlirckh geflohen seye. Da« 
hero die Ordre ergangen, dass nmn allea in Bereitscfaafil halte, damit 
man abfahren mOge, wann man will. 

In fiohiff Closternewbarg den 13. September. 

VmbiUhr ist der Oraff Carl Ton Lemberg geschlckht kommennltdar 
Zeitang, daas der Henog mit der Armde schon Tmb die Heilige Statt stehe 
Tnd altea wohl Ton statten gehe. Ymb 5. ist mein Sohn, auch toh Her^ 
sog geschlckht, kommen, der bringt, dass die Ynsrigen den Feindt anss 
seinem Lsger bei Nnssdorff weichen gemacht Tnd Tber 100 Zehlt be- 
kommen haben. 

Geatert Abends seynd die Ynsrigen bey denen Ziegelstadlen an 
Wasser Tnd bey Hemels gestandten. 



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Vmb d ist der Gnff Annperg kommen, der die gneto Zeiiang ge- 
bFMht, dasB Wienn »ecmriei't eeye, der Prines Louis von Saiden mit — 
Hann commandirte, hat biaa an die Contraecarpe der Schottenpastein ge- 
aeeit, worauff er Oraff von Antsperg bey den Aasefahlthöii hinein ge- 
lassen worden, vnd weilen er darinnen war, haben die Türcken noch die 
IiSwel-Fastein geslOrmet, aber dapifer abgeschlagen worden. Haiden 
Oeneml Gnffen von Stahmberg vnd den General Capliers gesehen, von 
dem ersten ein Brieif an Ihro Kay. May. empfangen vnd wider heraosage- 
gangen. Die in Wien werden einen Aussfall thnen, Princz Louis wird 
mit denen Seinigen anif einer Seithen vnd die Pohlackhen auff der andern 
in Jhreni Tiianeh^en angreiffen, Tnd hoffet man aneh, disen einen gneten 
Snccee, ein grosse Yictori aber, wann ihr ganies Lager attaqnirt wird wer- 
den. Nochkan man nit wohl wissen, was ihrdisegno gewesen seye, dass sie 
ihr Lsger nit fortifldrt oder sich bey Zeiten reAerirt haben, vnd scheinet, 
diss sie geglanbet, die kayserliche Armde seje nur ein msambgeklaubtes 
Landtvolokh vnd der König von Polilen seye nit ankommen. Noch weiss 
man nit, ob die Türcken ihre Bagage vnd Infimterie mit Theils Cavallerie 
voran geschiekht haben oder nit, dann man es von der Höbe nit w(»hl 
abnehmen können. Mein Sohn ist gleich wider nbgefahren, sich bey der 
Occasion za finden. 

Ihr Kay. May. haben sich gleich i-esolvii-t, nacher Closterneuburg 
sn gehen vnd seynd vmb 9 von Tflrnstoin abgefahren vnd vmb 7 zu OUy» 
stemeubnrg ankommen. Ynterwegs ist der Obrist Hefissler von Herzog 
geadiikhier zu vns kommen, der gebracht, wie dass der Prince Louis vnd 
•r bey Wienn mit dem Stattobristen einen Ausfabl abgeredt vnd selben 
anch gleich werckhstellig gemacht. Der Obrist Heflssler mit seinen Dra- 
gonern ist in die Approchen gerOthen vod die von der Statt auff der 
andern Seithen aussgefallcn, vnd haben vber 8000 Janitscharen in selben 
nidergemacht, die vbrigen Tftrckhen seynd alle in der Flacht daruon, 
haben ihre Zelt, vili Bagage, grosse Menge Pulver vnd Engel vnd vber 
100 Stnckh hinterlassen, vill Christen seynd erlediget worden, vnd haben 
ihnen die Vnsrigen noch auff 2 Meill nachgeeilt. Er vermeynt, dass in 
disen 8 Tagen mehr als 8000 Tflrcken, von Vnsem ab«* nit 600 ge- 
blieben seyn. 

Hier haben wir einen Page von Graff von Scha%otsch gefunden, 
der berichtet, dass der König von Pohlen heunt Mittags bey dem Statt- 
obristen Graffen von Stahrnberg geeson habe. Wir haben von Tnlln biss 
bisher ISsst alle Orth abgebrendt gefonden. 



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DIE ERSTEN VERSUCHE 



KAISER RUDOLFS IL, 

UM m DEN 

ALLEINBESITZ DER GRAFSCHAFT TIROL 

zu GELAKGEN. 

▼OM 

J. HIRN. 



Archiv. LXXXVl. üd. l. Ulliui. 



18 



Nach dem Tode des Erzherzog Ferdinand II. von Tirol 
(1595) wurden lange, mlllievolle Verhandlungen unter den erb« 
berechtigten Agnaten des Hauses Uber die Frage geitihrty wie 
68 mit den von Ferdinand hinterlassenen Ländern zu halten 
Bei. Drang die innerösterreichische Linie in engherziger Weise 
auf Theilung, so bestand dagegen die kaiserHche auf unge- 
trennter Verwaltung. Diese vertrat damit auch die Wünsche und 
Anschauungen der betreffenden Stttnde und Landschaften, welche 
sich einen eigenen, aber auch nur einen LandesfQrsten ersehn- 
ten.^ Viele Worte wurden gemacht, viele Schriften gewechselt, 
bis es endlich im Jahre 1602 zum Prager Reoess kam. D«v 
selbe aeigt in seinen Bestimmungen die deutlichen Spuren vom 
vorausgegangenen Dissens der handelnden Parteien.^ Er ist 
ein Compromiss. Die ülinheit des ganzen Ferdinandeischen 
LUndergebietes wird zwar aufrecht erhalten, aber beiden Linien 
wird eine gewisse Ingerenz auf die Regierung vorbehalten, die 
nicht von einem selbstständigen Landesherrn, sondern von einem 
Verweser oder Gubernator zu führen ist. Ihn umgeben Assi-» 
stenzräthe der beiden Linien. In Hinsicht auf die Bestellung 
dieses Statthalters einigte man sich auf die Person des Deutsch- 
meisters, Erzherzogs Maximilian, welcher noch 1602 sich nach 
Tirol begab und sein Amt antrat.^ 

Zur Würdigung der späteren Haltung des Kaisers ist es 
von Interesse, zu sehen, wie er sich zum neuen Gubernator, 



* Alb. Jftgor, Beiträge zur Gesell ichte der Verhandinngen Uber die erb- 
fällip efowordene Grafscliaft Tirol. Archiv f. Osterr. Gesch., 50. IM. 

^ £ingehonder über den I'ra^er Reces.H und seine Vorgevchichte gedenke 
ich bei anderer Ueiegenheit zu handeln. 

* EiftUte lidi dsmit «aeh lucht d«r WuiiMb dAr Stindo awtb tanma eif»< 
nen LaadflafUfstan, n war lhn«n di«M Ln&ung dodt Ueliar ab elira das 
Qubaniaiiiant eines Söhnen Erzhorzog Ferdinands. Gaidinal Andreas 
batta einen durchaaa ungflnstigan Eindraek btnterlaasen. 

1»* 



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856 



zur Frage Uber dessen Stellung verhielt. Rudolf zeigte sich, 
um es kurz zu sagen, in Allem freundlich, was ihm sein Bruder 
Maximilian Tirols wegen vortragen Hess. Der Deutschmeister 
beanspruchte einen Jahreagelialt von 3(5.000 Gulden; Rudolf 
war einverstanden, wogegen die Grazer Linie die Summe auf 
24.000 Gulden herabdrllcken wollte.^ Vom Rechte zur Eji'nennung 
der AssiBtenzrätli*', d. h. Personen, welche bei wichtigeren Re- 
giemngsacten des Statthalters im Kamen und im Interesse ihrer 
Auftraggeber interveniren sollten, machten beide Linien Qe» 
brauch. l>("r Kaisor bestimmte dazu den früheren tiroHschen 
Kammerpräsideuten Cyriae Ueidenreich und Dr. Friedrich 
Altstetten Vor ihrer Ernennung richtete er an Maximilian die 
Frage, ob ihm diese beiden Herren genehm seien. Und als 
Rudolf merkte, dass der jetzt in bairischen Diensten stehende 
Heidenreich* nicht abkommen könne, so wandte er seinen 
Blick auf den österreichischen Landcomthur Marquard v. £ck, 
einen dem Deutschmeister eng befreundeten Ordensgenossen. 
Dessen Auswahl, so schrieb der Kaiser seinem Bruder, werde 
von. demselben sicherlich sehr begrlisst werden.' 

Auch sonst suchte Rudolf dem anstehenden Gubernator 
in freundlicher Weise den Weg zu bereiten. Da sich Maxi- 
milian um Zustellung einer Amtsinstruction in Prag bewarb, 
erhielt er zur Antwort: deren bedürfe es nicht, nachdem er 



* Ganz riehti),' beiiu-rkt Maximilians A>j;t'nt Diicker in PrAg: die Grazer 
«oUtoii biehn am weuigaten tichwierigkeiteu macheo, weil sie es später 
selbst SU tgeoisflsen* hStton. Dean nach dsm Bm«m hatte naeh Maxi- 
miliasa Abganf die Gnser Linie einen Verweeer lllr Tirol ea beatinunen; 
das erste Mal war dies dem Kai^^t-r iukI meinen BrUdem aulu-imgesteltt. 
Berichte Duikers an Erzlu-rzo^; Maxiiiiiliau Im Statthaltcrci-Archi vf in 
Innsliruck il St.-A ), Ambra^er Acten. Soweit ich nicht besonder» citire, 
liegen die bcuützteu ArchiTulien in dieser Abtheilung. — Mau einigte 
deh endlidi auf 80.000 Golden. 

* Heidenf^eh war Hofmeistor des alten Henoga WilkeUn. SliSTe» Wit- 
telsbacher Briefe VI, 24. 

" Hüdcnkon hepte der Kaiser gegen dio vn Graz aus hf^stf'llten Räthe 
Carl Äjchurf nud Hieron. Manincor. Beim ersteren, dorn Guricbtsherrn 
von Kufsteiu, irrte seine den Baieni besonders freundliche Gesinnung; 
den aweitoo fand auun in Prag an wenig «firiedUebend*. SebMasalleh b»- 
rabigto deh der Kaiser, als man in Graa auf den beiden bestand. Daeker 
an Ercherzog Maximilian, 30. März und 20. Mai 1^2; Rudolf an Bn- 
herzog Maximilian, S8. Hai und 3. Juli} Konrad DecUn» an Ersiieraog 
Maximilian, 15. Juni. 



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357 

sich seboii firtther als LandeBverweser (gemeint ist woU Steier- 
mark imd Oberungarn) bewährt habe; es genfSge ein (}ewalt- 
brief, wo die den Agnaten reserrirten FsHe anfgeaihlt nnd. 
Maximilian möge nur in Gottes Namen nach Tirol gehen nnd 
recht bald durch Vintationen die bei den dortigen Aemtem 
obwaltenden Gebrechen beheben. 

Der Deutschmeister ist diesem kaiserlichen Winke gleich 
nach Antritt seines Amtes mit löblichem Eifer nachgekommm. 
Genaueres hierüber zu ssgen, würde hier su weit fUhrm. Aber 
mochte der Gubemator auch eine noch so emsige Schalt an 
den Tag legen, binnen Kuraem war des Kaisers Sinn Tdllig 
▼erwandelt, und Maximilian erhielt ein Zeichen nach dem an- 
deren der kaiserlichen Ungnade. 

Die Ursache derselben ist durchaus nicht in den Verr 
hältnissen Tirols zu suchen, sondern in dem leidigen, wenn 
auch jetst noch latenten österreichischen Haaszwist, spedell im 
Gegensätze zwischen Rudolf und Erzherzog Mathias. 

Seit vielen Jahren besch^iftig^te die Brüder des Kaisers 
die Frage um die Nachfolge. Budolf, so mahnten und drängten 
sie, mö'^f? ^ich verheiraten oder bei Lebzeiten noch die Wahl 
seines Nachfolgers sichern. Oft war der Kaiser schon darum 
angegangen worden; im besten Falle ward darauf eine verschie- 
bende Antwoi-t gegeben. Noch 1603 war MaximiUan zweimal 
deswegen in Prag erschiene]]. Ausgerichtet hat er dabei so 
wenig wie Andere; nur hatte er sich damit wenigstens nicht 
die Gunst seines Bruders verscherzt.* Bei seiner zweiten An- 
wesenheit (Ende October) hatte der Deutschmeister auch vei*- 
sucht, eine ßessemng in den Beziehungen zwischen Matliius 
nnd dem Kaiser anzubahnen. Gerade während er deshalb be- 
sonders über die Sache Rusworm, Cavriani und Mollart mit 
dem empfindlichen Kaiser ,aufs fleissigst und glimpflichst^ ver* 
handelte, wandte sich Matliias an ihn noch in einer besonderen 
Angelegenheit.* Maximilian mOge sich doch auch beim Kaiser 



* Stieve, Die Politik Baierns II, 724, 728. Stiaye, desson frithseitigea, 
plRtzHchos Tlinscheiden dio Gp.Hclu<'ht«wi"«pn<o))?<ft •uif'* Tit'f^tc» heklafr»?» 
mn.'ts, hat von der hier zu behandelnden Episode nur eine kurze Bemer- 
kung auf Grund der ihm vorliegenden Acten geben kOnnen. Er regi- 
•liiii (8. 78S) vm Anfange tob 1606 Radolft Aerger gegen HaxtmilUun 
«vennvthlleh wefen deeeen Bemfllmogen um die Ordmuif der Naehfolge*. 

* Enlienog MafhiM an Enhenog Maximilian, 29. OetoW 160S. 



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258 



verwenden, damit Mathias sein ,inteutum' ins Werk Betzc und 
damit seia Gewissen erleichtere.^ ,Dann T. M. machen den 
Ausschlag mit Ihrer heirat wie Ihr gefUllig und gelegen, so will 
ich doch in dieser seelengefahr kein stand mehr anbringen, in 
bedenkung, dass ich einmal dem wesen bei mir aus dem grund 
zu helfen kein anderes mittel weiss, so bei gott und der weit 
▼erantwortlicher wär, und kdnoen mich £. L. in keiner saeh 
mehr obligiren als in dieser, daran mein ewig und zeitlich 
wolfart geleg-en/ Diese Bitte langte am 2. November in Pra|^ 
an, an dem Tage, fUr den bereits Maximilians Abschiedsaudienz 
beim Kuser angesetzt war. Ohnehin war ihm schon nahegelegt 
worden, er möge bei derselben nichts ,neues' vorbringen, damit 
Rudolf, der sich wieder sehr auf<,rorcgt zeigte, nicht irrilart 
werde. Der Deutschmeister hegte daher die Besorgnis, dass, 
wenn dieses Jetsige intent alsogleich auf ein eilenden stors 
sollte unversehens vorgebracht werden*, der Kaiser sich darüber 
hoch jrisentiren' könnte. Von der heimlichen Absicht des 
Mathias schon früher' in Kenntnis, hatte Maximilian gleich 
bei seiner ersten Besprechung mit dem Kaiser davon Anregtuig 
gethnn mit dem kltlglichen Beisatze, Mathias würde darin ohne 
Rudolfs Vorwissen nichts unternehmen. Rudolf hatte nicht an- 
freundlich geantwortet. Deshalb hielt es Maximilian fUr besser, 
diesmal den Kaiser ,in dar guten disposition* zu lassen und 
nicht ,mit einiger füreilung zu perturbiren' und so das, was 
bisher ,heilsam8* ausgerichtet worden, auf einmal wieder um- 
zustürzend Vielleicht, so tröstete der Deutachmeister, gibt sich 
bald wieder Gelegenheit. Unterdessen wolle man eifrig nach- 
denken; gern wolle er weiter dabei dienen. Nebstbei bat er 
den Heiratscandidaten, er möge die wichtige Sache wohl er- 
wMn^en und bedenken, was es ,für eine grosse consequenz wegen 
der succession' auf sich hat, was dem ganzen Hause und be« 



' Di&se und fihtiliche Worte beziehen Hich auf des Mathias MehtfSaitigMl 
I^ebtmsw.inrlül, dor boi einer VerniäihluMj.^ auf liflroii sollte. 

" Uebcr rlon Zeitpunkt sK'he unten den Brief Tr.mt^ons. Im Allgemeinen 
erinnert Mathias an diese äache iu seiner 16. Beschwerde gegen den 
KaiMT 1607. Harter, <Hseh. Kaiver Ferdinand» U., 6. Bd., S. 414. 

' Auf dM ento Aabiiagon isgte der KaiMr: die Verh^nUnng de« Bruders 
sei ihm nicht unangenehm, nur mflase er vorher davon mMtn, weil ^des 
«„rceHvioni^wF-rli )iier.in hienge*. An dieie Worte erinoert IfaximlUan 
noch sjiäter den Kaiser. 



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859 



sonders fUr des MathiaB eigene Person im römischen Reiche 
jdarauf stehet', damit er sich nicht ^praecipitire' und, während 
er glaube, damit sein Gewissen zu berahigen^ sich nicht etwa 
sdbst ,einen unaufhörlichen nagenden wurm erwecke'. Denn 
wie solche Sacheu von Gott allein abhängen, so ^ehc anch 
Mathias am sichersten, es d^ göttHchen Willen anheimzu- 
stellen und mit Geduld au harren. Gott werde gewiss Mittel 
und Wege aeigen, damit es ^an begnilgigem contento' des Erz- 
herzogs und zu des Hauses gemeinem Wohlstand gereiche.^ 

Gerade einen Monat dauerte es, bis Mathias zu einer 
Antwort auf die nicht sehr animirenden Mahnungen des Bru- 
ders sich entschloss. Gern wolle er diesen ,hanptpunkt'y die 
Heirat, Gott empfehlen. Aber er finde sich nnn einmal so he* 
schaffen, dass er abnehmen müsse, es sei ,eine Inspiration des 
höchsten', welclier ihn dadurch an Leib und Seele erhalten 
wolle. Ich möchte wUnschen, also schreibt M athias nach Inns- 
bruck, die Natur stände in meinem Willen; so wollte ich mein 
Leben lang an keine Heirat denken. Nun aber muss ich die 
Natur den regieren lassen, der ne mir gegeben. Gewiss soll 
man in dieser Sache nichts ,praecipitanter' unternehmen. Aber 
in Bedenknng, wie lai^ fdiee von mir verzogen worden', welche 
Ungelegenheiten mir daraus entstanden und dass ich täglich 
älter werde, so wird man hoffentlich Mitleid mit mir haben 
und von mir nicht glauben, dass ich mich ubereilen will. Ma- 
thias dankt dem Deutschmeister für das Anbringen beim Kaiser* 
und föhrt fort: Es wäre Unrecht von mir, den Schritt ohne 
Wissen des Kaisers zu thun, besonders nachdem ich nun weiss, 
dass dem Kaiser die Heirat nicht zuwider und dass er mich 
zu meinem Schaden nicht aufhalten wird. Heiratet der Kaiser 
noch selbst, ,80 bin und bleib ich sein diener Tind hab weder 
ich noch andere an die succession im römischen reich zu den- 
ken, sondern stehet alles beim willen des kaiser«'. Heiratet 
der Kaiser nicht, so ,bleib ich in denen terminis*^ und will vom 
Kaiser mit meinen aufrechten Diensten nicht anssotzen. Mathias 
erklärt sich zufrieden, wenn Rudolf bis künftigen Mär?; ,don 
ausschlag in dieser Sachen' thut. ,£s können I. M. meinem stand 

> Bnheffiog MaziaBaian an BratMrwK Uathiai» 8. Noveinbw ie09. 

* lIithiM gvdmlkt Iiier an«h dankbar dm Xaiaen, we]«her arUlti liabe^ 

gegen die Yerh^ratniv niohta «insavaadsn, wenn ai« mit Mltatm WiMen 

erfolge. 



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260 



gemäss bei Florenz, in Graz, in Baiern und andern orten ge- 
legenheit ftlr mich finden und machen; I. M. verobligiren mich 
damit und ringern mein gewissen, bringen mich zur ruhe und 
dass ich in allen negotiis desto eifriger hin.' MAyimilian &bdr 
möge ja nicht die Hand vom Brader abzieheo; za ibm setee 
er sein grösstes Vertrauen.* 

Maximilian erklärte sich bereit, die Beförderung der 
Heiratssache beim Kaiser zu betreiben. Nach seiner Voraus- 
sicht aber würde Rudolf, von Neuem angegangen, an ihn das 
Ansinnen stellen, dass er das Originalschreiben vorlege, worin 
ihm Mathias sein Anliegen vorstellte. Dazu hielt der Deutsch- 
meister den Brief vom 7. December ftlr ungeeignet. In dem- 
selben erscheint der Satz, des Mathias ,intentum sei auf unse- 
res haiises gewohnheit fimdirt'. Das sei unverständlich, bedürfe 
einer Erläuterung und würde dem Kaiser gewiss auffallen. 
Ebendenselben würde es verletzen, da ihm im Briefe ein Ter- 
min bis zum Monat März gestellt ist. Und dann, das Gefähr- 
lichste von Allem, Mathias hatte Anregung gemacht von der 
8uccession fiir den Fall, dass der Kaiser keine Leibesorben 
hinterlassen würde. Dies insbesondere, so rieth Maximilian, 
müsste in einem zur Vorlage in Prag bestimniten Briefe an> 
bedingt ,in etwas' geändert werden.'' 

Mathias befolgte genau die gut gemeinten Hathschläge 
nnd sandte einen darnach geänderten Brief nach Innsbnick. 
Die als unklar bezeichnete Stelle ward geändert in , solche Ver- 
mählung sei . . . fundiii'.^ Der Passus über die Nachfolge 
h\vA) in der Feder, dafür wurde eingeschaltet: Wenn der 
Kaiser selbst heiratet, was ich stets gcwUnscht habe, so wird 
damit meiner Intention nichts benomincn, weil ich stets des 
Kaisers treuer Bruder bleiben will; wenn der Kaiser nicht 
heiratet, so , bleib ich eben in den terminis' und will ihm treu 
cltpnm Der Sehlu'-s wurde aiic}i etwas anders CT^^^^l^ct: Maxi- 
milian möge eine kaiserliche Entschliessung erwirken, dftmit zu 

* Erherzo^ Mstlna.s an Er/.herzujj Maximilian, 7. December 1608, 

* Erzberaog Maximilian ad Erziierzog Mathias, Conc vorn December 1<>U3. 

* In «iDMn nur illr Maximilian beitimintaik boiliegendett PostMript sagt 
HalliiM: dar Avadmek von dbr 0««ro]iiih«ii dw Hamas aat vaa ikm in 

den ersten Brief eingeführt WOTden iti der Erlmienuig an die That- 
itarhe, da?» die DjrnMÜe bisher namenUich »it Heiratao ibran fiasiU 
erweitert habe. 



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verspüren sei, dass der Kaiser das bereits erfolgte Anerbieten 
,in effect zu ftlhren' bedacht wäre; Rudolf müge dem Brader 
die Braut wählen; ,deiin ich folge lieber der disposition des 
kaisers ab meiner inclination'. Natürlich war von der Seteong 
eines Termins keine Rede. 

Gegen diese Form des Schreibens hatte Maximilian keine 
Einwendung mehr, and ohne dasselbe erst vom Kaiser reqoi- 
liren zu lassen, sandte er es mit einem Begleitbrief nach Prsg.' 
LetsBterer wird mit einem allerdings saemlich verspäteten Neu- 
jahrswunsch eingeleitet. Dann erinnert der Deutschmeister den 
Kaiser an ihre Unterredung über des Mathias Absicht, der nun 
einmal diese Heiratssaehe ,hoch zu gemuet gefasst', sich aber 
andererseits auch gaoa nach dem kaiserhchen Willen richten 
wolle. Zeuge dessen sei auch das beigelegte Originalscli reiben. 
Und weiter: Da £. M. also sehen können, dass es für Mathias 
kein anderes Mittel zur Beruhigung gibt, dass aber auch 
Mathias auf keinen Fall E. M. im Wege stehen mOchte, so 
möchte ich mir schier £. M. früherer Antwort gemäss die 
trdstliche Hoffnung machen, dass E. M. dem Bruder mit ge- 
wünschter Erklamng beispringen. Mathias wird nicht ans Uber* 
stUrzter Liebe gegen eine (bestimmte) Person, deren einige er 
ja E. M. zur Auswahl stellt, sondern nur von Gewissenszwang 
getrieben. Je länger E. M. mit der Entschliessung aurttckhalten, 
nm so schwerer wird dem Brader die Bürde gemacht. Ich 
bitte also E. M., mich keinen unfruchtbaren Mittler sein an 
lassen. — Den Schluss des Briefes bildet ein ^cetemm censeo'; 
Maximilian schreibt: Wie sehr mich eine Entscheidung von 
E. M. fUr Maüiias freuen würde, noch mehr würde mich 
freuen, wenn ich eine schUessliche Resolution E. M. eigener 
Person halber bald erleben m(k:hte. 

Barvitius ward wegen Betreibung bei Rudolf noch be- 
sonders von Maximilian angf^angen.* An Mathias ging eine 



* Erahefsog if««tmm««^ ^ Bodoll, 80. Jiiui«r 1604. 

' Vom gleichen Datum. Maximilian schreibt da: Wohl hoffte ich von 
Linz aus roffpnhar mit dem Briefe vom 8. November), meinen Bruder 
abgekühlt zu kabou; aber ich sehe, dass er je länger je mehr ,entsOndet' 
wird. Banritiiu möge beim Kaiser gute Antwort ausbringen, ,dAon ein* 
mal das veilsageiL Mlur gro« nvA wie dn weistt, amtiitt etiam fetliiuitio 
in mora est*. — Auch an den damals allmächtigen Kammerdiener Lang 
teluieb MaxtmiUan and erhielt von 4enieelben aar Antwort: in der be< 



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262 



Abschrift des Briefes an den Kaiser. Zugleich aber wollte der 
dienstbereite Deutschmeister auch diese Gelegenheit nicht vor- 
übergehen laaseiiy den Bruder etwas abzukühlen. Ich thue, 
was ich kann, so schreibt er au Mathias, aber die Sache steht 
in der Gewalt Gottes und in der Bewilligung des Kaisers, and 
jtWr lassen sieh an kein ziel noch seit bindend £. L. müssen 
also Geduld haben. Denn wenn auf der Welt ein Ding ist, 
woran sich Gottes ,au8enehung' der Menschen zeigt, so sind 
es die Heiratssaclien, welche zu einem guten Ende ausschlagen 
fl<dlen. yWas aber zum ilblen verhengt, hat ein leichten fortr 
gang; darum ihm kein ziel zu setzen; der alleinig weiss die 
rechte zeit und mass.' leh habe diesmal nicht hitziger in den 
Kaiser dringen wollen, auch keinen Terrain setzen dürfen, denn 
£. L. kennen selbst des Kaisers ,humor^ Kommt eine Ant- 
wort von ihm, so wird man ja weiter sehen, was zu thun ist, 
llebrigens ist die Sache an sich selbst so urplötzlich auf die 
Balui gekommen und yon solcher Wichtigkeit, dass man auch 
nachdenken muss Uber Person, Stand und ,nachkommlichen 
unterhalt' (der Braut). Denn wo man ,anschanzen' wird, da 
werden verschiedene Conditionen gemacht werden, denen man 
nach Nothdurft begegnen muss, damit man sich nicht etwas 
unterstandeuj -wovon man hernach mit Spott ablassen müsste. 
Daher sum Schluss das Kahnwort: ,Hierumben auch £. L. der 
zeit, weil und dem werk eine notwendige frist gönnen werden.'^ 
Diese Frist hat Maximilian selbst, der abktthlende Be» 
i-ather, dann ziemlich kurz bemessen. Kaum war der Monat 
Februar vorUber, so glaubte er, dem Kaiser einen kräftigen 
Wink geben zu sollen, dass es Zeit sei zu einer Entscheidung.' 

wtisaten geheimon Sache wUiiRcht- • r. da«s sein vielfHItiges Anmuhnen 
etwas nütre; pr feiere nicht, deshalb ,der person tind quAlitSfen honori- 
fice zxi gedtiuken% utid hoffe, der Kaiser werde sich endlich doch reaol> 
Viren. Philipp Lang an Erzherzog MaximiliAD, 1. Blln 1604. — In dm 
spSlereii Honateii die«es Jabres hat Maximilian kein Schreiten mehr an 
den K^ier gerichtet ohne sngl^b Lang davon zu ver«4tllndigen. 

* Ertherxog MasimUian an Erzherzog Mathias, 30. JSimer ir)04 - Mathias 
flankt am 10. MRrz. Maximilian habe das Schreiben an <len Kaiser treff- 
lich abgefas8t Nur gegen die ,UrplOtzUchkeit* seines Vorhaben« ver- 
wahrte «ich HüthiM. Seht« vor dnd Jahfan, da BadoK mit Florena 
tragen Heirat ▼erhandelte^ sei aoeh er in Combination geiogen worden. 

* Viellaicht deshalb, weil sieb Hadolfs Znatand in dieaer Zeit wieder ge- 
be««ert liatte. Stieve, a. a. 0.^ S. 729. 



j 



loh hätte, BO schreibt er an Radolf, gehofit, das« E. M. in der 
Sache des Mathias bald eine Antwort geben, weil ^oh mich 
sonst eines Krgero anssehlags besorge'. Ich bitte lüso noch- 
mals, das »remedinm' nicht länger zu verschieben, sondern ,be- 
sorgender inconyenienz mit Tateriieher hilf ftirzukommen'; denn 
imser Aller Heil und Verderben liegt in E. M. Hand.^ 

Bass 1xt>tB dieses Vorstosses bis Ostern von Prag her 
nichts SU gewärtigen sein dürfte, meinte wohl auch der Deutsch« 
meister und mahnte deshalb seinen Bmder Mathias abermals 
snr Gedold.' 

Kaum war die heilige Zeit yorttber, so ward der Kaiser 
neuerdings von Innsbruck aus um endliche Krklämn^ ange- 
gangen, deren Mathias mit grossem Verlangen crAvartn Recht 
kurz angebunden quittirte Kudolf den Empfang des ,Hrinne- 
rongSBchreibens' mit dem Beisatse, in der Particularsaehe des 
Mathias werde er sich bald entsch Ii essen.* 

Während die Entscheidung in Prag noch immer auf sich 
warten Hess, wurde Maximilian wieder bestürmt, eine solche 
herbeizuführen, sowohl von Mathias selbst wie vom Grafen 
PaulSixt Trautson. Trautson^ auch nach seinem Abgange von 
Prag voll des lebhaftesten Interesses fUr die Vorgänge iiu 
KMSerhauBC und bei seinem jetzigen Aufenthalte in Wien in 
regem Verkehr mit Erzherzog Mathias, stellte sich als dessen 
Fürsprecher bei. Maximilian ein. Der Graf erinnerte den 
Deutschmeister aunächst an vertrauliche Gespräche, die sie 

' Eraherzog: Maximilian an Rndolf, 1 März ItKJl. (So auch an Barvitiu».) 
' Erzherzog Maximiiian au Erzherzog Matbia«, Ii*. Marx 1G04. Zugleich 
sandte entenr Oople Mtne» leisten Sehrelbeiie nach F^ag. 

* Enhemf Ifaxinilian an Bndolf, Ift. Aprtl. DiesM Behreiben wurde 
Tom Stapel gelassen, oaisbdein Maximilians Agent Viadier in "Bttg ge- 
meldet, Barvitina nieinp, wSro Zeit, den Kaiser nm Antwort, abor 
auch nicht mehr, auEUf,'elion \'or Ostern war Kiidolf , wegen der hvr- 
ankommendeo Österlichen bricht iu schweren inelaueitoliselien gedanküii'. 
(Eine I^idieiniing, die «i<^ wiederhoUe.) 

* Kiuaar Bndolf an Enberaog MaximiHaa, 89. April. Der trodwne Ten 
dieses Briefes liast freilich nicht ahnen, wie trostlos ^^erade in diesen 
Tagen die EHng^e nm Kaiserhofp Inrren. Vischer meldet nach Innsbrnrk: 
in den Resolutionen laufe solche Veränderung fOr, dass man nicht weiss, 
woran man ist. Was heute im Rathe beschlossen, das WMde am nleh- 
ston Tage reteaelift ,Weiia nil, Isis eine straf gottaa oder wonmf aoldies 
angesehen.* Aehnlieh beriehtan gleiehadtig ans Prag Zaeh. Getsiiofler 
und Babnss. 



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864 



zuflammen im Jahre U\(y^ über Rudolfs Verheiratung gepflogen 
und wie er, der Graf, schon damals ,halb profeeeit habe*, daas 
Rudolf nicht wolle. Nun seien Weihnachten und Ostern vor- 
ttbeigegangen ,Tind geb gott, dass nit noch mehr Weihnachten 
nnd ostem verstreichend E. D. kennRn, so ftlhrt Traiitson fort, 
meine Meinung in dieser Sache, der Kaiser ist Uber die füniaig 
Jahre alt, seine Brüder werden anch nicht jünger. Erzherzog 
Albrecht hat aach keine Kinder nnd, wie raan sagt, auch keine 
mehr zu erwarten. Soll nun wirklich diese österreichische 
Linie erlöschen? Dies nimmt sich denn anch Erzherzog Ma- 
thias sehr zu Herzen; er ist entschlossen, mit des Kidsers £r^ 
laubnis zu heiraten. Er hat ja darüber in meiner Gegenwart 
mit E. D. gesprochen.^ £. D. haben ihm damals zugesagt^ 
ihm den kaiserlichen Consens zu verschaffen, und E. D. haben 
sich auch schon darum bemüht. Aber nun ist periculum in 
mora ans zwei Ui-sachen. Erstens wird Mathias nicht jünger, 
sondern älter und beginnt auch ,naheud den inn£Eig jähren an- 
zustreichen'. Zweitens nimmt er sich's ,gewissen8 halber' gar 
sehr zu Herzen, seinen Stand zu verändern; denn er hat nicht 
die Natur, den Cölibat zu halten. Er wird daneben schon 
,etwas baulUllig', bedarf einer lieben, getreuen ,warterin' und 
ist mit ,ziem]i(-1ior melancolei beladen'. Für ihn gehttrt ,ein 
subjectura, das ihn frölich erhielte'. Ich verspüre augenschein- 
lich, dass Mathias wegen dieser ,materie' je länger je melir in 
grossen Trübsinn geräth. Wenn das so fortgeht, so wäre es 
nicht mehr zu remediren; es könnte dem Erzherzog das Leben 
kürzen, obgleich er sonst von guter ,complexion' ist. Der 
Kaiser muss sich docli endlich entschliessen, oder ich fürchte, 
dass sich zuletzt Mathias selbst resolviren muss, und zwar, was 
ich nicht gerne sähe, ohne den kaiserlichen Consens. Ueber 
die ,person' (die Braut) würde sich meines Erachtens Mathias 
mit dem Kaiser leicht verständigen. Heiratet der Kaiser und 
bekommt er Kinder, so könnte man die Kinder seines Bruders 
leicht mit weltlichen oder geistlichen Gelegenheiten versehen. 
~ Der ehemalige kaiserliche Minister schliesst mit der Bitte, 
Maximilian möge helfen, ,unTat und Widerwillen' zu Terhindem.* 

^ Das war in Regensburg wlhrand des Beichstages, Anfangs Jui 1608. 
* TtraatMn an Bnheraog MudmiHaa, 16. April 1604. Er fttgt noch bei, 

d«at er selbst niehslens m einer dritten VennBhlnng (mit Somuiii» V«r»- 

nien v. Megigan) sehreiten werde. 



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205 



Fast gleiolweHig drlingte auch HatbUw selbst Mit dem 
Ausdraoke des Dankes für die bisherigen Dienste versichert 
er den Brnder in Lmsbiuck: ,dann einmal liegt mir an diesem 
termino mein höchstes anf dieser weit wie auch unseres banses 
aufnehmen** Wohl Terspricfat er, Maximilians Mahnung aar 
Gtednld auch jetst noch zu beherzigen, aber, da Ostern schon 
Torbei, möge Rudolf su einem endlichen Bescheide bewogen 
werden, ,denn mit dem anfeug wird der kaiser gar nichts, 
sondern nur mit runder erklttmng, darnach ich mich zu rieh* 
ten, remediren'. Aus Aeusserungen des Barvitius glaubte Ma- 
thias abzunehmen, dass die Angelegenheit ,in iniBnitum gehen 




Wenige Tage später brachte die Post auch einen kaiser* 
liehen Bnef nach Innsbruck. Nun kam wohl erlösende Ant- 
wort? Rudolf schrieb dem Deutschmeister: Da er des einen 
der beiden Briefe, auf welche sich Maximilian in seinem letzten 
Schreiben beziehe, in Mangel stehe, so könne er sich weiter 
nicht resolviren.^ Gleich liess der Deutschmeister Abschriften 
seiner bis dahin nach Prag gerichteten Briefe anfertigen und 
sandte sie an Budolf mit der Bitte, den Mathias vom Kummer 
Uber den langen Verzug zu entledigen. Gegen Mathias aber 
yeraichtete Maximilian anf den erstatteten Dank. Solchen Dank 
mOge derselbe erst erstatten, wenn etwas erreicht ist; noch 
braucht's neuer Qeduld, ,der kaiser will nit getrieben sein*. 
Von dem neuerlichen aufschiebenden Hindernis machte Maxi- 
milian nach Wien getreuliche Mittheilung. ^ Auch Trautson 
bekam vom £rzherzog eine Antwort: Ich thue für MaÜiias das 
Möglichste, aber ihr kennt des Kaisers jhumor'; würde ich 
,stärker £sliren', so wOre Niemandem gedient, und es wttrde nur 
heissen ,nec tecum, neo sine te', also Geduldl^ 



* Erxberaog Matbian au Erzherzog Maximiiiau, 1. Mai. 

* IM60M Sdareiben k«int maa nur ant d«r Antwort MazimlfianB na Rudolf, 
16. Mai. 

* Erzherzog Maximilian Sn Erzherzog Mathias, 17. Mai. 

* Dorsülbo an Tratitson, 17. Mai. Wenn hier Maximilian sagt, wirke 
für Mathia.s, ,damit ich auch dermnlpinst nieinor längst yofaüslon inten- 
tion, wie ihr wiaiit, eine endliche determmation erretube', so vermag ich 
«iofat ansogebeo, wovanf da angespieit iit. — 5. Juni dankt Tnaituuo. 
Pta die Antwort nnd bittot um BQolarteUttng aeinor Briefe in dioMr 
Materie» daaiit tio niolit 1»okannt wtidain. 




mOcht^.i 



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866 



Nach jener Abseiulun^ <I(;r l^riofoopiea dauerte es wieder 
ein paar Wochen, hm Jiudolf sich äiuserte. Was sich der 
Kaiser diesmal leistete, kann man nur mit den Worten seines 
Briefes zeichnen: Ich habe in £• L. Schreiben (vom 19. April) 
folgende Wort ,in acht genommen': ^un hätte ich^ wohl yoT' 
hofft, weil ich nit allein S. L.' groeaea Teiiangen and bekum- 
memus weiss, sondern aus der gefiusten resoiatien, da S. L. 
nit bald mit aeitigem rat geholfen wurd, nit eines ligem aus- 
Bchlags sn besorgen/ ^weiter': M. wollen diesem starken 
anliegen das lemedium nit länger aufschieben, sondern viel- 
mehr besorgender inconvenienz mit väterlicher hilf fiirkommen/ 
Darauf kann ich £. L. in sonderem Vertrauen ,nit unvermerkt 
lassen^, dass es mich dttnkt, es seien Worte, die ,etwa8 auf 
sich haben und schwanger sein^, die ich auch nicht verstehen 
kann und (dass es) solche Sachen sind, die sich nicht mit 
Schreiben ,ttber land handeln lassend Der Kaiser erklärt nun^ 
er wolle einen Gesandten zu Mathias selbst schicken und von 
ihm Erläuterung fordern, damit er sich dann desto basser re- 
solviren könne.* 

Also statt einer für Mathias günstigen Entscheidung 
eine Antwort, die erkennen liees, dass der Kaiser aus Maxi- 
milians ,eingefUhrten motiven etwas empfindlichs und verdäch- 
tigst schöpfen wolle. Rudolf hatte doch eigentlich nur an- 
deuten wollen, dass ihn die Intervention einer Mittelsperson 
ärgere^ und dass er in seiner hinanaziehenden Methode von 
keinem Dritten gestört sein wolle. Aber der Deutschmeister^ 
nun einmal bethciligt, wollte sich nicht so leichten Kaufes bei 
Seite schieben lassen. Ueber die verdächtigen Worte, so 
schreibt er nach Prag zurUck, könne Niemand bessere Auf- 
klärung geben als er, denn solche Worte stammten nur von 
ihm, nicht von Mathias. Dieser habe ,sich dessen, was ich 
mich aus allerhand umständen zum meisten besorge, gegen mir 
im wenigsten nit vermerken lassend Was Maximilian dem 
Kaiser geschrieben, sei nur aus treuherzigem Wolilmeinen ge- 
flossen. Und nun gnht der Erzherzog an die Erklärung der 
unangenehm empfundenen Worte, welche nur ,diesen und 



> MaximiBan. 

' Mathins. 

> Bodolf aa finhanof Maximilian, 4. Jaui 1604. 



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967 



keinen andern Binn gehabt: Nachdem £. M. selbst wieaen, dass 
Mathia» eine gute zeit eine schlechte person bei sich gehabt 
und sich derselben auf vielfilltigs ermahnen endlich abgetan 
und sich ein zUchtigs leben YOig^ommen hal, daneben aber 
auch befanden, dass er weiblicher beiwohnung in die läng nit 
gar ohne sein und sieh enthalten kann, dennoch auch das ein* 
mal erweckte gewissen nit gern wider in das vorige üble stürzen 
und 80 den som gottes doppelt auf sich laden wollte und daher 
sich das einzig zogelassne mittl und remedium fVar leib und 
seele erwählt hat, nämlich die eheliche ▼erheiratung, deshalb 
hab ich gesehen, dass er sich zu verheiraten so stark einge- 
bildet hat, dass ihm mit gebUrenden heiratsmitteln hilf geboten 
wurde, oder aber, wenn er darin gehindert wUrde, würde ich 
fürchten, dass ihm ein Ungeduld und kleinmtttigkeit entstehen 
und er aus bekummemns an einer ungeratnen beirat grdfen 
würde, die hernach uns allen mit einandoTi wie schon wieder- 
holt geschehen ist, zu schimpf und spott und ungelegenheit 
gereichen würde. Schon aus E. M. verzllgHchen resolution 
ist erfolgt, dass Mathias in leibsschwachbeit und melancolei 
verfallen i^t. so dass auch andere stark in mich dringen, 
mich bei E. M. zu verwenden, dass E. M. remediren^ Das 
allein, yersichert Maximilian, sei der Sinn seiner Worte, • 
und nun bitte er nochmals um einen i^r Mathias günstigen 
Bescheid.^ 

Mathias konnte von dieser dem Kaiser gegebenen Er- 
läuterung noch kein Wissen haben, als er abermals den Bruder 
in Innsbruck anging. Sich beschwerend Uber den sögemden 
Kttser, verspricht der Erzherzog, sich noch bis zam August 
gedulden zu wollen. Gedeiht bis dort keine Erledigung, so 
werde er sein Gewissen mit solchen Mitteln zur Ruhe bringen, 
die ihm vor Gott und der Welt verantwortlich sind. Mathias 
hofit noch immer, der Deutschmeister werde Rudolf zu be- 
wegen wissen.' 



1 Eraherzog Uwdmilian an Rudolf, U. Juni 1604. ^6 Abteluift tchickte 
Maximilian an Malhlajj mit Hrm Bf>isRtJte: Erscheine bei l*»t7.tf>rom ein 
kaiserlicher Gonandter, so knun« er «lfn<?elben nach Innsbruck ,remit« 
tiren*. Glaube aber Mathias, der Deutocliiueiäter sei in diesem Schreiben 
an dea Kidier ni weit gegangen, lo mOge er, wmn er wolle, seine 
Saehe aelbet In Preg oomiltelbar betreiben. 

* Enhetacg MaäiiM im Enkenog Maxinlliu, 18. Juni 1604. 



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868 



In Kenntnis vom neuesten BriefweofaiBel zwischen Prag 
und Innsbruck, fUhlt flieh Mathias vor Allem yerpfiichtet, Maxi- 
milian sein Bedauern auunsprechen, dass nun er seinen brUder> 
liehen Eifer entgelten miiBt. Es sei aber jetzt ^greiflich' zu 
sehen, dass man sich der Hauptsache entladen und die Zeit 
nur ^verzehren' will. Mathias kann nicht glauben, dass der 
Kaiser, dem Maximilians aufrechtes Gemüth genug bekannt, 
T<m ihnen beiden ^ungleiche sachen' vermathen werde. Aosser' 
dem sei des Deutschmeisters leiste Antwort nach Prag so be- 
schaffen, dass sie vor der ganzen Welt den Stich halten werde. 
Mit Verlangen erwartet der Erzheraog den kaiserlichen Ge- 
sandten, den Rudolf in Aussicht gestellt, nicht allein, um ihn 
der gewissen Worte wegen nach Innsbnick zu weisen, sondern 
um bei demselben ausser den bisher betonten noch andere 
,motiyen' ansubringen, damit der Kaiser sptlre, dass man ent^ 
schlössen sei, vom Werke nicht auszusetzen. JedenfiUls mOge 
der Deutschmeister seine fernere Hilfe nicht versagen.' 

Die neue Terminsetzung fand Maximilian auch jetzt noch 
nicht klug und suchte daher die Ungeduld dm Bruders lU 
dttmpfen. Man soll ein so wichtiges Werk ,nit an ein paar 
monat binden', auch den Kaiser nicht stark treiben, wenn er 
etwa jetzt auf gutem Wege wäre.* 

Auf welchem Wege der Kaiser war, blieb nicht lange 
verborgen. Maximilians letztes aufklärendes Schreiben, ein 
,handbried', hatte Philipp Lang dem Kaiser selbst Übergebe. 
Der ELammerdiener beobachtete den lesenden Monarchen und 
glaubte wahrzunehmen, dass er den Brief nicht ungütig auf- 
nehme.' Ueber die Wirkung aber konnte eine Aeusserung 
des Barvitius belehren, welcher sagte, von der Absicht, Ant- 
wort zu geben, lasse der Kaiser nichts merken; es wllre auch 
nicht rathsam. ihn daran zu erinnern.^ 

Diesen liath Hess Maximilian unbeachtet. Das letzte von 
Mathias eingelangte Schreiben hielt er geeignet ftlr eine Vor- 
lage in Prag. Indem er es an Rudolf sandte, erinnerte er, 
wie er vor fünf Wochen demselben die gewissen Worte brief- 
lich auseinandergesetat, aber bisher keine Antwort darauf be- 

* Ettktnog Mathias aa Enhonog M. Joiu. 

* Enh«raog Ifazimniaa an Enheraog Matiiiat, 18. Jali. 

' Lang an Erzherzog Maximilian, 21. Juni. 

* Tob, ViMher an Enhenog Maximilian, IS. Juli. 



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269 



kommen habe. Man müge den Mathias doch nicht znr ,de- 
sparation* treiben.* 

Nun kam schnell Rückantwort. Der Kaiser bestätigt kurz 
den Empfang des Briefes und fügt bei: Ich habe ja schon mit- 
getheilt, dass ich einen geheimen Rath wegen allerlei Sachen, 
ydaiUDter auch diese sein möchte', zu Mathias schicken wollte; 
weil »hee jetzt so viele andere nothwendige und wichtige Be- 
rathungen ein&Uen, so musste ich die Sendung Terschieben, 
wahrscheinlich auf nicht alkidange Zeit' 

Eine solche Antwort hatte Mathias wenigstens bereits er- 
wartet. Ohne sie schon zu kennen, meinte er gegen seinen 
Brader Maximilian: auf eine Resokition des Kaisers mache er 
sich gar keine Rechnung mehr. Sieht man ja leider, so bricht 
er in die Klage aus, wie der Kaiser in seinen eigenen Sachen 
verfilhrt, und ,hab solches m^ner person halber mit ge&hr und 
schaden bisher empfunden'. Gleichwohl will Mathias den Monat 
August ,noch daran schlagend Aber helfen wird es nichts. 
Mit dem verstorbenen Erzherzog Ernst sei ebenso vorgegangen 
worden. Beharrt nun aber der Kaiser bei seinem Schweigen, 
was ist dann zu thun? Mathias glaubt, er sollte dem Papst, 
Spanien und Baiem als ,un8em nftchstbefreundeten* sein billiges 
,muchen' mittheilen, damit» wenn er sich hernach entscheiden 
mttsse. Niemand denke, er hfttte die rechten Mittel aberschritten 
und den schuldigen Respect gegen den Kaiser bei Seite ge- 
setzt Maximilian sollte da wieder Rath ertheilen.' 

Nicht erst diese Meinungsäusserung, sondern die jttngste 
kaiserliche Antwort belehrte den gutmttthigen Deutschmeister, 
dass da kein Erfolg zu holen sei. Nun konnte auch er ,nur 
eine Verlängerung abnehmen'. Sein Rath an Mathias ging 
dahin, derselbe mOge selbst an den Kaiser schreiben, dass er 
den Gesandten mit grossem Verlangen erwarte. Geschieht auf 
wiederholtes Ansuchen in Fl'ag nichts, so ,steht die resolution 
bei E. L.'. In diese Resolution aber will sich Maximilian nicht 
einmischen, weil er des Bruders ,intent' nicht kenne.* 

Damit war klar genug angedeutet, dass Maximilian sich 
von der Angelegenheit zurückziehen wollte, die er doch nicht 

* Erzherzoge Miiximiliaii an Rudolf, 19. Juli. 

* Rud'ilf an Erz.htTKoc- Af/iximilian, '27, Juli. 

' Er/.iiei'<^og Matliiatt au En&her^og Maxiiniliau, 6. August. 

* Ersbenof Maifmilian aa Enhersof ICstiiiM, 9. Augiut. 
Ankiv. LXXXVI. B«. I, Blllto. 19 



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270 



vom Flecke brachte. Aber Mathias sandte nochmals ein osten- 
sibles Schreiben nach Innsbruck mit der Bitte um Beistand. 
Ist der Kaiser, heisst es darin, nicht su bewegen, so würde 
ich^ weil mich die Natur zwingt, ^meinem firoposito nachsetzen' 
müssen; das ^negotium der heiraf steht nun einmal nicht in 
meiner Macht, sonst würde ich mich dem Kaiser zuiieb mein 
Lebtag nicht Termählen.* 

Und nochmals war der Deutschmeister der dienstbereite 
Bruder. Er sandte des Mathias Schreiben an Rudolf mit der 
Bitte um gnSdige Antwort oder um Schickung eines Gesandten, 
der ja schon versprochen seu Allein Hoffnung hatte er, wie 
er an Mathias schrieb, keine mehr* An Barvitius schrieb er 
nicht, weil derselbe dem Kaiser nichts vortrage, wovon er 
wisse, dass es ihm unangenehm sei. Barvitius wolle ,den fuchs 
nit beissen'. Wegen der drei ,Orter' lehnte der Erzherzog jede 
Meinungsabgabe ab, Mathias mOge da einfach nach seiner 
,aff6Ctton' wählen.' 

Die Ahnungen erfüllten sich genau. Rudolf legte Maxi- 
milians Brief nach dem Durchlesen in sein ,8chreibtisehl', ohne 
ihn wieder herauszunehmen oder von einer Beantwortung etwas 
verlauten zu lassen. Und Barvitius, deshalb angesprochen, er- 
widerte, er ,getrau ihm nit, dergleichen anzumahnend' Erz- 
herzog Mathias fand : Kein Bescheid ist auch einer; fragte aber 
doch wieder in Innsbruck an, was denn zu machen wäre. Der 
Deutschmeister entgegnete seinem Bruder, jetzt sei guter Bath 
theuer; doch wolle er angeben, was er fUr beaehtenswerth 
hielte, wenn er in gleicher l4tge wie Mathias wÄre. Würde 
ich, schreibt Maximilian, etwas ,tentiren' ohne kaiserhche Be- 
willigung, es wäre wo immer, so würde ich überlegen, ob mir 
vom Kaiser nicht ein Riegel könnte vorgeschoben werden; 
femeri ob sich wohl Jemand ohne kaiserliche Erlaubnis mit 

^ Erzliorzog Mathias aa Erzhersog Maximilinn, 31. August. In einem nur 
für UKrinUIni bnümmtMi Po>tM»ipt Mtst MsUiiaa eigenhändig bei; 
loh bitte» mich niebt sn Yerlaasen in dioieai »negolio* vmA noch im 

«letzten anwnrf la tnn\ daneben auch dem Barvitius «das gewiasen ein 

wenig ad partem zn rühren'. Mathla.s wtlnschto auch <iof ^^niHers Rath 
über (lio ,droi \v>r'_r**«<'(i!^':roiieti 'jrtor' (Florenz, Gra^ und ILui' mV 
' Erzherzog MaximiUau au Kudoil', 26. September; au Erzhorzug Mathias^ 
9. October. 

* Tob. Vtoeber an Enhencf Maximilian, 29. Norerober ISOi nach Hitp 
Iheilnn^n des Barvititu. 



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871 

mir einlassen würde, und endlich, ob ich meine künftige Ge- 
mahlin ohne kaiserliche Hilfe ,wegeii ihres wittibstuhles^ sicher- 
stellen könnte.' 

Damit hört die Correspondenz zwischoii Maximilian und 
seinen Brüdern Uber die Heiratsgedanken des Erzherzogs Ma- 
thias auf. Für diesen hatte sich gar nichts erreiclien lassen. 
Ja es war schon geftlhrHch, für ihn ein Wort beim Kaiser ein- 
zulegen. Und das hatte Maximilian gethan. Der Deutsch- 
meister war mit Rudolf bis ins Jahr 1604 auf recht leidlichem 
Fusse gestanden. Dafür, dass bis dahin dem Gubernator als 
solchem von Prag aus irgendwelche Schwierigkeiten gemacht 
worden wären, findet sich kein Beleg. Bei Uebernahme der 
Statthalterschaft hatte der Deutschmeister versprochen, bei 
wichtigen Fragen die Meinung der erbberechtio^ten Linien, 
namentlich des Kaisers, einzuholen. 1603 war die iStelle eines 
Landvogtes von Hagenau erledigt und, entsprechend jenem 
Abkommen, schlug Maximilian dem Kaiser drei Persönlich- 
keiten vor (29. März 1G03), damit sich dieser fllr eine aus 
ihnen erkläre. Rudolf, bei dem der Deutschmeister im Juni 
desselben Jahres auf Besuch weilte, bedeutete seinem Bruder, 
CS bedürfe da keines Vorschlages, er möge zum Landvogt 
nehmen, wen er wolle. Daraufhin berief Maximilian einen der 
drei Vorgeschlagenen, den (trafen Rudolf v. Sidz, auf die va- 
cante Vogtei. Auf einmal, zu Mitte des Jahres 1604, langte 
bei Maximilian ein kaiserliclies Tadelsclireiben ein. wo sich 
Rudolf beschwerte, dass der Gubernator mit der Berufung des 
Grafen nach Hagenau seiiu' Vollmacht überschritten habe. 
Maximilian war entriistet über diesen ,tilz' und säumte nicht, 
sich zu rechtfertigen. Kr rief dem Kaiser den Sachverhalt ins 
Gedächtnis und erhob, um diesen zu schonen, Klage gegen 
die Minister. , Entweder hat jemand misverstand gew-en mich 
bei K. ^T. eingestreut oder es ist der pur lautere untieiss der 
ministh^ welche bessere und richtigere protocoUe halten sollen/ * 



* Erzherzoge Matliia-s an Erzherzog Maximilian, 13. November. £nheKO|f 
Maximilian an Erzherzog* Mathias, ö. December 1604. 

* Erzherzog M&xiaitlijiii au Rudolf und an Graf Friedrich y. Fttrstenbei^, 
S7. Jali 1604. Bei diewr Qel^enheit erinaerte Usximillaii dm Kaiser, 
dftw er erst aollngst ("tgl. oben den Brief MaximiliatM wom 16. Mai) in 
Folge der Unordnung der kaiserlicheu Kanzlei habe Ab^diriftoii schicken 
mtaen. Er befiederte jetzt wieder Gopten der Uber Hageuau gewech* 

19» 



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872 



Damit war diese Angelegenheit behoben, und man ki^nnte 
sich der Annahme zuneigen, dass ^idi dabei nur um ein 
augenblickliches Miss\ erständnis gehandelt habe. Wenn wir 
ans aber erinnern, dass des Kaisers Beschwerde wegen Hagenau 
der Zeit nach in jene Tage fWt, wo Rudolf seinem A'Mir'-r 
über Maximilians Intervention zu Gunsten der HeiratBsache des 
Mathias Ausdruck lieh, und wenn wir nun weiter beobachten, 
wie von Prag aus in einerafort dem tirolischen Gubemament 
des Deutschmeisters Schwierigkeiten und VerdriessUchkeiten 
bereitet werden, so werden wir berechtigt sein, zwischen all' 
dem einen gewissen Zusammenhang anzunehmen.^ Dass Maxi« 
milians Besuch deutscher FUratenhöfc im Herbste 1604 auf den 
misstrauischen Kaiser nicht begütigend wirkte, bedarf kaum 
der Hervorhebung. Dass ferner bei Rudolf Tirols wegen etwas 
im Zuge war, scheint auch die Thatsache su bestätigen, wo- 
nach er, der sich sonst nicht übermässig gern mit Acten be^ 
Bobftftigtc, die Papiere Uber den tirolischen Erbveigleich an 
seinen Händen gefordert hat.* 

Kaum verstummen die Acten über die Hagenauer Vogtei, 
so tritt eine andere Angelegenheit auf den Plan, welche nicht 
weniger deutlich die gereizte Stimmung »wischen Rudolf und 
Maximilian wiedeigibt Christof Truhsess v. Waldburg, Pfand- 
herr mehrerer vorderösterrcichiscb( r Orte, hatte Streitigkeiten 
bekommen mit Maximilians vorländischer Regierung. Das Lrnvl- 
gericht in Schwaben hatte ihn geächtet und ihn zur Entrich- 
tung der R -ichssteuer filr die Unterthanen seiner österreichi- 
schen Pfandöchaften verurthoilt Waldburg wandte sich mit 
Umgehung der tirolischen Instanz au den Kaiser und fand an 
Breuner wie an Philipp Lang seine Gönner.^ Der Deutsch- 



»elten JSchreibuii imch Pragf, um sich ku reinigen. — Graf v. Sulz wurde 
niekt entfernt Die kai— r ll d te Kanstoi, »agt npäter eiamsl Ifttimiliim, 
bat ,ihnii fehl «rkannt vnd corrif^rt*. 

Vgl. SoranKo's Aeusseriiu>r htn Stieve, a. a. O., 8. 733, AoiB. 2. 
In einem innlafirten Brielf thciit Jakoh v. Breuiicr (lern Konrnd Deohis 
mit, der KaiNüi- habe diese Papiere vcrlaiig^t. Als Indorsaf ist Hugonu-rkt: 
Dör Keceas wurde 1-1. September 1604 dem Fbilip^i Laug zugestellt, vun 
dem ihn der Kiüter abgefotderi babe. L St-A., Leop. B, 27, pa» IL 
22. November aehreibt Maximilian an Lang: «Unn ist iwar nit wenig«r, 
dass un* fllrkommtf wie es dann die correspondenzschriften uit dunkel 
la erkennen geben, dass da dich ^lieber sa«hen beim kaiser an riobten 



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meiBter pUcgto tLberhaupt solche Dinge selir ernst bu nebmen 
und wollte denn auch den Trohsess der österreichisclien Unter- 
thänigkeit nieht ledig lassen. Kaum hOrte er von dessen Be- 
curs nacli Prag^ so stellte er sich mit einem energischen Pro- 
test TOT dem Euser ein.* ^Dieser Truhsess ist seines leichtfertig 
vergessnen mauls wegen Überall beschrien.' Würde der Kaiser 
vernehmen können, wie Waldborgs eigene Unterthanen auf 
den Landtagen gegen ihn klagen und flehen, so würde er sich 
von dem ^tiederlichen unglaubwürdigen mann' nicht bewegen 
lassen. Wftren die Sachen desselben so richtig wie er vorgibt, 
so könnte er sie an dem Orte, wohin sie Ton rechtswegen ge- 
hören, ohne Scheu austragen. Aber weil Christof weiss, dass 
er im Unrecht ist, so sucht er seine Sache ,per indirectum' su 
trdben. Der Streit, so führt Maximilian aus, betriffl den Truh- 
sess nicht als ein Reichsglied, sondern nur als einen ,undank' 
baren' Osterreichischen Pfandinhaber, welcher dieser Güter 
wegen weder den Kaiser, noch das Haus Oesterreich als seine 
Obrigkeit anerkennen will. Die Streitsache gehOre unmittelbar 
unter das oberOsterreichische (tirolische) Oubemament, in wel- 
ches der Kaiser keinen Eingriff thun mOge. Der Truhsess sei 
vor das Innsbrucker Forum su weisen, dort werde er beim 
Qubemator und seinen Rüthen sicher sein Recht finden. Sein 
bisheriger Ungehorsam werde genährt durch gewisse ,ikutores' 
am Kaiserhofe.' 

Maximilian hatte schon deutliche Kennzdchen, dass der 
Kaiser den Klagen Waldburgs sein Ohr leihe.' Es waren 



untprfaii^est, Jie (Iftincs Ijerul"*»^ gar nif si'iu«! und besomlerB der brub- 
Hej»HUicben krumpeu häudl, Uureu du gam miiaatg gehen Hollst.* 
' StieT«, Vom Beiehstage 1608, S. 91. 

* "Emhvtuog llaxiiiiiliaii an Rudolf» .28. Koyember 16<Nt. Am eolben Tag« 
ortheilt der Erzherzog dein Trabse'^s olnon starken V^rweii: Du .<«chreirt 
immer justitla, jnstitin; aber es wird dir iu/lIi bewiesen werden, dass 
ich und meine Käthe nur nach Heuht und Gerechtig-keit vorgehen. Wie 
kannst du es wRgen, micli und meine Räthe in deintni ,faulou' Sachen 
beim Ktiamc su TeHrbetseiil (Am Bande des Cimceptee die Bemerkung: 
In der Vebemehrift iat da* «Lieber Getreuer* auMulanen.) 

' 29. November schreibt der Eraheriog darflber an Tob. Ylseher; Da der 
Kaiser des Trtihses« weß;«n gegen uns ungnädig ist, ho mü'(«>en wir 
schlios.-icii, (Ims ihm unsere Schreiben nicht vorgelegt werden, oder dass 
er sie nicht liest, oder dass die Lügen des Truhsess ,praevaltreu'. 
Vieeber mSge durch Barvitiua den Kaiser recht informiren lanen. 



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274 



bereits kusertiehe Sehrdben in diesem Smne nach Tnrtd ge- 
gangen.^ Auf Maximilians kräftigen Protest traf bald eine 
kaiserliche Entgegnung ein: Ich sehe, dass E. L. und deren 
RKthe Uber den Trahsess nicht allein ,fost bewegt' und seine 
Person angreifen, sondern auch meine Schreiben und Anord- 
nungen nicht, wie es billig wäre, aafhehmon und respectiren, 
auch meine Käthe und Diener als |Seine fautores' verdenken. 
E. L. begehren, ,lhro in dieser sach, die ohne mittel in das 
Osterreichische gubemament gehört und notwendig daselbst aus- 
geführt werden muss, keinen eingriff zu tun^ Die Hauptsache 
lasse ich derzeit an seinem Orte und ,kann deren ausscblag 
neben erhaltung unseres hauses Oesterreich gerechtigkeit durch 
gebttiliche mittel gegeben werden'. Dass ich mir aber die 
Hand sperren lassen und der Truhaess meiner Anordnungen 
nicht allein nicht geniessen, sondern entgelten und ,80 empfind- 
lich an mich seiner person halben geschrieben werden soll', das 
bin ich Ton E. L. ungewohnt Ich htttte gemeint, £. L. wttrden 
SU meiner als des Hauptes und Aeltesten des Hauses ,yer- 
Schonung* sich durch die Räthe nicht so weit bewegen lassen, 
sondern sich meinem Willen ,accomodiren' oder doch ohne 
,pas8ion' berichten. Was sonst in ,trab8es8ischen' Sachen meine 
Entscheidung und Meinung ist, das wird E. L. ^sonderbar' su- 
kommen, und E. L. werden sich dann erzeigen, dass ich zu- 
frieden sein kann.* 

Diese Antwort bestätigte, was Philipp Lang dem Deutsch- 
meister nach dem Eintreffen seiner brieflichen VorateUung mit> 
tbeilte: er habe das erzherzogliche ,handbriefl' dem Kaiser 
übergeben, welcher in seiner Gegenwart dasselbe durchlas und 
sich darob ,etwaB alterirt' zeigte.^ 



> DiflMtben sind nicht erbalton. 

* ßadolf an Erzhenof Maximilian, IS. Decembor 1604. 

• Laiip srtiri*»'* zwei Tage spHtiT, .nJ-s die kai!<i'rrnh<' Antwort «Intirf, Kr 
versichert Maximilian, Him pcf-i ht-he ,iint «loii angebogenen boxtchtigun- 
gen UDgUtlicb', er habe sicli den Truh.iess ,über vielf&ltigs ungestümes 
flberlanfan «od anveraehMUtM iDpoitnnvM* nicht «ogonoramen; •« «ei 
g«ns g«gi«i Minen ,benif , »ich in fremde Seehen su mischen. Wald« 
bürg habe schon Andere* die seine Seche ,mit ansehnlicher form und eier* 
lichlcelt' vortrapen — Dappn^en sphrfiht Ludwig v. Ulm an Maximili.'in. 
22. Februar 1*>0.'): .Die fütirnehmsten in cxpodition und die jft/1 den 
zutritt beim kai.<«er haben, hat der unruhige Truhrtess, der liier (in Prag) 
ellee nneinenderbringi, eingenommen; er aber wie eneh die jetstgedechtea 



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275 

Bis Maximilian sieh zu dner Elrwidenmg entschlose, ver- 
gingen ein paar Monate. Ee waren noch weitere Schritte des 
KaiserB erfolgt woraus der Deutschmeister ahnehmen konnte, 
wie es mit ihm in Prag stehe. Als er endlich mit der gansen 
Serie seiner Beschwerden im folgenden Jahre vor den Kaiser 
trat; war auch der Punkt wegen des Truhseas darunter. Er 
führt darin Folgendes an: Sein Schreihen yom 22. Novemher 
1604 sei Ton Rudolf ,in viel andern verstand' angenommen 
worden, als es gemeint war. Ich weiss wohl, so &Aai der Era- 
hentog forty wie ich mich in meinen Schreiben gegen E. M. 
zu verhalten habe. Ich habe aber auch geglaubt, dass ich 
meine Anliegen gegen E. M. frei entdecken darf. Der Truh- 
seas hat mich vor mir und vor Anderen in Verdacht gezogen, 
als oh ich ihm nicht die gleiche Justizia ertiieile, sondern 
,aUerlei bedrohungen mit laufen lasse'. Das ist mir nicht 
wenig zu Gemttth gegangen, ,dass ich andere passionen gegen 
seine person haben sollte'. E. M. sollen wissen, dass ich ,d6r- 
selben diesfislls befreite und mich auch von Niemandem ver- 
leiten lasse, Weü aber das Thun des Truhsesa so beschafien 
ist, wie E. M. wissen, und wenn da nicht zeitlich Einsehen ge- 
schieht^ so kommt es so weil^ wie man leider jetzt in Ungarn 
und anderen Orten vor Augen sieht und mit Gefahr erfilhrt. 
Ich ersuche E. M. nochmals, sich derart zu resolviren, dass 
man spfirrai kann, dass die Bedrängten noch eine Zuflndit vor 
ihrer Obrigkeit finden und so auch bei der tirolischen Regie- 
rung, wohin der Fall mit dem Tmhsess gehört, noch die Justitia 
zu finden ist.' 

Oerade als die Ersherzoge m Linz zusammentrafen, er- 
folgte eine kaiserliche Entschliessung in dieser Angelegenheit: 



dependiren ron dem Don Filippo Langen. Wie nun dieser beflcbaffen 
und WM für sachen er anf derjenigen, welclm die uneiiiigkoit des kaiser- 
lichen hanses von herzen üuciieu, arglistig eingeben nmh weitgesuchteu 
scheinen und data occasione, darauf diese lent achtgeben, fälschlich in- 
fbrairai, dadnnh «ie Ibr Mi^. aofhetaen und hoehrtrlflieh hintoigvhen, 
bei Ihr ICaj. ed psrtom «nbtingeii, iat mehr denn «Kmhvt und du all- 
gemeine geschrei ; welcher nnr etwas dazu redet und abmahnt, wird ge< 
has!«t nnd vorfolgt.' — Tjanp prStendirtti den Zol! in Kollmnn Maxi- 
milian wollte ihm denselben ,auf wolgefallen' versubreiben. Der Kaiser 
befahl dagegen dem Deutschmeister eine unbedingte Verschreibnng auf 
Leng und denen 8ebn Andre«». 10. October 1604. 
> Bmheriog HezimilUn »n Rudolf, 24. Hin 1606, 



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276 

l)eziip;lich der erbtruhsessischen Sache bloibn es bei der vom 
Kaiser verfügten Suspension; der Kaiser werde weiter unter- 
suchen, ]\[axiiiiiiian brauche deshalb ,den hnnrlrl nit anders 
aufzunehmen'.^ Der Zwist zwisi'heii Waldburg und der Inas- 
brucker Regierung hat sieli noeli jalirelang fortgezogen. 

In den Herbst des Jahres 1GÜ4 fallen Bemühungen des 
Deutschmeisters, eine P>höhung seines Gehaltes als Gubernator 
zu erzielen; die ihm zugesprochenen .'iO.OOO Gulden sollten auf 
30.000 vermehrt werden. Dem Kaiser sowie den Krzherzogen 
Mathias und Ferdinand stellte Maximilian vor, dass sein bis- 
heriges Deputat nicht genüge. Die beiden angesprochenen 
Erzherzoge gaben alsbald ihre Zustimmung, nicht so Rudolf. 
Maximilians erste Eingabe nach Prag drang überhaupt nicht 
bis zum Kaiser; sie trägt die Kanzlcierledigung: ,pausiren zu 
lassen, bis wieder angehalten wird; dann erst vor die kais. 
Maj. zu bringen'. Und als nach einigen Wochen ein Urgcns 
von Innsbruck kam und die kaiserlichen liäthe die Bewilligung 
bei Rudolf beantragten, erhielt das ^^Jr-suchsstUek die Krlndigung: 
,abgeschlnfren^ Gleichzeitig bewarb sich Maxiniihaii beim 
Kaiser um Gehaltsaufbesserung für die Assisten/i ailie. Die 
A-ntwort lautete: sie haben an den jetzigen Bezügen genug; 
Kck um so mehr, da er (als Känimerer'i die Tafel bei Hof hat* 

Aber es ]c;uii noch schlimmer. Ilandelte es sich durum, 
Jemanden zu kiünken, der ihn geärgert hatte, so war Rudolf 
manchmal geradezu erliuderisch. Mathias und Maximilian 
hielten sich nun in des Kaisers Auiren so ziemlich die Waage; 
81*' verdienten also auch gleiche Behandluug. Das Misstrauen 
legte Rudolf die Massregel nahe, jeden der beiden Brüder 
durch Vertrauriisieute beobachten und controliren zu lassen. 
War gegen Mathias der österreichische Stnttlialter Ernst v. ^lollart 
ausersehf'n. so gegen den Deutschmeister der tirohsche Land- 
herr Sigmund v. Wolsberg. Im December 1604 ward der 



26. April 1605, Mittheilung an Ducker, Maximilians Vertreter in Pra^. 
Von der kai.«<erlichen Resolution liept ein Coucept vor und oine Rein- 
schrift, die aber von Rudolf nicht unterfertigt ist. Man scheint es bei 
der MittbeUoDg an Ducker haben bewenden ao laMen. 
Erab«no^ MarimIMaii «n Bodolf, 12. Aagnst 1604, deagtoielien an Mn- 
ii. r/oj^r Matliias und Ferdinand; Ershersog Mathias and Ferdinaiid an 
ErzJiorznjT Mnximili.tTr, 5. September; Rudolf an denselben, 1. Oetober. 
(Für eiaielue Bätho hatte Maximilian schon 1603 angesucht.) 



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277 



eine wie der andere nach Prag cilirt, um in die sugedachte 
Rolle eingeweiht an werden.^ Welabetg aeigte sicii bereit, 
wurde im Jänner 1605 zum kaiserlichen Aaaiatenarathe fhr 
Tirol ernannt und leistete noch im selben Monat in die Hand 
der kaiserlichen Minister seinen Amtaeid, um gleich darauf auf 
seinen Posten in der nächsten Umgebung des tirolischen Guber* 
nators abzugehen.' Noch einen a weiten Rath bestellte der 
Kaiser, einen aus dem Stande der ^Gelehrten', den Dr. Paul 
Garaweüer. Beide bekamen eine geheime Instruction mit, 
welche den Sinn ihrer Bestellung deutlich erkennen lässt; sie 
lautet: Als ältester Enshersog ist der Kaiser am tirolisch-vor^ 
ländischen Bedta am meisten interesnrt Daher soll ohne ihn 
kein wichtiger Regienmgsact Torgenommen werden, wie es 
bisher manchmal TOigekoromen. Insbesondere sott die Bemluttg 
der Landtage, Yeräusaerungen, Lehensfiüligkeiten, Gnaden, 
Verpfilndungen, Confinsaohen, Confiscationen, grössere Strafen, 
Besetsnng der wichtigeren Aemter nie ohne Einholung der 
kaiserlichen WiUensmeinung erfolgen. Beide Assiatencrilthe 
sollen sich also stets beim Kaiser anfragen und ihm insgeheim 
Berichte aus Innsbruck aukoomien lassen.* 

Gleichzeitig erfolgte die formKehe Enthebung des Mar- 
quard Eck Ton seiner Statte als Asststenzratb. Und während 
kurz vorher jede Gehaltserhöhung fUr Maximilian wie fUr die 
Räthe abgeschlagen worden war, erhielt nun Welsberg eine 
Anweisung auf 1000 Gulden als ,aufzug^eld'.^ 

Wir haben uns zu erinnern, dasa Iksk Maximilians be- 
sonderes Vertrauen genoss; er war nicht bloa der ihm an die 
Seite gestellte Rath, sondern sein Kämmerer und Ordensgenosse. 



' Aach «inttr «tu dam OeMhlMbto dar Tinttor war in gtoiehMi Zwecke nach 

Prag gernfeD. Tob. Viacber an Er/.licrzug Maximiliau, 13. Deceinbar 1604. 
lieber Mollart 8. Stieve, a. a. O. II, 801. Wel.sberp ist »fit 1600 kais. Rntli. 

* Welsborg^ warde beeidipt in Gegenwart vod Kürstenborg, Hreuner, Horn- 
stein, Coraduz, Ulm und Stralendorf. — Unverzagt schreibt 23. Jänner 
1606 an Eralienog Ifaxlmiliaa: Welsberg bat gestern beim Kaiaer AV 
Bchied genonmieii. — Der bairlsehe Agent Bodenliia (Stieve, Te« Seieha- 
tag 1608, S. 9i) «eigt sich über diese Torginge gut unterrichtet. Er 
schreibt, GnnsweUer ,soll' Kath in Innsbruck werden. Die Inntruction 
zeigt, das8 er wirklieb dazu ernannt wurde; aber zu »einer Reise nach 
Tirol scheint es nicht gekommen zu sein. Vgl. Stieve, a, a. O., S. 96. 

* Die Inetmetfea ist n&datirt 

* Sadelf an Xrsheneg Uaiiailiaii, 9. Febmar 1606. 



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Hatte ja einet der Kaiser selbst hervorgehoben, wie sufneden 
sein Bruder mit dieser Bestellung sein werde. Und mm war 
eine Verlinrlerung verfil^, ebenso kränkend fUr den unmittel- 
bar Betroffenen, wie Bir seinen fUrstlichen Gönner and Frennd. 
Eigentlich unenv-artet konnte eine solche Entschliessong dem 
Deutschmeister freilich kaum tu ehr kommen. Die böse Li^e 
in Ungarn, das unleidliche Verhältnis zwischen Rudolf and 
Mathias, seine eigenen Erfahrungen in der letsten Zeit hatten 
ihn bewogen, den Kaiser zu bitten, er iiKige ihm doch nur 
einen persönlichen Besucli von wenigen Tagen erlauben. Von 
Prag erfolgte unbedingt ablehnende Antwort. So griff denn 
Maximilian wieder zur Feder, um seinem Unmuthe Luft zu 
machen. Was die Entfernung des Marquard v. Eck betrifft, 
80 schreibt der Erzherzog dem Kaiser, welche mich .princi- 
paliter' berührt, könnim E. M. ermessen, wie ,tief mir solches 
werk zu gemtU gehet'. Nicht einmal gefragt wurde ich. Ich 
kann daraus niclits Anderes abnehmen, als dass E. M. glauben, 
bei meiner Regierung ,sei ein defekt^ Durch diese Mutation 
wird Niemand mehr verletzt als meine Person. Denn meine 
Räthe durften bisiter nichts ausf\thren, was ich nicht guthiess. 
Wären andere Ursachen zu dieser Veränderung, so hätte man 
sie mir wohl mittheilen können. Und wollte man auch mich 
umgehen, so wäre doch jedenfalls Erzherzog Mathias zu fragen 
gewesen. Ich bitte also, diese ,mutation' zurückzunehmen oder 
damit wenigstens so lange zu warten, bis ich mttndlich mit 
£. M. <resprochen habe.* 

Ein eigener Vertreter, der von Maximilian oft gebrauchte 
Dncker, hatte diesen Brief zu Überbringen und um eine Audienz 
anzusuchen. Noch erregter Uussert sicli der Deutschmeister 
in der Instruction, welche er diesem seinem Boten mit auf den 
Weg gab. Nach dem er bittere Klage geftlhrt Uber die Ein- 
griffe des Kaisers in Sachen der Landvogtei Hagenau und des 
Christof Truhscss, lieisst es da weiter: Gerade wUhrend des 
Landtages (er fand im Februar 1005 in Innsbruck statt) über- 
bxachte uns Sigmund v. Welsberg ein kaiserliches Befehlschrei- 
ben, dessen Inhalt schon fiUher , ausgesprengt' wurde, allerlei 
Discurse erweckte imd sogar in Baiem verbreitet wurde. In 



' Enh«nMg Ifaximiliaa an Bndolf, 84. MJtnt IM». Auf dea fibrigm In« 
diMW interernnten Briefes «iaaugehen, ist hier nieht d«r Ott. 



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279 



diesem Schreilicn wird Kek abg^esetzt un<l Welsber^ an seine 
Stelle ernannt. Nun hätte uns gerade jetzt niehts ,untjcwohn- 
teres' bcp^egnen kfinnen, als dass eine solche Acnderuiig unser 
und des Er/Jierzoo^s Mathias ung^efragt vorgenommen wird. Es 
ist leicht zu spüren, dass dies nicht so sehr gegen die Person 
des Eck als gej^en uns selbst gemeint ist und dass wir beim 
Kaiser .dermassen eingehauen', als ob wir selbst nicht genug 
waren, das Gubernanient zu ülhren, sondern als ob wir vun 
Anderen geleitet werden müssen und ,derhalben uns neue di- 
rectores beizuspanncn vonuöten'. Denn hat Eck etwas verschul- 
det, so ist es entweder wegen des ,guberno oder privatim ge- 
schehen*. Dass Eck im erstercn nichts gefehlt hat, können 
wir ihm bezeugen. Die Käthe berathen und thuu nichts ohne 
uns. Ist also etwas gefehlt worden, so darf nicht den Räthen 
oder dem Eck, sondern uns die Schuld zugemessen werden. 
Wir lassen uns von Niemandem verleiten. Hat aber Eck pri- 
vatim gefehlt, so hutte der Kaiser uns zuerst befragen sollen. 
Hat es nun mit dem Eck diese Bewandtnis, so können wir 
auch ermessen, wohin diese ,praktiken* zielen. Man will uns 
beim Kaiser verhetzen und uns ,des gubcrno müde machen*, 
damit man hernach, was man unbefugt ,in unserer praesc uz' 
nicht hindurchtreiben kann, nach eigenem Gefallen ,vordrucken* 
könne, wenn wir ,aus dem weg* sind. Deshalb haben sie auch 
diejenigen zu unseren ,a8ses8oren* gewählt, die mit ihnen ,in 
einem spital krank liegen, gleichmässigen bändeln verwandt 
.sind', auf uns gut Achtung geben und an den Kaiserhof be- 
richten sollen. Solches schmerzt uns sehr. Du hast deshalb den 
Kaiser zu bitten, dass er den Angebern kein Gehör schenke und 
uns mit dem Welsberg und seinem ,adjuncten* (Garzweiler) 
wenigstens auf so lange verschone, bis er uns selbst gehört hat. 
Der Kaiser möge bedenken, dass, wenn er die Räthe auf seiner 
Linie vormelirt, die Grazer Linie dasselbe thun wird, um nicht 
tiberstimmt zu werden. Eine solche Vermehrung ist gegen 
den Recess und eine neue Beschwerung des Kammerwesens. 
Sollte in Bezug auf Eck und Welsberg nichts zu erreichen 
sein, so hast du in unserem Namen ,rund' zu erklttren, dass 
wir die neu Verordneten nicht in unseren Rath lassen and mit 
ilinen nichts zu thnn haben wollen.^ 



* lustructitiii vom 'i.i. Mürz, 



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380 



Von der tiefen Veratimmiuigy wie sie in diesem Auftrag 
ausgedruckt ist^ haben sehr bald auch Andere ei&hren.^ In 
einem Briefe an Trautson ei|;eht sich Maximilian über das 
Prager Unwesen: Man stellt jetzt die EHnge so an, als ob man 
dem Verderben mit Fleiss zueilen wollte; ich moss fast glauben^ 
dsss ,des orts die luft und influenz^ so beschaffeii ist, dass die 
Leute nichts Anderes versuchen^ als Andere zu tribuliren und 
zu verfolgen. Das Ungewitter, das bisher den Erzherzog Ma- 
thias getroffen, will nun auch mich Überziehen.' 

Auch an Mathias und Ferdinand erging M^iritniliAna Be- 
schwerde Uber des Kaisers Eingriffe in dzi tuTOÜBche Gubema- 
ment und die ysperrong der jnstitia'. Mathias, dem der Kaiser 
die anbefohlene Verltnderung kurz angezeigt hatte, beeilte sich, 
nach Prag wie nach Innsbruck hin sein hohes Befremden Uber 
den Ton Rudolf gethanen Schritt auszudrucken.' 

Duckers Vorstellungen machten auf Rudolf keinen Em- 
druck. Er bekam zu Tcmehmen: Eck hat dem Kaiser nicht 
behagt, weil er von ihm ,gar nicht dependirte', sondern als 
Kämmerer und Ordensritter im Dienste Maximilians steht. 
TJebrigens wurde Mathias vom Wechsel benachrichtigt, und so 
bleibt es dabei, ,weit 1. M. einmal davon keineswegs zu weichen 
wissen*; Maximilian ,soU sida andere ungleiche gedanken nit 
einbilden lassen'. 

Der Deutschmeister f^rte die Drohung, die in Duckers 
Instruction vorkommt, auch aus. Er gestattete Welsberg keinen 
Zutritt in den Rath. Welsberg fand daher den Aufenthalt in 
Innsbruck nicht behaglich und begab sich auf das Familien- 
schloss Telvano in Sttdtirol. Von da aus hatte er dem Kaiser 
nur zu melden: er habe dem Erzherzog in Innsbruck seine 
Bestellung unterbreitet, dieser aber habe die kaiserliche Re- 
solution, ,weil dieselb I. D. etwas unversehens und fremd fiir- 
kommen, gieichwol hoch empfanden'; Maximilian habe erkllrt, 
nch selbst nach Prag zu wenden und ihn, den Freiherm, auf 
weiteren Bescheid warten heissen. 

Nach solchen Vorkomnmissen ist es begreiflich, dsss Maxi- 
milian ftkr die Zusammenkunft der Erzherzoge in Linz leicht 

* Vpl. dt'ii Bericht des Bodenius vom 2«. Februar bei Stieve, &. a. O. 
Der hier genannte Courir kanu noch nicht Ducker sein. 

* Enhenog UvdmiUMi «n TnmtMn, 2S. lOlri. 

' Erabersog MalbiiM an Ershenoy IfaxiniUan, 19. Februar. 



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281 



za haben war. Während dieselben dann ansammen in Prag 
weilten, kam die Sprache aneh auf die Bestellung Welsbeigs. 
Man weihe diese Sache dadurch aus der Welt schaffen, dass 
ihn Erzherzog Ferdinand zum Hofmeister ftür seinen Bruder 
Leopold ernenne. Aber Welsberg hat dann nicht angenommen;' 
er mochte hoffen, dass sich seine Bestellung in Tirol doch noch 
verwirkliche. Auch sonst bildeten die tirolischen Verhllltnisse 
einen Gegenstand der Präger Besprechungen. Dass damals 
bereits der Gedanke einer ißinnlichen Uebersiedlnng Rudolfe 
nach Tirol auftauchte, scheint sicher zu sein, wenn sich auch 
Einzelheiten hiertlber nicht erhalten haben.' Maximilian be- 
rfthrte des Kaisers Eingriffe in sein Gubemament und yerlangte 
eine präcise Erläuterung des Recesses yon 160S. Rudolf rer- 
stand in seiner gewohnten Weise, jeden solchen Vorstoss ab- 
zulenken. Ueber die Sache des Truhsess (auch der Gbafen 
von Arco) erklärte er, ein Chitachten des Reichshofrathes ab- 
warten zu wollen; der Recess aber bedürfe keiner Erläuterung; 
M«iTniVftn möge nur ausführen, inwiefern er sich beschwert 
glaube, dann kOnne um so bessere Erklärung erfblgen.' 

Der Deutschmeister replicirte. Ueber Fälle wie mit Truh- 
sess oder Arco brauche es keiner Berathung des Reichshof- 
rathes, sondern der Kaiser brauche blos die Sache dahin zu 
weisen, wohin sie von rechtswegen gehört. Was den Prager 
Recess angehe, so sei er aUerdings klar genug; trotzdem gebe 
es Missverständnisse Uber die Justiz, ,den endlichen scUuss' 
und Uber Besetzung hoher Aemter. Maximilian erklärte, zu 
solch' hohen Aemtem, die er nicht allein besetzen dOrfe, rechne 



* BnlMfBOg Ferdittand aa Elrvhenog Ifaximiliaii, 9. Joni; Enthenog Maxi- 
miliaa an Etshanog Faidiiiand, 18. Jnli 1605. 

' Am 16. Bfai 1605 berichtet Maxinttian der Ershersogia- Witwe Aona 

Katharina in Innsbruck übfr die Prag'er Verhandlungen und s(^hreibt da 
unter Anderem: £itie Zeitlaug hatt4> es den Anschein, aU »ullten E. L. 
einen anverseheuen Gast bekommen, das hat sich aber hoffentlich wieder 
geindett ~ Znent hatte dieeer Sata im enbersoglicben Briefe folgende 
Fiaanng] Bi kSnnte aicb wohl sningoo, dam E. L. einen unvorsehenen 
Gast bekommen, der mich verdrüng-t, und ich zweifle, ob er E. L. will- 
kommen sein wird; ich wehre noch ah, so viel ich kann. — Dieso Fas- 
sung ist dorchstricheu und dafür die kürzere eingesetzt. Ich zweiüe 
nicht, da» nnter dem ,Gast' der Kaiser zu verstehen ist. 

* Raaolntion dee Xalaen anf dae, wae Eriheraog Maximlliaa am 10. Mai 
YOtgebraeht hat M. Hat. 



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283 



er das des Feldoborsteii, des Statthalters, Kanzlers, Präsidenten 
und obersten Zcuf^tncisters. Kudolf möge kund thun, ob er 
noch andere Aemter meine, deren Besetzung- nicht in der 
Macht des Gubernators stehen soll. Jedenfalls aber sollen die 
Gegenstände, welche unmittelbar vor die Innsbrucker Regierung 
gehören, niclit zur Sehmillcrung der üsterreiehischen Freiheiten 
an den ReichshotVath gezogen werden; auch wäre eine De- 
claration nöthig, ob die Entscheidung bei verschiedenen Mei- 
nungen vennüge des Buchstabens des Reccsses bei der Mehr- 
heit der ,mitinteressirten' stehe oder dem lUtesten Jbkzherzoge 
anheimgegeben werden soll.' 

Rudolf scheint zu nichts Weiterem gebracht worden zu 
sein. Maximilian wenigstens meldet verdrossen nach Innsbruck, 
er sehe, dass in Prag nichts mehr auszurichten sei, und er werde 
daher nächster Tage heimreisen.^ Ks kam anders. Während 
die anderen Erzherzoge zu Beginn Juni von dannen zogen, 
blieb der Deutschmeister noch zurück: Rudolf hatte ihn Über- 
rascht mit dem Antrage eines Generalats über ein in Diahren 
aufzustellendes Heer. Und als man nun über beiderseits , an- 
nehmliche' Bedingungen verhandelte, war zu versplli'en, dass 
dem Kaiser mehr als alles Andere die ,tirolische cession^ wichtig 
sei. Der Deutschmeister hinwidcr wollte sich darauf nicht ein- 
lassen, wenn ihm nicht volle Gfwissheit ,ia anderem* [das heilst 
wohl in der Entschädigungsfrage | geboten würde.* Das machte 
Rudolf wieder schwankend, die Verhandlungen stockten, auch 
Maximilian verliess Mitte Juni den Kaiserhof. 

An Mathias und Ferdinand hatte der Deutschmeister die 
Absicht Rudolfs auf die Cession Tirols gemeidet. Beide ant- 
worteten nnt der Bitte, es möchten dabei ihre Rechte nicht 
übersehen werden. 



< B»pUk Ifazimiliaiw anf die kaiMf liehe BeaoltitiMi, S4. MaL 

* M*»8m*^frf verdriettüebe Stiinaniig gibt auch ein Brk'f (4. Juli) an En- 
keiBO^ Sfargaretba in Spanien wieder: Ich hMtte E. L. längst geschrieben. 
Da wir aber ,<!& beraussen* in einen so verderblichen Zustand gerathen 
sind, so macht Einen das zum Schreiben latit utUustig. Weil ich E. L. 
mit guten Zeitungen nicht erfreuen kann, so eekieke ich nur ein iffniw» 
briefl«. 

* Eraheriog Maximilian an Ersheroog Mathias, 5. Juni. Mathia.^ s.Hb im 
Antrage des Generalats nur dun Plan bfiver Bftthe» welche aie beide ^uf 
die lleiacbbank opfern* woUteo. 



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28S 

Die Beziehungen zwischen dem Kaiser ood Maximilian 
haben si(;h weder während der Prai^er Tage, noch in den fol* 
genden Monaten gebesiert. Erfuhr Rudolf Uber seines Bruders 
eifrige Bemühungen an deutschen Fürstenhöfen zur Regelung 
der Nachfolgefrage/ so reichte dies allein schon hin, seine Ab* 
neigung zu erhühea. £r erinnerte sich wieder der verletzbaren 
Seite seines Bru<I«>rs: es war Tirol und das dortige Gubema- 
roent. Noch vor Ende des Jahres 1605 ertheilte der Kaiser seinem 
Hofkammerrath und Hauptmann in Krumau, Faul v. Krausen- 
eck, den Auftrag, nach Innsbruck an reisen, mit Maximilian 
über die Abtretang seines Antheiles am tirolischen Erbe zu 
verhandeln nnd zu fordern, dass der Kaiser als Haupt and 
Aeltester des Hauses und als derjenige welclier die meisten 
Erbtheile an Tirol besitze,^ zu respectiren sei; und bei solchen 
vorhandenen ,praerogaliveh' sei nun abermals Sigmund v. Wels- 
berg ,von nnsrrtwegen* EU einem Rathe verordnet. 

Um ^e Mittagsstunde am 2. Jänner 1606^ ab ,die speis 
schon an der tafol gewest', meldete sich Krauseneck in der 
Innsbrucker Hofburg aur Audienz. Hdflich lud man ihn zu- 
nächst ein, an der Tafel der Kammerherren Platz zu nehmen. 
Hier traf er mit Eck zusammen, der ihn mit den Worten be- 
grttsste, man sei schon Uber Alles avisirt, was Kranseneck mit- 
brächte, ,gott wolis denen yerseihen, die solches practicirt haben', 
man wisse schon, von wem es ausgehe, es sei im geheimen 
Rathc des Kaisers berathschlagt worden. Der Angesprochene 
entschuldigte sich, es sei ihm nichts bekannt ausser dem, was 
sein Befehl enthalte. Nach Tisch ward er vor den Erzhersog 
berufen und entledigte sich seines Auftrages. Er erinnerte, 
wie der Deutschmeister schon vor Jahren sich bereit erklärt 
habe, seinen tirolischen Erbtheil dem Kaiser zu überlassen, und 
dafür bereits eine Theilzahlung erfolgt sei; Maximilian möge 
angeben, wie viel ihm noch restire und die Cession ausstellen. 
Der Deutschmeister drückte zunächst seine Verwunderung ans 
über Krausenecks Sendung und fuhr dann fort: Ich stelle nicht 
in Abrede, dass ich einst, 1(101, dem Kaiser die Ueberlassuttg 
meines Theiles angeboten habe, nnd weiss auch noch, was im 

* Darttber genauer au auU^rur Stelle. 

* Rndolf berief sich auf die Erwerbung der Theile der Erziierzoge Al- 
brecht und Bnwt loMraotion fitr Kmueoeok vom 7. DMMiber 1M6. 
Die Abtrotong Albfedite war kein« bedinguigBlom. Sidie darttlier untra. 



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284 



vergaDgenen Jahre (1605) in Prag darüber gesprochen wurde. 
Ich würde nur wttnBchen» dass die Dinge noch in denselben 
yterminis' stünden wie vormals. Aber es liegt vor Augen, dass 
es seither mit Oesterreieh^ wohin ich mit meinen Geldansprttchen 
▼erwiesen wnrde, eine andere Gestalt bekommen, so dass ich 
mm in grossen Sorgen stehe, wie es ferner ausschlagen wird. 
Deshalb f^llt es mir bedenklich, mich alles dessen zu entblossen 
nnd Cession darüber aussnstellen, was mir Gott and die Natur 
zum Erbtheil gegeben. Wohl habe ich 1601 ,bu etwas er- 
kann tnus' meiner damaligen Erklärung und anderer Dicnete 
vom Kaiser eine Summe ^ angebrochen erhalten, einen Theil 
davon auch empfangen. Verwunderlich ist es aber, dass ich 
jetzt gefragt werde, was mir davon noch aussteht, nachdem 
ich doch selbst in Prag dem Kaiser die Rechnung Übergeben 
habe.' 

Eilends hess Maximilian durch seinen Pfennigmeister die 
Abrechnung mit dem Kaiser zusammenstellen und an Krausen- 
ock ttber^eljen. Nach derselben ergab sich, dass von den 
200.000 Gulden nicht viel mehr als die Hälfte bisher ansge» 
sahlt war.^ 

In der folgenden Audiena bemängelte der kaiserliche Ge- 
sandte die ihm vorgelegte Berechnung, eine Addition fUr Müna- 
verlust und Verzugszinsen wollte er nicht zugeben. Maximilian 
habe sich seinerzeit ,contentiren lassen' mit einer Abzahlung 
aus den von den oberösterreichischen Ständen erlangten Be* 
willigungen; damit sei auch .die mttns, wio sie erlegt, verstan- 
den worden; also auch der interessen halber, weil die termin 
ohnedies auf unterschiedlich zeit von den ständen benannt ge- 
wesen'. Immerhin meinte Krauseneck, dass in dieser Hinsicht 
sich der Kaiser noch nach Möglichkeit resolviren würde; ge- 
schähe dies^ so kannte der Erzherzop^ denn doch die Cession 
ausstellen. Maximilian erwiderte gereist, der kaiserlichen Kammer 



■ Es waren 200.000 Oaldau. 

* Du BiM von diesen Verhandliingün gewinnt man ftt» Knoaensoka (qd- 
datirtcr) Ht^lation an Rnrvithis und aus Maximilians Sebrsibett aaRndoU^ 
7. Jäiiuer 1606. I. bt.-A., Leup. C, ;i2. 

' Maximilian berechnete dabei auch MQnzverlust und Verzugszinsen. — 
Vor seiiker Bdb« naeh Innsbruck hatte dch Krameneck beim Beiehs- 
pfsnnigneistar Welser erkundigen nflssen« wie es nil Maximnu^f Be- 
■aWang sieh«. 



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285 



traae er nicht mebr, er Bei schon an oft gewitzigt worden, xmin 
sei ihm bereits dorch Jahre seine Erbportion nach Erzhersog 
Emst und seit längerer Zeit sogar sein gewöhnliches ^brUder- 
liches' Deputat schuldig. Schliesslich yersprach der Deutsch« 
meister, Ober Form und Inhalt der Cession nachaudenken- 
Kaum war die Unterredung zu Ende, so trat Eck au Exaus^* 
eck heran mit der Frage, wie denn eigentüeh die Cession ge> 
stellt sein sollte, ob der Ersherzog gana und gar und ftir ewig 
Verzicht leisten sollte. Der Gefragte yerwies auf das Ende 
seiner Besprechung mit Maximilian, indem er sagte: Ihre Durch* 
laucht ,werden der Sachen schon zu tun wissen'. Darauf Eck; 
Ihre Durchlaucht werden schwer thnn, ich kann auch nicht 
rathen dazu; an diesem Allem trftgt Niemand Schuld als der 
TruhsesB und Welsberg und vielleieht noch der Fttndler (offen- 
bar VinÜer). Man kennt deren Praktiken in Prag gut» der 
Erzhersog weiss Alles. Ich will nur die ehrlichen Leute schonen, 
sonst wollte ich die Briefe voraeigen. 

Nun rief Maximilian seinen Kümmerer Eck ins anstossende 
Speisezimmer, um sich mit ihm zu beratli«iy und be&hl Krausen- 
eck, zu warten. Nach einer Weile durfte derselbe eintreten, 
und Maximilian richtete an ihn die Frage, ob er noch etwas 
ansubringen htttte. Der Gesandte erwiderte, der Kaiser habe 
ein grosses Interesse, Maximilians Antheil zu erwerben, da er 
seinen eigenen, sowie die Anthette der Erzherzoge Albrecht 
und Ernst schon besitze; im Besitze aller dieser Theile, habe 
er sich dann als den eigentlichen Herrn von Tirol zu betrach- 
ten. Da fuhr der Erzherzog auf: Ich weiss zwar vorher schon 
Alles; ich kann es nicht anders verstehen, als dass man mich 
,gleich y<mi gubemament abziehen^ will. Krauseneck suchte 
zu begUtigen: Maximilian möge sich keine solchen Gedanken 
machen; was er gesagt, habe nur den ,verstand', dass, wenn 
der Erzherzog vom Kaiser ,contentirt' wäre, er auch ,um die 
andern teile wissensehaft lulttc'. Maximilian entgegnete: Das 
sind die Anstiftungen des Tmhsess und Welsbei leh habe 
dem Kaiser schon in Prag gesagt, dass, wenn Welsbwig auf- 
zieht, ich von dannen gehe, weil dem Kaiser an ihm mehr 
gelegen ist als an mir. 

Das Ende dieser Auseinandersetzungen beschreibt Krausen- 
eck also: Ich habe am Erzlterzon; ,genug abzukühlen gehabt, 
dass es nit diesen verstand habe^ Weil ich aber suh, dass er 

AtcUv. UXXVI. Bd. I. Helfta. 20 



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286 



von Allem avisirt war, habe ich nicht weiter leugnen können^ 
jedoch Alles ^in blosse intiniation geeogen'. Zum Schluss hat 
er ,etwas acqniescirt' und mir einen Brief an den Kaiser 
übergeben, wo er, wie er sagte, seine Meinung kundgab und 
offenbarte, ^wer an diesem schuldig und treiben tät^ 

Ganz im Sinne dieser Ausftlhrungen war auch Maximilians 
schriftliche Antwort an Rudolf gehalten. Dieselbe schlieaat: 
Ans der Sendung Krausenecks kann ich zur Verkleinerung 
meiner Person greiflich spttren, dass bei einigen Leuten kdn 
Aufhören ist, ihr lange angesponnenes Werk auf alle Weise 
durchzudringen, wie sie mich unter ihren Zwang bringen und 
,gar Ton dannen haben wollen', was Gott verhüten wird. E. M. 
werden mir nicht verargen, wenn ich das hoch empfinde und 
deswegen mich selbst nothwendig hoch in Acht nehme und 
den Praktiken meiner Verfolger, wo ich kann, begegne. 

Uebcr diese Vorgänge informirte der Deutschmeister seinen 
Vetter Ferdinand und seinen Bruder Mathias. Zuerst, so er- 
zählte er ihnen, musste Krauseneck meine Cession zu erreichen 
sucluni W;ir(^ ihm das gelungen, so hatte er im Refehl, mir 
und der Kegierung anzuzcij2:cii, 1 nss, nachdem der Kaiser nun 
die meisten Antheiie besitze, Welsberg zu instaUiren und der 
Kaiser als Haupt und Acltester von Allen zu respectiren sei. 
Nun hatte ich der Cession wegen ohnehin schon allerlei Bo- 
denken. Weil aber Erauseneck ,mit seiner nachcommission zu 
firUh ausgesprengt'; und weil ich merkte, wohin es angesehen 
und dass die ganze Sache zu meiner Verkleinerung und zum 
Schaden der anderen Erbberechtigten im Widerspruch mit dem 
Prager Recess angezettelt war, so habe ich den ganzen Handel 
,rund' abgeschlagen und den Krauseneck entlassen.^ 

F< rfllTiarid quittirte die Mittlieilung mit der Bemwkung; 
Maximilians Antwort auf die Sendung möge wohl etwas ,em> 
pHndlic'h* sein, aber er sei den sicheren Weg gegangen, ,nach- 
dera Krauseneck mit dem appendiee seiner commission zu 
früh ausgesprengt'; der Kaiser werde sich ,8einer darob ge- 
schöpflen opinion wol removiren'.^ 

Auch Matliias war sehr verwundert Uber ,des Krauseneck 
verschlagene tirolische handltmg', um so mehr, als der Kaiser 



Enb«raog Haziniliaii an EnbenBog HathiM ond F^laandt 16. Jlnaer. 
* Entbenog Fflvdinand an Ersbeivog Haximiliwi, 88. Febnwr. 



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287 



sich gegen Maximilian bisher immer anders eneigt habe als 
bei dieser Tractation. Die Antwort des Bruders an den Kaiser 
hatte seinen ganaen Bei&U. Die Moral aber, die M^thiaft aus 
dieser Geschichte sog, lautete: Gott wird das nur angelassen 
haben, damit wir BrUder recht zusammenhalten lernen.^ 

Von Mathias konnte Maximilian auch erfahren, dass 
Kranseneck von Innsbruck fort /u Erzherzog Leopold sich 
begeben habe, nm auch dessen Antheil von Tirol für den 
Kaiser an erhandeln. Obgleich Leopold fUr seine kleinere 
Portion volle 200.000 Qnlden forderte, so wurde doch mit ihm 
abgeschlossen. Aber nun erfuhr Erzherzogin Maria bei ihrer 
Rückreise von Polen in Wieu durch Mathias von all' diesen 
Bingen, nnd sie erklärte, den Handel mit Leopold rückgängig 
machen zu wollen. Ist denn das, so meinte Matliias, ,ein rechter 
process' vom Kaiser, der unser Aller Vater sein soll? ,Ich 
weiss nicht, warum der Kaiser so eifrig nach Tirol trachtet, 
jedenfalls ist er auf dem besten W(^ge, bei einem solchen Pro- 
cediren überhaupt Alles zu vcriieien. Sollte der Kaiser die 
Absicht haben, sich nach Verlust seiner Länder nach Tirol 
zurückzuziehen und die Ablösung darauf gemeint sein^ so wäre 
eine solche Intention den Ländern und dem Hause zum Unter» 
gang gerichtet. Ans diesen Werbungen Krausenecks kann 
man sehen, wie gehaust wird; zu solchen ,privathumoribus' 
möchte der Kaiser die Kriegsbewilligungen der Stände ver- 
wenden, während er die Truppen zu Grunde gehen lUsst. 
Sicher ist, dass die Absicht des Kaisers auf Tirol nicht ^zu 
nutzlichem sondern nur zu verderbhchem end gemeint ist^ 

Grosse Geschicklichkeit hatte Krauseneck nicht bewiesen. 
Geizkofler berichtet nach Innsbruck, dass man über diese Sen- 
dung in Prag nicht gern viel rede. Ein anderer Correspondent 
Maximilians schreibt, Krauseneck, welcher auf kurze Zeit in 
Privatsachen von Prag nach Wien gekommen;, könne ,den con- 
tento', den er jüngst beim Erzherzog in Innsbruck empfangen, 
nicht genug rühmen, insbesondere, wie der Fürst da einge- 
richtet sei und ,mit was sachen er sich delectire, auch gute 
poltzei und justitia halte'; von all' dem habe er dem Kaiser 
benclitet, der gern zugehört und oft p^efragt habe, ,ob dem 
also ist^ Maximilian aber hatte darauf die Antivort: Es kann 



^ Enbtnog MsthiM an £nihenof MajcimtUant S. Vebraar. 

20* 



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288 



sein, dass Krausciicrk also dem Kaiser rt-terirt li.'it, obgleich 
ic'li es schwerlich ^ImilH'. Sehr bezweifeln aber imiss ich, ob 
er daneben auch dem Kaiser erzählte, ,wie er sich in seiner 
werbnTi*r verscimappt^ Die Zeit wird den ^ausgao^ seines 
sucbens* mit sich bringend 

Auch Aibreciit wurde von Maximüiaii beschickt uiul über 
Eiidi)lt'8 Ambitionen unterrichtet. Unter dem Schein mn r ver- 
lubten Wallfahrt mnssto sich DucTter nnch Brüssei begeben. - 
Albrecht beantwortete die Mitthcilung mit der Bitte an den 
Deutschmeister, dersell)e möge Albrechts Rechte auf Pfand- 
schiliinge, Alienationen und Lehen, soweit sie sein Eigcntliuni 
betreffen, duö er sieh trotz seiner tiroli.schen (Zession vorbehalten 
habe, zu wahren suclien; die Kinsi tz iiiLr :dlcr Beamten in Tirol 
und in den Vorlauden milsse ausnakuuduö Maximilian als Uuber- 
nator zustehen/' 

Trutz Maximihans Vorsicht war die Heise Dückers dem 
Späherblicke Rudolfs nicht entgangen. Sogleich ward Albrecht 
darüber iiiterpeliirt. Ich weiss zwar nicht, schreibt der Kaiser 
nach Brüssel, was Ducker anzubringen hat; hüllte er aber etwas 
vortrairen, ,was E. L. mir wejjon ihres anteils an Tirol bewilligt, 
oder sonst von meinem brnder, so mir zuwider', so ersuche ich, 
solchem nicht stattzugeben, sondern ,meiner persou mehr als 
aller andern in acht zu nehmen*.* 

Albrecht stellte Dückers Fahrt als W alll'ahrtsreise «lar; im 
Uebrigen habe derselbe nur Deutschordenssacben zu besorgen 
gehabt. Im-Ixu- das Abkommen wegen Tirol brauche der Kaiser 
gar kein Bedenken zu haben. Wohl habe Albrecht bereits ge- 
hört, dass dem Erzherzog MaximiHan verschiedene Eingriffe in 
sein (iubernament widerfahren, die , seinem gcwalt ganz zuwider, 
dessen auch künftig das elgentum merkhch zu entgelten hättet 
Deshalb habe Albrecht durch Ducker einen Brief nach Inns- 
bruck geschickt,^ dessen Abschrül der Kaiser einseben möge. 



* Christof RtnntiR?! an Fr/dorzofi Mjixiiinlian, Wien, 21. Febnur 1606; Br»- 
hcrzofT Maxiiniliati an blrauhs, März. 

' Im Innsbrucker 8t.-Arcbiv liegt ein von Ducker goschhebene« uudalirtes 
CoDcept aber die ClbaMoiiflverfaaiidlniig«n. Et war deherUch bestiiiimt 
für diese Reise nach Brttsiel. 

* ErT.henng AI brecht ra Erzherzog- Maxitnilien, 1. April. 

* liudolf an HrzlitTZfip Albn-eht, 11, Mai. 
' £a i«t der Brief vum 1. April. 



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S89 



Was darin enthalteD, könne der von Albreeht bewilligten Ceenon 
nicht präjudicirlich sein.^ 

Unterdessen war es zu der Zusammenkunft der Eraherzoge 
Mathiaei Maximilian, Ferdinand und Maximilian Emst in Wien 
gekommen. Am selben Tage (26. April), da sie den bekannten 
Vertrag errichteten, wo Mathias zum Haupte des Bauses er- 
koren wurde, kamen unter ihnen die Irrungen wegen Tirol cur 
Verhandlung, und sie beschlossen, darüber gemeinsam (zum 
Thoil zu zweit, oder au dritt oder Alle zusammen) dem Kaiser 
Vorstellungen zu machen. Alle vier ük^erzoge richteten an 
Rudolf ein Mahnschreiben, worin sie an die im vergangenen 
Jahre an Prag durcli Maximilian erhobenen Beschwerden er- 
innerten und endliche Erledigung verlangten. Mathias und 
Ferdinand stellten dem Kaiser vor, dass im Widerspruch mit 
dem Prager ReccBS manche tirolischc Angelegenheiten unmittel- 
bar nach Prag gesogen und von dort aus erst den anderen 
Mitinteressirten mitgetheilt wurden, wodurch die Expedition in 
den tirolischen ,gubemamentsachen' sehr aufgehalten werde. 
£b gebtthre sich, diese Glegenstände zuerst dem Gubemator 
vorzutragen und an diesen su ,remittiren'; erst von diesem fort 
sei die Meinung der Anderen einzuholen. Bei diesem Modus 
möge es bleiben. Mathias^ Maximilian und Ferdinand brachten 
die Streitsache mit Christof Truhsess zur Sprache und schrieben 
darüber dem Kaiser: Ans Rücksicht auf ihn hätten sie sioh 
1605 entschlossen, nochmals mit Waldbnrg gütliche Handlang 
pflegm SU lassen^ imd erst, wenn diese erfolglos würe, den 
Process an die Innsbrucker Regierung zu verweisen vermöge 
des Prager Recesscs. Aber Christof habe im Verein mit Hmn« 
rieh und Frobenius Truhsess darauf solche Ikdingnngen gestellt, 
dass leicht wahrsunehmen, , woher sie geflossen', url rl^ss sieh 
Alles aerschlagen mttsse. Damit sei nun der gütliche Weg .ge- 
fallen', es bleibe nur mehr die reclitliehe Erörterung übrig. 
£in Reservat, Compromifus oder Relaxation des Arrestes sei 
nun nicht mehr aulüssig. Weil aber der Truhsess behauptet, 
dass seine Sache aucli das Reieh Ijortthre, so müsse nun eine 
,bereitang' der PfsndschaHen erfolgen, welche die Tmfasessen 

* £ntber8og Albrecht au Uudulf, 2. Jani. 

* Et wird bier auf eine Eb'Mlirung dei Kaisen aa den 1606 in Pnif woi- 
landmi Dentw.hm<if»ter Being gmonunan, voa dar ia d«a Aotea aiehts 
sa findtn ist 



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290 



▼om Hause Oesterreich innehaben. Dabei sollen kaiserliche, 
erzherzogliche und truhsessische Commissäre interveniren. Man 
wolle nur noch insoweit entgegenkommen, als man dabei eine 
Vertretung von reichs wegen zulasse. Die Erzherzoge hätten 
beschlossen, für den Fall Truhsess die tirolische Retr'p' nng des 
Eides gegen die Erbinteressenten zu entbinden, damit aller 
Schein der Parteilichkeit vermieden werde; auch einige ,uu- 
parteiische zusätz' könnten noch beigegeben werden. 

Dieselben drei Erzherzoge verwahren sich in einem an- 
deren Schriftstücke gegen das Verlangen des Kaisers, dass mit 
den Grafen von Arco in ihrem Streit mit Tirol gütliehe Hand- 
lung versucht werde; dem widerspreche auch Landschaft, Re- 
gierung und Kammer. Mit diesen Grafen könne es kein weiteres 
Verhandeln geben, bevor sie der HerrBcbaft von Tirol das 
Uomagium geleistet. 

Endlich entboten Mathias und Maximilian dem Kaiser 
folgende Neuigkeit: Auf dem letzten Ordenscapitel in Morgent- 
heim wurde, da Maximilian als tiroHscher Statthalter die Ordens- 
sachen vernachlässigen musste, beschlossen, durch ordentliche 
Wahl ,einen beharrlichen Ordensstatthalter und successor' für 
den Erzherzog-Deutschmeister zu wählen, und bei der Wahl 
einigte man sich auf Marquard v. Eck, obgleich derselbe sich 
dagegen sträubte. In Folge dieser Wahl kann Eck nicht mehr 
Assistenzratli in Tirol bleiben, an seine Stelle müssen der Kaiser 
und dessen Brüder (auch Albrecht) einen neuen Rath bestellen; 
hiezu wird Jakob Andrä von Brandis oder Uans Christof von 
Stadion dem Kaiser hiermit vorgeschlagen.^ 

Diese Menge gleichzeitiger Eingraben an den Kaiser in 
der Tiroler Sache macht fast den Eindruck, als lullten die 
Erzherzoge damit den eigentlichen Zweck ihrer Zusammen- 
kunft vor dem Prager üofe verhüllen wollen.^ XHe Ver8am> 

* Alle hier «ofgeiililten Sobnibeii «n den KaiMr tragen da« Dstnm: Wien« 
25. April 1606. 

* Ueber den Hanptpnnkt haben sich dio Ershercoge Geheimhaltong zn- 
peschworon. Päss iiK-ns in Wien sclioinbar 80 eingehend über Tirol 
handt'ltt', ist bislier ji>dein Darsteller dieser Dinge entgangen. — Indem 
MtLximtliau alle di«we Briefe seinem Agenten Tob. Vischor sendet zur 
üebnrgaba an Bodolf, seist er bei: Au diesen Sohreiben kann der 
Kaiser sehen, wanun die Ershenoge tuMnmengekommen sind} bitte 
sieh BnäoU an den Seoass gehalten, so bitte er eieh und mir Tiel If Ohe 
erepart 



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891 



melten gingen nicht auBeinander, ohne class «ich MaarimiKan 
von den drei anderen Enhersogen noch eine heBondere Yer* 
eichernng auflsteUen Heas: Weil sie zu Maximilian groseeeVer» 
trauen hätten nnd wfiBSten, dass er Alles zur WoU&hrt der 
oberOsterrnchischen Lande thue, so wollten sie sich des ein- 
schränkenden Reservats im Prager Recess in Beaag an£ Aemter- 
▼erleihoDg hiermit begeben haben, so dass der DeatschmeiBter 
alle Aemter in Tirol und in den Vorlanden nach eigenem Er- 
messen besetzen kOnne.^ 

Lange nachdem man sieh in Wien wieder getrennt hatte, 
beruft sieh Maximilian gegenüber dem Kaiser auf diese ,Decla^ 
ration' der drei Erzherzoge und begehrt dessen Erklärung, 
dass auch er seinerseita damit einverstanden sei.* 

Man sollte erwarten, dass wenigstens jene Mittheüung, 
wonach Eck nun seinen Poeten in Tirol yeriiess, dem Kaiser 
nicht unangenehm war.' Aber Budolf hatte akbald auch da 
wieder ein Haar entdeckl Eben damals weilte der Deutsch' 
ordenscomthur Eustach Westemach in Prag. Ihn unterzog 
der Kaiser einer genauen Befiragong, wie es denn mit Eck 
yzugangen'. Dabei Hess Rudolf einfliessen, er hätte sich wohl 
versehen, dass Maximilian, dem er die Ordensmeisterwürde 
einst ,hart und mit so viel dif&cultäten erlangt', die Wahl auf 
einen Erzherzog gelenkt oder wenigstens ,solche resolution' nur 
mit Wissen des Kaisers vorgenommen Idttte. Nun hatte der 
Deutschmeister Westemach autorisirt, dass er, wenn er nach 
Prag käme, den ,verlauf umständlich erzählen dürfe. Wester- 
nach hat nun in Folge dessen Alles ,deBto kecker* referirt 
Daraufhin, so konnte der Comtbur berichten, hat sich Rudolf 
etwas beruhigt und gab sich scheinbar ,wol zufrieden'. Die 
kaiserlichen Minister aber versicherten darauf, Eck ,8ei in kürz 
bald nachher hoch gestiegen', und sie gönnten es ihm wohl.* 
Freilich, hätte der Kaiser erfahren, wie Eck in seiner neuen 
Stellung mit den deutschen Fürsten über die Nachfolge ver- 



* Datum: 25. April 1606. Maximilian schickt BOCli am selben Tlgtt Ab» 
fx liriften .illcr Eingaben i&r Prag an £nheriog Albreebt und «nacht nai 
dessen Conseu.s. 

* Erzherzog Maximilian an Rudolf, 19. Juni 1606. 

* Bek siedelt» Anfangs Juni nach Meigentbeim. 

* Eck an Ershersof Uaximüian» 4. Jnli 1606. 



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292 



handelte, so würde die bessere Stimmuiig wieder gUnsHdi um- 
geschlagen habend 

Wegen Besetzung der nach Eck in Innsbruck frei ge- 
wordenen Stelle scheint es diesmni keine Schwierigkeiten ge- 
geben zu haben. Ohne dass die Acten einen Widerspruch von 
irgend einer Seite registriren, erscheint nun Ludwig v. Mollart 
als Assistenzrath. Dies hat dann allerdings den Kaiser nicht 
abfii h.ilten, nach kurzer Unterbrechung seine Verauohe wieder 
aufzunehmen, die auf eine ,retirada* Maximilians von Tirol oder 
doch auf eine denselben kränkende BchmAlerung seiner Gewalt 
ftuÜB Neue absielten. 

* Hier kann nur im Allgemeineti auf die während des l)riu k»>s (li»wer 
Arbeit erscbienene Abhandluug von Jos. Fischer, Der Linzer Ta^ Tom 
Jahre 1606 in ««inw Bedeutung für die OsteneidliiMhe Haut- and Beichs- 
gevehidite (Programm dea Privatgymnauums in Feldkiioh 18f8), wm- 
wleeen werden. 



I 



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> 



DIE REISE 

KAISER MAXIMILIAN IL 

NACH SPANIEN 

IM J^?LliJriJ£: 1548. 

UITGETHBILT 

FEBD. MfiNCiK. 



AwUv. LXXXVI. Bond. 1. BilfU. 8l 



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Im Jahre 1548 wurde Erzherzog MaximiliAn nach Spanien 
gescbtokty um in Abwesenheit Kaiser Karls V. die Verwaltung 
des Landes bu fahren. Sowohl in der Eigeuschaft ale Begent, 
ak auch als angehender Bräutigam der InfantiD Maria sollte er 
auf seiner Reise mit dem ihm gebtthrenden Aufwand auftreten* 
Sein ganzer Hofstaat begleitete ihn, auf dessen Unterhalt 
22.600 Gulden' von der Hofkammer vorgestreckt wurden« 
Sein Obersthofmeister war Don Pedro Lasso de GastlUa, welcher 
das kaiserliche Oberststallmeisteramt an den Grafen Sigismund 
zu Lodron abgetreten hatte; Peter von Mollart war sein Oberst- 
kftmmerer, Caspar Hobufg sein Obrister Silberkttmmerer und 
Verwalter seines Oberststallmeisteramtes , Peter Haller sein 
Ffeningmeister oder Cassier. Neben diesen befiinden sich bei 
ihm noch einige Kämmerer, Tmchsesse und die notiiwendige 
Anzahl von Dienern. 

Ueber die Richtung seiner Reise, sowie Ober die Orte, 
welche er damals passirt hatte, berichtet ein ,Au8zug Uber 
ausserordentliche Ausgaben', welcher steh in dem gräflich 
Harmch'schen Archive erhalten hat. Der Ausgangspunkt war 
Aiigspurg, wo damals auch noch verschiedene Kunstsachen ffür 
ihn verfertigt waren, welche während der Reise verschenkt 
werden sollten. Von da begab er sich fiber Bruck nach 
Mtlnchen (14. Juni)^ dann Uber Wolfratshausen, Benedictbenem, 
Mittenwald und Seefeld nach Innsbruck (19. Juni); weiter ging 
es über Brisen (21. Juni), Bosen, Rovereto, Ala und Busso- 
lengo (29. Juni) nach Mantua (30. Juni), Cremona, Valenza, 
Alessandria, ttber Gavi und Borghetto nach Genua (22. Jnli). 
Hier stellte ihm Fürst Doria als spanischer Admiral einige 

* Hofzahlamtsrcclinuni^en (in der k. k. Ilofbibliothek) vom Jabre 1548, 
fol. 58a: Eodetn die PeUfni ITallcr anf NoffiirfTr uiul Vcrricbtuiig der 
extranrflinari A«>!jral»en für Erxhorjso^en Mnxiinilifui in liis|ianieil auf 
eiu gauz Jahr hut^ gebeu uud (iberaiitw ortet Inhalt, Ueuelcb und Quit« 
iuDg zu AugHpurg^ 2i60O OuMen Raiuitoli. 



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296 



Schiffe sttr Verfilgung, welche ihn am 6. August nach Barcelona 
brachten. In dieser Stadt hielt sich der Erzherzog Uber eine 
Woche anf. Die Weiterreiee führte dann Uber Ignalada nach 
Monserraty von hier Uber Cerverai Lerida^ Candäsnos, Bujalaros 
nach Zaragosa. Am 18. September kam er in Valladolid an. 
Einige Tage darnach (23. September) worde hier seine Ver^ 
mtthlong mit der Infantin Maria gefeiert. 

Ist schon die Bestimmung des Zeitpunktes dieser Reise 
(Juni bis September) für sich wichtig, weil darttber nur an* 
klare Nachrichten bestanden, so ist die Aufzeichnung der Ein- 
selnheiten um so interessanter, woi) sie uns darüber belehr^ wie 
die Reisen der hoben Herrschaft) n sich damals ^m 16. Jahr- 
hundert) gestalteten. Auch aber die grossen Kosten solcher 
Reisen gibt uns der , Auszug' einen Aufschluss, denn nur an 
Oesebenken wurden 7288 Gulden verausgabt, die anderen Aus- 
gaben, so z. B. ,zur Erkhauffung vierundawainsig Maulthier in 
Hispanicn 2000 Ghilden'/ nicht eingerechnet. 

In dem Aüsauge wird Maximilian nur , Fürstliche Durch- 
laucht' titulirt. Diese Titulatur kommt jedoch auch in den 
Hofzahlungsrechnungen vor. Dagegen nennt ihn die Schlusa* 
rechnungy welche von einer andorm, gleichseitigen Hand her 
rtthrt, schon richtig königliche Majestät. 



Erstlichon zu Bruckh in Bayrn, alls mein gonedigFter ITorr da über 
Nacht ist gewesen in Iier F. D. Uerberg, su Letz' gebea drey Gulden 
vierundzwainzig Kreitzor, id est 3 Kg. 24 K. 

Mer in der Herberg, daboy die Silber-Camer ist gelegen uniid die 
üfficier gegen haben, zu Letz verort zwaynndiirpysig Krcitzcr . . 32 K. 

Mer ainem Wcgfuerer, so mit der halben Kuchlparthej voran gan- 
gen ist auf Minichen, geben sechzehn Kreitzor. i l est . 16 K. 

Item den viei7.oh enden Tag (14 ) '^nni zu Minicbon die Letz in der 
Vesst auf die vier Oflicierung aussthailii auf des Herrn Hofmaisters 
fieuelch bopchehen 34 Rg. — 

Mer dem Thorwiutl in der neuen Veßßt von der F. D. wegen vor- 
ert «wen Oiiiden sechzehn Kreitzer, id est 2 Bg. lö K, 

> H. Z. B. 1548, fol. 58a. 

* Dt« LetM: Absebisd. Ofimms qnod nigvsiitM aat mürfmitei damoa «ot 
«ommeiidaiiiiit amieis; daaa: Abeddeditrank» Ab«ohtodatrhinsOT, 



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2d7 



Her der von Bftjm Trumettern Tier Taller, id est .4 Bg. 82 K. 

Item, alle mein genedlgisterHerr xn Wolfartshansen' Uber Nacht 
gelegen, so Lets verert dr^ Gulden Tiertng Xreitzer, id eet 8 B. 40 K. 

Item, als Ir F. D. su Benedict-Bairn* nber Kacht im dosster 
gelegen sein, zu Letac Terert sechs TUler 6 R 44 E. 

Her des von Baym Euehlmaister annd zwayen Cöcb, so von Häni- 
chen ans ghen Benedict-Baym sein mitsogen und der F. 0. Knchl ver- 
sehen, hal> anfs Herrn Hofmalsters Benelch Terert zwaintsig Tatler, 
id est S2 B. 40 K. 

Her dreien Ainspenigem, so Ton Hänichen mit der F. D. bis ghen 
Bajrn geritten sein, Terert sechs Taller, id est , . . . 6 B. 48 E. 

Item den 17. Tag Jnny sa Hitenwaldt haben Irer P. D. ettlieh 
Weiber gefanngen, denselben Terert in Peysein Fettem Ton Holir' ain 
Taller, id est 1 B. 8 K. 

Item den 18. Tag Jnny, als die F. D. anf Seefeld t ist ankörnen, 
dem Brieater in der Kirchen, so das Hailthnmb nnnd die Ostia Ir F. D. 
hat sehen lassen, Terert in Beysein Herrn Adam Schmeckowics* ain 
Cronen, id est 1 B. 80 K. 

Eodem die, wie die F. D. oberhalb der Langen Wisen anf Inns- 
pmgg sn reitten wellen, haben Ir F. D. etttiche Weiber gefanngen, den- 
selben in Beysein Herrn Adam Schmeckobitz rerert ein Cronen, id est 

1 B. 80 E. 

Anf den 19. Tag Jnny zn Innsprng dem Ebensang, Stat-Thnmer, 
anfs Herr Holfmaisters Beueleh geben drey Taller, id est . 8 B. 34 E. 

Eodem die, allen Offteiern zu Insprug sn Letz Ton der F. D. wegen 
geben Tierzig Taller, id est 46 B. SO E. 

Her zn Innsprug dem Ho^rttier mit Namen Sigmnndt PeneUen 
zn der Iiets Ton der F. D. wegen geben ain Cronen, id est . 1 B. 80 E. 

Eodem die, sein die F. D. Ton Innsprug ghen 8terczi(n)gen' 
zogen, daselbs der Cantorey Terert drey Golden dreisig Ereitzer, id est 

8 B. 80 E. 

Her, als Ir F. D. daselbs zn Sterezingen bey dem Schennckhen 
gelegen sein, haben Ir F. seiner Hansftuwen ein silbernes vergnlts 
Trinckhgeschirlein geschenckht, hat gehalten zwo Harckh fonf Lott zway- 
ainhalbs Qnintl, die Harckh zu 15 B., thnn 85 B. 14 E. 



* richtiger: Wolfratshausen. 

' Peter von MulUrt, Erzherzog 

* KJUninamr des Elnhenogi. 
■ Stening am Eiaaek. 



' Honclictbonern. 
Maximiliaus Kammeriing. 



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Moi des s< lieackben Haasgeaindt zu Stercxing^n so der Letz gebea 
vier Taller, id est 4 R. 32 K. 

Iteni; den ainunndzwaintzigiBteikTag Juny, als die F.D. zu Brixen 
ankörnen ist, der Caat4>rej daeelbs varert swen Galdan drejrunndfunfczig 
Jüreifczer, id est . 2 B. 63 K. 

Mer zu Brixen dorn UaiiHpfloger im Qschloas TOU der F. D. wegen 
zu der Letz geben zehen Taller, id est 1 1 R. 20 E. 

Item zum Cölman,' als mein geuedigster Herr las Friemal da 
gesseo, haben der Cantfirry verert drithalhen Taller, id est 2 R. 50 IS^ 

Mer des Ludwig Postmaistor Hausfrauen, als die F. D. da bcy im 
gei^seu hat, lu Letz aufs Herrn üo^maistera Beuelch verart fünf Taller, 
id est 5 R. 40 K. 

Item Jen 23 Tag Junii zu Pötzen der Kh. Mt. Ambtman Ver- 
walter zu der Letz, ah die F. D. im Ambthaaa gelegen, sein verert siban 
Gulden, id est 7 R. — 

Her als die F. D. zum Neuen Marckht^ baban das Fruomal 
gassan, dem Wiert zu Letz verart. id est 1 R. 42 K. 

Mer dem Wiert zu Ala. so ein Keitter gewesen ist, von der F. D. 
wegen Letz verert drey Crouen, i. e 4 R. 30 K. 

Item den 29. Tag Juuy. als die F. D. zu Ursulennge.' in einem 
Stattl der Veuediger Lanndt zuegohörig, über Nacht gelegen ist, haben 
die Vf'ti' di^er Irer F. D. ein IVesent von Profiandt bis in :iO Wägen 
thun. ist den neu Personen, so mit von Venedig sein dahm ghen Ursu- 
leughe abgefertigt worden, in Be)>ein Cristoffen Stredelo, des Kuchl- 
Schreibers, zu ainer Verfirung auf des Herrn Hofuiaisfer Beiiekh gewen 
worden funfunndacli '/.ig spanisch Diicaten, thun zu 105 K. id est 148 B. — 

Mer den zwayeu Wiertten zu IJrselenge, so mein genedigster Herr 
unnd Officia sein gelegen, ZU Letz auf Herrn Hofoiaistera fiauelch verert 



acht Tarier, id e.St . 9 R. 4 K. 

Mer zu Urselenge dem Haubtman daselbst mit Nam^^n Annivlins 
de ßiba ein silbernes verguldes Trinckhgeschir von 6 Markh 11 Loti 2 
verert, die Markh zu 15 f. R., thun 85 R 46 K. 3 d. 

Mer des Cardinais Trabanttan zu Ursuleoga von der F. D. verert 
acbthalben Taller, i. e 8 R. 4 K. 



Mer noch 13 Personnen, so v .ii Bern sein gewesen uund las Pala- 
tium haben zu Ursuleuge zuegericbt, von der F. D. wagen verert zwain- 
izig Tallar. id est 22 U. iO K. 



* Kollman oberhalb Bozen. ' NenonarkL. 

* Wahn»cheiaUch die Studt Bui««oleiigo vor Verona. 



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999 



Item so hab ich dem Cristoffen' dison Tag zalt, so er von der F D. 
wegen zu Mittenwalt Letz dfm'Wirt geben hat, drey Gulden, id est 3 K. — 

Item deu SO. Juny zu Manthiia den zwaien Poittier pey der nuea 
Weer oder Thor von Irer F. 1). wegen vei ert vier Cronen, thuen i. e. 6 E. — 

Item als der Mathfiis Krauen Pieis. Platner zu Augspurg, meinem 
gonedigiiiton Herrn am kiires von allen Schiffuugen unnd Stuckhen ge- 
macht hat, laut seiner (Quittung unnd der F. D. BfMirirh boczalt sechs 
hundert sibennnndfunftzig Gulden lieinihch dreiß^^ig Kreitzer, mer seinen 
Goselon zu verdrinckhen Torert zwaiutzig Taller, thuet »lies sechs hun- 



dei't achtzig Gnlden K. zehn Kreitzer, id est . . . . 680 K. 10 K. 

Mer in Manthna des Hertzogen Biisuuner auf Irer F. D. Betielch, 
hiebei ligt, ver^rt zwelf Lhicaten, zu Hundert und futtf Kreutzer thaii 
aiauundEwaintzig Gulden K. i. e 21 R. — 



Item zu Mantliua >lt'S von l'icmant Narren auf der F. D. Beuelcb 
verert dreissig ('rönnen, tbun fuufiindüertxig Gulden, i. e. . 46 E. — 

Item des Hertzogen von Mantliua Obristen Hofmaister mit Namen 
Qnintiliano auf der F. D. Beuelcb. hiel)ey ligt, verert zway silberne ver- 
gulde Triockbgeschier von 14 Marckh 10 Loth 3 die ich zu 15 R., thuei 
awayhundert zwaintzig Gulden fünf Kreitzer . 220 R. 5 K. 

Mer zu Manthua des Hertzogeu Obristoi stallmaister mit Namen 
Vincentio auf der F. D. Beuel« h. hiebey ligt, um güldene Ketten von 
zwayhundert vierundzwaiutxig Crounen, tbuen vier hundert ainundviei-tzig 
Gulden Klinisch, id est 441 R. — 

Mer deb Hertzogen von Manthua Rossbereitter von des geschenckh- 
ten Knsfj wegeii auf der F. D. Beuelch, hiebey liegt, verert ein güldene 
Kettt ii von uiuhundert Cronnen, i. e 150 R. — 

Mer des von Manthna8tallknechten,von des geschem kten Koss wegen 
der F. 1>. Beuelch, verei t- zwelf Cronen. tbun achtztihen (Julden 18 K. — 

Mer dos llerczogt-n von Manthua üfticiern allen auf F. i>. Beiielch, 
hiebey ligt. verert zwaihundert Crouuen thuun .... 300 K. — 

Mer dt'S vnn Manthua Trumetter auf der F. D. Beuelcb, hiebey 
ligt, verert achtundzwaint/ig Gulden, id cs^t 28 R. — 

Mer des von Manthua Trumlöchlager auf ¥. D. Beuelcb, hiebey- 
ligt, verert vioi7.ehen Gulden, i. e 14 B. — 

Mer zu Cremoua Herr Petrus Franciscus Dreggi auf F. D. Be- 
nelch, hiebei ligt, verfrt ain Trinckhgeeicliier von 5 M 4 Lyth 2 Q, die 
Marckh zu 15 K., tiiuet ueunundsibenzig Gulden B. unnd dreyzeheu 
Kl eitzer, i. e K. 18 E, 



' Stredele. 



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Mer Johann Dreg^ Cremona aufi Fürst. B«uelcü, biebii ligt. Ter- 
ert ;tiri s;!b«(nie8 verguldes Trinckhgescbicr von 4 M. 5 Lott 3^/3 Q, iiü 
Maickli zu 15 H., thaet funfunnd^echzig Gulden neunanndzwalutzig 
Kreitzer, i. e 65 R. 29 K. 

Mer zü Cremona dem diittf n ueder Sigmunden Dresrsrv aaf F. D. 
Beuelch ain .'«ilbernfs vergults T; iiukliL'esohicr Terert von 3 M l.'i L. die 
II. zu lä Ii., thiift neuniindfunfzig GuKien vier Kreitzer i. e. 59 U. 4 K. 

Mer Jeu ann l^rn eemainen Officieiü m Cremona auf F. I>. Beuelch, 
biebej ligt, verei t zu L«>tz /.waiutzig Croonen, thnet dreissig Gulden, i. 

30 R. — 

Eodem die zu Ii 1 1 ^ i g e u t h 0 n * im G^blotfg dem Portii«-r vv*n meines 
genedigisten Herrn we^n verert zwo Cronnen, i. e. . . . 3 B. — 

Eodem die zu Hit/ifrentbun im Gschloss droyen Puchsenmaister von 
der F. D. wegen veiiit drey Cronen, thun i. e 4 R. 30 K. 

Eodem die des Don Ferdinando de Consago Trumelschlager von 
der F. D. wegen verert zu Leda ain Ducaten, thuet . , 1 R. 15 K. 

Eodem die den Statt zu Lodi Turner von der F. D. wegen verert 
anudei thrilben Tuller, tuet 1 R. 42 K. 

Ittm zu Lijdi dem Marsilia, so in der F. D. Herwer gewanudt. von 
dfi V. D. wehren verert ein silbernes vergults Tiiuckbgeschier. von drey 
Marckh unnd ain i^, die M. zu lö II., thnet laut F. D. Beuelch 45 Ii 1 5 K. 

Item zu Lodi in F. D. Herberg dem IJuussgesin dt zu der Letz von 
der F. D. wegen drey Cronen, thuen 4 R. 30 K. 

Mtr des Don Ferdinando de Consago Hofmaist* 1 zway silberne ver- 
gulte Trinckhgeschier verert von 13 Marek 8 Lott 1 Q, die M. zu 15 R., 
laut Irer F. D. Beuelch zvva)buüdert zweu Gulden viemnndzwRinizjg 
Kreitzer. id est 202 K. 24 K. 

Mer des D 'ii Ferdinando de Cons^agu Fui Schneider mit Namen Con- 
Kcientia ain ^-ilbt i iies vergultsTrinckhg'^'Pchir auf der F. D. Beut Ich verert, 
von 3 Man kh ll'/^ Lnth, die M. zu iO Ii., thuet fuiifunndfunftzig Gul- 
den viiTuundzwaintzig Kreutzer, id est 55 R. 24 K. 

Mer des Don Ferdinando de Consago Officiern Letz auf der F. Ü. 
Beuelch verert ainhnndert einun isibentziir Ducaten. tiinen im Mintz zway- 
bondert neununudzwaintzitr Gulden funfzohen Kreutzer, i. e. 229 R. 15 K. 

Item den 13. Juny in NVithschefnie^ des Don Ferdinando Tra- 
banton von der F. D. wegen Beuelch verert zwelf Cronen, thuet Ib R. — 



Pizzigliettone nicht weit von CreinouH. 

darüber (geschrieben: Vig^euen. Es ist Vigevauo. In der Datirong ein 
Fehler, es »oU 13. Jali beisaen. 



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301 



Eodem die su Widttchefiiie 6m Havsphlegar von der F. D. wegen 
▼ereii eechs Gron» ibiin 9 B. — 

Her xn Talentia' in sway Niinnen*Cl<»8ter Ton der F. D. wegen 
▼erert vier Gronen, i. e 6 B. — 

Her den Lentten, so die Prugg Valentian Tber das Wasser ge- 
macht haben, auf der F. D. Benelch verert swelf Cronnen, Uran 18 B. — 

Her den Grafen von Valentian, dabey die F. D. nber Naeht ge- 
legen sein, ain silbernes vergults Trinekhgesehier von fbnf H IS L 9 Q, 
die H. zu fanftsehen Qnlden, tbnen nennnndachtiig Oalden ainund- 
dreissig K., i. e 89 B.- 81 K. 

Her alnem Farfosser Hinich von der F. D. wegen verert iwo 
Cronnen, i. e 8 B. — 

Her des Grafen an Yalentia Hansgeeindt zu Lets anf der F. B. Be- 
neloh vereii sehen Daeatten nnnd siben Cronnen, thnet aehtanndxwaintxig 
Onlden, i. e. 98 B. — 

Her in Alexandria dem Edlman, dabey die F. D. nber Nseht ge- 
legen sein, ain silbernes vergults Trinekhgesehier von 5 H 9 L 9 Q, die 
H. sn 16 B., thaet anf der F. D. Beoelch dreynnndaehtsig Qniden sway- 
nnndfhnftxig Kreitser, i. e 88 B. 69 K. 

Item den 18. July bey Alexandra dem Grafen mit Namen Gallas, 
das er mit der F. D. mit etlichen Pferden geritten ist, ans Benelch vwert 
ain goldene Ketten von 900 Cronnen, thnen .... 800 B. — 

Her desselben Tag zn Gaf e' ainem Pndisenmaister vorert vier 
Gronnen, i. e 6 B. — 

Her daselbst zwayen spanischen Tromenschlagern in Beysein des 
Babtista Cammerdienner von der F. D. wegen verert fbnf Cronen, thnen 

7 B. 80 K. 

Den 18. Jnly daselbst der Don Ferdinande Camerer mit Namen Lois 
ain Ketten von der F. D. wegen von ainhnndert Cronnen anf Ir D. Be- 
nelch verert, tbnn in Hints 150 B. — 

Her als die F. D. so Bofereidt im Gschloss gössen hatt, ist von 
Irer F. D. wegen verert worden fanf Cronnen . . . . 7 B. 40 K. 

Her dem Jacob Benegirss, meines genedigsten Herrn Wiert zn 
Gafo, SQ der Letz anf Ir F. D. Benelch geben sehen (Bronnen, tbnn Ißntz 

16 B. — 

Item sn Borget* dem Conte Afadele haben die F. D. ain gnidene 
Kette bewilligt, brat Irer F. D. Benelcb bezallt von 900 (^nen, thnn 
Hintz 800 B. — 



* Tatenn. * Qtm. * Boighetto. 



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Mor 7,11 Genua den Piiclispnmnistorn trcbon von der F. D. wegen, 
auch auf derselben D. Ik-ui^k li zwd'iwtvA'j; ( rönnen, thun iü Mintat 30 R. — - 

Item den 22. Jn\y zu Genua den Statfuriem von der F. D. wegen 
Torert vier Cronen, thun in Mint/ . K. — 

Mer. als flie F. D. /n (TiMina das Clainat in der Kirchen gesehen 
hntt, haben I F. 1). den Bruesstern laut Ii'er F. D. Beuelh verert zwainag 
(C)ronen, thun 30 R. — 

Mer dem Mei etlu) Kreydenmarher auf der F. D. Beuelch ain Ketten 
Ton zwayhundert Cnmen verert, thun in Mint/ .... 300 K. — 

Mer in Genua vier Xrumdlachlager und Pheifer Toa der GaardiA 
geben 4 Cronen. i. e 6 B. — 

Mer zu (lemia dem Johan de Ag-isina. so der Printasen de Dona 
Hanti vers^rt hat. von der F. D. wegen verert 20 t'iunon. i e. 30 K. — 

Item den 25. Juiy zu (ienua zwayen Comisfarien, ao die Present 
von dennen von Genu^j we^'on (h-r F. D. Uberantwort haben, von Irer 
F. D. wegen zway silberne verc^nilto Trinkhgesrhier von ainlef M 3^, Q, 
die M. zn 15 H.. thnot laut F. i). üeuelch ainhuudertfuafiinndsocht-isig 
Gulden zwenundfrinttziu' Kreut/er. i. e 165 K. 52 K. 

Item des Priut/.en de {».dina Hotnuiister ein silher vertrults Ti inckh- 
eregchier von 7 Marek, die Maickh lu lö K., laut der F. D. Beuelch ain- 
hundei t fünf Gulden, i. e 105 B. — 

Mer hahen die F 1). des Printzen de Dohria Officier zu Letz verr 
ordnet laut Irer F. l). Beuekh zwayhundert Oronueu, i. e. 300 E. — 

Mer des gedachten Printzen de D(oh)ria Guardaioba von der F. I), 
w.^en verert vierzehen Dnraten, i. e 24 K. 30 K. 

Mei- so hat der Herr Hot'inaister Herr Don Fetter den Fran- 
tzesificheii Schefleutten von der F. B. wegon verert 20 Crounen, i. e. 

3« R. — 

Item mer dem H. Hofmaister, so er von der F. D. wegen auf den 
claineu Wäreschä verert hat, hiut Ii er F. D. Beuelch 10 Tron 15 B. — 

Mer zu Bar.seloita ataer Fr.uien auf der F. l), Beuelch zu einer 
Hilf verert als zwaintzig rr»?nnen. thun Mintz i. e. ... 30 R. — 

Mer habfin die F. D. dem Coiiiite de Benevall in Irer F. 1). Gallern 
aus Genaden bewiligt ain güldene Ketten von zwayhuiidert Cronnen, 
thun 300 R. — 

Mer dem Anthonio Bai tero in der F. D. Galeen ain Vererung von 
der F. D. wegen laut Irei* D. Beuelch uberanntwort zwayhundert Ducaten 

850 R. — 

Mer ainem mit Namen Johan Batista auf der F. D. Galleen von 
Ii'er F. D. wegen verert, nemblichen 20 Cronnen, i. e. . . 30 B. 



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90S 



V«r allen Offidtm in dw F. D. OaIImh iof Iiipr .F. D. Bendlch 
Vttrert iwajrhnndeit Duckten, jeden in 106 B, thttn . . 860 B. ^ 

Her haben .Ir F. D. den Sdiefleiiten in clainen Sclieflein, Fra&iarekba 
genant, bewiiigt vieitsig Ducaten, thun 70 B. — 

Mer den Gapitan aof die Oaleen, dafauf Herr Oaapar Ton Heberckb,^ 
Hofmaister sambt andern von Adl gefiuren ist, auf der F. D. Beneleh ain sU* 
bems Tergulte Trinckbgeecbler, von drey Harckh 8 Lott, verert, dieMsrelb 
18 B., tiinn swaynndfiinllsig Gulden dreiseig Ereitaer, u e. 82 B. 80 JL 

Her dem Capitan auf der Oalleen bey dem sehwariaen Adler, darauf 
der Oontral<yr und die Edelknaben gefaren sein, auf der F. D. Beneleh ein aiU 
bems Tergulte Trinckhgeeehier Ton SKarckh ainlef Lott 1 Q, dieHarekb an 
18 B.» thun Tiertaig Gulden dreinndinnftiig Ereitaer . . 40 B. 88 E. 

Her den Olftciem in gedachter Galeen lum sohwartzen Adler anf 
F. D. Beuelidi Terert funftaehen Son Cronen thun . . . . 28 B. rn^. 

Her ainem Sekhalfen, so meinem gn. Herrn ain Par Hosen anf 
der Galeen verert hat, ime widemmb auf F, D. Beneleh, wie beyligt, ge- 
senckht funftaehen Gulden, i. e ; 18 B. — ^ 

Item den 6. Augusti dem Printzen de Thoria Tnimettern auf der 
F. D. Beuelch zu Barselona geben ^ . . . 18 B. — « 

Her der Stat Barselona Trumettem auf der F. D. Beoelch Torert 

12 B. — 

Item nachdem zu Genua in F. D. Galleen ain Schlaf der F. D. anf 
dem Haasbam geetigen iat nnnd sich allerley Eurtsweil gebraucht hat, 
derselben von Ir F. D. wegen verert 8 Cronen, . . 7 B. 80 E. 

Her an Baraelon» den dreyen Paugei'8,.. so im Einreitten. toran- 
geritten aein, vor der F. D. wegen verert vier Cronnen . . 6 B. 

. Her so Barselona .sibeA Tmmettern, so ▼on.8ioili8 geweaMi sein, 
auf Ir F^ -D. Beuelch aiben Cronnen, thun 10 B. 80 K. 

Her an Barselona: von awaybflndert Ihicaten in Hinta anf UTechsl 
geben 2 Bucaten an zweif Beal, thnn . , . . . . - . . i B. 12 E. 

Item den 14. Tag Augusti hab ich anf des F. D. Beuels In Lrer 
F. D. Camer geben ain sUberna vergults Trinckhgcechier von 6 H 4 liott, 
und die H. an 18. B., tbuet dreyttndneuntzig Gulden fonf^ndflertaig 

Ereitier, i. e. . ..... 98 B. 48 E; 

. Her XU Barselona des Hargeaen Hofmaister haben die F. D. zu 
L'eta aus Genaden bewiiigt ain silb^na vergnlts Trinekfagesdiier Ton 4 H 
6 L S Q, die Harckh zu 18 B., tbnet ..... 86 B. 19 E. 8 d, 



' ÜMpar TOtt Hoborckh, Enhenog HazinilUiiw Obritter SUberkimmenr 
und Verwaltar des enhonoglichMi Btallmmstaiamtei» 



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804 



Her zu Barsolona der F. D. Beuelch nadi des lt»xgwtn OfBcier tu 
Lets ▼eroii swayhandert Cronnen, thnet 800 K, — 

Mer m Barselona von der F. D. Guettern tu sigiliern gdMn ain 
Teroniiig auf der F. D. Beaelch 30 Dncaten, thuet . . . 60 S, 80 K. 

Item iTior in dem netten Stätl oder Nachtleger von Banelona ans 
in der F. D. Herberg auf der F. D. Beuelch ta Lets Terert 8 B. 80 K. 

Mer zu gemelten Stätl des nechst Leger von Barselona ainem Han 
geben, so daselbst gewardt unnd die Esltreiher bescbiden, dasa aj ghen 
Ignalada sogen sein, geschenckht SO B. — 

Item auf Mansarat* in Closter haben die F. D. in des Closter ver- 
ert laut des Herrn ElemoHinarii Qoittnng und der F. D. Beuelch ainhnn- 
der( Tienindzwaintzig Ducaten zn 105 Kr., thuen . . . 217 B. — 

Item als meiu g. Herr vber Nacht zu Igoalada gelegen iat» den- 
selben Wiert an Leti von Irer F. D. wegen verert 8 Cronnen, thuet 

4 B. 30 E, 

Item auf Mansarat sechs Soldaten von der F. D. wegen avfe Herrn 
HofiDBisters Benelch geben sechs Cronen, thiin 9 B. — 

Item den achtaehenden (18.) AngDsti zu Sandt Maria de Camino 
anf F. D. das Fraemall, da gessen haben, an Leta verert 1 Dacaten nnd 
1 Cronen 8 B. 15 K. 

Item den 20. Augnsti an Serafera,' als die F. D. zween Tag da 
still gelegen, zu Letz verert drey Son Cronen, thun . . 4 R. 36 E. 

Item den 21. Augusti an Waickho»* da die F. D. das Fruemal 
gessen hat, zu Letz verert 1 R. 30 E. 

Mer daselbst in dem Hanss, da die Tmchsessen gessen haben, Ter- 
ert, i. e — 19 E. 

Mer in dem Hans, da die Silber -Camer gewesen ist, zn Letz 
verert — 24 E. 

Item den 22. Augusti ainem Edlman, so mit dem Gabernator von 
Barselona geritten und sich in der F. D. Diensten gebrauchen lassen, 
auch ain Boss au Todt geritten hatt, ime anfs Herr Hofmaisters Beuelch 
verert 15 R. 20 E. 

Item zu Fraga» da mein gen. Herr nber Nacht gelegen ist, zu Letz 
verordt lom EJlraans 6 Ducaten 10 B. 30 E. 

Mer den Mannen, die zn Fraga die Fnigg haben Ubers Waser ge- 
macht, von der F. D. wegen vei^rt 4 Cronen .... 6 B. 8 E. 



* Moniemt, wn bertthmtes Benedicthnerkloster. 

* Cervera. 

* Vielleicht Bellpnig. 



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805 



Item den S4. AvgiiBti su Contasennfl,* da mein gen. Htrr das 

Fraemal gdsen hat, so Lets Tenrt S B. 6 K. 

Mer daselbst in der SUbereamer m Leti geben . . . — 8 E. 
Her in dem Haus, da die Tmebsessen gessen baben, ra Leti yerert 

— 48E. 

Her SU Contasenns den Tanniram ▼<nii der F. D. wegen verert 
1 8on Gronnen 1 S. SS K. 

Item den 24. Angusti in Bnialerus,* da die F. D. nber Nacht 
gelegen ist, in Lets der Franen ain silbems vergnlts TrincU^sdiier Ton 
ainem H 8 L annderthalb Q., die IC. in 15 B., i. e. . . 18 B. 11 E. 

Mer tu Lerica' in F. D. Herberg sn Lets fon der F. D. wegen 
▼erert sechs Sonnen Gronnen, thuet 9 B. 7 K. 

Her daselbst im Hans, da die Knchl gewesen ist, verert 1 B. 83 K. 

Item sn Serafera in dem Hans, da die Herrn Hofinaister gasen 
haben, sn der Lets 1 B. 80 K. 

Item sn Willach,* da die F. D. das Fniemal gessen haben, in Irer 
F. D. Herberg geben dem Wiert 1 B. 80 K. 

Mer daselbst in dem Hans, da die Silber-Ctoer gewesen ist und 
der F. D. Trocbses darin gessen, sn Lets geben . . . . — 48 X. 

Mer daselbst von der Eachl Herberg Lets geben 1 B. 1 K. 

Item in Bnien,^ da die F. D. nber Nacht gelegen, sn der Lets dem 
Volckh geben 18 B. 16 K. 

Den 27. Angnsti Aschaferin,* das Nachtlager m Ban^ttj, iat 
die F. D. nber Naeht gelegen, dem Edlman im Haas, dabey die F. D. sn 
Herbeig gelegen ist, sn Lets verert 9 B. 19 E. 

Item mer daselbst, als der Caspar Lindegg Seeretarii wider hinder sich 
bey der NaofatsumCardinat aufeinEaren gefaren ist» verfaren 2 B. 48 E. 

Item SD Bnohalares den Tentsem bey der Nacht von der F. D. 
wegen verert 6 B. 40 E. 

Mer in Saragesa* dem Abbt, dabey die F. D. su Herberg gelegen 
ist, ein silbems vergnlts Trinekhgeschier Ton 6 M 2 L anderthalb Q, die 
M. sn 16 B., thnet 92 B. 18 E. 

Den 4. September sn Tgnalada, als der Tafldienner etlich Tiscb- 
taecher hat waschen lassen, besalt 1 Begal nnd 9 Marfedis 
1 Begal 9 Marfedis. 

* Cand/isnoi. ' Bnjalaroi, ' Lerida soll es 1if»i§«on. 

* ▼ielleicht Velilla am Ebro. • wabxscheinlich Fuentes. 

* Alfigarin. ^ Ztx&gozA. 



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m 

Ibr der Stai za tfunicheii Pfeiffer unnd Thnmer von der' F. D. 
wegen ilrey Gulden B. Tierandzwaintsig Krentier, id est . 8 B. 34 K, 

Mer des von Baym Trammeitem vier Tallor, i. e. . 4 B. 33 K. 

Mer don 19. Jnnü tu Innspnig dem Bbensaiig, Statk-Tnmer, aufs 
Herr Helinaister Benelcfa geben 3 Thaller, i. e 3 B. 34 K. 

Za Stercaingen dem Cantorei daselbst 9 B. 30 

Item dea 21. 3my, als die F. D. an Briien aakemen ist, der Can- 
torei daselbst verert awen Golden drojandfnnfesig Xreitier i. e. 3 B. 63 K. 

Her ftinf wiUschen Gaiger von der F. D. wegen anfe Herrn Hof- 
maisters Benelcb geben drey Golden, i. e 8 B. <— 

Item so Colman, als mein gn. Herr das Praemal gössen, haben der 
Contrey verert drithalben Tailer, i. e 3 B. 80 K. 

Mer >n Trient swayn Partheyea walachoa Qaiger von der F. D. 
wegen verert 3 Gulden swelf Pacsen, t. e 3 B. 48 E. 

Item als die F. D. zu Ala ist ankörnen 3 Ferrarischen Gaiger geben 
▼en der F. D. wef en 6 Cronnen, ibon 9 B. — 

Item in ürsolenge zehen Partbey mit Snittenspillen nnnd annder 
Musica unnd knrtzweiligen Possen, so bey der F. D. gewesen sein, verert 
funfonndneontasig Golden onnd viertzig Kreitzer, i. e. . . 95 B. 40 E. 

Her des Cardinais Tmmeter an ürsulenge verert swelf Tkller, i. e 

18 B. 83 E. 

Her dem Cristofen Stredele bezalt, so er zu Potzeu dem Schoet» 
maister mit der Musica von Irer F. D. wegen verort, vier Tailer, tbnet 

4 B. 32 K. 

Mer in Mantboa dee.Hertzogen Pusniinor auf Irer F. D. Beoelch, 
hiebej ligt, verei-t 12 Ducaten zu hundert und 5 Kreitzer. thiiet 21 K. — 

Mer des von Manthua Trametter auf der F. D. Beuelob, hiebey 
ligt, verert 28 R. — 

Mer des von Manthua Trumeischiager auf F. D. Beuelch, hiebey 
ligt, verert ' 14 B, — 

Mer in Manthua den Gaigem als Ir F. D. mit dem Cardinal gessen 
hat, verert 9 B. 12 K. 

Mer des Don Ferdloando de Consage Tramelschlager von der F. D. 
wegen verert so Loda i Ducaten, i. o 1 B. 46 E. 

Eodem die zu Loda 6 walische Geiger von der F. D. wegen rorert 

3 K. 30 K. 

Eodem die der Stat Loda 12 Trumeischiager von der F. 1). wegen 

verert 3 B. 30X 

Eodem die die Stat an Loda Tarner von der F, D. wegen verert 

1 B. 42 £. 



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307 



Item va Ganii«, im klain Stati» sein 16 Geiger bey ineinem gcu. 
Herrn gewesen, denselben von Irer F. D. vegen verert . 15 B. 18 K. 

Mer in Hailandt dee Dhon Ferdinando de Coneage Tmmetter aaf 
der F. D. Beueloh verert 30 B. — 

Mer in Loda hatt Herr Wilhalm Giennger Kwayeo Partbey Geygor 
von der F. D. wegen verert 9 B. IS K. 

Item den 11. July ainer Farthey Geiger von der F. D. wegen 
verert 3 B. 24 K. 

Her iwsy spanieeben Trumelifciilager von der F. D. wegen verert 

7 B. 80 K. 

Her in Gafe hn Nachtleger ainer Parthey Geiger von der F. D. 
wegen verert 6 B. — 

Item den 21. July zu Genna der 8iatt-Ti*nmet(0i'n' von der F. D. 
wegen verert . . 9 B. — 

Her in Genua 4 Trnmelschlager vnd Pfeifer von der Gnardia 
geben 6 B. — 

Item den 6. Augueti des Printzen de Thoria Trnmettern auf der 
F. B. Beuelch zu Barselona geben zwelf Cronnen, fhnn . . 18 B. — 

Her der Statt Barselona Trumettem auf F. D. Beuelch verert 

12 B. — 

Her den Schelmeiera nnnd Sackphfeifern tu Barselona auf der F. D. 
Benelch verert vier Gronnen, thnen 6 B. — 

Mer zn Barselona ainer Parthey Hofierern anf der F. D. Benelch 
geben siben Gulden 80 Ei'eitzer, thnet 7 B. 30 K. 

Her in Barselona ainem Gaugier von der F. D. wegen verert 
sechs Cronen, thnen 9 B. — 

Her zu Gonteaenns den Tanntzem von der F. D. wegen verert 

1 B. 89 K. 

Item sn Buchalarea dem Taimtzern bey der Nacht von der F. D. 
wegen verert 6 B. 40 K. 

Item des Contestalbe Tiiimetter zn Tal lade Ii t am 17, Tag Sep- 
tembris von der F. D. wegen geben 18 Docaten . . . .18 Bncaten. 

Item den 18. Taig Septembris in Valladollit des Princessin von 
HIspania ganntz Hnsica auf F. D. Beuelch laut einer Quittung betsallt, 
thun funftzig Cronnen zn zehen BeaU, thuett funfnnndfiertzig Ducaten 
5 Beal 45 Ducaten 5 Beal. 



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308 



Au B z a u g 

«u auf der Baiss, als Ehniiig Maximilian in Hispanian iog«n, auf Verar- 
bangen, Leczgelt» ferrer GeschandninaseB den Obariaten nnd Sduflenten 
aber die Galeen unnd dann anf die HoBioen, die Ir Kh. H. aaf der Baiss 
besnecht baben, anfganngen iat. 

Yeerhnngen: Eivtlicihen iat aaf allerlay Vererhangen an golden 
Ketten, Trinckbgeecbier und parem Gelte aafgangen . 8189 B. 10 K. 

Leesgelt: Anf Leiagelt in aolieher Baiaa . . SS86 B. 61 K. 

Galeen: Item so iat denen Oberiaten über die Galeen, aneh der- 
selben Ol&eiern nnd Scfaiflenten, weliehe Ir Kb. Mi gebraucbt baben, 
geben und gescbenkht worden 1886 B. 98 K. 

Hnaica: Unnd noch ist auf solieher Baiss aaf allerlay Nnsicam, 
die Lr Kh. H. beaaeeht haben, anfgangen .... . 470 B. 88 K. 

Summa thnet zusamen . . . 7288 Bg. 2 K. 



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BEITRÄGE 

ZUB 

GESCHICliTE DM HABSBÜßGER 

AUS DEN LETZTEN JAHREN 

TOK 

D'' GUSTAV TUKBA. 



Arobiv. LXXXVl. lUnd. II. IliUru. 22 



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Vorwort 



Oie vorliegen do Arbeit beansprucht nicht, eine vollstän- 

dip^e, zusaramenhilngondc Geschichte der letzten Zeit König 
Philipps II. von Spanien zu sein. Es sollten nur die vielen 
Aufschlüsse, welche ich in neuen Quellen für diese Zeit ge- 
funden habe, im Zusammcnhanf?e mit dem bisher Bekannten 
mitgetheilt werden. Der Plan dazu entstand in diesem Früh- 
jahre in Italien, als mir eine Art politischen Testamentes Phi- 
lipps II. in Rom in die 1 lande kam, und als ich daraus die 
Hoffnung schöpfte, dass es sich überhau])t verlohnen würde, 
die letzten Jahre dieses Köni^^s genauer zu erforschen. Be- 
sonders beschäftigte mich Philipps 11. Verhältnis zu seinen 
Verwandten, vor Allem zu seiner Schwester, der Kaiserin- 
Witwe Maria, und zu deren SöluKn Kaiser Rudolf II. und 
Erzherzog Albrecht«, worüber für diese Zeit bisher wenig be- 
kannt war Hiebei bemühte ich mich, diese und andere 
Hnbsburger nach Abstammung und Einwirkung ihrer Um- 
gebung zu schiidem, aber nicht allein in geistiger, sondern 
auch in phvsischer Beziehung'. Nur wenn man Einblick in die 
physischen und psychischen Verhiiituisse eines historischen In- 
dividuums gew oiiiK n hat, wird so Manches in seinem Thun und 
Lassen verständlich, wie dies meines hochverehrten Lehrers 
,Don Carlos' darthut. Um ein voreiliges ITrtheil zu venneiden, 
muss der Historiker oft auch den Arzt zu Worte kommen 
lassen. Allerdings s*^tzt dies voraus, daas eine genügende Zahl 
von Beobachtungen überliefert ist. 

Ferner fesselten meine Aufmerkbamkeii die bisher unbe- 
kannt gewesenen testamentarischen Verfügungen des Königs 
vom 7. Mftrz ir)94, darunter eine Thronftlgi-ordnung, und die 
geheimen Weisungen und Kathschläge für seinen ^suchfolger, 

SS* 



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312 



eben jenes poiitisclic Testanieiit, worin or dir Summe seiner 
tiefen Mennchnikenntnis und Hf*rrsehererlahrung zog. An- 
geregt durch Büdin^rcr'«) .Mittheilungen aus spanischer Ge- 
schichte des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts*, * deren 
zweiter Theil das Ableben Phib'pps Tl. l)eliande!t, widmete ich 
demselben Thema meine Aufmerksamkeit und suchte aji der 
Hand unverdHchti2:cr, neuer Nachricliten, bei deren Prüfung 
es mir ver;L^<"»nnt war, auch mediciniselie Urtheile heranzuziehen, 
den Scld' ior von Entstellungen zu lüften, den Lirlje. Hass und 
Unwissenheit der Zeitgenossen Uber die näheren Umstiliub' 
dieses Hinselieidens und über die Krankheitsgeschichte des 
Königs gewoben haben. 

Was ich im Vatiean und in anderen römischen .Samm- 
lungen unter liebenswiirdi.<:ster Unterstützun;,' der dortigen 
Beamten fand, und was mir durch die Liberalität der Archiv- 
verwaltung in Simaiu as von dort gesandt wurde, war ebenso 
interessant und reichhaltig wie das einschliigige Material, das 
ich frllher im k. und k. geheimen Haus-, Hof- und Staats- 
archiv in Wien liatte zusammentragen und infolge des be- 
sonden n Entgegenkommens der Direction des Germanischen 
Museums in Nürnberg durch viele Stücke, aueli aus dieser 
Sammlung hatte ergänzen können. Allen, die meine Arbeit ge- 
ftirdort haben, sei hicmit üffcntHch bestens gedankt. Ganz be- 
sonderer Dank gebllrt den Herren: Dr. Osear Kticbel, Afi^i- 
stenten an der ersten mcdicinischcn Abtheilung des allgemeinen 
Krankenhauses in Wien, und Dr. Josef Adolf Hirschl, Assi- 
btenten der Klinik Kraflt-Kbing, die mich nnt ihrem fachmän- 
nischen Wissen und ihrer Erfahrung in vcrsliindnisvoller und 
hebenswürdiger Weise unterstiit/ten. Es gilt dies hauptsächlieb 
fllr die Beurtheilung der Kranklicitscrs(dieiuungen bei König 
Philipp H. und seinen Kindern, sowie für das Gutachten Uber 
den Geisteszustand Kaiser Rudolfs II. Ihre Urtheile habe ich 
immer wörtlich citirt. 

Wien, im October 1898. 

Der VerlÄSsex. 



' Genaue CiUte für beide Ärbeilen unten S. 313, Anm. 2 uitd S. 318, Aiun. 



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L Capitel, 



ünglUck iiu Kölligshause. 

TCüiiii; Pliilipp II., der ernste und seinei» TTcrr.sclierpflicliteii 
ganz erf^i bt'Mc Monarch, der so viele Jalin- S]),lv;pT^^^ Ooschickc 
lenkte, war seinen Kindern ein liebevollrr Vater. Man wollte 
zu weit uclieiule Nachsicht hei iiiin bemerken; der Uiiterscliied 
gegenüber der strengeren Kr/.ichang der Kinder Kaiser Fer- 
dinands I. und Kaiser Muxinjihans II. fiel Solchen, die einen 
derartigen Verifh^eli anstelh-n konnten, in die Augen J Um so 
schmerzlicher war fUr liin das UnglUck, das er an seineu 
Kjndern erleben niusste. 

Der zur Thronfolge wej;en schw. rer Oehrechen körperlicher 
wie geistiger Art (mehrt'aclie Misygebtaltung und Schwachsinn) 
unfähige Don Carlos, die Frucht seiner ersten Khe mit der por- 
tugiesischen Maria, starb am 24. Juli 1508 in unvermeidlicher 
Haft * Alle seine Kinder aus seiner vierten Ehe mit der Erz- 



* Joliaiiii rri'ilierr von KhevpnbfSüer an Kai-er MAximilian II., Madrid, 
1. August 1576, Dort \\ar er mit kurzen l 'nferbrechtiiifrt'n von 1671 
bis zu »einem Tode a.m H. Mai lOüö Ges^tudter. £r sagt in einem Be- 
richte Tom 16. Oetober 1588, dMs er Enberaog Maxinilian^ dw litnluT' 
königt von PoI«n, ^nditrslter «in ZeitI Iftng* fewttno set Die in 
NUrnbeiiP aufbewahrten Briefregister Khevf iiliüller's sind, wie meine 
Prüfung ergal>. ■rleldizeitige Abschriften von 1( i Hand c\nr^» d'o'nniU- 
«chaftjff'ecrptnrs. Klievenhüller corrigirtf^ und ergänzte bio eigüiiii.'indi^r, 
indem ur an freigelassenen Stellen in Klarschrift naditrug, was in 
den Originalien in Chiffren «Und. Wenn am Germaalieben Huiettni 
In Nürnberg nicht »o grotee Libemlitit fllr die Benfltsang hemchtet 
mflnte man lebhaft bedauern, dass das k. und k. geheime ITaus-, Hof- 
Mnd Stantonreliiv in Wien pich den Ankauf dieser anthrntischon Al.- 
.Hchrii'ten entgehen ümB, uniaomehr, ab in Wien die Ori<riuaUon in 
Überwiegender Mehrzahl fehlen. Vgl. über Khevenhüller » Leben Czer- 
wenka, Die KfaeTenhailer (Wien 1867), 78—94. 

* Badinger, Don Carlos, Wien nnd Leipnig 1891, 157 ff. 



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314 



Herzogin Anna Ins auf eines zeip^tcn sich nicht lebenstahig. 
Der zweite, wie Don Carlos durch feiorhche Eide zum Tliron- 
folgor bestimmte Sohn Ferdinand starb vor Vollendung' des 
siebenten Lebensjahres am ( )ctober 1578:' ,ein schwachs, 
doch ain angenembs feins hcrrl und der Khönipn [Anna] 
fcindtlich [= sehr] anlich', wie ihn ein treuherziger Aufren- 
zeuge nennte l >'^r jüngere, am 12. August 1573 geborene Sohn 
Karl Lorenz Avar dem Bruder am 9. Juli lö75^ in den Tod 
vorangegangen. Uer letzte der feierlich anerkannten* Tbron- 
folc'f^r. die der Vater überlebte, der am 12. Juli 1575 geborene * 
Don Uiegu, starb am 21. November 1582 an den Blattern.^ 
Damit erfllllten sich lang gehegte Belurchtunger der Aerzte. * 
Von den Töchtern des Kr.nigs hatte die Intantin Maria, 
,ein gar lieb und kurzweilig Kind', einen Leybdeffect auf die 
Welt [ge]braeht, sonderlich an aim Armb, der zu Zeiten gross, 
zu Zeiten aber ciain zu wern j)flegt[e]'. * Sie starb am 4. Augiist 
1583 vierthalbjiilirig. Sic war das letzte Kind der von Phi- 
li}>j) IL aufrichtig geliebten letzten Gemahlin, der er vielleicht 
allein die eheliche Treue bewahrte. Diese habsburgische Anna 

» Khevenhaller, 22. Ot tob. r 1678 (Nürnberg). 

* Kbevenhüller, 1. Augtint 1576 (Nürnberg). 

* Coleccion de doemn. insditot para la histori« de Bip«!!«, CXI (ll«dfi4 
1896), 312 ag,i Cabrera, Felipe SeguDdo (Bfsdrid 1876), II, 198, 971. 

* Am 1. MÄra 1580. KhevenhUlIer, 7. März 1580 (Nürnberg). 

' Montana, Mas las de verdad hiatorica «obre Felipe II. el prndente 
(Madrid 1892), 32. 

* Kbevenhüller, 27. Novembe» nnd 10. Deeembar iMt (Wiener Staats- 
areblv). Der Verfaaaer der Annalen Ferdinande II. (1678—1687, Begene- 
bnig 1640), Qraf Franz Christoph RlievenhUllor, ein Sohn des Bartho- 
loraäns, dws Bnnler?« des Gesandton Johann, pi^t (p. 18-2) irrig den 
21. Decomber 1582 als Todeadainin an, obwohl er seines Onkels Papiere 
benfltzt hat. 

^ KheTWÜiflllar, 19. Oetober 1678 (M flmbfltg}. 

■ Khevenbflller, 7. Üln nnd 10. November 1680 (NQniber;}. 

« Sic war nm 14. Febrnar 1680 geboren. XheYeldilUIer, 15. Angoet 1688 

(NilriibHrjCf) 

'** Ueber seine Licbsclifit'teii. uiicli ;ils Elipninnn, und über seine natOr* 
liehen Kinder vgl. Albcri, Uelaxioni degli anibaüciatori veneti (Firense 
1889— 1S62), !»er. I, V, 68, 72, 114, 11», löl; Druffel, Briefe und Aeien 
lur Geadiieble dee 16. Jalirbnnderta (Mttnehen 1878) I, 601 f.; Forneran, 

Histoire de Philippe II. (Bruxelles 1881) I, 9, und Mignet, Antonio 
P(*r>'7. ot Philippe II. i'Paris 1845) ;?7 sv Vkh ninem nntflrliphen Sohn© 
,vun mehr als 30 Jahren' von einer Dauie aus dem Hause Osorio [Isa- 



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315 



ttel am 26. October 1580 einer Fehlgeburt zum Opfer.* ,Nicht 
geradt von Leyb sondern krampschultert^ * war die Infantin 
Katharina, dafUr aber heiterer als ihre berfihmtere ältere 
Schwester Isabella Clara Eugenia.' Gregen ihren Willen war 
sie mit dem Herzog Karl P^manuel I. von Savoyen vermählt 
worden.* Sie war das letzte Kind, dessen Tod (am 6. No- 
vember 1Ö97) der Vater erleben mnsste.^ Isabella Clara Eugenia 
stammte wie Katharina ans seiner Ehe mit der französischen 
Elisabeth. Isabclla war ohne Kdrpergebrechen und von an> 
muthiger, nach Urtheilen Anderer in ihrer Jugend sogar von 
ausserordentlich aehOner Erscheinung." Mit ihrer hohen gei* 
stigen Begabung auch fUr politische Dinge war ne dem un- 
glücklichen Vater Stütze und Hoffnung, dem vereinsamten 
Witwer viele Jahre treue Gesellschafterin und kluge Be- 
ratherin. 

Mit ganz anderen Gefühlen musste aber der KOnig seinen 
Sohn und künftigen Nachfolger Philipp betrachten. Seit dieser 
Sohn lebte, hatte er den Vater mit banger Sorge erftült Dass 
er allein unter den Kindern der habsburgischen Anna, der er 
sehr ähnlich sah,® seinen Vater überleben könnte, schien viele 
Jahre hindurch ganz ausgeschlossen, da ihm die Aerzte von 
der Geburt (14. April 1578) angefangen bis in die Neunziger- 
jahre des 16. Jahrhunderts längeres Leben abgesprochen 



bolla] «rhrp'iht KbpvpnlifllTpr dpm Kni<'f>r äid 10. December 1 ?S>*2 *N(irn- 
bHrp). Dir . ij I-^ rn-T iij irp-^-^la u Ii 1 1 üehanptung^ Wilhelms vüü Uranien, 
dass Philipp vur der ii^he nat Maria von Portugal 8choD mit einer 
Spanisria heimlicb Termihlt gewaMo Mi, hat i& di«Mr Form wenig 
Anaprach auf G-Isabwilrdigk«tt, namentlleli wegen der Feindeebaft Omdeiie 
gegen Philipp, nnd dttrfte denselben Wert haben wie eine audeve Be- 
hauptung OranienH (Iber T^on Barlos (Bttdinger, Don Carlo«» 90). 

* Khevenhöller, 1. November h'iSO (Nürnberg). 

* Derselbe, 15. Jänner 1Ö85 und 2Ü. October 1584 (Nürnberg). 

* AlMri, Behudo&i, aer. I» V, 86«. 

* Xhevo^Uer, S7. 8q;»tember 1684 und 9. Felmar 1688 (Nttrnbeig). 

" KhevenhUUer, 29. November 1697 (Nürnberg). 

* Khevenhiillpr an df^n Kaiser, 6. Mai, 9. Jnli, 11. November, 28. Doceraber 
1678, 27. December 1679, 30. Juni, 17. October, 16. December 1680, 
6. März 1682, 15. Januar 1685, 6. November 1588, 10., 20. November 1589 
und S9. NoTOmbor 1698; AlbM, eer. I, 491 (1698). 

* {Diego] d« C6id«Ta «a den Ktieer, Konten» 97. Jnli 1685 (WioiterStMiti' 
archiv, Spanien, Corre«pondonz, fasc. 11). 

* Khevenbttller, 24. Februar 158S (Nttmberg). 



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316 



hatten: ein ,80 durchsichtiges' und ein so , schwaches Herrh;* 
war er.* Trotz der im JUnglinf^saltcr ^rcgen alle Erwartunff 
eintretenden Kräftigung* war er ebenso wenij^ wie sein Vater 
körperlichen Anstrengungen gewachsen. Zeitlebens litt er an 
schweren Verdanmig<5störnn2:pn.^ Man führte diese Ui^l)ol auf 
zu reichliche Kost zurück.' Auch Kaiser Knrl V.,-'' seine 
Kinder Philipp II.''' und die schon erwähnte Kaiserin Maria,' 
ebenso Don Carlos* waren nachweislich sehr starke Esser. 
Was bei dem inJanten Philipp indes bedenklicher erschien, 
das waren rinnende Wunden an beiden Knieen, die sich dauernd 
nicht scbliessen wollten^" und ein unheilbarer GeBichtsausschlag, 



I Khevenhflller, 22. October 1578, 28. Juli 1581, 10. Decetnber 1532, 
29. Aognst 158S, 88. Juli, 13. NoTOmber 1&84» 14. JinMr 16M (NfirabeiK 

und Wien). 

* KhevenhUller, 17. Juli und 19. September 1598 (Wien). 

* Khevenbttller, 28. Juli, 82. September 1684, 11. August, 19. September 
1687, 8. April 1688, 4. MMn 1689, 17. Ifln 1690, 81. Deeenber 1693, 

88. Januar 1595, 10. April, 27. September 1596 (Dürnberg und Wien); 
Nuntiaturberichte au« Madrid vom 3. Mürz 1CO0 (T^ocifrat im vatica* 
uiscben Archive, ,Borphpso TV, 235*, fol. 306) und vom 5, Februar 1600 
(ebeudaselbst, ,Nunziatura di Spagna 50'). 

* Hinojosa, Loe deapachoe de ]a diplomacfa pontilleia (Madrid 1897), 378 sg. ; 
Alb4ri, «er. I, Y, 486; Batoai e Berchet, Belasioni deyli atatl etuopei 
lotto al senato dagli ambasciatori veneti . . . Teaetia (1866—1877), eer. I, 
I, 24G, 28^>, 357; Cabrora IV, 201. 

* Der Caniinal uiul IJiscliof von Imola, Uirolamu Damlitii, schreibt nws 
BrÜMel am lä. Juni lü53 in Chiffren: ,Le cose triate che mangia 
[Garlo V.], cosi in qualitA, oome in quantiU, h ooea da non eredere, et 
qneeto eome 4 TeriariiBO, non ri ba da dabilaxe: die sempre le tenft 
non solo in pericolo ma con pwpetua inhabilit;*!, co^'l circa I'opdtani, 
como circa il cuusipliare et comm.nndarL'.' (Vatican. Archiv, Ntiiiz. di 
Fiandra 1, fol. 9U.) Vgl. Gachard, iiatraite et mort 'Ic Charles -Quint 
(Bruxellos 1855); Introduction 7sv., H, p. XXXVII svv., uiidi'icbot, Cbario«- 
Quint, Cbioniqne de sa vie int4rieoie (Parie 1864) 86, 288 mit tebreek- 
liehen Detail«. 

* Vgl. unten den Anfiuf des Capitels VI. 

^ Fiedler, Relationen venetianitcher Botacbaiter (Fontei lenim anstriaca- 

r.mi I87<t, XXX), 393. 
" hutiuiger, Dun Carlos, 185 f. 

* Alböri, ser. I, V. 866; Baroaei'Beiehet, Belasioni, ler. I, I, 168^ 867; 
KbevenhttUer, 10. December 1688, 1. Febrttar 1684, 6. April 1686. Am 
l6.J8ttner 1686 aebrieb dieser, rh'i<!s- die ,bOsen huniores' in den Hahs 
gestiegen seien, eo da» der Priux habe porgiren müssen (Wien und 
Nürnbeig). 



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317 



den er aach als Mann behielt: Beides führte man anf eine 
eyphilitiaehe Amme' anrück; es handelte rieh aber ,yermuth- 
lich nur um Erscheinungen der Scrophulose'.* 

jDie Krankheiten von Philipps II. Eändem dttiften, so- 
weit sie auf pathologische Veranlagung anrUcksafahreQ rind, 
durch Verwandtenehen mit yerschuldet sein, die seine nn« 
mittelbaren Vorfiüiren und er selbst geschlossen haben/* Seine 
Ghrossmtttter Maria und Johanna die Wahnsinnige waren Oe- 
schwister. Sein Vater Karl V. hatte eine Cousine, Isabellay ge- 
heiratet. Geschwisterkinder waren auch die Eltern von Phi- 
lipps n. erster Gemahlin Maria: Johann III. von Portugal und 
Katharina, so dass Philipp II. seines Vaters Schwesterkind 
heiratete. Seine vierte und letate Gemahlin Anna war das 
Kind seiner eigenen Schwester Maria und seines Vetters Ma- 
ximilian n. 

,In der pathologischen Veranlagung der Kinder ist die 
neuropathische Seite zum Ausdrucke gelangt'* In der Familie 
kamen einige Geistesstörungen vor, und awar bei Philipps 
eigenem Sohne Don Carlos, femer bei seiner Grossmutter Jo- 
hanna und bei deren Grossmutter, der portugiesischen Isa- 
betta,* endlich bei Kaiser Rudolfs U. natttrlichem Sohne Don 



' ,L'itirta« runches ^ue losalieron al rostru' (KheveiiliiUler, 20. Januar 1586). 
,Hat ... das Oeneht tottmiUig' (Khorttibflllar, 6. April 1686). «Nach 
d«r «aag Mlie Min Kranklieit Ton einer nngerandten, inorbo güUico infi- 

cierten Amen gesogen habben' (KhevenhUUer, 10. December 1688, Wien 
und J^ilrnliorpy Die Krnnkheit n ini ..specie di Rcabbia', ,U8agre OBsi« 
rosa-marina' >renaniit. Baroaszi-Berchet, ser. 1, I, 153, 289; Foraeron, 
llujt. de Philipi>e II., IV, 278. 
' ,Die rinnenden Wanden miMhen den Eindruck einer Eniegelenkstuber^ 
euloee, popnlir OelenkfliehwamBi genannt. Der nnbeiiiiare Geeiehteane« 
äuhlag dürfte ein Eczera gewesen sein ( i n^^^ n de Flechte*, bei Kindern 
, Vierziger'). Gütige Mittheiinng Pr. Oekar Ueichel'a. 

* Von demselben. 

* Gütige Mittheilung Dr. Josef Adolf Ilirscbrs. 

* Bttdinger, Don Carlos, 268, 800; Oacbard, Jeanne la Folie et 8. Fran$oie 
de Boija, und von demselben: Lea demien mouMmto de Jeaane 1a Folie 

(Biilletins dp l'acaili^mio royale de Belgique, Bruxelles 1870, 2'"» s^rie, 
XXIX), 294 8VV., 391 srv., ebenso: J. la Folie et Charles-Quint (ebenda«.), 
711 avv., 723. Die Biureibung der Scbweater Fbilipps II., Johanna, der 
Kronprinumun-Witwe von Portugal, unter die Geialetgeatlbten beruht 
wohl anf einem MiasventXndnia bei Auslegung der einaigen biefUr 
angeHlkrten Stelle ans Alba'a Correaponden* (Dooamnntoe escogtdos del 



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318 



Julio. ' Hei Karl V. sind epileptische Ant)ille im Alter ▼on 
18 Jahren behauptet wordeD.^ Wie bei vielen seiner Ver» 
wandten überwiegt auch bei König Philipp IT die prnstc und 
melancholische Gnmdstimmung der Seele. Hei seinem Vater 
wie bei seiner Schwester Maria tritt die Melancholie mit zu- 
nehmendem Alter zeitweise krankhaft auf,' Der so gebildete 
und begabte Sonderling auf dem Kaiserthrone Rudolf II. war 
ebenfalls neuropathisch veranlagt. Man darf es ihm glauben, 
wenn er seine Unlust su anstrengenden und verstimmenden 
Regiemngsgeschufien und seine ZurUckgeaogenheit der Mutter 
jjcfrenUber einmal durch seine stete Müdigkeit entschuldigt."* 
Ruhe ist überhaupt Vielen in der Familie Bedürfnis. Sie 
suchen sie, der Eine frOher, der Andere spftter, im Palaste 
oder im Kloster: sie wollen dem lärmenden und nervenauf- 
regenden Getriebe der Welt möglichst entrückt sein. Am be- 
rühmtesten ist die Weltflucht Kaiser Karls V. Schon mit 
36 Jahren erwog dieser den Gedanken der Regiemngsentsagnng.* 



archlro de la cm« de Alba, Madrid 1891, 410), wo von dem Sohmene 

Jobannas Uber Don OtrW Hiiuchetden und von seinen Aenssernngeii 
wüthemlcn Ifasso«« nnch p^^pen sie die Rede ist, Vpl. Büdinger, Mitthei- 
lungen auü äpaniächer Geschichte des sechsohnten und siebzehnten Jnhr- 
huuderts (Sitzungsber. der kais. Akad. der Wissensch. in Wien, 1893, 
Bd. CXZVIU) 15, Airni. 1. 

> Gindaly, Kadolf U. ond Min« Zelt (Prag IM«, 1865) U, 88801 

> Gachard, Retraite I, 6, 

• Für Knrl V. vgl. Turb«. Veiietiaiiische Depeschen vom Kaiserhofe 
(Wien II, ROl.^^ Anm. 1, 607 Anm. 1, 631 Anm. 2; Gachard, 
Retraite II, y. LXII »44.; für Philipp IL: Alböri, ser. I, V, 274, 360 ag. 
und KliaT«nhflller*8 Berichte Tom 88. Min 1577, 85. und 80. Jnni 1584, 
18. AngtM 1587, 18. Mirs, 87. April 1581 (hier «ine beaSglieli« Mit0Mi- 
lung Moura's an die Kaiserin) niid vom 8. Augnst 1596 (Wien und 
Nürnberg). Von dem Erzherzog AllTP-'h! schreibt Kh"venhUU©r am 
7. Februar 158.3: ,Mich dunkht, die Melaukoley babbe bey Ir Darch- 
leucht auch mer stat, als sein soll vnd mer als das alter mitbringt, das 
plaiehwol nit wunder, weil ▼!! geediefll mnä darneben wemg vboi^ 
[Ar Bewifnng] Tnd Beereation ooneorriert . . . ■ Dis^ ist aber nit ain 
kranddiait, die gemeinen Lenthen vill zn schaffen gibt: est morboa 
iTip'*»nnn»; es soll ihn aber jedweder lieber den panem gnn * Ueber 
Kaiser Rudolf II. und über die Kaiserin siebe unten Cap. III. und IV.; 
über Erzherzog Max, Fiedler, Relationen, 888. 

* 8iebe nnton S. 888 f. 

■ Gachard, Retraite, Introdaction, 37 ; Uber Karls V. RuhebedQrfnis, fiUadi- 
lieb all Faulheit autgelegt, siehe Pichet, Charie•'<^ünt (Paria 1854), 8« srv. 



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319 



Seine Schwester Katharina^ die Grossmatter des portugieU' 
seilen Königs Sebastian, in späteren Jahren im Gegensatze 
zu vielen Verwandten von ansserordentiicher Leibesfttlle, 
musste, als sie sich in ein Kloster anrtickaiehen wollte, von 
Papst Pins IV. daran erinnert werden, dass es gottgefälliger 
sei, wenn sie ihre Pflichten als Grossm n i te r gegen ihren un- 
mündigen EnM und als Königin gegen ihr Volk «rfttOe.* Dem 
Beispiele Kaiser Karls V. folgten seine Kinder, die Kaiserin 
Maria und Johanna, die Kronprinsessin -Witwe von Portugal, 
Sebastians Mntter, ferner seine Enkelinnen Elisabeth-Isabella 
und Margaretha, die erste nach dem Tode ihres Gemahls 
Karls E^. von Frankreich;' sie und die unvermllhlte Erzher^ 
aogin Mai|faredia waren Kinder der Kaiswin Maria. Religio- 
sität spielt bei ihnen Allen doch nur eine secundftre Rolle: 
erst als ihnen die Welt Unglttck oder Entühuchungen bietet, 
fluchten sie in die Abgeschiedenheit. Doch bedeutet diese bei 
keinem Mitgliede der Famflie TOlligen Versieht auf ftrs^ohes 
Leben und fürstliche Bediennng.' Nur die genannte Margar 
retha ist Nonne gewesen, und nur bei ihr^ und bei der Ens- 
heraogm Helena, einer Tochter Kaiser Ferdinands I.,* ist die 
Bttcksicht auf KCrpergobrechen fllr die Wahl solchen Lebens 
mit bestimmend gewesen. Es ist für Philipp in., den Sprttesling 
so nahe verwandter Eütern, beaeichnend, dass er nur Wasser- 
trinker ist Seine Grossmutter, die genannte Maria, konnte erst 



^ Borromeo an Santa Croce in Lissabon und ein Breve Pius'. IV. an die 
Königin Katharina, beide Stücke vom 3r> März lötil, im Vatican. 
Archiv, ,Hibliotec-a Pia 134', fol. 83 — Ö5j Öant i Croc«'« Bericht vom 
20. Februar 1661 in den ^iscellanea di stona ital.' (Torino 1865) 

> Beanrias, ^liMbefh d'Amriehe et «m tmniM (Paris 18M). Sieb« 

Gacbard, Retraite II, p. LXI sq., 17 sv. 
' BezQglich der Kaiserin Mnria v.-m]. ihr»r Schwwter Johanna aiehtt u&len 
das Capitel ,Ent7.\veiung in der Familie'. 

* ,Zoppa, anzi stroppiata et assai deforme*. Fiedler, Relationen (tö77), 
893; TgL AlUri, aar. I, Y, 366. 

* Fiadlar, Balatlonan, Ml; Oolaeeion da doeum. inddttoa ZCVm (Madrid 
1891), 377; Bucholts, Gesch. Kaiser Ferdinands I. (Wien 1838), VIII, 
729 f. Ein r^g'elrechter Eintritt in ein Klo^tor hatte weder br>! dor Erx- 
herzugia Helena, noch bei ihren gleichgosinnten Schwestern Margaretha 
und Magdalena stattgefunden, troUdem sie ireiwillig das Gelübde ab- 
lagtan, unTennAliU an bleiben. 



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320 



in hohem Alter dazu vermocht werden, wenigstens etwas Wein 
zu trinken.^ ^Wahrsclieinlich beruhte diese Abneigung Phi- 
lipps III. gegen Wein/ die so stark war, daes sogar seine Ge- 
mahlin das Weintrinken aufgeben muf^ste, da er nicht einmal 
den (Jonich desselben vcrtnic;',* ^auf einer Intoleranz gegen 
Alkohol/ ^ Eine solche ist bei dem schwachsinnigen Don Carlos 
als ^Symptom reizbarer Schwäche'* erwiesen. 

Viel mehr als über die schwächliclu' Gesundheit des 
Thronfolgers hatt«' Krmig Philipp IT Tr i -he, über die immer 
deutlicher werdende Unfähigkeit decidelben zur Regierung be* 
trübt SU sein. Kurz vor seinem Tode klagte er darum zu 
seinem vertrauten i^Iinister, dem Portugiesen Christoph von 
Moura^ damals Harkgraf von Castel Hodrigo : |Aeh, Herr Ohri> 
stoph, wie es mich besorgt macht, dass sie ihn zum Herrschen 
haben !' ^ Aehnlichc Besorgnisse hegte damals auch des Königs 
Schwester Maria." 

Zum Lelirer hatte ihm der KOnig Garcia de Loaisa^ 
Giron ausersehen, der seit des Erzherzogs Albrecht belgischer 
Stattlialterschaft Verweser von dessen Ershisthum Toledo war. 
Die geheimen Ruthe Christöbal de Meura und Gomez Davila, 
Markgraf von Velada, standen dem gemeinsamen Hofstaate^ 



* Fiedler, Belationen, S9d. 

* Baroni-Berchet, aer. I, I, 246 agg. 

* Gtttige Mittheiluni? Dr. Josof Adolf Hirschrs. 

* Meynert'8 ntifarbton boi BUdiager, Don Carlos, 187, 866. 

' BUdiiigor, Mittlicilnngen, 19. 

* ,Dio Khaj.ocriii trägt grosso sorg', es wen!« nach Ableibeu des Khuuigs 
wegen der Minittro» paadones Tnd dw tclileehteii erfarnkait des 
•ttceeaaor allerlej absSts gebeo, aonderlieh die nott an gelt ytA groase 

ersagiuig dieser Khnnigkbreich vill zu »chnffen machen.' KlievonhüUer 
an den Ksispr. 19. August tfil^S (Nitriiherg). Dieser (iesandto hntto in 
UnkcniuiuH.s der Walirheit, vielleicht auch aus Scheu vur der Majestät 
des künftigen KUnigs, den Prinzen einige Zeit früher einen ,feindtlich 
gottesforehtigen und rerstHndigen Herrn' genannt Bttdinger, Uitthel» 
langen, 18 Ann. 2. 

* Diede Schreibang zieht er selbet der anderen ^lioBjMi* in Briefen an die 

römi «ii^lic Curie vor. 
" Der ilufättaat beider kostete im Jahre 15Ü4 145.292 Ducaten, der des 
Königs im Jahre 1596 293.301, im Jahre 1563 250.000 Duoateu. Bom, Ma- 
iienalbibl., .Mas. SeBaoriani 462 (S0B6)*, p.50I ; Alb&ri, aer. I, Y, 38. Bänke 
legt da« Verbot des KOnigs fttr den Prinien, die Gemächer der Infantin 
SU betreten, irrig ala eine ana Miaatranen flieeaende Beaehrinknng des 



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821 



des PriBsen und der Infantin, den Beide 1589 erhielten, vor, 
der Letztere als Oberstbofmeister und Ajo/ der £r8tere als 
ysommeiller du corps'.' Dem Thronfolger fehlte es aber an 
Neigung wie an Begabung zu Studien. Man kam in Mathe- 
matik und Latein nicht Uber die Anfangsgründe und gab es 
bald auf^ ihn weiter zu quälen. Kar aus Gehorsam gegen den 
Vater hatte er sich darum bemliht.^ Zwar erlernte er auch 
ein wenig Französischy Vlämisch und Italienisch, sprach aber 
Alles incorrect und nur so weit, dass er sich yerstttndlich 
machen konntet Sogar der Nuntius zog es einmal vor, ihm 
beim Antritte der Regierung einen vertraulichen Kathsehlag in 
spanischer Sprache zu fiberreichen, obwohl er derselben un^ 
vollkommen m&chtig war.^ 

Der Vater yersäumte nichts, .unter seinen Augen' den 
Sohn in die Aufgaben eines Herrschers einzuführen. ^ Mit 
15 Jahren musste ,dcr Prinz' 1593 in den Rathscollegien am 
Hofe zugleich mit Erzherzog Albrccht anwesend sein, ,aber 
khein mall vber ain stundt, darumben das er Ihm anfang mit 
langer assistencz nit zu roiedt vnd der Käthe UberdrUssig 
werdt^ wie Khevenhlillcr berichtet.^ Mit 17 Jahren begann 
er lö9ö im Namen des Königs Audienzen zu geben. Die In- 
struction dafür, die des Königs vertrauter Rath Juan de Idia« 



YerkebrM swiscliett den GMchwistom ans aod flbemiebt den von iliin 
«elbst angef^benen Gmnd; ,per rispetto d«tte damo' (im H .fstAAto der 
Infantin). ,Die Osmanen und die span. MontrcbieS Bd. XXXV der ges. 

Werkr» (I.oipzigr 1»77)- 109 Anm. 2. 

* Nuntiaturberichte vom Jahro 1594, vom D. Si>ptembür und vom 6. Uc- 
tobw 1597, der erste bei Hinojosa, 3(i8, 382, die anderen in Vatican. 
Ardi. »Nansiatara dl 8pagna 48% fol. 884, 8S6; KherenbOller, 8. De- 
cember 1589 (Nürnberg); Barozzi-Berchet, ser. I, I, 3<)3. 

* Klievcnliiilloi- in demselben Bt richte nnd der KOntg in «einem Tettanente 
vom 7. März 1594 (Simniicas), 

' Yaflcz, Momorias para ia historia de Don Felipe III. (Madrid 1728), 
1848g.; Albt^ri, ser. I, V, 447. 

* Barosxi'Berehe^ «er. I, I, 889. 

^ r.iniillo Caetano, Ende September 1598. .Nnnzi.itara di Hpagna 49.* 
" Eiiio davon abweichende Behaiiptnng' hoi IMiilipp-^Dii, Wosttnropa im 

Zeit.iltor von l'liilipp II., Elisabeth und H.-inrirh IV. (H. rlin 1882), 385; 

vgl. Cabrera de C«5rdoba, Felipe i^egundo (Akadumicausgabe 1877), 

IV, 198 «g. 

^ KheTenbtUler, 9. Oelober 1698 (Nflmbeig); Oacbard, Lettree de Phi- 
lippe II. k »09 fiUee (Paris 1884), 826 ig. 



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quez verfasste und der König eigenhändig unterzeichnete, * 
hebt hervor: der Kuuig habe den Prinzen nicht vorzeitig er- 
müden und warten wollen, bis er zu dieser Aufgabe durch 
seine Anwesenheit in den RathscoUegien (consejos y juutas) ge- 
nügend vorbereitet sei. Ausser den Verlialtungsrcgeln für 
eigene Belehrung, Anhörung und Beantwortung, die auch 
Meura und Velada, seine Berather und Vorsteher seines Hof- 
staates, abschriftlich cmpfiengen, wird liim Aufmerksamkeit auch 
in diesen Beralhungskörpern empfohlen. Um sich besser in- 
forniiren zu können und um seinen Eifer zu bezeigen, möge 
er dort dann und wann Fragen stellen. Es werde ihn freuen, 
erklärt schliesslich der König, wenn der Infant ihn selbst im 
gegebeneu Falle frage, damit er dem Sohne mittheilen kuiine, 
was ihn die Zeit gelehrt habe. Seit April 1597 begann der 
Prinz an festgesetzten Tagen die Junta für die Angelegenheiten 
Castiliens in seinen Gemächern zu versammeln, durfte die 
Stunden der Sitzung bestimmen, rausste dieselbe als Prä- 
sident eröffnen, brauchte aber dort nicht bis zum Ende zu 
verweilen. * 

Wiederholt unterzeichnete er 1597 ' und walu end der 
letzten Krankheit seines Vaters im Jahre 1598* im Namen des- 
selben Acten. 

Am 13. Februar ir)l'S iiihrte der KOnig persönlich seinen 
bald zwanzigjährigen Sohn in den Justizrath (justicia consulta) 
ein, wo er noch vor fünf Jahren alle Freitage persönlich den 
Sitzungen beigewohnt hatte, und theilte dem Präsidenten mit, 
von nun an werde ihn immer sein Sohn vertreten. Genau vor 



^ Rom, NationAlbibliotbek, ,M88. Seseoriani 1.02 (2056)% p. 481 (Copie): 
,Äuthor Don Juan Idiaquez; 6u Magestad la sacö [la instructioiij de 
mano propria,' de dato 3. Jali 1595. Bei Cabrera (lY, 202 sg.) die 
Inttmeiton olme ^ese Angabeo mit dem g«wiw irrigen Batmn ,80, J«U 
1596* abg«drackl{ denn dar fiegiiia der reg^linlflrffan Aadiensen beim 
Prinxen wird von Khereiihttller am 8. August 1595 berichtet (Nürnberg). 

* Instruction fttr den Prinzfn vom 18. April 1597 an» dem Eecarial. Rom, 
Nationalbibliothek, »Mas. ."Sessonani 452 (2066)% p. 430. 

* Decret des Königs an den Oroesin^uiaitor vom 7. September lUVt bei 
Oaehard, Lee Ubliothdqnes de Madrid et de rEBenriel (Bnoellee 1875), 
140$ Der NuntiiiB an Cardinal IHetro Aldobnmdini, 9. Sepl 1597, Yatieen. 
Archiv, ,Nanziatura di Spagna 48', f. 284. 

* ,Vna. zedula de bajo dc> )a firm.i del principe, como van toda.s lau demas 
cosan'. KheveohOller an den Kainor, 19. August 1598 (NQmbei^g). 



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m 



66 Jahren habe Kaiser Karl V. ihn selbst mit derselbe Auf- 
gabe betraut^ 

Aber Vater and Sohn waren nicht congenial, wenn auch 
der Sohn den Vater sogar iu I mi Worten nachzuahmen suchte.' 
Seine geringe Begabung ond Neigung au Begierungsgeschuftcn 
trat in Terstftrktem Masse erst, als er Herrscher war^ zu Tage.' 
Es schmerzte den Vater, dass der Sohn fUr den Escurial so 
wenig Verst&ndnis zeigte:^ er hielt es tOr nöthig^ ihm die Ob* 
sorge ftir diesen seinen Lieblingsbau sogar im Testamente Tom 
Jahre 15d4 aufzutragen.'^ 

Was dem Prinzen allein Freude bereitete, das waren 
Jagd, Tanz, Musik (iu jungen Jahren wenigstens spielte er die 
Cymbel),* endlich das Reisen und das Kartenspiel. Ganze 
Nächte durchwachte er als Herrscher spielend und verlor hie- 
bei ungeheuere Summen, womit er seine Umgebung bereicherte. ^ 

In Geldverlegenheiten hatte der herzensgute,* überaus 
leutselige * und freigebige Prinz immer einen hilfsbereiten heim- 
lichen Helfer.^** £s war sein Lieblingskämmerer, der Grande 
Francisco Gomes de SdLndoval y Bojas, Markgraf von Denia^ 
der 1599 «um Herzog von Lerma erhoben wurde. Dieser 
wurde schon früher als unbedeutend geschildert^' verstand es 

* Khevenhüller, 24. Februar löi)8 (Nürnberg). 

* AlbM, Mr. I, y, 446. 

* Mgvtto di d«bole iufegnot nimicisaimo del iMfoeio e di gorwu^etf, 
BArozzi-Berchet, ser. I, I, M6| Tjgl. ebenda». SB8, S67, Wl, 

* AlbÄri, ser. I, V, 465. 

' Simaucas. Di«^ Aiingaben für diesen Bau betrugen von 1562 bis Ende 1686 
3^11.168 Uacattiii. Kom, NaUonalbibliothek, ^ss. SeMoriani 452 (2056)', 

* GBniUo Boiglieie (eplter Papst Panl T.) bei HiIMljoM^ 880; AlbM, 
«er. I, V, 440; Cabrora, IV, 201. Philipp IL war nicht musikalisch. 
PorroHo, Dichos y hecho6 del sefior Rvj DooFelip«!!. (Sevilla 1639), 2. 

' Barozzi-Berchet, ser. I, I, 367, 466. 

" KbeTenhüUer, ö. December 1598; Barozzi-Berchet, ser. I, I, 140. 

* HinciJoM (für 1694), 879 (»ezceriTa afikbUidad«). 

Pietro CaneriBo, Seerelir der apoetoliaehen Collettoria in Speaiea» 
Madrid, 29. December 1598 (Vaticea. Avehiv, ,Naniiatora di Spegna 82*, 

fol. 579); Yanf^z, 140. 
" Baro7.a»-Berchet, .-^er. I, 1, 264. 

Su ausdrücklich von dem Nuntius Caetano genannt am 1. Jnli 1898. 
Tatiean. Arehir, ,Nunslailnra di BftgnM, 49*, M. 189 («DnpUoata*, d. L 
•weile Originalaniiwtipniy). 
AlUii, Mr. I, T, 490. 



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324 



aber, durch derlei Gerälligkciicu sich die Dankbarkeit 
künftigen Herrschers zu sichern. Das ist der Ursprung des 
unbeschränkten Einflusses des allinäciitigen GUnstlings Phi- 
lipps III. Denn schon wenige Stunden natli dem Tode des 
alten Königs kam die ciprentliche Kegieruii«i" an Denia: so 
grossmüthig und dai l. ii u zei';te sich der junge König.* 

Phili})|) II, gewaluie bald, d&6i> Denia den Neigungen des 
Prinzen absichtlich die Zügel aehiessen licss und seinem väter- 
lichen Einflüsse, welchen Moina und Velada unterstutzten, Hin- 
dernisse bereitete; der König iand auch schon damals, dass 
der Prinz zu sehr unter dem EinHusse dieses Mannes stehe. 
Er schickte darum ir)*J7- Deuia als Vicekünig nach Valencia. 
Trotzdem wussten die Getrennten in geheimem Verkehre zu 
bleiben. Der Prinz erhielt gelegentlich Schachteln mit Zucker- 
werk: darunter lagen Ducaten versteckt. Doch verstand es 
Denia, seine Rllckkehr an den Hof bald <lurchzusetzen. 

Weil der Köni? von der Unfähigkeit seines Sohnes Uber- 
zeugt war, ju'ab er ihm weder eine selbslstÄndige Regenten- 
stellung, uüuh gestattete er ihm Einfluss auf die Regierung. 
Der Papst Clemens VllL, dem dies auffiel, meinte ohne ge- 
naue Kenntnis von dem Prinzen,^ mau gebe ihm dadurch 

* Pietro Camerino schrieb in seinem oben S. 32.^, Anm. 10 citierton Berichte: 
,Duono che veramento nnn piiö essere nia^rLrior»' [il favore] et di tal 
ftindameuto che nun pu6 cadere, perchd «^uelli che sanDO Tiutiero del 
ii«gotio raferiiooiio cbe non procede il farora et prirania nid«lla d«l 
slgnor oMuoheee 4a eaprio<do gtoTflnile di 8. M*^, ma al bene da generota 
gratitudine sua, per haver 1 'istesso sigrnor mavcheae servito k S. con 
nmltij afietto di TolontÄ et siiicera devoti'oiip et cnnfnU'uti.i in tempo che 
stnva sogpotto alla dif^riplina delli favoriti et privati dei \l<\ f*no p.-i(lre 
di felice memoria, Hoccorrendolo de daiian et coosolandole ol aiiiuKiudolo 
k pMMur quel tempo, et paitioolarmenfeB» mentr« il nareheee predelto 
•tette Ticert in Talema, dieono ehe, non petendo aenpir k 8. con 
la «eeretena che facera de pveaentia, le inTiava presentt de oonfettttfa 

ot nelle scattol«' <lo cntop^ata le innndava notin ncmW per soccor?<n k 
S, , ot passava il tutt<.i con il iiiozzw öt opera del signor st^cretario 
Muriel, che allnra era aintante di camera di S. M'^.et hura tieue il 
carieo de seeretnrio de memoriaii et h fatoritiesinio di 8. M*^ 
■ Der Nuntius am 1. Juli 1598. Vatiean. Arcliiv,,Nunxiatanidi 8pagna49S 
fol. 169. 

» AH), ri. s. r. T, V, 190; Barozzi-I5erchet, ser. I, I, 139 sg. 

* Weder der NuiitiuR, noch Klieverihülier erfahren etwas Bestimmtes über rlie 
Fähigkeiten des Kronprinzen, Vgl. Ilinojosa, 378sg. und obenS.3-0, Anm. ä. 



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825 



wenifT Ansehen, so dass die Welt darauf gespannt sei, was es 
für ein Ende t^cbtu werde.* So lange der Vater lebte, blieb 
die Unfähigkeit den Sohnes Geheimnis. Wenn der König ge- 
legentlich sagte, sein Vater habe es bereut, abgedankt zu 
haben,* und durchblicken lasi?en ^vollte, dass dies auch gegen- 
über dem Infanten zu gelten habe, so hat er dadurch das ver- 
nuithlich entscheidende Motiv nur verhüllt. Wie hätte er die 
Ive^'ierung bei so grossen äaasereii Schwierigkeiten dem äohuc 
abtreten können! 

Auf diesem einzigen, schwächlichen und geistig unbe- 
deuteiulen Sohne ruhte die Hotfnung männiiclier licgierung in 
►Spanien. Darum traf der König- in seinem Testamente vom 
Jahre 1594 ein/elit ude Bestiuimun j'eii bezüglich weiblicher 
Succession für den VnW des Aussterben^ der männlichen Linie, 
wovon unten die Rede sein soll. 

Der Vater bestimmte dem Sohne eine geistig höher 
stehende T.el)ensg;efahrtin. Ursprünglich war dazu die älteate 
der unvermählteu Töeliter Erzherzog Karlä von Steiermark und 
der bayerischen Maria, (irt ^oria Maximiiiana, auserselien. Sie 
starb aber am 20. Scptemlter ir)Ü7. Obwohl Eleonore (geboren 
am 2r>. September 1582) nunmehr die ältere ihrer ledi^^cu 
Schwestern war, fiel die Wahl des Königs auf die jüngere 
Marijaretlia (j^eboren am 25. Deceraber 1584, fre.st(*rbcn am 
30. Oetober lülll So hatte es der Grazer Hot' und der Papst 
gewünscht, besonders als diesen ihr Bruder Erzherzog Ferdi- 
nand, der spätere Kaiser, im Mai 1598 bei einem Besuche in 
Ferrara gebeten hatte, in diesem Sinne auf den König zu 
wirken, da Eleonore sich zu einer Königin nicht eigne.' Aber 



* l>em Nuntius Cactano wird nm (?. «Tnni 151)7 von dem Cardinal Pietro 
Aldubrandini dor Auttrag urtiiuilt, zu (iuuHten oiuos Friedem anzuführen : 
,Non mIo ret&, nella ^luüe si ritrova [il Ro]i ™* aneo qiianto ti* im- 
becllle !• Miiiti, 1a toneim et& del figliolo et 1» poea lepatatione eh« le 
ha dato il padre istes^o con il tonerlo seuipre lontauo dalli negotii, di 
inaniera che il mondo st.i inulto sogpe;«« cho riuscita debba faro.' Vatican. 
Archiv, ,Nunziatura di Siia-rna ■ ('opierbucli fflr chiffrierte Stücke). 

' Dur Nuntius Cactanu iu eiueiu ,Discur8o', den er nat einem Üericbte vom 
14. September 1598 absandte. Vaticaii. Arehiv, ^Nuniiatura di Spagna 49*, 
foL 26«. 

* Cardinal Aldobrandini schrieb dem Nuntius Caetano am 30. Mai 1598 in 
Forrar.i chiffriert: .Cinnc 1' Art'iiluf;i [l\*n]Iiiaiifl<i] r di boiitA et sincerit^ 
d'auiino 8iugolare, cosi non lascid dl dire ä äua 6antitÄ Uberaioeute il 

ArcUT. titxm. Bd. IL BUfte. 23 



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326 

ehe der Kuntius eine b» zUghche geheime Weisung erapfieng, 
gab der König seinem Gesandton in Rom am 3. Juni 1598 
den Auftrag, für die i^Ieirat deb Priuüeu mit Maroraretha, 
in kürzester Frist die Dispens zu erlangen.' Dies ge- 
schah auch. 

II. Capitel. 
Ensherzog All^mht. 

Die Infantin Isabella Clara Eugenia, die einzige Tochter 
KOnig Philipps H., die ihn Überlebte, nach jener teatamentari- 
schen Tbronfolgeordnung eyentuelle Erbin der spaniBchen König' 
reiche, wurde dem Erzhersog Albrecht zur Gemahlin bestimmt. 
In Begleitung seiner Schwester, der Erzherzogin Anna, Phi« 
lipps n. letzter Qemahlin, war der Erzherzog einährig an den 
Hof seines Oheims gekommen.' Infolge dieser Heirat trat 
er ans dem geistlichen Stande. 

Mehr VersoTgungsrQcksichten als Neigung, besonders die 
Möglichkeit einer von seinen Brttdem unabhängigen Stellung 
scheinen den ehigeizigen und begabten Jüngling im Alter von 
sechzehnundeinhalb Jahren zur Wahl dieses Berufes bestimmt 
zu haben. 

Sein Vater Kaiser Maximilian II. hatte ihm am 15. April 1576 
in einem geheimen Schreiben vorgestellt: Da ihn der König 
und Andere, wie er vernehme, unter Versj^rechungen geistlicher 
und weltlicher Würden, besonders des Cardinalats, zum getst* 



sünso cho teueva id qucstü uiarituggio, e fu clie buH Altezza, tenendo 
«luesta na loralla maggioro di poea umti. et di non molto Moto iatot 
letto 9t, oome si diee, lor«, stinutv« oho la t«na aorolla C^üurgaeriU] 

di 14 .inni, che 6 MUM et piu atta per la vivacitA et acutezza deiringegno 

;\ riuseire in Spag'na con !e iloime e dwne, fusse piü a propnsito: et per 
ta successiuiie et per i1 principe . . Spätere Copieu im Vatican. 
Archive, ,borgbüse IL 472', toi. 464^, 466' und in der Barberiui-tiibliotbek 
in Rom. ,LXIiI, 36% sweitev Theil, fol. 142. 

Cbpie dieMB Scbreiben«, die der iSmisehen Curie flbergeben ward«, im 

Vatican. Archiv, .Borghoso III. 74^»*, fol. 788. Darin wird ein Bericht 
lies spani.srhen Gesandten in Rom vom \^ Octobflr '1597 citier^ WOneeh 

dtT i'apst .schon damals Marg-aretlia emptüiiltMi hatte. 

IWba, VtiuetiauLsche Depe«uljeu vuiu Kaitturhofe III, 505, Anui. 1. 



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327 

liehen Berufe bestimmen wollten, and da sie yielleicht daranf 
hinweisen würden, dass er noch fünf Brttdw habe, so wttnsche 
er als wohlmeinender Vater, dass der Erzherzog, ohne Jemand 
zu Bathe zu ziehen oder Jemand diesen Brief zu zeigen, die 
Sache allein wohl überlege, da der Stand nicht für zwei Tage, 
sondern fürs ganze Leben sei. Eigenhändig mOge er ihm 
schreiben, ob dieser Stand wirklich seine Absiebt sei oder der 
des Kriegers und Bitters, wie ihn die meisten ihrer Ahnen er* 
wählt hätten. ,Und vielleichV bemerkt der Kaiser, »haben sie 
Gott und dem allgemeinen Wohl ebenso gut gedient wie viele 
andere Mönche und Geistliche, obwohl ich nicht sagen will, dass 
der geistliche Stand schlecht oder nicht gut sei; wenn nur ein 
Jeder thut, was seine Pflicht ist, ist jeder Stand gut'^ In der 
Antwort bedauert der Erzherzog, dass der Vater ihm nicht ent- 
schieden befohlen, was er zu thun habe. ,E8 scheint mir,' 
sagt er, ,dass mir derjenige Stand passen würde und von mir 
erwählt werden müsste, wodurch man Gk>tt am meisten dien'^ 
gegen den ich als Sohn Eurer Majestät so sehr verpflichtet bin, 
besonders wenn sich damit Unabhängigkeit von Anderen ver- 
bindet, auch wenn es der lange Bock wäre» und ich glaube, 
dass dadurch der Dienst Eurer Majestät und unseres Hauses 
— denn das ist's, wofür ich alle Zeit meines Lebens widmen 
muss — gar nicht gehindert würde; vielmehr würde Gelegen- 
heit geboten werden, ihn besser zu thun und auf solche Weise 
Gut und Ehre zu verdienen, wie Eure Majestät mir be- 
fehlen.*» 



Spätere Abschritt ai Horn, N'ationaibibliothek, ,Mjä«. So&soriani 452 (2056)% 
p. 482 8g. Rumpf berichtet« dem KaiMr Am 16. Deoember 1676, dM» 
K6ni^ Philipp ibm In der letxten Andieos erklärt Ii«be» er, der KSBiir, 

w(>]1«> <leii Erzherzog sicherlich nicht lO irgend einem Stande gegen 

seinen Willen uml (ilme seiiiö Zustimmung drSngen, weil er rHo Verant- 
worttuifT il.'itur nicht auf »ein Gewi-ssen Uden wolle. Wieo, Staatsarchiv, 
(Spanien, Corre^pondenz, {a»c 10*. 

,He parece qne el eetado qne mas fiieti»e p.ira el ler^ido de Nneetro 
Seiior k qne teogo tanta obligacion, riendo li^o de Y. Mag^, j maa ai 
ae janta con eato no tenor ncccsnidad de etnM» me eonvemia j cnmpliria 
tomarle, aunque ftiesse de habito largo, y no creo que cstorvaria iiada 
para el servicio de V. Mag** y de nnf^slr.i c;i.«a, qnc es cn lo que yo 
teugo de emplear todo el tienipo «pie viviere, äutea ueria para tener 
oeeaaien de bacerlo muclio mejor y de ganar por eate Camino el bien j 
honrra [I] que V. Ifag« me naada.* ,Um. 8«Moriam 462 (8066}S p. 488. 

88* 



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328 



Das £rf istlii'lie Kleid trug dvr Krahcrzoof vom 8. Apri! 
1577 > his zum 13. .iiili 1508,* das ( 'ar(linalsl);irett seit Mai 1577.^ 
Die letzt«" der höheren Weihen empHtn^^ er nie. Am 1. Juli 1578 
wurde fr nur zum »Snhdiakon geweilit. Bei dieser Gele«ienheit 
konnte er aber KlievciiliiUlor nnd seinem dttnisehen Lehrer und 
Secretär nicht verberueu, dass er es nur mit achwerem Herzen 
geschehen Hess: er musste getröstet werden.* 

Der Erzherzog mupste eine Zeitlang auf Kosten seines 
Oheims leben. Der Man;;(d einer selbstilndipren geisthrhen 
wie welthchen Stellung niaehte den ehrgeizigen (Jardinal immer 
verdrossener. Bitter beklagte er ^'n-h bei dem kaiserlieliru 
Gesandten wiederhüll darüber und brachte es nur mit i^Iühc 
über sich, seinen ITnmnfh nicht merken zu lassen. Solche Zu- 
rückhaltung war nach KhevenhUller's'^ Meinung sehr uothwendig, 
,weil der König mit argwolm und andern also beschaffen und 
so khüezlig' war. Am 26. August 1581 wurde der Erzherzog 
in Lissabon zum ersten Male in den Staafsrath von Portugal 
eingeführt.^ Es war die erste L'uutereuz, die König Phiii|>p II. 



> KheveDhfiller, 14. April 1677 (Nflmberg). 

* VAticftn. Archiv, »NunaiAtum di Fiandn ll\ Bariebta des Nantiiu ans 

Brüssel vom 20. Juni iiinl IS, Jnli 1698. 
» KhevonhÜllor, 24. M.ii ir)77 (Xilmliorg). 

* ,Ilir«» ffflr^tlirh] I)[nn-lilenrlit]' liat «ich, schreibt Kh<'v»'nhüller Hto 
9. Juii lbi6, ,in allem christlich vörstandtlich vnd wol verhalten, habeu's 
gleicbwol daneben au« den, was mrw in'e Prteceptoi« eehretbeB ati- 
Bogen, ettwas an eadtphinden nil TnderlaHen. Ab ich aber 1^ g«- 
trOet* vnd anzaigi^ das dieee TooAtionos von dem nllmecbtigen sein vnd 
vnzwoiflioli allps zne seinoni lob, Irl)''' vnnd dises liauß .nufiuhmen an- 
gosehen, werden sicli Ir I)''' darmit zu ^^otrüsteii, mit ii> in willen Gotte.«« 
vud seiner vorelteru zu vergleichen vnnd alles deiuaelben /.u befelben 
wiesen* (Nilniberg). Im Jahre vorher hatte KheTenhflUer am 24. Mai 
anlisslich der Uebeigahe des Cardlnalsbaretts berichtet; der Erahenog 
schicke sich sehr wohl in seinen Beruf, obwohl , allerlei !ir>se Mailer* 
»▼ngnindtlirlio* [unbojrHinflfito] .Manlpcrti' gt'liaht hätten (Nürnberg'). 

* Arn 24. Jänner schrieb er dem Kai.ntjr: ,Khuel ich doch (ihn £r- 
wegung ich 's KhOnigs humor kbeuu) alsfil ich kbau vnnd mag, das Ir 
D^* alsfil menschlich mSglioh disslmuliom sollen, ab . . . weil aber 
der KhOnig, wie £wr Kay. bewilst, mit argwoa vnnd andern also 
beschaffen vnnd so khQcxlig if^t, mties man leis geen' (Nürnberg). 

" Khevenhüller an den Kai.ser, Madrid, 4. S(>|if>'iuber 1681 (Nümbers'). Df»r 
Ji^rzherzog an Khevenhüller, Li.s.sabuu, 14. iSuptumber lötil (Wien, Staats- 
archiv, Spanien, Correspondenz, £asc. 10). 



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829 



seit seinem Einreiten daselbst (am 29. Jnni^ dieses Jahres) ab- 
hielt Dttreh solche Tbeilnahme an den Berathangen soUte 
der Erzhensog dir die schwierige Aufgabe eines sjmnischen 
Statthalters in Portugal vorbereitet werden, die ihm der König 
vor seinem Abgange aus Lissabon (U. Februar 1583) tlber* 
trug» bevor noch dem Prinzen Philipp der Treueeid der Portu*' 
giesen (am 30. JJbmer 1583} geleistet wurde.' 

Von nun an konnte der Ozherzog wie ein König Hof 
halten. Sein Hofstaat war gerade so aus Portugiesen zusam- 
mengesetzt wie zur Zeit des letzten Königs dieses Landes, 
auch die Besoldungen aus Landesmittdn waren so gross wie 
früher.' Ueberdies wurde er persönlich reichlich ausgestattet.^ 
Auch als Statthalter in den Niederlanden, wo er seinem am 
20. Februar 1595 verstorbenen Bruder Emst*^ folgte, wurde er 
bei der Tafel und auch sonst auf besonderen Wunsch des 
Königs wie dieser selbst bedient' Nicht bloss als Statthalter, 
auch als päpstlicher Legat waltete der Cardinal und Erzherzog 
in Portugal.^ 

Als er nach mehr als zehnjährigem Aufendialte daselbst 
am 10. September 1593 an den spanischen Hof kam,' um dem 
krSokfichen Könige die Lasten der Regierung mittragen zu 
helfen,' wurde er so empfangen^ als wenn er ,des Königs eigener 



* KheYenhUlIer, Madrid, 10. Juli 1581 (Nürnberg). 

' Khevenb aller, Lissabon, 84. JlnB«r, 7. Februar und Eatremos, 20. Fe- 
bruar 1583 (NOrnhortr). 
" Derselbe am 24. Jänner 1583. 

* Er erhielt jährlich 80.000 Dneaten, das« die «peiiat de eanmi*, die 
jibrlieh etwa 7000 bia 8000 Dncaten betragen, «ebKeaalieh daa Friorat 

von Crato mit jährlich 16.000 Ducaten Einkommeu. Khevenbttller, 
Estreinoz, 20. Februar 1583, Madrid, 20. Juni ir)8.j (Nürnborg), 

* lieber die Todpsnrs.nche ■'chroibt der venetianioche Gesaiulte ('ontariiii 
am Kaiaerbofe am 7. Marz 15^5: ,Male della vesica, ehe gl'era tun» 
eonron et perfbrata.* 

* Der Nantiofl in BrOasel, Bischof von Tricario, an Okrdinal Fietro Aldo- 
brandini, 88. November 1596. Vatican. Arebiv, ,Nansiatara di Fiandra 11\ 
fol. 61. 

' D"^5«cn lateinisch oa Schreiben an <lou Piipst vrnn LOitobcr lö93 , Ix!- 
treA'end die Bestellung eines Stellvertreter» mit iiä^ibtUcber Bewilligung, 
im Vatiean. Archive^ ^oxgheie III, 76*. 

* Kbevenbmier, 11. September 1598. 

* Khevenbflller» 16. Juni, 9. Oetol>er, 31. December 1598. 



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330 



Sohn' gewesen wäre,* Au.sdrilcklieli erkiHrfe (\er Könif»" dem 
kaiserlichen Gtsandten. er habe den Kr/herzof^ zu .sich be- 
rufen, damit er neben seiueui Sohne der Geschufte oljwarte, 
obwohl ihm dieser Entschlusfl der Portugiesen halber schwer 
falle; diesen liabe er, um sie zufrieden zu erhalten, zu ver- 
stehen getreben, der CaiMiiuil sei nur deswegen berufen worden, 
um sich bei ihm etlicher Dinf^o wegen zu erkuadigen, die sich 
nur mündlich erledigen üessen.* 

Nun wurden die Verhandlungen wieder aufgreneimnieu, 
die schon vor der portugiesischen Statthalterseliaft gefiUirt wor- 
den waren,' um ihm die Nachfolge im reiehstcn spanisehen 
Kirehenamt, niUnheh im Erzl^isthum v<ni l -ledo, diu» jalirHch 
etwa eine Vicrtehnillion Dueaten eintrug,' dureh Ernen- 
nung zum Coadiutor zu sichern. Aber der dortige Krzbiscliof 
und Cardinal Caspar de Quirnga war ein wider Erwarten^ lang- 
lebiger Herr, der sieh gegen jede Bescliränkung seiner Rechte 
durch einen Coadiutor auf das HcftigBtc stniubte. Als er end- 
lieh im AuguHt ir)!t4 nachgab, that er es nur unter der aus- 
drücklichen Bedingung, dass er selbst, so lauge er lebe, die 
Verwaltung fiUiren, und dass sieh der Erzherzog ohne seine 
jedesmalige Zustimmung in nichts einmengen dürfe. Ehe noch 

* Kbttvcobllller, S9. September 159S. 

* Kbevenhaller, 17. Juli 1598. 

* Nach flom Entwurf (?) einer vermnlhlirli nicht ;ut8gofertig;t«n Bii?lt> 
flato 12. Janunr 1681 (Vatican. Aruliiv, ,Uorghe»6 ill, T**»") sdIIib kr«tt 
päpstlicher Ma.cbtvollkonimenheit Cardinal Albreubt bei eintretender 
Vmiiiw im Enbiithnm Toledo iieeblolgen und, wenn die«e VeoAiis bu 
sttr VoUendnng aeiaee «iebenandftwansigeteii Lebenqabree (d. i. bis 
13. Ko^ember 1586) nicbt ein(,retreten sei, Administntor dieses Erzbte* 
thumn sein. Soine porfiipesische Öt&tthftltencbaft bnicbte wobl die Ver- 
bandlun^en zum »Stillgtande. 

* KbevenbUller scbreibt am 17. Februar 1577, das» es ,wi8seQtlicb 220.000 Da- 
ceten' jlhrliob eintnge. Andere nennen etwea bohere Betrige. Albiri, 
«er. I, V, 869; Stieve, Die Politik Bayern« 1695 bic 1607 (Briefe nnd 
Acten cur Geschiebte des dreissigjSbrigen Krieges IV), 364 Anm. 4. 
Nncli Sti<>ve erhielt der Ersheraog von diesem Einkommen 20.000 I>nen> 
teu weaigor. 

* Cübrera, IV, 69 sg., Brief des Küoigs an seine Schwester Maria vom 
18. December 1676. 

* Nnntiattirbericbte aus Madrid, 16. Jnll und 18. August 1694 (Qr^nalo 

im Vatican. Archiv, .Borgbes© III, 23', fol. 31 7''. 3R4^>. Erklärung- 
Qu'rn^ra's an den <^'riHinal Pietn A Mobrandini, Madrid, 10, Augost 1694 
(ebendai^. iBorgbesie III, 76', fol. 147). 



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331 



die päpstlichen BestÄti^ngsbullen für Erzherzog Albrechts 
Coadiutorie eintrafen, starb Quiroga am 20. November 1594 
neunzigjährig, wenn wir dem kaiserlichen Gesandten Kheven- 
hüUer glauben wollen: nur am ,Ucberc88en*.' Der König be- 
eilte sich nun, seinen Neftcn zum Erzbischof von Toledo zu 
ernennen, und liess ihn im Klosterpalaste der Kaiserin Maria am 
2{). November die professio fidei in die Hände des Nuntius ab- 
legen.* Als cndHch die sehnsüchtig erwarteten Bullen ein- 
trafen,* ergritl" der Erzherzog von dem Erzbisthum am 3. April 
löi>r» Besitz. Die Weihe zum Erzbischof fand aber nielit 
statt,' da er infolp^e des Todes seines Brnders Ernst am 
20, Januar 151)5 auf die niederliindisclie Stattlialterschaft ab- 
gieng,^ 5:0 dass die Bestellung eines Administrators in der Person 
des bislierif^cn Lehrers des Prin/en Philipi), (Tinp^fripellans und 
Almosen<2;eliers Gareia de T^oaisa fJiron im Juli 1595 noth- 
wcndig -wurde.*' Fern von seiner Diöeese durfte der kriegeri- 
sche Cardinal mit l^ew illlo-ung des Paj)stes" sotrar |)ersönlich 
bewaffnet an d(;r iSpitze der iiünig'lirhf'n Truppen commandieren. 

Es f4ab wohl noeli einen anderen Grund, weshalb der 
Erzherzog;- weder die letzte liöliere Weihe noch die eines Erz- 
biscbots emptieng. Ehe er in die Niederlande reiste, dürfte 



> KheTenhttU«r» 81. October IfiM (Wi«d); der NnntiiM, 8. Deoember 1694 

(Originale, ,Borghe.se III, 23*, fol. 808, 616.) 
' Der Nuntiu» am 3. December l'if>4 a. a. O. 

' Khevenbüller, 25. Januar, 12. Februar, 13. Mäns, 4. April lö96 (Wien 
und Nürnberg). 

* KhevenhttU«r, 81. April 1596. 

' Spantsebet Dantuchreiben des Enhenoge Albrecht an Caidinal Pietro 

Aldobrandini fQr die Bullen wegen Toledos vom 30. Hin 1595; latei- 
nische? Schreiben dos Er/.li< rzog^ an den Papst ((l<>m er nie italieni-scb 
.schrieb), worin er von seiner künftigen Verwendung in den Niederlanden 
spricht und um des Papstes Genehmigung bittet, vom 2. April 1596. 
Fttr diese dankte er auf der Reise dabin [der Ort ist nnleserlieh] im 
October 1695 (die Angabe des Tages fehlt). Dieses Schreiben kam 
tinch dem Dorsualvermerk am 25. October in die Hlnde des Papstes. 
Vatican. Archiv, ,Borgheae III, 76', fol. 2«. .88. 

* KbevenhUUer, 15. Juli und 31. August löU5. Die Dotation Loaisa's be< 
tmg nur 18.000 Ducaten. 

Spaniscbes Dankscbreiben des Enberaogt an Cardinal Aldobrandini vom 
6. Juni 1696 fttr die im Janaar ertheilte FaeuHftt ,para poder tracr las 
armas i)(?r.>--iin.n!mente 'mi Ins occasione-s ijue offrescieren dol servicio 
dei Key, ml »eQor\ Vatican. Archiv, «Borgbese LU, 76% iol 62. 



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I 



332 

schon der KOnig die Eventualität Yon Albrechts VerheiratuDg 
mit der Infantin IsabeUa ernstlich erwogen haben. Denn die 
Abtretung der Niederlande als Heiratsgutes seiner Toehter hat 
dieser weitsohauende Politiker schon erheblich früher, aicher 
▼or dem 7. März 1594 als yielleicht nothwendig werdenden 
Staatsaot ins Auge gefasst Kur hatte damals bei der eigen- 
thUmlichen Haltung Kaiser Budolfs in der Eheangelegenheit ^ 
nicht Ersherzog Albrecht, sondern Eraherzog Emst die meisten 
Aussichten auf Isabellas Hand. In seinem von diesem Tage 
datierten Testamente verbietet der EOnig ausdrücklich jede Thei> 
lung oder irgendwie geartete Entfremdung von Land und ei^ 
klärt; nur bezttglich der Niederlande fOr sich oder fUr seinen 
Sohn eine Ausnahme zu machen. Sie sollen der Infantin 
Isabella als Hetratsgut gegeben werden, wenn noh aseigen 
sollte, dass dadurch Gott sowie dem Frieden besser gedient, 
femer den spanischen Königreichen eine Erleichterung ver« 
schafft und diese ebenso wie die Niederlande besser regiert 
wurden.* Der König hatte wohl schon damals wenig Zuver- 
sicht in den Ausgang des ungleichen Kampfes seines erschöpften 
Reiches gegen England, Frankreich und die unabhängigen 
Niederlande. War doch im Juli 1503 der gebannte König 
Heinrich IV. von Frankreich zur katholischen Kirche zurück» 
gekehrt. 

Von der Erwägung bis zum ßesehluss dieser Heirat zu» 
gleich mit der Abtretang der Niederlande vergieng noch ge« 
räume Zeit. Vermuthlich fällt der Entsehluss des Königs in 
den September 1596. Dass er die Niederlande als Mitgift ab- 
treten werde^ tlieilte er dem kaiserlichen Gesandten erst am 
22. Juni 1597 mit.» 

* s;n)i.> unten 8. 886 ff. 

* Siiiiaiicas. 

* KbeveuhUller schrieb am 27. September 15U0: Gleich uach Moura's 
Anknoft in Hadrid am 17. S«pteiiib«r habe man geaalt, dwa die Reeoln- 
tion Uber die Yerbeiratang der Rinder de« SSnig* erfolgt «et, nnd twav 

des Prinzen mit der Grazer Er/lierzogin [Qregoria Maximiiiana] und der 
Infantil! mit Kr/hfrr.'tfr Albrecht. Er k^nno bä nodi n'nlit bc.Htimnit 
«chreiboii. abci- , nicht vngleirh "iht cs- ihnpn*. Jedorli m1u>ii .im Iii. Ge- 
tobe r löi»6 berichtete er, da»» der Erzherzog Albrecht eher ah eiu 
Anderer Gemahl der Infkniin «ein irerde. Erst am 10. JInner 1697 
meldete er: Was er Ober die Heirat gesehrieben habe, lei nicht ohne 
Grund geweeen; er glanbe» der KOnig werde dem Kaiser seihet darüber 



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333 



Ehe der Enhenog aber auf das bOchsle spanisclie 
Eirchenamt versiclitete, woUte er der Heirat vOllig sicher sein. 
Daher bat er Ende Mai oder Anfang Juni 1598 den ersten 
ständigen Kantius in Brüssel, der Papst mOge den Verzicht auf 
das Erzbisthum nicht als absolut annehmen, sondern nur für 
den Fall, dass die Heirat wirklich zustande komme, weil er 
besorgte, dass Schwierigkeiten entstehen könnten, wenn der 
kranke König, ohne den Heiratspact geschlossen zu haben, 
plötzlich stürbe.' Erst, als er am 18. Juni 1598 die Nachricht 
erhalten hatte, dass dieser Pact von dem König und von der 
Kaiserin am 6. Mai unterzeichnet worden sei, und als er zur 
Entgegennahme der Huldigung im Namen dw Infantin aufge- 
fordert worden war, legte er am 13. Juli 1598 das geistliche 
Kleid ab.* 



sehreiben. ,E« mQCc]ht Till lueht sein« das man sw aoliehem fal (In 

Chiffren:] die Niederlandt gedachtem Erzherzog Albracht niittpebo". Die 
königliche Mittheilutig der Abtrfttinfr hei KhevenhüUer, lU. Juli lö^t? 
(Wien und Nürnberg). In eiuetu chiffrierten Schreiben Cardinal Pietro 
Aldobr&ndini's (?) au den damals in Trag weilenden päpstlichen General 
GionufmiMMBeo Aldobrandini hi«w es besUglteh der Niedarluide: ,8e 
non ftuM vero qnello ai die« ehe il Bo gli di la FUuidM* [dsr In- 
fantin]. 14. Mai 1597. CBorghese IV, ÄS?', Cni.ialhuch, fol. 80—82). 
Gachard (I.ottros- df Philii>i)e II. n ses fill*»«, Pari-i i sSl, IR). setzt darum 
den Boachluss von Albrechtü Verheiratung uud der Cession der Nieder- 
lsade irrig in den September 1597) obwohl er früher (Correspondance 
de Philippe rar lea sIFaireB de» Pn7e*Baa, Bmxelles 1848, 1, p. Zd) ohne 
Kenntnia dea Testamentea Philippe II. aicb geneigt erklArt hatte zu 
glauben, dass die Sache schon vor Albrechts Reise nach den Nieder- 
landRH eW?rtert worden «ei. Der Erzhersog theilte dem Nuntius in 
BrUssel Heirat und Ces-sion erst am 1. December 1597 mit. Vatican. Archiv, 
«Nttuiatnni di Fiandra 11% fol. 297, Bericht vom 3. December 1M7. 

* KnntiAtnrberiehte ans BrOnel Tom 4.nnd 90. Jnnl nnd Tom 16. Jnli 169S 
(,Nnnziatura di Fiandra 11', fol. 404 sg.), der erste theilweiae bei Gaehard, 
Les Ari lin OS du Vatican (Bruxelles 1874) 89 sv., ebenw» ans Madrid Tom 
30. Juii löyb (.Nunziatnra di Spagna 49', fol. 188). 

* Forneron (Uiatoire de Philippe II., tom IV, 286), der einen anderen Bc- 
weggrond für Albrechta abwartet^ Haltung sa Tennnäien aeheint, 
fehlten die angeführten Quellettbeweiae. 



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a34 



Iii. t'apitel. 
Hetmts* und SneeesslonsTerhandlnDgen. 

Die BeEiehungen zwischen KOnig und Kaiser waren seit 
Langem gespannt Der Beschluss dieser Heirat mit noch näher 
zn erörternden Umständen bewirkte vifUige Entzweiung der 
beiden.^ Auch minder Eingeweihte hatten dies vorausgesehen.' 

Und (loch hatte es dem Kaiser freigestanden, die liifantin 
selbst za heiraten: siebzehn Jahre lang hatte er auf eine bin- 
dende Zusage warten lassen. Mit steigender Sorge hatte in- 
zwischen die Infantin ihre Jahre sich mehren sehen/ schliess- 
lich von einer Vorbindung mit ihm nichts mehr wissen wollen.* 

Woliei* diese Un«'nt.schlosHenheitV Genügt es, sie durch 
den ,Zwiespalt eines uiioütM hiedenen ( ;< niiitlips* zu erklären'?^ 
Ist die Geschichte lludolfs auch in diesen Jahren wirklich nur 
eino Krankheitsgescliichte?'' Ist es einfacher Widerwille gegen 
die Elic überhaupt'?' Oder endlich ist vicllciclit physische Un- 
tauglichkeit, Ausaichtölosigkeit auf Nachkommenschaft,** die ge- 
heime lji*8achcy 



* Stteve, Die Verliandlungon über die Nacbtblge IIti*lolf'< IT ^Xhhandl. der 
histor. C'lasse der bayer Aknd. der Wissensch. 188Ü, XV), -.'2 f, 

' ,n matriinonio delT iiifanta si fara seuza dubbio, »e K. Si^riior« disptru- 
sarä col cardiuale Arciduca, cod una bnona doto in Spagtia, et cbi me 
Vhh detto §o ehe non mi inganna. Perfr effettnaadosi, T.8. IU»[PSetro 
Aldobnmdini} t«nga per cwla ona ynui rottura tra qiiefta cua et qaella 
di Spagna, o almeiio una alicnatioue grandi.ositna, per qnella poca eogni- 
tione i.h'i'i ho delle ose et burnnrf di qna, <*t crod« ehe rimpöratore 
sia per dimostrarc sogni straordinarü di «eiitimento.' Eigenhäudige Nncb- 
Rcbrift ded Nuntitu iu Prag ▼om 6. April 1597. Vatican. Archiv, 
»Borgliese III, 

» Alb6ri, »er. I, V, 447. 

* 4"tendo che l'infanta nou lo vu<de. esMcndosi veduta .sproszata per 15aiini 
continui.' Der Nuntius in Frag» 14. April 1697. Vatican. Archiv, ,Bor- 
ghoM III, 10»"»«*. 

* fSHisr^ Die Yerhaiidlangen Aber die Nachfolge Rndolft IL, S3. 

* Be«>ld, Kalaer Rvdelf II. und die heilige Liga (AbhandL der bi«tor. CUuee 
der bayer. Akad. der Winenacb. 1886, XVII) 842; vgl. ebaadas. 357, 860 f. 

' Stieve, 16. 

" \ on Foruert^u ii, lOV Auw. 2 uhue Beziehung auf die Heiratsfrag« irrig 

vermuthet. 



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d35 



Treten wir diesem psych ologiaehen Räthsel otthw! Intime 
Aeiisseningen^ die sicK glücklicherweifie finden Hessen,^ werden 
uns die LOBiing erleichtem. 

Als die Jiifantin Isabella noch in den ersten Kindeijahren 
war, hatte die Kaiserin Maria ihres Sohnes Rudolf Vermtthlung 
mit ihr wiederholt zur Sprache gebracht Der König war da- 
mals zu keiner bindenden Aettssemng zu bringen gewesen.* 
Auch als ihm im Joli 1579 ein Schreiben der Kaiserin^ das 
denselben Wunsch enthielt, Uberreicht wurde,' Hess er bis zum 
April 1580 warten, ehe er die Resolution ertbeilte: er willige 
in die Heirat, jedoch unter der Bedingung, dass der Kaiser 
rasch auf Mittel sinne, den Erzherzog Mathias ans den Nieder- 
landen zu entfernen,^ wo dieser zum Aerger des Königs und 
zum Kummer der Kaiserin, seiner um sein Seelenheil besonders 
besorgten Mutter,*^ seit November 1577 weilte und in seiner 
Machtlosigkeit eine ebenso klägliche als unwürdige Rolle* 



* In der GorrMpondens des Ksuen mit Khevenhailer, worin aber die 
Aeiueenuigen des Kaisen nur in geriagen, neiak «adatierten Beeten w- 

lialten sind, die alx-r durch bisweilen wörtliche Citate KheTenhflller*s in 
rlen richtipt^ii Zusaiiuiieiihanp: gebracht werden kOnnen. (Wiener Staats- 
archiv, ,Spauien, Correapondeoz' und ,FaiDilienarehiv% sowie Nttmbeig» 
German. Museum). 

* Tarba» Venetian. Depeschen vom Kaieeiliolia III, 548.ao, Anm. 8, 664^« 
Aam. S. 

^ KheTenhttller, 27. Jnli und 27. Oecember 1579. 

* KhevonliHllpr, 2. April 15H0. In den ,Annak'n' seines NniVeii (p. 84) 
ht die kurze lieiiierkuiipr, das« diP Antwort ,gut und trUtstlich* ge- 
wesen sei, gegenüber diesem ThatboBtande denn doch sehr optimistisch 
grefaast. 

* SehmenEerfttllt ttber die nieht katboUwhe Umgebnng, die sieb Matbiae 

nach der KUckkehr gewählt h»tte (Rhereubttller aus Lissabon am 
29. Juni 1582), scIirieV) sie ihnm Sohne Rudolf atiH Lissabon am 16. Juli 
1582: .Pion><u <|ue ia princiiial pretension '|ue matia tione en esta vida 
dü acabar la. uiia, pues uo haze sino darme causa para ellu. La de aora 
bieo veis qae le sentirö maebisiniov per la dilbreneia que ay de las eoeas 
del alroa k las del cnerpe, y pon|tie no lengo la cabesa de matia per 
tan oasi fieiadaC?), que se quiern fiar solo en eHa j rodeane y calane 
de la gent^, qoe eritiendo ha nnmhrado para all servicio, yo le enerivo 
lü que sobre «'sto ui>' parrcf.' Wien, ,FamilieQarcbtv% eigeabäudige«, wie 
alles von ihr üciiwt^r leserliches Original. 

* Vgl. Bitter, Dentsebe Geschichte im Zeitalter der Gegenrefonnation, 
Stuttgart 1880, I, 609 f., 680 f., 65S and den Artikel «Mathias d*Antriohe* 
von Piot in der Biogr. nationale ... de Belgique li97 XIV, 22— Vf. 



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336 



qpielte^ ohne persönliche Tüchtigkeit zu zei^^'n.' Nachdem 
diese BedinguDg durch Mathias' Verzicht im Mai lö81 schon 
lange erfüllt war, Hess der König Eiidc ^Mai ibb'J in seinem 
Namen crklüren, dass er sehr gerne in die Heirat des Kaisers 
mit der Infantin willige, und dass darüber mit aller möglichen 
Schnelligkeit verhandelt werde. ^ 

Aber so rasch wollte sich Rudolf nicht t ntschliessen. Er 
hatte die Infantin zum letzten Male vor der Heimkehr ans 
Spanien gesehen, wo er von lo64 bis 1571 weilte und von 
seinem Oheim so viel Liebe erfuhr." 8ie zUhlte damals nnr 
fünf, er schon neunzehn Jahre. Als er sich für die Heirat ent- 
scheiden sollte, verlangte er Bild» r und ausf^lhriiche Beschrei- 
bungen von ihr. Beides genügte aber dem verwöhnten und 
misstrauischen Kenner der Kunst und Schönheit ebenso wenig 
wie das Lob und die Liebe, womit sieh seine Mutter über ihre 
Nichten, die In£ftntinnen Isab« IIa und Katharina aussprach, als 
sie sie 1582 zum ersten Male sah,' Er wollte wissen, ob die 
Infantin Schminke und sonstige Schönheitsmittel gebrauche. 
Auch darüber konnte er beruhigt werden: die Infantin war, 
wie Khevenhüller sagt, ,ein Frauenbild ohne artiiicio oder An- 
stricli', beträchtlich höher gewachsen als die Kaiserin, Rudolfs 
Mutter.^ Nach so hiiufigen Erkundigungen darf man wohl 
sagen, dass die Kaiserin nicht mit Unrecht besorgte, wie 
sie später mehrmals gestand, dass die Infantin ihrem 
Sohne nicht gefallen hätte, wenn sie seine Gemablin ge- 
worden wftre.* 



* ,Lo qne ma» sentia,' «agte der Cardinal Granvelle an Kheveuhflller, ,em 
qo« le eeorlvian qa«, mientiaa «itiivo «a Flandes, no bavia nMwtrado 

▼alor nin^no/ Kli> v<-nliü11er an den Kaifier, 8. Januar 16B2. 

* Khevenbtiller. 2 und IG. Juni 1582 (Nürnberp). 

' Büdinger, Don (Jnrl. s, l«i3f.; Kocli, Quellen zur Goscliichte Maxiini- 
liaus II. (Leipzig 1867) i, 117, 124, 129, 134j Venetianiaefae Dapewhen, 
III, 4S6 Anm. 2. 

* ,Queria maeho qaa las Tiqjedea [kabella und Katharina], ({ue daros 
nnevaa dAllas, porque, diriendo verdad, no podr^ dejar de loarlas mucho; 
qneHa qua, cnandn I>if»<^ qniern qne voais la una flfabella], o» parociese 
inucho mejor/ Die Kaiserin au Kudolf II., Madrid, 23. März 1582. Orgl. 
Wien, fFamilienarchiv.* 

* Vgl. oben 8. 816 Anm. 6. 

* Khavenliftller an den Kaller, 20. Juni 1697 und 86. I>ecemb«r 1698 
(Wien nnd Nttmberg). 



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337 



Man erkennt wobl: der Kaiser hat die Infantin nie ge- 
liebt Ueberhaupt sucht man vergebens in seinem Verhältnisse 
zvm Weibe einen edleren Zug. Rasch,* oft monatlich, wechselte 
er seine Liebhaberinnen, meist Öffentliche Dirnen aus aller 
Herren iJtnderi ▼on denen oft mehrere gleichaeitig in seinem 
Pakste wohnten.* Kein Wunder, dass die Mütter seiner natttr- 
liehen Kinder nicht alle bekannt sind.* 

Als man ihm vorhielt^ dass er selbst die Verhandlungen 
begonnen habe, da bekannte er am 15. April 1585: ,Wenn ich 
die Wahrheit sagen soll, so habe ich niemals besondere Lust 
dazu gehabt, und es ist nur deswegen geschehen, weil die 
Kaiserin und Andere gerade au einer Zeit, wo ich schwach 
und übel auf gewesen bin, so stark in mich gedrungen haben.' 
Als die Kaiserin ihren Sohn im August 1581 verliess und nach 
Spanien abreiste, hatte sie beafiglich der Heirat noch keine feste 
Zusage Ton ihm erhalten.^ 



,L' ha' [iiiia iloiina] .foiiuta Otto auni continni, con tutto c}ie non »ia 
aolito di tener l'altre a pena un mose.' Der Nuntius au^ Prag, 16. Oc- 
tobar 1600, Originsldeciliat» YaticAn. Archiv, ,Borghese lU, 6S «V Am 
S6. Jnli 1604 iMriehtet der Nuntina, dass awei Frsnenzimmer, ,bii den 
aiiilfren schlechten Weibern' im Palasto cingc/uMt n 8cien. Ddcifimt, 
Tf^heso III, G8 Nach dem Tode rks KaiM-rs h. ! u lit*-t«^ dor vene- 
tiauische Oe^sandtP Girolaiiio 8oraii2o am L'O .Jünucr liJrj; ,8onn nati' 
[die natUriiclien Kinder] ,di diverse donne di bassa taglia et di |inblica 
prof«88ione, che di divene pwrti del mondo «nno condotte a Cesafa, et 
molte ne sono capitata di Venetia.* Wien» StaatiarohiT, DUpacci^ Bd. 46. 
Uebcr sechs natrirliche Kinder Rudolfs II. siehe Oindely, Rudolf II. and 
seine Zeit (Pra«; 18i),'5, I SG,'») II, HO. 33ö fl'. Die Geburt eines siebenten 
vor dorn Tode des Kaisers hfi.stäti^.'-t auch der oIm h citierte venetiani- 
Nctio Gesandte, ein uchtw^ Kind, natuea» Constaotia, tand ich als Schwester 
de« inswiaehen aa%ahoheiieii KSnicinhloatm«, tod dem noch unten die 
Bede sein wird, citiert. Ihre Legitimationeorkunde Tom 8. NoTember 1600 
gehörte snm Klosterarchive, wie dessen ,Repertorium SSO Nr. 69* im 
Wiener Stnnt-an luve b* weist. Die Acten dea Klosters werden wohl noch 
irgendwo an den Tag kommen. 

,Wa ich die Wahrheit sagen soll, »o hab ich niemalu sondern last darzu 

gehabt vnd iat, wae beecbehen, allein daher errolgt, da» die K»7aerin, 
ata Sy nodt herauamn gewest, und andere dermaaeen atarek in mich gesetat 
haben, aber dasMlb eben der Zoitt, aUs ich schwach vnd übl auf ge- 
west.' Der Kaiser .in KhevenhUUer, Concept, Wiener Staataarcliir, 

,Spanien, C'orresponrtouz', i'asc. 11. 

Trautson schrieb am 20. November 10b6 der Kaiserin, die ihn in» 
Vertrauen gezogen hatte: »Cteaaream Ifaieitatem adhne enndem eeMi 



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338 



Damit war aber nicht ausgeschlossen, dass der Kaiser die 
Ehe aus politischen Berechnungen eingegangen wäre. Denn 
so ruhebedürftig seine kranke Seele war,^ sie war doch von 
brennendem Ehrgeia erfbllt. Er erwog nicht nur die Bedeu- 
tung der Ehe für den Fall des Aussterbens der mftnnlichen 
Habsburger in Spanien, sondern er befreundete sich sogar 
schon mit dem Gedanken, nach Spanien su gehen, wenn der 
Bchwflchliehe Infant Philipp, wie man erwartete, vor dem Vater 
stürbe,' und liess sich von seinem Gesandten KhevenhlÜler 
gerne daran erinnern, wie sehr KOnig Ferdinand der Katholi- 
sche seinen gleichnamigen Enkel, Rudolfs II. Grossvater, liebte, 
der in Castilien geboren und erzogen war und darum im spa* 
nischen Volke anfongs viel mehr Sympathie genoss als Kaiser 
Karl V., weil dieser nach Geburtsland und Erziehung Niedei^ 
Iftnder war.' In der That schien es einige Zeit hindurch, als 
ob sich die Worte erfüllen sollten, mit denen Ferdinand der 
Katholische seinen von der Thronfolge ausgeschlossenen Liebling, 
wie man sich eraählt, gesegnet hatte: ,SOhnchen,' sprach er, 
indem er ihn zwischen die Beine nahm, ,la8st es gut sein! 
Denn mein Segen wird sich an Euch und an den Eurigen 
erfüllen.'^ 



quo Maiestate Vestra biiic dUcedente fiiit.' Wien, StaatsHrclitv, Conceptf 
,äpaiuM>, Correspoiidetit^ iue. 12. 
' Vgl. miten C«p. IV. und oben S. S18. 

^ ,Dass Ir aber ineldot: wa es mit dem yetzigen Prinzen in IliMpanwu 
(dem ich gltMcliwol langts leiten ^'.•uintz wol (jfiiino viul wflnsche) zum 
fall koiuon i>olt«, dim* ich alshdauu luich in IIi.»pauieu wurde begeben 
vud das hievoring wesen lassen tnüesson, glaub icb wol, dasa es dem- 
•elben [!] weeg ootiiwendjgUcb gewiDnen mochte, halt« Meh d«rfllr» dm 
mann im Boich md vielleieht ander» meinen landen solche* hegen 
wurde.* Der Kauer an Khevenhiiller, 9. Juni IftSS, Coneept, Wiener 
St.iiitx.-ircliiv, .Spanien, Correspondenz', Fase. 12. 

3 Gacliartl, Joanne ia Folie et Cbarles-Quint, a. a. (>., 711 sv., 735; Bucholts, 
Geschichte Ferdinands I. (VVieu bia 18au) I, 61 f. 

* Am 99. Jali IMS sdirieb KheTenhttUer dem Kaiser ans Linabon t 4h 
deaekh offtermals der Benediction, so Ih glaubwürdig periebtt ptn, der 
Khonig Don Hernando Catholico keyser Ferdinanden hochleblihister Go* 
dpirhtnns. alls er iniip ind dbcr lam^t fviul I^r M* domalls alls Infant) 
allerdings ausge-schlu^-^au vud vbi tractiert gesehen, gegeben hett, tonian- 
dole, ay oo me eiignilo, eutre «ua piernas y disiendol«! Hijo calladf i^ue 
my lienedicion lobre voe 7 los vaestnw hairri de renir.* Wien Ste*t»- 
aiehiv, OriginaL 



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339 



Morhti' nun solche Beerb unir eintreten oder nicht: Wenn 
der Kaiser, in seinem »Sinne gedaciit, schon das Opfer dieser 
liciraL braciite. so wollte er dadurch seiuen Lünderbesitz ver- 
mehren und zuii;iL'hst das erwerben, was seine uumittelbaren 
Vorgänger im ivaiserthume vergebens angestrebt hatten. 

Schon die Ländcrthcilung von 1522 bchloss nach der Auf- 
fassung seines Grossvaters Ferdinand I., an der dessen Kinder 
und Nachfolger festhielten, für ihn eine Beuachthciligiing in 
sich.^ Durch den burgundischen Vertrag vom Jahre 1548 und 
durch die auf die Niederlande bezüglichen Ausnahmsbestim- 
mungeu der Augsburger Reichstagsbeachlüsse vom Jahre 1555* 
wurden die Niederlande und die Grafschaft Burgund, jene Er- 
werbungen Maximilians L, unter spanischer Herrschaft dem 
Einflüsse des deutschen Keiches und seines Hauptes fast gänz- 
lich entzogen. Mit dem Reiche waren sie seitdem nur durch 
das Lehensverhältnis, ferner durch eine mässige Steuerpdicht 
und durch die Vertheidigungspflicht des Reiches verbunden. 
Aber seit dem niederländischen Kriege wurde auch keine 
Reichssteuer für sie mehr gezahlt Diese Schuld war bis zum 
Jahre 1598 auf yielleicht drei Vierfcelmillionen Gulden' ange- 
wachsen, eine Summe, die für den in ewigen Geldnütheu 
Btookenden Kaiser recht bedenteind war. Bereits Kaiser Ma- 
ximiEan II. hatte durch seine Bemühungen, wenigstens die 
statthalterhche Regierung der Niederlande für eines seiner 
Kinder au gewinnen, den Argwohn Philipps II. erregt.' Sogar 
Maria, die Schwester des Königs, hatte in einem vertraulichen 
Briefe an ihre Schwester, die Kronprinzessinwitwe Johanna 
Yon Portugal, vielleicht schon im Jahre 1571, denselben Pkm, 
wie wir nun wissen, befürwortet Im folgenden Jahre begann 
der König die Sache persönlich emsitich za erwMgen.* Aber 
das Misstrauen seiner spanischen Umgebung, welches infolge 



^ AIb6ri, ser. I, V, 370; Venetian. Dep«iiclieii vom Kaiserhofe lU, 
p. XXIil, XXIV Anw. 3 und 4. 

* BSdtnger, Don Carlos» 68 9. 

* In einer Mahniing snr Zahlonf , geriefatet an Enbersof Emst worden 
die RQckBtaade hia October 1698 mit 60S.S10 fl. berechnet ,BeIgica, 

Hofcorrespfiiulenz' im Wiener Staatearcinve. 

* Sieh Venetian. lJe]iosch<'n vom Kniaerhofe, III, p. XXIV, 

' Coleccion de docuin. meditos (^Madrid l»i)ö} CXI, 2, 40 sg., 226, 

8oa»m. 



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340 



der Flucht des Erzherzogs Mathias in die Niederlande 1577 
auch ihn wieder ergriflF,^ bewirkte, dass der Gedanke erst 
durch die aufeinanderfolgenden Statthalterschaften der Erz- 
herzoge Ernst und Albrecht zur That wurde. 

Ferner hatte Ft-rdinaiid 1. als römischer König die Kr- 
worbunu .Mailands im Auge behalten.* Anderseits hatte König 
i'lulipjj 11. Vorgebens das ,imnierwälirende* spanische Gcneral- 
reichsvicariat l'iir Italien angestrebt, "vva.> iiiehts Aadcrusals eine 
dauernde Cession der kaiserlichen Ansprüche daselbst bedeu- 
tete, die bisonders in lehensrechtlitlier l^cziehung bei ent- 
sprechendem Nachdruck zu neuein Lolx ii c*r\N«'ckt werden 
konnten. Waren diese iieniiüiungen bchun bei l'erdinand I. 
und Maximilian II. vergeblieh gewesen,' so war dies noch viel 
mehr bei iiiubdf 11, der Fall, der in seinem Ehrgeiz., an «Icr 
Spitze der Christenheit zu stehen,* kein« in seiner kaiserlichen 
Rechte auch nur das < Geringste vergeben wollte und nüt steigen- 
dem TTnmuth die Ueberijrrirt'e der Spanier in Italien sah.^ 1580 
hatte er den angeboteueu Kaufpreis von zwei Millionen Ducaten 



* Khevenhliller berichtete auf Grund zuverlHssigor Inforiiirition, die er ,iin 
höchsten Vertrauen* erhielt, am 23. October 1577: der König' poi d«n 
Vorschlägen statthaltorlicher Kegierung der Niederlande durch die Kaiserin, 
oder die KOnigin- Witwe von Frankreich EUsabeth-lMbella, oder durch ^eu 
Brodor Kaber Rudelft, wie ihm vor der Sendung Don Jaans d'Aoetria 
vori^blfigen worden lel, »nicht ttbel geneigt* geweaea, bi« einer der 
geheimen Rätho unter Protost unverhohlen erklärt habe: ,Wie? Einer 
[königlichen] Blutet, noch da/n von dort? T>amtf or sich heute oder 
morpon mit den Staaten gegen uns «»rapnrt? iComo. ä uno th.» l:i sangre, 
y de lus de sUlk, porque se noA alvasso hoy u luailauH cuu los estados?)/ 
Am 10. Jänner 1683 edirieh er dann ans Lissabon, dass die Kaiaeria 
der Statthalterhaft eines Bmdera Budolfs awar anstimme, aber sehe, 
,da»[s] ain so gar khficsliehe matert,. mit den hieigen zu tractiem, ist» 
da8[A] sy Igt nit au8zuspr<>n^pn traut; vermainen allaeit, man tilU 08 
darumben, das man bey li bciidijjrcn \(sy\} erben well.* 

* Vonetian. Depc-sehfn III, p. XXIV und Friedensburg, Nuutiaturberichte 
aus Deutschlaud (C.otlia, 1808) VIII, 156 Anm. 2, wo von einem Ein- 
tausch Mailands gegen Ungarn, das der Herz(^ von Orlens erhalten 
kDnnte» die Rede ist. 

* Veaetian. Depesehen DI, SO Anm. B, 42 Anm. 5; Gaehard, Betndte XI» 
171; Beaold, Kaiser Bodolf II. und die heilig« Liga, 867. 

* Bänke, Zur deutschen Oesehiohte (Leipsig 1874) VII« 189 f. 

* Stieve» YerfaaodlungMi ttber die Naehfolge, 18} Detail hieittber wird 
auch der viwto Band der Yenetian. Depesehen liefern. 



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341 



zurückgewiesen, troizdom meiirere seiner intimsten IlätUe dafür 
gewesen wanm. * 

Man kann sii'h nun denken, wie die Fordernnp; liuduiis, 
Mailand orler die Niederlande der Infantin als Heiratsgut zu 
geben, aufgcuommeu wurde* 

Mehrmals Hosf^ der Kaiser durch seine Mutter den Wnnscli 
nach solcher Mitgilt zur Sprache bringen. Trotzdem das>ö 
anfangs dazu nielit drii Muth hatte, weil es der Saelie elier 
seliaden als nützen werde, geschah es schliesslich doeli, zuerst, 
wit ^ scheint, nicht vor Januar 1585,^ ein zweites Mal im 
Üeccmber 1589. ■* Der König war Ix trollen, vielleicht mehr 
noch wegen Mailands als wegen der Niederlande. Das erste 
Mal antwortete < i'. sein Gewissen verbiete ihm, so etwas zu 
tliuu, ' und als die iSache ein zweites Mal schriftlieb. wie er es 
liebte, an ihn gelangte, liess er die Kaiserin durch seinen ge- 
heimen iiath Moura fragen, von wo diese Verhandlung aua- 



^ IKetriehstein, Rnmpf, Pemslein nnd Weber; gegen diesen Vonehtag 

wafen: Trauteon, Kimen und Vieheuscr Alberto Badoer an die Zehn, 
Prnp', 15. März 1680. 'Vone<lip, ArrliLvio di stato, .Dlspacu-i di fJerm.ania 
ai capt de' Dieci, biuüi 13', f. Iö3, in Chiffren uüt gleicbzoiüger orat- 
licbor Auflösung. 

* Be«>ld, 857, 360 f.; Süeve, 10, 18: das unten Folgende bringt NXheres 
Uber den biaber nnbekannt gewesenen YerUnf dieeer Verbaadlnngen. 

* Kbevenhllller, 16. Jannar 1686 (UlIrnbeTg). In dleeem Berichte heimt 

eH, dass die Kaiserin besilgHch dessen, was der Kaiser wegen Mailand« 
schreibe, glaube, dass es eher schaden als nützen wünle, flio Saclie 
g^ppcnwKrtif^ zur Sprache ztx bringen. Der erste Auftrag iüe^u dürfte wohl 
noch in den November Ibü-k fallen. In zwei Concepten, die entweder 
naeh dem Dieteto oder nur nach dem Gedankengange dee Kalae» abge- 
Ikwt dnd und grossenthetls wSrtlich (ibereinettniniea, nnd Ton denen das 
«ne am 1. September 1588 von Harrach ein Gutachten verlangte (Jlerm 
Harracb zn verm(-Men'). da.« andere (olme Datum) fiir einen Brief an 
KheTeuhüiler bestimmt war, wird dieselbe Mitgift gcwünMcht und die 
Anregung der Sache der Kaiserin überlassen. Wien, Staatsarchiv, , Spa- 
nien, Conrespondens', fasc. 12, ,FaniiKencorre8pondena 8 A. a. III, 8', 
beide 8tAeke halbbrflebig geschrieben. 

* Khevenbniler am 10. Nov. 1689 als Antwort auf einen nur in undatiertem 
Concept (in Wien, ,Familiencorre8pondenz') erhaltenen Auftrag de« 
Kai8er.<!, etwa vom September 1589, ferner Kln venhüller am ,20. No* 
veraber uud 8. December 1589 (Wien und iSiiiruberp) 

' ,Que en conciencia no lo podia hazer*, citiert iu KheveuhUUer*s Buriuht 
vom 80. NoTember 1689, wo anch von diesen eiwten Verhandlangea die 
Bede ist 

AkMt. LXXXVI. M. tl. HlUta. 84 



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342 



gehe. Die Fürstin erwiderte, aus dem überreichten Billet könne 
ur ersehen, dass sie vom Kaiser ausij;elu'. So^^leich eröffnete 
ihr nun Meura im J\amen des Königs: vorerst mliäse der Kaiser 
bezüglich der Heirat geantwortet haben: früher könne sich der 
König über das Vorgebrachte weder erklären noch entscheiden. * 
Dies hinderte den Kaiser nicht, immer neue Frist 
ergtrcck Hilgen zu verlangen. Selbst KhevenhUller's Heise nach 
l^ag brachte keine Entscheidung. In einem ( Jutaehteu, das er 
am 12. October 1592 duri unerreichte^ .spraeli vr die Tloffnnng 
aus, iii^s der Kaisei- die Niederlande erhalten könne, wenn er 
sich nur < inmal für die Heirat entscliieden habe,* Aber schon 
am 21'. September 1593^ konnte er darüber wieder nichts Be- 
gründetes (_,(iründtliches*) schreiben, und am 12. März 1597^ 
musste er gestehen, wegen de?- Niederlande nie eine eigentliche 
Zusage eriialten zu lialjen ; nur Hortiiuiigen seien ihm gemacht 
worden. Dass der König in seinem TcKtamcnte vom 1. März 
ir)94 thatüäehlich mit der Müglieiikeit der Aljtretung der Nieder- 
lande an seine Tochter rechnete, hat KhevenhüUer nie erfahren.^ 
Freihch scheint der König wegen des Kaisers unentschiedener 
Haltung eher Eraherzog Emst als ( Jemahl derselben gewünscht 
zu haben, keineswegs aber eine Vereinigung der Niederlande 
mit den Ländern des Kaisers. Es ist begreiflich, wenn der 
Kaiser wegen der Uebergabe der niederländischen Statthalter- 
schaft zuerst an seinen laebliogsbrudor Emst, s)>äter au Erz« 
hensog Albrecht verstinmit wurde» weil er darin ein Zeichen 

' »C^ue Sil Mag^ no {M>Uia declai"ar iti resnlver .sulire e.stc jiHrtirolar >iit 
teuer primero rospiiosta y resoliicion de V. Mag*^. Hüt (Urimbeu aui-h 
für lieh selb» der Khayserin in gohon&niiiteii Vertnmen vamielt qoe et 
Bey )ti«go en prineipio, quaado Hy6 an papel [der Kaiaeria], m havia 
iiißsurado algo.* KhevenbflUer, 88. December 1Ö89 (NQmberg). 

* N'iiriibürg', Oerman. Mn<»eutn. KhevenhüUer war fim 9. Mär/, 1&9S in 
l'r&g angekommen und hatte erst am 29. Mai Audienz erhalten. 

' Wieu, Staatsarchiv, ,>Spanien, Correspondeux', fa«c. 13, Original, theil- 
weiM in Chiin(«n, 

* »Dm aber Ewr. Kliay. alleigenedigut Tocmelden, das man der Mider- 
landt halber nihe khain aig«nüieh sueBSfen galhan, rander allain der> 

wegen lioflfnung geben vnd vber das, wns Mnilandt petriiTt, nie geaut- 
wonll, (lern ist alsso . . . «lin mnilendisch ]>r:\rktik)io!( ali^T die hab ich 
recte et oblique zu luovieru nit vntterlassen, aber nu> <loinseIb«Mi [?] O^hrtr 
gewen wollen, vnaugo.Heheu auch soUicbe die Kh.Hj.sorin anhen^ig zu 
machen intentierdt . . / (Wien and Nttraberg). 
> Vgl. oben 8. 362. 



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843 



sab, dass seine eigenen Wliusche nicht erflüllt würden. Dazu 
kam noch, dass mit Emst die Verhandlungen ohne sein Wisaen 
angeknüpft worden waren.* 

FUr andere politische Gründe, die zu Gunsten einer £he 
mit der Infantin angeführt wurden, war der Kaiser, wie es 
scheinty von allem Anfang unempfänglich. KhevenhUller be- 
tonte am 20. November 1589, es wäre bedenklic)), sich diese 
Heirat entgehen y.u 7:issen, weil ,£xpectanca unnd Znespruch^ 
der Infantin nicht allein auf die Bretagne, sondern vielleicht 
auch auf das ganze Küiiigrcicli Frankreich ,niclit klein^ sei. 
Diea habe der König der Kaiserin selbst mitgetheilt. ' Bald 
zeigte aich aber, dass der König nielit Rudolf, sondern even- 
tuell einen seiner Brüder für diese Thronfolge ins Auge gefasst 
hatte. 1591 Hess er durch Moura dem Gesandten des Kaisers 
anzeigen, alles, was er, KOnig Philipp, in Frankreich ausge- 
geben habe und noch auagebe, geschehe in der Absicht, dass 
dort einer seiner Neffen, der Erzherzoge, succediere. Auch 
französischen Gesandten habe er erklärt, wenn sie einen der- 
selben zum König ausriefen, werde er ihn mit allen seinen 
KräfUn unterstutzen.* Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der 
König für den Fall einer solchen Wahl die Infantin dem 
gewählten Erzherzoge zur Gemahlin gegeben hätte. Damit 
mag es zusammenhängen, dass er sich damals weigerte, dem 



^ Corntpondancia inadita da Don OnilMn de San Clemeatet pablicada 
por al nuuipiiä da Ayerbe, eonde de San Clotnente (Zaiagosa 
p. XVII sqq.; ßtievo, 12; KhevenhUller, 17. Juli 1593 (Wien). 

» KhevfnhnUer, 20. NovciiibtT 1.58*> (Nürtiherp). lYwne Mittheilung be- 
ruhte wühl auf eitlem iiericitto JuanH de Idiaquez über seine rechtlichen 
Erörterungen mit Don Rodrigo ^'apata wegen der Ani)prii(.he der lufautin 
Tom 10. Ootober 1689. Booi, Nationallabliothalc, ,Mm. Sessoriani 458 
(8066y, f. 411. 

" Am 1. Augu.st 1591 achrieb KlievcnhüUer, er habo /.wjir kfiiieu an»- 
rlrruklicheu Aufschub Oir die Erklärung »l»'s Kaisers in iler lleirats- 
augelegenheit, aber wenigstens dies erreicht, dass die Heirat im Hause 
Oesterreich bleibe, und zwar mit Bedingungen, die vielleicht nicht iniM^ 
fallan wUrdaa. ^Bann Ji mir vnd mit volguudaa Tarbte formaltbas 
ancaaigoo laman: qua todos loa ga»to« qa« 8n Mag^ ba haeht» ba«ta 
afora j baaa aa la« cosas de Fmncia han «ido j mm con iin, para qua 
«quella corona quede A algnno de mm sobrinoü, como lo äi6 de entender 
J dütö ciarameute ä los (^mhaxadores de Franeia, y qne en derLirando 
iino dellos por iiey, que lo a«uster4 con todas sas fuer^sis* (Nürnberg); 
vgl. Montana, 4«9— 502. 



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344 



Kaiser eine neaerliche FriBterstrockung auBdrttcklich zwi- 
gesfeeheD. 

Aber der Kaiser stand in den letzten Jahren des Tliron- 
kampfes in Frankreich, allerdings ohne sich daran activ an 
beiheiligen, nicht auf der Seite seines königlichen Oheims, 
Tielleieht viel weniger aus Sympathie für König Heinrich IV.* 
als aus politischer Erwägung. Wie, wenn Spanien nach einem 
dauernden Siege Uber seine fransftoischen Gegner den kaisei^ 
liehen Einflusa auch im deutschen Reiche Überragte und ver- 
drilngte? Das lag eichertich nicht in seinen Wünschen. Dann 
scheint er die Aussichtslosigkeit des ungleichen Kampfes, den 
damals Spanien au führen hatte, erkannt au haben: kurs, er 
gab KhevenhttUer den Anftrag, sieh ,in die frantOeisehen Sachen 
nicht weiter m mischen'.' Die Kaiserin ward ersucht, ihren 
Einfluss dagegen zu verwenden.' Es half nichts. 

Mit der Heiratspolitik des Kaisen ist enge verknüpft seine 
Haltung in der Frage der deutschen Succession. 

Wegen seiner Kränklichkeit verhandelte seine Mutter 
darüber schon vor ihrer Reise nach Spanien. Eine rechtzeitige 
Lösung schien im Interesse des gesamroten Hauses zu liegen. 
Noch mehr ward dies von der spanischen Politik gcwünselit. 
Deim ein kurpfälziseli-kurisächsisolies luterregiuim im Sinno der 
goldenen Bulle Kaiser Karls IV. im Reiche wäre wühl nicht 
bloss fiir das Kriifteverliältnis der deutschen Katholiken und 
Protestanten,'* sondern auch tur die liiehauptun^^ der treu^^eblie- 
benen und fUr die ßekriegunijf fh r unabhängigen Niederlande 
nachtheiUg gewesen. Von einem Spanien gefügigen Reichs- 
haupte konntf vielleicht doch das seit Karls V. Verzieht auf 
die Kaiserkrone immer vergebens angestrebte Ziel erreicht 
werden, nftmlich das spanische Reiehsvicariat in iLaiicn.* 

König Philipp und die Kaiserin wünschten Erzherzog lij'nst 
die Nachfolge ira Reiche zu verschaffen. 

Mit Hecht maclite Rudolf 1582 gegen die Wahl seines 
Bruders Ernst geltend, dass dieser vorerst entsprechend mit 

' Ranko, Zur deutocheu Geschichte VII, Ibä. 

* Citiert Ton Khevsoliflller in tdnem Briefe an den Kaiser vom 18. Jtmi 
15M (Nflrobefip). 

» KhevenhttUer, 7. September 1694 (Nürnberg). 

* Bozold 346 f.; Ritter, «. ft. O. I, 619, II, aeir., 125 f. 
" Vgl. oben S. 340. 



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34ß 



Land auegostattet werden mllBite, sehen tun der Würde eines 
römischen Königs gemSss auftreten zu können. Dies war aneh 
die Ansicht des damals mächtigsten und einflussreichsten Kur« 
lUrsten während einer Aussprache des Kaisers mit ihm 1683, 
Der Kaiser gab Matter und Oheim sn bedenken, wie schwer 
es ihm fallen mtlsste, Böhmen oder ein anderes seiner Länder 
einem seiner eigenen künftigen Leibeserben zu entziehen.^ 
Wenn der König und die Kaiserin dagegen die Meinung aus- 
sprachen, der Kaiser könne, um solchem Einwände der Kur- 
Alrsten zu begegnen, mit dem Erzherzog nur ein Schein- 
abkommen treffen, so dass er nicht verpflichtet wäre, dasselbe 
auszufahren, so mnss uns eine solche Auskunft sehr verwun- 



* KherenhOller berichtet am 16. Jaai 1582 ala Antwort auf ein uns nicht 
«rfasltMMi düftlBrtM flehfwilMii dm Ki^mm», dto IMmniy im Kaiaerin 
und de» KSniga getie .dahin, der Kaieer nSge, ,ob aandent mOflioh, anf 
«olche miÜ yuaä, weer luerinn (iii jbeilitienmg diaer aaeheo) bedacht aein, 

das Ihr I^*" [Ern.xt], tlo Chur- vuud fanton auf «y gtenngon, das vnver- 
inf'fpen der Kbnnic; reich vnnd laiin(!en darvon nit n'>liiplt, vnnd damit 
Ewr. Kay. M' kuufftigoii Leybserben die abtbaylung lerer jutzt liabbender 
KhOnigreicb Tnnd lauiidt auch nicht prejudiciere, oder aber Ihnneu ler 
ina dardmeh begeben wer, aieh aiit gedaohten (aic) leren henrn Bmedecn 
[Bmat] dahin an bereden vnnd an Tergleiehett, daa, do Ewr. Kaj. 
ler D^^ dergleichen was zu erhalttung habender preten«ion versprochen, 
so solle es docli mer ain Scheli»lianndlung nein als das Ewr. Kay. 
M*^ verobligiort warn, »olclie.H r.u valziechen.' Der Kai-t-r mfige mit dem 
Kurftiräteu von iSachsen vertraulich darüber aprecbeu ^>türuberg). Etwa 
im Septenabnr 1589 (vgl. oben 8. 841 Anm. 4) erinnerte der Kaiaer 
KbeTenhOller an Folgendes: ,Ee batfc aieb der veratorbene CbttrAunI au 
Seehaen [Angnat], weUicher dieaem aueeeaaion werk nit itngewogen ge* 
weit, als idi in [!] noh zu Augspuig daas Terschinen [16]d2 Jar deswegen 
angesprochen, plciclnvol erpotten, das er Erzherzog Ernsten gern sur 
romischen crou erwäblun vnd bclLrduru wulh hülfen, doch mit dem läutern 
vermelden, do icti itue, Erzherzogen, die 0[sterrei}chi8ch snccession auvor 
riehtig maebe. Wie besobwerlieh Tnd nnTerworlKeb [Ar: navematwori. 
lieh] end%egnn nder fallen wolle, do ieb den Hemmt Tolaiehen vnd da 
mier von dem lieben Gott (wie ich verhoffen thete) mit einem oder mer 
I^ibserben gesegnet solle werdoii, die Krön l'^lieinib oder andere meine 
P'rbkonigreich vnd lande solliclieu meinen aigueu Leibs Erben zu endt- 
zihon vnd meinen gebriedern zu übergeben, da^ ist abermals leichtlich 
an behersigen. Ich geschweige diaa ortha, wie gans beaehwerlidi b^ 
ainer aolBehen Obe^ebnng vnd Theilnng mtf ner landen die Tnempet^ 
liebe ansamsecsang vad gesampte Bottang wider den Tbermeehtlgen Erb» 
feind, den Tirken, zu erhalten were.' Undatiertes Coneept» Wien, k. ond 
k. Haaaardiiv, ,FMDUieneorrespondenB 3 A. a. III, b*. ' 



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346 



dem, selbst wenn wir an die AusfÜhrljarkoit dorselben glauhm 
könnten. Ks wäre anderseits eine srlt^.ime Ziimntlnniü: 

an Erzhnrzo^ Ernst 4j:ewc8en, Avcnn der Kaiser ilin iiaoli d<'iii 
Käthe der Mutter^ hätte verptiichten wollen, nach der römisclien 
Knnigswald nnverlieiratct zu bleiben, damit die Kaiserwürde 
auf Rudolfs Desecndenz übcrgclien könne. Die Kaiserin meinte 
freilich, so würde doch die Hauptsache erreiclit werden, näm- 
lich, dass die Würde in der habsburgischen Familie bleibe. 
Ein bindendes Versprechen bezügheh der Ausstattung eines 
künftigen römischen Königs gab auch Philipp IT. nicht. Denn 
Juan de Idiaquez erwiderte imf den Einwand der Ausstattung 
Emsts: helfe der Kaiser^ so werde aucii der König das tbun, 
was billig sei.' 

Es ist nicht zu leugnen, dass der Kaiser trots seiner eifer- 
süchtigen Machtliebe zugleich das höhere Interesse der Untheil- 
bai-k(Mt seiner Länder^ das von Ferdinand I. schon aufgegeben 
worden war, schon wegen der besseren Vcrtheidigung nach 
aussen verfocht.* Es ist dies derselbe Grundsatz, den auch 
Philipp II. in seinem letzten Testamente vom Jalire 1504 seinen 
Naelifolpff rn /mv Pflicht gemacht hat,* und gerade er hat seinen 
kaiserlich (?n Nefi'en unterstützt, als dieser von dem Plane Erz- 
herzog Ferdinands von Tirol, die Söhne aus der nnebenbUrtigen 
Ehe mit Philippine Welser zu Erzherzogen zu erheben, um 
ihnen entgegen seinem eigenen Verzichte die Nachfolge in Tirol 
SU verschaffen, durchaus nichts wissen wollte.'^ 

' ,E.s ist aticli Ir [der Kaisorin] meinnnfr allain dnliin g-ustAiideu, das 
Ihr Durclik'iu'lit [Ern>1], do's /.nv di^ii r Dipiiitot kheinen, vnverheirat [!1 
blibeu vniid di(»ulb iieriiacli Ewr. Kay. M' Lt^yb» ErbuD, das der almochtig 
0«tt geb, me gnetleni halten kbindt, plöaalich djüiin ang«Mh«ii, das 
miecMMio inapurit nicht ▼on disem hans Utem.* Kbevwihfliler, 16, Jmnmr 
15R5 (Nürnberg). 

2 Klievpiihiiller, Fcluu.ir 1589 (Nürnberg). 

^ 8ii }io <ibou 3.345 Anm. 1 am SehloMe. 

* ISimanca». 

* KheTenhttUer aehrieb am 26. Jnli 1686 1 »Detrelfendt dann, was E. Kay. 

mir in Ereabentog Ferdinanden pretanaion, s«ne swei Sshn au dem 
Erahersog standt ■m erhöhen,* [goschrieben], darüber habe er inSt dem 

König verhandelt. Der KSnlg habe sich bedankt und geantwortet, »r 
mnssf», ufi! dlme Sachen wichtifr Hcien, darüber nachdenkon. Soviel nher 
er, Kiievonhüller, abnehmen künne, ,lä&>eu Irs Ir nit allerdings ge- 
fallen*. Der KOuig dürfte .>}chlle8slich alles dem Kaiser anhetmateUen. 
Oleiehseiager wSrtlieher Auasng «na XheTenhOUer^a Brief, Wien, Steate- 



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347 



Um Neujahr 1690 l>e»aftnigte der Kaiser semen Gesand- 
ten in Madrid zu folgender Erklärung: im Falle, daw für ihn 
selbst in der Eheangelegenheit kein Aufeehub mehr su erlangen 
wäre, Bo sei es ▼orlttufig nicht seine Absicht, denjenigen unter 
seinen Brttdem, welchem der König die Infantin zur Gemahlin 
geben mfichte, sogleich zur rOmischen Krone und zur Saccession 
der Erbktfnigreiche (!) und Ltoder zu befördern, sondern er 
woUe in dieser Hinsicht noch frei und ungebunden bleiben. 
Wenn daher für ihn, den Kaiser, kein Aufschub mehr zu er- 
langen sei, so möge der König selbst an Mittel und Wege^ 
seine Tochter und deren Mann zu Tersehen, denken. ' 

Diese Instmetion sollte Khevenhüller sogar vor der Kai- 
serin geheimhalten. Denn in seiner Eifersucht glaubte Rudolf, 
seine Mutter bevorzuge seinen Bruder Ernst. Der Gesandte 
erhielt überdies den Auftrag, ilir dies 7.art an/.iulcuten. Mit 
Thräncn in den Augen wies die greise Fürstin darauf hin, wie 
unrecht ihr durch solehen Verdacht gescliehcn würde; habe sie 
docli stets nur aus mütterlicher Liehe die Heirat ihres Sohnes 
gewünscht und die Infantin nur für ihn angestrebt* 

So Avie der König bei Lebzeiten Erzherzog Emsts für 
dessen W ahl zum römischen König eingetreten war,' so wünschte 
er, als die Heirat des Erzherzogs Albrecht beschlossene Sache 
war, diesen gewählt zn sehen. Auf jeden Fall hätte diese 
Wahl der spauibchen l'ul iik Vortheil gebracht; vielleicht noch 
mehr, wenn der kriinkliche spanische Thronerbe vor der 
Schwester und ihrem Gemahl, ohne Nachkommen zu hinter- 

arohiv, .Spaaiflii, CorrespoadeiuiS Cmc 12. YgL Hini, Snhenng Ferdinand 
▼on Tirol (iDubmck 1888) II, SSZff. Di«M Abaidit dos Eiih«nog»i<t 

meines Wissens bisher unbekannt gewesen. 

* ,Das es bei mier c1iF> inalnung noch nit hatt, denjenigen aus meinen briedeni, 
wellichem der Künig die infaiita geben mnhte, alsgleich auch zu der 
ronwcheu Cron rnd der anderen meiner Erbkonigreich vnd lender kinf- 

SoMMdon sa befordein, «oader dai loh diai ortiu noek wm Ztit 
frei Tnd vngebmidwi mn wolle, Tiid derwefm auf dinn emeeiirteii 
Ml der Kmiig; selbst auf mitl vnd weg, sein tochter vnd tochtermann za 
versehen, zu gedenken wurde haben.' Wien, StaatKnrchiv, .J*pnnion, Cctr- 
respondonr/, fasc. 13, undatierte» Concept. Die Datierung ergibt "^ich 
aus der Citieruug eiues Satzes dieses Conceptes in Khevenhüller s Brief 
rom SS. Februar 1690 (Nflmberg). 

* Kbevetthniler, 89. September 1598, theilweise in ChlAren (Wien). 

^ Sticve, 11 f., 17 £f.; Correspondeneia inedUa de Don GnÜMn de San 
Ciemente, 188, 148 f., 188, 181. 



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348 



lasnen, ^estoi-hcii %v;ire: das spanische Weltreich Aväre nach des 
KOni^s testaineiitarischer Kestiminun^' dann an die int'antin 
Isabclla irefallen, und diese wäre zugleich Kttiserio gewesen. 
Der König wUnschte, dass diese SncccssionsverliandUingen durch 
den Nuntius beim Kaiser sowohl mit diesem als mit dem Papste 
eingeleitet würden. Der spanische Gesandte in Prag, Don 
Guill(^n de San demente, wandte sich aber ohne Erlbig an den 
Nuntius, den Bischof von Creraona, zuletzt im März 1598.^ 

Papst Clemens VIIT. hatte gleich bei Beginn seines Pon- 
tificntcs (20. Januar 1592) im Interesse des KathoUcismus auf 
Erledigung der Successionsfrage gedrungen, sogar dem spa- 
nischen Könige die Wahl mines Sohnes vorgeschlagen. Der 
K(hiig hatte aber damals gewttnBcht, dass die Wahl auf Erss- 
h'erzog Ernst gelenkt werde. 

Für den Papst standen doch ku viel Interessen in den 
Ländern der deutschen Habsburger und im Reiche auf dem 
Spiele, als dass er sich lo98 und später durch offene Begikn- 
atigung Albrcelits die Feindschaft der älteren Brüder desselben, 
nämlich des Kaisers und der Erzherzoge Mathias und Maximi- 
lian, hätte zosiehen können.* 

* ,Tuttavia vengouo i>or via di Fiaiuhii miovo lettere ail anilK' di Spafjna 
dal suo Ke, nelle qunli gl'ordiua che (Uligentemente atteudi al uegutio 
del Re dt) Rumaui por TArcidnc« Alberto ... et di nuovo mi ba preg&to 
k nome del Ke cbMo voglin promovero 1« pratftiea et qni et k Borna eon 
N. B>*, nelU otteii del quäle pare ehe 8. M** Catholiea havera posta 
ttttta la sua speranza: per indurro Tlmperatore n contentarsi dl fare 
''If^gere Alberto. M.n io l'lio diaiugnnnato, rlicemlogli ilie biKofl^na che 
il Ko faccia la parte sua gagliardameut4>, usceudo dalli compliiiiLMiti i>r(H- 
uarii, hu vuol poter sperare qualche cosa buona, «jt che 8. uon puö 
per convenienm restringeni k fare ofiBcio piu per aa ftatolki che per 
raltro, le beue 6 anclie piüi iacfle da eredere che ogni diligenxat ee non 
fosäo pi£i che straordinaria, »»xk battata via per qnalla grande aversione 
che la Ccsarea ha k questo negotio, coine lio »crttto infinite volte 
et corao diru a bocca, «juando il Sig'nor (V"^ m© In coiieederA,.* Der 
Nuntius in Prag an den Cardinal Fietru Aldobrandini, HO. März 1598. 
Vatioan. ArahW, .Borgüese III, 21 foL 792, Original. 

* Im Deoemher 1800 (die Tagesasgabe fehlt) sohrteb der Papet an den 
Nontiiu in fipaaten eigenhändig: «Qaeeto perieolo phterregann] Iii 
prcvisto da noi insino nel cardinalato, qnnnrio [and]ammo et tornammo 
rli Poloiiiu [l'i8*?, l')89], et per ci6 snbit« dio fummo oletti, discorrendo 
et t'aceiido M iivoro dal Diica di Seasa alla M"" dol Ke mork» [Philipp II.} 
che eru nececit«ario peiuuiro all' elettione del Ku de Komani, et Ii otfertinino, 
ee volcTa pensare al Re preeente^ nto figliolo, che harriano lutlo con 



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349 



Auch auf andere Weise sachte der König für sein Projeet 
zu wirken. Wie der wohluntenriebtete Nuntius am Eaiflerkofe 
im April 1597 sorerlässig erfahr, gaben die geistlichen Eor- 
fllrsten zn verstehen, dass m& jeden Candidaten antersttttsen 
wollten, ftr welchen Spanien und der Papst eintreten wttrden, 
weil sie nichts mehr als ein Interr^fnum ftbrohteten. Sogar 
zwei der weltlichen Kurfdrsten würden durch Mittel gewonnen 
werden, die in Deutschland sehr wirksam seien. ^ Mit d^n 
Kurftlrsten von Köln Ernst von Bavern war schon 1596 der 
Anfang gemacht worden: sein spanisches Ja hresgehait war von 
zweitausend auf viertausend Ducatcn eilKiht worden.* Ver- 
muthlich wurde wiiiirend seiner ZusammeukuxilL mit Erzherzog 

gU Elettori frelosiastk-i tutto (|UüIl(i che liavrinmr» potnto. 11 Ho, o che 
ai trovasäe imbara^^ato et [o?]|ire«i>o l'uriii ü morte: aU'impresa di Franza 
noa hebbe per bene di attenderci per U figliolo, se beoe haveva per 
bone cbe d attondesae per PArddaea EmMlo. Ha per noa ewer il 
iMgotlo riacaldato di ]k, ö per TaTeisieiie elie bavara 4 qnnto Tlmpe- 
ratom, non si feci- mai c-of^a alouiui, aoii neir nltlma dieta imperiale} 
tenuta in Ratiübona [l;'iy8], gli Elettori occlosiaHtici erniu» nnitissimi et 
resoluti, et fn portato il iiej^atio 8ecari«><imo in mauo dell' Impcratore, so 
et voleva attendero, et uon fu possibile disporlo. Trovandoei bora la 
COM cosi graTfl in qneati tenDiui [wegen der XianUieit des KaiaeraX i 
neeeasario, dicevamo, penaare ai rlnedii, et qneeti «i lidueono k m mlo: 
air elettione del Re de Romaoi, la qnale k gtaditio noetro ai ridnce k 
dae o tre cnpi: l'mio ^ ü diHporre Flmperatore Tenire :i «luesto (et ciö 
^ iiK>ltn difficik', iicn;h*> tcino 1' Imperator© che lo eletto, quatido massi- 
matneute fusse luio de moi fratelli, che non .sUaUasse Ini dalli •sUti et 
regni, inaatduianieutu da qnello di Buheutia); l'altro u ä teuere uniti 
tattt di eaea d* Auetria in queita nateria . . . il teno capo h il bieogno 
di «ollicitare.* Der Papat meint aeblieealicb, man eollte die drei Brfider 
dee Kaitei» und Erzhersog Ferdinand von Steiermark alle als Candidaten 
vürüchlagen; die Kurfiiraten niKn^cn dann einen wählen. Yatican. Archiv, 
.Dortj-lii-se IV, 162*, Copialbuch für Weisungen nach Spanien. 

^ Am 14. April 1597 schrieb der NuiUm.s, von befreundeter Seite habe er 
iMgeheim erfiahreu, ,cho, seguendo questo matrimonio, ai penaa di tirare 
avanti la pratiea di Be de Bomani per lo eposo doli* Infanta oon spe> 
ranza di colpire, percbi il Re Gat«* k informato ehe gl' Biettori ecele- 
siaatici si lasciano intendere che daranno 1 voti loro ancbe ad un palo, 
purHi^ N S"^' et 8. M** Cat" vng'liano npprovnrlo'. weil sie riirlits mt-hr 
als ('in Iiiterrepnum fürchten. Es werde ihm auch versichert: .übe uno 
o dui delli elettori secolari, ancorchö beretici, ci verauno, usandofli massime 
di qaei meesi cbe In Germania lono molto potenti, dai quali non mi pare 
che Chi lo pn6 Ibra «ia molto alieno.* Yatiean. Arehiv^Boiglieee lET, 

* Stteve, Briefe und Acten IT, 364. 



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350 



Albrecht in Brüssel im Januar und Februar 1598 auch die 
Nachfolge besprochen.^ Nachweislich hat sich der £lrzhenEO|^ 
bemttht, dem Administrator des KurfUrstenthums Sachsen, dem 
Herzog Friedrich Wilhelm von Sachsen- Weimar, ein Jahigeld 
8U venchaffeiiy' worum dieser schon 1594 in Spani^ hatte 
bitten lassen, ,um za ftirfallender Notturfit' dem König daftir 
,mit Roes und Mann zu dienend Damals Toriangte er jährlich 
yZwölftausend Kronen oder Thaler'.' Wie der Nuntius erfuhr, er* 
hielt der Herzog noch 1597 vierzehntausend Scudi jährlich auf Le- 
benszeit zugestanden.^ 



IV. CapiteL 
Die lüntowoiang in der Familie. 

T)i r Kaiser war über diese Machenschaften, von denen er 
die Hauptsache er&hr, erbittert^ Sein alter Argwohn, dass 

* Der £rzbUckof kam lun 7. Januar Abends au und reiste am 11. Februar 
1698 ii««h LQttieh ab. Nunttatarberidite aiu BtUmI rem 7. Januar nud- 
18. Februar 1598. Yatieau. Arebiv« ,Nun«iatni« di Fiandra 11% f. SdSa^. 

DarNunthis in Prag berichtete am 1. MHr/ IbWi ,Ho inteso che Tlnipe- 
ratore si i> raolto risentito col cardinale Arciduca, suo fratello, havendo 
inteso che. S. Altezza faceva t|nalche dilig^onza per »6 stessa in materia 
dol He de Ivomaiii et, {mrettdu alla M'-' che tiou doveria pure peusArci 
seuza prima darlene aviso et aspettare poi dl saperae la sua Tolonta, per 
a che, se pfina 8tta M*^ era avena al nogocio» taato pi& lo «ati p«r 
ravenire, et nanime per la perwaa del eardinale eoaeotniMlOTi inaieaie 
i rbfietti del matriiBonio et dote che V haiino tanala da moHo tempo iu 
qua essacerbata . . . f«e bone il cardinale senza comparAttone <> giudi- 
cat<j il migliore et ptü idotjeö . . . Questo abboccamento, che scrive 
adesso esjuere seguitu in BrusseUe tra il inedesimo sig-nor cardin.ilu et 
TElettof« di Golouia «on taati segni dfi. dhaoitratioDi, aggiongera suspetti 
nuovi aUi ▼eecht* Vatiean. Ai«biy, ^orsbese HI, TS«", f. 56. 

' Stieve, Verhandlungen Uber die Nachfolge^ 91 f. 

3 Khevenhüllor, 31. October 1594 (Wien). 

* ,I>icf> di j>iu dl havore int^so che l\idmini»tratore dell' olctluratu di 
8ad»uuia hü havutu 14.000 scudi di pinttu in vita, per favorire TArciduca 
Alberto al regno di Komam, come u |>er fare k tntto suo potere, et si 
erede die M*gd***f et Bnmdebaigo aanoiio piesi ooa la medenina esoa 
dalla M** del Be GathoUoo.* I>er fiiicbof von Gremona an Cardinal Pietto 
Aldobrandiui, Prag, 12. Januar 1598, eigenbiad^ Naobeebrift Vatiean. 
Archiv, ,Borp:heiie III, Äl"*, £. 769. 

* Vgl. üben Ajuu. 1. 



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351 



man die R^cbsnachfolge gegen Beinen Willen darehBetsen wolle, 
wurde dAdurch erhärtet' Sein UnwiUe steigerte flieh, ab ihn 
ein Specialgeflandter, der ObersthofineiBter des Erzherzogs 
Albrecht und Admiral von Aragon, Don Franeisoo de Men* 

doza,^ im April 1597 durch die Mittheiluiig überraschte, dass 
der König beschlossen habe, die Infantin dem Erzherzog zu 
vermählen. Ein überbrachte« eigenhändiges Schreiben Philipps II. 
vom letzten December 1596 bestätigte dies. Weder des Kaisers 
Mutter nocli ^^cin (iosandtcr waren von dicscni Auftrage an ii 
nbrcisondon AJmiral in Kenntnis gesetzt worden.* So viole 
Jahre er auch auf eine Zusage hatte warten lassen, immer hatte 
er noch gehofft, dass die Frage der Mitgift vorlier seinem 
Wunsche gemäss werde geregelt werden. Sein Groll gegen 
Bruder und Oheim stieg, als er erst in den folgenden Monaten^ 
erfuhr, dass die Niederlande, die er so lange vergebens fUr 
sich selbst angestrebt hatte, nun seinem Bruder als Heiiatsgut 
der Infantin zufallen würden. So wenig hatte er solches ge- 
glaubt, dass er KhevenhuUer am 17. April 1597 beauftragte, 
den König ,zu eiinnern, zu ersuchen und zu bitten*, er möge 
Albrccht ,dermassen versehen', dass sich dieser und die lu- 
fantin sammt ihrer Naelikouimenschaft , ihrer Abkunft und ihrem 
Stande gemäss verlialtcn konnten^, da sein Bruder als der 
jüngste .von seinem Herrn Vätern konigreicb, landt und leuth 
wenig zu vcrhoffen und zu gewarten' habe, und jenem damals 



^ ,8olo me qneda aoa aombra: qae, despnes de effett uado [el caaainkiiilo] 
»e quprrBTi entreinctter con !a succession f]^^\ iinpero, !<» que uo 
jioflriH yo sut'frir, por inucho» roapettos, como porque «e offen ilerin 
on «^eilrcino a lui urinauu Mathias.* (Die cliiffriurt gowe^uuen Wurtu 
hier iu gesperrtem Druek.) EigenlitUidiges erstes Concept eines Briefes 
des Kaisers an KheveinhttUer nnd eweitee Cuiicept mit chiffrierten Stellen 
▼om 17. April 1697. Wiener Steatsareliiv, »Spanieo, CorrespondensS 
fasc. 13. 

" Seino Corre.spoudenz mit Erzherzug Albrocht in den Jahren 1596—1602 
in der Coleccion de doctim. incdito« XLI, 217 »gg.; vgl. das Schreibon 
den Admiralä von Aragon an den Kr/herzug aus Kegonsburg vuin 17. Du- 
eember lft96 M Gadiard, Correspoudauce . . . sur les affaires dos Pays» 
Bas II, p. XCVU. 

* Der Kaiser an KbeTenlittUer, 17. April 1697, deotsob nnd spanisch, im 
gauMn diel Goiioepto (Wien). Tgl. oben 8. 339 Anm. 1. 

* Vgl oben 8. 888 Anm. Der Kaiser an Xrshenog Albreobt, 17. April 
1597. Wien, SteatMurcUv, ,Spuüen, Hofoomepondeon 3V 



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352 



(;r$t befahl zu erkunden, ob das firautp«ar die KiederUnde 
bekommon werde. * 

Noch einen letzten Versuch wollte er mit Hilfe seiner 
Mutter unternehmen^ se\nr Zustimmung zur Heirat hinausstt' 
schieben, wobei er sieh über dio Ucberraschung beschweren 
HesB.^ Umsonst! Die Braut und mit ihr die Anwartschaft auf 
das grosso spanische Krbe war verloren. Man antwortete ihm: 
die Heirat sei nunmehr beschlossen; er habe ja Zeit genug 
gehabt, sieh selbst dafür zu entscheiden.^ 

Diese Enttäuschung bildet einen traurigen Wendepunkt 
im Leben Kaiser Rudolfs. Sie machte auf ihn einen unauB- 
lüsehlichen £indruck und bewirkte eine gllnaliohe Verttndenmg 
in ihm. 

Durch jede ernstliche geistige Thfttigkeit leicht zu er- 
milden, war dieser magenleidende,^ sehwermlithige Sonderling, 
den man selbst als jungen Mann selten heiter und noch seltener 
lachen sah, ^ von Sehnsucht nach Ruhe und Zurilckgezogenheit 
erfüllt. Beides war ihm Bedürfnis. Schwierigkeiten, an denen 
es seiner Regierung wahrlich nieht fehUa, maehten ihn bald 
▼enagt, verdrossen und unentschlossen. Seine Uutter ermahnte 
ihn einmal, doch eingedenk zu sein, dass er Eais^ Karls V. 
£«nkel und Kaiser Maximilians II. 8ohn sei. Diese bdden 
mdge er sich zum Muster nehmen. Die htttten in grossen Qe- 



' Wien, StutMrchiv, a. a. O. Im Coneepte dieiM tlieilwciM diiffri«rtett 

Schreibens ist das uraprQngliche: ,AQ«h mit land, leuthon WnA womri»^ 

versehen' getilgt und durch ,dornaaa!«cn versolipn* prsetzf. 

* Der i'tticrt»^ Brief des Kaisers an Kheveuhüller vom 17. April 1597 und 
ein vioh'acb corrigiertej« eigenhändiges Concept eine« spanisclien Briefes 
dM Kaiaero an seiue Mutter von demselbom Tage (Wien). 

* Kbevenbttller, 10. Juli 1597 (Wien). 

* Ritter, a, a. O. I, 588; Kbevenhfiller emp&hl ihm dagegen ein beaondent 

.Magenöl'. Briefe vom 16. Ajjril, 9. .Inli und 19. November 1678. 

* ,Sopra tutto malinconico, tanto che poche volte f«i vede ossliilarare et 
pnchi«isime rider.* Undatierti' venctianische Fiiialrelatiou aus dem Jalirt' 
1579. VaticÄU. Bibliothek, ,Cod. Urbin. lat. 83ö , fol. Üi. ,K S. M*- ripu- 
tste di oompleerione celerioa et melineonic«, delln qnele nümua ci U 
giiidido ehe sia di mente molto schiette et oite per6 «mi molto ooloro 
ehe nel n(|podare et tmttare con mm ii dimosti ln Hinfoniiure alta sua 
lealo natura, pia et zolante della religione.* Infurination für Alt'onso 
Yisconte, ,reforendario di N. S^" et destinato nuntio apostolico in corte 
Ce«»i-ea', vor 1589 verfaßt, undatiert. Vaticau. Archiv, .Varia politico- 
nun 92 , fol. 361. 



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hiliicn nie ^Kleuimuetigkcit^ spuren laesen. ,Der Mensch plt 
nicht mehr, rIr er sich selbst schätzt,* Hess sie ihm damals 
vertraulich sapjcn. .uiid wenn er sich nur ein einziges Mal sinken 
lässt, niemals kann er sich mehr aufrichten. Daher kommt es, 
dass er leicht zu Grunde seht, so dass die ganze Welt sich 
gegen ihn erfrecht.' Es tliätc ihr sehr leid, wenn man solches 
von ihm als ihrem Sohne und Sprossen des hab8burgii»chen 
Hauses sagte und sagen könnte. * 

In Zeiten so verzagter und verdrossener Stimmungen wäre 
der rnliebedürftige Fürst »der vielfHItigen Mühe und Arbeit, 
auch [der] unlusiigen Handlungen', wie er bicli einmal am 
1. September 1588 ausdrückt, gerne, grösstcntheils wenigstens, 
überhoben gewesen. Denn er sei ihnen, sagte er, ,der schweren 
Krankheiten halljer, die er uberstanden habe, nicht gewachsen^ 
Damals wiinsciite er nur in einem kleinen Theile seiner Staaten 
mit weniger Sorge selbst ^u herrschen, die Administration von 
allem T^cbrigen seinem Bruder Ernst zu überlassen. Dies alles 
Sehlen ihm aber selbst kaum durchführbar. Er sachte darum 
nach Auswegen, jedoch vergebens,^ 

Dies waren aber nur vorübergehende Stimmungen und 
Wünsche. Ehrgeiz und Machtliebc waren in ihm doch über- 
wiegend. Schliesslich zwangen ihn auch die kriegerischen Er* 
eignisse, die Zügel nicht aus der Hand zu geben. 

In jüngeren Jahren hatte er trotz seiner Anlage zum 
Jähzorn* nie die Herrschaft über sich selbst verloren. Die 
Wendung, welche die Heiratsangelegenheit genommen hatte, 
ferner die Intrigaen zur Dttrchsetzung der römischen Ktfnigs- 
wahl gegen seinen Willen, später angeblich auch eine neue 



* fPiortne el hombve no Tkle mas de lo que se estimn, 7 qaando se dexa 
c*er nnn res, nuncn ff« jMUMlr' ür-v^iitar, de dondo sig^ne qne fncHment« 
se Tiene ä perdor. do tnl mnnera (jue to(U> f 1 mundo se le desvcrpuenza, 
lo qne a ella pesaria mache que haviessou y podieiMen deair esto de Vuestra 
Hag' eomo d« «m hyo 7 deMMtditnte daata eaaa, atif no crae quo T. 
dari eanta o ooearion pani alW ShaTeahllllar im Anlbaga dar KatMcin 
an Rudolf II., 15. Januar 1686. Im Wiener Staatsarchiv ntir thaUweiae 
als Copia moa dar Ungabnng dea KalaavB erbaltan, in Nttmbaig voll* 
stKndiir 

' In den oben S. 341 Anm. 4 citiorten zwei Entwürfen. 

' ,L>a coUera lo morde fino al caore e bene spesao, ma In cnopro a noB ii 

IbmU traaporttt«, ooma salara fiure, qnando am piA giovina/ AlMri 

(1598), aar. I, VI, S44, S65. 



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a64 

EnttäuBchung mit einem zweiton Heiratsprojecte (Maria von 
Medicl, die den König Heinrich IV. von Frankreich heiratete) 
remraachten dem nenropathiscben, inipressionablen FOraten hef< 
tige Gemüthserregungen und seeHsche Leiden, denen seine 
Nerven nicht Stand hielten: ^ er wurde reizbarer, miastraniBcher. 
Immer grübelte und brtttete er Über das Verlorene. Seine 
nenropathische Veranlagung erleiobterte so im Jahre 1600 den 
Ausbruch einer schweren Nervenerkrankung, die sich im n&eh- 
sten Jahre bedeutend besserte. Sie gab sich kund in Angst- 
zuatänden, heftigen Zornesausbraehen, aeitweise mit Qefilhrlich- 
keit für seine Umgebung^ in Hallucinationen, femer in einem 
nächtlichen Selbstmordversuche (15. Oetober 1600), wobei er 
sieh durch einen Degen und, als ihm dieser entrissen wurde, 
durch zerschlagenes Glas tödten wollte. Zugleich hatte er Furcht 
vor Entthronung» Ermordung oder Veigiftung durch Ränke des 
Nuntius oder italienischer Kapuziner, die ihm als Diener des 
Papstes besonders vcrhasst waren, weil er Uber dessen Haltung 
in der Frage der Reichssuccession beunruhigende Nachrichten 
erhalten hatte. Mehr als die Erinnerung an König Heinrichs HI. 
von Frankreich Ermordung ilngstigte ihn die Propheaeiung 
Tyho de Brahe's, dass er, der Kaiser, wie dieser König durch 
einen Mönch enden werde.* Eine andere astrologische Pn>- 
phezeiung warnte ihn vor der Gefahr eines Büchsenschusses. 
Gleichsam wie zur Bestätigung ward 1596 ein Attentat gegen 
ihn gepknty der Träger der Pistole, der auf ihn gelauert 
hatte, aber verhaftet' Seinen unerträglichen Zustand erklärte 

* ,8aperaiino diinqnc le EccoUenze Vostre [die Staatsinqnisitoreu von 
Vfinodig] rlit» sono niolti annt c-lio 8. M** ha dato in nn.i c^rnvc m*»lan- 
conia^ la quul» iu tiiie, pur quauto diconu tutti, dopu che ni vide privo 
di non {loter piü haver la Beremsflima iufaute et che iutese la couelu> 
Bione delle notia della Ba^na di Fnincia nel Ra Chriatianlirimo» ci 4 
poi ridotto al colmo . . . la inflmiti k di aaa origina melsnconica.* (Ifa. : 
,iM<-lanoiiic,i'). Pietro Diuxlo, Pr;in-, 3. Oetober 1600. Wien, StulMnliiT. 

• Stifvf, Vt'rliaJKllnn^t'u über dio Naclilolj/e, 102. 

' ,tJi fu contirmato pritna dal signor lioni'o [Kuiupr] il so.spetto ot la pri- 
gionia di costui euer vero, ma poi aoggionse übe ia .nua piAtolia non era 
«tat« ritnTat» cnrio«, U eb« da tatki non Tiene omI ikttamente endnto, 
intondendoBi ehe p«r divene eansa 8. M*^ viva al presente con molto 
•ospotto, acereacinto, per qnanto ai raggiona, da nno di qvaiti aatrologfai, 
l>erch«S, riveduta novanieute la nntivitA di (|uesto prineipa sMondo l'nao 
falacj'e di qiK'ir rirte, le ha fatto »apere che egli corre granditeimo peri- 
colo di e.sfier feiit^j di uua arcbibuBata .... si vede 8. M** molto trava- 



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3Ö5 



er durcli Vnzaiibcruug oder Verwl\nbchun|n^ oder durch Be- 
sessenheit und lauchte eine seiner Licbhaberiiiiieii als , Tochter 
einer Hexe' dafür verantworthch. ^Derlei Hexen- und Ver- 
zauberungsgiauben * braucht durchaus nicht als Zeichen von Irr- 
sinn angesehen /u werden, weil er damals ebenso wie die 
astrologischen Ideen gang^ und gäbe war/ Hat doch auch die 
begabte Gemahlin Konip^ Philipps HI. von Spanicu, Margaretha, 
auf dem Todbette von eigener Verzauberuug gesproclien! * 
Was die Besessenheit anbelangt, so zeigte sich sogar der Kuu- 
tius der Operation einer Teufelaustreibung zur Hcilunnr des Pa- 
tienten geneigt.^ Auch bei Johanna der Wahnsinnigen, Ru- 
dolfs n. Urgrossmutter. wurden solche Exorcismen ganz ernst- 
lieh angewandt.'* liudulls ürtheilskraft und Scharfsinn litten 
durchaus nicht, wenn er ruhig war. Nur im Momente der 
Erregtheit sprang er selbst mitten im (Tes})rUche plötzlicli vom 
Thema ab^ und war seiner Umgebung uuertrÜgUch, ja zeit- 
weise gefUhriich. 



gliatA et piena di .nfflittiono di animo . . / FraiieOMiO Vmililnimlll, Pragr, 
12. August 1596. Wion, St.n.its.irolii\*, Vfuctian. r>«'|>f»sHien. 

* Das folgende ftrztliclic Gutaclilon vt-rdanki' ii Ii ^'üti-nT Mittlicilmigf de*«* 
Herrn Ür. Josef Adolf IlirMclil, Assbtenteu an di^i Kuntk Kralli-Kljiui^, 
m( Qrond beigebrachteD QitdlleiiinaterUls. 

* ,La Regina, prima di morire, diaM al Se ehe gli era stato detto ehe il 
Duca di Lerma Thaveva faturato . . Tlieilweiso cliiffriprter Zettel mit 
Chiffren au flösnngen, von mir unbekannten HSndeu, undatioif, wohl nach 
dem Tode fU r KfUiigin, also nacli dem 30. October 1011, geiicitrieben. 
Wietier StiUiUirchiv, ,SpaQieu, Corresponden«'. 

Der ^untiuri in Prag, 23. October uud 13. November 1600. Amtliche 
Originaldeciftate im Vaticftn. ArabiT, ,Borgh6ae lU, 52 f* 

* Oachard, Jeanne U Felle ei & Franfoia de Bo^a, 299 btt.; denelbe, 

■Teaniie la Folle et Charles-Quint, a. a. O. 724 err. 

* ,![() iiitosn che la notte S. M** dk voci g^andi et nnn quleta H talvoltn 
parla poco k propnsito. T«ttavi.i ognufn» h> lerne vt esso toiiio ognuno.' 
— ,Soleva prima, «joando trattava di negotii, siar in uervellu. Hora 
taWolta in meno ftl negotio enb» in fiuia, ma con 11 giuditio 
ehe le veeUi si ttriiig« eon herefiei, pndhk, cononeiido la raa im- 
perfettione et dnUtando de* fratelU et ministri eattolici, vol haver que^to 
refugio per ogni easo.* Der Nuntius in Prag am 16. October und 0. No- 
veinlier IßüO, Origiiialdecifrate. ,NelU lucidi intervalli che ha segua l«! 
speditiuiii ch«f fa, dü delle audienze, mii bisogoH eise Btano brevi, et come 
tratta coae pubHcho, per poco tempo, dicono, che sta mivabtlmeiite in cer- 
velle. Ma snbilo come da qneite «i parte, eni» nelli primi ftirori et si 
dnole sempre ehe Ii ministri soaoeiati Phabbiano trattato di qnesto modo, 



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356 



Trotsdem ,ltt86t sich eine Getsteastöiuiig, die in das QUiehe 
Schema der Geitteestttnmgen eingereiht werden könnte, soweit 
unsere Kenntnis Aber das Detail in Betracht komm^ nicht er« 
weisen'.' 

Mit dem Hasse gegen jeden, der die Vornahme der rö- 
mischen Königswahl wttnschte oder förderte, wuchs seine Liebe 
aar Macht und seine Fnrcht yor üntthronnng. Schon vor jener 
Enttttuschung hatte man bemerkt, dass der früher so eifrig ka- 
tholische Fttrst religiösen Uebnngen nicht mehr so gewissenhaft 
wie Mher oblag, sie vielmehr gänalich vemacUässIgte. IMe 
häufige Weigerung au beichten brachte man damals mit seinem 
geängstigten Gewissen in Zusammenhang.' Nach der theil- 
weisen und schliesslich nach der völligen Entthronung — denn 
die KaiserwUrde ohne Landbesitz war doch ohne Bedeutung 
— hat er sich von der katholischen Kirche abfcewandt. Poli- 
tische Erwägungen, die llortnung auf Hache an scm» lu Bruder 
mögen mit eine liolle i^cspiolt haben. Die Abwendung war 
aber doch eine innere. Denn jetzt ist es zweifellos: ohne 
Reue, unbusst'ertius hat er vor dem Tode die Beichte zurück- 
gewiesen. Ernsstliche Zuspräche hatte nichts genützt. Beweise 
dafür liosscn sich im Vaticanisolicn Archive finden. Zwar sind 
die Ix'trt'll'tniden ^Juntiaturberichte verloren,' vielleicht un 
wiederbriuuHieh, nber Antworten des Cardinais IJorghese. des 
Neffen des Papstej» Paul V., an den Nuntius in Prag enthüllen 
das damals Hngstlich gehütete ( Jcheimnis, zu dessen Bewahrung 
gelogen wurde. Kino srünstiti: lautende irrige Nachricht hatte 
den Papst veranlasst, des Verstorbenen in allen Ehren im Citn- 
aistorium zu gedenken und die üblichen Exequien zu feiern. 



n'' qnesto nnice per mio creder da nitro m« noii che. senrlost fondatn il 
principio doUa inelaDConia soprA Ii disguMi supraiiarrati, resta la imagi- 
nativa di S. lern dalle imagini.* Pietro Daodo, a. a. O. Vgl. mit «Uen 
dieaen Angsben da«, was Stiav« ia dw Allgem. dentaelien Biogr. (1889) 
ZXIX, 49S— 518 und in aainMi «Verlmdlttiigen ttber die Vachfolge' 
88 f., 45 f., 58, 77, 100 f., 135, 141 f l).?ibriiigt. Dies wird noch durch 
einige Detnt Ii in dort Roricliteu das Nuntius vom IC. October, 6., 13., 16. 
und 23. November 1600 und vom 1. November 1604 CJ^änxt. Original- 
decifrate im Vatican. Archiv, ,BorgbcMie III, 52 f.' und ^liorghese III, 68'. 

* Reanm^ Dr. Joaef Adolf Hiiwlira. 

* Btiev«, Yarhandlmigen Uber die Naehfolge« 47 f. 

' Gerade fKr die letsten Lebenamonate Radolfa II. foblen aie im Vatiean. 

Archive. 



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357 



Za seiner grösston UeberiMchiuig erfahr er dano die Wahr- 
heit aathentisch.^ 

Bei den grosten Gege&aätsen innerhalb der haheharg^aohen 
FanuUe ist Philippe II. VeihftltniB zu seiner Schwester Maria 
von Interesse. 

Nach dem Tode des Gemahls, des Kaisers Maximilian IL, 
sehnte sich seine Witwe Maria darnach, ihren geliebten Bruder 
wiederzusehen und in der spanischen Heimat, der sie durch 
Sprache,* Frömmigkeit und Jugenderinnerungen so nahe stand, 
ihre letzten Tage zu verleben. Der Tod ihrer Tocihter Anna, 
der spanischen Königin (siehe oben S. 314 f.), erhöhte diese Sehn- 
sucht: nun wollte sie dem verwitweten Bruder und Schwieger- 
sohn in der Kr/iehung seiner Kinder beistehen.^ Gegen den 
Willen ihres Sohnes, des Kaisers Rudolf, und trotz ihrer grossen 
Geldnoth, die sie zu neuen Scliulden, selbst bei der Republik 
Venedig, zwang,* setzte sie die Keise durch.* 

* ,8na B«Atitiidüie in dar conto in «oncktoio della niorte bATeva sodu* 
ffttto alla part(> di cummendare la memoria «Ii Sua M'* Cesarea netla 

piü honorpvnltj forma che convenis«o* . . . ,Perchü si dk facile credenza 
k qnello fli<i ni desidera, fn creduto veru l'avviso che rimperatnro si 
fome in que^tu ultimo dolla sna vit« couföBsato, il che »I riferi in cou- 
eürtoro, et dopo A e6lebra[ro]no retequi«, doT« intonrenne Nostro Signore 
col Saero eoUegio, «t io eome protettor» di Oermaaia eantai la uMMia» 
nella qoale diede Sua B** la beneditttone secondo il aolito. £ poi 
dLsjiiaccinto l'intendere che veramonte Suii M** non pTiro non si con- 
fp'^'-as.sc, ma iiou dasse alcun soguo di coutrittiono, i)erik'h(i von graltri 
avviäi uh'ella ei dk ci la molto temero della satute della sua anima. E 
noa dimeao da procurare ehe si sappia qaaato meno i poaeibUe qa«rta 
finale Impeoititua, ehi tale pare «ha A poari ehiamare* . . , Bora, 
11. Fobnur 1619. Vatican. Anbiy, ,Mnnmatiira divana 8', f.46S% 

4ß4^ Copio. 

' (lieser Spric ht verkehrte sie mit ihren Kindern, mit ihren Goschwintern, 
H. frar mit den Fapüton. Vgl. Fiedler, 396} EmpfebloiigwchraibeD von 
ihror liand im Vaticau. Archiv. 

* KbafMdkUler, ft. DeMmbsr 1680 (NOmberg). 

* Yenediff, BtaataarahiT, Laitan di Oennaaia, ai eapi dat Diaei*, 1081. 

* Die Reise flUuie flbar Obaritalien, Genua, Collionre (swuehen dieten 
beiden Orten war sie 34 Tage auf der Galeere), Porpignan, Oerona, 
Barcelona nnd Madrid nach Li9.«iabon. Eigenhändige Briefe der Kaiserin 
an Kndolf II. aus [Portogruaro ?] vom September [?] 1681 [undatiert], 
ferner vom 18. and 20. Oecember 1681 ans Collionre, vom 19. Januar 
1688 ana BaraaloDa, vom 88. Min ans Uadrid nnd vom 7. Mu 1688 ans 
lianbon. Wlan, StaatBaraUv, ,Faaülieiieoireipoiidena 8 A. b, l*\ KheTflO' 
haller, Madrid, 28. Milrz 1688 (Nflrabaig). 

AnhlT. LlXXVl. Dd. II. Hilft«. 86 



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368 



Wie glUcklicli waren (!ie Geschwister, als sie am 5. Bfai 
1582 auf portugiesischem Boden in Almeirim zusammenkamen! ' 
Für die Kaiserin war dies einer der seit dem Tode ihres G^e• 
mahls so seltenen Freadentage, ^ nicht minder fllr Philijip II. 

Wie ihr Vater Karl V. wollte auch sie ihre leisten Tage 
in Zurückgezogenheit verleben. Zu ihrem Anfenthalte erwAhhe 
sie sich den Palast bei Madrid, in dem sie und ihre Schwester 
Johanna geboren wurden, und den diese am 9. September 1573 
Terstorbene Eronprinsessin- Witwe yon Portugal' au einem 
Kloster barfüssiger Ghtrissinnen umgestalten liess, als ihr Wunsch 
nach Yerrnfthlnng mit dem spanischen Kronprinaen Don Carlos 
dessen heftigste Zurückweisung gefunden hatte.' Ohne auf 
ftlrstliche Hofhaltung gana au Terzichten* und ohne ein BJoster- 
gelttbde abgel^ au haben, lebte sie dort bis zum 86. Februar 
1603 und ruht in diesem ihrem Geburtshaus, im Tode mit der 
Schwester yereint.* 

* KhevenhUllor 7 Mai 1582 (Nllrnherfr); Bntlinger, Don CatIos, III; 
Uacbard. Luttre.s de l'liilippe II. k »m üUes, 168v. 

' ,ä notabil cosa che dopo In morte del marito non ha laaeUto mal gimmo 
«leDDO o maiM o ▼«•pro^ nh mti A ttata viata ridare o nllcgnuai.' 
VaneüAii. FinslraUition 1lb«r dan KsiuriMtf vom Jahn 1679 (aiahe obep 

S. 352 Anm. 6), fol 032. 

* Coleccion i!f; docum. iniklitos CXI (IH'.iri), s<r 

* ,11 principe di Spapnn fDmi ('arli.s] . . . «'ssi-iniosi lattciato intendere 
chiaramente che iu eternum iiou piglierä la principema di Spa^a, sua 
aia [Juana], alla qaale molti vogliono ehe aia Tsmito la febt« quartana 
per qoMta cauaa. Onde 8aa Altana fa hora marara nn raonaslaiio ebia- 
tnato Discalze, nel qnale molti dicono che sia per riaerrarsi.' Odeacaico, 
Specialg^eMndter dos Papste« Pius IV., 27. Novoiiihcr 15(52. V.-itü'.m. 
Archiv, .Vnri.i pntiticorum 14', sp&tere Copie eine« Originaldecifrate«. 
Vgl. Büdiugor, Don Carlo«, 136 f. 

* Sie hatte unter anderen einen Obersthoftneiiter nnd melirere Hofmeiater 
in ihrem kleinen Hofirtaata. Infolge beioaderer pftpeUidien Braven 
darften ihr in dieaem Kleiterpalaak awSlf weltliche adelige Damen ihtea 
Gefolpros dienen. Januar 1699 erbat sie die Bewilligung, diejenigen 
Bwölf Damen, ,che si troveranno all» morte sna in suo servitio, pureh^ 
siano di (luell« che custumavano entrare con 8ua M*^ nel detto mon&stero% 
.einige Monate' nach ihrem Tode bei ihrer Tochter Margaretha bleiben 
an laaen. Nuntiatarberieht vom 10. Jaanir 1699, Vatiean. Archiv, 
«Nnnsiatara di Spagna 60*, f. 16. 

' lieber dieeea Kloster nnd neine Gründung siehe Montafia, Maa lue, 231, 
23r); Correspondencia inedita de Guill^n ile Snn demente, p. IV sq. (mit 
seltsamen IrrthUmern); Alben 0.^63, 1560, ^^ü^^, «er. 1, V, 74, 

121, 366 Kg., 420 (,una casa congiunta con un monasterio'). 



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L 



359 



Aber die Kaiserin ward der geliebten ^ spanischen Heimat 
nicht froh. Seit ihrer Vermählung kämpfte sie mit Schulden. 
Bei ihrer IferzensgÜte* kannte sie in der Unterstützung Armer 

kein Mass.-' Ebenso war sie «^e^eii ihre Untergebenen, beson- 
ders in Geldfrasren, zweifellos zu naclisichtig,* in diesem Punkte 
das jjerude Gogeiitlu il ihres Hriiders.* Sie duldete J>. einen 
julizornigen Obersthofmcister, der sie gelefirentlich seine üble 
Laune unpfenirt fülden licss und über die Ausgaben ihrer Ilof- 
haliuiig ki ine Rechnung führen wollte.^ Es war nämlich Juan 
de Borja y Castro (lOÜo — IGüB), ' ein Sohn des heiligen Fran- 
cisco de Horja, des dritten Jesuitengenerals und vierten Herzogs 
von Gandia, der während des Lebens und beim Hinscheiden 
.Johanna der Wahnsinnigen insoferne eine grosse Rolle spielte, 
als CB ihm gelang, die Geistesgestörte zu einer kirchliehen Hal- 
tung zu vermögen.^ Marias Sohn Kudulf hatte es übernommen, 
einen Theil ihrer Seludden, nändicii 200. 000 Gulden, gegen 
gewisse Zugeständnisse zu tilgen. Sie musste nttmlieh auf ein 
Leibgedinge und auf den ihr gebUrenden Erbantheil an der 
Apanage des im Jahre 1578 als .lohanniterritter in Spanien 
verstorbenen Erzherzogs Wenzel verzichten.^ Infolge ihres 

^ Coleceion da doenm. in^tos CXI, 603. 

* KheTenhallor, U, lU» 1686 (Nttmbttrf); Barassi-Berehett »er. I, I, 
16$ 8^. 

' Di© Tenetinnische Fiiialrelation vom Jahre 1579, fol. 632. 

* Coleceion de docnm. inMitoM CXI, 301 ngg. Fiedlfir, 394; Alhc'^n, sor. I, 
V, 366 flg.; Barozzi-Berchut, mr. I» I, 168 sg.; Khevenbttller, 6. Februar 
und 28. März 1582 (Nürnberg). 

* AlbM, MT. I, V, 185, 265, 86S, 488, 446; BMossi-Berchet, Mr. I, I, 
156, 168 «g. 

" KhevenhUller, 6. Juni 1588, 11. März und l.Joni 1585 (Nfimberg). 

' Monuin. bist. ROcietatif> Jcni, Satictn« Fr.mri'^oiit, Borja. M.itriti 1894, 
642 — 645; Fiedler, 398. Da.s zueint jjeimnntc Werk konnte ich auf der 
Ordenabibliothek in Koni benützen, wofür ich hiemit be.stens danke. 

* OMhard, Jeanne la Folie et Stint Fnm^is ü» Borja, a. «. O., 891 sv.; 
dmtelbe« Lm dernien monMnla de Jeaniie la Folie, 889 wtt. 

* Citiort in einem kaiserlichen Auftrage an ,d!e geheimen Rcchtsgelehrton 
un<l Heit lishofrätlie' vom 96. October 1586. Wien, Sta.nt^.irchiv. , Spanien, 
Corrcspondenz', laHc. 12. Erzherzog Wenzel erhielt rla.s Ordenskleid im 
October 1Ö77 und 8tarb 22. September 1678. KhevenhüHer, 23. October 
1677 and 26. September 1578 (Nürnberg). Im letaleren Schreiben lielast 
ee: ,Wm gedaehtas liemi aeeligen sehwachait geweat^ kban ieh warlich 
nit algentlieh aehreiben nocb wiaMn* . . . dann er neeh wOffinung gar 
gerandt Im Leyb geftinden worden; neehdem Ir Dnrehlencbt aber ver- 

85* 



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360 



Heiratooontractes besass sie als jllbrlieheB Emkommen 40.000 
Dacaten aas den Eipkttuften Neapda und 6000 Ducaton aoB 
Sevilla.^ 

In ihrer Bedrängnis ward sie darauf anfmerksam getnaeh^ 
dasB sie auf das PriTatrerm<fgen des ausgestorbenen portugie* 
sischen Königshauses Mitanspruch habe. Der König liess den- 
selben prüfen.' Es dauerte lange, bis er ihr endlich eine 
magere Abfindung bewilligte.* Inawiaehen war es einmal da- 
hin gekommen, dass die Schwester dem Bruder drohen mnsste: 
wenn er ne noch länger warten lasse, müsse «e in seinen Palast 
nach Aranjues kommen, damit er ihr zu essen gebe.^ Bis sn 
seinem Tode hielt der König die Schwester knapp. Es ge- 
hörte zu den ersten Verfügungen des wieder au freigebigen 
Königs Philipp III., daas er das Jahreseinkommen der Kaiserin 
um 10.000 Ducaten erhöhte, ihr 40.000 Ducaten Schulden be- 
sahlte und ihr gestattete, über die Hälfte ihrer neapolitanischen 
Rente an testieren.' 

Es gab noch tiefere Orfinde zur Verstimmung iwischen 
den Geschwistern. Der König hatte nach dem Tode seiner 
Gemahlin und Kichte Anna gewünscht, bei der Schwächlich- 
keit seiner Söhne die Thronfolge durch eine neue Heirat zu 
sichern. Zuerst wünschte er, der zum vierten Male Witwer 



schiden, ist zieaiblich vill i>lufit durch die Nasen vnud mundt we<»kh- 
gofloflsexit daher etlich inferiereu wellen, tueclite ain apostem im haubt 
gehmlit babben.* Dann tadelt «r m, dsn <Be Aonrte tieb so leidit sum 
Aderlaise enlMblomen. 

* Die citierte FinalraUtion Toa 1679 f. 682; Kb«Tenbfill«r, 18. November 
1584 (NUrnberp) 

« lüievenhOller, 12. Januar, 6. und 9. Februar, 80. Mai 1680, 18. Juü 1683 
(Wien und Nürnberg). 

* Die genannten 6000 DoMlaB wbBeb und TeikKaffieh (ab aiebenpercentige 
Jabfeerente), in diei snfiBbumderfolgeaden Jebren je W.00O Dncaton, 
jedocb unter gl^hzeitiger monatlicher BaidcMnttnnf einee TonehnaM« 
von 20.000 Dacaten (Khevenhüller, 13. November 1584, Nflmberg). Der 
Katnerin hätte von der nnf drei Millionen Ducaten geschätzten Hinter- 
lai^sonschaft nach Abzug der Öchulden Küuip Seha.stian» im Betrag>o von 
800.(KM> Ducaten die Hälfte, also selbst bei zu hoher Schätzung luiu- 
deeteoe eine HitUott gebOrt (Kherenbfiller, 18. Jenvar 1680, Nflmberg). 

* Af»^ ay HO ae reaolTerin praato aobre an parlicolnr, qne yrln meano 
alli [Aranjuez] k solicitarlo, y |>ara que le diese de comer/ aagle aie 
ihm lifiim Abschiede KhpvoTil fillor, 1 Mai 168i (Wien). 
KhcvenhUller, 28. December 159b (Wien). 



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861 



geworden war, die fliebenimdawanngjährige Witwe des fran- 
söriBclien Kdnigs Karl IX. an ehelichen. Diese weigerte sich 
aber auf das Ehitschiedenste, indem sie erklärte, sie habe ein 
Mttbde gethan, Witwe zu bleiben. Sogar die Hilfe des Papstes, 
der sie davon befreien konnte, wurde vergebens angernfiBin. ' 
Sie ist awar nicht Nonne gewesen, hat aber ein klöster- 
liches, der öffentlichen Wohlihtttigkdt gewidm^ies Leboi in 
dem von ihr gestifteten ,E0niginkloster' in Wien ^n der Nahe 
des heutigen Jose&platses) geführt und ist dort Januar 1593 
gestorben. Sie erli^ einem in der Familie, wie man geglaubt 
hat| erblichen Herzleiden* und den Anstrengungen, die sie zur 
Tröstung Kranker während einer Epidemie auf sich genommen 
hatte.« 

Der König scheint es der Schwester verdacht zu haben, 
dass sie ihrer Tocliter nicht eindringlich genug zugesprochen 
habe. Das war nun gar nicht der Fall, als er die jüni^ste 
Tochter der vSch wester, Margaretha (geboren ara 2Ö. Januar 
15G7), heiraten wollte, die mit ihrer Mutter imch Spaiüeu ge- 
kommen war. Wenn der König schon durchaus wieder hei- 
raten wolle, gab der kaiserliche Gesandte Khcvenhliller zu be- 
denken, 80 wäre es doch besser, ihm die Erzherzogin zu be- 
willigen, damit er nicht eine andere Prinzessin heirate. Aber 
die Kaiserin erklärte Khevenhiiüer in wiederholten Gesprächen 



» KLeveuliUllor, 4. September 1581, 9. Mai» 12. Öeptember 1683 (Nürnberg) j 
Alböri, ser. I, V, 363; Fiedler, 393. 

* «Palpitatione lU onoro> che h infirmiti peealiare di qnista Baianiniina 
«MS.* Der yMi«tüuu0che Gtoaaadte am Kaiaarhofe, Sl. Januar 1592 (Wien» 
Staatoarchiv). Nacbwelslicb waren auch irgendwie herzkrank: Kaiser 
Karls V. Schwester Maria, seine Tochter, dio Kaiserin M.nrin, dorcn 
Tochter, dio Nonne Margaretha, und l)ef"n(<!prs K?ii«fr Maximilian II. 
Gachard, Betraite 1, p. XL VII sq.; Khevenhüllur, 21. Max 1594 (Nttrnbery); 
Nantiatarbericlite au Madrid Tom M. Febroar 1694 tmd 11. Octobar I59d 
im Vatieaii. Azdiiv, ^oigheM III, SS*, f. 109, J7aii«atiira di Spapia 49% 
f. 313; Turba, Tenetiaii. Depeschen vom Kaiserhofe III, 416 Aum. 1. 
593.^19; Senfelder, Kaiser Maximilians II. letzte Lohensjahre und Tod, 
medicinisch-historischo Studie (Blätter do.s VcruinoH filr Landeskunde von 
NiederÖ8terr., 1898, XXXII, 49, 53). Aul dies« sehr dankenswerte Arbeit 
hatte Herr Dr. Karl Schellhaas, Staatsarchivar und Secretftr am preossi» 
aelien loBtltate In Born, die GKIte vleh anümerkaam au madies. Sie iil 
niebt mit volletiUidiger Qaellenkande wttMi, olmohl darin neoee Materiel 
benutzt ist 

' Die in der vorigen Anmeiknng anerat citierte venetianisohe Depeecha. 



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362 



darttber, sie habe die Tochter nur in der Absicht nach Spa- 
nien gebracht) sie dort Nonne werden zn laaaen. Die Ersher* 
sogin tange nicht flir die Ehe. Kllme ee dexmoch dasn, so 
wäre keiner der beiden Theüe sufirieden.^ Die Kaiserin hatte 
Recht: die Elrzherzogin war verkrüppelt.' Andeneits prophe* 
Zeiten die Aerzte: wenn der krünkliohe KOnig, der damals 
sechsnndftlnfzig Jahre zfthlte und ganz wgraut war,* noch ein- 
mal heirate, so werde er kein Jahr mehr leben.* So trat also 
die Erzherzogin auf besonderen Wunsch der Mutter in das 
schon genannte Kloster der barflissigen darissinnen als Nonne 
ein. Die Kaiserin wollte die Beruhigung haben, dass fftr ihre 
Tochter, ehe sie selbst starb, gesorgt sei. ,Wenn ich stOrbe/ 
sagte sie zu KhevenhOUer, ,wie wttrde es [sonst] Margaretha 
gehen, besonders anter diesen Leuten?'* KheFenhttller besass 
das Yolle Vertrauen der Kaiserin und wurde auch yon ihr zum 
Testamentsexecutor bestimmt* Daraus erklltrt sich diese merk- 
würdige Aeusserung. 

Zwischen dem König und ihren Söhnen war sie natürliche 
Vermittlerin. Sie erwirkte ihrem Sohne Mathias, der ihr mit 
seiner Flucht in die Niederlande und mit seine»* Aufführung 
daselbst so viel Kummer verursacht hatte, im Februar 1587 
vom Könige Verzeihung.^ In der Frage des Heiratsfpites für 
ihren Sohn Rudolf hatte sie keinen Erfolg. Lange genug hat 
sie aber auf seinen Wunsch die Heiratsverhandlungen hinaus- 
ziehen können.* 

Bei ihrer krankhaften Melancholie, die bei ihr wie bei 
Rudolf n. häufig mit Uebelbefinden des Magens verbunden 

' Klievonhillter, 6. Febraar uud 6. M&n 1683, Sl. Decambor 
(NUruberg). 

* Vgl. oben S. Slil Äum. 4. 

* AlbM, MT. I, V, 828 (1581). 

* Kbevenliüller, 1. Febraar 1584 (Nlirnbeif). 

* ,Bi yo mori^ra, comu quedara Ifwgarita, y mai «ntie Mte gwte?* 

Kbevöiilimir i , 1. Februar 1ÖS4. 

" Bericht KJi i iilnillor's über ihren Tod, gegen Ende Februar 1603 ge- 
scbriebtiu, im i: aiuiUeuarchiv. 

^ Kheyenhlllkr, 6. Min 1587 (Nttraburg). Mit dieiein Sohrtiboi wardn 
dem BlaiMr Copien sweier apaiiiMheii Briefe gesandt« von denen der eine 
Ton der Kaiserin an «len König, der andere als Antwort damiif im 
Februar 1587 gescliriobon wurde. Diesu beiden andatierten Copien in 
Wiener Btaatsarcbiv, ,Spanieu, Hofcorrespoudenz'. 

* Vgl. oben Ö. 342. 



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863 



encbeiiity^ empfand sie* es doppelt flchmerzlich, daas sie Ober 
den Abachliuw der Heirat ihrer Nichte, der In&ntin Kalharinsy 
mit dem Herzog ^on Savoyen nicht früher als andere unter- 
richtet wurde und auch dann noch geraume Zeit warten musste, 
bis sie den Inhalt der Ehepacten* erfuhr.* Aehnliches musste 
sie erleben, als schon beschlossen war, ihren eigenen Sohn 
Albreoht mit der Infantin Isabella und den Kronerben Philipp, 
ihren Enkel und Neffen, mit einer Oraaer Erzherzogin za ver^ 
mtthien> Auch Uber die Anordnungen des KOnigs wegen 
dieser Doppelhochzeit, die erst nach seinem Tode stattfinden 
konnte, erfuhr sie nichts. Des Königs intime Käthe Moura und 
Juan de Idiaquez wuasten in dieser Familienangelegenheit mehr 
als seine eigene Schwester. Bitter hat die Kaiserin Kheyen- 
httller gegentlber darüber geklagt.* 



' Fiedlw, 894; KhevMilittllOT, 16. Avgmt 1684, 11. Hin 1686, 12., StO., 

86. Ifu 1690, 26. Februar 1594, 4., 20., 31. Mai, 12. Jani. 5. Jnli, 
31. AtifTust, 24 Oi^tnb.-r, ül., 26. Docember ITiOG (Wien und Nilrnbcrp); 
NuDtlaturbcritlit uns Madrid, 20 November 1698. VfttioAU. Archiv, 
jNunziatura di Spagua 4U', f. 3Uä. 

* Kadi Philipps U. Testament vom 7, Hin 1684 erhielt die Infiuitiii 
aniier der Hilfte der Auielattung ihrer Mutter 600.000 Duesten Heirets* 
gut, angelegt ia einer neapolitanlflchen Rente tod jIhrUeb 40.000 Dncaten, 
gegen Verzirht auf alle sonstigen Erbnnsprüche (Simancaa). 

* Khevouhüllcr, 22. Septenibor 1584 (Wien). Die Nac^rir)it, rlass der 
Kaiser v.in iSehreiben, da.s seine Huiratszasagti enthalteu, zerri^Hen babe, 
als er von jener Nachricht überrascht worden sei, erscheint mit Rück- 
sicht auf die oben dargelegte Sachlage, in dieser Form wenigstens, nicht 
sehr wahrsebeinlich. Besold, Kaiser Bndolf n. und die heilige loga, 880. 

* Vgl. oben S. 361 f. 

* KbevenbüIIer, 2. Juni 1508 (Wien). Auf die Bemerkung di^s Kaisers, dass 
er gar nichts Uber die Ilinraten der königlichen Kinder erfahre, erwiderte 
Kbevenhailer am 23. beptembor 1598: ,Da Ewer Kay. des verleibten 
Kuuiga procediern aiu seit hero gesehen, wnr Hur dises vnd ▼iU andern 
uit frembdt fhrlduMnen; daa der gnet her auff die l6«t [snletat] so 
eeleaads gewQssk, die ehr vasat gegen mennigkhlieh miestrauen 
crczaigt, vnd Ewer Kay. M* mOgen mier allergenedigst vnd gewisß 
(,'l,inhp>i, da.s ehr diso Sachpti auch vor der Kay serin, wie vasst alle 
andere, da.s sy mier oft't in i t h ü c h ^ter pekhumernus klacht, ver* 
purgeu, all^o das, was di^eu lieyrat [Albrechtsj petrifft, mau alle parti- 
cnlaxitelen ehe Ton aussen alls von hie vamehnen mieasen . . . Der ver> 
leibt Knnig, wie Ihr [?] Ewer Kay. M« dan ahnblieh knodt, ist etwas 
frembder vnd gar mistrawiger Conditiou gewOsst vnd hat alle Sachen 
allain mit Mora vnd Idiaques resolvierdt, dacduroh's in höchster gehaimb 
gehalten worden' (MUrnberg). 



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864 



Man darf behAupten, dass das Eeralushe Verhiltnis zwi- 
schen dem König und seiner Sohwester schon bald nach ihrer 
Anknnfl in Portugal erkaltete. Es fiel ihrem Sohne Albrecht 
und EhevenhtÜler anf, dass sie sich bald nicht mehr so fröh- 
lich wie nach den ersten Tagen ihres Zusammenseins mit dem 
Könige zeigte.^ Die Geschwister sprachen einander mit ,Ho- 
heit' an. So wOnschte es die Kaiserin.' 

Im Jahre 1586 sachte der König Missbräacbe im Titel- 
wesen, die besonders in Castilien herrschten, an beseitigen' 
und durch eine ,Polizeiordnung^, auch ^pragmatica' genannt» au 
besthnmen^ was fUr mündlichen wie sehiiflMohen Verkehr fortan 
au gelten habe. Es hiess darin: Obwohl die Kal8erin>Witwe 
In&ntin von Castilien sei, gebUre ihr nicht die Anrede ^tesa' 
deor schriftlich ^Sefiora', sondern »Magestad* wie auch dem 
Kaiser. Ihren anderen Söhnen aber und deren Oheimen, den 
Erzherzogen, komme dieselbe Anrede wie den Infanten und 
den Infantinnen der spanischen König"reiche zu, nämlich ,A1- 
teza'. Daun hiess es, nur die Gesandten, die in der Hof- 
kapclle Sitz hätten, dürfe man mit ,vSenoria' anreden.* Die 
Kaiserin und Khcvonliiillcr machten sogleich Vorstellungen da- 
gegen: sie sprachen flem Könige das l\eeht ah. die der kaiser- 
lichen Familie und deren Gesandten gebürenden Titel und An- 
reden zu bestimmen.^ Die Form war nicht schroflF. Auch 
innerhalb ihres Hofstaates, meinte die Kaiserin, dlirfe ihr der 
König ,nicht Mass und Ordnung geben','' Der König erklärte 
verwundert, er habe ja niemand verletzen wollen, gab sogar 
zu, dass es besser gewesen wäre, alle die genannten Bestim- 
mungen in die Pragmatica nicht aufzunehmen.^ Später machte 



^ KhttTttDhflUer, 7. Bfai 1568» 88. October IMS (NOnberg). 

> Kh6Teahall«r, 7. Mai 1688; Uber die Unsafrfedeiihttit der Kaiaftrin mit 

ihrem Bruder TgLAIUri, ser. I, V, 365 (1584). 

* So der Köni^ g:cgenUber Kbevenhflller. Bericht detuelbeD Tont 8. Mo- 
vembcr löSR fNüruberg). 

■* Die ,rragiuatica' im Wiener bt&at&arcLiv, ,i:>pauieD, Correspondenz', 
fa»c. 12. Erneuert wurden diese uud andere bis in Kragenlormen ein> 
gellende Pottseiordnmigen 1694. Nuntiatorberieht aus Madrid vem 
18. Januar 1694. Vatican. ArehiT, »Boigbeee m, 88*, t 866 «gg. 

' Khevenbllller, 2. November l.'8fi. 

" Klievenhflllor, 17. Decemb.^r lö'.Ti (Xfiniberfr). 

' KUevenliUUer, 2. November 1580 (JSttrnberg); I.April 1687 (Wien). 



i 

— Bigitizec^by-Geogte* 



3ÜÜ 

er jedoch wiederholt geltend, er könne seine eigene Anordniwg 
nicht umstossen.' 

Die Kaiserin befahl ihrer Aafifassung gemftf» den Ange- 
stellten ihres Hofstaates , ernstlich*, ihren Obersthofmeister, früher 

Gesandten am Kaiserhofe, Juan de Borja y Castro, ,soine8 
fürstlichen Herkommens und seines Amtes halber' wie früher 
so auch fernerhin mit ,Senoria* anzureden, obwohl ihm dies 
nach der ,Polizeiordnun^'' des Königs nicht «rebürte. Hierauf 
drangen auf des Königs persönlichen Befehl im December 1595 
in den Klosterpalast der Kaiserin Gerichtsbeamte ein, welche 
deren Dienerschaft in Bezug auf gebrauchte Titel und Anreden 
eidlich verhörten. Die Kaiserin war darob tief gekränkt. Nun 
sollte der Kaiser Borja durch einen solchen Titel auszeielmcn, 
dass ihm die verbotene Anrede hätte gegeben werden müssen. 
In einem eiii^enhHndigen Briefe* bat sie den Sohn darum, da- 
mit, wie KhevenhülJer in ihrem Auftraire an den Kaiser 
schreibt, * ,nit allain der Khunij.', Ihr Brueder, sonnder du- 
gancze Welt' spüre, ,da»s sy au Ewer Kayserlichen Majestiit 
ain sülichen Sun habbe vnnd der ain so mechtti<rer \niid 
grosser Potentat seye, der nit allain titl !?oniider ordt vnnd stoU, 
daher soUiche genommen vnnd gesehöpfft mögen werden, gewen 
khin*. Für die (4e^iii innig des ThronfolL'f^rs ist es bezeichnond, 
dass er l^orja bald nach seinem Begierung^ntritte zum Staats- 
rathe ernannte.^ 

V. Capitel. 

Friede mit I ruui^relch. Abtretung der Niederlande. 

Ztt den leisten wichtigsten Re^erongsaoten Philipps II. 
gehört der Friede mit Frankreich, der am 3. Mai 1598 unter 
päpsdioher Vermittlung in Vervins von den BeyoUmitchtigten 
des fnmxOriBclien KOnigs und des Ershersogs Allireclit im Na^ 
men des spanischen Königs unterzeichnet wurde.* 

1 KhevenhUlIer, 17. DMwnbor lÖM. 

' Dieser fcMt uns. 

' Ani !7 l>ecenibor 1595. 

* Kuntiaturberichte vom lU. und 25. September 15^8. ,NuD2iatura di 

Spagna 49*. f. ffft «gg. 

* Ueb«r dIflM YflffhMidliiBfMi unttrriebtan: dift AatemwiMimawMtetlong bei 
Gaehanl, La bibliotb^ne aatioiuatt dt Para (Paru 1886) H, 16—81; 



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366 



Damit trennte sich Frankreich von Englaiid und Holland , 
seinen Verbündeten, mit denen es in Verträgen vom 24. Mai 
und vom 31. October 1596 verabredet hatte, dass ohne gegen- 
seitige Zustimmiing weder Friede noch Waffenstillstand mit 
Spanien geschlossen werden äoUe. Englischen und holländischen 
Gesandten hatte König Heinrich IV. von Frankreich auf ihren 
Wunsch am 25. April 1598 versprochen, mit der Friedensrat!- 
fication noch vierzig Tage zu warten, für den Fall, dass ihre 
Auftraggeber sich den Verhandlungen anschliessen wollten. 
Diese Frist lief am 4. Juni ab, Holland und England ersuch- 
ten, noch einen Monat su warten. Der f^amsOsiBche KOnig aber 
antwortete, er habe seine Zusage erfüllt; weiteren Auftchub 
könne er nicht gewUhren. Am 6. Juni wurden darum an der 
belgiBch-franaOeischen Grenze bei Amiens die Ratificationen 
ausgetauscht, am folgenden Tage wurde dort der Friede unter 
Trommelschlag und Kanonendonner verkündet,^ endlieh am 
21. und am 26. Juni sowohl in Paris als in BrOssel feierlich be- 
schworen,* aber erst am 9. September 1598 am spanischen 
Hofe im Escurial und in Madrid feierlich verkttndet^ 

König Philipp IL bekam die su Spanisch-Buigund ge- 
hörige Gra&chaft Charolais surttek und behielt die Gitad^e 
von Gambrai, musste aber Ardres, Calais, 1« CapeUe, Le G&- 
telet und Doullens an der belgisch'&ansösischen Grenae und 
Blavet, heute Port Louis, in der Bretagne abtreten. Die end> 
giltige Regelung der savoyisch-ihmzösischen Differensen blieb 
dem Papste vorbehalten.^ 

Die Beistimmung in Spanien war wegen dieser Abtre- 
tungen durchaus keine allgemeine.'^ Kaum war die Nachricht 
von dem Abschlüsse am 19. Mai durch einen Courier tkber* 



die antUchan Deciftrmto «tu Beriobteo des HinorHengeuenüti Bonaventura 

Calatagirouo im Vatican Archive, ^orglieM IH, 68% eii^i Ooleoeion 

de docum. itieditos XLI, 179, 483. 
' Calatag'irone, Aiuiens, *J. Juni 1ÖU8. Vatican. Archiv, ,B<>rghoise III, 

f. m £r war nebeu dem päpstlicbeu Legaten Cardinal Aleaaaadro di 

Mtdici vm den Friedon beattht 
« Ck>leeeion de doctun. inUitos XLI, Al% 48S. 

' KuDtiaturbericht ans Madrid ▼om 11. September 1508. »Nimiiatan di 

Spagiia 49% f. 24H. 
* Diimont, Corps diplomatique (AmHterdam et Haag 1728) V, t» Ö66sr. 
Barozzi-Berchet, ser.l, I, 15, 17d. 



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367 



bracht»^ so liesa König Philipp II. dem Papste seine Freude 
und QratoUtion za dem Ereignis ausdrucken.' Der Nuntius, 
der an seinem Hofe weilte, nannte es in den letzten Tagen des 
König» ein grosses Glttck, dass dieser Friede vor dem Tode 
des Königs geschlossen wurde, weil es nicht an Leuten gefehlt 
hätte, die den Kronerben zur Fortsetzung des Krieges mit 
besseren Anordnungen gedrängt hätten. Jetzt aber werde der 
Prinz den Frieden halten.* 

Noch eine andere Frage eilte der greise König vot seinem 
Ableben zu erledigen, nämlich die üebergabe des gesammten 
burgundischen Erbes der< Habsburger als Afteriehen der spa- 
nischen Krone an seine Tochter IsabeUa Clara Eugenia. In 
den ersten Maitagen des Jahres 1598 war er so krank, dass 
er aus Sorge, vom Tode überrascht zu werden, auf die ra- 
scheste Aust'ertig'iin^'' der betreft'cnden Urkunden drang. Tag 
und Nacht musstc d.iiüii gearbeitet werden.* 

Am 6. Mai-* wurden die in französischer Sprache abge- 
fasstcn Instrumente der Schenkung des Königs, der Aiinaiime 
durch seine Tochter und der 1 latitication durch den Tlironfolger 
teieriieh beschworeu und von allen Anwesenden unterzeichnet." 
Der Thrunlolger musste hiebci erklären, dass er diesen Act 
ü*ei willig und nicht auf J^efehl seines Vaters vollziehe. 

Diese Schenkung, welche auch alle abgefallenen Nieder- 
lande umfasste, nicht aber das Kecht der Verleihung des Ordens 
vom goldenen Vlicssc, sollic uhne die Heirat ungiltig sein. Ohne 
Zustimmung des jeweiligen spanischen Königs darf weder eine 

' Kuntiatnrbericht am Madrid an Cardinal Aldobisndini (damals in 

P«mra^ vom 25. 5fai 1598 (Vatican. Archiv, .Nuusiatiua di Spagna 49% 

f. 126); KheveuLUller, 19. Mai 1598 (Nfimbeiy). 

* DiM- NniititiH am 2h. Mai l.'/JH. 

^ BencUt vum 10. August lödb. Vatican. Archiv, ^uuziatura di äpagiia4ilS 
f. 213 

* KbarenliflUer, 19. Mai 1698 (Nilmb««). 

* Nieht am 80. Mai. Sieh Bfldingnr, Mittheilttngwn ans spanisehar Oewsh., 

8. 19 Anm. 2 und S. 20. Das Datum des dort 8. 20 Anm. 3 citiorton Bo- 
richte« KhevenhülU r's ist der 2., nicht der 21, Juni} die Schrift verleitet 
s«hr zur Verlesuiip (Wien und Nürnberg). 
^ Im uitierteu Berichte Kbevenhüller » vom 19. Mai Ib'Jü, ebenso iu dur 
Depeiobe dee Nontins Tom gleidien Tage mit beigelegten, spanisch ge- 
Mbriebenen »avisoB de Madrid* (^nnaiatnra di Spagna 49S f. 9i, 108). 
Vgl. Kbevenhüller'e Berieht vom 80. Mai an Efsheraeg Haidmilian bei 
Bttdinger, Mittbeilnngen, 19 Ann. 8. 



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368 



Schenkung, noch ein EintauBcli, noch Gine Theilung diea«r 6e- 
biete stattfinden, ebensowenig einer der mttniiUchen oder weib- 
lichen Nachkomme Isabellas sich Tormllhlen. Weibliche De- 
Bcendenten sollen sich mit dem jeweiligen spaniachen KVmg 
oder Thronerben verheiraten. Die Länder fiülen an die spa- 
niscbe Krone anrück, wenn Isabella gar kdne Nachkommen 
hat Anf Handel mit Ort- oder mit Weatindien, sowie auf 
Tlrappensendungen dahin muss von ihnen allen immer Vendeht 
geleistet werden. Das £hepaar und seine Nachkommen sind 
verpflichtety in der katholischen Religion an leben und au 
sterben, und mOssen dies naeh einer bestimmten Ejidesformel 
beschworen. Die Schenkung wird ungUtig im Falle eine« ans- 
drflcklich vom Papste erklärten Ab&lles vom GUauben. Ab 
Succesnonsordnnng soll gelten: die männlichen Nachkommen 
haben den Vorzug vor den weiblichen, ebenso die älteren rot 
den jüngeren. Ausdrücklich wird jedoch bestimmt, dass die 
Kinder des Tor dem Vater verstorbenen ältesten Sohnes, Prin- 
zen wie Frinsessinnen, vor ihren Oheimen und allen anderen 
männlichen Seitenverwandten im Anspruch vorangehen müssen 
— ein C^rundsats, dem wir noch bei anderer Gelegenheit be* 
gegnen werden. 

Das waren die wichtigsten Bedingungen des offenen fran- 
sösischeii Sehenkunga* und Xichenavertragea.' 

In einem spanisch abgefossten geheimen Vertrage, 
dessen Wortlant bis 1863 unbekannt blieb,' meines Wissens 
aber bis heute nicht entsprechend gewürdigt worden ist, ver- 
pflichtete sich damals die Infantin Isabella mit ihrem Bräuti- 
gam zu folgenden Bedinjxungen: 

Künig Philipp IL und die jeweiligen späteren spanischen 
Könip^c behalten, so hinge sie es im Interesse der Kulic dieser 
nicdcrUindiscIien .Stauten für passend halten, je nach Zeit und 
Umstunden Antwerpen, Gent und Cambrai, ferner ,anderc zwei 



* Duraont, V, I, 573 bvv.; im AunT.nge bei Cabrera He C<Srdob&, FpHpe 
Seguii'lo (Ausgabe der spauischen Akademie der Wifisenschaflen lb76, 
1877) IV', 286, dort mit kleinen Abweichungen in der Eidosformel. 

' Danali mitsetiieUt in dar Gol«€«ioa doeuin. iaMitM ZLH, att—Stt; 
vgl Gsebari, GomsiKnidaiioe d« Philippe IL anr !«• «flaiMB des Ptyi» 
Bas H, p. XGIT{ Khcvonhallcr erfuhr niclits davon, der Nuntius nur 
ungenau die ervto ^fbeimo Bedingung. Sein Bericht vom 23. Mai 1698 
im Vatiean. Arcbiv, ^orghese I, 774', f. 2dO. 



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369 



oder drei Plätze von denjenip:cn, die erobert oder deo [nieder- 
ländischen] Rebellen wieder abgenommen wUrden, je nach Gut- 
dünken, ebenso die von Frankreich «rowonnonen Plätze^ wie ich 
sie von nun an behalte*,* sagt Phihj'p Ii. wüitlicli. Die Com- 
maiuiantcn aller dieser Plätze werden sowohl auf Küni^ Philipp, 
seinen Sohn und dessen Nachfolger, als auch auf die Infantin 
und deren l )o>cendenten vereidigt; ihre Emennunjsr. die Aus- 
wahl der Garnisonen und die Vertheidigungsmns8regeln behillt 
sich die spanische Krone vor, die auch die Au8lfVf,''en dafür be- 
streitet. Diese waren in den nächsten Jahren trotz des i?>iedeus 
mit Frankreich selir gross.* 

In der zweiten geheimen Bedingung verpflichteten sich 
die Infantin und der Erzherzog, ihren Nachfolgern in den 
Niederlanden zu befehlen, dass sie ausser dem Eide, in der 
römisch-katholischen Religion leben und sterben zu wollen, wie 
er in der öffentUchen Urkunde stehe, noch schwören: keinem 
Scliismntikcr. HUretiker, vom Glanben Abgefallenen und von 
der römischen Kirche Ausgeschlossenen, noch dessen Anhän- 
gern, noch denjenigen, die einem solchen sei es Rath, sei es 
thataächliche Unterstützung oder Begünstigung gewähren, auf 
irgend eine Weise selbst oder durch andere, direct oder indirect, 
öffentlich oder ins^heim zu rathen, zu helfen oder sie zu be- 
günstigen, ferner andere daran zu hindern, endlich sie nach 
Vermügen an yerfolgen und za bekttmpfen, Ub sie bekehrt 
wttrden. 

Als dritte geheime Bedingung wird dem künftigen Ehe- 
paar aii%etragen, in seinem Hause und in seinem Dienste 
niemand zu dulden, der nicht gut katholisch sei 

Durch die heiligsten Bau ä c des Blutes, des Eides und der 
ReHgion, ebenso wie durch VV^aflfengewalt sollte also die Ver- 
bindung Spaniens mit den Niederlanden für alle Zeiten aufrecht 
erhalten bleiben. 

Zur Gründung einer Dynastie kam es aber wegen der 
Kinderiosigkeit des Ehepaares nichty nnd so kehrten die sttd- 



Anch nicht von Wenzelbnrgcr, Geschichte der ^Niederlande (Gotha 1880) 
II, der die Textpablication nicht kannte. 

Die Anagaben vom 13. September 1598 bis sum 20. Juni 1609 betrugen 
obno die beMblten Zinsen fllr die Qeldhe»c1tsthiiy 87*/i Millionen 
Dnesten. Coleeeion de doonuL inUilue XZZTI, 609 agg. 



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370 



liehen Niederlande nach dem Tode des Ersherzogs am 13. Jnfi 
1621^ unter directe spanische Herrschaft zurllek. 

Han hat geglaubt, der König habe sieh zu dieser Sehen- 
kmig entschlosseni weil er von Erzhersog Älbrecbt gewnsst 
habe, dass er nie Nachkommen haben könne. Es ist dafilr 
das Zeugnis eines hollAndisehen Qesandten angeflUirt worden, 
dem bald nach der Hoebseit des Paares von dem franaöaischen 
Könige eine Mittfaeüong ttber die physische Untauglicbkdt des 
Erzherzogs gemacht wnrde; diese Kenntnis soll Heinrich IV. 
dem Beichtvater des Erzherzogs, BonaTentnra Calatagirone, 
verdankt haben.' Anderseits urtheilte ein venetianischer Ge- 
sandter ttber die In&ntin schon 1598, dass sie für Nachkonmien- 
Schaft anscheinend wenig geeignet sei.' 

ICan muss sich denn doch fragen, ob solche Hittfaeilnngen 
an die Holländer nicht dazu dienten, diese in der Furcht vor 
Wiederkehr spanischer Nachbarregiemng zu erhalten, und ob 
sie nicht im Interesse Frankreichs im Widerstande gegen Spa^ 
nien ermuntert werden soUten. Welchen Sinn hätten ferner in 
dem soeben besprochenen geheimen Vertrage und in dem noch 
unten zu besprechenden Testamente Philipps H. vom Jahre 
1594 die vielen auf die etwaige Nachkommenschaft des ftrst- 
licben Paares bezüglichen Stellen, wenn Philipp II. von der 
Kinderlosigkeit der Ehe überzeugt gewesen wäre? Freilich 
kann man einwenden, es sollte ein solches Geheimnis dadurch 
um so besser gewahrt werden. Man wird indess auch die 
Worte des zeitgenössischen Cabrera, des Geschichtschreibers 
riiilipps II., beachten müssen, der es als Spitzfindigkeit und 
Boslicit bezeichnet (sutileza y mnlieia) zu sagen, der Küuig 
liube durch geheime Relution seiner Acrztc ^^^wusst, dass die 
Infantin keine Kinder bekommen könne,'' und wird Gachard^ 
darin beistimmen, dasa zur Glaubwürdigkeit noch andere Be- 
weise nüthig seien. 



* Fr ^«t.1rb w'to Don Carlos, PhilippR II. Sohn, in Prftn7;i''VaTif»rkl<>i<hnijf. 
Vgl. da» Pr-'iclitwflrk Krvcp Pnte.m'fi: Pompa funehri« optiini jMjft'nti«>'inii 
principis Alberti, Pii, Archiduom, BruselUe 1623 (ohne Folüening). 

* Fornoron, IV, 286. 

■ AIMri, ser. I, V, 491. 
' Band IV, S85. 

Correspondanro <1e Philippo H., II, ]>. X.CU, dar di» «ndarsiif von mir 
genAnnten Argumente nicht beibringt 



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371 



Man erkennt ans den VertragsbestinmiuDgen, wie ernst 
es dem K(fnige mit seinem Glanbenseifer war. Wenn er aber 
in firttheren Jahren den Niederlanden gegenüber niebt das ge- 
ringste Zngestfindnis im Pnnkte der Religion hatte machen, sie 
eher hatte rerlieren wollen, wie er z. B. 1573 dem Kaiser Ma- 
ximilian n. erklärte,* so vertrat er in seinen letzten Lebens- 
jahren nicht mehr diesen exclnsiven Standpunkt. Am 16. März 
1597 schrieb er nämlich seinem Gesandten in Rom, dem Her- 
zo^ von Sessa: ,Wenn es für das Leiden (la dolencia) von 
Holland und Seelund nützlich wäre und mit der Zeit Ans- 
brcituno^ unseres (jlaubens mit sich brilchLc, im Ankui^c ein 
wenig die Augen zuzudrücken (alguna disimulaeion), so wäre 
ich mit demjenigen ciuvcislanden, was der Papst darüber 
dächte, und mit der Grenze, bis zu welcher zu gehen er ge- 
willt wäre. Gerade ein Jahr später liess er den Papst er- 
suchen, den Legaten in Vervins, Cardinal Alcssandro di Me- 
dici, über die Grenze eines solchen Zugcstiiiidnisses eventuell 
zu inatniiren.* Zugleich wiederholte er die vorjährigen Er- 
klärungen für den Fall eines Beitrittes Englands zum Frieden: 
der Papst möge dann darauf dringen, (L'\ss ft\r die dortigen 
Katholiken Gewissensfreiheit durchgesetzt werde.* Die ab- 
lehnende Haltung Enghmds und Hollands, vielleicht auch Ab- 
neigung des Papstes haben derartige Verhandlungen aufge- 
schlossen. 

Wie der König, wollte auch Erzherzog Albrecht mit den 
abgefallene?! Nioderlanden zu einem erträglichen Abkommen 
gelangen. V\ cil /wischen ihm und seinem Bruder, dem Kaiser, 
ein<' grosse Spannung herrschte, winisdite er. dass der Papst 
den Kaiser veranlasse, die Vennittlung zu übernehmen.'* Die 
Antwort, die der Erzherzog vom Papste aus Fcrrara erhielt, 
kam aber fast einer Ablehnung gleich. Sie lautete: die Sache 



* Coleccion de docum. iiiMito« CXI, 276 ng*. in einem Briefe an leinen Ge- 
sandten beim Kaiser vom 24. Juni ir)73. 

* Der riJmischen Cnrie ahschriftlicli iihfiroiolitoH Decifrat vom (».April l.''i^'.S 
aus dem Briefe deH Königs vom 16. März im Vaticait. Archiv, ,Borghefle 
III, 74"", f. 798. 

* BbendaeellMt. 

* Ottavio MirtA, Bieehof von Trieerio, an Cardinal Pietro Aldobrandini, 
1. AngoKt 1598, im Ansmge bei Oacluurd, Lea archives du Vattean 
(Bfunllea 1874), »4. 



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aei von dem Enfaerzog noeh nicht an ilm gelaogt; seiltet wem 
es geschehe» bedürfe die Verhuidlang reiflicher Ueberlegung, 
weil man, ohne sn wisBen» von welchem Katsen sie ftbr dk 
Religion aem konnte, wohl daranf achten mttsse, wie die 
liehe Autorität unter richtigem and schicklichem Vorwande 
(ginsto et honesto pretesto) uDgagiert werden ktfnne.^ Ueberdiss 
Hessen die Abgefallenen ein Sohreibea des Einherzogs ganz 
unbeantwortet. Anoh ein Versnch indireeter, mflndJicher ye^ 
handlung hatte zn nichts geführt.' 

Wie einst sein Alme Herzog Karl der Küline von Bu^ 
gund, so wünschte auch der ehrgeizige Erzherzog- für das Krhe 
desselben den Titel eines Königreiches. Sowohl mit Philipp II. 
als mit Philipp III. verhandelte er darüber, jedocli uLiie Er- 
fo\g. Es erhob sich dabei auch die SchwieriL'keit : sollte solche 
Titel Verleihung'' unter Mitwirkung des Kaisers und des P^lpste^ 
oder nur durch einen der beiden erfolgen? Nach der Sehen 
kungöurkunde hatte sieh die Infantin , Fürstin und Herrin der 
Niederlande* (,princesse et dame desdits Pays-Bas*) und ,Her- 
zoö"in von Burgnnd' und ihr Gemahl , Herzog von Burgund* 
nennen sollen. Der Erzher/oir wandte jedoch ein, der H >r 
zoffstitel ftir Burgund sei ein leerer Titel; überdies liabo Kaiser 
Karl V. in ^Vepy ir)44 auf ihn verzichtet. Dies wai- uiirielitiir. ■ 
Es sei für den Augenblick besser, die Titel Jnfantin von Spa- 
nien* und ,Krzherzog von Oesterreich* und dann die bisher 
üblichen Titel der einzolueii niederländischen Ctebiete zu ge- 
brauchen. ^ 

Am 8. Mai, zwei Tage nach der feierUchen Tlebexgabe 
der Niederlande an die Infantin; ersuchte der König seine 
Schwester, die Kaiserin, sieh mit der Vollmacht ihres Sohnes 
hesüglich der Yermähiungserklärung in den königlichen Palast 
▼on Madrid zu yerftlgen. Diese Erklärung sowie die Ehe- 
pacten wurden in Glegenwart des kaiserlichen Gesandten Ehe- 



I Weimig an dea Nuntiiis in Brün«! vom S9. Angnst 1609. yatiean. 
ArchlT, ^lykeM IH, 40* (ohne FoUienung). 

* Meterea, L'histoiM des Pajvfiu (La Haje 1616), 484; Wemelbaisw» 
II, 706 f. 

* Bieh Dnmont, IV, 664. 

* Gachard, CofmpoDdanee de Philippe n. mir le« «ifelree dee Faje-Bas 

II, p. xcy. 



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373 



venhuUer verlesen, worauf sich die Betlieiligten unterzeich- 
neten. * 

Man wird kaum annehmen dUrfen, dass dieser Act nach 
dem Wunsehe der frommen Kaiserin war, wenn man bedenkt, 
wie sehr sie sich früh(M' für iliren Sohn Rudolf wegi n der 
Niederlande nnd we^en Maiiands ;ds ITeiratsrnitos bemlilit iiatte, 
und dass gerade sie vor erst drcicinliaU) Jn)iren Zeugin der 
feierlichen Ablt -iiriL'' des Glaubcnsbekenntnissi s ihres Sohnes 
Albreeht als Krzbiseliofs von Toledo frowepon war. 

Am 12. Mai ^ab es zur Feier des Ereignisses Tanz und 
Maskerade im künif,dicbcn Schlosse. Es lajj;" in der Natur des 
ernsten Königs, an der Freude anderer ihm liebon Menschen 
gerne Antlieil zu nehmen. So schwer er auch krank war: er 
liess sich wie vor einigen Wochen bei der Hochzeit von Moura's 
Tochter* in seinem Bette in die Gallerie tragen, von deren 
Fenster er dem Feste zusehen konnte: seine Kinder tanzten 
vor ihm, aber unmaskiert. * Trotz seiner Leiden sorgte er auch 
in seinen letzten Lebenswochen dafür, dass seine Kinder und 
die Hofdamen sich damals im Escurial am Tans erfreuen 
konnten * 

Am 30. Mai ward von der Infantin die Vollmacht unter- 
schrieben, womit ihr Bräutigam in ihrem Namen von den Nieder- 
landen Besitz ergreifen sollte.^ Alle auf die Schenkung und 
auf die Heirat bezüglichen Urkunden wurden sammt einem 
Briefe des KOnigs vom 3. Juni ^ durch einen Secretär abgesandt^ 



* Kheveiiliüller, lU. Mai IGäö ^Nürnberg). De» Nuntius spanisch geschrie- 
bene ,aviBO0* von dennelben Tage a. «. O. 

* Der plpadiclie flpeeielgeiandte Zaeehia an Oardtnal AMobiandini, 6. April 

1598. Vatican. Archiv, Arm.id. iC* tom. 4, f. 222. 
^ KlM-vciiliüllL'r's nnd des Nuntius sclion i-ifiorto Berklifft vom 19. Mai 1698. 

* ,lhr Älajpstiit haljhen unglaublich prosß fri^muet vihI pediilt Ilm flinem 
zuestandt ercxaigt, auch derwegen die viuiunas, damit dio khuuigkhlichen 
Kinder Tnd Damas taneien khindten, hinaus pn den Bneurial] zua for- 
dern nit ▼ntterlMMU.* KhevenbOller an den Kaieer, 8. Angnat 1698 
(Nttmberg). 

» Dnmont. V, I, 681 sv. 

" Diosor ohne die geheime Beilage bei Oaehard, Correspondance de Phi« 
lippe II, tom. n, p. XCIV. 

' Durch den Licontiaten Juan de Friaa (Secretär des Enhertogn Albrecbt), 
der die Reise am 6. Jnni «ntmt Der Nnntioa an Cardinal Aldobrandini 
Usdrid, 18. Jnni 1M8. .Nnnsiatnm di Spagna 48*, f. US tgg. 

AralilT. LXZXTI. BA. II. BiUI«. 88 



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374 



und kaiinn am 18. .Juni' in die HiiiuU' des Krzlicrzog's. Dieser 
theilte hiemuf am 26. Juli d«'n versuuinn lien (Jenerulslandi ii in 
dt'iu.^cllH'n Saale, wo ein>i i\.irl V. feierlich abgedankt hattc^ 
die wichtige l-jitscldifssunj^ des KönijL,^s mit. 

Erst am Tage nach dem Tode des Krmio^s, am 14. Sep- 
tember, natUrlieh ohne Kenntnis davon, verliess der Erzherr.otr 
Brllssel, um die Grazer Erzher/coj^in Margaretha, die lir.iut 
seines künftigen Schwagers, nach Spanien zu geleiten und um 
dort seine eigene Hochzeit zu feiern. Vorher hatte er die Ke- 
f^iening der Niederlande interimistiscli an den Cardinal Andreas 
von ()esterreich, den Sohn der Philippine Welser und des Erz- 
l)t r/,ugs Ferdinand, übergeben. Des «ilten Königs Sehnsucht, 
die Doppelhochzeit, ftir die er per8<5nlieh verschiedene Anord- 
nungen getroffen hatte, noch zu erleben,* war unerfüllt irc- 
bheben. Am 15. November löJKS setrnete der Papst persönlich 
in Ferrara die Ehebundnisse, *' am Ib. April 1599 fand die Hoch- 
zeit in Valoucia statt, wohin Philipp Iii. seiner Braut eutgegeu- 
gereist war.* 

In Brüsf^c! sah man das ncne I lerrscherpaar erst am 5. <)c- 
tober 1599. Die infantin machte einen ausgezeichneten Eindruck; 
man fand, dass sie weit entfernt von jener spanischen Gravität 
sei, die man an ihr betVuelitet hatte 

Wenn man in den tren gebliebenen Niederlanden über 
die eingetretene VerUnderung erfreut war, so war dies in Spii- 
nien im allgemeinen nicht der Fall.*"* Freilieh wäre die Freude 
auf der einen und die Unznfricdcnlii it auf der anderen Seite 
geringer gewesen, wenn man den Inhalt des geheimen Ver- 
trages gekannt hiitte. Als man in BriiJ>sel erfuhr, dass d;is 
Ablelu n des Krmijis tätlich eintreten könne, wurde in der 
Umgebung des Erzherzogs die alte Besorgnis wieder rege, die 

* Dor Nuntius in Bribsol, 20. Juni lüÜ8. ,Nnn£intnra di Fiandra 11*. 

* NttntiAtlirberichto «na Madrid Tom IL und 24. Jani, 30. Juli 1608. 
.Nunsiatura di Sittgna 49% f. 187 i^., 150, 188. 

' Dor P.ii»!*t cigenhHntlijf an den Nunfiu« in Spnnien, 2*2. November 1598. 
Hcj^iHtercopio Im ^^■lti(•.n^ .^rcLiv, ,]5orfrboso II, 472', f HJf». Dio Er«- 
l)or/o(;in war ntit ihrer Mutter am 30. September 1693 vod Urax ab» 
geroiüt. 

* Gacliard, Lottrea de Philippe Ulk aea fillea» A9vr. 

> ,Mollo lontana dall« gniviti apagnola, dl cb» noa poco si teueTa.* Dor 

Nttntius in HrttHsel, 10. Ortubor 1590. »Nnnsiatara di Fiandm 11*. 

* Barozai-Berchet, «er. I, I, 167. 



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Hochzeit werde am Ende doch nieht siatttiiiden und alles dadurch 
riick^o-lnpi: jTcmacht werden, weil der neue König die Ver- 
fügung^ des alten widerrufen könnte. Daher rieth man dem 
Erzlierzo^^, so rascli als möglieh durch Frankreich nach Spanien 
zu reisen, ohne die Erzherzogin aus Graz abzuholen, damit 
seine Heirat mit der Infantin noch bei T-icbzeiten Philipps II. 
8tatillii<l -n könne. Denn ohne, diese Heirat blieb die Sehenkunsr 
un^rilti^. Der Erzherzog fol*^'te aber diesem Katlie nicht, weil 
er mit Hecht hesor|2^e, dadurch den Thronerben zu beleidigen.* 
In der That, kaum war der alte König todt, so rieth man 
Philipp ni., woniöirlich durch ein rechtliches V erfahren der 
Pevis'ion die Vert\i«run<^ l)e/.iie-Hch der Niederlande zu wider- 
rufen und der Schwester eine andere MitjL^ift zu proben.* 

Der junge Könij; {?ab aber bald seinen Willen zu erkennen. 
Am Todestage seines Vaters schrieb er dem Erzherzog in spa- 
nischer Sprache aus dem Escurial, dass er alle Anordnungen 
des Verstorbenen bezüglich der Infantin ausführen und dass 
er deren Angelegenheiten zu den eigenen machen werde.' 
Spftter liess er aus Wappen und Siegel die Wappen der nicder- 
ländischea Staaten entfernen/ bcstiltigte in einem Patente vom 
1. Februar 1601 die Cession Philipps IT. und gestand der 
Schwester für den Fall, dass sie Witwe würde, die lebenaläng- 
Jiche Regentschaft der Niederlande zvl.^ Sic war die erste, za 
der er auf die Meldung vom Tode seines Vaters eilte, nach- 
dem er in der Emj)orkirche im l'lscurial gebetet hatte. Als sie 
damals seiner ansichtig wurde, kniete sie nieder und verlangte 
seine Hände zum Kusse; er aber wehrte wiederholt ab und 
hob sie auf, indem er sie umarmte. Aber noch im Jahre 1603 



> D<>r Nuntinit in BrOssel an Cardinal Aldobrandini, 86. September 1598 

,Nunziatura di Fiandra 11', f. 4 GL'. 
' ,Non manca clii Ii perHiiade rlic fji< i i.i rivedere \>er piustitia so si |»u«> 
rivücare quellu ch' 6 latto circa iu i< iandra et coumiuti la doto in altro.' 
Nnntiaturbericiit atu Madrid, 18. September 1698. ,Nnii»atuni di Spa^a 
49S f. 880. 

' Gachard, Pnrticularitte ioMitei lur los dcniiers moments tlr; Philippe II. 
in den Bulletins <\c Vacademie ... de Belgiqne, 1848, XV, II, iOS. 

* JTaso mandado quo on los CHCndoa y snilos del Roy ho iniitnn las armas 
de ios esUdos de Flandes y solamente quedou en oüos las de Ef*pana, 
la» de FVancia, Anatria y Borgofla.' ,Airisoe' des Nuntina in Madrid vom 
18. Octolier 1698. ,NunBiatnra dt Spagna 49*, f. 3S6. 

* Coleceion de doenm. indditoe XLU, 885. 

26« 



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fitnd es der Admiral toh Aragon, Don Franciaeo d« Mendoifty 
Air nOthig, auf die Gefahren aafmerksam zu machen, die eine 
Znrttcknahme der Veifllgungcu Philipps II. bezüglich der Nieder- 
lande zur Folge haben könnte.' 

VI. Capitel. 

Des K9alg8 letzte Tage, 

Im Februar und im Mftra 1598 befand sieh Philipp II. 
^besser als Tor swei oder drei Jahren' und konnte sogar eine 
halbe Meile weit auf die Jagd fahren; allerdings bentttate er 
im Felde einen Sessel, ,den swel Lakaien zu tragen pflegten'.' 
Am 26. März ward er aufs Krankenlager geworfen. Eine 
Besserung, die vor Mitte April eintrat und ihm ermöglichte 
aufisustehen, Audienzen zu geben und Geschäfte zu erledigen, 
war nur von kurzer Dauer. Am 34. Mai, an einem Sonntage,* 
konnte er die Frohnleichnamsprocession nur vom Bette aus 
sitzend, halb angekleidet, ansehen; man hatte ihn an ein ge- 
schlossenes Fenster des Madrider Schlosses aus dem Kranken* 
zimmer tragen mOssen.' Er sah damals mehr ,ainem todten 
OOrper als ainem lebendigen gleich'.^ AllmfiHg wurde er An* 
fang Juni wieder fieberfrei, konnte aufstehen und in seinem 
Tragsessel angekleidet sitzen.* So ertheilte er ununterbrochen 
Audienzen, und diejenigen, cÜe ihn sahen, fanden ihn so gut 
aussehend, dass sie nichts von der aberstandenen Krankheit 
merkten. Er entwickelte seine frühere Arbeitsamkeit^ Da- 

' DeM.ieii (üiL-u-ht<ni vum 1(3. Sß|iteitiljar 1603 in Rom, NAtionalbibliothek, 
,M»«. fcieÄsori.ini 452 (2()5<;;', ful. 529. 

* KhovenhUUer, 24. Feliriuir und 14. Miiru 1598 (Nürnberg und Wien). 

* Nicht stn 28. Mai. Bffdingw, Hittheilnngen, 20. 

* Nnntiatnrberichte vom 19. ond 85. Mal 1698. ^ansiatara di Spagna 49*, 

f. 109, 125. 

BUdin}i:er, Mittheilnngrn, 20. 

* 8o sah ihn der NetVo des Nuntiu.s in der Alisi-liied.'^aiKlion/. .am 1. Juni 
1598. Der Nuntius schrieb am folgeuden Tage: »II Ke si veste el leva 
da latio et ita col polao qnari ridolto al tmo atalo natmale/ Am 18. Jnni 
barichtela er, daie der KOnig eeit Anliuig Joni lieberfkei, aber aelur 
schwach sei. ,Nunziatura di Spagna 49', f. 136, 143. 

' Fünf Tap:»' nm li oiiu r Audienz stur Vorstellung Docio Carafa's, des neuen 
Coliector« Air Portugal, schrieb der Nuntiaa am 84.Jani: ,11 B«atataiUo 



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377 



mals besah er auch acht Schroine (oofres) voller Ileilifroii- 
reliquicn, ,meljr als l'iinftaiiseiul an Zahl', die ein Auf^iistincr- 
mönch viele Jahre hindureli mühevoll in Deutschland j^'esam- 
iiielt hatte.' Damit sollte im Escurial, seinem Licljlingsbau, 
(laä dum heiligen Laurentius geweihte Kloster bereichert werden. 

Seine immer grossere Sehnsucht dahin* mussto crfUUt 
werden. Warnungen und Proteste der Aerzte nutzten nichts. 
Vom Hscurial wollte er spHter nach dem Parkschlosäc von Se- 
govia reisen, dort den liest des Sommers zu verbringen.' Am 
30. Juui brach er trotz ,tin glaublicher Hitze' mit ,ctwa8 Gicht- 
schmerzeu an einem Knie'/ im gauzon aber doch ziemlich 
Avohl,^ von Madrid auf. Vier Lakaien trugen ihn während 
dicbcr siebentägigen Reise in seinem Sessel. Kin riesiger 
Sonncn8chutz,er wurde immer vorausgetragen. Der driu kcndcu 
Hitze wegen brach man von dcu Rastplätzen, einmal sogar 
nach zweitägiger Kciseunterbrcchung, erst um vier oder fUnf 
Uhr nachmittags auf. Mitten auf dem Wege fühlte sieh der 
König uüWühl. Die Aerzte riethen, nach ^ladrid zurückzu- 
kehren, aber vergebens. Sie mussten sich fügen, umsomelir, 
als sich das Befiudon des Königs bald wieder besserte. Am 



booe ehe ita levato ei di contiDiie andienM, diafiMcU negotii . . / ,Nan- 
lUtttvm dl Spagiia 49*, 1 149. Tags duanf eehrieb Oiovambattista Gon- 
feluniero (vermuthlich im Gefolgre dm Nuntius) an den Cardinal Caetano 
nach K«m flHor »lif^Holbe Audienz: ,11 Re nta bene et . . liavoa co»i 
buona carne che pareva^ nun liavoRso havuto male/ ,Cariliii;ili l', f. 74, 
VaUcan. Archiv. Am 29. Juni hatte der NuiiUos wieder Audienz, um zum 
Frieden zu gratulieren, nnd n^rieb am 1. Jnlit fitKtu [II Be] 0 giorao 
avantt ch'io lo viddi et Ii parlai aesai bene, na non, qnando hebbe 
audienza mon.signor Carafa, et non roanca chi aflTermi cho nun sta senza 
fobro, et che iinu-sfo moto [njicli dom Escuri.ilJ s:n j or £Rrlo ricadere et 
mottoro in pericolo.' ,Nuu7.iatura di Spajjiia lü', 1. lüO. 
' Darunter waren tüntzig Köpfe und einigu ganze Leiber. Der Nuntius 
am 18. Juni 1698. .Nunsiaftom di Spagna 49', f. 148. 

* KhevenhOller, 8. Juni 1598 (Wien). 

* Die Heise dahin war ursprUnglicb anf den 17. Juli fealgeiet/t Niintiatur- 
bericht« vom 11. iukI 30. Juli und Khcvonhüllor vom 11. Juli 1598. 
,Nuny-ialura di Spapna 4^', f. 17o, 188, Vatican. Archiv und Nürnberg. 

* Der citiortu Nuntiaturbericht vom U. Juli 1598. 

* JDw Khanigs sachen habbea tf dermesflen wider mennigkliche« vnd der 
Medieoe lelb« verhoffen gepOmerdt, dw tf eieh an heut, vnangeeehen aller 
vngUnblieher bies nach dem Bacttrial erheben.* KhevenhttUer, 80. Juni 
1896 (Nflmberg). 



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378 



6. Juli kam man oiullith am Reiseziel an.' Im Tragscssel 
besah nun der König joden einzelnen Raum des Kseurial.' An 
den fol^'enden Tagen war er aber wieder ynieht zum besten 
auf.* Seine letzte schwere Krankheit begann am 22. Juli und 
dauerte di'ciundfünfzig Tage.* 

Die königlichen Aorate, die früher, dem Stande ihrer 
Wissenschaft entsprechend, dem Patienten durch Aderlaaa und 
yPurgationen' Erleichterung zu verschaffen gesucht hatten, gaben 
dies während der letaten Krankheit doch auf. Sie waren über 
die Widerstandskraft seines Organismus erstaunt. Schon einige 
Jahre vor seinem Tode und jede Woche vor demselben er« 
klärten sie: er lebe nur durch ein Wunder. Alle ihre Prophe- 
seiungen über baldigen Tod strafte der Patient Lügen. ^ 

Welcher Art waren seine Leiden? Schon als er awei- 
oder dretnndvierzig Jidire alt war, stellten sich bei ihm die 
ersten Gichtschmerzen an Händen und Füssen ein. ® Bei seinem 
Vater begannen sie schon im dreissigsten Lebensjahre.'' ,Nicht 
nur erbtiche Disposition, auch ttbermässigo £mähnmg waren 
bei ihm wie bei Kaiser Maximilian II.* die Ursachen.' Das 
erkannten schon seine Aenste.' Seine Kost bestand wie bei 
seinem Vater,'® trota der den beiden, ferner Don Carlos und 



' Nicht am 5. «Juli. Dpm Nuntius ,iiviso»' vnm IL Juli (,NnnziatnrA di 
bpaguH iU , f. 175*) und Kliovouliüllor am G. Juli 15518 (Nürnborg). 

* Bb«ndjiMlIwt. 

* Rb«venhnller, 18. Juli. Dan sich ,deB Xhiuiig« IndiapcNiltioii tidflieh 

P ' rillt' .XL-Iirifl) t r uicht an diesem Tag«, Koad«ni &m S&. Juli (Wien uod 
NiniilMMi:). IJiiiliiig'cr, Mittlioihuigen, Hl. 
' Der NiiatiuH am 30. Juli, 2. uih! h. Angu?<t 1598 (.Muuziatura di Spagoa 
40', t. 188, l'JS); KbeveuUüllor, au. JuU (Wien). 

* KlieTenhflUer, 7. August, 18. September 169(k, 81. August 1596, 19. April 
1697, 12. April, 26. August, 4., 14. September 1598 (Wien «ad NOrabecg). 
Der Nuntius an Cardinal Aldobrnndini vem 28. nnd an Cardinal Caetano 
vom 30. August 1598. .Nunziatura di Spagna 49', f. 219; ,Cardinalt 119'. 

" Finnirolation vom Jahre 1571 bei Albdri, ser. 1, V, 183; Tgl. ebendas. 357, 
276, 3»?3. 

^ Gachard, Iletraite, Introductiou, 11. 

* Schwere DiXtfishler Haaüinlliana II., Qiclit, Sund» und Steinleiden, Nieren- 
icoliicen, chronischer Hagenlcfttarrh, erwihnt bei Senfelder, 60 ff. 

* ,Ist der Khunig abermalln am I' ' i %-i fallfn, kliumbt offt vnd Tisachts 
wie die l)octore.s vormuttcn, daa ihr M' bei habbenden £1] alter su vil 
Össcn ' Khevonhüllor, 2G. Februar 1594 (Wien). 

äiobe oben ts. 316 Aam. 5. 



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379 



dem iinmAssigeii Kaiser Ifaximiliaii II. gelegentlieh schädHch 
gewordenen Vorliebe für Obst^' doch aus Speisen ron grossem 
Nährwerte^ mit Ausnahme der Charfreitage fast nur aus Fleisch.* 
Dass Philipp HF. seinom Vater und Grossvater durch die- 
selbe Unmässigkeit glich, ist schon hervorgehoben worden.' 
Bei Philipps II. schwachsinnigem Sohne Don Carlos ist er- 
wiesen, dass krankhafte Kmährunpscxcessc seine AuflöBuni,' 
beschleunigt haben.* , Dieses „Uebercsscn", wie es Khevoii- 
hüller nennt, verbunden mit sitzender Lebenijweiüe, geringer 
körperlieher Bewegung, hat bei dem die Einsamkeit liebenden* 
Kiinige nieht bloss die schmerzhiifte CJieht, sondern auch wieder- 
holte Erkrankungen der Verdauungsorgane'' und ein Sand- und 
Steinleiden'' zur Folge gehübt/"* Unabhängig von all dum sind 
wiederholte kulai rbalische AÜcctionun der Athniungsorgane* 
und zugleich mit dem ersten AuHi'eten der Gicht schon um 

* Bttding«r, Don Carlo«, 186; Qadiard, Setraite II, p. XXXVII; Turba, 
Venetian. Dapewben rom Kaiaerhofe UI, 415 Ann». 1; AlbAri, «er. I, Y, 
266, wu allerdings behauptet wird, da» der KObig Obst mied; Senfetder, 

a. a. O., 52. 

« Alb^ri, ser. I, V, 62, 183, 267, 276llg., 322, dU. 
' Siehe ubau 6. 3 IG. 

* Badinger, Don Carlos, 866 f. 

* Albtei, ser. I, T, 188, 86«, 488, 468. 

* Alböti, fior. I, y, 27«), 322, 868; Beispiolo auch in Kheveiihüller h Bo- 
rlchteu, bosonder^; in denen vom 10. Doceailior ir>82 und ^7 Nnvcmlior 
1595. Wenn er 2. Fid)ni;ir Ifiifl bcrichft'te, dass der Köni},' ülicr Au- 
ratheu der Acrste Aas VVeiutrinkoit oingeotellt habo uod abeiiiL> wenig 
ease, so war dieses Regima obenio vorUbeiyeiwMDd wie bei Karl V.; das 
schon ciderte Schreiben KbeTenhlUIer^a ^oni 86. Febmar 1694 beweist es 
(NOmbeig-). 

' Ausdrücklich so gonaunt von Khevenhüller am 26. December 1696 (Wien). 
Am 30 Juli ir)'J8 ni( Idot dur Nuntius das Abgehen eines erbseugrossen 
ätetueheuH (iNuaziatiira di Spagua 4U', f. 188). 

" Des Königs ,dolor di Üanco' oder ,doIor de hijada' in Yenotiamscben 
Belationen nnd in ,aTisos* des NunUns vom 80. Juli a. a. O. dürfte ^eh 
danos erkliren. Albiri, ser.I,V, 888, 868. Die Deurthoilnng all or dieser 
Krankheiten vordanke ich der Güte des Horm Dr. O.skar Hoichel^ Aj»i> 
stenton nn der ervten medieiniscben Abtheilong des allgem. Kranken« 
hause.<i in Wien. 

» AlbÄri, 8or. 1, V, 322; Khovonhüiier, 10. December 1582, 2. April 1593 
(Nttmbmir und Wien). In dem »weiten Bericht heiast es, dass der Kttnig 
seit vier Tagen durch einen Katarrh ohne Fieber im Bett gehalten 
werde, gegen Ende, dass sieh dieser Jüa Majestät so starckb auf die 
prnsst setztfe]*. 



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380 



1570 KurKathmigkcit ' bezeugt. , Diese ist wohl auf die katar* 
rhaliscbe Lungenaffectioii sttrilcksufuhren, welche infolge langeT 
Dauer zu einem Lungenemphysem Veranlassung geben konnte.' 
An yAsÜiuiu' litten auch Kaiser Karl V. und dessen Schwoater 
Eleonore.^ Dass Philipp II. ^hektüch* gewesen sei, wenigstens 
am Ende seines Lebens, wollten seine Aerzte erkannt haben. ^ 
Jhr Ausdruck hektisch; in unserem Sinne tuberculöä, ist wohl 
nicht gerechtfertigt^ da bei einem gichtkrank cii Manne eine 
Tuberculose kaum anzunehm« ü ist; es dilrfle sich bei ihm wohl 
nur um einen Bronchialkatarrh chronischer Natur gehandelt 

» Aibiri, »er. I, V, ISa, 

■ Gachard, Ketraite, I, lö, il, LXXXVlIsq.; Picbot, 79. 

* KberenhUUer schrieb lun 14. September 1698: tTmbwillen ebr pey aecbs 
jsre etieofl «hir, ain gnett Zeit hemiiib . . . ooer aas miracliM «Iis 
natarlieli fel«W (Sfifar&beig). Auf Gmnd dar Aitiehauniigeii der A«nltt 
wird das Fieber de» Ktinigs auch in den Nuntiaturberichteu vom 17. wmie 
HO. Atifjust uiul vojn 11 , Sefituniber 15^18 an flio C.'irdiuäle Aldohrandini 
uml (".ictAMu lii'ktiscli ^,'eiiajmt (,Nun£iHtura di Spa^'na 4'.>'. f. "il'J, '2\H\ 
tCanliuali ilU'), ebeuito von Bruder Antonio Corvera du ia Turre, 
Pbilippa IL Hoficaplaa, in «einem Werke «Ttotimonio anttetieo 7 veidap 
• den» de las eosss nolables que passnm en la diebosa mnerte del Bej, 
N. S., den Felipe II' (wieder abgedruckt nach der zweiten Aufla^'C iiu 
Anhango von Cabrera's Au-«p:a1>o vom Jahre 187ß imd 1877, IV. IM ), 
p. y*J8. Dinser Autor, r.'in Kittcr <lo.s ürdi-iiM von (.'alatrava, wurde sicbi-ii 
Tage nach dem Tode Fhilipps II. mit Wissen des ^iachiblgem, an dun 
die Widmung aus Valeneia vom 10. Hin 1699 geriehtet ist, von dem 
Ersbiscbof von Toledo^ Loaisa, einem Zen^pen ans der iatunstan Um- 
gebung des Veritorbeneo, beauftragt, einen Baridit Ober die leisten 
53 Tage de^elben zu verfassen und zu diesem Zwecke alle Personen, 
die bei dem Kranken 7:1t thun hatten, oidlich zu verhören. Sogar mit 
der Vollmacht zu oxcommuuicieron wurde er ausgestattet. Unter den 
BwOlf von ihm uameutUch angeführten Zeugen sind die drei Beiobfcviter 
des kOnigUdien Hauses, drei Aente und seohs Kammedratrea und 
Kammeigehilien. Dns Buch gibt diese Aussagen wOrtUob und suM neben- 
einander wieder, ohne sie künstlerisch zu verarbeiten. Bloss biblische Citate 
und moralische Glos.sen erklärt dor Autor hinzufrenipt zu haben Van der 
ersten, 15^(9 in Valeni-ia er.sc-liionencn Aulia{,'0, tlio sicli in Philipps lU. 
Bibliothek befand ^Uuleccion du ducum. iutklttos LXVIil, 483 sg.), 
existiert meines Wissens in Som auf der Nationalbibliothek und in Wien 
auf der UniversilitsbibUothek nur Je ein Exemplar einer Uebefsetanng 
ins Lateinische, die .Frauclscus Guillimanus* im Auftrage des Ersherzogs 
MaximiliaT) nuter dem Titel ,De felici excessu Philippi 11.* in Freibtirg 
im Breisg^au l)t'i Josef Laug 1609 vorfifTentlichte. Dor Text im Anlian|.;B 
bei Cabrora unterdrückt alle erwähnten Zuthateu Cervera's, ebenso diu 
Zeugenliste. 



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381 



haben/ ^ Doch ut Ton starkem Husten in den letzten swei 
Monaten nie die Rede. Wir werden bald erkennen, dass das 
Fieberi das von den Aeraten damals mit Vorliebe als hek- 
tisches beaeichnet wurde, auf eine ganz andere Weise erklärt 
werden kann.' 

Immer seltener konnte er während der letzten zwei Jahre 
seines Lebens Hände und FOsse gebrauchen. Im September 
1597 musste er die Unterzeichnung der AoteostUcke seinem 
Sohne UberUci^cu.' Schon im Mai dieses Jahres begann der 
König durch Qeschwttre zu leiden, die ,an den für echte Qicht 
(Arthritis urica) typischen Stellen der grossen Zehe und der 
Fingcrgelenke* auftraten, sich theils von selbst öffneten/ thcils 
durch die Aerztc geöffnet werden mussten und nicht mehr 
dauernd zuheilten, sondern in Intervallen secernierten. Aelin- 
lichcs wird auch von Kaiser Karl V. aus seinem Todesjahre 
berichtet." Die Zahl solcher rinnenden Wunden am Zcige- 
und Mittelfinger der recliten llaiid vcrniehrte sich schliesslich 
auf sieben.'"' Während des Jahres 1598 wurde der erste ärzt- 
liche Eingriff im Mai nothwcndip:, dieses Mai an der rechten 
grossen Zehe.' Ein viel bLliiucrz,h.it'terer Eingrili niussic am 
Vormittage des 6. August au cinom Geschwür ,auf der Inucn- 

Gutiditeii Dr. Oskar Beicbel*«, dem idi alle im Folgenden «Ortlich 

citterten diaguostuchen ErkUtnugen verdanke. 

^ Sieh unten S. 383 Anm. 1. 
» Sioh oben S. 322. 

* KhevenhiUlur, 10. und -Zl. Mai 15Ü7, Ji. Fobruar (Wien uii«! 
VOniberg). 

* Wenigeteiu von einer Fingerwunde, £e in Intervallen sioli Öffnete. 

Pichot, 3Ö0 8V. 
" Cervera do la Torre, a. a. O., 298. 

' Khevenhüllor's xxuä dos Nuntius »chou citicrto Heriditc vom liK Mai 
löüS. Dor Nuntius uunnt dto Hocrotiun ,humore gypsuuS was mit don 
anderen Krankbeitserecheinuiigeu der Oidik flbereiusUmmt (26. Hai ni^ 
S4. Jvni, .Nnnsiatnra di Spagna 49*, f. 109» 149). Er empieiig Ober den 
Zmtaad des KOntgs lortlanlande, meist acbriftliche Mittheilnngen and 
nennt wiederholt als seine GewährsinRnner: die Beichtväter, die Aerzte 
udor «diejenigen, die mit dem K^nig' immer «u Ihnn haben*, ihn betreuen, 
.schliesslich ,eineu, der den König; sliindüeh sieht'. Berichte an die 
Cardinäle Aldobrandini und an Caetano vutu 19. Mai, 17., 28., 30., 
81. Angnst, 3., 12. September in ,Nnnaiatnni di Spagna 49% f. 109, 212, 
218, 219, 936^ 288 and in ,CanUnall 119«. 

* Nicht aber: ,tt06h Tor Abhmf dee Meaatee Juli*. Blldinger, Mittbei« 
langen, 21. 



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m 

seile des Knies' vollzogen werden: die Aerzte hatten sich dazu 
trotz der Gefährhchkeit der Stelle entschlossen^ da das Ge- 
schwilr grosse Schmen&en, stirkcs Fieber und Sohlaflosigkeit 
▼erursacht hatte, ohne sich selbst dffnen zu k^innon, und da 
sie durch das Aufhören der Scerction an Händen und Füssen 
bedenklich geworden waren. ^ ,Der noch heute im Volke 
übliche Glaube des „Zurückschlagens von Krankheiten^ äassert 
sich in dem letzten Urtheil/ Die Erleichterung, die man dem 
Kranken durch die Operation verschaffte, war aber nur vorllber- 
|:!:*'1ictk1, und die Aerzte gaben schon damals die Hoffnung auf, 
ihm das Leben zu erhalten. Die Stimme ward schwächer, 
1 i !u r und Krtlftcverfall hielten an, schliesslich stellten sich 
Beklemmungen (Herzschwäche) ein.' Ferner tauchten bald 
nach der Operation neue Geschwüre auf, nicht nur an der 
rechten Hand und an einem EUenbogcn,' sondern seit dem 
20. August ein solches auch ,unterhalb der opcrirten Stelle^, 
nämUch ,unterhalb der Biegun<r der Kniekehle^ Als man dann 
die Operationswunde mit Hilfe des Chirurgen reinigte, fand 
man, dass schon mehr als die Hälfte des Schenkels rilckwirts 
,ein Beutel voller Eiter' war, und dass die Bildung neuer 
Wunden fortschritt.^ Eine kurze Erleichterung trat ein, als 
am 2. September das Geschwür nahe der operierten Stelle Ton 
selbst aufbrach. Die Aerzte hätten keinen Eingriff mehr ge- 
wagt.^ Vor Ende August hörte die Seoretion des wunden 
Schenkels auf^ die Wunden schmerzten dort nicht mehr, ,weil 
das Fleisch todt war'.* Auch bemerkte man, dass die Opera- 
tionswunde ,eine schlechte Farbe und keine Kraft mehr hatte 
zu secemieren'.' 



' Der Nuntius am 2. uud 8. August 1598 (,Nunz'uitura di SpSgna 49', 
fol. 191. 198, 20l)i Khevenbailer ara 8. Augrust (Mflmbecg); Conm^m 
' Der Nuntitu am S8. Angust nnd 11. September a. a. 0. 

* Nuntiaturbericht vom 14. August (Original in ,Ui»rgheöo III, 13', f. 85 
der neuen ZHhUnif!-, Copio in .Nnnzintnrn di Spa^jna 49', f. 204) uud 
Khovenliüllcr'.s Schreiben vrui tlfiii.siflhcii Tiigv (Nüraborg). 

* Der Nuntius am 26. August. ,Nun£iatura di Spagna 49', f. 215. 

* Nuutiaturbericht vom 5. September. Ebeudas. f. 235, 239. Vom wundeu 
Schenkel wurdeu am 26. August siebou Unzen £iter ontferut. Dv 
Nanlim tm 87. Angnat Bbendas. f. 818. 

* Postocript im BMiohte dci Naotiiu Ton 31. Angwt Sbendas. f. 8K. 
' Der Nuntius sn 2. 6»pteiuber. Ebenda«, f. 234. 



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383 



,Alle diese Erscheinungen, wie das Fieber, das für duuials 
auf die verunreinigton Wunden zurlickzufüliren ist/ die zu- 
nehmende Schwäche, die immer wieder auftretenden Geschwürs- 
proeesse (Abseessc?) legen nahe, dass die Todeskranklieit den 
Königs eine Bhitvcrgiftung (Sepsis) gewesen ist, die iliren Ur- 
sprung in den giehtiselien Geschwüren gehabt hat. Andere 
„Wunden" sind durch das aogenanntc Autliegen entstanden,* 
welches ebenfalls eine Quelle der Infection bildet/ Denn drci- 
undliinfzig Tage hindurch konnte der Kranke nur auf dem 
UUckcu hegen.*' ,Die Wassersucht, die in den letzten Lebens- 
tagen an den Beinen und an der Bauchhaut^ auftrat, dUrfte 
eine Folge des zunelimenden Verfalles (Kachexie) gewesen 
sein. Die Sepsis war auch die Ursache eines schweren Darm- 
katarrhs iu den letzten vierundz\\ anzig Tagen des Königs*^ 
und wurde besonders dadurch gefürdertj dass mau sehr häufig 
alle Reinlichkeitsrücksicliten für iHngcre Zeit ganz ausser Aclit 
lassen zu müssen glaubte,^ da der Patient sieh selbst nicht be- 
wegen und auch nicht gehoben werden konntO; ohne dasü ihm 



* im Mai wird os Wecbselfieber (febre terzatia) p^nanot. In deu folgen- 
den Ifonaten wird w «o b«tcliri»ban: tätliche, twld «tibrker»* bald 
adiwleheffa Anftlle Ton Hitae und KAlte, vwbnndaD nit Schlafmeht, 
gftlegeiitlich mit Delirien. ,Das durch inficiorte Wunden teiMilMBte 
Fieber knin in seinem Gbamkter Weoluelfieber wohl ▼ortSuiehen.* 

* Cenrein» SOS. 

* Cerrera, 290, 300, 301 und Yepes' (des Boiclitvntcrs Philipps II.) Rein* 
tton pbondaa. 389. Der Nuntius berichtete 27 August, dass man ih*n 
Kranken von einem Bett in fin anderes, (lanobenatehende«, allerrliiips in 
demselben Betttuch, trug. Dass es häufiger geschah, scheint ausge- 
seblosien feweien %a aein, wie diee naoli Cervem vnd Tepes angeben. 
(^Mglm in» 82*«, f. 158). 

* Von tbidropeeb* an den genannten Stellen ist bei Cervera mebrere Kaie 
die Bede: 898» 299, 800. 

* Ueber die besondere Iloftigkeii dieses Leidens nm den 25. Aogust nnd 

am 8. September der Nuntius am 26. August, sowie am 5. und 11. Sep- 
tember a. H. O. Daram beicbtote der KOnig wieder am 11. September 

um Mitteriiacht. 

* En wird ganz richtig sein, dass der Lioib des KOuig», als ihn üur Kron> 
prinz am 8. oder 9. September ansehen musste, voller Wunden war. 
»Ayiflos' dee Nnntins rom 80. Beptomber ab Beilage an seinem Beliebte 
vom 14. Oetober (,Nanaiatnra di Spagon 49% t 826 nnd ^otgbese 
in, 81»*). 



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384 



die grOasten Schmersen ▼entmcht worden würeo. ' »Trots aUer 
Parfüms wurde die Luft im Krankeosimmer unertrftglich/' So 
wird es begreiflich, dass Uebelwollea und Unwimenheit gUnben 
machen wollten; daas der König an Phthiriasis (Lttusesiicht) ot- 
krankt war.' 

Alle diese Leiden ertrug Philipp II. bis zu. seinem Tode 
mit derselben wahrhaft königlichen Würde und mit derselben 
Geduld und Qottergebenheity^ die er bei den Schicksalsschhigen 
bewiesen hatte, die ihn als Vater, Gatten und Herrscher ge- 
troffen hatten. Nur in den letaten Lebenstagen bat er Gott, 
ihn lieber durch den Tod an erlösen^ als ihn noch wdter so 
sehr leiden zu lassen.* Unerschrocken erwartete er den Tod.* 

Im August und September 1598 ertheilte er nach und 
nach bis in die kleinsten Details Anordnungen Uber Behand- 
lung und Bestattung seines Leichnams.^ ^EHnen Monat vor 
seinem Tode' Uess er insgeheim swei Mönche des E^urial- 
klosters Sarg und Leichnam seines Vaters genau besehen: wie 
dieser wollte er begraben sein.® Seine Leiche durfte nicht 
geöffnet und einbalsamiert werden. Nachdem sie ,mit gewissen 
Wässern, die als Balsam dienten', gewaschen worden war, 

> VjpL die jainmenrollttii Detaib bei Oamn, SM, 800, 801, nach den An* 

gaben dos Anstes Garcfa de Ofiate. 

• Der Nuntius um 27. August a. a. O. 

' Brove compondio y elog'in [•] de la vida de el rey Pholipe Sep^undo . . . 
por Aiit. Peres auf der Pariser Natioualbibliuthok, citiort bei Mignet^ 
Aot Peres (Parb 1846), 268 Anm. 1, 269 Anm. 1; Gachaid luaeht« dai^ 
auf aufmerkBam, da« di«ae Schrift anter anderem Namen enwbien (Paiti* 
eularit^B a. a. O.» 397). Da« an Erflndnngea ao reiche Bach Palina-Cayet's» 
Chronologie «eptenairo 1598—1604 (Paris 1609) begnügt sich doch mit 
den ,poux* fjt. 25). Upt Lafiipntf? sog^ar Würmer 'c^usanos) XIV, 175; 
Oitrdcly's Mittheiluageit auf Ciruml vhios Mauui^cripte» der LtobkuMilz- 
»cheu Bibliothek iu Prag sind wertlos (I, 18). 

* .Unglaublich groß gemuei vnd gedultf nnd AehttUchee bei Khevenbaihw 
am 8., 14^ 29. Attgoat nnd bei dem Nttntius am 26. and 80. Angwt 

a. a. O. 

> Dur Nntithts am 26. August a. a. O. nnd KbevenhUUer am 11. September 

(Niirnborg). 

• ,E dispofltissima alia iiiurtü' udt-r: ,intrcpidczKa graiido della mqrte'. 
Der Nuntitts am 14. nnd 26. August. ,Nnnsiataini di i^pagna 49', f. 204, 
215 nnd «BoigheM IU, 13*, t 86. 

* Khevenhailer, 19. Angnet (NOmbeiy)! Nnatiatnrberichte vom 17. nnd 
26. August a. a. O. 

' Yepes a. a. O., 388; Cervora, 



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wurde sie seinen Befelilen ^jeniiiss nur mit einem weissen Hemde 
bekleidet. Darüber nähte uuui ein Bettuch. Auf die Brust 
lejrte niun dann ein einfaches Uobskreuz von anderthalb iland- 
spanueu Lauge, das man an einem weissen Bande vom Halse 
herabhängen Hess. Ausserdem g'ab man ihm in den Sarg einen 
Rosenkranz aus Aloe, mit dem er viele Jahre gebetet hatte.* 
Die Leiche wurde in emen Bleisarg gebettet, dieser in einen 
zweiten Sarg (ataud) von ,unverwU8tlichem, schwer entzünd- 
lichem' Holze des indischen Nussbaumes gelegt, nachdem die 
Bestätigun^r ihrer Identität eingeholt und urkundlich aufgezeich- 
net worden war.* Während der letzten Lebenstage des Königs 
stand dieser Sarg in der Nähe des Krankenzimmers^ jeder, 
der dort beschäftigt war, konnte ihn sehen. ^ 

Alle, die mit ihm während seiner letzten Krankheit zu 
thun hatten,* wurden von den Beweisen seiner Frömmigkeit 
gerührt. In seinem Testamente sprneli er die 1 1»'berzeugung 
aus, dass der Tod nur der Uebergatig zu einem glücklicheren, 
ewigen Leben sei, und bat schon damals die Mutter (lottes, 
seinen Sclnitzniiirel und mehrere namentlich genannte Ilfilige, 
ihm in der ►Sterbestunde beizustehen. In grüsster DumutU 
nannte er sich damals den grüssten unter den Sündern.^ 

Zu denjenigen, die seine Frömmigkeit am besten kannten, 
gehörte sein Oewisscnsrath, Bruder Diego de Yepes, ein Mit- 
glied des von Philipps II. Vater begünstigten Hieronymitcn- 
ordens. Man denke nur an äan Yuste! FUnf Jahre lang 

' Perez de Ilerrora Uli, siuh nnton & 386 Antn. S. 

* TttpM, 388; Cervera, SSO und der Nnutiiu am 6. nnd 14. September. 
»Knndatai« di Spaffii» 49% f. 287, 268. Dm Hob de» Sarget wird beim 
Nai)tiu8 genannt: ,ni«dera de gameaf qne por otro nombre la llaman 

nnngelina [!] [bei Cervera richtig: angelina], qne es madera incor- 
ruptible.* ^visos* von» 30. September als Beilage zum Berichte vom 
14. October. ,Nunziatura di öpagna 4i)', f. 829. UieseM ilolz war als 
Uaberteit eine« Schiffes swauzig Jahre as dem Hafen Ton LiMabon ge- 
legen und itamnto ans dem portngleneeheii Indien. IDamua waren auch 
zwei Kieaae für di« Saenrialkirelie verfertigt worden. 
' ,La cassa dove ha da oaaer posto il suo cadavero, che chiamanu ataud, 
la tiMio-'»!'" J« cHiito I.t Camera di Sua M*^ k vl^ln d' ugn uno.' Der Nuntius 
im zweitoi) Briefe am 12. September. ,Nauziatura di Sjuigna 49', f. 250 
(Original). 

* Vgl. die aehon erwihnt» Zeagenliste bei Cerrera naelt der lateiniichen 
Uelmreetzaag p. II, oder bei Hontalla, 8. 

* Simaneas. 



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386 



diente Ycpcs dem Könige als Beichtvater. Ftür das hohe Ver- 
trauen des Königs zu ihm spricht eine Testameiitschrasel Tom 
24. August 1597, worin der König diesen seinen Beichtvater 
im Verein mit Ohristohal de Moora und Juan de Idiaques 
bevollmächtig näher beseichnete und aar Verbreiumng be- 
stimmte Papiere sosanuienBUSaehen.' Philipp III. aeiehnets 
ihn durch die Verleihung des Bisthums Taragona aus.* Yepes' 
Relation* Uber die letsten Lebenstage Philipps II. war bisher 
nur in der für die Oeffentliohkeit bestiDunten Form bekannt^ 
in der sie vielleicht schon 1599 eraehien, blieb aber auch so 
unbeachtet,^ wohl nur wegen der Seltenheit der Exemplare. Die 
Relation ist an den König als Auftraggeber gerichtet' Im Ein- 
gange heisst es, dass der Autor den Befehl, ,die Einaelheiten, 
die sich in diesen letzten Tagen beim berühmten und beispiel- 
gebenden Tode des KOnigs intrugen, als Augenzeuge sn 
schreiben', erfüllen und Einiges cum Ruhme €k>ttas, aum Tröste 
des jungen Königs und aller Katholiken, sowie zur Verwirrung 
der Häretiker erzählen werde. Gerade diese letate Bemer- 
kung scheint wenig geeignet, dem unparteiischen Beurtheiler 
unbedingtes Vertrauen einzuflössen. Dieser Zweifel schwindet 
aber, wenn man den Text der ersten Redaction und Näheres 



' In L.nfuente'» (iosclnchto von Spanien, Qiiarlniisffabe, Barcolona tf*?*??, 
iU, 06 Anni. (Octavausgitbe, Madrid 1864, XiiI, 340 Anm.); Büdinger, 
Don Gsrlos, 172 f. 

* Cardinal Aldobnindini an dan NnnUai« 26. Oetober 16S0. 3(Ml?b«aa ü» 

47'2S f 357. 

' Ein Neu(lriK-k in Christoval Per«?/,' do Horrem (,medico de 8u MagesUd 
[Philipps lll.j y dol reino') .Elogio' auf Philipps II Tngenden nnd Tod 
und auf Philipps IU. Ke^iernng (V'nlladoiid 1G04): in der Ausgabe 
Cabran*a vom Jahre 1678, Apdudice, IV, 884»SS0. Sonat iat mir niu' 
^na italiaiüaehe Uebeiaeteun^, dia im Jabre 1607 in Uailaad araebien, 
bekannt. Sie befindet sich in der Biblioleca Angatiea in Rom und fthrt 
den Titel : ,Hreve relatione della chriittiauiMiima et eseniplar morta . . . 
di Filippo II. . . . di Don Diepo di Yfjtff«, deH'ordinfi di S. Gimhinio, . ,. 
et im compendio dolle com piu meaiumbili dulla m» vitA, coniposto da 
Diiigo Rnia da Ledesma di Madrid, croato di S. M*^ nel sao castello di 
Milano.' DiaMT hielt «ich 169S in Madrid auf; aain aiganaa Werk iai 
für ans wertlos. Nicolana Antooitu^ Bibliotibaoa Hiqiaaa nov% Matiiti 
MIXJCLXXXIII, kennt keinen aelbftKndigen Druck (I. 324). Einen aolefaen 
liLixt dpr Ansdnick »opnscolas* bei Lafnetitp, XIV, 4T4 Tarmttthen. 

* Ich finde nie auch nicht bei Montaila citiert. 

* Ap4ndice au Cabrera, 384 sg. 



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387 



Uber seine Entstehung kennen lernt. Aus den bisher unbe- 
kannt gewesenen Berichten des damaligen Nuntius am spani- 
schen Hofe, Camillo Caetano, Patriarchen von Alexandrien, 
an den Neflfen des Papsies Clemens VIII., Cardinal Pietro Aldo- 
brandini, ergibt sich, dass der Nuntius sclion zwei Ta^^e vor 
dorn Tode des Königs verspracli, eine austuh rliehe und 
authentische Darstellung über jenes erbauendt; \ vilialten des 
Königs walirend der Todeskraiikheit selbst zu schreiben, um 
damit den Papst zu erfreuen, dass er aber diese Absieht nicht 
auöluhi'te, als er erfiihr, dass Ycpes sich dieser Aufgabe unter- 
ziehen werde. Schon vor Ende September war diese Arbeit 
fertig, er empfieng sie von dem Verfasser selbst, so dass er 
den spanischen Originaltext am 13. October 1598 — eine Ver- 
spätung, filr die er sich entschuldigt — au den Cardiual-Staats- 
secretär übersenden konnte. Bei dieser Gelegenheit bezeichnet 
er sie als würdig, von Seiner Heihgkeit gelesen zu werden, 
weil sie ^ ollkommcn wahr sei (verissima), und weil, wie er 
sich misflnickt, , dadurch (las heilige Kndc eines Königs be- 
kannt wird, dem man nicht das i^ob streitig machen kann, dass 
er in unseren Zeiten der eifrigste Verfolger der Häretiker ge- 
wesen ist, die möglicherweise Falsches und Boshaftes über 
seine letzte Krankheit verbreiten werden. Icli habe mich iibcr 
viele Einzelheiten der Delation/ sagt er ferner, ,vergewjb.^ert 
und gefunden, dass sie vollkornrtu'n wahr sind (verissinii)'. Der 
Nuntins glaubte, die spanische Regierung werde den Herzog 
von Sessa, ihren Gesandten in Rom, beauftragen, diese Relation 
dem Papste zu überreichen. Oh es geschehen ist, wissen 
wir nicht.' Diese ursprüngliche l^cdactiun in spanischer 
Sprache liess sich im vaticanischen Archive hudea^ and 



* Berichte vom 11., 25. and 30. September, sowie vom 11. and U. Ootober 
1698. Iii dem snletit gwuMUm wifd eine Cople de« Testamentee des 
KOnigB nnd der Belation ab Beilage emiUiiit. Beide fehlen aber gegen- 
wiirti? nn «lieseui Orte. iNini-'I.tnira ili Spegoa 49', 1.848,398 (aach 
.Morgheso I, 774', f. 491), 2i)H, .«13, 325 

* In ,l{ort;lii?^o JII, 82', f. 161 — 160, Diö«er Fa.'rikel enthalt nur Origiiia- 
lien, unter anderem EmpfeblungMclureiben der Majestiiten in äpauion an 
nipste and Cardinlle. Die ,1t«lntione dl quanto h pueato nella morte 
del Be*, wie die Anftcbrift laatet, undatiert, ohne Nanen de« Anton, i«t 
nnr an der gleiebe«tigen Schrift and an Faltangntellen «1a die bei den 
eitierten Or^nalbrlefen heute vermiaate Beilage an erkennen. 



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m 

Migt unbedeutende, meist nur stifistische Abweichungen vom 
Dracke.^ 

Ka war ,m den ersten Augusttagen', dass der König auf 
die Frage, ob seine Krankbeit tOdlioh sei, von Yepes die 
Wabrbeit erfuhr. Nun begann er eifrig auf sein Seelenhml 
bedacht zu sein und verlangte sogleich eine Generalbeichte; 
ne dauerte drei Tage. So oft der Beichtvater su ihm kam, 
und dies war häufig der Fall, beichtete er, ^sogar wenige 
Stunden vor seinem Tode'.* Viermal empfieng er die Oommn- 
nion, das erste Hai vor der Operation,' das leiste Mal am 
8. September. Auch am Tage vor dem Tode wOnschte er sie 
noch einmal zu empfangen: man konnte sie ihm aber niebt 
reichen aus Besorgnis, dass die Hostie entweiht wttrde^ weil er 
sie nicht mehr schlucken kOnne,* Wfthrend der OperatioD 
muBSte ihm Yepes, hinter dem Bette kniend, das Leiden Christi 
nach Matthäus vorlesen und besonders die Worte: ,Vater, nicht 
mein, sondern dein Wille geschdiel' laut wlederiiolen. Eirfiess 
sieh von nun an hftnfig verschiedene R^qui^ von Heiligen 
in sein Zimmer brinj^^on, darunter auch eine des heiligen Albanns, 
die ihm der Papst vor einigen Jahren mit besonderen Indiilgenien 
gesandt hatte, und die des heiligen Ildefonso aus Toledo.^ 

' Ausser <l('iijoniprf n, wolcho in den fnlponden Cifnton ersiclUli''?! •remjicht 
sind, brauchen hier nur folgende hervorpehobon zn werden: Der mit 
tOo» dias Änte« que murieso me di6 un papel' eingoleitete Absatz (A{)^n- 
dice m Gabnm, 889) steht im HmiaBcripto (f. 157*) tot dm Attftiig«ii 
an die swei MOnehe (,Un mes Antee qn« mnrieM, nuuidd A dos IrtilM,* 
p. 388). Forner heiMit es im lety.tun gedruckten Satie: «hallandoie 
prpjionto V. M/ (p. 390), in der lUndjtcbrift aber: ,hsllaQdose pnMnte m 
bijn, Dun Phelipo, Hey y seHor nuestrri.* 

• Yope«, ÜHb, im ManuHcript f. löl\ Der Nuntius bestätigt indirect diese 
Beiehteii, indem er je eine solcbe (ttr den 8. September niiftemaeliti nad 
den 9. September abends berichtet. Depeiche vom lt. September. 
.Nanziatora di Spagna 49% f. S48. 

" Nontiatnrbericht vom 8, August a. a. O., f. 201. 

■* /^'in por f\ j>eIigro que ji'jdi.i Bticcdor [nur in drn' TTandschrift folgt: de 
nitiuoii roverencia del sncraineuto, por] quo »e temia, «ju« no podria tragar 
[H.H.: pnaar] la forma . . . le entretuve, con dezir que lo couauttaria con 
SQS mddieofl [Hs. folgt: de eftmara]; quodo [Ita.: todo ei dia estavo] eon 
esta pena y eon esta ftmna murid. Yepes, 385. 

• yppes, 387; Nuntiaturbericbtc aus dem Escnrisl und ans_ Madrid vom 
14. August nii.1 Sf'i.tpmlicr i'^MA. ,Nnnziatara di Spagna 49*, f. S04, 
235 und ,Borghase III, 13*, t. Hö. 



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389 



Am 16* August abends Hess der Kttnig unversehens den 
Nunüiis kommen ond Int ihn um den päpstlichen Segen. Zwei 
Tage TCHrlier hatte der Nuntius nach seiner Ankunft im Escu- 
rial er&hreUy dass der König noch nicht alle Lebenshoffnung 
au%egeben habe.* Was sich an jenem Abende seinen Augen 
darbot, machte ihn erstaunen. Zwar lag der König unbeweg- 
fich anf dem Krankenlager, aber mit der heitersten Miene von 
der Welt und mit grosser Fassung. Der Gerufene benutzte 
die Gelegenheit, dem Könige auch wegen der seit langein 
strittigen geistlichen Jurisdiction ins Gewissen zu reden: er 
möge den festen Vorsatz fassen, sie zu ordnen und dies auch 
dem Prinzen für den Fall seines Todes auftrag^en. damit der 
Kirche gerieben werde, was ihr }j:ehöre. ,Mit lächelnder Miene' 
erwiderte der König, er danke Gott Hlr die vielen Wohhiialen 
und ergebe sieh in seinen Willen. Er luuie des apostolischen 
Segens mit grosser Sehnsucht. Was die geistliche Jurisdiction 
anbelange, so werde er seinem Sohne die entsprechenden Auf- 
träge geben, damit er diese Frage in Ordnung bringe. Immer 
sei es seine Absicht gewesen, Papst und apostolischem Stuhl 
Verehrung, Rücksicht und Gehorsam zu bezeigen. Dasselbe 
werde auch der Prinz thun; er selbst werde es ihm ans Herz 
legen. Die weiteren Worte des Kranken wurden wegen der 
Schwäche der Stimme immer unverständlicher. Es hatte ihm 
Anstrengung gekostet zu sprechen. SchHesshch ertheilte ihm 
der Nuntius den Segen." Der Papst billigte dies am Tage vor 
dem Tode des Königs.* 

jRIehr um seine vSehnsucht zu befriedigen, als weil es 
dringend nöthig gewesen wäre,' reichte man ihm am 1. Sep- 
tember 9 Uhr abends die letzte Oelung.* Weil er eine solche 
ni*' früher gesehen hatte, liess er sich zuerst auf das Ein 
gehendste darüber unterrichten^ und wünschte^ dass auch 

* fSna llMtti non tiene «aeora pena affatto la sponuiaa de viTere^ na Ii 
medici l'hanno povhiMiim.* NantlatiirlMrioht rom 14. August a. a. 0. 

■ Dessen Beriebt vom 17. Aufost in .Borgheso III. 90*, f. 90 der älteren 
Zählang und in ,Nnnziatnra di Spagna 41»', f. 211 .sg. Einiges über diese 
Audienz nach den Angaben dea Secretärs des Nuntius bui Curvera, 315 
und nach den MittheUungen des Nuntius selbst bei Perez de Herrera, 877. 

* Cerma, 316; Perei da Herfen, 877. 

* Der NuitiiM am 8. «od 6. September 1698. »Nnnsiatora di Spegna 49*, 
f. 286, 237. 

* Yepes, 387 .sg.; Cervera, 317. 

AfcbiT. LXXIVI. lid. II. Hilft«. «7 



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390 



Beine beiden Kinder bei der Darrelcbiing dnrcb Tams&j den 
nenen BlntbiBebof von Toledo, den der NantinB am 16. AngoBt 
im Escnrial geweibt batte, anwesend seien.' ,WKbrend dk 
meisten Anweeenden sammt dem Kronprinaen weinten,' be- 
wahrte der König seine Rabe und sdgte erbauende Qotteige* 
benbeit.* ,Die Oeremonie dauerte drei Viertelstunden. Darauf 
blieb der König mit dem Prinzen fast eine Stunde allein.'^ 

Wir werden wohl nie alles erfahren, was in dieser Nacht 
zwischen Vater und Sohn gesprochen wurde, und miisscji uu:^ 
mit (lern Wenigen begnügen, was Philipp III. dem Gewissens 
rathe seines Vaters darüber persönlich mitzutlicilen üxr gut ^re- 
funden hat. Diesen Mittlieilungen zufolge sagte der König zu 
seinem Sohne: ,Ich wünschte Euere Anwesenheit bei diesem 
Acte, da 1 int Ihr sehet, wie aües auf Erden endet.' Femer 
legte er ihm die Religion, die V^ertheidiguug des Glaubens und 
die Pflege der Gerechtigkeit ans Herz und ermalmte ihu, so 
zu leben und zu regieren, dass er ein gutes Gewissen habe, 
wenn er an demselben Punkte angelangt sei.* Da& war al&o 
etwa der Inhalt der väterlichen Ermahnungen. Derselbe Beicht- 

* Nanüaturbencbt voui '6. äeptember a. ü. O. ^ Yepas, 387 (nach der 
itft1i«iiueli«Q Veb«i«etsang «it«h die I]if«iitin)| Cervera, 977. 

* Der eiferte NoDtiatarbericbt vom 8. September. 

' ,Durö Im earemonia tre quarti d'hora, doppo la qnale U Re «tette «olo 

i'ol principe qnasi uu hora.' Ebenda». 

* ,8aIidos todos, se quedd ä nolas con au hijo y le dixö [nur im Mann- 
soript: como el miamo lo ha referido]: „He querido qtie os hallets pre- 
•ente 4 eite acto, para quo veays en qaö p&ra el mundo y las monarchlu.* 
Enearg^le imiebo [im Drneke oodi: i Ynertr* U^jeited] qne mineepm 
Drucke noch: con gnmdes tAim] per la religion y defeata de la Mata 
fe y por la gnarda de la juaticiat y quo procurase rivir j gobernar de 
manfrn quo, <Miandn llega^e A «quel ]i::[.t<>. so hallase con ?«epnridad de 
[nur im Drucke: suj concieucin.' Yop«?«, .iH7 sp., im Mantucripte fol. t56% 
156'. Cervera, fa«t mit denselben Wurten, 317; nur helsst ea dort statt: 
,el mundo y la« monarebla«' einftiehi ,todo*. Eine Ühnliehe sweite E^ 
mahanng wurde von Lafnente [XIY» 478] irrig anf den 11. September 
verlegt, weswegen behauptet wurde, dies »ie grundloe «eL Bfidliigt r. 
Miftlipilnupen, 23 Anm 3. Di-r nnp^cnannte Verfasser ^panincli peschrie- 
bt'iuT , Avisos*, die der Nuntius am '). September absandte, behauptet: 
,DixM al principe que avia (piurido m hallaase presente 4 verle pedir j 
reeivir aqnel «aeramentu, para que, quaado llegiaM i [a]quel eatado, 
rapieese como lo avia de pedir j reeivir eomo bijo obediente de la 
ygleiia, j con eato se otiterneeiu Sii Aitesa y m retiro Mecretamente^ 
annqne avia venido pnblico.* »Nunsiatura 4i Spiigna 49% f. 837% 238^ 



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391 



vater dieilte aber dem kOnigUcben CSapdlan/ Pater Gervera de 
la Tone, der von dem Erzbischof von Toledo zur Veraebmung 
solcber Zeugen eigens bevollmächtigt war, * unter Eid mit, daas 
der König derlei Ermahnungen dem Prinzen nicht nur münd- 
lich gab, sondern solche ,ftlr die politische Regierung' ihm auch 
schriftlich von eigener Hand hinterliess, und dass sie der Prinz 
thatsächlich erhielt* Ob dies damals oder später geschah, er- 
fahren wir jedoch nicht von ilira. An diescni Abende hatte 
der König vcrmutlilich vor der Untcrredun^jf mit dem Thron- 
folger auch an seine Tochter eine Lnuiiliiiun^'" ^a;richtet. Da 
es Gott, spracli er, gefallen habe, seinen Wunscli, sie vor seinem 
Tode vermählt zu seheUj nicht zu erliiilen, so bitte er sie, sich 
wie bisher zu betragen. Sie möge trachten, den Glauben in 
den Xiedei-landen zu stärken. Denn dies sei seine Hauptab- 
sicht bei der Uebergabe gewesen, da er gehofft habe, dass sie es 
thun werde, wie er es ihr nunmehr wieder ans Herz lege. Das 
möge sie auch ihrem Vetter und Brilutipim sa<i:en und ihn in 
des Königs Namen darum bitten. ,L>ies waren die letzten 
Worte, die er zu ihr sprach/^ Sie stimmen mit den .'«onst be- 
kannten Absichten des Königs hei der Uehergahe der Nieder- 
lande tiberein, und ihre liebe rheferung geht auf eine Mittliei- 
lung der Infantin selbst zurück.** 

In den folgenden 8i i t( mbei-tagen konnte er sich nicht 
satt hören an liIrbauungsiectUre ^und wurde nicht milde', sich 



> Vgl. oben S. aSO Anm. 3. 

' .Descubriö Su Majestad en esta ocasion otro göoero de prodeneia tttom- 
pUur 7 cratiAiia, / fa9 qne, despuei d« I0 baber advertido lo que «rti 
diebo de palabi«, le iiwtniy^ e»pecialm«nt« d« lo que debia raber pam 
el folderno poUdeo deitos reines, y esto lo BAcribiö el dicho Reüor do mx 
niArm, y el confesor «l" Su MajMfnd, (jue Dios tiene, ha decl«i;nli> 
quo üstä en »n prnlpr.' Moiitafi.i crwäliiit ilavon nichts (p. 71). Bisher 
war immer nur von einer mündlichen Ermahnung an den Nachfolger 
die Bede. 

* CervvTBy 820. 

* Ueber aeine Quelle sagt Cerrera, 319: ,Y porqne en otro capi'tnio de 
«tras hemoH diclio In quo ol pn'ncipo . . . \ma6 k «snlas ron Su M;ije»ted 
y cömo le instruy«) on lo (|ue dehia saher para el gobiorno dpstus roino«, 
y de la sefiora infanta no hemo» hecho menciun alguna de c6mo se 
detpidiö de nt padre, se poue a^ui k la letra lo qae doRa Jnaiui Jaeia- 
cnrt, ni earoarefft imqror [Mber Hofdame ibrer Mutter Eliiabetb-IaabeUa]» 
k inslanda 7 mplicacion mia, me envi^ por eacrito, lo qnal diee baber 
oido k la dieba oeAora, babUndoselo de propilaito pregnntado.' . . . 

27* 



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392 



mit geiBtUchen Dingen zu beadiHftigen. * Er liess sicli auch die 
Ermahnong des sterbenden heiligen Ladwig an seinen Sobn 
vorlesen und fand sie so gut, dass er ^zwei Tage vor seinem 
Tode* seinem Beichtvater Yepes eine Abschrift davon auf einem 
Blatt Papier Ubergab und Ilun auftrog, sie nach seinem Hin- 
seht iden dem Kronprinzen Yonralesen. Er fUgte hinsn, sein 
Sohn sei schon ermahnt worden, dies seihst zu verlangen. 
Wirklich that es Philipp III. am Tage der LeichenfeierlichkeiteD 
im Escurial, nämlich am 14. September.' 

Am 8. oder 9. September ' verlangte Philipp IL von Juan 
Ruis de Velasco^ der ihm ,24 Jahre lang in der Kammer* und 
dann der Königin Margaretha, Philipps III. Gemahlin, als Se> 
eretMr diente,^ ein kleines Crucifix and eine Kerze mit dem 
Bildchen der Madonna von Montaerrat Diese beiden Gegen- 
stände hatten sein Vater und seine Mutter sterbend in Händen 
gehalten. Sie lagen, in einer Schaehtel verwahrt, in dem Fache 
eines Sohrt^nkästohens/ das der König auf der Reise mit 
sich fthrte, wo sie ihm der König nach schwerer Krankheit 
schon im November* des Jalires 1592 in Logrono mit dem 
Auftrage gezeigt hatte, sich den Ort ihrer Anfbewahmng an 
merken. Velasoo musste diese Gegenstände aus dem Kästchen 
nehmen und das Crucifix am Krankenbett ülr den Kön^ atcht* 
bar aufhängen. Dann befahl ihm dieser, das Krens nach 
seinem Ableben in das Kästchen surliekaugehen und aufimbe* 
wahren, damit sich auch der Prina einst beidw Gegenstände 
bedienen könne. Der Kronprinz war Zeuge des Befehles. Beim 



* Cervora, 318. 

* ,L>icouo che ha voluto che si leggano Ii ricordi che lasciö San Lnigi di 
FrancUL* Nnnüaturbericht vom 8. September a. a. O. Ausführlicher 
Yepei, Sat, nod, wohl w£ (bimd Miner ICittiiefliiiigen, Cerreiat S17. 
iXe Sache woide biiher beswaifelt. Bttdioger, IfittheUongen, SS Abb. S. 

' tOuBtro 6 einoo dia« intM de m än j mnarto.' CSarvera, SSI. 

* Ebenda«. SiOitg^ Sil tg., SSI; Peres de HetrecSt BSQ. 

* Niehl in 8uge Keiaer Karle V. BSdiqger, lfittiieUiuige«u S4. ,Le bieo 
abiir an caxon de un eacritorio de los qae Ueraba eonsigo, y le mostrü 

tin cmcifixo pequeffo que ostnba dcntro do una cax.i.' . . . Cervera, 321 ; 
wenippr ausführlich Yopes, 388; dass auch die Kai«eriii in der Sterbe- 
stunde beauL^t habe, sagt eine üoti* im InvoQtar des NachlHssefi Karls V. 
bei Oacbard, Betieite II, p. YIU. 

* Cabrera, III, 601. 



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393 



Oeffnen des Faches hatte Velasco dort auch awei Geisaebi' 
bemerkt Eine davon war stark abgentttat Nicht er habe sie 
gebranehty eiklärte der KOnig^ sondern sein Vater, dem 
beide gehört hätten.* Es ist idso wohl nicht mehr daran au 
sweifeln» dass Kaiser Karl V. wenigstens in der letzten Zeit 
seines Lebens sich selbst geissdte.' Es war Tcrmuthlich damals, 
dass der König den Kronprinzen mfen und ihm seine wvnden- 
bedeckte Brost seigen Hess, wobei er an ihm sprach: ,Seht, 
womit wir grossen KOnige und FOzaten aof Erden enden I Was 
Ihr gesehen habt, mdge Ench als Beispiel dienen I Ltasst es 
Euch angelegen sein, Qott für mich zu bitten!' Weinend soll 
sich der Prinz entfernt haben.'* 

* Dieselben sind that^Hchlich im Inventar des Karhlasses Karls V. MgO- 
führt. Fichot, Gachard, Betraite II, p. VUi. 

' fDiciendole . . . quo Ut una eataba mny asado» respondiö que no la 
ksbia A «tado, atno sa padre» enyai «nn.* Oenren» 321. Der Be- 
riebt bei GtdiMd» PartieaUritfe, 410, bebanptet, der KOnig l>abe wegen 
Blutoparen an einer der Qei««elu auch gesagt: ,I>m itt Blut von meinem 
Blute' (mit Rücksicht .111? 'lie Abstammung). Ferner wird dort erzählt, 
dass er aus demselben Kusichen zuerst der Infantin Isabella eiuen kost- 
baren Edelstein, der ihrer Mutter, der fraoaüsisvhüu ii^ii^abeth-lsabella, 
gebort babe, dem Primen aber ein SebrifUtttek ttber die kttnitigä Kegie- 
ning reieben Ueii and diesen wagen des Edelsteines fragte» ob ilun die 
VerfOging redit sei. Ais ob eine Kolche Fra^^'e Sinn gehabt hätte oder 
nOthig gewesen wäre! Was von dorn Geschmeide ilirer Muttor bei der 
Ausstattung der Infantin Katharina nicht nach Savoyen gekommen war, 
gehörte Isabella schun kraft der Ebepactoa ihrer Mutter und kral't einer 
besügUcheu testamentariscben Verfügung des KOn^ Tom Jabie 16M. 
Der erfinderisefae Antor Usat den KSnig damals aneh dnteb Bois de 
Telaaeo ein Sebriftstflck rar Verlesnag bringen, das nnter dem Kopf- 
kissen des gelegen hitt«, und worin von Thronentsagung des 
K»^ni{^3, femer von vier/.ijrjähriger [!] Re^erunfr, von dreJundsiebzig [!] 
Iji iisifihren desselben und ebenso irrig von dem Wunsche nach Ein- 
babamxerung und Beetatluiig im KOnigakleide geaprucheu wird. Palma- 
Cayet, Chronologie sept^naire, 96 ttv^ erüblt ibnllebe Iirtiittmer. Kacb 
der «eben eitierton (vgl. oben fiw S84 Anm. S) Biogtapbie Pbilipps IL bei 
Uigneti 269« hätte der König bei einer anderen Gelegenheit der Infantin 
vor dem Tode ein Madonnenbildchon seiner Motter, das er selbst füniaig 
Jahre getragen, /um Andenken gegfeben. 

* Die nnr für Fasten 156^ gemachte Einwendong, dass Karl V. einen wunden 
Finger nnd starke Giebtsdunersen hatte, erweist sieb also für die letaten 
Jabre flberimnpt als niebt «tlebbiltig. Fiebot» stt. $ Gaehard, Betraite 

II,p. vmsq. 

* ,Mirad en que veuimos a parar los grandet« Reyes y principe« del 
mondo. Sirvaos esto qne bavejrB visto de exemplo 7 tened ooydado de 



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394 



Wiederholt fragte er in den letsten Tagen, oh seine 
Sterbestunde sehen gekommen sei, und bat, ihn darauf auf- 
merksam zu machen, damit er mit seinem Gotte sprechen k9nne.* 
Schon am 9. September hatte Ferdinand von Toledo* sein Küm'* 
merer,* Befehl erhalten, ihm in dieser Stunde Kreass und Kerae 
in die Hände zu geben.' Schon am Nachmittage des 11. Sep- 
tembers reichte man ihm die Kerze. ^ ,0eg6n Abend' verior 
er die Sprache. Man glaubte ,gegen Ave marta', er werde 
sterben, was er an diesem fUr ihn sehr b(lsen Tage lebhaft 
wünschte.^ ,€^en Abend' yerabsohiedete er sich von seinen 
Kindern, die er hatte rufen lassen, und ertheilte ihnen seinen 
Segen, ohne zu ihnen sprechen zu kOnnen.* 

Nach dem Abschiede von seinen Kindern befahl er seiner 
Umgebung, ihnen nicht mehr die Thür zu Offhen. Trotzdem 
konnte ihn der Prinz noch einige Male sehen, ohne mit ihm 
zu sprechen und ohne von ihm beobachtet zu werden, da er 
jedesmal durch eine andere ThUr eingetreten war.^ 

Als sich an jenem Abend die Kinder entfernt hatten, 
«traten die Beichtväter ein. Sie waren die ganze Nacht' [vom 
11. auf den 13. September] ,im Oratorium des Königs, von wo 
man sie dreimal holte. Jedesmal hatte der Kranke ein Cmci- 
(ix in der Hand und sprach viel Gutes von grosser Urbauung'.' 



rogar Dios por nii.* Vom NuiiUuh am 1-1. October übersandte ,.ivi';<>.H' 
vom 30. Soptember, die als ,säromtUch wahr' bozoichnet werden. Daria 
h^Ht daw dieie 8oene tmti oder drai Tag» vor dem Aboehiad de* 
KSniga von Minen Kindern «UttAuid. »BoigheM m, 81 ^\ ,Niiiisimtni* 

di Spagtia 10«, f :^26'^— 336. 
> Cervcrn, 1 ; Yopes, 388. 

* ,Cuati-> "iias ante» que miiriese.' Yepe», 31iö} Cervera, 321. 
' Zengen liste bei Cervera. 

* Capitnlo de carte dei B«earial l 12 de Mtieaibre 169B im Innrimiclcer 
StotUialtereiarebiYe, mi^etheili von Bfldinfer, tS, 

* Dritte Depesche des Nuntius vom 12. September ,Ninisiatura dl Spagna 
49', f. 250. Darin sind schriftlii he MitlheiluDgen ,von einem, der den 
Ktinig jede Rtimde sieht', enthalten. 

* Der NuntiuH in drei Depeschen vom 12. September auf Grood von Nach» 
richten, die er bei Morgenan bracht wenige Stunden apfiter und nach- 
mittags empfieng, und die ^nander eiginsten; der erwibnto Brief ans 
dem Eaenriai bei Bfldinger a. a. 0. 

^ Die citierten ,aviaoa* Tom SO. September als Beilage des NnatiataTbeTiehiM 
▼Om 14 ()<• tober. 

* Dritte Depesche des Nuntius vom 12. September. 



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395 



Man erwartete eben sUlndfich sein Ableben. Briefe Moura's 
an den Obentbofmeister der Kaiserin' nnd an diese selbst,' 
um 13 und um 3 Uhr nachts geschrieben, beweisen dies. ,Boi 
Moigengrauen (verso Talba) enipüeng er einen sehr krllft^en 
Trank und ruhte ein wenig. [Auch] bei Sonnenaufgang glaubten 
die Äerste, dass er sterben werde/' Aber erst beim folgenden 
Morgengrauen sollte der Todeskampf des Königs ein finde 
finden.* 

Frei von körperlichen Schmerzen, wie er gewünscht hatte, ^ 
verbrachte er einen grossen Theil seiner letzten Nacht wieder 
mit religiösen Uebungen, nacheinander unterstUtzt von dem 
Erzbischof von Toledo, von den drei Beichtvätern der könig- 
lichen Familie, von dem Prior und von anderen Brüdern des 
Escurialklosters. *' Der Erzbiseliof verlangte damals, das» der 
König noch einmal öftentlich seinen (Tlaubon und seinen Ge- 
horsam gegen den päpsilichen Stuhl erkliire. Laut und i'ur 
alle Anwesenden vernehmlich sprach der Sterbende: ,Das be- 
kenne und erkliire ich.' Während die Geistlichen und die 
anderen Ainve&enden beteten, nahm der König die schon ge- 
nannte geweihte Kerze in die eine und das (jrucitix seines 

* Juan de Borja (siehe oben & 960). Bfldinger, 22. In den letelen dunsb- 
W9g tpanisehen Worten diesee Briefes seheint miv Moura auf die nur 
noch zu erwartende Todeanachricht ansuspielen: ,Ya no podemoe embiar 

k V. 8. otr.'i» ntievaj?, si nn fupron las [quo] tra.H esto se pueden esperar.* 
' ,L' ultimo avviso, che Don CiiriMtoforu da alla M'* de!la Imporatrire, ö 
delle dae höre doppo la mexxa uotte paiuaiu, et dice che il Ke stava 
morendo et ehe eon le prime lettere daria nova della nofto.* Zweiter 
Ntintiatiirbericbt vom 19. September. 

* Dritte Depeiehe des Nuntius vom 12. September. Nach der Dantellviilf 
des unbekannten Briefschreibers im Escnrial (bei Büdinger, 23 f.) wäre 
ihm dieser Trank ,aus Hyacinthen' nach 7 Uhr morgens gereicht worden. 
Aber die Worte^ die damals der Köuig zu dem Arzte Mercado sprach: 
,Bei eiuem audereu Tranke wie diesem starb die Kaiserin, meine Herrin, 
bei Ebibmeb der Kaebt; aber ich werde in dieier Nacht nicht sterben, 
noch am Hofgen; denn ein MSnch hat mir geeegt, w wlme die Stunde, 
hatta grosse Wissenschaft' passen besser ffir die Zeit dee M oi ye ugra nen», 
die auch dor Nuntius filr die D.nrrf'ichung berichtet. 

* Der Nuntius am 13 September, ganz eigenhändig, ,Nuneiattira di Spagna 
49', f. 260 oder 432 anderer Zählung. Um 11 Uhr vormittags empfieng 
er die Madiriebt, da» der KOnig ,um 5*/s Uhr meiyeae oder eine halbe 
[^] Stunde vor 8onnenaQ%ang* ftitorben sei. 

* Cerren, 803. 

* Der Knntliu am 18. September. 



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396 



Vaters und ein Reliqaiarium mit einer Reliquie des heiligen 
AlbanttB^ in die andere Hand, wobei ihm seine Käinmerer 
Heinrich von Guzman, Ferdinand von Toledo und Fnuicisco 
de Kivcra halfen, m r! kUsste diese Gegenstände Toll Devotion 
and Todesschnsueht. Ungefähr gegen 3 Uhr morgens' ver- 
fiel er in todesähnliche Agonie. Als man sein Gesicht mil 
einem Tuch bedeck(>n wollte, da man glaubte, dass das Leben 
schon entflohen sei, öffioiete erzürn En^taiinen der Anwesenden' 
plötslich die Augen mit grosser Lebhaftigkeit und richtete sie 
auf das Orucifix, das Ferdinand von Toledo in Händen hielt, 
nahm es ihm ans der Hand und kUsste ea inbrUnstig, des- 
gleichen das Madonnenbttdchen auf der Kene, die er in der 
anderen Hand hielt Ana der Agcmie, in die er bald wieder 
yerfiel, ist er nicht mehr erwacht Unter sanften Zuckungen, 
gleich denen eines sterbenden Kindes und denen des sterbenden 
Don Carlos/ hauchte er nach Ö Uhr morgens am 13. Sep- 
tember, einem Sonntage, seine Seele aus.* 

Niemals hat der EOnig während seiner letaten Krankheit 
seine Schwester Maria gesehen, und doch waren die beiden 
nur sieben Meilen Ton einander entfernt Das letvte Mal sahen 
sie einander im Madrider Schlosse am 6. Mai 1598 aus Anlass der 
Verlesung und Unteraeichnung der Ehepacten der In£intin und 
des Erzherzogs. Von dem Zustande des Bruders wurde sie 
regelmässig, anscheinend inmier durch Meura, untenicbtet* 
Eigene Krankheit war nicht die Ursache ihrer Abwesenheit 
Denn von emer Krankheit ist niemals die Rede in den mm 
auch für diese Zeit lückenlos erhaltenen Berichten Kheren* 
httller^s,^ ihres Bathgebers, der in solchen Dingen immer Zu* 



' ^ morto toneniio in mano nn retiquiaiio, ehe Uivid 8. Ssntiti eou nie 
reliqoU de Aeat' Albiuu», tieUa qeale poee 8. 6*^ nne giande indelgeiwe 

in questo arUeuIo de la morte ' Das Uebrige bei Cervera (302 sg., 
821 sg.) auf Grund der eidlichen Aussagen der Geiiannton und dos Arztes 
Juan Gomes de Saiiabria, der die gmnse Nacht im Kraakeasimmer An- 
wesend war. 

* Tepee, 890; C?enrera, 302 sg. 

t Der BnbiBchof Ton Teledo war geneigt «i gleaben, deie dies nnr enf 

Ubernatürliche Weise erklärlich sei. Ebendae. 

* IJüdinger, Mitthoilungeii, 24. 

* Sieh oben 8. 305 Aum. 4, ferner Cervera, 322 und Yopes, äW). 

* KhevenbUller» 29. August ^Nürnberg) und oben ü^b Anm. *i. 

* Sieh oben 8. 818 Anm. 1. 



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397 



verlässiges berichtete. Im Gegentheile meldeten er und der 
NontiQS damals wiederholt, dass sie sich wohl befand. ^ Phi- 
lipp III. lud sie nach dem Tode seines Vaters ein, mit ihm 
sogar nach Barcelona zu reisen. Sie entschuldigte sich aller- 
dings damit; dass sie sich nicht pretraue, diese weite Reise zu 
unternehmen, weil sie alt — sie zählte damals siebzi;^; Jahro — 
,un(l nicht zum besten auf sei'. Aber dass sie ernstlich krank 
gewesen wäre, wird auch damals weder von dem 2suntuis noch 
von Khevenhiillcr behauptet.^ K10I im October 15J'8 ist in 
den Briefen beider von einer vorübergehenden Erkrankung der 
Kaiserin die Kede.' 

Was wir von den Be2dehungen der Geschwister in des 
Königs letzten Jahren wissen (vgl. oben S. üöOff.), macht 
es gauü begreiÜich, warum die Schwester dem Bruder nicht 
mehr unter die Augen treten wollte, und warum auch er nicht 
einen derartigen Wunsch aussprach. Kummervoll genug hatte 
sie KhevenhuUcr über des Bruders durchaus nicht geschwister- 
liches Benehmen geklairt. 

Sein Ableben nahm sie sich dennoch sehr zu Herzen und 
•bat den Kaiser, den jungen König, seinen Vetter, mit Rücksicht 
auf die verwamitschaftlichen Bande in seinen Schutz zu neh- 
men und ihn zu , ehren', 1 )ns werde er hoffentlich verdienen, 
weil er ,einem gar wohl mtentionierten Herrn' gleichsehe.^ 

VIL Capitel. 

VerffigaDgen Uber kttufüge Begienuig* 

In dieser riinsieht sorgte der König durch eine genaue 
Thronfolgeordüung in seinem Testamente vom 7. März 1594. 
Am Schlüsse desselben werden alle Verfügungen in decidierten 
Worten tUr ein Keichsgesetz erklärt, ebenso werden darin ältere 



> Der NiiTifins, 13. Juni uud 8. Au^'U»t (.Nunziatum di SpagB» 49*, f, 148, 
189); KlievoubüHer, 25. Juli löUÖ (Nüruberg). 

* KhevenhüUer, 23. Soptomber (Nttruberg); der Nuutiiu, 25. September, 
«NQiuiatill« di Spagna f. 291. 

> KtMTOnhflller, 81. Odobw 1598 (Wien); d«r Nnntii», 11. OetoW, 
,Nunziatura di Spagna 49*, f. SIS. 

« KhAvenbflUer, 14. Septamber 1506 CRaraboty). 



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398 



Gesetse, Fjreiheiten und Gewohnbeiton, die dotuelbeD widei^ 
sprechen sollten^ ausdrücklich ausser Kraft gesetst. Die Linder 
der spanischen Monarchie mOssen, wie bestimmt wird, ooge- 
theilt Ton einem einsigen Herrscher regiert werden. Wenn 
Philipp den Dritten keine mftnnliche Nachkommenschaft ttber- 
lebty so folgt dessen älteste legitime Tochter und deren Nach- 
kommen. 'Innerhalb desselben Grades und derselben Liaie 
haben hiebei immer die männlichen vor den weiblichen Sprossen 
den Vorzog, ebenso EUnder eines Erstgeborenen, der vor dem 
Vater stirbt, auch wenn es Töchter sind, vor denen des Zwmt- 
geborenen. In fthnlicher Weise yerfUgte auch die Urkunde 
bezQglich der Abtretung der Niederlande ftlr diese Gebiete 
(sieh oben S. 368). Wenn Philipp III. gar keine Kinder 
hinterlflsst, so sind unter voller Aufrechthaltnng derselben 
Gnindefttse nacheinander thronberechtigt: auerst die ttlteste 
Tochter Philipps II., Isabella Clara Eugenia, und ihre Deseen- 
deuten, dann die jüngere Tochter Katharina (gestoben am 
6. November 1597) mit ihren Nachkommen, auletst Philipps II. 
Schwester, die Kaiserin Maria, und erst nach ihrem Tode ihr 
Ältester Sohn, das war Rudolf, mit seinen legitimen Deseen- 
denten, eventuell der itlteste der sie tiberlebenden Söhne. Wenn 
keine der genannten Personen mehr in Betracht kommen könnte, 
so soll derjenige König sein, dem die Nachfolge ,nach Anspruch 
und Recht' (por razon y justicia) gebUrt. Jedoch rauss jeder 
zum Throne Berechtigte wahrer Katholik sein; nicht einmal 
der Verdacht der Häresie darf an ihm haften: er darf auch 
nicht Ililrctiker gewesen sein. Diese Besiüßinung ist wohl 
mit Rllekisicht auf den im Juli 15P3 erfolgten zweiten Ueber- 
tritt Heinrichs von Navarra zur katholischen Kirche t^etroffen 
worden. In allen Fällen ist die Bedingung der Thiunfolge 
Erziehung in Spanien und immer wiihrende (de contiuuo) Resi- 
denz daselbst. Darum muss auch die Infantin, deren Successions- 
recht voraussichtlich in Kraft tritt, wenigstens mit dem ältesten 
ihrer gleichfalls thronbereclitigten Kinder nach Spanien Uber- 
siedeln, i Diese Thronfoljire Ordnung ist die erste, welche die ge- 
sammten spanischen Künigreiehe erhielten. Es ist merkwürdig 
genug, dass im Streite um dieses Erbe derselben nie Erwäh- 
nung geschieht. 
_^ _ _ . ^ 
1 SimancM. 



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399 



Die äusseren Schwicrip^keitcu hatte der König dui'ch den 
Frieden mit Frankreich und durch die Abtretung der Nieder- 
lande erheblich verringert. Aber es beschuftigte und quälte 
ihn in seinem letzten Lebonsjahre der Gedanke, wie bei seinem 
uncrfahrencu und unbedeutenden Sohne eine Acndorusg der 
bisherigen Grundsätze »Irr Kegicninj^ zu vermeiden sei. 

Die Entscheidung über fast alles liatte er sich sellist vorbe- 
halten. ,]{' älter er wurde, desto arbeitsamer war er. Kr gönnte 
sich fast gar keine Krholung mehr: selljst im Reise wagen oder 
nachts im Bette b^i ]\ erzenlielit las nn<l erledigte er Acten.* 
Weil alles durch seine Ii lule gehen musste, waren die un- 
glaublichsten Verzögerungen unvermeidlich. Sogar kleinere 
Rechnungen ftlr seinen ffotstaat bedurften seiner persönlichen 
Anweisung.* Freilich Imulerto dies nicht, dass er gelegenthch 
um Millionen betrogen Avurde; friilier oder später kam er aber 
doch (laiiinter. Kr nmsste sein natiirliehes Kuhebedürfnis 
llberwinden, wenn er so arbeitete. Schon im mittleren Mannes- 
alter pflegte er zu sagen, er sei es recht müde, König zu sein.* 
Was ihn dann l)ci aller Kränklichkeit aufrecht hielt, war sein 
PHichtgefiihl und sein durch eine Unsumme böser Erfahrungen 
begreifliches Misstrauen. Man sagte an seinem Hofe, diese 
Krankheit habe er auch von seinem Vater ererbt.'' Unglück, 
Alter, Krankheit und ^Misstrauen machten ihn schliesslich hart 
und schwer umgänglich.^ 

> Alb^ri, ser. I, V, 267, 4SM, 446, VI, 463. 

» Ebend«». V, 265. 

» Khevenhüller, 23. März löH'», 9. Nnvemhcr t5tto, | Mün IfilHi. Er be- 
richtete: Lopes do Campi» wurde «'ing^f.spurrt. weil or in eiuer einzigen 
Post 200.00Ü üucAleu viel vurrecliuetu; stein VurruÖgeu von 70U.0UÜ 
Ducaten wurde co&fiwierC; in dein xweileu Briefe: der Fiieal der Uasieuda 
liebe llmi vor wenifpen Tej^n ersiUiit, dass SS ,kOnigliehe Ministros* ,bw 
in fUnffzchcn Million Ihr Ml^eetlt usurpiert haben'; im letzten 
{Schreiben: der KiUii),' habe wepon der ISesteehliehkeit der Beamten 
(Ministros) der Uazieuda unter ihueu ,8cliarmUtzeJt' (Nttnibei^g). 

* Alberi. ser. 1, VI, 464 (1573). 

» Alböri, «er. I, VI, 463, 464. 

' ,K stato tenaco della sua opinioue . . . inassimu in queMÜ ultinü auni, 
nein quali lo spese intollerabili, iuutilmente fntte, la veccbiezza et V iu- 
fennitA continuate et I'enperieuza de ministri interessati et falleci l'have» 
veno fiitto eoepettoeo, aepro et intrattablle.' . . . ,I>i»xino* de« Nantlae 
vom 14. Septattlwr 1696 in ,Kaiiii«tura dl Spegna 40*, f. S66. 



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400 



Um seine Sorge für die Zukunit des Reiches besser sn 
begreifen^ sei hier auch dargelegt, wie er Uber die gUvbe&s> 
und königstretteui aber aneh herrsch- und habsüchtigen Spanier, 
besonders Uber die CastUier gedacht nnd gelegentlich sich Ter* 
traulich geäussert hat. Man veigesse hiebei nicht: auf diesen 
Habsburger, der durch Mutter, Qrossmutter und Uigrossmutter 
auch portugiesischer, sowie spanischer und burgundiseher Ab» 
kunft wsr, konnten mit Ausnahme von susammen etwa lehn 
Jahren, die er, schon dem JUnglingsalter entwachsen; ausser- 
halb seiner spanischen Heimat Terbrachte,^ sein einundsiebtig 
Jahre langes Leben hindurch spanische, besser gesagt: vor- 
wiegend castilische Vorstellungen einwirken. Bei nur geringer 
Kenntnis anderer Sprachen im Qcgensats sn seinem Vater hat 
er fast nur castilisch gesprochen nnd geschrieben, sogar im 
privaten Verkehre mit seinen deutschen Verwandten und im 
Verkehre mit don Päpsten.* Die Spanier hatten seinen Vater 
als Niederliinder nac h Heimat und Erziehung und als Habs- 
biirgei" nach Abstammung für einen Fremden angesehen, und 
der spanisclie Adel hatte ihn dies frelegentlich unangenehm 
genug fühlen^ lassen. Aber auch Plnlijip II. gilt tür diesen 
Adel noch immer als Fremder.* Der König selbst aber hat 
sich nicht so sehr als Spanier denn als Deutschen und als 
Sprossen des liabsburgischen Geschlechtes irefühlt und darum 
in einem Briefe an die Stadt Frankfurt im Jahre 1555, gewiss 
allen Ernstes, ohne phrasenhafte Höflichkeit, versichert, er sei 
,niclit weniger im Herzen als im Oepluet ain rechter guter 
Teutscher*.* Auch äusserlich braelite er dies zum Ausdimcke: 
in seinem Hofstaate^ der theils nach burguudischem, theils nach 



* Er war von Spanien abwesend: von November 1648 bb Juli 1651, 
ferner vou Juli 1554 bis September 155*.* und von December 1580 bia 
März lö83. QachArd et Fiot, CoUectiou dua voyngm d&6 souveraiu« des 
Paya-BM (BnizallM 1874, 1882) U, 376, 464, IV, 6bv., 15, 73; Gachard, 
L^ttrea de Philippe IL i aee fiUes, 13, 17 st. 

* Die vielen eigenhlttdit^en Briefe Philippe, die ich im Yatieaii. AnhiT 
sah, waren alle spenisch geschrieben. 

* Ygl. Venetian. Depeschen vom Kaiserhofe I, S72^ ^'sa* 

* ,Creo qne poeoe de loa de aqtti qaieren verdaderamente bien al Bey, 

y esto particalarmente por lo que le cupe de simagero.* KhevenhttUer 
au den Kaiser, 2& Jooi 1578 (Nürnberg). 

^ Herrovgehoben von Bttdlager, Don Carlos, 126 ff. 



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401 

8i»aii]8dieiii Mnater «ingerieBtet war, dienten in der Leibwache 
Deutsche, NiederlKnder und Spanier.* 

Als er im Jahre 168S daran gieng, in Liaeabon ^e Re- 
gierung einzurichten, welche die nationalen Empfindungen der 
von Alba militärisch bezwungenen Portugiesen mißlichst schonen 
sollte, ersah er dazu Cardinal und Erzherzog Albrecht, seinen 
Neffen. Dieser wünschte mehr Castilier als Portagiesen in seiner 
Umgebung. Vermuthlich hatte es nicht an Einflüssen gefehlt, 
den Erzherzog dafür zu o^cwinnen. Da sprach der König zu 
ihm: ,Ihr niUsst es über Euch bringen, da Ihr ja seht, wie 
die Castilier, wenn sie am Ruder sind, die Leute zu 
unterdrücken pflegen.*- Für einen König von CastiHen eine 
seltsame Acusserung! Dem Herzog von All)a, der damals trotz 
seiner vierundsiebzig .Talire von Ehrgeiz und Herrschsucht jugend- 
lich beseelt war, liatte der König kurz vorher jede Hoffnung auf 
diese Statthalterschaft abgeschnitten. Viele, die den Herzog 
gut kannten, waren der Ansicht, dies habe seinen Tod be- 
schleunigt (11. December 1582). Er, der Schrecken der Nieder- 
länder, rausste in den letzten Wochen seines Lebens wie ein 
Säugling von einer Amme ernährt werden.* Der König hatte 
ihn nie geliebt,* aber der Dienste des erfahrenen Kriegsmannes 
und Rathgebers aus der Srhule Kaiser Karls V. schon deswegen 
nicht entbehren können, weil der Ilf-rzog in Spanien grosse Auto- 
rität genoss. So gross war diese, und so sehr handelte Alba 
in den Niederlanden nach den Wünschen der spanischen Na- 
tion, dass der König ihn gewähren lassen musste, trotzdem 
ihm selbst unter ander* m auch die Hinrichtung Kgmont's nnd 
Hom's, die ohne köuigÜchen Auftrag vollzogen war, auhr 



> A\Un, sor. I, V, 71, 117. 

* ,E1 Rey el otro dia tratmdo sobre lo dö aqua [Portugal] con el serenis- 
«imo Cardinal, y visto que Su Alteza holgar[i]a mu taner cMtellanos que 
portuguesM en tu Mrvi«lo, diz^les »Bs menaiter que es esfor^ys, porque 
ya Y«3ft eoino lo« oastolluM, qaando melen toner mudo, aeoatambiMii 
i pisar las gentes." ikto tue dixo Su Altezft confidentemente, y no 
fiariA bien <ino ntros lo snpir'^cn.' KheTenbUller aa den Kaiser, Linabon, 
27. November 1582 (Nürnberg). 

' KhevenhOller aas LiM&bon am 10., 16. Juli, 16., 27., 2d. iSovember, 10., 
18^ December IfiBS ud am 10. Jeaiwr 1689 (JSnnibng). 

* Bieh Totbe, Yenetiaa. Hepeiehen vom Kiüeeriiofi, II, 69t,ut IH, S7.|a 
Anm. 5. 

* BOdiager, Don Cerloe, IS f., 21 f., 48 t 



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402 



niissfallcn mul ilin ttberrasclit liatto. ' Aucli sonst bewies der 
KJ5nig in intimen Aeusserungen ge(r*'n •seine Verwandton. dass 
ilim die Krfalininf;en. die er mit d u Spaniern in den Nieder- 
landen ;:,'eraaelit hatte, für die Zukunt't als Warnung dienten. 
Als Erzherzog Albrecht dort Statthalter wurde, wünsehtc der 
König, dass dieser seinen Hofstaat nicht mit Spaniern ,überlade^^ 
sondern dass die Niederländer gebürend berücksichtigt würden. * 
Auch dem Erzherzog Ernst hatte der König durch Maximilian 
Freiherrn von Dietrichstein, den Gesandten des Erzherzogs, 
1594 vertraulich melden lassen, dass es gar nicht seine Absicht 
sei, die Spanier im niederländischen Staatsrathe an der Seite 
Elmsts zu gebrauchen.* 

Sieht man nilher ta, so bemerkt man, dass der König 
fast immer Nichtcaatüier aaseinen intimsten Berathern erkor. 
Besonders gilt dies von zwei Portugiesen niederen Adels: Kuy 
Gomez da Silva (gestorben am 30. Juli 157S) und Christoph 
da Meura ^ (gestorben gegen Ende 1613). Ah Pagen hatten 
Bie beide am spanischen Hofe zu dienen begonnen: der eine 
zuerst bei der portugiesischen Isabella, der GemahUn Kaiser 
Kiivh V., dann im Gefolge ihres Sohnes PhiUpp, des späteren 
Königs; ^ der andere bei der so früh verwitweten Kronprinze^n 
von Portugal, Johanna, Philipps Schwester, und bei dessen 
nnglttokUchem Sohne Don Carlos,^ Aus bescheidenen Ver- 



* Naeh Kaimt Maximilians II. fiaieriiohster Veraichernng gegenüber einem 
Gesandten Venedigs. Turba^VeiMlüin. l>epetelieiiTOmKaiMrhofeIII,4674n. 

" Khevonhtltlcr, 15. .Tnli 1595. 

* Geheime Relation Erzherzog Ernst« an den Kaiser über Max Freiherrn 
▼OQ Dietrichstein'« Miasion nach Spanien vom 24. December 1694 
Irer Kayiarlicheii Hi^flctii Mlbs «igen Händen vnd oOfliiang'. Wien, 
StaatsuehiT, (Spanien, Hofconretpondans 8*. 

* lieber dessen vornehme Abkunft AnsfllhiliehM bei Cabrera, II, 6St ag. 
» Alben, »er. T, V, 68 sg., B9, t»19. 

" Diü Dienste vom Kindesalter angefangen hervorgehoben bei Cabrera, II, 
212, 532, Ö36 und in einem Schreiben Moura's an Philipp III. vom 
24. Decenber 1618 Jkm ror aeinem Tode* (obne Oitaangabe) in Rom, 
NttionalbibUothek, ,lfas. SaMwiani 462 (2066)«. Dem Ktfniff wnide er 

von c!>>4sr>ii Scbweeter Johanna anf ihrem Todbette empfohlen. Des 
Königs Kfinimerer wnrrlo or Mai 1579, gohelmer Rath für Portti^nl April 
1581. Den Titel eine» geheimen Rathes des Küniirs erhielt er Mai 1587. 
obwohl er schon frülier eintiussreicber als Cardinal Gr&nvelle gewirkt 
batte. Bfldinger, Don Carl«^ 168 f.; Kherenbuner, 86. Hai 1670, 16. Mai 
168t, 31. Mai 1686 und 7. Mai 1687 (Wien nnd NOrnberr). 



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403 



liältDissen kamen rie in Familidnwbindmig mit dem spa- 
nischen Hochadely da sie reiche angesehen und dnreh des Kö- 
nigs Vertraaen mflchtig geworden waren. ^ Dnreh Ruj Gomez' 
Einfloss' kam der schlane, aber ttbermttthige Antonio Perez, 
ein Äragonese aas Sara<^ossa, ' in des Königs Dienst und Gunst 
raaeh empor; um so jäher war sein Starz aus Orttnden, die 
noch nicht völlig aafgeklftrt sind (Juli 1579). Darauf waren 
es wieder NichteastiHer, denen der König besonderes Vertrauen 
schenkte^ und die er zu überwiegendem Einfluss «relang-en liess: 
zunächst der durch Treue, Arbeitskraft und diplumatisclie Viel- 
seitigkeit schon unter Kaiser Karl V. })e\vährte Anton Perrenot, 
Herr von (Iranvelle, der Sohn des Kan/lers Nicolaus, aus der 
Franche-Comte ; * femer der arbeitsame, weitgereiste .luaii de 
Idiaquez aus einer baskischen FamiÜc, die schon unter Jenem 
Kaiser gute Dienste geleistet hatte ;^ und als dritter ein Ara- 
goneso: der Graf" von Chinchon, Don Diego Fernändez de Ca- 
brera y Bobadilla, Haushofmeister, Oberststallmeister des Kö- 
nigs, Schatzmeister von Aragonien, Grosscomthur von Ualatravu. 
Des Königs Neigung hatte dieser unter anderem auch als Konner 
und Liebhaber von Kuu-sthauten gewonnen.' Im geheimen 
Rathe oder in der Junta sass seit löiT) auch Don Gomez de 
Avila, der zum Markgrafen vuu Vclada erhoben® und durch 
Moura's Einfluss zum Ubcrsthofmeister und Ayo des Prinzen 

^ Barozzi-Berchot, ser. I, I, 362} Docoju. iiied. XCVU, 286 1^. 
« Albdri, «er. I, V, 279, 401. 

* Ebenda«. 401. 

* PbiHpiMOn, Bin Hiniatorinm nnter Philipp IL, Berlin 

* Vgl. AlUii, eer. I, V, SM ig., 4W, 460; Banwii-Berehot» a». h 

I, 136, 362, 460; Ranke, Die Osmanen und die spanische Monarchie, 
vierte Auflage (Leipzig 1^77), Bd. XXX Y. der ges. Werke, 1G6 f.; Yenetiau. 
Depeschen vom Kaiserliofe I, 531 Aom. 2, II, 28« 291.}» Anm. 2. 
Yor seiner Berufung an den Hof war er Botschafter, zuerst in Genua, 
dann in Venedig. August 1687 wnrde er gebeimer Bath, nnd gleich* 
seitig wurden nwei Vettem Ten ihm, FMndseo nnd Marlin, Sieata- 
Hocretäre. In königlichen Diensten wird audi sniii Sohn Alonw» genannt. 
Coleccion de doLMimentna iiit'di tos (1895) C.\I. .'5«8sg.; Klievenhüller, 
20. J,inti;ir, 26. K.-bru.ir. Miii 1579, 11. August 1587, 12. Juni 1591 
(^Nürnberg); Correap. du card. de Granvelio 433 

* lieber die Fnmilie sieh C^brem, II, 849, III, 218. 

' AlhAri, ser. I, V, 264, S80; Baronn*Bef«het, aer. I, I, 187, 896, 868. 

* Perreito, Dichoe y hecbo* del aefior Jtnj l>on Felipe Segnndo (SeTilla 
1688), 106 1«. 



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404 



emaimt worden war, obwohl man gegen Um geUend gemaebt 
hatte, dass sein Qrossvater ein nicht anmestierter Comunero 
(Aii£BtäDcIischer der Jahre 1521 und 1522) gewesen sei.^ Doch 
bildeten Meura und Idiaques mit dem Könige eine Art ge- 
heimsten Conseils, da nur sie allein in stetem Verkehre mit 
dem Monarchen blieben;^ besonders gilt dies für Monn^ der 
im Schlosse wohnte und Kümmerer des Königs war^ sngleicb 
aaeh mit an der Spitae des Hofttaates des Kronprinzen stand.* 
Die Granden, deren Zahl im Jabre 1588 anf sechmmd- 
dreissig angegeben wird, wmrden von KOnig Philipp II. absieht» 
lieh anrückgesetaty aneh bei Verleihung militilrischer Poeten, 
überdies ihre Unterthanen bei Appellationen gegen ihre Ueber- 
griffe gerne in Schutz genommen.* So bekannt war ihre Un- 
sufriedenheity* dass die rtfmisehe Curie im Jabre 1597 diese 
Thatsache unter anderen Gründen au Gunsten eines Friedens 
mit Frankreich bei Philipp II. geltend machm Hess.' Aus 
Groll Uber die Macht der Fremden und Niedrigergeborenen 
sagte darum der Admiral ^on Castilien, Luis Enriquea (Hen- 
riquea) de Oabrera, Hemog Ton Medina de Rioseco, der sich 
rllhmen durfte, ein entfernter Verwandter des KOnigs au sein^ 
(gestorben am 37. Hai 1696), im Jahre 1678 Tertraulich zu dem 



' Cabrera, III, 218, 229, IV, 61. 

' ,A (|ue8ti pocbi [coDsiglieri] che hora teiieva [il Re] non si dava parta 
M non de akmw cxwe dl poeo momeolo, ftior ehe 4 Don Giovanni et k 
Don Chriaioiinot il pflmo per In aecteUrfe, et il eeeondoy perehft eva ior- 
lato di tenere an confidenta. Nel rcsto i] facem totto da per Ol 
di fua tefltn.* Nnntiatitrbrri'-bt vom 19 Snptpraber 1598 ,Nunsiatnra di 
Spagtia f. 276 spp. Khevenhüll r I f rirlitot am 29. beptembor 1593: 
gehaimen [Dingej dependiern immediato von des Khunigs persou selbst 
Tond den evsTen gehaimen ninittrie alst dem Don CbiietoTal de Xoi» 
▼nnd Don Juan de Idiaqnee.* Damelbe heiicbtet er am SS. Seplonber 
1598 (Wien und Nürnberg). Ebenso der Nuntius und Pietro Canaerino 
an Cardinal Pietro Aldolrr^ndini aus Madrid am 6. October l&9ft* 
,Nunziatura di Spagna 49% f. 2i}2 and ebendas. ,68', fol. 166. 

3 Sieh oben Seite 320 f. 

* Alb^ri, ser. I, Y, 406 8g., 487; Barozzi-Berchet, ser. I, I, 97. 

* Alb^ri, ser. I, V, 81 f., 292 f., 452, 487; Barozü-Berchet, 'ser. I, I, 166. 

" ,8i sa da opjn'nno quanto poco satisfatti siano i crrnndi i\\ Spagna.* 
Copialbucb, ,Nuimatur.i di S])ag:im 318' für clurlriertä Welsuitgen nach 
Spanien, diese vom Juni 1597 im Vatican. Archiv. 

^ Cabrera, II, 302; BUdiuger, Dou Carlo», 162. 



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405 



Gesandten des Kaisers: ^So kann es nicht lange dauern, da 
des Königs Regiment eine Regierung nicht der Gcreehtii;kt it. 
sondern der Tyrannei und Rache ist: alles lie*rt in fku lliindcii 
von Leuten niederer Geburt, vuller Leidcn.sclial't: die \';it« r 
von vielen sind Coinuncros efcwoscn.'* Nac h allem, was wir 
aber von uiipurteiiücLen Bcubacliteni über die ( Jercchtigkeits- 
liebe des Königs und über die voi /.iiglichc Rechts- und Sieher- 
heitspflcge unter Philipp 1 1., hrsonders in Castilien, wissen," hat 
man guten Uruiid zu ;,daul)eii, dass der lioehgcborcne Herr und 
seine Standesgenusbcn ebeu nieht mit drniselbcn ÄFass wie Nio- 
dricrer^ebüiene gemessen sein woillen. (Jerade solche Gleich- 
heit hat der Köniir sreübt. .Denn es p liürt zum eigentlichen 
Amte (es ])ropriu oilicio) der Könige,' sa^-t er in seinem Testa- 
mente, ,vüm ganzen Herzen die Geroelili^keit zu heben, Wit- 
wen und Waisen, Armen und Elenden Schutz und Sehinn zu 
sein, nicht zu dtddcu, dass sie von Reichen und Mächtigen 
erniedrigt oder uliel behandelt werden, und darauf zu sehen, 
dass alle oline Unterschied der Person in gleicher Weise 
zu ihrem IJeelite kommen/"'' 

Ein Mittel zur ^V'allrun^ seiner Regierüni;j>gruudsätze schien 
ihm ziinHchst die Beibehaltung der bisherigen IJathgebcr zu sein. 
Die i^iiinner seines Vertraueus sollten auch die Berather des 
künftigen Königs sein. 

Zu den wenigen, denen er volles Vertrauen schenkte, ge- 
hörte Garcia de Loaisa, wohl aus derselben Familie, aus welcher 
der gleichnamige Beichtvater Kaiser Karls V. stammte.^ Auf 
des Kcinigs besonderen Wunsch musste der Nuntius aus Madrid 
in den Kscurial kommen und am 16. August 151)8 diesen Lehrer 
des Thronerben in Gegenwart beider Kinder des Königs zam 

* fSospeebo que el proceder de «ci non podri dnnur, porijue et gobrärno 
del Hey no m gobierno de jiuticia si no gobiurno de tiranla y veit- 

)*.inza: U«!.. t st.i en luano« de gente b.'ixa y ap.nssiouaila y hhm-Iioh <U>1I"s, 
ciiyos pa<ircs h;in h'uXo comutiero?*.* KheviMiliüllcr an den Kaiser, 12. Fe- 
bruar 1578 (Nürnberg). In KhcvenliUtlor's Annalen steht diese i^eiuuio- 
rung ohne Datnm in deatocber Uebenetxuug (wobei ,baxa* mit «seblecbt* 
«iedei^gi^eben Isl) (p. 34» 35} nnd iat in anderem Znsammenbange von 
Bänke, Die Oiiroaneni 149, theilweiw benfitet worden, 

* Alböri, aer.I, V, 62 ig., 258, 293; Baoke, Die Osmanen, 194. 

* Simancas. 

* Pichot, 83flv. 

AivbiT. LXXXVI. Bd. n. Hilft«. 29 



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406 

ErzbiBchof von Toledo weihen.' Schon im Testamont Pki> 
lipps II. vom Jahro 1594 hiesB os, daBs der jeweilige Srobiachof 
yon Toledo einer der VollBtrccker seines letzten WOlena sein 
mtlfise. Dem nun Geweihten empfahl er in eindringlicher Rede 
den Sohn;' dieser, meinte er, werde seinen einstigen Lehrer 
hochschätsen nnd gerne auf dessen Rathschljige horen.' Schon 
zwei Tage vorher^ hatte der König Loaisa aom Staatsrath und 
Mitglied des geheimen Käthes (Junta) ernannt^ wo ihm nun der 
Vorsitz gebUrte.' Gleichzeitig hatte der KOnig Meura lum 
Oherstkänunerer des künftigen KOnigs gemach^ eine aasneh- 
mend hohe Auszeichnung in CastUien, besonders für einen 
Fremden, femer Juan de Idiaquez zum Oberstatallmeister der 
künftigen Königin. Der Markgraf Ton Denia wurde damals 
Oberststallmoister des Thronfolgers. Vielleicht geschah es in 
jener schon erwähnten nächtlichen Unterredung am 1. September, 
dass der Vater dem Sohne unter anderen Dingen ans Hers 
le^tc, diese VerAi<i:ungen zu achten und die bisherigen Rath- 
geber beizubehalten. Ob er für derlei Dinge wirklich die Unter- 



* Der Nuntius am 14. und 17. August. ,Nuti£mtura dt Spagua i*J\ f. 204, 
209, 347, .borfrlioso III, Iii', f. 85. 

* ,Dio UrHach, daruuiben oiir mit diser Cousacration dcÄsto mehr eylt, ist, 
gedachten Loajm d«nnit itie «alborisiem, diewreil ehr «otider vertnwen 
KU ihm aecst, [er] werde dem Princsen, seinem Sun» nach seinem Ab- 
ieiben also acsittiersi vtuul vngleichcn Snbiccti«, »o ( t\s.> zu« Ihr 
Durclik'Uclit i>(M>uu in scilliclicn» fnhl (wiu dan gemeint klilii Ii /.tio ge- 
.sclic'hen iilloL't) -f lila;;^eii mr»cliten, zue o])ponioni.' Klu-veniiiiller am 
14. Augu.st lutlö. ,rur la utra [parte estä] puoäto cn dejar las uosa» dol 
Principe de tal manera eonfitituydatf, per donde do balle menoa i an 
padre en lo qne toca el gobiemo» que es oosa de admiiation, y aaef le 
ba heclio «obre esto platicas mny latgaa y luege despnea nombnS i Gar- 
aia do Luaysa (a ipiicu hizu tanbien un parlamento muy largo, oik-u- 
moudaudolo uun Im sti liij'», de.s|)iic8 do cutisagrado Ar<-»>hi«;»(» do Tnlcdf») 
por dol ronsejo de estado y do la Junta; ä Don Cliri<jl»'>viil do Mora pur 
camaroru mayor dol priuctpe, ämudo do Castilla; al mar<iUoa do Dum'a pur 
caTalerise nuiyor, c«mo 4 qniea mint Su Alteia con meforee ujns c^ae k 
nadie; i Don Juan de Idiaques per caTalleriso mayor do In princesa 
venidera . . .* KbevenhfiUor, 19. Angnat (Nttmberg). 

* Der Knntitu am 17. Augmt ans dem Escorial a. a. O. 

* Der Nuntius am 14. Augti.'jt nu.'« dem Elscurial und am 5. Se))t«;ml)or 
auH M.idrid »Nansiatara di Spagna 49\ f. 204» 239; ,Borghese III, 
13', f. h:k 

' Nuntiatarbericbt vom 19. September a. a. O. 



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407 



x lirift fif's Throiii'"lur!-.s vcrlaujirte, bleibe daliingestellt. ' Jedoch 
war dieser darüber unzufrieden, dnss man ihm vor dem Tode 
seines Vators dtireh solcho Kriieiinun^en di*^ Iliinde binden 
wollte. Darum hielten es die alten Käthe fiir gut, dergleichen 
nieht fortzusetzen.'* Der Thronfolirer hielt an sich: bis zum 
letzten Augonblicke zeigte er dem Vater Uehorsam und Füg- 
samkeit.^ 

Aber sehon ftinl' Stunden naeh dem Ableben des Vaters 
wurde der Markgraf* von Denia zum geheimen Staatsrathc er- 
nannt und begann als allmächtiger Günstling, seinen Herrn und 
den Staat zu regieren. Denia's EinflusB konnton weder die öe- 
mahlin Phihpps III., noeh desBen Qrossmuttery die Kaisorin 
Maria, schmäh-rn. Die Königin musste nach vergeblichen An- 
läufen schliesslich froh sein, sieh mit dos GüasÜings Hilfe die 
eheliche Treue ihres Gemahls m sichern; denn auch daran 
fehlte CS anfangs. Den Ermahnungen der Grossmutter wich 
der junge König 1601 durch Verlegung des Hofstaates nach 
Valladolid aus.^ An dem Todestage seines Vaters gab er femer 
Meura gegenüber seinen Willen kund: man müsse den Mark- 
grafen eliren und darum im geheimen Käthe nach dem Erz- 
bischof von Toledo sitzen lassen. Dies bedeutete, dass Moura 
von nun an dort nur den dritten Platz hatte. Denia er- 
hielt auch den Hauptschlttssel zu allen Gemächern des 

* 3* Mutende che 8. M** »i 6 fatto prometkere dal principe eon saa 
sotioscrittione di conaervare molte eoae ehe gti ha ordinate ehe OMeguisca 

doppo la sua i:t'>t tt\ et ai dien clio gll ha iBcconBandato alcnnl aervitoii 
in parte.' Der Nuntius am 5 September a. a. O. 

' ,Si dico che, vedcndo ijucsti clio hora possono che il principe hebbe si 
inalü quollo che si ora fatto dojipo che il Hf» sta rn«! itinlf^, nun hannu 
voluto irrltarlo piü, nia che il Hu gli ha (iati ordini socreti ot fattoU 
promettere di gnardarlL* Nantiatorbericht vom 3. September» im PobI- 
Script, tNttiiaiatiin» di Spagna 49*, f. 236. 

' fFin che vi c spirito et intendimento, Sua Alteasa non pare che «ia per 
moverst dal suo passe ordinaiio di obhedienaa et di sofgettlone.* Der 
Naotius an Cardinal Ca« tano am 11. Sr-]itember. ,Carditialt 119*. Aehn- 
liche.s in Bcincm Berichte an Cardinal Aldobrandini von demselben 
Tage. ,Nunziatura di Hpap-na 4'.»', f. 24b. 

* Der Xuntin« am 14. September a. a. O. 

* Nuntiatnrbericlite vom 15. August, 10. Novrniber, 14. Dereinbor 1.'.'.19 und 
3. Januar 1600. ^Nunziatnra di Spagna 62', f. 473; ,Borg:he»e IV, 235', 
f. 101 sgg. (mehrere Deelfrale). 

SÄ* 



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408 



K'iiiiirs, ' man wicb ihm UUuuk' im Matlritler Hchlossc an, und der 
Küni^ wüiiöchtc, dass si'in LiebHiic: in einem Ziniiner ucbcn dem 
seinis!"en schl.ife, und zwar in demüelbcii, das biislier Moura inne- 
gehabt hatte* Vor der Reise nach Barcelona Hess der König 
Meura sagen, er möge mit Rücksicht auf sein hohes Alter nicht 
mitreisen. .Man' bot ihm für (b-n Verzieht auf seinen Dienst 
als Obi'i'stkäiuiiierer eine gru^^c Suninu' au.'' Er blieb zwar 
im Besitze seiner Würden, wurde im Jahre 1600 sogar durch 
Erhebung zum Granden von CastiHen geehrt — so weit wirkten 
noch Philipps U. Ermahnungen nach — damals aber trotzdem 
vom Ilofe entfernt, indem er als Generalcapitän in Portugal 
vorwendet wurde,* 

Binnen wonigen Tagen wurde die Zahl der geheimen 
Kiltlic durch don jungen König von sechs ^ auf vierzehn ver- 
mehrt: die Neuernannten waren alle entweder Freunde odor 
Verwandte Deuia's. " Natürlich herr>( hte zwischen den alten 
und den neuen Käthen Uneini^dcc it. Der Erzbischof von Toledo 
wagte es, Vorfü^-unp:en des alten Königs gegenüber den neuen 
Kätlum zu vcrtheidigen. ' Eine davon betraf die Beibehaltung 
der geheimen Junta» welche bisher die Gutachten der anderen 
Rathscollogien zu Überprüfen und dem Köniirc zur Entschei- 
dung vorzulegen hatte, und deren mässigenden Einliuss auch 
der Nuntius gut fand. Gegen den ausdrücklichen AVunsch des 
sterbenden Königs ward diese Junta sogleich aufgelöst: ihre 

* Iii flom liObon Philippe II. l)oi Mignet (271), im IWiclite Ijtfi Gachanl 
(I'articularif.'^. 111), ferner boi Pulma-Cayet (2»' ' und bei Mutorou (411) 
.•«pif'lf iliiM r Si liiü.s.sel eine fr^iiz luerkwürdigo liolio. Darnach soll ihn 
dur Prinz, an oinom Soptoiubortage vou Moura verluugt, dieser aber er- 
widert haben, dau er ihn nicht Ubergeben könnet aoUmge der alte KSnig 
lebe* Der Kranke soll aber auf Hoara*s Mittbeilnng dieeen snr lieber» 
gäbe aufgefordort haben. Die Erfindung dii si r Gi:-i^ bichte ist vielleicht 
auf das He.'^trc.ben zurückzuführen, die UngctluM /.u kennseichuen» womit 
Doni'a und sein Anhang auf die llorrschaft warioteu. 

* Nuntiaturboricht vom 19. Augu«t 1598, a. a. O. 

* KhevenhQlIer, 9. Deceraber 1598 (Wien). 

* Nanüatnrbericbt vom 6. Februar 1600. »Nunaiatnra di Spagna fi<M. 

* Khevenhttller, 80. September. Der Nnntiua rechnet auch Giovatinandrea 
Doria dazu. 

* ,Den{a, i1 quale «i e ninico <> parcnte stretto di tutti conseglieri nnoid/ 
Der Nuntius .im 19. September, a. a. O. 

^ Der Nuutiua am 30. September und ll.October. ,Nunxiatara di S^mgua 
f. S13. 



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409 



zahlrcidifMi Gegner sotzloii dios rco^reii (lic Warnungen Moura'j« 
und Loaisa's beim juii^^en Könige durch.* Vermuthlicli trat 
der Erzbisfhof aueli fiir dir Kestitution einiger Kirclionr^ütcr 
ein, über deren Verkauf nach crzvrnTij^ener ZustiminuiiL,' des 
Papstes Grci^nr XIII. sich der König Serupel «icuiacht hatte, 
so dass er in einer Tcstamcntsclanscl den Rückkauf aus den 
Einkünften der spanischen liochmeisterthümer von Calatrava, 
»Santiago und Alcdntara festsetzte, worüber auch ein IJreve 
Clemens' VIII. vom 8. Mai 1593 eingeholt war. Vor der Tc- 
stamentsvcrlesung am 18. September 1098, die vier Stunden 
daueile, war im. Namen Philipps III. Protest gegen alle die- 
jenigen Bestimmungen eingelegt M-ordcn, die der Krone oder 
deren Krhi;ut pnljudieieren würden.* Mit der Auflösung der 
Junta hörte der Einfluss des Ersibischofs auf. Vielleicht ist es 
wahr, dass der König auch sonst nicht zeigen wollte, dass er 
des Rathes seines einsti^^cn Lehrers bedürfe." Kränkung und 
Reue, so erzählte man sidi. beschleunigten den Tod des Kirche n- 
fUrsten im Febmar 1599.^ 

Am besten ergieng es noch dem vorsichtigen und klugen 
«Tnan de Idiaquez, er arbeitete wie bisher an geheimen Acten; 
aber auch sein früherer Einfluss war dahin. ^ 

Der willensschwache, unbegabte und unselbständige junge 
König sagte einmal selbst recht bezeichnend, die Zeit der Pagen 
sei nun yorttber.® Mit seinem Regierangsantritte war die Zeit 
fUr die Granden gekommen. Sie erschienen jetzt auch zahl' 
reicher am Hofe:^ binnen kurzem waren nicht weniger als 

' Der NuiitiiiR nm '25 .Sejitomber 150s a. ;i 

' KUeveuUUUcr sim 23, äoptetul>ftr (Niunboig); der Nuntiit.s Hin 18. aud 

.10. September. jNuMiatnra di Spngnn 49', f. 280, 298. 
' Ntmtültnrberieht vom It. October 1598. ,NDncUitnni di Bpagati 49*, 

f. a-io. 

*• ,Si crode che 1' itifermitii sin statn ngp^ravatn dall.a p.iKsinno d'animo i»(>r 
Ii disgnsti riccvuti per rimorsi che ha tcmit-i 'Vi non haverc nrrprtito 
ad acfiuistAnjl raiiimo del Ko.' Niintuiturbcricht vuw 27. Februar 1099. 
«NmisiAtoni di Spagna 50', f. 88. 

* Nantiattirberiebt Tom 19. September 1698 a. n. O. 

" (Che era passato il tempo de^ acudieri.* Er aajjfte wob! apaniscli: ,flscu- 
doro.«'. ITw Atispioliinir auf Rny Gomez und Meura oeheint der venotia- 
nis( li(> Px rtchtanttatter 1602 Dicht ventanden ni haben. Barosri^Berdiet, 
5«!r. I, I, 136. 

' Von R.inko (Geschichte der Osmaiien und dor spanischcu Monarchie, 182) 
bemerkt. 



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410 



ihror sfchs allein unlor dos Kr>iiiir^^ Ivainnicrliern'n. * Woni'^o 
'J'airc nacli Philipps II. Tode spottete ein Flii«j;blatt der iiKu lit 
los <,'^tMV(ir(It«non Frornden Idiaquez und Mourn: .Risraya liat 
uusgcäuni:en, Favoritin ist Dcnia, und uichtä gilt i'ortugal.' Man 
las GB im königlichen Paläste.^ 

So blieb also der Wunsch des Verstorbenen, die g( licirnon 
Käthe beizubehalten, grösstentheils unerftült. Ein anderes Mittel 
znr Wahrang seiner HegierungsgrandsUtze schienen ihm darauf 
bezügliche geheime Weisungen und Rathschläge zu sein, 
die er seinem Sohne hinterliess. 

Die Existenz derselben erfuhr man 1599 Öffentlich, als 
Oenrera de la Torre die Zeugenaussagen über Philipps II. letzte 
Krankheit und über seinen Tod herausgab. Später publicierte 
man sogar den Inhalt der geheimen Instruction.^ Meteren wollte 
1618 Indiscretion durch einen Diener Moura's glauben machen, 
während die Memoiren Sully's behaupteten, dass ihr mit Mete- 
ren's Angaben nur theilwetse übereinstimmender Text einem 
französischen Agenten in Cassel durch den dortigen Landgrafen 
mitgetheilt und diesem selbst aus der Unig(;bnng des Kaisers 
und aus Genua zugekommen sei. Das Merkwürdigste wäre 
dabei, dass der kaiserliche Gesandte in Madrid, dessen Be- 
richte ftir die in Frage kommende Zeit jetzt vollständig be- 
nutzbar sind, nichts vom Texte erfahren hat. 

Die Pluiiipheit der Erihidungcn und Uebcrtreibungen zu 
kcnu/AÜcluien, genügt es, nur FolgeiuU-a daraus hervorzuheben. 
Darnach hätte der König seinen Sohn in der hi-struction ge- 
warnt, ,der I^Ionnrehie der Christt nlii it', wie er es .s<»|bst gethan 
habe, nachzustreben und in zwciunddreisöi^ Jahrcu j'>y-l oder 

1 Barozsi-Berchet, aer. I, I, ISC, 166, 357. 

' .I?i<«iyA HO canta, 

J)< iiia OS la i)riva<la 

y Fortugal nn }nie<lo natla.' 
rietro Caroorino am ß. Octuber und der Nuntius am 30. September, bdde 
an Cftrdinal Aldobrandini, ,NiitiaiAtiu-a di Spaipia 49% f. 298 nnd «bendas. 
.62% f. 167. 

■ llAteren, Ilistdes Pays-Ba« (on la Hayo Iß 18). 448; Mt' nioiros dos sug^ 
ot rnyales an-onomies d'u.stat do Ht nry lo Grand, <,ii im'moires de Snlly. 
in der Colloction dcw m«'!inoiro-s rciatitH ü rhisloiro <lo Fr.iurf^ par Petitut 
(Parin 182Ü) III, 248— üüU; Paluia-Cayot, Chruuologiö «opU'uiairo (Pari« 
1609), S9. 



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411 



(nnch dorn andern Text) 600 Millionen Ducaton für orr<)];^^!(ii3e 
Kriesr^* auszugeben, die 200 Millionen Menschen das Leben ge- 
kostet liTitten. Mit den Niederlaiulcn möge er in Frie<len leben; 
wenn er sie aueh der Intuutin übergeben habe, so k<inue sieh 
sein Sohn gegebenen Falles hunderterlei Aiisflüehte dagegen 
bedienen. In seinem Cabinct werde er liathselihlge finden, 
welche die Erobening ainb rer Königreiche betreffen, ebenso 
dazu gehörige (iutaehten. von eigener Hand eorrigiert. Kr 
möge sieli t-iitweder auf den Adel oder auf die ( Jeistlichkeit 
stützen. An die deutsehen lüselnife nuige er nicht mehr durch 
die Hand des Kaisers .lahrgeldcr vcrtheilen lassen.' Man 
wollte auch glauben machen, dass der König in diesen eigen- 
händigen Rathschlägen noch nach dem 7. September 1598 
schreiben konnte, er habe an diesem Tage einige Memoiren 
dem Feuer übergeben.* Wir wissen jedoch, dass er mindestens 
seit dem 22. Juli 1098, wo seine letzte Krankheit begann, nicht 
mehr sehreiben konnte.^ 

Infolge genauer Durchsicht der Ilandschriften-Repertorien 
im Vatican und in anderen römischen Sammlungen wurde ich 
auf die, wie sieh zeigen wird, echte Instruction aufmerksam. 
Denn diesen Namen verdient stellenweise auch die Form, in 
die Philipp II. seine Kathsehläge an seinen Sohn einkleidete. 
Im ganzen Hessen sich in Rom fünf handschriftliche Uf1»rr- 
licferungen derselben aus dem 17,, 18. und eine davon vielleicht 
schon aus unserem Jahrhundert finden, aber .tlie nnr in italie- 
nischer Uebersetzung. Eine sechste, die vielleicht älteste, blieb 
trotz vielfacher Bemühungen im vaticanisehen Archive unauf- 
findbar. Von den übrigen sind zwei in Sanmilungen päpstlicher 
Familien aufbewahrt.^ Der spanische Originaltext war nicht 



^ Pulma-Cayet, 29. 

* Bfeteren, 443; Piilma-Giijet, 29. In den Mimoire« de BnWy (p. 264) wird 
der Efsbisebof von Toledo Lojatia (!) genannt. 

" Sieh oben S. 878 f. 

* Biblioteca Barberina Hs. ,LVII, 68S f. 41-66; Biblioteca Casanatense 

Ms. ,2097', f. nnS-.-i^iS; ßibliotecn Corsiniana Ms. ,Col. a.'), B. 15'; Biblio- 
teca Vaflr.uia 'SU. .Ottoh. l.it. 'J ls«i* II. f. 506 — 532. (I)ie.se letzten zwoi 
Mannscripta roicheu Tiur bis ,regno coleste'; sieh untf^ri I^. 445). Vntiran. 
Archiv, M«. Boluguetti (1810 erworben) IGö (nicht loliiort). JJio nnanf- 
findbare Ueberlieferung steht in einem alten Hiiicellaneenkaiolüg nnter 
fPUippo II.' al« ein in Armadinm III befindliebo» Rttlck notiert 



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412 



zu ertrag- 11, aucli nicht in Simancas. * Wann der Text, sei es 
in der Spraclic des Orijj^inals, sei es in italienischer Ueber- 
set/.iinix, in curialc Kjcisc irekoinim-n ist, lüsst sich nicht be- 
stiinnun. Ks wäre nielit uimiüglifh, dass es dem Nuntius in 
Madrid, Caniillo C.k tano. der sich eine Copie des Testaments 
PhiHpps II. zu verscli.iflcii ^^cwiisst hat, gehingen ist, auch i>ine 
Abschrift der fTcheimcn Hjithseidiiire zu crhin^en. Vieliciclit 
würden sciiio nielit aufündharen ehiftrierten Briefeinl«'i«»"en darüber 
Aufkläriiiiü; irclxttcn haben.- Hebt er doch selbst hervor, dass 
am spftTiis( ht 11 Hofe nach Philipps II, Tode niciiti» mehr Go- 
ht inmis lilicl».' KndHch hat der NefTo des Papstes, (^ardin.'U 
Pietro Alilobiaiuliin'. noch bei Lebzeiten Philij)ps II. ver^tnnden, 
sieh insirt liriiii mit dem l^rinzen und mit dem Marligratcn von 
Dcnia ;inl" i^nlrn l'"iiss /u stellen.'* 

In den Pesitz des iXetenstilckes knni IMiilipp III. wahr- 
scheinlich in iU-v Zeit zw ischen dem 1. und dem 14. Soptein))er: 
entweder bei jener zcu^eulosen Unterredung zwischen ihm und 

' Drr riii'f (Ips Aroliivo fTfiiPral <1p Sim.inc-as, Tlorr Ciniiilio Porez j 
Grfdillfi, lialfo <li«> r;ntp. mir diircli Veriuitthiti!y <les Herrn P. Hr. 
Seba.'^tian Mcrkle vom rHmi.scht'n liislinite der (ji'ire«'.'f«!r'H«r)iaft dioAe 
Auskunft zu crtlieilöu. Botidon llorruu mi liioniit aiit d.ui lier/iicliäte 
gedankt. 

' Er citierto solche sell»t wiederbolt in den Briefen anji den leisten 
Monaten des Jahres 1508. Wenn in einom Briofo doa Cnrdinals Aldo- 
Itr.'UiiliiM «n den Nuntius CaotAuo vom 3. (^rtohor 1508 von den .«.'mti 
Ol 1)11. mt ricorili nl Ko, «uo figliolo. rirrn l'o!)!)r"ltc>iiz.i dnvuta alla .sede 
apo.'<tolica' und buim Nuntius selbst von ,ricordi et «irdiui roligio.«i et 
buuui lasciati allu ma morte' die Rede ist, so kanu sich dies allen auch 
nnr anf die DilindUehen Ennahnnngen nnd auf die Ennalinnngon des 
heilifren Lndwijf beziehen, obwohl auch in der geheimen Insimction 
(jerado vun dem (lohorsam gejjon den päpstliehon Stulil dio Rß<]e ist. 
.Nunziatura di Spapna 310*, f. 40, 41, 49 und cbend.T«, ,4'.»', f. 2f;.'>, tif.S. 

' ,Hoppi in quest.i corte non si gnarda niolto il secroto.' Nuntiaturbericlit 
vom 14. Fobruar ,Uorghe«a IV, 235', f. 102'. 

* Frivatbrief des Cardinais Aldobrandini an de» Nnntins ans Ferrara vom 
22. Jnli 1598 mit der Bitte, Aber die gesnchte Freundschaft mit dem 
Prinsen immer insigeheim und vertraalicb, abj^es^ondert von der anderen 
Corrcspondonz, zu .sclirriVirTi. Am 21. November 1598 Hess der Papst 
den Nnnti»'' rlurcl» Cardinal Alfl 'br.TiulIni loben für die ,diligenza dir ba 
mostrato di usare in far .'lapür qua uitto qiiel che lia ]»enetr.ito dojto 
la morte del Re et qu.alcho torapo prima.' Am 9. Januar 1599 schrieb 
der Cardinal eigenhindig und in Chiffren« ,Al marchese di Denia desidero 
Bommamente servir . . .* Weisungen, ^BorgheM 11^ 476*, f. ft04, 313, 466. 



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413 



seinem Vator am Abende des 1. Srpteinbcr, ' oder eini^^e Ta-^e 
vor dem Tode Philipps II.,* walirscheinlicljer aber erst nai liher: 
sei es bei Gelegenheit der Uebcrfrabe von Ludwij^s des Ilciiigen 
Ermahnung am 14., sei es am 13. September, als Monra im 
Auftin<;e des jungen K<"Miigs alle wichtigen Papiere des Vor- 
ötorbi'iu'n sogb icli u])Iietcrii inusstc. Denn ,vi('r Stunden iiueh 
dem Hinscheiden des Königs*, wie der Nuntius schreibt, ,8chIoss 
sich der Prinz .nllcin mit dem l^Tarkgrafen von Denia ein, ver- 
langte 'l'inlc und ötl'netc (Mnig(! Srhriftstiicke, die ihm sein Vater 
gegeben hatte, ohne sie anch rciu mittheiUn zu wollen. ^lonra, 
der Markgraf von Vclada und alle anderen von der Kammer 
blicljcn sclnncrzcrfiillt draussen^* Ah der Krmitr ans dem (^a- 
l)in('t(' trat, war Denia geheimer Rath, was der König Moura 
mittlieilte. Ferner ,fragte er ihn, wo die wichtigsten Papiere 
seines Vaters seien. Moura antwortete, dass er sie in zwei 
Kastehen verwahrt halte, und brachte diese liorbei. Der König 
verlangte von ihm die Schlüssel dazu, worauf Moura entgegnete, 
dass der Verstorbene den Aufitrag hinterlassen habe, dass er, 
Moura, sie verwahren solle. Der König Hess sie sieh [aber] 
gebend Entweder behielt er sie nun selbst oder befahl, sie 
Denia zu übergeben.^ Leider erbalten wir hiedarch keinen 



> Sieh oben 8. 390. 

' Es wMre nicht nnmOglich, diuw die Ron«t mit Erfindungen anngesUitteten 
Rrzählnnn^on hni Pnlnia-C'nyot, S6, bei MetereUt 441 nnd bei Oachard 

(t'.articnl.irites, 410) Recht li.nbon, wonn sie bcliaiijiten, d.ns« an» jcm^m 
Kä^trhon, wnlclio«? Kren/, nn<l Kcr/.p KnrI- V. rnflitplt, nucU die geheime 
Instruction (:renoinnion und Philipp Iii. üborgebon wurdo. 

* Sieh oben S. 392. 

* Der schon cutierte Nnntiatnrberlelit ▼om U. September. Einige chiffrierte 
Beihigen dCMelben («eifre*) Heesen sich im Vattcftn. Archive nicht finden. 

* Am IG. Septem!* r> r schrieb der Nnntiuti, der junge König habe sich 
vier Stunden nach dein Todt^ des Königs allein inif «Icm Markgrafen oin- 
„'oiclilosson. ,roiniiiiuiic;unii«, conie «i cretle, scrittun' il.iteli «Tal ]»ridro'. 
iiicraui' rief la-, wie dor Nuntius weiter berichtet, Moura, spradi n)it ilini 
Aber die Beeidi^^'ung und den Stts des eben emRonten geheimen Rathes 
Denie (sieh oben S. 407). ,Doppo qnesto il Re Ii dimand& dove stavAno 
le Bcritturo impmrtanti di suo padre. Bispose Don Cliristoforo che le 
teneva in duo cassc et le porto. II Re Ii diniando lo cliiavi et egli disse 
che il Ro morto la.sciava ordin.'ito che lo toncssf II Ro so le feco 
dare et voLse: chi diro tenorle lui, et altri die le consignasso al marchoso 
dt Denta. Ogn' uno Umna. la inipudcnza [!] di Don Cliristoforo in far 
qnente repliche.* Matia de Norna, kflnigUcber Rammergehilfe nnd ver- 



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414 



Aufschluss daiüber, ob sieb unter diesen Papieren Philipps II. 
auch die testamentarisch zur Yerbrennang sogleich nach seinem 
Tode bestimmten befunden haben, darnnter auch eine Cor» 
respondenz des Königs mit Don Carlos' Beichtvater, die sich 
auf des geisteskranken Prinzen Haft und EntzweiuDg mit dem 
Vater bezog. ^ Meura und der Beichtvater Yepes sollten sie, 
wie schon frtther erwähnt wurde,' nach Philipps IT. Wunsch 
zusammensuchen. Handelte es sich um diese Schriften, so wäre 
Moura's Entgegnung auf Philipps III. Befehl ganz begreiflich. 
Nur einen Theil aller Schlüssel des Königs hatte Mouru Phi- 
lipp III, jenem CodiciJle gemäss gleich zu übergeben, diejenigen 
zu den Schriften jedoch nicht.' 

Die Abfassungs zeit der geheimen Instruction ergibt 
sich aus der Erwähnung der päpstlichen Besetzung von Ferrara 
(Juuuar 1.Ö98) auf den ersten Seiten und aus der Begründung 
der Nothweudigkeit des iroschlossenen Friedens mit Frankr« i« h 
und der Abtretung: der >sicdcr]andc auf d«ui letzten Seiten. Du 
die Nachriciit von der Unterzeichnung dieses Friedens erst am 
10. Älai am spanischen Ilof«^ anlangte, der Köniu' aber erst im 
nächsten Monate sich so weit orlmlt hatte, dass er sich wieder 
eifrig den Staatsirescliält« u widmen konnte/ so d (irrte die In- 
struction entweder im Juni im Madrider Schlosse oder nach 
der Reise zum Kscurial dort entstanden sein, jedoch vor dem 
2^. Juli, da der KöniL' von diesem Ta«::e an<i:efnn«jen ans Kran- 
kenlager gefesselt war, ohne sich bewegen zu können. 

inuthliclier Vorfasser eines Löbens Philipps III., schrieb nach der Erinuo- 
rnng Uber diese äuesoren Vorgänge: Der KOnig besnchte nach dem Tode 
des VAtere die lafiRntin und fXhrt so fort: ,A esta bor* «ntr6 Cfarist6bal 
de Monra eon lau bolaas j eaeriptoriaa da papeles, para qua loa deapa- 
chaae. HandtS quo los dejn^c nllA y ponicndolos en nn bnfcte de los do 
»n rnmnrn, onroTrcTi l ' ül mnnojo dellos al marquo« de Deni«. Coleccion 
do tlocnni. iiu'ilifos J,X, p. -lü. 

* Sich Ilüdinper, iJon t'.iil. «, 17*2 f., 253. Die Pa[>iere des Beichtvater» 
Diego do Chavos, der l'rulier Don Carlos, aber erst seit Eude Septt-niber 
oder Anttmg Oetober 1678 dem Könige in dieser Eigenschaft diente, tieaa 
Philipp n. beim Ableben des Nennsigjlhrigen 1692 sammeln und in 
Traben im Jnwelengemache (en baules en la gnarda-j<\yn) Tamahrau. 
Ehevenlittller, 9. Oetober 1578 (NOmbcrg); Cabrera, III, 600. 

* Sieh oben S. 386. 

^ Sieh Lafnmite, XIII, 340. 

* Sieh oben S. 376. 



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416 



Es würde wohl auch im Juni, wo er sich verhUltnismässig 
am wohlstcn befand, für ihn ein 7,u sc hweres Stück Arbeit ge- 
wesen sein, üiiien so umfaiii^reirhcn Act wie die geheime In- 
struction selbst zu schreiben. Zwaiiziii- bis füufundzwnnzii^ 
Octavbogcn hätte er mit seinen festen jn'ossen Schriftzügen 
füllen müssen. Ob ihm dies die oüencn Gichiwundcn der 
rechten Hand erlaubt hätten,^ ist sehr fraglich. Der authen- 
tisch unteniehtete Cervera, de la T(irre behauptet zwar, dass 
die Instnietion von Philipps 11. Hand stamme: er selbst .«?ah sie 
aber nicht. wahrscheinHch auch Yepes nicht; denn nur von 
ihrer Existenz ist die Rede und davon, dfiss sie im Besitze Phi- 
lipps III. w.«ir.' Wohl wird al)er die Instruction eigenhändig 
unterzeichnet worden sein, vermutldich mit den Worten: ,Yo 
el Hey/ So hatte es auch Karl V. mit ei^cr Instruction ge- 
thnn, die er in schwerer Krankheit zu gleiciiein Zwecke für 
seinen Solui Januar schreiben liess.' Im übrigen könnte 

sie entweder naeli dem Dictate Philipps Tl. zu Payiier f:;ebrae]it 
oder nach Mitlheilung der leitenden Gedanken von der Hand 
eines Verschwiegenen im Kinzclncn ausgearbeitet worden sein. 
Gerade das letztere scheint nälier/.uliegen, weil an zwei Steilen 
Urthciie über Philipp III. enthalten sind, die nicht mit den von 
seinem Vater auf dem Sterbebette geäusserten Besorgnissen 
wegen der Unfilhigkeit des Sohnes zur Regierung überein- 
stimmen und vermuthhch nur von der Ehrfurcht fiir die Maje- 
stät des künftigen Königs eingegeben wurden. Am Eingänge 
der Instruction dankt nämlich Philip}) H. Gott dafür, dass ihm 
durch längeres Leben, als seinen Vorfahren bescliiedon gewesen, 
vergönnt worden sei, an seinem Sohne die Tugendreiscr, die 
er sorgsam gepflegt, nicht blos blühen, sondern schon Früchte 
tragen zu sehen.* Was den Ruhm vollbrachter Thaten betriflft, 
helsst es an einer anderen Stelle, ^ so soll der Prinz wenigstens 
Hoffnung und Erwartung erwecken. Dies geschieht durch be- 
sondere Kraü der Seele und durch den Adel eines lebhaften 



* Sieh oben S. 381. 

» Sieh oben S. 391 Anm. 2. 

" I'.ij'iers iV»;ttt du cardin;il de (ir.mvello p.ir Woi.ss (l'ari.s IS42) III, 207 
bi» 318; eiue andere lostructioii für d^n x.wölQäiirlgi'u InfaDtca riitHp^» 
▼om 6. Noveinber 1589 ebendns. II, ö-iU bis 562. 

* Unten S. 487. 
^ Uoten S. 438. 



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416 



Geistes^ wodurch der Prins^ wenn nicht väterliche Liebe trügt, 
schon jetzt trotz seiner Jugend glänzt. 

Wer könnte die Abfassung nach den Gedanken des Kö- 
nigs besorgt haben? Schwerlich ein Spanier von hohem Adel. 
£inem solchen hfttte der König wohl nicht befohlen su schrei- 
ben oder schreiben zu lassen: der kttnüige König möge es so 
halten wie er sdbst: die Aufgaben der Begierung weder Leuten 
von hohem Adel und grosser Macht Übertragen, wenn 
er wolle, dass sie fleissig, willig, gehorsam und er- 
kenntlich seien^ noch auch an Plebeier. Denn jene 
seien von grosser Einbildung und von hoher Meinung 
von sich selbst erfüllt, besonders in Spanien; durch 
Plebeismus hingegen verliere Amt und Königsdicnst an Würde. 
Den Adel mttsse man ehren, auszeichnen, ihm Gunst und Vc>r- 
trauen bezeigen, aber ihn unterwllrfig halten und ihm nicht zu 
viel Autorität geben. Es sei nicht Übel, ihm Titel und Würden 
zu geben. Das bringe der königlichen Casse Geld ein, dem 
Vasallen Ehre, erhöhe aber nicht seine Macht, sondern erhalte 
ihn vielnitlii' der ausseiordentliehen Ausgaben wegen unter- 
\viiriig. Denn durch iiiclils wcrdt' Trotz und hobor Anspruch 
mchv gemilssigt und iiiodcrgcluiltcn ak lUircli Ai.iiut oder 
durch ein Vermögen, das dem Stande nicht cntsprcclie. * 

In der That hat Pliili})i) IL dcji spanibchen Granden sehr 
gerne ( icIcgcnlK it zu Prunkeiitfaltnnu- und zu grossen Auslagen 
durcli vcrs<'lii( dt ii(' Missionen gegeben. Sie steckten fast alle 
tief in Sdiuldcn.- Auch an einer anderen Stelle der Instnir- 
tion spricht er von der ho( lunüthigen Natur des Adels in Spa- 
nien wie in Italien und oiujdiohlt dagegen rUckäiclitalosc Gleich- 
heit in der Fliege der Gcrcc litiirl^cil, was er schon im Testa- 
nionte gethan hatte. ' und weist mit Genugthuung dfirauf hin, 
dnsK ( s ihm gelungen sei, die Granden dadurch im Zaume zu 
halten.'' 

Solche Dinge knnnto der König ^r^niz gut seinen intimen 
Hathgebcrn Moura und Juan de Idia(puv, sap;en, oline dadurcdi 
ihre nationale Eiuprindlichkeit oder ihr vStandi sltewusstsein zu 
v(M'letzen. War doch der eine Portugiese^ der andere Baske, 

* Unten fi. 434. 

■ Vfl.di« Citato oben S. 404 Amm.5 und 6. 

Sich obon S. -JO'). 

* Sieh anten S. 4.32. 



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417 



und gehörten sie doch beide dem niedercoy von Philipp II. 
noch am meisten bevorzagten Adel an. Uebordies war er ihrer 
Diseretion vollkommen sicher.^ Idia((ae2 scheint schon wegen 
seiner langjährigen Dienste als Secretftr und wegen seiner Stil- 
gcwandthcit geeigneter gewesen au sein. Er war ja auch der 
Verfasser der geheimen Instruction des Königs für die Erthci- 
lung von Audienzen durch den Prinzen Philipp.* 

Eine Reihe von Erwägungen fllhrt also zur Aimalmie. da.^s 
die wahrscheinlich im Juni oder Juli 1598 abgeiasstc p;c]iciiuo 
Instructitin lur Pliilipps III. künftige Kegii'run;^- schwerlich von 
dessen Vater cii:eiihändig ^eschrichen, wohl aber in scineiu 
Auftruge aufji^ezcichuct wurden äciii kann, am ehesten von Juan 
do Tdiaqiiez, a\i6 dessen gewandter und vorsichtiger Feder zwei 
Bciaerkuiigeü, die Pliilipps III. Fähigkeit iu ciu gUnstigercs 
Licht ätuUcn, geflossen sein dürften. 

Was wir bisher von dem Inhalte der geheimen Instruc- 
tion kennen gelernt haben, deckt sich mit Philipps II. Kegie- 
runp'sirrundsUtzen. Auch der übrige Inhalt bietet keinen An- 
haltspunkt zur Begründung eines FälKchungsverdachtcs. 

]\Tit Stolz und Ernst wird Pliilipj) III. darauf aufmerksam 
gomaehi, dass ihm allein unter seinen Brüdern und unter un- 
zähli^^en iMenschen auf Erden besehied<m ;:^ewt sen sei, le<;itimer 
uiul absoluter König ungeheurer Länderi;td)ietc in mehr als 
einer Welt zu sein — wonach sieh Alexaiuler der ( Jrosse ver- 
geblich gesehnt habe — so dass der T^mfan;^ derseiben durch 
nichts besser als durch den Sonneulauf l)eschrieben werde. 
Wäre es nicht Frevel, so könnte er darum mit mehr Recht als 
Augustus sagen, dass er die Herrschaft mit dem Himmel theile. 
Diese seltsamen Worte überraschen nicht, wenn man weiss, 
dass König Philipps XL Lieblingssymbol der von vier Pferden 
f^czogene Sonnen wagen war mit einer Krone darüber und einem 
(Hobus darunter. Der Wahlspruch hiezu lautete: ^am illu»tra> 
bit omnia.'' 

In seinem Testamente hintcrliess Phili]ip IT. seinem Sohne 
ausser deu anderen namentlich angclTdn t« n (icbieten ,die [bei- 
den] Indien und die Inseln sammt dem Fostlande des oeeani 



' Sieh oben ä. 404 Anm. 2. 

* Sieh oben 8. 82S Anm. 1. 

* Porreffo, Dicbo« jr heebos del «efior Key Don Felipe II., UO. 



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418 



9 



sehen Meeres' (des atlantischen Ocoans); .der Norciseo' (er war 
ja damals im Kriege mit England; Frankreich und den freien 
Niederlanden) ,und der Südsee, sowie alle anderen entdeckten 
Inseln und Länder, desgleichen solche, die künftig entdeckt 
werden*. ' 

Des Sohnes Aufgabe sei aber nicht, hoisst es in der Instruc- 
tion, andere durch Macht und Schätze zu. übertreffen, sondern 
durch Tugenden und durch Trefflichkeit ids Herrscher. Die 
aus solchen Aufgaben entspringenden Schwicrij^keitcn könne er 
uiclit durch eigenes Wissen bcwiUtigen, sondern niiisse alh; 
IIoffnun<r, trut zu rejrieren und den Staat sowie sich selbst zu 
eiiialiiiu, iiLii" Gott setzen, der jedem Ilcrrsclicr einen ISchutz- 
cn_u;el p^ei^ehen liabe, höher im IfaiiL^c idü der anderer Menschen, 
und der sich ihrer besonders uum hiae, wenn sie sich dessen 
würdig zeigen. Reh'gion werde sein sicherster Schutz und 
Schirm -^«'in. Sprach er doch aucli in seinem TesUmente die 
IJelx r/.i'ugung aus, daf^s kein anderer Glaube als deijenigc der 
rciiiischtn Kirche, in dum er immer gelebt liahe, zur ewigen 
S« lii:k( it i'uhrc.* Durcli Keligion, fahrt die Instruction fort, 
wenn auch irrige, habe Xuiua l'ompihus Knuis Herrschaft be- 
gründet. Immer müsse Philipp III. des Papstes - .*hort«ninstri' 
Sohn sein, aueli aus «ituHtliclien GrUnden, die ilarucl- trt werden. 
Ferner werden di».- (Iriindo politischer wie prnkti^rlicr Art an- 
geführt, warum er Irarlitcn müsse, viel Anli.niu- am papstlichen 
Hntc zu Ix'sit/cii und v(*ii dort aus- L;ut bedient zu werden. 
Auch die Fernhaltung ketzerischer Elemente nus seinen Liuuk-rn 
wird empfohlen, aber elie es zu spät s<'i. wnli. i t1i«> p.sycho- 
logisclu^n Ursachen der Verbreitung solcher Luhrmciuuiigen klar- 
gelegt werden. 

Wenn auch der Fürst Whvr dem Gesetze steht, sagt die 
Instniction, muss er sich dcnnocli vor demselben beugen und 
begangenes Unrecht eingestehen und gutmachen. Als ob der 
König das Kommende geahnt hätte, warnte er aucl» vor dem 
verderblichen Einfluss<^ von Günstlingen, die den Fürsten täu- 
schen und ihn die Wahrheit nicht sehen lassen. MerkwUrdiger- 

* ,IiKliaa, isla.s y liorra tirmo «lel Mur Ot eniKi, «Icl mar del Kork», mar del 
Sur y utnut <|u;ilosijuicr islaa y ticrnis dcscubiortas y que so descubricrtn 
do aqni adelante.* 

* ^iendo cierto que no «7 otr« fee, en la quäl m pueda eonieguir eteni« 
feliddad cino esta/ 



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419 



weise hat sich Philipp II. in der Iiibtiuetion auch über den so 
häufig erhobenen Vorwurf der V'crschlcppunjtr und Verzöcjcrunf^ 
der Gcschäfto. an seinem llofc geäussert. w<>rü])c'r fast alle Ge- 
sandten, namentlich in seinen letzten .lahrcn, e'm\<j; waren. Er 
selbst, betont er, liabc sicli uuermUdlieh seinen llorrscher- 
pflichten gewidmet. Oft habu aber, namentlich bei Kriegs- 
rlistungcn, dasjenige Langsamkeit zu sein srcschienen, was in 
\Virklichkcit Unvermögen, ( Jeldniuu^el oder durch zu grosse 
rüumlielic Entfernungen brdini^tör Aufseliub war. xs'ach seiner 
Ansiclit gab es ferner schwierige und geftihrlicho Dinge, flir 
die durch die Zeit besser als dureli i'Iciss gesorgt werde. 
Allerdings dürfe maa es nicht zm' Anhäufung von Geschäften 
kommen lassen. 

Fortlaufende und genaue Nachrichten Uber die anileren 
Staaten, wenn es möglich sei, sogar Uber die geheimsten Ge- 
danken der Staat.slenker. hält der König fiir ein unabweis- 
liches Bediirfni!^. l)arum ertlieilt er dem Sühne reelit inter- 
essante Katliscldäge für guten S|)iimendienst. Soleher war hei 
ihm in der TImt vorzüglich eingerichtet.' Mit diesem Nach- 
richten<li(;nst, ferner mit .Phlegma' und mit Geduld habe er 
seine Staaten rogiert. hnU iti er dies alles seinem Sohne eni- 
ptiehlt, warnt er Jim vur Zornesausbrlichcn und vor Handlungen 
im Affecte. Nie hat in dieser Hinsicht Philipp II. seiner könig- 
lichen Würde etwas vergeben. Einer seiner Kammerherren, 
der ihm vierundzwanzig Jahre diente, bezeugt, dass er niemand 
in Worten oder Mienen Heftigkeit gezeigt habe.^ Aehnlich 
■wie seinem Öohne Philipp in der Instruction, so hatte der 
König 1576 flomem natürlichen Bruder Don Juan d'AuBtria 
empfohlen, niemand ein beleidigendes Wort zu sagen.* 

Charakteristisch für seine Monschenkenntnk ist es, wenn 
er den Öohn darauf vorbereitet, dass ihn fast alle Fürsten bc- 
Doiden, und dass sie gegen ihn intriiruiren würden. Es wäre 
aber weit gefehlt, fügt er hinzu, sie deswegen voreilig zu be- 



» Alb^i, Her. I, V, 124 (1593). 

' Coivera, 303; vgl. JliUlin^rer, Dun Carlos, i)5, und Alli. il, nor. I, VI, 4C3. 
Est.Mroif« mlvertMo de no d«'zir a niii^iin hoiiibro palaltr.i quo scm do 
iniuria o ofcn.-ia suja.* Eigonhändigo (rolieimo Ermnhnun>»oa vom 
8. Oetober 1576, niehl 1578 (vor den» Abgang in die Niederlande), in 
spXter AbBcbrift in Rom, NatioiulbibUothek. »Mss. SeraorumI 462 (S05Ö)S 
f. 284 Agg. 



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420 



kriegen, so lange nicht sein Ansohen leide. Denn so wie dieses 
den Staat erhalte, so müsse man auch den Staat zur Bewahmng 
des Ansehens aufs Spiel setzen. Ansehen werde durch Wohl- 
tbatcn, Fürsorge für die Untertbanen, durch Rechtschaffenheit, 
Tapferkeit und durch den Ruhm yoUbraehter Thaten erworben. 
Von Troue untrennbar sei die Wahrhaftigkeit. Schon vor 
etwa 22 Jahren hatte der König auch seinem Bruder Don 
Juan d'Austria in einer eigenhändigen Instruction eingeschärft, 
dass Ehre, Vertrauen und Ansehen auf Wahrhaftigkeit und 
Zuverlässigkeit beruhen und dass besonders Hochgestellte diese 
Pflicht erfüllen mttssen.^ Der dortige Gedankengang erinnert 
»ichr an den der Weisungen fUr seinen Sohn. Die Lüge, sagt 
er diesem, sei schon von den Persern als uuköniglieh und scla- 
visch verabscheut worden. Nie sei sie dem Fürsten erlaubt, 
wohl aber äui va die N'cr.stt llung, die manchmal ein Gebot der 
Klugheit sei, weil mjui nicht immer sein iinicn s offenbaren 
dürfe. Selten hat cirn r sol« lic Gewalt über sein Af'ns>(U'cb be- 
sessen wie Philipi) II. Nie vcrrictli is (ledanktn und Stiinmunir. 
wenn er luil ?ilfns('hcn verkehrte. Darum sagte man von iimi 
in Spanien: ,Vom J^ächeln bis zum [Kichtjmeöser dcü Königs 
sind keine zwei Zoll.'* 

Dann le^t er die i^ii^enselialu ii dar. welche fih^tliehe 
Kallii^eber besitzen müssen, und wie sieh der Fürst von ihren 
Meinunuen iniabhängig zt igt;ii oder seiner eigein'n Ansieht /um 
Siege veriieit'en könne. T\Iit viehm ni»>g(' berathen. aber der 
liewalirung dess Geheimnisses halber nur mit wenigen BescLIuss 
gefaöst werden. 



' ,ha venlail y ol cuiiipliiiiieiito <lü lo quc so <li/.o y proinete es el fund»- 
inoiito dül crodiUi y f'Htiniricion rlc los liomhies. y sohrf' «ju« t.'stril».a 
y fuiula ol traU) comuii y coittiaava, estu ictiiiiure mucbu uuw y m 
iii.-is iiueusuriu eii \v» iiiuy ^riucipalu» y que tiuuou gntnde« y mujr 
priuciiiale« cargos, itortino de ra verdad 7 cumplimiento depende 1a fee y 
flogoridad publica. Encargoos mnebo que tengaia «o «sto graD quenta jr 
coydado y quo se eutiAnda y conosca en Toa en tod&» cosas y en toilas 
jiarte.s el erodito quo puedcn y dovon tcnor do Ii) (jao di\t red« s y la 
'"jrnridnd fit' lo quo trataredes; (juo derans de In i|mj towi ä hus cosas 
publicum y (ie vuostro cargo, ünporta o»tu niueho ä vutästro porticular 
honor y ustimaicion.' EbeDdawlbat. 

* »De la risa al cnchillo del Key no bay dos dedo«.* AlMri, aer. I, 
V, 336. Sieb QranTeUe's Urlbeit Uber PhiUpp IL bei Bttdinger» Den 
Carlos, 95. 



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421 



Die Regierung Spaniens nennt der Köni^ mehr als irgend- 
wo anders absolut, da weder die Cortes von Valeneia noch die 
von Aragonien, besonders nach der ,sehr gerechten' Nieder- 
werfung des Aufstandes von Aragonien, Bedeutung hätten. Auf 
die Beibehaltung bestehender Ordnungen bedacht, spricht er 
die Meinung aus, dass man dem neuen Fürsten nicht das Recht 
zuerkenne, die Gesetze, die er vorfinde, aa&aheben, ausser sie 
wären offenkundig anbrecht Eher lasse man ein Gesets in 
Vergessenheit gerathen. 

Die Frage, ob es fdr einen Herrseher sicherer sei, geliebt 
oder gefUrchtet zu werden, entscheidet der König so: am 
sichersten ist beides. Denn bei den Ruchlosen reicht man mit 
Liebe nicht aus. Beides Ittsst sich vereinigen, wie das Ver* 
hältnis zwischen Vater und Sohn, Lehrer und ZO^'^ling beweist. 
Sicherer ist es, die Regierung, namentlich wenn sie die Folgo 
einer Wahl ist, nach einer sofortigen Kundgebung yon Höflich- 
keit mit Strenge an beginnen. Milde kann später besser ange- 
wendet werden; sie ist immer grossen Fürsten eigen gewesen. 

Auch auf die Finanzen erstrecken sich die Ratbschlttge 
des Königs. Geld sei besonders im Kriege unentbehrlich. Nicht 
durch an hohe Stenern, sondern Heber durch Vermeidung au 
grosser oder ttbeiflilssiger Auslagen solle es der Fttrst sammeh, 
eventuell gegen gute Sicherstellung und kleinen Gewinn aus- 
leihen. Dies fordere Betriebsamkeit und Handel, und beides 
erhöhe wieder sein Einkommen. FreiUch stand es um die 
wirthschaftliehen Verhältnisse Spaniens damals sehr arg. 

Nach dem, was wir aus Philipp's H. Testamente wissen,^ 
werden wir uns nicht wundem, wenn er auch in der Instruc- 
tion seinem Sohne räth, nur in Spanien au residieren, weil 
dieses Land so viele Jahre daran gewöhnt sei und nun nicht 
mehr ohne König bleiben könne. Ueberdies gebe es keine 
bessere Lage, Schiffahrt nach Indien au treiben und England 
im Zaume an halten. Weil der König die Reiselust seines 
Sohnes kennt,' erklärt er es ftlr nothwendig, dass der FOrst 
eine stHndige Residens habe. Man erstaunt, unter den Gründen 
gegen das Herumaiehen von Stadt au Stadt auoh den angeführt 
au sehen, dass sieh das Volk von einem Fürsten, den es nie 

* .Sieh oben 8. :VjH. 

* Sieh oben 8. 323. 

Arckiv. LXIin.Bd. U.llilf|«. 89 



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422 



fjesehen hubcj eine Voi*8telIuiig wie von einem iiln rnatürliclien 
Wesen hilde, dasa es aber die Ehiluirlit verliere, bubald es 
sehe, dass or ein Menach sei, manehmal mit Fehlern des Kör- 
pers und Geistes. Nur in «fFentlichen Audienzen möge er sich 
dem Volke zeigen^ liiedureli habe er Geleir'^nlicit, dessen Liebe 
zu gewinnen, sich Uber sehr \noles za uuterrichten und auch 
seine Beamten im Zaum« zu holten. 

^lit grosser Refriedi^nuiti «^.edenkt er des mannbaren Alters 
seines Sohnes und der Heirat beider Kinder, in seinem Testa- 
mente hatte er rlem Sohne löiM einen Kec^entsehattsrath be- 
stimmt: die Namen der Mitjjlieder desselben standen in einer 
eigenhändig unterzeichneten und gesiegelten Beilage zum Te- 
stamente. Diei^e VerOigung sollte aber nur bis zum vollendeten 
zwanzigsten I^cbensjahre des Kronprinsen gelten. Dieses Alter 
hatte Philipp HI. am 14. April 159« erreicht 

Weil der alte König die Einwirkungen ahnte» die steh bei 
Philipp in. gleich nach seiner Thronbesteigung geltend zu 
machen suchten, war es nieht iU) rflüssig, dem Sohne das Werk 
des Friedens mit Frankreich und der Abtretung der Nieder- 
lande ans Hers zn legen und in der Instruction eingehend za 
begründen, warum beides Air Spaniens Zukunft trotz des 
scheinbaren Verlnstes nur einen grossen Gewinn in mehrfitcher 
Hinsicht bedeute. 

Gegen £nde der Instmetion erhilt der Sohn Kathschlilge, 
wie er am besten militttrische Studien betreiben und fördern 
könne. Unter anderem wird auch mathematiBches Wissen für 
nothwendig erklärt. Es mag daran erinnert werden, dass Kaiser 
Karl y. in derselben Uebensengnng noch als aweiunddreissig- 
jähriger Mann sich die Elemente dieser Wissenschaft lehren 
UesB.^ Doch mOge der Sohn, heisst es weiter, besonders in 
Italien, auf die Erhahung des Friedens bedacht sein, und awar 
hauptsftchlieh ,wegen der Leiehligkeit und Bereitwilligkeit, mit 
der die fremden Nationen, Ton italienischen FUrstea gomfen, in 
jene Provins hinabsusteigen pflegen'. 

Ein Forst, der keine Macht aur See besitze, babe jene 
sehr unvollkommen und nnsulänglich. Durch seine Flottra^k0ime 
sich Philipp in. rtthmen, Römer, Karthager wie auch moderne 



* Gachard iu der Biographie uatiunale ... de Bel^ique (1»72) III, 526 
(Artikfll ,Ghiirlea-(^uiDt*). 



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423 



Potentaten zu übertreffen. Mit Recht könno er sich König und 
Herr des oceanischen Meeres ncnncTi Ws^nn auch moderne 
Potentaten mit grossen Flotten den Occan bofiihren, wie Eng- 
land, Schottland und Dänemark, oder das Mittelmeer, wie die 
Signorie von Venedig und die Türken, so gebo es doch keinen, 
der sich, wenn er ein i^Icer bcfahre, mit seinen Flotten im an- 
deren sehen lasse. Nur ihm sei es vergönnt^ im eineu wie im 
anderen unbesiegt zu sein. 

Unter häutigen RUckweisen auf antike Heere wird am 
Schlüsse der Instruction empfohlen, die Truppen auch im Frie- 
den in den Garnisonen in steter Uebung und aus Gründen 
besseren Kriegsdienstes und besserer IHsciplin Soldaten ver* 
scbiedener Nationen nnter den Fahnen zu halten. Die Stärke 
des Heeres liege in seiner Tüchtigkeit, nicht in grosser Zahl, 
da diese Uberhaupt viele Unzukömmlichkeiten mit sich bringe. 
Die Zahl des Heeres Alexanders des Grossen, 32.000 Mann, 
sagte Philipp H., habe er in dem langen niederländischen 
Kriege nie Uberschritten, und dennoch seien durch die £robe' 
rung unüberwindlich scheinender Festungen wie Antwerpens 
(1585) nicht viel geringere Unternehmungen ausgeführt worden^ 
als das Durcheilen des offenen and ankriegerischen Orients Ton 
Seite Alexanders des Grossen gewesen sei. 

Es hat sich also nach all' dem Gesagten kein einziges 
erhebliches Moment gegen die Echtheit der königlichen In- 
struction fUr Philipp ni. aof&nden lassen. 

So wollte Philipp IL seine tiefe Menschenkenntntt^ seine 
reiche Lebens- und Herrschererfohrnng und die Lehren der 
Geschichte für seinen Sohn nutzbar machen. Ueberdies sollten 
die in die Geheimnisse seiner Regierungskunst eingeweihten 
Helfer auch an der Seite des Sohnes bleiben. Umsonstl Das 
Gkschick hatte dem gdstesmächtigen Vater einen nnfilhigen 
Sohn beschieden, und den Niedergang des Reiches konnte keine 
Bemühung des Vaters mehr anfhalten. 

* WanadtNiiser, GewOiielile der MiedwUiule (Gotha 1886) U, 6S€— 546. 



29* 



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Anhang. 



L 

Thionfolgeordamiir« 

TeBtamento 

original cerrado que otorgö Su Magestad Catolica el Rey Doa 
Felipe II en 7 de Marao de 1594. 

[Clausttlas.] 
32. 

Do8pu«e de los dias dd dicho principe Don Felippe, mi hijo, mando 
quo snceda en todos los dichos Beynot y eetados sn bijo mayor, Taron, 
leptimo y de legHimo matrimonio nacido, y et» deseendienteB raronea 
nno en pos de otro, y «a defecto de varon snoeda sn liija major legituoa 
y ans deseendientea, prefiriendo siempre el ? aron a la hembra y el major 
al menor en Igoal gredo y linea y el nieto o nieta, li^o del primogenito 
qne httviere mnerto en vida del padre, al hqo seg&ndogenito qne se hallare 
vivo al tiempo de la mierte del padre, eonforme 4 la dispnsioion de lai» 
leyea, de las partidas j otras de nnestros Bejnos, y qniero qne sea siempre 
nno Bolo y nnico sncesor de los diclios Beynös, estados j seliorios. 

88. 

T si, lo que Diog no qiiiera ni perniitii. sncotlievc faltüi t-l dich'» 
Principe Don Felipe iiii liiju siu dojar hijos legiiiiii"'> ni de.scendientcs de 
ellos ea U forma urriba declarada, i^^claro y maado que en tal casu sea 
mi heredora y sucesora univei'sal en los dichos mis reinf^s y estados segnn 
dö SU80 van declarados la Infantil D<>f\a Isabel Claia Eugenia, mi hija 
mayor legitima, y sus descendientcs logitinio.s piccfiliendo el varon a la 
hembra y t l mayor al menor y el uieto. hiju del primogenito, al segundo 
genital si'^im y comi. est:! derlarado »'ii la persona y institucion del dicho 
Principu Dun Felipe, mi l^jo, y con quo, si entonces la dicha Infanta 



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425 



Dofia Isabel mi hija aeertuse a estar fuera de KspaHa casa l;i viuda coii 
hijos n sin <»Uor. haya de venir a resi<^ir en Esp&fia para golx'rnai estos 
Reinoß y tenieudu liijo«? tra«rlos a lo munos el mayor y sncesor, para que 
se crie aca y <'onozca ä los que ha de gobernar, para que ä bu tiempo los 
iiiaude como Bey j sefior. 

34. 

Y si sncediere que !a dicha Infanta Doüa Igab^ ai tiempo del oaao 
referido sea fallescida desta presente vida sin dejar sncesion legitinm, en 
ial caso instituyo por mi bereden f mceBora universal en los dichos mis 
relnoB, sefioHos jestados segnn de svso van declarados a la Infanta Dofla 
Catalina mi hija legitima y & sns descendienies legitimos, precediendo el 
varon a la hembra y el mayor al menor j el nieto» hyo del primogenito, 
al segnndo genito, segun de suso eatä declarado, y con qae en el venir 6 
Espann sea obligada ä hazer ella j tambien sns hijoe lo qve qneda decla- 
rado en la persona y institacion de la Infanta Dolia Isabel, mi bya mayor. 

35. 

Y sucediendd que las diclias infauUiss Düila Isabel y Dofia Catalina 
al tiempo del caBo reforido fupsen fallccidas desta prosente vida sin dejar 
!mic<'sion legitiuiii. nombro poi na suce^oiu y mi universal heredera en 
todos mis l einos, seflorios y estados de todas partes ä la Emperatriz Dofla 
Maria, l eiua de Hunyria y Bohemia, mi muy cara y muy amada heimana, 
y despuos de sus dias ä su liiju mayor varon y a 8U8 descendientes legiti- 
mos y en defecto del al hijo mayor varon que quedare al tiempo del falles- 
cimiento de la dicha Emperatriz, mi hermana. y mando que el hijo descen- 
diente de la Emperatriz, mi hennana, que conformo a estoK llamami* nti s 
liiiviere de suceder en los dichoB mis roiiiu^, * st;Llos } sefloriosi ^cwi^a 
tambien luego a residir en Ksparia y (i saher y naender las buenas cos- 
tumbres do estnh rein<ts y eonocei .i lus que ha de gobernar, y los mande 
como su Uey y seüor y resida y este en ellos de coutino. 

36. 

Item ordenoy mando qne, acaedendo qne onalqniera de lo8 dlcbos 
llamados i mi berencla y aucwion, aaf bijoa y doBoendientes de las infan- 
tas, mis hga8,.€omo bijos y descendienies de la Emperatris, mi beimana, 
▼eng» isnceder en estos reines, que todo aqnello de qne bnbieren de dis- 
poner como Boyes de ellos se baya de dar y d^ & los naturales de los mis- 
mos retnos solamente, y qne en sn lengna y no en otra se tnten y des* 



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426 



pachen iodAs las causBS y negoetos qa« en ellos httbiere» y qne coalqaien 
de Im dichoB herederos y sucesoree haya de seguir y goardar la nalan- 
leu, leyea y ooetnmbres, modo y eetilo de proeeder qae en estos diebos 
Bemofl 80 usa y guarda aaf coaoto i la resideocia oomo en iodo lo qoe es 
gobierno de elloe y de jnsticia. 

37. 

Y eil cas«) quo la Eiiipeiatriz, nti htiiiuana, luuriese ^'m dojnr !egt- 
tima siiceBion, «'» sus desceudieutes y Uamados por loa llamuniieiiios suso- 
iii<-}i><s faltascii £>in dcBcendiented legitimos en la forma coutenidu ou k 
laaliturion (i^l Principe mi hijo y de los denias llamadog, .suceJeia en los 
dichoh Uejibij, sciiiirfos y estados la persona a quieii iH'rttMKMMeve pur ra- 
zon y jnsticia, cuii (|iie no sea herege m lo haya sido ni bob^e^tumo «lello, 
ainu vei'daderu cutolico. 

Oon lo t|iie ai rilui (»stä «iioho y ordenado queda diepuesto, asentado 
y declarad» lo que debo hacer y es ini voluntad que se bagm cuanto a la 
sucesion de mis leiuos y sellorfoB y la orden y forma quo acerca della se 
ha de teuer, para qoe uniformemente vengao en el dicho Principe Don 
Felipe« mi hijo, y sus desceudieiitt s «)iie ä todos los demas sebaB de pre- 
ferir por razon y jusiicia y leyes de los diebos reynos, seliorfos y eslados. 

39. 

Itom ordeno y inando quo ningnua de las persona» a qiiien («e ex- 
tionden y comuiiican y tocan los liaDiamient.os a la suceHion de l<»s dichos 
reinos, estados y sefion'os iMie<la siici iitM- en ellos, iii en parte dellus, sino 
fuere catolico y Uijo obedieiite de la suitclu sede apostolica Komana. 

42. 

Item quiero y os mi voluntad que, si las dichas Infantas Dofia 
Isabel y Do&a Catalina, mis hijas, murieren sin hijos, la parte qne ae les 
babiere dado de mi bacienda TnelTa al Prineipe ]>on Felipe, mi hijo, 6 al 
qne faere Bey destos reines en aqnel tiempo. 

(Arckivo geueral de SimaucM, TeitUitudiitos vitrina.) 



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427 



II. 

KSmtj? Philipp IL an seinen Solin. * 

(Juni oder Juli 1598.) 

Se bene chi vive agl* affiBimi* et alle eure moleste non ba, come per 
qnesto rispetto non ho io» molt* ocounone di biamare lunghena di vita, 
tanto piü nella ginnta deir indispoBitioni et infirmitä ebe wm ?eaiite dietio 
h qneeta mia ultima Tecebiezia, ho nondimeno (piuid* Obligo al Bignoie IKo 
che aopra ü eonsoeto de nostri antenaü' habbia eondotto qneeto mio eorso 
vitale tant* oltre che poaso* vedere, tigliaol mio dilettieeimo, non pure* 
ftorir* nella persona TOBtra, ma rendere ancora fmtto gV inBerti di quelle 
Tirth che, coltivateda me, si sono nella tenereua ▼oatra felicemente^ ap- 
preni. Ha perch^ Bio vi ha &tto eome pianta* nrissinia nascere in \mgo 
et di seme tale che sotto V ombra voetra ei ripoaari una gran parte del 
mondo, quindi h ehe, si come al grato odore che spargono intorno i fioii 
delle vostre virtü si vanno racconfortando® molte provincie et regioni*** 
suddite a questa corona, cosl, dovondo esse'* hoggimai gustaie i fiiitti di 
queati tiori. io por uuii lasciaro T ultimo officio della iiiia^- coltivatioiii', 
ho voluto rituccar»! (?t l iiiurgaie questa pianta cou la piü atrcuratu uuiuo 
ch' io possa, SHitciido io " che i ügli dt? j>reucipi giitudi devouo ebsere 



' Die oben S. 411, Ainu 5 fitierlöu llandscliriften der Harborinn, CasatiÄ- 
II-'- und <ler v.'itic.ini.srheu Biblioihtk Htatuutuii wolil all«' uns dem 
Ii. Jakrhuiidurt, die ilur CurauiianH hu» dem folgenden, die in dem 
fatioaiiMdien Archivfonds »Bolognetti* vielteicbt wshOB an* ttoserem Jahr- 
hundert. Unserem Abdrucke aind die Schreibimgen des Textet in der 
Harberina sn Grunde gelegt. Abweicbungea davon in den anderen 
Ueberlieferungen werden im Folg^enden stets citiert, wobei Ba. Harberina, 
Bo. Bologtiettifonds, Ct. (Jasanatötise, Co. Corsiniana, O. Codex Otto- 
boniauus bedeutet. Das fehlende Original Laltu vermuthitch gar keine 
Ueberschrift. In den Copieu Umtet sie entweder: .Kagionamento del Re 
Don Filippo 8« negl* Ultimi giomi di «na vite al prendpe, tno %liaoIo' 
(Ba., Bo., Ca.) oder: ^icordo di Filippo a Filippo 8«, cao ligliaolo, 
neir ultimo della vita nu* (Co., O.). 

• Ba.: aflfanne 

• Die» gilt thalsachlich filr ^«eino iniiuittelbareu rügitiranvitju Vorrahren bis 
zu Kaiser Friedrieb III. (1416 — 14^3) und König Jubaun II. von Arn- 
gouien (1397—1479), dem Vater Ferdinande dee Katholisehen. 

• Ca.: oltra che poesa. * Bo.: pii6. * Ba.: finfa«, Co.: fiorite. 
^ Co.: fir**iy^ftfniamente * Ca.: piauetui. ' Co.: neeonfrontaiido. 

Bo.: regni. ** Co.: essere. " Ca. blo«: della. 
Bo. nur: manu. Fehlt in Co. 



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4SS 

ammaMtrati particolarmente da padri loro, poich^ d« intti gValin qnest* 
nflleio Tian« fatto o con poca authoritä, o con troppa jjidiilgetua, * per 
r oasaqoio et riapetto ehe portano loro, et i figliuoli di Dario et di Giro, 
per non eaaere atati edncati da padri loro»' rioacirono e\ langnidi ei mal 
Gonformi alla seYeira diaciplina di Perai che ne rianlti^ poacia V estintione 
del loro linaggio. 

Conaiderate donqne« figUnolo mio» che a voi aolo tra grinfintti' 
hnomini del mondo et doppo tutti i Toatri firatelU maggiori^ h toccalo di 
eaaere Be lagttlmo et aaaoliito di molti i-egni et aignore^ di tanti paeai ehe 
Tamhito del Toatro dominio, ginndo attorno la palla terrana» da niana 
coaa*e meglio circonacritto che daU'iateaao corso del aole, poichä Toi do- 
minarete ove non ginnse non pnr lo acettro ma nh la cognittone degl* altri 
Donarehi del monde et potrete vedere nella persona voatra adempiUi quelle, 
di che vanamente aoapirö Aleaaandro Magno di non havere sotto al aoo 
dominio pih eho nn aol^ mondo et non intero,^ posda ehe voi,* dovendo 
aignoreggiare tntto il nnovo et gran parte del Yecehio mondo, potreto con 
pih ragione d' Augusto et d*ogni altro** dire, ae il dMo non foaae teme- 
rith et arroganza, di havere partito il dominio eol cielo. 

Ma üoii^"' vi persuadete giä, per h,iv(»vo tanta signoi iii'^ et. tanto 
vassallaggio, che ufficio voptro sia solaiiiealo di avanz;n o irl' altri ili po- 
tenza et^^' d'i thesoro, perchf ' aiizi vi convicne avair/.arli di virtii et di 
valore, doY»Mi 1h Ii pifiiclpi, ronie iliöse lialba, raccoiic in st« stt-ssi 1' enii- 
nenza del inuritu et deila viitü degl' altri,*' nun enguiido per opiaione di 



' Ca.: troppo indulgenae. 

" Wohl mitih Plate, Lag. III, 694. Aneh der aum Kraiaa de* Ciwl6bftl 
de MbQra gehörige Biograph Philipp*« U., Gabrera, erwihnt 4iet (IV, 

p. 199). 

" Ca.: gr altri. * Co. nnr- trat. Iii. » C<>.: sig^rmrie. 

• Ca.: niuno. ' lio. nur: un. • Co. nur: mondo. 

■ i>Ut in Co. and O. ^ Ca. nur: d* Angnrto. 
^* Ba. von anderer Amd gelilgk nnd enetet dnrdi; enipletik. 
" Wohl nnr in Erinuorung an Ovid, Fast. U, 138: ,Quodeniiiqne est alto 
8ub Jove, Caesar IrnKt-t-, oder an Virgil: ,Nocte pluit totn, rpdfinnt at 
mane serena, commauo iuip&rium com Jove Caesar a^ia.' Anthoiogia 
latina, ed. Rieee, Teabner 1869, I, p. 179. 
Fehlt in Bo. Co.: taate aignorie. » Fehlt in Ca. 

1* Ba.: parehe. 

" Vermuthlich in Brinnerang an Oalba*a Worte an Piao (Taeitns, Hlst I, 

16): ,Optiniani ipiemque adoptio inveniet. Nam generari et nasci a 
{tnnri]nbiui fortttitum, noc ultra aeatimatar; optandi indicinm in- 
tegrum.' 



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429 



Diocletiaoo* cosa aicuna piü difßcile che il bene impomre, et certo k* 
i'ajyrione, poscia che, se^ il conoscere snhimtMite se stesso e cosa äi ui.ihige- 
Vülü che daU'oracoIo k pena fii attribiiita nd mi suol [!] huonio, cho dce 
dirsi* del rt'gg»»re et gov«n"naro tanti pupoli et tante nationi? Et s'i comp 
l'essere tyiauno mm h difficil Cosa, p()«cia che dal piinto della virtu si 
puo hl luülte guise declinare, coa\ Tessere buon prencipe, che consist« 
üül p<is.s©890 d'ogoi virtü, non pure morale, ma heroica. h tariU» ineii fa- 
cile; qiianto piü difficüluente si hduce ad ob«dire alla giustitia colni che 
comanda a tutti ? 

Pftiit iiün prosiitimiete giä vi>i 'Ii potpro col saper*^ vostro superar 
tanta ilifficulta, ma in Dio solo, il (jiiiilc diedt« a priticipi un aiiirelo cu- 
stoiie ^üptH iüH* a quellu de gl' altri huotniiiie tieue, s»« essi se ue tfiidiüio 
degui, )Kirticolar ciira di loro, dovete*^ riporre ogai speranza di ben gover- 
iiare e conf?ei var lo stato' e voi stesso. 

La religiono adimque sara il piü sicuin presidio per Ta persona e 
jiör Ii regiii vostri che haver possiate da" qualbivoglia osercito o gonte 
armata. Con la religione Numa Pompilio stabiH quel domitiio di Roma, 
che con la medesima'* religione, ancorch<> falsa, fn poi tanto ampliato 
dalla republica, di cni niiin altro iraperio in pace o in gnerra fii piil reli- 
gioso giammai. Et havendo voi riceyuto da Dio molto piü segnalatn fa- 
vore in esser nato christiano et cattolico che principe e successore di t^iuti 
Htati, dovcte sopra tutto"^ coltiw la religione, nella quäle vi convien 
prendere por guida e scorta sicora il capo visibile della religlone e chiesa 
Santa, il quäle per co8\ fatta guisa h vicario di Christo in terra, che ha 
podsstä nel ciolo dt senarlo «t aprirlo. Sarete dunque sempre figlinolo 
ossequentissimo de 9omm\ pnntcfici et in partioolare del vivente de- 
mente VIII., laeui bonta favoritii di tanti prosperi et segnalati^* suc- 
eessi si rede essere stata eietta da Dio ad ilinsirare et esaltare la Ohie* 
sa Santa. 

Ma oltre che per ragion di ehristiana pietä et per V autoritä che 
Dio ha data a sommi Pontellci voi dOTete honorarli e riverirli» lA" doveie 

' Scriptores bist, aaguatoe rec. HermanDOs Petar, Lipaiae MDCCCLXV, 
n, p. 167, 8. 

* Bo.: impanune osrio dw ha. * Fehlt in Ca.; Bo.: non. 

* Ba. und Ca.; dani. 

* Hier seist mit Beginn von fol. 44' eine sweite Copistenhand ein, die bis 
tn M. 48' und fol. bi« snm Schluf»e (fol. ^b") Hc-.hrieb, wihreiid von 
fol. AH' hin fol. öl' wieder der erste CopiHt arbeitote. 

* Co, und O.: havore et riporre. ' Co.: Ii stati. ' Co.; che. 
' Fehlt in Co. >* Cö, nur; stati. Bo. nnd O.: tanto. 

" Cn. nnr: prosperi. * Mit in Bo.; O.: no. 



480 



forlo ancora p«- ta^n di atato, iMSciaclie, oltre che doppo ^ TaoqnUto di 
Fenaim* poanedono gnn parte e la piü fcoanda « belUcosa d* Italia, dore 
aenx'aen, e molto meao oon roppositione Ions poireste' mai hr 
moto importaiLt«, confinano per tatta la largheita di eeaa e s^intemaiM» 
molto adentro per lo stato di Benefento nel regno di Napoli» di cni anco 
aono diretti* aignori, e con inveatirne in ocoasione di aUnni loro adegni 
hora* Ndnaandi e qnando Angioini et Anig[oBe]8l et altri l'han* pit 
d* ana Yolta €on gran pertarbatione d' Italia dato et terato a prindpi atra- 
nieri. Hanno antoritlk, ^nriadittione e sudditi in tntti' gli stati chriati- 
ani per le ragioni eodenaetiche e beneAdarie; lianno adsronia' con molti 
grandi, per le gratie, dignit4 e laoante che conferiacono, «t haano rire- 
rensa da* tntti i popoli per la aacroaanta dignita p<Mitifieia; aaaolrono i 
andditi dal gioiamento di fedeltil, danno e levano titoü regü, dichiarono 
principipertinumi, perincapaci, per iniegni, Ii privano, U acomonicaae, 
espongono gli atati loro k cni rcglia^* occuparli, aon miniatri di leghe e 
<X»nfiMlerationi e crociate, arbitri di liti et di controTcraie tra prindpi. In 
guerm vinti/^ eonaegttiaoono la pace con le conditloni che vogliono, Tin- 
citori usano la yittoiia ä lor modo;^* anüd danno antoritä alle attioai de 
principi, nemici la tolgono. 

Fer6 cercherete, come ho fatto sempre ancor' io, di haver piü parte 
et adhcrenza cho potroto nella corte di Roma oon solo tra cardinali o'* 
ßpotialmente iiipoti de pontefici, che guvernano per ordinario il papato, e 
fra^'* quelli che possoiio o liuscii- Tapi o aiutare l'elettiou loro. ma tra" 
prelati e gentilhuurnnu pnvati che habbiauo spirito et valore, da quali si 
rice?on sovi nte noUbili servigi et ayvisi di coso importanti, solendo qiiella 
Corte liorir btuipre d' ingegni elevati et pellegi ini. Cou ijucsti modi e c<d 
sodisfar, per quauto p<jti'ete, i Somini Poutefici dülle luro dimande, lo qu.i.» 
per lo piii teuderanno al bene del publico e della*^ religioue o alla oun- 
serTatione di qualche loro giiirisdittione eccle^iubtica, in che vi Uiete co- 
noscere pift tmU) per modesto conservatore delle vostre ragioui che per 
avidn usurpatore di quelle'"' d' altii, cor questi modi, dico, non vi fciara 
diiticile d' intrattenerri bene co' Sommi Pontefici, poi che ancor essi^^ aU 



^ Ca. nur: poscUche doppo* ' Vgl. oben S. 414. 

• Ca. und Co.: potrete. * Ca., Co. und O.: diritti. 

* Ca. und Co. : quaudu. * Bo. : V ha. 

^ Ca. nur: sudditi gU staü. * Ca.: adhereaxa. * Ca.: de. 

^ Bo.: Tonia. 

Ca. und O.t prine^ in goeita, vinti; Oo.t prindpi in gnena uniti. 
" Co.: Krado. *■ Ca.: ms. «* Co.: a. « Ca.: alla. 

" Ca. und Co.: oecapatoi«. " Ca.: %aeUo. Ca.: pOfch'Aiicb' 



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431 



rincontro doveranuu luv di vui giandis.siniii stima per la poteiiz;i vostra, 
per iti ricchissime ' vacanze di chiesu e benefitii che äono ne' vostri ütati, 
dalle coUationi, speditioni e spogU delle* quali trae' un giüii piovento la 
datariu e caucellaria Apostolica, ultre che questa Corona si puö dire base 
e sosteguo principale della Cattolica religione, la qualo non ha altietiaato 
di netto in tutti» il niondo iiuanto in questo dorainio, lui ie, se i Pontefiel 
perdessLM'o 1' obbedienza de'vu^iiri stati in tonta dilutatiune che han fatto 
in ogui part« 1' beresie, saiebbe la maggior perdita che far petessero. 

Per conservare ne' vostri stati la religione, dovete studiare di ser« 
bargli sempre cosl purgati da ogni falsa et heretica dottrina, come 
Dio moix^ vien (joncedato ä me di lasciarreli, ^ poscia che ii coutagio del- 
rheresta per la novitä, per la libeiii che pennette, ^ per la credalitä de 
semplici, per 1' arte di chi la predica, per la cnriosit^i di chi V ascolta, per 
Tauibitione de'capi e per lo rifngio^ de disperati molto piü facilmenfte si 
dilata i-t difAcilmente si cnra d'ogni pestilenza, perch6 il lenitifO non U 
moUitica e' 1 f«n>* V incnidelisce, havendo esca^ la saandusenon n^rhn- 
mori del eorpo come gl* altri inali, ma nell' opinione non soggetta alla 
forza, nh, se h ottmata, alla ragione. Di che la Francia % la Fiandra 
moatrano eaempi pur troppo viTi e lacrimoai. 

Balla religione donqne» ehe deve esaert principalmente mfiasa^^ nel 
cnore e neFanimo Tostro, prooederii come dal aole il lume la giustiiia» 
di cai nimia Stella, il sole ateaso, h pnnto*' pift rignardevole o** piü 
chlaro, percioch^ tiene 11 ano aeggio non in parte aleana appetitiva od 
iraaciblle ma oeUa volnntä a non solo abbnueia ma illuatra tntke le TÜrfch 
et gioTa non ad nn solo, corae molte di loro son atta k fiure, ma alle pro- 
Yincie et alle regioni intere. Nella ginstitia distribntiTa, ehe diapen- 
sando 11 premio e la pena ^ un fönte ehe per dni riii innatta e tien 
Terde e Horido lo stato, io/* parlando del premio, bo osata aenipre qnella 
ragione geometrica eh* tra persona e persona, oosa e eosa, persona e 
eosaf Cosa e persona, ^ salva esatissimala eonTonionsa del merito altmi. 



^ Bo.: richezzü. ' Ca. uiut ßo: apogUe de'. 

* Ca. und Co.: tra£;ge. * Bo.: da. * Ba.: laaciarvela. 

* Ca. «od Bo.; pronett«. * Ca.: liptego. * Co.t fiioeo. 

* 0.i eMS. ca. Ibigt; ne. 

" Fehlt in Co.; Bo.: infosa. " O.: (luanto. 

Co.: e. " Uo.i regni intieri. 

" Ca.: rende. ** Bo., Ca. uad Co.: e. 

" Ba-: che. 

** Die Worte ,peffeooa e coia, oom • penona* fehlen in Qp. nnd O, 
Co, folgt: ooKtenaa oimveaieasa. 



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432 

pereM n«gH olBeii, negli^ honori» aelle ncognitioAi* • ne* Ikvori ho 
sempre mirato ä questa pruportione, sensa la qaale non tanto si gratiflca 
UDO* qnaiito ti offendon mille, dandoei TiiMgoale agl'eguali o Tofiab 
agU ineguali, e ^ngiwlitii io ad mo delfo repnblidift delli ottimati Tbo 
mitnraia sempre piü tosto daila Tirtü dal merHo «lia da altra qnalitt, 
e la Tirtft e* I servigio aspettan 8«mpre il lor prenüo, Mnsa il quäle tnuore' 
il beneficio. Pero grantiehi edificarono fl tempio delle gratie in meoo 
della citta, accennando alla retributione, che h propria della gratia. Nella 
(iistributiva della pena ii) mi soiio approso all' ugualitä, ® la qiiale se bene 
negli stati signorili ove sou' baroni e nobili potenti cbe non sannu pie- 
gare il cuilu alla legge, c difficile ad introdursi, noodimeno io 1' bo felice- 
mente usata n«' regni particolai'meutc di Spagna" et d" Italia, d(»ve. sotto- 
ponendo ad un istesRo ngore di giustitia i grandi che graltrt,^ bo iu grau 
parte atlrenato gl luimori loio uatorali. Onde posäo dire che Dio per siia 
bontit ,ingtitiaqiift dedit gentes freuare snpcrbas*.'^ Ne dovete" giä te- 
nieiecbe questa ugualitä di giustitia, sdegn in lo i pi tenti, gli ©cciti ä solle- 
vationo, perchö, oltra che^- hnmai come assuetatti la licevono volontieri, 
nv [iiiiuio di ragionc non amar nella giustitia il prencipe giusto, quand*^ 
piii r |n'n;-;l^^t■t•o ;i fare novitä, nun potrannu osseguuio, poscia (*be i po- 
poh ilie si niitiiscono et goduno inirabilmente di questa giustitia, col 
mezzu della quäle punnu vedere i conti Ioim ci»" loro biiioni, s>aranno sem- 
pre ä favore vostio.'* et i baroni beuza i pupoli souo capi senza moml>ri, 
et aH'altiera natura de uübili de vostri stati,** non men d' Italia clio di 
Spagna. et alla niaestä et gravita con cbe si regge quest« impprio, non*^ 
convif^ne altra sorte di giustitia die indifferente et severa c<in tntti, la 
quäle all' hora e perfetta qnando, come diceya Socrate,*' serba 1' ugualitä 
non pur tra il nobile et 1' ignobile, tm il potente et il debbole, lua ancora 
tra il äuddit^i et il prencipe. II quäle, quantunque sia sopra la legge, 
nondimeno se si coateata in alcune cose di BOttopoirisi spoataneamente, 

* Bo. beide Male: ne g^li. • Ca.: nella recognitione. 

* Bo.: graUlicauo. * Ca. uod üo.: e. ' Bo.: move. 

* Bo.: Tugualiti. * Ca «ad O.: lui; Bo.: fli&no. 

* Bier btgiimt wieder die Arbeit dee enieii Oopieteti (f. 48>). 

* Bo.: tattt i paiiil eoine gll altri. 

» Ans Virgil, Aeneie, I, 61S. Bo.: deren. >• Ca. aar: poreh^ 

" C.i. und ().: essegtiiHe. " Bo. nUTi TOftri. 

" Ca. und O. nur: oatura de vostri stati. 

Ca. und 0. folgt noch : si. 
" Vermatlilieh nach PUto, Politei* IV, 432, theilweiee aneh naeh Plato, 

PrniBgovee XII aq. QOtige IfittheUuiig dee Hemi 8ehnlfa<ii«t «nd 

OjiniiaaieliUreeton Dr. Johann Kvemnig in Wien. 



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433 



non si puo dire quauto amore n'acquisti da popoli, ä qunli pare in tal 
caso (ii godero uiia certa paiitü o»l patrone, et pero iin Imperatore Kcr^ 
inanu' che, cbiamsto in jjiuditio da un private cittH<lino et per Cosa pri- 
vata^ vi coinparve a dar ragiono di se, onn ili i in graa luaDiera^ la 
bi'iievolenza di tutti. Li Ke d' Egitto tra l'iilti e \v\^m che ordinarono 80- 
pra di §e stesbi ve n'hebbe una undto applaudita vi i ommendata* da ogn' 
uno, per la qimle facevano strettamente iriiiran i Lriudici et magistrati 
di non dover^ fare raai cosa ingiusta, quantunqui' il Ue T ordi nasse !oro,* 
et perö, prendoüdoil principato laTitadalla guistit) !. puo il prencipe agl'a- 
mici et favoriti suoi coiicöder«' piü degnaoioute ogn' altra merce che una 
dimauda ingiuHta. Cosl Artaserse' ad un** suo cameriere che lo ricbiese" 
di cosa non molto giusta donö, per lib^rarsi da quella concessione, ti enta 
talenti, dicendoii che quel dono per tanti stati che haveva non lo faceva 
men ricco, ma la giatia ridÜMta s' egli la coneedesse» lo farebbe in- 
giasto. 

Nei punire i delitti, M la quaiitä loro il comporta, non deo corrersi 
inoontuiMito aila pena eapitale, poecia che ne anco ü mnsico tosto che 
irova*' una corda dlMonanto^' la lompe ma la tira et raU«nta, fin che 
la riduca aüa debita annoDia. Ma se II prendpe per ringanno, facite k 
cader» in ogn' haomo« eommette, pure nol sapendo, qnalehe atto d'iiigio- 
stitia, non dee mantenerio giä per^^ coofessare*^ il suo errore, come al- 
cum ianuo, anzi dee emendarlo, per luostrarsi giusto. Appelle fa accn- 
sato dMngiiiha^^ ad qa Be*" d' Egitto, il quäle, havendolo perö'* fiitio 
imprigioDare, quando acoprl la falsitä deU*aociiaa» pentito della sua ere- 
duliti, non pui' liberb Appelle, ma gli donb gran eonuna d*oro e( gU con* 
Bflgnö per schiavo Antifilo, eno falso accuestore. 

' Es iüt wuül Trajaiv aber kern be^oudurer Fall gemeiut. Sieh Pliuius 
Sticundus, paiitigyficufi, cap. 36, 6-(, 65. 

* Co.: gintte. * Bo.i merayiglia. ^ Ba.: comneadata. 

* Mit in Co. 

* Naeli Fl«tM«b, Apophtbegmau (Teubner 1889) 174 C, p. 7. Vergl. Chsp 
h-As. M^lan^e» «^(ryptologiques (ChUIoiiH nur Sadne 1862) III, 1. CMItige 
MittiiPilMüp de» Herrn Prof. Dr. .lakob Krall. 

* Ba.: Aruzaerse. • 0. folgt: altro. • Ca.: riuerc6. 
Ca.: mendieo. 

u Ma«b Phttarah, Apophthefmau 17S B., fiand II, p. S der Mocalia. 

O.: tocca. ** Ca. «od O. folgt noch: aoB. 

" Ca. und Co.: non. >» Co.: confermafe. 

Ca. und O.: amaudarlo. " Ca . Co. und O.: ooDgima. 
*» Ba., Bo.: »uo Re. " Co.: 

*^ Ftolemaena I. Nach Luciau, Caiamn. nun teui. cred., cap. 2 sq., in der 
TenbDer'echen Augabe Tom Jahre 18ft8, Band in, p. IMiq. Vevgleiche 



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434 



n prencipe che vnolo assicurarsi plit^e puo deirin^nnn. mii i di 
non* coüccdorsi mai tauto alla gnitia lii alcun 8uo favorito che non veda, 
non ascolti. non ojjeri et non creda uoii per prncchi,* por t^Ii orec- 
cbi,^ per le iiiani et per 1p rflationi di lui, perchip qnegti efestiuni* ten- 
gono per inodo velaU* > t tl > aio, per non dud aHascmato» ^ i'animo del 
principe che non pii?> scorgero il vero. 

I ministri, per contenerli piit fadlmente in ufßcid, haverli piü 
assidni. pin oblipati, piü obbedienti, i<>, comp sapete, ho miraio ä non pi- 
gliarli di gjan nobiltä o potenza, poichd cos) fatti, e maMime in Ispagna, 
portano gran fantasie, alta misnra di stessi p sono roen pronti agii 
siudi et alle fatiche. Non g\i ho peri^ yoinÜ ignobili, poscia che nel ^e- 
beismo V ufficio e* 1 servigio del principe perdono della dignitö loro. Ana, 
rimeeso* rintimo • domestieo^ aorrisio del principe, in cui egli deve 
voler penona' di rao gnsto et oonfenae al sno geiio» degli altri ofBa o 
cuidii nuiggiori e piüi degni h ben d*honoi«rtt la nobÜtä, la qaale anoh' 
esea bonera i caridii e de?e eaaer ■coar m ato» animeaea* ad alconi honori 
e conngU» oompenaata de*8er?igi, amaia^* e tennta" in ooolldeniar per* 
M la eonUdania^* aceresce la fede: in sonma oeicar di darle ae non 
troppa aotoritü, almeno ogni giaata «odialiiltioiie, poaoia die la nobilÜiD 
nltiiiio i il fondanento degli alati signorüi eome i vostri. 

Non h mal ubo, per tener la nobiltt hononite et bassa iDaieme, di 
coneederli iitoli e digniti^ come bo coatomato di fare in ^ Italin, pereb^ 
qael tiiolo bonoia il suddito, rende utile alla Camera ehe^* lo Tende e, 
rieevato da cbi I'ottiene in luogo di gi*atia et bemfltio, aocresee dignitit 
ma''^ non potenza al Taesallo, anzi piü tosto, mettendo iltitolato^* in ne- 
cessitä di spese straordinarie, lo rende piü humile e rimesso. perche non 
h Cosa che mafff;^ormento reprima e moiüfichi i' alteratezza et alt» pre- 
tensiono degli huoaiini che ia fuituna povera et iufeiioie ailo statu loro. 



Wüstiimnii, ApfUos' Lcbfu uud Weiki-, L^ipzig^ 187«, 5, 90 tnul Sharpe, 
The hktory o( Egypt (London 1859) 1^ 166. Gütige Mitiheilung des 
* Aegyptologen Henm Fvef. Dr. Hkxh Kimll. 
« Febtt tu Co. 

* Du« Folgende (fbl. 61«) bb su Bode ▼on dem sweileii CopUlea. 

" Fohlt in Ca. 

* Ba »!Tid Ca.; ofestioiii; Ho.: nfTpr//i.Mii ; : ofectioni; O.j efeotieiiL 
Gemeint ist tiephaeätion, Aloxandor» de^ CiroBsen Freund. 

* In Bo. fehlt: ,per . . . affascinato.' * Ca^ Co., Bo. uud O.: rimoaso. 
' Co.i donneeeo. * Bo.: peiMne. * Mll In Gi. 

>* Feblt in Gk». ''Co. und O.: •timaia. Co.: qaeiln. 

^ Bo. »oeb: io. Co.: ooronm eba. Bo.: di gnwia e. 

>• Bo.: U titolo. Ca.: altMw. 



I 



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4a6 



Qiicsta Corte e qiie>sta natioDc sono comiinemente acciTsatc ncUe loro 
spedizioni lüespeditione e dt tarditö, estremo e contrario della^ dili- 
genica, pocu men nocivo che Ii pi-ecipitio, perch^ lascia otiosamenie i»eor- 
rere^ il piü delle volte V ooauMM, che ö b\ labrica, e non coglie mai il 
iruito deiroperatioBi Bue senon troppo nutaro • talor corrotto del tittto. 

La lenteita non por' gia' nalortl» beBcU sin' ordinsria di qnoBto 
clima e di quette compleesiom, Tiino caldo, Taltro adnaio, qnalita molto 
contrario alla lontosia, la qiale il* piü delle volte procede da n«g^fgenza 
di ministri poco onranti' degli aflhuri cbe han per le rnani e del eerritio et 
hoDore del principe. In me, che pur lio sempre indefeseamente altesBO a 
negotii, h paruta talbor tarditft, masainie oirea le provisioni delle gaerre, 
quella che h slaia impotenia et maneamento* di danart o' necessaria dila- 
tione per tanta distansa di oammino clie sMnterpone fra Tnno eUto 9 
Paltro di quelli ove si mandava**^ le provisiom. Perö i negotii, se non 
l^on(> fli tanto ardui e malaifevoli che aspettino il beneficio loro anzi 
dal tenipo che dalP" indnstria, il«;vouo .spoilirsi tosto, socondo che giua- 
goüu, ptiiche altrimenti, .^upiavuaeüdune üempre da' nuovi, fan curanio c 
^»ont» alla*' conditione d*un fiume che. havendo il suo esito, corre spcdi- 
tauiente, ma trattenuto riugorga, trabocca et allaga. 

Come una nave senza la gabbia che ve^^ da lungo*^ i perigii 
della navigatione aaderebbe mal sicnra, cos^ nno stato senza le sentinelle 
degti avvisi ' e rapporti de* snccessi del mondo e massimc de' suot vicini 
mal pu6 consenrarsi, essendo gli stati 0 dall'invidia, 0 dair cmulatione, 0 
dairambitione^ qaaai sempre insidiati. II che dce maggionnente dirsi 
di quelli stati come i vostri^* ehe per^^ bi grandeixa e potenia loro 
mettono" in altri non pnr invidia ma timore. Perö doTote eercar sempre 
di esser pienamente informato delle fone, entrate, spese, ricdiexse, mili- 
tioj armi et altre qvalitä de prineipi e stati alieni,^ per sapere in quäl 
Cosa siate loro snperiore 0 inferiore e come ofTenderli bisognando e come 
difendervi** da loro, perciochb dell'" essere acearato'* ancora, perhaver 



' Co. und O.: estrema e coutraria alla. * Bu. : uorrere. 

* Ca.: pw. * Co. und O. folgt nooh: del totto. 

* Bo. folgt: non. • Fehlt Bo. * C: eniati. 

Bo. nur: impotenza. * Co.: e. 
1« Ro., Co. und O.: numdavano. " Ca.: e dell. » Co.: delk. 
" Ca.: allarga. ** Co. und O.: lungi; Ca.: lunghi. 

Ca. und Co.: altrat. *• Co. und O. : consIderÄt<». 

** Co.: nostri. " O.: pur. ** Ca., Co. und ü.: rauovi. 

Co.: altral. Co. und O.: difoadenl. 

* Co.; dair. Bo., Co. und O.: awitati. 



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436 



piena <>» ffistinta ' notitia* di tutti gli stati o redditi vostri,'^ non parlo, 
pni rlio il prir(( i{M cho rimette la cog^nitione di quostc cose solo* a'ministri 
rcsta come ignoranto. mar atto ä coinandare et enponto k tutti g^li ioganni 
de'ministri e d'aliri. Ad Augusto^ morendo fu ritrovato an libretto^ 
scritto di saa mano, in' eui teneva con aMuraiissima diligenza notate le 
provincie e rcgni sogpr^tti air imperio Romano, il numaro de cittadini e 
soldali, le gabeile, i tribati, 1' anträte* publiehe • le fone e gli' ainti die 
poteva havere^*^ da*eonfederati. Ami dee eerearsi^^ di sapere d^K attri 
prineipi non pnr le fone e la potenia ma rindinatione, gli intereBsi, 
ramidtie, le düBdenie,*' i «onfligU e, ao poBsibUe ht gli intimi pendari, 
posda che oon qneata cognitione non pnr fli pre?iene'* ma d delnde ogni 
lor disegno^ contro di voi e d'^ apre bella etrada k grandi impreee. 
Anniliale diede la terribil rotia di Tradmeno ä Bomuii, perdii, liaTenda 
da bnoni et fidati avviai sapnto l*bnmore» la natnta et il pendero di Fla- 
minio oonaole» a'inunagin), come aTfenne,^' dl poter aasd di leggiero 
tiiarlo ft battaglia in die vantaggioso et prima die giungessa il sw» eol- 
lega.^' Non basta, per haver bnoni rappoiü delle eoee del mondo, di rice- 
yerii da proprü ininistri et ambasciatori, a'quali, rappresentando la per- 
sona del principe non lice'^ i ntrometterei ne'congn'essi** e luog-hi pri- 
vativ üVü i'isicdc |iropnain«nte il secreto, del qualc malvoleutieri altri fa 
copia ä chi*" porta nome d'huomo publico, como 1 amhasciatore, esposto 
anche all' inganno. porch^ il principe ä cui risiede pu«» lacilmente. auppri- 
mendo i vei i sensi^^ deH'animo suo, non dirli se non qnanto v\io\ c\v epli 
cieda c che scrivH,'* oltre che non in ogni luogo, di dove couvengoa 
sapersi gli awlni. pouni» teneisi amliasciat<)ri. Pj per?> non men' utile che 
necessaria curiugitä nel principe il vnler da diverse persune che habbian« 
;idito*^ nellc corti diversi awisi privati, peiclie o si scuopron talhora se- 
groti importanti, o si acquista almeno con la varietä di tali awisi piii co- 
pioaa cognitione delle cose dd mondo, d cavan lueglio con la^* luce degli 

* Ro nur; ytien«. * Bu. folgt noch: e deetiniUa cogaisioue. 

' Ct».: sudditi. * Co.: sole, 

^ Siehe Gardthauseii, ÄU(;ustus nnd seine Zeit (Leipsig 1891) I» 9M. 

* Bo.! libio. * Fehlt in O. * C^.: et entiato. 

* Fehlt in Bo. ^ Bo., Co. ond O.: tnurre. 

Co.: curarai. " B«>.: differeiizo. " Ca.: perriene. 

" Bo.: i lor disegni. " Fehlt in Bo. " Ca.: «wimip 

" Gnaeus Servilitii. Siehe Mommaen, Rtfro. Gewh. (Ö. Autlage, Ibbö) Ii, 

602 f. 

^* In Bo. dafür nur swei Punkte. *• Bo.: negotii. 

** Ca.: qni. *> Be.: segreti. ** Ca.: aervia* 

* Bo.! ttdito. Ca. nur: oon. 



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4^7 



inditii i fatti et oonsigli de' grandi dalle tenebre in che sogiigiko atusi 
ordinariamente ravvolti;^ si tragge meglio dal verisimile il vero « Oieglio 
8'appoggia la congettura' et si indirissa la prudensa.* 

lo h» retfto la Dio mwi^ felioemente qneati Naml ool pranei» in 
simili aYTisi o can la flenuna, con la soffennia e oon non proromper^ nel« 
r iia, afletto* o piü iosto forow taaio piü dannibüe no* prineipi «ha negU 
altii qnanto in eni il traacono h piü dannoao e I'tmmand»* man fiMsOa. 
Astonetovi^ donqne dairiia» nalla qnale aa pnr vnatk ehainoonlato 
talbora» BOTvangavi di non Cur dalibarationa atenna aa,* eonforma al ditto 
di qnal savio, nun prolforiiata prima tntta la UtteFedaU^alphabato, affin- 
cha attri non 8*app«lli poaeia da voi adintto a voi non* adirato. 

Qnasi tutti i prineipi lüvidiuranno la vostr» grandezza, coati*a la 
quäle, perche noa crt^sca nia^gionnontp, sfDtirete inachinarsi daloro** in 
varii modi. Non doveW per«» cturere iu furia h far loro quel daiino che 
essi potrebbon far a voi et ripiitar di riceverlo se nuu In date, perch^, 
oltl•ech^ vi tirareste** troppo gran sorama di ^uerro addosso, non k 
sempre nu principe con V altrn alla conditionc di rhi si riduce in stec- 
cato, che, quanto cessa di ferir V inimico, tanto resta egU ferito da Ini, 
poscia che non tuiü quelli che ?i desiano vi procurano mala» potnuino 
fanrolo, n^ ogn* ano h atto h mnovarri^*^ goarra. 

I Bodiotti oonfodarati doUa repablieaBomana^trattaronottna volta 
di oollagarBi contro di essa con Persa, Re di Hacedonia, al qnala forono 
impntati d* havar^^ dato aiuti mantra gaarreggiava eo* Somani. Par qoaato 
ta ohi persoase nal aanato di Borna di rompar^* gitanra k Bodiotki, ma da 
Catona, *^ grafiasimo Bonatora, fb diasaaaap mostrando cha non par ogni 
cagiona daa*^ prandarai unagnerra at che gli ainti da Bodiotli," assando 



^ Co. and O.t raoeolti. ' Bo.: eonginntma. 

* Bo^ Ca., Co. and O.; piovidenaa. * Go.i rompora. 

Bo.: affatto. * Bo. folgt noch: iMxk ' Co.: aatonani. 

* Uo.: UV. • Bo, nnrr voi )\><\\. 

Fdbli in Cn Diesen liiitli \r:ih an|jül)lieh tlor btoiker Atlienodoru.M an« 
Tarsus dem Kaiser Augustua. Maximus riauiuies, tixcerpie, io der Dio 
Cawins Ausgabe von Diudorf (Leipsig lä66) V, 234. 
Pahlt in Ba. Co. und O.: trovarata. Bo. nnrs aomma. 

Co.: •treooato. ** Bo. nnd Ca. aar: e. 
>* Ba., Bo. and O.: muover. " Ca.: del popolo Boaano. 

*• Co.: haver. *® Hc».: d' iiitimar. 

IJic»n Hede in deu Fragmeoten Cato's bei Liou (QoUingae 1826), Ori* 

giüeti, V. 
•» Bd.: di. 

** In Ca. Cshlan «wii Zeilan von ,ina da Catona* bb inclMiTO ,Bodiotti'. 
AnUt. uxxsvlh. n.Bilito. 80 



üiQiiiZüQ by <^OOgle 



438 



sUti seereti, potevano^ dissimulsrei et scnssrei» poidiö Bodiotti' bave- 
m troppo Interesse nella consemtione di Persa, imperochi, soggiogato 
lai, non harerebbono i' Boroani^ pit competitore. SimUe cagtone* ndirete 
spesso allegarsi da coloro ehe brainano opporsi alla vostra grandeua, di- 
cendü di farlo, perchi, restandosensa conoorrente, non habbiate k ridnrre 
con la yicina monarehia totti gli altri prineipi in serritb. Non per queeto 
Ti esorto k correr subito alle rottare, percbd entrareste dannesamento in 
gnem k Toltmtik de* Tostri inimiei, il che perb dovete* non fare i ehe 
non se ne intMchi la fipntattone, che, essende ner?o del principato, fa- 
i'ebbe, per ogni lesione che ella hafesse, caderlo' k terra. Obb, se la ri- 
pntatione eonserfa b stato,* dee mettersi in aTrentnra 1o stato, per con- 
serfare la ripatatione, la qaale nel principe nasce da questif cose princi- 
pali, cioö fedf». cura de popoli, piofessione d' hunesta, valure e gluria 
d' iiuprese ütU', et :ivv('nj,M chf ijiiest' ultima, " per esservoi'** giuvaue et 
iiuvellu iiello statt», iimi postia conci)rrere pt-i aacu iielU persona vostra, 
assai ö che ne imtstriate hi spcian/.a e ue produchiate T aspettatione, le 
quali si peneram»'* ila cci to valor d' animo** e nobiltn di spirit<> vivace, 
che, 8« nun m' iuganna l'aftVtto paterno, rilncoiu»'^ tiittavia hhHh t'io- 
ventfi vostm. Deila fed«» iin.iutimque si trovasse buomo si mliumaur i Ii.- 
mn\ lu curava uel principe se non per instrumento d'in(^nno e di t u 
doverete far voi come di cosa sacra fra pli huomini quella stinia che niag- 
^ioiinente si pniN, percioch^, se olla e necessaria fra privati coma vincolo 
che gli stringe et aftida insieme, quanto piü ha da riputarsi dovuta ^* nel 
principe, la cni fede ^ fede publica et Iranchigia e sicnrt^ de' popoü e di 
nationi?"^ 

Coufederata inseparabile della fede b la veritä, talmente anch' ella 
lichiesta al principe; chd la menzogna, come dicovano i Porsi, ^ cosa^^ 
non regia ma servile, posciach^, quantunqae la dissimnlatione si oomceda 
al principe, perehb b regclata dalla prndensa che insegna non esser sem- 
pre tempo di scoprire gU intenii sensi dell'animo, la bngia gU si niega 
d'ogni tempOy percbft b gnidata o da vanitb o da ftaade, con la qnale se 
alcnni prineipi han pnr eondotta tal*bora qnalche grande attione, b atato 



* Ca. and O. Ibigts bene, * Cm., Cb. vaA O.: etai. 

* Fehlt In Bo. und Co. * Fehlt in Bo. 

* Bo., Oa. «ttd Oo.f lag^e. * Oo.: epero dovrate. 

' Co.: eaderli. * Co.: i sUti. * Co.: altfoie. 

Co.: ancor. " Co.: l.i quäle «i genera. 

" Cn.: (V animi. " C'*.: Hculuno. 

•* Fohlt in Co. üuii O. 

^ Sieh oben gelle 4M. >• Fehlt in Bo. 



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4a9 



perchfe il vitio occupa alle volte il premin ulla virtu, ma coü i^ran' rischio 
di cbi Tadopora e spmn laude, la qiiale conviene solo alla virtü. 

L' esserc amak>r il«»ir honosto e della virtü acquista al- principe 
riverenza et ossequio, uon pur da tutti i buuni che amano in lui la somi- 
glianza di stesBi, ma anche da' tristi, posciach^ uiun mai h tanto reo e 
BCOfitumato che svella dftl cnor suo il dcsiderio piantstoTi dalla natui-a delle 
cose lodato e buone, onde avviene che i huoni aono honorati «tiaadio da' 
cattivi. 

La cutadft'popoli consiste in provederlidi giustitia, di yettovagli«, 
intonder le loro qa«reU, liheiarli da offitiali' rapaci sorreiurli» proto« 
gerliy prwaiBrli, difond«r gli impotenti o( gl* inaocenti, non offanderli ael- 
I' honore, non aggravarli di aoTerehie imposta,* mdarsi amabil« a* bnoni, 
formidabile k gli empit, in somma easer aampre principe, doi: intander 
sampre nol gofcma e laggtmento de' saoi atati, percbft laraacniandolo non 
gli ai dica come Iii detto (|aeU* altro: «laaeia il prineipatol* 

L'oecbio dei governo b il consiglio, la pnpiUa di qaeeto oechio b la 
pnidenia. U conaiglio b o interno, nel pelko del principe, o eaterno ne* 
connglieri. L' nno e 1* altro b necenurio,* posciachb il primo aenxa il 
aeoondo, credendo troppo b eb ateaeo, pnb fiialmenta enare. H secondo 
Beua il primo, ^ aitribnendosi Bovercliio Taatoritb,* pnb ikciUnente con- 
Tartire la monarohia in rapnbliea di pochi potenti.* La pradenca,** 
maeatra della Tita, metro delle Tirtü^^ el nrnro del principaio, avTenga 
che'^ tardi*^ e molto da sezzo^^ e dietro ä lunga*^ esperiensa eUa soglta 
vonir negli hiiuinini, tuttavia ne' principi per la moltitudine e grravita de 
negotii e negotiatori cho passan'' lorn por Ic mani s'accelera^* molto, 
posciache in essi piü tosti» si lui ma !' t'speniu^.a poi uiiti iiianeggi e 
s'instilla la cognitiono per tanti rappui ti di tutto '1 mondo e »i dilucida 
r intelett^J, perchfe con essi tratta sompre il fiur d^li ingegni col fior dd' 
coucetti. II principe prudente ö piü facilmente obbedito, perchö tutti si 
concedono seii'/a difficnlta sotto la guida di chi stiman che sappia gover- 
narli, e a\ come ne per doni, per &Tori alcono'*' navigaudo commette- 



* Oo. and O.: giave. * Bo.: U. * Bo«: nfBlII. 

* Fehlt ia Bo. * Bo.: imponsiooi. * Co.: aoeeaMMcio. 

* Die Zeile .credeado . . . primo* fehlt in Co. nnd O. 

■ Ca., Cr nnd O.: iOTWchta aatoritä; Bo.: a sorerehia TaatoriU. 

* Co.: potenUti. In Bo. folgt: h. 

" Co. nur: .maestra delU virtü'. *• Co. und O. nur: aweuga. 

Ca.i terdo. iq bo. für dieia awei Worte nur einige Pnnkle. 

I* Co.: adletro 4 molta. Oo.t negotiationi. Ca. nur: loro. 

» Oo.: s'ayralora. *^ Bo.: rübnna. Fehlt in Bo. 

90* 



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440 



rebbe^ la sua Tita h noccbioro imp^rito et inesperto, quantunque cortese 
e discreto, cosl non ö chi fidi il governo di se stesso ä principp imprn- 
donte, bonch<" por ultro liberale o cortese. posciacho nun la libt-ralitü, ina 
la pruilcüza feu governare, et la prudenza^ che il priucipe hn da riceveic 
in 85 stesso dal tempn. puo liavurla ne' {»uoi ronsitj^licri ([iiaiulu, per^ tro- 
varli hnoni. uou per.lniiera ii fatica iii' :i spcsn. Sia il consigliere versato 
lur iiiaiieggi di stato, disrr.'t*». avvcdutn. ' pvispiciict',* prudeat«, di buona 
eruditioue.'"' di huon discors*», di saMa fe lp. d' inrnn-otta bonta. amante 
del principe, dtd veio o de!!' h<^ne8to. wu dstinatn. non nstentatore. non 
obligato ad altn princiiu " di pciisioni** « d* altro notabii favore. Le lott.*i e 
0 la dottrina, per quoilo che n' ho pututo osservare, danno gran perfettionc 
al consigliere, perchfe lo fan ricco di concetti. di partiti, di esempii: spiega 
con piü ordine,^ prova con piü itigiune, dibcorre con piii fondamento et 
illustra la pratica con U teortc». I consiglieri sianu di varia otä, pomo- 
chä, accostandofti i giovani per la calde/za degli ^piriti % per uon hsver 
provato gli inganui della foi-tuua a' piü spetiosi. benchu mea sicuri con- 
sigli et i^^ vecchi per la ragion cootrai ia ai piü sicui i n inen speiiosi,^* 
conviene che dalla diversa et4 si produca nel consigUo quel saggio parere 
misto di ginsta speme e temema, che ni fidi, n^ ü apaTenti d'ogni ooaa 
piü di qnel che conyenga,'* e che piü tosto per ultimo si eocoda neUa 
ftdacia che nel timore, peioh^ la fortnna ride agli arditi e belEa i timoroBi. 
Non t«pati il principe di levare alla propria laude tntto cib che deferisce^' 
air altnii consiglio, perciochü» eaeendo il consiglio la piü remota parte 
deir attione, la qnaie conanltata si elegge, eletta si decreta» decretata ei 
esegnisce, tattoctd che*' s*interpone dalla consnlta all* esecutione et 
r esecntione stessa i serbata al principe, che in ciü ha largo eampo per 
hc niosira del sno valore, non essendo men difficile i* eleggere tra varii 
pareri oome eon per ordinario quei de consiglieri il migliore che V Isteaao 
consigUare, i)<*sciach6 TeleUione, elfetto libero della Tolnntü e della'* 
pmdenza, argumenta molto piü ?irtü che nü il consiglio n^ V Opera. Ser* 
Tono talhora i consiglieri al principe solo per approvare et antoreggiare 
le sne deliberationi, e pero Augusto e Tiberio, tatto che in effetto padroni 



* Bo.: sommetterebbe. ' Bo. nur: o. 

* Bo., Ca., Co. und O. fulgl noch: vuole, bo. 

* Fehlt Lu Ca. Bo.: per spiccare. * Bo. und Ca.: conditione. 

* Co.: altro prinoipi. " Ca.: pantieri; Co: peniiaro. 

* Bo.$ ardire. ^ Bo.: in. Ca.: flpaoM 

" Ca. und Co.: «i convenga. Bo. «nd 0.: 

" Bo. f.. 1^4: 0. " Fehlt in Ca. 

^* Diese zwei Worte fohlea in Ca. 



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441 



asßoluti * df'ir iiiipüiiu Romane, vulevano il senalu per comprobatoro (!e' 
fatti e dcorcti* loro. II priucijif^ '^bf non vuol mostraio di dipondore da' 
biini consigflieri pii?) talhora non pai ticipar con essi alcune cose, o parti- 
cipate differirne 1' esecutione, sl che non paian' piü quelle, o eseguirle in 
qnalche parte diTersatnente o forse anco aM tutto in contrario al delibe- 
mto, avTenga che quest* ultimo, che h stato usato daP Gnnturco anto- 
cesBore^ o padro dcl presente Meemetto,^ non sia senia gisre peri€olo» 
imperoohd ei dilunga troppo da quel migliore e piü espediento partito, nel 
qnale peir ordinario va k oadersi in un eonuglio. 8e il principe nel oen- 
siglio Tttol vtneere il sno parere» propooga egli primo, poBdach^ poohi 
ardifanno diaeostarai da Ini. 8e attende V opinion pift sana, farelli nlti- 
mo' e fiwoia comineiare ä parlue dall* * inflmo consigliere, accioch^ 1' au- 
toritä del maggiore non lo tui nella sua aentenza. Consiglin*^ con molti, 
per Tontilarnieglio laqneetione, deliberi con pochi, perelift resti pii^ segreta 
1a deliberalione. 

Alenni prindpi hanno^* oltia il privato nn consiglio pnblioo come 
r Impentoie ta dieta,^* il Be^» di Polonia i*« comitii» il Se di Franoia 
gli stoti, e questi consigli, porcM risolyono delle occorrenae piü gravi 
dello Btato, fan chiara prova della non assolata antoritä de'principi loro. 

Onde avvenne che Lodovico XI. Re di Francia, per non ridnrsi k quel ** 

paragonc <ii liaver compagno e quasi maostro nel governo, mai non volle 
adunare gli stati del rogno. 

Qnostü dotninio la Dio uiftrco il piü assolnto di quam i .ilt 1 1 ven' hab- 
bia, posciachö ue Valenza, ue Aragona, ove le corti che so^lion tßnor- 
visi'^ f?on come le diete di Al^mag-na. non son punto degno di conside- 
ratione in ?i trrande et ampio iuiperiu, massime doppn cho il legno Ara- 
gonese e stato con giustissima guorra moderato. AI uuovo principe 
r abrogationo delle leggi cho trova, s' eile non sono apertamento ingiusto, 
non si concede, n^ anco quando son fatte da predecessor tiranno, atten- 

' Fehlt in Ca. ' Bo.: segreti. ' Bo,: paioa. 

* Bo.: il • Co. und O. : con il. 

* Marad III., SulUn vom 12. December 167i bU «nm 16. Jaiiiiar lfi96. 
Siehe Zinkeisen, Qewih. dei osmaD. Bdeiie» (Qotiha 1855) IH, 381 ff. 

' Cii. und Co.: Mebemet Ueber Mohammed m. (geetorben am 88. De> 

uember 1603) stehe ebeadat. 597 f., 612. 

" Co. und O.: T ultimo. • Ca.: pii^ infimo. 

Ca.: ronsifi'Hi: O.: conaigU. " O.: lianuo che. 

" Co. und 0.: le diete. » Ca. und 0.: Ii Re. 

" Fehlt in Bo. *» In Bo. fehlt ^wenne' bis inclasive ^\ 
s* In Bo. anf ftei geUMMoer Stelle vier Ponkte. 
" O. folgt: et "»Ca.: ne. 



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442 



dendoai neUe^ leggi ThoiMstt' del procetto,' non deirantore. Per6 

qnelle di Cesare, occapatore della patria, rimasero. morto lui, in gpran 
parto .suKle,'* o quando il seiiato aboliva gli editti ot ilecreti tli Nerone et 
altri tiruuui, s' ha da iüteiidero de^rlMniqui. II principe che vuol tone l» 
foi"za ä qualche legge, emassimo sc ö stata (»rdinata da liii, dee piö tosto 
lasciarla andare in deBuetudine ' cht; l ivocaria espressamente, il che 6ce- 
luerebbö troppi) T autoritä deH'altro leggi. 

Qual sia piii sicuro a! ]»riiicipe Tesser amalo o teiuuto da' popoli. i] 
questione che p«>tiia faciluiente risolversi con distinguere dal principe 
tiranno al legittimn, assecrnando*' a quplli che suul dii e ,oderint qui me- 
tuant*,'' il timore, ä questi Tamore, se iu ciö neu facesse tatUyift dobbio 
U saperai che V amor non basta ad affrenare i ribaldi, i quali non si 
astengono dal mal üwre che per iema del supplitio e del rigore. Perö iin- 
oh^ di questi due amore et timore^ altri dabita qual* sia piü sicuro al 
principe, risoWe tacitamente che sicnrisBimo sia 1' ono e 1' altn» iiiBifliiie, 
e G<nne che paia^^ repngnaiua che col timore, padre deirodioi possa anni- 
darai^^ amore, nondimeno per strsiordiiiario pii?ilflgio cos\ powono qneati 
affetti abbiaociarsi insieme nel principe, ccme eib fiumo nel maeatro e 
nel** padre da noi amati e temnti. L*amoie il principe lo st aoqaiatacol 
moatrarsi benlgno, virtii regia, amorevole de' snoi popoli e tnMarli beae; 
il timore col rendersi ginsto con tntti, acerbo contro 11 Titio, implacablle 
contra i delitti gnri. Ne* nnovl ^ principati, nasaime elettivi, doppo nna 
subita dimoatntione di cortesia h piüi sicnra la severit^,^^ posdachb, in- 
trodotto nna volta il timoro, pu6 meglio uaani la demensa, la qnal fü 
sempre propria di gran principi, come di Alessandro, Filippo, Xen«, ^' 
Giro, oltre Cesare. h cni vivo i Bonumi per qneato mmm an tempio 
comane con la Dea dementia. 

Ma per dir anco de' danari, che sono al principe I'ornamento della 
pace o'P' fondamento della guerni. la qiial sonza essi, come disse un 
8a([|^io, hanesoldati, nJi capitani, nell' anni e nogli [!] altri apparati bellici: 
un corpo senza st>iinat;<i, dal quäle si distiibuisca ii nutriment«.! ä tutti i 
membri, dee il principe cercar d' haverne copia, non per avaritia, ma per 



* Co. und O.: alle. * Ca.: T honesto. * Ca.: iwoeeMo. 

* In Bo. für ,moito* bis inclnsive .sAlde* Ponkle. 

■ Bo.: consnetudine ; Co.: doscendensa. • Bo.; all^gando. 

* Ans Sueton, Caligula, äO, jedoch dum statt qui. 

■ Fehlt in Bs. und O. * Fehlt in Ba. " Ca.: pan. 
" Dieie beiden Worte fahlen in Bo. » Fehlt in Bo. 

1* Bo.: 8uoi. ^ Bo.: serrStft. Co.: Sene; O.: Zone« 

Bei 0io Ganina M, cap. 6. " Bo.: «1. 



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443 



nsarne a'tfuui bisogni e procnnre d*atiima88wU piü tosto con astenerai 
dalle spese intemperate e soverdii« olio con gnw' troppo' 1» mano k 
BQdditi nelle Importe.* Noll« quali per6 nl* tnco dee fl prindpo esBor 
troppo rispottoBo, imperocU il non riBcnoter? da*popoli le gmvtiie «i i 
tribnti k proportione dolle fiicnltä loro sarobbe im bsdarli ooirompen per 
soterdiia morbidena, come dal* non mnnger le poppe, qnando eon piene, 
torna grave danno alla ealnte di du le porta.^ Dee boIo aTvertini* die 
mnD^ndo si* munga latte e non sangae. L* barer teeoro ammafleato e 
pronto h di gran ripatatione al prindpe e di gran geloda agremoli, ar- 
venga die dairaltro eanto alcnni piik toeko die tener danari inntilinente 
sepolti ne*B4srigni, i qaali allettino rayaritia altnii ad afisaliiU»^* lodano 
che s' imprestino k endditi con idonea dcurtä di poterli riBcnotere*^ k sao 
piacere e con qualche picciolo ^adi^o, qnantunque il grosso guadagnu 
consista che con quosta occasione il principe rende i popoli per mezato del 
traffico iiidustriosi et ricchi. inti*odnce l.irghezza nelle piazze e ue" banchi, 
iüvita nello stato mercanti e merci forostiere et accresce i suoi diitii. Onde 
Allgusto. Antonino Pio et Alessandro Severo, savissimi imperatori, pone- 
vano i lor danari ne' hanchi. 

lo per tante spose di guerre continue uon ho potuto amni;i>s;ir to- 
süii, ma Clin i partiti che ho fatti, ancorch^ con qualche interesbe, co' 
Genovesi ho haviito pronto, fjiiando c stato bisopno, tanti milioni ad im 
traito, '|i;.'uiti in molti anni non potrobbc accozzare «innlcho altro Rc. 

Tiitti i Ke e principi^* grandi. fin qiielli de Tartan vagabondi, se 
non qnanto al 8[u]oIo*^ natale, qnanto almeno alla provincia, hanno luogo 
e reeidenza particolare, che h quelia ordinariamenie onde prendono il 
nome. Per<N voi Ke di Spagna dovete siare in Spagna, perciochd, qnan. 
tunque Tltalia, antica sede e madre d'imperio, situata fra l'un^^ maree 
r altro, vicina air Affrica, non lontanaalla Grecia et altri paesi dd Tono» 
confine alla Franoiai alla Germania e quasi in mono tra la Spagna e la 
Fiandia^ sarebbe per Toi opportanisalma etansa, do?e con la preeenxa po- 

* Ca.: aggp-aT«r. * Fehlt in Bo. ' Bo.: imposiaioiii. 

* Bo.: non. * Ca.: rispettoso. • Ca.: il. 

* Co.: piene. ' Bo. : avvertire. " Bo. : roungendosi. 
M Pdilt in Bo.} Oa. aad O.: aHdiitL 

Ba.: riflovnn; Bo.; rieapem». 

Sioli diese Nachrichten JaUas Capitolintu: Atttoalniu Pius, cap. 2, 
ferner bei Aelius Lampridios: Alex. Severaa» cap. Sl, und bd Qatdi* 

hausen, Augusttw, 623 f. 
" Co.: avanzare nn Re; O. fehlt nm: qualche. 

^* Co.: tutti i principi. Ca. and Co.: solo; Bo. : suo; Ba.: loro. 

Co. nur: na. 



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Ui 

trost« forse rendon'i padioiie di tutta, cho s;iioMk' com»' un ponie alla 
inonarchia, nuUadimeno, perch^ la Spagna, avvezza^ per tanti anni k 
goder la presenza del Re, non potrebbe starne' seuia, e per la uaviga- 
tione Indie e per aflfrenare V Inghilterra non ei d sito miglior di 
qiiesto. 

L'andare in toita per Ii regni per solo diporto non ft* ati]«, nide- 
cento, e per visitarli e ])rovederU de' lor biaogni non h neceMario nl prin- 
oipe» poseia che nh anoo ii euere per pmiare Ii spiriti a'membri de] corpo 
¥a k ritrovarli o parte dal sno laogo. Dee il principe havere etania ferma 
et ordinaria, pereh^ sappiano i aodditi e gli altri ehe hanno 4 trattar seco 
OTe trovarlo. E perohi il Yagar da eitkä in cittä, ae non si mena tntta la 
Corte e grnffidali dietro, eon poea digrnttä e )e canse e le speditioni 
tntie restano eospese eon grave danno de* popoli, et il nenar tutti non' 
k eon minor danno* del paese che si laeeia, il qnale si dispopola, che di 
qnello per onde* si passa et o?e si arriva, il qnale si oonsnma in speee 
per honorare^ il principe» come fimno altres) eoloro che l*aocompagnano, 
risnltano qoeste peregrinationi in danno del principe stesso per Ii doni, 
privilegi, esentioni, remiHsioni di delitti e di deMii et altre gratie cbe. se 
non vnole lasciar nome di poco cortftse. ^ pnr c<>stretto u fare doviintjne* 
^MiuiL'o e riceve honori e servigi. Oltre che l'andar vagando rojnigna alla 
trnivitä. et i'* püpuli, i ([iiali non hanno piü vednto il piincijio. n<^ for- 
inarKi nella mente nna idea come di cosa guprahnmana, nia vegp:pnil'>lo 
poscia hiMiiio tal' hora oon difetti, e^" del corpo deiraniino, ue per- 
dono la rivei t'uza. 

La copia ch»' dnvet»' far ili v-ii al jcipnlo si:i n''lle tiiii* irze publiche. 
lo <iuali, oltr« che danno irran .■.int*'ntn a'sud'liti, yioiguiio occasione al 
principe di cattivarspü cmii la i)enigna attentione e** con sodisfarli <> 
della** gratia, st^ i-ohomIc. o «Idla ragion d^lla no^ativa. so neira. 1.» vcn- 
«lono'* istrntifisimi' ilcllc cose dei suoi c detrl' altnii stati et tengono in 
t'reno i ministri et nftitiali che non s* arrischiano di commetter frodi, 
mentre veggon roi rocchio del padrone'® fiperto alle querele di tntti. E 
qnesta trs molte altre ho ripatata io infermitä che apporterik an giorno k 



> Ctu folgt; gUL * Bo.: itare. • Fehlt in Ca. 

* Fehlt in Ca. 

* In Ca. wiederholt. In O. fehlt: ,de' populi . . . danno'. 

• Bo.! ordine. * Ca.: honorarTe. " Ca.: duunqne. 

• Cä.: k. «• Ca.: o. " Bo. und Co.: o. 
Bo.: constitaifseU. Ca. und Co.: u. Co. und O.: con la. 
Co. niul 0.f Tadono. ^* Bo.; altri. Go*; ni «nredohaiio. 
Bo. und Co.: principe. 



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446 



morte aila tirannide^ «ittomann. poich^ il Qranlnroo appena il«frna ge 
non' per mezzo de* snoi Baesä di' trattar oon ambaieiatori di principi 
gnuidi, DOD eil« anddiii privati, eatrenamaBta pai^^ oppreBsi dairarple di 
quat miniikri. 

Yoi at io dovemo inflnitsmeiita al aignor Iddio cha par somtna aua 
clamansa 'pn cha habbia agginstata i giorni dalla mia Tita oob Tadeinpi- 
mento di qaello che an piü difflotta e pih neceeaario alla conBerYatlane et 
tranqiiniHi di qnesti reami, cioi I'ett yoatra matiira al goTarnot il mari- 
tiiggio TOBtro' a dall* inHuita a la paca con Franeiat cosa tntta che, sa 
fndagisvano piü k matmrarai, o io monya prima, poterano in parte tur- 
bare qnella somma mia quiete e contentezza, con che io spero nella divina 
bontii di passarmene da qiiesto tern>no al regne celestft. * N«^ paia^ giä 
che col dotar vostra sorella degli stati paterni et aviti^ io mi sia mostrato 
piü padre con essa che con voi. posciach^ nh per non offonder la siia pii- 
moj^eniinra conveniva di maritarla indotata. nö dotar si p )tea di statcj 
men vjrino. nipn'amico* o pifi incommodo e dannoso alla nnstra Corona 
di qnpllo; ch^. so Dio volespe. ronu' di losrg'ir'ri potria avvenire, che si riu- 
nisse tntto all' obhfdipnza doli' infanta ot doli' Arcidnca con occasione 
della loro rosidt;nza, ii* havoro ne' disrondenti loro risnscitate l'antiche 
nfmicitie do' Borg«>|^noni e Fiammonghi contra il regno di Francia, emulo 
naturale di questa Corona, e vi hayer^ liberato de'traTogli e dispendl 
eccesaivi per T immens! tef:ori 9 soldati che asBorbiya ogni d^ 1a voragine 
di qnella gnerra, dalla quäle tuttavia. rispetto alla diatanza, ostinatione, 
fortezza di natura e d'arte e^® vicinitä di soccorsi di qnei ribelli, mal ai 
poteva apenre buon fine. E perch?^. come »ono siati cag-ione d'armar 
contro qaeata Corona ringbilterra, la Francia, parte della Oermania e 
de! noairo aangne aieaBo. come fn 1' Arcidnca Matkhia,^' cosl haverebbono 
ogni d\ infarrotta la pace e la bnona intelligensa Toatra con altri potentati 
et tI haverabbono tenitto qnaat in ana serrüh con diverai pnnclpi. come 
con la rapnblica di Genova par Io ebaroo e con i Dachi di SaToia a di 
Lorano par il paaao de* Boldati che ogni dl b&M)gnaTa incammtnaia ä qnella 
volta, ai pnb riputar come per goadagno la perdita di qnelli atati, ancor^ 
Chi non ponno dirai perdoti, poichi raatano in ogni modo fendo di qneata 
Corona «I in nn aangua, <be h doppiamanta noatro: par l'inftnta a par 

< O. folgt: de. * Ca.: degno se. * Ca,, Co, vad 0.t baroni r. 

* O. M^i: VA. ' In O. foblts natma . . . voBtaro. 

* Hiemit enden Co. und O. ' C».: para. 

' Ca.: ainti. Statt dor foleftiflen »:wei Worte in Bo. nnr Punkte. 

* Diese beiden Worte fehlen in Bo. Fehlt in Bo. 

" Fehlt in Bo. ' 



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446 



l'Arciduca, c clin haveia stnnpio biüogiid <ii qut'.^iH er na non ao\ per il 
traftici) e per hi iiavi^Mtione co'vicini,* ma quel che piü: per Temula- 
tiono' che naturalmeiitt' haverä co' Francesi. Pcro veg-gendo io che da 
qaesta floridisBima pianta de' uo»tri^ regai era pullulato an tralcio iaf»- 
Goiido che 81 usarpava^ il nutrimento delTaltre parti, eü cbe eDa non 
parea' prodnne i soliti frutti, ho folato reciderlo o poterlo, perdi^ la 
Tirtü et r hmnore si ristringa nelle parti migliori. 

Per questi rispetti e pereh^ i nuovi principaii ai otabiliseono meglio 
con la piee, b mi' ho non pnie in grau parte liberato dalle gatm di 
Fiandra na paciflcato eon Fraaeia. Bt qnantunque h moM paia^ che eon 
k restitntione di b\ gram piaiie, eome erano Gdee, IMana, Ardxea,* Gia- 
steUetto, io habbia eomprata troppo eara qnesta pace, nonduneno I*ho- 
neeto riohiedeva che, come io ho ritenato Ctanbrai,^^ ehe di lagion ui 
toecava, eoA rtstitDiem*' qnell* altre piasse, essendo eoal solito di farai 
in tntte le paei et eeeendo in^* nltirao argomento di maggior Tirth e piü 
glorioBO h me V haver io restitoito, ^* perehb tntto h na trofeo delle Titfaoie 
pawate e seguo d* haver eapnto eon egoal. gnmdena d* animo nnoere e 
donar^ i frtitti delle vittorie che a*Fraaoeai il ricevere in qnesto i aegni 
della loro perdita, perch^^^ piglian^' dal Tincitore quel che easi non han 
mal potuto iiC(iuiBtar con Tarmi. 

Questa pace duuque io vi esorto e vi comaudo di consenraie in** 
quanto potrete con vostra l iputatione. 81 che, per lluü rompeiia o i»er non 
parer troppu amioo di pacc. voi non dovete giä comportare offosia ue di- 
spregio da altrui, perche in ultimo lo sUto che si nutrisce e s' impingue 
con la paco si difende et si dilata con l'ai'mi. Terh non dee il principe 
nö mostrarsi troppo pacifico ö manaueto, poscia che c següo d' animo im- 
bcllp. nh solo applicat i alla g;iierra, perch^ e inditio d' animo inquieto c 
feroce, ma indiriz/i la ^uei l a alla pace et armi la pace per la guerra. 

Gli studl militari del principe pacifico saranno 1' osservar V improj>c 
famose de' capitani antichi e modernl, discerncr la cagione delle vittorie 
e delle perdite loro, proporsene alcuno ad inunitare, come fece Alessandro 



* Fehlt in Bo. * Bo. nur: ehe i. 

* Ba. wiederholt: noa pur ^ lo toalBcp e per la navigalione. 

* Ca.: voetri " B : riorarpaTa. * Bo.: poteva. 

' Bo.: vi. • Ca.: para. 

* Bh ! Calais . . . Andres. Ueber diese Orte »ioh oben b. 366. 
" Ba ; Cambi; Ca.: Ciambrai. Bo.: restiiuiase. 

** Bo.: io. " Ca.: sostitaito. Ca.: donuu«. 

" Fehlt ia ca. vad Btk ^« Bo.: piglian. 

» Fehlt in Ca. «ad Bo. 



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447 

(i'Acchille. Scipione di Giro, vedor la disciplmu militaie de'buüiii scrit- 
tori/ istiuirsi nelle matbematiche^ principalmente per la fortiftcationo o 
per la geo^'afia, trattoner in corte capitani. inge^ieri et historici valo- 
rosi, metter in diBputa cou essi diversi punti di guerra, disciplinar le 
bände dell» militia ordinaria, esercitar giostre, tomei ei altri ipaochi 
d'armi come ! Greci negl* Olimpici et i BoDumi facmao negl* agoni, 
esercitar la caccia di tnri come di Tin simulacro della guerra. Si serfl 
Cambise ^ per insegnar ia disciplina militare e gli* ^tratagemmi al suo 
ligUol Ciio • Filopomene,* principe degrAehei» ossemndo i varü eiti* 
deOft campsgna, qwuido ti nwiTa per cacdagioni e per altroi e eome da 
qaaata o qnella parte fosse potuto UBcire o euo: rigetteto^ e eon qoanti 
armaii e eon quäle assalio vincer* V inunieo; divenne s) perito di tntti gli 
straiagemmi e vantaggi militari ehe ne riportö poi grau ?ittorie. 

Ma doTendo pur' voi entrare in gaerra, ceroate dMmprenderle 
ginate,'' hnperoehl la giustitia hnmana aapetta aempre in fover suo la 
dirina. Ginste gnerre aono, se si prendono non per amMiione o d*appe- 
tito di niiovi atati ma principalmente per conservatione od " acquisto del 
8110, per la Beli^^on Cattolica, per la übeii;», per Ii confini, per gramiei' 
0 confederati, per difesa di sh stesso, de* paienti, degl' infermi, degU 
opprcüsi, per nicquisto^^ delT usurpato da altri. 

In Italia paiticolarmtsute doveto** far ogni opera di** conservar la 
paci\ iiupci'ochfe, dominando voi !a niag^'iorc e niiglior part« di (luella pn»- 
viücia, pOHüiache solo il regno di Nupuli e quasi la inetä d'ltalia, f to- 
nende presid! iu alti i luoghi" et harendo Taderenza di alcuni principi iu 
pochi luoghi di essa. poti e>t»' dilatarla sicnnrin ove non arrivi cia l'au- 
torita vostra, ma in molti perder T una et l'aitra per la facilita et prun- 
tezza con che le nationi forestiere, chiamate da' proprü principi italiimi, 
sogUono calare in quella provincia. 

Le guerre tutte si fanno o per mare o per terra, et il principe olie 
non babbia^** potenxa in mare Tha molto imperfetta e manchoYolCy per 



> Ca.: aufhoii. * Sieb oben 8. m. 

* Bai Xenophon, Kyrapaedie I» 6, S8aq^ 4S. 

« Ca.: e per H. «Bei Liriitt, XXXV, 

« Ca.: Sita. ' Ca.: regittato. 

• Fehlt in Bo, nn^ Ch • Fehlt in Bo. " 

Bo. : d' imprenderla giusta. Bo. : o di. " Bo. : confideuti. 

^' Bo.: riacquisto. Bo.: deveai. Bo.: per. 

» FeUl in Bo. 

" Feblt in Gr. Daa Folgende bis inelniiva 4nogbi« Milt in B«». 
** Ca.: potoete. '* Bo.; ha. 



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448 



trrande cho cUa »m in tf>rra Pi' cht» accortiFi* i l?^>!nani dopp?> molti 
nnni di dominio, per Ii oltraggi cho rirevcvaTin^ da Cartagrrnesi, si ri^ol- 
soro h fare ip^dissimo sfono neirarmate* di mare. Nelle qnali Yoi po- 
tete con ra^'on yantarri d*ayanisr la potenn vm pur de*Boinani e Car- 
tapnesi, ma d'ogn'altro potentato antico e modorno: peiohä de* gl'ao- 
tidii Divn fti clie liaTMse non dico* annata ma adHo nel mare oceano. II 
anale era lor pTeeloso^ ddle Colone* d^Hercole, e Toi lo* cavalearete in 
mentera con 1e Tostre potenti annate^ clie, girandolo totio*' attorno. 
pntrete eon jrinBtiseimo fitolo ebiamarrene Ee et mgnom. Dei potentati 
tnoderni se aleon ve n*ha che prema 1* oceano eon armete fnvndi, A eorae 
fa rTnfrhilterra. 1a Scotia. 1a Ihnimaiea, o il Mediteimneot come^* la 
siffDoria" di Venetla e'l" Tnrco, non n'ba» pei^" ebe naviKando 
im mare 8*affacn pur con le sne armate nelVahro. 8o1o a vo! ^ atato 
concesso rrtn sinerolaro et non plfl udito eeempio di fortoxsa e di potensa 
d'esser invitto'"'^ noiriino et nelValtro. 

Lo miorrf (Ii icm si fnnii" oon f^serriti o rl' eserriti a' nostri d\ 
?i fanno ml tambiiro. inezzo facilissiiiv' i»rr accozzar tronti. iKMvht^ di 
poldati non meritan nome tntti qnoUi chv tiitttt da'lnnefiri ft <h :iltre 
ntiliRMm«»^^ arti invitati dal tAmhnro vanno ä pipliar il soMo II - h*^ tal- 
mente n«« free la biiona disciplina de Rnmani che il soldato altro nm 
trattava cbe fraem. alla qnnle non fo mai aromesso alcooo della turba 
deirartefici »e non per qnakbf crravf rnso della repnblica. alla qnale. 
percb^ ella*» stava sempre in armi, n^*^' sm'^ ^n^i ^ la pace. non 
era difficite. come per 1' ietesso riapetto Ä anche facile al Turco. di mante- 
nere II ioldato nel solo meetier doli* armi. il cbe bo ancor io fatto in Kan- 
dra. la qnale per la Innirbezza della groorra wi era diventata come nn se- 
minarln e quasi iin cavallo troieno d'bnomim e capitani valorosi. Non 
potemo noi dnnqne tenere il eoldato sempre in iraerra ma in qnella Toce. 
per ba?erlo ne'bieo^i mancn inespei-to cbe si possa, lo terremo** ne* 
presidi e nelle flniamiirioni e lo deecriTeremo nelle bände di militia ordi- 
naria, fiu^olo** per6 da bnoni capitani'* mantenere in oontinni escr^ 

1 Bo : Si * Ca.: accortiti. • Bo.; rt^wrooo. 

« Bo.: »rmi. ■ Fehlt in Bo. • Bo.: dlA. 

• ca.: pardato. ■ C3».: eorone. • Ca.« 1»* 

» Fehlt in Ck. " Fehlt in Bo. * F«blt in Bo. 

» Bo.: RepubUca. Ca.: o il. 

" Diese Worte fehlen in Ba. " Bo. folgt noch: alcuno. 

«» In Bo. fehlt: ,di fortea^H . iiivitto.* » Bo.: vilissime. 

Ca.: ewia. *» Bo.: e non. •* Bo,s tonenw. 

Ba. and Bo.t fkce&doli. Bo. nnd Ca.t eapi. 



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citii militari, posciache li »ulJütu mesercitato diffida seuipro ili si' stesso, 
e lu detto dogi' esercitii de soldati Komani che erano battaglie amm &m- 
gue e le battaglie eseicitii sanguinosi, p che il soldato inosorcitatn, per 
molti stipendl che egli si tiri, resta. sompre novitio. Ma porcho 1' esercito 
altro non pare che suoni * che eserciiio, fuggasi in 8880 ä pib potere il 
8Q0 contrario che e V otio, il quäle corrompe la disciplina, nutrisce il vitio, 
enervA* il vigwe gOMta la couipli ssioue del soldato et in somma riduce 
ä AuUa greserciti, e ci6 ^ tanto piü necessario ä nostri^ tempi, qnanto 
le cori'uttele'^ del giaocOi d«lU beatemmia, della crapiila, dolla lussuria e 
d'ogni^ dissolotesza sono ai nostri eserdti qneUo che ai buoni^ aatichi 
era la aobrietä, la Gontin«nsa e la perpetna fatica, per la qnale, noa ha- 
▼endo M« per nouiggior peso il portar add<MWO V anni clie 1 propil nembri 
della persena, ne andavano di piü «larlohi di molte com per vitte proprio, 
per fare lo acalco* et altre foUioni militari. 

OreeerciU io ho' coetomato di farli di diferae nationi, havendo 
perb in eesi haTuto Spagnoli, Italiani, Tedeschi» Sniueri e Talloiii, per- 
dochb^^ per tal gaiea meglio poesono eaeegnirsi tntte le ftAÜoiii militari, 
poeda ehe tal natione h boona i gl' esealti, alle eeorrerie, k dare e preii* 
der la carica,^* corae V Italiana e la Spagnola, et tale alla femena degU 
sqaadioni eome gli Snineri et Tedeechi,^* e qnesto Tarietik di nationi per 
la emalatione ehe auol regnare ordinarlamente tia loro serfe di nobile 
concoirenia di valore e di Tirth, sl die eome V nna «erye di sprone al- 
Taltra, per avanzwsidi lode e di gloria nell' iinprese honomte, cosl aerve 
auc^ di freno che non si ti-ascorre negK eccessi e ne' muttini, a' quält 
nun (:os\ facilmente s' accordano diverse natioui einiüp tra loro eome fa- 
rebbe uua sola natiouc. K da ci<> forse |»iu che da ;iltr;i cuusia avveimu 
che Aniballe, il quäle guereggio iu Italia piii di IG ' aani con cssorcito 
raisto di Yarie nationi, non provö mai, per molte nocossita che cgli si ha- 
vesse, r obbrobrioho muttino."' il quäle nniidinieno ^' tiuii (jstantc queste 
osservationi non 8i h potuio >< hi\.irt* la tiandra in (}uella uatiune che 
m«^n tli tutte dovea: cioe la spagnuola. 8ia fornito r»'ssercito piü di valor 
che di aumero, imperodi^ la graa moltitudiue oitre la ^'^ confusione e la 



' Ho : parli. ■ Bo.: Mwrm. * Fehlt in Ca. 

* Bo. und Ca.: qnMÜ. ' Bo.: corrutture. * Ca.; ddUk 
' Bo.: fori. • Ba. und Bo.: tl vallo. 

• Fehlt in Ca. " C«-: potendosi^ dafür fehlt: 

" bu.: carriera. " In Bo. fehlt: ,e U Spagnola . . . Tedeschi'. 

» Ca.: «MeroitL ^ Bo.: e mnttiai >* Bo^: wl. 

*• Sieh Livim, XXVIQ, 18. Mit im Bo. 

Ca. folgt: gno. 



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450 



spesa eccessiva puita incoiumodita di condui la, difficultä di natnrla, tru- 
vagliü di correggerla et affanno di schierarla, o?e pui &i \K)S8ono spiegar 
le SU0 ordinanze, il che esser nun puö üe uou iu qu&lche »piegatUsima 
campagna, nou facile ä trovarsi p«i tutto. 

G*antichi Greci, aocnratissimi nella loro disciplina militare, per an 
certo lor proportionat^ ripartimento formarono * V esercito di 4 &laugi e 
la falange contenea 4096 soldati, la quale si dividea in due Hierarchie^ 
di2048 Tona,' quesUindaechiliarohie^ di 1024, e questa in due penta- 
cosiarchie* di 619,* • poflcia umjjm per divisiani egaali fino alla di- 
lochia* di 83, la quale ai dividova in dne lochi* di 16 soldati V uno, cU 
tale per ordinario en la fila che (onnava Taltena dello sqnadione, 
gindicaado inntile ogni aoerefloimeiito t^e gU ai dease per qaesto verso, 
poBcia che troppo risioto aarebbe dai primi che cemMteaBero nel fronte. 
II che mostra foiae V unperfettione de' battagUoni modemi, che ben apeaao 
Bon Mi inatUmente prüfondi di 190 e 140* aoltoti. Et per lo aqna- 
drone qoadrato, lo formafano I Greci d*altre 16 fila per largo, in gniea 
che oon^^ ristesso nnmero era aemto il fronte, i ^' fianchi et le apalle 
deUo aqoadione, e qoesto nnmero si riaoWoTa oosi agoTohnenie in dne 
parti ngaali di otte, indi dl qnattro di dne, oome prontiaaimamente a* ac- 
oreacoTa d* altretanti, >*fr«endo 32, dellametä 94, del qqarto 90. Qaeat* or- 
dine che senriTa mirabilmente h levar bi conftiaione dagl* esserdti. k 
potergli ripartii'e, scemare et accrescere con gran fhcilita ossenrö nel 
suo Alessandro Magno, perche, avvengachö alla grande impresa cho egli 
81 propose*" et in paese*^ sl remoto non giudicasse baiste?oli le 4 falangi 
di 16384 soldati, che i Greci" presciissero ü1 gmsto esercito, lo crebh<* 
nondimeiid coii la btessa proportione duppUcata che di sopra s*o detto, 
IK'bcia che Giustino^^ e Quiuto Coitio*^ affermau cb*egli hebbe 32 luila 



* Bo. : forraavano. ' Ba.: hiorarchie; Co. und O. : myrianslli«. 

* Fehlt in Ca. * Ba. : chiliuorchie; Bo. : chiliaiche. 

* CiL.: peutacheäiarchie; Bo.: peutecosarchie. 

* Bo.: la. * Ba. und Bo.: dihtichSa. 

* Bo. and Ga.: laoghi. * Bo.s 180. 
Bo. folgt: fiw. Bd.: tatto L 

" Bo.: a. ** Bo.: di doo luti. 

Fehlt in Bo. " Bo.: messe. 

*• Ca.: parte. " Bo.; goai. 

** Jastinufl, Trogi Pompei XI, 6. 
m, 9, 12, wo T«Mi XXZn ordtaaa die Bede ifL Veber TrappensjOil 
and Fbalaaa KOnig Alexandan iieh Haodbadi der elaMiiohaa Aller» 
thammriiMiuehaft, herau^gegaben tob Dr. Iwan MflUer (Nordlingen 188T), 
IV, »Iii 



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451 



soliiati, riteDeudo nella peuna quei pochi piü che risaltavano delia giubta 
combiuiitione delle 4 falane^i. 

lo in Fi:iiiiii ;i iion li<t ceduto questo uumero, col qiiale tuttavia 
per r espugnatiune di tuiiU mespugnabili foi'tezze e sopra tutt^p di qiadla 
di Anversa, di cut nou seiba furse altra gloriosa l'unticiiita uelle 
Tnemorip suß, non si son fatte inolto miuori^ imprese che U correr Tapfirto 
et imbelle oriento, come fece Alessaadro.' 

' Bu.: molto. * Bo. folgt noch: il Magno. 



Schlusswort 



JVdnig Philipp IL hatte manche uns ansympatbische 
Schwäche. Je tiefer wir aber in die Seele dieees yerachwiegenen 
Fk^mdlingB auf spanisohem Throne an blicken vermögen, desto 
grOeser wird nnsm WertsehfttBung flir ihn ab Menschen und 
Herrscher. Wie viele Rtteksichten hatte er auf den Willen des 
spanischen Volkes zu nehmen! Unvergänglich bleibe das Bild 
des leidenden KOnigs in seiner letsten Krankheit! Ergreifend 
ist die kummervolle Liebe des ungllteklichen Vaters, denkwttr- 
dig die Art, wie er seinen unfähigen Nachfolger über Hen> 
soherpflichten belehrte und ihm sein Innerstes dfonbarte. Diese 
Unterweisung ist, meine ich, auch Ahr die schwerlich aus Origi 
nalzeugnissen erworbenen geschichtlichen Kenntnisse des Vaters 
und filr die Fniizenerziehung am äpauiäcUen Hofe charuk- 
te ristisch. 

Politik und persönliche Schwächen haben sich als Ur- 
sachen der Entzweiung in der habsburgischen Familie ergeben. 
So manches, was in dem Verhalten Kaiser Rudolfs II, wider- 
spruchsvoll und unbegreiflich schien, erwies sich nicht als 
Krankheitserscheinung, sondern als Folge von dynaKtischem 
Khrgeiz, von Macht- und Eigenliebe sowie von Btaatsmänuischen 
Erwägungen. 

Was ich nur auf Grund systematischer Aufsuchung neuer 
Quellen bieten konnte, wird für die Benützung des vierten 
fiandes der Venetianischen Depeschen vom Kaiserhofe 
nothwendig und ntttalich sein. 



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452 



Xachtrige and BeriekttgiiiiireD. 

Seite 319, Zeile 12 von oben lies: Karl IX., «Utt: Karls IX. 

Seite 321, Anm r>, ergKnze hui Scbln'?'<e: ,nnt\ Borg^hpsp III, 74 '»•"f. 977.' 

^ite 3*28, Ztnle 5 von oben lies: ,<tLHitschon Lebror und Secretär däitiAcher 

Abkauft, Matthäus von Othen, uiciit verbergen.* 
Sdto Anm. 6, ergiaie! «BrntU de Mon^lainduunp in atime HialoiM «le 

TiiMhidiie Albert (Cologne 1M8) berichtet eiiis«r dieMm Beftmtf: en 

liii trouT» nne pierre daiu Im reim et an ver awe* Ion; qni le ron- 

geoit tont vif/ 

Seite 329, Zeile 19 von oben lies: z wnl fjüiiri^em, st^tt: zehl^iUirigeill. 
Seite 388, Zeile 18 von oben lies: erzählte, .statt: nrz&hlt. 
Seite 364, Zeile 14 von oben lies: oder, sUitt: deur. 
Seite 890, Anm. 4, Zeile 5 Um: por le, ttett: per le. 



1 » 



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Die Torltegenden Beiträge zur Geschichte der Hsbs- 
bnrger waren nach Vollendung deB Druckes schon snr Aus- 
gabe bereit, als mir mein hochverehrter Freund, Herr Dr. 
Sebastian Merkle, Professor in Würzburg, unter dem 30. Januar 
1899 zu meiner grössten Freude mitthcilte, der Chef des Ar- 
chivs von Simancas habe ihm geschrieben, dass der im April 
1898 dort vergebens gesuchte spanische Originaltext der 
geheimen Instruction König Philipps II. fl\r seinen Sohn nun 
doch gefunden wurde. Diesen Text hoffe ich aus Simancas 
abschriftlich zu erhalten und bald publtciren zu kQnnen. 



AkUv. LZXXVl. Bd. II. mifli. 



st 



ZUR GESCHICHTE 

DEB 

MLNDEßJÄHKIGKEIT 

HEßZOG ALBRECHTS V. 

VON ÖSTEKKÜICH. 

(MIT EINER BESCHEEIBUNG DBB HANDSCHRIFT SUPPL. 3344 
' DEB K. K. HOFBIfiLIOTHEK IN WIEN.) 

VOK 

D" UEIMBICU RIHER v. ZEISSB£M. 



3t* 



Besehreibang der Handschrift. 

Die Papi erlmndschrift Suppl. Ji344 »U r k. k. Hofbibliothek 
in Wien besteht, von den beiden Deckblättern abgesehen, aus 
267 von Herrn Custos Göldlin v. Tiefenau mit Bleifeder foliirten, 
"29 Cm. Ii oben und 21 Cm. breiten Blättern und 25 verscb Inden 
starken Lagen. Und zwar bilden fol. 1 — 6^ ioL ü — l^, toi. lU — 28. 
fol. 20-38, fol. 39-48, fol. 49—64, fol. 65—74, fol. 75—84, fol, 
85—94, fol. 95—104, fol. 105—112, fol. 113—122, fol. 123-134, 
fol. 135-140, fol. 141— 150, fol. 151— 160, fol. 161—174, fol. 
175—184, fol. 185—196, fol. 197—208, fol. 209— 220, fol. 221— 2ä2, 
fol. 233—244, fol. 245-258, fol. 259—267 je eine besondere Lage. 
Bezüglich der Lage fol. 123 — 134 ist überdies za bemerken^ 
dasB dieselbe dadurch entstand, dass in die ursprUnplich einen 
Busammengehörigen Temio bildenden Blätter 123, 124, 125 und 
132, 133, 134nachtriiglicb ein xweiterTemio (Bl. 120—131) einge- 
fügt wnrde, der ursprOnglich niebt zn unserer Handschrift geh<lrte, 
sondern ein ftr sieb bestebendes und wie wir sehen werden, 
sehr merkwürdiges Ganses älteren Datums bildete. Den Lagen 
entsprechen auch die Wasserseichen, worüber unten noch näher 
zu handeln sein wird. 

Der Codex ist eine Sammelhandschrift. 

Fol. la sind die JahrzaUen 1467 — 1600 in rother Tinte 
ausgeworfen. Daneben stehen zu jedem Jahre In drei beson- 
deren Rubriken: 1. der Sonntagsbnchstabe (schwarz); 2. die 
goldene Zahl (roth), doch bleibt dieselbe ^'egenüber der richtigen 
um Eins zurück; 3. Cschwarz) das in alten Kaiendarien als In- 
tervallum bezeielineto Datum, nämlich die Anzahl der Wochen, 
die bis Sonntag Invocavit verflossen sind. Dass die Keihc der 
Jahre mit 1457 beginnt, scheint, wie wir schon hier vorgreifend 
bemerken wollen, anzudeuten, dass dieser Theil des Codex in 
dem genannten Jahre angelegt wurde. 



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458 



Ful. Ih bis fol, 6b foljren fingirte Wappenbilder in Farben, 
und zwar: fol. Ib von: Fiidericus Imperator dux Austrie etc. 
primus (!) und Leonora Imperatrlx de Kegiio Bortugalie; von 
ITungaria, Bohemia, Alt-Oesterreich (fllnf goldene Lerchen im 
blauen Felde); Ncw-Oesterreich (weisse Binde im rothcn Felde), 
zu letztcrem die Bemerkung (wahrscheinlich von des Besitaers 
derHandBcbrifIt JörgScbrat's Hand): ,Hercsog Leupolt ze Oester- 
reich hat erfachten disen schilt in der haydenschaff, als man 
aalt nach £}i gepurd MC vnd im LXXXIIF(!) jar vnd ist von 
ainem rossval gestorben/ Von fol. 2a an bis fol, 6a bringt jede 
Seite vier Wappen, und awar fol. 2a Wappen von: Alt-Wyenn 
(einköpfiger goldener Adler, links gewandt, in sohwarsem Felde. 
New-Wyenn (weisses Kieua in rothem Felde). Wappen von 
Newstat. Der Schraten wappen. Rechts und links von dem 
Wappen: Jörg Schrat (Jörg— Schrat). Darunter: ,Das paech ist 
herm Joigen Schrat pharrer zu Sand Peter ze Wienn anno 
1457' etc. Fol. 2b und £bl. 3a, ebenso fol 3b' und fol. 4a, 
fol. 4b und fol. 5a, fol. 5 b und fol. 6a sind die Wappen so ge- 
ordnet, dass sich au das zweite Bild der oberen lleihc das erste 
Bild der gegenüberstehenden Seite anreih t, so dass von den 
zusammen je acht Bildern je zweier gegenüberstehenden Seiten 
auf der linken Seite die Bilder 1, 2, 5, ü, auf der rechten die 
Bilder .S, 4, 7, H zu stehen kommen, und zwar fol. 2b und fol. 3a: 
Judeysapta Sauritz Sannas, Pannas, Tanttamo, Anarata. Fil.i, 
Fyla, iiarasina, Cororlantia, fol. '6b und fol. 4a: Corrüdaucia, 
Avara (darüber vit lluicht von Schrat's Hand dio Notiz: Sanctus 
Anna [!] sand Aliexi frewndt), Oßterland, Ostern ich, Österreich, 
dann zwei nicht bezeichnete Wappen, fol. 4 b und fol. 5a: Pan- 
nans des hinds namen die XX li<'rschafFl, Pannans die XXII 
herschafft, Tanttamo die XXVIU hei-schaft, Tantanio die XX VI(I) 
hcrsehafl'tj Mittanans die XL hei-schafft, Fannawe die XU her- 
schafft, Faunawe die XLII herschafft, Erla die XL VI her- 
schafft. — IM 5b und fol. Ga: Karasina die LH herschafft, Ra- 
rasina die LV herschafft, Rarasina die LVII herschafft, Rarasina 
di LYIII lierschafft, Corrodantia die LXIIII herschaffl, Alt- 
Römisch kaysertum, ROmiseh kaysertum. Römisch reych. Auf 
fol. 6b ist endlich noch ein Wappen: Abrahams von Judeisappta 
hawsfraw wappen genant Susanna. Der Raum (Ür drei andere 
Wappen ist offen geblieben. Fol. 7 a Pannans des landes namen. 
Graff Tantan . . . fol. 8a: au TuUn die LXUI herschafft. (Aus- 



1 



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459 



sttge aus Hägens Cbronik.) Fol. 8b Taeat Fol. 9a beginnt die 
Cbronik des sogenannten Hagen; doch ist fol. 9 bis auf geringe 
Reste des inneren Blatttheiles ausgerissen, aueh fol 10 theilweise 
beschädigt. Die Chronik Hagens reicht bis foL 100a. — Jede Seite 
serlUlt in awei Coluamen. Die Capitolttberschrifton sind minürty am 
Rande hieza Noten, tbeils anf den Inhalt des Textes beattglich, 
theils in der Form von Correctnren. Hie nnd da ist Raum für die 
Eintragung der Wappen ausgespart^ die aber nicht ausgeftlhrt 
worden sind. Fol. 19b steht in einer rothen Initiale der Name 
Jorg Schrat. Die Chronik ist von zwei Händen geschrieben. Die 
erste Uaiid (a) reicht bis fol. rcspcetivc bis fol. Ü4b. Aus 

Versehen nämlich über-( lil ii^ dieser Schreiber ein Blatt und 
bctzte, was er fol. 03 a geHchnebeii, auf fol. 04 b fort. Ein zweiter 
Schreiber ( h) wurde dieses Irrthuras gewahr, setzte in rotlier Tiute 
«lie Bemerkung: ,da8 ist alles vor jii^esehriben' über uiul die Be- 
merk unj^: ,da8 lass alles sten, wann es stet am nacliston plat 
vor', uiit'M- den Text von fol. 04b, weleh' iet/t' ii r si lhst mit 
rothcrTiuir 'lurehgestrielH'i! ist. kStatt dessen setzte nun dieliaudb 
den Text von fei 0;^:i unmittelbar auf Ibl. 03b und fol. 64a, die 
früher leer gelaöbcn waren, fort. Am Schlüsse von fol. 04 a heisst es 
(ebenfalls in rother Tinte): ,das ander vindest du nach dem 
halben plat enhalb, wenn das halb plat ist zwier worden ge- 
schriben, darumb ist es als valsch etc.^, d. i. es schliesst sich jetzt 
fol. 65 a textlich unmittelbar an foL 64a an, doch so, dass die 
Schiassworte von fol. 64a: ,(iierten die Ungern auff ainen perk', 
auf fol. 65a wiederkehren. Hand b hat die Chronik Hagens 
bis fol. 100a zu Ende gefUhrt. 

Soweit eine Vergleichung mit dem Texte bei Pez, Script rer. 
Austr. I. mügUch ist, stimmt der Torliegende Text Hägens mit 
demselben ttberein, bis an den Worten: ,aierhait und schanck- 
chung' (bei Pez a. a. O. an die sich hier eine etwas spätere 
Randnote schliesst: ^ille mortuus est ante Snaym, infectus pooulo, 
defiinctus in Neuboiga^ Der Appendix bei Pez fehlt in un- 
serer Handschrift, die vielmehr fol. 100a mit den Worten 
schliesst: ,etc. ynd also hat die croniken ein endt vnd das pueh 
der Croniken des lanndts von Österreich hat Tnd die hersehung 
der hocbgeporen edelnn fnersten vnd die lobsamehait irer aller 
leben ist geschrieben worden se Haimburg von einem halben 
maister der hohen schuel ze Wyen, der die zeit schulmaister 
der beuauteu btai löt gewesen vud ist geiiautt Liebharduä von 



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460 



Egkenfelden in dem jar do man zalt nach xpi gepurd vier 
csehenhondert jar vnd in dem ains vnd dreyssigiaten jaren an 
aand Luciatag der hejügen junkfrauen etc.* Daau tod anderer, 
aber ^eichzeitiger Hand, und zwar von jener, welche die gleiche 
Bemerkung auf foL 2a setzte, die Notiz: yDsB paech ist berren 
Joigen Schrat pharrer zu Band Peter ae Wien anno 1457*/ 

Von der selben Hand (b), welche den zweiten Theil der 
Chronik geschrieben, folgen nun (fol. 100 b— 114a) eine Anzahl 
mittelhochdeutBoher Gedichte; namentlich solche des Neithart 
Fuchs, die aber, soweit sie bereits durch den Druck bekannt 
sind, hier eine von diesem sehr abweichende Fassung zeigen. 
Auch diese Gedichte sind in zwei Oolumnen geschrieben und 
mit Musiknoten versehen, die über die Zeflen der je ersten 
Strophen gesetzt sind. Und zwar enthfllt unsere Uaudächrih 
nachstehende Ge dichte: 

Fol. lOlib. Str. 1. Gcgrusset seistu ^laria du vil ruine Maid 

— V Uli dir vns sait — Her David in dem trone, — Wenn du 
tregst die chrono — Uber alles himehsche her . . . etc. 

Maria nmicr hocht^eporen, — Du pist ein res an allen 
dorn, — Gott hat dich selber auserchoren — Versuen uns deines 
kiudleins zom etc. 

Fol. 100b*. Sag an Moyzes wer was dy edel chunigein — 
X)ie äugen dein — Dy saliens bey got siezen etc. 

Der sun der sprach: vater mein gib mir die ler — Wie 
wir die sei auss dieser helle pringen, die also sere prinnen etc. 

Fol. 101a. Kathen ein weiser haiden, — Zu seinem lieben 
kinde saa. — Ein puch von chunsten reiche — Mit wiesen er 
ims vorelas — Er sprach etc. 

Fol. 101 a'. Maria ward ein pt)t gesandt; entspricht Wacker- 
nagel II, 377, theUs 526, theils 527, und v. d. Hagen, MS. lU, 
46B (doch im einzelnen sehr abweichend). In unserer Hand- 
schrift nur bis Strophe 14 ind. 

F6L 101b'. Aus erentreicher pforten ward gesendet — 
Der steh in potschaft wol yersan — Dy vart dj ward ▼olendet 

— Vnd zu der magt heraus der trft etc. Enthalten auch in 
der Kolmarer und in der Wütener Handschrift der Meister^ 
singer; Tgl. K. Bartsch, Meisterlieder der Kohnarer Handschrift 
in Bibl. d. lit VereinB in Stuttgart LXVHI, 26. 113. Zingerie in: 
Sitzungsber. der Wiener Akademie XXXVII, 348 (in beiden 
Handschriften als FrauenloVs Zugweise bezeichnet). 



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461 



Fol. 103b. In einer Bftndierole am Bande: Tagweis. Ich 
arm man begund ze chlagen — Gegen diser morgenstund, — Cfalag 
ist mir worden ehund. — Ich hoft zu ainer fiauen — Ich mag 
auf erd chain fread mer pauen etc. entspricht der Tagweise in 
dem Lied^Wch der Cäara Hätslerin (Eibl. d. gesammten deut- 
schen Nationalüteratttr VIII), S. 9, Nr. 10: Ain traurig man bc- 
gund sich clt^n — Gen diser morgenstund, — Sorgen was im 
im worden kund: — Ich lioff zu w t-rdon frawen, — Ich kan kain 
trost Lit" erd erpawen! — Die Strophen (5 und 7 unserer Hand- 
schrift cntsproclieii den Strophen 7 und ü des genannten Lieder- 
buches. Am JSchlusse folgen in unserer Handschrift noch drei 
Strophen: Wenn schaiden das tuet we vnd pringet swere pein etc. 
Wenn Hecht plab das ist stete vnd verlost die varbe nicht etc. 
Die selirenken die ich maine Heb ist das hertze dein etc. 

Fol. 102b': In einer Banderole am Bande links: Prennberger. 
— 0 Stro[)hen: So wol dem tag der mir von erst ist worden 
chund. Vgl. y. d. Hagen, Minnesinger 1, 336, nr. IV. 4: Wol 
mich des tages; indess sind falos die Anfangszeilen gleich. Vgl. 
auch: K. Butach; a. a. O., S. 507^ OXXXV, hier ebenfalls als 
Brennenberger bezeichnet, aber nur die zwei ersten Strophen 
ähnlich. 

Fol. 103 a': Ich wachter sol derwecken den sunder etc. 
Analog Graf Peter v. Arbcrg's Tageweise bei Wackernagel II, 
328 nr. 497; vgl. nr. 4*)(x Auch bei Bartseh, Meisterheder 578 
als jtagewise grävc Petert» von Arberg* mit starken Varianten; 
ferner in einer Wiener Hand&ehrift (Jiofl'mann 248, nr. 54) und 
in dem Liederbuch der TTätzlerin, 8. 31, doch auch hier im 
Ein/» luen mehrfach abweichend und darnach noch weitere Stro- 
phen. 

Fol I03b. Der tag die wölken hat entrant, — Die nacht mues 
im entweichen — Der tag der scheint über alle lanndt — Schon 
ausgesandt den armen Tnd den reichen etc. — 

Fol 103 b'. Es lag ein chnab bey seiner lieben frauen — Auf 
einer puig die was so hoch er phlag ir schone — Diso lange 
nacht bis an den tag — Der wachter sang so gar aus suessen 
done — Wer mir da geit — Dem wirt gesait — Ain liechter 
moigen etc. 

Fol. 104a. Niemand sol sein tranern tragen lange — Seind 
das der vngefuege sne zergat — So mugt ir schauen an den 



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462 



graenen aDger — Der mit maniger hande uarbe stal etc. » 
Neithait Fuchs XXXVI bei Bobertag, Narrenbnch 2B7ff. 
(Deutsche KationaUit. Jos. Kürschner II)* Ausg. von 1666, L. II. 
Von der Hagen, MS. III, 224, nr. XLV, in beiden Flülen mit 
starken Varianten. 

Fol. 104b'. Wol geczieret stet der plan = Neitliart Fuchs 
XXII, Boberta^' 241 ff. Ausg. von 150(5 H. MS. H. III, 222, nr. 
XLIV; mit vit'lcii Varianten. 

Fol. 10;'>b. Der swarczduru ibt worden weis etc. = Neithart 
Fuchs nr. XIII, Bobcrtag, Narrcnbueh l^''.^, mit gross« n Ab- 
weirhuTijron. namentlich der Schluss. Ausg. von lötiti D [Vllj. 
MÖ. H. III, I Sä, nr. J ähnlicher. 

Fol. inf)a. Der villi* summerzeit — Manig hercz wun- 
nichleich erlachet etc. — MS.H. III, 219, nr. XL: Der widcrdricz. 

Fol. 106 b. O wo sununerzeit — Das dir nyemand bilffe 
geit etc. ^ MS. H. III, 257, nr. XLIV. 

Fol. 107 a. Der snnnen gUnst vns von dem himmel schei- 
net, — Man siecht schon geeeinet etc. « V. d. Hagen, MS. III, 
212 unter Nithart nr. XXXU. 

Fol. 107 b; Da man den gumpel gampel sank, — Do stund 
so hoch der mein gedank etc. — MS. H. III, 214, nr, XXXIV.: 
Die mervart. Mit Varianten. 

Fol. lOSa. Weib edler stain, — Weib rainer hart, — Dein 
lob stet hoch gemessen, — Vnd dich holt etc. 

Fol. IOHh'. Kin r}ir;ii.>>.>; der lerl die iungen sein — Als ich euch 
wil besehaideu, — iSi chrucben alle hindcr sich, das tet dem alteu 
laide etc. 

Fol. i08b. Vreut euch wol gemuten kind, — Vns wil des 
suesBen mayen wint — Ergeczen der laide etc. 

Fol. 109 a. Mir hat ein wirt gepoiget her vil zeit — Vnd auch 
der iar sein raittung — Die ist maniguald — Vnde ist so alt 
— Das ich ir nit chan wissen etc. 

Fol. 109 a'. Nu wolt ich gern haben gemach^ — Nu bor ich 
ainen der wirst mir auf meiner seUden dach — Mit seinem 
gesang wolt er mich hie vertreiben — Wer er ein gast, als ich 
nu pin — Mich sem doch wol er Hess mich mit ym kommen 
hin etc. 

Fol. 100b. Mit wiczeu twanir ein maister XXX roi*cn oder 
mer — Da« eltleichc gar lautt erhul, — Ir heller schal — in 



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468 



also 8ae88em äone etc. Mit Varianten bei Zingerle, a. a. 0. 39S| 
nnd bei Bartsch, a. a. 0. 114. 

109 b'. Keithart (roth). — Ir frewet euch ir werden stol- 
czen layen, — In fremden so kumbt vns ein liebe aeit^ — 
Gegen dem wandern werden sueBBen mayen, — Der vns lost 
vnd hoebs gemaete geit etc. 

Fol. 100b. Neithart (rothe Ueberschrift). Am Rande links: 
Dy hosen. — Diu- nuiy g.ir Avunichleichen hat — Perj^ vnd tal 
gar üfhon besäet etc. - Ncitliait l'uclis l)ei V. Bohcrta^^ 
NiUTciibuch, S. 14yiV., Druck von loöü, pag. All, doch sehr 
abweichend. M6. H. III, 2<)6, nr. 1. 

Fol. lila* ... fül. 111b. Ueber fol. 111b steht: Barat 
veiss. Got gruesse die liebe frauen mein, — Got gruess ir 
äugen zu aller stund. — Got gruess ir liechte wengelein, — 
Got gruess im roseniiarbn imind etc. 

Fol. lll^a. Brenbcr^er weis. — Sowol der t^it (!) allererst 
ist mir worden kund — v. d. Hagen, ALS. 1. 6'6C>, IV, 4. Doch 
im Einzelnen sehr abweichend; die folgende Strophe 2 ganz 
verschieden: Ir mund der leucht als der liechte mbin tuet 
Vgl. ebenda IV, 1. 

Fol. llL^b. Vacat. 

Fol. 112 b'. Ein jimkfer stolz — Vor grünem holcs — 
Ich siez vnd sand — Zwar ich derkant — Ir lieblichs ange- 
sieht — Nu gruss dich got — Traut mttndiein rot etc. 

Fol. 113a. Sub eadem Nota. — Ach got wie bang wie 
we wie ant ist einem man der sein weih nit chan geziehen nach 
seinem wiUen — Ir nbermuet der tunkt si guet den wn (!) sin 
tregt si dahin ynd greint recht als die grillen etc. 

Fol. 115a'. Tagweis. — Wol hin vnn der mit lieb wil 
fleissen seine tag, — der mag wol trawem h^sen vnd sein sende 
chlag — Ich main das nje sein laid mit ganzen willen etc. 

Fol. 1 13b'. Der munich. — Wb sollen yns aber freyen — 
Gein dem majen — Vn sollen yns gar uppichleichen zwayn — 
Abo red icbs und mein gesellen payd etc. Entspricht dem 
Stück XII Neithart Fuchs bei Bobertag, a. a. O. 195; ein sehr 
lehrreiches Beispiel, was später dureh freie Umdiehtiing unseres, 
des ohne Zweifel iiiöpi unglieheren Textes geworden ist. 

Fol. 114 b. ^^Uoth: Ein Neythart.) 1" Der winder hat mit 
sieben sacken — Neithart Fuchs, X, bei Bobertag 184; im Ein- 
zelnen sehr abweichend. Aasgabe von lötiö, 0 VI; MS. II. III, 



üiQiiiZüQ by <^oo^lc 



464 



293^ DT. CXXXII: Die krambe nadel. Dieses Gedieht iet ▼oo 
einer ebenfalk gleichseitigen Hand eingetnigen, die aber mit 
Hand b niehi identisch ist 
Fol. Ilöb. Vacat 

Von fol. 116 die rechtseitige Elälfte aosgeeehniiten; fol. 
116a die gleichzeitige Notiz: herr Jorig Schrot pharrer so sannd 
Peter etc.; der Rest des Blattes leer. 

Fol. 116b. Vacat 

Fol. 1 17a. Vacat 

Fol. 117b bis fol. 122a folfjt ein Briefsteller; von gleieh- 
/i'itijron, wcchsolndeu IlHmloii, von denen eiuö der Hand b 
nahi' >tt }it, in zwei Columnen. Und z^v u : 

Fol. Il7b. Wie man prief sol iiiiichcn, das merk. Ein 
kauft" hvk'ff. — Fol. 117b*. Ein ^^'Itbrief ent^re^i^en. — Fol. 118h. 
Ein aussspriK'librief zwischen zwajon von eins chrie^ wegcun 
vnd pelte. Ich N. von Moissaw obnster schenk in Oester- 
reich vnd hofmaistcr etc. bechenn . . . Geben ze Wyenne an 
aller hcyli«:^en tag, anno ntc X**. — Ein ^eschettbrief vnd tai- 
lung mit wcib vnd chindern nach aines tod. Ich N. der Hauczen- 
peiger . . . Fol. 118a'. Item quittung vmb geltschuld. Ich 
J. von U. bekenn daz mir Chun< z Ilerwaet mein auibtman zu 
Hard . . . Geben zo H. an sand Pangreezen tag anno <^t<'. 
XXXII®. — Ein glaubbrieff vnd erkannfcnuss. Ich Vlr[ich] 
Cbisling purgemiaister ze Haimburg bekenn . . . Geben ze Haim- 
bürg in octaua Agnetis 7. etc. — Fol. 118 b. Kin gemecht- 
brieff mit sambt kaoff ainer geltschuld vnd saczung. Den lieben 
weisen burgermaistery richter vnd dem (!) d^r stat se Haimbnig 
embeut ich N. Hanosen dez kanfmannss eeligen tochter, N. des 
hannsegrauen parger ze Wyenn hansfraw . . . (In der Ürkonde 
das Grünt* oder statpuch erwilhnt). — Fol. 118 V. Der gemech^ 
brief darüber vnd saczang der sach merk. Den erbera buiger- 
maister^ richter vnd dem rat der stat ze Haimboig empent ich 
N. Hansen des kaufmans seligen tochter vnd K des rats haus- 
irau fleissigleichen meinen dienst Ich lass euch wissen von wegen 
des haus gelegen daselbs ze H. an dem markt genannt daz Nea- 
h(aus) ze nächst N. dez pek vnd ains wenigen gelegen daselbs 
hinder der vest etc. — Ein Quidtung von raittong wegen. Ich 
N. von B. bechenn, das mir Paul Flekel mein richter ze Pern- 
hartztal alles . . . crebcn zc Ilaimbui«; an plincztag vor oculi 
in der vasten auua domini etc. etc. vicesimo quarto. — Fol. 



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465 



119a. Ein quidtung von getraidts wegen. Ich J. v. R. be- 
kenn (las mir S. P. mein ambtman ze Jungen (?) alles sein in- 
aemen vnd ausst^rl)on von gelt, von «retraic! vnd von wein wegen 
so er dann in dem XXX vnf1 XXXI jar nncy. nnf heutigen 
tag . . . Geben ze HainVjurg. — Ein gcitbrieri vnib aim-n kauft". 
Ich Lienh[ard] Rugerspeiger ze Hainburg vnd ich Agnes 
sein hausfr. bekennen . . . Mit vrkund dez brief besigelt mit 
meinem vorgenanten Lienhart dez Ruger[spei^ers] anhangundem 
infligel; darsn haben wir | (FoL 119a) fleisacUichen gepeteu den 
erbern weysen Jorgen den Gtewenter die zeit statrichter ae 
Haimborgi daz er der sach gezeug ist auch mit seinem an- 
hangiinden insigel im vnd Bein erben an schaden^ darunder 
ich mich vorgenanten Agnes mit meiner trewn angeverd ver« 
pind stet le haben so Yorgeschriben stet etc. — Ein kuntschaft- 
brief. Wir der Bat der stat ae H. bekennen, daa . . . des ze 
vrkund der warheit geben wir im die offen kuntschaft ver- 
sigelt mit der stat ze Hainbnig khimem aa%edmckten insigel 
etc. — Ein geltbrieff vmb versacznng vnd dienst darumb ae 
geben anf abioffen. Ich Stephan Mantter vnd ich K. sein 
hausfran vnd vnser erben, wir veijehen offenleich mit dem brieff 
aUen lauten gegenburtigen vnd künftigen, daz wir gelten sollen 
in Siand lohannis zech ze Halmbnrg Vm phnnd W. phen . . . 
I (Fol. 119 b) der sach ist auch gezeug Virich der Stauber pnr^ 
germaister ze H. etc. — Ein geltbrief ze welher zeit man ainen 
zaien sei mit versaczung der Scheden. Ich Lienhart Rugers- 
perger burgcr zc Haimbnrg vergich für mich vnd all mein erben 
vnd tuon kund offenlicb mit dem brielf, daz wir vnuerschaiden- 
leieh gelten sollen dem erbern gclertcn Maister Hannsen dem 
Zeller von Augspurg . . . | (fol. lil^i») . . . der sach ist gezeug 
durch meiner fleissigen pot willen der erber weys Virich Hier- 
sawer statschreiber Wien etc. — Ein kauibrieff vmb ain 
erb mit guten aussgeiiomen puntn eins andern schaden. Ich 
N.* in der Cheagassen (?) ze den Zeiten burgcr ze Hainiburg 
. . . j (fol. 120a) mit der erbern purger ze Haimbnrg anhangun- 
dem stat insigel . . . der brief ist geben ze Uaimburg etc. — Ein 
Spruch brieff von eins erbtails wegen vnd des Spruchs hinder- 
gangk etc. Ich Virich W. vnd ich Peter K. und ich N. Ttlrl 
vnd ich Ott Fink pnrger ze Brak an der Xioytta wir veriehen 



Im Context der Urkusde nennt er «ich LeapoH. 



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466 



. . . (fol. 120a') ] Ze Prnk an der Ticytta . . . datum nnno domim 
1400 domiiiiea in 4L'' — quadragesima) qua cantiitiir Judica etc. 
— l'Vm vertzeichbrieff von eins gescliefts wegen. Ich G. Cram 
11. bekenn offenleich . . . Geben ze IlaJiiburg. Ein ander ver- 
czeichbrieff mit andern puntten. Ich G. C. vergich offenleich . . . 
(Wird auf das Stndlbiu li von Hainburg verwiesen.) — 120b. 
Kin Qiiidbricff vuib ain geschefft. Ich L. S. zu H. bekenn offen- 
leich . . . Ocbon zf» W. etc. — 120b. Kiii hintorlnssbrieff. Ich 
G. K. die. zeit verbescr zu N. etc. — Kin verkaufbrieff das 
ainem ain erb angestorben ist vnd verkaiifts. Ich N. Ziogk vcr- 
gich etc. — l^b'. Engeltbrieff. Ich Liebhart Scbilher gesessen 
ze Haimburg vergich etc. — Fol. 121 a. Ein glaitsbrieff. Wir 
Wilhalm von gottes gnaden herczog ze Osterreich etc. — £ia 
sacsbrieff. Wir albrecb von gottes gcnaden hercsog se Osterreich 
. . . enibieten TDseren getrewn lieben dem burgermaister, dem 
richter, dem rat vnd dem (!) porgem gemaynkleich unser stat ze 
Hainhui^ ynd allen ander vnsem ambtleiten daselbs vnser 
gnad ynd alss gut Als wir dem edeln ynsem ohem vn(!) lieb 
getrewn graf Hansen Ton Schannwerg^ Otten von Meissa obrist 
marschalig Tnd schenken in Osterreich, Hetneyden von Polen- 
darf, Leopolt von Echkartsaw, Hansen von Ewerstarf obrist 
kamrer, PUgrem von Pnecham lantmarschalich in Osterreich, 
Nichklasen dem Seebechken vnd Andren Herlemsperger gegen 
dem aUerdurichletigisten fursten genedigen lieben herm swheher 
vnd vater herm Sigmund remischen etc. knnig vmb sechcsig 
thansent gülden halb auf &snacht vnd halb aUP sandt Jorigen 
tag : cliierist kement ze weczallen a!8(!) vnser purigen vnd selb 
geslosscr verscczet vnd sy darvmb binwidcr mit vnser | (fol. 
121b') herischaft. stnt vnd festen ze Haimburg vnd auch et(!) 
andern ettleiehon vnsorn geslosscn versari«^' haben, enpbeUchen 
wir ew eriislK u h vnd wellen, daz ir in mit derselben vnsem 
stat llainbur;j^ <;< l(»l>('t vnd in oder iern erwen damit vnd allen 
güllten, niiczen, steuern vnd vn<,'-elt, fo darczu gehüront gehar- 
sam vnd gebertig seid, also ob gcselK'cl). das wir uar den ob- 
genantcn sand Jorigt ntag, ee daz dye egonante summe gülden 
berzalt wurt, mit dem tod ab^nengon. des got nieht enbell. oder 
wir in leben worn vnd dyc vorgenanten sechezig tausend gu[l]- 
den zu yeglichem vorgenanten tag nicht weczallen , vnd sy 
irer gelubde vnd purchschafit ledig machet, alslang vncz das 
wir sj von solicher irer pnrgschafft an all ir Scheden wringen 



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4ßl 



vnd lodi<;ma('lien nach iniilialtmi^ der wrief die Hif von vns, 
daramb imbeiii, vnd weu ir das als oIxmi werürt ist getan iiabt, 
80 sagen wir ew für vns vnd viisürD eriwen ewrer ^eliib vnd 
ayd so ir vns habt getan vnd darvmb pblichtig seid gewesen 
genczikleichen ledig vnd las ete. — Ein FreybrilV. Kw all 
fnrsten graue, freyn horm, richter(!) vnd chnechten, mautter vnd 
all andr ambticutt bitten wir Albrecbt von gottes gnad berczog 
ze Osterreich, ze Steier etc... . — Fol. 121b. Ain qnittung. 
Icli I*. von E. wekenn, das mir der erber weis P. der T. die czeit 
statrichter ze Haimburg ausgericht vnd becziüt hat an der 
nachstvergangen quattenibor in der vasten oder ze weinacbten 
etc. drew t. VI s. Wyenn. pb. von «and Jorgen Cappeln wegen 
in der vesten ze Haimburg meins genedigen Herrn Kerczog 
Albrechte berczog ze Osterreich eta stift Umb das benant gelt 
sag ich in der Qnottember qnid ledig ynd los. Mit yrkund 
des brieffs, mit meinem aufgedrukten petschad, geben an montag 
vor Reminiscere anno etc. XXXV. — Ein gueter saczbiieff oder 
geltbrief. Ich Lien. yon Or. die zeit pbleger zu Marchek vnd 
ich Gedrant sein hansfrau bekennen offenleich mit dem brief ihr 
vns vnd all vnser erben, daz wir vnuerschaidenlich schuldig 
worden sein vnt gelten sollen dem ersamen hren (!) hem Jorgen 
dem Trethan dy zeit vicary der pfarrchirchen zu Ebtimburg 
vnd sein erben XL tl. Wyenn. pben . . . | (fol, 121 V) . . . vnd 
zu gezengnuss der sach haben wir fleissichleich ^i:peten den 
erbern I>i»^n harten deren (V) Jorgen purger zu Hainburg dnz er 
.sein insigel auch 'Icri brief gehangen liaL . . . Geben ze llaiii- 
burg nacli sand Antouyentag etc. anno XXXV ^ — Ein briei duz 
ainer maulitrei sey. Wir der rat der stat ze N. veriöhen 
offnlcich mit dem bricfF, daz Vlr(ich) Mawrer vnser rechter mit- 
burf;er ist. Nu hab* ii wir die genad von vnserm genedigen 
herrea herczog Albreelitcn, daz all gesessen purger ze Ilaim- 
buro; mauttfrei vnd zolfrei sind in dem lannd ze Österreich 
payde auf wasser vnd auf bind vmb aücrlay kaufmansehatt daz 
salcÄ aussgenommen . . . Mit vrkund dez brieffs besigelt mit der 
stat ze Hainburg chlainen aufgedruckten insigel vnd vber ain 
jar ist der brif f m nichte. Geben an sand Pangraczen tag 
a. 1434*'. — Fol. 122 a. Ein Judenbrieff (etwas spätere Aufschrift). 
Ich Leupolt der VVulezndorifer gesessen zu N. vnd ich Bar- 
bara sein hausfrau vnd all vnser erben veriehen vnd tuen kund 
offenleich mit dem brieff^ das wir vnverschaidenleich gelten schul- 



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468 



dig KyGiaa dem Jaden mendleins des Juden son m Grees 

I (fol. 132a') . . . Der briefF ist geben za EVok enf der Leytt& 
noch Cbristi gepnrd etc. 

Fol. 122b. Vacat. Fol. 123 bis fol. 125. Vacant. 

Fol. 126s. EEie ist vermerkt wie sih all sach verhandelt 
haben vmb vnsers gnedigen herm herczog Alhreehts wesen, 
als sich der von Wienn aas erhebt hat an pfintstag nach vnser 
frawntag natioitatis nagst veigangen, von wegen des lauft vnd 
sterben, als der daselbs war. Diese Aafzeichnang reicht bis 
fol. 131a. Sie rührt yon einer Hand aus dem Anfang des 
15. Jahrhunderts her. BSs ist eine CursiT, wie sie in den Kanz- 
leien jener Zeit üblich war, und wohl auch auf die herxogUcfae 
Kanzlei zurückzuführen. Fol. 126 a und ebenso auf der übri- 
gens leeren Folioseite 131b hat ,Jürg Schrat' zur Wahrung 
seines Eigenthums seinen Kamen am oberen Rande rechts ein- 
getragen. Die Aufzeichnung ist unten abgedruckt. 

Fol. 182a Iiis 1331) von einer gleichzeitig^en. doch von 
dirn bislu'ri<::i',n lliiiidcn wcsentÜrb verschiedenen Hand — etwas 
Hiieliti^er Cursive — ohne Coiumnenabtheiiung: Anno domini 
MCCCCLVl". Ist geschehen ein erpidem zu Neapolis vnd in 
andern endten daselbs vmb gelegen, als hernach geschriben stet 

Item. Die grozz wondegschicht zu Kapeis dy da ge> 
Schechen sind in disem lannd auf den Tirden tag dez monats, 
alz dy glok in disem landt nach gancaer vr XI schlug, dar- 
nach pej dreien standen vor tags gegen dem suntag, do kam 
ein erpidem, der werdt pey einen sehend tail einer stund oder 
villeicbt mer, der waz so gross das die gancz stat ist zustörtt 
▼nd nidergeuallen. Vnd dez ersten angefangen an den tempeln 
gottes zu sand Augustin ein grosse vnd edle kirieh mag man 
sprechen wol gancz vrabgeuallen, dann dye zwai äussern g^velb 
sind vmbgeuullen vnd daz mitell, daz da welibin ist, daz ist zer- 
spalten iu sölher massz daz nicmant so gehercz ist, der darein 
getürre gen, weder priestcr nocli raünicli messz zu lesen. Auch 
sand Peters kirchen daz gancz tach abgeuallen, daz man an 
kainen enden an der gazzeu mag gen, da ist nichts weHbin 
dann dy mawern, vnd als ich versten, so mugent sv auch 
nicht weleiViin. Dise kyrich waz auch ein hübsch kirch. Auch 
sand Dominieo ist ganez oflen vnd zerfallen, auch sand 
Larenczeu auch allez auü der erden. Sand Johann der 



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469 



grösser auch allez nidergcuallpn Sand Maria raawr nider- 
geualleii. Hand Sentinus ' ist gancz auf dy erd geuallen. Dise 
tempel gottes waren alle gross vnd schon, dez geleichen Sancta 
Clara. An vil enden der^selben] mawr die vieUend grozziich 
nider, auch daz goczhaws sand Ale ist mder geuallen, daz 
dunkcht mänikleich wunder, ez waz ein allte kiroh ynd daz 
goczliawB Band Vrpino' ist aach nideiigeiiallen, mit ganczen 
mass gemacht. Man machet yecz der mawor keine raer, ez 
waz der römischen inawr aine. Auch ist nidergenallen daz glok- 
haws dez pistumbs, daz hat erschlagen etlich priester vnd vil 
ander pfliarrkyrehen sind zerkloben ved gespalten, davon wi8t(t) 
▼il zu schreiben waer. Aach ist nideigeoallen daz kastell Sand 
Elmo, da ist nit mer auskomen dann ftinff menschen, vnder 
den war ainem dy pain ab* vnd zerbrochen ' vnd eczleich daz 
hawbt vnd der leyb. Auch sind nidergenallen an zai vil pa- 
last vnd häwser, in maisz daz nyman gewandetn kan an der 
strassz noch auskommen von der voUy der mawer vnd dye da 
wilibin sind, dy sind all oflFh vnd zerspalten vnd sicher Inozel 
sind dy da beliben sind. Sy sind an ettleichen ennden nider^ 
geaallen vnd daz wnnderlichest ist auch so ist aach ein palast 
erst new gemacht, der ist nydergeuallen der waz her Luanels,' 
da ist ein stain auf drin andern nit beliben, der waz der man- 
haftcst ritter von diser stat, from vud ein gut mau lait grosser 
klag vnd wainen | (fol. 132b) des voUkchs ist er tod fvnden 
mit seiner frawen vnd vier* klain junkfern vnd wer im haws 
waz, dezgeleichen dez (.'apitonis •' jialast von der stat aller nider- 
«reuallen, darinu ein frrosser tail volkcb« mann weib vnd kind 
von «yntem edlem geschlilelit, daz wol ein gross wunder vnd 
i nni rzaiclien ist vnd nülyehen ist gefallen der drittail dez 
tiirns dez kvnigs vou dem newen kastell, daz ein wunderlcich 
ding ist zu sagen. Dise ding alle han ich mit meinen äugen 
gesehen vnd mag ez wol zu einer warhait schreiben. 

Item. In diser stund do waz alles volkch auf. O mein 
lieb harren wer da het gesehen daz gross jftmerleich wainen 
vnd grossz klagen vnd rfiffen der menschen, mann firawen knaben 
vnd tochtem die da di nacht waren aus iren haewsem nakund 

^ äaucti Sentimo. Ebendorfer. * äancti Verpioi. Ebendorfer. 

* Lyonetns. Ebendorfer. 

« Com OKwe et tribns filüa Bbendotftr. 

* Okpitsnei? TgL Bbendotfer. 
amUt. uüacn.aa. n.iiiute. 



üiQiiiZüQ by LiOOgle 



470 



vnd ploz vnd heten irc kind an ircn armen, daz sy ir leben 
^(»fristen iiKK-ltten vnd nit wcsten wo vater nmtcr kiinler 
swestcr viid tV. wnd waren tod oder Icmbti«^, und waz kain 
liinderdencken weder vmh si(l)ber noch vml> j^old edolstqin 
vnd ander zier. Kz wacr unmügleich eze sclireibrn nocli kaiu 
Zungen verkünden di<» «grossen und schrükliclieii diiii; vnd wunder, 
dye da gescliceiicu sind. Werlich cz dcwclit nn inkieicli der 
liimmel wer ofTen vnd vnsjestinil«'ieli z<' lit>r<'n dye horten 
j(nnerleich geschrai vnd waincn — in dem waiiieii sich yedcrmann 
•^ot enpfhaHch — vnd klajren dy toten, daz waz ein g-ross wunder- 
leicb vnd klägleich ding zu sehen vnd hören; da giengen münich 
priester man frawen vnomdHch bloz erschawhet vnd zerstraewt 
in grossen bauffen vnd schreien durch die stat zertrennt als 
dy scliaftlein von den lierten die von dem [woIflT]* aer^ 
trennt sind. Misericordia, misericordia, diez geschrni was so 
ungestftem vnd gross, daz einen bedanken wold, die berten stain 
wainen vnd do mittertag kam vnd man sacb die stat ganea 
zerfallen an mawern porten tUm kirchen vnd haewsem, da maint 
man, biet es leoger gewert, ez waer kain bawssz weliben, der 
docb wenig beliben sind. Ez war allez zerfallen vnd in der nacbt * 
waz ein sUlher grosser windt vnd fortnna in dem mer, daz alle 
seheff vnd galein dy da waren dy fnren auf vnd nyder bin 
vnd ber so granssamkleicb vnd so vngestümleicb, daz einen 
bedunkcben wold, ez fueren dy poesen geist mit in; alz gross 
wilcz Wetter waz daz sieb yederman verbogen bet vnder 
zn zagen aaf den acheffen, vnd galein; aber von der genad gocz 
<;( wart in nicbts dann nnr dem gut, daz wnrffen si ans der 
schefftung vnd galein. ( (tVJ. 133a) Daz wasser in den pruncn vnd 
Zisternen zu Napels het so gross gesecht von dem erpidenie, daz 
es hoch heraussprang. Nu ward gesait, der andern naeht sohl 
alz gross erpidem koninica, do ward von kainer stat iiye mcr 
iresehen so gross/, jam« r als die so gar verlassen ward vnd ver- 
z weitreit waren alz von dem volkch aber manu weih vnd kin- 
dor <;ien!j;en alle aus der stat in dy weit auf das ueld, in niass 
duz si mochten von vorcht vnd nit slieffen. Da gelaub ich 
nicht, daz y*- mcr zeit vnd hueten geriehen ward in kainem 
veld, dann da waz ausserhalb der mawren, der waz mer 
dann IIII^ gescbeczt, dy waren all vol ynd gedaucbt mit 

^ Am linken RAnde. Im Texte stand früher: wokch. 



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471 



volkch, daz si iiit wolden sein vndor kainer mawer noch ge- 
zimor. Als gar waz dy stat dy ersten nacht vnd dy ander nacht 
verlassen! ; dann ettleich dy da weit licten( *?), dy machten ir gc- 
zelt auf in der stat, daz si sich werten. Ez waz ein grossz ding 
zu solhem fliehen; mänch von der obsentanz sand Franczisskj 
Ofden vnd ander geistleich hlut dy verliessen ire klöster; einer 
gicng in dy schiff vnd in di stet, einer hin, der ander her^ daz 
si dez I( l)cns 8chicher(t) waren. Nymant gedacht im za genesen, 
aber ich armer vnd ganz mein ▼okch({)y von bezwingniss des 
Wassers gieng ich in mein hawss ynd verwag mich zu sten In 
dem gerieht vnd parmhercznng gots vnd hct gelauben: Qiii 
habitat in adiutorinm (1) altissimi etc. vnd glaabs werlicheni Er 
fristet mir mein leben dy nacht, daz mein haws nit viel. Also 
sind wir in disem leczten tag vnd nacht gewest. Ez sagen 
ettlicb astrologi wanderleiche ding von den planeten, die 
komen sUHen, daz ich aber von erschrekchung wegen nit getar 
schreiben, so in tewtschen landen davor geschehen sttlen, der 
grossen vnmAssigen snnden halb, danimb got erztlmet sey. O mein 
lieb herren, nachdem vnd alle tag lawt komen von den landen 
hye vmb bei V oder VF (!) meillen^ so ist ez an vil ennden herter 
gewesen denn hie. Item Ponerono(!)^ die stat ist mit ganczen haws^ 
Sern vmbgenallen, da sind tod mer 11^ menschen, daz was 
ein Stat mit denn von II" fnesteten ist ganz nider genallen 
vnd ist nit mer da heliben dann zwcy menschen, j {i'o\. 133b) 
ein man vnd ein ullte fraw. Zu Boniuento ist tod mer wenn 
V'^ menschen vnd zu Serpiiiü(!)* ist uailen da/ tslossz, daz 
wa/, auf dem })erip: vnd auch sand Frnnzisciiken kyrclien, zu 
Sand Alnkaro^ vnd Nole vnd Fa})emo'' ist [ail]ez grosleich nider- 
geuallen, mer dann daz halhtnU der niawr der stat zu Calina,' 
ist daz slnssz von sand CJerniaiU) geiialien, hat mir dy potscliafft 
von sand Kniljger (!) ^a-sait. der koni von,^ do sind kirchen vnd 
gotshiluser vii nyderi^enallcn ; alz er da über rait, hat er ez 
vmb vnd vmb gesehen vnd ist näwlich herkömen, vnd dye ritter 
des kUnigs, die von im komen, sagent, zu FogHa sey es snell gewest, 
aber dem kttnig noch kainem von hoff sey nichts geschechen. 

' BiiKins: L e LX niillta. * Bindus: Ariaim. 

' Biiiiius: 200 fochi. * HuuIuü: Arpino. 

* Binder: Ad la Cera. ' Bindns: Saleroo. 

' Bindus: Palma. * G«ineint ist Seanderbe?. 

' Bindiu: Che ventiia da Borna. 

38* 



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4 



472 

Hje ist ein wunderleich ding zu hören, daz frawen offenleich 
sind ^'•estanden in der siind, der viifxenanten sühlI, m ud'cn h;4\v- 
beru, der üund südumitica vudgoiuora; von dem halten uil, be- 
ßtctcn ez. dnz dicz sey daz JT^richt gottes, daz mau süUis tiit 
&i) otienificli. Ich möcht dise diu^ iiit geschreiben, man wud 
ez all stund lieren von n<!wen hie vnd anderswo. Icli beger 
vnser stnt xu hören wie ez daz sie; >verlich, ist dise vnfrcptüem 
nit da gewessen, so dankcht got gröslich. Gebea 2U ^apels VII. 
die decembris anno LVI*®. 

Item ein gesclirifft dem heiren von Mantua gesannt. 

Item. Daz auf sambstag IUI. tag desselben monacz zu der 
XI. stand drei stund vor tag gegen dem sontag do kamen crpi- 
dem so erschrekchleich daz wenig volks gancz gedacht, daz 
cz gross schaden tet in dem kunigreich. Zu Foglia bei dem ktt- 
nig ist ein gross wanderleich saeh furgangen, dez ersten su 
Adrono ist tod pei VIII^'^ menschen. Item ein ander «tat haist 
Biechiere, auch des gleich also geschehen, das Dynumd mocht 
sprechen (?), das in dem landt mir stet weren gewesen. Item 
Messina der Pidia ist wol halps nideiigeaaUen, Brajja auch halbs 
vnd ytI Yolkchs tod, an Oanosa das sloss vnd die statt ist gettaUen. 

Item zu Aquili (!) vnd Sancta Agatha, zu Opicj ' vnd uil 
ander stet auch also vnd die graischaft Molise vnd Rio(!) and 
Gampo Peso, Ära snno Sancto Galiano/ If eratorio (I) * Saneto 
Lupo, Gassetene ' vnd Rippo ^ vnd vil ander slöss vnd stet sind 
aersunkchen mit allem Yolkch sand Uwt vnd gut. Item Boni- 
nento* daz sloz ein tail ist geuallen vnd tü ander slöss dez 
Giamen(!) von Calma sind auch vndergangen. | (fol. 134a) In 
summa lazz ich wissen, daz ez XXV" menschen sind viubkomiueii 
biss auf disen tag von Napels, daz hat schaden gcuuuinieu vuJ 
sunder die kir[chen] habent den i^rössten schaden empfangen. Es 
kiJm dem kunig petsehafft, daz in deni kunigreich tod vvereu üb 
hundert tausend nieusclien vnd der erjtidem weret noch in et- 
lichen stete-n vnd in dem landt. auch kam dem ktinig potschatil, 
daz daz gericlit j^'ots, so do über lauudt vnd stet pfaniron wer, 
Troente {!). Klorenz, Vaiencz vnd weiter aucli ander steten 
vnd allen knden, do so gross sund übel vud vnrecht gehöht 

* So aucb Bbendorfer. * WoU: JLpiee. 

* AfMino. Bbendorfer. * Saut Gnlitna Ebmidoff«r. 

^ Meratore. Ebendorfbr. " Caiuitene. Ebendorfer. 

* Kip*. Ebeadorfer. * Beneventaro. Ebendorfer. 



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473 



mit vntrewen pepfhiegen wurde, soltcn vndergen von erpidem 
viid mit Wasser versinkchen. 

Item auf den zwelften tag jamumi unno etc. LVII'"" von 
den crsclirükcliculichisten meren von Napcls verstand ir an der 
von ( Janaw ' «chreibeii auch alle din^, daz hat man den herren 
hye geschrieben, derselben bricf abii^cschnft sind mir worden, 
dy woren in wälisch, dy han ich zu daütsch gemacht; da ver- 
stet man wol wie klH^rlich ez gangen ist. Oot erparnis, vnd 
sait mann vasst, ez scy von der vni^enanten süiubni wegen, 
mann hat auch fürwar gesait die stet do ez versimkcheu sey 
da stuekch (!) ez so übel, daz nymant darzu mag. 

Item. Predigt in disen landen yasstvon der geschieht Napels 
vnd man sait vasst offenleieh, daz ez der andern sttndt sciioid 
sey. Nu sagen die astronomi herte mer; über wenn ez gen werde, 
wais got woL Daruber well sieb yeder man bebam vnd recbt 
zu tun schikchen, daz er von den gericht nicbt gestraffet werde. 
Item man hat hie in diser stat drey krilwczgeng getan mit aller 
pristerscbafft vnd all mann jung vnd allt musten da mit gen; got 
belf unSy daz wir erhört werden. Also ist auch billiob, daz man 
aus zu lande auch got anraff vnd pitt; denn dy wellt ist vol 
Sünden vnd halt nymant dem andern trew ere noch ayd vnd ist 
yn reichen aller malst von den hoben hawbtern geistlich vnd 
weltich, den got den gewalt geben hat^ daz si daz vnrecht 
straffen selten, vnd daz nit tont, dammb werden wir geplaget 
Darumb verzech yeder mann, wenn got Ist erzttmt vnd daz wir 
anfahen recht zu tun vnd darumb sullen wir pilich von diser 
sacb wegen gewamet sein, daz wir vns hueten vor denn Sün- 
den, dann wir nit wissen, wenn got über vns gepewt/ 

Ueber • das Erdbeben von 1456 besitzen wir mehrere 
gleichzeitige Aufzeichnungen, welche im Archivio storico per le 
pruvince Napoletane Anno X, p. 345tf., XII, löl Ii., und XIII, 
782 ff. abgedruckt sind, und unter denen jener des siencsischen 
GesatnUen Bindus an die Signorc seiner V'aterstadt ,Ex Napoh, 
die VII. decembris I4öiy (1. c. X, p. 349flr.) der wichtigste ist. Zu 
diesem in italienischer Sprache gescliriebenen P)erichte steht der 
erste der soeben mitgctlieilten Herichte in einem eigenthümUchen 
Verhältnisse. Inhaltlich ist er eine Uebcrsetzung des italienischen 
Textes, dem er sich, Anfang und Ende ausgenommen, meist 

^ Genna? 



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474 



wörtlich anschUesst. Und auch formell konnte er als eine blosse 
Uebersetsung gelten, insoferne er dem Originaltexte auch an 
solchen Stellen folgt, wo in diesem der Schreiber sich in eister 
Person einführt. Allein der Passus unserer Fassung, der 
sich unmittelbar an die dem italienischen Briefe entsprechende 
Stelle: ,B2z sagen ettlich astrologi wunderleiche ding von den 
planctcn, die komen stillen' anschliesst: ,daB ich aber yon er- 
schrekchuii;; we^^en nit getar schreiben^ so in tewtsohen landen 
davor gcsclichcn sUlen der grossen Tnmfissig sunden halb, dar- 
umb got erzürnet scy', eine Stelle, die im italienischen Texte 
fehlt, scheint sich, wofern der Text der Uebersetzunp;^ correct 
uberliefert ist, an eine deuttsche ^?tadt zu wciuU ii. l'jä wäre 
also immerhin mögUch, dass der Bericht des Bmdiis von einem 
damals in Neapel weilenden Deutschen einfach übersetzt, hie 
nnd da ahgeändert, mit Zusätzen versehen und so in die Heimnt 
als angeblich sein cij^ener Bericlit abgesandt worden sei.' Aller 
dings sind dabei in der LJebcrsutzung, namentlich gegen den 
Schluss zu, manch* arge MiijövcrstMndnisso unterlaufen nnd ins- 
besondere die Namen der Städte vieltach bis zur Unkenntlich- 
keit entstellt. Immerhin schien ein Abdruck des Berichtes in 
deutscher Fassung angezeigt, zumal auch die italienische Ueber- 
lieferungsform nicht unanfechtbar ist. Ucbrigens dürfte den Bericht 
des Bindus auch Kbendorfer gekannt und benutzt haben. Er 
erwähnt in seiner Chronica regum Homanomm, theilweisc heflans* 
gegeben von Pribram in: Mittheilungen des Instituts für öster- 
reichische Geschichtsforschungy Ergänzungsband III, 1G3 ,epi- 
stole'y und thatsächlich klingt wenigstens der Anfang seines Be- 
richtes Tielfach an jenen an. 

Fol. 134b bis 140b. Yacant 

Fol. 141a bis 149a. MarcoUus (rothe Uoberschrift), in 
zwei Spalten von derselben Hand a, welche den ersten Theil 
der Chronik Hagens geschrieben hat Das Stück beginnt 
mit den Worten: Cum (I) Marcolfus sicophanta — Turpis curtis 
ydiota — Marcolfus fans pater meus — Et Florenna 6iit mater 
— Meum genus est vilanum etc. Cum staret rex Salomen super 
solium . . . Fol. 149a. Explicit Marcolfus. Es ist Marcdf und 
Salomen. Dasselbe Stttck in Cod. 3092 der k. k. Hofbibliothek. 



* Doch 8clieiiit die mit «leri Wnrton ,Ityin auf ilon awelften tajr' einge- 
leitete Nachschrift auf ciue Ueberaetauug ausdrücklich hiiizudeut^ 



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475 

Fol. 161b bis foL 157 b. Incanabddmok: ,Collationes qoas di- 

cunt fecissc mutuo rex Salomen etc/ = Mam 14,249. Auch 

dieses Stück ist Ubrii^ons in unserer liaiitlscUrift sehr verderbt 
und zci^l zaliiiL-ieliC Vanuiitcn. 

Fol. 14l'a' beginnt, von derselben Hand a eingetragen, 
ebenfalls in zwei Cohininen, ohne all^^enieine Ueberschrift eine 
Kriiuterlehro: Cineiber (rotli). Cinciber est cuHdus et biimidus, 
et hüü liabet virtutes» . . , IMuseatum (roth). Muscatum est hiimi- 
duin et eahdum et has * virtutes bonas et vtilcs . . . Flores niiis- 
cati froth) . . . CariofoHum (roth) . , . u. s. f. Die&clbc reicht bis 
foi. 152a. Auch din damit im Zusamnienhanp: stehenden Ab- 
schnitte fol. 152b Lis fol. 158)) sind vou derselben Hand a in 
zwei Spalten geschrieben, und zwar: 

Fol. 152 b bis fol. 156 b. Sequitur do varüs passionibus 
(roth) . . . 

Fol. 156b bis foi. 157 a'. 8equitur de disposicionibns homi- 
nam (roth). 

Fol. 157a' bis fol. 158b. Sequitur de regiraiue uitc. (Roth.) 
Zum Schlüsse ebenfalls roth: Et tantum de illo. Hoc scripsit J^i- 
cohiiu de Streingk 1431. 

Fol. 158 b bis fol. 160b. Der panbrieff aber herczog Lud- 
weig von Ingolstat vom Eayser Sigmund in dem concily Basiliensi 
geschr. (deutsch) [1434]^ abgedruckt in; Carl Theodor Gemeiner, 
Der Begensburgischen Chronik dritter Band, S. 4Sff.; darnach 
noch auf fol. 160b die Notis: £Sn vechten geschach. Item. An 
Suntjig vor Petronelle rirg. hat der vom Newnhaus die Tebrer 
nidergelegt zwischen den Thsaslabb vnd dem perg auf ainer 
grün wnen ab in der dritten stand nach mittentag vnd an dem 
yechten ist dem von Kewnhaus ainn erber knecht erslagcn 
worden dni MCCCCXXXniF. 

Fol. 160b'. Vacat. 

^lit tul. 1(31 a tül^'t, wie unten noch niilier gezeigt werden 
wird, ein neuer, nicht mehr in Culumnen ^^eordneter, aueli von 
verschiedenen Händen — darunter die erste \m t'ül. löib zu 
verfolgen — geschriebener Theil der Handschrift, der zunächst 
mit Brieten von und an Capistran anhebt, und zwar; 

Fol. 161a bis fol. 164a. Sahiteni in omni saluatore. üti- 
uam saperes, inteUigorea ac uovissima prouideresj trimcmbri 



* Habet fehlt. 



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476 

nempe serie toiB scriptis firater curabo respondertti emn rene- 
rencia tarnen ete. Am ScUiuBe: Magister Johannes de Bokicsaao 
reUgioso viro Jolianni de Capistrano mvitati (I recte: in unitate) 
saorati caliois sibi multum dilecto. Es ist ein Brief Rokycaan's 
an Capistran; gedruckt bei: Walouch, ^iwotopis swat^ho Jana 
Kapistrana, w Brne 1858^ 717. Derselbe Brief in Handscbrift der 
Hofbibliothek 4937. Fol. 254a bis fol. 357b; hier mit der 
Datirnng: ^Datum Ft'age feria VI. prozima post Martinum, qui 
est dies sanctorum quinqne fratnun. Anno domini 1451.' 

Fol. 164a bis fol. 170a. Salntem in saluatore omninm 
electorum, de quorum numero fementi expectacione te opto, 
non enim etc. Brief Capistrans an Rokyczan. Gedruckt bei 
Waioucli 12Sy nr. VII, mit Varianten. Am Schlüsse dasselbe 
Datum wie bei Walouch und darnacli cbenfulJs: jSubscriptio 
vero tua lice est: Mag. .1. d. K., in arcliiepiscopmii Pragensem 
electns*, doch mit dorn Uüterbchiedc, duss in unserer Hand- 
si hrift mit den Worten: ,Mag. J. d. K. in archiepiäcopum eiectos' 
eine neue Zeile be^iimt. 

Der in uns rer Unndsciinlt, fol. 17üa, unmittelbar darnach 
ohne Zeilenabsaii^ juit den Worten: ,Considerasnc Jtdiannes 
mendaciorum pater etc.' bepnnende und toi. 184a mit ,in seculo- 
rum. Amen* sehÜessende Tractat oder Brief ist bei WHlouch 
747 ff. gedruckt. Doch fehlt, wie es scheint, der von Walouch 
zu Grunde gelegten Uandschrift ein längerer Passus. Zwiscben 
den Worten des Druckes 757: ,quod tibi non vis commissom' 
und ,puta cum ad. abjurationem^ vcrmisst man eine läogiwe 
Stellei die in unserer Handschrift foL 173 a bis fol. 174 a vor- 
kommt. In unserem Manuscripte lautet das Datum des Brieto 
blos: ,Ex £gra 1442.' 

FoL 184a bis 184b. Serenissimo ac illustrissimo prineipi 
domino domino Latislao Hungarie, Boemie, Dalmacie^ Groaeie 
etc. regi duci Austrie marchionique Horauie etc. sno domino 
metuendissimo. Inutilis seraulus licet fidelis orator, firater Jo- 
hannes de Capistrano manu propria mea snbscripsi. V. S. M. 
Et X« P. V. S. — Sacra regia serenissimaque Maiestas oracioni- 
bus fideUssimis premissis commendacionem humilimam cum 
omni officio obsequendi. PusiUitatem doetrinamque meam . . . 
Ex ciuitate Oracouiensi ultima jannarij 1454^ etc. (Roth.) Amen. 
Es folgen von anderer Hand (15. Jahrhundert) auf die leere 
untere Blattseite fol 184b eingetragene chronikalisohe Yer- 



■ 



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477 



merke, welche eich mehrfach mit dem von Höfler (Font. rer. 
Austr. I, 2, 3£F.) edirten Chronicon Pragense und mit dem 
Chronicon Lipisiensc (^ebenda 6 ff.) borührcn: 

Fol. 184b. Anno domini MOOCXLIT' pons Pragensis 
rujjtiis est cx inviidacione uquarum iu die puriticacionis. 

Aimo domini M^CCC^XUX^ flagollatores vcnerunt in 
Boemiam. 

Aiino domini M*'CCC*'LXXV11I° pestiieucia magna fuit in 
Boemia. 

Anno domini M^CCC^LXXVIIP obUt Karolus Imperator 
in vigilia Andree. 

Anno domini MOCCC'LXXXIX« Judei interfecti et cre- 
mati sunt in Praga in die pasce. 

Anno domini M^CCCJUXXXXP incepit annuB jubUeiu 
in Roma. 

Anno domini MK)CC®LXXXX1I*^ incepit annua jubilens in 
Wissegrado Präge dominlca Ictarc. 

Anno domini M«CCC«LXXXXI1I1« rex Boemie fuit cap- 
tiuatus a haronibna regni sui proxima ferii 6ta poet ostennonem 
reliquiamm. 

Anno domini M^^CXXÜC^ Rex Anglie interfectn» est iudioia- 
liter a regm am haronihiis. 

Anno eodem electuB fuit in regem Romanomm dnx Rn- 
pcrtns comes palatinns Bauarie in pomerio dicto Rene. 

Anno^ domini M<€OOC<'XXVP magnnm disturbium regnanit 
in Boemia, spolia, furta, homicidia et denu yexabatnr et 
yilani spoUabantur et ciuitates erant anguBtiate et Uynek 
Boesko yallatuB erat in Podyebrmd ante yincula Petri feria 
qoarta. 

Fol. 185 beginnt eine neue Hand, ebenfalls gleichzeitig, 
die bis fol, 207 sicher zu verfolgen ist, die aber möglicher weiae 
bis fol. reicht. 

Fol. 185a. Am oberen Rande (schwarz): Johanni de 
Capistraiio ordinis minorum. (Roth:) Littera Georii de Constat 
et de Bodiebrot gubematoris rcgni Boemie ad M. Jo. de Capi- 
strano doctorem eximyum etc. (Sdiwarz;) Licet tuaium serie 
literarum non plus mihi salutis oiierre vidcaris . . . Datum Präge 
sabbato ante natiuitatem domini nostri Jesu Christi annonim 



' Andere Uand. 



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478 



ah incarnacione oiiisdem miUesimo qundriiigenteBiiiio quinqna- 
gcsimo'tercio. Qcorius de Gonstat et de Bodiebrot gubernator 
ac magister curie re^^ni Boemie. — Wadding, Annidea MinontiD, 
T. XII, 166. 

Fol. I85b bis fol. 191a. Am oberen Runde (roth:) Responsio 
M. Jo. de Capistrano ad supra dictumsrubiü-natorciii ic^^ui 
Bühemic. (Schwarz;) Si scircm mi Gcoriri littoras tuo nomine 
mihi nupcr obsii,'natas cx üio jicctorc emanassüc, agcrciii ... Ex 
Cracouia XX Villi Januarii mUiesimo quadringentcsimo quin- 
quagesinio quarto. 

Foh I*.M1> bis fol. 102a. Am ohercii Kandc: Jo. de Capi- 
strano ad (iiMiriiriuni »Ic Coii.stat et de Podiebrat. — Luciferine 
superbie sc fatctur alumuum qiiü>qiu8 . . . Ex Cracouia die 
jid jannarii. 

Fol. 102b bis fol. iy3a. Ucbcr dem Texte: Missiuum. Ma- 
gister Jo. Kokiczan. Öalutcm et salutis opora facero et docere ob* 
secro to frater religioBe in Christo dilccte. Quamois scripta . . . fol. 
19da: vir religiosus et sensatiis. Datum. Ma^ristrorum suonim mi- 
nimus Jo. Rokiciano ( ! i. Bei Hermann, Capistr. triumphana 367 ff. 
als Litterae Joannis Borotini Rudziziani ad Job. Capistranuiu und 
yMagistrorum suonim minimus, Johannes Borotin' endend uod 
ebenso bei Waloacb 790—192 nach MS, 2, VI, 6 der Olmütser 
Bibliotbck. Hingegen in cod. ms. d81ö der Wiener Hof bibüotbek. 
Fol. 222 derselbe Brief ttberscbrieben: yMissina Jobannis de 
Rokisan ad fratrem Jobannem de Capistrano genenüem inqui- 
sitorem beretice prauitatis apostolicum deputatum/ In cod. 3609, 
fol. 143 b bis foL 244 der Hofbibliotbek zu Wien ttberscbrie- 
ben: ^Copia littere quam scriblt magister Jobannes Rokacaan 
beato patri Johann! de Capistrano' und scbliessend: ^Datom. 
Magistrorum suorum minimus Jobannes Rogkacean/ In cod. 
13,855, Hofbibliotbek in Wien, fol. 141a bis fbl. 142a Ueber- 
scbrift: ,Missiua Rokatiani ad Johannem de Capistrano. Salnteui 
et 8. 0. f. et d. . , und endend: ,vir n li^Mosus et sensatus. Da- 
tum. Magibtroruui .'^uorum ininiiuus .loliannos Boliemus.' 

Fol. lOou. Krater Julianucs de Capistrano ordiiiis minorum 
nunuiius et indi^Mius cum sjHi itu bululari graciam luminis sempi- 
terni. Conveuit btrcnnuis pii^ilil)U8 ... — Waloneh 702ff. (hier 
als Brief Job. Capistrans an Borotin, und zwar als Antwort auf den 
vorigen Brief be/.oiehnet, jedooli nur bis W alouch 799: ,ej.,'-) 
resuscitabo cum m novissimo die'. Darnach heisst es in unserer 



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4VJ 

Handschrift fol. 195a: ,Hic sequitur prolixior tractatus quem in 
Olomum-z et Brunne coniitosui et intendo dcstinare saere vni- 
versitati Wieniiensi, cum tütum composuero.' Derselbe Briet in 
cod. 3092, fol. 144b bis fol. 146b, ebenfalls nur bis ,in novittsimo 
die/ und in eod. 'döoS, fol. 2h bis fol. In mit gleichem Schlüsse 
und gleicher Schlussbemerkunf^. In cod. 3875, Wiener Hof- 
bibliothek, fol. 222b bis fol. 224b mit der Ueberschrift: ,Scquitur 
litera patris Johannis de CapistranO| por quam ipsi Kokizano 
respondet^ und dem gleichen Schlüsse wie in unserer Handschrift. 
Dagegen in Handßclirift 5120 der Hofbibliothek in Wien, fol. 117a 
bis fol. 138b mit Ueberschrift: ,Magnificc baro et potens' und 
dem Schlüsse: Dixi eciam et dioo quod sicut illc gignit errorem 
et pertinaciter, quod est crroneum est (!), dcfensare nititur = 
Walouch B41. Der Brief Capistrans auch in eod. 13, 855, fol. 
142a ff. der Hofbibliotbek in Wien, docb za Beginn abweichend: 
^Bfagnifice et potens baro. Frater Johannes de Capistrano ordinis 
minonim minimus et ind^nus cum spiritu Mlutari graciam luminis 
sempitemt. Constitutas sibi hnmili ae deuota obediencia aub 
vnico summo deo . . . foL 153a assumpsit ^mquam reliquisse' ^ 
Walouch 817. Das Folgende fehlt 

Fol. 195b. Hic sequitur alia epistola magistri Johannis 
Boratin. Optans ante omnia tuam prozimomm tuorumque salutem, 
honorem atqne bonam famam in Christo Jesu saluatore nostro 
frater religiöse . . . fol. 196 b. "Ex. Lumich in die sanete Ludmille 
patrone Bohemic minimus magistrorum Johannes Boratin. Dar- 
nach die Adresse: Nominantissimo et utinani digno fratri Jo- 
banni d«- ( api^truiio ordinis niinorum. Derselbe Brief in den 
codd. der Hofbibliothek /u Wien 3092, fol. 14()b \m fol. 147b; 
3338, fol, 4b (hier mit derselben Uober- und Untci-schrift); 
13,655, fol. Iö3ji bis \'o\. l.)4b, mit Ucboröchnft: ,Kokczan', sonst 
hier sehr llüeliti^; ferner in (Jod. 3875 der II()fi)il)]iotln k, iol. 
224 b l)is fol. 225b mit gleicher Ueberschrift und dem Sehlusse: 
,Fnlsus propln^tn »«t sediietor appelleris. In die sanete Lmlmillc 
patrone Hohenne anno LH" ex Luninicli Minimus mai^istrorum 
Johannes Woratin nominantissimo et vtinam di'jno de Capstrano 
fratri Jo. ordiais minimorum.* Derselbe Brief in cod. 47G4 der 
Wiener Hofbiblioüiek, fol. 173b bis fol. 176a mit der Vorbe- 
merkung: ,Copia cuiusdam littere magistri Jo. de Rokyczan, 
quam scribit egregio viro Jo. de C^pestrano ordinis niinorum^ 
desidcrans in cadem littera responsionem supra prima littera, 



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480 



quo incipit: Salutem et saluüb opera. (V^'l. oben fol. 192b.) — 
OptanB ante nmnia . . / und datirt: ,Ex Liticz in die sancte 
Ludmillo patrono patrone(!) llnliemie anno » ti . LP. Minimus 
magistronim .)(». Kokiczau iioTninantissimo et uiinam di^uo de 
Capebtrauo fratri Jo. ordini imnoriinr. Ganz fi^lcitli in Vorbö- 
merkung und Sehluss cod. Öiiin». fol. 245b bi.s 247b. 

Fol. 11)61). .Tesu.s riiritstus. Scriiii.s te optarc Johannes 
Büratin nieani . . . Fol. ü'^a. Ad <>t('rna gaudia pervenire merea- 
mini et gioriam beatorum. Kx Brunna 2° die scptembris anno 
LI® per vestrum Bi uelletis fratrem Johanncm de Capistnmo orduuft 
minorum minimum et indignum. Kxprobrantissuno amico Biio 
magistro Johanni Woratin et cui si facundia, non tarn« ti animiia 
spontaneus deficit blasphemandi. Der Brief gedruckt bei Her- 
manDy Capistranus triumphans 368 fr., daselbst aber undatirt. 
Datirt und adressirt wie hier in den Codices der Wiener Hof- 
bibUothek 309% fol. 147 b bis 194a, 3338, fol. 5b bis 6b, 3875, 
fol. 225b bis fol. 226b und 13,865, fol. 154b, fol 156a. Cod. 
4764, fol 176a bia fol. 178b der Wiener Hofbibliothek mit der 
Uebencbrift: ,Re8ponBio ad predictas preBcriptas dnaa litteraa 
Jo. de Capistrano. Scribis te, optare Jo. de Bokicsan (I) meam . . . 
Ex Brunna XX die mensis Septembris anno etc. LI. £spro- 
brantissimo amico sno magiatro Jo. de Rokicaan (!), coi si fa* 
cnndia, non tamen animiis apontanens deficit blasphemandi'; 
gans gleich mit diesem der Codex derselben Hof bibliothek 3609, 
fol. 247 b bis 250a. 

Fol. 198 a. A tergo: honorabili viro fratri religiöse Johanni 
de Capistrano sibi in Christo dileeto cuiusuis boni eftcctum et 
cum obiscquiü in Cliristü Jesu l'amulandi salutacionern. Fama 
discurrente . . . fol. 198b. Datum Praf^e, sabViatoante cxaUaeioueui 
sancte (Vncis a. dni etc. Ll° = Wadding, XII, 92 — 93. Auch 
Uofbibli-tlick. eod. 3092, fol. 14üa bis fol. 149b, eod. 3388, 
fol. (Uj bis 7ü und cod. 3875, fol. 226b bis 227a. Der Hnef 
, Cuiusuis boni effectum' auch in cod. der Hof] tin k 4i64, 
fol. 179a l)is fol. 1791) mit der üeberschritt: ,bcquinii nlia copia 
quam scribit niapster Jo. Rokiezan egregio Joh. fratri etc. pro 
actu attcuiptandum' und dem Datum: ,datum sabato Präge 
ante exaitacionem sancte crucis anno etc. LI. Magister Jo. de 
Kokiczan. Mit gleicher Ueberschrift und gleichem Schlüsse 
cod. 3609, fol. 250a bis fol. 251a. In cod. 13, 856, fdl 
lööa bis fol. 156 b mit der Ueberscbrift: ,Bok)rczan. Com 



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481 



sm boni aifectus . . / und dem Sciiluäse: lindicio torque- 
buntur'. 

Iq unserem Codex folict: Scqncns scriptum brevi papiro 
exanitnm inaTiii [>ropria tr.msivit. Fama perstrcpcns in ipsa 
Pragcnsi volat eiuit^ite, vos dicere in contemptum fidelium Boe- 
raorura quod laici specie sub utraque communicantcs eterni igma 
iudicio torquebantur. [Dasselbe folgt io den codd. 3338, 3876 
und 4764.] 

Fol. 198b. Magister Johannes de Bokycznn. Copia respon- 
sioni.s ad Kokyczanum a fratre Johanne de Captstrano. ^ 
Venerando ma^^istro Johanni de Rokyczan in Christe veritate 
patris precolendo. Venerande magister cum fementi obsequendi 
animo ad etemam gloriant capessandam in Christo . . . Gedruckt 
bei Waddingy XII^ 93 und in: yOapistranus triumphans 346' bis 
^animi viribus dimicare'. Doch sind durch Uebergang auf 
fol. 199 a einige Zeilen ansgefaUen: YOn ,Ex quibus . . . viribus 
dimicare' (in Folge derselben Worte) und fiUirt sodann unser 
Codex foL 199a mit den Worten fort: ,patet expresissime . . und 
endet: ^men. Vale Interim et | (fol. 199b) te diligentem in Christo 
mutua caritate me suseipe. Ez Bruna ^ (bei Wadding: XX) 
Septembris anno etc. LI.' Darunter: ,Frater Johannes de 
Capistrano ordinis minomm minimus et indignus manu pro- 
pria me non in contemptum fidelium Boemomm, sed in spe 
et desiderio reduccionis dcuiorum ad vnionem ecclesie katho- 
lice L't obcdienciam siimini presuli.s Romani laicis sub vna 
tarnen specie comunicanduiii iuxta ritum et obseruuuciam sacro- 
sancte ecclesie prclibate el'lieaeiter predico pro eterna salutc, 
DtT Brief — datirt vom 20. September — mit dcmsolbcn Schhiss- 
passus in cod. 30U2 der Hofbibliotliek, fol. 194 b . . . lol. 150a 
und cod. 3338, fol. 7a ... 8a, hier mit der gleichen Lücke, 
welche beweist, dass dieser Codex auf 3092 l)eruht. Der 
Bri<d" au(!h cod. HrtTTi. lol. 227a bis fol. 227 b, jcdocli obne (be 
Llicke und Tiiit Datum: ,20. Septend.>er'. Mit der obigen 
Lücke und dem Datum: ,2. 8e])tcml)<'r' steht der Hrii'f auch in 
cod. 449H, fol. 145a bis fol, 146b der Hofbibliothek. Derselbe 
Brief überschrieben: ^esponsio super littera prescnpta. Vene> 
rande magister cum fementi . . / in cod. der Hof bibliothek xa 
Wien 476^ fol. 119b . . . fol. 181a ohne die Lücke, aber auch 
ohne Datum, schliessend mit: ^suscipere', woran sich unmittelbar 
schliesst: frater Jo. de U. o. m. m* et ind. m. p. me snbscripsL 



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482 



n. i. c. . . . Salute^ Mit cod. 4764 übereinstimmend cod. 3609. 
fol. 251a bis fol. 252b, doch mit der Lücke! Derselbe Brief, 
beginuend: jVcnerande mjurifttor cum ft ruenti obsequciuli .inimo'. 
ohne Uebersehrifl, lurkiMilns und solilicssciid: ,Amen vale i. et 
re(V) dilififente in Christo inutua carit^itc siiscipe nie hic. Johannes 
de Capistiiiiio ordinis minimns et indignus . . . pro cterua saiute' 
in cod. 13, 855, fol, 150 bis fol. 157 b. 

Fol. llH>b. Sacre et ilhistri theologie, iurinm, arclumque 
iiniversitati Wiennensi frater Johannes de Capistrano ordinis 
minoraro minimus et indi^us commendaeionem buniilem et de- 
TOtam ac graciam sahitarem et paeem in domino sempitemam. 
— Nolo V08 admirari, clarissimi viri doctoresque celeberrimi 
dratarnttm silenciam . . . foi. 200b. £x Gznoyma XXIIII. die 
septembris anno etc. LR Totius alme vniuersitatiB WiennensiB 
mTtilis aeraus, licet orator iidoliwimuB frater Johannes de 
Capistrano minorum minimns filiusque Tester inmeritns, ge- 
druckt bei B. Pez, Bibliotheca ascetica VIII, ö62ff. Diesen 
Brief enthalten anch cod. 3092 der Wiener Hofbibliothek, fol. 
143a nnd b, cod. 3338, fol. 1—2 ebenda, und cod. 387d, foL 
221 ab. 

Fol. 20 la. All! ubciüii Itiindc: Jesus Christus. 

Fol. 201a bis fol. 202b. S( rcnissima saeraqin- rv^x'ui Ma- 
jestas humillima commeudacioiic premiss.i «^nieiam sahitarem et 
pacem in domino scmpiternam cum omni officio obsequendi. 
l*()stquam omnipotentissimus deus noster etc. ... Kx ciuitate 
Madeburgensi XIII. oetobris 1452. Vestre serenissime Majestatis 
invtiliB seruulus licet orator üdeliBsimus. 

Fol. 202b. Quomodo dominus Jobannes cardinalis sancti 
Angeli yenit Pragam anno M^^CCCC^XLYIII^ Primo sicut do- 
minus legatus yenit Pragam , . . fol. 207 a. confitentes pnnie- 
bantur a consulibus etc. Dasselbe StQck, doch sehr fehler- nnd 
mangelhaft und flttchtig in der Handschrift 4764, fol. 169 b bis 
fol. 172b der Wiener Hofbibliothek. 

Fol. 207 b bis fol. 211b. über dem iiande von fol. 207 b: 
Anno CCCC^LIII« 

CoUatio habita Wienne coram gubernatore regni Vngarie 
et d. cardinali archiepiscopo Strigoniensi et domino de Gilia 
et ceteris episcopis et prelatis de regno Vngarie et comiti- 
bus compluribuB et ambasiatoribus Boemie Morauie etc. pfO- 



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483 



nunciata per M. Jodocum de Haylprunn. — In nomine patriu 
et filii et spiritiis sancti. Kevereiidissime in Christo pater et 
domine domiiic archipresul dignissiun- etclesie Strigoniensis })ri- 
mas quoque et apostolioe sedis legate nato, necnon . . . incom- 
prchensihilis deiis in »ecula benedictus. Amen. Ut^bor Jodocus 
Wcyier von Heilbronn v<^l. Aschbach, J., Geschichte der Wiener 
Universitilt I, 475 ff. Das Conccpt der Hede findet sich mit 
der gleichen Ueberschrift in dem Handexemplar des Jodocus 
von Ileilbronn (Handschrifi der Wiener Hofbibliothek 4706, 
foi. 16Sa). 

Fol. 2Ua bis fol. 212a. Am oberen Rande von fol 211a: 
anno ete. M^CCXLV<* von den turken. 

Das ist geschehen nach Cristi jifepArt dreiczehnhimdert jar 

darnach in dem fünff vnd fLlnffczi^istem jar. — Wir chunig 
von Cypper empieten der kmiiirln Cecilienland vnsern i;rns8. 
Ir sült euch fre\ eii vnd aber iVcwen mit vns vnd . . . der liay 
dinn leichnam die wir vindeu mochten der waren sibenczig 
tauscnt. 

Fol. 212b bis 221 b. De urbiä Constantinopolees iactura 
captivitateque ad s. d. nostrum stimmum pontificem Leonhardi 
Ethicy huinilis professoris Mitellenique archiepiscopi hystoria 
incipit. Flerp mich? ma^ris licet . . . fidentius supplicesque pre- 
caraur. Datum Chii, XVI. die Augusti 1453. Sicut epistola, tarn 
etsi Hiiit hystoria. (Gedruckt öfters, unter Anderem in der 
Schrift: De capta a Mehemete II. Constantinopoli Leonardi et 
Qodefridi Lang! narrationes sibi invicem collatao etc. Recens. 
Joann, Bapt. L'^cuy. Liitet. Parisioram 1823.) Auch in cod. 
4498 der Hofbibliothek, fol. 164b bis fol. 185a enthalten. 

Fol. 221b. Ex hüs que nuper nos omnes audiuimus plane 
et intellcximus . . . fol. 223a. Sancti Michaelis predictum suum le- 
gatnm cum plena potestate transmittore dignetur. Es sind dies 
die kaiserlichen Propositionen auf dem Regensburgcr Reichstage 
von 14r)4, die unter dem Titel , Furtrag der Kayserlichen* in 
deutscher Sprache abgedruckt sind in Gustav Georg König von 
Köuigstlial. Nachlese in den lieichsgeschichton. Erste Samm- 
lung. Frankfurt a. M. 1759, S. 33ff. 

Fol. 223b .. . 224a. In conaentn Fronckfordensi babito 
de mens« Octobris 1454 ad infra scripta deuentom est . . . 
pietatis opera indicant. Der Frankfurter Reichstagsabscbied 



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484 



von 1454, abgedmd^t bei Pray, Annakt regni Hung. 

150 ff. 

Sodann folgt ohne IJnterbrechuDg: 

Fol. 224a. In celebcrrimo conuenta habito aput Franc- 
fordiam Maguntineosis dioceaiB nuper de mense Octobris anno 
presenti 1454; qui indictas fuit ex anteriori conueneioiie et coo- 
silio eelebrato in ciuitate Ratisponensi de men&e Bf ay anni pre> 
dictiy ex institucione et iussione invictissixm principis et domini 
nostri domini Friderici Bomanorum Imperatoris omniam et mn* 
gulornm principum et dominoram electomm Imperii tarn spiri- 
tiialium quam secnlarium neenon eommunitatnm cinitatam et 
opidoram Imperialittm pro apparatu ordinando et exercita con- 
gregando contra infideles et seuientem bestem fidei magnnm 
colnbrem dyaboUcum hominem Naumetbum (!) dacem et do- 
roinnra Turcorum ortodoxe fidei et cbristiani pupuli borrendnm 
invasorem, in quo intei*fuerunt personaliter iufrascripti principes 
et cetcri per suos oratores. 

Inpriiuis fuit sanctissimi domini nostri domini Nicolai pape 
legatas videlicet Keuerendus in Christo | (fol. 224 b) pater do- 
minus Jobannes episcopus Papiensis. — Item intererant persona- 
liter renerendissimi patres et illustrii(i) principes sacri Imperii 
electores videlicet dominus Tbeodericus et dominus Jacobns 
Magnntinensis et Treuerensie archiopiscopi Germanie et Gallie 
arehicancellarü com suis consiliariis. — Interfuerunt personaliter 
illustres principes et domini Albertus marchio Brandeburgensis 
et Carolus marchio Badensis cnm plurima comitiaa baronum 
militom. — Item pro parte prefati invictissimi domini Imperatoris 
aderant solempnes legati et locumtenentesi Tidelieet prenominati 
illnstres domini marcbiones etc. — Item legati prefati serenisstmi 
domini Imperatoris fuemnt dicti domini marebiones. — Itam re- 
nerendissind patres domini Eneas episeopos Senensis, qui solemp- 
nem oracionem coram omnibns peroianity et dornmna Vbioas 
episcopus Gurcensis, qui eam in tbeotonico replicauit — Item 
dominus Hainriens de Papenbay (!) baro maracdialcb ImperiL . . 
Item Magister Hartingus de Goppel (!) vtriusque ittris doctor. BSi 
pro Imperatore interfuerunt. 

Item interfuerunt (H'iani ambasiatores seTenisshni douiini 
regis Ladislai Hungarie et Boeuiic duciaque Auatrie etc. Tide- 
licet reuerendos p. d. Vlricus eleetus Patauiensb Aostrie can- 



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485 



cellarius. — Item magniiicus vir dominus Procopius de iiabeü- 
stain cancellarius Boemiae. 

Item de rcfifno Hungarie duo egregii doctores et pro- 
positi, vnus eorum vicecancellarius regni Vngarie, qai stren- 
nue in literali (soll wohl heisseu: latino) et tbeothunico sefinone 
ambasiatam suam exposuerc. 

De Gallia(!): Item aderat eciam ambasciator serenissinii prin- 
cipis et domini Cristieriii regis Dacie Kouergio otp. archiepi- 
scopus Nigrodcnsis (!).* — Item solempnis ambasiata illustris 
principis domini Philippi ducis Burgiandie aderat, episcopus vi- 
delicet Tulensis cum celebri comitauA nobiliujn. — Item ambaaiata 
illoBtris domini dacis Sabandie. 

De Ytalia. — Item illustris domini B. ducis Mutine et 
marchioius Ferrarie. — Item domini L. marohioDis de Mantua. 

In alio latere legati sedentes: Item Rcuerendisdmi patris 
domini Theoderici archiepiscopi Coloniensia ambasiatoreB et con* 
siUarii dioti domini MagontinentiB et TrenerensiB. — Item illa* 
striB domini L. comitis palatini ambasiata solempnis aderat. — 
Item illustris principis domini Alberti dncis Anstrie dignissima 
ambasciata, — Item ilinstris prindpis domini Lndwici magno (!) 
dacis Banane notabflea viri. — Item ilinstris prindpis domini 
dncis de | (fol. 325a) Branncawig. — Item aderat persona magnns 
magister firatrom Theotnnicorum sancte Marie. 

De Alamania et de Snenia. 

Item ambasiata ilinstris domini Vlrid comitis CSilie qui< 
dem (t) doetor eloqaentisBimns. — Item ambasiata renmndisshni 

domini archiepiscopi Salczpurgensis. — Item ambasiata reaeren- 
dissimi domini archiepiscopi Bisuntinensis. — Item domini episcopi 

Kranbergensiö ( I ) — Item episcopi Monasterieiisit . — htm cx 
ciuiUtübus et opidiö Imperialibus aderaut, videlicct ciuitatis (Jolo- 
niensis, item Aquisgrani, item Maguntineusis, iteiu Katispoueüsis, 
item Newnburgensis, item Spirensis et Bormaciensis, item de 
Hagenau, Weissenburge, item ciuitatis M( tensis et plurimanim 
aliarum. - Item plures comites barones milites ac nobiles 
adfueruut pro suo intererc (!), licet in comitiua et societate 
prenoniinatorum principum electorum et aliorum. 

Iti in disRoluta dieta, statim post recessum prediciorum do- 
miuorum aduenit ambasiata aolempnia cum XXX* equis sere- 



^ NidaroB; jot^t Drontheim. 

Anki?. LXXXYLBd. II. BAlfl«. 88 



üiQiiiZüQ by LiOOgle 



486 



niasimi principis domini Älfonsi regis Aragonie etc., qoi adhnc 
rast in Alamania etc. 

Aderat eciam in predicta conuencione reli^osus et vene- 

rabilis pater frater Johannes de Capistrano ordinis suncti Fran- 
c ihL-i de obscruancia, qui pater mu^^nuni diligcnciain hiis diebus 
in predicando focit, coram prcdictis principibus et aliis ac vi.i- 
uerso poj>ulo et qui (l<-l»iH(I) )>ro|iin(|uii> coiicuiTeliant preili<-an<lo 
publice in foro adhortaiulo tccta (! sollte Avnhl heissen: cuiii.t^ 
Cbristianitatem ad oUuiandum magno iiiimico et seui bosti 
Cbristianitnti> Ttin oruui etc. 

ConsumiUHta est dieta cum felici exitu et optima concordia 
in finn prodirti mensis octobris. 

Fol, 22öb bis fol. 227«. Martinus opiscopub ücruus seruorum 
dei vencrabilibus fratribus Bambergensi et Ilerbipoiensi epi^ 
8copi8 saiutem et apostolicam benedictioDem. äaluatoris omninm 
dominum qui se pro redempcione dominict gregis post . . . 
annnm a datis pFesencinm computandum minime yalituras. Datum 
Rome aput sanctos apostolicos (1) VI. Kai. maj pontificatus nostri 
anno decimo. 

Fol. 227 b bis fol. 229b. Ad serenissimum d. Ladislaum 
Vngarie et Boemie regis (!) etc. Jobannis de Castilio episcopi 
Papiensis legati apostoUca exbortatio in Tnrcoa. — Tametsi nicii3 
dnbitet summus et maximus pontifez noater . . . qoi te felicem 
faciat. (Andere Hand:) Sequitur epistola iam pridem. 

Fol. 229b bis fol. 230a. Beatissime pater et domme. Post 
debitam subiecionem ad pedom oacula beatontm. Legatam et 
visitacionem . . . Dat. Präge XXVI die Mensis janaarij anno do* 
mini etc. Es ist das Schreiben des Ladislaus Postfaumus an Papst 
Calixtus in., gedruckt bei Pray, Annales regni Hung. III, 166, 
doch hier mit dem Datum: Pragae die VII. mensis janiuurii anno 
dni. 1456 

Fol, 230a. Reuerendissirae in Christo pater et domine. 
Retulit nobis vciierabilis presbytor d. Stephanus de Kadiüino 
liuiieciiis nw>t('r . . . Datum K;i<xiisii die XXVIII. noueiubris 
MOCCCLIIII. Kector et coiisiiimii liaguaii. Ileuereiulissim.' ia 
(Jliiisto patri et doinino d. J. dei et apostolice sedis graeia 
episeopo Baradiensi dijj;ni!>siiuo. 

Fol. 230b. Am übercii Rande: Epistola. 

Venerabiiis in Christo pater aiuiee noster preeipue. Rela- 
cione venerabilis probbyteri domini ^tepbani de RaduUno nunc 



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48f 



cn nostri . . . iubcut iios desiderare. Dat. Rector et consilium 
Ragusii. Venerabili in Christo patri amico nostro prccipuo do- 
mino Nicoiao Bario preposito etc. sacre regle maiestatis vice» 
cancellario dij^^nissimo. 

Serenissirao princi|)i d. Friderico dei gracia Romanoram 
imperatori Semper augusto nec non Austrie et Stirie duci etc. 
fratri nostro karissimo Ladislaus eadem gracia tctl Yngarie^ 
Boemie, Dalmaciei Croacie etc. Austrieque et Stirie diix ncenon 
marchio Morauie salutem et fraterntun affectum. Serenisnme 
prineeps frater karissime. Detulerant ad audienciam Testram 
comitea de Segnia . . .ioL 231a. sab nostra dicione consementar 
Datnm Präge die nona febmarii etc. 

Fol. 231 a. Ladislaiia dei gracia (besiebt sieb mOglicber- 
weise nocb auf das Vorstehende, möglicherweise aber auf das 
Folgende). Nobiles et pntdentes yixi fideles nostri dilecti reno- 
natis assidne Mei et fidehtatis vestre indicüs . . . grato animo 
exoptamus. Datum Präge die nona febmarii. 

Fol. 231b bis fol. 232a. Benerendissimo patri domino Jo- 
hanni Waradiensi episcopo Sjmon salntem pliirimam dicit. 
Quarto nonas Aprilis cardinalis sancti Angeli cum Ferraria 
Venecias versus nauigatums erat . . . snspicor addidit preterea. 

Fol. 232b bis fol. 235a. Jam pridem andita et reddita 
sermonis vicissitudo, reuerendissime pater, satis superque de« 
tegem (!) potens fuit . . . Cuius pedibus so iterum recommendat 
etc. (Andere Hand:) S<'(iuitur ej)istola litteref!). 

Fol. 235 a. Littorc ad me tue amaolissime Leonarde dupli 
catÄ . , . Fol, 237 h. pro tua uirtut^i vehementer amo. Ex Nona 
ciuitutc quarta julii 14.^. Es ist dies der Brief des Aeneas 
Syluius an Lconardus (de BencvoleutibusV ) vom ö. Juli 1454; ed. 
Basil. ep. 127, vgl. Voigt im Archiv für Kunde üsterr. Geschichts- 
quellen XVI, 410, nr. 371. 

Fol. 238a bis fol. 239 b. Belliger Ansonie decus et victor 
addite genti, 

Certus honor fessis rebus et vna salus . . . 

Respice grauigenum qui te primum invocat orbem 
Transfer et in Turcos arma ferenda truces. 1453. 

Roth: Das puech ist herren .Torten des Schraten 
pharrer zu sand Peter ze Wienn anno dAi M^^CCCC^LVIR 

Unmittelbar darnach: 

33* 



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488 



Fol. 2B9b bis fol. 241a. Jecz etJich te;r hat ersi.limn an 
den hymi ain geswanczen stern der g^enant wirtt ain comett, von 
desselben ganng, vrsaeh, nattur vnd wedeuttiing hab ich ge- 
dacht ettwas kurczleich ze schreiben . . . wenn &y bedarff lenger 
betraehtuiiii: etc. 

Fol. 241 h. Beatissime pater! Ad pedum osciilaruia vo^fiHi 
beatorum. Obedieneiam humiüimam et douotiira etc. t^uia vbi 
aliquid deficit . . . fol. 242a. per tempora longiora. Kk Salenche- 
men 1456 XVll. Augiisti = Capistran an Calixt III., gedrackt 
Capistranus triumphans 571 — 572. Wadding, annales miDonuD 
XII, 372 — 374. Pray, Annales rejjni Hung. III, 181 (hier nur bis 
BUßcipiunt). Acta Sanetorum (Bollandisten) Octob. T. X, 

Fol. 242b bis fol. 243 a. Beatissime pater I Osculain aDfte 
pedes et nsque ad mortem obedienciam humilUmam et deuotam. 
Qaantas laudes aut graeiantm acciones omnipotenti deo et 
domioo . . . Deo gracia« agant omnes Ohristicole. 

De XXXII bombardifi magni^ dyabolici Thurci certitadmeiii 
teneo . . . ait deperdita. 

Verba et aalntaciones fratris Johannia de Oapistrano tem« 
pore obitaa Johannia de Hunyad gnbernatoria regni Yngarie anno 
dDi MCCCCLVP in Nandoralba id est Kriechbiaclienweiaaen- 
bArkeh. 

Salae aureola celi eecidiati . . . O ta bone Jobaones. Pre- 
pontna Panlna eccieaie Veaprimienaia. 
Fol. 243b. Vacat 
Fol. 244ab. Vacat. 

Fol. 245a bis fol. 24ob. Juramentum Vngaroriim infra- 
seriptorum Serenissimi ( !) principi domino Ladislao regi Vngarie 
etc. factum Bude in die S. Gregorii uauo etc. LVP. 

Ita nos deus adiuuet, beata vir^'o, omnes sancti et sancta 
crax, quod nos Serenissimi (Ij principi domino nostro naturali do- 
mino Ladishio ro^i Vngarie etc. suisque heredibus oinnem tideli- 
tatem et obedienciam contra omnes liomines scmper obseruabi- 
mns snis(jne mandatis parebunus et de omnibus quo per quo«- 
cunque contra statum et honorem siunn parari senserimus, suam 
Maiestatem docebimus et sibi contra tales et omnes ad nos, pre- 
sertim qui castra bona prouentus suos regios contra voluntatem 
suam retinere vellent, üdelem assistenciam faciemus et anxiliuni 
prebebimua comodis siue agendis et incomodia yitandis üdeiiter 
intendere Tolnmua per effectam. 



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489 



Erestpiseholf: Der Ton Gnui, Der tou Galoes; piflcbdlf: Der 
Yoo Bordein, Der voti Erlach, Der von Fünfkirichen, Der von 
Neytra, Der von Rab, Der von Waczen, Der von Rossen. Der 

von Saxin, Der von Cirin, Der von Tyn, Der vou Conaden 
vnd vil brobst viul prekten. 

Die weltleichen Herrn: Graf Vlreich von Cili, Lazaras 
Despot, Crasgraff Nicolaus Wajda, Prior von Gran, Moriti Lassla 
sun, Zeey Jennosch (?), Acht grauen von Krabaten vnd Karbaw^ 
FlVnff p:rauen von Rösings, Zeci Niclos, F umff herren von Kosgan, 
Püluci Laöla, Poluci Enircieli, Zuder Syman, | (fol. 245b) Zuder 
Jacob, Perorii lennuscli, Philippus Jennuscli, (.)rza Miliel, Wazopff?) 
Jcnuseh, Emerich von Hedcrber, Conizi Lassla, Conizi Emreich, 
Barda Jenuscli von Marczclli, Iwan von Lozia, Pangrecs TOn 
Öalicz vnd sunst vil ander herren, ritter vnd knecht. 

Fol. 246a. Wir Jörg von gots genaden kunig zu Behem 
. . . fol. 247 b ▼nsers reiche im funflem jaren d. i. der Körnen- 
burger Vertrag von 1462, gedruckt bei Pez, Script. I, 961 ff« 

Fol. 248a . . . fol. 254a. Antwnrt Tnsers heiligen vater 
babst Paulen^ ausgelegt von latein m dewtsch, auf brief vnd 
botschafft herczog Lndweigs von Baym etc. Es ist die deutsche 
Uebersetaung des pftpedioben Schreibens an Hersog Lndwig 
▼om 6. Febmar 1466 (lateinisch in Script rer. Siles. IX, 156 ff.), 
woTon auch eine deutscbe Uebersetsung, doch Terschieden von 
der nnsrigen, Eschenloer, Geschiehte der Stadt Breslau, heraus- 
gegeben von Kunisch, 1, 274, mittheilt An unserer Uebersetsung 
ist nur su bemerken, dass sie als Datum 1466 gibt, während 
Original und Uebersetsung bei Eschenloer 1465 nach päpstlicher 
Zählung enthalten. 

Fol. 354b . . . fol. 255b. Auslegung des brie& den JOrg 
▼on Bodiebret dem babst in latein geschriben hat Es ist dies 
eine Uebersetsung des im lateinischen Originaltexte in Script, 
rer. Siles. IX, 142 abgedruckten Schreibens König Georgs von 
Podicbrad an den i*apst vom 21. UetoV)er 14tJ5. Eine davon 
verschiedene Uebersetzung bei Eschenloer, Geschichte der Stadt 
Breslau, herausgegeben von Kunisch, I, 267 ff. 

Fol. 256a . . . fol 259 a. Antwurt vnsers heiligen vater 
babst Paulen auf Jörgens von Podiebrat brief geseliikht zu 
bebstliehem stul durch aincni genant Jerosla, ausgelegt von 
latein in dewtBch anno diii cte. LXV 1'". Int eine Uebersetzung 
des im lateinischen Originale in Script, rer. Siles. IX, 150ff. mit- 



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490 



getheOten pftpstlichen Schreibens yon (Jan. 12) 1466 in Sachen 
Geoigs von Podiebrad. Eine andere Uebersetanng bei Eechen- 
loer, a. a. O. S6Bff. 

Fol. 259b. Des kuin^'s von Behem brief «resohricben der 
k. M. aus«]:ek';it von latciii in clewtscb. Ks ist 1)l(>s der Anfang 
eines Schreibens au d<*ii Kaiser, das iidialtlicli dem in ^^cript. 
rer. Silcs.lX, 181jQf. abgedruckten an König ^latbias entsprechen 
dürfte. 

Fol 260 bis fol. 267 a. Vacant. 

Auf fot. 267b ist folgender Brief (Pergament) aufgeklebt: 

Dominicas miseratione diuina tt. sancte Crucis in Je> 
rusalem presbyter Cardinalis dilecto in Christo Andree Kolwers 

rcctori altaris sancte Crucis in ccclesia saucti Stepiiam l'ala- 
uicnsiij diocesis salutem in duniino. Solet annuere scdcs apo- 
stolica piis votis et honestis petentuni precibuis, maxime vbi Salus 
requiritur aniniurum fauorem )>eniv()lani impartiri. Cum igitur 
ex parte tna nobis fuorit hnniilitcr supplicatuni vt in animc tue 
sulatiuni ('li<r<:'ndi coufcssürem ydoneuni tibi liccntiani ooneedere 
dignareiniir ete. — Datum Korne apud Sanctum Petrum sab 
sigillo ofticii pcniteneie (V). Dat. V. Kl. Maü^ poutif. düi Nicoki 
papae V anno quarto. 



Fassen wir hier noch einmal den reichen Inhalt der Hand- 
schrift zusammen, so ergibt sich bezüglich ihrer Entstehung 
etwa Folgendes. Ihren ersten Ursprung verdankt sie dem 
Fleisse eines Bchtdmeisters der Stadt Haimbnig. Denn Laebhard 
von Egkenfelden ^halber maaster der hohen schuel 2e Wjem*, 
Schulmeister zu Haimburg^ war es, der im Jahre 1431 auf die 
gegenwärtigen Bltttter 9 a bis 100a die Chronik des sogenann- 
ten Hagen eintrug. 

In Wirklichkeit gilt dies freilich nur yon einem Theile der 
Chronik fol. 63 b bis fol. 64a, fol. 65 a bis fol. 100a, während 
der Anfang derselben, fol. 9a bis fol. 63 a und fol. 64b von eint r 
anderen, wenn auch ;j:leiclizcitii,^eii liand herrührt, die sodann 
auch bei der Herstellung anderer Theile unserer Huudschrifl 
ihiUig war. 



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491 



Wm den hier genannten Liebhard von Epkenfelden be- 
trifft, so kommt derselbe in Jos. Maurer, Geschichte der landcs- 
fUrstlichen Stadt ilaiiiburg nicht vor und wird auch in den 
Wiener Universitiitsacten vernu^'St. Wohl aber begegnet nach 
einer giltigen Mittheilung des Herrn UniversiWtsnrchivars, 
Sectionsrathes Dr. Carl Schranf in der Hnuptniutrikcl fol. 8üb 
unter den Rlienonsen ein: jLeouhardus d(! Kkkenucld pauper' 
und wird derscllx' laut Acta fac. art. I, l'ol. tila .Leonhardus 
do Ekkenfeld' am 11. Juli 1428 Haccalarius, worauf er weiter- 
hin in den Universitäts.a'ten niclit mehr erscheint. ,Er hatte 
demnach/ so urtheilt Dr. iSchrauf, ,nur die Hälfte des Magi- 
steriums erreicht, da er weder das Licentiat noch das Magi- 
steiium erworben, und nennt sich deshalb einen halben Ma^ 
gister der freien Künste.* Schwierigkeiten bereitet allerdings, 
dass unser Schreiber sich ,Liebhard' nennt^ wi&hrend die Uni- 
Yereitätsacten nur einen ,Leonhardas' kennen. 

In unmittelbarem Anschlüsse an die Chronik Hagens trog 
der Haimburger Schuhneister eine Anzahl mittelhochdeutscher 
Gedichte (fol. 100b bis fol 114a) ein; nur «Ein Kejthart' (fol. 
114 b bis fol. 115 a) rührt von anderer Hand her und ist ohne 
Zweifel erst etwas später eingetragen. Zum ursprünglichen Be- 
stände der Handschrift des Haimburger Schulmeisters gehört 
ohne Zweifel auch ein Formelbuch (fol. 117 b bis 122a), das, 
von mehreren Händen geschrieben, der Hauptsache nach von 
Liebhard von Egkenfelden selbst angelegt sein dürfte. Denn 
eine grossere Ansahl yon Stticken nimmt auf Haimburg Bezug ; 
soweit dieselben datirt sind, bewegen sie sich zwischen den 
Jahren 1432—1435. Die Zugehörigkeit dieser Partie zur ur- 
sprüii^dichen Handschrift ergibt sich auch daraus, dass zu deren 
KmU;i<:ung der Kest einer dein ursprüngUelien Bestände an- 
gchöri^^en Lage benützt wurd«. Die hier besprochene Partie, 
fol. 9 bis fol. 122, zeigt auch ein und dasselbe Wasserzeichen: 
den Oehsenkopf mit der filnfblättrijL,'en Bhime an einer zwischen 
den Hörnern sieh erhebenden Stan^i^e. ( rleiehzeitig mit diesem 
Theile unserer Handschrift ist die Partie fol. 141 bis fol. 158 b — 
enthaltend Mareolt" und dir inedicinischon A}>sehnitte — ent- 
standen: sie ist von derselben Hand ireschncben, von der der 
erste Theil der Chronik Hagens stammt. Wasserzeichen und 
Linienschema sind denen der fol. 9 bis fol. 122 entsprecliend. 
Hier wie dort ist der Text in swei Colnnmen geordnet, die 



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492 



durch ein und dasselbe LioienselieiiiA Ton eüuuider getrennt 
sind. Der mediciniscbe TheÜ sefalient mit einer Bemerknng (s. 
oben S. 475), in der dasadbe Jahr 1431 erw&hnt wird, In welchem 
Liebhard Ton Egkenfelden die Abechrift der Chronik Hägens 
beendete und auf welche auch das Haimburger Formelbuch hin- 
weist Der sich fbl. 158V bis fol. 160b anschliessende ^Panbrieff 
über hercsog Ludweig von Ingelstat' gehört dem Jahre 1434 an. 

So weit war unsere Handschrift gediehen, als sie in den 
Besitz des Pfarrers von St. Peter in Wien, Jörg Schrat, tiber- 
ging; und zwar geht aus dessen eigenhändigem Vermerke auf 
fol. 100a hervor, dass dies spätestens 1457 der Fall war; vgl. 
auch fol. 19b, wo der Name Geoig Sclirat in eine Initiale ge- 
schrieben ist, fol. llöa und fol. 939b. Dieser schickte zunächst als 
Ergänzung der Hagen'schen Chronik, fol. 1 — 8, die in Wasser- 
farben ausgefdhiten fabelhaften Wa]>pen Oestorreichs voran; 
denn in der Chronik selbst ist zwar iler Raum fiir die Wappen 
ausgespart, diese sind aber nirht ausgeführt. Schrat selbst hat 
in einer nachträghchen Notiz zu Hagen, fol. 90a ,vnd ist vor 
an dem puech gemalt' auf die vorangestellte Partie Bezog ge> 
nommen. Dazu fUgte er, fol. 2 a, sein eigenes ,der Schraten 
Wappen' mit der Jahrzahl 1457 ; sowie auch die Tabellen, foL 
la bezeichnender Weise mit 1457 beginnen. Das Wasseneichen 
dieser Partie, fol, 1 bis fol. 8, ist die Wage. Ebenso fügte er 
zwischen die Lagen der ursprünglichen Handschrifit, fol. 9 bis 
fol. 122 und fol. 141 bis fol. 160, zwei neue Lagen, fi>L 123 bis 
fol. 134 und £»L 135 bis fbl. 140, ein, you denen die erste schon 
oben als DoppeUage angedeutet wurde, die sweite unbeschriehen 
geblieben ist. Und zwar zeigen fol. 123 bis fol. 125 und fiil. 
132 bis fol. 140 dasselbe Papier, während fol. 126 bis foL 131 
eine Sltere Einlage darstellt, die aber Jorg Schrat, durch 
seinen fol. 126a rechts und fol. 131b links am oberen Rande vet- 
merkten Namen ausdnicklioh als sein ESgenthum bezeichnet, 
während hinwiederum die fol. 132 bis foL 134a enthaltene Auf- 
seiohnung tlber die Pest in Neapel 1456 gerade in die Zeit 
fitUt, da die Handschrift in den Besita Schrates kam. Das ]nte^ 
esse des Letzteren war, wie der weitere Inhalt unserer Hand- 
schrift lehrt, vorzüghch der Geschichte seiner Zeit zugewendet. 
So begegnen als ein besonderer Tlieil die Capistranbriefe, fol. 
161 bis fol. 184. aus den Jahren 1451 — 1454, von einer Hand 
geschrieben^ woran sich, mit einer neuen Lage {M. löda) begiu- 



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493 



nend, von einer zweiten Hand noch weitere Capieiiranbriefe 
reihen^ von denen ein Theil, fol. 192b bis foL 199 b, in der- 
selben Reihenfolge in Handschrift 3875 der Hofbibliothek wieder- 
kehrt und demnach aus einer, jedoch von der soeben erenannten 
verschiedenen, Handschrift bereits in diesem Zn.saTiimenhang 
herUbergenommen scheint. Es folgen sodann Actenj^tiicke der 
gleichen Zeit von (1344) 1454 — 145f) von derselbon Hand, wolclu^ 
von fol. 18;') bis fol. 293b zu \ > rfol;rcn ist. Dio lo( r gebliebene 
Seitenhiilftc, fol. 184b, hat nachträglich eine andere Hand zur 
Eintragung annalistischer Angaben für die Jahre 1342 — 1400 und 
eine dritte Hand fUr das Jahr 1426 benttUt. Jedenfalls macht 
auch diese Partie des Codex einen zusammenhängenden Ein- 
druck. Als Eigentham Jörg Schrat's ist auch dieser Theil 
durch die Bemerkung auf fol. 239 b charakterisirt. 

Fol. 239b folgt die Beechreibimg eines Kometen, welche 
bis fol. 241a reicht, von einer von den bisherigen verschiedenen 
Hand, worauf fol. 241 bis fol. 242a wechselnde Hände neaer- 
dtngs aof Oapistran bezügliche Hittheilnngen machen. Ob auch 
der Rest der Handschrift^ d. i, die Lagen fol 245 bis fol. 258 
nnd fol. 259 bis foL 267, der Hsndsehrift JOrg Schrat's bereits 
angehörte oder nicht, ist nicht an entscheiden, doch macht der 
Inhalt dieses Theiles letsteres ebenso wahrscheinlich als das 
Wasserzeichen der letzterwähnten Lagen. 

Was den zweiten Besitzer unserer Handschrift, J5rg 
Schrat, der sich als Pfiurrer zu St. Peter in Wien bezeichnet, 
anlangt, so liess sich auch Uber ihn leider nur wenig ennitteb. 
Der Familienname Schrat (Schratt), oder, was wohl damit im 
österreichisch-bairischen Dialecte gleichwerthig ist, Schrot (Schrott) 
begegnet nicht eben selten in den urkundlichen und ge- 
schichtlichen Aufzeichnungen jener Zeit. Du unser Jörg Schrat 
sein 1* amilienwappen in die vorlicjjende Handschrift aufnahm, 
so könnte man im ersten Augenblicke an adelige Abkunlt den- 
ken und ihn — da uns wenigstens ein anderes Adelsgesehlocht 
dieses jSameiis zunHchst nicht bekannt ist. mit dem stembchen 
Herrengesehb^rhtt' der Schrott in Verbindung brineren. Allein ab- 
gesehen davon, dass sich letztere, wie es scheint, constant Schrott 
nennen, widerspricht dieser Annahme das beiderseitige Wappen, 
Das Wappen unseres Jörg Schrat ist ein schräggestellter Schild, 
der in rothem Felde eine weisse oder silberne Taube (oder auch 
einen Falken von dieser Farbe) zeigt, der fUr den Beschauer 



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494 



aufrecht steht Derselbe Vogel mit ausgebreiteten Flttgen, anf 
einen gelben (goldenen)^ mit ebenfalls gelbea (goldenen), schwars 
befransten ICnQpfen versehenen Polster gestellt, kehrt auf dem 
Helm wieder. Die Helmdecken sind aussen roth^ innen weiss 
(silbern). Qans verschieden davon ist das Wappen der steirischen 
Sehrott; wie aus der Abbildung in dem Wappenbnche des Zacharias 
Bartsch, heraosg. von J. v. Zahn, p. 48, hervorgebt Das Wappen 
ist geviert: 1 und 4 ffespalten, rechts Silber ledig, links von 
Gold und Schwarz flreiiiial quer^etheilt, 2 und 3 in Silber tiii 
rechts in Roth, links in Silber •:r(.ki('i(letc8 MUnnchen, die Schösse 
wieder verwechselt in I arbc, in der Rechten einen rothon Apfel 
haltend, die Linke in die Hüfte «rostemmt. Zwei Helme, auf 
dem rechts offener Flug, rechts Silber, links von Gold und 
Schwarz dreimal srethoilt, auf dem links das Männchen des 
Schildes. Deeken reehts schwarz und gold, links roth und wpi«s. 

Ob freilieh das in unsere Handschrift eingemalte >\'ajipen 
in Wirklichkeit existirte, oder vi<'lleicht nur in der Phantasie 
des Pfarrers von St. Peter, die zu dieser heraldischen Eründung 
durch die ihm geläufigen Wappen der Hagen'sehen Chronik 
angeregt worden sein mag, ist znnfichst eine offene Frage, an 
deren Beantwortung erst auf Grund der Ermittlung «einer Her* 
kunft geschritten werden soll. 

Es unterliegt wohl kaum einem Zweifel^ dass unser Jörg 
Schrat ein Oesterreicher von Geburt und bttrgerlicher Abkunft 
war. Auf jenes weist schon der Inhalt der in seinem Besitze 
befindlich gewesenen Handschrift bin, für dieses soll es nicht 
an Beweisen fehlen. Doch zeigt sich der Besitaer unseres Codex 
nach so verschiedenen Seiten hin angeregt, dass die Vermuthnng, 
er verdanke diese Anregungen dem Besuche euier Univerdtäty 
an sich wohl nahe Hegt Wichtige Aufschlösse gewahrt in 
dieser Hinsicht das Wiener üniversitfttsarchiv. Wie mir mein 
lieber Freund, Herr Universittttsarchivar Sectionsratb Dr. Carl 
Schrauf, mitsutheilen die Gttte hatte, kommt in der II. Hanpt- 
matrikel, foL 28, unter den Australen 1432 Sommersemestsr: 
,G«orins Schrot de Eraraersdorf ... 4 gross.* und 16 Jahre 
später (1448) ebenda ira Sommersera estcr unter den Australen: 
,Petrus Schrat de Emersdorf . . . i i;ru»b.' vor, eine Stelle, die 
deshalb von Belang i«:t. weil sie ebenso wie anderweitige Be- 
lege zeii^t, dass die Naiuensformen ,Schrot' und ,Schrat^ sich 
auf dieselben Familien und Namen beziehen. 



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Es dürfte gestattet sein, in jGeorius Schrot de Emmers- 
dorP unsern Jorg Schrat zu erblicken, zumal Georius Schrot 
ebcnsowenif^ wie sein Namensvetter und muthmassHcher Ver- 
wiuultcr Petrus Schrat von Emmersdorf unter den öraduirten 
der Universität begegnet. 

Das hier genannte Emmersdorf ist ohne Zweifel der dem 
Kloster Melk gegenüber am linken Donaanfer gelegene Markt- 
flecken dieses Namens. Denn zum Jahre 1448 ist ein Wolf- 
gang der Schrott, gesessen zu Obern-Emmersdorf, nachweis- 
bar.^ Und auch in Melk begegnet 1469 nrkandUch der ,£rbar 
weise, Wolfgang Schrot (Schrat) Bürger zu Melk' (Keiblinger, 
Geschichte des fienedictinersttftes Melk 1, 634), der 1473 mit 
seiner HaoB&au Anna zwei Joch Aecker zn Melk im Weiber- 
tbale zur Beleuchtung des St. Colomansaltares, des Sttfter- 
altares und des Frauenaltares in der Gruft widmet (ebenda). 
Die Familie Schrat (oder Schrot) erscheint auch um diese Zeit 
und noch 1506 im Besitze der Feste Streitwiesen bei POggstall.* 

Die liiii^ ( jetzt Ruine) Streit wieseu, ' auf einem niederen 
Hügel um Weitenbache, V. O. M. B., gelegen, nach der sich 
ein Geschlecht benannte, welches um 1400 erlosch, gin<r 144,3 
an die Schratt tihcr, da Katharina, die Tochter des früliercn 
Besitzers. Namens Fleisehess, sich mit Jakob Schratt vermählte 
und 1443 btreitwiesen von Kaiser Friedrich IV. zu Lehen er- 
hielt. Als BesitTser der Burg legten sich die dortigen Schratt 
den Namen derselben bei. Jakol) Sehratt starb 14<)3 und wurde 
in der Burgkapelle zu Streitwiesen beigesetzt, wo sein Grab- 
stein noch vor einiger Zeit zu sehen war.* 

Auch die eine halbe Stunde Yon der Burg entfernte St 
Stefans- (Pfarr^) Kirche des Marktes Weiten enthält ein interes- 
santes Denkmal dieses Zweiges der Familie Schrat. Die Kirche ist 
durch ihre aus dem 14. Jahrhunderte stammenden Glasgemälde 
berühmt; nur eines der Fenster — das dritte, unweit der Frauen- 
kapelle — ist zumThetle minderwerthig und jttngeren Datums. 
Der betreffende Theil — die dritte Reihe des Fensters — ist 



* Topographie von Niederösterreieh II, 564. 

■ Vgl. Uber die«e »Boine Streitmesea' mit Abbildung in Berichte und Mit- 

theilnnges dea Altertfannwverainei *a Wien XXVI, 140. 
' Beil, Du DoDanllndebea 414. 

* Vgl. ebenda. 



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496 



eine Stiftung der Sclint. Die eine Tafel stellt die Matter Qottei 
mit dem Kinde> anf der Mondeuichel etehend, in eUiptischem 
Nimbtts dar. Die andere finks nebenan seigt einen knieenden 
Bitter in der sm Anfang d^ 16. Jahrhunderts üblichen Uarnisch- 
tracht, in cannelirter Rüstung mit geschobenen Schüssen, dar- 
unter in gelber Farbe die Inschrift^ ,Dcr edl . und vest . partho- 
lorae . Schratt . zu . streitwiseu . hat . das . glas . lassen . machen . 
a . d . 1506/ * Man vermuthet, dass dies Gcmftlde aus dear ver- 
fallenen Schiüsskupelle hieher übertragen worden sei.* 

Neben dem Bitter Bartholomäus Schiat ist auf dem GUs- 
fenster sein Wappen dargestellt: eine weisse Taube im rothen 
Schilde.' Es entspricht dies genau dem in unsere Handschrift 
eingemalten Wappen, und es ist demnach nicht mehr zu be- 
aweifeln, dass letzteres ein wirkliches ^Vappen ist, und dass 
unser Jörg Schrat, Pfarrer zn St. Peter in Wien, in der Thst 
der hier besprochenen Familie angehört. 

Allerdings behauptet Carl Lind/ dass das Wappen der 
Familie Schratt im oberen Felde des getheilten Schildes zwei 
im Winkel gelegte Arme, die zusammen ein W bilden, seige, 
das tmtere Feld gesebacht sei. Aber diese Behauptung kann 

nur auf einem Irrthum beruhen. Lind handelt nämlich von dem 

aus dem 15. Jahrhundert staniiuenden Siegel des Marktes Weiten, 
in welches das eben beschriebene \Vappen Aufnahme fand. 
Lind selbst bezeichnet dies Wappen einmal als jenes der 
Tierren von Strein-Schwarzenau, unmittelbar durnaeh aber als 
jenes der iSehratt. Doch ist das eine wie das andere niclit 
richtig. Das Wappen der Schratt kommt, da es ganz ander» 
gestaltet war, nielit in Betracht; aber auch jenes der Strein- 
Schwarzenau war gänzlich verschieden. Dasselbe zeigt vier 
Felder, von denen 1 und 4 von Blau und Gold horizontal ge- 
theilt und ohne Bild sind, während in 2 und 3 in Koth je ein 



* LtflllteiibwyW' , Joh., Beitr. zur Beschreibnnfj \ir\i\ Geschichte der l'farr- 
kirrhf» nnd Pltne TOn Weiden (Ber. und Mitth. d<»s Altcrth -Vereint - la 
WiiMi 1, HOA). — Sacken, Ed., Freih. v , Kunstdenkruale dm Mittelalters 
im K.rei.HO ober dem Maohartsberge. Ebeud» VI, 100. Vgl. auch Lind, K., 
Aus Weiten. Ebenda XXXm, 76. 

* Liehtenbeiger» Joh., a. a. 0. 304. 

* Ebenda. 

« Ber. und MiUh. des Altorth.-Vereinos iu Wien XXI, 9. Diceelbe Be- 
hanptang findet «ich ebenda XXXVi, 140 anageeprocheo. 



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497 



silbernes Liodenblatt erscheint.^ Dcas von Liiul I f^schriebene 
Wappen ist vielmehr, wie schon Ed. Melly, Beitrage zur Siepfel- 
kunde des Mittelalters I, 57, richtig vermuthet bat, das W;i}»})en 
des im 15. Jahrhundert < rloscbenen Geschlechtes der Streit- 
wiesen. Dieses weist nämlii h in der oberen weissen Hälfte des 
getheilten Schildes zwei Arme mit ineinander gelegten Händen 
— also ein W, wohl als Anfangsbuchstaben ihres Besitzes 
Weiten — auf, während die nntere Hälfte weiss und schwarz 
geschacht ist.* 

An der Evangelienseite des Schiffes der Kirche zu Weiten 
befindet sich eine sehr alte Kapelle, asi deren Wand der Grab- 
stein des Mert Schrat au Streitwit sen und seiner Gemahlin 
Katharina mit drei Wappen und die runde htflaeme Gedäoht- 
nisstafel fUr deii am 2. August 1546' yerBtorbenen, aber nioht 
zu Weiten begrabenen Lenpolt Schrat mit semem Wappen za 
sehen ist^ 

Ein Mitglied dieses Zweiges der Familie Schrat war der 
Propst des regdirten Chorherrenstiftes an Waldhausen im Lande 
ob der Enas, Konzad Schratt von Streitwiesen (1501—1630).* 
lÜt jenem Leopold Schratt an Streitwiesen, welcher 1546 aus 
dem Leben schied, ist der genannte Zweig wahrscheinlich 
erloschen, da noch im 16. Jahrhundert Streitwiesen an die AI- 
brechtsheimer, dann an die Rot yon Reinprechtspülla Überging. 

Unter den Besieglem des zweiten Martberger (Maüberger) 
Bündnisses erscheint ein Hans Schrat von Lowppoldstarff.® 
Ohne Zweifel ein Verwandter desselben, vielleicht sein Sohn, 

* T0. MitCb. des Alteitli.-yweiiiM ra Wtom ZZVI, iOl. KnMobke, Enift 

Heinr., Neues allg. dent«che.s Adeln-Loxikou VIII, 888. 

* Eoil, a. .1. O. 420. Vgl. dio Abbildunr,' dos Wapp»»!!" in dem Sio?rp1 vmi 
Weit»^n (Ber. und Mitth. des Altt'rth.-Vert'ines in Wien XXI, H). Auch 
bei Dueilius, Ii., Excerpta genealog. bistor., Tab. XVII, CCXXXIU (Siegel 
dar Katharina von Streitwiesen von 1370). Ebenda CZXI «. 1870, 
Wappen Alberta von Streitirieeea und bei Fhilib. Hnel»er, Auvtria «x 
areh. Mellioena. illiuteata, Tab. VI, nr* 11, a. 1888. Biege! Beiurielu von 
Streitwiesen. 

» Nicht 1606, wie in Bor. und Mitth. des Alterth -Vereines zu Wien XXVI, 
140, Anm. *2 zu lesen iat. Vgl. auch BeU, Daa Donauländchen 481. 

* Lichtenberger, Job., a. a. O. 305. 

* F. H. Priu, üesch. des aufgelassenen Stiftes der regulirten Chorherm des 
h. Aofuitia ni Waldhansen (AicliiT Ar Kunde (Stterr. GeeoUchtsqueUen 
IX, 846). 

* Chmel, Joe., OeecUehte KalMr Friediidu IV., II, 847. 



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498 



ist jener Wiener Bürger Jarg Srot, der, wie JficIiAel Belieim 

in dem Buche von den Wienern^ erssllhlt, 1463 das Schloss 
Leopoldsdorf (bei Laxenburg) besass, das ihm die ,Kaisercr* 
abgewannen. Ob boido iiiit unserem Jörg' Schrat verwandt 
geweböu sind, bleibt unentschieden. An einer anderen Stelle* 
wird von Beheim ein Kaspar Schrat genannt, der aber kaum 
als Verwandter unseres Pfarrers in Betracht kommen düifte. 
14.30, 28, November, versribt Ulricli Sehrot, Bürger von Wien, 
dem Ulrieh Kizinger von Eizinff, Ilubmeister in Oesterreicii, 
8 Pfund Ptenni'2:e jähdicher Giilte, .^'elejren anf überlcndt zu 
Gaubatseli des Fürstenthnms zn ( )esterreirli Lehenscbaft dy 
mit Abgangk weylent Sigharten des Fronawer ledig worden 
und die mir der allerdurchleuchtigst Fürst und Herr Albrecht 
Kömischer zu Ungern und zu Behaym etc. künig und hcrz<^ 
SU Oesterreich etc. mein gnedigster Herr lobl. gedächtnius 
von meiner getreuen dienst -vvoc^on und von sundern gnadeD 
verheben hat'. (Archiv für Kunde r>sterr. Geschichtsquelleil, 
II. Heft, S. 15.) In den Jahren 1500 — 1510 wird in dem Steuer- 
anBchlagbuche des Widmeryiertels ein Ulrich Schrat als Be- 
sitser des Hanses |Eiim eisnen Qatem' an^efilhrt. Vgl. Cari 
UhÜns, Urkmtden und Regesten ans dem Archive der k. k. 
Reichsbaupt- and Residenzstadt Wien II (ans dem XVII. Bd. 
des Jahrb. der kanstbistor. Sanmilungen des Ah. Kaiserhauses), 
nr. 15566, 15581, 15593. — Ob dieser oder endlich einer der 
ebenda im Personenregister S. 153 verzeichneten Träger des 
Hamens ,Schrot' mit unserem Pfarrer in verwandtschaftliche 
Verbindung zu bringen ist, ist nicht zu entscheiden und daher 
für uns belanglos.' Wäre es der Fall, so mOsste man wohl 
annehmen, dass die Familie oder ein Theil derselben spiUer 
nach Wien tibersiedelte. 

Und letzteres selieint in der That aus einer Urkunde vom 
27, März 1448 hervorzugelieu, der zufolge Meister Stefan 



^ Aufgabe von Karigao, S. S04. 
* Ebenda S. 166. 

' Nebenbei seien hier noch der in Johann Tichter» Ta^j^ebuche ^FonL rer. 
Aoatr. I, 1, 32) boih Jahre 1494 g«iiaaiite Sehrat «eapitUMiu in eaatn» in 
einitata Pnikch mipar Lejtta* und der in SignraiMl von Herbenilein's 
Selbtkbiofrraphie (ebenda 168) genannte WoU^g^g Schrot, Liceociat» 

bnrr'-r zn Hrätz' erwähnt Doch gab C8 auch. Wie bereits bemerkt, ein 
Btuirisches Adehtgeschlecht Kamens Schrott 



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499 



von Eg^enburg ,LeIiicr der h. (leschrift*, Chorherr zu Si. SiLtUu 
in Wien, .Jakob Kechweiu, Hubschreiber, und Ulrich Kerner als 
Bürger und Ausrichter des Geschäfts (Testamentsvollstrecker) 
des vei-storl)ßuen Ulrich Schrot eine von demselben auf St. 
Bartliülomäusaltar zu St. Peter •gestiftete Meöse dem Meister 
Si;i:inund Obrecht von Lengenfeld verleilicn, mit dem Zufügen, 
dass die Stadt in Zukunft Leheiisherr sein und dieselbe stets 
dem jältisten Maister Artisten der Herzogen Coliegii bei den Pre- 
digern der kain Goth gab hat' verleihen sollen. Die Messe ist 
auf zwei WeingUrten gestiftetj von denen dw ,gclegcn ober- 
halb des h. Geists, in der langen Gassen, genannt der Gries, 
der andere zn Grintzing ober des Turno in der Peunten^^ 
geht daraus einerseits hervor, dass Ulrich Schrot in Wien be- 
gütert war und andererseits, dass er in gnten Beziehungen 
zur Uniyersitäty und zwar zur Artistenfacuität gestanden hat 
Dasa die Messe gerade nach St Peter, wo damals unser Jörg 
Schrat Pfarrer war, gestiftet wurde, macht es höchst wahr- 
Bcheiniich, dass Ulrich Schrot sein leiblicher Verwandter war. 
1465 wird ein Mert Schrot als Bttrger und Verweser des Un- 
gelts YOn Wien bezeichnet (Archiv flir Kunde Osterr. Geschichts- 
quellen X, 424, nr. 832.) 

Wiesinger in seiner ,Geschichte der Peterskirche in Wien', 
Wien 1876, S. 80, &ngt, dass in Urkunden des Stadtarchivs aus 
den Jahren 1441 und 1461 Jörg Schrot als oberster Caplan 
der Peterskapelle und zwar neben Lienhart Lengenholzer er- 
waimt werde; aber nach einer rrütifi;en ^[ittlicilun<r des derzeiti- 
gen Obcrarchivai*s der Stadt Wien , Herrn Dr. Carl Uhlirz, 
wird in den Urkunden dieser beiden Jahre, welche das Wiener 
Stadtarchiv besitzt, Jörcr Selirat oder Selu'ot nicht erwähnt. 

Gleieliwohl dürfte die Angabe Wiesin£rcr's »nicht zu be- 
zweifeln sein. Aus den von A. Ritter v. Camcsina in den ,Mit- 
tbeiluii^en des Alterthnrasvereines' zu Wien XII, 15 und 25 
bei«::ebrachten urkundliehen Belegen für die Geschichte der 
St. Peterskirche ist ersichtlich, dass Eberhart Castner eine täg- 
liche Messe zu St. Peter auf Unser lieben Frauen- und der 
Klftausend Jungfrauen- Altar gestiftet hat, und dass in den 
Jahren 1441 — 1461 Jorg Schrot ,Caplan Eberhart Chastners^ 
und zwar am ,der zehntausend Kitter und ayndleft tausend 



* Ber. und Mittli. dw Altertb.>yef«mw XII, 18. 



üiQiiiZüQ by LiOOgle 



500 



inayd altar' geweaen ist Dus er in derselben Zeit «ichy wie 
Wieainger behaaptet^ oberster Caplan der Peteiskapelle oder, 
wie ans nnserer Handschrift kerrorgelity 1457 Ffiurrer an St 
Peter gewesen sei, wttrde damit nicht in Widersprach stehen. 
Schwerer vereinbar mit dieser Beseichnong ist jedoch die That- 
Sache, dass Jorg Schrat in denselben urkondlichen Belegen mid 
während derselben Zeit 1441 — 1461 sugleich als Pfarrer von 
Manswörth bezeichnet wird. Man wird also annehmen müssen^ 
dass er nach einer damals weitverbreitet - n Unsitte mehrere 
Pfründen zugleich besass, und dass er die i'lanc Maiiswürth 
durch einen Substituten pastorircn Hess. Denn dass er doch 
wirklich Pfarrer von St. Peter war, geht aus der Erwälmung 
einer Messe hervor, die er zu St. Peter auf Unser Lieben Frauen 
Ahar gestiftet hatte. Hier wird er , Georg Schrott, caplan aber- 
nannten * Castners stifft und pfarrher zu St. Peter' i^enannt.* Die 
Stittung bestand in 100 Pfund PfennitrtNi. die auf das Haus des 
Fleisch harkers — Wampenwascher nennt ihn jNIichael Beheim 
(a. a. O. 285) — Jakob Manhart (Mainhart) bei der Himmel- 
pforle, in der Wejhenporck angewiesen waren. 



Zur Geeoliiehte der Mindeij&hrigkeit Heraog 
Albreohts V. von Oesterreioh. 

Von den einseinen Bestandtheflen nnserer überana gehsll- 
reichen Handschrift^ von denen insbesondere die mittelhoch- 
deutschen Gedichte und die Capistranbriefe faohmlinnischer 
Verwerthnng* entgegensehen^ sei hier ausser den bereits der 
Beschreibnng des Codex eingefügten Stllcken nnr jenes Acten- 
stllck mitgeiheilty welches wir für das werthyolkte erachten» 
jene Schrift nämlich, in welcher Hertneid von Potendorf, Mar- 
schall Ton Oesterreich, Leopold Ton Eekhartaan, Hofmeister, 
und Hans der Neidegker, Kammermeister des junges Heraogs 
Albreeht V., offenbar zu ihrer eigenen Rechtfertigung enSUsn, 
was sie anlässlich der im Jahre 1410 in Wien ausgebrochenen 



^ So, d. f. ,obß:enannt' wird statt ,abenieDteii' bu lesen aein. 
* Mittheil, des AltortliumsT. Xllf 15. 



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501 



Seuche zui' Bcwalinm^^ il^res jungen Laiult'sfiirsten vorgekehrt, 
und wie sie sich dabei gep^en die Herzoge Leopohl und Krust 
als dessen Voruiiinder verhaken haben. Der Wertli dieses 
ActenstUckes liegt nicht blos darin, dass es uns fast die ganze 
einsohliigiiir Oorrespondeiii^ überliefert, sondern auch in den 
tiefen Einblicken, die uns diese in die Paiteikämpfe der Zeit 
gestattet. 

Diese Parteikäinpfe stUDden mit den Streitigkeiten Uber 
die Tormundschaitliche Kegienuig in Oesterreich in so engem 
Zusammenhange, dass zum Verständniss der ersteren ein näheres 
Eingehen auf die letzteren nicht vermieden werden kann. Es 
kann dabei nicht unsere Aufgabe sein, all' die zahlreichen Fra^ 
gen, welche sich an die Tormandschaftliche Regiemng in Oester- 
reich ttberhaapt knüpfen, einzeln zu erörtern; es möge genOgen, 
einige leitende Gesichtspunkte hervorzuheben, von denen au« 
dieser Gegenstand in Betracht zu ziehen sein dürfte. 

So lange in Deutschland der Grundsatz zu Recht be- 
stand, dass das Herzogthum ein Reichsamt, demnach nicht erb- 
lich sei, konnte, strenge genommen, von einer Tormundschaftlichen 
Regierung nicht die Rede sein. Wohl kamen schon ziemlich 
frtth Ausnahmen von der Regel vor und gerade ein Baben- 
bergcr^ Ernst II., war es, dem, da er seinem Vater Emst I. 
als Kind im Herzogthum Schwaben succedirte, Kaiser Hein- 
rich II. (lOlö) die besondere Gnade erwies, dass er ihm das 
Reichsamt reservirte, während er zu seinem Vormund seinen 
VatLTsljrader Krzhischof l'oppo von Trier bestellte.* Hingegen 
trat in Oesterreich, so hinge in demselben die Babenberger 
walteten, ein ähnlicher Fall nicht ein, der die Einsetzung einer 
vonnuudschHiLlicheu Ke»rierung angeregt hatte. 

Anders unter den Ilaljs burgern, die, als sie zur Rt iriprung 
der öbtrrreiehisohen Länder gelangten, in Fol^e der Ausbildung 
der Lande.shühuit und in Fol<re der Uesamnitbelehnung völlig 
ver;indert(!n VerliiUtnissen und daher auch völlig veränderten 
Anschauungen gegenüberstanden. ,Die vollständig anerkannte 
Erblichkeit der Fürstenthiimer führte als nothwendige Conse- 
quenz die Bevormundung des unmündigen Landeserben mit sich/' 



* Scbntse, Hermann, Das Erb- und Famillenreoht der deutnben Djnuten 
im Mittelalter. HaUe 1871, 8. IIS. 

' Schnlze, Hermann, a. a. O. 118. 

ArehiT. LIXXVl. Bd. IL HAUto. 84 



üiQiiiZüQ by <^oo^lc 



502 



Es war dies um so nöthiger, als ju lu Foljsre der Oesammt- 
belehnung jedes männliche Mitglied der Dynastie nicht nur ein 
Erbrecht, sondern auch einen, wenn auch nur ideellen Anspruch, 
bezieil ungsweise eine Anwartschafl aul die Mitregiening^ besass. 
Fortan hatte die Voriiiun<lschaft über ein jüngeres rallnnliches 
Mitglied des regierenden Hauses nicht nur eine private, sondern 
auch eine territorialstaats- und, da an die Stelle der amtlichen 
Unterordnung der LehensTerbaud getreten war, eine iehen»- 
rechtliche Bedeutung. 

Schon der Gründer der öeterreichischen Dynastie^ Al- 
brecht I., hat in diesem Sinne die Vormundschaft über seinen 
Neffen Johannes Parricida ausgeübt, und ebenso waren Fried- 
rich der Schöne und Rudolf der Stifter Vormünder ilirer jün- 
geren Brader, doch so, daes jeder dieser jungen Fürsten, sobald 
er mündig wurde. Ansprach auf einen Antheil an der Regierung 
erbeben durfte. Eine Unterscheidung zwischen I«eheii8Toninuid 
und sogenanntem rechten Vonnnnd, d. i. Vormund nach Land- 
reehty gab es damals m^eh nicht Aber auch sonst danerte es 
noch Iftngere Zeit, ehe es auch in Oesterreich aar Feststellung 
bestimmter Frincipien ftr die Handhabung der Vormund' 
Schaft kam. 

Was die Recfatsquellen ftlr die Benrtheihmg der Regie- 
rung^ Vormundschaft betriff^ so bestanden ebenso wie in anderen 
Territorien auch in Oesterreich dieselben an&ngs bios in dem 
Gewohnheitsrechte und in der Familienobservans. Daau ge- 
sellten sich erst später die Hausgesetze, die mdess meist kraie 
allgenieinen Bestimmungen über die hinsichtlich der Vormund- 
schaft in der betreffenden Familie überhaupt zu beobachtenden 
Grundsätze (3nthielten, sondern sich gewöhnhch nur uul erneu 
einzelnen gegebenen Fall bezogen.* 

Was zunächst den Mündigkeitstermin, von welchem die 
Dauer der Vormundschaft abhing, betrifft, so war in der älteren 
habsburgischen Zeit auch für die Dynastie flas Landrecht ent- 
scheidend, welches als jene Zeit. 7,u welcher der Knalv^ ,zu meinen 
Jahren* gckoinmr'n soi, das viiM z^ lmte Jahr iH^zeichnet. in der 
That lässt sich dieser l'ermin für die Zeit Friedrichs des Schönen, 
sowie für jene Rudolfs des Stifters bestimmt erweisen und wird 
als solcher auch noch in dem Fressborger Schiedssprüche Kjäsüg 



* Vgl. JCmot, WillkThfiod^ Oto TomiudMliaft m, 1S9. 



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603 



Sigismunds vom 30. October 1411 als giltig anerkannt.^ All- 
mälig trat indeBS das Bestreben zu Tage, die allzufrühe Mün- 
digkeit bis nach Vollendung des sechaebnten Lebensjahres 
binaoBsaschieb^ oder vielmehr die Vormiindsebaft bis su die- 
sem Termine m erstrecken. 

Grossere Schwierigkeiten bereitet die Beaatwortong der 
Flrage, wer in Oesterreich zur vormnndschaftlichen Regierung 

berechtigt gewesen sei, ob der Aelteste des Hauses, oder ob 
auch in diesem Falle das Landrecht massgebend war, und ob 
dem/utblgc ebenso wie bei Privatvormundscliaftcn auch in ha- 
ziebung auf die RegierungsvorniuiKiaehuti tlur nächste und älteste 
Schwurtmage als gesetzlicher (rechter) Vormund galt.* Für 
erstere Annahme hat man sich wohl auf die bekannte, unten 
nfiher zu besprechende Aeusserung Kaiser Friedrichs TTI. (IV.) 
berufen, die sich Pa[)8t Nicolaus V., an den sie gerichtet war, 
zu eigen gemacht hat. Bedenkt man jedoch, dass gerade Fried- 
rich III. bei jeder Gelegenheit auf Kostf^n '«einer Verwandten 
die Ansprüche eines Seniors des Hauses eriiob und geltend zu 
maclien suchte, so wird man jene Behauptung niclit ungeprüft 
hinzunehmen und dieselbe nur dann als eine begründete anzu- 
erkennen geneigt sein, wenn dieselbe in anderweitig überHeferten 
Thatsachen ihre Bestätigung findet. Nun wird aber diese Unter- 
suchung fUr das erste Jahrhundert habsborgischer Herrschaft 
dadurch erschwert, ja geradezu unmöglich gemacht, dass der 
die Vormundschaft ausübende Herzog stets zugleich der Aelteste 
seines Hauses und zugleich der nächste und Älteste Schwert- 
mage seines Mündels war. 

Immerhin lässt sich kaum in Abrede stellen, dass, hätte 

in der Zeit des ungctheilten Besitzes das Haus llabsburg sich 
bereits in mehrere Linien verzweigt, der Grundsatz, denizulolge 
stets der Aelteste der eigentliche Hegent der österreichischen 
Länder war, und da« unverkennbare Streben dieses Aeltesten, 
als solcher einen überwiegenden Einfluss auszuüben, wohl bald 
auch auf dem Gebiete der vormund-chaftlichen Regierung dem 
Seniorate die Wege wUrde geebnet haben« 



* Vgl. meine Abhaudluug: Elisabeth vou Aragouieu (SiUber. der Wiener 

Akademi» CZZZVII), 76ff. 
■ Krant, a. a. O. m, 178. 



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Ö04 



Bekanntlich war es zuerst Rudolf IV. der Stifter, der iu 
Gegensatz zu dem Haupg'e^ietze seines Vaters Albreclits II. mit 
vollem Bewusstseiu auf dii ses Ziel iustäieuerte. Denn ist 
zwar riohti«^, dass er durch das Majius die Primog^eniturcrbfolge 
einzufiilircn suehtc. indem er aber diese Verfügung in die be- 
kannti n Worte: ,inter ducos Austrie qui senior fuorit, donuniam 
habeat dicte terre, ad cuius eciam seniorem filium dominiiioi 
jure hereditario deducatur* kleidete, deutet er an, dass er «ti- 
gieich auch die Rechte eines Seniors des ganzen Hauses für 
aicli und seine Linie nach dem Rechte der Erstgeburt in An- 
aprncli nahm. Wir werden auch in der Folge sehen^ dass man 
sich zur Begründung der Seiiioratsansprtlehe wiederholt, wenn 
auch mit Unrecht auf das Mnjus berief.^ 

Bekanntlich vennoohte Rudolf mit diesem Ansprache weder 
bei dem Kaiser, noch in seinem Hause durchzudringen und 
ging daher am 18. November 1364 mit seinen Brttdera Albrecht 
und Leopold einen Hausrertrag ein,* der der Form nach eine 
Erneuerung des Hausgesetses ihres Vaters war, thatsächlich 
aber und ausdrücklich ihm als dem ältesten der Brl&der ,die 
oberste Herrschaft und die grOsste Gewalt' auerkannte. Es ist 
dies zugleich, unseres Wissens, die erste habsburgische Urkunde, 
in der yon vormundschaftfa'chen Rechten die Rede ist Es wird 
zwar in derselben keine Verfügung für den Fall getroffen^ dass 
einer der Brüder mit Hinterlassung minderjähriger Leibeserben 
sterben sollte. Doch wird bestimmt: ,ob das geschehe, davon 
uns alle gut dureh seine ^enade behüttej daz der eltist der 
ieczunt under uns ist oder hienach wirdt. von kiaiiLeheit sein 
leibes un<l naturliches gepresten wegen von menschlicher Ver- 
nunft und seinen sinnen kerne bey seinen lebenden Zeiten, daz 
darnach der eltist under uns vncz aul der zeit, daz derselbe 
kranoher und syecher d(;sselben s Iu.'< f^epresten widerkumpt, 
also alain daz er sein sinne wider i,'e\vinnet, haben und tiben 
soll allen den j;e\valt und das reelit. das den eltisten under uns 
nach der vor^eseliribenen ordnun^,'' dliains weges angehörent, 
ane aliez gever'. Flir die Beurtheilung dieser Bestimmung ist 
übrigens zu beachten, dass dieselbe nur fUr die drei vertrag- 

* Vgl. Hauke, Fr., Die ge«cbiobUichen Grundlagen dos Monarchen- 
recbtoi, 86. 

■ Schwind, Freiherr n&d Dopeeh, Alf., Atufewihlto UrkuodeiL sor Ver- 
fiusniigageich. der denlach-toterr. Ef blande im Ilütalalter, 6. nr. 117. 



uiyiiizcü Oy 



505 



scblieMenden Brttder gilt; daas demnach der in deraelban wie- 
derkehrende Ansdrack ,der eltist' sich nnr anf sie bezieht und 
daher weder zu Gunsten eines Vorrechtes des Seniors, noch 
zu Gunsten des nächsten und ältesten Öchwertmagen gedeutet 
werden kann. 

Für die weitere Entwiekhing des hier in Betracht kom- 
menden Rechtbinstitutes sind die Theilungsverträge fast unsere 
einzigen schriftlichen Quellen, bei deren Beurtheilun^ iiidess 
nicht zu ubersehen ist, dass sie meist nur für wenige Jahre ge- 
bchlossen wurden^ daher in (l<'r Kegel nur das ^«ächBtliegende 
ins Au.L'^i r,is«Mii und sich iiäufig auf verwandtschaftliche Ver- 
hältnisäc aimlicher Art wie die soeben gcsehihlerten bezielien. 
Wohl aber sind die Theilungsverträge nicht ohne EinÜuss auf die 
daneben einherlaufenden Vormundschaftsfragen geblieben, indem 
man die Principien der ersteren bald auch auf die letzteren 
auszudehnen suchte. 

Deutlicher spricht sich ttber unsere Frage überhaupt erst 
der sich an den Neuberger Hanptvertrag vom 25. September 
1379 anschliessende Beivertrag Tom nttehstfolgenden Tage ^ ans, 
welcher für den FaU, wenn einer der beiden contrahirenden 
Herzoge, Albrecfat III. oder Leopold Ul^ vorzeitig ans dem 
Leben scheide, bestimmt, ,daz der ander desselben kinder ge> 
trtilich vnd lieblich ziehen sol, ynd bj mit allen iren landen 
Tnd hersebaften inhaben, vnts das der san eyner zn secbi- 
zehen jaren komet vnd vogtber wirC, der sol denn die andern 
geswistreid ziben vnd innhaben, vntz daz sj auch gewachsent'. 

Liegt die Bedeutung der Nenberger Vertrttge vor Allem 
in der durch sie geschaffenen Thatsache, dass der österreichische 
Zweig des Hauses Habsburg in zwei besondere Linien aerfiel| 
so Ist in denselben anderseits auch bereits die Richtung er- 
kennbar, in der sich das Vormundschaftsrecht weiter entwickeln 
sollte. Denn tritt auch in den beiden Verträgen das Bestreben 
zu Tage, trotz der erfolgten Tlieilun- an der ideellen Einheit 
des Hauses festzuhalten — so in der iiesiinimung des Huuptver- 
trageg, demzufolge sich jeder der Herzoge nach Oesterreich 
nennen solle, und in der Bestimmung des Beivertrages, dass 



* laterirt ia KSnig Sigismnndt SeliiedMpnieli vom 30. Oetober 1411 bot 
Hormayr, Jos. Freiherr v., Ueber Minderjährigkeit, VormmidicliAft aii4 
GnMqährigkeit im flsteir, KaiMUtaata. Wieo 1808, 8. 16t. 



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606 



vorkommenden Falles das Haupt der emen Linie die Vormimd- 
sehaflt über die unmündigen Sprüsslinge der andern an über- 
nehmen habe — so wird doeh dem ältesten Sohne dieaer andern 
Linie, sobald er mttndig geworden ist, die Vormundschaft flbcr 
seine jüngeren Geschwister zuerkannt Es geht demnach dieser 
Vertrag von der Voraussetaung aus, dass, wenn yon den beiden 
Brüdern der eine mit Hinterlassung von Kindern sterbe, die aar 
Zeit seines Todes alle noch minderjährig seien, in diesem Falle 
dem überlebenden Bruder die Vormundschaft xustehe, doch 
nur als nttchstem Sohwertmagen, nicht aber als Aeltestem 
des Hauses, da ja sonst auch nach Eintritt der Mündigkeit 
des ültesten Neffen die Vormundschaft über dessen jüngere Ge- 
schwister nicht diesem zuerkannt, sondern jenem vorbehalten 
worden wäre. 

I)(!r hier bereits auf dus sechzehnte Lehensjahr gestellte 
Volljahrif;keitstermin findet sich in dem Vertrage Avieder, den 
am 10. ( )e tober 1386 zu Wien nach dem Todo seines Vaters 
Herzog Leopolds III. Wilhelm in seinem und seiner Brüder 
Namen mit seinem Oheim Herzog AHnecht HL einging: sonst 
aber stelh s\<^}\ dieser Vertrag insolern in Gegundutz zu dem 
vorigen, als er ausdrücklich dem Aeltofiten des Hauses die Vor- 
mundschaft zuerkennt. 

,Wenn/ heisst es nändieh, ,aueh der almaechtig got vber 
denselben vnsern vettern (Albrecbt HL) gepeut, daz er von 
dieser weit schaidety so sullen wir hertzog Wilhalm oder wer 
dann vnder vnsers egenannten vettern sün die er hin der im 
lasset Tnd vnsem brudem der elter ist, die andern geswistreid 
alle, vnd ▼nsers egenannten vettern vnd vnsere kind, sUn und 
tOohter, ynd vnser land ynne haben, mit allen eren, wierden 
md gewaelten, vntB daa »y zu sechtzehen jaren kOment'^ 
Nehmen wir an, dass etwa Albrecht m. bei seinem Tode (1395) 
ausser Albrecht IV. noch einen eweiteni erst nach 1386 geborenen, 
demnach minderjährigen Sohn hinterlassen htttte, so würde dem 
Vertrage von 1386 aufolge die Vormundschaft Über den Letcteren 
nicht seinem Bruder als nächstem und ältestem Schwertmagen, 
sondern Wühelm als Aeltestem des ganeen Hauses augefidlen sein. 

Dass hier au Gunsten des Seniors entschieden wurde, lag 
übrigens in der Tendena des Vertrages, der aus der freilich 



ßattch, Adrian, Script, rer. Austr. Ol, 402. 



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607 



mir ▼orttbeiipeheiideD Eäniicbt entopnag, dass die Thoihmg 
Schuld an den jüngsten Misserfolgen des Hauses gewesen nnd 
dass Rettung aus der drohenden Ge&hr nnr von der Rückkehr 
«a der froheren Regierangsweise zu erwarten sei. Daher hatte 
nicht nur Wilhelm seinen Oheim Albrecht III. gebeten, die Län- 
der wieder zusammenzuwerfen, und sich selbst mit seinen Brti- 
dern und seiner Schwester unter die V'oniiundschaft des Seniors 
seines Hauses gestellt, der sie alle ,yüuiiaben, verwesen rnd 
ziechen' sollte, so ädern es sollte auch nach Albrechts Tode der 
Aelteste des ganzen Hauses, womöglich in gleicher Weise, die 
Refrienme: allein führen und bis zu deren sechzehntem Lebens- 
jahre der \ urinund seiner jüngeren Brüder und Vettern sein. 

Da All)re( ht IV ., ais soin Vater Albrecht HL starb, be- 
reits grossjiihrii: w;Lr, und (las <;leiche auch von den Herzogen 
Leopold und Emst galt, konnte auf Grund des Vertrages von 
13Ö6 Herzog Wilhelm nur die Vormundschaft über seinen jüng- 
sten — erst dreizehnjährigen — Broder Friedrich in Ansprach 
nehmen. Bekanntlich beanepmohte er jedoch Albrecht IV. 
gegenüber auch die Mitregientng in Oesterreich| eine Forde- - 
rang, die hier nur deshalb erwülmt zu werden mdient, weil 
sie zeigt, dass er im Sinne des genannten Vertrages die oberste 
Herrschaft als Aeltester des Hanses an sich su ziehen suchte. 
Und konnte er auch ttber seine iheren Brttder Leopold nnd 
Eims^ welche bereits herangewiMhsen waren, nieht rormund- 
schalUicbe Rechte tLben, so sachte er ne doch als scAche, ^deren 
er sich annahm', in Abhiingigkeit Yon sich an erhalten. Aoch 
wnrde er nach Albrechts IV. Tode als Vorarand seines erst 
siebenjtthrigen Sohnes Albrecht Y. allgemein anerkannt, da er 
sogleich der Aelteste des Haosee nnd dessen nJichster nnd 
ältester Schwertmage war. 

In ein neoes Stadiom trat die Vormandsehaftsfrage mit 
dem Tode Herzog Wilhelms (1406) ein, indem man das Prin- 
cipe welches den Ländertheilungen zu Grunde lag, nunmehr auch 
auf die Vormundschaftsrechte zu übertragen begann. Indem 
die unter sich uneinigen Bruder Wilhelms, Leopold nnd Ernst 
— jener zugleich auch im Namen seines jüngsten Broders 
Friedrich* — sich dem Ausspruche der Stände unterwarfen 
und dabei blos die Bedingung setzten, dass dem einen von 



* Baach, Adrian, 8«ript m. Anstr. HI, 468. 



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50S 



ihnen die VormundBchaft, dem andern die Verwesung der 
Steiennark sufallen solle, lag in der damit gegebenen Moglieh- 
keit| dasB die Vonniindschaft dem jüngeren der beiden Brttder 
Bnfiüle, ein Fingerseig, dass das anssohliesBliche Recht, sei es 
des Attesten ab Familienob^hauptes, sei es des nftcbsten nnd 
ältesten Schwertmagen^ veiünderten Anschauungen am weichen 
begann. Denn dass Herzog Emst, der weder der Aelteste des 
Haukes, noch der älteste und Tiiichste Schwert um ^,'•0 Albrechts V. 
war, Ansprüche auf die Voriimudschaft erhob, diirfto mir so zu 
erkliireu sein, dasb man auch die Vormundschaft als ein uuU- 
han s l^echt auf eine Linie mit den übrigen Renten setzte und 
demnach auch auf diese den für die Thciluugeu geltenden 
Grundsatz der (ileiclibereehtiEruTiir anzuwenden suchte. 

Die Stünde ob und unter der J*^uu& hatten sich in einer 
Versan);:il;tiiu- — am <). Auj^iist 140*> — wechselseitig]: irelobt, 
für dub ungi'seliniälerte Recht ilires junc:en Herrn, Herzog Al- 
brechts V. auf Oesterreich einmütliiic einzustehen.* 8ie füllten 
sodann — am 12. September — aut Grund der ihnen von den 
beiden Herzogen Leopold und Emst ertheilten Vollmachtea 
ihren Spruch; sie theilten die Länder der Leopoldinischen Linie 
in drei Öebiete: 1. Graz mit Steiermark; 2. Laibach mit Kärn- 
ten, ICrain und Zubehör; 3. Tirol, und linsen beztiglich der 
Wahl eines dieser Gebiete dem Aeltesten, hierauf dem Zweit* 
Ältesten die Vorhand. Auch bestimmten sie, dass von den Brü- 
dern Leopold und Emst dem einen die Vormundschaft, dem 
andern wtthrend der Daner derselben mit dem Sitae eu Gru 
die nnumschränkte Verwaltung der Steiennark anfallen sollte. 
Endlich setaten sie fest^ dass die Vormundschaft bis «nf den 
nttchsten St. Qeorgstag nnd sodann noch vier Jahre au dauern 
habe, und dass der Vormund steh durch Revers yerpfliehten 
mttBBe, nach Ablauf dieser Zeit den jungen Herzog aus der 
Vormundschaft au entlassen. Die Frage, wer von den beiden 
Herzogen — Leopold oder EJmst — die Vormundschaft ftihreo 
solle, Hessen sie offen. Die Stftnde ttberliessen es den beiden 
Fürsten selbst, sich darüber zn einigen, wer von ihnen sich als 
Vormund und Verweser des jungen Herzogs der Regiermig 



* Hchwind, E. Freihfirr v. und Dopsch, A., Ausg'ewählte Urkunden zur 
Vcrfas8utig8ge0ch. der deatsch^Asterr. Erblaode im Mittelalter, 3. dOOi, 
nr. 1&9. 



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509 



ihres Landes unter den in dem Spruche entbedtenen Bedin- 
gungen unterziehen wolle.* In der That verständigten sieh die 
beiden Bruder in der Art, dass Ernst zu. (iausten Leopolds auf 
die Vormundschaft verzichtete (,der Vormundschaft «^taincL iial*). 
Infolge dessen übernalini Herzog Ernst die Verwaltunj? der 
Steiermark uud schlu^^ seinen Sitz in Graz auf; Leopold hin- 
gfireri .st«llte den von den Ständen geforderten Revers aus 
(14. September)- und unterwand sich der Vormundschaft mit 
dem Sitze zu Wien. 

Was Thomas Ehendorter-' aus diesem Anlasse von einem 
monatliehen Wechsel der Vormundschaft zwischen Leopold und 
Ernst erzählt, war daher entweder blos ein Gerücht oder eine 
Fordeniiiir. welche dieser an jenen stellte, die aber nnerfiült 
blieb.^ Sicher hingegen ist, dass es zwischen beiden HrUdem 
baid darnach ans verschiedenen Anlässen zu neuen Zerwllrf- 
nissen kam^ über welche sich dieselben unt r ^'ormittlunIr des 
Orafcn Hermann von Cilly am 23. Februar 1407 unter Anderem 
dahin verglichen, dass Leopold seinem Brader Ernst, der offen- 
bar auf den oben berührten Gmndsats einer gleichroHflsigen 
Theilung aller Renten gestlltet, den dritten Theil des Einkom- 
mens von der Vormundschaft forderte, ,aas brüderlicher Liebe', 
so lange die Vormundschaft dauere, jährlich 900 Pfund guter 
Wiener Pfennige zu geben versprach.* 

Indess hatte auch dieser Vergleich nur kurzen Bestand. 
Pldislich nllmlich verbreitete sich das GerILcht: Leopold gehe 
damit um, den jungen Herzog Albrecht von der Nachfolge zu 
verdrängen und sich selbst zum LandesfÜrsten von Oesterreich 
aufzuwerfen.* Gleichviel nun, ob das GerQcht begründet oder 
vielleicht nur von Ernst ausgesprenfrt war, um unter dem 
Scheine, die Heelite des jungen Albrechi zu schützen, sieh der 
Vormundschaft zu bemächtigen, so fand dasselbe doch bei den 



' naucli, Script, rar. Anstr. III, 466 ff. 

* Ebenda TIT, 4«R 

' Pez, H., ticrijtt. n.T. Austr. ii. S. S2.s. 

* Kurz, Franz, Österreich unter Kauer Albrecbt IL, I, 48. 

* EbMidA 1, 74. 

* Ebeodorfiar, Chron. Anttr., 1. e. p. 821; denelbe in der (Chronica regam Bo> 
nanoniin' (Uitih. dM Institiite Ar Sftterr. OeRoliiehtBfomli. m, Brglnsniigs- 
band 132): ,toti8 nitibns cnpiebat mbi Anatriam bereditario iure vendi- 
eare et totam domam Anttrie nt senior gtibemare.' 



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510 



Ao^erogtan QemttlfaenL Eingang. E« bildeten tioh Paiteiange% 
wobei sich im AUgemeinen die Prälaten, Herren und Stftdte nm 
Heraog Emst «chaarteni während rioli die BitterBchaft an 
Henog Leqwld anflehloss. Henog Emst folgte der Einladnng 
seines Anhanges (der obgensnnten drei ^artdenOi der ihn auf- 
forderte, sieh des I«andes nnd der Vormiindsehaft an nntep* 
winden. Schon jetat ttbemahm er auch wirklich die Vbrmmid* 
schafl^ nnd zwar annltchst bis m dem Zeitpunkte, wo sich «in 
einznbemfender Tag aller ^er Parteien — also aneh der 
Ritter — Uber die Frage geäussert haben werde. Sollte dieser 
Tag, auf den Ernst auch seine ,Freunde* mitzubring^en ge- 
dachte, der Ansicht sein, dass die Vormundschaft Leopold auch 
fernerhin zu verbleiben habe, so wolle er ihm dieselbe ohne 
Widerrede abtreten, im ontijegengesetzten Falle aber, gelobe 
er, sich bezüglich der Vormundschaft und deren Dauer an 
die 14üü von den Ständen auigerichtete Ordnung halten zu 
wollen. (9. December 1407. V 

Man .-^tand bereits mitten iin l^iirgerkrieg'e, dessen Sclirccken 
der Zeiten iK ssi- Thomas Ebendorfer von Haselbach ^ so lebhaft 
geschildert hat Schon lagerten sich, nur durch die Donau ge- 
trennt, die beiden feindlichen Heere gegenüber, als es der Ver- 
mittlung der Stände auf einem Landtage zu Romeuburg ge- 
lang, noch einmal ein Abkommen au erzielen, demzufolge Leo- 
pold die Vormundschaft über Herzog Albrecht und die Kegie- 
rung in Oesterreich wieder tlbemahm. Doch war dies nur eine 
provisorische Uebereinkunft; die definitiTe sollte ja wenigstem 
der Absicht Herzog Emsts gemäss erst auf einem zu diesem 
Zwecke einsubemfenden Landtage erfolgen. Schon hatte er 
selbst» wie wir sahen, seine Sache an die Stände gestellt Aber 
snoh Herssog Leopold fimd sieh raletat (26. Apxü 1408) bereif 
die Entseheidung Aber die Vormnndsohaft einem Ansscknsss 
Yon awansag Mitgliedern des Herren- nnd Ritterstaodes an ttbe^ 
lassen, von denen jeder der beiden Brüder die HAlffce emennes 
sollte.* Der Sprach erfolgte Anfangs Jtmi; darnach sollte Leo- 
pold auch fortan die ▼ormnndschafUiche Regiemng in Oeste^ 
reich ftÜiTen, aber die Ertrignisse derselben wie die Einkünfte 



> Baach m, 468-4e9. 

• 1. c. 880. 

» Kur», Fr., a. a. O. I, 99. 



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511 



aus ihren Hbrigen gemeinschaftlichen Lllndem mit seinem Bru- 
der gleich theflen imd Emst auch das Recht hahen, in Wien 
seinen Wohnsita anfiroschlagen.^ Wie die Verhältnisse lagen, 
konnte der Sprach wohl nicht anders lauten. Herzog Leopold 
hatte nämlich durch die Stellunp;^, welche er in dem Streite 
über die Besetzung der Hofschranne za Gunsten der Ritter- 
schaft einualnn, diese so sehr an sich gefesselt, dass von der- 
selben die Anerkennung der überdies ganz widerrechtlich be- 
anspruchten vormundschaftlichen Regierung Emsts nicht zu 
erwarten stand. Wohl aber hat ErnBt bei dieser Gelegenheit, 
soweit CS sich um seine eigene Person handelte, das Princip 
der Gleiclil»i r. chti«:ung auch bezüglich der Vormundschaft ge- 
rade auf jenem (i'-bipto zu Geltung gebracht, auf welchem 
sich dasselbe schon IViilier m vorzüglichem Masse wirksam er- 
wiesen Latte, auf dem Gebiete der Kententheilung.^ 

Denn mit Unrecht hat man^ behauptet, den Hauptpunkt 
der Vereinbarung vom 2. Joni 1408 habe die gegenseitige Er- 
klärung gebiideti die Vormundschaft von nnn an gemeinschaftr 
lieh ftihren zu woUen. Letzteres bildete vielmehr erst das 
Ergebnisa eines neuen Terheerenden Btti^rkrieges und des 
Schiedsspruches, welchen nach Beendigung desselben König 
Sigismund von Ungarn am 13. März 1409 ftlllte, wonach Leo- 
pold und Emst gemeinsam die Vormundschaft ftüiren nnd sich 
in die Einkünfte derselben theilen sollten.^ 

Gtemäss der Ton den Stttnden im Jahre 1406 angerich- 
teten Ordnung hätte der junge Heraog Albrecht Y. am 23. April 
1411 aus der Yormnndsdiaft entlassen werden sollen. Dies ge- 
schah aber nioht Erst mit Leopolds Tode (3. Juni 1411) endete 
thatsäehlich Albrechts V. VormnndBehaft. Zwar behaupteten 
Ernst und dessen Bntder fViedrieh^ Albrecht ktfnne noch nicht 
in die Regierung emgeftlhrt werden, da er erst mit secbsehn 
Jahren die Volljährigkeit erreiche nnd bis dahin ^em von 
ihnen die Vormundschaft gebühre. Aber die Festigkeit der 
Stftnde, die sich des vierzehnjährigen Herzogs bemächtigt 



> HqW, Alfons, G«MUefato Owtcnpaieha n, 416. 

* Sieiie meine Abbandliiiig: Der Oiteir. Erblbigeetreit (Aidiiv lltr Ssterr. 
Gesell. LVin), 83. 

* Kümmel, Zar Qeach. Herzogt Sml dee Siflsmen (Mltth. des hast Tertfasa 

ffir Str.i..rm?irk XXV, 30). 

* Kurz, Fr., a. a. Ü. I, BeiL nr. XIV. 



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512 



hatten, und die drohende Haltmig, welche nnnmeliT König Sigis- 
mund einnahm, bestimmte Emst bald zur Nachgiebigkeit £r 
unterwarf sich einem Schiedsgerichte, welches der KOoig sb 
Obmann in P^ssburg aus einer grossen Zahl von geistlichen 
und weltlichen Fürsten nnd Herren susammensetste. Bei dieser 
Geleg:enheit wurden dem Könige jene Vereinbarungen — ins- 
besonders der Neubergcr und der Wiener V'crtrui: von 13>^6 
— vorgelef^^ auf denen der Aiisprucli Krnsts, die Vormiiuti- 
schalt l)is zum lü, Lebonsjalir^^ Albrcchts V. zu erstrecken, be- 
nihte. Allein ftir Sigismund waren nicht jene Verträ^^e niass- 
])end, sondern die Mittheilung der Riithe Emsts und Alhrechts, 
sowie ,anderer frlanViliafti^^er Leute' eiit^eheideiid. ,da/. eye ge- 
mevn landesrecht in Oälerrvch 8V, duz ein vater »inen sun vber 
vertzehen jar, desselben suiis alter, nicht verschriben mege*. * 
Derageraäs?! Inntote der am 'Ml (>ct<>lier 1411 «gefällte ispnich 
König Sigismunds dahin, dass Albreeht von der Vormundschaft 
Emsts befreit nnd als Herr von Oesterreich anerkannt werden 
sollte. 

Auf den jüngsten Bruder ErnstSy auf Herzog Friedrich 
(den Aelteren. wie man ihn später cum Unterschiede von Emsts 
Sohn, Friedrich den Jüngeren, dem nachmaligen Kaiser, zu 
nennen pflegte), hatten die VertrHge besUglich der Vormund- 
schaft Uber Albrecht V. nicht Rücksicht genommen, obgleidi 
Tom Standpunkte dex Rententheilung, der man auch die Ein- 
künfte aus der Vormundschaft untersog, auch ihm ein Antbeil 
an den Nutzungen derselben zustand. Wohl aber schlow während 
jenes Zwistes Uber die Vormundschaft Emst mit seinem Broder 
Friedrich (37* Juli 1409) zu Wien einen Vertrag, demxufolg» 
sie ftür den Fall, dass der Eine oder der Andere von ihnen 
ohne Hinterlassung TOn männlichen Nachkommen sterben wOrde^ 
sich gegenseitig als Blrben aller ihrer Länder einsetsten und 
Emst seinen Brader Friedrieh zum Vormund seiner Kindw 
bestellte.' Leopold wurde in diesem Vertrage mit keinem 
Worte erwähnt Es verstiess dies gegen alles Herkommen und 
Recht und hatte in der tiefen Verstimmung beider Contrahenten 
gegen ihren Druder seinen einzigen Grund. 

* Vgl. meine Abhandlunf;: ,EHMbeth von Aragoiii«!!* in fiitsber. der 

Wiener Ak.iflrniie CXXXVII, 17—7$. 

• Kurs, Fr., a. a, O., 1, 139. 



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513 



Wir sind mit diesen Betraflituiig-en bereits Uber don Zeit- 
punkt hinauögelung't . tk-ni das unten uiit^ctheilte Actenstiick 
angt'luirt. Indcss sei es i^estattet, die P^ntwieklunp: der Vor- 
mimdseliaftsfVa;^^' noch eini<:;e Sclirittc weiter zu verfolf^^en, da 
cbLii erst jetzt die Quellen reichlicher zu fliessen beginnen und 
deren Angaben hie und da KilckschlUBse auf die früheren Vor- 
gänge zu ziehen gestatten. 

Dass in dem oben erwähnten Vertrage swiscken Emst 
and Friedrich vom 27. JuH 1409 bei der Bestellung der künfti- 
gen Vormünder fllr Emsts Söhne auch auf Albrecht V. nicht 
Rücksicht genommen wurde, könnte man sich vielleicht dadurch 
erklären, dass dieser damals selbst noch minderjährig war. 
Allein die Sache erscheint doch in einem anderen Lichte» wenn 
man bedenkt, dass eben jener Vertrag im Jahre 1417, d. i. zu 
einer Zeit, als Herzog Albrecht bereits grossjährig war, er* 
neuert wurde,' denusufolge, wenn einer der beiden Brüder sterben 
wttrde, der andere Vormund der hinterlassenen Kinder sein 
sollte, und dass, als am 4. Juni 1424 Emst der Eiserne starb, 
Friedrich der Aeltere (mit der leeren Tasche) kraft jenes Ver- 
trages wirklich die Vormundschaft über seine Neffen Friedrich 
(V.) den Jüngeren, Albrecht (VI.) und EJmst, der jedoch schon 
1433 aus dem Leben schied, übernahm. Findet man nun, dass 
Albrecht V. gegen jene Verträge und deren Verwirklichung 
keine Einsprache erhob, so liegt zunächst allerdings die Schluss> 
folg"erung, für die man sich auch auf den Nenber^er Beivertrag 
])ei iif't n könnte, nalic, dass nach habsburgiseheni llerkommon 
die Vormundschait uicht dem Aeltesten des Hauses, soudern 
dena uachsten und ältesten Schwertmagen gebUhre. Indess ist 
doch nicht zu übersehen, dass das Haus Habsburg seit l.iTll 
in zwei Linien zerfiel. Denn im Zusammenhange mit dieser 
Thatsache scheint sieli der (Jruudöutz ausgeliildet zu liahen, 
dass die Vormundbehat't dem .iiitesten Fürsten der ungetheilteu 
Lande*, d. i. dem ältesten Fürsten unter denjenigen Verwandten 
des Hauses, welehe ihre Länder noch ungetheilt besassen, iu 
diesem Falle also dem Aeltesten der Leopoldinischen Linie xa- 
zuiaUen habe. 



* Brandia, Tirol tmter FHedrieh von Oerterreieh 184~1S6. Jigw, Albert, 
Qflsoh. der hMidstSudiMlieii VerfiManng Tirols II, 1, 385. 



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514 



Zu vollem Durchbruche gelangt zeigt sicli cViose Ansicht 
bei dem Tode Herzog Friedricht» IV., der am 24. Juli 1439 
erfolgte. Denn die Stände Tirols luden, wie sie sich aus- 
druckten, Friedricli V. (den Jüngeren) ,al6 obersten und ältesten 
Herrn von Oesterreich' ein^ die Vormundschaft über den noch 
nicht zwölf Jaiire alten Sohn iitri verstorbenen Landesberru, 
Uber Herzoo- Si^-ismund zu Uberncliinm^ Sie konnten und 
wollten danni inchl etwa sajT^eiij dass Friedricli V. wirklich der 
A eheste des ganzen Hauses sei — denn dies war König Al- 
brecht n., der damak noch am Leben war — sondern sie be- 
trachteten jenen, wie er sich selbst in der Folge nannte,' als 
den , ältesten Fürsten der ungetheilten Lande', den sie daher 
mit Uebergehung Albrechts V. stt sich beriefen. Bekanntlicli 
erhob auch Albrecht VI. Ansprach auf die Vormundschaft: er 
sei auch ein rechter Herr von Oesterreich und habe alle Rechte 
mit seinem Brader nngetheilt und gemeinsam.' Eine £rklänuig, 
die swBT ftr Allnredit selbst bezeichnend ist, aber für die 
Rechtsfrage nichts beweist nnd offenbar nur in der Absicht 
ahgogeben wurde, um sich den erhobenen Ansprach in anderer 
Weise Tergüten zu lassen, wie er denn auch in der That durch 
den Hsller Vertrag vom 5. August 1489 sich vorläufig ab- 
finden liess.' 

Die erwähnten Verhandlungen bezüglich der Vormund- 
Schaft ttber Herzog Sigismund sind noch in anderer Hinsicht 
bemerkenswertfa. War schon bei jenen aber die Vormund- 
schaft Albrechts V. der Einfiuse der Stände zu Tage getreten, 
so war dies jetzt noch entschiedener der Fall, und zwar in 
einer Richtung, die später auch flir die Vormundschaft Uber 
Ladislaus Posthumus Bedeutung gewann. Denn nicht nur, das? 
die liegieruug l auls wahrend der Mindeijüluigkcit Sigismunds 
eigentlich in den Händen der Stände lag, so musste sich Fried- 
ricli der Jüngere auch noch verptiichten, dem jungen Herzog einen 
Hotmeister zur Seite zu setzen, ihn in der ,Luft*, worin er er- 
zogen sei, wohnen zu lassen und ihn nicht ohne wichtige Gründe 

* Jägor, Alburt, Der Stroit dor Tiroler Landschaft mit Kaiser Frieuncli III. 
wegen der Vormuadächalt über Herzog Jäigiuuud vou OeMterreich (Archiv 

Ar Säten. CMiiehtifenehiiiig XLIX), 96* ISS. 

* Ghtnel, UateriaUen I, S. Hafk, 68, nr. ZXXVL 

* JMger, Albert, a. a. O., IM. »S. 

* Jigw, Alb«rt, «. a. O., US. 



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m 



und nicht ohne Einwilligang der ^Anwälte' aus dem Lande zu 
fuhren.^ Es war hiemit der erste Ansatz m einer Begiernngo- 
TOnnundschaft im modernen Sinne gegeben. 

Auch nach Albrechts II. Tode (27. October 1439) erhob 
Albrecht VI. Anspruch aiif die Vormundschaft, falle die ver- 
witwete Königin EUsabeth einen Sohn gebären würde. Im 
Gmnde liegt der Streif der nck besllglich der Vonnnnd- 
icbaft ttber LadiilaaB den Nachgebomen entspann, bereite 
jeneeitB der Qrensen, welcbe sieb unsere Angabe gesetat hat; 
denn für die Entscheidung dieser Fhige kamen nicht bloe 
Oetenmchisches Recht ond Herkommen, sondern auch die 
Reiche Böhmen ond Ungarn in Betradil, in denen Ladislaus 
ebenfalls seinem Vater folgen sollte. Und es iMsst sich be- 
haapton, dass eben die inseitige Weise, in der die Oetenreichi- 
sehen Stände anfangs die Frage su lOsen suchten, den ent- 
gegengesetaten Aspirationen snm Btlekhak diente und eine der 
Quellen der nachmaligen Wirren geworden ist. Wenn dennoch 
der Streit über diese Vormundschaft in unsere Darstellung noch 
einbezogen wird, so geschieht dies deshalb, weil im Verlaufe 
desselben Acusserungen fielen, die uns zum Auägaüyöpuukte un- 
serer Betrachtungen zurückfuhicn. 

Albrecht II. (V.) hatte bekanntlich ein Testament hinter- 
lassen, welclies bestimmte, dass, falls ihm Gott Söhne bescheere, 
deren Vormundschaft, bia sie oder der älteste von ihnen zu 
, vollen jaren' käme, ihre Mutter P^lisabeth und ,der eltiste fürst 
von Osterreich, der ye zu zeiten sein wirdet' (im gegebenen 
Falle also Friedrich der Juni^ere) führen und dass diesen ein 
Rath von neun Personen zur Seite stehen sollte, drei aus Un- 
garn, drei aus Böhmen und dessen Nebenländern, eine aus 
Prag und zwei aus Oesterreich, die von den Ständen der be- 
tre£fenden Länder zu wJLblen seien. Seinen Sitz sollte der 
junge Filrst in Pressburg nehmen, da er dort allen seinen L^- 
den gleich nahe sei.' Offenbar wollte Albrecht II. durch diese 
von dem Herkommen seines Hauses abweichende Verfllgong 
den ausserordentlichen Verhältnissen Rechnung tragen, unter 
denen er ans dem Leben schied, und deren entsprechende 

* Chmcl. Josef, Gesell. Kaiser Friedrichs IV., I, 416. 

* Du 1 tkjtament abgedruckt bei Kurz, Fr., Oesterreich unter Kaiser Fried- 
rieh IV., I, 289. Eiglost von Obmel, Josef, Geooii. Kaiwr FUsdriohs IV., 
1,416. 



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516 



Würdigung wohl am besten die gegen di»j Ikhtlieit de^ Testa- 
mentes vorgebrachten* Verdachts<;rUndc wi«ler!e2rt. 

Indess ist da** Tejstaiiieiit Albrechtß IL uamaLs nicht zur 
Geltung gelangt. Zwar wurde daKselbe den üsii^rreichisehen 
Ständen vorgelegt, zugK-ich aber am-h — vermutlilich «liirob 
die Bevollmächtigten Friedrieh.s des .liiiigLr. ii — ,die taübnei 
vnd ain Ordnungsbrief, wii- t^-s zwischen ju (den Fürsten von 
Oesterreich), iren erben vnd lant und lewten mit regierung, 
gerhabschafft vnd in ander weg beleiben vnd gehalten sulle 
werden*, endlich der Verzichtsbrief, den bezüglich Oesterreich» 
die Herzoge Leopold, Emst und Friedrich zu Gunsten ihres 
Vetters Albrecht IV. am 22. März 1404 ausgestellt hatten.' 
Unter den ytaUbriefen* dürfte wohl in erster Linie der Nea- 
berger Hauptvertrag mit za yerstehen sein. Heisst es ferner: 
^BO halt auch der egenant ordnnngBbrief inn, welcher vnder in 
abgeet, daz der ander deBselben buh, ob er die hinder im Utt, 
isnhaben vnd verweBen sei, vncz sy aa Bechzehen jaren kd- 
mentV so unterliegt es dieser Inhaltsangabe gemttss keineia 
Zweifel, dasB jener Ordnungsbrief mit dem Vertrage von 1386 
identisch ist. 

Die Stände nahmen zwar Kenntniss von dem Testamente 
König AlbrechtB II., aber sie erkannten dasselbe nicht an, weil 
es gegen das Herkommen dcB Hauses Oesterreich seL^ Sie 
ordneten die Angelegenheit ganz nach eignem Ermessen, ior 
dem sie iUr den Fall, der sodann auch wirklich eintrat, dass 
das nachgebome Rind ein Knabe sei, Vormundschaft und 
Hegentschaft Friedrich V., dem ein Rath aus den Ständen ob 
und unter der Knn.s zur Seite stehen sollte, für die Zeit, bis 
jener Knabe zu ,8einen beschaiden jaren* kommen würde, 
übertrugen.^ Herzog Albreeht VI. verzichtete stillschweigend 
auf die Vormundschaft, wie daraus ersichtlich ist, dass er den 
Revers, welelien Friedrich den Ständen ausstellte, niit besie- 
gelte.*^ Doeli iorderte er von seinem Bruder eine Entschädi- 
gung, und da ihm dieselbe nicht in dem von ihm gewünschten 

* Von Cliiiiül, a. H. O. 

' Kurz, Franz, Oesterreich uuter Kuiäur i-'ricdricii IV., I, 214, Buil. 11. 

* Ebenda. 

* KolUr US— 114. 

' Kurz, Fr.inz, n. ft. O. I, S4Sff. 
« Ebenda 247 ff. 



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517 

Ausmasse zu Theil wiu'de , öchloss er sich der verwitweten 
Künigiü Elisabeth an, welche ihm die Vormundschaft über ihren 
mittlerweile gebornen Sohn übertruo;, wohl in der Hofinung, 
dass ihn ji'iier dem Testamente König Albrcchts gemäss in 
Ungarn belassen werde. Es entspann sich aus diesem Anlasse 
ein Briefwechsel ' zwischen Köni^'- Friedrich III. (IV.) und 
Herzog Albrecht Vl.^ der für den ätandpuukt Beider höchst 
bezeichnend ist. 

Vor Allem berief sich Friedrich ^ darauf, dass sein Bnider 
zugegen gewesen, als er jßh der eltist fürst von Österreich^ von den 
Ständen einhellig zum Verweser des Fürstcntluiras Oesterreich 
unter und ob der Enns und für den Fall, dass Elisabeth einen 
»Sohn gebäre, zu dessen ,Gerhab' aufgenommen wurde. Auch 
durfte er geltend machen^ dnss Hersog Albrecht den von ihm 
den Ständen zu Perchtholdsdorf ausgestellten Revers mitbesie- 
gelt habe. Insbesonders aber betonte er, es sei ,niit yersehrei- 
bangen, Ordnungen ynd gewanheiten bej vnsem vordem seligen, 
den fUrsten von Oesterreich, herkomen vnd gehalten worden, daz 
allweg der Eltist unter in das land hie ze Oesterreich niderfaalb 
vnd ob der Ens regiem ynd auch der andern kynder ob sie 
die liessen innhaben und gerhaben soll.' Daher gebflhre nur 
ihm Regierung und Vormundschaft ,ab dem Eltisten vnd Re- 
girer des namen vnd stambs desselben furstentumbs vnd des 
ganzen hauss Oesterreich^ 

Den Argumenten Friedrichs hielt Albrecht VI. entgegen, 
dass Ehsabcth als Mutter des Ladislaus es ^rechtlicher vnd 
pillichcr' zustehe, ihren Solin zu ,vergerhaben dann der lannt- 
schaft 4ds vndertan irs erbliehen rocliteu herrn', und dass sie 
demnach ihm die Vormundschuft übertragen habe, die er bean- 
spruche als Ladislaus' ^nächster freundt, ainer von Oesterreich* 
und da er den jungen Prinzen ,in gewaltsam* habe.' Er setzte 
hinzu: ,daz es auch weder wider vnserr vordem seiiger ge- 



' Mit^etheilt von Birk. E.. Roiträge fnr OeMshfcbte der KOni^n Elisabeth 
von Un<rarn u. 8. f. In: (^lellen und Forschungen wxtt VAlerJ&ndiachen 
Geschichte, Literatur und Kunst, Wien lb49. 

* Der Kai«er au Hersag Albrecbt YL, 25. April 1440; bei Birk, £., 
«. «. O. 

• Henog AlbreektYL an die teterraieUtehen Stlnde^ 2S. April 1440. Ebenio 
nnd an demaelben Tage an die Stadt Wien; bei Birk, E., a. a. 0. 387—838, 
und au KOulg Friedrieb vom Sft. ^xil; ebenda 840. 

Archi?. Linn. M. IL HiUM. 96 



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518 



declitnuss versclireibiingen, gewonheit nach altem herkömen sey, 
wann wir nicht merkehn, da/, in donsolben vnserr vordem 
verSchreibungen, so ir dor hmdäscliuti luibt fiirbrin<j;en la<5sSfn, 
»cy begriffen oder daz das dieselben vnser vordem also gehalt< q 
haben, noch daz sölhs andere fürsten in dem Heiliiren Hümi- 
sclien lu'ich gewohuhait «ey, als es auch ewrselbs ^cwonliait 
niclit ircu eson ist, der (!) nur der Eltist alle ire furstentumb 
vnd lant mit irn /.ug»'li(irmijj^Ln vnd die andern nichts davon 
haben innehalie vnd rcirii re.' Sein Siotfol an jener Urkunde 
habe keine Bedeutung, da er in derselben auf nichts verzichtet 
und nur die Entscheidung des Zwistes mit seinem Bruder an 
die Stände gestellt habe. 

So hinftlllig auch die UeweisfÜhmng Albrechts VI. war, 
80 deutete er doch anderseits die schwache Seite in der Ar^n- 
mentation König Friedrichs an, da dieser für sich auf Grund 
des alten Herkommens nicht nur die Vormundschaft, sondern 
auch die alleinige Regierung als Senior seines Hauses in An- 
spmch nahm, und da die Verschreibungen, auf die er sieh be- 
rufen konnte, abgesehen dayon, dass sie immer nur von Fall 
zu Fall getroffene Verfkigungen enthielten, Ton den seither ein- 
getretenen Ereignissen überholt worden waren und die Thei- 
lungen, welche den Aeltesten der noch ungetheilten Lande be- 
günstigten, das alte Herkommen längst durchbrochen hatten. 
Hatte sich doch Friedrich selbst nicht unter die Vormundsehsll 
des Aeltesten des gesammten Hauses (Albrecht V.), sondern 
unter jene des Aeltesten der Leopoldinischen Linie gestellt 

Auch ist es richtig, dass König Friedrich, den bald auch 
die Königin Elisabeth als Vormund ihres Sohnes anerkennen 
musste, während Albrecht auf sein angemasstes Recht ver- 
zichtete, mit vollen Segeln darauf lossteuerte, den Seniorat im 
eigentlichen Sinne des Wortes, welcher seit einiger Zeit in den 
Hintergrund getreten war, zunächst in der Linie, welcher er 
selbst angehörte, neuerdings, sowie hinsiehtlich der Rechte der 
Regierung, so auch hinsiehtlieh jener d< r Vormundschaft zu 
voller (irltuiig zu bringen. Darum hatte sich sein Bruder ]4% 
zu einem Vertrage • bequemen müssen, welcher der Hausord- 
nung Rudolfs IV. von 1365 nachgebildet war. Und deshalb 
suchte er auch die Vormundschaft Uber den jungen Hersog 

* Vgl. meine AbbAndlang: Oer Öeterr. Erbfolgekrieg, a. a. 0. 88. 



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519 



iSi^'^ismuüd von Tirol zu verlän^rern. Er hatte diesell)o ^egen 
das eidlichp Vorspreciica, dass er nach Ablauf von vier Jahren, 
d. h. sobald »ein Mündel ins 16. Lebensjahr eintreten werde, 
ihn aus seiner Gewalt entlassen wolle, über diesen Zeitpunkt, den 
2ö. Juli 1443 hinaiiB ausgedehnt. Vergebens erwartete man in 
Tirol die Entlassung des jungen Fürsten, wurde vielmehr durch 
die Kunde überrascht, dass zwischen Herzog Sigismund und seinem 
Vormande ein Abkommen stattgefunden habe, vermöge welchem 
— wenn auch nicht dem Namen nach, sn doch thatsttchUch — 
die Vonnundschafl noch weitere sechs Jahre dauern sollte. Es 
kleidete sich nämlich der Vertrag, ähnlich jenem, den einst 
(1386) Herzog Wilhelm mit Albrecht lU. geschlossen hatte, und 
ähnlich der Urkunde,^ in der Herzog Friedrieh der Jttngere 
(1432) in seinem und seiner Brttder Namen seinen Oheim 
EViedrich den Aelteren gebeten hatte, ,daa er noch lenger vnser 
elter herr vnd vater sey', in die Form der Bitte, welche Hersog 
Sigismund an den König richtete, in Anbetracht setner Jugend 
und der schweren Zeitläufe ihn und sein Land noch auf sechs 
Jahre in seiner Vormundschaft und Regierung zu behalten.* 
Diesmal waren es bekanntlich die Stände von Tirol, welche die 
Anerkenntmg eines derartigen Uebereinkommens verweigerten. 
Friedrich vennochte seine Ansprüche auf die Dauer nicht fest- 
zuhalten und musste selbst auf die Resultate jenes neuen Ver- 
trages vom 28. Februar 1445 verzichten, durch den er Sigis- 
mund in eine ähnliche dauernde Abhängigkeit von sich zu 
veibftzen suchte wie jene, in der sich Albrecht VI. seit 1436 
befand.^ Ininicrliin liatten jene nicht so ganz Unrecht, welche 
dem Gerüchte GlHuben bciniMssen, dem zufolge König Fried- 
rich mit der Absicht unijLrclic, als Aeltester unter den Habs- 
burp;crn die Regierung aller Länder des Hauses allein in seine 
Hand 7.n nehmen und sich dabei auf eine Verschreibunp, die 
ihm das Recht dazu einräume, berufe.* Und wir dürfen wohl 
hinzusetzen, dass er diesen Seniorat auch auf die Vormund- 
schaft in der Art, dass in allen vorkonmienden Fällen dem 



» .Siizh. r. der Wiener Akademie 1849, 8 365. 

* Chmel, Materialien I, Heft 2, 8. Itiö, ur. XXX. Jäger, Albert a.a.O. 144. 

* Cknidl, Haterialien I, I.Heft, 41, nr. XVI. 

* JSgeTt Albert, Der Streit der Tiroler LeDdeehaft n. f. (ArehiT ftlr Itoterr. 
Oesch. XLIX, 191). 

86« 



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520 



Aeltesten des Hansea die FHlhrung derselben zustehe, auszu- 
dehnen suchte. 

Dieselben Befürchtungen und Gerüchte wie in Tirol 
Äusserten sich anlassUch des ÖU'cites, in den König Friedrich 
mit den verbündeten Ständen Oesterreichs und Ungarns über 
die Entlassuncr Ladislaus' aus der Vormundschaft gerieth. Auch 
in Oesterreich verlautete, wie Thomas Ebendort'er* erzählt, duss 
der Kaiser von zwei Kurfürsten, dem von Trier und dem 
▼on Sachsen, sowie von einigen Herren Oesterreichs Briefe 
erhalten habe, denen zufolge in Zukunft stets der Aelteste 
(maior natu) des Hauses Oesterreich alle ürstenthüuier und 
Gebiete desselben regieren sollte. Man fand eine Bestätigung 
dieser Ansicht in der Thatsache, dass Friedrich Oesterreich in 
Urkunden als sein Land und die Burg su Wien als seine 
Borg bezeichnete.' Die Stände klagten anaaerdem darüber, 
daas Friedrich den jungen Fürsten aus seinen väterlichen Lan- 
den fortgeführt und die Regierung des Letzteren mit seinen 
Räthen besetzt habe. Hatten zuvor die Tiroler darüber Be- 
schwerde erhoben, dasa Friedrich ihren jungen Landeahenm 
Sigismund gegen die Haller Veroohreibung, dennfolge er ihn 
in der vaterländiachen Luft an lassen und Air seine Ersiehung 
in Tirol an sorgen gelobt hatte^ mit an seinen Hof genommen 
habe, so wurde auch jetzt Ton Seiten der teterreicluachen 
Stände und ihrer Verbündeten gegen den KOnig Friedrich der 
Vorwurf laut, dass er nicht nur nicht sein MlUsdel nach Wien 
oder Pressbmrg entlasse, sondern ihn sogar auf die Bom&hrt 
mitnehmen und so den Gefahren des Bildlichen Klimas anssetaen 
wolle.* Wohl in Hinblick darauf, dass Friedrich bei der Re- 
gierung Oesterreichs den ständischen Beirath beiseite geschoben 
hatte, klagten die Stände auf Verletzung des frilher so wenig: 
beachteten Testamentes Albrechts 11.^^ das jetzt plötzlich zu 



* 1. c. 871. 

* Verl aiu-h die Instruction der StKnde für Thomas Angolpeck bei (Pray). 
Annalos retrum lIuntrMriae III, yö. Wirklich naniito er ia der Antwort, 
die er döu verbündeten österreichisciien Ständen «rtUuilte, Oesterreich 
sein FiiratenthuiD, sein Laud; vgl. Chmel, Eatdrislieii I, 2. Heft 357— SM. 

* Schfeiben der angw. und (totefr. Stiod» sii den Papst bei Chmolt Ma- 
toriaUea I, 2. Bellt» 876. 

* Tgl. Chmel, Materialien I, 2. Heft, SM, 881. Knn, IVeni, Owbwniek 
unter Keiaer Friedrich IV., I, 268. 



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531 



unerwarteten Ehren kam, und von dem sie sogar behaupteten,* 
dass es der Letztere ,ii8us facultate et jure, vi concordatorum 
inter quondara suum et dicti Romanorum rcgis avos et patrem 
suum patremque et jmtruos regis sibi competente', d. i. aiif 
Grund (irr VertrUf^e von 1379 und 1406 erlassen habe, was 
freilich nur zum Theile riclitig' vrar. 

Keineswegs aber warf man Friedrich vor, dass er tiber 
den festgesetzten Tenuin hinaus die Vormundschaft; über Ladis- 
laus zu verlänt^em suche. Allerdings erzählt Thomas Eben- 
dorfer,' die Stände hätten 1452 verlangt, dass Ladislaus ,post- 
qiuun iam ad annos discretionis peraenisset' in seine £rblande 
siirttckgebraeht werden solle, doch so» dMS ^usque ad puber- 
tatis annos, qui propinquabant', er unter der Leitung des 
Kaisers verbleiben solle. Wirklich hatte der Kaiser in dem 
den Ständen aasgestellten Reverse* gelobt, dass er sein Mttndel 
,so er 2w seinen beschaiden jaren kttmbty nicht verrer inn- 
haben^ wolle. Allein Ladislaus war 1453 erst zwOlf Jahre alt, 
während man unter ^anni discretionis', ^bescheidene Jahre'* in 
Oesterreich* zu jener Zeit im Allgemeinen 'das viersehnte Jahr 
verstand, neben welchem in den habsburgischen Haasgesetzen 
frtthzeitig schon das sechzehnte Jahr erscheint, doch so, dass 
die Tirkondliche Fassang es meist anentschieden lässt^ ob damit 
der Eintritt oder die Vollendung des sechzehnten Lebensjahres 
gemeint ist, in dem Vertrage König Friedrichs mit Johannes 
Hunyadi vom 22. October 1460 die ,legittima aetas' des nach- 
geborenen Ladislaus sogar als achtzehntes Jahr definirt wird.* 
Da nun überdies die ErzähUmg Ebendorfer's in urkundh'chen 
Zeugnissen keine Stütze findet/ so ist ihre Richtigkeit über- 
haupt in Zweifel zu ziehen, zumal auch die sonst naheliegende 
Deutung der ^ni discretionis^ im Sinne von ,za seinen Jahren' 

* yofirag des BiBohofr von Baab bei Pray, Annales III, 103. 

* 1. c 86«. 

* Kon, Fr., Oetterrateli nntor Kaiser Friedrich 17., I, 248. 

* Siehe Kraut, W. Th., Die Vormundflchaft I, III. 

» n.ist'nfihrl, Victor. Oesterreichisches Landrecht. Wien 1867, S. 107. 
ächoster, iieinr. Marin, Das Wiener Stadtrechta- und Weichbildbuoh. 
Wien 1873. Artikel 15, Ö9, 109. 

* Kurz, Fr., Oeaterreich unter KaUer Friedrich IV., I, 259, Beilage VII. 

^ Vgl. die lutraetioii Ar die 8Bterr.*stibidisehen Depntirteii an Eßaig 
Friedricli und deesen Antwort hei Ghmel, Uaterialiea I, 2. Heft, S08, 
nr« IiXXyi, wo von deiylddiea nicht die Bede ist 



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522 



und der ,anni ptibertatis' Im Sinne von ,za semen Tagen' 
kommen, bis zu denen sich der ^Tündige selbst einen Vormond 
kiesen konnte, auf Iii n F ill niclit anwendbar ist.* 

Möglich, dass Ebendorfer den Martberger BUndnissbrief vom 
14. Octobor 1451 im Auge hatte, in welchem die österreichischen 
Stände die Forderung etellten, dass König LadialaoB yin sein 
landt gen Oesterreich kOmb vndt in seinem fürstlichen geslos 
der statt au Wienn sise vndt wohnhafft sey, vncz dasa sein 
königlich gnadt an seinen Yogtbaren yndt yoUkomben jaren 
komb'.' Indem sich aber die Verbündeten für ihre Forderung 
auf das ^geschefft' König Albrechts IL berufen, so beweist dies, 
dass unter den ^vogtbaren vnd voUkomben jaren' eben die ^be* 
sehaidnen jare', und zwar sechzehn Jahre gemeint sind^ wie 
wenigbtens Königin BUisabeth * die betreffende Stelle des Testa- 
ments ihres Gemahls verstand. 

Sowie zuvor gegenüber seinem Bruder Albrecbt VI., so 
machte auch, als der Streit Uber die Vormundschat t an die 
Curie kam, Ivaiscr Frlcdricli an derselben die Ilechte des 
Seniors sciiiu's Hauses auf das Nat-hdrücklichstc f::eltj-iid. Bald 
nach st'inor Ankunft in Rmu hatte Friedrich mit dvin Papste 
Niet »latus V. eine Untern'dun-::, in der er sein Verliaitiuss zu 
dvi\ < )i'sti'rrt'ichcrn erörterte : ,lu Au-striai' domo,' sagte er 
unter Anderem ,dc qua mihi et Ladislao Kegi origo est, vetus 
consnctndo inulcvii, j)nj)illo«! illu>trcs corumque thesauros, domi- 
natUB et <[uac prima uiürtah's habcnt, in potestatc soiiioris prin- 
cipis ciusdem domus usque ad annos plcnac pubertatis esse,** 
Und ganz demgemtlss heisst es in jener Bulle Papst Nicolans V. 
vom 4. April 1452,^ welche die österreichischen Anführer mit 
dem strengsten Kirchenbanne bedrohte: . . cum igitur, sicut 
ad nostram audicnciam fama refferente publica et rei expe- 
riencia edocente devenit, licet ab olim inter principes et duces 
domus Austrie laudabiliter introductum et inconcuse etiam a 

^ Die Deatnng der Stelle Chmel, Joeef, HalMbiir^clie Excmw VI, 
iD Sibiber. der Wiener Akademie XVIII» 90 befriedigt nicht 

* Kurz, Fr., Oesterreich untor Kaiser Friedrich IV., I, 263, BoiI<i^c XHL 

* Urknii'lo (Icrsrllion Ado. Komoin, 10. April 1440, boi KoUar II, H.'U. 

* AoneiUi Sylvins hei Kollar, AualectA Vindob., T. II., col. -"^.l Vgl. die 
Uebor»etzung von Th. Ilgen, Die Qoschichte Kaiser Frietlrtchs III. von 
Aeoeu Sylvias in Geschichtsobr. der deutschen Vorzeit, Lief. 87, S. 70. 

* Pra7, Ann. reg. Hung. m, 106. Chmel, HateriiUen 4—0. 



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523 



tanto tempore, quod de contrario memoria hominiun non ezistit, 
observatum fnerit, quod decedente quocumque ex principibus 
et ducibus domus eiosdem saperstite sibi berede impubere 
princeps et dux maior natu domus ^ ipsius terrae et do- 
minia dosdem heredis impuberis regere et eius curam siae 
tatelam utpote de iure ad emn delatam gerere cum plana 
gubemacione et administracione terrarum et dominiorum huius- 
modi ac omuium iuriuiu et pertinentiaruin earuudein, quüusquc 
idvm haeres pubertatis annos et discretiouem gubernationis, 
regiminiö et adniinistrutiünis terrarum et dominiorum huiusmodi 
per sc-metipsum gerendorum consceuderet, debeat et etiaiu 
teneatur/ ' 

Aber so wie iVühfM' Albrecht VI., so protestirton auch 
jetzt die verbündeten Suiii(ie (Jt sterreiclis und üngarus k'^K'" 
die Behauptung des Kaisers. .Minimc crcdere debetis/ heisst 
es in der Zuschrift ihrer Gesandten an das Cardinalcoliegium 
,quod Semper maior natu inter duces Austric tutelam gcsserit 
niinoris; cum clarissime constety quod praenomipatii» rex Al- 
bertus duci Friderico seniorc duce Austrie mortuo senior dux 
erat, tarnen tutelam illuBtris principis Sigismundi ducis Austrie 
eius filii minime gesserit, sed ipse dominus imperator ut dux 
Austriae se de eius tutela introduxit/^ 

Wir gelangen hiemit zu dem Ausgangspunkte unserer 
Betrachtung snrllck, zu der Frage nämlich, ob, wie der Kaiser 
behauptete, die yormundscbafUiche Regierung in Oesterreich 
altem Herkommen gemäss dem Aeltesten des Hauses zuge- 
standen habe, oder ob yielmehr wie im Privat- und Lehen- 
rechte dies die Befugniss des nächsten und ältesten Schwert* 
magen (Agnaten) gewesen sei, wofür sich unter Anderem Franz 
Ferdinand SchrOtter entscheidet* 

Wie schon firOher bemerkt wurde, sehliessen fiir das erste 
Jahrhundert der habsburgischen Herrschaft die thatsächliehen 



* .Domus' fehlt im Abdrucke bei Prar. 

' Fray, Aun. reg. Uung. Iii, lOö, NacU der »ehr fehlerhaften Handschrift 
37/80 der Oraser UiiiT.-BibL, toi IM, bei Kfimmel, Emil, Zar Oeschichte 
Henog Ernst de» Eiaenien, in: lütth. des histor. Vereine« Ittr 8teier> 
mark, XXY. Heft, S. 9. 

' Pray I. r. 

* Fünfte Abhandlung ana dem Oiterr. Staaterecbte. Wien 1766, S. 297 ff. 
Ebenso Hauke, Franz, a. a. O. 88. 



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524 



YeriialtniSBe die stricte Beantwortung der Frage aoB; und fast 
das Gleiche gilt auch fdkr das zweite Säculum, da auch während 

dieses Zeitraumes der in Frage stehende Vermund in den 
meisten Füllen zugleich der Aelteste seines Hauses und der 
nächste und älteste Agnat des betreffenden Mündels war. 
Während all dieser Jahre begegnet uns nur zweimal — bei 
der Vornmn<1schaft über Friedrich den Jüngeren uud dessen 
Brüder und bei jener über Sigismund von Tirol — der Fall, 
dass der Vormund nicht zugleich der Aelteste des Ilauseb und 
der niielisle und älteste Schwertmage war. Doch wäre es 
übereilt, aiis der Thalsaehe, dass man sieii in beiden Fällen 
mit Ucbergehung des Seniors des iran/en Hauses — Albrechts 
V. (H.) — • zu Gunsten des n.i( listen und ältesten Schwert- 
magen entschied, sofort einen Sehhiss auf die in dieser Hin- 
sicht geltende Rechtsanschannng ziehen zu wollen. Vielmehr 
scheint in beiden Fällen der Neuberger Vertrag von 1379 
massgebend gewesen zu sein, der durch den Verzieh tsh rief 
auf das Land Oesterreich| welchen die Herzoge Leopold IV.. 
Emst und Friedrich am 22. März 1404 ihrem Vetter Albrecht IV. 
ausgestellt hatten, wieder in Rechtskraft getreten war.* Nun 
hatte schon dieser Neuberger Vertrag bestinnnt, dass der Aelteste 
des Hauses nur so lange die Vormundschaft über seine Neffen 
ausüben sollte, bis der älteste derselben, d. i. der anderen Linie 
sechzehn Jahre alt und sonach selbst im Stande sein wnrde^ 
die Vormundschaft ttber seine Brttder zu ttbemehmen. Alle 
drei FäUe gehören bereits der Zeit der Theilnngen an, und im 
Zusammenhange mit diesen scheint sich die Ansicht ausgebildet 
zu haben, dass die Ftlhrung der Vormundschaft nicht dem 
Aeltesten des ganzen Hauses, sondern dem Aeltesten der be- 
treffenden Linie. ,der noch ungetheilten Lande' gebtthre.' Dass 
aber dies ausdrücklich ausgesprochen wurde, deutet doch wohl 
dahin, dass in der älteren, den Theilungen vorausgegangenen 
Zeit, wenn sieh aueh kein Fall, der dies unzweideutig zum 
Ausdrucke gebraeht haben würde, ergal), wenigstens in der 
Idee der Aelteste des ganzen Hauscö als der allein be- 
rechtigte Vormund galt. Und auch das Testament König Al- 



HMke, Fr., «. ». O. 29. 
* Dies acheint auch Hftoke, Fr., Die geiehiehUichen OfaDdIag«n dei Moii* 
arcbeoreehtos 24, annmehmen. 



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525 



breclite n. vom S3. October 1489^ so selir es auch im Uebrigen 
von dem sonstigen Herkommen abwich, scheint zu Gunsten 
dieser Ansicht zu sprechen, indem es zum Vormund seines 
Sohnes, den ältesten i' ursten von Oesterreich, der je zu Zeiten 
sein wird', ersah. 

Jedenfalls hatte Kaiser Friedrich nicht so ganz Unrecht, 
wenn er in dieser HinRicht von einem alten Herkommen seines 
Hauses sprach.^ das freilich nur selten zu unzweideutigem Aus- 
drucke ^'■clangen konnte und infolg-c der eingetretenen Thei- 
lungcn und irerade durch ihn selbst eine veriinderte Deutung 
erfuhr, die sich jeweilig seinen persönliclien Interessen anbe- 
quemen f5ollte. Uebrigens richtete sich die Ojipositiou, welcher 
sich Friedrichs Bemühungen begegneten, nicht so sehr gegen 
den Anspruch, den er als Aeltester seiner Linie, beziehungpsweise 
des ganzen Hauses auf die Führung der Vormundschaft erhob; 
yielmebr wurde ihm dieselbe von den Tirolern und anfangs 
wenigstens auch von den Oesterreichern zuerkannt. Wogegen 
man .sich verwahrte, waren vielmehr die weiteren Ansprüche, 
welche Friedrich als Senior seines Hauses erhob, und die auf 
eine Verlängerung der gesetzlich bestimmten Frist der Vormund' 
Schaft oder doch auf eine andauernde BeYormundung der jün« 
geren Mitglieder seines Hauses hinausliefen. Und auch die 
Kachwelt kann gegen den Kaiser, der das Majus bestätigte, die 
Alleinherrschaft in Oesterreich anstrebte und dieselbe auch auf 
dem Gebiete der Tormundsehafdichen Rechte geltend m machen 
suchte, nur den Vorwurf erheben, dass es seiner Persönlichkeit 
an jener Energie gebrach, die allein im Stande gewesen wäre, 
der Idee der modernen Staatsgewalt in deren Dienst er sich 
stellte, zum Durchbruche zu verhelfen. 



Kehren wir nach diesem Kxcurse zu jener Episode zu- 
rück, die uns in dem na(distehenden Schriftstücke geseliildert 
wird. Dieselbe iallt in die Zeit nach dem Ofener Schieds- 

1 Is dem den Stlndea Tirols 14S9 aiufeatellteii BerwM (Chmel, Uateritp 
lion I, S> Heft» 68) und «n der obeo citirten Stelle. Irrig isi die der 

TOD Aeneas Sylvins niit^etbeilteii Aeasaorung des KaUers von Hauke, Fr., 
n. a. O. 23, gegebene Deatmig sa Onnaten dee n&chete n nnd ftlteelen 
Agnaten. 



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526 



spräche yom 13. Mfirz 1409, demgemttSB die Brüder Leopold 
und Elmst die Vormundschaft Uber Albrecht IV. gemeinwm 
führen und sich in die Einkünfte derselben theilen sollten. 
Fanden in der nächsten Zeit auch keine ausgesprochenen Feind- 
seligkeiten mehr statte da ja die Hauptveranlassnns: hiozu be- 
seitigt war, so war und blieb das ge;j;;cn8eiti^e \'eiluiluu der 
beiden Brüder doch gespannt. Leopold und Kru^t wuhntec 
zwar jetzt nebencinuiidt r in der Burg zu Wien, aber ihre 
Herzen blieben getrennt. Und wie sie sich selbst get^^enseitiiu' 
argwöhnibch Ul)erw.u litiii. so stand anderseits die zal ! reiche 
Partoi, die eiiiüi (Umi so mannhaft für die Rechte ihr» > juniren 
Lami iVirsten eiiiirctretcn war, voll Misstratien den beiden 
Uhciincii desselhcii - namentlich Leopold — geg"enüber, vor 
Allein lu iiiprcchi von Walsee, der, ,wie ein Fels, an dem sieb 
die schäumenden Moereswogcn brechen^ sich allen Anschlages 
wider den von ihm zärtlich geliebten Herzog Albrecht entgegen* 
zusetzen entschlossen w ar. 

Für den Augenblick wenigstens suchte diese Partei eine 
Stütze in Herzog Krnst zu Huden. Dnnn in der genaeinsameo 
Vormundschaft, welche die beiden Brüder nunmehr ttber Al- 
brecht V. führten j lag eine gewisse Gewähr gegen etwaige 
Uebergriffe Herzog Leopolds^ die sein Mitrormund Herzog Emst 
voraussichtlich nicht dulden werde. Damit hieng es wohl so- 
sammen, dass, als Herzog Emst im Sommer 1410 an die Etscb 
ziehen wollte^ nm seinem Bruder Friedrich im Kriege mit den 
Herzogen von Baiem Hilfe zu leisten,* sieh der Hofmeister AI- 
brechts V., Leopold von Eckartsau,' und dessen Kammermeister, 
Hans der Neidecker, an Emst mit der Anfinge wendeten, wie 
sie sich yerhalten sollten, &lls Herzog Leopold den jungen 
Fürsten aus Wien anderswohin ftlhren wolle. Die Antwort 
lautete wohl wider Erwarten dahin, dass sie Herzog Leopold 
Gehorsam zu leisten hätten. 

Üa brach im Monate August zu Wien eine ansteckende' 
Seuche aus, welche bis Ende Januar des folgenden Jahren 
wüthete und Tuuscnde hinwegraflfte. Auf dem Kirchhof bei 

* Kurs, Frsm, Oeaterraich unter Kaiser Albreeht U., 1, 186. 

* Vgl. Brandis, Tirol notm Firiedrieli Ton Oestemidi. Wim 18S1, S. SO. 

Birk, Regesten lUi^. 1150. 1154. Ilö6— 1161. 
' \'gl. über diesen Becker, II. A., Topogrmphie von NiederOeterreieb, XL Bd., 
45dff. 



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527 



St Stefoo ftllam wurden tiiglicli achtzig und melir Ldehen be- 

ordijgft.^ Um nun den jungen Herzog der Gefahr der An« 

stockuniir zu entziehen, forderte Herzog Leopold den Hofmeister 

und di'U KainiiKTineister desselben auf. Allfs in Bereitschaft zu 
setzen, um mit ihm nach Wicncr-Ncustiidt zu reiten. Allein 
man schützte vor, dasd der Ilubmeister (Achaz von Volhcu) 
nicht zugegen sei, und dass demnach Albrecht nicht mit den 
zur Reise erforderlichen Geldmitteln nus^rfstattct werden könne. 
Hcrzoir Leopold wartot«* in Wien noch öeclis Tage, Zeit genug, 
um flcu Ilubmeister. der damals in dem nahen Marehcgg weilte, 
an den Hof zu berufen. Das geschah aber niclit, so dass 
Leopold, läugereu Wartens mUde, vorläuBg allein nach Ifen- 
Stadt ritt. 

Aber auch nach der Kiickkunft des Hubmeisters beeilte 
man sich nicht, dem Wunsche Herzog Leopolds nachzukommen, 
80 dass die Vermuthung nahe liegt,* die Umgobnnix Albrochts V. 
habe schon damals besoi^ dass die Absicht des Oheims auf 
eine ungesetzliche Verlängerung der vormundschaftlichen Be- 
gicrung gerichtet sei, und habe daher bei Zeiten den jungen 
Landesfürsten der Machtsphilre seines begehrhchen Oheims zu 
entrücken gesucht Und diese Vermuthung steigert sich nahezu 
zur Qewissheity wenn man bedenkt, dass in der Folge neben 
Reinprecht von Walsee Leopold Ton Eckartsau, der Hofmeister 
Albrechts V., bei der Entführung des Letzteren von Starhem- 
berg nach Eggenburg die Hauptrolle spielte. 

Statt dem Wunsche Herzog Leopolds gemäss den jungen 
Fürsten nach Neustadt zu bringen, beriefen der Landmarachall, 
Hertnid von Pottendorf, der Hofmeister und der Eammer- 
meister des Jungen Fürsten den Leibarzt desselben, Meister 
Kiklas, zu sich, um mit ihm über den Ort, der der Oesundheit 
Albrechts am förderlichsten sei, zu Rathe zu gehen. Meister 
Niklas schlug Melk oder Herzo^^enburc^ an der Traisen vor, 
namentlich sprach er sich für letzteres aus, da daselbst Luft 
und Wasser besser seien als sonst irgendwo. Dass man sich 
zuletzt für Herzogenburg entschied, dürfte wohl auch nicht 
blosser Zufall sein. Lai? doch lierzofrenbur^, wenn auch nicht 
uumittclbar au dor Donau, so doch auf dem kürzesten Wege 



» Kurz, Franz, a. a. O. I, 148. 

' öo vermnUiet bereit Kurz, Fnu», «. «. 0. 1, 148. 



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528 



naeli Eggenbnrg, wohin man, wie schon bemerkt, hinter den 
schtttzenden Strom in der Folge den jungen Landesherni 
brachte. 

Die Umgebang Albrechta theilte dem Herzoge L»eopold 
den Aussprach des Arztes und ihre eigene Meinung mit, mit 
der Bitte, dass derselbe seinem Mündel den Aufenthalt an der 
Traisen gestatten mOge. Allein Leopold war ganz anderer An- 
sicht; er schlug in einem Schreiben vom 8. September die Bitte 
rundweg ab und verlange vieiraehr, dase sich Albrecht nach 
Starhcmberpj, Pottenstcin oder Outciistein verftige, wo in früheren 
Fällen dieser Art seine eigenen Brüder und Vettern sich auf 
gehalten hätten. Am h'ebsten, bemerkte er, würde er es sehen, 
wenn sich sein Mündel zu ilnn beg:ebc. 

Doch die mehrerwiilint«' Uiiitrebung Albrechts — Hertneid 
von Pottendorf, Leopold von Eckartsau, Hans von Neideck und 
Achaz von Vaeiben — brachte dim Jungen Herzorr zunächst 
vielmehr nach Manorbach. Sie thcilten dies am 1 1 . Sep- 
tember dem Herzoge Leopold mit, indem sie ihn zugleich, wie 
bereits zuvor, baten, einen oder zwei seiner Käthe zu ihnen 
TO senden, damit Albrecht dosto besser behütet und be- 
wahrt werde. Sollte indess^ fUgten sie bei, Herzog Xieopold snf 
seinem früheren Wunsehe wider den Rath derer, ,die vnsers 
jungen herm pflegen vnd sein leibs gelegenhait wissen^ be- 
harren, so wollton sie zwar Gehorsam leisten, mUesten jedoch 
jede Verantwortung von sich ablehnen. Darauf erfolgte tod 
Seiten Herzogs Leopolds am 14. September der kurse und 
bündige Auftrag, seinen »Vetter' nach Starhemberg zu bringen. 
Wollten sie sich sodann mit demselben nach Neustadt begebeo, 
so sehe er das gerne, nur sollten sie in diesem Falle einen 
sdner Kttmmerer Torausschicken, der ihm sein Zinuner 
richte. 

Herzog Albrecht be&nd sich zur Zeit, als dieses Schreibea 
einlief, bereits in Purkersdorf. Man ersieht daraus, dass die 
Räthe des jungen Fttrsten sich mit diesem noch immer, wenn 
auch in kleinen Tagereisen, ihrem Ziele — Herzogenburg — 
zu nähern suchten. In der That schützten sie vor, dass sa 
Starhembiig ftlr ihren Herrn nichts vorbereitet sei, und 
kamen nochmals auf die Bitte zurück, dem Ausspruche dei 
Arztes gemäss, Albrecht den Aufenthalt an der Traisen zu ge- 
statten. 



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529 



Allein Herzog Leopold bestand jetzt (16. September) dar- 
auf, dass seiu Mündel nach Neustadt gebracht werde; dort 
möge er zwei oder drei Tage bleiben. Gefalle ihm Wesen und 
Luft der Neustadt und fühlte er sich wohl, so müge er länger 
daselbst verweilen j wo nicht, so wolle er mit dessen Uniirebung 
über die Wahl eines anderen Aufenthaltsortes zu Rathe gehen. 

Das Ansinnen Herzog Leopolds kJeidcte sich in eine Form, 
die es den Käthen Albrechts V. unmüghch machte, sich dem- 
selben zu verschliessen, wollten sie nicht mit ihren eigenen Elr^ 
klärungen in Widersprach geratben. Sie führten also ihren 
jungen Herrn nach Nenstadty wo derselbe acht Tage — vom 
20. bis 28. September verbÜeb. Offenbar fanden indoss 
fortgesetzte Verhandlungen zwischen Leopold und den Käthen 
seines Neffen über das Verbleiben Henog Albreehts V. statt, 
als deren EIrgebniss es za betrachten sein wird, dass am 28. Sep- 
tember der junge Fttrst nach Starhemberg gebracht wurde, wo 
an demselben Tage seine Schwester Margaretha eintraf, deren 
Mutter Johanna, die Tochter des Herzogs Albrecht von Baiem- 
Holland, kttrxlich — am 15. November 1410 — yennutlifich an 
jener Seuche gestorben war. Es geschah dies auf Hersog Leo- 
polds Wunsch; das junge fVäulein, das damals bereits mit dem 
Herzoge Heinzich von Baiem yerlobt war, sollte im Verkehre 
mit ihrem Bruder den Verlust ihrer Mutter leichter yerschmerzen, 
der junge Fttrst im Umgange mit seiner Schwester Eunweil 
finden. 

Da trat mit der Rückkunft Herzog Emsts aus Tirol ' eine 

neue Wendung; in dieser Sache ein. Es ist übrigens bezeich- 
nend, dass trenidc erst dieses Ereigniss den Rüthen Albreehts 
den Anlass gab, einen der Ihrigen — den Hubmeister — nach 
Neustadt an Herzog Leopold zu senden, um demselben zu ent- 
bieten, dass für die beiden jungen fürsthehen Personen der 
längere Aufenthalt auf Bnry; Starhemberg nicJit füghcii sei, da 
sich daselbst (Vw Seuche eingeschlichen habe. Sie hüten den 
Herzog, mit seinem Bruder wegen eines anderen Aufenthalts- 
ortes für ihre Mündel iiliereinzukommen. Der Herzog beschied 
die Küthe nach Neunkirchen, wo er demnächst nn't seinem 
Bruder Ernst zusammen- and mit ihm in der iSache Uberein* 
kommen wolle. 



* Am flO. Ootob«r urknnd»! er so 8ti7r; Birk, Regettmi, nr. 1166. 



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5:>o 

Die Begegnung der Herzoge Leopold und Ernst fand 
wirklich stiitt. Von den Käthen Herzog Albrechts waren der 
Hofmeister, der Kumiuerineister, Herr Niklas von Sebek uüd 
Aeh.i/ von Vaeiben, der ilubmeister, erschienen. Sie brachten 
ihr Anliegen bei beiden Herzogen vor. l)a sie aber eine F.r.i 
Scheidung derselben nicht zu erzielen vermochten, so erklärten 
sie, falls infolge längeren Vt rzugrs ihr junger Herr und ihr 
junges Fräulein von Krankheit l)etallen würden, daran nicht 
Schuld haben zu wollen, und entbaadeu t»ich von allen ihren 
Gelübden und Eiden gegen Herzog Leopold und Herzog Ernst, 
fiowohl in diespm Falle als auch für den Fall, dass sieh die- 
selben dariibei- nicht einigen könnten, wie sich die Käthe Ai- 
brecht« zu verhalten liatten, wenn etwa der Kino von ihnen 
verlange, dass der junge Fürst und seine Schwester von Star- 
heniberg fortgeschafft werden sollten, der Andere aber nicht 
Da ihnen auch auf diese Erklärung nicht geantwortet wurde, 
kehrten die Häthe Albrechts nach Starhemberg zurück. 

Am 3. üecember schickte Herzog Leopold zwei seiner 
Diener, Ulrich den Paemer und Zahreis den Gebser, nÄch 
Starhemberg, welche mit I'eglaubigungSBchreibea (vom 3. De- 
coniber) an Albrecht und dessen Schwester, sowie an die liäth« 
des Ei-bteren versehen waren. Ihre Werbung lautete dahin, dass 
die fürstlichen Kinder nach Neustadt kommen sollten, wo Her- 
zog Leopold gerne mit ihnen theilen wolle, was er an Kost und 
gutem Getränke habe. Den Kammermeister forderten sie, cU 
der Hofmeister soeben auswilrts weilte, auf, den jungen Herrn 
und dessen Schwester nach Neustadt zu bringen. Die Rühe 
Albrechts dankten fUr die freundliche Gesinnung, welche He^ 
zog Leopold gegen seine Mündel hege. Eine Antwort anf die 
Werbung aber erklärten sie erst nach der Rückkunft des Hof- 
meisters und der übrigen Rttthe Herzog Albrechts ertheilen m 
können. 

Statt indess nach erfolgter Rückkehr der Letzteren dem 
Herzoge Leopold ihre Antwort sofort zu ertheilen, sandten die 
Rftthe Albrechts V. zuvor den Reisacher als Boten an Herzog 
Ernst, der dch damals in Steyr aufhielt, theilten demselben 
das Ansinnen seines Bruders mit und fragten an, ob er zu dem 
Aufenthalte ihrer fürstlichen Pflegebefohlenen seine Zastimmong 
gebe. Der Herzog erwiderte, dass er selbst nach Wien kommen 
und sich daselbst mit seinem Bruder Uber den Aufenthaltsort 



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531 



ihrer Mündel einigen wolle. Er forderte die Räthe Ucr/.cß^ AI 
brechts auf, sich mit scin^Tn , Vetter' ebenfalls nacli Wien zu 
begeben, nahm aber in eiiH in zweiten Schreiben (13. December), 
das er dem «-rsten auf d' ;ii Fusse folg-t-n liess, jene Aufforderung 
zurilek und verlangte nun vielmehr, dass sie zu Starhemberi^ 
bis auf Weiteres bleiben sollten. Den Herzog Leopold setzt in 
die Käthe Herzog Albrechts in Kenntniss von der Botschaft, 
welche sie an Herzog Ernst gesendet. Unter Berufung auf den 
Verlauf der Neunkircliener Verhandlungen baten sie neuerdings 
den PIcrzog, mit seinem Bruder Uber den ktlnftttgen Aufenthalts- 
ort ihrer Mündel sich zn einigen. Sie lehnten so den ein' 
seitigen Vorschlag Ib i ■ Leopolds ab; ausdrücklich hoben sie 
hervor, dass sie sowohl £mst als Leopold, dem. Einen wie dem 
Andern gelobt und geschworen hutten. 

Herzog Leopold Hess hierauf durch seine Diener, den 
Paemer und den Floyt, erwidern, dass es zwar auch jetzt noch 
gerathen sei, den jungen Herrn und das junge Fräulein nach 
Neustadt zu bringen; dass aber, wenn dies nicht geschehe, er 
bereit sei, einen seiner Räthe zu seinem Bruder Emst nach Steyr 
hinaufzusenden. In diesem Falle roOge auch einer der Räthe 
Herzog Albrechts mitreiten. Was dann mit seinem Bruder 
Tereinhart werden wttrde, das wolle er genehmigen. Die Räthe 
Albrechts waren in der That Willens, einen aus ihrer Mitte 
nach Stejer zu senden; doch standen sie auf die oberwähnte 
Botschaft, die ihnen Reisacher von Herzog Ernst Überbrachte, 
dayon ab und beschränkten sich darauf, die Antwort des 
Letzteren Herzog Leopold bekanntzugeben. 

Am 20. December richtete dieser an die Räthe Herzog 
Albrccbts ein neues Schreiben, worin er denselben mittheilte, 
dass er am niichaten Tage seinen Arzt, Meister Berchtold, nach 
Wien senden wolle, und sie aufforderte, dem?<elben den Arzt 
ihres jungen Herrn, Meister \iklas, zuzugesellea, um au Ort 
und Stelle zu erkunden, ob der Aufenthalt in Wien nicht für 
Albreclit V. und den Herzog Leopold selbst in Anbetracht der 
herrschenden Seuche bedenklich sei. Die Erkundigungen, welche 
die beiden Aerzte sowohl selbst als bei anderen Genossen ihres 
Faches ein/<)<,n n, lauteten im Ganzen so günstig, dass Leopold 
um P) I mnuir seinen Truchsess Paerner und seinen Hofraar- 
schall 1 riek von Kott an die HHthe Albreidus V. naeh Star- 
hembcrg sandte, die er autibrdera Hess, ihren jungen licrm 



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&32 



und das junge IV&iilein am 4. Jmuar nach Baden oder Traia- 
kirchen zu bringen, wohin er selbst kommen wolle, um mit 
ibnen nach Wien xa reiten. Da aber damals der Hofi&eister 
und der Eammermeister nicht sogegen waren, erklärten Hans 
Ton Pielach und Mert Flojt, denen in ihrer Abwesenheit die 
Obsoige flir die fürstlichen Pfleglinge anvertraut war, daaa sie 
keine derartige Botschaft entgegenzunehmen berechtigt seien; 
ja sie liessen die Boten des Herzogs nicht einmal in die Burg 
ein, sondern erklürten sich blos ber^t, von ihrer Werbung den 
damals in Wien weilenden Hofmeister Leopold von Eckartsan 
in Eenntniss setzen zu wollen, was auch noch an deioBelben 
Tage geschah. Auch Herzog Leopold richtete ebenfalls am 
3. Januar von Neustadt aus ein Schreiben an Leopold von 
Eckartsau, Hans von Neideck und andere Räthe Herzog Al- 
brechts, in welchem er den Inhalt seiner W'crbun»^ wiederholte, 
sich darüber, dass er aiü seine BotsehaiL keine Antwort er- 
halten und dass man seine Diener zu Süirhemberg nicht ein- 
gelassen habe, beschwerte und ihnen befahl, sich am G. Januar 
mit Herzog^ Albrecht und dessen Schwester, seinem ,liebea 
muemlein', in Baden ein/utindeu. 

Leopold von Eckartsau beharrtc auf seinem Standpunkic. 
Er habe — so meldete er am 4. .Januar in kurzen Worten dem 
Herzoge Leopold — den Inhalt seimir \\ eri)uug dem Herzoge 
Ernst mitgetheilt. Dieser habe ihm darauf geantwortet, dass 
er an seinen Bruder darum selireibon wolle. Allein Herzog 
Leopold nahm diese Zeilen sehr ungnädig auf. Er bezeichnete 
es namentlich als ,unbilhg', dass Eckartsau seine Aufforderung 
nicht unmittelbar beantwortet habe, sondern ihn auf ein Schrei- 
ben verweise, das sein Bruder Ernst an ihn au richten beab- 
sichtige. Neuerdings (5. Januar) verlangte er ,emstlich', dass 
Albrecht und dessen Schwester am 8. Januar nach Baden ge- 
bracht werden sollten, von wo er am nächsten Tage (9. Januar) 
mit denselben nach Wien reiten wolle, wie er dies aach seinem 
Bruder schreibe.^ 

Allein statt diesem Befehle nachzukommen, richtete Leo* 
pold 7on Eckartsau an demselben Tage (8. Januar), an welchem 
man den jungen Hersog und dessen Schwester nach Badra 



Wifklicli btt&nd «ich Henog Leopold am 9. Januar in Baden, wi« Birk» 
RcfMten, nr. 1181, lehrt. 



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033 



hätte bringen sollen, ein neues Schreihcn an Herzog Leopold, 
dessen Inhalt luu zu deutlich zeig^ dass der Ilofiiicistcr bloss 
Zeit zu ^'ewinnüu und die Uebergabe iUbrechts an seinen 
älteren Oheim zu verzögern suchte. Angeblich hatte er den 
Brief des Herzogs Leopold vom 5. Januar erst um 8. erhalten. 
IJeberdies schützte er vor, dass sich von den Rüthen seines 
jungen Herrn zur 8tim le niemand als er selbst zu Starliemberg 
befinde, und dass er demnach das letzte Schreiben Leopolds zur 
Kenutniss seine? «jnildijrcn HeiTn Herzocs Ernst, sowie, da das- 
selbe auch an die übrigen Käthe Herzog Aibrerhts j;erichtet 
sei, aucli zu deren Kenntniss bringen und, was ihm darauf geant- 
wortet werde, unverzüglich an Leopold gelangen lassen wolle. 

Am 9. Januar fanden sich Rasp von Kosenhart, der Truch- 
SÜSS Ulrich der Paemer, der Hofmarschall Frick vom Rott und 
der herzogliche Solyreiber Pfarrer Augustin von Judenburg mit 
einem Beglaubigungsschreiben ihres Herrn Herzog Leopolds zu 
Starhemberg ein. Zuerst beschwerten sich -dieselben nochmals 
im Kamen ihres Herrn über die schntfde Aufiiahme, welche 
Ulrich der Paemer und Frick vom Rott, sowie seine durch die- 
selben vorgebrachte frühere Botschaüt gefunden lu;l>o. Zugleich 
ga1>6n sie das Verlangen Hensog Leopolds kund, dass man den 
jungen Fttrsten nnd dessen Schwester nach Piesnjgk, d. i. 
Fiesttng, bringe^ von wo er mit ihnen über Baden, das als 
Nachtlager dienen soUe^ nach Wien reiten werde. Doch die 
Räthe Henog Albrechts lehnten dies ab; sie beriefen nch auf 
die Erklftnmgi welche sie zuvor su Neunkirchen abgegeben 
hiltten, wonach sie in dieser Sache nur dann (Gehorsam leisten 
wurden, wenn beide Hensoge sieh Uber den Aufenthaltsort ihrer 
Mttndel wttrden geeinigt haben. Auch der weiteren Forderung, 
dass sie den jungen Hersog und dessen Schwester wenigstens 
nach Piesting bringen mochten, damit sie dort beide Herzog 
Leopold sehen k0nne, begegneten dieselben mit der Erklftrung, 
dass ne dies nicht ohne ansdrUcklichen Befehl und Emülchti- 
gung seitens des Herzogs Emst zu ihnn befugt seien. Und 
als endlich die Boten verlangten, dass ihr Herr in Starhemberg 
eingelassen werde, um dort ,Vetter und Mumelein' SU sehen, 
versagte man auch dies. Auf den Einwand, dass doch vormals 
Herzog Emst zu Suirhemberg gewesen sei, ohne dass man zu- 
vor hiezu die Zustimmung Herzog Leo})old8 eingeholt habe, 
erwiderte man, dies sei vor jener Neunkiichencr Erklärung 

Arclur. L^JULVi. Bd. U. Büirt«. 36 



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534 



goflchehen, würde er aber nomnehr ein Bolches Ananmen BtaUen^ 
80 wttrde man Om ebeaftlk niclit eudanen ohne Wissen Beines 
Brudere^ des HeraogB Leopold* Die Abgeordneten Henog 
Leopolds wendeten sieb nun nnmittelhar an den Hofineister imd 
hielten ihm, indem sie nochmals alle die Vorgänge der letetsn 
Wochen seit dem Tage an Nennkirehen bespraeheni sein nn- 
siemliches Benehmen vor Augen. Allem Leopold von Eckartsra 
erwiderte, dass er nur naoh Rath der Rsthe seines jungen 
Herrn gehandelt habe, nnd als man ihn an die Gelübde und Eide 
mahnte, die er Herzog Leopold geleistet habe, antwortete er, 
jdaas sein Herr ihn nicht erst au sein Qelübde sn mahnen 
brauche, da er nunmehr zu solchen Jahren mit Ehren gekom- 
men sei: (lass er seinen Gelübden und Eiden jederzeit g'enujr 
gethan und mit CJottcs Hilfe aueh hinfiir also thun wolle, dass 
er sich indess, wie wissentlieh sei, aller seiner Gelübde und 
Eiide gerren iScinc Gnaden eniLmndeii liabe'. 

Die Käthe Herzo^r Albrechts setzten durch Mert Flovt 
den Herzog: Emst von den neuen Forderungen seines Hnuici-s 
in Kenntniss. Ernst erwiderte am 11. Januar mit einem Sehn i- 
ben, worin er die «genannten Käthe vermahnte, seinen .Vetter 
und sein ,Mulindein' weder an seinen Bruder, noch au jemand 
Andern olme sein Wissen und Willen zu antworten. 

Leider bi-ielit mit diesem Briefe unsere 8o interessante 
Aulzeichnun*,' ab. Anderweitig' ertaiiren wir blos, dass Schloss 
Starhemberg durch Verrath dem Keinpreeht von Walaee und 
Leopold von Eekartsau übergeben wurde, welche Aibrecht V. 
auf vielen Umwegen über die Donau nach dem Stildtoheo 
jBggenbui^ brachten, wo sich bald darnach die Land^ändc ver 
sammelten, um über die Entfernung Leopolds von der Vor- 
mondschaft imd die Einsetzung Albrechts, der mittlerweile das 
vierzehnte LcbcDsjahr erreicht hatte, in die Regierung zu ver* 
handeln, als die Nachrieht eintraf, dass Herzog Leopold am 
3. Juni 1411 au Wien gestorben seL 



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Hie ißt vorniorkt, wie sich all aacli voihaiulolt haben Fol. 126a. 
vmb vnsers gnaodigen hei rii Ii erczog Albraechts woson, als i*!^* 
sich der von Wienn aus erhebt hat an pfincztag nach vnsror ii.Sapi 
frawn tag nativitatis nagst vergangen, von wegen des laafe 
vnd siaerbens, ab der daselbs was. 

Ton erst, als sich Tnser herr herczog Aernst hinauf an die Kiscb 
fnegen weit, daselbe giengen ich der hofmaiater vnd ich der kamermaistor 
sa demselben mserm herren vnd fragten yn, ob vnser herr herczog Lea- 
polt Tnsem herren hereiog Albraechton m ichte vordem oder mit im an 
ander stett fiieren weit, was wir vns dann darinn von seinen wegen 
halten soiten, damit wir den gelflbden vnd aiden, so wir Im schuldig 
waem, aneh genneg taeken. Der gab vns darinn ain soelhe antwnrt, was 
def obgenant vnser herr hercsog Lenpolt, sein bmeder mit ms schaeif, 
darinn schollen wir im gehorsam sein, daran tasten wir seinn willen. Das 
haben wir also getan, als sih daz hemaeh wol vindet. 

Darnach hat vnser herr hercsog Lenpolt kain Todmng von vnsers 
herren hercsog Albrechts wegen getan, Ynez alilang das sich derselb vnser 
herr von des lanfs wegen, so sih ae Wienn erhebt hett, in die Naewnstat 
fnegen wolt. Also sanndt er lu vns paiden, hofmaister vnd kamermaister, 
das man vnsem jungen herren darnach richten seit, das der mitsambt im 
berait waer vnd mit im in die Newnstat ritt von soignness wogen des laufe 
vnd Btaerbens. Des waer man im docsemal willig gewesen, vnd das war 
also verczogen vnd im avh geantwort, das der haebmaister niht an Wienn 
waer, wann er dieselb cseit auf dem jarmarkt ivt Harhegk was, damit man 
vnserm jungen herm kain gelt vnd lening anff sein notdarft gehaben 
moht, das er von statt biet koemen mnegen. Darauf wolt also unser herr 
herczog Leupolt niht verziehen vnd rait also an vasern jungen herren in 
die Newnstatt. 

Darnah do der huebmaister von Marhcgk g-en Wienn kam, mit dem 
wart do i^oiedt, vmb gelt zu vnsers juugou herron notdurft vnd zeruug, 
der was dos willig vnd gab das dar. 

Darnach als unser herr herczog Leti]>olt iu die Nauwust^t g( liti^in 
hott vnd vnser junger heiT zu Wienn belaib, wuiden der lantmarschalh, 

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5^6 



ich der hofmaister vnd ich der kamermaister vnd ander raett müeiiiaDder 
Tbendn vnd aanten naih maister NycUMen Tnaers jangen heiren arcidt 
vnd redten mit dem, seit demmetl (?) vnd vneer junger herr ta Wienn 
niht goBoin moeht, das er dann riet vnd damah vleiaaleib gedaeht, wo 
dann vnser junger herr sein wesen am fäegleihisten vnd pesten gehaben 
moeht. Der riett daz aes vngerm jungen herren nyndert pesser noch nuczer 
waor, dann /u Melk odor zu Herczoereiiburp bey dor Trayscn. sunderk-iL 
daüuht yu daz es nyondort pesser waor dann boi ainom vliossuudeu wasser. 
Auf daz wurden wir mitsanibt dem aiczdt zu rat vnd vberain, das des 
egonanten vnsers horrc^n wosen zu Herczogenpurg am posten wacr. nah 
dem vnd man dasolbs alle notdurft vnserm jungen Herrn pas crt'habea 
nnxdit vnd als es anh da an lueften. wassprn vnd allen diniron la pesser 
waer dann im and[ern] aenten. Darauf sauteu wir zu dem t Lrcnaiiten vü- 
sorm Ihm iH herczog Löupolten in die Newustat Velreichfn den Keysacher 
vnd Jücrgeu den Potenprunner, des egenanten vnsers herru herczog Al- 
braechts diener, die würben da auflf ain gelanbpriftf an den egenanten tu- 
sern horrn horczng Loupolten. aller obgenant sach, als die von dem arcz: 
geraten wurden vud paten yn darauf an stat vnsers jungen herrn, dai 
aer demselben vnserm herren seines wesens doseibs zu Herczogenbnrg 
gvnd vnd darczu seinn willen gaeb. Sünder ward an yn geworben, du 
er seiner raet ainn oder swen mitschueff, die mitsambt vns bei vnsem 
jungen herren waeren, damit aer dester pas behuet vnd versorgt wnrd. Der 
taet vns darauf ain antwort mit seinem brief, alz man haemach vindet 
Vnsem lieben getrewn Hertneidn von Potendortf, vnserm lant- 
marschalh in Oesterreib, Lenpoltsn von Egkharcsaw hofmaister, Hanata 
dem Neidegker, katnemuuster vnsers lieben vetters herciog Ältaraebts vnd 
andern desselben nnsers vetem raeten. Leapolt von gotea gnaden hercug 
an Oesterreih. 

Fol. 136 b. Lieben getrewn. Als ir vns yeesnnd bei dem fieisadi vnd dem 
Potenprunner habt emboten von wegsn vnsers lieben vettere hercso; 
Albraebts wie sih der lauf vnd staerb etwas vast se Wienn mere, vnd du 
desselben vnsers vetters daselbs ae besorgen sej vnd danimb mninnet ii 
yn hinauf lu der Trajsen se bringen, daa haben wir wol vemomen vud 
lassen ew wissen, das wir desselben vnsers veters auf sechs tag zu Wies 
haben gewart, wsn wir vnser vnd sein in den laeuffen vnd gepraeehan 
besorgten, als piUeih ist, vnd ratten, das sich der^elb vnser votier niht 
iaenger daselbs enthalt, sonder sich gen Starhemberg, genPotenstain oder 
gen Gutenstain fuege, als das vormals vnser liebe brueder vnd vettern sae* 
Ilgen gedehtnuess von soelhs laufs vnd gepraecbens wegen getan habea; 
wolt er sieh dann hsersn vns fiiegen, das saehen w[ir] auh gaerne, dann 



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637 



als ir yn hinauf zu der Traisem fneren mainnet, äas {jouellfit vn^ uiht 

vnd ist auli nilit vnser rate. Göbon in der Newnstat, aii vusor vrawa 8, aept. 

tag liativiiatiä auno domini etc. CCCC"*** decim[o]. ' d. d. per m. 

Darnach schriben demBelben Yiisonn hsem horcsog Leapolten ich 
Hertneid von Potondorff, lantmarschaUi, ich Lenpolt you Eggharezaw, 
hoftaaiBter, ich Hanns Ton Neidekh, kamermeiater vnd ich Achacs von 
Yaelban, haabmaiatar in Oeatarraih. Hochgebornar faarat vnd gnaedigar 
liabar harrl Tnaar willig dienat wiaaet allciait bavor. Als vna ewr gnad 
yeoB varachriban hat md begaart nah dam Tnd aich dar lauf vnd ataarb 
hie gamert hat, daa man dann vnaam jungen herra hareiog Albraehten 
ewrn Tetem hie niht laenger enthalt, annder das aih dar f ueg gen Starham- 
bargi Potenatein, Qnetenatain oder aber an ewrn gnaden in die Newnatat 
vnd ratet niht das man yn sn der Traiaam Itaer, das haben wir wol ver- 
standen. Lassen wir ewr gnad wiaaen, das wir mit den, die vnsera jungen 
herm pflegen vnd sein leibs gelegenhait wissen, darawa knntleih vnd 
aigenleih geredt haben, die ratend trewleich, das vnser junger herr, nah 
dem vnd der lauf yecz ist, sein wesen am zymieihisten gehaben inueg an 
den Stetten, als wir daz ewrn gnaden vor vbi kuendet haben, wann aor da 
allen iust nah aller gekgenhaiL pat gthaljtu luag, dannau aiiilüi n stetton. 
Darauf wolten wir vnsern jungen herren nah ewrni verschreiben niht 
laenger hie halten ynd haben vns mit dem egenanten vnserui jungen 
herren von hinn erhebt, hinaus gen Alauibach vnd biten ewr g^adon 
dienstleih mit svnderm vleiss, daz ir uüh ewrer raet ainn oder zwen vns 
zuschaffet, damit vnser junger herr destei-pas behuet vnd bewart waerd. 
Maint aber ewr gnad denselben vnsern jungen herrn zu ewrn gnaden zu 
bringen, vber daz alls ewr gnad wol hueret wie die raten, die vn^ers 
jungen herrn pflegen vnd sein leibs gelegenhait wissen, des sein wir ge- 
horsam ewrn gnadn, doh empinten wir uns darinn gen ewrn gnaden 
nnf denselben rat, als ir dauA hiemit wol veruaemet. Gebu an pfiucztag ii.SepL 
nah natiuit. Marie. 

Auff daa hat vna deraelb vnaer heir also gaantwnrt: 

Ynsem lieben getrewn Heirtneiden von Potendorff, lantmarschalh 
in Oeaterreich, Lenpoltn von Egkharcsaw hofinaiBter, Hannsan von 
Neidegk kamermaister, vnd Achacsn von Taelben hnbmaiater vnaera 
lieben vetem hercsog Albraahta. Lenpolt von gotea gnaden hercaog so 
Oeeterrdh etc. 

Lieben getrewn. Als ir vns yecz liabt verschribon von wegen vnsers 
lieben vetters lierczog Albraehts, da/ liaben wir wol vernomeii. Nu haben 
wir ew vor vnser mainung dariuu bei dem Reisacher vnd dem Potenprunner 



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538 



Terachriben vnd emboten, dtTon gmitUot tbs wol T0d Taten das aoh, du 
ir ew mit Tnaem egeaantan Tottera gea Starhtmbtrg fuegei. Woltet ir 
ttw daaa nüt im haer faegm, das saehen wir aah gern, vnd das ir dann 
doBSdlben vnsers vetters lomrer atnen vorhin haer aehikket, dar im s«in 

14. Sept. zymmer znrieht«. Geben in der Newnstatt an des heiligen kraetresstag 

exaltadonis anno CCCC"* X"*, dd. in consilio. 

1. 127 a. Dar nah an mantag nah des heiligen kraencsstag exaltaclonia vnaer 

15. ütipu jQ^ggp j^j^ ^ Parkhartsetorff was, santen der lantmarscbalhr ich der 

hofmaister, kamermaiater vnd mit teb der haebmaister den Baj8a[chcr] 
aber in die Newnstat sa Tneerm herm herciog Leapolten Tnd empfrUna 
im se waerhen, ans ainem gelanbprief aaff das schreiben, so Tna sein gni 1 
getan bat, das wir nnsem jungen herm gen Starhembeig bri[ng«o] 
selten, weiten wir dann mit ssmbt Tnserm jungen herren sn im in di« 
Newnstat koemen, das saeh aer anh [gern], das er im von Tnaem wegen 
sagen seit, wie das dhainerlay notorft rnsers jungen herrn sn Starheai- 
herg niht zugeriht wser; so biet er vns anh empoten ob Tns ain soelhs 
geviel, das wir yn dann in die Newnstat bringen selten, daraaf biet ser 
an Tnserm schreiben vnd putschaeften wolvOTstanden, wie der arczdt riet, 
daz vnsers jungen herren wesen nyendert pesser waer, dann bei der 
Traisem, gevie[le] daz noh scMnn gnaden, daz aer guennd denisolben vn- 
sern herrn hinauf ze fiioreii, waer aber daz noh dem epouautyu vuserm 
herrn herczoir I;<Mip<)lton niht t^piuelkleih, 'l;iz er vns dann schrib, wohin 
man vnsei[u] jim^'t n herrn bringen solt. daz waeren wir seinen gnaJen 
willig. Darauf schraib aor vns vnsern juug[en] herrn zu im in die Newn- 
sUt z(> brinf^en, daz wir also teten, als ir vernaembt an dem nabge- 
ichribea b[rief]. 

Vnsern lieben getrcwn Hertnoiden von Potendorff vnserm lant- 
niarscbalh in Oesterreih, Leopolten von Eggharczaw hofmaister, Hanns^n 
von Neidekch kamermaister vnd Achaczen von Vaeiben hucbmaist<?r 
vnsers lieben vetters berciog Albraehts. Leopolt von gotes gnaden her- 
csog se Oesterreih etc. 

Lieben getrewn. Als ir vns yecs bei dem Beisacher emboten habt, 
von vnsers vetem wegen, das haben wir wol vemomen. Nn geneUet vai 
wol das sih dersslb vnser vetter mitsambt ew haer fnege vnd iwen oder 
drey tag hie beleihe vnd genellet im das wesen vnd der Inft hie vnd dankt 
die, die seine leihs gelegenhait wissen, das im die zym vnd faegleih ist. 
das er dann beleih; waer des niht, das wir dann mit sam[pt] ew zn nt 
waerden, wo im soelh sein wesen aber an dem peaten vnd symleihisten aey« 
das gaennen wir im anh wol, als ew das der egenant B ae i a a cher wol sa* 



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539 



bringen wirdft. Geben in der Newn[!<tat] an eritag ii;ih dos hoiligen ib. bept. 
kraewczö tag anno domiui etc. CCOC"*" X"*". d. d. in consUio. 

Darnaeh bnhten wir rnsem jangen herm in di« Newnstat an 
sanutag vor saad Uatheos tag vnd wa[ren] da Tnca anff den auntag vor 20. s«pi 
sand UiehelBtag. Das waren also acht gancz tag. In derselben 2e[it] vr- 28. Sapt 
lanbt ▼nser berr herciog Leupolt, das man vnsem juugen herrn gen 
Starbemberg fneren solt. Er schve[fT] ancb daselbs unser Jungs frewl 
ans dem lanff, der dann ze Wienn dieselb zeit was, das ma[n] die aoh 
gen Starhemberg bringen solt, vmb ain soelhs, nahdem vnd vnser fraw 
von Hollant saelig abgegangen was zu derselben zaeit, daz si dann daselbs 
zu Starhembei>: bei üiiiaiulti w[.ieien] vnd ir kurczweil mit eiuaiider 
bieten, damit si soelhs vngemahs vnd laids von irer miicter wegen ver- 
gessen, iuiiauf kamen sio paido haer guu ötai homberg au dem ubgenanten 
suntag vor sand Michelstag. 2ii. ä«pt 

Darnach als vnser herr herczug Aernst hnrab von dei' Kt.sch koemen 
was, santen wir, der hofmaister, kamermaister vnd ander raot den hueb- 
maister zu vnserm herrn berczog Leupolten in die Newnstat vnd emputon 
im, wie das wesen vnsenn jungen horrn vnd vnserr jungen vrewlein hie 
niht fuegleih waer, vmb a[in?] soelhs, wan sih der lauf nn in dem haws . 
erhebt hett. Der pat yn also Ton vnscrs jungen herrn vnd vnsern 
wegen, daz er mit vnserm herm herczog Aemsten seinem bmeder vberain 
waerden wol[t], vnserm jungen herm vnd vnserr jnngen vrewlein vmb 
ain wesen an ain andre stat, do dar nueczzer vnd pesser waer, denn es 
dieselb zeit hie was. Der gab darauf ain antwnert, wie daz er zn seinem 
bmeder herczog Aemsten gen Newnkirchen koemen vnd daramb mit im 
Tberain waerden wolt vnd embot vns, das wir daselbs hin aoh kaemen, 
das wir also teten. 

Darauf taunen wir, der hoAnaister, kamermaister, herr Nyclas der Fol. I27b. 
Bebekch vnd Ackacs von Vaeiben hnebmaister ta baiden vnsern herrn 
gen Newnkirehen vnd brachten an vnser obgenanten herm in gegen- 
wnertikait irer raet vnd gaben jregleihsm besnnder zu erkennen die obge- 
nanten gepraecheUi das das wesen vnsers jungen herm vnd vnsmr jungen 
vrewlein niht nnes snnder swer vnd sorgleih hie waer, naehdem vnd sih 
na der lauf in dem haws etwas hertleih erhebt biet vnd baten die obge« 
nannten vnser paid herrn vleissleih, das si ain soelh notdurft vnd ge- 
praechen ansaehen vnd wurden paid luu einander vborain ainer stat 
liiiliiu jiuiti vnsern jinii^^cu herrn vnd vnser juntrs frewl piaeht, da si vor 
soelheni laufT versichert vnd versort^t waeren. Darinu ward aber vorzogen; 
als wir daz verstuenden nah laaniger uiaiuung, so wir darumb teten, 



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540 



gieng wir darnach zn vnsern herm herczog Leupolten vnd herczoip Aornsten 
vnd paten die aber yogleihen besunder, diu si noh \<m der obg'euaüteu 
sach wegen vnib vnserf^ jiingoii herrn vn i vuäi ir junpon vi ewlein wasen, 
als wir da7 vor an sie hralit hift-'H acut schuufiferi viid darvmb mit ein- 
;iinl<'r aimg wurdüü. Sult aber Jaz laenger verczosren waerden. ol> .iaiiu 
hiiifuer vnser junger herr vnd vnser jung» frewl iclit in krankbait i ijer 
gepraechen irs leibs gevieln, daz wir dann ilaran nibt üchubl balu-n w>>It*'n 
vnd i'iiipmiton vnn auli darauf von dcrnflbcn sorurnisH wtreii aller vuserr 
geluebd vnd aid, m wir dauu dt inselbcii vuserm herru herczog Leupolten 
rnd herczog Aornsten darumb scbubiig war^a. 

Aach beredten wir dosemal mit Hamen gen den egenanten Tuseni 
herm hercsog Leupolten vnd herczog Aernsten vnd baten si, ob sy vusani 
jungen berrn vnd Tneer Jungs frewl zu Starbein bi rg mainten zn lassen 
oder ob si sew an ander stett schueflfon, daz si sih dann auh Terainten, 
ob jJk ir ainer vordert vnd der ander niht, wes wir ins dann halten selten, 
waer aber daz si sih des anh niht Terainten, darauf so empnnten wir vns 
aller vnser aid vnd gelnebd, der wir yn schuldig waem. 

Darnach als wir su Kewnhirchen das enpintan gan vnaern hem 
paiden getan haten» do ward niht vemr mit tos geredt vnd hneben m 
* darnaeh also von dann. 

3. Dec Dai uuh au miticln.'ii vor sand Xyclastag sandt vnser herr herczip' 

Leupolt Vülreih den Paeriicr vud Zahreisoii don Gobser mit glaubpriefeD 
zu vnserni jungen herrn vnd vnserr jungen frewleiü her gen Ötarheinberg. 
Dieselben glaubpriof hionab gfjschriben sind. 

Dem hohgebornen luerst^^n vnsonn lieben vettern herczog Al- 
braechten herczogen zu Oestorreih etc. vnd der hohgebornen fürstion 
Tnserr lieben muemen jungfraw Margrethen herczogin xae Oesierreih. 

Hohgebomer fnrst vnd lieber vetter vnd hohgebome Iiierstinn vnd 
liebe mnem. Wir sehikken sa ew vnsern lieben getrewn Velreieben den 
Paerner vnd Zachreisen den Gebser vnser diener, den haben wir empfolhea 
vnser msinnng ew ansebringen aigenleih vnderweiset, bitn wir ewr lieb 
mit allem vleiss vnd aernst, was si dicsmsls von vnaem weg«n mit ew 
reden vnd an ew bringen waerden, das ir yn das gaencslaih wellet ge- 
a. Oec. lauben als vns selber. Geben in der Kewnstat an mitichen vor Njoobi 
anno etc. X"», j consilio. 

Leupolt von gotes gnaden hercsog sn Oesterreih etc. 

Vnsern lieben getrewn Tieupolten von Ekharcsaw hofitnaister, Hansen 

von Neidegg kauiennaister vnsers lieben vettere herczog Albmehta vnd 



, , Digitized I3y4i«d§[le 



541 



auderu desselben vnsers vettern raeten. Leapolt von gut«s gnaden lierczog 

zu Üesterreih etc. 

Lieben getiewii. Wir haben vnseni lieben getrewn Uelreichen dem 
Paoincr vnd Zachreisen dem Gebser vusern dienern etwas ompfolhen mit 
ew ze reden vnser mainung aigenleib vnderweiset, biten wir ew vnd 
begern an ew mit aarnst, was si zu dlMm mal von vnsem wegen mit ew 
reden vnd an ew bringen, daz ir yn das gaenczleih gelaubt als vns selber. 
Geben zu der Newnatat an miticlien vor sandt Nydastag anno etc. X""*. ^ Dw. 

d. d. in coneilio. 

Die obgeiianten, der Paerner vnd Gebser, würben auss den obge- Fol. 128a, 
iiiiiiLeji glaubpriefen an vnsern jungen hern vnd vnser Jungs frewl vnd 
sagten yn freuntschaft vnd dienst von vnserm herren Uerczog Leupolton. 
Darnat li würben sie, wie vnser herr herczog Leupolt vornomen biet, daz 
sih der lauf hie in dem haws erhebt biet, das im laid waer. also paet er 
si vleisslcih daz si zu im in die Newuslat kaemeu, da .saeh er si gern vntl 
wi)li daselbs mit yn tailn, was er von kost vnd giiet^m getrankch gehaben 
moeht vnd waer yn des willig, zu gleicher weis würben öi an mih den 
kaiin>rniaister, wann doczemal der hofmaister niht hie was, daz ich meinn 
jungen herren vnd meins jungs frewl also in die Newnstat bringen solt. 
Darauf ward yn geantwurt, das man vnsers herrn herczog Leupolts gna- 
den dankt soelhs gelimpfenSjdes aer dann vnserm jungen herrn vnd vnserr 
jungen frewl willig waer, dann von der andern saÄb vnd waerbung wegen. 
Daraaf ward da geantwurt, daz der ho&naister vnd ander raet zu dem- 
selben mal niht hie waeren, wann aber die kaemen, so wolt man dem- 
selben vnserm herren sin antwnrt tuen vnd in anh darauf embieten, das 
die fuer sih haer koemen selten. ^ 

Danish kaoMn haer die raet vnd wurden mit einander vberain, das 
man den Baeisacher sn Tnsenn herrn herciog Aemsten hinauf geu St^yr 
santen, der wsrh anss ainem gelaubprief an denialben Tosem herrn Tnd 
giab im la erchennen» wie das vnstr herr heresog Leapolt vnsern jungen 
herren vnd vnser jungs frewl zu im in die Newnstat geuodert vnd ge- 
beten biet, solt man die also daselbs hinbringen, daz er vns daz Hess 
wissen, des waeren wir dann also willig. Der embot vns herwider bei dem 
Keisacher, das wir vnsern jungen herrn viilI \ nser Jungs frewl hie halten 
vnd nyndeii. anderstwo hinbringen selten, wan or fuer sih willen biet gen 
Wienn zu koemen vnd alspald er doselbs hinkaem, so wolt er miisanibt 
Sftira brueder berczog Lenpolton vberain waerden vnserm jungen herren vnd 
vnserm jungen frewln vmb ain ander wosen. Darauf ist vnser herr vnd 
vnser Jungs frewl vncz haer also hie belibea, auh brabt der genant Itey- 



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542 



sacher von Tnserm herrn berciog iLorneton ainn brief, dan er im nah ge- 
sandt hat, als hernach vermerkt ist. 

Viiserm getreuen Uelreichen dem Heiaacher. Ernst von gotes gna- 
den herczog an Osterreieh. 

Getrewer Beisacher. Als wir msers lieben Tettera hercsog Albraehts 
raeten yeca an Tnserm brief, den du fnerst, schreiben, dat yhs wol geniel, 
das si gen Wienn an Tns kaemen vnd denselben TnseriL. vettern mit 
yn dahin braechten, empfelhen irir dir emstleih vnd wellen, das du den- 
selben brief verhaltest vnd yn den niht gebest, snnder von vnsem wegea 
mit yn beredst, daz si sih zn Starhemberg enthalten, als pald wir dann 
yecz gen Wienn kaemen, so wollen wir zu rat waerden, was in den sachee 
Ii. Ihn: nncz vnd fuegleih my. Geben zu Steyr an sand Luceintag anno etc. 
CCCC"" X"». dd. i>er d. coüc. pal 

Darnach santen wir die raet Joergen den Paemer, Merten den 
Floyten an vnserm herm hercsog Lenpolten in die Newnstat, die würben 
anss ainem gelanbprief an denselben vnsem herm herczog Lenpolten. 

Von erst, ;i1h soin fz:nad Velreihen den Paeraer vnd den (Jebser mit 
glaubpriefcii /.u wim iiu jungon herm vn»! vnsorr jungen frcwln vnd vn^ 
<len raeten gesandt hiot, duz mau denselben viiscrn herru vnd vnser jungs 
frowl zu im in die Newntjtat bringen solt, darauf ward im g'eantwnrt. 
daz iloczenuil der hnfmaister vnd die met nit hie waern, wann aber di« 
kaemen, well man sein enadeu ain antwurt tuen, nu wahren die raet 
koemun, die taeten im ain soolh antwurt: 

Fol. 128)». Ton erst, als sein gnad am nahsten an Newnkirchen wol vemomen 
biet, das wir an yn vnd vnsern herm hercsog Aerasten seinn braeder 
braht bieten, das si paid mit einander vberain wnrden, vnsem jongen 
herm md vnserr jnngen frewlein vmb ain weeen, wan in dns hie niht 
faegleih waer, darinn aber vns niht gaont(l) worden wa^r, daranf hietoi 
wir vns vnser geluebd vnd aid gen yn paiden empnnten, ob dam icbt 
viel, das wir des niht sehnld haben weiten; wir bieten aoh daselbs gen 
yn beiden beredt md si gepetten, ob si vnsem jungen herm md mair 
jnngs frewl zu Starhemberg meinten zu lassen, oder ob d aew an andv 
steett Bchneffen, das si sih dann ancfa vereinten, ob siir ainer vordert md 
der ander niht, wes wir vns dann halten selten, waer aber das si sih des 
auh niht verainten, so west er wol, das wir vns aller mser glnebd md 
aid, der wir in baiden schuldig waeren, empunten bieten, ea waer dann 
das si die vodiiing paid veraintlich taeten. Vber das west sein gnad sah 
wol, das wir im md vnserm herm hercsog Aemsten, seinem braeder, mit 



I 



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543 



einander gelobt vinl gesworn hieten, glaeih ainem als dem andern, an ileii 
wollen wir die sach biin^^^n vnd darumb vnscr potschaft zu im saeuiiden. 
Darauf paoteu wir sein gnad, daz aer iioh mit vnserm hiTrn seinem 
bnieder vberain wiird vnserm jungen herron vnd vaser jungen frewln 
vmb ain wesen ; wohin si dann daz voraintleih habon wolton, des weren 
wir yn vuserthalbeu willig vnd paeten yn auh, daz aer vns daz in kaint in 
vobel aufnaem, wan sein gnad wol verstuend, daz wir vns pilleih bewar- 
ten, nah soelhem empinten, als wir gen im vnd seinem braeder getan 
bieten. 

Dirnah anff die Yorgenanton waerbimg prahten vns aniwiirt Ton 
Tneerm herrn herczog Lenpolten derPaerner vnd der Flojt: 

Von erst» als man am naegsten zu Newnldrchen an yn vnd seinn 
bmeder berosog Aemsten tragen biet, des waer er seine tails nye 
saenmig gewesen. 

Damah als er am nahsten sein diener den Paemer vnd den Gebser 
baer gesandt biet, das vnser junger berr vnd vnser jnngs frewl an im in 
die Newnstat cboemen selten, waer das nob also guet vnd geraten, so 
woU er si gaern bei jm saeben; moebt aber des nibt gesein, so waer aer 
willig seiner raet ainen zn seinem bmeder hercuig Aernsten binauf gen 
Steir ae saenten, also das vnsers jungen berm raet ainer anb mit ritt, bei 
dem weit er sein mainnng binauf embieten; wes er dann also mit dem- 
selben seinem bmder ?beratn wnrden, daz geniel ym anb wol vnd waer 
des willig. 

Dann vmb die potscbaft, die wir zn seinem bmeder bercxog Aemsten 
getan bieten, die geniel im also wol. 

Aer embot vns anb das er wol gedaebt vmb das empinten, das wir • 
XU Kewnkircben getan bieten. 

Daraaeb als dann vnsers berm bercsog Loupolts mainnng was, er 
wolt ainn seiner ra«t so seinem bmeder betesog Aemsten binauf gen Steir 
saennden vnd das ainer vnsers jungen berren raet anb mit ritt, des wae- 
ren wir also willig gewesen. Indem kam der Raeisacher von vnserm berm 
herczog Aemsten, als ir oben vernomen habt, damit daz raeiten der zwair 
raet gelassen ward, wurden wii zn rat vnd vberain vnd santen den Raei- 
sacher mit aim gelaubprief zu Ynserin herren herczog Leupolton in ilio 
Newnstat vud ompfalhen yra, daz er demselben vnsonn herren sagen vnd 
zu erchennen geben soll, liie autwurt vnsers herrn herczng Af;rnsts autT 
die potscbaft die wir im getan betten, als oben geschriben ist. Der schraib 
vns an vnserm brief etc. 

Vnsem lieben getrewn Lenpolten von Eggharezaw hofmaistAr, 
Haun^sen von ^eidcgg kamermaister vusers lieben votern herczog Al- 



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544 



braafate Tnd andern desselben Tnsen tetem neten Lonpolt Ton gotes 

gnaden beresog sne Oesteireicb etc. 

Fol. 129a. Lieben gütrowa, als ir yoczuud dou liaeiöacher zu vns habt gesant 

von wegTPTi vnsers lieben vetters herczog Albraeh[ten], der hat das aigf ü- 
If'ih IUI VHS piaht vnd ireworbon vnd haben aub daz wol vorndiiien, lassen 
wii' cw wissen das wir vnsnrn arczdt luayster Bacrchtoldeu mori^'en dar- 
vuib güu VVienn wollen Bchikken, davon b(»[ürern] wir an ew daz ir 
maister NyclftRen vnseri! egenanten vettere arczdt mit im schikket daselbs 
gen Wienii zu erfaren, (d) demselben vnserm vettern vnd auh vns in 
soolhen laeulTen Jaselbs zu Wienn sei zu wonen vnd was denn nah soel- 
hem irem erfarn darin no sei zu tun, des sein wir vnserthalbon williir. 
2a Pflc. Geben [in] der Newastat an sand Thomans abent anno etc. CCCC*^" X"'. 

D. d. p. Grabn«r ca. 8. 

a. jMk. Damaeh an samstag nah ^ dem praebemtag sant Tiiaer herr beroog 
i^ii* Lenpolt baer gen Starhembeig Yelreib den Paemer Tnd Frikker Ton Bot, 
mit ainn gelaobprief. Dociemal waren der bofinaiater Tnd kamermaister 
niht hie, was aber ir werbnng gewesen ist, das vindel aih an dem brief 
den der Pielaher vnd Mert Floyt mir dem hoimaiBter gen Wienn aantea, 
wan wir den dieselbe laeit Tnsern jungen herm vnd vnser jnngs frewl vnd 
das ha[us] empfolhen bieten. 

Vnsern lieben getrewn Leup(dten von Kggharczaw hofmaister, 
Hansen von Neidekch kaniermaiHter vaisüri» lieben veters herczog AI- 
braehts vnd andern vnsern vnd desselben vnsen? vetern raeteu yt^t 
ze Starhem[bergJ sind Leapolt von gotes gnaden herczog zu Oester- 
reich etc. 

Lieben getrewn, wir baben vnsern getrewn lieben Velreich dm 
Paemer vnserm drukchsaeczen Tnd frikken Tom ttott vnserm bofinar* 
schalh etwas empfolben mit ew zu reden Tnser mainnng aigenleih Tnder- 
weiset, begern wir, wa[B] si diczmals von Tnsem wegen mit ew reden 
waerden, daz ir in das gencsleih gelaubt als vns selb. Geben in der News- 
8. Jaa. atat an Samstag nah dem newn Jar anno etc. XI"*. d. d. in c4W8Üio. 

1411. 

Dem edln herm herm Leupolten Ton P'i,'gharcsaw hoftnaister. 

Edler herr vnser willig dieni>t wisst zuevor. Wir lassen ew wissen, 
daz vnser gnaediger herr herczog Leupolt Velreih den Pae[rner] vnd I rik- 
ken \>jui ludt haeut ze niittemtag her gesant hat, die habend geworben 
auss iiim glaubprief, d[en] wir ew hie inn verslossen saennden, daz man 



* Vielmehr: ,vor', d. i. am 3. uud nicht am 11. Januar 1411, wie aus dar 
Vergleiohuiig mit den beiden nachatehendon BiieibiL dentUefa h«nraigebt 



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M5 

vnsern jungen berrn md voser jmigs irvwl uff morgen gen Paden [oder] 
gen Draeskirchen bringen mAi, doselbs wolt er zu jn koemen vnd mit yn 
gen Wienn reiten, haben wir geantwurt. dsz ir vnd annder vnsers jungen 
herrn raet zu disem mal niht hio sein, so sei vns auh vun ew nih[t] eni- 
pfolhen (lh;iiu pütschuft aufzunaomon, doch haben wir yn gesagt, daz wir 
ow daz zu wissen tuen wolten, so versaehen wir vng auh, vusor herr 
herczog ijcupolt waerd ow villeilit auli darumb schreiben, dar[ ] muegt ir 
gedaenken mitsambt aiidtrii raeten, was das pest vnd nueczest ze tuen 
aey. Geben zu Starhemb[ergj an Samstag vor epyphanie domini anno XI*"**. 3. Jml 

Hanns von Pielah Tnd Mart Flojt. 

Tnsern lieben getrewn Lenpolten von Eggbarauiv hofimuBter, Han- 
sen von Neidogg kamennaiBter vnserB lieben Teten herc«^ Albraehts 
vnd andern vnsem vnd desselben vnsers vetern raeten. Lenpolt von gotes 
gnaden berciog m Oesterreih etc. 

Lieben getrewn; wir lassen ew wissen, daz wir an haentit,'en tat^ 
vusern getrewn lieben Velreih den Paernor vnserü druggsaessen vnd 
Frikkon vom R.itt vnserü hofmarschalh zu vnsern vnd vnsers lieben vetern 
horczog Albraeht raeten gen Starhembortj gesant hotten, auli soelh mai- 
nung a,h vuser vnd vnsers vetern piiehaerczdt aiu nagsteu gen Wienu 
goschikt waren 7m erfarcn vnd des luties war ze naemen, wie es von dos 
laiifs wegen daselbs n«di »tuend, waer vnser arczdt koemen vnd hiet vns 
ze erkennen geben, daz aer mit sambt d' -'^olb' u vnsers veters arczdt vnd 
aub andern maistern aig-enleih ernarn hieten, das der lauf daselbs gestilt 
vnd d[er] luft üu wüI ze laeiden waer, nah vnsers vnd vnsers egenanton 
vettern leibs- vnd naturt^elcgcnhait, vnd dai'au[f] beg-aerteu wir, daz sich 
derselb vnaer vetter auti haewt gen Paden zu vns gelucgt hiet, also haben 
die, SU yecz daselbs bei vngerm vettern sein, den egenanten Paeruer vnd 
vnsern marschalb daselbs zu Starhemberg nibt well[en] | iulasseu, noh ir FoL l^b. 
putschaft an den egenanten vnsern vettern wellen lassen waerben, noh 
habent vns selber darauf kain antwurt auh getan, daz zemal vnpiileib 
dnnkt. Davon ompfelhen wir ew ernstleih, seid nu der Inft vns vnd vnsMm 
vettern syemleih vnd der lauf nibt mer za fuerchten sey, das ir dann mit 
vnserm egenanten vetern vnd vnser lieben mnemlein seiner swester auff 
den nabst knenftigen eritag noh zu Paden bei vns seit vnd des niht lasset e. Jm. 
vnd dammb lasset vns vnvenogenleih antwurt wissen, snnderleih warumb 
die vnsem niht ingelassen sein m Starbembeig. Geben in der Newnstat 
den samstag nah dem newn jar, anno XI"*. s. Jaa. 

Dem hohgebornon fnersten herczog Leupolten herczogen au Oester- 
reih, meinuui gnaedigeu herren. 



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646 



Hohgeborner luent mi gmediger htm. mein willig düeosi wint 
allcioit beTOr. Als 9wr gnad mir jnd andorn notMi veradiribttii hai, das 
hab ich an ewrn bnieder hftreiog Aenuten aoh meiiin gnaedigea h«mi 
bnht, der hat mir geantwnrl, aor well ewm gDaden dammb sdireibeiif 
als ir das wol Temaemeii waerdet, bit ich dwr gnad das ir mir das gnae^ 
diUeih aufnaemet, das wil ich gern Ymb ewr gnad verdienen. Geben sa 

4. Jaa. Wienn» an snntag nah dem newn jar anno XI^. 

Leupolt vüu Eggiiaa czaw hüfiaaaifiter. 

Vneem lieben getrewn Lenpotten Ton Egkhaicsaw hofinnister, Han- 
sen von Neidegk kamermaister Tnsers lieben Teters hercsog Albraehte 
vnd andern TneemTnd desselben Tnsers Tetern raeten Ltupolt vuu g.ie» 
gnaden herezog zn Oesterreih etc. 

l. Jun. Lieben getrewon. Als wir ew gestern verschriben haben vou vnsers 

vcteis vud vnserr muumlein wogen, danuif vns kain aiit wurt choemen ist, 
aunder daz du Egg-harczawer viis s* lu tMbo.st, wie vns vnser bniedor her- 
ezog Aornst daruuib schreibe, daz vns vüpillüih dunkct, ilaz ir viis; >elb('r 
niht darumb schreibet viul aiitwurt tuet, empfelhen wir ew at i ii.-'tk'ih, 
8. .lan. daz ir vnsern egenant-en votoni vnd uuH'inloin noh auf den nahst kueiifeAn 
y. Jan. jiliiifzt:«*^ tren Pndoii bringet, tso wi'llen wir initsaiobt yn des andern lairs 
hin in i;eu Wienn raritcn, als wir uuh daz dorn fironanten vnserm bru«'«i«'r 
schreiben vnd was ir noh dai inne tuon wellet, daz lasset vns wissen ane 

5. Jan. verziebon. Geben zu der Newustat an mantag nah dem newn jar anno XI°". 

d. d. in Gonsilio. 

Dem liMh^cbornen fnrsten lioiczog Leupolteni hei'czogcju zu OesttT- 
roili, nieinoDi gnaedigen lieben herru. 

Uohgebornor fuorst vnd gnaediger lieber hcrr. Mein willig dienst 
wiss ewr gnad allezeit bevor. Als ewr gnad mir dem kamermaister md 
andern meins gnaedigen herrn hercieg Albraehts ewrs Tetem raeten yoa 
geachriben hat, daz wir denselben Tnsern herrn vnd vnser jnngs firewi 
ewr mnemen auf hewt zu ewm gnaden gen Baden bringen selten, dai 
hab ich wol Ternomen md ist mir derselb ewr brief hieut an Tespercseit 
hie geaotwurt worden, Tnd lantet daz datum desselben ewrs briefs, an 
dem Tergangen mantag, darauf tnen ich ewm gnaden ze wissen, das Ton 
raeten yecz nieraant hie ist, dann ich ain, ich wil aber dob die sach ze 
stund Terschrelben Tnd wissen lassen meinn gnaedigen herrn herezog 
Aernsten ewrn bmeder Tnd darnach ander obgenannt[e] raet meins hera 
ewrs Tetern, nah dem Tnd ewr brief an dieselben anh lantei Was mir dann 
Ton in also antwort kuembt, die wil ich ewr gnad annentiehen wiesen 



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547 



lasseu Vüd düz üiht sawinon. Geben zu Starlii'iiiboix, an pfinczUg uuh ö. Jan. 
epypbanie domini anna XP". Leupult von Eg^Miarcziiw liotiniiisttM-. 

Vnsern lieben gotrewn Leupolten vnn Kkchaiczaw bofmaister. Han- 
sen von Ntiidekch kamormaistor, unsers lieben vetern heiczog Aibraehts 
vnd andern vnsern vnd desselijou vnsers vettern raet<!n oder wa«r yecz 
bei ym zn Starbemberg ist. Leupolt von gotes guadeu herczog au Oester- 
reich etc. 

Lieben getrewn, wir haben viisorn getrewn lieben Kappen von poi. 130«. 
Rosenharts vnserm rat vnd Velreich dem Paerner vnserm drukchsaeczoDy 
Jfrykken Yom Bott vnserm hofmarschalh vnd AugoBtiu pfurer ni Jadan- 
biirg vnserm Schreiber etwas empfioUien mit ew zu reden, vnser munniig 
aigenleih rnterweist, bitan wir ow vnd begem auk mit aemst, was si 
diczmals von msern wegen mit ew redui vnd an ew bringen waorden, du 
in daz gaenexleih gelaubt als vns selber. Geben in der Newnstat an Band 
firhartstag anno XP''. 

Auf demselben gelaubprief den sie praht babent an frei tag nab dem 8. Jaa. 
piehemtag babent si geworben. 9, 

Ton erst, daz mein berr hercsog Lenpolt an dem nabst vergangen 
samstag Tebeib den Paerner ynd Frikken Tom Bott baer geeant Tnd 
begaert bab, dai man meinn jungen beim vnd mein jnnga frewl sein 
swester in im gen Baden pringen solt, darauf bab man im kain antwnrt 
getan, man bab aab die seinn nibt wollen inlnssen. Daraof sei sein mai- 
nnng vnd begaer, daz man meinn Jnngen berm vnd mein jonga vrewl 
daroue beiait, er well sn stand koemen gen Plesnygk, das si mit im 
berait sein, so well er mit sambt yn hin in gen Wienn raeiten; dob well 
er vber naht in Faden beleiben. 

Anff das ist geantwnrt: mein berr bercsog Leapolt wisse wot daz 
empinten, das wir am nabsten m Newnfcireben getan haben vnd darnach 
wie wir im das anh mit potachaeften verkoendet haben, darauf stee nob 
mein antwnrt, das er nob mit sambt meinem bemi beresog Aemsten ge- 
daenkeb vnd vberain waerd, meim herrn vnd meiner jungen vrewln seiner 
swester vmb ain wesen; wohin si paid dann das veraintleih mainnon vnd 
haben wellen, des ist man willige vnd in paiden niht wider. 

Darnah was ir Werbung: seit dorn mal vini daz uihfc gosein moeht, 
so wolt nioin liorr gen Biesuigk koemen, daz man doch meuui jungt'u 
herrn vnd mein jungs viowl hinab zu im bring, daselbs well er si be- 
saebn vnd schawen wie irm(!?) muegen sey. 

AufT daz ist in aber geantwurt, wie das ich des niht gewalt hab 
an geschaeft vnd haissen mein[8] herrn herczog Aernsts, wann aber acr 
dat> bcUueii, es waer dahin oder vcrrer, dahin waer ich des willig. 



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548 



Daiuacb haben si aber geworben: seit dni sali nihi gcwoiti maitg, 
Bo well er in das haws herauf in seinem vetem rad muemlein reüen rni 
si doh besaehen vnd ob van jn inlsasen well, das man das si dann 
wissen lass. 

Darauf ist in geantwnrt, das man des aber nihi gvwalt hmb an ge- 

schaeft mein« herm heresog Aemsts. 

Darnach haben si geworben, wie das mein herr heresog Aemst iV' 
maln hie sn Starhemberg gewesen sei, dammb man nie gefragt» noch n 
im gesandt hab, ob das sein will waer oder niht, vnd a[i] doh Tbor im 
ingclasaen Warden, waramb man yn herin niht lassen well. 

Daiaof ist in geantwnrt, wie das mein herr hareaog Aernst nie mer 
hie gewesen sei dann ains, das mueg sih mit warhait wol erfinden, da^ .^i 
auh beschehen vor dem empinten, daz wir sn Newnkirchen gL t.m haben, 
nabmalen sei aer aber nie haerkoemen, ob er dann haer kocmen waer, sm 
hict luaa m /.ugiaeiii auh uiht heriu gelassen au wissen meins herm her- 
czog Ltiupoii.s. 

Fol. idob. [Darnah haben m geworben vm daz mein herr herczog Ernstsaaff 

daz empinten ] * 

Darnali hal)eu si geworben aufT daz empinten, als wir zu Newn- 
ku'chen getan haben, auff «Ins als man an meinn herrn herr?. ig Lfuj»olteE 
prallt hab, das daz weson in iii- jungen heri n vnd meiner juiil'^-^h frewlein 
hie niht giict waer. AulT daz hab er sein arczdt vnd mit im mai;»tf>r Ni- 
clason. meins jungen horrn arczt gen Wienn gesant, die haben da be- 
schawt den luft vnd des laufs all gelegenhait. nah dem vnd der da ge- 
wesen ist, ob doh nu daz wesen sein selbs vnd seins votern vnd meintf 
jungen frewln fuegleih dagesein mueg, darauf sein arczdt koemen wa^ 
vnd hab int gesagt, daz er, sein vetter vnd sein mueml nn wol faegleih 
da gesein mügen, das der lauf da niht mer se besorgen sei, auff daz biet 
er haor am negsten gesant Yelreih den Paerner vnd Frikken vom Botfc. 
die bieten daz erfaren, so dann die aercidt sn Wienn getan hieten, aigeo* 
leih erczeit den, die docsemal hie waren, wann der hofinaister do nihtbk 
was, darauf biet man in hain antwurt getan, noh die sein inlassen, mb* 
malen biet er mir dem hoflnaister gen Wienn darauf gesehriben« neiBB 
jungen herm vnd sein swester su im gen Faden zu bringen, so wolt 
mit sambt in gen Wienn raeiten, darauf waer im Ton mir dem hofaiaistar 
kain aentleiche antwurt koemen, vber das biet er mir naochten aber ge- 
schriben, was das waer, das west ich auh wol, darauf biet loh im naochtn 
ain antwurt getan, nachdem vnd er die von mir verstanden biet, so hab 



Dwebgflstriehen. 



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549 



er äein erheben geBchoben vncz mü howt viui hab aiih daranfit sein ob- 9. Jan. 
genant raet hner zn tüs ^esant, daz man iu»h meiiiii jung-en hcrrri vnd 
mein jungs frewl daruah rieht, das si berait watirn viul hinab geu Pie- 
snigk 'ZU im kacmen, so wolt er mit sambt in hin in gen Wienn raeiten, 
ob ich abor auh dos uiht woit, das ich dann gedacht, daz er seinthalben 
daiinn niht saewmig geweBen waer vnd ob darin ii^i fiel, so wolt.or dee 
hinfaer Tnengolten sein. 

Darauf ist in geantwnrt, das ich das Tersehreiben, so mir mein 
herr hercsog Leupolt gen Wienn getan bat, an meinn beiren heresog Aemst 
praht bab vnd bab daz getan nali rat 8e[in] ' selb« vnd meins jongen 
herren raet, die baben ain sGIhs geraten, daz mdn betr bercseg Emst 
seinn bmeder bercsog Lenpolten sebreiben Tnd den piten solt, als aar dob 
willen biet gen Wienn ze koemen, das er sib also ftderleib bin in flieget, 
so wolt er dann mit im Tberain waerden, meim jnogen herren vmb sein 
wesen, wo das faegleih gesein moebt. Da daeabt mib das das nibt ynge- 
limpfleib gewesen sey, vber das bat er mir naecbten aber bertleib ge- 
sehriben, darauf icb seinn gnaden geantwnrt bab, Tber das alles bit icb, 
daz er aob mit seinem bnieder beresog Aemsten vberain waeid, meim 
jungen herren Tnd meiner jungen frewln Tmb ain wesen, wobin sie das 
veraintleih begern vnd haben wellen, dahin bring man meinen jungen 
herren gacrn vnd ist in des willig. 

Dainah habou si gcworhon.süit das alles nihtgesrin mueg, somanen 
äi mih den hofmaister ^ier geim-bd vnd aid, so ich von meins ambts wegen 
meim herren lunc^og Leupolten schuldig sei. 

Durauf hab ich in geantwurt, das mib mein hen* meiner geluebd 
nibt bedurft ze manen, wann ich nu wol zu soelhen jaren mit eren koemun 
bin, das ich meinn geluebden vnd aiden allezeit genneg getan hab vnd wü 
auh daz mit gots bilffen noh hinfuer also tuen, es sey anh wissentleib das 
icb mih aller meiner gehiebd vnd aid gen sein gnaden empnnten bab. 

Damab santen wir die raet zn vnserm berren beresog Aemsten PoL 181 
Herten den Floyten oüt aim glanbprief, der gab im ze erkennen die 
Yodmng vnsers jungen herren vnd vnser jungen frewin, als die vnaer berr 
herczog Leupolt mit seinen raeten getan biet vnd ^^aben im anb ze er- 
kennen vnser antwort auf dieselb vodrung, der scbraib vns an seinem 
brief als sib daz hemab vindet. 

Vnsern lieben getrewn Lfnpolten vun Eggharczaw hofmaister, 
Hannsen Neidekker kamormaister vusers lieben votern herczog Albrechts 



* Ra8ur. 

Arckiv. LXXXTL Di. U. HUfto. 



87 



550 



fnd udtni fiiMni vnd desmlbiE Tnsen velem nuten Aanirt von got« 
gnaden Ii«rcso^ zu Oesterreih etc. 

Lieben geti-ewn. Als ir Merten den Pleiten mit ewrm gelaubprief 
vnd aijier md\, dos hoh^'cbMrncu fuorsten vnsers liobon [votern herczog 
Albraehts]^ brueder liorczog IjGiipolts vordning Jos bohgebornen fuersten 
vn.sers lieben veterii horczot? Albraeht^ vnd vnserr mnemlein seiner 
swestor an ow vnd owr antwurt ^larübor zu vns gcsiint habt, daz haben 
wir wnl vprnomon. Nu schaffen \vii mit cw aernstloih vnd wellen, da.> ir 
die og-onannteu vuscia votier vnd niueinloin dem euronanton vnserm 
briieder noh ander yemand an vnser wissen vud willen uitwnrtet. als wir 
ew daz vormaln maeni^er mal dann ainst auh emploihoii haben. i>az 
11. Jan. mainen wir. Geben ze Wienn, an suutag nah sand firhartstag, anno 0te. 
vadecimo. 

d. d. per se lia. 

' DarchgeitrielieD. 



Zu 8. 491. Auch in »Deatsche Zeitschrift für Ge8ohiclitswiää6Ui>cii&rt', 
lILBd., aSö2, 3&9, AnmerkoDg, wifd ein ,NikIa«, hftll»»r Meister, Scbol- 
mewter nnd Lehrer* erw Ihnt 

Zn B« 496, Amnerknug 8. 1477 encheint Jorg Schratt «Jb PftfV 
▼on XUmnif 1479 ab Pfleger von Bmck an der Leithai Chntel, Beg. FMde- 
rici III, 683, nr. 7086. Vgl. auch Kolitblatt dar Wiener Akadento 1»% 
8. 81», nr. 428, S. 383, nr. 529. 

Zn S, 40i). Aufldrflcklich iat Jöi^ Schrat als Pfarrer zn SL Peter in 
einer Urktimlo ddo. Wien, 10. Mai 1481 doch aIs bereits verstürben genannt: 
Hormayr, WicMis Oe.schichte. Urktindenbuoh CXXIV, nr. CX, Zur Zeit diaser 
Urkande war Lienhart l^ngholtzer Pfarrer daselbst. 



DAS 

UNTEßTH ANS WESEN 

IN DEU 

BUKOWINA. 

EIN BEITRAG ZUR GESCHICHTE DES BAUERNSTANDES 

UJSD SEINER BEFBEIUNG. 

▼OK 

PBOF. D'^ ßAIMÜND FKÜiiüßlCH UlML 

IN CZBSNOWITZ. 



3T» 



Google 



Das Unterthanswesnn in der Bukowina war von jenem 
iu den anderen Provinzen < >( sterrcichs völlig verschieden. 

Die Verhältnisse, vveklic (Oesterreich bei der Uebernahiue 
des Landes im Jahre 1774 vorfand, waren so fest gewurzelt 
und mit den anderen Institutionen des Landes, besonders den 
Grundbesitz verhiiltnissen, verwachsen, dass trotz einzelner Wand- 
lungen die abweichende Form im Wesentlichen erhalten blieb. 
Infolge dessen bewahrte die Bukowina in der Organisation dea 
Untertbanswesens bis xa seiner Aufhebung eine Sonderstellung. 
Diese zu kennzeichnen, das Wesen der Unterthänigkeit in der 
Bukowina zu schildern und die nicht unintereBsante Einwir^ 
kung der gemein-dsterreichischen Verhältnisse auf jene der 
Bukowina klarzulegen, ist die Aufgabe der folgenden Studie. 
Für dieselbe wurde sowohl die vorhandene Literatory als audi 
ungedruckte Quellen benutzt 

Die Arbeit ist der eiate fast dorchans queDenmüssige 
Versuch Uber den Gegenstand; damit mag der Leser manche 
SehwUche meiner Darstellung entschuldigen. Ich halte es 
angeaeigty zur ftlnfidgjllhngen Jubilftumsfeier der Aufhebung 
der Robot meinen Versuch zu ▼eröffentlichen, wiewohl ich sehr 
wohl weiss, dass die folgenden Jahre manchen Nachtrag sa 
meiner DanteUung bieten werden. Man weiss es ja anr Ge- 
nüge, dass die Bukowiner Qeschichtsforschung erst in ihren 
Anfingen begriffen ist^ 



Bitlier lit du UnterthaiuiraMii in d«r Bnkowiiui -~ titgemhim von doi 
gedriagton lilttii«iliiagMi in msin^r GiMbielite dar BakmHaa aar 
in «iaer 1848 endhimfloan Schrift »Ueber dm Ufsprang uul di» Eafe- 

wicklao^ des Unterthansyerh&ltnisses in der Bucovina* erörtert worden. 
Da d'ipm Piihliration jedorh anf einem sehr spärlichen Material hernht 
und vor Alittn den Partei >:\veckeo der Qroosgrundbeeitzer dienen sollte, bo 
ist ihre Bedeutung aeiir gering. 



Erster Absohuitt 



Die moldaaisoke Zeit (bis 1774). 

Die heutige österreichische ProTiBZ Bukowina gehörte bis 
zum Julire 1774 zum Fllrstenthume Moldau. Daher beruht das 

Bukowiucr Untcrthanswescn auf dem moldauischen. Es ei^bt 
sich daraus die Nothwendi«jfkcit, wenigstens in aller Kürze zu- 
nächst die Vcrhältuisfie wahrend der moldauisciieu Zeit zu be- 
trachten. 

Erstea CapteL 

Die Entstehmigr des adeligen und k ircli liehen Grossgrnnd- 

besitzes in der MoldAa« 

1. Die Orilnduag dM Fttratenthams Moldau. — 2. Vfl^gmbangea 
an dio weltlichen Growen (Bojaren). ^ 3. Sehenkonfen an Kirchen und 
KUlMer. — • 4. Schirinden der landesfUntlichen Benteongen nnd der frmn 

Bauern. 

1. Die Bukowina, als auch das südlich und ösüich an* 
grenzende Flachland war bis zum Regierungsantritte Ludwigs I. 
yon Ungarn (1342) ein Tummelplatz der mongolisch^tatariacheD 
Horden.* Erst dem genannten Herrsoher gelang es, und zwar 
wahrscheinlich gleich nach seinem Regieningsantritte, die rftor 
bcri sehen Nachbarn aus den genannten Gebieten seu verdrängen. 
Das eroberte Gebiet, dem zunächst Dragoech und hierauf Sas, 
beide nnter ungarischer Oberherrschaft, vorstanden, war sicher 
zunächst Uberaos spftrlich bewohnt. Wegen der Unsicherheit der 
Verhttltnisae werden die ans Ungarn vordringenden Oolonisten 
sich natUrlidier Weise «n&ächst nnr im gebirgigen Grea^ebiefte, 
also in der Bnkowina in der hentigen Benrhshauptmannachaft 



* y$L Xaindl, QeecL der Bokowin« n (Cieraowito 1896), 8. 8ff. 



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ööö 

Kimpolung, angesiedeil liaben. Karlultnu Diatrosch zwei und 
iSas vier Jahre regiert hatte, bemäcliügtc öich den Landes der 
aus der ungarischen Marmaros mit seinem Anhange entwichene 
walachische Wojwode Bogdan (1348/49). Dieser ist der 
eigentliche Begründer des selbständigen Fui-stonthiunes Moldau 
geworden. 

3« Aus dem Hitgetheiltea erklären sich leicht die Ver- 
hältnisse, mit denen wir m rechnen haben, wenn wir die Ent- 
wicklung des moldauischen Unterthanswesens veratehen wollen. 
Da der Wojwode, d. h. Heerführer, als Eroberer sich in den 
BedU des Landes gesetst hat, so ergreift er, besenders da das- 
selbe anmeist Ode war, von bedeutenden Gtebieten unmittelbaren 
Besits. Daher finden ?rir die Wojwoden besonders in den 
ersten Jahrzehnten des Fttrstenthums sumeist im unumschränkten 
Besitse der Ländereien. ^ Diese veileihen sie an ihre Getreuen, 
um diese Dir ihre Dienste au belohnen oder dieselben sich ftlr 
die Zukunft au verpflichten. Statt vieler Beispiele mdgen« hier 
einige genügen. So verleiht a. B. Wojwode Roman mit einer 
Urkunde vom 30. März 1392, zugleich mit seinen Söhnen Ale- 
xander und Bogdan, ihrem getreuen Diener Iwan Witiaa ftkr 
seine treuen Dienste drei DOrfer ftir ihn und seine Eindes- 
kinder.' In einer Urkunde dieses Ftirsten vom 18. November 
desselben Jahres lesen wir : ,Der grosse selbsthemchende Hospodin 
Jo(an) Roman, Woewod des moldauischen Landes, von den 
Ahnen bis zum Gestade des Meeres, und mit unserem Sohne 
Alexander und mit unserem 8ohne Bogdan mul mit allen 
unseren Bojaren, thun dies zu wissen allen guten Herren, die 
diesen Brief sehen oder ihn lesen hören, wioiiaeh dieser unser 
Diener T< ul it mit seinen Brüdern: Dniitro, Peter, Michaile und 
Shiorsh, Söhnen des weissen Dragomir, uns mit aufrichtiger 
Treue gedient hahen, dienen, wir auch noch auf ihren weiteren 
Dienst hoffen. Deshalb haben wir sie mit besonderer Onadc 
begnädigt und ihnen in unserem moldauischen Lande ein Dorf 

' Es ist eine sehr ansprecheude Ansicht, daa» jene icleiuerua Gruudbesitser, 
waldw M diwmi Ym^ängen ihren Besita h<hiwT>Bn odor mit mldiBiB 
betheilt worden, spiter ab sogenannte Beienn erwlieittea, fie eine Art 
▼on IMbavem oder geilageD AMigen waren. Die «Iherai AnallUiniiigen 

hierüber in der 8«hrift .Ui^bor den Unprnng nnd die Entwicklung a. i. w.% 
S. 4—6, sind sehr zweifelhaft. 
' Uasdeu, Archiv» istor. I, 1, 8. 18 f., Nr. 19. 



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666 



g^;eben an der Suczawa.' * Und in einer Urkunde Alexandeis 
des Qaten vom 28. December 1427 wird verfUgt: »Von Gottes 
Gnaden wir Alexander Woewoda, Hospodar des moldauischen 
Landes, ihun kund durch diesen nnsercn Brief alleDi die 
solchen sehen oder lesen hören, wienach diese unsere wahr- 
haften Diener» die Söhne Iwans des Hofrichters: Hr. Lasar, 
StancKol und Kosta^ uns aufrichtig und treu gedienet haben. 
Da wir nun ihren aufrichtigen und treuen Dienst gegen uns 
gesehen, so haben wir sie mit unserer besonderen Gnade be- 
gnlldigt^ ihnen ihr Vatergut bestätigt und ihnen in unserem 
Lande das DOrfleiu Dobrün an der Homorsy wo ihre Kirche 
(Monastir) ist, gegeben/' Auf diese Weise gelangte ein grosser 
Theil des Landes in den Besits der Mannen des Königs der 
,Bojaren', wie sie wegen ihres Kriegsdienstes (boj » der Kampf) 
genannt wurden. Da aus ihnen auch die Hof beamten und 
Würdenträger hervorgingen, so erwuchs aus ihnen der hohe 
Adel.' Auf diese Weise entstand der ftberdies durch allerlei 
Privilegien bevorzugte adelige Grossgrundbesitz in der 
Moldau. 

S. Einen anderen überaus bedeutenden Tlicil der Lände- 
reien verschenkten die FUrsten an ihre kirchlichen Stiftun- 
gen. Die Zalü dieser Schenkungen ist von der Zeit Alexanders 
des Guten angefangen Uberaus gross, besonders da aueh die 
Adeligen sich an diesen Stiftung-en betlieiligten. Das Anwachsea 
derselben zu verfolgen, würde uns zu sehr von unserem Gegen- 
stände ablenken.^ 

Es möge nur erwähnt werden, dass auf diese Weise in 
der Bukowina schlicssh'ch etwa die Hälfte des Landes sieb in 
bischöflichem Rcßitze und in jenem der Klöster befand. V^on 
aDen .Schenkungen wollen wir hier nur eine aus der Zeit Ale- 
xanders des Outen anführen, weil wir auf dieselbe noch zu- 
rückkommen werden. Mit einer Urkunde vom 18. November 
1408 schenkte er seiner Lieblingsstiflung Moldawitza, ,dem 
Kloster der Verkündigung der reinsten Gottesgebärenn^, fUr sein 

* Wickenhaaaer, Molda 1» 170 u. 243; fenoMr Molda III, lOOf. 

' Ebenda, I, 83. 

* MftD Tergleiche hiemit die Entwicklungsgeschichte der Miuiätorialon. 

* Die betreffianden Uriknoden fttr die Bnkowin« sind sum grossen Tbeile 
▼OD Wickenhaiuer in seinen Werken .Uoiaawa* I n. II und ,Melda* I— V 
geMmmelt 



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557 



und seiner Voreltorn Seelenheil und filr seine Gesimdbeit das 
Dorf Warna (d. h. die Mantb) an der Moldawa mit allen Ein- 
künften für immer in Ewigkeit.^ In ähnlicher Weise und zu 
ähnlichen Zwecken geschehen die zahlreichen anderen Ver- 
leihungen an die Klöster.* Die Wojwöden ginjren hicbci so 
unumschrünkt vor, dass sie z. B. auch von den Stadtg(!bieten 
einzelne Tlieile an Klöster vergabteii otler denselben den Zühent 
und andere Keehte von den Städten ver.scliriehen.^ So sclienktc 
Stefan der (} rosse im Jalire 14H8 das Einkommen vom Wachs 
und sechs Wachsarbeitern in Sereth, femer eine Malze und 
seine an<»estammten Malilmühlen daselbst dem Kloster Putna; 
von Czernowitz wurden im Jahre 1764 zwölf Schnüre Grund 
auf Befehl des Fürsten Gregor Calimach abs^erissen und dem 
Kloster Horeeza, das vor einigen Jahrzelinten entstanden war, 
geschenkt; ebenso war schon im Jahre 1G59 der Fruchtzehent 
von Czernowitz au das Kloster Gross Skit bei Stanislau geschenkt 
worden. Im Jahre 1457 bestätigt der Wojwode Stefan dem 
Kloster Moldawitza den Besitz von zwei Häusern In Suczawa, 
indem er zugleich zu Gunsten des Klosters auf alle von diesen 
Häusern entfallenden landesherrÜchen Abgaben, sowohl die 
grossen ab die kleinen, verzichtet. Sie sollten weder den Stein 
Wachs zu entrichten haben, noch irgend eine Art Steuer zahlen; 
weder bei den landesherrlichen Mühlen frohnen, noch einen 
landesherrlichen Dienst thun.* Diese Beispiele mögen f^^cnügen. 
Auch das Gebiet des Kimpolunger Kreises, das sich gewisser 
Vorreehte erfireute,^ wurde von den moldauischen LandesfUrsten 
in dieser Besiehung nicht gans Tersohont Jene oben erwähnte 
Verschenknng von Warna an Holdawitsa betrifft dieses Gebiet; 
ebenso schenkte noch Alezander mit einer Urkunde vom 
15. Februar 1410 das Suchardgebiige an der ungarischen Orenae 



' Wickenhauser , MoMawa I, 66. 

• Mail vergleiche iiiübcsonderpi noch die Vergabung- der laiideöiiurriiclion 
DOrter de» Badeuicer Kreises an da« Kluster äolka. Muldawa II, 72 (Ur- 
knnde rom 13. MXn 1615); forner 8. 81 <20. Hin 1620); S. 88 (?); S. 92 
(20. Febr. 1685). Feratr llolda DI, 199 (Urkmide vom 5. Aug. 1698). 

> Vgl. Kaindl, Ge«ch. der Bukowina H, 74. 
< Moldawa I, 8. 65 f., Nr. 24. Vgl. Nr. 21. 

* Vgl. vor Allem Wir kouhauaer, Molda V, 2; Cantemir, Drprriptio 
Moldaviae, Bokarest ld73, & 123; Kaindl, Geach. der Bukowina 
U, 12f. 



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558 



demselben Kloster.^ Uebrigens wurden auch an Adelige Theile 
dieses Gebietes versebenkt So tritt 1763 ^Frau ICaria, die 
Speicberwardin',* mit gatsberriieben Ansprachen in diesem Ge- 
biete benror, weil ibr daselbst gewisse »Gebirge^ Tersdienkt 
worden waren. 

4* Auf diese Weise bätten sieh die Landesltost e n so sehr 
alles Landbesitses in der Bukowina entSnssert, dass am Ende 
der moldanisefaen Hennebaft nnr das Geluet der drei Stftdte 
Saozawa, Sereth und Caemowits nnd der unTersobenkte Rest 
des Rimpuluuger Kreises ak landesfilrstlioh galt Fast das 
ganse Land befand sieb im Besitse des Glems und des Adels. 
Zu letzterem zählten sich damals als die letzte Classe bereits 
auch die khiinen örundbesitzerj die sofj^enannten Rezesen,^ in 
soferne es ihncu gelungen war, ihren alten, vielleicht sclion in 
die Zeit der Begründung des moldauischen I uiotculLmiis zu 
rück^^clienden freien Besitr zu wahren. Grundbesitz oder der 
Naeiiwcis, dass die Familie jemandes solchen einst besessen, 
galt am Anfange des 18. Jahrhunderts geradezu als Beweis für 
die freie Geburt der betreffenden Person und ftir die Unab- 
hängigkeit dersellven.'' 8o kam es, dass schon der damals re- 
gierende Fürst Cuiilemir (1711) nicht im Klaren war, ob di< 
Rezesen als freie Baueni (coloni liberi) oder als letzte Stufe 
des Adels zu betrachten seien. Siebzig Jahre spater zählt 
man alle Grundbesitzer als Adelige; das Merkmal des Bauern 
ist, dass er keinen ihm eigenthümhchen Grundbesitz hat. Nur 
in dem bereits erwähnten Kimpolunger Districte gab es damals 
noch Bauern mit freiem Grundbesitze, die nur dem Liandes- 
Alrsten tributpflichtig waren. Die meisten Dorfbewobner waren 
dagegen in ein druckendes Abbängigkeitsverhältniss Tom Groas- 
grundbesitz gerathen, wenn sie nicht gar Leibeigene warm. 
Wir wollen znnäcbst die Uürigen, iueranf die Leibeigenen niber 
betracbten. 



* Moldawa I, m f. 

■-■ Der Speichw.-mi war uinor tlur moldauischen lU>i beaint«n. Molda V, 2, 8. 7 

' Canteniir, h. a. ()., S. 114. Ultimi (luibiliuni mnUlavorum) siiiit Re/.e«5j, 
quofl culonott liberos, quam nobile« vocare mallem us . . . Vgl. Ö. ö55, 
Ann, 1. 

« Ebenda, a 121. 



Zweites Capitel. 
Die Hörigen (vcciui) in der Moldau* 

1. EaMehnqg 4tr Hori^ieit. — 8. Di« Verpfliohtaiigeii und die Lage der 
USrigen. — S. Reformeii. Aufhebiing des HorigkeitoverfailtniBteff, ttud da« 
BobotgeseCa (Chtyaow) dea FOnten Ohika. 

1, Der hörige Bauemstand, welcher in der Moldau bis 
ins 18. Jahrhundert erscheint und dessen Glieder den Kamen 
^▼ecini' führen, liat einen mannigfaltigen Ursprung. 

In dieses Abhängigkcitsvorliültniss waren vor Allem sehr 
viele früher freie Bauern durch die fürstliche Vergabung 
der Dorfsehaften an den Clcrus und den Adel gerathen, wobei 
den neuen Besitzern zugleich das Einkommen und alle oder 
doch gewisse Reclitc des Landesfürsten überlassen wurden.* So 
fuhren s. B. die Mönche des Klosters Moldawitza in einer Ur- 
kunde Tom 8. Juni 1745 aus, dass ihnen die Warner (vgl. oben) 
▼on Aloomder dem Qufen geschenkt wurden, daher sie wahr- 
hafte Hörige (yecin) des Klosters sind; desh^ hatten sie wie 
andere HOrige Frohnfraoht geleistet, indem sie Salz und Wein 
zuführten; ebenso haben sie neun Tage (jihrlich) gemftht' Dies 
bestätigten nach Einsichlmahme der Urkunden die als Richter 
bestellten Bejaren, ja diese gingen so weit, die Wamer ge- 
radezu als ,robi' (Arbeiter^ Elnechte) zu bezeichnen, unter 
welchem Ausdrucke man sonst nur die leibeigenen Sdaven zu 
verstehen pflegte.* In Ähnlicher Weise haben sich auch die 
Verhaltnisse in den anderen Theilen des Landes entwickelt 



' Die Zahl dieser Privilegienurkuudüu ist nähr gross; jede moldaubche 
Urkundensammlung bietet eine Fülle derselben. Zu diesen Vorrechten 
gehttrlo lanMist die 0ten«rfr«Ui«lt der QntraaterfluuMii, duait d«iea Oe- 
bietwr frttaenb NutMa ans ihMn stoben. Bwatchnend igt für den 
Wojwodeu- und BojarenstAat, da» in einer Urkunde vom Jahie 1468 
die Bewohner eines KIo.Nterdurfes zu Gunsten der Mömhe von allen 
landesfUrstlichen Verpflichtungen befreit werden, nur nicht vom Kriofi;?»- 
dienate (Moldawa I, 66, Nr. 25). Doch fanden auch Befreiaugen von 
dieaem Dienste statt (Molda 1, 203, ddo. 1. Aug. 1444). 

' MoMawa 1, 182, Nr. 190. Die ven mir oben in Klammem geeetele Be< 
■debnnng »TSetn* ettbt niebt In der Draekiebrifly wobl aber ▼erseicbnet 
Wickonhauser sie in seinem Uandexenplsre» da* mir bier, wie in Ibaliehen 
Flllon, trofTliche Dienste loi.'itete. 

> Ebenda, S. 143, Nr. 212 (24. JuU 1766). 



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560 



IHe Zahl der Hdrigon wurde auch durch die Aosiedluiig sahl- 
reicher Kriegsgefangener yergHtaeert. So hat e. B. Stefan 
der GhroBse, als er im Jahre 1498 nach Podolien und Galiaien 
einfiel, uu<;e blich 100.000 Gefangene gemacht and dieselben in 
der Moldau angesiedelt Dedialbj fUgt unser Gewährsmann, 
der moldauische Chronist Ureche, hinan, wäre nodi au seiner 
Zeit in der Moldau die mthenische Sprache verbreitet gewesen.^ 
Aehnliches berichtet der moldauische Wojwode Cantcmir in 
seiner Beschreibung der Moldau.* Seine Darstellung lautet in 
Ucbcreinstiiuiuun;^^ mit unseren auf andere Quellen gestüt-zten 
Naclincliteu fol<;enderniasscn : Keiner unserer LaiuUeutc (ruöti- 
cus) ist ein echter Mulilaucr; sie aiud vielmehr ruthenischer 
oder si('benbür<^iseh-ungai*ischer Herkunft. Als Dragoscb das 
Fürstentbum begründete, fand er das I^and öde, daher veiilieilti? 
er es an die Mitglieder seiner Expedition. Da es unbillig 
schien, dass ein Edler dem andern diene, und die? Ki l- i^er zu 
stolz waren, den Pflut,' zu führen, so schleppten sie aus den 
benachbarten Gej^emk-n (viciuis regionibus), wo die Hörigkeit 
(colonorum servitus) bereits Enigang j^efuniL n hatte, Land- 
arbeiter herbei. Ein Beweis für die Richtigkeit dieser Anschau- 
ung sei schon der Name dieser Leute: ,veczin vel vicinum*, 
d. i. der Nachbar. Diejenigen, welche aus Polen in das Innere 
der Moldau gebracht worden sind, haben die heimische Sprache 
vergessen; die an der Grenze Polens wohnenden [also in der 
nördlichen Bukowina] sprechen dieselbe aber noch jetst [ca. 1710]. 
Die Ungarn haben Religion und Sprache treuer bewahrt. — 
Soweit Gantemir, der doch Uber diese Verhältnisse im Allge- 
meinen gut unterrichtet sein musste. Allenfalls waren nicht 
alle hörigen Landleute der Bukowina aus Kriegsgefangenen 
hervorgegangen. Cantemir führt selbst an einer Stelle aus^ 
dasa auch yerarmte freie Landsassen , die bereits genannten 
Rezeeen, in Hörigkeit gerietben.' Besonders bemerkenswertb 
ist ferner^ dass man, wie aus urkundlichen Nachrichten ber▼o^ 
gebt| seit dem Anfange des 15. Jahrhunderts ^ und nach der 

* Chvoniceto Bonuuitei (BnksMl 187S) 1, 1T4. 

* A. a. O., 8. 121 f. 

* Ebenda, S. 121 (vel o reaes-si-*, postqnam prao paupertate patriam vondi- 
diasent pcMsewiooem, subjecUoms eüam subire jugxim baronum iujuaüua 
coegit). 

* Vgl. Gtawli. dM> Bakowiiu II, Mf. 



I 



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561 



in dieser Besiebung sicher vertrauenswürdigen Sage/ schon im 
14. Jahrhundert sofort nach der Begründung des Fürstenthums 
bestrebt war, besonders aus Galizien Colonisten herbeizuziehen, 
die auf Frcistätlen (slobodzii) unter Gewährung von zeitlichen 
Vortheilen angesiedelt wurden. Nach dem Ablaufe dieser Frci- 
jahre sind die Aosiedlcr umsonielir völlie: in den Stand der 
anderen Hörigen gerathen, als sie zumeist nur von kindesfUrst- 
lichen Abgaben befreit worden waren. Uebrigens werden auch 
zahlreiche freiwillige Einwanderungen armer IJauern aus 
den benachbarten Gebieten stattg-efunden haben,* oder es sie- 
delt'' n sich von einem anderen Gute entwichene Unterthanen 
an einem ihnen besser anstehenden Orte an.^ ,In den Urkunden 
wird daher zwischen den mit dem Grund und Rorlcn itbcr- 
kommenen altansUssigen Hörigen (vecin) und den Bauern (ceran), 
die sich neu ansiedelten, ein Unterschied gemacht/ der freilich 
offenbar aufhörte, sobald die Letzteren bestimmte Verpflichtun- 
gen übernommen oder die ihnen eingeräumten Freijahre auf- 
gebort hatten. Wollten die Fremdlinge aber, unter dem Vor- 
wandoi daes sie keine Hörigen seien, keine Dienste leisten, so 
wurden sie vertrieben.^ Oass die Hasse der moldauischen Be- 
Tölkemng die ^vecini^ bildeten, ist unzweifelhaft. Freie Bauern 
begegnen uns in moldauischen Urkunden bis um die Mitte des 
18. Jahrhunderts sehr selten. Der moldauische Fürst Cantemir 
(1711) kennt solche in der Bukowina nur im Kimpolunger 
Kreise; ausserdem in zwei anderen moldauischen Gebieten, die 
sich einer tthnliehen AusoahniMteUung erfirenttti.* 

3. Die Ilubot und die Abgaben dieser Hörigen waren ur- 
sprünglich nicht bestimmt. Die Hörigen müssen, sagt Cantemir, 



• Ebenda, 14 ff. a. Kaindri ,Dto Bnthendii In dar Bukowina* I»SSfll 

• Vpl. 7.. B. ,Die Ruthenen in der Bukowina* I» 27f. 

• Vgl. unten, S. &62, 663 n. 664 f. 

• Moldawft 1, 110, Nr. 187 (J. 1667) [Uaudexemplar Wickenhauaer'«, 
vgl. S. 559, Ajini, 2J. 

• Ebenda, 1, 114, Nr. iSS (J. 1714). 

• A. a. O., & itSf. Die cnlyg s nge M to te Behanptnnir ^ ^ Sduift »Ueber 
den Ursprung und die Entwieklvng n. a. w.', 8. ISf., berakt anf ScbSn- 

färberei. Der Verfasser derselben Ilast die ,vecini' i\nr aus KriCfi- 
pcfanpenon ontstöhon und moint, dass daher ihro Zahl nur jypHnrr war; 
nach ihm hatten dio , freien Menscbea' (oamttii slobodsi) die iiauptmasse 
der Bevölkerung gebildet. 



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562 



stets mat Dieiistleistiing bmit sein; ein beatimmtes ÄrbeitaiuMB 
ist niobt festgeoetet, aondem es ist der WOlkllr des Hemi 
Überlassen, an wie vielen Tagen er den VerpAicbteten aar 
Arbeit bermnaiebt^ Doeb sebeinen die Leistungen tlieila dnreb 
Gewobnbehsrecbty' tiieils doreb Verträge' geregelt worden 
an sein, die freilich wohl nur selten genau beachtet wurden. 
Die den Hörigen übcriassenen Gründe durften dieselben natür- 
lich nicht vcraussern.'* Schien es dem Outsherrn aiigezcifrt. so 
konnten U«;l)ersic(llun;j:en des Höri^'cn von cmor Sicdeluni:-süate 
an eine andere veranlasst werden/' Gegen slüniöchc IJnter- 
tbancn wutdc die Abstiftung angewendet.^ Dagegen durften 
diese Hörigen das Gutsgebiet eigenmächtig nicht verlassen; sie 
glic)ieu in dieser ReKiehung den Leibeigenen. Zogen sie tort, 
80 konnten sie wieder zurückgebracht werden, wie dies z. B. 
den Wameni im Jahre 1740 ei^ing, die sich nach Kimpolung 
begeben hatten und daselbst Panzirer fPolizeidienpr) L'cworden 
waren ' Da auch die Züchtigung der Hörigen gestaltet war,^ 
so kann deren Lage allenfalls nicht als günstig bezeichnet 
werden. Doch wurde die Tödtung eines Hörigen im Gegen- 
satze zu den Verhiütnissen im benachbarten Polen hart bestraft.' 
Der Verkauf der Hörigen an einen anderen Ort war nicht gS' 
stattet, dag^en konnte derselbe mit dem Gute, auf dem er 
sass, veränssert werden.*** Noch aus den Jahren 1747 und 1752 
sind nns Verkaufsurkunden von Hörigen erhalten." Mit der 
ersteren Urkuu lr verkauft ^Stefan, Jnon Tentni's Sohn*, seinem 
yOescbwisterkinde Andre Potüog, gewesenen grossen Kaffee^ 



» A. a. O., Ü. 122. 

• Holdawa I, ISO, Nr. 164 (J. 1788). 

• Ebmida, S. ISS, Nr. 178 (J. 17S8). 

• El)(Mi(ln, I, Urk. Nr. 183, 138, 162, 166, 166, 167 und 165. 
» Ebenda, I, Urk Nr. 214 (J. IT.'ii.) und Nr. 261 (J. 17Gr,). 

" Ebenda, I, Nr. 28U (J. 1772), Nr. 28 1 (J. 1772) ntifl Nr. 2S»; (.1. 1773). 
' Ebenda, I, 126, Nr. 178. Vgl. Moidawa U, 112, Nr. Ö6a und S. 117, 
Nr. 72 b. 

• Holdawa 1, 118, Nr. 167 (J. 1781), Nr. 166 (J. 1786), Nr. 176 (J. 1799 
.«atth alter OewolmlMit von j«her«); UoUa Y, 8, 8. 86, Nr. 9 (J. 1683 
«flbarmlMig mit Schiftgen und anderen Str*&n*). 

• Cantemir, n. a. O., S. 122 (non modo itenrm morib rcns erit donioiM^ 
ficd titiam uxori liberiaqao aecati libertatom dobek coocedere). 

" Ebenda, 8. 122. 

" Ifolda V, 2, S. 47, Nr. 20 und S. 49, Nr. 22. 



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563 



schenk^ seinen Hörigen von Russisch- Kimpolung, namens Anton 
Lalusclika,, uut allen bcinen Ausroduu«^cn für baar in seine 
Hände erlegte 30 Gulden . . . Derselbe soll ihm daher, seiner 
Ehegemahlin, seinen Kindern und Enkeln als ein wahrer Uü- 
riger ewiglich eigen sein'. Mit der zweiten Urkunde verkauft 
derselbe Stefan Teutwl sammt seinem Bruder an denselben 
Pottlog, der damals Zeltwart war, ebenfalls einen Hörigen von 
Kussisch-Kimpolung, namens Gregor Biukaczi, mit allen seinen 
Rodungen fUr bare 25 Gulden. Hielx i wurde der für die 
Rechtsverhilltnisse jener Zeit bezelclnuMirle Zusatz j/omacht: 
jSollte dieser Hörige wem Anderen zugehoren ^ und dem Käufer 
abgenommen werden, so bin ich (Stefan Teutul) gehalten, ihm 
denselben zu ersetzen.' Ebenso konnten die Hörigen mit dem 
Gute verpftlndet werden, infolge dessen sie bei Nichteinhaltung 
der Verpflichtungen in den Besitz des Pfandinhabers Über- 
gingen.' Erworbenes Geld und Vieh durfte der Gutsherr von 
rechtswegen dem Hörigen nicht nehmen; doch fand, der Hab> 
gierige leicht Mittel, sich in den erwünschten Besitz zu setzen: 
er setzte dem Hörigen, wie der Fttrsi Oantemir beriditet,^ ao ' 
lange zu, bis dieser ihm ,freiwiliig' (sua sponte) das Erwllnachte 
gab. Da schliesslich auch die landesfÜrstlichen Forderungen 
an die Bauern sehr bedeutend waren, so beklagt der eben 
genannte Wojwode wohl mit Recht das Schicksal derselben; 
freilich waren z. B. in Polen und aelbat in den westliehen Lftn- 
dem die ITnterthanen noch in einer weit traurigeren Lage. Es 
mnsa nftmlich Tor AUem betont werden, dass im Allgemeinen 
die Arbeitsleistangen der Höngen nieht gar an gross waren, 
was schon aus jenen oben (S. &69) erwilhnten Bestimmungen 
aber die Pflichten der Unterthanen von Wama hervorgeht, noch 
mnhr aber aus dem weiter nnten besprochenen Umstände, dass 
im Jahre 1766 die Robot ttberfaanpt anf swölf Tage jährlich 
fixirt werden konnte. Hie und da waren die Verpflichtungen 
sogar flberans gering. So haben z. B. die Hörigen in der 



* Eines der Hof&mter. 

* Vgl. oben im Texte die Bemeriraogen über Uebeniedlaofen der Hörigen 
von einem Gvtigebiele auf dai andere. 

* Molda IV, 137, Nr 4. Der vierte Tlieil des DorÜM Ropea» wird sammt 
den Hüri^ei) (vecini), die njuneatliob «ii%esUilt weideD, Ar 100 LOwen- 

j2;nldon vorpfandet. 

* A. a. O., 8, m. 



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564 



CKeremo8sgeg«id, dem aogenaimteii Riuaseh-Kimpoioiiger oder 
Dolhopoler Okol, für die yon ihnen urbar gemachten Ckünde 
nach MasQgabe des anf denselben gewonnenen Henes swei 
Paralen (»drei Erenzer) yon der KlafVer gesahH» d. h. man 
maaa den Umfiuig der Heneehober und saUte den angegebenen 
Betrag fUr Jede ermittelte Klafter. Anaeerdem xineten diese 
Unterthanen nur noch vom Hanse je nach ihren VetmllgenS' 
verhftltnissen 9, 6 oder 3 Rebhühner. Erst im 17. Jabrhnndeit 
kam es an Streitigkeiten, die sdiliessHeh entsprechend dem 
gewachsenen Werthe des Grand tmd Bodens mit einer Erh&hang 
der Abgaben endete. Im Jahre 1693 bestimmte nämlich der 
Wojwode Constantin Duka, dass die Hörigen ihre eigenhändig 
fijerodeten Wiesen im ruliifrcn Besitze behalten sollten; ohne 
die Einwillif^nin^ der (irundbcsitzer an^eeijmete oder von den 
Hörigen unter einander verkauftt>. Rodun«ren sollten diese den 
Hörigen entzielien durfcni- au (Haus-) Zin« liatten die Vermöe- 
lichen 2 fl., die Mittleren 1 11. 80 kr. und die Armen 1 tl. zu 
entrichten, ferner für die Rodungen ohne Unterschied 2 Pa- 
ralen für die Klafter Heu, dann den Zehent von den ang'eb.'iuion 
Früehten, und endlich sollte es ,für die Jacrdbarkeit mit Ge- 
wciluen imd auf andere kimstliehe Art, sowie für die Fischerei 
beim Rratiche von jeher bleiben*.^ Uebrigens erfreute sieh 
dieses Gebiet infolge seiner Unwirthlielikeit auch in der Folgte 
der Hüeksieht der Kegierun»:.^ Auch müg^e noeb erwähnt 
werden, dass Ablösung von der Robot übüch war, und zwar 
worden in der Kegel für das Hans awei Löwengulden gezahlt.' 

3* Da infolge des Mangels an bindenden UrbarialbeBtiiD' 
mungen die Streitigkeiten zwischen den Qatsbesitzern und ihren 
Höngen, besonders solchen, welche sich neu ansiedelten, kein 
Ende nahmen, so wurden die Wojwoden wiederholt um ihres 
Rechtsspruch angesacht So hat z. B. Fürst Constantin Havro- 
kordat am 12. Jänner 1742 anf Bitten aller Klosterrorsteher 
die Entscheidung getroffen^ dass Leute, welche anf Kloster 
gutem wohnen und keine HSrigen nnd, mögen sie nnn land- 

> Mülda V, 2, S. 36, Nr. 9. 

• Ebenda, 8. 48, Nr. 21 (J. 1747). 

" MoHawa I, 138, Nr. 205 (J. 1763; don Jlflrig'en soll narh dvn li<.ngkeits- 
tiaUeu beatiiumt worden, was sie jährlich leieieu haben, Arbeit oder 
Geld). Moldawa n, IIS, Nr. 66a; S. 117, Kr. 7Sb; & ItS^ Hr. 98e (mrti 
LOwen^den), ^mtgen. 9Sb (nnr ainen Qidd«n). 



4 



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565 



fürstliche Mannen oder Unterthanen eines Bojaren sein, jähiiicli 
dem Kloster zwölf Tage zu dienen haben, sei es als Iland- 
arbeiter oder mit einem Wagen; auch habe jedermann nach 
Herkommen den Grundzehent zu entrichten. Diese Bestimmung 
war aber auch zum Schutze der Verpflichteten erlassen, damit 
jflie von den Jeerumen (Aebten) mit ^sseren AnforderuDgen 
nicht belftstiprt werden'.' Einsichtigen Fftrsten musste überhaupt 
die übeniiUssiy-c Bedrückung der Gutsunterthanen scliun aus 
dem ririnnlc unwillkommen sein, weil dieselben an Steuerkraft 
verl in ii; aiii Ii die ScliRdiL^un;^ der Arbeitskraft der Unter- 
thanen war für den Kiirstri^ und dessen Staat mit Nachtheüon 
verbunden, weil in der Moldau jeder uit iit den priviicgirten 
Classen angehörige Untcrthan auch zu landesfürstlicher Robot 
verpflichtet war, wovon freilich viele zu Gunsten ihres Privat- 
gnindherrn befreit worden waren.* Auch mochte die Absicht 
bestanden haben, durch möglichst günstige Regelung der Unter- 
ihanspflichten neue Colonisten in die durch stete Kriege and 
türkische Misswirthschaft entvölkerten Gebiete SU riehen. Dies 
waren sicher die hauptsächlichsten Gründe, wanim durch den 
Beschluss vom 6. April 1749 unter der Ilerrsobaft Constantin 
Havrokordat's die Freizügigkeit aller Hörigen ausgesprochen 
wurde.* Damit war den Höngen das wirksamste Mittel gegen 
den harten Orundherrn geboten. Der persönlich freie Bauer 
(ceran) konnte sieh jederaeit dnrcb Verlassen des Qntsge- 
Üetes BedrAekangen entsiehen. Beseiclmend fttr die Wii^img 



* Moldftwa I, 126 f., Nr. 181. 

' Vgl. oben, S. 567, die lieiuerkuug Uber die laniiesfürstliche Robot uud 
Zehent der SUdtbeTlilkerang von Suczawa. Ueber Undeaherrliche Robot» 
verpaichtang«!! dar Braern debe Moldawa I, Nr. 91 (J. 1464) nnd Nr. S5 
(J. 1468). In ^«MB ürlniiideii versiditen die Wojwoden ma Chmiton 

des Klosten Ifoldawitza antar Aaderem auf folgende Leistungen der 
Klostcrleutc: Frolinfnlircn zn stellen, bei den Lmdeslicrrliclien Mühlen 
zn frobnen, bei der Burg (in ih.^r Het^idenzstadt öuczawa) zu arbeiten, 
landeshorrliclien Wein zuzaftibren, iüiuberspnren zu verfolgen u. dgl. 

* Xenopol, Istoria Bominilor V (Jassy 1892), S. 114. — ,Ueb6r den Unprung 
and die Entwiekinng dee UnterfbansTerhlltniaMe in der BokowinaS S. 19. 
— H. Kogilniceann, lieber die BefMnng der 2Sgenner von der Leib- 
tigenschaft, Löschung der Privilep^iGn des Bojarenttmnis und die Eman- 
cipation des Banernstandcs in Rumänien (RoniüTii';; lir Hovue VIII, Wien 
1892, S. 189).— Vgl. Euzenbörg'8 Beriebt vom Jahro 1779 in Ziepl.inor'B 
Qeschiehtllchen Bildern aiu der Bakowina I (Caemowits 1893), S. 24. 

Aiditr. Vaxn, M. II. aufto. SB 



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666 



dieier Masaregel ist die Art und Weise, wie noch einige Jahr* 
Bahnte später (1780) der Bojar Babchs als engherziger Ver 
theidigttr der LiterMMmi des Adels seinen GeftÜilen über die- 
selbe Ausdruck Terleibt Naohdem er Uber die Freisttgigkeit 
des moldauiseben Bauern gehandelt hat, HÜai er fort: ^ fii Sat 
Uoldan findet derselbe jederseit GHlter, welches die Wirkuig 
eines geisigen GouTemementB ist, da der Fürst» so lange er 
die Rechte der Bogiemng geniesset, nichts als Qelder erpresset, 
und jedem Bauer, aoeh ganien DOrfem, die Eilanbniss von 
einem Ort aom anderen an wandern unter der aUeinigen Be- 
ilingnia« ertheilet| dass man ihm in jedem Aufenthaltsbesirk die 
gleiche Abgabe richtig entrichte. Aus eben diesen Bew^gnmd 
ist der Bauer nicht mehr denn swOlf Tage dtarch das Jahr 
hindurch seinem Herrn au arbeiteni und den unbedentlicheD 
Zehenden seiner Frtlchte su entrichten verpflichtet.' 

Die in dem letzten Theile dieses Berichtes erwähnten 
Untcrthansverpflichtunf^t'n sind in der vom 1. Jänner 1766 da- 
tirten GoMurkimdu (Chrysow) des l" ustca (ire<:^or Alexander 
Ghika begründet. Mit dieser L i künde hat dieser Wojwode, 
indem er allenfalls an die bereits bestehenden Verhältnisse an- 
knUpfle — iuaii vergleiche die oben (S. 565) erwähnte Ent- 
scheidung vom Jahre 1742 — die Urbarialschuldi^keit der 
17 Jahre frllher mit dem Rechte der Freiztipgkelt begabten 
Bauern allgemein geordnet. Veranlassung hiczn boten, wie der 
Fürst selbst in fb*r iMTilDnmL'" au seinen Verfügun£ron hervor- 
hebt,* die genscitjgen Ivla^^cn der Landinsassen und (^^r 
Gntseio-eiitliiimer (Bojaren, Kloster und Rezesen). Hiernacii 
war der liauer, auf welchem (iutc immer er sich niedcrhesSj 
zu den in der Ttoldurkundc bestimmten Koboteu und Arbeiten 
verpflichtet, falls nicht ein anderer, genau einzuhaltender Ver- 
trag geschlossen worden war." Die nttheren Bestimmungen des 



* Jalub. da» Bttkowinor Laadesniitteiims m, 108. 

* ,Ueber den Unpranf und die Sntirieklang des UnlerthatuTOcIiiltiuMf', 

R. 17 f. 

' Dor Chry^inw w.ir al.<<) /.unächst kein nnbeding^ giltipos (loMctz. Er knm 
uur daim zunächnt zur Geltang, wuaii infolge mangelhaften Vertrages 
swkchen den Gnmdherren und Bauern ein Streit entstand. Dass die B«> 
aümiiuiiigeii der Goldarknnde iomier mehr sor «Hgemeinen Oeltang 
kainen, liegl in der Natur der Saehe. 1^ Tetf leielie darllber die in 
der Torangehenden Anmerkaog dtlrto Schiift» S. 18f. 



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567 



CbrysowB und die eigenibiliiüidi€ii YeMtlxäme, wefehe aidi 
dnrcli die in mancher Benehnng ttberans anerkennenswerthen 
gesetzlichen VerftUgnngen von 1749 und 1766 ergaben, werden 
wir am Beginne unserer Darstellung des Unterthansverhältnisses 
am Anfange der österreichischen Herrschaft kennen lernen. 
Dass übrigenb durch die erwähnten Gesetze nicht aUe Zwistifi;- 
keiten und Streitigkeiten beseitigt worden sind, ist wohl selbst- 
verständlich, besonders da, wie bereits hervorgehoben wurde, 
auch in der Folge zwischen Grundherrschaft und Bauern be- 
sondere Verträge ^geschlossen werden konnten. So ist z. B. im 
Jahre 1762 zwischen dem Kloster Putna und 19 Kusniaken 
(Huzulen) ein Vertrag geschlossen worden, womach Letztere 
für die von ihnen benutzten ,H Oebirs-e' (Rergweiden) eine 
jährliche Abgabe von 19 erwathst nt n LUmmcrn leisteten und 
das Kloster gegen Bäuber zu schützen hatten.^ 

Drittaa Gapitel. 
Die Leibeigenen (robi) in der Moldan. 

I. LeibeifMie Tataran. — S. Lel1)«igeDe Zigenner. ^ 8. Vefbiltolaw und 

Lage der Leiboigwimi. 

1. Ausser den bereits behandelten HOrigen (Teein) gab 
es auch eigentliche leibeigene Sclaven; de wurden ,robi* 
(Arbeiteri Kneehte; robota s Arbeit) genannt Als Leibeigene 
treten nns mnllchBt Tataren (Tatare) entgegen; es waren 
offenbar KriegBge£uigeney die nun ihren Beeiegem Kneehtdienste 
leisten mnssten. Im Jahre 1402 schenkte Alexander der Gnte 
seinem Kloster Moldawitsa vier Häuser Tataren^ die fortan 
niemand mit einem huidesfitrstÜohen Dienste belästigen sollte.* 
Solcher tatarischer Sclaven geschieht auch in der Folge in 
vielen Urkunden ErwShnung. So begabte derselbe Wcjwode 
im Jahre 1428 das Kloster Bistritsa mit swOlf Hütten (chja) 
Tatareu; von denen aum Theil auch die Namen bekannt sind: 
Pahnes(d^ Toder^ Torna, Csabalij, Filimon, Filip, Boris, Tatko 
und Lokiics.' Li einer Urkwide vom Jahre 1432 beoohenkt 

' MoldÄ V, 2, 8. 63, Nr. 27. 

* Moldawa I, &5, Nr. 1 ; vgl. anch Nr. 80 (J. 1696), Mr. 89 (J. 1600), Nr. 101 

(J. lßI5), Nr. llö (J. 1G22). 
" HARiieu, Arcliiva i»tur. I, 1, S. 121, Nr. 174. 

«8* 



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668 



der Wojwode Steftn Beinen ,wm]irhaften Diener und Bojaren 
Daako' ftkr aeine iredlichen und getreaen Dienaie' mit einem 
Dorfe und vier TatarenhOfen (dwora).^ Bd Gelegenheit einer 
Ahnlielien Selienknng ddo. Snosawa 1442 wird auch ein Wata- 
man (Vorateher) der Tataren, namens Tnfia, genannt* Auch 
auB den Jahren 1463 und 1466 eind ähnliche Schenkungen be- 
kannt* 

2. Neben den Tataren kommen ebenfaUa schon aeit dem 
15. Jahihnndert Zigeuner (cyhan) ala Leibeigene vor. Xit 
jener oben citirten ürkande vom Jahre 14S8 erhült das Klosler 

Bistritz ansser den 12 Tatarenhütten auch 31 Familien (czeJid) 
Zigeuner fcyhan), darunter den Kniaz (Fürst) Koman. Einen 

Zigeuner Komuii und noeh einen zweiten Sclaven (rob) gibt 
Wojwod Stefan im Jahre 1434 dem Kloster Moldawil/a, und 
zwar mit allen Einkünften und allen ihren achkommen.* Eine 
Bestätigung über diese Zigeuner und einige andere erhielt das 
Kloster im Jahre 1454, (>benso 1458, 1522 u. s. w.^ Und wie 
dieses Kloster, so erhielten aiu-li andere Zigeuner geschenkt, sei 
es von Wojwoden oderandoren firrossen." Die Fürsten schenkten 
thciJs landesfürstliche Zigeuner, theils kauften sie «solfhe von 
den Bojaren fiir ihre Stiftungen, ,da sie zu den vielen erforder- 
lichen Arbeiten dienlich seien*.' Die Herkunft des Sclaven 
wird bei Schenkungen und Bestätigungen häutig angef^'ihrt, um 
den rechtmässigen Besitz desselben darzuthun. So gibt Woj- 
wode Peter in einer Urkunde vom Jahre 1543 an, dass er das 
dem Kloster Holdawitsa geschenkte Uaoswesen Zigeuner von 



> Molda m, 148, Hr. 4. 

• AvebiTa istor. 1, 1, 8. ISS, Nr. 177. 

• Ebenda, S. 102, Nr. 14] ond 8. 114, Nr. 191. 

« Mo!d»wa I, 60, Nr. 8. 
Moldaw» I, Nr. 21, Nr. 26, Nr. S8 (J. 1622), Nr. 43 (J. 1543), Nr. 63 
(J. 1669), Nr. 51 (J. 1669), Nr. 100 (J. 1609), Nr. 102 (J. 1609). Nr. 121 
(J. 1627). 

• Moldtwa n, Nr. 7 (J. 1616), Nr. Sl (J. 1628), Hr. SS (J. 1627) enthalten 
ihnltehe Selieiikiiiigen and Beatttiganfen fttr das Kloster Selka in der 

Rnkowina. — Ebenso für «la.s Bi.sthuin Ra<lant7.: Molda IV, S. 131, 
Nr. 1 (J. 1486). — Frir das Klost.r Tutn.i: Molda III, S. 131 u. 132. 
Nr. 16 (.1. 1400). Nr. 31 (J. 1502), Nr. 38 (.1. 15B1) — Vpl. auch iwch 
Hasdeu, Archira istor. i, 1, S. 123, Nr. 17» (J. 1444j uud 6. 103, ür, 141 
(J. 1468). 

• Moldawa II, 8. 78, Nr. 7 (J. 1616). 



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&69 



der Stadtrichtersfiran Rägin ans Bietrita gerecht gekaaft habe.' 
Von einem Zigeuner, den der ^oRse Kanzler Bälosch demsdbea 
Kloster geschenkt bat (1569), wird ausdrücklich angegeben, 
derselbe hätto ilin vom Burgobenten Peter erstanden.* Auch 
Wojwode Stefan TomBoha gibt ausdrücklich in einer Urkunde 
YOm Jalire 1615 an, von wem er die Zigenner kaufte, welche 
er damals dem Kloster Selka schenkte.* Bei der Reehta- 
onsicherheity welche in der Moldan hemchte, liess man moh 
seine Zigeuner Ton den Wojwoden wiederholt bestätigen, wobei 
auch angeftohrt wurde, von wo der SoUve herrflhre.^ Viele 
Ton diesen LeibeigeDen wurden aus der Walachei' oder Bess- 
arabien' in die Moldau gebracht Zur BeurtheQung des Werthes 
dieser Solaven mOgen folgende Mittbeflungen dienen. Fttr die 
,Zigeuner Miehul mit seiner Zigeunerin Paraska, ihren fUkBÜ 
Söhnen und einer Tochter* gab Wojwode Peter im Jahre 1543 
40 Ungargulden und ein Pferd.' Im Jahre 1615 sahlte Woj- 
wode Stefan Tomseha für 10 Zigeuneriamilien 400 Ungar- 
gülden, also auch durchschnitttich fibr Jede 40.* Im Jahre I9ß2 
wurden für einen Zigeuner 1000 Aspem gesahlt.' 

3. Da die Zigeuner l in wcrtlivolles Gut warcu, so waren 
natürlich die Gutsherren auf ihre riattii-iiehe Vermehrung bedacht. 
Daher wurden auch zwischen den Zigeunern verschiedener 
Klöster und Gutsherren Ehen geschlossen. Diese Wechselseitig- 
kcit war nöthig, weil man darauf sah, dass die Verheirateten 
nicht zu nahe verwandt seien.^® ISn ^alter Brauch' der KlOster 



' Uoidm I, 8. 81, Nr. 48. 

• Ebenda» I, 8. 8«. Nr. 64; vgl. muh 8. 110» Nr. 186 (J. 1668). 

» Ebenda, II, S. 72. Nr. 7. 

• Vgl. z. B. Mohiawa I, 8. 77, Nr. 38 (.J. 1522), S. 86, Nr 54 (J. 166»). 
Siehe oben Ö. ö6Ö die in Anm. 6 und Anm. 6 citirten Urkundeu. 

• Holdawa n, 8. 78, Nr. 7 (J. 1615). Vgl. auch Moldawa I, 8. 77, Nr. 38 
(J. 1688). 

• Ifolda 8. 180 V. 181, Nr. 86 <J. 1480). Man Tergleicha thm 8. 187, 
Nr. 31 und ämn Wickenhanter*! AnafUuiuigen im Tea^ 8.66. 

» Moldawa I. S. 81, Nr. 48. 

• Ebenda, II, S. 73, Nr. 7. 

• Ebenda, I, 8. 110, Nr. 136. 1 Asper = »/i» Tiaater k 40 Para = 0 179 Mark. 
M IfoUaw* n, & 171, Nr. 167 (J. 1777). m$ ntimigfaltig die in Xbsto 

«rwüintea Wed—Hmriehnngeo iwiaohen den Teriobiedenen Gntikenr- 
sehaftm haiBgliek dar TorahilielMuigen d«r ZS^vobm waren, kwn man 
ans dem VeraeiehniMe der Kloitsnignaiiw Ton Solka «nsiinn (Hol^ 



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570 

untereinander war es hiebei, dass man , Dirne für Dirne' cab.* 
Auch zwischen Kiüstern und Bojaren wurdti übrigens ein ;iiiu- 
lichcr Vorgang beobachtet. So nainn um 1710 z. B. Oreg^ori, 
Zigeuner von Moldawitza, eine Zigeunerin des grossen Kanxlers 
Stroic zum Weibe, wogorj-pn die Kaluger (Mönche") sich ver- 
pflichteten, eine andere Zigeunerin zu gehen - yVueii Tausch- 
geschäfte, bei denen ganze Familien in anderen Besitz über- 
gehen, kauK ii vor.'' FJ)' ns() kam es vor, dass man sich 
Zigeuner iür eine gewisse Zeit überlieRs So ^vi^d z. B. vom 
Kloster Moldawitza ein Zigeunergeiger reelamirt, ,wcil man ihn 
jetzt brauche'.* Auch ereignete es sich, dass z. B. ein Kioster 
seinen Zigeuner etwa zu einem guten Schmied eines anderen 
Klosters in die Lehre schickte.^ Sehr häufig kam es infolge 
dieser WoohselbesidhuDgen zwischen den yerschicdeaea Sckven* 
httiterHi feraer wegen des Ueberlaufens der Sclaven von einem 
Orte smn andern zu allerlei Rechtsstreitigkeiten und Processen.* 
Recht merkwürdig mag der Streit swlBcben dem Kloster Hn- 
mora und jenem von Moldawitza wegen eines Zigeunen am 
Humora, der sich in Moldawitza entleibt hatte, gewesen sein; 
wir erfahren indess nichts Genaueres Uber denselbenJ Be- 

dawa IT. ^(^^, Nr ir7 um dorn Jahro 1771), in dem die Herkunft der 
Zigeuneriiuiuii angettihrt ist. D.irnncli c-ab es in Solka Weiber ans« den 
KltMem UumorA} Patoa, Moldawitza, Bisthum HadauU, Woronets und 
PobnU. 

* lloldawa I, 8. ISO, Nr. 186 (J. 174»), a 18Sf., Nr. 885 (J. 1773f : dm 
er tMM ZigttnD6irin lloldawiliu . . . dem Zigeuner Andril . . . Ditgo- 
mim* gebe, %rag«geii er uach dem Klosterbrauch 0 für diosc Zip^otnterin 

schuMliar bleib«). — Moldawa IT, S. 164, Nr. 158 (J. 1772: nach Braucli 
der Klüslür, nämlich : Zigciineriit für Ziguauurin) ; 8 IHK, Nr. 161 (J. 177:J: 
Also hat Gr Zigeunerin für Zigeuueriu geuomuieu uacU Gewobnbmt der 
KUMer); vgl. aneb Nr. US u. 174t Nr. 176 <J. 1779: »naeli der Ter- 
pfiioblmig der KllMa' werden ZigeniMrinnen getemeht). 

» Moldawa I, 8. 114, Nr. 160. 

» Ebenda, I, S. 160, Nr. 228. 

« Ebenda, I, S. 184, Nr. 287. Vgl ebenda, II, S. 176, Nr. 178. 
» Ebenda, I, S. 183, Nr. 284 (J. 1778). 

• Man Tgl. Moldawa I, Nr. 159 (J. 1722), Nr. löS (J. 1731), Nr. 177 (J. 1739), 
Nr. 188 (J. 1745), Nr. 187 (J. 1746), Nr. 188 <J. 1746). Holdawa H, Nr. 6S 
(J. 1780X Nr. 66 (17S6), Nr. 116 (o. J.), Nr. 118 (J. 1768), Nr. ISS 

(J. 1766), Nr. 164 (J. 1776), Nr. 166 (J. 1776), Nr. 167 (J. 1777), Nr. m 
(o. J.). — Molda 1, 8. 119, Nr, 22 (J. 1699), 8. 148, Nr. 46 (J.1767), 
8. 142, Nr. 44 (J. 1767), ö. 143, Nr 46 (J. 1768). 
» Moldawa I, S. 137, Nr. 208 (J. 1762). 



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571 



merkenswerth ist vor Allem der Umstand, dass man bei Thei- 
lun^cn von Zigoiinern sich doch scheute, Mitglieder derselben 
Familie von einander zu reissen. In einer Urkunde vom Jahre 
1772 heisst es geradezu, dass das Gesetz nicht gestattet, Ehe- 
leute zu trennen.^ Man half sich zunächst daher durch Tausch. 
Ferner ^alt der Orundsats, dsM, wer eine leibeigene Person 
heiratete, selbst leibeigen \vnrdc. So wird in einer Urkunde 
vom 2. Juni 1759 misp-ofiilirt,^ dass der Vorsteher des Klosten 
Selka geklagt habe, ,das8 fremde Leute, Ungarn^ gekommen 
wären und sich yom Kloster Zigeunerinnen sn Weibern ge- 
nommen hätten. Da nun ftbr solche, wie diese» das I^andes- 
herkommen ist: uDer Moldauer, der sich eine Zigeunerin nimmt, 
bleibt selbst Zigenner» wie anoh die Moldauerin, die einen Zi- 
geuner heirate^ bleibt selbst Zigeunerin*'» so sind diese Manns- 
leute, da sie Rennern gleich sind» aucÄi mit keinen Steuern 
belästigt worden. Da in dieser Angelegenheit audi andere 
Egumenen der Kloster des (Gebirges geklagt haben» wurde den 
geehrten und getreuen Bojaren» den grossen Herren» angeordnet^ 
dass sie dies erOrtem und uns (dem Wcjwoden) hierüber den 
Vortrag machen. Und nach der Untersnohung haben uns die 
Herren durch einen Vortrag angezeigt» dass das Landesher- 
kommen also sei: »»Der Moldauer» der rieh eine Zigeunerin 
nimmt» soU selbst Zigeuner sein; wie auch ein Weib (eine Md> 
dauerin)» die einen Zigeuner heirate^ blttbt selbst Zigeunerin." 
Nachdem wir uns yergewissert» wie das Landesherkommen sd» 
haben wir festgesetzt: jene Mannsleute, die sich mit Zigeune- 
rinnen der Klöster oder der Bojaren vereinigt haben, sollen mit 
Steuern nicht belästigt werden, sondern in der Beherrschung 
des Herrn der Zigeuner verbleiben.* In einer etwas späteren 
Urkunde^ wird die Forderung gestallt, dass zwei Männer, die 
auf den Gütern des Klosters Selka mit Schafen tiberwinterten, 
sich mit Zigeunerdirnen eingelassen und dieselben geeheUcht 
hatten, dem Kloster als Sclaven zugesprochen würden. 

Die Z«ihl der Zigeuner, welche sich einzelne Klöster all- 
mäUg verschafften, war sehr bedeutend. So besass z. B. im 
Jahre 177ö das oft genannte Kloster Moldawitza ÖO Hauswesen 



> Moldawa U, & l<5v Hr. IM. 

» Ebenda, S. lefi, Nr. 99. 
* Ebenda, S. 137, Nr. 116. 



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572 



nüt 2H Seelen;^ Kloster Solka hatte im Jahre 1771 25 Haas- 
wesen Leibeigener;' in Humora wohnten noeh im Jahre 1785 
23 Familien;' Putna hatte schon im Jahre 1581 53 Hauswesen 
(selaschnri), femer 11 Barschen, 7 grosse Dirnen, insgesammt 
124 Seelen, ausser den Kindern.* Im Jahre 1764 yerfügte 
dieses Kloster, welches das reichste in der Bukowina war, über 
109 Zigeuiiürfamilien, 6 Witwen und 4 Burschen, zusaiiiiaen 
313 Seelen.'^ 

Die Leibeigenen waren ganz oder zum i" heile von den 
landesfurstlichen VerpflichtungtMi befreit, damit die privi- 
legirten Stände, Clerus und Adel, um so grösseren Nutzen aus 
ihnen swigen.^ Wenn nun auch die Stellung eines Kloster- 
leibeigenen wenig Verlockendes an sich hatte, su zog tloch 
mancher freier Zigeuner diesen Stand vor, weil er dann eineu 
Beschützer hatte. Interessant ist in dieser Beziehung die fol- 
gende Urkunde vom 12. Juli 1760: ,Ich Toader Zärkä habe 
diese meine Schrift in die Iliinde des Vaters Igumen (Abt\ 
des Herra Benedict und des ganzen Vereins des heiL Ivlostcrs 
Solka gegeben, wienach, da ich ein fremder Zigeuner aus dem 
ungarischen Lande und ohne Herrn bin, ich mich aus meinem 
guten Willen bedacht und mich dem heil. Kloster SoUca ge- 
widmet habe, damit ich sogleich mit den Übrigen Zigenaem 
ein Sclave des Klosters sei. Auch habe ich gebeten^ dass mir 
Seine Heiligkeit von den Klosterzigeunerinnen eine Dirne gcbe^ 
die ich mir zum Weibe genommen hahe. Wenn es sich aber 
ereignete^ dass ich eine Arglist angewendet^ das Angegebene 
nicht wahr wäre und sich iigendwann ein anderer Herr vor- 
finde and mich beim Kragen nfthme^ alsdann soU ich wie ein 
Räuber und Lügner meinen Lohn erhalten und mein Weib mit 
den Kindern gans dem Kloster bleiben. Und zu mehrerer Be- 
glanbignng habe ich den Finger beigedrUckf Allenfalls waren 

» Moldawa I, S. 199 IT., Nr. 196. 

* £beada, U, Ö. 163. Hr. 167. 

• MbUa I, B. 1S4. 

« Sbencls, HI, & 197» Nr. 98. 

* Ebenda, n, 8, 8. 161. 

• Man vgl. Moldawa I, Nr. l (J. 1412), Nr. 8 (J. 1434), Nr. 89 (J. 1600), 
Nr. III (J. If.or,), Nr. 118 (J. 1622), Nr. ItJl (J. 1627), Nr. 126 (J. 1634), 
Nr. 120 (J UHF,), Nr. 134 (J. 1668), Nr. 135 (J. IßtiO), Nr. Ul (J. 1676;. 
— Mülda^va II, Nr. 21 (J. 1(523), Nr. 41 (J. 1662) u. a. w. 

' Moldawa S. 180, Nr. lOS. 



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573 



auch die Klostendgeuncr nicht vor der WiUkQr der landesfürstr 
lichen Beamten geschützt. So khii^ten z. B. sämmtliche mol- 
daiiiBche Klöster sowohl im Jahre 1627 als auch im Jahre 1658, 
lUwB die HetmanxiBdiener und Zigennerrichter ihre leibeigenen 
Zigeuner bedrängen, Abgaben von ihnen einheben und sie ,mit 
Pfeifenrohren' schlügen, weshalb sich die Zigeuner zerstreut 
und in fremde Lllnder geflfichtet h&tten.^ Infolge solcher Klagen 
worde den KlOstem wieder das Privileg erneuert, dass ihre 
Sclaven keine landeaherriielien Dienste nnd Abgaben an leisten 
hfttten, sondern den Kalogem (HOneben) allein dienen sollten 
und nur diese ihre Leibeigenen zu nebten und nach ihren 
Thaten auch zu bestrafen hätten, ausgenommen bei Todtsehlag 
und Diebstahl, woraber nur der Staatsrath richten konnte.' 
Fluchtige Zigeuner wurden, wo immer man sie fand, ^beim 
Kragen' genommen und mit allen ihren Yiehstttcken aurück- 
gebracht* 

Naeh diesen einleitenden Bemerkungen llbergehen wir auf 
die Schilderung des Untertbanswesens in der Osterxdchischen Zeit. 



Zweiter Abschnitt 

Die österreiolusolie Zeit (1774--1848). 

Seit dera Aiitange des 16. Jahrliuiidertt» war die Moldau, 
und mit ihr auch die Bukowina, ein türkischer Vasallstaat ge- 
.worden. Dieses Verhältniss hatte über das Land viel Unglück 
gebracht, insbesondere litt das Ftlrstenthum auch durch viele 
Kriege, welche gegen die Türken gerichtet waren. So besetatan 
auch, nachdem im Jahre 1768 der nissisch'tttrkische Krieg aus- 
gebrochen war, die Hussen die Moldau und Bukowina. Bis 
zum Jahre 1774 verbheben diese Gebiete unter rassischer Herr^ 
Schaft. Sobald sie nach dem Frieden Ton Kutschuk Katnar- 
dsche von den russiselicn Truppen geräumt wurden, besetaten 
noch im Herbste 1774 ttber Veranlassung Josefs II. Oster- 

t Man vgl £. B. Moldawa i, Nr. 121 (J. 1627), Mr. 134 (J. 1658), Mr. 166 
(J. 1735) und Mr. 169 (J. 1736). 

* YgL die in der vorigen AnmeÄnn; dtirteo Urknndeii. 

* Vgl Hoiaawa II, a 106» Nr. Itt <J. 1M4). 



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574 



reichischu Hceresabtheilnn^en das Laud, worauf si( h ditj Türkei 
gcnöthigt sah, am 7. Mai 1775 die Abtretuiif^surkuncie zu unter- 
zeichnen. Die österreichische Herrschaft brachte wie in allen 
anderen Beziehung^en so auch im Unterthanswesen g-ar baid 
einen Wandel zum ]^«sseren.* Vor Allem wurde die Leibeigen 
Schaft in wenipcii Jahren aufgehoben: 1787 wurde ein rusti- 
calcr Besitz j^eschaffenj und endlich räumte das .Jahr 1848 das 
Unterthanswesen ganz auf. Alle diese Reformen wurden im 
Fürstenthume Moldau erst Jahrzehnte später durchgeführt. Dort 
hörte nämlich die Sclaveroi auf den staatlichen Besitiilllgen tmd 
den KlostergUtem erst 1844 auf, auf den privaten sogar erst ! ^ ')5; 
die Bauernfelder wurden erst lÖöO ausgeschieden; das Hörig* 
keitsrerhältniss, wie es von uns im ersten Abschnitte gesohildert 
wurde, wlihrte bis 1864.* 

£rBt68 Gapitel. 
liandcsfllrstliche Bobot und Zehentpflielit* 

1. Bogriff der land^fürstliclion Robot und des landerfBntfiehen Zebeati. — 

2. Reluition (Ablösung) derselben. — S. Befreiungen von denselben. — 
4. Zehont und Knbot auf den griechiach-oriontalischen Religionafondsß'fltcni 
a'ind iiriv.itreclitliclier Natur. — 5. Di© urvprtinglicUeu laji«iesfOrstHchen Gebit^iö 
(die IStädtej der Mul«lAuiticli-KiuipoIunger Okol) sind von dau grandberrliehen 

Laitea tni. — 6. Zwmmmntamuag dar BigabniiM. 

1« Wie uns ans dem vorhergehenden Absohnltte bereits 
bekannt ist^* hattrai sehen in der moldauisehen Zeit sowohl die 
Stadtbewohner als auch die Banem neben den landesftkrstlichen 

Abgaben (Steuern) auch landesfttrstliche Robot mi leisten. 

Auch ein ^rewisses Zehentree ht beanspruchten die moldaui- 
schen Flii'stcn, sonst hätte z. B. nicht die ebenfalls bereits ini 
ersten Abschnitte erwähnte Verschenkuu^^ des Fruchtzchents von 
Czeruowitz au das Kloster Qross-Skit durch die Wojwoden 

* Vgl. Kaindl, (Jesih. der Bukowina II U.III (C«emowitz 1896 u. 1898). 

' Hau vgl. darüber M. Kogtkluiceanu, i>ie Befreiung der Zigeuner ▼ob 
def L«ib€%eiiieliaft v. s. w. in d«r ßmaMnkdiw Sevae* Vm (Wi«ii 189tX 
6. Mff.$ fener des Artikel ,Die Lage dM Bausnutandwi ia Bnalnfain' 
im Jdirb. fllr Gesetagsbniig, Yerwaltaag nad Yolknriffludiaft ZXI (Leip- 
zig 1897), S. 441 f. 

' Vgl. besonden die Anmerkimg 8, 8. 666. 



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575 



verfiigt werden können.* Dieses Zchentrecht der moldauischen 
Fürsten tritt jedoch nicht in aus^^epi ägtor Form hervor, und 
deshalb sah sich auch die österreichische Regierung nicht in 
der Lage, dasselbe in (grösserem Umfange zur Geltung zu 
bringen. Nur <V\e A}>f]^ril)ü des sogtirianiiten ykaiscrlirlu n Heues', 
welche aber keine inohLaiische Einrichtung war, sondern erst 
von den Russen eingefülirt worden war, wurde allgemein geltend 
gemacht. Dagegen wurde die landesfUrstüche Kobot in ihrem 
▼ollen Umfasge yon der itetenreiehiachen Regierung in Anspruch 
genommeB. 

Diese Robot war bekanntHcli schon in der moldanisehen 
Zeit nuumigfaltiger Art: Arbeiten bei der Wojwodenburg in 
Saexnan, das Beistellen von Frobnlnhren, das Verfrachten des 
fürstlichen Weines, die Arbeit in den landesfllrstlichen MttUen 
n. dgl. Als die Rassen vor der Erwerbung der Bukowina 
durdh Oesterreich das Lsiid besetst hielten (176d— 1774), kam 
zu diesen and ähnlichen Verpflichtungen noch die hinan, ftbr 
die rassische Arme Heu herbeizuschaffen. Als dann die Buko- 
wina an Oesterreich kam, wurde wie in anderen Beziehungen, 
so auch in diesen der Status quo erhalten. Darüber lesen wii- 
in dem Protokolle der im April 17ÖU in Win Uber die Organi- 
sation der Bukowina abgehaltenen Verbundlungen Folgendes:* 
, Hingegen müssen dermalen die Bauern nebst der Contribution 
im Gelde zu Magazin-, MtÜilen-, Spitäler-, OfBciersquartiere-, 
Kirchen-, Schulen-, Geßlngnisse-, Kalchüfen-, zum Stall- und 
;ind< ren Bauwesen, wie auch zum Brücken und Strassenbau 
Hand- und Fuhrrobaten uiiontgeltbch leisten, woBir ihnen wie- 
derum dadurch eine Erleiclitenmg zu Statten koinnit, dass sie 
ihren Grundherren jährlicli nur zwölf KobatBtiige zu arbeiten 
schuldig sind, also mUssige Tage genug vor sich haben. Noch 
eine andere Contributionsentrichtung besteht derzeit in dem 
kaiserlichen Ueo, welches in vorigen Zeiten nicht bestanden, 
sondero erst von den Russen eingeführt worden ist and die 
Moldau gegen ZurUcklassung der Contribution fUr die russische 
Armee bis ad loeum derselben verschaffen oder solches zum 
Theü im QMe reluiren musste. Ans diesem Grunde sind 



1 Vgl. oben, 8. 657. 

* Jahrb. des Bakowiner Iiandwuimwuiw Ui, SO. Vgl. ebenda» S. 96. 



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576 



unsererseits pro anno 1775 an derlei Heu 91307^ Falschen' 
Hiis^cschrirben und gemacht worth-n. Vorf^etlachte Houiiiachung, 
wozu der Grundherr das Wieseufuld hergeben, der JJauer aber 
das Heu erzeugen und Iiis an den bestimmten Platz unent- 
geltlich zuführen musst<', ist unnoch das abgewichene 1779. Jahr 
vor sich gegangen, in welchem 4400 Falschen erzeugt worden 
sind. Nun liat sieli aber bei der betrachtlichen Ansiedelung 
und dem Zuwachse an Vieh erwieöen, dass die diesfailige Heu- 
erzeugung und dessen unentgeltliche Zufuhr zu den Okols und 
Ställen, wo Himontcn stehen, dem Lande äusserst nachtheiÜg 
und beschwerlich fallen, wessenthalbcn das Land einstimmi^i 
angeboten hat, dnss jctlc steuerbare Familie anstaut besagtem 
Heu, dann dessen Zutuhr und anstatt dem Stallbauc jährlieh 
einen Gulden dem Aerario bar entrichten wolle, nebst welchem 
jede Familie auf Stalirequisitcn und das erforderliche Streustroh 
jährlich fUnf Kreuzer entrichtet Da aber die NutzuD||; dieses 
sogenannten kaiserlichen Heues eher nicht bestanden, sondern 
nur von den Zeiten der Russen den Anfang genommen hat, 
so wird es bei Verfassung des neuen Stenerfuases auf die Aller- 
höchste Entscbetdang ankommen, ob das für sogethanes Hea 
freiwillig angebotene Genuss der Abgab, nämlich von jeder 
steuerbaren Familie jährlich ein Gulden, angenommen imd pro 
aerario eingebracht werden kOnne.' 

3. Durch den im vorcitirton Berichte enthaltenen Vor- 
schlag, das ,kais<^rliche lleu' durch eine Geldabgabe zu reluiren. 
kam der heilsame Gedanke der Ablösung (Reluition) der 
liiütigen Naturalabgaben durch Gehl überhaupt zur < Irltung. Zu- 
nächst ging nämlich die Rei^ierun^' thatsftcblich auf die Reluition 
des ,kai8erlichen Heues' ein. Seit 1780 zahlten für dasselbe alle 
Unterthanen mit Ausnahme des Adels und der Gt istlichen je 

1 fl. jilhriich.^ Ebenso erfolgt© auch in tlicser Zeit die Ent- 
scheidung, dass die landesfürstlichc Robot durch Zahlung des 
, Arbeitgeldes* oder des .Rol)f)ti eiuiiiongoldbetraires' ab«jelöst 
werden könnte. DeiM-lhij wurde von den Judm mit i") fl., den 
irrossen liand« l>lriiti n mit 4 H , den kl<'inen Kauflenten mit 

2 Ü. 30 kr,, endlich den Bürgern und ireien Zigeunern mit 



» 1 F ilLMcho = Quadratklaftor = 1 8 Jru-], 

^ l>üi (Jcsamintertrag dieser Stenrr hntrng anfaug» 1786 22.785 fi. &0 kr. 
ilurmusaki, DocumeDte privituro V Ii, 465. 



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577 

52 kr. entrichtet. Die Bauern zahlten eine solche Ablösungs- 
otier Reluitionsgebilhr nicht, weil sie bei den verschiedensten 
öffentlichen Arbeiten noch immer Hand und Fuhrroboten un- 

1 ntg;t'Illich zu leisten hatten.' In einem Berichte vom Jahre 178G 
wcKlcn als jene Unterthanen, welche diese Robot reluirtcn, ins- 
besondere , Pächter, Kauf- und Handelsleute, Proft ssKinisten, die 
alt sosshufte Lippowaner, Schanker und die Juden* genannt.* 
Die Erwähnung der Lippowaner ist insofern bcmcrkenswerth, 
als sie ländliche Ansiedier waren, die freilich zum Lnossen 
Theile auch Gewerbe betrieben. Zur Abgabe konnten nur die 
altansässigen herbeigezogen werden, weil die neuangesiedelten 
l&ut dem Patente Kaiser Josefs H. vom 9. October 1783 zwanzig- 
jährige Steuerfreiheit genoBsen.' Seit dem 1. November 1803 
Warden auch diese zur ,Strassenrobotreluition' verpflicbtety and 
zwar zahlten sie den verhältnissmässig hohen Beitrag von 

2 fl. 30 kr> 

8. Frei von der landesfürstlichen Robot waren 
zunächst der Adel and die Geistlichkeit. — Besonderer 
Vorrechte in dieser wie in anderen Beziehtingen erfrenten rieh, 

wie Obrigcns schon in der moldauischen Zeit, die Freibauern 
des landesfürstlichen Rimpolungcr Okols und ebenso 
auch des im nördlichen Theile des Hukowincr (}ebir<,''es ge- 
legenen Dolhopoler Kreises.'' Die Gründe, waiuui der 
Kimpolunger Kreis dieser Vorrechte schon in der frühesten 
moldauischen Zeit theilhaft geworden ist, waren mehrfacher Art. 



* Vgl. beflondars Bndinssky, Die Bokowiaa su Anfang Jahres 1783, 
S. 78 ff. 

* Docamentti privitüre VII, 466. Der Qesaiumtbetrag dieser AblösegebUhr 
eigab «afangs 1786 8696 fl. 46 kr. 

' Kalndly Das Entetehen und die EntwieUnng der Lippowaner Gelooien 
in der Bokowina (Wien 1896), 8. 16. 

* Ebenda, Beilage 42. 

* Wickenhaujior, Molda V, 2, S. 1 ff. ; Kaiiidl, Gesch. der Bukowina II, 
mü.) Euzenberg's Denkschrift vom Jahre 1779 bei Zief»lauer, GesMsh. 
Bilder I, 8. 22 f., 28 u. 78 ff.; femer das .Protocolinm commiadoma* voni 
4. April 1780 im Jahrb. des Bokowiner LandaemnaeDflia m, 81 (vgl. 
ebenda, 8. 109) nnd das Sehraiben des HoflorieganUhea aa daa galiriaehe 
Generaloenunaiido to«i Sl. Aegnat 1781 (eNttda, & ISl). SeUieMlidi 
möge hier noch auf die Schrift ,Noth- and Hilferuf der Gemoinden dofl 
Moldaakch-Campalunger Okola in der Bukowina* (mit 41 Beilagen), 
Wien 1861, verwiesen werden. 



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578 



Einerseits weil seine Bewohner auf beengten, onfrachtbren 
OrOnden lebten; ferner weil sie ^ts glcicbaam Httter' der 
Grenze gegen Ungm waren, wobei nooh erinnert werden mnM, 
dass die Moldau yon Ungmm abgefallen war und daher lange 
ihre Selbatlndigkeit gegen das Matterland ▼arÜMidigeii rnnsste; 
dieses Qebiet war es aach, das atmidist eobnisirt worden war, 
und von dem die QrQndong des Fnrstenthmns ansging; daher 
war es offenbar aneh diesen Gehiigsbewohnem gelungen, eise 
bevorsagte Stellung au wahren. Daau kam, dass man ihr Ent- 
weichen nach Siebenbfligen und Ungarn stets befilrchten mns6te^ 
andererseits aber auch bestrebt war, ans diesen NachbaigelMsten 
Einwanderungen su veranlasBeii. So kam es, dass Emenbeig, 
der zweite fisterreiohische Landesrerweser der Bukowina» im 
Jahre 1779 von den Kimpolnngem erklären konnte, dass ne 
nbht robeton und nur die Gontribution entrichten, sonst aber 
keinen Ereuaer zahlen. Da der Doihopoler Kreis ebenfalb 
Uberaus unfruchtbar ist, so erfreute sich auch dieser schon 
zur moldauischen Zeit geringer Abgaben. Enzenberg schlu;.' 
nun iui Jahre 1779 und sodann auch im Jahre 1780 vor, da^s 
die Bewohner dieser Laudeslhiiile nur die Hälfte der gewühn- 
lichen Steuern zu zahlen hätten, die von Kimpolun::, als die 
noch immcrhiu bcsber gestellten,* auch noch die Handrobot bei 
der Eriiiiltung der Communieationsstrasse nach Siebenbürgen 
leisten sollten. Allmillig verloren jedoch diese Gebiete ihre 
Vorrechte und wurden zu di iis( Ufcn Steuerlasten herbeigezogen 
wie (Ins andere Land. — Befreiung von der Rt)büt wie von 
andertüi Abgaben genossen ferner in den ersten Jahren der 
ü.sterreicliischen Ilerrscliaf't,' so lange man den Status quo anzu- 
tasten sich sf'hcute, auch die zu Öunsteu der Privilegirten 
(Adel und Geistlichkeit) von moldauischen Ftirstcn hievon be 
freiten Bauern (,Skutelnitzy*), ferner allerlei fiir den Bojaren- 
dienst (^Slusch^ bestimmten Diener (^Argaten^), ebenso die leib- 
eigenen Zigeuner, dann aueh Kirchendiener und als Aints- 



* Die Bewohner dM Doihopoler Krebes verdienten schon doshalb j^rOwere 
BerückBiolitigiiiig>, weil aia aaoh graadherrlieho Abgmliea. «» leisten 
hatten. 

* Zum Folgenden vgl. Spldny, Beschreibung der Bukowina, ä. ^f. u. 
S. 108, femer anch S. 46f.; Enaenberg's Denkschrift vom Jahre 1779, 
8. 6S— TS; PmdooUiiin «enoDiiBieme im Jalul». dM Bokowiaer Len^ 
meieaina III, 8S. 



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579 



diener, Polizeileate u, dgl. benutzte Baaern (Pansier, Arnauten, 
UmblatorB und Bar ans). Sebon der erste (toteneichtBcbe Ltandes- 
renrmunt Spldnj und ebenso sein Nachfolger Eneenberg bemerk- 
ten, daBB durch diese BegOnstigangen ^vieie yermSgende Bauern 
dem contributirenden Stand entaogen' würden, denn die Bojaren 
wählten jederseit die yenn<Jglich8ten Familien au Skndelnikfl', 
wefl sie natOrlieh von diesen den grOssten Nntsen hatten. Daher 
trat Spl^Dy schon im Jahre 1775 und in der Folge auch Enzen- 
berg (1779/80) daflbr ein, dass diese besonderen F^raiheiten anf- 
auhOren hfttten. Hiestt mag nicht wenig der Umstand beige- 
tragra haben, ,dass die Ghrundherm', wie Ensenberg heiTorhebt^ 
,alle8 tadte anwenden, damit steuerbare Familien (ans ihrem 
Qntsgebiete) entweichen und sie an deren Stelle Leibeigene 
etabliren können, folglich dem Staate an der Steuer und Ab- 
gabe und dem Lande in Bezug auf die Concurrenz der zu 
prästirendcil onerum publicorum ein sehr merklicher Schaden 
zugeht'. Auch nahm Enzenberg wahr, dass die ICIosterüigeiiner 
,in keinem StUcke in ihrer ftusserlichen Gestalt den hungan- 
schen oder siebenbürgischen Zigeunern gleichen, weder die 
braune Farbe haben, sondern nur des Namens wegen von 
den sonstigen Bukowiner Inwohnern unterschieden sind'. Um 
diese Missbräuche abzuschaffen, machte sowohl Spien y als 
Enzenberg Vorschläge, wie die oben nllher bezeichneten ateuer- 
freieu Bevölkerungsclassen zur Tlieilnahiin ;in den geraeinsamen 
Lasten beigezogen werden sollten. Trotzdem bliul) wenigstens 
die Steuerfreiheit und also auch die Befreiung von der landes- 
fürstlichen Kobot der leibeigenen Zigeuner bis zur Aufhebung 
der Knechtschaft bestehen.^ 

4. Während die bisher besprochenen Roboten und Giebig- 
keiten auf staatsrechtlicher Grundlage beruhten, weil sie die 
österreichische Regierung' als Rcclitsnachfolger der moldauischen 
Fürsten oder — bezüglich des , kaiserlichen Heues' — der russi- 
schen Herrschaft beanspruchte, ist dies mit den vom Staate auf 
den Gütern des griechisch-orientaliachen Religionsfondes ausser- 
dem noch geforderten Hoboten und Zeher tiih^^aben nicht der 
Fall. Sie sind vielmehr privatrechtiicher Natur gewesen. 



> Badinasky, «. a. a, flto saUtan nur di« sogenannte Oosttoa- 

und Deeeliiia>AbgBlM< 



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Zum Bftheren Verst&ndnisse dieses VerhSltaisseB mllneii 
einige Bemerkungen ttber die landeeftotlichen Gebiete in der 
Bnkowina und die Entstehung des grieehiBeb-orientelisclien 
ReÜgionslbndes gemeeht werden. 

Als die Bukowina an Oesterreich fiel, waren nur die drei 
Städte Sncsawa, Sereth und Osemowits, femer die gegeowirlige 
Besirkshauptmannschaft Kimpolnng oder der Moldaoiscb-Kim- 
polnnger Okel landesfUrttlich.^ Eine Erweiterung erfahren die 
unmittelbar dem Staate unterstehenden Gebiete dadurch^ dsss 
in den Jahren 1783 bis 1785 die bischoflichen and klOeteilicheD 
Güter in der Bukowina in Staats^erwaltuDg ttbemomm^ Warden. 
Diesem so entstandenen gridohisch-orientaliscfaen Religrions^nds 
wurde auch die Gameraiherrschaft Kimpolung angegliedert' 

Während nun das Kimpolunger Gebiet des Religionsfondes, 
wie bereits oben (S. 578) erwähnt wurde, auch bezüglich der cif::ent 
liehen landesfUrstlichen Roboten und Giebigkeitcn eine sehr 
bevorzugte Stellung fj^enoss, war dies in den anderen Theilen 
der mehr als die lliilfte der Bukowina uiiilassenden Religions- 
fondsherrschaften nicht der Fall. Hier hat der Staat nicht nur 
die bereits gescliilderten eigentlichen landesfürsliiehen Koboten 
und die Heureluition gefordert, sondern auch alle jene Roboten 
und (iiebigkeiten beansprucht, welche die Bauern dieser Gebiete 
ilrrem früheren privaten geistliehcn iierrn ireleistet hatten. In 
dieser Beziehung war der Staat als VerwaliiM- tlcr licligions- 
fondsgUter in die Kechte drr trliiieren l'rix atlierrseiiaften ge- 
treten. Dies onipfandeii z. i>. Ansiedler, wek he sich auf lieli- 
gionsfondsgütern ansässig raaehton, weil sir irlaubten, auf diesen 
von grundherrlichen Koboten und Zehcnlen frei zu sein, SO harty 
dass dies zu mancherlei Wirren Veranlassung gab. 

Da diese vom Keligionsfonds beanspruchten Roboten und 
Giebigkeiten völlig jenen auf den Privatherrschaften glicheOi 
so haben wir an dieser Stelle nicht näher darüber au handeb, 
sondern verweisen auf die folgenden Capitel. 

5. Aus den vorstehenden Bemerkungen, dass die StSdte 
und die heutige Bezirkshauptmannschaft Kimpolung landea» 

' Vgl. Enxenberg'ä AusfUhrangen vom Jahre 1779 bei Zieglaaor, Qescb. 

Bilder I, 79; ferner Jahrb. des Bnkowiner I.«andeemaMaiBS Iii, 121. Be- 

■llglidi Kiin|»oInng8 aieh« Aatmu^xmg 6, B. 677. 
• Vgl. QeMli. dar Bukowina m, 88f. 



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681 



fürstlich waren, folgt von selbst, daas dieselben keinem Grund- 
herrn unterstanden. 

Zwar war z. B. Czemowitz infolge einer landesftlrstlichen 
Schenkong yerpflichtet, den Fmchtsehent an das Kloster Gross- 
Skit in Galizien abaoliefem, und masstc auch nach dessen Auf- 
hebung denselben an den Religionsfonds oder dessen Pächter 
bis 1848 leisten,^ sonst aber beanspruchte Czemowits sogar 
selbst grundherrliche Rechte ftber die heutigen Vorstädte 
Horeesa, Klokncaka, Roaeh und igalift^^nkA Zufolge einer 
Entsehddnng des Lembeiger Onberniums* yom 80. April 1789 
musste jeder Hanswirth dieser viet DOrfer den Hansgolden 
(1 fl. W. W.)» und swar nachträglich von 1788 bis 1793 auf 
einmal aahlen. ,Naoh einer kreisärnflichen Entsohetdimg YOm 
5. Joni und 19. November 1802 war auch noch jährlich eine 
nnd beattgüch eine halbe Fahre EEols im Stadtwald an schlagen 
nnd von Roach und Elokaoaka fUr das Klanbhoh 1 fl. vom 
Bespannten und 30 kr. vom Unbespannten in die Stadteaasa m 
entrichten. Bei diesen Leiatungen blieb ee jedoch nicht^ vielmehr 
mehrten de sich ndt der Zeit; namentlioh mussten diese Bei- 
sassen im Jahxe 1814 bei den städiisehen Korkem und Wach- 
stuben Dienste thun, aueh in den Ghissen nnd Stiaasen Roth 
ahkrlicken und wegführen, das Holz für das Gemeindegericht, 
für Schule und Krankenhaus zuführen, beim Volksgarten Gräben 
herstellen, zur Feuerlöscli jede Nacht unentgeltlich Pferde bei- 
stellen: Frohnarbeitcn, wie sie nur von den ehemaligen Untcr- 
thanen gefordert wurden.^ Dementspreclieud urduetc am 4. März 
1819 auch das Stadt- und Landreclit an: die Dürfer Ilureczu 
und Rosch auf Gnind der Grenzbeschreibung der Steuerregul.- 
Unt.-Commisäiün vom 22. Januar 1788 zu abgesonderten Erb- 
<^Utem (Haereditates) zu formiren und die Stadt Czemowitz als 
deren Eiirenthümer auszusetzen.' Czemowitz war also der 
Grumlbesitzer dieser als Dörfer erklärten Ortschaften; und ilire 
Bewohner standen zur Stadt in demselben Verhältnisse wie die 
Unterthanen der Gutsbesitaer au denselben. Dieses Verhäitniss 
währte bis 1B43. 



* Wiekenhansor, Hold« IV, 2, 8. 107 nnd HoreoM, 8. 99, Anm. 7. 

* Wiekenhauior, Horaosa, 8. MC 

* Iba v«rgleiehft mit diMsn Vevpfliehtiiiigea disjenigen der UverHeheii 

Unterthanen. 

AnUt. LXZXVJ. Bd. H. HiUU. S9 



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582 



Wie di« Btargw der Slidte, lo hatten aach die Bmmri 

des Holdauisch-Kimpolunger Okols, also der keati^en Benrlu- 

faauptmannschaft Kimpolung, keinen Grundherrn. Sie blieben 
von Robot und soustigon Giebigkciten auch frei, nachdem mc 
dem Relip^onsfonds beip^eftlj:^ und achHossIicli aucli ihm einver- 
l<'i])t worden sind.* Kurz und bündig äussert sich hierüber 
eine um 18H5 entstandene amtliche Belehrung für die Rehtrions- 
fondsheaniten,* wie folgt: ,Die Unterthanen des IMuldauischeu 
Kiiii|Mijviugur Okük haben das Eigentluim ihr<>r f>riinde und 
da» Kecht, damit sowohl beim Leben, als nach iln « m Tode za 
disponiren, sie lialx n an ihre (Irundobrigkeil ( Ii»- Kammer) 
koinp andere vSt liuldiirkeit zu leisten nh eine jährliche Wnld- 
convention von 1 H. für den bespannten und von BO kr. für 
den unhespannten Unterthan/ Die Unterthanen des Kimpolunger 
Okols erfreuten sich also nicht nur, wie oben ausgeführt wurde, 
besonderer Begünstigungen bezüglich der landesfUrstlicben Ver- 
pflichtungen, sondern sie hatten auch keine gnmdherrlicheii 
Koboten und Abgaben zu leisten. Diesbezüglich muss man die 
VerhältiliBae in diesem sttdUchen Theile des Bukowiner Uebirgee 
wohi antencheiden von jo^ n im nördlichen Theile desselben, 
im sogenannten Kussisch-Kimpolunger oder Dolhopoler OkoL 
Dieser erfreute sich wohl von Seite des Landesftkrsten wegeo 
seiner Unfruchtbarkeit gewisser RUeksickten, war aber gnmd- 
kerriiek, und die Bewokner desselben (Humlen) katten also sa 
die GKitskerren gewisse Abgaben sa leisten. Darttber wird weiter 
unten nttker gekandelt werden. 

6. Fassen wir die Ei l;* Iw issc unserer Ausführungen «u- 
sammeu, so ergibt sich Folgeudes: 

a) Bezüglick der landesfarstlicken Gebiete: 

Die Bewokner der drei landesfilrstlicken Städte CaeniO' 
Witz, Sereik und Succawa waren nur dem BNirsten (dem Staate) 
abgäbe- und robotpflicktig. Die Robotpfliokt wurde von den 
Stftdtem Bckon seit etwa 1780 in Geld abgeltet Orondkeireii 

' Uraprfinglich untencbiftd man die Catneralherrschnften Zneika iib4 Mol- 

daniHrh-Kiiiipoliinp: (rf»!!.!!! von ilou Relißionsfotuli«gütern, «o auch noch 
in Jifilitüten-AosweUon' vom Jahre die sich in aieiaem ikwitxe 

betiiiJon. 

^ Kunz, Leitfaden im DutuäiieulacLe (liUiographirt). 



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683 



anerlumiiton die SOdte nicht» wenn aacb snfolge Verfagungen 
moldaniselier Fürsten z. B. C^ernowitz zunächst an das Kloster 
GroBS-Skit und hierauf an dessen Rechtsnachfolger, den grie- 
chisch-orientalischen RehgionsfondS; bis 1848 einen Zehent leisten 
muBste. 

Die Bewohner des Moldauisch-Kimpolunger Okols 
waren ebenfalls nur dem Landestiiisten verpflichtet und }inttr«ii 
keinen (Intsherrn. Da schon die moldauischen Fürsten sich 
veranlasst gesehen hatten, die Bewohner dieses G^ebietes aus 
besonderen Umständen von Robot und Zehent zu befreien, so 
entrichteten sie dieselben auch unter österreichischer Herrschaft 
niemals, und zwar auch nicht nach der Einverleibung ihres 
Gebietes in den griechisch'Orientaiischen Religionsfonda. 

b) Beztlglich grundherrlicher Bauern: 

Von den auf PriTatgtttem ansässigen Bewohnern blieben 
nnr jene des gebirgigen Bussisch-Kimpolanger oder Dol* 
hopoler OkoJs dauernd ron landesfiirstfichen Roboten frei. 
Dieses Vorrecht war ihnen wegen der Unfruchtbarkeit ihrer 
Wohnsitze von den moldauisehen Forsten gewährt worden und 
wurde auch von den Österreichischen Behörden gewahrt. 

Auf den anderen Privatgütern blieb dagrgen nur in den 
ersten Jahren der Österreichischen Herrschaft die F reiheit von 
diesen VerpflichtunL'cn den zu Gunsten des Adels und der 
Goisth'chkeit zur moldauischen Zeit hieven befreiten Unterthanen 
wahrt; hierauf wurde sie aufgehoben und diese Leute den 
anderen Bauern gleichf:^estellt, welche wie zur Zeit der mol- 
dauischen Herrschaft so auch unter der österreichischen bis auf 
wenige Ausnahmen zur wirklichen Ableistung der landesfUrst« 
liehen Robot verhalten wurden. 

Von diesen auf staatsrechtlicher Qrondlage beruhenden 
Roboten und Giebigkeiten sind jene zu unterscheiden, welche 
die jtsterreichische Regierung ausserdem auf den griechisch- 
orientalischen ReUgionsfondsgtttem, die frlüier bischöflich oder 
klitoterlich waren, gleich den Friyalgmndherrsohaften forderte. 
Diese waren nur priTatrechtlicher Natur. Das Nähere Uber die^ 
selben bringen die folgenden Gapitel. 

Es ist übrigens selbstverständlich, dass von den er- 
wähnten Verpflichtungen die eigentlichen Steuern wohl zu 

39« 



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684 



unterscheiden sind, lieber dieee m faMudelii ist nicht unsere 
An^abe.^ 

Zweites Galilei. 

Slnleltemde Bemerkwigeii Uber den C^rosBirmndbealliy 
die Bftueni und die Leibeisenen* 

1. Der ürossgrnndbesits in der Bukowina. — 2. Früibauoru. — 3. AUgemeiues 
Aber die Bauern und Iieibeig;eneii auf den Beeitaungen der weltUelien and 
gdaüiohen Himehiftii, wand» wä im Baligioarfniidigfltetn. — 4. Ueitanielii 

ttber die folgenden Anifttlmuigea. 

1. Ausser den Stttdten und dem Kimpolung^er Okol war 
nach den Ausführungen der ersten OeterreichiBchen Landes- 
▼erweBer (1774 — 1786) alles andere Gebiet grandberrlicL 
In dasselbe tbeQten sieh die BisohOfei die Klöster und die 
Adeligen. Einen eigentlichen biuerlichen Besits gab es nach 
diesen Berichten in der Bukowina nicht ^er ganse Gnmd 
des Dorfes/ sagt SpUny im Jahre 1775,* »gehört dem Ghmd- 
herm und ist ohneingetheilt Der Bauer hat daher nichts 
eigenes.' Aehnfich berichtet Enaenbeig im Jahre 1779»' dsss 
>in der ganaen Bukowina kein Bauer eine Handbreit eigenen 
Terrains hat, folglich keine reohtmJissige Forderung hierauf 
machen kann.' Diese Auflassung der ersten Landeaverweser 
erklart sich daraus, dass auch die fVeibanemssReaesen (siehe 
oben, S. 558) als Adelige (der niedersten Stufe) betrachtet 
wurden, * die Besitaungen der Eimpolunger Bauern aber als 
landesfürsilich galten. 

3. Da man sich gewöhnt hatte^ Grundbesitz als Adels- 
probe zu betrachten, so musste es nothwendigervveise nach dieser 
Anschauung nur grundherrlichen Besitz geben. Diese Auf- 
fessnng währte bis zum Jahre 1787. In diesem Jahre wurde, 
da die Bukowina kura suTOr mit Gbüisien vereinigt worden 



* Ueber diese Oesdh. dar Bukowina B. 68ff nnd die dort vogf 

führte Literatur. Ferner W i c k «< n h au s e r , Holda II, i90ff. Doeumflilto 

privitöre la iaturia Honmiiilor Vll, 466 ff. 

* Beschreibung der Bukowina (huraoag. Ton Polek), S. 64f. 

* Zieglau or, Gesch. Bilder I, 17. 

' Budiuszky, Die Bukowina am Anfange des Jahres 1783 (herauf. T«a 
Polek), S. 62. Die AdebelMMD sind: Bojaren, MaaUen, Baptaaehio 
und BeMsen* 



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58b 



war, aach der Adel der Bukowina, um denselben dem galizi- 
sehen anzugleichen, reorganisirt. Bei dieser Gelegenheit wurden 
die Adeligen der niedersten Olasse nicht in den Kitterstand 
angenommen, wenn ihnen auch aasdrdcklioh ,ilire Besitsfilliig^ 
keit sowohl in Ansehen ihrer vorigen Qttter als neuerer Er- 
werbungen Bugeetanden' wnrde.^ Hiednroh wurde ein "Hieil 
des von den ersten Landesrerwesem als gmndherrlicb aufge^ 
fassten Besitsstandes seit 1787 bAuerlich. Die Besitser dieser 
QrUnde und ihre Nachkommen waren natOrlich ▼on gmndheiT* 
liehen Roboten frei; sie waren also schon vor 1848 das, was 
sie beute sind, frräe Bauern auf freiem Ghnmd und Boden. 

8. Auf diese Bauern haben wir ebenso wie auf jene im 
Moidauisch-Kimpolunger Bezirke weiterhin keine Kücksicht zu 
nehmen. Unsere Aufgabe beschränkt sich auf die Betrachtung 
der auf die Gründe der weltlichen und geistlichen Grossgrund- 
besitzer angewiesenen Bauern und Leibeigenen. An die Stelle 
der einzelnen geistlichen Besitzer trat seit 1785 der griechisdi* 
orientalische Religionsfonds, der vorzüglich aus den Besitzungen 
des Bischofs, femer der Klöster entstanden war, und dem dann 
auch die Cameralherrschaft Kimpolung angegliedert wurde, ohne 
dass aber deren Bewohner zu grundherrlichen Ilnterthanen 
herabgedrackt worden wären. Der Beligionsfonds tlbte gogen- 
tiber sdnen BanerUi mit Ausnahme jener von Eimpolung, die- 
selben Rechte ans, wie sie auf Privathemchaitan galten. Ihre 
weitausgedehnten Gründe bearb^teten die weltliehen und geist* 
liehen Grundherren tfieils mit ihren leibeigenen Sclaven^ 
theils durch die freiattgigen, aber besitslosen Bauern. 

4, Wir wollen nun zunächst die Verhältnisse der Leib- 
eigenen betrachten und hierauf auf jene der Bauern übergehen. 
Diese Anordnung ist deshalb angezeigt, weil die Leibf^i^ron- 
schaft bald ein Ende nahm und hierauf die Entwicklung 
dieser frei erklärten Unterthanen mit jener der anderen zu- 
sammenfallt. Der Betrachtung der Leibeigenschaft ist das dritte 
Capitel gewidmet. In den folgenden vier Capiteln wird tlbw 
die robot- und aeben^pflichtigen Bauern und ihr Verhtfltniss ge- 



> PiUw'sdie CtaMtMiniBliiag Ar GaUslen 1787, 8. 86. HisiMl wsita 
jedodi nur di» RaptaMhen (aiibo dl» voMugtbande AmiMrkiuig) «na- 
drOcklieh arwIliDt. 



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686 



handelt werdon Die Darsttllung wird bis zur Aufhebung des 
Uüterthansvcriialuiisscs for^ofUhrt werden. 

Drittes Capitel. 

Die Lcibeigenco. 

1. Die sociale Stellung der Leibeigenen. — i. Ihre Zabl. Beelteliea dar 
Outsberrachaften, diese au veruiehreu. Uebertritt vou Bauern in die Leib- 
eigeiiacbaft. — S. T^rformen. Aiifhobuug der Leibeigenschaft. — 4. Aa- 
gleicbuug der Zigeuner an die anderen Bauern. 

1, Auf die L('il)cigencn hatten die Beschlüsse vom Jahre 
1741M keinen Lichtstrahl geworfen. Sie waren wie vordem eine 
Sache geblieben, völlig preisgc«rchcn der Willkür ihrer Gebieter, 
nur dasB sie nicht getödtet werden durften. 80 standen die 
VerhUltnissc, als die Bukowina an Oesterroich gelangte, und so 
blieben sie zunächst, da man in den ersten Jahren sich scheute, 
an dem Status quo zu rUtteln, um nicht Unruhen berrorsU' 
rufen. 

Wie in der moldauischen Zeit waren diese leibeigenen 
Knechte (roby, rabry) ' zumeist Zigeuner. Der erste Oster- 
reichische Landesverweaer der Bukowina, Spleny^ war Uber 
deren Verhältnisse wenigstens im Jahre 1775, da er seine um- 
fangreiche zweite Denkschrift über die Verhältnisse in der 
Bukowina schrieb, nicht ganz im Klaren,* dagegen zeigte sein 
Nachfolger Enzenbeig bereits eine Tollkommene Vertrautheit 
mit den Verhältnissen. Derselbe fasst in Kürze die SchilderoQg 
der socialen Stellung dieses Bevölkerangselementes der Buko- 
wina folgendermassen zusammen:^ Ferner sind zu nennen ,die 
sogenannten Roby oder SclaTen, welche die Monatterien, die 
Bojaren und die kleinen Edefleute gemessen, und diese Art 
der Menschen ist zum blossen Gelmitteh der Grundherren be- 
stimmt; noch sie, noch ihre Familien bezahlen weder die Steuer, 
noch werden sie zur Aushilfe bei den ,^oneribus pubficis'' bei- 



* Vgl. oben, & 66(. 

* Bnaenberg in Zieglaner'a Oescb. Bilder I, 70f.; Jahrb. des Bnkowiner 

L."iH(U'siiinsc'iinis III, 82. 
" Vgl. soinn Mittlioilungon in ,Bo»clireibnng der Bukowina* mit den M* 
gondun AiiNtiihrungeu im Texte. 

* (Jcsch. Bilder I, 71 u. 72 f. 



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687 



gezogen, und diese Menschen stellen noch bisher ganz unter 
der despotischen Gewalt ihrer Eigenthumsherren . . . Die ganze 
Bedienung aUer (hossen in der Moldau, sogar am doiiigon 
fiirstlichcn Hofe und auch bei der l'urstin, besteht aus Zigeu- 
nern und Ziij;* Liii* liiiiitn, wcss'wcgen auch eine Zigcuncriamilie 
bei diesen Grundherr* n auf '600, auch 400 Lew fLec) hoch 
im Werthe geschützt und nach Proportion d< r Starke der 
Familie auch verkauft wird. Ja, auch als Heiratsgut werden 
den Töchtern der Bojaren Zigeunerfamilien mit eingedungen'. 

Ebenso interessant sind die betreffenden Bemerkungen^ 
welche Uber diesen Gegenstand der im Jahre 1782/83 in der 
Bukowina beschäftigte Mappierungsdirector Johann Budlnssky 
anfangs des letztgenannten Jahres in seiner vom 25. Jänner 
datirten Denkschrift niederschrieb:^ ,Die Leibeigenschaft er- 
Btreekt sich nur auf eine Classe Zigeuner, mit denen dem Grund- 
herrn nach Gntdtinken (zu) schalten und (zu) walten erlaubt 
ist. Sie werden gekauft und verkauft und einzig nach dem 
Willen des Eigenthttmers ohne alle Einschränkung behandelt 
Weil diese Leute nicht nur yon allen lande^Urstlichen Abgaben^ 
sondern auch von allen Öffentlichen Frohndiensten frei gewesen 
und aus Ursache dessen noch nie conscribirt worden sind^, so 
lässt sich ihre Anzahl nicht bestimmen. Es steht aber fest, 
dass die meisten dieser Zigeuner der Geisdiehkeit gehören. 
,E2inzig in dem Dorf Moldauisch*MoldaTitsa hat das Moldaidtsa- 
kloster 33, der Herr Bischof aber in Radautz 56 Familien.' 

Vergleichen wir diese Schilderung mit den oben zur Dar- 
stellung gebrachten Verhaltnissen wfihrend der moldauischen 
Herrschaft; so werden wir finden, dass die Lage der ^Kabry 
(Roby) oder Sdayen, also Leibeigenen' sich in den ersten 
Jahren der Osterreichischen Herrschaft in nichts geündwt hatte. 

Urkundliche Nachrichten helfen uns das BUd zu veryoll- 
ständigen. Wie vor dem Jahre 1774, so werden auch nach 
demselben die Zigeuner im Tauschwege von ihren Herron ver- 
heiratet. So ist uns z. B. ein vom 25. Jänner 1771^ diitirter Brief 
des Igumen Benedict vom Kloster Moldawiiza erhalten, welcher 
folgendermassen lautet: * ,Mit Verbeugung neige ich mich Deiner 
Heiligkeit, Vater, Herr Meflodi, Igumen des heiligen Klosters 



* Bei Polek, Die Bukowina za AaSaag dM JahM 1783, & 69. 
> Moldawa U, 177 Nr. 175. 



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588 



Sdka. Diesan Zigeimer schicke ich, damit er mit irgend einer 
Dixiie nbereinkemme und dies auch mit BewiUigiiiig Deiner 
Heiligkeit sei; and n«ch der Verpflichtong der KlOeter werden 
wir auch von bier eine Zigennerin geben. Verbleibe Deiner 
Heiligkeit demüthiger Benedict, ligomen von Moldawitu. 1779 
Jttnner 25/ Es wird also dieses Geschäft noch gann eo abge- 
schlossen wie in der TortJeterreichiBchen Zeit Aach andere 
Urkunden bringen Shnliche Nachrichten.^ Die Behandlung der 
Leibeigenen war gewiss eine noch hürtere als jene der anderen 
Unterthanen. Man yergleiche hierüber die obigen Bemerkungen 
Enaenberg's und Bndinszky's. 

3. Die Zahl di^r Icibcij^renen Zigeuner war aicher sehr 
bedeutend. Dieselbe gibt aber weder Spl<^ny in seiner oft d» 
tirten Denkschrift vom Jahre 1775, noch Enzenberg in seinem 
Berichte vom Jahre 1779 an; es ist dies, wie Budinszky im 
Jahre 1783 bemerkt» daraus zu erklären, dass diese Leute nicht 
steuerpflichtig waren und somit auch ftir die VerwaltongS- 
behdrden zunächst kein zwingender Grund vorhanden war, auf 
die Zahl derselben besonderes Gewicht zu legen. Doch soll 
SpUny in einer von FHcker' ohne nähere Angaben dtirten 
Denkschrift, welche angeblich aus dem Jahre 1776 herrOhrt, 
die Zahl der sesshaften Zigeuner in der Bukowina mit 534 
Köpfen angegeben haben. Diese Zahl scheint jedoch zu niedrig 
angesetzt zu sein, da doch das Kloster Moldawitza allein im 
Jahre 1775 80 Familien leibeigener Sdaven besass, die 294 
Köpfe zählten.' Anfangs des Jahres 1783 soll allenftdla diese 
Zahl schon auf 33 Familien gesunken sein,^ was auf ein be- 
deutendes und kaum recht erklärliches Schwanken in den leib- 
eigenen Familien hindeuten wttrde^ Leider ist das derzeit za- 
gängliche Material noch immer so spärlich, daas sich keine 
näheren statistischen Betrachtungen anstellen lassen. Wir stellen 
die wenigen aus den letzten Jahren der moldauischen und aus 
dem ersten Jahrzehnt der üstcrreichischou Uerrschaft bekannten 



* Moldawa Nr. 164 (J. 1775), Nr. 165 (J. 1775), Mr. 167 (J. 1777), 

Nr. 168 (J. 1778), Nr. )72 (.>. J.), Nr. 174 (o. J.). 
' Die Zigeuner in der Bukowina (Statist. Monatasehrift 1879, S. 250). Viel- 
leicht dachte Ficker an 534 Faniilidn. 

* Yfl. oben, S. 5711 

* Vgl. oben Im Test 



i^iy u^L^ Ly Google 



589 



^()ti/ ü über die Anzahl der Leibeigenen eiiuseluer Herrschaften 



Name des Beaitien 

Kloster Patoa . . 

Kloster So&a . . 
Kloster Holdawitza 

" n 
Bisthum Radantz . 

Kloster Humora . 



Jalir 

1764 

1771 
1775 

1783 (Jänner) 
1783 (Jänner) 
1785 



L 0 i b e i g 0 u 0 



Familion Küpfo 

( 4* ^ Buiwsheii 

25 ? 

80 294 

3a ? 

56 ? 

25 ? 



In dieser Tabelle ist nur ein Bruchtheil der Bukowiner 
Klöster uiirl keiner der Bojaren und kleinen EMeUeute berftck> 
sichtigt, während man doch nach den Verhältnissen in dw 
moldauischen Zeit und nach den oben citirten Ausführungen 
Enzenberg's annehmen darf, dass der Beaits von Leibeigenen 
ziemlich allgemein verbreitet war. Aus dieser Betrachtung und 
den in unserer Tabelle angefahrten Zahlen ergibt sich wohl 
mit Bestimmtheit, dass die oben citirte Angabe, dafls im Jahre 
1776 nur 534 leibeigene Zigeuner in der Bukowina vorhanden 
waren, irrig sei. 

Db88 Ulmgens die Glmndherren aUgflmein bestrebt waren, 
die Zahl ihrer Leibeigenen an veigrOmem, wird von Enaenberg 
im Jahre 1779 scharf hervorgehoben. Seine bestIgUohen Hit- 
theilnngen sind bmlts oben, S. 579, abgedruckt Daraus geht 
klar hervor, dass insbesondere die KlOster die steuerpfliehtigen 
Landbauem von ihren Gütern verdrttngten und an ihre Stelle 
Leibeigene ansiedelten. Das Anwaohsen dieser erfolgte zu- 
nttohst infolge der natOrlichen Vermehrung; theils mOgen auch 
jetst wie in moldaoischer Zeit freie Zigeuner nch hieau herbei- 
gelassen haben;* endlich Hessen sich offenbar auch Bauem als 
leibeigene Zigeuner erklftren, um auf diese Weise Befreiung 
von den landesAirstUdien Lasten zu erlangen und auf BJoster- 
gründen eine bleibende Heimstätte zu finden, wofür ne allen- 
falls dem Kloster zu einer grösseren Arbeitsleistung sich ver- 
pflichteten als die anderen Bauerii. Dies waren die ,Zigeuner*, 
die nach der Angabe Enzeaberg's in keinem Ötücke den andei eii 



» Vgl. oben, 8. 671 f. u. 8. 681. 
> Vgl. oben. S. 672. 



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590 



Zigeunern glichen. Von ihnen gilt vor Allem auch EüBen- 
berg's Mitiheilung, daas sie ,recht pute Häuser haben, dieselben 
ordentlich und reinlich erhalten, selbst nebst ihren Famihen 
besser als das Landvolk gekleidet sind^ auch gutes Zagvieh 
und sonstiiTo zur Wirtlischaft erforderliche Einrichtung unter- 
halten'. Kille UiusLijiiion zu diesem speculationsmässigen Ver- 
mehren der Leibeigenen gil)t folgender Bericht Enzenberirs 
vom '23. Juni 17S4:' ,n('i meiner Ruckreise von der siebeu- 
bürpselien Grenze kamen Mitokaer Lippowancr zu mir und 
zeigten aUj Iii-- das Kloster Dragomirna viele und die besteo 
Gründe öeineu leibeigenen Zigeunern zur BenutzuuL'' ''inräumi. 
Ich sprach mit dem Igumen, dass es wider die Absiclit wäre, 
Leibeigene zum Nachtheile der Steuerptlielitigen und der Be- 
völkerung so reichlich zu bestiften, dass somit jene Accker und 
Wiesen, die leibeigene Zigeuner bereits innehaben, den Lippo- 
wanem zugethoilt werden mögen.' Also pflegte man noch im 
Jahre 1784 die besten Ghrttnde an Leibeigene zu vergeben, weil 
diese zül grösseren Lasten verpflichtet waren als die freizügigen 
Bauern. Bei diesem Voi^ange fanden offenbar MOcclie und 
Leibeigene ihre Rechnung. Die Ersteren erwarben auf diese 
Weise billige ArbeitBkräfte, die Letaleren ttbemalimen wohl 
harte Verpflichtnngen ihren Gutsherren gegenüber, machtoD 
sich aber yon huidesfklrBtliehen Abgaben und Robot frei. 

3. Letzterer Umstaud forderte die (österreichischen Be- 
hörden zuniiehst zu Reformen heraus. Sp\ei\y machte im Jahre 
1775 den Vorschlag,* dass die ausassigen Ziigeuner, ,so . . . sich 
meistens vom 1'aglohn (?) ernflhren^, 1 fl. 30 kr. jährlieh als 
Contribuiion zahlen sollten. Enzonbcrj^ geht in seinen Vor- 
schlägen noch weiter. Im Jahre 177y schreibt er Folgendes:* 
,Ich bin des Dafürhaltens, dass die Grundherren produciren 
(d. h. Beweisurkonden vorlegen) müssen, quo jure sie derlei 
Leute als Leibeigene unterhalten (dürfen). Es kann sich et- 
geben, dass der Eine oder der Andere etwa Donationen auf einige 
ädaven hat; diese bestimmte Zahl nach den Donationsbriefeo 
ihnen zu belassen, hUngt Ton der G-nade des Landesftlrsten ab; 
dann scheint es billig au sein, dass derlei Leute, die un- 

« Molda V, 2, 8. 106. 

* JieMchrcibung der BukowtOA, 8. 108. 

* Oesch. BUder I, 73. 



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591 

poösessionirt und blos zu des Grundherrn Privatdiensten be- 
stimmt sind, wenigstens die Protectionaltaxe erlegen, nämlich 
per Kopf einen Ducaten/ Im Jahre 1780 wurde von ihm 
dieser Vorschlaft in den 8itztinj]fen zu Wien, in welchen die 
Orfranisatioa der Bukowina verhandelt wurde, folgendermasscn 
fonuuiii t: * ,Die Rabrv wären mit ihren Feldern und Wiesen 
zur Contribution herbeizuziehen nrtrl wie andere J^auern zu be- 
handeln. Diejenigen, welche keine Felder besitzen und ei/^entlich 
nur als Knechte dienen, bezahlen die Protectionstaxe jährlich 
mit 3 fl/ Dass diese Vorschläge nicht berücksichtigt wurden, 
vieliiiehr die Steuerfreiheit der leibeigenen Zigeuner bis zur Auf- 
hebung der Leibeigenschaft bestehen blieb, ist bereits oben, S. 579, 
erwähnt worden. Mit der Aufhebang der Leibeigenschaft er* 
folgte aber — wie wir gleich sehen werden — wie in anderen 
Beziehungen, so auch besttglich der Steuerschuld eine An* 
gleichung der Freigelassenen an die anderen Unterthanen. 

Wir gelangen nun zur Besprechung der Aufhebang der 
Leibeigenschaft in der Bukowina. An dem Bestehen derselben 
hatten die an fthnliche Verhttltiii^se gewohnten Ostenreiehisehen 
Behörden viel weniger Anstoss genommen als s. B. an der 
Steneifrmheit dieser Leibeigenen. Wfthrend die gedruckte Lage 
der Leibeigenen nur so nebenbei erwihnt wird, Ist ihre Stener» 
fireiheit sofort nach allen Seiten beleuchtet worden. Wfthrend 
2ur Anfhebong dieser sogleich aUerlei Vorschläge gemacht 
wurden, soll jene nur beschrankt werden, Insofern sich hie- 
dorch eine Verringerung einer dem Staate keine Steuer zah- 
lenden dasse herbeifllhren liess. An die Aufhebung der Leib- 
eigenschaft in der Bukowina scheint auch nach dem Patente 
Tom 1. November 1781, mit welchem Kaiser Josef die Leibeigen- 
schallt aufzuheben begann, nicht gedacht worden zu sein. Noch in 
der Beschreibung der Bukowina, welche der Mappiruii<;sdirector 
Johann Budinszky anfangs des Jahres 1783 niederschrieb,- ist 
von einer stattgefundenen Aufhebung der Leibeigenscluili keine 
Kode; vielmehr werden die leibei<;enen Zi^'^cuner als besondere 
Bcvülkerungs- und Steuerclasse behandelt. Dass dieses Ver- 
hältniss wider den Willen Kaiser Josefs bestand, ist kaum zu 



< Jahrb. des Hukowiner LurlesmuMams III, 82. 

' Die Bukowina am An&ni^ des Jahns 1788 (henmaiT' ▼on Folek)« 8. 63 

a. 81 f. 



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592 



besweifeb. Was in d«D nXdisteo Monaten geschah, Ist uns 
unbekannt In dem Schreiben ddo. CaernowiU, 19. Jnni 1783, 
in welchem der Kaiser seine Anordnungen Aber die Bukowina 

erliess, nachdem er das Land vom 14. bis zum 19. des ge- 
nannten Monates bereist hatte, finden wir bezüglich der Leib- 
eignen >(]iart folgende Aeusserung:* . . alles, was der per- 
soiiiii Leibeigensehaft ähnlicli ist, (ist) bereits ganz auf- 
gehoben, und daf^egen alles, was einen Bezug auf 
freye VerheUrathung, Handwerks Erlernung etc. hat, 
eingestanden worden.' Nach diesf n kaiserlichen Worten 
sollte man glauben, dass fortan jede Spur der Leibeigenschaft 
in der Bukowina sofort verschwunden wäre. Dem seheint aber 
nicht 80 zu sein. Aus dem oben, S. 590, citirten Berichte 
Lnzcnberp's vom Jahre 1784 geht es vielmehr hervor, dass 
noch damals das Kloster Dragomirna leibeigene Zigeuner be- 
sass, die offenbar auch noch immer gewisse Begünstigungen 
genossen, weil sonst Enzenberg gegen ihre Bestiftnng nicht 
geeifert hätte. Es scheint also, dass die Leibeigensehaft auch 
nach dem Jahre 1783 noch, wenn auch gegen den ausdrttck* 
liehen Willen des Kaisers und trotz der durch denselben yer* 
ftlgten Aufhebung dereelbeD, in der Bukowina wenigstens hie 
und da auf den KlostergUtern fortbestand. Mit der Einziehung 
derselben für den Reügionafonds hOrten dann aach diese Reste 
auf (1785). 

4. Nach ihrer Befreiung wurden die Leibeigenen, die 
jedenfalls zum grüristtni Thcile Zigeuner waren, unter denen es 
jedoch — wie bernts oben näher ausgeführt wurde — gewiss 
nicht auch an Angehörigen anderer Nationen fehlte (zumeist 
Rumänen), besitzlose freie Hauern. Manche mögen sich sodann 
allerdings ihren Brüdern, den Wanderzigeunern, angeschlossen 
haben, die unter dem Titel ,Vagi* in den verschiedenen Be- 
richten erscheinen.* Sie wurden auch Lingurarn oder Ldflfel- 
sigeuner genannt, weil sie sich zum grossen Theile mit der 
Herstellung von Löffeln, Trögen u. dgl. beschäftigten. Insofern 



* Jalurb. det Bakowiii«r Lsndasmugeams m, 60. 

* "Enzenheatg in Zieglau or 's Gesch. BUder I, 70 f.; Jahrb. des Bukowiner 
Landesmnsoiims III, 82f.; Hudinssky, a. a. O., 81 f.-, Kaindl, Jahrb. des 
Bukowioer Landcsmuseanui V, 77f.; die andere JLitoratux bei Zieg- 
lauer, a. a. O., ü. 69f., Awu. 



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I 



593 

SIC auch Bärenführer waren, wurden sie auch Ursarzi^^euner 
genannt, wäluerul die Goldwäscher an der Goldeiiea Bistritz 
den Namen Kudar- oder Äurarzigeuner ftihrten. Diese Zigeuner 
zahlten eine Contaibution von 1 fl. 30 kr. von jeder Familie, 
entrichteten auch andere landesübliche Steuern und reluirten 
ihre landcsfurstlichc Robot mit 52 kr. jährlich. Mit diesem 
unsteten Thcile der Zigeuner werden die ansJlasigeii I^-cibeicrenen 
gewiss in steter Fühlung gestanden sein, und dalit r darf man 
wohl annehmen, dass wie früher manche freie Zigeuner in den 
Stand der Leibeigenen getreten waren, so jetzt befreite sich ihren 
herumwandemden, freien Stammeflgenossen anschlössen. Viele 
▼on den beireiten Zigeunem blieben aber auf den ihnen Uber- 
lassenen Gründen sitzen, indem sie sich wie die anderen Bauern 
offenbar zu gewissen Abgaben und Arbeiten verpflichteten. So 
bedient sich z. B. der Archimandrit Benedict auf seiner Flucht 
ans dem Kloster Moldawitza (Juli 1784) zweier ,Zigeuner- 
kntseber',* wobei man ttbr^ens anch annehmen darf, dass die- 
selben noch leibeigen waren. Dass beim Kloster Humora im 
Jabre 1785 noch 25 Zigennerfiunilien sassen, ist bereits oben 
bemerkt worden. Da nnn in diesem Jabre die meisten Boko- 
winer Kloster aufgehoben wurden und ihre GHlter als Beligions- 
fondsherrschaft in die Verwaltung des Staates ttbeigmgen,* 
ywurden sie (die Zigeuner), da sie von einer Bewirthsobaftung 
niohts yerstanden (?), entbehrlich und unyerwendbar'. ' Im 
Jahre 1784* und noch mehr seit dem Jahre 1788 machte sich 
das Bestreben geltend, die Zigeuner ttberhaupt, also auch die 
fireien, als Ackerbauer oder Handwerker ansusiedeln und sie 
den anderen Bauern gleicfaaumachen. Nomadissrende Zigenner 
sollten nicht mehr geduldet, sondern aus dem Lande geschafft 
werden.* Hineingelassen sollten nur Zigeuner werden, die sich 
ansiedeln wollten, um entweder Ackerbau oder ein Gewerbe 
zu betreiben; auch mussten sie sich mit einem Aufnahmsschein 
der Grundobrigkeit ausweisen, wclclie sie aufzunehmen geneigt 
war. Die Gruiidubngkeiten wurden auigemuntert, die Zigeuner 



1 Molda IV, 1, S. 191, Nr. 25. 

* QMch. 4«r Bokoviaa HI, 88. 

* Molda n, 8, & 161f. 

* Ebenda, 8. 162, Anm. b. 

* Vgl. sum Folgenden meine BflttlieilnDfea im Jahrb. das Bnlnnriner 
Landetmiueiiiiis V, 8. 77 f. 



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594 



ala Baaera auf ihren Qebieten anfiranefamen. Die besoodeno 
Obrigkeiten der freien Zigeuner — Zigeunercapitllik . oder Vor» 
Steher, Richter und FttrBt — gingen endgÜtig im Jehre 1803 
ein, und die Zigennenteaer wurde a!i%ebobeii, so daaa fbitan 
die Zigeuner dieselben Steuern wie die anderen Bauern an 
Bahlen verpflichtet waren. Daher erging auch der Befehl, 
dass fortan der Name Zigeuner (als Beieichnnng ftlr eine be- 
sondere GeseUschafksdasse mit beaonderer Obrigkeit und be- 
sonderen Verpflichtungen j üinzugehen habe. 

Somit waren die Zigeuner, und zwar sowohl die früher 
leibeigenen als auch die freien, den anderen Bauern gleich- 
gestellt und nehmen ioilau an deren Schicksal theil. Ilicmii 
wenden wir u.n6 der Schilderung des Unterthausverhältuisäes 
der persönlich freien Bauern zu. 

Viertes CapiteL 

Die Vcri>f1i('htiiii&:eti und die La^e des persönlich freien 
Bauemstaudes am Beginn der Osierreichlsohen Herrschaft* 

1. Die GrontHiige and der Charakter d«r bKQ«rlielieii Verpfliehtni^n g^gen 
die Qrandherren. — 2. Der Glirysow und der Staftai qno als MjuMtafa der 
binerlielien PiiehteiL ^ S. Die Lage des Baoenuteades. 

1. Die P>a!iern waren seit dem Jahre 1141^ (vgL oben, 
S. 065) persrmlich frei, aber sie besassen keinen eigenen Grund 
und Boden. SpMny iHsst sich hierüber im Jahre 1775 folgender- 
massen vornehmen:^ ^Der Bauer hat daher nichts eigenes, sondern 
der Herr ist denen Bauern so viel Grund zu geben schuldig, 
als sie aur Unterhaltung ihres Viehes und etwann zum Acker- 
bau benöthigen* Gemeiniglich schneidet der Qrundherr der 
ganaen Gememde in ooncreto ein Stuck Feld aus, in welchem 
sie nach Beheben schalten und walten. Dieses macht nun, 
dass man allerorten Aeeker und Wiesen kreuta und quer 
untereinander findet' Aehnlich berichtet Enaenberg im Jahre 
1779:' ,Da dann in der ganzen Bukowina kein Bauer eme 
Handbreit eigenen Terrains hat, folgUch keine reohtmSsstge 
Forderung hierauf machen kann . . / Aus diesem Berichte geht 

' Bescbreibang der Bukowina, S. 66. 
" Gesch. Bilder I, 17. 



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595 



dentüdi hervor, daat die Bauern keinen eigenthtlnüielien Boden 
hatten. Wenn Splöny In seiner Mittheflong anzudeuten scheint, 
dam der Gutsbesitzer verpflichtet gewesen wäre, den Bauern 
Grund und Boden zu überlassen^ so ist dies unrichtig. Dies ist uns 
der ganzen Entwicklung des Unterthanswescns zu crsclien; und 
daher wird man auch dem hier wie bei anderen Gelegenheiten 
besser unterrichteten Enzeuberg vclllig darin folgen dürfen, dass 
keine derartige Verpflichtung bestand. 

Das Verhäitniss zwischen den Bukowiner Bauern 
und den Gutsherren kann somit nur als ein Pachtver- 
trag aufgefasst werden.* Der Grundbesitzer übnrliess von 
seinen ausgedehuteu Lttndereien einen Theil den Bauern, weil 
er ohne diese aus seinem Besitze keinen Nutzen gezogen hätte. 
Anderseits waren die Bauern genöthigt, derartige Pachtungen 
einzugehen, weil sie nur auf diese Weise sich und ihre Familie 
ernähren konnten. Da damals auch die Wälder, von denen 
das Land zum grössten Theile bedeckt war, keinen Werth 
hatten, so überliessen die Gutsbesitzer auch diese ihren Bauern 
zur freien Benützung. Spl^ny berichtet darüber im Jahre 1775 
Folgendes: ,Dte freye Lignation ist denen Bauern so nnein- 
geschrftnkety dass er das Holz ausser eigener Nothdurft auch 
zum Verkauf aus denen Wäldern ohnenigeldlich zn nehmen 
berechtigt wäre." 

3« Für die dem Bauer vom Gutsherrn zur zeitweiligen 
Benützung überlassenen Gründe und das Uolznutzungsrecht war 
er zu gewissen Roboten und Abgaben verpflichtet. Dieselben 
waren seit dem Jahre 1766, wie bereits oben ausgeführt worden 
ist, durch die Qoldurkunde (Ohrysow) des Fürsten Alexander 
Gbika geregelt Doch muss bemerkt werden, dass bereits bei 
der Uebemahme des Landes durch Oesterreich mancherlei 
Aenderungen eingetreten waren und unter österreichischer 
Herrschaft weitere folgten^ trotzdem sonst der Status quo auf- 
recht erhalten wurde. Wir lassen zunächst den Wortlaut der 
Ghika'schen Urkunde in der auf Veranlassung der öster- 



* Hierin stiramo v-h v.'illip mit doin Vt^rfasscr ilor Schrift ,Uf»l)fr floji 
Ursprung und dio Kutwicklung des U nterthansvorhältniaaes* übereiu. 

Vg'l. boHonrlpff S. IG f. 

' B«fichräibung der üukowiu«, 8. 66. 



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696 



reicbischen Regiening im Jahre 1776 erfolgten UelierBetsang 

folgen: ' 

1. Jeder Dorfsiiitiaaa ^^Lliilcrtb.'ui) ^ mnss dem Grundlierrn 
12 Tage jährlich, nämlich 4 im Frühjahre, 4 im Sommer und 
4 im Herbste, arbeiten. 

2. Jeder ünterthan muss diese 12 Tage zu den bestimmten 
Jahreszeiten bei was immer ftir einer erforderlichen Arbeit, 
und zwar: von Sonnofiaufn^ang bis ziun Unteigang, nebst den 
gehüngen Ruhestunden so leisteiii als wenn er fitr sich selbst 
arbeiten miidbite. 

3. Jeder Unterfhan, auch sogar ein lediger, der keine 
Eltern hat nnd arbeitsfiihig ist, muss diese 12 Tage arbeiten; 
ein lediger Barsche hingegen, welcher mit seinen Sltem lebt^ 
wenn er auch wirklich arbeitsfiüiig ist» weil der Vater diese 
Obliegenheit erftllt, sowie auch der Unmflchtige nnd ErUppel, 
soll an keiner Dienstleistang angehalten werden. 

4. Jedor Ünterthan, welcher wegen einer Krankheit oder 
wegen Abwesenheit in eigener oder gedungener Angelegenheit 
diese Tage niclit arbeiten konnte, soll dem Grundherrn ftlr 
jeden nicht abgearbeiteten Tag 10 kr. entrichten oder statt 
seiner einen anderen gedungenen Arbeiter, welcher die aus 
obiger Ursache dem Grundherrn entgangene Robot l<M.sten soll, 
stellen, oder soll suchen, wie er sich immer abfinden kann. 

5. Kein Ünterthan sol! b fun^t sein, die Robot willkürlich 
im Geld zu reluiren, wohl aber steht es dem Gnmdherm frei, 
solche in Geld abaunehmen. 

6. Auf dem Gute, wo der Grandherr seinen Sita hat, so- 
wohl als anf den benachharteni auf 3—4 Standen entlegenen 
Gatem muss jeder Ünterthan die bestimmten 12 Tage arbeiten) 
auf den 5—6 Standen entfernten Gutem hingegen soll ihm der 
Zeitveriost von den festgesetaten 12 Tagen abgeschlagen werden. 



Ans dem bereits oben citixteu Handbuube im Domäucufacbe vuu Kuiiit. 
Die inteMMsate länMtung cor moldaiMiMa Fusang, weleh« wir be^ 
reite oben, & 660, oitirt haben, findet man In der 8. 56S, Amn. 1, 

dtirten Schrift, S. 17 f. Man Teigleiche auch den Abdnick dea Chiyioir 

bei Drdacki, Die Frobnpatente GaHsien« (Wien 1838), S. 207 ff. 
lieber diesen erklfirnndon Zumti der östorrpicliiK^'hon Fassung siehe 
unten die AusfüliruniTi n. S. 653 ff. In der Moldau gab es keine gots- 
berrlichen Uuterthaiion, wie sie die Österreichischen Gesetso kannten. 



Extra fuhren und andere Präfitirungen aoUen auch eingestellt 
werden. 

7. Nebst den obigen jährlichen 12 liobotstagen ist jeder 
Unterthan verbunden, den Zehend von allen, nach den be- 
stehenden Gebräuchen, dem Grundherrn zu entrichten. Auch 
soll Nio.mand sich unterstehen, seine Frttchte vom Felde zu 
verftihren, bevor nicht der Grundherr oder dessen Bevoll- 
mächtigte den Zehend abgenommen haben wird. Hingegen 
muss sich auch der Grundherr angelegen sein lassen, den 
Zehend bei Zeiten abnehmen zu lassen. Nur Gartengemtta, so 
zum eigenen Bedürfniss dient, ist hievon ansgenommen; wurd 
aber damit ein Handel getrieben, so muss auch hievon der 
Zehend entrichtet werden. 

8. Die an der äussersten Grenze der Moldau gelegenen 
Dörfer sollen nur die Hälfte der Robot leisten; d. i. sie sollen 
6RobotBtage in drei Jahreszeiten abarbeiten, sowie yon derBobots- 
reluition die Hlllfte mit 5 kr. entrichten; den Zehend hingegen 
muss jeder nach den alten Gebräuchen von aUen abgeben. 

9. Jene Unterthanen, welche in den Dtfrfem, wo viele 
TheOhaber sind, wohnen, sollen die Robot nicht in Natura, 
sondern im Gelde entrichten, wie es oben wegen den bestimmten 
12 Robotstagen festgesetzt worden ist, nebst Entrichtung des 
Zehends und 1 fl. vom Hause; die GrenzdOrfer zahlen hingegen 
vom Hause 15 kr., so die Theilhaber nach ihren Besitzungen 
unter sich zu theilen haben. 

10. Nur dem Grundherrn allein oder jenen, die sich mit 
diesem abfinden, ist erlaubt, auf ihrem Gute Wein atiszu- 
iseliankeu, andere Getriinksgattungen hingep^en, so wie auch 
Wein, wenn der Grundherr den seinif^en verscldiessen haben 
wird, und nach vorläufiger Uebcrcinkiinft mit dem Grundherrn, 
ist auch den Uriterthaiien auszuschänkeu erlaubt. 

1 1 . Zur Aekcrszeit soll jeder der ausgetriebenen Pflüge 
10 Schritte, zu ti Spannen gerechnet, in dem unaufgerissenen 
Grunde hingegen H Schritte aufackern,' und jedem bei einem 
Pfluffe theilhabenden Wirthe (Unterthan) soll ohne Unterschied, 
und zwar dem mit 1, als jenem mit 2 und mehreren Uchseu, 



^ Diese Beatiaininii^ ist nnUar, w«U die Liege des ensoackeraden StOekes 
nicht bestimmt iai. Ifen Teigleieke die a|»Xten eifftneeiide Bestimmnag 

in der Beilage 1. 
AtchiT. LXIXVI. Bd. II. mtU. 40 



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598 



ja sogar dem, der nur als Handlanger dabei ist, einer von den 
bestimmten 12 Robotstagen abgerechnet werden. Jene aber, 
die zu keinem Pflüge Antheil haben, sollen diese bestimmten 
Tage bei anderen von dem Grundherrn vorgelegt werdenden 
DienstleistuDgen abarbeiten. 

11. Beim Kuknrutzhaucn muss jeder ünterthan eine Firta, 
d. i. den vierten Thcil eioes Pogons ' abarbeiten, so wie 

13. wnr Schnittszeit hat jeder Unterthan 3 Mandeln tSg- 
lieh hensnstellen. 

14. .J('fl<r Unterthan ist schuldig, tkghch eine halbe 
Faltsche* Gras zu mähen und 

15. täglich eine halbe Faltache Heu an machen and auf- 
suBchobem. 

Wenn jeder Unterthan die Arbeit nach diesen festgesetzten 
Punkten verrichtet haben wird, so wie auch bei Verrichtungen 
anderer Roboten nach den obigen vorgeschriebenen Pünkten, 
80 soll man es ihm von den obigen 12 Tagen abrechnen. 

Sollte aber ein oder der andere Unterthan mit dem Grund- 
herrn diesfalls einen Vergleich treffen, so iniiss der Vertrag 
^'t*ii;m ^'chulteu und unabweichlicli bisseitifj^t (V befolgt) werden, 
dasa weder der Gnindlierr mehr von seinen llntttrtlinnen ab- 
fordern, nocli die Untertiiancn den Grundherrn hicrinfalU im 
Mitidesten verkürzen, sondern es hat ein und der andere Theil 
sich j]jenau darnach zu richten. — 

Fassen wir diese Restimmongen kurz in ihren Hauptpunkten 
zusammen, so ergibt sich Folgendes: 1. Jeder bestaftete Bauer 
(verheiratet oder ledig) war zu 12 Arbeitstagen verpflichtet. 
Dieselben konnten auch mit 10 kr. fftr den Tag relairt werden, 
doch hing die Annahme der Relnition vom Gutsherrn ab. 
Ausnahmsbestimmangen bestanden für die an der Grenze 
wohnenden Bauern nnd für die Bewohner von Dörfern, die 
mehreren Gutsbesitzern gehörten. 2. Ohne Ausnahme sind alle 
Bauern ztir Abgabe des Zehents von den FeldfrQcbten ver- 
pflichtet; dagegen ist GartengemOse frei, wenn nicht damit 
Handel getrieben wird. 



Vgl. dorabor die Beilage 1. 

y$}. ebenda wmmt der Anmerkung. 



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599 



Vtir^leichen wir diese Bestimmungen mit den Nachrichten 
bei Spien y, Knzenberg und ßudinszky und den in der Folge 
geltenden Grundsätzen, so oi^bt sich Folgendem: Splöny er> 
wähnt im ersten Theile seiner Denkschrift vom Jahre 1775, in dem 
er ,von dem ehehinigen Zustand . . . dieses Bukowiner Districts' 
handelt, dass der ^^^u^"*' ^seinem Herrn den Zehend von aUen 
seinen Producten und statt der Bienenzehend per jedem Bienen- 
stock 17^ kr. zu geben habe. Hiezu wilre er verpflichtet, 
12 Tage im Jahre zu roboten, welche Kobotstage aber in eine 
Abführung von jährlichen 2 fl. oder eines Sohober Heu yon 
ohngefithr 8 Wagen nach Belieben des Orundherm verwechseit 
werden konnten'.^ Von den hier erwMlinten Abgaben ist der 
Zehent vom Bienenertrügnisse im Chiysow nioht ansdrUcUich 
erwähnt Es seheint ttberhaupt, dass diese Abgabe nicht all- 
gemein üblich war, denn weder Ensenherg, noch Bndinssky 
erwähnen sie in der Folge, noch ist ttberliaapt jemals mehr 
davon die Rede. Jedenfalls ist also diese Abgabe bald einge< 
gangen. Die Bemerkungen Spl^nj's bezttglich der Relvition 
der 13 Arbeitstage mit 2 fl. entspricht der im Chrysow fOar den 
Tag angesetsten 10 kr.; der Berechnung liegt nämlich der 
Gulden k 60 kr. su Grunde. Die Beluition mittelst 8 Wagen 
Heu wird später niemals mehr erwähnt Interessant ist, dass 
eine Wagenladung Heu nur mit 15 kr. berechnet wurde. Im 
Grossen und Ganzen ist also an dieser Stelle bei Spi^ny, ebenso 
wie im Chiysow, nur die Rede von der Verpflichtung zu 
12 Tagen Kohot und der Ab^'abe des Zehents. Aber im zweiten 
Theile seiner Dcnksi hnft, in welchem Splcny den , Vorschlag 
zu einer neuen Kegierungsl'orm' erstattet, scldä^^t er vor, dass 
ausser dem Zehent von dem Gesftetcn (,Vicli, Bienen, Obst 
und Avas snnsten von sieh selbst wächset*, sollte frei sein) und 
der (»M-liöhton) Robot der Unterthan auch jährlich eine ÜLiuie 
und jedejÄ Unterthansweib ,80 viel Gespunst, als etwann zu 
8 Ellen Leinwand erforderlich ist, wozu jedoch die Herrschaft 
den Flachs oder ILmi elbsten preben musö', zu ^'eben hätten.' 
Von diesen Vcrpfliclitun<ren weiss die Ooldurknnde Ghika's nichts. 

Eini? weitere Venni'liruna" der Untertlianblasten bemerken 
wir in Enzeuberg's Bericht vom Jahre 1779. Derselbe lautet 



* B«MÜirelbttqg dar Bokowin«, S. 66. 

* Ebenda, 8. 10«. 

40* 



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folgendermaflaen: ^ fii» aileii^rtote UnbiUigkeit hat der Pörsl 
Gkigori Qhika gegen die Grundheiren bestimmt. Ein ansBanger 
Zaian eder Bauer, er moobte 1 oder 60 oder mehr Tag- Acker 
gehabt haben, war Folgendea seinem Grandherm auf das Jahr 
abznliefem schuldig:' 

fi. 13 Bobottage durch das ganxe Jahr oder swei Lew; 
ein Lew macht 1 Gulden Rh.; doch steht dem Grundherrn 
frei, das Gkld oder die Robottage abiuverlangen.' 

,3. Die Desima Yon allen Feld- oder Brot&Hchten und 
auch Ton jenem Obst und Gartengrttnieug, mit welchem der 
Bauer einen Handel macht; anstatt die Denma vom Heu su 
geben, war bestimmt, fUr das aufgeschoberte Klafter-Heu, so 
beiläufig 400 port. zu 10 Pf. gerechnet, macht, U/s d. oder 
1 Paral zu bezahlen/ 

,3. Alle Jahr eine Henne/ 

,4. Alle Jahr ein Gespunst-Gani, so heiläufig ^/^ Pf. wiftrt, 
wogegen der OrundlieiT vom liaiü und Flachs keine Dezima 
nehmen kaun/ 

,5. Alle Jahr eine mit 2 Ochsen bespannte Fuhr Holz in 
die curiara (d. i. das Haus des Grundherrn) zu iUhren, so selbe 
nicht über vier Stunden entfernt/ 

,6. Alle Reparatur i ^V!rthsll.•luscr und Brarulwein- 
Siedercien, dann der Mühlen und FiscJiteiche, nicht aber neue 
zu machen/ 

,In diesnm besteht aetu die ^aiize Abgabe des Aekers 
und Hauersmann an seinen ( Truntlherrn, und auch diese li^ 
geringe Abgabe muss sehr oft mit Kxecution der Grundherr 
einbringen; — wie eben gesagt, der Bauer mag viel oder wenig 
Tag-Acker haben, so ist doch die Abgabe an den Grundherrn 
ohne Unterschied. Wie ungerecht, wie nachtbeilig diese Ge- 
wohnheit und Verfikasnng sei, werden hohe Stellen selbst mir 
beistimmen/ 

Vergleichen wir diese Angabe mit den Bestimmungen des 
Chrysows und jenen bei Splöny, so ergibt sich ausser der hier 
. zuerst erwähnten Ablösungsgebühr fUr den Heuzehcnt vor Allem 
ein neues Mehr von Leistongen. Keine der in § 3 — 6 genannten 
Verpflichtungen ist im Chrysow begrflndet, die unter 5 und 6 
genannten werden von Spl^ny auch an der von uns oben dtirten 



■ Omoh. BUder 1, 17 f. 



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601 



zweiten Stelle mein aiijxetVilirt. Wie ist diese stetige Steigerung 
der Unterthaiislasten zu erklären V Spleny erwähnt nirgends 
den Chrysow. Kr hat ihn also iin Jahre 1775 wohl nioht £rc- 
kannt, was um so wahrscheinlielier ist, als dcrseibe erst 1776 
auf Veranlassung der österreichischen Regierung übersetzt wurde. 
Aber auch aus der citirten Stelle bei Enzenberg ergibt sich 
ganz offenbar, dass er den genauen Wortlaut des Chrysows 
trotz der bereits vorhandenen Ucbersetzung sieht kannte; er 
hätte sonst nieht als Bestimmuagien des Chrysows Verpfliehtungen 
anfgecfthlty die in demselben gar nicht aufgeführt sind. Ander- 
seits ergibt sich ans Reformvorschlägen Spl^ny's and £naen- 
bei^'s, welche wir noch kennen lernen werden, dass sie wenig 
baaemlreundlich waren, vielmehr mit ihren Sympathien auf 
Seite der Gutsbesitser standen. Diese Umstände mögen es ver- 
schuldet haben, dass der Adel die Unwissenheit der Landes- 
▼erweser und ihre Gewogenheit benutzte, um in dem allein 
bindenden Chiysow nicht begründete ^ Rechte geltend sa machen. 
MOgen nun diese Abgaben auch schon widerrechtlich in mol- 
dauischer Zeit aufgebracht worden sein, sicher wäre es die Anf> 
gäbe der Osterreichischen Administration gewesen, die rechtliche 
Grundlage des Unterthänigkeitsverhältnisses xu prüfen. Da- 
durch, dass insbesondere Enaenberg die unter Pnnkt 3 — 6 auf- 
geaählten Giebigkeiten als rechtlich bestehend anerkannte,' 
blieben sie fortan durch awei Mensi^enalter eine Last der 
Banem. 

Bndlnssky* Alhrt dieselben Verpflichtungen wie Enzenberg 
an, und auch er hebt hervor, daas dieselben auf den Bestim- 
mungen des Fürsten Alexander Ghika beruhen. Bei ihm be- 
gegnen wir zunächst auch der genaueren Sehciduni^ zwischen 
Hand- mnl Fuhrrnbot. Auch wird da bercit-s ein Unterscliied 
gemacht zwischen der Arbeitsverpflichtung der Bauern, welche 
Felder auf des ( Jrtmdherrn Boden besitzen, und den jHiluslcrn*, 
.welche nur ein Haus neigst Garti* haben. Letztere sind nur 
zu ti Tagen verpflichtet. Sonst bemerkt noch Rudins/.ky in 
Uebereinstimmung mit dem Chrysow ausdrücklich, dass ,die 

' Dies gaben die GntiiiemMi ipKter telber m. YgL vnten, 8. 634. 

* Man vev^leiche die abweioliendea Angaben SpUaj*« and Enienbeig*« 

über die Äbfj^abe des UeHpinsie«. Es tat die« mit ein SSengniM^ dMs ne 
nicht eine bereits schriftlich fixirte Norm mtttheilen. 
' Die Bukowina su Anfing des Jahtet 17ä3, 8. bit 



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603 



KrQppel and die Gebrechlichen' von Robotftrbeiten »negenommen 
Bind. Die Verpflichtong, hemchaftliehe Gebäude u. d^. ,tu 
repariren'y bestehe nur, ^iaaoferne dazu keine Geldauelagen er- 
forderlich Bind'. Die AbltfsungsgebUhr fUr die Klafter Heu 
wird mit 8 kr. angegeben. 

Ahm unsurcii xVustUhrungen ergibt sich, dass die Berufung 
auf den Chrysow Alexander (xhika's als Grundlap^e aller auf- 
gezählten Schuldigkeiten falsch ist. Richtig'er ma^ die Be- 
gründung mit <leui Hinweis auf don Status (juo sein, denn es . 
könnton allerdiTitrs die in dieser Urkunde nicht genannten , 
PHiehten sich In 1 1 iis vor der Occupatiun der Bukowina wider- 
rechtlich ausgebildet haben. 

3. Bevor wir nun auf die Terschiedenen Reformvorschläge, 
auf die nachträglichen Erläuterungen zum Chrysow, ferner auf 
die fiir ciu/elnc Gebiete geltenden Ausnahmsbestimmungen 
u. dgl. u})ergc hen, ist ea Qöthig, noch einen Üliek auf die Lage 
des Bauernstandes zu Anfang der östcrrui einsehen Zeit za 
werfen. 

Wir lassen am besten einige Berichte aus jenen Tagen 
sprechen: 

Zunäclist lassen wir den Bojai cn Balschs zu Worte kom- 
men. Seine im Jahre 1780 abgefasste Beschreibung der Buko- 
wina hatte j{ ilrniallf5 den Zweck, vor Allem die n de! igen Standes- 
interessen zu wahren; daher erklart sieh manche Einseitigkeit 
seiner Ausführungen. In der Hauptsache ist aber sein Bericht 
sehr belehrend. Er schreibt in dem Absätze ,Von dem Bauern- 
stand' Folgendes:' ,Die Bauern sind in der Bukowina ein 
durchgängig faules, lügenhaftes und gegen ihre Herren unge- 
zogenes Volk, welches seine kleine Arbeiten entweder mit 
Scheltworten oder Schlägen zu verrichten gewohnt ist. Ihre 
Hfluser sind kleine, hin und her zerstreute Hütten, hrentheils 
ohne Garten, ohne Hof, ohne Brunnen. Der Ackerbau ist in 
den schlechtesten Zustand, weiln der Bauer kaum soviel als bis 
zum angehenden Jahr erforderÜch zu säen pfleget. Der Beweg- 
grund dieser seiner Benehmongsart aber beruht auf dem Zweifel, 
ob er diese seine kleine Htttte, die ihm nach seiner Sage nichts 
kostet^ auf das ktlnftige Jahr beybehalten, oder andeiswo hin* 



' Jalirb, dai Bokonintr LmAHsnaennu DI» 106. 



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603 



wandern floUe? Dfiwen Vennögen beateht in aemm Vkh, 
welches er bey Verlaaaung semer Hatten «ucH an den neaen 
Aufenthaltaort abflihret In der Holdan findet derselbe jederzeit 
Guter, welches die Wirkung eines geitzigen Gouvernements ist, 
da der Fürst, so lange er die Rechten der Uegierun*,' genicsset, 
nichts als Gelder erpresset, und jeden Bauer, ;iu< li i^anzcn 
Dürfern, die Erlaubnis» von einem Ort zum andern /m wajidern, 
unter der alleinigen Bcdingniss ertlieüt, dass man ihm m jedem 
Aufenthaltsbezirk die gleichen Abgaben richtig entjichte. Aus 
eben diesen Bewegginmd ist der Bauer nicht mehr denn 
12 Tage durch das Jahr hindurch seinen Herrn zu arbeiten, 
und den unbedeutliclien Zehenden seiner Früchten zu entrichten 
verptlichtct, liesscu Ungezogenheit hingegen wieder seinen Herrn 
besteht uDt<?r andern darinnen, dass bey gerechten Vorwürfen 
über ein oder anderen (tcgenstand, oder falls ihnen wider- 
s])rochen würde, derselbe sich, seiner alten (Jewohnheit nach, 
zu dem Fürsten verfUge, und von diesem ohne weiters die 
Erlaubniss erwinde, sich beym klaren Tag anderswo nieder- 
zulassen.' 

Diese Bemerkungen werden durch folgende Ausführungen 
Enaenbeig's in cint r am 14. Februar 1781 an das galizische 
Qeneralcommando erlassenen Vorstellung ergänzt.^ ,Das in 
diesem Bukowiner District befindliche Landvolk besteht meistens 
aus flüchtig und anderen verschiedenen anhero geioffenem Volk, 
und ich werde mich nicht irren, so ich sage, dass aus denen 
eziatirenden Familien schwerlieh 6000 wahre Moldaaer 

Familien sich vorfinden werden. Dieses Volk ist weder dem 
Land, noch dem Landesberrn, sondern nur ihrem Eigennuts 
getreu; es verbleibet solang allhier, als es sieh mehr Vorthefl 
als in anderen Landen zufittssen aiehet Wird ihr Eigennutz 
mit grosseren Auflagen oder Erneuerungen vermindert, so ver- 
laaset es ohne vielen Bedenken diesen Kreis, und entfernet sich 
in andere ihrem Eigennuts und Absichten vortheilhafter schei- 
nende Lande, es verlasset andurch keine eigene OrUnde, son- 
dern nur schlechte vom Koth, Streichwerk und Holz susammen- 
ge8et2Ete elende Hütten, die von keinem Wert sind. Dieses 
Volk ist eben auch an keine Zucht, Ordnung, WirthaehaA^ 
Reinlichkeit etc. gewöhnt, noch zu der Induatrie aufgelegt^ 



' Jahrb. dec» Uukowiuor Luudeaiuuaeumü III, 116. 



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604 



weilen ihre veranlassende Verbesserungen der Gründe oder 
Häuser nicht ihnen, sondern dem Grundherrn nützlich wären, 
der Yormahl hier sa Land den Bauern nur so lang behielte, ah 
er ihme anständig wäre, und solchen nach Wohigefailen liindan 
jagte. Die Ursache dieser so Üblen, und dem gemeinen Wohl- 
stand so nachtheiligen GesüiniiDgen dieses Landesvolk scheinet 
also vorzüglich in diesem gegründet 8ii sein, wwlen der Bauer 
keine eigenthümliche Gründe und Felder besitzet, und sein Haus 
anf fremden Grund und Boden erbauet, welches ihm der Grund- 
herr vormahlen nach Belieben abzunehmen berechtiget wäre. 
Würde aber diese Ursache aufhören, und dem Landmami eigen- 
tfattmlich erbliche Felder angewiesen, er auch sogleich zu Er* 
hanung besser und mehr im Wert laufenden Hlfcuser angehalten 
und unterstützt werden, so scheint wohl auch gewiss su sein, 
dass das Landvolk dieses Bucoowiner Distrikt ebenso, wie in 
anderen wohl eingerichteten Landen mit der 2j6it war wiith- 
schaftlichen Untemehm- und Verbesserungen ihrer eigenen 
Gründen, andurch aber auch zugleich au Verbesserung ihrer 
Sitten, und zur Liebe ihres Vaterlandes gereizt und verleitet 
werden würde/ 

Der Hof kriegsrath fasat endlich in einem Schreiben vom 
21. August 1781 an das galizisohe Generaloommando seine ans 
den genauen Berichten der I^deeverwaltung geschöpften An- 
schauungen Uber den Bukowiner Bauernstand wie Mgi zu> 
sammen:^ , Der Bauern- und eigentlich der dritte Stand in der 
Buccowina steht dermalen noch auf dem elendsten und eigont- 
liuli Ulli dein Fuss, dass er der Willkür der (rrundherrn and 
der Pächter prcis^-e^'^« Ik'ti ist, mithin auch ein jtKicr Anschein, 
der ihme eine Besserung hollen lässt, alles das, was er im Be- 
sitz hat, bei donisc-llx'n vergessen und ihn dürthin gehen 
macht, wo er in glücklichere Umstände sich setzen zu können 
vermeinet; es fordert mithin dieser Stand eine gänzliche, doch 
aber sokhe Umschaffung, die nicht schnell zu erfolgen hat. 
sondern nach und nach geschehen muss, und wornacli es also 
auch eine vorzügliche Obliegenheit der Districtsiidmiiiistration 
ist, hierauf ein beflissenes Au£fenmerk zu richti'n und. wie 
kimfti;.' liiezu schicksame Goiegonhciteu vorkumuieu, solche 
bestens zu benutzen.' 

* Jftbrb. dea Bukowiner Landesmoseam« Iii, Hl. 



üigiiizea by LiüOole 



606 



Alle iu den vorstehenden Berichten so prell zu Tilge 
tretenden Missstündo erklären sich aus dein UmsUiiide, dass 
die Masse der Buküwiner Bauern keinen eii^jfentliinnÜcheD Grund- 
besitz liatte. Ausser den i^esehilderten Missstanden ergaben 
sicli bei der Vertheüung der vom Grundhon*n der Oemeindo 
,iu concreto' überlassenen Grundstücke noch mancherlei lin- 
g'erechtigkeiten. Kine Urkunde vom 19. November 17H8 berichtet 
darüber Folgendes: ' ,Obwohlen diese aus dem Banale ein^'o- 
wanderto deutsche Familien alle Abgaben sowie die Natio- 
nalisten [d. h. die Einheimischen] tragen, auch die vorkommende 
unentgeltliche Frohaen beim Strassenbau etc. verhältnissmässig 
leisten) so werden aie doch da ihnen noch keine Gründe 
als eigenthümlich zugemessen worden — von den Nationalisten 
auf alle mögliche Art bevortheilet and gedrückt, indem ihnen 
nur mit genauer Mühe bei der alle Frtthjahre hieiiands ge- 
wöhnlichen Vertheilung der Grihidei die Ton ihnen urbar und 
tragbar gemachten Felder, beibelassen werden. Diesen Unfug 
deutlicher zu erklären, muss hier bemerkt werden, dasB diese 
Vertheilung blos den Richtern überlassen ist, die hievon ein 
Accidens besiehen und ihren Freunden gemeindlich die grOssten 
und besten Stücke Landes überlassen, wenngleich der vorjfthrige 
Besitser dawieder protestirti seine Mtthe und Arbeit, die er zu 
dessen Verbesserung angewand, Torschtttzt. Wann nun eine 
solche Ungerechtigkeit von Nationalisten gegen Kationaliston bis 
nun au und alle Jahre ausgeUbt werden kann, so wird man die 
Klagen der deutschen Ansiedler nicht Itbertrieben finden, dass 
sie, ob sie gleich die Schuldigkeiten, so wie die Nationalisten 
tragen, kaum den dritten Theil der Gründe benutzten, die ein 
Wallach öfters ohne Absicht unbebaut liegen Iftsst, und dass 
sie ihr Heu meistens Ton diesen mit barem Oelde erkaufen 
müssen. Wftre der Mangel der Gründen die Ursache, warum 
die deutschen Ansiedler immer nur wenige und die schlechtesten 
erhalten, so würde man den alten Landesbewohner entschuldigen 
können, wenn er fiir sich — weil dies doch seiner Willkttr 
überlassen ist — am ersten denkt, und dem neuen Ankömm- 
ling das zur Benutzung überliisst, was er nieht brauchen kann; 
so aber ist es kuidkündig, dass im 1' l uhjahre jeder Nationalist 
nach Gründen schreit, um den grosslen Theil davon braeii 



* Dieaelbe befindet sieb in meinem Besitze. 



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606 



liegen su Uaaen und das Qraa auf den Wieften, das er wegen 
UeberflusB, Faulheit und Mangel an Geist nicht mähen konnle, 
dem Verderben preiszugeben/ Wie sehr diese Klagen ttber 
wUlkUrliche, ungereehte Vertheilungen der GrUnde berechtigt 
waren, werden wir später wiederholt feststeUen können. 

Fünftes Capitel. 
Beforaen vnd BefonnTeniiehe. 

1. llatijit/iclo «lor Reform. — 2. Vorschläg-e Spl^ny's. — 3. Vorschläge Enron- 
beiTj's. — 4 Dif Auüichtuu dm Bojai'üu Ualschs. — 5. Dio Entscheidung 
Kaber Jo^iefs II. für cUut hergebrachte PachtverhältniäK. — G. Die Schaffung 
des niftliealeii GmodlMiBlBe«. — 7. BMtvebuiigon» die Baaeni mit erbeigeD- 
thttmlleheii GrOnden aunnstotten. — 8. üanUlllining dieier Beforn ia 
Kadautz. — Geriiif^or Erfolg dieser Bemühungen und der an^estrebteo 
Koforin der Unterthansschuldigkcitun. Aufhebung der Waudulbarkett des nuti« 
calen GrundlicsitTies. — 10. AikIitc Kofonticn nnd Küstimmungen. — II. Dt« 
Beluitiou der UnterthauBi^chuldigkeiten und Befreiung von deu«»lben. 

1. Nachdem wir die Urbarialpflichten der Bakowiner 
Bauern und ebenso ihre sonstigen Verhältnisse kennen gelernt 
haben, wallen wir die Rcfomivcrsuche hetraehten. Sic bewegen 
sich hauptsächHch um zwei Fragen: die eine betrifft die Fest- 
stelluuf? der Verpflichtungen der Unterthaiu n, die an- 
dere bcsehufli^'t sich mit der Dotirung der Bauern mit 
crbcigenthümlichem Boden. 

2, Zunächst kommen die Vorschliige Splöny's in seiner 
Denksohrift Tom Jahre 1775 in Betracht Hier heisst es:^ 
yAusmass der Urbarii. Ehe und bevor wir zu der Bestinimang 
des ContributionaliB schreiten, wird wohl auch erforderlich sein, 
festzusetzen, was für Benatzungen des Terrains der Grundherr 
seinen Unterthanen geniessen zu lassen, und was im Gkgentheil 
der Bauer ftlr diese Benutzung seinem Grundherrn zu prästiren 
schtüdig sein solle. 

,Hier muss forderist folgende Reflexion zum €hrunde ge- 
setzet werden, dass insolange die Viehzucht den Hauptgegenstand 
der hierländigen Industrie ausmachen wird, und insolang ein 
Bauer sowie der andere diese Industrie in Ansehung der 
Abundanz des hierzu erforderlichen, uneingetheilten Temins 

> BeadiraiboDg der Bnkowins, 8. 101. 



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607 

•^(^'•^(ustaltcn zu betreiben imstaude ist, class es nm* theils vom 
Glücke, thcilä von seiner mehreren Beratihunp abhäniret. um 
dass er einem anderen veriiiöj^eiuleren Bauern ^leichkouimen 
könne, so lang, sage ich, als diese (ileie)iheit quoad posse be- 
stehen wird, so kann man aneb den Bauernstand in keine 
Classcn, folglich in keine ganze, halbe und Viertelbauem ab- 
theilen. 

,Au8 diesciu crj^ibt sieb also, dass man die Roboten der 
Unterthan eb(;u auch nicht classiticieren kann, sondern dass 
ein Unterthan soviel als der andere (mit der weiter unten vor- 
kommenden Modification jedoch) seinem Grundbemi arbeiten 
müsse. 

,Dcr freie Genuss des fWr die Viehzucht eines jedweden 
Unterthans angemessenen und vielmehr nach dem Verhältnis 
der jetzigen so geringen Population sowohl zur Viehzucht als 
Agricultur überflüssigen Terrains, dann die freie Lignation, 
Pascuation und die freie Bienenzucht in denen Wäldern ist dem- 
nach dasjenige, was der Grundherr seinen Unterthanen geniessen 
2U lassen schuldig ist, und ftkr welches er im Gegentheü fol- 
gende Schuldigkeiten von seinem Unterthan abfordern kann: 

yl. den Zehend von allerhand Producten, was nttmlich ge- 
säet worden ist, da im Gegentbeil alles Vieh, die Bienen, Obst, 
Heu und was sonsten von sich selbst wüchset, von dieser herr- 
schaftlichen Zehend angenommen bleiben muss; 

,2. Ton jedem Unterthan eine Henne; 

,3. von jedem Unterthans- Weib an Gespunst ein Tort oder 
so viel Gespunst, als etwann zu 8 E31en Leinwand erforderlich 
ist, wozu jedoch die Herrschaft den Flachs oder Hanf selbst 
geben muss; 

,4. jährliche aus 36 completen Tägen bestehende Zug- 
Roboten, mit der Bemerkung, dass es dem Grundherrn frei 
stehen solle, von oberwehnten 36 Zug-Robotstttgen 13 Täge in 
24 Hand-Robotstäge zu verwandeln. 

,Die hier ausjrcmessenc Kobotstägc werden in 2 Thoile ge- 
theilet und die eine Hellte im ^V'inter, die andere im Sommer 
vcrriebtet, und solle dem Gruudheirn nicht erlaubet sein, mehr 
denn 3 Tiige auf eine Woche zusammeuzuspahren, so dass dem 
Bauern in d» r Zwischenzeit der herrschaftliehen Roboten wenig- 
stens 2 Woeben Zeit Übrig bleibe, auch seine Arbeit vermög 
der Saison verrichten zu können. 



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608 



,Alic Fuhren, die der Bauer über 3 Tag lang in herr- 
BchatUichea Verhcbtangen praestirel^ müssen in baarem besahlet 
werden. 

yDie Ausmaftss von Boboten erstrecket sich nur auf jene 
Bauern, welche theüs mit Zugrieh ▼ersehen, theils in dem 
Contributionali auf beide Rubriqueni des Kopf nemlicfaen und 
der Viehzucht, in der Gemeinde angeschrieben sind; da Im 
Gegentheil jene Inquilinen, so sich vom blossen Taglohn er- 
ntthren und nur 1 oder höchstens 2 Stuck Ktthe zu ihrer un- 
entbehrlichen Nahrung halten, mit Innbegriff der armen Wittwen, 
gleichwie sie in der Contributionali von denen Gemeinden hei 
ihrer Subrepartition ' nur sehr mässig taxiret su werden pflegen, 
so sollen sie auch an Roboten nichts mehr dann 12 Täge zu 
Fuss jährlich zu prästiren schuldig sein. 

• Diese ist die Grundlage des Urbai ii. wo es sodann in der 
Ausübun<r auf die mühsame Ausarbcituug des Detaiils an- 
kommen wird. 

,Es wird mir vielleicht hier eingewendet werden, dass die 
so betrilchtliche Neuerung im Ausmaass der Roboten, welche 
ich von denen bishero ttblig gewesten 12 Tilgen auf 36 und 
respective 48 Tttge erhöht habe, das Volk unwillig machen und 
vielleicht gar betrAchtliche Emigrationen verursacben dOrfte. 
Worauf ich aber antworte, dass ein solches ohne Geschrei frei- 
lich nicht ablaufen wird; inawischen aber, da der Fürst von 
der Moldau die Roboten eben auch eriiOhet hat, so hat man 
allzu grosse Emigrationen nicht su besorgen. Das Geschrei 
hingegen ist umsoweniger zu achten, als solche keine wesenV 
liehe Verkürzung zum Grunde hat, da man bey näherer Unte^ 
suchung der Sache ttberseuget wird, dass der Bauer um nichts 
anderes als um so viel Tilge, welche er sonst im Faullenzen 
zugebracht hätte, dabcy verkürzet werde. Die Viehzucht, der 
fast einzige (Icgcnstand seiner Oeconomie, erfordert, ausser dass 
er (las benötlugte Heu ftir sein Vieh auf don Winter besorgen 
uiusis, keine bcsundciu iVibcit, wozu ihm die erforderliche Zeit 
in so einem IJeberfluss belassen wird, dass er ausserdem nicht 
nur seiuo-n bisherigen Kukuruez, sondern auch mehrere Früchten 
ausgebig auzubauou imstande sein wird. 

' Vgl. duraber OmcIi. d«r Bokowina UI» «2. 



DigitjzecUsy. Coo§fk 



609 

,Die eingewurzelte Faulheit dieses Volkes ist das iiüupt- 
übei, welches man vor allen zu heben trat^htcn wird müssen/ 

Die ganze Reform Spleny's besteht also eigpditlich in der 
zu Gunsten der Gutshcn*cn geplanten Erhöhung der Robot, die 
fortan unter Uui^tiuiden viermal so gross gewesen wäre als in 
der moldauischen Zeit. Den Umstand, dass der Rukowiner 
Bauer eigentlich nur Vieh sein eiiren luuintr, ukannte \sold 
auch er schon als einen Missstand; aber noch spricht er sich 
nicht deutlich dahin aus, dass demselben durch die Verleihung 
von eigenthümlichen Gründen an den Banem abgeholfen werden 
mUsste. Er hält nur den Gutsherrn im Allgemeinen für vor- 
pflichte^ die Benütsang «eines Bodens dem Boiteni sn gestatten. 

8« OrUndlicho' ist bereits Ensenberg in dieser Ange- 
legenheit vorgegangen (1779). Seine Vorschläge ^ gehen dahin, 
die Bauern der Bukowina in drei Glassen an theflen; für diese 
Clasaen wählt er die Beadchnnngen: ^ganae Bauern^ halbe 
Banem, Häuder*. Der Onmdherr soll verpflichtet werden, 
jedem ,ganaen Bauer' 36 ,Tag-Acker', jedem ^halben Bauer* 
24 /fag-Acker^ und jedem ,HftuflIer' 8 /fag- Acker' zuzuwenden, 
der vierte Theü solle stets fUr die Hutweide bestimmt sein. 
Ausserdem soll der Grundherr jedem Bauer den ^erforderlichen 
Platz' für den Bau des Wohiiliauses und des Stalles und für 
Anlage eines Huusgartens überlassen. ,Dem Orundiierrn/ 
sagt er, ,soll es verboten sein, den Grund, so dem Hauswirth 
einmal zugetheilt worden ist, weder dem Hausvater noch seiner 
Nachkommenschaft jemals abzunehmen noch einen Tausch vor- 
zunehmen.' Er erblickt in diesem Verbote einen Iniptds für 
jeden Bauer, das Gut zu ,meIiori8iren' und eine gute Wolinung 
zu erbaue?! Das Holz, das der Bauer für seine Bauten als 
auch für dn Beheizung henöthigt, soll der Grundherr unent- 
geltlich demselben gewilhrcn, dies jedoch nur unter der zwei- 
fachen Voraussetzung, dass der Grundherr eine Waldung sein 
Eigenthum nennt und der Bauer mit dem Holze keinen Handel 
treibt. ,Die Jagd, Fischerei und die sonst dem GrundheiTu 
zustehenden Mühlen-, Brau- und Brantwein-, dann Schankhäuser- 
Alodialia und Grundherrlichkeiten verbleiben ohnehin dem Grund- 
herrn, wovon der Bauer keine BenüLtasung sich suaueignen hätte/ 

> Das Folgende ganz nach i lauer'« Aitmif der fimenbeig'aeheD 
Denkschrift (Qeich. Bilder 1, 20 f.). 



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610 



,Mir scheint,* fHhrt Enzenberg fort, ,der Billigkeit ange 
messen zu sein, dass jeder Bauer und Hausvater von der ersten 
Classc, nilmlieh der ijanze BaiK-r, dem Grundlicrrii jährlich 
24 Tage eitn llandrob<it uml 24 inge eine Fuhrrobot abgebe, 
und iiwar sull die Fulirrobot bestehen: aus einem Wagen, mit 
4 Ochsen oder Pferden bespannt, und von einem Knecht be- 
dient. Der halbe Bauer IH HandrobottA^^e und 18 Fubrroboten 
mit 2 Ochsen, von einem Knecht bedient Der von der dritten 
Classe oder der Häusler solle blos jiilirlich 24 Ilaiidroboten 
prästiren. SämmtHche aber (sollen) die Dezima von allen ]Ur>t- 
fruchten l abliefern): wenn aber der Bauer auf dem Felde Grün- 
zeug anbaut odor Obsltrarten anlegt, wäre er eben aueh die 
Dczima abzugeben schuldig, hingegen bei jenem G arteiigrünzeug 
und Obst, so er bei seinem Haus im eingezäunten Qarten er- 
zielty hat er keine Dezima, noch sonsten was absageben.' 

,An8tatt von dem üeu die Dezima zu geben, obwohl der 
Fürst Grigori Ghika^ nur für die Klaftor Heu 1 Paral oder 
l'/s d. bestimmte, was in der That zu wenig ist, bin (ich) der 
Billigkeit wegen der Meinung, dass der Bauer keine Heudezimn 
in natura, sondern 3 Parals oder 4'/^ d. bar in Geld dem Gmod- 
herrn ai)fü}n-e Ausser Obbemerktem sollte aber der Gnmd- 
henr nicht befugt sein, das Geringste vom Bauer abzuveriangen, 
noch wen von dessen Familie zu sich in die Dienste (su) 
swing^i sondern sich mit dem, was bemerkt ist, begnügen, 
und die Reparatur seiner Alodial- oder sonstigen Gebttude von 
den schon bestimmten Hand- und BNihrfrohnen und Roboten 
bestreiten.' 

^Damit aber der Grundherr diese Hand- und Fahrroboten 
auch gehörig benutzen kOnne^ ist vor sich(?), daaa (ihm) dar 
vierte Theil seines Terrains für sich als herrschaftlicher Gmnd 
verbleibe, und der Ueberrest auf die dassifieirten Bauern aus- 
getheilt werde/ 



Im tihrysow iat hievon keino Rede. Oewisa ist jedoch, da&i, t>chon lui 
17. Jahrhundert Ablr*.sgebahren f&t den Hensehent fiblich waren. VgL 
oben, S. 564. Später fmr man der Ansidity dus diese Belnition von der 
MiUtilradmitiistrntien (Spl^ny oder BitsenbeiY) festgeaetst wurde. (Sielw 
Boila^o 1.) Diee ist wohl, naeb obigen Worten Enzr>nberg's zu scblieaMOt 
unrichtig:; weil man aber vo>i der AM?5«unp^g;f'bühr nichts im Clirysow 
fnnd, no glaubte man, ihre Eiut'Ubrung Spl^y oder Ensenberg cnachreibeo 
!£u miiasen. 



I 



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611 



,E8 mUsste aber ein Re^ilativ gesetzt werden, daas näm- 
lich der Grundherr niclit auf einmal oder zur grössten Arbeits- 
7A\\i die Hand- und Fulirfrohnen abvcrlang^e, sondern der IJauer 
sei schuldig, nionat- oder höchstens quartalweis die Scliuldig- 
keiten zu prästiren Wenn der Gnmdherr Hand- und Fuhr- 
robot mehr als 3 Meilen von dem Dorfshottar (Grenze) entfernt, 
verwenden will, muss der Grundherr 3 Meilen für einen iaj^ 
sowohl ftlr den Hin- als Herweg dem Bauer zu Gute rechnen; 
wenn der Handlanger oder die Fuhrrobot auf dem bestimmten 
Arbeitsplatz sich befindet und des üblen Wetters w«ge& oder 
anderer Ursachen halben ohne Verschulden des Bauersmannes 
nicht gearbeitet werden könnte, mUsste der Robotstag dem 
Bauer zugute gerechnet werden. Vom Aufgang bis eine Stunde 
▼or Niedergan«; der Sonne ist der Bauer zu arbeiten schuldig-, 
and in der Zwischenzeit (seien ihm) 4 Raststunden zugestanden/ 

,Im Falle der Qrundherr anstatt der Hand- and Fahrrobot 
die Bezahlung verlangte, so steht es bei dem Bauer und nicht 
bei dem Orundherm^ sieh mit Qeld zu redemiren, folglich (es) 
dem Willen des Bauern überlassen ist, ob er Geld hi^Ür ab- 
geben wolle, wozu der Grundherr den Bauer nicht swingen 
kann/ 

fFVet eine Handrobot auf den Tag konnten schon einge- 
filhrtermassen 10 krl und ftlr einen mit 4 Ochsen bespannten 
Wagen 30 kr., ftür einen mit 2 Ochsen bespannten Wagen 
20 kr. ftar den Tag bestimmt werden.' 

,Gans gewiss würden dadurch die Ghnndherren um ein 
Merkliches besser wie acta bestehen kOnnen.' 

Auch Enzenberg's Ansicht ging also wie jene Spl^ny's 
dabin, zu Gunsten der Gutsherren die Robotverpflichtung der 
Bauern bedeutend au erhöhen, wogegen freilich ausser dem 
beibehaltenen Zehent die anderen früher zugestandenen Klein- 
gaben (Henne, Gespunst, Holzfuhr) als auch vor Allem die un- 
gemessene Robot bei der Gebäudereparatur ausfallen sollten. 
Auch erhöht er jjrcgenübcr dein Chrysow die Schankgerechtsame 
der Gutsherren. Aber er forderte von denselben eine Gegen- 
leistung: sie sollten den II n 1 1« rt Ii a n c n Griiude erbeigeii- 
thttmlich überlassen. Hier finden wir zum ersten Male den 
Gedanken ausgesproehcn, einen rustieulen Jic^ii^i iii der liuko- 
vrma zu sehafTen. Er wiederholte dieselbe Forderung auch bei 
deu schon öfters erwähnten, im Jaiire 17äO in Wien Uber die 



612 



OrganiBirung der Bukowina geptlogencn Verhandlungen, wobei 
aaeh wieder scharf betont wurde, dass nur die Kohot in dem 
erwähnten Masse und die ^Decima' zu lei&ten wäre, alK; anderen 
Abgaben und Verpflichtungen dagegen aafnihören hätten. 

4« Den Gedanken an die erbliche Ueberlassiuig der GrBnde 
an die Banem nahm anch der Bojar Baiach b in seine bereits 
erwühnte Beschreibung der Bukowina auf (1780). Hier lesen wir in 
dem Abschnitte ^Von der Umschaflfung der Bauern' Folgendes:* 

yWttre vor allen die Erhusung einer Verordnung erforder- 
lichy durch deren Bekanntmachung jeden Bauer eine gewisse 
Zeit au bestimmen, binnen welcher derselbe seine Hütte in einem 
branchbaren Stand su setsen, und nicht serstreut au leben, ge- 
halten sein soUe. 

jDamit das aller Witterung ausgesetzte Vieh einen grtfs» 
seren Wachsthum erreichCi und die benMhigte Pflege nicht 
femer demselben entzogen werde, wire denen Bauern, Ställe 
zu errichten, unter einstens aufzutn^en. 

jWäre (las Erdreich jedem Bauer nach dessen Verin(>gens 
Stiind zur BtMirbaruni^ einzutlieilcu, und nach Ableben Jercii 
Vuter denen nothwcndi<;en Erben als ein Succesionsrechl ab 
intüöüito erblich anheini zu fnllon, welches die Leute von selbsten 
bemutlii^'-cn würde, die fruchtbare Erde in einen vollkommeo 
blühenden Stand zu versetzen, und solchergestaltcn ihre Hüten 
niemals zu verlassen. . . 

Auch Balsehs hält also die Hcstiftimir der Bauern mit erb- 
eigenthümUchen Gründen filr cnie jrrundlegende Reform. 

Alle diese Plfine kamen zuniitdist nicht zur Ausfiihrung. 
da man iiher die Urganisatioa der Bukowina überhaupt nicht 
einig wurde. 

5. Ebensowenig wollte Kaiser Josef, als ihm offenbar 
bei seiner Anwesenheit in der Bukowina im Juni 1783 gar der 
Vorschlag einer 64t8gigen Bobot oder Reluirung derselben mit 
7 fl. vorgelegt wurde, dieser Neuerung seine Genehmigung 
gewähren. Seine diesbeBttgliche Entscheidung ddo. Caemowits, 
19. Juni 1783 lautet:* 

,1"" Hat der bestimmte Contributionsfuss noch in Suspenso 
zu verbleiben und sind nur die Schuldigkeiten der Unterthanen 

* Jahrb. de« Bnkowiner LandMimiMiiiiis III, lOBf» 

* Eb«nda, & 60. 



OigitizediDy Qoogim 



613 



pjegen ihre Obrigkeiten sogleich bestimmt hinanszngeben, zu- 
gleich ist aber auch auf die Plintanhaltung aller Bedrückungen 
und ExceBsen von Seite der letzteren mit allem Ernste au 
flehen; . . . 

^ die Wahl zwischen der 64tagigen Robodi oder einer 
Zahlung Ton 7 fl. ist denen von Mir in den anderen Erbbinden 
festgesetzten GrundsIltBen nicht gemäss. Es muss also den 
Grundobrigkeiten die Wahl nur in dem gelassen werden, ent> 
weder ihre Ailodialgllter selbst zu bebauen, oder selbe an frei- 
willige Pächter, oder, was das Beste wlre, an ihre ünterthanen 
entweder gegen Natural- oder Pecnnialabgabe, oder auch gegen 
andere zu bestimmende Schuldigkeiten; als Heumachen, Holz- 
schlag und ZuftLhrung etc. auf so viele Jahre, als es ihnen an- 
stehet^ zu Überlassen, weil die praestation der Natnn^-Boboth 
der Unterihanen so viel mOglich aufzuheben, und alles, was der 
personal-Leibeigenschaft ähnlich ist, bereits ganz aufgehoben, 
und dagegen alles, was einen Bezug auf freie VorluMrathung, 
Ilandwerkserleriumg etc. hal^ eingestanden worden ist. . . / 

Es ist bezeichnend, dass der Kaiser diese Bestimmungen 
gleich in den ersten Punkten seines fUr die Verwaltung der 
Bukowina so bedeutenden Schreibens trifft. Es geht daraus 
hervor, welche Bedeutung er der Ordnung des Unterthans- 
verhältnisses beilegte. Im Grossen und Ganzen werden ia dem 
Handschreiben des Kaisers eiu'entlieh nur die bestehenden Pacht- 
verhältnisse gutgciii'is-.* 11, wodurch er sich zuudcich gegen die 
Einführung eines eigentlichen Untcrthansverhältnisscs aussprach. 
Noch deuthcher sprach sich der Kaiser im Jahre 178G in dem- 
S('ll)en Sinne aus. Als er nämlich nach seiner zweiten Bc- 
rcisung der Bukowina (24. — 27. Juli) mit dem Selireiben ddo. 
Lemberg, 6. August 1786 die Vereinigung der Bukowina mit 
Galizien verfügte, bestimmte er ausdrücklich im 6. Punkte des 
citirten Schreibens Folgendes:* ,Will ich, dass die Bukowiner 
ITnterthanen in der Glebigkeit und Robot noch i;Instweilen, wie 
dermalen unter dem Militari,^ gehalten werden.' Hiemit war 
allen bisher zu Ungunsten der Bauern geplanten Erhöhungen 
der Unterthansleistungen asunllchst ein Ende gesetst Ueber 



^ Jahrb. dM Bukowiner LaadaimiiMiiiiis in, TS. 

' D. h. «nr Zeit der HUittürsdiniiiiitratioii dnrab Spl^ und EnMnborg 
(1774—1786). 

Anbir. LXXXTI. B4. II. BUfto. 41 



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614 



spiitcrc Versiu lic, die BeBtimmiinp^cn des Chrysows uusäcr Kraft 
zu SüizQUf wird weiter uiitcu gehandelt werden. 

6* Mit dem Uebergange der Bukowina unter galizische 
Verwaltung kam nun auch bald die Frage betreffs de« msd- 
calen Besitzes zu einer vorläufigen Lösung. Dies geschah mit 
dem fcJgenden Kreisscbreibcn: ^ ,Unt6r dorn 24. vor^en Monats 
ist die aUerhOchste Verordnung ergangen: Dass der unterthMnige 
Besitasstand ftlr die Bukowina^ wie selbiger mit dem 1. November 
1786, nämlich in dem Zeitpunkt der V<^inigung mit Galizieo 
gewesen ist^ zur Grundlage angenommen werde, mithin jene 
Gründe, die sich damals in dem Besitz eines Unterihans be- 
fanden, ab unterthänig erklärt, und von diesem Zeitpunkt 
dem Herrn untersagt sein soll, diese Grilnde dem Unterthan 
abzunehmen, oder ohne seine eigene Einwilli<i^ung und das Vor 
wissen des Kreisamts gegen andere zu vertausclicn, oder auch 
eine Al)sliftuii;: von derlei Gründen ausser den in dem Unter- 
thanöpatcnt vom 1. September 1781 festgesetzten Fällen vorzu- 
nehmen. Loinhcrjr, den *2'2. Miirz 1787. Joseph des 11, Ii. R. 
Grat" von I'rii^itlo. .Joscpli (inif O'DoneU/ 

So war mit einem Male diircli die kaiserliehe Entschliessung 
aus dem dominicalen Grundbesitze der rusticale au^ 
geschieden. Zwar erschien einige Wochen spJtter ein con- 
fuses Kroisschroibea ddo. Lemberg, 16. Mai 1787, nach welchem 
angeblich der Kaiser seine Verfügung widerriul.- Dasselbe be- 
rtibte jedoch auf einem Irrthum und wurde daher durch ein 
neues Kreisschreiben ddo. 26. Juli 1787 ausser Kraflt gesetstj in 
diesem wnrde neuerdings die Bestimmung des Schreibens vom 
22. März als geltend angeführt,' was aueb später durch ein 
Hofkansleidecret vom U. Februar 1805, Z, 2222, bestätigt wurde. 



* Pi]l«r*Mhe OamtMunmloDg Bd. 1787, 8. 66. Dm entspreeheiide HoMeent 

war YOni 24. Fobmar 1787, Z. 416, datirf (Heber den Ursprung im l lie 
Entwicklung' (Us UatorthansverhältniHes iu der Bukowina, S. 81). Ygl. 
auch Dnlacki, a. a. O,, 8. 196 f. 
» Ebenda, «. 110. 

* Dieses Kratawlireibeii iat in d«r Piller*teh«n Ssmmlniig uickt abgS' 
dmekt Ich babe von diesem Xi«iiackre\ben, i*ie «nch Uber die wtSkt 
unten citirte Bestlti^nf desselben Knude nw einem bandsebrilUiebse 

Hefte erhalten, das aus dem Nachlasse des um die Qeachichto der Bnko- 
wina lioclivcnlicnton FinanzraUms a. D. Fran« Adolf Wickonhaaser 
borrührt Die amtltcbo Stellung bat os diesem Forscher müglicb ge- 



Digitizec l 



615 



Im Sinne der Verordnung vom 22. März 1787 ist auch mit einem 
Krci SS eil reiben vom 2. Mai 1792 fcst<?08etzt worden, dass alle 
Besitzvcrilnflerunjxen nacli den in Galizien bestehenden Vor- 
schriften dem Kreisamte augezeij^ werden bulien, um dio rntcr- 
thanen gegen Bedrückungen durch die Gutspächter /u si( hern 
und dem Kreisamte stets die ndthige Kenntniss zn verschali 'n^ 
Dementis) »rechend erfloss ferner am (5. Juli 1803 eine kaiserliclie 
Weisiini:^, womach den Dominien in der Bukowina nicht einmal 
eine einstweilige Benutzung der durch AuswanderungsfUlle er- 
ledigten Unterthansgrilnde gestattet werden 8oUte| damit jeder 
Schmälerung unterthänigen Besitzes vorgebeugt werden solle.' 
Deshalb wurde auch femer bei Entscheidungen, ob ein Grund« 
stück rustical oder dominical sei, stets auf die Verhältnisse yom 
]. November 1786 (,Normalzeitpunkt^ Rücksicht genommen. 
Dies ist z. B. auch aus den Processen der Lippowanergemeinde 
Fontina alba mit dem Religionsfonds um gewisse Qebiete zu 
ersehen, worüber man die Schrift ,Da8 Entstehen und die Ent- 
wicklung der Lippowaner-Oolonien in der Bukowimt', S. 52 
und 58^ vergleichen möge* Uebrigens wird in Knna' ^Leitfaden 
im Domfinenfache', der etwa 1836 ausammengesteHt wurde^ 
das Ereisschreiben vom 22. Mftrz 1787 ohne irgendwelche Be- 
schränkung ab gütig angeführt' 

Trota der Erklärung der Beständigkeit des rusticalen Be* 
Sitzes blieben die Verpflichtungen der Bauern gegen die Guts- 
besitzer im Grossen und Ganzen unverändert So waren also 
die bezüglichen Absichten Enzenberg's wenigstens zum Theil 

macht, diese M.ateri.ili(Mi zn primmoln. D.is Iloft ontli?Llf vorzfit^licli <lio 
Verlianclhni'7'''f üImt dio Dot-ition der Htikowinor H.nnrrn mit orbetgeu- 
thümlicheu (iriindcn, worüber weiter uutou die HqaIo sem wird. 

* Dasselbe ist gedruckt in Filler's GoAetzsammlong für Qalisien 1792 
8. 38& TgL Beilage 1 aua Kons, Leit&den dtot Domtoenfaohefc Mit 
dem Datam 8. Hai haä ieb daa Sohreiben auch in Wiekeohsaaer*! 

■ Matorialion. Bei U. Drdacki, Dio Frohnpatonto Galizions (Wien 1838), 
S. 210, ist dagogpn als Datum des Erlasses d< r 10. Fnhnuir 1702, Z. 5085, 
aiigegelxjn. Dif VL'r.'irliiedenPn palizischon Vorschriften, welche fortbin in 
der Hiikim iua gtilteii sollten, sind datirt vom 23. November 1782, 5. Jünner 
und 18. April 1784. 

* Nadi Wiekonbau8er*a Uaterialien. 

* Ygl. Beilage 1. Dagegen hat Drdacki von der Anfhebnng dea Kreia* 

aehieibeus vom 16. Msu 1787, das er a. a. O., S. 210, ( Itirt, keine Kennt- 
Tiiss. Seine Mittheilnngen über die Bokowiner Verb&itniaae aiod Qher- 
baupt fast gleich Nall. 

41* 



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616 



wwirkUcIit worden, ohne dass die von ihm ans diesem Qnmde 
geplante Mehrbekstung der Bauern erfolgt wäre. Der Qhika'sehe 
Chryßow oder richtiger der StatoB quo, wie ihn ESnzenberg ver- 
zeichnet hatte, blieb auch jetat die Grundlage der Unterthaos- 

verpflichtunf!:en. * 

7. Mit der geschilderten lieforin frab sich die Ttegierang 
für die Dauer nicht /utriedcn. Wohl war nun ein gewisses 
Ausraass von Grund und Boden fUr die Dauer rustical ge- 
worden, aber dieser rustieale Besitz war doch nicht Privatbesitz. 
Die von den domin iealen Gründen naeh dem Stande vom 
1. November 1780 in den einzelnen Gemeinden .'i}>tre trennten 
rusticalen Antheile blieben zunächst der ganzen (xeiucinde zur 
Benutzung. Ks fan(h'n auch fernerhin jeden Frühling Ver- 
theilungen stntt, gerade so wie vor dem Jahre 1780. da der 
Grundherr seinen Iranern, wie sich Spl^ny ausdrückt (vgl. oben 
8. .')'J4), in concreto das Land anwies. Die oben, 8, 605, ziu* 
Illustration der mit dieser Vcrtheilung verbundenen Unzukömm- 
lichkeiten angefllhrte Urkunde vom Jahre 1788 kennKcichnet 
auch die Verhältnisse nach der Schaffung des rusticalen Be* 
Sitzes. Jetzt wie frUher fanden in der Regel jährlich NeuTer 
tbeilungen der Aecker statt. Diese sicher alte Sitte hatte zo- 
nächst darin ihren Grund, dass bei der stets wechselnden Z.ihl 
der Bauern und bei der ebenso wechselnden Arbeitskraft der ein 
zelnen Wirthe (durch Zuwachs oder Abfall in der Familie^ durch 
Ankauf oder Verkauf von Zugochsen) stets im Verhältnisse sor 
Zahl der Wirthe und ihrer Bedttrfbisse die Nutzgründe ▼e^ 
theilt wurden. In getneinaanier Benutanng scheinen stets die 
Hutweiden verhliehen zu sein; in individudlem Einzelbesita be- 
fanden sich dagegen die Hofstütten, auf denen die Häuschen 
standen und die Gärten angelegt waren: bei diesen konnte 
natflrh'cherweise eine jährliche Vertheilung nicht stattfinden. 
Ebenso dürften auch schon nach dem Herkommen Rodgrüode 
unwandelbar dem Hersteller derselben und seinem Erben gehört 
haben. Dies wurde — wie wir noch weiter unten sehen werden ^ 



' Daher ftlurt mwoM Kam in feinem Utiiegmpliirten »LeltfiideB äm 
Domln«n&oh6t* (ciioa 183S)» il« aneli Drdaeki in ramam Bneli «EVolui- 

patente Galizieiu^ neben dem CSuysow die weiteren nm boroits be- 
knnnten Bestim rannten an. Kunz horuft sich hiebei .inf dt-n Statut 
quü; I^rrlnrki f^a^t, os geieu ,vuu der Militäradininistr&tioa im Jabie 
1781 gumachta Ziuiätxe und Erläuterungen'. Vgl. Beilage 1. 



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617 



durch ein IlidUucret vom 15. Msirz 1810 bostiltijLTt. Nur soiche 
Kodgründc konnte unter Uin:sUiudcn d<'r 1.* niitzer derselben 
verkaufen; allenfalls aber nicht an Leut« aus (■incr anderen Ge- 
meinde, weil dagegen sowohl der Grundherr als die ei^^ene 
Gemeinde protestirt hätten. Wie verwickelt diese Kechtsver- 
hältnißse waren, ergibt sieh z. B. aus folgendem Processe.* Im 
Jahre 182 1 meldete der Klimoutzer Insasse Iwan Titow, dasa 
er von dem verstorbenen Richter von Fontma alba, Larion 
Petrowiez, die Balta Sitarului, eine Waldwiesc von beiläufig 
15 Faltschen, gekauft habe, für welche er d r Inshengen Guts- 
pachtong einen besonderen Zins von 10 fl. W. W. zahlte. Die 
OommiBsion beliess ihn zanächst auch gegen eine jährliche Ab- 
gabe von 10 fl. C-M, in seinem Besitze. Als sich aber die 
Commission am folgenden Tage — 23. März 1821 — nacli 
Fontina alba begab, gaben die lippowaner daselbst an, daas 
Larion Petrowiez nicht berechtigt war, jene Wiese, welche 
übrigens nicht 15 Faltschen, sondern 103 Joch 412 Quadratr 
klafiter messe,* zu verkaofen, weil dieselbe der ganzen Ge- 
meinde gehörte. Jener Verkauf habe also keine Giltigkeit| sie 
seien aber bereit, aus Achtnng für den verstorbenen Verkttufer, 
der in seinem hohen Alter schon kindisch war, das Eaufcapital 
per 170 fl. W. W. zu ersetzen, sobald das Grundstack der Ge- 
meinde zurttckgestellt werden wird. Thatsilchfich sprach die 
Commission die Wiese dem Titow ab and rechnete dieselbe bei 
der damals vorgenommenen Bemessung der Abgaben unter den 
Besitz von Fontina. Als aber die Protokolle der vorgesetzten 
Behörde in Lemberg vorgelegt wurden, regte diese die Frage 
an, ob dieser durch Rodung entstandene Grund nicht Eigenthuni 
der Herrschaft sei. Als sich nun der Process fortspann, trat 
sehliesslich noch eine vierte Partei, die Gemeinde Suezaweni, 
mit Ansprüchen auf die Wieso hervor, weil sie die Pojana 
Sitarului noch vor der Besiedeliing von Fontina alba mit Lippo- 
wanern mit Feuer gerodet und hierauf beweidet hätte; auch 
läge ein grosser Theil derselben in der Gemarkung ihres Dorfes. 



* Vgl. Kaindl, Du Entiieben und die EntwicUiuig der Lippowaner« 
Golonieo in der Bukowina (Wien 1896), B.blf. DIeie Schrift bietet 
aberbanpt maachmi Beitrag mr Geeehiolite dw Untertbaiurti^tigkeiten 

in «1er Bakowiaa. 
' 1 Faltsebe = 1*8 Joch, 



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618 



Anderseits wurde festgestellt, dass Mönche aus dem Kloster tu 
Fontina alba ebenfalls an der Rodung sich betheÜi^ hatten^ 
bevor die Wiese an PetrowicE fiberging, der ebenialk mit der 
Rodung fortfuhr. Auch Titow hatte gerodet, wofktr ihm die 
Suoaawener Ersatz leisten wollten. Die Herrschaft betonte, 
dass nach dem Hofdecrete vom 15. Mära 1810 das Nutanngs* 
recht eines Rodgrundes awar demjenigen gehört^ welcher ihn 
urbar machte, und auch seinen Nachkommen belassen w^en 
muss; Pettowica sei aber ohne Erben gestorben^ und da die 
Rodung nicht vor 1786 geschah,' so falle die Wiese der Herr- 
Schaft surllck. Hierauf fiülte im Jahre 1825 das Kreisamt das 
Urtheil au Gunsten des Iwan TStow aus Klimoutz; doch muss 
die Wiese bald darauf wieder ihm genommon worden sein und 
kam nach cincoi langwierigen Processe mit der Herrsdiafl 
schliesslich in den Besitz der F'ontiner. 

Aelinliche Processe werden nicht vereinzelt f^ewescn sein. 
Wenn aber schon bezüglich der liodgrilnde es nicht an Streitig- 
keiten gefehlt hat, so ist ganz gewiss der Kampf bei der Ver- 
theilung der A< ckcr und Wiesen ein steter gewesen. Da es in 
der Macht d(^s Dorfrichtei*s lajx, das Nnfzunnfsrecht der em* 
zelnen Grundstücke für das foli^ende Jahr zu belassen oder so 
nehmen, femer diese Gründe dem einen oder dem anderen 
Wirthe zuzuweisen u. dul., so müssen die Unzukömmlichkeiten, 
welche der oben citirte Bericht von 1788 schildert, an der 
Tagesordnung gewesen sein. Vor Allem aber muas noth- 
wendigorweise auch jetzt, trotzdem ein rusticaler Besitz be- 
stand, der erwünschte Erfolg ausgeblieben sein, dass die ein- 
zelnen Bauern auf die Verbesserung ihrer Felder und Wiesen 
bedacht seien. Dies unterblieb, weil der bleibende Besitz auch 
jetzt dem Einzeben nicht sicher war. 

Diese verderbliche Einrichtung in der Buk wn a wurde 
zuniichst in ausgedehnterem Ma.ssc durch die HeilK ihnii; «U^r 
deutschen und ungarischen Colonisten mit erbciguiithüuiliclieD 
Gründen dtirchbrochen.- An eine allsremcine Urlmrialrcgulirung 
dachte man bereits auch in den ersten Jahren nach der Ver- 



* Man vorgleiclie uusere Uomorkungen über diesen ,Nui:malzeitpuukt' üt>ea, 
8. 615. 

* ICan vef^l«ielie darflber beflonden Wiekenfasnser, Molda S. Bd«Ii«ii. 



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C19 



eiuij^uu^ der JJukuwina mit < ,aliüieD.' Hieraufhat-' im Jabrc 171io 
die kaiserliche Gestüts Verwaltung in der Bukowina, bald nachdem 
sie die iieli^iuiibiuiidslierrsehaft Kadautz übeniommen hatte/ mit 
Bewilligung des Ilof kriegsrathcs .die ircoraetrische Aufnahme 
und Einthoihm^ der untertliani^eii (uiiude in den zu dieser 
Herrschaft [r<'lMiri}j;eD Dorischaftcn Milleselioutz, Badeutz und 
Burla vo^p;enumnlen^ Hiemit war otienbar iu diesen drei Ge- 
meinden dir erste Sehritt zur Betheiluug der Bauern mit 
individuellem Grundbesitz gemacht worden.* Im .Jalire 1795 
trug liierauf Pauli, Wirthschaftsdirector der liorrsehaft Radautz, 
beim Kreisamte an, nach dem Beispiele der oben genannten 
drei Dürfer die Gründe in der Bukowina Uberhaupt einzuthcilen; 
or wurde jedoch mit diesem Antmire abgewiesen. So währten 
die geschilderten Missstiiude weiter fort. Daher kam es Yor^ 
dass damab einawlne Bauern durch besondere Gesaehe um erb- 



' So heisMt e» z. B. in dem am 24. Hai 1788 VOd der Hofkanzlei an den 
gaü'/.isrliou Staat«gtitera<!muiistr;itor v. Ainner gerichteten Decrete: ,9. Mass 
es a) hei der den Untertliaueu der UerrKclinft KimpolTinp' von der 
Militiiradininistration zugeHicbertdu Stouerfreibuit bis zur neuen 8teuor- 
vad Urbarienregulirung sein Terbleilmi halten.' Ferner: ,19. Werden 
die Schuldigkeiten der Unterthanen an den Landeaflinten nnd die Gnind* 
heraen dnich die new Sleaenegnlirang beeUmml werden«* Vgl. femer 
Beilage 33 in Kai u dl. Das Rutatehon und die Sntwicklung der Lippo- 
wanor-r<)lf>nit»n in der Bukowina: ,Soll es bei gegenwSrtipom Antrage 
und den durch selben .sti|iulirl«Mi Grundschnldipkeiten «o lange Mcin iinab- 
äiiderlicbe« Verbleiben haben, alä nicht eine allgemeine Kogulirung der 
Unterthansgalien erfolgen wird (1790).' 

' Alloä Fulgeudo nach dem liaudiichriftlicben Materiale Yon Wickon- 
baneer, anf das oben, S. 614, Anm. 8, bingewieieii wurde. Ich habe 
■eine AuisOge der xaUr^eben Urkunden mit mQgliebster Qenaoigfceit 
beuQtst und in dem Wortlaute derselben nur bie und da kleinere Aeu> 

dorungon Tur^rnommon, wo dies nnnnip'inglicb nothwendig erschien. 
Tlio und <lri l-loilx'n alli'iif.nlls Zweifel iihrig, weil der vorewi<i,'to Verfasser 
die St<>d'8aiutnlung »uuüchtit mi ö'i^miGiü Gebrauche angelegt hatte. Doch 
hoffe ich, daaa in keinem wichtigen Punkte ein Irrthum aich eiuge» 
«chlieben hat Die auf Wiekenhaueer's Haterial beruhende Darrtelloog 
reieht bis sum Schlüsse des § 8. 

* Diee war am 1. Hai 1792 geeeheben. Tgl. Asb^th, Die Beligionafonde- 
berrschaft Radauta (herausg. von J. Polek), 8. 17. 

' Leider ist der oben wörtlich citirfe Auslug bei Wiekenbauser nicht 

ganz deutlich. Man vorgleiche dazu unten, S. 626, wo von einer bereits 
Ktattgefundpnon I?etheilung der Bnuem ;uif Religion -fondiigütem mit he- 
bestimmt bemessenen OrUndea die Kede ist Vgl. aber auch 6. 62S u. 642. 



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620 



cigenthümliche Gründe ansuchten. iSo überreichte z. B. im März 
1801 der Lippowancr Larion Petrowicz, Dorfvorsteher von 
Warnüa-Fontina alba, ein Gesuch um erbliche Uebeilassaiig 
des in seinem Besitze betindlichen Haus und Hofes, wobei er 
jedenfalls an seineii ganzen Grundbesitz; dachte; gleichzeitig b«t 
er um Regiüirung seiner landesfUrstlichen Steuern und der herr- 
schaftlichen Kobot. Darüber ertheilte, nachdem das Kreisunt 
diese Angelegenheit an das LandesgtibtM'nium in Lemberg ge- 
leitet hatU^ diese Landesstelle am 1. Juni 1804 folgenden Be- 
scheid: ,Dem königlichen Kreisamte wird in Erledigong seines 
Berichtes vom 9. August 1802, Z. 5901, Uber das toq dem 
Larion Petrowicz, Aeltesten und Vorsteher der dortkreisigeD 
Lippowaner Ansiedlungsgemeinde Wamitsa^ dem £«andesprl* 
sidium am 9. Juli 1802 Qbergebene Qesaoh erwidert^ dass aid 1 
keinem Anstände unterliegen werde, dem Bittsteller sowohl als 
den Übrigen Mitgliedern dieser Lippowaner-Ansiedlung aeineneit 
die Grundstucke filr sie und ihre Erben in Nutsungseigentbum 
zu ttbergeben und darüber ordentliche Onmdbttcher errichten 
zu lassen, wenn einmal die Grundsätze, nach welchen die Do- 
tirung der Untcrthanen einzutreten hat, festgesetzt sein werden. 
Weswegen sodann ad 2 nach geschehener Regulirung des 
Grundbesitzes oder der eigentlichen Dotation auch die Urbarial- 
schuldi^^ktitun ftlr jeden in Baarem nach dem VerhUltnisse des 
Grundbesitzes werden bemessen und für immer festgesetzt 
wer Jen/ 

Wie wir aus dem Wortiiuite dieses Bescheides sehen, war 
die Frage nach der erbcigentluunliclicu DoUrung der Bauern 
mit Gründen wieder in Fluss gerathen. Der oben genannte 
Pauli lialle diese Angelegenheit nach dem ersten missluiigeüen 
Versuche nicht fallen lassen, und was ihm als Wirthschafts- 
dircctor nicht gelungen war, das brachte er nun als Stiuitsgiiter- 
ins|»ector thatsächlicli in Fluss. Am 2. September 1802 brachte 
er wi(»di r die Rogidirnng des Grundbesitzes in der Hukowina 
in Vorsclilai!;. wobei zugleich — man beachte den ParaileHsmus 
mit dem oben citirten Gesuche Petrowicz' — die grundobrip-- 
keitlichen und landesfürsthchen Schuldigkeiten und Abgaben 
rcgulirt werden sollten. Diese Vorschlagci wurden zuniielist 
vom Kreisamte am 17. November desselben Jahres und dann 
eingehender unter dem 12. Februar 1803 begutachtet und, wie 
es scheint, sodann nach Wien geieiteL Infolge dessen orfloss 



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621 



aiu jJ.S. Juni IbUü, Z. lU.'J'iü, eiiic Alioi liücliblc llütentschliubbung, 
woriiach 1. den Unterthanen in dei Bukowina die Ijeiiiitzung 
einer bestimmten Menge Gründe filr beständiji; zugesichert 
und durch die Absonderung des dominicalen vom rusticalen 
Grunde, ferner durch die Vertheiluni,^ Ii s l(;tztercn an die Unter- 
thanen die V^orbereitung zu einer künftigen Grundsteuer- und 
Catastralverfassung zu legen sei. 2. Als Massstah der Dotining 
der Bauern sollte derselbe gelten, wir er zur Dotii uiiL'' der Buko- 
winer griechiseh-nichtunirten Pfarrer angenommen war, also 
44 Joch (ä löCX) niederösterr. Quadratklafter), und zwar 22 Joch 
mit Winter- und Sommerfrucht, 11 Joch brachliegende, 9 Joch 
Wiesen und 2 Joch als Haus- und Gai-tengrund. Doch sollten 
ganze, halbe und viertel Bauern unterschieden werden. 3. Das 
Gchirgsvolk des Russisch- und Moldauisch-Kimpolanger OJloIs 
sei bei der bisherigen Benutzung seiner Wiesen und Rodungen 
8U belassen. 4. Dii; durch den Status quo bestimmte Vertheilung 
der UnterthAUSgiebigkeiten und Schuldigkeiten in der Bukowina 
sei nicht gerecKt, weil hiebei Grösse und Beträchtlichkeit des 
GrundbesitzeB nicht berdcksichtigt sind, sondern alle gleich be- 
messen werden. ÜTunmehr sollten die verschiedenen Verpflich- 
tungen mit KUcksichtnahme auf die VerhUltnisse zwischen Gmnd> 
herren und Unterthanen, auf die eintretenden Localumstände 
und auf die Grundvertheilungen an die Unterth«nen, schliesslich 
auch mit Btlcksicht darauf an bestimmen sein, ob der Zehent 
au%ehoben oder beibehalten werde. Ferner wurde 5. hervor- 
gehoben, dass aus dem allein als Urbarium geltenden Ghika- 
Bchen Ohrysow sich eine festgesetste Dotimng der Bauern nicht 
ergebe; zugleich wurde darauf aufinerksam gemacht^ dass bei 
der Bestimmung der Schuldigkeiten der Bauern yieUeicht die 
VerhflltniBse, wie sie in Polen bestanden hatten, in Betracht ge- 
zogen werden könnten. Schhesshch wurde vor Allem noch 
6. betont, dass der St<itiis (juo nur dort aufhören und das neue 
( erst zu bestimmende) Urljariuin über die unterthänigeu Schuldig- 
kciteu statthabeu sollte, wo der dommicalc Grund vom rusticiilen 
auf ewige Zeit abgesondert und letzterer den Unterthanen nach 
einem bestimmten Mass für immer zur Benutzung werde zuge- 
theüt werden. 

Aus dem vorstehenden Erlasse, der nicht so sehi* end- 
giltigc Verordnungen als vielmehr Anregungen und Weisungen 
enthielt, ergibt sich zunächst klar, dass die leitenden Kreise 



622 

jetzt fUr dio Dotirung der liauern mit erbei^routhiiiuliciieo 
firfmtlen gewonnen waren und um diesen Preis, wie einst 
finzenbei^, aucli eine Aenderung des alten Urbarial Verhältnisses^ 
und zwar jedenfalls zu Gunsten der Herrschaften, zninlasseD 
geneigt waren, l'^s folgten nun Uber diesen Oegenfitmd neuer- 
dings Antrüge des StaatsgUterinspectors Pauli vom 14. November 
1803 und ebenso des Kreishaaptmannes Schreiber vom 37. Sep- 
tember 1804. Im letzteren Jahre war auch der Hofrath Reich- 
mann in die Bukowina gekonmien, um die Verhältnisse kennen 
zu lernen. Ueher seine Beobachtungen erstattete er folgenden 
Bericht: Das dermalige Verhältniss zwischen Obrigkeiten und 
Unterthanen ist fUr beide Theile ungünstig und steht einem 
dauerhaften Wohlstand der Bukowiner Einwohner entgegen. 
Daher sollen die Unterthanen mit Gründen aur beständigen 
Benutzung dotirt werden. Der Ackerhan soUe nicht auf Kosten 
der Viehzucht begünstigt werden, sondern der Viehstand die 
möglichste Aufnahme nnd Erweiterung finden. Die Gründe, 
welche am 1. November 1786 sich im Besitse der Unterthanen 
befanden, sollten, wenn dies (d. h. wohl die FeststeUung dieser 
Gründe; siehe unten!) nicht mit grossen Schwierigkeiten ve^ 
blinden wHrc, nach drei Classen vertheilt werden. Die Unter- 
thiins6clmldigkeiten konnten nach dem Masse des Grundbesitzes 
eines jeden Unterthans bestimmt werden, jedoch so, dass die 
(iriindherren, wenn die Frohnta£re vermeint würden, auf da^ 
Zehentreclit verziclitrn sollten. .Jetzt khiiri'U die Gruiidhcrren 
über geringen Ertmg ihrer (J Liter, diu Buucrn aber über Be- 
drückungen und Grund verkfVrssungen. Die (iutsherren haben 
mit der gerincren Robot luu h dem Stjitus quo kein Auslangen; 
8i(i müssen daher iiiil den Unterthanen Verträge scbliessen, um 
theils gegen Baarbezaiilimg, theils ixegi ii Nachlass des Zehent?^ 
molir Frolintugo zu erhalten. Bei der vorzunehmenden lieloriu 
krnmte uinii f'oi^^rudcrmassen vorgehen. Angeuommon, dn«?*? der 
Zehent von 100 Urimdwirthen 1000 11 werth sei und man den 
Arbeitstag mit 1.") kr. hereehin', so < ri;ibt sieii tiiv den Zehent 
ein Aequivalcut von 40üU FruhnLagcn. Dazu kämen 12üU Frohn- 
Uigc naeh dem Status quo, also hätten die 100 Wirthe zu- 
sammen 5200 Frohntage zu leisten, welche auf dieselben im 
Verhilltnisse zum Flächeninhalte ihres Grundbesitze umzu- 
legen wären. Oder es könnten ftir den Zehent ganz oder 
zum Theil Natural- oder GeldgieUi^keiten eingefUhrt wer 



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623 



den,' welche jcdocli den Werth des Zehents nicht übersteigen 
dürfen. Beztlglich der Klagen der Bauern wef,'(»n (irimdeot- 
zieliungen ist zu bemerken, dasö njich den Krcisschreibeii vom 
22. Mllrz und 26. Juli 1787 der Besitzstand vom 1. November 
I7S(') lu^i vorkonunenden Streiti<;kelten aufrecht zu erhalten 
war. Seit dem 1. Novembt ]■ 1780 sind aber viele neue An- 
siedlun<;cn entstanden, dienriiude wurden weiter zerthedt oder 
herrschaftliche (iriuide an }2:erin<r dotirtc Bauern verliehen. In 
dieser Ik'ziehunj^' sind die Berichte des Inspcctors Pauli vom 
14. November ISOli und des KreisbauptmanneB Schreiber vom 
27. September 1804 zu vergleichen. 

Infolge dieses Berichtes Reichmann 's erfloss eine AUer- 
höchste Entscldiessung vom 16. August 1805. In Ueberein- 
Stimmung mit dem Berichte bezeichnet sie eben&ils die bis- 
herigen Verhältnisse sowohl fllr die Gmndhenren als für die 
Unterthanen für ungünstig und der Begründung des dauerhaften 
Wohlstandes für hinderlich, daher die Unterthanen ehestens 
mit < iründen zur beständigen Benützung zu dotiren seien. Auch 
die Ansicht; dass die Viehzucht gefordert werden mUsse, nicht 
aber der Ackerbau auf ihre Kosten zu begünstigen seif findet 
sich wieder. Hierauf wird hinzugefügt^ dass die dominicalen 
und rusticalen Gründe nach der Jochzahl gleich besteuert werden 
sollen. Dabei sei die geometrisch-ökonomiBche Aufnahme der 
Bukowina zu berücksichtigen und die Gründe nach den gegen- 
witrtigen Preisen der Erzeugnisse zu besteuern. Eine Ausnahme 
sei beim Gebirge zu machen, wo nur Heu erzeugt wird, daher 
der Boden als minder ertragsfUiig als im FUchlande zu Bchätzcn 
sei. Zur Vertheüung — nach Ansllssigkeiten ganzer, halber 
und viertel Bauern — sollen die am 1. Kovember 1786 im Be- 
sitze und Genüsse der Unterthanen gewesenen Gründe gelangen, 
vorausgesetzt, dass der ZuBtaad vom 1. November 1786 wegen 
der Länge der seither verflossenen Zeit noch als Basis ange- 



' Das hei.-'^jts dor Zehent «oUe durcli eine fest bt'.stiiniiit»^ Monj;«' von Ge- 
treide oder Geld abgelüüt worduu. Damit wäre vor Allom doä iü^tigu 
FettatoU«» mid Abnehmeii des sehwaiikinideii ZebmOB weggefallen, wel- 
che GMeUlt beMmdan für den Baneni flboraiiB tuwhthcilige Folgen 

nach sich ziehen kunnto. Nach dem 7. Pmtkttt de« Chryaows durfte 
nämlich dorsolbo so lati;^o das Getreide vom Felde nicht wegfUhreß, bis 
dor Zehent vom ürundbesitzer abgenonjmen war. Diese Bestimmnng 
konnte in nassen Jahren eine Vernichtnng dor Ernte herbeiführen. 



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624 



nommen werden kann. Im Uebrigon wird aaf das Jiofdecret 
vom 28. Juni 1803, Z. 10945, verwiesen. 

Diesem HofsclirLlbeTi folgten nun wieder eine Reihe von 
Untersuchimg^n im Laude selbst. An Berichten darüber werden 
mclirere verzeichnet. Zanächst erstattete einen solchen (21. No- 
vember 1805) Hofrath Mitscha, welcher — wie es scheint — 
in die Bukowina gekommen war, am gegen den angeklagten 
Kreishanptmann Schreiber die Untersnchnng zu fUhren. Dieser 
Bericht wurde dann an den Slaatsgltteradjancten Nemethy und 
hierauf an den neuemannten StaatsgUterinspeetor Sehnbert sor 
Aeusserung ttbergeben (Bericht Schuberts vom 21. Mai 1807). 
Inzwischen hatte am 36. Uftrz 1806 auch das Oestütscommanflo 
dem Generalcommando Grondsfttze und Modalitllton der Gmnd- 
und Urbariabegtüimng vorgelegt. Schubert hebt in einem Be- 
richte^ Manches hervor, das für die damaligen wirtfaschaftUcheD 
Verhältnisse in der Bukowina sehr lehrreich ist Darnach waren 
schon im Jahre 1806 in der nOrdliehen Bukowina zwischen 
Dniester und Prath wegen der angewachsenen BeTOlkemog 
alle trockenen Wiesen bereits in Aecker umgewandelt worden. 
Dagegen wurde auf der Horaiza) dem HUgcUand zwischen dem 
Sereth und dem Suczawaflusse, der grOssteTheü der Grundstücke 
noch als Wiesen henUtzt, In den Gegenden am Fusse desGcbireres 
brauchte der Bauer melir Gründe als im Gebiete zwisehen 
Sereth und Suczawa. Die ( Jebir;rs)jauern lialieii nur Heugrilnde. 
Die i^auern zcrialleu in Frontasehen - mit 0 bis 8 Stück Zug- 
vieh; dann solchen mit 4, mit 2, ferner uubespannte; endÜch 
Häusler, die nur vom Handwerk oder Taglohn leben. Die 
Itod Ulliren in den Wäldern sollten zu denselben gehören; solche 
ausserhalb derselben wären zur Dotation zu verwenden. An 
Weiden unterschied man beständige und wandelbare Hutweiden, 
femer Waldweideii l >ie l)eständigen Hutweiden befanden sieb 
im Genüsse der iraiizcni Gemeinde und im ^litcfenusso des 
Grandherrn; öic sidlten belassen und nieht zur Ansiedlung ver- 
thcilt werden, weil an Stallfütterun^r noch lan^je nielit zu denken 
wäre; nur wo sie 2U gross wären, könnte ein Xheii zur Dotation 

^ Es steht oicbt fust, ob es der oben citirte vom 21. Mal 1807 ut Von 
den wderen citirteu Berichten aind bei Wiokeahaueer kmne uuf&ltr- 
Udien Austtige vorlumdeii. 

* Dieser (nuDinieehe) Auedraek (Front b Voideveeile) ist «och beute rar 
Beeeichniing reicher Dorfbewohner flbUeh. 



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625 



verwendet werden. Bezüglich der wandelbaren Ilutweiden be- 
merkt Schubert Folgendes: Tn den meisten Districten hat die 
Landwirtliseliaft mit der Holsteincr oder Mecklenburger einige 
Achnlichkeit. Die Hälfte der Grundstücke wird durch eine 
Keiiie von Jahren angebaut, die anderen ebenso lange als 
Hutweide benützt. Sind die Accker durch viele Ernten er- 
schöpft worden, so werden sie liegen gelassen, dagegen werden 
die alten Ilutweiden unter die ( «eracindeinitgliedcr vcrthcilt und 
beackert. Dieses Verliältniss findet sich nicht in allen Dörfern; 
wo es aber statthudet, dort sind die Weidegründe übermässig 
gross. Sobald die Grundstücke als bestimmtes Eigenthum an 
die Unterthanen vertheilt werden, muss die geschilderte Wirth- 
schaft aufhören. Ueber die Waldweide bemerkt der Bericht 
Folgendes: Wo gar keine oder sehr wenig Hutweide besteht, 
ist den Unterthanen nach altem Herkommen das Weiden im 
herrschaftlichen Walde gestattet. Dies ist infolge des Abbeissens 
der Gipfel (der jungen Bäume) durch das Vieh für die Wal- 
dungen sehr schädlich. Schliesslich bemerkt Schubert, dass 
Wiesen und Felder (im Herbst und Frühling) gemeinschaftlich 
beweidet -vrerden, und zwar meist ohne Aufsidit eines Hirten; 
dies habe die Vemachlftssigang des Anbaues der Wintersaat 
und des Klees zur Folge. — Bezttglieh der Robot stimmten 
alle Antrfige darin fiberein, dass dieselbe erhöbt werden mfisste, 
weil sie für den beirscbaftlicben Wirtbscbaftsbedarf nicht ge> 
nttgte. Daftlr sollte der Zehent ganz oder zum Theil ausfidlen. 
Die Vorscbläge waren sehr Terscbieden. Am niedrigsten war 
ein Vorschlag Pauli's: nacb demselben soUte der ganze Bauer 
52, der balbe 26, der viertel 13 Tage frobnen. Platzer,^ der 
auf Schreiber als Kretsbauptmann gefolgt war, schlug ids Re- 
luition für den Zebent 54 Tage yor, dazu kämen 12 Tage der 
hergebrachten Frobne und 1 Tag ftlr die Reparaturrobot und 
die Fohre Holz; also zusammen 67 Tage. Nemetb schlug 
72 Tage vor, Mitscha und Schreiber 80 Tage, Schubert ging 
bis auf 108 Tage. Ausserdem schlug z. B. Mitscha vor, dass 
ein Frontasch, der 6 Stück Zugvieh besass, auch mit 6 Thicren 
die Frohnc leisten sollte. Ferner nahm mau sogenanüte ,UUfs- 



Ihm war das Betreiben dieser Action mit dem Gnbemialerlasse vom 
23. November 1808 besonf^cn« aufgetni|^n worden. Das Datam seines 
Berichtee ist mir nicht bekannt. 



626 



tage* in Aussicht: jeder Untcrthan sollte niimlich verpflichtet 
sein, im Augiist, Se[>toraber und Octobcr wöchentlich 1 Tag 
gegen eine bestimmte Vergütung zu arbeiten, und zwar i>0 kr. 
für den Zugtag und 15 kr. iUr Häusler* und Inleute£rohiie, 
Bei dieser Gelegenheit erfahren wir auch, daas die Bauern dt- 
mals nicht nur dem Grundherrn zur Robot verpflichtet waren, 
sondern ausser der landesfürstlichcn Strassenfrohne * von 5 Tagen 
auch dem (gnechisch-orientaUschcn) Pfarrer 2 Tage* und dem 
Richter 1 Tag roboten mnaaten. Dies machte also nosammen 
8 weitere Tage im Jalirc. 

Nachdem so die Bchwierige Frage von den ▼crsohiedensten 
Seiten wieder beleuchtet worden war, erfloaa unter dem 27. Jörn 
1811, Z. 9S22, wieder ein Hofdecret Dasselbe enthielt folgende 
Punkte: 1. Der Bukowiner (Bauer) sei mit dem Nutaeigenthnm 
bestimmter Grttnde zu betheUen, am ihn an dieselben au fesseln 
und ihn vom nomadischen Leben au entwüfanen. 2. Der Grond- 
berr, welcher seine Gründe atir Dotirong des Unterthans mit 
dem Nntzungseigenthum hergeben soll, sei au entschftdigen. 
3. Aus dem geometrisch-ökonomischen Ausmass der Bukowina 
sei bekannt, wie viel jedes Dominium Gründe besitzt und da- 
her aur Dotirong der Unterkhanen mit dem Nutzungseigenthlun 
ablassen kann. In der Moldau vertheilt der Grandherr zwei 
Drittel des Dor^mndes an die Unterthanen, ein Drittel benOttt 
er (Ur sich. In der Bukowina dürften, da keine so i^ossen ^nts- 
herrlichen Viehzüchter bestehen, mehr als zwei Drittel (an die 
Bauern) überlassen werden können. Auf den Keligionsfonds- 
gutem dürfieu alle Gründe an die Unterthancn in das NutzuIl^^ 
eigentlium überlassen werden können. 4, Naeli dt;m Ikispielc 
auf den Religionütondsgütcm * solle em ^uuzer Bauer 1<7« '^^^^h 

* Vgl. obou, S. 575 £F. 

* IKeM Robot für den Pfftrrer blieb un Ungslen bestehen. Der Bakfh 
winer Handelskammerbericht ▼om Jebre 1860, S. 178, kla^ ühm diese 

nnzeit^^mSsse Kinric)itiin{]: un<1 bo-zeichnet sie als Unacho des Ueber* 
trittp" p;'nnchi»5( li "riciitalisrliiT (iIäiiliij,''Pn 7.n anflerfin Onnfos<«ioiien. Di« 
rfarrer waren oft •^t'i/wniigtin, zur Eiutrüibung dor Uobot behördliche 
Hilfo in Anspruch zu lulimou. 

* Es wer dies eine Anregung, die sehr viel für sieh bat. Bi9 kein Inder 
lüeht rar AiuAbni]ig>, and daraus erklirt rieb inm groseen Thetl die 
pegenwirtige NotblageL Um dieser abeuhelfon, tnnchea immer wieder 
auf dio VorUieilung der BeligienafondagOter gerichtete Pllne avf. 

* Vgl. oben, ö. «19. 



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697 



ein mittlerer 14 und ein schwacher lOVg Joch erhalten. 5. Für 
das dem Unterthan Uberlassene Nutzungsrecht der Gründe 
leistet derselbe 12 Frohntage oder 2 GuldeUi 1 Henne, die Zu- 
fuhr l Wagen Holzes und den Zehent von allen Frachten, dem 
Obste und dem Heu. Wenn möglich, ist der Zehent abau- 
schaffen, weil er dem Grundhemii noch mehr aber den Unter* 
thauen lästig ist. 

Diese neuen und zum Thcil von den sswei früheren hoch- 
ortigcn Erlässen abweichenden Aeusscrungen machten natürlich 
wieder weitere lan«; wi(!ri^^e VerliaiidlungcD nöthig. Sclir wichtig 
ibt vor AUeui das vom 11. October 1811 datirte TrotokoU der 
unter dem Vorsitze de« Kreishauptmannes Platzer und des FML. 
und GestiUsinspeetors liiihna stattgefundenen gemeinsamen 
J>eratimngen über ,die stabile Dotiruii!^' der Uuterthanen 
auf der Re ligiousfüJidsiM rrseha 1 1 Riulautz. Wir wollen 
den lulialt dieses höchst interessanten Schriftstückes hier in 
aller Kürze anfiiliren: Die Bukowina wurde naeh dem Status 
quo übcrnoniuien. Darnach besasscn die Untertlianen gar kein 
Eigentbuin (d. Ii. eiijenthiimhchen ( inind) uud musstcn sirli <re- 
fallcn lassen, wenn ihnen die Obrigkeiten ihre Gründe, die sie 
durch mehrere Jahre besassen, abnahmen und an andere Unter- 
thanen vertheilten. Die Folge davon war, dass die vormög- 
iicheren Untertlianen den grössten Theil der Gründe an sich 
zu bringen wussten, dass die ohnehin zur Trägheit geneigten 
ünterthanen ihre Gründe schlecht bestellten und bei ihnen keine 
Anhänglichkeit an den Staat und das Vaterland platzgriff. 
(Jm diesen üebeln abaohelfen, erfolgte auf Grund einer Aller- 
höchBten Kntschliessung die Verordnung vom 22. März 1787» 
wornaeb die am 1. November 1786 im Besitae der Untertlianen 
befindlichen Gründe ihnen nicht abgenommen, auch keine Vcr- 
tauBchung ohne Einwilligung des Untertlianen, bezüglich des 
Krciaamtcs, vorgenommen werden dürfe; bei Abstiitangen sollte 
genau nach dem Patente Tom 1. September 1781 vorgegangen 
werden. Der untertiiämge Besitzstand wurde damals nicht er- 
hoben und keine ordentlichen Grund- oder Gewährbticher Ter- 
fasst.' Die von Hora yon Oaellowica (?) bewirkte ökonomische 
Aufnahme ist nicht zu gebrauchen, weil in derselben der obrig- 



1 Leider ist bUher Aber du GnuidbuohweseB dor Bukowina noeli keine 
Arbeit enchieoeD. Elwwi Weniges ist Aber die AnlUnge der Bnkowiner 



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638 



keitlioho nntl imterthänige BeBitz iiiclit lullers(^hiel I > ii ist.' Da 
min (seit I. Novomher 1786) die TIntcrthanen sich iriinicr mehr 
obrigkeitliche Gründe zugceig^nct liabcu und in denselben pro- 
visorisch geschützt worden sind und die Bevölkerung sich um 
noch einmal so viel vermehrt hat, so kann man behaapteii| daaa 
der Besitzstand (derBaaern) dermal noch einmal so gross sei 
als im Jahre 1786.' Zur Erörterung des Besitsstandes wurde 
die Herrschaft Radautz 1808 dkonomisch aufgenommen,^ was 
bereits 53.000 fl. kostet, und es würde die individuelle Ver- 
theilung und die Anlegung der Grund- oder GewährbUcher 
noch ebenso viel erfordern. Die zu bewirkeode Ootining soll 
sich lediglich auf die Ortschaften des flachen Landes erstrecken, 
nftmlich: Milleschoatz, Badeatz, Burla, Wollowetz, Satolmare, 
Radants^ Obeiv nnd Unterhorodnik, Andreasfalya^ Alt- und Nea- 
Fratants, Ober> and Unter^Wkow, Woitinell, Patna und Stnia. 
Die Unteiihanen sollten das NntBongseigenthiini von den Grttn- 
den erhalten, welche sie dermalen besässen, indem sogleich 
die einschichtigen Hftaser in die Gemmnden za yenetsen wSren 
and ihre Besitser gleich den übrigen an der Dotation Antfadl 
sa nehmen hJitten. Hofraih Plataer filhrte insbesondere an, 
dasB die Erhebang des Grondbesitses yom 1. November 17B6 
anendlich schwierig sei; daher solle der gegenwärtige Berits 
von 1811 als Grandlage der Dotirang angenommen werden; 
dieser Besitzstand solle daher festgestellt, besttglieh reassamiit 
werden. Betreffs der Waldwieaen wurde bemerkt^ dass sie £e 
ünterthanen entweder pachtwoae oder unenlgeltlicb gemessen. 
Die ersten seien nnsweiftihaft obr^keitlich, die letrteren (pe- 
hSren nach dem Hofdecrete vom 15. Mftrs 1810 aneh der Obrig- 



Landtafel in dem »Bericht des Bukowiner Landesaui^üchusses über desseu 
0«mflitf]iJttigk«it aelt 1. Febniar 1868<» 8. 8Sf. ailigvtiiailt. Sie tat 
1792 ins Leben. 

' Biflu Okonomiaebe T«ineiraiig &nd 1784—1790 sUtt Aach über ii» 

▼erscbiedenen YemeMungen der Bukowina i»t leider noch aieht ge- 
handelt worden. — Harn hni ancli soit 178C fÜe w-iolifirfo .verdeckt« 
StTf^so' in f!cr Pnko%viri;i pob.nit. Vgl. (Jesch. der Hnkowuia III, 09. 

' Beaeichueude Beispiele vou solchen Gruudaueignungen durch die Dorf- 
bewohner bietet meine Schrift ,Dm Entlehen nnd die Sntwriekhuiff d«r 
Lippoinuier>Goloiiiea^ Ifen veigleieh» e. B. 8. 67 f. 

' Die Venneanng fand 1808 — 1812 unter der Diroction des Majors 
Schindler statt. Vgl.darllber ABb^th-Polei(»]>ielSeU|ponBfonddiemdiaft 
Kadauts, 8. 9 f. 



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629 



keit, doch dürte dieselbe erst nach dem Erloschen der Üoscen- 
denz desjenigen, der sie gerodet hat, darUber frei dispouiren. 
Aus forstwirth schaftlichen Gründen sollten den Unterthanen nur 
die Pojanen (Wiesen) in zur Ausrodung bestimmten Wäldern, 
und zwar als ,UeberlandsgrUnde', d. h. in die Dotation nicht 
eingerechnet, überlassen werden. Wiesen in Wäldern, welche 
nicht auflgerodet werden sollten, batton den Unterthanen nur 
80 lange zu verbleiben, bis sie sich solche in den zur Ausrodung 
bestimmten Abschnitten geschaffen hätten. Auf diese Wiesen 
dürften die Bauern ihr Vieh zur Fütterung treiben; dagegen 
sollte die Errichtung Ton Hütten und Stallungen (bordej) nnter 
der Abnahme des Viehes verboten werden, llebrigens sei nnr 
die Revision des obrigkeitlichen Beeitestandes durch die Map* 
pirtingaofficiere nöthig. Das Remouten- (Qestttts-) Commando 
führte ferner ans, dass die Unterthanen gegenüber dem Besits- 
stand Yon 1786 um die Hfilfte mehr GHlter besässen. Daher 
soU der Qmndbesita nach ihren Angaben (als Orondlage der 
Dotirong) angenommen werden. Die ganzen Bauern soEten 
mit 24 Joch ^ 13^/, FsJtsehen dotirt werden^ denn so viel 
Gründe seien nicht Torhanden, dass jeder 44 Joch erhalte (wie 
dies das Deeret vom 28. Juni 1803 yorsohlug); es bHeben sonst 
8. B. im Dorfe Burla 27 Unterthanen ohne Gründe. Auch 
könnten einerseits viele Unterthanen so ausgedehnte Gründe 
nicht bearbeiten, und anderseits würden wieder zu viele Hausier 
geschaffen werden. Gegenwärtig sfthle man drei Classen von 
Unterthanen in der Bukowina: Frontaschen <= ganze Bauern^ 
Mislosaschen » iudbe Bauern und Eodaschen » Gttrtler.^ Die 
Hutweiden, welche sich in dem Besitie der Gemeinden befinden, 
seien beständig oder wandelbar; letztere bestehen aus Aeckem, 
welche die Unterdianen von drei zu drei Jahren als Hatweide 
brach liegen lassen. Von den perpetuirlichen Hutweiden sollen 
die überflüssigen, d. i. dem V^iehstand niclit angomessenen, zur 
Dotirung verwendet werden. Bei der Dotining sollen den 
Unterthanen so viel als müglicb ihre (bereits von den einzelnen 
benützten) (irunde belassen werden. Sind zwischen den IJnter- 
thansgrUnden obrigkeitliche vorhanden; so sollten sie unter Be- 



' Usb^r Frontascb siebe oben, S. C24, Aiim. §. Mislosasch kommt vom 
nimäniaolittni mvloo Mitt«. Ckwlaf hauat eadlich mmlniach ,d«r J^etete, 

Arme*. 

▲rchir. LXXXVI. Bd. U.Bit»«. 4S 



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630 



rttckfliclitiguiig der Quantität und Qualitttt amgetausoht weiden. 
Ferner wurde die Frage au%eworfen, was so geschehen liabe, 
wenn ein Unterthan gegenwilrtig mehr als 84 Joch b oohwe > 
Hiebei wJbne au berttekBiehtigen^ dass sieh diese Banetn das 
,Mehr^ durch Uebermackt angeeignet bitten; anch hKtte bisher 
kein Unterthan das Orundeigenthum, vielmehr seien sie Ter 
bunden, wenn neue Familien durch Heirat entstehen, ihnen 
Gründe suzutheflen; übrigens konnten diese allsareich Bestifteten 
ihre Gründe nicht bebauen. Ueber Vorsehlag des Hofinthes 
Plataer sollten mit dem Ueberachnsse an Gründen eines Unter 
thans dessen Sohn oder Schwiegersohn beiheilt werden. Bei 
jeder Besitaveränderung sollten 5'/o Laudemium * entrichtet 
werden. Bei der ersten Dotirung sollte noch kein Laudciiiiam 
•gezahlt werden, ,woiI hierlands noch Wirthe zum (irurnle ge- 
siu'lit werden'. Die Naturalschuldigkeiten sollten auch r^alirt 
werden. 

Mit Rücksicht auf die Ergebnisse dieser Verhandlung 
stellte nnil) auch das Lemberger Gubernium (Staatsgüter 
inspector Franz Pauli) seinen Antrag. In demselben wird in 
Uebereinstimmung' mit den eben angeführten Ausführungen auch 
/iiniichst darauf hingewiesen, tlass ,in früherer Zeit der (iriind- 
herr Ei<;enthümer aller Gründe war, willkürlich mit denselben 
schaltete, sie naeli seinem Outbefinden verlieh, entzog und 7*'r 
stückelte, lei ser unbegrenzten Willküi" setzte erst das Krei? 
schreiben vom 22. M;ir;< ITH? Schranken*. Dieses sicherte dem 
1 'ntertiianen seine Erhaltung^, verbinderte die Wandelbarkeit 
und wies den Untertbanen eine bestimmte F^rdstrecke zur He 
arbeitung zu; anderseits wurde dadurch das Eigenthums recht 
des Grundherrn zwar beschränkt, jedoch hinsichtlich der Be- 
sitzungen des Unterthans nicht ganz unschädlich gemacht Hat 
eine Obrigkeit sich seither Unterthansgründe angemasst, so i^ 
dies widerrechtlich geschehen. Die Erhebung des Standes von 
1786 ist 1811 nicht möglieh; es dtirfte sich kaum jemand findsOt 
der Aufschlüsse über die Zustände von 1786 geben werde; 
daher sei auch das Gubernium der Ansicht» den dermalig«n 
Unterthanenbesitz als Basis der Dotation aniEunehmen. Zwei 
Jahre Frist sollten zur Redamation gewährt werden. Die Do- 



* Dleaa Oebtthr wanle beksnnfUoh bei jedMr Yerlndeimiir ^ biserttehn 
BetitBM in «öderen LIndeni Mit Jabrbiinderlen geiahlt 



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631 



tirungscommissioD, welche von Ort zu Ort zu ziehen habo, sollte 
besteben aus dem Vice-Kreishauptmann; einem Wirthsobafts- 
beamten, einem Ingenieur und einem Fiscaladjuncten. Bei 
Streitigkeiten sollte zunnchnt gütliche Uebereinkunft verBncbt 
werden, sonst möge der Grundherr auf den Rechtsweg gewiesen 
werden. Die Unterthaaen sind hiebei nach dem Patente vom 

I. September 1781 zu vertreten.* Die ^^rösseren (bäuerlichen) 
Grnndbeeitser sollten Zog-, die kleinen Handfrobne leisten. Mit 
dem Antrage von 24 Jooh ftr den ganzen Bauern, dann 12 und 
6 Joch den halben und viertel, wkJJIrfee sich das Qabeniiam 
nicht einverstanden, da doch die eine Gegend fraobtbar, die 
andere unfruchtbar ist Daher seien die Localverlittitnisse und 
das wechselseitige Einverständniss zwischen Dnterthanen tmd 
Gmndherren zn beraeksichtigen. Dies (d. h. offenbar die vor- 
gefundene Gmndvertheilang nnd die auf den Gründen lastenden 
Pflichten) hätte die Commission nach dem Vermessungsoperate 
und der Unterlihanaschnldigkeit zu prüfen und zu bestätigen. 
Bei Nichtübereinstimmung (der voigafnndenen Vertheilung des 
dominicalen und rasticalen Besitzes mit dem Vermessungs- 
operate oder der Ansicht des Grundherrn mit dem Unterthanen) 
solle die Commission die Theilung amtlich nach dem Ertrage 
des Erdreiches und dem Bedarf der Grundherrscbaft an Frohne 
vornehmen. 

Trotzdem sich die Verhandlungen schon so lange hin- 
schleppten, entschloss sich die CentralsteUe auch jetzt noch 
nich^ über die Angelegenheit endgiltig zu eotsdieiden. Am 

II. März 1813 erfolgte auf Grundlage einer kaiserlichen Eni- 
Schliessung vom 4. desselben Monates ein an das Lemberger 
Gnbemium gerichteter Erlass,* in welchem nur darüber ent- 
schieden wurde, daas die Dotirung der Bukowiner Untertlianen 
mit erbeigenthUmlichen Gründen gegen gesetzlich zu bestim- 
mende Gaben und Dienste stattzufinden habe, wobei Teiche, 
Waldun t^-eii und Wald wiesen stets im ausschliesslichen Besitze 
der Dominien bleiben sollten. Aber auch diese Entscheidung 
stand nicht völlig fest, wenigstens nicht bezüglich der Wald- 
wiesen, wie wir das gleich sehen werden. In allen anderen 



* Dasselbe findet man hti Pillar 1781, B. 88 ff. and bei Drdaeki, 

a a O., S. 217 ff, 

* BeUage 2. 

42» 



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Fragen eröffnete dieses Decret die ^anze Verhandlung fast v n 
lieuem. Das Qabernium sollte nämlich im Einvernehmen mit 
dem Bukowiner Kreishauptinanne and den Bukowiner ^Guter- 
bedizern' neuerdings darüber berathoi und VorschJägo madieo: 

1 . wie die Dotirung der Unterthanen mit Aeckem, Wiesen und 
Weiden auf das Zweckmttseirrstc bewerketeUigt werden kann; 

2. ob nicht die Dotirungen in dem Ansmasse S4 Joch (guiie 
Bauern), IS Jodi (halbe Bauern), '/«^^^ (ÜMltBler) und aus- 
nahmsweise 6 Joch (viertel Bauern) angezeigt wftre; 3. ob die 
Rodgrilnde ihren damaligen Besitzern zu belassen und in die 
Dotation einsorechnen wiren; 4. ob die beständigen mid wandet* 
baren Weideetrecken m yertheüen nnd die Unfcertiuuien not 
denselben an dotiren wären; endlich wurden 5. betrefla der so 
bestimmenden Abgaben die Fragen aufgeworfen : ^ob nimUdi 
bey dem dermaligen Masse von Frohnen und der allgemeinen 
Zehentverpflichtung alehen au bleiben, ob nicht die Zehent- 
abgäbe durchaus in Körnern festausetaen, ob nicht die ganie 
Zehentpflioht oder ein Theil derselben in eine Erhöhung der 
Robotschuldigkeit au umstalten, ob nicht eine bestunmte Oebflhr 
bey BesitsTeFändenuigen einauftahren, und endlich ob ueht 
etwa die Erhebung dieser GebOhr schon bey den nichstea 
durch die Dotation sich eigebenden Besitanehmungen su ge- 
statten wäre/ Die Vorschlllge sollten bis Ende JuH 1813 toi^ 
gelegt werden. 

Wie wir sehen, entschied dieser Erlass nur im AUgemeineD 

Uber die Absicht, die Unterthanen mit erbeigcnthUmlichen 
GrUnden zu dotiren und eine entsprechende Aenderung der 

Untorthanspflichten (zu Gunsten der Grondberren) vorzunehmen, 
ferner darüber, dass Teiche und Waldungen stets diesen 

verbleiben sollten. Dieselbe Bestimmung über die Wald- 
wicsen wird durch die oben citirto Frage 3 über die \ er- 
wciuiung der Kod^ründe aufj^rc hoben, da Waldwicsen und Rod- 
griinde «janz olfenbar als identisch zu nuhiuen sind, lieber alU' 
anderen auf die Diirchluhrung der Dotiruug bezüglichen Frageo 
stand noch fast ^ar nichts fest 

Dem f'rliallencu Aiiftrap:e gemäss leitete nun das Gubemium 
die ganze Angelegenheit wieder an den Kreishauptniann der 
Bukowina, damit er sich darüber ausspreche und die Meinung 
der Grundherren enihole. Beide Aensserungen, welche infolge 
dieser Aufforderung erfolgten, enthalten viel Intereasautes. Da 



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633 



der Bericht des Kreishauptmannes v. Platzer bereits auf die 
Ansichten der Grundherren Rücksicht nimmt, so möge ein Aus- 
zug ihres Gutachtens vorangcdien. 

Die Gruntlherren tragen an die Einiiiiirung des galizischen 
Urharialsystems und die Aufhebung des Status quo nach 
Ghika's Chrysow. Jetzt haben die Grundherreu öffenthehe 
Lasten, die zur Zeit der Kiutuhmng des ( J liika'schen Systems 
nicht bestanden. Nach dem Gebrauch wurden die Grundlierren 
in der Moldau mit keinerlei Staat-laslen belegt, vielm«dir Wf ijcti 
ihrer geringen Einkuntte von den Unterthanen mit bcaond ren 
Beneficien von der Regierung unterstützt.' Die Unterthans- 
schuldiiixkeiton waren de«^lialb 'uieli so niedrig bemessen: unter 
den angcf^'-bnien Lnistjinden reichten jef^ocli die dnraus hervor- 
gehenden grundherrlichen Einkünfte zur Erhaltung der von allen 
Staatslasten freien Gutsbesitzer hin. Jetzt müssen diese Ein- 
künfte beinahe ganz auf die Berichtigung der vervielfältigten 
Staatslasten verwendet werden, und die Gutsbesitzer seien gleich 
unbcgttterien Leuten genöthigt, ihre ünterhaltsquellc in Bpe- 
culationen nach Zulass der veH^lgbaren ISIittel und Zeitumstände 
zu suchen. Bei der von Ghika auf 12 Tage beschijfcnkten 
Frohne mUssen sie auf eigene Kosten eigene Bespannungen 
anschaffen und Arltciter dingen^ so dass der Ertrag den Auf- 
wand nicht Uber\s i< irt. Daher sollte der ganze Bauer wie in 
Galizien wöchentlich 3 Tage frohnen, ein halber 2, ein viertel 1, 
die Häusler endlich 12 Tage des Jahres. AuBserdem sollten 
im Kothfalle alle wöchentUch einen Aushilfstag gegen urbar- 
mässig bestimmte Zahlung zu leisten verpflichtet sein^ ferner 
die herrschaftlichen Gebäude, Mtthlen, Dämme und Brücken 
unterhalten. Aueh sollte die Desetinsy Gkratina und BobosBcsjsna 
an die herrschafUiche Bente entrichtet werden* ^Das erscheint 
ihnen bei der Dotimng der Unterthanen mit Erbgrttnden und 
der Ausmittelung der grundherrlichen Frohnen als das Zweck- 
mässigste/ ^ Von der Dotirung sollen alle AllodgrUnde, Bäche 
und Teiche (?) au^eschloasen sein, und nur das sollte vertheilt 
werden, was rustioal ist Fttnf Sechstel mögen auf Aecker und 

* Der Adel wwr von den meintea Steuern, vom laudesfttrstlichen Zeheet 

nnd von der laiuIosfTiistliclion Rohnt froi. Geach. der Biilxnwina 

TTT, 59.) Kr liatto n.nrh keine Au.sp;;ibon für dio Jurisdiction, polizeiliclie 
Umaregeln n. dgl., weil ein eigentliche« Untertbansweaen in der Moldau 
nicht bestand. YgL die Bemerkungen «tfter miteii, 8. 164. 



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634 



Wiesen sittammea entfUIeD, damit nach dem Anbaa gewedmll 
werden kttnnte; ein Sechstel sollte zur Hntweide bestimmt 
werden. Ein gaiiser Bauer aoUte 15 Joch, ein halber 10, ein 
yiertol 6 und ein Häusler '/^ Joch erhalten. Wenn die Gründe 
nieht ausreichen, seUen die ganaen Bauern gwus weggelassen 
werden, und wo dessenungeachtet die Grttnde nicht ansreiehen, 
sollen nur viertel Bauern bestiftet werden. Welche nicht dotirt 
werden können, sollen Häusler sein. Die Auamittlung dieser 
Abtheüungen (Classen) behalten nxk die Grundherrechaften aDein 
vor. Die Dotirung mit 34 Joch, 13 Joch u. s. w. aei wegen der 
unsureichenden Bauemgrttnde unausführbar, und selbet die 
obrigkeitlichen reichen dazu nicht aus. Die KodgrUnde in deo 
Wäldern gehOren zu denselben. Beallgiich der Robot der Unter- 
thanen wird zunächst bemerkt^ dass die im Ghika'schen Chrr- 
sow bemessene Arbeit (insoferne dort auch die täglichen Arbeits- 
leistungen bestimmt sind) mehr als 12 Tage erfordern, weil sie 
sonst kein Unterthan zu verrichten vermag. Ein ,Zugtag' hätte 
den Werth von 20 kr., ein .Fussta^' von 10 kr. Nach dem 
Ghika'scheu Chrysow öind diu (irundhcrren berechtigt, sich 
durch Uebereinkunft mit den Unterthanen weitere Frohntage 
zu verschatl'cn. An Abgabe beanspruchen die Grundherren 
den Zeheni und einige Giebigkeiten in Geld,^ ferner eine Henne^ 
ein Gamgespunst und eine Fuhre Holz. Die.^elben seien nat h 
dem Herkommen und dem Status quo von der MiliUir- Landes- 
verwaltung am 11. Januar 1782 bestätigt worden. Das Hof- 
decret vom 27. Juni 1811 orkliu i die Fuhre Holz und die Ab- 
gabe der iienne als untcrthänige Schuldigkeit, jenes vom 
11. März I^IH Ix-zeiehne dagegen die Abnahme der Fuhre Holz, 
der Henne und des Gespunste.s für Missbrauch. Es sei nun 
richtig, dass ftlr diese Unterthansieistungen keine schriftlichen 
Gesetze bestehen; sie sind jedoch seit undenklicher Zeit in der 
Moldau UbÜch und können vom Grundherrn erzwungen werden. 
Auch in der Bukowina wurden «ie seit der Uebemahme ge- 
leistet; die Unterthanen haben sie nie verw^gert, tind daher 
bestehen sie. In bolz.irmen Gegenden muss das Holz auch 
2 bis 3 Meilen zugef^rt werden. Mit allen diesen Abgabea 
seien die Qrundherren jedoch fUr die Uebertragcug des Do- 



UnMfM Wiflsani konnte die Qmndbermobsft ntur die Belvitionen in 
Geld beniebfln. 



_nigitj-nciJ"iyJ7InQg[r 



635 



tationseigenthiims an die Untertihaneii nicht entseliädigt. Der 
Werth dieser Frohnen und der anderen vorerwähnten Qiebig' 
keiten, welcher die Basis ihrer Einkünfte ausmacht, steht näm- 
lich TO den ihnen oUiegenden Lasten im aoffiÜÜgen Missrer- 
hftltniBse nnd wird von diesen weit Überwogen, so dass die 
grundheirlichen Einkünfte zur Deckung der Ausgaben nicht 
mehr ausreichen und deren Unaulänglichkeit die sonst nie statt- 
gefundenen häufigen Sequestrationen und sonst früher ^anz 
unbekannten Zwangsmittel bei der Eintreibung der Steuern 
zufolge hat. Das Verhftltniss zwischen dem VVcrthe der an die 
Untcrthanen erbcigonthUralich abzutretenden Dotationsgründe 
und der davon den (irundiierren zu leistenden Frohne könne 
folgendermassen angenommen werden: der jährliche Quasi- 
paebtzins für ein Jocli urbaren Feldes betrage 1 fl. 20 kr.; 
das Entgelt eines Tagwerkes nach der bisherigen Urbarschätzung 
lU kr., vorbehaltlich, dass jeder Unterthan mit seiner ganzen 
Bespannung das Tajj\\ < rk. zu verrichten liabc. Darnach ergeben 
sich als Frohnschuldigkeit von 1 Joel) urbaren Feldes 8 Frohn- 
tage * jHiit Ausschluss der Nebengaben und Keparatui-sleistungen'.* 
Da die Htitwciden von Frohnen und üiebigkeiten frei sein 
sollen, so enthelen auf den ganzen Bauern mit 15 Jocli, nach 
Abschlag von dieses Landes als Hiitwdde, 100 FrohnUige, 
auf den halben 66*/,,, auf den viertel 33-/ß, auf den Häusler 
endlich 12 Handfirohnen und keine Nebengaben, Ausserdem 
sollten alle vier Abtheilungen verpflichtet sein, im Sommer bei 
jeder Feldarbeit wöchentlich einen Aushilfstag gegen Vergütung 
von 10 kr. fUr den Handtag und 20 kr. ftir den Zugtag zu 
leisten. Diese Verpflichtung sollte eine Entsobttdigung sein für 
die dominicale Jurisdiction in allen ihren Zweigen; denn in der 
Moldau seien hiezu von der Retgiemng bestellte und von den 
Gemeinden besoldete Individuen, sogenannte Okolaschen. Be* 
treffs der Reluirung des Zehents in Körnern (d. h. durch eine 
festgesetzte Abgabe an Getreide') ist zu bemerken, dass diese 
unmöglich sei. Die Ernte ist ▼erschieden^ eine Controle beim 



* Der Bcrechnuug liept der Gulden C.-M. mit 60 kr. zugrunde. 

* Auf diese wollten also die Gutslierren uicht verzichten, ebenso wenig 
wie aaf den Zehent, wie aus den wetteren Bemerkungen sn er- 
sehen Ist 

* VgL oben, 8. 6S8p Anm. 1. 



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686 



Auädrufich unmöglicli. Wie sollte ferner ein Durclisohnitt^iraass 
bei Misswachs oder Wasserscliiiden bestimmt werden? JJahex 
sei auch die Umwandlung des Zeheuts in Robot unmöglich. 
Der Zebent könnte nur so umgestaltet werden^ dasB die Unter- 
ihanen statt des Naturalzehents ein solches Terrain dominiealer 
Grundstücke, welches den zehnten Theil der nntertbäDigcn 
AckergrtUide ausmacht^ beackern, mit herrschaftlichem Samen 
anbauen^ einfechseu, dresohen und aufischtltten. Dagegen wOrde 
der Unterthan seine ganze Fecbsung behalten; nur als Zebent 
von Flaobs und Hanf sei das nach moldaoiscber Herknnfit üb- 
liche Gesponstgam von 30 Strähnen an geben. Bezüglich des 
§ 10 des Ohika'schen Chrysow Uber den Ausschank wurde 
schliesBlich bemerkt, dass den Unterthanen yon Ohika nur der 
Ausschank ausländischer Oetrünksgattungen, um deren Mangd 
abzuhelfen, erlaubt worden sei. Allein weder In der Moldau 
noch in der Bukowina, und swar weder vor noch nach der 
Occnpation, seien jemals die Unterthanen in der Auattbung des 
Ausschankes einer Oetrftnksgattnng gewesen und haben um 
Oemeindeschankhäuser bestanden. 

Soweit die Ansichten der Grundbesitzer. Wie wir sehen} 
waren dieselben nicht gerade bescheideD, wiewohl der Hinweis 
derselben auf den Umstand, dass sie mit der geringfügigen 
Robot bei den gesteigerten Anforderungen an ihre Mittel nicht 
auskamen, nicht unberechu^t war. Zur Zeit der moldauischen 
Herrschaft ttbten die Grundherren keine Gerichtsbarkeit u. dgl. 
aus, ja sie hatten nicht einmal das Recht hiezu. Erst durch 
die Einfuhrung des Unterthänigkeitsverhttitnissee nach Osler 
reichischem Muster wurden den Grundherren diese Toasten vom 
Staate aufgebürdet, ohne dass auf die besonderen Verhältnisse 
Rücksicht ireiujuiiucii worden wäre. Dass also die Gruadlierren 
auf grössere Verpflichtunort^n ihrer TIntertlianen ihnen gegenüber 
drangen, da sie wegen ihrer nun grössere Auslagen hatten, ist 
leicht beg^reiflich. Wir haben auch gesehen, dass frühere durrh 
die Kef^ierun«^ veranlasste Vorsehläge ihnen entgegenzukomnun 
buehteii uud bei Aufh<'l)un^' des Zelients und der anderen 
lästigen Abgaben eine bedeutende Krliühuntj der Rol)ot in An? 
sieht stellten; aber die CSnindlierreii l)ei::elirlen eine ül).'rau> 
hohe Kobütverpflichtuiig, uhiie auf den Zi lient verzichten zu 
wollen. Das ging sicher zu weit, und daher fanden diese Vor- 
schläge fast gar keine Berücksichtigung. 



^ i^,.i^':-d by Ge^.. 



637 



Nachdem die Grundherren ihre Ansicht geäussert liattt^n, 
^ab auch der Kreishau})tinann Platzer sein Gutachten ab. In 
demselben fasät er zunächst die sich zum grossen Theile wider- 
sprechenden und daiier in einzelnen Bestimmungen sich auf- 
hebend tm Hofdecrete ins Auge, welche bisher in dieser An- 
g^elegenlieit erflossen waren. Indem er von dem Grundsatze 
ausgeht, dass spätere Verorilnuiigen die früheren aufheben, hebt 
er aus den citirten Verorflnungen folgende Bestimmungen als 
j/elteiKl liervor: 1. Die ünterthanen in der Bukowina sind mit 
erbeigenthumiicheu Gründen zu dotiren, die sif> vererben, ver- 
kaufen und vcrpfjinden können. 2. Sie lialx n dafilr ihren 
Herrschaften gesetzüch zu bestiinun iHl*: G.thM ii und Dienste zu 
leisten. 3. Teiche^ Waldungen und Waid wiesen bleiben stets 
im ausschliesslichen Besitze der Dominien und sollen nie in die 
Untcrthansdotirung einbezogen werden. 4. Die Dotirung der 
Unterthanen und die Regulirung der unterthänigen Schuldig- 
keiten hat sich blos auf das Flachland, keineswegs auch auf 
die beiden Gebirgsokole, Moldauisch- und Kussisch-Kimpolung, 
zu besiehen. 5. Der Feldbau ist nicht auf Kosten der Vieh- 
zucht zu begünstigen, sondern vielmehr dieser letzteren die 
möglichste Aufnahme und Erweiterung zu verschaffen. — So- 
dann fsuMt Platzer kura die TOn den Gutsherren dargelegten 
Anschauungen dahin zusammen, dass sie für die den Unter- 
thanen au überlassenden Gründe die Frohne nach gaUzischer 
Art wollen und für den Zehent die unentgeltÜche Beurbarung 
eines Theiles der obrigkeitUchen Grllnde, dann das Einsammeln, 
die Eiofuhr und den Ausdrusch der darauf gewonnenen Frttohte 
fordern. — Hierauf legt Platzer, indem er die flinf Fragen des 
letzterflossenen Decrets vom 11. MStz 1818 der Reihe nach ins 
Auge fassty seine A.nsiehten folgendermassen dar: (1.) Die Qrund- 
herren sollen für die Ueberlassung der Gründe ins Erbeigen- 
thum der Unterthanen entschädigt werden. In Oesterreich, 
Böhmen und Mähren haben die Unterthanen ihre Gründe ^em- 
gekauft', in der Bukowina geht das nicht Der Unterthan ist 
nicht arbeitsam und industriell, denkt auch auf keinen Koth- 
pfennig. Um sich der 2<ahlung zu entziehen, würde er aus- 
wandern. Den Einkauf hielte er für eine Last, da er ohnehin 
jede Neuerung argwöhnisch ansieht; er ahnt sofort Nachtheil, 
wenn ihm der Vortheil nicht gleich in die Augci. ..pringt. 
Würden die Dominien zur Erbeigenthumserklltrung der biluer- 



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6S8 



licheu Gründe zustimmen, so sollen sie 10^/^ Laudemium and 
Grundbuchstaxe, ferner die Naturalschuldigkeiten besiehen. Es 
beBteht ohnehin die Yorschriil, dass die im Besitze der Unter' 
thanen stehenden Gründe in jenen der Dominien m<^t jRiffick' 
kehren dürfen, sondern bäuerlich bleiben mtlaaen. ^en Domimeii 
stebt daher keine freie und willkürliche Dii^fiosition mit biner 
Heben Orttnden sa.^ Das Erbeigemdnim wttrde die Unterduaes 
mit der Zeit «rbettsam, woblbabend and ikrem Erbeig^nthiun an- 
bänglich machen, so dan sie nicht xur Answanderang geneigt 
wären. (2.) Ueber das Ansmaas der Dotationagriinde Äussert 
sieh PlataeTi dass man drei dassen schaffen solle: gaose Bauers 
mit 18 Faltschen, hidbe mit 6 und viertel mit 3 FaltBchen. Dies 
entspreche beiläufig den gegenwärtigen Verhältniesen, da der 
Besita von 1% 10, 6 and 3 Faltscben der gewöhnliche ist. Die 
Dotirung mit 15, 10 and 5 Jooh, welche die OmndbesitMr ▼o^ 
schlugen, sei unsoreicbend. Jeder Unterthan soll bei der Do- 
tation auf dem Grunde bleiben^ den er schon bentst; daher 
sind ydie Grttnde nicht in eine Hasse zu werfen and zu ye^ 
theilen^ Der Vertheilung mttsste sonst eine geometrische Auf- 
nahme des ganzen Terrains vorausgehen, was viel Zeit erfordern 
würde, kostspielig, sehr umständlich und schwierig wäre und 
überdies allerseits Widerwillen und Unzufriedenheit hervorrufen 
wllrdo. Der gemeine Mann sei gejs^en jede Neuerung. Der 
Gebrauch, dass die Gemeinden jährlieh eine neue Vei-tlieilunsf 
unter sich vornehmen, ist nicht mehr allgemein, sondern hat in 
den meisten Gemeinden schon aufgehört. Dem Unterthan ist 
sein Acker und seine Wiese, die er schon seit einigen Jahren 
beurhart und bentUzt hat, werth geworden. Aus grossen Fron- 
tasehenwirthschaften von 20 Faltschen kann man denselben 
ZWO! Wirthäic hatten machen. (3.) Bezüglich der Rodgründc 
(lazy) erklärt das Hofdecret vom 15. März 1810, dass das 
Nutznngseigenthuni dem Ausroder und si inrn AbstUmmlinsr^^n 
zustehe. Doch verbl«'il)cn dieselben dominical, und nach dem 
Erlöschen des Sttimnies des Ausroders kann das Dominiaiu 
willkürlich damit verfügen. Da sie also keine Erbgrllndc sein 
können, so sind sie auch nicht in die X)otatioa eixu&urechneo. 

' Die» bebt Flatser ichuf henror, weil die Qutsberren in ihrer obigan 
WoUmeinung die Sadie wo daigeateHt batten, als ob ee rieh mm ein« 
Ueberlawitiig von wiiklioh domhiiealeD Grttndeii an die Banem gehenddt 
bitte. 



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639 



Die Frage aber, was ein Rodgrund sei, ist schwer zn ent- 
bciieiden. Dulicr sollen aus Rodj^rllnden entsUindene Acker- 
griinde in die Dotation eingereclineL werden, da doch Frolmc, 
vSc'lmldigkeit und Zehent ohnehin darnach enlrichiet werden. 
Die üus Kodungen entstandenen Waid\sicsen mUsston aber in 
die Dotation einbezogen werden, sonst wurde darunter die Vieh- 
zucht leiden; da nun die Waldwiesen (Fqianen) wirkliche Rod- 
f^rUnde sind, so müssen sie auch in der Familie des Ausrodors 
bK ili«-n, Betinden sich diese Wioson im Walde, so soll iiuu ii 
ein Acquivalent dafUr auBscr Jeui Walde gegeben werden. Dieses 
Verhältniss findet selten in Privatwaldungen statt, sondern 
meistens nur in den (Keligionsf^mds-) Forsten in Radautz, Solka, 
Illischesti, St. Uli und Kuczurmare. (4.) Die Gemeindehut- 
wciden würden zwar in den ökonomischen Schriften verdammt, 
in der Bukowina sind sie aber nothwendig, ohne sie wUrde die 
Viehzucht verfallen. Das Volk war ursprünglich nomadisch. 
Ks hat keine Stallungen. Das Vieh geht das ganze Jahr hin- 
durch Tag and Nacht im Freien herum. Im Sommer sucht es 
seine Nalurnng selbst auf den Weidestrecken und den Triften. 
Im Winter wird das Vieh TOn dnem Henschober zum andern 
geführt, wo man es das Hen, olme es ibm in einer Krippe 
darsureichen, 71 ach Willkttr Terzehren nnd sinn Theil vertreten 
Iftsst. Das Volk bUngty wie es bei rohen, ungesitteten Völkern 
gewöhnlieh ist^ an seinen Eigenheiten nnd GewoKnheiten mit 
eisernem Staminn nnd ist gegen alle; selbst gegen vortheilhafte 
Neneningen «ingenommen. Die heigeTmohte Vielunidit ist be- 
quem, ohne Arbeit nnd Anstrengong. Nnn soll dasselbe anf 
einmal eine wirthschafUichey mit Mtthe, Arbeit nnd Soigfiüt 
yerbnndene Viehzucht mit StalUdtterong betreiben? Wenn diese 
gedeihlieh sein sollte, setst sie Vorkenntnisse nnd Unterricht 
aber den Anbau und das Eänsanmieln der Futterkrftuter; ttber 
die Wartung nnd Pflege des Viehes vorans. Davon hat der 
Bukowiner Bauer keinen BegrilF. Eine bessere Viehsncbt kann 
nur aus richtiger Einncbt nnd Erkenntniss entspringen^ muss 
daher erst allgemach vorbereitet werden. Daau mttssen die 
Bauern und selbst die Grondherren erst durch Uuterridit tou 
Jugend an, ferner durch Beispiele rorbereitet und ihnen der 
Vortheil anschaulich gemacht werden. Daher sollen die Hut- 
weiden bleiben, weil sonst viele gar kein Vieh halten könnten, 
verarmen oder auswandern würden. Daher soll je 1 Joch oder 



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640 



1 Joeh 560 Quadratklafter ftlr ein Rind oder 10 Schate be- 
stimmt werden. Die Grundbesitzer lassen ihr Vioh ebenso wie 
die liuuern im Sonnner auf der Hutweide; auch sie kennen 
die StaUfütterun^ kaum dem Namen nach und haben seit jeher 
den Mitgenuss der Hutweiden. Eine FeldpoHzei besteht bisher 
nioht^ wHre aber nöthig. (.').) Der Zehent ist sehr Iftstig nnd 
hemmt die Cultur. £r ist mit Plackereien and Hedrückun;^ 
des ZeheDtsohnldigen yerbunden^ weil dieser die ZehenUus- 
mittlung abwarten muss und bei nasser Witterung^ seine Früchte 
▼erliert Daher sei der Zehent abzuseliaffen und in Frohne 
umzuttadern. Dies wollen aueh die Dominien. I>ie bisherige 
Frohne von 12 Tagen ist für die Grandherren zu wenig. Wegen 
der Vorgänge in den letzten Jahren schwankte der Cutb des 
Geldes fortwährend. Dies hatte einen verderblichen "Rin^"** 
anf den Preis aller Producte. Der Wuchergeist echraabte dstn 
FniB der Prodacto anfs Höchste hinauf. Daher geben diese 
ZeitTerhältnisse keinen Anhaltspunkt sar Berechnung des 
Preises der Prodncte und der Arbeit, weil das Verbfiltniss kefi 
reguläres war. Infdge dee Zehents bewirthsehaftet der Unler- 
than Vio MinM Grandes Air die Obrigkeit. In der Bukowins 
werden gewöhnlich wegen des schweren, fetten Bodens 6 bis 
8 Ochsen an den Pflog gespannt. Der Hensehent ist aufge- 
hoben, and es besteht nur die Relnition von 3 kr. ftUr den ehi- 
klaftrigen Heuschober.^ Keparatarstsge sind weder im OhiTSOw 
noch sonst begrOndet; sie wurden von der MiüttradministntioB 
eingeführt und auf die aar Zeit der Besitsnahme der Bukowina 
bestehenden Gebäude beschränkt. Diese Einrichtung gibt ss 
Missbräuchen, Wülkttrlichkeiten imd Bedrückungen der Unter 
thanen Anlass. Die Frohne soll nicht nach Stunden, sondern 
nach bemessenen Strecken yorgenommen werden, wie dies der 
l lir>>3ow bestimmt. Dies lässt mehr Freiheit zu im Ikirinne 
und der Beendigung: der Arbeit, sowie der Ruhestunden für 
die Arbeiter un<l das Vieli. Auch werde dadurch grösserer 
Fleiss an»j:eregt, um der Verpfiiehtung schneller ( Tenüire zu leisten. 
Bezii^'lieh der zu leistenden Fuhren soll das i'aLciit vom 2G. Jänner 
17Ö4 als Kichtschnur dienen.* 



' Uober den Modus der Berechnuii|f der RsuTeluition siehe oben, S. 564. 
^ D.'isMPlbe war für G-ilizion erln.-'Ron wordon. Hau findet es bei Piller, 
GeaeUMunmluttg Hlr Galixieu S. 



641 



Fassen wir diese Vorschläge Platzer's näher ins Auge, so 
"werden wir gewahr, dass derselbe die erbthUmhche Ueber- 
Inssiinp^ der Gründe an die Bauern im Grossen und Ganzen auf 
OrundlogT' der bestehenden Verhilltnisso bofiirwortete. Die 
Gründe sollten nicht neu aufgetheilt werden, sondern jedem 
der bereits von ihm benützt© erbcigenihümlich bleiben. Das 
ist ganz offenbar der Kern der Darlegungen Platzer's Kinn 
Krhöhung der Robot wurde als für die Gutsbesitzer nothig be- 
zeichnet; aber auch hiebei sollte der Chrysow nicht ausscracht 
gelassen werden. Es ist kaum zu bezweifeln, dass Platzer's 
Anschauungen gegenüber den in früheren Berichten geäusserten 
einen grossen Fortschritt bezeichnen und verhältnissmtissig leicht 
ausführbar waren. Trota dieses Umstände«^ und trotzd< in die 
Regienmg überzeugt war, dass die Dotirung mit erbeigcnthüm- 
liehen Gründen und die Kegulinmg der Schuldigkeiten der 
Bauern in der Bukowina eine der wichtigsten Massnahmen für 
die Wohlfahrt des LandeSy fUr die Hebung der Cohnr und die 
Uintanhaltnng von Auswanderungen ^ war, gingen wieder einige 
Jahre ohne entscheidende Verfügungen dahin. Als Kaiser 
Franz II., der bereits in dem oben citirten Hofdecret Yom 
4. (11.) März 1813 die Regulirung anbefohlen hatte, im Jabre 
1817 (1. — 4. August)* die Bukowina besuchte, überzeugte er 
sieh perstfnlieb von der ttnssersten Dnngliolikeit der Aenderong 
des bisherigen Znstandes. Schon am 6. August erfolgte eine 
AUerhCchste EntseUiessung, welche die schleunige Beendigung 
der Reformen be&hl. Infolge dessen trug das Lemberger Gu- 
bemium mit dem Erlasse vom 22, September 1817, Z. 86192, 
an, die Unterthanen in der Bukowina ,naoh einer landartigen 
Vermessung der Gemeinden au dotiren'. Kan war also doch 
wieder auf diesen schwerfidligen, langwierigen Modus zurttok- 
gekommen. Dies schob die Angelegenheit wieder hinaus. Die 
Regulirung der UnterthansTerhldtmsse gerieth nun wieder in 



* Klagten über diese Aaswandernng^n begegnen uaa auf Schritt und Tritt. 
Mui vergleiche aiifl«er dea bereits oben im Texte mehrmals Toricom* 
mendeo Beoierkiiiigen s. B. taeh Wiekenhavser, Molda II, 2,S.110£ 
und Holda Y, 9, 8. 107. Im Sommer 1787 ataadm ao Tieltt Aiww«&flerMr- 
hutt<>n leer, da» man 208 Familien dario unterbringen kimnte (Bfolda n, 2, 

S. 132). 

* VitI Polek, Qedenkbttch der rOmisch-kathoUflchen Pfarre in Csemo- 

witz, 8. 90. 



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642 



Verquickuntr mit der durch das Patent vom -3. Deoember 1817 
angeordneten Einführun^^ des , stabilen GrundcaU.sLers^ in Oester- 
reich. Die für denselben erforderliche neue ökonomisehe Ver- 
messung der Bukuwnia sollte auch fiir die Dotirung die nutliige 
(irundlage bieten.^ Die GrundsteueiTegulirunj^s-Hofcommission 
hatte mit dem Erlasäe vom 6. Februar Z. GÜlÜ, die Leitimg 

des Catiiblralgeschäftes in der Bukowina einer Kreiscommission 
übertragen. Den Vorsitz fUhrte der Iloiratli und Kreislmupt- 
mann v. Stutterlu lin ; das politische Referat hatte der Vice- 
K n isli;ui]itniann \ Aujbros; das Vermessungsg'eschJift mit den 
nötliüj, n Illingen leitete der ( )berstlientonant und Untor- 

dircctur von Nageldinger. Alle Berichte hatten durch die 
Landesstellc an die Hofcommission zu gehen; die Gestions- 
protokolle waren alle 14 Tage vorzul^en. Am 11. April 1819 
erfül^jte sodann auch ein Erlass der genannten Hofcommission. 
demzufolge mit der CataBtralvermessung die Reg^lirung des 
unterthänigen Grundbentses und der Unterthansschuldigkeiten 
erfolgen sollte. Daher wurde die DurchiUhrang der Gnmd- 
▼ertheilung mit einem Gubernialerlasse vom 28. April 1319, 
Z. 13217, bis cur Beendigang der Gatastralverm essung aii%e- 
schoben. Femer sollte nach mehreren Hofkanzleierlässen 
(28. April 1819, Z. 13217; 15. Juli 1819, Z. 22025 ; 30. Sep 
tember 1819, Z. 31087) auch in dem durch diese Vermessung 
festgestellten Besitzstande bis sur stabilea Dotation in der Regel 
keine andere Aenderung gestattet werden als in der Person 
des BesitMrs. 

8. Die CSatastrahrermessnng schritt nur langsam vorwfMh 
deshalb drüngte der Kreiahauptmann Stutteriieini, dass in einigea 
bereits ▼ermessenen Gemeinden die Vertbeilung stattfinde. 
Daraufhin bewilligte die Hofkanslei am 31. Mai 1820, Z, 14791, 
dass in sechs (?) Ctomeinden, deren Catastralanlnahme bereits 
beendet war, ,bIos die Chrnnddotation ohne Einmengung der 
Urbarien' Tersuchsweise vorgenommen werde. Als Gemeinden, 
in denen dies stattfinden sollte, werden bei einer anderen 
Gelegenheit Radauts, St Ontifri, Bnria, Hilleschouts, Banesestie, 
Waschkouta am Sereth, Wolczyneta und Muschenitsa gensnnt 
Ausgeschlossen wurden von der Vertheflung die Gartengrilnde 



* Vgl. hieztt Kniudl, Gesch. dar Bukowina lll,61f. 



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643 



(Lewaden) und die in der Familie des ersten Besitzen sich 
forterbenden Rodgründe, weil diese ohnehin einen bleibenden 
Besitz bildctt II. Als riistical win den alle Grlinde erklärt, welche 
es damals t'ac tiäch waren. Die Allerhöchste EntSchliessung vom 
4. Mllrz 1813, enthalten im Hofdecret vom 11. März deBselben 
Jahres, Z. 3970, wurde dahin erklärt, dass nach demselben 
!'( iche, Waldungen und Wald wiesen nicht unbedine^t den Do- 
minien zugesprochen werden miipsten, sondern nur msoferne 
solche etwa im Besitze der Unterthanen befindliche Objcctc im 
Wege unschädlicher Austauschung den Unterthanen entzogen 
werden könnten. Mit den Urbariaischuldigkeiten hatte 
es wie bisher zu verbleiben. Die Hutweiden wurden nicht 
zur Vertheil ung bestimmt, denn es bestehe noch die Nomaden» 
wirthschaf^, daher die Hatweiden als gemeinsdiaiUiches £igen- 
thum nicht aufgelassen werden können. Der Gnmd Air die 
bisherige Benütasangsart wäre nicht blos Roheit und Unwissen- 
heit, sondern auch die geringe Zahl der Bevölkerung, deren 
Kraft zur Bestellung des vorhandenen Bodens nicht hinreicht 
Auch yerfllge dieselbe Uber kein Capital. Auf eine Qoadratmeile 
kAmen 1820 nur 1200 Seelen. Die Hutweiden seien zur Do- 
tirung der später anwachsenden Bevölkerung geeignet Schliess- 
lich ist noch zu bemerken, dass später festgestellt wurde, dass 
die Aecker wegen der sweckmässigen Bearbeitung zwischen 
160 und 300 Klafter Länge und maglichst rechte Winkel haben 
sollten. 

Oh in allen obengenannten Orten die Reform durehgeftlhrt 
wurde^ ist uns nicht bekannt Nur über Badauts, das zuerst 
yorgenommen wurde, liegt genaueres Material Tor. Hit der 
Durchführung der VertheÜung war der Vice-Ereishauptnuom , 
AmbroB, der Selker CameFalyerwalter Qovsfeld und der Cata- 
stralvermessungsgeometer fVeiheir Goretski betraut Der In- 
spector Schubert yertrat den Beligionsfonds und der Wirthsehafis- 
director Asbdth das Militäiilrar (Gestüt), welehes Pächter der 
Religionsfondsherrschaft Radauts war.^ Ein Berathnngsprotokoll 
vom 20. August 1820 wegen dieser Theilung ist geseichnet von 
Kreishauptmann Stotterheim, Vice^Kreishauptmann Ambros, 
Obersten Freiherm von Rothkirch und dem Major v. GreipeL Die 



Vpl. hieeu oben fc>. 6iy und die Anin. 3 ebenda. Uebpr A.sböth vergleiche 
die Vorrede za der in dieser Anmerkung genannten ächrift. 



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644 



Arbeit wurde Tonflglioh im Laufe des Juli, August und Sep- 
tember 1820 besorgt Nacb der GatastnlTermessoiig des ht- 
speetora Hauptmann Ülriob batlen die ünterthanen in Badanti 
gar keine RodgrOnde; alle Httuser der Ünterthanen lagen im 
Markte selbst^ dagegen sftmmtliobe Felder derselben aoMeibalb 
des Marktes. Diese Felder waren im Flarenaasweise nicht 
parcellenweise ausgewiesen, sondern nur in concreto. ,Diese 
Gründe unterliegen periodischen Aenderungen für die einzelnen 
Ünterthanen. Nach der Landes^ewohnheit müssen sich nämlich 
die Ünterthanen jenen zeitweiligen Vcränderiuifren unterziehen, 
welche die Ortsricliter der Gomeiudon zu veranhisscu tlir noth- 
wendig finden. Daher ist der Besitz der linterthanen wandel- 
bar, obwohl sich einzelne Uaterthaneii, sei et» durch Zufall oder 
Uebermacht, durch längere Zeit im Besitze eines und desselben 
(»rundes erhielten.' Es wurden souaeii alle rustiealen Gründe 
— ausgenommen die T^ewaden < llofgriiude) — zur Vertheilnng 
genommen. Die Lewaden kamen in der ("^atastralvermessuufj 
schon individuell vor; daher blichen diese ganz aus.s«*r der Ver- 
theilung. Die wandelbaren Gründe wurden dagegen in concreto 
benutzt; daher war der individuelle Nachweis nicht mügUcb, 
sondern nur eine summarische Darstellung. Man kannte ilalier 
den Besitz jedes einzelnen ünterthans nicht. Daher musste 
jeder einzelne Unterthan selbst angeben, w^ic viel (irimde » r 
nach Faltschen und Praschinen besitze. Nach diesen Angaben 
hatten alle Ünterthanen 1996 Joch 1364 Quadratklafter, wäh- 
rend die Catastralvermessung 2571 Joch und 988 Quadrat- 
klafter ausgewiesen hatte. Der Unterschied (574 Joch 1^24 
Qnadrstklaiter) erklärt sich aus dem Umstände, dass die ünter- 
thanen nnr bessere Gründe benutzten und andere liegen Heesen; 
diese besonders sumpfigen Strecken zählten sie auch nicht ein. 
Ansserdem waren 748 Joch 126d Quadratklafter permanente 
Hutweide vorhanden. Davon entfielen für das Dominium 
174 Joch 800 Quadratklafter, Air 3 Ortsplarrer 18 Joch, für 
S Qemeindestiere je 3 Jocb> also zusammen 200 (V) Joch 
800 Quadratklafter, so dass flir die Gemeinde 548 Jock 
463 QnadiaiUaAer übrig geblieben wüien. Von dieser Ver 
theilung der Hutweide wurde jedoch Abgang genommen, weil 
neben dem Bominiurai den Pfarrern und den Bauern auch die 
Häusler und Inleute den Hit^enuss hatten und die Unterdiaaeii 
diese Vertbeilung ttberhaupt nicht wollten; auch war in dem 



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645 



oben citirten Erlasse aiisdrüc^klich befohlen worden, daas die 
Hutweiden nicht zerstückelt werden sollten. Es kam also nur 
auf die Vertheüung der obc^n ausgewiesenen Gründe (Felder, 
tmd Wiesen) an. Diese wurden zunächst arrondirt und ,nach 
ihrer Gieba' in drei Abtheilungen qualificirt. Da hiebei mit 
Einwilligung der Pfarrer auch ^Session^grttnde' einbezogen 
wurden, so stellte sich die Gesammtarea der zu Ferthcilendeu 
Gründe, auf 2583 Joch 3231 Quadratklafter, wovon 1184 Joch 
80-2 Quadratklafter Aeckcr und 1399 Joch 236*9 Quadratklafter 
Wiesen varen. Die Gründe Mrurden vertheilt, dass In Ueber« 
einstiiiimung mit dem Uofdecret vom 11. Mfirz 1818 30 ganze 
Bauern mit je 24 Joch und 152 halbe mit je 12 Joch dotirt 
wurden, viertel Banem aber gar nicht bestehen sollten. Den 
3 Httuslem worden je 2 Joch zngetheilt; auaserdem hatten sie 
wie die gar nicht dotirten Iniente den Mifgennaa der Hntweide. 
Die Dotirong erfolgte also in drei Classen. Wae Ton den auf 
diese Weise Tertheilten Aeckem und Wiesen übrigblieb, wurde 
als Dotation ftir die jeweiligen Lehrer, Ortsrichter, Watamans 
(Unterrichter) und zur Erhaltung der Genieindestiere bestimmt. 
Das Kfthere Uber diese mancheiJei interessante Anfschlüsse 
gew&hrende Verlheilnng ergibt si(^ aus* den folgenden Statistik 
sehen Zusammenstellongen. 

* ♦ 

I. 

Es wurden mit Gründen betheilt: 

30 Unterthanen 'der 1. Classe (gansse Bauern) mit 

« je 24 Joch, alle zusammen 120 Joch 

152 „ »2. CJlasse (halbe Bauern) mit 

je 12 Joch, alle zusammen 1824 „ 

3 p n ^- C^'-'^sse (Häusler) mit 
je 2 Joch, alle snisammen 6 „ 

185 Unterthanen 2550 Joch 

Alle Gründe (Accker und Wiesen) betrugen 25b3 Joch 323'1 DKl. 
Die 185 Unterthanen erhielten . . . « 2550 „ — 

33 Joch 3231 OKI 

lieber die Vertheilung dieses Restes siehe man unten die 
Zusanimonstellung Nr. V und VI. 

ArcbiT. LXXXVI. Bd. II. Hilft«. 43 



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040 



n. 

Nach ihrer Oute zerfielen die Aecker (zusammen 11^4 Joch 
86'2 Quadratklafter) in drei Abtheüimgen mit folgeadem Aus- 
masse: 

1. Abtheüung . . . . 334 Joch 851 2 OKI. 

2. „ .... 313 „ 46Ö-9 „ 
S. n .... 536 „ ^8'1 „ 

Summe . . 1184 Joch 86*2 DKL 

Ebenso verfielen die Wiesen (zusammen 1399 Joch 
230*9 Quatlratklafter) iü folgende drei Abtheilungen: 

1. Abtheaung . . . . 538 Joch 282 7 □ Kl. 

2. „ .... 307 ^ 1412-7 „ 

3. « .... r>47 . 141-5 „ 



Summe . . 1393 Joch 236*9 □£!. 
Als Dotation für die 3 Hftosler 
waren ausgeschieden worden . 6 „ — „ 

im Joch 2ati-yuKi. 



ni. 

Wie viel jeder von den Bauern der 1. und 2. Olasse an 
Aeckern um jeder der drei Guteabtheilungen erhielt, ergibt 
folgender Ausweis: 



der Jedtr Bauer der Jeder Bauer dar 

betreffenden AbtlMilnnf 1. Ctaase erhielt S. auea «i1u«tt 

1. 334 J. 85 1 2 □ Kl. 3 J. 2(J0 □ Kl. 1 J. DOO ü Kl 

2. 313 „ 4GG-9 „ 2 „ läOO \ l „ m „ 

3. 536 „ 3r)81 ^ 5 ^ ~- ^ 2 . m 

äa. 1184 J. 86-2UKi. IIJ. lOOOKL & J. 800, 

AUo Ratiern der Alle Bauern der .^"^„^p"®™ Ea verUsbt 

LCUwe erkielten 8. Claaee erhielten |j|ueItM ein Bait tw 



1. 93J.1200aEl. 237 J. 800GK1. 331 J. 400Qm. 3 J. 451*3 OKI 

2. 88,, 200 „ 223 „ 400 „ 311 „ 600 „ 1 „ 1466-9 ^ 

3. 160^ - ^ 380^ ^ ^ 680^ ^ „ 6^ 3681 ^ 

Sa. 331 J. 14ÜÜDKI. 810 J. 1200aKl. 1172 J, lOOODKl. IIJ. ß^ti^lE 



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647 



IV. 



Wie viel jeder von den Bauern der 1. und 2. Classe an 
Wiesen aus jeder der drei Gttteabtheilimg^ erhieity ei^bi 
folgender Ausweis : 



der 

betrefieodeD Abfbetluiig 

1. 538 J. 282-7 DKL 

2. 307 1412-7 „ 

3. 547 . 141Ö „ 



Jeder Bauer der 
1. CUmw erhielt 

6 J, — DKl. 



2 

5 



1300 
200 



Jeder Baner der 
S. ClaMO erhielt 



2 J. 800 □ Kl. 

1 „ 650 „ 

2 . 9Ü0 „ 



öa. 131)3 J. 23ü üaKl, 



12 J. löUüQKl, 



6 J. 75üaKl. 



Alle liauorn der 
1. Cla.sse erhielten 



Alle Bauorii der 
2. Claase erhielten 



1. löOJ. —OKI. 380 J. — DKl. 



2. 84 „ 600 

3. 153 „1200 



n 
n 



213 
389 



1200 
800 



n 

JL 



Alle Baaem der 

1. n. 2. Classe eu< 
flammen erhielten 

530 J. — OKI. 
298 „ 200 
543 « 400 



£8 verbleibt somit 
ein lie&t von 

8J. 282-7 DKL 
9. 1212-7 „ 
3» lMl-5 „ 



Sa. 388 J. 200 OKI. 983 J. 400 OKI. 137 ij. 600 OKI. 21J. 1236-9 OKI. 



V. 

Ausweis über die Vcrthcilung des oben unter Nr. III aus- 
gewiesenen Restes an Aeckern: 

Aus der 1. Abtheilung verblieben 3 Jocli 451 -2 DKl., fla- 
von erhielt jeder der zwei Lehrer die Hälfte; aus der 2. Ab- 
theilung verblieben 1 Joeh 14(36-9 DKl., diese erhielt der je- 
weilige Ortsrichturj aus der 3. Abtheilung verblieben 6 Joch 
368 1 DKl., davon erhielt ebenfalls der Ortsrichter 2 Joch 
368 1 □ Kl. und der jeweilige Wataman 4 Joch; zusammen 
11 Joch 686-2 U Kl.. 

VI. 

Ausweis Uber die Vertheilang des oben unter Nr. IV aus* 
gewiesenen Restes an Wiesen: 

Aus der 1. Abtbeihmg verblieben 8 Joch 282 7 DKl., da- 
von erhielt jeder der beiden Lehrer je 2 Joch 14135 DKl. ond 
der jeweilige Ortsrichter 4 Joch; aus der 2. Abtheilung ver- 
blieben 9 Joch 1212*7 DKl., wurde zur ftrhaltung des Gemeinde- 
stieres bestimmt; aus der 3. Abtheilimg Terblieben 3 Joeh 
1341-5 LlKl., diese erhielt der Wataman; susammen 21 Joch 
1236*9 OKI. 

4S« 



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C48 



VII. 

Zu der im Vorstehenden genau geschilderten Vertheilung 
ist noch zu bemerken, dass die Aecker jedem womöglich in 
zwei gleichen Tbeilen (CSomplexen) zugetheilt wurden. Bei den 
Wiesen erachtete man dies nicht flir ndthig. Durch die ge- 
schilderte Vertheilung hatten 143 Unterthanen einen grösseren, 
42 einen kleineren Grundbesitz erhalten. Vor der VerthettoDg 
bestanden nttmlich folgende Verhältnisse: 

Zur 1. ClMse gehörten 30 Bauern, welche einen Gkundbesiti 
von 13 bü 2i Joch und darUher hesassen; der 
grOsste Gnmdbesits mass 29 Joch 1120 GEL Alle 
hatten zusammen . . . 598 Joch 944 DKL 
n 3. „ gehörten 152 Bauern mit . 1395 „ 620 j, 
^ 3. „ gehörten 3 „ „ . 2 „ 1400 ^ 

Summe . 1996 Joch 1364 DKl. 
Dio Gcsammtsummc entspricht der bereits oben, S. 644, 
citirten Angabe der Bauern Uber ihren Besitzstand. 

9. Trotx umfassender Vurboreituugen hatten somit die ge- 
planten Kcformen einen f^unz unlx^ deuten den KrtVdj; .itifzu- 
wci^en. VcrjLrt'bens waren also zuuiichst alle Berichte der 
Landesbehörden ^^'rwoscn, el»en80 die bezügÜelien Bitten der 
Gutseigenthümer ' und die Beschwerden der Bauern. Weder 
bezüglich des Grundbesitzes noch der Verpflichtungen der 
Bauern ist eine durchgreifende Reform gelungen. 

Was zunächst den Grundbesitz betrifft, so blieb auch 
nach dem Jahre 1820 mit Ausnahme der Lewaden (Garten- 
grttnde), der Rodgründe, insofeme sie sich im Beeitae der Ab- 
stämmlinge des Ausroders befanden, dann der Besitzungen der 
deutschen und ungarischen Colonifiten und endlich der wenigen 
Gemeinden, in denen eine regehnltasige Vertheilnng der Omnde 
yorgenonmien worden war, der Besita der Banem wandelbar. 
Dass die Bauern die DurchfÜhrong der geplanten Reformen 
gern gesehen hätten, eigibt sich aus dem Umstände, dass sie 
dafür Ihre Dankbarkeit onirerhohleB beaeigten, ,da88 die Re- 
gierung die Lewaden und Kod^rttnde Air stabÜ anerkannte . . 
Der Wechsel in den bäuerlichen GhrOnden war einerseitB dnich 



* Vgl. ,VQhM du Untortliwiswhiltiiiw* 8. 41 f. 



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649 



tlic spilrliche Besiedlung des Landes ermöglicht; andei-seits durch 
die in der Bukowina bestehende Wcehselwirthschaft bedingt. 
Kine pmzc Fhir wurde 3 bis (j oder aiieli mehr Jalire nnunter- 
brochen unter dem Piluf^e j^elialten. Naehdeiii sie — das Dün<i;en 
wurde damals noeh wenifj^er ^i^nUf^end als (,'ef::enw;Lrtig ^eübt ^ 
— erschöpft war, wurden diese Strecken durch ebenso viele 
Jahre als gemeinsame Viehweide benutzt, dagegen aber das 
bisher beweidete Brachfeld unter die Gemeindemitglieder zum 
Aufackern vertheilt. Diese Verthoilong geschah durch den 
Ortsrichter, manchmal auch unter Hinztudehung der Ausschora- 
mitglieder der Gemeinde. Bei derselben wurde auf die vor 
mebreren Jahren bestandenen Raine, die übrigens unkenntlich 
geworden waren, nmsoweniger Rücksicht gen<Mnmen, als auch 
neu verheiratete Bauern Grundstücke erhalten mnssten. Selbst 
während der Zeit, da die Flur unter dem Pfluge stand, ge- 
schahen Verflndenmgen. Diese wurden durch Auswanderungen 
bedingt, femer sobald eine Witwe die Wirthschaft nicht weiter 
betreiben konnte oder auch ein Wirth sein Zugvieh verlor und 
somit nicht mehr den seiner früheren Arbeitskraft entsprechend 
bemessenen Boden au behauen vermochte. Infolge aller dieser 
Umstünde fanden Neuauftheilungen statt Bei denselben hatten 
die Ortsrichter nach wie vor grossen Spielraum. So kam es, 
dass nur durch Zufall oder Uehermacht ein Bauer sich in dem 
Besitze desselben Gmndstllckes mehrere Jahre erhielt Dass 
dies ein Hemmschuh alles Fortschrittes war, liegt auf der Hand. 
Keinem Bauern konnte es betfsllen, das Feld zu verhessem, 
zu entsumpfen u. dgl., weil er nicht sicher war, ob er dasselbe 
im nächsten Jahre behalten werde. Oft genug mag vielleicht 
gerade eine durchgeführte Verbesserung des Grundes die Ur- 
Sache der Entziehung desselben gewesen sein. Dazu kam nun 
aber, dass nicht nur der Ortsrichter den Wechsel zwischen den 
Grttnden der einzelnen Bauern untereinander veranlassen konnte, 
sondern die Grundbesitzer trotz aller bisherigen Verordnungen 
selbst weitgeh^den Einfluss darauf zu nehmen vermochten. 
Der Verfasser der Ende des Jahres 1848 erschienenen, die Inter> 
essen der Gutsbesitzer vertretenden Schrift .Ueber den Ur- 
Sprung imd die Entwicklung des Untcrthansverhältnisses in der 



£8 gtiuügt, auf die bezflglk-hcn /.ahlroichen Klagen iü des üerichteu der 
Bukowiner Handelskainmer hinzuweisen. 



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650 

Bukowina' führt darüber Folgendes aus: ' ^Die Wandelbarkeit 
des Rtuticalgrandbentaee, welche in der Moldau, mit der die 
Bukowina bis zum Jahre 1775 yereinigt war, noch heute be- 
steht," bestand in der Bukowina selbst ebenfalls noch vor 
wenigen Jahren au Reeht: asufolg;e derselben onteraog der Gats^ 
cigcnthttmer aus ökonomischen oder anderen Btteksichten den 
Omndbents der auf seinem Gute sessbaften ünterthanen all- 
jtthrlieh einem Wechsel, und awar entweder in Bezug auf die 
Gründe einzelner Rusticalbesiteer untereinander, oder in Bezug 
auf den ganzen anterthä.iiigen Grundbesitz überhaupt d. i. auf 
alle von sämmtlichen Dortlnsassen eingeuuimucnen Grundstücke, 
statt welcher derselbe Letzteren frische Grundstücke einwies.' 
Da.s im letzten Theile dieses Berichtos über die Auswechslung 
rustiealer Uniudo gegen dotninicale Bemerkte war sicher luit 
Rücksicht auf die oben, S. G14f., mitgetheilten Erlässe Miäs- 
brauch. Dieser iiin<j: mit den bereits oben creschilderton Miss- 
stHnden endlieli doch die Veranlassun,*? <;ebüten haben, dass 
mit der Höchsten En t se Ii Hessu nc; vom 24, Oetolier 18o5 
diese Wandelbarkeit des Rustieal<irundbesir /.es aufge- 
hoben wurde.' Sechzig Jahre hatte es bedurft, bi.s diese 
cigeuthiiinlieh«', die Bukowina scharf von den anderen (isier- 
reichischeii Provinzen unterst-hf'idendc Einrichtunjc^ gefallen ist. 

Von noch t^rösscrer Dauerliattiii^keit erwiesen sich die 
moldauischen Robot- und Zolientbcstimmungen. Wir haben p''- 
sehen, dass alle angeregten Reformen derselben schliesslich zu 
nichts geführt haben. Die im geringen Umfange erfolgte Do- 
tirung von ünterthanen mit crbeigenthtlmlichen Gründen ist im 
Jahre 1820 ausdrücklich ohne eine Aenderong der Urbarial- 
Schuldigkeiten vor sich gegangen. An eine eventuelle Reform 
derselben ist allenfalls auch in der Folge gedacht worden. Da* 
her findet man auch nach 1820 in Verträgen Uber Ablösung 
der Kobot nnd des Zehents wiedei holt die Qlaosel, dass die 
festgesetsten Bestimmungen nur dann gelten sollten, ,wenD 
während der bedungenen Jahre von hohen Orten keine neue 
Besttmmong der Grundschuldjgkeitea erfolgen sollte'.^ Da es 

> 8. 50 f. Anm. 

» Vgl. oben, 8. 574. 

' ,Ueber diia UutertlinnsverhäUni^s', 8. 51. 

* Kalndl, Die BnMebunf und die Bntwlekluii^^ dar Lippowu«r4>ikNueii* 
Beilagen 67 n. 68 (J. 1881), BeilSgMi 77 n. 78 (J. 18»7X 



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e5i 

aber sa keiner Reform kam, nelmelir der Status quo hh zur 
Aufhebung des Unterthansyerbältiuflses im Jalire 1848 aufrecht 
blieb, fio bUeben die ungenügenden zum Thefl den Bauern, aber 
auch den Gutsherren' lättigen Beatimmungen aufrecht Die 
Gutsherren suchten sich daher, weil ihnen die durch den Chrj- 
sow zugestandene Robotpflicht der Unterthanen nicht genügte, 
durch besondere Verträge mit den Unterthanen auszuheifen.' , 
Diese waren nach dem Chrysow — man vergleiche die Schlüsse 
bemerkungen desselben und unsere bestlgUchen an froherer 
Stelle (S. 566) gemachten Bemerknngen hiczn — gestattet. Auch 
Kaiser Josef II. hat sie in seinem oben, S. 613, citirten Schreiben 
vom Juhrc 1783 nicht verboten, sondern vicliuelir die Ansicht 
ausgesprochen, dass die Grundobri<^kciten cntwedorihre Allodial- 
ifüter selbst bebauen, oiU;r au freiwillige Pächter, oder, ,was 
dah Beste wäre, an ihre Lutcriliauen entweder gegen Nalunil- 
odcr Pecunialabgaben oder gegen andere zu bestimmende 
Schuldigkeiten, aU lieumachen, Tlolzsehlag und Zuführung etc. 
auf 80 viel Jahre, als es ihnen anstehet, überlassen' mögen. Dass 
dieser Vorgang nur durch Vertrüge; st;iltHnden konnte, ist klar, 
fn der Foltje erflosseu eine Reihe von hochortigen Verordnungen 
über den näheren Modus dieser Vertrüf^e,* und zwar das 
Guhernialkreissehreiben vom 10. September 1789, Z. -^1363,' 
llofdecret vom 20. September 1805, Z. 10108, Ouberniaidccret 
vom 25. Juh 160Ü, Z. 28.51!). Hofde-rct vom 4. September 1806, 
Z. 1Ö012, endlich das Ilandst lireiben Kaiser Franz' I. vom 
13. August 1817 — Landespräsidmmerlass vom 20. August. Kach 
diesen Verordnungen wurden die zustande gekommenen Robot- 
verträge vom Kreisamto geprüft und bestätigt.* Gemäss solcher 
Verträge verpMichteten sich die Unterthanen^ ,statt den 12 nach 
dem Ghika'schen Chrysow bemessenen Taij^en und gegen Er- 
lass des Obst- und Garteozehents, dann des Gamgespunstes^ 
der Holzfuhre, der Henne und der Ileuzehentreluition zu jähr- 
lichen 28 bis 22, oder aber an vielen Orten auch gegen Eriasa 



' .lieber das Untorthansverhältnbs*, S. 42 ff. 

* Vgl., insoforne nichts Änderen bemerkt iat, zum Fol(;eiideii die Schrift 
,Ueber das Unterthan.sverhliltnis!«*, S. 43, 45 u. 48. 

' Filier' 8cho Gesotzsammluiig für Galizien 1789, 8. 164 f. 

* Vgl. z. B. die Beilage 4, dann besonders die Beilagen 67 u. 77 In Ka in dl. 
Die Entetehung und EntwieUung der LippowueM^olonien. 

* ,Ueber dM UiitertluuimlilltaiH*, 8. 481. 



♦ 



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662 



des gesammtcn Feldfruclita^eiits und Verabfol^ung des Ab- 
raum- und Lugerholzes zum BreDübedarfe uach der Grtese 
des tinterthUnigcn Grundbesitzes und des Zeheutwerdies sa 
jtthrliclion bO bis GO und nur in drei OrtBcluiflen wegen be- 
sonderer von Seite der Gutsbesitzer ihnen gemachten Zugeständ- 
nissen zu 73 Tagen*, Auf diese Weise mag immerhin^ wie der 
Verfasser der oben dtirten Denkschrift Aber das Unterthans- 
YorhältnisB hervorhebt, auf jenen Gtttem, wo dergleichen Ver- 
trüge sttBtande kamen^ Ruhe nnd Eintracht hergestellt worden 
soin. Daas ttbrigens trotzdem nicht diese Ruhe dauernd war 
und die Gutsherren von ihrem grtaeren Einflüsse nicht selten 
SU ihrem Vortheüe Gehrauch machten, ist gana unaweifeJhaft. 
Als ein Beispiel hiefibr kann man vor Allem die Voigftnge im 
Russisch-Kimpolunger Okel anführen, auf die wir weiter unten 
zurückkommen werden. Derartige Vorgänge, vielleicht auch 
wenigstens sum Theil Unkenntniss der Sachlage, mOgen vor 
Allem den seit dem 16. Kai 1838 sum Kreishauptmann der 
Bukowina berufenen Casimir Bitter von Milbacher bewogen 
haben, schon am 29. Juni 1838 mittelst des CHrculars Z. 12748, 
sich gegen die bestehenden Verhältnisse aussusprechen und alle 
geschlossenen und kzeisämtlich bestätigten BobotvertrSge als 
nicht bestehend zu erklären. Aus der Gehässigkeit, mit welcher 
von der Partei der Gutsbesitser diese Massregel beurtheilt 
wurde (man vorgleiche die mehrmals citirte Schiift vom Jahre 
1848 über das Unterthansverhältniss), geht es wohl zur Genüge 
hervor, dass durch diese Verflij;ung des Kreisamtes den (luts- 
bcsitzern uiaunigfaltigc Vortheile entgingen, also die Verträge 
vorzüglich zu ihren (Gunsten abgeschlossen wordeu waren. ,¥js 
ist/ ruft der Verfasser jener Denkschrift aus,' ,keine Ucber- 
treibLin«;-, .sontlt ru eine traurige, allgemein bekannte Wahrheit, 
dass es zu jener Zeit Fälle gab, wo Gutseigenthümer oder 
Pikliter, in ihrer Existenz bedroht, von den Uuterthantin durch 
Wort und That gemisshandelt, vom Kreisvorstehcr verhöhnt 
nud vcrfülgt, aus Gram starben, irrsinnig wurden, ja bich &elbsl 
das Leben nahmen/ Die Massrcp^el war indess zu einschnei- 
dend und der Kinthiss des Adels yA\ (rross, als dass Milbacher 
dieselbe hatte autVeeht erhalten küinieii. That.säehlieli wurde 
das Circuiar vom Juni 1838 infolge eines Gubernialdecretes 



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663 



mit dem Oircuhü vom 22. April 1839, Z. 214, widernifeii und 
als nicht bestehend erklärt; infolg^e dessen kehrten die früheren 
Verhältnisse zurllek, und das Kreisamt hatte wieder die Pflicht, 
nacli den früher citirtcn Verordnungen die bestehenden Verträge 
auiVecht zu erhalten. Damit begnl\c:tcn sich die Gutsbesitzer 
jedoch nicht; vielmehr unterualimen noch weitere Schritte 
gegen den Kreishauptmann. Ein völlig glaub wUrdiger Zeuge, 
der römisch-katholische Pfarrer Kunz, erzählt hiertlbcr in der 
Chronik der Czernowitzer Pfarre Folgendes:^ ,Auf den Kreis- 
hftuptmami Kratter fffl^tr am 15. Mai 1838 der Kreishauptmami 
von Stanislan Casimir lütter von Milbucher, der dadurch, dass 
er besonders die Unterthanen in Schutz nahm und nicht zugab, 
dass sie mehr als 12 Tage Frohndienste leisteten, den Mass des 
hiesigen Adels auf sich lud. Dieser zeigte seine Entscheidungen 
dem Erzherzog Franz Carl, dem Bruder des Kaisers, bei dessen 
Anwesenheit im September 1839 an and schickte im März 1840 
aus seiner Mitte Abgeordnete an den Allerhöclisten Hof und 
setzte so endlich durch, dass der llofrath mit Allerhöchster 
Kntächlicssung vom 21. November 1840 in gleicher Eigenschaft, 
jedoch mit vollem Gehalt, zum Lemberger Kreisamte Tersetat 
wurde.' Die ausdrückliche Bemerkung des Pfarreis, dass Mil- 
bacher ,mit vollem Gehalt' versetzt wurde, darf man wohl als 
ein Zeugniss in Anspruch nehmen, dass ihm nichts Unlauteres 
nachgewiesen werden konnte. 

So hatte die Partei der Omndherren nochmals den Sieg 
dayongetragen. Damit war jedoch die Unzufriedenheit, welche 
die Bauern beherrschte, nicht unterdrückt, sondern sie erhielt 
gerade hiedurch neuen Zündstoff. 

10. Durchgreifender waren die Veränderungen, welche 
sich auf die rechtUchen Verhältnisse, die Gerichtsbarkeit über 
die Bauern u. dgl. beziehen. Alle diese Reformen hilnn;en mit 
dem Umstände zusammen, dass in der moldauisclu;n Zeit ein 
Unterthansverhältniss im Sinne der in anderen cuiopaisehen 
Staaten vorlumdenen Einrichtungen nicht bestanden hatte; seit 
der Vereinigung der Bukowina mit Oesterreich und insbesondere 
seit der Vereinigung dieses Landes mit Galizien ist aber das 
Untortlianswesen nach den in Oesterreich geilenden Normen 
eingcilüirt worden. Zur Zeit der Militiüradmimstrationi unter 

* AuBgabu vuu Pulek, Ö. 12 f. 



654 



welcher das Land von seiner Uccuputioii im Jahre 1774 bu 
zum Jahre 1786 stand, hatte mao sich zur Bezeichnung der 
Landleute zameiat des Ausdruckes Bauer (Zeren) bedient; so 
Splöny, Enaenbeig, Balseha und Budinttky in ihren oben Often 
cltiiien Berichten. Bei Letsterem befindet sieh der beseich- 
nonde Sats: ^ ,Der Bukowiner Baner wird nioht ab Ünterlhan 
des Qnindherm, sondern als ein Unterthan des LandesAlisten 
betraehtet/ Dsss Kaiser Josef IL sich gegen die Einffthrntig 
des eigentlichen Unterthanswesens aussprach und das slte 
PachtverhtlltiiisB awischen Bauern und Qrundheim aufrecht er- 
halten wissen wollte, ist bereits herroigehoben worden; trotidem 
benutzt er gerade in dem betreffenden Schreiben Tom 19. Juni 
1783 die Ansdrilcke ,Unterthaii< ftr Bauer und ^Obrigketf ftr 
Qutsherrschafty obwohl diese den auf dem Status quo beiuhea* 
den Verhältnissen ^ar nicht entsprechen. Wir wissen auch be- 
reits, dass Josef, als er im Jahre 1786 die Verbindung der 
Bukuwiiui mit GaÜsien decretirte, befahl, ,das8 die Bukowiner 
Untcrthaneu in der Giebig-keit und Robot noch einstweilen 
wie dermalen unter dem miliUiri gehalten werden'. Aho auch 
luer einerseits der dem gemein - österreiehischeii Uiit< rthans- 
verhilltnisse aiigcpuabte Ausdruck ,Uutcrtlian" zui^lt-icL mil 
dem Wunsche, dass die Unterthänisrkeit niclit piatzzugreifen 
habe, vielmehr d< r .Uto Zustniid zu wahren sei. 

Mit der ViTliindmii:: des Laiulcs mit Galizieii wurden 
ahcr. o]>wohl der Status quo als GrundLiirf* der Uiitei-Üians- 
ixicbi«rkrit aufreclit blieb, trotzdom verschiedene für (Tesammt- 
östcrrcieh und für Galizien erlassene Untcrthans<jcsctze auch 
in der Bukowina jj^eltend, und damit bürg:erte sich auch das 
Unterthanswesen daselbst ein. Vor Allem kamen nun zwei 
l*atente zur Geltung, die frliLer wohl für alle anderon Länder, 
niclit aber für die Bukowina erlassen worden waren:- Das 
Unterthansstrafpatent vom 1. September 1781 und jenes 
aber das Verfahren in Unterthanssachen von demselben 
Datum.^ Uiezu kamen später allerlei andere Verordnungen^ 
welche die nunmehr der Clrundobrigkeit austobenden Pdichtea 

* Dio Bukowüi.'i .im Anfimp^e do8 Jalires 1783, S. 62. 

* Diese oruchcint niclit iu dea oiiiloitcudon Sätzon, wo alle Länder ge- 
nannt werden. 

* Bei Piller, a. O., 1781, und bei Drdscki, a. «. O., 8. Sil ff. 
,Ueber das UnterthansTerhiltnias'* 8. 91 ff. 



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6ü5 



kennzcic'liiictcii: ' ^ie iiiiisstun luich dem Patente vom 10, März 
1771 deu Bauern den Verkauf des uötlii^cn Arbeitsviehes 
wehren; * zufolge Gubernialverordnunf^ vom 13. Se]»teiiiber 1786 ' 
und 9. September 1805, ferner des Kreissclucibeus vom (3. Miirz 
1807 musstc sich die Obrigkeit dem Verkaufe nöthiger Frucht- 
und lieuvorriithe durch Untertlianen widersetzen, um nielit die 
eigenen Vorräthe im Nothfalle als Untcrstützun;^' hergeljen zu 
müssen; ferner mussten die Obrigkeiten zul'olge des Kreis- 
scLreibens vom 12. April 1787 und der Gubernial Verordnung 
vom "20 September 1805 die Untortbanen mit Brot und Saat- 
früciiten ^ und gemüss der nu'>ernialvcrordnung vom 3. No- 
vember 1815 auch mit Oeldvorsehüssen unterstützen. Zu allen 
diesen Verpflichtungen kamen die Lasten und Kosten der Patri- 
monialgerichtsbarkeit, die Besoldung befähigter Beamten als 
Polizeirichter und Mandatare, ebenso der Steuereinnehmer, fUr 
welche die Gutsbesitzer solidarisch haften mussten, die Erbauung 
you GrenzczardakcQ (GrcnT^wachhiluscr), der Aufbau geeigneter 
Arreste, die Erhaltung auswärtiger Verbrecher, die Recrutinmgs- 
kosten und allerlei andere Concurrenzbeiträ^'e, insbesondere 
auch die Patronatslasten, der Kirchen- und Pfarrhausbau, sowie 
die DoUrung der Pfarrer mit 44 Joch DominicalgrUnden.^ Zu 
Allem dem kam noch» dass die Bauern zalilieiche dominicale 
Gründe sich aneigneten und im Besitze derselben vom Elreia- 
amte geschützt wurden.* Dass infolge dieser überaus gesteigerten 
Ausgaben und Lasten hei der geringen Bobotpflicht der Buko- 
winer Bauern und dem überaus primitiven Betrieb der Land- 
wirthsehaft die Gutsbesitser einen schweren Stand hatten, ist 
leicht begreiflich. Wir haben das bereits an einer anderen 



' ,17eb«r daa UnterfhanavwUltnias*, B. 86 «. S8. 

• PilUr 1774, & 66f. 

9 Ebenda 1786, S. 377t 
Solche Uiiterstnt7,nii«3;pii waren in der Moldan his 1864 üblich, wjik aber 
dor Verfasser iler L)<jnkHclirit*t ,T^cbor das UntertbanBvorliältnis»' nicht 
hervorhebt. Vgl. Jahrb. für Gesetzgebnog, Verwaltung uad Volluwirth- 
•ehall 21, Ui. 

• «ITolMr dM UntorduuuTWliiltiiiwS B. S7f. 

• Man T«i|^leiGhe die in ntainur AriMit über die Lippowaner-ColiHüeii be- 
handelten Procosse. Die That^adie, dass der nuticale Besitz stets im 
Wachsen be-^rifTen war, Ist uii'r iL'l ,ir. Man vorploicho ilarObf^r auch 
die ßenierkuug«u in den oben citirtau ProtokoUeu. YgL auch Wicken* 
baaser, Molda Y, 2, S. 75 u. 77. 



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656 



Stelle herroi^ehoben. Ebenso ist es auch erklärlich, dass das 
dem Grondheim ttberCragene Straf» und Poluseirechty femer alle 
jene Verfüg-ungcii , welche ihn swangen, in die privaten Ver 
hältnisse des Unterthans einzo^eifen, die Spannung zwischen 
Orandherren und Bauern steigerten. Man wird daher den be- 
treffenden Klagen in der eft citirten Denkschrift über das 
Unterthanswesen nicht ihre Berechti§rting ganz absprechen 
können. Als Heuchelei muss man es aber bezeichnen, wenn 
der Verfasser dieser Schrift auch die Interessen des Bauern- 
standes zu verfechten vor<^ibt, indem er z. B. lolirciuU- Zeiien 
niederschreibt:* , Oer Bauer, der freie Bauer, welcher, wenn er 
seinen Verpflichtungen g'eiroii den Gutbeigcnthlimer redlich nach- 
gekommen und den allgemeinen Landesgesetzen Genüge ge- 
than, in seinen 1 Vivatverhilltnissen von Niemand beaufrjichtigt, 
von Niemand bevorniuiidet, Herr seiner selbst gewesen, dieser 
Bauer konnte nun gesetzlich ohne Einwilliguncr des ihm min 
aufgedriinc:enen Herrn den Roden, auf dem er lebte, trotz allcd 
Widerwillens ire<;on denselben, trotz des beharrliebsten Strebens 
nach seiner Bcfreiiuii: nieht nicbr verlassen, er musste des^seu 
Unwillen, dessen Launen erti'agenj denn er ward an die Seholle 
gebunden; er durfte ohne Dazwisebiukunft seines Herrn niehl 
heiraten; er durfte mit seinem Pruciii-, nm seinem Heuvorrath, 
mit seinem rechtmässigen Vieh nieht naeli Belieben schalten; er 
hatte nicht mehr den Gerichtsstand der übrigen Landesbewohner, 
nein, sein Grundherr wurde nun zu seinem Vormund, zu sei- 
nem Richter, zu seinem Zuchtmeister gemacht. Allein dies war 
noch nicht AUes. — Wenn er wirklich nach einem lange und 
Iiartniiekir]: geführten Streite sich mit dem Gutseigenthfimer 
durch einen Vergleich aufrichtig ausstthnen wollte, so waren 
es noch das Kreisamt, die höheren und die höchsten Stellen, 
deren Zustimmung es dazu Lcdurfte, die aus purer Sorg&lt för 
das Wohl des Unterthans häufig Alles wie^dw surttckwiesen, den 
Grundherrn, sowie den Untei^han unter tausend mehr oder 
minder gesetzlichen Verwänden auf den unerträglichen Pro- 
cessweg zurückwarfen und beiden Theilen nach Möglichkeit 
jede Lebensstunde verbitterten. Ana dem freien moldauischen 
Bauer wurde aus lauter Sorgfalt ein deutscher Unterthan; ans 
dem Jahrhunderte hindurch im Gebrauche des eigenen Ver 



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657 



Standes niclit bcsclini,iikten Menschen war ein vernunftloses, 
einer Vormundschaft V»pfliirfti£!rcs Geschöpf nrewordeu.* 

Ausser den bereits aulgezählten Patenten und Verord- 
nungen, welche die bäuerlichen Verhältnisse der Bukowina 
weni»^^stens theilweise an G-esammtösterreicii und GaHzicn an- 
«j^lichen — zu ihnen sind auch jenn bereits im früheren Ab- 
schnitte an^^eführtcn über das Grundeigenthum der Bauern zu 
zählen — erüossen nur noch wenige wichtigere Verordnungen^ 
die hier angefUhrt werden mögen. 

Nach der Verbindung der Bukowina mit Galizien wurde 
den Bauern zunächst auf ReligionsfondsgUtern die freie Holzung 
benommen, indem man dieselben s^t 1. November 1786 (seit 
der Verbindung mit Galizien) stur sogenannten Waldconvention 
verhielt Diese Einstellung der unentgeltlichen Holzverabfolgung 
wurde durch das an den galtzischen Staatsgttteradministrator 
T. Ainser gerichtete Beeret (Punkt 9d) vom 24. Mai 
gatgeheissen. ^ Die C!onvention betrug fUr den ,bespannten' 
Unterthanen, der sich eines Wagens bediente, 1 fl.; für den 
^nicht bespannten' war die Hftlfte hieTon, nftmlich 30 kr., fest- 
gesetzt Diesem Beispiele folgten später aadbi die FriTathenv 
Schäften und Hessen sich fUr den freien Holzbezug gewisse 
Gegenleistungen, sumeist an Frohne, geben.' Dass diese Con- 
vention nach dem Status quo ungebührlich war, ist unzweifel- 
haft: denn nach diesem stand den Bauern die weitgehendste 
Benutzung der Wälder gans frei, nur hatten sie dem Gutsheim 
jidirlieh eine Fuhre Holz zuzufl&hren, welche der Onmdhenr, 
wenn er keine Waldungen hatte^ in der Nfthe yon 3—4 Meilen 
selbst einkaufen musste. Unter Betonung dieser Umstände h^ 
zeichnete das Bukowiner Ereisamt in emer 17 ote Tom 4. De- 
cember 1806, Z. 8389, die Waldgebfihr als gesetzwidrig. Trotz- 
dem wurde sie ,wegen der geschmälerten Waldungen' aufrecht 
erhalten.* 

Mit der Verordnung vom 2. Mai 1793^ wurden, ium einer- 
seits das Bukowiner Kreisamt in die nöthige Kenntniss der 

Besitzveränderungen zu setzen und anderseits die Unterthanen 
gegen Bedrückungen der Pächter sicherzustellen', die fUr Qa- 

* Das Original desselben befindet .sich in meinem Bedtse. 

* ,Ui'1ior (l.-Ls TTnt.Ttliansverhältnis«', S. 36 u. 43, 
" Vgl. Drdacki, a. a. ü., S. 210 und Beib«e I. 

* Piller 1792, S. 38f. 



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658 



lizicn bereits bestehenden Vorschriften ▼öm 38. November 
vom T). Januar und 18. April 1784 auf die Bukowina ausge 
dcluiL. J Jaiiuicli inussten alle Besitzveränderungen dem Kreis- 
amte angüzriirt werden, und es musstc sicli daher bei demselben 
jeder neue ,Erl)}ierr' und ebenso jeder Pächter melden. Für 
Untertliansbedriickuügcn musste der Krbherr ,saivu msrresso' 
Imrieii, auch wenn sie seine Beamten, Pächter oder Untcrpüeliter 
girh zu Sehuldcu kommen liessen; nur fiir .delicta personalia", 
fiir welehe nur der Bog-i>licr des Verbrechens liaften kann, ver- 
fintwortote der Grundherr nicht. Der den Unterthauen zul'<- 
fii^rte »Schaden sollte inimor sogleich entweder bar ersetzt uJer 
aus den Hinkünften des Gutes herein ji^cbracht werdm Für 
die Kinl)rinfj:unL,' beztljxliehrr Klag"en wurde eine dreijiilirige 
Frist an£;eset/.t, ^naeh deren Verlauf dieselben nicht mehr an- 
gehört werden sollen*. 

Ferner wurden mittelst Kreisschreibens ^ vom 3. Januar 
1794 die Verordnungen, zufolge welcher alle Uuterthanshe- 
drttcknxigen mit dem doppelten Ersätze zu bestrafen sind, auch 
anf die Bukowina ausgedehnt. Damach sollten, alle diejenigen 
ünteHhaosbedrilckungen, die dem Status quo zuwiderUafeif 
gleich das erste Mal immer mit dem doppelten Ersatz, wovoa 
eine Hälfte den verkürzten Unterthanen, die andere aber der 
Kreispoliseicasse znsnfliessen hat, und nach Umständen auch 
mit einer anderen angemessenen Strafe unnachsichtlich bestraft 
werdend Später kamen zu dieser Verordnung noch einige Nach- 
tragsbestimmungen.' 

Besondere Aufmerksamkeit schenkte die Regierung auch 
den lästigen Reparaturs- oder auch Repartitionstagen. Ks wurde 
schon oben hervorgehoben, dase dieselben im Chrysow nicht 
b^rttndet waren; wohl aber hatte schon Enzenberg die unent* 
geltliche Reparatur der Wirthshttaser, Branntweinsiedereien, der 
Mühlen und Teiche durch die Bauern den Gntsheiren zuge- 
standen, ,nicht aber neue zu machend Später schränkte man 
dieses Zugeständmss dahin ein, die Militäradministration habe 
nur die Reparatur der zur Zeit der Occupation schon bestsn- 
denen Gebäude zugestanden^ daher sei bei solchen Gebäuden, 
welche erst später erbaut wurden, überhaupt keine Robot- 



» Pillor 1794, S. 19f. 

* Vgl, Drdacki, a. a. O, 8. 210 nnd B^ilofre 1. 



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659 



Schuldigkeit zu leisten (Hofdecret vom 29. April 18U7, Z. 24228, 
Gubernialerlass vom 19. Juni 1807,** vgl. Beilage 1). Auch diese 
beschränkte Rc-paratursfrohne scheint schon durch ein Hofdecret 
yom 6. October 1808 als unrechtmässig bezeichnet worden bu 
sein,* worauf das Kreisamt in einem Erkenntnisse vom 24. Juni 
1833 fUr die unbedingte Absteliuog derselben eintrat.^ Wie es 
scheint, kam es jedoch nicht hiezo, denn Reparatoratage werden 
auch bei der Grondentiastung noch den Herrschaften sugute 
gezählt. 

Die Hänslerfrohne mit 6 Tagen, von der im Ohrysow 
nichts erwähnt ist, ist nach dem ob^ (S. 601) citirten Berichte 
Budinssky's schon sur Zeit der MUitäradministration Üblich 
gewesen. Dahin entschied sich auch das Kreisamt in seiner 
Note vom 4. December 1806, Z. 8339/ and auch das Hofdecret 
▼om 29. April 1807.» 

11. Am Schlüsse dieses Capitels sei noch Einiges Uber die 
Reluition der nnterthänigen Leistungen angeführt Nachdem 
schon zur Zeit der Militäradministration die Ablfisung der kndes^ 
fürstlichen Robot durch Geldbeiträge üblich geworden war, be- 
gann bald darauf, anknüpfend an den schon in der moldaui* 
sehen Zeit üblichen und im Ohiyaow angeführten Brauch, 
besonders auf den Religionsfondsgtttem auch die Reluition der 
grundherrlichen Verpflichtungen. Da dieselben nämlich besonders 
Ansiedlern, welche Gewerbe oder Handel trieben, überaus lästig 
waren, so baten sie die Grundherrschaft (Religionsfonds) um 
die Ablösung derselben, was dann — freilich yerhältnissmässig 
nur selten — sagestanden wurde. So ist z. B. schon im Jahre 
1790 der lippowanergemeinde von Elimoutz ,in Rücksicht ihrer 
Beschäftigungen' die Reluition der ,hier]aad8 gewöhnlichen 
Natund-Prästanden' gegen ,300 fl. nomine Grundzins jährlich' 
bewilligt worden. Daneben sollten die ^nzelnen Wirihe noch 
die conventionsmässige Waldgebllhr per Familie von Bespannten 
mit 1 fl. und von Unbcspanntcn mit 30 kr. jährlich fUr den 



* ,Uober das UitterthaosverhältniAs', S. 39f. Dioso Vorordnongea werdoo 
dMelbat als ,pfiffige Andegong' des Eeehtee beMiobnot. 

* Tgl. Beilage 1. 

> .Ueber diu UntarÜiMisverliUfaiifla«, S. 40 f. 

* Drdacki a. a. O., 8. 210. 

> ,Ueber da» ünterthansTerhältnisaS S. 41. 



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660 



Genufls des eHbrderiiehen Brenn- und Bnabolaee besonden 
sahlen.' Aehnliolie Verträge fimdeii in der Folge Öfters statt' 
lieber die Art derselben nnd Insbesondere das bei denselben 

übliche Vorgeben nnd die der Reluition zugrunde liegende 
Berechnung des Werth es der Katuralschuldigkeiten möge man 

vürzü^''lic li die Beilagon 3 und 4 vergleichen. Es sei noch be- 
sonders liervorpfel loben, dass ^emilss der Bestiniinuiig des Chrv- 
80W ötets diiiaii festgehalten wurde, dass das Zugestäudnis» der 
Reluition vom Grundherrn abhing. 

Frühzeitig war bereits auch die besondere Reluition der 
Oespiinstabgabe Ublicli geworden. Darüber kam es zwischen 
der Klimoutzer Gemeinde und dem Keligionsfonds im Jahre 1787 
8U einem Streite, der sehr interessant ist.^ Nach den üblichen 
UrbarialsatEungen hatte nttmlich jeder Unterthan, welcher ^inem 
Qrundberm das sogenannte Q-espinnstgam mit 15 kr. in Qeld 
bezahlte, weder von Hanf noch vom Flachs einen Zehent in 
natura su geben*. Da nnn aber »diese Nation' (die Lippowaner) 
den Hanf- and Flacbsbaa zu ihrem Hanptanban nnd Nahrangs- 
betrieb machte, folglich sehr wenig andere FHlchte anbaute, 
wurde hiedurch die Herrschaft ,an dem ZehenIgefiLlle mit der 
Reluition per 15 kr. verktlrzt^ Vielleicht Isg gerade darin die 
Berechnung der Lippowaner; nie machten sich die gesetsBch 
bestimmte geringe Reluition ftLr Hanf- nnd Flachsprodnction sa 
Nutzen nnd bauten nur diese; wenigstens scheint si^tter, als sie 
alle ihre Schuldigkeiten reloirt hatten, der Flacbsbaa beiweitem 
nicht so im Schwang gewesen zu sein. Die Herrschaft durch 
^ die Lippowaner geschädigt, suchte nach einem Mittel, um ihrer- 
seits die Lippowaner zu ttbervortheilen, und erklärte, dass jene 
Reluition nur vom Hanfe gelte; vom Flachse hob sie dagegen 
besonders den Zehent ein. Da legte sich aber das Rreisamt 
ins Mittel und befahl dem Dominium, den eingehobenen Flachs- 
zehent /urUckzvistellen; dagegen stJVnde es ihm frei, durch 2:üt- 
lichcn Vertrag die Lipi)owaner ,\ve^en des stärkeren und sonst 
im Lande niclit p^ewühnlicheu Haut- und Flachsbaues' zu einer 
höheren Keluition zu bewegen oder — was den Gnmdherren 



■ Kaindl, Die Lippowaner, Beilage 83. 

* Ebenda, Beilage 64-«S (J. 1821) nnd Beilage 77 n. 78 (J. 18S7). 

• Vgl die Beilage 6. 



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661 



freistand — statt der KeluitioD nur den Zehent in natura zu 
fordern. 

Schliesslich mögen hier noch einige Bemerknogen über 
die Befreiung von den UnterthanaleiBtungen folgen. Dieselbe 
fand in sehr beschränktem Masse statt. Da der Dorfrichter, 
femer auch die beschworenen und die Atamane oder Watamanc 
(Dori^olizisten) bei der Eintreibung der Robot und des Zehents 
verwendet wurden, so wurden dieselben oder ancli nur der 
Richter von der Leistung dieser Verpflichtungen befreit.* lieber 
die sonstigen Befreiungen^ besonders diejenige der Krüppel, 
▼eigleiche man die Bestimmungen des Chiysow. 

Sechstes Capitel. 
Ble Lag^o des BanernBtsndes Tor dem Jahre 1848, 

t. Allgfiini'iüo Verliältnisso. — 2. Die Bauern auf den Relig'ionfifonditgQtem. 
Honderät«.'üun<;; Uer B@wubiicr des Moldauisch-Kiropolung^r Okols und des 
Gebit;gos an der oberen Sucsawa. — 3. Die Bauern auf den Privatberrschaften. 

Der Bunidi-Kinipolunger Okol. 

1» Wiederholt Ist an früheren Stellen dieser Arbeit er- 
wtthnt worden, wie niedrig die Cnltor und wie traurig die Lage 
der Bukowiner Bauern infolge der eigenthttmlichen Urbarial- 
verhsltoisse war. Vor Allem war der Umstand, das« die Masse 
des Bauemstandes die längste Zeit nur einen wandelbaren Be- 
sitz inne hatte, verderblich. Da der Bauer nur Pttchter war, 
so wies seine Wirthschaft den Nachtheil aller Pachtungen auf: 
sie war nicht auf eine rationelle Bebauung des Bodens gerichtet, 
sondern artete in Raub wirthschaft aus. Den Boden zu verbessern, 
fruchtbar zu gestalten, zu entsumpfen u. dgl. konnte nicht sein 
Ziel sein, da er nicht sicher war, ob er die Früclite seiner 
Arbelt auch ernten würde. So fehlte es an jedem Antriebe 
zum Fortschritt. Der Ackerbau und die Land wirthschaft über- 
haupt Idieb auf der primitivsten Stufe. Zu Ende des vorigen 
Jahrhunderts war noch zum Theil statt des Dreschens das 
Austreten der Körner durch Ochsen Üblich.' Spieny be- 

* Vgl. Beilage 4; ferner Beilege 6S in Kaindl, Die Etttofeebnng und Ent- 
wicklttng der Lippowiner-Colonien. 

* Berieht Ainser*« vem Jahre 1787 bei Wielceiiliaiiter, Moide V» 2, 

S. 21. 

Arebir. LXXXTI. Bd. U. HUfto. 44 



602 



richtet, ^ dass ^die 2um Anbaae des Kukuruz und sonstiger selir 
wenig Früchte bestimmten Felder ausser dem ohnentbehrlichen 

Bciickt'rn gar nicht cultivirt werden. Alles wird ohne Dung 
angebaut und das Wachstlium der Vorsicht iiberhissen^ Aehn- 
Hch lauten dio Boriehte aus den späteren Jahrzehnten. Das 
träge Sichdahingeben bat sich so sehr dem Charakter des 
Volkes eingcprftijt, dass dasselbe auch noch gegenwärtig leider 
eines der hai4jLt.iicliliclist©u Hindemissü der Entwicklun<r der 
Cultur in der Bukowina ist. So kommt es^ dass der Bukuwiner 
Bauer auch gegenwärtig auf einer überaus niednt;en Culturstufe 
steht, und dass seine VV n tiisehaft, sein (Tehütte, seine Geräthe 
nach jeder Beziehung viel zu wünschen übrig lassen. 

Um unsere Schihb i uu:^ der Lage der Bauern in der 
Bukowina zu vervollst iiKhirm. wollen wir zunächst einen Bück 
auf die Unterthanen auf «I n Stautsdomilnen werfen und sodann 
die charakteristischen Zuatäiide auf einigen Privatg;Utera schildern, 

8* Zur Oharakteristik der Lage des Baaernstandes auf 
einer Staatedomiliie wählen wir ztinlchst eine sum Tbefl auf Be- 
richten ans dem Anfange dieses Jabrhiinderto herohende Schil- 
denmg der Unterthanen auf den Henrachaften Kotsman und 
Zucaka.' 

,Aaf den beiden Herrschaften Eotzman und SoSka gab 
es (1803) keine Freibaaem, sondern nur hCrige herrschaftliche 
Unterthanen. Anch gab es da weder ]3ojaren, Maaflen,' Re- 
sesehen noch Kttnstler oder Handwerker. Ausser einem 
Schlosser, Schmied und einigen Töpfern in SnSka waren in 
einigen Gemeinden nur noch Pfuscher von Schmieden, Schustern, 
Kttrschnem, Leinwebern und Töpfern, welche blos von der 
Feldwirthschaft lebten und sich im Winter nebenher mit Gewerbe 
beschllfttgten. 

,Beide Herrschaften — sagt eine ämtliche Beschreibung 
vom Jahre 1803 — haben 17 Dörfer, und die Gesammtzahl an 
Familien betrügt 2494 oder 13426 Seelen, darunter 2272 Haus- 
väter, 2430 verheiratete Männer (^V), 266 niännlielx! und 121 w eih- 
Hche Diensthüten. xVn Katholiken sind 26, an Juden 4 und an 
Zigeunern o Famihen, welche letztere gleich den Bauern io 



Buäcbroibung der Bukowina, S. 35. 

Diene Aufzeichnung rtthrt aus dem NachlaMO WickenUauser't. 
Die Itojaron waren die erste, ^e Btaailen die «weite AdelselaiM. 



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663 



Dörfern wohnen und sich von der Schniiederei ernähren. Ansser- 
dem gibt es herumstreicheade Zigeuner, die ihre Steuerhäupt- 
linge haben. Sie sind sehr nachlässige Landwirthe und gehören 
zu den steuerbaren Familien. 

,Ait-Su^ka mit einer und Neu-Sn^kn mit zwt i Pfarreien haben 
jedes eine hölzerne Kirche ohne Hestiftung mit je einem 
Pfarrer und Kirchendiener. Biida gehört zur Machaller und 
der Lcnkoutzer Antheil zur Lenkoutzer Pfarrei. Die Bauern 
bekennen sich zur griechisch-orientalischen Religion. Diese ist 
ihnen heilig, und sie besuchen an Sonn- und Feiertagen fleiasig 
die Kirche. Der Bauer ist jedoch nnaufgeklärty des Lesens 
und Schreibens (mit ttnsserst wenigen Ausnahmen) gar nicht 
kundig und sehr zum Aberglauben geneigt, ja selbst Geistliche 
sind damit angesteckt. Die Religion des Bauern besteht blos 
in AeusserlichkeiteOi in Bllcklingsschlagen und Krensmachen; 
selten wUsste einer auch nur das Vateronser herzusagen. — 
Ausser den haussllssigen Bauern sind auf beiden Herrschaften 
20 geistliche Familien, 17 Dor£richter, 28 Geschworene, 20 Wata^ 
mane, die zur Austreibung der Frohne und anderen gemein- 
nUtKigen IXensÜeistungen in der Gemeinde Terwendet werden. 

,Schulen bestehen in der Flnsszwischel (der Gegend zwi- 
schen dem Pruih und Di^estr) nur in Eotzman und Kxjsaczatok, 
wo Deutsch und Ruthenisch, Lesen, Schreiben und Rechnen, 
dann Religion, in Allem 5 Stunden tägUch, au lehren war. 
Kotsman hatte 30 bis 40 SehOler, meist Kinder von Bauern; 
Kiyszcsatok deren beiläufig 50 von Geistlichen, armen Re- 
seschen und Bauern, da der dortige Pächter ärmere Kinder 
mit Kost und Kleidung yersorgte. 

,DiebBtähle sind nicht selten, häufig aber Pferde- und 
Ochsendiebstähle. Auch hat man Beispiele erleb^ dass Mord- 
thaten bei hdlem Tage geschahen. Eine 6 — 10jährige Kerker- 
strafe schreckt die Diebe nicht, und nach Verbttssimg derselben 
wird raeist um so yorsichtiger und in grösserer Verbindung (?) 
gestohlen. Selbstmorde sind sehr selten, und ausser einem 
Falle, wo sich ein Bauer in Kliwodin erhängte, könnte sonst 
kein anderer namhaft gemacht werden. 

,Der Bauer hat an Gebäuden blos eine Hütte (Hata) und 
die Vermöglich crcn allentalls auch einen Schoppen für ihr 
Hornvieh. Scheuern werden sieh auf beiden Herrschaften kaum 
30 vorhntien, was besonders £Ur Viehzucht, das Ausdrosehen 

44^ 



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664 



und die trockene Auf bewahnuig toü Frttehten und Futter aekr 
naebtheüig ist 

,"Dio Hutten bcsteheu uus einer kleiucu 8tube mit einem 
grosseil Backofen, sehr kleinen, ungleich grossen Fenstern und 
einem kleinen Vorhauso, sind von weichem FIoss- oder auch 
Buchenholz, zwei Drittel davon nur aus mit Lehm beworfenem 
Kuthengeflecht, das von G Pfeilern gehalten wird, gedeckt mit 
Rüttstroh (Schilf). Die Erbauung and Erhaltung nimmt der 
Haufiyater yor. Diese Hütten haben weder Kamin noch Hauch- 
fang, sondern nur ein Rauchioch, das von der engen Stube in 
den offenen Raum unter das Dach führt, wo sich dann der 
Rauch durch das Stroh den Ausgang sucbt^ Dessungeachtet 
treten selten Feuersbrttnste ein, und wenn auch, so brennen, da 
die Hütten sehr serstreut liegen, luichstens eine bis zwei davon 
ab. LOschgerätbe, ausser Wasserkannen, sind nicht vorbanden 
und aucb kaum noihwendig, denn da die Hütten mit Stroli 
überdeckt sind, so würde ein Auseinanderreissen mit Feuer- 
haken das brennende Stroh nur dem Luftzuge preisgeben 
und die Brunst yerbrelten. Die Dörfer liegen übrigens ge* 
wOhnlicb an Bächen; auch sind überall Quellen, Teiche und 
Lacken, daher aucb kein Wassermangel. Der zum Hausbedaif 
nOtbige Flachs und Hanf wird in Lacken und Bftcben gerOstet 
und auf der Sonne oder in der Stube gedörrt. Die Schmieden^ 
gewöhnlich Erdhütten, deren oberer Tbeil ganz mit Rasen ge- 
deckt ist, liegen gewöhnlich am Dorfende. 

,Kin bespannter Bauer hatte von der Grundherrsehaft höch- 
stens 10 ri .locli Acker und 4 bis 5 Joch Wiesen, besitzt auch 
2, 4, höchstens ü Oebsen, 2 Kühe, paar Junzen, 10 bis 30 ^'cnieine 
Schafe, 3 bis 4 Scliweiiie, Hühner und ^vobl auch Bienen äuui 
häuslichen Bedarf. Ein Zwanzigt^tel der Bauern hält je einen 
Wuliielien oder eine Stute, tbeils zur Arbeit, theiis zur Vor- 
spann für die Soldaten. Die Un bespannten haben 2 Junzen, 
1 Kuh, einige auch etliclie Schafe, 2 Sch^voiTie und etwelches Feder- 
vieh. Für Pferdezucht bestehen von der Waschkoutzer BeschiUl 
( Station) Ställe in Kotzman und Sadagöra, welche jährUch 
80 bis 90 Fohlen ergeben. Wegen nicht ausreichendem Winter- 
fiitter weiden die Bauern gewöhnlich ihr Vieh bis zum heil 



^ Vgl. Kalodl, Hann und Hof bei den Rnmskea (Globiw 71, Nr. 9). 



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665 



Gcorfi: (f). iMai) auf deu Wiesen, was gewühnlich nicht länger 
als 14 Tage dauert. 

,üie Erzeugnisse der Baiutnnvirthschaft bestehen in Vieh, 
Getreide, Avildem Hopfen, eUva^ iiunig, Waelis und Wolle. 
Ausserdem erzeuirt sich der Bauer 7,n seiner Bekleidung grobe 
Tjodcn und ruplene Leinwand. Der Bespannte fechst gewöhn- 
lieh 2 Metzen Weizen, 24 Motzen Korn, 20 bis 30 Metzcn 
Gerste, 4 Motzen Ifeidr-, 40 bis 50 Metzen Kukuruz als Haupt- 
frueht, auch etwas Krbseii, Bohnen, Fisolen, auch Linsen. Der 
Unbespannte verhältnissmädsig weniger. Ta^löhner werden von 
Bauern selten verwendet, denn im Gebirge ist keine Feldwirth- 
scbaft und auf dem FlachJande werden solche höchstens während 
der ächnittzeit atifgenommen nod mit der 6. bis S. Garbe »b- 
gelohnt.^ 

,Gartenbau ist, jedoch nicht überall, für den eigenen Öe- 
braach: Kraut, rothe Kttben, Mohren und Zwiebel. Die Kar- 
toffel ist den Baaern erat seit 1787 mehr bekannt und wird 
meist in GartengrUnden angebaut. 

,Mit Obstgärten ist die Wirthschaflt schlecht bestellt. Seit 
1792 mnsste jedoch jedes Brautpaar eine gewisse Anzahl Obst- 
bäume im Garten setzen,' was jedoch wieder aufhörte. Das 
Obst ist schmackhaft und besteht in Kirschen, Weichsein und 
Zwetschken, Birnen und Aepfeln. Trefflich sind die Weichsein 
und Zwetschken und berühmt die rothgesprenkelten Herren- 
äpfel. 

yEein Bauer hat eigene Waldungen, doch genoss er in 
moldauischen Zeiten die Holsung zu eigenem Bedarf unent- 
geltlich. Das Waldgeld (die Waldconrention), jahrlich vom 
Bespannten 1 fl.^ vom Unbespaiinfen 30 kr., wiude erst Ton 
der Militttrrerwaltung eingeftlhrt. Hiemach war vermdge dieser 
Uebereinkunft jeder Bauer vom Oute Mamajestie, dann von 
Su^a und Mahalla berechtigt, sich, jedoch nur an jedem Montag, 
mit Vorwiasen des Ft^rsters eine Fuhre Klaubhols aus dem su- 
ständigen Walde abxuholen. Der Unterthan erhielt auch das 
erforderliche Zaunholz, bei einer unverschuldeten Brunst auch 

* Q^gwwMxUg botrigt dur Antbeil des Sehnittes in diesen Groden bei 
Korn die 9. bis 12. Qarbe, bei Weizen die 10. }Aa 12. Garbe, bei Hafer 
die 8. bis 13. Garbe; vom Uea «rixd eia Sechstel bis ein Achtel dem 

Mäher ah Lobu überlassen. 
' Pillor 8 Gesetzsaoiniluug 17U2. 



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666 



das siim Wiederaufbau seiner Hfttte nöthige Bauholz, sofern 
solches im Walde da war. In Ermangelung des Lagerfaokes he- 
half man sich mit Stroh and Teichschilf. 

fAn JandesftIrstUchen Stenern' sahlte (1904) der Bauer die 
Oontrihtttio, die Olassensteuer, das Sahsgcld, die FacbspeU- 
abgäbe (vulperit), den Zehent^ das Bergweidegeld und die 
Vorspannsgebuhr. IHe grundherrlichen Giebigkeiten und Dienste, 
an die Herrschaft anfänglich in natura geleistet, wurden von 
der Militärverwaltung mittelst Urbarien llxb auch den Ver- 
waltcreicii bekanntgeg-eben. Diese Dienste und Leistungen, 
seit 1803 eingcfordert^y ), richteten sich uuch der veränderlichen 
Zahl der Bespannten und Unbespannteu, weslialb die Herr- 
schaft durch ihre Leute jahrlit ii deren Aufschreibun^^ vornt hiuen 
iieäs. Nach dem l ebemahmszustand (Status quo) hatte der 
Bauer jährlich zu leisten: 

f\. An Frohne: 

,Der Bespannte (d. i. mit VAv^vleh versebene) 12Zugt«gB. 
Für diese 12 Tage war nach Ghika's Goldurkunde (Chiysow) 
die Abarbeitung so ansgemeBsen, dass hiezu 24 Tage nöthig 
waren und 36 gefordert wurden.^ Der Pläusler und TaglOhner 
6 Handtage. Falls jedoch die Herrschaft die Frohne gaas oder 
theilweise nicht brauchte oder nicht wollte, was hSchst selten 
geschah, war flir den Tag an Ablösgebühr au zahlen 10 kr. 

^. An ürbarialgiebigkeiten: 

a) eine Fulire Holz aus den herrsehaftlichen ^Yäldern oder 

naeh Willkür der Herrschart an Ablösgebühr 15 kr. 

(iü 8uek 1 :i\)cv i'J kr.), oder auel» nach zeitweiliger 

Uebcreinkuui\ mehr oder weniger; 
1>J eine Zinshenne, vollkouimen ausgewachseo, oder an 

Abliisgebühr 3 kr. 

Dann ohne Unterschied der Bespannte und Uube- 
spannte: 

c) ein Gespinnst Garn aus eigenem Flachs des Zinshafteo, 
oder an Ablösgebühr lö kr. 

,Von der Holzfuhre, Zinshenne und der Gespinnstschuldig- 
keit waren die Häusler frei. 



* Vgl dSBU meine Oeaobidite der Bukowina HI, 69. 

* Vgl. oben, 8. 684. 



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667 



,3. An Zehent: 

;Von judem ^xuiidbeäiLzcnden Dorf&uäix^u mit Aufnahme 
der Häusler: 

a) von aller Frucht, vom Obst und Ileu, von allen Feld- 
und Oartcnerz' iiLM^isstüij sobald letztere den gewöhn- 
lichen Iluusbedart übersrhreitcn; 

h) vom gefeclistcri Ciutreide die 10. Garbe; 

c) den Obstzehent unabgelöst; 

d) vom Heu^ von jeder Umfangskiafter in der Rande des 

Sehobers gerechnet, 3 kr.; 

e) fixr jede HandmUhle (noch im Jahre 1802) 15 kr. 

fUebngens war der Bauer yerpflicbtet^ alle Dienste tbat* 
sflchlieb abzustatten, und nur die Hemchaft konnte biefür nach 
Willkür die AblOsgebUhr fordern nnd nehmen. Ausserdem 
hatte jeder Dorfinsasse der Reibe nach die bestehenden Ge- 
bäude, Hahlen, Wirthdiftnaer, Teichdttmme^ Feld- und Wald- 
einfinedungen, Eukumskörbe unenigeltlich (jedoch ohne baare 
Auslagen) nach Erfordemiss au unterhalten, wozu jährlich bei- 
läufig 2wei Tage zu frobnen war. — Bei den herrschaftlichen 
Diensten und Giebigkeiten waren die Bauern auf den Staats^ 
nnd Religionsfondsgutem noch am besten daran, denn die ttb- 
rigen GutsbesitEcr besteuerten Alles, was stenerfHhig war, auch 
die Luft bei Windmühlen und das Wasser bei Mtthlen. 

jWonn der Bauer aus seiner Fechsung die laTidesfürst- 
lichen und f^ruudherrlichen Aljgaben und den Anbau l)estritten 
hatte, so blieb ihm gewöhnlieh so viel, ab er bis zur neuen 
Fechsung für sein Haus benöthigte. 

, Ausser der ^^'irthschaft betreiben einige Bauern nebstbei 
auch den Handel mit Ochsen und .lunzen, die sie in der Buko- 
wina aufkaufen und auf Jahrmiirkten in Galizien verhandeln. 
Die Mahaller und Ostritzer Bauern verdingen sich auch im 
üerbste an Weinbändler, um Wein von Odobestie und Jassy 
hereinzufllhren. 

,Zu Hause beschäftigt sich der Bauer mit Kukuruzabrebel% 
wohl auch mit Dreschen, wozu er aueli das Mondlicht bentttst; 
die Weiber mit Spinnen, Weben und Flicken. 

,Der Bauer liebt besonders den Brantwein und wird bieau 
durch die vielen Sohftnken und Sohankjuden, die ihm den 
Brantwein gegen alles Hanseneugniss yertausclien, nur leider 



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668 



SU sehr verleitet. Er darf jedoch von den Jaden kein Geld 
leihen^ weil er nur stets betrogen würde. Im Notfaffdle unter* 
ettttat ihn die Herrschaft durch einen ratenweis BurttekBuiahknden 
VorschuBS gegen Bürgschaft der ganzen Gemeinde. 

yDie Burschen heiraten gewöhnlich vom 20. bis nun 
28. Jahre, die Dirnen vom 16. bis zum 20. Jahre. Hochseiten 
tmd Kindestanfen werden mit Lustbarkeiten, Essen, Trinken 
und Tans begangen. Der Trank besteht bei Vermöglicheren 
in Brantwein, wohl auch, jedoch sdten, in Wtän, bei Aormeien 
blos in Brantwein. 

,Aerzte sind auf beiden Herrschaften keine, weder f&r 
Menschen noch Thiere, jedoch Hebammen, von welchen einige 
vom Kreisarzte in Czernowit/ ^('[)rüft, mit obrigkeitlicher Be- 
willigung aufgenommen und beeidet worden. 

, Unter den Krankheiten ist das kahe uiiii hiuige Fieber 
und zur Zeit des im reifen Obstes die Ruhr herrschend. Die 
Pocken werden iiieht geimpft und raffen zeitweise viele Kinder 
we^. Bei Kranklieit wendet der Bauer Aderlass an, frebram hi 
Kräuter und Hausmittel, insbesondere Brantwein mit Knoblauch. 
Seuchen sind folton, jedoch war im Jahre 1798 die Pest in der 
Nähe, die aueli mehrere T^iMite ^vpgrrf^ffte. Bei Viehseuchen 
wird der Kreisarzt vuii der Gemeinde mit einem zweispännigen 
WaiTen abgeholt, verordnet das N<)tlii_i,^c und berichtet wöchent- 
lieli au das Kreisamt. Bei Becrd Irrungen folgen gedungene 
Ivla^'^eweiber, und es begleiten die Sippen und Dorfsassen die 
Leiche auf den Friedhof, wo dann den Armen Hrot und Brant- 
wein gereicht, zuweilen auch Geld vertheilt wird. Zu Hause 
wird dann Verwandten und Preunden ein kleiner Schmaus ge- 
geben, wo der Rundkuchen und der Todtenweizcn unerlässhch 
sind. Kach altem Herkommen werden hiebei, indem die An- 
wesenden die Schussel voll Weizen, mit der Rechten sie hebend 
nnd senkend, emporheben, die abgestorbenen Blutsverwandten 
nach der Stammfolge benamset und geehrt. Zum Zeichen der 
Trauer gehen die männlichen Verwandten trotz Sturm und 
Regen barhaupt' 

Soweit unsere Beschreibung. In vielen Beaiehuniren passt 
sie auch noch auf die heutigen Verhttltnisse. Mit RQck« 
sieht auf die Bemerkung dieser Schilderung, dass die Lage 
der Unterthanen auf den Religionsfondsherrsehaften im AiJge* 
meinen eine gOnstigere war ab auf prirateni ist zn hemei^ei), 



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669 



dass dies jedenfalls sutrifft Auf den BeUgionsfondshemchaften 
fehlte Tor Allem von Seiten der WirtfaseliAftsbeamten der pcr- 
80nliclie Eigennuti, welcher gana gewiss der yonüglichste An- 
lass zur Bedrttckiing der Bauern auf PriYatgUtem war. Daas 
aber aueh auf den Beligionsfondsgatem nicht kleinliehe Spe- 
culationsraeküchten fehlten, ist sieher. Als Bespiel führen wir 
die in Beilage 6 geschilderte Angelegenheit an. 

Besondere günstinr war die Lage der Unterthanen im 
Molclauisch-Kimpolungcr Antheil des Religionsfondes; darüber 
ist bereits an früheren Stellen gehandelt worden. Aber auch 
die Bewohner des Gebildes an der oberen Suczawa erfreuton 
sich einer gUnätigeu Sonderstellung. Darüber möge noch hier 
in Kürze Einiges mit^^etheilt werden. 

Zwischen dem landesfiirstlieh Moldauiach-Kimpolunger Okel 
und dem Kussiscb-Kimpolunger Bezirk erstreckte sieh längs dem 
Suczawaflusse infolge landesfüretlicher Sehenkuugen ein be- 
deutender Theii der Besitzun/ren des ^riecliiseli-oricntaliscben 
Klosters Futna. Naelidem dessen Güter im Jahre 1785 dem 
Rcligionsfonds einverleibt worden waren, bildeten diese weiten 
Gebiete an der oberen öuczawa den ,gebirgigen Theil* der 
Herrschaft Radautz. Dereelbe war von unabsehbaren Waldern, 
dann Wiesen, Weiden und uubenützharen Gründen bedeckt, 
lieber die Verhältnisse in diesem Gebiete lesen wir in der 1832 
vom Wirthschaftsdirector Gottfried von Asböth verfassten Be- 
schreibung der Religionsfondsherrschaft Radautz Folgendes:^ 

,Von den gebirgigen Gebieten benützt die Herrschaft an 
Grasplätzen beiläufig 11.255 Joch; der Ueberreet an Wiesen und 
Weiden per 34.000 Joch wird alle drei Jahre Tersteigerungs- 
weise vorpachtet. 

,Id dem Pachtgebirge befinden sich 376 Familien, welche 
sich sowohl rttckstchtlich ihrer Sprache (eine eigene russniaki- 
sehe Mundart) als Kleidung und Lebensart vor allen diesherr^ 
schafüichen Unterthanen unterscheiden und Huaulen genannt 
werden.' 

,Sie sind swar ihrer Natur nach Nomaden und gehören su 
Ireisllgigen Menschen, nachdem sie aber ans Liebe zu einem 



Heraasj^ep^hen von .1. Polok, S. löf. 

Uober dioseii merkwürdige Vüikciieu vergleiche KaiuUl, Diu Uiuuleu 
(Wi6D 1898). 



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670 



oder anderen Qobirge und aus Gewohnheit va der von ihren 
Voreltern gewfthlten Lebensweise fast otete die nflnüichen Wieien 
und WeideplJUse entweder einsdn oder in Conimnmtiten peefa- 
teten and rieh hJltuIich niedergelMsen haben, so aXhlen äe m 
den herrBchafUichen beständigen InuMsen. 

ySOmmtliohe Gtebirgsbewobner werden hinsichtlich der 
landesfllrsdichen Stenerentrichtunj? in sechs Gemeinden, nlmlich: 
Seietin, Ploska, Moldawa, Schiput, Iswor und Kirlibaba, hin- 
sichtlich der Hifitttroonscription aber in swei Hauptgemeinden: 
Seietin und Schipot abgeth^t Alle zusammen zählen nach 
der Conscri|>tion für das Jahr 1832 : 2053 Seelen und besitzen 
an Viehstand 57 1 l*f erde, 348 Ochsen, 1Ü03 Kiihc, 4888 Schafe. 

,l)ie FamiJieiih.Hu})t('r sind entweder Haupt- oder Sub- 
pächter,* welche den bedungenen Pachtschilling zahlen nnd 
ausser diesem gegen die Herrschaft mit gar keiner Schuldigkeit 
verbanden sind/ 

8, Auf den Privatherrscliaften herrschten im AOgemeiDen 
dieselben Verhältnisse^ wie sie oben als anf den Domänen 
Kotsmaa nnd Suczka bestehend geschfldert wurden; nnr daas, 
wie bereits ebenfalls schon hervorgehoben wurde, infolge des 

Eigennutzes der Grundherren die Lage der Bauern eine ge- 
drücktere war. Noch heute wissen die Bauern viel von der 
harten Noth zur Zeit des llerrcndieustes zu erzüldenj und man- 
ches Lied daiüljri luit sich im Volksmunde erhalten.* 

Ein charakteristisches Bild der Verhältnisse auf Privat- 
herrschaften bietet uns « iTi Blick auf die ZiisUiude im Russisch- 
Kimpolunger (Dolhopolcr) Ukul.^ Dieses Gebiet, welchcis un- 
gefHhr mit dem heutigen Oeriehtsbezirke Putilla zusammenfkilt, 
ist schon früher mehrmals erwillint worden. Ks ist wohl zu 
unterscheiden vom Moldaoisch-Kimpolunger Okol, der heutigen 

^ Etue UluBtration hiexu bUlet die UrkimdB tobi Beptubtr 18S4 in 
Molda Y, % 8. 78f. 

* Einig» deiMlban habe ich im ,Btaogrtfie«i^ Zhtmgrk* (Lestag) T, 141 ft, 

TerOffentlicht Interessant ist es, d&ss %. B. uoehjetet die Gemeinde Kamenka 

(Sfietb) eino Garbo im Slogel hat, znr Erinnornnp an die ein^itij:»? Ab- 
gabe jodor zehnten ü.'irbo als Zcliout, und die Gouieiudo Kaliiitn-tlo 
Kuparenko einen Hahn im Öitig^el führt, weil die Insassen beim ersten 
Babuenacbrei zur Bobotarbeit uehea mnMten. 

* lieber dieien veiglelobe man die Urkmiden b«i Wicken baater, 
Moide y, S, 8. 81 ff. 



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671 

Kiuipülungor I5czirksliau|jtuiannscliaft. Beide Gebiete hatten 
von den moldauischen Landesfüratcn wegen ihres Gebirgs- 
chanikters Erleichterungen in ihren landesftlrstlicben Leistungen 
erhalten, was auch von der österreichischen Regierung bcrfick- 
sichtigt wurde. Während aber der Moldauisch-Kinipulmigi r 
Okül, weil er landesftirstliches Gebiet war, auch infolge dt r 
landesfürstlichen Privilegien von allen den grundherrliehen 
Lasteu entsprechenden Pflichten frei war, ist dies im Dolhopolor 
Kreise nicht (l<>r Fall gewesen: dieser war grundherrlich und 
daher uu< h Jen Gutsherren verpflichtet. Aber auch in dieser 
Beziehung hatten die unwirthschaftlichen Verhältnisse der wilden 
Gebirgslandschaft zur Feiere, dass die Hfirigen (veeini) zu ge- 
ringeren Lasten verhalten wurden als jene im Flachlande. End- 
giltig sind die Leistungen durch den Chrysow (Goldurkunde) 
des Wojwoden Constantin Duka vom 28. September 1693 re- 
galirt worden. Dieser Chrysow, der von jenem Ghika's genau 
za unterscheiden ist/ ist bereits «n einer früheren Stelle (S.Ö64) 
angeführt worden. Seine Bestimmungen wurden durch die Ohika- 
Bchen nicht aufgehoben; diese kamen vielmehr hier niemals zur 
Geltung, wie dies sowohl im Jahre 1780 als 1814 durch Unter* 
suchungen festgestellt wurde,^ und auch sonst aus zahlreichen 
Acten hervorgeht,* in denen der Chrysow Duka's noch in un- 
serem Jahrhundertc hier als geltend namhaft gemacht wird. 

Nach diesem Chrysow war bekanntÜch den Unterthanen 
der Besitz der eigenhändig gerodeten Wiesen gewMlirleistet 
(also gans so wie in anderen Luidestheilen), dagegen durften 
sie sicli niclit Ton anderen Hörigen Ghrttnde aneignen. Für die 
Bentttsnng dieser Gründe entrichteten sie nach ihrem Vermögen 
einen Zins von 2, l^i oder 1 fl., femer lOsten sie den Zehent 
vom Heu mit 2 Fanden »3 kr. fttr die Klafter ab; endlich 
entrichteten sie den Zehent von den angebauten Frftohten, dann 
auch eine Abgabe von den Ertritgmssen der Jagd und Fischerei 
Eine Bebotpfltcht bestand nicht; sie wftre auch in früheren 
Jahrhunderten den Gutshenren jener Gebiete ganz ttherflttssig 
gewesen; denn es gab damals in diesen Gebiigen hem gnmd< 
heiTÜchen Felder und Wirthschaften; auch der Hohoreidithum 

* Selbst die Osterreichischen VerwaltungibehOrdea tbafeen di6t uicht immer. 

Vpl. dio Anmerkung zu Beilage 1. 

• Vj,'l. die übou citirto Beilage. 

^ M&Q vergleicltü diu weiter unten folgende Dart»teUuug. 



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672 



fand koine Verweaduiig. Von dem Grand und Boden hatten 
die Gutsherren dieser Gegenden so weuig Nuteen, dase sie den- 
selben abzugrenzen nicht flir nüthig fanden: ,nur die Leute und 
Auareudungen wurden gezählt'; * ^dieses Dorf ist wegen der 
Gebirge nicht abgegrenzt und werden dort nur die H5ritren 
gczUhlt';* ,wcil die Gründe in Russisch- Kimpolung iulLl abge- 
theilt sind, sondern dio daselbstigen Einwohner sich von den in 
den Waldun^ren i^emaclitcn Wiesen, Rodungen (Lazeti) nälircn, 
so zählen die Besitzer nur ihre Hörigen*.^ Was die Bauern in 
den Wäldern trieben, war den Gutsix'sitzem ganz gleichgUtig. 
In einem ürenzbricf vom Jahre 1783 heisst es,* dass ,die Be- 
sitzer ihre Lebenszeit hiudureh vielleicht einmal und violleicht 
gar nicht in diese gebirjjis^e und in der That auch gefährhche 
Gegend koiumeu'. 80 k<»niitc z. B. noeh am Anfange diesos Jahr- 
hunderts die Familie Bopiuk in der Gegend am ob' i n weissen 
Czeremosz sieli eiuschloic-hen, ansiedeln und jahrelang ans den 
Wsldern Holz auf dem Czerenidsz ins flaehe Land flössen, be- 
vor sie hiebci betreten wurde, öie wurde schliessUcli vom 
Kreisamte in ihrem Besitze geschützt. 

Aber dio Verhältnisse änderten sich mit der Zeit. Es 
traten ähnliche wie im Hügeliande ein, ohne dass durch ein 
Bcitgemässeres Gesetz das VerliJtltniss zwischen Grundherren 
und Bauern geordnet worden wäre. Für die Grundherren ge- 
wann mit der fortschreitenden Beurbamng des Bodens die Robot 
an Werth; besonders die Zufuhr aus der nttcbsten Stadt (Wiz- 
nitz) wäre für sie von grossem Werthe gewesen. Auch hatte 
der Boden dberhaupt an Werth zugenommen. Mit der Zeit 
gewannen auch infolge der erd£fheten Flössung, besonders seit 
dem An&nge dieses Jahrhunderts, die Wälder an Werth. Ander- 
seits hatte sieh die Bevölkerung vermehrt; ihr bisheriges schran- 
kenloses WirthschafUn in den Waldungen konnte nicht mehr 
geduldet werden. So kam es, dass wie im Httgellande Verträge 
geschlossen wurden, zu denen sich die Bauern des augenblick 
Hchen Vortheiles wegen herbeiliesaen, die aber sodann wieder 
abgeleugnet wurden, indem man sich auf den Chrysow Duka*» 
berief, in dem von den zugestandenen Pflichten nichts stand. 

F 

» Molda V, 2, S. 5ß, Urlninde aus dem Jalire 1782. 
' Ebenda, S. äl), l'rkiinde aus dem Jalire 1783. 
' Ebouda, ti. Gl, Urkunde aua deui Jahre 1783. 
* Ebenda, 8. M. 



r 



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673 

Anderseits waren die Gutsbesitzer geneigt, die üni* n tVir 
wisse Zugeständnisse geleisteten Gaben oder aucb gewulirce 
Geschenke zu alli^i m* inen 8ciuildigkeitcn zu erheben. Daraus 
entstanden imendliehe rnx ps^p, welche von der Refrierunir bald 
7M Gunsten der Bauern im Sinne der Bestimmungen des Chry- 
80W, bald wieder unter Anerkennung der Verträge zu Gunsten 
der Gutsbesitzer entschieden wurden. Vergrössert wurde die 
Verwirrung noch durch den Umsüuid, dass die Grundbesitzer 
untereinander und mit den benachbarten Gütern der ReUgions- 
fondsherrschafl Kadautz zahlreiche Gnmdstreitigkeiten hatten. 

Aus den zalihreichen Processen, welche wegen der bäuer- 
lichen Verpfliclituniren gegen ihre Grundherren geführt wurden, 
und die für diese Verhältnisse sehr bezcichend sind, möge hier 
nur einiges Charakteristische hervorgehoben werden.^ 

Im Jahre 1B03 klagten die Gemeinden Dolhopole, Jablo- 
nitza, Koniatyn nnd Spetki den Gatsherm Aiwas^ weil er von 
ihnen nnrechtmAssige Abgaben, wie Brindsa (gesalsener Schaf- 
käse), Käse, Qespunstgam, Sehafhäute nnd auch Robot yer^ 
langte.* Die Hofkaozlei entschied ftir die Bauern im Sinne 
des Duka'schen Cfarysow, weil wahtscheinHch die abgeschlos- 
senen freiwilligen Verträge nicht berücksichtigt wurden. Trotz- 
dem kam es im Jahre 1807 zu einem Veigleiche, nach welchem 
die genannten Gemeinden sich verpflichteten, zusammen 1000 fl. 
jährlichen Zins zu zahlen, von jeder Wirthschaft ein Pferd zum 
Herbeischleppen des herrschaiUichen Braniwmns aus Wiinitz 
zu stellen, endlich die herrschaftlichen Ctobäude zu verbessem. 

In einem zu derselben Zeit geführten Processe gegen den 
Gutsherrn Dzurdzowan gab derselbe im Jahre 180S folgende 
bezeichnende Angabe über den Ursprung der Ton ihm gefor- 
derten Abgabe Yon Sdbafen: ,A]s ich Tor zehn Jahren zum 
ersten Haie in die Berge kam, brachten mir meine Unterthanen 
als freiwillige Gkbe zu je einem Schaf von jeder Wirthschaft 
und versprachen, mir diese Abgabe bis zu meiner Volljährig- 
keit zu entrichten/ Einige Jahre später (1806) wurde das 
Urtheil gelallt, dass die Abnahme von Brindza, Gespunstgam, 

' Man Targl«ic]ie litoni Xoletsa» Juij} KoMowan (raib.), Lembmf 1893, 

8. 10 u. 29 ff. 

■ lieber diese Abgaben an Brindaa und Schafliätiten vorgleiche man 
Moldn V, 2, S. 74 u. 76. Ueber die Brindsa ▼eiyleiohe meine ,HQBul«tt* 
(Wien 1893), 8. 64. 



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674 



Schafen^ Scbafhäntaii u. dgl. k«in IJnrecIit sei, weil dieae Ab* 
gaben eine EntsebAdigimg dalttr wiren, daat die GnindberreD 
die Benntsong dar hemebftfUioben Wälder und Almen ge- 
Btatten. 

Aneb in den Jabren 1814, 1815 und 18^ kam es m 

äbnlicben Processen. Die Baaem reriangten die Oeltendmachang 

dos Chrysow und die Sichorstellung ihrer Gründe, Wälder und 
Weiden. Die Orundherren entgegneten dagegen, dass der Zms 
deshalb erliüht worden sei, weil die Untcrthancn den Zehent 
nicht abliefern; die Abrrabc an Schafen sei eine Entschädipini: 
dafür, dass die Bauern ihre 8chafe auf den herrschafüichen 
Almen weiden und Holz ia den herrschaftlichen Wäldern f^Ien. 
Mit dem Decrete vom 22. Mai lÖ2ü wurde die Entscheidnn? 
geftlllt, dass nur jene Verpflichtungen Geltung hätten, welche 
dem Chrysow Dnka's entsprechen, oder welche die Unterthanen 
freiwillig ühernahuuin. Auch wurde damals betont, dass noch 
im Jahre 1814 den Unterthanen die Benützung von Wiesen 
und Wäldern freistand, so dass sie selbst Flossholz zum Ver- 
kauf ohne Entgelt an die Herrsehnft fiiUen durften.* 

Da die Ivccri'^niTi^^ ihre Vertilgungen nicht mit nöthigera 
Naelidruckc durchtührtej dauerton die Streitigkeiten fort. So 
kam es besonders, nachdem das Auftreten des Kreishauptmannes 
Milbaeher zu Gunsten der Unterthanen gescheitert war, anfenjr? 
der Vierzigerjahre zu einem Aufruhr, so dass im Jabre 
UOO Soldaten in diese Gegenden entsendet werden mussten. 
Die Aufirttbrerischen wurden mit Prügelstrafen belegt, ihre An* 
fUhrer eingesperrt. Unter diesen be&nd sieb vor AUem Lucjan 
KobyUca. Die Klagen der Unterthanen waren folgende: 1. dass 
die Grundherren selbst in jenen Wäldern das Holzfällen ver- 
bieteoi die seit undenklich cn Zeiten im Besitae der Unterthanen 
waren; 2. dass sie Schafe für die Benutzung der Almen be» 
gebren, wllbrend früher die Abgabe an Sebafen ein freiwilHges 
Geschenk war; S. dass der Grundzins unrecbtmässig bis 60fl. 
erböbt worden sei; 4. dass die Abgabe Ton Brindsa nnrecht* 
milssig gefordert werde; 6. endiioh, dass die Ghrondberren nn- 
enlgeltliebe Robot begebren. Die Yertbeidigang der Grand- 
berren lautet Abnfieb wie bei den frOberen PjroGeaaen; sie be- 
riefen sieb also auf freiwillige Vertriige. Daber wurden die 



* Vgl. Beilage 1. 



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675 



Banem sachrüllig; das Dccret vom 11. Mai 1844 gestand nur 
nicht die Kobot zu. So kam es noch im Jahre 1844 zu einem 
neuen Vertrage, welcher 1845 vom Kreisamte bestätifrt wnrdo, 
und in dem die Bauern fUr das Wcidereeht auf herrscliattlichen 
(Trihiden Schafe, Käse oder Geld zu zinscn versprachen, sich 
zum Herbeibringen des herrschaftlichen Brantweines verpflich- 
teten, Gespunstgam geben wollten u. dgl. Aber auch dieser 
Vertrag wurde nicht allgemein anerkannt, vielmehr folgten auch 
jetzt zahlreiche Frocesse. Unter diesen »Verbältniflsen kam das 
Jahr 1848 heran. 

Siebentes Capitel. 

Ble Anfhelmiig des ünterfhansrerliSitiilBBes nnd die 

C^nuideiiflastiuig« 

1. Jahr 1848. Banenmiimhen. — 2. Die bfinerlichen Reichstagsabg^t^ 
ordneten der Itukowina und ihr© Thätigkeit. — 3. Abpeordneter Kobylica 
als Leiter den üauernaufstatideM im Hiuiidscb-Kiiupuluiiger OkoL. — 4. Die 
StelluBpudima dar Qrandhecreti. — 6. IMe Grandetttlaatung. — 6. Die Ter- 
mini— e nainittellMur nadi dm Aufhebung dev UnterthansverliiltniaMi. 

!• WiewoU dem Centmm des Reiches weit entrflckt, ver- 
folgten doch auch die Bukowiner die Vorgänge in demselben 
mit Aufmerksamkeit. Schon die mit dem Patente vom 15. März 
1848 aasgesprochene Verleihung der Pressfireiheit, Bewilligung 
einer Nationalgarde und.Verh^sung einer Constitution erregten 
grosse Freude im Lande und veranlassten eine Dankeskund- 
gebung an Kuser Ferdinand.* Eine noch freudigere Erregung 
rief die am 25. April verkündigte VerfSftssung hervor. Durch 
dieselbe war, wie wir in einer Bukowiner Denkschrift des 
Jahres 1848 lesen, »das GefUhl ängstlicher Bangigkeit, welches 
angesichts der Ereignisse, die mit Beginn dieses Jahres ttber 
Europa hereinbrachen, die Brust eines jeden getreuen Oester- 
reichers erfüllen musste, in ein GefUhl freudiger Zuversicht und 
eines allgemeinen und innigsten Dankes verwandelt^ 

Die nächste wichtige Folge der ausgebrochenen Bewegung 
war fllr die Bukowina die Befreiung der Unterthanea von der 



* Ausführlich handio ich über dio>>o Ynrp-ünge in der Arbeit ,DiA Bukowina 
im Jahre 1848 und 1849' (Oesterr.-ungar. Revua, Bd. 26). 



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676 

Robot und den anderen Urberiallaeten. Dieselbe erfolgte hier 
frulter als in GeeammtUBteireich.^ Zufolge des reTolnlionlrea 
Treibens der polnischen Kationalpartei in Galiaien hatte sich 

doT Gouverneur Stadion veranlasst gesehen, schon am 17. April 
diu Auf heb II iifj der Robot und die Entschädigung der Guts- 
besitzer durch den St;uit zu verfügen, um hiedurch die Bauern 

der Wiener Keirieriin^^ y.n verpfÜchten. Zufolge dieser Ver- 
ordniinir hörte wegen der «lamals noeli bestehenden Verbindung 
der Bukowina mit Galiaien die Robot und die sonstigen unter- 
thänifiren Leisturiiren auch im ersteren Lande mit dem 1. Juli 1H4S 
auf; für die Bukowina insbesondere wurde mit dem Patent vom 
9. August desselben Jahres diese Verordnung wiederholt und 
zugleich der 1. Juli 1848 als der Tennin bestätigt, mit wclcheni 
die Wirksamkeit dor dem uiitertliünigen Besitz zugestan<lcnen 
BegUnstigtmgen gegen die kUrittige Kntschädigang der Grund- 
herrschailcn zu begannen hatte. 

Nun glaubten die Bauern überhaupt die Zeit gekommen, 
in der alle ihre au Milbachers Zeiten erregten Hoffiiang('n in 
Erfüllung gehen würden: alle bisherigen Bedrackongen, Ghrund* 
entdehungen u. dgl. sollten jetzt ihnen entgolten werden. Unter 
den Unruhen, welche in der Bukowina ausbrachen, stehen die 
durch die Bauern hervorgerufenen obenan. Wie unsicher in* 
folge dessen sich s. B. die Bewohner der Landeshauptstadt trots 
ihrer Bürger- und Studentengarde fühlten, kann man ans fol- 
gendem Berichte eines alten Ovemowitsers schlieesen: ,Es ver- 
ging kaum eine Woche' — schreibt derselbe* — ,in welcher 
nicht am Montag oder am fVeitag (den Wochenmarkttagen) 
das unheimliche Gerücht durch unsere Bevölkerung gegangen 
wttre, die Bauern der umliegenden Ortschaften phmen, mit 
Sensen und 3Üslgabeln, mit Hacken und Dreschflegeln be- 
waffnet, Czemowita in der Nacht zu überfallen und die Stadt 
in Brand au stecken.' Zu einer solchen Ausschreitung kam 
es nun freilich nicht. Wohl aber mnsste schon am 25. Mai 
die 14. Oompagnie des Bukowiner Regimentes Kr. 41 (damals 

* Man vergleiche ztirn Folg'enfloii don ,Bö"'^'''t Rukowitier L.ni.1e.«- 
ausflchuüses über dea^ea Uesftmmtthütigkeit seit seiner Conatituining' 
(1863), 8. 22 ff. 

* Der BericbtersUtter ist der 1H97 verätorbeoe Prof. Ludwig Adolf 8taafe- 
SimiginowU» (Bnkowiner Kaelividiten, ffr. 19611). 



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677 



nach dem Be^mentstnliaber SiykoTiez genannt) zur Dämpfung 
von Banennmmlien in die von Ungarn beirohnte Ortschaft 
Hadikfiüya bei Radanta entsendet werden; sie verbKeb daselbst 
bis zum 6. Noyember 1848 und kehrte eist dann wieder nach 
CSsemowits snrtiek.^ Ana der langen Dauer der Besetzung des 
Dorfes darf man wohl schliessen, daas die Erregung der 
mlither der ungarischen Colonisten eine heftige und andauernde 
war. Doch verlautet nichts von Blatvergiessen und EKmpfen. 
Es handelte sich wahrscheinlich um die Beilegung alter Grund- 
streitigkeiten zwischen Dominium und Gemeinde; genauer sind 
wir über diese Vorfälle nieht unterrichtet. Inzwischen waren 
insbesondere wieder die Unruhen in der Dolhopoler (Russisch- 
Kimpolun<!:er) Gegend mit cnieuerter Heftigkeit austcebrochen. 
Bevor wir jedoch diese Bewegung^ betrachten, wollen wir zu- 
nächst die Bestrebungen der Bukowiner Bauern, auf legalem 
Wege zu iliren wirklichen oder yermeintUchen Kcchton zu ge- 
langen, betrachten. 

2. Wie sehr dieser Godanlke die Bauern beherrschte; ist 
aus dem Ergebnisse der Keiehsliigwahl des Jahres 1848 zu er- 
sehen. Wiewohl nUmlicli dem Landvolkc im Karpatherii!; Inete 
noch jetzt der Begriff der eoustitutionellen Regicirungsform niclit 
klar ist und somit im Jahre 1848 nothwendiger Weise noch 
viel weniger eigen war, sind doch bei der ersten Kcichsraths- 
wahl mit Ausnahme des Abgeordneten tur die Landesliauptstadt, 
des Gy mnasialpräfecten Anton Kräl, nur Landleute ins Parla- 
ment entsendet worden. Von den acht Abgeordneten der 
Bukowina waren sieben Landleute, und zwar Georg Timesch 
aus dem Landbezirke yon CzemowitZ; Michael Bednar aus 
Radautz, Wasjl Kirste aus Sadagöra, Iwan Dolenczuk aus 
Sttcsawa, Wasyl Morgatz aus Eotzman^ Miron Czuperkowicz 
aus Gura-Humora und Lucyan Kobylica aus Wl/nitz, den wir 
bereits als Anführer der Unruhen im Russisch-Kimpolunger 
Okel kennen gelernt haben. Diese Gesandten nahmen vorzüg- 
lich an den langwierigen Verhandlungen, welche der am 26. Juli 
eingebrachte Antrag des Abgeordneten Hans Kndlich auf die 
Aufhebung des UnterthftnigkeitsverhXltnisses hervorrief, sehr 
lebhaften Antheil. Unter den 73 Verbesserungsantrftgen be- 



> Formanttk, Oerch. des 41. B«|;imeBta II, S82. 
AnMv. LXXXTl. M. IL HllAt. 45 



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678 



finden sich auch solche (ier Bukowiner Abgeordneten.' BcKioar 
erzählte, wie die Bukowiner Bauern statt der zwölf jährlichen 
Arbeitstage, tu denen sie nach den a]thei|:ebrachten Gesetzen 
Terpflichtet wuren, angeblich in der Regel bis löO und oft noch 
mehr Tage jährliob arbeiten mnssten; in Anbetracht dieses Um- 
standes stellte er im EinTemehmen mit den anderen Bnkowiner 
Depntirten den Antrag, dass Robot und Zehent in der Buko- 
wina ohne jede Entschädigang aii%ehoben wfirden. Denselben 
Antrag stallte Cattperkowici. Kirate verlangte, dass die Do- 
minien aUe in den lotsten 60 Jahren imreehtmJIssig an sich ge- 
brachten QrOnde den rechtmftssigen Besitsem, den Bauern und 
Gemeindeni surQckstellen mögen; nnd dass die Gmndhenen 
jeden gegen die gesetzlichen Bestimmungen nnd Verträge ihnen 
Ton den Unterthanen geleisteten ArbeitBtag naehtrttglich yer- 
güten; parteilose Comnüssionen sollten entscheiden. Endlieh 
forderte der Abgeordnete Eräl, dass in die Commission, welche 
sich des Weiteren mit der Robotablösung zu beschsftigen hatte, 
neben den Abgeordneten von Galizien auch einer aus der Buko- 
wina gewählt werde; dies hatte seine volle Berechtigung, weil 
in der Bukowina gauz eigeuthümliche Urbarialverhältnisse 
herrschten. 

Zur Begründung und Untcrstützunfj dieser Ansichten legten 
die Ab;^'^eurdncten, uamcntlich ('zuperkowiez, Bodnar und der 
uns als citrig-er Verfechter der Bauern bekannte Kobyliea. eine 
grosse Zahl von Petitionen wog'en Untertliansbedrüekungen vor. 
Aus allen Theileu der Bukowina waren solehe eingelaufen und 
ihren Inhalt bildeten die mannigf^^ltigsten Khigen, Bescli werden 
und Wünsclie/^ Alb es hieniul ui der denkwürdigen Sitzung 
vom August zur Abstimmung kam, ob die Grundherren ftlr 
die aufgehobenen Roboten und Zehenten entsehädigt werden 
sollten, da stininiten alle anwenenden sechs bäuerlichen Abge- 
ordneten, ohne Küeköicht auf ihi e versebiedcne Nationalität und 
sonstige Parteirielitung, einstimmig gegen die Entschädigung; 
es waren dies Bednar, Czuperkowicz, Kirste^ Kobylica, Morgatz 
und Timesch. Der siebente bäuerliche Abgeordnete Dolenczuk 
war krank. Der Abgeordnete der Stadt C^semowits, KxiÜ, 

> Zam Folgenden vergleiche ,Verbandloiigen des Oitenr. Reichstages* 1, 466, 
603 n. 638$ siiMiiniaengeBt«llt aliid alle VwbeMenuigavoiadilige fflir 
Galtsien und die Bukowina in der ^Zfroda*, Taraow 1848, Nr. 82,8.836. 

* Vgl. Beilage 7. 



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679 



hatte rieh der Ahstimmimg enthalten.* Mit Recht darf man 
im Angesichte dieses kriftigen Eintretena der Abgeordneten 
des Bnkowiner Kleingmndbesitses Kir deasoi Yor&efle mit dem 
Berichterstatter der Tamower ,Zgoda' aosntfen: yWie wir sehen, 
▼erstehen es also unsere Landleute, ihre Sache za vertreten!" 

3« Da aber trotzdem die WOnsche, welche die Bukowiner 
Abgeordneten bezüglich der unentgeltlichen Aufhebung der 
Robot and des Zehents gehegt hatten, nicht in Erfüllung ge* 
gangen waren und wohl auch zahlreichen von ihren in Unter- 
ihiuisangelegenheiten überreichten Beschwerden nicht Folge ge- 
leistet wurde, so dürfte doch ein Gefühl der Enttänschnng rie 
ergriffen haben. Insbesondere Kobylica schdnt von den er* 
sielten Erfolgen nicht befriedigt gewesen an sein.* Aus diesem 
Qronde wohl begab er rieh, als der Reichstsg infolge der ans- 
gebrochenen Octoberonrohen nach Kremsier veriegt wurde, 
nicht dorthin, sondern suchte seine Heimat, das Dorf Ploeka 
im Fatiller Besirke, auf. Hier begannen unter seiner Anführung 
sofort ernste Unruhen. Schon am 89. Norember musste die 
13. Compagnie des 41. Infanterieregiments nach Seietin zur 
Dämpfung der Bauemunruhen geschickt werden. Bald darauf 
haben rieh dieselben jedoch wieder gelegt; die genannte Com- 
pagnie rückte am 28. December wieder in Czemowitz ein, ohne 
dass sie durch mne andere abgelöst worden wäre. In kurzer 
Zeit regte es rieh aber wieder unter diesen Bergbewohnern; 
denn am 15. jAnner 1849 musste die 20. Compagnie nach Seietin 
entsendet werden. Offenbar war KobyEca, sobald die 13. Com- 
pagnie abgezogen war, aus seinem Schlupfwinkel, an denen das 
Bukowiner Gebirge besonders damals noch so reich war, wieder 
aufgetaucht. Wegen seines Fembleibens vom Reichstage wurde 
Kobylica durch einen Reichstagsbeschluss seines Mandates für 
verlustig erklärt^ und mittelst Ministerialerlasses vom H. Februar 
1849 wurde für den A\'alillM zu k AN'iznitz bereits die Neuwahl 
angeordnet. Die Unriiiicu aber dauerten weiter fort, so dass 
wälirend der folgenden ^lonatc tlieils durch die genannte 20., 
theils durch die 30. Compagnie des Bukowiner Infanterie- 



* Verhandlungeu des Koicbstages II« 166. 

* Siehe Ö. 678, Anm. 1. 

* AnsfllliflidiM Aber 4m Folgende findot man in der 8. 676, Ann. 1 ge- 
nannten Ari»elt. 

46» 



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680 



regiments Nr. 41 das Huzulengebirge bewacht wurde, und noch 
am 20. November rückte die 29. Compagnie nach Ober- imd 
UnterBtanestiie am Gzeremoas als Assistenz gegen das von dem 
noch uamer im Gebirge lunheistreifeDden Kobylica aii%ewieg«lte 
Landvolk ab. 

Schon ans den mitgethedten Kotisen eigibt rieh, dan es 
sich um eine tiefgehende Bewegung handelte. Dies bestütigea 
auch die sahireichen gehfisaigen Anklagen, welche damals Tor^ 
aüglich das der Bojarenpartei des Landes dienende Blatt ^Bnco- 
vina' ausstreute. Ebenso -verdient der Umstand £rwAhnang, 
dass die Hozulen auch noch heute Eobylica's Namen nicht 
vergessen haben, ihn vielmehr wie einen Volkshelden besingen. 
Näher hierauf einzugehen, ist hier nicht der Ort Das Haapt- 
motiv des Aufiruhrs war, abgesehen von dem langgehegten 
Hasse und der durch die Bevortheilung durch die Qrundbesitser 
hervoigerufenen Erbitterung, vorsttglich der Umstand, dass die 
Gutsherren mit gesteigerter Strenge den Bauern die Benutzung 
ihrer Wttlder und Wiesen verwehrten. Es wird dies vorzUglidi 
darin seinen Grund gehabt haben, dass die Bauern, nachdem 
die Aufhebung des Untertbansverh&Itnisses verkündigt worden 
war, ihre Verpflichtungen eing^estellt hatten. So kam es zu den 
gewaltsamen Eingriffen in die herrschaftlichen Waldungen und 
Wiesen, denen zufolge z. B. im April 1849 20 Baueni aus J« m 
ruthenischen Gebirge gefiinglich eingebracht wurden, weil sie 
Rädelsftlhrer bei diesen Kin^^riireii wareu. Die Grurulherren 
gaben den ilinen zugefilgton Schaden auf rund 20Ü.ÜÜU Stamme 
an. Di*' l>auern er/iihleii d;i;L;-e<,aMV, dass sie sich in den Besitz 
ihrer ihnen diu'cli die Gutöherrcn fiir Brantwein und Steuern 
entzogenen Besitzungen setzen woIUlii. Dcu laiigaiidauernden 
Unruhen wurde erst durch die Gefangennahme Kobylica's im 
Jahre 1850 ein Ziel gesetzt. Im folgenden Jahre wurde er 
vom Militärgerichte zu einer oinnionatliclun Kcrkt'rliaft vor 
urtlioilt. Der von ihm geleitete Aufruhr liatte durchaus keinen 
poUtischen Hintergrund; es War viclmelir blos ein allenfalls 
in gröRsercin Unifanj^e gcfiilirtor Kampf zwischen Gnmdherren 
und ßaucrn um strittige Reclitc und Gründe, wie solche auch 
schon vordem und auch seither vorkamen.^ 



' Man vergleiche auch Kaindi« Die Lippowaner, 8. 131^ Uritniid« 

hr, 80. 



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681 



4. Wie d'iv Ikiiivvu, so liiitte die Bewegung des Juhrcs 1848 
uueli ihre Gruiulhcrreu nicht kalt gelassen. Von ihnen ging 
vor Allem die Losung aus, dass die Bukowina von Galizien 
getrennt werden sollte. Mit grösstem Eifer btrebteu sie diosem 
Ziele zu. Um so unangenclnncr rausste es ihnen sein, dass sie 
hierin von ihren Bauern gestört wurden. Von den sieben bäuer- 
lichen lieiclistagsabgcurdneten stimmten nur zwei — Czuperko- 
wicz und Bodnar — für die Ab.sondeninj^ dvr Bukowina. Hie 
anderen traten dagegen auf. wohl nidit zum geringsten Theilc 
von ihrer Abneigung gegen die rumänischen Grundherren ge- 
leitet. Hatte nun schon die in den Landbezirken durchgehends 
auf Bauern Lrefallcne Wahl die Grundbesitzer ♦ rregt, ^ so reizte 
diese.s Entgegentreten dieselben noch mehr. Dazu kam vor 
Allem aber noch das geschlossene Vorgehen aller sieben bäuer- 
lichen Abgeordneten im Keichstage gegen die Entschlldigung 
der Gutsbesitzer und die heftigen Anklagen gegen dieselben.* 
Dies Alles verbunden mit dem Eigennutze bewog die Partei der 
Gutsbesitzer, die an frttberen Stellen bereits öfters eitirte Schrift 
,Ueber den Ursprung und die Entwicklung des Unterthansver- 
hältnisses in der Bukowina* zu veranlaBBen. Schon an früheren 
Stellen ist einiges Charakteristische aus dieser Schrift angeführt 
worden. Beseichnend für dieselbe ist die echcinbarc Antheil- 
nahme an dem Geschicke der Bauern, hinter der die Absicht 
lauert, dieselben mögUchst zu benachtheiligen. Bezeichnend ist 
für sie das Lobpreisen der Verhältnisse top der österreichischen 
Zeit und das hämische Herabsetzen der österreichischen Obrig* 
keiten: alles Schlechte haben diese yeranlasst; ifirer Thätigkeit 
ist allein der Hass der Bauern gegen ihre Grundherren zuzu- 
schreiben. Charakteristisch ist es, dass Milbacher's Eintreten 
für die Bauern geradesn als eine Aufreizung zu einer Bevo- 
lution, wie jene von 1846 in Galizien war, bezeichnet wird« 
Gharakteristiscli vor Allem sind die in der Denkschrift geltend 
gemachten Forderungen. Sie gipfehi im Folgenden: 1. Nachdem 
das UnterthansTerhllltniss mit dem Patente vom 7. September 
1848 aufgehoben worden ist^ melde sich das früher bestandene 
Pachtverhältniss Ton selbst wieder an; der Unterschied zwischen 
rusticalen und dominicalen Grttnden hOre auf. ^er Gutseigen- 



* Vgl. die Schrift ,Udber daa Utttcrtbansverbältui»»', 43. 
■ Ebends, Vomde und S. 40f. 



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682 



thllmer müsse nun wieder in das vollständige l^i-* i-ümmsrecht 
der rusticalisirten (iiuade treteu, weil das vollstainii::'' Eigcn- 
tbumsreclit durch einen Machtspruch^ dar« Ii dir Gewalt der 
Uebcrinuc'iit [dies geht auf die Verfügung Kaiser Josefs vom 
Jahre 17S1] wohl genommen^ aber niemals erlöschen könne. 

2. ,Da8s im Falle, als mit der Wiedwherstellong der persöQ' 
liehen Freiheit des Bukowiner Liandmaimefl das dem Gutseigeii- 
thUmer durch die Rusticalisirung seiner Gründe benommene 
vollständige Eigenthumsrecht aus RttcJuichten des aUgemeinen 
Wohle« nicht sogleich wieder hergestellt werden sollte, dailLr 
dem Gutsbesitser nicht etwa bloss eine Vergütung als ürhansl- 
berechtigten, sondern nach § 365 des a. b. G.-B. eine ange- 
messene SchadloshaltODg sogesprochen werden müsse; dsai 
überdiee bei Ennitdung der fkitschfidigungssiunnie Ton emem 
Abschlage AUr die nunmehr wegfallenden Jnrisdictionslasten m 
der Bukowina darchans keine Rede sein kOnne, weil dem OotB* 
eigenthttmer ans dem aofgedrun^nen ünterthansverbande, dem 
SchntBTerhftltnisse nnd der obrigkeitlichen Jorisdiction dmrchsiis 
keui Nataen durch etwaige Besttge erwachs, sondern Im Gegen- 
iheile Auslagen venirsacht wurden, weldie einen namhaften 
Theil seines infolge der fortwShrenden rasehung der von der 
Begierong selbst anerkannten Uhterthansverfitfsong hOchst müh- 
seiig ersielten Einkommens ▼ersehlangen. 

3. jDass mit der Auf'hebiuit; aus dem Untcrthans- 
verbandc, aus dem Schutzvorliiiltnisse und der obrigkeitlichen 
Jurisdiction entspringenden Toasten auch die aus. eben diesen 
Verhältnissen den Bukowiner Gutsbesitzern olnichin nur „pro- 
visorisch" aufgebürdeten Kirchenpatronatslasten autzuhören haben 
und jene somit von der Herstellung der Kirchen und Pfarr- 
Wohnungen, .sowie von der Verpflichtung zur Dotirung eines 
jeden Pfarrers mit 44 Joch i^omiuiciilgründen * zu befreien und 
diese Gründe nach srercchter, vollständiger Entscliädigung aus 
dem reichen Bul<>n\ inri- Kcligionsionde den Gutseigeuthiimem 
wieder zurückzusteUeu seien.' 

5b Trotsdem diese weitgehenden Forderungen der Guts- 
besitzer nicht erfUh wurden, gestaltete sich die Grund entlastung 
in der Bukowina zu einem Überaus schwierigen Geschäfte, da 

* Vgl. oben, S. 6öö. 



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683 

das Land deu iUr die EntBohädigung der Grundhcmohaften 
nöthigen GrundentUBtangafonds nickt aufbringen konnte. Es 
erklärt sich dies ans der ungeheuren Ansdehnung des grund- 
heanliehen Besitzes in der Bukowina; besass doch der griechisch- 
drientalische Religionsfonds allein weit mehr als die Hälfte des 
Landes^ während der von Untertbanslasten freie Eleingrund- 
besits Überaus gering war. ^ Nnn war awar sowohl in dem £ilasse 
vom 17. April für Oesammtgaliaien, als auch in jenem vom 
9. August ^ die Bukowina insbesondere die Entschädigung 
der Gmndherrscbafleii aus dem Staatsfonds mgesichert worden. 
Diese Bestimmung wurde jedoch durch das bekannte Patent 
▼om 7. September, mit welchem die Unterthanspflichten in 
gana Oesterreich au%ehoben wurden, ausser Kraft gesetsty da 
nach demselben jede Ptovins allein die Kosten su tragen hatte. 
Nach dem Patente Tom 4. März 1849 hatte m denselben die 
eine Hälfte das betreffende Land, die andere die verpflichteten 
und nun befreiten Unterthanen an leisten.' Für Qalizien and 
die Bukowina war aber mit dem Patente vom 23. und 39. Oc- 
tober 1853 doch wieder fast die ganze Last dem gesammtcn 
Lande aufgelegt worden,^ wodurch allenfalls die Verpflicliteten, 
für welche sonst die nüthigen Leistuno;en «geradezu unerschwing- 
lich gewesen wären, etwas entlastet wurden, dem gesuuimten 
Lande aber eine gernd» /a erdrückende Last aufgebürdet wurde. 
Diese wurde um so um rsrhwmglicher, als durch die Hinaus- 
schiebuiig der Kntlastung ^ die Jahresrenten sich ungeheuer an- 
häuften. Infolge dessen wäre in den Sochzigerjahron zur 
Deckung der Gnindentlastungserfordemisse ein Zuschlag von 
1 fl. 58 kr. zu jedem Gulden der directen Steuer nothwendig 



* Zum Folp^cnden verpleiclic ni.<^n <lio Berichte de» Hnkowiner Landes- 
auMchujMK>8 1863, S. 22tT. ; 186.>;(ii, S. 7 »nfl die iloiWtgo 18G4/65, 
8. II f.; besoudeni auch noub lätiU/70, AUegat A u. B. Daraus wird hier 
niur eiü Icnnor Aoazug gebotni. 

* BEne aolehe HUfta kam bekannUieh einem Drittel der sehlieislieh ev- 
niittelten EntschMdigangssumme gleieh, weil ein Drittel deieelben für 
Steuern und Einhebung8ko«ten abgezogen wurde. 

* Nur die EntTlnidifrnTisr tVlr fÜo in flnr Bukowina sehr srorin^fügigen 
Leistungen au8 dem nicht gnimlli rrschaftlichen Zehentitichtö und ans 
Verträgen, welche kein Unterthauävurhältuias begrUniieteu, ist den Ver> 
pfliehtelea allein mir Last gelegt worden. 

* Die TUUigkeit der GrnndentUMtangioigaae begann eiet Im Jehre IWt 
nnd »düqipte sieh über das Jahr 1870 fort 



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684 



gewesen. Dasu wären noch 10*/^ filr LiUideMifbrdeniisfle 
hiiiBugekomiiien. Daj^egen betragen alle Zuschlage stuammen 
in Böhmen 18 kr. und in KiederOsterreich 16 kr. Infolge dieser 
Schwierigkeit ist erst durch die zufolge eines vom 1. April 1863 
datirten Majesttttsgesaches gewährte Vorschnssleistang aus 
Reichsmitteln die Ordnung dieser wichtigen Angelegenheit mög- 
lich geworden. Bemerkt sei hier noch, dass hei der Grand* 
eniJastang den Rusticalgemeinden ihr Holsnogsrecht in den 
herrschaftlichen Waldungen, das sie seit der moldanischen Zeit 
frei odcur gegen geringes Entgelt im ausgedehntesten Hasse 
gettbt hatten, durch Qeld oder Abtretung von Waldthdlen 
und anderen Gründen abgelöst werden musste (Servituten- 
ablöBung). 

Durch die Qrundentlastuno^ waren die Frohnen und Giebig- 
keiten fUr immer abgelöst. So waren z. B, auf den Domänen 
Kotzman und Zuczka 10.732 Zufi;ta^c und 14.44t? Handtage, 
ferner der Zehenl im Werthe von jilhrlicben 6138 fl. 54 kr. 
C.-M.; endlich Töö ZinHliülmer und ebenso viele Hrennhob- 
fuhren und Striiiirit: Gcspunst gegen entsprechendes Entirelt 
abgelöst worden; uneQtrj^eltlich waren die Leistungen von 
42*J Häuslern entfallen. Auf der Herrscliaft Soika, welche die 
Ortächttften »Solka, Arborji, Kcszwana, ßotuszana, Ja.slowetz, 
Pojeni, Ober- und Unterpertestie , Ludihuniora, Komanestic 
(Caraeralantheil), Balacxaiia^ Glitt, Mardzina, Kaczika, Socza- 
witza, Neu-Sülouetz, Lif'hten!>org und Fürsteulhal umfasiste, 
wurden nach der Berechnung vom Jahre 1859 L'e^eu eine 
jiiiirliche Rente von 11.496 fl. ^O^/, kr. C.-M. (^entsprechendes 
Capital 2l^9.!»2iJ fl. öf) kr.) aufgehoben: 1721 Hühner, 1721 flolz- 
fuhreii, 1721 Striiline Gcspunst, 1)84 vierspännige Fuhren, 
945»i /weispänni^re Fuhren^ 1U.23G Handrobotstage. 1740 zwei- 
spännige Reparaturzugtage, 1702 Kcparaturhandtage, i'Sü Ko- 
retz 12 Garnetz Korn, 434 Korctz 18 Garnetz Hafer, 26 fl 
CM. Grundzins, 8 fl. C.-M. Hauszins; ferner an Zehent vod 
Acckem, Wiesen^ Obst- und Gemüsegärten 10673 fl, 24 7j kr. 
C.-M., dagegen entfielen unentgeltlich die Leistungen von 
1483 Häuslern. Unabgelöst blieb das Schank-(Propinations-)reclit 
der Grundherrschaften. Dasselbe lastete auch fernerhin — wie 
sich die Bukowiner Handelskammer im Jahre 1871 ausdrückt ^ — 



' Handftlikammnrberielit von 1871, & Sl. 



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685 



wie ein Alp auf der Gesaiiuntbcvölkii^nuig und bildete eiue 
Anomalie in einem constitutioncllcn Staate. Freilich war das- 
selbe, als durcli die Keform des Jahres 1848 die Wirthschaft 
und die Einkünfte der Grundbesitzer in arir»^8 St hwanken gö- 
rietlien, zunäulist deren einzige sichere Emnabmsquelle. ^ 

6. So segensreich auch sich in der Folge die Aufhebung 
des Unterthansverhältnisses erwies — man konnte vor Allem 
bald einen entschiedenen Fortschritt in der Landwirthscbaft 
bemerken, und iufolye dessen stieg jetzt rusch der Werth des 
Bodens * — so hat doch auch hier sich gezeigt, dass der Glanz 
der allzu plötzlich verliehenen Freiheit den ewig Blinden ver- 
blende. Sobald das Untertliansvcrhältniss aufgehoben war, 
versagten die Bauern fast in allen Gemeinden den Gutsherren 
jede Arbeit auch zum höchsten Taji^lohne.* Daher kam es, 
dass in den ersten Jahren die herrscliafilichen Aekerflnren 
zumeist unbestellt, ja sogar unabgefeehst blieben. Erst als die 
Gutsherren zumeist aus Galizien Arbeiter herbeizogen, ent- 
schloss sicii das einheimische Landvolk, den Gutsbesitzern 
seine Arbeitskraft anzubieten. G(!wolint, bevormundet zu wer- 
den, verwendete aber auch der Laudmann, als er, ohne zn- 
niiehst herangebildet worden zu sein, aus der Vormundschaft 
plötzlich entlassen wurde, für seine Wirthschaft nicht die nöthige 
Sorgfalt. Für die Zeiten der Noth VorrUthe zu sammeln, fiel 
ihm nicht bei, weil er gewöhnt war, in Nothjahren vom Grund- 
herrn unterstützt zn werden. Die Noth, welche schon im 
Jahre 1849 über einen grossen Theil des Landes hereinbrach,* 
genUgtc nicht, um die Bauern eines Besseren m belehren. 
Erst das schreckliehe Nothjahr 1866, das als eine Acra noch 
jetzt Allen treu im Gedilehtnisso haftet, spornte dieselben zu 
grösserer Thätigkcit und intensiverer Benutzung ihres Grund 
besitzes und zur Verwerthung ihrer Ubersehüssigen Zeit an. Die 
Unmündigkeit der Bauern zeigte sich auch in der Misswirthschafty 
welche dieselben in den durch die Servitutenablösung erwor- 
benen Waldungen trieben: sie vernichteten geradezu dieselben.^ 



' Haadelikaminerbarioht von 1871, 8. 8. 

* Handelflkammerboricht von IWZ, S. 180, 161 ff. 

» Ebeiiila 1871, S. iGüf. 

* ,Bucoviaa' 184Ö, Nr. 8. 

* Beriebt der Bukowkier Uaudelskuniner 1871, S. 24 n. 198. 



686 



UebrigeoB bt aacb ein grosaer Theil der Notfa, welche jetit 
immer mehr um sich gereift, auf den Umstend sarQckmfldiKii, 
dass die Befiraiimg der BaaerD erfolgt war, ohne dass ae sa- 
nächst anf dieselbe vorbereitet worden wären. So kam es, 
dass sie in die unter Umständen viel härtere Knechtschaft des 
Wuchers und der gewisbeniosen Speculatiou mit der Gnmd- 
zersplitteruDg vertieleu. 



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BEILAGEN. 



Nr. 1. 

Aniilliolw Zni&tM und Erklänuiceii n dem Chiytow Ghlkft's 

(g. oben, S. 696 ff.). 
Am EmDs, Ltfilid«ii in Domineofoebe (ee. 1885).* 

Anmerkung ad Mit h. Gubemiaheiordnung vom 11. Mai 

1811, Z. 14017, ist dieser Punkt infolge Hofkanzleidecret vom 12. April 
1811 dahin abgeändert wordeu: Dieser Artikel sei in der Ausführung 
nicht anwendbar, weil die Breite, nicht auch die Länge der au&naekemden 
Erdstücke bierin angedeutet, daher diese Scbnldigkeit einer fiberBpannten, 
den Unterthan ?erk1lnenden nnd dem Geiste dieaee Chrysowe nieht an- 
gemessenen Anadebnnng fthig ist. Dieser unbestimmte Begriff wode 
dnreh den sweiten Artikel dieses Chrjsows erUSrbar gemadit, in welchem 
die Jahneit der Frohnenleistnn; im Allgemeinen fBrgeacbrieben ist. 
Diese Jahrsieit, nacb welcher die Robot eines Tages von Sonnenanfjpukg 
bis Sonnennntergang mit Ansscblnss sweier Bnhestnnden bei den Sonuner- 
frohnen nnd einer bei der Frflhlings- and Herbstfrohne in vemchten ist« 
sei daher anch bei dem tom Acker ▼erwendeten Frohntag beiinbehalten. — 

Anmerkung ad IS""". Bin Pcgon ist eine halbe lUtsche, enthftlt 
daher 1440 Qnadratldafker oder eine FUche. Ton 40 Pnsdiinen Unge 
und 4 Praschinen Breite. Bin Unterthan moss somit 10 Frasdiinen 
Lftnge und 4 Praschinen Breite an einem Knkanufelde behauen.' ^ 



Da dieses lithographirte Bach sicher nur noch sehr selten ist, so wird 
der Abdruck der folgenden Brllntonuigen Uer woU am Flatee Min. 
Di0N und dar benito oben, 8. tMtt^ mUgefheOle WofÜant des GhiTaow 
Ghifc»*e bildet den geeanuoteik auf die Bukowina beiOgUehen TbeU des 
Buches. Wir werden finden, dass Kuns aioh nicht besondere Mflhe 
gegeben hat uud seine Darstellung recht man^^elhnft Ist. 
Eine Falt^elio (noch jetzt in der Bukowina UDgt sttzlicb .il^^ Grüt. linasH 
gebraucliiicb; hat 2880 Quadratklalter = 18 Joch (ä iöOU Quadrat- 



Digiiizca by Liu^.' . 



688 



Anmarkong ad 14"*. Eine Faltsche ist eine Fliehe Yon S880 
QnAdratUaftern oder voii 80 Pnwchinen Unge und 4 d* Breite. — 

Nachdem* mit hohfiu GuberniiiUlecrete vom 11. Dtcember 1804, 
Z. 49355, bokauut gomachton h/^chstPii UotMocreie vum 16. November 
1804 ist in den Unterthaiis-l*i ;i^:i d witioussachen den Akratischen Unier- 
thaueii dor ülnysow des Fürsten Coiistimtin Ohika als das B«galaüf der 
UrbariaUcliuldigkeiten uufgos tollt worden. 

Im Grunde dieses Chrj'sows worden die Unteithanon zu einem 
bnarpn Geldzinae nach drei Classen ä 2 fl., 1 fi. 30 kr. und 1 fl., dann 
für die üodangen yob jeder Klafter Uou zu 3 kr. zn entrichten schuldig. 

Selbe worden verpflichtet, Überdies den Zebent Ton den ugebavtan 
Frttcbten, von der Jagdbarkeit nnd Fischerei an die Herrschaft abxogeben. 

DasB aber dieser Chiysow im Gebirge nie bestanden habe, beweiset 
die von der vormaligen Milltfiradministration nnterm 8. Octeber 1780, 
Z. 8626, angeordnete nnd am 17. October 1780 zn IJstie-PatQIa, dann 
die vom Kreisoommineftr llilbacher Im Jnli 1814 gepflogene Unter- 
Buchung. — 

Die Reparatur der Wirthshäuser vcii den Geniöinden ist selbst im 
Ghikaischen Chrysow nicht gegründet; (iio bestandene Militäradmini- 
stration hat zwar den Dominien g-est^ittet, die ünierthancn znr uii< ut- 
geltlichen Reparatur der zur Zeit der Occupirung der Üuk v.iua ^ch■'n 
beetiindenen Duuiinioal^'ebaudo zu voi halten, aüein das huchste Hofdecret 
vom 6. October Ibüb stallt diL.-i s ab. — 

Die unentgeltliche Holxzufuhr in dt n Wirthshäusem ist bereits mit 
der kreisamtliohen Entscheidung Tom 20. December 1808» Z. 9198, ab- 
gestellt worden. — 

Lant der von der HilitäradminiBtmtion im Jahre 1780 nnd vom 
Kreiscommissir t. Milbacber im Jali 1814 gepflogenen Untemchimg 
steht den üntertbanen das QnbeBchrfiDUe Holsnngsreoht dexigestatt n, 
dass sie anch Floesholz znm Verkanfe nach WUMr ffillen dürfen, ohne 
der Herrschaft dafür etwas entrichten zu. dftrfen. 



Uafter.) Dw Fklttdbe wird mit der sogeruumtea Fneehiae gemeMen, die 
als LIngenman 8 KlaftAr beeitst Ton ^«aer ist oben Üt» Rede. 11» 

Flftehenmass ist dies« \ Llingen-PraBchinen lang und eine solche breit» 
also = 36 Quadratklafter. Eine Faltscbe hat also 80 Flächen-Prascbinen. 
* Was hier folgt, »iinl t:aiiz worthTose und unrichiig-e Epmerkiincrf n. Katu 
hält nicht den Chry»uvv Duka':i und jenen Ghika'fi auäüiuauder (vgl. oben 
Lm Text, S.671). Die angeführten Bestimmungen gehören dem ersteren ah, 
nad dieaer galt im Gebirge; dagegen hatte hier jener Obike*« keine QeHaag. 



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689 



Anmerkungen. 

1. Von diesen im Ghik;iischon Chrysow festgesfitzton^unterthänigen 
Scliuldigkeiten sind die Unterthauen dos Moldauer- und Rnssisch-Kimpo- 
lunger Okols infolge jener Privilegien, die sie von verschiedenen Mol- 
dauiHchen Fürsten erhalten haben, befreit; die Unterthanen des MoMluü- 
schen Eimpolanger Okols haben das Eigenthnm ihrer Gi-ünde und das 
Recht, damit sowohl beim Leben, als nach ihrem Tode zu disponiron, sie 
haben an ihre Grundobrigkeit (die Kammer) keine andere Schuldigkeit zu 
leisten als eine jährliche Waldconvention vonr 1 fl. für den bespannten 
und ?oa 30 kr. für den unbespannten Unterthan. Die Russisch-Kimpo- 
innger sahlen eiuea massigen Zins an ilure Orandobrigkeiten, 

2. Die in den Hbrigen deutschen Erblandem in ünterfhanssadien 
bestehenden Patente als wegen Aufhebung der Leibeigenschaft und wegen 
Freizfigigkeity Uber das Yerfiüiren bei ünterthausbeschwerden und tber 
die Bestrafung der ünterthanen sind auch in der Bukowina eingeltUhrt 
und seit 1. November 1786 in Kraft. 

3. Kebst diesen ist durch ein Ereisschreiben vom S2. Hftrz 1 787 

gesetzlich angeordnet, dass jene Grundetflcke, welche sich am 1. Novem- 
ber 1786 im Besitze der ünterthanen befanden, als uaterthänig unge- 
sehen werden sollen und diese Gründe dem ünterthanen ohne seine Ein- 
willigung und Vorwissen des» Kreisamtes weder abgeuommeu, noch gegen 
andere v»'rtauscht werden können. 

4. ÄTisscr der im Chrys'ow enthaltenen Bo bot leisten die Biikowiner 
ünterthanen auch üogenannte Ilepartitionptage, d. i. sie müssen bei der 
Reparatur der ohrigkeitlichen (Jehäude mit unentgeltlichen Hand- und 
Zugfrohuen concurrireu. Diese Kobotschuldigkeit ist jedoch durch 
nachgefolgte Verordnungen blos auf jene Gebäude beschränkt worden, 
welche zur Zeit der Besitznahme der Bukowina schon bestanden, daher 
sie bei solchen Gebäuden, welche erst seit dieser Zeit erbaut worden, keine 
RiobotBchuldigkeit xn leisten haben. 

5. Um die ünterthanen gegen die Bedrtkdningen durch die Guts- 
plchter zu sichern und das Xreisamt in die nOtbige Kenntniss zu setzen, 
mftssen nach dem Kreisschreiben vom 2. Hai 1793 alle Besitsverftnde- 
rangen nach den in Oalixien bestehenden Yorschrifien dem ICreisamte 
angeieigt werden. 

8. Obrigkeiten dArfen ihre eigenen gegen untertfaftnige Gründe 
ohne Einwilligung des ünterthans und der Landesstelle nicht Tortauschen. 

7, Der unterth&nige Besitzstand ist durch das Kreisschreiben Tom 
23. Ittra 1787 dahin bestimmt worden, dass dem Grundherrn gestattet 



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690 



ist, jenen ünterthinen, welche sa fiele Otfijide haben, um tie beubeiten 
in kennen, die flberflftBsigen abninebmen und sie anderen neuen Wlriben 
iQfiitheilen, so sirar, dass einem ganien Banern S Falteeiiea, einem niit- 
leren 6 nnd einem viertel Bauer 4 Faltachen Ornnd logemeaeen werdau' 

8. Kach dem Steins quo haben die Unterthanen der Bieindiaft 
folgende Sefanldigkeit an leiatan: 

a) li Tage der dotirte IJnterUua, und der meh von Gewerb oder 
Tagwerk nShrt, 0 Tage jährlieh. 

b) Ein Gespuüstgam TOm dotirten üntarthan atalt des lObnf- aad 
Flaehasehents, oder 16 kr. im Oelde. 

c) Eine Fohre Hols, welche nach der Beepannnng entweder gini 
oder xur Hälfte abgenommen oder mit 12 kr. reloirt tn werden 
pflegt. 

d) Eine Henne, die jeder, welcher kein Häusler, zu geben oder durch 
Abkommen zu reluiren hat. 

e) Den Zeheüt von allen Erd- und rii hufrüchtfiii, dem Hanf uoi 
Flachs; die zum eigenen Bedarf Uestimmteu Gartenfrfichte ausge- 
nommen. 

f) Die Heureluitioa, welche statt des Heuzehents mit 3 kr. per 
Klafter des Schobers Heu von der Militaradministation festgesetzt 

wordon ist. 

g) Die unontgeltlicbon Zug- und Handdienste boi Mühlen, Teichen, 
Bier- und Biantweinbrennereien, gruudhenlichen Wuhnuneren nnd 
Wirthschaftsgebäuden. Seit der Besitznahme der Bukowina sind 
aber diese Dienste nur auf jene Gebäude beschiüukt worden, di«- 
ohnehin schon bestanden haben, und es gobührea sonach zu neuen 
Gebäuden und derlei Geg-cnständeu nicht mehr. 

9. Tn den früheren Zeiten hat der Unterthan von seinem Gnmd- 
herriv ans den herrschaftlichon Waldungen zu seinem Hausbedarfe die 
unentgeltliche Holzung gehabt; seit der Errichtung des Ereisamtes ab«r, 
nämlich seit dem 1. November 1 786, zahlt der bespannte Unterthan w^en 
der geschmälerten Waldungen für seinen Holzbedarf dem Gmndbem 
nach Convention jährlich 1 fl. und der nubespannte 30 kr. 

10. Dem Status quo zuwider laufende UnterUianBbedrftckungen 
werden nach dem gedruckten Sieieschreiben vom S.Juni 1794 mit der 
doppelten Strafe bele^ nnd swar inm Kreiapoliaeifond» weil in der Bako- 



Aiieh dieaa Atisfilhran^ii sind aogenaa. Von den anj^efOhrten Beftin- 
Bongen »t in dem dtirteii Kn^Mchniben (e. oben, B. 6t4) keine Sp« 
vorhanden. 



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691 



wina kftin GemeindaepaeliMfoiid bwtelii. Die hohe GnhernialTerordnimg 
von 180S 8oU (1?) indeseen dieie Strafe einem erst so enkhienden 
Gemeindeepeiehevfonde gewidmet nnd bd den Kreieeamen hierttber eine 
Vonnerkiing vn Itthren angeordnet haben. 

Nr. 9. 

11. Marl 1813. - Kaiserliche Verordnüngf über die Regulining 
dee UnterthansTeiMltniftses in der Bukowina. 
Original in mtinma BentM. 

üebor den Beguliningsantrag der Unterthanen auf der Herr- 
• Schaft Fradantz in der Bukowina, als Vorfrago zur allgemeinen 
Dotirung der Unterthanen in der Bukowina mit erbeigenthümlichen 
Gründen, haben Seine Majestät unterm 4. 1. M. allergnfuligst zu ent- 
schliessen geruht: Dass dio Unterthanen in der Bukowina mit erbeigen- 
thümlichen Gründen dotirt werden; dass dieselben dafür ihren Herr- 
schaften gesetzlich zu bestimmende Gaben und Dienste leisten; und dass 
endlich Teiche, Waldungen und Waldwiesen stets im ausschliessigen Be- 
sitze der Dominien bleiben und nie in die 1 ntorthansdotirung eingezogen 
werden sollen, dies sei Seiner Majestät entschiedener Wille, und über 
diese drei Punkte eiDioilen Seine Majestät schon itzt allerhöchst Ihre Ge- 
nehmigung. Um aber diese Dotation, sowie die Bestimmung der unterthä- 
nigen Abgaben, Frohnen oder Robotleistung und anderer Unterthans- 
gebühren auf eine gerechte, dem Bodarfo der Grundherrschafteu und dem 
Werthe der von ihnen an die Unterthanen abgetreten werdenden Gründe 
entsprechende, den Kräften der Unterthanen aber nicht zu lästige Art ein- 
zuleiten, werden dem k. k. Gubernium nachstehende Aufklärungen Ober 
den dermaligen Stand der ünterthaneschnldigkeiten in der Bukowina zur 
Bf'lchrung mitgctheilt. Nach dem Cbrysow oder der Anordnung des Fürsten 
Qhika, welche heute noch Geeetzeskraft in dei* Moldau hat und den Statue 
quo in der Bnkowina ausmacht, hat nämlich der Unterthan für das 
NntziugBeigenthnm der Gründe an seinen Grondheim Folgendes m 
leisten oder zu entrichten, und swir: 

1. Jährlich 18 FrohntagOj und «war 4 im FrOhünge, 4 im Sommer 
nnd 4 im Herbste. 

8. Diese 18 Frohntage soll der Unterthan von Sonnenaufgang bis 
Sonnennntergaag, mit Ausnahme der Buhestnnden» bei der ihm ange- 
wieeenen Arbeit so sobringen, als wenn er ftr sieh selbst arbeiten würde. 

8. Diese 18 Frohnen hat anoh ein lediger befeldeter Kann sn ver- 
richten, wenn er seine eigene Wirthschaft und ein Haoa besitst. Bin 



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m 

ledigor bei Beinern Yster iroli&wider jnngeir Mann und ein g^l^reclilidker 
HsQBfater ist Ton der Fiolme fteigesiroehen. 

4. Deijenige Hauswirth, welcher kranUieitelttlber Mine Frohnen 
nicht verrichten lunn, oder valcher «nderwfirto be«eh&ft%t ist, miui ent- 
weder einen FrOhntf mietiien tind statt seiner steUen, oder dem Grand- 
herrn 10 kr. (20 neu« Aspcrn) för die unterbliebene Frohne ▼erföteo. 

5. Die Wahl, die Frohnon in natura zu findern oder den Entgelt 
dafür anzunehmen, ist dorn Gnindhenu überliisscn. 

(). Drr rntortlian i^t dio Prohne mir in dem Gut»', wo er seinen 
Wohnsitz liat, dann in .iciii nabon, höchstens anf .3 bis 4 Stunden ent- 
legenen Gute zu verrichten schuldig, und wenn er in eine Entfornuns? 
von 5 odor 6 Stunden zur Frohne geschickt werden wollte (?), so mos« 
üun der Zeitverlust an der Zahl der Frohntage abgerechnet werden. 

7. Ausser den 12 Frohntagen ist jeder Dörfling schuldig, den Ze- 
hen t nach dem Uerkommen zu entrichten; von de|i Zehenten sind nur 
die GemOBegfirten afu^nommen. 

8. Die an der Landeegrense wohnenden DOrflinge entrichten nnr 
die H&lfte der Frohnen, geben aber den ganxen Zehent. 

9. Wenn in DOrfem, welche nnter mehrere Eigenthümer ver- 
theilt Bind, eich DOrflbge ohne QrQnde Torfinden» so sollen sie nicht nr 
Arbeit verhalten werden» sondern 1 ft. jährlich an die Theilhaber des 
Dorfes abfahren, welche diese Giebi^keiten nach dem Masse ihres Besitiee 
unter sich zn theilen haben. Sollten aber derlei getheilte Ortschaften aa 
der G^renie liegen, so haben derlei BInwohner nnr 15 kr. (30 Aspem) zu 
entrichten. 

10. Der Verschleiss des Weines steht allein den GinndheiTen in. 
AUeiji .iiiuere Getränke können die Dni-tlinge vei kaufen. 

11. Wenn <iie Pflüge auf das Feld gelnuht werden, s^» suU j^dt-r 
PÜiiL'- täglich 10 Schritte, jeder Schritt 6 Spanni'ii hroit. im gewöhnlichen 
A. kryi i'lde, in einem Neubruche (Zelina) aber nur 8 Sdiritte ackeiu. 
\S er «'inen Ochüen zur Bespannnng dieses Pflugesi gibt, der hat wine 
Tagfroline verrichtet. Wer aber keinp-n 'l'iieil am Pfluge hat, moss seiw 
Frohne nach Gutbefund des Grundhorru aiidi-rwarta leisten. 

12. Wenn die Kuknnizfelder gejätet werden müBsen, so hat je4« 
Fröhner ein Viertel oder den vierten Theü eines Pogon (400 1 Klafter) 
SU jäten. 

18. Bei dam Schnitte hat jeder FrOhnar drei Mandel in schnoidtf. 
14. Bei der Henmabd mnss jeder MShder tiglich */• FMtsebe 
(1400 1 Qnadratklafter) mähen. 



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693 



15. Wenn Jus Hea in Häufchen maaiDiiieiinmohMi ist, bo mius 
jeder JMhsm % Falteolie saflammeiuraelME. 

Die in den leisten ftnf AbBchnitten genAnnten Arbeiten mflssen 
als wirkliolie Frohnen, welche, wie oben bemerU worden iat, im Ganzen 
13 Tage im Jahre fegtgeeetKt eind, angesehen und Abgerechnet werden. 
Sollten aber einige DOiflinge sich mit den Gmndherren in Absicht anf 
die Frohnen abfinden, so mnss sidi nach diesem üebereinkommen ge* 
achtet werden. — 

Wenn di^er Chrysow in eine genaue TJeberlegung genommen wird, 
so beschränken sich dio untcrthrinipon Giebigkeit^n der Bnkowiner Ein- 
wohner für das iS'utzuiigsoigenthiini ihrer Gründe -ah ilue (ii undhcrrcn: 

a) auf 12 Frohntage im Jahre mit ihi'er eigenen Bespannung oder 

der Handarbeit; 

b) auf die Entrichtung des Zehents von allen erzeugten Feldfrüohien, 
die in den Gürten erzeugten Gemüse aiispeuommcn; 

c) anf die Kntrichtung- von einem Gulden für die in den Dörfern be- 
findlichen Häuser etc., folglich ist alles dasjenige Missbrauch, was 
die Grundobrigkeiten heute in der Bukowina unter dem Vorwande 
eines Herkommens von den Grundholden an Hähnern, Gamgespinn- 
sten nnd Holszofohren fordern nnd einheben. 

Nach dieser detailiirten Belehrung Aber den dermaligen Stand der 
Ünterthansscbnldigkeiten in der Bukowina wii'd das k. k. Gubemium auf- 
gefordert, hiernach nadistehende Fragepunkte einTerstSndlich mit dem 
Bnkowiner EreishAnptmanne nnd mit BinTornahme der dortigen 
GQterbesitier in reife Ueberlegung lu nehmen, dann wohlerwogen sn 
begutachten: 

1. In welchem Kasse und Yerhiltttisse die von Seiner M^estät be- 
sdilOBsene Dotirung der TJnterthanen nach obgedaehtem Gmndsatae mit 
Aeckem, Wiesen und Huiweidegründen auf das Zweckmftssigste bewerk- 
stelligt werden kann? 

2. Ob nicht die Unterthanen regehnässig nach drei Kategorien, 
nämlich ganze Bauern mit 24 Joch, h;»!be Baii'M ti mit 12 Joch und 
Häusler mit Joch, viertel Bauern abii [im au.snaluubWt'iso dort, wo » 8 
die Verhältnisse der Tjocalität und Bevölkerung nicht anders gestatten, 
mit 6 Joch zu dotiren wären? 

3. Ob die KodgTünde ihren dermal igen Besitzern zu belassen wären 
und in die Dotation einzurechnen kämen? 

4. Ob und wie die periietuirliclien und wandelbaren Woidestrecken 
SU vertheilen und die L nterthanen mit selben zu dotiren wären? 

ArebiT. LXXXVI. Bd. II. Hälft«. 46 



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694 



5. In Hinsicht aof die bei iMrorstehMid«! Dotation uK erb- 
eigenth um liehen üntertbaiiBbesitiiiiigeii festnifletMiideit Unt«rtbaits- 
scliuldigkeiten hat das k. k. Oabtniiiim einTerttlndlicb mit dem Bukc^ 
winer Ki oishiiiij)tinanii und mit Einvernehmen der dortigen Güt^rbesitzer. 
infolge der oben g»»riusscrten Willensmeinung Seiner Majestät, «iasi^ dif 
Domänien für jen(»s, wa^ 8it von ihrem Eigenthume abtreten inüj>s<;ü, 
entschädigt werdon raüsseD, nut Kücksichtnahme auf Localität. Pro 
duction, WuhlsUnd und Geldkräfte der Buivowina folgende Aufg-abf^n 
genau zu orortern; ob nämlich bei dem dermaligen Masse wn Frohnen 
und der allgemeinen Zehent Verpflichtung stf hf n zu bleiben, ob nicht 
Zehentabgabe durchaus in K5rnern festzu&etzen, ob nicht die g-^m'i 
Zehentpflicht oder ein Thfil derselben :ii fme Krhöhung der Robotschnldig- 
keit zu umstalten, ob nicht eine besiiinmto Gebühr liei Besitzveränderuni: 
einzuführen, und ondlich ob nicht etwa die Erhebung dieser Gein'ihr 
schou bei den nächsten dnrch die Dotation Bich ergebenden Besitzneh- 
mongen zu gestatten wäre. Sobald die Wohlmeinung des Bukowiner 
Kreishauptmannes belegt mit den A<Missorungen der Bukowiner Gfiter- 
besitzer übef alle diese Deliberationsp unkte eingelangt sein wird, bat das 
Gubernium solche mit einem erschöpfenden Gutachten anher vorzulegen; 
der Termin zur Vorlegrang dieaes Operatea wird auf den ietxten Jaliaa 
1. J. anberaumt. 

Was endlich die Herrschaft Fratautz anbelangt, so wollen Seine 
Hqjest&t, dass selbe in diesem SystenialgesclKlfte mit allen übrigen^ Do- 
minien in der Bukowina gleich behandelt werde. 

Die Beilagen des Berichtes vom 14. Februar J., Z. 41540, folgen 
im Anschlüsse surfick. 

Wien, am 11. H&n 1818. ügarta. 

Nr. 3. 

4. December 1842. — Belnitioniprotokoll mit der Lippowaner- 

Gemeinde Fontina alba. 
Original in meinem BesiUe.* 

Actam Fontina alba, an 4. Deeember ISOL 
FvotokoU, weldiflB mit der Gemeinde Fontina alba Uber die weitete 
Beluirung der untertbftnigen Scbuldigkeiien, dann der Urbarialgiebig- 

* Bis da reicht daa Original. Dm Uebrige ist nur in Abecbrift aof dem natefw 

Knude desselben erlialteu. 
' Ein kurzer Aujszug hievou in Kaindl, Um Enteteii^n und die £a(- 
wicktttttg der Lippowaner-Cotomeii in der Bukowina, S. 133, Nr. S& 



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695 



keiten and des Zehents von dem BusticalgjnmdbMits anlj^oiommeii wor- 
den ist. 

Yeim^ dem mit dem Idblieb k. k. BeurkeTerwaltiuigs-Iirlatte vom 
i6. Becenber 1886| Z. 0710, herabgelang^n, im Onind EnoAohtjgnng 
der hoben k. k. cam. GeflUlen-Landeevenraltang vom 8. Kovember 1886, 
Z. 84486, bestätigten yertnige Tom 15. Juni 1827 hat die Gemeinde 
Fontina alba die hemchaftlicbenUrbarialschnldigkeitsgaben und Leistun- 
gen, d. i. die Frohne, das Oamgespunst, die Fuhre Kopf- oder Brennhols, 
dann den Zehent Ton allen Feld- und GartenMohten» im Gelds mit jähr- 
Ueh 190 fl. 0.-H. reluirtw 

Da jedoch der besagte Vortrag für die Zeit vom 1. November 1827 
bis letzten October 1833 geschlossen war und die Eintran^s belobte Be- 
hörde Jen Vertrag bis Knde April 1843. ii milidi bis ziiui Ausgange der 
letzten Pachtporiode zu erneuern anordnete, du: Erneuerung jedoch nicht 
vurgeuommen wurde, weil die am 1. Mai 1834 eingetretene neunjährige 
Tachtperiode nicht üor früher begonnen hatte, aber auch die erwähnte 
Gemeinde dem obei-wähnten Vertrage gemäss das lielutum im Gelde an- 
standslos entrichtete, so scheint es nun angedeutet zn sein, mit der be- 
sagten Gemeinde über die weitere lieiuinuig besagter Schuldigkeiten in 
Verhandlung zu treten. — 

Dem zufolge wurde besagte Gemeinde am S. 1. M. von der Vor- 
nahme dieser Verhandlung in Eenntniss gesetst und aufgefordert, aus 
ihier lütte zwei Insassen zu wählen, diese mit einer VoUmaoht zu fer- 
schen und anzuweisen, im Zwecke der besagten Verbandliing TOr dem 
gefertigten Herrschafksverwalter su erscheinen. 

Iiant der am ^ Norember 1848 letstbewirkten individuellen Be- 
schreibung iShlt diese Gemeindet 86 Bespannte, 7unbe6pannte grundbe- 
sitzende Wirthe, 59 Hftnsler und 6 Ihleute; deren Schuldi^eit besteht 
nach dem Bukowiner Ürbarialsystem in 48 Fahren Eopfholz, 48 Strittinen 
Gamgespunstes, 48 Hflhnern, 906 Ftohntagen, dem Naturalsehent von 
allen Feld- mid Gartenenengnlsseai, der Heusehent-Beluitien per 8 kr. 
W. W. per Klafter in der Bnndung des Schobers, dann in Wald-Con- 
vention för die freie Holzung im herrschaftlichen Forste vom Be- 
spannten ä 1 fl. und vom Unbespaunten, dann Häusler ä 80 kr. W. W. 
jährlich. 



Tgl. elienda das unter Nr. 87 nütKeCheiltft Xhnliehe Protokoll mit der 

Gemeinde Kltmoutz. 

■ Die DatmnsAhl fehlt 

46* 



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G96 



Vermog^ den angenommen werdcndou InveutarulpreUen betragen 

oinga ^cliüiiiigkeiten im Gelile, und zwar: 



der Zehttnt wird naeli dem Besnltate der im Jahre 

1887 Toit^nommenen Grandsebfttoang behufs 

der lendeeflkrsilicheii Gmiidsteuerfoemessimg» 

undswarttAchdem in der Gtemeiiide ermittelten 

Bringe dee aftmmtlichen «nterihlnjg«n Gmnd- 

besiine per 1017 fl. S5 V« kr. C-IL: nSmlich 

mit dem lehnten Theile bievon 101 . 447« « • 

die WaldconTention auf ConTentionamflnse redn* 

cirt S7 , 86 



In Rficksicht dessen aber, dass der Werth eines 
Zugfroh ntuires nach dorn Bnkowiiior Urbarial- 
system mit wonif^st^'HS 24 kr. ;;th1 oin Haiidtag 
üuL i 2 ki . aii^eöciil.igeu wci dt'ii kann, so kom- 
men annocli zur obigen Summe zuzuschlai^on . 11£» „ 36 „ 

Da biii diT Zufulir dos Kopfliolzos weuigsteus «in 
Tag erforderi wird, so wird diese gleich dem 
Zugfrohntage per 24 kr. gieicbgesteUt, miUiiu 
wachsen zu 8 „ 36 , • 

So wild für ein Strähn Garn, welches der Untor- 
than aus oigeiiom Materiale zu erzeugen und 
abzuliefern schuldig ist, über den Werth Ton 
30 kr. ä 15 kr. zngpsrhlagen 10 « 45 « « 

Endlich nachdem eine ausgewadiseiie Henne wenig- 
stens 6 kl'. Werth ist 2,9 m • 

Der Qesammtwerth der zu roluircnden sämmi- 
liehen Schuldigkeiten and Giebi^keiten wfirde 



Die mit der hier anachlllssigen Gemeindevollmacbt vom 8. D*- 
cember 1848 sich ansgewiesencn BeToUmftohtigten Iwon JQrülo und 
Waesjli Iwanow worden demnach vorgerufen und denselben nnterBeitrHt 
des Ortsrichters Feder Petrow der l^oscUluss der administrireuden Behörde, 
insofeme es nothwendig war, bekaaatgemacht; diese dann befragt: 



43 Fuhren Kopf holz ä 12 kr. 
48 Strähne Carn ä 16 kr. . 
48 Stack Hflhner ä 3 kr. . 
906 Frohntage ä 10 kr. . . 



8 fl. 36 kr. C.-M. 

10 . 45 . , 

8 » 9 mm 

151 , — . , 



Zusammen . . 801 fl. 60 7* kr- C.-M. 



somwh betragen 



438 fl. deV^kr.C-M. 



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697 



1. Ihr habt im Namen der Gemeinde eoch ra erkiflren, ob die Ge- 
meinde die hier landesfibliclienUrbarialechuldigkeiteii, ninüich dieFrehne, 
dag Garugespunst, die Fuhre Kopfholz, die Henne und den Zehent in 
natura abstatten, oder und mit welchem Betrage im Gelde za reluiren 
bereit seye. Hiebei findet man denselben m bedeuten, dass der Herrschaft 
allein das Becht zusteht, die Schuldigkeiten in natura zu prästiren oder 
freiwillige Abfludungon einzugehen, es nicht der Gomoinile zukonime, die 
Reliiirung bcbujjler Schuldigkeiten anzufurdern. Wt'iiii demnach die Gl- 
meinde die bisherige Reluirung der Schuldigkeiten im Goldf der Abstattiiiig 
in natura vorzielien soWia, so wird doriselbeii bedeutet, dass nur em au- 
nehiubarer Keluiniiig&aubut angenommeu werden könne. 

Ad 1. Bauend auf den bisherigen Vertrag über die Reluirung 
sruiiintlit lipr Natural.srliuldigkeiten im Gelde, hat die Gemeinde einstiiniuig 
beschlossen, auch fiir die weitere Dauer von G Jahren, und zwar: für die 
Fndmschuldigki'it, das Kopfholz, das Garnfj^espunst, die Henne und den 
Zohent von dem Rusticalgrundbesitze ein Kelutum von IDU fl., sage: 
Einhundert Neunzig Guhien C.-M. in halbjährigen Raten vorhinein an 
die llcrrschaftsrenten bar zu entricliten. Zn einem höheren Betrage 
können wir uns um so weniger erkhuen^ die Gemeinde ausdrücklich 
diesen festgesetzt hat. 

2. Ob die Gemeinde die bisher übhcho Waldconvontion für die 
freie Holzung in ConveatiousmQuze entiichten oder auf das Bezagsrecht 
Verzicht leisten wolle? 

Ad 2. Die Gemeinile ist bereit, die Waldconvention wie bisher su 
entrichten, und zwar in W. W, Nachdem (sie) aber seit mehreren Jahren 
kein Zeugholz erhält, so sehen wir uns bemüüsiget, so bitten, womit dieser 
das nOthige Zeug- und Lagerhols zu Theil werde. — 

Torgelesen nnd befragt: 

3. Ob dieselben bei ihrer Aussage beharren, oder sonst was znzn- 
setzen haben? 

Ad 8. Wir beharren bei unseren Ansssgen ohne Zusatz and Ab- 
änderung. — Isani KHpiuaBi m. p. 



(L. S. Toa* Foutioa alba?). 



fBaomnift Isuaaeb 



All g^nw&rtiger Zenge: 

Gregor Zadarowics.(?) 

Somit geachlonen und geiwtigt: DepQtirte. 
Big. nt supra: Hohenauer, Ciscbek. (?) s. Fedor Petrow, Sichtor. 



heisst: 1. Kirillo Iwan, 
3. WmaajU Iwanow, 



* Inmiltoo des kreisronden Felde» Ui nur ein Quadrat sa eebeii. 



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698 



Nr. 4. 

14. Januar 1843. — Ans einem Berichte des Cameral-WirtliKhafts- 
amtet Zaczka aa die k. k. Cameral-BezirJuverwaitung in Lemberg. 

Original io meinem Bentee.« 

. . . Nach ... der ... im Jahre 1821 erfolgten Einziehung be- 
sagter Religionsfondsherrsch&ften (Elimoutz und Fontina alba), nämü -h 
bei der durch den gewesenen Bukowiner Staatsgäierinspector Scbuberi» 
zufolge k. k. StaatsgQteradministmtions-ErlMsee vom 23. Juli 1820, 
Nr. 7206, erhobenen Erträgniss behufs der neuerlichen Vei-pachtung. 
hat dieser mit den besagten zwei sogenannten Lippowaner^Gemeindea 
bezQglich der Unierthaiuschaidigkeiten unterhaadelt, und diese erklärten: 
die Erohne» dae GungeBponat, die Fnhre Kopfholz, die Henne, daaa, 
den l^atnnüftucliiBebent, wie auch die Heniehentareliiition im Gelde, 
und iwar: 

Die Gemeinde KUmonts mit 380 fl. O.-H. 

, , Fontina alba mit .... 190 . , 
jährlich relniren xu wollen. 

Diesen Antrag &nd die damalige SteatsgOteradminiatration aa* 
nehmhar, ordnete mit dem Erlasse vom 11. April 18dl, Nr. 4392, die 
Abschliessung der Verträge an und hat die durch den benannten In* 
spector am 10. Juli 18S1 auf 6 Jahre, d. t. tom 1. Kovember 1681 bis 
letsten October 1887 geschlossexien Verträge mit der Bestfttigungselansel 
vom 80. December 1881 versehen, ohne die Exhibitnummer angeben n 
k5nnen, herahgegeben.' 

Hit den Berichten des die S. F. Herrschaften Kuciurm&re and 
St. Onufrey Tormahi respicuenden St. Illier Wirthschaftsamtes vom 
22. Feber und 2. April 1825, Z. 196 nnd 299, sind die besagten durch 
den Inspector Schubert aufgenommenen Protokolle, dann die bestdttgten 
BelnitionsTertrAge dem k. k. Kreisamte zur Verificimng vorgelegt worden, 
auch sind diese vermöge der hembgelangten k. k. kreisämtlichen Erläss» 
vom 13. October 1825. Z. 13802, vom 27. April 1826, Nr. 15155, wahr- 
scheinlich ex l '- JO, dann 30. M:ii 1S2G, Nr. 6ri62, daselbst richtiu; eia- 
guU'OÜ'eu; was Jedocü dm belobte Kroisbehurdu in dieäei' B^ziehmig er- 



Der hier weggolasseno Anfang und der Scbluss dieser Urkunde i«i rar 
öü'entiicht in meinen Jjippowanprn*, S. 133ff., Nr. 89. 
Diese uud diu im Fulgendea geuauuten Vertrüge üiidet man am ebea 
angeillhrten Orte gedraekt. 



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699 



laasoB» oder ob dasmlbe die Verträge bestäiigtor horabgegeben babe, ist 
aas A])gaug der Aetoa nidit sa ersebeo. Indessen baben die Gemdnden 
durcb die besagten 6 Jabre den Yertrag anstandslos zugehalten, näm- 
lich die Beloitionsbeträge an den damaligen Pächter richtig abgestattet. 

Noch vor Ausgang der oberwähnten 6 Jahi'e trat schon dies Amt 
— weil mittlerweile diesem die Kospiciiung der K. F. Herrschiiften 
Kuczui tiKire und St. Onufrey übertragou wurde — iu eine neuoiiicho Ke- 
luitionsverbaiuilung, und weil besagte Gemeiuden zu ktiinem liüberoii 
Keluitionsbotrage sieb oinveretehen wollten, auch daa Wii-tbschaftöamt 
08 für nicht nöthig fand, auf die Erhöhung der Reluitionsbeträg^e 7,u 
dringen, wurden unter Vorbehalt der höheren Genehmigung gleich lau- 
tende Verträge auf eine weitere Dauer von G Jahren, d. i. vom 1. No- 
vember 1827 bis letzten October 1833 mit b<'sugten Gemeinden ge- 
öchlossen und mit dem 15ericlite vom '21. Juni 1827, Nr, 1511, dem 
k. Kreisamto zur Verificirung nn.l Bestätigung vorgelegii, die auch, mit 
der k. k. kreisämtlichenBestätigungsclausel vom 18. Juli 1Ö29, Nr. 13041, 
vorschon, mit dem Berichte vom 30. April 1832, Nr. 1038, der hoben 
Cameral-GefUllsverwaltung vorgelegt worden un<l im (hundo Ermächti- 
gung: der ohbelobtcn hoben Bebf'irde vom 8. November 18:?G, Xr. 3418.5, 
bestätigter mit dem Erlasse vom 16. December 1Ö36| Nr. 9710, herab- 
gelangt sind. 

Bei dem Umstände, dass die letztbesprochenen ßelaitionsverträge 
mit letztem Ooieber 1883 erloschen sind, hätten diese auf eine weitere, den 
Umständen angemessene Zeitdauer erneuert werden sollen, allein das ge- 
wesene löbliche k. k. vereinte Ciimeral-Gefalleninspectorat bat mit dem Er- 
lasse vom 24. Juni 1833, Z. 5ö44, diesem Amte zu bedeuten befunden, 
dass der bis dahinige Beiuitionsbetrag in dorn Pachtanschlage anfsu- 
nebmen nnd die Emenerung der ZinsTertrflge dem künftigen Seotions- 
p&cbter SU 'überlassen sei» wobei man es ancb fOr die gegmwSrtige 
Facbtdauer bewenden liess. 

Weil aber demnScbst, n&mlicb mit letstem April 1848| die gegen- 
wärtige Pacbtseit aasgebt nnd dteToreinleitnngen fÄr die neneriicbe Ver- 
pachtung getroffen werden mflssten, war dies Amt aoob bedacbt» mit 
diesen Gemeinden die BelnitionSTertrige nmsomebr m emenem, als man 
überzeugt ist, dass diesen die Belnirnng der Scbnldigkeiten im Oelde nmso 
erwftnscbter ist, weil diese sieh ibeUs mit dem Handel, theüs mit ans* 
wärtigen Arbeiten beschiftigen nnd dsber bei Abarbeitnng der Ftobne in 
ihren üntemebmnngen nur bebindert würden. 

Die Gemunden Klimonti und Fontina alba wurden daher ange- 
wiesen, behofe der fraglidien Unterhandlung swei Mitglieder ans jeder 



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700 



Gemeinde sa irfthleo, dieae mit einer legalen Yollmadit ni Ycnehen oad 
diese anxoweieen, mit dem gefertigten Vermlter in UnteiliaadloBg n 
treten. 

In Kücksicht dessen, dass vormüg dem in der Bukowina aufr- ht 
orhaltenon Fürst GLikaist iuMi Urbarinms vom 1. Jäniier 1 766 (Chrysow 
genaunt), Gubernial-Z. :i7Hl ox 183<j: 

ad 1 jeder Insasae dem Grundlierm (Gatseigenihümer) 12 Tage 
arbeitui soll, dass 

ad 4 derjenige, welcher knmk geworden oder in einer anderen 
Angelegenheit oder gegen Frachtlahn eich irgendwo entfernt bat, dem 
Grundherrn fftr die abitrarbeitenden Tage kd besahlen oder den Tiglohn 
für einen Hann, der dem Omndherm gegen Liedlohn statt desjenigen 
arbeiten wird, der ans einer der ohangeftthrten Ursachen nicht arbeiten 
wflrde, SQ entrichten haben oder aber, wie er sieh wird Tetgleidien 
können, dass 

ad 5, wenn jemand von den Dorfinsaseen die Frohnarbeit mit 
Geld dem Grundherrn relniren wollte, so soll dies der Willkftr der Dorf- 
Insassen nicht überlassen bleiben, dagegen soll es dem Gutseigenthflmer 
zustehen, für die Frohnarbeit Geld anzunehmen, wenn er will, nnd dass 

ad 7 nobstbei, dass jedermann diese 12 Tage jährlich in »lor ange- 
deuteten Ordnung !ib;i!ii<^!ti't, allö auch ileii Zehent von AUeui uach icr 
Decimalobservanz licui lii nudherrn zu geben haben uu»! .davun blos die 
(ii'iuüsogärten, wenn iür den eigenen Hausbedarf sind und damit kein 
Handel getrieben wird, ausgenommen sind, 

wurde die in besagten zwei Gemeinden sich befindende Familien^ 
anzahl beschrieben und deren Urbarialgaben-Schuldigkeit laut dem hier 
anruhenden Summarinm ermittelt» wie folgt: 

Die Gemeinde Elimonts sählf nach Abschlag des Ortsrichteis, 
welcher von der Abstattung der UrbarialBchnldigkeitiBn enthoben wer- 
den kann» 

84 bespannte Gnudwirthe» 
81 nnbespannte » 
71 Hflnsler, dann 
6 Iniente, 

und deren jfthrlicbe Sehuldigfceit besteht in 
66 Fuhren KopfholSt 
65 Strihne Gamgeepniist, 
56 Hfihnem und 
1168, d. i. 408 Zug- und 750 Hnndfrohntagen. 



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701 

Die Gemoinde Funtiaa alba nach Weghwäuug des OitbiicliUiä: 
37 beBpannto Gruudwirüie. 

7 uiibeüpaunte „ 
60 Häusler, deren Schuldigkeit in 

44 Fuhrfii Ki>])niolz, 
44 Strahip'ii Garn, 
44 Hühnern, dauu 
924, nämlich in 444 Zug- uud 480 Handfruhntagen besteht. 

Herkömmlich bestehen auf den Bakowiner Fondshermhafteu die 
Inventariftlpreise: 

Einer Fnbre Kopfholzes in 12 kr., 
Eines Strahns Garngespunetes 15 kr.. 
Einer Henne 3 kr., und 

Eines Frolmtsio-es ohne Unterschied, ob Zog- oder Hand-, 
k 10 kr. C.-M. 

Diese und aber den gegenwärtigen LocalTerhfiltnissen nicht ange- 
messen, nnd die Gmndherrschaft ist diese, wie oben dargestellt, vermöge 
dem Ohrysow anzunehmen nicht echnldig; daher sind diese ohne alle 
Uebertreibung anzuschlagen: 

fhr eine Fuhre Kopfholz mit 24 kr. 
. einen Strähn Garn mit 80 kr. 
, eine ausgewachsene Henne mit 6 kr. 
, einen Zugfrohntag mit 34 kr. nnd 
„ einen Handfrohntag mit 13 kr. O.-H. 

Hionach würde die obspeciticirte Schuldigkeit betragen: 

Bei Klinioutz: 

Für 55 Fuhren Kopftiolz ä 24 kr. . . . 22 Ii. — kr. 

, 55 Strähne Garn ä 30 , . . . 27 , 30 , 

„ 55 Hühner ä 6 , . . , 6 „ 30 , 

„ 408 Zuf,'fiuhntan;e ä 24 , , . , 163 „ 12 , 

„ 750 Handfrohntage ä 1 2 , . . . 150 „ — „ 

Zusammen . . 868 fl. 12 kr. 
Bei Fontina alba: 

FOr 44 Fuhren Kopfhob ä 24 kr. . . . 17 fl. 86 kr. 

, 44 Strähne Garn ä 80 » . . . 22 , — . 

, 44 Htlhner ä 8 „ . . . 4 , 24 , 

« 444 Zugfrohntage ä 24 , . . . 177 , 86 , 

, 480 Handfrohntage ä 12 , . i)G „ — „ 

Zusammen . . 817 fl. 86 kr. 



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702 



Wird nun gemäss dva hi«r aiUGhl1Ut»igen abMhrifttidien Önind- 
Btener-SnbrepartitioD8bog«n des Domimotlcoiitribiieaten Beligionsfonds 
als EiganthflmwB obiger sirei OQUr, ddo. Csarnowiti, 16. Beoembir 1887, 
der bebnÜB der GrundetenerbemeMiiiig ermittelte and beetenerte Ertrag 

bei Klimoutz: 

an Nataralzuhüut mit 418 fl. 14^/^ kr. 

, Zebeatreluitiun .... . . 8 , 40V4 , 

Summa . . 421 fl. 65'/4 kr- 
bei Fontina alba: 

an Katnralaehent mit 2S0 fl. 53^/4 kr. 

, Zehentrekition .... . . r. , j-.^- , , 

Samna . . 326 fl. 52=^/4 kr. 

dur uliigeu Kleing^aben- und Kobotbchuldigkeii zugoschlagea, so würde 
die ganze S<-hiildigk<Mt betragen: 

a) bei Klim..nt7 790 fl. 7«/^ kr. 

b) bei Fontiiia alba 544 „ 28'/^ , 

Wi*! schon gosHgt, das im Chrysow der GrunJherrschaft zngestan- 
dene Vonoi ht. dann das Resultat der Grundsteuerbemessung, welches 
auf einer Torausgcgungenen commissionellen Ertragserhebung beruht, 
veranlassten den gefertigten Verwalter, die Bevollmächtigten der zwei 
Gemeinden zu einer den Localverhältnissen nnd Zeitumständen ange- 
mossoneu Beluition oder aar Abstattung und Entrichtnng dersämmtlicben 
Schuldigkeiten in natura aofsofordern, allein diese erklärten, Zeuge den 
hier auruhenden zwei Protokollen Tom 8. und 4. December 1842^* norden 
bisberigen Reluitionshotrag, nftmlich tob Seiten der 

Gemeinde Klimoutz 820 fl. 

und der Gemeinde Fontina alba . . . 190 , C.-M. jfthrlieli 
an die Herrscbaft Benten entrichten zu wollen. 

Da diese Beluiiionabetrftge weit unter dem Werlbe der ScbnldigkeH 
stehen, ja nicht einmal den von der Stenerregalirangs-Gommission sr- 
mittelten Geldwerth des Binkommens von den ürbarialnntxnngen and 
Zehentbezflgen 

bei Elimontx per . . . . 748 fl. 42V8 kr. 
nnd bei Fontine alba per . . 463 » 39^$ ■ erreidua, 
80 fand man es nicht nur nicht gorft^en» mit diesen Gemeinden bierSber 
Yertrige abnuehliessen, aber man hält sieb Yerpfliehtet» eine l&bUdM 



^ Das erste ist als Beilage 87 in der Schrift ,Dio Eututehuiig und Entwick- 
lung der LippowanerCiolonieii* abgedruckt. Da* «weite ist «oiece BeiUg« 



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7oa 

k. k. Cameralbezirksvut waltung hievon in Kenntniss zu setzen und uuzu- 
rathen, nach allfulliger Bückspracho mit dorn k. k. Kroisamto, dor Ra- 
duuizer Wirthschaftsdirectiuü, danu der k. k. Proviuzialbuchhaltuni^. und 
Einholung des Gutachtens von der Kammerprocuratur verfüg-en zu wollen, 
ditöä besagte Gemeinden zur Abstattuug aller Schuldigkeiten in 
natura verlialtRu werden. 

Aus deui liier in getreuer Abschrift anklebeudeu k. k. kreisämt- 
lichen, an das bestandene k. k. Verw:iltunj,'fanit zu St. Onufrey am 
29. September 1 7« 7, Z, 2355, ergangenen Erkeuntnissc ^ ist nämlich zu 
ersehen, dass diesem die Grundherrschaft vertretenden Amte freigestellt 
wurde, statt der 15 kr. (d. i. das Rolutuni des Hanfzehents) den Hanf- 
und l'lachszehent Yon diesen in natura abzunehmen oder mit denselben 
des stärkern und sonst im Lande nicht gewöhnlichen Hanf- und Flachs- 
baues wegen gütlich Übereins zu konmien. Dann dass selbe, nflmlich 
die Gemeinde Klimoutz, auch weiter wegen der scboldigen Bobot mnatnrs 
belelu't wird. 

Auf der Bückseite obiger Abschrift befindet sieb wohl die Abschrift 
d^ da berührteB, an die Gemeinde Elimoatz eigangenen Bescheides von 
dcmsf^lhon Tage und Zahl, allein da ist von der Abstättong der Robot 
in natura nichts enthalten. Dies l&ast aber mit Gnmd Toranssetzen, dass 
diese Gemeinden nach der Einziehimg der Klostergflter frohn- ond zinsbar 
waren nnd bei dem k. Kreisamte hierftber Terhandlimgen stattgefunden 
haben mnsaten. In dieser Beziehung ist es daher nothwendig, eich dies- 
lUls mit dem k. k. Kreisamte ins Einvernehmen za setzen. 

Eben der Umstand, dass diese Gemeinden bis znm Jahre 1791» 
d. i. dem Anfange der SOjfihrigen Yerpaehinngy' in der AerarialTer- 
waltang bestunden, erheischt es, dass bei der Badautzer Wirthschafts- 
direction die diesMigen Acten, falls sich selbe bei der h. CameralgeMs- 
verwaltang als dahin, nfimlich znr ehemaligen Staatsgfiteradministratlon, 
ftbertnmfen nicht befinden sollten, abTcrlangt nnd der k. k. ProYinsial- 
Staatsbnchhsltong die Sechnnngen jener Jahre 1787 — 1791 abgefordert 
nnd mit den nDthigen Daten Tersehea, die Meinung der k. k. Kammer- 
procmmtur, ob diese in ganz gleichen Terhftltnlssen etehenden Gemeinden 
zur Abstattnng der Schuldigkeiten in natura verhalten werden können? 
oder ob nnd welche Hodiflcationen stattzufinden haben. 

Da die Entscheidung nicht nur auf die nftdist eintretende Yer- 
pachtang der Güter, aber selbst auf den erblichen Verkauf einen wesent- 



' Vgl. die folgende Beüago. 

* Vgl. ,Die Entstehung dur Lippowauer-Colouiea', S. 47 f. 



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704 



lidieii EinflusB nimmt, so dürfte wohl die Nothwandigkeit, den Geganstand 
SU beschleunigeQ, nicht verkannt werden.' 

Bei Vei-gloichun? der SchuMigkeitou in dem gegenwärtigen Be- 
richte ujiii den ohoii aiii^^t si hlossencn Protokollon * vom 3. und 4. t. M. 
dfirften «Ii« Ditten ii/cti auft'alleii; man siebt aich bunach vei'pflichiet, 
diese folgonds auß^uklüren : 

a) wurden in dorn Pi ntukolle als von der Entrichtung der ürbarial- 
schuldigkoit befreit bei jeder (Jcinoinde der Ortsrichter, dann zwei Ge- 
schworene in Abfall gebracht. Weil aber bei allenfalliger B«luiriing der 
Urbarialschuldigkeiten und deren Betreibung höchstens der 0^t^richte^ 
ins Hitleiden gesogen wird, bo findet man keinen Gmnd, anch die Ge- 
schworenen Ton der Abstiittang der Schuldigkeit zu entheben, und daher 
das Hehrere in dem Berichte, und 

b) hat der gefertigte Verwalter in dem Protokolle snm Zebent- 
ertrage, wie ans dem hier anschlüssigen abschrifUichen Bnsticalstener- 
Snbrepartitionsbogen zu ersehen, blos den sehnten Theil des Eeinertrages 
der Busttcalgrflnde angenomnaen. Da aber dieser nach Abschlag der 
CuKuransIagen und des Zebenta ermittelt worde, die Hemcbalt aber 
diesen fertiger, somit ohne Caltarauslagen ftbernimmt, so hat man im 
Berichte richtiger den Zehent in jenem Betrage angenommen, wie er ton 
der Steuerregulirung emittolt und zum Steneranschlag angenommen 
worden ist, endlich 

c) hat man im Berichte .lit- WaM Convention liinwegcrolassen. weil 
diese dem Mlljährlichen Wechsel untcrliogt. Es ämiiTt si< )i nfnulich nicht 
nur jährlich die Zahl der 15f.sparint^n, aber es iiehmeu selbst die Fauiili- n 
und Häuser von Jahr zu Jahr zu. daher tritt die Nothwendigkeit. iicse 
alljährlich su beschreiben und dainach diese Gebühr einzuheben, ein. 

Nnn muss noch der Umstand in £rvftgung genommen werdm, 
dass die Depntirten der Gemeinde Klimoutx die Beluimng des Natoral- 
tehents unter dem Yorwande rersagttn» dass die Gemeinde der Herrsehsft 
im Wege des üebereinkommens 160 Joch Grandes als Aequinlent des 
Zehentfl abgetreten habe. Die Herrschaft ist allerdings im Besitse des 
besagten Grundes, inwiefeme aber die Behauptung der Depntirten wihr 
sei, lässt sich hier nicht eigrftaden» weil hierftber anch nicht eine Spar 
einer Ähnlichen Yerhandlung hier Torhanden ist. Sollte daher das ton 
Inspector Schubert im Jahre 188 1 an^nenoouaene und bei der h. Behörde 
sich befindende Protokoll hierftber keine Auskunft liefern, so dOifte dm 



* Vgl. S. 702, Anm. 1. 



705 



k. k. Enisamt od«r k. k. FtoTinsial'StMisbndihaltiikg den Anfscblius 
hierflber gvben. ^ 

Jedenfalls wäre es gerathen, in allen Beziohiintren dieser Gemeinden 
und deren Abstattun;,' den 30jfiliriti:on üebei-pabs-, dann Einziehnngsact 
oinziih^chon und zu ortml Tiden, mit welchen Modal itfittni besäte Güter 
augeöciilageu und übergeben, dann eingezogen worden sind. 

Vennög dem Allegatc* hat das Xreisamt erkannt: die Gemeinde 
Klimoutz sei schuldig, den Naturalzt licnt abzustatten. Es fragt sich nnn, 
war die Herrschaft bis dahin im Besitze des erwähnten Gmndna toh 
160 Joch oder nicht? Dies zu Lowt isen wird nur die k. k. ProTinzial- 
Staatabnchhaitung in der Lage sein. ' 

Nr. 5. 

89. Beptember 1767. — Sattoliddiuig übw den Hanf- 

und nuhtielieiit* 

Au das Vorwaltungsamt zu Onuphrie, Nr. 2355. Nach den im 
Lande eingeführten und bis anhero beobachteten oder wenigstens zu 
beobachtenden Urbarialsatzungen hat derjenige Unterthane, der seinem 
Grundherrn das sogenannte Gespunstgarn mit 15 kr. in Geld bezahlt, 
weder von Hanf noch von Flachs einen Zehent in natura zu geben, und 
das Yerwaltoramt ist Unrechts daran» wenn ea diese Belnition im Gelde 
blos auf den Hanf verstanden haben will. 

* V^!. hiezu ,Die Entstehung der Lippowaner-CTolonien', S. 47 und Bei- 
lage 33. 

* Tgl. die folgende Beilage. 

* Den ScUttw der Uikonde (^iekt geai^ an dem . . .*} findet man in der 
eben dtirten Arbeit, 8. IM. 

* Du Stück lieft vor in der ämtlichen Copie oinor ebenfalls Smtitchen Ab* 
Schrift, welche für das Wirthsi-linftaamt in Zuczkn hergestellt worden war 
f(l(i() Czomowitz, 5. Noveinbor 1842). Auf dieser Abschrift ist auch das 
Kubrum de« Lippowanergesuches verzeichnet, welches den OriginalerlaaM 
zur Folge hatte. Dusalbe lautet: ,Lippewaner von Klimonts bitten von 
den nenen Auflagen, womit ihnen da» Qnnfregrer WirthMfaalInmt belegt, 
Bu befrejen.' Aueh ilndai tfeh daeelbit der enttpreebende Bescheid «i 
die Gemeinde: ,Zum Beacheid, dass, wenn sie statt anderen Früchten 
Hanf und Flachs melir nl.'* pewulinlii Ii hauen. wodTirfli der Crundherr- 
schaft von ilinen df>r Zt-hent entgehet, so haben sie davon den Zehent 
in natura zu geben, dagegen aber die (den) Familien angemessenen 
16 kr. nieht sO bemblen oder «ieb gonat gtttlieb abmlindea. Gkernowita, 
am 89. September 1787.* 



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706 



8o wie denn dem Verwalte i am t sowohl als allen übrigen Do- 
miniMi hierinfklls keine Neuoruug /u*:. lassen und der TTnterthan wider 
die yonchrift zu mehrereu nicht vt i liaU^ n werden kauu, alöu uaL auch 
dasselbe den widerrechtlich abgenonimeueu Flachszeheut den Uaterthanen 
ohne Weiterem wieder zu restituu en. 

Was hingegen den Umstand betrifft, dass diese Nation den Hanf- 
und Flachsbau zu ihrem Hauptanbau und Nahrungsbetrieb mache, folglich 
sehr wenig andere Früchte anbaue und dadurch die Cirun lherr<cbaft an 
dem Zehontgeföll mit der Koliiition p^-r 15 kr. verkürzt werde, >tfh'.<t 
derselben frei, unch Maasgabe di i ln-t iiouden Urbarialgesetr^, statt d(*r 
If) kr. per Familie, don Hanf- und Fiachszchent von dif^sen Unterthauen 
in natura zu n. l;iui-n oder mit denselben des stärkeren und son?t im 
Lande niciit gewöhnlichen Hanf- und Flachsbaues wegea g&tlich übereiu£ 
zu kommen. 

Es wird die sich diesfalls beschwerende Gemeinde Klimontz unter 
einem darnach vcrbescheidlich angewiesen, so wie dieselbe, dann auch 
weiter woj^en der schuldigen Robot in natura belehret wird. 

Welches dem Amte auf dessen Aeussenmg Tom 22. d. M. nui 
schuldigen Nach verhalt ohnverhaltea(?) wird. 

Cieniowiti, den 29. Septembor 1787. Beck m. p. 

Nr. 6. 

mUM 1787. — VerwmltefMit fil. Onnplirl an die k. k. QiteHHitt- 
dirsetioa mgui Terkanfts Ton 40 Koretx Hirte an nothleidsads 
Vateitiuuitn nnd die Entscheidung der Direction. 

Original in meinem Besitze. 

An eine löbliche k. k. Oflter^Oberdirectionl Da von dem bei dem 
hiesigen Amte an Zehent eingegangenen Eirsefae bis 40 Korets m 
solcher Gattung sind, dass solcher nur Aussaat nicht kann Terwendet 
werden, indem die ToHkomraeaen EOmer thoils durch die Vögel, theils 
durch die vielen Mftuse sind entxogen worden nnd Oberhaupt mit Tielem 
Samenwerk nnd Unkraut yermenget verblieben, so achtet das hiesige Amt 
für dienlich, diesen Hirsch an den nethleidenden Untetfhanen gegen 
baare Besahlnng hinauszugebon, indem solcher filr die Znknnft su keinem 
Gewinne wird können gebradit werden. 

Obenhin war der Anbot Ton den ünterthanen 1 fl. 45 kr. Va 
Terspricht sich aber auch 2 fl.» wenn der Weg aufbrechen nnd so ^ 
Passage gehemmt sein wird. 



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707 



Wenn demnach eine löbliche k. k. Gtter-Oberdirection diesen Vor- 
eehlag anzunehmen geruhet, so erbittet man sidi snr weiteren Bichtnng 
die gefiUligen Befehle unterthftnigst ans. 

K. k. ¥• t wiiUoramt 8t. Oiiuphri, den 18. März 1787. Herr Ver- 
walter Dillmout nach Kimpuluag disponirt. 

Ludwig, 
Oootrolirender. 

Boi dorn angezeigten Umstando, dass die bei Amte vorräthigen 
40 Korßtz Hirsch von einer so schlechten Qualität sind, dass man sie 
weder . , . künftiges Erthjahr zum Anbauen brauchen kann, wird be- 
willigt, dass das Vorwalteramt genannten Hirsch an die nothl^idenden 
Unterthaiifn p-po-f'n gleich baare Bezahlung per Koretz a 2 fl. käuflich 
hintangebeii könne. Womit die diesfallige Meldung vom 18. März in 
Erledigung gebracht wird. 

Czerno witz, am 2 5. März 1787. Schaiblein. 

Nr. 7. 

Verzeichniss der im Jahre 1848 durch die Bukowiner Rcichstags- 
abgeordneten im Hamen der Bukowiner Unterthanen eingebrachten 

Beschwerden. 

Ans dem .Vcrzeichnisso dor im Ruichsta^sbnreaa ein^clangicn, YOl^eleMHIBn 
Eingabea' (Verhaiidluiigea des Osterr. Keicb«tagea, IV. Bd.).^ 

173. Eobeiitia Lneian, Depntirter ans der Bokowina. Beschwerde im 
Namen mehrerar Gemeinden wegen Mieshandlnng nnd Gmudab** 
nähme von Seite ihrer Herrschaften. 

426. Die Ansiedler von Alt-Fratantz in der Bukowina. Petition um 
Ueberlassungr jener Gnindstücke auf den Cameralherrschaften, die 
jetzt blos in Pacht gegeben werden. 

508. Abgourdncier Budnai. Antrag, dass den in dor Bukowina befind- 
lichen Häuslern die leeren Gründe und nicht den iJolonisten über- 
lassen werden. 

' IKesee VMseiehiiin dsrf mebt auf Tttllige VoUstftndigkeit Anspmeh er- 
heben. Die am oben engefthiten Orte gegebenen Aiuellge ^d oft so 

kurz, dasa es sehr schwer ist, zn entscheiden, aas welchem I«iide die 

Beschwerde vnrgfilogt wnrde. Man vergleiche z. B. die Nummern von 
G09 bis 040, irisi. ferne sie hier nicht verzeichnet sind. Zu dem in den 
letzten Nummern geoannteu Zatlawa — Zawada vergleiche Nr. 1093, wo 
SSaweda ansdrUeklldi in die Bukowina gesetzt wird, also = Zadowa zu 
nehmen wXre. 



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708 



578. Gemeind« HiliMm in der Bukowina klagt w«ig«ii 0ilitlen«r B** 
drtckQngeii. 

608. Unterthanen von Lnkaweti. Bcednrerde wegen von dmtBmaAalt 
m viil g«fordert«r Leistnogeii. 

611. (kiineindeglieder Ton Ispas kUgen wegen Entziehung der ümea ge- 
hörigen Grundstöcke. 

r»18. Gemeinde* Kaliiiestie kla^t ^'cgen den Mandatar Strobel. 

620. Gomeiud«) Zolonow (!) klauM, (ringen den Grundherrn wegen Gründest- 
Ziehung uud Misshalidiuuf,^ 

623. Unterthanen aus Ispas klagen gej^eu den Grundherrn w^en Gnuia- 

entziehung und anderer Bt«drücknn^en. 

624, Unterthanen aus Karapczyu klatroii wegen 6rundent2i«>hnng. 
62rn Gemeinde Bahna klagt gepon ili»^ llorrschaft wegen Grimdentziehnnc 
630. Unterthanen aus Berhomet klagen gegen den Gnmdherrn wegen 

Bedrück unf^. 

681. Gemeinde Bcrlu itx t klagt gogon den Grundherrn wegen Confis- 

catio?i vnn fj? btiick Hornvieh. 
683. Unterthanen von Wi^itz in der Bukowina klagen w^en zu grosser 

Verkürzungen. 

634. Gemeinde Berhomet klagt wegen verschiedener Bedrückungen. 
685. Unterthanen aus Lukaweti klagen wegen verschiedener Be- 
drückungen 

886. Die Gemeinden Bassancze, Udeschty und Lissanra, durch den A.V 

geordnoten Czuperkowicz. Beschwerde wegen Gruudentziebung. 

887. Gemeinde Udestie, durch denselben Abgeordneten. Beschwerde 

wegen Grandentiiehung. 

888. Gemeinde Bossancze, durch denselben Abgeordneten. BMchwerd« 

wegen Köthigung zur Bobot durch Miiit&rezecQtaon. 

839. Gemeinde Todoresztie, durch denselben Abgeordneten, fieaehwerde 

wegen Omndentiiehusg durch die Herrschaft. 

840. Gemeinde Illeschestie, durch denselben Abgeordneten. Petition um 

Zutheilung einiger Grundstficke. 

841. Philipp und Haltei Antonessy, durch dsnselben Abgeordneten. Be- 

schwerde gegen den Grundherrn wegen Bobotllberbfirdang. 
849. Simon Butta aus Sorlatap durch denselben Abgeordneten. Petition 

um Bflckstellung seiner Bauemwirthschaft in Bigasehetie. 
848. Gemeinde Litteny, durch denselben Ahgeordneten. Petition um 

Bflckstellung des ihnen abgenommenen Feldes. 
844. Gemeinde Zahareste, durch denselben Abgeordneten, bitten um Bück- 

stellang ihrer Felder. 



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709 



845. Otmeinde Bi^iflchestie, dueh denaelbtti Abgeordneton. PetiÜon' 

wegen BackskeUniiff wm GnmdstllclceB md wegen dm Holi- 
rechtes. 

846. Dieselbe, durch denselben Abgeordneten. Besch wn io g^r^'oü den 

moldauihchon Metropoliten, wegen Entziehuntr ihror Grundstücke. 

847. Gemeinde Wallesaka, durch denselbon AbL'-cnriliu ton. Petition wegen 

Rückstellung Ton Gmndstncken und wegen des Holznngfirechtcs. 

848. Dieselbe, durch denselben Abgeordneten. Petition wegen Ver- 

hinderung, die auf ihren fiatweiden anigewMhienen Qesträuche 
wegzunehmen. 

849. Gemeinde Stezeroja, durch denselben Abgeordneten. Petition wegen 

Bfickstellung einiger Gnmdetflcke und AniBteUang eines An- 
siedlnngSTertrages. 

850. Gemeinde Korlatay dmch denielben Abgeordneten, Petition mn Zn- 

fheilnng der Waldweide nnd des Brennholzes. 

851. Gemeinde Joselftlva, dnrcli denselben Abgeordneten. Beaeliwerde 

wegen Grondentsiebung. 
85S. Gemeinde Oosteriiomora, dorch denselben Abgeordneten. Petitiim 
nm Bflckstellong dei- Gemeindegrondstllcke und nm Bobot- 
befreiung. 

853. Gemeinde Strojestie, durch denselben Abgeordneten, bittet um Kut- 

hebung von der Robot, 

854. Ansiedler Lucas Kosminski, durch donsf^lben Abgeordneten. Be- 

schwerde gegen Verwalter £oßb wegen Entziehung eines Grund- 
stückes. 

855. Illie Marko aus Gar^omora. Petition wegen Wiedererlangung seines 

Grundstückes, gegen Bückgabe des nnTerhftltniasmäasig geringen 

Kaufbetrages. 

856. Gemeinde Bn^estie, durch denselben Abgeordneten. Petition wegen 

BQckgabe der ihr abgenommenen GnmdstQeke. 

857. Gemeinde Woronets, durch denselben Abgeordneten. Beschwerde 

gegen die Hensdiaft wegen ihr abgenommener Gmndstfleke. 

858. Georg Janosa ans BakiBchestio(!), durch denselben Abgeordneten. 

Bitfee om Bewilligong» eine Fhicfatflaehmllhle erbanen »i dUifen. 

859. Gemeinde Kapnkimpiih^, durch denselben Abgeordneten. Petition 

wegen BflcksteUting ihrer Gründe, Befiremng Ton der Bohot nnd 
wegen des Hohongsreehtes. 

860. Gemenide Frassin Negriliassa, dorch denselben Abgeordneten. 

Beschwerde gegen die Herrschaft wegen Grandentiiehnng. 

AnbiT. UXXVL Bfl. II. mUto. 47 



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710 



861. Oomeinde Boss p« Bonl» durch densellMii Abgeordoftten. Pfttitum 

um Bftckerlangiuig eines Beiges, dee Fischerei- nnd Jegdrechtes 

n. dgl. 

862. Lucian ITrohorok uus Kuss pe Boul. durch denselben Abgeordneten. 

lieechwerdo gBfnm den Solkaer Cassier Pesch, w^n eines on- 
recht behobeuon Uetracros. 

868. Gomf^indo Rnss-Moldawitza, durch denselben Abgeordneten. Petition 
um Befreiung!: von Hohot, Zugeständniss mehrerer l(atsaie68iiiige&, 
Salzpreiserniedrigung etc. 

864. Dieselbe, durch denselben Abgeordneton. Petitten (wie oheii) ond 

wegen fiOeksleUiing mehrerer GnindsUIcke. 

865. Gemeinde Eapnkodmlny, darch denselben Abgeordneten. Petition 

nmBetheilong mit nnbenfitsten Grondstücken und Bfickgabe der 
Hutweiden. 

866. Gemeinde Prumossa, durch denselben Abg'eordneten. Petition iini 

Entfernung dos wimhorischAn Pächters, Kück«telluug der Uut- 
weiden, Betheilung mit Grundstücken etc. 

867. Gemeinde Bugschoja, durch donsplbon Abgaordneten. Petition nm 

Rückstellung ilt'r ihr ahi^ononnnonca Eutweiden ond Gnmdstödre» 
Aufhebung der VerzobrungBBteuer. 

868. Gemeinde Dorothea und Plotouitza, durch denselben Abgeotdeetea. 

Petition um Bflckstellnng Ton Waldweiden und Ackeignud. 

869. Gemeinde Stulpikany, durch denselben Abgeordneten, bittet um 

Tergfttnng der ihr abgenommenen Hntweide nnd Wiese. 

870. Gemeinden Dtemini, Ostra ond Slatiora. Petition wegen ihnen ab- 

genommenen GmndstQckea, wegen des Salzwassers, Holsnngs» 
rechtes etc. 

871. fipnioinde Warna, durch dcuttjlt • n Abgeordneten. Petition wegon 

der Kobotioistung an die jüdischen Pächter, Eückstellung der 
Grundstücke. 

872. Gemeinde Komanestie, durch denselben Abgeordneten. Petition um 

Bäckstellung ihrer Grundstücke. 

873. Gemeinde Valo Putna, durch denselben Abgeordneten. Petition 

wegen Anfhebung der Bobotleistnngen. 

874. Gemeinde Bisensn, durch denselben Abgsordneten, bittet um Be- 

theilung mit Grundstflcken nnd Wiesen. 

875. Gemeinde Perhouts, durch denselben Abgeordneten. Beeehwerde 

wegen der ihr vom Grundherrn abgenommenen Hntweide. 



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711 



b76. Geiueimlen Plotonitza und Dorothea, durch dt'nselbeü Abgeord- 
neten. Petition nm Bethiülnn^ mit Waldabschnitten, wegeu 
übriger Hutwüideu, Befioiuüg vuü Mauthgeböhren etc. 

ö77. Iwoiiitza Miezylla, durch denselben Abgeordneten, klagt gogeu 
seinen Schwager Eupczou wegen Grundentziehuug. 

880. Abgeordneter Czuperkowicz überreicht die oben augefütuteii 42 Pe- 
titionen beffjrwortend. 

ms. Abgeordneter Bodnar imNamen der Gemeinde Kudautz. Beschwerde 
wegen Entziehung einer Hntweide and aüderer Bedrückungen 
von Seite der CameraUierrschaft. 



Inhaltsvers^lcluiiss. 



Torr«4e 553 

Erster Abschnitt. 
Die moldaui8oh.e Zeit (bis 1774) . . , böl—iU 

Blnleitonir 564 

Brttoi CftpiUt Die Bntstelmaf ile» «delig:en und kxreh- 

Hohen Orotifrandbetitae« in dar Molden .... ft64' -W 

1. IHb QrSndnqg dn FflntMidiiiiiie Holdmi , ibt 

2. Vwgnbnngea Ton Gfltera «n die weltliohen OfOMen OBojaran) . fU 

3. Scbenkon^en an Kin lion und KlOster $66 

4. Sclnvi Tiden der Und««ftlntUchen Beätsnngea und der fraaeo 

Bauern ' .... 558 

Zweites Capitel. Dio Hörigen (veoini) in der Molden. . 660—661 

1. Entstehung der Hörigkeit .669 

2. Die Verpflichtungen und die T^nirf^ ti r II^iri^fMi 561 

3. ßefortneu. Aufbebung des liürigku>tsverhäitni.s!ses und das Eobot- 

gesetz (Chrysow) des Fürsten Ghika 6$A 

Drittes Cnpitel. Die Leibeigenen (robi) in der Moldau . 567— &<3 

1. Lt'ilxMg'eiHi Tatareu 667 

'i. Leibeigene Zigeuner 668 

S* Tiwrliiltntoe waA Life der LeibeigeuMi 669 

Zweiter Absclmitt. 

Die österreioliiBobe 2eit (1774 — 1848) . . d73— 686 

Binleitnng . 67S 

Bretel CaplteL Landet füretllebe Robot und Zebentpflleht 574— SM 

1, Begriff der landeBf&ntUchen Robot und des landeefOntlicheo 

Zebenfti 574 

9. Belnitlon (Ablflnang) deieelben 5» 

5. Befteiiiogen von daoedben 597 



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713 



4. Zehent uad Robot »nf don grieebiooii-orfoiilaUMlMii BoUgioiw- 

foudsgfitern sind privatrechtlicher N.itiir 679 

6. Diü nrsprünplirhen Irindn^fiirstlichon Gebieto (dio Ptfitito; der 
Moldauisch Kimpoluiiger ükol) stud von den gruudlierrUcbeQ 

Lasten irci , 6öO 

6. Zmammettfiusnii^ der ErgelmiMe 682 

Zweites Capitel. Eioleiteode Bemerkungeu iibor den Gross- 

^rttjidteaits, dio Bavorn und dio Loibeigoaon . 684-^^6 

■ 

1. Dor QtoMgfwidboiita in der Bokowiiui 684 

5. FroilMtiMni 684 

8. Allgomoänoo ftbev die Bauern und LeibeigODOn ovf den Bo- 

«tzungen der weltlichen und goutlaohon HornwlMlfteKi, aowio 

auf den Reliprionsfondspütem 686 

4. Uebersicht über die folgenden Ausfübrun^eo 586 

Drittes Capitel. Die Leibeigenen 586 — 694 

1. Die sociale Stnllmig der Leibeigenen 686 

2. Ihre Zahl. Bestreben dor Qut«herrschaften, diese zu vermobreu. 

Uebertritt von Bauern in die Leibeigeni»cbaft 588 

8. Binnen. Anfhobong der LtfbeigoiiMbaft 690 

4. Anglcdebony dor Zigonnor an die «äderen Buom 681 

Tiertos Capitol. DioTerpfliebtnagon und dio L«go doe por- 
eOnlieb freien Banornitandos am Boginn dor ditor- 
roiebiacbon fierracbaft 694-* 806 

1. IKe Onuidlage und der Chaiikler der binerlidioa Toipflieh» 

tungen gegen dio Grundborron 694 

2. Der Chrysow und der Statu« %ao als Maswtab der bäuerlichen 

Pflicbteu 595 

8. Die Lnge de* Banerastandes 609 

Pflnftes Capitül. Eeformen und lioiormvorsuche .... 606 — 661 

1. Hauptziele der Befoim 606 

9. yofoeUXge Splöny'o 606 

8. YonoUlge Smenboig^* 609 

4. Dio Andeblen de« Bojaren BalMfaa 812 

6. Die Entscheiduig Kidior Joeeii IL für das boqgel»a6bto Paebt> 

verhaitiiisa 612 

6. Die Schaffung dos rusticalen Grundbesitze« 814 

7. Bestrebungen, die Bauern mit erbeigeutbUmliuben Qrüuden aus- 

sofltatten 816 

a DuehlBbning dieier Refionn in Badanti 842 

9. Geringer Erfolg dieser BomfUrangen nnd der angestrebten Re- 

form der Unterthansschuldigfc^ton. Anfbebimg der Wandel« 
harkeit des mfiticalen Grundlu«sitzes 648 

10. Andere Keformon uud Bestiiumuugen 653 

11. Die Beluition der Uutertb&nsöcbuldigkoiten uud Befreiung von 
669 



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714 



Sechates CftpitaL Dio L^ge d«« BaaernsUndes vor dem 

jAhre t848 6*1— 67b 

1. Allgemeine Verbtltuisse 

». Die Bauern auf den KeligionsfondsgUtern. Sonderstellung der 
Bewohner iles MoIdnaiBch-Kimpolniigdr Okols und des Ge- 
birges au dur uberun .Suc^nwa 66i 

3. Die Bauern auf den Prtvatberrscbaften. Der BuHioli-KiBapo» 

langer Okel 

Öiebuntett Oapitel. Uie Aafbebung den U uterth ausverhSltF 

nisees und die GrnndentlAttung 676—686 

1. Dm Jebr 1848. Bftnemniiiiihen 

t. Die biaerlicben Beichetagaabgeordnelen der Bukowina vnd ihre 

TUttigkeit «7 

8» Abgeordneter Kobylica als Leiter dee Benenmnfatandes im 

Ruasiscb-Kimpolnng^r Okel 

4. Die Stellungnabinu dor Grundberren 

ö. Die Gnmdautlastnng 

6. Die YeiklhttiMe namitteibar naek der Anfbeboag dea Untere 

tbanaTerblltniaMa ^ 

Belligtn 687-711 



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