MONATSHEFTE
FÜR POLITIK UND
WEHRMACHT
[AUCH ORGAN
DER...
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I
1
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Jahrbücher
für diü
deutsche Armee und Marine.
Verautwortüch geleitet
E. Schnackenburg
Obentlentiiant a. D.
114. Band.
Januar bis Min 190O.
BERLIN W. 8.
Verlag" von A. Bath.
Hohren-Strassa 19.
i9oa
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Inhalts-Verzeichnis.
». 840. Heft 1. Januar.
Keite
L 1800—1900. Ein Rttckhlick auf die letzten hundert Jahre
deutscher Heereagescbichte. Von Paul v. Schmidt, General-
major 2. D 1
II. Was können wir von Friedrichs d. Gr. Lehren für die heutige
Kriegfilhrung brauchen? 29
III. AuH dem Kriege 1807 — 14. Aufzeichnungen eines dänischen
Offiziers. Herausgegeben von seiner Tochter. 1 40
IV. Die Kavallerie als Mittel zum .Siege, und der Euiflufs der
PersCnliehkeit bei Führung dieser Wafte. Von G. v. Bismarck 67
V. Die Taktik der Feldartillerie 71
VI. Zweck und Bedeutung der E'mflihrung des neuen deutschen
Feldhaubitzmaterials. Von H o 1 1 w e g , Leutnant im Feld-
artillerie-Regiment Nr. 17 79
VII. Kleine heeresgeschichtliche Mitteilongen S8
Vin. Rekrutierung und neue Gesetzgebung in Frankreich .... 92
IX. Da.s Marineersatzwesen Frankreichs 97
X. Umsehan in der Militär-Litteratnr:
l. Ausländische Zeitschriften 100
U. Bttcher 108
in. Seewesen 124
rv. Verzeichnia der zur Besprechung eingegangenen Bücher 127
Nr. 841. Heft 2. Febraar.
XI. Über die Vorbereitung zum Studium eines Kriegsschauplatzes
nnd die Hilfsmittel für dasselbe. Von Generalmajor a. D.
Ton Zepelin 129
XII. Die 8. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71. Von Junk,
Rittmeister a. D 168
Xm. Ans dem Kriege 1807—14. Aufzeichnungen eines dänischen
Offiziers. Herausgegeben von semer Tochter. U. (F'ortsetznng.) 171
XIV. Die Thätigkcit der Deutschen Festungsartillerie im deutsch-
französischen Kriege 1870—71. (Generallentnant z. D. von Müller).
Von Oberstleutnant a.D. Frobenins 189
IV Inhalts -Verzeichnis.
S*tt«
XV. Der moderne Infanterie-Angriff nnd die Artillerie der Ver-
teidigung 201
XVI. Über die niBaiaohen Torpedoangrifte im letzten türkischen
Kriege. Von Jach mann, Korvettenkapitän a. D 208
XVII. Kleiae heercsgeaehiohtlicbe Mitteilungen 224
XVIII. UiUHchflu in der Militär-T.ittflratnr :
I. Aiialändigchfl Zeitschriften . . . . . . . . . ;>2a
U. Bücher 284
III. Seewegen . ^ , ■ - ■ ■ ■ • ■ 2&jt
IV. Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher 256
Nr. 842. Heft 8. M&rz.
XIX. Die 8. Kavallerie -Division im Kriege 1870—71. Von Jnnk,
Rittmeiater a. D. (Fortsetztmg.) 269
XX. Ans dem Kriege 1807 — 14. Aufzeichnungen eines d&nisohen
Offiziers. Herausgegeben von seiner Tochter. (Sohlufa.) . . 286
XXI. Über den Kreuzerkrieg. Von Ja eh mann. Korvettenkapitän a. D. 306
XXII. Rufslands neueste Eiaenhabnprojekte in .Mittelasien und Peraien 812
XXIII. Das Heerwesen der Republik Honduras 819
XXIV. Die Iststärkenfrage der Infanterie - Kompagnien in Frankreich . 328
XXV. Armee- und MftrinH-Xachriohtwn ans Rulsland 82n
XXVI. Kloine heeresgeachiohtliche Mitteilungen 380
XXVII. Umschau auf militärteclmischem Gebiet. Von Joseph Schott,
Major a. I) 834
XXVTTT. Ilmachan in dor Militflr-I.itt<^r.itiir;
I. Analändisnhe Zeitschriften . . . . . . . . . . g6Q
II RHnher 866
III. Seewesen . . . . . . . . . , . , SSI
IV. Verzeichni.H der zur Besprechung eingegangenen Bücher 388
Druckfehler-Berichtigung . . 386
L
1800— 19U0. Ein Rückblick auf die letzten hundert Jahre
der deutschea Heeresgeschichte.
Von
Paul von Schmidt, Generalmajor z. D.
In »KaWe and Liebe** enUilt der alte Kammerdiener, der ein
kostbares Gesohenk des Herzogs ttbecbringt, der Empftngerin, Ladj
Milford, eine haarstrftal)ende Gesehicbte ron den naeh AmerilLa ver-
kauften Landesldndem, ihrer siebentaasend, die den Preis flir die
Brillanten der Lady haben zahlen mttssen.
Mag aneh die glühende Phantasie des Diehters die Farben ein
wenig stark aufgetragen haben — die Thatsaehe ist nnbestreitbar,
daEs es in jener Zelt dentsobe FUzsten gab, die mit ihren wehr*
fUiigen Untertfaanen sebnOden Bfensehenhandel trieben and sie —
während des ameriluuüsehen Unabhüngigkeitskrieges — an England
als Kanonenfutter verkaaften.
So sah es in Dentsehland ans am Aasgange des vorigen Jahr-
hnndeits. Als man 1800 sdirieb, hatten die Ideen and Sehlagworte
der franzOsisehen Bevolntion zwar aneh in Dentsehland manehes
Eeho waohgemfen; aber von dentsehem Nationalbevrnlhlsein war bei
den mehreren hundert Beichsstttnden am wenigsten die Bede nnd
das dentsche Wehrtom lag ebenso darnieder, vrie das dentsehe
Volkstam.
Wenn ins das hente wie ein bOser Tranm erseheint, an dessen
Wlikliehkeit wir kanm noeh glauben mögen, so tritt uns die grob-
artige, weltgeschlehtliehe Wandlung um so lebhafker vor Augen, die
sieh In den letzten hundert Jahren ToUzogen hai Wenn aneh heute
das Wort unseres Kaisers „Ein Beloh, Ein Volk, Ein Gott!** eine
Losnng ist, deren volle ErfUlnng dem Jeiiigen Geschleehte noch
nieht beschieden sein kann, wenn auch noeh maneherlei zu wttnsehen
JahfMM« ftr 4to «MlMto Aibm u4 MuiM M. 11«. 1. 1
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2 RttoKbUdL Mf die toMsn hondut Jabre dar dmitsohfln HeenogMohlohte.
übrig bleibt trotz der sehwan^weib-roten Kokarde, die alle dentsebeo
Soldaten tragOD, so rnufs doch frendige Dankbarkeit gegen die Vor-
fldinng and gegen die gewaltigen Vollstreeker ibies Willens den
Sieg davontragen Uber alles Kritteln nnd Nörgeln an nnsem henttgen
ZostSaden, zamal angesichts der erbebenden Tbatsaebe, dab anter
der Ägide onseres Kaisers, der das Wort Ton der Reiebs- nnd See-
gewalt in sein Volk hineingemfen bat, es ndt Dentschlands Volks-
and Webrtom vorwärts geht.
Als Ludwig XIV^ gestützt anf die Entscbeidangen der Parlamente
von Hetz, Breisach and Besannen, aUe die deatschen Gebiete in
Ansprach nahm, die mit den 1648, 1659 nnd 1678 an Prankzeich
abgetretenen Gebieten irgend einmal in Lebnsverbindnng gestanden
hatten, als er Lnxembarg belagern lieis, als er die elsässisohe
Rittersehaft zar Haldigang zwang nnd endlich Strabborg ver-
gewaltigte — da entscblob sich, im September 1681, der Reichstag
zu Begensborg zn einer Reform der Reicbskriegsverfassong, indem
er das einÜMshe Anfgebot, das Simplam, anf 40 000 Mann festsetzte,
nnd dies anf die zehn Kreise des Reiches verteilte. Da jedoch die
gröberen Fürsten die Einheit ihres Heerwesens nicht angaben, so
gewann die neue Matrikel nnr fHr die vorderen (westliohen) Reichs-
ioeise Bedentong.
Die Reich smatrikel von 1681 Ist Ms zar AaflOsang des
alten deatschen Reiches in Kraft geblieben, war also nm das Jahr
1800 noch in gesetzlicher Geltang. Wir müssen also, wenn wir nns
die Reichskriegsverfassnng von 1800 vergegenwftrtigen wollen,
anf jene daroh den Regensbnrger Reichstag geschaffene Organisation
zorUckgehen.
Das kaiserliche „Dictatam,** nnterzeichnet von der nCborfllrstlicb
Mayntzischen Oantzlei,** verfügt die Antbringnng des Simplams in
dem schwülstigen, schwer versUlndlichen Amtsstil jener Zeit Man
fühlt den Zweifel des Gesetzgebers am Erfolge durch, wenn n. a.
gesagt wird: — ^ ~ „mit der Allergn&digsten Erinnerung, dab die
Oreyas-Conventc derentwegen zeitlich Teranlafst, dass zugelegte
Qoantnm anter denen Creyssständen partionlaiiter eiogetheilt, and
vor-erwehnte Anzahl der 40000 Mann ehestens würklich an^braebt
werden möge."
Nach der Beilage sab lit A. wird naehstebende Repartition
anf die zehn Kreise verfügt:
XU Pferd zu Fnfs
Chur-Rheinischer Creiss 600 2707
Ober-Säohsiscber „ 1322 2707
Übertrag 1922 6414
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MckMiek uf dto letaten bandert Jahre d«r dentMlien HeereageMhioliie. 8
zu Pferd
zu Fufs
Übertrag
1922
5414
Ocstreicher
n
2722
5507
Burgnndischer
1»
1321
2708
Fränkischer
*i
980
1902
Bayerischer
n
800
1494
Schwäbischer
n
1321
2707
Ober- Rheinischer
n
491
2853
Westpliälischer
n
1H21
2708
Nieder- iSächsischer
n
1322
2707
Srnnma
122Q0
28000
Unter welcher Mannschaft zn Pferd (aneh) 2000 Dragoner zn
▼erstehen.*'
Die Kreise hatten das anf sie feilende Quantum za repartieren
und die Fürsten fUr die wirkliche Steliong Soige za tragen.
Namentlich sollen sie gleich den Kreis-Obersten darauf halten „dass
ron jedem Creyss-stande eine solche Mannschaft zn Boss nnd Fnls
gestellt werde, welche im Dienst tanglich nnd alle georderte Dienste
za des gemeinen Wesens Besten leisten könnte.** übrigens war es
jedem gestattet, das Kontingent entweder selbst anfisahringen, oder
die Ton andern Mitständen (beworbenen in äold za nehmen. Inner-
halb der Kreise sollte GleichmiUsigkeit in Stärke, Bewaflfnong nnd
Bekleidang beobachtet werden. Besonders warde ein gieichmälsiges
Kaliber empfohlen ond dabei anf das der „Kaiserlichen Immediat-
VMker** hingewiesen, wonach die Mosketenkngel 2 Liot, die Kara-
binerkogel 1 Lot Nttmberger Grewichts wog.
Die Befehlshaber sollten auch im Frieden vollzählig sein,
die Stände sollten ,,geUbte und taugliche Personen, so in der
Mnaterong bestehen,'^ bei Zeiten anwerben, „damit die Hälfte allemal
parat erscheinen möge/' Die Kreisobersten Ehrten die militärische
Oberaufsicht und hatten, wenn ein Kreisstand sein Kontingent nicht
stellte, das Hecht, dies auf Kosten der Säumigen zu ergänzen und
das Geld im Wege der Kxekution aufzutreiben.
An Artillerie, und /.war an kleinem Geschütz sollte jeder Kreis
1 Falkon und fUr jedes Regriment ein Feldstück stellen. An ,,«:robein
Geschütz** stellten alle Kreise zusammen 5 Dreiviertel-Karthaunen
oder 63 PfUnder, 10 halbe Karthaunen oder 24 Pfünder und 10
Feuennürser.
Die Gelder fUr die Reicbsarniee wurden durch Matrikular-
beiträge auf«rebracht; für den lieiter wurden 2 Golden, lUr den
Foisknecbt 40 Kreuzer als Simplum gezahlt.
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4 BttokblidL aaf die leteten himdert Jahre der deutsehen Heeresgescldelite.
Von der ungemein komplizierten Verteiloog des Kreis-KontiogeDtB
auf die einzelnen Stände giebt der „Anschlag des Obeisäobsiscbeo
Kreises" einen Begrifi. Es stellte, besw. zahlte
an Geld in
zu Koi'h
ZU rul8
Keichsguiden
TT 1
Kursachsen
309
1137
8400
Kurbrandcnbur':
198
915
6036
Sachsen-Altenburg
33
154
1012
Sachsen-Uotna
21
100
652
Sachsen-Weimar
21
100
652
Gleichen
vacat
baalfeld
vacat
Pommern
102
600
3624
•Vnhjilt
27
5664
Quedlinburg
8
:)0
156
Gernrode
3
18
108
Walkenried
6
18
144
Schwarz bürg (beide Linien)
21
87
600
Mansfold
30
135
900
Stolberi;
9
36
252
Hohnstein
6
24
168
Barby
3
6
60
Reufs
9
45
288
Schönburg
6
12
120
Die Reiterei des Kreises war
im Frieden in 8 Kompagnien,
im Kriege in 2 Eskadrons iormiert» 807 Mann mit 1 Obersfleatnaot,
1 Vajott 6 Rittmeistern, 8 Leutnants, 8 Komets, 8 Wachtmeistern,
24 Korporalen, 1 Feldprediger, 1 Regiments-Qoartiermeister, 1 Anditenr,
1 Piroiols, 1 Regiments-Henker.
Um das KaraUerie-Regimenft „ansehnlielier** blnzostellen, worden
im Kriege yon der Infanterie 613 Mann zn Dragonern gemaebt nnd
in 4 Kompagnien formiert.
Die Infanterie, die mit guten Musketen, Patroutasehen und
Seitengewehr ausgerüstet, zum dritten Teil mit Piken bewaffnet
sein sollte, war in 3 Regimenter, jedes zu Ö Kompagnien von ver-
schiedener Stärke, formiert.
An monatlicher Besoldung erhielt nach der Vereinigung des
Kontingents bei der Kavallerie der Oberstleutnant 75, der Ritt-
meister 70, der Leutnant 35, der Korporal 12, der gemeine Heiter
6 Gulden. Bei der Infanterie der Oberst 69, der Oberstleutnant 30,
der Kapitän 30, der Lreutuant 15, der Korporal 4, der Gemeine
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Rückblick Auf die lutzten hundert Jahre der deutschen Heeres^escbiobte. 5
3 Gülden. Die Besolduugeo der Dragoner hielten etwa die Mitte
iwieelieD den angegebenen Sätasen.
Wie bunt es selbet innerhalb der Kompagoie aussehen mnfste,
ergiebt sich ans der Znsammensetzung der letzten Kompagnie, die
ans 18 Walkenriedern, 87 Schw^nbnrgem, 36 Stolbergem, 6 Barbyem,
4& fieolsem ond 12 Sehönborgem bestand. Diese Mannschaften
traten erst l>eim Angebot zusammen, waren also, wenn ttberhaapt,
tnf sechs verschiedene Arten ausgerüstet, bewaffnet und exerziert.
Noch bnntscheckiger war die Reiterei Im Schwäbischen Kreise
worden die 1821 Mann zu Hofs von 4 geistlichen, 18 weltlichen
Forsten, 19 Reichs-Ptttlaten, 26 Graten nnd Herren nnd 31 Reichs-
stftoden gestellt: 93 reicbsnnmittelbaie Kontingents-Herren anf 1321
Reiter!
Die Offijdere einer Kompagnie des schwäbischen Kreises wurden
ernannt vom Magistrat zu Gemünd, ?om Bürgermeister zu Rottweil,
von der Äbtissin zu RotheomUnster nnd dem Pzälaten zu Gengenbaofa.
Von dem Augenblick an, wo ein Reichskrieg ausbrach, gingen
die Kzeiskontingente im Reiohsheer anf. Ein solcher Krieg konnte
nur yon Kaiser und Reich anf dem Reichstage beschlossen werden.
Den Oberbefehl Uber das Reicbsheer führte der Kaiser. Mit Zu-
stimmung der Stilnde nnd „mit Berackslchtigung der Religions-
gleiehheit** ernannte er die Reichs-GeneraUtät, an deren Spitze der
Reiehs-Feldmarsohall stand. Doch war dieser Gewaltige gebunden
an die Beschlttsse des Reichs- Kriegsrates, dessen Gutachten er hören
mulste, bevor er Schlachten lieferte, Belagerungen anordnete, Orte
besetzte oder WafienstiUstand schlols. Auch Entsendungen von mehr
ab 1000 Mann bedurfiten der Genehmigung des Reichs-Kriegsrates.
Dieser Kriegsrat bestand aus sechs Generalen, die dem Kaiser und
dem Reich eidlich verpflichtet waren.
Die Verpflegung, die möglichst einheitlich geregelt werden
sollte, überwachte ein Reiohs-Kiiegskommissar. Man rechnete auf
die Portion fttr den Mann wöchentlich 3 Pfund Fleisch, 14 Pfund
Brot, 3 Mals Wein oder 6 Mals Bier, für jedes Pferd wöchentlich
1 Scheffel Hafer nebst Heu und Stroh nach Bedarf. Der Reiohs-
Kiiegskommissar vereinigte in seiner Person nicht nur die gesamten
Intendanturgeschifte, sondern hatte auch noch fttr die Kranken nnd
Verwundeten zu sorgen.
Die Anfreehthaltnng der Disziplin im Reichsheere beruhte
auf dem 1672 bearbeiteten, 1682 erweiterten Artikulsbriefe, dem die
„Peinliehe Halsgericbtsordnung** Karls V. zu Grunde lag. Danach
bestanden die Strafien in Sold-Abzttgen, in Ehrenstrafen (Wegjagen
vom Regiment, Anschlagen des Namens an den Galgen, Verlust der
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6 RUokblick auf die letzten hundert Jahre der deut«cheo Heeresg:e8cbicbte.
Charge o. 8. w.), Arreststrafen in Eisen bei Waaser nnd Brot von
6 Tagen bis an 1 Monat; endlich Leibes- ond Lebensstmfen: Gassen-
lanfen» Abbaeken Ton zwei Fingern, Brennen mit gltlbenden Zangen;
Todesstrafe dnroh Ersebiefisen, durch daa Schwert, das Rad oder
den Galgen, dnroh Verbrennen oder Ersllafen. Die dnzelnen Straf-
bestimmongen waren sehr scharf, Thinkenheit schon damals kein
Mildemngsgrand. Aber die WiUktlr, die schon besttmmnngsmiUsig
wdten Spielraum hatte, wnrde in der Praxis im weitesten Umfange
gettbt; gransame Strenge nnd stiilfliche Nachsicht lOsteni einander ab.
So durfte denn Moser in seinem „Traktat von dem römischen
Kaiser*' mit Recht sagen: „Dentschland — mit sdnen 234 von ein-
ander unabhängigen Reichsstftnden — ist ein Staat, der sich an nichts
weniger, als zum Kriegftlbren eignet Die bei einem Reichskriege
nnd einer Reichsarmee sieh bietenden Gefahren sind so groli», dab
man, solange das Deutsche Reich in seiner jetzigen Verfassung
bleibt, demselben auf ewig verbieten sollte, einen Reichskrieg zu
ftihren.«
Ober die Zustände in der Reichsarmee, Uber ihre gänzliche
Unfähigkeit zn kriegerischen Leistungen waren die tiefer blickenden
Patrioten in Deutschland Töllig im klaren. Davon legt ergreilendes
Zeugnis ab n. a. ein 1796 erschienenes Buch: „Schilderung der
jetzigen Reichsarmee in ihrer wahren Gestalf* Der Verfasser, der
seinem Unmut und seinem patriotischen Schmerz oft in drastischer
Weise Luft macht, ftlhrt eine Fülle Ton Thatsaohen an, von denen
die besonders charakteristischen hier eine Stelle finden mOgen.
Ein Offizier vom schwäbischen Kontingent äaberte dem Ver-
fasser gegenttber, er unterstehe sich, mit zwei Kaiserlichen oder
prenlfdsehen Bataillonen und etwa emer einzigen Batterie den
ganzen schwäbischen Elragen vom Rhein bis nach Ulm zn jagen,
ohne da& sich jemand umgucken wttrde; die Benennung „deutscher
Soldat** sei zum Schimpfwort geworden, das jeder brave Kriegsmann
sich verbitten wflrde.
Sobald es heifst: die Reichsarmee mulh zusammen, so entsteht
ein panischer Schrecken in allen Kreisen und das Jammern wird
allgemein. Die jnngen Bursche selbst scheuen die Uniform so arg,
als ein Gefangener der Inquisition die Folter.
Die Stadt Ktlmbeig, der Bischof von Bamberg u. a. halten in
Friedenszeiten Militifar, um vor den Thoren, in den Schlossern Posten
zn stehen, oder, wie in Rottweil» in der Wirtsstube Scbildwache zn
sitzen.
Die Deutschen sind in allen grolsen nnd kleinen Stttcken des
Dienstes völlig unwissend. Ein Hauptmann von den FfäUem schickt
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Säokbliok auf die totsten luiiid«rt Jahre der deutschen Heeresgeächiobte. 7
seine Patroaillen von den Vorposten nach dem Lager, bis er von
eiuera kaiserlichen Offizier darUber belehrt wird, dafs solche
i'atrouillen die Bestimmung haben, Nachricbten vom Feinde einza-
aehen
Nirgend finde man „soviel Lumpencresindel," als l)ei den Keichs-
troppen. Wer nur will, er sei krumm oder schief, er möge begangen
haben, was er wolle, werde eingestellt, wenn er nur das Gewehr
tragen könne. Einige Stände öflfneten, als das Aufgebot an sie er-
häng, die Zuchthäuser, am die Insassen als Soldaten ins Feld zu
schicken.
Entsprechend war es mit den Offizieren bestellt. Der Neffe
der Frau Keichsscbulzin, der keifie Ahnung vom Dienst hat, wird
erster Leutnant, der Sohn des Stadtschreibers von Heilbronn, ein
,.Er/-pecus campi." desgleichen. Freilieh sind die Offiziere auch
übel daran, da an regelmäl'siges Avancement nicht zu denken. Ein
Keiebsstand hat den t ahndrieh zu stellen; folglich bleibt der Ärmste
zeitlebens Fähndrich, da sich's kein anderer Keichsstand gefallen
lassen würde, wenn man jenen zu einer Stelle betördern wollte, die
man für sich beansprucht. So vermochten auch die wenigen
tüchtigen Offiziere, die im Keicii^lirere dienten, trotz allen Bemühens
nichts auszurichten. ,,Es l( hlt nur ', sagte Oberst von Sondberg, als
er die Musterrolle seines Kegiments Uberlas. „znr vollkommenen
Karrikatur nichts weiter, als einige Dutzend HauswUrste — Ffui
Teufel!"
Wie von gleiehniiiisiger oder Uberhaupt von Ausbildung keine
Rede, so stand es mit dem inneren Dienstbetrieb fast noch
schlimmer. Der Büchsenmacher hat z. B. für die Off"enburger
Mannschaft fUr 6 Gulden Arbeit geliefert. Es werden aber im Ein-
rerständnis mit dem Herrn Leutnant 30 Gulden in Rechnung ge-
stellt für verlorene Säbel und Bajonette, die nie vorhanden waren.
Büchsenmacher und Leutnant teilen sich in den Gewinn.
„Woher soll N aterlandsliebe kommen,'* ruft der Verfasser aus,
ifitL der Deutsche kein Vaterland hat? Hat der Sklave ein Vater-
land? Muls es ihm nicht gleich gelten, wessen Joch er trägt oder
wer ihm die Haut schabt, wenn's doch einmal sein mofs?^ Viele
der höheren und niederen Offiziere fUhreu nicht nur ihre weiblichen
AnTerwandten, sondern auch eine Schar von Zofen und „Mamsellen"
mit sich — so sah es im Heerlager der Keichsannee ans, wie etwa
im 30jährigen Kriege.
Es war erklärlieh, dafs die waffengeUbten and disziplinierten
llannschaften der grofsen Keichsstände, wie Österreich, PieofiMn,
8achsen, die anderen Beichstruppen veraehteten, was ihnen dann
uiyiü^uCi Oy Google
8 Bttckbliek «at die leteten hundert Jahre der denteohen Heeresgeaehiehte.
den ingrimmigen llafs der Betrctf enden eintrog. Es gab weder ein
einheitliches Gewehr- noch Geschütz -Kaliber. Im schwäbischen
Kontingent hatte der Ulmer Dreipfllnder ein anderes Kaliber, als der
Stuttgarter; in Mainz gab es, als CUstine die Festung belagerte,
zwar Kanonen und Kugeln, aber die Kugeln pafsten nicht in die
Kanonen. Ebenso stand es mit den „elenden'' Befestigungsanlagen
selbst — ,,die Kedouten an ganz unschicklichen Stellen und so an-
gelegt, dals sie mit einem Bataillon ohne weiteres genommen
werden konnten.*'
Wenn der Soldatenstand im Reiche überall gering geachtet
ist, so ist das am ärgsten in den freien Städten. „In Frankfurt
mnfs der Posten Platz machen, wenn der Schlächter ein Kalb zum
Thorp hereinführt; in Mainz erhält kein Soldat in einem anständigen
Gasthofe einen Schoppen Wein und in Gemünd präsentiert die
Schild waehevor jedem gutgekleideten Mann, oder vor Frauenzimmern
von Stand das Gewehr, während er den Hut hinhält, um ein
Almosen zu erlangen. Natürlich waren auch Desertionen an der
Tagesordnung, zumal trotz der Kartellverträge die Deserteure nicht
ausgeliefert wurden. ..Der Pfälzer läuft zu den Franken, der Frauke
zu den Schwaben, der Schwabe zu den Uslerreichern und der Oster-
reicher schiel)t zu der schönen Armee der P^inigrierten. welche dann
auch wieder zu andern Uberlaufen." — .,Der Deutsche." klagt der
Berichterstatter iiimior wieder, ,,kann fUr sein \ aterlaud nicht
fechten, weil er keines hat."
Erbärmlich war es um die Krankenpflege bestellt. Die
Feld-Chirurgen waren meist „Pfuscher und elende Bartkratzer," die
Lazarette ,, Mördergruben," wo die verpestete Luft, die elende
Wartung, die unbeschreibliche Fnreinlichkeit. das Ungeziefer und
andere Mängel die Krankheiten nur verschlimmern und viele
Menschen ins Gras beilsen machen. Man fürchtet sich bei den
Reichstruppen ebensosehr vor den Spitälern, wie vor den Preulisen
und Österreichern."
Mögen die Akten Uber die vertiussene Koichsunnee geselilossen
sein mit unseres Gewährsmannnes Endurteil: „Ein aus so mannig-
faltigen Fetzen und Stücken zusaniniengetlicktes, unter sich selbst
uneiniges, durch Pfafferei und Standinteresse geteiltes, übel
diszipliniertes, alle Subordination verachtendes und an alle Unordnungen
gewöhntes Korps wird weder in dem jetzigen Kriege gegen die
Franzosen, noch in irgend einem andern das Geringste von Belang
thun, solange es nicht anders wird."
An dem Kriege gegen Frankreich nahm das Reich durch
Keichsgutachten vom 23. November 1792 teil; es sollte bei
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MekbUok auf die letzten hundert Jahre der deuteohen Heeresgesohichte. ^
dieser Gelegenheit das Triplum, also 120 000 Maim, i^estellt
werden.
Alsbald aber schlössen einzelne Keiehsstände ihren Sfparat-
frieden, 1795 Preulsen den Frieden von Basel, 1790 andere Stände
Nentralitätsverträge, Otiterreieh 1797 den Frieden von < 'aiiipütonni«».
Trotzdem ward zwei .fahre später abermals das Keichshecr aut-
gehoten. sogar ein Quintuplum von den Kontingentsherren gefordert.
Freilich hatten sich bei der Abfitimmuiiir hierüber die verschiedenen
Interessen von Nord- und Suddeutschland sehr schrotV geltend
gemacht. Der Versach, einen I.andsturm zu organiNieren. inilslang;
dagegen worden Subsidienverträge mit England al»geschlussen, Pfalz-
Bayern wdllte 120(X) Mann, der Herzog von Württemberg 7000
Mann, Kumiainz lOOO Mann, der schwäbische Kreis ohne Württem-
berg 10800 Mann stellen. Der Friede von Luneville machte alle
diese kriegerischen Vorbereitungen zu nichte.
Nachdem schon 1805 mehrere Keiehsstände zu Frankreich ge-
halten hatten, trat endlich die thatsächliche Auflösung des deutschen
Reiches durch die zu Paris am 1(5. Juli abgeschlossene iihein-
bundsakte ein. In der Lossagungsurkunde vom 1. August er-
klärten die betreffenden Fürsten den gethauen Schritt: „Die Begeben-
heiten der drei letzten Kriege, welche Deutschland beinahe ununter-
brochen beunruhigt haben, und die politischen Veränderungen, welche
daraas entsprungen sind, haben die traurige Wahrheit in das hellsti*
Licht gesetzt, dals das Band, welches die verschiedenen (Tlieder des
deutschen Staatskorpers mit einander vereinigen sollte, für diesen
Zweck nicht mehr hinreiche, dals es in der That schon aufgelöst
sei." Ks erfolgte darauf die Erklärung des Kaisers Franz IL, wo-
durch er die schon lange verblichene, nun völlig bedeutungslose
deutsche Kaiserkrone und die Keicliregierung niederlegte und die
Reichsstände ihrer bisherigen Pflichten eutbmid. Durch den Khein-
bund wurden die bisher dem Keiche untergeordneten Keiehsstände
souverän ( Gesetz geh ung. höchste Gerichtsbarkeit, hohe Poli/.ei.
Konskription); sie entsagten dagegen bis auf die Titel allen
Erinnerungen an die deutsche Reichsangehörigkeit; jeder
Schein von Lnterordnung sollte vermieden wergen ,,pour garantir
la pl^nitude des droits de souverainit^!" Kaiser Isapoleon nahm
den Titel eines Protektors an.
Lehrreich ist das in der Rheinbundsakte mit Frankreich ab-
geschlossene Schatz- und Trutzbündnis, das die greise Leistungs-
filhigkeit auch der kleinen Reichsstände zeigt, die bei stralVer Leitung
viel höheren Anforderungen zu genügen vermochten, als früher
Simplum oder selbst Triplum an sie stellten. Auch wurde iufoigi'
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10 Sttckblick aut die ieUtea hundert Jahre der deutsohea Heeresgeschichte.
«dieses Bttndnisses in den Rheinbnndstaaten die Konskription ein-
:gei11hrt
Nneh Artikel 86 der Bfaeinbondsakte Terpfliehteten sich die
ITUisten mobil za raaebeu, „wenn dies von einer benachbarten nnd
nicht in der Verhindang stehenden Ifaebt geschieht«* Nach Artikd
■86 war jedes Kontingent in yier Teile geteilt nnd es sollte jedesmal
bestimmt werden, wieviele Teile mobil gemacht werden sollten.
Artikel 37 yerpflichtete Bayern, Angabarg und Lindau in bdeatigen,
in Augsborg einen ArtUleriepaek nnd Feldbtobereien, in Lindau
Gewehre ihr eine Reserve bereit an halten. Artikel 88 setzte die
Htthe der Kontingente fest: Frankreich stellte 20000 Mann, Bayern
30000 Mann, Württemberg 12000 Mann, Baden 8000 Mann, Berg
5000 Mann, Darmstadt 4000 Mann, Naaaan mit HohenzoUezn, Sahn,
Isenburg, Bierstein, Arenberg, Liechtenstein, Leyen 4000 Mann.
S|Ater traten zom Kheinbnnde Wttrzbnrg mit 2000 Mann, Königreich
Sachsen mit 20000 Mann, die sächsischen Herzogtümer mit 2800
Mano, Anhalt mit 800, die beiden Lippe mit 1050 Mann, die Benlhe
mit 450, Schwazzbnrg mit 650, Waldeek mit 400, Mecklenburg-
•Sirelitz mit 400, Schwerin mit 1900, Oldenburg mit 800 Mann.
Das neu errichtete Königreich Westfalen hatte 25000 Mann znm
Rheinbund zu stellen, hielt übrigens eine Tnippenmacht von Uber
■88000 Mann. Die angegebenen Kontingentszahlen bezeichnen
nur das Minimum der Leistungen, da bald viel gröfsere An*
Sprüche an die ebzelnen Staaten gestellt wurden.
Der Versuch Preufsens, gegen den Rheinbund einen norddentscboi
Bund zn bUden, scheiterte in den UnglUckijahren 1806 nnd 1807
nnd durch den Beitritt Sachsens zum Rheinbunde.
Natürlich war es nur die übermftchtige PersOnlicbkell Napoleona,
•die den Rheinbund zusammenhielt; das unnatürliche Bündnis mutete
aich lösen nnd zerfallen, sobald der nationale Aa&ehwung in den
Befireinngakümpfen die welschen Fesseln sprengte.
Wohl unterscheiden mufe man zwischen der Beichsarmee und
den nach prenlsischem Muster organisierten und ausgebildeten
Heeren der gröberen deutschen Staaten. So zählte die Kur-
hannoversche Armee 11 Regimenter Kavallerie zn 4 Eskadrons,
14 Regimenter Infeaterie zn 12 Kompagnien und 2 BataiUone
Artillerie, im ganzen 19120 Mann. Noch stärker war das Kur-
aftchsische Heer mit 9 Regimentern Kavallerie zu 4 Eakadrona,
18 Regimentern Infanterie zn 10 Kompagnien (die Leibgarde 14
Kompagnien) und den „besonderen Korps," darunter Artillerie,
Ingenienrkorps, Sehweizergarde nnd Oanäsontmppen, im ganzen
24 108 Mann.
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BlekbUok auf die letxton hundert Jahre der deatoohen HeereBgeaohieht«. n
Die Truppenzahl, die l'reulsen and diese grftfseren Staaten als
Keichs-Kontinjrent zu stellen hatten, stand kaum im Verhältui« zd
4icr für eigene Rechnung gehaltenen Heeresraacht.
Über die geschichtliche Entwickelung der preufsischen
Armee ist in diesen Blättern ausführlich berichtet worden in einer
Keihe von Artikeln, welche die Thätigkeit der HoheuzoUern als
Bildner und Erzieher des Heeres besprachen.
Hier genüge die Angabe, dal's bei Ausbruch des Krieges i8(Xi
die prenfsische Armee folgenden Bestand aufwies:
An Infanterie: CO Jiegimenter, 24 Füsilier-Bataillone, 1 Feld-
jäger-Regiment zu 3 Bataillonen. 194 486 Kombattanten einschiieislieh
49ö2 Artilleristen zur Bedienung der Kegimentsgeschüt/e.
An Kavallerie: IM Kürassier-, 14 Dragoner-, 9 Husaren-Hegimenter,
1 Husaren-Bataillon. 1 Regiment und 1 Bataillon Towni izys. 1 Jäger-
korps zu Pferde. 225 Eskadroris mit 41102 Kombattanten.
An Artillerie: 4 Regimenter Fufs-Artillerie, 1 Regiment reitende
Artillerie, öO Kompagnien, die im Kriege 71 Batterien bedienten
und zwar 464 GreschUtze der Linie und 136 Geschütze der Reserve,
femer 434 Regiments- Qud BatailloDsgescbUtze. Dazu kamen 17
Festungs-KomjKiirnien.
Das Ponlonnierkorps. 2'/» Kompagnien bediente mit 158 Kom-
Vtattauten 256 PontODs. Das Mioeur-Korps zählte in 4 Kompagnien
428 Mann.
Die Gesamtstärke des Heeres betrug etatsmäfsig 6915 Offiziere,
247 724 Kombattanten mit 1034 Feldgeschützen. Iininerbiu eine
stattliche Armee, die, kriegsmäfsig und den Anforderungen der Zeit
entsprechend ausgebildet, einheitlich verwendet und gut geführt, der
Napoleonischen Heeresmacht mit Erfolg hätte entgegentreten können.
Aber keine dieser Bedingungen war auch nur annähernd erfüllt.
Nach dem furchtbaren, in der preufsischen Geschichte beispiellosen
Zusaiiiiiienbrueh gebot Preufsen nur noch Uber 50 Bataillone
Infanterie, 11 Kompagnien leichter Infanterie, 9 Jägerkompagnien,
86 Eskadrons Kavallerie, 4 sehr zusammengeschmolzene Artillerie-
Regimenter, 2 Mineur- und 1 Pontonnier-Kompagnie. Mit Preufsen
fiel (las von Osterreich sich selbst überlassene Deutsehland. Deutsch-
land hatte nach der Vernichtung des Preufsenheeres kein Schwert
mehr, war nur noch ein geographischer Begriff. Erst um den festen
Kern des reorganisierten, auf dem Grunde der allgemeinen Wehr-
pflicht mächtig erstärkten preufsischen Heeres konnte die deutsche
Wehrmacht sich krvstallisieren. .Aber dieser Krvstallisations-Proze£B
währte länger, denn ein halbes Jahrhundert und auf den Jammer
4er alten Keicbsarmee mulste erst die Misere der papierenen Armee
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I
12 BItokbUok auf die totitMi Inmdort Jahre der deotsohen Heeresgeaefaiehte.
des dentaoben Bandes folgen, bevor die Stürme von 1848 bis 1866
den alten Kram hinwegfegten nnd Raum schufen fllr gesunde nnd
lebenskrillkige Nenbildnngen.
Znnltehst hatte die Napoleonisehe Z^t für alle enroplüscben
Staaten — England ansgenommen — die Folge, dals Uberall an die
Stelle der Werbung die Konskription, die Aushebung der Rekruten
im eigenen Laude, trat. Aber vorläufig schwang sich nur Preulsen
allein aur Durchftlhrung der allgemeinen Wehrpflicht auf; in den
ttbrigen deutschen Staaten blieb neben der Konskription die Stell-
Vertretung in Kraft, so dals die besser gestellten Volksklassen, „die
oberen Zehntausend,*^ sieh der DienstpiOieht ent«>gen nnd der Heeres-
dienst mehr fibr eine drückende Last, als für eine Ehrenpflicht galt,
eine Ehrenpflidit, die su den Zeiten Hermanns Jeder deutsche Mann
als sein stola&estes Recht angesehen hatte.
In PreoTsen war durch das Gesetz vom 8. September 1814 die
groisartige Heeresorgantsation von 1808 sum Abschlufis gekommen.
Das stehende Heer war seitdem die Schule, in der die gesamte
wafiSenfähige Mannschait für den Beraf des Krieges erzogen werden
sollte. Jeder Preafse diente 3 Jahr bei der Fahne, 2 Jahr in der
Reserve, gehörte bis zum vollendeten 40. Lebensjahr der Landwehr
an und blieb bis zum 60. Lebensjahr landsturmpflichtig. Das
stehende Heer zählte 1817 38 Infanterie-Regimenter, 6 JSger- und
Schützen-Bataillone, 30 Kavallerie-Kegimenter und 9 Artillerie-
Brigaden. Im Kriegsfall vermochte Preulsen etwa 400000 Mann
ins Feld zu stellen.
Wir kommen zur Kriegsverfassang des deutscheu Bundes.
Der Wiener Kongrefs erkannte die Notwendigkeit einer einheit-
lichen Militärverfassung an nnd es wurden seit 1814 darUb(>r Ver-
handlangen gepflogen. Die dcutsclie Hundesakte vom 8. Juni 1815
enthielt bereits die ^Tundlegenden Bestimmnngen: „Zweck des
Bundes ist die Erhaltung der änlseren und inneren Sicherheit
Deutschlands und die Unabhängigkeit nnd Unverletzbarkeit der
einzelnen deutsehen Staaten. Alle Mitglieder des Bundes versprechen
sowohl ganz Deutschland als jeden einzelnen Bondesstaat gegen
jeden AngriiT in Schutz zu nehmen und garantieren sich gegenseitig
ihre sämtlichen unter dem Bunde begrifiendi Besitzungen. Bei
einmal erklärtem Bundeskrieg darf kein Mitglied einseitige Unter-
handlungen mit dem Feinde eingehen, noch einseitig Waffenstillstand
oder l>ieden schlielsen. Den Unterthanen wird die Befugnis erteilt,
in Militärdienste eines anderen Bundesstaates zu treten, insofern
keine Verpflichtung zum Militärdienst im eigenen Vaterlande mehr
vorliegt."
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BttekbUok auf die letzten hundert Jahre der denteehen Heeresgesohiohte. 13
Die allgemeinen Ornndsätze ftr die Kiiegmifittsiing des
Bandes wurden erst 1818 aofgestelli Gleioh die Eingangsbeetimmnng
ist 80 yerklansolierft, dafo man die Besorgnis dnrelifllhll, es konnte
den Sondeneohten Eintrag gesebeben. Es wurde bescblossen ^uter
Wtirdigong der yoUst&ndigen Sonrerilnitttt der deutseben Staaten die
ansgedebnteste RUeksiebt auf Anwendung eines, semem Zweek in
rein milittriseber Hinsiebt vollkommen entspreobenden, in seinen
Besultaten gebOrig wirksamen Verteidignngsiystems der Gesamtheit
der Bundesstaaten zu nehmen, und zunächst in Betraobt zu zieben:
„den Zweck der Militftnrer&ssnng, die Bildung des Bundesbeeres,
den Friedens- und Kiiegsstand, die Bestimmungen Uber den Ober-
feldheim, das Armeezeicben, den Landsturm, die Bundesfestnngen,
die Verteilung der Militärkosten/'
Ibre endgültige Fassung erhielt die KriegsTei&ssnng dureb die
Bundesbescblttsse vom 9. und 12. April 1821 und vom 11. Juli 1822.
Abgesehen von efaizelnen Bestimmungen, die durch Bundesbesofaluih
vom 4. Januar 1855 gei&ndert worden sind, ist jene Bundeskriegs-
Verfassung von 1821 — ^22 bis zur Auflösung des deutschen Bundes
in Kraft geblieben.
Bekannilicb gehörten von Östeneieb und Preulsen nur die
deutseben Provinzen zum Bunde, Posen und die Provinz Preulsen
zahlten nicht mit.
Nach Artikel 1 ist das Bundesbeer aus den Kontingenten aller
Bundesstaaten zusammengesetet, welche nach der jedesmaligen
Bundesmatrikel gestellt werden. Die von den Bundesstaaten an-
gegebene Volkazabl galt ftr die nächsten 6 Jahre als Bundesmatrikel.
Merkwürdigerweise zeigt die Matrikel von 1842 fast noch dieselben
Zahlenangaben, wie die von 1818.
Art. 2. Das Verhältnis der Waffengattungen wird nach den
Grundsätzen der neueren Kriegitthrung festgesetzt.
Art 8, Zur Bereitbaltung itlr den Fall des AusrOckens wird
das Bundesheer schon im Frieden gebildet, und dessen Stärke, sowie
die innere Einteilung, durch besondere BundesbescblOsse bestimmt
Art. 4. Das Bundesheer besteht aus vollstilndig gebildeten,
teils ungemischten, teils znsammengetzten Armeekorps, welche ihre
Unterabteilungen von Divisionen, Brigaden u. s. w. haben.
Art 7. Bei der Organisation der Kri^macht des Bundes ist
auf die aus besonderen Verhältnissen der einzelnen Staaten hervor^
gehenden Interessen bisoweit Rücksicht zu nehmen, als es mit den
.allgemeinen Zwecken vereinbar erkannt wird.
Diese Rücksichtnahme hatte a a. zur Folge, dals aus den
Kontingenten von 16 kleinen Bundesstaaten eine Reserve-Division
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14 BItokbUok anf dto letaftoi himdflrt Jahn der dentodMB HeemgeMhichto.
gebildet warde, die man fUr die Besetzung der Bondesfestangen be-
stiiDiDte. Wie wenig diese Malsregel den „allgemeinen Zwecken**
entsprach, erhellt schon ans dem Umstände, dafs gerade die Trappen
der Kleinstaaten im Frieden nie Gelegenheit hatten, den Festongs-
dienst kennen zn lernen.
Art. 8. Nach der grnndgesetzlichen Gleichheit der Rechte
und Pflichten soll selbst der Schein von Sopreinatie "eines Bandes-
staates Uber den andern Terroieden werden.
Diesem ordentscben Artikel wUrde auch der alte Segestes
seinem Schwiegersöhne Hermann gegenüber von Henen zngestimmt
haben.
Art 12. Das anfgestellte Kriegsheer des Bandes ist ein Heer
nnd wird von einom F("ldhprrn befehligt
£ine vortreffliche Bestimmung, die aber immer Phrase geblieben
ist, zumal man sieh nie hat entschlielsen können, die Wahl des
Obeifeldherrn sachgemäls zu regeln.
Nach den folgenden Artikeln wird der Oberfeldherr Tom Bnnde
erwählt, wird ?on ihm in £id und PÜicht irenommen. macht seinen
Operationsplan nach eigenem Ermessen, bleibt aber dem Bonde ver-
antwortlich und kann einem Kriegsgericht anterwoHen werden.
Art 17. Die Befehlshaber der einzelnen Trnppenabteilungen
werden von dem Staate, dessen Truppen sie befehligen sollen, er-
nannt FUr die Abteilungen, welche aas mehreren Kontingenten zu-
sammengesetzt sind, bleibt die Ernennnng der Yereinignng der be-
treffenden Regierungen Uberlassen.
Diese Bestimmung hatte die sinnigsten Anordnungen zur Folge.
Im 8. Bnndeskorps hat der Reihe nach die zweite, die dritte und
dann die erste Division die Wahl des Korpskommandeurs. Im
10. Korps beginnt die erste Division mit der Wahl des Korps-
kommandeurs, die anderen tolgen brigadenweise. Bei der ersten
Division giebt Hannover den Divisionskommandeur, während bei der
zweiten biigadenweise damit gewechselt wird. So geht's weiter in
infinitum.
Wir mUssen uns nun noch die — später revidierten — Ans-
f tthrnngs b e s t i m m u n g e n ansehen.
„Jedes Bundes-Kontingent i>esteht aus dem Haupt-, dem Reserve-
und dem Ersatz-Kontingent Die beiden ersteren, gleich organisiert
und bereit gehalten, rUcken ins Feld, das letztere bleibt im eigenen
Staate zurUck. Unter Zugrundelegung der Matrikel von 1842 hat
jeder Bundesstaat im Hauptkontingent 1'/», im Reservekontingent V»
im Ersatzkontingent '/• Prozent dieser Matrikel, also l'/^ Prozent
von seiner znm Bande gehörigen Bevölkerangszahl za halten. Uieraas
fiüekbUok auf die letzten hundert Jahre der deateohen Ueeresgeaohiehte. 15-
würde sich ein Haupt- und Keservekontiu«|;ent von rund 450000
Mann, ein Ersatzkcntin^ent von rund 50000 Manu ergeben. Zu
„gröfseren Anstrengongren" bedarf es eines Bundesbeschlusses. Es
folgen eine Menge von Bestimmungen und Festsetzungen Uber das
StärkeTerhältnis der WatYen, Uber die Verwendung der Landwehr,
über die Zahl der Offiziere, Unteroffiziere und Spielleute, Uber
Geschlitzarten, Pioniere, Belageruugspark, Brückentrain, Militärärzte
0. 8. w. Diese Bestimmungen sind zum Teil ganz verständig, haben
aber kaum je den Weg vom grünen Tisch bis zur praktischen
Dnrchluhruug gefunden. Das Bundesheer war folgenderraalseu zu-
sammengesetzt*
1., 2., 3. Korps = Österreich = 96 Bataillone, 97 Eskadrons,
56 Batterien mit 448 Greschützen, 21 Pionierkompagnien = 145855
Kombattanten; 4., 5., ü. Korps — Preulsen — 103 Bataillone, 128
Eskadrons., 44 Batterien mit 352 Geschützen, 8 Pionierkompagnien
Ä 137652 Kombattanten; 7. Korps — Bayern — 34 Bataillone,
42 Elskadrons, 17 Batterien mit 136 Geschützen, 3 Pionierkonipagnien
= 42716 Kombattanten; 8. Korps — Württemberg, Baden, Grols-
herzogtum Hessen — 24*/4 Bataillone, 29*/, Eskadrons, 14'/, Batterien
mit 106 Geschützen, 4 Pionierkumpagnien = 32879 Kombattanten;
9. K-orps — Sachsen, Kurhessen, Nassau, Limburg — 28*/, Bataillone,
29 Eskadrons, 11'/, Batterien mit 4 Geschützen, 3'/, Pionierkom-
pagDien = 33092 Kombattanten; 10. Korps — Hannover, Braun-
Bchv\'eig, Holstein, Mecklenburg, Oldenburg und die drei Hansestädte
37*/, Bataillone, 34 Eskadrons, 13'/, Batterien mit 92 Geschützen,
5*/, Pionierkompagnien = 41266 Kombattanten.
Hierzu kommt die Kriegsbesatzung der Bondesfestungeu — die
aus den Kleinstaaten zusammengesetzte Reservedivision und Ab-
kommandierungen der Korps 69*/, Bataillone, 10 Eskadrons, 3 Batterien
mit 24 Geschützen = 73265 Kombattanten,
Summa: 506 725 Kombattanten.
Um von der Zusammensetzung und der Bewaffnung der Bundes-
korps einen Begriff zu geben, diene das 10. Bnndeskorps ond die
Reservedi Vision als Beispiel.
Das 10. Bandeskorps war zusammengesetzt: 1. Division: a) Han-
noTer mit 18 Bataillonen (davon 4 Jägerbataillone), 12 Eskadrons
Ktlrassiere, Dragoner and Hasaren, 8 Feldbatterien (6- und 12-
pfUndige Kanonen and 24-pfUndige Haubitzen), 2 PionieriLompagnien ;
b) Braonschweig mit 3 Bataillonen, 3 Sehwadronen Uosaren, 1 Feld-
balterie (6-pfUndige Kanonen und 12-pfUndige flanbitzen).
2. Division : 1. Brigade Holstein mit 4 BateiUonen, 1 Jäger-
korps, 4 Eskadrons Dragoner, 1*/« Ifeldbatterien (6- ond 12-pi1lndig&
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16 BttekbUek anf die letsten hnndeit Jahre der deatselMD Heeresgeiohiehte.
Onumtkanondn), 2 Pionierkompagnien; 2. Brigadie Meoklenbnrg-
Sohwerin mit 4*/, BataiUoneo Bat Jäger), 4 Sehwadronen Dra-
goner, 2 Feldbatterien (G-pfllndige Kanonen nnd 7-pfttnd. Hanbitsen),
1 Pionierkompagsie; Hecklenburg-StrelitE mit 1 Bataillon. 3. Brigade,
Oldenburg nnd die HanseBtttdte, Oldenburg stellt den Biigade-
Kommandenr sowie 3 BatalEone, 3 Eskadrons, l*/4 Feldbatterien
(6-pfÜndige Kanonen und Hanbitien), Eambnrg 2 Bataillone, 2 Es-
kadrons, Bremen 1 Bataillon nnd 2 Oesehtttse, Lttbeok 1 Bataillon.
Die Infanterie Atbrte im Jabre 1860 in Hannoyer Piokelgewehre, in
Brannschweig ThouTeninsebe, in Meelüenboig Minlögewebre, in Olden-
burg nnd in den Hansestädten Domgewebre.
Znr Reserre-InfanteriediTtsion stellte Sachsen- Weimar 3 Bataillone
mit Miniögewebren, Altenborg 2 Bataillone mit gezogenen Kammer-
gewehren (DelsTigne), Kobn^-Gotiia 2 Bataillone mit Mini^webren,
Meiningen 2 Bataillone mit (anderen) Miniögewebren, Anhalt-Dessan-
Köthen 1^/, Bataillone mit Delavigne-Oewebren, Anhalt-Bemburg
Bataillon mit Delavigne-Gew ehren, Hessen-Homburg 2 Kompagnien
Jäger mit Jägerbttchsen (DelavigDe-Thoavenin), Waldeck 1 Bataillon
mit urageänderten glatten Miniögewebren, Lippe Detmold l Bataillon
mit Dorngewehren, Schanmbnig- Lippe 2 Kompagnien Jäger mit
Thereminschen Buchsen, Schwarzbarg-Kadolstadt and Soodersbaosen
je 1 Bataillon mit Mini^gewehren, Liechtenstein 1 Zag Jäger mit
WUdseben Büchsen, Reuls 1 Bataillon nnd 2 Kompagnien Jäger mit
geiEOgenen Thonveninsohen Gewebren, Frankfort 1 Bataillon mit
glatten Gewebren und 1 SchUtzenabteilnng mit DombUchsen. —
Summa: 17 Bataillone and 6 Jägerkompagnien mit zwölferlei Ter-
schiedoiicn Gewehren.
Die AusfUbrungsbestimmuDgen zur Bondes-Kriegsverfassnng ver-
breiten sich auch Uber Dienstrerpfliobtong, AoBbildnog, gröbere
Übnngen nnd sonstigen Dienstbetrieb.
Die „Gesamtpräsenz^^ (bei der Fahne) sollte währen fUr die
Infanterie 2'/«, mindesitens 2 Jahre, für die Kavallerie 3 bis 3*/,
Jahre, ftlr die Artillerie 2 bis 2Va Jahre (reitende Artillerie 3 bis
3*/t Jahre u für die Pioniere 2 bis 2% Jahre.
Für die Kekratcnansbildung worden 6 Monate angesetzt.
FUr die Schielsaasbiidang werden bei der Infanterie 30 SohnÜB im
Jahr, bei den Jägern 90 Schufs verlangt Gröfeere Übungen min-
destens in halber Kriegsstärke sollen alljährlich 4 Wochen lang
stattfinden, jeder taktische Körper soll jährlich vereinigt werden,
mindestens alle 2 Jahre an Übungen in Brigade nnd Division teil-
nehmen, jedes Korps sich wenigstens alle 6 Jahie zn gemeinsehaA-
licben Obnngen vereinigen.
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Bfiekbliok auf die letzten hundert Jahre der deutäohen üeereäget>chiohte. 17
Diese Bestiinmangen sind, wenig:steü8 fUr die kleineu Kuntingi ute,
vielfach fromme Wünsche geblieben.
Weiter wurde den Ofiiziersaspiranten der kleinen Staaten der
Besuch der Bildungsanstalten der gröfseren Staaten und die Teil-
nahme an deren Prüfungen empfohlen. Der Dienstbetrieb sollte
mögliehst einheitlich geregelt werden: Exerzier-. Dienst- und Ver-
pflegungs-Reglements, Kriegsgesetzc und Gerichtsverfassung sollten
in Übereinstimmung; gebracht werden; eine gemeinsame Felddieust-
ordnung war in Atfesicht genommen. Aber selbst innerhalb der
emzelnen Bundeskorps blieben die gröfsten Verschiedenheiten be-
stehen, geschweige denn, dafs man zu allgemein gültigen Normen
gelangt wäre.
Dem Bunde waren alljährlich von den Kontingenten Standes-
Ubersichten einzureichen, aus denen za ersehen, ob die Bestim-
mungen der Bandeskriegs Verfassung befolgt waren. Aber Papier
ist geduldig.
W^ichtiger als die StandesUbersichten waren die Musterungen,
die mindestens alle 5 Jahre Ton Seiten des Bandes stattfinden sollten.
Das österreichische Kontingent worde Ton Plreafsen, Bayern nnd
Württemberg, das prenlsische von Östexreich, Saehsen and HannoTer,
das bayerische yon Preulsen, Hannover nnd Baden gemustert and
nach entsprechenden Grandsätzen die Übrigen Kontingente. Der
Inspizierende hatte in berichten ttber das Ezerrieren, die Schiels-
llbungen, den Felddienst ond die taktiBehe AasbUdnng des Rontin-
gents. Darnach stellte die Ifilitirkommisslon des Bondes efaien all-
gemeinen Bericht auf, der ein Bild tob dem Zostande des ganzen
dentschen Heeres geben sollte.
Die Bondes-HilitärkommissioD bestand ans einem öster-
reichischen, einem preobisohen, einem bayerischen nnd je einem
BeroUmSchtigten der drei gemischten Korps. Dieser ans 6 Ilüt-
federn bestehenden Kommission darf man nachrühmen, dafe sie
ihre Aufgabe ernst genonmen ond sich naeb Möglichkeit bestrebt
hat, die dentsehe Einigkeit in den Heereseinrichtnngen znm Ansdmck
za bringen. Wenn die AnsfUbning nicht den Forderangen der
Mifitftrkommission entsprach, so lag das an Hemmnissen, die sie
ebensowenig zn Überwinden vermochte, wie der Bundestag die
Sonderinteressen.
Anf die Bestimmangen Uber die Mobilmach nng, die wir Uber-
gehen, folgt der Abschnitt 6, der sich in einer Beihe von Paragraphen
mit dem Oberfeldherrn beschäftigt. Die ersten Paragraphen wieder-
holen, was schon in den GmndzUgen ausgesprochen war.
Der Oberfeldberr entwirft den Operationsplan nach eigenem Er-
JaMBAw ftr «• dratNh* Ahm« ud VailM. B4. 114. 1. 2
18 Rückblick auf die letzten hundert Jaiire der doutüchen Ileereagescbichte.
messen; aber — „erat dann, wenn er nach getroffenen Einleitungen
cnr wirkUehen ADsfthrang geschritten sdn wird, ist er Terpflichtet.
der Bnndesyersamnilaiig die Umrisse seines Operationsplanes vor-
zalegen. Er mafs jedoch denselben aof das nrnstitadlicbste (sie!)
schriftlich an&etzen, damit Ittr alle Za^e, die ihn persönlich treffen
können, so Toigesorgt sei, dals sein Nachfolger das Ganze roll-
stftndig einsehen nnd folgerecht verfahren könne**.
Man denke sich Blttcher als Bondesfeldherm, wie er seinen
Operationsplan „anf das nmständlichste** anfsetzf.
Die Bnndesversammlnng wählt anfser dem Oberfeldhenn einen
Cteneralleotnani des Bundes als Stellvertreter des Oberfeldheim, der
die „zeitliche Verwesang** der Stelle vorkommenden Falles za Über-
nehmen hat.
Die Befugnis zn Detachiemngen wird dem Obeifeldberm er-
teUt, aber durch allerlei Kantelen eingesehri&nki Wörtliche Wieder-
gabe verdieneu die Paragraphen 55 nnd 56: „Zu dem als Reserve
aufiEustellenden Armeekorps stolsen besondera zn bildende Kavallerie-
und ArtiUerie -Massen, zn deren Bildung alle Armeekorps des Bundes-
heeres nach dem Verhältnisse ihrer Kavallerie und Artillerie bei-
tragen. Der OberfeldbeiT kann zu diesem Behufe von Jedem der
ungemischten Armeekorps bis zn einem Fünftel und tou jedem ge-
mischten Korps bis zu einem Sechstel der Kavallerie, ferner von
jedem Armeekorps bis zu einer Batterie von 8 Gkschtttzen beordern.
Wenn durch vom Bunde genehmigte Einrichtungen die Zahl der
Reiterei eines Korps sich g^en den matriknlarmälsigen Betrag
mindert^ so wird die Zahl, um welche sie vermindert wird, an dem
Quantum abgezogen, welches detachiert werden kann". — Hoffentlicb
hatte der Oberfeldherr in seinem Stabe einen getlbten Rechenmeister,
der mit dem erforderlichen Dividieren und Subtrahieren rasch zu-
stande kam.
Weiter: „Obige Bestimmung eines Maximums soll den Ober-
feldherm nicht hindern, fllr den Tag einer Schlafet die Reserve
durch Infanterie, Kavallerie nnd Artillerie einzelner Korps nach seiner
Einsicht insoweit zu verstärken, als es die Schlagfertigkeit der ein-
zelnen Korps gestattet**.
^och sind zwei Pangn^hen charakteristisch. § 58: „Wenn
schon die innere Einrichtung der Kontingente, nach ihrem Ausrttckeh,
anch im Kriege den einzelnen Bundesstaaten überlassen bleibt, so
ist doch der Oberbefehlshaber befugt, die Mannschaft sowohl, als
das Materielle der verschiedenen Kontingente zu mustern, zur Hebung'
allfallsiger Mängel, welche auf die Schlagfertigkeit Einflute nehmen
können, sich an die betreffende Regierung zu wenden und, wenn er
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Bäciblick auf die leUtea hundert Jtüire der deuUohen Heerdügeschiobte. 19
es für nöti^ halt, auch deswegen Anträgre bei der Hundes-
versaminlu II fr zu machen, welche ohne Ver/uj? mit Anwendung
der Uber die Kriegsverfassung aufgestellten Grundsätze darüber
einen Besclilulä fassen und für dessen Ausfuhrung Sorge tragen
wird".
Wenn d( r nherbetehlshaber schon im Frieden in Funktion wäre,
so hätte diese Hestimniung einen vernünftigen Sinn; aber ein Ober-
feldherr, der Jim \'orabend der Aktion „Anträge an die Bundes-
vcrsaniiiiliiiig macht", dürfte wohl erst einige Zeit nach dem Friedens-
schluls auf die Erfüllung seiner Wünsche rechnen können.
§ ()2: ..Damit den Bundesstaaten Uber die gleichmälsige Be-
handlung aller Teile des Buudesheeres volle Beruhigung ver-
>chatft werde, so wird aus dem (reneraistabi- desselben für jedes
Armeekorps ein hühercr Offizier nach dem llaupt(iuartier entsendet,
(lern bei dem Obenehilu rrn und allen übrigen Chefs freier Zutritt
gebührt, um mit denselben Uber Angelegenheiten des Rorps sich zu
benehmen und dessen Interesse zu vertreten". Der arme Ober-
feidherrl
Der Schlufs-l'aragraph regelt die Zu^^ainmensetZüng des even-
tuellen Kriegsgerichtes und bewilligt dem Oberfeidherrii einen
von ihm selbst gewählten „Defensor"'.
Während den Betugnissen der KorpskommaiRlaiilen IJ, der
Bildung des Hauptquartiers 7 l'aiagraphen gewidmet sind, handelt
nur 1 Paragraph von der Verpflegung.
Die Bestimmungen Uber die Gericht sl)a i keit, die mit den
gegebenen schwierigen Verhältnissen rechnen müssen, sind sach-
geniäfs. Interessant sind die Paragraphen 93 und \)4: ..(regen das
Verbrechen des Meineids, des Verrates, der Feldllüchtigkeit und der
Insubordination werden im Bundesheere durch besondere Kiugs-
artiktd Straf bestimmungen getrotlen, welche dem gesamten Kriegs-
heere als gleiehtörmiges Gesetz gelten sollen. Die in den Kriegs-
artikelu nicht genannten Verbrechen und Vergehen werden nach
den bei den Kontingenten der einzelnen Staaten gültigen Gesetzen
beurteilt".
Zur Vervollständigung des deutschen Befestigungssystems
waren schon lölö von den verbündeten Mächten aus der tran-
Züsischen Kriegskontrilintion (»0 Millionen Franken lu'willigt worden,
von denen Preulsen Millionen fUr Befestigung des Niederrheins
erhielt.
1820 wurden die Festungen Mainz. Luxemburg, Landau vom
Hunde übernommen, nachdem sie schon durch die europäischen Ver-
träge als Bundesfestungen erklärt waren. 1841 wurde Ulm, 1842
2*
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20 KUckblick auf die letzten hundert Jahre der deutschen Ueeresgesobicbte.
BaBtatt Tom Bunde befestigt, Ulm als Hauptwaffenplatz, Raatatt als
Orenafestang und als Waffenplata des 8. Armeekorps.
Wie die Besatzungen der Bondesfestangeii gebildet worden
daftr diene Mainz als Beispiel. Doreh Vertrag swischen Östeireicfa,
Prenüsen und Hessen sind dem GoavenieQr die Staats- und stttdtiseben
Behörden in allem, was anf die Verteidigung der Stadt Bexa^ hat,
nnteigeben. Die Besatanng besteht im Frieden aar Hälfte ans Öster-
retehem, znr Hälfte ans Preuben; Hessen-Darmstadt darf ein Bataillon
in Mainz halten. Oonvemenr nnd Kommandant werden ab?rech8elnd
alle 5 Jahre von Osterreioh nnd Prenlsen gegeben. Die Be-
satzung im Frieden betriigt 8000 Mann. Nnn aber die Kriegs-
besatzong!
7<)<M) Mann österreichischer,
7000 Maun preufsischer,
2010 Mann sachsen-weimarischer,
982 Mann altenburfrischer,
1360 Mann koburgischer,
1115 Mann meinin^^crscher,
854 Mann anhalt-dcssau-kötbeuer,
370 Mann aiihalt-bcrnhurfrischer,
200 Mann hessen-horaburgischer Bundestruppen.
Anch die Notwendigkeit von Kasten befestignngen faCste
man ins Auge. Als 1859 Bayern im Anftrage der Mittelstaaten
— HannoTer ansgenommen — den Antrag stellte, der deotsobe Bnnd
möge ftlr die Sieherstellang der KUsten sorgen, erklärte Prenlsen,
dafo es bereits mit den Staaten der Kordkttste dieserhalb Terhandle.
Moltke, dem 1860 der Vorsitz in der KOstenbefestignngs-Kommission
ttbertragen worde, berichtet darüber in seiner Selbstbiographie: „Von
manchen interessanten Aufträgen, die mir als Chef des Generalstabes
der Armee zufielen, kann ich eine Beieisnng der ganzen norddeatschen
Kttste hervorheben, welche den Zweck hatte, ein gemeinsames Ver-
teidignngssystem fllr alle dentsehen Kästen zn ermitteln. Die durch
Marine- nnd Ingenieur-OfiSziere bis ins Detail ausgearbeiteten Ent-
wttrfe wurden dem Bundestage wegen der Dringlichkeit der Sache
zur schleunigen Erledigung ttberwiesen. Nach 3 Jahren (!) trat denn
auch in Hamburg eine Bundeskommission zusammen, mit welcher
ich nochmals die autserpreuisisobe Küste bereiste, die aber, wie
YOrauszusehen, in ihrer M^orität gegen fast alle preulsischen Vor-
Schläge stimmte, insbesondere gegen die beabsiehtigte gemeinsame
Flotte unter Prenisens Ftthrung. So blieb alles beim Alten; und
welcher Art speziell die faannoTerschen Befestigungsanlagen waren,
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lUickblick aaf die leUten hundert Jahre der deutsohw Ueeresgeeohiehte. 21
bat die Wegnahme vou Stade und Geestemünde iu diesem Jahre
(1866) gezeigt".
Trotz aller Mänfrel und Halbheiten der LUindes-Kriegsverfassunj;
bediutet sie der alten Reichs- Kiie^^sverfassung gegenüber einen
Fort^^ehritt. Nur in der einheitlichen Führung war ein iiiickschritt
zu vcr/eiehnen: der Kaiser führte den Olterbefehl Uber das Keichs-
heer, während die vieltiOpfm-e Hundesver.saiiunluiig die oberste Be-
hörde für den Oberteldherrn war. Der Hunde.sversammluug fehlte
und mulste fehlen die Hauptbedingung zum KriegfUhren: Einigkeit
des Willens und der Macht. Ks hat nicht an Versuchen gefehlt,
dem allerseits erkannten Mangel einer einheitlichen Organisation und
Betehlführung abzuhelfen; aber dazu hätte es aulser der Einsicht
auch der Selbstverleugnung bedurft. Zwar verleugnete im Auslande
der Deutsche hi reitwillig seine Nationalität, nie aber dem deutschen
Hruder gegeuiiber seines Stammes Eigenart, Interessen und An-
sprüche.
Die Erkenntnis, dals die Hegemonie, zumal die militärische
Führung, Preulsen geinilire, dals nur von ihr für Deutschland Heil
kommen kiinne, brach sich langsam, aber stetig Kahn, in den Be-
völkerungen Iriiher, als bei den Regierungen. Auf jedem Blatt der
neuen und neuesten Geschichte stand geschrieben, dafs Preulsen das
Schwert Deutschlands war. Kein einziger Siegeserfolg in den Be-
freiungskriegen ist ohne das mehr oder minder entscheidende Ein-
greifen der Preulsen erstritten worden — was wäre aus der Sehlacht
bei Leiji/ig geworden ohne Blücher, Vorck und BUlowI Dagegen
haben wir in jenen Kriegen eine Reihe spezifisch preufsischer Siege
zu verzeichnen, wie Kulm, Grofsbeeren und Dennevvitz, die Katzbach-
Bchlachi und Wartenburg. Wieder war die preulsische Armee die
einzig zuverlässige Stütze der staatlichen und gesellschaftlichen Ord-
nung in den Jahren des Sturmes und Dranges: Preufsen stellte in
Frankfurt die Ruhe wieder her, Preufsen warfen die Emiiörung in
Dresden nieder, Preufsen bekämpften und besiegten die Auf-
stände in der Itheinpfalz und in Baden. Und von wem konnte
Schleswig - Holstein seine Befreiung erhoffen, wenn nicht von
Preufsen I
Blieb auch damals die deutsche Einheit nach wie vor ein
Traum, eine Fata Morgana, die dem Wanderer in der Wüste oft in
fast greifbarer Nähe iu glänzenden Farben erschien, um dann wieder
iu das Nichts zu versinken — das Preulsenheer und seine Erfolge
war für den tiefer blickenden Patrioten der feste Punkt, an dem
der kommende Archimedes den Hebel einsetzen konnte, um das
morsche Bandesgebäude aus den Angeln zu heben. Das Vertrauen
22 Rückblick auf die letiteii hundwt Jahre der deuttehMi Heere^sgesohidite.
zom preofsisehen Heeie nnd zur preiÜ6i§cheD Honarebie war es aocb,
das schon vor der entscheidenden Katastrophe von 1866 den
Prozefs förderte, dnrob welchen das lockere GelQge der dentscben
Bandestrappen sich am den preobisohen Kern zn kiystaUisieren
begann.
Mit dem Jabre 1849 beginnt der Absoblafe einer Reibe von
Militär-Konventionen, durch welche einsichtsvolle deutsche Fürsten
sich mit ihren Kontingenten mehr oder weniger eng an die preofsiscbe
Armee anschlössen, der vaterländischen Sache einen Teil ibrer
Souveränitätsrecbte opfernd. König Friedrich Wilhelm IV. kam
diesen Bestrebungen vers&ndnisvoll entgegen. Mecklenburg-
Schwerin gab das erste Beispiel Am 22. Mai 1849 wurde zwbcben
dem Ktfnig von Prenlsen und dem Grolsberzog eine Vereinbarung
getroffen, dafs das mecklenburgische Militär eme Division bilden
und dem 3. preufsiscben Armeekorps angegliedert werden sollte:
„Die Ghrolsberzoglicb Schwerinschen Truppen nehmen alle taktischen
preulsiscben Reglements an, desgleichen die fttr die preuDBiscbe
Armee sonst bestehenden reglementarischen Bestimmungen, das
preofsiscbe Militär -Strafirecht und die preafisiscbe Militärgerichts-
Ordnung. — Die schwerinschen Trappen erhalten nach und nach das
preafsiscbe Kaliber fttr Handfeuerwaffen und Gescbtttze. — Die
Qualiiikation zum Portepeefähnrich und zum OfiSzier wird nach den
preulsiscben Vorscbriften erworben nnd die Prüfungen vor der
preufeischen Examinations-Kommission abgelegt — Die Beförderung
der Offiziere erfolgt nach preufstseben Grundsätzen. — Den schwerin-
schen Offizieren und Portepeefäbnricben wird der Besuch derprenlsiscben
Militärbüdungsanstalten gestattet — Der kommandierende General
des 3. Armeekorps bat sich durch Inspizierungen von dem kriegs-
tttcbtigen Zustande der schwerinschen Truppen zu fiberzeogen. —
Die greiseren Übungen, bei denen die Divisionen zusammengezogen
werden, macht die schwerinscbe Division gemeinsam mit denen des
preulsiscben 3. Korps". Zur Erleichterung der gleicbmäisigen Aus-
bildung traten mehrere Offiziere und Unteroffiziere aus preulsiscben
in mecklenburgische Dienste Uber.
Dem Beispiel Mecklenburgs folgten Anhalt, Braunschweig
und Baden, die ebenfalls Militärkonventionen mit Prenlsen ab-
schlössen.
Die Tbronbesteignng König Wilhelms L und die Vollendung
der beiÜB umstrittenen Armee-Reorganisation war für die deutschen
Fürsten eine neue Mahnung, sich mit ihren Kontingenten enger an
Prenlsen anzuschliefsen. Herzog Ernst von Sachsen -Koburg-
Gotba scblofs bereits J861 eine Konvention mit Prenlsen ab, wonach
fiückbUok auf die letzten hundert Juhro der deutscheu Ueereagei^ohiobte. 23
das Kobnrg- Gothaische iDfanterie-Regiment in der Starke you
1 Mosketier- und 1 FttsUier-Bateillon in ein engeres Verhältnis zur
^olsischen Armee trat Die Krone Prenben ttbemahm gegen
Zahlung einer ATersionalsnmme von jährlich 80000 Thalem die
lUiattoDg des Kontingents im Frieden nnd besetzte die Of&der-
stellen im Einverständnis mit dem Hensoge. FOr die Mohilmachong
war ein Panschquantom von 9000 Thaler nnd ftr die Hobilhaltong
während eines Jahres ein solches Ton 148000 Thaler zn ent-
richten.
Eine ähnliche Konvention schlob 1862 Sachsen -Altenbnrg
ab. In demselben Jahre that Waldeck ein gleiches, dessen Fttsilier>
Batsillon Ton non an preolsische Kommandeure und preulsische
Offiziere erhielt.
Soweit hatten die moralischen Eroberaugen Frttchte getragen;
aber es bedurfte beilserer nnd stürmischerer Werbungen, bevor sich
die Jnngfrau Germania Prenfsen zu eigen gab. „Ich räume eini"
bat Moltke einmal gesagt, „dals auf dem Wege der Vereinbarung
m Dentschland nicht leicht etwas geschaffen wird. Was auch tlber
deutsche Einheit geredet nnd gedruckt, gesungen und getoastet
worden, etwas Reales ist daraus nie hervorgegangen. Die Möglich-
keit, sich zn einigen, welche unser Herrgott der deutschen Nation
in Abschnitten von Jahrhunderten geboten, wurde nicht benutzt, weil
jeder sie so versteht, dafs er der Mittelpnnkt derselben wird, jeder
emen andern, daher meist unmöglichen Weg will".
Der Krieg von 1866, dessen politische nnd weltgeschicht-
liche Bedeutung wir hier nicht hervorzuheben brauchen, legte Zeugnis
ab von der Mangelhaftigkeit der Bnndes-Kriegsvei^snng nnd von
der Überlegenheit der preulSrischen Armee. Der Anschluls der
deutschen Bundeskontingente an Preuihen wurde nicht nur zu einer
politischen, sondern anch zu einer militärischen Notwendigkeit, die
allgemeine Wehrpflicht wurde die nnerlälsliche Grundlage des
Den erstarkenden deutschen Wehrtnms. Während Prenfsen, semen
neu erworbenen Provinzen entsprechend, aus den neu errichteten
Keg^entero drd Armeekorps bÜdete, wurden die Kontingente der
norddeutschen Staattn dem Oberbefehl des Königs von Prenisen
ontersteilt, dem preoMschen Heere angegliedert nnd in den Truppen-
verband desselben eingereiht Nur das Königreich Sachsen bildete
ein besonderes Armeekorps. Die Militärkonventionen, auf denen die
Organisation des norddeutschen Bnndeaheeres beruhte, sind grOfsten-
teils 1867 abgeschlossen. Sie sind in ihren Grundsätzen nnd Haupt-
bestlmmungen einander ähnlich, wenn auch die Rücksicht auf die
Wünsche der Kontingentsherren manche berechtigte £igentttmlichkeit
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24 BQekbliek «uf die letzten boodert Jahre der dentsoben IIeeresg:esobiobte.
bestehen liefo ond manehe Venebiedenheit zur Folge hatte. Wenige
Beispiele werden genügen. Die wesentliohen Bestimmnngen der
Konrention mit Anhalt sind: „D\ß Veifilgang Uber die Stellen der
Offiziere nnd Portepeefilhnriche hat der KOnig von Preufsen. Die
Verwaltang des Regiments und seine Unterhaltung ans Bnndesmitteln
hat die Krone Prenisen gegen Zahlung der zur Zeit herabgesetzten
yerfassnngsmilfsigen Beitri^;e von 225 Thalem pro Kopf tiberuommen,
Dem Dislohationsrecht hat der König von Pieoben als Bundesfeld-
berr konventionsmft&ig entsagt und sieh dasselbe nur für die Fälle
vorbehalten, wo miUtfirische und politische Rttcksiebten anderweite
Maisnahmen bedingen. Demselben steht auch das oberste Begnadi-
gungsrecht zu. Die Mannschaften leisten ihrem Landeaherm den
Fahneneid, werden aber gleichzeitig zum Gehorsam gegen den Ktfnig
Yon Preullien als Bnudesfeldbenrn eidlich verpflichtefS
Die KouTention mit Mecklenburg enthielt folgende Bestimmungen.
Den mecklenburgischen Oflizieren wird der Ehitritt in den Verband
der preutsiscben Armee freigestellt; der König Ton Preulsen erhlUt
das Recht der Anstellung, Betörderung, Versetzung der Offiziere.
Die Offiziere, welche Aufnahme in die preuCnsche Armee wttnscben,
werden in jener nach ihrem Range nnd ihrer Aneiennetät eingereiht;
die Offiziere des stehenden Heeres, welche den Ubertritt nicht
wünschen, scheiden ans dem Kontingent aus nnd werden mit der
verdienten Pension in den Ruhestand versetzt Die Offiziere des
grofiMierzoglichen Kontingents verpflichten sich mittelst Handgelöb-
nisses für die Dauer ihrer Anstellnng im Kontingent das Wohl nnd
Beste des Kontingentsberm zu fördern, Schaden und Kachteil aber
abzuwenden. Alle Offiziere der mecklenburgischen Truppen werden
als „GroMerzoglich Mecklenbnrgische'^ bezeichnet, sie erhalten (neben
den preulsiscben) mecklenburgische Patente und tragen die mecklen-
burgische Kokaride nnd mecklenbnr^sche Dienstabzeichen.
Die Konventionen mit den anderen norddeutschen Bundesstaaten
sind ähnlich der mit Anhalt abgeschlossenen.
Mit den süddeutsch en Staaten wurden bekanntlich geheime
doch bald darauf veröffentlichte Schutz- und TrutzbUndnisse ab-
geschlossen, durch welche dem K(lnig von PrcjUsen fUr den Kriegs-
fall der Oberbefehl auch über die süddeutschen Heere übertragen
warde. „Freilich,*^ sagt Moltke in dem Entwurf zu einer fttr da»
Zollparlamcnt bestimmten Rede, ^wäre eine grörsere Annähening
auf dem militärischen Gebiete zu wünschen. Ea besteht zur Zeit
ein Schutz- und Trut/bUndnis. Es ist dies die nnvollkominene Form
gegenscitigrer Hilfeleistung. Ein Schutz- und Trutzbündnis bat gerade
so viel Wert, als jeder Teil Schutz und Trutz zn üben vermag»
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BIlAbUek auf die letsten hundert Jthre der dentsehen Heeresgescbiehte. 25*
loh rede cicbt davon, dafo NorddeaischJaikd die grOIsereo Streitmittel
besitzt, das veistefat sieh von selbst; aber wir stellen eine Armee,.
Sie Kontingente; wir haben einen Kriegsherrn, Sie einen Oberfeld-
herm. — In der Hauptsache tragen nicht die sQddentschen Führer
die Sebald an dem MiTserfolg von 1866, auch nicht die sttddentschen
Trappen, welche sich überall tapfer geschlagen haben. Es waren
die sttddeatschen Partiknlarinteressen, welche es mOglioh machten,
dals 46000 Preufsen, einheitlich and kräftig geführt, gegen lOOOOa
Gegner die Offensive ergreifen und von der Eider bis zar Jaxt vor-
dringen konnten. Sie hatten in die Hand des Führers eine Waffe
ans trefflichem Stahl gelegt, aber die Waffe bestand aus Stücken.
Dies der Unterschied »wischen einheitlichem Heer und Koalition.
Beim besten Willen können die Staaten Sttddeatsehlands für jetit
nor eine Koalition bilden, während wir doch rings am ans nur grolse
einheitliche Heere erblicken. Aach wir wünschen daher eine inner-
liehe Verschmehsang, aber wir wünschen sie weniger im norddentschen
oder im prenlsischen, als im allgemein deatschen und ganz besonders
in Ihrem eigenen Interesse. Der Norden braucht den Süden nicht
XQ drängen, er kann es abwarten, bis das Bedürfnis den Süden za
ans führt.
Dies Bedürfnis naa tritt jedesmal hervor, sobald eine Wolke
am politischen Horizont sich zeigt Freilich mit dieser Wolke ver-
Bohwindet auch alsbald die Neigang, Institutionen dauernd einzofUhren,
welche die Hilfe des Nordens ermöglichen und selbst entbehrlich
machen würden. Man erkennt die Nützlichkeit der Einrichtungen,,
welche sich in Preufsen bewährt haben; aber man hofft den Lasten
zu entgehen, welche sie notwendig mit sich führen — Lasten, welche
doch Preujjsen 50 Jahre lang allein getragen, ohne za erliegen, und
deren Verwendnng wir es danken, wenn beate in diesem Saale Ab-
geordnete aus dem Norden wie dem Süden znsammea tagen. Und
dies Zögern liegt nicht etwa allein an den Regierangen, sondern
namentlich an den Volksvertretungen.
Sie haben im Prinzip allgemeine Wehrpflicht, dreijährige Dienst-
zeit angenommen; aber in der Praxis werden Sie bei der Schwäche
Ihrer Kadres und Gröfse der Ersatzeinstellung die zweijährige und
bei den bewilligten Geldmitteln nach wie vor die einjährige haben.
Bringen Sie ans zor Einigang, and keine Kücksicht aai
eiwaige Verwickelangen nach aufisen vrird davon abhalten, Ihnen
die gleich berechtigte and gleich verpflichtete Stellung im Bunde
cinznitnmen. Nichts könnte einer vollständigen Einigung förderlicher
sem, als ein Anstois von anfsen, eine Erschtttterong, welche den in
seinem Verlaaf anterbrochenen Kiystallisationsprozels wieder in Flais
•26 Biickbliok «af die letzten handerfe Jahre der deutschen Ueereagesobiohte.
brächte. — — Ich erwarte eine Annaiierung' dcj? SiUleiüs an den
Norden wie von seinem Patriotismus so deshalb, weil wir den höheren
Preis bieten. Wir steilen ein Heer. Sie Kontingente, wir haben
einen Kriej.'^sherrn. Sie nur einen Oiterfeldherrn; wir bieten Ihnen,
was wir mit Blut errungen und was uns keine Macht der Krde
wieder entreilsen wird, bieten Ihnen, was Öie ohne uns nie erreichen
können, — ein Vaterland!"
Diese Ausi'Uhnillgen des grotsen Strategeo spreehen klar und
■erschöpfend aus. was im Jahre 18(58 znr ToUen einheitlichen Ent-
faltung der deutschen Wehrkraft noch fehlte; mit prophetischem
Blick deatet Moltke zugleich darauf bin, wie eine einmUti^^e Ex-
bebong gegen einen äufseren Feind am raschesten und sichersten
isom ersehnten Ziele führen wird, zum Reichsheer.
Im Kriege gegen Frankreich bewährten sich die Schatz
ond Trutzbündnisse; dem Anschluls der stiddeutschen Staaten an
•den Nordbund folgte die Kaiser- Proklamation und die am 16. April
1871 yerkUndete Verfassang des deutschen Reiches schuf « ino deutsche
Heeresmacht, wie sie zwar noch nicht dem Ideal einer solchen völlig
■entsprach, atjer doch das einheitliche Zusammenwirken aller deutschen
Heeresteile t\lr alle Zuknntt sicherte: der Kaiser fuhrt den Ober-
befehl Uber die gesamte Land- und Seemacht des Beiches, er er-
nennt die Offiziere mit Ausnahme von Bayern, Sachsen and Württem-
berg, denen besondere Prärogative eingeräamt sind.
Darcb das Reicbs-Militärgesetz vom 2. Mai 1874 warde
•die Oiganisation und die Eigänznng des Keiebsbeeres festgestellt,
Warden einheitliche Bestimmangen Uber das aktive Heer, ttber Ent-
lassang and flber den Benrlaabtenstand getroffen.
Wenn dies grundlegende Gesetz, das den 1' riedensbestand des
Heeres auf ein Prozent der Bevölkerung festsetzte, verhaltnismäfeig
leicht zustande kam. so kostete es siollaeh schwere Kämpfe, den
Reiehstajj: dir die iiiierläfslichen Verstärkungen zu gewinnen, die
teils durcli die Zunahme der Bevölkerung, teils durch die Rüstungen
unserer Nachbarn bedingt waren.
Die sieghafte Durchführung unserer deutschen lieereseinricliiungen
verdanken wir in erster Linie unserm unvergefslichen grofsen Kaiser
Wilhelm I , dem Schöpfer der Reorganisation von 1859 (iL dem
Kriegsherrn des norddeutschen Bundes, dem kaiserlichen Oberfeld-
herrn. In seinem Geiste hat unser regierender kaiserlicher Herr
rastlos und erfolgreich weitergearbeitet an der btärkuii*: und Mclirun^^
unserer deutschen Wehrkraft, hat er im Einverständnis mit den
BnndesfUrsten dem Keichsbeere auch durch ein äulseres Zeichen das
Rflekbliek aiif die leteten hnndert Jahre der dentaehen HeereigesoUohte. 27
Gepräge der Eiuheit g:egoben, durch die von allen deatschen Soldaten
angelegte deutsche Nationalkokarde.
Keine Weltmacht ohne Seemacht! Im Jahre 18(K) waren
die deutschen Küsten schütz- and wehrlos, das Deutsche Reich «j:ebot
über kein ein/jges Kriegsfahrzeug. Der deutsche Bund verauktionierte
die im Strohfeuer der nationalen Begeisterung geschaffene sogenannte
deatsche Flotte und nur Preulsen begann von kleinen Anfangen
stetig seine Seestreitkräfte zu mehren, freilich im beschei{le!isten
Mafse, weil die Mittel fehlten und weil das Verständnis Atr die Be-
deutung der Marine noch nicht geweckt war. Was Kaiser Wilhelm I.
entiebt und wozu er den Grund gelegt, das fuhrt Kaiser Wilhelm II.
weiter zu hohem und erstrebenswertem Zi<'lo, auf dafs Deutschland
im neuen Jahrhundert auch unter den Seemächten den IMat/ ein-
nehme, der ihm nach seiner maritimen Bedeutung gebührt Data
unser Volk endlich zu der Erkenntnis gekommen ist, wie nur im
Besitz einer starken Flotte Deutschland seinen europäischen Beruf
erfüllen kann, das verdanken wir der unermüdlichen, zielbewulsten
Arbeit nnsers Kaisers.
18CM) — £in „Simplum" von 40000 Mann mit einem bunten
Centaplum von Ausrüstung nnd Bewaffnung und mit einem Nullnm
von Aasbildung und Kriegsbrauchbarkeit, widerwillig and nachlässig
gestellt von mehr denn 2UÜ Keiehsständen, die Soldaten FalstafTsche
Rekruten, die Offiziere nur zum kleinsten Teile für ihre Stellen be-
fähigt und brauchbar; der kaiserliche Oberbefehl weder anerkannt
noch ausgeübt, das Keich zum Spott seiner Nachbarn und Wider-
aacher geworden, seine westlichen rrreiizgebiete in der Gewalt des
immer zuversichtlicher vorgehenden Erbfeindes, schütz- und wehrlos
seine Küsten und sein Seehandel. 1900 — Der deutsche Kaiser
Oberfeldherr eines Keichsheeres, das die gesamte wehrfähige Mann-
Schaft in sich aufnimmt, einheitlich ausgerüstet, bewaffnet und aas-
gebildet, denselben Kriegsgesetzen untorthan und die Rechtsprechung
nach denselben Grundsätzen geordnet; die deutsche National kokarde,
das mit Stolz getragene Abzeichen jedes deutschen Soldaten, die
.Ableistung der Dienstpflicht eine Ehre für jeden wehrfähigen
Deutschen, die deutschen Heeresteile des Nordens und des Sddens
mit einander wetteifernd in Kriegsfertigkeit und soldatischen
Tugenden.
Der imposanten I.andmacht, die kaum ihresgleichen hat in Europa,
steht die mehr und mehr aufblühende und erstarkende Marine zur
Seite mit ihrer seetüchtigen, musterhaft geschulten Bemannung, ein
besserer und wirksamerer Schutz der KUsten, als alle Befestigungen,
an denen es ebenfalls nicht fehlt.
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28 Kttokbliok aut' die letstea hundert Jahre der deatsohea üeeresgeschiohte.
Doch iu deui lichten Bilde zeigen sich auch dunkle Schatten.
Nicht nur der Umsturz vergifket die Volksseele, sondern auch ein-
ander widerstreitende materielle Interessen driin^^'n sieh in den
Vordergrund, trüben die Freude an der gemeinsamen nationalen
.\rbeit. Da ist es denn heute notwendiger als je, dals unserm
deutsehen Wehrtum die idealen Grundlagen, das selbstlose
Strel)en erhalten bleiben, worauf alle Tüchtigkeit und jeder dauernde
Erfolg beruht. Möchte das vor allem unser deutsches Offizierkorps
nie vergessen, denn der Geist des Heeres sitzt in seinen Offizieren.
Wenn wir uns in alter Treue und Hingebung um unsern Kaiser
scharen, eingedenk der Losung, die er uns gegeben: Hin Reich —
Ein Volk — Ein Gott! dann soll das Wort „Ein Gott" kein leerer
Schall für uns bleiben, sondern in seiner tief inneren Bedeutung
von uns erfaist werden; denn wie wir Gottes Fülirun^jreii alle unsere
Errungenschaften verdanken, so bleibt die Verheilsung ,,(iott verläfst
keinen Deutschen'* nur in Kraft und Geltung, wenn der Deutsche
seinen Gott nicht verleugnet.
So möge das deutsche Keichsheer gleich den Kämptern von
1813 nach wie vor den Spruch von Ernst Moritz Arndt beherzigen:
„Mit Gott, dem frommen starken,
Seid fröhlich und geschwind,
Kämpft für des Landes Marken,
Für Eltern, Weib und Kind!''
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Fdedriohs d. Gr. Lebren und die beatige Kriegflibniiig.
29
IL
Was könneD wir von Friedrichs des CroFsen Lehren tfir
die heutige Kriegifihnmg brauchen?
Vor kanem enohien eine Schrift, welche die mflitilriBchen
Iidtmotire Friedrichs des Groisen einer nenen PrUfong and Unter-
sDchnng nntezzieht^) Man weils, wie umstritten die Frage ist» welche
eigentUoh Friedrichs Gesamtansohaanng Tom Kriege war; zahUose
SehiiflseUer ftnberten sich dasn; von den Bedeutendsten seien
Napoleon L, Jomini, Clansewits, Theodor Bemhardi, Delhrllck und
Jibns genannt In den lotsten Jahnsehnten Tcifoehten die nnter dem
Eindrock der nendentsehen Kriegftihmng stehenden Männer zn-
meist mit Eifer den Standpookt, Friedrieh der GroJse sei im Grande
genonmen von denselben Ansichten getragen gewesen, wie wir, er
schon liabe die Niederweifangs- and Vemiehtangsstrategie mit voUem
Bewafstsein gehandhabt n. s. w. a. s. w. Wie immer nach grofoen
kriegerischen Epochen, glaabt die Mehizahl in dem finreichten den
Gipfel der Entwiokelang, das an sich Richtige sn sehen, and benr-
teilt ans diesem Gesichtswinkel frühere Epochen, wobei das Urteil
nur schief ans&llen kann; es ist die alte Sache »Was Ihr den Geist
der Zeiten heilst, das ist im Grand der Herren eigener Geist, in dem
die Zeiten sich bespiegeln^. Delbrttck and Jähns haben veisacht,
dem gegenüber Friedrich den Groisen aaf den Bod^n seiner Zeit sn
stellen and ihm die Belenchtong gegeben, die den eigenttlmlichen
Zuständen — dem „miliea** des XVUL Jahrhnnderts entspricht
Seither vollzieht sich in der wiBsenschafUichen Welt ein Abbri^okelangs-
piozess an der Niederwerfnngstheorie, soweit sie Friedrich dem
Groisen aa%erttckt werden soU, die Ansichten sind indes noch
lange nicht geklärt
Die Yoriiogende Abhandlang hat sich ledigUch auf den zeit-
geDössischen Boden, d. h. die Ereignisse des XVUL Jahrhanderts,
die ÄnfiBcrangen Friedrichs and seiner Zeitgenossen, gestellt, and ab-
nchtlich aUe seitherigen militärischen and civilistischen Interpreten
des K9nigs bei Seite gelassen. Wohl wird nnr die Zeit von
1746 — 1756 behandelt, allein es ist dies die wichtigste nnd ent-
scheidendste Epoche in der geistigen Arbeit» die das tibatenreiche
Leben des KOnigs begleitete, in diesen Jahren reifte er ans, and in
Kilegigesebiobtttebe EimelndiilfteB, hersosgegeben vom Oroiaea
GeneralsUbe. Friedrich der Grosse. Die Bntwiokelitng des Königs bi s^iiea
Anftfihannagen vom Kriege 1746—1766.
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3U Friedrichs d. Gr. Lebren und die beutige Krieglübrimg.
der geistigen Verfassang, die er sich da gegeben, begann er den
siebenjährigen Krieg, leistete er das Höchste; 1758 schon setzt dann
die Reaktion ein and führt den kampfmUden, alteroden Monarchen
schliefslich zu der Methodik znrttck, die er in seiner jQgend ver-
worfen und vergebens zu dnrohbieehen gesucht.
Unter den VerhältDissen des XVIII. Jahrbonderts war es eben
nicht mOglieh, sich grundsätzlich Uber die heirachenden kriege-
rischen Ansehannngen za erheben. Das vorliegende Buch entwickelt
dies an der Hand zahlreicher Belege und Quellen sehr geschickt
aus den Verhältnissen des XVIIL Jahrhunderts heraus. Dais der
Drang, den Krieg im Sinne der Niederwerfungsstrategie zu führen,
im Könige vorhanden und lebendig war, ist gar keine Frage, aber
ebenso leuchtet ein, dals er viel zu scharfblickend und praktisch war,
um zu verkennen, dafs ein Ändern der Kriegsformen in greisem
Stil und ein entschiedenes Steigern der Heftigkeit des Kampfes bald
eine Grenze fanden an den Verhältnissen der Heere, der Kriegs-
schauplätze und der Bevölkerungen.
Die betreffenden Ausführungen der vorliegenden Schrift sind
so gehalten, dals ein aufmerksamer Leser geradezu gezwungen vdrd,
vieles zwischen den Zeilen zu finden, was uns und unsere Zeit und
unsere Znknnfit angeht. Dafür schreibt man ja Kriegsgeschichte. An
vielen Stellen ist das Buch so gearbeitet, da6 es zum Vergleich
mit der Gegenwart und zum Nachdenken ttber die Zukunft geradezu
zwingt und in diesem Sinne sei es versucht, einige heute brauchbare
Gredaoken aus diesem Werke abzuleiten, das anscheinend lediglich
eine vergangene Epoche zum Vorwurf nimmt
Schon allein die Heere des XVIU. Jahrhunderts unterschieden
sich sehr von den unserigen; sie waren Berufsbeere und daher zu-
idtohst gegen die Eindrücke des Krieges nicht so empfindlich,
wie unsere Volksheere, die kein Pulver gerochen haben und über
deren Brauchbarkeit fUr den Krieg die ersten Gefechte unabänder-
lich entscheiden. Selbst nach einer verlorenen Schlacht liefen die
Schnauzbärte jener Zeit nicht annähernd in dem Mab davon, wie
moderne Truppen, die Niederlagen nicht gewöhnt sind, sie verlieren
dann allen Halt Die Gefechtsführung des XVHI. Jahrhunderts trug
Sorge dafür, es niemals zu einer vollen Auflösung kommen zu lassen,
sondern man brach, wenn es schief zu gehen drohte, das Gefecht
rechtzeitig ab und zog sich geordnet in eine vorher erkundete und
womöglich befestigte Stellung zurttck — kurz, die Verfolgung war
erschwert, ein Sieg konnte nicht ansgenutet werden, die Schiacht
war nicht entscheidend. Dies war ein Hauptgrund, warum die
Feldbeiren nur zögernd an eine Schlacht herangingen, sie nutzte,
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Friedrichs d. Gr. I^ebrea und die beuü|;e Kriegführung.
31
loch wenn sie gewüiiDeu wurde, nicht sehr viel, sie machte den
Gegner nicht wehrlos. Aber nicht nur nicht cntscheidtüd war die
Schlacht, sie war auch höchst ungewifs. Sehen wir uns einmal
unsere Zeit &u; da finden wir stets alle Siege auf einer Seite, die
vielen Grefechte and Schlachten eines modernen Krieges gewinnt
immer nar der eine Gregaer, der andere yerliert sie alle, das
geht durch den ganzen Feldzag so fort. Im XVIII. Jahrhundert war
das dnrchaos nicht der Fall. Die Heere waren als Berufsheere so-
zusagen international, die natiotMlen Eigenschaften konnten sieh
nieht im dem Mass änüsern, wie hent, der Ansfall der ScUachten
hing in weit höherem Ma&e als hent Ton der Anwesenheit des Feld-
bezren an Ort nnd Stelle, von seinem persöDliehen Eingreifen, and
scUielhlieh aneh vom Gltlck ab; die Gefeehtsfonn, die gegenüber
dem geringsten Sjiiek oder Ghraben im <3elttnde ungemein empfind-
lich war, trug in dieser Bedehnng das Element des Ungewissen
ond UnTorhennsdienden in die Erseh^ungen auf dem Kampffelde
und daher kam es, dals der Erfolg der Schlachten stark wechselte;
heute siegte Prinz Eugen, morgen Villars, keinem Feldherm war ee
möglich, in rascher Aufeinanderfolge Sieg an Sieg zu knüpfen, wie
dies heute möglich ist, sondern der Sieg mofete jedes Mal durch
ganz besondere Malsnahmen anfs sorgfältigste und umstiftndliehste
gesichert werden nnd dennoch stellte sich häufig ganz unerwartet die
Niederlage ein (Denain, Rolin). Ja, unter solchen Verhältnissen
war natttriieh die Kriegfhbning etwas gans anderes als heute, und
die Feldherren tbaten recht daran, mit der Schlacht zu sparen, da ihr
Erfolg nngewib, und selbst, wenn sie glücklich ausfiel, das Ergebnis
ein geringes war.
Nnr der Feldherr konnte es auf häufige Schlachten anlegen,
der sicher war, immer zu siegen nnd anlserdem doch noch etwas
kiäfHger zu yerfolgen, als es herkömmlich war. Immer siegen —
ja daza gehörte eben entweder ein an Zahl oder an Tüchtigkeit •
sehr überlegenes Heer. Friedrich der Grolse durchdrang sich mit diesem
letzteren Gedanken und sagte sich, auf das Studium der Antike gestützt^
dafe die beste Gewähr für häufige Siege in taktischer Überlegenheit
des Heeres bernhe, denn ein an Zahl überlegenes Heer konnte
das arme nnd kleine Preolsen, wie die Dinge 1745—56 lagen, nicht
herstellen. Er schult also sein Heer ganz TortreiTlich nnd erhebt
sich weiter zu dem grofsen Gredanken, dieses tüchtige Heer, wenn
es Krieg giebt, durch rasche und häufige Schlachten auszunutzen;
das ist das Verfahren unserer Tage, es ist der grofse Gedanke der
Kapoleonischen und Moltkeschen Kriegführung.
Allein dem Könige war es nieht rergönnt, etwas Ähnliches in
^ kj i^Lo Ly Google
32
Fnedriehs d. Gr. Lehren und die beutige Kriegführung.
die Wirkliehkeit so Tenetsen. Sobald er ee daraaf anlegte, den
Krieg mit raschen und entsobeidenden Sehlttgen m Ibhraiiy traten
üun Umstftnde hindernd in den Weg, von denen wir nne heute
kaum mehr eine rechte Vorstellnng m machen vermögen. Erstens
war es damals Überhaupt nicht leicht, dann wenn man wollte, rar
Schlacht zvL gelangen, den Feind znr Schlacht an zwingen; merkte
'dieser, dab man eine Waffenentscheidnng soche, so schlols er daraus,
dafe man besondere Anssiehten für den Sieg haben mfisse (heran-
gezogene Verstärkungen« Uberfluls an Schleis- und Elsbedaif^ Aus-
sieht auf Insniiektion n. dgl.) und wieh dem Kampfe ans. Das
ist heute in keiner Weise mehr der Fall; man denke daran, dab
-Osterreich 1859 die Sohlacht von Magenta annahm und verlor,
ans dem ein&chen Grund, weil es einen Rttckzug bei Kriegsbegion
scheute; dals Franz Joseph 1866 Benedek aus dem gleichen Grunde
•eine Schlacht geradezu befahl, die der An&ng vom Ende wurde; data
Mac Haben, trotz seiner besseren Einsicht, 1870 nach Sedan ging, der
Waffenehre wegen u. dgL; dann wird man erkennen, dafo heute die
Stimmungen der des Kriegs entwöhnten fiegierungen und
Völker nun einmal auf die Kriegführung, auf die Entachlflsse der
Generale ganz imperatiT in dem Sinne wirken, dafe bald etwas
geschieht, gebe es wie*s mag; auch der Schwttchere stellt sich
heute sofort zur Waffenentscheidung. Znr Zeit Friedrichs war dies
nicht der Fall, Regierangen wie Völker waren an das Warten durch
Jahrelange Kriege gewöhnt und man war schon zufrieden, wenn
Hiobsposten ausblieben, ein rascher und positiver EIrfolg wurde nicht
annähernd so sehr gefordert, wie heut. Einem ttbermächtigen An-
greifer gegenüber zog der Angegriffene die Dinge in die Länge,
wich der Entscheidung aus und lieb den kleinen Krieg, gelegentlieh
«neb die Politik gegen seinen Bedränger spielen.
Dieser war dagegen machtlos. Mit den 50 oder 60 tausend
t Mann einer damaligen Armee, auf den damaligen Straben,
bei der Schwierigkeit des Nachschubs u. s. w. würde ein rttcksiofate-
loses Suchen des Sieges, ein Vordringen bis in das Hers des
gegnerischen Steates, häufig unmöglich gewesen sein. Hier mttssen
wir auf das Buch selbst verweisen, das alle einzelnen Erschwernisse des
damaligen Operierens, Zag um Zug entwickelt: Die Unzaverlässigkeit
der Werbetrappen, mit denen man keine einigennaben starken
Märsche machen durfte, die man stets in geschlossenen Lagern bei-
sammeo halten mobte, weil sie sonst viel durch Desertion verloren; die
unendlichen Schwierigkeiten des Nachschubs und der Verpflegung;
letztere namentlich worde oft unmöglich, wenn man anne, durch den
jahrelangen Krieg bereits ausgesogene Gebiete durchzog, ganz be-
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Fiiediielw d. Ur. Lehnn und die henlige KriegfiUining. 33
Moden aber dann, wenn sich die Beyölkenuiir yor dem anrUekendeii
f Itlebtete, was snr Zeit des dTeUsigjilbrigen Krieges (fierade-
20 die Regel gewesen war and noeh mr Zeit des Königs, z. B. im
taeheeliiseh-kathoUsehen Böhmen sehr hftnfig vorkam; der Einflnls,
den die damals heinahe aosnahmlos ans alten Zeiten hefestigten
Städte auf die liftrsehe, den Naohsohnb n. s. w. n. s. w. aostthten;
kniz wir erblieken da einen förmlichen Rattenkönig anendüeher
Sebwierigkeiten nnd Hindemisse, die die Kriegführung ganz onver-
meidlieh in die Länge ziehen and eine Niederwerfongsstrategie im
modernen Sinn materiell anmögiioh machen mnfsten. Unter
den damaligen Verhältnissen wttrde sich das Werbeheer einfiich auf-
gelöst haben, oder es würde verhongert sein, hätte man es so raseh
und rttoksichtslos marschieren lassen dnroh die damaligen Einöden,
wie es heate Heere thuD können, bei denen die Fahnenflaeht auf
dem Maische schon deshalb weniger empfanden wird, weil man
Reserven hat and der einzelne Mann nichts kostet; nnd die femer dicht
besiedelte Länder mit einer zahmen Bevölkerang darchziehen, der
es, aofser in seltenen Aasnahmefällen, nicht im Sohlafe einfällt, dem
tingedrongenen Gegner ernsten Widerstand entgegenzosetzen. Wäre
es aber selbst möglich gewesen, damals mit dem Werbeheer so ent-
schieden, rasch and anbekttmmert zu operieren, wie mit modernen
Tmppen aaf modernen Kriegsschauplätzen, so konnte, das fällt uns
eben wieder ein, nicht mit Bestimmtheit daraof gerechnet werden,
dals sieh der Gegner znr Schlacht stellen würde, und selbst wenn
er das that, so blieb der Sohlachterfolg fraglich und sogar wenn
man siegte, woCste man mit dem Siege nicht viel anznfangen, weil
namentiieh eine strategische Yerfolgnng so gat wie anmög-
lich war.
Diese groisen, aUgemeinen Hindemisse der KriegfUhrang ent-
wickelt das Yorliegende Bach zam erstenmal und mit ananfecht-
barer Beweiskraft ans den zeitgenössischen Quellen heraas; sie lassen
erkennen, dals eine liiederwerfangsstrategie in nnserem Sinn zu
jener Zeit einfach anmöglich war, und, selbst, wenn sie möglich
gewesen wäre, hätte sie zu nichts als Mifserfolgen gcftlhrt, wie sie
der zwölfte Karl erlebte, der den Generalen des XVUL Jahrhnnderts
ein warnendstes Beispiel blieb.
Das sagte sich auch B>iedrich der Grolse mit nnerbittlicher
Klarheit selbst, wie es seine zahlreichen und ganz anzweideutigen
AoAernngen schon vor Koliu beweisen. Aber andererseits ist nicht
zu Terkennen nnd nicht zu leugnen, dals er doch das Bedürfnis
hatte, etwas anders und in entschiedenerer Weise als bisher Krieg
so fähren. Dieser Wansch des Königs, die Selmeiligkeit and
JaMMkOT Ar di* dMtMto Aimm od Maibik Bi. II«. 1. i
«
34 Friedildhs d. Qr. Lehnn and die heutige Ktieglllliniiig.
Heftigkeit des Abmessens der Kräfte zu steigern, liegt von 1745—56
mit der Einsicht im Streit, dafs dies zur Zeit nicht in dem wünschens-
werten Mafse möglich und vor allem nicht ohne Gefahr fUr das
eigene Kriegswerkzeug war. Der König sucht daher nach neuen Formen,
die ihm rasche and vollständige Siege ergeben, die es ihm ermög-
lichen, Kriege mit zerschmetternder Wucht und Schnelligkeit zu
führen, ohne das eigne Heer zu lockern und zu zerstören und ohne
die Dinge soweit zu treiben, dafs schlielslich das Schicksal Preulsens
einzig und allein von den nicht vorherzusehenden Wechselfällen eines
Schlachttages abhänge. Dieses weise Malshalten, dieses sich vdrur-
teilslos in seine Zeit Finden ist unseres Erachtens ein ganz
anderes Verdienst als das dem Kernige von zünftiger Hliiidheit
zugeschriebene, er schon habe Vernichlungsstrategie ^'trieben, niim-
lich das, was wir in der augenblicklichen (re^^enwart darunter verstehen.
So traf der König einen Ausgleich zwischen dem wüs ihn trieb,
und dem was zur Zeit durchführbar war und blieb im ganzen ein Sohn
des XVIII. Jahrhunderts, oder vielmehr der ^'■esamten Zeit seit der
Erfindung des Pulvers und dem Aufkommen der Berufsheere. Immer
hatte sich seither der Krieg nicht nur allein mit der Zerstörung
der feindlichen Macht durch Anwendung schlichter (Gewalt - durch
die Schlacht — befalst, sondern er zog alle Hilfsmittel der List,
des kleinen Krietrs, der Wegnahme der Vorräte u. s. w. heran, un-
vermeidliche Begleiterscheinungen einer Zeit, die rasche, reinliche
und unwiderrufliche Entscheidungen nicht gestattete, und daher not-
gedrungen mit zum Manöver grilf. Auch der König handhabte und
lehrte das Manöver und that wohl daran. Dals er unsere Krieg-
ftihrung rucht vorwegzunehmen vermochte - welcher Verständige
wollte ihn deshalb tadeln V Seiner Zeit genug gethan zu haben, ist
das Höchste, was man vom Staatsmann und vom Feldherrn sagen
kann und für Friedrich trifft es zweifellos zu; weim wir Nachge-
borene ihn nicht oder schlecht versteheo, so liegt die Sobald an
an», nicht aber an ihm.
Wir schreiten nun an die Ilmdeutung der wichtigsten Lebren
des Königs fUr die Verhältnisse unserer Zeit, wie sie sich ans
dem in dem besprochenen Buche Gebotenen fast von selbst ergiebt.
Da ist zunächst die Taktik. Hier ging der König weit über
seine Zeit hinaus. Das Um und Auf seines Bestrebens ist, die
Schlachten rascher und entscheidender zu gestalten als bisher;
das konnte er nur mit einem üeer, das denen der Nachbarn inner-
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Friedriohä d. Gr. Lebren und die heutige KriegtUhrung. 35
My also SD Wert Überlegen war, aod das erstrebte der König,
xooicbst durch eine onansgesetzte Friedensarbeit, die sich sehr von
der Friedenatiifttigkeit der andere Enropttiseben Heere jener Zeit
uleiaoliled; diese lungerten in Friedensseiten ihatMhlkjb nnbesdiiftigt
ia den Gkunbonen und snf dem Lande nmher und kam es snm
Kriege, so yergingen Monate, ebe die Trappen etugeübt und anf üue
Führer eingespielt waren. Das prenlsisebe Heer dagegen war jeder
Zeit fertig za sofortigem Gebraneh, das bildete einen Teilseiner Stärke.
Schwerer wog noob die Feehtweise, zn der Friedrieb sein
Heer erzog, nnd die ihm, oder vielmehr seinen Truppen Ton Hanse
aas eine ganz sosgesproobenc, spezifische Überlegenheit Uber
andere nVOlker"* des damaligen Earopas gab. Mit deutlichen Worten
erklärt der KOnIg, er schaffe sich eine neue ,,Ordonnaoz", etwas
ihnliches wie die alte Leglonartaktik, mit der die ROmer jahr-
bmidertelang unter den Teischiedensten Verhältnissen fast immer
gesiegt hätten, anch er sneht nach etwas zuverlässig cm, um
dauernd und wiederholt zn siegen in einer Welt, wo die Sohlaeht
jederzeit ein Wagnisse wesen war. Die „ Ordonnanz'* des preufsischen
Heeres hatte ihm Uber Grefahren wie MoUwitz und Soor hinwegge-
holfen, sie hatte ihm erlaubt, dem alten Dessaner die Schlacht von
Kesselsdorf mit aller Sieherheit des Erfolges geradezu zu be*
fehlen, obwohl der KOnig weit vom Schauplatz der Ereignisse und
ohne Einfluls auf dieselben war.
Auch heute ist der Einflnfs emer tttcbtigen „Ordonnanz'^ d. h.
einer besseren Fechtwelse auf den Krieg ein gewaltiger; der Scbtttzen-
kampf Napoleons L war eine solche Ordonnanz, die preuisische Be-
waffnung war es 1866 aueh. Mao wird sagen dUrfeo, heute wird
eine geschicktere Fechtweise noch sehr viel mehr entscheidend
sein, als zur Zeit des König und der konventionell gleichen Berufs-
heere; die losen Massen modemer Volksheeie sind so empündlich,
dals sie einfach unbrauchbar werden, wenn ihnen der Gegner fester
geschulte und geschickter fechtende Truppen entgegenstellt
Des Königs „Ordonnanz gipfelte in einer Zuspitzung des An-
griffs, wie sie bis dahin in Europa unbekannt und noch nicht ver-
sucht war. Er erklärt, nicht das Oeschiefse und die grdfsere oder
geringere Anzahl der Toten entscheide ttber Niederlage und
Sieg, sondern das Anrennen, bis man das Weifee im Auge des
Gegners sieht. Darauf erzog er seine Trappen, ja, er übertrieb
sehllelslich den Angriff, wie sieh bei Prag und Kolin zeigte, in
dieser Form war der Gedanke ein heroischer Irrtum gewesen,
der aber gleichwohl dem Gegner gewaltigen Eindrack gemacht hatte
nnd damit Friedrich dem Groben zu gute kam.
8*
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36 Ftiedrioha d. Or. Lehren tmd die heutige Kriegfiihrang.
Anch für ODSere Zeit ist der ADgriff die stärkere Form, ja,
man mttohte sagen, er ist beule die einzig mißliche Form; nebenbei
ist er wirksamer and entscheidender geworden. Friedrichs
Angziffsbarste zerschellten wiederholt an dem auf 50 — 100 Schritt ab'
gegebenen Österreichischen Massenfeuer kampfgewohnter Grenadiere.
Heute gerät der Verteidiger sofort ins Schwanken nnd Abbauen,
wenn ihm ein Angriff näher als 300 Meter aaf den Leib rttckt; nnr
solche Trappen, die bereits im Feuer and siegreich gewesen
sind im Beginne des Feldzugs, nur solche Trappen sind heute sn
einer ernsten Yerteidignng imstande. Für die ersten Schlachten
nnd Gefechte taugt nur der Angriff, za dem man junge Truppen
TOrhältnismälsig leicht bringt, der sie zasammenschweilst und stählt;
unsere Bttrgersoldaten müssen gleich nach Beginn des Kriegs, in
den ersten Gefechten, unbedingt Krfol^e erleben, sonst schlägt
die Stimmung rettungslos um nnd sie werden geradezu unbrauchbar
Itlr die ganze weitere Dauer des Kriegs; alle Erfahrungen der Kriege
der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts, auch der exotischsten, be-
stätigen diesen Satz; wir haben es hier mit militärischen Massener-
sebeinnngen zu thun, die unseres Erachtens bisher nicht gebührend
erkannt nnd untersucht worden sind. Wie aber den Angriff predigen,
wenn, wie heutzutage, die Scbuf^waffen immer zerstörender werden?
Wir verweisen dem gegenüber auf die unanfechtbare Statistik, die
uns zeigt, dals die Verluste durch Tod und Verwundun«,' seit über
100 Jahren beständig abnehmen und in den letzten grolsen Kriegen
nicht annähernd so hohe waren, wie zur Zeit Friedrichs des Grolseo.
Die berofsmäljsigen, schlachtgewohnten Schnauzbarte des XVIII. Jahr-
hunderts trafen eben mit ihren schlechten ,,Kuhftt£sen^' weit mehr,
als die hasenherzigen modernen BUrgersoldaten mit dem Magazin-
gewehr. Erfabrungsgemäfs schielst der Verteidigter desto schlechter,
je näher der Angreifer ihm auf den I.eib rückt, überall sind da die
psycbologiBchen Einflüsse nur zu deutlich erkennbar und gerade all
diese „Psychologie" fordert uns aufs dringendste auf, es auch heute
wieder, unbeirrt durch gelelirten Unverstand, mit dem rücksichts-
losen Angriff zu versuchen, er ist für uns leichter und ver-
spricht weit mehr Erfolg, als zur Zeit Friedrichs des Grofsen. Wenn
wir aber den taktischen Angriff nachdrücklichst fordern, so verkenneu
wir damit dnrcliaus nicht, dafs unsere beutigen Gefechtsformen,
namentlich die Taktik der Infanterie, um bildungsfähig sind und
noch mehr als bisher auf den taktischen Angriff zugeschnitten
werden müssen. Einer angreifenden Truppe mufs man die Sache
leicht machen, gleich^^ültig durch welche Mittel; die Gelände-
beuutzung allein reicht da nicht ans; man mu& noch weiter gehen
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Frlodriohs d. Gr. Lehres und die heutige KiiegfllhniDg. 37
als bisher in der Verkleinernng der taktischen Einheiten und in der
bewufsten, geordneten Auflösung; hei den Übaugen der Trappen
jedesfalls sieht man zuweilen ..TUrken", die gar sehr an die wohl-
geordneten und gerichteten Pelotons Friedrichs des Grofsen erinnern,
über deren Wert im Gefechte er sich drastiBeh und ouzweideatig
genug ausgedrückt hat.
Friedrich der Grofse konnte selbst einen vollständig gelungenen
Angrirt fast nie ausnutzen, der Sieg ergab keine Früchte, denn
die starr gefügten und geschlossenen Werbetruppen zogen sich, wenn
geschlagen, rechtzeitig in vorbereitete Stellungen zurück, und boten
dort sofort einen neuen Kampf an, falls der Sieger verfolgte. Das
ist heute anders geworden. Schon in den Kevolutions- und Napo-
k'onischen Kriegen trat infolge des Selbständigwerdens der Truppen
im Gefecht bei jeder Niederlage eine scharfe Reaktion auf; dieser
Zug wuchs seither immer au mit der weiteren Demokratisierung
der Gefechtsformen (Kompagniekolonnen, SchUtzenkampf ), mit dem
Sinken der Dienstzeit und dem Seltenervverden des Krieges. Heute
ist die Entwickelung so weit vorgeschritten, dals man überzeugt sein
kann, geschlagene Truppen werden einfach wehrlos. Ge-
worfene Truppen fluten heute, vom weitreichenden Verfolgungsfeuer
zur Verzweiflung gebracht, in langen Strähnen widerstandslos dahin
zurück, woher sie gekommen sind, lassen sich nicht zum Stehen und
Frontmachen bringen, wenn der Sieger einigermafsen folgt und sind
selbst, wenn man sie erst nach Wochen wieder ins Feuer führt,
demoralisiert bis zur Unbrauchbarkeit. Darüber sollten wir uns
doch nicht täuschen, das hat sich schon 1870 beim kaiserlich
französischen Heer gezeigt und wird in Zukunft bei unseren heutigen
Truppen mit noch sehr vervielfachter Wucht auftreten. Die Reaktion
der Niederlage ist heute fürchterlich, sie entmannt die Heere und
macht sie zu Schlacken. Desto mehr steigen natürlich die Aus-
sichten des Siegers, er kann durch eine beinahe opferlose Verfolgung
den Gegner buchstäblich vernichten, zur Zeit des grofsen Königs ist
das schlechterdings unmöglich gewesen und die Vemichtungsstrategie
ist keineswegs eine höhere Form der „Kunst", sondern einfach das
natürliche Ergebnis der Veränderungen, welche Heerverfassung,
Fechtweise, Kriegsgebranch, Geist und Stimmung der Völker seit
einem Jahrhundert gemacht. Heute ist die \ emichtungsstrategie
leicht, sie fällt jedem Sieger in jedem Kriege von selber in den
Schols; Herr Edhem Pascha wie die Herren Sampson und Shafler
haben ihre Gegner niedergeworfen mit einer Kaschheit und
Grtindlichkeit, die ehedem, zur Zeit der Berufsheere, undenkbar war.
Die Waffeneotscheidung ist also viel wirksamer als ehedem
38
Fiiedricbä ü. Gr. Lelireu und die heutige KriegfUliruDg.
geworden, ein Grand mehr, sie mit allen Bfitleln zu sichern. Zn
diesen Mitteln gehören nicht nur die Fechtweise der Trappen und
die Leitung der Schlacht, sondern vielmehr nnd vor allem die ganze
Anlage der FeldzUge. Noch Friedrieb der Giofee konnte (oder
mufste Tielmehr) nach der Kriegserkittrang mit Vorsieht nnd Bedaeht
verhältnismäljsig laugsam ins Feld rttoken, nnd non manÖTeiierle er
eine Weile, um eine •günstige Gelegenheit sor Seblaeht tu erhaseben^
den Gegner zn überfallen, ans dem Stegreif die Schlacht anzubieten,
oder aber sie plöt>Ueb wieder sn vemeiden, wenn die Umstände
nicht günstig ersehienen. Nebenbei wirkten der kleine Krieg
and die Anteilnahme der Völker belästigend, verzögernd nnd Ter-
vmrend auf die Kriegsheere ein. Das war der Manöverkrieg, in
welchem Wochen nnd Monate damit zagebraobt wurden, eine Schlacht
yorznberelten, die dann ^elleicbt ganz ausblieb; die Köllen Ton
Angreifer und Verteidiger wechselten ab, heute ging der eine vor,
morgen der andere, heute suchte man die Schlacht, morgen vermied
man sie, nnd die ganze Kriegftthmng hatte einen lokalen und per-
sönlichen Anstrich, das operative £lement herrsehte vor.
Das alles ist uns hente abhanden gekommen. Innerhalb von
ein paar Wochen sind die Rahmenheere auf die Kriegsstärke geschwellt
nnd jetet mala mit diesen losen, zagen Massen sofort irgend etwas
geschehen. Kaum ist der Krieg erklärt, fallen schon Entsoheidungs^
Schläge. Es ist klar, dafs unter diesen Umständen die Kriegsvor-
bereitung ganz anders ins Gewicht iälU, wie ehedem, da sich die-
selbe noch lange in den schon begonnenen Krieg hinein fortsetzte
und neben demselben herlief. Heute ist das, was vor dem Kriege
geschehen ist, sohleehthin entscheidend; zwischen mittel-
europäischen Kulturvölkern ist der I^eg entschieden, bevor er
erklärt ist. Die Lieitnng des Feldherm, ohnedies eingeengt durch
den gegebenen Aufinarseh und die Plötzlichkeit des Losbmcbs ist
nur mehr der änisere Ausdruck, das Ergebnis der Kriegsvorbercitnng,
sie erntet, was sie gesäet hat und Stegreif erfolge, Impromptus giebt
es fdr de nicht mehr. Die grolsen, ungefügen Massen des Yolks-
beeres sind einmal angesetzt, so oder so, ein feines Operieren giebt
es ndt diesem Material nicht mehr, die ersten Schläge fallen unmittel-
bar nach der Bereitmachung und sind ebenfalls schlechthin ent-
scheidend für den Erfolg des Kriegs. Ein Kapitel von den Massen-
erscheinnngen im Kriege, das nicht eindringlich genug ttberwaoht
werden kann!
Ein dunkles Gefilhl, da(s dem in der That so ist, beherrscht
denn doch die denkende militärische Weit; es zeigt sich dies darin,
dals fast nur Taktik, nahezu gar keine strategische Wissenschaft
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Frledilohs d. Ott, Lehren and die beatige Kriegführung. 39
getrieben wird, während die letelere bis vor drei Jabnehnten iin-
gdSia entBcbieden Überwog.
Wenn nan die Verfassung nnd die Art, wie unsere modernen
Heere in den Kampf treten, ftar Sieg nnd Niederinge sebieebtfain ent-
scheidend sind, and die Kriegsleitang gans aolserstande ist, Fehler
der Kziegsvorbereitnng nooh in elfler Stande gut an maeben (was
ehedem die Bogel und allgemein gebränehlieb war), so mols man
sieh fragoi, welehe denn bente die strategiseben Mittel snm
Siege sind?
Die Klederwerfnngs- nnd Vemiehtongsstrategie. Gewils. Allein,
die £rfabnmg zeigt, dafs man, am Niederwerfongsstrategle mit Erfolg
treiben an können, dem Qegner, sei es an Zahl, sei es an Güte der
Truppen, wenigstens anfangs Überlegen sein male. FHedrieh
sagte sieb das klar nnd strebte daniaeh, allein 1757 seblng ihm
doeb fehl, dafür war eben die Zeit doch niebt da. Heataatage,
hei Qusem weichen, eindmcksf&higen Massen bandelt es sich mehr
denn je am ein rasches Abmessen der KrSfte, das kann man nur
mit dem Angriff nnd der mOchte dooh wohl bei unserem hentigen
Material nooh mehr me 1870 auf die Überlegenheit an Zahl be-
gründet werden. Vendchten kann man auf dieselbe erst dann, wenn
die Heere dnroh anfllnglioben Erfolg oder mindestens dorch flottes
Vorwärtsgeben feuerfest geworden sind. Im Anfang braachen
wir Überlegenheit an Zahl wie das liebe Brot, besonders gegen
einen Feind, den wir bisher ohne sie nicht besiegt haben (von
Bofobaeh abgesehen, aber da fährte Friedrich der Grolse) und je
erdrückender sie hergestellt werden kann, desto besser. Haben wir
die ersten Schlachten gewonneu, dann ist es mOglich nnd angezeigt,
mit Terfaältnismäldg geringen Knifken zu verfolgen, wobei
freilich die Energie der Verfolgung gegenüber dem besiegten Heer
wie auch der Bevölkerung weit höher angespannt werden mnb, als
es 1870 der Fall war.
Wie aber, wenn ein Land gegen übermächtige fiondesgenossen
kriegen soll, wie es Friedrich dem Grofsen erging nnd wenn dieses
Land niebt imstande ist, gegen beide Gegner gleichzeitig Überlegen-
heit an Zahl zu entwickeln?
Sehen wir uns Friedricbs des GrolBcn Beispiel an.
1749, als der österreicbisch-mssiscbe Krieg drohte, will er
alle seine Truppen, sein ganzes Heer auf den nächsten und be-
reitesten Gegner werfen, den Osten seines Landes entblöfst er
ganz von Truppen, da stachelt er nur die Bevölkerung zum
WidefBtand gegen die Eüidringlinge auf; bat er den einen Gegner
abgetfaan, dann wird er rieb gegen den andern wenden.. 1756,
40
Aas dem Kifoge 1807—14.
nacb reiflicher Überiegimg, handelt er anders; 'er wendet sich gegen
Osterreich nnr mit einem Teile seiner Macht — allerdings dem
bedeutendsten — and beläfst ein Nebenheer im Osten. Er thnt
dies deshalb, weil er glaubt, nnter den Verhältnissen seiner Zeit
nieht imstande zu sein, mit dem nächsten Gegner so rasch fertig
zu werden, um rechtzeitig Uber den andern herzufallen; er sieht
YOrans, dafs sich der Kampf mit Osterreich möglicherweise in die
L4bnge ziehen kann, dafs er nicht zumAbschluIs kommt, und in-
zwischen verwüsten ihm die Russen seine Erblande; deshalb beläist
er Lehwaldt in Preufsen. Wie es der König voranssah, so kam es
denn auch, er wurde 1757 mit Österreich nicht fertig and manöverierte
von da ab 5 Jahre mit virtuosem Geschick, wobei es ihm schliels-
lich gelang, die Gegner zu ermüden und zu trennen; bei der da-
maligen Kriegführung ist dies Verfahren zweifellos das Richtige
gewesen. Wir sind in diesen Richtungen schlimmer daran, als König
Friedrich es war. Dafür sind wir ihm weit voraus in der Möglich-
keit, auf dem einen Kriegsschauplatz rasch und gründlich ein
Ende zu machen und rasch nach dem andern umzukehren. ,,Wer
Alles defendiren will, denfendiret Nichts, mithin muls man alsdann
dem Feind eine Provintz sacriüciren, indessen aber mit der gantzea
force denen anderen zu Leibe gehen, sie zu einer ßataille obligiren,
und seine äulserste Kräffte anwenden, um solche Ulteru Hauffen
zu wertVen. alsdann man ^r^Gi) die anderen detachireu muls." In
dieser iSchärfe war der Satz unter den Verhältnissen des XVIII.
Jahrhunderts Zukunftsmusik; zu einer anderen Zeit träfe er
vieiieicbt den Nagel anf den Kopf.
m.
Aus dem Kriege 1807—14
AollBeictanimgeiL eines dänischen OfiOsiers.
HetMiBgegeben von seiner Toohter.
Vorwort.
Ans den Aufzeichnungen meines Vaters geht hervor, dafs er in
den Jahren 18;J5— 36, während er noeh als unverheirateter Kapitän
in Frederieia lebte, sein Tagebuch mit dem Gedanken, es herans-
zngeben, umarbeitete. Dies geschah jedoch nicht
uiyiü^uCi Oy Google
Aus den Krieg« 1807—14.
41
Das Tagebaeb, welehes mein Vater wühreod seines dregährigeo
Aofieiitlialtes in Frankreich fUbrte, ist leider verloren gegangen.
In einem Vorworte schreibt mein Vater, dafs das Umarbeiten
des Tsgebnohes ihm eine liebe Arbeit in den Tom Gamisondienst
(teieD Standen gewesen sei, nnd dals es ihn herzlich freuen
wttide, wenn die Lektüre desselben einige von den Vielen,
die ihm Wohlwollen erzeigt haben, anf einige Angenblieke zu zer-
streoen vermöchte. Nach so vielen Jahren wird dieser persönliche
Zweck mit der Heransgabe ja nicht mehr erreicht werden können,
aber der patriotische nnd militärische Geist, der den An^Eelchnnngen
sein Gepräge giebt^ sowie verschiedene Schildemngen ans einer ver-
schwundenen Zeit, Uelsen mich hoffen, dals diese Anfteichnnngen
nicht ohne militärisches Interesse sein würden. Es ist mir die Frende
so teil geworden, dafe dieselben in Dänemark, sowohl als aoeh
später in einer Übersetzung in Frankreich, mit gro(ser Flrenndlioh-
keit aufgenommen worden sind. Es würde mich sehr freuen, wenn
CS nun auch in Deutsohland der Fall sein würde.
Kopenhagen, im Mai 1899.
Elisabeth v. Frisenberg.
Während des Krieges mit den Engländern im Jahre 1807 kam
ich eines Sonnabends von der Tanzschule und mniste einige Standen
allein in der Buuhdriickerei in Wiborg arbeiten, um die versäumte
Zeit einzuholen.'! Zufälligerweise sollte die Zeitan<!^ mit Lebens-
bescbreibongen französischer Generäle, welche fast alle als gemeine
Soldaten oder Korporale ihre Laufbahn nn?t'fang:en hatten, aus-
geflillt werden. £he diese berühmten Menschen in den Militärstand
getreten waren, waren einige Stailluiechte, andere Schmiedegesellen,
andere Tischlergeseilen u. s. w. gewesen, and endlich las ich auch
von dem topferen General Brune, welcher Typograph gewesen
war, ehe er Soldat wurde.
Ist es möglieh, dachte ich, dafs diese Menschen Generäle ge-
worden sind, 80 iLannst du vielleicht auch General werden. In
frohen, schwärmerischen Gedanken fiel der Winkelhaken mir aus der
flaod, und ich faiste den Entschluls, in den Militärstand zu treten,
wenn ich auch als gemeiner Soldat anfangen mulste. Man sagt,
*) England hatte durch sein brutale» diplomatiaohea Antlieten dem
dioiMhai Kabinette gegenüber, durch dM Bombudemcnt von Kopenhagen (1807)
«od äoroh die WegflUinrag der Kil^psflotte den Kimipitai-Begeiiton Fkiedrioh
so flef gekränkt, dafa er erbittert sich Napoleon an^ohlofs und sehi Sohiflkaal
in dessen Hände legte. Den 81. Okt<>ber 1807 wurde in Fontainebleau das
Biindniss zwischen Dänemark und Frankreich gesclilosseu, und kaum eine Woche
später erfolgte die tormeile Kriegserklärung Englands gegen Dänemark-Norwegen.
(Ans bistorischen Quellen.)
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42
Aus dem Kriege 1807—14.
•€s ist ein sehk*chter Soldat, der nicht hofft General zu werden. Wie
viele Soldaten in der französischen Armee haben nicht diese Ehre
-erreicht, und diese stolze Hoffnung: hat die Franzosen unüberwindlich
gemacht, bis sie zuletzt nur durch Hanger, Kälte und Verräterei Uber-
wunden wurden.
Wir haben jet/.t Krieg:, dachte ich, und es ist ein schöneres und
-ehrenvolleres Los, für sein Vaterland zu streiten, als hier zu stehen
und Buchstaben zu sammeln. Der Gedanke, mein ganzes Lel>eii
Typo^rraph zu sein — denn ich hatte kein Vermiffren — war mir
eine tägliche, unerträfrliche Pein, und weini ich im Kriege mein
Leben wagte, konnte ich vielleicht (xeiegenheit bekommen, mein
Glück zu machen und das verlorene Vermögen meiner Familie und
•den Glanz und die Herrlichkeit meiner Vorfahren zurUckzu;j:e\\ innen.
Nur der, welcher dasselbe Schicksal wie ich gehabt hat, kann fühlen,
wie schmerzlich es ist, arm und hilflos in der Welt zu stehen und
Zeuge zu sein, dals die schönen Güter der Eltern und \ orfahren in
fremden Händen sind, ohne duch die jetzigen, rechtmäikigen Besitzer
zu beneiden.
Mein Grurs\ät('r, Uiitfriiutsbesitzer Lcrke, welcher Bürgermeister
in Nyborg war, war zu seiner Zeit einer der reichsten Gutsbesitzer
in Jutland, denn aulser dem liittergute Oersb'vklitster mit sieben
Dörfern, ht-sals er die Güter Strandet und Staarupgaard und liefs
den Hof Lerkinliurir als Witwensitz tUr meine Grofsmutter bauen.
Mein Vater, welcher Keginicntsarzt war, nahm seinen .Vbschii'd. nach-
dem er eine reiche Frau geheiratet hatte, aber er kaufte und ver-
kaufte Landgüter und verlor in den schlechten Zeiten sein ganzes
Vermögen .
Diese traurigen Betrachtungen reiften meinen Entschlufs, und
einige Tage später verliefs ich Wiborg, um Abschied von meinem
Vater und meinen Schwestern zu nehmen. Am Grabe meiner Mutter
bat ich sie, mir zu verzeihen, d&(s ich gegen ihren Willen lianiielte?
denn es war immer mein inniger Wunsch, Militär zu werden, und
nur auf ihre Ritte hatte ich es aufgegeben. - Uber Skive, Xvköbing
und Thistcd reifte ich nach Aalborg, wo ich in meinem siei)zelinlen
Jahre als freiwilliger Soldat beim 3. jUtländischen Infanterieregimente,
unter dem General-Leutnant von Moltke, der zugleich komman-
dierender General in Jütland war, in Dienst trat.
Wie erstaunt war ich aber, als ich sah, dals alle Unterottiziere
und beinahe alle Soldaten Ausländer waren. Die Ursache war wohl,
dafs das Regiment 1S07 nicht in Aalborg, sondern auf Möen, Falster
und Laaland war. und nur das Depot zurückgelassen hatte, welches
aus verdorbenen and vertrunkenen UnterotMereu und boldaten be-
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Au dem Kriege 1807^14.
48
stand, Uber welche das Regiment in den KantonnementBqiiaitieieo
bei den Banern kein wachsames Aoge haben konnte. Icli glaubte
niehty dafe es eine so grolse Anzahl Ton moralisch Terdorbenen
Memeben im Militi&istande gäbe, nnd Ton diesen mnlste ich Ezer-
zieien lernen! Deshalb mnliate ich nicht nur im Dienste, sondern
anch anfeerhalb desselben die Geduld eines Lammes haben, nm mich
m alle ihre schlechten Späfiie za finden. Wenn sie alles angegessen
hatten, was in meinem Schranke war, nnd sie meine Börse geleert
hatten, gingen sie fort, mich auf die Schulter schlagend, indem sie
sagten: „Bruder! Bmder! Du bist, Gott straf mich, dn guter
Kamerad!**
Obwohl ich aber selbst oft hungerte, am diese Vielfräfse zu
traktieren, konnte ich sie doch am finde nicht befriedigen, and dann
worden sie ausDÜlig. Zuletzt fiel es mir ein, den Schlttssel aus
meiner Tbttr zu ziehen, nm Hausfrieden zu bekommen. Freilich
waren nicht alle so schlecht £8 gab hier auch drei unTcrdorbene
jonge deutsche Unteroffiziere — besonders Lorensen — welche ich
TOn einer guten Seite kennen lernte.
Nachdem ich mitten im Winter in acht Wocfaen die fixerzier-
schale durchgemacht hatte, kam ich auf Posten und mutste Schild-
wache vor der Wohnung des Generals von Moltke stehen. Die
8cbildwacbe, welche ich ablöste, war ein alter Preul'se, der, während
4er Abir).>iin<r. mleh von den Pflichten, die ich auf meinem Posten
zu beobachten hatte, instruierte, nnd binznfilgte, dats der Gteneral
ausgegangen, nnd daÜB ich gut aufpassen müsse, um ihm Honneur
za machen, wenn er zurückkäme. Um genau aafznpassen, stand ich
wie festgenagelt am Schilderhaase und sab so oft rechts und links,
dafe es mir weh im Nacken that.
findlich kam der General von der linken Seite her an meinen
Posten gegangen. Nun setzte ich mich in l'ositur, so steif wie ein
Stock; weil aber mein fixerziermeister mich instruiert hatte, dals ich
immer rechts sehrii sollte, wenn ich das Gewehr präsentierte, präsen-
tierte ich nach besten Kräften, sah aber zu gleicher Zeit nach rechts.
Gleich nachher fllblte ich die Finger des Generals an meinem Kinn,
indem er meinen Kopf links drehte und in einem sanften, gnt-
mtttigen Tone sagte: „Mein Sohn, du sollst immer nach der Seite
aehen, von der dein Vorgesetzter kommt, vor dem du Honneur
machen sollst** Darin hat der Gteneral vollkommen Recht, dachte
ich, denn man muls doch den ansehen, welchen man grttlst; mein
fixerziermeister hatte mich also sdil« cht instruiert.
Am nächsten Tage bekam ich den Befehl, zu dem General zu
kommen, fir fragte mich, ob ich Lost zum Militttrstande habe, wo-
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44
Am dem Kriege 1807—14.
raaf ich antwortete: „Ja, Exeellenz, ich habe eine unaussprechliche
Lust z,u dem Militärstande." — Der General fragte mich: wie alt
ich sei, was mein Vater sei und sagte zuletzt: „Sei fleifsifr, ordent-
lich und fahre fort, gutes Betragen zu zeigen, so werde ich dich der
Gnade Seiner Majestät empfehlen. "
Ungefähr nach N'erlauf eines Monates wurde ich auf Empfehlung
des Generals za meiner imbeschreiblicheu t reade zum Freikorporal
ernannt.
Kurz darauf bekam ich unter einem tüchtigen Offizier, Kapitän
V. Langeland als Schulvorsteher, einen Trupp Rekruten von den
annektierten Bataillonen, welchen ich Exerzieren lehren sollte. Nach-
dem eine solche Schule geendigt war, bekamen wir abermals ein
Dutzend Leutnants von den annektierten Bataillonen, die Exerzieren
und Kommando lernen sollten,*) Als aber ein spanisches Kavallerie-
regiment in Aalborg angekommen war, mufste die Schule, aus
160 Rekruten bestehend, nach Nibe abmarschieren, am Platz fUr das
spanische Regiment zu machen.
In Nibe war ich sehr zufrieden, denn ich hatte ein vortreö'üches
Quartier bei guten Leuten.
In Aalborg hatte mein Wirt mich angeklagt, dals ich in mond-
hellen Nächten autstände, exerzierte und die Flöte blase, welches
mir einen derben \'erweis aut der Parade von meinem dicken
Depüt-Kiipitän v. MuUer verschaÖte, mit dem Befehle, meinen Wirt
in Ruhe schlafen zu lassen.
In der Umgegend von Nibe hatten wir Felddienst unter dem
Kapitän Baron v. Juel. Bei einem solchen FeJddienst hatten Leutnant
V. Munck, zwei Unteroftiziere und ich die Ehre zum Frühstllek bei
dem Baron v. Juel, Besitzer von Luiidbeck, eingeladen zu werden.
Auf diesem Gute sah ich und sprach ich bei Tische mit zwei so un-
gewöhnlich schönen Damen, dafs ich darüber den Genuls des Früh-
stücks vergal's.
Nach Verlauf einiger Wochen bekamen wir wieder Marschordre
nach Aalborg. Die Rekruten marschierten in ihr Kantonnement ab,
und ich blieb in Aalborg mit dem Depot znrUck, wo ich Wacht-
dienst that.
Eines Morgens um vier Uhr, als ich Unterofßziersdienst auf dem
Markte hatte, sah ich wie gewöhnlich das ganze KaTallerieregiment
mit vollem Gepäcke auf dem Markte aufmarschieren. Ich liefe die
Wache ins Gewehr treten, machte den Standarten des KegimeDts
1) Offidenaspmuit.
') Die annektierten Hutaillone wareo «na der früheren L4Ukdwehr um-
organisiert. (Anm. d. Uerau»gb.>
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Alis dem Krieg« 1807-^14.
45
Honnear und machte dem (ietieral Meldun«: von deni Aiismnrsche des
Keg:iments, aber ich (iaehte ebensowenig'^ wie andere Einwohner
Aalborjrs. dals wir sie zum letztenmale sahen.
Sie j)tle{;ten im allgemeinen um z<'hn Thr zurtlekzukehreü, aber
ich erwartete vergebens ihre Zuriiekkunft, um sie dem Generale zu
melden, und die Einwohner warteten ebenso verg-ebens mit dem
Mittatrsessen. Dsls Kegiment hatte nämlich in Eilmärschen Aarhus
erreicht, wo sie sich einschitfteu, um ihrem lieben Vaterlande gegen
die Franzosen zu Hilfe zu kommen. Nicht allein dieses Regiment,
sondern fast alle die Regimenter, die Diint juark verliefsen, Helen
mit sehr weni«; Ausnahmen kune Zeit naciiher in der bchlacbt bei
£spanose in Spanien.
Die Spanier waren in Aalborg sehr beliebt wegen ihres freund-
lichen und guten Betragens und ihrer Wohlthätigkeit p:egen die
Armen. Ich sah niemals einen Armen vergebens einen Spanier um
ein Almosen bitten. Im allgemeinen sind dif Spanier sehr gottes-
t\irchtiir. iniitiir. tapfer und gehorsam und gehören dcswc^^en zu den
besten Soldaten der Welt, was sie, wenn sie gut angeflüirt wurden,
auch bewiesen haben. — Wie feierlich war es doch, ihr andächtiges
Abendgebet jeden Abend in einem geschlosseneu Kreise auf dem
Markte in Aalborg zu hören! Ihre sprechenden, ausdrucksvollen Ge-
sichter mit den Augen gen Himmel gerichtet. l»ezeugten, daÜB die
Spanier im Herzen das fühlten, was die Lippen aussprachen.
Jetzt fing die Zeit an. mir unerträglich lang zu werden, weil
ich nichts anderes zu thuu hatte, als den langweiligen Wachtdienst.
Zu meinem Glucke verstand der menschenfreundliche General von
Moltke, dafs meine Stellung unter einer so grofsen Anzahl schlechter
Subjekte gefährlich sei, und dals ich nicht mein Glück in Aalborg,
sondern nur beim Regimente machen könne. Der edle General liefs
mich daher zu sich rufen und fragte, ob ich Lust hätte, zu dem
Regimente auf Möen zu kommen, woranf ich erwiderte, daiüs ich
grofse Lust dazu hätte.
Nach N erlauf einiger Tage stand ich zum Marsche bereit mit
dem Tornister auf dem Rücken und dem Gewehre auf der Schulter,
nm ganz allein die lange Reise von i\2 Meilen zu machen. Ich
tröstete mich damit, dafs ich auf dem langen Marsche manches
hübsche Mädchen sehen und mir die Zeit übrigens damit vertreiben
würde, die schönen Gegenden, die entzückende Natur und Gottes
Segen auf den Feldern zu bewandern. Mit Gesang wollte ich mich
auch erfreuen:
Ich bin Suldut, des bin ich froh!
Gott lind d»m Ktfnig dton' ieh so
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A«B dem Kriego 1»U7— 14.
Mit MMben Matt
IGoli ÜBiMll der Treue Band
An meinen keckem Stand,
Denn meinem Vaterland
Gehdrt mein Blut!
Bult una di(> Trommel wild zur Sohlaohfe,
Weil rinf^s Knnonendonner kracht
Durch Hauch und Daiujif.
Dann bchützen wir Haus und Herd
mt nnserm aoharfoi 8ehwert,
Bis Gott uns iiie^ beaehart
Im heifsen Kampf.
Im besten Wohlerprehen frelangte ich zu dem reichen, schönen
Möen, wo ich mich Uber die herrlichen Wälder und Uber die Wiesen
mit ihren Heosehobem freute. Auf der {ranzen Fufsreise amüsierte
ich mich vortrelTüch. der)n ich hatte ^'ute Quartiere und alle Menschen
emplinjren mich mit viel Gute und Wohlwollen.
In Odense trat ich gerade mitta^rs den lö. August ISOS, am
(xeburtstage des Kaisers Napoleon, ein. und sah eine Mencre lian-
zttsischer Truppen in die Stadt einrücken, die eben von einer grofsen
Parade nnd Krvue zurUckkamen. Nachmittags sah ich im Schlols-
garten den General Bernadette — Prinz, von Ponte Corvo —
der sich durch freundliches Peirairen, seine Wohllhatigkeit gegen
Arme und seine strenge Manns/.iu lit die Liehe und Hochachtung der
EinvFohner erworben hatte. Weil ich wegen der feindlichen Schiffe
nicht Uber den grofsen Belt von Nyborg nach Korsör kommen
koitüle, marschierte ich nach Kertcminde, wo ich einen Teil Rekruten
traf, welche auch nach Seeland sollten. Wir waren noch kaum den
halben Weg Uber den Belt gekommen, als ein grolses englisches
Schiff bei Tagesanbruch alle Segel autsetzte nnd auf uns zusteuerte.
Wir mufsten uns di'swegen zurückziehen. In der Nacht des zweiten
Tages wurden wir bei wunderschönem, stilleni und klarem Mond-
scheine in kleine Böte eingeschifft, versuchten abermals die Über-
fahrt und kanieii glücklich Uber den Belt, obwohl wir ttcutlich in
grolser Entferrmng die feindlichen Schiffe sahen, welche uns jedoch
wegen der Windstille nirlit einholen konnten.
Von Skelskör marschierte ich durch Seeland nach Stege auf
Möen. Daselbst erhielt ich den Befehl, mich zu der 7. Kompagnie
unter dem Kapitän v. Kongsted in Speilsbv zu begeben. \ On letzterem
bekam ich den weiteren Befehl, zu dem Dorfe rdby zu marschieren.
Hier war ich bei einem wohlhabenden Bauern Peer Pedersen ein-
quartiert, mit dessen Familie ich an einer grol'seu Bauernhochzeit
teilnahm und mich vortrelHich amüsierte.
uiyiii^uü Oy Google
Ad8 dam Kriege 1807— U.
4T
Am siebenten Tim^ nach meiner Ankunft auf Möen wurde ieh
dua kommandiert, mit 20 Mann samt 30 Mann Kavallerie unter
dneni Offizier von „Schleswi^schen Reitern", 186 spanische Kriegs-
fefingene dorcb Möen von der Grönsunder-F&hre naeh Kallehaoge-
Fähro zu transportieren. Es war Infanterie mit weitsen Uniformen,
rotoii Aufschlägen nnd Kragen; die Soldaten hatten wie die Offiziere
dreieckige UUte.
Diese spanischen Trappen hatten sieb im \ ertraaen auf den
Schutz der Dänen diesen gefengen gegeben, nm nicht in französische
Gefangenschaft zu geraten. Die Spanier wurden wirklich auch sehr
gut behandelt und litten keinen Mangel. Wenn ich ihnen auf dem
Marsche Tabak und Cigarren gab, waren sie sehr dankbar, streichelten,
kUlsten und umarmten mich vor Freude, weil Tabak and besonders
Cigarren zu ihren liebsten Gentlssen gehörten.
Sonst bestand mein Dienst darin, jede dritte Woche mit acht
Mann längs einer gewissen Strecke des Strandes zu patrouillieren,
am zu beobachten, ob die englischen Schifte sich vom Land aus mit
Proviant versorgten.
Kur/, nachdem ich nach Möen gekommen war, starb zu meiner
g:roIsen ßetrlibnis der edle General v. Moltke in Aalborg. Nicht
ohne Ursache betrachtete ich ihn als meinen wahren Wohlthäter,
aad jetzt war meine Hoffnung auf ihn fllr meine Zukunft vernichtet.
Das Regiment bekam darauf den General Strambao zam Chef,
welcher auch ein sehr liebenswürdiger Mann war.
Hier bestätigt sich wieder der alte Satz, dals Kleinigkeiten oft
den Grund zn dem Glücke eines Menschen legen können, denn ein
paar komische Stiefeletten verursachten zum Beispiel, dals ich von
uusenn neuen Chef bemerkt wurde. Er erkundigte sich bei meinem
Kapitän nach meinem Betragen, liefs mich zu sich kommen, sprach
freundlich mit mir und gab mir gute Ermahnungen und das Ver-
sprechen, für mieh Sorge zu tragen. Dieses Versprechen hielt der
edle General auch, denn einige Monate später erhielt das H< j;in)ent
Tun Seiner Majestät dem Könige folgenden Parolebefehl: „Wir he-
ft'hlpii, dals der im dritten Jütländischen Infanterieregimente stehende
Freikorporal C. F. Frisenberg von dem lleginiente zu dem dänischen
Militärinstitute in Kopenhagen abgehen soll, um Vorlesungen zu hören
and mit der Zeit das Offiziersexamen zu machen."
Die grofse Gnad<' und Ehre, die mir dadurch bewiesen wurde,
konnte mich doch nicht erfreuen, denn ich hatte keine Vorkenntnisse
and kein Geld, um so viele teure Bücher zu kaufen. Ich hatte
aulserdeni von zwei Fähnrichen im Kegimente, die ohne Examen
zurückgekehrt waren and die frtther studiert hatten, sagen hOren,.
48
Aus dem Kriege 1807—14.
dafs das Ofßziersexainen sehr schwierig sei, and Mtgor da Plat ein
wahrer Brummbär wäre.
Mit diesen traurigen Nachrichten und mit wenigem Papiergeld
in meiner Tasche, hielt ich meinen Einzug durch ^Westerport" in
Kopenhagen, wo ich keinen einzigen Menschen kannte. Als ich
innerhalb des Thores angekommen und meinen Pafs vorgezeigt hatte,
fragte ich den Unteroffizier, wo ich einlogiert werden könne. „Da
im blauen Hofe ,Knapstedsgaard', denke ich", sagte er. — Ach^
dachte ich. indem ich Uber den ,.nalmtorv' (Markt) ging, du sollst
in ein knappes Haus und hast knappes Geld in der Tasche.
Nächsten Vormittag ging ich in das Militärinstitut, um mich bei
dem Major du Plat zu melden, welcher mich fragte, oh ich Vor-
kenntnisse in Französisch. Deutsch, Mathematik, (ieographie und Ge-
schichte hätte. ..Nein. H^'rr Major, darin habe ich keine Vor-
kenntuisse'*, erwiderte ich. — ^Was können Sie denn?" fragte der
Major. ..Ich kann exerzieren und ein Peloton kommandieren". —
,.Das hilft Ihnen nichts, um das Examen zu machen. Hat Ihr Vater
Vermögen, dal's er für Sic bezahlen kann?" — ..Nein, Herr Major,
mein Vater ist arm und kann nicht fllr mich bezahlen.'* — ..Wer,
glauben Sie denn, soll tHr Sie bezahlen V'- - - .,Ich habe gehört, dals
alle armen Freikorporale freien Unterricht auf dem Institute und
freie Wohnung im Kastelle bekommen." — ,, Darin irren Sie sich
gänzlich", erwiderte der Major. „Unter allen, die hier sind, giebt
es nur zwei Freikorporäh', fllr die der König bezahlt und ich rate
Ihnen, zum Uegimente zurückzureisen; denn ohne Vorkenntnisse und
ohne Geld zu den vielen teuren Büchern, die Sie sich verschaffen
müssen, können Sie nicht autgenommen werden. Sie würden ein
paar Jahre in der untersten Klasse sitzen müssen und doch nicht in
die zweite kommen können. Sie werden deshalb nicht aufgenommen.^
Mit diesem traurigen Bescheid mufste ich gehen; aber verwirrt
und sehr betrübt konnte ich mich nicht nach Knapstedsgaard zurück-
finden. Es war mir, als ob alle Stralsen und die Häuser um mich
herumtanzten. Einige Vorübergehende, die ich nach dem Wege fragte,
sagten, ich s(dlte geradeaus gehen. So aber kam ich nach „Kristians-
havn". Dann sollte ich bald rechts, bald links gehen und kam end-
lich matt, hungrig und durstig — infolge meiner langen Wanderung
vom frühen Morgen an - in mein Quartier, wo ich doch nichts zu
essen zu verlangen wagte, (iarait man nicht meine Arujut kennen
lerne. (Hücklicherweise hatte ich noch ein Weil'sbrot, welches die
gute Frau des Peer Pedersen mir mit auf die Krise gegeben hatte.
Das afs ich, und nachdem ich einige Standen in traurigen Be-
tracbtangen Uber meine jetzige Lage and meine Zakuuft versunken
Aus d«m Kriege 1807—14.
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gewesen war, warf ich mich in die Arme des Schlafes mit den tröst-
lichen G^edankeu, die ich so oft von meiner lieben seligen Mutter
hatte aassprechen hören:
Sohlmumer, du stillst mir den Sobmerz, weg hauohst da den Kummer,
Mild wiegst du mich ein in den sUlseäteo Schlummer.
Die 'Bugti vom Himmel, die flflateni mir sn;
Nim Mhlftfe ia Roh*!
Den Tag dantaf ging ich in der Hittagsstimde spaadereu, damit
die Leute im Gaadiaiise glauben möcliteD, dafs ieli aa^gehe, nm zu
llitkag sn essen. In der Dämmerung kam ich in mein SSmmer
znrttek. Mein Kummer hatte zum Teil meinen Honger ttherwnnden.
Um mieh m zerstreuen, ging ich In das Versammlongszimmer, nm
die Zeitnngen zn lesen. Hier hatte ich einen Anblick, der meinen
Hnoger mmelirte, denn da salben einige und alsen Butterbrot —
mein Lieblingsgericht. Zu meiner groben Freude schickte mir Jetzt
der allbarmherzige Gott einen Helfer in der Not; denn kurz darauf
trat der Fäbnrich SOren Hnnck vom dritten jtttlftndischen Re-
gimente herein. Er kam auch von HOen und sollte das Of&ziers-
examen machen, aber auf dem sogenannten Znckerinstitute*) in
Bredgade.
Fähnrich v. Hunok fragte mich, wie ich im Hilit&rinstitnte em-
p&ngen worden, und ich erzählte ihm, wie es mir ergangen sei,
ond dab ich im Augenblicke kein Geld habe, da ich mir für meine
w^iigen Pfennige einige notwendige Sachen gekauft habe. Der
liebenswttrdige t. Ifunck Heb mir dann fttnf Tbalor und ich ver-
langte jetzt eine grobe Portion Butterbrot und eine Flasche Bier.
Gestärkt und erquickt bekam lob wieder Mut und dachte: „Jetzt
soll Major du Plat dich nicht so leicht zurQckw^n'^ Der Fähnrich
hatte mir zugleich gesagt, dab unser Gief, der General Stramboa,
denselben Tag nach Kopenhagen gekommen sei und er tilgte hinzu:
«1^ mflssen morgen frtth zn ihm gehen und ihm melden, dab der
M^or du Plat Sie nicht aufiiehmen will und seine Meinung hOren,
ehe Sie wieder zu dem Regimente zurttckkehren.^
Nächsten Morgen ging ich zum General Strambon und meldete,
dals der Mi^or dm Plat mieh nicht ohne Vorkenntnbse aufiiehmen
wollte und mir riete, zum Regimente zurttckzureben. Hierauf er-
widerte der General: ^Seine Mi^jestät hat alleignädigst befohlen, dab
Sie das Institut frequentieren sollen ond der Migor mnb Sie an-
nehmen."
„Herr General, ich habe aber kern Geld, om die kostbaren
Bllcber ond die mathemaüsehen Instromente zn kaofen."
*) Der Hof war früher als Zuokerraffinerie gebraaoht.
JakifeA«k*f fir di« d«at«o^a Atibm and Marin». Bd. 114. 1 4
50
Ans dem Kriege 1807—14.
.,Warten Sie ein wenig", sagte der General, setzte sich, sehrieb
einige Zeilen und gab mir einen offenen Zettel, indem er fremidliob
sagte: „Bringen Sie diesen Zettel zu dem Kapitän v. Dorscheas.
Sie werden dann alle die Bücher und mathematischen Instrumente
bekommen, deren Sie bedürfen.**
Der Zettel lautete: Der Herr Kapitän v. Dorschens wird ge-
beten, Bücher nnd mathematische Instramente ftlr den Freikorporal
Friseoberg auf Kosten des dritten jutländischen Infanterieregiments
za verschaffen. Strambon.
Mit diesem Zettel ging icb sn dem Kapitüii r. Dorsehens, welcher
mir erwiderte: „Kommen Sie in einigen Tagen wieder, dann werden
Sie die Bücher bekommen, die Sie bedürfen**. — Drei Tage später
bekam ich die Btteher and die Übrigen Sachen ftir alle drei Klassen.
£8 war eine so greise Menge Ton Bttchem, dafs ich sie mit beiden
ausgestreckten Armen kaum tragen konnte. Als ioh mit allen diesen
BOohem in mein Zbnmer kam nnd die seltsamen Figuren in Bugges
Msüiematik sal^ wurde mir unbehaglich su Huts und icb dachte:
Miyor du Fiat hat Becbt; sollst du alle diese nftnischen, trockenen
Figuren lernen, wirst du nie 0£Bzier werden. In diesem Augen*
blicke trat das muntere Stubenmildchen herdn, und die vielen Bttcber
sehend, fragte sie, ob ich alle die Bfleber gekanft hatte, die den
Leuten detk Kopf Terrttckt machen. „Sollen Sie das alles lernen, so
sage ich, Gott helfe Ihnen.** — Darin hat sie ganz Recht, dachte
ich, legte die Bttcber zur Seite und empfehl mein Geschick der
Gnade des lieben Gottes.
Den 8. Januar 1809, als der Unteirieht anfengen sollte, nahm
icb alle meine Bttcber fttr die drei Klassen und ging zum Instttute.
Als icb in die Nttbe kam, brachen eme Menge Freikorporale, welche
in der Thttr standen, in ein lautes Gelächter aus. Icb sah zurttck,
als aber nichts da war, was Lachen verursachte^ begriff ich, daüs ich
der Gegenstand desselben seL „Was wollen Sie hier mit all diesen
Bttchem?** fragten sie. Die Kopenbagener, welche besser Bescheid
wulsten, hatten niimlich nur einige Btteher für die unterste Klasse
mitgebracht — „Seht einmal**, rief einer, „er hat falsche Waden!**
Hierauf sammelten sich eine Menge Freikorporale um mich und
kmflfen und zwickten mich so entsetslich in meine Waden, dafe ich
alle Btteher in das Vestibül werfen mulste, um auf gut jütiSndisch
um mich zu schlagen, aber ich bekam doch keinen Frieden, bevor
ich sie davon ttbeizeugt hatte, dab es ehrliehe jtttlttndisehe Waden
seien. Damals trug man die Stiefeletten ttber den Hosen.
Ich sammelte meine Btteher wieder zusammen, ging in die Klasse
und setzte mich zu den vierundzwanzig anderen Fieikorporalen der
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An» dem Kriege 1807—14,
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ontersten Klasse. Ungefähr eine halbe Stunde später trat Major
da Plat herein, und als er mich sah, bemerkte er: ,,Was wollen Sie
kier in der Klasse? Ich habe Ihnen ja gesa^, dafs Sie nicht aiif-
^Domnien werden können." — ..Herr Major, ich werde lernen und sehr
lieiisig sein - — „Das hilft nichts. Ohne Vorkenutuisse wird niemand
lafgenommen."
Der Protessor Brorson, wf-leher eben eine Stunde in Religion
tab, nahm jetzt das Wort. ..iierr Major, der junge Mensch scheint
mir unverdorben zu sein. Wir können ja mit ihm eine Probe auf
einige Zeit machen, um zu sehen, ob er tieiisig ist and mit den
andern folgen kann.^
„Herr Professor, Sie kennen diese Freikorporale nicht, die von
den Refrinientern kommen; sie sind fast alle verdorben und ver-
derben mir iiieiFn* Jiui^eren Schüler." — Darauf sah er mir lange
scharf in die Au^^en. Uichelte und sagte in einem milden, gutmütigen
Tone: ..So werde ich Ihnen denn erlauben, das Institut drei .Monate
ru frequentieren. Sit* können hier essen und es wird Ihnen freie
Wohnung angewiesen werden. Wenn Sie sich aber in der Zeit nicht
g:nt aufführen, nicht fl( ifsip: sind und eben so gute Noten wie die
andern haben, gehen Sie sogleich zu dem Hegiment zurück."
Es wurde mir freies Logis im Kastelle anu^fwiesen und ich be-
kam die Kost auf dem Institute, worüber ich aulscrordentlieh froh
war, denn die 5 Reichsthaler, die der Fähnrich v. Munck mir freuud-
licherwei.'^e geliehen halte, waren fast aufirebraucht, da 5 Keichs-
thaler damals nicht mehr galten als ö Mark in 1830.')
Mein P^mpfang im Kastelle war eben nicht sehr nnp'iiehm. Als
ich in der Dämmerung meine neue Wohnung in Besitz nehmen wollte,
zeigte mir der Aufseher ein langes Zimmer mit vier Betten. Kurz
darauf trat ein flotter, gutgewachsener Freikorjioral herein. Ohne
mich in der Dämmerung zu bemerken, warf er Hut und Säbel ab.
ging mit schnellen Sehrittt ii auf und nieder und rieb sich die Stirn
oder hielt sich die Hand vor die Augen, wie ein verzweifelter Schau-
spieler. Endlich sah er mich und fragte, ob ich das Institut frequentieren
solle. Ich erwiderte: ja, und fügte hinzu, dafs ich zwei Jahre als
Unteroffizier gedient hätte und jetzt versuchen würde, in einigen
Jahren das üftiziersexamen zu machen. Da braeh aber der ver-
zweifelte Freikorpural iti einen Strom von Worten aus. ,,So bedauere
ich Sie, dafs Sie das Vergnügen gehabt haben, in einem Kegimente
zu dienen. Das habe ich auch gethan, und ich versichere Sie, es
ist so, als käme man vom Himmel in die Hölle. Hier im Institute
>) Ehie dSnisohe Mark war nur sechzehn; Schilling Raraat. Zu einem
Beiobathaier geborten Mobs Mark. (Anmerkg. d. Ueraasgb.)
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Aus dem Kriege 1807—14.
werden Sie för einige schlechte Zeugnisse schreckliche Prttgel be-
kommen, fleh bemerkte bald, daüs er darin nicht Unrecht hatte.)
Ich bin sehr fleilsig gewesen nnd habe doch zwei Jahre in der
untersten Klasse sitzen mttssen, ohne in die zweite kommen zn
können!'* Und nun fing er wieder an Terzweifelt auf nnd ab za
gehen.
Jetzt traten zwei andere Freikorporale in das Zimmer, von denen
ich den einen Ton Wiborg kannte. ^ wird anmöglich für Sie sein,
das Examen zn maolien'S sagte der eine. „Wir sind beide dnreh-
gefalleu, wollen nnn nach Korwegen gehen nnd hoffen dort aogleioli
Offizier zn werden. Haben &ß niebt Lnsi mit nns zn reisen, nm Ihr Glttek
en Tennchen?*' — „Nein, loh danke sehr! Znent will ioh sehen,
wie e« mir im Institate geht** — „Ich werde Ihnen aoeh gleich
sagen", fuhr der andere fort, „dab Sie mit dem Essen nicht zu-
frieden sein können. Sie bekommen fast nnr Pferdefleisch nnd anch
nicht 80 Tiel, als Sie essen mögen.'* — „Es ist mir einerlei, ob es
Pferdefleisch oder Bttrenfleisch ist, wenn es nnr reinlich znberritet
ist** — „Ha, ha, ha! So werde ich Ihnen bei Gelegenheit einen
Büren schicken, denn in Norwegen giebt es viele Bären.** — Sie
reist^ bald nachher beide nach Norwegen.
Uber das Essen in dem Institute war nicht zn klagen; es war
kräftig nnd ordentlicb zubereitet nnd wir bekamen anch jeden Tag
geuug. Major dn Plat kam sehr ott in den Speisesaal nnd probierte
die Speisen.
Nachdem die drei Korporale mir „die Hölle beils** gemacht hatten,
gingen sie in die Stadt nnd ich dadite abermals in meiner Einsam-
keit: Ach der Mi^or da Plat hat Recht; denn können solche be-
redte, klage Menschen dorebfallen, so werde ich armer Jttte nie üi
meinem Leben das Examen bestehen nnd der Gedanke, das Institut
ohne Examen verlassen zu müssen und nie mehr zu werden, als ich
war, betrübte mich unbeschreiblich.
Ich fing Jetzt an, meine Sachen in Ordnung zu bringen, hing
memen Säbel, meinen Tschako und meinen Tornister an ihren Plats
nnd legte mich endlich auf die harte, kalte Mairatae, nur mit einem
dtlnnen, abgetragenen Teppich zugeideckt Im ganzen Bette war
keine Feder, und da ich unglttcklicherweise an die warmen, weichen
Banenibetten auf Möen gewöhnt war, wirkte der ungewöhnlich starke
FVost der Art an! mich, dafs ich die ganze Nacht wach lag nnd da-
durch Zeit genag hatte, Uber meine Zaknnft nnd die Ifitteiinngen
der Freikorporale nachzudenken.
Ich beschlois in dieser schlaflosen Nacht, dab ich Tag und
Nacht so fldisig wie mö^ch sein wolle, indem ich dachte: „wenn
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Aua dem Kriege 18U7— 14.
53
lUii ÜLOt^ was man kann, that Gott das übrige''. In dieser tröst-
lidkeQ Erwartong wurde ich aaob niobt getäuscht, wie die Zui^uoft
«igen wird.
leh fing nun an, erostUcb za stadieren und fleifsig war ioh«
difilr wage iofa Gott and meine Kameraden als Zeugen anznrnfen.
Jeh nahm niemals an VerguUgungen teil and kannte in den ersten
iwei Jabren nnr den Weg vom Kastelle znm Institute. Mebr als
vier bis fttnf, böebstens sechs Stunden, scblief icb nie und mebrmals
worden meine Kameraden böse, weil das Licht ihnen in die Aogeu
sehien und ihren Schlaf störte. Hein Fleilb in den drei Jahren hatte
wk htfebst unerwartete Früchte, denn naefa Verlanf eines Jahres
kam isUk Yon der untersten m die zweite KlassCi indem ich beim
Examen vcn 44 Freikorporalen Nr. 5 wurde. Dadurch erhielt Ich
die zweite Prämie von 25 Thalem. Die beiden ersten bekamen
Ehrenepanletiett und jeder tou den acht nSebsten erhielt 25 Tbaler.
Ober diesen ersten Sieg in meinem Leben iUhlte ich ehie un-
aussprechliche Ftonde. Msgor du Plat lieb mich Tor die Examen-
kommission rufen, lobte mein Betragen und meinen FleUs und sagte,
wenn ich so fortfhhre^ wolle er fttr mmne Zukunft Sorge tragen
Dieses Verspcechen . hielt er ehrlich, denn von der Zeit an, als ich
das Examen bestanden hatte., bewies er mir immer eine ^ter-
liche Gttte.
Die Wissenschaften, welche wir m der untersten Klasse lernten,
waren: fieligion, Moral fbr CLrieger, Geschichte, Geographie, Natur-
geschichte, Felddienst, Gamisondienst, Dänisch, Deutsch, FranzO^h,
Mathematik. Das, was in der untersten Klasse gelernt werden sollte,
konnte durch täglichen Fleiis von Jedem gelernt werden, aber Schön-
schreiben und Zeichnen erlaubte uns Sonntags kerne Freizeit Bs
fiel mir aber nie schwer, denn ich dachte: wenn ich erst Leutnant
werde, bin ich der glücklichste Mensch von der Welt
Die Finnde, die ich dadurch ftlhlle, in eine höhere Klasse ge-
rückt zu sein, wurde dadurch getrübt, dab der ÖkonomicTorsteber,
Kapitän v. Dorschens, nur erklärte, daih ich nicht länger Kredit
bekäme, bevor ich die 86 Reichsthaler, die ich dem Institute für
Kost, Kleider und andere Bedürfnisse im Teiflossenen Jahre schuldig
war, bezahlte. Ich betrachtete es für eme Unmöglichkeit, so viel
Geld zu schaifen und in meiner Betrübnis wandte ich mich an Miyor
du Plat, welcher mich sehr irenndlich empfing und Terq^raoh, zum
bestem meiner Sache bd Seiner Mi^jestät dem Könige zu sprechen.
Karze Zeit nachher hatte Seine Majestät die grolse Gnade, meine
Sehiild, 86 Bdchstfaaler und fernerhin Kost nnd andere Bedür&isse
fibr ndch zu bezahlen. Es war eine ganz besondere Gnade, denn
uiyiü^uCi Oy Google
54
Abb dem Kriege 1807—14.
YOD hundert Fteikorporalen bezahlte der König nur für zwei Maijo^
da PUt hatte also doroh seme gate Empfehlong bewieien, dab er
das Versprechen, welches er mir yor der ExamenslLomnüssion gab,
gehalten hatte, gleichwie der reobtschallene Mann mir später meine
Oflßzierseqaipienuig Tersehafile.
Der Mfgor warde ireiUoh ftlr einen Bmmmbttren angesehen; das
mnls aber ein MUitKnrorsteher fihr so viele mutwillige, fast nnbi&ndige
junge Menschen aneh sem. Er war sehr streng, aber gerecht gegen
Arme und Beiohe. fir war ein wirklich guter Mann, aber Schwach-
heit und Nachsicht gegen Vergehen konnten wir von ihm nicht er-
warten. Es hätte das anoh nur Schaden venucacht, denn Furcht ist
die Triebfeder beim Militär.
Migor du Plat begnügte sich nicht damit, daCs ein Freikorporal
täohtig im Theoretischen sei und ein gutes Examen mache, sondern
er nahm auch grofte Rücksicht auf das Äuisere — ob man gesund
und stark genug sei und die Strapazen des Krieges aushalten
könne. Freikorporale, welche aussahen, als ob sie nur von Sufing-
keiten und Baumgrillen lebten, bekamen den Bat, ihren Abschied
zu nehmen.
Zum zweiten und dritten Examen bestand ich auch und hatte
so in drei Jahren mein Ot&ziersexamen gemacht, ohne in irgend einer
Wissenschaft durchzufallen.
Dab das Offiziersexamen in 1811 nicht so leicht zu machen war,
wie einige entsetzlich klage Leute jetzt glauben, wird dadurch be-
wiesen, dafo viele sechs Jahre auf dem Institute waren, zwei Jahre
in jeder Klasse, obgleich sie Vorkenntnisse hatten. Wenn aber diese
Freikorporale, die bei ihren Eltern in Kopenhagen wohnten, nach
Hause kamen, sollten sie amüsiert und traktiert werden und nahmen
vielleieht nicht ihre Bacher, bevor sie wieder znm Institute zorttek
sollten. Wir armen Freikorporale, die im Kastelle logierten, konnten
deswegen Schritt mit den wohlinstroierten Freikorporalen halten, da
wir im Kastelle den ganzen Abend bis spät in die Kacbt hinein
lasen. Doch gab es auch einige Freikorporale, die so gründliche
Vorkenntnisse hatten, dafs sie nicht nOtig hatten, in den freien
Stunden zu lernen.
Mein Examenattest liegt vor mir, nach welchem ich seebs-
undneunzig gute Zeugnisse, von Glode du Plat unterschrieben, hatte.
Bei dem Vorsteber, M%jor da Plat, sollten wir gute Zeugnisse für
Betragen, Anziehen, Ordnung und f&r Sergeantdienst haben und wir
sollten in folgenden Wissenäubaften bestehen: MiUtär-Geographie,
allgemeine Geographie, Taktik und Dienst, Mathematik, Feldmessen,
Zeichnung und Schreiben, aUgciueiue Geschichte, Felddienst, Artillerie-
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Aus dem Kriege 1807—14.
55
«od Waffenlelire, F^aosOaiaeh, Deotwli, DttniMli, Fortifikalioii, Pbyiik,
KfKgsfceeohiohte, Gymntsftik, Feehten, SohwimmeD, MiUtSr-Anstiuid
■od Tanz.
Naeh meineiii £<imd6d hatte uli die onbeeoliieibllehe Frende,
am Sekondelentnaat beim S. jtttländifleiieii Infiuiteile-Begimeiite er
DBimt sa werden. Ale ieh aber das leiste Jahr ho HilitKrinstiliit
war, wurde dasselbe stit der Landkadetten-Akademie Tereinigt, die
Mikorponüe worden Kadetten, weshalb ieh naeh meunem Ofllzieis-
examen som Kadettenoffizier bei der sweiten Kompagnie ernannt
wurde vnd in der fiigeosehaft sollte ieh ein Jalir Dienst thnn.
Dieses betrübte mieh sehr, weil leb wQnsebte, som Kegiment n
kommen ond mehk Amt als Kadettenoffizier war mir im hOehsten
Grade anangenehm. Es bestand darin, dals ieh naeh Befehl meiner
Vorgeseteten den Kadetten Fnohtel oder die bestimmten SohlSge mit
einem spanischen Bohre geben sollte. Es war nm so sohmexz-
lieher für mieh, als es sieh nioht selten traf, dals ieh naeh Befehl
die Kadetten prUgeln sollte, mil denen ieh in der Klasse gewesen
war, die aber ans Fanlheit oder Ungelehrigkeit sitzen geblieben
waren. Jetzt sollte ieh diese meine alten Frennde prügeln, weil
sie einige sehleebte Zeugnisse bekommen hatten und ieh hatte selbst
erfehren, wie leieht man in einer ganzen Woohe einige „Sehleeht**
▼on so vielen msebiedenen Lehrern bekommen konnte. Der Sonn-
abend war allgemeiner Abreehnnngstag mit Prttgeln. Ieh sehlng
felglieh nleht hart in, zog mir aber dadnroh mehrmals Unan-
nehmliobkeiten za nnd zuletzt worde ich zn meiner groben EYeode
Ton diesem Amte abgesetzt, wonaoh ich nur den Felddienst za be-
soigen hatte.
Nach Veilaaf von drei Monaten wnrde mir eine herrliche Ge-
legenheit gegeben, die Akademie za vorblasen, wo ieh kein weiteres
GlQek erwarten konnte, nachdem ich mir AneiennetSI erworben hatte.
Das erste Bataillon des fttnensohen Infanterieregimentes, welches anf
Fllnen lag, sollte nach Holstein marsehieren, and da es an Offizieren
fehlte, betahl Seine Migestät dem llb(jor da Plat, zwei Offiziere za
dem Regimente abzugeben. Der Mi^r fragte, ob ieh Lust hfttte,
von dem dritten jtttländisehen zn dem ffinensehen Begimente versetzt
zn werden. Obgleich ich nun das jütländisehe Regiment sehr liebte,
gmg ieh doch gern zu Jedem anderen Begimente, am nicht noch neun
Monate lang Kadettenoffizier bleiben za müssen.
Anfserdem gab es für mich noch ^en verlockenderen Grund
zum ffinensehen Re§^ente zu gehen» denn man erzühlte damals in
Kopenhagen im Anfange des Jahres 1812, dals Dünemark ein Kou-
tingent von 12000 Mann an die Franzosen gegen Raisland abgeben
Digiii^e
Aot dem Kriege 1807—14.
md das fttnensche RegimeBt darin einbegrifien sei. Andere be-
haopteten, dals das Kegiment sieh sehen mit den Fiamosen in flam-
hürfs Tereinigt habe.')
Obwohl iehy meiner Mehinng naeh, Ehre und Rnhm entgegen
ging, konnte idi doeh Kopenhagen nieht verlassen, ohne mit dank-
barem Henen der gro&en Gnade Seiner Majestät, der Titerliehen
Fürsorge und Empfehlung des Major dn Plat nnd der vielen Be-
weise Ton Wohlwollen nnd Güte zu gedenken, die mir in Kopen-
hagen m teil geworden waren.
Nachdem ioh den leisten Tag einige Absehiedsbesnehe gemacht
hatte nnd in der Dämmerang nach Hanse kam, stand ein Dimr
mit einem Kasten Tor meiner Thür. „leh wollte gern mit Leutnant
T. FHsenberg spreehen.***) — „leb bin es, treten Sie herein."
Der IMener trat ehi nnd sagte: „Hier habe ioh einen Ideinen
Kasten fttr den Herrn Lentnant.** — „Von wem?** „Das weiih ich
nicht^S S^i^S*
leh glaubte, es sei ein Kasten, welehen ich anf der Reise ab-
ßefem solle; als ioh aber sah, dalb er an mieh adressiert war,
Mbete ich ihn und nahm su meiner gro&en Verwundemng die
sehOnsten silbernen Epanletten, die man sehen konnte, mit grofsen,
dicken, langen Fransen heraus, leh hielt sie lange mit Bewunderung
in meinen HSnden, und als ich sie auf den Tisoh legte, glänzten
und strahlten sie wie der sehOne Abendstem. Darauf zog leb aus
dem Kasten eine prachtvolle neue Schärpe. Es mnls ein Irrtum sein,
daehte ich. Diese sehOne Sehärpe und diese kostbaren Epanletten
kttnnen nicht ftlr mieh sein. leb untersuchte jetzt den Kasten genauer
und fand einen Tersiegelten, an mich adressierten Brief folgenden
>) Naoh dflm Bttoksnge Napolooiui und der grofken Amee ms Rnftlond
im Jahre 1812 wurde ein dänischt s Armeekorps von 12000 Mann mit der
französischen Armee, welche unter dem HelehU- des M.'irsolialls Davonst, der
unwtMt der dänischen Grenze stond, vereinigt. Dieses dänische llilfshoer stand
vier Monate lang unttiütig in der Umgegend vom Travethai and litt viel von
Krankhetfeea und der Badieit des Heibetes, so daft et, all eadlieh loegeeeUagen
wurde, flber 8000 Kranke nnd Kampfunfähige hatte. Naeh der Katastrophe bei
I^eipzig konnte es keine Uilfe mehr von Napoleon erwarten. Davonst warf sich
in Hamburg hinein, wo er mit eiserner Hand, ein starkes Kegiment führend,
sich bis zum Falle Kapoleons hielt. Die Stellung des dänischen Korps wurde
bald sehr kritisch, denn Feinde rttekten von allen Seiten heran. Der Kronprinz
▼OD Sehweden, Carl Jdhann, wollte „Norwegen in Holatein erobem**. Er war
der HOohstkommandierende über eine mächtige Armee von Schweden, Deuteehen
und RoBSen nnd Uefa drei Heere durch Holstein vorrücken.
i-Nurli Friedrich Julius Meier t am 6. Novbr. 98 )
3) bis lb4b hatten die dauischen Ulüziere das Hecht das „von'' vor ihrem
Namen an ftthren. (Ännikg. d. Heransgb.)
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Die Kavallerie als Mittel zum Siege eto.
57
Inhalts: „Hiermit werden Ihnen ein paar Epauletten und eine Scliärpe
mit dem Wunsche geschickt, dafs Sie sie wohl und gesund tra^^en
mögen. Sollten Sie erraten oder erfahren, wer Sie Ihnen pese henkt
hat, 80 wird weder mündlicher noch schriftlicher Dank dafür ge«
wünscht Gott geleite Sie!"
Nun wurde ich unbeschreiblich froh und aus der Fülle meine»
Herzens dankte ich dem edlen Geber und bat, dafs Gott ihn fUr
all die Freude, die er mir bereitet hatte, belohnen möge. Wer auch
froh war, dafs war mein Reisekamerad Leutnant v. Arendt Mit
UDBereii Laftscblössem war es aber bald zu Ende, denn als wir nach
Rendsburg kamen, sahen wir die Schildwache des füneuschen Infanterie*
Regiments auf dem Walle.
(PortaetKong folgt)
IV.
Die Kavallerie als Mittel zum Siege, und der Einfluls
der Persönlichkeit bei Führung dieser Wafte.
TtB
G. TOI Bimarek.
^Xoch viel Verdienst ist flbi%,.
Uabt's nur!*'
L
Alljährlich im Herbst pflegt die bei Gelegenheit der Kaiser-
manöver stattfindende Verwendung groüser KavaUeriemassen bhuSl
im Gefecht, die Aafmerksarokeit weiter Kreise in Anspnieh sa
nehmen. In der Beurteilung solcher Übungen als YorbereitnDg filr
den Emstfall sind die Ansichten geteilt. GUt es doch nicht nni bei
Laien als feststehend, dals die heutige Fenerwiikmig eine Verwendung
der Kayallerie als Schlachtenwaffe unmöglich machen müsse. Dem.
gegenüber steht die Überzeugung anderer, Tor allem der Heeres-
leitung. Und zwar deshalb, weil die Durchführung der bekanntea
Beiterangriffe der 1. Garde-Dragoner und der Brigade Bredow bei
Mars-la-tonr — Vionville denn doch eine so deotliche Sprache geredet
hat, und die Frage berechtigt erscheinen Ue&i weloke grolsen Erfolge
an SteUe der verwendeten wenigen Eskadrons eine yiel gröfsere
Anzahl derselben errungen haben würde. Die Folgerongen hieraus,
lind gezogen worden. ThatsächUcli ist die Verwendung der KaTallerie
58
Die Kavallerie als Mittel zum Siege etc.
in den kttnftigen Sehlaobten als nicht m entbehrendes Mittel „tat
BewftltigQD^ der maDuigf'achen, nnr von dieser Walle an lösenden
Angaben seitens der Armeeleitong unter allen Umständen yoigesehen.
Infolgedessen ist der DivisLons-KaTallerie nach wie yor das bisherige
Feld ihrer Thfttigkeit Torbehalten geblieben, da „aneh kleinere
Verbände bei Ansnntanng des riehtigen Aogenblleks be-
deutende taktisohe Erfolge erringen können.'* Aber der
Schwerpunkt der gewonnenen Erkenntnis liegt doch in dem Satze,
•dafis „die ausschlaggebenden Entscheidungen in der Schlacht
nur durch das Einsetzen grolser KaTallerie-Massen zu er-
reichen sein werden/* — Hiermit ist ein wichtiger Faktor snir
Gewinnung des Sieges in seine Rechte wieder eingesetzt
Bekanntlich ist die Legende Ton der ausgespielten Bolle der
Kavallerie als Schlaehtenwafte sehr alten Datums; so alt beinah wie
die Erfindung der Feuerwaffen, Aber eben so oft wie sie totgesagt
war und begraben sein sollte, ist sie zu recht krifcftiger Lebens-
äulsemng von einem Scheintod wieder erstanden, dem sie als natür-
liche Folge der immer wieder abhanden gekommenen Kunst ihrer
Verwendung anbeim gefallen war.
Diese Kunst hatte ihre höchste Entwickelung unter Friedrich
dem Grolsen gehabt, von dessen Reitergeneralen sie in ToUendeter
Weise gehandhabt wurde. Nun wissen wir, dals, wie grofe auch die
Bedeutung der Waffe geworden war, von einer lediglich schlachten-
entscheidenden Rolle nicht die Rede sein konnte. Es war ihr
Tielmehr — abgesehen von gän^licber Überraschung — ebenso
wenig möglich als heutzutage, eine durch das Feuergefecht
noch nicht erschtttterte Infanterie zu ttberwältigen; und das
Gelände setste ihrer Verwendung ebenso häufig Schranken als jetzt
Dagegen hört man in der Kriegsgeschichte jener Zeit kaum yon
yerfeblten Gelegenheiten oder unzeitigem Heryorbrechen, und niemals
yon mangelnder Energie und Entschlossenheit in der DurchfUfanuig
der Attacken, oder gar yon Umkehren und Aufgeben berate in der
Ansftlhmng begriffener Angrifle, jenen Halbheiten, wekhe in der
Geschichte der nachfolgenden Zeit einen so breiten Raum einnehmen.
Da durfte es denn nicht Wnnder nehmen, wenn bei derartiger Ver-
wendung, die den Millserfolg gebären mufe, die Lehrmeinnng yon
der abroluten Überlegenheit der Feuerwaffen immer neue Nahrung
erhielt, wenn das Selbstyertrauen der Ftthrer, wie die Zuversicht zur
Waffe mehr und mehr untergraben wurde.
Zum Glttck hat diese Verkennang des Zusammenhangs von Ur-
sache und Wirkung nach dem grolsen Kriege 1870/71 keine Schule
mehr machen können, wenigstens in der Wafie nicht, und an mab-
uiyiii^uü Oy Google
Die KavaUerie als MiUd sam Siege eto.
59
gebender Stelle. Im Gegenteil! Denn man bat sich sagen müssen,
4a&, in ihrem irrimmeu Wüten gegen einander, die Feuerwafl'en
sich aoffredsen werden, wie jene beiden Löwen, von denen nichts
übrig blieb als ihre Wedel; und wie eben wej^eu dieses Zersetzuugs-
prozesses die hiervon unberührte Kavallerie befähigt sein mul's, an
dem Ringen um die Entscheidung teilzunehmen, ja unter Umständen
sie herbeiführen zu können. Und mau hält an dieser Überzeugung
lest, trotz aller Versuche, sie mittelst der Lehren der Ballistik und
der bchiefsplat/xigebnisse zu erschüttern. Gerade derartige, auf
rechnerischem Wege erzielte Schlulsfolgerungen werden umsomehr
bich als trügerisch erweisen, als im Kriege das psychologische
Moment zum letzten Eude doch immer den Ausschlag giebt. — Es
ist also das Überwiegen der moralischen Faktoren und deren
Aufseruug besonders im eutscheidenden Angrifisstolse, welches, indem
es die Eindrücke der brutalen \\ aüeuwirkung überwiaden läfst, den
Sieg gewährleistet.
Wir können es hier dahingestellt seiu lassen, aul welche Weise
die Durchführung des entscheidenden Stofses seitens der Hauptwaffe,
der Infanterie, sich im Ernstfälle einmal gestalten wird. Auch kann
diese Frage keineswegs als abgeschlossen angesehen werden. Aber
luau vergegenwärtige sich nur einujal die allgemeine (iefechtslage
vom Beginne des letzten Ötadiuins der Durchführung bis zum Höhe-
ponkt des Feuergefechts und dem Einbruch.
Jetzt schon hat infolge der, alle Nerven ül)erspannenden Ein-
drücke, der Erschöpfung, der massenhaften Verluste, besonders an
Offizieren, die Ordnung sehr gelitten. Hier und dort macht sich
bereits eine Panik geltend, die aber noch durch Beispiel und
Energie der Ofliziere überwunden \viro, auch verursacht hier das
Gelingen, dort das xMilslingen von \ ür.>töfsen, leicht Mifsverständnisse
in deu benachbarten Gefeehtsteilen, welche mitunter sehr folgen-
schwer siud. Dazu kommi endlich die nicht unbedeutende Zahl
jener, die aulser stände sind, den Eindrücken der Gefahr auf ihre
Nerven nachhaltig zu widcisteheu, und vom Begrifle der militärischen
Ehre oder des Ehrgeizes nicht unbcdiugt an die vordere Gefechts-
linie gefesselt zu Wiarde n vermögen. So ist also schon in diesen
Stadien des Kampfes die durch die Feuerwirkung hervor^M-rutene
Zersetzung der Ordnung, das durch Verluste an Führern hervor-
gerufene Hichselbstüberlabseu, iu hohem Grade eingerissen. Wieviel
mehr wird dies in den letzten Augenblicken des Kampfes der Fall
sein, al^o unmittelbar vor, während und nach drr Entscheidung
durch deu Angriffsstols mit der blanken Watfe, dem Hajonuei. Be-
denkt man, dais mit dem ilühepuukt des Gefechts, der nun erreicht
üiyiiizea by Google
60
Die KsvaUerie als Uittd som Siege eio.
ist, ein wahres FlllUioni TOn Krisen ttber die Kämpfenden ans-
gesebttttet wird, dafe die aogelieore Anspannung aller pbysisehen
wie moralisehen Kräfte, der menschlieben Natnr sofolge, ohne toU-
kommenste firsclittttening dieser Faktoren niofat lange ertragen
werden kann, dalk die Anfinerkaamkeit aller nur nach vom geriobtet
und deshalb selbst die niebsten Vorginge rechts und links der
Beobaehtnng entzogen werden, — so scheint es nnsweifeihaft,
dats plötzliche und nnyorhergesebene firsehelnnngen Ton
den Flanken, oder aaeh von vorn kommend, ttberraseben
and verwirren mttssen. Zwar werden Ansbildnng, GewOhnong,
Oissqilin, Umsiebt und Eneigie der Führer derartige Krisen oft
überwinden lassen, aber eben so oft kann and wird dies aaeh nieht
der Fall sein. Denn der seisetKende, auflösende Einfluls, welehen
die fnrebtbar gesteigerte Wirkung der Feuerwaffen ausübt, erzeugt
jenen Zustand, der im grolsen und ganzen darin besteht, dals den
betreffenden Truppen ein kleinstmdgiichstes Mals von Widerstanda-
oder Stolskraft verblelbi'* So in ftnbeistem Habe ftlr aUe, die
Einbildung in Anspruch nehmenden Eindrucke empftUiglicb geworden,
müssen diese losen Verbünde leicht zur Beute eines urplütsUch von
den Flanken her eracbeinenden Kraftrestes werden, der in Gestalt
groDser Kavallerie-Massen für solche Augenblicke au^sespait ist.
Und in der That wird deien, aus Stofo und Waffenwiiknng sieh
zusammensetMude Gefechtsthfttigkeit ihre psychologische Wirkung
niemals verfehlen, wenn die Treffen auf Treffen sich folgenden
Beiteimassen, riesigen, alles verschlingenden Sturzwellen gleich, sich
Uber die In&nterie ergiefoen. Und die EinheitsauarOstung der
Kavallerie mit der „Königin der blanken Waffen,** der geiUrehteten
Lanze, wkd das Überwttltigende des Eindrucks nur erhoben können.
Zur Erzielung groiser Erfolge gebOien aber auch grobe Kavallerie-
Massen, wie sie den Zahlenverhültnissen der Armeen, der Raum-
ausdehnung derselben entsprechen. Auch der Charakter der modernen
Schlacht, die aus einer Reihe grOIserer Örtlichkeitsgefechte sich
zusammenzusetzen pflegt, und daher auch der FortpflanzungafÜhigkeit
eingetretener Krisen, sowie aller Art von Eindrücken Uber den
GfefiecbtsabBchnitt hinaus Grenzen steckt, weist darauf hin. Be-
sondere Berücksichtigung verlangt aber die Tiefengliederung des
beutigen fnftmterie-Angriffis, die anttaglich bedeutend ist, und sich
erst spftter, koiz vor der Entscheidung mehr zusammengeschoben
haben wird. Es ist deshalb geboten, ebensowohl breite Ziele^ wie
auch solche von mitunter grOlserer Tiefe zu fassen. Mindestens in
der Stärke einer Division werden die geeigneten Ziele für einen
grOiberen Kavallerieangriff da zu suchen sein, wo der Hauptangriff
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Die KftTtUerie als Mittel zum Siege etc.
61
«ttttfindet, oder der Haoplwidenfeaiid entgegengesetal wird, wo mit
4m Wegnahme eines Haaptstnteponktes, einer letzten Anfiiahme-
glellmig, endlieh wo mit dem Milseifolge der loteten, aos der Hand
gBgthenßn Reeerren, aneh die lotste MOgliohkdt eines Krtlfle*
«Bgleielie im GelSnde dalünseliwindei
So stellt sieh bei Ertolg oder Milserfolg der Fenerwalfen die
Bdterei als ein nnter UmstlLnden kaom sn eraetzendes Ißttel dar,
die Entseheidong herbeisnfllhien, sie sn veryollstindigen, einer
Niederlage vonnheagen, oder falls diese nnabwendhar, die drohende
Venüohtnng zn yerhttten.
Von den ftr solehe Aufgaben eiforderliehen Vorbedingnngen
kommt in erater Reihe das Gelände in Betraeht, welches eine,
wenigstens einigermalton gedeckte Anntthemng nnd Ton der Seite
her, gestatten, sowie genügenden Raom sar Entwiekelnng, nnd
geeignetes Attaekenfeld, ermöglichen mnfo. In dieser Beziehnng
wird aber die grobe Breitenansdehnnng der Schlachten die Ver-
wendung der Kavallerie eher begünstigen, weil das Gelände auf
meilenweitem Ranm selten Überall glefchmäJbige Gestaltnng aufweist
Und was die allerdings bedeutenden Anforderungen an die Leistungs-
fthlgkeit Ton Pferd und Mann betnfit, so bürgt wohl die gewaltig
gesteigerte Ausbildung unseres vortrefflichen Materials dafür, dals
auch in dieser Hinsicht den Vorbedingungen entsproohoi werden
kann.
So wttnsehenswert der Flankenangriff nun auch sein mag, so
dürften doch Gelände wie Gefechtssweek denselben nicht immer ge-
statten. Es k(tnnen nnd werden vielmehr Fälle eintreten, welche
zum Frontalangriff zwingen, und zwar ohne Rücksicht auf die dadurch
bedingten grOlseren Verluste. Diese dürften freilich um so beträcht-
licher ausfallen, je weniger die Dringlichkeit der Veranlassung zum
Einsetzen der Kavallerie die freie Wahl des geeignetsten Zeitpunktes
für den Angriff zulälst, der dann meistens eine noch weniger er-
schütterte Infanterie nnd Artillerie treflfen wird. 1. Garde-Dragoner
und Brigade Bredow bei Mars la tourl — In derlei Fällen können
die Opfer gar nicht in Betracht kommen, ebenso wenig das eigent-
liche Glücken der Attacke, die den Gegner endgültig niederwirft.
Es wird sieh vielmehr, wie beim 1. Garde-Dragoner-Regiment darum
handeln „den Feind nur zehn Minuten aufzuhalten, und
wenn es hierbei auch bis auf den letzten Mann fallen
sollte; es hätte dann seinen Auftrag und seinen Beruf
erfüllt*' — Es ist bekannt, in welch vollkommener Weise dies
hiave Regunent mit nur drei Eskadrons die ihm gesteUte Au%abe
gdOst hat Zwei Infuiterie-Begimenter einer feindlichen Division
Digitizüu by C(.)0^1e
62
Die Kftndlerie als Mittel zum 8i«ge eto.
wurden darohbrochen, überritteo, am weme Adler zasat&mengebaUt,.
und dadurch in der Verfolgnog der zertrümmerten pienilBiscben
38. Infanterie- Brigade so lange aufgehalten, dafs jene vor völliger
Vemichtong bewahrt werden konnte. Und dies mit dem — Dank
seiner unvergleichlichen Entschlomenheit — Terhältnismäfsig nur
geringen Verluste von 12 Offizieren, 125 Mann, 204 Pterden.
Durchaus gleichwertig nach jeder Richtung hin ist die Attacke der
Brigade Bredow, 6 Eskadrons der 7. KUrassiere und 16. Ulanen,
an diesem blutigsten Tage des Krieges. Auch hier war das £in-
setzen der Kavallerie zur Abwendung äulserster Gefahren von oben
herab angeordnet worden; nnd es erscheint in Ansehung der sacb*
gemätsen wie entsoJüossenen Befehlsausführung, der stürniisoheD
Tapferkeit der Truppen, des Uberraschenden Erfolges bei keineswegs
ttbermälsigem Verluste, und endlich der Bedeutung der ganzen Aktion
fbr die BearfeeUong der Leistungsfähigkeit der Kavallerie gegen die
Feuerwaffen, ganz unerheblich, ob die Umsetzung des ausdrücklichen
Befehls in die That, von vornherein dem eigenen Triebe des wackeren
l^'Uhrers entsprochen hat oder nicht. — Das waren ganz gewil»
lenchtend brave Thaten fUr jene damalige Zeit besonders, in welcher
das Verständnis fUr die Notwendigkeit der Aufopferung der „kost-
baren Wafie*' im Anreiten gegen den bösen Hinterlader, keineswegs
bereits zum Gemeingut geworden war. Heute ist es jedem
Kavalleristen klar, dafs dies durchaus nicht mehr ist, als von jeder
andern Waffe gefordert werden kann, thatsächlich auch immer ver-
langt und als ganz selbstverstHiuilieb geleistet worden ist, ohne des-
halb die Bethätigung einfacher rüichterfullung durch eine dramatisciie
Bezeichnung, wie „Todesritt" hervorzuheben.
Dals durch die Verwendung der Reiterei gegen Feuerwafl'en,
der Bestand mancher Regimenter, besonders an Pferden eine, die
fernere Verwendung in Frage stellende Einbulse erleiden kaim, ist
natürlich nicht ausgeschlossen. Indessen wird es häutig auch ohne
empfindliche Verluste abgehen, und zwar ist dies unter allen Um-
ständen der Fall, wenn die Führung Kaltblut und Umsicht mit
äulserster Entschlossenheit und Rücksichtslosigkeit zu vereinigen ver-
steht. Das KriegsglUck hat sich jederzeit aof die Seite der KUimheit-
gestellt, der besonnenen allerdings.
Wenn nun schon jeder Verwendung der Reiterei zum Gefecht
die Bejahung der ernsten Frage vorausgehen inufs, ob die entstehenden
Verluste mit dem angestrebten Zwecke in Einklang stehen, sie recht-
fertigen, so ist diese Erwägung \ou weittragendster Bedeutung bei
dfHk groGsen Entscheidungssehlachten. Dami also, wenn nicht nur
der Ao^gang der Öchlaeht oder des Feldznges auf dem Spiele steht^
Die KAvallerie als Mittel zum Siege eto.
69
widem die Ezkteni des Stoates, die dann bochetäblieli ani die
De^Dspitze gestellt ist. Da kann ein Toneiliger Veibraneh der
Wiffe geradem veililbignisroU werden. Die Fälle sind gar so selten
oiflM^ wo gro&e KsTallerieaiassen als letater Einsats die grolse
nage ttber das nnd Niehtsein," mit der blanken Waffe hfttten
enlBebeiden, das Sehielual noeh hätten wenden können, fiüls sie
ooeb ToriMuiden gewesen wären. Noeh In der leisten Sohlaoht
Napoleons, mit deren Verlust er endgttltlg Krone nnd Rdeh dahin-
gehen molste, hd Belle-AUianoe, naehdem die nozeitigen nnd kopf-
losen Attaoken Neys seine gesamte Karallerie miniert hatten, rief
er ans: „Hätte ieh jetzt Httrat mit einer Besenre ani frisohen
Pferden!'* — Der groÜBe Sehlachlenmeister hielt sieh also ttberzengt,
dab eine Wendung der Seblaoht sn seinen Gunsten, mit anderen
Worten die Erbaltnng seines Thrones, innerhalb der knrzen Frist
vor dem Eintreffen Bittehers, noeh durch Karallerie unter einem nm-
öehtigen nnd entsehlossenen Ffibrer hätte herbeigefhhrt werden
können. Es wird dahingestellt bleiben müssen, ob dieser König von
Neapel mit seiner swar stUnniseben, aber häufig onbesonnenen
Tapferkeit mehr der Hann bierza gewesen wäre, als Ney. Aber es
ist wohl möglich, dals der Kaiser, selbst nieht mehr der Alte, krank
nnd zum Abenteurer geworden, in der moralisehen Ver&ssnng Neys
die Ursaehe dessen blindwütigen Verhaltens richtig, aber zn «pSii
erkannt hat. Das BewnIMsein begangener Felonie brannte dem
tapfem Manne im Gewissen nnd raubte ihm die Besonnenheit. Denn
für seine Person handelte es sich um die verlorene Ehre, sowie
um Hals und Kragen, mit denen er seinen Verrat bezahlen mulste,
da er den gesuchten Tod auf dem Sohlachtfeide nicht finden konnte.
Ein zweites sehr lehrreiches Beispiel verhängnisvollen, verfirtthten
Verbrauchs der Kavallerie, als Folge zogleich der dem Fuhrer ge-
nommenen Selbständigkeit, bietet die Sohlacht von Knnersdort
Feindliche Batterien in unangreifbarer Stellung, deren mörderisches
Feuer das siegreiche Vordringen der Infanterie zum Stillstand ge*
bracht hatte, sollten durch die Kavallerie genommen werden. Des
Königs wiederholter und ausdrücklicher Befehl zwang den General
S^dUtz, ungeachtet aller Vorstellungen zn gehorehen, und unter
Umständen zum Angriff zn schreiten, die nach Zeitpunkt, Gelände
■nd Angriflhriel (Versohanzungen) jede Verwendung der Waffe aus-
scUossen. Infolg^essen führte gerade die Heldenbafkigkeit der
Attacken und die schwere Verwundung des General Sejdlitz, die
völlige Zertrümmerung alier Kavallerie herbei. — So konnte es ge-
schehen, dab die gesohlagene Armee, allen Schutzes nunmehr bar,
der russisch-Österreichischen Reiterei zur Beute fiel, nnd die Nieder-
64 Die KftvaUerle alt Mittel n Siege ete.
UigB zn einer Terniehtendeii sieh gestaltete, welche den Stut an
den Rand des Abgrunds brachte.
Ein solches Sehieksal abxnwenden, gelang der KaTallerie nach
dem Übelfalle von Hochkirch. Der König in seiner Mi&achtiuig
Dauns hatte sieh einer Sorglodgkeit ttberiassen, weiche die Generale
nicht teilten, am wenigsten Zielen nnd Seydlits. Gegen des Königs
Anoidnong hielten sie die Kavallerie wKhiend der Kacht gesattdi
So traf sie der nlchtliche ObcE&ll yöllig yorbevettet; die BkaraUeiie
bUeb unberührt nnd dem König erhalten. Als dann nach dem
mörderischen Nachtkampfe in nnd bei Hochkirch, in dem fut alle
Infanterie zn Schlacken verbrannt, die Artillerie in Feindeshand ge-
fallen war, der König seine gelichtete Armee ans dem Kampfe zog,
da sah der neue Tag ein groIsartigeB Schanspiel. Die ganze Masse
der Kavallerie, 118 Schwadronen anter Zleten und Seydlitz stand
gefeohtsbermt hinter Hochkirch. ZnnSchst nahm sie die geschlagene
Infanterie anf, dann aber wies sie alle feindlichen V^rsnohe, den
mit wechselnden Treffen erfolgenden Abzng der Infanterie zn stören,
dnreh wiederholentliohe Voistöise von den Fltlgeln her, in energischer
Weise zurück. So gelangte man an die gefl&hrliehen Defileen der
kleinen Spree. Sofort dittngte Dann schuf nach, aber da war es
Seydlitz, der mit der gesamten, nunmehr unter seinem Kommando
Tcieinigten Kavallerie dem Gegner derartig Respekt einilöbte, da&
er die Verfolgnng an^b. Auf dem ganzen bewnndemngswOrdigen
Rückzug hatte der König nicht einen Wagen verloren. — Das
Schicksal des Tages zn wenden, was durch ein tragisches Geschick
der Waffe bei Kunersdorf vorenthalten blieb, war ihr bei Zomdorf
gelungen. Dort verstand es Seydlitz, nachdem die Infimterie des
linken Flügels wiederholt versagt hatte, die, ndt der schon ftsft
gewissen Niederlage veri^undene Freiagahe des Staates dorch eine
Reibe grofser Angriffe in glorrdcber Welse abzuwenden«
Die Tfaaten und Verdienste der Kavallerie bei Zomdorf sind
bis heutigen Tags nnerreidit geblieben. Sie beseicbnen dnreh die
Steigerung der sich folgenden Attacken nach Bedeutung, Stftrice-
verhftltnissen und Erfolg, den Höhepunkt dessen, was jemals von
dieser Waffe, Fühning wie Trappe, geleistet worden ist Aber auch
niemals wieder ist gerade die Persönlichkeit des Führers in Beispiel
nnd Gewalt Uber die Massen, in genialer Behandlung der taktischen
Formen, so in den Vordergrund getreten wie hier, da der König
das Geschick des Tages in die Hand seines grolsen ReiterfUhrers
gelegt hatte. Denn nur durch Gewährung voUster Selbständigkeit
konnten alle Krttfke dieser dSmonisoben Natur entfesselt und sa
freier Entfaltung gebracht werden.
üiyiiizea by Ooo^ic
Die Kavallerie ab Mittel nun •äiege etc.
66
U.
Es ist oben angedeutet worden, wie im Kriege das psych(H
logische Moment von grolser, sogar ausschlaggebender Bedeutung
ist. In seiner B'igenschaft als Summa der seelischen Emptiudungen
einer Anzahl von Individuen, wird es behufs beabsichtigter Gesamt-
äofserung geleitet beherrscht durch die moralischen Faktoren. Die
Heranbildung und Pflege derselben auf Grund des sittlichen Gedankens
der allgemeinen Wehrpflicht läfst vorzugsweise jene Eigenschaften
zeitigen, wie sie deshalb ein halbes Jahrhundert lang Sondergut
Prenfsens als des Volkes in Waffen gewesen waren, nämlich die
aus dem Bewulstsein gleicher Pflichten für den Staat entspringende
Hingebung aller lUr denselben als für die grolse Gemeinschaft, sowie
Nationalgeist, Sinn fUr Nationalehre, Opfersinn u. s. w. Dagegen
können, unabhän^i^ hiervon die eigentlich kriegerischen Eigenschaften
als Tapferkeit. Ehrgeiz. Hochhaltung der Waftenehre sehr wohl auch
bei geworbenen Landsknechtsheeren erzeugt und von ihnen bethätigt
werden. Weil sie jedoch im Gegensatz zu jenen der höheren sitt-
lichen Grundlage entbehren, so pflegt auch ihr Zusammenbruch und
ihr Versagen ebenso wohl eher möglich zu sein, als auch unver-
mittelter and nachhaltiger.
Cin anderes ist es um jenen Teil des psychologischen Moments,
der weder erzeugt, gepflegt noch geleitet werden kann, ein Etwas,
das nur yoü einzelnen Menschen aasgehend, elementare Wirkung
aoszaUben vermag. Das ist der Einfluls grulser Persönlichkeiten
aof die Massen.
£ine solche Ersoheinaug ist u. a. Blücher, dieser seltene, eigen-
geartete Soldat, der, eine Haapttriebfeder zum Sturze Napoleons,
diesem den letzten vernichtenden Schlag versetzt hat, lediglich durch
Charaktereigenschaften ohne Gleichen. Aas der Kavallerie hervor-
gegangen, besals er in hohem Matse die Gabe, seine Energie, sein
uiTerwttstliches Selbstvertrauen und seine Verantwortangsfreudigkeit
jedermann mitzuteilen, von seiner nächsten Umgebung an bis zom
letzten Tambour. Persönlich war er ohne jede bessere Bildung;
aber er behensehte mit vollkommener Meistenehall die Konst, die
MenscheD zu behandeln, sie richtig m beurteilen, ebmo wie er die
€Mie beealh, seine fiedeweise allen Lag^ and VerfattltnisBen ansD*
passen. So fesselte er dorefa gelegentliehen hohen, ja dichterischen
Schwung die G^ihieten; den gemdnen Mann aber paekte er doxeh
tieffende, volkstliniliehe Ansdrneksweise bis ins inneiste Mark and
nie ihn fini Im hohen Alter noch rüstig, aeigte seine ganie
Peisttnlichkei^ besondezs in der Haltung zu Pferde, sowie hn Blick
seines Auges den bedentenden Menschen, lieüs jeder Zoll an Ihm
JaJufaftoli«r lür di« deutsche Armee und Marine, Rd. 114. 1. 6
66
Die Kavailerie Als Mittel zam Siege eto.
den altm EaTaUeristen eriLennen, Aber aach den fruhern Hosaren,
nur alfan bereit, persönlieb flieli ins Handgemenge zo stttnen. So
wie er war: aehaiftiiiiiig, wdlbliekend, konsequent, ein in sich ge-
acUoaBOier Charakter, väk einem Worte, ein ganxer Mann, konnte
er wohl mit einem Gehilfen wie Gneisenan der Stellung einet Feld-
heim gerecht werden; sam S^svaUeriefllhrer Im gröiheren Stile w8re
er nicht geeignet gewesen.
Es sind in der That gabtreiehe und sehr besondere Eigensohaften,
die, der Vielseitigkeit heutiger Kriegführung entsprechend, in emem
ReiterfUhzer ihre Vereinigung finden sollen. Weiöhe Falle schon
der ihm xnfallenden Aufgaben beim strategischen Auf klSrongsdienete
mit sehier Verantwortung Atr Thun und Lassen, sdnen Anforderungen
an KOrper und Geist, an Gresnndheit und NerTon. Und dann, wohl
immer unmittelbar an letzteres anschlielsend, seine Thätigkeit vor,
wtthrend und nach einer Schlacht Hüben wie drüben muls er seine
Augen haben, mulb er selbst sehen, die Vorgänge beobachten, die
Erschemungen des Gefechts beurteilen, den Znsammenhang von Ur-
sache und Wirkung klar erkennen. Darauf hin, sowie femer auf
Grund rictitiger Schätzung von Zeit und Raum zutreffender Beurteilung
des Geländes in Bezug auf seine Brauchbarkeit sollen folgenschwere
Kntsohltlsse gefafet werden. Der Augenblick hierzu nähert sieh,
denn eine gewaltige Gefechtskrisis gebt ihrem Ausgange entgegen. —
Mag es sich nun darum handeln, eine fast gewisse Niederlage abzu-
wenden, oder den Sieg herbeiflUiren zu helfen, gleichTiel, die
inzwischen heranbeorderten EaTallerie-Diyisionen nähera sich berells
dem Brennpunkte. Meldungen und dringliche Mahnungen zum Ein-
greifen ttberstttrzen sich, aber er mnfa sich zUgeln. Denn keiner
der auf ihn losstürmenden Eindrücke oder wie immer gearteten
Einflüsse dürfen imstande sein, ihm Buhe und Klarheit zu rauben,
am wenigsten im Drange des Augenblicks, wenn die Zeit zum
Handeln endlich gekommen ist Nun soll es sich zeigen, was neben
der taktischen Befähigung aach die Persönlichkeit des Führers gUt,
sein Einfluls auf die Massen Tom €teneral bis zum letzten Beiter. —
Blindes Vertrauen zu seiner Person, Disziplin, Ausbildung, Ehrgeiz,
Beispiel, sehie Erscheinung, alles soll er seinem unbeugsamen WiUen
dienstbar machen, den begonnenen Angriff auch durchzuführen, ihn
hineinzutragen hi den Feind, koste es, was es wolle. Darauf kommt
zunächst alles an.
Das oben Angedeutete mag eine ungefähre Vorstellung davon
geben, vde wichtig es ist, zu derartigen Au%aben nur Generale zu
wählen, deren hohes Ftthror-Talent durch hervorragende Eigenschaften
des Charakters und der Persünlichkeit unterstützt wird. Sehr treflfend
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Die KftTallm all Mittel smn Siege ele.
67
iulMrt sieb ein Schrifteteller der Kavallerie darüber: „Keine Waffe/*
stgt er, „hat darch poeitiTe oder negative Grölse ihrer Fuhrer mehr
zu gewinnen oder zu verlieren als die Kelterei." Die positive Gröfse
eines Menschen heroht aber auf groben Charaktereigenschaften, als
der sicheren Voranssetzang zn ^rofsein, verantwortangsvollem, aber
erfolgreichem Tfaan. Ant solcher Grundlage zumeist hat Seydlitz,
der Heros der preufsischeu Kavallerie, dem Staate seine unsterb-
lichen Dienste leisten können, nnd mit ihm alle KeiteriUhrer, welche
je die Waffe za grolsen Erfolgen geführt haben. Alle in ihrer
Weise, jeder mit anderen Mitteln. So wird die grundverschiedene
Geartung triederizianischer Kavallerie-Generale ,,al8 buntes Mosaik"
wie folgt geschildert: „Geüilers schweigsames, sohttohtemes Wesen,
das durch des Königs Animosität gegen ihn, wenn wir uns dieses
Ausdrucks bedienen dürfen, sich oft mehr noch wie deprimiert zeigte,
and nur durch die lebendigfrischc Eigeutttmlichkeit Otto von
Schwerins, der des weisen Uafis Lehre: „Sorgenbrecher sind die
Keben,^ Uber die Gebühr hin milsverstand, Spannung and Elastizität
gewann. — Des greisen, in sich gekehrten, besonnenen Driesen
rerständige MittelmäDugkeit, der nur im An^^esichte des Feindes,
und nnter Kanonendonner die erloscheuc Kraft früherer Jahre wieder-
fand; — Zielen, mehr der Mann der Handlung als der liede, aber
ttber das Mais des Gewöhnlichen hinaus enti^chlossen, kuhn, ja Ter-
wegen, wo es darauf ankam zu handeln, dabei der vollkommenste
Typus eines christlicheu Führers. — Öeydlitz, aus der Zahl aus-
erwählter Geister, die alle Hindernisse durchbrechen, dessen \ er-
wegenheit sprichwörtlich geworden, ein Pferdebändiger wie bellerophon,
von chevaleresker Anmut in jüngeren Jahren, nnd auch noeb in den
Zeiten körperlichen Verfalls von einer gewissen Grandezza, wortkarg,
schneidend, ironisch, von einer eisijren Her/enskälte, die nur durch
\vilde Sinnlichkeit erwärmt werden konnte, das (Jegenteil Zielens in
allem, was Sitte betraf; aber wie dämonisch durchglüht auf dem
Schlachtfelde, voller Empfänglichkeit fUr das (iroise, Erhabene, nie
hingerissen von den Ereignissen, vom Drange der Gegenwart, und
f hen darum immer Herr seiner selbst, das Vorbild der Armee, die
ihn auf seiner schönen, kühnen und ruhmreichen Bahn mit
Enthusiasmus begleitete. Wie unähnlich, ja wie entgegengesetzt in
allem, und doch wie ähnlich einander, wenn es darauf ankam, ihre
Geschwader gegen den Feind zu führen.''
Als Hauptiriehfeder der vor dem Feinde nie versagenden Spann-
kraft der Generale muls der besondere Geist angesehen werden, den
der g^rofse König in ihnen erweckt hatte. Alle »eine Instruktionen,
Belehrungen atmen den Geist der unbedingtesten Initiative, als Leit-
5*
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68
Die Kavallerie als Mittel sam biege etc.
steril allen kavalleristischen Handelns. Der Könie: machte daher
seine Generale grundsätzlich verantNvortlich für das, was sie unter-
liefsen. und war dann annachsichtlich, woj!:eg:en er darUher hinwegsah,
und sich milde zei^rte, wenn etwa blindes Zufahren zu einem Mifs-
erfolge «refllhrt hatte, llochsinnig gewährte er dem Freimut der
Überzeugung auch ihm gegenüber eine Stätte, denn er dachte zu
grois, um ihn anderweitig zu deuten. Und wenn er auch gew'ohnt
war, die Grenzen der „vei'fluchten Pflicht und Schuldigkeit" sehr
weit zu ziehen, so belobte oder belohnte er das Verdienst um der
Ehre und treuen PtiichterfUllung wilien in königlicher Weise. Aus
diesem hierdurch erzeugten Geiste, den die Generale pflegten, den
bewufster Stolz auf eigne Tüchtigkeit und auf die WatVenehre trug
und steigerte, ents))rach jene Spannkraft, welche den preufsischeii
Keiterluhn r dahin brachte, stets das äulserste zu wagen, uiui kein
Opfer, am allerwenigsten das der eigenen Person zu scheuen. Und
indem ein solcher Geist sich auch den Massen mittrilte, kam es
dahin, dals der preulsische Kavallerist alles seinem Schwerte als
verfallen betrachtete, was sich dem Laufe seines Hosses entgegen-
stellte. I^jn solcher Geist wird auch heut noch in der Truppe er-
zeugt werden können; in höherem Grade sogar als damals. Denn
zu der FUlle glorreicher IJberlieferungen, deren Pflege in berufenster
Hand liegt, tritt, mit der allgemeinen Wehr|)flicht als vorweg gegeben,
in der grofsen Zahl gebildeter Elemente, ein Faktor hinzu, der
schon eine Macht an sich, noch besondere Bedeutung erhält, weil er
in die.sem Umfanirc noch deutscher Alleinbesitz ist. Diese Elemente
vermitteln die Empfänglichkeit für grofse Ideen und hulie Ziele
auch den geringeren Hildimgsgraden. Und nicht zuletzt auch das
Verständnis für die Notwendigkeit williger Unterordnung im Sinne
der Disziplin, die notwendig eisern sein nmfs in ihrer Aufrecht-
erhaltung und Anwendung, nicht aber in den Mitteln zu ihrer
Erzeugung.
Dafs auch in Ileranbildun;^- des 1 ührermaterials in seiner
Gesamtheit das höchste Ziel nach Leistung und besonderem Geiste
angestrebt, und in unermüdlicher Arbeit auch erreicht wird, ist
gewils. Aber der Erzeugung machtvoller Persönlichkeiten, wie
gerade diese WatTe ihrer zur Entfaltung voller Kraft bedarf, ist die
heutige Zeit und deren besondere Verhältnisse nicht mehr förderlich.
Allerhand bedenkliche Begleiterscheinungen des Zeitgeistes and der
modernen Biiciun- sind von nachteiligem Einflufs. So scheitern
nicht Wenige an den mancherlei Klippen sogenannter httherer
Lebensführung, oder verfallen der Entartung als „ jeunesse Christofle.** —
Dann unter der Zahl scharf aasgeprägter CSiaraktere jene NatoieD,
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Die Kavallerie als Mittel zum äiege etc.
69
die loieht alle Hindernisse durchbrechen, \ oUmensohen der IVrsönlich-
ktii und des (leistes, deren Befähigung und Tempcnimeut sii* /u
Führrrn der Warte vorherbestimmt erscheinen lälst. Diese gerade
fs, die einer sehr unbefanirrnen Würdigung in der Kegel am
meisten bedürfen. Der Frieden vt rirägt sie nicht, läfst sie entweder
rerkUnimern oder stölst sie als unbequem ab. Ks werden also
immer sehr brauchbare, hotlnungsvolle Eli iuentc der Waffe endgültig
verloren gehen. Nur Wenige vermögen den Anschluls wieder zu
^-evyinnen und ringen sich zur Anerkennung durch, wie siinei Zeit
Zielen und BlUcher oder der Intatittrist York. Und wenn alles:
Willen, Wollen und Können solcher scharf gezeichneten rersönlich-
keiten den Durchschnitt weit Uberragte, so hat mau sich schlit IsliL-h
immer noch, wohl oder übel, mit der Notwendigkeit abgefunden,
auch an ihre anderweitige Sonderheit einen besonderen Mafsstab
anzulegen. So war der grölste und genialste Admiral der neuern
Zeit, Nelson, in seinem privaten Leben ein Wüstling und ein Trinker;
aber man brachte und beliels ihn auf seinem Posten, und die ver-
diente Kubestätte in Westminsterabtei bat ihm das zimperliche
ofBzielie England deshalb nicbt yorenthalten. Auch Blüchers Lebens-
fiihrung ist im Siooe korrektester AutTassung nicht immer einwands-
frei gewesen.
HUd nicht geringes Hindernis bei Auswahl der für die hohen
Kavallerieführer-Stellen geeigoetsten PersÖDlichkeiten^ so z. B. Air
den Fall einer Schlacht, also fUr einen bestimmten Zweok, liegt in
nnserem Befbrderungsmodas, wie unanfechtbar seine Berechtigimg
uid seine Handhabung auch sonst sein mag. FreUidi winde nur
die onbedingteste Autorität seitens der obersten Anneefttbrong, im
Kriege also, die Schwierigkeiten bewältigen ki^nuen, welche ent-
stehen mttssen, wenn der Drang der Verbältniase die rttcksicbtslose
Dorehbrechnng des Anciennitätsprinzips erheischen sollte. — Die
Übertragung der Führung der gesamten Kayallerie durch den
grolsen König an Seydlitz unmittelbar vor Beginn der Schlacht von
Kolsbach ist ein solcher Fall Seydlitz war von den zur Stelle
befindlichen Kavallerie-Generalen der jüngste in der Anciennität,
und zum Generalmajor infolge seines Verhaltens bei KoUin ttber^
haupt erst befördert worden. Wenige Tage vorher hatte er bei
Pegan nnd Gotha weitere glänzende Frohen seiner ungewöhnlichen
Fähigkeiten gegeben. Als er vom König den Auftrag znr Fllhrnng
der Kavallerie erhalten hatte, versammelte er sofort die sämtlichen
Generale der Waffe, und teilte ihnen dessen Willen mit Nach er-
folgter Befehlsanqgabe entliels er sie mit den Worten: „Heine Herren,
ich gebonhe dem König, und Sie gehorchen mir.^ — Und sie ge-
üiyiiizea by Google
70
Die Ktvallnie als Mittel anm Siege etc.
horchten. — Wessen man sieb von semer Eneigie «n veraehen habe,
zeigte er sofort. Emern unbeholfenen BrigadeiÜhrer, dessen Um-
stftndUehkeiten die Bewegungen %a venttgem drohten, liefe er naeh-
drttekliehe Znrecbtweisong zn teil werden; und einen Bittmeister der
. Leib-Kttrassiere, dessen stOniges Pferd seine Schwadron km tot
dem Eänsehwenken zur Attacke in (fnordnnng gebracht hatte, jagte
er von der Front weg. Seydlitz wnlste wohl, was er thai Denn
indem er die ihm sehr willkommene Veranlassung zn persönlichem
scharfem Einschreiten benutzte, erzeugte er eben jene Spannkraft,
jene rttcksichtslose Energie und EntBchlossenhett, die Haut und
Kragen daransetzt, den Angriff auf das Ziel zu fahren, dasselbe
treffen und niederreiten zn wollen. Darauf kommt alles an. Und
das wird sich auch jederzeit als das beste Sfittel erweisen, die Ver-
luste zu Yerringem, entweder unmittelbar oder wenn sie unermüdlich
grols sich gestalten, durch .den Erfolg, der dann weitere ond noch
grölsere ersparen lä&t.
In sehr charakteristischer Weise tritt hier auf dem Felde Ton
Beichertswerben die Persönlichkeit des Führers in die Erscheinung,
um sich hinfort in einer sich immer steuernden Weise geltend zu
machen. Damit ist aber auch zugleich die Bichtuog angedeutet,
wo das Gehdmms aller greisen Erfolge der Kayallerie zo suchen
ist — Die Vereinigung so vieler, einem hohen RavalleriefUhrer be-
nötigten Eigenschaften in und mit einer Persönlichkeit wird immer
seltcu sein. So sagt man, und so scheint es beinah. Aber diese
Seltenheit dürfte vielleicht doch nur eine Folge aller der Hindemisse
sein, die sich einer völlig freien Auswahl der unter allen Umständen
geeignetsten Anwärter für solche Posten platterdings entgegenstellen.
Denn daüs unter der Anzahl der das höchste Ziel Anstrebenden —
nicht der Streber — solche Gbaraktere und Persönlichkeiten vor-
banden sindf ist gar nicht einmal zweifelhaft. Diese sind da. Aber
es kommt freilich darauf an, sie in ihrem Kerne zu erkennen, und,
darin liegt die Schwierigkeit, sie nötigenfalls aller wie auch
gearteten Friedensbedenklichkeiten ungeachtet, scharf im Auge zu
behalten, nm sie dann so oder so rechtzeitig an die rechte Stelle
zu bringen. Nach zwei Seiten hin wird das Wort Geltung haben
können: ^Nooh viel Verdienst ist übrig, habt's nur!**
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Die Taktik der Feldartülerie.
71
V.
Die Taktik der Feldartülerie.' '
Kaum je hat eine Waffe so einsehneidende Wandelungen er-
ühntkf wie die dentsohe Feldartülerie in dem letzten Jahre. An
den Absehlnls der EinfÜhning der Feldkanonen 96 sehlielst sich als
gaDK neue Eisehdnung die Feldhaabitze 98. Hiermit im Zosammen-
hange ateht die Heransgabe der fllr den Gebranch der nenen Waffen
gmndl^nden Vorsehriften: des Exerzler-Reglements nnd der Schiels-
Torsehrift für die Feldartillerie, beide vom Jahre 1899. Der Zeit,
nicht aber der Bedentnng nach znletzt folgte die Neuorganisation
und Unterstellung der Feldartülerie unter die Di^ionen, welehe am
1. Oktober 1899 ins Leben traten.
Solebe gewaltige Änderungen sind natttrlieh meht ron heute zu
morgen entstanden. Sie haben ihren Schatten weit vorausgeworfen
und reichen in ihren Uranfilngen zum Teil 2 Dezennien weit zurtlck.
In der Militär-Litteratnr nahmen sie einen breiten Baum ein, wobei
die Tersohiedenen Ansiebten häufig scharf anfeinanderplalBten, aber
auch geklfirt wurden. Bs sei hier nur erinnert an die Erfirterungen
Uber AnsscheideQ oder Beibehalten der KorpsartUl^e, ttber Unter-
stellung der Feldartillerie unter die Difinonen nnd die ihr hierbei
zu gebende Organisation, taktische nnd ballistisehe Leistungen des
zukünftigen Feldgeschfltzes, die Art der Bekämpfiing stark gedeckter
oder eingedeckter Ziele, die Verwendung der Artillerie im Gefecht
und ihre kriegsmäfisige Ausbildung.
Das in diesem Heinnngsanstanseh Besprochene steht nunmehr
als abgeschlossenes Werk da, welches dazu auffordert, das Geschaffene
richtig zu würdigen, es seinem ganzen Umfonge nnd seiner Bedeu-
tung nach zu erfassen nnd zum Wohle der Armee nutzbar zu
machen.
In diesem Sinne bat €reneraUentnant Kohne sein neuestes Werk
JXß Taktik der Feldartillerie*^ herausgegeben, welches von ihm
dazu bestimmt ist, die Tmppentfthrer mit dem Wesen, der Leistnngs-
fiUiigkeit nnd Verwendung der Feldartillerie Tertraut zu machen,
den Offizieren der eigenen Waffe das Yerstündnis nnd die Anwen-
dung des Neugeschaffenen zu erleichtem und denen der anderen
Waffen ein eigenes woblbegrilndetes Urteil ftlr die Aufgaben der
Feldartülerie und deren Lösung zu ermöglichen. Und in der That
I) Rohne, Die Taktik der Feldartillerie für die Offiziere aller
Waflea auf Grund der fllr die deutsche Artiileno beatehenden Bedtimmungea.
Berlin 1899. E. S. MitUer u. 8.
72
Die Takük der FeldarüUerie.
ist er, wie kein anderer bemfen, die nielit leiohte Aufgabe in dem
▼on ihm beabsichtigten Sinne zn l>ewlütigen. Als hervorragender
Ballistiker and Artillerie-Taktiker nahm er viele Jahre hindmch eine
tlihrende Stellnng in dem enn^Uinten litterarischen Heionngsstreite
ein und er hat die Genagthaang gehabt, dafs die von ihm vertretenen
Ansichten mit wenigen Aasnahmen verwirklicht worden sind. Ein
schönerer Lohn konnte ihm für seine im Interesse der Waffe auf-
gewandte, mtthevoUe Arbeit kanro w^en.
Das vorliegende Werk behandelt in 5 Haaptabschnitten
L die Kampfmittel der Feldartillerie,
II. die Organisation der Feldartillerie,
m. die Elementartaktik der Feldartillerie,
IV. das Oefecht der Artillerie,
V. die Artillerie in Verbiodnng mit den anderen Waffen.
In einem Anhange sind Vorschläge fUr die Besiehtigang der
Feldartillerie darch die Divisioos-Kommandeare nnd kommandierenden
Generale gemacht.
In dem ersten Kapitel ist die Leistongsfthigkeit der Feld-
kanone nnd Hanbltse nach Wirknng nnd Beweglichkeit knrz be-
sprochen. Erstere wird zn deijenigen der aasgeschiedenen C^chtttze
nnd der Infanteriegewehre in Vergleich gestellt, so dalh einerseits
der Fortschritt klar hervortritt, welchen wir dareb die Nenbewaffnnng
gemacht haben, andererseits der Unterschied in der Bewertung der
Infanterie nnd Artillerie für das Fenergefechi
Jener Fortschritt tritt vornehmlich nach zwei Bichtangen in die
Erscheinung, einmal darch die Überlegenheit des Schrapnels 96 Uber
das 91, welche Bxcellenz Bohne in dem An6atz „die voranssicht-
liehe Wirkung des Feldgeschtitzes 96'* (Kriegstechnische Zeitschrift
1899, Heft 8| zu etwa 25 Prozent errechnet, und sodann durch die
gesteigerte Leistung des Geschützes im Verhältnis zu seinem €re-
wicht, welche durch die Angabe erlSutert wird, dafs beim Feld*
geschtttz 73 dne Stofokraft von 37,3, bei dem 96 eine solche von
42,2 mkg auf 1 kg des aufgeprotzten Gewichtes entfällt Diese
Zahlen sind hier herausgegriffen, um den Anteil der Technik an
dem Zustandekommen der Kenkoustruktion vor Augen zu fuhren
und darauf hinzuweisen, dals ohne ihren gewaltigen Auftohwung
Wirkung und Beweglichkeit des neuen Materials nicht zu der er-
reichten Höhe hätten gesteigert werden können.
Fttr die Beurteilung der von Infanterie und Artillerie zn er-
wartenden Feuerthätigkeit ist die Angabe wichtig, dals jene auf
1000 m dieselbe Wirkung aufzuweisen haben wird, wie diese anf
3000 m und dafe sich beide Waffen der zu erwartenden Trefferzahl
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Di« Takük der FeldaitlUeri«.
73
noch auf 500 ni die Wage halten, f^leiclie Froiitbreiteu, Zeiten und
Ziele vonius^^eset/.t. Dem Herrn Verfasser geben diese Zahlen zu
dem Hinweis Anlafs, dals sie ersichtlich inachen, welch ein {ge-
waltiges, durch nichts zu ersetzendes Mittel die Truppen-
fObruug in ihrer Artillerie besitzt, wenn sie den richtigen
Gebrauch davon zu machen versteht.
Die Granate wird nach ihrem Gefechtszweck, und ihrer Wir-
kung als ein untergeordnetes Geschofs beurteilt. Bekannt ist. dafs
Generalleutnant Kohne in dera oben angeführten Aufsatze der kriegs-
technischen Zeitschrift ihr Ausscheiden befürwortet und begründet
Einen Ersatz für sie findet er in den zur Einfuhrung gelangten Feld-
haabitzen, deren Zahl er noch am 1 Batterie für jedes Armeekorps
erhöbt wissen will.
Dnroh die Uber die Feldbaobitzen gemachten Aoefuhrongen
weiden die im neuen Reglement ond der Schieferorschrift enthaltenen
Angaben dem Veratiindnis entgegengeftlhrt Da die VeröifentUeh-
ungeo ttber dieses Geschütz bisher nur spärlich sind, konnte anob
m dem besprochenen Werke nicht näher auf dasselbe eingegangen
werden. Bemerkenwert ist, dalis sein Schrapnel trotz stärkerer
KngelfÜllnng wegen der gekrtlmmteren Flugbahn und geringeren
Feuergeschwindigkeit der Haubitze voranssichtlieh nicht die Gesamt-
wirkung desjenigen der Peldkanonen erreichen wird.
Die Beweglichkeit des neuen Feldgesehtttws wird als ,,allen
berechtigten AnsprOohen unbedingt genügend'* beurteilt» TrotK des
om mnd 300 kg im Vergleich zn 73 leichteren Gewichtes darf man
sieb der Hoffnong nicht hingeben, dafs die Beweglichlseit unter allen
Umsttaden genügen werden Deshalb ist der spätere Hinweis im An-
hange ant die sachgemäfse Entwiokelnng der Zagleistangen der Be-
spannung nur durchaus gereohtfertigt
Das zweite Kapitel behandelt das Stürkeyerbältnis der Artillerie
in den anderen Waffen, die Gesohtttzzahl der Batterie und die httheren
Eiidieiten der Artillerie.
Wir erfahren, dals jetzt in Dentsohiand auf 1000 Mann Infanterie
5,76, anf 1000 Reiter 3,3 Geschütze entfallen and dafe es sich
oidit empfiehlt, ttber diese Zahlen fainanszugehen wegen des gnilsen
fintwiekdnngsnuimes mm Gefeebt ond des Anwachsens der Marsehtieien.
Mit Rttcksicbt anf die gesteigerte Fenergesohwindigkeit wird
Batterien zn 4 GescbtttKn das Wort geredet Der Herr Verfiwser
fthrt hier die gleichen Grttnde an, welche er im MiUtär-Wochenblatt
mfoebten hat ond die dort ancb heftig bekttmpit und. So viel sein
Vorschlag (Är steh haben mag, ist er bei der Nenfonnation doch
nieht znr Annahme gelangt.
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74
Die Taktik der FeldartiUerie.
Das dritte Kapitel »die Elementartaktik der Feldartillerie«
^ebt im wesentlichen die Formen der Batterie und Abteilang nach
4em Reglement anter Beisetsong der betreffenden Bilder wieder.
Eine hier erwähnte Yer||;rOlserttDg der Geschttts-Zwisohenräome bis
an 40*, welche das Beglement von 1892 kannte, haben wir in dem
Ton 1899 nicht wiedergefimden.
Das vierte Kapitel bescbäfdgt sieh mit dem Gefecht der
Artillerie, d. h. mit deren eigenen Anordnnngen zor Bethittigiuig
höchster Wirkung rechtseitig und am richtigen Platze. Dasselbe ist,
wie aneh das 5. so omfong- und inhaltreieh, dafo auf eine nur
einigermalsen zosammenhängende Besprechnng, weil Uber den Bahmen
dieser Bearteilnng weit hioansgehend, venichtet werden mafo. Des-
halb erübrigt nur, einzelne besonders bedentnngsroUe Pnnkte herans-
zogreifen, um an ihnen zn zeigen, welche Fandgrabe an Beiehmng
sich vor dem Leser aasbreitet Allgemein sei bemeriLt, dals sieh
alle ErOrterangen Uber die Wirkung auf die im 1. Kapitel gemachten
ballistischen Angaben stützen, dafs die geechiohtllche Entwickelnng
der taktischen Grondsfttze über die Verwendang der Waffe, so weit
erforderlich, gegeben, nnd zahlreiche kriegsgeschichtliohe Beispiele
zor Sttttznng des Behanpteten angeführt worden. Dadurch wird das
Verständnis angemein gefördert and der an sich trockene Stoff be-
lebt and anziehend.
Die Er Öffnung des Feaers Uber 8000 m wird nicht empfohlen,
weil die Zuverlässigkeit des EinschiefeeoB nnd zu^eieh die Wirkungs-
tiefe des Schrapnels abnimmt. Es scheint, dals der Herr Verfitfser
auf Grund seiner Untersuchungen über die Zuverlässigkeit des Bin-
schielsens zu dieser Enttemnng gekommen ist Denn wie bei der
Feldkanone 78 3000 m als Grenze der zuverlässigen Wirkung an-
gesehen wurden, so berechtigen wohl die ballistisdien Eigenschaften
des Geschützes 96 zu der Behauptung, dals sie erst bei etwa 8600 m
liege. Oft wird die Gestaltung des Geländes für die Entfernung
vom Feinde zwingenden Einfluß) ansUben; ungünstige Beobachtongs-
mOglichkeit kann ein nSheres Herangehen in eine weniger vorteil-
hafle Stellung fordern, um die Zuveriässigkeit des Efaischiefbens zu
lürdem. Trifft dies nicht zu, so dürfte in der nur um etwa 5 m
kleineren Wirkungstiefe des Schrapnels und dem um etwa 2 Grad
giOlheren Fallwinkel kein ausreichender Grund für Aufgabe der
besseren, aber um einige hundert Meter entfernteren Stellung zu
finden sein.
Die Beziehungen zur Infanterie erfahren eingehende Be-
sprechung. War von der beiderseitigen Wirknag schon im 1. Kapitel
•die Rede, so wird hier im AnscUnfs an Z. 281 des Reglements
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Die Taktik der FeldartUlerie.
75
lUfor gewarnt, den Bereieb des feindlieben Gewebrfenen niebt ebne
iwiogenden Grund an&ntneben, zamal die Wirkung der Artillerie
nur geringen Sebwankungen mit Znnabme der £ntfemmig um einige
100 m unterworfen sei. Ungedecktes Abprotsen unter 1500 m müsse
im Inlanteriefeuer mtfgliobst yermieden werden. Beim Sturme kOnne
eitt Herangeben bis in das wirksamste Gewebrfener sur Begleitung
des Infanterie-Angiiffes nOtig und unter Benutsang von Deckuugen
aosfülirbar sein. — Die aus dem Feldsuge 1870/71 angeitlbrtea
Beispiele untersttttsen diese Bebauptnng um so kräftiger, als das
Chassepotgewebr den FVanxosen bereits eine namhafte Femwirkung
gestattete. Niobt zu nntersebätien ist wobl ancb der Umstand, dafs
die beiderseitigen Infenterien in dieser Gefecbtslage bereits im Ent-
sebeidnngskampfe stehen, wodnrob das Feuer und die Aufinerksamlieit
des Gegners von der auffiUirenden Artillerie abgelenkt wird. Immer»
hin wird zu erwMgen sein, ob der gewollte Gefeebtssweck, die Unter-
stiltsnng der Infanterie, durch Begleitung derselben bis in das
schwerste Crewehrfeuer, auch den Einsatz, welcber unter Umstunden
im Zusammenbrach der Batterie besteht, rechtfertigt Die beste
UnterstfItKung bleibt stets nachdrückliche Wirkung, welche meist
sicherer aus Stellungen um einige 100 m rttekwilrts der anm Sturm
angesetzten Scbtttzenlinien gewährleistet wird. Heranhallen müssen
sich Teile der Artillerie natttrlich grundsätzlich, schon um bei glttck-
liohem Ausgange zum Verfolgungsfeuer zur Hand zu sebL
Andererseils wird einer durch Infanterie in gleicher Ftontbidte
angegriffenen Artillerie die Wahrscbeinlicbkeit zuerkannt, bis zur
Entfernung von 800 m den Gtegner abzuweisen. Gleichwohl soll die
Artillerie durch vorgeschobene Infenterie gescbtttst werden; als
sweckmäbiges Mals, um welches diese Torzntceiben sei, sind 500 m
gefordert — Dem möchten wir hinzufügen, dafe bei einer Front
▼on etwa einer Abteilung eine Sicherung dnroh Infanterie Torwärls-
sdtwärts der Flügel genügt, da tou dort aus jede Annäherung
gegen die ArtiUerie unmüglicb gemacht werden kann. Schon für
sin Regiment werden auob vorwärts desselben Postiemngen von
Infanterie vorzunehmen sein, zumal wenn, wie es die Franzosen be-
absichtigen, kleine Thipps vorzüglicher Schützen die Bedienung ab-
schieben sollen. Hieizu genügen schwache Abteilangen, welche
im Gelände leicht Deckung finden und bei einem Abstände von
500 m durch Bohr- oder Früh-Zerspringen der eigenen ArtiUerie auch
flieht gefährdet sind.
Die folgenden Unterabschnitte über Erkundung und Wahl
der Feuerstellung und das Einrücken in dieselbe enthalten
manche beherzigenswerte Fingerzeige für die Artillerieflibrer. Die
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76
Die Taktik der mdartfflerie.
Eiiknndoiig ist, ihrer Bedentanf: für das Auftreten der Arftülerie enl-
spreehend, im neaen Reglement ansfilbrlicher bebandelt nnd wird es
einer eingehenden Beschftftigiing mit diesen Grundsätzen hedflrfen,
am sie im ToUen Um&oge zn erkennen nnd in die Wirklichkeit zn
UbertmgeD. Da kann es nur willkommen sdn, wenn die bereits
gemachten Erfahrungen znm schnelleren Einleben mitgeteilt werden.
Nnr einem Satze Uber das Bezieben der Fenerstellung können wir
nicht im volleo Umfange beistimmen. Derselbe besagt, daCs es dem
Batteriefährer überlassen bleibe, ob er im Vorgehen, oder nach vor-
hergehendem Kehrtmachen im Zurückgehen oder nach der Flanke
abprotzen lasse. In grOfeeren Verbänden mols sich das Einrücken
aller Batterien nach dem Willen des höheren Führers vollziehen,
der deshalb auch den Grad der Deckung bestimmt. Unter dieser
Binscfaränkancr bleibt dem BatteriefUbrer freie Hand. Es würde aber
das gedeckte Einnehmen der Stellung durch andere Batterien ver-
raten werden, sofern eine das Abprotzen im Zurückgehen mit yorher-
gehendem Kehrtmachen anwenden sollte.
Aua den Unterabschnitten „Ziel Wechsel** und „Wechsel
der Feuerstellung'* sei je eine Stelle herausgegriffen, auf welche
kurz eingegangen werden soll.
Zu den Zielen, auf welche der BatteriefUhnT, weil Getahr
droht, aus eigenem Entschlüsse das Feuer Uberlenken kann, rechnet
der Herr Verfasser auch neu, neben bereits beschossener Artillerie,
anftretende Hattrrien. Wir sind ganz seiner Ansicht, denn jede
\ erstärkung der feindlichen Artillerie birgt die Gefahr, dafs sie das
Übergewicht erlangt Diese Auffassung wird indessen keineswegs
durchweg geteilt, vielmehr angenommen, dafs Nahziele gemeint
seien. Eine Stütze findet diese Ansicht in dem Schlnissatz der
Z. 306 der Sohie&vorschrift: „Dabei werden Uberrasch end auf
näherer Entfernung auftretende Ziele dazu dienen, auch diejenigen
Fälle vorzttftlhren, in denen die BatteriefUbrer selbständig einen Ziel-
wecbsel anzuordnen haben." Eine Änderung: dieses Satzes könnte
der Beurteilung Uber Zulässigkeit des Zielwechseis aus eigenem Ent-
schluis nnr forderlich sein.
Der andere Satz empfiehlt, bei KilckwUrtsbewegungen im Schritt
anzutreten und erst zum Trabe Uber/ugehen, wenn die nächste
Infanterielinie passiert ist. Das Reglement kennt diesen Zusatz
nicht Das Antnebmen eines schnelleren Tempos scheint vielmehr
von da ab gerechtfertigt, wo Hohe und Ordnung hergesteilt sind
und die Trappe aus dem wirksamen Feuerbereich getreten ist.
Der MunitioDsersatz hat mit Einführung des zu schnellem
Feuer befähigten Feldgeschützes 96 hervoiragende Wichtigkeit er-
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Die TAktik der FeldartiUerie.
77
lanfTt Darüber läfst auch das Reglement keinLii Zweifel. In der
vorlit'^L'iulen Arbeit ist der Nachweis geführt, wie die Jetzifje Aus-
rüstung auch dem erhöhten Verbrauche gerecht wird und wie lanpe
Zeit der Bedarf einer Batterie im gewöhnlichen Teuer gedeckt ist,
je nachdem sie auf ihre eigene Ausstattung angewiesen ist o(i( r am h
über die der leichten Munitiouskolonne verfügt. Die Berechnung er-
giebt 3 bezw. 4 Stunden, so dafs die Anaahme berechtigt ist, dafs
bis Ablauf dieser Zeit auf Ersatz aus den Munitions-Kolonnen mit
Sicherheit gerechnet werden kann, — Bemerkenswert ist die VVieder-
legung der .\nnahme, dafs wegen der hoch gesteigerten Wirkung der
modernen Geschütze sowohl der Artilleriekampf als auch die Vor-
bereitung des lufanterieangriffes sich mit einem geringeren Munitions-
Anfwande werde durchführen lassen. Die grofsen Schufsweiten, auf
welchen die heutigen Waffen die Vernichtung anliahnen können,
haben eine Erweiterung aller Abstände zur Folge. Wird schon da-
durch die entscheidende Wirkung verzögert, so ist es auch der
Infanterieangriff, der weitere Strecken zu durchlaufen hat und der
Unterstützung der Artillerie in der längeren Zeit keinen Augenblick
entbehren darf.
In dem 5. Kapitel ist unter „die Verteilung der Artillerie inner-
halb des Armeekorps*' das Fallenlassen der Korpsartillerie bezw.
die ForderoDg der Unterstellung der Feldartillerie unter
die Divisionen besonders eingehend und — llberzeogend naeh-
gewiesen. Diese urganisatorische Änderung ergiebt sich ans der
Notwendigkeit des Artillerieduells, welches infolge der grofsen Wirkung
der modernen Geschütze nicht mehr umgangen werden iLann lud
möglichst Yor dem Einsetzen der Hauptmasse der Infanterie zo einem
gewissen Abschlnfs gebracht sein muls. Es erstrebt die Feaer-
llberlegenheit, welche es gestattet, mit dem grülseren Teil der Ge-
sebütze rioh gegen die Infanterie m wenden, mit dem kldneren, die
leiDdliohe Artillerie abzuhalten, ein Oleiebes zn thnn.
Die für Sonderzwecke geschaffene Hanbitzabteilnng jedes
Annee-Koips bildet in Zukunft gewissermaben die Korps-Artillerie,
über welehe der kommandierende General je naeb der (Jefeobtslage
entscheidei Sie grundsfttzlieb als Reserve znr Verittgung zu behalten,
liegt in ibier Bestimmung begründet
Unter „Truppeneinteilnng nnd Marsebordnung" sind die
Gesiebtspiinkte in den Vordergrund gestellt, welebe für zweekmäbige
Zuteilung von Artillerie an die Avantgarde spreeben. Sie yerdienen
um so mehr BeaehtuDg, als naeb der jetzigen Fassung von Z. 106
der Felddieust-Ordnung die gesamte Artillerie leiebt untersohiedlos
in das Gros verwiesen wird. — Neu ist der Hinweis, daib die fint-
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78
Die Taktik der FeldartUlerie.
TdokelüDg der gesamten Infanterie um so schneller erfolgen kann,
je weiter die Artillerie in der Marschkolonne nach vorn genommen ist.
Aas dem Unterabschnitt Angriff" mag hier nnr auf den Vor-
tritt, welcher der Artillerie bei der ersten Entwickoluiifr gebührt, das
Vorgehen der Infanterie durch den zur Vertilgung gebliebenen Kaum
und das Zosanimeinvirken beider Waffen besonders hingewiesen
werden. Soll sich die Infanterie einerseits unter dem Schutze der
Artillerie wichtiger Stutzpunkte bemächtigen, so andererseits die
Schwesterwaffe durch Bedrohung und Anfassen des Gegners unter-
stützen. Das ist ein wichtiger (Truiidsatz. der ebenso für die offene
Feldsohlacht, wie besonders liir den Kampf um befestigte Feld-
stellungen gilt, bei welch letzterem das Kegleiuent ihn auch scharf
zum Ausdruck gebracht hat.
Gleich fesselnd und belehrend sind die übrigen Gefechtsformen:
Verteidigung, Veifolirung. KUi'kzug und schlielslich das (iefecht der
reitenden Artillerie Ix i der Kavallerie-Division besprochen. Der zur
Verfügung stehende Kaum verbietet ein näheres Eingehen darauf.
Wer sich eingehend mit dem Verhalten der Feldartillerie bei diesen
Grefechtshandlungen befassen will, darf reicher Anregung sicher sein.
Der „Anhang" bringt einen Vorschlag, in welcher Weise die
Besichtigung der Feldartillerie durch die Divisions-Kommandeure und
kommandierenden Generale erfolgen soll. Das ,.Kriegsmäfsige'' ist
dabei in den Vordergrund gestellt und jenen \ orgesetzten an die
Hand gegeben, wie sie sich, ohne sich in Einzelheiten zu verlieren,
»in Urteil über die Ausbildung verschafl'en. so zu sagen der
Triijipe bis in das Innerste hinein sehen köimen. Das Schwierigste
lür ilie nicht aus der Waffe hervorgegangenen Vorgest lzten ist und
bleibt die Beurteilung des Schieisens, zumal dieselbe, wie Exeellenz
Kohne sehr treffend bemerkt, nur dann Wert hat, wenn sie be-
gründet werden kann. Ob eine Teilung in eine Besprechung der
taktischen Seite der Aufgabe durch den Nicht- Artilleristen und der
schiefstechnisehen durch den Brigade-Kommandeur, wie vorgeschlagen,
zur Ausfuhrung kommt, ist reine Personenfrage. Haben die Divisions-
Kommandeure erst näheren Einblick in die Schiefsausbildung erlangt,
so werden sie später als kommandierende Generale auch zu einem
selbständigen Urteil in dieser Hinsicht befähigt sein.
Als Hauptzweck seiner Arbeit sieht es General- Leutnant liohne
an, bei den Offizieren der anderen Waffen das Interesse und Ver-
ständnis für die Aufgaben und die Verwendung der Feldartillerie
zu erhöhen. Nach Dnrchstoht seines Werkes geben wir der Über-
zeugung Ausdruck, dab er seine Absicht in rollem Umfange er-
reichen wird. Das Streben der anderen Waffen, sich mit der
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KinluhruDg des neuen deutbohen Feldhaabitzenmaterials. 79
LetstQDgsfäbigkeit nod Taktik der FeldartUlerie vertrant m machen,
irt grofs, imd es giebt kaum eine Frage, Uber welche das besprochene
Bach nioht An&ehlals gäbe. „Und wo ihr's paokt, da ist e»
ntereflaantl« R.
VI.
Zweck u&d Bedeutung der Eiotährung des neuen deutschen
Feldhaubitzenmaterials.
Von
HeUweg^ Lentaant im FeldartiUerie-Kegt. Nr. 17.
Die FeldartUlerie gUt hentzotage in militilrtschen Kreisen nicht
mehr als eine Spezialwaffe, aneh nicht als Waffe der Znknnft, sondern
sie ist eine der drei nnerlMIsliGhen Hanptwaffen.
Diese Erkenntnis hat sich seit dem deatsch-iranzOsischen Kriege
gaai aUni&hlich Bahn gebrochen. Alle kriegerischen Unternehmungen
der letKten 25 Jahre, nicht am wenigsten der griechisch-tUrkische
Krieg und anch die eisten Kämpfe zwischen den Bnren nnd Eng'
lindem in Transvaal, haben von nenem den Beweis für die Richtig-
keit dieser Annahme erbracht Es Iftist sich nachweisen, dafs die
Verwendung der Feldartillerie — oder richtiger die feldmälsige Ver-
wendung der ArtUlerie — in jedem einzelnen FaUe mindestens mit-
entscheidend war für den Ausgang des Gefechts, nnd es kann des-
halb kanm jemanden yerwnndem, wenn wir sehen, wie gerade in
der aUernenesten Zeit eigentlich alle Grolsstaaten in- nnd anlserhalb
Europas der Reorganisation ihrer FeldartUlerie eine ganz besondere
Bedentnng beigelegt zu haben scheinen.
Deutschland hat die Wichtigkeit dieser Waffe zweifellos richtig
erkannt Unbestritten marschiert es auf diesem Gebiete an der Spitze
aUer Grolsstaaten, denn wtthrend diese zur Zeit noch mehr oder
weniger intens!? mit der Einftthmng eines neuen Feldkanonenmaterials
beschäftigt sind, hat Deutschland diese schwierige Aufgabe bereits
im Frühjahre diesen Jahres entgultig abgeschlossen, indem es aUen
seinen Formationen ein neues Feldgeschtttz gegeben hat Selbst-
▼eistftndlich konnte diese Mafsnahme erst erfolgen, nachdem auch die
60
Elmflilirung des neuen deutschen Feldbaubiuuumuterials.
ibr den MobilmaehangBlidl erforderfiehen Mimitioiismengen and alks
sonstige Zubehör in ansreiehendem Habe fertig gestellt worden war.
— Dentscbland hat aber noeh dnen writeren Sehritt YorwSrts ge-
than, einen bedentongsToUen Sehritt, es hat seit dem 1. Oktober d. J.
•damit begonnen, seiner FeldartiUerie ein sweitea nenes GeschOts ss
geben, die Feldhanbitze.
Es erscheint mir hier der gegebene Ort, einige der wichtigsten
^tistischen Daten dieses neuen Materials einznfllgen.
Das Kaliber der Feldhanbitze betrttgt 10,5 cm gcgenttber 7,7
bei der Feldkanone. Da indessen das Kohr der Feldhanbitze nm
fast ein ganzes Meter kürzer ist, als das der Feldkanone, so erklärt
es sich einfach, dais das Gesamtgewicht der etsteien das der letzteren
trotz des wesentlich gröiseren Kalibers nur am rnnd 4*/t Ct. ttbei^
steigt Maa hat sich Ton Alters her daran gewöhnt, mit dem Be-
griff Hanbitze etwas Schwerfälliges za verbinden; das trifft nnn bei
der dentschen Feldhanbitze absolat nicht mehr zn. Sie wird genan
ebenso bespannt, wie die ttbrigen Feldgeschtttze, d. h. mit je sechs
Pferden, aber nicht etwa kalten Schlages, wie man irrtümlicher
Weise bisher vielfiach angenommen hat Die Fahransbildnng nnd
die Verwendnng im Gefecht erfolgen nach denselben Begefan eines
einheitlichen Reglements. Dabei zieht jedes Pferd bei der Feld-
hanbitze — bei kriegsmälsiger Aasrtlstnng nnd ao^gesessener Be-
•diennng — nor einen halben Centner mehr als bei der nenen Feldkanone,
also immer noch einen halben Centner weniger als bei dem bis-
herigen Feldartilleriematerial, das doch während seines 25 jährigen
Friedensgebranchs anch anter den allerschwierigsten Verhältnissen
eine recht anerkennnngswerte Beweglichkeit bewiesen hat
Die Feldhanbitze verfenert ebenso wie ihr Schwestergeschttts
zwei Mnnitionsarten, eine Granate nnd ein Schrapnel.
Erstere ist ein Brisanzgeschols nnd gewährt die grOCsten Vor^
teile beim Bogenschnls nnter Anwendung einer Terlaagsamten Zflnd-
Torrichtnng, letzteres ermöglicht die Verwendnng der Haubitze nach
den Regeln der Kanonenbatterien gegen alle freistehenden Ziele des
Feldkriegs. Man kann deshalb snsammen£usend sagen, beide Ge-
schütze sind befUiigt, die der Feldartillerie zufallenden Hauptauf-
gaben selbständig und unabhängig von einander zu lüsen. Während
Aber die Feldkanone ihre hervorragendsten Leistongen infolge der
rasanten Flugbahn mit dem Schrapnel gegen ungedeckte Ziele auf*
zuweisen hat, bleibt es die wichtigste Domäne der Feldhanbitae,
') Der Ciiistiinfl. dal's bisher Mitteilungen iibor das Feldhanbitzmaterial
noch nicht veröD'entiicbt üind, zwingt den Verf. in dieser Uinsicht zu äui'serster
^nrUcklialtuDg.
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Eintühruag des aeaeu üeuUcben Feldhaubitzenmaterials.
81
88l^ Ziele in bekämpfen^ die unter starken Eliideoktiiigen Sokati
gesneht haben. In der ZerBtOrong widerstandsfähiger toter Ziele
and in der BekttmpfaDg gedeckt stehender lebender Ziele — ohne
ESodeeknng — ist die Feldhanbitae allein sehen infolge des größeren
KalibeiB wesentlieh ttberlegen. Selbst starkes Mauerwerk yon mehr
als l m Dicke nnd starke fiiindecknngen von schweren Balken and-
boben Erdschllttiingen werden anstandslos dnrebsoblagen. ffleran
benutzt man am Forteilhaflesten die Granate mit Anfteblagzttnder im
Bogenschnls nnd mft durch die Anwendung der verzögerten Zttnd-
TOiriebtung eine betittchtliche minenartige Wirkung im Innern ber?or.
Dabei ist die Hanbitse infolge der technisch hocbgrudig voll-
kommenen Konstruktion, bei der alle fiHUirungen des 96-lfatenalB
verwertet werden konnten, auch zur Abwehr Uberrasebender Nah-
angriffe durchaus geeignet Erwägt man, dab sie mit jedem
Sehrapnel ca. 200 Kugeln mehr dem Feinde entgegenwirit, als die
Feldkanone, und dafo die geringere Rasanz bei den nahen E<nt-
iemangen keinen allzugrolsen schädigenden Einflofs ansttbt, so kommt
man zu dem Eirgebnis, dab die Feldhanbitze zur H^rreichung gleicber
Besnltate noch niobt */« soviel Schüsse abzugeben braucht, als die
Feldkanone. Dabei fordert das Reglement im Sehnellfeuer bis zu
50 SchnlB pro Minute, und erklärt nur kurz, dab die Feuer-
geschwindigkeit bei der Haubitze „etwas geringer" sei — Dafür
ist aber naturgemäb in solchen Gefechtsmomenten bei diesem Ge-
sehtttze die Ge&hr des sieb Verschielsens eine grOlbere, denn die
wesentlieh umfangreichere, schwerere Munition bedingt es, dafo die
für alle Battmen gleich grob vorgesehene Anzahl an Munitions-
wagen den Haubitzbatterien nur eine erheblich geringere Munitions-
menge zur Verftigung stellen kann.
Das neue Ezerzier-Reglemenl für die Feldartillerie nimmt des-
halb wiederholt Veranlassung, daranf hinzuweisen, dab es die Pflicht
aller Artilleriefühier sei, auf das dringend gebotene Haushalten mit
der Munition hinzuwirken. Unverändert ist der alte Grundsata anf-
reebt erhalten worden: Eine Batterie, welche sich verschossen hat,
gebt nicht zurück, sondern wartet in der Feuerstellung die Heran-
(ttbrong von Munition ab. In der Redaktion des Reglemento geht
dieser Ziffer jener alte bekannte Passus unmittelbar voraus, der für
den Fall, dab Kavallerie in die Batterie eingedrungen sein sollte,
die Fortsetzung des Kampfes mit den Handwaffen fordert. Es er-
sebemt nicht ausgeschlossen, dab sich die Innehaltnng der gegebenen
Vorscbriften im Emst&Ue namentlich bei Haubitabatteiira in der zeit»
lieh ungekehrten Reibenfolge erforderlich madien dürfte.
In der Schwierigkeit des Munitionaersataes — es giebt jetzt
JaMtehn flr «• dMrtMto Ahm« md Hadn«. B4 11«. 1.
8 2 Einfllhniiig des neuen dentsehen FeldhanbitEenmUeriAls.
4 Gesehofssoiten und bisher nur 2 — liegen die Haaptbedenken,
die Yon allen Gegnern der Qanbitee gegen das Verlassen des Ein-
heitspiinzips geltend gemaoht worden sind. In den siebziger Jahren
galt es neben der bekräehtliohen Steigerung der ballistischen Leistungen
des damaligen ICaterials als gans besondere Errongensohait, dab Yon
nun an alle Batterien einheitlieh bewaffiiet werden sollten. Ein 6e-
sebttts nnd mOgliehst nnr ein Gesehob, das sohwebte allen da^
maligen Artilleristen als das erstrebenswerte Ideal vor AugOL In
der Tbat sind denn anoh diese Vorteile für die Ansbildnng, für die
Verwendung und für den Mnnitionsersatz von so aulserordentlich
grolher Bedeutung, dafo selbst der Laie die Wichtigkeit jener Grttnde
begreifen mufe, cUe die oberste Heeresleitang Teranlabt haben, dieses
bewihrte Prinzip zn Tcrlassen.
H^wttrdigerweise stammen die Vorläufer jener Idee, der wir
die Einftthrung unserer heutigen Feldhaabitze za verdanken haben,
schon aus jeuer Zeit, in der auch die reitenden Batterien das gleiche
Material erhielten, und in der die alte Granate verurteilt wurde, in
dieWaffensammlungen und Rumpelkammern früherer Jahre zu wandern.
— aus einer Zeit also, in der man sich planmäfsig mehr und mehr
dem erstrebten Ziele zn nähern schien. Die Krie^kunst ist eben
veränderlich. SpecieU die Taktik zählt nicht zn den exakten Wissen-
schaften; sie kennt nicht Grundsätze wie die Mathematik, deren
ehrwürdiges Alter in die Jahrtausende reicht, und die vermutlich flir
alle Zukunft festgelegt bleiben werden. Die Taktik setzt einen be-
weglichen Geist voraas, einen Geist, der den Wechsel äulserer Ver-
hältnisse schnell zu erfa^ssen, und schnell sich ihm anzupassen ver-
mag. Die Biohtigkeit dieser Lehre beweist das vorletzte Jahrzehnt.
Die ungeheuere Steigerung der Feuerwirkung aller Waffen ftihrte
zur Einftthniii^' der aufgelösten Kampfordnung, trotzdem sie den
ruhmreichen Erfahrungen vergangener Zeiten Hohn zn sprechen
schien, trotzdem alte erprobte Generäle immer wieder warnend da-
rauf hinwiesen, dafs die Schwierigkeit in der Aufrechterhaltnng der
Disziplin in den wichtigsten Gefechtsmomenten die Durchführung
dieser Kampfesart unmöglich mache. Eine Gefahr nach dieser
Richtnng hin lälst sich nicht leugnen. Trotzdem mulste man sich
zur Annahme dieser schwierigen Neuerung bequemen, denn jene
alten Kampfesformen erwiesen sich als nicht mehr lebensfähig
Ähnlich bei der Feldartillerie; Schon seit geraumer Zeit hält die oberste
fleeresleituDg daran fest, dafs die Feldatillerie befähigt sein mtlsse,
unter allen Umständen den Gegner wirkungsvoll zu besehieben.
Die Taktik der neueren Zeit legt aber der Ausnutzung des Gre-
iändes mit Becht eine erhöhte Bedeutung bei; sie lehrt auch, dafo
üiyiiizea by Googl
EtaMhiimg des neaan dentsoben FeldhMUlMiimaMih. 83
Ott lAiifig den nfttttiliohen VerhAltnisBeii nachhelfen mOase, nnd
ftntert sasgiebigen Gebranoh des Spatens. Hieraus erwuchsen der
Fddartillerie Anfgahen, die man bisher nicht gekannt hatte. Anch
dogesehnittene Batterien nnd mhende Sehlltsen in SehtttzengriU>en
dOiften vor Verlusten dnreh Feldhatterien nicht sicher sein.
Hier stehen wir an einem bedeatnngsroilen. Wendepunkt in der
Entwiekelnng der Feldartilleri«. Anfinngs suchte man sich genial
Uber das Mifoliehe der neuen Forderungen hinwegzusetzen. Man
sagte einfach so: die Sache hat gar keine Bedeutung; es giebt nur
iveierlei: Entweder will der Gegner kftmpfen, dann muls er schieben
und wenigstens den Kopf Uber der Brustwehr zeigen, — und in
diesem Falle wird er mit Schrapnels behandelt — oder er bleibt
ontlifttig nnd damit ungefährlich, nnd es steht nichts im Wege, die
eigenen Truppen heranzufUiren. Ich will mich nicht in Einzelheiten
Teriieren und unterlasse deshalb einen Versuch, den Nachweis für
die Unhaltbarkeit dieser Ansicht zu erbringen. Ich begütige mich,
darauf hinzuweisen, dals man an maßgebender Stelle solchen An-
siebten nicht beigetreten ist, dab man yielmehr jenes ceterum oenseo
aufrecht erhielt und immer wieder mit allem Nachdruck von der
Feldaitilleiie forderte, dab ne auch unter solchen Umständen wirksam
bleiben mttsse.
Es ist der Geist der OifensiTe, der diese Forderung diktiert
Es darf nicht in der Durchführung des Kampfes für den Angreifer
tote Punkte geben, in denen seine Kraft nicht einsetzen kann, es
darf nicht von dem Verteidiger befestigter Stellungen abhängig sein,
ob der Angriff ins Stocken kommt, ob Zeit gewonnen wird, die für
den Verteidiger ebenso nutzbringend als fUr den Angreifer ver-
hängnisvoll werden kann. Die Feldartülerie mufs auch unter solchen
Umsttnden das lösende Etwas sein, das den Angriff weiterträgt,
wenn anders sie ihre Stellung als Bauptwaffe aufrecht erhalten,
wenn sie nicht wieder auf das Niveau einer Spezialwaffe zurtlck-
smken will.
Zwei Wege giebt es, auf denen unter solchen Verhältnissen
hranchbare Erfolge ftLr die Feldartillerie zu erreichen waren. Ein-
mal die Brisanzgranate aus Flachbahngeschtttzen nnd zweitens die
Baabitze. Es ist wohl nicht zu verwundern, wenn man — fast
mochte ich sagen krampfhaft — zu jenem ersten Mittel griff. Es
erhielt die Einheitlichkeit der Bewaffiiung und gab die Möglichkeit,
mit Terhältnismälsig geringen Kosten das erstrebte Ziel zu er-
reichen.
Vergegenwärtigen wir uns kurz die Art und Weise, wie man
gegen gedeckte Ziele mit Brisanzgianaten aus Flachbahngeschtttzen
6*
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ir.^ii^^irq»g des Hauen deutschen Feldhaubitienmaterials.
Erfolge er/Jelen kann, so werden ans ohne weiteres die Mängel klar
werden, die diesem Verfahren anhaften.
Die flache, auch auf weiteren Entfernungen noch zu rasante
Flugbahn schliefst es aus, von oben her mit dem Vollgeschofs
hinter die Deckung zu ^relarifren. Es mu£s deshalb das flach Uber
der Brustwehr hinfliegende (TPschors im richtigen Moment durch
eine geeignete Sprengladung zerlegt werden, welche stark genug ist,
die einzelnen SprengstUcke hinter die Deckung zu treiben Da aber
aus Gründen, die ich später auseinandersetzen werde, bei der Feld-
kanone niemals auf Sprengstücke zu reebnen ist, welche senkrecht
von oben her oder gar noch von rückwärts her wirken, so ergaben
nur solche (ieschosse ein brauchbares Resultat, die in einem be-
stimmten Al»stunde vor und Uber dem Ziel krepieren. Dieser Kaum,
in dem allein wirkungsvolle BrennzünderschUsse liegen könDen, ist
ein ziemlii'h bescliriuikter, wenn sich der Gegner unter dem Druck
des Selbsterhaltungstriebes dicht au die vordere senkrechte Deckung
anlehnt. Sollen deshalb gute Resultate erzielt werden, so braucht
man präcis schielsende Geschlit/e, iriite, zuverlässige Bedienung, ein
verhältnismäfsig kuiiipliziorte.s Sfhielsverfahren, dementsprechend Zeit
und Munition, einen gewandten Batterieführer und — nicht zuletzt —
ein brauchbares Gescbnfs mit einem äulserst exakt wirkenden Brenn-
zünder. Fehlt eines dieser Momeute, so sinkt die Wirkung be-
trächtlich herab, oder es müssen grul^e Munitionsmengen aufgewendet
werden.
Hier möchte ich für Nichtartilleristen zur Erklärung jener That-
sacbe. dafs die Sprengj^tücke hei der Feldkauune nicht senkrecht von
oben her oder gar rückwärts wirken, auf die Arbeiti>leistung hin-
weisen, welche der Sprengladung des Geschosses zufällt.
Durch die Zünder unseres Feuerwerkslaboratoriums, die in ihrer
Wirkung unerreicht, als Meisterstücke moderner Präcisionsmechanik
angesehen werden dürfen, gelingt es bei sachgemäfsem Verfahren,
das Geschüfs im richtigen Moment in der Luft zu zerlegen. In
diesem Augenblick fliegt aber das Geschofs der Feldkanone noch in
ziemlich rasanter Bahn und mit beträchtlicher Gesell wiiuli^'^kc it. Nach
den Gesetzen des Beharrungsvermögens würde sich diese ( iesehwiudig-
keit, die das Vollgeschofs im Moment des Platzens hatte, auf alle
einzelnen Sprengstücke Ubertragen und sie in der bisher innegehabten
Richtung fortfliegen lassen, wenn nicht die äulserst brisante Spreng-
ladung das Bestreben hätte, die einzelnen Teile nach allen Piichtungen
auseinanderzutreiben. Die Kotationskraft und die Anziehungskraft
der Erde üben natürlich auch ihren F^influfs aus. und so kommt es
zu einem Kompromifs, der Gestalt, dals die einzelnen Stücke ganz
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EintUbrung des noueu deutsohen FeldbMubiUuuinuterialB. (35
kettiohtlich ans der Bahn des Vollgesohoesee abgelenkt werden nnd
Dnler einem stampfen Winkel trichtertönnig vom Sprengpnnkt ans
forwarts-abwSrts zn Boden fliegen.
Vergleichen wir hiermit den Vorgang, wie er sieh abspielen
mnls, wenn eine gleichartig konstruierte Brisanzgranate ans einer
UaaMtee abgefenert wird, so erkennen wir unschwer, dafe ein wesent-
lich besseres Besutat zustande kommen wird, weil alle einzelnen,
gestaltenden Faktoren aogleich günstiger sind. Das Gesebols ist
grölser, die Sprengladang kräftiger, die Flugbahn gekrümmter, die
Geschwindigkeit im Moment des Platzens und die Botationskraft sind
geringer, also mnfo die Wirkung der Hanbitse bei der Bekämpfung
lebender Ziele dieht hinter Deckungen der der Feldkanone ttber*
legen sein.
Handelt es sich nnn aber gar darum, Eindecknngen — auch
nur leichterer Art — zu zerstören, dann ist mit den kleinen Spreng-
Btlicken von Sprenggranaten aus Feldkanonenbatterien nichts zu
erreiehen.
Als ballistiBche Erttppel ohne Form und Gewicht ttberwinden
sie alle Widerstände schiebt, d. h. sie fliegen nicht weit und schlagen
flicht stark durch. Die Sprengstttoke beim Schielsen ans Hanbitzen
sind natlirlich auch ballistisch mUsgeformt; aber infolge ihrer GrOüse
nnd der ihnen innewohnenden stärkeren Energie des Vorwärtsfliegens
sind sie doch imstande, Kopfdeckungen von ansehnlicher BrettstSrke
zu durchschlagen und noch darunter befindliche Mannschaften aufser
Gefecht zu setzen. Hat aber der Gegner Zeit nnd Mittel gehabt,
widerstandsfähige Eindecknngen ans Baumstämmen oder Balken mit
starken Erdschttttungen herzustellen, was im Zukunftskiiege sicher-
lieh Ofiters vorkommen wird, dann ist die deutsche Feldartillerie noch
keineswegs machtlos, denn sie besitzt in der Feldhaubiize ein wirk-
sames Mittel, Jede feldmä&ig hergestellte Verschanznng erfolgreich
m beschielsen. Handelt es sich dagegen um so widerstandsfähige
Befestigungen, daCs auch die Wirkung der Hanbitee nicht mehr ans-
reicbt, dann tritt damit der Kampf ans dem Rahmen eines Feld-
krieges heraus nnd es muls die BelagerungsartiUerie das ent-
seheidende Wort sprechen, die mit ihrer Bespannung wohl beweglich
ist» aber infolge des hohen Gewichts ihrer Geschütze nur auf den
Schritt schwerfälliger Pferde schweren Schlages rechnen darfl —
Dabei halte man es sich aber klar yor Augen, dab es sich nicht
etwa nur um eine Verschiebnng in den Aufgaben zwischen FnlSi- und
Feldartillerie handelt, sondern dafs die geänderten taktischen Ver-
hältnisse neue Forderungen gestellt haben, denen bisher keine beider
Wafien geniigen konnte, well die Fnlsartillerie zu unbeweglich war,
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86
KinfHhniiig dt» neuen deutaehen Feldhanbitsenmateijals.
und weU die Feldartillerie in der Feldkanone allein das geei^ete
Mittel niefat beaafs. Die oberste Heeresleistiuig hat durch die Ein-
fllhniog der neaen Haubitze bewiesen, dafe sie ^wUlt ist im Zukunfts-
kriege solchen VerhältnlsseD Rechnung za tragen. Darin, dafs die
Haubitze der Feldartillerie zugeteilt ist, spricht sich die Fordemog
ans, das nene Geschütz im Geist und Sinne der Feldartllerie zu ver-
wenden. Es soll als oberster Grundsatz auch für die Haubitze gelten,
rechtzeitig — d. h. rasch — am richtigen Platz zu sein.
Mit der Feidbaubitze bleibt die Feldartillerie das, was sie war
and was sie sein mufs, die ultima ratio regis, auch unter den
schwierigen Wechselfällen eines modernen Zukunftskrieges.
Mitkämpfer des deutsch-französischen Krieges erzählen gern von
der belebenden Wirkung, die das Vor«;ehen von Batterien immer
wieder von neuem hervorgerufen habe. Ja, es scheint fast, als habe
sich noch heute bei unseren Friedensttbungen eine Erinnerung hieran
erhalten. Unsere Infanteriekolonnen, deren Nerv beim stundenlangen
Vormarsch im Staub und Schmatz der Strafse bereits nachzulassen
beginnt, sie gehen beim Vorholen der Artillerie zwar murrend,
aber im Grunde nicht ungern beiseite, denn sie erkennen in dem
frischen Vorwärts der vorgehenden Batterien instinktiv ihr eigenes
Heil. Und wenn dann nach langen, bangen Minuten der erste
Kanonenschufs ertönt dann fällt es wie Centnerlast von mancher
Mannesbrust, und manches Herz, das schon unter den vorbezeichneten
Strapazen lau und milde werden wollte, es schlägt höher in dem
Gedanken, die Artillerie ist da, sie will nnd wird der Infanterie den
Weg zum Siege bahnen.
Wie anders würde es mit dem Vertrauen zu unserer Watte aus-
tiohen, wi'un wir im Ernstfalle vor Aufgaben gestellt werden sollten,
die wir beim besten Willen mit unserem bisherigen Material allein
nicht lösen könnten.
Das i^resteifrerte Ansehen der Feldartülerie ist auf den Sehlacht-
leidern Frankreichs ehrlich erworben. Wollen wir es erhalten, so
darf die Feldartillerie nicht auf ihren Lorbeeren einschlafen, sondern
sie mufs wachsamen Auges den Entwickclungen der Zeit folireu.
d. h. unter heutigen modernen Verhältnissen, sie muh itiistaude
sein, den Gegner auch aus festen, befestigten iSteiluugen heraus-
zutreiben.
Man steht — selbst in der eigenen WatTe — noch in weiten
Kreisen der Einführung tler Haubitze ziemlich skeptisch gegenüber.
Viele sehen nur die unbestreitbaren Mängel, die das Verlassen des
Einheits})riii/ips bedinf;t. andere w ieder ^jlauben, dals das Schwerfällig-
rechnerische, das der Haubitze traditionell anhaftet, den frischen
. Kj i.uo Ly Google
KinfHbniBg des nmiMi deatsoben Faldiumbitienmateriato.
87
Keitergeist der VVatfe verkümmern lassen müsse. leh meine, hier
gilt vor allem der Kosenberg^che Grandsatz: „Siefen ist der Zweck!"
— Siegen heilst für die Feldartillerie sehiefsen, wirkungsvoll scbiefsen,
auch unter den heutigen gesteigerten Anforderungen.
Man ist im In- und Auslande davon Uberzeugt, dals Deutschland
allen Staaten durch die gewissenhafte Friedensansbildung in etwas
überlegen sei, das noch wichtiger ist, als die höchste technische
VollkomnK^nheit. Trifft das zu — und wer wollte nicht gern dazu
k'iira^^rri — so heilst es für die Feldartillerie, jenes kraftbedeuteude
Etwas in nutzbringende Arbeit umzusetzen; und dazu bietet die Ein-
führung des Feldhaubitzenmateriais ein weites Feld wirkuugsvoUer
Tbätigkeit.
Zn welchem Tnifange und zu welcher Bedeutung sich die Frage
der Feldhaubitze noch auswachsen kann, scheint mir einstweilen un-
übersehbar. Jedenfalls giebt es heute schon Kenner des neuen
Materials, die in ihm das alleinige ZukunftsgeschUtz erblicken.
Theoretisch unmöglich ist das keinesfalls, aber es schiefst vielleicht
weit über das richtige Ziel hinaus. Wichtiger und naheliegender
scheint es mir, ein richtiges Verhältnis zwischen Feldkanonen und
Haubitzen herzustellen. Hält die Heeresleitung daran fest, vor der
Hand jedem Armeekorps eine Abteilung zu zwei Haubitzbatterien zu
geben, so würde sich die Verhältniszahl 1 : 12 annehmen lassen.
In dem Mafse, wie man dies Verhältnis zu Gunsten der Haubitze
abändert, nimmt man ihr die Merkmale eines Speziahvcrkzeugts und
steigert damit ihren Wert. Beweist die Feldbanbitze bei eingehenden
Truppenversucben, dafe sie imstande ist, jene hochgehenden Er-
wartungen ganz zu erfüllen, die man an malsgebender Stcllo auf
sie setzt, dann wird man sich m. E. bald zu einer V erstärkung des
Haubitzciimaterials entschlielsen müssen. Sobald erst einmal das
richtige Zahknverhältnis zwischen beiden GeschUt/cn gefunden ist,
könnte man jene .Aufgaben, die einstweilen noch unvollkommen zum
Teil mit Feldkanouen gelöst werden müssen, ganz und gar den
Haubitzen überlassen. Das heifst nichts anderes, als den Kanonen-
batterien die Granaten nehmen und sie nur solche Ziele be-
schiefsen lassen, bei denen die hervorragenden Leistungen ihres
Schrapnelschusses ganz zur Geltung kommen. Erwägt man, dafs die
Zeit noch nicht allzulange her ist, da man ernstlieh daran dachte,
der Feldartillerie als Einheitsgeschols eine Sprenggranate zu geben,
so darf man auch die Möglichkeit nicht ausschliefsen, dals es der
fortschreitenden Technik gelingt, eine so ver\ollk()mmnete Granate
herzustellen, dals sie den Haubitzbatterien als alleiniges Geschols
dieoen kann.
88
Kleine heeretgeeehichtUehe Mitteilimgen.
Im Hinblick auf solche Eventualitäten gewinnt die Frage der
Feldhaiibitze eine neue, wirksame Beleuchtung. Alle wesentlichen
Gründe der Haubitz-Gegner basieren in erster IJnie auf der Schwierig-
heit des komplizierten Monitionsersatees, der sich alsdaim ideal ein-
fach gestalten lieüse.
Wa8 aber aaob die Feldartillerie noch fUr WandlangeD und
Obergänge durchzamachen bat, jedenfalls geschehen sie anter der
alten Devise: Pro gloiia et patria!
m
Kleine beeresgeschichtliclie Mitteilungen.
Lebens -Alter fridericianiseher Offizier- Korps im Jahre 1783.
Den „Manuscripta Borussica" (fol. 310) entnahm ich folgende An-
gaben Uber das Infanterie-Regiment des Herzogs zu Braun-
ßc'lnvt i^' und Lüneburg" (Nr. 21), Garnison: Halberstadt und
Quedlinburg.
Das Regiment hatte als Chef den Herzog zu Braunschweig,
47 Jahre alt, als Kommandeur Oberst Wilhelm v. Below, 62 J.,
ferner 3 Stabsoffiziere: Oberst Karl Gottlob v. Tümpling, 57 J.,
Major Anton v. Honroth, 52 J., Major C. Adam v. Sebottendorf, 51 J.
— 7 Kapitäns im Alter von 36 — 47; 3 Stabs-Kapitiins, 36— ;i8;
10 Premierleutnants, 28 — 37; 17 Sekondleutnants, 21—29;
11 Fähnrichs, 16—22; 2 Überkoniplette Fähnrichs, 14—16 Jahre.
Summa 55 Offiziere. (NB. Der Fähnrich war die unterste Offiziers-
Charge.) — Der vaterländischen Herkunft nach waren 11 ans
Pommern, 4 aus Schlesien, 5 aus Magdeburg- Hai berstadt, 3 aus Mark
Brandenburg, 1 aus Kurland, 3 aus Provinz Preoiisen, 1 aus Ost-
friesland, 2 aus Westfalen, 25 „aus dem Reich'*.
£in merklich höheres Lebensalter hatte das Offizierkorps des
inr selben Inspektion (des Generals v. Saldern) gehörigen »^Garnison-
Bataillons von RUchel (Nr. 4), Garnison Aken und Löbegien.
Der Oberst 60; der Oberstleutnant 63; 3 Kapitäns 56— 61 ; 1 Stabs-
Kapitän 57; 4 Premierleutnants 30, 49, 56, 60; 5 Sekondleutnants
19, 35, 40, 54, 60; 5 Fäbnriebs 22, 26, 40, 44, 45 Jabre alt. —
I. by Go(^j^l
Kleine beeresgesohicbtUche Mitteilau^en.
.Summa 20 Ot'tizierc. Davon bürgerlicher HerkoDft: 1 Oberst-
leutnant, I Kapitän, 3 Premicrleatnants, 1 Sekondleutnant, 3 Fähn-
richs. Surama 12. Schbg.
Munitionsverbrauch der Feldartillerie 186<> und 1870/71. Die
preulsische Artillerie versehofs im iu'ldzuge 186(> in Summa
aus 900 Gesohtltzen 'M)i\){i Schuls, also durchschnittlich 40 Schuls
per Geschütz und zwar: 34390 Granaten, 1598 Schrapnels, 211 Kar-
tätschen. Den orröisten Munitionsverbrauch hatte eine 4pflludige
Batterie des Regiments Nr. 4 bei Prefsburg mit H81 Schuls, 113,5
per Geschütz, demnäscbst eine 4pfUndige Crarde-ßatterie bei König-
gifttz mit 480 Sobois, 80 per Geschütz. — Die Artillerie der öster-
reichischen Nordarmee verschofs 76472 Schufs, davon 62592 Granaten,
11316 Schrapnels, 2566 Kartäteehen, durch sc hnitüich per Geschtitz
107 Schufs. Als Beispiel eines ungewöhnlich greisen Monitions-
verbranchs ist eine Österreichische 4plttndige Batterie so nennen, die
bei Kdniggtftte 1788 SebnÜB tbat, per Gesebttts 217, die einzige
Batterie, die mit dem von ibr selbst mitgefftbzten Monitionsqnatttam
niefat aoslLam.
Im F^ldznge 1870/71 tfaat die prenfsische Artillerie einsebUeis-
lieb der hesaiscben Division 267976 Sebnb, und zwar die scbweren
(epfdndigen) Batterien 107126, die leiebten (4pfllndigen) 112770,
die reitenden 48079. 300 Kart&tscben wurden versebossen. — Bei
Sedan verbianebte die dentsebe Artillerie (also Preulsen, Saebsen
nnd Bayern) 34898 Sebnls, die Infanterie etc. 4850000 Patronen.
— Wenn man annimmt, dab die Franzosen niebt viel weniger ver-
fenert baben, so sind in der Seblaebt bei Sedan an 60000 Sebttsse
ans dem Gesebtttz und 8 IGllionen ans dem Gewebr gefallen.
Vergleichsweise sei erwähnt, dals im italienischen Feldzage 1859-
TOn 472 österreichischen Geschützen 15326 Schüsse abgegeben
wurden, also 32,5 pro Geschütz. Schbg.
Auf Pappenheinis schwarze Reiter und Pifcolominis durch
Schillers Wallenstein-Trilogie der Welt in einem verklärten Lichte
erscheinende Kürassiere führt eine Ke^iinentsgeschichte, deren Be-
arbeitung der K. K. Kegierungsrat und Chef-Kedakteur des Arniee-
blattes. Oscar Tcuber, unternommen hat, den Ursprung der heutigen
Prinz Ail)recht von I^reulsen- Dragoner Nr. Ii zurück. Als im
Jahre 1623 Kaiser Ferdinand II. das Regiment dem Ohrist Gottfried
Heinrich von Papjienheim verlieh, war es ein spanisches, welches im
dreilsigjährigen Kriege hohen Kuhm erwarb, bald aber auch Ange-
gehörige anderer Nationalitäten in seine Reihen einstellte. Auf
Pappenheim, welcher 1(127 ligistischer General wurde, folgte der
UberstleolnaDt Ottavio Piccoiomini Graf d'Arragona, ein Italiener,.
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"90 Kleine beeresgeschicbtliche Mitteüangea.
üntcr welchem es sich bei Lützen auszeichnete. Ein Rittmeister des
Re^in)ents, welches damals Alt-Piccolomini hiefs, Martellini mit Namen,
soll deii Kimi^ Gustav Adolf erschossen haben, eine Lesart, welche
allerdinirs von der meist verbreiteten abweicht (,,Auf den dort schielst,
das mufs ein vornehmer Mann sein.'') In den ersten FeldzUp^n des
Prinzen Eugen von Savoyen erscheint das Regiment als Caprara;
KUrassiere. Aus diesem w urden im Jahre 1701 zwei gebildet. Eins
davon, als Mouteeucroli-Kihassicre fiut'gestellt, wurde 1768 aufgelöst;
die anderen fünf Kompagnien lieferten den Stamm fiii ein Kürassier-
Regiment, dessen Inhaber der Feldmarschall-Leutnant Prinz Phillipp
von Hessen-Darrastadt wurde. Und als Hessen- Kürassiere focht das
'Regiment zuletzt im Jahre 1SB(> bei Nacbod und bei Königgrätz mit
glänzender Tapferkeit. Damals hieÜs eB nach dem General der
Kavallerie Prinz Alexander von Hessen, dessen Sohn, Graf Hartenau,
•dereinst Leutnant der preu&ischen Gardes du Corps und darauf Fürst
TOD Bulgarien, dem Regimente als Oberst später ebenfalls angehört
•hat. — AoTser den Windiscbgrätz-Dragonem Kr. 14 ist es das ein-
zige Kavallerieregiment der and K. Armee, welches eine Standarte
besitzt, die freilich nicht wie jene geftthrt, sondern nnr in der
Wohnnng des Kommandanten anibewahrt wird. (Armeeblatt 1899
Nr. 38.) 14.
Eiiieii 6efi*eitei-K9rporal als Ref^eDtskomaadanten in der
Sehlacht hd Lauara, in welcher am 15. Angnst 1702 Prinz Engen
von Savoyen aber die Fhmzosen anter dem Marschall Vendöme
•einen hartbestrittenen Erfolg davon trag, erwähnt der Österreichische
Feldherr in einem an den General Graf fleister gerichteten Briefe.
Es heifst darin: „Das Osch wendische Regiment, nachdem alle Offiziere
totgeschossen waren" (wohl nicht wörtlich zn nehmen), „warde von
einem Gefreiten -Korporal so gut, als immer von einem Obersten,
kommandiert Ich bin begierig, ob der Kaiser wegen dieses würdigen
Hannes meinen Vorschlag genehmigen wird. Denn die Belohnong
der vielen rechtschaffenen Männer mufs bei der Armee jetzt das er-
setzen, was ihr an Stärke fehlt und entschiiden noch lange fehlen
wird, da Sie mir von neuen UVuppeiisendnngen nach Ungarn schreiben."
— Ob und welchen Erfolg der Vorschlag des Prinzen Eugen gehabt
hat, ist ebensowenig bekannt, wie der Name des tapferen Korporals.
Das Gschwendisehe Regiment ist das 1G84 errichtete heutige K.
und K. Infanterieregiment Nr. 35. welches sich seit langen Jahren
aus Üeutschböhmischen ergänzt; seine Garnison ist Pilsen. — Zu
besserem N'erständnisse des Vorganges muls übrigens bemerkt werden,
dafs der Soldatenstand zu damaliger Zeit ein Lebensberuf war,
welchem auch die Mannschaft bis an das £^de ihrer Tage ihre
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Kleine heeresgesohichtliobe Mitteilangen.
91
Kräfte widmete. Die in fast onunterbrochener Folge sich aneiu-
ander reihenden Kriege, welche das Kaiserhaus um die Wende des
17. und 18. Jahrhunderts führte,, mutsten jedem einzelnen Gelegeu-
lieit bieten, KriegstUchti«rkeit in hohem (irade zu erlangen und Kriegs-
erfahrung in reichem Mafse sich zu eigen zu machen. (Sammlung
hervorragend tapferer Thaten des K. und K. Infanterie-Regiments
Nr. 35 TOQ überleatnaut Josef üeckentbaler, 2. Aufl., Pilsen 1S99.)
14.
L'^ole de Man, eine Schöpfung des Konvents, hat nicht lange
bestanden und nur geringe Spuren ihres Daseins zurückgelassen.
Ihr eigentlicher Begrtlnder war Bardre, welcher seinem Freunde Hobes-
pieiTe die Errichtnog einer demokratischen Kriegsschule empfahl,
deren 2jGglinge, aus den niedrigsten Klassen der Gesellschaft hervor-
gegangen, Sansculotten, im wahren Sinne des Wortes sein sollten.
Sie sollte ihre Stätte auf der Ebene 7on Sablons hei Neuilly finden,
dem Paradeplatze der Könige, wo diese aiy&brlich ihre Garden ge-
mngtert hatten. Die Versammlung der jungen Republikaner sollte
den durch den Fuls der Oapet und die Paraden der Tyrannenkneohte
besudelten Boden reinigen. — Die Zahl der Zöglinge war 8000;
alle Bezirke der damaligen Landeseinteilung trugen gleiehn^sig
dazu bei, Paris lieferte 80. Als Lehrer war man genötigt, frühere
Offiziere des königlichen Heeres zu wählen« In vier zur Offiziersergänzung
der einzelnen Waffen (Infanterie, Kavallerie, Artillerie, Genie) bestimmte
Abteilnugen gegliedert, sollten die Schiller in einigen Sommer-
monaten die ftlr den Zweck nötige Bildung erhalten. Eifrige Arbeit
mulste die fehlende Zeit ersetzen. Daher lehten die Zöglinge in
völliger Abgeschiedenheit von der Welt, nur einigeraale durften sie
von Anfang Juli bis Anfang November, wo das Wetter zur Anf-
lÖBODg der auf freiem Felde, aber hinter einer Palissadenreihe unter-
gebrachten Schule nötigte, Paris betreten. Die Kavallerie stellte
Pferde, die Artillerie Geschütze; für das Genie wurden Schüler aus-
gesucht, welche mit den Anfangsgründen der Mathematik bekannt
waren. Der Maler David kleidete alle in ein phantastisches Kostüm.
Spätere Zeiten entlehnten diesem den Haarschnitt des Titus, die
Schwalbennester der Musiker, den Schako. den römischen Degen
und den durch König Louis Philipp als „Tuuique" eingefülirten
zweireihigen Waflfenrock mit langen und weiten Schöfsen. — Zuerst
gab es unruhige Köpfe unter der republikanischen Jugend, eine
spartanische Zucht aber brachte sie, nachdem unbrauchbare \ or-
gesetzte entlassen waren, rasch zur Vernunft. Die augenblicklichen
Machtinhaber trauten ihnen jedoch nicht ganz nnd erfüllten daher
gern ihr, auf Grund des Errichtungsgesetzes gestelltes Verlangen,
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92
Beknitierang und neue Gesetzgebung in SViakreleh
nach vier Monaten entiaasen zn werden. Einige baten, in das Heer
eintreten zn dttifen; wer von ihnen ein gntes Zeugnis erhalten hatte,
wurde «ini Offizier befördert und .vier haben es zom Gleneral ge-
bracht, einer davon (Lemairois) war Adjutant Napoleons. (L*öcole
de Mars par Arthur Chuquet, Paris 1899).
Einweihung des Ossariiiiiis bei rhlnm. Am 2. November 1899
fand auf der Höhe von Clduiii die t^inweihung des dort errichteten
Ossariums zum Andenken an die im Jahre 1866 frefallenen öster-
reichischen und preufsisehen Krieger in feierlicher Weise statt. Die
Beteiligung der militärischen Kreise war eine sehr starke, inshesondere
hatten sich die Offiziere der Garnisonen Josefstadt und KöniggrUtz,
unter ihnen viele Generale und Stabsoffiziere, in sehr stattlicher Zahl
eingefunden. Wir nennen u. a. den Protektor des ('entralvereins
zur Erhaltung der Kriegerdenkmale vom Jahre 18(>() in Böhmen,
F.-M.-L. Prinz' Wilhelm zu Schaumburg Lippe, ferner den FlUgel-
adjutanten S. M. des Kaisers von Osterreieh, Oberstlt. Fürst Dietrich-
stein und den Militär- Attache der deutschen Botschaft in Wien»
FlUgeladjutanten Kittmeister v. Bülow; auch eine Ehrenkompagnie
des 42. Inf.-Iiegts. mit Musik war zur Feier, die sehr wtlrdevoU ver-
lief, ansgerttckt Der auf Befehl Ör. Majestät des Kaisers Wil-
helm II. gespendete Kranz mit welfsen Schleifen hatte die Aufschrift:
„Ehre den fUr Ehren und Vaterland im Tode gefallenen Helden'^.
^Österreiehisehes „Armeeblatt" 1899, Nr. 45.) Schbg.
VllJ.
Rekrutierung und neue Gesetzgebung in Frankreich.
Die nene Tagung des Parlaments wird in Bezug anf Gesetz-
entwürfe militärischer Natnr sehr reich sehi. Ehe wir nns mit
diesen näher beschäftigen, haben wir zunächst eine andere Frage
von grofsem Interesse zu behandeln, die Ergebnisse der
Rekrutierung in quantitativer und (| ualitativer Beziehung seit
dem Inkrafttreten des Kekruticruug^^^e.setzes vom 15. Juli 1889.
Anknüpfend an die Thatsache, dals die ZiÖer der Ausgehobenen
des Jahrgangs 1898 um mehr als 20000 Mann hinter derjeuigeu
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Eekratiemng und neue Gesetzgebung in Frankreiob. 93
des Jahr^angrs 1897 zurückbleibt, konstatiert „La France Militaire*
zanäebst, dafs der Grund fUr diese Erscheinung nur zum geringem
Teil in den verschärften Prüfungen der Dienstbrauchharkeit, zum
grölsten aber darin liege, dafs die Zahl der Geburten 1878 geringer
gewesen. In den Kekruteulisteu des Jahrgangs 1878 erscheinen nur
rund 310000 Dienstpflichtige gegen 331000 für 1877. Algerien ist
beidemale ausgenommen. Die Zahl von 310000 ist übrigens für
die Zeit von 1872 — 1892 auch als die normale anzusehen, die aller-
dings in den Jahren 1892 1897 wesentlich -- bis zu 34700 in
den Listen Uberschritten worden ist. Man war durch diese Zeit
in Frankreich etwas sorglos geworden und hatte vergessen, mit
der normalen Ziffer zu rechnen. Während der Jahre 1889 — 1897
d. 1l der Wirksamkeit des gelftenden Rekrutiernngsgesetzes, mit
AnsDahme von 1898, für welches noch nicht alle Daten Torliogen,
erschienen in den Rekratienmgslisten total 2899719 Mann — ohne
Algerien. Von diesen wurden sofort wegen Körperfehlem dienst-
nnbiaiiehbar befanden 247 886, den Hilfsdiensten ul)erwiesen 192378,
iDsammen 440264 — 15,2 "/•• Damit ist die Ziffer der Dienst-
nntaoglichen noch nicht enchöpft, denn in den mnd 896000 bei
der ersten Mastening znrliekgestellten Lenten wnrden aaefa bei
spiteren Masteningen noeb 50 */„ d. h. 198000 Mann dienst-
onbranebbar befanden. Die Cksamtsiffer der letzteren belief sieh
also bei den 9 Kontingenten anf 688264, d. h. 22 */•, ein Prozent-
satz, der enorm hoch genannt werden mnls, da anf 5 Mann immer
em Dienstnntaaglioher kommt Von der Gesamtzahl der 9 Kontingente
bleiben demnach 2261455 Mann. Gestutzt anf offizielle Daten weist
mm ^Franee Militaire" nach, dals nur 52 V« derselben Uber 2 Jahre
gedient haben und uberlftlst es, daraas anf die Qualitilt fttr Fehl-
zwecke Schillsse za ziehen. Besonders grols ist die ZiflSer der ans
Rtteksieht anf bürgerliche Verhältnisse Dispensierten, die nnr 1 Jabr
snter der Fahne blieben, dabei kommen aber die anf 7 be-
Mhrftnkten Familienstützen, total 95007, verhältnismäfsig sehr schlecht
weg, da auf Grund des Artikels 21 des Rekrutierungsgesetzes
allein 360808, auf Grund der Artikel 23 und öU (liberale Karrieren)
38 III dispensiert wurden. Von den später diensttauglich hefundenen
Zurückgestellten diente weitaus die Mehrzahl auch nur 1 Jahr,
keiner mehr als 20 Monate, so dals total 690000 Mann = 2() •/„
nur 1 Jahr bezw. nur 20 Monate unter den Fahnen blieben, und
Uber 48 die gesetzliche Dienstpflicht von 3 Jahren nicht voll er-
erfülltt n, wobei die Leute, die nach ihrer Einstellung dienstuiihrauchbar
wurden und deren Zahl nicht klein ist, nicht einmal mitgerechnet
sind. £& unterliegt keinem Zweitei, dals man die Ziffer der
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94 BeiErotierung nnd neue GtHtagdbvng in Fhmkretali.
DispeDsierteii, besonden der auf Gnmd des Artikels 21 ovr aaf ein
Jabr Emgereihten wesentlieh Termindem, dafllr die der Familien-
sMltEen erhohen kOnnte. Bei einer Bevölkerung, die nach der leisten
Zfthlnng 88343 192 KOpfe betrag, kommen 7 */• EinsteUnngen herans,
ein Prosentsats, wie er in kdnem andern Lande Europas errelehl
wird, nnd den die Gegner des sog. „Militaiismns'* bei nns gut thäten,
sich za merken.
Eine Neuerun«: von fjrolser Bedeutung ist der am 15. November
vollzogene Übertritt der 41. (Vogesen-)Divi8ion vom 20. zum 7. Korps,
nachdem vorher eine neue Abgrenzung der Bezirke des 7. und 20.
Korj)s stattgefunden hatte. (Gleichzeitig wurde die 14. Division nach
Besannen verlegt und traten die der 41. Division zugeteilten Batterien
7 bis 12 des iS. Artillerie- Regiments aus ihrem Kegimentsvcrband
aas und bilden eine eigerif Oruppe t Uegiment) unter einem Oberst-
leutnant Bei der Ncueinteilung der Bezirke des 7. und 20. Korps
wurde entgegen den sonst absolut durch gefUhrtni und
zwe ckmälsig nach dieser Richtung hin „reinliche Scheidung"
proklamierenden französischen Grundsätzen, eine Reihe von
Arrondissemeiits mit der Lieferung von Rekruten und Ergänzungs-
mannschaften für Truppenteile sowohl des 7. als des 20. Korps
betraut, was, eben nach den genannten Grundsätzen, dauernd nicht
bleiben kann. Ein weiteres Symptom ist die Bestimmung, da£B in
dem diesjährigen Rekratenkontiogent eine Anzahl von Leuten provi-
sorisch Infanterie-Regimentern zugewiesen worden ist, bis die
5. Bataillone der 4 Zuaven-Regimenter gebildet sind, die in Frank-
reich bleiben nnd sich bei der Mobilmacbang durch Zuaven-Reservisten
za Regimentern ergänzen sollen. Dann wurden gleichzeitig mit dem
Übertritt der 4. Division anch wieder mehreren der starken (6 Kom-
pagnien, im Krieg 12) JMgerbataillone Brigaden einverleibt. Alle
diese Zeichen denlen klar aaf die Absicht hin, baldigst einen
21. Korpsbezirk mit Epinal als Site des Generalkommandos zn
schaffen. Dem nenen Korps würde die 41. Division in Remiremont
nnd eine 2. angehören, deren Stabqnartier entweder £pinal oder
das bisherige der 14. Division sein durfte. Man sneht in Frankreioh
die Obertragnog der 41. (Yogesen-) Division an das 7. Korps als
Konsequenz der VerstKrknng onseres XIV. Korps am eine dritte
Division nachzuweisen and der kommandierende General des
20. Korps sprach beim Scheiden dieser Dinsion ans seinem Befehls-
bereich ans, data ihr die Verteidigung der Nordvogesen-Grenzstreeke
Übertragen werden soll Die eben nftber beleuchteten Anziehen
lassen einen anderen Grund finden.
Ans der Rdhe der Gesetzentwürfe, die Gallifet dem Parlament
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KekrutieruDg imd neue Gesetzgebung in Frankreich.
onterbreitet hat, greifen wir nur die wichtigstCD herans. Wir ttber-
ITihtQ dabei den, betreffend die Reform der Kriegs j;erichte,
da derselbe im Vergleich zu imserer Militärstrafprozelsordnuug wohl
Gegenstand einer Sonderdarstellung werden dürfte.
Der Gesetzentwurf, betreffend die Verjüngung des Offizier-
korps — und zwar nicht nur desjenigen des aktiven Heeres,
soDdem auch der Armee 11. Linie, wie die Begründung ausspricht,
schlägt zu diesem Ziele drei Wege ein, die Beförderung zum Stabs-
oftizier nur nach Wahl, statt zur Hälfte nach dem Dienstalter, die
Herabsetzung der für die BefJtrderung nötigen Minimalzeit im Dienst-
grad des Obersten von 3 auf 2 Jahre und die Herabsetzung der
Altersgrenze. Letztere wird fortan ftlr Divisionsgenerale 62, nur,
wenn sie vor dem Feinde selbständig geführt haben 65, für Brigade-
generale 69, ftir Obersten 58, Oberstleutnants 5G. Majors 54
Kapitäns, Leutnants und Unterleutnants 52 Jahre betragt n Der
Gesetzentwurf wirft seine Schatten schon voraus. Die Durchfuhrung
der VerjtlDgtuig wird nicht ganz billig werden. Der Kriegsminister
giebt in der Begründung die Mehrkosten für die Durchführung in
30 Jahren auf rund 90,4 Millionen an, von da ab konstant auf 5,4
Jüllionen jährlich. Nun werden aber im Kriegsministerium gegen-
wärtig 2 Gesetzentwürfe ausgearbeitet, die mit dem Gesetz, betreffend
die Verjüngung des Ofßzierkorps, in engem folgerichtigen Zusammen-
hang stehen. Der eine dieser £ntwttrfe will die Gehälter der
Offiziere bis znm Kapitito einsehliefelicb aufwärts erh5hen, der andere
eine Pendonienuig nnd zwar mit 7t« Pensionstarifs für jedea
Oienstjahr und jeden Feldzng, nicht mehr nach 30, sondern schon
nach 25 Jahren erlauben. Da das neue Gesetz die Beförderung
zum Stabsoffizier nnr nach Wahl, nicht mehr zur Hälfte nach dem.
Dienstalter znläist, so ?nrd für manche Kapitäns die Majorseoke
m Zuknnlt der Moment des Scheiterns sein, während sie unter den
bisherigen Verhältnissen dieselbe passiert hätten. Um diese Elemente
sieht zu zwingen, unter Hinterlenten als Vorgesetzte bis zur Er-
reichung der Altersgrenze weiter zu dienen und ihnen eine aus-
kOmmlichere Pension zu sichern, werden die beiden genannten
GesetzentwUrfe eingebracht, die es uns aber zweifelhaft erschelnea
Isssen, ob man mit den von Gallifet errechneten Mehrkosten reichen
wird. — Ein weiterer Gesetzentwurf will ein neues 164. Infanterie^
Re^ment in der Form eines Subdivisions liegiments, aber ans be-
sonders starkem catlrc coiiiplementaire. das allein 2 Bataillons-
kommandciire enthalten soll, schatien. Das Regiment ist für Korsika
fKsiimint und soll mit den dort schon vorhandenen eine Brigade
bilden.
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96
Bekratiening and neoe Gesetzgebung in Frankreich.
Der Gesetzentwurf, betreffeod die Gleiebstelliuig der eigentliebeo
Beeoldong für rengagierte und nicht rengagieHe Unterofliiiere hat
Dm* den Zweek einer Yereinfaehung des Rechnungswesens. Die
rengagierten Unteroffiziere erhalten, neben Prämie und Handgeld,
eine Soldzulage, „haute itaye," die um so viel yermehrt ist, als man
ihnen an dem bisherijLrcn Sold streicht. Für die ersten 5 Kapitulations-
jahre werden ihnen niouatlich 16,5, für das 6. bis 10. Jahr 22,5,
nach 10 Jahren 28,5 Frcs. Soldzulage gewährt.
In Bezug auf Änderung der Bekleidung der berittenen
Truppen hat Gallifet einen Entwurf eingebracht, der ziemlich
durchnrreifend genannt werden muls. An Steile der langen Keilhosen
mit dem unten die „fausses bottes-' bildenden Lederbesatz erhalten
alle berittenen Truppen die kurze Reithose, Leder^^aniasehen und
kurze Sporenstiefel. Bei den Dragonern, Husaren und Chasseurs
tritt an die Stelle des Dolinans ein weiter, blauer Watfenrock, bei
den Mannschaften der Chausseurs d'Afrique und Spahls eine Armel-
weste. Die Offiziere der Spahis bekommen einen roten Wart'enrock.
Die Epauletten fallen bei allen berittenen Truppen, Cuirassiers aus-
genommen, fort und werden durch Achselklappen, bei den Offizieren
dnrch Achselstücke und Silbergefiecht ersetzt Die Farbe der Kragen
und Aufschläge bleibt die bisherige.
Nach den Beschlüssen des Heeresansschusses sollen 2 weitere
Bataillone leichter afrikanischer Infanterie, bis jetzt bestehen 5 solche
in 6 Kompagnien, nnd eine Strafkompagnie in Frankreich neu ge*
bildet werden. Der starke Andrang von algerischen Freiwilligen
erlaubt einesteils die aktive Dienstzeit bei den algerischen Tirailleurs
nnd Spahls anf maximal 15 Jahre, dann aneh die jMmie, für die
erste 4 jährige Meldung anf 400, die beiden folgenden Kapitolatbnen
von 4 Jabren anf 850 besw. 250 Fros. berabznsetKn nnd fftr eine
weitere Kapitnlalion Überhaupt die Pdbnie fortfallen zn lassen.
Man will also angenscheinlich die Leute schon nach 8 Jahren los
sein, nm Platz flir andere zn haben, ohne zn viel aoszngeben. Die
Zahl der Freiwilligen ist nnbescbrftnkt
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Du Mirlneenalanrateii RmikniehB.
97
IX.
Das Marineersatzwesefl Frankreichs.
Das Marineersatzwesen Fruikreicbs ist jetzt folgendermafsen
dogeriobtet worden: Jeder Mann, welcher das 18. Lebensjahr vollendet
bat nnd entweder auf Re^ieran^- oder Handelsschifien zwei See-
reisen grolser Fahrt gemacht oder achtzehn Monate zur See gefahren
how. zwd Jahre Kllstenfiseherei getriehan hat nnd weiter zur See
£ihren oder die FiBeherei fortaetEen wiH, wird als Matrose einge-
sehiieben 0naeription maritime) und kaim som Dienst in der Marine
einberofeD werden.
Jeder eingesclmebene Matrose wird cum Dienst einbemfen, wenn
er das 20. Leben^ahr rollendet bat Er ist alsdann TerptBohtet, in
dem Monatt in welchem er sein 20. Lebenqahr vollendet hat beaw.
hl dem Monat naeh seiner Rtlokkehr vom Anslande sieh einem Kom-
missar der insoription maritime an stellen. ISt wird alsdann ein-
berufen, naeh dem Hauptkriegshafen des betreffenden Seebezhrks
befohfen und in die Malros^idivision flir die Flotte eingereiht Vom
18. Lebensjahre ab kann jeder Eängesehriebene, welcher seedienst-
fthig befnnden wird, zoro Dienst beraiipezotren werden. Die Dienst-
zeit dieses Eingreschriebenen wird in zwei l'( rinden «geteilt, die erste
danert fUnf, die zweite zwei Jahre. Wahrend di r ersten kann der
Einberufene, wenn er im Dienst entbehrlich ist, wiederholt ürlanb
ohne Löhnung erhalten, um KUstenschifffahrt und Küstenfischerei zu
betreiben, jedoch darf er sich nicht auf Kauffahrteischiften fUr grofse
Fahrt verheueru noch Hochseefischerei lietreiben. Nach dieser ersten
Periode dient er noch zwei Jahre, wiilirend welcher er unter den-
selben Bedingungen beurlaubt werden kann. Diese Urlaubszeit wird
nir jeden, welcher sich verpflichtet, nur KUstenschiflffahrt und Küsten-
fischerei zu betreihen, als wirklii-he |)ensionsherechtigende Dienstzeit
angerechnet. Nach dieser letzten Periode darf der Eingeschriebene
nor auf besonderen Befehl und bei aufserordentlichen Indienst-
stellungen einberufen werden. Wer nach dreijähriger Dienstzeit
noch nicht beurlaubt worden ist, erhält eine Zulage, ebenso jeder
efaigesehriebene Matrose, welcher nach Ablauf seiner Dienstzeit sich
auf weitere drei Jahre verpflichtet.
Von den Eingeschriebenen werden von der Einberufung zurück-
gestellt und erhalten Aufschub: das älteste von Waisenkindern, der
Bruder eines schon Einberufenen und der einzige oder älteste Sohn
bezw. £nkel einer Wittwe oder eines blinden besw. siebsigjährigen
Vaters.
JakiMotor fir tt» d«atMk* AimM ud MuIb*. Bä. 114. 1. 7
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Pas Marineenatnreaen Eraakreiohs.
Die Eingescbriebeueo and dereu Familien haben viele Ver-
gUnstigungea :
Sie haben allein das Recht, zur See zu fahren und Fischerei •
zu betreiben, ohne einen Gewerbeschein zu besitzen und ohne Ab-
gaben zu zahlen, sie sind von jedem öffentlichen Amte befreit und
branchen während ihrer Dienstzeit und vier Monate nach Rückkehr
vom Dienst in ihre Heimat keine Einquartierungen bei sich aufsu-
nehmen.
Die Stenermannsschulen dürfen sie unentgeltlich besuchen, ebenso
werden sie kostenlos in den Lazaretten behandelt, wenn sie in den
ersten vierzehn Tagen nach Antritt ihres Urlaubs erkranken; anf
den EiBenbahnen reisen sie ftir den vierten Teil des Fahrtaxen-
preises und haben dieselbe Ermäisigung, wenn sie von Urlaub zorttck-
gemien werden. Die Kinder nnd Waisen der Eingeschriebenen
werden in der findefanngsanstalt f\ir ZOgUnge der Marine in Brest
unentgeltlich aufgenommen, die Waisen aneh spftter in der Sdüfis-
joQgeBsehiile daselbst
Jeder Eingeschriebene hat anlserdem im Alter von 60 Jahren,
naoh einer Dienstzeit von 26 Jahren, welche er anf Schiffen der
Kriegs- und Handelsmarine oder auf Fischerfiüineugen abgedient
haben kann, das Anrecht auf eine Pension, genannt Halbsold.
Aulkeidem werden jährliche Untersttttsungen erteilt:
1. An solche Familien, deren Vttter oder Söhne auf den Schiffen
der Marine, der Handelsmarine oder anf Fiseherfalurzeugen nms Leben
gekommen sbd.
2. An Seeleute nnd Fischer, welche infolge von Krankheit oder
aus anderen swingenden Gründen ihren Beruf aufgehen mulsten,
ehe sie pensionsberechtigt wurden.
8. An- die Witwen und Waisen von Seelenten, welche penslons*
berechtigt oder, ehe sie Ansprach anf Pension hatten, gestorben sind.
4. An Blinde, Krüppel oder in Armut gerathene Pensionäre.
St'chzi^ährige Seeleute, welche im Dienst invalide geworden
sind, erhalten noch eine monatliche Zulage von G — 9 fr. neben
ihrer Pension und die Kinder der Pensionäre erhalten bis zum Alter
von 10 Jahren ebenfalls eine monatliche Zulage von 2 — 3 fr. Diese
Pensionen und Unterstützungen werden aus dem Invalidenfonds gezahlt,
welcher vom Murineministerium verwaltet wird. In den Häfen der
Bezirke der Inscription maritime sind aufserdem V erwaitungsbeamte
angestellt, welche Uber alle Einnahmen und Ausgaben des Invaliden-
fonds Rechnung zu führen haben. Dieser Fonds wird aus folgenden
Mitteln unterhalten:
Durch Gehaltsabzüge der Offiziere und Beamten der Marine in
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Da« MariaeerMtsweien Fnnkreiehs.
99
and anlser Dienst in Frankreich und in den Kolonien, durch Löhnnngs-
abztlge der Matrosen der Marine, der Kauflahrteimatrosen und See-
fischer, ferner durch ersparte Löhnongen von Deserteuren der Kriegs-
Dod Handelsmaiuie, durch Erbschaften von Seeleaten^ welche inner-
halb von zwei Jahren niobt reklamiert werden, durch nichtreklamiertes
Stnmdgat, in Beschlag genommene Rontrebande, JüentenrttokstäDde
ain dem Invalidenfonds nod durch Staatssabventionon.
Durch diese Bestimmungen hat die Kriegsmaiine sich einen aos-
reicbenden seeinttDiiischen Ersatz gesichert. Wenn auch Leute ans
der LandbeTöikening, welche nicht ans der imscriptioD maritime her-
TOigegangen nnd, für die Marine ausgehoben werden, so machen
diese den Eingesehriebenen gegenüber nur einen Tersohwindend
klemen Teil aas. Andrerseits ist dadoreh, dafs den Einberufenen
nOgliehet viele Freiheiten und Vergünstigungen während ihrer Dienst-
Kit gewährt werden, den Bedttrfiüssen der Handelsmarine und See-
fischerei möglichst Rechnung getragen worden mm Wohle Frankreichs.
Das ganze Küstengebiet Frankreichs ist seit 1844 in fünf See-
besirke eingeteilt Der erste Bezirk mit dem Haupthafen Gher^
bourg umfafst die Küste mit allen Häfen längs des englischen
Kanals ron der Grenze Belgiens bis einschlielslich Cherbourg. Er
wird wieder in drei Unterbezirke geteilt, deren HauptsUldte Dttn-
kirdien, Havre und Cherbourg sind.
Zu dem zweiten Bezirk gebOrt die Küste mit allen Häfen und
Inseln von Cherbourg bis zur Mündung des Odetflusses, der Haupt-
hafen ist Brest. Dieser Bezirk bat zwei Unterbezirke mit den Haupt-
sttdten St. Servan und Brest.
Der dritte Bezirk unifafst die Küste, Häfen und Inseln von der
Grenze des zweiten iSeebezirks bis zur Bucht vun liourorneuf. Der
Haupthaien ist Lorient. Er zerfällt in zwei ünterbezirke mit den
Hauptetädten Lorient und Nanies.
Zu dem vierten Bezirk mit der Hauptstadt Rochefort frehören
die Küste, Inseln und Häfen von der Bucht von Bourgneut bis zur
Fpatiisehen Grenze. Derselbe hat zwei Uuterbezirke mit den Haupt-
Städten Koebefort und Bordeaux.
Der fünfte lie/irk endlich utnialst die Küste und Häfen Frank-
reichs im Mitteltncer, sowie die dort liegenden Inseln, einschlielslich
Kiir^ika. Der Haupthafen dieses l>ezirks ist Tonion. Er zerfällt in
drei Unterbezirke mit den Haupthäfen Marseille, Toulon und Bastia.
An der Spitze eines jeden Bezirks steht ein Seepräfekt mit dem
Kange und den Befugnissen eines Viceadmirals oder Geschwader-
chefs. £r untersteht direkt dem Marineminister und hat die Ober-
aufsicht über den gesamten Dienst der Marine und alle maritimen
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100
Umschau in der MiUtär-Littoratur.
Einrichtungen in seinem Bezirk. Alle in Dienst gestellten Schiffe
«L'iiK's Bezirks, mit Ausnahme derjenigen, weicht- unter dem Kom-
mando eines Flotten- oder Geschwaderchefs stehen, sind ihm unter-
stellt. Die Sicherheit der zu seinem Kayon gehörenden Kriegshäfen
und Werften, die Aufsicht über die Befestigungen aller Art zum
Schutz der Hufen, die KUstenschifffahrt und Küstenfischerei liegt ihm
im besondern oh. Er hat einen Chef des Stabes, welcher den KaDg
eioes Koutreadmirals oder Linieoschitlskapitäns hat.
Jacbmauu, Korv.-Kapt. a. D.
X.
Umschau in der Militär-Litteratur.
I. Ausländische Zeitschriften.
Streffleurs Östanreiehisehe Militärische Zeitschrift (November
1899.) Infanterie gegen Reiterei (Schlufs). — Beiträge zum Studium
des Infanterie- Angriffes in der bataille rangee. — Zwekniäfsiire For-
mationen der Infanterie bei Vorrückungen im feindlichen .-\rtilleriefeuer.
— Zusaniniengewürfelte Gedanken über unsere Reglements. 6. Brief:
Kampf um die artilleristische Feuerüberlegenheit. — Das neue Exerzier-
Regleraent für die deutsche Feldartillorie. — Soults Gebirgskriege.
Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genie-
wesens. (Jahrg. 1899. XL Heft.) Versuche zur Erläuterung der
Kreiselbewegung rotierender Langgeschesse. — Die nene fransOsisohe
Instruktion fttr den Festungskrieg.
Anneeblatt. (Osterreich.) Nr. 45. Gegen Armee und Armee-
Einheit. Die Reitausbildung in Deutschland und in Österreich-
Ungarn. — Der sttdafHkanisehe Krieg. (Ports, in Nr. 46 u. 47.) Vr. 46.
England. Deutschland und — wir. — Bin Franzose über unsere Armee.
Das Landwehr-Budget, — Württembergische Prinzen in Habsburgs
Heere. Nr. 47. Unser Kriegsgebäude. — ^liit Wartegebühr" und „In
Pension". — Das neue Heim des Miiitärwissenschaftlichen und Kasino-
Vereines in Budapest.
Militär-Zeitung. (Ö sie rrt^i c h.) Nr. 39. „Jelen" (behandelt die
einheitliche Armeesprache; Jelen"* ist die ungarische, „zde** die cze-
chische Obersetzung des deutschen Wortes „Hier"). — Der Krieg in
Afrika (Forts, in Nr. 40, 41j. Nr. 40. Demonstrationen gegen die
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Umtohoo in der HÜttür-Llttentiir.
101
gemeinsame Armee. — Zum Voranschlage des Ministeriums für Landes-
verteidigung pro 19(MK — l)as neue Kri»'c:.sministerium. Nr. 41. Zeit-
liche Pension und Urlaub mit Wartegebühr, — Eine neue russische
Pelddionstvorschrift.
Journal des sciences niilitaires. (November 1899.) Drei Ko-
lonnen in Tonkin (1894 1S!>5) (Korts.i. — Napoleoiiisc-he ( uimdsUtze.
Militärisches Repertoire (^^clilufs). — Die Einnahme von Hlamunt und
LaDdskron am Schlufs des Jahres 1813. — Befestigung von Nancy. —
Die Bntwiokelung nach der Flaoke auf dem Schlaohtfelde. — Die
rassiBche Inlianterie in ihren Sommerttbungslagern (Schlufs).
BeTue Mllitaire «mTerselle. (November 1899.) Hr. 92. Ali-
gemeiner Bericht über die GesamÜage von Madagaskar (Ports.). —
Untersuchungen über geheuchelte Krankheiten und Selbstverstümme-
bmgen. beobachtet von 1859—1896 (Forts.). — Die Schlacht von
Pwitanet(25. Juni 1841) (Schlufs). — Studio über eine taktische Präge.
Revue du cercle militaire. (1899.) Nr. 44. Eine Hekogno.sziorung
im Jahre 1822 (Forts, in Nr. 45, 46, 47). Die Arbeiten des „Geo-
graphischen Armeedienstes" im Jahre ISO*^ l)er Ktieg in Transvaal
(Forts, in Nr. 4ö. 46, 47). Nr. 45. Das einzige Feuer der Infanterie.
;Vls solches wird das Feuer ohne Kommando (Einzelfeuer, teu a vo1i»mI«')
bezeichnet (Forts, in Nr. 46). - Die russische Kavallerie im Ciou-
vernement W'ilna. Nr. 47. Batterien zu 4 Geschützen? — Die Batterie
der Toten. November 1870.
Revue d'Infauterie. (November 1899.) Nr. 155. Manöver-
Disnplin (Forts.). — Die Verteidigung von Höhenrücken gegen In-
fanterie. — Geschichte der Infanterie in Prankreich (Forts.). — Regi-
ments-Schiefsschule ftirOlftsiereundUnterofflziere der Infanterie (Schlufs).
— Die milit&rische Bedeutung des Kamels in Algier und in Tunis.
— Eine Pelddienst-Aufgabe.
Revue de CftTalerie. (Oktober 1899.) Neue Worte, alte Lieder
(kritische Betrachtungen über einige Schlachten von 1870). — Die
Kavallerie der I. u. II. deutschen Armee in den Tagen vom 7. zum
15. August 1870 {Übers, d. Peletschen Buches). — Einige Betrach-
tungen über das Reglement vom 12. Mai 1899. — Generalleutnant
Marquis von Langalerie. ~ Militär-Keitwesen im 17. Jahrhundert.
Revue d' Artillerie. (November 1899.) Das Kriegsspiel in An-
wendung auf das Studium des Angritls und der Verteidigung von
Festungen (Cbors. aus dem Deutschen des Oberst Kunde). — Das
Exerzierreglement der deutschen Feidartiüerie. — Feuerverteilung der
Artillerie (Forts.).
La France mllitaire. Nr. 4691. Das fransüeisch-rusdBche Bündnis.
— Verfügungen betreffs des Oberlcriegsrats. Die Generale Giovanni-
nelli, Herve» Langlois zur Verfügung gestellt als körperlich unbrauch-
bar. Hr. 4692. Unsere ArtUIerie. Brklärt sich für Batterien 2U 4 Ge-
sehfitzen und 12 Munltionswagen. Nr. 4694. Die Lanze, I. Nr. 4698.
Die Batterie zu 4 Geschützen. Man ist im Artillerie-0>mite der An-
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102
Uiuttobau in der Müitär-Iitteratur.
sieht, dafs eine Batterie von 4 Geschützen, 12 Munitionswagen in
Feuergeschwindigkeit der bisherigen Batterie von 6 Qeschfltzen, nenn
Munitionswagen gleich steht, entere dagegen durch die reichere
Munitionsausrtistung den Vorzug hat General Triooche ist nicht für
Unterstelliing der gesamten Feldartillerie unter die Divisionen, sondern
will Beibehaltung der Korps- Artillerie. Hr. 4600. Unsere Artillerie.
Hr. 4700. Unsere Artillerie, II. Bin ungenannter General will für das
Armeekorps 30 Batterien (nicht gerechnet die 12 für Alpen und 19 für
Algerien), für die 20 Armeekorps also 600, sind vorhanden 483 reitende
und fahrende, also neu 117 zu errichten, dabei ein 3. Reo^iment per
Armeekorps, also 20 neu»^ Regimenter. Die Batterien sollen 4 Geschütze
haben, keine l'nterstellung der Peldartillfrie unter die Invisionon.
Hr. 4701. l'nsere Artillerie, III. Der Mehrbedarf soll in Anbetrarlit des
Wegfalls der 5. und 6. Geschütze 500 Mann. 17(X) Pferde beliagen,
an üfßzieren mehr 20 Oberste. 20 Oberstleutnants. 59 Majors,
174 Hauptleute, weniger 129 Leutnants. Nr. 4704. Die Reorganisation
der Artillerie. Hier erhebt sich eine Stimme dafür, es beim bisherigen
Verhältnis zu belassen, höchstens die Zahl der Batterien zu vermehren.
Hr. 4706. Die Lanze, II. Hr. 4706. Der Oberkriegsrat ^ Hr. 4708. Die
Übungslager. — EHe Mitrailleusen. Man denkt an deren Annahme;
es ist die Wahl zwischen drei Systemen. Hr. 4700. Die Batterie von
4 Qeschfltzen, I. Ansichten eines Infanterie-Generals. Hr. 4710. Deutsch-
land und England. — Die Batterie von 4 Geschützen. IL Nr. 4711. Die
Lanze. III. Nr. 4712. Die Reknitiorung, Nr. 4713. Unsere Artillerie.
Le Trogres militaire. Nr. 1984. E)ie Reorganisation der Artillerie.
— Der „Ad Latus" des Korps-Kommandanten. Nr. 1985. Die Lanzen-
fra^o (Bedarf der Lösung). Nr. 1986. Unsere .\rtillerie. — I>er süd-
afrikanische Krieg (Forts, in Xr. 1987, 88. 89, 90). Nr. 1987. Die
Batterie zu 4 Geschützen (vor Einführung derselben wird gewarnt).
Nr. 1988. Beförderung nach Wahl oder nach dem L)ienstalier ? —
Der „Fall** des General Negrier. Nr. 1989. Die Frage der Kolonial-
arraee, Nr. 1990. Das Alter der Ottiziere. — Schnellfeuer und .Munition.
La Itelgique militaire. Nr. 1483. Der englisch-transvaalsche Krieg
(Forte, in Nr. 1486). — Die Depesche des General White. — Die
Manöver der 4. Annee-Diviaion im Lager von Beverioo (SchluüB in
Nr. 1494). Nr. 1484. MUit&r-Organisation Transvaals. Nr. 1485. Einige
Worte über das Infanteriefeuer. — Die Belgier bei Waterloo. Nr.l486. (8.o.).
Bvlletiii de Ui Presse et de la Bibliographie miUteiie. (15. No-
vember 1899.) Nr. 372. .\gypten und der Sgyptische Sudan. Feld-
zug 1897 und 1898 (Schlufs). — Der Peldzug von 1812 von Beginn
des Krieges bis Smolensk (von General Skougarewski). — Die Kon-
ferenz im Haag.
Schweizerische Monatsschrift furOfllziere aller Waffen. (Oktober
1899.) Über Organisation, Ausbildung und Verw(>ndung von Radfahror-
truppen (Forts.). — ManflvtM- d.'.s Italienischen Heere.s im -Jahre 1899.
— Streülichter auf das engiisciie Heer und seine Einrichtungen.
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Umschau in der MUitär-LiUerfttur.
103
BeTue militalre snisse. (November 1899.) Bei den Schweizer-
SMvem. — Mandverfeld des Waffenplatzes Latisanne (mit Karte
1 : 10000). — Kaiserlich Österreichische Manöver. — Unteroffizier-
Patrouillen. — Beilage: 4 photographische Aufhahmen zu den Manövern
des I. Armeekorps.
Schwdieriaehe Zdtsehrlft für Artillerie md Genie« (Oktober
1899.) Der neue Patrouillen-Telephonapparat von Siemens u. Halske.
— 300 Kilometer Distanzriit 1899. — Automatische Mitrailleuse, System
Nordenfeit. — Die Organisation und Thätigkeit des militärischen Tele-
graphendienstes in der französischen Armee. — Zur G<»hircse:eschütz-
fra^e. — Die permanenten Befestigungen an Frankreichs Ostgrenze,
— Militärisr-ho Erziehung.
Allgemeine Schweizerische Militärzeitung. (Jahrg 1899.) Nr. 44.
Die Armee und die Jleeresreform in Spanien (Schlufsi. — Die dies-
jährige Prüfung von deutschen Kriegshunden. Nr. 46. Die Einleitung
Elim Peldzuge in Natal und der erst© Kampf bei Glencoe. — Zeitungs-
koirespondenten auf dem Kriegsschauplätze. Hr. 46. Die deutschen
Kaisermanöver 1899 (SohluTs in Nr. 47). — Der Konflikt mit Transvaal
in englischer Beleuchtung (Forts, in Nr. 47). Hr. 47. Eine Fahne, der
wir nicht folgen.
Amy aad Navy Qaaette. Nr. 3078. Bndlich der Krieg. — Die
Unversöhnt ich keit Krügers. — Das Klima in Transvaal. Mitteilungen
aus dem Tagebuche eines Korrespondenten aus dem Jahre 1879.
Die .Mobilisierung der Reserve. — Rangliste der für Südafrika be-
stimmten Generale und Obersten. - Organisation der die technischen
Anstalten leitenden Offizien» — Remonte-Wesen für da.s Heer. —
Telegraphen- Wpsen bei den deutschen Manövern. — Die Alpen-Truppen
in Frank i'eich. Italit-n und Österreich. ~ Stärke und Zusammensetzung
des Armee-Korps. Beschreibt da.s für Südafrika zusammengestellte
Korps. — Einherutlmg der Reserven für Transvaal. Nr. 2074. Der
zweite Burenkrieg. Aligemeine militärische Betrachtung über die Er-
dlTnung der Feindseligkeiten. — Die Verteidigung der indischen Grenze.
Strategische Betrachtung. — Die Kosten der südatHkanischen Expedi-
tion. Nach der Parlaments -Vorlage zusammengestellt. — Die Bin-
sehiflhng des Armee-Korps. Zusammenstellung der hierflQr vom Kriegs-
Qinisterium erlassenen Verordnungen. Nr. 2076. Eine geschäftige
Kriegswoche. Schildert die ersten kriegerischen Zusammenstöliw mit
den Buren. — Die Regelung der Militär-Witwen-Pensionen. — Tage-
buch der Kriegsereignisse. Nr. 2077. Der Krieg in Südafrika. Be-
trachtung über die militärische Lage in der Mitte des Novembers. —
hU' kriegerischen Ereignisse der Woche. Bespricht die Ereignisse
Vom 2. — 10. November. Militärische Vorbereitungen und Diplomatie.
— Die französische Presse und der Transvaalkrieg. — Die telegra-
phischen Verbindungen Englands im Vergleich zu denen Erankrc!<'hs.
Journal of the United Service Institution of India. Nr. 137.
Stonewaii Jackson. Lebensbild mit besonderer Schilderung seiner
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104
Umaebaii in der MilitKr-Littentiir.
Leistungen im Amerikanischen Bürgerkriege. — Taktisciie Grundsätze
für den indischen Grenzkrieg. — Gt^schichto des Amerikanischen
Bürgerkrieges 1861—1865. — Die Schlachten im Dekkan. III. Teil.
Beschreibt die Belagerung von Gawilghur. — Die Verwendung von
Tram-Wagen auf e iner Schiene zu militärischen Zwecken. Kine neue
patentierte Ki lindung von Mr. Ewing. — VAne neue Tragbahre für Ver-
wundete und Kranke. — Ein neuer Entlernungsmesücr. Aus dem
deutschen Militär- Wochenblatt.
Aimy aaA Nayy immaiL (New- York.) Nr. 1885. Die leisten
Nachrichten von Manila. — Die Division auf Kuba. — Das Müit&s
Kommando von Matanzas. Schilderung des Lebens der Amerikanischen
Truppen auf Kuba. Nr. 1886. Unsere nationalen Forstbeamten. Be-
handelt die Waldanpflanzungen auf Portoriko. ~ Ein englisches Urteil
über die Lage auf Manila. — Der Krieg in Südafrika, — Deutschland
und die Vereinigten Staaten. Nr. 1887. Die Lage in Transvaal. All-
gemein gehaltene strategische Betrachtung. — Englische Urteile über
das Amerikanische Heer. — Klagen aus Kuba. — Koionisierungs-
Grundsätze der Engländer und der Amerikaner.
RusHki luwaiid. Nr. 232 u. 233. Die taktischen Beschäf-
tigungen der Oriiziere. Verlässer schildert den Betrieb der Vor-
träge im Winter: . , . „In einer andt-ren Eskadron wurde gar nichts
gemacht; Parutschik P. erzählte Anekdoten ... Es wurden aber auch
militärische Vuiiiäge gehalten; als Tiieniaia waren solche gewählt,
mit denen auch ein Professor der Akademie nicht leicht fertig geworden
wSre. Die Vortragenden traten vor, mit ihrem Heft in der Hand und
von den Kameraden ersucht, nicht Ittnger als 45 Minuten zu reden»
besser aber noch, den Vortrag baldmöglichst su beendigen. Wohnte
dem Vortrage irgend ein höherer Voigesetzter bei, so hörte man noch
einigermafsen aufmerksam au, war man aber unter sich, so drängte
der Vortragende, um die Kameraden nicht zu langweilen, seinen Vor-
trag zusammen, und in 15 Minuten war alles zu Ende, natürlich ohne
den geringsten Nutzen für die Zuhörer . . . Die Folgen zeigen sioh
im Manöver. Der Führer einer Kavallerie-Patrouille vermag keine
Meldung zu schreiben, weil er vergessen hat, wie viel üeschüiz<' eine
Batterie, wie viel Kompagnien ein Kt-giment hat. Der Führer eines
gemischten I k iachements versammelte die ihm unterstellten Truppen-
führer und gab jedem einzelnen den Rat, nach eigenem Ermessen zu
handeln, da er nichts davon verstände, alle schrittlichen .\rheiten aber
überliefs er, ohne sie anzusehen, seinem jungen Stabschef, da „ich.
diese Infanterie nicht kenne** . . . Ein Avantgarde-Kommandeur wuüste
nicht, was er mit der ihm zugeteilten Kavallerie anlangen sollte . , .
u. s. w.** ~ Verfasser macht VorschlSge für Betrieb der taktischen
Obungen, verkingt auch namentlich, dals bei Kriegsspielen u. s. w.
auch Organisation und Reglements der firemden (deutschen, österrei-
chischen und englischen) Armee zu Grunde gelegt werden. Nr. 286.
Das Lager der 30. Inf.-Division bei Baranowitschi ist — Sskobelew'ski
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Umadiaa la dtr MUitlr-Iittenitiir.
105
beoannt worden. Nr. 288. Korps- Kavallerie. Verfasser weist auf
die Obelstäode Md, welche die augenblickliche Organisation der russi-
schen Kavallerie, nämlich das Befinden sämtUchtT Kavallerie-Divisionen
im Verbände des Armee-Korps, im Ernsttalle nach sich ziehen raufe
und erachtet bereits für den Frieden eine Zweiteilung der Kavallerie
in Divisions-Kavallerie und in solbständigo. nicht im Armeekorps-
Verbando befindliche, Kavallerie-Divi.sionen oder Kavallerie-Korps füi cr-
ttiinscht. Nr. 239. 1 He Zahl der zur Nikolaus-Ingenieur- Akademie
kommandierten Offtziere wii'd von 75 auf 110 erhöht. — Die Offi-
ziere der reitenden Baliorie sind in Zukunft, obc^nso wie die
Kavallerie- Offiziere, verpflichtet, sich ein eigenes Pfercl zu hallen;
das Pferd kann gegen Erstattung des kemonte-Preises aus den L>ienst-
pferden ausgewählt werden; das Offizier-Remonte-Kapital, aus dem die
Qffisiere VorschOsse bezw. Unterstützungen zum Ankauf eigener Pferde
erhalten, wird für die reitende Batterie erhöht — ZurFrageder
Offiziers-Beförderungen. Verfasser weist nach, zu welchen Un-
gerechtigkeiten das Jetzige Beförderungs-System führt und verlangt
Beförderung zur höheren Charge nach einer bestimmten Zahl von
Jahren. Nr. 240. Ssuworow und die Militär- Wissenschaft. l^ewcg-
liche Konzentration der Truppen der Garnison Taschkent. Nr. 241.
Folgende Kasaken- Artillerie- Abteilungen sind zu formieren:
1. Don (aus 6. und 7. Don-Kas. -Batterie) und 1. Orenburg (aus 1. und
3. Orenburg-Kas. -Batterie). Die beurlaubten Batterien des Don- und
Orenburg-Kasaken-Heeres, sowie auch die Batterien 1. Aurgebtits des
Kuban-, Jerek- und Transbaikal-Heeres werden erst bei der Mobil-
machung und zwar nur in dem Falle, wenn sie Kasaken- oder Kavallerie-
Divisionen zugeteilt werden, zu .\bteilungen zusammengestellt.
M>jenniy 8sbomik. (Oktoberl 899.) Kexhohn 1710 und 1898.
(Aus den zur Geschichte des Leibgarderegiments Kexholm S. M. des
Kaisers von Österreich gesammelten Mat^alien.) Verfasser schildert
die Emnahme der damaligen Feste Kexholm, ein Ereignis, welches
Peter der Greise nut hesonderer Freude begrüfste, weil er durch den
Besitz dieses Platzes von der drohenden Nachbarschaft der Schweden
befreit wurde, und die Bindrücke des Verfhssers bei seinem Besuche
der Ruinen im Jahre 1898. — Vom Kriege. (Übersetzung des gleich-
namigen Werkes von Clausewitz durch General Weide.) (Forts, im
Xovemberhefte.) — Die galizischen und posenschen Banden während
des Aufstandes 1863 im Königreiche Polen. (Mit Skizzen.) II. (Forts,
im Xovemberhefte.) — Die Belagerung Ilerats im Jahre 1838. (Eine
Episode aus dem Kriege zwischen l*ersien und .Mghanistan in den
Jahren 1837 und 1838.) Aus den Denkwürdigkeiten emes Augenzeugen,
des Doktors eJenisch. — Die leitenden Grundsätze für die Ausbildung
der Rekruten bei der Kavallerie. ■ Das Dienstjahr in einer Berg-
batterie. — Kurzer historischer Huck blick auf die Ableistung des Kriegs-
dienstes durch unsern .\del und die Bildung einer Reichswehr, I. —
Unser Militär-Erziehungs wesen. (Bemerkungen eines Erziehers.) (SchiutB.)
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106
UniseliAii In dar Wlitir-Lltleratiir.
— Schilden! Hir des Pamir. V. November. Die Begründung der
Herrschaft der Russen an der Newa und die Entstehung St. Petersbui^.
— Der Überganjß: bei Sistowa. (Mitteilungen aus einem Kriegstage-
buch.) — ruis Schiefswesen in den anderen Armeen (I»eutschland). —
Bemerkungen eines Artilleristen, IV. — Einige Absonderlichkeiten in
der Ergänzung der Pontonnier- und Sappeurbataillone mit Rekruten. —
Kurzer historischer Rückblick auf die Ableistung des Kriegsdienstes
durch unsern Adel und die Bildung einer Reichswehr. II. — Zu der
Frage der Erziehung in den Kadettenkorps. - Schilderung des Pamir
(Schlufs). — Die heutige Landmacht Englands.
BaswjedtsohilL Nr. 468. Aus den Befehlen des Oberkomman-
dierenden der MUit&rbezirke Warschau und Kyew, sowie des Kom-
mandierenden Generals des 2. Turkestaniachen Anneekorps. — Die
Rekrutongefireiten (die Dj&dki der Rekruten). — Zum Besuche bei den
Chinesen. — Hr. 469. Das Lazarett in Port Arthur. — Auf einer
«Budavka** von Port Arthur nach Talienwan. Nr. 470. Aus dem
Soldatenleben. XXVI. — Berlin-Jüterbog, Der Art, wie in der deutschen
Armee die Ausbildung der Bisenbahntruppen betrieben wird, zollt der
Verfasser volle Anerkennung.) — Die Offiziersschulen. — Ein weib-
licher Kasak. (Wnrwara Saizewa nahm im Orenburger Heere an der
ThUtigkeit desselben im Königreich Polen bei (iel<'u:t'nheit des Auf-
standes im Jahre 1863 teil.) — Die polnischen l'lanen in Spanien. —
Der Krieg in Transvaal. I (Forts, in Nr. 471 u. 472). — Nr. 471. Die
zweihunderljährige Gedenkfeier unserer Regimenter im Jahre 1900. —
Die Wissenschaft vom Morde. (Eine scharfe Kritik der Verteidigung
des [)uell8. Verfasser behauptet, dafs der General Kyejew fast der
einzige Verteidiger des Duells in der russischen Presse sei) — Nr. 472.
Die M ilitSr-Sanitätsstation SeTgiewslEiya im Oeuvemement Ssamara. —
Die Lehrkommandos. (Aus AnlaTs des bevorstehenden Zusammentretena
der zur Beratung der „Verordnung Aber die Regimenta-Lehrkomman-
dos** eingesetzten Kommission.) — Die Plaatunen (Fulskasaken) an der
persisch-türkischen Grenze. (Aus den Erlebnissen des 2. Kuban-
Plastunbataiilons im Grenzdienst.) — Die Pferdezucht im Orenburger
Kasakenheere. — Die Inspizierung im Intendanturressort. (Zur Inten-
dantur gehören nicht weniger als 1546 Offiziere und Klassen- (höhere)
Beamte, sowie 9517 Mannschaften, die über alle Teile des Reiches als
Kommandos von sehr verschiedener Stärke (von 3 bis 430 Mann) ver-
streut sind).
Russisches Artillerie-Journal. Nr. 10. Ergebnisse der Versuche
mit Herstellung gebogener Felgen für Räder, Muster I im Arsenal
Briansk. — Vom Preisschiefsen der Feldbatterion. — Bewegliche Ziel-
batterie und Mechauibmus für plötzlich auftauchendes Ziel. — Kurzer
geschichtlicher Abrifs der technischen Artillerie- Schule in den 75 Jahren
des Bestehens 1828^1896. — Zur Frage von der Gegenwart von Chlor
und chlorhaltigen Salzen un verkiufUchen Chilesalpeter. — Unter-
suchung der Klebrigkeit der Prftservativ-Pelle für Handfeuerwaffen.
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Umsehan in der HflitSr-Uttaratar.
107
Journal der Vereinigten Staaten- Artillerie. (Juli, August.)
lodiensstellunir der lOzölligen Verschwindkaiionen in Fort Point (Kali-
fornien) während des Kries^es mit Spanien. — Neue l)alUstische
Tafel für direktes Feuer. — Das Fahrrad zu Kriegszwecki-n.
I/Italia militare e marina. Nr. 237. Militärgerichte in Frank-
reich und Italien. Nr. 238. Militärische Vortrage. Klage, dafs Italien
hierin weit hinter Deutschland und Frankreich zurückstehe. Nr. 242.
•Militärische Ausbildung und Krziehung. Nr. 244. Der freiwillige l']in-
triti in die Armee wird durch allerlei Formalitäten sehr erschwert. Die
Stempelabgaben für Zeugnisse übersteigen den Betrag von 15 Pr. —
Die Vorträge. VerdtTentlichung des Oberleutnant A. Galioliiopulo.
250. Die Verteidigung der Küsten und das Personal der Kflsten-
Artillerie. Nr. 265. Im Rüclien der Heere in Kriegszeit Rttckbliek
«nf deutsche Verhältnisse 1870/71. Nr. 261 Die technische und die
fechtende ArtiUerie. — Die MiUtfir-Gerichte. Nr. 265. Die St&rke der
Königlichen Marine.
RiYist« Militare Italiana. (November.) Der Krieg in Südafrika.
~~ Die Initiative im Kriege (F'orts.). — Grofse oder lileine Batterien'!
(Püi' Batterien a 4 Geschütze.»
Esercito Italiano. Nr. 129 Dei- Transvaalkrieg (Forts, in Nr. 130.
31. 32, 3ö. 40). — Gesetzentwürl'e für die Marine. — ^ Nr. 131. Die
Marine-.Vushebnng 1877. Nr. 132. Wem soll die Küstenverteidigung
anvertraut werden? Nr. 133. Parlament u. Land. Nr. 134. Ausheilung
und Ersparnisse. — Die Unterseekabel im Kriege. Nr. 135. Die obere
Laudesverteidigungs-Kouimission. — Torpedoboot Typ. Uondor. Nr. 137.
Die Thronrede. — Die Stärke des englischen Heeres. Nr. 140. Ein-
gebrachte Gesetzentwürfe.
RlTtota di artiglieria e genio. (Oktober.) Gedanlcen über die
Formation der Artillerie. — Eleictrische Anzeige -Vorrichtungen für
firieflaubenschläge. — Studie Aber eine Feld-Mitrailleuse mit selbst-
tliitiger V^irkung und einige Betrachtungen über die taktische Ver-
Avendung. — Die Qeniewaife des Römischen Staates während des
Italienischen Unabhängigkeitskrieges. — Automatischer Tempierschltlssel
für Zeitzünder.
Revista cientiflco-militar. (Spanien.) Nr. 21. Die Taktik und
die moderne Schlachten-Artillerie. — Die Wiederaufrichtung (Forts.).
Hr. 22. England und Transvaal. — Die Wiederaufrichtunc: (Forts.).
3Ienioriai de Ingenieros del Kjereito (Spanien.) Nr. 10 l^isen-
bahn-Projekte. — Kriegsmarine. Seekrieg und Küstenverteidiguiiir.
Revista Militare. (Portugal.) Nr. 20. Ergebnisse des krags-
mäf.sigen Schiefsens. — Einmarschlinie in Portugal. — fcjelbständige
Kavallerie.
Krigsvetenskaps Akademiens-Uandlingar. (Schweden.) 0 k t o -
ber. Pelddlenstabungen in Schonen.
Noisk HUltMret Tidsskrift (Norwegen.) H^9 Notizen zum
Tode Karls XII.
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108
Umsclum in der MiUtär-Littentur.
Militaeret Tidsskrift. (Dänemark.) 3. u. 5. Heit btudien über
das Nachtgefecht bei 8t. Hubert am 18./8. 70.
Militaire Spectator. (Holland.) Nr. U. Die Förderung der
Schulung bei der Miliz-Infanterie.
Militaire Gids. (Holland. i 6. Lieferung. Da-s älteste Reglement,
betreffend den Kriegsdienst in den Niederlanden. — Öchiefsregeln für
Festungsartilleiie.
II. Bücher.
Moltkes Militärische Werke. Kritische Aufsätze zur Geschichte
der Feldzüge Yon 1809, 1S59, 1S64, 1S66 u. 1S70/71. Heraus-
gegeben vom Grofsen Generalstabe. Gruppe III, II. Teil der
milit. W erke. Berün 1899. B. S. MitÜer Ä; bohn. Preis 7 Mk..
geb. 9 Mk.
Die Abteilung für Krii'trsgeschichte hat sich durch Bekannts^abe
der vorliegenden Aufsätze ein besonderes Verdienst erworben. 8ie hat
uns Einblick gewahrt in die Kigenart des grofsen Schlachtendenkers,
mit der er kritisch die Ereignisse beleuchtet. Diese Hligenart ist es,
welcher wir es verdanken, dafs das Studium der Kriegsgeschichte
nach des grofsen Mannes Vorbild jeden Beigeschmack des Lehrhaften,
Trockenen verliert Durch die Logik allein weife er übenEeugend nach-
zuweisen, warum seine Behauptungen richtig sind. Es weht uns aus
diesen Aufsitzen ein Hauch seines Geistes an, wie wir ihn bei den
meisten seiner Kritiken fanden. Diese ruhige und klare Art, bei der
jedes Persönliche in den Hinteigrund tritt, auch für die eigene Person
des Kritikers. Und überall dort, wo die Kritik mit einer berechtigten
Scharfe einsetzen dürfte, da finden wir Nachsicht und höchstens den
Ausruf, es sei unbegreiflich, was da geschehen und es solle nicht ver-
sucht werden, eine Erklärung zu geben. Und wie Recht hat er da-
mit I Wer könnte es wohl besser verstehen wie er, weiche i^inflüsse
die Seele des Feldherrn bestürmen!
.\uch wir möchten den Foldzug lö09 als den interessanle.slen
bezeichnen. Er enthält in den klaren Auseinandersetzungen des Feld-
marschalls für uns einen besonderen Wert. Der Aufmarsch, man ist
fast berechtigt, auf österreichischer Seite von einem Autbau zu sprechen,
der beiderseitigen KrätXe, die Unfähigkeit, die thatsäcblich vorhandenen.
Vorteile der konzentrierten Stellung auszunützen, auf der einen, die
geschickte Art auf der anderen Seite, die weitgetrennten Krftfte su
gemeinsamem Handeln zu vereinigen — das sind au(iBeigew5hnlich
lehrreiche Episoden dieses Krieges. Die Moltkesche Kritik trifft in
ilirer ruhigen Art um so vernichtender den österreichischen Generalissi-
mus, als dieser selbst spfiter eine harte Selbstkritik an sich übte,
welche am besten die Richtigkeit des Moltkeschen Urteils erweist.
Der nur kur/.e Aufsatz über die Schlacht von Solferino ist
kurz nach derselben verfaüst und giebt den Beweis, wie schnell siob.
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UmMhMi in dar MiUfIr-Utteraftiir.
109
Moltke ein zutreffendes Bild der nictit einmal eeibst miterlebten Er-
«ignisse zu machen die Gabe hatte.
Besonderes Interesse beansprucht aus den letzton drei deutschen
Kriegen die I »ai'siellung desjenigen von 1H64. 1 »i*' kriecrsfreschicht-
üche Abteiliint!: bezeichnet dieselbe mit den sicherlich zutretlenden
Worten, es dürfte kaum eine kürzt re und zugleich klarere Darstellung
des durch die politischen Verliiilmisse uti verwickelten Feldzuges zu
finden bein. ~ Kiiüges hier anzuführen können wir nicht unterlassen.
Wie tönt es doch eigenartig in unseren Ohren: „liei dem damaligen
Mistend unserer Flotte war der Sitz der Dänischen Regierung uner-
reichbar*. Wie lange ist es her seitdem und was ist uns in dieser
Ansicht Jetzt erreichbar!
Energisch tritt Oeneral M. dafür ein, dafs Icein Dualismus in der
oberen Kriegsleitung bestehen dfirfe. «Der Monarch**, so fflhrt er aus,
Jst flberall der richtige Oberfeldherr, welcher nach der Theorie sswar
anverantwortlich, in Wirklichkeit aber die schwerste Verantwortlichkeit
trSgU denn wer setzt", so sagt M., „mehr als er ein, wo es sich um
Krone und Scepter handelt!"
Für die Führung des Feldzuüres 1864 findet M. einen auffallenden
ParHib lismus mit dem von 1Ö4Ö, wenigstens hinsichtlich der ersten
Operationen.
Wie SU oft im Kriege, trat auch 1864 vielfach die politische der
mUitärischen Aktion hindernd in den Weg; die österreichischen Inter-
essen giiiLTon niclit Hand in Hand mit den preufsischen. — Auch eine
Anzahl kleinere Episoden werden den Leser fesseln. So z. B. unter-
stand der dänische Eskadrechef nicht der Landarmee, verweigerte
aus diesem Grunde die von ihm erwartete und erbetene Mitwirkung.
Der Sturm auf die Schanzen, die Unternehmung gegen Alsen sind so
lebendig geschildert, dafe wir uns voll und ganz dieser schönen müir
tarischen, wir möchten sagen, ersten preuisischen Lorbeeren freuen
dürfen. Welche Milshelligkeiten zeigten sich überall dort, wo deutsche
Einheit und Waifenbrüderschaft am Platze war und wie bald mufste
das Schwert entscheiden, wer die Hegemonie in deutschen Landen
behalten solb !
Die l)arstellung der Gefechte von Trautonau. Nachod.
Skalitz und Sc h we inschädel ist, wie die kri<v^s^*'srh. Abteilung
sagt, in grofsen Zügen erfolgt. Oerade diese Darstellungen enthalten
eine grofse Fülle Lesens- und Lertienswertes. Hier tritt der grofse
Denker mit der Sonde der Kritik an die rein taktischen P>eignis8e
heran. Part*^ilos die Gründe des Mifslingens bei Trautenau zu erwägen,
ist M. urasomehr bereit, weil, wie er sagt, „man bei einem Fdldzuge,
in welchem alle Gefechte siegreich waren, geneigt ist, das einzig
verlorene streng zu beurteUen*. Immerhin bleiben die Fehler in der
FOhrung die Hauptursaohe des »Verlierens**. Zum Schlufs war es erkUr-
lieh, dab auch die beste Truppe versagte, als nun noch ein schneller
Rückzug den moralischen Miberfolg veigrölserte.
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110
Umsohaa in der Militli^Ldttentar.
Erfreulicher sind die Schildeningcn der übrigen Gelechte, die wohl
nicht ohne Absicht der des Gefechtes von Trautenau folgen. „Der
Erfolg", so sagt M.. „hängt bei gleicher Stärke. VortrofTlichkeit und
Tapferkeit der Truppen, von einer Führung ab, welche es versteht,
jene Stärke an dem entscheidenden Punkte zur Wirksamkeit zu
bringen**. — „Bald nach Beendigung des Krieges 1870/71, hauptsäch-
lich wohl aub dorn Gediiclitnis" ist, so schreiljt die herausgebende
kriegsgesch. Abteilung, „die Darstellung der Ereignisse vom 15/7.
bis 17./8. 1870 entstanden*.
Allgemein genommen» ist diese Darstellung den Thatsachen durch-
aos entsprechend, nur ist sie infolge spaterer Forschung hier und da
modifiziert worden. Überall dort, wo er es für nötig hielt, flocht der
Peldmarschall unmittelbar, gewissermaTsen als Randbemerkungen, seine
Betrachtungen ein. Hierher gehören seine Auseinandersetzungen, wie
und bis zu welchem Gradn die einzelnen Armeen überhaupt von einer
Stelle aus zu leiten seien. Er ergeht sich des längeren über die Auf-
galoen der grofsen Kavalleriekörper vor und während der Schlacht
Am 16. August sei es nie gelungen, die iranze Reitermasse oder nur
deren gröfsten Teil an den Feind zu bniit^en - in Her Schlacht sollten
die Kavallerie-Divisionen an die Armeekorps verteilt worden, dann
würden sie auch zur rechten Zeit am richtigen Flecke sein. — Wir
glauben, dafs der Wert dieser kritischen Aufsätze in die Augen
springend ist. Denn wer möchte sich dem Urteil des grofsen Feld-
berrn» der über die Fehler anderer stets versöhnlich und nachsichtig
dachte und der in steter Geistesarbeit bis wan Bnde seines Lebens
bemüht war, aus der Kriegsgeschichte Erftihrangen zu sammeln, nicht
willig beugen! 68.
SehrifteK des OeKenl-Feldmarschalls OrallBn Helmuth tob Holtke«
Volksausgabe. 1. u. 2. Bd.: General-Feldmarschall Graf von
Moltke in seinen Briefen. Mit einem Charakterbilde des Ver-
ewigten. Berlin 1900. E S. Mittler & Sohn. Preis 10 Mit.
Moltkes S(^hriften, die in den Jahren nach seinem Tode im Ver-
lage der Mittlerschen Hofbuchhandlung erschienen sind, müssen den
wertvollsten litterarischen Denkmälern <ler deutschen Nation beigezählt
werden; aber sie waren, bei dem hohen Preise derselben, doch nur
Eigentum eines geringen Bruchteiles unseres Volkes geworden. Wir
begrüfsen deshalb die nunmehr veranstiillete Volksausgabe von „Moltkes
Schrillen" mit besonderer Freude, da diese nunmehr Gemeingut
unseres Volkes zu werden versprechen, wie sie es ihrer wahrhaft
klassischen Bedeutung entsprechend verdienen. Moltke ist uns Deutschen
nicht allein der groise Feldherr, sondern auch das Vorbild eines
edlen, wahrhaft grofsen Menschen geworden. Seine Denkart»
Empfindung und Gesinnung kommt vor allem in seinen Briefen zum
klaren und unverf&lschten Ausdruck. Es war naturgem&fs nicht mög-
lich, alle im Drucke erschienenen Briefe in einer „Volksausgabe** wieder-
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Dmidm in der Militlr-Littantar.
III
zugeben, nur eine Auswahl derselben wurde getroffen, nämlich unter
demjenigen, die von dem Gemütsleben und dem Charakter des ver-
ewigten Helden am besten Zeugnis geben. Die Anordnung ist eine
streng chronologische. Der 1. Band bezieht sich auf die Zeit von 1800
bis 18nn und enthält vorzugsweise Briefe an die Kitern. die Braut, die
üattin und die Geschwister, der 2. Band (1855 bis 1891) solche an
dieselben Personen und andere Verwandte, dann an Kaiser \\ ilhelm IL,
den Generalstab, General v. Manteuffel, General Fischer und v. a. —
Von ganz besonderem Werte ist das dem 1. Bande vorangestellte
Charakterbild Moltkes aus der Feder des den Lesern der „Jahr-
bfitther wohlbekannten Generals Paul v. Schmidt. In der dem Herrn
Veifuser eigenen gemfltToUen und vom wlirmsten patriotischen Hauch
bemelton Sprache entwirft er ein Bild von Moltkes Leben, von der
„harten Jugend'* bis zum „Heimgang**, vielfach sich beziehend auf
Moltkes eigene Worte, so in dem trefflich gelungenen Kapitel „Trost*
gedanken". Ich hin der Ansieht, dafs dieses „Charakterbild**, das den
besten dieser Gattung gleichwertig, der Schlüssel zum vollen Ver-
ständnis von Moltkes Geistesleben ist, folglich in einer „Volksausgabe**
nicht fehlen durfte. Es ist ein Genufs. mittelst dieses Charakterbildes
noch einmal da.s reiche und gottbegnadete Leben des grofsen Feldherm
am geistigen Auge vorüberziehen zu lassen.
I>ei" 1. Band des Werkes ist geschmückt mit einem Bildnis Moltkes
aus <iem Jahre 1851, es zeigt uns den Schlachtendenker noch im Besitze
seines üppigen vollen Haupthaares und Vollbartes und ist gefertigt
nach einem Gemälde des Prof. Lauchert: aufserdem zwei Abbildungen
und eine Kartenskizze im Text. Der 2. Band enthält ein Bildnis von
Moltkes Braut (späterer Gattin) Marie Burt und einen Stammbaum
Moltkes. Die Ausstattung des Werkes (dessen 8. Band, „Geschichte des
deatach-franzaeischen Krieges von 1870—71** bereits im Jahre 1895
erschienen Ist) darf man eine seiner Bedeutung entsprechend würdige
and schöne nennen. Der Preis stellt sich, bei Bezug aller drei Bände,
in Originalband gebunden, auf nur 12 Mark; jeder Band ist auch einzeln
kSufUch. 1.
Das Leben des Generalfeldraarschalls Hermann von Boyen. Von
F.Meinecke. II. Band. Stuttgart. J. Cotta Nachfolger. Preis 12. NL
r»f>r vorüegende Band des Meineckeschen Werkes ist »'benso vor-
tn'lllich geschri<'ben und zeugt von ebenso gründlichen Studien wie
der erste. Dit'.se .Anerkennung dos Verfassers schicken wir unserer
Besprechung um so lieber voran, als wir nicht mit allen seinen Aus-
führungen einverstanden sind, namentlich mit dem abfälligen Urteil
über die meisten Offiziere und Staatsmänner, welche nicht Boyens
Anschauungen teilten. Es ist menschlich und vom Standpunkt eine»
«uf das Höchste gerichteten SchriftsteUers verstttndlich, wenn er sich
so in seinen Helden hineuilebt, dafe er jeden Gegensatz zu ihm glelch-
eam wie einen abzuwehrenden Angriff ansieht. Wie weit dies auf M.
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112
Onaduui in der Mflitir-Iitterttar.
zutrifft, sei dahingestellt! Abgesehen hiervon, hrin^^t das Werk eine
Fülle so reichen Materials für die innere und äufsere Geschichte Preufsens
nach den Befreiungskriegen, dafs es schon hierdurch Beachtung
verdient.
Boyens edele, aber vielleicht bei seiner idealen Richtung zuweilen
mit den realeii Thatsachen m wenig rechnende Natur charakterisiert
M. selbst gans richtig Seite 207. Da heilst es mit Bezug auf die yon
Boyen überschätzte Tüchtigkeit der damaligen Landwehrofflziere: „Bb
war wieder jene Denkweise, die ausging von dem, was sein sollte
nach den höchsten und schönsten Nonnen, als von dem, was wirk-
lich war, welche mehr das Individuum sah in seiner sittlichen Freiheit
und schöpferischen Kraft des Wollens, als die niederziehenden Gewichte
der TiLwohnheit. der Berufs» und Standessphftren und das ermüdende
Gleichmafs der Tagel"
Wenn Vcrnisscr kurz vorher sagt: .,Im Her/en bowegt hatte ihn
der Anblick jener tapferen Männer, deien heiliger Eifer im Sturme der
Zeit erltTHt hatte, was sonst nur das mühsame und staubige Rinerlei
der E.verzici [)liitze zuw^'^c gebracht hatte. Sollten so wundervolle
Beispiele veiloren sein, sollten nicht ilie Institutionen der Landwehr
darauf hin eigentlich ausgi liaui weiden, die schlummernden Kräfte
der Menschen zu wecken zu ähnlichen Leistungen - ' — so möchten
wir darauf antworten, dafs eine nüchterne Betrachtung der
Wirklichkeit, wie sie thatsächlich ist, darauf die Antwort giebt
Was unsere Landwehr 1813 und 1814 thatsfichlich war und nicht, was
sie in den Phantasien liberaler Schwärmer oder in den tendenziösen
Darstellungen der demokratischen Gegner Königs Wilhelm I. und seines
Kriegsministers Roon sein sollte, ist so oft magt» daüB wir hier auf
eine Wiederholung verzichten können.
Grofsartlg steht Boyen da in seiner Auffassung von dem Beruf
Preufsens zu einer gi'ofsen. durchgreifenden Politik Preufsens, welche
zugleich das Stückwerk des Wiener Kongresses gründlich zu revidieren
hätte. — Meinecke hat die diese Seite Boyens behandelnden Teile
seines Werkes mustergiltig verfafst. So das V. Buch „Vom Wiener
Kongrefs bis zum zweiten Pariser Frieden", so die Schilderung der
Auffassung Heyens über die Aufgabe Preufsens der pohlischen Uevo-
lution gegenüber. Wir möchten Staatsmännern wicTheoretikern den
Rat geben, Boyens Ansichten über die Behandlung der polnischen
Frage Seite 43711'. nachzulesen. Die Rücksichten auf den gemessenen
Raum dieser Zeitschrift zwingen uns, zu schliefsen, indem wir unbe-
schadet mancher abweichenden Ansichten die oben ausgesprochene
Anerkennung des trefflichen Werkes wiederholen. 17.
Heinrieh Ton Diest, weiland Oeneral-Inspekteor der Artillerie. Bm
Lebensbild nebst Mitteilungen zur Geschichte der Familie von
I»iest von Gustav v. Diest, Merseburg. Berlin 1899. E. S.
Mittier k Sohn. 8« IV und 124 Seiten, Preis; M. 2,50. geb. M. 3,75.
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UmMhu in der IDIiliiwLifetarttor.
118
General von Dies! hat ein weohselvoUes Lebon geführt 1785
geboren, 1806 durch die Kapitulation von Nienburg Kriegsgefangener
g-eworden, 1809 in das russische Heer getreten, nahm er im (ieneral-
sl&be am Feldzuge des Jahres 1812 und an den Befreiungskriegen
teil, war nach Abschiufs des 2. }*ariser Friedens drei ,)ahre lang als
russischer Militärattache in Berlin, der erste, welcher diesen Posten
inne hatte, kehrte dann, in Rufsland zum General aufgestiegen, als
Oberst in den preufsischen Dienst zurück, war zunächst Ch* f des
Generalstabes des V. Armeekorps in Posen, 1831 Inspekteur der 2.
Artillerie-Inspektion in Berlin und, nach dem Tode deBOeneral-lnspekteurs
der Waffe, Prinzen August von Preufsen, dessen Nachfolger, dem
PHttsen Adalbert^ als 2. Qeneral-Inspekteur heigegeben. Genend-
Inspekteur, als welchen der Titel des Buches ihn bezeichnet, ist er
nie gewesen. Er starb 1847 zu Berlin.
Die Darstellung dieses bewegten Lebens ist in ihrem ersten Teile
einem Schwiegersohne, im letzten dem als Verfasser des Buches be-
zeichneten Sohne des Generals zu danken. Dieser selbst hat wenig
Schriftliches über seine Vergangenheit hinterlassen, und die Mitteilungen
über diese sind teilweise nur spärlich, über mehrere wichtige Zeitab-
schnilie gehen sie aus Mangel an l'nterlagen stdir rasch hinweg.
I'ionstlich ist der damalige Premier-Leutnant von [>iest namentlich
m der Schlacht bei Kulm hervorgetreten, wo er als Generalstabsofflzier
zwei russische Kavallerieregimenter veranlafste, an entscheidender
Stelle einzugreifen; im Frieden, als er im Jahre 1830, in Abwesenheit
des kommandierenden Generals in seiner Eigenschaft als Generalstabs-
dief unverweilt und selbstSndig sehr zweckmälisige Anordnungen traf.
Sein demnächstiger Eintritt in die Artillerie, welcher er vorher nie
angehört hatte, bildet einen Vorgang zu der späteren Berufung des
Generals von Podbielski an die Spitze der Waffe; wie dieser Eintritt
herbeigeführt wurde, ist nicht mitgeteilt. Ein als Anlage abgedruckter
Nachruf, welchen General du Vignau dem Entschlafenen gewidmet
hat, sagt, dafs General von Diest gleichzeitig zum Präses der Artillerie-
Prüfungskommission ernannt sei, also ein für den, der nicht Fachmann
ist, doppelt schwieriges Amt übernommen habe und zollt dessen Thätig-
keit in seinem neuen Wirkungskreise volle Anerkennung. Gpn»»ral
von Dicst war ein sehr gottesfürchtiger Mann, welcher dem kirchlichen
Leben viele Beachtung zuwandte. Interessant ist. hri dieser Gelegen-
heit zu erfahren, dafs er grofsen Anteil an der Krbauung der Matthäi-
kin-he zu Berlin und an der Berufung des Predigers Büchsei an diese
halte.
Einen wesentlichen Teil des Inhaltes, als besondere Anlagen ge-
geben, ¥rie in den Text geflochten, bilden Nachrichten über das Ge-
schlecht derer von Diest, welche den der Familie des Generals N&her-
stehenden willkommen sein werden.
Nebenbei sei bemerkt, dafe die Güterpreise in Ostpreufisen (Seite 59)
in Platow nicht mafsgebend sein konnten, weil dieses in Westpreu&en
iiliMater ftr tt« «MitMteAnHM uJ MariM. B4. 114. 1. 8
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114
ümseluni in der lOlttibr-Uttoraliiir.
liegt dafs Prinz August von Pfeufsen 1848 nicht 1842 starb (Seite iSb)
und daTs der Herr Verfasser dem Leeer flberlassen hat, zu erraten,
wer „der kommandierende General** var, unter welchem D. in Posen
stand. 14.
Kriegsgeschichtliche Beispiele des Festungskrieges aus dem deutsch-
französischen Kriege von 1870/71, von Frobenius, Oberst-
leutnant a. 1). Erstes Heft: I. Einschliefsunj? (Cernierung).
1. Beliort. 2. Strafsburg. Mit 2 Plänen in Steindruck. Berlin 1899.
E. S, Mittler & Sohn. Preis 3.00 M.
LUe Erfahrungen des Krieges 1870/71 bilden die Grundlage unserer
heutigen Vorschriften Über den Festungskrieg. Aber nur Wenige sind
in der Lage, die Lehren unmittelbar auf den Kriegsereignissen aufzu-
bauen. Denn so eingehend auch sahireiche Schriftsteller den Feldkrieg
behandelten, so sind ^auffallender Weise derartige Arbeiten über den
Festungskrieg so gut wie gar nicht in Angriff genommen worden*.
Hier fehlt noch eine kritische Verwertung des reichen Materials und
zwar gilt dies nicht so sehr für die artilleristisclien und technischen,
als wie vorzugsweise für die allgemein taktischen Erfahrungen. Wird
doch der Festungskrieg heute nicht mehr nach den alten Prinzipien
„durch den Ingenieur und Artilleristen", .sondern von allen Waffen
gemeinsam geführt. „Ks ist daher die Pflicht Jedes Offiziers, sich für
den Festungskrieg ebenso eingehend wie für den Feldkrieg vorzu-
bereiten.
Der Herr Verfasser dieser Schrift wendet sich daher an die Offi-
ziere aller Waffen und ist in der übersichtlichen Darstellung der Er-
eignisse und den unmittelbar angereihten Folgerungen vor allem das
Taktische herauszuschälen bemüht. Man kann dieser modernen, tak-
tischen Auffassung des Festungskampfes wohl nur unbedingt, nament-
lich darin zustimmen, wenn folgerichtig Besetzung und Armierung
einer-, Anmarsch und Binschlielsung andererseits als die einleitenden
Mafsnahmen 'dieses Kampfes behandelt und in erster Linie taktisch
beleuchtet werden; denn in ihnen, »wie in den Dispositionen zur
Schlacht liegt der Keim des Gelingens".
Die Verhältnisse des Krieges 1870/71 liegen anscheinend weit
hinter uns. Zustände wie bei Strafsburg. Beifort, werden sich wohl
kaum mehr weder in der Festung noch beim .XnirritT finden. Dem-
ungeachtet lassen sich die Erfalirungen dieser Zeit „für eine sach-
gemäfse Auffassung der Verhältnisse des Festungskriegs auch der
Zukunft nutzbar machen". Das trifft für den AngrilT wie für die Ver-
teidigung zu, in der letzteren namentlich geben StraTsburg und Beifort
zu interessanten Vergleichen Anlafs.
Zwar sind unsere heutigen Festungen materiell viel eingehender
für den Kampf vorbereitet, aber trotzdem findet der Kommandant auch
heute noch „in den seltensten PfiUen in der Festung ein auch nur
einigermafsen zur Verwendung bereites Instrument'*. Der weitere
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ümscbaa in der MitttifasUttentiir.
115
Ausbau ist eino der schwierigsten Aufgaben und „es wird auch in
Zckunft so wenig als bislier die Armierung einer Festung plangemäCs
aod ohne Störungen verlaufen".
..Die alten Stadtfestungen (Strafsburg) schrieben in ihren starren
unveränderlichen Linien nicht nur die Aufstellung und Verwendung
der Truppen und Geschütze vor. sondern beeinflufsten auch in einem
solchen Grade die MaXsnahmen des Angreifers, dafs dieser sich nach
tiam gewissen, bestimmton Schema entwickeln mursto.'* Heute kommen
lüe Festangswerke (das zeig^ schon Beifort) erst in 2. Linie in Betracht,
«ie erhalten ihren Wert erst durch die Truppe. Die Seele der Ver-
teidigung aber bleibt der Kommandant* dessen taktische Ideen und
PÜne sind das Mafsgebende, nicht mehr die Pestungswerke und Oe-
sriiiitzaufstollungen/'
Die Vorbereitungen in der Festung erfordern daher heute — darin
gipfeln diese der Schrift entnommenen Ausführungen in erster
Linie einen Taktiker, „der Artillerist und Ingenieur treten hier gegen
dt^n Truppenführer zurück". Aber auch der tüchtigste Führer scheitert
wie Denfert an einer mangelhaften HesatzutiL'. welche heute ungleich
schwierigere Aufgaben als früher zu Uist-n hat. Führung, Hesatzung
und Arbeitskrüfle. die persönlichen Elemente des Widerstandes wollen
ilaht'i- ebenso gründlich wie die materiellpM v(uber«'itet sein, sollen
wir nicht ähnliche Erfahrungen wie IbTü unsere Gegner machen. Hier
liegen unbestreitbar die schwierigsten und brennenden Fragen der
Armienmg, von denen numche noch ihrer Lösung harren. Die ein-
schlägigen Ausfahrungen des Verfassers verdienen eine volle und ernste
Würdigung; mag man ihnen zustimmen oder nicht» eine eingehendere
Vorbildung der für die Festung bestimmten Truppe, namentlich der
Hauptwaffe, wird sich nicht von der Hand weisen lassen. Diese Aus-
bildung im Pestungskrieg ist aber ebenso notwendig für den Angriff.
Auch hier ist das erste Herangehen für die Folge entscheidend
und fallen gerade hierbei Führer und Truppe uivl zwar aller WatTen
Autgraben zu. welche nur mit einiger Kenntnifs des Festungskrietxes
zu lösen sind. Denn „die richtigen Maisnahmen für den Anmarscli
an eine Festung sind genau so wichtig, wie die für die Annäherung
an eine von der feindlichen F.'idarmec verteidigte Stellung. Das \ or-
pehen des Angreifers 1870 wai- ja teilweise in der Not der Umstände,
danel)en aber doch auch — es wird dies sehr treffend hervorgehoben
— in einer Unterschntzun^? der Festuniren und veralteten Vorstellungen
begründet, welche den übrigen WaiVen aufser den technischen eine
nebensächliche, lediglieh abwartende Rolle zuwiesen. Heute aber sind
die Verhältnisse wesentlich andere und es ist damit „die erste Aulgabe
der zur Einschliefsung schreitenden Armee" geworden, „sich die (zur
Heranführung des Belagerungsmaterials) notwendigen Eisenbahn- und
Strafsenzüge zu sichern'*. Nächst dem ist dieses erste Heianirehen
nicht mehr lediglich als mechanisches Absperren, es ist vielm« hr „als
eine groTsartlge gewaltsame Erkundung aufzufassen", denn man hat
Digiti^cu by Coogle
116 UmMhan in d«r MÜltlr-Littentiir.
es „im Fostungskrieg nicht anders als im Feldkrieg, als erste Aufgabe
zu betrachten, eine möglichst genaue KenntniTs von den Streitkräften
des Gegners zu gewinnen".
Einer energischen Verteidigung gegenüber kann sich aber der
Angreifer „diese Kenntnis nur mit Gewalt erzwingen, er mufs deshalb
vom ersten Erscheinen vor der Festung an die Mittel, die Krät\e be-
sitzen, um die Festung zur Enthüllung der ihrigen zu veranlassen**.
Der Angreifer muis zu dem Ende näher heran, es mufs aber dieses
Herangehen planmäTsig, d. h. im Sinne des Führers erfolgen, der des-
halb mit seinen Stäben von Anfang an zur Stelle sein und die Truppen
nach einem schon vorher gefafsten Plane leiten mufe. ^Ein derartiges
Herangehen auf einer Strafse und Herummarsohieren um die Festung
(wie bei Beifort) war wohl angängig den alten Stadtfestungen gegen-
über, es ist aber um so unrichtiger, je entschlossener der Verteidiger
den ersten Tag ergreift, um Erfolge zu erringen^, welche später nicht
mehr zu erwarten sind. Gerade dieses energische Heraustreten der
Verteidigung wird aber künftig diese Einleitung viel schwieriger als
bei Strafsburg und Beifort und daher zu einer Kampfhandlung allrr
Wullen gestalten, svelche deren einzelne Glieder taktisch beherrschen
und für welche sie eben deshalb vorgebildet sein müssen.
Der so gekennzeichnete Inhalt der Schrift spricht in den Augen
aller Urteilsfähigen für sich selbst. So mufs der neuere Festungskrieg
erfafst, so müssen die kriegerischen Ereignisse beurteilt und verwertet
werden, um auch die andern Waffen für das Studium — vor allem
der Geschichte des Pestungskriegs ^ zu gewinnen.
In diesem Sinne begrüCsen wir die Schrift, ^e verdient die Auf-
merksamkeit weiterer Kreise ; mögen im einzelnen wie in allen taktischen
Dingen die Meinungen auseinandergehen; ein wesentlicher Vorzug liegt
unseres Brachtens in der fireien» aus der Schablone heraustretenden
Auffassung des Festungskrieges, die sich ja nun immer weiter Bahn
bricht Man darf den Fortsetzungen mit Spannung entgegensehen.
45.
Oberstleutnant H. Klaeber. Die Preufsische Artillerie in der Schlacht
bei Spieheren am 6. August 1870. Mit einem Bildnis, einem
Plane und mehreren Anlagen. Berlin. Militär-Verlagsanstalt. 1898.
Die kleine, trefiliche Schrift ist dem Andenken des am 9. Dezember
1897 verstorbenen früheren Generalinspekteurs der Artillerie, des Gene-
rals Hans von Bülow, gewidmet, dessen wohlgetroflenes Bildnis auch
dem kleinen Werke beigegeben ist. l'nd wahrlich, dieser altpreufsi^che.
selbstlose, vornehme Offizier verdient das ihm vom Verfasser gespendete
Lob. Schreiber dieser Zeilen, der das Glück hatte, dem General im
Leben nahezustehen, hat oft aus seinem Munde gehört, wie gerade
der Tag von Spicheren sein höchster Ehrentag gewesen sei, auf den
er mit besonderer Freude zuräckblickte. Oberstleutnant Klaeber hat
mit greiser Sorgfiidt und eingehender Prüfung das reiche, von Freund
und Feind verOfTentlichte Material über das Gefecht von Spicheren be-
Digltized by Google
Umsohaa in Uer Militär-Litterator.
117
nützt und es durch ungedruckte Mitteiluni^eii ergänzt, mn so ein klares,
erschöpfendes Bild der Thätigkeit der Ariiüorie bei Spicheren zu geben.
So hoch das Verdienst des Generals von Bülow auch sein mag, die
Artillerie des III. Korps, soweit als mir möglich, auf das Schlachtfeld
geschafft m haben, um dort als Befehlshaber der 3 verschiedenen
Koips angehörenden Batterien eine hervorragende Thfitigkeit zu ent-
ölten, der Gipfel aller artilleristischen Thätigkeit bildet doch das Herauf-
bringen zweier Batterien auf die kaum von der Infanterie gehaltenen
steilen Spicherer Höhen. Ein seltener, hoher moralischer Mut gehört
wahrlich dazu, in den Augenblicken, wo es der Kavallerie nicht gelungen
war, der schwerbedrängten Infanterie Luft zu machen, das Eingreifen
von Artillerie auf diesen erst zu erkletternden Höhen für möglich zu
erklären. Wenn Dick de Lonlay in seinen bekannton Werken sagt:
,Zwei Batterien der 5. preufsischen E>ivision haben die Kühnheit ge-
habt, sieh an die Ausführung einer für unmöglich gehaltenen
I nterne hm u ng zu machen und ruhmvoll den (lipfel erreicht, wo
ihr unerwartetes Erscheinen eine vollständige Bestürzung hervorrief**,
— so ist dies Urteil au» des Gegners Munde die beste Bestätigung des
oben Gesagten. Wir aber schliefsen unsere Besprechung der trefQicben
Aibeit Klaebers, eines der tapfleren Artilleristen von Spicheren, mit dem
Wnneche: „Möge es der deutschen Armee niemals an Generalen wie
Haas von Bttlow fehlen, selbstlos und bescheiden, besorgt für das
Wohl der Untergebenen, frei von Jeder Scheu vor Verantwortung
Vorgesetzten und dem Feinde gegenüber. v. Z.
las fortiflcatioiis d'Anvers eu 1899 et la grande coupure de TEscaut.
par le Lieutenant General W au wer m ans. Bruxelles. Falk
fUs. 1899.
Die Frage d»'r Rrweitorung von Antwerpen hat für uns nur aka-
demische Bedeutung. Bekanntlich haben die Erwägungen, in welcher
Weise eine Korrektur der unteren Srhdde durchzuführen sei. sich
auch dahin erweitert, welclu- Ibrtitlkalorischen Veränderungen damit
verbunden sein würden und hicrhoi wird der Vorschlag gemacht, die
jetzige Festungs-iinceinte ganz aufzugeben, an ihrer Stelle die Brial-
montsche Prontlinie, welche 5 km vorgeschoben ist^ durch lange Ver-
bindungslinien zur Stadtumwallung auszubauen und die seit einigen
Jahren begonnene Reihe lluIiBerer auf mindestens 10 km vorgeschobener
Werke zu einem ganzen Fortgflrtel zu vervollständigen.
General Wauweimans steht ganz auf dem Standpunkt Brialmonts,
welcher bi der Ausführung dieses Projektes (das übrigens vom vorigen
Kriegsminister sehr ernst betrieben wurde) nur eine Schwächung der
Festung erblickt und mit Recht darauf hinweist, dafs die Stadt bei
einem Flächeninhalt von 2213 ha und 139 Einwohnern pro ha durchaus
einer Erweiterung auf lange Zeit noch nicht bedürfe (bis 185VJ kamen
36 Einwohner auf 1 ha und in Paris 322) und dafs die neue üeTollW-
gung eine dreimal stärkere Besatzung veriange, was Belgien «u lelatw
«
Digili^üu by Coügle
118
Unuehau in der Militär-Utteratnr.
garnicht imstande ist. Das vorliegende, nur 52 Seiten umfiissende
Buch giebt aufserdem eine eingehende Darstellung der Vorgänge be-
züglich doi- Scheide-Korrektur, bietet aber den interessantesten Stoff
in dem sechsten Abschnitt, in welchem der General in durchaus be-
gründeter und geistvoller Welse Bich über die überaus schwierige,
verantwortuDgsvoIle und undankbare Stellung des Festungskomman'
danten auslafst und hervorhebt, daTs die Aufgabe über das Menschen-
mögliche hinauswachse, wenn die Ausdehnung der Festung gewisse
Orenssen überschreite. Es ist dieses ein Thema, welches der weiteren
Diskussion allerdings würdig ist, denn so gut wie man bereits aner-
kannt hat. dafs die in einer Hand vereinigten Armee-Einheiten eine
gewisse Zahl nicht überschreiten dürfen, ohne die Führung übermäfsig
zu beanspruchen und erlahmen zu lassen, so wird man auch für die
Festungs-riouvernoure gewisse Einschränkungen der ihnen anvertrauten
lebenden und toten Kampfmittel für notweinlig erachten müssen, wenn
anders sie der Aufgabe sollen gewachsen bleiben. L>ie riesige Aus-
dehnung von l'aris giebt in dieser Beziehung zu denken. Einer Orga-
nisation, wie sie Trochu 1870 eingerichtet hatte — schon damals zum
grofsen Schaden der V^erteidigung — , würde für das jetzige i'aris un-
denkbar sein. 49.
PArlaments- und Ständehäuser. Militärbauteu. Von H. Wagner,
Geh. Baurat in Darmstadt, P. Wallet. Geli. Baurat in r)resden,
F.Richter. Oberstleutnant. „Handbuch der Architektur." Vierter
Teil. 7. ! laibband. Heft 2. Zweite Aufhitje. Mit 288 Abbildungen
im Text und 4 Talein. Stuttgart UiOO. Arnold Bergstrafser.
In dem stattliehen 223 Seiten ziililonden Bande liegt uns ein Heft
des grofsangelegten Werkes vor. des „Handbuches der Architektur",
unter dessen Autoren sich die besten Namen der Bauwissenschatt
unseres Vaterlandes vorfinden. In 2 Kapiteln behandelt er die Par-
laments- and Provinzial-StSndehäuser; in deren 5 die Militfirdienst-
gebfiude, Kasernen-, Exerzier-, Reit- und Schiefstiäuser, Wachgebfiude
und endlich militärische Erziehungs- und Unterrichtsanstalten. Jeder
der beiden grofsen Abteilungen, in welche das Buch zerfiKllt, ist ein
interessanter geschäftlicher Oberblick vorangestellt und in jedem Kapitel
eine Reihe hervorragender Bauwerke eingehend dargestellt und zur
Anschauung gebracht. Es fehlt da so wenig der Wesiminster-Palast
zu London, als Reichstags- und Abgeordneten -Gebäude in Berlin. I)ie
vorgeführten Kasernen sind in Deutschland. < »sterreich-Ungarn, Frank-
reich und 1-^iigland zu linden und selbst bombensichere Kasernen und
Lagerbaracken neuen Stils mit aufgenommen. Über die Gediegenheit
des Textes und die Klarheit der bildlichen 1 )arstelhmgen bedarf es
keiner besondei^en Bemerkung angesichts der iNamen der Autoren.
49.
Jean de Bloch. La Guerre. Son passe, soa present» soa aTenir,
4 representer k l'expositioa de Paris. Paris 1899. Imprlmerie
Paul Dupont.
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Umsoban in der HiütXr-Litteratnr.
119
Mehrfoch hatten die »Jahrbücher* Anlalii, sich mit dem im ver>
gangenen Jahre erschienenen grofsen sechsbändigen Werke, »Der
Krieg** von Johann v. Bloch, an dieser Stelle zu beschäftigen. Die
bedeutendsten Militärschriftsteller des In- und Auslandes, so v. d. Goltz,
Hohne. Müller, Woyde, Pusyrewsky. Moch u. a. haben dem Werke
volie und verdiente Aufmerksamkeit geschenkt. Die „Jahrbücher-
waren vor einigen Jahren schon in der Liig«\ zwei besonders wichtige
Kapitel desselben, betreffend diu wirtschaftlichen Folgen des Zukunfts-
krieges, verön'entlichen zu dürfen. Üafs ein su breit veranlagtes Werk
uljer den Krieg, dessen Verfasser nicht Soldat von Beruf ist, neben
Beinen Stärken und Vorzügen auch seine Schwächen habe, wurde
ebeoso wenig von den meisten MUitär-Scliriftstellem wie von den Zeit-
schrillen (auch den «Jahrbüchern*) in Abrede gestellt Aber — wo
Licht ist. da ist auch Scliatten, der der Bedeutung dieses in seiner
Art einzigen kriegswissenschafUichen Prachtwerkes nur geringen Ab-
brach thut DaJs der Zar dem zuerst in russischer, dann in deutscher
Sprache ersctüenenen Werke seine volle Auhnerksamkeit geschenkt
hat. dafs dasselbe an dem Zustandekommen und den Verhandlungen
der ^Friedenskonferenz** im Haag einen wesentlichen Anteil hat, dürfte
bekannt sein.
Dem Herrn Verfasser ist es aber darum zu thun. dafs seine Ideen
und (lif Ergebnisse seiner mühevollen Forschungen nicht nur zur
Ivenninis einer kleinen Gemeinde von Militärsehriltstellern kommen,
sondern dem Verständnis der grofsen Masse der Gebildeten aller Na-
tionen zugänglich gemaclu werde. Kr hat den Plan gefafst, zu diesem
Zwecke auf der Pariser Weltausstellung in einem besonderen Pavillon
alles das, was in seinem grofsen Werke enthalten ist, auf applika-
torische Weise, durch die Anschauung zu lehren, den Krieg und s^ne
Mittel in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft plastisch und graphisch
darzustellen. Das gesamte Gebiet der Kriegskunst und der Kriegs-
wissenschaften — Strategie, Taktik, Waffenwesen, Befestigungskunst,
Schiefsversuche, Gefechtsverluste, Ballistik, Telegraphie, Telephon,
Luflschiffihhrt, Scheinwerfer, Mobilisierung der Heere, Seekrieg, Sanitäts-
"Wesen, ökonomische und finanzielle Folgen des Krieges für Handel und
Wandel u. a. — wird in Wort und Bild mit Hilfe von Modellen jeglicher
An und geeigneten Vorträgen zur Anschauung kommen. Besonderen
Wen bat der Verfasser auf die Darstellung der ökonomischen Seite
des Zukunftskrieges gelegt: sie soU die Hälfte der ganzen Sonderaus-
stellung in Anspruch neiimen.
Man mufs gestehen, dafs der Gedanke, der diesem gmfsariigea
Unternehmen zu Grunde liegt, ein guter und humanitärer ist, wenn
man dem zustimmt, was v. d. Goltz über den ZukunfLskrieg in seinem
Uassischen Buche n^SLS Volk in Waffen'* sagt: „Man kann behaupten,
dab die Kriege mit der voUstftndigen Vernichtung des einen oder der
völligen Erschöpfung beider Kriegführenden enden werden**.
Herr v. Bloch verwahrt sich ausdrücklich gegen die Unterstellung
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120
UmsofaMi in dar MflitSr-Iittoratiir.
als wolle er Propaganda gegen den Krieg maehen. Ihm ist es nur
darum zu tlian, auf die fürchtbaren materiellen Folgen eines Welt*
krieges^ der jahrelang dauern wtirde, die Aufmerksamkeit zu lenken.
Es ist leider zutreffend, dafs die ökonomische Seite der Kriegführung
nicht im entferntesten die ihr gebülirende Beachtung von Seiten der
regierenden Kreise sowohl als der Miütar>Litteratur bislang gefunden
hat. Die befriedigende Ernährung von Massenheeren gehört zu den
noch ungelösten Problemen. Unermefslich sind die wirtschaftlichen
Polgen fiir den Nationalwohlstand und das Volksleben überhaupt, wenn
die Millionen kräftiger Arme, die im Dienste der Landwirtschaft, der
Industrie und des Handels thätig sind, ihrem Berufe entzogen werden,
wenn die Felder brach liegen wegen der Unmöglichkeit, sie zu be-
stellen, die Zufuhren zur See ausbleiben, Handel und Wandel aller
Orten stockt. Es ist wohl „des Schweifscs des Edlen wert**, sich über
diese Fragen Klarheit zu yersehaffen, so lange dazu noch die Zeit ist
— Hierzu die Anregung zu geben, ist die dankenswerte Aulgabe, die
sich in erster Linie Herr v. Bloch gestellt hat und die er in der vor-
liegenden Schrift klar und lichtvoll eiiäutert. Möge seinem Streben
der Brfolg nicht fehlen. Sch.
Gasten Moch, L' Armee d'une Dömoeratie. Paris 1900. fiditions
de la Revue blanche. 5CX) Seiten.
Der litterarisrh vorteiUiali bekannte Verfasser bezweckt mit seiner
gründlichen organisatorischen Studie die Anregung zu geben zur l m-
wandlung der jetzigen französischen Armee in ein Milizheer nach
Schweizer Muster. Er meint, wenn die Ausgaben für die nationale
Verteidigung sich in der bisherigen Weise steigern würden, so dürfte
es bald nichts mehr zu verteidigen geben, er verlai^gt eine brauchbare,
gut ausgebildete Armee, die nicht die ungeheuren Kosten verursacht
wie die jetzige. Dies könne nur erreicht werden durch Verringerung
der Dienstzeit auf ein Minimum (wenige Wochen); je nach der
Waffengattung und dem Dienstgrade, Jedenfalls weniger als zwei Jahre.
Von demokratischer Gleichheit bezüglich der Friedens-Dienstzeit ist
folglich keine Rede. Die vom Dienste wegen kdrperlicher Untauglich*
keit Bef^iten sollen, wie in der Schweiz, ehie Wehrsteuer zahlen, je
nach dem Vermögen des Betreffenden. Diese vom Verfasser geplant©
Miliz-Armee iHnrchnet er im Kriegsfall im Auszuge (Elite) und Land-
wehr auf eine Kopfstärke von 2664 308 Mann der Operations- Armee;
dazu ferner Gendarmerie. Douaniers. Waldhüter, Kolonialtruppen, Marine,
bewaffneter Landsturm i670OOO). Summa 35505«! Mann, dazu 1860984
Mann nieiit bewaffneter Landsturm; total: 5411565 Mann. — Man
mufs bekennen, dafs der Herr Verfasser, der über sehr beachtenswerte
Kenntnisse auf organisatüriseheni und heeresgeschichtlichem Gebiete
v(»rfiigt. seine Thesen in geistvoller Weise verteidigt, aber überzeugt
iiai i'V micli nicht, dafs die von ihm vorgeschlagenen Massenheere mit
ihrer mangelhaften Disziplinierung, Ausbildung und Führung ein
Digitized by Google
Umschau in der Militär-Litterttiir.
1211
brauchbareres Instrument des Krieges sein werden, als das jetzt be-
stehende Heer. Er sagt zwar, es handele sich nicht darum, die vor-
maligen Nationalgarden wieder aufleben zu lassen, sondern um eine
^eoie armee do milioes", die mindestens ebenso befähigt sei, den
nteittadischen Boden zu verteidigen als die jetzige. Die Botschaft
W ich wohl, allein mir fehlt der Olanbe. 1*.
Dar Iheoietf Mh-pmktisdie PsIioiiUleii- und Meldedienst Instrulctions-
bueh für den Unterricht und die Ausbildung der Nachrichten-,
Marschsicherungs-, Vorposten-(\^erbindungs-)Gefechts-Patrouillea
nebst Anweisung über das Orientieren und Melden. Auf Grund-
lage des neuen Dienst-Reglements II. Teil, unter Zuhilfenahme
der Dien.st Vorschriften und der besten diesbezüglichen Werke
bearbeitet von J. Wolff. k. u. k. Hauptmann. Vierte vollkominen
umgearbt^itete, verbesserte und vermehrte Auflage. Wien,.
L. W. Seidel & Sohn. 1898. Preis 3 Mk.
Dafs wir es hier mit einem gründlichen, die gestellte Aufgabe
«schöpfend behandelnden Werke zu thun haben, läfst schon der Titel
selbst erkennen; und dafs die Art der Behandlung des StoITes den
Bedürfnissen und Wünschen der österreichischen Armee entspricht,
das dürfte die Tliatsache beweisen, dafs das WeriLchen bereits im 9;
und 10. Tausend vorliegt Nach unserer Auffiissung. wie überhaupt
wohl nach den in unserer Armee herrschenden Anschauungen, ist der
gewihlte Stoff wohl zu eingehend behandelt worden. Der Herr Ver*
lisser bemüht sich, für jede Lage, in welche eine Patrouille überhaupt
gelangen könnte, VerhaltungsmAfsregeln anzugeben. Auf iiesem Wege
gelangt der Herr Verfasser zu einer Fülle von Vorschritlen und Ver-
haltungsmafsregeln, deren sichere BinprSgung und Beherrschuntr in
der Anordnunjr schwerlich ,Erelin?en wird, ohne doch die Zahl der Fälle,
die einer Patrouille begegnen können, zu erschöpfen. So finden wir
2. B. unter Nr. 44 „Visitierung (Absuch<Mi) einer Ortschaft" in dem
Unterabschnitt „Verhalten, wenn hei Visitierung des Ortes der Feind
Mgetroften wird**, folgende Vorschriften.
Trifft ein die Häuser durchsuchender Teil der Patrouille auf den
Peind, so giebt derjenige Mann, welcher denselben entdeckt, Feuer;
alle übrigen eilen zurück zum Kern der Patrouille, oder besser (!), be-
tetsen die Häuser (!). Ist uns nun der Gegner nicht stark überlegen
und greift ihn die Patrouille ungestüm an, so wird er uns im Augen-
bUcI» der Überraschung für weit stitrker halten und zurückweichen,
doch darf derselbe nicht verfolgt werden, senden» SMin setzt ohne
Zeitveriust den eigenen Weg weiter fort (Siehe Zusammentreffen mit
dem Feind § 20.)
Bei uns sucht man die Gewähr für eine fachgemäfse Handhabung
des Patrouillendienstes wohl mehr in der richtigen Auswahl der Mann-
schaften, insbe^>ondere der Patrouillenführer in Bezug auf Findigkeit
und Entschlossenheit, sowie in der Binprägung einiger weniger Haupte,
Digitizüu by Coogle
122
Urosehan in der Militir-Litteratnr.
.grundsätze, die dem Wesen nach in allen Lagen mafsgchend und an-
wendbar sind. Die verschiedenen Formen, in welchen diese Haupt-
grundsäfzt^ in den verscbiciicni'n. ^rirniclit zu erschöpfenden Lagen
-äufserlich in die Erscheinung treten, zur Üarstelhincr zu bringen und
zu lehren, bleibt wohl mehr dem unmittelbar an die praivtischen Übungen
ansehiiefsenden Unterricht oder — als Ersatz und Aushilfe hierfür —
dem applikatorisrhen Unterricht am i'lane und der Besprechung kriegs-
geschichtlicher Heispiele überlassen. Dafs demjenigen, der die er-
wähnten Haupigrundsätze erkennen oder prüfen will, das Studium der
-vorliegenden erschöpfenden Arbeit nützlich sein wird, ist ohne Frage
.und kann dasselbe daher in diesem Sinne nur empfohlen werden.
V. s.
Die hygienisehe Ausbildung des Offlsiers. £ine Zusammenstellung
der wichtigsten Kapitel der Qesundheitslehre. Von Dr. med.
E. Lobe dank, Oberarzt Strasburg i. B. 1899. W. Heinrich.
Preis in Taschenformat gebd. 2,25 Mk.
Der Herr Verfasser hat es sich zur Aufgabe gestellt, ein Werk
•über Militär-Gesundheitspflege, nicht für den Fachmann, sondern fOr
den mit Berufsptlichten genügend beschäftigten Offizier zu schreiben.
Er verwahrt sich in der Voriede ausdrücklich dagegen, dafs sein Werk
ein wissenschaftliches Lt hrbuch sein wolle, es sei nur eine Zusammen-
stellung derjenigen hygienischeti Lehren, deren Kenntnis für den
Ol'tizier erwünscht sei. Die 7 Abschnitie. in welche der verarbeitete
Stoff zerfiillt. sind betitelt: Der Boden — 1 »;ts Wiiüser — L»ie Luft —
Kleidung und Ausrüstung — I <ie Krualirung des Mensclieti — Die
menschlichen Wohnstuben — Die Infektionskrankheiten. In einem
Anhange sind gesondert behandelt die Hautpflege und der Hitzschlag.
In leicht verständlicher und knapper Weise sind die genannten The-
mata hier behandelt. Die Einteilung des Stoffes in zahlreiche, aus
der Inhaltsangabe ersichtlich gemachte Kapitel und Unterabteilungen
ermöglicht ein schnelles AufQnden jedes in Frage kommenden Themas,
auch ohne ein alphabetisch geordnetes Sachregister. Aus der Praxis
für die Praxis geschrieben, wird dieses Werk dem Belehrung suchenden
Offizier ein zuverlässiger Katgeber sein, dem wir, auch in Hinsicht
auf Belehrung der Mannschaften im Dienstunterricht, die weiteste Ver
breitung nur wünschen können. 3.
Taschenbuch für den Uekrulon-Ol'üzier der Infanterie. Auf (Irund
der neuesten Dien.sivurschrilten zusammengestellt von Engels,
Oberleutnant. Berlin 1900. Milit.- Verlagsanstalt. Preis 2 Mk.
Dieses Taschenbuch soll, sagt der Herr Verfasser, ein „omnia me-
cum porto" lür den Kelxruienofhzier sein, folglich alles wesentliche
für die liekrutenausbildung enthalten. Es zerfallt in 3 Abschnitte,
•deren 1. sich als ein „Auszug aus den Dienstvorschriften** (Reglement,
. Schieisvorschrift, Felddienst-Ordnung.Tum-, Bujonnetier-.Gamisondienst^
'Vorschrift, Gewehr 88, Unterrichtsgegenstftnde mit besonderer Berück*
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Utuobao In der HOitSr-Littoratiir.
123
flkhtigung der Kriegsartikel) darstellt. Der 2. Abschnitt ist ein «Wochen^
lettel" für 12 Ausbildungswochen, der 3. (alQährllch in neuer Auflage
erscheinend) enthält Veränderung;en zum 1. und 2. Abschnitt, Genealogie
«tor deutschen Fürst e^n, Posttarif. Kalender, Notizbuch. Tabellen (Lehr-
personal. Nationale der Kekruten u. s. \v.). In handlichstem kleinem
Taschenformat gebunden, verspricht dieses Taschenbuch in der That
m vademecum für jeden RekrutenofQzier zu werden, wir empfelüen
es gern. 3.
T. €. M. (Majur). Einteilung und Dislokation der Russischen Armee
nebst einem Verzeichnisse der Kriegsschiffe. Oktober 1Ö99.
5. Ausgabe. Leipzig. Zuckschwerdt.
Wir können auch der vorliegenden Autlage der trefflichen, kleinen
Arbeit — klein nur im „räumHcheii" Sinne — djis uneingeschränkte
Lob spenden, welches wir bereits früher in diesen Blattern aussprachen.
Von Jahr zu Jahr an innerem Werte und im Umfange wachsend, ge-
winnt sich die „Einteilung und lüslokuiion" immer mehr das Bürger-
recht in der deutschon Militärlitteratur. v. Z.
llnterprete militaire. Sammlung von l^bungsstiickcn mit Lr,siiiiircn
und grammatischen Anmerkungen, unter besonderer Herii( ksirh-
tigung der Anforderungen für die Dolmetscherprüfung. Zum
Selbstuntemcht zusammengestellt von v. Scharfenort, Haupt-
mann. Berlin 1900. Verlag von A. Bath.
Der He IT Verfasser ist durch mehrere. Unterrichtszwerken dienende
Schrifieii auf dem fiebiete des französischen Sprachunterrichtes bereits
vorteilhaft bekannt. Ich nenne sein „ Voeabulaire militaue". die „Petite
Encycloptidie militaire", dann „La vie praiique". Mit der vorliegenden
Arbeit bietet er, in seiner Eigenschaft als Lehrer an der Kriegsakademie,
besonders den Offizieren, die ihre Dolmetscherprflfung machen wollen,
ein Tortreffliches Hilfsmittel; aber auch anderen Offizieren, besonders
Oeneralst&blem und A^utanten wird dieser „militärische Dolmetscher*
willkommen sein. In dem fhuizösischen (1.) Teile giebt der Verfasser
anfser einer zusammenhfiDgenden Darstellung des Krieges von 1870
bis zur Schlacht von Sedan eine grofse Anzahl von Proklamationen,
Festungsübergaben. Verhandlungen über Waffenstillstand u. dergl. als
Musterbeispiele, die den Offizier ohne weiteres in den Stand setzen,
jede erforderliche Verfügimg .sofort abzufassen, ohne nach den geeig-
neten Ausdiücken lange suchen zu müssen. Der französische Teil
enihiill gleichzeitig die Litsungen der in dem 2. Abschnitte gegebenen
deutschen Übungen. Den Anforderungen für die Prüfung entsprechend
wechseln Übersetzungen mit freien Arbeiten ab. — Die dem praktischen
Bedürfnis genau angepafsle Arbeit wird sich sicherlich viele Freunde
6rwerben. Von besonderem Werte ist noch für den Gebrauch das
Angebende alphabetisch geordnete Inhaltsverzeichnis, mittelst dessen
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124
Umseh«! In der MlUtir'Iitteratar.
das gewünschte Thema (z. B. armistice, d^erteur. espion u. 8. w.)
sofort gefunden werden kann. 4.
lU. Seewesen.
Aniuüen der Hydrographie and maritimen Meteorologie. Heft 11.
An unsere Mitarbeiter zur See. — Aus den Reiseberichten S. M. Schiffe.
(Hiei-zu Tafel 16. 17 und 18.) — Einige Bemerkungen über Mananzary,
üstküste von Madagaskar, von Knpt M. C. Holdt, Führer der Bark
^Kriemhild". — Ansteuerung und Beschreibung des Hafens von Ghitta-
gong, Britisch-Indien, von W. Reisinp:. Kapitän des Dampfers „Stein-
berger" der Hansa-Linie (Bremen). — Fremantle (Ergänzung). — Der
Hafen von Bunburg. Nach Bericht von Kapt. R. Tiodemann, Bark
„Luna", ergänzt nach englischen Quellen. (Hierzu Tafel 19.) — Der
Halen von Talcahuano. Nach deutschen Konsulatsberichten und nach
dem Fragebogen des Kapt. F. Hülsen, Viermastbark „Hera*", sowie
nach einem Bericht des Kapt E. Butz, VoUschiff ^Ortrad**. — Von
Ostafrika nach der Bai von Bengalen, von L. B. Dinldage. — Rand
Kap Horn. — Durch die StraTse Le Maire von L. E. Dinldage. ^ Hilfs-
gröfaen far die Berechnung der im Jahre 1900 stattfindenden Sonnen-
finsternisse und Stemhedeckungen. — Ober den Rücktransport der
Luft nach niedrigen Breiten in den gemäßigten Zonen, von Professor
Dr. W. Koppen (mit 2 Textflguren). Notizen: 1. Von Adelaide nach
Newcastle N. S. W. — 2. Verflogene Brieftaube. — 3. Über eine Wasser-
hose in i2:rofser Nähe des Schiffes. — 4. Leuchtende Cirren. —
5. Störung der Steuerfähigkeit eines DamplVr.s in der Strafse von
Messina. - 6. ( her dcus Wetter in Santa Rosalia, rnter-Californien
von Mitte Oktober bis Mitte Dezember 1898. — Die Witterung an der
deutschen Küste im Monat September 1899.
Marine- Rundschau. (November 1899.) Titelbild; Eine Episode
aus den Kämpfen der Armada Philipps 11. von Spanien mit den Eng-
landern. — Über Schifllethrt und Marinewesen in den homerischen Helden-
gesängen (um das Jahr 1000 vor Christi Oeburt). Kulturgesohichiliche
Skizze von Kurt Pereis. — Die tOrkische Marine von ihren Anfängen
an V. Kalau vom Hofe-Pascha (mit 1 Skizze). Fortsetzung. — D. Bpnap
mico: Die Lehre von der Seemacht. Autorisierte Übersetzung von
Kapititn z. See z. D. Meufs. — Der Panama-Kanal, von Korvetten-
kapitän Jacobson (mit 1 Tafel). — S. M. S. ^Palke" in den Ostkarolinen-
Inseln, von Martini, Marine-Stabsarzt und Schiffsarzt S. M. S. „Falke*
(mit 4 Abbildungen) Sclilufs. — Sprichwörter und sprichwörtliche
Redensarten über Seewesen, Schiffer- und Fiseherb ben in den germa-
nischen Sprachen (Fortsetzung). Ein modernes Handbuch der See-
mannsehaft. — Erfindungen. — Wetterbericht aus den Häfen Memel.
Kiel und Wilhelmshaven vom 15. September bis 14. Oktober 1699. —
Aus fremden Marinen.
Nachrichten aus dem Gebiete des Seewesens. Nr. 12. Prof.
Dr. Nansen und Puyers Karte von Franz Joseph-Land. — Die Port-
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Umsduui in der MiUtttr-Ltttentiir.
125
schritte in der Entwickelung des iSchiffspanzcrs und der Marine-Artilleri«»
im Jahre 1898. — Über die V^orzeichen der Rechnungs-Elementf bei
nautischen Problemen. — Verbandsplätze und Verwundetentransport
auf modernen Kriegsschiffen. - - Eine Methode, Holz für den Kriegs-
schifibau feuersicher zu machen. — Der Dampfer „Uceanic" der
White Star Line. — Versuche bezüglich der Deteriorierung verschiedener
Vetallfiorten durch Seewasser. — UnflUl beim Ölfoen eines Mannloches.
— Das Projekt eines unterseeischen Tunnelbaues zwischen England
und Irland. — Der Slteste eiserne Kriegsdampfer.
Araiy ud NaTy Qaaetle. Nr. 2074. Die Marine am Kap. — Tod
des Admirals Colomb. — Der Transportdienst — Zusammenstofis des
Dampfers „Cuczo" mit dem „Anson". — Der Stapellauf des „Bulwark**.
— Das französische Mittel nieergesch wader. — Das öst. Lazarettschiff
.Graf Palken hayn". Nr. 2075. Hospitalschiffo. — Der Trafalgar-Tag.
— .\breise des Kanalgeschwaders nach Gibraltar. — Geheimhaltung
der Zu.sammi'nsetzung des Kap-Geschwaders. — Die deutschen Flotten-
vermehrungspläne. - Nr 2076. Die Lage in NataL — I>ie Arbeit der
Marine-Brigade. — Ein tlifgendfs Geschwader. — Stapellauf des
«Venerable". — Hospituiscliifle. I >W deutschen Marine -Vergröfserungen.
— Französische Unterseeboote. Nr. 2078. Die Marine-Brigaden. -- Das
Transport-l)eparteraent. — Russische und französische Anstrengungen,
die augenblickliche Lage Englands auszunutzen. Nr. 2079. Transport-
schiffe. — Das Schulgeschwader. — Die Lage in China. — Die neuen
deutschen Kreuzer. — Die einzelnen Transportschiffe mit der Zahl der
emgeschifften Mannschaften.
Joamal of the Royal United Serrice Institutioii. Kr. 28L Titel-
bild: Der neue französische Kreuzer I. Klasse «Guichen**- — Die
Fhinzosen in 'New-Poundland. — Scharfschützen.
Army and Xavy Journal. Nr. 1886. Militarismus und Arbeil. —
Londoner Ansichten über die Lage in Manila. — Das Singen in der
krmee und Marine. — Neue Truppen für Manila. — Dreischrauben-
Schiffe. — Neue geschützte Kreuzer. — r>as Anwachsen der Marin«'.
Nr. 1887. Die Lage in Transvaal. Englische und amerikanisclio
Kolonisierungs-Methoden. — Neue l'anzerschlachtschiffe. — Warum
wir Spanien 20 Millionen Dollar zahlten. Nr. 1888. Die Turmfrage. —
Admiral Sampsons Urlaub. Bt-richte der Admirale Melville und
O'Neil. - Die Gesundheit der Marine. - Französische und deutsch©
Pulverversuche. — Die Kosten des Krupp-Panzers. — Der Krieg in
Sad-AIHka. Hr. 1889. Die Räuber auf den PhiUppinen. — Das Neueste
von Manila. — Kosten der nichtgeschützten Kreuzer. — Die Lage üi
Sfid-Afrika. — Die »Oregon" und „Brooklyn*' bei Santiago. Vr. 1890.
Englands Obersee-l^peditionen. — Der Effekt von Deweys Kanonen,
— Versuche von Carnegie-Platten für Rufsland. Nr. 189L Das Wrack
des „Charleston**. — Pläne der Marine- Vorgröfserung. — Unsere Marine-
Ingenieure. — Kapitän Zalinski über Küstenverteidigung.
Revue rnuitime et ooloniale. (September 1S99.) Die Artillerie
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126
Umsohu in der MUttSr-Utterttur.
in d<T englischen Mnrino. — Chemische Studie über das Leinen und
den Hanf bei der Fabrikation der in der Marine ^gebräuchlichen Se^fl-
— r>ie englischen Marine-Manöver 1S99. — Die Staffeten-Kreuzer mit
Hilfs-Takelage. — Die Entwickelung der deutschen Handelsmarine.
RiviBta marittima. November 1899. Der letzte Krieg des Jahr-
hunderts. " Turbinenmotore. — L>er erste italieni.sche Fischerei-lvongrefs.
— Gesetze und Bestimmungen über die Auswanderung. — Die neuen
raaiitimen Konventionen und die Unle nach Indien. — Die Administra-
tion der englifichen Handelsmarine. — Die maritime Konferenz in London,
— Yachtsegeln.
Monikoi Sboniik. Nr. 11 November 1899. Offizieller Teil:
Beschreibung der Uniform der Offiziere der Freiwilligen Flotte. Ver-
zeichnis der in auslfindischen Gewässern befindlichen Kriegsschiffe;
abgesehen von den 18 bereits im Verbände des (leschwaders im Stillen
Ocean befindlif h-Mi Kriegsschiffe, befinden sich auf dem Wege zum
Stillen Ocean: Geschwader-Panzerschiff „Petropawlovvsk" mit 623 Mann
Besatzung und 52 Geschützen und Hochsee-Kanonenboot „Giljak" mit
170 Mann um! l»i Geschützen. Nichtoffizieller Teil: Schlacht bei
St. Jago de Kuba. (Jemischte Scc-Kxpeditionen. .Adniiral I'arra-
gut. — Zur Frage der magnetischen Anomalien. - Metallurgisch©
Bemerkungen.
The naval Wordbook. Ein systrmatisches Wörterbuch marine-
technischer Ausdrücke in englischei- und deutscher Sprache von
N.W. Thomas, Kiel und Leipzig. Verlag von Lipsius & Tischer 1899.
Für die Kreise unserer Kriegs- und Handelsmarine ist dieses mit
vielem Fleifs zusammengestellte Wörterbuch zveifeUos von großem
Nutzen, da man bei allen Reisen über See und in den Hilfen bei Be>
darf an Reparaturen etc. doch stets auf das Englische angewiesen ist
und bisher ein solches rein marinetechnisches Wörterbuch felilte.
Rang- und Quartierliste der Kaiserlich Deutschen Marine für
das Jahr 1900. Nach dem Stande vom 10. November 1899. Auf Be-
fehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs. Redigiert im Marine-
iiabinet. Herlin. E. S. Mittler Sohn.
Mit dem ständitr'Mi Anwachsen unserer Maiiiu« nimmt auch die
Rangliste naturgemäls V(»n Jahr zu Jahr an I lulanu /.u. fiegen das
Vorjahr sind in der .Xuordnung und im einzeiueii keine wesentlichen
Veränderungen eingetreten, lirmerkenswerl ist nur der Fortfall des
Oberkommandos und die Einrichtung des .\dmiralssUibes au dessen
Stelle, die nach Abgang des langjälu igen kommandierenden Admirals
V. Knorr ins Leben trat. Merkwürdigerweise ist die neugeschaffene
Stelle des Generalinspekteurs der Marine bei der Einteilung selbst gar
nicht erwähnt und nur im Verzeichnis des Seeofflzierkorps neben dem
Jetzigen Inspekteur ganz unscheinlich bemerkt Wie immer bietet die
Rangliste eine Fülle des Interessanten.
Leitftiden für den Unterriclit in der Artillerie an Bord des
ArtUleriesehuIselüffes. II. Teil: Pulver und Munition. Herausgogeben
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ümMhaa in der MlUtibylittentor.
127'
von der Inspektion des Bildungswesens di r Marine. Mit zahlreichen.
Abbildungen. Berlin 1899. E. S. Mittler & Sohn.
.\us dem vorliegenden, durch die vielen Konstruktionsabbildungen
sehr leiiht verständlichen Instruktionsbuehe gewinnt man einen klaren
Überblick über die in der Kaiserlichen Marine gebräuchlichen (leschosse,
Pulverarten und sonstigen Zündsätze und ist das Studium namentlich
der Munition für die Schnellladekanonen sehr interessant. Ks ist sehr
aozuerkennen, dafs neuerdings in der Marine auf den meisten öffentlich
ni behandelnden Gebieten derartige Leitfäden erscheinen, die das früher
fUidie massenhafte Sebreiben beim Unterricht In Fortfall kommen
lassen.
IV. Veneiebnifl der znr Besprechimg eiugegaugenen Bflcher.
(Dt* «iMgvfaogaBtn BOciier arfalirwi eist Begpr«cliuiif mok Malkgtb« tfem Badratan^ uid An ver--
ätkuM Rmubm. Rina Varpfliolitiiaf , jadaa «mfeband« Hnaii m bMptaeb^n. oitaniiamt di*
Uluf dar MJmkrbIdMi» iti«ht. daeli waidaa dia Tital «iintlivlwr Btohar naktt Angiib« daaPraiia«
— ■•fan diMar nitgatailt woida — Idar vanivrlrt. Biaa KfLekaandniif van BAsliani lladat niekt atatt}*
1. lanteiliug und Dislokation der Bussisehen Armee nebst einem
Teneiebniase der KriegsscbilTe. Nach russischen offiziellen Quellen
bearbeitet von C.'M.,Migor. 6. Ausgabe. Leipzig 1&99. Zuckschwerdt&Co,
Preis 1 M.
2. fintwickelungsgeselii eilte der alten Tmtiwaffen mit einem
Anhange Über die Feuerwaffen von Max Jahns. Mit 40 Tafeln in
üteindruck. Berlin 1890. E. S. Mittler & S. Preis Ti.öO M., geb. 15 M.
3. Schriften des (veueraUFeldmarsehalls <jrafen Helniuth von
Moltke. Volksausgabe. General-Feidmarschall Graf von Moltke in
seinen Briefen. 1. u. 2. Band. 1800 bis Itiöö, 1855—1091. Berlin 1900.
E. S Mittler & S. Preis 10 M.
4. Militärischer Katalog vuu Mittlers Sortimeutä-Buclihandluug
(A. Bath) 1900. Berlin W. 8. Mohrenstr. 19.
6. Die Sehlaebt tob Hohenfriedberg von Dr. Rudolf Keibel.
Mit zwei Karten. Berlin 1899. Verlag von A. fiatb.
6. Konstruktion der geiogenen Qesebfitsrohre. Von Georg
Kaiser, K. u. K. Hofrat. Mit 14 Figurentofeln. Zweite umgearbeitete
Auflage. Wien 1900. Seidel k Sohn.
7. LeitfiMlen für den Unterriebt in der Artillerie an Uurd de»
ArtUleriesehulschiffs. Herausgegeben von der Inspektion des Bildungs-
wesens der Marine. Zweiter Teil. Pulver und Munition. Mit zahl-
reichen Abbildungen. Berlin 1899. E. S. Mitüer & b. Preis 1»70 M.^
geb. 2,20 M.
8. L'Interpreti' militaire. i^animlun-r von Übungsstücken mit
UsunL'en und grammatischen Anmerkungen, unter bi si.nderer Berüok-
8ichtiü;uii;r der Anforderungen für die Dolmetscherprütung. Zum Selbst-
unterricht zusammengestellt von von Scharfenort, Hauptmann.
Berlin IPOO. A. Bath.
9. Die Thätigkeit der Deutschen Festungsartillerie bei den Be-
lagerungen, Beschiefsungon und EinscbUeÜBungen im deutscb-franzö-
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128
Umaobaa in der MUitlbr-littentiir.
sischen Krie?»' 1870/71. Vun H. v. Müller, Generalleutnant z. D.
Zweiter Band. Berlin 1899. E. S. Mittler & S. Preis geheftet 11 M.,
geb. la M.
10. Der Krieg von lS(Mi und 1807. Bearbeitet von 0. v. Lettow-
Vorbeck, Oberst a. D. Zweite vennelirt« und verbesserte Auflage.
Erster Band. Mit einer Übersichtskarte, 8 SehlaclitpUlnen und 18
Skizzen. Berlin 1899. E. S. MitÜer & S. Preis 10 M.
11. Die Taktik der FeldartUleiie fttr die Offiziere aller Waffen
auf Grund der für die deutsche Artillerie bestehenden Bestimmungen.
Von H. Rohne. Generalleutnant z. D. Berlin 1899. B. S. Mittter & 8.
Preis 3 M., g. b. 4,25 M.
12. Die Gefallenen der Schlachten um )Tetz 1870. Die Verlust-
listen der an den Kämpfen um Metz 1870 beteiligten deutschen Regi-
menter. Nach den vorhandenen amtlichen Quellen zusammengestellt
und bearbeitet von A. GeibeL Metz 1899. Deutsche Buchhandlung
(H. Lang). Preis 80 Pfg.
13. Um die Erde mit S. M. S. ^.Leipzig** zur Flaggenhissung in
Angra-Pequena. Nach Tagebüchern und mit 46 Illustrationen des
Korvetten-Kapitäns a. D. K. Kohl hau er. Herausgegeben von H. de
Meville. Berlin. K. Sigismund. Preis 4 M.
14. Rang- und (^uartierliste der Kaiserlich Deutschen Marine
für das Jahr 19011. Nach dem Stande vom 10. November 1899. Berlin.
E. S. Mittler & Sohn. Preis 2.50 M., geb. 3.25 M.
Ifi. Kritiseher Wegweiser dareh die neuere devtsehe histoilBtshe
Litterfttur für Studierende und Freunde derGeschichte. Von F. Fdrster.
Berlin 1899. J. Rüde (Stuhrsche Buohh.).
16. Anleitung zum Krokieren und Kartenleeen. Mit einer Zeichen-
schule. Von Anton Hoderlein, Oberleutnant. 2. vollständig neu be-
arbeitete Auflage. Würzburg 1900. E. Bauer. Preis l.«0 M.
17. Mit S. M. S. „Nixe" nach Kamerun. 1897—1898. Reise-Skizzen
und -Bilder von R. von Uslar, Landrat. Altenburg. Stephan Geibel.
Preis 4.50 M.
18. Die Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1S98 nebst
Einfuhrungsgesetz. Zum Selbstunterricht für Offiziere, Fahnenjunker
und Krscrve-Oftlziersaspiranten. sowie zum (lebrauch an militärischen
Lehranstalten. Von Lüning, Hauptmann. Metz 1900. G. Scriba.
19. Apparat für das Festungs-Kriegsspiel von Oberst z. D. Kunde.
Mit 4 Anlagen. Berlin 1900. Vossische Buchhandlung. Preis 1,60 M*
20. Der Kriegsspicl-Apparot von General MeokeL Zweite ver-
besserte Auflage. Mit 6 Tafeln Beilagen. Berlin 1900. Vossiaohe
Buchhandlung. Preis 1.20 M.
21. Tenne dee Tronpes de Franee* Publication mensueUe. Texte
par plusieurs membres de la Sabretache. Aquarelles de Job.
I>rno1i Ton A. W. Hayas Erben. Berlin und Potsd»ai.
^ .i^cd by Google
XL
Uber die Vorbereitung zum Studium
eines Kriegsschauplatzes und die Hilfsmittel hierfür.^)
Von
Generalnuyor a. D. von Zepeliu.
Da die Militii r^^eog raphie die SchilderuDg der Länder
und Völker mit Be/iiir auf den K rieg: zum Ziele hat, so kann
auch nur florjenijre mit wirklichem Nutzen militärgeogra-
phische Studien treiben, der ein klares und allseitiges
Verständnis fUr das Wesen des Krieges erworben hat,
?o\Yie die Fähigkeit besitzt, schnell und richtig zu beob-
achten und nach Aasscbeidang alles Unwesentlichen das
Beobachtete in allgemein yeratändlicber, UberBichtlicber
Weise darzustellen.
Ohne diese Vorbedingungen liegt die CH-f.ihr nahe, dass auch
die sonst noch so sorgfältigen militttigeograpbisoben Studien wertlos
bleiben werden.
Die sicherste Grundlage jeder militärgeographiseben
^cbildernng bildet selbstyerstftndlich die dnroh Belsen nnd
Rekognoszierung gewonnene eigene Anschauung. SoU nun
Iber der reisende und rekognoszierende Oflizier nicht ndt unendlichen
Sehwierigkeiten kämpfen, ja wohl sogar erfolglos sich mtthen, so mofs
er sich durch eingehendes Studium der litterarischen und karto-
giapbischen QoeUen auf seine Aufgabe Torhereitet haben.
Aus eigener praktischer Erfahrung mOchte ich behaupten, date
der Oflizier sich dureh vorhergehende Studien eine so genaue Kenntnis
des Ton ihm zu bereisenden Gebietes verschafft haben rouss, dass
ihm bei Eintritt in dasselbe eigentlich nnr übrig bleibt, die Richtig-
keit des auf theoretischem Wege gewonnenen Hildes durch die eigene
Anschauung zu priitVn und letzteres fertig zu steilen. Dies gilt
Danientlich bei Aufträgen, bei welchen dem betreffenden Offizier ganz
1) Fortsetzung zn dem Artikel XXIII, Heft 8 des Bndes 118» „Über das
Wesen and die Bcdeatong der Bülitärgeographle."
JakrbOflktr Iftr di* dmitooht Aibm nnd Muia*. fid. IIA. S. 9
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130 Üb«r die Vorberaitiiiig mm Stadium einos KriegsBehuplatees.
bestimmte Fragen zur Erledigung vorgelegt sind. Im eigenen
Lande sind solche Aufgaben von den zu ihrer Lösung Uberhaupt
befähigteo and yoigebUdeten Offizier verJiältDismätsig leicht za
erledigen.
Die litterarisehen Quellen sind dort meist ohne Schwierigkeit
zu besehafTei] und ihrer Zuverlässigkeit nach bekannt; die Mitwirkong
der betreffenden Behörden, Gemeinden, Techniker 0. S. W. Wird vom
Staate veranlarst Bei der Erledigung des Auftrages oder der selbst-
gestellten Aufgabe ist der uneingeschränkte Grebranch gedruckter und
kartographischer Hilfsmittel möglich.
Anders ist dies im Aaslande, wo bei der grolsen Empfind-
liohkeit gegen «.die Stadien fremder Offiziere^ aas naheliegenden
Gründen aof alle diese Untersttttzangen veiziehtet werden mnls and
mit besonderem Takte gepaarte Vorsicht im äofseren Aoftreten ge-
boten ist Wer die sogenannten Spionen-Gesetze unserer Nachbarn
im Osten und Westen kennt — mit welchen Übrigens jeder in Rofis-
land und Frankreich reisende Offizier sich vertrant machen sollte —
der kann die Schwierigkeiten ermessen, mit denen derartige wissen-
schalUiche Reisen emes deutschen Offiziers zu kämpfen haben.
Es ist nicht uninteressant, dats gerade die in diesem Punkte
so „empfindliehen Mächte'* ihrerseits in der Wahl der Mittel zur Be-
schaffung der notwendigen Kenntnisse Uber die militärgeographischen
Verhältnisse der Kachbarländer nicht za skeptisch sind und geradezu
anf die Verwertung von „ Spionen** hinweisen. So finden wir in dem
TOr einigen Jahren erschienenen Werke des Kais. Rass. Oberst-
leutnants im Generalstabe KJembowsky „Di^ Militärspionage
im Frieden und im Kriege" (deutsch von Freiherm von Tettau)
folgende Bemerkungen: „Einen grofsen Einfiuls auf den Gang der mili-
tärischen Operationen übt auch die Kenntnis des (ieländes aus. Bereits
im Frieden mufs man das voraussichtliche Kriegstheater sorgtältig
studieren, die wichtigsten Verteidigungslinien , namentlich starke
Stellungen, bezeichnen, sich mit dem P^isenbahnnetz und llberhaupt
allen Verkehrswegen bekannt machen ; kurz — es ist notwendig,
ausfllhrlichi' geographische und topographische Nachrichten und iiii>g-
lichst vollständige Pläne und Karten von unseren Nachbarstaaten
zu haben. Diese auf öffentlichem Wege erlangten Nachrichten mtlssen
auf nichtOtfentliehem Wege geprüft und bis in die kleinsten F>in/.el-
beiten ergänzt werden, was im Frieden nur vermittelst Kund-
schafter auszuführen möglich ist."'.. . Weiter heifst es an anderer
Stelle über die Sanmilung der statistischen Nachrichten: „Die Be-
richte der Gesandten und Militärbevollmäohtigten, geographische,
statistiBche and ethnographische Beschreibangen, oifiaelle ßehohte
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Uber die Vorbereitung zum Htudiam eines Kriegüschaupiatze». l^^l
ond dem Mmliobe Quellen — geben ein retobes Material, um sieb
nit der BeTölkenmg und der Ertragsfähigkeit des Landes bekannt
tnmachen. Aber ancb in dieser Beziehung kann die Thätig-
keit der Spione unleugbaren Nutzen brintren. Indem sie im
Auslande wohnen und in einem bestimmten verhiiltnismärsi^ be-
schrankten Bezirke wirken, knüpfen sie bereits im Frieden
Verbindungen mit einflulsreichen Pers()nlichkeiten an,
suchen deren Vertrauen zu erwerben, studieren sorgtälii^ den
Charakter der i>ev(ilkerung und stellen Persönlichkeiten fest, w^dche
im Kriege den Truppen als Führer, Geifselu oder Spione nützlich
seiü ki>iin(Mi ; mit tdnem Worte, sie machen sich in jenem Be-
zirk vollkommen zum Eingeborenen und schatfen sich, indem
sie ihrer, sie unterhaltenden Regierung Nachrichten liefern, gleich-
zeitig eine teste Grundlage ftü: ihre Tbätigkeit während des Krieges
selbst . ."^
Wir fügen diesen Grundsätzen tür ..die Betreibung nulitär-
geographischer Studien im Frieden- nur hinzu, dnfs diese selbst-
verständlich viel leichter auf ein Land wie Deutschland anzuwenden
sind, das innerhalb seiner Grenzen kaum einen Palszwang ausübt
und alljährlich von Fremden aller Nationen bereist wird, namentlich
auch Ton Hussen, Dänen und Franyosen, welche deutsch als ihre
Mattersprache sprechen, wie z. B. auf Kal'sland, in welchem Yer-
gnllgungsreisende, welche russisch wie ihre Muttersprache reden,
namentlich abseits den groüsen Bahnlinien, selten oder gamicbt an-
nrtreffen sein dürften.
Aus dem eben Angeführten ergiebt sieb, dafe nur der eingebend
mit dem zo dnrcbstreifenden Gebiete Vertraute seiner Aufgabe ent-
sprechen kann. — Die StrafSsen, welebe er dnrcbflUirt, die Wasser-
Iftufe, welebe er ttbersebreitet, müssen ihm wie längst bekannte
Stätten erecbeinen. Vor allem sollte der Offizier es nicht
unterlassen, mögliebst alle kriegerischen Ereignisse zu
studieren, bei welchen diese topographischen Objekte eine RoUe
gespielt haben. Jeder Offizier, der nach solcher Vorbereitung den
Sehanplatz eines Feldznges eingebend bereiste, wird die Bedeutung
derselben erfahren haben.
Freilich mnls die Kunst des Beobachtens, wenn dieselbe
inch angeboren und in Yollkommener Weise niemals zu erlernen ist,
dorch eifrige Sobnlnng gettbt und gefördert werden. Nur
wer mit klarem Auge und richtigem Blick, gestlltst auf ncheres,
soldatisches Urteil und gediegene Kenntnisse, beobachten gelernt
hstf der wird imstande sein, diese praktlsehe Seite des militär-
geographischen Studiums erfolgreich in betreiben. Daher ist es für
9*
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132 ttber die VorbeNttnng nun Stndinin eines KriegMehtnplatw.
den Offizier Ton hoher Wichtigkeit, keine Gelegenheit beobachteD
za können nnd dies zu lernen, sieb entgehen za lassen. Nicht nur
Übangsritte, Bespreohnngen im Gelände, GeneraUtabsieisen, und
^vie alle die Übnogen im ,^rttnen Felde", nnd nicht am „grünen
Tische'' heifsen, welche heate dem strebsamen Offizier Air seine
Heranbildnng geboten werden, bereiten ihn zam praktischen Militttr-
geographen vor, sondern auch jede Keise, welehe ihm Gelegenheit
giebt, fremde Gegenden, Völker, Sitten nnd Ansebanungen kennen
za lernen.
Wir erinnern hier nnr an die Beisebriefe des Feld*
marsohalls Moltke ans der Tttrkei, Ratsland, Frankreioh
nnd Italien. Welehe Fttlle Yon Beobaehtnngen nnd fein-
sinnigen Urteilen tritt ans in ihnen entgegen. Hinterlassen
sie nicht den lebendigen Eindrack, dafs alle diese Reisen
hohe Bedeatnng ftlr die Entwickelnng des Bericht-
erstatters hatten!
Und Terbieten sich aneh leider fiir viele Offiziere ans nahe-
liegenden, zwingenden Gründen Reisen yon ithnlicher Großartigkeit,
80 gewiüiren andereiseits die heutigen Verkehrsverhiiltnisse in
mehr als einer Beziehung die Mögliehkdt, die Welt weit leichter nnd
früher kennen za lernen. Der junge Offizier aber sollte es niemals
versäumen, wenn anch nnr mit dem Ranzel des Touristen auf dem
UUekin und dem Stocke in der Hand, den Schauplatz früherer Feld-
züge, und — wenn es sein kann — fremde Länder und Volker —
kennen zu lernen. Die Strapazen angestrengter Fulsreisen und
Wirtshäuser mit etwa mangelndem Komfort werden reichlich auf-
gewogen durch die Erziehung des Charakters, die Abhärtung des
Korpers und durch die reiche Ausheute au Erfahrung und l'rteil,
ganz abgesehen von der Erfrischung an Körper und Geist, die man
zu Hause bringt. Nie alx r sollte es riu Offizier versäumen, die in
der Näiu' seiner Garnison liegenden Gefechtsfelder aas eigener An-
schauung kennen zu lernen.
l'nsere praktischen und in ihrer verständigen Lebensanschauung
trotz des iiilduugbliochimitcs unserer Zeit oft bei weitem nicht \(ui uns er-
reichten Altvorderen w ufsten die Bedeutung der mit Bt ohachtung
von Land mid Leuten verbundenen Reisen auch sehr wohl zu
schätzen. So galt die Erziehung eines jungen Edelmanns noch in
der Mitte des TOrigen Jahrhunderts meist erst dann tUr abgeschlossen,
wenn er entsprechend den Verkehrsverhältnissen der damaligen Zeit,
za Pferde „eiue Tour^' durch ein oder mehrere L«änder Europas gemacht
hatte.
In unserem Jahrhundert war es bisher ein Vorzug englischer
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über die Vorbereitung zum :Studium eines Kriegsschauplätze». 133
und russischer Offiziere, ihrem Vaterlands als „praktische Ocoorrapheii"
dienen zu können, und es kann namentlich der russische (leneral-
stal) als der Erforsciier des mittleren und östlichen Asiens bezeichnet
werden.
Für den deutschen Otfizier hat die Schaffung unserer Kolonien
»ach in dieser Richtung ein weites Feld der Thäti^^keit erötlnet.
Die Namen deutscher Olfiziere werden unter den ersten der Kr-
forscher des schwarzen Erdteils genannt und mit den heldenmütifren
Kämpfen für die Ausbreitung und Betesti^ang- der deutschen Herr-
(ichaft gehen Hand in Hand die trefHicht ii geograpiüscbeD und
pbotographisohen Leistungen deutscher Offiziere.
Die Litteratar, welche sich mit der Anleitang zu mili-
tärischen fiekognoszierungen beschäftigt, ist sehr reich-
haltig:. Wir weisen fUr den deutschen Offizier nur auf das Werli
BioQsarts yon Schellendorf „Der Dienst des Generalstabes bin. —
Ebenso reich ist aber auch die Litteratur, welche dem
Reisenden die allgemeine wissenschaftliche Vorbereitung
für seine Beobachtungen bietet. Die „Bibliotheca geographica"
der Gesellflobaft für Erdkunde in Berlin giebt z. B. in dem Kapitel:
nAnleitnng som Reisen und Beobacbten'* eine grofise Zabl wisseo-
Mhaftiieber HilismitteL
Zn den nm&ssendsten gehören: „Kaltbmnner-Kollbnumer, Der
Beobaehter, Allgemeine Anleitung zn Beobachtungen Uber Land und
Leute", 2. Auflage, Zflrieh 1888 und „Neumeyer, Anleitung zu
wisseDsehafUichen Beobachtungen aul Reisen**, 2. Auflage, Berlin 1888,
sowie „Freiherr von Richthofen, Ftthrer für Forschnngsieiaende,
Berfln 1886/' Von fthnUehen Werken in fremden Sprachen seien
0. a. erwilhnt: die „Instructions g^nerales anx voyageurs, publikes
per la soci^ geographique, Paris 1875** und ,.HintB to traTdlers*',
7. Auflage, London 1890**, letztere Arbeit herausgegeben im Auftrag
der Geographischen Gesellschaft in London.
Nachdem wir so die Bedeutung der Fähigkeit eigener, selbat-
sttndiger Beobachtung für die militärgeograpbiseben Studien hervor-
gehoben haben, wenden wir uns nnnmher zu einer Betrachtung
der wissenschaftlichen Hilfsmittel.
Diese sind entweder litterarischer oder karto*
graphischer Natur.
Was Konächst die dem militUrgeographischen Studium dienende
Litteratur anlangt, so ist das Gebiet derselben ebenso umfangreich
wie das der Militärgeographie selbst. Eine nur einigermaisen er-
schöpfende Übersicht Uber dieselbe ist daher an dieser Stelle un-
möglich. Von deren Umfange macht man sich leicht eine Vor-
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134 Ob^>' ^ Yorbereituig mm Stadiom «ines Kiiegsidisttplaties.
Stellung, wenn man nnr an die jeder Oefeohtsschildernng mid
jedem kriegsgeBchiobilichein Werke emgestreaten Gelände-
imd Düiderbesohreibnngen denkt. Von Caesars ans anibewahrten
klassischen LandsehafiBsehüderangen bis za den mnstergttltigen Dar-
steUnngen in den Werken des dentsoben Generalstabes and den
vielen Sohilderangen ttber kriegerisebe Vorgänge der neuesten Zeit
finden nnr für unsere Wissensobaft in den kriegsgeschiebtlicben
Werken eine reicbe Aasbeate. Gerade die in Verbindang mit kriegs-
gesobicbtlieben Vor^^ängen gegebenen SehOdernngen militifargeogra-
pbiseber Natar sind aber oft besonders wertrolL
Um nnn das Feld der übrigen Quellenlitteratar ^niger-
maüsen za begrenzen, muls man sich vergegenwärtigen, welche
Fragen der Generalstab stellt, am sich ein erschöpfendes Bild eines
Kriegsschauplatzes za verschaffen, Fragen, deren Beantwortung nur
aus den verschiedensten, oft schwer zagäDglichen und stetü eingehend
aui ihren Wert zu prüfenden Quellen zu schöpfen sind.
Der kriegsgeschichtlichen Litteratur hahiii wir bereits
gedacht. Sie kommt im weitesten Sinne des Wortes fUr unsere
Zwecke zur Geltung. Dann werden die Werke allgemein
geographischen (-harakters von der Schilderung eines Ortes
bis zur Charakterisierung eines ganzen Landes, zu benutzen sein. —
Freilich sind es hier nicht immer die sich in glänzenden Schilderungen,
geistvollen Vergleichen und kritischen Spekulationen ergehenden Ab-
bandlungen; sondern vielmehr nüchterne, möglichst viele statistische
Angaben enthaltene Heschreibungeu von Ortlichkeiten. welche reiche
Ausbeute für militärgeographische Zwecke gewähren. Daher sind
z. H. Ueisehari (1 1) iie h er nach Art unseres Baedeker, die uns von
Etappe zu Etappe in prosaischer, handwerksmäfsiger, aber prak-
tischer Weise durch die Verbindungen des Landes geleiten. Mono-
graphien von Städten, Flüssen und Kreisen, wie sie in vortrelflicher
Weise Württemberg in seinen Überamtsbeschreibungen besitzt, geo-
graphische Ortslexika, Keisebeschreibangen, Eisenbahn»
Marschroaten und Stralsenscbilderangen a. s. w. mit grolseni
Natzen zn verwerten. ^)
1) Bei dem grofsen Kolobtom der geographischen Litteratur iat es, wie oben
erwXlmt, anmögiich, eine sneb mir annlherad genügende übersieht der
wiehtigsten Quellen fflr die MÜitärgeographie zageben. Wir Terweisen
den OfBzier für seine Orientierung auf die in ihrer Art nnenreioht, leider nnr
bis in die achtziger Jalire geführte „Registrande des grofsen Generals-
tabe s" (redigiert vom damali^^en .Mitglied der geogruplii.scli-statistischen Ab-
teilang, überstieutuant Dr. Max Jahns), auf die Litteratur- Übersicht in
YerOfieatilelinngen wie die bei Perthes ersoheinenden, lange Zelt von
Petermtnn redigierten „Geographischen ]Ilttellnngen**lndenMl,8 wen-
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über dfe yorbeieltaiig nnD Studtam einM KrisgMobtaplilMB. 135
Aach die periodische Presse giebt oft sehr wertvolle Mit-
leilaD^n, die sadem meist den Vorteil gewälireD, dab sie bisher
imbekaimle ZnsammeiMteUQiigeii oder neoe firgSiisimgen bringeD.
Dies ist aber ani so wiehtiger, als bekannflieh die Topographie
eines Landes sehr Terilnderlioher Natur ist, deren völlige Richtig-
steUnng kaum den Genenüstftben der betreffenden Armeen mit Hilfe
des Urnen doch aaf amtliehem Wege sngebenden llaterials möglich
sein dttrfle. Ebenso wie die tq^grahisoben Verhältnisse nnd vielleicbt
in noch höherem Grade sind aber alle die Angaben, welche sich
aof Bevtflkemng, Viehstand, Ernte nnd Anbanveiiiältnisse, Gewerbe,
Handel nnd Industrie n. s. w^ korz anf alles dasjenige, was vor-
xogsweise in das Gebiet der Statistik ftUt, beziehen, der Ver-
ündemng onterworfen. Hieraas ergiebt sieh sehon die Bedentang
der Statistik fOi die Ifilitärgeograpbie. — Wer sich aber mit
dieser heate za frtther ungeahnter fiedeatung gelangten
Wissenschaft beschäftigt, nnd sei es auch nnr, dals er ihre
Ergebnisse bennzt. muls einige Kenntnis von ihrem Wesen
haben, will er nicbt {groben Täuschungen unterliegen. Dies
ist aber um so leichter der Fall, als die Statistik ihre Ergebnisse in
sehr U hersichtlicher, aber oft der Erläuterung entbehrenden Tabellen
zu geben pflegt.
Das Gebiet der Statistik ist ein sehr mannigfaltiges. Sie giebt
Antwort auf alle Fragen des Volks- und Staatslehens. So hat man
eine Bevölkerungs-, Geburts-. Sterblichkeits-, Berufs-, Erwerbs-. Ge-
werbs-, Fabrik-, Ernte-, Vermögens-, Bergbau, Schiffahrt-, Handels-,
Unfall-, Kekrutierungs-, Verlust- u s. w. Statistik. Aus diesem
Grunde steht daher der Offizier nicht nur bei militära:e(>graphischen
Studien, sondern auch bei vielen seiner anderen Berufsautgaben,
namentlich der des Generalstabes und des Khegministeriums, der
Statistik keineswegs teilnahmslos gegentiher.
Aber auch alle die grolsen Fragen unseres staatlichen und
soualen Lebens, unseres Heerwesens und unserer Stellung zur See,
um welche heute auf den Tribünen der Landesvertretungen und in
der Presse heilse Geistessohlaohten geschlagen werden, sie werden
nicht zum geringsten Teil mit einem gewaltitren Apparat je nach den\
Parteistandpunkt gruppierten nnd verwerteten statistischen Materials
4iiicbgefochten. Wer entsänne sieh nicht nock der, soweit wir recht
tija der Kaiserlich Russischen Geographischen Geielltoha t%u
(niMisch), in der von der Berliner Gesellsohaft fttt ErdkanCe nerm^
cefebeaen „bibliothees Geograph!«»" n. w. Auch in der^^^^V
biiarbMrbeitetea dam ^SdieibertBeheo ülustrierten Militär-Lexikon'*
giittMitwnbeniQhe* flndsa lioh die wiehtigstea Werke erwähnt.
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13G l^er die Vorbereitung zmn fltndlom cinei Kriegsaohauplatzes.
berichtet sind, von Seiner Miyestttt dem deatsehen Kaiser selbst an-
gefertigten Flottentafeln, mit welchen Allerh(toh8tdenelbe die Hinder-
nisse hinwegzuräumen snohte, welche kleinlicher Parteigdst und
politischer Unverstand der Entwickelong onserar Stellung zur See
entgegenzustellen wubte. — Die Vertreter des Kriegsministeriams
ond des MailneminiBteriams aber sind gezwnngeO) einen grolisen Teil
ihrer Zeit darauf zu verwenden, absichtlich oder unabsichtlich un-
wahren Zusammenstelliingeu statistischer Natur mit anderem, be-
richtigenden Material zu begegnen. Wie schwierig ist daher die
Stellnng eines Offiziers, welcher zuweilen Männern auf dem ihm unge-
wohnten lUatze der parlamentarischen Rednertribüne entg-ei^entreten
muls, deren eigenartige Begritfe von Anstand und Ehre ihm sonst die
Vermeidunj^ jeder Berührung zur Ptiieht machen, wenn er dies mit dem
unbeha^rlichin Getlihl thut, über das Wesen ihrer Kampfesmittel
nicht g:enügend unterrichtet zu sein, ihre Fälschungen nicht heraus-
finden und berichtigen zu können, weil ihm jedes Urteil Uber die
Wege fehlt, auf welchen er dieselben auffinden kann.
Aus allen diesen Gründen erscheint es mir unbedingt geboten,
hier näher auf die .Statistik als Wissenschaft einzugehen.
Die meisten Armeen haben in richtiger Erkenntnis der Bedeutung
der Statistik ihr auch in irgend einer Form einen Platz in ihren
Bildungsinstituten und in ihren Generalstäben angewiesen. Der grolle
Generalstab besal's sogar bis vor wenigen Jabren eine besondere
geogn^hiscb-statistische Abteilung, die heute in ihren Sektionen den
anderen sich mit den fremden Armeen beschäftigenden Abteilungen
zugeteilt ist. — Die russische Nikolai-Akademie des Generalstabes
hat einen Lehrstuhl fUr Militärstatistik, die österreichisch-nngaiiaohe
Armee besitzt sogar ein militärstatistisches Jahrbuch.
Ja in einigen Armeen scheint nach gewissen Richtungen liin
zuTiel Statistik getrieben, wenigstens an die Öfifentlichkeit gebmeht
zn werden.
Wenn wir z. B. die Spalten des nKnsdsehen Invaliden** duroh-
blftttem, so finden wir eine unseres Elrachtens ohne Schaden ent-
behrliche Zahl militftrstatistischer VerOffentlichnngen. Ähnlich ist es
in der Österreichisch-ungarischen Armee. Wir glauben wenigstens,
dais es des Guten zu viel gethan ist, wenn — wie wir uns ans
früherer Zeit erinnern — das militftrstatistische Jahrbnch die Zahl der
ehrengerichtlich yerurteilten Offiziere, bezw. der aus der Armee ent-
fernten, veröffentlicht oder den Prozentsatz der durch Selbstmord
gestorbenen Offiziere zum Gegenstand wissenschaftlicher Abhand-
inngen macht
Was die Statistik ak Wissenschaft anbetrifiTt, so ist ihr erst im
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Ob«r yorbereitang zum Stadiam dnea Kriegstebaoplaties. 137
?ajg6D Jalirhiuldert ein Pitts auf unseren UniTezsitiiten angewiesei^
rnnden,*) obwohl man amtliehe, miUtilxisehe Statistik getrieben bat
90 fauige es Staaten giebt — die eiste Verwaltnogshandlnng einer
fiegierang des Alteitoms war jeden&Us die Zählong der waffen-
ftbigeD Ifönner.
Von einem zuverlässigen Werte konnte die Statistik natürlich
erst werden, nachdem der Staat ifire Leitung in die Hand ^:*enommen
hatte, sie also nicbt mehr aussehlierylich Sache von Geleiirten oder
Pri?atleuten war. Hierzu diente die Einrichtung der sogenannten
„Statistischen BUreaus", denen in vielen Ländern als Beirat
noch die aus Beamten, \ oiksvertretern, Gelehrten u. s. w. zusammen-
gesetzte »Statistische Oentralkommissionen- zur Seite
^stellt sind. Im Deutschen Reiche besteht aufserdem das
„Kaiserliche Statistische Amt'', welchem die Auffalle zufallt:
1. Das gesetzlich oder auf Anordnun«: des Reichskanzlers und des
Bojidesrates für die Reichsstatistik zu liefernde Material zu sammeln,
in prüfen, technisch und wissenschaftlich zu bearbeiten und die Er-
gebnisse geeignetenfalls zu verötreutlichen und 2. auf Anordnung des
Reichskanzlers statistische Nachweisungen aufzustellen und Uber
statistische Fragen gutachtlich zu berichten. — An der Spitze dieser
Behörde steht ein dem Reichsamt des Innern unterstellter Direktoi:^
Aber weder die laufenden Arbeiten der statistisehen Behörden
des ReioheSf noch derer der Einzelstaaten vermögen den Bedarf der
Behörden ond weiter Berufskreise des Volkes an amtlicher Statistik
XU befriedigen. Einesteils sind es städtische Verwaltungen, welche
ftr ihre Zwecke eingehendere statistisehe Naeh Weisungen nicht ent-
behren können, andererseits sind es obere Verwaltangsbehörden,.
die ftr ihre Verwaltnngszweige eine eigene Statistik bearbeiten,
iasseo; endlieh sind — ui Deatsehland meist erst seit den sieben-
ager Jahren — fttr bestimmte gesetzgeberische Zweeke be-
sondere sogenannte Enqjnöten') Yeranstaitet naeh Art der seit
alten Zelten dem englischen Parlament asastehenden .inqniries".
Solebe Enqndten waren z. B. 1898 die Börsen-, 1886 die Sonntags-
ttbeÜB-, 1876 die £ä8enbahn-£nqn6te. Von den bei den einzehien
oberen Verwaltungsbehörden bearbeiteten besonderen ststistiscben
>) Alt KoiiMiiin sei erwlhnt, dafo der JeneuMr Profeuor Stm^e seine
1708—20 gehaltenen Vorleeiuigen btld als «de statu regni germanio]*,.
bald als „notitia stataum Germaniae" mkUndigte, das Wort „Status*' bald
als Staat, bald als Zustand erklärt wurde, stritt man sieh irSbread eines
ganzen Jahrhunderts über den Namen der jungen Wissenschaft.
^) Enquete bedeutet im allgemeinen eine Ermittelung ziix Auikiärung
Iber bettimmte Fragen und VerhSltniBse.
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138 Über die Vorbereitung inm .Studium e'xDea KrieK»äcLaapluueä.
Erbebimgeii seien hier erwibnt: im Kriegsminist^iiini die Statistik
des Uilitiirersatzes, bei der Medizinalabteilung im besonderen die
Statistik der Sterblichkeit and der Gresondbeitsverliältaisse der
Armee.
Da die Art der statistischen Erhebungen und die Ur^^aiiisatioii der
Arbeiten in den einzelnen Staaten nach selir verschiedenen Grund-
sätzen geschieht, so hat man seit den fünfziger Jahren versucht,
durch internatidiiale statistische Kongresse gleichförraigre
Grundlagen t\lr die statistischen Arbeiten der verschiedenen Länder
zu schaffen und 1S85 bei einem Kougreis in London ein inter-
nationales Institut der Statistik gegründet, welches seinen
Sitz in Rom hat und von Zeit zu Zeit beratende Versammlungen
veranstaltet. Das von ihm herausgegebene ,,Hu 11 etin de l'Institut
international de Statisti(iue" ist so gewissermaisen das Central*
Organ der Statistik der ganzen Welt.
Soweit die Bemerkungen Uber die Organisation der statistischen
Beli'MilL'U und Hinrichtungen, deren Kenntnis dem zur Erledigung
seiner Arbeiten auf statistische Erhebungen angewiesenen Offizier
notwendig sein dtlrfte. Eingeheuder Einblick in diesen Gegenstand
gewähren u. a. die trefflichen Werke: Block, Traite thöorique et-
pratiqnedestatistique. Paris IÖ79, deutschvonH. v.Scheel, Leipzig 1879;
Meitzen, Geschichte. Theorie und Technik der Statistik. Berlin 1886;
Hischler, Handbuch der Verwaltungsstatistik, Band L Stuttgart 1892,
sowie einzelne Artikel, wie z. ß. der vom Direktor des Kaiserlichen
statistischen Amtes, Geheimen Oberregierungsrat Becker, vor Jahren
in der „Deatsehen Kevue" veröffentlichte Aufsatz über die Organisation
der amtlicben Statistik im Deutschen Keiohe and der im 6. Bande
(1894) des f,HandwOrterbnehes der Staatawisaenschaften*' enthaltene
Artikel: Statistik, anch Stieda ^fU» Vei&hien bei Enqndten Ober
aosiale Verhältnisse** in Band 18 Jkat Schiiflen des Veidna für
Sosdalpomik".
Die Ergebnisse der statistischen Erhebungen werden
in einer grofsen Anzahl von Publikationen in fast allen
Sprachen yerOffentlichi Für das deutsche Reieb sden er-
wilhnt: „Das Statistische Jahrbuch ftlr das deutsche Beich» (seil 1880),
„die VierleUahrsschrift zur Statistik des Deutschen fieiches*' und die
in fast 190 Kbiden seit 1873 erschienenen VeiOffentlichungen der
^fStatistik des Deutschen Beiehes*'; ftr Bufaland die Schriften des
^^StatistiBchen OentraIkomitös*<, die statistischen ^^ammelweike Uber
die Eiaenbabnen" sdtens des Ifinisteriums der Wegeverbindungen
n. s. w.; für Frankreich „Statistique de la France^', „Annuaire
statistique de la France'^ und „Manuel de statistique pratiqae,
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über die \'orbereitaii^ zum i^ludiuiu eines Kriegssobaaplatzes. 130
stitistique generale de la France'*. Unter den etatisticben Quellen
für die Statistik der Österreichisch-Ungarischen Monarchie
<M u. a. zu nenui ii : ,,ikachelii, Statistische Skizze der Osterr.-Uno:.
Monarchie", „Die Österreichisch- Ungarische Monarchie in Wort und
liild" (erscheint auf Veranlassung des verstorbenen KruDprinzen
Kmluir seit 1886); „Statistisches Handbuch" (seit 1881 jährlieh);
..Statistische Monatsschrilt (seit 1875), und Verüffeutiichungeu ver-
schiedener Ministerien.
In allen diesen statistisclien Werken werden uns die Ergebnisse
(k-r statistischen Erhebungen entweder in textlichen Schilderungen
wiedergegeben oder in Vorm von Tabellen oder endlich durch
graphische Darstellungen, sei es in Kar togrammes; d. h.
Karten der Länder, in welchen durch Farben oder Schraffierungen
das Hervorzuhebende in seiner örtlichen Lage bezeichnet wird, sei
es iu sogenannten Diagrammen, in welcher z. B. durch Unter-
abteilungen eines Reebteokes das Verhältnis bestimmter Teile zum
Ganzen beiyorgehoben wird, wieder einseelnen Nationalitäten! Berufs-
klassen a. 8. w.
Ebenso wichtig wie die Kenntnis des Wesens der
Wissenschaft und der Quellen ist für den Offizier, welcher
Bich mit der Statistik beschäftigen mnfSi die Fähigkeit, den
Wert des Materials sn benrteilen, aas welebem siob die-
selbe aufbaat.
Wir gianben daher, anch hierauf korz eingehen za mttssen.
Die Ergebnisse der Statistik werden gewonnen dnzeh fcdgende
sdiarf von einander za trennende Arbeiten:
L Die Sanunlnng des sogenannten Ur-lfaterials; d. h. die fir-
bebiiQg der Daten dareh Eingaben der Behörden, Gemeinden, Trappen-
teile o. 8. w. oder darch Ansftlllang von Fragebogen nnd omnitteibare
ZiUong.
2. Die Prttfang and Sichtang des gesammelten Materials and
die BichtigstelloDg der bei der Erhebung gemachten Fehler.
3. Die Verwertung des sogenannten Materials za Wissenschaft*
lieh bcaachbaren Zasammenstellnngen.
4 IMe Bearbeitang des meist sehr weitläufigen Zahlenmaterials
mm Zwecke der Erlänternng der Tabellen, der üervorhebong ihrer
Hauptergebnisse.
Der Wert der Statistik*) ist abhängig von der Zuverlässig-
^) Wenn wir in dem Folgenden einige aaffalleode Beispiele der bei den
Vorarbeiten m^iglichen Fehler geben, so wollen wir nur dem Offizier Handhaben
für »elb8tiin(ii<^e PrUfung^ und Beurteilung des Materials geben, keineswegs aber
den Wert der ätatii»tik als solche herabsetzen.
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140 t)ber die YoiibmeUxag nun Studinm eines Krieffsiehnnplntoes.
keit und dem Verattndiiis, mit welehem die Arbeiten in diesen eben
genannten Tier Stadien ansgefUirt werden.
Znnfteliet können Fehler bei der Sammlang des soge-
nannten Urmaterials gemacht werden.
Die Unfähigkeit oder Unznverlftssigkeit der mit der Er-
hebung beauftragten Einwohner oder Beamten ist der erste Grand
hierftor. In groben Sttdten, ja in grOfseren Orten, wird es leicht
oder doch möglich sein, die geeigneten Personen filr diese Arbeiten
sn finden. Anders ist dies aber oft anf dem flachen Lande, wie
s. B. in meilenweit in Ansbaaten zerstrenten armen Gemeinden. Liegt
nun schon bei uns in Deutschland die — wenn anch gewifs nur
sehr seltene — Möp:lichkeit vor, dals diese Arbeiten Fälschungen oder
unbeabsichtigten Fehlern ausg^esetzt sind, wieviel mehr ist dies in
Ländern mit einer schwachen und zum greisen Teil nicht einmal des
Schreibens und Lesens kundigen Bevölkerung, wie z. B. in Kufsland,
der Fall.
Dann spielt ferner das Eigeninteresse eine grofse Rolle hei
der Fälschung der statistischen Daten. Selten wird zum Zwecke der
Statistik ein Fabrikant sich zur Angabe seiner Jahresproduktion, ein
Kapitalist zu der seiner Rente, oder ein Gutsbesitzer zur Angabe
seines Ernte-Ertrages verstehen, wenn er befürchten muls, hierdurch
Veranlassung zur Anziehung der Steuerschraube zu geben oder einem
Konkurrenten Einsicht in seine \'erhältnisse zu gewähren. Man
denke nur an das Mifstrauen unserer Bauern, welche zuweilen die
bestgemeinte Reforra-Mafsregel mit gröfster N'orsicht aufnehmen, oder
an die Juden des westrussischen Gouvernements, welche sich nicht
scheuten, die Geburtsregister zu fälschen oder gar zu vernichten, als
sie bei Einftthmng der allgemeinen Wehrpflicht zur Ableistnng ihres
Dienstes herangezogen wurden.
Die Prüfung nnd Sichtung des Materials kann auch mit
derselben Mangelhaftigkeit und Unsaverlässigkeit wie die Erhebung
geschehen. Jemehr die Behörden, namentlich die der Selbstverwal-
tung, mit statistischen Arbeiten belastet, je weniger sie fUr solche
Arbeiten befähigt and vorgebildet sind, um so näher liegt die Gefahr,
dafs sie der ihnen onwillkommenen oder schwierigen Anfgabe nieht
gerecht werden.
Endlich darf nicht vergessen werden, dals heute oft von Central-
stellen durch statistische FVagen aller Art aus ganz ungehörige,
wenigstens oft nnerfttllbare Ansprüche an die Zeit and Arbeitskraft der
mit der Selbstrerwaltang betrauten Personen gestellt werden. Das trots
scheinbarer Beschrttnkung in formalem Sinne von Jahr zu Jahr an-
wachsende Schreibwesen wird hierdurch noch in unerwünschter Weise
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Ober die Vorberaitmig sum Stndiom eines KriegMehaaplataee. 141
vermehrt. Jeder Ofti/.i(T, der einmal w'k^ der Verfasser iu der I.asre
war. derartige dienstliche Forderunjren an Betiörden zu stellen, wird
bei allem bereitwilligen Entgegenkommen aeitens derselben die Kr-
faimng gemacht haben, wie ttberlasftet diese mit Statistik sind.M
Das in letzter Stelle von mir genaimte Hilfsmittel fUr militär-
geographische Studien, die Kartographie, steht in seiner Bedeutung
der Litteratur keineswegs nach. Im Gegenteil ; eine brancbbare Karte
buiD anch durch die vortreffliehsten Beschreibungen nicht ersetzt
worden. Sie hat aufserdem den Vorzug vor jeder Schilderung, daÜB
ne io Kttr/e einen Überbliok gewährt Treffen wir auf dem Ckbiete
der geographischen Litteratnr oft bei einer scheinbaren Oberfilüe
oaeb Terschiedenen Bicbtangen hin auf grolse Lücken ond Bfibigel
in dem fttr die Zwecke der BfiUti&rgeographie Terwendbaren Material,
80 bieten sich uns im Gegensatze hieran anf dem der Kartographie
reiehe and Yortreffliehe Mittel dar.
M irlin in die Augen fallendes Beispiel, welche Folgen die ohne KUctLsioht
auf die thatslohllehen VerbUtDiase geateltieii Forderaiigen amtUdier Statistik
bibeo könnea, Uetot des Bnseieehe Beiok In diesem Lande hat min in
der wohlmeineuden Absiebt, den kulturellen oder administrativen Vorsprung
anderer Staaten mtifi^lichst schnell einznholon, zuweilen Reformen ohne genügende
Berticksichtitrnng der tliatsächliclien Verhältnisse eingefllhrt. So auch auf dein
Gebiete der Statistik. Man schuf 18öb ein „Centraistatistisohes Komitee'^ das
ton Ministerinm des Innern naterstelit wurde. GleiobMltig errichtete man bei
allen Wniaterien CentralatoUen für Statistik, alle Oonveniementa, Ja aogar die
Kreise erhieltin statistiaohe Komitees. Man Uberlastete, weil man im Volke nicht
genügende Hilfskräfte fand, eine gnifsere Zahl von Hehördcn sDwio einzolne
<>ffiziere und Beamte mit lunfan^^reiehen statistischen Arbeiten, wie z. B. den
üliitärkreischöf (etwa unser üezirkfikommandeur).
Man hat hierbei aber Ubersehen oder sich doch wenigstens nicht zugestehen
vollen, dafii die InataaMo, anf deren Angaben aehUeMeh ein nicht nnbedentender
TaO der Statistik grOfatentella beruht, nicht befiOtigt oder gewiHt ataid, den An-
fordenuigcn zu entsprechen, welche die Zuverlässigkeit des Urmaterials ver-
bürgen. ~ Es sei dahin gestellt, oh die Berichte, welche uns Schriftsteller wie
Wallace und Loroy Beaulien flehen, noch heute den Thatsachen entsiiroehen,
obwohl es auch jetzt zuweilen vorkommen wird, dafs der Starosta ((jemeinde-
Allette), des Sehreibens ankundig, den vUllig unorientierten Schreiber der
Gemeiiide den ¥Vagebogen ansfttUen oder den Bericht anfettigen Vt&t, ohne
rlai's der eine wie der andere eine Ahnnng haben, nm was es sieh dgentUeh
Welt.
Die Dissisehe Hcgienmg scheint sich heute auch Uber diese Mängel keiner
^Selbsttäuschung hinzugeben. So wurde bei Erörterung der in dem Jahre
1899 in den Gouvernements l'ensa, Kasan, Ssimbirsk, Ssaratow, Ssamara,
Wjittka, Perm, Ufa, Oienburg, Kjäsun, Tnla, Tambow, Woroaeseh, Orel nnd
Xisehay Nowgorod angeordneten wiederholten Pferdedlhlang often anagesproehen,
dafs die früheren Militärpferdezählongen (1887 und 1894) nicht an dem er»
wünschten Ergebnis gelülirt hätten, weil n. a iiieht genug Personen vorhanden
« aren, die diese zu Mobiimachungszweckea angeordneten Zälüaugen in den ein-
zelnen Bezirken leiten konnten.
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142 <^ Vorbereitaiig nun Stadfaun eines KriegMehAopUtees.
Ja. der im deutschen Offizierkorps stets als Kartograph in erster
Linie ^renannte Oberst von Sydow weist der Karte im g-ewissen
.Sinne fUr das Studium des Ofti/icrs v'im^ noch höhere Stelle an, wenn
er sagt: „Wenn die Karte früher nur als ein Hilfsmittel beim ^^eo-
grapbischeo Stadium dastand nnd des ergänzenden Wortes nicht ent-
belnen konnte, um dem Beschauer das Bild des dargestellten Erd-
raumes lebendiger zu rorgegenwärtigen, so soll jetzt die geographische
Kartp allein durch die Macht ihrer Zeichen oft nmp-kehrt dem
sohildenideD Worte eine (Grundlage sein, von welcher nicht biols der
Charakter formeller, äufserlicher Anordnung entnommen werden,
sondern von weicher auch der wissenschaftliche Gedankengang seinen
belebenden Hanch entnehmen kann.**
Der Offisier bedarf daher — schon für die Bildung
seines Urteils ttber das fttr seine jedesmaligen Zwecke
brauchbare Material — eines grttndlichen Einblickes in
das Kartenwesen.
So interessant es anch sein durfte» so verbietet leider die Rllck-
sieht auf den Rahmen dieser Arbeit, einen eingehenden Uberblick
ttber die Geschieht der Entwickelung des Kriegskartenwesens zu geben.
Denn Karten bestehen, seitdem die Vdlker die Mittel gefunden
hatten, ihre Gedanken durch Schriftaseichen anssudrttoken. Denn wie
die Z&hlaug der wehrhaften Männer wohl eine der ältesten Hand-
lungen praktischer Statistik war, so mu&te doch auch eine der vor-
nehmsten Pflichten eines Fttrsteu sein, der ein Heer in demselben
unbekannte Gegenden schickte, ihm eine Beschreibung des einzu-
schlagenden Weges mitzugeben. Umgekehrt brachten die aus des
Feindes Land zurUckkthrenden oder von ihm Besitz ergreifenden
Heere die Schilderung derselben mit.
Der Soldat wurde auf dieBe Weise sowohl zum ersten
praktischen Geographen wie auch zum ersten praktischen
Kartographen.')
1) Als älteste Kartenwerke sind un^ die Itiuerariun der Kömer
aufbewahrt. Es Ist wohl selbstverstilndlieb, ds& ein Soldatenvolk, das mit selnea
durch Urwilder nnd unwegsame Gebirge riehenden Heeren Stnfsen baute, welohe
noch heute trotz aller Fortschritte moderner Teclinik unsere Anerkennung er-
zwingen, anch darauf bedacht war, diest« Hoere inil den nötigen Oricntierunf^-
mittebi aii>znstatten, wie es das Material zu diesen von dem Soldaten empfing
Die Itinerarien waren dureh Handbücher (Wir würden heme sauren Öiien-
tierungsheltej ergänzt, so dals man den Trappen neben den Karten {l. picu)
Handbttoher (I. scripta) mitgab. Wer Gelegenheit haben sollte, die Kaiserllehe
nofUbHotiiek in Wien su besuohen, der versSume nioht, die sogenannten JPen-
tingerschen Tafeln" zu besichtigen. E«« ist dies ein auf Befehl des Kaisers
Serems auf 12 Pergamenttafeln angefertigtes Itlnerarium, dessen Länge nicht
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Ober die Vorberettmig snm StiuUiun einos KxktgsaobauplatMB. 143^
Bei dem völligen Verfall der Karto^rraphie im Mittelalter und
bei der sehr alimähliehen Vervollknnimung der Technik der Aufnahmen
bis gegen das Ende des XVIU. Jahrhunderts waren die Heerfllhrer und
Trappen in den Feldztigen jener Zeiten auf ungrenUgrendes und lücken-
haftes Kartenmaterial an^rewiesen. Dieser Umstand dart bei kri-
tiseher Beurteilimg der betretft-iuien kriegsgeschichtlicben EreigniBBe
nicht Ubersehen werden* Mit welchen Schwierigkeiten hatte auch
nach dieser Kichtung noch die KriegsfUhriuig za den Zeiten des
groben Kurfürsten and Friedrichs des Grolsen ZU kämpfen nnd in
wie günstiger Lage befinden sieh die Heere am Ausgange des
m. JahrliundertB?
Bk nun Jahre 1816 war es z. B. in PreoDsen dem Generalstabe
siebt mOgUehy noh ein TOilig richtiges, geographisches Bild des dgenen
Landes zn verschaffen. Die Anfertigung der Karten war zom grolsen
Teil Sache 7on Privaten, die bei dieser Arbeit hänfig von ganz ver-
wentjirer als Ju^j Wiener Fnfs und dessen Breite 11'/, Zoll beträfet iimi wclehes
än Bild der Miiitarstraläen des damuiigeu Westrümisohen Keiches gewiihi t. Diese
Tafthi ksmeii, ntehdmn sie — ob von MOnehoi vervielfiUtigt, ub Original, mi
dddDgestellt — im Klostor T^rnaee aafgefanden «area, in den Bestts des
bekannten Patriziers Peutingcr in Augsburg und dann nach manchen Schick-
s'alen in den Besitz des Plinsen £ngen von Savoyen, von dem sie die Wiener
flofbibüotbek erwarb.
Zu deo „Itioeraria äcripta'^ gehört u a. das Itineruriuni Antonioi aas
der Zeit des Kaisers Csrscalla, welches 872 Hsuptatralsea des Heiohes mit An-
gdM der Ortschaften, sowie Klassifizierang derselben von der Villa privata bis
am Mimid|riam nebst Stirke der Osmisonoi enthSlt nnd sieh bereits anf Xltere
Atlbsfamen stützt.
Es ist im hohen (Srade interessaDt, zu sehen, dals gleiche Fr-^aehen im
militärischen Leben des Altertums die gleichen flrscheinungen züitigüu, wie in
dem der Neuzeit.
Koeh hente finden wir Itinersiien unter den kartographischen Arbeiten
BttMntlieh der Heere der grofsen KoloaialmSehte England und RnlsUnd, bei
htiterem auch „Marschrouten aufnahmen" (marschpytUj genannt. Sie sind
ihnlich wie jene kartographischen Darstellungen der römisehen Heere, Zi ich-
nungen oder Beschreibungen von Wc,',e8trecken nnd Marsciilinien neh.st dem
diesen zunächst anliegenden Gelände, wie sie von rekognoszierenden Utlizieren,
Beiseuden oder den iu bisher unbekannten Gegenden vordringenden Truppen
QBter den schwierigen VeridUtnissen solcher Expeditionen nur ansgeftthrt wiwden
könaeii. Die gaaxe Arbelt beruht dann gewOfanlioh auf astrouomisohe Orts-
beätimiDungen, in Lingenmessungen vermittelst des Sehrittes oder des Mefsrades
nnd in Höhenmessnngen mit Hilfe leidit transportabler Spiegoiinstrumente und
barometrischer Berechnungen. In sehr lebendiger Weise giebt uns Jaworskij
in seiner „Heise einer russischen Gosaudtschatt nach Afghanistan" ein Bild
von der Aniflihmng soloher Jttarsohrontenanfiiahmen**. Wir sehen« wie der m
fiesem Zweeke der Gesandtschaft beigegebene Topograph nnter den Augen der
afghanischen Eskorte arbeitete nnd wie die Barometwmessongen stur Tänschnng
dvebenso mUstnwisehen wie erstaonten Adaten vom Ante vorgenommen wnxdcn.
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144 i^ber die Vorbereitong zum Stadium eines KriegMcbftuplatKes.
schiedenen Gesichtspunkten aasgingen. Zudem fehlten meist irgend
in sichere tritronometrische Grundlagen. Berücksichtigt man dies,
fio mufs mau sieh noch heute fragen, wie es möglich war, Karten-
werke wie die v. Schmettaasche, Le Cocqsche und v. Schröttersche
Karte zu schaffen.
Vom Jahre 1816 ab wurde die Anlbahme des Landes ausschliefs-
lioh dem Generalstab Ubertragen, welcher nun von 1818 bis 1830
unter der bewährten Leitung des Feldmarschalls Freiherrn v. Müffling
nieht weniger als 8000 geographische Quadratmeilen aufnahm. Wenn
man auch vom Jahre 1830 ab zn grilndlieherer Arbeit übergeben konnte,
so fehlte es doeh noch immer an einer genügenden trigonometriseheo
Omndlage — man hatte in den Östlichen Proyinzen, wo noch keine
genauen Katasterkarten bestanden, selten mehr als 2 trigonometrische
Ponkte anf einem Uefstiseh — nnd an einem stttndigen, gründlich
geschulten Personal. Der Eifer nnd die Gewissenhaftigkeit der nnr
auf je drei Jahre kommandierten Offiziere vermochte doch nicht die
Leistungen einer emheitlich arbeitenden und durch längere Obong
und Erfahrung erprobten Topograpbensehule zu ersetzen
Dir Triangulation wurde seit 186.") durch die Umwandlung der bis-
herigen trigonometrischen Abteilung zu einem Bureau der Laiides-
triangu lation. welchem die Aufgabe zuliel, in den sechs östlichen
Provinzen des damali<:r'Ti Preufsiscbeu Staates auf jeder Quatratmeile
mindestens lu im Gelände verstreute trigonometrische Pnnkte zu
bestimmen und aulserdem noch alle Punkte, wie TUrnic Schorn-
steine, deren Profil eine genaue Bestimmung erlaubte, trigonometrisch
festzulegen.
Nunmehr konnte auch die Landesaufnahme auf sicherer
Grundlage die topographischen Aufnahmen ausfuhren, umsomehr, da
ihr ein weit gröfseres Personal an ständigen Topographen Uberwiesen
wurde, welches die topographische A bteilung in den Stand setKle,
jedes Jahr etwa 200 geographische Quadratmeilen aufiEunehmen.
Waren die früheren Aufnahmen infolge der erwähnten Mängel
nicht ganz mit Unrecht als Landes-Kroki bezeichnet worden, so enU
sprechen die jetzigen allen, auch den strengsten Anforderungen.
Selbstverständlich beabsichtigte der Generalstab nicht mit seinen
„topographischen Aufnahmen" die ,.Spezialvermessungen" anderer
Ressorts zu Kataster- und Forstkarten, Eisenbahnnivellements u. s. w.
zu ersetzen: somlcrn .seine Aufnahmen dienen nur als (Trundlage ftlr alle
weiteren kartograj)hischen Arbeiten in verjüngtem Malsstabe und auch
als Unterlage tür alle generellen N'(»rarbeiten.
Als Maisstab tür die Meistiscb-Originalaufuahmen der
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über die Vorbereitmif nmi S^diom eiiieB Kriegaeehaaplataee. 145
Königlieh Freulsischen Landesaufualiiiie ') ist der von
1 : 25000 gewählt; d. h. oin Mafsstah, der grostattet, alle Einzelheiten des
Geländes, selbst die gröl'seren Baulichkeiten, Brücken u. & w. deailicb,
m&isstabst^erecbt und geometrisch richtig darzastelleu.
Unter Zugrundelegung dieser Melstischaufnahnien wird die Karte
des deutschen Reiches 1 : 100000 (auch die Generalstabskarte ge-
oaoDt) angefertigt, welche, am ihrem Zwecke, als Kriegskarte xu
dienen, in erster Linie dem militärischen Bedürfnis entsprechend ge-
staltet ist. Aus dieser Karte herans entsteht die sogenannte topo*
graphisehe Spe^ialiiarte tod Mitte Identschland 1:200000,
>) £s sei hier kurz die augenbliokliobe Organisation des Ver»
Bessnngsweeena in Prenfsen (Deateehland) erwlhiit: 1. Als oberste leitende
BdilSrde für die Beratung nnd Feststellnng aller avgenbUoUieb erfurderliohen,
sowie mit den Fortschritten der Technik in Zakontt notwendig werdenden Em-
richtimj^en, für die Notzbarmachun^ der Arbeiten der einzelnen Ressorts für
allgemeine Zwecke nnd für da.s Ineinandergreifen derselben dient dus „L'entral-
direktorium der Vermeüsangen." Dadaelbe besteht unter dem Chef des
GeDenlstabes der Armee ab Voreitienden aas Vertretern aller Hinisteijen.
Die BesoUtlBse dieser BebSrde sind nun als gr nnd legend Iflr die heotige
Kartenherstellong in Preitrsen (Dentaehland) anznsehen.
2. Die mit der Ausführung der Landesvermessung etc beauftragte
Behörde ist die ,K ö n i g 1 i c h P r e u fa i s e h e !>. a n d e s a u f n a h iiu." Diese
!*ieht unter dem Chef des Generalstabes der Armee, ihr Chef i^'t z. Z. der
Generalquarticnneiäter. Zu ihr gebOreu die trigonometrische, die topugraphisohe
und die kartographische AbteUnng, sowie eine der letiteren sngewieseae photo-
gnpbisehe Anstalt nnd die Plankanuner, Die Aoljsaben der eisten beiden Ab-
teilungen sind oben erwähnt, die kartograidiiac'.ie Abteilung hat die HerateUong
der Karten ausznttihren; die Plankammer verwaltet die Bestände an Karten u s w.
N alleres hierüber siehe: >von Morozowiez, Die Königlich Preufsische
Landesaufnahme, Berlin 1879," und „von Zglinioki, Die üauptkartenwerke
derKdnIgllehPrenfsisehen Landesaofnabme, Berlin 1896." Eine Über-
siebt Uber den Stand der Landesanfnahrae in den wlohtigsten LXndern,
ngleich eine Übersicht der rerOffentliehten wichtigsten Kartenwerke
der topograpb i^chen BUreans. Siehe : ,MeyersKonversationsIezikonBandX
und den Anhang im „Illustrierten Militärlexikon von Seheibert,"
sowie verschiedene Artikel von Stavenhn^a n und Anderen, endlich für die Zeit
bis 1864 die in diesem Jahre als Beihutt zum Miütärwochenblatt erschienene
»Obersieht Aber die wichtigsten Karten Europas von E. von Sydow."
Es ist dies ein Weik, welches eine TorzU^Uche Gbarakteriesiening der elnielnen
Kartenwerke enthält Eine vortreffliche „Übersicht über die topographischen
Kartenwerke in den K ulturstaaten*' hatte Kaupert in den LoebeUsohen Jahres-
beiiohten für 1895 begonnen.
Eine klare Darstellung der Vervielfältigungsmethuden giebt
Volkmer auf Gnind der in dem in der Kartenherstellung Orofsartiges leisten-
deDK.K.IfilitXrgeographisohen Institut zo Wien gemachten ErfUmmgen
in seinem 1886 erachienenen AnAatae: «Die Technik der Reproduktion
von Militärkarten nnd Plänen" (mcvst tan GXXIL Bande der chemisch-
technischen Bibliothek veröffentlicht).
J«krbftoh«r f&r di« deataoko ArmM luid Marin«. Bd. Iii. 2 10
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X46 ^^^<^ Vorbereitung zum Stadium eines Kriegsscbauplatses.
eine topo^aphisehe Übersichtskarte, welche militärisch mehr Air
Anlage von Operationen als zur Benrteilnng: taktischer Lagpen nnd
znofleich als Unterlage für die Aufertigang anderer geographischer
Karten treeij^uet ist.
Wir haben hiermit das Gebiet der Einteilang der Land-
karten beschritten. Diese jresebieht von den manni^'-faebsten Ge-
sichtspunkten aus. Zunächst mit Rücksicht auf den Gegenstand
der Darstellung (Gewässer-, Gebirgs-, Wege-, physikalische,
ethnographische, geschichtliche, statistische Karten u. s. w.), dann mit
Rücksicht auf den Zweck der beabsichtigten Verwendnnir
(Schul-, TIand-, Kriegs-, Forst-, Berg-Karten n. s. w.) nach dem Mafs-
Stabe, d. h. nach der Gröfse der Darstellung nnd endlich naob
der technischen Art der AnsfUhrnng (Kupferstich^ Photolitho-
graphie und Pbotozinkographie, HeliogiaTttre, Glasdmclc, Ätsgrarllre,
Umdruck etc.).
Aber auch mit diesen Kategorien dtlrften die Gesichtspunkte
nicht erschöpft sein, ans welchen man eine Klassifizierang der Land-
karten Tomehmen konnte. Denn wie verschieden sind die Ansprüche»
welche man an eine Karte stellt. Der Krieg, die Seeschiffahrt, dUle
Verwaltung m allen ihren Zweigen; die Forstwissenschaft, der Berg-
bau nnd die Industrie, die Statistik, die Landwirtschaft, der Ethno-
graph, der Geschichtsforscher nnd der Politiker, ja sogar der
Astronom nnd neben vielen andern Zweigen, menschlicher Thätigkeit,
Kunst nnd Wissenschaft, endlich last not least die Schulen bedürfen der
kartographischen Darstellung. Allen diesen yerschiedenen Bedttrfnissen
kann aber nur auf ganz verschiedenem Wege seitens der Karto-
graphie Rechnung getragen werden. Die eine Kategorie verlangt
einen möglichst grolsen Mafsstab nnd schSrfete Berflcksichtigang
des mathematischen Grundelements, wie s. B. die Katasterkarte, andere
legen besonderen Wert auf die Wiedergabe des landschaftlichen
Charakters und noch andere begnügen sich mit kleineren Ubersichtlichen
Bildern oder einseitigen Auszügen einzelner Elemente wie die iSee-
karten.
Für die Zwecke des Offiziers, sei es /.um Gebrauche bei der
Truppentllhrung, der Rekognoszierung oder zu Studien ist es vor
allen Dingen wichtig, sich die iiedeutung der verschiedenen
Reduktionen, d. h. der Verhaltnisse der Grölse der ein-
zelnen Karten zu dem entsprechend dargestellten Teil
der Erdoberfläche klar zu legen.
Der Theorie und rein mathematischen \drstellung nach würde
nur die Vermessung in einem mögliehst grolsen Mafsstabe notwendig-
sein, am durch stufenweise Verkleinerung der ao gewonnenen Karte
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über die VorbereHuiig zum Studhun einee Kriegsaehaiiplatzes.
147
die Karten In kleineren Haltetäben zu erhalten. In der Praxis er-
reiehl diese sonst mit Hilfe der modernen Technik, namentlieh der
Photographie, leieht ausführbare Redaktion bald ihre Grenzen. Man
erbau leicht so kleine, nnd ttberfttUte Bilder, dafs selbst mit einem
VergrtaseniD^sglas eine solche Karte nnbenntzbar ist, gam abge-
sehen von der un künstlerischen Darstellung. Um diesem Mangel za
he^efTiipn, ist bei der Reduktion der Karten nicht nor die Vcrkleine-
ruüg aller Liiiieii und Fläcljcn, soiid«;rn auch eine A usschuidung
des Stoffes vorzunehmt'Q, so dals mit der ZuluIiiuc der Ver-
jüngung' auch t ine Vereinfachung des Stoffes eintreten raufs. Diese
Vereintaclmng ist aber nur möglich auf Grund surgtaltigen Urteils
und jrenauer Abwägung, mithin keine mechanisch-technische, sondern
eine geistige Arbeit. Schon aus diesnn Gründe ist die topographische
Aufnahme eines i^audes eine ganz, andere Arbeit wie die blofse
Vermessung; schon aus diesem (irunde mu(s sie, um die Herstellung
brauchbarer Kriegskarteu zu gewährleisten, iu der Hand des General-
Stabes verbleiben.
Daher sind nicht nur in Preufsen (Deutschland), sondern auch
in allen gröfseren Staaten Europas mit ein-^iger Ausnahme Englands
die topographischen Aufnahmen vollständig getrennt von der Er-
zeugung der Kataster- and ähnlicher Vermessuagskarten darchgelUhrt
worden.
Auch die Ausftihrnng der Spezialk arte und der generell» ii ; General-)
Karten bezw. Übersichtskarten erfordert eine sehr durchdachte Ans-
scbeidung des Stofi'es. Sie können ebenfalls nicht durch eine mecha-
oiscbe Verjüngung au.s der topographischen Karte hergestellt werden,
sondern erfordern eine Neuredaktion, welche aber im Gegensatze zu
der Herstellung der topographischen Karte nicht zugleich eine
Originalaufiiahme, sondern eine Arbeit der Studierstobe ist
Was nun die Einteilnng der Karten nach ihrem Mals-
stabe anlangt, so können selbstverständlich bestimmte, allgemein
gQlti^e Abgrenssnngen nicht begründet werden. Die folgenden
Amftthrnngen sollen daher nur dem Offizier als Unterstützung bei
der Beurteilung des fbr seinen jedesmaligen Zweck brauchbaren
Kartenmateriab dienen. Zunächst muls man den Plan Ton der
Karte unterscheiden. Der erstere stellt ein so kleines Stück der
Kidoberfläche dar, dais die Krttmmung der letzteren nicht berttck-
Behtigt zu werden braucht Die Grenze zwischen Plan nnd Karte
kaon etwa in dem Verhältnis von 1 : 25000 gesetzt werden. Dieser
Mabtab gestattet, die militärisch wichtigen Gegensßtnde, Dörfer,
Wttder n. s. w. noch voll^lig nnd in ihrem richtigen Verjtlngungs-
^ältnis einzutragen. Wenn man annimmt, dals ein halber Müli-
10*
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148 ^ber die Vorberaitong mm Stniliiuii eines KriegssehaaplatMS.
nieter das kleinste Mafs ist, was mit einem gesunden Auge erfafst
and mit dem Zirkel ohne Schwierigkeit aufgetragen werden kann,
80 erlaubt der Maüsstab 1 : 25(X)0 noch ein 12,5 m breites Objekt
richtig einzuzeicben. Viele ätralsen, Bäche, Brucken müssen daher, will
man sie durch Doppellinien ausdrücken, breiter aufgetragen werden,
als sie sind. Pläne in diesem Sinne finden daher bei Wiedergabe
Ton Festongswerken, Häfen, Städten nnd anderen Ortschafted, Schieis-
plätoen usw. Anwendung.
Die Einteilung der Karten in topographische, geogra-
phische Spezial- nnd geographische Generalkarten ist schon
oben erwähnt.
Die topographischen Karten haben das RedaktionsTerhttltnis
▼on 1 : 25000 bis 1 : 150000 (1 : 19OOOO Maisstab der Prenlsisoh-
(dentschen) Generalstabskarte, 1 : 126 000 der der Rnssischen, 1 : 75000
Nene Spezialkarte der österreichisch - nngarisohen Monarchie,
1 : 80000 Carte de France d'dtat-major, Garta del regno dltalia
1 : 100000, denselben Mafsstab hat die Kaart over Danmark. Die
General Map (one inch map) 1 : 63360 in England n. s.^w.) Bei
diesen Karten müssen die kleinsten, genau darstellbaren Gegenstände
im MaÜastab von 1 : 50000 noch 25 m, in dem von 1 : 10000
50 m nnd in dem von 1 : 150000 75 m breit sein. Daher kann
man z. B. einzelne grO&ere Gtebände nnd kleinere Gehöfte nicbt
immer in ihren wirklichen Abmessungen darstellen. Aber auch kleine
Flttsse, die meisten Verbindungen beanspruchen einen unverhältnis-
mäüsig gröfseren ilaura, wenn mau sie durch Signaturen ausdriickcn wilL
Bt'i (icn geographischen Speziaikiirte 11. ihren Kt*duktiuiis-
verhältnis nian im allgemeinen zwischen 1 : ir>ui)iK) und 1 : ÖOOCKX)
annehmen kann: die deutsche Spezialkarte ifrüher Ke^raann) i : 200000,
die zehnwerstige Karte des Europäischen Kufslands von General
Strelbitzkji: 1 : 420000; dieCartes de laFrance 1 : 200000, 1 : 320000,
1 : r)(M)000; die vom Österreichischen Militärgeographischen Institut
in Wien herausgegebene Neue Generalkarte von Mitteleuropa 1 : 20Oi H )0
und die Geueraikarte von Centraieuropa, einschlieisUch Griechenland
1 : aUKXIO.)
Auf diesen Karten können noch (ie^^enstände mit Ahniessunj^cu von
75 bis 250 m richtig dargestellt werden. Eine lieihe von niiliiäriscb
wichtigen Gegenständen kann daher nur noch durch Zeichen erkennbar
gemacht, aber nicht ihrer natürlichen Form entsprechend dargestellt
werden, wie z. B. kleinere bewohnte Orte. Gregenstände von linearer
Form, wie die meisten Gewässer, JSeitenthäler u. s. w. müssen so breit
eingezeichnet werden, da£s die Karte nicht mehr als ganz getreue«
Bild der Bodenplastik angesehen werden kann, obwohl die wichtigen
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über die Vorbereitung nun Stadiam eines RrlegaaehAoplatBes. 149
Abschnitte im Gelände noch deutlich hervortreten müssen. Der
Wert dieser Gattmifr von Karten wird hauptsäehlieh davon abhäniren,
wit d(^r Verfasser es verstanden hat. der zulet/.t t nviihnten Forde-
nm^ g^cierht zu werden aud die oben geschilderten iScbwierigkeiteD
n tlbenvinden.
Noch schwieriger nnd noch mehr »dt Kunst wird die Darstel-
Ing duroh die geographiscben Generalkarteo, deren Mafsstab
Iber 1 : öOOOOO hinaus geht. Die kleinsten Gegenstände, welche
noch im richtigen Verhältnis dargestellt werden können, müssen
in der Nator schon eune Breie von 250 bis 800 m haben. Selbst
pofi» Flüsse werden nicht immer in den TerhMltnisnüUsig richtigen Ab-
messungen dargestellt, Städte nnr angedeutet, die Um&ssnngen von
groben Waldungen nur sehr Teidnfaoht wiedergegeben werden
kfinnen. Eine ganze Anzahl nicht unwichtiger Abschnitte im Gelände
wird nicht mehr heryorgehoben werden. Die Kunst des Karten-
idebnens beruht hier auf dem Verständnis iUr die allgemeine Gharak*
terisiernng eines Landes durch Ausscheiden des Unwesentlichen und
Her?orheben alles dessen, was zur Darstellung des Eigentümlichen
dienen. Nicht der Keichtnm an Einzelheiten ist es, welcher den
Hanptwert dieser Karte ausmacht, sondern die Klarheit der Dar-
etellong und die richtige Gharakterisiernng des Ganzen.
Zum Schluls dieser Einteilung der Kartenwerke auf Grund
„des Malsstabes'' sei darauf hinp:ewiesen, dals oft in der Wahl der
fbr die jedesmaligen Zwecke erforderlichen Karte gefehlt wird. Als
im alijjemeinen richtig kann als Grundsatz aufgestellt werden, dafs
der Mal'sstab der Karte im richtigen Verhältnis zu dem Be-
fehlsbereich des sie gebrauchenden Offiziers stehen muls.
Der eine Armee befehligende Feldherr bedarf zum Überblick
Uber seine eigenen nnd seines Gegners Operationen Karten, welche
ihn nicht durch Anhäufung yon Einzelheiten Terwirren, ibm die für
die Bewegungen der Armeen wichtigen Verbindungen und Abschnitte
an Gelände und auf möglichst kleinem Raum das BUd des ganzen
Kriegstheaters geben.
Wollte er eine schwer zu übersehende, mit zahlreichen Einzel-
heiten belastete Reihe von Kartenblättem verwenden, er würde
ebenso den Blick Air das grolse Ganze yerlieren, wie wenn er sich
am den DetMldienst seiner Truppen bekümmm wollte, statt ihn
seinen Unterführem zu überlassen.
Umgekehrt würde der Ordonnanzoffizier, welcher zur Uberbrin-
gung eines I^efehls von einem Armee-Hauptquartier zu einem General-
kommando geschickt, statt der topographischen eine Übersichtskarte
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150 t^ber die VorbereitiiDg snin Stadinm eine« Kziegsselianplatses.
io der Satteltasclie fuhrt, wahrlieh in grolse Verlegenheit geraten.^)
Bei der Karten ausrüstnng unseres Heeres in dem letzten Feld-
znge finden wir daher auch in allen Instanzen die Obersiebtekarte
den Generalstabskarten beigegeben.
Eine sehr groiae Rolle spielt bei der Kriegskarte die Schreib-
weise der Namen nnd die praktische, leicht Terstttndllche
Art der Bezeichnung ftlr hftnf ig ror kommende Gegenstände
(Signaturen).')
Die Bedentong der richtigen nnd deutlichen Schreibweiae
aller m einem militärischen Schriftstttcke vorkommenden Namen darf
an dieser Stelle nicht erst erwähnt werden. Nicht minder wichtig ist aber
eine für den Soldaten, wenigstens für jeden Offizier und UnterofiBzier,
verständliche Schreibweise der Namen auf der Karte. Nun ist es
nicht leicht, die Namen anf Karten fremdsprachiger Länder in
einer Weise wiedensngeben, welche es einem der betreffenden Spiaidie
Unkundigen möglich macht, diese Namen richtig oder doch den
Landeseinwohnem verständlich auszusprechen. Die Sehwiei igkeiten,
welche sich hier entgegenstellen, sind sehr grols. — Schon im
eigenen Lande, in welchem wir — soweit uns bekannt — nur In
L'iuzelueu Fällen die Schreibweise der polnischen u. s. w. Namen nach
phonetiselien (irundsätzeii geregolt haben, wird e» dem des Polnischen,
des Littauischen nicht mächtigen Offizier sehr schwer sein, sieh dem
Tt'il der Landeseinwohner, welcher ja leider an unseren Ostgren/.en
durch die Umtriebe des Poleutums noch immer von der lM)uug der
deutseht-n Sj)rache ali^t halten wird, genügend verstäiidiieh zu machen.
Nun denke man sich aber die Lage eines Offiziers oder eines
Patrouillentuhrers im feindlichen Lande, der in dunkler Uegennacht
beim Schein einer Laterne oder gar einer mühsam in Brand ge-
setzten Cigarre sich mit einem aus dem liette geholten polnischen
oder russischen Bauern auf Grund der ihm gelieferten Karte ver-
ständigen nmls. Führen diese Erwägungen zu der Forderung, dafs
die Offiziere und Unteroffiziere wenigstens soweit mit der Sprache
der Nachbarländer vertraut zu machen sind, dafs sie Wegweiser usw.
lesen und die Namen richtig aussprechen können, so noch mehr zu
der Forderung, unseren Kriegakarten eine Schreibweise zu geben,
1) Mit Naohdmek sollte daher aneh darauf gehatten verden, da(3i im Frieden
bei den Übungen jeder Offizier stets mir eine Karte In dem Mabetabe ge-
biaoebt, wie sie für seinen Befehlsbereich ihm im Kriege zur Verfügung steht.
Joj*ef ZafTauk Edler von Orion giebt in seiner au anderer Stelle er-
wähnten Schrift „Die l:^drinde and ihre Formen" in einem l)t'>oudercn Anhange
in S7 ^raehen ein Veraekshuis der gebrfiuchUchsten, auf lopopraphiBohen und
geogiii^sehen Karten vorkonunMiden geographi»eh€n Ansditteke mit ihrer
Yerdeatsebong.
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über die Vorbereitung xum Studium eines Kriegsschauplatzes. 151
welche die Namen in der deutsehen Orthographie — also phonetisch
— wii'dergiebt, ähnlich wie die Küssen es in ihrem vielsprachigen
lieiclie hei der Karte 1 : 127000 gethan haben.')
Wenn wir aber heute für eine Armee eine Kriegrskarte bereit
stellen, welche allen Anforderungen ^rerecht wUrde, so liejrt die Be-
fiircbiung: nahe, dafs diese, welche schon zur Zeit ihrer Ausgabe
nicht ganz richtig sein kann, soweit es sieh um die andauernden
Veränderungen des Holzhestandes der Wälder, der Ortschatteu,
der Verkehrswege aller Art u. s. w. handelt, dies gewils nicht mehr
bei der Ingebrnuchnahnie im Falle eines Krieges ist. — Nachträge
sind also nicht zu vermeiden. Nun kann man sich eine Vor-
stellQug von den Kosten und den Arbeiten machen, welche die
Versorgung der heutigen ArmeeD mit Karten verursacht, wenn
man bedenkt, daDs viele MiUioneD Ton Karten-Sektionen beigestellt
werden rnttssen.
Dies ist auch nur durch die Hilfe der modernen TechniJL,
namentlich der Photographie, möglich. Eine Kriegskarte darf non
aber keinen zu grofsen Kaum einnehmen, was bei den vielen Sek-
tionen, welche der einzelne füi einen ganxen Kriegssehanplatz aus-
gerüstete Offizier mit sieh führt, eine sehr wiohtige Bedingung ist.
Sehen ans diesen Gründen ergiebt sieh die Notwendigkeit eines ent-
8|iieehenden Malsstabes. Dabei mnis der Dmek ein solcher sem,
dab bei dem Schein der Laterne der Feldwaehe oder des Streioh*
bolzes eines PatronlUe reitenden OfBsieis das Lesen selbst der
I) Es versteht sich, dafs nicht jeder Lant einer fremden Sprache voll-
kommen in der deutsoben wiedergegeben werden kann. Annähernd kann dies
Iber doch mit der GeBamtaiuipraebe geaehehen. Wetohe imeBdliolMiL Hib-
TtnUadiüBse werden aber a. B, hi den daviaelien Spraohen mit ihren vielen
Ziscblaaten hier mOgUch sein, wenn diese „Übersetzung" nu ht in der sorg-
fällif^sten Weise geschieht Eines der belehrendsten Beispiele dieser Art bat
uns die Kriegsffeschichte des Jahres 1813 aufbewahrt Dio auf Befehl des
Kaisers Napoleon an die Truppen ijetrebcne Karte vom polnisch-russischen
Kriegsäobaaplatz^war bei ilirer Übersetzung in ein wahres Kauderwelsch Uber-
tngtn worden.
General Jnnot, der Henog von Abrantea, hatte bei dem llarsohe auf
>^molensk am 16. August den Auftrag, auf Nebenwegen die rechte Flanke der
-Vrmee zu decken und dann über T^clierkowitsrlii auf Sniolensk zu rücken, um
so die etwa noch auf Koslawl und das südliche Kulsland ausweichenden
leiaüiicben Abteilungen abzufangen. Man sagt, dal's der ehrgeizige Junot
aieoMid aoa aeinar Umgebung in das Vertrauen gezogen und seibat den raaal'-
Mhen Bauer, weleher snm Ftthrer dlentOi soweit ea ihm ans der Karte mtf glieh,
tfbv die einzuBohlagende Richtung Terstifaidigt hStte. Die Unrichtigkeit der
Aussprache des Namens veranlafiite den Führer, das Korps nach dem in ganz
anderer Richtung liegenden Zwerowitsohi aa flUiren, SO da£i es nicht mehr
reohtaeitig aar Schlacht eintrefien konnte.
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152 Vorbereitiug zum Studium eines KhegsschaupUtzes.
kleinsten Namen ermögrlicht wird. Ja, soerar ein scheinbar so nnter-
geord neter Faktor, wie das tlir die Karte verwandte Material (Papier,
Leinwand n. s. w.) darf nicht übersehen werden, wenn nicht dem
Offizier ein Orii ntierungsmittel in die Hand g;eg:eben werden soll, das
sich bei der ersten Gelegenheit infolge des Schnees oder Kegeos in
seine Urbestandteile auflöst.
Aus dem oben Oesaprton ergiebt sich, welche wiehtis:en Aufgaben
die mit der Versori^unj,^ der Armeen und Flotten mit dem not-
wendigren Kartenmaterial betrauten Oftixiere und Beamte zu erfüllen
haben. Das Verdienst eines Mannes wie des Obersten Emil von
Sydow um die Aasrtlstnng des Heeres während des letzten französi-
schen Feldzages kann daher g-ar nicht hoch genng anerkannt werden.
Ein sehr wichtiger Umstand ist es, dals die Ansrttstnng aller
Armeen aneb mit dem Kartenmaterial des voraussicht-
lichen Gegners hente gegen früher anendlich erleichtert, eigentlich
Überhaupt erst ermöglicht ist, da man nicht mehr an die so müh-
same Herstellung dorch Kupferstich, Steindruck u. s. w. gebunden ist,
also an die Anfertigung von Druckplatten durch den Knpfeistecber
oder Steinschneider durch langwierige Handarbeit
Heute geben die mechanischen Herstellungsverfahren vermittelst
der Heliogravüre, d. h. einer Verbindang der Photographie mit der
Galvanoplastik, der Pfaotolithographie and der Photoünkographie etc.
die Möglichkeit alle Karten der Nachbarstaaten in verhftltnism&Isig
harzer Zeit za vervielfiUtigeD, ohne die Originabeiehnnngen, Kopfer-
platten n. s. w. zu besitzen.
Welche Voizttge dies nan nicht allein fttr die Ansrttstnng mit
Kriegslcarten hat, sondern auch für die Vervielfältigung etwa nur
flir wenige Standen erlangter Pläne feindlicher Festnngen, Häfen o. s. w.
bedarf keiner t>esonderen £rörterang.
Ebenso ist es heute möglich, mit Hilfe der Photographie jede
Karte sofort in einem andern Mafestabe wiederzugeben oder aus
mehreren in verschiedenem Mafestabe gehaltenoi Kaxtenblättem eine
neue Karte in einheitlichem Mafsstabe zu schaffen.
Wenn wir hiermit das Kapitel Uber den Gang, welchen militär-
geographische Studien zu nehmen haben und die Charakterisierung
der denselben dienenden Hilfsmittel schlieisen, so thun wir es in
dem Bewufstsein, unser Thema noch nicht erschöpft zu haben. Wir
hoffen jedticli, dem denkenden und für diesen Zweig der Wissenschaft
vom Kriege interessierten oder nach dieser iiichtung hin dienstlich
thätifren Offizier einigre Hinweise geboten zu haben, welche ihn in
sell)ständiger Arbeit fordern werden. Wenn das bekannte, treffende
Wort des Marschalls Bugeaud: „Un soidat averti en vaut deux"
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Die 8. Kavallerie-DivisioB im Kriege 1870—71. 153;
ftr die Vorbereitung^ des Offiziers als Führer im Krieg-e seinen vollen
Wert hat, so p\t es, mutatis mutandiß, auch fllr die Leistun<ren
ki <)f&uer8 im Ökudium der Länder and Völker in Bezug auf dea
XU.
Die 3. Kavallerie-Division im Kriege 1870— 7L
Ym
Juik, Rittmeister a. DJ)
I.
Bis Metz.
Die Formation der bei der Mobilmachung: 1870—71 aul^rt-stdlten
selbständigen Karailerie- Divisionen konnte erst nacii erfolgtem
Benatzte Bllcher:
Das preui'äiäohe Generalstabswerk über den deatsob-tranzüsischen Krieg
m-n.
Y. PM-Narbonne. Die Reiterei der Ersten imd Zwelteii deateebeii Armee
ta den Tagen vom 7. zum 16 Augast 1870.
Grat' V Warteoaleben. Die Operationen der I. Armee miter General
TOD Mantenftel
V. Sobeil. Die Operationea der I. Armee anter General von Goeben.
Korne. Die Operationen der dentaehen Armee von der Schlacht bei Sedan
Ui mm Ende dee Krieges.
KtuB. Der Feldmir der ersten dentsehen Armee im Norden und Nord-
westen Pranlueicbs 1870—71.
Konz. Die Französische Nordarmee ira Jalire 1870 — 71
Konz. Die Deotache ßeiterei in den Schlachten und Get'euhten des Kriege»
TOD 1870—71.
Kou. Konnte Ifarsebsil Bsstine im Jaliro 1870 Fmkreieli retten?
Piene Lebanteonrt. Otmpigne dn Nord en 1870— >7 1. Nonvelle Mition 1897.
Faidherbe. Campagne de Tarmee du Nord.
(-rebbard Zernin Das Leben des KtfnigUoii Preoaaiachen Generals der In-
fanterie Aug. V Goeben
Moltkes militärische Werke. 8. Teil. 2. Abteilung
Heft 14 der kriegsgeschichtUchen EinzeUchriften: Der Reohtsabmarsoh der
l Amee mter Genertl t. Goeben snf St Qnentin im Janoar 1871.
8 BeUieft nm HUitfr-Woehenblatt 1888: Uebert, Über Verfolgung.
Moritz von Berg. Ulanen Briefe von der I. Armee. Zweite Anilage.
Moritz von Berg. Rofs und Heiter.
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154
Die 3. KavaUerie-Divigion im Kriege 1870—71.
Transport bezw. dem EiDtreffen der emzdnen Regimenter anf den
groben YerBanmüimgspaiikten der Armeen stattfinden.
Die Ordre de Iwtulle der der ersten Armee sngeteUteo
3. KavaUerie-Division war folgende:
Kommandear: Generalleutnant Graf y. d. Groeben.
Generalstabsoffizier: Haoptraann Graf v. Wedel.
Adjutanten: 1. Kittmeister Frhr. v. Rosenberg, v. WestphäL
KUrassier-Kt'frt. Nr. 4.')
2. Premiorleutnaut v. KlUber, v. 2. Kheiu. Ilußareü-Kegimeut
Nr. 9.
6. Kavalleriebrigade, Gen.-Maj, 7. Kavallericbri^ade, Gen.-Mi^.
V. Mirus. Gral' zu Dohna.
Adj.: Pr.-Lt. v. Me} erleid, Adj.: Pr.-Lt. v. Holtzen-
V. 2. Hess. Uus.-Kegt Nr. 14. becher, v. 2. Braudenborg.
Drag.-Kp«:t. Nr. 12.
Rhein. KUr.-H(rt. Nr. 8, Oberst Westpb. Ulan.-Regt. Nr. 5, Oberst-
Graf V. Küt'deru. leutuant Frhr. v. Reitzenstein.
Rhein. Ulau.-Regt. Nr. 7, Oberst- 2. Bann. inan.-Regrt. Nr. 14,
leutuant v. Pestel. Oberst v. Lüderitz.
1. reitende Batterie Westpbäl. Feld-Art-Regts. Nr. 7, Haopt-
mann Schräder.
DlmiODs-Pfarrer: Sanberzweig.
Der Division wurde eine Proviantkolonne, sowie ein Feldlazarel
and ein halbes Sanitfttsdetaebement VU. Armeelcorps Überwiesen.
Attachirt: Gen.-M%j.y. Rantzau*) mit dem Pr.-Lt. Grafen Wedel
Yom 1. Westphftl. Hns.-Regt Nr. 8, als seinem Adjutanten.
Als am 3. Angost die Division bei Paschel aofgestelit wurde,
errichte das VII. Armeekorps mit der Avuitgarde Harlingen und
Rehlingen, mit der 18. Division Herzig, im Anschlnfs daran mit der
Aegimentägeschiobten der Infanterie-Begimenter 1, 19, 29, ft8, 40, 44, 69
und 70.
Gesohiohte des 8. Jäger-BattHloas.
Regimentsgeachichten der 8. Kttrisstore, der 9. Hiuareii, der 6. und
7. Ulanen, dos 7 Artillerie-Regiments.
Karten des Ci t neralstabswerks:
Skizzen: S und 4, femer zu 6eite U48 (Solüaoht bei Bapaume) und zu
Sfltte 964 (PteiBBe).
Übentohtskarten: 1, 2, 8 und 8.
Pläne: 4, 11, 12, 26, 80.
I) In der Ordre de bataillo vom 15. November iet an doMon Stelle ge-
treten: Rittm. Nebolthau, v. Thüring I'lanen-Regt. Nr. 6.
Wurde demnackist zom Kommandeur der 25. (GroÜBherzgi. Hess.) Kaveilerie-
Brigade ernannt.
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Die 3. Kavallerie-Diviäioa im Kriti|;e 1870—71.
155
14 Division und der Korps-Artillerie Losheim, das VIII. Armeekorps
links nel)en dem \ 11. mit der Avantg:arde ililschhach-Dilsbarg, mit
der Iii. Division Heusweiler und ndt der IT.. Division sowie der
Korps-Artillerie Lebach. Zwischen Lebach und Losheim bezog die
i Kavallerie-Division Quartiere bezw. Biwaks.
Die 7. Lianen hatten ihre rühmliche Wacht an der Saar bereits
hinter sich. Wenn auf die dabei entwickelte Thätiirkeit \om
16. Juli bis 2. August hier auch nicht eingegangen werden kann,
so sollte der Thatsache doch wenigstens gedacht werden. Dafs das
ge^'ebeue Beispiel nicht Anregung gab, die Kavallerie-Division als-
bald sinngemäfs zu verwenden! Wir werden statt dessen sehen,
dafs man sich von dem Hegritfe der Reserve-Kavallerie nicht frei
maciu D konnte, sin gegebenenfalls in der Öcblacht aber doch nicht
einsetzte.
Die fUr den 4. August vom Könige befohlene Zasammenziebung
der ersten Armee gegen Theley behufs Annäherung an die zweite,
Armee hatte der ersteren Linksschiebung zur Folge. Bei dieser
gelangte die 3. Kavallerie-Division nach St Wendel and Gegend
nördlich, also hinter den linken Flügel der von Lebach nach Ottweüer
sieh eretreekenden vorderen Linie. Die Division trat somit in un-
mittelbare Berührung mit der zweiten Armee, von welcher die
Kavallerie-Brigaden Redem and Barby der 5. Kavallerie-DiTision
seit dem 3. Aognst sich schon zwischen Eiweiler nnd Goicheobaoh,
tbo vor dem rechten Flügel der ersten Armee befanden und nim
Aber die Saar nach Ladweiler nnd Uber Hossein bis Emmersweiler,
sowie gegen Forbach streiften. Bei der dann am 6. Aogost statt-
findenden Vorbewegang der ersten Armee gegen die Saar behofei
Fiehnachang der Strallse St Wendel— Ottweiler— Neonkiichen Uta
die zweite Armee woide die an diesem Tage das erste Ifal in sich
vereinigte 3. Kavallerie-Division gegen Labach dirigiert and ihr die
Sicbening der rechten Flanke ihrer Armee Übertragen. Die am
10 Uhr früh versammelte Divisiim marschierte zn diesem Zwecke
nach Saarwellingen. Zwei Eskadrons 5. Ulanen hatten die Vorposten
in linle Derlen — Roden, die Saar vor sich. Die am writesten rechts
am Primsflufs befindlichen 7. Ulanen hatten nach Rehlingen
detachiert, die 14. Ulanen den Leutnant v. Ramin gegen BouzonviUe
vorgeschoben und die ö. Ulanen den dem Stabe zugeteilten Ritt-
meister V. Hyramen nach IJberherrn entsendet. Um indess bestimmte
Nachrichten Uber etwaige Truppenbewegungen des Gegnere zu be-
kommen, müssen die genannten Mafsnahmen der Kavallerie-Division
alü ganz unzulängliche bezeichnet ^^ erden, denn sie dienten mehr
üer eigenen Sicherung, als der Aufklärung der \erhäUuisse auf
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156
Die 8. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71.
felndlieber Seite. Die Hauptriehtung einer anfklttrenden PatrouiUen*
thfttigkeit wies nach Boolay, die NebeniiohtaDgeo lagen auf
BoQzonyille and St Ayold. Die beste Sicherang der ArmeeilanlLe
wäre aber erreicht worden dnrch Oberschreiten der Saar seitens
der ganzen Kavallerie-Division schon an diesem Tage. Wir werden
sehen, wie in entsprechender Lajre dieselbe Kavallerie -Division
richtiger verwendet wurde, nämlich in den Ta^aii des Aulmarsches
der Armee an der Oise zwischen Compiögne und Noyon. Der Irr-
tom, in welchem man sich nach dem 6. Aognst befand, dals
nämlich der feindliche linke Flügel bei St Avold zu suchen sei,
hätte hei sachgemäfserer Verwendung der 3. Kavallerie-Division in
jenen Augusttagen trar nicht bestehen können, um so weniger, als
die Division in glücklichster Weise angesetzt war. \ ur der eigent-
lichen Armeefront wäre ihr Wirkungskreis bei Anwesenheit der beiden
Brigaden der 5. Kavallerie-Division zu beengt gewesen. Es liegt hier
übrigens der Fall vor, in welchem Direktiven tür die Verwendung
der grolsen Kavalleriekörper bei den Armeen vom grofsen Haupt-
quartier hätten ausi^^eheu müssen Nur solcher Art wird es vernneden
werden, dafs in der einen Kicbtnng zvl viel, in der andern zn
wenig geschiekt.
Folgen wir den beiden, vom Sammelplatz der Division ent-
sandten Oflizierpatronillen. Dem Lentnant v. Ramin waren 25. dem
Kittmeister von Hymmen 'M) Pferde überwiesen worden. Nachdem
TOn beiden Patrouillen Saarlouis gemeinschaftlich dorchritten war,
nahm der erstgenannte Offizier die liichtong auf Bonzonville, der
letztgeoamite auf St. Avold. Vornehmlieh galt es, die Tom Kommall-
danten von Saarloois, dem Obersten des Barr es, am 6. Aognst ge-
meldete Anwesenheit staricer feindlicher Trappenmassen anf der
Linie BonzonYille — ^Tromhom — St Avold festznsteUen. Den noch
kurz Torher von den bei Jttersdorf stehenden Vorposten der Festung
Saarlonis besetast gemeldeten, gegen BonzoDville zn liegenden Wald
fand Leutnant Ramin, es war etwa um Uhr mittags, nicht
mehr besetzt. Er folgte daher der nach Bonzon?ille fllhrenden
grolsen Stralse. Der dieselbe nOrdlieh begleitende Wald hinderte
nach dieser Richtung jeden Ausblick. Nach Sttden dagegen hatte
man Ton der HochflKche, Aber welche die StraDse sich hinzieht, eine
gute Femsicht Durch die Meldung der linken SeitenpatroniUe
darauf zuiritchst aufmerksam gemacht, wurde ron einem geeigneten
Punkte in aller Ruhe ein feindliches Lager bei Trombom an der
Stralse nach Boulaj beobachtet. Die in demselben befindlichen
Trappen schätzte man auf 2 Bataillone Infanterie and 1 Regiment
Kayallerie. Das Lager entbehrte jeglicher Sicherungen. Auch bei
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Die 8. XavaUerie-Diviaion im Kriei^ 1870—71.
157
BoDzonville wnrde später ein erst kürzlich \ erla-sscner Biwaksplatz
^fanden. Die Kirche des Ortes aber war noch voller Frauzosen.
anireblich Kranker. Dieselben unterliefsen jegliche Feindseligkeit.
W'ii^vn mit zwei riesigen Fässern voll Wein und mit H^er beladen,
wurden erbeutet und mit weggeführt.
Kittmeister v. Hymmen war der Strafse auf St. Avold bis
Überherrn gefolgt, war dann rechts von derselbe nabgebogen, hatte
die Grenze überschritten und im grofsen Bogen die Saarlouiser
btr&lse wieder bei Alt-Forweiler erreicht, woselbst er übernachtete.
Am 7. Augiisl wurde die 3. Kavallerie-Division bei Franlautem
Doch enger znsammengezi^eii, die Uber BoQzonville und Boulay nach
Metz fuhrenden StrafSsen waren aufzuklären. Zar Ansttthriing dieses
allerdings viel za allgemein gehaltenen Aoftrages worden wieder die
bereits tags vorher in Thätigkeit gewesenen OfiBsiere entsandt, der
Leotnant v. Kamin auf Boulay, der Bitfcmeister Ton Hymmen nach
Carling; die Straiae ttber Bouzonville wurde also unmittelbar nicht
bedacht. Lentnant y. Ramin fand das feindliche Lager zunächst
noch an der nämUcben Stelle wie tags zuvor. SjMlter wnrde aber
der Abmarseh des Feindes ttber Teterchen auf Bonlaj, also in sttd-
irastiicber Richtong gemeldet.
Rittmeister y. Hymmen hatte Carling nnbeanstandet erreicht
Qod sieh von dort Uber Lanterbach und Gr. Roesein nach Forbaoh
gewandt, woselbst er yermntlich dieNaehtzom&zagebracht hat, denn am
)l<»gen dieses Tages meldete er yon dort yor dem Abreiten aoi St Ayold,
was er im Stabe des Herzogs Wilhelm yon Mecklenbnrg ttber die
Stellungen der zweiten Armee erfahren hatte.
Was hätte man nicht mit dem Vorgehen der Division gegen die
Unie BonzonyUle— Boalay erreichen, znm mindesten welche mora-
lische Wirkung erzielen kOnnen! An die ErflUlong groiser
Strategisoher Aufgaben seitens der Kavallerie-Diyisionen dachte man
aber damals nicht, denn sonst hätte eine so handgreiflich sich dar-
bietende Gelegenheit nicht verpafst werden können. Das dringende Be-
dürfnis, Nachrichten Uber den Gegner zu bekommen, hätte schon
zn eigener Thätigkeit tirUiigen niUsst-n, ist doch die Kenntnis vom
Feinde eines der ersten Elemente des Gelingens der eigenen Ope-
rationen. Nur auf die eigene Thätigkeit kann man sich im Kriege
unbedingt verlassen, Napoleon nannte sie daher eines der machtigsten
Prinzipien des Krieges. Schon dals man sich scheute, in das stark
bewaldete Gelände zu gehen, in dem man mit Kavallerie keine
Wirkung glaubte erzielen zu können, kennzeichnet, wie man sich
dereo Verwendung damals noch dachte. So lag denn auch der Ge-
danke ganz lern, daüs ein onUbersicbtliches Crelände, welches noch
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158
Die 8. Kavallerie-Diyision im Kriege J870-71.
dazu ganz frei vom Feinde hi, ein überraschendes Auftreten aulser-
ordentlieh beorünstif^t. Heutzntafr«' stehen wir auf dem Standpunkte,
dals die Kavallerie in jedem Gelände verwendungsfUhig: sein mols,
wenn sie nicht tlherhaupt aufhören will, eine Waffe zu sein. Nach
der Art des Geländes mul's aber ihre \'erwendunp modifiziert werden.
Wenn man sieh nicht dazu entschliefsen konnte, mit der jrauzeu
Kavallerie-Division Uber die Saar zu gehen, so hätte wenigstens der
Initiativgedanke dadurch zum Ausdruck gebracht werden können, dals
man den genannten Patrouillen geschlossene Eskadrons folgen liefs.
Aber auch das nicht. Wir werden noch sehen, wie sich dies geltend
machte.
Fttr den 8. August hatte General v. Steinmetz ein Rechtsschieben
der ersten Armee in Aussicht genommen, nm fttr die zweite Armee
die Strafse nach St. Avold frei zu machen. Dabei hatte nnn endlich
die 3. KaTaUerie*Di?i8ion die Saar überschritten. Als aber ans dem
grofsen Hauptquartiere die telegraphische Weisung erging, daüs die
erste Armee in der Stellung zwischen Saarbrücken nnd Völklingen
noch verbleiben, die Spichemer Höhen besetzen und gegen einen
etwaigen Angriff behaupten solle, wurde auch die 3. RavaUerie-
Division von Picard aus wieder ttber die Saar zurttckgenommen ond
bezog Biwaks bei Derlen, nOrdlich Völklingen. Diese Malsnahme
zeigt am allerdeutliehsten, fttr was man die Kavallerie-Division hielt,
nftmlich eine Armee-Reserve, die man fttr den Fall eines feindlichen
Angriffes wieder näher an den rechten Flttgel der Armee glaubte
heranziehen zu mttssen. Es wäre gerade in der augenblicklichen
La^e geboten gewesen, sich Ktariieit ttber den Verbleib des Feindes
zu verschaffen, hatte doch General v. Moltke telegraphiert: „Direktiven
fttr d«i weiteren Vormarsch können erst erfolgen, wenn Kavallerie
ttber Verbleib des Feindes sichere Nachricht gebracht hat"
Ungeachtet dessen begnügte man sieh mit der Entsendung von Pa-
trouillen auf Kntterimngen, die es fast ausschlössen, eine vorhulteude
Thätigkeit zu erzielen. Eine solche ist eben nicht möglich, wenn
die einmal mit dem Gegner erlangte Fühlung innner wieder auf-
gegeben werden muls.
Von Derlen wurde Leutnant v. l'apen- Köningen von den
ö. Ulanen mit 15 Pferden auf Houlav mit dem Auftrage entsandt,
die Uber diesen Ort nach Metz führende Strafse zu beobachten und
soweit als möglich gegen Metz aufzuklaren. Zwischen Tromborn
und Teterchen traf er (h'U Leutiinnt v. H;»niin und war so in der
Lage, diesem den Rffehl zum N'orgehrii aul Hou/onville zu Über-
mitteln. Dieser Ort wurde unangefochten rrn'icht und 57 ('entner
Hafer, 3 Fals Wein, Speck und Würste requiriert. Damit kehrte
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Die 8. KaVmUerie-Diviaioii im Kriege 1870—71.
159
Lentnant v. Kamin nach Ittersdorf und von da nach Derlen zurück.
Leutnant v. Papen traf in Boulay am Ausg^ang nach Metz auf ohie
etwa 12 Pferde starke feindliche Abteilung:. Dieselbe zop: sich
fchleunigrst auf Bouchepom — nach Angabe der Regimentsgeschichte
allerdings auf Metz — zurück. Die diesseitige Patrouille brachte
inlserdem in Erfahrung, dafs die beiden Divisionen, die bei Boulay
bis zum Abend des 7. gelagert hatten, ebenfalls in Richtung aui
Boachepom abgezogen seien, dagegen die Gregend von Boulay bis
ies Etangs (Tennchen) frei vom Feinde sei. Wir wiss(>n, dafs das
nicht zotreffend ist, denn die Division Cissey war in der Nacht vom
7. zum 8. AngQst thatsächlich nach les Etangs, die Division Lorenees
nach Silly marschiert, bei beiden Orten lagerten sie seit dem Morgen,
die KaTallerie-DiTtsion Legrand biwakierte bei LandonTtllers-
Leotnant v, P^)en ging znnttebst nach Teterchen nnd von da ttber
Saarlonis nach Derlen zorttok. In Saarlonis hatte er die vom Feinde
in Boulay zorttckgelasmen 5 Wagen mit Hea abgeliefert. Infolge der
intOmlieheo Meldung glanbte man den feindlichen linken Flügel
bei Boocbeporn snohen zn sollen. Es ergiebt sieh hieraas, um mit
Uebert zn reden, dalb das feine militärische Gefühl, Maisregeln des
Fenides zn erkennen, bei den betretenden Organen zn Anfang eines
Krieges nieht vorausgesetzt werden darf, sondern erst dnreh Kriegs^
eiiahmng erworben wird. Dem Leutnant v. Papen kann daraus,
dafe er sich nicht selbst von der Richtigkeit dessen Überzeugte, was
er ia Erfahrung gebracht hatte, kaum ein Vorwarf gemacht werden.
Denn sein Vorgehen mnfote doch bei dem Mangel jeglichen RUck-
Inlts an einer gröfseren geschlossenen Abteilung ritnmlicb und zeit-
lieh eine Grenze finden. Die mit dem Feinde gewonnene Fühlung
mulste also wieder aufgegeben werden. Mit dem Wachsen der Ent-
femunp rruit'ste es schon als ein Zufall angesehen werden, wenn die
Fuiiluit- üht-rhaupt noch gefunden wurde. Vom Rittmeister v. liyiiinien
scheint an diesem Tage keine Meldung eingegangen zu sein. Die
Leistungsfähigkeit von Patrouillen nmfs eben, wenn eine gewisse
räumliche Grenze Überschritten ist. in Jeder Beziehung aufhören,
wenn gröfsere Abteilungen dann nieht Rückgrat gelten.
Mittlerweile wareu nun auch das 1. Armeekorps und die
1. Kavallerie-Division bei der ersten Arme«' eingerückt. Die
l- Kavallerie-Division befand sich bei St. Johann, also gleichfalls
noch auf dem rechten Saarufer. Der am S. aus dem grofsen
Hauptquartier ergangene Befehl lautete: ,.Da bis zur Stunde keine
Nachricht darUlier angelangt ist, ob der Feind Boulay und Bouzon-
ville verlassen, hat die erste Armee auch morgen in der heute be-
fohlenen Stellmig m verbleiben. Die zweite Armee rückt morgen
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160
Die 8. £&vtlIerie-DlviBioii im Krieg« 1870—71.
mit dem leisten Korps an die Saar." Ans den Briefen des Generals
V. Goeben erfahren wir, daHs der General y. Steinmete als Norm
Air die Verwendung seiner Armee dem Prinzip des nnbedingten
Znsammenhaltens seiner Kräfte hnldigte, aneh wenn das den Ver-
hftltnissen nicht entsprach. Man ersieht daraos, wie die meohaniaehe
AnwendoDg eines an nnd für sieh richtigen strategisohen Grand-
satzes auch Nachteile bringen kann. Denn anstatt die Kavallerie-
Divisionen nun zur endlichen Aufkläruncr der Verhältnisse beim
Gejjiier zu ^^ebrauclien, liefs mau sie noch unthätip beim grorsen
Haufen verbleihen. Wenn man nicht wUfste, dafs der Kümman(i</ur
der 3. Kavallerie -Division bei der Weitergabe der l^atruuilleii-
meldungeu am 7. August die ihm imputierte Bemerkung angeschlossen
hätte: „Gröfsere Kavallciiemassen jenseits der Saar vorläutig ohne
Wirkung," so lüittc man erwarten können, von ihm den Alles
belebenden uihI trt'iljendeu Impuls des Vorwärts ausgehen zu sehen. Bei
jeglichem Mangel an thatkräftiger Energie begnügte man sieh denn
also mit der Ix'tohlt ncn Entsendung von Abteilungen, die Uber die
Aufstellung des Feindes, insbesondere hei Bouchepom Nachrichten
einzuziehen hatten. Als KUckhalt liir die zu entsendenden Abteilungen,
d. i. Patrouillen wurde der Kavallerie-Division ein Bataillon des
I. Armeekorps zugeteilt. Der wieder nach Roulay vorgehende
Leutnant v. Ramin meldete den Ort vom Feinde Irei, wandte sich
aber von da nunmehr gegen Thionville. Auch Leutnant v. Papen-
Köningen fand Boulay unbesetzt, aus der Richtung von Metz näherte
sich aber eine starke feindliche Kavallerie-Abteilung. Da Leutnant
?• Papen argwöhnte, dafs ihm in Boulay ein Hinterhalt gelegt sei.
er es auch ganz richtiger Weise nicht für seine Aufgabe hielt, sich
in ein Gefecht einzulassen, beschlois er, ohne BoQla> zu berühren,
direkt aaf Teterchen aosznweichen. Dazu molste er einen Bach
aberspringen, den 3 seiner 15 Pferde starken Patrouille zn nehmen
sieh weigerten. Infolge des dadurch yerursachten Anfenthalts
waren ihm die Franzosen, einige 80 Husaren yom 2. Regiment, so
nahe gekommen, dals nichts Anderes ttbrig blieb, um die 3 Ulanen
nicht ihrem Schicksal zu Überlassen, dem Feinde enlgegensnreiten.
In dem sich an die Attacke ansehlielsenden Handgemenge yer-
loren die Franzosen ihren Rittmeister (Jonvenot) durch 3 Lanzen-
stiche in die Brust tot und 2 Offiziere, sowie 7 Husaren schwer
yerwnndet. Die Übrigen Husaren hatten sich wihrend des Gefeebta
einzeln nach Bonlaj zurtlckgezogcn, also auf deutsch gedruckt Als
dann aber der Rest der feindlichen Schwadron erschien, riitimte
Leutnant t. Papen selbstredend das Feld. Der Ulan Kieserling war
gefallen, auch 2 Pferde blieben tot auf dem Platze zurück. Die
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Die 8. Kavallerie-DiTisioa im Kriege 1870—71.
161
Eskadron des Rittmeisters Jouveuot hatte seitens des IV. französischen
Korps den Auftrag gehabt, bei dem weiteren Rückzüge desselben
die lästigen feindlichen Plänkler abzuhalten. Dazu schien ein Teil
der Eskadron zu genügen, der Rest war daher in Volmerauge zurück-
gelassen worden. Es hat sich das also als eine gänzlich falsche
Mafsresrel erwiesen. Leutnant v. Papen ritt persönlich zur Meldung
nach Derlen, die Patrouille liefs er in Ober-FelsbcrL'. Von Landes-
bewohnem hatte er erlahren, dals Alles nach St. Avold und Metz
abmarschiert sei. Der Meldung des Leutnants v. Papen fügte General
Graf Y. d. Groeben hinzu, dals der Offizier noch heafte von Neuem
auf Metz zur Erkundung vorgehen werde. Nach seinen Angaben
iriien indes grOlsere Kavallerie- Abteilungen in jenem welligen
ond beigigen Terrain mit Natzen nicht zu verwenden. Für solche
AoflEsssang hat man heutzutage kein Verständnis mehr. So blieb
gans natürlich die wahre Sachlage ebenso unbestimmt, wie tags Yor-
ker. Wie sollte man auch einen Einblick hinter die Nied bekommen?
Die aufgebotenen Mittel waren nnioreiehend dasn, wenn aneh
die Zahl der Patrontllen nm deren 2 Termehrt worden war, nftmlleh
die der Leutnants Balthasar nnd t. Wallenberg, beide von den
14. Ulanen. Bis Lanterbaoh sollten beide Offiziere gemeinsam
reiten, von dort Premier-Lentnant Balthasar sieh anf Bonohepom
wenden, nm sich mit der yermntlich in dortiger Gegend bemm-
itieüenden Patronille des Bittmeisters t. Hymmen zn Tereinigen,
wllirend Leutnant Wallenberg mit 15 Pferden die Richtung auf
St Ayold zn nehmen hatte. Balthasar traf auch Hymmen, dessen
Abteilung er nm 20 Pferde vermehrte. Meldungen dieser Patrouillen
liegen nicht vor, ans derjenigen des Leutnants Graten r. Itzenplitz
der 8. Bnsaren — OlvisionskaTallerie-Regiment der 13. Division —
ging aber hervor, dafe bei Booehepom sieh kein Feind befknd. Erst
auf der Strafse nach Metz bei Fouligny (Fullingen) war Leotoant
Graf V. Itzenplitz auf ein französisches Lager von etwa 40000 bis
ÖOOOO Mann gestofsen. Wie alx r dieser Patrouille der weitere
Rückzag der Franzosen nicht ent^'un^^en war, so auch nicht den
15. Ulanen, die dauernd mit ihnen in FUhluii^^ blieben. Das Gros
der 3. Kavallerie-Division befand sich am Abend dieses Tages vom
femdlicheu linken Flügel, der auf dem weiteren Rückzüge das
Plateau von St. Barbe bereits erreichte, in der Luft gemessen etwa
4U km entfernt. So hätten dann auch etwa über Boulay (Bolchen)
noch weiter selbst bis les Etaugs (Tennchen) vorgehende Patrouillen
keinen Feind mehr angetroffen, vielmehr erst bei Glattigny, wohin
die bis jetzt zum III. französischen Korps abkommandierte Division
Grenier abends 11 Uhr von Bionville (Bingen) her gelangte.
Jateiftoliw Ar di« d««taeto Am** n>d MuiiM. Bd. 114. % 11
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162
Die 8. Kavallaile-DMaiiMi im Kilege 1870—71.
Bei dem nim am 10. Aogast begiimendeii Voimaneb war ftlr
den reohten Elllgel der zwdten Armee die Stralse von Saarbrtteken
Uber Si ATold im allgemdnen als die Grenzlinie ^eo das nOrdüch
derselben gelegene Bewegongsfeid der ersten Armee bezeicbnet
worden. Znr Sieherang des Marsehes sollte die Kavallerie anf
grOisere Entfemmig voigesehickt nnd dnreh weit Torgesobobene
Avantgarden nntenttitit werden, damit erforderiiobenfalls die Armeen
Zeit hätten, in sieb anfimscblielsen. General v. Steinmets beseblofs
znnftdiBt die erste Armee ani die ihr zugeteilten Stratsen zn setzen,
als deren nördlichste die tod Saarloais — Boolay — les Etangs galt
Nach einem, besonders infolg'e ouverraeidlicher Kreuzungen beschwer-
lichen Marsche befanden sich die Vorposten der Armee in Linie
Guertiug (Gertin^en) -Boucheporn (Huschhorn). Hinter ihnen la^^
auf dem rechten Flügel das I. Armeekorps südlich Creutzwald, da-
neben das VlI. zwischen Carling und l'Hopital, in zweiter Linie das
VIII. bei Lauterbach, dort auch das Armee-Oberkommando. Von
den Kavallerie-Divisionen befand sich die 1 . in dritter Linie bei
Ludweiler, die 3. aber rechts vom I. Armeekorps bei Überherrn,
Abteilungen auf Bonlay — Bouzonville vorgetrieben. Das General-
stabswerk sagt dazu sehr bezeichnend: „Da sich die Kavallerie-
Divisionen der ersten Anuee nicht in der vorderen Linie befanden,
so hatte die unmittelbare Berührung mit dem Feinde hier fast ganz
aufgehört.^ Den Direktiven Moltkes dürfte es mehr entsprochen
haben, wenn die beiden Kavallerie-Divisionen die 3. etwa nach Falk,
die l. tre^^en Boucheporn dirigiert worden wären mit dem Befehl,
links Auschluls an die Kavallerie der zweiten Armee zu suchen, im
übrigen aber gegen und Uber die Nied anfznklären. Zum Uber-
gange Uber die Saar war der 3. Kavallerie-Division die Furth bei
Bools oberhalb Saarlonis oder der Übeigang bei Völklingen hinter
dem I. Armeekorps angewiesen worden, desgleichen der letztere der
1. Kavallerie-Division. Es wäre zweckmälsiger gewesen, die
8. KavaUerie-Division bei Saarlonis selbst ttbergehen za lassen, wenn
sieb die genannte Furth, zn deren Elrknndung doch wohl Zeit genng
gewesen war, als nicht praktikabel zeigte. Die 1. Kavallerie-Divisioii
hätte aber so früh anfbreeben müssen, dals sie bei Völklingen vor
dem I. Korps ttbergehen konnte. Bei solcher Anordnnng wftren
Stockungen und Rrenznngen aller Art Termieden worden, die
Kavallerie - Divisionen hatten dann anch etwa vor der Armee
ihnen angewiesene Pnnkte noch eireichen können. Die 8. Kavallerie-
Division ttbersehiitt aber bei VOllUingen hinter dem I. Armeekorps
die Saar nnd dirigierte dann ihre Avantgarde, die 14. Ulanen, nach
Hargarten, woselbst deren Stab mit der 1. nnd 2. Eskadron ver-
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Die 8. KavaUerle-Diviaioii im Kriege 1870—71. 163
Uiebeo. Westlich von Hargarten befand sieh die 4. nnd nöidUcb
Falk die 3. Eskadron. Feldwachen waren an%e8tellt bä Trombom,
Teterchen nnd Gonme (Knbmen). Kaeh Bonzonville wie anoh nach
Boulay wnide patronilUeri Rittmeister t. Hymmen war über
BoQcbepom und Helstroff nach Varize (Waibelskircben) gelangt and
befand sich dort den feindlichen Lagern an der Nied gegenüber.
Leotnant v. Wallenberg batte feindliche Lager bei Courcelles, Munt
und Pange beobachtet. Nach einer schaurigen Kegennacht, deren
sich jeder, der dieselbe persönlich erlebt hat, noch erinnern wird,
kam der 11. August heran, an welchem die erste Armee im All-
gemeinen Kuhetag hatte. Als aber ihr Befehl für den 12. im
grolsen Hauptquartier vorlag, nach welchem die Kavallerie noch
immer zurückgehalten wurde, erging Weisung, die Kavallerie-Divisionen
noninehr aber unverzüglich über die allgemeine Frontlinie hinaus
vorzuschicken, um im Sinne der früheren Direktiven, die auf jener
Seite ganz unvolikonunene Aufklärung endlich zu vervollständigen.
Ab Stelle der Direktive war jetzt also der Befehl getreten. Die
3, Kavallerie-Division hatte sofort nach Teterchen abzumarschieren.
Die Zeiten des Aufbruchs aus dem Biwak gehen weit auseinander,
von 7 — 10 Uhr abends. Dem Vorposten-Regiment ward der Auf-
trag, die Übergänge über die Nied von les Etangs (Tennchen) bis
Holling zu beobachten. Das Gros der 14. Ulanen ging nach Bettange,
ihre 4. Eskadron ( v. ICaisenberg) als linke Seitendeckung bis Hoolay
Uber den Ort wurden zwei Feldwachen vorgeschoben. Seitens einer
derselben kam es zu einem tdinden Alarm, iniolgedessen die Es-
kadron eine Meile weit Uber Boolay vorging. Am 12. kehrte sie zum
Regiment nach J^idanes aurttek. Rittmeister v. Hymmen hatte den
Feind, seitdem er tags Torber Ftlblnng mit ihm bekommen hatte,
nicht wieder aus den Augen gelassen. Er bemerkte starke Kolonnen
aller Wafien im Abmaisoh aof Metz. Die feindliebe ArriÖregarde
maebte erst 5 km yon Mets bei Belleeroiz Halt.
Leutnant t. Ramin hatten wir am 9. die Richtung nach Thionville
ebseUagen sehen. Leutnant v. Papen war nach Erstattung seiner
Meldung Uber das Renkontre bei Bonlay mit finsohen Leuten und
Pferden aus dem Biwak bei Derlen noch selbigen Tages wieder auf-
gebrochen. Beide Offiziere trafen sich am Morgen des 11. August
in Daistein und ritten gemeinscbaflich gegen TbiouTille weiter. Sie
gelangten bis nahe an die Tbore der Festung und stellten deren
Armierung fest Am Morgen des folgenden Tages trafen de wieder
bd ihren Regimentem ein.
Das Oros der Division war in der Torhergehenden Nacht um
1 Uhr in Teterehen angekommen. Um Uhr morgens wurde wieder
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164
Die 8. KRTiUmfo-DiviaUm im KHage 1870—71.
an^brochen und Boboo nm 7 Uhr ein Biwak bei Bettange fllr den
ganzen Tag bezogen. Die Ayantgarde befand sieh auch nur Uber
den Nachbarort Gommelange (GebDaingen) binaiu vorgeschoben. Eine
Tom Oberst v. Lüderitz, dem Kommandeur der 14. Ulanen, am Nach-
mittage Ton Kidanes (Nidingen) ttber Oondreyille gegen St Barbe
und Foix mit 3 Zttgen nntemommene Erknndong stiefe dort erst
an! den Feind, der aof Bataillonsstftrke geschätzt wurde. Bei
Serrignywnrde aber ein Lager bedeutender Trappenmassen beol>acbtet.
Weichen Bindrock hätte wohl hier das Erscheinen der ganzen Ka-
Tallerie-DiTision mit ihrer Batterie herYOtgerufen. Während dessen
hätten dsnn yon einzelnen Eskadrons Untemehmnngen gegen die
Mosel und die Verbindungen zwischen Hetz und Tbionville untere
nommen werden können, ähnlich denen der 6. Kavallerie-Division
bei Pont ä Moosson, Dieulonard und Frouard. Die Gefiüir einer StOrong
unterhalb Hetz war kaum zu besorgen, denn der ganze nördliche
Distrikt zwischen Nied und Hösel zeigte sich von französischen
Truppen völlig entblöist
Aus Oondö Northen (Contohen) meldete Bittmeister v. Hymmen,
dafe er mit Leutnant Balthasar and 40 Ulanen bis auf etwa 600 m
an das französische Lager bei Bellecroix herangekommen sei und
dasselbe auf Divisionsstärke schätze. Lager schienen sich bis unter
die Mauern von Metz hinzuerstrecken. Diesseits Bellecroix seien die
Stralsen vou Bouzonville, Boulay und St Avold frei. Ein Transport
von GO Centneru Hafer sei von Bellecroix mit zurückgebracht worden,
was die Franzosen ruhig geschehen liefseu. Hymmen wurde alsbald
seiner ersprierslichen Thätigkeit behufs Verwendung als Ad jutant hei
der 3. Reserve -Division entzogen. Auch I^eutnant v. Wallenberg
kehrte am 12. von seinem mehrtägigen Patrouillenritt nach Bettange
zurück.
Premier-Leutnant V. Voigt-lihetz der 3. Kskadron des 8. Kürassier-
Regiments war mit einem Zuge über Bouzonville zur Erkundung
nach Thionville entsandt worden. Erst in Stuckange, also etwa
^/^ Meile nur noch von der Festung euttVrnt, war er auf fouragierende
feindliche Dragoner gestofsen. 8ie entzogen sich ihm durch eilige
Flacht unter Zurüeklassong der Haferwagen. Im flotten Vorwärts-
reiten gelangten die Kürassiere um 2 Uhr nachmittag Tor den offenen
Thoren von Thionville an. Ein Mobilgardist wurde gefangen ge-
nommen. Die von der Nationalgarde besetzte Wache ergriff eine
derartige Panik, dals sie die Gewehre fortwarf und in die Stadt
flüchtete. Ein preufsischer Reservist meldete sich. Er war in der
Festung znrttokgeh alten worden. Bei Tage hatte er an den Werken
arbeiten müssen, bei Nacht befand er sich in festem Gewahrsam.
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Die 8. lUT»Uerie-DiTi8ion im Knege 1870-71.
16&
Im übrigens auf die Angaben dieses Keserviste» am 1"). August
gegen die Festung versuchter Handstreich seitens der durch Kavallerie
aod Artillerie verstärktt u 'U. Infanterie-Brigade outer dem General
Grafen (iueisenau war bekanntlich erfolglos.
Am 12. August rtlekte die erste Armee mit dem I. und VU. Armee-
korps in die Linie Boulay — Kalling — Marange mit dem VIII. als
Resen e nach Boueheporn — Nieder — Wisse. Die 1. Kavallerie-Division
befand sich westlich Fouligny bei KaviUe. Da nach den eingezogeneo
liaebriebten die Hauptmacht des Feiodes im RUckznge durch Metz
Iber die Mosel begriffen war, hatte am 13. August die erste Armee
gegen die französische Nied und zwar mit dem Gros auf die Linie
les Etangs — Conrcelles — Fange — Domangeville za rUcken nnd den
Bahnhof Courcelles zu sichern. „Kavallerie rekognosziert gegen
Metz und überschreitet die Mosel unterhalb." Die erste
Amee hatte somit die rechte Flanke der aoi die Linie Bachy —
Ghllean-Sa]i]i8 marsehierenden sweiten Armee so decken, deren Vor-
poeten bis an die Seüle Toisosohieben waren nnd deren Eayallerie
neb der Hofielllbergänge bei Pont k Monsson, Oienlonard, Marbaobe etc.
n venicheni and Uber den Flois hinaus sn erkunden hatte.
Auf dem ttuCsersten rechten FlOgel der ersten Armee ging die
3. KaTaUerie-Division in Richtnng gegen Metz vor. Das an der
Spitze befindliche 7. Ulanen-Regiment fand Vr6mj Ton ieindlicher
InisBtezie besetzt Das Regiment ging yor dem Feuer derselben
mtlek nnd nahm znr Decknng des Divisionsbiwaks bei Vry Vor-
posten im Anschlnls an die bei St Barbe befindlichen der 2. In£uiteiie-
DiTision bis Aber Sanry-les-Vigy hinans. Zur Deckung der rechten
Hanke war die 2. Eskadron (y. Luek) nach Vigy mit dem Auftrage
entsandt worden, gegen die Mosel nnd nach Thionyille hin zu pa-
tionillieren. In letzterer Kichtnng wurde Premier -Leutnant v. Müller I.
■it 15 Pferden entsandt. Es gelang ihm, bis an die auf 400 Schritte
TOD der Festung vorgeschobene Postenkette zu kommen, vor deren
Feuer er dann aber zurückgehen mulste, „Durch diese Erkundung,"
heilst es in der 1890 erschienenen Regimentsgeschichte, ..aber war
die Kavallerie-Division meilenweit Uber den Feind sowohl wie über
üas (iclände vollständig aufgeklärt."' Leutnant der Reserve Schultz
set/ic auf der Fähre bei Haueoncourt mit 5 Pferden zu gleicher Zeit
über die Mosel, patrouillierte die nächste IJmgelmug ab, ohne etwas
vom Feinde zu finden, und kehrte naeh kurzem Aufenthalte auf
dem linken Moselufer wieder auf das rechte Ufer zurück. Der
Fuhrmann war während dessen durch einen Ulanen mit der Pistole
in der Hand bewacht worden. Nachdem die Patrouille wieder im
das rechte Ufer gebracht worden war, verschwand der Fährmann.
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166
Die 3. Kavalierie-Di\ isioa im Ivriege 1870—71.
„Die von dem groben Bnnptqaartier angeoidneten grOfseren
Rekognoszienmgen anf dem Unken Moselnfer mofirten onterbleiben,
weil alle Fahrzenge auf dem Flnsse vom Feinde in Sieherheit
gebracht waren/' so sagt das Generalstabswerk, nachdem es des
ÜbersetzLiis der i'utroiiille der 7. Ulanen Er\%'ähnang getban bat
Die Unterlassong der Kavallerie-Division erfährt also eine Be-
urteilung, die bei Kenntnils des Moltkeschen Stils eines weiteren
Kommentars allerdings nicht bedarf. Wenn mau nun aus ..Der
Reiterei etc.*^ von v. Pelet-Narbonue erfahrt, dafs dem Oberkommando
der ersten Armee gleichzeitig mit dem Befehl des grofsen Haupt-
quartiers eingehende Angaben von Ubergangsponkten tlber die
Mosel zwischen Metz und Thionville zugegangen waren, dafs ferner
am 12. nachmittags ein Schreiben vom Oberkommando der zweiten
Armee eingegaugeu war, welches Mitteilung machte von den fllr den
18. beabsichtigten Bewegungen und den dabei den Kavallerie-Divi-
sionen gestellten Aufgaben insbesondere auf dem jenseitigen Mosel-
ufer und das mit dem Hinweis geschlossen wird, dafs ^eine ähnliche
Operation der Kavallerie der ersten Armee Metz in 4 — 5 Tagen
isolieren würde,"' so kann man nur annehmen, dals der besondere
Wert einer Operation der Kavallerie der ersten Armee auf das
linke Moseluier nicht erkannt worden ist und eine solche daher
unterblieb. Bin mit einer derartigen Unternehmung rechtzeitig be-
auftragtes Regiment hätte dieselbe mit Leichtigkeit ausführen iLtfnnen.
Selbst für die ganze Division, ja beide Kayallerie-Divisionen, wäre
der Befehl ausführbar gewesen. Man sieht, mit dem strikten Befeht
am 11. August, die Kavallerie nunmehr aber angesichts desselben
Yonnseliieben und zur Anfklürung der Verhältnisse beim Gegner so
▼erwenden, war der Bann noeb nicht gebroehen. Das mag aber
zur Lehre dienen, wie schwer durch Fdedensgewohnbeiten fest ein-
gewurzelte Ideen zu beseitigen sind! Dazu hilft auch selbst der
strikte Befehl nicht. Als solcher muls die Überschreitung der Mosel
durch ELaTallerie noch garnicht euimal an^efafot worden sein, denn
sonst hätte man doch melden müssen, dafs und warum der Befehl
nicht zur AnsfUfarung kam. Im groihen Haoptqoartier sowohl wie
ganz besonders aber beun Oberkommando der zweiten Armee rechnete
man mit dem Oberschreiten der Mosel unterhalb Metz seitens der
Kavallerie der ersten Armee. Der Befehl vom 12. an das General-
kommando des X. Armeekorps, dem zur Zeit noch die Brigaden Barby
und Bedem der 5. Kavallerie-DiTision unterstellt waren, lautete
nämlich : „Nachdem der Femd die Stellung hinter der Nied geräumt hat,
wollen Ew. etc. den Generalleutnant v. Rbeinbaben mit seinen beiden
Ra?allerie- Brigaden, zu welchen ich baldmöglichst auch die Kavallerie-
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Die 8. KavaUerie-DiTiaion im Kriege 1870—71.
167
Bogtde Bredow stofiieii lassen werde, heute noeh in der Riehtung
nf Pont & Honsson nnd Dienlonard naeh der Mosel in Bewegung
«eben. Der General t. Sbeinbaben soll die Mosel ttberschreiten,
dai Platean swisehen Mosel nnd Maas gewinnen nnd in nördlicher
BielitoDg gegen die Stra&e Mete — Verdnn Torgehen, am klar in
sehen, ob der Feind auf dieser Stralse von Metz abzieht Erfolgt,
wie vorauszusetzen, ein gleiches Vorgehen seitens der Kavallerie-
Divisionen der ersten Armee Uber die Mosel unterhalb Metz, so würde
die feindliche Armee bei Metz binnen 3 bis 4 Tagen von jeder Ver-
bindung mit Frankreich abgeschnitten sein. Die hohe Wichtiirkeit
dieses Zieles wollen Ew. etc. dem Generalleutnant v. Kheinbaben
mitteilen. Morgen früh ist dann, unter möglichst beschleunigter Vor-
aossendung einer Avantgarde, eine Infanterie-Division gejren Pont ä
Moasson in Marsch zu setzen, um diesen wichtigen Punkt zu okku-
pieren und die Verbindung mit dem General v. Rbeinbaben zu er-
halten." Welches Gewicht man auf das Uberschreiten der Mosel
seitens der Deutschen auch nördlich von Metz im feindlichen Lager
legte, beweist der Umstand, dals Bazaine endgültig erst am 13. August
abends zu bewegen war, die Steflun^^ östlich Metz aufzugeben, als
der Kaiser ihm eine Depesche der Kaiserin aus Paris vorlegen liefs,
nach welcher die Deutschen sttdlich und nördlich von Metz die Mosel
bereits Überschritten hätten. Die 3. Kavallerie-Division hatte indes
die Mosel nur vorübergehend mit einer einzigen Patrouille tlber-
scbritten und begnügte sich mit der Beobachtung gegen Metz hin.
^ blieben denn anoh die feindlichen Verbindungen von Metz in
otfrdlieher Richtung vorerst noch unberührt. Erst am 18. August
Abends zwischen 7 und 8 Uhr gelang es den beiden sächsischen
Btttmeistern v. Klenck nnd t. Polenz von Auboud ans bei Riehemont
bezw. Uckange Zerstörungen der Telegraphenleitnng, sowie auch der
Eiseobahn von Metz nach 1'hionvilie vorzunehmen. Desgleichen
C^sng es einer Abtheilnng der säcbsisehen 4. Pionier-Kompagnie
unter Ftthmng des Majors Klemm in der dem Tage folgenden Nacht
auf der Ardennenbahn (TbionTÜle— Longnyon— Mteidres) bei Men^le
Bss die Schienen in einer Ubge Ton 250 Schritten anssaheben, in
den Grönebach an werfen nnd den Telegraphen zn zerstören. Bei
Kaiziöiea, nnr Meile yon Haneoneonrt entfernt, wnrde seitens
der der Brigade Montbö ad hoc zngeteilten Pionier-Abteilnng die
Eis enbahn erat am 19. Angnst zerstOri Und welche An^ben warteten
hl rem taktisch-strategischer Beziehung der Kayallerie der ersten
Armee anf dem Imken Moselnier. Aniklirang desselben, Durch-
sehne idnng bezw. Beobachtong der nach der Maas fthrenden Strafsen,
hubesondere der nördlichsten derselben tiber Briejr; eyent un Verein
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Die 8. KaTallerie-Diviakui im Kriege 1870^71.
mit der 6. Kavatterie-IHnaion entsoheldender EftTalleriekampl am
15. Angiut ^egen die KaTaUerie-DiTisioiien de Forton, Du Baiail
mid de Valabrögae; eyent. aoeh Vereitoliug der Abfahrt des KaiBera
Napoleon am 16. fillh mit dem Hahneosehrei Ton Gravelotte Uber
Jarny naeb Yerdnn; ?ielleiobt aaeh Teilnabme an der Schlaobt
bei Yionyüle-Mars la Tour. Bei Anweaenbeit der Kavallerie der
ersten Armee oder doeb wenigstens mnes gnten Teils derselben aoi
dem Unken Moeeliifer iritoe man am 17. Angost nnd ancb noefa am
18. niebt im Zwmfel darttber gewesen, ob die ganze Bheinarmee
sieb noeb bei Mete befinde oder niebt nnd wo deren reebter Flllgel
m Sachen sei, welche Gewilsheit den 18. Aogost weniger blutig gestaltet
haben durfte. In Anbetracht dessen, dals aber von der selbständigen
Kavallerie der ersten Armee sich nicht ein Pferdeschwan/, auf dem
linken Moselufer nördlich Metz bet'aud, muls es übrigens noch alb
ein Glück bezeichnet werden, dal's die zur Aufsuchung der Ver-
bindang seitens der 5. Kavallerie-Division in nördlicher Kichtnng
entsandte Eskadrun Wultfeii der U>. Ulanen schon bei Jarny an der
Ausftihrung ihres Auftrajres scheiterte. Die 3. Kavallerie-Division
sah sich im ganzen Verlaufe des Krieges- nicht wieder vor so be-
deutungsvolle Aufgaben, wie in jenen Augusttagen gestellt!
Aus ihrer also gegen Metz auf dein rechten Moselufer gerichteten
Stellung meldete sie am 13. August ein grolses Huttenlager diesseits
des Waldes von Grimont, welches sich zweifellos bis Uber die ^trafse
von Bouzonville hinziehe. Kleinere Lager befänden sich auch nördlich
von ersterem bei Chieulles, die feindlichen Vorposten in Linie Failly-
Poix-Servigny. Am 14. hatte die erste Armee in ihrer am 13. ge-
nommenen Stellung zu verbleiben, also links beginnend, die 1. K&-
▼alieiie-DiTision bei Pontoj, VIL Korps von Domangeville bis Fange,
1. von Conreelles-Chanssy bis Landon villers, Avantgarden bei Port
k Cbaussy nnd les Etangs, 3. Kavallerie-Division bei Vry binter
dem L Korps das VUL bei Biouville und Varize; durch vorge-
schobene Avantgarden war zu beobachten, was der Feind tbnt Am
Schluls des am 18. Angust abends 9 Uhr in Hemy erlassenen Be-
febls beiist es noeb: „Die Kavallerie beider Armeen (der ersten
nnd xwdten) ist mOgliebst weit vorznsebieben nnd bat einen
etwaigen Kttckzog des Feindes anf der Stralse von Mets naob Verdan
sn bennmbigen.'* Bei der dritten Kavallerie-Division blieb indes bis
anf die VorpostenablOsnngen innerbalb des 7. Ulanen-Begiments alles
nnverilndert. Premier-Leutnant v. Mttller IL wurde gegen die Mosel
in Riebtang Malroy entsandt. Noeb diesseits Gbarly sieb zeigende
Kavallerie ging in den Ort snrttok, der sieb von feindlieber Infanterie
besetzt zeigte. Das Pferd des Leutnants v. Mttller wnrde von
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Die 8. KayaUerie-DiTliiaii im Kritge 1870^71. 169
■ehnreo Kageln niedergestreckt, lJDtero£fiuer Bankrath ver-
windet) seio Pferd enebonen. Die Bewecpamgen im feindiiehea
Uger hatten etwa am 8 Uhr morgens eine Alarmierun^
dar Dtfiaion znr Folge. Wenn man zur Zeit glanbte, dafs die
fVuiosen einen Angriff vorbereiteten, so bekundeten die am Nach-
■ittag eingebenden Meldnngen der Räomong von Gbienlles sowohl
wie saeb des Lagers am Walde Ton Grimont das Gegenteil, den
ilnog der Fhmsosen anf Meta. Das daraufhin mittlerweile am 4 Uhr
ilittgehabte Vorgeben der Avan^aide des VII. Korps ftlbrte snr
SeUseht bei Golombej-Konilly. Die sam Teil gerade Gottesdienst
abhaltende 8. Kavallerie-DiTision wurde dnreb den nm 6 Uhr bOrbar
wodenden Kanonendonner abermals alarmiert. Mit der bei Avancy
aaf Vorposten befindlidien 4. Eskadron — die 8. blieb sar Siehe-
isi^ der reehten Flanke bei \igy — ging Oberstlentnant y. Feste!
aaf Foix yor, woselbst er eine gegen das feindliehe Feuer gedeckte
Slelliing nahm and naeh ViUers TOrme beobachtete. Die 1. and.
t Eskadron waren anf 8t Barbe gefolgt, woselbst sie sieb später
der Division anschlössen. In einer Aufstellung nordwestlich Retonfay
deckte dann, der Aufforderung' des Generals v. Pritzelwitz ent-
sprechend, die Division die Flanke der auf diesem Flügel betindlichen
2. Infanterie-Division. Als die Spitze derselben bereits im l»c|j:nil
war, über den Abschnitt bei Nouilly sich gegen die bei Mey seitens
der Franzosen zorUckgelasseue Division Grenier zu wenden, ^^riffen
die wieder Front machenden Divisionen des IV. frauzusischeii Korps
in den Kampf ein. Zur unmittelbaren Unterstützung der Division
Grenier rückte die Division Cissey vor. Der Nouiily-xVlischiiitt
mulste daher diesseits zunächst wieder «geräumt werden, Noisseviiie
•ber wurde behauptet. Einer feindlicherseits beabsichtigten üm-
gebung des prenfsischen rechten Flügels über Villers TOrme zu be-
gegnen, war vorerst das Füsilier-Bataillon 4. Regiments nach Ser-
ngny entsandt werden. Auch die 5. l./l. war aus ihrer Stellung,
welche sie mit der G. 1./I. an der Krasserie iune gehabt hatte, ia
eioe Stellung nordöstlich Noisseviiie gebracht worden, um aus dieser
erforderlichenfalls das Bataillon in Servigny sn unterstützen. Hechts
neben dieser Batterie trat unter Bedeckung der 4. Eskadron der
5. Ulanen zunächst die reitende Batterie der Kavallerie-Division
io Thätigkeit, später kam noch hinzu die 5.8chw./l. Die G. schw./I.
ging gleich weiter nördiich zwischen Servigny and Foix in Stellung
Ihr folgten wegen nicht genügender Wirkung gegen die feindlidie
Artillerie bei ViUers l'Qrme die 5. schwere bis y.or Südwestecke too
Servigny und die 5. leiebte bis nnmittelbar nördlich dieses Ortes.
Die reitende Batterie der Kavallerie-Division ging aber sogar noch.
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170 8. Ksvalleiie-DlTisloii im Kriege 1870—71.
Uber Foix hinaus ond nahm darauf auf dem äalsersten rechten Flügel
4ID der BonzonvUleer Stra£se Stellung, ans welcher noch etwa 30
Granaten mit anscheinend guter Wirkung Terschossen wurden. Die
-beabsichtigte Umfassung der Franzosen kam nicht zur Ausführung.
Das zwischen Mey und Villers l'Orme gegen 8 Uhr abends auf Servigny
Torstofsende Bataillon traf die feindlichen Batterien schon nicht mehr
um. Za Zusammen stöben mit feindlicher Infanterie kam es noch
versohledentlieh. Es waren aber die letzten Yorstöfee des abziehen-
•den Feindes. Die Eigentümlichkeiten des Geländes nnd der Gefechts-
läge schlössen jedes Eingreifen der KaTallerie ans, was schon dar-
»ns henrorgeht, dats sttmtliohe auf dem GefechtdiBlde befindlichen
^3 Sehwadronen mit zusammen 7250 Sttbeln im ganzen nur 21 Mann
verloren. Davon kommen aaf die 3. Karallerie-Division 1 Mann
(Artillerie), 2 Pferde (7. Ulanen) tot, 1 Mann (7. Ulanen) nnd 2
Pferde (5. und 7. Ulanen) yerwnndet. Die 3. KaTallerie-Divioiony
welche nach eingebrochener Dunkelheit wieder ihre Biwaks beiw.
Stellongen bezogen hatte, mulste noch im Laufe der Nacht auf das
Schlachtfeld des Tages vorher abrücken, um das Fortscbafibn der
Verwundeten und das Zusammenbringen der Leichen zu sichern.
Mangels anderer Verwendung ist das auch eine Thätigkeii In Ans*
ttbung dieser streiften Patrouillen der 3. Kavallerie-Division bis
an das Fort St. Julien. Am 15. August früh 9 Uhr bezog sie ein Biwak
bei Avancy und setzte die Beobachtung aur Metz fort. Die Vedetten-
linie befand sich nunmehr in Linie Servigny-Charly und dehnte sich
von dort bis Malroy aus. Der Hinweis in dem vom grofsen Haupt-
quartier am 14. abends erlassenen Befehl, dafs durch die anderweitig
gegebenen Vorschriften eine Vorwärtsbewegung der Ii. Kavallerie-
Division nicht beschränkt sei, ändert an der Sachlage nichts. Am
IT). August marschierte die Division nach Meeleuves ab, um
dort als Bindeglied zwischen dem nach Laquenexy und Courcelles
sur Nied gelangenden I. Armeekorps und den auf Arry, Sorry und
Marieulles bezw. Sillegny und Pommerieux gegen die Mosel links
abmarschierenden Korps VIII und VII zu dienen. Diesen Abmarsch
deckte nördlich gegen Metz die erste Kavallerie-Division bei Key.
Die rtlckwärtige Sicherung des 7 Stunden währenden Marsches der
3. Kavallerie-Division nach Meeleuves war dem noch immer auf
Vorposten befindlichen 7. Ulanen-Regimente Ubertragen worden. Es
sammelte sich bei Avaucj nnd folgte der grofsen Bagage der Division
Uber St Barbe, Colligny, Courcelles sur Nied, eine rechte Seiten-
deckung ging Uber Flanville, Ogy. Laquenexy. Als dann am 17.
•das VIL Armeekorps und die 1. Kavallerie-Division bei Comy, das
VIII. aber bei Any die Mosel Überschritten bezw. dazu bereit gestellt
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Ans dem Kitoge 1807—14.
171
wirdeD, ging die 3. KavaUerie-Division zur Decknii«: dieses Über-
pnp'^ und der auf dem rechten Ufer zurückbleibenden Trains gegen
Metz in eia Biwak bei Coin-les Cnyiy. Um */,7 Uhr abends wurde
lUsselbe bezogen. Das bei Fey zunächst noch seitens der 1. Ka-
TtUerie-DiTision znrtlckgelassene 9. Ulanen-Regiment wurde durch
das 8. Kttrasder-Begiment abgelöst Dasselbe sehob je eine Eskadron
ueh Joay aax Aiehes und Angny znr Beobaohtnng von Metz Tor.
Die Vorposten des Gros der 8. Kavallerie-DiTision, die die 1. und
i Eskadron der 14. Ulanen hatten, schlössen sich in Linie Marly sor
Seflie, Cnvry ond Flenry an. Die getroffenen Sicberheitsmalsnidinien
galten vornehmlich der fiewaohnng des Raumes zwischen Mosel und
Seille. Als am 18. nachmittags dann die 5. Ulanen mit ihrer 4. Eskadron
die Kürassiere, mit ihrer S. die 14. Ulanen abgelöst hatten, befiuiden
neh die 1. und 2. Eskadron als Vorpostengros hd. Prayelle. Bei
Marl) und Augny kam es am Morgen des 19. August zu Yorposten-
lehtnnfltzeln. In dem bei letetgenaontem Orte fiel Sergeant IHekow.
Ad folgenden Morgen lOsten die 1. nnd 2. Eskadron die 8. nnd 4.
auf Vorposten ab. Der zu sichernde Abschnitt betrug ftir jede
Kskadron etwa Meile, für das Regiment also P/j- Das Gros
desselben befand sieh von dem am weitesten vorgelej^cneu Augny
nur Meile entfernt. Die Stärkenachweisuiig der 3. Kavallcrie-
Dinsiou wies in jener Zeit 23G5 Pferde. G Geschütze auf.
(Fortsetzung folgt.)
xin.
Aus dem Kriege 1807—14.
AufiMiohnimgen eines dänischen Offioiers.
HenuugBgoben von seiner Todhter.
(Fortsetzung.)
In Rendsburg verbrachte ich die Zeit mit Wacbtdienst; denn wir
Leutnants hatten Wache bei Holsteins Tborwaohe oder Kronwerker
Thorwache. Auf der Kronwerker Thoiwaebe wurde ich in einer
Naebt von der Schildwache beransgemfen. nm einen Reisenden an
examinieren. Zu meiner groben Freude erkannte ich in der mond-
hellen Kaebt eben Freund ans Kopenhagen, Leutnant y. ROnne
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172 Ans dem Kriege 1807— U.
Ton „des Kdnigs Be^ent", weldher in demselben Jahre wie ieh das
Oflizienezamen gemachti aber jetzt schon den Abschied genommen
hatte, nm in msdsehe Dienste zn treten.
„Hast du nicht Lnst»^ fragte er, „mit mir nach Bnfsland so
gehen, denn in Dänemark kommt man doch nicht vorwftrts?'' —
„Nein, ich danke,^ erwiderte ich, „wir haben selbst Aassiebt, Uber
die Grenze m marschieren und daim lab mich auch erst hören, wie
es dir im rassischen Dienste geht** — Anf diese Frage bekam iob,
ehe ein Jahr verflossen war, in Rendsburg mttndlichen Bescheid, denn
V. Köune und ich stielsen als Feinde bei Sehestedt am 10. Dezember
1813 zusammen. Rönne, welcher schon Kapitän war, wurde mit
seiner {ganzen Kompagnie, die zu der rassisch-deutschen Legion ge-
hörte, gefangen genommen und mit den übrigen Gefangenen nach
Rendsburg gebracht, wo sie — ein Jahr später — dasselbe Thor
passierten, durch welches v. Rönne jetzt von Kopenhagen kam. Er
war nicht nur Kapitän geworden, vsonderu hatte obendrein einen
russischen Orden bekommen. Kapitän v. Rönne war in Glückstadt
geboren, wo seine Eltern noch lebten und sein Vater königlicher
Proviautverwalter war; es war deshalb am so schändlicher von ihm,
gegen sein Vaterland zu kämpfen.
Nach doni traurif^en Frieden wurde er mit den andern 23 ge-
fangenen Offizieren und 603 Mann ausgeliefert und v. Rönne ist jetzt
— wie zuverlässige Nachrichten sagen — General in russischen
Diensten und Kommandant der Festung Zamoss in Polen.
Während er in kaom einem Jahre zum Hauptmann avancierte,
war ich zweinndzwanzig Jahre Leutnant, che ich Kapitän wurde. ^)
Kaum war ich einige Monate in Rendsburg gewesen, als die
blanen Speciesthalerzettel von ihrem Werte von zwei Specien za
einem Werte von achtzehn, höchstens zwanzig Schilling lUbisch fielen.
Man kann sich nun denken, wovon ein Fähnrich oder Sekondleatnant
mit der niedrigsten Gage za leben hatte, wenn er nar 15 Reichs-
thaler des Monates bekam nnd doch die blanen Speciesthaler em-
pfangen sollte, welche nar 18 Schilling Ittbisch galten.
Also war unsere Gage des Monats nur 2 Reichsthaler, 39 Schill
Ittbisch oder 3 Reichsihaler Knrant, welches das Allerhöchste war,
wozu wir es bringen konnten. Zu derselben Zeit molsten wir
1) Avancements geschahen regimentsweise, dies hatte snr Folge, dafs
bei einer Abteilung sehr alte Leutenants standen und bei einer anderen
sehr jnngp Kapitäns. V.s ging im ganzen sehr langsam mit dem Avancement
und öükondleutnant» vur der Zeit des Krieges 1818 waren noch im Jahre
1843 SUbekapitäns. Es waren Ot6dexe, die 28 Jahre Leatnants blieben. (Ana:
.Unser VoUl Im Jahre 1897, herausgegeben von Wilhehn Osteigaard.)
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Aus dem Kriege 1807—14.
173
5 Ri'ichsihaler Kurant fUr Mittagrsessen bezahlen, das wir uns also
fast gauz aus dem Sinne schlagen mai'sten oder das wir doch bei
weitem nicht jeden Tag g^eniefsen konnten, denn für einen Offizier
^iebt es Aasgaben rUcksiehtlicb seines Anznges, welche notwendiger
als die anderen LebensbedUrfiiisse sind, da kein Mensch sehen kann,
ob er etwas im Magen hat oder nicht, ist er aber schlecht gekleidet,
Terüert er in Aller AehtongJ) Dies £lend daaerte fast ein ganzes
Jab.
Man kann sieb wohl nicht wandern, dato wir seelenfroh waren,
als wir Marsehordre von fiendsbnig bekamen, am einen Feldzng mit-
mmacben, denn Jedennann wniste, dafo die Leatnants nicbt soviel
Gage batten, dafs sie monatlich das allerdllifägste Hittegsessen be-
nUen konnten. Unteroffiziere und Soldaten bekamen Terhältnis-
nifing eine ebenso geringe L5bnnng und kaum waren wir ans
Bendsbnrg, als wir sangen: Aeb Rendsburg, acb Bendsborg! yer-
flncbtes Jammertbal n. s. w. nnd eine allgemeine Frende bemScbtigte
sieh der Gemüter.
Keamttnster. Den 24. Jnni 1813 marsebierten wir bierber.
Wir sind heute 5 Heilen bei anfeerordentlieb greiser Wttime nnd
auf sandigen Wegen marschiert. Besonders war der Weg Ton Bends-
borg bis NortofI sehr sandig mit freiem Terrain.
Kllsen bei Segeberg. Den 25. Jnni marschierten wir bei
grofeer Hitze nach KUsen, einem Dorfe in der Umgegend von Sege-
berg. Das Bataillon hat hier beinahe einen Monat kantonniert. Ich
logiere bei guten Hauerleuten. Wie ist es doch angenehm und cr-
qniekend in der freien, schönen Natur, wenn mau den Aufenthalt in
Rend^bin-fr damit vergleicht! Hier fühle ich mich so t'ndi und gluck-
lich w iv der Vogel in der Luft. Ich liekomme gesunde und reinliche
Nahrung and holsteinische Klölse, die so grofs und hart sind, dafs
luan Menschen damit tüten könnte, wenn man seinen Feind gerade
in seinen Hirnschädel träfe. Das Einzige, was wir in dieser Zeit
gemacht, ist. dafs wir zweimal in der Woche brigadenweise auf der
grofsen Segeberger Heide exerziert haben. Ich habe 2'/^ Meilen zu
dem Exerzierplatze und Kapitän v. Bie hat Uber drei Meilen dahin.
Da die Soldaten mit vollem Gepäck und mit Feldkesseln sich am
') Während des Kriegen kam das (ieldwesen Dänemarks in die traurigste
Verwirrnng. Staatsanleihen im Auslande waren unter diesen Umständen nicht
zu erhalten, und uian griä deswegen zu einem Mittel, welches auch trüher be-
ntrt woifbm wv, nlmliob Zettel «mutoUen, oho« dab mia den eatspreoheDdeB
Wert beuie. Als eine Folge der anfterordanftUehea Vermelirang der Zettel-
naiBe, fir w<ddie man keine Sicherheit hetfee, sank das Papiergeld tief oater
Miaea aDgegebenen Wert (Maoh £, P. AUea. pag. 609.)
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Aus dem Krieg» 1807—14.
6 UliT moigens auf dem fizenierpUitze dnstellen rnttsaen, so manehiere
ich mit meinem Kommando von 24 Mann and 2 Unterolfizieien des
Abends am 10 Ulir von Kttsen, stolto mit dem ttbiigen Teüe der
Kompagoie ond des Bataillons anf dem Ezenderplafase om 5 Uhr xn-
sammen, halte eine Stande Rast ond ezendere Ton 6 bis 11 Uhr
auf einer groben Heide, wo wir im Heidekraut bis an die Knien
marschieren. Bisweilen haben wir mit Kreuzottern zu kämpfen, wenn
wir sie zu hart treten, und kleine Eidechsen schleichen sich unter
unsere Stiefeletten. — Erst um 6 Uhr abends sind wir zurück zu
unseren Quartieren gekommeu, in hohem Grade ermattet. Da wir
keinen Wagen mit uns gehabt haben, haben wir den nächsten Tag
einen Wagen absenden müssen, dt'nn solcher Hin- und ZurUckmarsch
und solches Exerzieren in grol'ser Hitze, auf einer Heide mit hohem
Heidekraut, ist weit mehr augreifend als ein Marsch von vielen Meilen.
Vielleicht kommt es auch daher, dafs die lange Hungerkur in Kends-
burji- uns noch in den Beinen sitzt. Wir haben so zweimal in der
Woche Brigadeexcr/ieren und einmal Exerzieren im Kantonnement.
Lübeck, den 2S. Juli 1813. In dieser jrrolsin und schönen
Stadt logieren wir brillant und bekommen täglich Tafelgelder von
der Stadt, Aufser unserem ersten Bataillone „Fünen" liegen hier in
Lübeck das .,Schleswig8che Infanterieregiment** und ,Jtitländische
Dragoner*' samt 6000 Mann französischer Truppen. Wir stehen
alle anter dem französischen General Tbiöbaalt, dem alle Offiziere
heute nach dem Einzage vorgestellt wurden. Er ist ein freundiicber»
BcbOner junger Mann. Er hatte die rechte Hand in der Binde, weil
seine rechte Schalter von einer Kugel verletzt ist.
Meislinge, den 5. Angnst Meisiinge ist ein sehr grofses Dorf.
Wir sind hier znm eistenmale aaf Posten gegen den Feind.
Lttbeok, den 10. Aognst 1813. Den 6. Angost kamen wir aber-
mals bieiiier. Da der WaffenstiUstand am 15. Angnst, dem Geborta-
tage Napoleons, zu £nde gebt, nnd wir am diese Zeit vor dnem
Angriff nieht melir rieber sein können, haben wir bente, den 10. —
mr Fder des Tages — gio&e Parade, IfanOver and Revne tot dem
iranzOsisehen General T bii b an It gehabt. Danach wurden alle Offizieie,
UnteroiBziere ond Soldaten za einem brillanten nnd kostbaren Diner
▼or dem Mtthlentbore eingeladen. Wbr speisten in der schonen Allee,
wo Tische gedeckt nnd Stflble yon den Einwohnern LttbecliB hinge-
stellt worden waren. Damit alle französischen nnd dänischen Offiziere
Gelegenheit haben kannten. Bekanntschalt mit einander zn machen,
kam je ein tinischer Offizier bei Tische zwischen je zwei französische
Offiziere zu sitzen. Auf allen Tellern und Coaverts lagen geschriebene
Zettel, auf denen stand: Französischer Offizier. Dänischer Offizier.
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Am dem Kriege 1807—14.
175
- hh hatte bei Tisehe auf der lecliteD Seite dnen scbOiien Artillerie*
lipitäQ mit eiDem sonneDTerbraonteD Gesiebte und vielen Orden nnd
«f der linken einen In&nteiielentnant, die beide sebr frenndlicb
gegen mieb waren nnd die Haltung and ManOver der dänieoben
Trappen sehr lobten. Eine Menge Toaste wurden gehalten; besonders
wnrde auf Kaiser Napoleon nnd Friedrich den Sechsten getronken,
(h nicht allein der höchstkonmiandierende französische und dänische
General das vorschlugen, sondern auch aber und abermals zwischen
iicti Iraüzüsischen und dänischen Subaltern-Oftizieren solche Gesund-
heiten in den ältesten und besten Weinen, die die französischen
Kommissäre in Lübecks Weinkellern hätten auftreiben können, aus-
gebracht wurden, 'rrotzdem hatten alle französischen und dänischen
Offiziere bei Tische ein so feines Betragen gezeigt, dafs kein i'ur/Ap'v
Offizier berauscht war. Der schöne französische Artilleriikapilän
Dobois trank auf meines tiegiuieotes Wohl: „Monsieur! la saut^ du
regimeut de la Fionie.'*
Ich tiank auf das Wohl der französischen Batterie und darnach
mit meinem Nachbar zur Linken , dem L« utnant der Infanterie
Daperre, auf das Wohl des 126. Infanterie-Keginients. Der fran-
zösische Offizier stellte indessen nicht die Forderung, dafs man bei
jeder Gesundheit ein volles Glas auf einmal hinuntergiefst, er ist zu-
frieden, wenn man nnr an seinem Glase nippt oder einen kleinen
Mond voD davon nimmt, denn Völlerei nnd Trunkenheit ist etwas,
was dem ehrliebenden, französischen Offizier widerstrebt.
Nur die ersten Familien Lübecks hatten Eintrittskarten von dem
feuiiteischen „Major du jour^^ fUr die Allee nnd die Nähe der
Offizierstafel erhalten, damit sie sähen, wie die französischen nnd
(iiaischen Offiziere salsen und speisten nnd tranken. Ein» Gruppe
elegant gekleideter Damen drängte sieb so nahe an unsere Stühle,
(Ufs mein liniLer Naehbar eine Dame so empfindlieb ins Knie kniff,
dafs sie lant sehrie nnd Kapitän Dnbois bombardierte die niedlioben
Damen mit Bonbons in Papier mit solcher Gesebiekliebkeit, dafs sie
nie in ihr Gesieht trafen, sondern immer an die volle Brost Die
Mioner, Brüder oder Verlobten der Damen moisten sie znletst üut
dsvoDsehleppen, denn sonst wären sie da stehen geblieben, so lange
vir zu Tisebe salsen.
Unsere Unteroffiziere nnd Soldaten speisten als Gäste bei den
friDsdsisoben Unteroffizieren nnd Soldaten tiefer in die Allee hinein.
— Sobald die Mittagstafie] beendet war, eilten wur nach Lttbeck zu-
rtok, wo am selben Abende ein glänzender Ball Ton dem französischen
General gegeben wurde, leb tanzte die ganze Naebt nnd amOsierte
nüoh vortrefflieb. Eine grolse Anzahl feindlich gesinnter Damen
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Au dem Kiisge 1807—14.
hatte sieb entselmldigt, so dab kein Ball hätte stattfindeii kOnneo.
Der franzOeisohe General sehiokte aber den dienettbnenden Migor sa
den Damen nnd lieft ihnen sagen, dafis, wenn de hente abend nieht
„tanzen" wollten, sollten sie morgen y^sohamen'' nnd anf dem Wall
arbeiten. Das hali^ denn man hatte sehon früher in Lflbeek er-
fahren, dals mit den Fhmzosen nicht zn schonen sei nnd dab der
französische General keine KOrbe annahm. Die Damen kamen tai
den Ball — anfangs gewito mit ernsten Minen. Es dauerte aber
nicht lange, bis die anseheinend kalten Heizen durch den damals so
modernen „Pirwalzer** warm worden und bald sah man nur lächelnde
Oesichter.
Am Mittajre des zweiton Tai^es kam ich mit Mann aui i'ikct-
"Nvaeht* aiii dem Markt in der Stadt, unter dem Kommando eines
französischen Kapitäns, welcher 50 Mann hatte. Meine 30 Mauu
nmfsten daher nach französischem Kommando exerzieren und Hon-
neurs raachen, welches besser g:ing, als man hätte glaul)en sollen.
Sie sahen, wie die Franzosen sich benahmen und machten sogleich
dieselben Wendungen und HandgriÖ'e.
Bald nachdem der französische Major die Wache visitiert hatte,
sagte der Kapitän Godefroi zu mir: , .Kamerad, ich mufs dnrchaus
meine Freundin einen Aufrenlilick besuchen. Sie müssen hier in der
Wache so lange bleiben und sie nicht verlassen. Wenn ich zurück-
komme, können Sie eine Stunde gehen/' — Diesen Vorschlag dachte
ich natürlicherweise nicht zu benutzen und konnte nicht begreifen
wie der Kapitän wagte, seine Wache zu verlassen, deren Bestimmung
es war, ansznrttcken, sobald das Signal eines Kanonenschusses von
der Festung ans verkünden würde, dals der Feind, welcher nnweit
von Lübeck stand, sich der Stadt nähere. Aber was wagt nicht ein
Franzose? Er riskierte mehr als das Leben — er riskierte die Ehre,
denn die Franzosen kennen in solchen Fällen keinen Pardon nnd er
wäre ohne Zweifel kassiert worden, wenn der Kommandant von
seinem unglaoblichen Leichtsinne Kunde eilialten hätte.
Nach Verlanf einer Stunde kam der Kapitän froh nnd heiter
znrttck, nahm seine Pfeife nnd sagte, nachdem wir einige Zeit ge-
sprochen hatten: ,yJetzt können Sie gehen, loh werde anf der Wache
bleiben.^ Ich dankte nnd sagte, dafo es nichts in der Welt gäbe,
was mich verlocken könnte, meine Wache zn Terlassen. Der Kapitän
lächelte, warf sich anf die Erde, indem er einen Vers Ton „sa bonne
amie" snmmte und fing darauf an, mit Kopf nnd Händen sich so
tief in einen grolsen Hänfen Stroh, das in der Stube lag, hineua zu
bohren, dab ich zuletzt nur noch seine Stiefelsohlen sehen konnte.
Ich verbrachte die anfserordentlich schöne, mondhelle Nacht in
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Aus dem Kriege 1807—14.
177
der ang:ene'hmsten Weise, indem ich aufserhaJb der Wachstube spazieren
duiT und es amüsierte mich sehr, zu hören, wie sich die französischen
uad dänischen Schildwachen miteinander unterhielten: auf alle mog:-
lichc Weise suchten sie sich verständlich zu machen und exerzierten
alle Hand^rrifFc miteinander. Weil der Waffenstillstand den 15. Augnst
abgelaufen war, hatten wii- — wie oben erwähnt — den Gebartstag
des Kaisers am 10. prefeiert. Am 15. Augost 1813 morgens um
siebea Uhr wirbelte der Generalmarsoh in den Stralsen Lübecks and
Trommeln, Trompeten und Jiigerbom snoliten am die Wette znm
Kampfe zo rafeu.
Weleh nnbesohreiblicber Wirrwarr, welches Laufen, Kufen und
Schreien von 80 vielen tausend Menschen, die unerwartet gegen den
Feind marsohieren sollten! Viele setzten sich groiseD Unannehmlich-
keiten ans, weil sie nicht sn ihrem Regiment eilen wollten, ehe sie
dnen AbBohiedsknis von ihrer Freundin bekommen und ihr „Lebe
wohl^ gesagt hatten. In den offenen Fenstern sah man die Damen
mit ihren Tttohem schwenken und während wir uns in den Strafsen
vezsammelten, wurden die sonst so schönen funkelnden Augen nafe
Hod Thrftnen fielen auf die harten, gefühllosen Steine.
An dem merkwitrdigen 16. August wurde also der Feldsug
1813 eröffnet
Ben 15. August marschierten wir nach dem fünf MeUen von
Lttbeck gelegenen Oldeslohe in starkem Regen und auf sehr schlechten
Wegen. So begann der Feldsug bei schlechtem Wetter, wie auch
Mine Folgen schlecht fttr Dänemark waren. Dals aber der Friedens-
sehluls fbr Dänemark so unvorteilhaft wurde, daran hatten wahrhaftig
die dänischen Truppen keine Schuld, denn die moralische Kraft und
Kriegerehre der dänischen Nation hat sich nie in einem schönerem
ond ehrenvolleren Lichte ^rezeigt, als in diesem Feldzuge. Nicht nar
der Feind niulste die Taplerkcit der dänischen Triipjien anerkennen,
sondern einer der Adjutanten des General Lallemond hat auch die
ISchlacht bei Sehested für die dänische Nation so ehrenvoll wie
iüö{:lich beschrieben. Nachdem er seine Anerkennung darüber aus-
gesprochen hat, ,,unter so viel Schwierigkeiten einen so vollkommenen
Oüd glänzenden Sieg bei Sehestedt gewonnen zu haben," fU^^t er hinzu:
„Le g6n6ral Wallmoden (|ui avait voalu s'opposer au passage
des Danois pres de Sehestedt, fut cnlbnt6 ä la baionette. Cette
retraite fait le plus grand honneur ä ThabiUte du prinoe de Hesse." ^)
*) Die obeMB Posten im Koipi warai im aUgemeinai in gvtea HiUden.
Es wir efai gUlokUeher Gedanke von dem KOnlg«, den Ftiaaeii Friedrioh von
Hessen zum Korps-Chef zu ernennen. Ohne mit hervorragend geistigen Fähig-
keiten begabt zu sein, besafs dieser General — ein sohttner Minn von 42 Jahren
JakrhMiM Ut Um dtntMhe Am«« wd Maria*. Bd. Iii, i, 12
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Aus dem Kriege 1807—14.
Den 16. Augast marschierten wir von Oideslohe nach Ahrens-
burgs und den 17. nach Högsdorff. In zwei Nächten biwakierten
wir in der Nähe dieser kleinen Stadt. Den 19. marschierten wir
weiter, passierten in der Nacht den pTafsen Sachsenwald in Lauen-
burg und erreichten des Morgens, sehr ermattet, Schwarzenbeck, wo
wir abermals in der Nacht im Walde biwakierten. Den 21. hielten
wir Nachtlager yor dem Gute Grese und den 22. bei Caniin, wo wir
zum t rstenmale auf einen Haufen Kasaken stiefle n. Sie glanbten
eine gute Beute zu machen, wurden aber zurückgeschlagen. In der
Nacht, während ich auf Feldwache war, hörte ich deutlich die Signale
der Kasaken nnd ihr Geheul, das wie das wilder Tiere klang.
Den 23. mäisobierten wir ins Biwak jenseits Wittenboig. Auf
fferfidp die notwendigen EifTPnsohaften, sowohl körperlich als moralisch, um
seiüü Autgabe bei der fjef^enwiirtigen Gelegenheit m lösen Der Prinz hatte
eine ausgezeichnete Unterstützung. Unter den Brigadechefs warScbuienbnrg,
weleher Ib der ittsaieohen Amee wihriBd des Krieges gegen Sehwedn ia den
Jahren 1788 --90 mit Anasdoluuuig gedient hatte, ein sehr tBehtiger, erfthreneri
alter Soldat.
Die zwei Brüder, der unerschrockene O. C Bardenfleth als Chef des
(if-neralstabes und der elegante t>iedrioh Lövenörn-B anl entleih als Sous-chef
wären die Zierde jedes Generalstabes gewesen. Sie waren beide anf der Höhe
der Militärwissenschäti. Bei un» hatten sie den (jleneralstabsdienst von Binzer
(L. H. Binser, Brigadegeneral, f 1811), den praktiaohen Dienit von Ewald ge>
leint und lie waren nleht ohne Erfidunng, denn im Generalatabe des leliteren
hatten sie beide an den Erd^ssen bei Lübeck und Stralsund teilgenommen.
(Anszng aiiB „Mitteilungen von den Kriegearohiven** von dem üeneralatab« im
Jahre IhUb herausgegeben.)
Prinz Friedrich von üesaen, geboren in ^Schleswig den 24. Mai 1771,
war tia Sohn des Lani^itafen Carl Ton Heaaen nnd der dfaiafJiwn Pkinieatfn
Loilae. Doroh ebien meiateihaft auagelOhrten Bttöking über Oideslohe, Segebeig
nnd Kiel und unter fast ununtetbroehenen Kümpfen, bei Boden, Rahlstedt
Bornhr»vod iind bei Sehestedt, den 10. Dezember, wo ein glänzender Sieg ge-
wonnen wurde, gelang es dem Prinzen, Rendsburg zu erreichen Den 1 1 De-
zember hatte er das ganze Korps innerhalb der Mauern gesammelt. Im .labre
1816 wurde ihm die Führung der beiden iiiilsiiurps, welche Dänemark ^egen
Aankreleh auarttatete, tibertragen. Das erste Icam nnr bis naoh Bremen, daa
Eweite aber ging nach Frankreioh, wo es, an der Okknpationaarmee gehörend,
bis 1818 unter Kommando des Herzogs von Wflillagton stehen blieb.
Das Kor]»s hinterliefs ein seh?mes Andenken durch das gute Verhältnis zu
den Einwohnern, durch seine meisterhafte Mannszucbt und seine vorzügliche
Ausbildung.
Anf Gottorp, wo der Prinz als Statthalter in den Herzogtümern und Ober-
pritsident in der ProTiniiahregleraiig wohnte, feierte er den 1. Oktober 1888 aein
aeehzigjährigea OffiaiersjnbiUlQm. Anf aelD Geaneh wude der Print nnmlttelbar
vor der Armeereduktion 1842 aus dem Dienste entlassen und zog sich auf sein
Out Panker in Holstein zurück, wo er den 24. Februar 1845 starb. (Ans:
Dänisches biographisches Lexikon, herausgegeben von Bricka).
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Ans dem Kriege 1807— U.
179
len Manche dahin stttnte plötadich ans dem Walde ein Hänfen
Kosaeken mit gefüllten Lansen, Gehenl nnd GebrUll, weil sie nns
aber wegen der grolsen Entfemnng nicht znm Schieben bringen
konnten, verfolgten sie nns nioht Ulnger.
Den 24. rückten wir dicht hei Schwerin, der Hauptstadt des
Herzogtums Mecklenburg, ins Nachtlager. Der regierende Fürst war
^flüchtet. Die JStadt ist grols, aber alt, finster und hiiislich mit
rtT/en(U*r romantischer Umgegend. Vom 24. August bis zum 1. Sep-
tt'iiiher lagen wir ganz unthätig im Biwak aufserhalb Schwerins.
Keiner von uns war auf Wache, denn die franzitsisch-dänische Avant-
garde stand in Wismar und hielt damals den Feind in Schach. Die
einzige Bewegung, die wir uns machten, war, dafs wir fast jeden
Abend mit den niedlichen Damen Schwerins, die durch unser Musik-
ehor herausgelockt wurden, tanzten.
Ein dänischer Leutnant v. K. tanzte so ausgezeichnet ..I'irwalzer**
mit t'inem Fräulein B., dafs er dadurch diese ungewöhnliche Schön-
heit eroberte. Nach dem Frieden reiste er nach Schwerin, erneuerte
die Bekanntschaft und heiratete das reiche Fräulein, wodurch er
Besitzer von einem der schönsten Güter in Mecklenburg wurde.
Nachdem er seinen Abschied genommen bat, lebt er in glUclüicher
£be mit einer liebenswürdigen and schtHien Frau.
Mit betrübtem Heraen war ich oft Zeuge des unberechenbaren
Verlastes, den die unglücklichen Landlente in der Gegend von
Schwerin erlitten, denn all das schöne Kom, welches eben reif zur
£nite war, wurde niedergetreten oder heransgeiissen. Man brachte
es in unser Biwak, um Hütten darans SEn machen. Die reich be-
deckten Weizenfelder, die die fleilaigen Besitzer erfrent nnd ihnen
Lohn fttr ihre Arbeit versprochen hatten, wurden in wenigen Tagen
gins yeroichtet nnd kein Landmann bekam anoh nnr einen Wagen
voll m sein Hans. Seine Ktthe, Schafe, sein Geflttgel, alles wnrde
ihnen geranbt nnd viele flttchteten mit ihrer Familie weiter ins Land.
Es hätte anch der Unmenschlichkeit der fransösischen Kommissäre
bei der Verproyiantiening eine Grenze gesetzt sein sollen, denn wir
liatten oft 2—300 Stttck Vieh im Biwak, weit mehr, als wir nOtig
hatten nnd yiele gingen sn Gmnde, weil ihnen die Verpflegong fehlte.
Oabd verlor der reiche Gntsbesitzer oft kein einziges Stttck Vieh,
weil er die (hinzltsischen Kommissäre mit Geld bestechen konnte,
während man die letzte Koh des armen Mannes forttrieb, ohne die
Thräoen nnd Bitten der nnglttoklichen Familie zn beachten. Von
diesen gefühllosen, geldgierigen Kommissären war keine Schonung,
kein Ififleid zn erwarten. Unter dem Befehl eines französischen
Kommissärs wnrde ich eines Tages mit 30 Mann dazu kommandiert}
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Aus dem Kileg« 1807—14.
bei dem fiiDtreiben des Proviants zn assistieren und ich wurde voll-
kommen von der Ungerechtigkeit, Betrttgeiel and Grausamkeit dieser
Kommissäre ttberzeagt. Es kam mir vor, als ob man die gröfiiteii
Verbrecher der französischen Nation zu Kommissären ansgesacbt hätte;
denn der französische Offizier ist gnt nnd edel. Manche zeigten bei
verschiedenen Gelegenheiten frenndUche Schonung gegen die Schwachen
nnd Überwundenen, ja oft teilten sie ihren letzten Proviant mit den
nnglttcklichen Menschen.
Den 1. September bekam unser Bataillon den Befehl, die 6|vfd.
Batterie des Kapitiin KoQes zur Avantgarde in Wismar zn eskor-
tieren, wo wir am folgenden Tage frtth morgens ankamen uad
Biwak aulserhalb der Stadt bezogen. Der französische General
Lallemond kam gleich zu uns geritten. Es war ein selten schOner
janger Mann, 28 Jahre alt nnd ein aasgezeichneter Reiter. Er trag
eine geschmackvolle Husarenunifonn, die aber nicht ndt Gold und
Silber ttberladen war.
Der General lad den Oherst von Gasten ier nnd von jeder
Kompagnie einen Offizier zum Ball abends in Wismar ein and befahl
seinem Adjutanten, dnls von Wismar sogleich zwei Flaschen Wein
für jeden Offizier und Branntwein für die Soldaten ausgeliefert werden
solle, um, wie er sagrte, den vollständigen Sieg, welchen die Fran-
zosen neulich bei Bautzen über die Alliierten gewonnen hätten, zu
feiern. Durch seinen Adjutanten liefs er zugleich einen langen Sieges-
bericht von dem Generaladjutanten Napoleons an den Prinzen von
EckniUhl (Davoust), unter welchem wir alle standen, vorlesen.
General Lallemond bat unsern Oberst, uns den Inhalt des Kapports
auf Dänisch mitzuteilen und sagte, dafs wir in einigen Tagen zu der
groisen Armee unter Napoleon marschieren wUrden.
Nun entstand grofser Jubel in unserem Biwak Uber den ge-
wonnenen Sieg und Uber die Aussicht, zu der ^rrolsen Armee zu kommen.
Viele französische und dänische Offiziere kamen zn uns und es wurde
getrunken und die Gesundheit Napoleons und des Königs von Däne-
mark wurden so laut nnd so oft ausgebracht, da&s uns fast der
Atem verging.
Da der Premierleutnaot v. Sibbem von unserer Kompagnie nieht
Lust hatte, auf den Ball su gehen, bekam ich die Erlaubnis, an
seiner Stelle su gehen und obwohl ich die ganste vorige Nacht
marschiert war, freute ich mich unendUch, tanzen zu sollen. —
Einige Stunden, ehe der Ball beginnen sollte, bekam aber unser
Bataillon Befehl nach Rateeburg zo marschieren. Dies war ein
unerwarteter Donnerschlag uns; denn das war ja eüi BetirieceD
statt zn Avaneieren.
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Aus dem ünege 1807—14.
Ibl
Jetzt be<:aim der unglückliche KUekzuj? in der Nacht durch
Gadebusch nach Uatzeburgr, wo wir mit der französisch-dänischen
Hauptamiee zosammenstielsen. Die französisch-dänibche Avantgarde
iog sich von Wismar nach Lübeck /.uriuk. Den 3. September 1B13
kamen wir nach Kendsburg und jenseits der Stadt gruben wir uns
in die Erde und boiten Bäume und Zweige von dem Walde zum
Dache.
Einige Tage, nachdem wir nach Katzeburg gekommen waren,
erhielten wir die Bestätigung, dafs Napoleon wirklich mit seinen
Rekruten die Alliierten bei Bautzen und Lützen geschlagen hatte.
Da das Glück ihm abermals zu folgen schien, glaubte er, nicht der
französischen und dänischen Truppen unter dem Prinzen von Eck-
ntüü zu bedürfen und befahl dem Prinzen, sieh nach der dänischen
Grenze zurückzuziehen and ein wachsames Auge auf Dänemark und
die Hansastädte Hamburg nnd iiUbeok zu haben. Napoleon aoU
Qämlicb kein rechtes Zutrauen zu dem Bündnis mit Dänemark ge-
habt haben, obwohl der Prinz von EckmUhl in mehreren Rapporten
u ihn den Mat, die Trene und die Tapferkeit der dänischen Truppen
nmt dem guten EinverstiindniB zwischen den französiaehen nnd den
diniflohen Trappen gelobt hatte.
Den 4. Oktober morgens yerliefs onaer Bataillon im Verein mit
nrei Schwadronen Hnsaien das Biwak bei Ratzebarg, am sieh aof
Um Gate Gadaa zweier Landkarten za benülchtigen, welehe der
ftioz za haben wünsehte.
Seme Spione hatten gemeldet, dafs diese Karten an der Wand
im Sehlafisimmer des Gatsbesitzers hingen. — Der Feind stand mit
Minen Vorposten angefähr eine Viertelmeile diesseits des Gates and
molrte also auf die andere Seite znrttekgeworten werden. Erst
(tieften wir aat die Vedettenkette des Feindes, welehe Feaer gab
und sieh dann zn ihrer Wache zoriickzog; and nnn begann von
beiden Seiten ein heftiges Tiraillearfeaer. Der Feind sachte die
Gebände za deeken, mafste aber nach Verlauf Ton zwei Stunden
weichen. Einer von unseren Husarenoffizieren ritt mit einigen
Hasaren in den Hof hinein, ging in das Schlafzimmer des Guts-
besitzers, nahm die Karten und empfahl sich. Als unsere Bestimmung
erfüllt war, kehrten wir in unser Biwak zurück, ohne von dem
Feinde vitIoIl^i /.u werden.
Im Biwak lagen 4000 Manu dänischer Truppen; die übrigen,
Intauterie, Kavallerie und Artillerie waren in der Nähe untergebracht,
lu der Entfernung von ungefähr einem Kanonenschusse lagerten
Fr.inzuseu, die uns immer sehr hötiich emptingen, wenn wir
sie besuchten.
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182 Aus dem Kri«g0 1807—14.
Wir hatten böebBteiis 2 oder 3 l^bte frei, sonst waren wir
fortwährend anf Feldwaehe. Anlserdem war ieh mit 30 Hann oft
snr Hilfe der anderen Vorposten beim Weilsen Hiraeh, Salem und
Kogels einem Gnt, wo wb zweimal in einer Naeht angegriffen
worden. Das Terrain war nttmliob sehr eonpiert nnd es war sehr
sehwierig, den Feind zn entdeeken, ehe er dem Hofe ganz nahe
war. Sobald aber die Kasaken bemerkten, dafo nnsere Gewehre
im Regenwetter aneb Fener geben konnten nnd aneh nnr ein Ka-
sak gefaUen war, ergriffen die andern gewöhnlich sogleieh die
Flucht. Diese Kasaken, welche so gefürchtet waren, hatten einen
solchen Respekt vor unserer Kavallerie, dals 20 — :10 Mai)n davon
genügten, um einen Hänfen von ungefähr lOO Kasaken in die Flucht
zu jagen. Ihre Tüchtigkeit besteht darin, ihre Feinde in der Nacht
zu alarmieren, zu entkräften, und zu ermüden, fast keine einzige
Nacht liefsen sie uns in den 71 Tagen, die wir bei Ratzeburg lagen,
in Ruhe. Bisweilen alarmierten sie uns mehreremale in einer Nacht,
und da wir in der Finsternis nicht wissen konnten, ob es viele oder
wenige waren, mulsten wir jedesmal in unseren Versohanzun«ren auf-
marschieren. In der Dunkelheit der Nacht suchten die Kasaken
ihre Ungeschicklichkeit als Krieger zu verbergen, denn sie griffen
uns nie am Tage auf ritterliche Weise an, und wenn wir wach
waren, wollten sie nichts mit un^ /n tliun haben. Sie sind vortreff-
lich zum Vorpostendienste zu geitrauchen und so haben auch die
Russen ihre meisten öiege dnrch den onermttdlicheu Diensteifer der-
selben gewonnen.
Bei Salem war ich oft mit 30 Mann anf Vorposten anter dem
Befehl des Kapitains T. Wegener mit seiner Kompagnie von den
Schleswigschen Jägern. Am Tage standen wir in der Stadt, aber
in der Nacht zogen wir nns in den grofsen Wald hinter der Stadt
znrttok, nm nns gegen einen plötzlichen Übei&ll zn siehem.*)
') In einer Nacht, als wir um das Wachtfeuer iu dem grofsen Walde
safsen, k.nmen acht deutsche Deserteure zn uns. Es war oft amilsant, den
Lebunälaul «iniger dieser Deserteure zu hüreu und zum Zeitvertreib lernte ich
ein origineUoB Tibaksltedohen von efaieni prenftteoheii Hnssrankorporal:
So oft ich raeine Tabakspfeife
Mit grutem Knaster angetUIlt,
Sie nur zum Zeitvertreib ergreife,
Seh loh in ihr mein Ebenbild:
V Sie giebt mir diese Lehr dibeli
Dafe ieh defselbea Shalieh seL v
Die Pfeife ist von Thon und Erde,
Und ieh bin gleiehfirilB draus gomaoht,
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i
Aus dem Kriege ld07 — 14.
188
Anfangs waren die Deserteure eine grnte Prise fllr uns, die wir
inf Vorposten staudt-n, ilcnn wir konnten einem Deserteur ein sehr
fut aufgesatteltes Pferd für 5 Thaler Courant, ein Paar KavalU rie-
pistolen fUr 16 nnd einen guten Säbel für 8 lübsche Schillinge abkauten.
Diese Freade dauerte aber nicht lange, denn kurz nachher wurde
befohlen, dals die Deserteure samt ihren Pferden ao das Uaupt-
qiiartier in Ratzeburg abgeliefert werden sollten.
Nach Verlauf von 71 Tagen verliefsen wir am 13. November,
morg:ens 6 Uhr, das Biwak bei Katzeburg. In dieser ganzen Zeit
hatten wir nie unter einem Dach geschlafen und hatten die Kleider
nur vom Leibe bekommen, um Wäsche zu wechseln. — In gleicher
Zeit verliefsen auch die 8ÜÜ00 FraBzosen, welche ans gegeottber
biwakiert hatten, das Lager.
Bei jeder Hutte des Biwaks wurde ein Soldat mit einer brennen-
den Fackel postiert, und auf ein durch 3 Kanouenscbtisse von den
Franzosen gegebenes Signal standen in einem einzigen Augenblicke
die beiden Biwake, ans mehteren tausend Hutten bestehend, in
hellen Flammen, was ein aufserordentlieb Bchönes Schauspiel darbot
Da der Baach nach dem Orte hintrieb, wo wir anfmarschiart standen,
worden wir von dem abscheulichen Gestank von lüllionen von Un-
Seaetor — das diesen Morgen sein Dasein endete — fast eisticki
Dafs, wenn ich einst zn Asche werde,
Sie fällt und bricht, wie ich 's gedaoht
:,: Mir oftmals in der Uand entzwei.
Ist nicht mein Schicksal einerlei V :,:
Wenn ich die Pfeife werd' anzUndsn,
Seh' ioh sogleioli im Augenblick
Den Kauch in freier Lutt verschwinden,
Nichts als die Asche bleibt zurüok.
V So werd' auch etauteas idi vergehen,
Hehl Leib In Stanb und Aiche weba. ^:
Die Preife, wenn das Rohr versobleimet
Und uituiuis auch verstopfet iat,
Wird dann mK Slndel aaflgerlamet,
So rSoaiet raoh die MedUn
:,: Den Körper aus der Krankheit Not»
Am £ade folget doeh der Tod. v
Man kann bei so gestahaen Sachen
Beim Tabaksranehen jeder Zeit
ErbaoUehe Gedanken machen
Von f<oines Lebens Richtigkeit.
Drum rauciie wer da will zu Hans
Sein Pfeifchen stets mit Andacht ans. r,:
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Aus dem Kriege lb07 — 14.
In Jeder Hütte hatten 60 — 70 Mann gelegen. Ich wohnte mit iwai
andern Offizieren in einer Hütte.
Ein pTofser Fehler war es froweseu, das Biwak auf einen Ab-
han^r zu legen, denn wenn es stark rejrnete, strömte das Wasser so
stark in unsere HUtttm, dals wir nahe daran waren, im Schlafe zai
ertrinken. Wir hatten ans zwei Ellen in die Erde hineingegraben
und waren sehr froh — nach Verlauf von fast drei Monaten —
diese unterirdischen Wohnungen verlassen zu können, in welchen wir
in der alierschlimmsten Jahreszeit viel durch Kälte und Nässe gt'
litten hatten.
Wie schädlich das feuchte Nachtlager auf die Gesundheit w irkte,
zeigte sich dadurch, dab es dänische und französische Kegimenter
gab, die 4—500 Kranke in den Hospitälern in Hamborg and Lübeck
hatten, welche fast alle an kaltem Fieber und Dysenterie litten.
Ich kann Gott nicht genug danken, dafs ich mich immer wohl be-
üaiid nnd keinen einzigen Tag in diesem Feldzuge krank war. Aber
die schädlichen Folgen blieben doch auch bei mir nieht ans, denn
sobald ieh in der Garnison zur Rahe irekommen war, wmde ich von
einer lang^erigen und schmezzbafteD Gicht ernpriffen, wovon ieh noeh
Sparen trage.
Wir marsehierten denselben Tag naeb Kramesse nnd den Tag
darauf durch Lttbeck, wo wir eine nnsäblige Menge von Znsebanem
hatten, die uns beim Onrehmarsoh „Lebe wohl!** zuriefen. Dann
ging es weiter nach Schwartau, einer Ideinen Stadt, wo ieh meine
Wohnung am Markte bei dem Kaufmann Enilorab bekam. Er war
ein Yortrefflicher Mensch, der mich nach bestem Vermögen erquickte
und amttsierte. Es kam mir so seltsam Tor, wieder in einem Bette zu
liegen! Vom 16. Augast bis 14. November hatte ich nicht unter
einem Dach geschlafen. Ich mufste daher anfangs bald wieder anf>
stehen, denn es war mir, als läge ich in einem Backofen. Nur lang-
sam gewohnte ich mich wieder an das warme Bett
In Schwartau lagen wir yom 14. bis zum 24. Norember
In dieser Ruhepause hatte ich Zeit, meine Bemerkungen Uber das,
was ich heim Durchmarsche durch Mecklenburg und Lauenburg ge-
sehen, aut/uzeichnen.
Das Hcr/oiitum Mecklenburg ist fast durchwe:; ein sehr coupiertes
Terrain mit Höhen, Tiefen und grolsen Wäldern. Die fruchtbaren
Felder sind mit lebenden Hecken umzäunt. Es ist ein iVueht-
bares und aul'serürdentlieh schönes Land, aber ich habe nieht dif
Ehre gehabt, die F^inwohner kennen zu lernen, denn ich habe in
keinem einzijren Hanse Quartier gehabt. Des Tages marsciiicrten
wir auf der Landstralse und die Nächte verbrachten wir unter oücoem
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Aas dem Kriege 1807 — 14.
Himmel in dta grofsen Wäldern, welche sehleehte Wirte sind — und
keine schönen Töchter haben. Das Herzogtum Lauen bur^ kann
loch als coupiertes Terrain betrachtet werden. Es sind da grolse
Heiden und es ist bei weitem kein so sichtbarer Wohlstand in
Laaenburg, wie in Mecklenburg:. Auch dort habe ieh nicht Zeit
ond Gelegenheit frehabt, die Bekanntschaft der Einwohner zu machen,
denn ieh habe teils in dem ungesunden Biwak bei Katzeburg ge-
lt uii. t( ils die Nächte in den grolseu, dimkieD, slüleo Wäldern za-
gebrach t.
Den 25. November marschierten wir von Schwartau nach
nnserem lieben Lübeck und besuchten Freunde und Freundinnen.
Den 26. November kamen wir wieder nach Krumesse zurlick, und
den 28. nach Siebenbanmen, wo ich Befehl bekam, die Batterie des
Kipitain Koye nach Oldeslohe zn eskortieren. Den 1. Dezember
marschierten wir nach dem Dorfe Boden, und vom 1. bis zum
4. Dezember waren wir Tag und Kacht in Bewegung. Der Feind
liels uns keine Ruhe, um uns schon vor dem Angriffe zn eimttdeii.
Am 4. Dezember abends fand die Affaire statt. Es war ein grofses
Gluck nir ans, da£a der Feind ans nieht am Tage, sondern in der
Dukeiheil aogxiff; denn naeb der Aussage der Gegner und nach
spiteren anthentiBehen Nachrichten war der Feind mehr als drei-
imI so stark wie wir. Er glaubte aber den Prinzen Friedrich tod Hessen,
mdsein Hllftkorpe 7or sich zu haben und konnte, der Dunkelheit und
des starken Nebels wegen, unsere geringe Anzahl nicht erkennen
Wir hatten nämlich nur eine Brigade, woTon ein grolser Teil nach
anderen Punkten detachiert war. Hätte der Femd Kenntnis von
snserer geringen Sttrke gehabt, so hätte er uns leicht umgehen
können, oder wäre jedenfoUs nicht goiötigt gewesen, später zu
ntirieren. Eine Ahnang muls er freilich davon gehabt haben, denn
lonst wäre er wohl nicht so ttbecmlltig gewesen. Obwohl wir suletst
nieht 25 Schritte von dem Feinde waren, konnte wir ihn doch der-
Dnnkelheit und des eoupierten Terrains wegen nicht sehen. Sehr
deutlich aber konnten wir seine Scheltworte: Grützköpfe u. s. w. hören
und bekamen endlich Befehl, diese Scheltworte mit unseren Bajo-
netten zu erwidern. Unter dem Kufe: „Hurrah, es lebe der Königl'*
stürzten wir auf den Feind los. Dieser wollte sich nicht vcm unseren
Bajonetten spiefsen lassen, sondern ergriff' bald die Flucht über
Gräben und Hecken und warf eine Menge Gewehre und Tornister
von sich, um desto leichter lauten zu können. Nur Major iiurgs-
dorft', zwei Leutnants und 81 Mann wurden auf der Flucht, die durch
die Dunkelheit begünstigt wurde, ergritlen. Die 'M Mann, die ge-
tangen worden, waren Hanseaten, welche gesagt haben sollen, da£5
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Aas dem KriefS ia07— 14.
sie keinem Dänen Pardon geben wollten, weil wir den Franzosen in
iHamburg g-eholfen hätten.
Nach V erlauf eiuiger Standen war der Feiud au allen Punkten
.zurückgeschlafjen.
Wir blieben ungefähr eine Stunde auf dem Kampfplatze stehen
nahmen von dem, was wir bei uns hatten, einige Erfrischungen ein
und sammelten einen Teil von den Gewehren und Tornistern auf.
So endete diese Affaire bei Hoden ebenso ehrenvoll, wie die vorher-
gehenden Scharmützel im Fcld/age, im welchem der Feind nicht
gern unseren Bajonetten zu nahe kommen mochte, weshalb er jedes-
mal retirierte und nur der Schnelligkeit seiner Beine seine Kettung
verdankte.
Nach der Affaire bei Hoden marschierten wir durch Oldeslohe za
dem Gute Blumendorf, wo das ^ranze Regiment abkochte, einige
Stunden ausruhte und dann an demselben Tage, den 5. Dezember,
nach Niendorf weitermarschierte. Jenseits der Stadt kam ich auf
Feldwache mit 30 Mann Infanterie ond 10 Mann FUneschen Dragoner;
diese wurden mir mitgegeben, weil man wolste, dals ich ßesoch
7on Kasaken erwarten könne. In der Dämmemng näherten sieb
auch wirklich einige und griffen mich an, nm in das Dorf zn kommen.
Als aber meine Vedetten Fener gaben, wodurch zwei Kasaken fielen,
und sie ut^sere kleine Anzahl, die ich längs der Hecken aufgestellt
hatte, nicht berechnen konnten, zogen sie sich gegen Sttlfeldt, eine
Viertelmeile von mir entCemt, zurück. Leutnant v. Scbellempf von
„Prinz Ferdinand-Dragonern**, welcher Dienst hei „den Holsteuusehen
fliaaien'' tbat, wurde von einem Kosaken doreh einen Lanzenstich in
•den Magen schwer yerwnndei
Am 6. Dezember marschierten wir nach Damsdorflf nnd kamen
• durch Segeberg, wo ich so glttcklieh war, fhk paar StieÜBln an be-
kommen. In den letzten Wer Tagen und Nttcbten war ich anf
schrecklichen, beinahe bodenlosen Wegen marsohiert mit Schuhen,
die ÜMt ohne Sohlen und so zetrissen waren, dalh ich sie an den
iPllihen festbinden mubte, um sie nicht zu yeriieren.
Den 7. Dezember marscbieiten wur weiter nach Preeta dureh.
BomhÖTed. Anlser der Stadt bewegten wir uns in Schlachtordnung
und wurden von einer Menge sehwedlseber Karalieile angegriffen.
Dieser Angriff kostete den Schweden — ihren eigenen späteren Be*
richten zufolge — ttber 200 Husaren. Wir verloren 2 Kanonen und
einige Mann. Der Kronprinz von Schweden, Carl Johann, soll
Uber diesen, für den Feind so bedeutenden \ erlust so erbittert ge-
wesen sein, dafs er in seinem Armeeberichte von NeumUnster den
6. Septembar 1813 sagt: Die dänischen Truppen hätten gegen alle
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AoB dem Kriege 1807—14. 1^7
Kriegsgesetzt' ^jehaudelt, da einifre Kompagnien, welche ihre Ge-
lelire schon gestreckt hatten, ihre Gewehre wieder aufgenommen
und anf die schwedischen Husaren geschossen hätten, als diese sich
durch Borahöved zurückzogen.
Nach dieser Aft'aire setzten wir unsern Marsch auf unglaublich
sohlechten, fast bodenlosen Wegen fort, wodurch viele Soldaten einen
traurigen Abschied von ihren verdorbeneu Schaben nahmen. Um
balb 12 kamen wir, znm Teil barfUfsig, hungrig nnd in hohem
Gnde ermattet nach Preetz, wo der Kanonendonner deutlich gehOrt
worden war nnd ein liebendes Herz betrübt hatte.
Als ich nämlich in das mir angezeigte Quartier eintrat, kam
mir ein jonges, schönes Mädchen mit ängstlichem Gesicht entgegen
ODd fragte mich schnell nacheinander: ^.Haben Sie Leutnant v. R.
gesehen? Lebt Leutnant f. R.? Sagen Sie mir doch die Wahrheit!**
Ich versicherte der jungen Dame, dafo der Leutnant B. geannd
nnd wohl sei nnd ant Feldwache nicht weit ron Preetz stehe. Dann
enihlte sie mir, daXs der Leutnant ihr Verlobter sei nnd wie bange
sie gewesen, dafo er gefallen sei.
Da der Femd uns keine Rnhe liels, sondern fortfuhr, uns Tag
and Nacht zu verfolgen, vermutete ich, dafe er uns auch jetzt nur
wenige Stunden Schlaf gönnen wttrde, ond warf mich daher — im
höchsten Grade ermattet nnd schläfrig — in meinen Kleidern auf
dis Bett Wie ich gedacht hatte, wurde in der That in derselben
Naeht um 2 Uhr Alarm in Preetz geschlagen. Wir stürzten ans
nnseren Quartieren und waren in der Dunkelheit nahe daran, ein-
uder Uber den Haufen zu rennen, um nnr schnell zu unserer Fahne
ttf den Alarmplatz zn kommen, woranf wir nach Elmschenhagen,
eme halbe Meile von Kiel, marschierten. Mit betrübtem Herzen
waren wir Zeugen des Jammers der Einwohner von Pretz, die das
Herannalien lits Feindes fürchteten. Ich wurde auf Feldwache
konmiandiert, einige Gewehrschüsse Entfernung von Elmschenhagen.
(Hier fehlt ein Blatt Im Origlaalmanaskript)
Nachdem ich auf Fouragierung ausgeschickt gewesen war, kehrte
ich zurück und meldete dem Adjutanten des Prinzen Friedrich, dafs
die Bauern uns gegen Bons keine Lebensmittel überlassen wollten,
meiner grofsen Freude erwiderte der Adjutant: „Wenn die Bauern
Ihnen nicht gutwillig Proviant gegen Bons überlassen wollen, so er-
Iwibe ich Ihnen, Proviant zu nehmen, wo Sie ihn finden!''
„Gut! danke sehr!" dachte ich, so werde ich Proviant für meine
leidenden Kameraden, die in der Kirche einquartiert sind, bekommen,
denn ich hatte m mehreren Häusern schOne geräucherte Wttrste,
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Aua dem Krieg« 1807—14.
Schafskealen oiid ^Tofse Stücke Speck im Kauchfang hängen sehen.
Ich machte mich sogleich mit meiner Mannschaft auf und nahm bei
jedem Bauern den driUen Teil von diesen so lange yermifsten Delika-
tessen. Die Männer und Frauen schrien, weinten und lamentierten
entsetzlich, aber jetet half kein „Maalspitzeu', denn ich hatte nur
Mitleid mit den ermatteten Offizieren und Soldaten in der Kirche
und mit meinem eigenen hungrigen Magen, Meine Mannschaft hatte
endlich Anne und Hände voll von Mettwurst, Käse. Brot u. s. w.,
und mit diesen herrliehen Dingen eilten wir in die Kirche zu meinen
schlafenden Kameraden nnd riefen: „Proviant! Proviant!'' £in Teil
erwachte nicht ans dem tiefen, leblosen Schlafe; einige aber wurden
monter nnd rieben sich die Angen, nnd die, welche bei unserer An-
kunft mit den Lebensmitteln wach waren, fuhren wie hungrige
Wölie auf uns zu, aben mit Begierde und legten sieb dann wieder
schlafen.
Ungefithr um Mitternacht legte ich mich beim Altar neben die
andern hui. Ich hatte weder Strohlager noch dnen Mantel, aen
Überhaupt nur wenige 0£Bziere in diesem Feldznge hatten. Bisher
hatten wir gegen schlechte Wege, Wasser, Kälte und Regen zu
kämpfen gehabt, jetzt bekamen wir einen neuen Feind, nämlich den
Frost; denn zwischen dem 9. nnd 10. Dezember fing es um Mitternacht
anaufiBerordentlich starkzugeMeren. Ich hatte kaum eine Stunde auf dem
kalten Boden gelegen, als es mir war, als ob das Blut in meinen Adern
erstarrte. Ich konnte mich kaum auMchten, und meine Stiefel
welche ganz naJs von dem Herumwaten im Dorfe waren, waren jetzt so
steif an meine FttCse angefroren, dak ich kaum gehen konnte, ohne zu
lallen. Obgleich ich sehr mttde war, konnte ich doch Tor Kälte
nicht schlafen; auch störte es mich, dab die Soldaten unglanblidi
laut in den Kirchensttthlen und CUlngen schnarchten. Viele sprachen
laut im Schlafe und dnige jammerten nnd riefen: „KasakI Kasak!**
Um 10*/a Uhr abends waren wir in Gettorf angekommen und
um 3 Uhr in der Nacht schlugen die Trommeln den Generalmarseh
nnd Alarm ki der Khrohe nnd im Dorfe. Es ward uns sehr schwer,
die von Strapazen und Mangel an Schlaf entkräfteten Soldaten zu
wecken. Besonders ein Soldat schlief so fest, daüs sein Kapitain
ihn nicht ermuntern konnte, weder durch Schtltteln, noch durch
Fu&tritte in die Seite. Da dieser Soldat bei seinen Kameraden
sehr beliebt war nnd man ihn nicht in Gefangensehaft des heran*
nahenden Fehides fallen lassen wollte, bildeten die Soldaten eine
Tragbahre ans ihren Gewehren — da wir kebe Wagen äiit uns
hatten — und trugen so m Prozession den schlafenden Soldaten
aus der Kirche. Nachdem er einigemale auf dem Wege nach
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W» TOHgk* d, 4«„t,. Fe...„g..rtU«ri. 1870-71. igg
brav „. der SehUeM MsT^TJl
(SohJuTs folgt.)
XIV"
Die Batigkeit der deutscheD Feslüngsartillerie im deutscl,-
franzosiscJiBB Krieg 1870 -71
(Generaltartnant z. d. h. f. Müller )
V.,D ''
OberaaeatDant a. U. Frobeniiu.
Werbei auch vielÄr»i^SJl^:iJ IV'^"'"
handeln winL m wirf *.T? " ^ imprnnsiorte Bcfesti-nngen
Kan,pf um bdde Zl J^f ■^''™<-'"^ kommen, und der
Scbnellfeuer- nnd aOa^^T ''''^^''"'^''^^^
wird es «efc Zl^JZZ, v ""^ J'-d'^of«»»»
«ülerie verrbZ"!!"!:» T"''"'^ '''^ '^'^«'"»«»-
Thätigkeiten bandeh nmrfl t '■"■""""''•'■•^rcifrn ihrer
Waffe und dh^^^wTl T''
Wligkeit TertaSJ^Sfr- K Schwee
0» «^T^^f ^° «"den weile.
kHeaeT^L*!^ „ """^ der Beispiele des Festunfrs-
»••l<kn« 1870-71 und aadere darbietea
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190 Thatigkeit der deatsohen FeatanggartUlerie 1870—71.
mehr in den Vordergrund gerückt werden rnttssen. Es konnte des-
halb mit Frende begrülst werden, dafs ein durch seine sehrift-
stellerischen Leistungen auf historisch • artilleristischem Gebiet
80 bekannter Offizier, wie Creneralleutnant von Müller die
Hand anlegt , um die Belagerungen des deutsch - französischen
Krieges einer Bearbeitung zu unterziehen.*) Allerdings machte der
Titel schon stutzig: ,,I)ie Thätigkeit der deutschen Festungsartillerie,"
aber wenn diese von taktischem Standpunkte aus aufgefalst wurde, so
mochten aus dieserThätigkeit immerhin auch für andere Waffen und für
das Zusammenwirkfn mit diesen wichtige Lehren aus den Vorgängen von
1870/71, gezogen werden. Hatte doch der Verfasser in seiner. .Geschichte
des Festungskrieges'' seine Meinung dahin geUufsert: „Die Gesamt-
verteidigung ist in erhöhtem Mafse offensiv geworden und hat in
der Benutzung des Aufsengeländes die Freiheit iu der N'erwendung
der Troppen getunden. Das früher ihr vom Angreifer unbedingt
diktierte Gesetz kann sie jetzt selbst diktieren. Unter diesen Umständen
verlangt die zweckmälsige Verwendung der Truppen beim Angriff
und bei der Verteidigung der Festung vor allem einen geschickten
Taktiker, wenn das geleistet werden soll, was man erwarten darl.
Die Führung eines guten Angriffs bezw. einer Verteidigung ist
eine ungemein schwierige Kriegsautgabe geworden."
Wenn der \'erfasser diesen Standpunkt im Auge behielt und die
Absicht hatte, die Erfahrungen von 1870 — 71 fllr die Armee zu ver-
werten, wenn er gewissermarsen fUr jenen, 1892 aufgesteliteii Satz
die Beweise aus den Vorgängen jenes Feldzuges beibringen wollte,
so wäre das schliefslich auch unter dem Titel: „Die Thätigkeit der
Deutschen Festungsartillerie'' möglich gewesen, wenn er auch in
diesem Falle nicht sehr glücklich gewählt war. Aber nur eine von
diesem Standpunkt aus unternommene Arlteit hatte tiir die Armee
und auch fiir die l'estungsartillerie wirklichen Wert. Historische
eingehende Darstellungen der Festungskämpfe von I S7o — 71 besitzen
wir nicht nur der Zahl, sonderu auch der Gründlichkeit und Durch-
arbeitung nach vollständig genug. Neben den Arbeiten der Ingenieure?
1) Die ThXtigkeit der deatsohen Festangeartillerie
bei den Belagerungen. Beschiefsongea und Einschliefsungen im deatsch-
französischen Kriege 1870- 71 von H. v, Müller, Generalleutnant t D.
Erster Band: Die Belagerun^^ von Strafsburj^. Zweiter Band: Die Be-
lagerungen von Schlettstadt, Toul, Soiasons, L<ong\vy. Die Beschief^ungen von
Neo-BrelSMh, La F^re, Verdnn, Bitseh, Dtedenhoftn, Montmidy, MWres,
Ffaonne, Yorbereltang nur Besdüelsang von Langres {Einsehlieliroiig von
Metz), Besetzung der Citadelle von Amieng, die Kriegsbesstntng von Sedaii.
Beriin 1898 and 1899 £. 8. MitÜer & ^bn.
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Die ThäÜ^keit der deatachen FestangsarUllerie 1870—71.
wchle Bimilioh bemüht sind, aaoh den Leistongen der Artillerie
gmelit zn worden, haben whr die Benrbeitangen der Artilleristen,,
mlehe an Vollsttodigkeit niohta an wttnschen ttbrig lassen. Also>
Miterial znm Stadium ist genog voihanden sowohl für den Ingenieor und
deo Artilleristen, als fUr die Offiziere anderer Waffen, denn in fast allen
diesen Arbeiten tritt das Bestreben hervor, jegliche Handlung, welche
Waffe sie auch besonders berühre, gewissenhaft zu verzeichnen und ihren
Enflols auf den Gang: der Belagerung klar zu stellen. Es ist aber
eine alte Erfahrung', dai's zum eingehenden Quellenstudium (diese
Arbeiten als Quellen betrachtet | der Offizier keine Zeit hat, dafs es
der Darreichung des Stof?es in hundlicherer, kürzerer und durch
Hervorbeb Ulli: der wichtigen Moiiuute nutzbarerer Form bedarf, um
Erfolge zu erzielen. Dazu kommt, dals all die technischen Einzel-
heiten, welche die Geschichte einer Belageruni: unbedingt ent-
halten mufs, dem Offizier im alliremeinen vielfach unverständlich,
zuDi mindesten langweilig und UhertlUssi*: erscheinen. Dieser Ballast
erschwert ihm das Studium, und selten versteht es ein Militärschrift-
steller, eine solche Darstellung so künstlerisch und so auf der Höhe der
Anschaunng sich haltend auszugestalten, wie K. Wagner seine „Ge-
schichte der Belagerung von Strafshurg."
Hai nuu der Generalleutnant von Müller diesen Standpunkt
in seiner Arbeit gewahrt, welchen er nach seiner Aufserung von
18!)2 doch wohl als den richtigen erachtet, den des Taktikers, der
die zweckmälsige Verwendung der Truppen vor allem ins Auge fafstV
Er sagt in dem Vorwort zum ersten Bande, dafs die Gesamtthiitigkeit
der Festungsartillerie in den Einzeldarstellungen zerrissen und wenig
einheitlich behandelt und auch aus anderen Gründen nicht erschöpfend
darjrestellt worden sei. Er will die persimlichen V'erhältnisse, die
Anordnungen und ihre Ausführung besprechen, die einzelnen
Kommandeure und Kompagnien auf ihrem Wege von einer Festung
zur auderen verfolgen und vor allem aus dem allgemeinen artilleristisch-
taktischen Verhalten und der Feurrtaktik beider Teile etc. die
Frsachen fUr den schnellen oder verzitgerten Erfolg oder fllr den
Xichtertulg in jedem einzelnen Falle nachweisen. — \ on der Tliätig-
keit anderer Waffen, von dem Ineinandergreifen ihrer Handlungen,
von der UnterstUtzunjr, welche eine der auderen zu bieten berufen
feeiu kann, von dem also, was der Leitung des AugritTs. wie der
Verteidigung zu wissen und zu studieren not thut, ist gar keine
Hede.
Damit schrumpft die Bedeutung des ganzen grolsen Werkes für
die Armee im allgemeinen ganz un<:eheuer zusammen; was eine
Kegimentsgescbicbte itlr den einzelnen Trappenteil, das ist es fUr
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192
Die Thätigkeit der deutschen FestnugHartillerie 1870 — 71.
die Festnngsartillerie. Der Beferent kann also nur mit herzlichem
Bedauern sagen: „Schade, dab Generalleutnant yon Mlüler sdne
Kraft ond eine bedeutende Arbeitszeit nicht einer grölseren nnd
wichtigeren Aufgabe gewidmet hat!", mufo im ttbrigen dem Ver-
fasser auf seinen mehr familiären Standpunkt folgen ond von diesem
ans die Arbeit zn betrachten suchen.
Aber auch hierbei — der Verfasser hatte doch wohl die Absicht,
seine Waffenkameraden zu belehren und besser, als es 1870 der
Fall war, fUr einen zukünftigen Krieg vorzubereiten — war es doch '
Tor allem notwendig, eine richtige Wertabschätzung der Festunors-
artillerie ins Auge zu fassen und ein Bild davon zu entwerfeD, i
welche Vorbedinguufren für ihr Auftreten erfüllt sein inUsseu. in
welcher Weise die anderen Waffen dies ermöglichen müssen; welche
Unterstut/uii-- sie jenen in dem Hingen mit der Iksat/ung zu leisten
imstande ist und in welcher Weise sie hier einzutreten hat; welche
Rolle den anderen Waffen während des GeschUtzkampt'es zufällt, wie
sie für ihre Sicherung und ihre Bedllrtnisse soriren mUssen; wie eud- i
lieh die Erlolge der Artillerie ausgenützt werden können und mUssen.
Es war notwendig, den Waffeid%.umeraden nachzuweisen, wo die Grenzen
ihres Könnens liegen, und wo sie also der Hilfe bezw. der Angriff ^
und die Verteidi^'ung des Einsetzens anderer Kräfte bedarf, um das j
erstrebte Ziel zu erreiehen. Ich weil's es nicht, ob es schon einmal '
einem Feldartilleristcn eingefallen ist, die 1 hätigkeit der Feldartillerie
in den grofsen Schlachten des deutseh-französischeu Krieges derart ^
zu schildern, dafs er mit dem Auffahren der Batterien beginnt und
mit dem Einstellen ihres Feuers endigt, ohne die Kampfhandlungen ,
der anderen Waffen zu erwähnen. Ob seine Kameraden der Waffe
daran einen grol'sen \ orteii be/ilirUch ihrer Vorbereitung für zu- i
künftige Schlachten hätten, ist zu bezweifeln. Und genau so ist es
mit Oeiieral v. Müllers Darstellung des Festungskrieges. Der junge
Artilh lisi. der sie studiert, gewinnt /.weifellas die Ansicht: „Ich gehe |
mit den irrofsen Kanonen vor die Fi sluui: und schieise. Habe ich ,
genug Kanonen und schieise ich gut, so wird die Festung sehr
schnell die weilse Fahne anfziehen. Dann gebt die Infanterie hinein
nnd besetzt sie.*'
Es scheint mir durchaus unwahrscheinlich, dafs der Verfasser
diese Ansicht teilen sollte; es erseheint mir aber aulserordentlich
gefährlich, den Anschein zu erwecken und durch eine demeut-
sprechende Darstellung der Belagerungen eine höchst bedenkliche
Uberschätzung der Festungsartilleristen grolszuziehen. Wir haben
das ja schon einmal durchgemacht, in den 7()cr Jahren, als das
Bombardements-Fieber grassierte und alle Ideen Uber Festnng und
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I
Die Thäu^ktiit der deatschen Festun^fsartiUerie lb7U- 71. 193
ttstuiijrswesen dadurch auf eine bedauerliche Weise bceiiitiurst
worden. Wir haben sie Uberstanden und längst eingesehen, dals
man moderue Festungen und die Art ihrer \ erteidigun^^ nicht unter
demselben Gesichtswinkel mit den veralteten kleinen französischen
Stadtfestungeu betrachten darf, deren nieist sehr mind(T\verti^'e Be-
satzungen nicht einmal einen sicheren Unterschlupf ge^en die ieind-
liehen Granaten fanden, l ad doch ha hm uns selbst jene anfangs
von der Anneeleitung mit Geringsiliiit/.ung behandelten Festungen
recht viel zu schaffen gemacht, und die zusammangelaufenen Hc-
>atzungen haben zum Teil ganz erhebliche Erfolge aufzuweisen. Es
wäre deshalb doch ratsam gewesen, solche, namentlich, wenn sie fllr
die Angriffsartillerie durchaus nicht gleichgültig waren, auch in
Betracht zu ziehen und nicht nur die Wirkung der feindlichen
(rranaten. Ich erinnere hier nur an die Ausfälle der Besatzung von
Verduu am U). und 28. Oktober, welche nach der Beschiefsung mit
schwerem Geschütz- siatilanden und die Verteidiger bis in die An-
griü'sbatterien führten. Warum erwähnt Generalleutnant v. Müller
diese mit keinem Wort? und doch hätten sich hieran recht beherzi-
genswerte Lehren knUj)fen lassen.
Ich erwähne dieses Beispiel nur, um zu zeigen, wie souverän
der \'erfasser die Thätigkeit der anderen Waffen beiseite schiebt
und mit Stillschweigen Ubergeht. Selbst wenn er eine Kegiments-
bezw. Warten - Geschichte schrieb, durfte er so gewaltige und
wichtige Kriegsereignisse wie die Belagerungen nicht in einer
>ül('hen W^eise darstellen, als handele es sich überhaupt nur um
Angriffs- und Verteidigungsaitillerie, und als wäre alles andere nur
ein Beiwerk, das der Artillerie und ihres Kampfes wegen herau-
fzogen werden müsse. Erweckt er damit die falsche Vorstellung,
dafs der Festungskrieg lediglich durch seine Waffe getragen und
entschieden werde, so thut er dieser den schlechtesten Dienst damit;
denn mit falschen Anschauungen wird sie nur in fehlerhafter Weise
sich für den Festungskrieg vorbereiten.
Die Festungsartillerie ist ja unbestreitbar einer der mächtigsten
und zwar ein unentbehrlicher Faktor des Festungskrieges, und je
besser sie bewaffnet, je besser sie vorbereitet ist, einen desto gröfseren
Vdrteil wird der Leitende der Belagerung wie des Angriffs aus ihr
ziehen. Wenn daher der Verfasser mit kritischem Aiiire jedem
.Mangel uach.spUrt, welcher bei der Verwendung der Geschütze, der
Anordnung der Batterien, der Enttemungsschätzung und dem Ein-
schielsen, bei der Feuergeschwindigkeit und bei der Feuerleitnng zu
Tage treten, so ist das durchaus richtig und anerkennenswert. Er
hat auch nicht wenig zu tadeln gefunden, und maa gewinnt den
Jabi)>leh*r fikr di« daaticli* Arm«* und HariB* Bd. Iii. 2. 18
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194 ^ ThUlipuik dar deateohen FeslosgatrtlUmle 1870—71.
Eändraek, als wenn das deutoohe Material anberoideiitlioh fpA und
leiBtiiogsflÜiigy das Personal aber seiner Angabe — wenigstens
anfangs — im aUgemeinen niclit gewachsen gewesen wSre; die in
einem Tagebnehe gemaehte Bemerkong, die Ausbildung der Artillerie
sei erst im wesentlichen vor Strafsbnrg erfolgt, erklärt deshalb der
Ver&sser fUr gans sntreffend, nnd er hätte binznsetsen kennen, dafs
es den bei Stra&bnrg nicht beteiligten Kompagnien nnd OfÜsieren
nicht andera erging, sie sahlten ihr Lehrgeld bei anderen Belagerangen
nnd erhielten dort ihre AnsbUdnng.
Dieses Ansbildnngssystem besw. dieser Mangel an rechtaeitiger
Ansbildong, welcher «brigens seine leicht erklärlichen nnd die Wafie
selbst nicht allznschwer belastenden Gründe hatte, ist zweifellos
nicht ohne Sohnld an den MUserfolgen nnd schwierigen Situationen
des Belagerers, wie wir sie s. B. bei Bitsch, Toni und Verdun
finden, er hätte aber yeihängnisToll werden können, wenn man es
nicht durchweg mit Angriffsobjekten und Verteidigungen au thun
gehabt hätte, die ihrer An^be in keiner Weise gewachsen waren.
Iflt einer Waffe, wie die deutschen Oeschtttxe sie boten, war es
nicht schwer, diese Ideinen Festungen, deren Wälle man meist im
Rfloken fassen konnte, deren Werke keine racheren Unterkunfts-
räume boten, deren Pnlvermagaiane meist nngenügend gedeckt waren,
deren GeschtttEc durohans minderwertig und deren Besatauug mit
wenigen Ausnahmen schlecht ausgebildet und unzuverlässig war,
durch dne kräftige Beschielsung zu gewinnen. Es bedurfte meist
einer starken materiellen Schädigimg gar nicht — und dafür ist
lehrreich, dafe t. Müller fi»t durchweg die Werke für nodi ver-
teidigungsfähig, meist wenig besdiädigt, die Geschtttze für noch aus-
reichend zum Widerstände bei der Kapitulation erachtet — , es
genügte die moralische Einwirkung der unerwarteten, im Programm
nicht Yorgesehenen Beschieftung mit Geschützen, deren Wirkung
ttbenaschte, um den Kommandanten und seinen Stab zur Obergabe
zu Tcranlassen. Sie waren auf eine Angriffsweise nach Art der
alten glatten Gesohtttase nut genauer innehaitong der Vaobanschen
Vorschriften Yorberdtet und konnten sich in das Unerwartete nicht
finden, weil in dem aasgearbeiteten Verteidigongs-Entwurf sieb hierfür
keine Verbaltangsmafsregeln fanden. Das lehrt recht angenschein-
lieb, dafs die Herren mit den neaen Kampfmitteln zu wenig bekannt,
dals sie über die Fragen des modernen Fe8tunjj:skrieges zu wenig
nnterrichtet, dafs sie unfähig waren, aus der Schablone herauszu-
treten, und das läfst es als recht beherzigenswert erscheinen, wie
dringend notwendig es ist, dafs nicht nur die technischen Offiziere,
sondern dalü die ganze Armee mit den Aufgaben des Festungs-
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Die Tldttlfl;k«lt der deotaeheD FettongMurtUlerie 1870—71. 195
krieges und seinen Mitteln aioh im Frieden eingehend bekannt mache.
Wo die Verhältnisse anch nur in einigen Beziehung:en gllnstiger
lagen, da traf der Angriff auf hartnäckigeren Widerstand; bei Bitsch,
Ko alles vemacblAssigt, aber an Kasematten, Proviant und Mnnition
kein Mangel war, erlahmte er an der Fruchtlosigkeit der ReschieÜBangi
lud wenn wir die noch nicht vom Verfasser bearbeitete Belagemng
ron Beifort heranziehen, so finden wir einem zum Teil ebenbttrtigen
Gegner gegenüber den ganxen Verlauf des Kampfes so wesentUeh
Dmg:e8taltet, dafs man sagen mnla: „Hier fing wohl erst eigentlieh
dfts Lernen für dfii Angreifer an."
l'nd dieses ist durchaus richtig! Was die Festnn^sartillerie, die
Tor Beifort zur Verwendung kam, vorher bei den Festnn<r( n des
Eisais gelernt hatte, waren eigentlich nnr taktische und technische
Dinge, die sie Ton Reehtswegen auf dem Schiefsplatz hätte lernen
mOssen; vor Beifort kamen auch fUr den Angreifer I Überraschungen
und Neuerongen des Festnn^skampfes, welche das bisher Gelernte
^tzlich als nngenttgend erscheinen Helsen nnd der Siegeszuversicht,
in welche die FestongsartUlerie (wie Übrigens v. Müller auch zu-
gebt), schon TOr Strafsburg sich hineingelebt hatte, sehr schnell ein
finde machte. Man darf deshalb die Erfolge, welche so leicht er-
langen worden, nicht allzahoch veranschlagen; sie waren vielfach
eigentlieh selbstverständlich, nnd es würde der Arbeit des General-
leotnant t. Müller keinen Sehaden getban haben, wenn er dem in
leinen Kritiken dentUcheren Aosdmck gegeben hätte. Nichts ist
sehKmmer als Selbstttberachätznng; diese möchte aber Idcht Platz
greifen, wenn die Festnngsartillerie m einem solchen Werke
lieh Oberall das ganze Verdienst xnerkannt sieht. Da Ton der
Thätigkeit der anderen Waffen so ziemlich gar nicht die Rede ist,
Hegt dies ja sehr nahe.
Da es sieh nnn femer ihr den Verfasser dämm handelt, die
peisOnliehen Verhältnisse mehr als bisher geschehen, in den Vorder-
grand zn bringen, und da er lediglich von der Thätigkeit seiner
Waffe redet, so bt es ja selbstverständlich, dafe er die Artilleristen,
welehe sieh dnrch ihre zweckentsprechenden Anordnungen, grOlsere
Kentnisse nnd besondere Leistungen heryorgethan haben, in helles
Lieht zn setzen sieh bemüht Ich stimme ihm mit Frenden zn, wenn
er eines Himpe, Bartseh, Spolir, t. Weiogärtner, Nenmann mit be-
sonderer Anerkennnng gedenk und finde es anch ganz gerechtfertigt»
wenn er seiner selbst, des Hauptmann Müller, welcher zum Leiter
der knnen 15 cm Batterien behnfs indirekten Bresohierens im
Frieden schon sich hatte aasbilden können, hierbei nicht vergifst*
Aber auffallend ist es, daTs er hierbei artilleristische Leistongen, so-
18*
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t
196 Die Thäügkeit der deutschen Festungsartillerie 1870— 71.
bald sie von einem andern Offizier als einem Artilleristen ausgingen,
mit einer nicht za verkennenden Absiebt beiseite schiebt und ab-
zuschwächen sucht. Waren diese artilleristischen Leistungen von
so grofser Wichtigkeit, wie der Entwurf des Artillerie-Angriffs auf
Stral'sburg, so konnten sie wohl nicht tibergangen werden, und dann
inufste ihnen wol in derselben Weise Gerechtigkeit widerfahren, wie
ähnlichen Leistuii^'on von Artilleristen, gleichgültig ob der betreffende
Offizier die Ingeuiiier- oder Artillerie-Uniform trug. Denn durch die
Leistungen erwies sieh eben dieser Ingenieur-Offizier, Hauptniunu
Wagner, als ebenso tüchti^a-r Artillerie-, denn Ingenieur-Ofii/ier.
Dem \ erf'asser ist sehr gut die Beteiligung des Hauptmann
Wa^'^iiiT ;in dem Au^riffsriitwurf liekiinnt, welcher im Jahre 1870 durch
t ine Kommission von Artillerie- und Ingenieur-Offizieren in Herlin aus-
gearbeitet wurde. Die .Mitjrlieder waren Oberstleutnant Himpe und
Hauptmann Reinsdorf artilleristischerseits, Major Peters und Haupt-
mann Wagner als Ingenieur-Offiziere; Hauptmann Neumann war
nicht, wie v. Müller Hand 1, S. 40 anführt, dabei beteiligt. Über
diesen Entwurf äulseit er seihst sieh in seiner ..Geschichte des
P'estungskrieges" S. 31."): ,,Der mit grofser (rriinilliclikcit und Schärfe
(lurciigefuhrte Angriff stellte die Geöichts))unkte und Grundzüge für
den in Zukunft vorzunehmenden Festungsangriff mit bemerkenswerter
Voraussicht der kommenden Eiitwickelung fest;'^ er erkennt also an.
dal's er wohl geeignet war. die (Grundlage ftlr den Angriff auf Strafs-
burg zu bilden, da er ja „mit bemerkenswerter \'oraussieiit der
kommenden Entwickelung*' aufgestellt ist, das kann sich doch aar
auf Strafsburg beziehen.
Nun ist dem Verfasser wahrscheinlich nicht weniger bekannt,
dafs dieser Angriffsentwurf erst kurz vor dem Beginn des Krit ges
zum Abschluls kam, und dafs sein dritter Teil. d. h. ..die Durchführung
des förmlichen Angriffs gegen eine Fortfestung" vom Hauptmann
Wagner selbständig ohne Heihilfe der anderen Offiziere am 2ii./7. 7()
beendet wurde. Es ergieht sieh hieraus, welchen hervorragenden
Anteil er an diesem v. Müller mit so beredten Worten anerkannten
Entwurf hatte. Wenn er aber nun in seiner Geschichte des Festnngs-
krieges fortfährt: ..Die Arbeit wurde leider erst unmittelbar vor Aus-
bruch des Krieges ISTo beendet, so dafs sie den weiteren Kreisen
der Festunjrs-Artillerie und der Ingenieure für die Belagerunireii jenes
Krieges keine Hilfe bieten konnte,'* so ist das nicht ganz richtig,
denn Wagner traf am Abend des 18. August in \ endenheim vor
Stralsburg ein, und mit ihm stand dem Angriff also diejenige Per-
sönlichkeit zur Verfügung, welche am kompetentesten war, den
Angriffsentwarf in die Wirklichkeit zu übertragen. Es ist deshalb
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Die Thätigkeit der deutscben FestimgsArtillerie 1810—71.
197
kein Zufall und kein Wrdienst der Festungsartillerie, wenn der Ent-
wurf mit bemerkenswerter Voraussicht der kommenden Entwickelung
entsprach, sondern das alleinige Verdienst des Hauptmann Wagner.
Auf ihn mulste selbstverständlich das Auge des General Schulz fallen,
da es sich um die Aufstellung des Belagerungscntwurfes für Strafs-
burg handelte, und er beauftragte ihn damit am Nachmittag des
2(). August. Wagner arbeitete die ganze Nacht und konnte atu
21. August frühmorgens den Entwurf vorlegen, Generalleutnant \
Mililer hat in seinem ersten Bande Wagner vom 18. ab nach den
Üiivktivcn des General Schulz arbeiten lassen; es mufs aber her\or-
gehohrti werden, dal's er auf Anregung der Kritik in seinem zweiten
Bande unter den — llbrigens merkwürdig zahlreichen, nämlich IHO
— Berichtigungen zum ersten Band, Seite 511 diesen Irrtum ver-
bessert Diid bemerkt: ..Dieser (General Schulz) anrrkanntf die Arbeit
als geistiges Eigentum Wagners dadurch, dafs er, chense wie Obers
Freydorf und Major HfUtiger, nicht den Entwurf eiofacb unterzeich-
nete, sondern Einverstanden** darunter setzte.**')
Wenn demnach der Entwurf der Kommission zwar auf die
Vorbereitung der Belagerungen und spezieil der von Strafsburg
keinen Eintlufs mehr äulsern konnte, so diente er doch filr den Be-
lajrerungsentwurf selbst und für dessen DurchtUhrung als Grundlage,
ond Wagner gebührt als dem hervorragend beteiligten Autor des
Konuuissions-Entwurfs und als dem alleinigen Verfasser des Belagerungs-
Kntwurfs von Stralsburg das Verdienst, die neue Entwickelaug des
Angriffs, wie sie sich bei Stralsburg anbahnte, in die Wege geleitet
m haben. Ein Vergieich des Koramissions^Eotworfs mit der durch-
geführten Belagerung auf StraDsborg, den za Teröffentlicheu za weit
filhien wttrde, zeigt das auf den ersten Biiek.
Angesichts dieser Thatsachen ist es eigentümlich, dalÜB General-
leutnant V. Müller Band 1, S. 40 gelegentlich Erwähnung der Auf-
stellung des Angriffsentwurfs sagt: „Für die Bearbeitung der artille-
ristischen Verhältnisse fehlte anfangs dabei ein kompetenter .Artillerie-
oi&ier." Das kann nur zwei Deutungen zulassen. Entweder wollte
der Verfasser damit sagen, dals Wagner nicht kompetent war, den
artilleristischen AngrifTsentwnrt aufzustellen, oder dafs sein Entwurf sieh
bder Folge als fehlerhaft erwies. Nun konnte aber kein Artillerist
kompetenter sein, als Wagner und — der Oberstleutnant Himpe. d. h.
der Artillerie-Offizier, welchen Müller S. 112 richtig als Seele des
utiUeristischen Angriffs bezeichnet. Als Mitglied der Kommission
1) Hiermit erwebt aieh aneh die Bemerkung Band I, S. 51, da& der Ent-
wf am 21. dweh General Scholz, Oberst Fireydorf und Bli^or Rtfttiger ,ge-
MÜmiigt und onterBchrleben'' wurde, als ein Intom.
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198 Die ThStlgkeit der dentoohMi Festangsftrtilleiie 1870—71.
hatte dieser Wagner hoeh sdiätKeii gelernt» und das freiiiidseliaftliche
und TertraaensvoUe Verbttltnis, das sieh swisehen heideo entsponnen
hatte, worde anch weiter gefiflegt und snm Nntaen des Angriffe ans-
gebentetf nachdem Himpe am 26. Tor Strafsbnrg eingetroffen war.
Er suchte Wagner alsbald anf nnd wiederholte dieses in der Folge-
seit öfters, nm die sn ergreifenden Malsregeln mit ihm an bespreehen.
Ctemeinsam haben beide Offiziere die in der Nacht der Angrifis-
ErOflhnng zu erbauenden Batterien disponiert nnd mit Bleistift im
Plan (welcher noch existiert) eingetragen. Anf Wagners Anregung
ist der Versuch zuraelizuAlhrc»!, die Schleusen indirelLt zu breschieren,
um die WasserverhÜtnisse auf dem liniLen Flügel des Angriffs zu
yerbessem, und so hat rieliiMsh der kompetente Ardllerieofifizier sich
mit Wagner in Verbindung gesetzt, um speziell artilleristische Auf-
gaben zu erOrtem. Wenn die Kompetenz Wagners erwiesen werden
mtUste, so wttrde es wohl hierdurch geschehen.
Was aber femer die Richtigkeit seiner Anordnungen betrifft, so
haben sich die Abweichungen von ihnen durchaus nicht als ?orteil-
haft erwiesen. HOller selbst beurteilt die Dispositionen zum Bom-
bardement sowohl als die zu den Batterien bei Eröffnung des
förmlichen Angriffii im Vergleich zu den Dispositionen des Wagnersohen
Entwurfes angUnstig (z. B. S. 68, 107, 128), und jene waren von
Artillerie-Offizieren gemacht, die sich also nach des Verfassers eigenem
Urteil als weniger kompetent erwiesen als Wagner.
Es irilre, wie mir scheint, am Platze gewesen, wenn General-
leutnant Mttller die €telogenheit benutzt hätte, um die hohen Ver-
dienste Wagners um die Belagerung von Strassburg und um die
Entwickelung des artilleristischen Angriffs im Kriege 1870/71 hervor-
zuheben und in dem Ingenieur auch dessen artilleiistische Fähigkeiten
nnd Kenntnisse anzuerkennen. Gerade, weil es ihm darauf ankam, die
um die Artillerie verdienten Persönlichkeiten ins richtige Licht zu stellen,
durfte er Wagner wegen seiner Zugehörigkeit zum Ingeuieurkorps
nicht tLbersehen nnd dnreh die Art seiner Darstellung seine Verdienste
zu vermindern suchen.
Eine offene Anerkennung des Kameraden der Schwesterwaffe hätte
den Artilleristen besser gekleidet, als dies von ihm beliebte Ein-
streuen von Andeutungen, welche bei dem Leser unwillkürlich die
Vorstellang hervorrufen, als sei es mit Wagners Verdienst doch nicht
so weit hergewesen.
Diese Stellungiiahine gegen den Ingenieuroffizier scheint auch
bei der Belagerung von Diedenhofen Platz zu greifen. Bei allen
anderen Beispielen ist den leitenden Artillerieoftiziereu das N'eidienst
bezw. die Schuld an den artilleristischen Mafsnahmen, der Heran-
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Die Tbäti^keit der deatecben FestangsartiUerie 1870—71.
199
xlehang der Geschütze und Mannschaften, der Dispouierung der
Batterien n. d^:!. zufreschricben, im iiesonderen bei Soissons und
La F^re die Mafsnahmen des Obersten Bartsch lobend hervorgehoben.
Bei Diedenhofen nun tadelt der Verlasser den übermächtig starken
r^elagerungstrain, der über das Notwendisre und ökonomisch Richtige
weit hinausgegangen sei und glaubt dies aus einem Vergleiche mit
den Verhältnissen bei Soissons schlagend nachzuweist^n.
Eine Untersuchung, vi) dieser Vorwurf gerechttertigt und ob der
Vergleich hierftlr beweisend ist, würde zu weit führen. Es raufs
aber auffallen, dals der Verfasser bei Diedenhofen nicht den Artille-
risten, Major V. Eynatten, sondern den Kommandeur des Belagerungs-
korps, General v. Kameke, hierfür verantwortlich macht. Ja, m dem
betretfenden Abschnitt (Rückblick Band II, S. 301, 302) wird der
Major von Eynatten gar nicht genannt, so dafs die gerügte Dis-
ponierung der Batterien 13, Hund 15 gleichfalls dem General vonKameke
zur Last gelegt zu sein scheint. Der unl)efangene Leser gewinnt
ans der Darstellung die .\nsicht, als habe der General, bekanntlich
ein Ingenieur, persönlich die Leitung des Artillerie-Angriffs bezw. der
Beschiefsung, die Heranziehung des Parkes, die Lage der Batterien
etc. angeordnet und die Sache bei weitem schlechter gemacht, als
der Artillerist, Oberst Bartsch, bei tvjissons. Ich kann nicht an-
nehmen, dafs Generalleutnant v. Müller dies hat sagen wollen, denn
es möchte kaum nachzuweisen sein, dafs Kameke an der Übemüil
der Geschütze irgend einen Anteil hat — wozu übrigens zu bemerken,
dals das Zuviel eine starke Reserve erübrigen liefs und bei weitem
dem sehr knappen Material bei Soissons vorzuziehen sein möchte —
nnd bezüglich der Disponierung der F^att*'rien hat wohl Major Eynatten
die Verantwortung zu tragen (vgl. 8pohr, „Beschielsuug voji Thion-
vUle" S. Gl). Wie gesagt, der N'erfasser hat sicher den Ingenieur-
General, dessen Andenken er den 2. Band gewidmet hat, nicht an-
klagen wolleD» aber er hätte besser gethaD, auch den Schein zu
vermeiden.
Generalleutnant v. Müller erwähnt noch einen dritten Ingenieur-
Offizier — ich kann mich irren, glaube aber mit ziemlicher Bestimmt-
heit, dals er aulser diesen Dreien keinen in anerkennender oder
tadelnder Weise nennt — und zwar einen österreichischen, den da-
maligen Hauptmann, jetzigen Keldmarschalleutnant v. Brunner. Dieser
hat nn mittel bar nach der Kapitulation 8tralsburg besacbt and eine
Arbeit Uber die Verteidigung veröffentlicht, in welcher er za dem
Schluls kommt, dafs diese aulserordentlich mangelhaft gewesen, und
dals vor allem durch die Breschen in Bastion 11 nnd 12 fcein hin-
reichenden Grand für die Kapitulation gegeben gewesen sei, dals
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200 Die Thätigkeit der dentooben FestangsarüUerie 1870—71.
vielmehr der Gouverneur hätte ai)warten können, bis der Angrriff
die noch vor ihm liegenden doppelten Wassergräben überschritten
und damit die Möglichkeit trewonnen haben wUrde, der Bresche sich
zu niihern. (ieneralleutnant v. Müller nennt die Arbeit des Öster-
reichers eine tendenziös gefärbte Schrift, in der auf Grund unvoll-
kommener und ung-cnauer Angaben ein Urteil p'tallt sei. tla ist an
aiulerer Stelle bereits und natürlich auch iii risterreiebischen Zeit-
schriften hierauf geantwortet worden, so dafs ich es für iil)erflüssig halte»
hier näher darzulegen, dafs Brunuer allerdings Kecht hatte. Falls
dieses aber auch nicht der Fall gewesen wäre, lag kein Grund vor»
gegen das abweichende Urteil des österreichischen Ingenieurs in
dieser Weise mit Unterschiebung einer böswilligen Absicht vorzugehen.
Man kann und soll in wissenschaftlichen Werken in sachlicher Weise
entgegenstehende Meinungen zu entkräften suchen; was darüber
hinausgeht, ist stets von Übel. Was hat nun den Verfasser zu
diesem scharfen Ausfall veranlalstV Die Antwort giebt ans ein
Überblick über den ganzen Inhalt seines Werkes.
Es ist nicht zu leugnen, dafs in diesem von nichts anderem die
Rede ist als von der Thätigkeit der Festungsartillerie, Der Verfasser
unterläfst es nicht, alle Fehler und Mängel, die er bei ihrer Be-
trachtung zu tinden i-'lnubte, zu notieren und zu rügen; aber die Schluls-
sätze lauten: „Der Urund und das Geheimnis des schnellen Erfolges
(bei Stralsburg! ist das unaufhaltsame \'ortreiben der Batterien''.
,.Die für den Kntschluls zur Kapitulation entscheidenden Elemente
waren offenbar: iJer Zustand der Bresche in Bastion II. die
Wahrscheinlichkeit eines Sturmes in nächster oder allerniichster
Zeit und die Unmöglichkeit, den Sturm abzuschlagen" (Stralsburgi,
Bei Soissons: „Für den Entschlul's des Kommandanten waren be-
stimmend gewesen: Das Vorhandensein der Bresche, die Unwahr-
ßcheinlichkeit der Sturmabwehr, die Unmöglichkeit mit der geschwächten
Artillerie den Kampf erfolgreich fortzusetzen", wozu zu bemerken
ist, dals der Angreifer hier noch keinen Schritt gethan hatte, um
sich der auf 1650 m Entfernung geschossenen Bresche zu nähern.
Bei derartigen Schluisfolgeruugen und Begründungen der Übergabe
ist lediglich auf die Artillerie und ihre Erfolge das Augenmerk
gerichtet; auf das, was andere Waifen zur Erreichung des ZieieB
gethan haben, ist ebeo80weni<r I^ücksicht genommen, als auf das,
was besser gestalteten und verteidigen Festangen gegenüber noch
zu than geblieben wäre. Es ist immer und immer wieder nur die
Artillerie, welcher diese Erfolge zugeschrieben werden.
Dieser Auflassung w idersprach nan einerseits die Anteilnahme
einzelner hervorragender Ingenieor-Ofüraere der eigenen Armee and
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Der modenw Infiuiterie-Angrifi luid die Artillerie 4er Verteidigung. 201*
inderseit-s das Urteil des üsterreichischon Iiifrenicurs über die durch
die -VrtUlerie noch nicht vernichtete Kamprtabiirkeit der Festung
Strafsbiirt:; darin la^^ die Gefahr, dai's dem Huhmeskranze, welcher
der Feslungsartiilerie gebührte, nach Ansieht des Verfassers viel-
leicht ein Blatt geraubt würde, und daher erklärt sieh wohl die
bedauerliehe Stellungnahme geiren die Ingenieure, iianientlich gegen
den allzu oftenher/igeu osterreiehisehen Kameraden. Es ist das be-
danerlieh, weil der Wert des Werkes dadurch nicht erhöht wird,
und weil dadurch der althergebrachten, aber doch nur störenden
bpannung zwischen beiden W^afTcn neue Nahrung zugeillhrt wird.
Was nun endlich den stottlichen Inhalt des Werkes betritft, so
ist wesentlich Neues zu dem in den Ein/clschriften der Ingenieur-
ond Artillerie-Offiziere enthaltenen Material mir nicht aufgestolsen ;
diese sind sogar, was auch « rklärlich ist. in vielen Fällen ausführ-
licher: Als Neuheit sind nur zu erwähnen die am Schluls jeder
Bela:rerung gegebenen Notizen ül)er die weitere V'erwendung der dabei
thätig gewesenen Offiziere, Artillerie- Kompagnien und Geschütze.
Dies giebt dem Ganzen einen erwünschten Zasammenhang und
erleichtert den Überblick Uber die Einzelhandlimgen. Für die
Festungsartillerie hat das Bach einen W^ert, wenn sie sich frei za
halten imstande ist ?on der Selbstüberschätzung, welche das Werk
zu nähren recht geschaffen ist Für die Offiziere anderer Waffen
ist wohl kanm viel Gewinn ans einer so einseitigen Darsteilnng
kriegeriseber Ereignisse zn ziehen.
XV.
Der moderne Infanterie-Angri!! und die Artillerie der
Verteidigimg.
Unser Exerzier-Regiement ihr die Infanterie ist im wesentlichen
»ttf den Erfahrungen des Krieges 1870/71 aofgebaut. Daher sind
in demselben noch verschiedene Auffassongen mafsgebend, die nach
dem heatigen Standpunkt der Bewaffnung nicht mehr ihre volle
Oütigkeit haben, namentlich wns den wichtigsten Teil der Infanterie-
taJitik, den Angriff Uber die freie Ebene, betrifft
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202 uoderne Infanterie-Angrifi und die Artillerie der Verteidigung.
Speziell gilt dies hiusichtlich des Verhaltens der Infanterie der
Artillerie der Verteidigrung: frepenUber. Im letzten Feldzuge hatte
die deutsehe Infanterie mit ihr fast gar nicht zu rechnen. Wenn
sie in den Kampf eintrat, war die französische ArtilltTie meist von
der weit überlegenen deutschen vollständig niedergeliämpft, und als
einziger Gegner blieb ihr nur die französische Infanterie.
Dieser Zustand war eine kriegsgeschichtliche Ausnahme, und
wird voraussichtlich sich nicht wiederholen, da tast alle Grolsstaaten
ihre Feld-Artillerie auf eine gleich hohe ätufe der Vollendang ge-
bracht haben.
Die Infanterie wird also trotz der opfermUtigsten Unterstütznng
durch ihre eigene Artillerie, meist mit der des Verteidigers ebenso
wie mit seiner modern bewaffneten Infanterie zu rechnen haben.
Denn die Ansicht, dafs nach mehrstündijrem Artilleriekarapf die Ge-
schütze des \ erteidigers völlig niederj^ekämpft sein werden, bleibt
wohl ein Iromraer Wunsch, wird aber nicht der Wirklichkeit ent-
sprechen. Wer kann denn wissen, ob nicht der \ erleidiger intakte
Batterien bis später aufgespart oder inzwischen anderweitig lierbei
geholt hat? Und wie geringe, kampffähig gebliebene Reste der
Verteidigungsartillerie können unserer Infanterie noch gefährlich
werden, da der Gefechtswert jedes einzelnen Geschützes jetzt minde-
stens verdoppelt ist!
Dazu kommt, dafs die allmählich Uberall eingeführten Haubitz-
oder Mörserbatterien bei ihrer oft völlig verdeckten Aufstellung kaum
niederzukämpfen sind, und sich mit holiem Bogenschuls bis zaletzt
.an dem Kampf gegen die Infanterie beteilifren können.
Und hatte das Reglement schon mit dem bisiierigm Schrapnel-
schuls mehr, als es geschehen, rechnen mllssen, so gilt dies noch
weit mehr von dem jetzt oder in der nächsten Zukunft überall ein-
geführten vervollkommneten Schrapnelschufs. Ebenso wie seine
Rasanz auf mittlere Entfernungen sich etwa von 240 m auf 340 m
vermehrt hat, ebenso sind die Durchschlagskraft der Kugeln, ihre
Dichtheit auf dem qm senkrechte Fläche u. s. w. gewachsen, und
kann jedes einzelne Geschütz statt wie früher in der Minute 2 — 3,
so jetzt () — 8 wohl geziehe Shrapnel-ScbUsse abgeben — ganz
abgesehen davon, dafs ihre yerbesserte Organisation und Vermehnmg
der Waffe überhaupt eine Doch wichtigere Bolle als frtlher anf dem
.Sehlachtfeld sichert
Wie nnn die Infanterie trotz alledem ihren Angriff aasfilhreii
mnfs, darüber fehlen ans bis jetzt die Kriegseriahmogen (wenigstens
für europäische Verhältnisse). Auf sie warten zn wollen, wäre un-
verantwortlich; Fhedena-Mantfver lehren aher gerade in Besag aaf
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Der moderne InfAutoiie- Angriff und die Artillerie der Verteidigaiig. 203
Geöchorswirkung: am allerwenigrsten, können sograr greradezn darin
schädlich wirken. Ks hU'ibt also nur der dritte Faktor, auf dem
jedes Keglemeiit aufgebaut zu sein pflegt, d. h. die Erl'ahruug des
praktischen Schielsens auf dem Übungsplatz, und mit ihr Hand in
Hand gehend, die Lehren der Ballistik. Beide, l^raxis und Theorie,
zeigen aber auch unzweideuti^% welche Ziele die Artillerie am
schnellsten und wirksamsten niederkämpft, d. h. welche Formen die
Angriffs- Infanterie als die ihr gefährliehsten möglichst vermeiden uiufs.
Welche Art von Zielen beschiel'st nun die Artillerie am besten?
Zunächst solche, gegen welche das richtige Einschiefsen (Ermittelung
der Entfernung) erleichtert ist. d. h. gegen welche sich die Rauch-
wolke des (beim P^inschielsen ! im Aufschlag krepierenden Ge-
schosses am besten abhebt, also am sicheniteu beurteilen lälst, ob
der Schufs vor oder hinter dem Ziel lag.
Es sind daher zunächst alle breiten, dichten, „mauerartigen"
Ziele zu vermeiden, also namentlich lange, dicke SehUtzenschwärme
und diese letzteren nur auf den nahen Entfernaugeu mit KUcksioht
auf die eigene Feuerwirkung zulässig.
Statt dessen ist. als raifslich für die Artilleriewirkung, ein Vor-
gehen a) in zahlreichen, schmalen Abteilungen (Kolonne) mit Zwischen-
ränmen, oder b) in luttigen, dünnen, nicht za langen Linien-
lormationen zu empfehlen.
Denn das Einschielsen der Artillerie gegen erstere Art Ziele
ist dadurch erschwert. 1. dafs Uber die Zielautfassung (auch die
spätere Feuerverteilung) u. s. w. leicht Mifsverständnisse und Irr-
tümer entstehen, 2. dafs zwischen den Abteilungen in den Zwischen-
räumen zu viel Schüsse verloren gehen, 3. dafs die Rauchwolke
sehr oft wegen der Scbmalbeifc des Zieles nicht mit diesem in Be-
ziehung zu bringen ist.
Das spätere Wirkungsschielsen leidet noch dadurch, dafs selbst
bei gut sitzenden Schüssen und bei ganz kleinen Sprengweiten nur
ein geringer Teil der Sprengkngeln das Ziel treffen kann, dals man
nicht, wie bei langen dichten Linien, die gegen eine Kolonne er-
mittelte Entfernung anf einen andern Teil Übertrafen kann nnd da-
her öfter ein neaes zeitraubendes Einschiefsen romebmen mufs. —
Ähnliche Schwierigkeiten bietet das Schieisen gegen loftige Linien-
fonnationen.
Der Uauptnacbteil dichter Linien ist aber der, dafis gegen sie
die grofsen ballistisohen Yorzttge des Shrapnelschnsses am besten
snm Aasdruck kommen,' vor allem die grofse Rasanz der Spreng-
garbe. Ob das Geschofs dicht vor der Schützenlinie oder 200 m
davor krepiert, hat kaum eine grofse Bedentong, da die Wirkung in
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204 uiüdunie Infanterie- Angriff und die Arüllerie der Verteidigung.
beiden Fällen geiiii^eiul ist; selbst kleine Fehler der Bedienung
während der Krreg:ung des Kampfes werden durch die Einfachheit
und „Holiheit" des Verfahrens ^ejjen solche Ziele ausgeglichen.
Bei der alten Granate der 70 er Jahre lagen freilich die V er-
hältnisse fast umgekehrt. Sie verlangte zur Wirkung ein genaues
Treffen, die sich aber nur auf wenig Schritte hinter den Aufschlag-
punkt erstreckte, bei noch geringerer seitlicher Wirkung. Gegen
Schiltzenschwärnie leistete die Granate also verhäitnismälsig viel
weniger, als gegen (breite) Kolonnen.
Daher konnten damals auch die Tiefen-Abstände der einzelnen
Gefechtsstaffeln des Angriffs um mehr wie die ilälfte kleiner sein,
als nach Kinftlhrung der Shrapnels; und hatte es damals keine Be-
denken, bei der geringen Durchschlagskraft der Gewehrkugeln und
Granatsplitter, iu zwei- und mehrgliedrigen Formationen bis auf die
nächsten Entfernungen heranzugehen.
Die älteren Infanterie-Exerzierreglements, deren Angriffsverfahren
noch zu sehr aut jenen Erfahrungen des französischen Krieges be-
rnht, können also heute, nach Einfuhrung des vervoUkommten
Shrapnels, um so weniger als zeitgemäfs bezeichnet werden.
Den Nachteil einer geschlossenen Schützenlinie hat auch
Generalleutnant Kohne schon Uberzeugend nachgewiesen. Zur Be-
urteilung der Krage iiiinilich, was zwecktnäfsiger ist, zwei Kompag-
nien mit Tiefengliederung nebeneinander und mit Je 100 Schritt
Frontausdehnung zu stellen — oder eine Kompagnie auf 200 Schritt
ganz auf/.ulijsen, die andere als Bataillons-Reserve dahinter zu halten,
giebt die Treffwahrscheinlichkeit folgende Auskunft: Bei der ersteren
Formation hat jede Kompagnie von jedem deutschen Shrapnel (ält.
Konst.) lt>,5 resp. 7 Treffer zu erwarten (bei M) resp. 25 m Spreng-
weite, einem Beserreü-Abstand von 200 m, und auf einer Eutfemong
von 2(KX) m).
Dagegen hat eine ganz als geschlossene Schützenlinie entwickelte
Kompagnie unter denselben Verhältnissen 25 nsp. 12 Treffer zo
erwarten; der Wert dünner Linien, mit genügend weit zurückge-
haltener Reserve ist also theoretisch erwif"<en. Die sofortige Auf-
lösung ganzer Kompagnien (wie in Frankreich und Hufslandj wUrde
also vielleicht in taktischer Hinsicht, nicht aber mit Hinsicht aut
Herabminderung der Verluste empfehlenswert sein. Dieser Nachteil
wird aber schon dadurch ausgeglichen, dals (ier erste Entwickelungs-
raom der Kompagnie in Frankreich und KufslaEid bedeutend breiter
d. h. günstiger, als bei unseren und dem österreichischen Reglement
bestimmt ist, nämlich auf 150 m bezw. 200*, gegen 100 m ood
gar 100* bei uns bezw. in Österreich.
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Der moderne Infftaterle-Angrifi and die Artillerie der Verteidignng. 205
Sehen wir nan. wie nach den Bestimmimgen der genannten
Deneren Keglements (das franzÖBisobe ist vom Jahre 1894, das
russische vom Jahre 1897) der moderne Infanterie-AngrrilT in der
Izeieo Ebene gegen einen wohlvorbereiteten (legner erfolgen soll, in
soweit als er Rücksicht nimmt auf die moderne Waffenwirknng des
Gegners.
Das französische Reglement giebt im wesentlichen folgende
Gnmdsätze an:
Das erste TretVen, das grundsätzlich die eigene Artillerie deckeni
imd möglichst die feindliche ArtiUerie stören stoU, geht in offenen
Doppelkolonnen mit Zwischenräumen vor. die der zugewiesenen
Front entsprechen. S|Ater ziehen die KompagniefUhrer die Kompag-
nien aoseinander, nnd zwar in Zuge oder HalbzUge, welche in
Doppelreihen Tormarschieren, beim Eintritt in das feindliche Feuer
aber sieb in Linien mit Rotten Zwischenräumen (von ein oder mehreren
Schritt), oder in eingliedrige Linien sieh entwickeln.
Der ganze Vormarsch ist aoiser durch die Vorhut durch die sog.
„Aufklärer** gesichert und Tcrschleiert (je 32 Mann pro Kompagnte)»
welche in luftiger Formation yoigehend, auch das feindliche Artillerie-
feuer stören, und speziell Uber die Stellungen u. s. w. seitens der
feindlichen Artillerie melden sollen.
Die Reserven des Angriffs folgen ebenfalls anfuigs in offener
Doppelkolonne mit Zwischenräumen, zunächst auf 400 — 600 m,
später am zwekmäfisigsten in Marschkolonne. — Die nächsten
Reserven der Oefeohtslinie sollen anfimgs nicht näher als 800 m
heranj^halten werden.
Ahnliche Anschauungen vertritt das russische Reglement,
das auf dem französischen weiter gebaut hat.
Entsprechend der groben Tragweite der modernen Geschütze
(bis 5000 m reicbt der Auftatz des deutschen Feldgeschtttzes C/98)
soll die G^fechtuform feindlicher Artilierie gegenüber nicht unter
4 Werst (4200 m) vom Cregner eingenommen werden.
Durch die Vorhut und die weit vorgesandten „Jagdkommandos**
gedeckt, rttcken die Hauptkräfte in der Marschformation bis nahe
der feindlichen Feuerzone vor. Alsdann bilden die vordersten
Kompagnien (ohne schon die „Rotte" zu entwickeln) Reihen mit
Zagen auf gleicher Höhe oder entwickelte Linie, mit Beibehalt von
Intervallen zwischen den Zügen.
Die Reserven sollen im feindlichen ArtUlerlefeuer zngweise
Reihenformationen, im Infanterie- Weitfeuer ebenso oder auch in
entwickelter Linie mit geöffneten Rotten, und innerhalb des wirk-
samen Gewehrfeuers in geöffbeter Ordnung vorgehen, wobei die Züge
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206 ^ iiiod«nie Infanteria-ADgiift und die ArtUleiie der Veiteidigimg.
ebenso wie bisher entweder auf einer Hohe, oder besser sehaehbrett-
artig hintereinander gnippiert bleiben. Bei ab&Ilendem Tenrain
können sogar die iEteihenfbnnationen bis anf ganz kleine Entfernung
vom Gegner vorteilhafter sein, wie die Linien.
Ansdrlleklieh wird davor gewarnt, die Gefeehtslinie früher als
im loteten entseheidenden Moment auf 2 — 3 Mann in der Tiefe an
verBtSrken.
Aach dadnreh, dals die Versti&rknngen der Sehtttsenkette gnind-
sStdieh Aber diese ein Stock lünansgefaen, nnd dais besondere Ab-
teilungen die sog. „Gewehrbatterien'* (namentlich bei Mangel an
eigener Artillerie) dnroh möglichst nnonterbrochenes Feoer mitwirken
sollen, wird indirekt die eigentlche Gefechtslinie dttnner gehalten.
Wir sehen also, dab den oben angefahrten, dnroh die Praxis
des Schieisplatzes and die Lehren der Ballistik erwiesenen Bedin-
gungen doreh die nenen Reglements Rechnung getragen ist Der
Angriff soll sich möglichst zahkeicher, offener, schmaler Kolonnen,
and in grOfiterer NSbe vom Feind, geOfiiieter, eingliedriger Linien-
fonnationen bedienen, die verh<nismäCsig spät erst die eigentlicbe
Schützenlinie bilden, anter Vermeidung za starker Verdichtung.
Das mssisehe Reglement geht dabei noch Ober das franasOsische
hinaus, indem es statt Doppelreihen, einfache Reihen-Kolonnen vor-
zieht, ganz detaillirte Vorschriften fttr das Artilleriefeaer und die
verschiedenen Zonen des Gewehrfeners, tiberall sehr grolhe, ziemlich
genau begrenzte Distanzen flir die Reserven bestimmt, ja Mr deren
Vorgehen die EigentOmlichkeiten des Geländes genau beachtet
Es ist nun nicht zu leugnen, dafs manche dieser russischen
Vorschriften mit dem allgemeinen „nationalen*', von der alten Stoft-
taktik beeinflnisten Angrifisverfahren zusammenhängen, nnd nicht
lediglich die moderne Waffenwlrknng des Verteidigers berücksichtigen
sollen. Auch soll nicht geleugnet werden, dalh die russische Methode
ftor unseren Geschmack zu wenig den Gefechtszweck, die schliefs-
liebe Feuerüberlegenheit betont, auch in vielem wohl zu detailliert
ist — aber das ernste Streben nach möglichster Vermeidung von
Verlusten, nnd die allgemeinen Grundsätze darüber, sind doch sehr
beachtenswert, und zeigen, dafs wir in dieser Beziehung zurückge-
blieben sind. Das Vorgehen in schmalen zahlreichen Kolonnen,
dünneu LiniLiiforniationen und weitere Zurückhaltung der Keserven
wird künftig nicht zu vermeiden sein.
Das deutsche Reglement betont im Gegensat/, zu den vor-
stt'heudeu Anttrdnungen vor allem die dichte Schützenlinie als die
wichtigste und für die meisten Fälle geeignetste Kampfform, während
die neuen Keglements sie als notwendig und unvermeidlich nur illr
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Der moderne Infiuiteiie-AiigrUr mid die Artillerie der Verteldlymg. 207
die näheren fintfemoiigeD salasseD, welche die eigene intensiTe
Feopnvirkang rerUmgen.
Auch niancber andere Grandsatz des deatseben Reglements, z.
h. „dais fUr Wahl der Formation (der Reserven) sich dann die
linie empfiehlt, wenn vom Feinde eingesehen^', dürfte in dieser Ali-
gemeinbeit nicht mehr gelten, und nnr fUr die nahen Diatanxen
seine Richtigkeit behalten.
Dafs Kolonnen aber besser im Gelände zn decken sind, darttber
sind alle Reglements einig; die Wahrheit dieses Satzes kommt aber
in weit höherem Malse den neuen Reglements zn Gnte, welche die
fielen sehmalen Koionnenfoimationen begünstigen.
Uberhanpt wird von den neneren Reglements die Artillerie mehr
in Betracht gezogen: der französische BataiUonskommandenr mnls
E. B. pfliehtm&isig den Kampf mit feindlicher Artillerie besonders
Ittien; als das erste zn beseÜefsende Ziel beim Angriff wird namenl-
ßeh die Artillerie empfohlen (ob zweckmftfoig?); die „AnfklMrer*«
melden speziell Ober die AnüBtelkmg n. s. w. der feindlichen Artillerie;
das erste Treffen hat neben der Sicherung der eigenen Artillerie
auch den bestimmten Auftrag, die Artillerie der Verteidigung mit zn
bekSmpfen.
Die französischen „Aufklärer" (und in gewissem Sinn auch die
mssiscben „Jagdkommandos'') haben neben der Aufgabe, die feind-
liche Artillerie zu stOren, den Vorteil, dals sie in luftiger Formation
klmpfend, leicht das Artilleriefener zersplittem und von den Hanpt-
kiftfien ablenken können.
Welche Formen aber auch künftig unser Infanterie-Angriff an-
nehmen will, und wie schwer er deh Tom Hergebrachten trennt, so
mnls es stets bedenken, dafs die unerbittliche moderne Feuerwirkung
ein unabänderlicher Faktor ist, mit dem auch die beste Infanterie
gebührend rechnen mnfe.
Wenn der Infanterie-Angriff zu seinem Gelingen erst die Er-
ringnng der Feuer-Uberlegenheit fOr nötig hält, dann muliB er sich
nach so gestalten, dab die eingesetzten Kräfte wirklich noch kämpf-
fiUüg bis an den Gegner herankommen. Rl.
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208 ^ nunaoben ToqMdoangrifte im letetan tItiUielMii Kriege.
XVI.
lieber die russischen Torpedoangriffe im letzten
tärkischen Kriege.
Von
Jaebmann, Korvettenkapitän a. D.
1. Der erste Torpedoangriff der Kassen gegen die tUrldsehe
Flotte fand in der Naobt vom 12. znm 13. Mai 1877 in der Bucht von
Batnm statt. Batnm war ein tOrkisoher Hafen an der Ostkttste des
schwansen Meeres, wo mehrere groDse Sebiffe, wenn vom und hinten
▼erankert, liegen können, aber sonst nnr wenige PlatB haben. In
der Naeht des Angriffs lagen im Hafen mehrere Schiffe der flirkisehen
Flotte, PanzerschiffSe, Transportschiffe, Depesobenboote. Diese Schiffe
waren weder dnrcb Waohtboote noch dnreh Sperrbalken oder sonstige
Vorkehrongen geschlitzt and hatten kein elektrisches Licht, nur die
gewöhnliche Anzahl Posten waren aasgestelii Die Ttlrkra glaubten
damals noch nicht an solche BootsangrifTe, und ani dieser Sorg-
losigkeit bembte ganz besonders der Erfolg des Torpedoangriffii
Die Rassen hatten za diesem Zweck ein Schiff der Odessaer Schiff-
fabrtgesellschafl, den „Grofeftarst Konstantin**, armiert, der von dem
bald darauf zum Kapitänleutnant beförderten Leutnant Makaroff
kommandiert wurde. Es war dies ein eiserner Schraubendampfer
von geringem Wert, welcher nicht mehr als zehn Knoten per Stunde
dampfte. Seine Bemannung bestand aus vier Offizieren, einem Arzt,
Maschinisten und 150 Mann. An seinen Davits waren vier schneUe
Torpedoboote „Tschesmö**, „Sinope'S „Navarino^* und „Soukhoum-
Kalö" geheiTst, von denen das erstere mit einem Harveysohlepp-
torpedo, die anderen drei mit Spierentorpedos armiert waren, welche
durch Elektrizität ausgenutzt wurden. Makaroff verliefe die Rhede
von Sewastopol am 10. Mai abends mit der Absicht, irgend ein
türkisches Kriegsschiff bei Batnm in die Luft zu sprengen; er hofltte
bei seinem Unternehmen am Tage dem tttrklsehen Geschwader ra
entgehen, indem er annahm, dals er es eher sehen wtürale, als seine
Feinde ihn, da die Türken die dichten Rauch verursachenden eng-
lischen Köhlen hatten. Da er keine Seitenlichter noch Toplatenien
ftlhrte, so rechnete er darauf, auch bei Nacht unbemerkt zu bleiben,
die Türken dagegen mnlsten Lichter führen, da sie im Geschwader
manöverierten. Der „Grofeftirst Konstantin** hatte am 12. morgens
Land in Sicht, lief bei Tagesanbruch in Poti mn und ging abends
nach Batnm in See, um 10 Uhr abends befand er sich sieben See-
meilen von der Rhede entfernt. Nun entsendete Makaroff seine vier
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über die riuaischen Torpedoangrifie im letzten tiirkisulien Kriege. 209
Torpedoboote, von denen jedes von einem Oltizier komuiaiulicrt
wurde, er selbst Ubernahm das Kommando von vhwm derselben.
Diese ^^ut gebauten, seegrUn gemalten Boote liefen schnell, steuerten
g:ut und verrieten ihre Annäherung nicht, wegen ihrer geringen
Grölse waren sie schlechte Ziele für feindliches Geschlltzfeuer. Die
Fuhrer der Boote erhieltru den Befehl, nach eigenem Geschick und
Ermessen wieder i'oti zu erreichen, wenn sie vor ihrer Ankunft am
Bestimmungsort bemerkt wurden, der Konstantin sollte nicht auf sie
warten. Die Boote kamen indessen unbemerkt in die Nähe der feind-
lichen Schirte auf lU r Rhede von Batum an, und die vom Leutnant
Zetzarennyi konnnautiierle Tschesme. welche den anderen Booten
etwa drei Kabellängen voraus war, slur/.te sich, ohne auf die anderen
Boote zu warten, auf die feindliche Flotte. I)as Boot stiels zuerst
auf eine türkische i*anzerfregatte, welche als WachtschiÜ stationiert war
— nach anderen Quellen war es ein grofser Transportraddainpfer — .
Zetzarennyi konnte seinen Schlepptorpedo zwar unter das Heck des
Schiffes bringen, aber die Explosion erfolgte nicht, als der elek-
trische Strom eingeschaltet war. Es scheinen die Drähte vun der
Schraube des Torpedoboots ergriffen gewesen zu sein, und sehr
wahrscheinlich war von der Isolierung etwas abgestreift. Nun wurden
begreiflicherweise die Türken alarmiert und enHliieten von allen
Schilfen und vom i^unde aus ein sehr lebhaftes GeschUiz- und Ge-
wehrfeuer, welches die Boote zum schleunigen RUckzuge veranlalste-
Zum Glück für sie hatten die TUrken keine Dampfbeiböte noch war
eins der Schitfe zum sofortigen Auslaufen klar, sonst wäre ihre Ver-
nichtung wohl sicher gewesen. So wurde keins der Boote beschädigt,
noch einer von der Besatzung verletzt. Das Milslingen dieses An-
gritls mufs in bedeutendem Mafse der iVrt des Angriffs zugeschrieben
werden, die Russen hatten eine der wichtigsten Regeln beim Angriff
mit Torpedobooten nicht beachtet, nämlich den gleichzeitigen Angriff
mit allen Booten. Bei den vier Kommandanten war kein System
noch Einverständnis zu bemerken, und die ,,Tschesm6'* wurde von den
anderen Booten nur lau unterstützt, denn w^ären die drei anderen
ebenso kühn und schnell auf die türkischen Schiffe losgegangen, so
wUrde wohl wrniirsteJis eins derselben zu (irunile gegangen sein, da
die Schiffe nur auf ihr (ieschütz- und Gewehrfeuer zu ihrer Ver-
teidigung angewiesen waren. Zwei von den Booten erreichton noch
den Grolsfürst Konstautin, darunter das von Makaroff kommandierte,
„Tschesmö ' und '*Sinope*' gelangten mit Umwegen nach Poti. Obgleich
dieser Angriff mifslungen war, wurden die dabei beteiligten Offiziere
in Sewastopol mit Enthusiasmos empfangen, wobm der Konstantin
am 15. Mai zurückkehrte.
Jakrbaohw f&r di« deuUcii« Arne« and MAriaa. Bd. 114. 2 14
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210 i^ber die nissisohea Torpedoangrifie im letzten tUrkisoben Kriege.
2. Der zweite Angriff war der in der Naclit vom 25. zum 26. Mai
hei Matsin, einer Stadt am südlichen Ufer der Donau, etwa 8 See-
meilen von Braila. auf zwei türkische Monitors, den „Fet-ul-Islani*'
von 511 Tons Deplacement, 290 indizierten Ptcrdekräften und mit zwei
12 cm Armstrong-Geschützen armiert und den „Duba-Seife", einem
ähnlichen kleineren Monitor mit zwei 12 cm Kruppschen Hinter-
ladern armiert und den ,.Kilidh Ali", einen kleinen Flulsdarapfer.
Leutnant Doubasov war in der Nacht vom 24. zum 25. Mai bei
Braila geankert und hatte die türkischen Schilfe von dort reko-
gnosziert. Die Türken scheinen die Annäherung Doubasovs gewahr
geworden zu sein, denn, wenn sie auch nicht alle notwendigen Vor-
8ichtsiiiarsre<reln erfrriffen, hatten sie doch am 25. abends ihren
.'Vnkerplat/. ireweehselt, und wir werden im weiteren Verlauf sehen,
dals sie nicht überrascht wurden. Die Nacht des 25. war regnerisch,
aber nicht vollständig finster, da der Mond fast während der ganzen
Expedition Uber dem Horizonte war. Die russische Kolonne verÜpCs
um 1 Uhr morgens Braila, sie bestand aus vier Booten: ..Czaicwitsclr*
von Doubasov kommandiert, welcher die Expedition leitete, mit
14 Matrosen, „Kenia" vom Leutnant Chestakow geführt mit 9 Ma-
trosen, Leutnant Petrow ging- als Freiwilliger an Bord mit, „Djiquita'^
vom Seekadett Persine jrefuhrt mit H Seeleuten und „Czarewna" vom
Seekadett Bali geführt mit 8 Matrosen. Zwei dor Boote waren mit
selbstthätigen Spierentorpedos, die übrigen mit elektrischen Harvey-
torpedos armiert, die Torpedos waren mit Dynamit geladen. Die
Boote gingen in Kiellinie mit 4() m Distanz, folgten dem Ufer, bis
sie den Feind bei dickem Wetter sahen und gingen dann in die
Mitte des Flusses, sich in zwei Kolonnen teilend, „Czarewitsch" und
„Xenia" voraus, die beiden anderen dahinter rangierend. Sie gingen
gleichzeitig langsamer, um soviel wie möglich das Geräusch der
Sobraabe und des aufgerührten Wassers zu vermindern. Vor dem Ab-
gang der Boote hatte Doubasov folgenden AngriH'splan angeordnet:
Er würde zuerst angreifen, Chestakow sollte ihn unterstützen, Persine
ihnen zur Hilfe eilen, falls ihnen ein Unglück begegnen sollte und
Bali in Reserve bleiben. Sank eines der türkischen Schiffe, so sollte
Chestakow das zweite angreifen, Persine ihn unterstützen, Bali bereit
sein, ihm zu Hilfe zu kommen, während Doubasov in Reserve blieb
und so fort. Die feindlichen Schifle lagen in folgender Position:
die „Seitö" in der Mitte. „Fet-ol-lslam^* rechts voraus, die „Kilidh-Ali ^
links davon. Es war 2*/a morgens, die Boote dampften ohne Ge-
räusch bis auf das Boot Doubasovs, welches ihm viel zu schaffen
machte. Das Dampfabblaserohr ging nämlich entweder in den Kon-
densator nod speilste den Kessel oder in den Schornstein, nm den
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über die rossisdieii ToipedoaagrUre im leisten tttrkiaelieii Kriege. 21 1
Zog za yermehren, wodoreb ein wohlbekanntes Geittnsch bei jeder
Umdrebmig der lÜMchine henrorgebiaebt wurde. Wnrde das Abblasen
gestoppt, 80 bOrte das Gerllnsch zwar anf, aber der Dampfdruck fiel
schnell, ea moJate daher die Maschine gestoppt werden, während der
Dampfdruck wieder hoher gebracht worde, wenn kdn Greräosch ver-
nrsaeht werden sollte. Viermal war DonbasoY, der den Feind in
Sieht hatte, so genötigt zu stoppen, am nicht gehört za weiden; er
konnte gegen den in diesem Teil des Flnsses sehr starken Strom
nor langsam vorwärts kommen, eine und eine halbe Stunde hatte
er von dem acht Seemeilen Ton Blatsin entfernten Braila gebraucht,
mn an den Feind heranzukommen. Sein Kesseldmck, welcher drei
bis vier Atmosphären hätte betragen sollen, fiel auf zwei Atmo-
sphären, wenn das Dorohblasen aufhörte. Auf etwa 120 m vom
Feinde liefs Doubasov wieder durebblasen und auffenero und steuerte
auf die **Seif6** zu, indem er Chestakov ein Zeichen gab, dals er den
Angriff beginnen wollte. Der türkische Posten rief Ihn auf 60 m
vom Schiff an, Donbasor gab eine Antwort, die ihn verriet und die
Türken waren auf ihrer Hut. Der Posten feuerte sein Gewehr ab
ebenso die Posten auf den anderen Schiffen. Der Ftthrer des Gre-
sehtttzes (NeunzöUiges Armstronggeschtttz) war schnell an der Ab-
zugsieiue, aber dreimal hintereinander versagte die Schlagröbre und
es entstand Verwirrung an Bord, die Lente liefen anf Deck durch-
einander and feuerten nach allen Seiten ihre Gewehre ab. Während
dieser 2jeit nun näherte sich Doabasov, 60 ro sind ja bald zurückgelegt
wenn er auch kaum vier Knoten per Stunde dampfte. Er steuerte
dem Backborddeckhanse zu, um sieb gegen das Feuer der hinteren
Kanonen sowie möglichst ge^^en die Turmgeschütze zu decken und
versuchte nun mit dem Torpedo — es war ein Spierentorpedo an
einer Stange vor dem Bord angebracht — Schraube und Huder der
unter Dampf liegenden Seif6 zu treffen, um sie aul'ser Thätigkeit
m setzen. Die Explosion erfolgte, der Torpedo hatte die vitalen
Teile des Schitles etwas vor dem Hintersteven getroffen, das Heck
des Monitors hatte beträchtlich gelitten, sein Deplacement ütuierte
sich und die Mannschaft sammelte sich auf dem Vordeck. Doubasov
ging nun voll Dampf zurück, sein Boot war durch die Explosion
halb voll Wasser, die ganze Mannschaft schöpfte Wasser aus, denn
das Boot drohte zu sinken. Die Türken überschütteten unterdessen
die BiK)te mit (tewehrteuer und feuerten aus den Turmgeschützen,
das Schiff hatte sich zwar mit dem Heck gesenkt, blieb aber noch
tiott. LTnmittelliar nach dieser Explosion mdfste Doubasov Chestakov
zur Hilfe rufen, es war die höchste Zeit, denn nur ein glücklicher
Schals aus dem Backbordturmgeschütz war nötig, um die Boote zu
14«
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212 t^ber die rnsaiaehen Torpedongrilfe im letasten tHrkiMlieB Kriege.
Terniobten. CSiestakoT dampfte toU Dampf Torans nnd piaeierte
Beinen Torpedo etwas hinter den Torrn, die Explosion erfolgte aneh
mit Erfolg, nnd wenige SOnnten naoh derselben sank der Monitor.
Das Geseblltzfener war nacb der Explosion eingestellt worden, das
Gewebrfeoer wnrde nocb wäbrend des Suikens des Scbiffes fort-
gesetzt Die „Seifö" hatte eine Besatanng Ton etwa 60 Köpfen, Ton
denen nur wenige gerettet wurden. DoabasoT trieb wtthrend dieser
Zeit stromabwärts, da die Pompen nicht f auktionierten, molste er das
eingedmngene Wasser mit den Händen ans dem Boot schöpfen
lassen; Ghestakor konnte wegen der omhertreibenden Wrackstttcke
des zerstörten Monitors seine zudem unklar gewordene Schraube
nicht gebrauehen und mu&te sich unter dem Gewehrfeuer der Türken,
welches seine Leute auf Pistolensohnlsweite erwiderten, auf die ganze
Länge des Monitors durch die bpreogstueke durcharbeiten. Endlich
fieigeworden, liels er sich auch treiben. Die ,,I)jIqaita'' erhielt einen
Schuls ins Heck, weleher sie zwang, auf Land zu laufen, um das
Leck zu Terstopfen, dabei wurde die Schraube durch das Schilf am
Ufer unklar. Das ganze Gefeeht hatte zwanzig Minuten gedauert,
trotzdem wollen die Bussen weder Tote noch Verwundete gehabt
haben, was in Anbetracht dessen, dab ne diese Zeit lang dem Feuer
▼on drei türkischen Schiffen ausgesetzt waren, mit vierzig Mann sehr
eng zQsammengedrängt, etwas unwahrscheinlich erscheint. Jedoch
geben die Russen an, dafs die Geschosse aus den türkischen Kanonen,
welche vom Deck aus feuerten, ihnen weit über die Köpfe gegangen
wären. Man mufs hierbei die Frage anfwerfen, was denn die anderen
beiden tOrkischen Schiffe unterdessen thaten. welche nach russischen
Berichten beide in der Lage waren, zu feuern und kann nur an-
nehmen, dafs die Wirkung der ihnen so nahe explodierten Torpedos
ihre Bewegungen gehindert hat, und sie deshalb hauptsächlich mit
ihrer eigenen Verteidigung beschäftigt waren. Auch berichtete
Doubasov, dal's unter den Türken Mutlosigkeit geherrscht habe,
während er die Kaltblütigkeit und den Mut seiner Untergebenen
lobte. Während des ganzen Angriffs wurde vollkommenes Still-
schweigen beobachtet, welches nur durch ein Triuinjdigeschrei unter-
brochen wurde, als der Monitor sank. Zu dieser Zeit mUsseu die
Boote bereits weit genug abgewesen sein. Dieser Angriff wurde in
vorlrefliicher Weise ausgeführt und war viel durchdachter als der
bei Batum. Doubasov und Chestakov sowie mehrere Leute der Be-
satzung wurden dekoriert, die beiden Seeleute, welche die Torpedos
abfeuerten, hatten die "russische Torpedoschule besucht und vier
Monate auf den russischen Torpedoschulschiffen „Izumrod" und
„Tscbarodaika * Dienst gethan. Wenn sich die Boote geteilt und
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über die rassiMbcn Torpedotngrifte im letsten tfirkiseben Kriege. 213
einen deifhzeitipMi Auftritt auf beide Monitors jremaeht hätten, statt
dafs eins in Kcsorve blicl) und die drei andereti nur ein feindliches
Schirt angriffen, so würde der .»Fet-ul-Islani" wahrscheinlich dasselbe
S<'hicksal wie die ..Seift^" trehabt haben. Dieser Angrrift, von dem die
„Times- damals schrieb, dafs es eine der heldenmütigsten Thaten
der Kriegsgeschichte gewesen wäre, wurde bei dunkler Nacht aos-
geAlbrt. und obwohl ein Kudorwachboot von einem der Monitors die
Annäherung der feindlichen Boote bemerkte, alarmierte dies nicht
xeitig genug die türkischen Schiffe, so dals die russischen Boote un-
gehindert an ihr Zerstörungswerk gehen konnten. Hätte der das
Wachboot kommandierende Offizier, welcher Übrigens ein Grieche
war, mehr seine Pflicht gethan, so wäre der Monitor and mit ihm
fast sechzig Menschenleben nicht verloren gegangen.
3. Der nächtliche Angriff vom 10. sam 11. Jani 1877.
Am 10. Juni nm 1 Uhr nachmittags verliefs der russische
Dampfer „GrolsfÜrst Konstantin**, Kommandant Kapitänleutnant
Makarov, Odessa. Er hatte im Schlepp und geheilst sechs Torpedo-
boote. Der Dampfer „Wladimir' folgte ihm nm 7 Uhr abends, um
ihn im Kotialle zu unterstützen. Der Zweck der Expedition blieb
geheim, bis das Land aas Sicht war, dann wurde den Komman-
danten der Boote gesagt, dafs sie vier tilrkisclie Kriegsschiffe, von
denen drei Panzerschiffe wären und an der SulinamUndung lägen,
in die Laft zu sprengen hätten. Die russischen Torpedoboote wurden
Nr. 1 vom Leutnant Fonischin, ^r. 2 vom Leutnant UojdestFenski,
iiTscbesmö'^ vonLeotnantZetzerennyi befehligt, die drei anderen waren
^Slnope'', „Navarino-' und „Soukhoum-Käl6**. Das Boot Nr. 2 war
ein speziell als Torpedoboot konstroiertes von 68 Fuls Länge und
sehr schnell. Alle Boote waren mit elektrischen Spierentorpedos
armiert bis auf Tschesmö, welohes ein Schlepptorpedo hatte. Das
tttrkische Geschwader, wrlches angegriffen werden sollte, bestand
aas den drei Fanzerschiften ,,Fetith Bulend", ,^oocaide-mikhair**,
„Idglalieh" und einem Schleppdampfer „Kartal", welcher bei Snlina
zu Anker lag. Die ersten beiden waren Kasemattkorvetten von
2760 Tons Deplaoement ond ea. 3000 ind. Pferdekräften and mit
vier 23 cm Armstronggeschutzen armiert, die „Idglalieh'' hatte ein
Deplacement von 2200 Tons, Gürtel, Kasematte nnd einen Barbettnrm,
gepanzert, vier 28 cm ond ein 18 cm Annstronggeschtttz. Die drei
Panzerscbiffelagen mit anfgebrttckten Feuern vor Anker, der „Rartal**
war nnter Dampf, aom Schutz des Geschwaders waren keine anderen
Habregeln getroffen worden, als einige Rnderwachboote, welche zor
Zeit des mssisehen Angrilfe längseit ihrer Schiffe znrttckgekehrt
waren, nm die Mannschafken in den Booten abzulesen, andere Hindere
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214 Über die nudsolieQ Torpedoangriffe im letxtea tnrki«ohen Kriege.
nifise, wie Sporrbalkeii, Netze und Spieren, waren nicht vorfresehen.
— Sechs Seemeilen von der Rhede von Sulina wurden die Sclilepp-
taue der russischen Torpedoboote lo^^geworten, und die Boote ^^ingren
nnn auf eigene Hand los, um die türkischen Schiffe zu suchen. Die
erste Gruppe bildete Dwarslinie dicht au%eschlossen, ,,Tschesm6„ in
der Mitte, Boot Nr. l rechts, Nr. 2 links von ihr, die Maschinen hörte
man kaum, alle Laternen waren mit Persenningrs verhaniren.
„Tschesmß*' bemerkte zuerst den Feind und scher nach Steuerbord aus,
um das türkische Geschwader zu umgehen und ihre Schlepptorpedos
in Anwendung zu bringen. Die Leitungsdrähte — der Torpedo wurde
achterlich geschleppt — wurden jedoch sogleich beim ersten Angehn
an der Schraube unklar, das Boot mulste stoppen und hatte nur
Zeit) seine Schraube zu klarieren und nach dem Groi'sfUrst Konstantin
zurückzukehren, es wiederholte sich hier, was sich bei Batum er-
eignet hatte, die Unzulänglichkeit der Einrichtungen der „Tschesmö^*
war onTerkennbar. Die Boote Nr. 1 und 2 gingen nun weiter
voraus, sie hörten die türkischen Posten einander zurufen, aber die
Dunkelheit war so stark, dals das Boot Nr. 2 auf ca. 30 m an die
„idglalieh^ herankam, ehe es angemfen wurde. Der Posten feuerte
den ersten Grewebrschufs ab, welcher die anderen Schiffe alarmierte.
Diese begannen nun sogleich ein allgemeines Geschütz- und Gewehr-
feuer. Es war 2 Uhr morgens geworden, das Boot Nr. 2 erreichte
„Idglalieh'' nahezu mittelschiffs und feuerte, als es sie nahezu zu be-
rühren glaubte, seinen Torpedo ab, den Erfolg koiinto es nicht be-
urteilen. Die Türken leugnen sowohl die Explosion als auch eine
Beschädigung, geschweige denn Aul'sergefechtsetzen des Schiffes,
jedoch scheint dies wohlzweifellos der Fall gewesen zu sein. Das
vorderste Kompartment des Bootes, in welchem die Steuerung an-
gebracht war, wurde durch die mächtige Wassermasse, welche sich
erhöh und ins Boot fiel, mit mehr als drei Fufs Wasser gefUUt, da-
durch wurde zwar das Heck gehohen und dem Boote es ermöglicht,
den Sperrgürtel, welcher die ,4<^glaiieh'' nach russischen Berichten um*
gab, rttckwärtogehend zu passieren, jedoch bemerkte der Kommandant,
als er quer ab nnd klar davon wieder vorausgehen wollte, dats die
Achse des Steuerrades beschädigt und das Lager d( rselben ge-
brochen war. Nun erforderte es die ganze Entschlossenheit und
Kaltblütigkeit des Kommandanten und Ingenieurs, das Kuder wieder
gebrauchsfähig zu machen und unter dem Hagel von Geschossen die
Gefechtspiune in Gebrauch zu nehmen. Anlserdem war duob die
Explosion ein Wasserstandsglas gesprungen und der Schornstein ver-
bogen worden. Gleichzeitig steuerte der „Kartal*^ aui das Boot zn,
um es zu verfolgen. Die Lage war eine sehr kritische, der Dampf*
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Ober die rassischen Torpedoangrifie im leUten türlüsohen Kriege. 2X5
dioek war gefallen, nnd non beriohtel der Kommandant, dals sein '
Ingenienr im loteten Moment ftlnf PAmd Talg nnd Werg in die
Fenernog geworfen hätte, worauf der Dampfdmek sogleioh stieg nnd
das Boot in den Stand setzte, den „Konstantin** wieder an erreiclien.
Jedoeh sobeint die Verfolgung des tttriusehen Sebiffes niebt sebr ernst
gewesen an sein, die tiefe Dnnkelbeit nnd die Anfregung, welehe der
unerwartete Angrift der Bussen berrorgemfen, sobeinen die Ver-
fulgoug gelähmt zn haben. Nach russisefaen Beriebten war das Boot
Nr. 1 anf eine Sperre von Ketten nnd Kabeltauen, welehe von
Fässern getragen wurden, geraten, hatte beim Angriff auf dieses
Hindernis ohne Erfolg seinen Torpedo abgefeuert, das Boot wurde
dureb die Ezplonon halb mit Wasser gefnllt und dnreh einen Schuls in
den Grund gebohrt. Kaoh anderen Berichten kam das Boot Nr. 1
unter den Stenerbordbug der „Idglalieb** nnd an der Ankerkette nn
klar, explodierte seinen Torpedo aber ohne Erfolg, nnd während es
von der Kette loszukommen suchte, wurde es In den Grund ge-
schossen. Dies seheint glaubwürdiger als der mssische Bericht, da
die türkischen Schiffe sehr wahrscheinlich keine Verteidigungs-
krinolinen hatten. Der Kommandant des Bootes, Leutnant Poutschln-
beriehtet zwar, dafs er das Boot selbst versenkt habe, nm es nicht
in Feindes Hand fallen zu lassen, als er sab, dals die Schranbe des
Bootes gebrochen war. Er berichtet ferner, dals er die Besinnang
im Wasser verloren habe, and als er wieder zu sich gekommen sei,
Gefangener in den Händen der Türken war. Die zweite Abteilung
der russischen Torpedoboote war der ersten gefolgt, als sie aber die
Explosion hörte und sab, daXs die Türken zu wachsam waren, um
überrascht zu werden, kehrte sie zum „Grofsfllrst Konstantin,, zurück.
Dieser hörte schweres Geschütz- und GewehrlVuer und versuchte
.sich unter Land zu halte d, kam hierbei jedoc-h auf Grund und blieb
bis Tagesanbruch in einer bedenklichen Lage. Nachdem er seine
Kohlen teilweise Uber liitrd g'cworfen hatte, wurde er tlott und konnte
seine Boote aufnehmen und nach Odessa zurückkehren. In Odessa
stellte sich heraus, dals an dem Boot Nr. 2, als es geheilst war,
am Bug nahe dem Kiel sechzehn Niete lose bezw. gebrochen waren,
mittschiffs waren Eindrücke, welche auf eine Berührung: mit eiuem
harten Gegenstand scbliefseu Uelsen, achtern hing die eiserne Kielplatte
ca. 46 cm vom Kiel herab, der untere Teil des Ruders war ge-
brochen und einer der Schraubenflügel nach hinten verbogen. Alle
diese Verletzungen könnten auf eine Verteidigungskrinoline der
„Idglalieh" scbli eisen lassen, über die das Boot Nr. 2 gelaufen und
wieder zurückgegangen war, jedoch können einzelne dieser Schäden,
wenigstens die Beschädigung der Nieten auch der Wirkung des ex-
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216 t}ber die rassiMben TorpedoaogrUle im letsten tttriLisobeii Kriege.
' plodierten Torpedos zngesehrieben werden. Die Raflsen gaben keine
Toten bd dem Gefecht an. Der offidelle taridselie Beliebt sagt
über den Angriff auf die ,Jdgialieb*': „Die Explosion war unwirksam
infolge der gescbiekten DefensiTe anf dem angegriffenen Panzersohiff.
Immerkin war dieser Angriff der Boote Nr. 1 nnd 2, wenn auch
mifeglttekti ein sebr kttbner nnd beldenmtttiger, der Kommandant
des Bootes Nr. 2 wnrde mit dem Gtofekrenz IV. EJasse dekoriert
— Hätte das tOrkisobe Gesehwader im Moment, als das Alarmsignal
gegeben worden war, die Ketten gescklippt nnd mit voll Dampf den
Knrs anf Odessa genommen, so wÄre der „GroJsfUrst Konstantin" mit
allen seinen Booten nnd der UntersttltKnngsdampfer wahrscheinlich
abgeschnitten worden und verloren gewesen. Sowohl der „Fetith
Bnland** wie „Hoooardemikhair** waren Schiffe ron 13 Meilen Ge-
schwindigkeit, daher bedentend schneller als die Russen. Aber wie
so oft, waren die Türken za lässig, am die Gelegenheit ans-
Eunntsen*
i. Der vierte Angriff fand am 20. Jnnl nachmittag:s anf einen
tttrluschen Monitor bei Rnstschnk statt. Sechs mssisehe Boote,
welche mit Minenlegen in der Donan beschäftigt waren, worden von
einem aas Rnstschnk aoslanfenden tQrkisoben Dampfer daran ge-
hindert, welcher im Ymin mit den tttrklschen Strandbatterien die
Boote zwischen zwei Feaer nahm. Verstärkt wnrde dasselbe noch
von einem törkischen Monitor, welcher dort za Anker lag. Da er-
hielt Leutnant Skoydlör am selben Tage den Befehl, .mit seinem
Thomykroft Torpedoboot „Ghontka'' den Monitor anzagreifen and an-
schädlich za machen. Die „Ohoatka^ war im Jahre 1874 vod Thonjy-
kroft gebaut. 50 Fufe lang, 6'/, Fals breit, hatte einen Tiefgang von
2'/, Fuls, eine Maschioe von zwölf Pferdekräften nnd soll 17 Knoten
gelaufen haben. Die rassischen Berichte sagen, dals das Boot trotz
schwerem Geschtttz- and Gewebifeuer seitens des Monitors mit seinem
Stangentorpedo das Panzerschiff getroffen hätte, dafs der Torpedo
aber unglücklicherweise nicht explodiert sei, weil die elektrischen
Leitungsdrähte an zwei Stellen von Kugeln durchschnitten worden
wären. Glaubwürdiger sind wohl die Berichte anderer, welche be-
sagen, dül's. sobald das Torpedoboot bemerkt wurde, ein tso gut ge-
zieltes und stetiges Feuer vom Monitor aus auf dasselbe unterhalten
wurde, dafs es überhaupt nicht an den Monitor herankam, sondern,
nachdem der Kommandant schwer venvundet woi ilcii und die Leitungs-
drähte zum Torpedo durchschossen waren, /um s( lileuni;ren Ixiickzug
gezwungen wurde. Auch die russischen Berichte bestätigen, dafs
der Vorderteil des Bootes durcli ein Oeschofs durchlöchert wurde,
dafs die Mannschaft das einströmende Wasser ausschöpfen mufste
I
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über die raMiaehea Toipedouigrlffe im letzten tttrUeehea Kriei^. 217
ond dab der Führer Leutnant Skoydlov an beiden Beinen verwundet
wurde. Es gelanp: ihm jedoch, dennoch den Türken zn entwischen
and sich mit der rassischen Flottüie wieder sn vereinigen. Von der
Mannschaft soll niemand verletzt worden sein, naob den nusischeii
Berichten, das Boot httile nor eine Anzahl wirknngsloier Grewehr>
Schüsse erhalten. Danach scheint das Feuer des Monitors doch ein
sehr mangelhaftes gewesen sä sein, sonst wäre dieser toUlitthne An-
griff am heilen Tage wohl kaum mOglieh gewesen, nnd es wären
Zweifel darttber, ob das Boot wirklich an das Panzersehiff heran-
gekommen war oder nieht, aufgeschlossen. Jeden£üls würden die
Bossen wohl nicht gewagt haben, einen solchen Angriff auf emen
andern Gegner als ein türkisches Kriegsschiff zn machen, sie hatten
cffenbar keine hohe Meinung von einem solchen. — Dies bewiea
snch der Tagangriff vom 80. Jnni 1877 in der Donau, in welcher
ein von einem Engländer konunandierter türkischer Monitor den
Bossen sehr viel zu schaffen machte. Als nämlich die Bussen den.
DonanUbergang bei Simnitza vorbereiteten, suchten sie sich der
türkischen Monitois zu entledigen, welche bei den befestigten Plätzen
wie Bustsehnk, Silistria, Widdin, Kikopolis im Flnsse zu Anker lagen
■nd die Vorbmitnngen hinderten. Sie suchten Minenlinien zn legen,,
nm durch dieselben die Bewegungen des Feindes zn stt^ren nnd ea
war ihnen geglückt, zwei der Monitors zu versenken. £in dritter
war ihnen bisher entgangen ond durch seine Wachsamkeit höchst
lästig, er that Wunder durch Energie nnd Geschicklichkeit, Oharakte^
eigensohaften, welohe bei den Türken auf dem Wasser ungewOhnlieh
lind, er hielt die rassischen Batterien beständig in Atem nnd ver<^
senkte die Minenboote derselben. SchlieMch entschlossen sich die
Bassen, ihn mit Torpedobooten anzugreifen. Als der türkische
Monitor am 80. Juni von Nikopolis stromabwärts dampfte, wurde er
von zwei mssisehen Torpedobooten, der „Ghontka" nnd der „Mina\
beide mit elektrisch zn detachierenden Schlepptorpedos armiert, an-
gegriffen. Die Boote stürzten sich auf ihn nnd rückten ihre Torpedos
ans, aber der Erfolg war ein ganz anderer als damals M BraiUk^
Die Rossen merkten sehr bald, daCs sie es mit einem andern Gegner
als den früher von ihnen versenkten Monitors zn thnn hatten. Mit
greiser Gesehickliohkeit verteidigte sich der Monitorkommandant gegen
alle Angriffe, er lieüs Torpedoschntznetze fallen und schob von den.
Seiten Spierentorpedos ans, wodurch er sich die Boote in respekt-
voller Entfemong hielt Gleichzeitig eroÖnete er ein lebhaftes Kar*-
tätsch- nnd Gewehrfeuer, was den Angreifern sehr lästig wurde, immer
meisterhaft manövrierend. ,,Mina'' hatte zuerst angegriffen, aber einer
der Torpedoleitungsdrähte wurde von einem Schul's getroffen, dann
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218 nistbohen Torpedoangriffe im letiteD tOrklseheii Ktitge.
war das Boot selbst getroffen and gezwuogen worden, sich zarilek-
zadehen. Der ITttbrer der „Cbootka'* versnelite yeigeblieh, den Monitor
mit seinem Torpedo zu treffen. Der letztere ging nonmehr zor Offen-
,8iye Uber and snclite das Boot, zwischen sich nnd eine Sandbank
treibend, zu erdritoken, es entkam jedoch. Der Kampf dauerte
dann noch eine Weile fort, der tapfinre engliscbe Kommandant,
welcher bisher &st nnbeweglicb mit den Händen in den Taaehen anf
der Kommandobrücke stehend, mit eiserner Boke die Manöver leitete,
wurde leider verwundet und mulste das Kommando an den ersten
-Offizier abgeben. Sein Schiff kehrte, ohne weiter verfolgt zu werden,
nach Nikopolis zurttck. Später, als dieser Monitor seinen früheren
Kommandanten nicht mehr hatte, wurde er auch durch russische
yßnen versenkt Man kann hiernach nur den englischen Berichten
Recht geben, welche behaupteten, dals die Bussen die Brücken von
.Simnitza und Sistova nicht so leicht geschlagen hätten, wenn alle
tttrkischen Monitors von Offizieren seines Schlages kommandiert
worden wären. Auch die Russen versagten dem Gegner ihre Be-
wunderung nicht. Dies Gefecht ist insofern sehr interessant, als es
zum erstenmale in diesem Kriege zeigt, wie ein Schiff von einem
ebenbürtigen Kommandanten geffihrt, manövrierte und den Torpedos
•der Boote Torpedos vom Schiffe aus entgegensetzte. Immerhin ist
es merkwürdig-, dab die kleinen, leicht handlichen Boote mehrere
Stunden bestrebt waren, ein Schiff zu treffen, welches zu gleicher
.Zeit mit der Absicht, dieselben niedencurennen, manövrierte, ohne
weder ihren Zweck zu erreichen noch von dem Gegner niedergenumt
oder beschädigt zu sein. Das Telegramm des Grolsfüisten Kikolaua
über diesen Angriff begann mit den Worten: „Die Tapferkeit unserer
Seeleute ist unglaublich, undenkbar nnd nnediört.*' Im übrigen be-
stätigte CS das Mi&lingcD der Torpedobootaangriffe. Wenngleich der
Angriff nun auch miMungen war, hatte der Kommandant der „Ghoutka**
immerhin ein bewunderongswürdiges und nachahmenswertes Beispiel
von Mut nnd Entschlossenheit gegeben, er war vier- oder fttnfinal
verwundet worden und wurde später mit dem Georgskrenz dekoriert.
Der Führer der „Mina" erhielt den militärischen Verdienstorden.
5. Ein weiterer Angriff der Bussen ttaoA in der Nacht vom 28. zum
.24. August bei Soukhoum KM auf ein türkisches Panzeisohiff statt
Die Russen griffen mit vier Torpedobooten des „Groihfitrst Konstantin** :
„Sinope", „Torpeder^S „Navarino** und „Tächesmö^'an, den „Konstantin''
kommandierte Makarov. Die ,Tschesmö* wurde von LeatnantZetzarennyi
kommandiert, welcher wieder den Befehl über die Expedition erhielt
Die Boote waren mit Schlepptorpedos armiert In dieser Nacht
war eine Moodfinätcrnis, welche den Rassen sehr zu statten kam.
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Ober die nissiaeheii Torpedoaiigrille im totsten tarkUebea Kriege. 219
Voiiier hatte der VoUmood ihnen den Weg nach Sonkhomu Kal6
getagt» in dessen Hafen das tOrkisclie Panzerschiff nAssari-Sehefket"
lag, eine Kasemattkorrette mit Doppelsehranben von 2046 Tons
Deplacement und mit 5 28 om. Armstronggesehtitsen armiert, die
Kasematte and der Barhettum gepanzert Der Barbettnrm war am
hmteren Ende der Kasematte, das Schiff war als Brigg getakelt
Die mssischen Berichte schüdem den Angriff folgendermafoen: ,ySinope^*
and „Kavarino** gingen aaf das Panzerschiff los nnd trafen es mitt-
sehiffis mit ihren Torpedos, welche nach MakaroYS Bericht sehr be-
Medigend explodierten nnd die Rohlenhnnker getroffen haben mttssen,
da die See eine schwane Oberfläche erhielt In Anbetracht des
späteren guten Zustandes der „Assari-Schefket^ scheint jedoch das
Wasser nur durch die unTollstftndige Verbrennnng des Pulvers oder
der Schiefehaumwolle geschwärzt zu sein, was bei allen derartigen
£iplosionen in die Erscheinung tritt Die beiden Torpedoboote wurden
halb Toll Wasser geschlagen und kampfhnfUhig nach dem Bericht
MakaroYs. Zetzarennyi befahl nun dem ^Torpeder^S den Angriff zu
emenem und ging selbst mit der „Tschesm^ nach dem Panzerschiff
zurttck. Es wurde ein dritter Torpedo unter den „Assari-Scheiket*^
geschleppt, explodierte auf dessen Steuerbordseite und verursachte
em heftiges Rollen des Schiffes. Der Bericht wird nun sehr unklar.
Zetssrennyi, der Geschrei hörte, glaubte, dals dies von den etwa zer-
störten Torpedobooten kam und ging nun vor, um Hilfe zu leisten.
Mit fertigem Torpedo passierte er die Steuerbordseite des Panzer-
sduffes und fand sich inmitten von Wrackstttcken und schwimmenden
Leuten. In diesem Augenblick traf die „Assari-Sohefket^ beim Rollen
die „Twhesm^ und füllte sie halb mit Wasser, indem sie ihr Dollbord
herunter drttdtte. Der Torpedo verwickelte sich mit den Leitungs-
drähten an der Fallrepstreppe und mulste losgeschnitten werden; die
TUrken fanden ihn am nächsten Tage am Lande. Die Russen
machten sich darauf so schnell als möglich von der Schiffi»eite frei,
die Geschosse der türkischen Greschtttze flogen Uber sie hinweg und
das Gewehrfener hörte auf. Die Boote vereinigten sieh darauf wieder
mit dem Konstantin, welcher bei Tagesanbruch schleunigst zurttck-
liel Wie gewöhnlich gaben die russischen Berichte keinen Toten
noch Yerviundeten an aufser dem Leutnant Pisarefski, welcher die
„Sinope** kommandierte. Richtiger ist wohl der Beriebt der TUrken.
Der Kommandant des Panzerschiffes berichtete, dals nur ein Torpedo
explodiert sei and zwar nicht bei der Berührung mit dem Schiff, die
voneitige Explosion machte ihn harmlos. Er habe die feindlichen
Boote mit lebhaftem Gewehrfener empfangen und schreibt der Wach-
samkeit der Wach boote das Mii'sglUcken des Angriffes 2U. Der
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220 tJber die lUBsiBehen Torpedoangrifte im letzten tOrkiaebeii Kriege.
Kommandant hatte ( inige Jahre vorher in der eng:lischen Marine
Dienst gethan. nach seinem Bericht war die halbe Mannschaft mit
Gewolircn auf Deck, die Geschütze geladen und die geladenen Mi-
iraillcuseu am Heck und auf der Back aufgestellt. Thatsaebe ist,
dals der „Assari-Scheikef* schon am 21. August sich in Konstautinopel
befand, von wo er am 12. September durch das Mittel-Meer nach
dem Busen von Arta ging. Die erlittenen Havarien müssen daher
wohl nur sehr gering gewesen sein, wenn Uberhaupt solche statt-
gefooden haben. Auch wurde nach dem türkischen Bericht ein
Spicrentorpedo am nächsten Morgen von den Mannschaften des Schilfes
gefunden, ebenso viele Wrackstücke, welche wohl nur von zerstörten
Booten herrühren konnten. Die rassischen Zeitungen berichteten
trotzdem sehr naiv von dem glänzenden Angriff und der vollständigen
Zerstörung des türkischen Panzerschiffes „Assari*8chefket'*.
Von den weiteren Angriffen der Russen sind die erfolgreichsten
nnd interessantesten die beiden Nachtangriffe vom 27. Dezember 1877
imd vom 25. som 26. Januar 1878 im Hafen von Batnm, weil in
diesen zam erstenmale Whiteheadtorpedos verwendet worden, welohe
den Türken empfindliche X'erluste zufügten.
6. Der Nachtangriff vom 27 Dezember bei Batum. Der
flGrolsfÜrst Konstantin" anter dem llcfehl des KapitänleotnantMakarov
kam am 27. Dezember in der Dunkelheit im Hafen von Poti an
mit vier Torpedobooten in den Davits. (Poti ist ein kleiner russi-
scher Hafen, wenige Seemeilen nördlich von Batum.) Dort erfahr
er, dals die türkischen Paoserscbiffe soeben Fort Nikolaus bombar-
diert hätten und nach Batam zurückgekehrt sein mUfsten oder in der
Nähe zu finden sein würden. Makarov machte sich nun sofort zum
Angriff fertig. Die Nacht war sehr dookel, feiner Regen fiel herab
bei niedriger Dttnnng. Vier Seemeilen von Batum fährte er seine
vier Torpedoboote zu Wasser, diese waren „Tschesme** mit einem
Whitehead-Torpedo mit einer Ladung von 82 kg Scbielsbaumwolle,
von Leutnant Zetzarennyi kommandiert, welcher wieder den Befehl
aber die Expedition hatte, „Sinope** mit einem ähnliehen Wbitehead
Torpedo armiert, ..Sonkhonm Ralö** und „Navarino" mit Spieren-
nnd Schlepptorpedos ansgerttstet
Die mssisohen Berichte sohildem den Angriff folgendermatsen:
Unter dem Sehata der starken Dunkelheit näherten sich die Boote
anbemerkt, konnten jedoch nnr zwei Schiffe sehen — in Wirklieb-
keit waren es sieben, — dieselben waren mit einem Anker voraus
vertant, Heck nach Land, ihre Position war nicht vorteilhaft, da
nnr ein Schiff fenem konnte und dieses nur mit den Geschtitzen einer
Seite. Die dunkle Ilasse dieses eben Schiffes war allein dem An-
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über die raasbohen Turpedoangrifie im letzten tttrkisohen Kriege. 221
griffe fler Küssen ausjaresetzt. Die „Tschesmö'* und ..Sinope*', welche am
H-bnellsten waren, ^inj;en nun voraus, die andern beiden Boote als
Resenen zurlleklassend. Sie kamen auf eine etwa (iü m geschätzte
Distanz an die türkischen Panzerschitfe heran, und nun entsendet
zuerst die ..Tsehesnie*' ihren Torpedo, den ersten Whilehead-TorjjedQ,
welcher in diesem Krieg;e f;e^en ein Angritfsobjekt lanciert wurde,
Df'Lseibe lief geradeaus, liels eine Spur Schaumes hinter sich — die
bei jedem Torpedoschuls an die Oberfläche kommenden Luftblasen —
und traf die Breitseite des Panzerschiffes zwischen Grofe- und
F'jcknuist. Während die überraschten Türken an Deck stürzten,
feuerte „Sinope" ihren Torpedo ab, der unter dem Heck des Schiftes
explodierte. Die Boote liefen darauf so sebiiell als iiiii^^lich zurück
unter dem Gewebrfeuer und dem zu hoch g:ebenden ( leschützfeuer
der Türken und vereinigten sich mit dem j.CIrofsflirsten Konstantin^
der am .'?0. nior«?ens unter be-reisterten Hurrahs der Flotte und
der Bevölkerung in Sewastopol einlief. Das Resultat der Explosionen
ist unbekannt. Soweit die russischen Berichte. Der Wahrheit mehr
entsprechend ist ein anderer vielleicht von türkischer Seite stammen-
der und dem russischen durchaus widersprechender Bericht, welcher
den Angritt folgendermalsen schildert: Die türkische Flotte war diircb
Wachboote und eine Balkensperre gegen Angriffe von Torpedobooten
geschützt. An den Balken waren Planken befestigt, welche durch
Gewichte so beschwert waren, dals sie senkrecht zur Oberfläche des
Wasser hingen. Hobart Pascha, der Oberkommandierende der tür-
kischen Flotte, kam gegen 11 abends auf seiner Yacht im Hafen
an und hatte persönlich die Wachltoote und die Sperre besichtigt.
Bald nach seiner Rückkehr an Bord der Vaclit wurde eine Explosion
gehört und eine Menge Wasser am Bug des Panzerschiffes ,,Awn-
lllah" aufgeworfen, am Morgen wurde ihm gemeldet, dafs zwei
Whitehead-Torpedos am Latide gefunden worden, gerade hinter dem
Heek des Kanonenboots „Memduhije^'. Die türkischen Schiffe waren
miyerletzt geblieben. — Wabischeinlich hatten die beiden Torpedos
wegen der geringen Übung nnd praktischen Elrfahrung, welche die
Rossen in der Behandlang nnd dem Schielsen mit diesen kompli-
zierten Geschossen damals noch besaisen, dann auch dank der
Dunkelheit der Nacht und der Dünung in der Zeit des Angriffs ihr
Ziel verfehlt. Einer der am Lande gefundenen Torpedos war un-
versehrt, bei dem andern fehlte der Kopf, welcher wahrscheinlich
durch Kollision mit einem Stein oder Felsen abgebrochen war. Die
Torpedos scheinen entweder zu tief eingestellt gewesen zu sein,
so dafs sie unterhalb der Schiffe blieben oder seitlich abgelenkt
worden zu sein, so dafs sie die Schiffe gar nicht berührten. Die
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222 ^^i' ^0 russisoben Torpedoui^riffe im letzten tUrkisciien Kriege.
Spprre scheint nur von geringem Nutzen gewesen zu sein, da die
beiden Torpedoboote bis auf 60 — 70 m an die Panzerschiffe heran-
Ivonimen konnten. Die Ttlrken kamen auf diese Weise ohne Kosten
in den Hesitz eines vollständigen Whitehead-Torpedos und dadurch
zugleich in den Besitz des lange und sorgfältig gehüteten Geheim-
nisses, welches zu erkaufen die Küssen Tausende von Pfund gezahlt
hatten. Nach dem Bericht des enfrlischen Marinekorrespondent<*n
der Times in Konstantinopel war der unversehrt«' Torpedo mit einer
Sprengladung von ca. SO Pfund Schielsliaunnvolle auf einen Tiefgang
von 17 Fuls eingestellt, der andere Torpedo, dem der Kopf fehlte,
war auf 20 Fuls eingestellt gewesen.
7 Der letzte und mit erfolgreichste .Angritl' der Russen mit Tor-
pedol)outen war der Nachtangrifl' vom 2.'). zum 2^^. Januar 187S bei
Batum. Kapitän Makarov, Kommandant des ,.(iroIsfürst Konstantin'*,
erhielt am 2'2. Januar von dem Oberbefehlshaber der Flotte und
Häfen des schwarzen Meeres den Befehl, au der Ostküste desselben
zu kreuzen und gegen Batum zu demonstrieren. Er liel noch an
demselben Ahcnd aus Sewastopol aus, zwei mit Whitchcad Torpedos
armierte Boote, ./rschesme" und „Sinopc-. hingen in den Davits. Nach
schwerem Wetter, in welchem der ,,Konstantin" sehr stark rollte, so
dafs man um die Boote sehr besorgt war, kam Makarov am 25. abends
in ?oti an. wo er erfuhr, dals die türkische Flotte sich vor Batum
befände. Er beschlofs, sie sofort anzugreifen, und schickte vier bis
f) Seemeilen vor Ratum seine beiden Boote ..Tschesme", geführt von
Zetzarenuyi, welcher wieder die Expedition leitete, imd„biiiope" gegen
die türkischen SchifVe vor.
Nebel und der die Lage bedeckende Schnee liefs die Küste
nicht deutlich erkennen, Zetzarennyi nuifste sich erst eineZeitlang orien-
tieren, und es wurde 1 Uhr morgens, als er von Norden h<*r auf
die Rhede von Batum kam. Der Mond ging gerade hinter den
Bergen auf und beleuchtete den Hafen und das feindliche Geschwader.
Am Eingang der Bucht lag ein Wachschiff, die Breitseite nach aulsen
gekehrt rechts vom Leuchttum, die weifsen Häuser der Stadt, die
Batterie auf der Landspitze, auf welcher der Leuchtturm steht und
sieben Schiffe mit dem Heck nach dem Lande vertaut, waren deutlich
sichtbar. Es waren ein zweimastiger Dampfer mit weiHseo Rad-
kästen, zwei dreimastige Panzerschiffe, ein grolser Raddampfer und
etwas weiter nach dem Ende der Bucht zu drei grolse iichiffe, deren
Masten nicht deutlich gesehen werden konnten. Die russischen Boote
waren mittlerweile auf eine Seemeile an das Geschwader heran>
gekommen und eine halbe Seemeile vom Wachschiff entfernt. Zetza-
rennyi näherte sich darauf noch mehr dem letzteren und erkannte
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über die russisohen Tuipeduangnfie im letzten türkiscbeu Kriege. 223
es aJs eiii Kriegsschiff von ca. 1200 Tons mit Raaen am Fockmast
ond sechs Booten in den Davits hängend. Geräuschlos näherten
sich die Boote his auf ca. 80 m dem Schiff und Zetzarennyi feuerte
nnn seinen Whitehead-Torpedo auf die Steuerl)ordseite unter dem
(irolVmast ah. fast in demsclht u Aug:enhlick lancierte ..Sinope'' ihren
Torpedo etwas mehr nach achtern von dieserStelle. Nach der Explosion
hörten die Küssen ein furchtbares Krachen und sahen eine hohe
Wassersäule em})orschiefsen. Der Hunijjf des Schiffes verschwand
nach wenigen Minuten vollständig: unter Wasser, in der nächsten
Minute verschwanden die Masten und ein King von Wrakstückcn
bezeichnete den Ort der Katastrophe, welch(^ jicröfstentcils der Mangel
aller V orsichtsmafsregeln und der nötigen Wachsamkeit seitens der
Türken verschuldi t hatte. Denn erst durch die llurrahs der Küssen
und das Geschrei der umherschwininienden und sich an den W>ack-
stUcken anklauimernden Besatzung des untergegangenen Schiffes, so-
weit sie am Leben gebliehcn war, wurden dif übrigen Schiffe aus
ihrer Sorglosigkeit aufgeschreckt. Nun erst sahen d'iv Kusst-n von
mehreren Schiffen Ranchwolken aus den Schornsteinen aufsteigen
and mehrere Boote zur Kettung der Leute absetzen, dann feuerte
eine Strandbatterie mehrere Schüsse, und eins von den Schiffen
dampfte aus dem Hafen. Die Boote kehrten so schnell als niüglich
zum ,,Grol8fUrst Konstantin'', zurück, erreichten denselben kurz nach
3 Uhr morgcFis und wurden sogleich aufgeheilst. Am 2S. ankerte
Makarov wieder im Hafr-n von Sewastopol. Nach diesem gelungenen
Angriff wurde er zum FlUgeladjutanten des C/areii ernajint. Zetza-
rennyi zum Kapitiiiileutnant bef(>rdert und der Komniaudant der
^inofH"" erhielt das Georgskreuz 1\. Klusse.
In diesen Gefechten sind fast alle Arten der damals gebräuch-
lichen Torpedos verwendet worden. Spieren-. Schlepp- und Whitehead-
Torpedos haben ihren Oft'ensivwert erwiesen, aber es scheint schon
im Hinblick auf die mehrfachen Miiserfolge der Küssen trotz der
meistens sehr geringen Wachsamkeit der Türken offenbar zu sein,
dals ein gut bewachtes Schiff selftst einen so entschlossenen Gegner,
als es die Küssen waren, abwehn n kann. Niemals hätten die
Bossen selbst bei genUgenderWariismiikeit seitens derTürken. geschweige
denn gegen einen ebenbürtigen Gegner, mit ihren Spieren- und
Sch!ei)ptorpedüs sich soweit den Schiffen nähern können, dals sie
die.sell»en zur Verwendung und zum Erfolge bringen konnten. Der
Whitehead-Torpedo führte allerdings unleugbar ein neues und viel
getährlicheres Offensivelement in die Gefechtsführung ein, aber auch
bei Anwendung dieser furchtbaren Waffe kam den Russen die be-
fremdende Sorglosigkeit aad der Mangel von genügender Wacbsam-
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224
Kleine heeresgesohiohtliclie Mitteüimgen.
keitaafSeiten der Türken sehr zu statten, wodarch sie imstande waren, den
Torpedo auf eine sehr kurze Hntfernaiij,^ /u lancieren, in welcher er,
wenn nicht die gröbsten Felili r gemacht wurden, tretfen raulste. Bei
den heutigen Mitteln. Uber ^^tk'he die Schiffe za ihrer Nerteidigung^
Terfllfren, Schnellfeut rkanonen. Kepetiergewehre, Kevolverkanonen,
elektrische Selieiuwert'er, Sperren und Waehboote, welche heutzutage
immer Dampf boote sein werden, um nicht die Leute in liuderbooten
zwecklos zu ermüden, werden sich Torpedoboote wohl nur in den
seltensten Fällen und bei einer ungewöhnlich günstigen Verkettung
von Lnistiiiuien cinein feindlichen Schiffe — ebenbürtige Gegner
vorausgesetzt — soweit nähern können, wie es die Russen wieder-
holt in diesem Kriege gethan haben. Damit aber fällt die untrüg-
liche fiewähr des Erfolges auch t\ir die selbstthätigen Torpedos,
mögen e.^ nun die Whitehead- oder die l^rauntorpedos sein, fort,
denn gerade auf grölseren Entfernungen wird die Bahn des Torpedos
immer unberechenbaren Zinälligkeiten ausgesetzt bleiben und damit
die Wirkung derselben unwahrscheinlicher sein.
Anch aus dieser Darstellung erhellt zur Genüge, dafs Torpedo-
boote niemals ein Ersatz für Linienschiffe sein werden, wenn sie
denselben auch unter Umständen recht gefährlich werden können.
Es ist noch nicht L'ar lange her, dafs diese Ansicht selbst an mals-
gei)enden Stellen ilire Vertreter gefunden hat und zwar sehr zum
Nachteil der deutsclien nifensivHotte. Diese Ansichten und diese
magreren Jalire sind hotleutüch t'tir immer tlir die deutsche Manne
?orüber.
XVll.
Kleine beeresgeschichtliche Mitteilungen.
Den Mobilmachungsbefehl zum Bayerischeu Erbfolgekriege fiir
die schlesischen Regimenter diktierte im Jahre 1778 König Friedrich
der Grolse dem Leutnant von Wachholtz in die Brieftasche. Wach-
holtz, welcher damals AdjuUut des za Breslau garnisonierenden In-
fanterie-Kegiments von Stechow war, hatte den Orden und das
Paradepferd des verstorbenen Regimentschefs nach Potsdam gebracht.
Nach abgestatteter Meldong fragte ihn der Kt^nig, in wieviel Zeit er
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Kleine heeraBgeacIdchtlichq lUttoiliiiigaii.
225
doh getrane, nach Breslau zurtickzareitcn. Auf die Antwort, „ia
einigen vierzig Stunden", Uels er Ihn die Schreibtafel heivonieheD,
diktierte die Marsohdisposition Air die %nm Vorrücken gegen die
österreichische Grenze bestimmten Troppenteile, unter/i ichnete das
Niedergeschriebene mit einem Bleistifte, gab dem Boten aus der
SehataUe vierzig Louisdot lu ist ;:eld und hiefs ihn schleunigst ab-
leiten. »Aus dem Tagebuehe des Generals von Wachholt//' (heraus-
gegeben von V. Vechelde, Braunscliweig 1843) wird der Erzäliiiiiig
des X'orfalles hinzugefügt. „So kurz und btlndig ward von dem groisen
König eine Sache znetande gebracht, za deren Anordnung heut zu
Tage ein ganzer Generalstab eine Zeit von wenigstens einem Tage
und mehrere Bach Papier erforderlich sein würden.** So schrieb
der Sohn jenes Wachholtz vor siebenzig Jahren. Jetzt hat der Tele-
graph den Kurierdienst ttbemommen und besorgt ihn in weniger Mi-
nuten als damals Standen gebranebt wurden. 14.
Die Festnng Landau wurde 1688 von dem Kriegsbanmeiater
LfUdwig XIV. in einen starken Waffenplats nmgewandeli Als Vanban
mit dem Umban fertig war, sagte er dem Könige: »Sire, j'ai 6tö
eapable de renforcer cette Place; mais, j'aToae teile qae je la livröe,
qne je serais incapable de la prendre." — Ttotz dieses stolsen Aus-
spniehes wnrde Landau mehreremale abwechselnd von deutschen
und französischen Trappen erobert, 1702, 1703, 1704, 1713. Im
Jahre 1793 wurde es vom August bis zum Dezember durch ein be-
sonderes preuisiseheB Belagerungskorps eingeschlossen. Der Rück-
zug der Österreicher Uber den Rhein veranlatste die Aufhebung der
Einschlieilsung. Im Jahre 1814 wnrde Landau von dem französischen
Divisions-General Verriß auf das Tapferste verteidigt und erst nach
der Thronbesteigung Ludwig XVIII. nach langem ZOgem übergeben.
Landau wurde 1816 an Bayern abgetreten und zur deutschen Bundes-
festnng erklärt 1867 wurden die Aufrenwerke niedergelegt und
Landau zum sturmfreien Depotplatz erklSrt Nach dem Jahre 1871
wurde L. als Festnng au%ehoben und geschleift. Schbg.
Ober das Ytrkandensein des Adels im OfBiierkorps imd unter
den MOittrbeamten des Osterrdehiscli-iuigariseheB Heeres bringt die
Zeitung Vedette Nr. 174 auf Grund einer am 7. August 1899 ge-
machten Zusammenstellung eingehend Mitteilungen, denen das Nach-
stehende entnommen ist: Adelig (Prinzen, Fürsten, Grafen, Freibezren
niederer Adel) waren: In der K. u. E. Areieren-Leibgarde 75Vt; ui
der Königlich Ungarischen Garde 82 '"Z«; in der K. und K. Trabanten-
Leibgarde, der Leibgarde-Beiter-Eskadron und der Leibgarde-In-
fanterie-Kompagnie 100% unter den Feldzeugmeistem und den
GeneriUen der Kavallerie gab es 26 Adelige ^e^en 2 Bürgerliche,
tOabUkw Ar dl» damtMk« Am«« «ad Hufa». Bd. III. i 15
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226
Klaine beonageMbiobtliehe MHteflniigeii.
also 98*/«; unter den FeldmanehalloLentaantB waren es 76*/«; unter
den Generalmajors 69*/«; un Generalstabe 38*/«; im Geniestabe
20*/,; in der Infanterie (1494 gegen 18259) etwas mehr als 10*/«;
in der Jftgertrappe 17*/«; in der Bosniseh-Hersegowintseben In-
fanterie 5*/«; bei den Dragoneni 54*/«; bei den Hnsaren 59*/o; bei
den Ulanen 52*/«; bei der Feldartillerie 14*/«; bei der Festangs-
artillerie 8*/«; bei den Pionieren 17*/«; beim Eisenbahn- und Tele-
graphen-Regiment 9*/«; bei der Samtätstmppe 8*/«; bei der Train-
tmppe fest 4*/«: in der K. K. Gesttttsbranche 14*/«; in der KOniglieh
Ungarisehen Gesttttsbranche 44*/«; im Armeestande 26*/«; bei den
Montnr-Verwaltongs- Anstalten 16*/«; anter der Geistliebkeit 2*/«;
unter den Auditoren 10*/«; im HilitSr-Ärxilichen Offizierkorps 4*/«;
anter denTrappen-Beehnangsftlhreni 3*/«; nnter denHiliübr-Intendantar-
beamten 10*/«; anter den ^itiUerie-Ingeniearen 17*/«; onter den
ArttUerie-Zengbeamten 2*/«; nnter den Hilitär-Baoingeniearen 15*/«;
▼on den 70 Militär-Baawerkftthrem war keiner adelig; unter den
Militir-Bechnuiigs-Kontrollbeamten waren es 4*/o; voo den 34Militir-
Kassenbeamten keiner; anter den Militär-Verpüegsbeamten 3*/«; onter
den Bfilitilr-Registratarbeamten 10®/«; anter den Militttr-lCedikamenten-
beamten 2*/o; unter den MUiför-Ban-Beehnangsbeamten 3*/«; anter
den Beamten des Ifiliti&r-Geographisohen Institats 7*/«; anter den 10
MUitttr-Lehrem and Fechtmeistern keiner; anter den militKr-tier-
ttrztlichen Beamten 1*/«; unter den teehnisehen Beamten niederer Art
5*/«. — Im ganzen befanden sich anter den Offizieren 16";o adeli^^e;
anter den MilitSr-Beamten 4*'/,. 14.
Eine Ar die Ofliiiere aller Dienstgrade der Inüuiterie des K.
ud K. Heeres geneinsane Mteawiffe wurde erst im Jahre 1798
eingefithrt Bis dahin waren die Obersten, Oberstleatnants, Hanpt-
leate nnd Leutnants, wenn rie in Reihe nn^ Glied standen, mit der
Partisane bewaffnet gewesen, der Fähnrich hatte einen Springstock
getragen, nur der Major hatte mit dem Degen kommandiert. Bei
allen anderen Gelegenheiten wurde nur der Degen geführt. Jetzt
erhielt ein jeder Offizier als alleinige Waffe ein Seitengewehr, von
welchem es im Reglement heilst: „Gedachtes Seitengewehr hat in
einem vergoldet messingenen GefUfs, mit einem derlei gedrehten Ge-
wickel, nebst einer einem Soldaten anständigen Klinge za bestehen
nnd werden in Zukunft die bisher ziemlich in Schwung gewesenen
Modekliugen keineswegs mehr gestattet werden. Da sich die Offiziere
ihrer Seitengewehre bedienen sollen, so versteht sich von Selbsten,
dafs sie bei Ziehung derenselben jederzeit Handschuhe anhaben müssen,
nur will nötifr sein beizurUcken, dafs solche ebenfalls egal von gelbem
Leder mit kleineu Stulpen sein müssen. Übrigens gedenket man
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Kleine heeresgesohichtliche Mitteiluogea. 227
rar bessern Bewebmng der Offiziere ihnen vor dem Feinde eine
Pistole an der Kuppel tragen zu laspen." (Vedette Nr. lt)4.) 14.
Die Heiiatskautionen der K. K. (Mtiziere betrugen in der zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts für den Obrist 12 000, ftir den Obrist-
leutnaiit 9000, für den Major 8000, für den Hauptmann 6000, für
den Kapitäuleutiiaut 4000, für den Ober- und den Unterleutnant so-
wie für den Fähnrich 2000. für den Keginientsadjutanten, den Re-
giments- und ilen Bataillonschirur^ren 1.500 Gulden. Ein jeder Manu
einer Konipag:nit% welcher sich verheiratete, mulste seinem Haupt-
mann einen silbernen Löffel verehren. (Vedette Nr. 1()4.) 14.
Ein preufsisches Dienstentlassnn;!:s-Z(Mi«^iiis aus dem Jahre 1772.
Ein solches hat mir im Ori^^inal vorjjelegen, es lautet wörtlich
genau wie folj^t:
Seiner Königlichen Majestät in PreuTsen
bestallter Obrister von der Infanterie
und Commendeur des Trintz Wilhelm Adolph v. Braunschweig
Kegriments
Füge hiermit zu wissen, was maassen Vorweiser dieses, Namens
Johann August Weil 5 Fuls 4 Zoll aus der Pfaltz gebürtig, unter
8r. Durchlaucht, des Printz Wilhelm von Hrauiischweiir Kegimente,
und zwar unter des Uapit: v. (irollmaim ( ompagnie, 6 Jahr
■ — Monath als Fuselier gedienet, und sich während solcher Zeit,
auf Zug und Wachten, Tommando auch im F>lde sowohl als in
der Garnison, hvy allen vorfallenden Kric<rs-Hegel)enheiten getreu,
tapfer und unvcrweislich j^ehalten, dals derselbe nehst anderen
Offi/ieren \on ihm sattsam zufrieden i^ewesen. Da aber derselbe
kränklicher Umstände wegen, und da er sich im Lande ernährt
und deshalb um seinen Abschied gebührend angesuchet; Als habe
ihm solchen nicht versagen, sondern ihm denselben hiermit er-
theilcn und von aller Ansprache des Regiments befn^yen wollen.
Wobey alle und jede ersuchet werden, gedachten Johann August
Weil wegen seines bewiesenen Wohlverhaltons allen fordersamsten
Willen augedeyen zu lassen, welches ich gegen einen jeden der
Gebuhr nach zu erkennen, und gelegentlich zu erwiedem erbOtbig
bin. Gegeben Köui^berg den 2. Mart: 1772.
(L. S.) T. Natal is.
Anmerkung der Leitung. Das in Rede stehende Regiment wurde
1740 zu Temphn (Mark Brandenburg) für den Prinzen Ferdinand von Braun-
tdiwdg als sogenanntes FHsUier-Begiment enteiltet. Seine Qamiaonen wireik
Königsberg i. Nenmark, Soldin und I^ts. 1795 wurde es naeh Posm versetet,
fUlurte 1 806 die Stamumuminer 89 (Regiment Zastrow) and ist in der Kstsstroplie
dieses Jatires zu Grunde gegangen. Sefabg.
16»
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Umsohtu in der MUitXr-Utleratiir.
XVIII.
Umscktt m der Militär-Utterator.
L AiiflIftMdkehe Zeitsehrifleii.
Strefflettra Astemiehiselie MlUtSriscke ZdtBehiifl. SoiütsOebirgs-
kriege (SchluTs). — MUit&rische Ausnutzung des Fahrrades. — Zu-
sammengewürfelte Gedanken über unsere Reglements. 7. Brief:
Nochmals: Der rollende Angriff der InfSeuiterie. — Über den Nachrichten-
dienst im enteren Bereich und über den Sicherheitsdienst (eine or-
ganisatorische Studie).
Armeeblatt. (Österreich). Nr. 48. (Jahrgang? 1899.) Kriogs-
^eschichtliche Beispiele de.s Festungskrieges ans dem dout.sch-fran-
züsischeii Kriege von 1870—71 (günstige Besprei hunt? des Frobenius-
schen Werkes). - Fin Militär-Schul-Projckt. Von diT osiasiatischen
Mission S. M. SchitlVs „Kaiserin Füsalx-t ii". Der südafrikanische
Krieg (Forts, in Nr. 49, 50.) Nr. 49. Das unumgänglich Notwendige. —
Unsere Macht zur See. — Die Delegationsvorlagen. — Die neue Gage
im Heere und in der Marine. Hr. 90. Gaveant consules (behandelt
die trOagefrage**). — Die Verdoppelung der deutschen Flotte.
Hilitir^ZeitBBg. (Österreich.) Nr. 42. (Jahrgang 1899.) Der
Heeresvoranschlag pro 1900, — Die Kadettenprfifüng. Nr. 43. Zur
Gagenregulierung. — Glossen zum Kriegsbudget. — Der Krieg in
Afrika VII. Nr 44. Die Kntwickelung der österreichischen Landwehr.
Zum Marinebudget pro 1900. — Victor Silberer über die Luft-
schiltahrt.
Journal des sciences niilitaires. (DrzenüxT 1899.) Drei Ko-
lonnen in Tonkin (1894— ISOf)) (Schlufs.) — Wie hüllen wir aus Metz
im Jahre 1870 durchbrechen können? (Forts.). — Die Blokade von
Landau 1814. — Ein letztes Wort über die Kolonialarmee. — Deutsche
Taktilc nach der Brfobrung der grofsen Manöver 1896—1898. — über
die ,3oserve-Armee von ISOC. — Die BhtwiclLelung nach der Flanke
auf dem Schlachtfelde.
Revue mllitaire universelle* Nr. 98. (Jahrgang 1899.) Allgemeiner
Bericht über die Gesamthige in Madagaskar (Ports.). — Die Belagerung
M)n Plalzburg 1870 (Forts.). - Untersuchungen über geheuchelte
Ivrankheiten und frciwilliirc Verstümmelungen, beobachtet von 1869
bis 1896 (Forts.). ~ Studium einer taktischen Frage.
Revue du cerele inilitaire. Nr. 48. (Jahrgang 1899.1 l'nser©
Alpeniruppen in deutscher Beurteilung. — Kin .lahrestag (.Xustrrlitz).
— Batterien zu 4 (ieschülzen ? (Schhifsi. — L)er Krieg in Transvaal
(Ports, in Nr. 49, bO, 51, 52). Die Baiiene der Toten, November
1870 (SchiuJs). Nr. 49. Übungslager. — Der MUitärrofearztdienst. —
Abrichtung und Verwendung des Reitpferdes. Nr. 60. Die MobUmaehung
der portugiesischen Armee. Nr. 6t Die englische Nation und ihre
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Unaobtn in der MiUtfr-Iittentar.
229
Armee: Der Soldat — Bonaparte in Italien. 1796. Hr. 52. Tkr
Kompafs im Auge. — Die Perien der Azur-Ktlete (italienisciie, fran-
lösischo Riviera).
Carnet de la Sabretaclie. (31. Oktober 1899.) Ein Entwurf des
Oberst von Caslellane für die rnif'ormipninfr <ler (lardehusaren (1823).
— Briefe des General Moreau an die iüiein-Armee (November 1799 bis
Februar IbüO). - Bei den „MousqueUilrt^s" — Bonaparle und dtT
toskanische Archipel. (.^0. November 189'J.) Marschruute der Husaren
des NiedeiTheins (April 1820). — I ber die „Chasseui"s d'Orient"
(1801 — 1814). — Der erste Oberbefehl Juuberts bei der Armee von
Italien (3. November 1798 bis 5. Oktober 1799. Mit einem Portrftt
Jouberts). Studien Qber die Rheinbundtruppen. Das Regiment
Frankfurt wftbrend der Kriege in Spanien und Rufsland (1808—1813).
RbJWb dlnHuitoria. (15. Dezember 1899.) Hr. 156. Manöver-
Disziplin (Ports.). — Verteidigung der Höhenrücken gcjren Infanterie
Ports.). — Über stehende Heere. Brief des Marschall Bugeaud an
Qeneral Lamarque. — Geschichte der Infanterie in Frankreich (Forts ».
— Über das Schiefsen mit l'lmnrs-Patronon schwacher Liadung
(Tir reduit.) Eine praktische hchidienst- Frage (Forts.).
Revue de Cavalerie. (Nüveniber 1899.) Säbel gegen Lanze
(mit 11 Figuren). — Neue Schlagwoite, alte Lieder. Die Kavallerie
der deutschen I. und II. Armee in den Tagen vom 7. zum 15. August
1870 (Übers, des Pelet schen Werkes. — Forts.). — Anmerkungen über
militärische Dressur. — Die Gefeeiite von 8ainte«Groix 1813.
Bevue d'Artillerle. (Dezember 1899.) Das Exerzierreglement
der deutschen PeldartÜlerie (Schlufs). — Feuerverteilung der Artillerie
(Schlufe). — Notiz fiber prismatische Pemglüser. — Längsspalten in
Gewehr-Patronen behältern .
Revue du Genie militalre. (November 1899 ) Anmerkung über
Hospital-Baracken (Öchlufs). — Anmerkung über die Unterkunft der
Garn isonlr Uppen. — Über Preis-Streitigkeiten bei militärischen Arbeiten.
— Analyse und Auszüge aus dem Schriftwechsel Vaubans (Forts. i.
La Francemilitaire. Nr. 4714. hie b.'al).sichligie Reorganisation
der Artillerie. Spricht sich gegen die Herabsetzung der Feldbatterien
auf 4 Geschütze unter Vermehrung der Munitionswagen auf 12 aus.
Bezweifelt, dafs der Effekt von 4 französischen Feldgeschützen dem
von 6 deutschen gleich sei. Warnt davor, sich durch Avancements-
rflcksichten zu einem thörichten organisatorischen Schritt hinreifsen
zu lassen. — Vorlage ttber Herabsetzung der Altersgrenzen : Divisions-
generale 62 Lebenqahre statt 65, Brigadegenerale 60 statt 62. Ärzte
66. Obersleutnants 56, Majors 64. Hauptleute und Leutnants 52.
Nr. 4715. Vorlage über Verbesserungen im Militär-Gerichtsverfahren.
Nr. 4717. Die Lanze IV. Nr. 4718. Die Aussichten des Krieges in
Südafrika. L»era Ausspruch Stanleys, dafs wenn erst Buller in Thätigkeit
getreten sei. man in einigen Wochen mit den Buren fertig würde, tritt
Verlasser energisch entgegen. Die Ereignisse haben bereits die Nich-
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UmBobau in der Milttär-Litteratiir.
tigkeit der Stanleyschun Aufserung erwiesen. Nr. 4719. Öaumur. Eine
Reorganisation dei- Kavallenesclnile soll in Sicht sein. Nr. 4720. Der
englische Kriegsplan. Nr. 4721. Die Bündnisse. Nr. 4722. Der Nach-
richtendienst. Ks wird unter iiinweis auf Beweisstücke in Moltkes mllit
Korrespondenz I und die Vmügllehkeit des deatBchen Naehriehten-
dienstes 1870 empfohlen, den Nachrichtendienst zu reorganisieren,
auszudehnen und ohne Unterlafs zu vervolUcomnmen« damit er bei der
Mobilmachung gute Ergebnisse liefere. Nr« 4725. Milit&rische Vorlagen.
Hr. 4728. Die Batterie von 4 Geschützen. III. Deutsche Lösung der
Präge. Betrachtet die Bestimmungen des neuen deutschen Reglements
hinsichtlich Gliederung der Feldartillerie und inwieweit solche auf
französische VtM'hältnisse anwendbar. Nr. 4733. Gefahr der Entvöl-
kerung. Vorschlag, man soll mit der wachsenden Zahl der Söhne in
einer Familie deren Dienstzeit herabsetzen. — Der Marschall J^azaine.
Kommt nochmals auf das Werk von Kunz zurück, das durch d'w
Memoiren von Jarras seine Bestätigung lande. Nr. 4734. Die \'er-
jüngung. Nr. 4736. Fufsgefecht der Kavallerie. — Änderungen in der
Untformierung. Nr. 4737. General Lasalle, dessen Pfeife und ihr
Ursprung. — Abberufung des deutschen MUitar'Attachee. Bemerkungen
der it^Untschen Zeitung.
Le Progrds militalre. Nr. 190L Küsten-lVuppen und -Material.
Reform des Militär-Justizwesens. — Über die Organisation der Artillerie.
— Der südafrikanische Krieg (Forts, in Nr. 1992-2000). Nr. 1992.
Kolonialarmee-Entwurf. Nr. 1993. Die Kavallerie (Besprechung des
Werkes des Oberst v. Bernhnrdi „Unsere Kavallerie im nächsten
Kriege"*), — Schittsartillerie. Nr. 1994. Turn- und Sr-hipfsvereine
(Frankreich hat 8H0 Turnvereine mit 29000 Mitgliedern. D. utschland
6303 mit 600000 Mitgliedern). — Die Unteroffizierschulen. Nr. 1995.
Verjüngung der Cadres und Verabschiedungen. — Das Reglement der
deutschen ArtOlerie. — Das Verwaltungspersonal der Armee. Nr. 1996.
Vorläufige Verabschiedung. — Reform des Militärjustizwesens und
Disziplin. Nr. 1998. Kriegslehren. — Die Kolonialarmee und die Ver-
waltungsdienste. Nr. 2000. Das Jahr 1899. Rttokblick.
La Belgique militaire. Nr. 1488. Der anglo-transvaalsche Krieg
(Forts, in Nr. 1490.) — ^I/armee d une demooratie" (Besprechung des
Buches von Kapitän Moch. (Siehe „Jahrbücher" Nr. 340, S, 120). —
Das Lyddit*'. Nr. 1489. Einige Betrachtun^^cn über den südafrikanischen
Krieg. Nr. 1490. Das Programm des Kriegsministers. Nr. 149L Der
Tod des General Brassine.
Bulletin de ia l'resse et de la Bibliographie militaire. Nr. 373.
(November 1899.) Die Konferenz im Haag (Ports.). — Zusammen-
stellung des Budgets für Heer und Marine der bedeutendsten euro^
päischen Mächte für das Jahr 1899.
Schweiseiiflehe Monatsm^iillt IBr Ofliiiere alter WaffM* (No-
vember 1899.) Die athenische ROkzugs-Katastrophe und das Assinaros-
Problem. — Über Organisation, Ausbildung und Verwendung von
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UnuehM in der Milititr-Iittentar.
231
Radfahrertruppt>n (Schlufs im Dezemherhet't). — Die französischen
Hochgebirgsnianiiver von 1899. — Der Krieg Englands gegen die siid-
afrikiinisehen Republiken (Forts, im Dezemberheft). (Dezember 1899.)
Daü kriegsjahr 1799 in der Schweiz und Umgebung. — Die beiden
Hauptschlachten vor hundert Jahren.
BeTve miUtalre mÜBse. (Dezember 1890.) Oberst Ferdinand
Leoomte f 21. Nov. 1899. — Unsere Kavallerie-Mitnülleusen. — Die
deatschen Kaisermanöver 1899 in Wfirttemberg.
Schweiierisehe ZeitBckiift lEr Artillerie ud Genie. (Nov. 1899.)
Die Geschichte des rauchlosen Pulvers. — Neuerungen in der Milltär-
telegraphie. — Die neuen Vorschriften für die deutsche Feidartiilerie,
— Artilleristische Curiosa aus dem 18. Jahrhundert. Die Bedeutung
des Exerzierplatzes und des Geländes für die Ausbildung der Feid-
artiilerie.
Allgemeine Schweizerische Militärzeitung. Nr. 48. (Jahrg.
1899.) Die Kriegslage in N;ital Die englischen Volunteers. — Der
Konflikt mit Transvaal in englisc her Beleuchtung. Nr. 49. L)ie llerbst-
mandver 1899 (Forts, in Nr. 50, 51). — Der Transvaailtrieg. Nr. 50.
General GaUifbt und der oberste Kriegsrat Hr. ftl Die Kriegslage in
Sfid-AIHlu. — Der Transvaalkrieg (Übersetzung. Porte, in Nr. 52).
Hr. 62. Die Maschinengewelirfrage. — Die Veijttngung der Gadres
der franzimischen Armee.
Army and Navy Uazette. Nr. 2076. Die Lage in Natal. —
Die Einberufung dw Miliz. — Die poUtisolken Verll<nisse in Trans-
vaal. r»t nbia:shire und Montgomerj'shire Yeomanry. Geschichte des
Keginients. errichtrt 1798. — Der Krieg in Transvaal. Ta,e:eweiso
Berichte über die l\riegsereignisse. — In Southhampion SchilJorung
der EinschifTung. Nr. 2078. Die militärische Lage in Südafiika. —
Betrachtungen über die Miliz. — Wochenbericht über d»'n Krieg. —
Das Departement für das Transportwesen. Nr. 2079. f >ie militärlache
Lage in Südafrika. — Der Kriegsschauplata. Bine miiitar-geographiscbe
Schilderung von Natal. — Die thuizösisohen müitftrischen Blätter über
den Krieg in Transvaal. — Rufsland und Japan. Politische Betrachtung.
— General GaUifei und die Kammer. — Wochenbericht über den Krieg.
— Die Truppen-Transporte. — Unsere Artillerie in Natal. Nr. 2080.
Die militärische Lage in Südafrika. — Die Erfolge im Sudan. —
Wochenbericht über den Krieg. — Heeresstärke und Truppenverteilung
in Südafrika — Die BhtTwnod-Rangers und South-Noite Yeomanry.
Geschieht»' der beiden Keginienter. . rrichtet 1794. Nr. 2081. Die mili-
tärische Lage in Südafrika. Taktische Folgerungen aus dem Kriege.:— Der
Mangel an Kavallerie in Südafrika. — Die Pferde-Krankheiten in Süd-
afrika. — Wochenbericht über den Krieg. — Russische Truppen in
Centrai-Asien. Veränderungen in deren Organisation werden mit-
geteilt
Jomnud of the Boyal United Servioe InstltutloB. Hr. m. Die
Franzosen in Neufündland. Kritische Betrachtung über die den Fran-
232
Umsehtn In dor lOliCir-Litteratiir.
zosen nach dem Vertrage von 1815 zustehenden Rechto betreffs
Fischerei, Handel und Niederlassung. — Das Infanterie -P^erzier-
Rpcrlfmont nriit Beispielen aus den Kämpfen bei Plewna. Kapitän
Hertii rt. frühor in der türkischen Armee, beleuchtet den Vorposten-
dienst, die taktischen Gnindsätze der drei Waffen, die Märsche und
die Nachtgefechte im Vergleich zu den engUschen Dienstvorschriften.
— Miliuir-Statistik und strategische Studie über den zukünftigen
Kriegsschauplatz in Indien. Aus dem Russischen übersetzt. — Scharf-
sehfltzen. Es wird voTgeschlagen, in jeder Kompagnie 6 Mann zur
Beschiefaung schwieriger Ziele im Gefecht hesonders auszubilden. ^
Über den Qebirgskrieg.
Arny and Nary Jooraal. (New-York.) Nr. 1888. Onkel
Krügers Mannschaften. Bespri' h' die in Transvaal getroffenen Vor-
bereitungen zum Kriege. Nr. 1889. Das Mönchswesen auf den
Philippinen. — Die Ilccro Japans und Chinas. — Nachrichten aus
Manilla. Mitteilungen aus dem afrikanischen Kriege. — Ein lehr-
reicher Vergleich. Die Kämpfe des General Otis auf den Philippinen
werden mit den Mifserfolgen der Engländer in Südafrika verglichen.
Nr. 1890. Nachrichten von den Philippinen. — Verbesserungen im
Heerwesen. — Die Thätigkeit des Signal-Korps. Nr. 1891. Nachrichten
aus Manilla. — Bericht des Generalarztes der Armee. — Über Armee-
Geistliche. — Die Lage in SüdafHka. Hr. 1802. Das Britische Sanitäts-
wesen. — Bericht des Generals BufOngton Aber das Geschtttzwesen.
Nt. 1898. Die drei grttfsten Reiche. Politische Betrachtung fiber
Amerika, England und Rufsland.
Ru8ski Invalid. Nr. 246. Der l'rsprung der Leibgarde-Regimenter
„Moskau" und „Littauen**. Nr. 248. Die Russen in ,\bessynien.
Nr. 250. Kin siebentes sibirisches Reserve-Bataillon wird formiert; bei
sämtlichen Reserve-Hataillonen des sibirischen Militärbezirks werden
Ersatz-Cadrt'-Bataillüne gebildfi. jedes Cadre-Bataillon in der
Stärke von 7 Offizieren. 12 l'nteioKizieren und 28 GefVeiten. Bei der
Mobilmachung entwickelt sich jedes der 7 Reserve-Bataillone zu einem
Regiment su 5 Batallionen (d. h. jede Kompagnie bildet ein Bataillon),
die bei jedem Bataillon befindlichen Ersatz-Cadres formieren sich zu
Ersatz-Bataillonen. Die Resenre-Bataillone Tschita und Ssijetensk des
Priamer- Militärbezirks bilden je ein Regiment zu 4 Bataillonen und
aufserdem ein selbstSndiges Reserve-Bataillon. — Bin 2. Festungs-
Infantcrie-Regimf'nt wird in Wladiwostok gebildet und. ebenso
wie das bereits bestehen i»- Rt 'jrinu'nt. zu 3 Bataillonen formiert. —
Die 5 Bataillone der ostsii>irischen Linien-Brigade wtM'den in
Regimenter zu 2 Bataillonen, in Stärke der Schützen-Regimenter, um-
gewandelt. - Eine selbständige Süd-Ussuri -Train -Cad re-
Kouipagnie wird gebildet, welche sicii hei der Mobilmachung zu
einem Train-Bataillun (Stab und 5 Transporten) entwickelt. Nr. 262.
Kasernenbauten wahrend der Jahre 1899 bis 1903. Der Bau der
Kasernen fOr sftmtliche im europäischen Rufsland noch nicht Icaser^
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Umadum in der MilitXrXItteratiir.
23a
liierten Truppen würde — 155 MilUoiien Rubel erfordern, während die
Kosten für die allernot wendigsten Kasemenbauten — 30 Millionen
betragen. Da jedoch der Kasernenbau-Kommission fQr obige fünfjährige
Periode nur 14 075 000 Rbl. zur Verfügung stehen, so icönnen Icaum
die dringendsten Bedürfnisse befriedigt werden; es wird beabsirhti&rt.
Kasernen für 15 Stäbe, 26V» HaUiillono. 27 Eskadrons und 14 Haitt rieii
zu bauen; 8f)Vo der ganzen Summe werden für onizier-Wohnungen
verausgabt, und zwar sollen Dienstwohnungen für etwa lÜO Stabs-
offiziere und 1030 Oborofflziere gebaut werden. Nr. 266. Ergänzung
de» Intendantur-Personals im Kriege. Verfasser ist der Ansicht,
dafiü in Bezug auf SiohersteUung des Materials, namentlich in letzter
Zeit, grofse Fortschritte gemacht worden sind, daCs aber die Frage der
Brginzung des Personals noch ebenso offen, wie vor dem Feldauge
1877/78 sei.
Raswjedtsehik. Nr. 473. Biographie und Bild des neuen Chef-
redakteurs des Wajennüy Ssbornik, Oberst des Generalstabs Poliwanofl*.
— Urteil über die Bedeutung des LUiells für den russischen Offizier
seitens des Generals Dragomiroft'. L>ieser verurteilt es wesentlich als
— „aus dem Westen kommend". L»ie „Handanlegung", d. h. das
Prügeln (iüikuprikladtstwo) sei, weil durch „diu Zeit der Leilx'igenschatt
in gewissem Sinne" national, das Fechten mit M afien eine Einrichtung
der germanischen Völker. — Routine und Wissenschaft. Nr. 474.
Der Ankauf der Remonten. — Eindrücke eines Ordonnanzofflzieni-.
(Mitteilungen eines Leutnants des Omsker Reeervebataillons Uber die
Anwesenheit des Generals Kuropatkin im Sibirischen Kadettenkorps).
— Die bulgarische Militäriitteratur. — Nr. 478. Zum Suwaroff- Jubiläum.
— Die Schweizer Legenden über Suwaroff. — Unsere militärischen Ge-
heimnisse. Nr. 476. Suwarofl* in den Darstellungen auf Medaillen und
in der Sphragistik. — Die russische Sprache in der russischen Armee.
— r»ie frühere Taktik der Kasaken. Die Offlzierschulen. - - L>ie
Freiwilligen-Flottüle auf dem Amu-Darja. — Aus der Geschichte der
Fourage.
Russisches Artillerie-Journal. Nr. 11. Zum Aufsatz: Taktische
Vorbereitung der Feldartillerie. — Artilleristische Fragen. — Nochmals
zur Frage der Nitrocellulose. — Kurzer bistorischer AbriliB der tecbni»
sehen ArtiUerieschule in den 75 Jahren des Bestehens 1821—1896-
(Schlufs). — Zubehör zur Schufiiprobe. — Erklärende Bemerkung zum.
Reglement des Frontdienstes der Artillerie (2. Teil).
liltaHa militare e m^ylii*- Hr. 266. AudBorordentliche MUitilr>
Atisgaben, darunter für Bewaffnung. Nr. 270. Qamisonwechsel der
Peldartillerie - Regimenter. Nr. 272. r)ie Betbrderungen nach Wahl.
Nr. 276. I »ie Legende der hl. Barbara Nr. 277. Bemerkungen über die
Küstenbefestigungen von Antonio Calichiopulo. Nr. 278. Bemerkungen,
über die Küstenbefestigung (Schlufs). Nr. 279. Lehren des Krieges in
Südafrika. — Unsere Schilfe in Argentinien. Nr. 281. l»ie Frage der
UnterofÜziere. Nr. 282. Eine einzige Artillerie. Nr. 285. Die Fragen
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UnMehsa in der MilitlT'Litteritiir.
bei Neuordnung der Artillerie. Nr. 286. Uniform der Grenadier-
Regimenter.
Rivista Militare Italiana. (16. November.) Der Kriefr in Süd-
afrika (Forts.). — Grofse oder kleine Batterien ' < 1 . r> o z o m h e r.) [ »er Krieg
in Südafrika (Forts.). — Moltkes Urteil über die äciilacht von San
Martino.
£sereito Italiano. Nr. 141. Der Krieg in 'lYansvaal. Nr. 142.
Beförderungsfragen. Nr. 143. Der Krieg in Transvaal. Nr. 144. Miiitär-
magazine. — Reorganisation des Marine-Personals. Nr. 14ft. Militlr-
Pensionen und Altersgrenzen. — Der Krieg in Transvaal. Nr. 146.
Gesetsentwurf, betreffend.Reoiganisation des Marinepersonals. — Gesetz,
betreffend die Auswanderung. Nr. 147. Gesetzentwurf» betreffend Re-
organisation des Marinepersonals. Nr. 148. Schiffsbau und Arsenale.
Nr. 149. Die Militär-Rayongesetze. Nr. 150. Das Truppenpferd. Nr. 15L
Einstimmige Annahme des Kiarinebudgets. Nr. 152. Programmrede des
Marine-MinistfM-s-
Rivista di artig:lieria e geiiio. <November.) (ieodätische Be-
stimmungen für das Artilleriescliiefsen. — Die italienische .\rtillerie in
den napok'onischen Kriegen. — Das Stahlwerk der meiallurgischen
Gesellsclial't von Saesiri i^onente.
Revista cicntifico-militar. (Spanien.) Nr. 23. Die Wiederauf-
richtung (Ports.). — England und Transvaal ^orts.). — Die Ausbildung
4tor Truppen.
Memorial de Ingenieros del lyercilo. (Spanien.) Nr. 11 Eisen-
bahn-Projekte. — Die besoldete Reserve der Ingenieure. — Kriegsmarine,
Seekrieg und Küstenverteidigung (Ports.).
Rev ista Militare. (Portugal.) Nr. 23. A«B.C. und Schiefsen. —
Invasionslinien nach Portugal (Schlafs).
Krigsvetenskaps Akademiens-Handlingar. (Schweden.) (So-
vember.) Die Schlacht von Vionville (mit Skizze).
Norsk Militaert Tidsskrift. (Norwegen.) 10. Heft. Die Mitraii-
leusen und ihre Anwendung bei Infanterie und Kavallerie.
Miiitaire Spectator. (Holland.) (Dezember.) Die automatische
65 mm Skoda-Schnellfeuerkanone. — Neue Gesichtspunkte für perma-
nente Befestigungen.
II. Bücher.
Habs Carl von Winterfeldt. £in (veneral Friedrichs des Grofsea.
Von Ludwig MoUwo. München und Leipzig, 1899. R. Oldenburg.
36 Jahre sind VHrg-Mnfjpn. seitdem die letzte gröfsere Biographie
über Winterfeldt erschienen ist. Ihr Verfasser. L. G. von Winterfeldt.
konnte für dieselbe, ebenso wie seine Vorgänger in der Forschung,
Varnhagen v, Ense und Schöning, bereits umfangreiches Aktenmaterial
benutzen. Nun ist aber gerade in der letzten Zeit durch Hei ausgäbe
neuer Archivalien und sich daran anschließende Bearbeitungen unsere
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Umsdiaii In der MOitir-Littenitar.
235
Kenntnis der fridericianischen Kriegsgeschichte so gefördert worden,
dafs es sich wohl verlohnte» auf diesem Fundament dem berühmten
preufsischen General ein neues Denkmal zu errichten. r)er Historiker
MoUwo, dem wir dasselbe verdanken, ist dabei von der Absicht ausge-
gangen, einmal das ^Bild der anziehenden F'ersönlichkeit etwas schärfer
als bisher zu zeichnen." und sodann nameDtUch sein Verhältnis zu
Friedrich dem (Jrofsen klarzustellen.
VVinterteldt war von hohem Wüchse und besafs ein gewinnendes
Äufsere. Eine liefe Frönuuigkeit beseelte ihn schon als Knaben. Mit
grofser Leutseligkeit, hohem pei*sönlichen Mute und unverwüstlichem
Hmnor verband er einen solchen ThStigkeitetrieh, dafs er, vom Pferde
abgestiegen, sich gleich an den Schreibtisch setzte. Über seine
Kameraden erhob ihn besonders eine kühne Unternehmungslust, die
ihn im Felde gern die Initiative ergreifen liefs und debhalb ganz be-
sonders zum Strategen befähigte. Fflgen wir hinzu, daCs er seinem
i[5nigUchen Herrn nicht blofs aus schuldiger Treue, sondern auch aus
innerem Herzenstrieb „wahrhaft attachiert" war. eine Anhänglichkeit^
die von seinen zahlreichen Neidern sehr mit Unrecht als eitles Streber-
tum verdächtigt wurde.
Üals eine solche Persönlichkeit trotz des Mangels an gelehrter
Bildung von Friedrich dem Grofsen zu den verschiedensten militärischen
Geschäften verwendet, ja sein vertrauter Ratgeber wurde, kaim uns
nicht in Erstaunen setzen. Im Frieden hatte Winteri'eldt als General-
adjutant nicht blofe die vom Könige geschafibnen Husarenregimenter zu
inspizieren, im Manöver thätig zu sein, kriegsgerichtliche Verhöre ab-
zuhalten, er leitete auch das ganze Nachrichtenwesen und entwarf
Opmtionspline ftir künftige Feldzüge. Im Kriege erwies er sich
zunichst als einen der geschicktesten Detachementsführer, dann als
hervorragenden, die treflflichsten Ratschläge erteilenden Strategen; so
vor HohentVit'dberg und Kath. Hennersdorf im Jahre 1745, so vor dem
Einfall iti Böhmen 1757. Er b^^safs dah^r auch das volle Vertrauen des
Königs, di'i- ihn in seine geheiinslt^n militärischen Pläne einweihte und
ihn in st;inen I)enkwürdigkeiten besonders u^ei-ühmt hat.
Welchen Einllufs hat nun dieser nuliiai isch begabteste unter allen
Ratgebern Friedrichs d. Gr. in seiner ganz einzigen Vertrauensstellung
auf den König ausgeübt? Der Verfasser kommt zu dem Resultat, data
er Jn politischen Fragen gar keine, in militftrischen nur selten eine
Bmwlrkung ausgeübt hat**. In der That hat Winterfeldt weder den
König zum Ahschlufs der Westminsterkonvention mit Enghind veranlalst,
wie seine franzoeenfk«undlichen Qegner am Hofe behaupteten, noch
sonst in politische Fragen eingegriffen. Was seine militärische Ein-
wirkung auf den König betrifft, so liefse sich vielleicht über den Aus*
druck „selten" debattieren, denn aiifser in den oben erwähnten drei
Fällen (Hohenfriedberg. Hennersdorf, böhniisrhe Offensive v. 1757) ist
bViedrich vielleicht auch noch in dem Kriegsplan von 1756 der Ini-
tiative Winteri'eldtä gefolgt. Und welche weiteren Früchte hätten die
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286
Umscbmi in der Militür-Utteratur.
militärischen Ratschläge des r,onerals ohne seinen IVuhen Tod (be-
Moys. Sept. 1757) nicht noch zeitigen können?
Das Buch von M. ist nicht .schwungvoll, aber, wie man sieht, sehr
objektiv geschrieben, da es den grofsen Helden nicht über die gröfseren
erhebt. H.
Die SdilAcht von Uohentrledberg von Rudolt Keibel. Mit 2 Karten
Berlin 1899. Verlag von A. Batb.
Die Schlacht von Hohenfriedberg ist neben Leuthen wohl der
glänzendste Siegestag des grofsen Königs, die Litteratur dieser Schlacht
dem entsprechend eine sehr umfangreiche. Die wichtigste neuere Ver-
öffentlichung über dieselbe war bisher der. 1895 erschienene II. Teil
der „Kriege Friedrichs d. Gr.'* Herausgegeben vom Grofsen General-
stabe, II. Bd. „Hohenl'riedberg".
Mit dieser löO Jahre nach der Schlacht erfolgten offiziellen Dar-
stellung glaubte man das Thema erschöpft. L>em ist nicht so, wie
d-As vorliegende Werk beweiset. L)en Anlafs zur Entstehung desselben
gab dem Herrn Verfasser eben dieser Band des üeneralstabswerkes,
über den er sehr scharf urteilt wie folgt : „Man durfte hoffen, dafs das
Generalstabswerk eine klare und erschöpfende, auf genaue Untere
suchungen gegründete Schilderung sowohl der Bntwickelung des
Feldzuges bis zur Schlacht» wie dann der Schlacht selbst geben würde.
Diese Hoffhung ist leider im ganzen nicht erfüllt - Verfasser hat
nun auf Grund genauester Quellenstudien hier eine r>ai-stellung der
Schlacht geliefert, die in vielen Beziehungen von den bisherigen Ver-
öffentlichungen (Damitz, Orhch. Lützow, v. d. Wentren u. a.), nament-
lich aber dem Generalstabswrrk abweicht. — Ich bekenne, dafs ich
anfänglich mit einigem Mifsbt liagen an das Studium dieses über 600
Seilen zählenden Werkes herantrat, aber mich alsbald doch von dem
Werte und der (ii ündlichkeit dieser tleifsigen Forschung über-
zeugen mufste. Verfasser hat nicht nur die Archive in Berlin, Zerbst,
Dresden und WoUfenbüttel gewissenhaft durchforscht und die auch
vom Generalstabswerk bereits benutzten Urkunden nachgeprüft, sondern
er beherrscht auch das gedruckte Quellenmaterial in der denkbar
gründlichsten Weise. Selbst Bücherbesprechungen und kleinere in
Zeitschriften verstreute Aufsätze sind ihm nicht entgangen, so deren
zwei in den „Jahrbüchern** veröffentlichte ni er Chasot und seine an-
geblichen .Memoiren. — Diese umfassende Kenntnis giebt dem Ver-
fasser aber ein Recht, auch an dem üoneralstahswerk Kritik zu
üben, die wir im Interesse der geschichtlichen W ahrheit willkommen
heifsen niiissen. Kr macht in erster Lmie dem Generalstabswerk zum
Vorwurf, dais es ihm fast gänzlich an Angaben über uic PoUtik der
betreflenden Zeit fehle. Richtig ist e.s ja, dafs die historische Ab-
teilung des Generalstabes es grundsätzlich ablehnt, sich mit der Politik
bezw. selbständigen Untersuchungen über dieselbe zu befassen; sie
will sich nur auf die Kriegsgeschichte selbst beschränken
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UmsohAU in der Militär-Utteratar.
237
und setzt dpmentsprechend die Politik stets auf das kleidste Mafs
ht-rab Ol) aber mit Recht? — Ich möchte diesen Manjjel, der nicht
den Bearbeitern des Bandes „Hohenfriedberg" zur La^t fälii, sondern
in dem System begrOndet ist, beaonden fttr die hier in Frage
kommende Periode der fridericanlseben Zeit bedauern. Die poUtisehen
Akten fiber das Kriegqjahr 1745 sind doch wolü gescMoflsen, zumal
nach dem Erscheinen der ^Politischen Korrespondens Friedrich d. Gr.**
Nichts hätte also gehindert, diese Periode auch von der politischen
Seite zu beleuchten; es wäre dies um so nötiger gewesen, als wohl
selten das Wechselspiel der Diplomatie und Strates^ie ein so lebhaftes
war ah im Frühjahr 1745. zur Zeit der HohenlViedberj^er Schlacht.
Man wird es dem Historiker vom Fach nicht übel nehmen können,
wenn er bemüht ist. das ücneralstabswerk in dieser Hinsicht zu er-
gänzen. Aber auch den kriegsgeschichtlichen Teil des lei/ieren
hat Keibel vor sein Forum gestellt und kritisiert denselben in allen
Einzelheiten mit peinlicher, fast übertriebener Genauigkeit. Er erklärt,
das OeneralstabswerlL bringe zwar eine Pfllle von Neuem, aber ihm
fehle «Einheitlichkeit in der Bearbeitung und wissenschaftliche Exaktheit,
femer wissenschaftliche Begründung der Darstellung, namentlich der
Schlacht; die Quellenangaben seien sporadische, auch die positiven
Angaben könnten nicht den Anspruch auf unbedingte Zuverlässigkeit
und Vollständigkeit machen.** — Das sind sehr harte Vorwürfel «Das
nicht abgeschlossene Bild, das der Generalstab gezeichnet hat", ver-
anlafst K.. die 1 »arstelhing dessellien nachzuprüfen, umsomehr. als ein
.lahr nach dem Kischeinen des Generalstabswerkes die Regimen ts-
Geschiciite der Hayreuth-I >ragoner von (ienr-ral v. Albedyll erschien,
durch welche das Generalstabswcrk bereits mehrfach vervollständigt
und berichtigt wurde. „Nicht Polemik gegen das Generalstabswerk, **
sagt K.. „sondern der Versuch einer objektiven Klarlegung des ganzen
Verlaufes und Zusammenhanges der Schlacht mit den übrigen Ereig-
nissen des Feldzuges sei Endzweck seiner Arbeit*
Das Buch ist in 6 Abschnitte geteilt: Die beiderseitigen Vorberei-
tungen zur Schlacht — Stfirke und Schlachtordnung der Gegner. —
Die Schlacht am 4. Juni. — Die Verluste der Gegner. — Die Ursachen
des Krieges und der Erfolg der Schlacht.
Es ist ganz unmöglich, im Rahmen einer kurzen Besprechung von
den Einzelheiten dieser Untersuchungen und namentlich der peinlich
genauen Quelb-nkritik hier Rechenschaft zu geben. Weniges nur sei
erwähnt, das mir besonders wichtig schien. — Das Bravourstück des
8iegestages ist bekanntlich der Angriff des Regiments Bayreuth-
Dragoner. Während frühere Darstellungen Gefsler als den Haupt-
helden feierten, Schwerin aber fast ganz aus dem Spiele Helsen,
hingegen das Generalstabswerk diesem letzteren allein die Palme reicht
ebenso Albedyll, bestreiten beide, dafs Chasot irgend einen Einflufe
auf Anlage und Ausführung der Attacke gehabt habe. K. verneint
die Richtigkeit der letzteren Annahme und beruft sich auf die von
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288
Uinschaa in der Militär-Litteratur.
daedertz herausgegebenen fragwürdigen Memoiren Cha^iots. Über
den Wert oder richtiger Unwert dieser Memoiren ist viel geschrieben
werden. Auch ich kann mich nicht entschiiefsen, denselben mehr als
legend&re Bedeutung beizumessen, und habe dies an dieser Stelle
(Jahrbücher Bd. 90 S. 117 it) zu begründen gesucht. K. nennt Chasot
(den der König selbst als «verschlagenen Normannen** bezeichnet) hier
einen „echt normannischen Aufechneider**, im übrigen aber sei er ein
Kavalier, dessen Verdienste um den Siegesriit vom Könige auch
reichlich belohnt worden seien. Letzteres zugegeben, ändert es an der
Unglaiib würd igkeit der „Memoiren" m. E. nichts. naEregen
wird man gegen K.s AuPTassiing, dafs neben Gefslcr und Schwerin
auch Chasot ein erhebliclier Anteil am Verdienste zugestanden werden
müsse, nichts einwenden können. — K. vergifsl auch Nebensächliches
nicht: so üufsert er sich zu der (von Gaedertz mit übergrofser Wich-
tigkeit, doch wenig Glück behandelten) Frage der „blauen Köcke**, di©
das Regiment., laut Ghasots Angaben, schon bei Hohenfriedberg ge-
tragen haben solle, völlig ablehnend; er bezeichnet Ghasots Angaben
als falsch, wie dies auch AlbedyU thut Ich möchte in dieser Sache noch
auf einen bisher gar nicht beachteten Umstand aufinerksam machen
Ghasot behauptet nftmlich, die Bayreuth-Dragoner hätten unbemerkt
in der Nacht vor der Schlacht ihre bisher getragenen weifsen
Röcke mit den aus Schweidnitz eingetroffenen blauen vertauscht, ohne
Vorwissen des Königs, nur auf sein (Ghasots) Geheifs. Bekanntlich
brach aber die Armee am 8. Juni um 8 Uhr abends (also noch bei
hellbem Tageslicht) aus dem Lager auf, marschiiTte bis gegen Mitter-
nacht, rastete dann unterm Gewehr die wenigen Stunden bis zum
Morgengrauen: die gesamte Bagage war im Laute des Tages nach
Schweidnitz zurückgeschickt worden. Wie nun das Regiment es zu-
stande gebracht haben will, trotz Nachtmarsch und ohne Bagagewagen,
in der Biwaksnacht Uniformen zu wechseln und zu verpassen, das
wird wohl Ghasots Geheimnis bleiben müssen. — K. sagt ganz richtig»
dafs Ghasot als einfacher Migor, der gar nicht das Regiment führte
(Schwerin war der Kommandeur) doch unmöglich eine solche An-
ordnung habe treffen können und bezeichnet seine Erzählung als die
^gewöhnliche Kitelkeit der Memoirenschreiber".
Sehr interessant sind K.s Untersuchungen über die von Friedrich
schon bei Hohenfriedberg angewendete schiefe Schlachtordnung, welche
das Cieneralstabswerk. sotern es sich um eine bewufste. beab-
sichtigte Anwendung derselben hanili'lt. als ausgeschlossen betrachtet.
Ich stimme Hernnanns und Keibels AulVassun.u /.u. — Beachtenswert
sind femer die Untersuchungen über die unterlassene Verfolgung nach
der Schlacht. Nftchst der Übermüdung der Truppen (voraufgegangener
Nachtmarsch!) und den Verpflegungsrücksichten, femer der Über-
schätzung der moralischen Wirkung der Niederlage, sei noch ein
politischer Grand vorhanden gewesen: »Friedrich Uefs sich von dem
Wunsche bestimmen, durch M&Tsigung seiner selbst und Bnigegen-
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Umsoliaa in der Militär-UtterAtur.
289
kommen gegen die geschlagenen Gegner den Friedensschlufs (den er
OTsehnte) zu beschleunigen"*.
Die 6 Anlagen des Baches enthalten die Verteilung des preufsischen
Heeres in Schlesien im Pralyahr 1745, die des Heeres der Verbündeten,
die beiderseitigen StMen, die Disposition, welche Friedrich am 1. Juni
im Lager von Schweidnitz gegeben haben soll (! % dann die Zeit-
einteilung der Schlacht. Letztere tabellarische Zusammenstellung weist
viele Abweichungen von den Angaben des Generalstabswerkes auf. —
Die beiden Karten sind einel'bersichtskarte, dann eine Karte des Schlacht-
feldes, die heutige Gegend dfii-stellend. Leider frhlt «-in wirklicher
Schlaehtenplan mit eingezeichneten Truppenstellungen : er würde dem
leichteren Verständnis des Textes sehr förderlich sein.
Eine abgerundete und foiinvollendete Darstellung der Sehlacht
ist die Keibelsche Arbeit allerdings nicht, schon weil sie sich in gar zu
viele Binaelheiten verliert, wohl aber eine tüchtige und gewissenhafte
Quellenstttdie und Quellenkritilc, die volle Beachtung verdient.
Schbg.
Gesehiehte der Cnterofllsierschale in Potsdam 1824 bis 1880. Im
Auftrage des Kommandos bearbeitet durch v. Versen, Ober-
leutnant und Ai^utani Berlin 1899. B. S. Mittler k S. Preis
3.40 Mk.
Aus kleinen Afifängen. in der bescheidenen Stärke von 2 Offizieren,
2 rmeroffizieren und 19 Zöglingen wurde im -lahre 1824 die jetzige
rnteroffiziersrhiile jils „Schulabteilung" gegründet, mit der Bestimmung,
den Zöglingen des Potsdamer Militär-Waisenhauses und des Anna-
buiger Soldaten-Knaben-Instituts den I hergang zur Armee zu er-
möglichen, gleichzeitig aber ein I nlerofflzier-Krziehungs-Institut zu
bilden, um dem Mangel an Unteroffizieren mit tüchtiger Schulbildung
(der sieh nach den Befreiungskriegen sehr fählbar machte) abzuhelfen.
Die Stftrl^e der «Schulabteilung", die eine besondere Abteilung des
Lehr'Infanterie-Bataillons bildete, wurde auf 7 Offiziere, 31 Unteroffi-
ziere und 300 Zöglinge festgesetzt; auch wurde bestimmt, dafs einige
Kadetten aus dem Berliner Kadettenkorps in die Schulabteilung ein-
gestellt werden sollten, um dort zum Fähnrichs-Examen vorbereitet zu
werden. Diese Einrichtung, die sich scheinbar nicht bewährte, wnrdo
bereits 1828 aufgehoben. Im .Jahre 1846 erfuhr die „Sehulal)teilung"
eine durchgreifende Re(»rL''anisati()n. indem dieselbe veigntPsert und in
3 Kompagnien (zu je 4 Uttizieirn. 15 rnterolli/iereii, 4 Hpielleuten und
132 Gemeinen) geteilt wurde. 18.^2 kam eine vierte Kompagnie hinzu
und wurde die Schule analog einem iiiianterie-liaia illun eingeteilt und
ausgebildet, seit 1860 mit der Bezeichnung als ^.Unteroffizierschule
in Potsdam**. Dieselbe verblieb dem 1. Garde -Regiment zu Pufs zu-
geteilt bis 1872, dem Jahre der Errichtung der Inspektion der In-
fanterie-Schulen, die die Olieraufsicht über den gesamten Dienstbetrieb
übernahm. Im Jahre 1874 wurde der Unteroffizierschule auch eine
Fahne verliehen, bei Gelegenheit der Feier ihres ÖOjfthrigen Jubilftums.
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240
Umschau io der MüitMr-Litterator.
— Der Herr Verfasser schildert den Werdegang der Unteroffizierschule,
deren gegenwärtiger Adjutant er ist, auf Grund der Akten, der IWole-
•bflcher, sowie verschiedener RegimentsgeBohichteo, auf das Genaueste
in angemessener, von einem warmen patriotischen Hauche belebter
Weise. Von besonderem Werte sind die 11 Anlagen, enthaltend
•StSrIten der Unterofflzierschule von 1824 bis 1899, Verpflegung, Be-
kleidung, Bewafltaung, Schulplftne, Kasemement, Verteilung der Unter-
offlzierschfller auf die Regimenter der Armee (Sa. 8928), Ehrentafel der
Gelallenen und Dekorierten. Übersicht der ehemaligen Zöglinge, welche
Offiziere geworden sind (im ganzen 32. davon 1 General d. Inf.,
V. IJothnialer, 1 GencnilniMior. '^ Oberst, 1 Oberbtleutnant u. s. w.). Rang-
listen von 1847, 74. 99. endlich f*ersonal-Notiz<'n übiT das Oftizicrkürps
in den al>.u:rlaufeni'n 75 Jahren und ein alphaliHtisches Xaniensver-
zeichnis. I)as Buch ist durch zahlreiche Abbildungen in Lichtdruck
sehr getaliig und schön ausgestattet und wird allen ehemaligen
UnteroffizierschQlem sowohl als den zur Unterofflzierschule kommandiert
gewesenen Ollizieren eine willkommene und liebe Gabe sein. 2.
Der Krieg aa den ruekwürUgen Yerhudugen der deutsehen Heere
1870/71 von Georg Cardinal v. Widdern, KÖnigL preufsischer
Oberst a. I).. Teil IV. Im Generalgouvernement Lothringen,
Band 2. Im Hückeng» ' ' des Korps Werder, der Südarraee
und um Toul. Mit 3 ivarlen und 2 Skizzen. Teil V. An den
VerltindunKon der 1. Armee. Nachträge zu den Teilen I- — III.
Verwaltung und materielle Verwertung des eroberten Gebiets.
Mit 2 Skizzen im Text. Berlin 1899. Verlag von H. Kiseiischmidt
Vor weiterem Eingehen auf das vorliegende Werk sei sein Inlialt
hier kurz noch näher erläutert: Im Teil iV werden nach allgemeiner
Übersicht über die Vorgänge beim Korps Werder die mannigfachen
Ereignisse auf seinem Etappengebiet in verschiedenen Kapiteln vom
Oktober 1870 bis Januar 1871 ausführlich dargestellt, wobei gleichzeitig
die flranzösischen Pläne und Anordnungen für den kleinen Krieg in
diesem Operationsbereich, insbesondere bei Aultreten Bourbakis mit-
geteilt werden. Hieran schliefsen sich die Vorgänge an den rück-
wärtigen Verl/mdungen der Südarmee (Manteuffel). Abschnitt 2 be-
handelt den kleinen Krieg zwischen Langres und Toul im Januar 71,
das Freisrhaarenlager bei La Va<'heresse. die Zerstörung und Wieder-
her-^tcllunü: der Brücke von Fontenoy, (iet'e(rht bei Rreoourt und die
KiiisrhiiffMinic von Langres. Im Teil V finden wir den Lberrall von
Hanl. .Naehtiäge zu Teil I bis III sowie Streitlichter über die Ver-
waltung des eroberten Gebietes und über die Verwendung der Hilfs-
mittel desselben. Hierauf folgen taktische Aufgaben sowie ein sach-
liches Register über den Inhalt des Gesamtwerkes.
Schon der Name des hochgeschätzten Verfassers giebt die sicherste
Oewfihr dafür, dafs es sich bei dem vorliegenden wieder um eins der
gediegensten, mit gröfster Sorgfalt ausgeführten Werke handelt! Wenn
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Unnohaii in der Hilttlr-Lttlentar.
241
wir seiner Arbeitskraft bereits bei Besprecbung seiner „Kritischen
Tage" die vollste Anerkennung zollten» so erfüllt uns die Mtthe und
Sorgfalt geradezu mit Bewunderung, mit der hier nicht nur ans
Archiven, sondern mehr noch als dort die zahlreichen Begebenheiten aus
den Tagebüchern der Truppen und aus Privataufzeichnungen zusammen-
getragen werden mufstenl
Ks geschieht das überall mit der klaren ruhigen Beurteilung eines
hochwissenschaftlich und praktisch gebildeten Militärs und der ihm
eigenen schriftstellerischen Routine, die hier um so erforderlicher war,
wo es darauf ankam, bei den vielen Verschiebungen, die durch die
oft ver&nderte Kriegslage bedingt wurden, ein klares Bild von den
Voigängen hinter der Armee zu liefern. Wenn es sich in den
„Kritischen Tagen** zumeist um die grofisen Gesichtspunkte der höheren
TruppenfQhrung handelte, so kommen hier mehr die kleinen taktischen
Fragen zur Geltung, welche indes nicht weniger interessant und be-
deutungsvoll sind. Ist doch häufig hier das \^ ohl und Wehe eines
g-anzen Armeekorps, — ja einer Armee in die Hand eines jungen
Ottiziers gelegt, von dessen Schneid und Entschlufslähigkeit evont.
die Erhaltung einer Zufuhrstrafse (durch Verteidigungeines Viadukts etc.)
abhiingt. — Das vorliegende Werk bringt in dieser Richtung die
interessantesten Darstellungen, welche unendlich viel Lehrreiches ent-
halten und neben hervorragenden Thaten Einzelner auch viel des
Unterhaltenden, zuweilen sogar viel Humoristisehee bieten. Wir er-
wShnen hier kurz das schneidige Verhalten des damaligen Leutnants
Scharpff beim Überfall von St Loup und der Brficke von Ailleviller
südlich Epinal, die Tagebuchblätter des kSnigl. preuds. Baurats Krohn
mit der Beschreibung der Wiederherstellung und Instandsetzimg
der Eisenbahn Blainville-Vesoul und die Lokomotiven-Portsc ha fTung auf
der Chaussee im Winter zur Umgehung des zerstörten Viadukts von
Xertiszny Von weiterem ganz besonderem Interesse sind die Mit-
teilun^»''! über die chasseurs des Vosges und die Bildung ihres Freikorps-
Cbungslagers in dem Walde nördlich von Lamarche bei La Vacheresse
sowie ihre unter ihrem Führer, Major Bernard, ausgeführte, durch-
dacht angelegte und leider auch gelungene Expedition zur Sprengung
der Eisenbahnbrücke von Fontenoy in der Nlihe von TouL Die Wieder-
herstellung derselben durch den Baurai Krohn ist lehrreich und die
Eintreibung der hierzu erforderlichen ArbeitskrSfte in Nancy durch
den dortigen deutschen PrSfekten, Grafen Renard entbehrt nicht des
besten Humors!
Man sieht* dafs die Schrift in ihrer absolut, n Objektivität sich
nicht scheut, uns alle Licht- und Schattenseiten der dortigen Vorgänge
vor Augen zu führen und leider müssen wir erkennen, dafs es der
letzteren genug gab. dafs das Bild hinter der Front nicht immer den
glorreichen Erfolgen entsprach, die die Armeen vorne begleiteten.
Versagten doch Persönlichkeiten, die im Rahmen eines gröfseren
Truppenverbandes gewifs voll ihre Schuldigkeit gethan halten, hier
J^rbOober fbr die dtutMli« Amte and Marine. Bd. 114. S. 16
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242
ÜDMiitt iD dar IDIillr-LMentar.
hfiuflg, wo sie auf eigene Füfse gestellt waren, indem auf der einen
Seite oft die gröfste Sorglosigkeit, in anderen Fällen gänzliche Kopf-
losigkeit die Schuld an den Mifscrfolgen trug! — Die Unsicherheit
über die allgemeine Kriegslage und die Unklarheit der ihnen zuge-
gangenen Direktiven, besonders zur Zeit der Erwartung der Armee
Bourbakis, auch die Unzulänglichkeit der zur Sicherung der rückwärtigen
Veri)indungen bestimmton Truppenzahl mag hierbei die gröfste Schuld
treflen. So mag dann die höhere Füiirung aus den vorliegenden
Bl&ttern, ebensogut wie aus den gegenwärtigen Operationen des Lord
Methtten in Kapland lernen, von welch hoher Bedeutung die rflck-
wSrtigen Verbindungen und ihre Sicherung durch hinreichend starke,
mit scharfen Instruktionen versehene Truppen sind! Ebenso aber kann
der Junge Offizier aus keinem kriegsgeschiohtlichen Werk bessere
Lehren für seinen Wirkungskreis im Kriege zielien als aus diesem!
Eine reiche Auswahl taktischer Aufgaben aus dem Gebiet des
klt^inen Krieeres. anknüpfend an die in dieser Schrift besprochenen
Kriegslagen sowie ein sachlich geordnetes Register über den Inhalt
des Gesamtwerkes, welches als ein hochwertvolles Kompendium der
Geschichte des Kleinen Krieges von 1870/71 bezeichnet werden kann,
schliefseij das vortreflliche, von unseren besten Wünschen begleitete
Werk! v.M.
Sammlung nllitirwImeBsehaflllehMr Tortrige vmä Aullillae. Heft 15.
Ober Fortfestungen von B. Hartmann, Oberst s. D. Berlin
1899. Militär-Verlagsanstalt.
Bs ist mir selten eine schwieriger zu verstehende Schrift vorge-
kommen, als die vorliegende. Und es ist eine kleine Vernachlässigung,
welche hieran die Schuld trägt. Der Verfasser legt, wie er auch aus-
drücklich ausspricht, seiner Arbeit Brialmonts „Progres de la defense
les Etats et de la Forliftcation permanente depuis Vauban" zu Grunde
und versucht, einige Stellen dieses Werkes zu glossieren. Ev hat aber
versäumt, die aus Brialmonts Werk meist wörtlich angelührien (bezw.
übersetzten) Stellen in irgend einer Weise kenntlich zu machen, wozu
ja ein anderer Druck oder Hineinrücken etc. genügte. Da mm gar
keine Trennung zwischen Citaten und Bemerkungen (sie laufen sogar
im selben Absata durcheinander) dem Leser zu Hilfe kommt, kann er
zunächst gar nicht eikennen, welche Ansicht der Verfasser vertritt
und wundert sich über die scheinbaren Widersprüche. Man mufo
Brialmont£ Buch zur Hand nehmen und die Citate darin aufsuchen, um
Hartmanns Schrift zu verstehen.
Dafs sich diese dem Leser zugemutete Arbeit lohnt«, kann man
nun nicht sagen. Es w-erden ja munche wichtige I'unkle gestreift,
aber eigentlich auch nur dieses; da fallen wohl gewichtige Worte,
wie: dafs die Tage der Festungsumwallungen gezählt ei*scheinen;
aber wenn der Verfasser hinzufügt: „derartiger" ümwallungen, so
scheint er dieses Wort wieder auf bestimmte Stadtbefestigungen be-
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Umsohau in der MiUUir-Litt«ratiir.
243
schränken zu wollen, vermeidet aber, sich hierüber besiimmt zu
ftufsern. Wenn er schliefslich zu dem Schlufs kommt, dab «die Aus-
dehnung der Stadtumwallang unnötig ersoheint", so verstehe ich,
offen gestanden, nicht, was er damit sagen wUL Da laufen auch Un-
richtigkeiten und Ungenauigkeiten unter, welelie nur auf Filiohtigkeit
nrflckgefiUirt werden können, wie die modernen Panzerforts des
Generals Hrialmonts bei Fokschani, die genügende Armierung des Forts
St Julien und Queuleu am 14. August 1870.
In einem Punkte aber stimmt Oberst Hartmann mit lirialmont
überein: er führt dessen Auslassungen über das wahrscheinliche Wieder-
aufleben des Minenkneu:es bei zukünftigen Belagerungen an und sagt
dann: „Dieser Aufturderun^ des tx'lgischen (lenerals zum Studium des
Minenkrieges wird sich kaum ein Ingenieur- oder Pionier-Offizier ent-
ziehen können, denn sobald sie in einem Kriege der Zukunft vor eine
mit Contreminen versehene Festung bezw. auch nur ein Sperrfort
kommen, mufs ihnen schon lange vorher klar sein, wie sie dieses
Mittel der Verteidigung mit Erfolg zu bekämpfen haben.* Das ist wohl
das Mindeste, was man fordern kann. Bs kommt aber auch ein Nach-
sats: „Auch hierbei wird es ohne eine Vorbereitung der technischen
Truppe diizu im Frieden nicht ganz abgehen.** „Nicht ganz**, warum
so zart? Warum nicht klar und deutlich ansprechen: wir brauchen
unbedingt eine Minier«, eine Festungspioniertruppe!? 49.
Taktische Spatenarbeit. Praktische Beispiele zur Fyldpionier-\ fi ^chrift
für die Infanterie von Schmidt, Oberleutnant im iiüarilri ie-
Regiment Graf Kirchbach (1. Niederschlesisches) Nr. 46. Mit
8 Planen in Steindruck und 27 Abbildungen im Text. Berlin
1899. E. S. Mittter & Sohn. Preis 2 Mark.
Es ist als ein deutliches Zeichen des Bedürfnisses zu betrachten,
welches bei unserer Infanterie mehr und mehr zum Bewfustsein kommt,
dafs sich aus ihren Reihen heraus die Schriftsteller mehren, welche
die Feldbefestigung zum Vorwurf nehmen. Man kann sich der Über^
Zeugung nicht mehr entziehen, dafs man die Feldbefestigung auf
Schritt und Tritt brauchen wird, man hat vielleicht auch aus dem
Studium der Kricirsir^'schichte erkannt, wie wenig geschickt wir im
Krnstt'alle uns gezeigt haben und wie wir also durch Übung und He-
schäliigen mit dem Gegenstand uns ernstlich vorbereiten müssen.
Was man machen soll, das kann man allenfalls aus unseren vor-
züglichen Vorschriften ersehen, aber wie man es machen soll, dazu
gehören gute Muster. Und dals diese nicht vom Pionier gegeben
werden, sondern vom Infanteristen, das ist ein Zeichen der Zeit. Der
Pionier scheint den Spaten um so lieber aus der Hand zu legen, als
der Infanterist ihn energischer ergreift. Und doch, wenn ersterer es
der Mühe wert lUnde, seine Leistungen im Peldzuge 1870/71 sich
gründlich anzusehen, so würde er bekennen müssen, dafs er be-
züglich der Feldbelestigung und zwar vornemlich bezüglich der Spaten-
16*
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ömMliMi in der Militär-Litteratnr.
Taktik hinter den Leistungen der Gegner weit zurQckgeblieben ist
Es sollte ihm also nicht so glelehgOltig sein, wenn der InHEUitorist ihn
zu überholen sucht. Dies um so weniger, weil noch ein grofses Gebiet
ihm übrig bleibt^ auf welchem letzterer sich bisher eigentlich noch
nicht versucht hat, ich meine das des Pestungskrieges, bei welchem
ja die strategische wie taktische Lage eine wesentlich abweichende,
bei welch«'m aber die Anforderungen an die Technik ganz enorm ?:e-
steigerte sind Man sehe sich an der Hand < in2:ohcnder Darstellungen
unserer Leistungen im Festungskriege 1870/71 gerade diejenieren
Stellungen einnml etwas genauer an. welche die Franzosen mit merk-
würdiger Findigkeit als AngrilVsobjekte für ihre Ausfälle bezw.
Durchbruchsversuchü wühlten, ob wir damit den Anforderungen auch
nur einigermaßen gerecht geworden sind.
Man kann einwenden, dafs dieses nicht Sache des Feldpioniers sei,
da er mit seinem Dienst gerade genug belastet ist. Ja! aber solange
wir keine Festungspioniere haben, denen dieses Gebiet von Rechte
wegen gehört, und da unsere Feldpioniere dafür keine Zeit erübrigen
können, müssen wir uns vielleicht auch hiermit vertrauensvoll an die
Infanterie wenden, welche in ihren neuen Schrillen über Feldbefestigung
sich so strebsam und geschickt zeiirt
Die Schrift des Oberleutnant Srlmiidt ist dessen ein Zeugnis. Sie
führt vom einfachsten und kleinsten "l)]pkt bis zur Stellung einer
Division die Autgaben, wie sie im Feliiki itge vorkommen, vor Augen,
und dies mit so gutem taktischen und technischen Verständnis, dafs
ich den Verfasser bitten mSchte, sich zu einer ähnlichen Bearbeitung
des Festungskriegos veranlassen zu lassen und Aufgaben, wie sie die
Cernieningen von Paris und Metz in Unmasse geben — aber unter
Zugrundelegung der dortigen örtlichen und tektischen Verhältnisse —
ins Auge zu fassen. Die „taktische Spaten arbeit" kann als ESrgänzung
zu Krisaks Feldbefestigung nur warm empfohlen werden, 49.
Krahmer, Generalmajor z. I >. Rufsland in Ostasien (mit besonderer
Berücksichtigung der Mandschurei). Mit einer Skizze. (IV. Band
von „Rufsland in Asien"*. Leipzig 1899. Zuckschwerdt. Preis
6 Mark.
Unter obigem Titel bebandelt der Verlasser wesentlich die chi-
nesische Mandschurei. Er begründet dies mit dem Umstände, dals
Rufsland durch die Beherrschung der durch dies an OröCse Deutecbland
fast um das Doppelte übertrelTende Oebiet führenden, bezw. im Baue be-
griffenen Bahn sich thatsächlich die Mandschurei fest angebiedert habe.
Wir lassen dahin gestellt sein, wie weit dies schon zur Zeit den Ver-
hältnissen entspricht. Besonderes Interesse verdient aber in der Be-
trachtung der ostasiatischen Verhältnisse unstreitig dieser Teil des
Reiches der Mitte. Die Arbeit Krahm«'rs beruht vorzugsweise auf
russischen Quellen und unter diesen in erster Linie auf der in der
Ivanzlei des russischen Finanzministeriums unter der Kedaktion von
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UaMehni In der lOUtSr-Iitteratur.
245
Dimitri Posdniejew 1897 in Petorsburu: bearbeiteten „Beschreibung der
Mandschurei" sowie des Werkes von W'I. Kotwisch und L. Borodowsky
,Liau-tung und seine Häfen Port Arthur und Ta-tien-wan", ebeniaüs
1897 in Petersburg erschienen.
Nach einem t^berblick über die Geschichte giebt er eine solche
über die allgemeinen geographischen Verhältnisse der Mandschurei.
In drei Kapitehi wird dann die Bevöllterung und die wichtigsten
bewohnten Orte, die Yerh<nisee des Ackerbaues, der Viehzucht, des
Waldes u. s. w. und die Industrie und der Handel dieses Landes
geschildert Scliiiefslich wird die Machtstellufig RuÜBlands in Ost-Asien
nach seiner Pestsetzung in der Mandschurei einer eingehenden Be-
sprechung unterzogen. 17.
Entwickelungsgeschichte der alten Trutzwaifen mit einem Anhange
über die Feuerwatlen von Max .Jahns. Mit 40 Tafeln m jSiein-
druck. Berlin 1Ö99. E. Ö. Mittler & Sohn. Preis 12,50 Mark.
geb. 15 .Mark.
Es ist auffallend, dafs der Uedanke einer forlbciireileiiden Ent-
wickelung des. Waffenwesens bislang noch keinen befriedigenden
litterarischen Ausdruck gefunden hat, denn es ist doch selbstver-
ständlich, dafs das ältere Waffenwesen ebensosehr eine Entwickelungs-
geschichte hat, wie jedweder Gegenstand der wissenschaftlichen
Ferschung. M. Jähns giebt in vorliegendem Prachtwerke die Bnt-
wickelung der älteren Trutzwaffen, Nah- und Pernwaffen, sowohl in
der p]inzelform. als auch im Zusammenhange dieser untereinander.
Der 1. .\bschnitt, „Entstehung und Bedeutung der Waffen**, ist im
wesentlichen eine Charakteristik der grofsen Kulturperioden", die als
Stein-, Kupfer-, Bronze- und Eisenzeit bezeichnet zu werden pflegen,
der 11. Abschnitt, ^Stoffe der Waffen", behandelt Pflanzen- und Tier-
stoffe, Gestein. .Metalle, Hütte und Schmiede. r>er III., Zwt-cke und
Formen der Waflon", ist in 3 Stufen gegliedert. Die ei'ste Stufe
bezieht sich auf die Entwickelung von Schleudersteinen und Schleuder-
stock, Wurfkugel und Pangstock, Hammer, Spaltklinge, Beil und Axt»
Messer und Dolch, Hippe und Sichel, Stock, Keule, Pfriem und Stiel-
dolch, Spiefe oder Speer, Haken und Hacke. Die zweite Stufe: Band-
oder Stabschleuder, Faustwebren, Axthammer. Spomaxt, Domkolben
Stofskeule, Schwert, Wurfeisen, Spiefse, Wurfspeere u. a. m. Die
dritte Stufe: Pfeilbogen, Kugelbogen, Bogen und Harfe, Maschinen-
waffen. ! »ie als Anhang bezeichnete und deshalb flüchtiger behandelte
vierte Siule ist eine m. E. sehr gelungene Entwickelungsgeschichte
der Feuerwatfen von der Erfindung des Schiefspul vers bis zur (iegen-
wart. Wenn der Inhalt der als 1.. 2. und 3, Stute bezeichneten
Kapitel hauptsächlich den Archäologen urid Geschichtsforscher
interessieren wird, also einen überwiegend kulturgeschichtlichen Wert
hat, so wird die vierte Stufe als Einleitung zu einer Geschichte des
Waffenwesens, wie sie auf höheren militärischen Lehranstalten gelehrt
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246
Unnohaii in der MilitXr-Iittantiir.
wird, ein noch bestehendes militärwissenschaftliches Interesse
für sich in Anspruch nehmen können.
Gröfsle Sorgfalt hat M. Jahns auf die Etymologie der verschiedenen
Benennungen gewendet, nicht minder auf die Stellung der Waffen zu
Sitte und Hecht der betreffenden Zeilen, reichlich erläutert dui'ch
Geschichte, Götter- und iieldensage.
Die Anmerkungen gehen dnen genauen Littemtumachweis der
Siteren Waffenkunde. Ein ausführliches Inhaltsverzeichnis» dann ein
alphabetisch geordnetes Sachregister (seitenweise) und ein Quellen-
nachweis der zahlreichen, vorzüglichen Abbildungen erleichtem den
Gebrauch dieses vornehm ausgestatteten Werkes, dem ein bleibender
Wert in der kulturgeschichtlichen, aber auch kriegswissenschafUichen
Litteratur gesichert ist. 1.
Die Radfahrertruppe der Zukunft. Von Julius Burchart, Major im
Kgl. Bayr. 3. Feldartl. -Reg. „Königin Mutter", Verfasser der
Studie „Das Rad im Dienste der Wehrkraft". Berlin 1899. E. S.
Mittler k. Sohn. 43 Seiten. 13 Abbildungen.
Major Burchart hat hinreichende Gelegenheit gehabt, ein Urteil
über die militSrische VerwendungsfShigkelt des Fahrrades zu gewinnen.
Er ist zu wiederholten Malen mit der Leitung von RadÜfthrkursen und
mit der Führung von vorübergehend zusammengesteUten RadOahrer*
Detachements in Bayern beauftragt gewesen. Seine diesbezüglichen
Erfahrungen hatte er bereits in einer früheren Arbeit — »Das Rad im
Dienste der Wehrkraft". München 1897 — in einer für weitere Kreis©
bestimmten Form dargeletrt: fiir fachmännische Kreise bearbeitet,
waren seine l)arlegungen sodann in der „Kriegstechnischen Zeitschrift"
in Heft 5, 6 und 7 des huili niit>n lalires erschienen. l)as vorliegende
Werkchen ist ein Sondei-ahdi uck dieser letzteren Darlegungen. Major
Burchart vermeidet in seiner Ai'beit jede Polemik mit anderen einen
entgegengesetzten Standpunkt vertretenden Schriftätellern ; er hofft,
dals gerade auf diesem Wege durch streng sachliche Betrachtung,
durch genaue Abwägung der Vor- und Nachteile, die Frage der
Bildung von Radfahrtruppen, als des nächsten Schrittes auf dem Wege
der Verwendung des Fahrrades als Kriegsmittel, am besten gelöst wird.
Man kann dem Herrn Verfasser darin sicher nur beistimmen, und seine
klaren und durchdachten Ausführungen sind gewifs in hohem Mafso
geeignet, die Frage der Grenzen der Verwendungsfähigkeit des Fahr-
rades und insbesondere die Frage der Bildung von Radfahr-Truppen-
teilen der Lösung näher zu bringen, soweit dieses überhaupt auf theo-
retischem Wege, ohne dafs praktische Versuche mit ständig gebildeten
Radfahrer- Ti Uppen vorliegen, möglich ist.
Der Herr Verfasser tritt entschieden für die Bildung einer Rad-
fahrer-Truppe ein, wennschon er zugiebt» daih die Verwendung im
wesentlichen an das, Vorhandensein fahrbarer Wege gebunden ist
Wir glauben aber mit dem Verfasser, da& selbst trotz dieser Bin-
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ÜDsehan ia der HiUti&r-Litterstar.
247
schrfinkung eine Radfahrer-Truppe in so vielen Fällen mit Nutzen
Verwendung finden kann, dafs ihre Einführung vollauf berechtigt
wäre: es dürtte dies um so mehr zutreffen, da die Radfahrer mit ihren
Gewehren selbst dann als Truppe nicht wertlos sind, wenn sie von
ihrem Rade keinen Gebrauch machen können. Der Herr Verfasser
wann andererseits selbst vor übertriebenen Erwartungen und An-
forderungen an die Leistungstahiglseit einer Radfahrer-Truppe. Als
gröüBte taktische Einheit einer solchen erachtet der Verfasser einen
VeriMund in der 8tMe von höchBtens einer kriegwtaiton KiHnpagnie.
Besonders eingehend besohftftigt sich Migor Borchart mit der
Phige, ob die Einfahmng des Klapprades des französischen Kapitttns
Gerard zu empfehlen sei oder nicht Seine ausführlichen Betrachtun-
gen fahren zu einer Ablehnung dieses Versuchs der Ldsiing dieser
Frage und man kann dem gewifs nur beistimmen. Wer ein kriegs-
mäfsig ausgerüstetes Fahrrad, d. h. also mehr als 46 Pfund, aul' dem
Rücken trägt, ist schhefslich nur noch fin Gepäckträger, nicht aber
ein im Gelände brauchbarer Schütze. Zudem wird ^grundsätzlich ein
Klapprad stets schwerer an Gewicht oder weniger standlest und haltbar
zu Ivonstruieren sein, als ein einfaches Kad.
Die vorliegende Arbeit ist sicher in hohem Malse geeignet, die
schwebende Frage einer Lösung entgegenzubringen. Ein wirklioh
einwandfreies Urteil wird sich jedoch unseres Eraohtens nach erst
dann gewinnen lassen kOnnen, wenn die Erfahrungen einer wenn
auch nur versuchsweise, so doch zunächst stKndig als selbstSndige
Formation aufisestellten Radfahrertruppe» mit selbst lindiger, unmittel-
barer und verantwortlicher Berichterstattung, mit eigenem Ersatz,
eigener Reparatur- und Versuchs-Werkstätte, mit reichlichem Pausch-
quantum zu Übungs- und Versuchszwecken, vorliegen. Erst wenn
auf diesem Wege praktische Erfahrungen gesammelt werden können,
wird man imstande sein, das brauchbarste Fahrradmodell für eine
Radfahr-Truppe zu ermitteln, die Antwort auf die Frage, welches die
beste Ausrüstung, Bekleidung, Bewaflnung, Organisation, Ausbiluuug
und Taktik einer Radfahr-Truppe ist, zu finden. v. s.
Hattographlea zur devtsehen KultufgeseUehle. Herausgegeben von
Georg Steinhausen.
Georg liebe: der Soldat in der deutsehen TngaaigeaJielt Mit
183 Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem
15. bis 18. Jahrhundert. Leipzig. Eugen Diederichs 1899.
Ein stattlicher, schön au sjrestat teter Band in Quartformat liegt
vor uns. in welchem die hübsch ausgeführten alten Holzschnitte etwa
ebensoviel Raum einnehmen, wie der Text. Dafs der Verfasser das
kulturgeschichtliche Moment bei der Schilderung des deutsciien Wehi'-
lums in den Vordergrund stellt, entspricht der Tendenz des ganzen
Unternehmeub und kann nur gebilligt werden. Freilich ist es nicht leicht,
^h durch dieses Bildeihuoh mit begleitendem Text hindurohzuarbeitmi.
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Umdum Id der HOtOr-Littentiir.
Es fehlt jede sichtlich hervortretende Einteilung des Stoffes, es fehlt
Inhaltsverzeichnis und Repislor: nicht einmal Seitenzahlen sind ge-
geben, um etwa eine bestimmte Stelle wiederfinden oder angeben zu
können. Der einzige Hinweis auf den Inhalt der Seite findet sich
in sehr klein gedruckten Stichworten, die man in der oberen Randleiste
entdeckt, wenn man recht genau hinsiebt. Es ist zu befürchten, daCs
die ineuiton Leser, welche das Buch auftehlagen, sich mit lebhaftem
Interesse die Abbildungen betrachten und den Text, der meist nur in
losem Zusammenhange mit dem Bildwerk steht, beiseite lassen werden.
Der Spaziergang, den der Verfasser duroh den grofsen Irrgarten des
deutschen Wehrtums macht, beginnt etwa mit der Erfindung des
Schiefspulvers und den Anfängen des Söldnerwesens und endet mit
der Scharnhorstschen Heorganisation. die aber nur gestreift, nicht
ausführlich behandelt wird. In der That, es ist ein Spaziergang,
der manchen interessanten AusbUck, manche geistvolle Beobachtung,
manche lebenslrische Anschauung demjenigen bietet, der sich die
Mühe nicht verdriefsen lUfst, den lustwandelnden Autor auf seinen
Kreuz- und Querzügen zu begleiten. Aber er wandelt verschlungene
Pfade, wo es weder Meilensteine noch Stationen giebt Man wird
manches finden, was man nicht gesucht, aber vieles nicht finden,
was man erwartete. Von der Welirverfassung des ehemaligen l>eutschen
Reiches ist nicht die Rede. Bei der Schilderung des Heerwesens
König Friedrich Wilhelms I. wird die oft bespöttelte Soldaten-
Spielerei diese» Herrschers viel zu sehr in den Vordergrund gerückt,
sein eminentes Organisationstalent und seine Verdienste um das
vaterländische Heer viel zu wenig gewürdigt. Jedoch gewährt das
Buch in kulturgeschichtlicher Beziehung reiche Ausbeute, zumal in
den Sciiilderungen des Soldatenlebens im 1(5. und 17. Jahrhundert, in
der Darlegung der Beziehungen zwischen Soldatentum und bürgerlicher
Gesellschaft. Darin liegt der Wert und die Berechtigung des Buches,
das zwar keine systematisch aufgebaute Geschichte des deutschen
Heerwesens giebt, aber anziehende Schilderungen der ehemaligen
deutschen Soldateska bietet. P. v. S.
T. LoBgehamps-Berler. Ans der Pfazis ^ für die Praxis. Auf-
zeichnungen und Betrachtungen über kavalleristischc Dinge.
Mit 3 Tafeln in Steindruck. Berlin 1899. B. S. MitUer ASohn.
Preis 2.bO Mk.. g.-b. 4 Mk.
Gute Reiter sind nicht immer auch gute Reitlehrer; gerade die
besten verstehen es oft nicht, ihre Handwerksvortoile anderen mitzu-
teilen, nicht einmal mündlich: und gar vor dem Tintenfafs, da brechen
sie aus, als fürchteten sie. darin zu versinken, in grauer Theorie ihre
goldene Praxis zu verlieren. Um so bemerkensw^erter ist es, wenn einer
von den Praktikern, und gerade der besten einer, den Sprung in die Tinte
gewagt hat. — Was Longchamps in 20 Jahren als Reitlehrer, Eskadron-
Chef und Regimentskommandeur an reiterlicher »Prasis** gesammelt hat,
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Umaohwi in der HlHtJir-LltteratQr.
24»
wird durch sein Buch »Aus der Praxis — für die Praxis" über einen
engen Kreis hinaus auf die Gesamtheit der deutschen Keilerei aus-
gebreitet.
In jedem Geschäft giobt es „Handwerks vorteile**; wem diese ge-
laufig sind, der arbeilet schneller und besser.
Erprobte Handworks vortei le allen Kavalleristen an die
Hand zu geben, ist die Bestimnumir und Tendenz des Longchamps-
schen Buches. Kr sagt uns nicht, was lür ansti-ebenswerie ideale ihm
vorschwebten: er sagt uns nur. was er wirklich erreicht hat und
mit welchen Mitteln er dazu kam. — Darum fühlt sich der Leser
stets auf festem Boden und kann mit Vertrauen uns ^Nachmachen**
gehen. Und wenn das «Nachmachen" nicht gelingt» — nun, dann muDs
man sich eben ehrlich eingestehen, dafs nicht jeder ein Longchamps
sein kann.
Dieses eine Bedenken drängt sich allerdings da und dort auf:
«Ist das, was L. thatsachlich erreichte, auch wirkUch fftr alle er-
reichbar?** So z. B. dürfte für manchen Chef das Bestreben, 3 Monate
an der Remonte- Ausbildung zu sparen, mit wenig günstigen Ergeb-
nissen enden. (Abgesehen davon, dafs es Regimenter giebt, z. B. die
bayerischen, welche ihre Remonten nicht im Sommer, sondern erst im
Herbst erhalten.) Auch (|»m- Vorschlag, die alten Renumten „als
Burschen- oder Rofsarzt-iM'erde, als Führpforde für zu schonende l'terde
etc." ins Manöver mitzunehmen, dürfte nicht immer gewinnbringend
sein. Ich fürchte, in der gedachten Verwendung werden die Pferde
noch mehr „verbummeln als wenn sie zu Hause geblieben wären.
Die Handkolonnen müssen wegen der Preihaltung der Obungsräume
fast täglich bei Dunkelheit aufbrechen; die Folge davon ist mangel-
haftes Satteln und Slumen u. s. w.
Unter den vielen Winken hinsichtlich der Remontendressur sind
besonders beherzigenswert die Hinweise auf Abgewöhnung des
Herdentriebs und Angewöhnung des Stillstehens. Was das
erstere betrifft, so haben ja die jüngsten Deckblätter zur Reitinstniktion
den Wert des Einzelreitens besonders hervorgeboben; L. giebt eine
sehr nützliche Übersicht der bekannten Arten des Einzelreitens.
Ein eigenstes Verdienst ist der zweite Hinweis, auf die Not-
wendigkeit, schon die jungen Tiere, und zwar täglich an das ruhige
und gerade Stehenbleiben im Glied zu gewöhnen. Ebenso kann alles,
was L. über das „Springen" schreibt, dringend zur Xachahnuing
empfohlen werden; hier kann und mufs noch viel mehr gelt-isiet
werden, ganz besonders, wa.s die Überwindung von nassen lirUben
anbelangt. Sagt doch die Reit-Instruktion I, 8. 107: «Bei der Aus-
wahl und der Konstruktion der Übungshindernisse ist ganz besonders
der Erfahrung Rechnung zu tragen, dafe die Kavallerie viel
häufiger Breiten- und Tiefen-Hindemisse — also trockene und nasse
Gräben etc. — als Hochhindemisse (Barrieren und Hecken) zu Ober^
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250
Umsehau in der MilitSr-Litteratiir.
winden hat/ Darum sollte der LongchAinpssche Wassergraben
•(Tafel I, Fig 1) in keiner Reitbahn fohlen.
Welcher Schwadronschef hat nicht svlwn von den Tagen schwer
frt'träumt. an denen iiaoh langer Winterpause die Schwadron mit
Lüng^t' und Peitsche ausziehen mufs, um den völlig entwöhnten
Exerzierplatzgraben neu zu „memorieren**! — Wie viele Beinschäden
und welche Rückschritte in der Dressur kostet diese Zwangsvoll-
streckung! - Der Hauptgrund des Schreckens und der Widersetzlichkeit
Ist für die meisten Tiere der ungewohnte, plötzUclie Anblick des
Wasserspiegels; wird nun der Hauptkampf in aller Ruhe und MuCse
und auf dem weichen Boden der gedeckten Bahn durchgefochten und
80 der Anblick des Wassers den Pferden ein alltäglicher, so vollzieht
sich die Arbeit vor jedem neuen Graben wesentlich glatter; einzelne
Tiere werden ja immer wieder «stutzen", aber der Kampf ist viel
kürzer und kostet keine Schäden.
AuflTällig ist, dafs L. bei den Rekruten mit dem Springen
langsamer vniircht. als es im übrigen seine Art ist. So läfst er die
Rekruten vorerst zusehen, wie ihre Pferde ohne Reiter springen.
Ich möchte bei meiner bisherigen Erfahrung bleiben, wonach es sich
empliclüL, dun Vorgang des Springens in den Augen der Neulinge
möglichst des Charakters eines grofsen Ereignisses zu entkleiden und
deshalb, ohne vorher viel Worte zu machen, die Leute schon am
ersten Tage (die Reit-Instmktion sagt S. 20: »sobald als möglich*' und
S. 108: „etwa nach 14 Tagen**) ttber die am Boden liegende Stange
und demnächst täglich über ganz mäfsige Hindemisse reiten zu lassen.
Wenn L. die Trensenreiterei der Rekruten in 3 Perioden: Aus-
bildung der iMittel-, Ober- und Unter-Positur" einteilt, so will L. so
verstanden sein, dafs er seine Sorgfalt in den ersten Wochen
hauptsächlich der Mittel-, in den nächsten Wochen der Ober- und
zuletzt der Unter-Positur widmen will.
[>afs er den Freimut hat, das Reiten auf Decke einfach über Bord
zu werfen, verdient ein lautes „Bravo I" Er spricht damit offen aus,
was praktische Chefs schon seit Jahren im stillen gothan haben und
wozu einsichtsvolle Kommandeure ebenso stillschweigend ihren Segen
gaben. Übrigens hat ja die Reit-Instruktion im Deckblatt 5 selbst bereits
den Rückzug angetreten. Wenn man statt der 4 Wochen Decken-
reiterei den Rekruten vom ersten Tage an in den Sattel setzt, so ist
der Abschlufs der Trensenarbeit für die Rekruten noch vor Weihnachton
nicht zu flrtth anberaumt Jedenfalls ist für die Kantararbeit, für die
Vorbereitung des Lanzenreiters zum Exerzieren ein Zuschufs von
einigen Wochen nur willkommen.
Geradezu wohlthuend für jeden Praktiker ist es zu hören, wie L.
die üewichtshilfe als die ,,für das Pferd verständlichste und
wirkungsvollste" betont. Es gab Zeiten, wo jeder, der also sprach,
als „verbrecherischer Anglomane" verschrieen wurde. Und möchte
doch, was L. (S. 53) über die Zügelhaltung auf Kantare sagt, die
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(Jmäcbau in der MUitär-Utteratur.
251
Sanktion der höchsten Stelle erfahren! — Ich weilis ganze Offlsierkorpti,
die seit Jahrzehnten nie anders reiten, aufser etwa bei Besichtigungen
vor besonders scharfen Augen. Wer die Vorteile dieser Zügelfflhrung
gegenüber der vorgeschriebenen kennt, mtt& den lebhaften Wunsch
haben, sie auch seine Lanzenreiter lehren zu dfirfen, und darum wäre
ein bezügliche« l>('ckblatt zur I?''itinstruktion freudigst zu begrüfsen.
In dem Thema „Jagdrt'iton'* spricht vollends ein unbestrittener
Meisler zu uns. Nur in (miumh Punkte möchte ich anderer Meinung
sein; solange die Verhältnisse nicht das Reiten hinter der frei
jagenden Meute und Beschaffung erstklassiger Hunde, sondern nur
das Legen von Schleppen gestatten, will mir die „Regiraents-Meute**
nur als eine den Kosten an Wert nicht gleichkommende „Stafiage**
erscheinen. Eine Schleppjagd unterscheidet sich durch nichts von
einer Jagd „Puchs in Sicht** als höchstens dadurch, dafs mangels
einer wirklich guten Meute die Galopps vielfach unterbrochen und
kurzatmig werden und gegen das Halali hin zum „Fensterparaden-
Tempo** herabsinken — „weil die Hunde nicht mehr können". Mehr
Reitervergnügen und mehr Nutzen als solche mühsame und doch
teuere Veranstaltungen bietet eine sorgfältig erkundete und sachgemäfs
gerittene Jagd „Fuchs in Sicht". Hier ist es lediglich Sache eines
erfahrenen Masters auf gutem Jagdpferde, das Feld in zusammen-
hängenden Galopps von je 10 — 15 Minutun und in bis zum Schlüsse
gleichbleibender, eher zulegender Jagd-Pace durch nützliches
QeUnde zu führen.
Alles in aUem können wir nur wiederholt unsere grobe Freude
an dem Geschenke aussprechen, das Longchamps unserer Waffe zu
Beginn des Ausbildung^jahres gewidmet hat. Möge er uns zum Früh-
jahr mit der versprochenen zweiten Qabe, der „Sommer-Praxis'*, be-
schenken. 82.
Ueglements der Kaiserlich russinchen Armee, bearbeitet von Küster.
Hauptmann ä la s. des Anh. InL-Hegts. Nr. 93, L«ebrer an der
Kriegsschule Glogau.
Heft 1: Vorschrift für Ausbildung und Verwendung der
Infanterie im Gefecht. Heft 2: Kegiementarische Bestim-
mungen für die Ausbildung des Infanteristen. Heft 3:
Bxerzier-Reglement für die Infanterie. Heft 4: Reglement
über den Dienst in Lagern und auf Märschen zur Friedens-
zeit Heft 5: Anleitung für den Felddienst.
Die vorliegenden fünf Hefte bilden sehr fleiJsige wörtliche Ober-
setzungen der betreffenden nissischen Reglements. Heft 1—3 sind
Abschnitte des „Entwurfs eines Exerzier- Reglements für die
Infanterie vom Jahre 1897." Die Übersetzung ist eine gute,
manchmal eine etwas zu wörtliche; wenn z. B. das russische Kom-
mando für den Präsentier-üritT ..ssluschai. na kra-ül" mit „Horch auf
die Wache * übersetzt wird, so klingt das einigermaCsen eigentümlich;
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252
Umsehaa in der HiUtäc>LUtenitar.
erwünscht wäre alsdann wenigstens, wenn das rus&ihche Kommando
daneben gesetzt würde. Heft 4 behandelt den Dienst in Lagern und
auf Märschen in Friedenszeit, hat daher für uns geringes Interesse.
— Das gröfstc Interesse beansprucht Heft 6, welches eine Über-
setzung der im Jahre 1898 als Entwurf den Truppen zugegangenen,
im Mai 1899 bestätigten, Verordnungen über den Felddienst
bildet. Erwfinscht w&re es auch hier gewesen, wenn der Herr Über-
setzer die russischen militSr-technischen Ausdrücke in Klammem
neben ihrer Übersetzung wiedergegeben hätte, es würden dann,
wenigstens für die einigermafsen Russisch verstehenden Leser Un-
klarheiten vermieden werden; so wird „rasjesd" beständig mit „Streif-
warhe" übersetzt, während es nichts anderes als die zur A u t'klärung
grirm den Feind entsandte Patrouille, also die Offizier-Patrouille der
deutschen Felddienst-Ordnung, bedeutet, deren .Starke gemäfs ZifTer
89 der F.-O., genau wie der russische ,,rasjesd'*, auch Eskadrons be-
tragen kann; im Gegensatz hierzu steht der „dasor", d. h. die
Patrouille, welche fOr die Sicherheit der marschierenden oder
ruhenden Truppe Sorge zu tragen hat Im übrigen verdient die sehr
fleiCsige und fliefsende Übersetzung der Verordnungen über den Feld-
dienst alle Anerkennung, um so mehr, als die neuen Bestimmungen
einen vollständigen Bruch mit den durch die Felddienstordnung vom
Jahre 1881 daigelegten Anschauungen bedeuten, deren Kenntnis für
jeden Offizier von Wichtigkeit ist 44.
IHe hloftgsten Unarten eimes Beitpferdes und deren Konrektor.
Von Ritter v. Xylander, Oberleutnant Berlin 1899. E. S.
MitÜer & Sohn. Preis 75 Pfg.
Dem jungen Reitlehrer und Reiter, dem anderweitige Anleitung
fehlt, wird diese kleine Schrift willkommen sein. Die Unarten, welche
während der Dressur oder überhaupt beim Gebrauch des Reitpferdes
zu Tage treten, sind keineswegs nur auf angeborene Fehler zurück-
zufiihren: eine giofse Anzahl riievor Fehler wird oft erst im Laufe der
Dressur hervorgerufen und gewisserniafseri anerzogen, w^enn sie nicht
von vornherein eine sachgemäfse Korrektur erfahren oder h'tztere
gar unterlassen wird. Hier nun will die obige Schrift, indem sie die
fraglichen Unarten und deren Korrektur bespricht, abhelfen. Die
Grundsfttze, die der Verfhsser während seines Kommandos zum MUitSr^
Reitinstitut praktisch kennen zu lernen Gelegenheit -hatte, sind dabei
vor allem berücksichtigt; auch sind Korrekturen angeführt worden, die
der Verfiisser nach Fillis' Grundsätzen der Dressur selbst mit Erfolg
praktisch erprobt hat 8.
Ratgeber flr den Ktmpagiüe-Ghef. Eän Handbuch für den inneren
und äufseren Dienst Zugleich als siebente Aullage von:
Müller 'Schwarz. Der Kompagnie*Dienst Bearbeitet von
Schumann, Major. Berlin 1899. EL S. Mittler k Sohn. Preis
4,50 Mk., geb. 5 Mk.
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UmMlun ia der HiHtSr-Littentar.
253
Der jüngere Kompagniechef wird, um seine Kompagnie auf das
Beste auszubilden, gern die Erfahrun,!; älterer Kamii'raden zu Rato
ziehe, ihm wird ein Handbuch willkommen soin, das, wie diis vor-
liegende, den Gesamtinhalt seiner Pflichten planmäfsig überschaut und
för Einzeltalle zu R.itr ire/ouren werden kann. Das Werk zeigt, worauf
es bei der Ausbildung in erster Linie ankommt, es wird, wie der Ver-
fasser es wünscht, zum Nachdenken anregen und dazu beitragen, die
Mannschaften kriegsmärsig auszubilden. Der erste Teil behandelt
folgende Themata: Von der Entlassung der Reserven bis zur Rekruten-
Vorstellung, daran schliefisen: Bemerkungen zur Ausbildung. — Von der
Rekrutenbesichtigung bis zur Besichtigung der Kompagnie. — Von
der Kompagniebesichtigung bis zur Vorstellung des Bataillons. —
Von der Vorstellung des Bataillons bis zum Ausrücken zu den Herbst-
ubungen. — Herbstübungen. — Kntlassunir. \^<'v zweite Teil
Übernahme der Kompagnie. — Erziehung der Kompagnie. — Innerer
Dienst. Ein alphabetisches Sachregister gcst^ittft schnelle Orientierung
und gestaltet das Werk zu einem bequemen Nuchschlagebuch. 4.
Taschenbuch fUr die Oberleutnants und Leutnants aller Waffen.
Bearbeitet von A. Scheidel, Rittmeister. Oldenburg. 0. Stalling
Verfasser meint, dafs viele jüngere Kameraden ttber die ihnen
zufallenden Obliegenheiten als Mitglieder von Kommissionen unzu-
reichend unterrichtet seien, weil sie die einschlägigen Bestimmungen
nicht kennen. Diesem .Mangel soll dieses durchaus praktisch veran-
lagte Taschenbucli abhelfen, indem es zugleich die Kosten der Be-
schaffung teurer Bücher erspart. Von dem Inhalt giebt die AutV.ählung
einiger Kapitel einen Hegritl': A. Dienst inufi balb des Trupp«' n -
teils. Der Leutnant als Kasornen-Bewohncr, Kast'rnen-Vorst-her,
Mitgli»'d der Küchenvorwaltung, Hckleidungs-Koniniission, Waffünonizier,
Ka&ino-Kommission, Remonte-Kommission u. s. w. Teil B umfafst den
Garnison dien st: Der Leutnant als Offizier vom Ortsdienst und der
Ronde, als Wachthabender, Führer einer Trauerparade etc. C. Kom-
mandos: Zur Kriegsakademie, zur Kriegsschule, Militfir-Tumanstalt etc.
In jedem ebizelnen Falle werden aufser den Obliegenheiten auch die
Oebtthmisse (Zulagen) genau angegeben. Auch die Bestimmungen
übt r den Offlzier-Unterstützungs-Fonds und Darlehnsfonds, dann tiber
den Übertritt zu den Schutztruppen haben Aufnahme gefunden. 4.
III. Seewesen.
Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Heft. XII.
Aus den Reiseberichten S. M. Schiffe. (Hierzu Tafel 20.) Java- Nord-
küste. — Port Los Angeles. Nach Berichton der Kapitäne F. Baeh-
raann. SchiH" „F^irnassos'* : R. Mehring, Schiff „Artemis" ; F. Wernecke.
Schiff „Christin« " und C Christensen. Schift „Hmin Pascha", ergänzt
nach amerikanischen und ♦•iiglischen Angaben. (liiei'zu Tafel 21.) — b^ast
London. Nach Berichten vom Kaiserlichen Ivonsuiat dortseibst
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ümtehra in der MUitir*Uttentiur.
und von Kapt. F. H. Israrl. Hark ^Hplenc" und G. Relnicke. Hark
^Magnat"; ergänzt nach englischen ijuellen. (Hierzu Tafel 22.)- Horicht
über die Reise des deutschen Dampfers „Herrmann" von New-Urleans
nach L)ünkirchen im Januar lb99. — Aus dem Journal der Bark
^Erwin Rickmers**, Kapt. H. Schütte über die Reise von Mouünein nach
Bremen. — Von Nagasaki dureti die Japan-See und die Tsugar-Stnifse
nach den höheren Breiten des Stillen Ozeans. Reisebericht des Kapt.
A. Cords vom Schiffe «Caesarea'*. — Flaschenposten. — Strombeobach*
tungen auf der Ronte zwischen Kanada und Australien von Kapt M. W-
Campbell-Herworth H, M. S. „Aorangi". — Notizen: 1. Nordlicht am
30. August und I.September 1899 im Nordatlantischen Ozean. 2. Starker
Zug der Strömungen in die Themse-Mündung bei südöstlichem Winde.
— r>io Witterung an der deutschen Küste im Monat Oktober 1899.
Beiheft II. Kinundzwanzi.jrster Jahresbericht über die Thätick«'it
der deutschen beewart« tür das Jahr 1898. Erstattet von der
L)in*kii(jn.
Marine-Uundschau. (Dezember 1899.) Titelbild: S. M. S. ^See-
adler". — D. Bonamico: Die Lehre von der Seemacht. Autorisierte
Übersetzung von Kapitfo z. See z. D. Meufs (Ports). — Das Rettungs-
wesen an den Küsten Europas von Kapitänleutnani Troje. — Napoleons
PliUie gegen England. Dargestellt nach einem Auszuge des Werkes
des Generalleutnants Mathieu>Dumas, wiedergegeben in A. Demigny:
«La Faillite de la Marine*. Übersetzt von 0. Wislicenus, Kapitfinleutnant
a. D. — [)ie Vermessung in Kiautschou. — Sprichwörter und sprich-
wörtliche Redensarten über Seewesen, SchitTn- und Fi.scherleben in
den trernianischen Sj)rachrn (Forts.) — Nordelbisrh-I^änisrhes von V'^ize-
admiral liatsch i, 11. Kapitel. — Mitteilungen aus fremden Marinen. —
Erfindungen. — Funde von SeliiHstahrzeugen aus ältester Zeit im He-
reiche der Ostsee-Küste. — ThiiUgkeit.sbericht des Fischereikreuzer.s
S. M. S. „Zieten". — Für die Monate August und September 1899.
Nachrichten aus dem Gebiete des Seewesens. Nr. 1. Beiträge
zur Geometrie des Aufklärungsdienstes zur See. — Parsons Dampf-
turbine. — Decentralisation der Kommandotührung auf Schlachtschiffen.
— Neue Kriegsschiffsbauten. — Der niederländische Budget- Voran-
schlag Air das Jahr IfKX). — Der Jahresbericht des Chefs für die
Küstenverteidigung der Vereinigten Sfimtcn von Nord-.Amerika.
Army and Navy Gazette. Nr. 2080. Die Marine-Brigade. — Die
Schiefsergebnisse der Marine 1898. — Frankreichs Schüren gegen
England. Nr. 2081. Marine-Kantinen. Das Pt-rsonal der ameri
kanischon Marin«'. - Die Marine-Intant^Tif wünscht stärkere Beteili-
gung am Transvaal-Kriege. — Die Verbi'.ssrrung der Hinfahrt von
Port Natal. — Stapellauf des „Cressy". — Urteile österreichischer
Marine-Omziere über Wei-Hai-Wei und Kiautschou. Nr. 2082. Die
deutsche Marine. — Ausschiffung weiterer Marino-Nf annschaften in Natal
— Strandung eines weiteren Transportschiffes. — Amerikanische Ver-
suche zum Kohlenfibemehmen auf See mit dem Panzerschiff „Massa-
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Umsobau in der Militär-Litteratur.
255
chussets" und dem Dampfer „Marcellus". — Besuch des österreichi-
schen Geschwaders in Malta. Nr. 2083. Herr Goschen und die
Marine. — Die Verwendung der Marine-Infenterie. — Die von den
Beeren genonunenen sechs 12 PfÜnder der Marine.
Jovraal of tke Boyal United Serriee InstitutiOB. Nv. 862. Das
firanzSsische Panzerschüf I. Kl. «Neptune''. — Nach Indien. — Moderne
Kriegsmittel und ihr Binfluls auf Taktilc und Organisation.
Army and Nayy Journal. Kr. 1892. Die Chemio und der Krieg*
— Das Neueste von Manila. — Eine Lehre aus englischen Erfahrungen.
— DasWnu k des „Charleston". — Admiral Schley und seine Kreiiz-
tour. Nr 1893. T'ie drei gröfsten lieiche. — I >io \ erantworiung
für die Scliley-Kontroverse. — Die Seestreitkräfte der liauptsächliehsten
Staaten. Nr. 1894. Armee und Marine in der Botschaft des Präsidenten
— Teilnahme der englischen Matrosen am Transvaal kriege. — Die
Lyddite- Granaten. — Das Neuste von Manila. Die Lage in Süd«
Afrika. JSt. 1895» Sttd^Afrika und die Philippinen. — Das Marine-
Ingenieur-Korps. — Beförderungen im Beurlaubtenstande. — Der Krieg
in Sttd-Af^ika.
Revue naritime et coloniale. (Oktober 1899.) Untersuchung
der für Erzielung gro&er Geschwindigkeiten günstigsten Form der
Schiffskörper. — Aequatorial-Cirkel. — Die Verteidigung der französi-
schen Küste von Dünkirchen bis Bayonne im 17. Jahrhundert. — l >ie
Organisation des Personals der englischen .Marine. — Die Seestreit-
kräfte Frankreirh.s und Italiens im Mittelmeer. — r)ie seemännische
Schwäche (Irofs-Britanniens. — Neue Kredite für die englische .Marino.
— Neue Schittskonsiruktionen in Italien. — Entwickeiung des deut-
schen Handels.
Bivislamarittima. (Dezember 1899.) Der neue Typ der Schlacht-
schiffe. — Spanien und seine voraussichtlichen Bundesgenossen. —
Altertümliche Waffen mit Hinteriadung und vervielfSItlgtem Feuer. —
Ober die Stabilität von Schiffen. — Die Seefischerei in Italien. -~ Die
Agenten der Auswanderung. — Die Zeitbestimmung mittelst Pseudo-
Korrespondierenden Höhen. l >as Bureau Veritas. — Die Prämien-
frage. — Kosten von Kesseln und Kohlen.
Morskoi Sbornik. (Dezember 1899.) Nr. 12. Offizieller Teil.
Folgend»' nach dem Typos dos „Ssokol" im Bau h<'findlichen Hochsee-
Torped u boutf werden benannt und den Fahrzeugen der Flotte zu-
gezählt: a) In St. Petoi*sburg auf der W erft von Krey ton & Co.: „Sehed",
(Schwan) „Pelikan", „Pawlin" (Pfau) und „Fasan**; b) auf der Admiralitäts-
Werft in Ishora „Albatrofs". — Bestimmungen für Aufnahme von
Zöglingen in das Marine-Kadetten-Korps. Nichtoffizieller Teil
Zur Biographie des Admirals G. I. Newelski. — Neueste und zukünf-
tige Verbesserungen der Schnelldampfer. — Portschritte der Marine-
ArtiUerie in den Jahren 1898—99.
Jahrbuch des Deutschen Flotten-Vereins. 19(X). Herausgegeben
vom Sekretariat des Deutschen Flotten-Vereins. Mit zahlreichen Ab-
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1
256
UmaobM in der MOitirLtttontiir.
bildungen. Tubellen und Raiten. 706 S. BerliD. E. S. Mittler & Sohn
Preis p:ehd. 4 Mk.
r»er <i»'U(srlu' F'lottfn-Verein tritt mit einer neuen \\M'r»ffentlichung
vor das deutsche Publikum, die das weiteste Interesse beanspruchen
darf. Dieses „Jahrbuch" ist ein treflliches Hand- und Nachschla^ebuch,
das nicht etwa nur dem SeeofOzier etc.. sondern jedermann er-
schöpfende Auskunft Über alle auf die Kriegs- und Handelsmarine be-
züglichen Fragen giebt, denn sein Inhalt ist ein unendlich reicher. Bs
behandelt folgende Abschnitte: Kalender mit Hochwasserzeiten für
Cuxhaven und Kurrektionstubelle für die anderen Häfen der Nordsee.
— Münz-, Mafs- und Gewichistabelle. — Deutscher Flotten- Verein. —
Die deutschen Finanzen. — L>er Aufsonhandel der Nationen. — Stand
der Kriepsflotfen der Seemächto am 1. Oktober 1899. — Die Marine-
budircts aller- Staaten. — l>i«' Kin LTstlotten der Welt (namentliche .Auf-
führung sämtlicher KrieL^ssrhitlr aller Staaten mit Abmessung. .Armie-
rung u. s. w.) — l)ii' Laufliahncn in der Kaiserlichen Marine mit Ein-
tritt.sbedingungon, Avancementsverhältnissen, Gehältern und Löhnung
ffir alle Personen des Soldatenstandes und slmOiche Beamten, sowie
Pensionstabelle. — Die Laufbahnen in der Handelsmarine. — Ver-
schiedene, den Weltverkehr betreffende Karten. — Die Handelsflotten
der Welt. — Die Rhedereien Deutschlands. — Die deutschen Werften,
Hellinge und Docks. — Die Fischerflotten der Welt — Skizzen der
neueren Kriegsschiffe aller Nationen. — Sachregister. Sind die Finanzen
des Reiches derart, dafs die Schaffung der Flotte möglich, so legen
die Tabellen über den Handel, die interessanten Gegenüberstellungen
aller Flotten etc. Beweis dafür ab. wie nötig eine grofse Flutte lur
l)eutschland ist. Die HiMnisse des Prinzen Heinrich von Preufsen und
des Fürsten zu Wied. Präsident des 1 »eutschen Flotten-Vereins, zieren
das Werk. L>ie kummenden Jalngäiige sollen noch erweitert werden.
Da» „Jahrbuch des Deutschen Flotten Vereins'* ist nach Form, Aus-
stattung und Preis dazu angethan, weiteste Verbreitung in allen
Schichten des deutschen Volkes zu finden.
IV. Veneiehnis der zir Bespreehmg eiag^angeHen Bieher.
(l)i<' "Inf,-' rif,'. It .i-Ucr iTf.ihren einH n«*iipr«chung M6h Marsf^ub« ihi'-r n. .li-utuflg und de^ \< r
fii(rlr;ir«>n I; ium'>>^ Ciii« V tt r |> f I i c h t u n |f . jm\>-!i t>ingfhf^nif> Much /.u lii'S)ircciien. (jheniimmt di»
LpiluiiR li'T „.Fahrbiichftr" nicht, doch Wfrden »Ii« Tii>-1 ^ünltliche^ IJöchor nebst Angabi* def> Proiit««
• — »otMrn iii»«nr mitg*t«Ut wurdn — hinr torniHrkl. Kine HQrkHendung \on BCichom flädvt nioltt statt.)
1. Kriegsgesehiehtliehe Beispiele des Festungslcrieges aus dem
deutseh-lYnnzösisheem Kriege von 1S70/71. Von Frobenius, Oberst-
leutnant a. 1 >. Zweites Hel'i. 1. i'inschliefsiing ir'ernierung) 3. Metz.
Mit einem Plan und 5 Skizzen in Steindruck. Berlin 1099. E.S.Mittler
k Sohn. Preis .3.50 Mk.. geb. 4.75 Mk.
2. Wehrkraft und Jugenderziehung. Zeitgemälse Betrachtung
auf Orund seines beim Deutschen Kongreb zu Königsberg am 25. Juni
1899 gehaltenen Vortrags von Dr. Herrmann Lorens. Leipzig lt(99.
R. VoigUänders VerUg. Preis 1 &Ik,
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ühmÜm k niiHM» Tiittorrtur
257
t. BeglenoitB to kaimilieh«rMiMhen Amte« Heft l-^Ö. Be-
arbeitet von Küster, Hauptmann. Leipzig 1899. Zuclcscbwerdt
& Co. 1. Heft: Vorschrift für Ausbildung und Verwendung der In-
fanterie im Gefocht. Preis 1 M. 2. Hoft: Replementarisciu' Bestini-
iTiiingen für dio Ausbildung dos Tnfantoristen. Prols 1.30 M. '^. Heft:
Exerzier-Regloment für die lntanu>rie. Preis 1.80 M. 4. Heft: Kegle-
ment über den Dienst in Lagern und auf Märschen zur Priedenszoit.
Preis 1.80 Mk. 5. Heft: Anleitung für den Felddienst. Teil!: Truppen-
dienst. IVois 2.50 \fk. — Mit Zeichnungen.
4. Ahoil Deutsche Meereslyrik. Füi- alle Freunde deutscher See-
fahrt und der deutschen Flotte, ausgewählt von Maximilian Born.
niuBtrlert von C. Schön. Berlin. Kail Siegismund. Preis 4 Mlc.
& Speiial-TAneiehnis tob geeignetem Bflehern für MUltii^
ttiiwirter imd Beamte, welche sich in den verschiedenen Laufbahnen
über Anstellung, Prüfung und Versorgung orientieren wollen. Heraus-
gegeben von der Rodaktion der Zeitschrift „Der Militäranwärter". Die
in diesem Verzeichnis aufgeführttm Bücher sind vorrätig und su be-
ziehen durch Gerstmanns Verlag. Berlin W.
6. Probiermafsstab mit sich berührender .Meter- und Schriftskaia
zum direkten Messen gerader und krummer ahgesch l itlener Strecken
ohne Zirkel. D. R. G. M. .\d. Haenselin. Berlin 54. (Ökala 20 cm
lang, auf Kartonpapier gedruckt. Stück 15 Pf.)
7. Die Httuitlicheu Frei- und (jiewehriibungen. In Gruppen und
Zettel stufenweise zusammengestellt von Salm Oberstletttnani Id. Auf-
lage. BerUn 1899. B. 8. Mitüer & Sohn. Preis 15 Pf.
8. MerktalMii für das Ctasehiti-BxenlereE der FeldartUlerie
nach dem Exerzier-Reglement für die Feldartillerie vom 10. August
1899. Material C. 96 und 98. Metz. 1900. Deutsche Buchhandlung.
Preis 15 Pf.
9. Anleitung zur Ausführung von Geländeaufnahmen in un-
übersichtlichem Terrain mittelst Bandzuges in Verbindung mit QefäU-
messungen. Berlin 1899. R. S. Mittler & Sohn. Preis 50 Pf.
10. Anleitung zur Herstellung von Unterbau für Vollbahnen
durch Eiseiibahntruppen. (A. U.) Berlin 1899. £. S. Mittler & Sohn.
Preis 75 Pf.
11. Forschungen und Urltunden zur Geschichte der Uni-
formierung der PreuCsischen Armee. 1718^1807. Von 6. Lehmann»
WIrU. Geh. Kjriegsrat Erster T^U. BerUnl900. E. S. Mitüer & Sohn.
Preis 4 Mk.
12. Gesehiehte des KSniglieh-SSehsiMheoL Karablaier^BegimeCts
vormaligeB Beitei^Begimemts* Auf Befehl des Königl. Karabinier-
Begiments zusammengestellt von Jahn, Oberleutnant. Mit zwei Bild,
nissen und fünf Karten in Steindruck. Berlin 1899. E. S. Mittler
k Sohn. Preis 5 M.
13. 1899/1900. Dienstalters-Liste der Ofiiziere der Könii^l. Preufs-
Armee und des XIII. (Königl. Württembergischen) Ai*meekorpi>. Ab-
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258
UnieliM Ii dar lOlttip-Llttmtar.
goBchlofiB«]! am 20. November 1899. Berlin 1899. B. S,lfittler&8ohii.
Preis geh. 5 Mk., geb. 6 ^^k.
14. König Friedrich der Grofse von Rein hold Koser. Zweiter
Band, erste Hälfte: Friedrich der Grofso im sieb onj ährigen Kriege.
Stuttgart 1900. T. G. Cottasche Buchhandlung. Preis 4 Mk.
15. Jahrbuch des Deutschen Flotten-Vereins. 1900. Eigentum
des Deutschen Flotten-Vereins. Herausgogoben vom Sekretariat des
Deutschen Flotten-Vereins. Berlin 1900. £. S. Mittier & Sohn. Preis
geb. 4 Mk.
16. Eine applikatorische Übung im Freien für Militärärzte
und Sanitffsofflziere von Ghietav Wolff, K. u. K. Oberientiuuii Mit
1 Ordre de bataOIe und 4 Skissea. .Wien und Leipzig. W. Brau-
mHUer.
Z>niok von A. W. H»yna Erbeu, B«rUa uad Potsdam.
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XIX.
Die 3. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71.
Von
Juak, liittmeister a. D.
(FortsetzuDif.)
U.
Bei Metz.
Auch die 3. Kavallerie^DiTision sollte den Ueeresteilen angehören,
welchen nach den blutigen, aber ruhmreichen Schlachten nro Äletz
zunächst die Elnschlielsung des Platzes und der dorthin /urUck-
gesehlagenen Bazaine'schen Armee obla^. Nach dem Einschliefsungs-
befehi vom 20. August hatte in der \ orpostenlinie snf dem rechten
Moselufer die Kavallerie ganz besonders Verwendung- zu finden, denn
der Schwerpunkt der Einschlielsang lag snrdrderst auf dem linken
Moselufer. Auf dem rechten kam es somit, schon im Hinblick anf
die hier befindliche gmnge Truppenmacht, mehr auf eine Absperrung
sämtlicher Verbindungen, als auf eine fortlaufende starke Verteidi-
g:nngslinie an. Nichtsdestoweniger war aber der Oberbefehlshaber
des £inschliefsungsheeres, Seine Königliche Hoheit der General der
Kayallerie Prinz Friedrich Karl entschlossen, aach Durchbraohsyer»
Sachen anf dem rechten Ufer gegebenenfalls energisch entgegenzu-
treten und so auch hier den Gegner an Metz zu fesseln. An das
rechte Moselufer angelehnt stand nördlich von Metz die 8. Reserve-
DiFision (Kammer) in vorderster Linie von Malroy bis Charly. Es
folgten die vordere Linie der 1. Division des I. Armeekorps westlich
von Failly und Ser>'igny, daran anschliefsend die Vorposten der
2. Division in Linie Schlols Aubigny, La Grange aux Bois, Mercy le
Haut bis an die Strafsburger Chaussee und diejenigen der 8. Kavallerie-
Division bis Schlofs Frescaty. Das Gelände von da einscbliefslioh
bis an die Mosel gehörte noch zum Bereiche des Vll. Armeekorps.
Sämtliche Truppen des rechten Ufers mit Ansnahme der dort befind-
lichen des VII. Armeekorps waren dem Befehl des Generals der
Kavallerie Freiherm v. Manteuffel anterstellt, dessen Hanptqaartier
JaMftohar Ar di* dantMht AimM ud Xaifm. Bd. III. S. 17
260
Di« 8. KAvalieiie-Dinnon im Knegß 1870-71.
pich in St liarlx- befand. Der 3. Kavallerie-Division lap: also, wie
in den 'J ;i;:« n vorher >ehün, vor/ogsweise die Beobachtung des süd-
lichen Vorlandes von Metz ob von der Strafsborger btralse bis über
dif an der Scille entlang nach Pont ä Mousson führende noch binUb^T.
Teile den 14. 1'lanen-Rr pments standen in der Linie Chesny — PouilJy.
des 5. in der Gegend von Aogny, das Gros der Di\ision weiter
znrllck bei Coin sur Seille. Es waren also somit die Vorposten von
einer einzi'j-fn Brigade gestellt ond diese damit dann aber aofcrelöst.
Das flilrf'te auf Zwerkmälsigkeit wohl keinen Ansprach hai)en. Als
daher arn Ii. AuLrti^t fli»- 7. Ulanen die 5. abhusten, trat der vom
Oberbefeh!-b aller der i. Armee dahin verfllgte Wechsel ein, dafs an
Stelle der tretfenweisen die flti^'elweise Aufstellung der Division zu
treten habe Der 7. Kavalleriebri{.';i<le fiel der Abschnitt östlich der
Btrafse von Metz nach Nomeny zu, der G. aber das Gelände westlich
dieser Stralse. Das Gros der ersteren. bei dem sich die Batterie
und der Divisionsstab nunmehr befanden, hatte ein Ortsbiwak bei
Pontoy, da*» der letzteren bei Coin les Cuvry. Innerhalb der Bri-
gaden wechselten die Regimenter sich regelmäfsig auf \'or|)Osten ab.
Von dem Regiment, welches in dem betreflFenden Abschnitt auf Vor-
posten war, befanden sich 2 Eskadrons mit ihren Feldwachen ond \'e-
detten in vorderer Linie, die beiden anderen mit dem Stabe geschlossen
dahinter, so auf dem rechten Flügel später in M^cleuves, auf dem
linken von Anfang an in Prayelle Ferme. Hier standen die Vor-
posten-Eskadrons bei Haate Rive und Aagny, die vorderste Posten-
linie erstreckte sich von der Seille bis Orly Ferme. Nach links hin
war Anschlufs an das Vll. Armeekorps, dessen 27. Infanterie-Brigade
sich mit 3 Batterien und dem Uosaren-Regiment No. 15 bei Jony anx
Arches. mit Vortruppen in Linie Orly Fenne und PoÜLa Fenne
befand. Die Vorposten der 7. Kavallerie-Brigade hatten rechts An-
lehnung an die der 2. Infanterie-Division, deren Gros bei Comcelles
sor Nied stand. Die Vorposten-Eskadrons waren bei Cbesny ond
Pooilly stationiert, die vorderste Postenlinie lief von Peltre bis zur
Ferme St. Thiebault östlich Marly. Die Übersichtlichkeit des rechten
Abschnitts wurde durch das Bois de l'Höpital erschwert. Die Ver-
bindung zwischen den beiden Abschnitten der l^. Kavallerie-Division
über die Seille vermittelten von Marly bis Sillegny 5 Brücken. In
Goin sur Seille befand sich eine Station des Telegrapbemietzes,
welches der Übermittelung von Befehlen und Meldungen innerhalb
der Einschliefeungslinie diente. Eine weite Aussicht in dem Abaehnitt
der 8. Kavallerie-Division gewährte das Schlols St Blaise, woeelbsfc
sieh zur Zeit ein Landwebr-BatalUon beCand.
In der Frtthe des 25. Aognst batte die 1. Eskadron der 7. Ulanen
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IMe 8. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71.
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die 3. auf VorpoBten bei Angny abgelOai Leutnant y. Haeseler war
darnaeh ani Feldwaebe am Ftok von Angnj. Kordösilich vom Orte,
vorwärts der Weggabel westlich der Papeterie befand sich die zelt-
webe von den Franzosen besetzte, aber nicht vollends aasgebaate
Schanze St. Privat Der Ulanen-Feldwache waren wegen dieser
Nachbarschaft 1 Unteroffizier and 10 Mann vom 74. Kegiment bei-
gegeben worden. An diesem Tage wurde besonders viel aus der
Schanze und dem derselben zunächst gelegenen Gelände geschossen.
Gegen 4 Uhr nachmittags erschien Oberstleutnant v. l*estel mit seinem
Adjutanten, Leutnant v. Engelbrecht, bei der Feldwache und gab
dem Feldwachhabenden kund, dafs er die Schanze zu nehmen beab-
sichtige. Die Infanterie solle zu (lit'<( m Zwecke gedeckt im Chaiissee-
grahen vorgehen, der Ulanenzuj; uuf der Stralse folgen und eine
rechte Seitenpatrouillc sich gegen die raj)iermUhle wenden. Leutnant
V. ilaeselcr bestimmte seine nächste Vedette zur Spitze und ritt mit
ihr gegen die Schanze vor. Diese war unbesetzt. In dem Streben,
den jenseits gelegeneu Eiii^rani: zu j^a'wiuju'ii. t-rhielt man aus einem
weiter rückwärts angelegten Schützengraben Feuer. Trotzdem gelang
es den kühnen Reitern, unter denen sich Oberstleutuant v. Pestel
selbst befand, in die Sehanze und innerhalb derselben auf die Brust-
wehr zu kommen. Ein Teil der Infanteristen war mittlerwi ilc auch
herangekommen, während der andere sieh mit den i)ei der Papeterie
und in dem nahe gelegenen Wäldchen befindlichen Franzosen herum-
schols. Die in der Schanze befindlichen Hlockhäuser und Bretter-
buden wurden angezündet. Auch die weiter rückwärts gelegenen
Gebäutle, insbesondere die zum Magazin eingerichtete und mit
frischem Getreide gefüllte Ferme St. Ladre, wurden den Flammen
übergeben. Die Ulanen gingen in ihre Vorpostenstellung zurück,
nachdem sie also ihre Geschichte um ein fürwahr braves Keiter-
btUckchen vermehrt hatten.
Die Bewegungen der l{hein-Armee am 26. August behufs deren
Versammlung in Unie Schlol's Grimont-Bellecroix und die zur Deckung
dieses Aufmarsches schon seit dem frühen Morgen entwickelte
Thätigkeit der Vortruppen, so auch gegen die der 2. lnfant( ric-
Division bei La Grange aux Bois und Aubigny Chateau hatten etwa
8 Uhr morgens auch zur Alarmierung der nunmehr dem 1. Armee-
korps unterstellten 3. Kavallerie-Division geführt. Dieselbe war bis
Inry vorgerückt, woselbst sie bis {] Uhr nachmittags verblieb, um
dann wieder in ihre bisht ri^n« Stellung zurückzukehren. Am folgen-
den Tage schon wurde aber die 28. Infanterie-Brigade des VII. Armee-
korps nebst 2 Batleriin (2. 1. u. '1. schw./VJL) und 1 Eskadron
U. Uns. 8) auf das rechte Ufer der Seille gezogen. Die von ihr
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Die 8. KavaUene-DiviMon im Kriege 187a -71.
demnächst eingenommene Stellung, die übrigens befestigt wurde, war
folgende: 3 Bataillone, die Eskadron und die Batterien in und bei
Pouilly, je 1 Bataillon in Magny und in Mariy, zwischen beiden
Orten ein Halbbataillon, das andere in Ferrae St. Thiebault. Die
Stellung der durch Artillerie und Kavallerie verstärkten 28. Infanterie-
Brigade war somit wie ein Keil in diejenige der 3. Kavallerie-
Division eingeschoben und trug wesentlich zur Verdichtung derselben
bei, gab ihr vor allen Dingen mehr Halt. Wenn nun wenigstens Teile
der Kavallerie-Division sich unter Dach und Fach befanden, so
hatte doch auch sie unter der Ungunst der sanitären ^'erhältnisse
um Metz zu leiden. Das schon begonnene Regenwetter hatte den Erd-
boden derart erweicht, dals das Land stellenweise Sumpftiächen glich.
Die bei dem kühlen Wetter im Freien lagernden Truppen waren
daher Erkältungen doppelt ausgesetzt. Der Genuls unreifen Obstes
in \ erbindung mit demjenigen nicht gesunden Wassers erzeugten
Ruhr und die noch zukommenden Miasmen der blutgetränkten Leichen-
geiilde auch typhöse Krankheiten. Der Abgang an Kranken war
denn insbesondere bei der 3. Kavallerie-Division bisher gii^Iser
gewesen als an Gefechtsverlusten. Die Krankenzahl stieg nach
Blume bis aof 15 "/j. Die V erpflegung der 3. Kavallerie-Division
war bisher zumeist noch auf dem Wege der Uequisition beschafft
worden. Das änderte sich jetzt aber. Wie der Hafer, so wurde
auch die Mund Verpflegung bei der Division in Pontoy empfangen.
Prefsbeu und eine entsprechende Erhöhung der Haferrationen ersetzten
den nicht seltenen Ausfall Ton gntem Ben und Stroh.
Am 31. August erfolgte nun der schon am 26. erwartete Ausfall
und zwar gegen die Stellung Failly-Servigny-Noisseville-Montoy.
Der Aufmarsch der Kbein-Armee zwischen Schleis Grimont und
Bellecroix verzögerte sich aber derart, dafs man Gegenmafsregeln
treÜ'en konnte. Die 3. Kavallerie-DiFision hatte auf Befehl des
Generals v. Steinmetz unter Zorttcklassung je einer Eskadron in
jedem ihrer Brigade-Abschnitte znr Unterstützung des I. Armeekorps
auszurücken. Die gegen 11 Uhr alarmierten Brigaden vereinigten
dch um "/,2 Uhr mittags bei Puche. Daselbst war von Courcelle^
kurz vorher die 3. Infanterie-Brigade mit 5 Bataillonen (ohne F/4j
und den beiden schweren Batterien bereits eingetrotfen. Sie wurde
demnächst mit 3 Eskadrons des I. Dragoner-Regiments in die Gegend
westlich Ketonfay an die Stral'se Metz — Saailouis herangezogen, wo-
selbst sie sich hinter dem linken Flügel der Torderen Schlachtstellnng
befand. Als General t. Memerty aber um */,6 Uhr die Umfassungs-
versuche der Franzosen nach dieser Seite hin bemerkte, entwickelte
er die Brigade auf den Höhen zvrisehen der Cbanssee und dem süd-
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Die 8. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71.
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Ueh derselben nach Montoy hinziehenden Grande. Seine beiden
Batterien fuhren unter Bedeckung vom I./4. nordöstlich Montoy auf,
{jegen welches Dorf sich (i Kompagnien der 44er wandten, wahrciul
IL/4, zur Unterstützung der dortigen Rrsat/un-r nach Noisseville
dirigiert wurde. In der Gegend nordristlich von Flauville, welches
Dorf Ton der 10. und später auch noch der 4. Kompagni«' 44. Kogi-
ments besetzt worden war, befand sich um diese Zeit die 3. Kavallerie-
Division, also hinter dem linken FlUgel der Brigade Menicrty. Die
6. Kavallerie-Brigade blieb daselbst halten, während die reitende
Batterie unter Bedeckung der 3 zur Stelle helindiichen Ztlge der
4. Eskadron der 14. Ulanen im \ erein mit den bereits genannten
Batterien aber sUdlich des Thalgrundes von Montoy mit gutem Erfolge
die mehr und mehr anwachsenden französischen Truppenmassen bei
Montoy beschofs. Die 7. Kavallerie-Brigade nahm zur Aufnahme der
Verbindung mit dem Gros der rechts der Brigade Memerty kämpfenden
I. Division eine Aufstellung jenseits der Chanssee nach Saarlonis.
Sie geriet dort in das feindliche Infanteriefeuer ans der Gegend von
Noisseville her. Die Brigade ging daher etwa lUH) Schritt weiter
rückwärts in eine gedeckte Stellung. In kühnem Anlauf war es den
44eni gtluiigen, in Montoy einzudringen, doch mufsten sie der
erdrückenden feindlichen Übermacht bald weichen. Beim Zurück-
gehen wurden sie durch die zweite Komgaguie des noch in Reserve
befindlichen Halbbataillons Ziegler, sowie die beiden in Klanville be-
tindliehen Kompagnien degagiert. Während des Sammelns war von
II. /44. Retonfay besetzt worden. Näher an diesem Ort wurden auch
die Batterien, zu denen mittlerweile die der 3. Kavallerie-Division
gestolsen war, zunächst zurückgenommen. Weitere Fortschritte wagte
der Feind aber nicht zu machen, auch von Noi.sseville her nicht,
welches ebenfalls in seine Hand geraten war. Gegen 8 Uhr abends
sammelte sieh der grölsere Teil der 3. Infanterie-Brigade nordwestlieh
von Retonfav an der Chaussee. Die reitende Batterie der Kavallerie-
Division trat zu dieser Zeit in den \ frliand ihrer Division zurück,
welche links neben der dann hei Tetit Marais lagernden Brigade
-Memertv zwischen ket<uifav und Glattigny, östlich der Stralse
St. Barbe-Pansre abg'esessen stand. Man befand sich hier nur
etwa ^4 ^If'ilc von dem franziisischerseits besetzten Dorfe Flan-
ville entfernt. Dasselbe war zwischen 7 und Va^ Uhr geräumt
werden, ohne dafs man an mafsgebender Stelle zunächst Kenntnis
davon hatte. Sobald solche aber vorlag, wurden die (5. und 7. Kom-
pagnie unter Hauptmaim May in eine Stellung östlich Flanville ent-
sandt, in welche sie um 1 Uhr nachts einrückten. Bereits früh
'/a4 Uhr erging fUr die 3. Kavallerie- Division indes der Befehl,
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Die 8. KavaUerie-Divisioii im Kriege 1810—71.
wieder an die Seille abzurücken. An ihre Stelle traten demnächst
die mittlerweile bei St. Harbe Tereinig:t*>n 7 Eskadrons des G. Dra-
jroner- und des 1. Reserve- Dragoner-Kegiments. Als die auf Vor-
posten gewesene 1. Eskadron der 7. Ulanen beim Abmarsch der
Division herangezogen wurde, erhielt sie Artilleriefeuer. Die Division
traf om 11 Uhr wieder in ihren früheren Stellungen ein. Ihre Ver-
luste in der Schlacht bei Noisseville am :)1. August hatten I Offizier,
1:J Mann und 14 Pferde betragen. Davon entfallen auf die i3. Ulanen
Major Poten und 2 Mann tödlich verwundet, 3 Mann verwundf t und
1 Mann vermifst, aüfserdem tot, verwundet und vermifst 8 Pferde,
auf die 14. Ulanen 1 Mann tot, 4 Mann verwundet, 6 Pferde tot
nnd verwundet und auf die Batterie zwei Mann verwundet. Da nan
aber das weitere Vorgehen des am 27. August nachmittags auf Briej
in Marsch gesetzten II. Armeekoq)s, wie auch dos lU. auf Etain
mittlenveUe sistiort, somit auf eine Bereitstellung dieser Korps bei
Damvillers verzichtet worden war, kounte den Vorgängen auf dem
rechten Moselufer eine um so gröfserc Beaebtung gesobenkt werden.
Um hier allen Eventualitäten zu begegnen, war am 1, September
das VII. Armeekorps auf Mercy le Haut in Marsch gesetzt, aber an
der Seille bei Poumoy la Chetive sebon angehalten worden. Bei Pouilly
hatte es die 28. Infanterie-Brigade gegen Mets vor sich. An die Stelle
der 2. Infanterie-Division, die an ihr Korps nach Retonfay demnächst
herangezogen wurde, trat zur Deckung des Bahnhofes Courcelles,
sowie der Stralsburgerstrafse das damals aus der 17. Infanterie-
Division und der 2. Landwehr-Division unter dem Befehl Seiner
Königlichen Hoheit dem Grofeher/og von Mecklenburg-Schwerin neu-
gebildete XIIL Armeekorps. Au dieses schlols sich bis Marly hin
das Vn., an dessen Stelle am ö. September zu beiden Seiten der
Mosel das Vlli. trat. Zur selben Zeit siedelte die 3. Kavallerie-
Division von Pontoy nach Coin les Cuviy ttber. Das Gros der
1, Kavallerie-Division war bereits am 2. vom linken Moselufer nach
Fey verlegt worden. Beide Kavallerie-Divisionen worden dem
MI. Armeekorps zugeteilt. Man erwartete nämlich von Montigny
her einen Durchbrueh der um Metz eingeschlossenen feindlichen
Kavallerie, der erforderlichenfalls General v. Hartmann, der Komman-
deur der 1. Kavallerie-Division, mit beiden Kavallerie-Divisionen
entgegentreten sollte. Der 3. Kavallerie-Division fiel im übrigen
der Öicherungs-Absehnitt Marly — Augny zu. sie verband also die
Vorposten des VII. und VIII. Korps. Von diesem befand sich das
9. Husaren-K egiment der 16. Division versammelt in und bei Gros VeuXt
woselbst es ebenfalls zn dem erwarteten Ka\ alleriekampfe sich bereit
hielt Der Gedanke an ein derartiges KavalleriedneU war ja sehr
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Die d. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71.
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ritterlieh, dwom aber noeh lange nieht taktisch richtig. Id taktischen
Dingen mnb die Ritterlichkeit yor der Zweekmälfiigkeit völlig zorttek'
treten, wenn man nicht die schlimmsten Erfahrungen machen wUL
Unseres Erachtens wäre es taktisch das einzig Richtige gewesen^ die
etwa ans Metz benrorbrechende Kavallerie vor die Flintenläafe und
Kanonenrohre der vordersten Verteidigongslinie zn nehmen, was
dorch diese hindnrchkam vor die nächste n. s. w. Das allein hätte
die Gewähr gegeben, nur Trümmer entkommen zu sehen. Nicht so
wäre das beim Entgegentreten mit Kavallerie gekommen. Durch diese
wäre das Feuer der anderen Waffen maskiert worden, ganz abge-
sehen von den Verlusten, die notwendigerweise auch unsere Kavallerie
bei einem Kavalleriekampfe hätte erleiden müssen.
Der Vorpostendienst wurde in dieser Zeit derart gehandhabt,
dafs eine Eskadron die Sieherun«; in vorderster Linie bei Au^y
versah und eiiif andere bei Haute Rive, die frleichzeitig die Ver-
bindiinir mit Mariy hielt, während 2 Eskadrons als das Gros nach
wie vor l)ei hezw. in Prayelie sich betaiuleu. Als ain 8. September
Leutnant v. Pfannenberg von den auf \ Orposten befindlichen 7. Ulanen
mit einer Patrouille gv^en die Papeterie vorritt, t rhielt er auf iiürliste
Entfernung von dort Feuer. Der Offizier wurde durch einen Schufs
am Fufsg-elenk schwer verwundet. Die Franzosen waren jetzt leider,
zu unserem Nachteil, von ihrer Manier des Schiefsens — selbst auf
einzelne Reiter — aul weite Entfernung' ahgekonmien. Dazu wurde
durch anhaltendes Re^renwetter der Vorpostendienst aufserordentlich
erschwert. Als dann aber am 10. September das XIII. Armeekorps
zur Sicherung des Landstriches westlieh der Mosel aus der Ein-
schliefsungsarmee wieder ausschied, das durch 3 Landwehrbataillone
verstärkte I. Armeekorps sieh bis an die Strafse von Ars-Laquenexy
nach Metz ausdehnte, das \ II. ihm links unmittelbar angeschlossen
und das ganz in den Raum zwischen Mosel und Scille gezogen
wurde, hörten vom 12. ab bei so verdichteter Linie die selbständigen
Vorposten der Kavallerie-Division auf. Teile derselben wurden indes
seitens des VIII. Armeekorps, dem die Division nunmehr unterstellt
war, regelmafsi;r zum Vorpostendienst der Divisionskavallerie mit
herangezogen. Die 8. Kürassiere, die davon befreit werden mnfsten,
l>ezogen dauerndQuartiere in Rouxi^res-sous-Froidmout, sowie Longeville
les Cheminot, vom 12. Oktober ab in Luppy. Die 9. Husaren mar-
schierten mit 3 Eskadrons am 11. mit der Brigade Rex (32.1 nach
Coin les Cuvrv. die vierte mit der Vorpo.sten-Brigade Gneisenau (31.)
nach Haute Rive, wosen)st auch eine Ulanen-Eskadron demnächst sich
befand. Der Voqmstenabschnitt der 16. Division er.streckte sieb bis
Aogny, dort schlois der der 15. sich bis zur Mosel an. Der Stab
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266 ^ Kftvalleile-Diviflioii im Krieg« t870— 71.
der ersteren lag iu Cn?iy, der der letzteren in Gros Yeuz, das
Generalkommaiido in Jony ans Arches. Bei der 15. DiTision war
die VoipostenauÜBtellaDg eine fittgelweise. Die Brigade Strabberg
(80.) gab Ton Jony ao8 die Voiposten von der Mosel Uber Polka
Ferme bis (My Fenne nnd Frescaty; die Brigade Bock (29.), bei
der sich die 2. leichte und 2. schwere Batterie sowie 2 Eskadrons
K0Dig8*Hiisaien (7.) mit dem Stabe und eine Sappenrkompagnie be-
fanden, hatte ihre Stellung Torwttrts Aogny an die der 30. Brigade
links, nnd die der 31. rechts ansehliebend. Die ObersichtUchkeit
des Vorterrains zwischen dem OebSlx Ton iTrescaty ond der
Papeterie gestattete es, dals hier der Vorpostendienst am Tage von
einer elndgen Karallerie-Feldwaohe yersehen werden konnte, die
ihfcrseits nur 2 Vedetten anstellte. Die Brigaden der 16. Diyision
nnd die Begimenter der KaTallerie-DiTision lOsten in regehnftCngem
Tnmns in der Gestellfing der Vorposten einander ab. Es sei Übrigens
bemerkt, dab sn jener Zeit die InfiBaiterie-DiTisionen, wenigstens des
VIIL Korps, 75 Gbassepotgewehre ihrer grOfseren Tragweite halber
snr Verwendung im Vorpostendienst eingehilndigt erhielten. Das die
Vorposten stellende Regiment der 8. KaTallerie - Division quartierte
nach CnTiy nnd hatte, wie wir bereits gesehen haben, eine Eskadron
In Hante Rtre und aofterdem je eine ftr die 15. Division in Tnillerie
nnd Sombzy. Im ttbrigen waren abwechselnd von ihr belegt Ponmoy
la ChetiTe, Coin-snr^ilie, LolylUe, Siliegny, Lony, Mardigny und
Marieolies, woselbst sich seit Mitte des Monats das DiviBtonsstabs-
qnartier befand. Die 1. Kavallerie-Division war nm dieselbe Zeit
nach Pontoy verlegt worden nnd unterstand dort dem VIL Korps.
Anch das Franktireortum machte sich im Rücken des Einschliebnngs-
heeres hier und da geltend. So wurde am 80. September im Walde
von Lony auf den Oberstleutnant von Pestel nnd seinen Acyntanten
geschossen, wofür den umliegenden Orten eine Geldstrafe anferiegt
wnrde. Laut Allerhöchster Kabinetsoidre vom 12. September d. d.
Belms war der Oberbefehlshaber der L Armee, General v. SteinmelB,
unter Ernennung zum Generalgouvemenr von Posen, Beieich des
V. und VL Armeekorps, seines Kommandos enthoben worden. Die
Truppen der L Armee traten zunächst unmittelbar nnter die Befehle
des Oberkommandos des EinscblielsungsheeieB.
Am 1. Oktober hatten das L, VII. nnd VUL Armeekorps zur
Verstärkung der nördlichen Einschlielisnngsiront sich derart nach
rechts zusammenzuziehen, dafo letzteres den Abschnitt von Poui% bis
Meroy le Haut einnahm. Das IL Armeekorps besetzte dahhoigegen
den Raum zwischen Seille und MoseL Die 8. Kavallerie - Division
siedelte zwar mit in den neuen Bezirk des VIIL Armeekorps ttber,
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Die 3. Kavallerie- Di visiua iiu Kriege 1870 — 71.
267
beendete aber ihie kriegezlaehe Tbätigkeit tot Mets, dieselbe etstreokte
gieb nnnmebr auf die aiusoblielslicbe Pflege des stark mitgenommeDeii
Materials in ganz smitokgezogeuen nnd weitUlofigen Kantonnements.
Der Stab der a KaTallerie-Diilson wnide b Basse-Beoz nntergebraefat,
sOdOstUcb davon lag«in znnttebst im allgemeinen die Kantonnements
der 6., wesffieb die der 7. Brigade. Der Sitz des Generalkommandos
befand sieh in Cb6risey. Anf dem reehten Flttgel des Abschnittes
stand mit einer Brigade in d^ vorderen Linie und zwar von Merey
le Haot bis Frontigny, mit der andern geschlossen bei Courcelles
die 15. DiTision, auf dem linken mit den Brigaden nebeneinander
▼on Gfaesny bis vorwärts Ponilly die 16. Division.
Es mag hier eine Stelle aas der Schrift ,,Kofs und Reiter'*
eines Angehörigen der 3. Kavallerie-Division, nämlich des damaligen
Bittmeisters v. Kaisenberg der 14. Ulanen wörtlich Platz finden, die
recht treffend wiedersieht, wie man die so weni^ zweckentsprechende
Verwendung der :i. Kavallerie-Division schon damals empfand. „Die
Katastrophe bei Metz nahte heran — leider aher mulste unsere
Kavallerie - Division, obgleich sie dort laugst ganz ülH'rflUssig war,
noch immer in ihrem Kantonnement hinter der Iiiluiiterie liegen,
bleiheu. Das war eine Zeit, wo unser Troupierversiand einmal
wieder nicht ausreichtt? und man sich die Intelligenz eines General-
stäblers gewünscht hätte, um sieh die Frage zu beaiitwurten: ,, Wes-
halb bleiben wir hier, sind wir nicht jetzt au anderer Stelle
vielleicht nötiger und konnten dort den eigeullielieu Zweck
der Kavallerie besser erfüllen?*' Wir wufsten alle, dnls l)e-
reits, seit Mitte des Mouats, da oben im Norden bei ( aiubrai herum,
eine neue Armee, die französische Nord- Armee, in der Organi-
sation begriffen sei, die Paris entsetzen sollte. Wäre es nicht eine
ideale Aufgabe für die Kavallerie-Division gewesen, dahin zu gehen,
um diese Organisation zu erschweren? Hätten wir die, auf Gambetta s
Ruf zu den Waffen eilenden Mannschaften nicht hindern kijunen.
ihre Cadres zu erreichen? — Wenn wir die Formation aber vielleicht
auch nicht ganz unterdrücken konnten, da die kleineren Festungen
in der Gegend dort immerhin einen Stützpunkt tür die französische
Armee boten, so hätten wir jedenfalls unter geschickter Leitung die
Entwickelung verzögern, Verwirrung, Unruhe und Einschüchterung
in der Bevölkerung hervorrufen können. Diese Aufgabe wäre uns
noch dadurch erleichtert worden, dals Faidlierbe imr eine ganz ge-
ringe, durchaus minderwertige Kavallerie besafs, die wir später nur
bisweilen am fernen Horizont erblickten. Welche Aufgabe wäre das
für einen genialen lieiterfUhrer gewesen I Das war einmal eine
Greiegenheit für das Genie, aber leider war kein solches vorhanden^
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Die 8. KaTallorie-Divlaloii im Kriege 1870—71.
obgleich die Beispiele in der Eriegsgeschielite dasa nicht fehlten.
Man denke nor an den General Sherman — oder Staart, der Verf.,
— in dem nordamerikanischen Kriege, der doreh weite Umgehang
des Feindes in dem Rücken der feindliehen Armee Unmhe and
Schrecken Terbreitete*^ ,,Wir da oben im Norden besafsen nicht
solchen, — nämlich emen genialen, der Verf., — Ftthrer, die unseren
hatten sich leider das Wort: „Erst wägen, dann wagen", an
sehr zam Prinzip gemacht uid da wogen sie denn so lange, bis
der Moment zum Wagen längst vorttber war. Unsere Division
wurde endlich nach dem Falle der pacelle Mets frei, wir marschierten
weiter. — Aber bei Leibe nicht etwa nach Amiens, nein, whr trieben
«rst no<^ 14 Tage lang Franktireorbaoden in den Argonnen uid,
nachdem wir von denen einige hundert „Dn mm e" gelingen, kamen
wir im November anf unserem nördlichen Kriegsschanplatm an.
General Faidherbe war inzwischen mit seinen Rttstongen httbscb
fertig geworden, nan konnte das Spiel beginnen. Und es begann
dann auch and dauerte die langen Wintermonate hindurch. —
Wir froren in dem sonnigen Frankreich wie die Schneider. Ich
hatte fast innner während dieser Monate das Glück, aus dem grolsen
Haufen herauszukommen und, wenn auch solch Schleierbilden, das
meine Aufgrabe immer dicht am Feinde war, zu dem Anstrengendsten
und Aufrofcendsten ciiirs Krie^res <:eh<1rt. so ist die Selbstständig-
keit dabei doch eine iiicbt zu uutcrschiit/cnde Sache. Wir schimpften
daher gehörig', wenn wir einmal /u den 1 leischtöpfen Ag^pteub, zu
dem Stabe nach Amiens, zurückkehren muisten.*'
Die Kavallerie ist überall da nicht am Platze, wo sie sich ihres
Elements, d. i. der Freiheit der Bewegung beraubt sieht. Erschien
es notwendig, zunächst vor Metz auch Kavallerie-Divisionen zurück-
zulassen, um so mehr man bei der Maas- und III. Armee ja auch
über deren 8, die bayerische und wUrttembergische Kavallerie noch
gar nicht einmal gerechnet, verlügte, so wäre doch nach Sedan der
Zeitpunkt gewesen, die Kavallerie-Divisionen vor die Lösung grolser
selbständiger Aufgaben zu stellen und auch zu solchen die l)ei Metz
nunnu lir in der That ganz überflüssigen Divisionen verfügbar zu
macln 11. Denn nach der Eiuschiielsung von Paris galt es der Er-
füllung gt'wu iiliger Aufgaben, die hauptsächlich der Niederhaltung
des Landes, also inslH-ondere der Entwaffnung desselben galten.
Ein zukünftig(^r Krieg wird zweifellos eine selbständige und selb.st-
thätige \ erwendung der Kavallerie in gröfstem Stile vorsehen. Man
rechne aber dabei nicht auf Führer-Genies, sondern gebe einer mög-
lichst grolsen Zahl höherer Kavallerie - Üftiziere. die Wissen und
KüDoeu in sich vereinigen, fort und fort Gelegenheit ihre ubrertaleute
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Die 3. KavaUehe-Divisiuu im Kriege 1870 — 71.
269
weiter zu TerroUkommnen and sieh so auf den Erie^ mit seinen erböbteo
AnfordeningeQ Torzabereiten. Aber aoob der Trappe mois Gelegen-
heit werden, sich dorob zweclientspreehende Ubongen anf die
girolsen Aufgaben Tonnbereiten, welebe die bentiige Kriegsflüining an
sie stellen wird. Sie mafs beninter Ton den den Wirkungskreis
beengeodra Uebongsplftteen und In dem Znrlleklegeu groiser Ent-
fernungen unter mtfgliebst erschwerenden Umstünden gettbt werden.
Gans ImproTisiren lassen sich ja derartige Uebangen nicht, aber je
weniger die Troppe vorher davon weifs, einen nm so besseren
Wertmesser werden sie fXkr die Ausbildung geben and erkennen
lassen, woran es bei dieser Qocb fehlt und worin noch mehr geleistet
and gefordert werden muls.
Wie mau in ganz Frankreich zur Fortsetzung des Krieges bis
aufs äufserste rüstete, so auch im Norden. Von dort war zunächst
der Hauptstadt des Landes alles zugeführt worden, was der Ver-
teidigung derselben von Nutzen sein konnte. Diese aus allen
Richtungen nach Paris stattfindenden Zufuhren, wären ja keineswegs
ganz zu vt-rliindern gewesen, sie hätten aber wesentlich einires('}ir;iiikt
werden können, wenn man die Kavallerie - Divisionen der Hl. und
Maas- Armee unnuttelbar nach St'dan in die Gegenden nördlich und
südlich von Paris entsandt hätte. Oh die Regimenter mit Kuralnncrn
ausgerüstet waren oder nicht • — bei JSi-dan waren ja übrigens genug
Schiefsgewehre erbeutet worden — war ganz gleichgültig und kann
als Rechtfertigung l'Ur die l^iiu rlassung einer so wichtigen Entsendung,
wie das in einer Besprechung untrerer ö. Kavallerie-Division geschehen
ist, gar nicht ins Feld geführt werden. Gelang es doch noch. Zu-
fuhren abzuschneiden, als die Kavallerie-Divisionen endlieh bei Paris
erschienen waren. Das ungesäumte \ orw« rl'en der Kavallerie-Divisionen
der III. und Maas-Armee, hätte auch den Zeitpunkt hezeiehnet, die
noch bei Metz befindliehen Ivavallerie-Divisionen heranzuziehen, denn
dort waren sie nicht nur iiberflUssig, sondern sogar hinderlich, ganz
abgesehf'fi davon, dal's ihr fernerer Aulenthalt bei Metz dem Material
doch nichts weniger als zuträglieh sein konnte.
Zum General - Kommissar tUr die 4 Departements des Nordens
war seitens der llegierung der Nationalverteidigung der in Lille an-
sässi;j:e, sehr geachtete Dr. med. Testeiin ernannt worden. Zu seinem
miiitarischen liatg(d)er hatte dieser sich den Obersten Farre aus-
ersehen. Die erste Mafsregel ix-stand in di-r Entsendung einiger
tausend schnell zusanuneugeraflter Mobilgarden nach Breteuil und
Moutdidier. Dem Deputbataillon des 4'^. Linienregiments war die
Sicherung der Linie V(m Amiens bis Tergnirr übertragen worden,
die um so aogezeigter war, als die Mobiigardeu sich bald aber
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270 Di« 8- KBTaUefto-DMiion Im Kriege 1870—71.
sohneller als sie. gekommen wareO) naeli Amiens hatten zorttekziehen
mttflsen. Im Bezirk der 8. MilitiiToDmBion, zn deren Kommandantei^
am 17. Oktober der General Bonrbaki ernannt worden war, befiuideik
sieh die Depots der Linienregimenter 24, 38, 43, 64, 65, 75 und
91, sowie der J&ger - Bataillone 1, 2, 17 nnd 20, sie alle setzten
sieh ans Reservisten, Flttehtlingen Ton Sedan, Ansgehobenen der
Klasse von 1870 nnd Kriegsfreiwilligen zusammen. Die Marine
stellte 1 Bataillon In&nterie nnd 3 Bataillone Füsiliere. An Kayallerie
▼eifklgte man nnr noch Uber das Depot des 4. Dragoner- Regiments
in Lille nnd ttber kleinere Detaohements des 2., 5. nnd 12. Dragoner-
Regiments, an Artillerie ttber 2 in Dooal nnd Ulle befindliebe Fnfs-
batterien nnd an Pionieren ttber 2 Geniekompagnien in La Fere nnd
Arras. Die etwa 26 vorhandenen MobilgardenbataUlone waren von
ganz zweifelhaftem Werte. An Kriegsmaterial aller Art mangelte es,
in den Arsenalen befanden sich znr Zeit nnr 1587 Chassepot^^ewehre.
Bei dieser Lage der Dinge war es denn aneh der Oemimngs-Armee
vor Paris bis Ende des Monats Oktober gelungen, ihren Okkupations-
rayon im Norden sogar bis zur Lbie Yemon - Gournaj - Brötenü-
Montdidier-Soissons auszudehnen.
Es war aber Zeit, dafs Metz fiel, denn wir werden sehen, wie
auch die Organisation im Norden fortsohritt und die solideste Armee
sieh bUdete, die die Republik tterhaupt ins Feld gestellt hat.
m.
Von HetB bis AmlenB.
Im Hinblick auf den täglieh zu erwartenden Fall von Metz war
bereits unter dem 23. Oktober ans dem Groiben Hanptqaartler ttber
die Verwendung der bei Metz befindliehen Streitkrilfte derart verfügt
worden, dals die i Armee — ohne die 1. Kayallerie • Division —
Metz besetzen, Thionville und Montmödy belagern, die kriegsgefaugene
Armee zu bewachen und durch Landwehrtruppen abftthren zu lassen
habe. Im übrigen aber hatte diese Armee in der Stärke von
mindestens 2 Armeekorps baldmöglichst sich auf die Linie SL
Quentin-Compiegne zu setzen. Die 3. Kavallerie-Division war bereits
am 28. Oktober nach Fresnes en Woevre und Gegend vorgeschoben
worden, um demnächst im Verein mit dem 33. Regiment und den
beiden leichten Batterien der 15. Division die Argonnenlandschaft
von den dort nmherstreifenden Freischaaren zu säubern und dann in der
Gegend westlich von Clermont das Anrücken ihrer Armee abzuwarten.
Nachdem am 2. November die genannten Truppenteile zur Kavallerie-
Division gestolsen waren, wurde am 3. die Maas südlich Verdun
(Divisionsstab Geuieourt) und am folgenden Tage die Aire (Divisions-
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Die 8. KAvailerie-Diviiloii im Kriege 1810^71.
271
Stab Jnhccoart) erreicht. Den Vortrab machten die und 4. Ed-
kadron der 14. Ulanen nnter Führung des etatsmälsigen Stabsoffiziers,
des Majors von Strautz. Üfißziers})atrouillen streiften ge^j^en die
Linie St. Menehould - Grand Pre. zwar hin und wieder beschossen,
ohne indes aut erhebliehen Widerstand zu stolsen. Die angestellten Er-
mittelungen machten es wahrscheinlich, w ie in dem späteren Bericht des
Generals Graf v.d.Groeben gesagt wurde, dals die bis Ende ( >ktol)er vor-
gekommenen Überfälle teils einem selbst in Friedenszeit dort hausen-
den Raubgesindel zuzuschreiben sein, vielleicht auch von der Festung
Montmödy ausgegangen sein könnten. Nach einem Ruhetag am
o. war General Graf v. d. Groeben in 3 Detachements zur eigent-
lichen Aktion übergegangen. Das Detachement des Generals Graf
zu Dohna ( 7. Kavallerie - Brigade, 111./33. und die beiden Batterien
Vlll. Armeekorps) war nach Neavilly, das Detachement des
Majors v. Kemnitz (ll./:53 und die 1. oder 2. Eskadron der
14. Ulanen) nach les Islettes und das Detachement des Generais
V. Mirus ( G. Kavallerie -Brigade, I./33. und die Batterie Schräder)
nach St. Menehould dirigiert worden. Der Divisionsstab aber ging
naeb Ciermont, woselbst sieb 2 £«ta]>peiiko]Dpagmen befanden. Von
den genannten Punkten aus wurde nun am 7. November der Wald
seitens kleinerer Detachements nach allen Richtungen hin durchstreift,
nachdem alle stIdJich Vienne le Chäteau liegenden Ortschaften seitens
der Kompagnien des I1./33. gleiehseitig umstellt und unter Heran-
ziehung ihrer Maires abgesucht worden waren. Die Kavallerie
nmschwännte den ansgedehnteo Wald und unternahm weiterans-
holende Rekognoszierungen sowie Äbsuchnngen von Ortsehaften.
Alle vorhandenen Waffen, und etwa vorhandene nioht ortsangesessene
Personen mulsten ausgeliefert werden. Wenn nun au eh zahlreiohe
Waffen aufgefunden wurden, von Banden fand sich keine Spur.
Noeh am selbigen Abend meldete General Graf v. d. Groeben das
Resultat telegraphisch uaoh Etain, woselbst sieh das Oberkommando
der I. Annee auf seiner ersten >farschetappe von Mete gegen die
Oise befand. Der Oberbefehl der 1. Armee war dem General der
Kavallerie Frbr. v. Manteuffel zugefallen, gleichzeitig itthrte er indes
auch noch bis zum 22. November das L Armeekorps. Am 10. No-
vember erbring dann an die abwartende Kavallerie-Division der Befehl,
dals am folgenden Tage naeh dem Eäntreffen des VIII. Armeekorps
in und um Vienne le Chfttean das 88. Begiment und die beiden
Batterien in ihre Verbände inrtteksntreten hStten. Naeh Bozaney
gelangte am 11. die Tmppenkolonne des ). Armeekorps, die zur
Zeit nur aus der 8. lnfiEuiteirie>Brigade und der Korps -Artillerie, so-
wie 3 Eskadrons 10. Dragoner bestand. Die dnrcb 1 Batterie nnd
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Die 8. KAvalierie-Division im Kriege 1870—71.
1 Eskadron verstärkte 4. Infaiiterie-Hrigrade war am 9. per Eisen-
bahn von Pont ä Mousson nach Soissons und von dort per Fufs-
marsch zur Helag:erung: von La Fdre, die 1. Infanterie-Division aber
zu gleichem Zwecke nach M^zi^res instradiert worden. Bei dem in
breiter Front behufs leichterer Verpflegung und schnelleren Marschierens
stattfindenden Vormarsch befand sich die Kavallerie - Division dem-
nächst zwischen den beiden Korpsgruppen. Sie erreichte am 1 1.
Autrv. am Li. 8t. Morel, am 14. Juniville und am 15. Tagncn
zwischen Heims und Kethel. Nach dem am Ifi. erlassenen Befehl
hatte das Vlll. Korps am 21. die (»egend von Compiegne zu er-
reichen und von dort Avantirarden auf Montdidier und Bcauvais
vorzuschieben sowie Uber Senlis die Verbindung mit der Maas-Armee
aufzunehmen. Zur selben Zeit hatte die 2. Halbdivision nebst der
Korps-Artillerie mit der Tete von Chauny aus No\ on zu besetzen und
nach dem Eintreffen daselbst am 22. eine Avantgarde auf Amiens
vorzuschieben. Auf eine Ausdehnung des rechten ArmeeflUgels bis
St. Quentin war somit verzichtet worden. Die 3. Kavallerie-Division
hatte aus der (regend von Coucv le Tbateau aber bereits am 2U.
die Oise bei Chauny und Noyou zu Überschreiten, so die reclile
Flanke der Armee zu gewinnen und aus dem Bezirk Villequier au
Mont-Guiscard-Noyon deren Deckung bis auf weiteres zu tibernehmen.
Dazu wurden ihr das 8. .läger-Batailion und die 1. reilende Batterie VIII.
(Hauptmann v. Fuehsius) überwiesen, desgleicheti dns 1. Jäger-
Bataillon, welches von Mezieres in H Märschen Guiscard zu erreichen
hatte. Die Kavallerie - Division sollte auf St, Quentin, Arras und
Amiens erkunden und Nachrichten Uber Stärke, Aufstellung und
Bewegungen der feindlichen Nordarmee einziehen, deren Hauptkräfte
nach den letzten darüber eingegangenen Nachrichten zwischen Lille
und Ronen anzunehmen seien, Meldungen waren nicht nur an das
Kommando der Kavallerie - Division, sondern auch direkt in das
Hauptquartier zu erstatten. Bei dem Marsche Uber die Linie Scdssons-
Laon hinaus, also vom 20. ab, waren zwar vermehrte Sicberheits-
raafsregeln empfohlen, im übrigen aber weitere Rücksichten auf die
Bequemlichkeit der Truppen zu nehmen. Alle benachbarten Truppen-
teile hatten unter einander Verbindung zu halten und alle Vor-
kommnisse von Belang sich gegenseitig mitzuteilen. Die der Kavallerie-
Division zufiüienden Aufgaben waren d. d. l^raine, den LS. November,
nach Art einer Direktive in folgenden 3 Pankteu Bnm Ausdruck ge-
bracht worden:
1, V^erschleiernng des Aofinarsches der Armee und möglichst
schnelle Anfklämng aUer Verbältnisse auf feindlicher
Seite.
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Die 3. Kav&Uerie-Diviaioa im Kriege 1Ö70— 71.
273
2. Niederhalten des feiiidlichtn Landes durch Truppenenttaltung
und vorübergehende Okkupierung gröfserer Ortschaften.
3. Täuschung des Feindes durch wechselndes Erscheinen von
Kolonnen gemischter Waffen in verschiedenen Gegenden.
Dann heilst es wörtlich: ..Die gleichzeitige Lösung aller 3 Aufgaben
wird durch blofse Üetachierung kleiner Rekognoszierungstrupps oder
von Offizierpatronillen, selbst wenn sehr weit vorpoussiert, nicht
erreicht; sondern es gehört dazu aulserdem die Absenduni: sogenannter
fliegender Kolonnen, welche in sieh eine gewisse Anuriffs- und Ver-
teidigungsfähigkeit besitzen. Es wird also jedenfalls die Jägerwaffe
darin vertreten sein rallssen. welche, wenn die Mauuschatt auf
requirierte Wagen gesetzt wird, den Hewegungefi der Kavallerie
auch auf stärkeren Märschen zu folgen und deren Uückzug durch
Besetzung von Defileeti zu sichern vermag. Ks ki>niiten solchen
Kolonnen auch einige (ieschUtze beigegeben werden, was namentlich
für die Aufgaben 2 und 3 nur förderlich sein kann. ISolche fliegende
Kolonnen, in den Hauptrichtungen auf St. Queutin, Arras, Amiens
and Montdidier einen Tagemarsch und darüber vom Oms der Division
aus vorgesi'h(>l)en. würden also in ihrer Gesamliuit eine vordere
Staffel derselben darstellen, von welcher aus die kleinei en Kekognos-
zierungstrupps und Patrcmillen vorgehen. Diese letzteren können
dann um so weiter vorgreift ii und um so bessere Nachrichten bringen^
da sie an den mobilen KobMincu ihren KUckhalt linden. Die Ka^ allerie-
Division hat sich unmittelbar vor und bei Beginn des Feblzup-s
besondere Anerkennung dadurch erworben, dals durch kleine Oftizier-
patrouillen gute Nachrichten vom Feinde besch.iflft wurden. Das
Verhältnis ist aber jetzt ein anderes. Damals kannte man im Grofsen
und Ganzen Stärke, Formation und Aufstellung des Feindes; sein
Vorpostendienst war schlecht, die Einwohnerschaft ruhig. .letzt
stehen wir einem vielleicht geringeren Feinde gegenüber, dessen
Formationen aber neu und uns daher meist unbekannt sind, der es
uns nach seinen gemachten Erfahrungen an Wachsamkeit gleich thun
wird. Wir befindeu uns in einem in der Insnrgierung begriffenen
Lande, wo man gewärtig sein muls, dafs jetzt noch mit unter-
geschlagenen Armen dasteiiende Bauersleute sich hinter unserem
Rücken in Franktircois Tcrwandeln. Die bei richtiger Anwendung
80 empfehlenswerte, meilenweite Entsendung einzelner Offiziere nnd
Heiter bedarf in solchem Lande besonderer N'orkehrungen, um sie
Dicht nutzlos zn gefährden. Jede Patrouille, jeder Pleiter bedürfen
hier in gewisser Entfernung eines liUckbaltSy damit niobt er nnd
mit ihm seine vielleicht wichtigen Mitteilungen verloren geben. Es
ist freilich in neuerer Zeit vorgekommenf dafe selbst Kompagnien
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Die 3. KavaUerie-DiviBion im Kriege 1870—71.
und Eskadrons überfallen and aufgehoben worden sind, wie z. B.
die Etappenkommandos in Stenay n. a. 0. Aber auch in dieser
Hinsicht liegt die Sache hier anders. Um einen Überfall zu be-
schliefsen, einzuleiten und auszuführen, bedarf es einiger Zeit,
Stabile Aufstellungen, wie Etappenkommandos, welche sich gewisser-
mafsen häuslich eingerichtet und wohl nicht wochenlang immer den-
selben Grad an Wachsamkeit bewahrt haben mögen, sind dergleichen
Überfällen eher ausge^^etzt; sehr viel schwieriger sind sie gegen
mobile Koloiiiu n. welche sich nur eine Nacht in demselben Orte
belinden.'' Auf diese Instruktion werden wir zuniekkommen, wenn
uns erst der Gang der Ereignisse bekannt geworden ist.
Von Coucy le Chateau gingen bereits am 19. November Er-
kundungen von verschiedener Starke Uber die Oise und zwar
Uber Coini)iegne und Noyon zu je 60 Tterden und Uber Chauny
auf (Uiiscard-Ham, gegen St. Quentin in l*atrouilleustarke. IJas ganze
dclamU' südlieh der Linie La F^re-Roye bis zu letztgenanntem Orte
wurde frei vom Feinde gefunden, dagegen erhielten die weiter nörd-
lich vorgedrungenen Patrouillen bei liam und in dem eine Meile süd-
östlich davon gelegenen Dorfe Cugny Feuer. Der im Dorfe Flavy
zurückgelassene Meldedoppelposten der 7. Ulanen (Ulanen Barth und
Hecker I.) war aufgehoben worden. Ham sollte von Franktireurs
und Moliilgarden besetzt sein. In Ham befanden sich zur Zeit ein
Bataillon Franktireurs Volontaires de la Sorame und das von Amiens
gekommene II. Bataillon der iMobilen du Gard nebst einer Sektion
Artillerie. Im ganzen waren es 140U Mann unter Befehl des
Kommandanten Krafft. Am 19. früh L'hr war derselbe gegen La
Fere vorgegangen, um den deutscherseits besetzten Ort Vouel zn
Ubertallcn. Dazu war das tranzösisehe Detachement in 2 Kolonnen
geteilt worden. Die eine wurde bei Mennessis in die Flucht geschlagen,
die andere in Vouel ihrerseits überfallen. Es gelang zwar den dort
sorglos eingerückten Franzosen die beiden Geschütze zu retten, der
Munitionswageu aber ging verloren. Am 20. November erreichte die
Kavallerie-Division mit je einer Brigade, 2 Kompagnien Jäger und
1 Batterie Guiscard und Chaunv. Der Bataillons war dem Divisions-
Stab attachiert. Auf St. Quentin, Penmne, Amiens und Bretenil wurde
rekoirnosziert. Das am folgenden Tage nach Ham vorgehende
Detachement bestand aus 2 Eskadrons .5. Ulanen, 3 Eskadrons
7. Ulanen, der 3. Jägerkompaguie und 2 Geschützen der reitenden
Batt<'rie \ III. Korps, ihm hatte sich der Divisions-Kommandeur an-
geschlossen. Die Mobilgarden in der angeblichen Stärke von 151H) Mann
und 2 Geschützen waren in der Nacht vorher auf der Eisenbahn nach
Amieos abgefahren. Die Jägcrkompagnie, die I.Eskadron der 5. Ulanen,
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Die 8. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71.
275
die 2. und 4. der 7. Ulanen nnd die beiden Geeohfltw blieben nnler dem
Rommandeor der Jäger, Msgor von Oppeln-Bronikoweki In Hain. Der
gegen P6ronne ndt einer Patronüle Torgehende Leateanl t. fielldoift
der 5. Ulanen erlüelt unterwegs Feaer, dnreh welehes er dn Pferd tot
nnd eins yerwnndet verior. Das am 22. naebRoye rOekendeDetaebement
bestand ans dem 14. Ulanen-Begimente, der 4. Jägcrkoiupaguie nnd sswei
GesebtttM ebenfiillB TOn der reitenden Batterie des VUL Korps.
Die bis In die Hdhe von Beanconrt Torgebende Eskadron der 14.
Ulanen entsandte eine Patrouille ttber Domart gegen den Wald von
Grentelles. Sie brachte in Erfahrang, dals Amiens nnd Umgegend
TOD 17000 Mann aller Waffen besetzt sei. Fortwährende Yerstärknngen
tritfen Ton Ronen nnd Lille ein. Die Gegend bis St. Qoentin und gc^^en
Peronne hin war vom Feinde frei, aus den Dörfern bei Montdidier
aber war seitens Franktireurs auf die Patrouillen geschossen worden.
Unter Heranziehung der 5. Ulanen-Eskadron aus Harn, welches
von den anderen dort befindliehen Truppeu zur Sicherunj; der rechten
Flanke der Armee besetzt blieb, rückte General Graf v. d. Groeben
mit dem Gros der Kavallerie-Division am 2.'{. ISoveraber nach Roye
und Gegend, das dortige Detachemeut aber weiter gegen Amiens
vor. Das Dorf le Quesnel wurde um '/,2 I hr erreicht und ebenso
wie die nächst demselben gelegene Waldparzelle besetzt gefunden.
Nach Lehautcourt hatte man 100 Franktireurs des Kommandanten
Bayle vor sich. Der an der Tete befindliche Zug (Leutnant
V. Ramin) verlor durch das feindliche Feuer 2 Mann tot, 1 Mann
venvnndet, desgleichen blieb ein Pferd tot. Unmittelbar hinter dem
Zuge folgten aber 40 Jäger auf Wagen unter Leutnant der Reserve
Kröckelsberg, einem kriegserprobten Offizier. Derselbe ging ungesäumt
zum Angriff vor, woraufhin die Franktireurs ihre Stellung alsbald
aufgaben, um weiter rückwärts eine neue zu nehmen, die sie indes
nach wenigen Schüssen der beiden Geschütze gleichfalls räumten
nnd gegen die Luce auf Caix abzogen. Das Detachement LUderifas
bezog in le Quesnel Alarmquartiere und entsandte noch gegen Abend
die Eskadron Troschke und den Zug des Leutnants Kröckelsberg
nach Hourgesam Lucebach. Die gegen P6ronne an demselben Tage
vorgetriebenen Patrouillen brachten in Erfahrung, dafs die dortige
Besatzung angeblich 1000 bis löOO Mann stark sein sollte. Besonders
gute Nachrichten hatte von dort her der Leutnant Kunhardt von
Schmidt von den 8. Kürassieren gebracht. Über Nesle gegen
Chaulnes und Bray erkundete, ebenfalls von Guiscard aus, die
1. Eskadron der 7. Ulanen. Die 4. (Premierleutnant v. Heister) der
5. Ulanen war aber gegen Montdidier vorgegangen. Von dort wurde
Leutnant der Reserve Oraveraann mit einem Zuge nach Breteaü,
Jakrbückor fOr die deutsch« Anuae und Mftriii«. Bd Iii. S. 18
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Die 8. KavaUerie-Dividon im Kriege 1870-71.
der uns schou bekannte Lentnant v. Papen - Köningen mit einem
solchen ^egen Auiieus entsandt. Derselbe traf auf das im Schar-
mützel bei le Quesnel befindliche Detachemeut Lüderitz, Auch Ritt-
meister V. Luck war mit der 2. Eskadron der 5. Ulanen auf das
dortige Feuer hin von V'illers les Roye vorgegangen, kam aber nicht
mehr zur Thätigkeit und kehrte in sein Kantonnement zurück.
Die 4. Eskadron verblieb östlich Montdidier in Faveroiies und sicherte
ßoye solcher Art nach dieser Richtung hin.
Mittlerweile hatte in Anbetracht der vermeintlichen Vorgänge bei
Amiens General v, ManteufTel sich entschlossen, ohne das vollständige
Eintreffen der vor M6zi6res abgelösten und mit den ersten Echelons*
bereits in Laon eintreffenden 1. Division noch erst abzuwarten, am 24.
gegen den Feind nngesäumt vorzugehen. Bei besserer Orientierung
über denselben wäre das sicherlich noch einige Tage unterblieben.
Der diesbezügliche Befehl vom 2'^. November lautete: „Die Annee
setzt ihren Vormarsch fort und zwar das Vlll. Armeekorps so, dafs
es morgen die Linie Ressous - Leglantiers. am 25. aber mit den
Hauptkräften Montdidier und Gegend erreicht. Ein an Kavallerie
starkes Detacheinent ist Uber St. Just auf Breteuil zu dirigieren.
Dasselbe patrouilliert auf Marseille und hält V erbindung mit den
Detachements der Maas-Armee in Clermont und Beauvais, sowie mit
der 3. Kavallerie - Division in Richtung auf Paix und Amiens.
Das I. Korps echelonniert sich am 2."). mit den disponiblen Truppen
zwischen Noyon und Roye. Letzterer Ort ist zu besetzen und bildet
im allgemeinen den rechten Flügel des Korps. Dasselbe trifft seine
Anordnungen derartig, dafs die rückwärtigen Abteilungen nach Mals-
gabe ihres Eintreffens über Noyon folgen, wobei vorläufig noch mit
der Cernierungsbrigade von La Fere \ erbindung zu halten ist. Die
3. Kavallerie -Division behält zur Sicherung der rechten Flanke der
Armee bis auf weiteres Harn besetzt, von wo das Terrain nach St.
Qaentin and P6ronne aufzuklären bleibt. Femer lälst sie sofort die
von Amiens aasgehenden Bahnen unterbrechen und zwar die nach
Arras and ev. auch nach Abbeville möglichst gründlich, die Übrigen
anter dem Gesichtspunkte, dafs ihre Benutzung jetzt zwar dem
Feinde verwehrt werden soll, s]iätcr aber für unsere Zwecke ins
Auge gefafet ist Mit ihren Uauptkräften rückt die Kavallerie»
Division am 25. nach Moreuil vor, am fortgesetzt Nachrichten vom
Feinde zn schaffen nnd Front and rechte Flanke der Armee za
sichern. Ein angemessenes Zurückhalten der Trains bleibt den
Korps anheim gestellt, die des I. möglichst hinter dessen linken
FlttgeL Mein Haaptqnartier geht am 25. nach Montdidier.
gez. Manteoffel.^
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Die 8. Kanlletle-Dlvistoii hu Kriege 1870—71. 277
Bereits früh 7 Uhr am 24. November wurde das ia Hourges
die Nacht verbracht habende Detaehement Troscbke von dem
unmittelbar gegenttberliegenden Dorie Domart aas Uberfallartig an-
gegrifien. Den Jägern gelang es indes, den Uber die Liice Alhren-
den Zugang za verteidigen l)is die Ulanen die Pferde aus den Ställen
gezogen hatten und der Rückmarsch mit Verlast nnr eines verwundeten
Jägers angetreten werden konnte. Lebautcourt erwähnt des kurz
gesehilderten Vorganges gar nicht einmal als eines Überfalles, denn
er sagt, dafs das am 24. von le Qaesnel gegen die Lnee vorgebende
prenisisehe Detaehement anf einen Teil der ebenfalls zur Erkundung
vorgehenden Brigade du Bessol gestofsen sei und auf Mtoiöres und
Beaueourt habe zurückgehen mttssen. Anf die Meldung des Sehar-
mtttzels bei Hourges war Oberst v. Lttderitz von le Quesnel zur
Aufiiahme des kleinen Detaehements vorgegangen, welehes in Höhe
von Mfoiöres angetroffen wurde. Die Jägerkompagnie besetzte die
zur Verteidigung vortrefflich geeignete Häusergmppe la Maison-
Blanche nnd la Tnilerie, die Greschtitze gmgen neben derselben in
Stellung, die Kavallerie dahinter. Als das an der Spitze der
fitanzOsiscben Kolonne befindliche Marine-Bataillon aus dem westlich
der prenfoisehen Verteidigungsstellung etwa auf 900 Schritt vorgelegenen
€rehök deboucbiert war, wurde dasselbe von einem derartigen Schnell-
feuer der Jäger empfangen, dals es zunächst Schutz im Walde suchen
muKste. Ein zweiter und dritter Versuch vonubrechen, wurde eben-
faUs vereitelt. Als dann aber der Feind mit zwei Bataillonen auch
gegen die diesseitigen Flanken vorging, und Artillerie in Stellung
brachte, wurde seitens des preufsischen Detaehements der RQckzug
angetreten. Derselbe ging bis Bouchoir, wohin General Graf v. d.
Groeben von Roje aus insbesondere die beiden Jägerkompagnien
entsandt hatte. Der Feind hatte das eigentliche Gefecht ttbrigens
bereits abgebrochen. Die bis le Quesnel gefolgten Abteilungen wurden
durch Artilleriefeuer abgewiesen nnd später auch Beaucour und
Möziöres geräumt gefunden. Die 4. Jägerkompagnie hatte einen Ver-
lust von 3 Toten bezw. tOdüch Verwundeten, 13 Verwundeten und 4 Ver-
milsten, die 14. Ulanen von 1 Toten und 3 Verwundeten, sowie 2 toten
Pferden und die Artillerie von 1 verwundeten Mann und 2 verwundeten
Pferden. Der französische Verlust betrug nach den Angaben Faid-
herbes 150 Mann. Indes: „Cette petite affaire etait nn encouragemeut
pour la jeune armee du Kord et an avertissement ponr Manteufliel.**
(Lehauteourt.) Von denselben waren bei Möziöres 5 Bataillone,
1 Batterie nnd eine kleine KavaUerie-Abteilung entwickelt worden.
Der Abend des 24. November sab das Gros der Kavallerie-Division
veistärkt durch das nunmehr auch eingetroffene 1. Jägerbataillon
18*
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278
IMe 8. KavaJierie-Dhisiun itu Kriege 1870 — 71.
in and bei Boacboir, das Annee - Ob^^onunando befand dob in
Baugy. Bei seinem Yonnareeh anf Merenil am 25. erfuhr General
Graf Gieeben sdion bei le Qacsnel, daüs Moieiü] nnd .der vorUegende
Wald Tom Feinde stark beaetit seien. Gegen diesen Ort war in
der Unken Flanke das Gros von Faverolles ans die 4. Eskadron der
5. Ulanen Uber Pieirepont Torgegangen, hatte aber starkes Feuer
erhalten. Die 3. Eskadron der 7. Ulanen hatte das Gelände zwischen
Somme nnd Luce aufzuklären. Ihre Patrouillen fanden Boyes an
der Noye, Grentelles, Cachy und Villers-Bretonnenx besetzt Die
nach Calx westlich Rosicres gelangende 3. Eskadron der 5. Ulanen
fand auch Gorbie besetzt und hatte dort Patroaillenverluste, wie die
7. Ulanen bei Cachy und selbst auch bei Hangard, dort vermutlich
durch Franktireurs, denn die Luce-Uhergänge waren sonst noch frei.
Die 4. Eskadron der 14. Ulanen beobachtete von hi Maison-Hlanche aus
dieselben. Was nun die befohlenen Eisenbahnzerstörungen anbetrifft, so
war dieserhalb am 24. eine starke Offizierspatrouille in die (iegeud von
Harbonni^res vorgeschoben worden, um am folgenden Tage über
Sailly zur Zerstoruui: der Eisenbahn zwichen Corbie und Albert vorzu-
gehen. .Sie fand die Brücke bei Sailly l)is aut eini^^e stehengebliebene
Stege zerstört. Uberschritt die Somme indes zu Einem und ritt iul{ichtung
auf Treux vor. kehrte dann ab(tr um, da sie von den in ulh n
Ortschaften an der Somme liegenden Truppen bemerkt worden war
und so ihren Rückzug bedroht sah. Die Somme-L'bergänge waren
sämtlich zerstört. Daraus sowohl w ie aus den rUckgiin^ij^en Bew egungen
der Franzosen am 26. vor der dureh Kavallerie und Artillerie ver-
stärkten M). Infanterie - Brigade von .Moreuil Avre abwärts bis St.
Nicolas und von Domart und Ilangard vor 2 Kompagnien derselben
Brigade glaubte man schlielsen zu sollen, dafs der Feind eine Ver-
teidigungsstellung hinter der Somme genommen hätte. Am 26.
abends hatte die 1. Armee folgende Stellungen inne: Auf dem äulsersten
rechten Flügel befand sich mit ihrem Gr(Ks bei Rosicres die 3.
Kavallerie-Division, nordwestlich davon standen ihre Vorposten, die
von 2 Eskadrons der 5. Ulanen gegeben wurden. Dem Leutnant
Grafen Warten.sleben derselben war es gelungen, mit einer Patrouille
dicht an Villers-Bretonnenx heran zu kommen und stärkere feindliche
Abteilungen daselbst zu beobachten. Durch zu dreistes Vorreiten eines
Ulanen wurde der Feind auf die Patrouille aufmerksam, dieselbe mit
Feuer verfolgend. Das Gros der Avantgarde der Division war an der
grofsen Stralse nach Amiens bei Fresnoy en Chaussee und Beaucourt en
Santerre verblieben. Auf Corbie und Bray waren besondere Beobachtungs-
Abteilungen gegen die Somme vorgesDhoben. Bei le Quesnel und
Warvillers standen die 3. Infanterie-Brigadei das 1. Regiment und die
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Die 8. Kavatterie-Divisioii im Kriege 1870- 7L 279
Koip8*ArtUlerie und hatte die erstgenannte ihre Vorhat hei Cayeox.
Die von Hteitoea her eingetroffenen Teile des L Armeel^orps standen
gestaffelt zwischen Bonchoir nnd Oonoy, von ersterem Orte Vorpoeten
gegen die Laee yorgesehohen. Vom VIIL Korps hielt die Ayantgaide
der 30. Brigade den Lnoe-ATre-Ahschnitt Ton Domart his Th^y, das
Gros HaiUes hesetzt, die 29. Brigade stand in nnd bei Horenil.
Den linken FIttgel mit dem Gros hei Ailly an der Neye hatte die 16.
Division, von ihr waren 8 Bataillone nnd 8 Eskadrons naeh Essertauz
detachiert, die Korps-Artillerie befand sieh noch znrllok in Bretenil.
Wir sind am Vorabende der Schlacht Ton Amiens, wenden wir uis
daher jetzt vorerst dem Gegner zn.
Die Organisation der Nordarmee war, seitdem wir sie Ende
Oktober in Lille yerlaasen hatten, rüstig fortgeschritten. Der Erfolg^
Ton Conlmiers aber nnd dazn die Nachricht, dab die im Anmarsch
begriffene L Armee ein befestigtes Lager bei Laon hätte beziehen
mllssen, machten einen sofortigen Vormarsch der Franzosen ani
Amiens erwttnscht Von dort hoffte man die Offensive zur Befreinng
der Hauptstadt ergreifen zn kOnnen. General Bonrbaki, der sich
mdes mit derart weitgehenden Offensivgedanken nicht befrennden
konnte, wnrde am 19. November abbernfen nnd der Kommandant
der Snb - Division von Bdne, der Brigadegeneral Faidherbe, von der
Regierung der Nationalverteidigong znm Oberbefehlshaber der
französischen Trappen Im Norden Frankreichs bemfen. Bis zn seinem
Eintreffen ttbernahm General Farre den Oberbefehl. Damals am-
fitlste die französische Nordarmee drei Brigaden, von denen zwei
7 Bataillone and eme 6 Bataillone zählten, aber jede 2 Batterien.
Die Kommandeare waren der General Lecointe, die Obersten Derroja
und da Bessol. Am 21. befahl General Farre die Konzentration der
Armee, za welcher noch die Garnison von Amlens mit 11 Bataillonen
anter dem General Paolze d'Yvoy, sowie 2 Eskadrons Dragoner, 2
Eskadrons Gendarmen nnd 1 Geniekompagnie kamen, südlich nnd
westlich Andens. Darnach befanden sich am 24. November die
einzelnen Teile an folgenden Pnnkten: Die 1. Brigade (Lecointe)
and die Gendarmen - Eskadrons in Amiens, die 2. Brigade (Derroja)
in Gftmon and Boves, die 3. (da Bessol) hi Corbie, Villers-Bretonneox,
Cacby and Gentelles, die Garnison von Amlens bei Dory. Das
Gefecht am GehOlz Ton Domart hatte indes daranf hingewiesen,
dafo die Intervalle m der französischen Btellnng zwischen Boves and
Gentelles nicht bestebeo bleiben dürfe. Zur Aasftallung derselben
wurde General Lecointe mit einem Teil seiner Brigade bestimmt.
Der Rest der Brigade (die Hälfte des 2. Marsch-Jäger-Bataillons
and 2 Linien-Bataillone [des 65^ et 75^] and die Batterien) wnrde noch
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280
Die 8. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71.
nach Villers-Bretoimeiix diri^ert und xnr VerfUgaug des Obersten da
BesBol gestellt Dort war der Schwerpunkt der französischen
SteUong. Die feindlichen Vorposten befanden sich auf der Linie
Maroelcave, Bois de Morgemonti de Hangard and de Domart In
nnd bei Gorbie waren die beiden Dragoner- Eskadrons nnd die
Geniekompagnie. Die Ueberwaehong der Somme von Gorbie bis Pöronne
war dem JB. Marsch-Jüger-Bataillon nnd zwei Linien-Bataillonen,
je eins vom 75. nnd 91. Regiment, der noch in der Organisation
begriffenen 4. Brigade ttb^rtragen worden. Die für den 27. November
seitens der I. Armee befohlenen Bewegungen beabsichtigten lediglich
eine Bereitstellung der Truppen zu dem am 28. geplanten /Vngriff
der französischen Stellung. Sie mnlisten aber notwendigerweise vor-
zeitig za Zasamnienstölsen auf der ganzen Linie fuhren. Da diese
aber 25 km lang war, so besteht die sogenannte Schlacht bei
Amiens aus lauter Einzelkärapfcn, die der eigentlichen Schlachtleitung
entbehrten, derselben notwendigerweise entbehren inufsten. Zu dem
vurzeitigen Zusammenstols bemerkt Lehautcourt: ,.Nos troupes etaient
beaueoup plus loiu d'Aniieus iju'il (Manteutfel) ne le suppusait, il apres
les ren.seijrnenients errones tournis par sa cavalerie pourt.uit si nom-
breuse." Auf diese Bemerkung liiii drängt sieh die Ira^-i- auf, ob
die Kavallerie hier bezüglich der Aufklärung: d( r \'erhältnisse auf
gegnerischer Seite das geleistet hat. was div Heeresleitung in Zu-
kunft von ihr verlangen wird und muls. Das ist unbedingt zu ver-
neinen. Wenn die Kavallerie - Di\ision aueh während des Auf-
marsches der Armee an der Oise sich in einem ganz anderen Lichte
gezeigt hat wie an (K r Saar, so fehlt es doch an dem grolsen
Gesichtspunkte, der ihrer Nerweudung bei den Heeresoperationen
zu Grunde liegen mufs. Das Armeeoberkommando hätte besser
gethau, der Kavallerie - Division sofort die liiehtung auf Amiens zu
geben, denn dahin lag bald ausgesprochene rmafsen der Schwerpunkt
der diesseitigen Bewegung. Man prüfe daraufhin die der Kavallerie-
Division am 18. November gegebenen Direktiven, die in ihrem 2. und
3. Punkt der an und tUr sieh sehon abwartenden Tendenz der 3.
Kavallerie-Division Ndrsehub leisten mnlsten, während der 1. Punkt Ver-
schleierung und Aufklärung im Original noch viel mehr venjuiekt ist
als aus der kurzen Inhaltswiedergabe desselben hervorgeht. Im
Original heifst der Punkt nämlieh: ,,I)as Einbrin^'en zuverlässiger
Nachrichten Uber Aufstellung, Stärke und Bewegungen der im nord-
westlichen Frankreich befindlichen feindlichen Truppen, um dem
Oberkommando (iruudlagen für Anordnung der weiteren
Operationen zu schaffen. Es ist wichtig, dals sich die Kavallerie-
Division wie ein Schleier der Armee weit vorlegt, am diese 2iacbrichteQ
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Die 8. KavaUerie-Divisiou im Kri^e lb70 — 71.
281
so trUh als möjrlich zu haben, weil die Armee jetzt noch im Stadium
des Aufmarsches ist und also je nach dem Inhalt der Nachrichten
dirigiert werden kann." In der Erläuterung der 3 Punkte wird von
der gleichzeitigen Lösung der der Kavallerie - Division gestellten
Aufgaben gesprochen. Die Absendung von fliegenden Kolonnen etc.
bedingt doch einen Stillstand des (Tanzen, welches diese Kolonnen
entsendet. Wenn man nun auch noch in einem Ati'mzuge Auf-
klarung und Verschleierung verlangt^*, so ist dannt ein Gegensatz
in sich gegeben, Uber den mau sich auch heute noch hinwegsetzt
be/.w. hinwegtäuscht. Unseres Wissens war der General Marquis
de Gailifet um das Jahr 1880 herum der erste, w^elcher in seinem
Wirkungskreise auf die grundsätzliche Trennung von Verschleierung
. nnd Aufklärung hingewiesen hat, als zweier ganz verschiedener
Thätigkeiten. Er hat zweifellos Recht. Wer mit Verständnis und
Fassion die Ausbildung seiner Truppe im Felddienst leitet, wird in
der Eskadron schon die Erfahrung machen, dafs Aufklärungs- und
SicheruQgsdienst ganz verschiedener Malsnahmen bedürfen. Es ist
von Fall zu Kall nachzuweisen, dals da, wo Sicherung und Auf-
klärung nicht scharf von einander geschiedeii werden, die für den
einen oder anderen Fall getroffenen Malsnahmen nur halbe, da-
her unzulängliche sind, also dem Zwecke nicht entsprechen. Wie
viel mehr mufs sich das erst in grofsen Verhältnissen geltend machen,
wenngleich es in kleineren früher in die Frseheinuug tritt. Die Mafs-
nahiiien zur Autklärung dienen der Sicherung, also auch Verschleierung,
die Übrigens in unserem Falle ganz zwecklos war, oft mit, müsse naber
dennoch, als ganz versehiedene Zwecke erstrebend, schart von ein-
ander getrennt gehalten werden. Sie verhalten sich zu einander
ähnlich wie Strategie und Taktik. Auch diese ergänzen sich gegen-
seitig und oft ist es schwer erkenntlich, wo die eine anföngt und
die andere aufhört. Die Aufklärung dient oft einem räumlich weiteren,
die Sicherung einem räumlich näheren Zwecke, so in unserem Falle.
Darum lassen sie sich doch aber garnicht vereinen. Je kleiner der der
Aufklärung dienende Raum wird, desto mehr nähert sich die Auf-
klärung der Sicherung, ohne aber selbst auch dann in dieser aufzu-
gehen. Die Kenntnis des Unterschiedes zwischen Aufklärung und
Sicherang miüs ein Gemeinplatz bis zum gewöhnlichen Kavalleristen
herunter werden, dann wird auch der Offizier schon aus seinen
militärischen Kindeiscbolien die Scheidung der Begriffe mit in höhere
Stellen nehmen. Alan verfahre also bei der Aasbildung auch darin
zunächst ganz systematiscli, das nur allein TerbUrgt den Erfolg.
Den Verbältnissen hätte es in den Tagen des Aufmarsches der L
Armee an der Oise mehr entsprooheni wenn die Kavallerie -Division
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Die 8. KAvalloiie-IMTisioii im Kriege 1870—71.
nach Besetzung der Übergänge Uber diesen Flols seitens der In-
lanterieteten , sowie der Besitzergreifung des Somme - Überganges
bei Harn, also spätestens am 22. November, in ihrer Masse unge-
säumt gegen Amiens vorgeführt worden wäre. Die Entfernung von
Goiscard nach Roye beträgt etwa 3 Meilen und von dort bis an die
Lnce auch nicht viel mehr, dartlber hinans bis auf das Plateau von
Cachy 4 Meilen. Bevor dieses also am 24. November französischer-
seüs besetzt wurde, konnte es von der 3. Kavallerie-Division eireieht
sein. Dann hiUte dieser aber keine der feindlichen Bewegnngeii
entgehen können. Die Somme - Übergänge swiselien Corbie und
P^ronne wttren wahrscheinlich noch intakt gewesen, so dafs Unter-
nehmungen gegen die Eisenbahn Amiens-Arras, wie überhaupt gegen
die rückwärtigen Verbindimgen der französischen Nordarmee von Be-
folg liätten sein können. Die zunächst dif^poniblen 3 Jäger-
kompagnien wttren zweckmäfsig zur Besetzung des Luce-Abscbnittes
verwendet worden, mit 2 Kompagnien etwa bei D^muin, mit einer
bei Hourges, aber um des Uimmelswillen nicht in der Zersplitterung,
wie das am 27. seitens des 1. Regiments auf höheren Befehl geschehen
ist. Die Verwendung der Kavallerie - Divisionen muis eine selbst-
ständige, YOn groben Gesichtspunkten getragene sein, nur dann können
die Armeen einen erspriefslichen Nutzen aus jener Tbätigkeit ziehen.
General v. Mantenflel wäre bei derartiger Verwendung seiner
Kavallerie - Division genna unterrichtet gewesen, die Schlacht bei
Amiens hätte dann voraussichtlich nicht den Charakter der Impro-
Tisation, infolgedessen der UnvoUkommenbeit gehabt und wäre, dieser
entkleidet, entscheidender geworden, als das tbatsäcblieh der
Fall war.
Wie auf alle Schlachten in dieser Arbeit kann auch auf die
von Ainiens nur soweit eingegangen werden, als erforderlich erscheint^
die Tbätigkeit der 3. Kavallerie-Dinsion zu veranschaulichen.
FUr den 27. war befohlen worden, dals das I. Anneekorps
seine Hanptkrttfte bis an die Luce vorschieben, die mit nnter Befehl
des kommandierenden Grenerals jenes Korps t. Bemheim gestellCe
3. Kavallerie-Division hatte nördlich derselben au&uklären nnd ins-
besondere die Somme auf Übergangspiinkte m erkunden, sowie
Nachrichten über die hinter derselben stehenden feindlichen Streil-
k^fte einzuziehen, das VlU. Korps bei Sieherang seiner Unken
Flanke zwischen der Neye und Celle Stellang nehmen und mit
Avantgarden von Fonencamps nnd Höb^oort ans den Feind beobachten
sollte. Das Gros der Kavallerie - Division war schon frtth 8 Uhr
von Rosiörea g^en Bayonvillers vorgegangen, ihre Avantgarde, 14.
Ulanen, am Beaacoort nach Lamotte- en Santerre. Die 1. Eskadron
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Die 8. Kavalleria-Dividoii im Kriege 1870—71.
283
der 7. Ulanen war mit der Erkundiinjr der Sonime-Übergräuge von
Corbie bis ^(^risy-Gailly und die 3. der 8. Kürassiere mit derjenigen
von dort bis Bray beauftragt, Patrouillen bis zu Zugsstärke streiften
gegen Mareelcave, Villers-Bretonneux und Corbie. Da auch noch
2 Züge der 3. Eskadron der 7. Ulanen zur Bedeckung der bei
Harboimieres befindlichen Bagage abkommandiert waren, schlösse»
sich die nunmehr nur noch Übrigen beiden ZUge dieses Regiments
mit der Standarte den 5. Ulanen an. Somit nahmen an der Schlacht *
bei Amiens lU/, Schwadronen mit 1620 Pferden und 6 Geschtltaeo
nach den Stärkerapporten vom 21. November teil. Bringt man per
Eskadron noch 15 Pterde (krank, lahm und gedrückt) in Abgan^^
80 verbleiben noch rnnd 1450 Säbel und 6 Geschtttze. Anlserdeiii
befanden sich noch 4 GresobätSKe der Batterie Fachsius und 7 Kompagnien
bei der Kavallerie- Division zur Stelle. Die eingehenden Meldungen
liefsen auf das Vorhandensein starker feindlicher Abteilangen bei
Villers-Bretonneux schliefsen, die Somme-Übergänge wurden sämtlichst
zerstört und besetzt gefunden. Dem Leutnant Schallehn der 8.
Kürassiere war bei C^risy das Pferd erschossen worden. Die Über-
gänge bei Bray hatte Leutnant v. Wellmann mit seinem Zug er-
kundet. Nachdem sich aber herausgestellt hatte, dals das Gelände-
anderaeits bis zur Somme hin frei vom Feinde war, blieb die Avant-
garde zwar zunächst noch bei Lamotte stehen, indes das Hros trogen
1 Uhr mittags nach Mareelcave abmarschierte. Auf dem Wege dort-
hin wurde aus der Kiohtnng von Caohy starkes Geschützfeuer hörbar^
Cregen ViUers-Bretonneex ging die 4. Eskadron (von Marees) der
8. Kürassiere vor, der von Leutnant Kunhardt von Schmidt geftlhrte
Avanligardenzng erhielt aus dort befindlichen Schtttzengittben starkes-
Fener. Die 2. Eskadron (Frhr. Ge^T- von Schweppenburg) der
Kttrassiere war der Artillerie als Partiknlarbedecknng beigegeben
worden. Die Gefecbtslage auf dem greulsiscben rechten Flttgel, also-
gegenüber dem feindlichen linken bei Villers - Bretonnenx war beim
Eintreffen der Kavallerie - Division iglgende: Die an der Eisenbahn,
nach YilleiB-Bretonneox angelegene Schanze war von 7-^9 Kompagnien
44. SegimenlB, denn 7 dieselbe gestürmt hatten, besetzt. Die 6^
leichte Batterie I. Korps war nürdlich der Schanze an^pefahren und
stand im Kampfe gegen die beiden in das Gefecht gebrachten.
Batterien der .Brigade Lecointe. IHe 12 Pftlnderbatterie derselben
war nördlich, die 4 FIttnderbatterie südlich der Eisenbahn aaf-
gefehien, dort mit AnscUnls an die Batterien der Brigade du BessoL
Der 6. leichten Batterie schlössen sich nun nngesftamt die 10 Ge-
schütze der Kavallerie-Division an. Aus der snerst östlich Mareelcave
genommenen Bereitscbaflsstellung ging die Division in eine solche-
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Die 8. Kavaiierie-DivUion im Kriege 1870 — 71.
westlich des Ortes, nachdem die 7 Jägerkonipajrnien diesen selbst
als Aiiliiahmestellung besetzt hatten. Auch 2 Eskadrons 10. Drai^oaer
hielten bei Marcelcave. In Anbetracht des schweren Standes der
3. Infanterie-Brigade, insbesondere der Schanzenbesatzung miil's eine
derartige N'erwendung der 7 Jägerkoiiipagnien auffallen. Kunz sagt
sehr treflend: „Das war nicht im Sinne einer thatkräftigen Offensive
und diese soll von einer Kavallerie-Division stets angestrebt werden."
Alle Versuche der Franzosen, die Schanze wieder zu nehmen,
scheiterten und unterblieben erst, als Oberst du Bessol. cheval,
le k6pi ä la pointe de son sabre-', verwundet war. Der Kommandant
des 2. Marsch - Jäger - [Bataillons Giovanninelli Ul)ernahm das
Kommando. Die Mühle uürdlich Villers - Hretonneux war mittler-
weile von der von Corbie aus eingetroffenen Gtniekompagnie
besetzt worden. Das kennzeichnet schon den nicht ganz zweck-
mälsigen Standort der Kavallerie - Division, deren Aufklärung
während des Gefechts darnach übrigens auch zu wünschen übrig
liels. Von der Pcronner Stralse aus hätte die Kavallerie-Division
als solche sich etwa darbietende Attackengelegenheiten besser aus-
nützen können, denn sie hätte dort auch zur etwaigen Kikkzugs-
ßtralse der Franzosen besser ä port^e gestanden. Als dann aber um
4 Uhr die beiden feindlichen 4 Pfllnderbatterien, nachdem sie sieb
verschossen hatten, im Galopp zurückgingen, wurde dies zum Signal
für die Auflösung der Mobilgardcn. deren Heispiel Teile der Linien-
infanterie, der Jäger und der Mariue-Inlanterie bald folgten. Mit
dem Besitze unsererseits von Villers-Bretouneux war um 5 Uhr aut
diesem Flügel die Schlacht entschieden. Der fluchtartige Hückzag
der Franzosen ging von hier teils auf Uorbie, teils auf Amiens.
General Graf Groeben war bis zum Mamelon du Bois TAbb^
mit der Division der rückgängigen Bewegung der Franzosen gefolgt,
zur \ erfolgung war es bereits zu dunkel geworden. So angesetzt
hätte sie auch wenig Erfolg gehabt. Sie hatte etwa von Höhe 104
nördlich der Tailerie an der Peroimer Stralse ausgehen und nördlich
von Villers-Bretonneux vorbeigefuhrt werden müssen. Die Division
bezog Alarmquartiere in Caix. Guiliancourt, Wieneourt-l Equipce und
?.Iarcelcave. Die H. Kürassiere hatten 9 Mann verwundet, 2 Pferde
tot und 2 verwundet, die reitende Batterie VII. Armeekorps hatte
5 Mann und 1 Pferd verwundet.
Noch in der Nacht zum 28. November fafste man den Entschlufs,
Amiens zu räumen, was früh '/,(> Uhr geschah. Die Citadelle ])lieb
noch von den Franzosen besetzt, nach 2 Tagen ging aber auch sie
in preulsischen Besitz über. \ on Amiens waren die Franzosen in
2 Kolonnen aoi Doullens und aaf Pas abmarschiert. An demselben
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Die 8. Kavallerie-Division iiu Kriege 1870—71.
285
iMorgen räumte auch General Farre Corbie und nahm den Weg auf
Bacquoy, einzelne Armeoteile zo^^en auf Albert ab.
So fanden denn die am folgenden Morgen vorgrehendcu deutscheu
Patrouillen den Getier nicht mehr an derSomme, deren Ubergänge sämt-
lichst zerstört waren; mau sah aber Kolonnen in nördlicher Richtung
im Abmarsch. Als die Meldung hierüber an General v. Manteuffel
gelaugte, befahl dieser, dafs der Kavallerie - Divison seitens des
L Armeekorps das gesamte verfügbare BrUckenmaterial zugeteilt
werde, um mit Hilfe desselben über die Somme zur Ver-
folgung der feindlichen Armee vorzugehen. Dieser Befehl war noch
nicht zur Ausführung gelangt, als General Graf (iroeben den ab-
geänderten erhielt, beiden Korps zum Weitermarsch des Gros der
1. Armee auf Rouen ein Regiment abzugeben. Damit wurde die
Kavallerie - Division als solche aufgelöst. Durch die Art der Ab-
gabe der beiden Regimenter blieben nicht einmal die Brigade -Ver-
bände erhalten. Eine unmittelbare \'erfolgung des in nördlicher
Richtung von Amiens und Corbie aligezogcnen Feindes unterblieb.
Wir werden später ausfuhren, dals eine solche, ohne die Operation
auf liouen zu herintiiichtigen. nicht nur erwünscht, sondern auch
sehr wohl zu ermöglichen gewesen wäre, daher auch nicht hätte
unterbleiben dürfen. In Amiens rückte General v. Goeben am
28. November mittags VI Uhr mit der :V2. Infanterie-Brigade, sowie
2 Batterien und 1 Pionier-Kompagnie ein. Als daun am 1. Dezember
der Vormarsch gegen Ronen angetreten wurde, blieb General Graf
Groeben mit dem 7. und 14, Ulanen-Regimente — die in Harn noch
befindlichen Eskadrons wurden von dort herangezogen — , der reiten-
den Batterie Selirader niul der durch 2 Batterien (ö. schw. u. (>. l./I.)
verstärkten 3. Infanterie-Brigade, sowie der Feldpionierkompagie/I.
in Amiens mit dem Auftrage zurück, den Marsch der 1. Armee nach
Rouen zu sichern, die Position von Amiens zu besetzen und gegen
feindliehe Angritfe zu behaupten, die Eisenbahnlinie von Amiens nach
La Fere — hatte am 27. kapituliert, die 4. Brigade wurde daher
am 28. November an das 1. Korps herangezogen — zo decken and
den nach der Schlacht von Amieos abgezogenen Feind im Unklaren
ttber die eigene Stärke and die eigenen Bewegangen zn erhalten.
(Fortoetmng folgt)
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Aus dem Kriege 1807—14.
XX.
Aus dem Kriege 1807—14.
Auteiehnmigeii eines d&niflolien Offisiers.
Hertiugegeben von tetecr Toehfcer.
Die Schlacht bei Sehested.
An dem fUr alle Dänen ehrenvollen 13. Dezember 1813 setzten
wir uns nachts um drei Uhr in Marsch. Wir wufsten alle, dafs wir,
um nach Rendsburg zu kommen, uns durch einen viel stärkeren
Feind durchschlagen mufsten. ein Feind, der mit allem versehen
war, und nicht wie wir von Strapazen, schlaflosen Nächten und
Entbehrungen der notwendigsten Lebensbedürfnisse entkräftet war.
Da unsere Avantgarde erst das Terrain absuchen sollte, mufsten
wir oft stille stehen, wodurch wir jämmerlich froren, da es noch
immer aufserordentlich kalt war. Unsere Marsehnrnte war folgende:
Major Lö veno TD v. Bardenfleth marschierte an der Spitze mit
vier Jägerkompagnien und nahm ein feindliches Piket von 60 Mann
gefangen, ehe es Tag wurde, was viel zum glücklichen Ausfall des
Kampfes für uns Dänen beitrug. Major Lüvenörn von Bardentleth
war nicht allein in hohem Grade von allen Offizieren und Soldaten
geachtet und geliebt, er war aueh in der Armee wohlbekannt wegen
seines kaltblütigen Mutes, der ihn nie, auch nicht in der gnil'sten
Gefahr, die OeistcFgegenwart verlieren liel's, und er war es, der die
Ehre hatte, den blutigen Tanz zu eniffnen. Nach den vier .läger-
kompagnien, die unter dem Befehle des Majors standen, folgte der
französische General Lallemand mit der leichten Brigade. Danach
folgte die erste Brigade in geschlossenen Kolonnen auf dem Wege
nach Sehested, während die zweite als Flankenkorps rechts vom
Wege marschierte.
Bei Holze auf dem Wege nach Sehested stiefs unsere Avant-
garde auf den Feind, der sogleich nach Sehested retirierte, einige
Tote und Verwundete zurücklassend. Jetzt ging es in Eilmärsehen
durch Holze aut das Dorf Sehested los, wo der Feind eine sehr
vorteilhafte Stellung iniie hatte, mit einem grolsen Walde in der
rechten und einem unzugänglichen Moore in der linken Flanke.
Wir kamen in der Morgendänunerung nach Sehested. Die Sonne
war noch nicht aufgegangen, als wir schon in Sehlaehtordnung
marschierten; bald aber stand sie blutrot am Himmel, als ob sie
einen Bluttag prophezeien wollte. Kein Wind regte sich, aber es
fror, besonders beim Aufgange der Sonnei anglaablicb stark.
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Am dffii Kiiego 1807—14.
287
Als alles zur Schlaoht geordnet war^ sali ich den franzöriseben
General Lallemand and Prina Friediieh und seinen Stab frOhstlleken.
Wer von nns etwas hatte, nahm aooh eine Erfrisehong. leh hone
einen Soldaten sagen: ,Jeh bin so hnngrig,^ woaa ein Anderer
erwiderte: „Warte, da wirst bald eine Kngel za sehlaeken
bekommen.** Hongrig and matt kamen wir in Sehested an. Viele
Soldaten waren barflüsig, so dals es traarig war, sie aaf der
gefrorenen Erde gehen zn sehen, and in dieser elenden Ver-
fhssnng sollten wir gegeu einen ans weit ttlierlegenen FeSad Tor-
itteken! Hente also sollten Dänemarks Söhne kämpfen and hinten;
heate sollten wir die sittliehe Kraft der dänischen Nation bewdsen;
hente sollten wir die Kriegsehre anserer Vorfahren in der GesoMchte
behaapten! Beate aaeh sollten wir erkennen, ob Gott mit ans sei
ader nieht! Ohne Gottes besondere Hilfe and Beistand konnten
wir diesen Kampf nieht gewinnen, denn nach allen Bereehnongen
war der Fdnd ttber 11000 Mann stark and wir hatten kanm 8000
Mann. Aber wir hofften, dafs Gott in Jesa Namen onsor Anftthrar
sein wttide, denn nor er konnte ans den Sieg geben.
Wir flliehteten daher weder Tod noch Gefahr, sondern waren
bereit za siegen oder in Ehren fbr unseren hoch geliebten König
nnd unser tiei^ekränktes Vaterland zu sterben; dabei wollten wir
uns bemühen, den grofsen und seligen Lohn der Treue und Tapferkeit
20 ernten, denn die gröfsten und schönsten aller Tagenden sind für
den Soldaten: Ausdauer und Tapferkeit
Vor dem Anfang der Schlacht standen wir so ungefähr eine
Stunde in tiefen Betrachtungen. Wir beobachteten den Feind, und
er uns. Unterdessen war die Sonne in all ihrer Pracht und Herrlich-
keit aufgeg^an^^in. Es war ein schöner Wiiitermorgen. Ach, dachte
ich, viele haben wohl diesen herrlichen Anblick zum letztenmale
gehabt 1 Meie, welche die blutrote Sonne haben aufgehen sehen,
werden sie nicht untergehen sehen!
Der Feind iat stark, duch wer mag zagen!
Wir stehen fest in Kampf und Tod.
Der Schwache muüi den Starken ttclilugeu,
Der bentelOsteni uns bodraht.
bh gfttfte, Hoigensoime, dleh!
Zum Kampf fOn Beeht eiwaokst do midi!
Wie ist eü stolz, dem Feind zu wehren
— Des Volkes Heil ist uns betraut ~
Wie süAi, eis ffieger beinankehren
Zur Mutter und znr frohen Braut.
Ich f^fse, Morgensonne, dich!
Zu lüunpf und Sieg erweckst du mich.
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268
Au dem Kriege 1807—14.
Ist dies meto letzter Tag anf Erden,
Ich will mich doch dos Kampfes frem,
Der freien Heimat Töcliter worden
Wohl Kosen aut' das Grab mir streun,
loh grüT^e. Mor^^ensonne, dich!
Zu Kampf mid Sieg erweekat dn mieli.
Belebt darob den Kanonendonner — denn wir waren fast zum
Um&Uen mttde aas Mangel an Schlaf — marschierten wir jetzt
rasch vorwärts. Unsere Tirailleorkette versnchte erst den Feind in
Kaach einzuhüllen, um ihm seine ersten nnd besten Schüsse zn ent-
locken. Nachdem dieses geschehen war, bekam sie Ordre, sieb
nnserem Flttgel anznschliefsen, und nun begann anf beiden Seiten
ein Kampf anf Leben und Tod. Bevor derselbe anfing, glaube ich,
wSre es gat nnd sweckmäfsig gewesen,wenn derHüchstkommandierende
eine knrze, anfinuntemde Kede an das Armeekorps gehalten hätte.
Ebenso wäre es in unserer Lage passend gewesen, wenn unser Feld-
prediger doreh die Glieder gegangen oder geritten wäre und die
Gedanken unserer Krieger auf Gott, König nnd Vaterland gerichtet
ond dadurch den in hohem Grade ermatteten Kriegern Seelenstärke
und moralische Kraft eingeflöist hätte, weiche allein den entkräfteten
Körper aufrecht halten können. Ks war um so mehr notwendig,
unsere Gedanken in onserer höchst verzweifelten Lage aut (iott zu
richten, da wir weder durch französische noch dänische Generäle
noch durch den Mut und die Tapferkeit unserer Truppen imstande
gewesen wären, einen Tollkommenea ond glänzenden sieg tiber einen
nbermtttigen, überlegenen, kriegs- und siegesgewohnten Feind zn ge-
winnen, so dafs wir also nur der Hilfe des allmächtigen Gottes den
Sieg verdanken konnten. Der schwedische Kronprinz war so sicher,
nns in der Falle an haben, dafs er in Kiel, während wir ans bei
Sehested schlugen, gesagt haben soll: Morgen wird das gfuize
dänische Armeekorps kriegsgefimgen an mir yorüberziehen.**
Er hatte Ursache, es za hoffen, da er wnlste, dats wir von
allen Seiten von Feinden nmgeben waren, nnd dals das Heer, gegen
welches wir kämpften, dem nnsrigen anch an Zahl Überlegen war.
Der Kronprinz von Schweden hatte nns doreh seinen aas-
gezeichneten Kriegsplan nnd seuie nngewöhnlicben Feldhermkennt-
nisse so mit Armeekorps nmgeben, dals er wahriioh nicht Schnid
daran trog, dals wir bei Sehested nicht vernichtet wnrden. Wäre
General Dörnberg, welcher mit einem starken Armeekorps in
Wittensee, nicht weit von Sehested, stand — nnd den Kanonen-
donner deutlich dort hätte hören mttssen — zn dem General Wall-
moden bei Sehested gestolsen, so wären wir ohne Rettang verloren
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Aas d«D Kriege 1807—14.
2b»
gewesen. Wäre ferner der Bcbwedische General Tegehagoe, welcher
mit Beiner gut aosgeroliten Division kann eine Meile von Sehested
stand, nnd weloher aneh den Kanonendonner liatte bOren müssen,
sn dem General Wallmoden gestolsen, so wfiie unsere Niederlage
onvermeidlieli gewesen, nnd hätte die sohwedisehe Kavallerie, welche
nns bei Bomböved angegriffen hatte, uns fortdauernd bis Sehested
verfolgt, so wären wir trots all unserer bewiesenen Tapferkeit
rettnnglos verloren gewesen.
Der Kronprinz von Schweden hatte deshalb guten Gmnd zu
l^uben, daCs die Dänen sich nicht von Tod oder Gefangenschaft
retten konnten. Mit Gottes Hilfe aber zeigte es sich hier, dals ,.der
Sehwache den Starken fällen kann," so dafs nichto aus der Freude
der Schweden wurde.
Mit Verwunderung sah ich, welche zerstörende Wirkungen
Kapitän v. Fries mit seiner Batterie in der russisch -deutschen
Inlanterle hervorbrachte, denn einige starke, feindiiche Infanterie-
kolonnen, die sich auf den Hohen auf der anderen Seite von Sehe-
sted befanden, versuchten dem Orte zu Hilfe zu eilen, aber die
Batterie des Kapitän v. Fries empfing sie jedesmal mit einem so
anÜBerordentUch gut gezielten Feuer, dals sie nicht nach Sehested
herunterkommen konnten.
Da unsere auf verschiedenen Plätzen au%e8tellte ArtUlerie durch
ihre wohlgezielten Schttsse die feindliche Artillerie zum Schweigen
und Retirieren gezwungen hatte, bekamen wir den Befehl zu
unserem Bataillone zu stoben. Ich selbst wurde mit einigen Leuten
zur Beobaohtung der feindlichen linken Flanke abgesandt, um bei
Zeiten dem Bataillonskommandeur v. Bie melden zu kOnnen, ob der
Feind Miene mache> unsere linke Seite zu umgehen.
Raum war ich mit meiner Mannschaft — 24 Mann — auf
Gewehischufsweite von unserer rechten Flanke entfernt, so bemerkte
ich eiu paar Kompagnien feindlicher Jäger, die, nach der Kichtnng
ihres Marsches zu urteilen, unseren linken Flflgel zu umgehen
suchten. Ich iiels dies sogleich dem Major v. Bie melden. Ein
junger, schOner französischer Offizier, Kapitän Carr6e, kam kurz
danach in gestrecktem Galopp zu mir und bat mich, ihm mit meiner
Mannschaft za folgen. Das that ich, und er ritt schnell voran,
während wir andern, so schnell wie mOglich, hinterherliefen. £r
führte uns noch weiter in die rechte Flanke, nnd als er nns so weit
an die feindliche linke Flanke geführt hatte, dals ich das Bataillon,
zu dem ich gehörte, gar nicht mehr sehen konnte, ritt er im Galopp
znrQck.
Ohne Gottes Hilfe bist du jetzt mit deiner Mannschaft von
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290
Ans dem Eitoge 1807—14.
deinem Bataillone abgeschnitten, dachte ieh bei mir selbst, denn ieh
sah die feindlichen Jäger heranrttckeii, nm in die groDse Öffnimg
zwisohen dem Bataillone und mir zu kommen und nm mich go nbm«
schneiden. Ich fing niin an, die linke Flanke der Jäger zn be-
fiohieiflen, nm sie wo möglich einen Augenblick aofenhalten. Sie
machten auch Halt und erwiderten meine Schüsse; als sie aber
zuletzt deutlich meine geringe Mannschaft sehen konnten, seteten aie
ihren Marsch fort^ teils nm mioh abzuschneiden, teils nm unser
Bataillon zn nmgehen.
In diesem gefährlichen AagenbUcke kam indessen der fran-
zösische Adjutant mit einer Kompagnie Jäger unter Kapitän Wegener
geritten. Nun stutzte der Feind und hielt an, und als Kapitän
y. Abercroue mit einer Kompagnie vom Regiment der Königin uns
auch zn Hilfe kam, wurde der Feind etwas zurückgetrieben, bekam
aber sogleich von einem ganzen Linienbataillone Hilfe. Nun war
es schwer, uns zu halten. Der Feind beschols uns sehr heftig,
richtete aber dadurch keinen besonderen Schaden an, denn ebenso
wie die Artillerie schofs auch die Infanterie viel zu hoch, so dals
der Lrröiste Teil der feindlichen Kugeln Uber unsere Köpfe gingen
und so nur ein Duett mit dem Klange unserer Bajonette ausführten.
Als der französische Adjutant sah, dafs es uns sehr schwer werden
würde, unsere Stellung' gegen eine so grol'se Ubermacht zu be-
haupten und den Feind zu verhindern, den rechten Flügel unseres
Armeekorps zu umgehen, ritt er zurück — ventre a terre und
untrefahr eine halbe Stunde später kam er mit dem dritten und
vierten Bataillone des „Holsteinisehen Infanterieregiments" unter An-
führuDL^ des Majors von Multke zurück. Nun wurde der Feind so
weit zurückgeworfen, dafs wir ihn gar nicht mehr sehen konnten.
Diese Attacken auf den linken FlUgel des Feindes währten bis
Mittag. Aulser den Gefangenen, die wir auf dem linken FlUgel des
Feindes machten, nahmen wir einen feindlichen Jäger auf eigentüm-
liche Weise gefangen. Er lief bis an die Schulter im Wasser in
einem Moor und hielt sein Gewehr hoch Uber den Kopf Ich rief
ihm zu: ..Pardon Kamerad. ' worauf er sogleich sein Gewehr von
sich warf und ans Land zu uns watete.
Es war ein junger, schtiut r Mensch, in Berlin geboren und aus
guter Familie. Kr sagte, dafs unglückliche Liebe ihn dazu gebracht
hatte, Dienste zu nehmen, und dafs t"r hoffe, bald Offizier zu werden.
Da er diese Hotfnung aufgeben mulste, wenn er in dänische Getangen-
schaft fiel, war es seine Absicht, als er ins Wasser lief, sich ent-
weder zu erschiel'sen oder zu ertränken. Er wurde mit den anderen
Gefangenen zu dem Divisiousa^jutanten v. Kömeling transportiert
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Au dem Kitot« 1807— U.
291
nnd während Rendsburgs Belagerung sprach ich mehreremale mit
ihm. Ich habe diesen Menschen so ausfuhrlich erwähnt, weil ich
das Jahr darauf eine merkwürdig frotie Zusammenkanfit mit üun
haben sollte.
Mit dem Keste meines Kommandos suchte ich zu dem i\egimente
zurUckzakehren und traf glücklicherweise mit dem ersten Bataillone
„Fünen" nahe vor behested zusammen; ich verblieb bei demselben,
-da das zweite Bataillon sich wegen Maugels au Munition hatte
zurückziehen mUssen. Wir erhielten kurze Zeit darauf die Ordre
vorzorUcken, um das Detilee bei Sehested auf der einen beitc zu
besetzen; zu derselben Zeit besetzte ein Bataillon „Soiileswigscher
Infanterie" die andere iSeite des Weges.
Sn standen die Dinge bis weit tlber Mittag, und der Sieg war
noch ungevvils, nachdem wir vom frühesten Morgen an auf einander
geschossen hatten, aber nun war der Augenblick «rekomiiien, da alle
Kräfte augestrengt werden muDsten, am nnsere bisherige Arbeit mit
Erfolg zu krönen.
Unser Feldherr, Prinz Friedrich von Hessen*) befahl daher unsere
Streitkräfte zu konzentrieren und Sehested mit einer Sturmkolonne
anzugreifen. Die Sturmkolonne mit dem General v. Schulen bürg
und dem französischen General Lallen» and an der Spitze stürmte
vorwärts mit unwiderstehlicher Kraft, und wahrend unsere Artillerie
von verschiedenen Paukten Sehested beschols. nahmen unsere Sturm-
kolonnen mit gefällten Bajonetten den Kingaug zur Stadt, obgleich
sie mit dem heftigsten Kanonen-, Kartätschen- and Gewehrfeaer
empfangen wurden.
Sehested wurde genommen, aber es kostete uns viele Soldaten.
Die Grenadierkompagnie Oldenburg mit dem braven Kapitän
V. Uöegh senior an der Spitze hatte allein achtondzwanzig Tote and
Verwundete.
Während Sehested so von unseren Sturmkolonnen genommen
wurde, setzte Prinz Friedrich sich an die Spitze der Infanterie
der zweiten Brigade und jagte den westlich von der Stadt stehenden
Feind in wilde Flucht.
Bei diesen entscheidenden Bewegungen, welche so sehr zu
unserem Siege beitrugen, zeichneten sich durch persönlichen Mut
und glänzende militärische Eigenschaften besonders aus: l'rinz
Friedrieb, General Lallemand, General Schalenbarg, Oberstleutnant
M Der Prinz Friedrich von Uessun war der Bruder der Königin von
UUnem&rk, Marie Sophie Friederike von Hessen, Gemahlin des Königs Friedrich VL
Anmerk. d. Herausg.
JakfMUkM fir 4i« 4tBtMto 4niM vmA IImIb«. Bd. 114. I. 19
^ kj i^Lo Ly Google
292
Ans dem Kriege 1807—14.
V. Brackel mit seinem Bataillone in der Sturmkolonne und der
ebenso tapfere wie vortreffliche Offizier, Kapitän y. Höegh mit seiner
Grenadierkompafrnie. welche die Spitze der Sturmkolonne bildete.
Ferner thaten sich durch ungemeinen Mut hervor: Major v. Scharffen-
berg, Kapitän v. Wilster, die Leutnants v. Ahercrone, Cropp, Zehmann,
Wasmer, Brodersen, Sosten und die Seeoiliziere Kapitän Holsten,
Leutnant Flor und Ascherhoug, welche zum Vergnügen am Angriffe
der Sturmkoloime auf Sehested teilnahmen. Der tapfere Kapitän
V. Höegh bekam vier Wunden, aber fuhr doch fort, seine Komp^uie
zu kommandieren, bis ODsere Dragoner den geschlagenen Feind ver-
folgten.
Die Infanterie von der leichten Brigade hatte sich, nachdem wir
uns Sehested nahten, mehr und mehr zerstreut, und stürzte jetzt nach
dem glücklich ausgeführten Sturm von allen Seiten in die Stadt, so
dals der retiriereude Feind dadurch verhindert wurde, sich nochmals
in dem laugen Dorfe festzusetzen. Als unsere Infanterie unterdessen
das südliche Ende der Stadt erreicht hatte, stürzte ein frisches
feindliches Bataillon, von dem Obersten v. Golz angeführt und von
drei scchspfüadigen Kanonen unterstützt, sich gegen unsere Infanterie,
die gezwungen wurde, sich zurückzuziehen. In demselben Augen-
blicke liefs Prinz Friedrich drei Schwadronen „FUnescher
Dragoner" vorrücken. Diese tapferen Dragoner mit General von
Schnlenburg und General Lallemand an der Spitze stürzten sich
in dem schmalen Defilee, schäumend vor Kachelust, auf das feind-
liche Bataillon, brachen in das Bataillon ein, hieben einen grofsen
Teil nieder und nahmen den Obersten und den gröfsten Teil der
Offiziere samt 204 Mann gefangen. Au&erdem wurden zwei sechs-
piUndige Kanonen erobert, welche von Major Graf v. Moltke,
Leutnant v. Wied und sechs Dragonern genommen wurdeu.*)
Die in Anzahl weit überlegenen schwarzen Husaren der russisch-
deutschen Legion rückten jetzt gegen uns vor, und da die „Füneschen
Dragoner" nicht stark genug waren, ihnen zu widerstehen, zogen
sie sich mit ihren vielen Gefangenen und den zwei Kanonen zurück.
Während dieses geschah, hatte unser rechtes Flaukenkorps —
immer in leichtem Kampf — mit General Dörnbergs Avantgarde,
dessen Hauptkorps nicht zum Vorschein kam, die Anhöhen nördlich
von Habye besetzt gehalten, und der Feind, welcher stets unseren rechten
Flügel zu umgehen suchte, schien die Absicht zu haben, uns mehr
und mehr von unserm Hauptkorps zu entfernen, damit der General
>) Die beiden Kanonen stehen in dem Zeughause in Rendsburg mit einer
Tafel, wfllfllie ^ Nauen der iwd Offiziere und der sechs Dragoner enthält.
Am dem Krieg» 1807—14.
298
Wallmoden uns um so leichter Uberwältigen könne. Der einsichts-
Tolle Division sadjntant von Römeliug;, welcher unser rechtes Flanken-
korps fllhrte, falste jetzt den Entschlufs, das ihm gegenüberstehende
feindliche Korps zu verlassen, um so schnell wie mR'jlich sich
unserm Hauptkorps anzuschliefsen, oder ihm zu Hilfe zu kommen.
Er warf deswegen eine Husarenschwadron und eine Jägerkoinpagnie
gegen den Feind und erreichte mit den Übrigen Linienbataillonen
das rechte Ufer des Moores von Hahy, ohne dals der Feind diese
Kriej^slist bemerkte. Der Feind wollte uns jetzt in f^erader Linie
verfol^'^en. Zu spiit erkannte er indessen, dafs die breite Fläche,
weicht' das Moor zwischen ihm und unseren drei Bataillonen bildete,
nicht passiert werden konnte, und dafs er zufrieden sein müsse,
unser Flankenkorps aulser Schuisweite zu coto>ieren. Von Haby
suchte der Feind Uber den Damm zu kommen, um das rechte UffT
des Moores zu erreichen. Der tapfere Husarenmajor v. Bergen warf
sich indessen mit seiner Schwadron, einer Jägerkompagnie und zwei
sechspfUndigen Kanonen so kräftig gegen den Feind, dals dieser
gezwungen wurde, sich in den Wald westlich vor Habv zurückzu-
ziehen und mit seinen Operationen aufzuhfiren, w orauf unser Fiaukeu-
koips seine bestimmte Bewegung bis nach Sehested fortsetzte.
Nachdem die drei Schwadronen „FUnescher Dragoner'* mit
ihren Gefangenen und eroberten Kanonen sich zurückgezogen hatten,
fonnierte die feindliche Infanterie sich abermals und im N'erein
mit der Kavallerie griff sie abermals Sehested an. Um diesen An-
griff zurückzuweisen, versuchten „FUnesche Dragoner- mit der
Husarenschwadron von Späth an der Spitze, abermals einen Angriff.
Obgleich unsere Husaren und Dragoner mit ihrer gewöhnlichen
Bravour in ein feindliches Bataillon hineinbrachen, mul'sten sie sich
doch wegen der Ermattung der Pferde und der Überlegenheit des
Feindes zurückziehen, und unsere Kavallerie mufste mit grofsem
Verlust retirieren, so dafs dieser AngritT nicht gelang. Dagegen
warf nun abermals unsere Linieninfanterie der ersten und zweiten
Brigade den Feind zum zweitenmaie zurück und vertrieb ihn aus
der Stadt.
Noch einmal versuchte der P'eind durch einen verwegenen An-
griff der tapleren mecklenburgischen Jäger die Schlacht zu erneuem.
Die Folge war indessen, dafs die Schwadron dieser reitenden Jäger —
120 Mann — mit dem Prinzen von Mecklenburg an der Spitze, nur
6 Mann aus unserm Infanteriefeuer rettete. Der Kest der Schwadron
bedeckte das Schlachtfeld, und Prinz Gustav von Mecklenburg
selbst fiel verwundet in unsere Hände. Der Prinz zeigte den höchsten
Grad von Mat und persönlicher Tapferkeit an der Spitze seiner
294
Ans dem Kriege 1807—14.
heldenmütigen, schönen Sohwadron, die der feindliche General Wall-
moden auf so unnütze Weise aufgeopfert hatte.
Der durch Hecken umzäumte Weg war so schmali dals die
mecklenburgischen reitenden Jäger uns nur mit vier Mann Front an-
greifen konnten. Wir h&tten sehr gut einem Teile des grofsen Ver-
lostes, den unsere Kavallerie erlitt, vorbeugen können; denn hätten
wir sofort angefangen, den Feind zu besohiefsen, als er in das
Defilee hineinritt, wäre er vieUeieht nioht so nnbesomien in die
Falle gegangen. Wir bekamen indessen Ordre, niefat sn seble&en,
sondern ons hinter den Heoken des Weges zn legen, am unsere
Stilrke so viel irie mOglich sii rerbergen, nnterdessea ab«r fUgte
der Feind unserer Kavallerie auf der Betraite einen bedeutenden
Verlast zo. In diesem AogenbUeke besonders zeigten Prinz Friedriob
nnd General Lallemand ihre glänzenden militllrisehen Eigensebaften,
denn sie gebraachten die Kriegslist, ehien Teil unserer Kayallerie
an&oopfem, am den Fdnd in das Defilee zu looken nnd dadnidi
den Sieg zu gewinnen. Erst als die Spitze der feindlidien Kavallerie
an nnsern linken Flttgel ins Defilee gekommen war, bekamen wir
Ordre, Ton beiden Seiten des sebmalen Weges zn sebielben and in
einem Aagenblieke war das tapfere Jägerkurps niedergeschossen.
Prinz Gnstav Ton Mecklenburg bot einen filr Jeden Krieger
schönen nnd begeisternden Anblick dar, als er anf seinem stohsen
Pferde mit hochgesohwnngenem Säbel seine Leate anfeuerte und
zum Mute anspornte nnd ihnen Im wilden Siegesjobel zurief, den
Dänen nicht Pardon zu geben. Da seine Schwadron indessen —
von beiden Seiten des Weges von unsem Kugeln beschossen — um
ihn zu Boden sank, und er zam Betirieren gezwungen wurde, bekam
der tapfere Prinz einen Schals in die Hand, der ihm zwei Finger
abrils und seinen Fingerring, der in die Hand hinemdrang, zermalmte.
Der starke Schmeiz zwang ihn um Pardon zn bitten, obgleich er
selbst uns kurz vorher keinen Pardon geben wollte. Der Prinz
wurde gefangen genommen, aber unterwegs suchte er — obgleich
verwandet — sich losznreiisen. Einer unserer Soldaten, der den
Prinzen nicht kannte, gab ihm einen Kolbenschlag, welcher seine
Flucht verhinderte.
Ein Offizier der mecklenburgischen rdtenden Jäger, welcher
eine Mfltze auf dem Kopie hatte, ritt neben dem Prinzen, während
er avancierte. Da er aber sah, dals der Prinz gefangen genommen,
und die ganze Schwadron vernichtet war, wendete er sein Pferd
um zu letirieren, legte sich mit der Brust gegen den Sattelknopf
und dem Pferde die Sporen gebend, sprang er, wie dne KatM über
Tote und Verwundete hinwegsetzend, auf dem fast nnzugängliehen
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Aus dem Kriege 1807—14.
295
Wefe sarUck. Auf diese Weise ritt er dnieh einen von beiden
Seilen des Weges iLommenden Regen von Kugeln Ibnnlieli Spiels-
raten. So lange ich Um sehen konnte, sttliste er nioht vom Pferde
nnd erreichte so — jedoch nicht nnTorwondet ^ das Ende des
schmalen Weges. Hier warf sich eine Abteilang onserer Infanterie
mit gefiUlten Bi^netten gegen ihn nnd forderte ihn aa^ sich zu er-
geben, er schlag aber seinen Mantel tther den Kopf, nnd das mntige,
prächtige Pferd sprang Aber die Bajonette mit dem kecken Jttngling.
Ich hörte spiter, dab sein Pferd erschossen worde, and dals er,
mit beiden Binden den Mantel tther den Kopf haltend, sich za
retten sachte. Am Kopte nnd an den Binden jämmerlich ver*
wandet, wurde er indessen, anscheinend tet, nach Bovenan gebracht
Der Name dieses tapferen Offiziers war Forstner. SfAter warde er
geheilt nnd ist jetzt Major in preolsiscben Diensten, wo er im
Generalstabe anter dem General Gneisenan arbeitet £r hatte 1812
in Rnüaland an dem Feldzage teilgenommen, nnd weil er früher ara
Kopfe Terwandet gewesen war, hatte er Erlaubnis bekommen, die
Mütze zu tragen.
Nach dieser Episode folgte ein in hohem Grade gianenvoller
Anblick: Im Defilee auf dem Wege nach Sehested lagen nftmUch
fibereinander niedergeschossen, ttber Bnndert tote nnd Tcrwondete
Mensehen nnd Pferde. Viele hätten vielleicht gerettet weiden
können, aber unsere Kavalleiie bekam jetzt die Ordre, den
retirierenden Feind zu verfolgen, am den Sieg zu benutzen, welchen
das Gewehrfener des flineschen und schleswigschen Infanterie-
regiments — die das Defilee besetzt hielten — gekrOnt hatte. Da
die Kavallerie nicht umhin konnte, diesen Weg za passieren und
da die Heiter nicht seitwärts vorbei kommen konnten, weil der Weg
auf beiden Seiten mit Hecken besetzt war, mofste unsere Kavallerie-
kolonne Uber die Verwandeten und Toten hinwegreiten. Die ver-
stümmelten Menschen nnd Pferde boten einen schreoklichen An-
blick dar.
Nach dem nnfslungenen Angriffe der mecklenburgischen reitenden
«niger zog sich der Feind nach Osterade hinter die Eider znrUck.
Das Feaer hörte jetzt auf, und man hörte nur einzelne Kanonen-
sehtlsse, womit unsere Artillerie dem Feind auf der Flacht das Geleit
gab, 80 dab es schien, als habe der Feind jeden neaen Versnob,
die verlorenen Vorteile wiederzugewinnen, aufgegeben.
W^ider alle Vermutung hatte der Feind indessen längs der Ufer
des Kanals zwei Bataillone aofgestellt, die von Bohenfelde kamen,
nnd nan anf Sehested losgingen in der Hofihong, uns in den Kücken
ra iallen nnd so die Schlacht za emeaem. In demselben Aagen-
uiyiü^uCi Oy Google
296
Ans dem Kriege 1807— U.
blicke, da der Feind dies Manöver ausfuhren wollte, kam glücklicher-
weise unser vorher erwähntes rechtes Flankenkorps, welches sich
unserm rechten Flügel anschlofs, der westlich von dem Moore bei
Sehested stand, und aus drei Konipag:nien des ftlneschen Inf&nterie-
regiraents und vier sechsj)fündigen Kanonen bestand.
Nach halbstündigem heilsen Gefecht wurde der Feind zun»
zweiteumale hinter den Kanal geworfen, von wo er sich hinter
die Schleuse bei Klnvensieck zurückzog. Zur selben Zeit liels
Prinz Friedrich eine Schwadron ,.IIolsteinischer Reiter" unter
dem Major v. Stemann vorrücken, um den Feind, der nördlich der
Elbe stand, anzugreifen. Diese tapfere Schwadron, von dem
rautigen und als vorzüglich bekannten Oftizier, Major v. Stemann
angeführt, schlug freilieh den Feind zurück und verfolgte ihn mit
Heftigkeit über die Brücke der Osterade, verlor aber dadurch 37
Mann und 17 Verwundete, worunter 3 Offiziere waren. Nur der
Kaltblütigkeit des Majors v. Stemann ist es zu verdanken, dafs der
kleine Rest dieser unerschrockenen Schwadron zurückgebracht wurde.
Bei dieser Gelegenheit geschah es auch, dafs ein Kavallerist,
ein „Holsteinischer Reiter" dem General Wallmoden so nahe kam,
dal's er dessen (Generals-) Mantel ergriff, um ihn so zum Gefangenen
zu machen. Der General liefs indessen — wie Joseph — den
Mantel im Stich und rettete sich durch die Schnelligkeit seines
Pferdes, während einer seiner A^jakiuteu unseren heldeumati^D
und ermatteten Krieger niederhieb.
Nachdem der Feind geschlagen und auf allen von ihm besefc&ten
Punkten zurückgeworfen worden war, zog er sich in griilster Eile
und Unordnung über die Schleuse bei Kluvenseck zurück, von
unsern Kanonenkugeln begleitet.
Unser linker Flügel stand nun südlich von Sehested bei der
alten Eider, und unser rechter Flügel östlich von Hohenfelde beim
Kanal. Unsere Absicht war also erreicht, denn wir waren jetzt
Herren Uber das nördliche Ufer des Kanals, und der Weg Uber
Schieruau bis Rendsburg war frei. Unglaublich ermattet, aber
zugleich unbeschreiblich froh über unsern vollständigen Sieg ver-
liefsen wir Sehested und marschiertrn um halb tunf nach Sonnen-
untergang weiter.
Steen Steeusen Blicher sagt in einer seiner Schriften: „Die
Dänen, von einem fremden General in ein dreitaches Feuer geführt,
thaten Wunder von Tapferkeit.*' Hier ftlge ich hinzu, dafs in der
Affare bei Boden und in vielen Scharmützeln und Vorpostengefechteu,
die wir Dänen gewonnen, wir keinen einzigen Franzosen zur Hilfe
hatten.
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Am dam Kriege 1807—14.
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Verzeichnis der in der Schlacht gefangenen Offiziere:
Prinz Gustav von Mecklenburg, Major. — Oberst v. Goltz, Kitter. —
V. Schimmelpfeunig, russischer Kapitän. — v. Hehtoldt, desgl. —
V. Benningsen, desgl. — v. Rotz, russischer KittmeiHti r. — v. Kamme,
deutscher Kapitän, Kitter. — v. d. Horst, russischer Leutnant und
Brigadeadjutant — v. Praendel, Leutnant. — Suckow, Kapitän. —
V. Meydell, Fähnrich. — v. Schmidt, Fähnrich. — v. Holtzermann,
Leutnant in der englisch-deutschen Legion. — v. Henrici, russisch-
deutscher Kegimentsquartiermeister. — v. Könne, Kapitän in der
russisch-deutschen Legion. — v. Haase, Kapitän in Bataillon Anhalt.
— v. Schenk, Kajutän. — v. Hinze, desgl. — v. Greulich, Premier-
leutnant. — V. Engler, desgl. — v. Brauenhehrtus, desgl. —
V. Peygen-lrahoff, Fähnrich. — v. Simons, desgi. — v. Krouatzkjr,
desgl. — Zusammen 24 gefangene Offiziere.
Verzeichnis der in der Sehlacht hv\ Sehested ge-
fangenen feindlichen Unteroffiziere und Soldaten mit An-
gabe der Regimenter, zu denen sie gehören:
1. Bataillon russisch-deutscher Legion 8 Mann, 2. Bat. 22,
3. Bat. 27, 4. Bat. 49, 5. Bat. 229, 6. Bat. 44, 7. Bat. 48 Mann.
— Bataillon Anhalt-Dessau 100 Mann. — Leichtes Infanterie-
bataillon Bremen und Verden 14 Manu. — Bataillon Lüne-
burg 2 Mann. — 2. Bataillon der englisch-deutschen Legion
6 Mann. — Hannöversche Artillerie 3 Mann. — Mecklen-
burgische reitende Jäger 19 Mann. — L Husarenregiment
der russisch-deutschen Legion 5 Mann. — 2. Hus aren-Kegt.
desgl. 3 Mann. — Möruersches Husaren-Kegt. 1 Mann. —
Major Langens Husaren-Kegt. 2 Mann. — Husaren-Kegt.
Plantin 1 Mann. — Huyaren-Kegt v. Schill 2 Mann. —
Husaren-Kegt. Bremen und Verden 3 Mann. — Zusammen G03
Gefangene.
Unser Verlust in der Schlacht bei Sehested war: 17 verwundete
Offiziere und 531 Mann Verwundete und Tote. Aufserordentlich
viele von unseren Verwundeten starben entweder unterwegs oder
in dem Hospital in Rendsburg, wo in den ersten Tagen nach unserer
Ankunft täglich 14 — 10. sogar 20 Manu starben, teils an ihren
Wunden, teils an Entkrätlung.
Ich glaube, es verdient hier bemerkt zu werden, dals zwei
Pferde in der Schlacht bei Sehested unter dem General Lalleuiand
erschossen wurden - ohne dals er selbst verwundet wurde. Es
bewahrheitete sioii wieder: ..Den Gott bewahrt', ist ohn' Gefahr.
Der \'erlust des Feindes ist nie von ihm selbst angegeben
worden, aber nach sicheren Nachrichten schickte derselbe nach der
üiyiiizea by Google
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Ans dem Kriege 1807—14.
Schlacht bei Schcsted ßOO Verwandete ins Hospital nach Nenmttnster
und SUO Verwundete ius Hospital von Lübeck. Hierzu kommen 60^
Gefangene; in Sorama also schon 2003.
Rechnet man hierzu die Toten auf dem Schlachtfelde und die
Versprengten, so kann man mit Sicherheit den Verlust in der
Schlacht bei Sehested auf 3000 bis 4CXX) Mann anschlagen, was
anch mit der Aussage des feindlichen Generals Ahreuschildt überein-
stimmt. Als er auf Deutsch-Nienhoflf wohnte, erzählte er nämlich
mehreren dänischen Offizieren, dafs Wallmodens Anneekorps in der
Schlacht fast 4000 Mann verloren habe.
Die Stärke des Feindes hat man nie g'enau zu wissen bckonniien,
aber sicher ist es, dals der Feind wenir^stens 11000 Mann stark war.
Was meiner Meinung:: nach den deutlichsten Beweis von der
Stärke und der Überlegenheit des Feindes giebt, ist das authentische
Verzeichnis, das ich Uber die gefangenen Offiziere und Unteroffiziere an-
geftlhrt habe, denn darans geht es hervor, dafs wir nach der Schlacht bei
Sehested Gefangene von 21 Regimentern und Korps nach Rendsburg ge-
bracht haben, gegen die wir einen ganzen Tag von Sonnenaufgang bis
-Untergang mit einer viel geringeren Anzahl und mit ermatteten
Mannschaften gekämpft hatten. Gewife ist es, dals der Höchst-
kommandierende, Prinz Friedrich, alle Gefahren mit ans teilte, and
dafs er sich mehrmals in dem stärksten Kugelregen befand. Der
heldenmütige, unerschrockene General r. Scbnlenbnrg gab ebenfalls
ein nachahmenswertes Beispiel, und Greneral L allem and zeig^ nicht
allein den hOehstoDt Grad p«ni0nlicben If ates nnd Nichtacbtong aller
Oefalnen,- sondern seine glänzenden militliiisolien Eigensobalten
traten bei dieser €relegenbeit auch TorteUbaft sa Tage. Obgleidi
alle Offiziere^ Unteroffiziere and Soldaten in so bohem Grade tot
der Sdilaeht encbOpft nnd entkrttftet waren, zeigten üt doeh den
ganzen Tag ebie so nneFsobtttterliehe Ansdaner nnd derartigen Hat
nnd Tapferkeit, dafis General Lallemand mit Bewnnderong ausrief:
^leb babe nie die Franzosen raseher ins Fener geben seben, als die
Dinen.*
Aber trotz aller bewiesenen Tapfeikeit müssen wir doeb be-
kennen, dab es Gott war, der ans einen so merkwürdig glänzenden
and vollständigen Sieg gab, denn der Sieg kommt allein von ihm.
Die Folgen unseres Sieges bestanden darin, dafs wir den
Kriegsrobm unserer Voi&bren anfrecbtbielten; Rendsburg, die erste
Festung des Landes yor Ubergabe retteten und reifainderten, dab
Dinemark eine Provinz von Sebweden wurde, beriebungswose, dafo
alle drei Belebe unter dem sebwediseben Szepter vereinigt wurden.
Zwei Tage vor der SoUaoht sobiekte Prinz Friedrieb den Cbef
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Aus dem Kriege 1807—14.
299
seines Generalstabes, Major C. v. Bardenfleth an den schwedischen
Kronprinzen Carl Johann, um in Unterliaiullun^' mit (icii Schweden
zu treten und um • — wenn möglieh — einen \Vlltlen^tillstand und
später einen Vergleich zu erhalten. Aber der schwedische Kronprinz
wollte weder von Unterhandlungen noch von \'erträpen hören.
Jedoch sofort nachdem er unseren vollständigen und ehrenvollen
Sieg bei Sehested und den grofsen Verlust seiner Truppen erfahren
hatte, schickte er einen Parlamentär an den Prinzen, um ihm einen
WaffeDstülstand anzubieten oder vorzuschlagen; und um einen Vor-
wand ftlr die Unterhandlungen mit dem Prinzen zn haben, bat er
um die Entlassung des Prinzen Gustav von Mecklenburg aus der
Gefangemehaft, die der Prinz Friedricli auch sogleich bewilligte.')
Der im Kabinette ebenso kluge nnd listige wie tad dem Kampf-
plätze tapfere nad ttlehtige Kronprinz von Schweden saehte ohne
Zweifel bei derselbeii Gelegenheit dn Exemplar sdiies nennten
Bulletins in die Binde des Prinzen zn bringen, aas dem es klar
hervorgeht, data er anlser Norw egen aaeb DSnemark haben wolle.
Die Proklamation lautete folgendenna&en: „Jl est affligeant
d'avoir k fidie mention de eombats livrte entre les enfants du
Nord. Hb ne devraient appeler que le denil et le sUenee. Le
sonverain dont la politiqae les a provoqn^ peot seol dfeiier qu ils
se prolongeni Esptons qne le roi de Danemark mettra fin 4 cette
gnerre fratröeide (oder gaecre de frdres), et qne bientot ce royanme
et celni de la Snöde offiriront Timage d'nne famille nnie, tranqnille
et benrense.^
Diese Kiiegslist hatte die traurigste Wirkung fttr Dänemark,
denn die Folge davon war, dals am 15. Dezember aof 16 Tage ein
Waffenstillstand geschlossen wurde.
Der zweite Artikel des Waffenstillstandes ist sehr sonderbar,
da er dem Fdnde erlaubt, falls er kann, sieb der Festungen Glttck-
Stadt und Friediiebsort zu bemächtigen. Der dritte Artikel bestimmt
die Linie, welebe die Alliierten von Eckemförde bis Husum oconpieren-
mlllsten, und der vierte Artikel bestimmt, dafs der Feind seine
Streitkräfte im Herzogtume Schleswig nicht vor Ablauf des Waffen-
stillstandes -vermehren darf. Wir sehen hieraus, dals Prinz Friedrich
ein tüchtigerer und mutigerer General als ein kluger Unterhändler
war, denn auf keinen Fall hätte er einen solchen Waffenstillstand
scblielsen dllifen. Der schwedische Kronprinz sprach m seiner
Proklamation von Frieden zwischen „Brflder," aber er konnte nur
den Frieden auf eine fllr die Dänen ehrenvolle Weise anbieten, denn
Meiner Meinung nach hätte diese £ntlatt8ung erst beim i* riedeuüächluiiä&
stattfinden sollen.
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300
Aas dem Kriege 1807—14.
der Feind war in allen SebamUtieln und Gefechten total gesoldagen
worden.
Die Dänen waren dagegen nicht geschlagen worden nnd hatten
rieh dadurch hei dem Fdnde in Bespekt gesetzt, welches ein grolser
Vorteil fttr nns gewesen, wenn der Krieg fortgesetzt worden wttre,
da es bekanntlich von nnbereehenharer Bedeutung fUr eme Nation
ist, ob sie die ersten Schlachten in einem Feldzage, d^ fortgesetrt
whrd, gewmnt. Ist der Anfang gut, Ist das Ende im allgemeinen
•ftoch got. Legt man einen sebleehten Gnmd, ftthrt man dn
sehlechtes Gebände anf, wenn man sich anoh später die grOiste
Hohe mit dem Gebftnde giebt
Wii* blieben also nicht bei Sehested stehen, sondern sammelteii
die Vf #.andeten, welche es ertragen konnten, anf Wagen transportiert
zu we^uen, nnd setzten unseren Harsch nach Rendsburg fort Fllr
die Verwondeten, die anf der harten, gefrorenen Eide gefahren
wniden, war es ein sohmerzroller Weg, nnd sie stielsen jttmmerliebe
nnd herzsereilsende Klagen ans. Die Kriegsgefangenen senftteo
nnd weinten Uber das Schicksal, das ihrer wartete, nnd wir andern
— obgleich körperlich ermattet, mit hungrigem Magen und durstigen
2ungen ~ waren doch so froh ttber unseren glänzenden, ehren-
vollen Sieg, dab wir ans Tollem Halse Siegeslieder sangen.
Nachdem wir mehrere Stunden marschiert waren, wurde es,
gegen neun Uhr, stockfinster. Kein freundlicher Stern leuchtete uns,
der Himmel war mit dicken, drohenden Wolken bedeckt, nnd es
fror sehr stark. Wir fielen oft und stonten äberemander wegen
unserer milden Beine und hautlosen Fnfoe. Unsere Kiiegersohar
schmolz mehr und mehr zusammen, denn viele Soldaten hatten Jetzt
Ihre letiEten Kräfite geopfert nnd warfen sieh anf den Weg oder in
•die Gräben, wovon einige nie wieder aufstanden. Wir hatten nicht
Wagen genug für die Verwundeten, so dafo ehi grolher Teil die
Nacht auf dem Sohlachtfelde bei Sehested liegen bleiben mntste,
nnd jeder Offizier und Soldat, der den Maisch nach Rendsburg
nicht aushalten konnte, mubte anf der LandstraÜBe liegen bleiben.
Wfr machten einigemale Halt, um uns einen Augenblick anszuruhen,
nnd wenn ich meine In hohem Grade ermtldeten Kameraden und
Soldaten betrachtete, kamen sie mur wie Gespenster oder wandebide
Leichen vor. In dieser elenden Verfrwsnng, wo Schlaf und Er-
mattung Uber unseren Willen, vorwärls zu gehen, zu siegen sachten,
wurden wir plOtaslich gegen zehn Uhr geweckt und wie el^Ltrisiert,
indem wv nicht weit von uns dnen starken Kanonendonner horten.
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Ans dem Kriege 1807—14.
301
Ach, dachte ich, sollen wir uns jetzt wieder darcbschlageu, so ist
ej4 aus mit uns, denn dazu gehören übermenschliche Kräfte.
Wer kouute aber in diesem Augenblicke daran denken, dafs es
Freudenschlisse von den Wällen Rendsburgs waren, da Prinz Fried-
rich gleich nach der Schlacht vorausgeeilt war, um die Einwohner von
unserem Siege zu benachrichtigen. Um 10* /i Ubr abends kamen
wir nach Rendsburg. Die Stadt war bei unserem Einzüge schön
illuminiert, da aber Zeit dazu gehOrte, so viele Menschen einza*
quartieren, kamen wir erst gegen zwölfeinhalb in Quartiere nnd
mnlsten so lange in den Strafsen in der Nähe des Marktes oder des
Paradeplatzes stehen oder liegen. Ich legte mich mit meiner
Kompagnie im Jangtemstieg, Tor dem wir standen, nieder, als ich
aber eine nnaofhörliche Passage ftber meine Beine von den neu-
gierigen Einwohnern, die nns sehen woUten, fUhlte, legte ieh mich
anf die hohe steinerne Treppe Yor dem greisen Hanse dem Jnng^pm-
stieg gegenüber, wo ieh nngestOrt sehlie^ bis wir einquartiert wa^^£n.
Wenige Tage naeh nnserer Ankluit wnrdoi wir vom Feinde
belagert und mnfsten ttber einen Monat die seblaflosen Nttchte einer
Belagerung atuhidten. Zaletet fehlten ans die notwendigsten Be-
dfirfiiiBse des Lebens. Die JSeiagerong werde nnnnterbrochen ins
einige Tage naeh dem Fiiedensschlnsse fortgesetzt WMhrend dieser
Zeit war ioh oft aof Feldwaehe bei Altbtldelsdorf. Es fror oft so
starlL, dafiB die Fencbtigkeit in der Nase ond in unserer Pfeife fror,
und weder früher noeh später habe ich einen so strengen Winter
mit Fiost nnd Schnee erlebt wie 1814.
Fast den ganzen Monat wttlirend der Belagerung war unser
Bataillon im groisen Zollbausgebände im Kronweik einquartiert,
wo alle Offiziere und Soldaten auf Stroh lagen und Tag und Kaoht
in den Kleidern sein mufsten.
WiÜirend der Belagerung kam ich oft ins Hospital, um die ver-
wundeten Soldaten zu besuchen, woTon der gröDste Teil an kaltem
Brand starb, da es am 10. Dezember sehr stark fror, und sie den
ganzen Tag liegen mußten, ehe de verbunden wurden. Kurz nach-
dem ich in ein grofses Zimmer voll von Verwundeten eingetreten
war, hOrte ich eines Tages eine klägliche und unverständliche
Stimme meinen Namen rufen. Ich ging zu dem Bette und sah einen
so grauenvollen Anblick, dafo er niemals aus meiner Erinnerung
verwischt worden ist Dort lag ein Mensch, mit dner schwazzen,
verbrannten Haut Uber Gesieht, Hi&nde und den ganzen KOrper.
Bei diesem herzeigreifenden Anblick fragte ich: „Wer bist du?* —
Der Unglltokliche, welcher all seine Kraft angewendet hatte, um
meinen Namen deutlich auszusprechen, als er mich rief, konnte jetzt
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I
^2 Kriege 1807—14.
ki&m hQrlNur sagen: Job bin Jeppe SkmUevad, Ibr Diener.^* — Mir
Bebänderte Tor Sebfeek nnd Mitleicl Er bette niebt genug Kraft,
mir sn enSblen, wie er sn dieeem grensenloeen Unglllek gekenunen
war, denn sein Mond war zu gleiober Zeit so yerbrannt, dafe er
kanm die Lippen Offnen konnte. Einer Ton den Kompagnie-
ebimrgen sagte mir aber, dals man ibn, als wir in Rendsburg etn-
sogen, ans emem in bellen Flammen siebenden Keller von einem
der Hftnser, welcbe abgebrannt wurden, am unseren Kanonen freies
Sebnlsfeld flir die bevorstebende Belagerung zn maeben, gezogen
babe.
0, wie oft warf ieb mir vor, Sebnld an den namenlosen Leiden
meines trenen, ergebenen Dieners an sein! Hätte ieb ibn doeb bei
mir liebalten nnd dadnrob seine innige Bitte eiftUlt! Er trog Fttr-
sorge fbr mieb nnd ieb für ibn, aber wer konnte das Unglttek
Toranssehen, dafis er weit grOisere Sebmerzen erleiden mniste, als
dnreh Gewebr oder l^bel! Als ieb in der Scblaebt bei Sebested
xnr Bedeoknng Ton Kapitän t. Fries' Batterie stand, nnd mein
Diener sah, dafo die Kanonen des Feindes gegen die Bedeeknng
nnd die Batterie zn spielen begannen, kam mein treuer Diener
Jeppe zu mir nnd wollte bei mir bleiben, aber ieb sobiekte ibn zn
der Bagage znrttek, weil ieb ibn niebt nötig batte. Darauf sagte er
mit bittender Stimme: „0, Herr Leutnant^ lassen Sie mieb bei Ibnem
bleiben. Falls Sie verwundet würden, könnte ieb Ihnen doeb ntttzlleh
sein." „Nein, Jeppe,'* erwiderte ieb, „du dar&t nicht hier bleiben.
Dn setzest dich nnntttz der Gefahr aus, nnd wirst dn verwundet,
kannst da mir doch nicht helfen/' Zu meinem groisen Bedanem
sab ich ibn dann sechs Tage lang niebt mehr nnd fllrobtete, dab
er gefangen oder getötet sei. Eist Im Hospital fand loh ihn wieder,
nnd als er endlich so weit genesen war, dals er verstSndlich sprechen
konnte, eräUüte er mir, dab er zur Bagage gegangen sei, nachdem
die Schlacht gewonnen war. Da die Bagage vor Rendsburg
inzwischen Halt machte, ging er, in hohem Grade ermattet, sehlttfrig .
und frierend, naoh einem greisen Hole, Margaretiienhof. Dieser
wurde zugleich mit all den andern Häusern m Brand gesteckt, nnd
als er seine von Kälte nnd Frost steifen Glieder erwärmen wollte,
und gerade am Rande eines tiefen Kellers stand, weicher wie ein
Flammenmeer von niedergestilrsten, brennenden Balken aussah, war
er — schläfrig wie er war — in den brennenden Keller ge&llen,
woraus er in höchstem Grade verbrannt und iast tot herausgezogen
wurde. Es dauerte sehr lange, ehe er vollständig geheilt war, und
er trägt noch nnauslösobliehe Spuren von dem Falle in den brennenden
Keller.
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Ana dum Krits« 1807~14.
303
Wir kennen alle den int IHtaieniark so nnglttekliohen Frieden,
der den Verlost Norwegens bmebte, obschon die Dlnen bei Sebeatod,
fioden, Znientin, Selem, Walsen Hineh und Bonböved nnd in aU
den ▼oifaeigebenden Afflbren und SebanntltMhi siegten.
Viele sind viellelfllit der Heianng, dnb, wenn die ganie
dioiflobe Azmee ms Rendsburg in Hilfe gekommen wire, wir dann
im Verein mit den Fnnsosen — welebe xa denelben Zeit ?on
Hamborg nnsem Feinden Idttten in den Rttoken ftülen sollen ^ den
Feind bätten ans Holstein werfen nnd dem Verlost Norwegens hätten
entgehen kOnneD. Naeb der fttr die Fianxosen so nng^floklieben
Sehiacbt bei Leipaig konnte aber kein l^derstand, keine Tapferkeit
Dänemark retten. Wie sollte das kleine sehwaobe IMbiemark das
ToU bringen, was nicht einmal dem ndtohtigen ond reieben Frankreioli
gelang! Denn selbst dieses rermoobte nicht die Allierten — fast
die ganze Kriegsmaobt Europas — yon seinem Lande fem so halten,
trotzdem es eine Armee too 200000 Mann, die tüchtigsten nnd ans-
gezeichnetaten Generäle und Napoleon an der Spitxe aolWeisen konnte.
Selbst wenn wir mit Hilfe unserer gansen Armee, untersttttet von
den Franzosen in Hamburg den Feind aas Holstein hätten werfen
können, wäre gleich eine doppelt so starke feindliche Armee ge-
kommen, nnd wir hätten zuletzt doch der grofsen Übermaoht er-
liegen müssen. Der Friede wäre dadurch noch traariger geworden,
ond das seböne Dänemark wäre in ein lebendes Grab — wie Polen
nach dem nnglaeklicben Freiheitskampfe gegen Bnisland — Ter-
wandelt worden.
Dafs dir Prinz von £ekmUbl und Prinz Friedrich bei
Zeiten das UnglUck der Franzosen bei Leipzig, Napoleons Fall und
dadurch den \'erlust Norwegens fUr Dänemark verhindert haben
konnten, wenn diese Prinzen dem ersten Plane Napoleons, sich mit
ihm zn Yerdnen, bätten folgen können, das ist meine nnersehtttterliehe
•Überzengnng.
Es soll nämlich der erste Plan Napoleons — vor der nnglttck-
licben Sohlacht bei Leipzig oder eigentlich ehe er die zwei Schlachten
bei Lützen und Bautzen gewann — gewesen sein, den Prinzen von
Eckmtthl mit den 30000 Mann Franzosen und den 12000 Mann
Dänen nebst allen iranzüsibohen Garnisonen in Deutschland nnter
vorzüglichen Generalen zu sich zu ziehen, nnd mit dieser Armee,
welche sich aot mehr als 120000 Mann belief, unter dem Konmiando
des Prinzen von EckmUhl die groise alliierte Armee anzugreifen,
eder sich mit der franztfsisohen Hanptasmee in Frankreich zn ver-
einigen.
Als Napoleon aber die zwei blutigen Schlachten bei Lätzen
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304
Ana dem Kfiege 1807— 14.
und Baoteen gewonnen hatte, Tttündeite er Beben enten Plan,
er glanbte, der Hilfe der Nordarmee nicht mehr sn bedürfen.
Kaiser Kapoleon wollte niefal auf Hamborg nnd die Übrigen festen
SOdte in Denteehland Tendehten. Er wollte anf gamiehte yerdoliten
und deshalb verlor er allee, und das tie^ekrftokte Dinemark verlor
ans dieser Ursache — Norwegen.
Aber „malbeur est bon ü qoelqne chose." sagt der Franzose,
nnd obgleich der Friedensscblols so traarig für uns war, war doch
dieser Feldzag im höchsten Grade ehrenvoll für die dllnisciien Krieger
nnd erwarb ans die Achtung fremder Nationen.
Ohnedem zeigte er ans, daJjs das Glück mit den Tapferen ist,
dm mit Mnt nnd Schnelligkeit den Feind mit der blanken Waffe
angreifen) ohne sich von dem ansichereii Kugelregen, von dessen
nnbedentender Wirkung wir in diesem Feidznge ttberzengt wnrden,
znrückhalten zo lassen; denn es war jedesmal die blanke Waffe
die uns den Sieg gab, weil alle Menseben ün allgememen einen
gewissen Widerwillen dagegen haben, gespiefst zu werden, und weil
die blanke Waffe mehr Respekt einflöDst, als die Kugel.
Die Krio^sgeschichte lelirt uns auch, dafs die blanke WaÖ'e oft
genttgend ist, den Sieg zn gewinnen, wofür folgende Beweise be-
stehen: £s ist eine bekannte Wahrheit, daiüs die siegreiche französische
Armee die meisten Siege durch Bajonette und Säbel gewann. Im
lüiege auf der pyrenttischen Halbinsel von 1808 bis 1814 sohlug
der französische Obergeneral Saint-Cyr den spanischen Obergeneral
He ding in der Schlacht bei Valls ohne einen Scbuls. £r hatte der
Artillerie, Infanterie and Kavallerie zu schieisen verboten, um sich
ttberzengen zu können, welche von den Nationen die grölste
moralische Kraft and Tapterkeit besäfee. Ungeachtet, da(s die
Spanier viel stärker waren und in einer sehr vorteilhaften, vorzüg-
lichen Position standen, wurden sie doch gänzlich geschlagen und
verloren eine gioise Anzahl von Kanonen, Bagage — und 4000
KriegHgeiangene, worunter drei Oberste, sieben Oberstleatnants und
achtzig Offiziere. Selbst der spanische Obergeneral — ein Schweizer
von Geburt — bekam zwei Säbelhiebe und moiste zu Fals Uber
nackte, schroffe Felsen die Flocht suchen.
So müssen denn alle Dänen mit inniger Dankbarkeit des barm-
herzigen Herren gedenken, der uns während des Feldzuges 1813
jedesmal den Sieg über unsere Feiode gab.
Von ganzem Herzen werden wir dem lieben Gott danken, weil
er uns die Ehre bewahrte, die das grtfiste Gut und das beste Eigen-
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über den Kremerkileg. 805-
tum isty das eine Nation besitzen kann, so dab wir den Krieg:snilim
nnserer Vorfahren aafrechterhalten konnten, imd daÜB fremde Nationen
doroh diesen ftlr alle Söhne Dänemarks so ehrenvollen Feldsog
sich T<Mi dem Hat» der Kraft und Aiudaaer der Dänen Ubeneogen
können.
XXI.
Ueber den Kreuzerkrieg.
Von
Jachmann, Korvettenkapitän a. D.
Der Kreuzerkrieg: ist oft in Gegensatz /n dem Bedürfnis einer
Schlachtflotte gebracht worden, man sagt scheinbar mit Recht, um
diesen Krieg zu führen, braucht man nur Kreuzer- und keine Linien-
schiffe. Grewifs ist das richtig, aber um einen solchen Krieg auf
dem Meere führen zu können, weicher einem Feinde wie England
mit seiner ungeheuren Handelsflotte und seinem gewaltigen Seeverkehr,
der in Bezug auf seine Lebensmittel und die KohstofTe für seine
Industrie auf die überseeische Zufuhr angewiesen ist, einen aufser-
ordentlichen Sehaden zufügen würde, und könnte, muls man viel
überseeische Kohienstationen und Stützpunkte haben, welche Deutsch-
land bis jetzt nicht hat, und eine Menge ausgezeichneter Kreuzer.
Die deutsche Marine würde sehr zufrieden sein, wenn sie von letzteren
recht viele hätte, denn wie die Kavallerie ein vitaler Bestandteil
einer Armee ist und ein Heer ohne ausgezeichnete Keitcrei niiuder-
wertig bleibt, so bedarf eine Schlacluflotte ausgezeichneter Kreuzer,
ohne diese wird sie in ihren Bewegungen unsicher, erhält zu spät
Kenntnis vom Feinde und ist gegen I^berraschungen nicht geschützt.
Der Krenzerkrieg allein aber wird nie die Entscheidung in einejii
Seekriege herbeiführen, diese hän^ niur von der SchiachtÜotte durch
die Seeschlacht ab.
Ich will nun auf den Kreuzerkrieg näher eingehen und die
grolsen Schwierigkeiten desselben, sowie die verschiedenen Even-
tualitäten, welche in demselben eintreten können, zn schildern ver-
suchen.
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über den Kremerkileg.
Während der grofsen englischen Flottenmanöver im Jahre 1888
ond 1889, welche dadurch besonders interessant nnd lehrreich waren,
dals sie von den beiden besten Admirälen der damaligen Zeit geleitet
wurden — der eine von ihnen war Sir George Tryon, auf den
England seine gröijsten Hoffnungen setzte, welchen die Engländer
wohl den zweiten Nelson nannten, und der wenige Jahre später auf
der Höhe seines Ruhmes und seiner Schaffenskraft als Chef des
Mittelmcergeschwaders an einem sonnigen Juninaehraittag bei glatter
See und leichter Brise mit seinem Flafrfrschiff Viktoria und vier-
hundert braven Seelenten in die Tiefe des Meeres sank, durch einen
jener unerklärten und unerklärlichen Fehler, wie sie hochgeniale Fllhrer-
naturen zuweilen gemacht haben, ich erinnere nur aus der neueren
(resehiclite an das unbegreifliche Verhalten Friedrich des Grofsen bei
Hochkirch und Napoleons I. in der Schlacht von Borodino. Dieses
plötzliche \ ersagen des Genies, das ewige Rätsel für die Psycho-
logie, ist wohl die schmerzliche Erinnerung, dafs auch so hoch über
der gewöhnlichen Menschheit hervorragende Kieseuuatoren doch nur
Menschen sind.
Während dieser grofsen F'lottenmanöver, welche auch auf anderen
Gebieten mannigfache sehr wertvolle Anregungen gaben, kam auch
der RreQzerkrieg zur (ieltung. Zahlreiche Prisen wurden aufgebracht
und, wenngleich das strategische Ergebnis am Schlufs der Manöver
zu Gunsten des Teiles ausfiel, welchem der Schutz Englands oblag,
80 hatte doch der Gegner, welchen man sich auf Irland basiert dachte,
viel grölsere Erfolge an Prisen aufzuweisen, und seine Kreuzer
wurden trotz allen gegnerischen BemUhungea zum Schutz des eignen
Handels nur selten von feindlichen Kriegsschiffen getroffen, noch in
ihrer Thätigkeit gestört. Die Prisen waren Uberwiegend Dampfer und
stellten mit einem Tonnengehalt von ca. IBOCKH) Tonnen einen ge-
schätzten Wert von iKS Millionen Mark da, ohne die in vielen Fällen
weit kostbareren Ladungen. Diese Prisen waren in zwölf Tagen
von 6 Kreuzern und zwei Torpedojägern der irischen B- Flotte auf-
gebracht worden. Die Kopfzahl der Besatzungen kann auf 3000 bis
4000 Mann veranschlagt werden, darunter viele Leute der Marine-
reserve. Diese Zahlen sind wahrscheinlich noch etwas zu niedrig
gegriflen, da nach statistischen Angaben gemachte Berechnungen
fUr 180000 Tonnen Gehalt eine Bemanuungsstärke von 4000 bis
50(X) Mann ergeben. Hierin liegt eine schwere Schädigung des
Nationalvermögens und eine gerade im Kriege sehr empfindliche Ent-
ziehung von wertvollem Personal, denn eine grofse Flotte wie die
englische, wird im Kriege immer auf das seegewohnte Personal der
Handelsflotte in bedeutendem Maüse angewiesen sein.
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über den Kreuzerkrieg.
307
Gmde England; weldbes binnehtlieb sdner Lebensudttel imd
der Bobstolfe tat seme Industrie auf die ttberseeiBebe Zufuhr durehans
angewiesen ist, würde dnroh die StOrnng des Seererkefan am
emfifindliehBten getroffen werden. Allerdings wttrde im Kriege, selbst
wenn er pltftalieb ansbriobt, die Zahl der Prisen in der TerhiUtds-
mäfsig knrsen Zeit wobl keine so grolse sein» wie wftbrend dieser
FriedensmanOTer.
Ans den bestiglicben Vorgängen während der FlottenmanöTer
Ton 1888 und 1889 erkennt man dentUeb die in der englischen
Marine Torberrsebende Tendenz naeb weitgehendster Vemiebtong
des feindlieben Eigentams, ohne Untersehied, ob es Staats- oder
Privateigentam ist StreiMge gegen die feindliehe Kttste mit Zer-
störung Ton Schiffen und Etablissements sowie Brandschatsongen
offener Städte spielten eine greise Bolle bei den Operationen« Man
wird sieh daher bei dem rtteksicbtslosenEgoismus, weleher zu allen Zeiten
die Eriegfnbmug Englands gekennzeichnet hat, mit dem Gedanken
▼ertraut maoben müssen, dafs in einem kttnft^;eD Seekriege der
Kampf gegen das Privateigentum mit scbonungsloeer Härte gefujtrt
werden wird, und d&ts diejenigen Nationen, welebe dieser Krieg-
flthrung im Grunde abgeneigt sind, IbrerseitB doch zu dem gleichen
Vorgelien genötigt sein werden, um nicht zu sehr im Naehteil
zu sein.
Die Verfolgung des gegnerischen Privateigentums ist aber die
Angabe des Kreuzerkrieges, und da sich dieses sowohl unter
der Handelsflagge auf See bewegt als ancb an den Kästen aof-
gestapelt liegt, so ergiebt sich ein Zusammenhang zwischen dem
Kreuzerkrieg und der Kästenverteidigung. Der Kreuzerkrieg yer-
folgt ein materielles und ein moraliBebes Ziel, das erstere duroh
den direkten Schaden, welchen er verursacht, das letztere durch den
Schrecken und die Demoralisation der Bewohner, welche er ver-
breiten wird, wenn feindliche Kreuzer brandschatzend an unver-
theidigten Kästen gegen offene Stitdte vorgehen. Er wird sich daher
nach der Natur seiner Angrifftobjekte in zwei&cber Form abspieko,
als Priseivlagd auf feindliche HandelssohifliB auf See und als Streif-
zäge gegen die idndliehen Kästen. Durch diese Kennzeichnung der
Thätigkeit der Kreuzer im allgemeinen werden die EigenschaAen
derselben bedingt Ein Haupterfordemis fär dieselben ist du sehr
hohes Mals von Selbständigkeit, und damit sie ihre Aufgaben
erfäUen, mässen zwei Haoptfaktoren zusammenwirken: Vollkommene
Geeignetheit des Schiffes und eine kluge, käbne und rastlose Fährung;
letztere wird manches ersetzen, was dem Schiffs vielleicbt mangelt
Ein solcher Kreuzer mnfo eine sehr grofise Gesebwindigkeit besitsen,
Jskrbftohar tit di« d*iil«eh* km— uad MuIm. Bd. 114. B. 20
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308
Über dm KieuakftoK.
um es mit den heutigen Sehnelldampfeni aninehmeii in kOnnen, er
imift einen sehr bedeotenden Kohlenvoxrat an Bofd nehmen können,
80 lange andere Arten der Feaemng wie Maaat und Petrolenm-
hriketts noeh nicht einwandfrei sind and noeh nicht an Bord Ton
ICiiegsaohiffen verwendet werden, und mnfii einen hohen Grad von
Gefeehtswert haben.
Der Kreozerkiieg bedarf einer ebenso umsichtigen Vorbereitung
wie, einmal begonnen, der Oberleitnng, es wäre ein Irrtum anznnehmen,
dafe die aosgesandten Kreuzer immer sich selbst Uberlassen bleiben
sollen nnd nur nach eignem OatdUnken zu handeln haben, sie mUssen
vielmehr fortdaaemd, so schwierig dies aaeh za Zeiten sein wird,
mit der heimatliohen Oberleitung in Ftthlong bleiben. Dieee Vorbe-
reitungen mttssen schon im Frieden getroffen werden. Vor allem
werden die einzelnen Äktionsgebiete festzulegen sein, und wird es
für dieselben mafsgebend sein, wie man die feindlichen Handels-
strafisen am empfindlichsten stört and unterbindet. Dann mois die
Kohlenvenorgung der Kreuzer besonders berücksichtigt werden.
Am bequemsten wird dieselbe durch eigene Kohlenstationen bewirkt
werden, sind diese jedoch nicht oder nicht in genügender Zahl vor-
banden, oder will man mitunter die dadurch herrorgerufene Hegel-
mäfisigkeit in den Bewegungen der Kreuzer vermeiden, so werden
die Kohlen auf See von gescharterten Kohlensehiüen genommen
werden, welche dann seitens der Oberleitung rechtzeitig ansgesandt.
und denen die Rendezvonsplfttze bestimmt werden mttssen. Es wird
(lies im Kriege oft nur mit grofsen Schwierigkdten auszuführen sein.
Diese Kohlenschiffe werden auch dazu dienen, gegenseitig Nachrichten
und Befehle der Oberleitnng zu vermitteln. Abgesehen von dieser
Art der Vermittelung aber werden die Kreuzer zu bestimmten Zeiten
eigene Kttstenplätze oder Stutzpunkte sowie Häfen von neutralen
Staaten anlaufen müssen, um mit der heimatlichen Oberleitung in
Verbindung zu treten. Hierbei würde sich wie in dem jetzigen Kriege
H^glands mit Transvaal der Mangel an eignen Kabelverbindungen
in der empfindlichsten Weise für Deutschland in der nächsten Zu-
kunft fühlbar machen; zum Glück hat endlich das deutsche Reich
die Initiative ergriffen, uro von der Ittstigen Bevormundung Englands
in dieser Beziehung sich frei zu machen, aber das wird leider auch
eine geraume Zeit in Anspruch nehmen. — Es wird sich auch
empfehlen, einen Wechsel der Tbätigkeitsgebiete der Kreuzer mitunter
vorzunehmen, nm ihre Verfolgung zu erschweren. Die Anordnung
der Thätigkeitsrayons wird sich nach der Zahl der Kreuier richten,
welche man selbst zur VerfUgung hat, and nach den gegnerischen
Kräften. Im Kampf zwischen zwei groisen Nationen mit ausgedehnten
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über den Kreazerkrieg.
809
Haudelsbeziehn Ilgen heutzutage wird das Feld, auf welchem sich der
Kreuzerkrie? abspielen kann, ein sehr ausgedehntes sein, umsomehr
mufs man l»creit sein, sogleich bei Beginn des Krieges energisch in
Aktion zu treten, wenn der Feind noch nicht den Bewegungen
Hiiidernisse in den Weg legen bezw. dieselben lähmen kann. Solche
kühnen, schnellen Vorstftfse können von unermefslicher Bedeutung
für den weiteren Verlauf des Krieges sein, wie z. B. die Vernichtung
grolser feindlicher Fischerflotten, aus deren Personal sich die Kriegs-
marinen zum Teil ergänzen.
Ein sehr schwieriger Punkt im Kreuzerkriege ist die Behandlung
der i'risen. Jemehr solche auf<rebraeht werden, desto verwickelter
wird die Lage des Prisenjägers, zumal wenn keine eigenen Häfen in der
Nähe sind. Der Kreuzer darf sich durch die KUcksicht auf die Prisen in
seinen eigenen Beweguiiirt ii nicht behindern lassen, er mul's sie also
getrennt nach ihrem liostiinniungsort senden. Da/u ist aber die
Besetzung derselben mit zuverlässiger 1' uhrun:: und Mannsehalt not-
wendig, welche nur der eignen Besatzung des Kreuzers entnommen
werden kann.
Innerhalb gewisser Grenzen können wohl Olliziere und Mann-
schaften Uber den Etat bei Aussendung eines Kreuzers an Bord
gegeben werden, um die Prisen besetzen zu können, sind diese aber
verbraucht, so ist es schwer, das Personal zu ersetzen, ohne die
Schlagfertigkeit der Kreuzer selbst zu beeinträchtigen.
Giebt man aber auf eine Prise eine unzureichende Besatzung
luverlässiger Leute, so setet man sich dem Verlust derselben ans,
da ün Kriege sich immer unter der genommenen Besatzung onter-
nebmende, vor nichts zurttokschreckende Männer finden werden.
Daher ist schon mehrfach die Ansicht geänlsert worden, sieh dnroh
die Sorge nm die Prisen nicht beeinflussen zu lassen nnd dieselben
rttoksiohtsIoB sn zerstören, wenn ihre Bergung Schwierigkeiten machen
sollte. So handelten während des amerikanischen Seeessionskrieges
wiederholt die Kreozer der Konföderierten. Aber so einfach dieses
Rezept ist, abgesehen Ton der dnrch diese Praxis entfesselten Roh-
heit, und den nngehenren Repreasaliea, welehe dieses System dnrch
die aoferlegten Kriegskosten für den Teriierraden Teil heibeiftthren
wttrde, bedeutet doch jede Prise nicht nor eben empfindlichen Ver-
lost itlr den emen Teil, sondern aneh einen oit sehr wertvollen
Grewinn Air den andern, dessen Vemichtong keineswegs gleichgUltig
ist Man wird sich daher wol nur im Falle fto&erster Not zur Zer-
etttrung der Prisen entschlielsen. Um aber so handeln za können,
darf man nicht durch den Mangel an Personal behindert sein, es
mnis daher ftlr Ersatz der an die Prisen abgegebenen Mannschaften
20*
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310
Über den Kreazerkrieg.
gesorgt werden. Kann der Kreuzer zu diesem Zweck keinen eigenen
Hafen anlaufen, so müssen die Kohlenschiflfe zum Nachschub des
Ersatzes benutzt werden, oder Mannschaften von Handelsschiffen
derselben Flagge dazu requiriert werden. Diese Schwierigkeit fällt
tttr diese Art des Krieges sehr schwer ins Gewicht and wird heut-
zutage kaum befriedigend zu lösen sein.
Wie wird man nun die Handelsschiffe im Kreozerkriege schützen
können? Entweder direkt, indem man sie dorch Kriegsschiffe schützt
und selbst yerteidigungsfähig macht, oder indirekt dnrch Vernichtung
der feindlichen Kreuzer. — Der direkte Schatz wird, — abgesehen
von einer beschränkten Anzahl von Dampfern, welche in allen grolsen
Marinen beieüs Im Frieden als Auxifiackienier bestimmt sind und
eSne Gefeehtsaimrllslong eriialten, am unter Umsttnden einen Kampf
anfnelmien zu können, wobei ihnen die sehr grolBe Geschwindigkeit
immer TortrefSich in statten kommen wird, — bei dem nngeheozen
Anwachsen der Handelsmarinen und ihrer Verkebrsstrafoen der gtotaea
Nationen hentantage nnmOgUeb sdn* Die Konvois früherer Jahr*
hunderte, d. h. der Schntz der Handelsflotten durch Kriegsschiffe ist
heute nicht mehr ausführbar, wenigstens nur noch in modifizierter Form,
wenn Truppen oder Kriegsmaterial Uber See geschafft werden müssen.
Niemals wllide England vermocht und gewagt haben, bei einem
halbwegs ebenbttrtigen Gregner zur See einen so ungeheuren Trans-
port von Truppen, Pferden, Maultieren und Kriegsbedarf ohne
Konvois Uber den Ocean zu schicken wie in dem jetzigen Kriege
mit Transvaal, wenn es nicht durch seine enorme Ubermacht auf
See bei einer ftir England ungemein günstigen politischen Konstellation-
die anderen Milchte xor Unthätigkeit gezwungen IdUte, da sein helden-
mütiger (Gegner ihm auf See nicht gegenttbertreten kann. Konvois
werden aulserdem für Staaten wie Deutschland, welche keine oder
nur sehr wenige ttberseeische Kohlenstationen haben und daher von
neutralen Mttohten abhängig sind, auf greise Eutiemnngen Unter-
nebmnngen problematischer Nator sein, da diese neutralen Mächte
eine Ansammlung von Kriegsschiffen einer kriegflihrenden Macht an
einem Punkte ihres Gebiets nicht dulden werden, solange sie die
Macht dazu haben.
Mögen die Handelsflotten nun gldcb oder die euie der andern
ttberlegen oder Inferior sein, ein gewisser Einsats wird immer un-
vermeidlich sein, da man nicht alles schlitzen kann, am besten wkd
man daher thnn, in der eignen Offensive das Gegengewicht gegen
die feindlichen Kreuzer zu suchen und danach zu streben, mehr
Schaden zu verursaclien als zu erleiden. Alles dies erfordert aber
eine grofse Krenzerflotte und zwar eine grofse Anzahl dnrehaus modemer
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über den Kreuzerkrieg'.
311
grolser Kreiuter v<m hohem Gefieehtawert and dne Menge Uber-
seeischer Kohlenstationen und Statapiinkte, welche DeotBcbland leider
nieht besitzt
StreifzUge gegen die feindliehe Kttste, welche eine sehr genaue
Kenntnis derselben voraassetEen, werden haaptsäehUeh die Zerstörung
ieindlicber Etablissements jeglicher Art, Eisenbahnen, ScUfbmaterial
und die Anferlegong von Kriegskontribationen im Gefolge haben,
and ihr Erfolg wkd neben den materiellen Verinsten hauptsächlich
in der Erregung von Schrecken und moralischer Depression der
Kttstenbewohner liegen. KiemalB dttrfen derartige StreifzUge auf
gat Olttek nnternommen werden, schon die Schnelligkeit, mit welcher
sie dorchgeftlhrt werden mttssen, erfordert ein planm&fsigefi Vorgehen
nnd verbietet ebensowohl onsicheres Umhertappen wie blinde Toll-
kflhnbeit, welche nmitttz nnd sinnlos sich in Gefahren stQrzt Wohl
gebort zu derartigen Untemehmongen Etthnheit nnd Glttek, aber die
Geschichte lehrt nns, dals derjenige am sichersten das Glttck an
seine Fersen fesselt, welcher ihm nur das IlberÜÜst, was Torber nicht
bedacht werden kann. Anob hier ist es von oft anberechenbarem
Wert, solche Strei&Uge sogleich bei Beginn des Krieges ins Werk
sa setzen, wodnreh die Pläne des Feindes von romberein gestOrt
werden nnd dies omsomehr, je weniger er auf solche Aktionen Torbereitet
war. Spanien wttrde wahrscheinlich heate noch im Besitz seiner
Kolonien sein, wenn sofort nach der amerikanischen Kriegserldärong
schnelle Kreazer Ton hohem G^echtswert gegen die damals ganz
angesehfitzte nordamerikanische Kttste derartig operiert hätten. Eine
forchtbare Panik anter der BcTÖlkerong hätte Platz greifen können,
welche der expansionsIttBteznen Jingopartei einen starken Dämpfer
angesetzt hätte.
Dies sind in groüwn Zflgen die ETentoalitäten and der VerUuiif
des Kreazerkrieges. Er wird, wenn er aoch grobe Yeriaste herbei-
fHbren kann and wird, niemals die Entscheidang bringen, diese wird
immer wie in den froheren Seekriegen dnrob die Seeschlacht Ton
der Sehlachtflotte herbeigettthrt werden,
FOr Dentsehland wtirde der Kreaserkrieg wegen sdner eigen-
tttmlichen geographischen Lage and seinem Mangel an Überseeischen
Kohlenstationen nnd StOtspankten nnr geringe Aassicht anf Erfolg
haben, and da letztere in absehbarer Zeit nicht za erwerben sind,
brancben wir anch aas diesem Grande eine starke Schlaohtflotte TOn
Umenschiffen, om den Seekrieg in anseren Meeren mit Erfolg führen
za können.
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312 Büfalands neueste EbeDbabaprujekto in Mittelasien uud Persien.
XXII.
Rufslands neueste Eisenbahnprojekte in Mittelasien
ond Persien.
Langsam aber nnaofbaltBam wäehst das rassische Reicli nach
Asien liinein. Sehrittweise aber sicher voHzieht sich auch das Vor-
dringen der Rassen in Mittelasien. Naeb Unterwerfong der west-
tmaoiedien Länder, richten sich Ra&lands Bestrebnngen nach Sttden,
dem Indischen Ocean za, am endlich am Gestade eines ofienen, stets
eisfreien Heeres festen Fafe zn fassen. Bei den primitiven Verkehrs-
mitteln Asiens erlahmen jedoch militsrisohe und Handelsanter-
nebmongen im weiten Banm, sofern eben der Eisenbahnbetrieb noch
nicht einzasetzen Teroiag. Wettbewerb auf dem Weltmarkt nnd
KrIegfUhrang sind ohne Bahnbenntzang gar nicht mehr denkbar, weÜ
letztere allein die Möglichkeit eines schwanghaiten Handels nnd recht-
zeitigen Anfkretens aasreicfaender Streitkräfte gewährt, mitbin ergiebige
nnd entscheidende Resaltate erzielen läfst. AUe Welt lebt hente
anter dem Zeichen des Verkehrs. Aal den Schienensträngen wachtet
die Operationspraxis aller merkantilen nnd strategischen Interessen,
und dnreh eiserne Schienen wird in absehbarer Zeit auch Adens
Ländermasse an Saropa gefesselt sein.
Mit der transkankasischen Bahn hat Raisland in jeder Beziehung
anlserordentliche Erfolge erzielt, welche doroh südwärtige Verzwei-
gungen dieses Schienenweges noch betiiUshtlicb gehoben werden
können. Daher ist man schon seit längerer Zeit mit den Vorarbeiten
fUr zwei wichtige Anschlufolmien in der Richtang zur afghanischen
Grenze beschäftigt, deren eine von der Turkmanenstadt Merw, dem
Stutzpunkt der Rossen in der gleichnamigen Oase, darch i das
Morghabthal den an der groben Stralse nach Herat belegenen Grenz-
posten Kascbk, während sich die andere von Tschardschui, dem be-
festigten Obergangspnnkte der transkaspischen Bahn ttber den Amn«
Daija an dessen linkem Ufer bis zum Grenzfort Kerki binwinden
soll, von wo altbetretene, gangbare Wege nach Balch nnd Kabul
führen. Herat nnd Kabul, vielamstrittene Empörten der iranischen
Länder, sind auch als Kreuzungspunkte grober Heer- nnd Handels-
stralsen von hervorragend strategischer Bedentnng. Ihrer geographi-
schen Lage nach bUden beide Plätze im Veiein mit dem sfidfich
belegenen Kandahar, die Ecken des strategischen Dreiecks von
Afghanistan.
Gegenwärtig liegen dem russischen Verkehrsministerium neue
grolsartige Entwürfe zum Bau asiatischer Eisenbahnen vor. Es
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KlUslands neaeste Eiseubahnproiekte in Mittelasien und Per»ien. 313
handelt sieh jetat am eine nttehste Sehienenverbindang Kufslands mit
Mittelasien sowie am Anlage und Aosbaa persischer BahDen, nachdem
zufolge eines neuen Vertrages zwischen Rofsland and Persien der
enteren Haoht das Monopol des Eisenbabnbaaes in Persien wiederum
zehn Jahze gesichert worden ist. Pttr weitere Untemehmungen
Rnblands znr Ansdehnong seiner Hensohaft in Asien beginnt mit
dem Ban dieser bedeotenden Schienenwege eine neue Ära wirt-
sebaftiieben Anfsebwnngs und müitilrischen Vorgehens. Der erfolg-
reiebe Fortgang der sibiriseben Paettebahn, binft«r deren Spar neae
Knltnren nach Asien hineinziehen, liefe in den maisgebenden Kreisen
dem Gedanicen an eine direkte Eisenbahnlinie Ton Europa nach
Mittelasien festere Gestalt gewinnen. Man will das Wolgagebiet and
Torltestan doreb diese Bahn nüber aneinander rücken. Dieselbe soll
nicht nnr die toranische Kolonisation erleichteni und den politischen
Einflols Rolslands in A%hanistan und Persien beben, sondern auch
die wirksame Rolle einer strategiseben Operationslinie ttl>emebmen,
insbesondere eine engere und schnellere Verldndong der bewafflieten
Etappen herbelAlhren sowie eine unFerzUgiiche Ver|äianzang grOIserer
Tntppenansammlongen auf weite Entfernungen ermOi^chen. Aas>
gangspankt der Bahn wird Samara am linken Wolgaufer sein, Ton
wo bereits 1878 eine Expedition sar Auftuebung der Trace einer
mittelasiatiseben Eisenbahn in der Richtung auf Samarkand, dem in
woblbewttsserter fruchtbarer Ebene am Flusse Serafseban belegenen
Knotenpunkte sehr belebter Karawanenstrafsen ausging. Die jetzige
Linie wird Uber Uralsk, der Hauptstadt des gleichnamigen Gouver-
nements, durch das Transkaspigebiet am Sttdweststrande des Aral-
sees zum Amu und an dessen linken Ufer hin nach Tscbardschai
laufen und zwar in einer Gesammtiüage von etwa 1900 km. Bei
letztgenanntem Platze mündet diese Linie in die nach Samarkand
ftlbrende transkaspische Bahn, deren Weiteiflihrung bis Taschkent
am rechten Thalraode des Syr-Daija, dem wichtigsten Stapelplalase
des russischen Warenrerkehrs nach Persien und Indien, in un-
mittelbare Aussicht genommen ist Erst nach FrOffiiung eines direkten
Eisenbahnbetriebes von der Wolga bis zum Syr, kOnnen die Chanate
Chiwa und Bochara, ebenso Ferghana, die sttdöstlichste Provinz des
russischen Turkestan, wirtschaftlich erschlossen und militärisch sicher
behauptet werden.
Dieser von der Wolga bis zum MitteUaufe des Amu sich er-
streckende Schienenweg kllrzt die bisherige durch Eaukasien Uber
den Kaspisee laufende Verbindung des europftischen Rolslands mit
Mittelasien erheblich ab. Die neue Linie Petersburg — Moskau —
Samara— Uralsk— Ghiwa^Tschardschui bildet, abgesehen von einer
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314 Rofslands neaeste Eisenbahnprojekte in Mittelasien und Persien.
östlicbeo Ansbieguug im Wolgagebiet, fiwt eine gerade Lüde, wtiiiend
die gegenwärtige Moskau — ^Tlffis— Bakn — ^Obei&hrt desKaspisees —
Miebailowsk — Merw — ^Tebaidsehni, nahezu in dnem rechten Winkel
anallnft. Da die nea anzulegende Bahn hanpABfteUioh dureh Steppen
geht, ao wird ihr Ban mit kdnen besonderen Schwierigkeiten ver-
knüpft sein. Bis anf das sttdOstliehe Gebiet Ton Bokhara und
Ferghana ist das mssisohe Mittelasien Steppe, wenn es anob kdnes-
wegs den Charakter einer euifttmiigen £beae trägt In grölseren
oder kleineren Bodenelnsenkangen, von dttnenartig aulgebttaftea
Sandmassen umlagert, flielsen die Gewässer dem Meere zu oder naeb
den seeartigen Oberresten desselben auf dem Festlande. Namentlich
zwiscboi Azal- und Kaspisee breitet sich in der Bicbtung zum Ural-
flnsse die grOIste Niedemng der alten Welt aus, in deren abgeüacbter
Forche die Eisenbahn von Samara bis an die Ufer des Aralsees
hinziehen solL Das mittelasiatische Steppenland ist ftlr Ruihland
von hohem Wert, weil durch dasselbe offene und breite Verkehrs-
wege nach Sttden flihren, welche Ittr Erweiterung der roasischen
Handelsbeziehungen und Machtent<ong von hoher Bedeutung
bleiben. Durch VervoUstibidigang des mittdanatischen Eisenbahn*
Uetzes wird das Vordringen Rulslands, dessen hypnotisierter Blick
auf den Indischen Ocean gerichtet ist, nach A%hanistan und Persien
wesentlich gefördert Schon seit einer Reihe von Jahren begleitet
die transkaspische Bahn als gttnstige Operationsbasis die nördlichen
Grenzen dieser LAnder m näherem oder weiterem Abstände, aber
immer noch nahe genug, um mittelst Eisenbahntransports nach
Verlauf eines Tages die Grenze ttberschreiten zu kOnnen. An diesem
liesenhaften Schienenwege laufen die vor- und rückwärtigen Ver-
bindungslinien zusammen, deren letztere durch den Ban der geplanten
Bahn Samara— Ts<diardsohui ansehnlich verstärkt werden. Zum
Schatz dieses Eisenbahnnetzes hat man von Truppenauistellan-
gen ausgiebigen Gebrauch gemacht, so dab die Zugänge der irani-
schen Länder strategisch hinreichend behensoht werden.
Zunächst hat sich Bolslands Hand in Persien bemerkbar
gemacht, indem es, wie schon erwähnt, unlängst die Verlängerung
seines Eisenbahnmonopols in dem Reiche des Schah durchzusetzen
vermochte. Die Tendenz der russisch-mittelasiatischen Politik hat
dort auf diplomatischem Wege, ohne Anwendung materieller Macht,
die Einfluibsphäre Rulslands sichtlich erweitert und das Ziel einer
gesicherten Annäherung zum Weltmeere durch handelspolitische
Schritte erreieht Dandt haben die Russen dnstweilen das Vorgehen
in der Richtung anf Herat oder Kabul ausgesetzt und statt dessen
das westlich iranische Gebiet als nächstliegendes Operationsfeld
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Bn&laBili aenaste EiMaMuprojekta in Mlttolnfan und Persien. 315
gewftlih. Ein Bliek auf die Karte lehrt, dab Penlen das naittrliolie
Bindeglied zwischen Tnmsluiikaaien nnd dem Kaspisehen Meere-
«neraeito und dem Indisefaen Ooean andiereeits bildet Währende
A^hanistan vom Heeie doroh das indobritische Reich nnd dessen.
Sohntegebiet Beladschiskan abgeschnitten ist, kann Rofsland durch
Persien an das Weltmeer gelangen, ohne irgendwo aof territoriale-
Ansprüche seines britischen Ri?alen sa stofsen. Anf firoberongen
wird BnCbland in dieser Bichtnng fürs erste foranssichtlich nicht
ausgehen, da es billiger nnd ohne Gefahren seine Zwecke zn er-
rdehen vermag. Die gegenüber dem Emir von Bochara angewandte
Methode, welchem der Schein seiner HerrschersteUang unter mssischer
Oberhoheit belassen, die wirkliche Macht aber genommen wurde,,
wird in einer den persischen Verhältnissen angepafeten, abgeänderten.
Form auch zur Mödiatisierung Persiens führen. Die gegen das
msäsche Vorgehen tou britischer Seite Tersuchten Gegenmabnahmen.
haben weder in A^hanistan noch in Persien bleibende Wirkung
gethan.
Nachdem es Rulsland gelungen, 1890 einen Vertrag zu erlangen,
kraft dessen ihm für zehn Jahre das ansschlieÜBliche Recht des-
Eisenbahnbaues anf persischem Boden eingeräumt, ist nunmehr eine
Verlängerung Jenes Abkommens auf weitere zehn Jahre bewirlU.
worden. Wenn man in Petersburg bisher ?on dem eingeräumten
Rechte des Bahnbanes noch keinen Gebrauch gemacht, so ist die
Ursache hierfür wohl namentlich in der Festlegung der russischen
Kapitalsmittel für eigene Bahnbanten zu suchen. Geplant ist zunächst
eine Bahnlinie von Alexandropol im kaniLasischen Gouvernement
Erivan, in sttdtetlioher Richtung nach Ispahan, der nenentstandenen
Metropole Persiens, einst reichen Residenz Schah Abbas des Grolsen..
Von dort würde die Bahn bis zum Persischen Golf weitergeführt
werden, wo als Endpunkt in erster Reihe der geräumige Hafen
Bender Abbas über bestem Ankergmnde m Betracht kommt, auf
welchen Platz Rulsland schon längst ein Auge geworfen hat Die
Bedeotung des rassischen Monopols liegt kommerziell und strat^isoh
in dem Umstände, dals diesen Buhnen die russische Spurweite
g^eben und dadurch der direlite Verkehr sowohl von Kleinasien wie-
von Beludschistan her verhindert wird. Nach Analogie des Vor-
gehens in Kordchina werden mit den russischen Ingenieuren and.
Beamten als militärische Bedeckung Kosaken in das Land einziehen
nnd den Grund für die thatsächliche Schatzherrschaft Kulslands in
Persien legen. Die Nordprovinz Aderheidsdian hat Rulsland bereits
wirtschaftlich okkupiert und ehenmäfsig begonnen, auch militärisch
einen ansschlaggebenden £inflnlB zn üben, seitdem die Organisation.
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31t> Kufslaada neueste fügeab&hnprojekte in Mittelasien and Pendea.
der persischen Kavallerie russischer Leitung übertrafen ist. Somit
dürfte es kaum einem Zweifel unterlieg:en, dafs die Russen ein er-
drückendes Uboro-owicht iu Persion frewinnen und ihrem unauihalt-
samen Drängen nach Süden kein ernstliches Hemmnis entgegenstehen
wird, vorausgesetzt, dals sieh nicht unvorhergesehene Konstellationen
der Weltlage herauübiideu, iuneihaib deren auch die persische Frage
aufgerollt würde.
Wer konnte noch vor wenigen Jahren ahnen, dals ein Krieg
zwischen den Vereinigten Staaten von Nordamerika und S[)anien
solchen Neriauf nehmen und diese Folgen hal)en wUrdeV Nord-
amerika ist mit einem Schlage eine gewaltige Kolonialmacht und
ein Faktor ersten Hanges in der Weltpolitik geworden. Niemand
konnte voraussehen, dafs die ostasiatisehe Frage so rasch und
gründlich ange.-^ehnitten werden und dafs das Deutsche Reich nicht
nur durch seine Handelsinteressen, sondern noeh mehr durch jene
strategisch höchst vorteilliat'te Heset/.ung von Kiautschou, ein durch
seine .Machtfülle auszuübendes lieeht, im fernen Osten mitzustimmen,
erhalten würde. Welches Heisjiiel für die beherrschende Position
der Kriegsmarine in Ui u Welthändeln ist in dem denkwürdigen
Worte „Faschoda" mit blitzartiger Plötzlichkeit zu Tage getreten?
Wer konnte endlich vermuten, dals England einen grofsen Krieg in
Südafrika zu tühreu haben würde und wer kann iieute wissen, was
sich au.s diesem Keime noch alles entwickeln wird?
Inzwischen hat Britannia, mifstrauisch und arglistig das Vor-
gehen Rufslands in Persien beebachtet und ungeachtet ihrer augen-
blicklichen Bedrängnis in Südafrika (irgenmafsregeln zu treffen
versucht. An der nordw^estlichen Ecke des Persischen Golfes liegt
das kleine Sultanat Koweit. in dessen Hafen sich kürzlich ein
britisches Kriegsschiff vor Anker legte Über die Gründe dieses
-seltsamen Besuches ist freilich nichts bekannt, vermutlich waren jedoch
militärische und merkantile Zwecke damit xerhiinden, um gegen
die russischen Unternehmungen am jenseitigen Ufer des Golfes
Stellung zu nehmen. Ob diese N'ersuche sich in den zwischen dem
Sultan voll Koweit und den türkischen Behörden entstandenen Streit
einzumischen Erfolg gehabt oder nicht, entzieht sich der Kenntnis.
Vor einigen Jahren waren dort Thronstreitigkeiten entstanden, infolge
deren sich eine der Parteien um Beistand an England wandte. Seit
jener Zeit hat diese Macht ihr Augenmerk nicht mehr von Kow^eit
abgelenkt. Wiederholt ist in London darauf hingewiesen, ein wie
trefflicher Stützpunkt Koweit für die Kürzung des Weges nach
Indien werden könne und dabei als wesentliches Moment betont
wordeu, dals dieser Platz sich vorzüglich zur Endstation einer anza-
Digitized bv Cooalf
Bul'sliuida neueste iäsmbahnprojekte in Mittelasien und Penien. 317
legende» Eisenbahn von Kairo über Norchirabien nach der KUste des
persischen Meerbust iis ei^me. Koweit lie^'t gerade gefjenUber d<*in
Haupthandelshafen Buschir, wo es den Engländern ^^elun^en ist,
Fiifs zu fassen und von wo das Mündungsgebiet der vereini<rten
Zw illiii^^sströnu' Euphrat und Tigris mit Erfolg beherrscht werdt-n
kann, w as diesem Küstenpnnkte nicht geringe Bedeutung verleiht. In
dem nordwestlich von beiden Flüssen umschlossenen Tiefiande, dem
alten Babilonien. heutigen Irak-Arabi, thront über dem Tigribufer
die einstige Millionenstadt Bagdad mit den geringen Resten des
seiner Zeit „schätzereichen" Kte^iplioii Bis Bngdad soll nun die
aiiatolische Eisenbahn als Kulturträger Kleiiiasiens unter Leituug
eines deutschen Syndikats ver];inirert und si hiielslich bis zum Nord-
rand des Persischen Golles mitten liiiinii /wischen die britische
und russische Interessensphäre weiter^'» liilirt werden. Dieser
deutscherseits jetzt unternommene, berciis weltkundig gewordene
Wettbewerb dürfte voraussichtlich den notwendigen UnterstUt/.ungs-
punkt für das politische Gleichgewicht der sich entgegenwirkenden
Kräfte Englands und Knislan is im Westen und Osten des Strom-
systems von Euphrat und Tigris erbringen. An der Verwirklichung
der mesopotamischen Bahn Angora — Mosul — Bagdad liegt kein Zweifel
vor und damit gravitiert die Zukunft der asiatischen Türkei unbe-
stritten nach Deutschland, So kann auch Kufsland, w enn die KUste
des persischen Meerbusens mit eisernen Banden an die des Kaspi-
sehen Meeres so wie an das transkaukasische Bahnnetz angeschlossen
sein wird, seinen EiiiHufs in Persien gelti'nd machen und durch den
(^man-Sund in den Indischen Ocean gelangen. In einem so günstigen
Werdegang Rulslands auf persischem Roden liegt indessen für
England die drohende Gefahr einer Flankierung des iiidotnitischen
Seeweges, was gleichbedeutend sein würde mit einer wirtsciiaftlichen
und strategischen Abschli( fsung Ostindiens, jener Basis der englischen
Welt.stellung. (irofsbritaunien ist jedoch viel zu sehr und annehmbar
für längere Dauer mit dem Kriege gegen Transvaal beschäftigt, auch
militärisch zu sehr geschwächt, als da Ts es Verlangen nach neuen
Schauplätzen für nulitärische Operationen hegen kJinnt^^.
Im Besitze einer von Transkaukasien bis zur Ormus-Stralse
laufenden EisenlKilm Alexandropol — Beseht— Ispahan Bender Abbas
dürften die Küssen von der beschränkten und zeitraubenden Fahrt
dureli den Bosporus und den Suezkanal völlig unabhängig werden
und einen beträchtlich näheren und sicheren Weg zum Indischen
Ocean haben als die Engländer vom Mutterlande aus. Mit einem
die östlichen Provinzen Persiens durchschneidenden Schienenwege
würde iiuisland einen gewaltigen Schritt weiter nach Asien hinein
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318 BoTslaiidB nenesto EiMiibihnprojekte in Mittel tden and Ptosien.
gethan haben, sieh aber mit dieser Bahn yorerst begnflgen mUssen,
bei derai weiteren Bau von immeriiin 11^1200 km in dem
mannigfach abgestoften Hochlande eine Fülle technischer Schwierig-
keiten sn Überwinden sein wird. Ein Rückblick anf die Vergangen-
heit lehrt, dafs die Bassen bei ihrem Vorgehen in Asien niemals
das Haltbare dem Abenienerlichen geopfert, sondern üue Expeditionen
immer erst nach Sicherstellang der letztgewonnenen Basis zn nenen
Erwerbungen yorgeschoben haben. In Ansehung eines solchen
Vorbereitnngsmodos können auch nur yon einer Dir leistangsfilhig
befiindenen persischen Ostbahn ans neue Sohienenstiftnge nach der
WesthKlfke des Beiches yerlej^ werden, zumal leti^ere durch wenig
zngSngliche yon Nordwest nach Sttdost laufende Gebirgszüge yon der
Osthälfte geschieden und überdies in weit grOlserem Umfange yon
Sumpistrecken und Sayannenflächen durchseist ist Erscheint der
Gedanke einer Sohienenyerbindong mit dem Westgebiet noch nicht
sog^leieh durchführbar, so bleibt doch deren Möglichkeit nicht ans dem
Auge gelassen. Wenn dann in yielleioht absehbarer Zeit ein Zu-
sammenschlufs des transkaspisch-turanischen und persischen Bahur
netzes erreicht ist, so werdeu Afghanistan und Beludschistan yom
Amu bis zum Oman-Sund durch rassische Eisenschienen umklammert
sein. Beide iranische StaatengebUde sind aber als Durchgangs-
länder deijenigen Strafsen, welche Mittelasien und Persien mit
Indien und der oceanen Küste yerbiuden, von hoher kommerzieller
und militärischer Bedeutung. Und je fester diese Umklammerung,
je sicherer der Wep: zum Meere!
Wer die grofsen Verkehrsmittel des Landes, die Eisenbahnen
in Händen hat, beherrscht auch in handelspolitischer und strategischer
Beziehung das Land! Eine so greifbare Konsequenz werden die
Rassen wie bisher in Turan, so fortan auch in Persien nicht unbe-
achtet lassen, dessen L^nanskömmlichkeit und Unfertigkeit hinsicht-
lich seiner Selbstverwaltaog nicht mehr bestritten werden kann.
R ulsland strebt wie die anderen Grolsmfichte nach Wirtschaft] ie Ii er
Geschlossenheit und Unabhängigkeit, weshalb es mit onermUdlichen
Anstrengungen aus Mittelasien nach Süden yorrückt, um Positionen
auf dem Weltmarkte zn gewinnen. Dazu aber mufs es sich den
Weg zum Ocean tffihen, zum weiten, warmen Meere dec: Südens!
F. Udt.
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Du Heenraten d«r Bepiddik Hoadmai.
319
xxm.
Das Ueerwessn der Republik Honduras.
Bei Schilderang mittelamerikaniacher HeeresyerfattltDisBe — mit
der aosgesprochenen Abeicbt, das Inteiesse für Jene Länder in Deutsch-
laad sa beben — getragen von dem Wunsch» dafo» wenn dort Be-
sitsererschiehuigen eintreten, wir anf den Posten sein mochten, mnls
man es von voniberein beklagen, dafo diese VerhSltnisse wenig
erfreuliche sind, nnd man das yortreffliohe Henscbenmaterial so
wenig nntzhringend zn Tcrwenden versteht Die Zustände sbd nnd
bleiben dort nnlEonsoIidiert, Bttrgerkriege nnd Unrohen aerstOren
inuner ement die Hoffnnng anf einen glttcUichen Ansban des Staats-
kOrpers! Dabei mnls man es geradezu erstaunlich nennen, dals
diese Dnodes-Repnbliken, statt sich mit der Verbesserung ihrer
inneren nnd ftuberen Lage zu befassen, die Kttbnheit besitzen, sich,
wie das in letzter Zeit mehrfach vorkam, mit fremden Ifttchten zn
Überwerfen. Nun wäre das ja von nicht allzu erheblicher Bedeu-
tung, wenn sich nicht in Jenen Ulndem, die so wenig noch von der
Kultur beeinflulst shid, ein Werk vollzöge, das berufen ist, diese im
höchsten Ma&e zu fördern. HeüGst es doch Jetzt dort mit grOfstem
Eifer und lebhaftem Wortkampf: Hie Panama, hie Nikaraguakanal!
So sehr man im deutschen Handelsinteresse nur wünschen kann,
dab die Entschddung Panama sein wird, umsomehr als die Ver-
einigten Staaten, welche das Kikaraguaprojekt in bekannter Un-
eigenntttzigkeit (!) fördern in Mittel-Amerika viel an ihrer früheren
Sympathie einbttlsten, so ist dennoch die Freude hieran keine ganz
reine. Fttr die Hensobheit wäre es ein Glttck, wenn einmal dort
Ordnung nnd Ruhe geschafft wOrde und das versteht niemand besser,
grflndlicher und rttcksichtsloser als der Nord-Amerikaner.
Viel würde er auch in Honduras zu thnn finden, wohin er schon
heute eifrigst sieht, und wo er bis Jetzt friedUohe Eroberungen macht,
föUt doch dies Land unmerhin in die Interessen-Sphäre des Nikaragua-
Kanals, dessen grolse Kosten kaum von einem als notwendig er-
kannten Bau, abhalten werden, obwohl seine Länge 826 km gegen
86 des Panama-Kanals betrilgt
Die Republik mit einer GrOise von 119 820 qkm (somit wie Bayern,
Württemberg und Baden zusammengenommen) hat 898 877 Einwohner,
welche meist Mischlinge sind. Wilde Indianer giebt es ca. 70000.
Das Land arbeitet mit einem Budget von 2400272 Pes., wovon
för das Heer 748412 Pes. entüftUen bezw. angesetzt sind, denn die
thatsächlichen Verhältnisse entsprechen niemals den angenommenen,
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320
Das HeeffweBen der BepabUk HondarM.
und die meisten amerikauischea Budgetsauf stel Inneren erfreuen sich
eines ausgedehnten, beneidenswerten Optimismus. Darin durfte
Honduras nioht zurückbleiben, immerhin ist seine finanzielle Lage
aber keine besonders ungünstige, die MUnzverhältnisse (es wird £ast
kein Papiergeld ausgegeben) rauls man selbst gut nennen.
Die Verwaltung des Heeres erfolgt durch den isLriegsmiiiister,
dem ein gröfserer Stab zur Seite steht.
Einen tiefen Blick in die eigenartige politische Lage des Landes
bietet allein schon die Verteilung der Truppen auf die 15 Departe-
ments, Städte etc., die hier folgt und die sich in solcher Zersplitte-
rung in keinem Staat wiederfindet.
{ Offidere, {
Unter-
Departement etc.
i Beamte
i einschl.
offiziere
[ und
Soldaten
Bemerkungen.
.
1 StSbe
Spiellente
*o
xv
. i^ciruiiicr uw n ii r iifcOTi uor
Ari.uicno-r>rjga(u'.
Olanoho
10
6
80
Dazu 2 Musikmeister.
Paraiso
8
5
'J.')
Daaa 1 HnaUuneister.
Danli
6
5
11
Chüluteoa
9
8
50
Dazu ein Chef der Artillerie
und 10 Kadetten.
VaUe
9
8
60 j
1
Dazu 1 Lent. der Artillerie
6 Schiller, 1 Musikmeinter.
12
18
20 j
Dazn : Marine mit 1 Lent..
j
i
1
1 SergoHut, 20 Soldaten.
Dampfer „22. Februar" mit
3 Beamten Dauiufer .KL
Vigia- mit 8 Off?z , 4 Unter-
offiz., 20 Soldaten. — Ar-
tillerie-Schule: 2 OfiSiiere,
,40 öohüler.
Gomajragna
11
8
60 !
IDaant 1 Mnaikmeister. — 1
1
Kommandant von Opoteca.
la Paz
' 8
6
20
Intiboei
i 8
6
80 1
Gracias
9
9
40
Dazu 10 Musiker.
Copan
9
40
Daza 22 Mosiker.
Oootepeqae
9
7 1
40
St Barbara
10
8
«0
Cort^s .
8
6
2ö 1
CortÖa (Hafen)
1
1
1
9
68
Davon 8 von der Marine.
1
Dampfer „Tatumbla" mit
8 ( »ttiz , 8 Bo.'imt , 8 Unter-
ofti^ierun, 27 Suldautn.
Onaoa (Fort)
1
2
20
Jon»
8
5
20
Colon
9
H
48
Darunter 8 Mann von der
Marine.
Mosquito (Küste)
4
5
2ß
La (J«iba
9
7
48
Darunter 8 Mann von der
Marine.
BabUhlnaefai
8
6
22
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Daa Hoefwnen der Bepablik Hondoraa.
321
Hierzu kommeD noch 15 sogen. Schutz-Kommandos, welche mit
fe l Korporal und 4 Mann Uber das Land zerstreut, sowie 5(>
Distrikts-Kommandantaien, die allermindestens mit 1 Sekretär besetzt
sind. Die meisten Garnisonen and DetachemeDts werden in liska-
lischen Gebäuden imtergebraoht nod ist dies nur bei 4 derselben
nicht der Fall.
Jedenfalls kann man naeh meiner Ansicht diese Verhältnisse
eigenartig nennen.
Mit Personal wird, wiederum aus politischen Grtlnden, reichliche
Verschwendung getrieben. So setzt sich die Kommandantur Teguci-
galpa aus einem Stab zusammen von 1 Kommandant, 1 Platz-Major,
1 Oberst als Chef der Miliz, 3 Stabsoffizieren ftlr diese, 14 Adjutanten
und Beamten. Die Garnison selbst ist stark: 23 0£Sziere, 198 Mann
(darunter 60 Kadetten).
An anderen Plätzen ist das Mifsverhäitois ein noch viel aut-
Üallenderes!
Das stehende Heer wird zusammengesetzt ans dem Ordinarinm
(a) oder dem Extraordinarium (b) und besteht:
Divis.-Generale Brigade-Generale Stabsoffiziere Offiziere Trappe
a) 6 5 76 174 1247
b) — — 12 16 405
In Summa: 11 Generale, 8ö Stabsoffiziere, 19Ü Offiziere. Ftir
eine Truppe von: 1652 Mann.
Der Stab des Präsidenten und die Kadettenschule sind besonders
stark mit Oflizieren dotirt und zählen zusammen : 1 Divisions-General,
zugleich Ciief des Geueralstabs, 7 Stabsoffiziereo, 6 Kapitaius,
20 Kadetten, 1 Unterleutnant als Musikmeister etc.
Die Kr/ichan^ /um Offizier ist seit einigen Jahren eine viel
bessere geworden und man beniUht sich, wenn auch nicht mit allzu
grofsem Erfolg, den ^«'potismus /urilckzadrängen, der bis jetzt bei
Vergebung der Olti/.ierstellen herrschte.
Viel geschieht für die zahlreichen Musikkorps, die zum Teil
vortrefflich sind, das gröfste besteht aus 1 Musik -Direktor (mit mehr
<Teha]t als ein Divisions-Kommandeur), 1 'i"aiiih(»ur .Major und 813
Musikern nebst Schülern, darunter 3 mit dem ungelahreu Gebalt
eines Majors.
Während des Hlirgerkriegs 1897 waren in Honduras im stehenden
Heere 8670 Mann unter den Waffen, darunter zu diesem von Anfang
angehörig 1922 Mann, die übrigen Kriegsfreiwillige.
Aufser den permanenten Truppen ist die Miliz /.u erwähnen,
für welche, nach den Listen, 31)688 Manu disponibel sind. Dieselbe
wird in 62 sog. aktive und 21 Keserve - Bataillone eingeteilt, es
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:322
Das Heerwesen der Bepnblik Heodoras.
zählt die I.Kategorie ca. 27000, die zweite ca. 9000 KOpfe, welche
der Charge nach zerfoUen in: 28 Diyisioiw-Generalef 27 Brigade-
Generale, 99 Obersten, 87 Oherstlentnants, 219 Kommandanten,
513 Kapitaina, 784 Leutnants, 718 Unterleutnants, 450 Sergeanten I,
1869 Sergeanten II, 2708 Korporale, ca. 80000 Soldaten.
Von diesen sind ca. 2000 Hann im Departement la Paz noch
nicht organisiert. Die Verteümig auf die Departements ist eine
^am verschiedene nnd gewährt einen Blick anf die BeYtflkemngs-
dichtigkeit.
So liefert Tegncig:alpa 5455 Mann, Obolnteea 8550 Mann, La
Oeihn 400 Mann, die Inseln nnr 87 Mann etc. etc. KaTallerie giebt
es in Honduras ebensowenig wie s. B. in Kolombien.
In den sehr umfang^reichen offiziellen Angaben ist tlber die
Zahl der vorhandenen Waffen und AnarQstnngBStttcke nur gesagt,
dafs sie sich in gntem Zustand nnd genügender Zahl in den staat*
liehen Magazinen vorfänden, wie es ancb an der nötigen Munition
nicht mangele. Im Bürgerkrieg war die sog. „freiwillige Division**
mit dem Remington-Gewehr — der staatlich eingeführten Waflfe —
ans<ro^^tattet, und führte dieselbe einige Kruppsche 7'/, cm Kanonen,
nebst desgleichen Schnellfeuergeschiitzen mit sich.
V' on letzteren ist anoh eine Gebirgs - Gesehtttz - Batterie in
Tegucigalpa vorhanden.
Von einer Marine kann in Honduras kaum gesprochen werden,
die in der oben anf^'^eluhrten Znsammenstellung erwähnten Dampfer
dienen nur polizeilichen Zwecken und sind tbeilweise nicht imstande,
auf das hohe Meer zu gehen. Bestrehungen zum Erwerb einiger
Sehiffe, welche den Kern einer Marine bilden sollten, sind noch in
den ersten Anfängen, auch in dieser Hinsicht ist der EinHufs des
aktuellen Präsidenten nicht zu verkennen, welcher auch deutsche
Kräfte zur Mitarbeit heramdeht.
Das Aulsere der Armee und Marine angehend, so mufo man
zwischen den Offizieren und Mannschaften unterscheiden, erstere
kleiden sich in französische Uniformen; die Mannschaft trägt Jacken
und Hosen von grauem Drillich mit rotem Aufschlag und Kragen.
Die Miliz tritt, besonders bei einer plötzlichen Revolution, meist in
Civilkleidern in den Kampf. In letzterem zeigt der Soldat die
vortrefflichen Eigenschaften — Tapferkeit, Gehorsam, Genügsamkeit,
Ausdauer — die er in so hohem Mafse besitzt und welche wohl
geeignet wären, die (Grundlage für einen glücklichen Ausbau seines
Vaterlandes zu schaden, den bis jetzt immer noch die inneren Un-
mhen und die schwierigen Verkehrsverhältnisse zurückhalten.
T.
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DiB Iftetirkenftaife der Inftnieile-KmiipagBifln in Ftnknkk. 828
XXIV.
Die Iststärkentrage der Infanterie -Kompagnien in
Frankreich.
Der Kriegsminister Gallififet, dem man eine nngewöhnliche
Energie in den Bestrebongen zum Erreichen vorgesteckter Ziele, wie
aach die Frage der VerJUngnog des Offizierskorps mit den zugehörigen
Gesetzentwürfen und Verordnungen bewelsti nieht absprechen kann,
hat anoh fUr die Lösung einer brennenden anderen Frage die nötigen
Erhebungen reranlafst und will aof diese Erhebongen einen
Gesetzentwurf basieren, der eine Änderung des Rekrutierungsgesetzes
▼on 18S9in einigen Artikeln anstrebt. Das Programm desKriegsministerSi
in welchem ja bekanntlich aueh die Reorganisation der Artillerie,
deren Umbewaffnung bei der fahrenden Batterie nahezu durchgeführt
istf während sich der für diese Batterien gewählte 7,5 cm Schnell-
feneigesehtttz-Typ für die reitende als nicht hinreichend beweglich
erwiesen, sowie die Kolonial-Armee, deren Notwendigkeit im Parla-
ment nicht bestritten wird, deren Unterstellung unter das Kriegs-
ministerinm aber wohl »ehr energischen Widerstand begegnen wird,
orscheinen, erflUirt durch diesen Gesetzentwurf eine weitere Be-
reicherung.
Das im Jahre 1899 eingereichte Kekrutenkontingent hat bekannt-
lich zum Teil wegen der geringeren Zahl Geburten im Jahre 1878,
zom Teil auch wegen der schärferen Bedingungen bei der Beurteilung
der Diensttauglichkeit einen AnsfftU ?on mnd 2:^0(X) Mann ergeben.
Dieser Ausfisdl hat daza gezwungen, auf die im Hudc^etvoranschlag fUr
1900 vorgesehene Bildung von 22 weiteren 4. Bataillonen zu verzichten,
er bat aber auch, zumal für 4 Zuaven-, 8 Tiraillcur-Bataillone und
5 Fursbatterien, sowie ein lG4te8 Infanterie -Regiment aof Corsica
die Etatstärken nu hr zu versorgen waren, die Folge gehabt, dals
die Iststärken der Infanterie-Kompagnie, abgesehen von denjenigen
auf hohen Etat, anter 100 Köpfe herabgesetzt werden müssen.
Rechnet man dann noch die Kranken, die Handwerker. Köche,
Schreiber, Ordonanzen, sowie die übrigen aus der Front abkomman-
dierten Leute ab, so kommt man zu den so stark verabscheueten
Skelettkompagnien zurück, die weder eine gründliche Ausbildung im
Kompagnie- und Bataillonsverbande erlauben, noch als hinreichend
starke Kerne für die mobilen Einheiten angesehen werden können.
Diese Hoffnung konnte einen Mann, wie Gallitfet, der oft genug seine
Hoffnung dahin ausgesprochen hat, dafe gerade bei der sehr ver*
JakrbAokar fAi di« deatiok» Arm»« und Xuln* Bd. HA. 3. 21
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824 ^ btsMitafrage d«r Iiiftiiteife-Koiii|Mgiilai in Fnnknioh.
schiedeneu Dauer der aktiven Dienstzeit die mobilen Kornpag:niea
eines starken aktiven Kerng bedürften, dals die g^esetzlichen Übungen
der Reservisten, von denen mau aucli die ältesten Jabr^räni^'e und
• ifrene Formationen im mobileu Heere L Linie verwenden müsse, nur
das äulserste Minimum bedeutete, selbstverständlich auf die Dauer
nicht zulässig dünken. Die Kiickkehr eines so niedrigen Kontigents
an Ausgehobeiien. wie lS!)i). soll ausgeschlossen werden, umsomehr.
als mit diT beabhiehtigten Reorganisation der .-Artillerie auch eine Ver-
mehrung verbunden sein w ird. Eine Steigerung der Iststärken der Infaii-
teriekomj}agnien auf dem schon einmal betretenen Wege durch Auflösung
von 4. Bataillonen zu erreichen, betrachtet Gallitfet als ausgeschlossen,
eine derartige Mafsnahme würde auch die nachteiligen Folgen der
geringen Stabilität im französiachen Kxiegsministeriam zu deatlich
ülaetrieren.
Zur Vermehrung der Einstellung von Ausgehobenen gie!)t es
einen Weg, der allerdings nicht ganz neu ist, von früheren Krieg>-
rainistem schon vorgeschlagen wurde, den Gallifict aber doch zU be-
treten gedenkt, zur Steigerung der Friedensdurchschnittsstärke bleiben
mehrere andere, die allerdings auch eine Änderung des liekrutieruugs-
gesetzes von 1889 bedingen und also die Bewilligung durch das
Parlament nötig macheu. Eine oftizielle Statistik hat den Nachweis
erbracht, dafs in der Zeit vom Inkrafttreten des Rekrutierungsgesetzes
von 188Ü bis 1897 die Zahl der auf Grund der Artiki-i i'l, 21 und
23 des Rekrutierungsgesetzes Dispensierten fast oüOüOU erreicht,
von denen noch nicht lOOCKK) wirkliche Familienstützen
waren. Der Rest ist also auf Grund der Artikel 21 und 23 dispen-
siert worden und zwar beträgt der jährliche Durchschnitt, der nach
Artikel 21 mit Rücksicht auf fortzusetzende Studien Dispensierten
ca. 40ÜUU. Die Durcbschnittsziffer der nach Artikel 23 Dispensierten
ist sehr viel geringer, Gallitfet betrachtet aber nur 2 Kategorien als
wirklich zur Dispensation berechtigt: die Lehrerkandidaten und die
Kleriker. Selbst wenn man den Begrirt" der Familienstutzen sehr
viel weiter falste, als jetzt, statt 10 000 jährlich 20CKX) Dispensierte,
konnte man unter Beschränkung der Dispensation in Artikel 21 und
23, die Ziffer der mehr als ein Jahr dienenden Leute um 23UÜ0
jährlich vermehren — und das ist es. was Galliffet beabsichtigt.
Wie aber schon angedeutet, will der Kriegsminister die Ziffer
der kombattanten und in der Front bleibenden Leute aber auch noch
auf einem anderen Wege steigern. Die Schreiber. Köche, Kranken-
wärter, Ordonnanzen, Magazinarbeiter u. s. w., die heute den völlig
dienstfähigen, kombattanten Leuten entnommen werdcji, sollen durch
bediug;t Taaglicbe des „service auxiiiaire'* ersetzt werden, die nur eine
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Armee- und Marine-Nachrichteu aus RuTsland.
825
mehr oberflAeUiebe, allgeinein mOitSrisehe Schulung erkalten wlliden.
Die Heranzidiimg Ton bedingt Tauglichen soll sich anf nind 22000
erstrecken, so dab also dem Frontdienst im ganzen etwa 45000
Mann jährlich anwachsen. Mit dieser Ziffer wäre man in der Lage,
nicht nnr die noch fehlenden 4. Bataillone an bilden, sondern anch
die Iststärlce der Kompagnien anf dem dnrch das Cadregesetz yor-
gescliriebenen Stand ron 125 KOpfen erhalten. Dais nebenher noch
der Gedanke besteht, die Tmppen in Algerien in höherem M alse, als
dies bisher geschehen, dnrch Eingeborene za. ergSmeen, wodurch man
anch billiger wegkäme nnd ohne bedentende Mehrkosten die
Tirailleors nnd Spahls zn verdoppeln TermOchte, wnrde frtther schon
erwähnt
Dafs Galliffet bei der Verminderong der Dispensierten in der
Kammer grofee Widerstände zn Überwinden haben wird, unterliegt
keinem Zweifel, er hat aber schon Terschiedene Fragen mit Energie
angegriffen, an denen sieh andere Kriegsminister in Frankreich die
Zähne ansgebissen hatten und die Umstände sind seinem Vorhaben
nicht nngllnstig. Daüs das Kriegsbudget eine Stufe weiter aufwärts
machen mttlste, ist selbstverständlich. 18.
XXV.
Armee- und Marine -Nacbrichteü aus Rulsland.
Ende August (a. St.) 1900 soUen zwischen Kursk und Arj6l
grolse Mandver in Gegenwart Sr. Majestät des Kaisers'
stattfinden, an denen 154 Bataillone, 76 Eskadrons nnd Ssotnien
und 848 Geschtttze teilnehmen werden. Es werden 2 Armeen
gebildet: Die Moskauer, bestehend ans 18. (mit 2. selbst Kav.-Brig.)
und 17. Armeekorps, 1. KaraUerie* Division, 2. und 8. Res.-Art-Brig.,
18. und 17. Sappenr-Bat. und 2. Train-Bat (75 Bat, 86 Esk.,
168 Gesch.), nuter Befehl des Oberbefehlshabers der Tmppen des
Moskauer Militärbezirks, GrofsDlrsten Ssergei Alexandrowitsch, und
die Sttd -Armee, bestehend aus Truppen der MUitärbexiike Kijew
und Odeba, nnd zwar dem 10. Armeekorps (mit 10. Kav.-Div.), einem
21*
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326 Armee- and MArine-Naefariobteo ans Rufalanil.
kombinierten Armeekorps (15. n, 34. Inf.-Diy. and 4. Schlttmi-Biig.)
der 2. kombinierten Kasaken-Diyision^), 4. Ke8.-ArtL-Biig.y 7. and 14
Sappeor-Bat. und 4. Kadre-Train-Bai (79 Bat., 40 Esk., 180 Geseh.)
nnter Befehl des Kriegsministers. Gen.-Lt Koiopatkin.
Wie schon bei frttheren grofsen HanÖTem tritt wiederom die
Frage der Verwendang der Kavallerie id den Vordergrand. Wie
bekaunt, ist die gesamte rnasiache Kavallerie im Frieden in 28
KaYaUerie-Divisionen (davon 4 zo 2 Kavalleriekorps zusammeng^
zogen) und 2 selbst. Kavallerie-Brig:aden formiert: KaYaUerie-Divisionen
nnd -Brigaden sind grölstentells den Armee-Korpe onterstelit Wenn
auah diese Organisation in Bezug auf Ausbildung von Führern und
Truppen ihre Vorteile hat, so liegt ihr Nachteil darin, dais sie bei
der Mobiliiiachung nicht aufrecht erhalten werden kann. Wollte man
die Kavallerie-Divisionen den Amiee-Korps belassen, so wttrde die
Kavallerie in ihrer strategischen Aufgabe, der Aufklärung vor der
Front der Armco, behindert sein; als Divisions- bezw. Korps-
Kavallerie erscheint aolserdem eine KaTallerie-Division Ton 24 Bs-
kadrons als zu stark. Entzieht man aber den Aimee-KorpB ihre
Kavallerie Divisionen und nnterstellt sie den Armee-Oberkommandos,
so fehlt es wiederum den Armee-Korps und Infanterie-Divisionen an der
fllr die unmittelbare Aufklärung und Sioherang erforderlichen Kavallerie
I Divisions- Kavallerie); denn die hierzu in Aussicht genommene
Kasaken -Truppenteile 2. Aufgebots stehen zu Heginn des Feldzages
nicht zur Verfügung. Die Erkenntnis der Notwendigkeit einer zwei-
fachen Art von Kavallerie — einer Armee- und einer Divisions-
Kavallerie — führt daher dazu, dafs die im Frieden im \'erbande
der Armee-Korps befindlichen Kavallerie-Divisionen bei der Mobil-
machung zum grölsten Teil den Annee*Oberkommandos unmittelbar
unterstellt werden, zum Teil aber, zur Versorgung der Infanterie-
Divisionen mit Kavallerie, zunächst wenigstens, aufgelöst werden
mttssen.
Bei den diesjährigen Kaiser-Manövern wird die Armee-Kavallerie
— bei der Moskauer Armee durch die 1., bei der Süd- Armee
durch die 10. Kavallerie^Division gebildet werden. Als Divisions-
Kavallerie wird den Armee-Korps der Moskauer Armee je ein Re-
giment der 2. selbst. Kavallerie-Brigade t pro Division also 3 Eskadrons),
denjenigen der Südarmcc je eine Brigade der 2. kombinierten Ka-
saken-Division (pro Division also 4 Eskadrons) zugeteilt Die ver-
schiedenartige Stärke der Divisions-Kavallerie soll Gelegenheit bieten,
ein Urteil Uber die wünschenswerte Stärke derselben zu bilden.
1) 2. komb. KM.-Div. ritckt nur mit 4 Ssotnlfln pro Begiment mm Ha-
nffviir «US.
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Annee- und Mwiiie-NaolirlolitBn aiu RuAluid.
327
Die an dem achttägigen ManöTer teilnehmeDdeu Trappen sollen
leichiich mit allen teohniaoben Mitteln, Telegraphen, Telephonen
nnd Luftballons venehen werden. Auch wird beabsiehtigt, in grobem
ICafsstabe die Yerwendnng toq Kadfahrerkommandos zu erprobeUi
sowie Versuche mit Übermittelung von Nachrichten durch Telegrapbie
ohne Draht sowie durch Brieftaaben anzustellen. Da es in dem
Manöver-Gelände stellenweise an tauglichem Wasser gebricht, werden
die Truppen mit abessinischen Röhrenbrunnen versehen werden.
Der „KoBsische Invalide^ bringt in seiner ersten Nummer des
neuen Jahres eine militärische Übersiebt ttber das Jahr 1899.
Die Änderongen und Neuerungen in der Organisation der Armee,
welche übrigens das obgenannte offizielle militärische Organ nicht
erwähnt, waren, was die Truppen des europäischen Kufslands
anbetrifft, im verflossenen Jahre verhältnismälsig unbedeutende. Die
wichtigste organisatorische Malsregel war die Bildung eines 2. kau-
kasischen Armee-Korps, wodurch jedoch Nenformationen von
Truppen nicht erforderlich wurden. Im übrigen beschränken sich
die organisatorischen Maisnahmen auf Durchführung der im Jahre
1898 befohlenen Neuorganisation der Reserve- und Ersatz-.\rtillerie' i,
Bildung eines Happeur -Bataillons (Nr. 21), sowie unbedeutender
Festungs-Truppenteile. — Sehr viel einschneidender waren die Än-
derungen in der Organisation der im asiatischen Kufslaiid
befindlichen Truppenteile. Diese betrafen vor allem die Neu -
einteilung der asiatischen Militärbezirke, die Bildung von
2 turkestanischen Ai mee-K orps, mit dem Sitze der General-
Kommandos in Taschkent und Aschahad, aus den in Transkaspien und
Turkestan stehenden Truppen; beide Armee-Korps, sowie die im
Gebiet Sserairjetschensk befindlichen Truppen, werden dem Ober-
befehlshaber des Militärbezirks Turkestan (Gen. Duchowskoi) unter-
stellt, so dafs der Oberbefehl Uber sämtliche Trupj)eu in den au
Afghanistan grenzenden Gebieten des russischen Central -Asiens
(39 Bataillone ohne die jetzt nach Kusehk befiirderte Kauk. SchUtzen-
Bri{;:ade). lU'/, Kasaken-Regimenter, irrcg. Turkmenen Heit.-Reg.,
16 Battr., L>'/, Sappeiir-Bat., 2 Eisenb.-Bat.. 1 Fest.-Art.-Hat.) in
einer Hand vereini^^t ist. — Nachdem Ende 1899 der Hau des
Zwei^'es der transkas))ischen Militärbahn von Merw nach Kusehk
(Kuschkinski pnsti beendet worden, fand die Verlegung der Kauka-
sischen SchUt/en-Brigade von Tiflis nach Kusehk statt. — Ferner
wurden, wie im Jahre 1898, die Truppen in Ostsibirien bedeutend
verstärkt; nachdem im vorhergebenden Jahre die 10 ostsibirischeu
Siehe November-Heft 1098, S. 226.
328 Armee- tmd Marine-Naohriohten aus üufiiUacL
SchützeD-Bataillone in Ke{2:iiiu nti'r verwandelt und 2 Schützen-Re-
ginieuter neu gebildet worden waren, ist Ende 1899 die Umwandlunp: der
fünf Bataillone der 2. oslsibinsehen Linien-Brigade (Küstengebiet)
In Regimenter zu 2 Bataillonen erfolgt; aulserdem wurden neu ge-
bildet: ein 2. Festungs-Infanterie - Regiment in Wladiwostok: eine
sibirische Reserve-Art.-Ahteilung, als Stamm für 4 selbst, sibirische
Art.-Abt.; eine Sappeur- Kompagnie in Kwantung; 6 Festungs-Art.-
Kompaguien in Fort Arthur und 1 Feüt.-Art.-Komp. in Nikolajewsk
(Küsten-Gebiet). — Die Besatzung der Kwa ntung-Halbinsel
bilden nach dem Ende 1SS)9 herausgegebenen Truppenver/eiehnis:
die 3. ostsibirische Schützen-Brigade mit je 2 Regimentern la 2 Bat.)
in Port Arthur (Nr. 9 u. 10) und Talienwan (Nr. 11 u. 12;; das
Werchne-Udinsk Reiter-Regiment des Transbaikal-Kas.-Heeres; die
ostsibirische Schützen-Art.-Abt. l i liattr.). die Kwantuug-Sappeur-
Kompagnien und ti Festungs-Art. -Kompagnien.
Abgesehen von diesen Änderungen in der Organisation der
Armee, betrafen die Maisnahmen der Heeresverwaltung im ver-
flossenen Jahre in erster Linie die Verbesserung der materiellen
und dienstliehen Lage der Offiziere. Zu diesen Mulsnahmen
gehörte vor allem die sehr bedeutende Erhöhung der Offiziers-
Gehälter, wodurch der Sia;ii>ka.sse eine Mehrausgabe von 1()40()0()0
Rbl. wuchs. Um eine Verjüngung de s Offizi erkorp s. namentlich
der höhereu Fülner, herbeizuführen, wurde die. bisher rmr für die
unteren Chargen festgesetzte Altersgrenze auch auf die höheren Chargen,
vom Oberst ab aufwärts, ausgedehnt. Um den Offizieren die Er-
ziehung ihrer Kinder zu erleichtern, wurden die Bedingungen für die
Anfnahme in die Kadetten-Korps vereinfacht, ein neues Ka-
detten-Korps wurde in Warschau eröftnet. Die den aktiven
Offizieren zustehende Vergünstigung fUr Preiscrmäfsigung bei Eiaen-
bahniarten wurde zum Teil auch auf die inaktiven Offiziere aus-
gedehnt
Weitere Mafsnahmen der Heeresverwaltung betrafen den inneren
Aasbau, die Ausbildung der Armee, indem an Stelle der Anfang
der achtziger Jahre erschienenen, gröfstenteils veralteten Reglements,
neue Reglements und Vorschriften ausgegeben wurden.')
Kaum jemals in einem anderen Jahre ist eine so grofse Zahl, die
AnsbUdung der Armee betreffender Bestimmungen erlassen worden.
Die wichtigsten derselben waren: Schiefs Vorschrift ftlr alle mit
Gewehren bewaffnete lYii|^>eoteile, Felddienstordnung, der
IL Teil des Exerzier-Reglements fttr die Feldartillerie,
1) Siehe Juli- and NoTember^ellk 1899.
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Armee- und Mulne-Nftotaitehtoii ans Ba&lud.
829
Beglement für das Gefecht der reitenden Abteilung, Ka-
saken-Keglement, Vorschrift für die Lawa der Kasaken,
Vorschrift fUr Aasftthrang von WinterUbungen n. s. w. —
Ferner wurde begonnen mit Dnrcbsieht nnd Neubearbeitung des
Iniaiiterie-Exerzier-Reglements, die Instruktion fUr das
Gefecht eines, ans den 3 WatfODgattungen besteh enden
Detaohements, der Verordnung Uber Ausbildung der llnter-
ohargen; sowiederAf ohilmachungsvorschrift fttrdie Infanterie.
Za Frtlfong der Zweckmäi'sigkeit der Bestimmungen Uber Ein-
bernfang Ton Hannsohaiten und GesteUong Yon Pferden bei der Mobil -
machnng, fanden in zwei Kreiden, und swar im Kreise Krementschuk
(Gouv. Poltawa) nnd im Kreise Jurjew (Gouv. Livland) Probe-
mobilmachungen statt, bei welchen nicht nur die Regeln für Ge-
stellung der Mannschaften und Pferde, sondern auch die Art der
Ergänzung der Trappenteile einer praktischen Prüfung nntenogen
wurden.
Auch in ökonomischer Beziehung fanden bedeutende Neuerun-
gen statt, indem eine neue V'orschrift für die Truppenwirtschaft
aus{re«reben und die Vorschrift für die Verpflegung der
Truppen im Kriege neu bearbeitet wurde. Mit der Verwirklichung
des Allerhöchst gebilligten Planes für Kase rnen bauten wurde
))pp:onnen; 35*/o des hierfür bewilligten Kredits werden iür Bau von
Offizier-Wohnungen verwendet.
Im Staatshaushalt für 1900 sind die Ausgaben fUr das
Kriegsiiiini steriuni mit 324 343686 Rbl. (0 Millionen mehr als
im ^driallr('l veranschlagt; unter den einzelnen Posten ist derjenige
für ..l'iuiiewatinung der Armee" mit -21220 773 Rbl. (5 Millionen
mehr als im Vorjahre) bemerkenswert. — Für das Marine-
ministerium sind 86G2B015 Rbl. ausgeworfen Mill. mehr
als im Vorjahre), darunter 14 240 028 KM. für Indienssteilung von
Fahrzeugen (2'i, Mill. mehr als im Vorjahre), 29 060 987 Rbl. ftlr
Schirtsbauten (5 Mill. weniger als im Vorjahre), 8 200000 Khl. ftlr
Hafenbauten ('A Mill. mehr als im \ orjahre). l'nter den aulser-
ordentlichen Ausgaben befinden sich 28300000 Hbl. tür Bau
der sibirischen Eisenbahn, 30*/» Mi'^« Kbl. für sonstige Eiseubahn-
bauten, gegen 44 Mill. zur Beschaflung rollenden Materials, u. s. w.
Den 1. 2. 1900. v. T.
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830
Kleine heensgeiehielifliebe IßttalhuigeB.
XXVL
Kleine beeresgeschichtliche Mitteilungen.
Ober die AnsbUdan^ der jungen hannoverschen Kavallerie-
Offiziere sagt das ^Dienstreglement für sämtliche Chor-Braimschweig-
Lttneburgische Truppen vom 25. Angast 1786 in seinem als „Be-
sonderes Dienst-Reglement für die Kavallerie" bezeichneten 2. Teile
(HannoTer 1787) im V. von der Unterweisung im Dienste handelnden
Kapitel: „^er neu in Unsere Dienste tretende Ofticier, der nicht
bereits als Cadet oder Unterofficier bei der Cavallerie gestanden,
soll vor seiner Einsetzung von einem dazu tüchtigen Unterofficier in
der Exercice unterrichtet werden, und zur Erlernung des Dienstes
bey den in den Reithäusern und Casernen befindlichen Commandos
2 bis 3 Wachten als Reuter oder Dragoner, auch eben so viel als Ge-
freyter, Unterofficier und Corporal verrichten, zuletzt aber unter der
Aufsicht des ältesten daselbst commandiereiiden Officiers die Iii-
spection bei dem Keit-Commando ftthren. Während solcher Zeit hat
Derselbe sieh zu<rleich mit der Wartung, Fütterung, dem Satteln,
Packen und Zäumen der Pferde. Kenntnifs zu verschatfen. — Hat
der ernannte üfticier obige Verrichtungen mit Fleifs gehörig erlernet
und versehen, so soll selbiger hry finfr Compagnie eingesetzet und
vorgestellt werden. Der Capitain oder älteste Otficier der Compagnie
unterrichtet ihn sodann von dem Compagnie- und Regiments- Dienst,
den er als Officier wissen und beachten muls, und hält ihn dazu
an, solchen mit der gröfsten Genauigkeit zu verrichten, — Da ein
solcher erst eingesetzter Officier wenigstens das erste Jahr seines.
Dienstes nicht ohne höchst wichtige Grllnde beurlaubt werden soll,
so muls er diese Zeit vorzüglich mit dazu anwenden, um die einem
Cavallerie -Officier noth wendige Kenntnils von Pferden und deren
Behandlung. WartunL-- und Hesclilag zu erlangen, auch die Güte und
beste Einrichtung des beiten- und Schieisgewehrs, und wie damit
umzugehen sey, zu erlernen. Er mufs die Dienst-, Haushalts- und
Exercier-Reglements sich genau bekannt machen, sich in allen
sonstigen Militär-WissenschHltcn Kenntnifs zu verschaffen suchen,
auch hauptsächlich das Reiten und Zureiten der Pferde, als eine am
Cavallerie-Officier uuentb ehr liehe Sache, gründlich zn erlernen sich
befleilsigen. 14.
Generalmajor Johann Ritter von Sziljak, der Verteidiger der
Festung .\rad in den Jahren 1848 und 1849. war 1785 zu Bolic in
Kroatien als der Sohn eines Grenzoffiziers geboren und, nachdem
er, schon als Koabe in da« Heer eingereiht, zehn Jahre lang Kadet
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Kleioa hetwugeachiohtUehe MitteUangeB.
381
und Unteroffizier gewesen, im Jahre IBÜiS zu gleicher Stellung be-
fördert worden, seit 1799 bis zum Ende der Refreiung^^kricge au
mancherlei Kämpfen des K. K. Heeres auf den versehiodcm n Schau-
plätzen teilgenommen und auch noch später lange Zeit den
Räuberbanden an der türkischen Grenze gegenüber vielfach im Felde
ge.staiKleii hatte, im Jahre 1845 zum Oberst und zum Kommaudiinteu
des in der genannten Festung stationierten 2. Garnison-Bataillons
aufgerückt. Es war eine Stellung, deren Erreichen den Abschluls
der militärischen Laufbahn bedeutete. Da berief ihn unerwartet
das Jahr 184H zu neuer kriegerischer Thätigkeit, Seine Erscheinung
ist eine der Lichtgestalten jen(*r trüben Zeit. — Er führte fn ilith
dem Namen nach nicht den Oberbefehl in der Festung, da über
ihm als Kommandant der Feldmarschall Leutnant Freiherr Herger
von der Pleilse stand, aber er wurde die Seele der Verteidigung,
sobald dieVerhältnisse eine solche erheischten. Berger war ein Mann von
achtzig Jahren, dem sowohl die erforderliche Thatkraft. wie das \ er-
ständnis fehlte, zwischen den Regierungen zu Wien und zu Pest zu
unterscheiden. So war er denn auch bereit einzuwilligen, als, nach-
dem schon früher alle Feldtruppen aus Arad abmarschiert waren^
am 16. September 184H vom Ungarischen Ministerium die Auf-
forderung an ihn gerichtet wurde, die einzige in der Festung be-
findliche K. K. Truppe, das Garuisoubataillon gleirlilall> abrücken
zu lassen und dagegen ein Honvedbataillon autzuuehineii. Sziljak,
welcher einsah, dals dann Arad für den Kaiser verloren sein würde,
weigerte sich, unter Berufung auf die seinem Bataillone obliegende
Sonderbestimmung als Garnison zu dienen, dem Ansiuni'n zu ent-
sprechen. Sein entschiedenes Auftreten, bei welchem die Kompagnie-
Kommandanten ihm zur Seite standen, bewog den Kommandanten
zieh zu fügen. Er that es widerwillig und konnte sich nicht eiit-
schlielsen, bestimmt Stellung zu nehmen. Als bald darauf die Gegensätze
sich so zuspitzten, dals Farbe bekannt werden mufste, blieb er stumm,
während Sziljak die Festung dem Kommando des Banus Jellacic
unterstellte und dem (ieneralkommando zu Ofen line förmliche
Absage zugehen liels. Sziljak wurde nun zum Brigadier der in
Arad und der Umgebung liegenden Truppen ernannt.
Solort trat ein Kriegzustand zwischen den l'artrit-n ein. Die
Haltung der Besatzung zeigte ihren (Gegnern, dals sie ohne harte
Kämpfe nicht in den Besitz der Festung gelangen würden. Sie ver-
suchten es nun mit der Bestechung. Am Abend des '25. November
erschien in Sziljaks Wohnung eine von aulserhalb entsandte Magd
seines Hauses und übergab aus ihrem aufgetrennten Schuh ein
Schreiben, durch welches das Tester Landesverteidigungs-Ministerium
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332 Kleine heeresgesehichtliehe MitteUtmgen.
H'/iljak neben anderen Versprechungen fUr seine Zukunft, 2UU0Ü
Gulden — nicht aU Bestechung, sondern als Belohnung für seine
Vaterlandsliebe — bot; weitt-n* -20iH) (Julden sollte er erhalten,
wenn er aueh die ihm untergebenni I iujijxmi der Ungarischen Re-
gierung zur \ ertügung stellte. Szil jak schickte den Brief sofort mit
nachstehender, auf die Aolsenseite des Briefes geschriebeneu Er-
widerung zurück:
„Empfangen dnrch meine Köchin Regine L(n asz am 25. Oktober
lS4vS. und nachdem ich durch 50 Dienstjahre immer ein Ehrenmann
war. so bin ich fest und unerschilttorlich entschlossen, meinem Kaiser
und der guten Sache treu zu bleiben und eher zu Orunde zu gehen,
als einen \ errat zu spielen. Dies sehwöre ich meinem (^ott.'*
Was auf diesem Wege nicht zu erreichen gewesen war, ver-
suchten nun dit' Belagerer auf andere Weise. Aber die durch eine
starke Artillerie unterstützten Angriffsuntemehmungen derlionved hatten
keinen l'rffdL'. Erst gänzlicher Mangel an Lebensmitteln und an
Schiefsbedarf führten am 1. Juli 1S4<) zu einer ehrenvollen Kapita-
lation. Sziljak war inzwischen zum (Jeneralmajor und zum Adlatus
des Kevtnnirsko?nmandanten ernannt worden. Am 27. .lanuar erhielt
er die Nachricht. An dem Verhältnisse zwischen Beiden wurde
darunter nichts geändert. Sziljak befahl und Berger führte den
Titel als Kommaudaut. Berger war an jenem 1. Juli in den Kube-
stand versetzt.
Kossuth versuchte jetzt zum zweitennuile Sziljak aufsein«* Seite her-
überzuziehen, erhielt aber zur Antwort, ob Ko^;iuth glaube, dafs er
dann die dem Kaiser gehri »ebene Treue ihm halten werde. Vm das
Militär - Maria -Theresien -Kreuz bewarb er sich jedoch vergebens.
Mit Rücksicht auf sein Lebensalter am 15. Oktober 1S49 in den
Ruhestand versetzt, starb er am 21. Oktober 1853 zu Fiume. (Armee-
biatt 1H99, Nr. 38 /Ho.) 14.
Eine Sporiflcation deren Vöstun^^en und foniendanten, welche
der Wiener Hofkriegsrat im Jahre 1739, also kurz vor Ausbrach
des Schlesischen und des Osterreichischen Erhfolgekrieges. ausstellen
liefs, um die Meinung der kommandierenden (ienerale darüber ein-
zuholen, welche von den in dem Verzeichnisse aufgeführten Festungen
und festen Plätze als solche beizubehalten und welche aufzulasbeu
seien, nennt deren eiuhundertundacht, nämlich:
In Ungarn: Prefsburg, Raab, Comom, Orann. Ofen. Erlau,
Leatschan, Eperies, Munkacs, Szegedin. Arrath (Arad), Caschao,
Hust (Hnszht). Orolswardein, Sigeth, Stuhlweilsenburg, Trentscbin,
Zollnock (Szolnok), Leopoldstatt;
In Slavonien: Essegg, Peterwardein, Brodt, Kaczka, Gradiska;
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I
Kleine beereBgescblehtUohe Mlttelliiii^.
333
In ServieD and im Temeswarer Banat: Bellgrad, Temes-
var, OnoTa, Uypalanka, Jagodina, Semeodria, JPancsoTa, Budnik,
Sabacz ;
In Siebenbürgen and Wallaobey: Oarls-Borg, Gronstadt,
Glausenborg, Deira, Fogaras, Crajoya;
in Inner -Österreich, Warasdiner und Carlstätter
Generalaten, dann Croathen: Gräz, Warasdin, Copreiniz, Creuz,
Ivanitsch. St. Georgen, Fetrinia, Carlstatt, Ogulin. BrUndl ( ? )
Thum, Thuin. Sluin, Sichelburg, Ottoschaz, Agrani, Kostaniza, Zrin,
Warilovicb, Zeug, Licca und Carrabavia, Göiz, Gradisca in lo.
Österreich, Fiume, Triest;
In Böhalrab, Schläsien und Mähren: Prag, Kgger. HrUn,
Hradisch. Olrnllz. Grofsglogfrau, Brugg iBrieg), Glaz, Jablonka,
Namlslau (NB. Breslau ist nicht aufgeführt);
In Ober- und N.- Oste rr eich, dann Tvroll: Inns Prugg,
Koveredo. Scharniz. Kllr('Ill)er^^ Britlstein (Peuteistein), Kuefsstein.
Breysach. Freyburg, Bregenz, KheinfeUlen, Coustauz, Hobeuzoilem;
Im Kelch- Philippsburg, Kehl, Uheinfels ;
In Niederlanden: Antwerppen. Ath. Tostreau (Courtrai),
Möns, Brüssel. Ostende, Rusmonde (Koerraondei, Grujleiu ( V ) Fer-
monde (wohl Tcrmonde». Liixenhiirt:-, Lier, Charleeroy, I>imburg;
I n Itn 1 if'u: Maylaml. ("rt iiKma. Maiitua, Pizzigethone. Pavia, Lodi.
Ftrner werden genannt, aber keiner der obigen Gruppen zu-
gezählt: Ost-Fridiand und Wienu. (Neue Armee-Zeitung Hi. 147.)
14.
Die Umwallung von Paris, welche jetzt fällt und bald ganz
Tcrschwunden sein wird, ist die neunte seit Begründung der Stadt.
Zuerst sicherte Julius Caesar die Niederlassung Lutetia indem er die
Cite mit Befestigungen umgab. Seine Anlagen wurden ö',ib durch
Julianus Apostata erwf^itfrt Ihm folgten mit neuen Werken die
Könige Philipp August, Karl \ .. Franz 1.. Heinrich IV., Ludwig XIV.,
Ludwig XVI. Kr schuf die äufseren Boulevards mit ihren Barrieren
und Thoren. Dann kam die Befestigung unter Louis Philipp, mit
welcher der Name Thiers in enger \ erbindung .steht, und an ihre
Stelle trat unter der zweiten Republik das verschanzte Lager von
Paris, welches eine Umwallong überflüssig machte. (Le Gaolois
Nro. 6573) 14.
Die Trommeln der altpreussischen Armee waren von ver-
schiedenen, aber im V ergleich zu den jetzigen, recht ansehnlichen
Malsen. Preufsische Dragonertrommel 15 '/4 Zoll hoch, 16 V4 ^oU
breit, Musketier-Trommel 19: 19 '/» Zoll, Trommel der Garde: 18 */«
Zoll hoch und breit, Potsdamer Trommel (verrnntlich die der alten
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334
Umschau aaf militäiteohnisohem Gebiet.
Hiesengarde, spätere Grenadiergardtbataillun Nr. bj: J9V4 Zoll
hoch, 18 '/4 Zoll weit, Trommelklöpfel: gelb, hellbraun oder rot
lackiert (z. T. anteii mit Messing besehlagen), blau, grün, schwarz
gebeizt. — Von Interesse dürften auch folgende Notizeu über die
Standarten. Pauken und Trompeten sein. Ks kostete eine Stan-
darte von Dainmast in Silber gestickt mit silberneu Kränzen 4<i Thlr.
20 Gr. 6 Pfg., in Gold: 81 Thlr. 18 Gr. 6 Pfg., die Banderole
4 Thlr. IG Gr., die Stange mit Beschlag 14 Thlr., 200 Nägel 6 Gr..
der Überzug 2 Thlr. Paukenfahnen von Dammast in Silber
gestickt 78 Thlr. 15 Gr., in Gold: KK) Thlr. 15 Gr.. der l'berzug
10 Thlr. Silberne Pauken von der Gröl'se derer, die die Gardes
du Corps hatte: 1400 Thlr. Die (irolse der ordinären Kauken in
der Armee betrug: 20*/» Zoll breit, 14 'Z, Zoll tief. Eine silberne
Kavallerietroinpete kostete 9(1 Thlr., eine silberne Infanterietrompete
mit Aufsatz und Krummbogen 120 Thlr. (Lehmann, L'niforniierung
der Kreuls. Armee. S. XVT.) Scbbg.
XXVJl.
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
Von
Joseph Sehott, Major o. D.
a. Deutsotaland.
Hinsichtlich der beiden Feldgeschütze können wir auf Grund
weiterer Veröffentlichungen unsere Mitteilungen in iler Dezember-
Umschau, die sich lediglich auf die dienstlichen Vorschriften stützten,
ergänzen und erweitern. Es handelt sich zunächst um die
Ausrüstung mit Munition in den Batterien und leichten
Munitionskolonnen, vgl. hierüber eine Veröffentlichung in ,.Neoe
Mil. Bl.," Dezember 1899, auch als Sonderdruck erschienen. Es
hat danach eine Kanonenbatterie 36 Granaten in der dafllr ein-
gerichteten Protze des ersten Vorratswagens; die Monitionswagen
fuhren nur Schrapnels mit Im ganzen hat die Kanonenbatterie
744 Schrapnels, 36 Granaten in Gefecbtsbatterie und Stafifel. Eine
leichte Monitlonsholonne hat in der Granatsektion 3 Ztlge zn 3 Wagen,
nicht wie wir ang^enommen, zu 2 Wagen, so dafe anf jede Kanonen-
hatterie des betretenden Begimenle Vt Wagen mehr entfiiUt. Da
jeder Monitioaewagen Air die FeldkaiDonen im gaioen 88 Sehvfi
mitführt, so hat die leichte Mnnitionekolonoe 1056 Sohrapuels, 792
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Unuehu tuf mUttirteeliniioheai Gebtel
385
Granaten, oder ftlr jedes Geschtttz des Regiments 29*/» Schrapnels,
22 Granaten. In Batterien nnd leichten Manitionskolonnen entfalleo
iUr jede Foldkanone 153 bis 154 Schrapnels, 28 Granaten, Im
ganzen 181 bis 182 Hchnfs. Diese Zahl erhöbt sich dadurch noch,
dals für die Kanonen^Abteilnng des Kegiments, welchem die Haabitz-
Abteilang des Armeekorps angehört, statt einer halben noch eine
ganze leiehto Munitionskolonne mitgefUhrt wird. Es kommt daher
die Hälfte der Munition mit 528 Schrapnels, 396 Granaten den
21 Kanonen batterien des Armeekorps zu gute, so dafs jet/t auf jede
Feldkanone ca. 158 Schrapnels. 32 Granaten oder ca. 190 Schufs
entfallen (anfänglich waren ftir Material 96 168 Schufs, darunter
29 Granaten für jedes Geschütz vorhanden; es hat also eine nicht
unerhebliche N ermehruntr stattgefunden, die gegenüber dem Material
73/Ö8 mit 147'/3 Schufs für jedes Geschütz noch schärfer hervortritt).
Hei der Feld Haubitze ist die (4ranate das Hauptp;eschols. In
der Hatterie tritt dies noch nicht hervor, indem hier 326 Sehrajiiiels,
192 (iranateri mitgelUhrt werden. Dage^-en hat die fllr jede Haubitz-
Abteilung vorhandene leichte Munitionskolonne 1044 Granaten, 174
Schrapnels. Während die Batterie für jede Haubitze 54 Schrajimds.
34 Granaten oder S8 Schufs mitfuhrt, steigert sich die Zahl unter
Hinzurechnung der leichten Kolonne auf 92 (Tranaten, 64 Schraj)nels
oder 156 Sehufs. Legt man die gleiche Wagen/ahl bei der leiehtpn
Keldhaubitz-Munitionskoioime. wie bei der tUr Kanonenbatterien zu
'rruiKle. so ergiebt sich eine Beladung des Feldhau bitz-Munitio ns-
wagens mit 58 Schuls. Die Einteilung der leichten Haubitz-Munitions-
kolonne hat man sieh zu denken in 2 Granat-Sektionen zu 3 Zügen
zu 2 Wagen, oder 1 gemischte Sektion mit 2 Granat-, 1 Schrajtnel-
zug, jeder zu 3 Wagen. Die Beladung einer Feldhaubitzprotze
ergiebt sich zu 24 Schufs, wobei vorausgesetzt wird, dals hier die
Protze des 1. Vorratswagens gleichfalls Munition aufnimmt.
Die leichte M n n i tionsk olon ne für eine Kavallerie-
Division hat 2 Schrajinel-ZUge, 1 Granatzug, jeder zu 3 Wagen.
Hier entfallen auf 12 Feldkanoneu 2352 Schufs oder für jedes
Geschütz 196, also eine noch stärkere Ausrüstung als bei den
Batterien der Infanterie-Divisionen. Es hängt dies mit der \ er-
wendung der Kavallerie-Divisionen zusammen, welche es erschwert,
auf die Artillerie-Munitionskolounen der Armeekorps zorttckzagreifen.
Die Zahl der Granaten für jedes Geschütz ist 28.
Die Zahl der Artillerie-Munitionskolonnen für das Arnn-e-
korps .soll von 6 auf S erhöht sein. Hiervon sind 7 für Kanonen,
1 für Haubitzen. Die gewöhnliche Artillerie-Munitionskoloune hat
2312 Schrapnels, 464 Granaten oder 2776 Schafs, was f\ir jede
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336
UmsohAU Mif miüUirteohmsohem Gebiet.
Feidkanone des Armeekorps 12b «ScbrapoelSf 26 Granaten oder 154
•Schuls ergiebt.
Die Feldhaubitz- Munitionskoloiine hat 1044 Granaten, 226
Schrapnels, oder 1270 Scbufs, was für jede Feldhaahitze 58 Granaten,
13 Schrapnels oder 71 Schuls ergiebt.
Die gesamte Ausrüstung im Armeekorps für die Feldkanone ist
danach 844, für die Feldhauhitze 227 Schufs.
Die Arlillerie-MunitionskuUninen sind in zwei Staffeln geteilt,
jede eine Abteilung zu 4 Kolonnen zählend. Die erste Statiel folgt
der fechtenden Truppe auf Tagemarsch, kann also noeh am
seihen Tage auf dem Gcfechtsfeld eintreffen, die zweite Staffel
auf 1 bis 1*/, Tagemärsche, so dals sie noeh in der Nacht
oder am nächsten Vormittag das Gefechtsfeld erreichen kann. Die
zweite Statiel hält zugleich \ erbindung mit den Munitiousdepots der
Etappen -Munitionsverwaltuug, der zeitweise zur Aushilfe Etappen-
fuhrpark-Kolonnen Uberwiesen sind. Die Ausstattung mit Munition
und die Gliederung des Munitiousersatzes, wie sie jetzt eingeführt ist,
läfst nach allen Kriegserfahrungen ermessen, dals die Munitions-
versorgung auch mit Rücksicht auf häutigeres Vorkommen gesteigerter
Feuertempos gewährleistet ist.
Die Belastuugs Verhältnisse bei einer Feldhaubitzbatterie
sind weniger günstig als bei einer Kanouenbatterie. Man kann an-
nehmen, dals bei ersterer das ausgerüstete Geschütz um 2(K) kg
schwerer ist, als die Feldkanone. Immerhin bleibt dabei die Feld-
hauhitze noch um fast KK) kg hinter dem Feldgeschütz 7;i/88 an
Tot ilgewicht zurück. Die Mehrbelastung wird hauptsäehlich auf
Rerhnung des Munitionsgewiehts kommen, wenngleich die l*rotz-
beluduüg der Schufszahl nach nur */j der Feldkanone beiträgt. Das
Rohr an sich, zu 11'/, Kaliber Länge angenommen, wird nicht er-
heblich schwerer als das einer Feldkanone sein (welches Uber 27
Kaliber Länge hat), wenngleich bei der Wandstärke auf die gröfsere
Wirkung der Granat-Sprengladung im Fall von Rohrkrepierern ge-
rechnet werden inufs. Hei der Lallt le wird trotz der grölsercn
Erhühuugswinki 1 aich kein grolser Lnterschied sein, da das Ladungs-
verhältnis wesentlich herabgesetzt ist. Die Hauptsache kommt jeden-
falls aut die Munition. — Das Schrapnel soll nach einer Angabe auf
Seite 81 200 Kugeln mehr als hei der Kanone haben. — Hinsichtlich
der Gescholsgewiehte fehlen nähere Anhaltspunkte, ähnlich wie bei
der älteren Artillerie i>t es nicht ausgeschlossen, dals das Schrapnel
und die Granate verschiedene Gewichte haben, das Schrapnel diesmal das
geringere ( etwa 14 kg l, im Hinblick auf eine gröfsere Geschwindigkeit und
Rasanz der Bahn, die Granate das grölsere (etwa 16 kg) mit Rücksicht auf
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Umsohui anf militärtechnisobem Gebiet
337
die Geseholswirkuüg. — Die bei IIaul)ilzen vorkommenden ^Tölsten
Gesell wiadigkeiteu gehen bis 300 m, die kleiüsteo sind wenig unter
150 in.
Der Nenabdruck der Schielsvorsehrif t für die Infanterie,
welcher ontenn 10. November 189!) die Geuehmij^ung erfahren hatte
und Ende Januar 1900 zur Veröffentlichung^ ^^elangt ist (Berlin,
E. S. Mittler & Sohn), lierücksichtigt das neue Gewehrmuster, welches
in der September-Unisehau kurz, fresehildert ist. Es hat die Be-
zeiehrmng Gew ehr 98, die S('liit fs\ (ir>ehrift nimmt aber anch weiter-
hin auf das Gewehr 88 Be7,u^% (la> nur jiHmählich durch Gewehr 98
ersetzt wird. Ein „Leitfaden bei dem < Gewehr nnd S«'iten^'e\vehr 98"
wird über die Einrichtung genauere Au^kunit <;el»en. System, Kaliber,
Munition sind beibehalten, die Fiugbabuverhältuisse die gleichen wie
bisher.
Einer der Hauptuntersehicdr beider Gewehre liegt in der
Visieruug. Das Standvisier entspricht lieim Gewehr 98 der Ent-
fernung von 200 m (Gewehr 88 'iöO m), die kleine Klappe ist we]u-
gefallen, das verstellbare N isier wird von HCK) m ab bis auf die
gröfste Entfernung von 20r)0 m gebraucht. Es gestattet eine bessere
Ubersicht, während beim (rewehr 88 der Schütze von 47}() m ab
durch den Schlitz der voll aufgerichteteu grofsen Klappe zu zielen
hatte. Der Kasten (Magazinj springt nicht mehr nach aufsen Uber
den Schaft vor, sondern vergleicht sich damit, auch ist er unterhalb
geschlossen. Die Patronen sitzen zu fUuf auf Ladestreifen; beim
Abstreifen lagern sie sich im Magazin zu 2 und 3 im Zickzack
nebeneinander. Die Patronen können auch einzeln mit der Hand
ins Magazin eingebracht werden ; bei gefülltem Magazin ist Einzel-
ladung möglich. Der Laufmantel ist weggefallen, der Lauf wird
unmittelbar vom Schaft umschlossen und hat eine zweckmäfsigere
Befestigung in demselben, der Oberring ist weggetallen. Der Ober-
schaft dient als Handschutz. Ein mehrkantiges Stichbajonett ist
am Schaft, nicht am Laut befestigt. Diese Veränderungen werden
durch Andeutungen in der SchieIsvor.se luift bestätigt.
Die Angaben Uber Schulsleistungen bekräftigen die volle Über-
einstimmung beider Muster in den Flugbahnverlialtnissen. Die
Geschwindigkeit des Geschosses 2ö m vor der Mündung ist im
Durchschnitt 620 m, die Gesamtschufsweite ungefähr 4000 m bei
einem Erhöhungswinkel von etwa ;52 Grad. Die in früherer \'orschrift
gemachte Angabe über die höchste Flugbahnerhebung auf dieser Ent-
fernung ist nicht wiederholt, sie sollte rund öOO m auf 2200 m
Abstand von der Mündung betragen.
Die Einfallwinkel auf den grösseren Entfernungen werden jetzt
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338
Unuehfta auf militiürteohnisohem QebieL
wie fol^n augrsrebon. auf 4()(K) ra etwa m Grad (früher 33), auf 2000 m
rund 14 Grad (früher 11), auf löou m rund 7 Grad (früher 0); die
Werte für 1000 m mit 3 Grad und 6(X) ra mit 1 Grad sind bei-
behalten. Die Angaben Uber Flughöhen der Geschosse Über der
Msierlinie, Treffgenauigkeit, bestrichene Käume, Geschofiswirkung
sind unverändert geblieben.
In den l insehaaen vom September und Dezember 1898 sowie Tom
Juni 18!)1) hatten wir Auszüge aus dem I. und III. Teil des Werkes
von Kapitänleutnant Schräder gegeben, betitelt: ^.Leitfaden für
den I nterricht in der Artillerie an Bord des Artilleriesehulsehities'*
(Berlin. Verlag der k. Hofbuchhandlung von E. S. Mittler i"t Sohn).
Es liegt nunmehr zum Schlüsse der Ii. Teil vor, der Pulver und
Munition behandelt. Aueh hier finden sich wieder eine Reihe
schätzenswerter Angaben, von welchen wir nur die wichtigsten
auswählen. — Der II. Teil ist von Kapitänleutnant Aders verfafst.
Ein in der Marine eingeführten Pulversurten sind unter-
schieden in 1. mechanisch gemengte und 2. chemische. Die ersteren
zerfallen nach der Form in Korn- und prismatisches i'ulver. nach
dem Hauptgebrauehszweck in Gcschiit/- und (iewehrpulver, nach
der Farbe in Schwarz- und Brauupulver. Die chemischen Pulver
zerfallen nach der Form in Blättchen-, Würfel- und Röhrenpulver,
nach di r Zusammensetzung in SchielswoU- (Nitrocellulose- ) und in Nitro-
cellulose-Nitroglycerinpulver; Sf hiefswollpulver wird in der Marine
nur zu Patronen der 8 mm MasL'hinengewehre verwendet.
Die mechanisch gemengten Pulversorten kommen haupt-
sächlich noch bei älteren Waffen vor, sie sind Jetzt von unter-
geordneter Bedeutung. Für Handfeuerwaffen und Kevolverkanonen
hat man das Neue Gewehrpulver M/71 mit 30prozentiger Kohle
und einem spezifischen Gewicht nicht unter l,7ö5. Zum Geschütz-
palver in Körnerform gehören: das schlechtweg so genannte
(ieschützpulver, hauptsächlich noch als Sprengladung kleinerer
Granaten verwendet, das grobkörnige Sprengladnngspulver für
Granaten, das grobkörnige Pulver für 6 cm Bootskanone L/21 und
15 cm Haubitze L/12. Einen umfassenden Gebrauch findet das
prismatische Pulver, besonders das braune, weniger das schwarze.
Vom letzteren sind die beiden älteren Sorten 0/68 mit sieben und
C/75 mit einem Kanal, C/68 für kurze Kanoneo, C/75 für Kttoten-
artillerie.
Das braune prismatische Pulver, in 2 Sorten C/82 ond C/85,
stets mit einem Kanal, bat die bräunlich aassehende 40prozentige
Kohle, erhöhtes ^eziiisehes Gewlebt (^1,86 und 1,88), C/85 ohn«
Sebwefel, langsamer rerbrennend ab sobwarzes prismatisehes, Atr
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Umsehaii auf mUitärteohoisoliem Gebiet.
339
sie eioe besondere Zündladuug von letzterem erforderlich. Braunes
prismatisches C/82 findet bei den 21 em bis 30,5 cm kürzen und bei
langen Kanonen mittleren Kalibers, C/85 bei 80.5 cm L/35 der
Küstenartillerie nnd bei 28 cm Kanonen L/35 ond L/40 Verwendung.
Die Nitrocellulose - Nitroglyceriupulver der Marine-
Geschütze kommen in zwei Formen vor: als Würfel- und als
Röhreupul ver. Die durch Nitrieren der Baumwolle erhaltene
Nitrocellulose geringeren Stickstuffgehalts, auch Kollodiumwolle ge-
nannt, wird zunächst in Nitroglycerin gelöst.
Beim WUrfelpulver C/89 findet in einem Misch werk die Roh-
masse durch Vermischen von Nitroglycerin und Kollodiuin wolle bei
30 Wasser ihre Herstellung. Dann erfolgt das Auspressen
des Wassers in einem Walzwerk und das Trocknen der Uohniasse
in einem Trockenhause. Später wird die Masse zu Platten von be-
stimmter Stärke ausgewalzt und gleichzeitig durch die leicht an-
gewärmte Walze zu einer hornartigen Masse gestaltt t, das sogenannte
Gelatinieren. Es eriolgt dann das Schneiden der Platten in Streifen
und Würfel.
Das Kübreiipulver C/97 und C/98 wird besonders gelatiniert
Die vom Wasser befreite Rohniasse wird mit den sonstigen Bestand-
teilen, deren Art und Menge geheim gehalten werden, zusammen
mit einem besonderen Gelatinierungsmittel vermengt und durch-
geknetet, worauf man eine gunuuiartigc, zähe Masse erhalt. Diese
niuinit, durch Matrizen geprefst. die Fonii von Röhren an, die in
TrockenhiiusL'rn bei 40 • C. so lange getrocknet werden, bis sie fast
das ganze Gewicht des Gelatinierungsmittels wieder verloren haben.
Die chemischen Pulver sind schwerer entzlludlieh als Schwarz-
pulver. Würfel- und Röhrenpulver^bedUrfen daher besonderer Zünd-
laduDgen. Die Verbreimung zeichnet sich durch eine grofse Gleich-
mälsigkeit aus. Die Verbrennnngsprodukte sind fast ausschliefslich
gasförmiger Natur. Die Verbrennungsgase sind etwa zur Hälfte
Kohlensäure und Kohlenoxyd, dann Wasserdampf, Stickstoff und
Sumpfgas. Die Würfel- und Röhrenpulver sehen schwarzbraun aus.
Sämtliche chemische Scbiefspulyer zeigen nur geringe Raucb-
entwickelung beim Schuls, sind gegen Feuchtigkeit in hohem Grade
unempfindlich. Sie enteUnden sich nicht unter ISC C. ond Ter^
brennen dann in freier Luft, aaob in gröfiserer Menge, mit bell
leachtender gelber Flamme. Temperatorscbwankungen beeinflussen
die Wurkong der Nitroglycerinpnlver erheblich.
Die Nitroglycerinpolyer der Marine werden von der FnlTerfabtik
Dttneberg bezogen und für die Oeschtltzladnugeu, besonders der
ScbnelUadekanonen verwendet
Jilivbl«li«r ftr 4it 4«ittMh* Arno« naa MariM. Bd. 114. S 28
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340
UnwoliMi Mf miUtirteohniflebem Gebwt
Die chemischen Pulver Sorten haben vor den mechanisch
gemengten folgende N'orteile:
1. Zwei- bis dreilache Leistungsfähigkeit infolge der viel gröfseren
Verbrennungswärme der Gase, des grölseren Gasreichtoms and des
Fehleus fester Rückstände im Verbreuuungsraum.
2. Fortfall der Rauchentwickleung, der die volle Aosnntzang der
Schnellladekanoueu überhaupt erst ermt^glicht.
3. Viel weitergehendes Anpassungsvermögen an jede Rohr-
konstraktion durch Änderung der Form und Al)mt'ssun«ren.
4. Gröfsere Gleich mäfsigkeit der Wirkung infoige grölserer
Gleichfürmigkeit der Masse.
5. Gröfsere llnempfindlicbkeit gegen Feacbtigkeit.
6. Fast völlige Staubfreiheit.
7. Geringere Gefahr bei der Anfertigung.
Als Nachteil ist eigentlich nur der erheblieh höhere Preis der
chemischen Pulver zu bezeichnen.
Über die Schiefspulver fremder Staaten entnehmen wir
dem II. Teil folgendes besonders Interessante.
In England sind für ältere Geschütze leichtrn wie mittleren
Kalibers fein- und grobkörnige Pulversorten aus der Fabrik zu
Waltham Abbey im Gebrauch. Schwarzes wie braunes prismatisches
Pulver wird für einzelne Geschützarten gebraucht. Es giebt auch
noch ein braunes, besonders langsam l^rcnnendes prismatisches
Pulver (slou burninfr cocoa powder) für die schwersten Geschütze.
In den Schnei ludekanonen benutzt man Cordit, ein Nitro-
glyeerinpulver aus 57 '/o Nitroglycerin, 37 "/o TrinitrocfUulose, G "/o
Vaselin. Wenn das Pulver bei der Bereitung, durch eine siei>artige
Matrize durchgeprelst, die Fadenform erhalten hat, werden die dünnen
Pulversorten auf Rollen gewickelt, die stärkeren in Stücke ge-
schnitten. Die Entfernung des Gelatinicrungsmittels erfordert monate-
langes Lagern. Die KraitauLM rung ist sehr bedeutend, es werden
aber auch die Rohre sehr angegriffen. Man will daher mit dem
Nitroglyceringehalt nocli bedeutend herabgehen.
Frankreich hat für ältere Geschütze verschiedene Kornpulver-
sorten. Für Marinegeschütze schwerereu Kalibers verwendet mau
noch braune prismatische Pulver (B,, B,, B,), ähnlich unserem C/82.
Ein Teil der gröfeeren Marinegeschütze ist mit dem rauchlosen
Pulver B ausgerüstet, das aus etwa zwei Teilen Schiefs- und einem
Teil Kollodiumwolle besteht. Bei der Herstellung wird etwas
Vaselin zugesetzt. Das Gelatinieren geschiebt mit Aethyl-Alkohol
(Weingeist). Das Pulver wird in die gewünschte Form zerschnitten
and mufs nun etwa zwei Monate lang warm lagern, um stabil zu werden.
Umsohan ant miUtfrleeliiiisohMik Gebiet
341
In Rafsland wird an&er Kornpol ver rerschiedener Ktfnier-
gröfse schwarzes wie brannes piiBiiiatisobes Palyer benutzt Für
Sehnelladekanonen gebraucht man neben dem französischen rauch-
losen Pulver ein solches des Professor Mendeleyeff. Dieses ist eben-
falls ein Schiefswollpalver. FUr die schweren Geschütze wird das
Sehielswollpolver in verschieden dicken Streifen geliefert^ die dann
n einem Bündel in der Kartusche vereinigt werden.
Österreich-Ungarn verwendet fein- and gzobkttnige Pulver
für leichte ältere Geschütze, die deutsoben braunen prismatischen
Palversorten 0/82 und C/8o für mittlere und besonders schwere
Kaliber. Hauptsächlich für mittlere Kaliber sind von mecliaiusob
femeDgten PnlTersorten noch „Animon-Kuchenpulver/ prismatisches
Ammonpulver, sowie 21 und 38 mm WUrfelpulver vorhanden. Für
die Feldartillerie ist ein rauchloses Pulver M/93 eingeführt, aus Schiefs-
wolle ond Nitrogly(feriD bestehend in ähnlichem Verhältnis wie Cordit.
In den Sehnelladekanonen mitHeren Kaiibers wird deutsch es WUrfel-
pulver C/89 und in den neuesten schweren Schiffsgeschützen dem
deutschen ähnliches Köhrenpolver mit Barytsalpeter als Beigabe
benutzt.
Italien besitzt Schwar/piilversorten mannigfacher Form und
Grölse aus den Staatspulveriabriken von Fossano & Scafati. Braunes
prismatisches Pulver wird von den Ktfin-Üottweiler Pulverfabriken
ans Deutschland bezogen.
Das für die Sehnelladekanonen eingeführte Pulver heilst
Ballistit, ein oOprozentiges Nobelpulver, zu gleichen Teilen aus
Kollodiumwolle und Nitroglycerin bestehend, und als Zusatz erhält
es eine kleine Menge Anilin. Für Gewehre hat das Ballistit die
Form kleiner Blättchen, für Geschütze wird es in Form ^röfserer
Blättehen hergestellt. Eine Abart ist das fadenf^)^mige Filit von 0,5
von i.ö qmm Querschnitt, für Gebirgs- und für leichte Schnellfeuer-
gescblitze.
Nordum e rika hat aufser den verschiedenen Sorten Schwarz-
pulver ein Sfhirlswollpulver für Handfeuerwaffen, ein Schiefswoll-
Nitroglyceriupulver v(»n Leonard für die Feldgeschütze und die
Sehnelladekanonen der Marine. Im Versuch ist ferner Pulver des
amerikanischen Chemikers Maxim, mit nur 10 "/o Nitro^^lycerin.
Das Pulver von Leonard hat einen sehr hoben Nitroglyceringehalt,
der herabgesetzt werden soll.
Von besonderem Interesse sind die iiii Kapitel der Spreng- und
Zündstoffe enthaltenen .:Viigaben über die Pikrinsäure. Sie wird
dorch Nitrieren von Phenol gewonnen, heifst daher auch Triuitro-
pbenoL Keine Pikrinsäure ist chemisch stabil, im Wasser löslich,
22*
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342
Uoitelum mf miUtlrteelniaeheiii Grebiet.
nnempfindlich gegren gewöhnliche Temperaturunterschiede, sowie un-
gefährlich hei der Bereitung und Behandlung. Sie krvstallisiert in
Form gelber Blättchen, schmilzt bei 122 • C. und besitzt das
spezifische Gewicht 1,7. In heifsem Wasser gelöst, benutzt man sie
zum Gelbfarben vieler Stoffe, wie Seide, Wolle. Augezündet ver-
brennt Pikrinsäure langsam, mit stark rulsender Flamme. Durch
eine geringe Menge detonierenden Knallquecksilbers kann sie zur
Detonation gebracht werden und entwickelt dann eine Sprengkraft,
die der einer Schielswolle von gleichem Rauminhalt noch Uborles-en
ist und der des Nitro^rl vcerins etwa gleichkommt Umgeschmolzeu
und dann pulverisiert und geprel'st ist die Pikrinsäure gegen Schlag
oder Stols in hohem Grade unempfindlich. Dies macht sie zur
Geschols-Sprengladang geeignet; als solche führt sie bei uns die
Hezeichnung: GranatfUllung 88, wie sie bei den Granaten der Feld-
artiilerie vorkommt. — Auch in andern Artillefien wird die um-
geschraol/.ene Pikrinsäure als brisante Sprengladung der Granaten
benutzt, so ist sie der Hauptbestandteil des Melinit (Fraükreich)i
Ljddit ( England), Ecrasit (Osterreich- Ungarn).
An Geschols arten sind für die Scbififs- und Küstengeschütze
folgende eingeführt:
Stahlvollgeschosse, Hartgufs- und Stahlgranaten gegen Panzerungen,
Granaten und Sprenggranaten gegen weniger widerstandsfähige
Ziele i leichtgepanzerte und nngepanzerte Schiflsteile, nicht
gepanzerte K(lstenl)efestigungen),
Sehrapnels und Kartätschen gegen lebende Ziele.
Das Matt:nal des Geschofskerns ist gewöhnlicher, gepreföter
oder geschmiedeter und gehärteter Stahl, Hartgufseisen (für Hart-
gufsgranaten), Gulseisen ftlr Granaten und ältere Schrapnels.
Granaten erhalten Aufschlagzünder, welche bei den neuesten
Konstruktionen BodeuzUnder sind. Die Schrapnels haben Doppel-
zünder. Stahl- und llartgulsgranaten erhalten als Panzergeschosse
gewöhnlich keine besonderen Zünder. Kartätschen verbleiben nur
noch bei Kootskanonen, für Landfrontengeschütze der Küsteuaitillerie
und LUV (irabeubestreichung. Bei schwereren Geschützen werden sie
aufgebraucht.
Mit den gesteigerten Geschofsgesch windigkeiten und der wachsenden
Widerstandsfähigkeit der Panzerplatten genügten die Hartgui's-
granaten, die früh zu Bruch gingen, nicht mehr. Man führte die
Stahlgranaten aus geschmiedetem Stahl mit gehärteter Spitze ein.
Letzthin ist die 24 cm Schnellade-Kanonen L/40 mit einem Stahl»
vollgeschofs ausgerüstet worden.
Seit 1882 wurden, um die Geschosse auf weitere Entfernungen
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Umsohaa auf inilitärteohnisohem Gebiet.
343
wizksamer zo machen und giOfeeve Arbeitsleistiiiigen aas den Bohren
zn dehen, längere Gtesehofise, StabIgranaSen von 3*/t« Granaten Ton
4 Kalihem Ulnge eingeführt
Der Oranatittnder 83 wurde in Stelle der lUteren Zllnd-
▼oniehtong mit YorsteolLer eingefhhrt nnd 1894 dnreh das Einsetzen
einer Spiralfeder yerbesserL Danehen hat man die GranatzQnder
89 nnd 91 von ähnlieher Konstraktion. Um die Haltbarkeit nnd
DnrehsehlagsleistQng anoh der Granaten weiter zn erhöhen, erhalten
die Gesehosse der mittleren nnd schweren Kaliber unserer nenen
Schiffe („Kaiser Friedrich iU.^ nHeraa*") BodenzOnder. Zar Ein>
lUirang ist der Bodenzttnder 98 gelangt; die Hartgnisgranate der
28 cm Hanbitze L/12 hat den Bodenzttnder 96.
Sehr lange Granaten mit grolsen AnfangsgeschwindigkMten er-
gaben Bohrkrepierer, dies Aihrte znr Verwendung des Sprengladnngs-
pnlvers nnd seit 1884 znr Benutzung von flanellenen, neuerdings
doppelte Ladebeutehd fkir dieselben» um den Stöfs zu mildem^
den die Sprengladung beim Beginne der Gesoho&hewegnng erhiUt.
Auch sah man bei sehr hohen Anfoogsgeschwindigkeiten (6—800 m)
von den 4 Kaliber langen Geschossen ab und zog die 2'/« bis
8 Kaliber langen G^bosse vor (z. B. 28 cm Granate L/2,8)} der
28 cm Kanonen L/35 und L/40, 21 cm Granate L/d,! der 21 cm
Schnelladekanone L/40), die sieh rohrsicher erwiesen.
Eine Sprenggranate besitzt die Marineartillerie nur bei der
15 cm Schnelladekanone L/40.
Schrapnels waren bisher vornehmlich bei der KttstenartOlerie
im Gebrauch; die SchiffiMurtillerie fllhrt solche nur fttr die 16 cm
Kanone L/22 und die 24 cm Kanone L/86. Anfilnglich nur bei
minieren Kalibern der KttstenartUlerie wurde die Verwendung nach
Annahme der StaUschrapnels (1887) bis zur 21 cm Kanone L/85
ausgedehnt Hit Annahme des Doppelzflnders 92 smd StaUschrapnels
bis zn 30,5 cm einscldieblich eingeftünt Für die SohiffsartiUerie
sieht eine ausgedehntere Beschaffung Ton Schrapnels in
Aussieht, da ihr Vorhandensein (ttr manche Gefechtszwecke wünschens-
wert ist
Bei den Harlgufqpranaten entzündet sich die Sprengladung von
selbst, wenn sehr vriderstandsfiihige Ziele durchschlagen werden;
um dieselbe auch in anderen FKIlen znr Explosion zn bringen, hat
man der Hailgul^gnuiate der 28 cm Haubitze L/12 den Bodenzttnder
gegeben. Bei Stahlgranaten vermag die Kraft des Sprengladnngs-
pulvers nicht die Granate zu zerreifsen. Vorläufig bis man mit
brisanten Sprengladungen und deren Zttnderkonstruktion im Beinen
ist, werden Stablgranaten ohne Sprengladung verfeuert
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844
Dnsehaa auf mOititrteohiiisefatiD Gebiet
Die Stahlschrapnels gelangen seit 1889 zur Verwendung.
Den Gresoholskem bildet hier eine StablhUlse, die auf */»
ganzen Länge Tom Boden ab stärker gehalten ist Die innere Wandung
zeigt hier einen Absatz, der den Stofsboden aafoimmt Dieser
ist ke^elf()rmig und hat in der Mitte eine Darcbbohrang, die oben
eine Aosdrebnng für die KammerbUlse bat. Die durch den Stofs-
boden begrenzte Bodenkammer nimmt die Sprengladung anf, daher
die Bezeichnung Bodenkammer - Sc hrapnel. Nachdem der
Stofsboden in die Stahlbulse eingeschoben ist^ wird deren offenes
Ende in die Form des Gescholskopfs znsammengeprelst. Im Mund-
loch wird eine Mnndlochbaehse durch einen Niet befestigt. Diese hat das
Muttergewinde zur Anfiiahme des Zünders und hält die Kammer-
bUlse mit ihrem oberen Ende fest; diese stützt sich unten auf den
StoDsboden und dient so diesem zugleich als Halt. Die KammerbUlse
ist ein Stahlrohr, das durchbohrte, aus geprefstem GeschUtzpulver
hergestellte Pulvero\ linder zur Verstärkung des ZUndstrahls und Fort-
pflanzung desselben bis zur Sprengkammer aufnimmt. Die RugelfüUnng
bilden die 13 oder 26 g schweren Antimonbleikugeln (6 Teile Blei,
1 Teil Antimon), deren Zahl mit dem Kaliber und der Gescholslänge
stark wächst. Die Kugeln werden vor dem Einfüllen mit Graphit
überzogen, nach dem Lagern im Geschofs mit Kolophon fesigegossen.
Die Sprengladung wird durch die KammerbUlse in die Bodenkammer
gebracht und füllt dieselbe völlig aus.
Das 8,7 cm StabUSchrapnel L/2.2 hat 209 Bleikugeln ä 13 g
« 15 „• n n , 564 « „ 26 „
aufbraucht, Geschosse mit kleinen Fehlern oder Ersatzgeschosse und
werden bei Schiefsübungen benutzt, Ersut/schrapnels sind ohne
Kugelfüllung, aber mit Sprengladung und Zünder versehen, um die
äulsere Erscheinung des Schrapnelschusses wiederzugeben.
Die Granatzünder der Marine sind Aufschlagzünder,
welche in der Spitze des Geschosses sitzen, man unterscheidet drei
Konstruktionen: C/83, C/89 und 0/91; Aufschlagzünder ini Boden
von Granaten sitzend, heü'sen Bodenzünder, es giebt 2 Konstruk-
tionen: C/95 und 0/98. Bei Schrapnels hat man die gewöhnlichen
Zeitzünder, welche als Schrapnelzünder C/83 bezeichnet werden,
und neuerdings die Doppelzünder C/92.
Die GranatzUnder gehören zn den FertigzUndem. Der Nadel-
L/2.3 1387 ^ „ 26 „
L/3,2 ,, 1Ö34 „ „ 26 „
L/2,4 1741 „ ,, 26 „
L/2,3 2949 „ 26 „
entweder ältere Konstruktionen, die man
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Umadiaii aaf mOttliteoliiiiaeheiD Gebiei
345
boJien mit der Zttndnadel ist dnroh eben Spening imd eine Sidier*
heitsfeder beim Transport feitgeballen. Beim Stob der Pulver-
gsee atreift sieli der Spenring infolge des BeharrangBrermOgens Uber
die Sieberbeitefeder ond den Nadelboiaen, dieser ist jetxt aktiions-
fltUg oder sobari Der Regel naeb fliegt ^r erst vor, wenn das Ciesebois
plfitdieb anf ebien Widerstand stOist, also namentiieb beim Treffen
des Ziels» Es kamen indess Öfter fiobrlcrepieier and voneitige Krqderer
▼or, infolgedessen bat man noch eiÄe Spiralieder swisoben Siober-
bdtsfeder nnd Zttndbttteben eingelegt
Der Granatzttnder G/89 ist von C/83 nnr unwesentlich Terschieden.
Der GranatzUnder C/91 bat eine stllrkere Sieberbeitsfeder. C/89 ist
fOr leichte Sobneliadelcanonen, 5 und 8,8 cm, sowie für 6 cm Boots-
kanonen, C/91 fUr 10^ und 15 cm Schnelladekanonen L/36 be-
stimmt.
Der Boden zttnder hat die umgekehrte Stellung der Teile.
In der ZUnderliUlse ist nach dem Innem des Geschosses zu der ZUnder-
deckel mit der ZUndnadel (Spitze nach hinten) eingeschraubt. Auf
dem Boden der ZUnderhUlse sitzt der Pilieobolzen, die Pille der Zttnd-
nadel zagelcehrt. Zum Festhalten des Bolzens beim Transport dient
die gleiche Einrichtung mit Sioherheitsieder und Speiring wie beim
Nadelbolzen des GranatzUnders.
Auch die Spiralfeder ist zur erhöhten Sicherheit eingelegt. Die
Wirkungsweise ist entsprechend der des GranatzUnders, nur dals der
Pülenbolzen vorfliegt. Der BodenzUnder C/95 ist ftlr die Hartguis-
granaten der 28 cm Haubitze L/12, C/98, für die Granaten der 15.
21 nnd 24 cm Schnelladekanonen L/4j0^ beide sind nur unwesentlich
▼on einander verschieden.
Die reinen ZeitzUnder sind veraltete Konstruktionen. Der Doppel-
aflnder C/92 ist ein Fertigattnder und wird im ttbrigen geheim
gehalten.
Die GeschUtzzUndungen sind entweder Friktions- oder Schlagzttn-
dungen. Elektrische Zündungen befinden sich noch im Versuch.
Das Weitere geben wir in nächster Umschau.
2. Belgien.
Unter den Kriegswaffen, welche 1897 auf der Welt-Ausstellung
in Brüssel die Aufinerksainkeit anf sich gezogen haben, befand sich
ein Repetiergewehr Mod. 96 des hervorragenden Waffenüabrikanten
H. Pieper in Lüttich. Wie in der Umschau Deiember 1897 mit-
geteilt worden ist, war eine gröfsere Smnme ausgesetzt gewesen, am
Lösungen von Preis-Aufgaben konstruktiven Charakters zu belohnen
nndumzu einem Wettbewerb in wichtigenFragenanzospomen. Anf dem
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346
(JmsdUHi nf mfliarteehiüsohgin Gebiet
GeMet derEriegsgewehre war ein PrdB auf eine Waifegceetit» welehe die
gegenwürtig im Oebrandi befindliclien KonstiulLtionen in balliatisofaer
Hinsieht) wie in Bezug auf Leielitigkeit, Funktionieien, Konetniktion
und InatondhaJtung ttberlrifit Das Gewelir System Pieper liat diesenPreis
davongetragen. Wir geben ein knnes Bild der Einriehtnng. Der
Eiiinder bat sieb bemflbt, den fiinwttnden, welehe gegen die Jetzt im
Gebranch befindliehen Repetiergewehre erhoben worden sind, sn be-
gegnen nnd alle Forderungen m bertteksiehtigeny deren EiAUlnng
ein gntes Krlegsgewehr in sieh vereinigen soll. An Einielheiten
werden hervorgehoben:
1. Vermeidung des Lanfmantels; der Lanf ist nnndttelbar
im Sehaft gelagert nnd anf seiner hinteren KÜfke gans von demselben
umgeben, als Handsehuti. Es wird hier anf das Beispiel Deutseh-
lands mit seinem Gewehr 98 hingewiesen. Die Lanfwände konnten
um so stitrker gemacht werden, wodurch die Seliwingungen erheb-
lich vermindert werden.
2. Die gttnstige Lage des Hngazins, welches nicht mehr
Aber den Schaft vorspringt, wodurch die Handhabung der Waife
erleichtert wird.
8. Die Art der Bajonettbefestigung. Das Bajonett liegt in
der Symmetrieebene des Laufes und ist ganz in den Schaft eingelasBen,
ans dem es nach Bedarf herausgezogen werden kann. Das Gewehr
hat sonach immer sein Bigonett nnd dieses kann in keiner Weise
die Handhabung des Gewehrs beMndem.
4. Der Visierapparat ist anf der Httlse des Schlosses befestigt
und wird die Stellung des Visierarms durch einen Zeiger mit Kreis-
einteilang an der linken Seite der Httlse bewirkti das Korn befindet
sich auf dem Oberring.
5. Die Kepetier-Einriohtnng erinnert etwas an das norwegische
Gewehr Krag -Jörgensen, Indem die Patronen wie hier im Kreise
gelagert sind.
6. Die sichere Funktionierung des Mechanismus, der ein
vorzeitiges Losgehen des Gewehrs ausschliefst; erst wenn das Gewehr
vollständig geschlossen ist, kann der Schlagbolzen das Zündhütchen
treffen.
Das Gewehr hat den Cylinderverschlnfe. Der Verschluls^linder
hat einen Verscblnlskopf, dieser trSgt den Anszieher, ent^ep:engeselrt
dem letzteren ist der Auswerfer angebracht Die Spiralfeder ist ver-
mieden und dafllr ein Hahn mit plattenförmigrer Schlagfeder ange-
bracht. Spiralfedern verlieren mit der Zeit erheblich an Kraft. Das
in U-form geführte Magazin nimmt 6 Patronen auf. Das Gewehr
kann als Elnlader benntet werden, dann tritt vor die oberstCi dem
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UuMkan taf siiHtirteelmiMbem Gebiet
347
Amtritt nitoliBte Patrone eine Sperre. Das Visier entsprieht in seinem
Prinzip dem sogenanntenQnadrantenTisier, welches das freieste Gesichts-
feld gewährt Das Einstellen TermOg^ des Zeigers, der doreh ein
Zahnrad mit dem Visieraxm in Verbindung steht, erfolgt sehr rasch.
Die Einteilung der Kreissoheibe geht bis auf 2000 m. Beim Hahn-
sohlofs dient der zweite Arm der Schlagfeder als Abzngsfeder. Eine
Sicherung ist yorfaanden. Der Schaft ist geteilt Das Bajonett ist
Tierkantig mit Hohlkehlen, wodurch es sehr Idcht ist (125 g), die
Eimiohtung erinnert an die preuCnsche Zttndnadelbttchse von 1854.
Der Halter nimmt 6 Patronen auf.
Das Gewicht des Gewehrs mit Bi^onett ist 4 kg, die Lihige
ohne herausgezogenes B%|onett 1,285 m, mit solchem 1,525.
Das Laufkaliber ist 7 mm, die Lauf lange 0,725 m oder 108,5
Kaliber. Das Gewehr hat 4 konzentrische Zttge von 0,125 mm Tiefe,
81,4 Kaliber DrallSnge, entsprechend einem Drallwinkel von
5>7 Grad.
Die Patrone ist 78 mm lang und wiegt 24,85 g, die Patronen-
httlse hat 11,5 g Gewieht, die Ladung von RottweU-Pulyer 2,45 g.
Das Geschofo von 4,7 Kaliber Lttnge wiegt 11,1g und hat eine Quer-
dichte Yon 27,7 g auf den qcm. Der Geschoismantel ist von Stahl
und yemickelt, der Kern Hartblei.
Die Geschwindigkeit des Geschosses an der Mündung ist 710my
die Gesohoisarbeit 285,5 mkg. Die Tragweite geht bis Uber 4000m.
Auf 100 m liegen 50*/» der Schlisse in einer H5he von 1,9 cm, einer
Breite von 1,5 cm. Der höchste Gasdruck ist 2800 his 8400 Atmo-
sphäre. Die Feuergeschwindigkeit beim Einzelladen ist 10 gezielte
Schüfe, aus dem Hagazk 25 gezielte Schüfe in der Mbute.
Auf 12 m dringt das Geschols in Fichtenholz 1,88 bis 1,4 m^
iB Buehenhdz 0,72 bb 0,78 m ein.
Als Vorzöge des Gewehrs ergeben sich:
1. heryonragende ballistische Eigenschaften,
2. giofee Feuergeschwindigkeit, ,
8. Leichtigkeit des Ladens und der Handhabung in allen Körper-
lagen des Schlitzen,
4. Einfeehheit der Einrichtung, Zeriegnng ohne alle Werkzeuge,.
5. Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit der Waffe,
6. Unempfindliehkdl gegen Temperatur, Feuchtigkeit, Staub,
7. geringes Gewicht der Waffe und Munition,
8. yerhältDismäfsig geringer Preis. (Nach „Reyue de rarmöer
helge^ Juli- August 1899.)
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348
Umschau aut luilitärteohnisohem Gebiet.
3. Frankreich.
Über die Feidkanone C/97 finden sich in verschiedenen Zei^
schriftei^ weitere Angaben, die wir hier wiedergeben. In der Hanpl-
Sache decken sie sich mit dem, was wir sefaon fiüher mitgeteilt
Nach der j^evae de Tairate beige" (Sepi, Okt 1899), die sieb
aaf verschiedene Qnellen beruft, ist das Gesobtltz leichter als daa
bisherige Oeschttts de Bange, Laden nnd Richten geht anlserordenl-
lioh rasch vor sich. Die Munition wird ein^ MunitionswageB ent-
nommen, der neben der Laffete aufgestellt ist Hau kann 16 Sefauiii
in der Minute mit dem GesehUta abgeben, in welcher Zeit beim frttfaeren
Material die ganze Batterie nur 12 Schufs «reichte. £8 sind swei
Arten von Geschossen: Melinilgranaten gegen widerstandsfi&hige Ziele
und Schrapnels. Das Schrapnel hat 300 Kugeln, es ist das Baupt»
geschofs auf dem Scbiachtield. Die Höhe des Rohrs Uber dem Erd-
boden ist geringer als AUher, das G^chtttz ist überhaupt aus der
Ferne schwerer za erkennen als bisher. Die beiden am Rohr be-
schäftigten Kanoniere sind durch Panzerschilde gegen Gewehr- und
Sehrapnelfener gedeckt
Verschiedene Angaben finden sich in dem „Almanaoh du drapean**
▼on 1900, die von Interesse sind, aber nicht recht zuTeriXssig ersheinen.
Das Geschtttarohr in Stahl habe den SchranbenTerscbluls, seine Lttnge
sei 2,50 m, die Stiirke am Verschluisteil 8 cm, an der Mttiidang3,5 cm.
Das Totalgewicht des Geschtttzes wäre 1750 kg, des Hnnitionswagens
2000 kg. In der Gesohtttzprotze seien 24 Schnls untergebracht
Das Geschtttz wendet Patronen an. Die Gesamtlänge einer
solchen ist mit 75 cm angegeben, was aber viel zu grob
erscheint Die Patronenhttlse Ist von Messuig. Zur Hemmung des
Rohrrttcklauft und zum s^teren Vorianf dient die hydropnenmatiacfaie
Bremse. Um dem Rücklauf der Lafi^ zu begegnen, hat jedes der
beiden Räder einen Gleitschuh, der beim ersten Schuls den Boden
berOhrt nnd sich mittelst Schneiden feststellt Er hält das Geschttte
fest, ebenso wie der Sporn, der am Laffetenschwanz angebracht
ist und in den Boden eindringt Die Laffete steht so unbewegiioh
fest; der richtende und der abfeuernde Kanonier kOnnen sich nun bei
der Bedienung auf den Laffetensitzen niederlassen.
Das Geschtttz giebt fttr gewöhnlich fltnf Schnis in der Minute
ab; man kann aber, wenn es darauf ankommt, 20 Schub in der
Minute erreichen.
Zu beiden Seiten des Geschtttzes Ist em StaUsohild aDgeliraefat
Der Mnnitionswagen nimmt 72 Schob auf. Belm Schieben werde
er umgestürzt nnd Ofine dch wie ein Schrank. Auf 6000 m Abstand
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Umsohau auf miUtärteohnisohem Gebiet.
349
8ofl du Gesohaii einen Lnfiballen sefsiOrt hab^ der 600 m ttl>er
der Erde Behwebte.
£b ist bedaaerlich, dafo luer das Qewieht des feuernden Ge*
sehtttzes felilt. Kaeh den Erfohmngen an anderen Konstroktionen
mit BohrrthdLlanf mats man es als siemlieh hoeh annehmen.
Beseiebnend ist die geringe MnniÜonsmenge in der Protse; es hat
dies jedenfalls dem Totalgewieht des GesditttEes sn Liebe stattgeAmden.
Die dem ^manach dn drapean** beigegebenen Zeiehnnngen
sind wenig dentiieh.
4. GroDibritaimieiL
Die Bewaflhnng hat aagenblieklieh des Krieges in Sttd-Afirika
halber ein erhöhtes Interesse. Von Gesdmtsen sind beteiligt: Feld-
uid Gebirgsmaterial, Geschtttse der Marine, welche der Schiflfo«
aimienmg entnommen and zam Gebranoh anf dem Lande eingeriehtet
worden sind; erwartet wurde noeh ein Belagerangs-Train.
Über das Material der Feldartillerie haben wir in der
Umsehan rem Joni 1899 eine vollständige Obersioht anf Grand
bester Qoellen gegeben, in der September-Umsehan ist der Be-
strebuDgen, an der Feldlafibte nachttttglieb eine Btteklanfhemmang
anmbringen, sowie der bevorstehenden Versnobe mit Sehnellfener-
geschttteen gedacht, die man einftlhren wollte. Die Feldartillerie,
welche seit der Bttckkehr zar Hinterladong von 1884 sehen yer-
schiedene Wandlongen dnrchgemacht hatte, stand wiederam Tor einer
und swar noch gründlicheren UmwiUzaDg. 1884 hatte man das Einheits-
gesehtttz angenommen, am 1890 ehie neoe Laifete fUr fohlende
Artillerie, die sehr fortgeschrittene Einriohtangen darbot, wie
FlUssigkeits-Bremse Air den Rohrrlicklaaf, dann ein erleichtertes
Geschttts mit Drahtrohr illr reitende Artillerie, daraaf wieder
eine Erhdhang des Gescholsgefrachts bei der fahrenden Artillerie.
DerZwOl^ftnderwnrdehiersnmFttnfeebnpRlnder. dabei anch die Laffete
Terttndert nnd etwas erleiohtert So entstand das Material von 84,
95, das nnn die RttcklanfhemmTorrichtimg von Clarke erhalten sollte.
Wieweit die vonEngland ans nach Afrika entsandten Batterien damit ver-
sehen gewesen sind, vermag niemand anzugeben, vielleicht ist es nor aom
Teil der Fall. Eine in mehreren Zeitangen gebrachte Bescfareibong
ergiebt eine ÄbnÜchkeit mit ehiem federnden Achsspaten. Es hiels
aach an anderer Stelle, man könne mit der Vonichtong anfgeprotzt
schieben, doch könnte dieses in keiner Weise als ein Vorteil erseheinen.
Versochsbatterien von wurkliehen SohnellfenerfeldgeschtttBen
sollten in Woolwich, dann bei Vickers nnd bei Armstrong bestellt
sein. Zar DorchfUbrong der Versnobe ist es aber Jedentalls noch
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350
Umsdifta auf milttirteoliiiiaoheiii Gebiet
mcht gekommen mid kanm amonehmen, dab man eine etwa abge-
lieferte Venmehsbatterie cUiekt mit nach Afrika genommen hat.
JedeoiaUs kam in ßesng anf das Material der Feldartillerie
der Anebmeh des Krieges selir ungelegen, also auch hier Mangel an
gehöriger Kriegsrorbeieitnng.
Knrz sei wiederholt, da6 die Feldbatterien den 15Pftonder haben
mit dnem Schiapnel Yon 6,ft4 kg, die reitenden den 12 Pftlnder mit
einem Salir^»nel von 6,67 kg, die Mttndnngflgesohwindigkeiten betragen
hei beiden ea. 472 m. Granaten sind nieht vorhanden, was gegenüber
den festen Stelinngen der Gegner ein Mangel ist; wohl aber hat
man wenige Kar^tschen in der Batterie. Drei Batterien der Feld-
artiUerie sind mit der 6 zölligen oder 12,7 cm Hanbitze bewafinet,
die ein Sehrapnel nnd die zuerst im Sodanfeldzng erprobte
Lyddit-Granate, sowie ebenfalls wenige KartfttBchen hat Die beiden
ersten Gesehosse haben ein Gewicht von 22,65 kg nnd 4 Ladungen
▼on 0(Hrdit, die Anfangsgeschwindigkeiten liegen zwischen 289 m
nnd 123 m. Der Hanptbeetandteil des Lyddit ist Pikrinsäure, also
ein brisanter Sprengstoff, ähnlich wie unsere Granatfüllung 86. —
Eine grölsere Zahl von solchen Geschtltzen wäre am Platze gewesen.
Die Gebirgsartillerie hat noch einen Vorderlader, von 6,3 cm Kaliber,
Granate und Sehrapnel wiegen 3,45 kg. Das Rohr ist in 2 Teile,
die Laffete in 3 Teile zerlegbar, jeder Teil ist eine Traglast. Be-
kannt ist das Schicksal der einzigen vorhandenen Gebirgsbatterie
bei Ladjsmith, die dann durch eine andere ersetzt wird.
Von der Marine seheint man haaptsäclilioh 6 nnd 4,7z0lllge
oder 15,24 und 12 em, sowie 12 pfUndige oder 7,62 cm Schnellfeuer*
geschUtze entnommen zu haben, die prorisorisehe Laffetiernng erhielten.
Nach Ladysmith scheint man schon TOr den Unfällen 4,7z0llige
und 12pfiindige Marinegeschütze herangezogen zo haben.
Neuerdings versieht man die Geschtltze schon in Wolwich mit geeig-
neten Aushilfslafieten. Die ,fievue milit saisse" (Januar) giebt
hierüber nach dem £ngineer vom 6. Januar eine durch Zeichnungen
erläuterte Schilderung.
Es ist nun auch noch ein Belagerungstrain zur Absendnng
gelangt, welcher 6zöllige Haubitzen und 4zöllige Kanonen umfassen
soll« Nach dem Gang der Ereignisse dürfte sich für diese Geschütze
nur zur Verwendung als Positionsartillerie Gelegenheit finden.
Wir haben es hier also mit einem bunt zusammengesetzten
Material zu thun, wie es bei der mangelhaften Kriegsvorbereitung und
bei der Unkenntnib der Verhältnisse beim Gegner nicht anders kommen
konnte. Die Ereignisse haben dem entsprochen; der Artillerie selbst
kann man am wenigsten Vorwtirfe mai^en.
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Umachau auf militärteohiuschem Gebiet
351
Das Gewehr der enf^seben biftntefle lai du früher geschilderte
Lee-Metford-Gewebr you Kaliber 7,7 em. Es hal in den letzten
Jahren eine Reihe ron Wandinngen in seiner GesehoÜBiLonstmkti«»
durchgemacht, inuner im HinblioiL daran^ dem Gesohofo gegenttbei
nneivilisierten VolIcssfcKmmen die nötige Verwnndnngskraft sn geben.
ZnlelEt war man bei dem frtther erw&hnton Hohlspitzengesehols an-
gelangt, aneb Master IV genannt, das besonders gransam ist Die
Versttrlinngstnippen sollen ein Muster V, gleiehfalls Hoblspitsen-
gesebols, oder mit härterem fileilLen, erhalten haben, die indiseben
Trappen das alte Vollmantelgesehob fllhren. — Das Gewehr selbst
ist als Mehrlader ziemlioh primitiv.
Bei der Beratung des Budgets Ende NoTember 1899 hat der
damalige Kriegsminister darauf hingewiesen, dafis die italienisehe
Artillerie im Vergleioh mit anderen Heeren im Rttokstand sei und
dalis dem abgeholfen werden mttsse. Neueidings yerlantet, dab die
Versnehe dem Ende nahe sind. Ende Januar 1900 sollte das Modell
festgestellt werden. Naeh der „Italia militare e marina** vom 16.
und 17. Januar kann die Fabrikation nieht Tor Juli d. J. beginnen.
Es handelt sieh zunächst nur um den Ersata des Idehten Feld-
gesehtttzes C/74 vom Kaliber 7^ em, dessen Abänderung zum
sehnellfeueinden Geschütz nieht mehr lohnend erschiene war. Das
neue Modell wird ToraussiehtUoh in den Staatofabriken Turin und
Neapel hergestellt werden. Es werden im ganzen 90 Batterien sem.
Die Versuche finden auf dem Schielsplats yon Nettuno bei Rom
statt Die Versuchsgeschätze sind nach einer Meldung der ,,RevTie
du cerele militaire" vom 6. Januar 1900 von den Konstrnktions-
Werkstätten in Turin und Neapel und von der Firma Fried. Krupp
in Essen. Der Vorsitzende der Versuehs-Kommission ist der General-
Inspektor der Artillerie, General Afan di Riyera.
6. Nied6rla2ide.
Im Frttlyahr 1899 wurde eine Kommission von Artillerie-
Offizieren mit dem Studium der Frage der Schnellfeuerkanonen
beauftragt Sie sollte Vorschläge (Ox die Vonrersnche machen. Der
Bericht der Kommismon ist nicht TerOfl^entlicht worden. Man glaubt
aber kaum, dab eine Bewafinung in baldiger Aussicht steht, um so
weniger, als die Kammein wenig geneigt sem werden, eine Erhöhung
des Kriegsbndgets anzunehmen.
Inzwischen wolle man eine AUlnderung des gegenwärtigen Ge-
sehtttzes Ton 8,4 cm Kaliber System Krupp Tersuchen. Es ist dabei
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352
ümMbaa anf nilttSrteehnladieiii Gebiflt
auf dne Änderung am VenohlalB und im liadangsimom abgesehen,
dnroh welehe die Anwendung Ton HetaDlittlsen bei den Karftnaehen
ermöglioht wiid. Man habe ein Gesohtttirohr nur Änderong naeh
Bssen geeehiekt and wolle dann einen VeigieiolisTeraaeh mit einem
anderen eehon früher anr MekalU^artaBolie eingeiiehteten Rohr yor^
nehmen, das damals keinen Anklang &nd.
Eb scheint danach an eine Änderung der Laffete nicht gedacht
an werden, was doch noch wichtiger wäre. Wenn die Sache so liegt,
wie wir der „Beyne de Tarmte beige**, Sept., Okt 1899 entnehmen,
so kann das Ganze nnr als eine unsnreicbende Bestrebung be-
aeiebnet weiden, wie auch die Zeitschrift andeutet.
7. Schweden und Norwegen.
Die beiden skandinaTischen Staaten haben keine Einheit in der
Bewaffnung, es wird aber eine Obeieinstunmnng gleichartiger Waffen
in dem Grade angestr^ dats schwedische Munition in norwegisohen
Waffen und umgekehrt verwendet werden kann. Dies hat bereits
bei der Bewaffiiung mit dem Repetiergewehr von 6,5 mm stattge-
fnnden. In beiden Staaten steht man jetzt Tor der Wahl eines
Sohnellfeuer*Feldgeschttt2e8. Vor dem Eintritt in die Versuche
hatte man ein gemeinsames ArtiHerie*Komitee gebildet, das
aus je 8 OMzieren, 1 Oberst, 1 Major, l Hauptmann der beiden
Artillerien besteht Das Komitee sollte eine Einignng hinsichtlich
der KonstmktionsYerhttltnisse von Rohr und Munition in obengedachtem
•Sinne herbeiftlbren; an eine Gemeinsamkeit der Versuche war auch
gedacht worden, insoweit unter den dazu bemfenen Gtoscbtttzmustein
bei bdden Artillerien sich eine Obereinstimmung ergeben sollte.
Eine Einignng Ober das kllnftige Muster fand hi folgenden
Pnnktenstatt:Rohrkaliber7,5om,GewicbtdesGescbosseB6,5kg, Geschoss-
geschwindigkeit 600 m, Gewicht des feaemden Geschtttases höchstens
950 kg, des an%eprotzten kriegsmSIsig ansgerllsteten Geschlttzes
höchstens 1700—1750 kg. Anwendung der Einheits-Metallpatrone.
Für die Übereinstimmung in den Abmessungen Ton Rohrseele und
Maoition, soweit dies fttr die Verwendbarkeit der l»ddersdtigen
Patronen in den später zur Annahme gelangenden Geschtttzmustem
nötig ist, sollte die Beschaifang gemeinsamer Eontroll-Instmmente
f\lr die betreffenden Teile in ihren Abmessungen geii^hrleiaten.
Norwegen hatte sich in dieser Hinsiebt bereits gebunden, insofern
es nicht ftlr seine Feidartillerie, sondern für den Landsturm
ohne vorherige Versuche bei einer auswärtigen Firma 16 7,5 cm
SchneUfeuerkanonen in Bestellung gegeben hatte. Man ist aber in
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Umaehaa «if milttirteQlmiMlieoi QtUet
358
Sebwedeo geneigt, sieb in den AbmeBsongen der Pationen nnd des Bobis
beim kttnftigen FeldgesohtttK der Obereinstimmnng balber, biemaeb
n liebten. Die Anstellung gemeinsamer Versoebe ist ftlis eiste ans-
geseblossen, jeder der beiden Staaten nunmt snnJIebst seine Veisnobe
allein vor, giebt aber den Offiiieren des andern Staates Gelegenheit
diesen beiznwobnen. Das gemeinsame Komitee batte Torgescblagen:
1. einen SebielsTeimieb, nmfiwsend Prifceisionssebielsen, Sebieben
in Being anf Fenergesebwindigkeit nnd Sebielsen in yersebleden-
artigem Gelände,
2. Ifarsob- nnd Fabrversnobe in grölberer Ansdehniing,
3. einen nnmittetbar naeb AnsfUhmng der Versnobe anter 2
ansostellenden SebielsTersoeb.
Scbweden legt einen grotsen Naobdinek auf baldige LOsnng
der Feldgescb titzfrage. In Norwegen sobeint man es weniger
eilig an baben. Die sebwediscbe Artillerie bat ibre ersten Versnebe
bereits im November 1899 abgesoblossen, die norwegische aber bis
Anfong 1900 verseboben. Erstere ist dabei sebr rationell Tor-
gegangen, indem sie sehon im Frttlgabre 1899 eine Eonmiission Ton
vier Artillerie-Oflisieien mit einer Stadienreise im Ausland beauftragte,
um Einblioke in das Feldartilleiie-Material neuerer Konstruktion za
gewinnen. £s ist anzunebmen, dafs man sieb auf PriTatetablissements
bescbrSnkt bat, unter denselben baben sieb, soweit bekannt, be-
fanden: Fried. Krupp in £ssen, J. Gockerill in Seraing, Armstrong,
Whitworth and Co., sowie Yiekers Sons and Maxim in England,
Hotchkiss, Werkevon StCbamond, Scbneider et Co.]n Frankreich, Skoda
in Filsen. Der seitens der Kommission gewonnene Einblick konnte
nicht so tiefgebend sein, um omnittelbar eine bestimmte Konstroktion
zu Versaehen in grOiberem Malsstab Torzaschlagen, daher hat sie
zunächst Vergleichsversuebe mit rerschiedenen Materialien iltr
ratsam erklärt. Die wesentlichste Abweichung unter den letzteren
findet die Kommission in der Art, wie der Httcklauf aufgehoben
wird. Sie nntersebeidet hier zwei Hauptgruppen:
1. Laffetensysteme ohne Rttokwärtsbewegung innerhalb derlisffete,
2. solche mit Bttckwttrtsbewegong innerhalb der Laffete,
Zu ersteren mttftten solche gerechnet werden, bei denen die
ganze Laffete Ton vornherein am Kttcklauf teilnimmt, zu letzteren
diejenigen mit Kohrrücklaui, sei es nun das Bohr allein, oder sei es
mit einer Ober- oder Vorderlaffete.
Von allgemeinerem Interesse sind die Urteile, welche sich die
Kommission Uber beide Gruppen gebildet hat. Der ersten Gruppe
wird der Vorzog der gröfseren Einfachheit und geringeren Empfmd-
liebkeit zuerkannt, sie wird für feldmälsiger gehalten. Bei der
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354
Umschau auf militärteohiüsohem Gebiet
zweiten Groppe eneiieiiit als Vomig, dab unter gewöhnUehen
BodeoTerbftltnissen die Kanoniere beim Abfenem ihre Ptttae bei-
behalten l^Onnen. Anoh bleibt die Biebtmig dabd von einem Sehnfo mm
andern besser erhalten, die Bedienung ist beqnoner nnd die Fevern
gescbwindigkeit l&bt eine etwas grObere Steigerong zn als beim ersten
System.
Da indessen ein System der ersten Art bei fbldmäfsiger Feoer-
abgabe ebne Anstrengung der Bedienung nocb aeht Ins zebn Sobnfii
in der Minute znlälst nnd eine weitere Steigerung der Fenerge-
sebwindigkeit dnreb Btteksicbt anfMnnitiensTeisorgung nndTempiemng
des Scbrapoels ansgescblossen ist, so bleibt fbr die zweite Qmppe
als dnziger Vorzug die bequemere Bedienung ttbrig. Wie em-
pfindlieh die zur Rttcldauibeseitigung gehörigen Einriebtungen sind,
erseheint der Kommission nur durch einen Versuch zu ergründen.
Da die beiden Gruppen in den einzigen bis jetzt mit neuem
Feldmaterial ausgestetteten Staaten Deutschland nnd F^nuikreieh ver-
treten sind, so kann es die Kommission nicht empfehlen, eme der-
selben ohne Prtliimg der andern anzunehmen und glaubt, dals beide
yersucht werden mttssen.
Mit den seitens des gemeinsamen Artillerie-Komitees aufgestellten
Bedingungen hatte die schwedische Kommission, Ton welcher zwei
Mitglieder jenem angehören, Obereinstimmung, sie hatte aufiwrdem
noch möglichst unveriUiderte Anwendung der schwedischen Anspannungs-
art beim Fahrzeug und die bisherige Fortschaffung von fünf Ka-
nonieren auf der Protze und den Laffetensitzen betont. Für die
Fahr- und Schiefsversuche sollte eine Versuchsbatterie gebUdet, auch
das gegenwärtige Geschtttz dabei berttcksichtigt werden. Für
das Geschtttz sind 400 Süinls, davon die Hälfte blind, empfohlen.
An erster Stelle schlug die Kommission vor, Material folgender
Firmen heranzuziehen:
1. Fried. Krupp in Essen,
2. Cockerül (Seraing) mit einer Laffete ohne Flttssigkdtebremse,
8. Werke von Si Gbamond und zwar ein System mit Rttcklauf
innerhalb der Ijaffete.
Die beiden ersten Geschtttse gehören der Gruppe der Systeme
ohne Bttckhiuf innerhalb der Laffete an. Die jetzt gewöhnlich als
Daimander- Laffete bezeichnete Konstruktion der Werke von St
Chamond hat ebensowenig Rohrrttcklanf, sondern eine aus dem
Achsspaten hervorgegangene Schieisbremse mit Vorbringer unter
Anwendung von FlQssigkeits- und Luft- oder Federdruck, wobei die
ganze Laffete am Btteklauf teilnimmt Ob diese trotzdem oder
eine andere Konstruktion gemeint ist, war nicht zn ersehen.
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Umsehau auf miüftXrtaohoüohem Qebiet
855
Es wurde tUr gut befunden, noch eine zweite Konstruktion mit
Kücklaof innerhalb der Latfete heranzuziehen und wurde hierzu eine
solche von Schneider-Creusot bezeichnet, von welcher man annahm,
dafs sie der in Frankreich angenomaieneu Schnellfeaerkanone am
nächsten kommt.
Die beiden französischen Firmen vermochten den gestellten
Bedingungen hinsichtlich des Gewichts des feuernden GreschUtzes
nicht sofort nachzukommen. Es war nicht anerheblich höher als
festgesetzt. Uie beiden Firmen versicherten zwar, sie würden in
einiger Zeit VersuchsgeschUtze herstellen können, welche der Be-
dingung entsprächen. Die Kommission war aber der Ansiebt, dafs
dies bei derartigen Konstruktionen ohne Beeinträchtigung, der Halt-
barkeit kaum zu erwarten sei; eine Zulassung zu VergleiobsTeisQoheo
ohne Innebaltung der Bedingung erschien der Kommission nicbt
ratBam, ebenso wenig war sie aber für einen Anfscbnb jener Ver-
saebe und so haben de riob anf die beiden Konstruktionen von
Krupp und Cockerül bescbränki^)
1d Norwegen hatte das Feldaengmeteter-ABift ^en Wettbewerb
aosgesehrieben und ron iolgenden Firmen BereiteridiniDgen eriullen,
znm September 1899 den Bedingungen entepieehende GeBohtttse
mit Mniütlon znm Vennehe an steUen:
1. Aimstrong, Whitworth & Co.,
2. Skoda in PHsen (Böhmen),
3. Rheinisehe Hetallwaaienfabiik in Düsseldorf;
4. Sehneider in Le Cieasoi
5. St. Chamond,
6. Hotohkilh.
Die Finnen Krapp nnd VielLeis hatten erUSit, GeBohtttae
zom gleichzeitigen Versneh mit den Modellen oben genannter Firmen
nicht liefern zn wollen, Coekerill hatte Itetne bestimmte Zosage ge-
geben. Krupp sowohl als Coekerill hatten sieh zum Versneh in
Schweden im Herbst 1899 bereit erklärti erstere Firma aber nur
unter der Bedingung, dafo alle angelassenen Hnster die bekannten
Fordemngen hinsichtiieh des Gewiebts nnd der Abmessungen exfUlten.
Danach mnlitte der gemeinsame Vergleiehsversneh vor dem vereinigten
tfehwediseh-norwegischen Komitee unterbleiben.
Die sohwedischen Mitglieder des Komitees haben noch ein
besonderes Gutachten abgegeben, woraus wir folgendes als besonders
interessant entnehmen. Auf Grund der bei der Studienreise ge-
') Es ist nicht itekanrit, welche Konstniktion von Schnellfeaer-Feld-
kanonen System Krupp gewühlt war, vua Coekerill konnte nur die in der Um-
sehaa Tom Deitimber 1899 geMhUdeite Tertretea setn.
JtlwbKokw Ar dl« dMiMk* AnnM «ad Maria*. Bd. tli. S 28
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Unaehtn taf nUitibteoliiilBefaeiik Gebiet
wonnenen Einsicht an Ort nnd Stelle haben die liiBtglieder
der sehwedischea BdsekommiKion rieh dahin aoBgeeproohen, dals
sie bei den drei in Norwegen angemeldeten VennehsgeeehtttEen Ton
Armstrong (England), Skoda (Östreireieh), Hotchkifs (Frankreieh)
keinen Anlafs geftmden haben, eme weitere Prttfhng desselben
anzulegen. Das Versnehsgeschttte der Rheinischen HetaUwaarenfabrtk
wurde als bis Jetst gans unbekannt nnd nnerprobt bezeichnet
Ein gememsamer Versnob im nächsten Jahre mit Batterien
von Sehnellfeaerkanonen, welche znr Annahme in Frage stehen,
erscheint den schwedischen Mitgliedern des Komitees nicht nnvorteil-
baft, weder in artilleristlsoher noch in Ökonomischer Beziehmig, yor-
ansgesetet, dab filr Schweden dadnieh kein Anfechnb in der end-
gültigen Annahme eines Systems entsteht
Der schwedische Reichstag hat für diesen entscheidenden
Veisnch hi 1900 bereits die Snmme von 235000 Kronen für Ma-
terial nnd Munition angewiesen. Es ist dabei der Wnnsoh zum
Ansdmck gekommen, dals bei einer späteren Lleferang des nenen
Materials die schwedische Industrie thnnlichst Berflcksiobtignng er-
£dire.
FUr den Versuch im gröberen Malsstab hat die schwedische
Kommission das Sebnellfener-Feldggeschtitzder Firma Fried.
Krapp vorgeschlagen. Dasselbe hat sich nach der Erldärung der
Kmmnission in den Hauptsachen vOllig feldmälsig erwiesen. Dieses
Geschütz erfüllt die Forderungen an ein zeitgemälses Schnellfener-
Feldmaterlal in solchem Grade, dafs es der Kommisrion ratsam er-
schienen ist, den Versuch mit ihm in einem grölseren Mabstab fort-
Kusetzen. (Schwedische Artilleiie-Zeitschrift, Y. lieft 18d9.)
8. Schweiz.
Die Kommission für die Neubewaffnung der Feld-Artillerie
bat sich ftlr die Vornahme weiterer Versuche anspesprochen,
bevor den eidgenössischen Räten ein Kreditbegehren zur PMufUbrung
der neuen Schnellfeuergeschfltze ein^^ereicht wird. Die Keobe-
wafihnng wird sich somit noch weiter hinausziehen, als nrsprthi^^lich
in Aussicht genommen war. Die Kosten werden auf 18 Millionen
Franks, inbegriffen die Manition, veranschlagt
Der Bundesrat ist demnach mit seiner ursprünglichen Absicht
nicht dürph<:edrungen, wonach, wie in letzter Umschau auf Grund
unserer Informationen dargelegt war, Anfang 1900 spätestens die
Entscheidung fallen sollte. Die Neubewaflnung, so hiels eSi vertrage
keinen Aufschub. Die Herbsttagung der Bundesversammlung zeigte
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Uinaohau aut milttärtecbniächüm Gebiet.
357
das Bestreben, eher die MUitSraiMgibeii herabznseteen, als neae
Summen zu bewilligen. Doeb ist hier wolil nicbt der Ansseblag
gegeben worden, sondern mebr in der Konunissioo, wo eine, andere
StrOmnng zur Geltang gekommen m sdn sebeint, welcbevon den GesehflteE-
Iconstroktionen von Kordenfelt (Paris), wobl anob von Schneider
m Grensot nnd von Si Cbamond eine hohe Heinang hat. Ganz
speziell ist, soweit wir Übersehen, die Konstruktion Ton Cockerill-
Nordenfeit, Uber welebe in letzter Umsehaa unter „Belgien" ein-
gehend beriebtet worden ist, ins Aage gefa&t, einmal des exeen-
trisehen Sehraabenversohlnsses von Kordenfelt halber, sodann weil
man wegen des (wenigstens in der Theorie) freibleibenden Laffeten-
sehwanzes einen leichteren Zielwechsel annimmt Man hat hier die
Hemmong durch zwei Hemmkeile oder Gleitschuhe, welche durch
Excenter mit der Achse und durch einen horizontalen Bremsbaum
miteinander yerbnnden und beim Schielsen sich unter die Räder
legen. Es soU* damit gleichzeitig die Hemmung beim Fabren
bewirkt werden. Hierfklr liegt aber der Bremsbanm etwas tief nnd
es kann auf einem Boden mit vielen Unebenheiten eine Behinderung
eintreten. Beim Hang des Bodens nach rom kommt das Geschütz
leicht ins Bollen; beim Hang nach rttckwärts legen sich die
Räder auf den Keilen unter Umständen so fest, dals das Nehmen
der Seitenriehtung sehr erschwert wird«
Die Lösung des Problems einer Schnellfener-Feldkanone ist
durch den Bescblnls, wieder in das Stadium der Vergleiohsveisaehe
znrttekzutreten, auf längere Zeit hinausgesoboben. E^e sehr
einsichtsTolle schweizerische Monatsschrift sagt gelegentlich der
hastigen Umwandlung englischer Harinegesobtltze in Positionsgeschtttze
für den Krieg gegen die beid^ sttdafrikanischen Republiken: „Hoffen
wir, dafo unser Land niemals zu ähnlichen Ansknnfismitteln zu greifen
branche,zudenenmanjetztio£nglandgezwnngeniBt, weil manes versäumt
hat, sieh b^ Zeiten ein ausreichendes Material fertig zu stellen!*^
Nach der ganzen politischen Lage ist ja nicht zu erwarten, dals die
Schweiz durch den Aufschub der Bewaffnung der Feldartillerie in
eine ähnliche Lage kommen sollte, vrie jetzt England durch den
Mangel an Kriegsvorbereitnng auch in Hinsicht auf das Artillerie-
Matnial; so traurig werden die Folgen nicht werden. Es ist nicbt
ausgesprochen, welche Bedenken man gegen das Versucbsgeschlltz,
iessen günstiges Verhalten in Schweiser Berichten des vorigen
Jahres stets hervoigehoben wurde, geltend gemacht hat. Wir haben
Grund anzunehmen, dals es sich um die Richtungsveritnderongen
beim Rttcklanf handelte. Darttber hätte man aber schon bei den
Vergleichsversncben von 1898 ins Klare kommen können. Ohne
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Uumhui auf mlfitirteoliidseheni OeUet
eine Kontrolle der Richtung nach jedem Schafs aach im Schnellfeuer
wird man bei keiner Konstruktion an Feldgeschützen wegkommen,
ist diese doch auch bei Geschützen, die auf festem Unterbau stehen,
unentbehrlich. — Wenn wir recht unterrichtet sind, sollten die
neuen Vergleichsversuche bereits im Februar beginnen. Es ist an-
zunehmen, dafs die deutsche Firma mit einer ihrer neuesten Kon-
stmktionen hervortreten wird.
9. Transvaal-Bepabllk.
Die südafrikanische Kepublik hat sich in neuerer Zeit mit mo-
dernen Waffen, sowohl Gewehren als Geschützen ausgerüstet. Letztere
sind verschiedenen Ursprungs, teils aus Deutschland von Fried.
Krupp, teils aus Frankreich von Schneider in Le Creusot
stammend, auch solche englischen Ursprungs sind vorhanden.
Unter den neueren (ieschützen werden aufgeführt von Krupp 7,5 cm
Schnellfeuer-Feldkunonen, 3,7 cm Schnellfeuer-Gebir^'skanonen, 12 cm
Feidhaubitzen. von Schneider ebenfalls 7,5 cm Schnellfeuer-Feldkanonen
und 12 cm Feldhaubitzeu, auiserdem 15,5 cm Positionsgeschütze.
Aus England stammen die Konstruktionen von Maxim-Nordeuf elt ,
der sich mit \' Ickers zu einer Firma vereinigt hat, nämlich 7,5 cm
Schnellfeuer-Feldkauonen und eine gröüsere Zahl 3,7 cm automatischer
Maxim-Geschütze.
Die französischen und englischen Sehneilfeuergesehütze der
Transvaal-Buren stimmen im allgemeinen darin überein, dafs die
Kohre Schrauben verschlusse, die Geschütze im übrigen Kohrrücklauf mit
P'lilssi^keitsbremsen und Hemmung am Boden durch Spuru l)ezw. bei
Maxim-Nordenfelt auch durch Kadbremsunghaben. Über die Einrichtung
der Kruppschen Schnellfeuergeschütze ist nichts Genaueres bekannt
geworden, es lälst sich aber atmehnien, dafs kein Rohrrücklauf ist,
dagegen Hemmung des RUckiauis. durch Federsporn stattfindet, die
Rohre Keilverschlufs haben. Es stehen hier also auf derselben
Kampf^eite Vertreter der beiden Hauptgruppen von Schnellfiuer-
Feldgeschützen im Wettbe\v«Tb. Es wird später von grofsem Inter-
esse sein, etwas Näheres über das Verhalten derselben zu erfahren,
namentlich wie sich die Einrichtungen zum Kuhrrücklauf im Kriege
bewährt haben. Im ganzen zeigt sich die Artillerie der Buren der
englischen überlegen, was dem voUkonnneneren Material der ersteren
zum Teil auf Rechnung gesetzt werden kann. Vermilst wird be-
den Buren eine ausreichende \ ersorgung mit Schrapnels, auch wird .
häufig über nichtkrepierende Geschosse, anscheinend bei dem
französischen Material, berichtet.
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Umschau auf militärtechnischew Gebiet
359
Die 15,6 cm Grensot-KanoiMii sind in nur gerinSer ZaU Tor-
iumden; die leteten Bestellungen sind nicht mebr rar Ablieferang
gelangt. Es sind keine SchneUfenerkanonen nnd sie sobieesen mit
Sebwarzpolver. Die Robre ans Stabl mit SduranbenTersoblnls nnd
4,20 m lang nnd 2680 kg aekwer, die Lafieten wiegen 8940 kg. Die
Granate von 89,6 kg Gewicbt soll mit einer Oesobtttzladnng von
9,9 kg eine Gescbwindigkeit ^on 480 m erhalten, das Sebrapnel
wiegt 41 kg ond bat 480 Kngehi. Die Zünder sollen mangelhaft
sein. — Aach ein pynamit-Gesebttts, ähnlich dem von Sims-
Dndl^ sollen die Boren haben. — Älteres Material aas den
achtziger Jabien amfabt 8 cm Feld- nnd 6 cm Gebirgsgesobtttase von
Erapji. — Die Oraige*Bnren haben haaptsäehlich 7,5 cm Krapp-
Fddkanonen. — Die Aosstattong der Transraal-Baren mit Maxim-
Maschinengewehren erstreckt sich auf die Kaliber von 11,4 and
7,6 mm nnd soll ehie reichliche sein.
Die Baren hatten 1894 Henry -Martini- Gewehre von 11,4 mm
angekanft, später aber eine gröbere Zahl von Mauser-Gewehren
des Kalibers 7 mm aas Deutschland beschafft Mit letsteren
sind oe der engliscben Infisateiie überlegen, obgleich das Maaser-
gescbols Tiel weniger gefthiliohe Verwnndnngen erzengt als das
englische Gescbols.
Das Maasergewehr, welches Air anser Grewehr 98 in technischer
Hinsieht TorbUdlich war, wird mit Ladestreifen geladen nnd ninunt
5 PMronen im Magazin aof, welche im Zickzack lagern. Die
Patrone wiegt 24,8 g; das Geschob 11,2 g schwer, bat einen Hart-
bleikem nnd einen Vollmantel von nickelplaltiertem Stahlblech. Die
Ladung ist 2,5 g Bl&ttchenpnlyer. Das Gescbols, dessen Qaerdichte
29,1 g aof den qcm ist, erfaSlt eine Geschwindigkeit Ton 728 m.
Die Bewegangsarbeit an der MUndong ist 308 mkg. Das Gewehr wiegt
ohne Bi^onett nnd mit leerem Magazin 4 kg. Die Visierang geht
bis 2000 m. Das Gewehr bat einen CylinderdrehTcrschlais mit 2
senkrechten Stiltzwarzen. Der Lauf ist im hinteren Teil vom
hOlzemen Haadschatz omgeben. — Der YoUsNlndig bestrichene Banm
von der Mllndnng an betrttgt gegen den stehenden In&nterlsteii
600 m, gegen den Reiter 700 m. Die Elndringangstiefe des Ge-
schosses in TannenhobB dicht tot der Mllndnng ist 140 cm. Es
lassen sich 25 gezielte Schafs in der Minute abgeben.
860
ümschao in der MilitSr-Lltteratnr.
XXVIII.
Umschau in der Militär-Litteratur.
L Ausl&iduche Zeitoehnfken.
Strefleiirs Astemiehisdie lUlitSriseheZeitsolirift (Januar 1900.)
Der Entwurf des Bxerzier-Reglements fQr die französische FeldartUlerie,
— Die Kämpfe Italiens gegen Abessitiien 1804 — 1896. — Das neue
Exerzierreglement für die deutsche Feldartillorie. — Ein österreichischer
Veteran. — Tornister-Tragbahre, Tornister-Z«'lt. - - Feldmarsrhall Leut-
nnnt Franz Baron Uchatius, — Die Belaixeninir von Ladysmith. — Ver-
pflfiiunj^ und Train der Eni^länder in Südafrika.
Organ der nillitürwisseiisehaftlielieii Vereine. (J a h rjj^an tr 1^09.)
f). (Schlufs-)Heft. Österrciciior und Küssen in Italien, 1799. (Hierzu
2 Tutein.)
Hitleilungeu über (veg^nstSiide des Artillerie- und Geniewesens.
(Jahrgang 1900.) 1. Heft Obersicht der Versuche auf dem (}ebiete
des Artillerie» und Waffen-Wesens in den Jahren 1898 und 1899. *
Zur Theorie der SicherheitssprensrstotTc — Die Beanspruchung der
Kanenenrohre nach der dynamischen Theorie.
Amieeblatt. («»st erreich.) Nr. 1. Die Kriegslair»* in >^üdafnka.
— !)oktor Kronawt'lter und der arme Leutnant. — Mas« hint'np'\vehre
und Panzerzüge (Schlufs in Nr. 2). Nr. 2. Heeres- und .Marine-Fragen.
— Der Krieer in Südal'rika. - Der englische Soliiat. — Wie .\dmirai
Cervera prophezeite. Nr. 3. Lassen Sie die .Vnuee in Kuhel (Worte
Kaisers Franz Josef an den tschechischen Abgeordneten Siransky). —
Der Wert der Feldbefestigung. — Der Krieg in Sfidafrika. ~ Das
Zepelinsche Luftschiff. — General Albert Fürst. Nr. 4. Franz v. Karst f.
— Die Mannschaftsschule. — Geschichte des Fel4)Sgerbataillons Nr. 8.
3liIitär-Zeitung. (Österreich.) (Jahrgang 1900.) Hr. 1. Das
Miiitärjahr 1899. — Automobiis im Feldkriege. Nr. 2 Tnser Offizier-
mangel. ~ Die britischen Heereseinrichtungen. — Die i u^si'srhe Trup-
penkonzenirierung bei Kuschk. - r>er Krieg in Afrika. - Nr. 3.
Kaiserworle. — Das Zepelinsche lenkbare Luftschiff. Nr. 4. üfüzier
und Bürger. — Der Krieg in Afrika.
Journal des sciences müitaires. (Januar 1900.) Anmerkung
über die Lage der Engländer im Flufsgebiet des Yang-Ts^-Kiang. —
Vorbehalte bezüglich der praktischen Bedeutung des Schiefsens in ge-
neigtem Gelände unterhalb der Visierlinie. — Über die «Reserve-Armee
von 1800"* (Schlufs). ^ Der Gebirgskrieg. — Studie über die Organi-
sation der Küstenverteidigung. — Die Ernähiung der Armee. — Der
österreichische Erb fol bekrieg (1740—1748). Feldzug in Schlesien
(1741—1742. Ports.). — Beförderung der Zukunft und Vegttngung der
Armee-Cadres.
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Unuoliatt in der MiliUr-Uttenfenr.
861
Revue militaire umverteile. (Janti ar 19W.) Nr. 94. Allgemeiner
Bericht über die Gesamtlage von Madagaskar (Forts.); von General
Gallieni. ~ Die Belagerung von Pfalzburg 1Ö70 (Forts.). — Unter-
suchungen über geheuchelte Krankheiten und SelbBtYeretümmelungen,
beobachtet von 1859—1896 (Ports.). Studie über eine taktische Präge.
Rerve do eerde militaire. (Jahrgang 1900.) Nr.l Ausbildung
der Gadres und Speeial'Übungen des SaniUltsdienstes. - Die Ver-
mehrung der deutschen Flotte. — Der Krieg in Transvaal (Forts, in
Nr. 2. 3, 4). Nr. 2. Die transsaharischc Eisenbahn. (Mit Karte.)
iSchUifs in Nr. 3 ii. 4.) — 1 »ie italienische Kriegsschule. (Schlufs in
Nr. .''). Nr. 4. l'er Bankerott des Saivenfeuers. — Deutschland. Die
Feliiariillerie im Jahre 19()0.
Camet de la Sabretache. (31. Dezember lö99.) Nr. 12. Der
Ursprung der vormaligen 18. Chasseurs. — Beschwerden der Veteranen
(1814—1818). — Die Verabschiedung Jouberts (Januar 1798). — Archive
der Infanterie. Ausrüstung des ftanzösischen Infhnterieoffiziers. —
Der Soldat früherer Zeiten. — In Vergessenheit geratene Uniformen.
Revue dlaHuiterie. (Januar 1900.) Manöver-Disziplin (Schlufs).
— Verteidigung von Anhöhen gegen Infanterie (Schlufs). - rreschichte
der Intanterie in Frankreich (Forts.). — Schiefsen mit schwachen
Ladiing« n ( Zi nun eii^e wehre) bei der Infanterie (Forts.). — Eine Feld-
dien.st- Autgabe (Furtü..).
Revue de Cavalerie. (E)ezember 1899.) Die Beförderung der
Leutnants in der Kavallerie. — Neue Worte, alte Lieder (Forts.). —
Anmerkungen Über das militttrische Zureiten (Ports.). — Die Kavallerie
der I. u. II. deutschen Armee in den Tagen vom 7. zum 15. August
1870 (Obers, des Peletsehen Werkes.) (Pbrts.).
Revue d'ArtUIerie. (Januar 1900.) Peuerverteilung der Artil-
lerie (Forts.). — Schiefsvorschrift der deutschen Feldartillerie. — An-
merkung über das verdeckte Aufstellen der Batterien. — Das auto-
matische Mauser -Mehrladegewehr. — Russischer Entwurf für das
bchiefsen aus Küstengeschützen.
Revue du Genie militaire. (Januar 1900.) Studie über be-
ständige Befestigung (Schlufs). — Die deutschen Pioniere 1870 (Forts.). —
Automobiler Transporteur bei Schwebebahnen. — Ventilation des Gott-
hard-Tunnels.
La France nilitaire. Hr. 4738. Verteidigung der Kolonien —
unterseeische Kabellinien. Prankreich hat mit seinem Kolonialbesitz
nur durch englische Kabel Verbindung. England kontrolliert dadurch
im Frieden den französischen Handel: im Kriege mit England verliert
Frankreich jede Verbindung mit seinen Kolonien. Der Krieg in Süd-
Afrika hat dies zur Erkenntnis gebracht. Verschiedene Entwürfe liegen
vor, aber das Sicherste für unsern afrikanischen Besitz, so sagt das
Blatt, bleibt die telegraphische Verbindung auf dem Landweg durch
die Sahara. — Die Militär-Attaches werden für unentbehrlich erklärt, um
sich über Veränderungen und Fortschritte in fremden Armeen auf dem
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362
Uaiduut in der MiUtÄr-Litteratar.
LtttftodeD m «riiatton. Fnuiknteh denke oieM dana, sie ateabe-
nilen (?). Mw. 4789. Die Ureiebeii eines SfiÜBerfblgB. Der Plan der
EngÜnder, ihre Streitkrfifle vieifiwh au teilen (petito paqaets) war
fehlerhaft Der Schwerpunkt lag Im Osten« von Durban 9xd Pratoria.
Die kolonialen Unternehmungen gegen acUecht bewaffnete Völker-
schaften oder Aufständische, Gegner ohne militärische Ausbildung,
waren für die englische Armee eine ebenso schlechte Vorschule für
den grofsen Krieg, wie die Peldzüge in Algerien vor 1870 für die
Franzosen. — Herbstmanöver. Die eine Partei soll aus dem V. und IX..
die andere aus dem IV. Armeekorps bestehen, zur ersteren stöfsl die 7..
zum letzteren die 1. und 6. Kavallerie-Division. Die Manöver sollen
in der Gegend von Chateandnn sein. Kr. 4740. Die Festungen und
die Strategie. Festungen bringen eine grofse Gefahr, wenn sie einen
Teil der aktiven Truppe festlegen an einer Stelle, wo sie der Ent-
wicklung der strategischen Manöver nicht zu gute kommen. Anwendung
auf die Engländer in Ladysmith. Nr. 4741. Der kleine Krieg. IV. —
— Herbstmanöver I>as IV, und X.Armeekorps mit der 1. Kavallerie-
Division unter Brugere g*'g<*n das V. und IX. mit der .">. Kavallerie-
Division unter Lucas, die Oberleitung hat Jamont. Nr. 4742. Mili-
tärische Vorlagen. IV. Militär-Justiz. Nr. 4744. Die Lehre des Kriegs.
Einfache Beobachtungen. Nr. 4746. 1899—1900. Betrachtung beim
Jahres- und Jahrhundert-Weehsel. Hr. 4747. Das Avancement in der
Inliuiterie. IL — Sittliche Theorien. Die Engländer wollten am Tage
der Sohlacht an der Alma ihre Truppen nicht in Marsch setzen» bevor
sie ihr Frfihstttck eingenommen bitten. Auch jetzt wird den Eng^
ländem vorgeworfen, dafs sie zu sehr am Wohlleben hängen. Man
soll dem Soldaten nicht blofs sagen, was er zu fordern, sondern auch
was er zu leisten hat. Nr. 4749. Milit.irische Vorlagen. V. Die provi-
sorische Annahme der mit der 1 nenstzcit sleigetulen Pensionen. Nr. 4750.
Die Iststärken der Infanterie. I. — Die Lanzenreiter. I. I»ie (ininde
der Abschartung nach dem Kriege 1870/71 waren: Notwendigkeit, der
gesamten Kavallerie eine Feuerwaffe zu geben; schwierige Ausbildung
bei der verkürzten Dienstzeit; geringe Wahrscheinlichkeit von Kimpfen
derKavallerie gegen Infonterie imZukunftskrieg; beimZosammenstofs der
Kavallerie sei die Lanze von Nachteil Nach Ansicht des Verfassers waren
die meisten Gründe nicht stichhaltig. JXr. 4761 Der kleine Krieg. V. —
Die Lanzenreiter IL — Nr. 4753. Ausfall der ( bungen von Reserve
und Territorial- Armee im Ausstellungsjahr. Nr. 4756. Die Iststärken
der Infanterie. IL Es wird gegen die meisten Dispense von der vollen
aktiven Dienstzeit auf Grund des Artikel 23 des Wehrgesetzes ge-
sprochen, es genüge für die Lehrer und Geistlichen. Alle anderen
könnten voll dienen, wie Advokaten, Arzte, Schüler von Handelsschulen
etc. Nr. 4766. Dos ächiefsen in der Zukunft. Geht von der Über^
legenheit der Buren Uber die Bngl&nder infolge der SoUeJhfertigkeit aas.
Le Fregrta aülltaife. Nr. 8002. DerSftbel und das neue Regle-
ment. — Daa Beflirderungs-Ritsel. I. — Der südafrikanische Krieg
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Umschau in der Miliuir-Litterfttor.
363
(Ports, in Nr. 2005, 2007, 2006). Vr. 2006. Die von der Beförderung
AusgesohlosBenen. Hr. 2007. Ausgewählte Offiziere und Offiziere ohne
Zukunft. — Nach dem Militärbudget. (Behandelt besonders die Untere
Stellung der Kolonialarmee und der Küsten Verteidigung unter das
Marine-Ministerium. I Nr. 2008. Öffentlichkeit der Beförderungsüsten..
— Verwaltungs- und Satiitäls-Horsfuial der Kolonialarmee.
La Belgique railitaire. Nr. 1492. I'er anglo-transvaalsche Kriea:
(Forts, in Nr. 1493, Hdb.) Nr. 1493. Lord Roberts. — Die Krofsen
Manöver. Studie über ihre Ausführung. Nr. 1494. Das belgische
Gewehr, verglichen mit dem Trans vaal-Oewehr. — Das Lyddite. —
Die Wirkungen Uehnkalibriger Geschoese.
Bevme militaire Misse. (Januar 1900.) ManOver^Eindrücke. —
Der indirekte Schufs. — Die Befestigungen in Österreich-Ungarn.
Schweizerische Zeitschrift für Artillerie aad Genie. (Dezember
1899.) Die Thätigkeit der deutschen Festangsartillerie bei den Be-
lagerungen, Beschiefsungen und Elnschliefsungen im deutsch- französi-
schen KriofTo. (Hespr. d. Müllorschen Werkes.» — Die neuen Vorschriften
der deutschen Feldartillerie. — Das rauchlose Maxim-Schüpphaus-Pulver.
— Die BodeutunET des Exerzierplatzes und des Geländes für die Aus-
bildung der Feldarlillerie.
AUgemdae Schweizerische Hiiit&rzeitung. (Jahrgang 1900)
Mt. 1. Einige Beobachtungen bei den deutschen KaisermanOvem 1899
(Sehlufs in Nr. 2). — Die Kriegslage auf dem westlichen Kriegsschau-
|»latz. Hy. 2. Die Kriegslage in Südafrika. Hr. 3. Die Herbstmanöver
1899 (Fort.s in Nr. 4). — Die Neuorganisation der deutschen Feld-
artillerie. Nr. 4. Das Va-banque-Hpie! des Generals Buller.
Army and Navy üazette. Nr. 2082. Die militärische Lage in
Südafrika. — Zusanimenstelluni:; der iü'iegsereijrnisse, in taireweise
geordneten Mitteilungen (Forts, in Nr. 2083). — Verlustlisten, re^i-
menterweise geordnet. — Offizielle Aufstellung der Etappen-Linien in
Südafrika, mit Angabe der zu diesem Zweck gebildeten Kommando-
St&be. Hr. 2068. Die mflitärische Lage in Südafrika. Kritische Be-
trachtung über die Niederlage des General Buller am Tugela. — Das
Kommando in Südafrika. Bemerkungen über die Sendung Lord Roberts
zum Kriegsschauplatz. — Saehverstindige und Kritiker. Richtet sich
gegen die meist unverständigen Kritiken der öfTentlichen Blätter über
die militärischen Mafsnahmen in Südafrika. — Ursachen der Nieder-
lage Bullers am Tugela. — Urteile der deutschen Presse. — Nament-
liche V'erlustliste
Journal of the Royal United Service Institution. Nr. 262.
Moderne Waffen in ihrem Einflufs auf Taktik und Organisation. All-
gemeine Betrachtung über die taktischen Veränderungen in den letzten
Jaluzehnten unter Hinweis auf die Erthhrungen in den letzten Kriegen.
— Mttitär-Btatistisohe und strategische Betrachtung Indiens, mit einem
zukünftigen Kriegsplan. Aus dem Russischen übersetzt. — Ldbells
Jahresberichte Über Veränderungen und Portschritte im Militärwesen.^
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364
Umschau in (ier iMilitar-Litteratur.
— Neu-Organisation des SanitStswesens fm Heere. ~ Brief eines
Offiziers aus Ladysmitli. — Die Probe^Mobilmachung in Rulsland. Zn-
-sammenstellungderdabeigemachten Br&hntngen.nachrussischen Quellen.
Army and Navy Journal. Nr. 1894. Bericht des General-
majors Otis. Eingeliende Mitteilungen über seine Operationen auf den
Philippinfn - Eine Xational-Universität. Verlang:t die Eintührunsr
■der Militär- Wissens chatten für die Akademie in Washington. — Letzte
Nachrichten aus Manilla. — l»ie Lage in Südafrika. Nr. 1896. l>ie
Operationen im Xonlen von Luzon. Mit Phin. — Kriegsleben auf den
Pllilippinen. — Vor^chrit'ien i'ür das Sanitäts-Korps. — Südafrika und
•die Philippinen. Ein kritischer Vergleich. — Der Krieg in Südafrika.
Bwsski InTBlid. Nr. 276. Aufnahme von Offizieren in die Nikolaus-
Akademie des Generalstabes im Jahre 1899; von 285 Offizieren bestanden
.55 die Aufnahnie-Prüfüng nicht, davon 12 wegen ungenügender Kennt-
nisse in russischer Sprache: 153 Offiziere ^vurden in die Ak idemie
aufgenommen, aufserdem ohne Prüfung 4 bulgarische Offiziere. Nr. 277.
Die Kriegs-Akademie und ihre Aufgaben : von General-Major Mnksrhejew,
Profes.*^or d. Gen.-St.-Ak.; Verfasser bespricht die Einrielitungen und
die .\iilgaben der Kriegs-Akademien in Deutschland, Österreich und
Frankr»'ich und stellt dieieniut n der Berliner Kriegsakademie als .Muster
für die in Aussicht genommene Änderung der Organisation der rus-
sischen Generalstabs-Akademie hin. Nr. 279. Bs werden 3 leichte
Feldbatterien neuformiert, von denen je 1 der 19. Artillerie-Brigade»
der 1. ostsibirischen Art.-Brig., und der 8. Schützen-Artillerie- Abteilung
zugeteilt wird. Nr. 282. Bei der 3. Sappeur^Brigade (Mil.-Bez. K|jew)
wird ein neues Sappeur-Bataillon (Nr. 21) formiert. Nr. 282. 284, 296.
Die neue Vorschrift für die Verpflegung der Truppen im Kriege.
Nr. 286. Die bisher mit der Michael-.\rtillerie-Akademie verbiindt^no
Michael-Artillerie-Schule (Kriegsschub'l wird von ersterer getrennt und
mit der Konstantin-Artillerie-Schule einem gemeinsamen Chef unter-
stellt. Nr. 1/1900. Militärische Übersicht über das Jahr 1899. Nr. 2.
Am 30. 12. la. St.) starb in Petersburg Generalleutnant Tillo, einer der
wissenschafUich gebildetsten und gelehrtesten Offiziere der russischen
Armee; bis Ende 1899 Kommandeur der 87. Division, wurde er wenige
Tage vor leinem Tode in den regierenden Senat berufen; General T.
war Vorsitzender der Abteilung für mathematische Geographie der
russischen geographischen Gesellschaft, Ehrenmitglied der Berliner
geographischen Gesellschaft, korrespondierendes Mitglied der Pariser
und Petersi)urger Akademie der Wissenschaften u. s. w. Nr. 3. Kaiser-
Manöver im Jahre 1900 |s, Aufsatz: „Armee- und .Marine-Nachrichten
aus Hufsland"!. — Das Reichsbudget für 1900. Nr. 5. r>ie Militär-
schule in W'tdsk wird in ein Kadettenkorps mit beschranklcni sfchs-
klassigen Kursus umgewandelt; die Hauptuulgabe des neuen Kadetten-
korps besteht darin. Kadetten aus anderen Korps, welche in ihrer
wissenschaftlichen Ausbildung surttckgeblieben sind, aufzunehmen und
für den Eintritt in die .untere Klasse einer Junkerschule vorzubereiten.
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Umsobau in der Militär-Utteratur.
365
Wajeiwüj Ssbornik. (Dezember 1899.) Skizze des Aufstandes in
der Herzegowina 1875 und des Montenegrinisch-Tarldschen Krieges
1876 und 1877. — Der Krieg (Übersetzung des Werkes von Clausewito)
XII. — Die Galizischen und Posenschen Banken wahrend des Auf-
standes 1863 in Polen (Sclilufs). — Das Schief8^vesen in den fremden
Ai-meen. II. — Noch etwas über das Pferd für den jungen Offizier. —
.Artilleristische Bemerkuniren. V. — Die Überwindung künstlicher
Hindernisse. - Materialien zur Frage über den r>ienst im I>onheere.
— Kurzer geschichtlicher Rückblick auf die Ableistung des Kriegs-
dienstes seitens unseres Adels und die Bildung tMiier Reichswehr
(Schlufs). — Über die Bedingungen und die Aufgaben für die heutige
Ausbildung und Erziehung des Soldaten. — Der Sattel und das Gepäck
der reitenden und fahrenden Artillerie. — Die Notwendigkeit des
MiUtftrgerichtes. — Bemerkungen ttber die Pflichten der Mannschafben
der Reserve. — Die grofaen Manöver in Deutschland, Österreich-
Ungarn und Itniien im Jahre 1899.
Isbofiiik Raswjedtschika. 1899. XIV. In Buchara. — Die Re-
montierung der Feld-Artillerie. .Aus den Briefen in meiner Junkerzeit
1849. — Die Russen in Kreta. I>ie Altersgrenze.
Raswjedtsehik. Nr. 477. Das Regiment Nowo-Ingerinatinland im
Manöver. — L>as fünfzigjährige .Jubilautn des 2. Moskauer Kadetten-
korps. Nr. 478. Taktisch« Beschäftigungen mit den Offizieren. —
Die Stellung der Offlzierburschen in der Familie des Offiziers. —
Reserve-RSder für die Geschütze und Munitionsfahrzeuge. — Der Krieg
in Transvaal. Nr. 479. Französische Offiziere in der russischen Schieis-
schule. — Das englische TelegraphenbataiUon. — Das Exerzieren zu
Pub in der Artillerie — Nr. 480. Die Duelle. — Der Krieg in Sfid-
afirika. — General Joubert.
Wjestowoj (Litttnaturblatt) Nr. 53 enthält die Fortsetzung einer
Übersicht über die Suworow-Litteratur. — - [»io Schulbildung der Re-
iüruten. — ('bersicht über die russische SoKlaten-Bibliothek.
Russisches Artillerie-Journal. Nr. 12. Artilleristische Fragen. —
Zur Instruktion für die Leiirkommandos der Feldartillorie und Programm
der Vorbereitung zu ihren Feuerwerkern. — Unterrichtsschiefsen nach
Blickfeuem. — Einige Worte vom Projekt eines Reglements des Dienstes
der FuHsartillerie. — Gesellschaft zur Förderung der Militärwissen-
schaften.
L'Italia militaro e marina. Nr. 289. Für die Offiziere des Ruhe-
standes. Nr. 287. Stehende und improvisirte Heere. Nr. 290. Die
Karabiniers im Prozefs Xotarbartolo. Abwehr von Anschuldigungen
gegen einzelne Karabiniers, als hütten sie gecrenill)er von Mitghedern
der Maffia Schwäche oder Begünstigung ge/ei^t Nr. 291. Die l)is-
ziplin und der Zeitgeist. - Der Krieg in Transvaal und das englische
Heer. Gute Zahlenangaben nach der „Nazione". Nr 294. Bekleidung
und Ansrflstung. Nr. 295. Eine Avancementsft-age. Nr. 296. Die
militärischen Bedbigungen am Anfange von 1900. Nr. 297. Neuer
Digitizüu by C(.)0^1e
366
UniioIiAii In der Hi]Itfr*Ilttttttar.
Typ eines Schlachtschiffes vom Ingenieur Caniberti. 1900. Kr. 8. Die
militärische Lage von Italien am Anfanp: von 1900. Hr. 3. Das neue
Reglement für die Kriegsschule. Nr. 6. Die Rüstungen und der Friede.
Nr. 6. Das Fechten in den Regimentern. Nr. 8. Die Vergehon im
Heere. — Das Budget des Kriegsministeriums tür 1900/01 beträgt
239 Millionen Lire, davon 22970000 ordenüiches, 16030000 aufser-
ordentliches. Nr. 9. Die Verbesserung der Arsenale. — Die Torpedo-
jäger „Fulmine** und „Lampo".
Rivista Militare Italiaaa. (16. Januar.) Was die Kavallerie ist
und was sie sein mfilste. — Knegshunde.
iisenito Italiaao« Hr. 156. Neues Reglement für den Territorial-
dienst Hr. 1 (1900). Das italienische Heer 1899. Hr. 8. Die sosiale
Frage und das Heer. Nr. 4. Der Krieg in Transvaal (Forts.). Hr. 5.
Die Zusammensetzung der italienischen Kriegsflotte. Nr. 6. Beratungen
über die Reorganisation der Alpentruppen. Nr. 7. Drei Monate Boeren-
krieg (Forts, in Nr. 8). Nr. 8. Generale in politischer AUssion. Nr. 9
u. 10. Der Transvaalkrieg.
Revista cientiflco-militar. (Spanien.) Nr. 1. Die Selbstfahrer
im Heere. — England und Transvaal (Forts.).
MMBaiial delmgeBieros deli||«n^t«. (Spanien.) Hr. 11 Bäsen-
babn-Projelrte. — Seekrieg und Kttstenverteidigung (Ports.).
B«Ti8ta Militare. (Portugal.) Hr. 1 Der sttdafrikanische Kriag.
Beförderung nach Wahl — SelbstiUidige Kavallerie.
Krig.svetenskapsAkademiens-Handlingar. (Schweden.) Heft 84.
Wie mufs ein Militarlazaret eingerichtet werden? — Friedenskonferenz
im Haag.
Norsk Militaert Tids.skrift. (Norwegen.) Heft U. .\ltc Regi-
mentstli.strikte. — Abteiiungsschiefsen der dänischen Infanterie.— Mitrail-
icuben für Kavallerie.
Militaire Spectator. (Holland.) Nr. L Skoda - Schnellfeuerge-
schtttse (mit Skizzen). — Prinz Friedrich der Niederlande und seine
Zelt. — Mitteilungen über Land und Seemacht Chinas.
MlUtttire Qids. Hr. L Die Anlage des Transvaalkrieges. — Die
britischen Streitkrfifte in Südafrika.
H. Bücher.
Die Bedeutung der Deutschen Kriegsflotte für unsere Gegenwart
und Zukunft. Von Dr. Heinrich Weber, Oberlehrer am
Viktoria-Gymnasium in Potsdam. A. W. Hayns Erben, Berlin und
Potsdam. Preis 25 Pfg.
Jülianoen seindt gut, aber eigene Krifle noch besaer^ heUat es
im Testament des Grossen Kurfürsten» jenes weitblickenden Herrschers,
der mit einer auf sem mfichtiges Gebot erstandenen brandenburgiscfaen
Kriegsflotte Rügen eroberte und afrikanische Kolonien gründete. Dafs
wir «eigene Kräfte" brauchen, eigene Kr&fte nicht nur zu Lande,
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Umsohaa in der MilitärJJtteratar.
367
sondern auch zu Wasser, um durch Seegewait die Reichsgewalt
zur Geltung zu bringen, diese Erkenntnis liat sich, dank der ernsten
Thätigkeit unseres Kaiserlichen Kriegsherm, dank den nnanfhörliclien
Bemühungen einsichtsvoller Fachm&nner und weitbliokender Vater-
landsfivunde, in unserem Volke langsam, aber stetig Bahn gebrochen.
Nach don verschiedensten Richtungen hat sich die Presse beeifert»
aufklärend, belehrend und warnend auf die Gefahren hinzuweisen,
die dem deutschen Handel, der deutschen Wohlfahrt, dem deutschen
Ansehen drohen, wenn wir nicht alle Kraft daran setzen, uns eine
Kriegstlotte zu scharten, die ein Wort mitsprechen kann, wo es sich
um die Lebensinteressen des Reiches handelt. Und als sollte der
deutsche Philister, der es noch immer nicht begreifen wollte, zu
welchem Zwecke ihm solche «Opfer* zugemutet werden mflssen,
durch die unerbittliche Logik krasser Thatsachen zum Bewußtsein
der Lage gebracht werden, hat die rflcksiohtslose und widerrechtliche
Beschlagnahme unserer Schiffe, wie wir sie in jUngster Zeit haben
erleben müssen, auch denen die Augen gedflhet, die gleich dem
Vogel Straufs den Kopf in den Busch stecken, um nicht zu sehen,
was sie nicht sehen wollten
Trotz der vielen Flugschriften, in denen die Flotten frage, meist
unter Hervorhebung der zwingenden Notwendigkeit einer ertieblicben
Verstärkung unserer Seemacht, besprochen worden ist, mufs auf
die vorliegende Broschüre als eine ungemein klare und den Kornpunkt
treffende Abhandlung hingewiesen werden, das sind die «Jahrbflcher
für Armee und Marine" ihren Lesern schuldig.
Der Verfasser begmnt mit einer Darlegung der MachtverfaÜtnisBe
und der wirtschaftlichen Lage Deutschlands, wie die Orttndung des
Reiches und die daraus sich ergebende Neugestaltung sie hervor-
genifen hat. „So blühend und scheinbar wuhlgesichert auch unsere
Ausfiihrindustrie hontitren Tages noch (iasleht, so ist doch für den
weilerblickenden Wirtschaftsp(ditiker schon jetzt deutlich zu sehen,
wie schwere Gefahren ihr in einer nahe liegenden Zukunft drohen.**
Die Bevölkerung Deutschlands vermehrt sich in immer steigendem
Mafse, die Industriebevölkerung gewinnt immer mehr das Ueber-
gewicht tiber die Ackerbau treibende, „das Deutschland von heute mufe
über die See verkaufen oder untergehen." Wir dürfen uns um keinen
Preis «von der See abschneiden lassen", das wäre für Deutschland
schlimmer, wie für jedes andere Land. Unsere Handelsflotte, die
lÄngst die französische überholt hat und nach der englischen die
zweite Stelle einnimmt, wird von 7 Panzerkreuzern geschützt, während
Frankreich 37. England 110 solcher Kreuzer besitzt. Während unsere
Kriegstlotte 1885 — freilich in grofsem Abstände nach oben — die
dritte Stelle unter den Flotten der \\ eit euinahm. ist sie Jetzt von
Rufsland, Amerika, Japan und Italien überholt, also in den siebenten
Hang herabgesunken. Was das aber zu bedeuten hat, darüber
belehrt uns England selbst, we^n in der Saturday Review (11. 9. 97)
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368
Umsohau in der Miiiiar-Liiteratur.
ZU lesen steht: „Es giebt in Suropa zwei groÜBe unversöhnliche ent-
gegengesetzte Kräfte, zwei grolse Nationen, welche die ganze Weit
zu ihrer Domäne machen mdchten, England und Deutschland wett-
eifern miteinander in jedem Winkel des Erdballs. — Wenn Deutsch-
land morgen aus der Welt vertligt würde, so gäbe es übermorgen
keinen Encrliindcr in ilor Welt, der nicht um so reicher sein Nsürde.
Völker haben jalirelan,!? um ein Erbfol.irerecht oder eine t?tädt gekämpft;
müssen sie nicht um einen jährlichen Handel von 250 Millionen Pfund
♦Sterling Krieg führen?**
In einem Kriege gegen England würden uns selbst die Unter-
stützung der italienischen und Gsterreiohischen Flotte nichte helfen,
und überdies würde gegen diesen Feind solche Hilfe nicht einmal zu
haben sein. Hören wir die sehr auftichtige Saturday Review noch
weiter: „England ist die einzige Grofsmacht. welche ohne
enormes Risiko und ohne Zweifel am Erfolge Deutschland bekämpfen
kann. Deutschlands Bund» ^Lrcnitssen würden nutzlos sein. Deutsch-
lands Schiffe würden bald auf dem Grunde des Meeres liegen. Ham-
burg und Bremen, der Ki<"ltM' Kanal und die (»stseehäten würden
unter den Kanonen von Knghinü liegen. Wenn unser Werk geihan
wäre, könnten wir 7ai Frankreich und Hufsland sagen: Nehmt inner-
ijaib Deutiichlaüds was ihr wuilL, ihr könnt es haben I — Ceterum
censeo Qermaniam esse deleDdam.**
Diese Auslassungen lassen an übermütiger Unverfh>renheit nichts
zu wünschen übrig. Wenn auch der wacl^ere Brite übersehen hat,
dafis Frankreich und Ruisland gegenüber uns^ Landheer noch ein
Wörtchen mitzusprechen hätte. w.Min es sich um die „Entschädigungen"
handelt, so haben wir Deutsche den entgegengesetzten Hechnungsfehler
geinacht, die Macht unseres henlichen Heeres zu ülterschätzen. weil
wir unsere Erfolge von lb64 bis 1871 nur (i»'r Landarmee verdanken.
.,Wenn es so wie bisher weitergeht", sagte Heinrich von
Treitschke angesichts der deutschen Wasserscheu, so eröffnet sich
die gräfsliche Aussicht, dafs England und Rufsland sich in die Welt
teilen; und da weifs man nicht^ was unsittlicher oder entsetzlicher
wäre, die russische Knute oder der englische Geldbeutel.**
Seit der Marinevorlsge von 1898 haben sich die Verhältnisse
total geändert: unser Kolonialbesitz hat sich wesentlich vermehrt
und erweitert, sämtliche Seemächte entwickeln eine fieberhafte
Thätigkeit, um ihre Flotten zu vermehien und in bessern Stand zu
setzen. Amerika ist erfolgreich in diesen \\ ffrlH werb eingetreten.
Was jetzt von unsj-nn- Marineverwaltung gefordert wird, das sind
keine „uferlosen Elotlenplan»'". sondern das thul uns nach des Kaisers
Wort „bitler not", das beschränkt sich auf das äufserste Mafs des
unbedingt Notwendigen.
Verfasser gedenkt am Schlüsse seiner Ausiührungen in anerkennen-
der Weise des Deutschen Flotten vereine und seiner echt patrio-
tischen Bestrebungen: «Wir haben hier in unserm durch den Partei-
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LImttoliau in der Militär-Litteratur.
369
liader zerrissenen Vaterlande eine Vereinigung, die etwas betreibt«
was nicht Paiteisache, sondom im eigentliclisten Sinne die gemein-
same Saelie aller ist DaCs sie nielit umsonst thfitig ist, dafs die
Deutschen zur rechten Zeit die Einsicht gewinnen und in Thaten umr
setzen, die sie befähigt, sich neben den riesigen Weltmächten unserer
Tage und dor nahen Zukunft, neben den Angelsachsen und Russen
und Mongolen zu behaupten, djis walte Gott!"
Soweit der für die gute Sache wahrhaft l>egt isiei le l'rofessor.
Möchte seine treffliche Schrift in recht viele Hände gelangen, möchte
sie überall beherzigt werden, auf dafs ihre Worte Thaten zeugen.
P. V. S.
Der Krieg in Sfid-AIHk* lud seine Lehren für Devtseh-Sfidwest*
AfHlLa. Von Dr. Georg Hartmann. Nach einem Vortrag, ge»
halten in der Abteilung Bremen der I 'eutschon Kolonial-
üesellschaft. Berlin 1900. K. S. Mittler & Sohn. Preis 75 Pfg.
Ans der kleinen Schrift sprieht ein sachkundiger Militär (Verfasser
\v?\r bis vor kurzem aktiver Üflizierl und ein gereifter Kolonial-
politiker: er kennt zwar aus eigener Ansehaiiung weder die Buren-
staiiten noch Britisch Siid-AlVika. um so genauer aber unser südwest-
afrikanisches Schutzgebiet. — Die Schilderung der Verhältnisse in
letzterem steht daher im Vordergrund und bietet Kolonialfreunden
viel Wissenswerthes. — Was in Kürze Über die Vorgeschichte und
den Verlauf des Krieges gesagt wird, ist grofsentheils aus Zimmer^
manns Sammlung II. Bd, und aus zahlreichen Aufe&tzen in der mili-
tirischen und Tagesütteratur bekannt.
Die eigenartigen kriegsgeschichtlichen Erscheinungen werden in
fachmännisch klarer Weise auf die Eigenait der kriegführenden Heere
und des Kriegsschauplatzes zurüekgt'Kihrt. — Sehr richtig wird
beioiii. dafs diese Erscheinungen allgemein«' Schlüsse und Ldiren
nicht zulassen. Alle Versuche. Milizheere oder berittene Inianterit^
als vorbildlich auch für europäische Verhältnisse hinzustellen, werden
mit Recht als laienliaft und utopisch bezeichnet
Neu und von hohem Interesse ist der Ausbliclc, den Dr. Hart-
mann fQr den Ausgang des Krieges eröffnet.
Unterliegen die Buren, so werden ihre nächsten ntreks** wohl
auch nach Deutsch-Südwestafrika sich richten ; dann haben wir mit
dem „schwierigen Unterthan", wie r>r. H. den Buren nennt, zu
rechnen. — Vermehrung der Seliutztruppe würde die hieraus er-
wachsenden Schwierigkeiten nicht paralysieren: nur massenweise
Ansiedelung verlässiger, deutscher Elemente und Festhalten an
dem System der allgemeinen Weiirptlieht auch in der Kolonie konnte
dauernd das erforderliche Gegengewicht herstellen. — Diesen not-
wendigen Zuzug deutscher Kolonisten könnte aber nur eine blühende
Uinenindustrie (Kupferminen) anlocken. — Ich sehe hier einen inneren
Widerspruch; denn die verlftssigsten Elemente sind es gerade
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370
Ümschau in der Militär-Ldtteratiir.
nioht, die im transvaalisohen Rand, in Kimberiey und Klondyke sn-
«ammenströmten! — Und Leute, die in den li^nen schnellen und
reichen Brwerb finden, sind auch muxig geneigt^ der aUgemeinen
Wehrpflicht zu genügen, die aie auf mehrere Jalire des Oeldgewrinnes
beraubt. Einfacher liegt, wie auch Dr. Hartmann meint, die Sache
jedenfalls, wenn die Buren im Siege bleiben; dann haben wir nur als
Nachbarn mit ihnen zu rechnen: auch in diesem Falle ist es unab-
weislich. ein starkes deutsches Element in Südwestafrika zu haben.
Ob Verfasser Recht hat. eine Vergewaltigung unserer Interessen
in Südwestafrika durch englisches Kapital seit der Beteiligung der
Diskonto-GesellschafI an der South West AlHoa Co. nicht melir zu
befftrchten, entzieht sich unserem Urteil. — Kaum aber dürfte er es
heute ~ nach der Behandlung der deutschen Schiffe — noch fflr
«unAiir und undankbar* halten, die englischen Kapitalisten aus der
Kolonie zu verdrängen. — Wir denken, dafs künftig bei jeder
Berührung mit Engländern nur kalter, rücksichtsloser Egoismus am
Platze ist. Hat sich doch leider auch des Verfassers Behauptung, „die
englisclie Politik wisse sehr wohl mit der Machtzitier i »eutschiands in
der Weltpolitik zu rechnen", in den letzten Tagen als Trugsclilufs
erwiesen! Um so mein* gilt „die zweite grofse Wahrheit", von der er
spricht, — die Notwendigkeit der Verstärkung der deutschen Flotte!
DarsleiliiBgeii aus der Bayeriseheii Kflegs« und Heemgesehiolite.
Herausgegeben vom K. B. Kriegsarchiv. Heft 8. München 1899.
J. Lindauersche Buchhandlung.
Die beiden ersten Abhandlungen dieses Heftes verdienen beson«
dere Anerkennung, da sie wertvolle, weit über die bayerischen Ver-
hältnisse hinausgehende Aufschlüsse über bis jetzt wenitrer bekannte
Ereignisse zum Nutzen der ge.sammten deutschen kriegsgeschichihehen
Lilteratur geben. — Die erste Studie betitelt sich: „Wilhelm III.
von England und Max Emanuol von Bayern im niederlän-
dischen Krieg 1692 bis 1697** von Karl Ritter von Landmann,
K. B. Generalmigor und Kommandeur der 2. Feld-Artillerie-Brlgade.
(Mit 11 Kartenskiizen im Text und 1 Uebersichtsiuurte.)
Dem Herrn Verfasser, welcher durch die im verflossenen Jahre
im Buchhandel erschienene Arbeit über „L)ie Kriegführung des Kur-
fürsten Max Emanuel von Bayern in den Jahren 1703 und 1704" —
München 1898. 8«. C. H. Becksche Verlat::sbuchhandlung Oskar
Beck — sich als Schriftsteller sehr vorteilhaft bekannt gemaciii hat.
ist es auch hitT gelungen, in knapper und übersichtlicher 1 Darstellung
unter Beniitzunp vielfach noch unverütl'entlichter Akten aus geheimen
Haus- und Staatsarchiven, manche bisher noch dunkle Verhältnisse in
politischer wie kriegsgesohichtlicher Beziehung aufzuklären. (Die
Einleitung lilist uns die Umst&nde und Beweggründe Icennen lernen«
welche die beiden Ffirsten zu gemeinsamer Th&tigkeit in den
spanischen Niederlanden geführt haben. Hierauf folgt die Besprechung
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Umiohma in der MmtMr-Littecatnr.
371
der politischen und militärischen Verhältnisse im Frühjahr 1692 und
dann eine treffliche Schilderung der beiderseitigen Armeen. Aul' der
einen Seite das aus den verschiedensten Teilen zusammengesetzte
Heer der Verbilndeten olme einheitliche Organisation, Auabildung und
BewaAiung unter der Oberieitung eines Pflhrera (WiUlelm III.) von
zweifelhafter BefShigung, welcher noch dazu mit den Wfinschen der
zahlreichen Kontingentsherm rechnen mufste, auf der andern Seite
eine einheitliche, nationaiOp von kriegserfahrenen und ruhmgekrönten
Foldherrn geführte Armee. DaTs aber dennoch durch die Tapferkeit
der deutschen Truppen — es standen brandenburgsche, lüttichscho,
hannuveraniöche und braunschweigsche Heeresteile gegen Öubsidien
in englischen, holländischen und spanischen Diensten — unter einer
selbständigen Leitung des genialen Türkenbezwingers Max Emanuel
grofae Brfolge hätten errungen werden können, beweist deren Thätigkeit
in der Schiacht bei Neerwinden. Hier stellt die FOhrung dieser
Truppen durch benannten Peldherrn eines der schönsten Ruhmea-
bUttter in der Qeachichte dieses Pürsten dar, welcher nach dem
dritten Angriff auf seine Stellung durch stark überlegene Krfifte noch
nicht weichen zu dürfen glaubte und mit den 10 Schwadronen seiner
bayerischen Kürassierregimonter Arco und Weikhel nochmals dem
Feinde sich entgegengewoi len und ihm den rfieg entreifsen wollte.
Wir sehen der Fortsetzung der Studie, welche mit dem Fall von
Charleroi (1693) absclüiefst, im nächstjährigen Hefte mit Interesse
entgegen.
Die zweite Abhandlung: „Die Operationen dea im Reichs-
dienste stehenden Neckarkorps innerhalb des Grofa-
herzogtnms Baden während des Sommers 1841).* (Vom ver-
storbenen Oberstleutnant dea k. bayer. Generalquartienneisterstabs Kail
V. Liel) iat der Abdruck einer dienstlich eingereichten Denkschrift dea
als Generalstabschet bei genanntem Korps dienstthuenden Verfassers,
worin die Operationen des plötzlich gebildeten Reichskorps dargelegt
werden. Zum ersten Male wirktt>n hier Truppen vieler deutschen
Staaten unter preufsischer Oberleitung zusammen, da das Korps aus
nicht weniger als 11 (später sogar 13) Kontingenten zusammengesetzt
und dem damaligen Reichskriegsminisier, dem k. preu/s. General-
leutnant Peucker unterstellt war. Von besonderer Wichtigkeit
sind die verschiedenen Operationsbefehle, deren Abftosung zwar den
heutigen Lapidarstil sehr vermissen. Jedoch neben den meist weitaua-
greifenden Anordnungen auch die maßgebenden Beweggründe ersehen
lassen. Sehr beachtenswert sind die der Abhandlung beigenonmienen
Dokumente, welche in Gernsbach gefunden worden waren und den
Plan Struves zur bereits eingeleiteten Erregung des Aufruhrs in
Württemberg und dessen Unterstützung vom Seekreise und Schwarz-
wald aus enthielten. Nicht minder ist auch die Durchsicht der Beilage
^Denkschrift über das Verpflegsgeschäft bei der Reichsarmoe (Nockar-
korps) während des Feldzuges in Baden" zu empfehlen, da diese uns
JftkrkleHw ftr dto 4*mtMto Arm«« aad Muim. B<. 114. $. 94
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372
Unuoluui in dor MUifeSr-Iittentnr.
so recht die aus Mangel an Erfahrun^r nach langer Friodonszoit, an
Einheit im Kommando und an gleichen Dienstesvorschnlten zu Tage
getretenen Mif.sstände gegenüber den glücklich errungenen Vorteilen
der heutigen einheitlichen Einrichtungen vor Auge führen.
Der dritte und letzte Ten bringt: „Bayerische Einselthaten
und Gefechtsbüder ans dem deutsch-französischen Kriege
1870/71.** Gesammelt und bearbeitet zumeist nach Kriegsministerial-
Akten und Aufzeichnungen der Truppenteile von Adolf von Erhard,
Oberst z. D. und Vorstand des Kriegs-Archivs.
Ursprünglich zur Aufnahme in dem soeben erschienenen 3. Bande
des vom letzerwähnton Archive neuvcrfafstcn Werkes: „Der Bayerische
Soldat im Felde'* bestimmt, mufsten die (33) Erzählungen hervor-
ragender Thaten. welche in diesem Bande aus riiiimlichen Gründen
keine Aufnahme mehr finden konnten, in die „Darstellungen" ein-
gereiht werden. Daraus entsprang aber auch der Vorteil, dafs die
Schilderung nicht in die knappe Form geprefst zu werden brauchte,
wie diese beim Werke selbst mit Rflcksicht auf dessen Handlichkeit
einer- und auf die Ansammlung des gewaltigen Stoffes andrerseits
geboten schien, sondern ausffihriicher und stilistisch schwungvoller
t»ehandelt werdi n konnten. Proi von chauvinistischer Färbung und
eitler Ruhmsi'lii^ktMt, in einfacher und doch vielfach begeisternder
Abfassung würden iiianchi' der Eraählungen zur Aufnahme in die
Lesebücher für die reifere Jugend vorzüglich sich eignen.
Die Vorführungen geben uns aber auch willkommenen Anlafs, auf
das oben angeführte Werk selbst gebührend hinzuweisen. Das schon
im Jahre 1858 mshienene Buch schilderte in 288 Aufsätzen die
Thaten der Helden in den Kriegsjahren 1805 mit 1815. Da jedoch
durch den Jahrzehnte langen ausgiebigen Gebrauch in Käsern- undWacht-
stuben nur mehr Fragmente hiervon llbrig geblieben waren, erachtete das
Bayer. Kriegsministerium eine Neubearbeitung und zugleich Erweiterung
durch Beinahme von Erzählungen aus den Feldzügen 1849, 1866 und
besonders 1870/71 als notwendig und beauftragte hiemit das (1885
aufgestellte) Kriegsarchiv Dafs die Aufgabe glänzende Lösung fände,
vc^rbürgte schon der Name des Vorstandes dieser Stelle, welcher sich
der mühevollen Arbeit selbst unterzog. Wenn je ein Werk geeigen-
schaftet erscheint, im besten Sinn des Wortes populär zu werden,
so ist es dieses. Schon die Oberschriften der einzelnen Schilderungen,
welche den Kern des Inhalts sofort erkennen lassen, sind gewählt
und packend. Durch die den Namen der Tapferen beigesetzten
Bezeichnungen der damaligen und heutigen Heeresteile bis zur Kom-
pagnie herab, sowie durch Angabe der Heimatgemeinde wird zudem
neben dem kameradschaftlichen Interesse auch das heimatliche
geweckt: die Erzählungen werden gelesen und. was die Hauptsache
bleibt, dank dem unsitem Volksempfindon glücklich angepafst«n Vor-
trage auch verstanden und im Gedächtnisse behalten. In die Heimat
zurückgekehrt, erzählt der Reservist die Thaten namentlich der Lands-
. Kj .i.uo Ly Google
Umselitii ia der llflltBr-Littttratiir.
873
leute weiter und so vererbt sich das hohe Lied von der Pflicht- und
Könipstroiic auch auf Kinder und Kindeskinder, als eine unvcrsiepfbare
Quelle zur Krhaltunir und Kräfti^^ung' dor roinston Vaterlandsliebe.
Da sich die Erzählungen nicht allein auf (iie Thatcn im Rahmen
{TTöfsorer Heereskörpor erstrecken. sonrieiTi am-h jene ans Licht ge-
zogen werden, welche innerhalb der einzelnen Teile des grofsen
Heeres-M echanismus sich abspielten« so wirkt das Werk durch den
ffinblick in solche sonst meist unbekannte Verhältnisse auch mili-
tärisch erzieherisch und erhebend fQr alle, welche fem von der
grofsen Masse wirken müssen.
Wir beneiden die bayerischen Kameraden um dieses herrliche
Werk und wünschten sehr, dafs ein gleiches Unternehmen auch bei
den übrigen deutschen Kontingenten vielleicht Armeekorpsweise —
in das Leben gerufen würde, zur Verküudigunir der Heldeiithaten der
Väter und zur Xacheiferung für die zukünftigen Vaierlandsvei teidiger.
An Stüfl' hiezu hat es ja in der deutschen Armee nie gefehlt. Mef sy s.
Der Krieg von 1806 und 1S07. Bearbeitet von Oscar von Lettow-
Vorbock, Oberst a. D. Erster Band. Jena und Auerstädt,
Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Mit einer ('bcrsichts-
skizze, 3 Schlachtplänen u. 18 Skizzen. Berlin E. S. Mittler &
tSohn Preis 10 Mark.
Die lb9Ü erschienene erste Auflage dieses ausgezeichneten
Oeschichtswerkes hat in den „Jahrbüchern'* bereits gebührende Wür-
digung erfahren. Die Thatsache, da& jetzt schon eine zweite Auflage
nötig wurde, spricht für die glänzende Aufhahme, welche Lettows
«Krieg von 1806 und 1807" gefunden hat. Einstimmig wurde dieses
Werk als eines der lehrreichsten und gediegensten zur Gesctüchte der
napoleonischen Zeit bezeichnet. Die nunmehr im Erscheinen begrÜTene
zweite Auflage hat zahlreiche mittlerweile neu erschlossene Quellen
benutzen können, z. B. der in den „Jahrbüchern" veröff*entlichte Nach-
lafs Rücheis, die Memoiren von Haug\vitz u. s. w. Für die Richtigkeit
von Lettows Behauptung, „dafs Napoleon nach dem Eingang der
Nachricht von der Verwerfung des Oubrilschen Vertrages durch den
Zaren zum Kriege gegen Freufsen entschlossen war*", die von
beachtenswerter Seite angezweifelt wurde, haben sich neue Beläge
gefunden in «Correspondance de Napoleon und der „Lettres in-
edites de Napoleon I**. Femer ist der zweiten Auflage eine mehrfach
gewünschte Ubersichtsskizze des Kriegsschauplatzes beigegeben worden,
auch wiiidi n die Pläne und meisten Skizzen derart ergänzt, dals
zwischen ihnen und dem Texte nun völlige Übereinstimmung er-
zielt ist I.
Forsehimgeii und Urknndeii lur Geflehiehte der Unlfermierung der
Preufaisehen Armee. 1713—1807. Von Gustav Lehmann
(Wirklicher Geheimer Kriegsrat). Erster Teil. Berlin 1900.
E. S. MitÜer 4e Sohn. Pi-eis 4 Mark.
24*
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374
UmsolMn in der HiUtär-Lttter«tiir.
Obwohl es an Darstellungen der Uiiiforraierung der Preufsischen
Armee bis zum Jahre 1807 keineswegs mangelt, so doch an zu-
verlftSBigen und genauen Nachrichten über die Eänzelheiten der-
selben. Dies liat selbst der Altmeister Menzel bei Herstellung seines
rühmlich bekannten Werkes ,Die Soldaten Friedrichs des Qrofsen'* er-
fahren mflssen. Es hat dies, wie auch der Herr Verfasser Yor-
liegender Schrift hervorhebt, seinen Qrund darin, dafs die Katastrophe
von 1806 unmittelbar und mittelbar unglaubliche Verluste an Akten
und Archivalien im Gefolge gehabt hat. Ist es doch Thalsache, dafs
wertvolle und unersetzliche Regimentsakten in der Franzosenzeit zu
Patronenhülsen verarbeitet worden sind! Um so erfreulicher ist
OS, dafs Geheimrat Lehmann in unermüdlicher Forschungsarbeit doch
noch eine sehr grofse Zahl an vielen Stellen verstreuter Urkunden
zur Uniformierungsgeschichte an das Tageslicht gezogen hat und in
denselben uns nun wirklich genaue Nachrichten Aber die Unifor-
mimng in dem angedeuteten Zeiträume au geben vermsg. Es sind im
Oanzen 15 hier verfiffentlichte Urkunden. Die wichtigste stammt aus
einer Sammlung dt s Landgrafen Ludwig IX. von Heßsen-Darrastadt,
der in 5 „Montierungskammorn" über 3000 Stücke von Bekleidungs-
und Ausrüstungsstücken der fVeufsischen Armee aufgestellt hatte.
Diese Sammlung ist der franzi>sischen Revolution zum Opfer gefallen,
aber das mit grofser Sorglalt geführte Inventar ist erhalten und
hier wörtlich mitgeteilt. No. I der Urkunden ist betitelt: Uniformen,
und Ausrüstungsstücke 1740 bis 1718. (83 Seiten.) No. II. „Extract
auch nnterthänigster Rapport* der für alle Regimenter erforderlichen
Uniformproben (1724). No. III. Beschreibung der Uniformirung einiger
Infanterieregimenter (1732). No. IV. Nachrichten zur (Jeschichte der
Uniformirung des Regiments von Boroke (1713—1736). No. V. Be-
schreibung der beim Tode Friedrich Wilhelms L getragenen Uniformen
(Ende 1797 gesammelt) u. s. w. Es ist ein wahrer Schatz an
Materialien zur Uniformierungsgeschichte der alten preufsischen .\rmee
in diesen Blättern zusammengetragen worden. Nicht nur Freunde
unserer vaterländischen Hoeresgeschichtc, sondern vor allem auch
Geschichtsmaler vom Fache, werden ihre Freude an demselben haben
und diese Schätze nutzbar zu machen wissen. Dem um unsere
Heeresgeschichte hochverdienten Herrn Verüuser sei fiir diese aber-
malige Bereicherung der einschlagigen Lttteratur unser wSrmster
Dank hiermit erstattet I.
Wehrkraft und Jugenderziehung von Lorenz. Herausgegeben vom
Centralausschufs ziu* Förderung der Volks- und Jugendspiele in
Deutschland. Leipzig 1899. Fr. Voigtländer. Preis 1 Mark.
Ein prächtiges, zeitgemäfses Büchlein, das seinen Preis wert ist
und mehr! Hervorgegangen ist die Schrift aus einem Vortrage, den
der Verfasser im Au t trage des im Titel genannten Centraiausschusses
in Königsberg i. Pr. über das Thema hielt: „Welche Anforderungen
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Umsohaa in der MilitSr-IitterAtnr.
375
stellt der Heeresdienst an die moraliachen und körperlichen Eigen-
schaften der Jünglinge, und wie kann die Jugenderziehung im LUenste
der nattonalen Wehrkraft die Vorbedingungen dazu schalTen?*
Von vornherein sei bemerkt, dafs der Verflwser mit Recht ein
entsohiedener Gegner der nntzlosen, ja gemeinachädlichen Soldaten-
spielerei ist, wie sie in den vielgepriesenen Jugend wehren i^übt
wird. bezw. geübt werden soll. Wohl will der Verfasser die Jugend
vorbilden für den Heeresdienst durch Stählung ihrer Körper- und
Seelenkräfte, aber er warnt ernstlich davor, den Bildnern und Rr/iehern
des Heeres vorzeitig ins Handwerk zu pfuschen. Die Eleven der
Jugendwehr würden mit dem dünkelhaften Hewufstsoin in die Armee
treten, dafs sie eigentlich nicht viel mehr zu lernen brauchten, während
man im GegenteU gerade bei ihnen erst recht wieder von vorn an-
fangen müsse, nachdem man ilinen mit Mühe klar gemacht, dafs sie
alle diese schönen vermeintlichen Vorkenntnisse erst wieder verlernen
müfeten. Die Jugendwehr-Schwftrmer glauben freilich, dab man mit
dieser Einrichtung die Dienstzeit noch viel mehr abkürzen könne —
es wäre dann nur noch ein Schritt zur Miliz.
Von ;>llen solchen Irrlehren hält sich der Verfasser nicht nur flrei,
sondern er bekämpft sie aiisdrücklich und überzeugend.
Als Fundamente der moralischen Anforderungen an die Wehr-
kraft werden bfzeichnet: Gottesfurcht, unbedingte Treue zum Kaiser
und Landesfürsten, \ aterlandsliebe. nationales Ehrgefühl, Opferwilligkeit,
der Geist des Gehorsams und der Zucht.
Kurz und schlagend werden die Schwärmer vom ewigen Frieden
abgewiesen. Hierbei werden diejenigen, die über die ftirohtbaren
Verluste in den Schlachten klagen, auf die Thatsache auftnerksam
gemacht, dafs im Deutschen Reiche al^ährlich 25000 Menschen eines
gewaltsamen Todes sterben, während im ft'anzösischen Kriege 41122
Offiziere und Soldaten, gefallen sind. Mithin sind in 25 Friedens-
jahren nach dem Kriege fünfzehnmal soviel Menschen eines gewalt-
samen Todes gestorben, als in den Schlachten von 1870/71. Auch
die bekannte Thatsache wird erwähnt, dafs die modernen Schlachten
prozentmäfsig viel geringere Verluste aufweisen, als die Kämpfe
älterer Zeiten.
Eingehende Anweisungen werden gegeben für die moralische
Erziehung der Jugend: Furchtlosi^eit und Mut soll errungen
werden durch Überzeugen und Gewöhnen. Für die Überzeugung
werden packende Vorbflder empfohlen; für die Gewöhnung is es doch
wichtig, dafs der Zögling stets furchtlos die Wahrheit sagt. Um auf
die Mühsale anstrengenden Marsches vorzubereiten ist es wichtig, dafs
der grofsen Masse unseres Volkes schon in der Jugend die Fähigkeit
zu ausdauerndem Marschieren eingepflanzt wird. Verfasser spricht von
der Nervosität unseres Geschlechts, von den vielen schwächenden
Zeitverhältnissen, denen entgegengearbeitet werden mufs durch die
Stählung eines unbeugsamen Willens und durch die Schulung
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UnnelMu in der Militltr-Utteratiir.
eines wideretandsiUhigen Körpers. Das städtische Treiben ist ent-
ner\'end. dor Born, aus dem die Heere ihre besten Kräfte schöpfen,
ist das Land. Das moderne Biertrinken, die leidige Genufssucht ist
ein gefaliHichtT Feind unserer Wehrkraft. Turnen, .Jugendspiele
und Turnmarsche sind die drei Hauptgebiote der leiblichen filrzichung.
L eiter die Art und Weise, wie das Turnen j::etrieben werden soll, ver-
breitet sich der Verfasser in ausführlichen und beherzigenswerten
Darlegungen. Die edelste l*erle des angewandten Turnens ist das
Jugendspiel; Verfilsser weist nach, wie die Jugendspiele auf die
Kr&itigung und Gesundheit des Körpers wirlcen Icönnen, wenn sie
zweckmilbig geleitet werden. Die Knabenschulen aller Grade haben
den Turn marsch als einen Zweig des Lehrplans in grundsatzliche
und geordnete Pflege zu nehmen. Indem bei den Märscheu der Blick
ins Weite schweift, wird auch die leidige Kurzsichtigkeit bekämpft.
Damit eine Anregung dazu gegeben wird, soll man das Schätzen der
Entfernungen iil»en Als Höhepunkt der Jugendspiele und damit ver-
bundenen Wetikarnpfe möge die Feier des Hedanfestes dienen.
Alle geistige und leibliche Erziehung soll auch insbe.sundere der ent-
setzlichen Verrohung unserer Jugend entgegenwirken; dies sei eine
hechwichtige Aufgabe für den Lehrer der Jugend. Jetzt erhält die
Armee alljährlich eine betr&chtUche Anzahl unzuverlilssiger, sittlich
verdorbener Elemente, die sich der militftrischen Zucht nur wider-
willig unterwerfen und durch schlechtes Beispiel nachteilig wirlcen.
Sehr richtig mahnt der Verfasser im letzten Kapitel zur Heranbildung
eines moralisch tüchtigen Lehrerstandes, l'nsere Seminar-
bildunir erzeugt oft Halbbildung, Dünkel, falsches streiken und
Unzufriedenheit. Davon kann sich jeder überzeugen, der (lelegenheit
hat, das Wirken mancher unserer Volk.sschullehrer zu beobachten.
„Wer erziehen will, mufs selbst erzogen seinl" hat unser
Kaiser gesagt. „Wer die Jugend hat, hat die Zukunft"*, so heifst
es im Schlufswort in Übereinstimmung mit dem Stahlschen Ausspruch:
«Wer die Schule hat, hat die Zulninft.''
Die aphoristischen Anführungen, die wir hier gegeben haben,
mögen die Anregung bieten, die trefTliche Schrift selbst zur Hand zu
nehmen ; niemand wird sie unbefriedigt aus der Hand legen."
P. V. S.
Die Gefallenen der Sehlachten um Metz 1870. Die Verlustlisten dor
an den Kämpfen um Metz 1870 beteiligten deutschen Regimenter.
Nach den vorhandenen ainiliehen Quellen zusainiiiengestellt und
bearbeitet von A. Geibel. Melz 1899. G. Lang. Preis 80 Pfg.
Der Verfasser dieser Schrift hat^ sich stützend auf die ihm von
den beteiligten Regimentern zur Verfügung gestellten namentlichen
Veriustlisten, diese, geordnet nach den Armeekoips» und in diesem
Rahmen wiederum regunenter- und kompagnieweise geordnet, die
Namen aller Qetallenen unter Angabe der Dienststelluug, Jedoch ohne
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Umsohan in der MiUtir-Litterattu-.
377
Vornamen« hier wiedergegeben. Ein Zug des Todes ohne Gleichen.
Leider fehlen die Namen der Gefallenen einiger Trappenteile» an-
L'eMit h, weil sich dieselben bei dem Regimonte nicht mehr feststellen
liefsen" (so bei Xr. 78, auch der 3. Landwehr-Division) oder: „von dem
Refjimente nicht zu erlangen waren" (Inf.-Iu p;. Nr. 52|. Wir hütten
gewünscht, dafs den Namen auch der Schlachtla.ix. ;in dem die He-
tretVenden fielen, beigefügt worden wäre. Den Teiineliniern an den
blutigen Schlachten um Metz, aber auch den Angehörigen der
Gefallenen wird dieses Verzeichnis der dort heldenhaft gebliebenen
Krieger ein manchem stillen Wunsche entsprechendes litterarisches
Denlanal sein. 4.
Um die Erde mit 8. H. S. „hei^üf^ iiir FlaggeBhUisiuig in Asgi»-
Peqtuena. Nach Tagebüchern und mit 46 Illustrationen des
Korvetten-Kapitäns a. D. Kohlhauer. Herausgegeben von H. d«
Meville. Berlin, Karl j^iegismund.
„Noch einmal sattle mir den Hippoj^ryphen zum Kitt ins alte
romantische Land" so mufste man mit dem I »ichter ausrufen angesichts
dieses anziehenden Buches, das uns aiiscliaulich und lebensfrisch in
eine vergangene Zeit zurückführt, in eine Zeit, wo zwar der fliegende
Holländer nicht mehr den Ocean unsicher machte, wo aber neben den
gepanzerten Dampfkolossen noch die schlanke Fregatte ihren Platz
behauptete, mit ihren hochragenden Masten und vom Winde ge-
schwellten Segeln, bald in rahiger Fahrt das leichtbewegte Meer
durchfahrend, bald gleich dem ungestümen Renner sich bäumend vor
hochgehenden Wogen, kühn und sieghaft den Meergöttern trotzend.
Mit den Seglern ist ein gut Stück Seegröfse geschwunden — auf
Niiiniierwiedersehen. Selbst in den Handelsflotten werden die Segel-
schille mehr und mehr von den Dampfern verdrangt; in den Kriegs-
marinen der Gegenwart, wo die ehernen Kiesen mit ihren gigan-
tischen Gliedern und ihrem glutgeschwellten Odem das Meer be-
herrschen, werden die Segelman5ver fhst nur noch auf Schulschiffen
geübt — die Panzer haben keinen Raum mehr fElr Masten und Segel,
Aeolus hat die Meerherrschalt an Vulcan abgetreten.
Und doch sind erst 16 Jahre vergangen,, seit die Leipzig ihre
Reise um die Erde machte und seit ihre wackere Mannschaft der
Flaggenhlssung von Angra-Pequena beiwohnte. Freilich war auch
die Leipzig mit Maschine und Schraube ausgerüstet und machte
häufig Gebrauch von der I »ampfkraft. Aber mit ihren Masten und
ihrer Takelage bot das schlanke Schiff den Anblick einer Segel-
fregatte und in Meeresstille und Sturm bewährte sie sich als
wackerer Segler, ihre Bemannung als unerschrockene Seeleute, die
auf den Rasen wie auf dem Mars sich heimisch fühlten und dem Boreas
«in Schnippchen schlugen.
Der Verfasser hat Herz und Verständnis fttr die Poesie 4es
Meeres; dem Ocean und dem Kampf mit Wind und Wetter, aber auch
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CJmsohaa in der Miiitär-litterator.
dem frOhlichdn Treiben auf dem Seldffe ist der gröfste Teil der Be-
schreibung gewidmet» wihrend die kleinen Ausflöge an Land nur eine
anmutige Abwecbslung bieten sollen; dabei wird das Getriebe und
der Dienst an Bord eingehend und veivtftndlich gessbUdert, ohne
durch Häufung von Einzelheiten und technischen AusdrQclcen zu er-
müden. „In der Atlantic — Im Passat — Weihnachten — Im stillen
Ocean — Tn sohlechtem Wetter — Um das Kap" bieten besonders
ansprechende und lebendige Schilderungen. Das Buch ist fesselnd
von Anfang bis zu Ende, es läfst den Leser nicht los und die
Schlufsinspizierung vor dem Kieler Hafen durch die gestrengen
Admirale wii'd man mit demselben Interesse lesen, wie die Ansprache
des nicht minder gestrengen Qottes Neptun beim Passieren der Unie.
Natfirlich ist das Buch illustriert, bei einem Seebuch, das noch
dazu anschaulich sein soll, auch gamicht zu tadeln. Jedoch sind nur
die gröfseren Bilder einigermafsen befriedigend ausgefallen, wogegen
▼on den kleinen in den Text gestreuten Ansichten manche vdUig un*
genügend und nichtssagend erscheinen.
Das Buch aber ist unteriiaitend, belehrend und emp f e h 1 e n s w er t
P. V. S.
Mit S. M. S. „Nixe** nach Kamerun 1897 — 98. Reise-Skizzen und
Bilder von R. v. Uslar, Landrat. Mit 30 Illustrationen und
einer Karte. Altenburg, Si Geibel. Preis 4,60 Hk.
Die vorliegenden Reiseeindriiclce sind tür jeden, der über das
Leben und Treiben auf ebiem grofsen Schiffe, das in erster Linie sum
«Segeln** bestimmt ist, das zudem aber als deutsches Kriegsschiff zur
Ausbildung der Schifli^ungen dient, noch nicht orientiert ist, von In-
teresse. Denn gerade weil der Verfasser als Laie diese Fahrt mit-
machte, hat er unparteiisch seine Eindnicke wiedergebeii können. Und
da dürfen wir es mit Stolz konstatieren, dafs das, was Herr von Uslar
über S. M. S. „Nixe" und seine Besatzung erzählt, der Marine zu
hoher Ehre gereicht. Aber auch für denjenigen der Leser, der Natur,
Laad und Leute kennen lernen möchte, bietet das Buch viel Hübsches.
Ich greife hier nur die treffliche Schilderung der berilhrten und be-
suchten StSdte wie Amsterdam, Dartmouth, Vigo, Lissabon etc. heraus;
ich mache auf die Beschreibung der Marokicanischen Zustände, von
Madeira, La Palmas, St Vincent und Preetown auftaerioBam und kann
nur einem jeden, der lUr tusere Kolonien etwas übrig hat, empfehlen,
die Kapitel aus Kamerun zu lesen. Es ist dem Verfasser gelungen,
in die Verhaltnisse der Kolonie <Mnen tiefen Einblick zu gewinnen.
Er hat auch in den „Beiträgen zur Kolonial-Politik und Kolon ial-Wirt-
schaft" sich über die wirtschaftliche Entwickelung des Kamerunge-
bietes ausgesprochen; er ist auch hier der Meinung, dafs deutsche
Intelligenz und ArbeitBamkeit mit der Zeit zum Öiege verhelfen werden.
Wunderschön sind seine Naturschilderungen z. B. Tom Kameruner
Urwalde mit aU seinen Schfitsen; nicht minder fesselnd die kleinen
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UmaohAa in der MiUtkr-Iitteratar.
379*
Jagdabenteuer init mehr oder weniger positivem Resultate. Mit vief
Hmnorist das Paaaieren der Linie geschildert und Sehnsuchtsgedanken
sind 68, welehe den Releenden erflusen, als mit dem Hissen des
fleiniatswimpels eine lange RflckfUirt Uber Liberia, San Thiago und FogOr
Fayal und Falmouth beginnt.
Trots aller herriieher Reiseeindracke kann Verfasser mit Recht
schliefeen:
.Nord, Süd. Ost, West:
Zu Haus ist's Bestl** 68.
Ahoi! Deutsche Meereslyrik. Für alle Freunde deutscher Seefahrt
und der deutschen Flotte ausgewählt von Maximilian Bern.
Illustriert von C. Schön, i^rlin. R. Siegismund. Preis geb.
4 Mark.
Seitdom das kaiserliche Wort: „Unsere Zukunft liegt auf dem
Wasser" Wurzel gesclilagen hat in allen l\reisen unseres Volkes, will
auch die Poesie nicht mrüekstehen, um ihr Scherflein dazu beizutragen,
dals die Begeisterung fOr eine starke deutsche Flotte, diesem Leben s>
uerT der Zukunft unseres Vateriandes, nicht wieder wie im Jahre 184^
nach kurzem erfreolichen AnfSuige, von neuem schwinde. An Herz,
und Gemüt des Volkes wenden sich diese Dichtungen, zu deren Ver>
fsssem die besten Namen zählen, so E. M. Arndt, Bodenstedt, Dahn,
Dingelstedt. Eichendorff. Fontane, Freilijjrrath. Geibel, Goethe, Gottschall,
Heine. Herder, Kopisch, Lenau, Storm, Uhland u. v. a. Es ist eine
überraschende Thatsache, dafs seit mehr als 100 Jahren schon die
edelsten Geister unseres Volkes ein warmes Empfinden für die Poesie
des seemännischen Berufes hatten, und deshalb ein sehr glücklicher
Gedanke gewesen, diese Dichtungen, die zum Teil den besten der
deutsehen Lyrik beizndUüen sind, zusammenzustellen zu einem Pracht-
werice, an dem Alt und Jung ihre Freude haben werden.
Ahoi wird in seiner Weise der guten Sache dienen und kann
deshalb auf das Wirmste empfohlen werden. 4.
Die MilitärstmflsctiehtsoidBung vom 1. Dezember 1898 nebst Kln-
fUhrungsgesetz. Zum Selbst-Unterricht für Offiziere. Fahnen-
junker und Reserve-Offizieraspiranten, sowie zum Gübrauch an
militärischen Lehranstaitei^ von Lüning, Hauptmann. Metz 1900..
H. Scriba,
Die kleine, nur 32 Seilen tuUende Schrill enthält nur das, was
dem oben verzeichneten Leserkreise, für den es verfafst ist, zu wissen
not thut, kurz, büijdig und verständlich. Von prakiischem Worte sind
die zum Schlüsse beigegebenen 10 Beispiele, die den Verlauf eines
Ifilititr-Stra^fMesses knrz Idar legen, unter Hinweis auf die Ziffern des.
Textes. 8.
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380
Umschau in der Miütör-Litteratur.
IHenstalten^Llste der KSnlglleh PiwifidBeheB Amee urnd des XIII.
(KSniglich Wflrtleiiibefgisdifin) Aimeekoips flir ISflW/UMM.
Im engen Anschlufs an die Reihenfolge der Rangliste mit An-
gabe des erst- und letzterteilten Patents zusammengestellt. I.
nach Stäben, Truppenteilen u. s. w., II. nach Dienstgi-aden. Ab-
geschlossen am 20. November lö99. Berlin, E. S. Mittler & Sohn.
Preis 5 Mk.. geb. 6 Mk.
Die diesjährige Ausgabe der vorliegenden Dienstaltersliste enthält
u. a. im Zusammenhange die erste Veröffentlichung der Neuformationen
(Artillerie und Yerkehrstruppen), nicht minder die gesamte Armee-
einteilung, dann die Dienstaltersverhältniese innerlialb jedes Truppen-
teiles und der einzelnen Waffengattungen. Dieselbe ergftnzt nicht nur,
sondern ersetzt sogar die Rangliste bis zu gewissen Grenzen. 4.
Uniformenli^unde. Lose Bliitier zur Geschichle der Entwickelung
der militärischen Tracht. Herausgegeben, gezeichnet und mit
kurzem Text versehen von Ii. Knötel. Band X. Heft 3 und 4.
Rathenow 1899. M. Babenzien. Preis jeden Heftes 1,50 Mk.
Heft 3: Herzoglich Sachsen Meiningensehes Infanterie-Regiment
1862 und 1866. — Anhalt: Regt Anhalt 1866. — Hessen-Darm-
stadt: Landgräflich Hessisches Ghevaulegw-Regt 1799. — Grenadiere
vom Leib-Bataillon des Königs-Regiments (1806 Grenadier-Garde Nr. 6)-
Um 1713
Heft 4: Österreich-Ungarn: Kaiserliche Infanterie 1690, 1700,
1701, 1703. ITOs ~ Niederlande: Statthalter Wilhelm V, 1779. —
Preufsen: 4. und 8. Kürassier- Regt. 1845. Österreich-Ungarn:
Wallachisches Georg-Dragoner-Regt. 1763—1773. 2.
Temie des Troapes de Fnmce. Publication mensueUe. Texte par
plusieurs membres de la Sabretaohe. Aquarelles de Job. Paris,
Hue des Ganettes 7.
Die Herausgeber dieser vom 1. Januar d. J. ab erscheinenden
neuen Monatsschrift haben sich die Aufgabe gestellt, die Cniformierung
der französischen Truppen aller Zeiten durch Text und Bild darau-
stelien. Für dif Zuverlässigkeit des hier Gebotenen bürgt die ThaL-
sache, d:ifs .Mitglieder der sehr geschätzten Zeitschrift „Carnet de la
Sabrotache'*, über die wir un anderer Stelle allmonailich kurz berichten,
die Herausgabe übernommen haben. Jede Liderung soll vier Aquarelle
bringen, der Jahrespreis sich auf 34 Fr. ffir das Ausland stellen. Die
vorliegende Probenummer hat nur zwei Aquarelle mit Text: 1. Tam-
bours du 15* Regiment dlnfiuiterie l^re (1812). 2. Offlciers suissee
de la Garde royale (1830). — Die Ausstattung dieses eigenartigen
Werkes ist eine vorzügliche, es sei dasselbe Freunden der Heeresge*
schichte besonders empfohlen. 2.
Appant für da» Festugs-KriegB-Splel von Oberst z. D. Kunde mit
4 Anlagen. Berlin 1900. Vossische Buchhandlung.
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Umsohau in der MilitSr-Litteratar.
381
Im Ansehlufs an seine »Qrundsätaie fQr die Leitung des Pestungs-
kriegsspiels" hat sich Oberst Kunde der Mtthe unterzogen, einen Apparat
für das Festungslirieirsspiel zu bearbeiten, welcher sich praktischer
Weise an die praktisch bewährten Truppenzeichen des Reginients-
Krieg:sspiel-Apparates von Oont^ral Meckel anschliefst und iragleichen
MaTsstabe die Zeichen für Fufsartilierie. Batterifii, B('ft'stij2:ungs- und
sonsti^^c Anlap'H u. dgl. mehr hinzufügt. Dir beigt'.i?ebenen Er-
liiiitetungeti, bildlichen Darstellungen etc. sind zum Verständnis voll-
ständig genügend. 49.
KfOklemaflBatab mit sich berührender Metern und Schrittakala zum
direlLten Messen gerader und krummer abgeschrittener Strecken
ohne Zirkel. D.RG.M. Ad. Henselin, Berlin 54. (Skala 20 cm
lang, auf Karton papier gedruckt, Stück 15 Pf.)
Neu ist an diesem Mai'sstab. den ich als sehr pi-aktisch bezeichnen
kann, dafs das 1 : 5000, 1 :2ri(X)0 u. s. \v. verjüngte Metermafs an eine
Schrittskala grenzt; beide Skalen sind so angeordnet, dafs sie sich
berühren und i^l eich zeit ig am iiul'seren Rande des Mafsslabes er-
scheinen. 1 >ie Berührung ermöglicht ein direktes Ablesen der um-
gewandelten Mafse (Meter in Schritt oder Schritt in Meter) und die
gleiche Teilung an der auf sc ren Mefskante gestattet direktes Messen
mit beiden Skalen ohne Zirkel. Krumme Wege schreitet man also
einfach ab, biegt den elastischen Mafsstab beim Auftragen auf die
Zeichnung nach Augenmals in die richtige Kurve und steckt daran das
abgeschrittene Mafs mit einem spitzen Bleistift ab.
Aufserdem kann man mit diesen Mafsstäben direkt von der General-
stabs-Karte messen, man kann sie zu diesem Zwecke stets bei sich
tragen, da sie leicht auf jede Länge beschnitten werden können. 4.
III. Seewesea.
Auualeu der Hydrographie ujid maritimen Meteorologie. Heft 1.
Azoren. Aus dem Reisebericht S. M. S. «Moltke*. Kommandant Kapt
z. S. Schröder, August 1899 (hierzu Tafel 1). Bemerkungen zu den
Landmarken m und bei der Vigo-Bucht. Aus dem Reisebericht S. M. S.
«Nixe**, Kommandant Freg.-Kapt. von Basse, Juli 1899. — Tarres*
StraTse, innere Route, Bericht des N.ivigationsoffiziers S. M. S. „Falke**.
Oberlt. z. S. von Knppelow. — Die Insel Barbadoes. Nach englischen
und amerikanischen Quellen, ergänzt nach Berichten des kaiserlichen
Konsulats daselbst und des Kapt. F. Müller, Barke „Adonis", bearbeitet
von H. Meyer, Assistent bei der Seewarte. Zur Ivüstenkunde von
Argentinien, nach Berichten des Kapt. H. i)anielssen, Kosmos-L)ampfer
„Ammon" und des Kapt. H. Hansen. Hbg.-Südam. Dampfer „Tucunian'*.
— Wind, Wetter und Strömung auf der Rhede von MazaÜan. Aus
dem Reisebericht des Kapt. A. Teschner, Vollschiff «Pera", Oktober 1898.
— StromTersetsungen bei der Fahrt durch die Bai von Biscaya. Aus
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382 Umsciiau in der Miiitär-Litteratur.
dem R^sebericht S. M. S. »Nixe*. KonunandaDt Rreg.-Kapt von Basse,
Juli 1899. — Wasserwinne, spezifisches Gewicht und Sal^halt bei
Kap Spartel. Aus dem Reisebericht 8. M. 8. ,8tosch'', Kommandant
Freg.-Kapt Bhriich. Beobachtungen im Äquatorini Gegenstrom des
Stillen Oceans, von L. E. Dinklage. Sturm an der polaren Grenze des
Südostpassatgobietes im südwestlichen Teil des Stillen Oceans im März
1898 Nach dem Tagebuche des Schilles „Aldobaran". — Mittlere Ent-
fernungen auf Dampferwegen in Seemeilen. Im Auftrage der Direktion
der Seewarte berechnet von Kapt. Hegemann, Assistent bei der See-
warte. — Die Beschickung von Lothungen auf Niedrigwasser, von
Dr. G. Schräder. — Zur Berechnung der Breiten- und Längenberich-
tigung nach der Standlinienmethode, von W. Reuter, königl. Navi-
gationslehTer (mit drei Textflguren). — Zur Berechnung des Schüb-
ortes aus swei Oestirnshöhen nach der HShenmethode, von Dr. Bolte.
Oberiehrer an der Navigationsschule in Hamburg. — Über die Halo-
Phänomene, von Dr. J. B. Messerschmitt. — Ankerplatz in der Bucht
von Callao. Die Witterung an der deutschen Küste im Monat
November 1899.
Marine-Rundschau. Heft 1 Titelbild: Stapellauf S. M. S. «Niobe*.
— D. Bonamico: Die Lehre von der Seemacht. Autorisiortc Über-
setzung von Kapitän z. See z. D. Meufs (Schlufs). — Das Reltungs-
wesen an den Küsten Europas von Kapitänleutnant Troje (Schlufs). — •
Die Vermessung in Kiautschou. — Einiges über Erfahrungen mit eng-
rohrigen Wasserrohrkesseln von Marineingenieur Lemke. — Sprich-
wörter und sprichwörtliche Redensarten über Seewesen, Schifler- und
Fischerleben in den germanischen Sprachen (Eorts.) — Nordelbiscb-
DSnisohes von Viceadmiral Batsch (Porta.). — Statistischer Sanitats-
bericht Ober die englische Marine für das Jahr 1897. — SanitStsbericht
ttber die Marine der Vereinigten Staaten von Nordamerika fttr das Jahr
1897 und den Zeitraum des Krieges mit Spanien im Jahre 1898. —
Sanitätsbericht über die kaiserlich-japanische Marine für das Jahr 1896.
Elektrische Hilfsmiuschinen S. M. S. „Ägir**, Vortrag des Kapitänleut-
nant Eckennann, gehalten am 25. März 1899 in der Marine- Akademie
zu Kiel (mit 9 Tafeln). — Neues von der Telegraphie ohne Draht —
Öignalwesen. i:{ouisbau,
Army and Navy Gazette. Nr. 2084. See- oder Landausbildung.
— Über Drill. — Die Marinegeschütze im Transvaalkriege. — Hat die
Delagoa-Bai einen solchen \Vt>rt für die Boeren, als angenommen wird.
— Die Kreuzer auf der Kap-Stütion. — Wie der Transvaal krieg für
die Zwecke der deutschen Flottenvormehning beitragen mufs. — Um-
bau des „Courbet ? Nr. 208Ö. Das Manne- Jahr. — Unfall der neuen
königlichen Yacht. — Die Stärke der Seemächte. Hr. 2086. Wünsche
der Marine-Infanterie-Offliiere. — Oberiegenheit der Krauser den
fhmzösischen und rassischen gegenüber. — Die Marine-Infuiterie im
Jahre 1899. — Ober die französischen Untersee-Boote. — Hr. 2067.
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Umsciiau in Uer Miiitjir-Litterattu'.
383
AusMische See-Verteidiguog. — Die Unteraachung der La<jlung des
JBundesrat*. — Der Anteil der Mwine-Brigade an der Solilaoht von
Colenso. — Steigen der Kolüen- und Fleischpreiee. — Stapellanf der
^Pandora**. — Schiffsneubauten in Holland, Prankreich und Italien.
Der Bau des fOr die deutsolie antariitisohe Expedition besUnunten
Sclüffes.
Journal of the Boyal United Service Institution. Nr. 263. Der
französische Kreuzer 2. Kl. „Cassard" (Titelbild). — Nach Indien, eine
miUtärisclie, statistische und strategische Sldzze. — Marine-Nacliricliten.
Army and Nayy Journal. Nr. 1896. Umwandlung des „Sumner"
in ein Transportschiff. — Admiral Cerveras Verteidigung. — Nr. 1897.
Die Regelung der HospitalschifITrage durch die Mächte. - I'iu Er-
hebung eines grofsen Volkes. — Erinnerungen eines Offiziers über die
Fähigkeiten englischer Offiziere. — L)a.s l^hotographieren von Fischen.
Nr. 1898. Einige Winke für englische Offiziere. ~ Überblick über
unsere Handelsmarine. — Wer soll Vice-Admu ai werden. — Das Neueste
von Manila. — Die neuen Panzeraohiffe. — Admiral Montojaa Ver-
teidigung. — Die neue Marine-Rangliste. — Nationalgarden und Marine-
Milisen. — Patrioten durch den Sohlachtendampf erzeugt — Die eng-
lischen Schiffswegnahmen. — Die Marine-Geschtttze hei Ladyamith.
Nr. 1899. Moderne Waffen, Taktik und Organisation. — Die Wahrheit
über die Philippinen. — Rettung der Bemannung des „Charleston''. —
Prämienzahlung für die Zerstörung der Flotte Montojas. — Wacht-
dienst in Maschinen- und Kesselraum.
ReTue maritine et coioniale. (November 1899.) Dio Geometrie
der Diagramme. — Die Verteidigung der Küstt ti Frankreichs von
Dünkirchen bis Bayonne im 17. Jahrhundert (Forts.). — Maritime
Operationen verbunden mit Armee- Mafsnahmen. — Die englischen
Marinemanöver 1899. — Die deutschen Marinemanövor 1899. — Das
englische Marinebudget für 1899— 190ö. — Streiflichter auf das Mittel-
meer. — Fbrtschritte der Dampf schitTahrt — Versuche mit dem Gath-
mann-Geschofs. — Die Betrachtung der Unteraee-Kabel als Kriegs-
walTe. — Die Ingenieur-Schfller der deutschen Marine. — Entwurf
eines Qeeetaes für die Handelsmarine.
rV. Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher.
(Die eingegangenen Büctier erfibren eine Be^iprechiing' nicii Miliig^ibe iiirer Bedeutung und dea ver-
fügbaren Raumes, Eine Verpflichtung, jede« eingehende l^uch zu beepreoben. Obemimint di«
Laitn^f dar ^ahrbftoh«!^ Biokt, doob ««rdeo die Tital •AmtUohsr BbohM B*b«4A«gab* dM PreiMa
— »tSmu ÜMsr iDltfftWlU ««fj* — U«r ««merkt. Ka» BMumAmg m Blckam ibd«! aleht itstt)
1. Kriegsgeschichtliehe EinzeLschriften. Herausgegeben vom
Grofsen (Jeneralstabe. Abieilung für Kriegsgeschichte. IL Heft 27.
Friedrich des Grofsen Anschauungen vom Kriege in ilirer
Bntwickelung von 1746 bis 1756. Mit einer Skiffise im Text. Berlml899.
R S. Mittler & Sohn. Preis 2,50 M.
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384
Umschau in der Miiitar-Litteratur.
2. 9er Krieg in SttdeMkA und seine Leinen IBr Denteeh«
Sfidwest^Afirika. Nach einem Vortrag gehalten in der Abteilung
Bremen der deutschen Kolonial-GeseUschait von Dr. Georg Hartmann.
Berlin 1900. B. S. Mittier & Sohn. Preis 75 Pf.
S. Dokumentarieeh-kritieelie Darsteilung t^er Strstegie für die
Schlacht Ton Tionville-Mars-la-Tour. Von Fritz H o e n i g. Berlin 1899.
Militär -Verlags ans talt. Preis geh. 5 Mk., ord. netto 3,75 Mk.
4. Methode einer neuen Geheimschrift, Geheimtelegraphie. Ge-
heimspracho. Geheimtelephonie und Geheimdrucic von A. Boetzei.
Leipzig 1900. P. A. Berger. Preis 2 Mk.
5. Die ungarische Donau- Armee 1848/49. Von Anutolc Wac-
quant. Mit zwei Abbildungen. Breslau 1900. S. Schottländer. Preis
geh. 5 Mk.. geb. 6,50 Mk.
6. Das Vordringen der russischen Macht in Asien von M. Graf
Yorck von Warten bürg, Oberst im Gr. Gcneraisiabe, Mit einer
Karti^ in Steindruck. Berlin 19CK). H. S. Mittler k Sohn. Preis 2 M.
7. Die Itedeutung der deutschen Kriegsflotte für unsere (i egen-
wart und Zukunft. Von Dr. Heinr. Weber, Berlin u. Potsdam 1900.
A. W. Hayns Erben. Preis 25 Pf.
8. Mariue-Tascheubuch für das Jalir 1900. Erster Jahrgang.
Herausgegeben von August Bö ekel. Kiel 1900. A. Böckel. Preis IM.
9. Contessa A. M. AdamoIi-CastigUoni Branda. Genni Bio-
grallei de! Generale AchiUe AngelinL Fürenze 1900. Bemardo Seeber
Successore Loescher.
10. Graf Hertzherg als Minister Friedrieh Wilhelms IL Von
R. Krauel, kaiserl. Gesandten z. D. Berlin 1899. B. S. Mittler & Sohn.
Preis 2,76 Mk., geb. 4 Mk.
11. Einftthrnng in die HilitHrstrafji^riehtsordnnng vom 1. Dezem-
ber 1898. Systematische Darstellung der Militärgericht.'^vcrfassung
und des Militärstrafverfahrens unter Bcriicksichtisrung der Ausführungs-
h<-stimmungen. Von r>r. Julius W e i f i en ba<- b . Wirk). Geh. Kriegs*
Kau Berlin 1900. E. Ö. Mittler c\: Suhn. Preis 4 M.. geb. 5 M.
12. L'Etat militaire des principales piiissances etrangeres en
19<MI 7. edition. augmentee et niise a jour pur J. Lauth. chef
d'escaUron. Paris-Nancy 11KX>. Berber Levrault et Cie. Preis 7.50 Fr.
13. Ein neuer Tornister. Von Oberstabsai-zt a. !>. I>r. Hast-
roi ter (Strafshurg i. E.). Sonderabdruck aus der „Deutschen Militär-
ärziiichen Zeitschrift" 1897.
14. Die Neutralität der Schweiz. Hede, gehalten vom a. Bundes-
rat Emil Frey am 16. November 1899 in der demokratischen Ver-
einigung Winterttiur. Winterthur 1900. Buchdruckerei Geschwister
Ziegler.
16. Kriegsgeeehiehtliehe Beispiele aus dem dentzch-fhuizSBizehen
Kriege von 1870/71. Von Kunz, M^jor a. D. 11. Heft Beispiele
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J
Omsohaa in der Militär-Utteratar. 385
ffir GeliadevefstSrkttngen auf dem Sohlachtfelde. Mit zwei PMnen in
Stflindruok und drei SUzsen im Text Berlin 1900. B. 8. Mittler & 8.
Preis 2 Mk.
16L KriegsgesehidrtUdie Beispiele des IMongskriegee ««b dem
dMtseli-frsmMeeieK Kriege Ton 1870/71. Von Proben! us, Oberst-
leotnant a. D. 3. Heft. 1. Einschllefsung (Cerniening). 1. Paris. Mit
einem Plan in-Steindniok. Berlin 1900. E. 8. Mittler k Sohn. Preis
3.7.5 M., geb. 5 M.
17. General-Feldmarschall Ton Steinmetz. Aus den Familien-
papieren dargestellt von Hans v, Krosigk. Nfajor a. D. Mit einem
Büdnisse. Berlin 1900. E. S. MitUer k bohn. Preis 7 M., geb. 8.75 M.
DnMk T«B A. W. ÜAjra't Erbtn. Berlio nad Potadsn
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Drackfehler-Berichtigang.
Im Februarhefte lies; Seite 195» Zeile 6 von unten Weinberger
nicht Weing&rtner.
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Jahrbücher
Ar die
deutsche Armee und Marine
Venutworllieh geleitet
E. Schnackenburs
ObentleatDaat tu D.
116. BaaA.
Apffl bis Jul 1900.
BERLLN W. 8.
Verlag von BatlL
i9oa
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1
Inhalts-YerzeiclLüis.
Nr. Mt. H«ftl. ApriL ^
I. Ober das Stadium der Länder und y(51ier mit Bezug auf den
Krieg (Militärgeographie). Von Generalmajor a.D. v. Zepelia 1
IL Die 8. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71. Von Jnnk,
Rittmeister a. D. (Fortsetzung) 29
m. EiD Beitrag war Heeresgesehiebte Friedlich WOhehnt L Von
Lehmann, Leutnant 46
IV. Die Kntwiokelung des französischen Seewesent sdt Colbert.
Von Korvetten-Kapitän a. D. Jaebmann 60
V. Das Heerwesen Paraguays 68
VL Mataiitl mid IMmgtn der Peld-Aitfflerle im Batenkiiege . 74
VII. „Tod dem Sohema** 86
Vm. Campagne de Russie (1812) per I^GJ*. OpMiou mltttaireB
(24. Juin— 19. Juillet) ' 87
IX. Kleine heeresgeschichtUche Mitteilungen 98
X. Armee- mid 'Marine-Naohriohten ans Rulsland 97
XL UmaehM in derMOittr-UttavatBr:
1. Ausiaadtaalw ZellMhiifteB 104
U. Bücher 112
TIL Seewesen 128
IV. Verzeiohnis der aar Besprechung eingegangenen Btteher 126
Nr. 844. Heft 2? Mai.
XII. Die 8. Kavalierie-Division im Kriege 1870 — 71. Von Junk,
Rittmeister a. D. (Fortsetzung) 12»
XHL Die ThlUgkalt der Flotte im Dienate dar KriagfHhrang n
Lande. Vortrag, gehalten vor den Offizieren der QandaoB
Wesel am 19. Jannar d. J. (Mit 8 Skizzen im Text) .... 166
XIV. Der arrierikanisch-spanische Seekrieg und die Strategen in
Washington 17o
XV. Die nem maaiaelio Fdddienat-Voraohrift 182
XVL Der Dienst anf den rllekwirtigeii Vartriodangan dar aMbÜmi
französischen Armee 192
XYIL Nene Mafsnahmen im Heere FortngaU 198
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XVIII. Tnippen-Cbttngsplitz« 203
XIX Sohtttze nnd — Helm 208
XX. Charakter, Wmm nid KBumb tai Ihrer Bedeatang für den
OflUer 21S
XXL Klehie heeres^reschiobtUohe VitbeStarngm 820
XXIL UoMohM fai der Militir-Litteratnr:
I. AuUnduohe Zeitschriften 227
IL Bttoher 2S4
m. Bt99dMa S6S
IT Virwiinhiti dnr rar Itwiiironliniig: nhiimirMirnnnn ÜBnhar 266
Nr. SAK. ItttS. iutL
XXIIL Die 8. Ksraltorie- Division im Kitog» 1810—71. Tob Jask,
Rittmeister a. D 'Schlafs) 257
XXIV. Der Krieg in SUdatrüta 1899/1900 272
XXV. La ^erre sor mer et set le^ons 290
XXTL Heer «od Fkrtte Ilillaw In 2. flil^ihr 1888 802
XXTn. Die neue TerordBug betniM den Dtenet dee Oenewlrtibee
!a ti'rankreich 885
XXVIU. Offiziere bürgerlicher Herkunft in der Armee Friedrich
WUheimaL und Priedrioha des Grossen von £. Schnaokeabarg,
OlMnUeoteaat a. D. 828
XXDL Die fleereff eihlllBiBie Beeadon 887
XXX. Kleine heeresgesohlohtliohe Mitteilungen 840
XXXL Umschau auf uriHtlirteehBiiehea Gebiet Von Joaeph ScboU,
Major a. D. 844
XXXU. Cmsohaa in der MiUtär-Utteratnr:
L Awattdiiehe ZetteehilfteB 880
n BSdittr 868
III. Seewesen 880
IV. Verseichaia der zur BeapreehoDg «n^egan^enea Bttober 882
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1
I.
lieber das Studium der Länder und Völker mit Bezug
auf den Krieg (Militärgeograpiue).
Generalmajor a. D. ?ra Zepelin.
Betraöhtiuig der mUitärgeQgraphiBohen Objekte,
welche Gegenstand des Studiums und der Sohildernng
eines Landes ^CriegssehaaplatBes) werden kdnnen.*)
Nachdem in den vorangehenden Abhandinngen das Wesen nnd
die Aufgaben der BfUitäigeographie sowie die Hilismitlel nnd die
Vorbereitung znm Stadium dieser Wissenschaft er5rtert snid, erflbrigt
noch, diejenigen Momente in den Kreis unserer Betraehtung
zu ziehen, welehe für die millt&rgeogräphische Sohildernng
eines Landes (Kriegsschanplatzes) von Bedeutung sind.
Es sind dies:
1. Die Lage des Landes im VerfaJUtms zu den Kaefabiistaaten
und dem Meere, seine aUgemeine Gestaltung und die Be>
schaiFenheit seiner Grenzen.
2. Die C^taltnng seiner Obeifliche (Orographie).
8. Die Beschaffenheit und die Bedeckung des Bodens.
4. Die Gewässer (Hydrographie).
5. Das Klima.
6. Die Verbindungen.
7. Die Wohnplätze.
8. Die Landwirtschaft (Forstwirtschaft), der Handel, die
Industrie nnd die Gewerbe.
9. Die Bevölkemng, die Staatseinriebtung-en (Verfassung, Ver-
waltung, Finanzen), Wehreinrichtangen {Wehrverlassung, Heer,
Flotte, Streitmittel aller Art. Militärische Hilfsquellen).
10. Die Landesverteidigung. Festungen. Mobilmachung.
^) Siebe die Autüätze des Verfasäer» im Februarheft 1900 S. 129 und im
Deiemberheft 1899 S. 256.
Jakibft«bw ftr di« dMtMb« AnoM «4 UartiM. BA. 11». t. ]
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2 Ueber dt» Stndimn der LKnder und Volker mit Besag auf den Krieg.
An anderer Stelle wurde enhyickelt, dals es Aufgabe der
Militärgeograpbie sein mufs, die Bedeniong jedes einzelnen dieser
Oegenstände für den Krieg klarzustellen, um auf (rrund der gewonnenen
Anschannng die Verhältnisso eines Landes (Kriegssehanplatzes) in
jedem gegebenen Falle beurteilen zu können.
Wenn wir die oben aufgeführte Reibe von Gegenständen durch-
gehen, welche in den Kreis nnsercr Betrachtung falleu, so tritt uns
in ihrem Charakter ein sehr wesentlicher Unterschied entgegen. Ein
Teil von ihnen, die unter 1 bis 5 erwähnten, zeigt — abgesehen
von den andauernden, unmerklichen Umgestaltungen unserer Erd-
oberfläche, die meist in das rrebiet der Geologie und (ieognosie
gehiiren - keine oder nur geringe \ eiiindcruniren, ist ;iIso als
(lauernd anzusehen.') Der andere ist mehr oder vveni^MT 1 ort-
währenden Veränderungtü ausgesetzt, fUr deren Kenntnis der
Offizier wesentlich auf die Hilfe der Statistik angewiesen ist.
Endlich ist, wie an anderer Stelle ausgeführt wurde, das
ganze weite Gei)iet der für die Beurteilung; eint s Landes
in ni ilitärgeograjjhischer Hinsicht zur Geltung kommenden
(Gegenstände in seiner Bedeutung wesentlich von den durch
die andauernde technische Verbesserung der Kampfmittel
und des Verkehrs bedingten \ eränderungen und sogar von
der Änderung der taktischen Anschauungen ahliängig.
Hieraus ergiebt sich, dufs für die so durchaus lebensvolle
Wissenschaft (ier M i 1 i tärge og ra ji h i e — wenn wir der Kürze
halber die Leliri' vor dem Studium und der Sc liil der u ng
der Länder und ihrer Völker mit Bezug auf den Krieg in
Zukunft so nennen dürfen — nichts ungeeigneter wäre,
als eine schablonenmälsige, schematiscbe Behandlung.
Die Unmögliehkeit eines solchen Verfahrens springt noch
mehr in die Augen, wenn man berfleksiebtigt, dafs die
oben antgeftthrten militargeographiscben Momente in einer
so engen Wecbselwirknng steheD, dafs eine sebarfe,
scbematiscbe Trennung derselben ganz nnmdglieb ist
Wer z. B. die Leistnng der Landwirtscfaaft eines Landes für
die Verpflegung der Heere beurteilen will» kann Bodenbescbaffenbeit
nnd Klima nicbt ans dem Bereieb seiner Betraobtnng lassen. Von
der Bodenbescbaffenbeit bftngt endlicb wieder der Zustand der
Landyerbindungen ab. Der Charakter der WobnpUltze steht in enger
Beciebung zum Klima^ zn dem Cbarakter der Bewohner, dem im Boden
') Selbstverständlich sind Meliorationen dc^ Bodens, Reguliernnp: der Ge-
wäas«r u. s. w. hiervun ausgenommen. Dies hätte aber unter Landwirtschaft,
Veitindtingen «to. Enriflmiiiig zu finden.
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Ueber liaa Studium der liiuder und Völker mit Bezu|^ auf den Krieg.
oder in der BodeDbedeeknng Torhandeoen Banmaterial. Der Zustand
der Webreinriehtongen nnd der Staatsrerfassnngf soweit diese filr
die Welirhaftiglieit der Nation sor Geltang kommt, steht wieder in
Weeliselwirknng mit der Tüchtigkeit des Volkes. — Es wird also
das militftrgeographisehe Stndinm nnr mit Vorteil getrieben werden
können, wenn man diesen höheren Standpunkt nicht ans den Angen
verliert
Was aber die Einwirkung der technischen Verbesserang der
Kampfmittel, des Verkehrs nnd der Veränderung der taktischen An-
schauungen anlangt, so darf hier wohl nur auf die verschiedene
Bedeatung der Deckungen zur Zeit der glatten Flinten und der des
Eleinkalibers, der Ebenen zur Zeit der Lineartaktik und der Vor-
herrschafk des Schiitzenjcefi'chtos hinjsrewiesen werden.
Aber anch das ver<;leieheiuie Element darf ähnlich wie in der
all^emeiDeii 6eograplii(> in der Militärgeographie nicht iniherttck-
sichtigt bleiben. Oft erhalten erst dann unsere eigenen Forschungen
iOr uns, nnd unsere Schilderangen fUr andere « inen •rrcltharcu Wert,
wenn die gewonnenen Ergebnisse mit uns hekannteu Verhältnissen
in Verjrleich pesteilt werden. Nur wenijje Offiziere durften z. B. so
Tertraut mit landwirtschaftlichen \ erhältnissen sein, dals sie sich
aus den blofsen Angaben Uber die Ernteerträge eines russischen
Gouvernements oder eines Jisterreichischen Kronlandes ein genügendes
Trteil Uber den landwirtschaftlichen Charakter dieser Provinzen, Uber
ihre L(usnmgsfähi<:keit fUr die N'erpflegung einer Armee u. s. w,
bildeu körnieii, ithiie da.sselbe mit einem an Areal jrleich grolseii
Bezirke des eigenen Landes /ii vergleichen. Ahnlich verliält es sich
mit Angaltcn Uber die Dichtigkeit der Hevidkerung und dir dieser
entsprecheiiden l 'nterhringnng der Trup))en und ähnlichen Fragen.
Wir sehen alsd. welch weite> Feld tUr die Betrachtung eines
Krieg0sehaujdat7.es und welche Anforderungen au eine allseitige Be-
leuchtung sich hier dem Offizier bieten, wenn er mit thatsächlicheni
Nutzen ftlr sich oder für seinr Armee ein Land beurteilen will.
Wenden wir uns nun wieder zu dem Ausgangspunkte dieser
Erörterung zurück !
Zu den fJegenständcn die im allgemeinen keiner oder
doch nur v( rhältnismäLsig geringen Veränderungen, und
diesen auch innerhall) gröfserer Zeiträume unterworfen
sind, ur hören: Die allgemeine Lage des Landes, sein N'erhältnis
zu den benachbarten Staaten, zum Meere, der Charakter der Grenzen,
die Bodenplastik, die Besch atTenheit des Bodens, die Gewässer, das
Klima. Zu denen, welche mehr oder weniger andauernden
Veränderungen grölserer oder geringerer Art unterworfen
1*
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4 Ueber daa Studium der Länder und Völker mit Bezug aul' den Krieg.
sind, wären zn reebnen: Die Bodenbedeeknog, die Verbindnngen,
die Ortscbaften ond WohnpUtze aller Art, die Bevölkerong nnd die
Staatseinriobtangen, die WehrreiüuBQng, Heer, Flotte, Festnngen,
die LandwirtBcbaft (Forstwissensebafl), der Handel, Indastrie und
Gewerbe.
Jede Sebilderang eines Landes mnls mit einem all-
gemeinen Überbliek aaf der Grundlage der mebr oder
weniger nnveränderliehen Verhältnisse beginnen.
Man bat nnn von einigen Seiten, nnd zwar von sehr rer*
scbiedenem Standponkte ans, eine Einteilung des zu sohildemden
Landes in einzelne Unterabteiinngen Torgescblagen, die man Operations-
schanplatz, Eriegsschanplatz, Operationslandsehaften, Operations-
bezirke, einfache, geteilte and zosammengesetzte Operationsscbaa-
plätze etc. genannt hat. Die Abgrenzung dieser Abteiinngen yon
einander geschah und geschieht teilweise noch heute nach den ver-
schiedenartigsten Grundsätzen. — Generalfeldmarschall Graf Roon
sagt in dieser Beziehung in seiner mehrfach genannten Einleitung
zur „Monographie der iberischen Halbinsel,^ dats die „formelle
Seite" der militärgeographi.scht'ii Untersuchung und Schilderungen
je nach der Individualität auf sehr rerscbiedene Weise aufgefalst
werden könne. „Eine reifliche Erwägung der Verhältnisse" — heifst
es wörtlich — „ergiebt ohnehin, wie es unzweckmäfsig sein dürfte,
eine streng systematische (ileichförmigkeit in der Anordnung des
Stolfes auf Kosten der .KUr/.e und Natnnnälsigkcit' überall durch-
führen 7.11 \v(dlen. Es wird häufig unthnnlich ^ein. die konstanten')
und die wandell»areii Hieinente des Stoffes streng ausciiianderzuhalten ;
ohne Zweifel erscheint es zweckmälsiger. beide auf eine solche Weise
mit einander zu verschmelzen, dats ein möglichst naturgetreues T?ild
von der militärischen Physiognomie eines Landes gewonnen werde,
woraus schon von selbst folgt, dafs der zu diesem Ziele f\lhreude
Weg fast bei jedem Lande notwendig ein anderer sein müsse. Es
ist Ul)ernll. um liildlich zu sprechen, die physiologische einer hiofs
anntnini-ciicii Methode vorzuziehen. In den meisten Fällen Jedoch
werden die konstanten Elemente in ihrer Gliederung als Einteilungs-
grund für den ganzen Stoff dienen können " Zum Reweise
hierfür giebt nun der Feldmarschall ein Beispiel, indem er die
gröfsere oder geringere Gangbarkeit eines Geländeteils zur Grund-
lage der Abgrenzung verschiedener Teile eines Landes macht. \ idlig
fUr Truppen ungangbares Gelände giebt es - - so gesteht lioon selbst
>) 5^0 hezeichiu'i (i(*r Foldmarsoball dio keinen oder nur geringen Ver
äaderuugen unterwurt'enen Verhältnisse.
u lijKi^u^ L.y Google
Debef daa Studiiim der Länder und Vfllker mft Besag auf den Krieg. 5
ein — in absolntem Sinne kanm oder nur selten and meist auf nicht kq
ansgedelmtein Flächenranm. Er seUfigt daher vor, gleichsam als
„trennende Scheiden** alle Geländeteile nngangbar za nennen,
^welche von passierenden Truppen ohne Torhergängige künstliche
Anlage (Brücken oder Stralsen) nicht auf geordnete Weise oder Ton
allen oder einselnen WatTen nur mit Verzichtleistang anf ihre Gefechts-
bereitschatt unentwickelt, defilierend durchschritten werden können.**
Solche Scheiden nennt Roon „Operations-Barrieren'' und reebnet su
ihnen Geländegegenstände von der allerverschiedensten Bedentong —
Gebirge, Ströme und Gewässer, Sümpfe, Wälder, Hecken n. s. w.
Wie schwierig und unhistimint aber alle diese Geläiidegeg:ent>tände
sowohl in ihrer absoluten Natur wie in ihrer BeschaÖ'enheit m den
verschiedenen Jahreszeiten und unter besonderen taktischen und
strategischen Verhältnissen für den ihnen zuzuerkennenden militär-
geoirraph Ischen Wert sind und sein müssen, ist Hoon selbstverständlich
nicht entgangen. Um in dieser Bezi»*hiHiü: wissenschaftliche Be-
stimmtheit zu schaffen, unterscheidet er ilaupt-Operaüonsbarriercn
von Neben-Opcrationsbarrieren oder Operarious-Scheideii. Erstere
haben ppniiaiu ntc und strategische Bedcntung und nehmen selbst
unverteidigt /u ihrer Ul>erschreitung miiuiesu ns einen ganzen Tag
in Anspruch; die Neheii-Opeiatiunsi)arrieren dagegen bilden nur unter
besoiiderr 11 \ t r'nliltiiisscu ein Hindernis, welches aber rasch umgangen
werdeil kann. Die zwischen den Haupt -Operationsbarrieren
liegenden Teile eines Landes, in welchen also die Bewegung der
Truppen und (Iii* Watfenwirkung auf gar keine oder doch nur auf
Hindernisse von untergeordneter Bedeutung tretfen würde, nennt
Uoou Operationsschauplätze.
Wir glauben nicht fehlzugehen, wenn wir vernmthen, dafs
Roon selbst an der wissenschaftlichen Unfehlbarkeit dieser „Klassi-
likationeu" Zweifel gehegt hat. Kin Land mit einer so eigenartigen
orographischen Gliederung wie .Spanien, dessen militärgeographisehe
Schilderung für Koon die praktische Anwendung der hier ent\vickelten
Lehren bildete, mag allenfalls eine solche wissenschattliche Gliederung
gestatten. Ganz anders liegen die Dinge, wenn wir z. B. Dentscb-
land oder Roisland betrachten. Roon sehwKeht aehie oben wieder-
gegehene Ansfllhning aach selbst ab. Wir fttbzen »ir Begründung
unseres Ton seiner AnBohanang abweichenden Urteils seine ErOrternng
hier an. Es bdfst da o. a.: „Die Klassifikagon der versehiedenen
Terrainteile in Operations-Barrieren und Operations-Sehanplätse ist
indes häufig eine sehr schwierige Aufgabe, wo die plastische Boden -
form, wie s. B. in Deutschland, eine Menge von Übergängen ond
Mittelstiifen bildet, so dab man häufig selbst nach genauer Erforschnng
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6 lieber das Stndlnin der Libider und VOlker mit Besag auf den Krieg.
des betreffenden Ahschnittos noch zweifelhaft bleibt, ob man ihn der
einen oder der andern Klasse hinzurechnen soll. Hier kann nnr die
reifliebste Erwä^unp: aller, nicht blols der orographischen, sondern
auch der Anbau- und Kultur- Verhältnisse etc. den Ausschi Treben,
l.'nd wenn man sich die Karte eines Landes nach dem Grade seiner
Ganirbarkeit illuminiert denkt, so wird man bäafig nicht blols zwei
verschiede!! i> Tlauptfarben. sondern eine Menge von Lbergangrs-Tinten
erblicken, deren manni^altiger Wechsel nur mit Schwierigkeit die
Gegensätze erkennen läfst, auf die es nach dem X'orijren ankommt."
General von Aster hat in seinen Gedanken ülier eine systcma-
ti^chf Militär- GeofTraphie" diesen Norschln^- durch di»* Inrbiire
( harakt< risierunp der Karte des westlichen Deutschlands verwirklicht.
Er unterscheidet bekanntlich ..Manbvrierterrain.'* welches einer Truppe
irestattet. sich in p't'eclitsbereiter Form /u bewep'u und nach allen
Richtun<r<"n hin /.u manövrieren von „IJurchj^au^^slaud" oder ,,Zwischeu-
land.-- welche zu aiihälteudem Defilieren, d. b. zum Durchgang in
schmaler Front, nötijren.
Ein Blick auf diese Karte beweist die praktische l n/iiläiij^^iich-
keit einer solchen abstrakt-wissenseiialtlichen (iliedenm;.'-. Da finden
wir Gegenden als Durcli<:arj^^slaiid lie/eiehnet. die wohl in Wirklich-
keit keiner deutscheu Armee irireiid eine Schw ieriirkeit bieten würden.
Sieht sich docii der bayerische liauptinanu VVi)iiruiii in seiner vor-
treti'licheu kleinen Sehritt ,.Anleituii;r zum Studiuni der Militär-
}:eo;rraphie und der militärischen Länderbesehreibunir.*" welche freilich
nur als ein \ ortrajr für KriegsschUler und junp- oili/.iere jredacht
ist. trotzdem er sich der Theorie des Generals von Aster anschlielst.
zu dem Geständnis genötigt, dafs durch solche Charakterisierung
„sehr irrige Vorstellnngeu hervorgerufen werden können." Als Belag
hierfür führt er selbst an, dals „die flachhUgelige Wasserscheide
zwischen Altmtthl and fittnkischer Kezat, eine Gegend, wo ziemlich
yiel Hopfen gebaut wird, gaaz ebenso als Dnrehgangsland bezeichnet
wird, wie die höchsten und schwierigsten Teile des oberen Schwarz-
waldes."
Wir glanben nach eingehender Prttfang aller dieser
Theorien nicht fehl zn gehen, wenn wir die mehr oder
weniger auf „Soppositionen" anfgebante Feststellung Yon
„Operationslandschaften,'* „Dnrchgangslandschaften" nnd
wie diese militärgetgraphisoh'Strategisehen Gebilde heiUen
mögen, ftlr die Aufgaben militärgeographischer Stadien
nicht in erste Linie stellen. Wir glanben vielmehr, dafs
der Offizier, welcher sich völlig klar Uber die militftr-
geographischen Eigenschaften aller der oben geuannten
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Ueber dtt Stndinm der LXnder und Vttlker mit Besag auf den Krieg. 7
Elemente elDes Landes ist, eine solche mehr oder weniger
kflnstliche, den thatsSchlichen Verhältnissen der Krieg-
ftthrnng widersprechende Gliederung entbehren kann.
Dagegen empfiehlt es sich für die Erleiehternng des Ober-
blicks Uber ein gröfseres Gebiet nach den Scheide-Linien oder Be-
zirken, welche mehr oder weniger in sich gleichartige Landesteile Ton
einander abgrenzen, Unterabteilungen zn bilden. Oh man diese Hanpt-
oder Neben-Operations-Schauplätze, ManOviiergebiete n. s. w. nennt^ ob
nian die Gewässer oder die Erhebangen znr Abgrenzung wählt, er^
bcheint nns ohne wesentlii-he Bedeutun<r. vorausgresetzt, dals man die
luilitärgeographische Schilderung richtig dorchAlhrt In den meisten
Fällen werden die GcwäsHer zu dieser Art der riliederung dienen
können. Für die durch sie begrenzten Unterabteilungen mOchten
wir die Bezeichnungen Landbcbafk, Gebiet, wnd ira weiteren Sinne
Kriegsschauplatz vorschlagen. — Hieraus jrelit auch hervor, dafs. wenn
wir nns nicht unbedingt an die politischen Grenzen binden, dennoch
aber hervorheben möchten, dalk mit Rücksicht auf die wichtigen
inilitärgeographischen p]iemente statistischer Natur ein zu häufiges
Abweichen von den Grenzen der Venvaltun^seinheiten die Durch-
liiiirun^ einer sor^Halti-rtn and allseitigen militärgeographischen
. '»Sehihierung sehr rrsclnvert.
Wir wenden uns nunnu hr zur Betrachtung der Gegen-
stiii!<!c. weU'he in den Kreis niilitärL^foprajihiseber riiter-
>ueliuiii: /.u ziebt'n und hei der militärgeographischeu
hchilderuDg zu berücksichtigen sind.
1. Die Lage des Landes im Verliiiltnis zu den benach-
barten Staaten uiul zum .Meere, seine allgciiit ine Gestaltung
sowie die Beschaffenheit der Grenzen.
Die Lage eines Landes wird stets von hohem, zuweilen sogar
entscheidendem Werte für seine strategische Bedeutung sein Die
t)j»erationsentwürfe des (Jeneralstabes weidfii sie «dalier /uiiiicbst
ins Auge zu fassen iiahen. Wir verweisen hier .statt längerer Er-
örterungen auf einige ins Auge springende Beispiele, die in dem
Gedächtnis des deutschen Offiziers zudem lebendig sind. Man ver-
gleiche die Bedeutung der Lage Preul'sens zur Zeit Friedrich des
Grofsen mit der zur Zeit des Beginnes des Feldzuges 1866.
Damals war die Grenze Polens bis auf wenige Märsche an die
Landeshauptstadt Torgescboben, und fast ebenso nahe die Grenzen
Sachsens und Schwedts. Schon diese Lage forderte die Hüiaus-
schiebong unserer Grenzen gegen die Weichsel. Und 1866, welche
Rolle spielte im Operationsentwnrf die in zwei getrennte Landes-
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• 8 lieber des Stndhun der Linder and Volker mit Besag auf den Krieg.
teile zerrissene Form des preufsischen Staatsgebietes. Wie günstig
ist dagegen die Lage Kafslands mit seiner schwer za erreidienden
natioDiüea und seiner auf dem Landwege fast ebenso weit Ton der
Westgrenze entfernten goavemementalen, heute auch zur See dorch
Kronstadt und die eigenartigen geographischen Verhältnisse Finnlands
geschützten Hauptstadt an der Ostsee.
Die militärische Schwäche F^nglands wurde bisher durch die
insulare Lage des durch eine übermächtitre Tiotte die See be-
herrsch«'!ulen Landes ausgeglichen. Welche S('hvvieriL''keiten stellt
die Gestaltung Italiens der nachhaltigen Landesverteidigung gegen
einen die See beherrschenden (iegiier entge^^en. Wie ungleich
schwieriger ist die strategische Lage des deutschen Reiches bei
einem Kampfe geirt-n das vereinigte liulsland und Frankreich wie
die Frankreichs gegen einen AuL^riff des mit Italien vcrliUndeten
Deutschlands. Endlich vergleiche man die französisch-spanische mit
der französisch-deutschen Grenze und erinnere sich an die militärische
Lage der von der See abgeschniltenen südafrikanischen Freistaati'n.
Die allgemeine Betrachtung der Grenze ist unter dem
zwiefachen Gesichtspunkte der Verteidigung und des Angrift'es durch-
zutUhren. Neben ihrer Gestaltung, der Kutfernung von der Hauptstadt,
bezw. den Garnisonen der Truppen kommt die Länge, das \ erhältnis
der Land- zu den Wassergrenzen, die BeschatVenheit des Grenz-
gebietes an sich (Gebirge, Gewässer, ungangiKires (ielände. die
Fe.stungen und Sperrforts), die Stiinnunig und Gesinnung der Be-
völkerung im Grenzgebiet zur Geltung, sowie die \ erhiiidungen von
dort mit dem Innern und die innerhalb des (irenzl)ezirks. Endlich
wird es sich darum handeln, festzustellen, welche Ortschaften,
indastrieile and militärische Einrichtungen und Anstalten von
Wichtigkeit im Grenzgebiete liegen, welche Eisenbahn- nud Strafisen-
knoten in ihm von besonderer Bedeatang sind, wie dieselben nnd
die vennntliehen Aoftnanohliiden zur Grenze liegen and in welcher
Wdse der Grepzscbnts za fuhren ist In dieser Hinsicht wllide also
nach die Verteilnng der Trappen Im Grenzgebiet za erwähnen sein»
Znm lefchteren Yeistindnls der allgemeinen Gestaltnng des
Landes and zur Obersicht Uber alle diese YerhiUtnisse empfiehlt
es sich, die Aasdehnnng der Grenzen, das VerhSltais deiselben zor
Gesamtoberflttche, die Länge des Darehmessers des Gebietes nach
den Haaptrichtnngen, die Entfemongen der einzehien Hanpt-
festangen n. s. w. Fon einander, ihre Lage zn einander und za der
Haaptstadt in Kilometern anzuführen. — Dafs die Lage eines Landes
zom Pol entscheidend ist fftr Klima nnd Tagesdaner, and aUnk
eine Erwähnung erheischt, sei hier noch zom Schlofs erwähnt.
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Ceber cUs ätodium der Liiader und Vülker mit Bezug auf den Krieg. 9
2. Die Gestaltung diT Erdoberfläche fdie Orographie).
Jedes Land trägt mehr oder weniger in Folge der (xestaltung
seiner Oberfläche einen in oft verschiedener Weise die Kriegfllhrung
in ihm beeiDflosseuden Charakter. Selbstverständlich giebt es beute
ID Eiiropa nur wenige Kriegsschauplätze, welche in ihrem Gesamt-
charakter der Kriegftthmng ihren Stempel aufdrucken. Zu solchen
kann man Finnland, einen Teil von Holland und die Hochgebirgs-
länder rechnen. In den anderen Weltteilen, in denen die Kultur
auf (lif natürlichen Verhältnisse der Länder keinen oder nur geringen
Einliuls übte, finden wir dagegen noch weite Gebiete, deren ,. Boden-
plastik'' entscheidend für die Art der Kriegführung in ihnen ist. Wir
erinnern hier nur an die cenlralasiatisi-licn Steppen, an das (i('l)irgs-
land von Tschitral, den Pamir, die Indien von Afghanistan trenntMuifn
Grenzgebirge, die von Gewässern durchschnittenen, mit Sümpfen bt -
deckten Teile Cochin-Chinas. die algerische Wüste, das Ilochlanil
Abe.>.syniens, Daliomey, Ueutschsüdwestafrika, unsere üstafrikanischeu
Kolonien, Transvaal und den Oranje-Fn istaat.
Eine Betrachtung aller dieser Kr iegssc hau platze tührt
uns aber mit Notwendigk eit zu der Überzeug ung, dafs eine
Beurteilung des Einflusses der Gestaltung der F.rdober-
fläche auf die Kriegführung untrennbar verbunden ist mit
der Beschaffenheit des Bodens und seiner Bedeckung
sowie der \'erteilung und Beschaffenheit der (iewässer.
Wir werden daher in dem Folgenden es nicht vermeiden können,
bei der Untersuchung der Bedeutung der ..Bodenplastik" für die
militärgeographischen Verhältnisse auch auf diese Faktoren einzu-
gehen. Nur so erhalten wir ein klares Bild des zu schildernden
Gebietes. Da nur wenige Rriegs^chaupiiit/.e. seien sie für die
Schilderung zusammenfallend mit den politisclieu Grenzen, seien sie
bezeichnet durch rein geographische Al)grenzungen. einen einheit-
lichen Charakter an sich tragen,') so ergeben sich oft schon —
V) Eine Aufnahme raaolit — wie iTwUlmt — in Kuro|>a u. a. das Grol's-
fürsteDtam Finnland. Be^eiciiDtind äugt daher auch der Verfasser des
„Pr^eb des ivteements mllitidres des oampagnes de 1806 et 1809 en FInUutde/
Graf Suehteleo, bei der ScbUdenug des «von den Rnflaen in Tielen, Uelnen^
DetHcbetnents geführten Feldzngea. „EUie solche Zersplittenmt? der Streitkräfte
fand ihren (Jrund in der eigentümlichen Beschaffenheit des Lande:«.
Dies Gebiet, in aUen lücütungen hin von Seen, Sümpfen, Felsen und Urwäldern
donbteludtten, hat indes viele Vwidndnngen. Sie fBhreii ille fOm ^nen fetten
Boden und Truppen Itoimieo belnalie ttbendl nnd m jeder Jalureeseit Mif ihnen
fort. ... In Finnland fiUlt die Gefahr, in den kleinen Detachements geschlagen
SU werden, fort. (?) In diesem Lande trifft es sieh selten, dafs man selbst bei
10 Ueber d»» Stndiniii der lünder und Völker mit Bezug aul' den Krieg.
ohne Zubtllfcuahnic \on mehr oder minder kliiistlii'h koDstruierten
Dperationsscheidei) — dur^'li den v» rschiedeuen Charakter der einzelneü
Gebietsteile die Anhalts^pünkte tiir die Gliederuüg der luilitär-
geographisehen Schilderung-.
So läfst sieh z. B. für eine Sehilderuug SUdwesl-
deutscblauds, zu dessen Begrenzung raan etwa im Süden die
Linie des Austrittes der Alpentbäler gegen Deutschland, beziehungs-
weise die politische Grenze innerhalb der Alpen sowie den Bhein
bis Basel, im Westen die dorch geschiehtliehe ond strategisehe
Gründe im Jahre 1871 festgestellte fieichsgrensse, im Norden den
Main mit den ihn zn beiden Seiten begleitenden Berglandschaften,
im Nordosten das Fichtelgebiige nnd den BChmerwald und im Osten
den Inn mit der Salzach wählen kann, eine natorgemäfse Gliedemng
in eine Anzahl weniger dorch scharf ausgesprochene Grenzen
(Operationsscheiden) wie dnreh den verschiedenen Charakter der
Bodengestaltong, Bedeckung ete. bezeichneten Landschaften anfstellen.
Es würde z. B. die Rheinthal-Ebene des rechten, die des linken
Ufers, die schwäbisch-bayerische Hochebene mit ebensovielBerechtigong
zur Grundlage einer abgeschlossenen Schildemng dienen können
wie der Schwaizwald, der Odenwald und der Böhmer Wald.
Die besonderen Formen der Erdoberfläche sind nun
aber nicht das Werk eines Zufalles, sondern das Ergebnis
von Naturgesetzen, d» rm Feststellung den Gegenstand der
Forschungen der Geologie bildet, Dat< \ e rständnis für die
Eigentümlichkeit des Geländes wird daher unzweifelhaft
dureh ein gewisses Mafs geologischer Kenntnisse er-
leichtert. Für den Offizier genügt es jedoch zo wissen,
wie die äulseren Formen des Geländes sich za den Innern
geologischen Vorgängen verhalten.*) Ebenso wie die änlsere
Form ist aber auch die Beschatt'enheit des Bodens, die Bodenkruste
ein Ergebnis der geologischen BesehaflTenheit der Gesteinsarten, welche
sie Itilden Wie von der Bescbaflenheit des Bodens neben der Gang-
barkeit und Bedeckunir wesentlich die Fruchtbarkeit des I.niides, die
Möglichkeit der Ernährung von Menseh und Tier, also auch die der
Armeen abhängt, so von den iu den Gesteinsschichten vorkommenden
ttb«rlegeneii StreltkriUten mf einem Flecke dne gtoCse Trnppeniahl «nhSiitai
kann"
Wenn wir mich nicht in allem den taktischen Ansehauungon des (irafen
."^uchtelen beipHichteu küuuen, so tiitimmen wir ibm doch darin vüUig bei, dals
die luIHtSrgeographlseheB VerUntoteae FtaiilaBda dem gansea Laad« ttom
einheitlieheB CÄiarakter aofpiitgen.
1) Selbstverständlich wollen vir Uenuit nicht etwa dnem Stadium der
Geologie das Wort reden.
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L'eber das Studiiun der Länder und Volker mit Bexuj; anl den Krieg. H
Mineralien die Kniwickelun^ der Industrie Die Beschatfenhflt des
Bodens ist aber auch hostinimeiid lllr das iiauniaterial der nicnscli-
lichen Wolinuii^^t'ii und der Ortschaften. Unterbringung der Truppen
uud \ i rteidigungstähigkeit der Wohnplätze stehen also in enger
Verbindung mit den geologischen Verhältnissen.
So verhältnisniäfsig jung die Wissenschaft der Geologie auch
kif 60 besitzen wir doch bereits eine Aozabl von Werken, die
dem Oflfauer, der sich einige Orientlening Tersehaffen will, dies in
hohem Grade erieiebtem. da es sieh doch nor um die jedem ge-
bildeten Laien notwendigen oder willlcommenen Begriffe handeln kann.
Es seien hier nnr angeführt:
Deatscblands Boden, sein geologischer Baa and dessen Einwirkung
auf das Leben des Menseben. (1. Anflage, Leipzig 1854) von
Bernhard ron Cotta. — Feldmarschall-Leatnant Ritter Unschuld
von Melasfeld. ,,Bnt8tehang der Formgebilde von Unebenheiten
ODserer Erdoberflüohe and ihre Darstellang als Vorschale fttr die
Geologie. Ein Leitfaden fttr jeden Militllr nnd fllr alle, welche Geologie
studieren wollen. Ans den Papieren des Feldzeogmeisters Ton
fianslab.«' Wien 1884.
„Josef Zaffank Edler von Orion, K. K. M^or and Lehrer
an der technischen Ifilitärakademie in Wien. Die Erdrinde and ihre
Formen. Ein geographisches Nachschlagebach in lexikalischer An-
ordnang nebst einem Thesanras in 37 Sprachen.** Wien 1885. —
,3onklar von Instftdten. Allgemeine Oiograpbie. Die Lehre
von den Reliefformen der Erdoberflttche. Wien 1878.**
Die Darlegung der Bedeatang der geologischen Verhältnisse für
die Entwiekelung der Industrie, des Ackerbaues und des Volksreichtams
ttberhaupt ist zum Gegenstand einer besonderen Wissenschaft, der
sogenannten „Technischen Geologie** geworden. Über diese,
welche natürlich fttr die Militärgeographie von besonderer Wichtigkeit
ist, orientiert in vortrefflicher Weise das 187S in Halle erschienene
Werk des Dr. Brauns, ,.Die Technische Geologie in Anwendung
auf Technik, Gewerbe und Landbau."
8ehr erleichtert wird für den Laien der Überblick Uber die
geologischen Verhiiltnisse eines Landes durch die vortrefflichen,
beute für die meisten Länder Eoropas in gröfster (ienauigkeit vor-
handenen ..geologischen Karten." Eine solche Karte bezeichnet
zunächst nur die horizontale oder geographische Verbreitung
der Gesteinsarten, ihr Vorkommen nach Reihenfolge und Areal
an der Oberfläche. Sie stellt eine Gegend dar in einem Bilde,
wie es etwa ersehiene für einen Beobachter hoch Uber ihr in der
Loft, wenn dessen Auge durch die Decke von Felsschutt und
12 lieber du Stadium der Länder und Völker mit Besui^ auf den Krieg.
Vegetation das daronter liegende Gestein erblicken oder wenn diese
bergende Hülle, der Mantel von Pflanzen und Dammerde, plötzlich
entfernt werden könnte. Ergänzt werden die geologischen Karten
durch die „geologischen Qner- und Längs- Profile/' welche die
Lagerang der einzelnen Gesteinsschichten Über- und zueinander rer-
anschanlichen.
Die „Geologischen Landesanstalten** bearbeiten diese Karten,
so z. B. die prenlsiscbe eine geologische Spezialkarte von Prenfsen
und den Thüringischen Staaten im Malsstabe der Melstiscbblätter
des Geoeralstabes 1 : 25000.
Die Hersteliang einer ganz Europa umfiissenden Karte im Mals-
stabe TOD 1 : 1 500000 ist von dem geologischen internationalen
Kongrefs beschlossen wordeu. Von den 49 Sektionen entfallen auf
Deutschland, England. Frankreich, Italien und Spanien je 4, auf
Österreich-Ungarn und die Skandinariscbe Halbinsel je (i, auf Kufs-
land je 20 Karten. — Zur Orientierang fUr den Offizier dient auch:
„Über das Verhältnis der Topo^aphie zur Geologie bei der Dar-
stellung der Gebirgskarten von Ziegler. Winterthur 1869.'*
Wir beschränken ans auf diese kur/e Hinweisong. Nicht jedf-r
Offizier bedarf Kenntnisse und kann solche erlangen, wie sie der um die
preufsische Armee so sehr verdiente Oberst von Sydow in so hohem
Malse besafs. P>/.iihlt uns doch sein Biograph, Oberstleutnant
Dr. Max Jäliiis vou ihm, dals der (larnals den Dit-nst als Geueral-
stabsoffizier dt r -I Kavaileriedivision versehende rreniierlentnant v. 8.
während der Besatzung Kuriiessens im Jahre 1850 einen verdächtigen
Hauer, der eine unwahre .Auskunft Uber die Richtung gab, aus
der er herkam, völlig aulser Fassung brachte, als er ihm zurief:
„8ie haben rote Erde an den Stiefeln! Da können Sie nicht vou
sondern nur von B. herkoiumenl"
Zum Schlüsse dieser Ausführung sei ein Beispiel an-
geführt, wie die Eigenart einer geologischen Formation
für die Kriegführung in den betreffenden Kriegsschau-
plätzen entscheidend werden kann. Wer erinnert sich nicht
noch von den älteren Lesern der schwierigen, strajiazenreichen
Kämpfe der Österreicher in Dalmatien, in der Boche dl ( attaro.
Albanien und Bosnien. Diese Länder gehören zu dem Gebiete
des Kalkes, welcher sich durch ebenso schroffe Formen wie durch
die eigentümliche Beschaffenheit der oberen ßodt nkrustc auszeichnet.
Der Kalk bildet bald stockförmig aufgebaute Plateaus, bald zackige,
vielgeschartete Kämme, welche sich über tiefen Spaltenthälern er-
heben, denen die Gewässer au> ebenso wilden und schroffen Seiten-
thälern zuHielseu. Oft ist den steilen Wänden noch eiu höheres
Leber daa Studium der Länder und Völker mit Bezug auf den Krieg. 13
PUteaa anfgesetst, das gewObolioh nach einer Seite hin sanft geneigt
ist, führend es anf der andern Seite steil abstOizt. Anf dem nn-
fraehtbaren Boden gedeihen nur selten nnd lEttmmerlieh giO&ere
Biome, meist nnr Knieholz. Eine der eigenartigsten EUUcformationen
ist Dan das Gebirge, welches vom Isonzo ab östlich sich ttber die
Balkanhalbinsel bis nach Serbien nnd Bosnien, nordostlieh aber
bis in die Caristftdter Militärgreoze hmein erstreelLt, der Karst
Das Gebiet des Karstes, den Kriegssohanplatz der wieder^
holten Kämpfe in der letzten Hftlite des vergangenen Jahrhunderts,
macht nicht etwa die absolnte Höhe des Gebuges, sondern dessen
eigentttmlieher, dnreh das Gestein bedingter Charakter des Geländes
so schwierig ftlr alle milifiiriscben Operationen. Der Terwitterte
Kalk hat hier ude. weilsgraae, zerrissene SteinwUsten gebildet, ttber
welche ein eisiger Wind, die Bora, dahinfegt, jede Spur einer Erd-
deeke fortreifsend und so mit Ausnahme weniger bewaldeten Stellen,
namentlich auf den höchsten, schwer zugänglichen Kttcken, das
r^anze als ein endloses öteinmeer erscheinen läfst. Die gröisten
Thalkessel enthalten gewöhnlich gröf.scrc Flni'slänfe, welche plötzlich
nnter einer Felswand als bedeutende Bäche emporquellen, ebenso
plötzlich in Schlünde sich verlieren, um nach längerem onterirdiscben
Laufe wieder hervorzutreten. Häufige Kegen im Frtthjahre und die
Schneeschmelze lassen diese Gewässer, welchen zuweilen keine ge-
nügende Abflufsölfnungen haben, plötzlich anschwellen nnd grolse
Strecken tiberschwemmen.
In diesem Oelände spielten sich u. a. die Kämpfe der öster-
reichisohfn Truppen gegen die Bewnhner der Boeche di C'attaro ab,
in welchen die geschilderteii Besnndcrheiten dieses Kalkgebirges den
Österreichern so verhängnisvoll wurden. Doiiii in dem Karst konnte
eine kleine, entschlossene Abteilung ein Deiilec stuiiderilang ver-
teidigen, ein paar mit dem (xelände vertraute Eingeborene durch
das plötzliche Herabroiien von Steinlawinen, welche oft bei der all-
gemeinen Eintönigkeit der grauen Farbe der Berge, des Nebels, der
Wolken erst dann von den Abhängen zu unterscheiden sind, wenn
es zmii Ausweichen schon zu spät ist. ein ganzes Bataillon oder eine
aus liiK'ksicbt für das Gelände auf Hunderten von Maultieren trans-
portierte Munitions- oder Proviantkolonne in die grölste Verwirrung
bringen. Und zu allen Hemmnissen, welche dies Gebirge der Be-
wegung der Truppen entgegenstellt, kommt noch der gänzliche
Mangel an Trinkwasser aut weiten Strecken, in denen der Regen
oft nur strichweise fällt und das Kegenwasser in den Oisternei» oft
wochenlang austrocknet und auch zuweilen im Kreidekalk keine
Wasserader lü entdecken ist, so dafs aul'ser den Nahrungsmitteln
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14 üthvt dJM Stadilim der LSadur und Völker mit hwng auf den Kneg.
das Trinkwasser fttr MeDSchen nnd Tiere während der an sich
schon 80 schwierigen Märsche anf Tragtieren nachgefilhrt werden moTs.
Soweit von der Bedeutung der geolojrischen Verhältnisse für
die Erleiehterang des Verständnisses für die Formen der Erdober-
fläche, namentlich soweit diese in der Bildung der Gebirge zom Aas-
druck kamen.
Die Bodenerbebun^^en.
Wir wenden ans nunmehr zu der Betrachtung des
Einflusses, welchen die Bodenerhebungen anf die Krieg-
führung äulsern.
Man kann Hügel-, Berg- und Gebirgsland unterscheiden.
Das Hügelland bildet den Übergang von der Ebene zum Get)ir<rsland.
be/.w. zum Berglande. Es setzt den Trupi)enbewegungen im all-
erem-ineii keine oder nur gerin^'-c Hindernisse ent^'f;:('n, obwohl seine
weilijren Formen in taklis<*h(T- Hinsieht, was die Deekun^" geircn
Auge und Feuerwirkung betrillt, von ijoher Wichtigkeit sein kOnneu.
Anders liegen diese Ve r h ;i 1 1 nisse im G e bi i L^slande.
Dies /eiirt oft inuerhalb räumlich kaum von einander getrennter
Strecken sehr bedeutende Höhenunterschiede. Hochanstei-tndc
Berge und Kücken umgeben hier oft tief eingeschnittene Thalt r.
Ganz besonders aber macht sich die Bedeutung des Gebirges geltend
mit Bezug auf die Bewegungsfreiheit der Truppen. Nicht niehr das
vorhandene Baumaterial sondern die Beschatlcnheit des Untergrundes
entscheidet hier, abgesehen von der Thätigkeit des Meu.>>ehen. in
ersirr Linie Uber die Wegsamkeit. Der Felsbudeu in seiner
manuiglachen Zusammensetzung sowie die Firnfelder und
die .Schneenlassen der Schnee- und Eisregion erschwerten
in viel höherem Grade die M a rschbe weguugen wie die Be-
schatfenheit der meisten Verbindungen in der Ebene. Zunächst wird
eine militäxgeographiscbe Schilderung diesen L iustand berücksichtigen
mftosen. Aui' dem sogenannten Scbotterboden, der aus meist abge-
rnndeten Steinen besteht, wird die Infanterie wenn anch mit einigen
Strai>azen und mit Nachteil für die Fnlhbekl^dung, sich fortbewegen
können, KaTallerie nnd Artillerie aber nur mit Mtlbe nnd mit Schädigung
des Pferdematerials in schnelleren Gangarten. Trttmmergestein, wie
wir es in oft in kolossalen nnd regellos nmheigestreutenBlöcken,nament-
lich im Hochgebirge, finden) wird, da, wo die Köpfe der Schicht- nnd
Trttmmergesteine kantige oder schräge Flächen zeigen, kaum mehr
einen Marsch in taktischen Formationen ermöglichen nnd schlielslich
nor noch dem einzelnen In&nteristen, nnd zwar nur unter Aufwendung
gro&er Anstrengung, das Fortkommen erlauben.
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üaber dM StiMttiiiii der Linder und Volker mit Besag uf den Krieg. 15
Ober den Oebirgskrieg ist, oamentlieh von Östeneieheni,
Uatienem aod Spanieni) In neoerer Zeit ancb yoo Franzoseo, Eng-
liodern nad RasBen, vieles gesohriebeD worden. Es wttrde m weit
Akren, auf diese Litteratnr hier n&her einsngehen. Das bekannte
Werk des Feldzeagmeisters Freiherrn von Kahn Uber den
Krieg im Hoohgebirge, sowie die Abbandinngen im „Spectatenr
miiitaire** 1898 bei Gelegenheit der SohUdening der „Tronpes
alpines" enthalten soviel Vortreffliehes hierüber, dals ich an dieser
Stelle daranf verweisen möchte.
Man nnterscheidet die Gebirge naoh ihrer bori/.ontalen
Gliederung, d. h. nach der Form ihres Grundrisses in
Massen- und Ketteni^ebir^e, und in vertikaler Be/ieliun<r in
Nieder-, Mittel-, Hoch-, auch wubl Alpengebirge. Die l^ieder-
Gebiige werden meist mit Uucksiobt anf ihre Lage zum Uanpt-
gebirge. Vor^ehirire. bezw. Vorberge genannt.
Die Mehrzahl der Gebirge zeigea die Ketten form. Nach der
Bedeatang der einzelnen Glieder unterscheidet man hier auch wohl
Haupt- und Nebeaketten, bezw. Kttckeu des (rebirges. Die
HauptrUcken sind in gewissem Sinne der Stamm, der die einzelnen
Gebirgsglieder zusammenhält, gleichsam das RUekgrat des Gebirges.
Auf ihm liegen meist die höchsten Erhebungen, es bildet die Haupt-
Wasserscheiden, besteht auch meist aus den ältesten Gesteinsarten.
An ihm setzen sich Seitenglieder, die NebcnrUcken, gleichsam wie
Hippen an. Nicht iminfr sind diese Seitenglieder imbedeutender wie
der HauptrUcken, sondern zuweilen tragen sie die höchsten Gipfel. (ISo
liegen der Montblanc, der Ortler, der Grolsglockner. der l'ic de
Nethou. der Elbrus, der Dychtau und der Kasbek aiilserhalb des die
Hauptwasserscheide bildenden Ilauptkaninies. \
Dieser Gliederung des Gebirges entspricht die der
Thäler.
Nach der Lage zu dem Grundrils des Gelnrges unter-
scheidet man Längs- oder Längenthäler. welche die Ketten
eines Gebirges von einander scheiden, also nieist parallel der Haupt-
kämnie oder Kücken des Gebirges laufen und tiefe Thaliurchen mit
geringem Gelalle haben und Querthälern. welche, am Hauptkauira
an Quersätteln entstehend, entweder senkrecht oder diagonal zu den
I..ängenthälern verlaufen und sehr oft ein i»edeutendes (iefalie haben.
Nach der Lage zum HauptrUcken und nach ihrer Be-
deutung für die Wegsamkeit, Unterkunft und Verpflegung
unterscheidet man wohl auch noch Haupt-, Neben- und
Seiteuthäler. Die Hauptthäler zeichneu sich aus durch breite
Thalsohlen, grölsere und nicht so reilsende Gewässer, bessere Ver-
16 Ueber das Stadium d«r Linder und VOIker nrit Besag auf den Kxieg.
bindnngen and entsfirechend der dichteren Bevölkenmg darch ^öiflere
OrtBchafteo. Sie werden daher im Gebirge meis.i den Sebaa-
platz der grörseren Operationen bilden. Iii »den Neben-
thälerDf weiche vom Hanptrttcken ahgehon, flndot i an meist noch
brauchbare Verbindungen, die mit den Tbälern iu das Haapttiial
mttnden. Die zusammenhänge nden Ortschaften sind in ihnen seltener.
Diese verschwinden endüch fast ganz in den Seitenthälern, welche
TOn Nebenrttckon ansgeheo. Sie sind meist steil, haben mangelhafte
Verbindungen. Ihre Gewässer bilden oft Staub- und Sturzbäche.
Sattel ((ichirgs attel) istira allgemeinen die I^ezei^hnung fUr alle
Einschnitte im Kamme, insbesondors für dieticfstenPunktedersolben. Sie
fuhren sehr verschiedene Hrzcichmingen lokaler Art wie Scharte,
Scheideck, Joeh ii. s. w. i'afs nennt man iu der Kegel einen Sattel,
der vnr/u^rsweise für den Übergang benatzt wird and über den
daher Mral'seii von Wichtigkeit führen.
Für den Krieg sind die Pässe und Oebirgssättel von be-
sonderer Bedeutung' und tniissen sie in niiiitärgeographischen Schilde-
rungen eiugehend berückhiehtigt werden. Denn sie sind nicht allein
die AntaiiiTSpunkte von Tbälern und durch ihre Tiefe und Lage aiit-
bestitnniend tilr den f'harakter de>s (iebirges, sondern vor allem die
Hriicken für den \ t rkrlir vom Saumpfade an bis zur Eisenbahn und
ott auch noch die <iien/.niai ken verschiedener staatlicher, nationaler und
klimatischer Gebiete. Besondere Wichtigkeit erhalten die Pässe in
den Eis- und Schnee-Hegionen der Hochgebirge, weil hier die Zahl
der brauchbaren , zur Herstellung bequemer Übergänge geeigneter
Sättel viel geringer und der Bau von Kunststraisen schwieriger und
kostspieliger ist. namentlich weil es vieler Mittel der Technik be-
darf, um diese Verkehrswinkel zu schlitzen und brauchbar zu erhalten.
In der Kriegsgeschichte aller Zeiten spielen daher die Pässe
der Alpen, wie der Moni C^nis, der St GK>ttbard, der grolse St
Bernhard, der Simplen, der SplUgen dne gro&e Bolle.
Fttr die Gangbarkeit eines Gebirges ist die Steilheit der
Pllsse, Stratsen und Abbiinge von Bedeutung. Die elementaren Einzel-
heiten sind ans der Terrainlehre bekannt, nm sie liier Übergehen
sn können. Es sei nur darauf hingewiesen, dafis es erfahrunga-
millsig nieht leicht ist, bei einer Rekognosoierung den Neignqgs-
winkel eines Abhanges auch nur für eine einzelne Stelle aanftbenid
riohtig zu bestimmen. Die Sehätaung wird meist Uber das richtige
Mals hinansgreifen. Auch darf man sich nicht der unriehtigen Auf-
fassung hingeben, als sei es nur die Tertikale Erhebung, welche auf
die Gangbarkeit des Gelitndes Einfluls hfttte. Sondern es ist dies
die jedesmal zu ersteigende Böschung, d. h. die Anlage des von
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Ueber du Stadinn d«r LSnder und WXkju mit Besag «of den Krieg. 17
den Truppen zarückzulegenden Wegres. Man kann z. B. im HUgrel-
lande dure das Erst^'ifren eines auf märsigre Höhen in gerader
Linie hinau etUhrten Wejres oft mehr erniUdet werden, wie durch
den Marsch auf den die Erhebunjren des Hochgebirges in kunst-
vollen Serpentinen, hinansteijrenden Strafsen. Wir werden auf diei«»'
Frage noch bei der weiteren Hetrachtunfr des Oebirircs zurückkommen.^
Die T hü 1er sind bei der Heurtc i Iii iig eines Gebirges
\ oii der höchsten Hedeutung. Da die Hauptthäler der Schau-
platz der griUseren Operationen und der entscheidenden Kämpfe sind,
entscheidet ihr Besitz meist zugleich Über den der angrenzenden
Thäler. Die strategisch wichtigsten Funkte sind die Thal-
knoten, an welchen sich die Längen- und Querthäler treften. Fast
immer liegen an diesen Stellen Thalerweiterungen, welche die Ent-
wickelung der Truppen begünstigen. Solche Knotenpunkte sind in
Tyrol z. B. Bötzen iür das Etseh- und Eisackthal, Brixen mit der
Fran/.ensfeste und der Mtlhlbacht r Klause für das Wipp- und Drau-
tbal. Nauders, I^andeck. Inii/^hruek lür das Innthal und seine Nehen-
thaier. Im Wallis könnte man Martigny und Ürieg zu ilnieii rechnen.
Den Thalknoten an Wichtigkeit gleich sind die Thali»iinungen
am Aasgange aus dem Gebirge in die Ebene, bezw. die Thal-
eingänge beim Eintritt der Strafsen in dasselbe. Es ist Sache der
milikäigeographischen Beschreibung, ihre Bedeutung im Einzelfalle,
und Ewar fbr die Verteidigung wie fUr den Angriff klar zu legen.
Die Lage der Thftler za einander, ob gleichlaufend, obsn-
sammentreffend, ob anseinandergehend, und die Lftnge der Tbftler
1) Es seheint an dieser Stelle geboten, davor za warnen, auch bei Detail-
MhildenmgeD taktlMher Natur in sohematiseber Webe die Stelgang In matiie-
tiachen Graden als Mafsstab der GangbaAeit und der SchwieriKkeit einea Wegas
zu Grunde zu legen und etwa zn sagen: „Da der Abhang eine Nfignng von
so und soviel Grad hat, ist er noch gangbar für geschlossene Kavallerie im
Trabe" o. s. w. Einmal macht die Länge des Abhanges einen sehr bedeutenden
ünteraehled: Eine ▼ob derattaklerenden KaTsUerle anf efner kanett Streek« mit
Leichtigkeit tfberwnndeno Böschung, kann anter Umstfinden auf ganze Attaken-
länge keinen energischen Angriff inobr j^cstatten. In noch hJJherera Grade wirkt
die Boilcnlx'schaffenheit ein, um :ille srhematirtchen, an die Böschnngsverhältnisbe
gekniiptten Angaben zu Soliauden zu machen. Tiefer Saud, auigeweiohter Thon-
boden, eine knne, glatte Grasnarbe, welche den Fofs beetibidlg som Gleiten
bringt, können gaaa miürige BUsebongen sehr schwer ersteigbar machen.
Aufserdem bleibt zu erwägen, dafs ein Winkel von B" zwar in der {graphischen
Darstellung r^ehr unbedeutend aussieht, eine solche Böschung iu einer Länge
von einigen 100 m, aber schun eine recht schwierige Steigung darstellt. Die
steilsten Chanaseea in den Vogesen haben a. B. idofat mehr als 7 bis 8* 8t^
gong «ad maehen dennoeh aehon lllr knne Strecken den Henunaehuh not-
wendig.
JikfbBflkBr ftr dit dtnta^« Amt« oad lUrfaa. Bd. US. I. 2
. i;jKi. „^ i.y Google
18 lieber das Studiam der Länder und Vtflker mit Besag auf den Krieg.
sind auch von so hohem Einfluls in taktischer Hinsicht, dafs diese Mo-
nienti' ein<:ehende BerUcivsichtigung finden mUsseo. Die taktischen
Folgerungen übergehen wir hier.
Das Hochgebirge dürfte wohl nur iu seltenen Fällen Schaujilatz
des grofsen Krieges werden. Dennoch sehen wir in der Kriegs-
geschichte es zeitweise in die Operationen hineingezogen werden.
Denn wenn auch der Angreifer das Gebirge möglichst za vermeiden
suchen winl, so zwingt ihn doch die Lage desselben zu dem Gange
der Operationen, es anfzasochen. Dennoch sehen wir in der Kriegs-
gesebiehte, dafs die Entscheidangskämpfe nie in den höheren Teilen
des Gebirges dorchgefochten worden, sondern in den Thalniedemngen
oder in den Ebenen am Folse derselben. Selbst in FeidzUgen, in
Mreleben sieh wie im Jahre 1799 üi der Sehwdz aneh der grobe
Krieg gegen alles Erwarten nnd ohne zwingende Notwendigkeit in
das Gebirge gezogen hatte, wurden dennoch die Entscheidnngs-
k&mpfe in den kultivierten, von vielen Verbindungen durebsehnittenen
Unterlanden am Wallenstädter, Vierwaldstädter und Züricher See
einer- und der Rheinthal-Ebene andererseits durchgefochten. In
früheren Zeiten, besonders im vorigen Jahrhundert, hat man dem
Besitze des Gebirgslandes einen viel zu hohen Wert beigelegt Die
falsche Auffassung, dafo wie in taktischen Verhältnissen die Weg-
nahme eines Höhenzuges, welcher den Seblttsselpunkt einer Stellung
bildet, Uber dieselbe entscheidet, oder dafs wie die Besetzung der
ein Thal einschliefsenden Höhen durch den Gegner dessen Verlust
nach dch zieht, so auch in strat^ischer Beziehung der Besitz des
Gebirges Uber die anli^nden Ebenen entscheide, führte zu der ganz
unrichtigen Anschanang, Wasserseheiden und Gebirgsknoten ans rein
geographischem Gesichtspunkte als strategisch entscheidende Stellungen
anzusehen. Da man femer das Gebirge auch wohl wie eine Mauer
betrachtete, deren Eingänge man mit Posten schliefsen könnte, so
zersplitterte man die Armeen in lauter kleine meist zu energischem
Widerstande unfähigen Detaobements, eine Malsregel) die natürlich
zu vielen Niederlagen der so unrichtig verwendeten Heere führte.
Wir treffen auch hier wieder auf die verhängnisvollen
Folgen einer ganz abstrakten Überschätzung des geogra-
phischen Elementes in der Kriegführung, eine FoIl-c drs
Mangels an Klarheit über den militärgeographlscben Wert
und die Bedeutung des Gebirges.
Weder zu den Zeiten der IJneartaktik im 18., geschweige denn
im nun ver;iraiigenen Jahrhundert, linden wir Fälle, in den<'n Armeen
in einer zusamnieiihiingenden Aufstellung ein aiis^'-edehntes Gebirge
m verteidigen vermochten. Niemals aber üudeu wir Heere dort, wo
Ueber das Studium der Länder und Völker mit Bezug auf den Krieg. 19
sie nach der „Uberhöhungstheorie" hätten stehen müssen, d. b. auf
dem Kamm autgestellt. Gebirgssteliaugen wie die in den frideri-
cianischeo Kriegen bei SchmottB^fen and Landshnt, oder die
bernlimte Stellung von Feldkircb in Vorarlberg waren doch eigent-
lieb nnr Stelinngen in TlUUem. Und omgekebrt waren es gerade
sehr ranhe nnd nnwegsame Pässe, welebe die Heeren Napoleons nnd
Snworows in der Offensive Qberscbritten. Die Erscheinnngen in den
Kämpfen am den Balkan im letzten rossiscb-tUrkiscben Feldzoge
können wir bei den Feblem der tOrkisehen Fttbrong wobl nicbt als
mafsgebend fUr unser Urteil anseben.
Von weleber Bedentong aber andererseitb anch ein niebt zam
Hoobgebirge zu reebnendes Gebirgsland, riebtiger Bergland, welebes
aas einem Gewirr von einzelnen Bergkappen, antermisebt mit Berg-
ketten bestebt, gewinnen kann, wenn es ron einem mit der Eigenart
des Kriegssehanplatzes vertraaten, kriegeriscben nnd waflfengettbten
Volke verteidigt wird, lebrt der angenbliekliebe Krieg in Sudafrika
Kanm ein Gefeobt, in weicbem nicbt die „Kopjes** eine oft ent-
sebeidende Rolle spielen. Und die Natnr des Kriegsse banplatzes
war bier bisher von geradezu lähmendem Einiluls auf die in
reichster Weise mit Kriegsmitteln ausgestatteten Engländer.*)
Diese Erscheinung bestätigt die vor mehr als einem Jahrzehnt
▼on uns ausgesprochene Auffassang, dafs, wenn aueb das Gebirge auf
längere Zeit nie Schauplatz des grofsen Kriege«; sein und nie den
Verteidiger die N'orzüge einer absolut sichernden Mauer bieten kann»
es aber in allen den FäUeu eine wichtige Rolle sj)ielen wird, wo
der V'erteidiger es versteht, die Streitkräfte des Angreifers womöglich
durch an den Kampf im Gebirge gewöhnte 1 rnppen oder die mit
der Eigenart des heimisebeo Bodens vertraute Gebirgsbevölkerung
zu Kämpfen im Gel)irge zu zwingen.
Der Angreifer wird dann, ermüdet und geschwächt, unter Um-
ständen auf eine andere Thätigkeit ganz ver/icbten als die Ver-
hinderung von feindliche Zufuhren an Lebensmitteln, Waffen und Munition.
Er wird unverbiiltiiisniäfsig grofse Kräfte zur Sicherung seiner Ver-
bindungen verwenden und sich schliefslieh darauf beschränken
müssen, mit mobilen Kolonnen das Land zu durchziehen. Die
Kämpfe im Kaukasus, namentlich in Daghestan, in Tvrol 17(i:^ und
1809, in neuester Zeit die Kämpte in der ik)cche di Cattaro, in
Siehe unter den in der deutsehen Militärlitteratur ersohienenen Weriten
Uber Deataeh-SttdweBtafHk«: „Sehwabe. Mit Schwert und Pflog in Deoteeh-
stldweetsfrika.** Für die Verhältnisse des Kriegsschauplatzes in Süd-Afrika
verweisen wir u.a. auf: ,,Tjiti\vi<,' von Kstorft" Dt-r Buerenkrieg in Siidafrilu."
(Beide Werke bei Mittler in Berlin in neuester Zeit erschienen.)
2«
. lyui^L,^ 1 y Google
20 Ueber daa Stodlmii dw Lllnder und Yfflkor mit Benig anf den Kxieg.
Bosnien, in Montenegro, auch in AbessynieD and Tsehitral, Ueten
Beispiele eines solchen Gebirgskrieges.
Um für die VerhältnisBe dos Rampfes im Gebirge
sieb ein Bild von der Katar desselben zu machen, hat
man die Gliederung in vertikaler Beziehung in vier durch
den Charakter ihrer Wo^samkeit, ihrer Bodenbedeckungy
ihres Klimas und ihrer Kultur (im weitesten Sinne) unter-
schiedene KegiüiiPii zu Hilfe jrcnommen: in die Basis-
(Gebir^'sfu fs-), Wald-. Alp- nnd Fels- oder Schnee-Kegion
Hochgebirge, w« ]< ! • lüs in das Gebiet des ewigen Schnees hinein*
ragen, weisen alle diese Kegionen ani; die Mittelgebirge reichen oft
nnr bis in die Alp-Kegioi) hinan, zuweilen, wie viele unserer deut-
schen nur bis in die Wald-Ke^ion. Klimatische und andere Ein«
wiri\ungeQ verändern häufig; seihst auf einem und demselben Gebirge,
die Lajre der ein/.ehien He<:iunen zu einander, so dals z, B. die
Basis-Kegion unmittelbar in die Fels- oder Schnee-Kegion Ubergeht
wie bei tief in das Thal hinabhänp'nden (iletschern. (iebirgen im
hohen Norden, wie den Norwegischen, oder mit verhältnismäfsig hoher
Lage des Fulses Uber dem Meere wie z. R. den ( ichirgen des P^.ngadin,
fehlen oft die unteren Kefrionen (»(it r es finden sich dieselben dort
nur in gerinirein Umfaufre. Wenn ('aber auch die in dem Fol-t luien
gegebene Charakterisierung der ein/einen Ke^ionen nur eine allgemeine
Bedeututifi: haben kann und durch lokale Vcrhiütnisse oft mehr oder
weniger verändert wird, so giebt sie doch andererseitj, einen solchen
Anhalt zur Beurteilung der Verhältnisse für Unterkunft. Verpflegung.
Weg- uii(i < langbarkeit des Cehirges, dafs die Angaben hierüber in
keiner milit;a<reogra))hisclien Bt-M-hreibung fehlen sollten.')
Die Hasi<- Kej.'-ion bildet den untersten Teil des Gebirges.
Von der (nsaiiitcrlu bung eines grülseren Gebir^^es nimmt sie viel-
leicht etwa den achten, von der Grundlinie des Quer|)rofds etwa den
dritten Teil ein. In ihr befinden sicii die meisten fxrolseren Ort-
schaften und sie zeigt die verhältnismäfsig entwickeltsten Kultur-
verhältnisse. Es gedeiht Getreide, und die Wegsamkeit ist eine ver-
hältnismälsig gute, insofern als nach Zahl nnd Beschaffenheit ge«
nttgende Verbindungen den Verkehr zwisehen den einzelnen Ort-
schaften yermitteln. Die Basis-Region zeigt deutlich die Wirkungen
der Abschwemmnugen nnd Abspulungen von der HOhe des Gebirges
her. Daher finden sich in ihr mächtige Schott-, GerOU- nnd Sand-
massen, wenn aneh meist bedeckt mit einer Hnmnssehicht
M Wir folgeo auch im Naohsteheadea vorzugsweise dem obenerwähnten
vortreffUoben Werke des Feidzeugmeisters Freiherrn von Kuhn „Der Gebl^ga»
krieg'*.
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Ueber daa Stadium der Lünder und Vülker mit Bezug auf den Krie^. 21
Diese Ko^ion hat (im Hoch^ehirpei einen doj iultcii
Chiirakter: 1. Der untere Teil, der Ful's, üti'i'^t lucist steil
von (Ut Thalsohle auf, ist felsi^^ rauh, wenig bebaut, oft mit dichtem
Gehölz bestanden und von tief eing:esehnittenen, zuweilen von Wild-
bächeu darebströmten Schluchten durchsetzt, welche die Gangbarkeit
sehr enebweren. 2. Der obere Teil der Ke^ion hat Hachere
BöRehDDgen, verhältnismilfeig geringere Erhebungen und oft einen
plateauarttgen Charakter. Die Binneo, Scblnebteo nnd kleinen Tbäler,
welche sieb von den Hohen berantenieben, sind hier sanfter einge-
schnitten, so dafs sie der Gaogbarkeit geringere Hindernisse entgegen-
stellen. Anf diesem Teile finden sieh noch Ortschaften, er ist femer
ron Waldungen, kultivierten, von einzelnen Wegen durchzogen und
daher ftlr die Bewegungen und das Gefecht kleiner Detachements
wohl geeignet
Die Wald -Region nimmt Vi)n der Gesamtböhe des Querprofils
etwa die Hälfte, von dessen Grundlinie etwa den dritten Teil ein. Sie zeigt
steile Böschungen, von 35 Im 45^ und besonders in ihren unteren
nnd ihren höchsten Teilen so schroffe Felswände, dals diese oft sogar
von Einseinen nicht zu erklettern sind. In ihr stürzen die ans den
Wasserreservoirs der Schnee- nnd Eisregion sich bildenden reifsenden
CrebirgsbMche herab, weiche Ober den senkrechten Abstürzen zu
Wasser&llen werden. UrsprUii^licb war diese Waldregion wohl ganz
mit Wald, nnd zwar nach den klimatischen VerhiUtnissen in Europa
mit Tannen, Kiefern, Lärchen und Arven, bestanden. Dieser Wald
vrird von unten nach oben lichter und endet endlich in einigen ver-
krüppelten Anrochen. Wo die BevOlkernng des Gebirges zunahm
oder wo die Industrie und der Handel sich des Waldes bemächtigte,
da ist oft im Laufe der Zeit der Wald vernichtet worden. Dann
wird wohl auch das lockere Erdreich durch die herunterstürzenden
Wassermassen abgeschwemmt, kahle Felsmassen treten zu Tage,
das Gestein verwittert und stürzt in das Thal hinunter, wo die
Schuttmassen grofse Verheerungen anrichten, Wege versperren, Häuser,
ja ganze Orte vernichten. (So im Bergell unweit CSiiavenna das
Dorf Plurs; Goldan zwischen dem Znger- und Lowerzersee.)
Die Alp - (oder Alm-) Region bildet emen Gürtel von etwa
V» der Hübe und V« der Grundfläche der Querprofils. Sie ist sanfter
geneigt nnd zeigt mehr Muldenform; neben zahlreichen, schwer über^
schrdtbaren Schnttfeldem weite mit nahrhaften Futterkräntem be-
deckte, meist als Sommerweide für das Vieh der tiefer liegenden
Ortschaften benutzte Grasflächen, die sogenannten Alpen oder Almen.
Ab und zu trifft man auch anf Kniehohs. In dieser Zone ttber-
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22 lieber d&s Studium der Lüuder und \'ülker uiit Bezug auf den Krieg.
sebrelteD die KonststraliBeD meist die HanptrückeD auf den Sätteln
(Pässen).
Id ihr haben die Gewässer ihien Unpmng ans zahtreiehen
Ideinen Qaellen, Bergseen nnd Wassergallen anter der äniseren
RasendeekCf so dafis der Fnls des Marschierenden an diesen Stellen
beständig ins Wasser tritt: Dennoeh versiegen zuweilen im Hoeh-
sommer, obwohl sich auf den flachen Stellen das Wasser sammelt,
die Quellen, so daCi dieser Teil des Grebirges wasserarm wird.
Die Fels- oder Schnee-Region bildet den eigentliehen Kamm
des Gebirges, und nimmt etwa Hobe und der Grundlinie
des Qaerproiils ein. Steile, zerrissene Felsen, grolse Schnee- und
Gletsehermassen charakterisieren ^ie and machen diesen Gürtel nur
für einzelne, genau mit der Örtlicbkeit vertraute Bergsteiger tlber-
schreitbar. Der Fufs der Felsregion ist häufig; mit Steingeröll be-
deckt, welches von dem yerwitterten Gestein herabbröekeliid mäch-
tige Trttmmerhalden bildet, auf denen man sich nur mit Mühe vor-
wärts zu arbeiten yermag.
Was nun die militärische Bedeutung der zuletzt ge-
schilderten drei Kegionen anlangt, so kommt für militä-
rische Bewegungen die Fels- oder Scbnee-ftegion nicht in
Betracht. Die Alp- oder Alni-Kegion wird nur soweit von
militärischen Operationen berllhrt. als die grofsen Kunst-
strafsen ihre Sättel Ul)erschreiten. Sie ist ein Durchzugs-
gehict. da sich in ihiicii nur die zerstreuten Hloekhäuser der
Senneu (nur in der warmen Jahreszeit benutzt) und, abgesehen
von den etwa weidenden Herden, auch keine VerpflegunsTsmittel
vorfinden. Auf den grünen Matten selbst führen nur Fufs-
pfade. deren Spuren ebenso selmcll verschwinden, wie sie von
Menschen und \ ieh getreten wiinh n. auf denen daher in dem häu-
fiiren Nebel und in der Dämmerung nieht nur ganze Truppenteile,
sinidern auch einzelne l'atrouillen liichtimg und Weg verlieren
kiiiuit n. — ^lit Ausnahme der sehr wenigen Kunststral'sen werden
aber auch zu den Sätteln nur Keit- oder Fulswege hinanftlhren, die
von der Truppe nur zu Einem hinter einander (der Franzose nennt
diese Formation a la Hie indienne) benutzt werden krumon. also in
sehr verlängerter Kolonne, das Gepäck und die Bagage auf Trag-
tieren.
Was die Wald -Kegion anbetrilTt, so ist ihre Wegsamkeit
im unteren Teil oft etwas günstiger. .Man findet zuweilen schmal-
spurige Waldwege, welche von den mit einem Pferd gezogenen
Rarren, deren Spuren, sich tief in den Felsboden einschneiden, durch-
zogen werden, welche aber Ton anders gebauten Kriegsfahrzeugen
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üeber das Stadiom der Linder und VSlker mit Bein« anf den Krieg. 23
nicht zu durchschreiten sind. Höher hinauf finden sich nur noch
Fufs- and Saumwetre wie in der Alp-Kejrion. Es ^iebt hier zwar
noch Holzsehlägf r-. Kfihler- und einzelne AlphUtten, letztere auf den
den Wald unterbrechenden Weideplätzen, dies sind aber auch die
fin/joren rfiterkunftsräume, von denen wohl nur die g"rölsten Alp-
hUtten einer Kümpap:nie ein notdürftiges Unterkoramen gewähren
könncMi. Kleine Ortschaften frehören auch hier zu den Ausnahmen.
Diese l{e;:iün wird daher nur von kleineren Detache-
nients in Ausnahme-Fällen zum Schau j)latze k riejtre rischer
Thätigkeit gewählt werden. Mrist kann sie von deu
Truppen nur auf dem Marsche durciizogen werden.
Aus dem bisher (lesagten ergieht sich das Folgende:
Die (rangbarkeit und Weg^a^lkeit des Hoch{rebirges
ist zunächst von di-r Beschaffenheit der Thäler und Sättel ai)hängig.
Die gndsten 1 häler, in welchen die Kunststrafsen tuhit n, sind oft
von einander durch ein Oelände getrennt, welches entweder gar
nicht iulcv nur mit grofsen Schwierigkeiten zu überschreiten ist. dessen
Überschreitung aber wenigstens einen, zuweilen auih mehrere Tage-
märsche in Anspruch nimmt. Ein Marsch in Parallelkolonnen, die
sich beim Zusammentrnffen mit dem Feinde gegenseitig
unteiBtUtzen sollen^ ist daher fast nie ausführbar. Die Seiten-
kolonnen werden nur die Aufgabe za erfUllen vermögen, die Haupt-
kolonne gegen Bediohnngen nnd anTenniitete Angriffe in den Flanken
zu schlitzen nnd die strategisch wichtigen Strafeenknoten zn sichern.
Die Beschaffenheit der in giolsen Windaugen nnd zum Teil
steUen Anstieg oder Senkong geführten Wege erfordert grollsmn Zeit>
anfWand znr Zortteklegung von auf der Karte ganz knrz erseheinenden
Streeken. So rechnet man onter gewöhnlichen Verhältnissen aof
die Ersteigung von 4 bis 500 m Höhe eine Stande fllr die Trappe
Bei diesen Märschen im Gebirge wird die meist za Einem mar-
schierende Infiuiterte nicht gefechtsfilhig sein. UberfilUt nan eine
solche Kolonne die Nacht oder ein Unwetter oder stört der Feind
den Marsch, so sind die Folgen nnberechenbar. Schon der angen-
hlickliche Krieg in den Bergen Sad-Afrikas bietet Beispiele hierfür. —
Es ergiebt sieh also bieiaos die Notwendigkeit, die Kolonnen groise
Umwege machen zn lassen aaf sicheren Strafsen, sobald ein Zn-
sammentreffen mit dem Feinde ttberhanpt möglich erscheint.
Sehr gefährdet werden die Wege nnd mit ihnen die Bewegangen
von Trappen im Gebirge anch dnreh die Gewässer. Diese werden
weniger ihrer Tiefe als ihres starken Gefälles wegen za Hinder-
nissen. Schnee8chmel/.en und Hegen lassen sie olt unvermutet schnell
anschwellen. So werden häufig ganz anbedeatende Bäche za taktisch
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24 Ueber das Stadium der Länder und Volker mit Bezog auf den Krieg.
nicht uuu ichtiiren Hindernissen. Der Marsch der Truppen kann plötzlich
durch das Anschwellen von für fjewöhnlich kaum Wasser enthaltenden
Bächen uumüjrlich jremacht und es kiinnen hierilurLh für Operationen
und (it Ifchte sehr entscheidende Folgen herheigettihrt werden. Jeder
mit dem Wesen des Gebirges Vertraute kennt die Gefahren, welchen
selbst die Kouststrafisen des Gebirges durch die Wasserverhältnisse
aasgesetzt sind uod weils, welohe Mittel der Ingenieur aafwendet,
sie za schützen.
Die klimatiBohen Verhältnisse des Hochgebirges haben
einen nioht m onterschätronden Einfofs aof die KriegfOhnmg. Ab-
gesehen Ton den Schwierigkeiten des Biwaks in schneidender Kälte
und hei Eis nnd Schnee, der langen Unterbrechung des VerlLehrs
durch dauernd liegende Sehneemassen im Winter, der bekanntlich
tHi die höheren Teile oft im September beginnt nnd bis in den
April hinein za dauern pflegt, erschwert die Rauheit des Klimas
auch die Verpflegung in hohem Grade. Welche Folgen aber ein
längeres Verweilen von Troppen auf den Hohen eines nicht einmal
hohen Gebirges im Winter haben kann, davon bietet die Kriegs^
geschichte viele Beispiele.')
I) Einen interessanten Beleg hitTtür giebt aus dem letzten
rnssisoh- türkis eben Kriege das Tagebneb des rassischen Kegiment»
Jenisseitk ttber seinen Anfentlialt anf dem Sohipka, in einem Mittelgebirge
dessen Verbindungen mit der lieimat zudem in keiner Weise gestört waren.
Dies Regiment war, als t-s Knde Oktohcr 1S77. olinr ]>h dahin mit dem Feinde
zusammengetroffen zu sein, am Schipka eintraf, in seinen 8 Bataillonen zn je 6 Kom-
pagnien 76 Offiziere, 276 Unteroffiziere, 7ü Spioileute, 27UO Streitbare, 5 Beamte,
164 Niohtstreitbare mit 41 Fshneogen nnd 114 Pferden stnrlc. Sehen bei dem
Aufstieg auf die PasshOhe froren die ^on Sebnee durchnälsten Halbpelze, so
dafs die Leute diese nicht mehr an/.uziflien vermochten und sich hierdurch teil-
weise ohne schützende Kicidun*: hctViriilfn Auch ilic an und für sich wenig
braucbhuron Stietcln froren zusammen und waren kaum mebr auf die ge-
sebwoUenen FIKse su bringen. Dt» starke Glatteis maelite es hfinfig nnmüglich,
die unten bereitete Verpflegung anf Wagen hinaaftnftthreD, so daft sehliersUeh
nur die Fleiscbportion und der Schnaps in den Packtanchen von Mannschatlen
iiinaufKcbracht werden konnte. Bereits kur/.c Zeit nach seiner Ankunft hatte
das Kegimeut 1074 Kranke. Am lo. November enthalt das Tagebuch die Notiz,
dala die Gewelire v<m Sebnee vüllig verstopft seien, der VwcMnftmeehanismna
nieht mehr fnnitüoniere, die Spixalfehem mdst nnbnraehbar wiren. Das Fett,
mit dem man die Gewelire eingescbmiert, war gefroren; man mufste die Ver-
schlüsse, am sie funktionierend zn erhalten, in die Hosentaschen nehmen. Am
17. Dezember hatte das Regiment 1747 Kranke. Als es am darauffolgenden Tage ab-
gelöst wurde, betrug die Gesamtstärke der lö Kouipagniea nur gegen 800 Mann.
Das 8. Bataillon, welches am IXngsten anf dem Selüplca angebraobt hatte, cShIte
sogar in seinen 5 Kompanien nur 65 Mann Die Entkriftong der zum Trans-
port auf die l'asshrdie verwendeten Pferde der Bagage war SO gTois, dafs dieso
nioht mehr den Märschen folgen konnte.
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Ueber das Studium der LSnder und Völker mit Besag auf den Krieg. 25
Der W o h n )) 1 ii t/.c im (iebirp' ist schon vorübergehend beider
Charakteri8ieruii;:(lrrein/,elüenl{epioiuMi i:e(laehtw()rden.Der2:erinjri'ren
und verstreuten Einwohner/alil.dermaugehKlfn \ erkehrsverhäitnisse und
des iui allgemeinen wenig entwickelten HaudeU und der Industrie wegen
gieht es gnilsere Städte nur sehr ausnahmsweise, meist nur in den
Erweiterungen der Hauptthäler, Man mufs daher auf die Mittel, die
diese sonst fllr die Verpflegung. Ausrüstung, vur allen Dingen aber tür
die ^reschlüssene UoterbriDguug in grölseren \ erbändeu gewähren,
verziehten.
Die meist aus grölseren Dörfern bestehenden Ortschaften
sind in den Thälern fast durchweg massiv gebaut, die (iehi»fte mit
Steinmauern umgeben, im allgemeinen geschlossen. Kreilich sind
hier iirtliche Eigenart u. s. w. bestimmend und giebt es daher zahl-
reiche Ausuahnieu. 80 ündet man z. ii. im Obcrwallis viele lloiz-
bauteo.
Fllr die Verpflegung werden sich FleischTon'äte wobt in
genügender Menge vorfinden, dagegen daif man wohl nur selten
anf genügende Getreide- nnd Kartoflelrorriite rechnen. — Felda&eng-
meister Kohn, der Verteidiger Sttd-Tyrols im Feldznge 1866, hält
anf Gmnd seiner reichen Kriegserfahmngr, es sogar fUr geboten, dafe
anch der Verteidiger inmitten einer ihn nach allen Kichtongen nnter-
stutzenden BeTOlkemng seine Verpflegung anf Magazine statze.
Fllr den in ein Gebirge eindringenden Angreifer wird aber die
Verpfiegnng nnendlich erschwert, da Beitreibungen nnr selten ge-
nügende Ergebnisse haben werden, die NachfUhmng der Verpflegung
durch Kolonnen bei der Natnr des Gebirges aof sehr viele und groliie
Hindemisse stolsen wird. Hierdurch wird die Troppenstärke fttr
Operationen im €rebirge stets anf ein Minimum zu beschränken sein.
Die Kriegsgeschichte bietet zahlreiche Beispiele hierfür 1799, 1866.
(Hier in Sttd-l^rol Garibaldi mit seinen in zwei Thälern eingepferchten
88 000 Mano den 7000 Österreichern gegenüber. Siehe anch das
1883 erschienene Werk von Eggers: „Die Verpflegung der Tmppen
während der Besatzung Bosniens und der Herzegowina 1878").
Da die Natnr des Gebirges dem Kriege den Charakter
von Einzelkämpfen um Defileen geben wird, nnd da der Ver-
teidiger — wie erwähnt — in der Stärke seiner Truppen beschränkt
ist, so w ird es notwendig sein, die Eingänge znm Gebirge möglichst
durch Befestigungen, welche nur schwache Besatzungen erfordern,
tu sichern, um seine Kräfte nicht zu sehr zu zersplittern und in
der Lage zu seiu, an einem Punkte den Gegner bei seinem Vor-
geben mit Überlegenheit anzufallen, ohne befürchten zu müssen, dals
dieser indessen ao dnem anderen eindringe. Hieraus ergiebt sich
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26 Ueber das Sfeudinm der Länder und Vfflker mit Besag ant dm Krieg.
dio hohe Bedeutung der Sperrforts, hei deren Anlage sich im Ge-
birge Sturrtlfreiheit mit einer Lagt- verbinden läfst. durch welche
der Gegner au der Anlage von Augriftsbatterien verhindert ist. Die
moderne Technik gestattet, durch Anlage von Befestigungrii mit
Panzerdrehturnjen auf schwer zugiiiiglichen Punkten, in welche man
neben einzelnen weittragenden Geschützen aubgesuchte bchUteen
postiert, diesen Bcdinirungen zu entsprechen.
Ähnliche Hefesriguiiireii wird mau mit Vorteil zur S[)erruug
wichtiger Thalknoten, Passübergänge u. s. w, verwendeu können.
Die Eigenart des Gebirgskrieges erfordert einen Hihigen Ftlhrer. der
sich trotz seiner Unterlegenheit gestutzt auf die Sicherungen der strate-
gisch wichtigsten Punkte, namentlich der Eingänge, nie in die
Defensive drängen liifst, sondern gegen den etwa in das Gebirge
eingedrungenen (Tcgner Teilerfoiger zu erringen sucht. Hierzu sind
aber auch mit der Natur des Gebirges vertraute, zum Uberwinden der
Strapazen iietahiule Truppen erforderlich. Aus diesem Grunde finden
wir in Frankreich und Italien besondere Alpentruppen, Jäger und
Gebirgsartillerie, in Usterreieh die Tyroler Kaiserjäger and Landes-
schützeu suwif Gebirgsartillerie.
Die Ebene. Das Tiefland.
Den Berg- und Gebirgsländern iregenüber steht das
Tiefland, bezw. die Ebene.') F^ine reine El)ene. d. h. eine an
keinem Punkte von Erhebungen unterbiucliene, giebt es im all-
gemeinen nicht; wenigstens kommt sie nur ausnahmsweise vor.
Dagegen giebt es weit ausged<'hnte, und selten Erhebungen zeigende
Tiefländer und Hochel»enen. Meist erhalten sie lUr militärische
Operationen besondere Bedeutung erst durch ihre Boden-
besehaffenheit oder Bodenbedeckung. In der Kriegs-
geschichte haben derartige Kriegsschauplätze in neuester
Zeit vorzugsweise in den auf dem Boden fremder Erdteile
stattgehabten Kämpfen eine Kolle gespielt. So die Sand-
w listen Centraiasiens im Feldzuge gegen die Achal Teke und
gegen China, so die Wüste Ägyptens, des Sudans und Al-
geriens.') Die Hussen haben bekanntlich eine eigene Taktik des
„Steppenkrieges ^ auf Grand ihrer kriegerisclien Erfahnrngen ge-
>) Die mehr oder weniger mit dem Uebirgslande in Verbindung stehenden
Hoehebeaeiif Hochländer, Plateaus bieten für die Verwendimg der Trappen kefaie
allgem^en Beaonderheiteii.
Wir verweiaen auf die vom Verftaaer im Jahrgang 1880 und 1884 dar
„Jahrbtteher für die deataohe Armee nnd Karine" verOflSsntUehten AvftXtae Uber
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üober du Stadiam der LKader und Volker mit Brnng auf den Krieg. 27
schaffen, die sie io den MUreiehen grttfseren oder kleineien, mit
die Skobelewsohen Expedition absolilielkenden Kttmplen inTranskaspien
tmd Torkestan gewannen. Die grofsen Snmpf^ebiete ^ie das
für den westrassischen Kriegsschauplatz so wichtige Polessje, d. h.
das Oehiet des Fripjä^* und sinner Zuflüsse, haben mit den Steppen
and Wüsten gemeinsam, dals die Natur des Gebietes ftlr die Ope-
rationen in ihnen geradezu entscheidend ist, alle militärischen Mafs-
regeln sich ihr unterordnen müssen. In gewissem Sinne gilt dies
auch für die Marschen Hollands, auf deren Bewässerungs- und
Entwässerungssystem die ganze Landesverteidigung des Königreichs
der üiiederlaude sich gründet. Da im allgemeinen die Wüsten und
Steppen nur Nationen von untergeordneter kultureller Entwickelung
zum Wohnsitze dienen, so tritt in diesen Kämpfen für die europäischen
Armeen der Gegner in die zweite, der Kampf mit dem Klima und
der wege- und \vasserloseii Steppe und Wuste in die erste Linie,
eine Erscheinuni:, die uns namentlich in vielen Kämpfen der Küssen
und Engländer nicht zum Vorteile der Ausbildung ihrer höheren
Fuhrer entgegentritt.
Durch die Art der Bodenbedeckung erhalten oft weite
Ebenen ihren Charakter für die Kriegführung, so die ober-
italienische Ebene durch die Kultur der sogenannten be-
schatteten Felder, der Terrassen und der Ueisfelder. Man
mUlste diese Ebene, welche kaum von irgend wie nennenswerten
Erhebungen unterbrochen ist. ohne Wald, voll dichtgedrängter Ort-
schaften aus dem fruchtbarsten Kulturboden besteht und von einem engen
Netz von Kunststrafsen alier Art durchzogen ist, zu den gangbarsten
Kriegstheatern rechnen, wenn nicht die Bodenkultur Hindernisse ge-
schatt'eu hätte, durch welche die Thätigkeit der Truppen fast ebenso
beschränkt wird wie in den unkultivierten Suujpf- und Waldgebieten
Osteuropas. In dem Gebiet der beschatteten Felder, dem
Gelreidelande Oberitaliens (Teile von Piemont. Parma, Piacenza, der
dem Gebirge zunächst liegende Teil der Koniagna, die Ufer des Po
bis aliwärts gegen Ferrara sowie die besten Gegenden von Venedig
und Friaulj ist der Weinbau mit dem Feldbau insofern verbunden,
die Steppeu Zentxalaaiens and die £xpeditiun des Generale .Skobelefl gegen die
Achal-Tekintsen.
Eine ehigebende Gbankteristik des Ehifliiasee der Nstar der Saadrteppe
auf die Kriegftthnuig vom VerCsMer ist s. Z. als Hsnnskifpfe ▼erttflentUeht
worden.
In geradezu inusterf^ültiger Weise haben die Engländür in ihren Vor-
bereitaugen zu dem Feldzuge gegen den Muhdi unter Lord Kitchener die
VerUUtiiisse der den NU umgebenden Wttste berfloludditlgt.
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28 Ueber das Studium der Liader und Völker mit Benig auf den Krieg.
als man zwischen and aof den einzelnen Feldern, an den Ufern der
sahlreiehen Flosse oadnoch Kahlreicheren Kanälen namentlich Maalbeer-
biame gepflanzt hat, die zum Spalier fllr die Weinpflaozoiigen dienen.
Diese mit Kebengewinden dorcbflochteneo Banmpflanznngen verleihen
der ganzen Land^'chaft das Aussehen eines Waldes nnd erschweren
in hohem Mafse die libersicht, wie auch die Bewegungen der
Troppen auDserbalb der Wege, welche schon durch die zahlreichen
nassen Gräben nnd die zur Abgrenznng der Gmndstticke errichteten
Steinwälle behindert wird.
Noch schwieriger gestalten sich diese Verhältnisse im Bereiche
der sogenannten Terrassen kultur. Zu ihrem Gebiete, dem der
lionohi e giardini, frehnren die niedrio:en Vorberge der Gebirire und
die isolierten, sieh aus der Ebene eihebeiulen Berggruppen wie die
pAigiineen. Es sind dies also die htigeligen Lcindschaften stldlieh vom
Tiarda- und am Iseo-, Leeco-, Conio- niui Varese-hee sowie dem Lago
Maggiore, ferner aulscr den schon erwahntin Euganeen die Monte
Herici. Auf diesen Mügeln werden vitde Maulbeer-, Kastanien-,
Oliven- und Niifsbäume gepflanzt. ! >a nun aber hier auch sehr viel
Wein und edles Obst in umniaui rlen Gärten und an Mauern auf
Terrassen gezogen wird, so wird die> rJ<'wirr von Bäumen. Wein-
ptiauzungen und Mauern so unübersichtlich und schwierig zu durch-
schreiten, dafs sich marschierende Truppen ohne ortskundigen Führer
kaum hindurch/.uwinden vermögen, oft aber ftlr die höhere Führung
die IJbersicht ganz verloren geht.')
Das Gebiet der Reisfelder endlich unifalst die tiefsten Teile
der oberitaiieidschen P^bene zwischen Ticino und Lambro, längs des
unteren Ticino, der unteren Sesia, dem linken Ufer des Vo zwischen
Minciü und Etsch u. s. w. — Diese Reisfelder stellen sich dar als
weite, mit fahlem Grün überzogene Flächen <dnie Schatten, mit
wenigen Wohnplätzen und geringer Bevidkerung, Sie sind durch
eine grolse Zahl von Kanälen in gleichniälsige Vierecke von 200 — 250 m
Seitenlänge geteilt, welche von Dämmen eingefalst sind, und durch
deren vSchleusensystem das Wasser von Zeit zu Zeit in diese ab-
geteilten Felder geleitet und nach seiner Verdunstung dorch nenes
ersetzt wird. Der Boden wird durch die fortdauernde Wied^holung
dieser Bewttssemng ToUkommen aofgewelcht nnd daher im Sommer
Air geschlossene Tmppen völlig nnpassierbar. Nor znr Erntezeit
nnd wfthrend des Winters wird das Wasser abgelassen, allein aneh
dann ist das Fortkommen Ton geschlossenen Abteiinngen schon der
vielen Gräben wegen sehr erschwert
») Dies lehrt be.suüdeib die Geschichte der Feldzüge lb4b und 1869 in
OberiUlieo.
ui^ui-L-j cy Google
Die 8. KftTaUerio-DIviaion in Kriege 1870-71.
29
Die Oeflchielite der auf dem Boden Oberitaliens gefllbrten Feld-
zttge ist reich an Beispielen flir den Einflnis dieser Beseliaffen-
beit der Ebenen aof den Gang der Gefechte.
Wir glauben, dals diese Ansftihmngen genügen, nm zn zeigen,
von wie grolser and wie yerschiedenartiger Wiehtigkeit aocb die
Ebenen fttr die Kriegflihning weiden iLönnen. Wir konnten dies
Bild uoch erweitern; so weisen wir hier z. B. nor anf die ^Knicks'
in Holstein und Schleswig bin, wie sie sieh in alien Kämpfen auf
der jutisehen Halbinsel geltend machten.
II.
Die 3. Kavaileria-Divisiofl im Kriege 1870—71.
Tob
Jimk, Rittmeister a. D.
(Fortsetsimg.)
IV.
BiB vor Soblaobt an der Halhie.
Anf dem Marsche des Gros der I. Armee i;e^eii Kouen befand
sieh bei der auf dem äufsersten rechten Flügel vorgehenden Kolonne
das dem Ylll. Armeekorps zugeteilte 8. KUrassier-Kegimeut, bei
der anf dem ttnisersten linken Flttgel befindliehen das dem L Armee*
korps überwiesene 5. Ulanen-Regiment Als am 3. Dezember die
Spitzen der Armee den Epte- nnd Böthnne-Absohnitt erreichten,
wurden die beiden genannten Kayallerie-Begimenter der zor Zeit in
nnd am Pommerenx befindliehen Armeereserre, der dnreh 2 Batterien
Teistärkten 80. Infiinterie-Brigade, zugeteilt Sie bildeten in derselben
eine kombinierte Brigade anter dem General Graf zu Dohna. Es
tritt Mer in die Erscheinung, wie nnzweolunftlsig es gewesen war,
die beiden Regimenter verschiedenen Brigaden za entnehmen. Nach
nur leichten Gefechten am 4. bei Boso le Hard nnd Buchy seitens
Teilen des VIII. Korps, dem 7on diesem Tage an die Garde-Dragoner-
Brigade zugeteilt worden war, gegen noch hier befindliche Trappen
des Generals Briand, warde am 5. Iiereits, zunttchst ron der 82. und
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Die 8. KaTallerie-DiviBion im Kriege X870— 71.
Bpäter aacb noch der 29. Infaoterie-Brigade, Rooen besetzt General
Briand war anf Le Hävre abgezogen, seine Tmppen hatte man nach
Zahl QDd Wert Überschätzt. Am 6. Desember rückte auch das
1. Korps in Rouen ein. Die Armeereserre gelangte in die Gegeod
von Epreville. Als dann aber von Ronen aas nach allen Richtungen
kombinierte Brigadekoiüuiu'n abgesandt wurden, um die Verfolgong
des Feindes, die Entwati'nung des Landes, die vorübergehende Be-
setzung wichtiger offener Städte vorzunehmen, erhielt (lenerai Graf
zu Dohna liet'ehl, zu solchem Zwecke sich nach Dieppe zu wenden,
um dort auiserdem noch die längs der Kn^tr laufende TelfL^rapht-u-
leitung zu unterftrecheri. Aufscr 'tt-r komhiuicrteu Kavallerie-lirigade
wurden dem General Graf zu l)nlina das I. und FUsilit r-Hataillon
29. Regiments, dif 2. rcitcndr l);itt»'rif s Feld- Artillerie-Regiments
und ein Pionier-Deiachcnicnt hcigcgchfii. .Mit der Avantgarde von
Loeuilly und Hose le Hard. dem Gros von ( irres aus wurde am S.
die Gegend von Omonville und am fulgeiideu Tage bereits die SL'e=
Stadt Dieppe erreicht. Die an der Tete der Avantgarde befindliche
Eskadron Luck der 5. Ulanen hatte zunächst durch Patrouillen nach
allen Richtungen die Stadt absuchen lassen, dann wurden vun je
1 Zuge die -Mairie und die Telegraphenstation besetzt, während die
beiden anderen am Eingange belassen wurden bis auch da^ aus
dem I. Bataillon und einer Kürassier-Eskadron bestehende (Jros der
Avantgarde eintrafen und von der Stadl liesitz nahmen, zu deren
Kommandanten Major von Klern eriiannt wurde. Das (iros gelangte
nach Arques. In Dieppe wurden an löOO Gewehre vernichtet und der
Küslentelegraph sowie 27 schwere (TcschUtze der Strand batterieu
anbraucbbar gemacht. Das letztere geschah durch Eiugiefsen von
etwa 4 Quart Salpeter- oder Schwefelsäure in jedes der Geechflte-
lohre nnd dann festes Znkeilen derselben. Die Sänre soll In knner
Zdt das Eisen derart zerfressen, dafs die Geschütze dann nicht mehr
branehbar sind. Das PolTer des Pnlvertnrms wnrde ins Meer ge-
sehttttet. Am 10. Dezember disloclerte die Tmppenabteilang, welche
dnroh Relais Verbindung nach Ronen hatte, in die Cregend von Anffay.
woselbst sie bis 14. blieb. Die 3. Eslsadron (Rittmeister Graf t.
Looz^Corswarem) der 5. Ulanen befand sich vom IL Dezember ab
in Tdtes als Relau (Ur das Generalkommando VIII. Armeekorps.
Bei Teilung der Aufgaben der h Armee war dem General t. Goeben
am 9. Dezember die geworden, mit seinem Korps nnd der 3* Kavallerie-
Division den Somme-Abschnitt zu behaupten. Hit dem Marsche nach
Amiens war seitens der 16. Division eine Erkundung von Le H&vre
zu verbinden und geeignetenfalls der Platz durch Handstreich zu
nehmen; zeitraubende Unternehmungen hatten aber zu unterbleiben.
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Die 8. iviivullerie-Division iin Kriege 1870—71.
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Bereits am 11. Bezember stand es fest, daCs Le H&vre dorch Hand-
streich niebt ra nelimen sei. Das Generalkommaodo wandte sieb
daher yon Bolbec Uber Si Valeiy en Canx nach Dieppe, wo es am
14. eintraf nnd am 15. blieb. Auf die Naebricbten hin, dab die
Franzosen, ^on Arras her Torrllckend, die Somme in der Gegend
▼on Ham nnd La Fdre mit ihren Spitzen bereits erreicht hätten, war
die 15. Division am 13. Dezember von Ronen direkt anf Amiens
in Marseh gesetzt worden. Als dann aber die ans dem grofeen
Hauptquartier unter dem 18. Dezember ergangenen DirektiYen als
die Hanptanfgabe der L Armee bezeichnet hatten, feindliche Troppen-
Ansammlangen im freien Felde zu zersprengen, namentlich aber
etwaigen Vennchen des Feindes, Paris zn entsetzen oder unsere
VerbiDdang:('n zu onterbrechen, entgegenzutreten, und dazu die Haupt-
kräfte der 1. Armee bei Beauvais zu konzentrieren, wurde (i* ik ral
T. Goehen anprowinsen, am 16. Dezember mit der 10. Division sich
uaeh dorthin in Marsch zn setzen. Die lö. Division hatte aber, den
augeiil)lieklichen rmständen entsprechend, auf Montdidier weiter zu
marschieren. General Graf Groeben sollte in Amioiis ;i BatHÜlone
der 3. Brigade, die zu dieser gehörenden beiden Batterien and 1
Kavallerie-Refriment als Besatzung: unter General v, Mirus lassen,
sich selbst aber mit den übrigen Bataillonen and den bis dahin heran-
gezogenen Regimentern der 3. Kavalli rie-Division sowie deren reitender
Batterie am Dezember nach Uuye in Marsch setzen, wo er
weitere Befehle von General v. Goeben erhalten werde. Die Ver-
bindung mit der 15. Division war aiif/.unehnien.
Ks sind bis zu dies<'ni Zeitpunkte zunächst die Vorgänge bei
Amiens und auf französischer Seite iiaelizuliolen.
In einer besonderen Instruktion war dein Getjeral (iraf Groeben
aufgetragen worden, seine Sicherung in weil vorzupoussierenden De-
tacbements zu suchen. Dieselben niüfsten in nordwestlicher, nürdlielier
und nordöstlicher Richtung sowie längs der Somme streifen und mit
allen Mitteln des kleinen Krieges Itestrebt sein, den Feind Uber
unsere .Absichten zu täuschen, die seinen aber zu erkennen trachten.
Eine Konzentrierung der Kräfte in Amiens sei daher nur dann au-
gezeigt, wenn die Maisnahmen des Feindes es erforderlich machten.
Die von Amiens nach Abbeville und Arras. sowie die von La Fere
nach Canibrai führenden Eisenbahnen und Telegraphen seien, die
beiden letzteren jenseits Alliert und .St. Quenlin zu zerstören. Diese
Orte seien auch abwechselnd mit mobilen Kolonnen zu besetzen.
Die Bahnstrecke von Anüens nach La Fere sei zu decken. Die dem
General Graf Groeben gewordene Aufgabe war eine sehr schwierige
und wäre ttberhaapt nicht zu lösen gewesen, wenn die französische
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Die 8. KavaUerie-Divisioii im Kriege 1870—71.
Noidannee zunächst nicht so ansschlie&lich mit ihrer Reorganisation
beschäftigt gewesen wäre. Die Schwierigkeit der Aufgabe lag in
der Beobaclitnng und Deckung der etwa 10 Metten langen Bahnlfade
Amiens-La F6re von einem FlOgelpnnkt deiselben ans, während die
Vormarschlinie des Feindes zn dem anderen fast senkrecht lag. Es
heifet Gottlob in der Armee: „Wm befohlen wird, das wird anch
gemacht!'* Man ersohttttere dieses schöne Wort aber nicht dadurch,
daTs man je Unmögliches verlangt Damals in Frankreich gelang
manches eigentlich Unmögliche, man httte sich jndes, das anf andere,
zukünftige Kriegsfälle so ohne Weiteres zu ttbertragen. Dnrch Eint-
Wickel un»: einer aufserordentlichen Thätigkeit um Amiens gelang es
in der That, die Franzosen zu tUuschen. Lehautcourt sagt dazn:
„AUemands dans plosieors directioDS ä la fois et donnaient a leurs
forces une importance apparente, heauconp plus grande qu elles
n'en avaient räellenient." Die von Amiens aus entfaltete Thätigkeit
hätte aber einen weniger anstrengenden und dabei doch durchgreifenderen
Charakter gehabt, wenn man. anstatt die 3. KaTallerie- Division ge-
wissermafsen anfzulöseo, derselben zunächst die Verfolgung des am
27. November geschlagenen Feindes und dann, unter Zuteilung eines
BatailliiMs, jenes Beobachtung etwa von Albert aus übertragen hätte.
Ein Kavallerie-Regiment wäre allerdings zur anmittelbaren Verfllgung
des Generals Graf v. d. Groeben in Amiens zu stellen gewesen, und zwar
j'in solches der H, Kavallerie-Brigade, da den-nKommandenr. der General
V. Mirus. Kommandant von Andens wurde. Die Übrigen Kegitnenter
mit der Batterie liätten d;niu, wie das p auch später geschah, als
kombinierte Brigade unter das Kotnuiaudo des Generals Graf zu Dohna
gestellt werden können. Der Bewegung der I. Armee nach Ronen
auch noch 2 Kavailcric Keginienter der Kavallerie-Division an-
zuscbliefsen. war damals, schon im Hinblick auf das Gelände der
Normandie. ganz zwecklos.
Alle nun /unächst Uber den \'erbleib der franzosischen Nord-
arniee einire/ogenen Nachrichten stimmten dahin tiberein, dafs sie in
völliger Auilosung teils über DouUens, teils direkt auf Arras ab-
ge/i»gen sei. Mit den beiden bis dahin in Harn gewesenen Eskadrons,
der 2. und 1. der 7. Ulanen hatte der etatsmäfsige Stabsoltizier
derselben, Major lieinichcn, um :^0. November gegen Pöronne er-
kundet. Eine Ubergabe des vorzugsweise von etwa 8500 Mobil-
und Nati(malgarden besetzten Platzes wurde von dem Kommandanten
(iarnier verweigert. Am 1. Dezember waren dann zwei stärkere
Detachements nach Albert und auf Abbeville entsandt worden, nm
die befoblenen Bahn- and Telegraphenzerstörangen vonninehmen.
Nach ersterem Orte war mit 2 Bataillonen (LF./4.); 2 Eskadrons
Die 8. K«vaU«ri«-DiTi8um im Kriege 1870—71.
33
(3./U. 7, 2./U. 14), 2 Geschützen und 1 Pionier-Detuchemcnt Haupt-
mann V. Steinwehr abgerückt. Es wurde nicht nur die Eisenbahn
und derTeleo:raph bei Albert zerstört, sondern auch am fol<renden Tag^e
der nördlicher gelegene Eiseubahnviadukt Uber den Encre-Bach bei
Beaucourt gesprengt. Zahlreiche Patrouillen durchstreiften das Land.
Gegen Peroune war Premier-Leutnant v. Müller TL yorg(\sangen. Er
gelangte bis CI6ry sur Sorame, woselbst er Verluste durch feind-
liches Feuer hatte. Auf dem Rückmärsche des Detachements am 3.
nach Aniiens wurde auch noch die Eiseubahnbrllcke bei Treux,
zwischen Corbie und Albert, gesprengt.
Das gegen Abbeville entsandte Üctachement (IL/4., 4./U. 14
und 1 Pionier-Detachementj führte Hauptmann Memniinger. Bis nach
Pont Remy hin, nur noch 1 Meile von Abbeville entternt, wurden
Eisenbahn und Telegraph an 5 verschiedenen Stellen zerstört. Am
2. Dezember gelangten 2 Ulanensttge anter den Leutnants v. Ramin
und Y, Lorch bis fast an die WftUe won Abbeyille, aus welchem sie
beschossen wnrden. Im Übrigen wurde die ganze Gegend frd Tom
Feinde gefunden nnd allenthalben WaffenserstOrongen vorgenommen.
Anch dieses Detaohement kehrte am 3. Deaember nach AmloiS snrUck,
von wo nnn eüi solches anob nach Si Qnentin entsandt werden
konnte.
Migor Bock erreichte an demselben Tage mit diesem Detacbement
noch das 6 Meilen entfernte Chanines. Von )lort marschierte er am
4» mit 1. F./44., d./U. 14, 2 Geschtttsen nnd 30 Pionieren nach Harn,
während die 1./U. 7 gegen Fironne vorging. Rittmeister Jonanne
begab sich, begleitet von dem Lentnant der Reserve Liegniez nnd
dem Trompeter Zimmermann unter Parlamentäraflagge in die Festung,
woselbst er mit seinen Begleitern aber kriegsgefangen nnd später
nach Calais gebracht wnrde. Faidherbe Snihert sich darüber folgender-
maben: „Us n*avaient aneui des caractdres Syriens da parlementalre,
et plus tard, on aoqnit la oertitade qne leor d^manshe ötait Ögalement
nne fanfaronnade.** Erst am 27. Febmar kehrten die Offiziere wieder
zn ihrem Regiment znrttck. Die Eskadron folgte, nachdem sie noch
durch Feuer ans verschiedenen Gehöften 11 verwundete Pferde hatte,
dem Detacbement nach Harn. Daselbst verblieb die 12. Kompagnie.
Mit dem Gros wandte sieh am 5. Major Bock nach St. Qnentin.
Dem Fourierkommando unter Hauptmann Bötticher wnrde daselbst
der Eintritt verwehrt. Die erete Unterstützung brachte dem kleinen
Detacbement Rittmeister v. Sohanbert. Der in die Stadt zur Auf-
kl&rong entsandten 3 Mann starken Patrouille war es zwar gelungen,
bis an die nächste Strafiaenbiegung yorzudringen, dort wnrde aber
nicht nur auf die Ulanen aus den Fenstern geschossen, anch zahl-
Jahrbaobtr für di* d*utiick* Ann«« und Marin«. Bd. 116 1 8
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34
Die 8. KavaUerie-Division im Kriege 1870—71.
reiche Arbeiter drangen auf dieselben ein. Beim Zorllekreiten sMnie
ein Ulan. Ab er sich aofgeraflt hatte, wurde er mit Entitteln and
Messein angefollen. Da B|urengte Bittmeister t. Scbanbert mit
einigen (Jlanen in den wütenden Hänfen, zerstreute denselben doreh
BeTolversehttäse, nnd beireite den ans vielen Wunden blutenden
Ulanen. Mittlerweile hatte aber Uigor Bock auf einer nur 500
Sehiitt Ton der Stadt abliegenden Höhe die beiden Geschtttse anf-
fahren lassen. Die beiden abgeschossenen Granaten genügten schon,
das Volk zu zerstreuen. Zwei Häuser, aus denen geschossen worden,
wurden später in Brand gesteckt Em von Korden herandampfender
Zug war zur Umkehr veranlabt worden. Mittlerweile hatte das
Detachement auf dem linken Somme-Ufer Stellang genommen. Nach-
dem bei Harly noch die Schienen aufgenommen worden waren, auch
die Sprengung der Brücke vorbereitet war, rllekte das Detachement
nach Gauchj und Grugies in Alarmquaitiere. Am folgenden Tage
wurde nnter Bedeckung zweier Kompagnien seitens der Pioniere die
Brücke bei Harly und unter Bedeckung dreier anderer Kompagnien
auch die weiter nördlich gelegene bei Essigny-le-Petit gesprengt.
Mit dem Reste des Detachements hatte Major Bock an der Strafse
von La Fdre Front gegen St. Quentin Stellung genommen. Zwei
Mitglieder des Magistrats waren indes als Geiseln auf die von der
Stadt ZQ zahlende Kontribution aasgelost worden. Am Abend wurden
Quartiere in Essigny-le-Grand, sUdlich St. Quentin, bezogen. Am 7.
marschierte das Detachement nach Harn nnd von dort mit dem
mittlerweile von La F^re eingetroffenen Belagerungsgeschütz am 8.
nach Hangest, am 9. nach Amiens. Dort waren die AufBensicherungen
seit dem 5. durch Detachements vervollständigt worden. Es standen
die 9./4. und die 2./IJ. 7 bei Qnerrieux. die 10./4. und die 3./U. 7
bei Villers Hocage, die 11. /4. und die 2./U. 14 bei Picquioruy. die
12./4. und die 4./1'. 14 bei Molliens-Vidanies. Bei den genannten
Orten hatten die Quartiere täglich jcevvechselt. „Von dem alten
Friedensxopf der permanent aufgestellten Vedetten wurde hier an-
gefangen, ganz abzusehen, da die Sicherheit durch fortwährend weit
vorgeschickte Patrouillen, die sich ablösten, viel besser herzustellen
ist. Nur in der Dorflisiöre wurde Jedesmal eine starke Infauterie-
feldwache mit einer Kavallerievedette aufgestellt.*'
Zur Bewachung der Stralsen von Pt^ronne und llani war dann
auch am 7. Dezember die 4./Ü. 7 nach Marcelcawe detachiert
worden. Der Feind, der sich bis jetzt völlig unthätig gezeigt hatte,
fing an, sich wieder zu regen. In Marieux, an der Strafse Albert-
Doullens gelegen, stiefs mau auf feindliche Jäger. Bei Beaueourt
wofden französische Arbeiter au der Herstellong des zerstörteu
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Die 8. KavallerlA-Divteioii im Kriege 1870—71.
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Eiseubahiiviadukte aiiji:etrüften. P^in daraufhin am !i. nach Albert
entsandtes Detachement sprengte auch noch die liisenhahnhrücke
bei Aveiuy. Die von Querrieux entKandten Patrouillen stiefsen überall
auf kleine feindliche Trupps. Auch die Detacheraents bei Molliens-
Vidamcs und bei i^icquiguy, die am l'd. Dezember eine gemeinschaft-
liche „demonstrative'^ Kekoornoscierun^ gemacht hatten, meldeten,
dals der Feind sich in und um Abbeville verstärkt habe. Leutnant
Schachtrupp hatte den IMatzzurLbergabe aufgefordert, aherablehnenden
Bescheid erhalten. Er hatte aber in Erfahrung gebracht, dafs sieh dort
3 Regimenter Mobilgarden und etwas Artillerie behiideu sollten.
Am :'). Dezeml»er war der Platz, nacluli iii er nach der Schlacht
bei Amieus geräumt worden war, von '.i Kou\\>n^uu'n tlcs 1. Bataillons
der Mobilisierten der Somme wieder besetzt worden. Bereits nach
3 Tagen war es ahtr erforderlich gewesen, dieselben durch eine
„garnison plus serieuse" zu ereetzen. Diese bestand ans einem
Bataillon 91" de ligne, einem Bataillon der Mobilen de Pas-de-Calais
and einem Bataillon Mobilisierter da Nord unter OberstleDtnant
Plancftflsag.
Bittmeister Frhr. r. Le Fort ging am 10. Dezember mit seiner
EsiLadron von Villezs Boeage über Donllens gegen Arras znr Er-
iLondnng TOr. Bei Beanmetz ies Logas stiels er aoi feindliebe
Krftfte, welcbe ein weiteres Vordringen auf Arras aomöglich maebten.
Nnn batte sieb aber am 9. Dezember ein Ereignis zogetragen,
welebes die AnfinerluamiLeit in ganz nnverbttltnismiUsiger Weise anf
sieb zog, weil es ▼üllig unerwartet kam. Der Oberfall von Ham
seitens der Franzosen batte eben eine der verwondbarsten Stellen
der Sommestellong getroffen. Man waiste deotseberseits znnAcbst
sebr begreif lieberweise gar niebt, was man ans dem Vorgange maeben
sollte. Hatte man es mit einer Nebenontemebmong von Pdronne zu
tfaon oder begann aii& Nene bier die Tbätigkdt der firanzOsiseben
Kordarmee? Das blieb znnäcbst festzustellen and war dnrebans nicbt
so leiebt, wie es scbeinen könnte.
Am 3. Dezember batte General Faidberbe das Kommando der
französischen Nordarmee übernommen. Die Reorganisation brachte die
Stärke derselben anf 8 Divisionen, die nnn das XXII. Korps bildeten.
Aas den besten 11 Bataillonen, 2 Eskadrons and 3 Batterien war
anter Befehl des Generals Lecointe ein fliegendes Korps gebildet
worden, welches zu besonderen Unternehmungen in 3, von Oberst-
Lentnants gefUbrte Gruppen zerfiel. Anf die Naebricbt bin von den
Vorgängen am 5. Dezember in St Qnentin hatte General Lecointe
am 6. Cambrai verlassen und war Uber Fins und St. Vermand am
8. mit der Kolonne des Oberstlentnants de Gislain in St Qaentin
8*
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Die 8. KavAllerie-Division im Kriege 1870—71.
ein^etroflen. Dort wurden die Jirückeii wieder hergestellt nnd am
9. früh 11 Uhr wandte man sich j^egeii Ilam, woselbst unter Be-
deckung eines Zuges der 8. Kompagnie des 81. Regiments die Feld-
Eisenbaba-Abteilung Nr. 3 tbätig war. Der tod 4 Bataillonen und
einer Batterie unter gesebiekter Leitung des Generals Lecointe statt-
findende Ubei&li gelang yoUstilndig. Die Dentsohen bttlsten dnich
denselben 3 Offiziere und 202 Mann, daronter 22 Beamte^ ein. Der
Verlnst der Franzosen betrug 5 Mann tot nnd 15 Terwnndet. Dann
wandte sieh General Lecointe mit den ihm anteratellten Truppen
naob La F^. Als man aber erfuhr, dafe die dortige Besatzung
bereits aaf den Überfall in Harn bin Verstttrknng erhalten hatte,
war der ebenfalls anwesende General Faidherbe nnnmehr entschlossen,
Amiens in seinen Besitz sn bringen. Die übrigen Heeresteile, welche
in der Zeit vom 10. bis 12. in nnd bei P^nne eingetroffen waren,
wurden demnächst herangezogen. Am 14. Dezember gelangte das
französische Hauptquartier nach Voyennes. Die 1. Division (General
Lecointe) nach Rhötonrillers an der Strabe Nesle-Bojre, die 2.
(General Paolze d'Jooy) nach Nesle und Gegend und die 8.
(Kontreadmual Moulac) in 2. Linie nach Harn. Uber Chanines
erreichte am 16. das Hauptquartier Corbie, die beiden ersten Dirisionen
den Rayon Corbie-Villers Bretonneux-Foncanconrt, die 3. Division
aber Uber Croix erst Pertain östlich Cbaulnes. Die Bataillone der
Mobilisierten des Generals Hobin, aus welchen in diesen Ta^en die
4. Division gebildet und die Armee aof 2 Korps, das XXll. und XXUL,
gebracht wnrde, gelangten am Ifi. Dezember in Albert an. Den so
schon im voraus skizzierten Marsch der feindlichen Armee deckten
in der linken Flanke Dragoner, deren Stärke auf 4^« Eskadrons
Migewachsen war. Am 17. ging dann die franzöBische Armee bei
Lamotte-Brebiöre, Daours und Corbie auf das nördliche Somme-Ufer
Uber, da General Faidberbe erfahren hatte, dafs die preu&iscben
Kräfte südlich Amiens in der Versammlung begriffen wären.
Als die Nachricht des Überfalles von Ham am 10. nach Amiens
gelangte, entsandte General Graf v. d. Groeben noch am selbigen
Abend den Hauptmann v. Lukoxvitz mit K/44., 3./U. 14 und 4 Ge-
schützen mit dem Befehl, wenn irgend möglich, Ham wieder zu neiimen.
Früh ä l hl cm iclite das Detachement Bouchoir, rastete daselbst bis
10 I hr und traf nachmittags 4 Uhr in Ercheu ein, woselbst Quartiere
geuommeu wurden. Ham sollte von 2 Marine- und 1 Mobilgarden-
Bataillon besetzt sein. Am 12. Dezember früh (1 Uhr stiefs da
Detachement bei Kppevillc auf anscheinend stärkere feindliche In-
lanterie, welche einige FHlirikirel>iiude und das Gelände sUdüeh der
bomme besetzt hielt. Das Gros wurde entwickelt, aber das Gefecht
Die 8. KaT&Uerie-Division im Kriege 1870—71.
37
um Uhr ab^^ebrochen und abmarschiert. Die 12. Koinpa^rnie
hatte die Arrieregarde. die Ulanen beobachteten die l'lanken. Spat
naehmitta^y wurde Koye erreictit. am andern Morgen (13.) 7 Uhr
Mezieres, um 4 Uhr Domart und am 14. Amiens. In Domart hatte
man ein ans der 1. Kompagnie 4. Regiments und 8 Zügen der 1.
Eskadron der 14. Ulanen unter MaJ(>r Frhr, v. Troschke gebildetes
Detachemeut angetrotfen, welches nach Koye hin nulzuklären hatte.
Nach Lehautcourt wäre das Detachement Lukowitz nur aut eine
Kompagnie des 75" de Jigne unter Capitaine Patry gestolsen. Auch
gegen Foocaacoart war ein Detachement anter Major Heinichen ent-
sandt worden. Dort war am 11. der Lentnant Loeper, obgleich er
nnter FarlamentSiflagge von Mareeleave ans nach P^nne wollte,
von den Einwobnem umzingelt worden, hatte sich aber, allerdings
mit Verlast seiner ans 4 Hann bestehenden Begleitung dnrohgeschlagen.
Am 12. gelangte Hi^or Ueinichen mit 2 Kompagnien (2. 3./4.),
V» 1. Eskadron 7. Ulanen and 2 Gescbtttaen der 6. leichten Batterie I.
nach Lamotte-en-Santerre. Das am folgenden Tage erreichte Dorf
Foncaaeoort schien wie ausgestorben. Die Ulanen hatten aber noch
nicht den jenseitigen Aasgwig eneicht, als plötzlieb ein Schals fiel,
dem ein lebhaftes Feuer ans allen H&osem folgte. Den Ulanen ge-
lang es, mit nnr 2 verwundeten Pferden aus dem Orte wieder heraus-
zukommen und bei den beiden sofort in Stellung gegangenen Greschtttzen
sich zn sanmieln. Noch bevor die Infanterie den Ort erreicht hatte,
hatte die ArtiUerie bereits das ihrige gethan, Foueanoourt war schon
ger&nmt. Nachdem das Dorf ausfouragiert war, wurde es nieder-
gebrannt, ein Verfahren, welches in ähnlichen Fällen, trotz aller etwa
gegenteiliger Ansichten von Friedensaposteln und ebensolchen Kon-
gressen, als das einzig Richtige bezeichnet nnd daher unbedingt bei-
behalten werden mofs. Humanitätsduseleien entsprechen nicht dem
Wesen des Krieges. Das Detachement marschierte nach Lamotte
zurück und folgenden Tages nach AitiirDs. Lehautcourt schildert
den \'organg anders, als er war. Nach ihm hätte die Freikompagnie
des Mar({uis de Lameth. 35 Mann, benachrichtigt ron dem Anmaisob
der Deutschen, am Eingang von Foucaucoort Stellang genommen
und die Feinde mit einem heftigen Feuer von nur korzer Dauer
empfangen. Alsbald hätten 2 Geschütze ihre Granaten in das Dorf
geschleudert, welches von den Franktireurs anter dem Schutze des
Nebels bereits geräumt gewesen sei. Trotzdem also die Deutschen bei
ihrem Eindringen in den Ort keinerlei weiteren Widerstand gefunden,
hätten sie dennoch in ihrer Wut einige 20 Häuser niedertri hrannt
und 5 Einwohner, Greise oder ganz junge Leute, ohne jeden Grand
niedergemacht. Sic!
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Die 8. Kavallerie-Divisiou im Kriege 1870—71.
Die Pakonillett des am 13. naeb Domait gelangten Detaehemeiits
Troschke konstatierten am Abend sttdlicb Roye Biwakfeaer. Leutnant
Meier batte mit einer 10 Pferde starken Patroaille ans leliEterem Orte
am Naobmitkag Fener erhalten, war aber naeh Noyon weiter geritten,
woselbst er die seit einigen Tagen dort befindliche 4 Kompagnie
4. Regiments antraf, yon weleber eine Patroaille aach Gnisoard rom
Feinde besetzt gefanden hatte. Am folgenden Tage stiefs Portepee-
Fähnrich Freiherr y. Twickel (Aagast) der Ulanen^Eskadron — von
der sieh seit dem 11. Dezember zor Deekosg von deren linker
Flanke ein Zog anter Leatoant y. Ramin in Ailly befand, — zwischen
Mtoiöres and le Qaesnel mit einem halben Zage aof eine gleich
starke Erkandang französischer Dragoner, die sofort attackiert wurde.
2 Gefiuigene, die der Feind in unseren Händen zarttcklassen molste,
behaapteteni einer in le Qaesnel liegenden Eskadron anzugehören.
Dort war übrigens Ton ihr an demselben Tage ein Verwundeten-
Transport aa%ehoben worden, angeblich weil dessen l'ersonal be-
waflinet gewesen sei. Die Ton Marcelcave aus vorgehenden Patrouillen
der 7. Ulanen erhielten ans allen Dörfern der Gegend südwestlich
P^ronne Feuer. Es ist das der Ranm, wie wir vorweg schon gesehen
haben, durch welchen die französische Armee auf Amiens marschierte,
die sogenannte äanterre. Ein auf dem rechten Somme-Ufer von
Amiens am 14. vorgeschicktes Kekognoscierungs-Detachement kon-
statierte das Vorgehen starker Kolonnen auf Albert, es waren die
sich sammelnden Bataillone der Division Kobin. Einer etwa dort
von den ersten De/.euibertagen ab aufgestellten Kavallerie-Division
hätte keine der Bewegiin«ren der Franzosen so leicht entgehen können,
wie das bereits früher bemerkt worden ist.
Am IT). Dezember zog General Graf v. d. Groeben alle seine
Detachements — die der N ordosten w aren an diesem Tairr » i st ab-
gelöst \^<)^(len ~ nach -Vmiens heran, denn er war entsclilossen.
trotz mancher anderer Hedenken dabei, in der Sorge, von den Franzosen
eingewickelt zu werden, und dann nicht mehr seinem Auftrage nach-
kommen zu können, am Iß., mit Ausschlul's der Citadclle, Amiens
zu räumen. Er marschierte an diesem Tage nach Ailly ab, um sich
am 17. in Montdidier mit der Tetenbrigade der !."), Division zu
vereinigen. Die Räumung von Amiens ist hauptsächlicli eine Folge
des Zerreilsens der Kavallerie-Division, anstatt sie, wie dies früher
ausgeführt worden ist, einheitlicii und watTengemäl's zu verwenden!
Die Division hatte auf ihrem Marsche gegen Beauvais am
17. mit der Tete bereits Gournay erreiclit, als für sie abermals ab-
ändernder Befehl dahin erging, in die Gegend Breteuil-Cont^' zu
marschieren. Der erstere Ort wurde von der 31. Brigade, der letztere
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Die 8. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71.
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von der 32. am 19. Dezember erreicht. Es stand ja Jetzt fest, dals
der Feind Uber Roye nicht hinausfrefrangen war, vielmehr durch die
JSanterre sich Amiens zugewandt hatte. Seitens der 15. Division
wurde am 17. ein Detachement unter Oberst Frhr. v. Loc nach itoye
vorgeschoben, welebes hiermit dem sächsischen 18. Ulanen-Kegimente
in Verbindnng trat Man erfahr, dafs am 15. und 16. feindliche
Trappen TOn Nesle naeh Ohmhies marschiert waren. Von Roje
hatte der Fefaid gletebfoUs die Richtong nach Chaohnes genommen.
Am 17. hatten dann ein Bataillon Jäger and einige MobUgaiden*
iLompagnien Chaolnes in Richtung auf Amiena wieder verlassen,
Patrouillen des Obersten v. IM worden von diesen Trappen in
Chaolnes noch beschossen. Am 18. Dezember hatte General v. Kommer
die dnrch das 14. Ulanen-Regiment and die Batterie Schräder ver-
stärkte 30. Brigade in die Gegend von Davenescoort vorgeschoben
— starke KavaHerie-Vorposten gegen die Somme — , während die
29. Brigade Hontdidier erreichte. General v. Ifiras hatte noch an
diesem Tage mit den 5 Bataillonen der 8. Brigade, den 7. Ulanen,
sowie den. beiden Batterien fL Amiens wieder zo besetzen. Es ge-
schah zom Glttck ohne jeden Zwischenfall. Von Davenescoort be-
setzte dann am 19. ein Bataillon and */• Eskadron znr Flanken-
sicherong der an diesem Tage zwischen le Qoesnel and le Qoesnay
wieder zasammentretenden 3. Kavallerie-Division — ohne 7. Ulanen —
Koye. So sehen wir denn jetzt das VIII. Armeekorps in dem Viereck
Conty-M oreoil-Montdidier-Breteail versammelt, die 8. Kavallerie-Division
l>ei It* Qoesnel; Amiens und Koye waren besetzt. Das Oberkommando
der 1. Armee befand sich mit der General-Etappen-Inspektion in
Breteuil.
Die kombinierte Brigade des Generals Graf zu Dohna war aus
der Gegend von Dieppe mit der 16. Division abmarschiert. Die
4. Eskadron der 5. Ulanen war zur Sicherung der linken Flanke Uber
Blan^ und Poix entsandt worden. In ersterem Orte befand sie
sich nur 3 Meilen von Abbeville entiernt In der Nacht durfte nicht
abgesattelt werden, am anderen Morgen wurde schon eine Stande
früher al)^'ertlckt, als bekannt gegeben war. Der 5 Meilen lange
Weg nach Poix wurde auch von der Bagage in nur 6 Stunden zu-
rUckfrelegt. Dort wurde in einem en<rlH'i;renzten Teile des Orts die
Eskadron untergebracht, es durfte wiederum nicht abgesattelt werden.
Auf allen Strafsen wurde nel)en den sonstigen Sicherungen ein un-
unterbrochener Patr(iuilleii;r;uig erhalten. Eine aul der Strnfse nach
Abbeville vorgehende l'atrouilie stiefs in der Morgenfrühe des folgenden
Tages, noch im Dunkel der langen Nacht, auf Wagen, die auf Poix
fahren. Auf das ihnen zagerofene Halt erhielt die Patrooille Feuer.
40 IHo 8. KftvaUerie-Divisioii im Kriege i »70—71.
Der eine Mann derselben, der Gefreite Post, wurde schwer, der andere,
Ulan Kleemann, leicht yerwnndet Diesem gelang es in Poiz noch
rechtzeitig zn alarmieren. Premier-Leutnant FVhr. y. Brenken L worde
mit seinem Zöge gegen den Feind vorgeschoben, während Premier-
Leatnant Heister die Eskadron sammelte. Leutnant t. Banch
wurde alsbald mit der Bagage zorttckgeschickt Es scheint nun,
dab der in besonderer Bereitschaft gehaltene Zug des erstgenannten
Offiziers mit Chassepotgewehren bewaffnet gewesen ist, denn in der
Begiment^gesebichte heiÜBt es, dafo gedeckt durch das heftige Feuer
des inzwischen verstärkten Alarmznges, der übrigens in der Nacht
auch nicht abkantart hatte, die Eskadron sich langsam zurückgezogen
habe. Dieselbe traf in Gontay mit der General-Etappen^Inspektion
der I. Armee zusammen und ging mit dieser bis Breteuil zurttck,
woselbst auch das Regiment angetroffen wurde. Vom 19. Dezember
ab wurde übrigens Poix sowohl wie Formerie zum Schutze der
Bahn Ronen- Am iens von je einer KompagDie (3. und 4.) des 70. Re-
giments mit je einem Zuge der 1. Eskadron der 9. Husaren besetzt
Aufser den bereits genannten Verwundeten, von denen der Gefreite
Post in Gefangenschaft gerathen war, wurden noch 2 Mann und 2
Pferde vermifst. Die seit dem 11. Dezember in Totes auf Relais
gewesene 3. Eskadron der 5. Ulanen stiefs über Forges, Crövecoeur-
le Grand-Ailly am 20. in Mauconrt südlich Libons wieder zam Regiment
An diesem Tage war die bei Warvillers versammelte 3. Kavallerie-
Division in eine Stellung zwischen Rosißres und Chaulnes gegangen
und hatte die Front gegen die Somnie genommen. Die 3. und 4.
Esk;uIron der 14. Ulanen unter Befehl des Majors v. Strantz war
nach Chaulnes zur Beobachtunjr von Föronne detachiert worden.
Von dort waren seitens der Fran/.oseti Vorposten bis Villers-Carbonnel
vorgeschoben worden. Längs der Luce war die der 15. Division
(Divisionsstab in Hargard) aufgestellt, die IG. Division befand sich
mit der 32. Brigade in Amiens, der 31. in Sains und Boves und
die Korps-Artillerie in Ailly und Moreuil. \'on Amiens ging ein
Detacbement (F./4., 3./U. 7 und (i. l./I.) uuter Major Bock früh
8 Uhr gegen die Hallue vor, welche schon tags vorher von den
zahlreich unternoinnienen Erkundungen der 7. Ulanen besetzt gemeldet
worden war. Die .Vvantgarde (3./U. 7, ^)./4.) besetzte zunächst
Allonville, indes Major Bock sich mit dem Heste des Detachements
(lern diesseits Querricux liegenden Walde zuwandte, die Batterie aber
unter Bedeckung eines Offiziers mit 16 Füsilieren und einer halben,
der Avantgarde entnommenen Eskadron auf die Stralse .\niiens-
Qaerrieux schickte. Am Ostrande des Waldes befand man sich
stärkeren feindlichen Abteilungen bei Querrieux gegenüber. Nachdem
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Die 8. KAYAllerie-DlTiBioii ha Kriege 1870—71. 41
es dem Detachement gelungen war, den Gejrner zur Entwiekelnng
TOD Querrieux bis l^assy-les Oaours hin veranlalst zu bähen, zog das-
selbe sich fechtend mik emem Gesamtrerlust von 3 Offi/.ieren and
68 Mann gegen Amiens zarttok. Der Feind hatte nur 7 Tote und
20 V erwundete. Die Soranie-Übergänge bei Lamotte-Brebiere und
Glisy wurden von 2 Kompagnien des 44. Regiments, 2 Zügen 7.
Ulauen und einem Pionier-Detachement unsererseits besetzt.
Weitere Kekognuscierungen am 21. ergaben die Anwesenheit
feindlieber Truppenraassen bei Corbie; auch die Somme von dort
bis Brav wurde feindlichersj'its besetzt ntundeii. Alle Brucken
waren auf die>^er Strecke abgebrochen. Uber die nur stehengebliebenen
Mühlen- und .vhleusenstege aber \ Orposten geschoben. Auch von
der Peronne'er Seite her befanden sich kleinere Trupps auf dem linken
Sonime-l^fer. Zu beiden Seiten der Strafse nach Albert standen die
feindlichen Vorposten den unsererseits auf zwei Batiiillone verstärkten
östlich der Fbg. St. Pii'rre gegenüber. Die Strafsen nach i>ituileus
und Ahbeville waren frei vom Feinde. In letzterer Richtung wurde
die l. Kskadron der 7. Ulanen imch Montieres vor^reschohen, am
folgenden Tage das ganze 7. L laiien-Heginient bis nach Picquigny.
General v. ManteuflFel, dessen Haupl(|uartit'r sich ebenfalls in Amiens
befand, hatte sich entschlossen, die für ihn anrllckenden Verstärkungen,
die 3. Reserve-Division von Mezieres (Festung) und die kombinierte
Garde-Kavallerie-Brigade von Beauvais her. ebensowenig wie die
von Rouen per Eisenbahn heran beorderten (i Bataillone vollends
abzuwarten, sondern am 23. Dezember den Feind in seiner an der
Hallne genoDimenen Stellung anzugreifen. Im Laafe des 22. war
dazQ die 31. Brigade io die nAehste Nttbe von Amiens gezogen
woideo. Der Stab der 15. Division gelaugte Daeh Lfongaean, ebeo-
&U8 dorthin, femer naeh St Nioolas, Boves nnd Cagny die 30. Brigade,
die 29. naeh Camon, Lamotle-Brebi^ie, Glisy and Blangy. Dem 8.
Jäger^Bataillon in VUlers-Bretonnenx fielen die Vosposten gegen
Corbie zq, die aof dem diesseitigen Ufer Torgelegenen Orte Foailloy
nnd Hamelet waren aneh noch franz^toiseherseits besetst. Anf dem
rechten Flttgei verblieb noch immer die 3. KaTallerie-DiYision, sieb
an diesen in Richtung ani Gentelles heranziehend, die beiden in
Chanlnes befindlichen Eskadrons nach Lihons zorttekgehend. Das
Vorgehen gegen die fefaidliobe Stellang erfolgte am 23. nnn derart,
dalÜB die 15. Division and die reitende Abteilang (3 Batterien) der
Korps-Artillerie anter Benataong der bei la Neuville nnd Camon
oberiialb Amiens geschlagenen BrttckeD, von denen die erstere indes
bald onbranchbar wurde, gegen die Front der ieindlichen Stellang
(F^rMenconrt-Qaerrieax-Vecqaemont) vorgingen, während die 16.
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42 I>io 8. Kftyaltorie-Divisloii Im Kri^ 1870—71.
Division dieselbe Id der rechten Flanke zu omfasseo bestrebt war.
Ein Detacbement, bestehend aus den beiden von Ronen eingetroffeaen
Grenadier>BatailloDen des 3. Kegiments, der 1 . Eskadron der 5. Ulanen
und der 6. leichten Batterie /I, stand von 10 Uhr an bei Laniotte-
Brebi(>re bereit. Diese Truppenabteilung war aus der Reserve des
Generals v. Manteutfel ausgeschieden worden. Diese letztere bestand
darnach noch aus den 5 HatailloiHii der Infanterie-Bri^^ade, 3
Kskadrons der 5. Ulanen und der .'). sehweren Batterie /I unter lietehl
(renerals v. Mirus. Da inin bei dem Abmarsch der Kavallerie-
Division aus ihrer bisherigen ►Stellung die beiden, an diesem Tage
von Libons naeli Mc^haricourt zurückgehenden Kskadrons der 14.
Ulanen zur weiteren Beobachtung gegen IVronue auf dem linken
.Somme-Ufer verblieben, ertlbrigten nur noch 0 Eskadrons und die
Batterie. Ihnen wurde die Aulgabe, die Verbindung bei deren beider-
seitigen Vorgehen /.wischen der 15. und 16. Division zu erhalten.
Die ( itadelle bliel) besetzt, die Stadt selbst von 2 Etappen-Kompagnien
und einem aus Fulskranken zusaniniengestellten Bataillon unter Haupt-
mann Lütke vom 40. Regiment. Bagagen wurden über die Somme
zuFiächst nifht initgeDounnen. \ t»n der 15. Division war das S. Jäger-
Bataillon mit 1 Zuge Königshusaren bis 0 Uhr vormittags in \ illers-
Bretonneux v erblieben, um das Vordringen feindlicher Rekognoscierungs-
Abteilungen zu verhindern. Als das Korj)s dann aber die
Somme Uberschritten hatte, zog sich auch das Jäger- Bataillon Uber
Lamotte heran.
An der Hallue-Selilacht. oder, wie die Franzosen sie iienuen,
bei Pont-Xoyelles nahm also die Kavallerie-Divison mit 10
Schwadronen und 6 Gesehlitzen in .3 Gruppen teil.
1. /U. 5 bei Lamotte-Brebiäre bezw. Vecquemont-
Daours = 131 Pferde
2. 3. 4./U. 5 in Keservestellüüg bei les
Alengons F" = 393 „
8. Kürassiere
1. 2./U. U
1. rtd./Vli.
= 550 D
bei St. GraticQ sss 285 „
= (i Gesch.
ZasammeD : 1359 Pferde, 6 Oeseh.
Mit den letzteren 6 EBkadieos und der reitenden Batterie ging
General Graf sn Dohna bei Camon Uber die Somme nnd nahm dann den
Weg zwiflehen Cardonnette nnd Allonville hindoreh naeb St Gratien.
Es war ein klarer, windstiller Wintertag, an dem das Thermometer am
Morgen nm 8 Ulur nocbS* KiUte zeigte. Die Hallne war aber nieht
zogefroren, anch das an derselben sieb hinziehende Torfinoor niefai
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Die 8. Kavanerie-IMvi^ii im KiteKe ISTO^Tl.
48
Wählend die 15. Division seit 11 Ulir Totmittags in heiligem Kampfe
stand, enrelchte die 16», der die Fnlsabteilang (4 Batteilen) der Korps*
Artillerie zugeteilt war — sie folgte der 81. Brigade — in nOrd-
lieber Riobtnng um 1 Uhr mit der 82. Brigade Rnbempii, mit der
31. die Gegend nordOstlieh Villers-Boeage. Die erstere wurde nnn
erhaltenem Befehle gemSls anf Beanoonrt, die letstere auf 91. Oratien
dirigiert. Rnbemprö blieb von 2 Kompagnien des 70. Regiments
und einem Zöge der 9. Husaren besetzt Von St. Gratien beobachtete
zur Zeit bereits General Graf zu Dohna mit den ihm unterstellten
6 Eskadrons der 3. KaTaUerie-Division den vor ihr befindlichen Teil
der französischen Stellung. Als aber um etwa 3 Uhr die Vortrnppen
der 31. JBrigade St Gratien erreichten, nahm General Graf zu Dohna
weiter nördlich Stellung, während die reitende Batterie etwa 8000
Schritt südlich Beaucourt iicircn die bei Behenconrt betindlichen Truppen
der Division Derroja in Tbätigkeit trat. Die nun folgenden Infanterie-
KlUnpfe gaben der „Kavallerie-DiTision'* keine Gelegenheit zum Ein«
greifen in den Kampf, denn es ^^ ^r ein solcher um Ortschaften an
einem Fronthiudernis. Der bald nach 4 Uhr unternommene, aber
allein von unserer Artillerie zurückgewiesene Vorstols der Brigade
Aynes von Contay auf Beaucourt zeigte, dafs man nichts weniger
als den feindlichen 'rechten FlUgel umfast hatte. .\ls es schon
stark dunkelte, erfolgte ;iuf diesem Flügel noch ein AngritT von 3
noch intakten Kegimentcrii der hier in Reserve befinfllichen Division
Robin von Contav aiit elincmirt und Bt^hencourt, wurde aber
ebenfalls abgeschlagen. Der Kampf" bei der 15. Division hatte sich
besonders hartnäckig bei Qnerrieux-I'ont-Noyelles und Vec(iuemont-
Daours gestaltet. Hier hatte das bei Lamotte-Brebiere bereit ge-
stellte Detachement, bei welchem sich die 1. Eskadron der ö. Ulanen
befand, eingreifen müssen. Die Dunkelheit machte dann im All-
gemeinen dem Kampfe auf der ganzen Linie ein Ende. Die
8. Kürassiere, die beiden Eskadrons der 14. Ulanen und die reitende
Batterie erhielten Unterkunft in Moiliens-au-Bois und Pierregot, die
bei der Armeereserve befindlichen Eskadrons der 5. Ulanen in Car-
donnette und Alluiiville. die beim Detachement Lamotte-Brebiere
kommandierti' 1. Eskadron in Vecquemont.
In Anbetracht der i'berlegenheit des Feindes hatte General
V. Mantenffei beschlossen, sich am folgenden Tage vorläufig auf die
Behauptung der eroberten Stellung zu beschränken. Dementsprechend
halten die Truppen um 8 Uhr früh eine GefechtsbereitschaftostelluDg
einnmehmen. Die kombinierte Brigade Dohna, wie wir dieselbe
nennen wollen, nahm AufbteUung am Wege Molliens-Montigny, die
Speziaireserve der le. Division vor ihr am Schnittpunkte der Wege
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44
Die 8. Kavaltotie-Diviafon im Kriege 1870—71.
St. Gratien-Beaucoort und M()lliens-MoDtig:ny. DiejenigL' der 15.
Division befand sich zwischen Hussy und Querrieux, die Arraee-
reservo halbweg:s zwisdien diesem Orte und St. Gratien. Um 12
Uhr wurde die letztere nach dem Walde südöstlich Allonville Kf-
zogeu. Schon mit Tafresirrauen hatte der Geo:uer den 'l'halffrund
der Hallue unter Artill«*rieteuer genommen und machte auch ver-
schiedentlich Versuche, von Conta\ -P.caufourt jiciren den linken
FlU;.^el der IG. Division vorzudrehen. Als dann aber gegen 11 L'hr
der .Marsch feindlicher Kolonnen aus der (iegcnd von Lahoussaye
anscheinend auf \ adeucourt gemeldet wurde, erhielt Geneni! (iraf
zu Dohna Befehl, auf Contay vorzugehen. Das \K Hnsaren-liegiment
schlofs sich der Brigade mit den 1'/^ zur Stelle hclimUichen Eskadrons
an. nachdem eine nordlich Beaucourt aufgestellte feiiuUiche Abteilung
sich auf Contay zurückgezogen hatte, (regen diesen Ort fuhr die
reitende Batterie auf 1500 Schritt aut. Das Feuer der ihr peg^ nüher
befindlichen feindlichen Batterie war ohne jegliche Wirkung. Als
aber noch 2 feindliche Batterien vom linken Ufer der Hallue ihr
Feuer ebenfalls auf die reitende Batterie richteten, wurde dieselbe
zurückgezogen. Das 9. Husaren-Kegiment, dessen zur 31. Brigade
abkommandierte 4. Eskadron auch mitllerweile wieder eingetroffen
war, blieb bis Eintritt der Dunkelheit mit der KayaUeiie-Brigade
Tereini OffensiT wurde der Feind aber nieht mehr. Man glaubte
sogar Anzeichen fUr den beginnenden Abzog zu bemerken. Wie wir
jetzt wissen, hatte General Faidherbe in der That schon den Rttek-
zag beschlossen, welcher nnter Znrttoklassong der sayerlttssigsten
Truppen als Arriergarde in Richtung auf Arras um 2 Uhr Nach-
mittags angetreten wurde, ohne dafis man das aber diesseits bemerkte.
Die Optimisten, welche am 24. behauptet hatten, wie General
y. Goeben schreibt, „morgen ist der Fdnd yerscbwunden**, hatten
also doch Recht. Nach herehigebroebener Dunkelheit bezogen die
zur Stelle befindlichen Eskadrons der 3. Kayallerie-Division Alarm-
quartiere in Ponlainyille, das 9. Husaren-Regiment in Rertanglea,
Rainneyille und St Gratien. Die Armeereserve hatte nebet der
Korps-Artilierie die Bestimmung erhalten, erforderlichenfiüla am
folgenden Tage den Gegner Uber Corbie in Flanke und Rücken
anzugreifen und war zu diesem Zwecke noch um 6 Uhr ttber Lamotte-
Brebidre auf Villers-Bretonneux in Maisch gesetzt worden. Dort be-
zogen der Stab und 2 Eskadrons (2. und 4.) der 5. Ulanen Quartiere,
die 1. in Bassy-les Daoors und die 3. in Daours. Die Schlacht an
der Hallue, in welcher die 3. Kayallerie-Division übrigens nur einen
Verlust yon 8 .Mann und 1 Pferd hatte, war bekanntlich eine im
yollsten Sinne des Wortes unentschiedene. Die Kälte, der Mangel
Di« 8. Katalkrie-DlTteioii In Kriege 18T0--71.
45
an Verpfle^g und die nach jedem sohweren Kamfvfe bei der fran-
xOdseben Nordannee in die Enolieiniiiig tieteDde Lockening der tak-
tisoben Verbände zwangen den General Faidherbe zum Bllekznge,
den er, obne dabei irgendwie belXstigt zu weiden, geaeliiekt doroh-
fthrte.
Wie wir erfahren, hatte man am ersten Scblachttage deatBeher-
seits gehofft, in der Gregend von Hontigny-Beancourt den feindlichen
rechten Flttgel zn nmfiMsen. Dazn wäre es allerdingrs erforderlieh
^rewesen. zu wiesen, ob derselbe sich dort auch befand. Diese
Kenntois keimte erst die Grundlage fllr das Gelingen der Umfassong
o:cben, auf welche beim AngrilH der feindlichen iStellung besonderer
Wert gelegt werden mufste. Dals die französische Stellung sich bis
Vadeneoart ausdehnte, darüber wurde man erst belehrt, als man YOB
Contay her sich selbst flankiert sah. Wir haben es, wenn auch
etwas modificiert, in dieser Beziehnng mit einer Neuauflage des
18. August zu thun. Dafs man aoch Uber die Stärke der Franzosen
nicht genügend orientiert war. ist verzeihlicher. Die Entsendung des
7. Ulanenregiments am 22. nach Picquigny hätte erst stattfinden
dürfen, nachdem die *». Kavallerie-Division naeh Amiens herangezogen
worden war. Wenn das am 21. bereits gesehehen wäre, hätte seitens
derselben der 22. dazu benutzt werden können, die an der ilallue
genommene Stellung der Franzosen aufzuklaren, was doch um so
nötiger war, als die Sehlacht eine beiderscitii: ^'( plante war. Schon
seit dem 2U. war die Stellung der Kavallerie-Division auf dem
rechten Flügel gegenstandslos. Was wollte man denn dort mit ihr,
nachdem mau erkannt hatte, dals ein Ubersehreiten der Somnif im
Rücken der französischen Stellung nicht ni(ii:lirli warV Allein auf
dem linken Flüirel hatte die Kavallerie-Division allenfalls sich zur
(Geltung bringen können. Den noch in einer Hand verbliebenen 6
Eskadrons war indes die Holle von Divisions-Kavallerie zugefallen,
während ein i'eil dieser sieh auf dem äulseren Flügel befand, ohne aber
eine eigentliehe Kavallerie-Divisions-Thätigkeit zur Durchführung
bringen zu können. Der Kavallerie-Division hätte es, auf dem linken
Flügel der Armee verwendet, gelingen müssen, spätestens am 24.
Dezember Einblick in die Mafsnahmen des Feindes zu nehmen. Der zwar
erst am frühen Nachmittag begoimene, aber schon seit dem Morgen
eingeleitete Abmaisch des Feindes von der Hallue hätte einzelnen ge-
schickt oder ungeschickt geführten Patrouillen gar nicht entgehen
können. Es wäre eben nor darauf angekommen, dieselben richtig
anznsetaen nnd ihr Augenmerk aof entsprechende Ziele zn riehten.
Die Sebald, dafs das nieht gesehehen ist, trifft lediglich die Ftthmng,
die Tmppe ist sehdldlos daran. Die 8. KaTallerie-Diridon in ihrem
u i;jKi. „^ i.y Google
46
Beftng nr Gesohiebte des Freoisiieben Heerm otc.
vollen Verbände mit nur 2 detachierten EskadronS) je einer snr
BeohachtiiDg der Strafsen von Abbeville and P^ronne, hätte in der
Hand eines wirklichen Kavallerie-Generals, den es aber auch bei der
3. Kavallerie-Division nicht gab, am 24. Dezenibor nachmittags ihrer
Waflfe ein herrliches Weihnachtsgeschenk in Gestalt frischer T.orheer-
reiser zum alten Iiuhmeskranze raachen können. „La retraite ;iuraii
entraiiK^ des pertes plus grandes (jue la rontinnation de la lutte.
si l'ennemi eüt poursuivi l'arm^e." Der stattgehabte Abmarsch der
Franzosen wurde auch keineswegs zuerst von dem Kavailerie-
Divisionchen, sondern von den !). Husaren gemeUlel, deren niich in
der Nacht gegen Franvillers (Leutnant Kleinh(»lz|, Haizieux (Leutnant
V. Mechow I.) und Uber Warloy (Leutnant der Reserve Frhr. v. Bleuli
gegen Bouzincourt entsendete Patrouillen keinen Feind mehr vorfanden,
selbst seine Nachhut nicht einmal mehr einzuholen verrouchten.
(Fortsetzung folgt.)
III.
Beitrag zur Geschichte des Preulsischen Heeres
wahrend der Regierang Friedrich Wilhelms I.
Von
Brudt Lelnuyn, Lentnant im 3. Posensebeo Infanterie-Regiment Nr. 58.
Fttrst Leopold von Anlialt hatte, geettttzt aof das von ihm in
langen Jahren gesammelte Material im Anftrage Friedriehs des
Grolsen einen Entwnrf zn einer Geschichte des prenlsisohen Heeres
fertig gestellt, welcher am 12. M&rz 1747 — ongefMhr einen Monat'
vor dem Ableben des Flinten — abgeschlossen nnd anoh dem KOnige
roigelegt worde.
Des Vaters Sammlangen znr preo&isohen Heeresgesehiehte setate
Fürst Dietrich fort Aach er war schon in jongen Jahren (1718)
in das prenfoiscbe Heer eingetreten, in welchem er zn den höchsten
EhrensteUen anfrttckte. Nach seinen Erfolgen bei Mollwitz nnd
Hohenfriedberg ernannte ihn Friedrich der Gro6e znm General der
Infanterie nnd 1747 znm Genenü-Feldmarschall. Nachdem er 84
Jahre lang dem Heere angehört hatte, verliels Fürst Dietrich im
Jahre 1751 den prenlsisdien Dienst» am in den anhaltischen Landen
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Bdtnif sor QesoUdita des PrenlUseheii Beeret eto. 47
die Regierung dir seiiien noch anmttndigen Neffen Leopold Fdediieli
Fhua so ttbernehmen. Aach während dieser Zeit setzte er das
Dbemommene Werk fort and stand za diesem Zwecke mit den be-
deutendsten Kennern der UeeresgeBcbichte in Verbindung') u. a.
mit dem Geneiallentaant von Massow, dem General-Kommissarios der
Montterangs-Angelegenheiten der Armee.
Massow stand bereits 1713 als Kapitän in „Seiner Majestät
rotem Leib-Grenadier Bataillon" nnd war infolge seiner langen
Dienstzeit berufen, Uber jenen Zeitabschnitt genaueste AosJiunfi
SU geben.
Dem Briefwechsel des Fürsten Dietrich mit Massow verdanken
wir nun die Nachricht, dafs letzterer die am Schlüsse abgedruckte
Liste Uber die Heeresverstärkungen von 171'^ bis 1740 bereits im
Januar 1748 Friedrieh dem Grolsen einreichen mufste, und welche
geeignet ist aufzuklären, wie der grolse König das Material zu
seinen Arbeiten Uber die Armee erhielt.
So wie Friedrich dem Grofsen jene Liste als Erganzun<r und
Berichtigung der ihm im November 1747 von der Geheimen kriegs-
kanzlei eingereichten schriftliehen St.-uinniiste sicherlich gedient huliön
wird, hio hat es auch alle Wahrseheiiilichkeit für sieh, anzunehmen,
dals dieser Stammliste der am 12. März 1747 abgeschlossene
Entwurf Leopolds von Anhalt mit zu Grunde gelegen bat. Die zeit-
liche Folge der einzelnen Arbeiten iäfst diese Annahme berechtigt
erscheinen.
In Nachstehendem folgt nun das oben bezeichnete Sehreiben
von Massows an Fürst Dietrich mit der genannten Liste, welche im
wesentlichen Wortlaute unter Richtigstellung der Namrn der Regi-
menter wiedergegeben ist (Auszug aus dem Herzoglich Anhaltischen
Haus- und Staatsarchive zu Zerl»sti.
Durchlauchtiger FUrst,
Gnädiger FUrst und Herr!
EwT. Hoch Fürstl. Durchlauchtigkeit haben mir so sehr
gnädig zum Neuen Jahr gratnliret, obgleich es von mir meiner
Sehuldigkeit nach noch nicht geschehen, welches mir aber wegen
meiner L'upäfslichkeit zu verzeihen bitte. Ich bedanke mich
demnach unterthänig und wünsche dafs der grolse (>ott Ewr.
Hoch FUrstl Durchlauchtigkeit bis ins späthe Alter be} Hohen
FUrstl. VVohlsejn erhalten wolle, damit ein FUrst von Anhalt^
') Urkundliches Material war nur unzureichend vorhanden, da bekanntlich
dfo Urkunden und Akten der Gebeimen Kriegskanzlei gröfstenteils i. J. 1745
zQ Patronenhtilflen Temboitet worden.
46
BtiUng va Gesehieht» dM Pkwiftiadien HaflMs etc.
gleichwie schon von des Königs Friederichs des ersten Zeiten
Sr. KOnigL MajesM AnnteB als Feld Marschal viele Jahre
eommandiren möge.
Ewr. Hoch FUrstl. Darchlauchtigkeit gnädigen Befehl zu Folge
Uberschicke btebey die verlangte Nachricht soviel mir deren
Wifsend ist, nebst eine Kachweisung wie die Armee bey des
HöchstHeel. Königs Zeiten von Jahr zu Jahr angmeotiret worden
ist, and weiche ich sof Seine Königl. Majestö Befehl im Jan. 1748
habe machen mtifsen.
Empfehle mich zu Ewr. Hoch Fttrstl. Dorchlanchtigkeit
Beständigen Gnade nnd bin mit aller Devotion
Ewr. Hoeh Fttrsfl. Dorchlanebtigkelt
Unterthäniger Diener
H. J. O. V Massow.
Herlin,
den 29. Dezember
1751.
100 Köpfe
1170 n
Liste.
Wie viel Begimenter und BaiuiUous, und wie stai'k eme jede
Oompagnie an Ober-Offle., Unter-Ofllo.« Tamb., Grenad., Mnaqn. und
folgl. wie stark ein jedes Regiment und Bataillon und die gantze
Inlluiterie bey Antritt des Höchstseel. Königs M^j.Segienuig Anno 1718
gewesen ist.
Infanterie.
2 Komp. Schweizer, j. K.V) 3 Oflf., ö Untflf., 40 Gem.
2 Bat Grenadier- Carde (Nr. 18) j. K. 3. Off.,
10 UntlT., H Tamb., 1 Pfeifer, 100 Gren. . .
3 Bat Musketier-Garde (Nr. 1) j. K. 3 Off., 11
Untff.,aTamb.. 12 Grn., lOT.Moaii;., iZimmerm.
3 Bat Kronprinst (Nr. 6) wie vor 20öo
2 Bat Leib-Regiment (Nr r,) j. K. 3. Off., 11
Untff., 12 Gren., 107 Musiv., 1 Zimmerm.
2 Hat. Prinz Heinrich (Nr. 12) wie vor . .
2 Hat. Markj^raf Albrecht (Nr. 19) wie vor
2 Hat. Markgraf Ludwig (Nr. 7) wie vor .
2 Hat. A n Ii :ilt -Dessau iNr. 3| wie vor
2 Hat. I.Ott um (Nr. 15) wie vor . .
2 Hat. Alt- Dohna (Nr. 10) wie vor
2 Hau Jung- Dohna (Nr. 4) wie vor
2 Hat. Holstein (Nr. 11) wie vor
2 Bat Doenhüff (Nr. 2) wie vor
2( )55
1370
1370
1370
1370
1370
1370
1370
1370
1370
1370
n
II
n
n
n
n
ti
II
»
>»
Übertrag 19080 Köpfe
1) j. K. = jede Kompagnie.
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B«itng sor Gatehidil» des Prenftkohen Heeres efte. 4Q
Übertrag 19080 Köpfe
2 Bai Finkenstein (Nr. 14) wie vor 1S70 „
1 Bai Heyden (Nr. 26) j. K. 3 Oft., 11 l Dtif., 3
Tamb., 1 Zimmeim., 12 Gren., 107 Mask, und
Pfeif. 685 „
1 Bat. Waldbur«,' (Nr. 26) wie vor 686 „
1 Bai Börstei (seit 1711 eohon Stille) (Nr. 20)
wie vor 686 n
1 Bat. Schlabrendorff (Nr. 25) wie vor; 4 Komp.
in KüBtrin, 1 Komp. in Drieseo 686 „
X Bai Wakenitz (nauss beisBen Pannewitz) (Nr. 25)
wie vor; 2 Komp. in Peitz, 1 Komp. in
Friedriehsborg, 1 Komp. in Memel, 1 Komp.
in Pillau 686 «
In holländisi hcn Diensten waren die ö Bataillone
(je 12 Kompafjnieii »:
1 Bai lärbprinz von Hessen (Nr. 10) j. K. 3 Off.,
o ('ntfir., 2 Tamb., 50 M 720 „
1 Bat. Anhalt-Zerbst (Nr. 8) wie vor . . , . . 720 „
1 Bat. Grumbkow (Nr. 17) wie vor 720 „
1 Bat du Troussel (Nr. 9) wie vor 720 „
1 Bai Vareone (Nr. 13) wie vor 720
Garnisonen:
1 Bat. Mikrander, jede K. '^ Off., 11 Untff., 3 Tamb.,
1 Zimmerm., 12 Gren., 107 Mosk., 4 Komp. in
Kolberg 648 „
2 Komp. Spaudaa, j. K. 3. Off., 11 Untff., 3 Tamb.,
107 Musk 248 „
1 Komp. Frankfurt, wie vor 124 „
1 Ban-Komp. Berlin, wie vor 124 „
1 Frei-Komp. Lippstadt, 2 Off., 4 Untö., 2 Tamb.,
60 Mosk 68 ,1
1 Frei-Komp. Oderberg, wie vor 68 „
2 Marinier-Komp. Emden, j. K. 2. Off., 5 Uutff., 2
Tamb., 100 M 218 „
Artillerie:
1. Berlin, 9 Off., 6 Feuerwerker, QKorpor., 12 Bombard.,
III Kan. 147 ,
Ubertrag 29020 KOpfe
JaUUfltor ftr di* IratMlw AmM «ad MuIm. Bd US. 1. 4
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50 Bettng svr GeMbielito des FnnfidMlieB Heen« 6le.
Übertrag 29020 Kttpfe
2. Ma^^d ohaig, 3 Off., 2 Feaerw^ 3 Korp., 4 Bombard.,
a7 Km 49 „
3. Spandau, wie vor 49 „
4. Wesel, wie vor 49 „
5. KUstrin, wie vor 49 „
6. Kohlenz, wie vor 49 „
7. Memel, wie vor 48 ^
8. PUlaa, wie vor 49 „
KavaUepie: 9096 „
Sa. 38459 Köpfe
Angmentation 1713.
Aus 2 t^at. (Trcnadier-Garde and 3 Bat Musketier-
Garde ist formiert:
1 Bat. Grenadier-Garde (Nr. 6) 4 KompaguieD,
2 Bat. Wartensleben (Nr. 1),
2 Bat. Kameciie (Nr. 23),
Aagm. am 10 Off., 10 Untff., 6 Zimmerm., 12 Gren.,
239 Musk 337 Köpfe
2 Bat. Erbprinz von Hessen (Nr. 10), aus 12
holländisphen Komp. umgeformt in lü Komp.,
2 Komp. an Jung-Dönh(>flr.
Augm. um 10 Off., 60 Untff.. 10 Tamb., 10 Zimmerm.,
120 Gren.. 570 Musk 780 „
2 Bat Anbait-Zerbst (Nr. 8) wie vor 780 ,
2 Bat. (irurabckow (Nr. 17) wie vor 780 „
2 Bat. du Troussel (Nr. 9) wie vor 780 „
2 Bat. Varenne (Nr. 13) wie vor "780 „
2 Bat. .1 un^- Dönhoff (Nr. 21) aus den 5 vorge*
nannten Regm. gebildet.
2 Bat Borcke (Nr. 22) aas dem III. Bataillon Kron-
prinz (Nr. 6) and den Frei-Komp. Lippstadt o.
Oderberg gebildet
Angm. um 21 Off., 47 Untff., 11 Tamb., 5 Zimm.,
60 Gren., 415 Mask 559 „
2 Bat Sebwendy (Nr. 24) ans 4 Komp. Mlkrandw,
1 nengeworbenen Komp., 1 Komp. Frankfert, 2
Komp. Spandau, 1 Komp. Tom IIL Bat der
Mnsketier-Garde. Hierron 1 Bat an Sehwendy,
das andere an Schönbeek. 1715 beide vereinigt
an Sehwendy, augm. am 13 Off., 11 Untff., 3
Tamb., 5 Zimm., 60 Gren., 107 Mnsk. ... 199 „
üigiiized by Google
Beitrag sur Oesohiohto des Freafiiiaeheii Heeres ele.
51
Außserdem bei jeder Komp. noch 1 Sekondlcutnant,
macht hei 28 Bat. der Rgrtr.: Warten sie he n (Nr. 1)')
Kleist iLoeben) Kalkstein,') Arnim (Nr. 5), Prinz
Heinrich (Nr. 12), Markg^raf Albrecht (Nr. 19),
Markgraf Christ. Ludwig (Nr. 7). Anhalt-Dessau
(Nr. 3), Kronprinz (Nr. 15), Dohna (Nr. 16), Dohna
(Nr. 4). Holstein, (Nr. 11), Doenholf (Nr. 2),
Finkeuatein (Nr. 14).
Augmentation 1714.
2. Bat. Stille (Nr. 20). Ans dem Bataillon BOntel
ein Rgi gebfldet Angm. nm 25 Off., 55 Untff.,
15 Tamb., 5 Zimm., 60 Gien., 535 Hnsk. . .
Augmentation 1 7 1 (J.
2 Bat. (iersdorff (Nr. 18). Au» dem GersdorfTscheu
Grenadier-Bataillon aujrm. um 28 Ofl'., Untff,,
18 Tamb., 2 Pfeifer, iiiO (rren.. 48U Muük.. .
2 Bat. Prinz Leopold von Dessau (Nr. 27), neu
errichtet, augm. um 40 Off., 1 10 Lntflf., 30 Tamb.,
() Pfeif., 130 Gren., 1080 xMusk 139Ü „
Ausserdem 24 K^t. mit je 1(> Musk. vermehrt durch-
weg jede Kump, auf 108 Musk 384 „
WO bisher kein Pfeif, stand, hatte d. Komp. 107 Mann
j» » }i >» » » n :j
Artillerie.
¥Siik Feld-Bataillon za 3 Komp. nnd 4 Komp. GaniiBon-
Artillerie gebildet, angm. nm 4 Off., 14. Fenerw.,
5 Koq>., 14 Bomb., 10 Tamb., 260 Kan. . . 307 „
.\uprmentation 1717.
1 Bat. Wobeser, neuerrichtet, 15 Oft., 30 üntü., 10
Tamb.. 540 Gern 595 „
Artilleristen, Bombardiere 5 »
Augmentation 1718.
1 Bai Saek 3 Komp. nenerriehtet, 9 Off., 24 Untff.
9 Tamb., 399 Hnsk. 441 „
1 Bat. L*Hopitel wie vor 441 „
t) Es können hier mir die BateUlone Waldbvrg nnd Heyden (seit 1714 ab
Rgt. Löben Nr. '25 vereiniKt) und Sohlabrendoiff nnd Pannewiti (1715 ala Sgl
SeUabrendoiff Nr. 25 vereinigt; gemeint sein.
4*
140 Köpfe
695 „
724 „
52
Beitrag mr OMebiehto des FteolUMlMB Heerat ete.
Angmentatlon 1719.
1 Bat fax Regt. Anhalt (Nr. 3) nenemehtet, aii|^.
am 20 Oll., 55 Unt^., 15 Tamb., 65 Gnn., 3
Pfeil, 540 MoBk.
1 Bat ROseler (KrOcIier) neaerricbtet
Aagmentation 1 720.
Bei jedem Kgt 2 Adjatanten (27 Kegt) . . .
Augmentation 1721.
Bat L'Hopitel, aagm. um 6 Off., 21 Untff.,
6 Tamb., 65 Gien., 141 Mmk
Bat Sack, aagm. um 6 Off., 16 Untff., 1 Tamb.,
141 Gem.
Aogmentation 1722.
ArtiUeiie, Kanoniere , . . . .
Augmentation 1723.
2 Bat Bardeleben (Nr. 2\)) neuerrichtet, 42 Off.,
110 Untff., 30 Tamb., ö Ffeit., 130 Greu.,
1U8U Musk 1398 „
2 Bat. Mosel (Nr 2Si wie vor 1398 „
1 Bat Beaufort ueuerrichtt^t 3 Komp. 12 Off., 33
Untff., 9 Tamb., 39 Gren., 329 Musk 417 „
Augmentation 1724.
Bat Sack, aagm. am 5 Untff., 5 Tamb., 65 Gren. 75 „
Bat Sero (Wobeser) aogm. am 15 Untff., 5 Tamb.,
65 Gren. 85 „
Angmentation 1725.
1 Gain.-Komp. Drabeim and Tempelburg nenerriehtet
3 Off., 6 Untff., 2 Tamb., 112 Musk 123 ,
1 Garn.- Komp. Regenstein nenerriehtet, 3 Off., 6 Untff.,
2 Tamb., 64 Mosk 75 „
Augmentation 17 27.
Rgtr. jede Komp. mit 5 Überkompletten . . . 1525 „
ArtUlerie 1 Feaerw., 1 Tamb., 15 Kan. ... 17 9»
Augmentation 1728.
1 Gank-Komp. in PeitE and Driesen errichtet, 3 Off.,
8 Untff., 2 Tamb., 120 Gem 133 „
698 K9pfe
698 „
54 „
239 „
164 „
50 „
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Beitrag rar Uesehichta des Preufsuohea Heeres eto.
58
A ujrnif ntation 1729.
2 Bat. Dossow (Nr. 31) neu errichtet. -12 Off.. 110
Untff., 3ü Tamb.. 0 Pfeif., 13<> Greu., 1080 Musk.,
50 Überkompl 1448 Köpfe
2 Bat. Thiele (Nr. 30) wie vor 1448 „
Garnison-Regrt. zu Herlin, welches des Früh-
jahrs zusHinnien kommt. 29 Off.. S4 Untff., 21 Tauib.,
1400 Gern 1534 „
Garuisou-Rgt. zu Magdeburg 17 Off., 48
Untff., 12 Tamb., 800 Gern 877 „
6arnisoD-Kgt. zn Stettin 29 Off., 84 Untff.,
21 Tamb^ 1400 Gern 1534 „
Aagmentation 1730.
Bat. K r ö c h e r (Uöseler) zum FUsilier-Bat. umgeformt
2 Garn. Komp. in KUstiiu emohtet, 6 OC, 14 Untff^
4 Tamb., 300 Gern 324 „
.\rtillerie 1 Off., 2 Feaerw., 2 Korp., 7 Bomb.,
37 Kan 49 „
Garnison-Hgt. zu Königsberg errichtet, 14
Off., 48 Untff., 12 Tamb., 800 Gern 877
Aogmentation 1781.
Artillerie 8 Off., 16 Korp., 8 Tamb., 195 Kan. 221 „
Augmentation 1732.
Garnisou-Komp. Kegenstein augm. um 2 Untff.
48 Gern öO „
Aagmentation 178S.
1 Ganuson-Komp. in Spandan emehtet, 4 0£, 10
Untff.. 3 Tamb., 180 Gem. „
I Garnison-Komp, in Fort Prenflsen errriebtet, 4 Off.,
10 Untff., 3 Tamb., 150 Gem 167 „
Auj^- in rill Uli Uli 17 34.
Ans 3 Gam.-Komp. Beaufort ein I Usilier-Bat. augm.
um 8 Off., 22 Untff., G Tamb., 3 l'feif., 26 Gren.,
216 M., 25 Überkompl 806 „
Aagmentation 1735.
Grenadier-Kompagnien formiert
Hegt. Anhalt (Nr. 3) augm. am 9 Uff;, 9 Untff.,
II Tamb., 87 Gren., 60 Musk 176 n
Bgt Kronprinz (Nr. 15) augm. 6 Off., 6 Unt£,
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54
Beitrag zur GesohicliU) des Preafsiscben Heeres etc.
7 Tamb., 58 Gren., 40 Mu8k 117 EApfe
Die Übrigen 28 Rgtr. wie vor je 117 ... . 3276 „
fittt Kr 0 eher augm. 3 Off., 3 Untff., 3 Tamb.,
29 Gieii^ 20 Hnsk 58 „
Bat Beanfort wie vor 58 ,»
Augmentation 1737.
1 Bat, Persode (Wachhol/j errichtet, 23 Olf., 58 Lntff.,
18 Tamb., 2 Pfeif., 9Ü Gren., Ö6ü M., 29
Überkorap 780 „
Bat. Sack, augm. 8 Off., 13 Untff., 3 Tamb.,
2 Pfeif., 29 Greil., 20 Musk 75 „
Bat. L'Hopitel wie vor 75 „
Natalis wie vor lö „
Garnison Moeurs errichtet, 1 Off.. 3 Untff.,
19 Geni 23 „
Garnison Altena errichtet 2 Off., 1 Untff.,
12 Gern 15 „
Augmentation 1738.
Hegt. Anhalt (Nr. 3), aogm. 3 Off., 3 Untfi.,
18 Gren 24 „
Jedes andere Kgt. aagm. 2 Off., 2 Untff., 12 Gren.
für 29 Rgtr 464 „
Bat Kroch er augm. 1 Off., 1 Untff., 6 Gren.. . . ^ n
Bat Beaufort wie vor ^ »
Bat L'Hopitel wie vor Ö „
Bat N ata Iis wie vor 8 „
Bat Sack wie vor 8 „
Bat. Persode wie vor 8 „
Augmentation 173j9.
Bat L' Hopitel mit einer 4. Gren. -Komp. augm..
4 Off, 9 i:ntff.. 3 Tamb., 2 Pfeif., 96 Gren., 4 Überkomp. 118 „
Bat Natalis wie vor 118 „
Kavallerie 1713.
2 Esk. Garde du Korps (Nr 10), je 4 Komp., 6 Off.,
10 Untff., 4 Tromp., 120 Gern 280 „
1 Esk. Gens d' armes (Nr. 10) je 2 Komp., 5 Off.,
5 l ntff., 2 Tromp., 80 Gem 92 „
3 Esk. Leib-ligt. KUrass. (Nr. 3) je 6 Komp. 6 Off.,
12 Untft., 4 Tromp., 150 (lern., 2 Feldsch., . . 522 „
3 Esk. Kronprinz Kiirass. (Nr. 2) wie vor . . . 522 „
Bettng zur GeMMohte des FMubiiolieii Heene oto.
65
3 Esk. Markgraf Friedrich Kür. iNr 5) wie vor 522 Köpfe
3 Esk. Wartensleben Kür. (zu Nr. 2, 3, ölwieyor 522
3 Esk. Heyden Kür. izu Nr. 1, 8, 9) wie vor . . 522
8 Esk. Bayreuth Kür. (Nr. 8) wie vor 522
3 Esk. du Portail Kür. (Nr. wie vor .... 522
3 Esk. Schlippeubach Kür. (Nr. 1) wie vor. . . 522
2 Esk. Katte Kür. (Nr. 9) 9 OS^ 18 üntff., 6 Tromp.,
150 Gem., 3 Feldsch 372
4 Esk. Leib-Rgt. Dragoner (Nr. 4) je 8 Komp.
6 Off., 12 Untff., 4 Tromp., 150 Gem. 2 Feldsch. 696
4 Esk. Markgraf Albrecht Dragoner (Kür. Nr. 11),
je 8 Komp., 6 Off., 12 Untff., 4 Tromp., 150
Gem., 2 Feldsch
4 Esk. Albe Drag. (KUr. Nr. 7) wie vor .
4 Esk. Drtrfling Drag. (Nr. 3) wie vor
4 Esk. du Yaine (Nr. 1) wie vor ....
3 Esk. Pannwitz (Kür. Nr. 12), je 6 Komp. wie vor 522
1 Esk. Taschen oder Küchen Drag. (Kür. Nr. 12)
2 Komp 174
606
69G
696
696
n
n
Ii
II
n
n
II
n
11
n
n
ti
Angmeotatioo 1718.
2 Eek. Gens d' armes (Kr. 10) neu euichtet, 18 Oft.,
22 Untff., 7 Tromp., 220 Gem., 6 Feldseh. . . 268 „
1 Esk. Katte KUr. (Nr. 9) ISO „
Augmentation 1714.
Gens d' arm es (Nr 10) Esk. augm. um . . 177 „
Hierzu von Garde da Korpe 6 Ofi., 18 Untff*,
3 Tromp., 150 Gem.
Von der Garde du Korps sind die 90 Altesten
nnd Schlechtesten abgedankt.
Pannewitz Drag. (Nr. 12) vermehrt am die Esk.
Taschen- oder KUcheu-Drag.
Augmentation 1716.
Leib-Drag. (Nr. 4) von 4 Esk. & 150 Gem. «of
5 Esk. i 180 Gem. getoaoht, aagm. um 6 Off., 12
Untff., 50 Gem., 2 Feldseh. 70 „
Augmentation 1717.
dn Portail Kttr. (Nr. 6) von 3 anf 4 Esk.
angm. um 6 Off., 12 Untff., 160 Gem., 2 Feldseh, . 170 „
Esk.Wnthenow Drag. (Nr. 6, Foraellan-Begiment)
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66
Bettrag nur Oeaehiehta das PreoTsiMheii Haeras alo.
nenerrichtet, 25 Off^ 48 UntS., b Tromp^ öüO Gen.,
8 Feldsch ö89 Köpfe
4 Bsk. Schulenbarg Drag. (Nr. 5, Bayreuth,) 8 Komp.
neuerrichtet, 25 Ofl^ 48 Untflf., 8 Tromp., 600
Gem., 8 Feldsch 689»
Augmentation 1718.
Rgt. Gens d' armes (Nr. 10) von 4 Esk. k 150
auf 5 Esk. ik 130 aagm. um 6 Off^ 15 Untff., 50 Gem^
4 Feldsch 75 „
Leib- Regt. Kür. (Nr. 3) dazu vom Kegt. Wartens-
leben 1 Esk.. von 4 Esk. ä 150 auf 5 Esk. ä 130,
aogm. um 6 Otf., 12 Üntff., 50 Gem., 2 Feldsch. . 70 „
Markgraf Albrecht Drag. (KUr. Nr. 11) von
4 Eek. 4 150 auf 5 Esk. k 130 aogm. am ti OfÜ^
12 üntff.. 50 Gem., 2 Feldsch 70
Es wurde 1717 Kürassier-Rgt.
Kronprinz KUr. (Nr. 2) daza von Warteosleben
1 Esk. sonst wie vor 70 „
Markgraf Friedrieh KUr. (Nr. 5) wie vor . 70
S c h 1 i p p e n l) a c Ii Kür. (Nr. 1), dazu von Heyden
1 Esk. boust wie vor '0 „
Lottum Kür. (Nr. 7) von 4 Esk. a 150 auf 5
Esk. ä \:\0 70 „
Es wurde 1717 Kürassier- Rgt.
Blankensee KUr. (Nr. l) bisher Leib-Drag.
Es wurde 1717 KUrassier-Rgt.
Dewitz KUr. (Nr. 8), dazu von Heyden 1 Esk.,
von 4 Ksk. ä löi) auf 5 Esk. 4 130 .... 10 „
Winterfeld Kür. (Nr. 12) von 4 Esk. k 150
auf 5 Esk. 4 130 70 ,
Es wurde 1717 KUrassier-Kegt
Kalle Kttr. (Nr. 9), dazu von Heyden 1 Esk.,
von 4 anf 5 £sk 70 „
Prinz Gnslav von Anhalt Kttr. (Kr. 6) von
4 Esk. anf 5 Esk 70 „
Dorf 1 in g Drag. (Nr. 3) wie vor 70 „
Ansbach Drag. (Nr. 1) wie vor 70 ^
Wntbenow Drag. (Nr. 6) wie vor 70 „
Schalen borg Drag. (Nr. 5) wie vor ... « 10 n
AuirnH'Mtation 1722.
1. Esk. Wiensen leichte Draiioner (Nr. 9) errichtet,
6 Off., 12 Uütft., 2 Tromp., löU Gem., 2 Feldsch. 172 „
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Beitrag snr QeBeUehte des Pzenfttaelieii Heeres eto.
5T
Augmentation 1720.
Schulen bürg Grenadiere (Nr. 3) von 4 auf
lü Esk. 12 Off.. 20 Untff., 4 Trouip., 450 Gem. . . 486 Köpie
Sonsfeld Drag. (Kr. 2), errichtet durch Teilung
des Regts. Platen Drag. (Nr. 1), welches auf 10 Esk.
vermehrt war, augm. um 11 OE, 30 Untö., 4 Tromp.,
550 Gern 595 „.
Wuthenow Drag. (Xr. (>) von auf 10 Esk.
augui. um 11 Off.. 30 IJnttf. 10 Tromp. 400 Gem. . 501 „.
Schulen bürg (Alt) Drag. (Nr. 5) wie vor . . 501 „.
Augmentation 1726.
Sebnlenbnrg Grenadiere (Nr. 3) augm. um
10 üntit, 100 Gren 110 „
Wntlienow Drag. (Nr. 6) angm. nm 100 Drag. 100 n
Scbolenbnrg (Alt) Drag. (Nr. 5) wie vor . . 100 ,r
Augmentation 1727.
Bei Jedem KUrassier-Kegt 6 Überliomplettef bei
der Esk. auf 12 Regtr 360 „
Desgl. für 3 Drag.-Kegtr. von 10 Esk.: 50 Mann 150 „
Desgl. ftlr 2 Drag.-Regtr. von 5 Esk.: 25 iMann 50 ^
Nach dem Tode Wuthenows ist das Regt. (Nr. 6)
geteilt worden und die Regtr.: Kos ei Drag. (Nr. 6)
Q. Doeknm-Drag. (Nr. 7) gebildet.
Augmentation 1729.
BrunikowHky Korps Husaren (Nr. 1) errichtet,
7 Off., 12 Untö*., 2 Tromp., 150 Gem., 2 Feldsch. . 173
Augmentation 1730.
Bei 12 Kttraseöer-Regtrn. noeh je 2 Off. . . . 24 ,r
Leiebte Esk. (Platen) Wensen Drag. (Nr. 9)
um 1 Eak, vermehrt, augm. nm 4 Off., 12 Untff.,
4 Tromp., 110 Drag ISO
Leib-Korp8-Hosaren(Nr. 2) neneniehtet, 8 Off.,
6 Untff^ 1 Tromp., 00 Gem., 1 Feldseh 71 „
Prinz Engen Korps-Hnsaren (Nr. 1) 4. Esk.?
7 Off., 9 Untff., 4 Tromp., 150 Gem., 1 Feldsch. . 171 „
Augmentation 1731.
Lpib-Korps-Husareo (Nr. 2), angnL. um
4 Off., 7 Untff., 1 Tromp., 80 M 92 „.
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^8 B^fertff SV Greaohiclito dM PrenlUMsheii HeetM eto.
Aagmentatioo 1732.
Schnleobarg Grenadiere (Nr. 3), angm. am
22 Off., 30 UntC, 10 Tromp., 100 M 162 KOpfe
Bayreuth Draj;. (Nr. 5) wie vor 162 „
Leib-Korps-Husaren, angm. mn 2 Off., SUniff.,
1 Tromp., 82 M., 1 Feldseh 89 „
Aagmentation 1733.
Bei 12 Kttrasaier-Regtm. je 10 Hami angm. . 120 „
Bei Begtm. Schalenborg ond Bayreath je
20 M 40 „
Bei den 5 Dragoner-Regtni. von 5 Esk. eind die
10 Mann nnter der Angmentation begriflbn.
Leib-Korps-Hnsaren (Nr. 2), angm. 5 Off.,
17 Untff., 3 Tromp., 153 Gem.. 1 Feldseh., 27 noeh
in Okt. (?) 206,.
Angmentation 1734.
Leib-K orps-Hnsaren (Nr. 2) angm. 1 Off.,
1 Untff. 2 „
Prinz Engen Korpe-Hasaren (Nr. 1), angm. am
1 Off., 15 Untff., 102 <3em 118 „
Aagmentation 1735.
HOllendorf Drag. (Sit, 6), angm. nm 11 Off.,
16 Untff., 5 Tromp., 60 Gem 91 „
Prins Engen Drag. (Nr. 7) wie vor .... 91 »
Plate n schwere Eak. Drag. (Nr. 1) wie vor . 91 „
Sonsfeld Drag. (Nr. 2) wie vor 91 „
2 leiobte Esk. Platen Drag. (Nr. 9), angm. nm
.22 Off., 86 Untff., 9 Th>mp., 400 H., 3 Feldsch. . 470 „
Angmentation 1739.
Höllen dorf Drag. (Nr. 6), angm. nm 5 Untl£,
5 Tamb 10 „
Thflmen Drag. (Nr. 7) wie vor 10 „
Sonsfeld Drag. (Nr. 2) wie vor 10 „
Diese 3 Regtr. sind von 5 anf 10 Esk. gesetet
worden.
Bronikowsky Korps Hnsaren (Nr. 1}, aogm. um
10 Off., 24 Untff., 6 Tromp., 318 Gem., 8 Feldseh. 361 „
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Bellz«^ mr GoMhlehto dM PrenJUBohen Heen« eto.
59
ArtiUerto.
1714. 10 Kompagnien in: 1, 2, 8 Berlin, 8 Pilian, 4 Wesel,
5 Kelberg, 6 Kttstrin, 7 Hemel;' 9 Spaiidaii« 10 Hagdebnig,
je 3 Off., 2 Fenerweifeer, 8 Korp., 4 Bombaid^ 87 Kanon.
1716* Einteilung in 1 Feld-Bataillon- 5 Komp.- und 3 Garnison-
Komp. Das Bataillon in Berlin; 1 Oaro.-Komp. Wesel,
2 PUlaa, 3 Stettin.
1717. Bei jeder Komp. des Feld-Bat. 1 Bomk>ardier melir.
Die I. rxarn.-Komp. in Magdeburg errichtet
1722. Jede Komp. des Feld-Bat. mit 10 Kanonieren verstärkt
1726. Garn.-Komp. in Wesel mit 1 Fenerwerker, 15 Kanonieren,
1 Tambour verstärkt.
1780. Feld-Bat: 5 Bomb., 5 Kanon. Verstärkung.
Komp. Wesel: 1 Sek.-Leuto., 1 Feaerwerk., 2 Korp.,
2 Bombard., 20 Kanoniere, Verstärkang.
12 Kanoniere, welche zu keiner Komp. gehören: 6 in
Geldern, 2 in Moeurs. 2 in Lippstadt, 2 in Minden.
1781. Feld-Bat. erhält die 6. neue Komp.
1740. An Stelle von 8 Dudelsäcken erhält das Feld-Bat
10 Mohren des ehemaligen Königs-Begiment zu Janit-
scharen.
174L Ein 2. Feld.-Bat aufgestellt; 6 Komp. in Freolisen.
Bezeicbnnng: Feld-Keoriment.
1742. Gamisou-Komp. in Breslau errichtet.
1748. Gam.-Komp. in Neifse errichtet (28 M. aus Breslau,
Iß aus Berlin. 123 von Kegimentem. ) Bezeichnung:
Garnison-Bataillon.
1749. Magdeburger Garn.-Komp. mit 86 Köpfen vom 2 Feld-
Bat verstärkt
1. Feld-Bataillon 792 Köpfe,
2. ,« „ / < 0 ,y
Garnison- „ 736 „
Sa. 2298 KOpfe.
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QQ Die Eiitwtokcitiiig de« inaiMachm Seewesens seit Coibert.
IV.
Die Entwickelung des französischen Seewesens seit Coibert
Van
Korretten-KapitäD a. D. JaehMann.
Eine der Hauptsorgeii Colberts war die Befesti^uü<r und \ er-
besseruDg der Häfen Frankreichs und xwar sowohl seiner Handels-
ais besonders seiner Kriegshäfen. Frankreich hatte /o seiner Zeit
sechs Kriegshiifen : Dunkircben, Havre. Brest, Brouage, Marseille, wo
die Galeerenflotten lagen, und Tonion. Brest wurde durch Aushau
und Vergröfserung die Hauptwerft für die Marine Ludwigs XIV..
und statt des Hafens von Brouage, welcher zu versanden drohte,
wurde in Kochefort eine Kriegswerft ftlr grol'se Schifte von Coibert
geschafien. Vauban legte den (irund zu der grolsen Bedeutung von
Toulon als Kriegshafen durch die Anlage seiner Befestigungen. Die
Werft daselbst wurde erst unter Colherts Nachfolger, seinem Sohuc.
dem Marquis von Seigm lai, Ii riij;. Zur Herstellung von Anker und
Kanonen gründete Coibert die Hüttenwerke von La Chaussade und
Guesigny und unterstützte die schon vorhandenen Eisengielsereieii
von St. Gervais. Um ein geregeltes Ersatzwesen tUr die Marine her-
zoBtellen, welehea sogleich den bereehtigten Waosohen der Handels-
marine and derFlseher dadweliBeebnaDg trug, dafe niebt «nrlel Seeleute
und Fischer ihiem Bemf entzogen worden, schof er das System der
Inscription maritime nnd der Klassen oder Jahrgänge.
Darnach war die gesamte KttstenberOlkerung , die Fischer,
Kttstenschiffer and Seeleute Fon Beruf, verpflichtet, sich denAnshebings-
beamtoo an stellen, welche in den verschiedenen Seebearken mit
den Einschreibelisten der Seelente betraut waren. Die Seeleute wor-
den nach ihrer Zahl in drei, vier oder füat Klassen nach der Pro-
vinz, XU welcher sie gehörten, geteilt nnd in die Eünschreibelisteii
eingetragen. Jede Klasse molste dem Staat ein Jahr dienen. Wäh-
rend ein Jahrgang einberufen wurde, konnten die andern auf Kanf-
fahrteisohiffSsn zur See fahren. Die Jahrgänge dienten abwechselnd
ein Jahr und mulsten wenigstens 6 Monate an Bord eiogesobiffi sein.
Wenn wiUirend der Übrigen sechs Monate keine IndienststeUnng be-
fohlen wurde, konnten die Matrosen des einberufenen Jahrgangs in
ihre Heimat gehen, wo sie die Hälfte der Löhnung erlüelton
unter der Bedingung, sich während dieses halben Jahres Dicht
auf Kauffahrteischiife zu verheuern. Bis zum 60. Lebemgahie
konnton die Seeleute zum Dienst in der Marine einbemfen werden.
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Die Entwfokelang de« franilMsdieii Seeweieiu seit Colbert
61
Die elDgeaehriebeiwii Seeleute genofleen anf Colberts Anregang viele
Beronngungen : Sie durlken alldn ohne Abgaben za zablen and ohne
Crewerbescbeio die Fischerei treibeD, waraH während ihrer Diensteelt
und Tier Monate nach derselben tob Einqnartierangen, allem Waeb-
nnd Arbeitsdienst, z. B. zur StrafsenverbesseniDg in ihren Provinzen
und ähnlichem befreit and weder zur Übernahme einer Vonnondsebaft
noch städtischer Amter Terpflichtet Für die invalide gewordenen
Öeeleute nnd die Witwen nnd Waisen im Dienste gestorbener wurde
vom Staate gesorgt;, und war dies eine der Hauptsor^n Colberts.
Er hatte zu diesem Zweck die „Kasse der Invaliden-Mariueangehörigen"
gegründet, welche er durch LöhnungsabzUge der Kriegsschiffs- und
Kauffahrteimatroseii unterhielt. Dieser Invalide nfoiuis fUr Marine-
angehörige besteht noch heutzutage. Auch in der Jetzta&eit genielsen
die elD^reschriebeneii Seeleute und deren Familien grofse Bevor/ug--
Dn<ren in Frankreich, aufser den schon erwähnten dürfen sie unent-
geltlich die Steuermannsschulen besuchen, sie werden kostenlos in den
Lazaretten behandelt, wenn sie in den ersten 40 Ta^ren nach Antritt
ihres Urlaubs erkranken, auf den Eisenbahnen werden sie tlir den
vierten Teil des Fahrpreises befördert und haben dieselbe Ermässi-
gung, wenn sie vom iTlaub zurückgerufen werden. Die Kinder und
Waisen der Eingescliriebeuen werden in der Erziehungsanstalt für
Zöglinge der Marine in Brest unentgeltlich aufgenommen, die Waisen
auch in der Schiffsjungenscbule daselbst. Im Alter von öO Jahren
hat jeder Eingeschriebene nach einer Dienstzeit von 25 Jahren, welche
er auf Kriegs- und Handelsschifl'en oder Fischerfahr/eugen abwechst-lnd
abgedient haben kann, das Anrecht auf i^ension. genannt Halloold-
Unter dem Einflufs Colberts entwickelte sich auch der Bau von
Kriegsschiffen in bedeutendem Matse und nicht nur in Ikzug auf
die Anzahl, sondern auch die Gröfse der Schiffe. Die Linienschiffe
wurden damals in ö Klassen geteilt, die ersten beiden waren Dreidecker,
die übrigen Zweidecker, ihre Lunge war /.wischen ö'? und .'«(i m. die
Breite zwischen 15 und 9 m. Das gröl'ste Deplacement betrug 4800,
das kleinste 600—700 Tons. Die Linienschiffe erster Klasse hatten
1000 Mann Besatzung und 110 Geschütze, die kleinsten 160 Mann
Bemannung und 36 Geschütze. Aufser den Linienschiffen wurden
noeb Fregatten-, Korvetten- nnd Bombenfahrzenge gebaut. Die BVe-
gatten waren besonders sobnelle Sebifie, batten nnr eine Reibe Kanonen,
welebe anf dem Vorder- nnd AebWdeek anfgestelH waren, nnd sebr
seblanke Formen, nm die grOstmögliche Gesebwindigkeit zn endelen.
Ihr Deplacement betrug ungefHbr 300 Tonnen nnd die Besatanng
150 Mann. Die Korvetten dienten als Branderscbifle, sie wurden
dnrob Rnder nnd Segel fortbewegt nnd batten nnr einen Hast.
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62
Die Entwiokelimg des fhunttsiseben Seeweaeiu seit Colbert
Sie sollten die Flotten als Avises begleiten, ihr Deplaeement betrag
200 Tonnen and ihre Besatzung; 60 Köpfe.
Die Bombenschiffe waren sehr stark gebaute Fahr/enge von ca.
23 m Länge and 8 m Breite, deren Annieroog aas zwei Möraem auf
starken Bättnn^en bestand.
Colberts Sohn und Nachfolger, der Marquis von Seignelai, schuf
zur Bedienung der Geschütze die Marineartillerie, welche sich aus
Freiwilligen und aas den Seeleuten der verschiedenen Jahrgänge er-
gänzte. Dieselben wurden auf den Artillerieschulen in Brest. Toulon
und Rochefort praktisch und theoretisch ausgebildet. Die Schiffs-
artillerie zur Zeit Colberts und später zeichnete sich durch die An-
nahme der grölseren Kaliber und das fast vollständige Aufgeben
der kleinen Geschütze aus. Das stärkste zu dieser Zeit in Gebrauch
beliudliche Kaliber war der 48-FlUudt'r, mit ihm und dem :{(j-PfUnder
wurden die unteren Schitisbatterien der Linienschiffe armiert, nach
diesen kamen die 24-. 18- und lÜ-PfUnder.
Mit dem Tode des Sonnen-Königs Ludwigs XIV. geriet die fran-
zösische Marine in \ erfall. ihre Wiederaufriehtung begann erst unter
der Regierung Ludwigs X\'. durch den Marineministcr. den Herzog
von Chüiseul. Dieser wandte seine besondere Ftirsorge den Schiff-
bauern und dem Schiffbau zu. Nachdem erstere ihre Kenntnisse durch
die Gesetze der Hvdraulik und Mechanik bedeutend erweitert hatten,
wurde ihnen die offizielle Bezeichnung „Ingenieure*" 17t)ö zuerkannt.
Cboiseul gab ihnen zugleich eine besondere Rangordnung, setzte die
Bedingangen für die Zolassoiig za dieser Laufbahn fest und re-
orgauiflierte die Ingeideiireehiile in Paria. Das Ingenienrkorpa he»
stand damals ans einem Cbefingemeur, mebreien Ingenienren, Unter«
ingenienien nnd Ingenienraspiranten. Auf den Werften lag ihnen die
Uberwaebung der Nenbanten nnd Reparaturen, sowie das Doeken
der Sebiffe ob.
Choisenl beschäftigte sieb aneh eingebend mit dem Schiffban.
Er sebiclLte KonstnÜLtenre nach England, am die dortigen Nenbanten
zn stodieren nnd regte in Frankreich GelehrtCi Offiziere nnd Ingeni-
enre an, den Schiffban sa einer Wissenschaft zo eiiieben. Ans diesem
Znsammenarbeiten worden sehr bemerkenswerte Erfolge erzielt Das
Verhältnis der Länge aar Breite nnd Tiefe der Sebiffe wurde damals
festgesetzt, znm Ban besseres Material verwendet^ die Verbände ver-
melirt nnd die gesamte SohiflbaosrAstong an Inventur nnd Bfaterial
methodisch und rationell an Bord untergebracht, wodurch die Lebens-
dauer der Schiffe wesentlich erhobt wurde.
Unter Ghoiseuls Nachfolgern, dem Herzog Ton Choisenl-PnwUn
nnd dem Marschall de Castries wurden mehrere wissenschaftliche
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IMe Entvickclung des l'ranzüäiäoben Keeweseas neit Colbert.
68
£xpeditioneD ftOBgerOBtet, welche Iflr das fraozOBisohe Seewesen tod
auAerordentlicbem Notseii waren. Auf dner derselben erfand Borda
1776 seinen Kreis, welcher ftlr askronomisefae Beobaehtongen auf See
lortaa von gxoiser Bedentang wurde. Andere Forseher beschlütiglen
sieh mit der Berechnung der L&nge durch M onddistanzen und der Be-
obachtang und Prüfung der Chronometer an Bord. Viele geographische
Punkte wurden durch astronomische Beobaehtongen festgelegt und
danach die Seekarten verbessert.
In diese Zeit fiUIt auch der Bau des ersten Trockendocks in Toulon,
weicher 1774 begonnen wurde. Zehn Jahre später wurden die greisen
Hafenbauten in Gherboufg in Angriff genommen. Um die Rhede von
Cberbonig durch einen Wellenbrecher abzuscbliefsen, hatte damals
der Ingenieur Cessart vorgeschlagren, neunzig enorme Holzkasten mit
Cement gefüllt in einer fortlaufenden Reihe zu verseDken nnd den
Baom zwischen je zwei dieser Kasten bis zur Oberfläche des höch-
sten Wasserstandes mit Steinen auszufüllen. Dieses Projekt wurde
Ton der Regierung angenommen nnd im Jahre 17S4 der erste Kasten
ins Meer gesenkt, er sollte den östlichen Endpunkt des Dammes
bilden. 1786 inspicierte der König die Hafenarbeiten, 1789 waren
zwanzig solcher Kasten versenkt. Dieser Wellenbrecher, w(>h! einer
der grüfsten. welche existieren, ist erst in vierzig Jahren fertig ge-
worden, da der Baa häufig durch Stürme nnd Flutwellen arg mit-
genommen wurde. Seine Länge beträgt ca. 4000 m, seine mittlere
Breite auf der Grundlinie etwa 270 m. und seine Höhe ca. 2<i ni.
Durch dif'spn Wellenbrecher ist ein grofser Hafen geschaffen wordf-n.
in welchem Kriegsschiff«' jed«"r Art und Oröfse ankern küniien. Die
we!?tliehe Kinfahrt ist mvhr als 2 Seemeilen, die östliche 4(j<> ni breit,
dnrcb jede können die Schiffe bei allen WiUenmgsveibältuibseu eiu-
laofen.
Ch rti ur- hat jetzt acht Trockendocks und elf Hellings, das
groi>i- !• ' k i-t llH» m lang und 27 m breit.
wurde von dem damaligen Marinemini-^ter Frankreichs eine
MTDariere Kontrolle des Kr^atzwe^^ens für die Marine eingeführt, um
die genaue Reihenfolge der eiuzubtrufendon Jahrgänge b<-ser inne-
halten zu kennen nnd dadurch den nicht einberufenen Seeleuten Gelegfu-
heil za L'» f>eri. auf Kautiahrteischifff n zur See zu fahren oder Fi^^chert-i
zu bt-tr^-ibt-n Zu diesem Zwt-ck wurde das ^^f^amt*' Kii-tt-ngebiet
Frankreiebs in !i**ch^ Departements (.Seeb»-/irk»- 1 mit den Hauptstädten
liiiiikifch^ü, Havrt-. Bre>l. l: ^ hefort, Bordeaux und Toulon eing» !« ilt.
Jedes Departement wurde nach seiner Grölse in \( rs( hi'-d»'f)e l nter-
bejürke. jeder L'oterbezirk in >,\Ldikate nach der rauiiiii< h« n Aüi^-
dehnong und Antahl der Seeleute, welche sie enthielten, eingeteilt.
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64
Die Estwiekalung des frftiusOaUcben Seewesraa seift Colbert
An die Spir/e wurde ein Oeneralinspekteur der Klassen gestellt, welcher
aus den Fla^g-oflizieren der Marine bestimmt wurde, unter ihm stan-
den vier Inspekteure, einer ftir Brest, einer (\\r Toulon, einer fUr
Rochefort und Bordeaux und einer für Ha\Te und DUnkirchen. Die
Inspekteure waren verabsehiedete Linienschifiskapitäne. Mehrere
Unterhc/irke bildeten ein Arondissement, an deren Spitze unter
den Inspekteuren die Chefs des classes standen, welche aus verab-
schiedeten LinienschiffskapitUnenoder Linien.schillsleutnants aus^^ewählt
wurden. Diese hatten \ erwaltung;sbeaniten unter sich, welche mit
der genauen Führung der Einschreibelisten, der gesamten Kechnungs-
führung, der Einteilung in Klassen, den Aushebungen und Musterungen
betraut waren. Zur Unterstützung derselben waren in jedem Syn-
dikat wieder Aufsichtsbeamte angestellt, welche aas Yerabsehiedeten
Deckofifizieren, Unterofliriereii, Kanffahrteikapitäneii und Steaerlenten
aoBgewäbll wmrdai. In jedem Unterbesirk wurde ein Zahlmeister
mit der Verwaltung der Kasse fllr die Seelente betrant, wodoreb
den Angehörigen derselben ermöglicht wurde, wihrend Ihrer Abwesenheit
Heimataahlnngen zu erhalten. Diese Organisation ist im grofsen and
ganzen bis zum heutigem Tage dieselbe geblieben.
Napoleon I. verfllgte im Jahre 1800 die Einteiinng des ge-
samten Küstengebiets Frankreichs in sechs Seebezirke mit den Haupt-
stftdten Brest, Lorient, Roebefort, Tonlon, Havre und Anvers ond
stellte an die Spitze derselben einen Seeprftfekten, welcher ein Flagg-
offizier der Marine, General der Armee oder ein hoher Verwaltnngs-
besmter sein konnte. Diesem worden anmittelbar miterstellt in den
KriegshKfen ein hoher Seeoffizier als Oberwerftdirektor, welcher zu-
gleich den Befehl Uber das seemünnische Personal und die Seeartillerie,
weiche Napoleon zur Verteidigang der Kriegshäfen geschaffen hatte,
ausübte, femer ein Schiffbaadirektor, ein Hafenkapitiln und ein
Verwaltungsdirektor, welcher zugleich mit den ElnschreibeUsten für
das seemännische Personal des Bezirks und dem Anshebungswesen l>e-
trant war. Diese bildeten unter dem Vorsitz des Seeprftfekten den
Verwaltungsrat des Kriegshafens. Auf dieser Grundlage wurde 1844
das gesamte Ktlstengebiet Frankreichs in fünf Seebezirke eingeteilt,
diese Einteilung ist die noch heute bestehende. Eine andere sehr
wichtige Einrichtung Napoleons war die Organisation der KUsten-
beobacbtungsstationen längs der ganzen franzAsisehen Küste und
des Eqoipagensystems für die Flotte. Letzteres wurde nach dem
Sturz Napoleons von den Bourbonen wieder abgeschafft. Nach
längerem Stillstand, welcher durch die ilherstandenen grofeen Kriege
veranlafst worden war, wurde erst unter der Regierung Louis Philipps
dem Seewesen wieder die gebührende Sorgfalt zugewendet, in
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Die Entwiekelmig des fraaiSsfaeben Seewesens seife Ck»lbert.
65
diese Zeit fällt die EinftUurang der eisernen Wassertanks auf den
Si liiflt'n, des stf^hcnden Gats aas Draht, der Ankerketten, sowie die
EinriebtoDg, die Seitenboote in Bootsdavits zu heitsen, nm die Be-
dienung der Geschütze aat dem Oberdeck nicht za bindern. Die
Kopferan^ der Schiffe war schon am Ende des vorigen Jahrhunderts
nach dem Vorbilde Englands in Frankreich i infrt fUhrt worden. Diese
Verbesserungen hatten die Sej^clschiffe zur Zeit Louis Philipps auf
eine hohe Stufe der Kntwickeiung gebracht In diese Zeit gehört
auch die Einführung der Paixhanskanonen. der SchlH^öhren und
des Perkussionsschlosses. wodurch die Bedienung der Artillerie auf
den Schiffen sicherer und schneller wurde.
Seit 1820 hatte sich das Marineministeriura mit der Einführung
\oü Dampfschiffen in die Marine beschäftigt. Das erste Dampfschit),
welches den Namen eines Kriegsschiffes verdiente, die ..Sphinx",
wurde im Jahre \H21 erbaut. Dasselbe hatte die Dimensionen einer
frUberei) Korvette, auf dem Vordeck und am Heck waren je eine
grol'se Kanone und in der Breitseite einige kleinere Kaiiber auf-
gestellt. Damit das Schiff durch die Radkasten nicht zu breit wurde,
war der Rumpf an diesen Stellen etwas eingezogen. Die Maschine
war eine Niederdruckmaschine von 1(>0 Pferdekräften, welche in
England gebaut worden war. da man in Frankreich so grolse Schiffs-
maschineu damals noch nicht herstellen konnte. Die Geschwindig-
keit betrug 7 ^ Knoten. Nach diesem Typ wurden mehrere Rad-
dampfer gebaut, weiche alle die Bezeichnung .,U)0 " nach den Pferde-
kräften der Maschinen erhielten. Später wurden grülscre Sehifle von
dem Typ der Sphinx" gebaut mit .Maschinen von 450 Pferdekräften,
welche ihnen eine Geschwindigkeit von 10 Knoten verliehen. Diese
Schiffe konnten mit ilireni Kohlenvorrat ülter den atlantischen Oeean
gehen, daher sie transatlantische Fregatten genannt wurden. Sie
waren mit 22 Kanonen armiert, aber wenn sie gegen die früheren
Schiffe auch ein bedeutender Fortschritt waren, konnten ihre See-
eigenschaften doch nur als mittelmälsige bezeichnet werden. Diese
Sebiffe hallen ungeschützte Maschinen, weiche sehr viel Kohlen ver-
brauchten, dahor sehr kostspielig waren, aneh waren die Badkisten
und Ruder leiohl Besohädigungeu und ZerstÖrangen durch feuidliehes
Feuer ausgesetzt, daher beschäftigten sieh die tianzOsisehen In-
genieure sehen frühzeitig damit, die Sehranbe zur Fortbewegung der
Sebiffe anzuwenden. Aber erst im Jahre 1848 wurde das erste
Schraubensebiff in Frankreich, der Aviso „Napoleon" gebaut, es war
von dem Ingenieur Nonnand in Havre konstruiert worden nnd da-
mals ein Heisterwerk des Schiffbaues. Die in Frankreich gebaute
Maschine von 200 PferdekrSften gab dem Schiff eine Geschwindig-
JikAKttor Ar 41« «Mtotl« Aidm oad Maria*. N. lISw 1. 5
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06
Die Entwickelung des iranzüsischeu Seewesenis seit Colbert.
keit TOD 10 MeüeD pro Stunde, aaeh seine Segeleigenschaflten waren
sehr gute. Einige Jahre s|Mlter konstmierte der französische Kapitän
Labronsse den Sebranbenbmnnen aof nenen Schiffen, um die Schranbe
beim Segeln lichten zn können. Das erste Schiff^ welches so gebaut
wurde, war die Korvette nChaptal'*.
Unter Gnizot, welcher zeitweilig Marineminister im Jahre 1847
war, worde nach den Plänen des Ingenienr Dapny de Ldme ein
Zweideckerlinienschiff von 100 Kanonen mit einer Ifaschine von 900
Pfeidekiifken gebant. Das nene Schiff hieCs zuerst der „24. Febmar^*,
später der „Präsident^* nnd znletet „Napoleon'^ Es machte seine
ersten Probefahrten im Jahre 1862, aof denen es eine Geschwindig-
keit Ton 12*/a Meilen erreichte. Dies war ein sehr bedeutender
EIrfolg im SchiiT- and Maschinenbau, und begann damit das Ende der
Segelschiffe in der französischen Kriegsmarine.
Zur Zeit des amerikanischen Secessionskrieges begann in Frank-
reich der Bau von Hocbseepanxerschiffen. Nach den Plänen drs
Ingenieur Dupuy de Lome wurden mehrere Fregatten gebaut, welche
in der Wasserlinie, 2 m unter derselben und ganz Uber der Wasser-
linie vom Achter- bis zum Vordersteven mit 12 cm dicken Eisen-
platten gepanzert wurden. Diese Schiffe erhielten starJce Maschinen,
die äufseren Formen waren wenig von denen der Schilfe vom Typ
„Napoleon'' verschieden. Die durch den Panzer entstandene flewichts-
vermehrnng wurde durch Verkleinerung der Takelage und den
Fortfall der zweiten Batterie ausgeglichen. Die erste so gel)aut<'
l'anzerlrejrattc „La Oloire" tnaehte ihre Probefahrten im Jahre ISiJO,
sie rolltf jednph sehr stark und murste schon sehr frllhzeitijL: die
(les("hütz[)torteu scblielsen. Dujiiiy de Lome konstruierte daher zwei
neue gepanzerte Zweideckerliuieuschitie, ...Magenta" und ..Solferino".
Dieselben hatten ein Deplacement von 70(X) Tons und wurden nur
teilweise aber starker wie die ersten Panzerfregatten j:epanzert und
zwar 1'/, m Uber und unter der Wasserlinie und die Batterien jranz.
Auf diesen neuen Sehillen konnten die Geschütze besser bedient
werden , die Sehitl'e hatten nur geringe Schlinger- und Stampf-
Uewegungen und führten für die Kriegsmarinen und das Seewesen
Frankreichs eine neue sehr bedeutende Umwälzung herbei. Der
schnelle Fortschritt im Kriegsschitfbau Frankreichs wurde durch den un-
glücklichen Krieg gegen Deutschland 1870/71 gehemmt. Nach dem-
selben wurde 1872 ein I'rugrauim des Marineniinisters zum Umbau
der zum Teil veralteten und den Anforderungen nicht mehr ge-
nügenden Flotte von der Kanuner angenommen, nach welchem die
englischen Schiffstypen mehr oder weniger verändert zum Vorbild ge-
nommen wurden. In den Jahren 1872— 7;i wurden zwanzig Kriegs-
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Die EntwiokeliiBg des IruiBOiäsoben Seewesens seit Oolbert
67
schiffe nach den Plänen sehr hervorra^'rnder Injrenieure auf Stapel
g:esetast, und von 1873— 7S der Bau von 8!» Sohitlen xerschiedener
Klassen, darunter einige der grölsten Panzerschitlr. schnelle Kreazer
und einer g'rofsen Zahl von Torpedobooten anfrclanfren. Auch im
Bau der modernen ungepauzerten Flotte wurden sehr bedeutende
Fortschritte fremacht. Alle Schilfe alten Typs, Segelschiffe, hölzerne
Schraubensehitfe und Haddanipfer wurden aus der Liste der Kreuzer
gestrichen, diejenigen, welche nicht verkauft oder abgebrochen werden
konnten, wurden im Hafendienst verwendet und durcii neue Typen
ersetzt. Nach dem Programm von 1872 sollte die neue Flotte 8
Kreuzer erster, 8 Kreu/.er zweiter und 18 dritter Klasse, 18 Avisos,
[V2 Kanonenboote und 2.") TransportschitVe erhalten. Wenn man die
Thätigkeit betrachtet, welche seit 187:5 in der franziK^ischcn Marine
entwickelt wurde, so kann man ihr seine volle Hewunderung nicht
versagen. Die Kiesenanstrengungen, welche gemacht wurden, unj
die Flotte za reorganisieren, kamen denen zur Neugestaltung der
Armee völlig gleich. Wie Frankreich sich eine von der des Kaiser-
reichs gttnzHch Terschiedene Armee geschaffen Iiat, so hat es auch
eine ToUkommeD neue Flotte sich ^baat Frankreich besitzt beute
die 2wei$grO[8te Flotte der Welt, seine Ausgaben für das Seewesen
werden nnr Ton England ttbertroffen.
Wenn man in Betracht zieht, dals Frankreich nach einem yerlorenen
Kriege, welcher ihm aa&er andern schweren Opfern und Yerlnsten
eine Rriegssehnld von fünf Milliarden auferlegte, in einer nnglanhlicb
kurzen Zeit dies erreicht hat, so ist dieser glänzende Erfolg, welcher
mit Recht das Staunen und die Bewunderung der Mitwelt erregt bat,
ein beredtes Zeugnis Ton der Energie und Lebenskraft dieses in-
telligenten Volkes, und die vorschnellen Urteile Uber seinen Nieder-
gang können nur mit Achelzncken belächelt werden. In dieser Hin-
sieht sollte das siegreiche Deutschland, welches nach dem Kriege
um seine Existenz schnell zu einem ungeahnten Wohlstand sich empor«
geschwungen hat, dessen Handelsflotte die zweitgrOlste der Welt ist
und dessen Industrie auf dem Weltmarkt mit die erste Stelle ein-
nimmt, sich das geschlagene Frankreich zum Vorbilde nehmen und
sich eine seiner GrOfise und Stellung als Grofomacht würdige Flotte
schaffen. Jeder Deutsche mtlfste es als eine heilige Pflicht gegen
das Vaterland betrachten, heinerseits dazu beizutragen, dals Deutschlands
Kriegsmarine aus ihrer unwürdigen Stelle im Konzert der seefahrenden
Mächte so schnell wie möglich herauf kommt zu der Höhe, welche
ihm gebührt. Leider lassen sich Fehler, welche seit Jahren gemacht
worden sind, nicht so schnell wieder gut machen, namentlich nicht
in maritimen Dingen. Eine Flotte improvisiert sich nicht, hat sehr
6*
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68
Dm Heerwosen Phragnays.
treffend der französische Adroiral Aobe gesagt Gauz besonders hat
das Tiel zu starke Betonen des rein defensiven Charakters der
Marine, me es sich der Nachfolger des General von Stosch zur
Ricbtschnar seines Handelns nahm, der dentschen Marine geschadet.
Hätte damals unsere Marineleitung einen weitsichtigeren Blick gehabt,
statt der auf hoher 8ee uiibraucliharen Kllstenverteidigungsschiffe
der Baden- Klassf SohlachtschiÖe zu bauen, und wäre sie mit regel-
mäfsigen und planvollen Forderangeu von derartigen Neubauten an
die Volksvertreter herangetreten, so würden die Nachfolger dieser
unfruchtliarcn Ära eine willfahrigere und weniger mifstrauisehe Auf-
nahme im Keichstage gefunden haben. Es ist die höchste Zeit, dals
das deutsche Volk sich ermannt und seine Vertreter im Reichstage
zwingt, für eine bedeutende \ ermehrung unserer darniederliegenden
Flotte einzutreten, ehe es zu .spät wird. Gelingt es England, mit den
Boren fertig zu werden, so wird es sehr bald danach trachten,
Deutschlaiul aus Afrika zu verdrangen, wo es ihm unbequem ist.
Auf Bündnisse allein kann Deutschland sich nicht verlassen, sie sind
trUgeriseli uud mit Kompensationen verknüpft, eine grofse Nation mufs
durch und in sich selbst die Kraft und die Macht haben, ihre (beschicke
zu leiten und. wo es Fiot thut, mit Erfolg das Schwert in die Wag-
schale werfen zur Wahrung seiner Ehre und seiner vitalen Interessen. —
Auch heute gilt das Wort, welches jeniT alte Kömer dem Senat
zurief, für jeden wahren Vaterlandsfreoud: „Caveant consules ne
qoit detrimeuti capiat Respublica.*'
V,
Das Heerwesen Paraguays.
Einst wehten die rot-wd/s-blaaeo Streifen im Kriege gegen
Brasilien, Argentinien und Uruguay Uber einer Armee tod 70000 Ins
300000 Mann mit 200 GesebfltKen, naolidem der grofte PrSsident
Lopez mit fester Hand die Regierung des Landes geleitet nnd es
in einem blühenden Zustand ohne Sehnlden, seinem Sohn (fast
testamentarisch) Übermacht hatte! Dann sanken Macht und Ansehen
Paraguays infolge der Verluste des heroisehen Krieges Ton
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Das Ueerweaen Paragnaya.
69
1865 — 187(1 in den Staub, nm sich von der schweren Nicdcrlafre
bis heute nicht wieder ^jänzlich erholt zu haben! Hraehteii al»er auch
jene Kämpfe Entbehrunfren, Manjrel und Not, unvergessen sind
dennoch die Züge wahren Heldeutunis, die den Verzvreitiun<rskanipf
schmückten und ihn /u einer jrrolsen, wenn auch schmer/vollen
Erinnerung' für das Land machten, dem er schliel'slich fast die
Freiheit gekostet hätte.
Jetzt würde nur von unblutigen Parteikämpfeu zu erzählen sein
und den Begrifif eines geftlllten Staatsschatzes — den gab es bisher
oitdit wieder! Die Republik hat heute eine GfOIse toü 317000 km
mit 500000 Einwobnern (danmter 1800 Deotsche). Ihre finanaellen
VerfaftltniMe sind zu eii^entttmlieh, am sie hier nicht erwähnen zu
sollen. Für 1900 ist da» Budget mit einer Einnahme Ton 1152254
Pesos in Gold (1 Peso = 4,08 Mark) und mit einer Ausgabe von
8122179 Pesos Papier als balancierend bezeichnet, wonach der
Knrs des letzteren etwa am 700 geringer ist Entsprechend hoch
sind die Staatsschulden, obwohl sie soeben eine grolse Verminderung
erfahren haben. Sind doch Brasilien und Argentinien Überein-
gekommen, der Terarmten Regierung die Zahlung der Kriegsschuld
zu erlassen, ein Geschenk, das mit grofser, sehr erklärlicher Be-
geisterung angenommen wurde, betrug die Summe doch mit Zinses-
zins: Zweihundert acht und neunzig Millionen Pfund Ster-
ling. Ebenso zufrieden wie der EmplUnger kttnnen die Geher sein,
denn solche Schulden kann man eben nicht bezahlen, umsomehr, da
seit Beendigong des Krieges nunmehr 29 Jahre vergangen sind.
Immerhin läfst es sieb wohl erklären, dafs ein Finauzminister Para-
guays auf das Sparen angewiesen ist und das «geschieht denn, wenn
meist anch am unrichtigen Ort und besonders bei den Beamtengehältem
und der Armee.
Letztere ist auf das ganze Land zerstreut und thut zugleich
Polizeidienste.
Es sind garnisouiert in:
Villa Hayes. nahe der Hauptstadt: 9 Stabsoffiziere, 27 Haupt-
leute, 86 Leutnants, 182 ünteroftiziere, 5(K) Soldaten. In Asuncion:
6 Offiziere, 8 Ünteroftiziere, 4 Spielieute, 78 Soldaten. In Hahia-
Negra: (5 Offiziere, 10 Unteroffiziere. 40 Soldaten. In Fuertc Olinipo:
5 Offiziere, 10 Unteroffiziere. 60 Soldaten u. s. w. In Summa (ver-
teilt auf 15 Garnisonen): 2! Stabsoffiziere, 45 llauptieute, 47
Leutnants, 57 Unterleutnants. h;2 rnterolfi/.iere. Sdl Soldaten.
An festen Verbänden sind im (iiin/.en vorhanden:
1 Infanterie-Bataillon zu 4 Kompafrnicn CJöO Manu), 1 Kskadron
Kavallerie (12Ü Mann), 1 Batterie Artillerie.
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70
Dm Heerwesen Peragneys.
Aulserdetn: 2 Musikkorps mit 150 Köpfen.
Ein grol'ses MUitärlazarett befindet sich in Villa Uayes.
Auf dorn Paraguay sind 2 Kanonenboote mit 2 Offizieren, 2
Ma-schinisten and 12 Marinesoldaten stationiert.
Wenn auch die allgemeine persönliche Dienstpflicht zwar ein-
geführt und jeder Bürger vom 20. bis 35. Lebensjahr ihr gesetzlich
onterworfen ist (ausgenommen sind die Besuchf-r hrthen r Schulen),
80 kommt sie doch in Wirklichkeit nicht zur Ausfuhrung, da nur
ca. 100 Mann jährlich in das aktive Heer eingestellt werden Das
Verfahren ist derart, dal's dem betreffenden Polizeiehei die lierbei-
schaffung einer gewissen Zabl üekruten ;ius seinem Departement
aufgegeben wird. Dieser sucht solche nach Belieben aus, natürlich
diejenigen, welche ihm uubequem oder arm. sind. Die aktive Dienst-
zeit für einen P>ingestellten beträgt dann 4 Jahre, während welcher
Zeit der Soldat aber gut behandelt wird und sich wohl fühlt, ist er
doch durchweg viel besser ernährt und bekleidet als zu Hause. Die
Trupp»' macht infolge des gutbeanlagten Mensehenmaterials einen
nicht unmilitärischen Kindruck; dafs die Leute — aufser bei
Parade — meist barfuls gehen, entspricht der Landessitte.
Von der Eskadron sind nur die Offiziere lieritteu; die Mann-
schaft ist zur Hälfte mit Lanzen ausgerüstet. Soll sie ausrUcken,
80 werden Pferde geliehen. In Summa sind fUr diese und ähnliche
Zwecke im Budget 72()() Pesos ausgeworfen.
Die vorband r HO Batterie ist ohne Bespannung und führt gute
Hinterlader-Kanuüt II sowie 2 Mitrailleuseu. — Nebtni den pcrnia-
nenten Truppen ist noch die militärisch organisierte guardia civil
— 250 Mann — zu nennen, welche den Polizeidienst in Asuucion
versieht Eine bisher ^vorhandene Kompagnie Marinesoldateo wird
immer mehr vermindert.
Dnreh Dekret Tom 17. Dezember 1898 ist im Wetten des
Staates eüie Militärkolonie ein^riehtet Dieselbe steht onter einem
Stabsoffizier^ welchem 1 Hauptmann, 1 Zahlmeister und so viel Ser-
geanten beigegeben sind, dals ein solcher auf 20 Bewohner der-
selben kommt Diese bestehen ans HilitftiBtrttflingen, welche anf
diese Art einen bisher wüsten Teil ihres Vaterlandes bebaaen
mttssen nnter Aufsicht; nach abgebttCster Strafe kann ihnen, im
Falle sie sich für diesen Berof eignen, ein Stttck Land zanttchst
provisorisch tibergeben werden, das ihnen als Eigentum zufällt,
wenn sie nach zwei Jahren 100 Orangen-, 50 andere Fmchthäome
gepflanzt, eine bestimmte Bodenfläche mit Mais, Zackerrohr, Kar-
toffeln in Betrieb and ein Haas für sich gehaat haben. Die Vei^
waltnng anterhtUt Läden für Fleisch and ViktaaUen, der Verkauf
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Du Hflerwmen Paragiuiy«.
71
TOD Schnaps ist streng yerboteo. Zu ähnlichen Bedingungen wie
für die Milikärgefangenen kann aaeh an Pri?ate Land abgegeben
werden.
Die Ausbildmig der Trappen erfolgt nach französiscber Art, die
Einzelarbeit ist Temaohlässigt, Übungen im Tiraillieren fehlen
gSnzüeb, ebensowenig giebt es Schielsttbongen. Es wird täglich ein
Pensum von l*/«— Stunden heranterexerciert nnd damit ist der
Dienst zu Ende. Für die Infanterie ist 1897 ein nenes Reglement
herausgekommen, dessen Einzelheiten aufzufUhren zu weit ftUucen
würde. Es sei hier nnr angegeben, dafis die Griö'e in Tempos
geübt und zunächst langsam, dann schneller ausgeführt werden sollen.
Die Belehrung bat in einer Weise zu geschehen, dafs sie auch der
wenigst beanlagte Rekrat versteht. Heftig«* Stöl'se und Schläge am
Gewehr sind zu veraieiden. Die Aufstellung der Truppe ist dabei
in einem Glied; auf eine feste sichere Haltung soll hingearbeitet
werden. Marschiert die Tiui»]ie im Schritt. s<j nimmt sie auf das
Kommando: ..Do})pr'lscliritt" das Gewehr auf die linke Schulter. Als
Hdiiiienr ini Marsch gilt das Kommaudo Augen rechts oder links.
Eigentümlich ist das Vt'rhalten der Schildwache bei Honneur von
^.Gewehr ab". Der Mann nimmt dabei 4 Schritt vor der zu ehren-
den Person ..Gewehr über ', behält aber die rechte Hand am Schiols,
folgt mit den Augen auf wiederum 4 Schritt und bringt dann erst
die rechte Hand mit einem Ruck an die Seite.
Das Offizierkorps ist — wie in Südamerika durchweg Üblich
— sehr zahlreich und zertiillt der Charge nach in Divisions- und
Brigadegeneral, Oberst, Oberstleutnant, Major, Hauptmann, Leutnant,
Unterleutnant oder Fähnrich; in letzter Zeit hat man mehrfach
Offizier- Aspiranten nach Chile zu ihrer Ausbildung geschickt, es
sind im Etat dafür jährlich 1200 Pesos ausgeworfen.
Die Unteroftizier-Chargen sind: Erster und zweiter Sergeant
erster und zweiter Corporal.
Es wird merkwürdig empfunden, wenn man von Divisionen und
Brigaden im Mobümachungsialle hört, aber abgesehen davon, dab
eine Brigade nur aus 2 Bataillonen, bei der Artillerie ans 2 Batterien
ä 6 Gescbtttzen bestehen soll, mufs man sich auch erinnern, dals
Paraguay, welches 1872 allerdings seine nördlichsten Gebietsteile
an Brasilien verlor, während des Krieges bis 300000 Mann unter
den Waffen gehabt hat. Diese, damals ebensowenig wie heute aus-
gebildeten Soldaten, schlugen sich — unter einer energischen
Führung Uber alles Lob, und in gleichem \ erhältnisse würde
man auch jetzt noch dasselbe zu erwarten haben. Die brasilianischen
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72
Dw Heerwesen Paraguays.
Hiliztrappen sind ebensowenig aosgebildet wie die ParagDays»
während Argentinien allerdings mehr in dieser Richtung yorschritt.
Das sind aber diejenigen Feinde, mit denen die RepnblilL infolge
ihrer kontinentalen Lage allein zn thnn bekommen durfte, da
Bolivia zunächst mit sich selbst genttgend beschäftigst ist Dem
entspricht anch die gesetzliche Auffassung, nach welcher ein para-
guayischer Soldat nur ein bewaffneter Bürger ist, der allein während
des Dienstes unter dem Militärgesetz steht. — Die Verwaltung des
Heeres erfolgt durch den Krieg:sm in ister. dem 3 Offiziere und 2
Sekretäre zar Seite stehen. Im Kriege tritt ein Generalstab za-
sammen und sind besondere Formationen auch in dieser Hinsicht
vorgesehen. Wober die hierzu qualificierten Offiziere genommen
werden sollen, ist allerdings unklar, denn die wissenschafUichen
Anforderungen für diesen Beruf sind recht gering: Lesen und
Schreiben und der Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte! Die
Emennangen erfolgen v om Major an aufwärts seitens der Kammern^
bis zu dieser Char?:e durch den Präsidenten.
In allerletzter Zeit sind die monatlichen Gehälter festgesetzt
mit: Oberst 3(X), Oberstleutnant -ir.O. Major 200. Kapitän
Leutnant lOn. l. Sergeant 40, 2. Koi[)(»ral 25. Soldat 20 Pesos etc.
— Mit Rücksicht auf die demokratische Staatscinrichtung wird in
den offiziellen Veröt!entlichungen, eutireir'-n den meisten andern süd-
amerikanischen Staaten, das Wat!enband\verk nicht als das erst«'
bezeichnet, sondern als ebenso gut und ebenso schlecht wie jeder
Civilberuf. Das Duell ist verboten: ,.Tapterkeit und Moral zeigen
sich aut dem Schlachtfeld und in der genauen Erfüllung der
Prtichten, doch wird verlangt, dafs die Haltung eines Militärs
kriegerisch, würdevoll und ungezwungen sei, ebenso fern von Affek-
tation wie von Kleinmut^. „Schlaffheit und Weichlichkeit passen
nicht für diejenigen, welche ihr Leben gering achten."
Die im Jahre ISOS eingebrachte HUrgerwehr Vorlage ist von
beiden Kammern angenonmieu und von der Regierung zum fieset/.
erhoben worden. Die aktive Bürgerwehr besteht aus allen ledigen
Bürgern vom is. bis zum 35. I>ebensjahrc, die Reserve aus den
verheiratelrii lUirgern vom 18. bis 40. und aus den ledigen vom
bis 4."». Jahre. Die .Aushebung geschieht in der Hauptstadt
durch das Kriegsministerium und im Kamp durch die Ortsbehürden.
Befreit vom Dienst sind — abgesehen von körperlicher Untauglichkeit
— die Mitglieder der Staatsgewalten, Schollebrer, Post- und Tele-
graphenbeamte, Angestellte der Eisenbahn soweit sie nnc»itbehrlich,
Arzte und Ueilgehilfen, Angehörige der Qeistliehkeit, sowie Söhne,
welche für den Unterhalt hochbetagter oder erwerbsunfähiger Eltern
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Das Heerwesen Paraguays.
7a
m sorgen haben; letelere sind jedoch nur ron der aktiven Bttrger-
wehr befreit und haben in der Reserve Dienst zn leisten.
Die Lehrllbnngen danem während 4 Monaten im Jahr an jedem
Sonn- und Feiertag 3 Stunden. Fehlen bei diesen Übungen wird
mit 3 bis 6 Tagen Eixereitien in der Linientrappe bestraft.
Wer sich der Einschreibung in die Ausbebongslisten entzieht,
wird mit 1 Jahr Frontdienst im stehenden Heere bestraft.
Die Regierung soll fttr Bewaffnung und Unifonniernng der
Gnardia National sowie ftlr deren £rbaltnug Sorge tragen.
Alle Jahr einmal kann die aktive Btligerwehr ganz oder teil-
weise zn Kasernen* und Feldttbungeo eiuberafen werden, die aber
nicht länger als 60 Tage währen dürfen; in dieser Zeit beziehen
die Nationalgardisten Kation nnd Sold in derselben flöhe wie die
Linientrappen.
Nach dem „Boletin Oficial ' ist dw> Militärbudget fllr 1900 mit
540000 Pesos festgesetzt und weist gegen trliherere Jahre (abgt'selien
von 1899) eine grulse Verminderung nach, nicht zum Besten der
Armee, aber der jetzt ailgemeiueu Hichtong in Südamerika folgend:
Ersparnisse da zu machen, wo sie am meisten schaden, wo sie in
Zeiten der Not nicht wieder einzubringen sind ond oft mit dem
Ansehen, ja mit der Freiheit des Landes bezahlt werden müssen!
Die Infanterie träjrt dunkelblaue Köcke ond Hosen mit roten
Abzeichen, die Kavallerie hat rote Hosen. Die Artillerie ist in der-
selben Uiiit'(irni-(Trundfarhe p'kleidet, jedoch mit karmoisinroten
Abzeichen, vorn am Käppi hat sie 2 «rekreuzte Kanonenrohre und
eine Granate. Oewühnlich werden dunkelijlaue Hlouse und Hose
mit roten Ahzeiehen von allen Waffen und im Sommer weifse
Anzüge getragen. Die Gala-l'nitorm lllr Generäle ist reich mit
Gold gestickt. Die Generaistabsottiziere und Adjutanten des Präsi-
denten haben Fangschnüre in Gold und Silber. Die Generale
können aulser Dienst Civil anlegen; in Unifonn dürfen Sonnenschirme
vom .Militär nicht getrajren werden. Die Bewaffnung ist eine gute,
die Infanterie führt Winchesterbüehsen, die Kavallerie den Karabiner
und zum Teil Lanzen. Das Artilleriematerial lagert, ebenso wie
dasjenige der Infanterie, teilweise Im Armeepark zu Asuncion.
Es sind 4-, 6- und Seni-(ieschtttze (teilweise Krupp) vorhanden.
Die Disziplin ist in ruhigen Zeiten ganz gut und hält auch, bei
eiserner Strenge, \m Kriege. Bei innern l nruhen ist aber auf
die Truppe kein Verlals und kann es nicht sein. Da die Soldaten
auf die Verfassung vereidigt sind, ist jeder berechtigt, sich ein
Urteil Uber Thnn and Lassen des Präfildenten zn bilden. Ja, der
gewissenhafte Mann wSie sogar irerpffichtet^ zn opponieren, wena
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74 Stärke, lUterial and Lelitungen dor Feld-Artlllerle im Barenkfiege.
nach seiner Ansicht I np^setzliches angeordnet wird. Es ist selbst-
verständlich, dafs damit Jede Widersetzlichkeit entschuldigt werden
kann und crstaunlieh, dals noch alles in so fruter Ordnung-,
wenigstens äufserlich. bleibt, wie es der Fall ist, so lauge — bis
eine ernstliche Probe auf das Exenij>el gemacht werden muls. Ein
solcher Zustand mag flir den sogenannten \ olksbegliicker ein
erstrebenswerter sein, der Soldat mufs ihn gänzlich verwerten.
Auch in Paraguay wird einmal die Stunde kommen, wo man
das Falsche der gepflegten Auffassung einsieht, möchte es dann
nicht zu spät sein und Volk wie Heer erneut jenen Mot und die
hervorragende Ausdauer zeigen, mit welchem es io seiner gri^üsten
Zeit sich die Bewunderung der Welt errang. T.
Vf.
Stärke, Material und Leistungen der Feld-Artiilerie
im Burenkriege.
Anfang Februar d. Js. erUBzte der Staatssekretilr Wyndham im
EngUschen Parlament, dals binnen Knizem (ohne die 8. DiriBlon and
^e 4. KavaUerie Division) 180000 Mann in Sttd-Äfiika stehen
würden, mit 234 Feldgesehtttasen, 54 Geschtttaten reitender ArtiUerie,
36 schweren (Feld-) Haubitzen, 36 Belagemngs- nnd 38 Marine-
geschützen. Dies würde bei einer Stiirke von rand 56000 Mann
regulärer Infanterie (Kombattanten) eine völlig ausreichende Artillerie-
Ansrttstang bedeuten, wozu noeh 50—60 halb-automatiBche Mazim-
gesohtltze hinzukämen.
Trotzdem haben während des ganzen Feldzuges die Klagen ttber
die zu schwache ArtlUerie nicht aufgehört, obgleich deren stete,
wenn auch „tropfenweise*' Verstiirkung, diejenige der anderen Waffisn
mhältnismäMg ttbertroffen hat. Eine nähere Berechnung ergiebt
sogar, daÜB die oben angegebenen offiziellen ZaUen in Wirkliohkdt
noch zu gering sind.
Während im Anfang des vorigen Jahres nnr 5 Batterien, im
Anfang des Krieges in Natal nur 7 Batterien (darunter eine Gebirgs-
^ lyui^L,^ 1 y Google
Stürko, Hatorial und LoiBtungen der Peld-AitUtorie im Baranlutoge. 75
batterie), im Kapland sogar nar 2 Festnngskompafiiieii standen,
war bis Mitte Febmar d. Jb. die ZaU der Feid- (and reitenden)
Oesehtttze anf Aber 860 angeBcbwoUmi. Denn aniser den DividonB-
Artillerien^) (immer 3 Bttm. pro DiviBion) worden noch besondere
Artillerie -Versttrknngen gesandt: am 13. Dezember v. J. 3 reitende
Batterien, dann die 4. Gebirgsbatterie f an Stelle der bei Ladysmith ver>
lorenen), sowie ans Indien 2 reitende Hatterien (N.A. nnd J.). 2Battcrien
der 7. Division trafen erst Ende Febmar ein.
Von den rqnd '360 Feldgesobtttzen gehörten znr Haoptannee
Roberts 156, zu Baller 60. /ii Gatacre 18, zu den Truppen bei
Arundel Naauport '2(> Geschütze; die übrigen standen ant den
\'erbindung-en, in den festen Punkten and Städten. Von den 18
Feldhaubitxen gehörten 12 zum Korpz Methuen, die andern za
dem Ballers. Von den Mariuege schützen befanden sich Mitte
Februar bereits 58 aasgeschiffit, deren 12 bei Buller, 8 in Ladysmitb,
12 bei Lord lloberts.
Dazu kamen Ende Februar oder im März noch weitere 72 Feld-
geschütze. 36 aus den Kolonien. 46 aus Eng:land (die 13. 1-4. 15.
Abteilung:, den letzten noch in Irland verbliebenen 14 Batterien
entnouuncii), sowie eine neue Ilaubit/.abteilung mit 18 Geschützen.
In der Mobilisierung begriffen sind noch 18 Feldgeschütze in England,
6 in den Kolonien.
Damit sind aber Eujrlands Kräfte nicht erschöpft, vielmehr sind
zur Bildung der Artillerie für 2 vollständige neue Armeekorps (48
Battericnl) sowohl von Araistrong- wie von Maxini-\ i'ckers neue 4,7
zollige und 6 zollige Geschütze bestellt, von di nrn 6 bereits Ende
Januar in See gegangen sind. Ob es sich bewahrhcitiit. dafs durch
die \ erzichtleistung Japans und anderer Staaten auf ihre in England
gemachten Bestellungen -zu < Gunsten Englands, oder mit Hilfe aus-
ländischer Finnen der Bedarf gedeckt werden soll, erscheint bis jetzt
zweifelhaft — ebenso ob für all diese Neuformationen die ausge-
bildeten Offiziere und Mannsehaften zu beschaH'en sind.
Ergiebt sich so die nummerische Stärke als absolut und relativ
sehr hoch, so sind auch die englischen Klagen über die Minder-
wertigkeit des -Materials nicht berechtigt. — Das Feldgesciiütz, ein
15'PfUnder, von 76,2 mm Kaliber stammt zwar aus dem Jahre 1884,
ist aber als Geschütz C/95 unter gleichzeitiger fiRBfarung des raucb-
sebwacben PnlreiB, albnäblieb sehr verbessert worden. £s ist daher,
Ton den grofeen mittleren Streuungen auf den weiten Entfemnngen
abgesehen (anf 6000 m ist die mittlere Lllngenstrenung mit As.
a. B. 142 m gegen 40 m des dentsehen Geschtttces) dem früheren
0 uud der Korpä- Artillerie BuUer»
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76 Stiirke, Material und Leistimgeu der Feid-.\j-tiiierie im BureDkriege.
deutschen FeldgeBchtltz C/88 in ballistischer Beziehiing nicht iriel
unterlegen. Aofiier Kartiltschen Terfeoert es nnr Sehrapnels, nnd zwar
Bodenkammerschrapnels mit Doppelzllnder ond 200 Kageln FttUong
nnd einer Anfangsgeschwindigkeit von 471 in. Der Brennzttnder reicht
bis 3650 m. Die Lafetten sind zun Teil mit hydranlischen Bremsen
versehen, die Fahrbarkeit ond Handlichkeit im allgemeinen aber nicht
hoch. Als Maximalschnfsweite flir Az. geben die englischen Schals-
tafeln anf horizontalem Boden (bei 15 Grad Erhöhnngswinkel) nnr
5000 m an, während es thatsilchlieh am etwa 2000 ro weiter tragen
könnte. Für die reitende Artillerie, für die das System C/84
besonders nngttnstig war, hat man, entgegen dem sonst Überall
erstrebten Prinzip des Einheitsgeschtttzes, nachträglich ein besonderes,
als ,4)rahtkanone'* angebautes Gühlitz einführen mttssen (jedoch
von demselben Kaliber 7,6 cm), das als 12-Pfllnder mit 263 Kl.
Zaglast pro Pferd das leichteste aller Feldgeschütze darstellt Die
Schrapnels sind wosentlich leichter, and mit dem Feldgeschütz ver-
taaschhar, aber nicht die Kartuschen!
Von den Granaten der 7-pfUndigen Gebirge batterie (4.) kann
man keine grofsen artilleristischen Leistungen yerlangen. Die mit
Lydditgranaten und Schrapnels ausgerüsteten 12,7 cm-kalibrigeu Feld-
HaubitzenM sind fllr den beweglichen Feldkrieg eigentlich schon za
schwer (die deutsche Haabitze hat nnr 10,5 cm Kaliber), und als
wirkangsvollcs Positionsgeschiitz wieder etwas leicht Von den etwa
30 schweren Geschützen des 1^» ! n jernngsparkes, dessen erster
Teil am {). Dezember TOn England abgegangen ist, liesteht der gröfsere
Teil an- iri,> cm. der kleinere aus 12,5 cm und 10 cm Haubitzen,
für LydUitgranatPii und nndfre rieschosse bestimmt.
Obgleich ursprünglich lUr die Belagerung der feindlichen liaupt-
stiidte bestimmt, würden die Engländer sie mit grolsem Vorteil auch
gegen die Burenstellungen im Felde verwenden können, was aber
nicht geschehen zu sein scheint. Durch Abänderung der Lafettierun^'
soll auch das 12-pfündige Schnellfeuer- Oesehütz der Festuiifr^^artilierie
für den Positionskrieg in Siulafrika brauchbar gemacht werden. Es
ist zwar etwas schwerfällig, verfeuert aber Lydditgrauaten bis auf
') Lydditi^ranatcn t'xistii'iten noch im Jahre I8i>7 nur Iflr die 15 em-Haiibitz«'.
Lyüdit iat geschmolzene Pikrinsäure; e.-* wird also kaum eine wosentUch hühere
Wirkung haben wie die FUllnng onserer .Sprenggranateo.
Die HsnbitM verfeuert 22,7 kg sobwere Sebmpnels mit 288 Kugefai und
bis 8100 m mit Brennzfbider. Die grOfste Sehnfoweite (Bogeniehtifft) mit As.
ist 4 500 ni.
Die Manusciialten sind ebenso wie bei den fahrenden Batterien mit PLstuleu
und pro Batterie mit 12 Karabinern ausgerüstet.
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StibkOt Matorlftl und Ldstongen der Feld-ArtiUerie im Bnreokilege. 77
lüOOO Vards Entfernung:. — Die Marine- (Flachbahn-) GesehUtze,
nafliträirlich fahrbar jreraacht, sind moderne Schnellfeuer -Geschütze
verschiedenen Kalibers und zwar von cm, 12 cm and 7,02 cm.
Die M ax im -(U* schütze bedeuten zwar mehr <'ine Verstärkung
des infanteriefcuers; sie müssen aber, bei der ^^rolseu KoUe, die
sie bisjetzt im Burenkriepre ^^espielt haben, erwähnt werden. Sie sind
Ijekaautlich nach Art der alten Mitrailleusen. deren Namen sie auch
vielfach führen, für Infanterie -Patronen einfrerichtetj jedoch sind von
den Engländern auch mehrfach schon solche für stärkeres Kaliber
als besonders wirksam erprobt worden. Je 2 solcher Maximgeschütze
bilden unter einem Oftizier eine ..Sektion''; jeder Infanterie- oder
Kavallerie brigade. und jedem Bataillon berittener Infanterie ist eine
solche Sektion zugeteilt. Die Maxiras der Infanterie haben besondere
Lafetten, während bei denen der berittenen Truppen das Geschützrohr
direkt auf der Protze befestigt ist.
Anders steht es mit dem l)Qnt ..zusammeugewürlelten'* und an-
scheinenil jdaulos zusammengestellten Artillerie - Material der
Buren, bei dem jedoch das sicher vorhandene von dem wahr-
scheinlichen zu trennen ist. Sicher ist, dals die Buren H moderne
Schnellfeuer- Geschütze haben, von Kaliber 7,5 cm, aber von ver-
schiedenster Herkunft: von Krupp, Schneider -Creasot, ja von Maxim-
Nordeofeld in England. Die Geschütze sind ziun Teil leicht, zum
Teil aefawer, mit oder ohne MetallpafcroDen, mit raaehaturkem oder
raadiBchwaebem PolTetf ohne oder mit fiimlehtiiog zum schneUeren
Feuer. Diecte 44 Geschtttze verfeaem (anlser Kartätschen) Granaten
nnd Stahlschrapnelfi Bz mit 450 m bis 460 ro Anfangsgeschwindigkeit»
and leisten ungefähr dasselbe in ballistischer Beziehung wie das
englische Feldgeschtttz, oder wie das deutsche Feldgeschtttz G/73;
jedoch sollen die von Grensot gelieferten schweien 7,5 cm hinsichtlich
der SchieMeistnng, der Beweglichkeit nnd namentlich der Munition
(Brauchbarkeit der Zünder,) weit hinter jenen von Krupp stehen. —
Anfserdem verfügen die Buren noch Uber 6 ältere, nur fttr Granaten
eingerichtete ,7,85 cm-Geschttize, Uber 4 alte 6 cm nnd 4 (6) neue
3,7 cm-Gebirgsgeschtttze von Krupp, 24 (oder 36) 8,7 cm-MaiBchinen-
kanonen von Maxim- Nordenfeld nnd 50 Maxim-Maschinen-Gewehre,
die zum Teil die Munition des alten Maztui- Henri -Gewehres, zum
Teil die des Mauser- Gewehres veischiel^en.
Die schwere Feld -Artillerie wird durch acht (oder zwölf}
12 cm -Feld -Haubitzen, zur Hälfte von Krupp bezw. von Schneider-
Creusot, repräsentiert; sie verfenem Granaten, Schrapnels undS p r e n g -
granaten, sind den englischen Feld-Hauhitzen an Beweglichkeit
wesentlich Überlegen, können aber ihre Munition gegenseitig nicht
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76 Sl&ke, Matorial und Ldstoiigea der Feld-ArtillMie im Borenkriefe.
Tertaaschen, so dafs hier in Bezug auf Munitionsersatz dieselben
Schwierigkeiten hostohen, wie bei den Übrigen Geschützen^ welche
ebenso wie die Uanbitzen meist in Batterien & 4 zosammengestelit
sdn sollen.
Als PositionsgeschUtze dienen 6 lange Kruppsche 15,5 cm-
Belagernn^sgcschUtze (darunter der .J^d?^' Tom'' vor Ladysmith t.
Bei einer Kobilänirc von Uber 4 m Länge verteuern sie fast 40 kg
schwere rrpschossc mit einer Anfaiv'-- 'Geschwindigkeit von 4Sü ra.
Die Zahl der .Schrapnelkupreln betrU-rt an 500. Diese schweren
Creusotireschtitze haiien sich im Gegensatz zu den 7,5 cm-Creuaot-
Feldkanonen bis jetzt gut bewährt.
Aulser vorstehend angeführten sollen aber nach Dokumenten,
die in Durban aufgefunden wurden, noeh eine grölsere Anzahl
(xeschUtze in den Jahren 1894 bis zum Heirinn des Krieges «'in^^'fUhrt
worden sein, abgesehen von 20 Geschützen, die uoch während des
Kricfres eingeschmuggelt worden sind, .lene Rechnungen zählen vor
allem scbsvere (4esehUt/.e auf, zum Teil von ganz kolossalen Dimen-
sionen; 1 davon sollen bis 12000 Yards weit schiefsen. /um Teil
zur \ erteidigung der Engpässe zwischen Natal und Transvaal und gegen
Tjadysmith, zum Teil für die Forts in i'n l »ria bestimmt sein. Ob
diese Geschütze teilweise mit den oben erwähnten 15.5 cm-Kanonen
identisch sind, ist nicht erwiesin. Ebenso ist von 4H schiiellleuernden
14*/,-pflindigen Schneider- Canet, sowie von 40 schnellfeuernden
Maxim-Geschützen die Rede; im ganzen sollen nach dieser Quelle
die Buren etwa 22<» -2:30 schwere und Feldgeschütze neuester Kon-
struktion besitzen.
Die Richtigkeit dieser Quelle lälst sich uoch nicht prüfen. Bei
der aniseroidentiieh geheimen Kriegsvorbereitnng der Baren, und in
Anbetracht des wohlerwogenen Bntschiosses. den Kampf mit dem
Weltreich England an&nnehmen, können die Schlolszablen schon
richtig sein.
Freilich hat sich bis jetsst die Baren -Artillerie bei vielen Gelegen-
heiten nammerisch sehr schwach gezeigt Aach der Umstand, dafa
nach dem eigenen Bericht des Majors Albrecht „er mit der Hftlfte
setner Artillerie von Natal nach der Modder geeilt sei, dort die beiden
Schlachten mitgekämpft, nnd dann mit derselben Artillerie am
15. Dezember wieder bei Oolenso mitgewurkt habe", dies alles spricht
eher für eine wenig zahlreiche Artillerie, macht aber der Gewandt-
heit der Boren and ihrer geschickten Ansnatzang der Eisenbahnen
anf der inneren Linie alle Ehre.
Jedenfalls ergiebt sich ans Vorstehendem, dafo das Material der
Boren im allgemeinen modemer and daher wohl leistnngsföbiger,
stärke, Material imd LeUtungen der Feld- Artillerie im Burenkriege. 79
aber dafür noeh viel mannigfaltiger ond insofern wieder nnzweek-
mäfsiger als das englisehe ist. Bei seiner Beschafihng haben jeden-
falls aooli ganz nnmilitirisohe, wabrsolieinUeh politiseh-wirtBehaftliche
MotiTe mitjgespioehen. — Sehen wir nnn ,wa8 die beiderseitigen Heere
bisher mit ihrem Material geleistet haben. —
Natttrlich Ittfst sieh heute bei der Unsieherheit und Einseitigkeit
aller Kaehrlehten noeh kein eraehOpfendos Urteil Uber die eigenartige
Erscbeinnng geben, dais bis jetzt die beiderseitige Artillerie meist
nnr eine nebensächUohe Rolle gespielt hat Immerhin aber lassen sieb
sehen manehe interessante Tbatsaehen feststellen, ans denen uament-
lieh hervorgeht, dats hier auf diesem Kriegsschaaplatze dnrcb ganz
besondere Verhältnisse eine eutscbeideode Thätigkeit der Artillerie
erschwert wird, and dafe man daher noch keineswe^^s ein allgemeines
angllnstiges Vorurteil gegen die Artillerie in ktlnftigen europäischen
Kriegen fassen darf.
Was zunächst die Klagen der EuL^länder selbst in Iktretl' der
Leistnngen ihrer Artillerie, namentlich hinsichtlich der viel gerin-
geren Sc hüls weiten, gegenüber denen der Baren angeht, so können
die Engländer infolge der oben envähnten, durch die Schulktafel und
Visiereinrichtung auf 5000 m fixierten Maximalschulsweite. die grölst-
mögliche Tragweite ihres Geschützes im Az- Feuer bis etwa 7500
bezw. 6500 ra nicht ausnutzen, welche die Buren mit ihren neuem
Oesehlitzen nach Eingraben des Lafettenschwaii/ps und besonders bei
ihren meist von oben nach unten gerichteten Flugbahnen
erreichen. Wahrscheinlich wi-rden dir Kurf n üIxt auch (mit dem
Krappschen Zeit/.ündcri i)is r.ut' 42(H) ni. also um (iOO ni wcilir wie
die EngUliultT mit 8chrapnels Bz. schidsen können. erklärt
sich auch, dals nach Angabc Vich-r, z. B. auch des Baltischen Ar/,t«'s
von Gernet, die meisten durch Englische .Artillerie hervorgeruteneii
Verwundungen (und sie sind bis Jetzt weit zahlreicher, als die durch
Infanteriegeschosse) meist sehr leichter Art sind. Denn die englische
Artillerie, schtm wegen des weittragenden Mausergew ehre.s meist auf
grulse Entfernungen angewiesen, schiefst wohl oft auf Entfernungen,
die Uber H6()<) m liegen mit Schrapnels Bz.. so dafs zu grolse ."^preng-
weiten entstehen, und die Schrapnelkugeln ..matt wie Pistulenku^reln*'
keine Durchschlagskraft melir haben. Denn da das englische (rc-chors
auf z. B. :?000 m mit 257 m noch eine gröl'sere Endgeschwindigkeit
und einen gröfseren bestrichenen Raum als das Deutsche (Tcschütz C/91
zeigt, so trifft nicht das Material, sondern der falsche Gebrauch
desselben die Schuld an der niangel hatten Wirkung.
Sehr wichtig ist es daher, tlals den Buren aufser dem Schrapnel
noeh die Grauute zur Verfügung steht, so dals sie also auf weiten.
so StXrfce, Mftterial und LebtuBg«! der Feld-Aitilletk im BoMnkiiflge.
Uber der Maxirnalbrennzeit lu-croiiden EnttVrnungeu, dem englischen
Öchrapnel Az. ein viel wirksameres Geschols entgegensetzen ktinnen.
Und die Wirkung: eines gut gezielten Graiiatfeuers bat man doch
noch vom Jahre IJSTu. als es noch keine Sehrapnels gab. in bester
Erinnerung. Gegen ein Graiuitfeuer von über 5(KK) ni. oder schon
Hbf r :5(;.">(), der englischen Maxinialsehrapnel- Entfernung für Bz. an.
kuiHKMi also die Engländer weder mit Feld-Geschützen noch mit Feld-
llaubit/.en etwas gleichwertiges einsetzen, — wenn sit- nicht Marine-
Gex'htltze oder schwere Haubitzt'n zur Stelle haben. Nur ganz aus-
naliiii-wcis«' hat man daher von wirksamem Schrapnelfeoer der Buren,
auf weitere Entfernungen, fast immer von ihrem verderblichen Grauat-
feuer gehört jz. B. vor der Wiedereinnähme des Spioukops).
Dazu konnnt aber noch ein sehr wesentlicher Faktor. Da die
betretiende Zahl des Brennzünders bekanntlich mit der ermittelten
Az. -Entfernung mei>t nur unter normalen Verhältnissen, d. h. bei
gleiclier Hohe des Geschützes und des Zieles, bei bestimmten Lutt-
und 'reinperaturverhältnissen, bei tadellosem Zustand der Munuimi
u. s, w. Ubereinstimmt, so muls nach dein Eiiischiefsen mit Az.
gewühnlich durch das sog. „i'iattenverfahreo" erst noch die Brenu-
ÄCit reguliert werden.
l8t dies auch nach anseren Begriffen, bei methodisch aoB-
gebildeten Otüziereu und MaDoscbaften ein einfaches, gewissermaiseo
selbstretständliehes Verfahren^ so wird es doch bei flttohtig aos-
^ebiideten Milizen ond Söldnern seine Schwierigkeiten haben, zmnal
das Schieben im Gebirgsgelände doieh den Ansgleich der oft groben
Höhenunterschiede zwischen Batterie ond Ziel noch liomplizierter
wifd. Es seheint nns daher sehr wahrscheinlich, dab das Schrapnel-
«chiefsen anf beiden Seiten sehr oft in Folge mangelhaften
Verständnisses and nngenttgender Ansbildnng rerfehlt nnd
wirlcnngslos, die Ursache davon aber irrtttmlicher Weise wieder
dem an ond fUr sich gnten oder doch genügenden Material zur
Last gelegt wird. Es macht daher fast den Eindmok, ab ob die
Baren, von deren Scbrapnelsohieben man so wenig bOrt^ nelfacb auf
das prekäre Bx-schielsen verzichteten, nnd sich auf das einfachere
Schieben mit Sehrapnels Az. oder Granaten, and aaf Maschinen-
Oewehrfeaer beschränken. Infolge nnrichtiger Behandlang der Zünder
sowohl bei Az. wie namentlich bei Bz-schieben, entstehen natürlich
oft wirknngslose „Blindgänger^. Aach wird oft der sttdafrikanischewdehe
Sandboden das Krepieren der Anfschlaggeschosse, ancb der englischen
Lyddltgranaten verhindern. Scheint auch tbatsächllch die Munition
der von Schneider -Creosot gelieferten Feldgeschütze, im Gegensate
zn dem deatsehen Material nicht fehlerfrei, and so den Boren groben
ui^ui-L-j cy Google
I
stärke, Material und Leiatongen der Feld-Artillerie im Bureoknege.
uuverscbuhleten Nachteil zu brbgen, so kann doch jetzt ein Ver-
(lamniunfTsurteil noch nicht gesprochen, vielmehr als gröl'stcr Nachteil
für jede, auch die In^ste Munition, der lange Seetransport, das oft
enorm feuchte und wechselnde afrikanische Klima, sowie die un-
vermeidlichen schlechten Lagerungs- und \erpackungs- Verhältnisse
unter ungeschulten Händen genannt werden. Dasselbe gilt natllrlich
aacb TOD den englischen Zündern, namentlich der Lydditgranaten,
ron denen nach dem Zeagnils des Migor Albrecht höchstens 10*/,
krepieren sollen (.'). Die gfobe EnMoflcbang, welehe die von ihm
seibBt „organisierte^ und ausgebildete Burenartillerie herrorgerufen hat
„dals dieselbe oft trots stundenlanger Bescbieisong noch keine 100
Engländer aulser Gefecht setze*^ findet zum Teil gewüs in den oben
angeführten Verhältnissen ihren Grund.
Dazu kommt bei den Buren noch, dafe sich nur selten eine
eigentliche „Fttbrung** der Artillerie, in unserem Sinne
wenigstens, gezeigt hat. Noch nie wurden Buren bat terien, immer
nur einzelne Geschütze erwähnt, sowohl bei der Belagerung von
Ladysmith als im freien Felde. Briefe von deatsehen Artilleristen
lassen z. B. erkennen, dals oft Gesehtttze des Terschiedensten Systems
und Kalibers, in stets wechselnder Zahl neben einander im Feuer
stehen. Von einem planmäbigen Einschieisen, einer Feuer- Kon-
zentration n. 8. w. soll fast nie die Rede sein, so dals die sehr gute
artilleristische Vorbildung und Findigkeit des Einzelnen doch schlielslich
nicht voll zur Geltung kommt Das einzelne Geschütz ist gewisser-
raafsen die taktische Einheit, wie z. B. nach der 2. Tugela- Schlacht
ein Gegchtltx den abrückenden Engländern folgte und ihre PoDton-
brUcke beschols! Ob das Verfahren, in überlegenen teindliehen
Artilleriefeuer den Kampf einfach aufzugeben nod vorübergehend volle
Deckung zu suchen, immer empfehlenswert ist, erscheint fraglich,
pafst aber entschieden in das ganze System der Burentaktik, fttr
welche die Artillerie überhaupt ein zwar notwendiges, aber noch etwas
fremdes und ungewohntes Element bedeutet. Mit ihrer Führung haben
die Buren daher aach vorzugsweise fremdländische üftiziere der
verschiedensten Waffengattungen betraut, was ihrer Leistung, anfangs
wenigstens, wohl auch nicht zweckdienlich war. Dals die Kämpfe
am 5., 6. und 7. Februar l Bullers 8. Kntsat/versuch) vielfach als eine
Artillerieschlacht" bezeichnet werden, beweist an und für >ich noch
keine sachgemäfse .\rtilleriefUhrung, da die Situation des Geländes
den Buren aufserordentlich günstig war. wahrend die Engländer ihre
schwere Artillerie südlich des Tugela lassen und mit ihren Feld-
batterien den Kampf von dem niederen Flulsthale aus gegen die
feindliclierseits vorbereiteten Höhenstellungen aufnehmen mufeten.
Jaüirbücber für dia d«aUche Anne« us4 Muui«. Bd. llö 1 6
Üigiiizea by Google
82 Stiirke, Material and LeiatmigMi der Feld-Artillerie im finrenkriege.
Dabei darf nicht Übersehen werden, dafs Schrapnelfeaer ge^en
kunstjje recht eingegrabene Infanterie wie die Buren, stets so gut
wie wirkungslos ist, selbst von der Flanke aus, wenn die SehUtzen-
gräben wie hier in .,S"-Form angelegt sind. Eine wirkliche Vor-
bereitung des Sturmes kann also blos durch Steilfeu ergesehütze
geschehen, d. h. durch die wenig zahlreichen, flir den Feldgebrauch
etwas schweren 13 cm-llaubitzbatterieu — wenn man auf \ erwendung
der Geschilt/e des Heiagerungsparkes verzichten will oder niufs.
Die Maximalschulsvveite der Feldhaubitze beträgt nur 4 ö00 ni ;
znr Wirkung verlangt sie wie jedes Wurfgeschütz eine sehr sorgfältig
geschalte Bedienung, namentlich ein sehr genaues Einscbielsen^ was
bei der Kansl der Boren, ihre Erdwerke zn maskieren, nur selten
gelangen sein wird.
Die Geländeverhältnisse in Natal waren den Engländern
ttberaus ungünstig, da sie, meist tiefer stehend, infolge der stets sieb
voreinander anfbanenden Httgel oud Ketten, keinen Überbiiek Uber
Feind nnd Gelände, eine Haaptbedingaag Jeder artiUeristischen
Thätigkeit, erlangen konnten, and oft dabei anf die Meldangen des
Loftballons angewiesen waren. Der hoher stehende Gegner hatte
aber alle Vorteile des Geländes nnd der Verteidigung auf seiner
Seite. Die Kämpfe unter Lord Roberts m dem mehr ebenen nnd
freien Oraigefreistaat brachten daher aneh gleicbmätsige Chancen
und em Überwiegen der englischen Artillerie.
Hat so die englische Artillerie gewife mit sehr gto&en Schwierig-
keiten za Wimpfen, so tritt als weiterer Nachteil aaeh bei ihr die
geringe taktische Ausbildang hinzu. Bekanntlich ist ja jeder
englischen Division von 8 Bataillonen Infanterie dnrehscbnittliob eine
Abteilung von 3 Batterien zugeteilt (abgesehen von der Korps- Artillerie
und besonderen Formationen). Aber bei der allgemeinen Zerreitsung
fast aller höheren Verbände, die, nach den Niederlagen Wbites
in Natal, infolge der Verlegnng des Haupt kriegsschauplatzes von
Kapland nach Natal eintrat, and für den Feldzng verhängnifsvoll
wurde, hat auch die Artillerie vielfach ihre Verbände und ihre Zu-
gehörigkeit geändert, and ein noch weniger organisches Veriiältnis
zn den andeni Waffen eingenommen, als bisher.
Eine Zersplittenmir des englischen Artilleriefeuers wird auch
dadurch begünstigt, dais höhere A rtilleriefUhrer Uber die Ab-
teilungskoiuniandeare hinaus nicht vorhanden sind, und diese oft
noch zu anderweitiger Verwendung abkommandiert werden. So geht
denn auch die taktische Leitung auf die Batteriekoniniandeure
Uber. So wären z. ß. die Abteiiungskoinmandeure Methuens in
De Aar zurückgelassen worden. Man sieht, dals es noch an den
ui^ui-L-j cy Google
SOrfce, Material und Leiatangeii der Feld*ArtiUerie im Burenluiege. 83
wichtigsten modernen Bogriffen der KriegsfUhrang fehlt. So wird es
erivlärlicher, dals ein richtiges Zusammenwirken der Waffen aasbleibt
Die Artillorit» arbeitet der Infanterie vor, begleitet sie aber nicht
während des Sturmes mit Feuer, so dals der vorher oft aus den
Verschanzungen herausgetretene Verteidiger der stürmenden Infan-
terie völlig unerschUttert entgegen tret«*n kann. Der Verlust der
beiden Batterien Nr. 14 und 7 l>ei Colcnso (durch (iewelirfeuer auf
H<M) m, nicht durch Schnipnelfeuer der Buren) zeigt grofse rnvtM-
jiiehtifrkeit iiiui mangelhafte Aufl^lHrll^L^ trotz vorheriger besonderer
Warnung seitens des OberkoinniaiKÜerenden.
Die iiTofse Wertschät/iin^', vveh'he die Kiigläiider einer vor-
herigen Bfschielsung beilegen, zeigte sich namentlich hei Magerst'ontein.
wo stundenlang am Tage vorher die Marine-GescliUtze und Haubitzen
ihre Lydditgranaten. die Feld batterien ihre Schrapnels gegen die
„mntmafsli ch e rr' Ilühenstellungen der Biir<'n - verschwendeten.
Die ,,Morning- Post" nennt die.se Kanunadf selb>t ..ein Feuerwerk von
groi'sartiger Wirkung". Den eigentlichen AngrilV am tolgenden Tage
konnte die Artillerie aber nicht vorbendttm, da die Infanterie bereits
im Dunkel der Nacht vorgegangen und vidlig geschlagen war. Das
weitere Fingreifen der Artillerie (während die Buren nur ein Maxim-
OeschUtz zeigten) war entschieden anzuerkennen, indem >ie chliefslich
bis auf 1500 ni. die Haubitzi>atterie bis auf 3iK)0 m, an die feindlichen
Schützengräben heranging und bis zuletzt, den Rückzug deckend,
aushielt. Aber sie hatte trotz langer Besehiefsung nicht vermocht,
das Burenfeuer in den Schützengräben zu dämpfen. Vielmehr er-
öffneten beim endlichen KUckzag der Engländer ausnahmsweise die
Boren ein „wirksames" Schrapnelfener, das die desdmierten Hoch-
länder endgültig mm eiligen ,^arttekflateo** veranlalste. Bei der
Deeknng des Rttekzugs hat Übrigens die englische Artillerie sowohl
bei StormboTg (unter Gatacre) als bei Goienso gute Dienste gethan;
die Rtleksioht auf sie ist wohl einer der Grttnde, welche die Ab>
neigung der Baren zum Nachstofsen und Verfolgen veranlassen.
Fast nirgends aber haben die Engländer bis jetzt eine greisere
taktische Wirkung durch einheitliehe Verwendang einer grölscren
ZahlBatterien zn erzielen vermocht Nachdem die Kämpfe amSpionskop
mit dnrcb das Aasbleiben der Gebirgsbatterien einen so an-
gttnstigen Aasgang genommen hatten, scheinen endlich in den Kämpfen
am 5. bis 8. Februar die 70 bis 80 englischen Geschütze hanptsächlich
in 2 grolsen Groppen, die eine auf dem linken FIttgel, die andere
aof demSwartskop gemeinsam gewirkt zn haben. Bei der Einsohliefsnng
Grolles war durch die Verhältnisse selbst ein Massenfeuer geboten.
MtfgUeherweise machte auch die Bespannung der Geschtttze bisher
34 Stärke, Material nnd Leistungen der Feld-Artillerie im Burenkriege.
unerwartete Schwierigkeiten, da die enropaischen Pferde sehr unter
dem Klima leiden, vielfach auf demSeetraosport nnbraacbbargeworden,
nnd die nenbeschaflften Kaatöere noch» nnzaverlilaaig sind. In
Anbetracht der schlechten Wege nnd Verpflegong ist dieser Umstand
einer offen siyen Verwendung der Artillerie doppelt hinderlielL
Dagegen ist es eistannliob, mit welch praktisohem Blick die
Bnren schon zn Beginn des Krieges ihre schweren Gescbtttze froh-
zeitig und geschwind auf das Kampffeld brachten. Noch ehe White
ein befestigtes Standlager eirichten konnte, beherrschten die schweren
BnrengeschQtze Ton 3 Seiten aas die Umgebnn^ von Ladysmitb aaf
6 — 7 km Entfernung. Als Antwort darauf erfolgte die Landung
englischer Marinegeschütze und ihre Vi rw( udong viele hundert Kilo-
meter weit im ßinnenlande (im Kapland war dasselbe schon im
Oktober v. J. erfolgt i. Nur diese Geschütze waren der schweren
gegnerischen an Schulsweite gewachsen, nnd gaben der Stellung
Whites iwie derjenigen Methuens) einen grofsen Rttckhalt, wie sie
Überhaupt eitis der wenigen Mittel bedeuten, bei denen die gewaltige,
aber zur Unthätigkeit verurteilte Flotte, bei diesem ausgesprochenen
Landkrieire eine Hilfeleistung gewähren konnte. Auch ist es jetet
das erste Mal in der neueren Kriegsgeschichte, dafs sich gezogene
WurfgeschUtze, und überhaupt wieder Fcldhaobitzen, die seit Jahr-
zehuten von den Schlachtfeldern Terschwunden waren, wieder ein-
ander ^^egeiiUber stehen.
Und trotz der Neuheit dieses Krie^smittels haben die Huren
gerade die Verweiidiiii^^ ilirer schweren Geschütze auch in den
bewe;:lichen Feldschlachten beheiTscht, und z. B. während der Kämpfe
bei Culenso und am 7. und s Februar (auf dem Doomkloefi wahr-
scheinlich teilweise unter Benutzung von Feldbahnen, mit ihnen je
nach Bedarf schnellen Positionswechsel vorgenommen, auch die
schnelle ZurUck/.ieliuii«;- und ForlschatVung der Belagerungsgeschütze
vor Kiiuberley verdient Bewunderung. Nähere Nachrichten gerade
Uber diese TliUtigkeit der wackeren Freilieitskämpfer werden von
höchsteiu Interesse sein, da auch künftige europäische Kriege wieder
zu grofsen Stellungskämpfen führen werden, bei denen die schwere
Artillerie ein entscheidendes \V ort mitzusprechen hat.
Koelsler.
,Tod dem Scbema."
85
VIL
.Jod dem Schema!"
Tod (lern Schema! So kann raan heutigentags überall und
immer wieder in der Militär-Litteratur, in (iespraehen und bei Be-
sprechungen ausrufen hören. Wer für die Festsetzung eines Schemas
eintritt, der mufs sich als ein \ ertreter der hnhlcn Form, als ein
Verfechter des ..geistlosen" Schematismus scheiten la^sen. Wer für die
Festlegung vuu-s AngriflTsschemas oder eines Normal-Verfahrens ein-
tritt, dem wird nachgesagt, er wolle den Angrift* in jeder Lage uud
in jedem Oelände nach demselben Schema durchführen lassen.
Und doch wird niemand behaupten kennen, dal's thatsächlich
in der Praxis irgendwo ohne Schema'), ohne Muster verfahren wird.
Das Schema ist tot, es lebe das Schema! so kann man auch hier
sagen.
Zwar lilist unser Heglement hei genauem Studium der in Frage
kommenden verschiedenen Keglementssteilen schlielslich wohl er-
kennen, welches Verfahren in jedem einzelnen Falle das richtige ist,
aber ein klar erkennbares und als Anhalt verwendbares „Grund-
yerfahren'* enthält unser Keglement nicht. Statt dessen hat die Truppe
wegen der thatsächlich recht Terschiedenartigen Auslegung unseres
Reglements mit den verschiedenen Sehematas der jeweiligen Vor-
gesetzten za rechnen.
Wohl wird Ton keiner Stelle ein fest formuliertes Schema
schriftlich ausgegeben; aber was ist es denn im Gmnde genommen
anders, wenn Anhaltspunkte *, „Grundsätze" oder „Gesichtspunkte**
nittr den Fall" des Frontangrifis aber die Ebene im beiderseits an*
gelehnten Rahmen oder tttr irgendwelche anderen „Fälle" gegeben
werden, and wenn diese dann bei Vermeidung strenger Bttgen stets
befolgt werden müssen? Aber kann es denn überhaupt anders sein?
Kann denn überhaupt irgend jemand taktisch unterrichten, eine
') Um jedwedes Mi.ssver.ständnif» auszuschliefsen. lu'iiK«rken wir vonvep,
dafs, wenn wir hier fllr ein geregeltes Angriffs- Verfahren eintreten, wir gewils
nicht daran denken, die Anordnungen der Leitung, wann, wo and mit wieviel
Rritft«n entsttheldmid oder hinhaltend, frontnl oder flankierend angegriflleii werden
soll, in ein Schema irgend weleher Art zwingen zn wollen; vielmehr ist hier
lediglieli das Verfahren ins Auge j^efHlst, welches von derjenigen Truppe anzu-
wenden ist. die sshlielslieh den Befehl bekommt, in einem bestimmten Abschnitt
frontal oder entscheidend einzugreifen. Es handelt sich also lediglich um das,
was an anderer Stelle wohl fan Ansdmek vielteioht etwas gekünstelt, dem Wesen
nach aber gewifs zutreffend aU der entscheidende AngrifRikampf im Gegensatz
Sur Gefeehtsleitung beaeiohnet worden ist
„Tod dem SchenuL*
Mehrheit Ton Trappen einheitUeb taktisch ausbilden, ohne Muster
anzogeben, nach welchen in gewissen Fällen, Uber deren Grandlagen
man sieh am leichteston einigen kann, verfahren werden soll? Wie
kann jemand „nach Umständen" handein, d. h. also doch wohl naeb
Umständen anders handeln, abweichen vom Normalen, wenn er gar-
nicht weiiS) wo von er abweiohen soll, wenn er nicht weifs. was
besondere und was normale „Umstände*' sind und in welcher
KichtQDg weiter dann die Umstände zum Ahwoichcn vom Normalen
zwingen? Es mufs doch Klarheit z. R. wenigstens darüber herrschen,
ob eine weitere oder kUreere über freie Kbene /urllckzulegende An-
gritVsstrecke zu einem stärkeren oder geringeren Zurliokbalten von
l'nterstUtzungstrupps und Reserven, d. h. alsit zu einer stärkeren
oder geringeren TiefenL'liederung, zwingt. St'll)^t Uber SO wichtige
Fragen herrscht bisher kaum einheitliclu' AutVassunp-.
Können wir aber ohne grundlegende Muster bei der Ausbildung
nicht auskommen — und das dürfte den Thatsachen entsprechen — ,
dann ist es doch gewils besser, diese werden schriftlich un<l einheit-
lich festgelegt, als dals sie der unzuverlässigen mündlichen Uber-
lieferung überlassen bleiben und dazu noch mit den Vorgesetzten
wechseln.
Es scheint, man hat hier das Kind mit dem Bade ausgeschüttet;
Uber den zweifellosen Gefahren eines tichemas hat man auch seine
gaten Seiten vergessen.
Uns sclu iiit, die N'erhältnisse liegen so: Niehl das Schema ist
das schädliche, nur die sinnlose Anwendung eines Schemas ist
verderblich.
mn in seinen Gründen klar gelegtes Schema, ein Schema in
GrondsttbEen, ein „Orondverfahren", von welchem jedes Mal nach
UmstilDden in klar angedeateten Kiehtungen absaweiehen ist. kann
in den Händen eines Offizier-Korps, welebes nach unserem jetzigen
Reglement ausgebildet ist, unmöglich Sehaden stiften. Es konnte nor
die Klarheit und EinbeitUebkeit der Anffassnng fördern, und dem
Nachdenken nnd der geistigen Selbstthätigkeit des Einseinen bliebe
wahrlich noeh Spielraom genog. Es würde nach dem alten and
naoh dem jetBigen Reglement, so zn sagen, nor eme gesonde Fmeht-
folge bilden.
In dieseiii Sinne sagen wir daher: Es lebe das Schema! oder
richtiger: Es lebe das in seinen Grundsätzen erläuterte „Grand-
verfahren'' l vs.
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Gampagse de Rnasle (1812) pir L.O.F.
87
Vlll.
Campagne de Rossie (1812) par L.G.F. Operations militaires
(24. Jttm-19. JiulleO.'>
Seh dem letzten grofiBen Kriege hat die MUitttrlitteratiir Frank-
reichs unter dem EinüiilB des KriegsminiBterininB einen Anftchwnng
l^nommen, den man ftHher dort nicht kannte, nnd sie wendet sich
in begreiflicher Weise gern der Alt-Napoleoniscben Zeit za. Neben
«nsgedehnter Jonmalistik bringt sie Tiel&ch die An&eichnnng von
Erinnerangen an die Öffentlichkeit, welche so lange handschrifUich
in der Stille geroht haben, femer Biographien, nnd in noch grölserer
Menge liefert sie Tmppen-Geschichten aof den Markt Wenn wir
' damit Überwiegend leichte Ware erhalten, so findet man doch aaeh
me oder die andere für die Kriegsgeschichte verwendbare Kotiz,
und einige dieser Arbeiten sind mit FleiliB nnd Sachkenntnis unter
Beibringen anthentiscben Materials angefertigt, so dafs sie volle An-
erkennong verdienen.
Über der Masse dieser Erscheioangen heben sich von Zeit
ZQ Zeit Werke ab, die beweisen, wie reich die Archive Frankreichs
(Archives de la gnerre und Archives nationales) aasgestattet sind,
und wie es nnr deren Aasbeotnng bedarf, um der Kriegsgeseliirhte
des Schlacbtenkaisers Napoleon einen festen Boden zu bereiten. Wir
rechnen dahin besonders die Arbeiten Roussets und Foucarts.
Jetzt liegt unter dem an die Spitze gestellten Titel wieder ein
Werk vor, das mit Sachkenntnis und Gründlichkeit geschrieben, das
teehniiiche Verfahren des grofsen französischen Feldherm za vollem
Verständnis l)ringt.
Der Verfasser setzt sich den Plan. — unter Übergehen des
politischen Kinflusses — nur den militärischen Teil des Feldzuges
IHl'i. und davon die obere strategisolie Heeresleitung auf fran-
zösischer St'ite zur Anschauung zu stellen. Kr handelt zwerkniUIsig
mit dieser Heschränkung; deun der htotf bleibt nielitsdesto\v( uirrer
so massei) li.'itt und -schwer zu bewältigen, dals die einstweilen vor-
liegende Schilderung di r Zeit vom 21. .luni bis IH. Juli einen starken
Band fllllt und volle Kraft des Studiums in Anspruch nimmt.
Die Methode besteht darin, dafs er die Aktenstücke wörtlich,
tageweise übersichtlich geordnet, mitteilt, aus denen die Berichte der
Avantgarden in diesem Falle der 4 Reserve-Kavallerit -Koriis —
und der Armeekorps, dann die auf sie gegründeten Befehle
1) Paria, Looiea Gougy, Ubraire. 6, Qnai d« Conti 1900. Prix: 12 frm.
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88
Campagne de Russie (1812) par L.G.F.
Napoleons und in weiterer Folge diejenigen der Korps hervorgehen.
Der Briefwechsel der Korps untereinander vervollständigt das Bild.
Dueh letzteren wiederiiolt sieh freilieh .öfters der Inhalt, was
dem Leser lästig ersoheinen kann. Es gewährt ihm dagegen den
Vorteil, dafo er die Kenntnis der Korpsitthrer vom Stande der
Dinge and deren davon abhängendes Verhalten selbst za beurteilen
vermag. Gewife ist es vorzoxiehen, dals man eher zn viel Material
erhalte, als einem Kils im fortlaufenden Faden begegne. Eine
Strategisehe Studie wie einen bequemen Lesestoff zn verfolgen, ut
ja ttberhanpt nicht angängig. Indessen erleichtert es der Verfasser,
indem er den einzelnen Aktenstücken ihren wesentiichen Inhalt im
AnszQg voransohickt. Noch weiter wttrde das dadoreh gefördert
sein, wenn er am Abend jeden Tages in kurzer Zusammenfassung
die Linie bezeichnet hätte, welche die Armee ione Meli — Wir
bedauern mit ihm, dals bei seiner Arbeit eine neue Karte gefehlt
und nur die 1812 ftlr den Feldzag angefertigte vorgelegen hat
Diese war voller Ungenauigkeiten und Lttcken, die vieles im
Ungewissen lassen. Dazu kommt, dals sie in phonetischer Weise
die Aussprache der russLschen Kamen wiederzugeben sucht, und dats
gerade das französische Idiom am wenigsten geeignet ist, deren
Laute zam Ausdruck zu bringen. Durch eine Übersichtskarte mit
der Schreibweise des Bochteztes würde dem Leser manche
Schwierigkeit erspart werden.
Bis auf die kurzen verbindenden, mitunter erläuternden Sätze,
hat sich der \ erf. meistens versagt, den Aktenstücken etwas
eigenes binza/ufUgen. Sein Verdienst an diesen ist nur die syste-
matische KinordooDg. Des weiteren läfst er die Dieustscbreiben fUr
sich selbst sprechen and ein Bild entstehen, welches — wie das
einer Camera ohscura — nicht sachlicher auf den Plan geworfen
werden könnte Oäbe es doch solchf Grun(lla<rt'n für alle Kriegs-
preschichtel um wieviel solider würde sie dann aufgebaut sein, als
wir ihr oft be^'epien. Freilich ist die l'bersichtlicbkeit hier durch
den klaren feinfühlenden Kopf des Feldherrn gefördert, dessen
(icislrsarocit in jenen Akten niedergeh'jrt ist; und mit Bewunderung
erkennen wir, wie die ilandhahung der ^jewaltiiien Armee mit dei-
zeitip'ii Mitteln organisiert war. — Die Schriftstucke siud fast voll-
ständig^ erhalten, so dafs die irerinjren Ausfalle kaum entbehrt
werdt n. l herdies hat der Verfasser in solche Lücken wenigstens
die thatsächüchen Bewegungen nach anderen Quellen ein-
geschoben. Seinem Grundsatz gemäfs, die Wirkun;^ der Akten nicht
VM beeiniius>en. versagt er sich die Kritik der lU gebeuheiteu. Das
halt ihn indessen nicht ab, gelegentlich seine Meinung durch-
CknipafDe de Rassle (1812) par L.(i.F.
89
Bcbeinen zu lasseOf uid die kaizen Andentangen reichen ans, am
die UnbefaogeDbeit sdnes Urteils selbst Napoleon gegenüber zn be-
wogen (S. 78, 99i 106/7, 181, 22B/4, 236, 307, 437, 477, 490j,
wenn schon wir ihm nicht immer beitreten kOnnen.
Dnrch die im vorliegenden Falle glücklich gewählte Einseitigkeit
der Darstellung nach französischen Quellen, wird der Leser ganz in
die spannende Lage nnd Stimmnng versetzt, wie sie sieb im Geist
der Heerftthmng entwickeln mufsten: die Ungewifshelten, Wahr-
seheinliehkeiten, Vermntongen, das Bedürfnis nach Anfklürangen,
zü Vorstolsen, Sicherungen, andererseits m gesochien oder zu
meidenden Entscheidnogen. — Erst nachdem man eine Strecke
lang in dieser Atmosphäre von I.^nprewifsbeit mit der französischen
FtthroDg gewandert ist. giebt der Verfasser — als Prolu? auf das
Eiempel — eine ('bersicht dessen, was die russische Armee that-
8äcblicb geplant und ausgeführt hat Kr stut/.t sich dazu auf die
in der Litteratur, mit der er — sowohl der russischen, als der
deutschen — vOllig vertraut ist, verOffentliobten Aktenstücke.
Nach dieser Charaivteristik der Darstellunj^sweise haben wir
die Hauptraomente ans der Geschichtscrzählniif: hervorzuheben.
Arn 2r?. Juni standen die 11 Armeekorps (mit Einschlufs des
österreichischen und der Garde) an der russischen (Jrcn/.o, die
frrofscnteiis dem Laufe des Niemcii tnlirtc auf 55 Meilen au^irelireitet.
t^ie reichten von Tilsit in Ostpreulsen bis Lankow, IT» .Meilen
östlich von Warschau. Nur drei dieser Korps, das 6., 7. und 8.
(Gouvion Saint- Cyr. Ke\ nier und Vandamme) waren noch um
etliche Märsche zurück. In den 25 Tagen bis zum 19. Juli fillirte
der Kaiser die Armee in die Linie der Düna und des ünjepr
zwischen Kig:a und Mohilno vor. Das betrug für den linken Flügel
40, fltr den rechten 70 Meilen Marsch.
Beim .\nfang: der Hewejjung hefrte Napoleon Hesorffnis um
seine FlUfrel und hielt sie hinter der vor^-^ehenden Mitte /urlick: zur
Linken da.s 10. Korps (Macdonald), zur Kechtcu das österreichische
(Schwarzenberg) und das 7. französische (Keynier). Den letzteren
beiden war zur Pflicht gemacht, auch das IliT/o«:tum Warschau,
namentlich die wichtigren Cberf!fänp:e der Weichsel Modlin und
Warschau gegen die IIL russische Armee (Torraasow) in Wolhynien
zu decken (^S. 5, 19).
Bis zum 30. Juni wird Kapoleon darttber aufgeklärt, dafs die
Russen rieb von der Gremse abrieben und der Angriff von links her
riebt sn erwarten ist Er scbiebt seine Flügel nnnmebr vorwärts
nnd trifft Anordnungen, die Truppen vor seinem recbten Flttgel
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«0
Gampagne de Rusde (1812) pur L.6.F.
(U. Annee unter Bagration) mit Eotschiedenheit zu drängen. Zu
dem Zweck giebt er auch einem Teil des 1. Korps (Davout) mit
dorn 4. Kavalleriekorps ( Latour-Maubourg) vom Centrum die
Richtung rechts hinüber nach lünsk. Die Deckung Warschaus durch
das 7. Korps soll indessen nicht aulser Acht gelassen werden
(S. 70—7(5). — Diese Mafsregeln führten nicht zu dem erwarteten
Erfolg, weil Napoleon die Lage nicht richtig durchschaut, Davout
nicht stark genug gemacht hatte (S. 105), und der rechte Fliiirel
nicht sobald vorwärts kam. als er voraussetzte (8. 157). Bagration
befand sich am 12 Meilen im Vorsprang vor dem 5. Korps (Pooia-
towski).
Am 4. Juli ist Napoleons Aiifmerksanikeit diesem FlUp-el durch-
aus zugewendet. Er hält seine .Mitte fest, während er hot!% dem
an die I. Armee (Barclay) heranziehenden Bagration in die Seite
zu stolsen, ist aber vorsichtig darauf gefafst, von diesem selbst an-
gefallen zu werden. Mit besonderem Nachdruck verlaugt er nach
genauerer Nacliricht Uher dessen Bewegung (S. ISO).
Am (i. Juli - nach den an den beiden vorhergehenden Tagen
erlangten Aufschlüssen — fafst Napoleon den Plan (S. 2S6|,
Bagration südwärts in die Pri[»etsüuipfe zu werfen odei /.uni Ah/ug
auf Mohilew zu nötigen, damit er seihst vor ihm nach Witebsk ge-
lange, um die Vereinigung mit Barclay zu hindern. Den Ubergang
Uber die mittlere Düna bei DUnaburg will er meiden, vielmehr rechts
mit der Richtung auf Witebsk abmarschieren, wo die Düna on-
bedeutend ist. Darch die Umgebang auf Smolensk oder Poloek
soll Moskau und Petersburg bedroht» und der Feind Teraolafot
werden, entweder die Stellang an der Düna za rftomen oder eine
Soblaeht zu wagen. Vor dem Beginn der Bewegung mnft jedoeh
die Armee erst verschoben, und das von den Erfolgen gegen
Bagration abhängig gemacht werden (S. 236—239).
Am 7., S., 9. ist die Fttblang mit Bagration verloren, und erst
Am 10. findet Latour-Maubourg die Spur wieder. Er meldet, dafo
dessen Armee Uber Sluck in der Richtung auf Bobmisk an der
Berezina marschiert (S. 376).
Da erliilst Napoleon am 12. Jnli die Befehle für den 18. und
14. zum Beginn der Rechtsschiebung mit dem ausgesprochenen
Ziel, sieb am linken Flttgel Barclays vorflber zn ziehen. Zwischen
den 20. und 25. Juli rechnet er, bei Polock die Dttna zu ttber-
Bchreiten (S. 411) und den Feind, wenn er die Stellung räumen
mnfs, anf dem Marsche anzugreifen (S. 485). Murat soll mit 3
Armee- und 2 Kayalleriekorps zum Verdecken der Bewegung
zunächst vor dem Lager von Drissa beobachtend stehen bleiben.
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Campagne de Roasie (1812) par L.6.F.
91
£ine Herausforderaog der Rassen zum AngrifT ist aber SQ meiden,
and ihüvü deshalb aolser Kayallerieposten, keine Trappe sa seilen
<S. 411, 534).
Als am 17. und 18. Juli abends der Abmarsch Barclays aus
dem Lager von Drisaa flaisaafwärts nach Poloek festgestellt wird,
da ordnet Ni^ioleoD zum in. endgültig den Marsch auf diesen
Kiehtopgspnnkt an und weist dem 4. Korps (Vioekönig Engen) als
Avantgarde den tlbeigang an dem Knie der Dttna bei Bjiseben-
iLOwitsehi zu (S. 616).
Das Abdrängen Bagrations aof die Pripetsttmpfe war indessen
nicht gelangen. Wörde er zwar rerhindert, Barclay noch an der
Düna zu erreichen, so konnte er doch die Richtung Uber Bobrutsk
nnd Mohilew nehmen nnd sieh bei Smolensk mit der L Armee Ter-
einigen (S. 64d, 648).
Hiermit haben wir in der Kttize das Skelett der Gesehiehts-
erzählong, die an dieser Stelle einstweilen abbrieht, hingeworfen.
Das lebensvolle Bild, aas dem es heraasgeschttlt ist, bietet dagegen
eine Fülle von WechselfttUen nnd Peripetien, in denen die täg-
lichen Aufgaben des niederen Kavallerie-Offiziers nnd Soldaten
ineinander flielsen mit der geistigen Arbeit der Fttbrang, bis sie in
der oberen Leitang zo einem Produkt sich verdichten and in prak-
tischen Ergebnissen Gestalt gewinnen. Es war ein dankbares
Unternehmen, die Urquellen ans Licht zu ziehen und daraus zur
Aoschanong zu bringen, wie ein ttberlegener Kopf die Menge der
durch den ganzen Mechanismus der Armee laufenden Fäden in der
Hand hält nnd zu aystematischer Thätigkeit anzuziehen weifs.
Hierin besteht der Hauptinhalt des Buches. — Doch werfen die
authentischen Quellen auch wertvolle Nebenergebgnisse ab. Wir
sehen insbesondere, in wie aalsergewOhnlichero Grade die Auf-
klärung durch die polnische Bevölkerung, welche den Franzosen
sympathisch gestunmt war, gefördert ist, wie aber diese Unterstatzung
an der Düna und dem Di\jepr mit der Grenze des ehedemigen Grofs*
Polens aufbort Diese Kachrichten sind weiter eingehend durch die
Fahnenflüchtigen vervollständigt, welche — aus den pohlischen Landen
in russische Regimenter eingestellt — Uiglich zu den Franzosen
aberliefen.
Ebenso wird in verlässiger Weise dargethan, in welcher Aus-
dehnung gleich nach dem Beginn des Feldzuges — als Folge von
Strapazen nnd noch mehr aus Mangel an Unterhalt — die Manns-
zacbt zurflckghig. Die Bfärsche reichten ftber die Kräfte von Mann
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92
Campagne de Kuüsie {Itil'J) par L.Ii. F.
und Pferd hinaus, besondeis als vom 29. Jani ab fttnf Tage lang
ein scbwerer Regen die Wege mit ihrem fetteo, oft sompfigen
Boden so aofweiehte, dab sie groleenteils onbenntzbar worden
(S. 94); dann so anerträgliche Sonnen^lnt anf tief sandigen Wegen
ansetzte, dals Nachtmärscbe denen bei Tage Torzaziehen waren.
Am 30. Jnni blieben beispielsweise Ton der 1. Garde-Division
9 Mann anf dem Maiscbe tot (S. 95). Die Lebensmittel*Kolonnen
Termoehten nieht zn folgen, nnd die Russen ihrerseits zerstörten die
VorriUe, selbst die DOrfer beim Rttekznge derartig, dab nnr aus-
nahmsweise nnd geringes für den Unterhalt gefanden wnrde. Unter
solehen Umstanden blieb dem Soldaten nnr der Versoeh znr Selbst-
hilfe, nnd diese trat mit ihren schildliehsten Folgen bald in grofisem
Umfang ein. Am 26. Joni, dem dritten Tage des Feldzages, ordnet
DavoQt schon kriegsgerichtiiehes Verfahren gegen das Uberband-
nehmen des PlUndems an (S. 29); am 12. Jali hat das 33. leichte
Regiment — freilich für den Krieg wenig sympathisch fühlende
Holländer — ohne ein Gefecht nor ein Drittel seiner Mannschall
bei der Fahne |S. 418). Fast täglieh werden von allen Seiten
gerichtliche Krschiefsungen erwähnt.
Noch schlimmer stand es om die Pferde, die selten Kömer
erhielten und neben der grolsen Anstrengnng als Hegel auf Ortin-
futter angewiesen blichen. Einige Beispiele m()geu das näher be>
leuchten. Am 30. Juni, dem dritten Tage, nachdem der verderbliche
Regen angefangen hatte, verlor Oudinot schon Pterde im Geschirr;
die Garde-Artillerie, die best bespannte, machte die gleiche
ErfahruiiL'' und konnte nicht mehr mit der Infanterie Schritt halten
(S. 94, 422 1. Das 4. Armeekorps hatte zn dieser Zeit ohne Gefecht
schon 400 Pferde — grofsenteils in t'iner Nacht — verloren
(Ö. 97); das 5. Korjis, seit es aus Warschau alnuarschicrt war, 500
(S. 17')). Trotz rücksichtslosen Vorwärts! reibens. besonders des
rechten FlUgclh — Napoleon untersagte dem Fürsten Poniatowski.
der Not seines Korps selbst nur Erwähnung zu thun — sah sich
der Kaiser doch genötigt, die Bewegungen anzuhalten und die
Artillerie abzuwarten, damit es nicht etwa ohne diese zum
Zusainmenstors mit den Küssen käme.
\ on der Kavallerie sagt Gronchv um 2. Juli: die Sterblichkeil
der Pferde ist aufserordentlich, uuil das Wetter so schlecht, dafs die
notwendige Scliuelligkcit darunter leidet (S. 149); und Murat am
4. .luli: Sie ist in erbarmungswertem Zustand. Die Pterde lalli n au-^
Kraftlosigkeit, und ich weifs nicht, ob die erschöpft zurückgeschickten
noch bis zum Zwischendepot in Troki kommen werden (S. 193<.
Von der Division Seba.stiaui tielen am 13. Juli 42 Pferde von
Kleine heereageaohiohtliohe Mitteiliiiigeii.
93
Überaastrengong (S. 447); nnd in dieser Weise wiederliolen sieb
Überall die Verlaste.
Der Verfasser des Werkes, das ilim zur Ehre gereicht, hat
seinen Namen nicht genannt Wenn wir deshalb nur erwähnen, dals
er ein Ofßzier von kaum acht Jahren Dienstzeit ist, auf welche
selbstTerständlich die Anforderungen der Trappe den nächsten
Anspruch erheben muteten, so erweist es, da& selbst nicht sehr
lan^ährige Studien t inem logischen ond strebsamen Kopfe die Mög-
lichkeit zu vollwertigen Ergebnissen auf strategischem Gebiet ge-
währen. Ein ähnlicher FaU trat ?or wenigen Jahren in der öster-
reichischen Armee hervor.
Wir können nur den Wunsch liegen, dal's der Verfasser fUr die
Fortsetzung seines Unternehmens, welches mit dem 19. Juli abbricht,
die nötige Zeit finden, und dals ihm der jfleiehe Reichtum an
Quellen nicht versa«ren möge. Ob die letzteren unter den Trümmern,
als welche die [{este der Armee aus Kul'sland heimkehrten, erhalten
worden sind, haben wir leider Anlafs zu bezweifeln. — Sollte aber
unsere Erwartung in Erfüllung gehen, so hoffen wir in der Fort-
setzung der Arbeit auch eine Übersichtskarte und die Kinteilung der
Armee zu finden, ohne welche der Text nicht ausreichend ver-
ständlich wird. C. von Quistorp.
IX.
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
Einen I berfall im tiefen Frieden fUhrteu im Jahre 1702 Kor-
ftirst Creorg Ludwig von Hannover, späler König Georg I. von Grols-
britannien ond Herzog Georg Wilhelm TOn Celle gegen die brann-
sehweigisch - wolfenbttttelsohen Truppen ans. Es bandelte sieh bei
Beginn des spanisohen Erbfolgekrieges dämm möglichst viele Bundes-
genossen für Kaiser nnd Reich zn gewinnen, aof deren Seiten im nörd-
lichen Dentsehland König FHedrieb L von Preulsen nnd die genannten
WelfenfUisten standen. Letztere nahmen es auf sieh, ihre brannsehwei-
gisch-wolfenbttttelschen Vettern, die mit Recht fransösischer Sympathien
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94
Klfliii« heeresgesclüahtndiö MitMhmgeii.
▼eidäebtig waren, nnsobidlieh zu machen. In der Nacht zum 19. besw.
zun 20. März brachen die hanooTerscben nnd die celleschen Reiter-
regimenter anf, am die wolfenbattelsehe Kavallerie in ihren Winter-
quartieren anfzubeben. Diese lagen weit auseinander, die Angreifer
hatten starke Märsche zu machen, um an Ort nnd Stelle zu gelangen.
Dieser Umstand and der tiefe Schnee, welcher das Land bedeckte,
erschwerten die Ansfübrnng der ihren sieben Kolonnen gestellten Anf-
gaben. Die Nachricht von dem Einbräche verbreitete sich mit
Blitzesschnelle und setzte die Wolfenbuttelsehen in den Stand, sich
in Sicherheit zu bringen oder Verteidigangsmafisregeln zn treffen.
Über die materiellen Erfoljre der Aiifjreifer stimmen die Berichte nicht
^anz Uberein. Nach 0. Kister, beschichte der stehenden Truppen
im Herzogtum Brannschweig- Wollenbuttel 1600—1714, Seite 262,
Leipzig 1899, sollen nur etwa 500 Heiter «refangen genommen sein;
Pfefifinger berichtet in seiner Historie des Ikaunsehweigiscb-LUue-
bnrgischen Hauses W , 620 von einem vollständigen (Jelin^rrn des
Uberfalles. Jedenfalls war der moralische Ertolg der heahsichtiirte.
Durch einen am 12. April 1702 abgeschlossenen Vergleich trat das
Herzogtum der Allianz des Kaisers und seiner Bundesgenossen bei.
14.
Die Stärke der siebenbürgiseheii Rejrimenter hing bis zum
Jahre 1H48 vom Gefallen der Stände des (iroIsfUrstentums ab.
Diese hatten sieh ITIÖ bereit erklärt, zu den Kosten eines stflicndeii
kaiserlichen Heeres beizutragen und bewilligten fortan bei einer jeUett
Tagung eine bestimmte Anzahl \(»n Wehrfähigen. \ on dieser Be-
williu'unL'' hinu- zunächst dt*r Mund der iieirinienter ab. Derselbe
wiiKi»' liinT ferner dadurch erheblich bceinllurst. dals fUr (b'n zwischen
zwei durch aufeinand('rfol«:»'tHle Landtage zugf-tandenen Au^lictiuimm
stattliudenden Abjrang kein Ersatz an l'riiehtigen zur Vcrln^rung
stand. Als ein Aiishiltemittel gritf man zur freiwilligen Werbung;
das Krgebnis derselben war aber meist gering, die Siebenblirger
zogen das freie Leben im WalilL^ebir^e dem ueniL' lockenden in der
Kaserne vor, und so kam es. dals die l'eLrim -nler inmier unter
dem Mangel einer genügenden Zahl von I Menstthuern zu leiden
hatt»'n. Heispieisweise erhielt das Infanterie - Heiriment Lrzlierzog
Karl I't rdinand Nr. "il im Jahre 1840:62, 1841 ilöö Kekruten. walirend
CS im 1 rsteren Jahre 85, im letzteren (U) Mann als Invaliden entliefs;
1842 stand sogar einem Ersätze von 47 Kekruten ein Abgang von
267 Invaliden gegenüber, so dafs das in der Heimat hetindliehe Ba-
taillon an die beiden anderen in Italien stehenden 1.50 Mann abgeben
mulste, damit diese den an sie gestellten dienstlichen AnforderoDgen
einigermafeen genügen könnten. An dem Torgeschriebenen Stande toh
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Kleine beeresgesohichtliche ^tteilungen.
3640 MaDn fehlteo dem Regimente 1762, für dea Ganusondienst waren
kaum IGOOTerfUgbar^sodarsFeldmarflchaU GrafRadeteky die Verlegung
TOD Venedig nach Mantna anordnete, an dessen Besatenng geringere
AnsprUobe gemacht wurden nnd dab er dem Regimente später ganz
kleine Stationen anwies. Beim Exerzieren liels er dasselbe anf zwei
Glieder rangieren und bei größeren Ansrttekongen be&bl er es zn
einem Bataillone von vier Kompagnien zn formieren. So onhaltbftre
ZnsUUide braobten endlicb zn Wege, dato der Landtag im Sommer
1847 11 000 Rekraten, welcbe aebt Jahre dienen sollten, in der Art
anbot, da& znr Komplettierang der drei vorhandenen Infanterie-
Regimenter 4000 Mann auf das schleunigste nnd die Übrigen 7000
Hann in den nächstfolgenden sieben Jahren mit je 1000 Mann ge-
stellt werden sollten. Die AnslÜhning des Beschlnsses liefs indessen
auf sich warten. Im Jahre 1847 ward noch kein Mann g:est('llt und
als im Mai I84K bei dem in Galizien stehenden Infanterie-He^imeute
Graf LeiningeD Kr. 31 der erste £rsatz eintraf, wiesen sieben in
Rzeszöw stationierte Kompagnien einen Dienststand von zusammen
120 Mann auf. Die Grenadierdivision des Regiments Purszky Nr. (»2
in Ungarn und Siebenbürgen zählte 29 Mann, beim 1. und 2. Ba-
taillon hatte die Kompagnie durehschnittlich 25 bis 30, beim :>. 30
bis 40 Gemeine in ihrem Stande. Die alsdann anlangenden \>r-
stärkangen mehrten die Zahl, aber es waren Hekruten und der Ernst
der Zeit fonir-rte fertige Soldaten. ,.\]m so höher anzuschlagen ist
was sie geleistet, um so milder zu beurteilen ist wo sie gefehlt haben
mögen". (Organ der militär- wissenschaftlichen Vereine, LVl. Band,
6. Heft, Wien 18!)H.) 14.
Vor etwa l.')0 .laiiren wai' in der sächsischen Armee eine jetzt
nicht mehr vorhandene MilitiirlM'Hmteneharge vertreten, die eines
vOherhärkernieisters", dem die iiesamte Hrotversorgung des Heeres
unterstand, l iiter seiner Olterleitung wurden die iifudi heute in „un-
veränderter Form und Gewieht gehriiiiehlichen ,.K()intnifsbrote" her-
gestellt, die zu Jener Zeit als einziges Beisj)iel reg< lniäl'siger staat-
licher Fürsorge fllr den Soidatenmagen, auch in Friedenszeiten, galten
und danach diesen Namen erhielten. Kein Vertreter jener wichtigt n
Charge hat aber je wieder eine solche Berühmtheit erlangt, als der
königlich polnische, kurfürstlich sächsische ,,()l)erbäckcrniei>ter*
Zacharias iu Dresden, der auch in seiner Art zum Huhnie seines
Kriegsherrn, August des Starken, durch originelle Erzeugnisse des
Berufes beigetragen hat. Den ersten Anlafs hierzu gab das berühmte
Lustlager zu Zeithain im Mai und Juni 17M(), mit dessen merk-
würdigen Darbietungen Sachsens prunk liebender Kiu iia ^i -:anz
Europa in Staunen versetzte. Eine wesentliche V orbedingung für die
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Kleine heeres^esoUiclitUche MitteUangen.
Durchführung- dieses gewaltigreii militärischen Schauspieles war näm-
lich die g:ere«relte Verpflegung der ;30 OUO Köpfe zahlenden La<:er-
troppen und ZaL'harias war dem Kurlürbteu sicherlich als der rich-
tige Mann bekannt, wenigstens den auf dem Gebiete des Backens
liegenden Teil der riesigen Aufgabe zur Zufriedenheit aller Parteien
zu lösen. Schoo am 24. April brach er mit 150 „Beekenkneehten"
von Dresden nach ZeithftUi auf, am in den dort erltaaten Back-
häusern alles nötige zn Teranstatten. Das EbrenTolle seines Aof-
träges war auch den Dresdener bUrgerlichen Znnftgenossen bewolat^
denn 25 derselben, eine Mnsikbande ToiaD, begleiteten die ,,Zeift-
hainer^ im festlichen Zöge bis an die Stadtgrenze. In Zeithain
waren zwei Backhänser erbant, ein allgemeines mit 14, das Hofback-
haus mit 4 Öfen, in denen „kontinnierlich gebacken^' wurde. Da
aber ancb „kontinuierlicb'* gegessen worde, hatte Zacharias eine
Riesenarbeit zn vollenden, die ihren Höhepunkt jedoch erst am
26. Joni, dem Tage des grolsen „Heeresgastmahles^ erreichte. Ffir
diese imposante Massenspeisung hatte Zacharias zum Nachtische ein
Ungeheuer von einem Kochen gebacken, dessen lAnge 16, die Breite
6 Ellen und die Höhe Vi ^Ue betrog, wozo 18 Scheffel Mehl, 82
Schock Eier, 3 Tonnen Milch, 1 Tonne Hefen nnd 1 Tonne Butter
verwendet worden waren, ganz zu schweigen Ton ähnlichen Mengen
anderer Zuthaten. — Zacharias lieferte femer 1732 im Lager zo
Warschau ein iihnliches kolossales Backkunstwerk, nttmlich dnen
mesenstollen von 9 Ellen Länge, 3 Ellen Breite und */« Ellen Höhe,
wozu er 8 Scheffel Weizenmehl, 1 Centner Rosinen und 3 Fafs
Butter verwendete. FUr das Lager hatte Zacharias einen Backofen
nach eigenem Plane konstruiert, der binnen 24 Stunden 5000 Brote
lieferte. Der König- Kurfürst Uberwies seinem „Oberfeldbäckermeister^^
ein Geschenk von 50 Spezies- Dukaten hierfür und setzte ihm aufaer-
dem ein lebenslängliches Gehalt aus. — Von einer anderen „remar-
quablen" That Zacharias wird aus dem Jahre 1754 berichtet Als
nämlich zu dieser Zeit die Dresdener Festungsbaugefangenen auf dem
Königsteine beschäftigt waren, errichtete hier Zacharias auf freiem
Felde einen neuen Feldbackofen, der binnon sechs Stunden hergestellt
war. Schon drei Stunden später wurden dann in diesem Ofen in
einem Zeiträume von ii Stunden siebenmal hintereinander je 72 Stttck
dreipfündige Kommilsbrote gebacken. 40.
Bestandtefle einer ^fOber Offffier-MondiTUig** tau dem Jahre
17S4 iNR Die Spezialbestimmnngen haben aoi das Regiment des
Forsten Leopold von Anhalt-Dessau [1806 Nr. 3] Bezog):
3 Ellen blau Tuch.
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Aimee- und Hiriae-NaehrlehteD ant Bnlaland.
97
3*/4 Ellen weiÜB Tacb zu Kamisol and Hosen, worunter die
TOten Aufschläge mitgerechnet, weilen nnr SEUen weUs gelmaehet wiid.
9 Pillen rother Etamin.
4 Ellen Futterleinewnnd anter die Kiunisöler.
IV4 Elle steife Leinewand.
2 Schaffelle /um Futter in die Hosen.
V, Loth blaue Seide, 1 Quentin weilse.
1 Luth Kammeelhaare, wenn solche niithig ist.
5'/, Füpn breite Tressen oder 11 Ellen dito schinalo, sollen
aber nicht mehr wiegen als 6 Loth i 30 ggr. 3 Quentin Goldfaden,
wenn welcher benöthigt
5'/, Dosin (Dutzend?) Knöpfe.
Ein Hut, wie der von S. K. M. aliergnädigst ordiuiret und zu
Potsdam gewesen ist.
Loht massive Hut Tressen und Knopf, kostet 1 Kthlr. 12 gr.
1 Paar Stiebeletten, von feiner e^raler Leinewand; es mllsseii
aber nicht mehr als 14 Knöpfe <laran kommen, nämlich 12 unter die
Knieriemen und 2 oberhall) des Knieriemens. Dii' Knieriemen
kommen dichte unter der Kniescheiben, die Länge aber der Stiebe-
letteu muls bis über die Kuiescheib«'n jjehen. Die obersten J Knöpfe
werden so dicht als es nur sein kann an einander gesetzet, damit
sie nicht von einander klappen; vor allen ist zu sehen, dafs das
Leinewand nicht striesiir. sondern recht hell weifs und vor alle Offiziere
egal sei. (Lebmann, L uitormierung der Prenfs. Armee. S. 83, 84.)
Schbg.
X.
Armee- und Marine-Nachrichten aus Rulsland»
(Die neue (xeleohtsvorsehiift.)!)
Wählend des russisch-türkischen Feldzuges war das Fehlen einer
allgemeinen Gefechtsinstruktion als Maugel empfunden worden.
Infolgedessen wurden im Jahre 1882 gleichzeitig zwei „Instrak-
I) »BuadttliiTaUd«, No. t2 und 88. 1900.
JaMMter fir 41« dMtMto Am«« ■■d Ihifam. Bd. IIS. ].
7
98
Aimoo nd MiiiM^-Mtfliirkihtwi tu Ri^Mflif*
tionen" heraiisgiegeben : 1. ,.fUr die Gefechtstbätigkeit von aus allen
WafiTengattungen gemischten Detachements;^ 2. „für die Gefecht»
thätigkeit der Feldartillerie in Verbindung mit den anderen Waffen*
gattangen.^ Diese bis anf den beatigen Tag p-tilti^en Instniktionen
waren mit der Einführang kleinkalibriger Gewehre n. 8. w. toIU
kommen veraltet und stimmten auch mit den in den nenen (Ende
der 90er Jahre heraosgegebenen) Beglements der einzelnen Waffen
für daa Gefecht gegebenen Anweisungen nicht mehr Uberein. Da
man aber eine geraeinsame Gefechteinstraktion ftir alle Waffen-
gattongen für erforderlich hielt, 80 wurde am 1. November 1899
beim Hauptstabe eine Kommission, unter Vorsitz des Stabschfts de«:
Warschauer Militärbezirks, Generals Pusyrewski. zor Durchsicht und
Neubearbeitung obiger Instruktionen eingesetzt. Diese Kommission
hat nunmehr ihre Arbeiten beendigt und eine neue „Instruktion
für das Gefecht der Truppen" (nakas woisskam kböju) auf-
gestellt, welche sich auf^enblicklich im Druck befindet und dem-
nächst den Trappenbefeblsbabern zur Beorteilang Ubersandt
werden wird.
Die neue Instruktion unterschtidct sich von den für die ein/A-lm-n
Waffengattungen erlassenen, wie Uberhaupt von allen sonstigen
offiziellen Vorschriften schon durch ihren Namen. An Stelle der
sonst Üblichen l'ezeichnungen: „usstaw" (Reglement), „insstrukzija",
.,nasstawlenije" ( \ orschrift), ist für ihre Benennung ein altrussisches
Wort ..nakäs'* (etwa: Verhaltungsnialsregelnl «rewählt worden. Die
Instruktion fafst alles dasjenige zusammen, was in den Reglements
der einzelneu Waffen Uber das Gefecht verstreut enthalten ist, giebt
Anweisungen fUr das Zusammenwirken der Waffen im Gefecht und
erläutert die allgemeinen Bedingungen und den Charakter des
heutigen Gefechts, der Technik der (iefechtsleitung und der
Trupjx'jifUhrung. Die neue Instruktion umlalst 12 Abschnitte, von
denen die beiden letzteren Angaben Uber die technischen Hilfs-
mittel, Leistungen u. s. w. der Artillerie und der lugenieurtruppen
enthalten. Im Vergleich zu der alten Instruktion enthält der neue
„nakäs'' im wesentlichen folgende Änderungen:
Abschnitt I.
(Allgemeines Uber die Verwendung der Truppen.)
1. Es ist unter Umständen nicht durchaus erforderlich, dals eine
Allgemeine Reserve ausgeschieden wird.
2. Die vordere Gefechtslinie (das Kampftreflen) wird in
Gefec htsa lisch II ittr eingeteilt.
3. Die Artillerie, welche früher verzettelt aultrat, und nach
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Aimae- und lUriiie-NMhttehteii am BafUnd.
99
und nach aus der Besetre yorgezogen wurde, soll Tornehmlieli
in Massen in das Qefecht treten.
4. Die Kayallerie ist in Massen in der Hand eines
Führers zu Teieinigen.
5. Die Ingeniear-Trnppen treten, &lls sie nicht einen be^
sonderen, ihrer Bestimmnng entsprechenden, Zweck zu erfttUen haben,
zur Reserve.
6. Die Bedeckung der Artillerie ist Saciie der zanächst be-
findlichen iDfanterie-Trappenteile; nur in AnsnabmefäUen ist eine
besondere Bedeckang aaszoscheiden.
7. £s sind die Bedingongen angegeben, von denen die £nt-
fernang der Reserve, sowie die Art ihrer Formation abhängen,
wobei für die Kompagnien- und Bataillons-Keserven, der Abstand,
sn Beginn des Gefechts, auf höchstens 300 Schritt zu bemessen ist
8. Die auf den t'lankeu beobachtenden Truppenteile
sollen nach Möglichkeit mindestens 2 Werst von der betreffenden
Flanke entfernt bleiben.
9. Wie alle neuen Reglements die Selbständigkeit der
Unterführer zu erhöhen bestrebt sind, so hebt auch die In-
struktion hervor, dals den Unterführern eine entsprechende »Selbst-
ständigkeit zu belassen ist; gleichzeitig wird erörtert, in welcher
Weise die Initiative der Unterführer hervorzutreten und wenn seiner-
seits der höhere Ftthrer sieh in die Anorduangen der Unterführer
anzumischen hat.
10. Unter den Obliegenheiten des Kavallerieführers ist
besonders hervoigehobeu, dafs die Kavallerie während des Gefechts
die Aufklärung nicht nur nicht unterbrechen darf, sondern im Gegen-
teil verstärken mufs; dals sie verpflichtet ist, thätigen Anteil an der
Erfüllung der dem Detachement gestellten Aufgabe unmittelbar auf
dem Schlachtfelde zu nehmen, dals sie keinen geeigneten Augenblick
vorübergehen lassen darf, den Feind zu attackieren und dals
sie sich, um die eigenen Truppen zu degagieren, selbst dann auf
den (k'guer stürzen muls, wenn die Sachlage eine Attacke nicht
begiiustigt; duls ferner die Kavallerie nicht jedesmal erst aul Befehl
warten, sondern selbständige Entschlüsse fassen soll.
11. Bei den (>l)li«'irf'iih eiten der ArtilleriefUli i t- r sind
Anweisungen fUr die Leitung des Gefechts von Massen- Batterien,
welche in einer Stellung vereinigt sind, sowie für die Leitimg der
den Gefechtsabscbuitteu zugeteilten Artillerie gegeben.
Absohnitt n
giebt allgemeine Anweisungen für den Angriff.
12. Der Avantgarden-K ommandenr reitet, sobald er
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Anne»- und Marine-Naehrichtoit ms Rafobnid.
Nachricht Uber die Nähe des Gregners erhält, ohne den Weitermaraeb
der Trappen aufzuhalten, zu den vorderen Teilen der Avantgarde
zar persttnlicheii Erkandnng vor. Das Detaohement beschleunigt,
nachdem er das Zoflammeutreffen der Avantgarde mit dem Gegner
erfahren, den Vormarseh des Gros nnd reitet selbst zur Avant-
garde vor.
13. Es wird darauf hingewiesen, dafii ein energischer Angriff
das beste Mittel bildet, nm die Stftrke des Gegners xa er-
kennen nnd ihn zn ttberrasehen; daher soll die Avantgarde in
jedem geeigneten Angenblicke davon Gebraach machen, om den
€regner noch in der Marschordnnng anzugreifen and ihm keine Zeit
ZOT Entwickelnng zn lassen.
14. Zar Brkandang der Zugänge einer feindlichen
Stellung sind seitens der Infitnterie naeh verschiedenen Richtungen
Anfklärungs>Kommandos vorzuschicken, während die Jagd-
kommandos nur in den idcbtigsten Richtungen zur Erkundung vor-
znsenden sind.
15. Die bei der Avantgarde befindlichen Sappenr-Truppen
haben durch Herstellung von Obergängen, Beseitigung von Hinder-
nissen u. s. w. dafür Sorge zu tragen, dafs die Truppen m ihrer Ent-
wickelnng zum Gefecht, samentlich die aus dem Gros in Stellung
fahrende Artillerie, keinen Aufenthalt finden.
16. Die erste Artillerie-Stellung des Angreifers ist so nahe
am Gegner zn wählen, dafo gleich von vornherein eine ernstliche
Wirkung erreicht wird. Stellungswechsel der Artillerie finden auf
Befehl des Detachementsftlhrers statt nnd sollen mindestens 1 Wenrt
betragen.
17. Alle Bewegungen der Infanterie im Bereiche des wirk-
samen Gewehrfeners finden in beschlennigtem Schritt statt.
18. Das unaufhaltsame Vorgehen wird als bestes Mittel
zur Verminderung der Verluste durch feindliches Feuer
empfohloi, weshalb die Gefechtsordnung bis zum Eintritt in den
Bereich des wirksamen Gewehrfeners, ohne zu halten, vorzu-
rücken hat.
19. Vor dem Auflösen von Schlitzen sind, zur Sicherung der
Gefechtsordnung' in Front and Flanke, „dasory*' (öicberheits-
patrouillen) auszuscheiden.
20. Um den Gegner durch Steilfeuer zu ireflen, können die
Mörser-Rjitterien auch hinter den Kanuiien-Batterien in btellong geben
und Uber die letzteren hinweg; sehiefsen.
21. Ein Teil der Batterien kann zar unmittelbaren Unter-
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Anne«- und Miirine>Naeliriohten tos RnrslaniL
101
Stützung nnd BegleitUDg der zum Staim Torgehenden Infanterie be-
stimmt weiden.
22. Die Trappen gehen znm Sturmangriff, ohne zu scbielsen,
indem sie die Riebtnog nach den vordersten Toppen halten, vor,
and nicht nnr mit Musik und Trommelschlag, sondern
mtfgliehst auch unter Singen von Kriegsliedern.
23. Die Artillerie-Kommandeure haben alle Mafsnahmen
zu treffen, um augenblicklich hinter der Infanterie mit ihren Batte-
rien in der gewonnenen Stellung an&nfahren.
Abaohnitt III
giebt allg:emeine Weisungen iUr die Verteidigung.
24. Erci^iebt die Aufklärung der EaTallerie, daüs ein Angriff
Aussieht auf Erfolg hat, so hat der Verteidiger, ohne zu zOgern
und enero^isch, zum Angriff überzugehen.
25. Zur Schonung der Kräfte sollen die Truppen die Stellung
nicht zu frühzeitig besetzen, sondern, indem sie selbst in der
Nähe ihrer Abschnitte ruhen, Abteilungen du jonr und Posten
in die Steüunfr vorschieben.
2(>. Der Zeitpunkt der Feuereröffnung wird durch die
Abschnitts-Komraandeure bestimmt, falls nicht der Detachements-
fübrer die Erteilung dieses Befehls sich vorbehält.
27. Es wird nocbmals hervorgehoben, da£s der Verteidiger
jeden geeigneten Aageublick zu benutzen hat, um zum allgemeinen
Angriff überzugeben.
28. Eis weiden Angaben gemacht Uber Wrteidigung von
Feldbefestigungen nnd dabei bestimmt, dah» der befestigte Stütz-
punkt, zusammen mit seiner äulseren - ileserve, einen besonderen
Gefechtsabschnitt bildet.
Abaohnitt IV.
29. Dieser Abschnitt behandelt die £ägentttmlichkeiten des Nacht-
gefeehts. Unter Anderem wird bestimmt, dals der Angreifer
unter keinen Umständen feuern darf, während es dem Ver-
leidiger auf ganz nahen Entfernungen, wenn das Ziel deutlich sicht-
bar wird, gestattet ist, wobei jedoch ausschlielslich Salven, und
zwar mtfgliehst im Bereiche des ständigen Visiers (400 Schritt =
285 m) anzuwenden sind.
Abschnitt V
:^0. bespricht die Eigeiitüiiiliilikeiten des Gefechts im Winter,
welches häutig den Charakter von Delilee-Kiimpten annimmt. Der
Abfassung dieses Abschnitts hat die im Jahre 1899 erlassene „\ or-
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Aimee» und Marine-Naobriehteii ans Riiliiland.
Bchrift fUr die AusfllliniDg Ton Wi nterttbnogen im GeJände"» sa
Grande gelegen.
AbBOhnitt VL
31. Dieser gänzlich nen bearbeitete Abschnitt behandelt das
Gefecht gegen Steppenvölker nnd ist auf Gmnd der während
der Kriege in Hittelaäen gesammelten Erfabnmgen angestellt. Es
werden die Bedentnng nnd das Verhalten jeder einseinen Waffen-
gattang charakterisiert, wobei besonders daranf hingewiesen wird,
dafs gegen SteppenvOlker, welche leicht in Panik geraten, besonders
eneigisch TOrzugeheo ist, dafs man sie nicht den geringsten Erfolg
dringen lassen darf, und dafs dieselben nach ermngenem Siege bis
snr vollen N eroichtung zn verfolgen sind.
32. Um zur Abwehr des Gegners nach allen Richtnngen hin
bereit zn sein, ist die Artillerie auf die verschiedenen Seiten der
GefechtsordnoDg zn vert eilen, Bagagen nnd Trains mUssen sich
möglichst innerhall) der Gefechtsordnung, von allen Seiten
von Truppen nmscblossen, befinden. Bei Auswahl von Stützpunkten
zur Verteidigung, sowie bei Aufführung von Befestigungen, ist darauf
am achten, daüs Wasserquellen innerhalb derselben vorhanden sind.
Abschnitt VH
behandelt den Gebirgskrieg.
AbBöhoitt Vm
enthält die bereits in der „Vorschrift fltr die Verwendung der
Infanterie im Gefecht e vom Jahre 1897, niedergelegten Be-
stimmungen, mit folgenden Änderungen bezw. Ergänzungen:
83. Während nach obiger Vorschrift, bei der ersten Entwickelaog
zum Gefecht, ganze Kompagnien aufzulösen sind, um gleich von
Anfang an FenerQberlegenbeit zu gewinnen und um ein Voigefaen
der Kompagnie durch späteres Einschieben zu vermeiden, beibt es
in der neuen Gefechts-Instruktion, dafo es beim Angriffsgefecht,
„in Anbetracht der Notwendigkeit^ die SchQtzenlinie vorzureilsen,
ntttzlich ist, nicht nur Bataillons-Reserven, sondern auch Kompagnie-
Reserven tUntersttttzungstmpps) zurttck zu halten.
84. Das Einzelfeuer in der Schtttzenlinie wird als lang-
sames (Qedlu), lebhaftes (tschassty) nnd als Päckcbenfeuer
(patschkami) (Schnellfeuer) abgegeben. (Nach der bisher gOltigea
Gefechtsvorsehrift derlnfiuiterie gab es nur langsames und lebhaftes
Einzelfeuer, welches letzteres auch „Päckcbenfeuer*^ genannt wurde.
) Siehe Novemberbeft der „jAhrbttober für die deatsobe Armee
and Marine* S. 216.
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Annee- und Harine^NBehiiehtoD am Solalaiid.
103
35. Eine Aenderung der Formatiou znr Abwehr von
KaTallerie-Attacken ist nur dann statthaft^ wenn sie m Rohe
ansgefülirt werdeo iLann. IMe SchUt/enlinie luiDii sieh himo in
Gmppen und Zügen zusammeDschliefsen.
36. Nea bearbeitet siud die Bestimmungen Uber den Fatronen-
ersatz, sowie über die Verwendung der Jagdkommandos im
Gefeeht; letztere sollen nicht lllr Aufträge milsbraaeht werden, welche
andere Trappen aaob erfUllen können, sondern nur für solche Auf-
träge (im Aufklärangs- nnd N'erbindongsdienst) Verwendung finden,
welche Findigkeit, Umsicht nnd spezielle Kenntnisse erfordern.
Absohnitt IX
enthält die in den Kavallerie-Reglements vom Jahre 1896 fOi
dasGtofecht in grölseren Kavallerie- Verbänden gegebenen Bestimmungen,
mit geringen nnwicbtigen Elrgänzungen.
37. Auf die Bedentong der Anwendung der Lawa seitens der
Kasaken, aof Grnnd der Verordnung für das Gefecht der Kasaken
in der Lawa^'j vom Jahre 1899, wird hingewiesen.
Abschnitt X
behandelt das Artillerie-Gefecht and ist auf Grund des nenen
Artillerie-Reglements' > aufgestellt.
38. Eine Trennung der Abteilung (diwisiön) im Gefecht ist
nicht erwünscht, eine Trennung der Batterie nur in Ausnahmetällen
zulässig.
Abschnitt XI
enthält verschiedene technische An{xabeu über Feucrleiluug und
Feuerwirkung' der F el d a rt i 1 1 e r ie , ballistische Eigenschaften der
verschiedenen Geschütze, Unbrauchbarmachung von Geschützen u. s. w.
Abschnitt Xn
schlieMieh enthält Angaben Uber Organisation, Verwendimg, Ans-
rllstang mit Material n. s. w. der Ingenieor-Trnppen (Sappeur^,
Pontonnier-Bataillone, Telegraphen-Kompagnien, Lnftsehiffer-Abtei-
Inngen, Feldingenienr-Parks). v. T.
1) Siehe Juliheft 1899 der „Jahrbücher für die deatsehe Annee und Mi-
nne' S. 90—98.
s) Siehe Norembeibeft 1899 der »Jahrbtteber für die denteehe Axmee
und Mttine« S. 209—211.
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104
UiBMbm in der MiUtSr-Littentur.
XI.
Omschan in der Militar-Litteratur.
I. Aullndiselie ZeitschrifteD.
StreflleuFS fisteneichische Mflitlrisdie Zeitschrift (Februar
1900.) Plufsflotillen. - Ein napoleonischer Entwurf. — Zu ^Taktik
im Sanitätsdienste**. — General Miles über den Krieg mit Spanien. —
Retrospektive Betracht uneben über den Bocinn dor Operationen der Eng-
länder auf dem südali ikanischen Kri«';^ssc hauplatze.
Organ der inilitärw issensehaftlichen Vereine. LX. Bd. 1. Hefi.
Ein Musterleidzug aus dt-m Altertunie. Die Unterwerfung des allge-
meinen gallischen Aufstandes unter Vercingetorix durch Cäsar im
Jahre 52 vor Christoa. — Die russische Vorschrift fttr Winterfibungen.
Milteilmagen über Gegenatlnde des ArttUerle- imd GeBiewesens.
(Jahrgang 1900.) 2. Heft Angriff und Verteidigung einer Qfirtel-
festung. — Die Gesetze der Drücke in den Feuerwaffen von E. Vallier.
Ameeblatt. (Österreich.) Nr. 6. Die Milizidee und der Boeren-
krieg. — Die Gageregulienin^j: — Die deutsrhc Flottennovelle. — Der
Krieg in Südafrika (s. auch Nr. 6. 7. 8t. Nr. 6. Erziehung für Volk
und Heer. — Territoriale I )islokation. — Die ungarische Donau-Armee
1848/49. — Das patriotische Friaul. Nr. 7. Erziehung für Volk und
Heer. — Die neue deutsche Felddienstordnung. — Kosten der Kriegs-
schiffe. Hr. 8. Erziehung für Volle und Heer. — Generalatab und
Landwehren. — Ein Wort fttr unsere Kriegsmarine.
HilitBr^ZeltHng. (Österreich.) Nr. 6. Die Gagenregulierung.
— Der Krieg in Afriica (Ports, in Nr. 7). Nr. 6. Rüstungen zur See.
— Offizierk;i^in - - Tnsere Militärversorgungsgesetze. — Der Krieg
in Afrika. Nr. 7. I>ic Reorganisation dos Generalstabes.
Journal des scieneos ntilitaires. (Februar 1!HK).) Die Beförderung
bei Schhifs (b's Jahrhunderts. — Der Gebirgskrieg (Forts.). — Napo-
leonischf (iruiidsiitze. Militärisches Repertoire. Rückzug. Verteidigung,
standige Feldbefestigung. — Wie halten wir Metz lb7ü verlassen können?
(Forts.j. — Studie über die Organisation der Küstenverteidigung (Forts.).
— Der österreichische Erbfolgekrieg 1740—1748. — Peldzug in Schlesien
1741—1742 (Ports.).
BeYiie mllltain universelle. (Pebruar- und Marz -Heft) Allge-
meiner Bericht Ober die Gesamtlage in Madagaskar (Ports.). Die
Belagerung von Pfalzburg 1870 (Forts.). — rntersuchuttgen über ge-
hf'iH'hclt«' Krankheiten und frciwiliigo Verstümmelungen, beobachtet
von 18r>9 bis 1>?1*6 (Forts.) - Studium einer taktischen Frage.
Kevue du eerele niilitaire. Nr. 5. Deutschland. Die Feldartillerie
im Jahre IIKK) (l'urts. u. Schlufs in Nr. 6 und 7). — I>er Krieg in
Transvaal (Forts, in Nr. 6, 7, — Die Stellung der Hauptleute in
Deutschland (Poris, in Nr. 6, 7). Nr. 6. Taktische Übungen des Sanitäts-
wesens. — Die Teufvisbracke. Nr. 7. Bericht über das Militärbudget.
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Umschau in der Militär-Litteratur.
105
— Grof8e österreichische Manöver 1899. Das 8. u. V6. Korps in Böhmen
(Schiurs in Nr. 8). — Nr. 8. über das Kriegsspiel bei den Truppen-
teilen. — Ober den Nutzen der SchieCsgeflellsohaften. — Das militärische
und maritime Jahr in Spanien» Italien, Portugal.
fievue d'Infanterie. (Februar 1900.) Nr. 158. Krinnorungen
eines belpschen Offiziers. — 0»'S( hichte der Infanterie in Krankreicii
(Forts. I. — I ber das Schiefsen mit i'bungsmunition sch\vach«'r Ladunsr
(Tir nWiuit) (Forts.). Die hohe bchule der Keitkunst. - Eine prak-
tische Fflddit'M.si frage (Forts.)
Revue de Cavalerie. (Januur 1900.) Briefe eines Kavalleristen.
— Die Schulen und die Beförderung. Saujuur. — Die Kavallerie der
1. und 2. deutschen Armee in den Tagen vom 7. zum 15. August 1870
(übers, des Peletschen Werkes. Forts.). — Militärreitwesen im 18. Jahi'-
hundert (Forte.). — Von Bautzen bis Piaswitz. Mai 1818 (Forts.).
Das englische Vollblutpferd in der Kavallerie.
Revue d* Artillerie. (Februar 1900.) Feuervert<>ilung der Artilleri«'
(Ports ). - Übungen im Felddienste im Abteilungs- Vorbände (Ports.).
— I>ie deutseht* Schiffsartillerie
La France niilitaire. Nr. 47Ö7. Der kleine Knet:. VI. Behandelt
die Vorwendunf; der Kameel-Korps in Afrika und in Asien. Nr. 4758.
Madagaskar. Von General Gallium. 1. Das Programm des Generals
von 1896 bestand darin, die Howas 2U isolieren, den ihnen bisher unter-
worfenen Stämmen Freiheit zu geben, den eigenen Binflufs weiter aus-
zudehnen, den Handel zu entwickeln, Verbindungen und Transport-
mittel zu schaffen und eine politische Verfassung zu geben, welche den
Bedürfnissen und dem Tirade ii<T rivili.sation des Land«'s eiit.spricht.
Nr. 4759. .Madaf^askar. II. Nr. 4760. Die Sc hiefsausitilduni: unter
Hinweis auf den Krie^ in Sürlafrika. Nr. 4762. I»ic Vcrit-idiKung der
Inseln. I. Nr. 4763. Der kleine Krieg. Tual. Nr. 4764. Die Ver-
teidigung!: der Inseln. II. Nr. 4765. Der südafrikanische Krieg. Taktik
und JSchiefsen. 1. Die Ablehnung einer Forderung von 18 Mill. Pres,
im Budget, welche Schaffung von Schiefspiätzen betraf, seitens der
Kommission veranlaTsi General Philebert, unter Hinweis auf die Miß-
erfolge der Engländer in Afrika zu der vorliegenden Betrachtung und
ihrer Fortsetzung. — In Transvaal. Militärische Lehren. Nr. 1. Be-
merkungen anläfslich des Gefechts bei Stormberg. Nr. 4766. Bajonett-
angrifle. — Die Lanciers. III. Nr. 4767. Der südafrikanische Krieg.
Takiik und Schiefsen. II. Nr 4768. f'esgl. III. Nr. 4769. Der
kleine Krieg. VIII. Behandelt die Lehren des Transvaal- Kriesres.
Nr. 4770. Der südafiikanische Krieg. Taktik und Schiefsen. IN.
Nr. 4771. Desgl. V. Die Buren verdanken ihre Erfolge und ihre
Überlegenheit über den Gegner der individuellen Kenntnis ihrer Waffe
und deren Eigentümlichkeiten. In Buropa ist etwas Ähnliches nicht
zu erreichen. — Militärische Lehren. Nr. 3. Bemerkungen bezüglich
der Schlacht am Modder River (28. November). Nr. 4742. Der süd-
afrikanische Krieg. Taktik und Schiefsen. VI. Nr. 4774. Die Lancier».
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106
Umschau in der MiUtär-Littentnr.
V. Nr. 4775. l'er kleine Krieg. Wertvolle T.ohren V(in Transvaal.
Nr. 4777. Die Lanciers. VI. — L>er Krieg in Transvaal. Nr. 4.
Kritische Bemerkungen eines Generalleutnants der deutschen Armee.
Nr. 6. Meinung einer Autorität der englischen Armee. Hr. 4778.
Der Bericht Ton Camille Pelletan über das Kriegsbudget Der Grund-
gedanice ist die Untersuchung: Was ergiebt jede für die Armee ver-
wendete Million für eine wirkliche zum Gefecht vorbereitete Stürke bei
uns und bei unsern Nachlmrn? Unter anderm weist er nach, dafe in
Frankreich 267 Oi'üzierv im K'iW>n-*;minisferium angestellt sind, gegen
114 in l)eut.-5chland und III* in < »strm'U'h: eine ähnliche Übertreibung
i-^t bei den Stäben der .Xrnieekorps und Divisionen. I^ie Generale
werden h(iher als irgendwo anders bezahlt, die Subalternoffiziere am
schlechtesten in Centrai-Europa. Einen enormen Anteil haben die nicht
streitbaren Truppenteile, es giebt sehr viel Nichtdienstthuer und Ver»
stecicte (non-valeurs et embusques). — Die Kolonial-Armee I von Oberst
Pamin der Marine-Infanterie. Nr. 4770. Desgl. IL Die notwendige
Organisation in grofsen Zügen. Nr. 4780. Der südafrikanische Krieg.
Taktik und S-Miiefsen. VH. — Die Kolenialarmeo. III. Der Kolonial-
dienst. Nr. 4781. IMe .\rmee und das Budget. 1. Nr. 4782 Neue
Gefahr. He/i.-ht si<'h auf die Truppenverstärkungen in Madagaskar.
Nr. 4783. Vfiirleirli <ler .\rtillerie der Flotten in Frankreich und Kng-
land. Der er.steieii wird uie I berh'genheit. namentlich in der Schnellig-
keit des Schiefsens zugeschrieben. — Acht Dragonerregiraenter, welche
Korpskavalleriebrigaden angehören, erhalten die Lanze.
Le Progfto mUiteife. Nr. 2009. Der Transvaalkrieg und der
Sanitätsdienst — Marine- und Militär-Programm; dasselbe beansprucht
rund 000 Millionen in 7 Jaliren für Schiflsbauten. Häfen etc. — Der
südafrikanische Krieg (Ports, in Nr, 2010- 2016i Nr. 2010. Die
Mitrailleusen-Ausbildung und Organisation der Genietruppen. Nr. 2011.
Die zweijährige Dienstzeit. — Die (Jeneralinspektionen Nr. 2012.
Kinige Kinzelheiten über die Kolonialarmee. — Der Bericht über das
Budget, l. (Forts, in Nr. 2013). Nr. 2016. Die Truppen-Generalstäbe.
— Die Militärärzte.
La Belgique militaire. Nr. 1496. Reorganisation der Kavallerie.
— Der englisoh-transvaalsche Krieg (Forts, in Nr. 1496, 1490). Nr. 1407.
Befhtgung des Landes über die MilitSrfrage. — Über die Landes-
verteidigung. ~ Das Lyddite. Nr. 1408. Bedeutung der Technik und
Kunst des Peuerns. — Militärbudget für 1900 (53 520 911 FVcs., gegen
das Vorjahr mehr 623141 Pres.). Nr. 1499. Gesetzentwurf Ober
Organisation und Befugnisse der Gendarmerie.
Bulletin de laPres.se et de la BibFufgraphie militaire. (L'ezember
1899.) Nr. 374. 375. Die Haager Konferenz «Seblufsi. — Die Infanterie-
laktik seit 1870 nach Loubells .Jahresberichten. — Der Burenkrieg.
(Januar l&j'J.) Nr. 376, 377. Die neue deutsche Feldartillerie (Forts,
in Nr. 378). — Der Burenkrieg (Ports, in Nr. 878). — Bedeutung der
Technik und Kunst des Feuems. — Deutsche Kaisermandver 1899
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DmMhtn in. der MUttlr-Llttentiir.
107
(Forts, in Nr. 378). ^F.'hruar 1899.t Nr. 378 ErfahiunKen währond
des Jahres 1899 im Lajrcr von Boverloo an der intanierielehrschule,
Revue de TArniee beige. (November-Do/ember 1899.) Studie
über die Seitenabweichungen cylindro-ogivalor Geschosse. — Studie
über die OeheimschrifU ihre Verwendung im Kriege und in der Diplo-
roaUe. — Die militärische Korrespondenz des Marschall Moltke und die
Neutralität Belgiens. — Automatische Pistole und Karabiner Bergmann.
Modell 1897. — Kine Seite aus der ridschichte Indiens
SehweizerisrlH^ Monatsschrift für Offiziere aller Walfen. (Januar
19(X\) Die Vorl)«.MtMtunir des Intanterieofflziers auf den Dienst im
Wiederholungskurs - - IHt Giitfirrad von Schützen in Bczuij; auf Foin-
schiefpen. — Die Friedrich Kruppsehen Werke — Die Streitkrälte der
britisciien Armee für den Krio^ in Südafrika. — Der Krieg Englands
gegen die südafrikanischen iu'puhliken.
Revue militaire suissc. (Februar 1900.) Ausbildung im feld>
mäTsigen Schiefsen der Infanterie. — Die Peldhaubitze. — Die Pon-
tonniere des I. Armeekorps. — Die Befestigungen in Österreieb-Ungam
(Forts.).
Schweiserische Zeitschrifl fUr Artillerie und Genie. (Januar
19(X).) Das neue Exerzierreglement für die deutsche Feldartillerie. —
Gröfseti <i. iit<( h( Pionienibungen im Jahre 1900. — Panzerzüge und
Geschütze auf Eisenlcihiuvagen.
Allgemeine Schweizerische Militiirzeitung. Nr. 5. Die militärische
Entwickelung des deutschen Kanahietzes. — Die ^Kriegslage in Süd-
afrika. Nr. 6. Ladysmith. Nr. 7. Die iNiederlage der Engländer am
Spionskop. — Die Herbstraanöver 1899 (Forts, in Nr. 8). — QrSfsere
Truppenübungen der deutschen Armee im Jahre 1900. Nr. 8. Die
Aufgabe des britischen Höchstkommandierenden Peldmarschalls Lord
Roberts.
Army and Navy ttaaette. Nr. 2084. Die militärische Lage in
Südafrika. — Bemerkungen zu der Kriegführiin?. — Mitteilungen aus
französischen und heidnischen militärischen Zeitschriften. — I ><'rTrans-
vaalkriej; Kriegsnachrichien. ta<re\veise zusnnimenj^estellt. Nr. 2085.
Die niilitiirische l.n^o in Sijiiafrika. Die politische Lage. Richtet
sicii gigen die mangelhafien Vorbereitungen zum Kriege. — Kriegs-
nachrichten, tageweise zusammengestellt — Der Kaiserin von Indien
21. Lanzenreiter-Regiment. Geschichte des Regiments, erriehtet 1760,
seit 1898 mit Lanzen ausgerüstet - Die Schlacht am Modder-River.
— Ansichten eines Veteranen über den Krieg. Äufeerungen des M^ors
von Blud\\itz, f^her in der nordamerikanischen Armee währetid d( s
Bürgerkrieges. — Der Tod di s Generalmajor Wanhope. Nr. 2086.
Die militärisrhi' Lage in Südafrika. L>as deutsche Militär- Wochen-
blatt über General Bullers Oporntionen. L>er Transvaal-Kriecr. Tage-
weise zusaniniongestellte Kne<j:snachrichten. Verlustlisten. - Der
Frontal-Angrilf. — Der Angritl' auf Ladysmith. - .Vufsemngen der
europäischen festländischen Zeitschriften. Nr. 2087. Fortschritt in
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108
ümiioliau in der Mititär-Iittentar.
Südafrika. Hespriclil das Eingreifen Lord Roberls und Kitchfiiers in
die Heeresführung. — Die Feldartillorie in Südafrika. Es wird der
Vorwurf erhoben, dafs die ArtiUerie den InfanterieungrifiT nicht durch
Feuern bis zum letzten Augenblick des Binbruchs unterstatzt hat. —
Die Geschfitzfhige. — Der Transvaal -Krieg. Tageweise Nachrichten
vom Kriegsschauplatz. Nr. 2088. Die Lage Bullers. Bespricht den
vcnmglückten Plankenangriff am Tugela. — i.oid Landsdown. Ver-
teidi;ii:ung der gegen den Kriegsrainister erhobenen Beschuldigungen.
— Unsere Artillerie in Südafrika. - Die Kolonial-Truppen in Südafrika.
— Der Transvaal-Krieg. Tageweise Nachrichten vom Kfi<'«rsschauplaiz.
Nr. 2089. Die militärische Lage in Südafrika. - Die (•tfi/.u.'llen i\riegs-
depeschen aus Sudalhka. — Starke borechnung dm liuppen auf dem
Kriegssohauplatz. — Die Rekruten-Anwerbung in Schottland. — Der
Transvaal-Krieg. Tageweis geordnete Nachrichten vom Kriegsschau-
platz. — Die Londoner Artillerie -Kompagnie. Geschichte des eigen-
artigen 1537 errichteten Korps, das die Artillerie der Volunteers bildet.
Journal of the Royal United Service Institution. Hr. 263.
I)er Rekrut vom militär-ärztlichen Standpunkte betrachtet — Mili-
tärische, statistische und strategische Skizzen über Indien. .\us dem
Russischen übersetzt, behandelt besonders den Kriegsschauplatz der
Zukunft. Der englische (ieist und die Armee-Reorganisation. Vom
verstorbenen General Sir (ieorge Chesnay. - Deutsche Versuche mit
Motor- Fahrzeugen bei den Manövern und 99. — Organisation des
Heeres der Vereinigten Staaten Nordamerikas.
Jounwl of the United Service Instttation of ladia. Hr. 188.
Chinesische Angelegenheiten. Von Captain Wingate, spricht über
Sitten und Gebräuche des Landes und beschreibt eine Reise mitten
durch China. Kbbe und Flut des Sieges. Allgemeine Betrachtung
von Beispielen der Kriegsgeschichte. — Grundsätze für die Taktik, wie
sie in einem Grenzkricire Indiens am besten geeignet ist. — Über die
Anlage und den Hau eines Lagers. — L)ie Verwendung von Faiirrädem
im Kriege. Nach deutschen (Juellen zusammengestellt.
Russki Invalid. Nr. 10. Entwurf einer 1 nsirukiion l ur Aus-
führung von „beweglichen Konzentrationen**. Nachdem die
sogenannten «beweglichen Konzentrationen**, d. h. Manöver mit Wechsel
der Unterkunft und des Geländes, in der russischen Armee erst seit
etwa 10 Jahren allgemeinere Verbreitung gefunden haben und einige
Erfahrungen gesammelt worden sind, glebt der neue Entwurf allgemeine
Regeln über Abhaltung dieser Manöver, aus denen Folgendes als be-
merkenswert hervorzuheben ist: Den Detachements ist stets Kavallerie
zuzuteilen, während früher letztere durch Jagdkommandos der Infaniene
ersetzt werden ktumte, und zwar jeder Infanterie- Division höchstens
ein Kavallerieregiment; die Bagagen .sollen kriegsgemäfs hinter der
Truppe marschieren und nicht voraus in die Quartiere geschickt werden;
dagegen ist die Mittagskost, damit die Truppen nach dem Einrücken
in das Biwak sofort verpflegt werden können, in fertigem warmen Zu-
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Umsehfta in der MiUtäi^Iittentor.
109
stand»' in Poldkfirhen hei der kleinen Bagage mitzuführen: die Zahl
der PlalzpaUoiien wird auf 50 (früher 100) pro Infanterist beschränkt,
^da die Mannschaften beim Schiefsen mit Platzpatronen nachlässig
zielen und nicht auf die richtige Stellung des Visiers achten .... was
in der Folge einen ungflnstigen Einflufs auf die TrefTergebnisse mit
scharfen Patronen ausüben kann**. Nr. 19. Auf Grund eines Befehls
vom .Jahre 1H96 ist am 1. .Januar 1900 das 2. Transbaikal -Kasaken-
Bataillon in ein Kasaken-Kei ttT- Reir imont zu 6 Ssotnien umge-
wandelt worden. Das Transbaikal-Heer hat nunmehr 4 Kt'jjimenter
ersten Auftrebots. Nr 22 I niforrn Abzeichen der in den Militär-
bezirken Prianiur und >ifiiri< n n< u ••: rirht'^t'n Truppenteile fBarnaul-
Heserve-Batailloii. WladiwustuktT l'i stunirs- Infanterie-Regimenter. Kwar-
tung-Sappeur- Kompagnie. Süd-Ussuri-Tniin-Kuiupagnio. Ostsibirische
Linien-Regimenter). Hr. S7. Erfahrungen mit der Verwendung
von Hunden fttr Kriei^szwecke. Die in den drei lotsten Jahren
mit Kriegshunden vorgenommenen Versuche haben ergeben, «dafs,
wenngleich Kriegshunde den Truppen, namentlich bei Ableistung des
Peldwachdienstcs. einigen Nutzen bringen können, dennoch kein aus-
reichender Grund zu ihrer obligatorischen Einführung bei den Truppen
vorliegt". Verfasser dieses offiziösen .\ufsatzes .scheint über den
Stand dieser Frage in der deutschen .\rm« e recht mangelhaft unter-
richtet zu sein, da er von der Voraussetzung ausgehl, dafs bei allen
Truppen der deutschen Armee Krii gshundo offiziell eingeführt sind.
Bin Kommandeur, bei dessen Truppen Versuche mit Kriegshunden statt-
gefunden hatten, berichtet u. a. «dafs die Blnftthrung des Kriegshundes
in der deutschen Armee der beste Beweis dafür sei, dafe die ernsten
Bindrücke der Kriegseriahrung verloren gegangen seien". (!) Hr. 28.
Kin neues Kadetten-Korps (mit 425 Stellen auf Staatskosten inA
75 Pensionären) wird in Ssumy, Gouv. Charkow, errichtet. Nr 30.
Befehl über Versorgung der Festungen und Festungstruppen mit Fahr-
räd«'rn: v<m Interesse in dicm-m Befehl ist. nachdem in den letzten
'Jahren N'ersuche mit dem aii< !i in der französischen Armee gebräuch-
lichen zusammenlegbaren Kahrrade gemacht worden, die Bemerkung,
dafs „in Anbetracht der festgestellten geringen Tauglichkeit der
zusammenlegbaren Fahrräder nur gewöhnliche nicht zusammen-
legbare Pahrrfider zu beschaffen sind. — Abzeichen der neu errichteten
<S. Peld-Oendarmen-Eskadron. — Der in Stettin im Bau befind-
liche Kreuzer «Bogatyr** soll im Sommer d. J. von Stapel gt lassen
werden Nr. 31. Ausgabe eines Entwurfs einer neuen Oefechts-
vorschrift für gemischte I lotachemen ts.
Wigennüj Ssbornik. Hhk), Nr. 1. risuworow am Kuban 17TS
und jenseits des Kuban 1783. (Mit einem Hilde und 2 Fliinen.) -
Unsere Kasakenheere. Die unbedingte Notwendigkeit zum Verständnis
des Wesens der Kasaken und deren Geschichte zu kennen, wird nach-
drücklich hervorgehoben. — Schilderung der Oefechtstaktik der eng-
lischen Armee. Die heutigen Anschauungen über Organisation und
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110
Umsohaa in der Militär-Littontnr.
numerisches Verhältnis der Reiterei. — Die (jelechtsordnun^f einer
Feldbatterie. — Die allgemeinen und örtlichen Wetter-Voraussagungen
und die Verwertung der Luft-Drachen (Drachenbellons) zu diesen
Zwecken. — Geschichtliche Übersicht fiber die Grundsätze für Er-
ziehung und Unterricht in unseren MilitftrbUdungsanstalten von der
Gründung der ersten Militärschulen bis heute. (Forts, in Nr. 2.)
I. — Die auf Gegenseitigkeit beruhende Offizier •Versicherung. —
Ssiiworow in der russischen Litteratur. 1. — Skizzen von der
Marniaraküste (mit Karte). 1. — Einige Mitteilunjren über die Organi-
sation des Nachrichten wesi-ns vor dem Keldzujje 1877 'Tb. — /\i's der
Pra.vis unserci Militärgerichte. — Ein Rückblick aiit <iie Ereignisse in
den Armeen der europäischen Grofsmächte im vergangenen Jahre.
Nr. 2. Der Vorstofs des Generals Doroohow gegen die Smolensker
(Moshaisker) Strafse vom 9^/21. bis 14./26. September 1812, eine Episode
aus den Operationen im September des Jahres 1812. (Mit einem Bilde
Dorochows und eineF Übersichtsskizzo.) — Das 34. Inftoterierei^ment
in dem Gefecht im 27 nnd 28. Dezember a. St. im lahre 1877 am
Schipka und sein Vormarsch auf Konstantinopel. — Die Feld/'iL'c bis
in das 16. J.ihrhimdtM-t in Sibirien (mit einer Skizzei. (Aus «it-r Ge-
schichte der Kricu-skunst in Hiifsland i — Die Schiefsausbildung in den
fremden Armeen. III. — Einheitskavaileri«' lult^v zwei Gattungen der-
selben? — Der Ki iL>; in Südafrika. SchiidtM ung lit-r Taktik der Buren
und der Engländer. (Mit drei Skizzen.) — Über die eingleisige Bahn
nach dem System Monorail und ihre Anwendung fQr militärische Zwecke.
— Artilleristische Bemerkungen. VI. — Das nationale Schterswesen.
— Der Haushalt der deutschen Armee. — Ssuworow in der russischen
Litt'-ratiir. II, - Skizzen von der Marmaraküste. II. — Trans%*aal.
h dem Werke Zeidels, „Transvaal"). — Übersicht über die 1898
in ivufsland ausgeführten aslrunomischen . i:i'odätischen und topo-
graphischen .\rbeitcn. I. — Organis;(i(M"is< [u' i'ra;j:t'n in der deutschen.
österr*Mrlilsrli-nngarischen und Iran/'i.sischcn .Xrnioc.
Journal der Vereinigten Staateji-Artilleric. (Januar. Februar
1900.) Das Problem des Windes beim Schiefsen. — Automatisches
Richten. — Mitteilung ttber Erhöhungs-Skalen beim Feuer der Küsten-
artillerie. — Der irreduktible Fail bei kubischen Gleichungen.
L'Italia militare e marina. Nr. U. Militärische Lehren. Der
Nutzen von Schutzschilden an Feldgeschützen, abgeleitet von der Nieder-
lage zweier englischer Batterien bei Colenso (15. Dezember). L>er Ver-
fa.s.ser, Tieneral Biancn-di. weist u. a. darauf hin, dafs die Feld-
Mitraillt'usen bereits Schutzsohilde h.tl'cn Nr. 12. Militärische Kehren.
(Schlufs). (ieneral Hiancardi hat das Thema der gepanzerteji Feld-
geschülzü in der „Rivista militare ital." bereits 1883/84 behandelt. Die
Jahrbücher von 1884 enthalten eine freie Wiedergabe der Arbeit.
Nr. 13. Auffliegen der Dynamitfabrik Avigliana bei Turin mit sehr
grofsen Verlusten an Menschen durch F^uersbrunst Nr. 14. Die Kohlen
und der Krieg. Nr. 16. Die neue Instruktion fiber die PersonalUsten
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ümsobau in der Militär-Littoratur.
III
der Militärs. Nr. 17. ISuii der Kriegsministor Politiker oder Fachmann
sein? Hr. 18. Der Soldat und der Tornister. Hr. 80. Signalwesen
im englischen Heere. Steht auf hoher Stufe« wie der fortwährende
Verkehr der Besatzung von Ladysmith mit dem Ersatzheer beweist.
Hr. 24. BfilitSrische Lehren. II. Bedingungen fUr die Wirksamkeit
der Feldartillerie (Forts, von Nr. 11. 12). Nr 25. 26. Desgl. (Ports,
und Schlufs). Nr. 28. Der Stuhl für Kohre und Laffett^n der neuen
Feldgeschütze soll von Terni geliefert werden. Die [.afTetenkonstrukiion
ist vom Arsenal Neapel. Nur die heimische Industrio wird überhaupt
beteiligt sein. Nr. 31. Die neue .\ushildungs-Methode für die Infanterie.
Nr. 32. Die englische Taktik gegenüber den Buren (au.s einrr Wieder-
gabe der Artikel der „Presse'* von Turin über den Krieg). Nr. 35, 36.
Militärische Lehren. III. Ergebnisse vom Kriege. IV. Die Starke des
Heeres.
BiYista Hilitare Italiana. (16. Januar.) Was die Kavallerie ist
und \v;is sie sein raüfste. — Militärische Erinnerungen aus dem
Tridentinischen. - Kriegsliund»'. ruUliffets Heförderungsgesetze.
E.serc'ito Italiano. Nr 14. Pelloux' (Jesetzentwurf. betreffend
Landesverteidigung und l'inbewafTnung der Artillerie. Nr. 15. Die
nruf .Xusbildungsmethodc für Infanterie. Nr. 16. Die iifum Hc-
iurdiTungsg^^setze in Frankreich. Nr. 17. l>er Hrsatz an rnitTotlizit'rrü.
Nr. 18. England, Italien und der Boerenkrieg. Nr. 19. Die Bevölkerung
m Europa. Hr. 20. Der Transvaalkrieg (Ports.). Hr. 21. Die Cadres
und die Schulung der Offiziere des Beurlaubtenstandes. Hr. 22. Politik
und Heer.
Beviat» dentölle«»militar. (Spanien.) Hr. 2. n. 8. Der Automobiiis-
mus im Heere (Schlufs in Nr. 3). — Die Wiederaufrichtung (Ports.).
England und Transvaal (Forts, in Nr. 3). Übersetzung aus dem
Militär- Wochenblatt.
Memorial de liigenicros del Fjercito. (Spanten.) Nr. 12. Die
besoldete Reserve des lngenieurkt)r|»s (Schlufs). — l>as Kruppsrii«^
Feldschnollfeuergeschütz. — Kriegsmarine, Seekrieg und Küsienver-
teidigung (Forts.).
Bevista Militare. (Portugal.) Hr. 3. Oesetzvorlagen in den
Cortes (betreffend teilweise Neubewaffhung , dann Kapitulationen.
Pensionen und Civilverao^gung der Unteroffiziere).
Krigsvetenskaps Akadeniens-Uandlingar* (Schweden.) Heft 1
u. 2. Abfassung und Ausführung von Operatit risl ctehlen. — Die Peld-
dienstübungon <h'^ hihres, be.sonders betr» ITt'inl die Kavallerie.
Norsk Militacrt Tidsskrill, (Norwegen.) Helt 12. Unsere alu-n
Regimentsbezirke (Schlufs).
Militaert Tidsskrift. (l)anemark.) Heft 5 u. 6 I >ie h>gebnis>e
der Festungsschiefsübungen 1897/98. — Die neue Kekruteaausbildungs-
methode in Italien.
MUitidre Speetator. (Holland.) Hr. 2. Die Skada-MltraiUeuse
(mit Skizzen). — Die Militär-Rechtspflege.
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112
Umsehaa in der Militär-Utteratnr.
n. Büchfr.
Kriegspos<'luchtH(')iP Kinzelschriften. Hrraus2:Ps;<*hon vom «irofsen
GeiieralsUilK'. Abteilung für Kiit-gs^eschichto II. Heft 27.
Friedrich dos Grofsün Anschauungen vom Kriege in
ihrer Bntwickelung von 1745 bis 1756. Mit einer SUzse
im Text. Berlin 1899. B. S. Mittler k Sohn. Preis Mk. 2,50.
Im Januarheft 1900 ist ein Aufsatz enthalten: »Was können wir
von Friedrichs d.Grofsen Lehren für die heutig« Kriegführung brauchen?*
Nach einem kurzen Überblick über den im Heft 27 der Einzelschriflen
niedergelegten KntwickeliingsjjMng des grofsen Königs geht Verfa^^ser
auf die I mdeutung seiner wichtigsten (.ehren für die Verhältnisse
unserer Zeit über. Ks ist hier nieht der Platz, diesen rnideutungen zu
ft)ljr«'n. (lanz zweifellos ist es, dafs sie zutreffend sind, wenn uns auch
mancherlei anfangs befremden will. Das Eine bleibt für alle Zeiten
bestehen und wird uns so recht beim Studium dieses Heftes 27 wieder
Idar, däfs selbst der genialste Mensch fortgesetzt an sich arbeiten
mufs, will er sein Können den stftndig wechselnden Verhältnissen
seiner Zeit dienstbar machen. Was hätte es Friedrich dem Qrofsen
iremitzt. wollte er auf den verhältnismäfsig schnell erworbenen kriege-
rischen Lorbeeren ruhen! Seine übermächtigen Gegner hätten ihm
nur zu bald Srliadi irt-bulen. l>ies und die Notwendigkeit, mehr als
sie zu leisten, diiingie Fi'iedrich die Überzeugung auf diesr ersten
Krfolge auszunützen. Kr hat daraus nicht nur liif ThatijLckcit seiner
(renerale, sondern seine eigene zum (iegenstande eingehendsten Studiums
gemacht; er wollte selbst sich in der grofsen Kunst des Krieges mehr
und mehr vervollkommnen und arbeitete darum unablässig an sich
und seinem Heere- — Wir möchten meinen, dafs die Geistesarbeit des
grofeen Königs nach dem zweiten schlesischen Kriege nicht nur seiner
Armee, sondern vor allem seiner eigenen Persönlichkeit zu gute ge-
kommen ist. Sein (leist strebte weit hinaus über die engen Grenzen
der Zeitperiode, in der er lebte. Und doch legte er diesem nach ße-
thätigung dürstenden (Jeiste. der »Mne schnelle Entscheidung ersehnte,
Kesseln an. Has ist doch wahrhaft grofs! — Und welch''s war das
Hesultal dieser strengen Selbstbeherrschung und Selbstprüfung.' Eine
Läuterung der eigenen Ideen, eine genaue Erkenntnis, welche Ziele
und durch welche Mittel diese zu erreichen seien, ein weises Uuta-
halten in allem und jeden. Wer so, wie Friedrich der Orofee, seine
Zeit erkannt hatte, der war sich auch bewubt, dafs er mit deren
Schwächen zu rechnen habe und darum allein meisterte er sie. Fried'
rieh der Grofse las nicht nur viel, er schrieb noch mehr und gerade,
weil er viel schrieb, entwickelten sich seine Anschauungen klar und
logisch, ist eine fortwährende Steigerung seines Werdegan i,'es zu er-
kennen. Die „Hisloire de nion temps'*. die „Politische Correspondenz'*.
die militärischen Instruktionen und Lehr.schriften geben Zeugnis davon,
dafs es ein praktisches Studium ist, das der König betreibt. Die
Überzeugung, dafs Truppen desto leichter zu führen, Heere desto be-
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UmMhaa in der HiUtilr-Iittenfeitf.
113
quemer zu handhaben seien, je besser ihre Schulung und Ausbildung
ist. sie leuchtet in ihrer einfachen Klarheit in die Augen und wenn
dann der König hinzufügt, die preufsischen Truppen könnton es im
Kriege stets getrost mit einem stftrkeren Feinde aufoehmen, so ist ihm
die stete Arbeit an seinem Heere die Hauptaufgabe seines Lebens.
PortwShrend arbeitet er, weil er es für notwendig erachtet und er
setzt mit eiserner Energie seinen Willen überall durch. Die engherzigen
Auflassungen seiir^r '/oit zerbrach er durch sein Erziehen der Führer
zur Selbstthiitigkcil l'^s ist besser, eine üble Resolution fassen und solche
auf der Stolle exekutieren, als irar keine resolulions nehmen. I>ur
taktische Anirritl' ist es, dem dcf König vor allem das Wort ndet.
„Die ganze turce unserer Truppen besteht im attaquieren und wir
würden thöricht sein, wenn wir. ohne Ursache, darauf renoncieren
wollten." Die Kavallerie, deren eigentlicher Schöpfer der grofse König
ist, soll Mlmm^r eher fertig als der Feind sein.** In der Schlachten-
taktik kam Friedrich, abweichend von seinen Zeitgenossen, von der
gro&en Zaiil verschiedener Schlachtarton zurück; er giebt nur wenige
knappe Lehren. Von der Verteidisrung und der Feldbefestigung hält
er sehr wen!?:. In der eigentlich allein zu schlagenden Angrinsschlacht
fordert er raschen Entschlufs und rücksichtslose Durchführung. Der
Kampf „en rase campagne". das stolze und eneri^ische, einheitliche
und geschlossene Vorrücken, das Hinhalten der Schlachtordnung und
Angriflsrichtung, die innige Verbindung von Infanterie und Kavallerie
werde zum Ziele führen. Aus dem Suchen nach einer allgemein an-
wendbaren und Erfolg verheilsenden Form fOr den Schlachtenangriff
ging schlieblich Friedrichs schräge Schlachtordnung hervor.
Es ist das Prinzip zu erkennen, die Anlage der Schlacht von
Hause aus auf den Angriff eines feindlichen Flügels zu basieren, den
äufseren angreifenden Flügel einzusetzen, den inneren aber so lange
wie möglich zu verhalten. Mit der Ausnützung des Sieges durch die
Verfolgung beschäftigte sich Friedrich eingehend und weist nach, dafs
sie bisher nicht genügte: er sieht aber auch ein, dafs seine Zeit der
Erreichung seines Ideals in dieser Beziehung noch recht fern sei.
Eine schnelle Entscheidung des Krieges strebt er mehr denn seine
Gegner an. Die Kriege sollten „kurz und vives sein", „es sei besser,
dafs ein Mensch sterbe, als da£s das ganze Volk verderbe*. »Schlachten
müsse man suchen, wenn man an Zahl und Truppen überlegen sei.*
Es lag in den An.schauungen jener Zeit, nichtalles auf eine Karte zusetzen,
dafs die Kliege meist von längerer Dauer waren. Die Kriegttihrung
hatte nber auch mit Schwierigkeiten zu rechnen, die für moderne Ver-
hältnisse nicht vorhanden sind. Hierher gehört die Desertion, der
mangelhafte Zustand der Verkehrswege u, a. m. ,.Ein langwieriger
Krieg würde ohnvermerkt unsere admirable disciplin lallen machen,
das Land döpeupliren, unsere Ressources aber erschöpfen. " Dazu kam
die Schwierigkeit, diese Ressourcen nachzuführen; in Feindesland
flüchteten die Bewohner und man konnte vom Lande selbst nicht
Jabfbftektr Ite dto dratNk» AiaiM luA MuIb*. B4 Ut. 1. 8
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114
UuMdiM in der llilttir4ittentar.
leben. Eine grofse Rolle in den kriegerischen Ereignissen spielte nalur-
gemäfs der kleine Krieg und in ihm wieder die Aufhebung von convois pp.
Dafs Friedrich kein Mittel scheute, oll selbst zu solchen grilV. die wir
jetzt als inhuman bezeichnen würden, um sich Nachrichten vom Gegner
Sil verachaffeii. ist bekannt; „man bedient sich im Kriege der Ldwen-
und der Pachshaut* — Lftngere Abhandlungen und Befehle bat der
Kdnig fiber die «Lager* binteriassen; er unterscheidet solche, in denen
sich die Armee yersaramelt» Stand- und Still-Liger, Lager, um zu fou-
ragieren. verschanzte, defensive und solche, um ein Land zu decken.
Die Lagerkunst war, wie wir sehen, zur Zeit Friedrichs des Grofsen
ein sehr wichtiger und schwieriger Teil des Krieges. Hingehend be-
handelt sind die Marsche und Flulsübergänge. Für ♦•rsten- galt in
allen Heeren als Regel, streng nach derSchlachtordnuntc abzumarschieren,
um jederzeit in der Latrt' zu sein, sie wied<M h«'rzustellen. Der Feslungs-
krieg spielte eine grofse Rolle; Schweidnitz war die erste Festung mit
Ports. Die Kriege Priedricha d. Ghrofsen sind Angrifbkriege, wenn
auch oft dadurch entstanden, den Gegnern zu „praevenven'* ; er
scheute sich dann auch nicht, die Winterquartiere aufzugeben und im
Winter zu agieren. Er unterscheidet zwischen Peldzugsentwürten für
den Boginn des Krieges und solchen für den weiteren Verlauf. ,War
Friedrichs Heer," so sagt die Einzelschrift. „zwischen 1745 und 1756
taktisch dem (iegner entschieden nht^rlegen. so fohlte doch die aus-
gesj)rochene strafr'trische Überlegenheit.'* „Wann Ihr offensive agiret,
so detachiret niemals!'* „Wann Ihr eure tbrcen theilet. werdet Ihr
en detail geschlagen I" Das shid beherzigenswerte Worte. Die gröfsesie
Einschränkung seines persdnlichen Wollens legte sich der grofse König
in strategischer Beziehung auf. Denn seine Zeit, die des Hinhaltens,
dee Manövrierens war nicht dazu angethan, weiter hinausgesteckte
Ziele ins Auge zu fhssen. Wir möchten ghiuben, dafs zu dieser Ein-
sieht Friedrich erst nach schweren inneren Kämpfen und durch den
unglücklichen Feldzug von 1744 gekommen ist. Gerade aber in diesem
Bemeistern seines Selbst lietrt der Beweis seiner (JeistesgrÖiise, jener
allen Zeilen vorbildlichen Gestalt, die aus dem eig«'nen Thun, ja aus
den eigenen Fehlern seine eigenen Ordonnanzen gfscliatren hat.
Die vorliegende Kinzelschrift. die demnächst eine Fortsetzung
OThält, welche die taktische Schulung der preufsischen Armee während
.der Priedenszeit von 1745—1766 schildern wird, Ist eine wertvolle An-
leitung zum Studium des ^gröfsten aller Könige der neueren Zeit.** 63.
Die angaiiMiie IHman- Armee 19i8/49. Von Anatolo Vacquant.
Breslau. Kunst- und Verlagsanstalt v. S. Schottlaender. 1900.
I)ie ungarische Donauarmee nimmt vermöge ihrer Leistungen in
dem Kriet:»» 1848/49 unzweifelhaft den ersten Platz ein unter den da-
mals neugCf^ciiatTenen Honvedschaaren. In ihrer eigenartigen Zusammen-
setzung bildete diese Armee ein Produkt der politischen Wirrsale.
welche den Sommer 1848 ausfüllten. L>er Verfasser des vorliegenden
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Umsohaii in der MiUtir-Uttoratar.
115
Buches wollte das Werden und Wachsen dieses Heereskörpers schildern,
die politischen Vorgänge dabei aber nur in allerknappostür Form be-
rühren. Andererseits hat der Verfasser auch keine militärische Ge-
schichte der ungarischen Donauarmee schreiben wollen unter eingehender
OarateUung der Organisatioo, sowie der Operationen und Waffonthaten
derselben. Er zeigt uns vielmehr die ungarische Donauarmee, dieses
Kind jener Zeit voller Verwirrungen und Verirrungen in einem unter-
haltenden und anregenden kaleidoskopischen Bilde und führt uns somit
ein Stück Zeitgeschichte vor.
Da.s Buch soll jedoch nicht hlofs U'w die I nterhaltung geschrieben
sein, der Verfasser verfolgt damit am h den sittlichen Zweck, der
Wahrheit die Khre zu geben, «ihr Hecht zu verschatVen." Hine Flut
von Schrillen halte der ungarische Krieg von lö4ö/49 im Gefolge gehabt
und es hielt schwer, darin Dichtung von Wahrheit zu trennen. In
Hals und Erbitterung tauchte der Ungar seine Feder, zornentbrannt
schrieb aber auch der Österreicher. Die zeitgenössischen Berichte
mufsten daher mit grofeer Vorsicht aufgenommen werden. Der Ver-
lauf des Feldzuges hatte zweifellos auch eine gewisse Anzahl von
Fehlern zu Tage geföidert. die Zeit war Jedoch noch nicht dazu an-
gethan, eine saeh liehe Kritik zuzulassen.
In l'ngarn war es lange Zeit gt-radezu verpönt, anders als mit
üoldtinktur zu schreiben. I ber Ludwig Kossuth, den damaligen
Bannerträger der ungarischen Nation, durfte man, wie der Verfasser
sich ausdrückt, nur sprechen mit einem Weihrauchfafs in der Hand,
Jetzt jedoch, seitdem Ungarn innerlich erstarkte und in der Civilisation
rOstig mitarbeitete, verlangte es nicht mehr ausschliefslich Lobeshymnen.
Kossuth und Görgey, der Führer der Donauarmee, bildeten die Pole,
um welche sich die Breignisse des Jahres 1848/49 in Ungarn drehten.
Beide Männer hatten ihre Verehrer und Bewunderer gefunden, wobei
anfangs die grofse Mehrheit auf Kossuths Seite stand, flörgey be-
schuldigte man nach seiner Kapitulation zu Vilägos 1849 in l ugarn
allgemein dos Verrats. Doch auch dies lialte sich geändert. Auf
die Ihiuer liefs sich solbst in Ungarn das vom Auslanfle über Görgey
gefällte gerechtere Urteil nicht von der Hand weisen und allmählich
wandte sich auch dort die öffentliche Meinung zu Gunsten Oörgeys.
Das Buch ist sehr interessant und geistvoll geschrieben und kann der
Leserwelt nur warm empfohlen werden. 38.
Leutnant X. La Guerre avec l'Angleterre. PoUtique navalc de la
France. Paris, Nancy 1900. Berger- Uevrault. Preis 8 Mk.
her ungenannte Verfasser, von der Hoffnungslosigkeit erfülli. Eng-
land mit denselben Wafl'en auf See bekämpfen zu können, weil es an
Schlachtschiüen, Kreuzern und Torpedobootszer^^törern Frankreich weit
überlegen ist und immer bleiben wird, emptiehlt im ersten Teil des
Buchs, welcher „Apres Faschoda'' genannt ist, den Kreuzerkrieg und
den Krieg mit Torpedobooten und unterseeischen Booten.
H*
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llö
Umschau in der Miiitär-Uctcrauir.
Der sweite Teil besch&ftigt sich mit den YorbereitungeD Frank-
reichs für den Seekrieg. Er veriangi zu einem glücklichen Ausgang
des Krieges 1. wenigstens 60 Kreuzer mehr, 2. wenigstens 150 Torpedo-
boote mehr, 3. wenigstens 50 Unterseebote, 4. eine jsresicherte Küsten-
verteidigung. Munitions- und Kohlenergänzung. Gesicherte Stützpunkte
für die Flotte. Als Heizmaterial verlang-t er für die neuen Torpedo-
boote Petroleum und für die zu «-rhauenden Kreuzer I*etroleum und
Kohlen, um sich von England zu t iiiancipieren. Da Rufsland haupt-
sächlich Petroleum produziert, wiinir dies für Frankreich von grofsem
Nutzen sein bei der gegenwärtigen Allianz der beiden Nationen. Er
bespricht dann die Unterseeboote und veriangt fflr die Kreuzer und
Torpedoboote junge Kommandanten voll Wagemut und frei von Be-
denklichkeiten, Oberhaupt eine allgemeine Verjfingung des Ofllzier-
korps. Die erste Operation im Kriege mufs für Frankreich sein, alle
englischen Kabel zu zerstören, da die englische Kabelkarte mit allen
ihren Verzweifrunpen im französischen Besitz ist. müssen die Kabel
von dazu bestimmten Kreuzern mit den dazu notwendi«ren Hinrich-
tungen ausgerüstet, aufgenommen werden. Die Politik Kraiikreichs
für den Seekrieg mit luigland mufs darauf gerichtet sein, (i- n Handnl
und die Verbindungen Englands zu zersluren, es dadurch auszuhungern,
jeden Geschwaderring zu vermeiden und sich auf eine thätige Defensive
zu beschrSnken.
Der dritte Teil des Buchs handelt von dem angenommenen Fall,
dafs Frankreich sofort den Krieg erklftren mufs. Die Kolonien können
alsdann nicht verteidigt werden, sie müssen ihren eigenen Verteidigungs-
kräften überlassen bleiben, zumal Landungen in den französischen
grofsen Kolonialgebieten sehr schwierig auszuführen sein werden.
Das Schicksal der Kolonien wird in Europ;i entschie ien wenien Im
Mittelmeer hat England eine furchtbare l l'ermachl. daher mur- sich
die französische Flotte in Toulon versammeln und durch ihre Kreuzer
fortdauernd über die feindlichen Bewegungen unterrichtet, nur dann
zum Angriff übergehen, wenn die englische Flotte sich teilen sollte und
eins von den Geschwadern dem französischen Mittelraeergeschwader
an StSrke inferior sein sollte, dann ist die Vernichtung desselben auch
mit und trotz den schwersten Opfern geboten. Auf den Seekrieg im
Mittelmeer näher eingehend, hält er den Besitz von Mahon auf den
Haiearen für eine Lebensfrage U'w Frankreich, der Besitz von Mahon
ist der Schlüssel zum Kriege im .Mittelmeer und darf niemals in die
Gewalt der Encrländer kommen. Hei dem geringsten Versuch seitens
Englands, sich der Belearen zu bemächtigen, mufs Frankreich Spanien
zwingen, mit seiner HUfe Gibraltar zu belagern von der Landseite aus.
Für den Seekrieg im Kanal empfiehlt der Verliisser ebenfalls den
Kreuzerkrieg, das Nordgeschwader soll seinen Stützpunkt in dem un>
einnehmbaren Brest haben und dort eine Binschlielsung durch die
stärkere englische Flotte ruhig erwarten, die Defensive aber soll durch
Oflensivstöfse von Torpedobooten und Unterseebooten dem Feinde
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Umaobau in der Militkr-Littoratar.
117
Schaden zutugt-n. von letzteren Ix'idcii rnuls rinc nio^liohst grol'so
Zahl bei den horvurragondstcn Werftfn im In- und Auslände bestellt
werden. Zum Öchlufs fordert er einen Massenankauf von 900 000
Tons Kohlen — eine sofortige Ausgabe von 30—35 Millionen Pr. ~«
welche er in folgender Weise auf die fUnf Hanpthilfen und Stützpunkte
(Qr Schifte verteilt haben will: 800000 Tons zwischen Dünkirchen und'
Brest, 200000 Tons von Brest bis Bayonne und von 200000 von Port
Vendres nach ViUefranka, 100000 Tons in Korsika und Bisorta und
100 000 Tons in Algier. Mit einem Kassandraruf nach dem Manne,
welcher die Kraft hat. dem Parlament über die Schwächen der fran-
zösischen Marine die Augen zu öttnen, nach dem Retter Prankreichs
gegen Englands Habgier, schliefst das sehr bemerkenswerte Buch.
Am Schluls sind sehr schätzenswerte Tabellen gegeben über die eng-
lischen Seestreitkräfte, fiber die beabsichtigten Neubauten, Vergleich
der beiden Flotten und Budgets, ttber die englische Handelsflotte und
den englischen Handel, Englands Bevölkerung und Ernährung, die
grofsen englischen Dampferlinien, die Auxiliarkreuzer, Kabellinien und
das Personal der beiderseitigon Flotten. l>as kompendinse Werk
des ungenannten Verfassers deckt, von dem Gefühl glühender Vater-
landsliebe getragen, mit schonungsloser Offenheit die Schwächen der
französischen Marine auf und giebt in geistvoller Weise den Weg an,
der erdrückenden ('hermacht Englands mit Erfolg zu begegnen. Wenn
sich auch verschiedene von den gemachten Vorschlägen nicht weiden
verwirklichen lassen, wenigstens nicht in absehbarer Zeit, kann die
Lektüre dieses Werkchens nur empfohlen werden, zumal da es wohl
die Ansichten des französischen Marineofflzierkorps in breiteren Massen
wiedergeben wird. Der Styl ist prSgnant und verschiedene neue Ge-
sichtspunkte in dem geistvoll geschriebenen Buch geben zum Nach-
denken Aniafs. 69. (J.)
Der Krieg in Südafrika Ihi)*.! r.HM) und seine Vorgeschichte. Bear-
beitet von Altred von Müller. Oberleutnant im 1. Hanseatischen
Infanterie-Regiment No. 75. — Mit zahlreichen Karten. Skizzen
und Anlagen. I. Teil. Vorgeschichte der beiden Buren-Staaten
und die Kriegsereignisse bis zum BintrefTen des englischen
Expeditions-Korps. Berlin 1900. Giebersche Buchhandlung.
Preis 2 Mark.
Es ist gewifs nicht zu leugnen, dafs der zur Zeit in Südafrika
sich abspielende Krieg nicht nur das berechtigte regste Interesse
wachruft, sondern auch zu Gunsten der Prüfung unserer eigenen An-
sichten zum eingehenden Studium auffordert, hie eingehende Dar-
stellung der Kriegsereignisse wird deshalb einen hohen Wert haben,
wenn durch wahrheitsgetreue lierichle eine genügend»' (Jrundlage für
eine solche gegeben sein wird. Zur Zeit kann man davon niclii reden,
da infolge der britischerseits geübten Censur nur auiserordentlich
lückenhafte, entstellte und von grofsem Mangel an taktischem Ver-
^ kj i^Lo Ly Google
118
Umsehan in der HlUtitr-Litteratiir.
ständnis zeugende Mitteilungen nach Europa gelangen. Unter diesen
Umstünden erscheint das Unternehmen sehr gewagt, eine Geschichte
dieses Krioiies bereits Jetzt in AnfrrifT zu nehmm. wo dessen noch irar
kein Ende abzusehtni ist. und eine solche fortlaufend mit den l^^reij;-
nissen zu veröffentlichen. Wirft man nun - wie svohl jeder thut beim
oiVnen des l^uches zuerst einen Blick auf die beigefügten 3 Karten,
80 wird man in der Erwartung noch mehr herabgestimmL Die MaCs*
Stäbe (für Natal 1 : 800 000) Bind sehr grofs und lassen ohne genaue
Darstellung aller wichtigen Einzelheiten zu. Anstatt der. wenn auch
noch 80 flüchtigen, doch wohl nach irgend einem System zu verlan-
genden, lesbaren und verständlichen Skizzierung der Geländeformationen,
welche gerade auf dem südafrii^anisohen Kriegsschauplatz von griMirter
Wicht iiikeit sind. •'rl)r!rk»Mi wir nur ein jranz wirres Gestrichele von
einei' Systenilusigkeil. wic man «'s von ointMii deutschen Offizier nicht
erwarten solltf. Mit dei selben Mühe halle er auch verständliche For-
mationen zeichnen können. Ubersichtlich kann man diese Pläne nicht
nennen, wie der Verfa^üer in merkwürdiger Selbsttäuschung es im
Vorwort thut.
Als Zweck seines Buches giebt er nun an, ein klares, zusammen-
hängendes Bild von den kriegerischen Ereignissen gel»en zu wollen.
Er will also keine Geschichte des Krieges schreiben. Und wenn man
jene Absicht dahin versteht, dafs er das in Zeitungsnachrichten
Mitgeteilte zusammenstellen, möglichst nach seiner Auffassung er-
gänzen und in Zusammenhang bringen will, so kann man der Arbeit
eher zustimmen. Kin Mehr hat er auch bei d» r sichtbaren Bemühung
mangels hinreichender drundlatren nicht schatVeii künnen; es bleiben
Überali Lücken in den üperuiionen, die auszutuUen unmöglich war.
Anderseits sind allerdings Vervollständigungen zu verzeichnen, welche
— wenn sie nicht auf willkürlichen Kombinationen beruhen — dem
Verfasser zu Gebote stehende, sonst nicht bekannte Nachrichten vo^
aussetzen lassen, wie vor allem die genauen Dislokationen und Be-
wegungen der Beeren-Abteilungen. Die Angabe der Quellen wäre hier
erwünscht gewesen. Auffallend ist dagegen das stillschweigende
('hergehen anderer Hreignisse, wie z. H. des Vorstofses des Generals
White iim 27. Oktober in der Richtung auf Helpneakar. .\us der Zeit
vom \b. HO. Oktober liegt eine ganze Reihe von Nachriehten vor.
welche vuniVerfasser nicht benutzt wurden und welche zu verwerten
doch im Interesse der Vollständigkeit notwendig gewesen wäre.
So kann der Arbeit des Oberleutnant von MflUer eine andere Be-
deutung nicht zuerkannt werden, als etwa einer Serie zusammen-
flusender Zeitungsartikel. In diesem Sinne hat sie aber gewifs auch
für manchen Wert. 49.
Jahn, Oberleutnant, («esehiehte des Königlirli Säeh.sisehen Cara-
binier-Kegiments, vormaligen .3. Reiter-Regiments. Auf Befehl
des Regiments zusammengestellt. Mit 2 Bildnissen und fünf
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UniBolun In der MiHtitr-Iittentiir.
119
Karten im Steindruck. Berlin 1899. E. ^. Mittler u. Sohn.
Preis n Mark.
l^ine sorgfältig und ihrem Zweck entsprechend gesciuriehene
Kegimentsgescichte !
I>er Herr Verfasser hat e's verstanden, ein Bild der äufsern Schick-
sale und des innerii Lebens seines Truppenteils zu geben. Hierbei ist
von dem Hintergrund der groCsen weltgesohichi&ohen Ereignisse nieht
mehr, aber gerade so viel gegeben, wie für das Verständnis der Teil-
nahme des Regiments an den groÜBen kriegerischen Breignissen not-
wendig ist In lebendiger und daher belehrender Weise haben auoh
Kinzelthaten, namentlich Patrouillenritte, Erwähnung gefunden. Als
Muster eines solchen mochten wir den Ritt des damaligen Leutnants
Freiherrn von Knde am 26. August 1870 zur Einholung von Nach-
richten über den Abmarsch des Feindes von Heims auf Metz be-
zeichnen. 17,
JHe Neutralität der Schweiz. Rede, gehalten von dem Bundesrat
Emil Frey am 16. November 1899 in der demokratischen Ver^
einigung Winterthnr. Winterthur. Ziegler. 1900.
Die ideine Schrift hat unseres Erachtens eine weit über ihren
Umfang hinausreichende Bedeutung. Verfasser ist kein Geringerer,
als der frühere Gesandte bei den Vereinigten Staaten, Herr Emil Frey.
Als Motiv für seine offene und ihm gewifs viele Gotrner erweckende
Aussprache leitete ihn das Bewufstsein, dafs im Kriegsfälle die unrich-
tige Auflassung der Rechte und Pflichten der f^idgenossenschalX un-
sügliches Unglück über sein Vaterland bringen mü.sse.
Er wendet sicli in energischer Weise gegen die seiner Ansicht
nach irrtümliche Äuffessung der Neutralität der Schweiz, und zwar
nicht nur im Auslande, sondern auch im Lande selbst Daüs diese
Neutralität überhaupt vor kriegerischen Verwickelungen schütze sowie
(lafs sie, von den Vertragsmächten anerkannt, die Schweiz unter allen
Umständen zur Neutralität verpflichte. Er erinnert daran, dafs die
Schweiz seit dem Wiener Frieden ausschliefslich durch niemals zu
vermeidende „diplomatische Zwischenfälle" vor dem Ausbruche eines
Krieges gestanden und nur — wie Verfiisser scherzend bemerkt —
durch „L>ei Providentia und hominum contusio" vor demselben bewahrt
sei. Als Beweis hierfür führt er die Kontlikte mit Frankreich wegen
Ludwig Napoleon Bonaparte, mit Preulsen wegen Neuenburg und mit
Deutschland wegen dem bekannten Fall Wohlgemuth an. — In allen
drei Fällen hatte nicht die Rücksicht auf die Neutralität» sondern die
Yerliandlungen der Diplomatie den Krieg vermieden.
Wir stimmen hierin völlig dem Verfasser bei und auch darin,
dafs im Falle zwei fremde Nachbarnationen mit einander Krieg führten,
je nach der Kriegslage die eine Macht einen wesentlichen Vorteil
darin erblicken wird, dafs die Schweiz die Neutralität wahrt, während
für die andere diese Neutralität ein Hindernis sein wird.
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120
UmseluHi in der Müttlr-LittetatDr.
Dagegen wird keine Orofemaclit die Schweiz im Beeitee einer
andern sehen wollen — und aus diesem Grunde liegt ihre Unver-
letzlichkeit im steten Interesse aller Mächte. Diese Unvorletoliciikeit
kann aber nur gewahrleistet werden, wenn man sich auf eine ge-
nügen«!»' L;indesvtM'tei(iiü:ung stützt. „I)aher" — sagt Frey — beruht
die HtMieutui)^ dei- Schweizer Neutralitiit in letzter Instanz aut den
Kanonen und Bajonetten und auf dem unerschütterlichen Entüchlu^M-
unseres Volkes, für seine Freiheit und Unabhängigkeit zu fechten bis
zum letzten Mann."
Wir IcOnnen die kleine Schrift allen empfehlen, die sich für die
staatsrechtliche und militürische Stellung der Schweiz interessieren.
V, Z.
L*Etat mlUtaire des prindpales puissaaoes ^angins en 1900.
7itaie Bdiiion, augmentee et mise a jour par I. Lauth, chef
d'escadron. Paris-Nancy, 1900. Bei^r-Levrault et Cie. Pk^is
7,öO frcs.
Dieses jetzt in 7. Auflage vorliegende Werk erschien, unter der
Redaktion des Genend Ran. zum ersten Male im Jahre 1877; es behandelt
mit gröfster Gründlichkeit und Zuverlässiirkeit das Heerwesen folgender
Staaten: Ueutschland. Österreich - I ngarn. Belgien. Spanien, (hofs-
Britannien, Italien. Rumänien. Rufsland, Schweiz, und zwar in je 12
Kapiteln: 1. Oberbefehl und Central-Verwaliung, 2. Ergänzung und Re-
serven. 3. Remontierung und Pferdeaushebung. 4. Aktive und Hilfs-
Kadres, ö. Organische Fonnationen der Operationstruppen, 6. MilitSrische
Einteilung des Landes und Truppenverteilung (Organisation der Landes-
verteidigung), 7. Formation des Heeres im FUle einer allgemeinen
Mobilmachung, 8. Fahrzeuge und Fuhrpark » Ines mobilen Armeekorps.
Angabe der Munitionsvorräte. Schanzzeug der Pioniere und Lehensmittel.
9. Bewafl'nung und Artillerietn ateriai, 10. Militärische Institute,
11. Kolonialarmee, 12. Unifurniieiung.
Man sieht, dafs der Herr Verfasser seinem Prt^granuu geniäfs über
die Heere jrenanntei- Staaten die erschöpfendste Auskunft iri^dit. F'i-.s
Werk hält die Mitte zwischen dem 1. Teil der Loebellsdu n .. lalues-
berichte"* und dem Werk des General v. Zepelin „Heere und Flotte
der Gegenwart**. Aus dem oben genannten Verzeichnis eriiellt, dafs
die Heerwesen der Niederlande, Portugals, Norwegen-Schwedens, Ser-
biens, Bulgariens. Griechenlands, der amerikanischen Republiken, dann
Japans und Chinas keine Berttcksichtigung fanden, leider auch nicht
das der Jetzt im Vordergrunde des Interesses stehenden südafrikanischen
Republiken. Das aber, was uns geboten wird, befriedigt in hohem
Grade. Wir können das Werk als einen zuverlässigen Ratgeber auf
dem (iebiele der Heeresorgan isa i inn bezeichnen. 1 'er Preis von
7.Ö0 frks. ist für dieses 754 Seiten fülU'nde Werk, im Vergleich zu den
Preisen ähnlich umfangreicher deutscher Bücher, ein sehr mäfsiger.
1.
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UniMhMi in der MültiiiwLitterattir.
Konstruktion der ^ezo^eneu (iesoliützrohre. Von (U'ov^ Kaii^er,
k. u. k. Hofrat. ord. Professor. Mit 14 Figuren-Tal'eln. Zweite
umgearbeitete Auflage. Wien 1900. Veriag voa W. Seidel u.
Sohn.
IMe erstt^ Auflag«' (iies»vs hervurragonden Werkes ist er-
schienen. Eö bildet einen Teil der vom V'erlasser am k. u. k.
höheren Artillerie • Kurse gehaltenen Vorlesungen über Artillerie-
Konstruktions - Lehre. VerO&sser hat es fttr zweckmälsig ge>
halten, zur richtigen Wflrdigang und zum grandlichen Verstjindnis der
bestehenden Konstruktionen Angaben aus der geschäftlichen Entwicke*
lung der gezogenen Geschütze der Besiu t chung der einzelnen Kon-
8truktionsl)eziühungen voranzustellen. Nur in Bezug auf lif Ver-
schlufsmerhanismen hat er sich eine Flinschränkuung auferlegt. Die
der s{»äterrn Zeit angehörenden Versehiufsmechanismen der Schneilffuer-
Kanunt*n sind in einer besonderen Abhandlung besprochen, die .schon
eine zweite Autlage und hierzu wieder einen Nachtrag gefunden hai.
Der Behandlung des Stoffes dienten die zahlreichen guten Bücher über
Maschinonbau als Muster. Die neue Auflage hat den bisherigen
Charskter des Werks gewahrt, die seit L892 im WaJTenwesen ge-
machten Fortschritte, besonders die BinfUhrung des rauchlosen Pulvers
und die hierdurch ermöglichten groCsen Geschofsgeschwindigkeiten
nötigten zu einer vollständigen Umarbeitung des Buches.
Das Werk zerfällt seinem Inhalt nach in folgende .Abschnitte:
I. Kaliberbestimmung. II. Konstruktion der Züge. III. (Jnifse des
anfänglichen Verhrenniingsraumes. IV. (Jestalt des Laderaumes.
V Bestimmung der Seelenläng«'. VI. r)rall. Vll. Theorie der Elasti-
citätund Festigkeit röhrenfürniiger Körper. VIII. Theorie der beringten
Cylinder. IX. Rohrmetalle, X. Kohrbau. XI. Zündung der Ladung.
XIL Rohrverschlüsse. XIII. Bestimmung des Rohrgewichtes und des
Rohrschwerpunktes. XIV. Schildzapfen. XV. Vorgang bei der Berech-
nung eines Rohres. Der Anhang A behandelt: Dimensionierung der
Panzer- und Pulver-Granaten. B: Bestimmung der Widerstände bei
den Zügen des Rohrs.
Die Darstellung und Begründung konnte zum Teil nur durch
Zuhilfenahme höherer .Mathematik durchgeführt werden. fJiese Teile
würden besonders für Konstrukturen in Betracht kommen. Ks l)lciben
immer noch manche Kapitt^l übrig, welche bei gewöhnlicher Schul-
bildung verständlich sind. In keinem Falle soll man aber bei dem Werk
vergessen, dafs es auf einen höheren Artilleriekurs berechnet ist Die
sehr zahlreichen Figuren sind in einem Atlas vereinigt Die Aus-
stattung des Werks Ittfst nichts zu wünschen übrig. 18.
Anleitung zur Herstellung von Unterbau für Vullbahnen durch
Eisenbahntruppen. (A. U.) und Kntwurf einer Anleitung zur
Ausführung von GelSndeauÜnahmen in unübersichtlichem
Terrain mittelst Bandzuges. Berlin 1899. B. S. Mittler u.
Sohn. Preis 0,75 bezw. 0,50 M.
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122
UnMohan in der Uilltllr^LlttenitDr.
l)ie beiden kloinen Hefto. wHrhe 7.ur Vorvollstfinrli^ng der Instruk-
tionen unsonM' technischen Truppen dienen, wahren den Standpunkt
der Alljjeniein Verständlichkeit, so dafs sie ebensowohl dem Offizier, als
dem L'nterulTizier und inlelligenleren Pionier in die Hand gegeben
werden können. Die erstgenannte Anleitung behandelt lediglich den
kriegsmIUiBigen Bau; die letstgeoannto ist für gute GeUndeaufhalimeB
von Interesse und Wert. 49.
Weiffenbach, Dr. Julius (Wirkl. (leh. Knegs-Rat und Chef der .lustiz-
Abt im Kgl. Preufs. Kriegsnjinistnrium. uid. Hon, -Professor an
der l niversitat Berlin). £infüliruiig in die MiiitärstrafgericlitH-
ordnung vom 1. Desember 1896. Systematisclie Darstellung
der MUitargerichtsverfassung und des MilitarstrafVerfahrens unter
Berfic1[8iclitigung der Ausführungsbestimmungen. Berlin 1900,
E. S. Mittler u. Sohn, Berlin S. Preis 4 UX geb. 5 Mk.
Die Einführung der neuen M.>St.-G.-0. hat eine umfangreiche
Litteratur gezeitigt. Wir haben an dieser Stelle ziemlich ein Dutzend
dieses Thema behandelnde Schrif!* !! bt'sprochen. denen wir durchweg
pi-aktische Brauchbarkeit zusprechen mulsten Wenn demnach ein
sog: „dringendes Bedürfnis** für vorliegendes ziemlicli als letztes in der
iieihe im Handel erschienene Werk nicht vurlag.so verdient es doch last not
least insofern eine besondere Beachtung, als der Herr Verfasser an der
Ausarbeitung des Gesetzes, als Mitglied des Generalauditoriates her-
vorragenden Anteil hatte und gegenwärtig, unter Ernennung aum
Professor, mit den Vorlesungen über das neue MilitSrstrafverfahren
an der KgL Universität zu Berlin beauftragt ist; die Sachkenntnis des
Verfassers und Bedeutung vorliegenden Werkes ist damit zur Genfige
gekennzeichnet und überhebt uns jeder weiteren Empfehlung, 2.
A f^neh-english millUry teehsiefti dielioBary by Comelis de Witt
coc. first lieutnant of artillery (United States Army). Part I
^^'ashington Government prinling office 1899.
Es handelt sich hier um die Wiedergabe französischer der
militärisch - technischen .\usdrucksweise anueh'iritren Wörter in der
englischen Sprache. Ihe Auf^^abe hatte ihre Schwierigkeiten, da die
englische Sprache die Begriffe weniger kennt und gliedert, als die
französiche, jene oft den Klassen-Namen aul jedes einzelne Objekt
der Klasse anwendet. Es kann daher häufig der französische Begriif
im Englischen nicht durch einen einzelnen Namen wiedergegeben
werden, sondern es wird gewissermafsen eine Beschreibung erforderlioh.
Bs liegt die erste Lieferung vor, welche mit „abaissement* be-
ginnt und mit „espace" endet. Als Quellen sind eine ganze Reihe
technischer Schriften, dann auch wieder solche lexikographischen In-
halts aufgefürt r»ie Aufstellung der einzelnen Wörter mit ihren durch
Zusätze erlulglen näheren Bestimmun;:en ist mit grofser Gründlichkeit
erfolgt. So kommt z. B. das W ort canon mit 92 verschiedenen Zu-
sätzen vor.
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UnMohan In dar MiHtXr-Iitkaritar.
128
Einen besomii rtu Nutzen brinixt das Unternohmen zunächst nur
für diejenigen, welche einer der beiden Sprachen angehören; für
andere hat es unserer Ansicht nach nur zu Studienzwecken Bedeutung.
12.
III. Sefwesen.
Aimaleji der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Heft 2.
Ansteuerong des Hafens von Gensan aus den Rdseberichten S. M. S.
«Irene**, Kommandant Preg.-Kapt Obenheimer, Juli 1699, und S. M. S.
„Deutschland'*, Kommandant Kapt. z. S. Mfiller. August 1899. — Hafen
von Fusan. Aus dem Reisebericht S. M. S. ^Irene", Juli 1899 (hierzu
Tafel 2, Vertonung 1). — Ansteuepung der Masanpho-Pöhrde. Aus
dem Reisebericht desselben Schiffes. — Ebenso: An der Westküste
von Nipon und Yezo treibende Bambusstan^^en nnd Baumstämme. —
Durch die Kurosima-no-seto-Strafse nach Kobe. Aus dem Heiseberichi
S. M S. „Deutschland**. Juni 1899. — Lotungen im Gelben Meere
Uiierzu Tafel 3). — Nach Japan auf der Koute ösllicii von Australien,
im April und Mai. Heise des VoUschififes „Aldebaran"*, Kapt. Chr. Bruns,
1898, von L. E. Dinklage. — Durch die Sunda- und die Kaiitimastralse
in das sadcliinesische Meer und von der Nordspitze von Luson an der
Ostkttste von Ponnosa nach Norden. Aus dem Reisebericht des Kapt
P. Albrana über die Reise des Vollschiffes „Osorno" von New- York
nach Slianghai, Marz bis Mai 1899. — Shanghai. Bericht desselben
Kapitäns. — Die Witterunsr zuTsingtau im Juli. August und September
1899. Nach den Aufzeiclmungen der Kaiserlichen Vermessung im
Kiautschougtibiei. Die wichtigsten Häfen des Asowschen Meeres.
Nach Fragebogen eingesandt von Kapt. H. Sclck. Dampfer „Gutrune",
und Kupt. H. Heinrichs. Dampier „Imbros**, bearbeitet durch J. Herr-
mann, Hilfsarbeiter bei der Seewarte. — Das kalte KOstenwasser, von
S. Witte. — Flaschenposten. — Besiehung der Fahrrichtung von Segel-
schiffen zu der auf ihnen beobachteten Windhftuflgkeit, von L. B.
Dinklage. — Über die Auflösung des Zweihöhen-Problems nach einer
Näherungsmethode von Raper, unter Benutzung der Tabelle der
Mercatorschen Funktionen von Prof. Dr. C. Br»rgen. — Die Witterung
an der deutschen Küste im Monat I>ezemher 1^99.
Marine-Rundschau. Heft 2. Titelbild: Bildnis (Statuei Sr. Maj.
des Kaisers Wilhelm II. — Die Ansprache Seiner .Majestät des Kaisers
an die Offiziere der Garnison Berlin am 1. Januar 1900. — Von der
deutschen Tiefsee-Expedition 1898/99. Ein Tag an Bord des Bxpeditions-
dampfers „Valdivia**, von Dr. Qerhard Schott (Hamburg, Seewarte),
mit 7 Abbildungen. — Doppelte Staatsangehörigkeit, von Oberleutnant
zur See von Natzmer. — Hygienische und sanittoe Verhältnisse in
Tanger (Marokko). Las Palmas (Kanarische Inseln) und Porto Grande
(Kap Verdische Inseln) von I.>r. Reinhold Rüge. Marineoberstabsarzt
2. Kl. — Nordelbisch-Dänisclit's von Viceadmiral Batsch t. II. Kapitel
(Fortä). — Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten über See-
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124
(Jmsohin io der MiUtSr-Iitteratiir.
Wesen, vSchUTer- und Fischorleben in den germanischen Sprachen
(Forts.). — Die französischen Handels^^psellschaften. — Beitrag zur
Theorie des Wasserwiderst^indes der Schifi'e (mit 3 Skizzen). — I>ie
türkische Marine von ihn*n AnHingen an, von Kalaii vom Hole.
Pascha (2. Forts.). — Thätigkeitsberichte der Fischerei-Kreuzer S. M. S.
«Blits* und „Zieten''.
HitteiliugeB aus den Gebiet« des Seeweseos. Nr. 8. Einige
Resultate der Anwendung von Wasserrohrkesseln auf Kriegsschiffen.
— Die neuen SciilufsprOfungsvorscliriften für die nautisclien Scliulen
in österreicll. — Elelitrische Hilfsmaschinen In der Kriegsmarine der
Vereinigten Staaten. — Kohrbrucliventile, System Hübner .1 Mayer. —
Der französi.sche Marinubiid^et- Voranschlag für das Jahr 190(). - Der
Transport der Ti-uppon und des Matei*ials von England nach der Kap-
Kolonie. — Der neue Distanzmess»n- von Commander .1. F. Stuart. —
Dampfer „Oceanic" der White-Star-Line. — Der Ostsee -Schwarzes
Meer-Kanal. — Ein Schwimmdock für Deutsch-Osufnka.
Aimy «nd Nary CUuette. Hr. 2088. Geschlitzte Kreuzer. —
Unsere Stärke zur See. — Das Verhalten englischer Seekadetten im
Transvaalkriege. Nr. 2080. Die Vergröfserung der deutschen Marine.
— Gerüchte über eine bevorstehende Mobilisierung der Reserven in
den Werften. — Wie die deutschen Marine -OtTfiziere mit dem Durch*
suchen englischer SchitTe auf Kontrebunde in Samoa verfuhren. — Ver
teilung der neuen Torpedoboot -Zt-rstörer. Frankreichs Marine -Ver-
mehrung. — L'ntalle russischer Kriegsschiffe. Nr. 2090. Das .Marine-
Programm. - - i'ber den rnfall der Kgl. Yacht „Victoria and .Mbert**.
— Englische Versuche mit der drahtlosen Telegraphie von einem vom
Schiff geschk ppuMi Ballon nach Land zu. — Englische Kohlenlieferungen
an aosw&riige Marinen. — Kriegsgericht in Sachen der Kollision des
«Sans Pareü" mit dem „Bast Lothian*. Hr. 2001 Die Flotte und die
Heimat- Verteidigung. — Marine-Ausbildung. — Kollision zwischen dem
^Pegasus" und „Trefusis*. — Marine-Pensionen. — Die Marine-Debatte
im deutschen Reichstage.
Army and Navy Journal Nr. 1900. Gebt das Schiff nicht auf.
— Zollschitf- 1 kirnst. Zusainnu'nwirkcn von ArnK'c und Marin«' in
Manila. - Naiuungsmittol als Kriegskontrebande. Nrue KaiiuiK ii. —
Amerika als eine Weltmacht. — Die Expansion des britischen Reiche.
— Emplehlenswerte Steine lür Trockendocks. Nr. 1901. Die Zukunft
Chinas. — Bin elektrisches Qeschfltz. — Bnglands Probestunde. —
Das Neueste von Manila. — Bericht über die Torpedoboote. Hr. 1002.
Das Gefecht des Kanonenbootes «Urdaneta** bei Manila. — Scheiben-
schiefisen für die Marine. — Der Ruf nach Schlachtschiffen. — Das
Neueste von Manila. — Das Eingreifen der Marine in Manila. Nr. 1008.
Unsere internen Wasserwege. — Der Nicaragua-Kanal- Vertrag. — Die
Hevölkerung von Kuba und Porto-Rico. - Sanitätsdienst im südlichen
Luzon. — iMe Marine-Akademie. l>ie Marinen der Welt.
Uivista marittinia. (Januar 1900.) Die Scharfschützen an i^ord.
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Umsobau in der Militär-Littoratur.
125
— Kolonialkrieg^. — Die Geflchwindigkeit in der Seetaictilc. — Der Bin-
flufs der Handelsmarine. — Die Kohlen •Kriats. — Scliifia -Kollisionen.
— Die Kapitäno in Italien und in Deutschland. — Fischeroi und Wasser-
kultur. — E.xplüsionen, hervorgerufen durch gewöhnliche Substanzen.
— Die batometrischen Kosultate der belgischen Antarcii( - Expedition.
Honderheft der 3iarine-Kundschau, enthaltend den Kntwurf einer
Novelle zum (ies«»tze. betrellfiul die deutsche Flotte vom 10. April 1898,
nebst Begründung und Anlairen und angtd'ügter BeUage: Die Steigerung
der deutschen Seeinteres.seu von 189G— 18i>8. Berlin 1900. E. Ö.
Mittler & Sohn.
Es ist ein entschieden glücklicher Gedanke gewesen, dies Sonder-
heft jetzt herauszugeben, wo die Frage der PLottenTermehrung im
ganzen deutschen Reiche alles l'brige. sogar das Interesse am
Transvaalkrlege. beherrscht. HotTentlich wird das Heft eine aufser-
ordentliche Verbreitung finden, dann kann nicht ausbleiben, dafs sieh
auch die l nentsehiedenen odei auch (iegiier ;iuf Seiten der Regierung
Stellen, denn in der That ist die Flotlcnvermehrung uns bitter not.
Zu bedauern ist nur. dafs das Hefl ei*st jetzt herauskommt, wo die
Verhandlungen des Reichstages dicht vor der Thüre stehen. Ein
früheres Erscheinen wäre ein nicht zu untersohlltzendes Agitations-
mlitel mehr gewesen. Namentlich der Anhang »die Entwickelung des
deutschen Seeverkehrs* mit seinem ausgezeichneten und kolossal
umfangreichen statistischen Material ist überaus interessant. Aus dem
Inhalte desselben sei folgendes hervorgehoben:
L Teil: Bevölkerungsbewegung.
TT.
M
Der Aufsenhandel, speziell Seehandel.
III.
Der deutsche Schitlahrtsverkehr.
IV.
Die deutsche Khederei.
V.
Entwickelung des deutschen Schillsbaues.
VI.
M
Hafenwesen.
VII.
n
Die deutsche Hochseefischerei.
vm.
m
Kabelwesen.
IX.
*»
Kolonien.
Jeder dieser Teile zerfallt wieder in mehrere Sonderkapitel, so dafe
ca. 90 Seiten Text auf diesen Anhang entfallen. Es kann Jedermann
die Lektüre dieses Sonderheftes nur dringend angeraten werden.
Marine-Taschenbuch IlKMK Herausgegeben von August Bockel,
im Selbstverläge. Kiel 19UJ. Das vorliegende Taschenbuch erscheint
in diesem Jahre zum ersten Male und kann nur anerkennend begrüfst
werden. Es bringt alle tüi- das Mai ine-Personal wichtigen Bestimmungen
und interessanten Angaben, wie die Laufbahnen der einzelnen Chargen,
Qehalter, Uniförmierung, Verpflegung, organisatorische Bestimmungen,
Geschftftsverkehr, Liste der Kriegsschiffe mit Plänen, allgemein für
den Seemann wissenswerte Angaben etc., so dafs es sich zweifellos in
Marinekreisen viele Freunde erwerben wild. Die Mitwirkung von Fach-
leuten sichert dem Taschenbuch gediegenen Inhalt.
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126
ümselttii fai An Hilitilr-Uttefatar.
Monkol Sbenik. Pebfuar 1900. Hr. 2. Offizieller Teil:
Verzeichnis der Kriegsschiffe in fremden Gewässern. Auf
dem Wege zum Stillon Ocean befinden sich: Geschwaderpanzerschiff
„Petropowlowsk'' (643 Mann Hes.. 52 Gesch.). Kreuzer I. KI. ^Admiral
NachimoW (522 Mann. 42 Gesch.) und Kanonenboot .Giljak" (170 Mann.
16 Gesch. I, wahrend aus dem Stillen Ocoan zunickkehrt: Kreuzerl. Kl.
„Pomjaiz Asowa". — Verzeichnis der I)ampfer der freiwilligen
Flotte. Das Verzeichnis führt 14 DampfschilVe auf. von denen jt-doch
nur & eine Geschwindigkeit von 18*/« bis 20 Knoten haben, während
die Schnelligkeit der Übrigen 13 Knoten und weniger beträgt.
Nichtoffizieller Teil: Villeneuve und Cervera(au8 dem Franz.).
— Die Schlacht bei Tschesma und die russische Flotte hn Jahre 1769.
— Die Fürsorge der deutschen Verwaltung für die Arbeiter auf Staats-
werften. — Die Fähiijkeit der Sprenggeschosse. Holz zu entzünden.
— Bemerkungen über Hydrographie.
lY. Yeneielmis der zur Bespreehimg eingegaBgenei Bücher.
(Die ein^eixangen^n Iluciior «rfabren pine I<i>«pr«obung nach MaCHgabe ihrer Redentaif ojld d»a «rr-
ragkwm Raum«. Ein« VerpfUektung. jede« eiagebrad« Haeii sa bM^raehta. ibeminmt di*
Uituff der ^ahi1il«h*t" aiokt. d«oh w«d»B dl« Titel ■tatUohm Btakw mbftAagab« da« PntoM
— Bti&m diMOT nitgwtoilt ««rd« » kl*r TwtnvrU. Bta* BtclMadiiDf vm Bl«kM» tadM Biefet •!■».)
1. Das Meer als <|velle der VSlkergrSflse. Eine politisch-geo-
graphische Studie von Friedrich Ratzel. München u. Leipzig 1900.
a Oldenbourg. Preis 1.20 Mk.
2. Biographische Volksbücher : 1. Heinrich Schliemann und
seine Homerische Welt von Ur. J, Nelson. Mit 20 Abbildun<ren.
2. Thomas Alva Edison, der Krfinder. von Fi'anz Pähl. Preis je
1 Mk.. geb. 1.2.Ö Mk. Leipzig. R. VoiLahinders Verlag.
IL Der Krieg in Siid-Ai'riku 1H99/1900 uud seine Vorgeschichte.
Bearbeitet von A. v. Müller, Oberleutnant. Mit zahlreichen Karten.
Skizzen und Anlagen. I. Teil. Vorgeschichte und Kriegsereignisse bis
zum Bintreifen des englischen Bxpeditions - Korps. Berlin 1900.
Liebeische Buchhandlung. Preis 2 Mk. — II. Teil. Der Oraige-Modder-
Feldzug. Stonnberg und Colesbcrg. I )er Tugola-Feldzug. Preis 1 ..')0 ^fk.
4, La guerre avec l'Angleterre. (Leutnant X. . . .) Politique
navale de ia France. Paris 1900. Berger- Levrault et Cie., editeurs.
Preis 3 fr.
5. Uuerre hispano-americaine 1898. La ,o:uerre .sur mer et .ses
leQons par A. T. Malian. Traduit de langlais avec lautorisation de
Tauteur par le comte A. de Diesbach. Paris 1900. hJerger-Levrault
et Gie., ^teuis. Preis 4 fr.
II. La d^Bse aarale par B. Lockroy. Paris 1900. Berger-
Levrault et Cie., editeurs. Preis 6 fr.
7. W. Roth's Jahresbericht über die Leistungen md F^rtsehritte
auf dem Gebiete des Militär-Hanitätswesens. Herausgegeben von der
Redaktion der Deutschen militärürztlichen Zeitfichriit. XXIV. Jahrgang.
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Umachau in der Militär-LitU-ralur.
127
Bericht fflr das Jahr 1896. Supplementband zur Deutschen iniHt£r-
ärztlichen Zeitschrift BerUn 1899. B. S. Mittler a» Sohn. Preis 4,50 Mk.
8. Die Leibesübung^en und ihr« Bedevtnuf? für die Gesundheit.
Von Prot. Dr. R. Zander. Mit 19 Abbildunc^cn im Text und auf Tafeln.
Leipzig 1900. G. Toubnor Preis gebd. l.lf) Mk.
9. Das strate^sche uud laktisi'hp Zusammenwirken von Heer
und Flotte. Von v, Janson. Gcm'ialhnitnant z. D. 1. Heft. Berlin
1900. E. S. Mittler & Sohn. IVois 1,Ö0 Mk.
10. Die heutige Grundlage der deutschen Wehrkraft von Ligo
Brentano und Robert Kuczynski. Stuttgart 1900. J. C. Cotta Nach-
folger. Preis 8.50 Mk.
11. Fflr Dentsehlaads Kraft war See. Aufsatze aus der Deutschen
Flotten-Zeitung «Überall". Beriin 1900. E. S. Mittler k Sohn.
12. RptraehtungeB fiber die Zukunft dos irieehanischeii Zuges
fiir den Transport auf Landstrafsen, hauptsächlich über seine Vor-
wendbarkoit im Krioir<\ Angestellt auf (irum] 'ler in der pinschlä^iixeti
Litteratur niederirelei^ieu Erfahrungen von <> Lay riz, Oberstleutnant z. l
Mit 20 Abbildungen im Text, lierlin IIKX). E. S, Mittler k Sohn.
Preis 1.75 Mk.
13. Beschreibung der (Garnison Frankfurt a. 0. vom Standpunkte
ier tlesttiidiieltspllege «ui aa^gestellt. Mit 1 Abbildung im Text,
8 Anlagen. 2 Kartenbeilagen und 64 Tafeln. Berlin 1899. B. S.
Mittler & Sohn. Preis 9 Mk.
14. Das Entfenmngssehitsen der Infanterie. Wie können wir
die LtMstun.tren im Entfernungsschätzen erhöhen und die Fertigkeit am
einfachsten beurteilen? Von J. Stark, Hauptmann. Neuburg a. D.
1900. Griessmayersche Buchhd.
1.5. Nautiscli-Teehnisches Wörterbuch der Marine. Deutscli.
Italieni.sch. F'ranzösisch und Englisch. Herausgegeben ven der Redaktion
der „Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens", lirganzuiiy; /um
ersten BanOe. Bearbeitet von Julius Heinz. Pola 1900. Verlag der
Redaktion der «Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens**.
16. Fortsehritte imd YerSiideniiigeii im Gebiete des Woffen-
wesess im der ■eMSaten Zeit. (Als Ergänzung und Portsetzung der
gemeinfafeliohen WafTenlohre.) Von W. Witte, Oberst z. D. Mit
Abbildungen im Text. Zweite völlig umgearbeitete Auflage. In drei
Teilen. Herlin IW» I.i. l.elsclie Buchh. Preis 8 Mk.
17. Die russische Armee in Kinzelsehriftcn. Von Freiherr v( n
Tot tau. Hauptmann. Heft 5—-'^ Herlin 1899. Liebeische Buchh.
Heft h: Kampfmittel und Gefecht der FeUhutillerie. Preis 1,50 .Mk.
Heft 6: Ausbildung der Infanterie, unter besonderer Berücksichtigung
der Schiefsvorschrift vom Jalire 1899. Preis 2 Mk. Heft 7: Ausbildung
der Kavallerie. Preis 2 Mk. Heft 8: Ausbildung und Gefecht der
Kasaken auf Grund des Kasaken-Reglements vom Jahre 1899. Preis
1,00 Mk.
18. Wie lernt mu Instruieren I Eine Anleitung filr den Betrieb
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128
Umschau in der Militär-Litterator.
des Dienstunterrichts. Für Offiziere und Unterofiiziere verf^t von
T. Klafs, Major. Zweite Auflage. Berlin 1900. Liebeisohe Buchh.
19. InstruktloA über KorporalschaflsfÜhning für junge Ualei^
Offiziere und Reserve-Unterofflziers-Aspiranten. Von Sasse, Oberst
leutnant. 5. Auflatr»' Berlin 1900. Liebelscho Buchh. Preis 30 Pf.
20. Die Trinlisitton im Heere. Kin«* Ansprache an die Offiziers-
liauen von einem Kavalleneoltizier a. D. Alt» Manuskript gedruckt
Verlatc von o. V. Böhniert, Dre.sden 1900.
21. Santa Barbara. Seiner Waffe. Ai üllerie-Oberleutnant Rözsjl
Wien 1900. Im Selbstverlage des YeTfassers.
22. Der Krieg in SfidaIHka. Nacli den besten vorhandenen Quellra
bearbeitet von v. Kunowski, Hauptmann, und Pretzdorff. Ober>
leutnant. Erster Teil: Die Vorgeschichte des Krieges und die Kriegs-
ereiirnisse bis SchluTs des Jahres 1899. Leipzig 1900. Zuckschwerdt
u. Co. Preis 1..^0 Mk.
2:j. Lehrgang der Kurzschrift nach dem System der vereintachten
deutsciion Steiioß:raphie zum .^t'l!).>^tünterricht und (iebrauch an Kapi-
tulantenschuleii von .\. v, Wittken. Berlin 1900. i.iebelsche Buchh.
24. Die königlich preufsische Infanterie -Schiefssehule. Unter
Zugrundelegung amtlicher Quellen im Auftrage des Kummandos der
Inftnterie>Schiefs8chule bearbeitet von Th, Wagner, Hauptmann. Mit
drei Plänen in Steindruck. Berlin 1900. E. S. Blittler k Sohn. Preis
6 Mk.
25. Ein Schlachtenangriff im Lichte neuerer Kriegsgeschichte.
II. Theil von: „Der SchlachtenangrilT im Lichte der Schlichtingschen
Grundsätze und der Boguslawski'schen Betrachtuntr^'n". Von W. von
Scherff, General dei- Infanterie /,. L). Mit einer «Skizze im Text
Berlin 1900. B. Eisenschmidt. Pn is 5 Mk.
26. Kuba und der Krieg. Von J. Herrings. Eine Darstellung
der Ereignisse während des spanisch-Hmerikanischen Krieges nach
eigener Anschauung des Verfnssers, sowie ein Leitfbden fttr „Kuba-
Lustige''. New- York 1899. Ohas. Wildermann.
27. H. Kleiiis Lehrbach f6r UiiifonnsehiieUlMr xur Selbsl*
belehrung. Teil II: Die Uniformen des deutschen Reichs-Heeres und
d<>r kaiserlichen Marine. 2. Auflage. Preis 8 Mk. H. Kleins Verlag,
Dresden- N.
28. Unifurmenkunde. Lose Blätter zur Geschichte der Entwickelung
der militärischen Tracht. Herausgegeben, gezeichnet und mit kurzem
Texte versehen von K. Knütel. Bd. .\. Heft 5 und 6. Rathenow
1899. M. Babenzien. Preis jeden Heftes 1,50 Mk.
Druck von A. W. Hayn« Brben, Berlin and Poitdnm.
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xn.
Dis 3. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71.
Jink, Büfandster a. D.
(Fortaetsung.)
V.
Oegren Amu-Cambral und b«l Bapaume.
General Faidberbe eneiohte mit der znrttokgebenden Armee am
24. Dezember nocb Albert und die Oegead nördlich and wesüieh
davon. Die in letzterer Richtung am Dächsten der Hallne zo ge-
legenen Orte — VarenneSySenlis, LaTi^ville and Baire — waren immerhin
von derselben schon gegen zwei Meilen entfernt Da kann es denn nicht
Wander nehmen, data die am 25. erat im Laufe des Vornüttagg in
Marsch gehetzten prenfsischen Trappen, wenn aneh noeb mehrere
hundert Nachzügler, so doch geschlossene Abteilangen des Gegners
niebt mehr antrafen. General Goeben gelangte mit der 30. Brigade
der 15. Division nach Albert — die 29. kam nach Querrienx — ,
der 16. nach Boazincourt and Gegend, Avantgarde Aveluy und den
ibr beig^^benen Teilen der 3. Kavallerie-Division nach Senlis. Die
tags vorher noch aaf dem Schlachtfelde eingetroffene kombinierte
Garde-Kavallerie-Brigade (General-Leutnant Prinz Albrecht, Sohn)
folgte von Amiens bis Baizieux. Selbst den noch Uber die Avantgarden
hinaus vorgehenden Patroaillen, so einer des Leotnants der Reserve
Staettler der 9. Hasaren von Aveluy nach Mesnil, gelang es nicht, fest-
snstellen, ob die feindlichen Streitkräfte aaf Arras oder auf Cambrai
zurückgegangen waren. Das Thermometer war an diesem Ta^-e bis
auf 1 unter Null gesunken, es wehte ein eisiger, scharfer Nordostwind,
der die Glieder erstarren machte, und jedem Teilnehmer am Feldzuge
durfte dieser Tag dadurch noch in ebenso frischer Erinnernng geblieben
sein, wie deijenige des Regenbiwaks in der Nacht vom 10. zum IL
August desselben Jahres. Am 2ü. Dezember setzte das VIII. Armee-
korps den N'ormarscb in breiter Front derart fort, dafs die 15. Division
mit der 30. Brigade und dem Königs-Husaren-Kegiment Bapanme,
Jihrbftakar Oi di« dratmk« Am«« aad MjoiM. Bd. 11«. 9. 9
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130
Die 8. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71.
die 29. die Gegend von k Sars^ die 16. DiyisioD mit der 32. Brigade
and 2 Eekadrons (8. nnd 4.) 9. HoBsren die Aebiete nnd Gegend nnd
der 31. Brigade, sowie der 1. und 2. Eskadron der 9. Hnsaren nnd der
3. Kayallerie-DiTiBion Boeqaoy und Gegcud, wesftlieh bis Hannescamps
nnd nördlich bis Donchy, erreiolite. Znr Anftlttmng war die 3.
Ka?aUerie-DiviBion anf der groisen Strabe gegen Anas Yorgegangen
nnd fand Boiiy noch besetzt. Einige Schnls der Batterie liatten
indes die baldige Bttoronng des Ortes znr Folge. Obgleich nnn ant
der ganzen Front Patronillen bis in die Vorstädte von Arras streüten
nnd anch noch Gefangene gemacht wurden, befand man sich gerade
darum besttglich der flanptrttckzugslinie des Fdndes im Irrtum.
Man glaubte, dieselbe auf Cambrai annehmen su sollen. Das G^s
der feindlichen Armee war aber thatsächlich auf Arras snrttck-
gegangen nnd nahm hinter der Scarpe swisohen Famponz nnd
Oorbehem Stellung nut dem Hauptquartier in Vitiy-en Artois. So
&nd sich denn auch die ganze Gegend westlicb yon Airas bis zur
Scaipe hin und selbst Uber diese noch hinaus frei vom Feinde.
Diese Unkenntnis vom Feinde zeigt am deutlichsten, wie schwer
die «Eavallerie-Didsion** gesttndigt hatte, da(h sie nichts gethan, den
Abmarecb des Feindes am 24. zu erkennen und sich ihm denn doch
wenigstens anzuhängen. Die Garde-KaTallerie-Brigade, die durch
das lU. Bataillon 8a Regiments und die 1. leitende Batterie (YHL)
Tcrstärkt und damit anter den Befehl des Generals Graf t. d. Groeben
gestellt worden war^ kam anf den rechten Flügel der Armee nach
Sallly-Sailiisel and Gegend and streifte gegen Gambrai Diese Auf-
stellnng wurde infolge der sich allmählich kittrenden Sachlage, dafs
der Feind mehr nach Dooai hin stehe, am 28. dabin geändert, dafo
die 29. Brigade an Stelle des Detachements Graf Groeben rttckte,
welches seinerseits nach Fins verlegt wurde. Eretere dehnte sich
demnächst bb Bertinconrt aus. Der also ^egen die französische
Nordarmee genommenen Aufstellung, hatte sich dann auch am 27.
seitens des Detachements Mirus und der Division Senden die Ein-
schliefinmg Pöronne's angeschlossen, die ihren Fortgang um so an-
gestörtor nehmen konnte, als auf eine Versannnlnng der Haoptkräfte
der L. Armee bei BeanTais seitens des groisen Uanptquartiers definitiF
Verzicht geleistet wurde.
Qencnral v. Mirus hatte am 25. mit dem Gros der ursprünglichen
Armeereserve Corbie erreicht. Dort stiel's auch das in Amiens abgelöste IL
Bataillon 44. Regiments zu ihm. Ein Detachemeni, bestehend aus L/4.
nnd *ltl.l\J. 5 anter Oberst v. Tietzen a. Hennig wurde noch selbigen
Tages in die veränderte Marschrichtung nach Warfus^e-Abancourt
TOrgeschoben, desgleichen eine aus der 2. und 4. Eskadron der
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Die 8. KaTftllerie-DiTision im Kriege 1870—71.
131
6. Ulanen kombinierte Eskadron unter Rittmeister v. Lnck anr £r-
knndnng des reehten Somme-Ufers entsandt Als aber am 26. ans
dem Hauptquartier lianteuffel's zu Biay Befehl erging, dato das
Truppenkoips des Generals Mirus folgenden Tages Pöronne von
Norden und Westen einausohlietoi habe, wührend das auf den beiden
anderen Seiten seitens der Division Senden gesefaeben werde, wurde
das Detaohement Tietaen ron Eströes ans in die Linie Herb^urt-
Villers-Carbonnel gegen P6ronne voigeschoben, indefli das Gros von
Foncanoourt Uber Bray abmaischierte. Die beiden gegen P^ronne
stehengebliebenen Eskadrons der 14. Ulanen hatten berdts am 25.
dem weiteren Drängen der Pöronne'er Mobilgarden nachgeben mttssen
und waren von Möharioonrt nach Warvillers zurückgegangen. Als
aber dort am folgenden Tage die Nachricht des Vorgehens gegen
Pdronne eintraf, gingen die beiden Eskadrons vrieder nach M^aricoort
vor, um vom 2& ab Uber Boves, Franvillers, Albert am 31. in Serre
in den Divisions- Verband znrUcksukehren.
Die ersten, die Ton Norden her vor Peronne erschienen, waren
die 6. Ulanen, die stob in der Avantgarde befanden und deren Toten -
Eskadron (2.) die meisten hier liegenden Dörfer noch besetzt fand.
Gegen die Ubetgänge des Tortille-Baches bei Allaines and Moislains
waren mit je 3 Pferden der Portepee-Fähnrich v. Bemntb und der
Sergeant Schnittker vorgeschickt worden. Bei ersterem Orte stieÜBen
die beiden Patrouillen \Yieder zusammen. Der Sergeant machte
daran! aufmerksam, dafs seitwärts des Dorfes sich eine etwa 20
Mann starke feindliche Intanterie- Abteilung, wie es scheine im A^^^ng
auf Peronne begriffen, befände. Nachdem der Fälmrich sich von
der Tiiatsaohe persönlich Uber/.eogt hatte, näherte er sich' mit der
gesamten Mannschaft, durch einen Hohlweg gedeckt, dem Feinde,
der in schneidiger Attacke gesprengt wurde. 10 Mann wurden zu
Gefangenen gemacht. Der fciergeant erhielt das eiserne Kreuz, der
Fähnrich, der sich in dieser Beziehung mit Anderen trösten mufs,
aber nicht. Die Avantgarden-Infanterie besetzte den Tortille-Bach
von Allaines bis zu dessen Einmündung in die Sorame unweit Halle.
Die Ulanen Eskadrons erhielten durehgehends Ortsunter kunfk, hatten
aber auf dem linken Flügel 2 Feldwachen gegen Peronne vor-
geschoben. Das Gros befand sich in Clery. Bereits am 29. wurde
das Truppenkorps des Generals v. Mirus durch ö Bataillone der
31. Brigade ab- und damit zu gleicher Zeit aufgelöst General v. Mirus
kehrte mit dem 5. Ulanen-Regimente am :U in den Verband der
3. Kavallerie-Division zurtlck, die nun wieder bis auf die 7. Ulanen
vollzählig war. Wenden wir uns vorerst diesen zu.
Die am 23. Dezembei von Picquigny auf Abbeville znr Erkundung
9*
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Die 3. Kavailerie-Divisiua im Kriege 1&70 — 71.
entsandte 2. Eekadion derselben war berdts bei Hangest-enr-Somme
anf etwa SOO Mobilgarden gestoben, welche deh snnSehit in das
Dorf warfen, dann aber anf Conde-Folie abzogen. Die am nSehsten
Tage von la Chaussee aus ebenfiüls zur SrkunduDg gegen AbbeWUe
Torgebende 1. Eskadron stiele in AiUy-ie H4 Cloeber anf Mobil-
garden. Mit der daraufhin stattfindenden Zuteilung des Fttsilier-
Bataillons 70. Begiments unter Hani»tnuuui am Ende am 25. Dezember
hatte Oberstleutnant t. Pestel Befehl erhalten, sieh als „fliegende
Kolonne" zu betrachten und das ganze Gelände gegen AbbeviUe hfai
Ton Freischaareo zu säubern, den Telegraphen von dort nach Ams
und Hesdin, sowie auch die nach Boulogne fthrende Eisenbahn zu
zerstören. Von Picquigny ging am 26. Dezember die 9. Kompagnie
mit der 2. Eskadron zur Erkundung nach Hangest-sur-Somme ror.
Die von dort Torgetriebenen Patrouillen erhielten aber, sowohl bei
Conde-Folie ab auch bei Longpre-les Corps Saints Feuer. Am 27.
marschierte Oberstleutnaut t. Pestel unter Zurtteklassung der
9. Kompagnie und der 2. Eskadron in Hangest nach Flixeoonrt, von
wo die 3. Eskadron mit einer Kompagnie auf Ailljr weiter vorging.
Ais TEtoile aber bereits besetEt gefunden wurde, folgte Oberstleutnant
T. Pestel mit dem Gros in dieser Richtung. Der bei TEtoile be-
findliche, etwa 2 Kompagnien starke Feind, gab vor der aus-
schwärmenden 10. Kompagnie seine Stellung auf und ging auf das
linke Somme-Ufer Uber, die Brttcke hbter sich zerstörend. Das
Detachement kehrte nach FUzeconrt zurück. Die Ortschaften Longpre-
les Corps Saints und Cond6-Folie sollten von 8 Bataillonen Mobiler
besetzt sein. Oegen ersteren Ort wandte sich am folgenden Tage
ttber Molliens-Vidame and Airaines Oberstleutnant y. Pestel. Der
Eingang des vom 1. Bataillon des 7. Rq;iment8 der Mobüisieiten
du Nord (Orehies) besetzten Ortes wurde um 2 Uhr im ersten An-
lauf von der 11. Kompagnie genommen. Im Orte selbst aber entspann
sich ein tiartaiäckiger Häuserkampf, an dem sich zahlreiche F^inwobner
beteiligten, so dals auch die 12. Kompagnie in Thätijrkfit treten
mufsto, die sich insbesondere des ebenfalls besetsten Kirchhofes und
der Kirche bemächtigte. Die 10. Kompagnie war am Eingange des
Ortes in Reserve geblieben, die Ulanen hielten seitwärts desselben.
.\ls der Kampf im Dorfinnern noch tobte, wurde der Anmarsch eines
feindlichen Bataillons von Cond6-Fülie her gemeldet. Es waren
3 Kompagnien des 4. Bataillons der Mobilen du Pas-de Calais, welche
TOr dem tou Hangest her anruckenden Detachement Heinicben
zurtlckgingen. Die Ulanen schickten sich zor Attacke an, als das
..Bataillon^', ohne einen Schuls zu than, einfach davonlief. Was
bei dem tiefen Schnee, welcher die Bewegung zu Pferde aulser-
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Die 8. Kavallerie-IHviaion im Kriege lö70 — 71.
133
ordentlich beeinträchtigte, erreicht werden konnte, wurde nieder-
gemacht oder gefangen genommen. Als nun aber von Conde her
das Eingreifen der 9. Kompagnie sich geltend machte, suchte der
Feind sein Heil in wUder Flucht anch aus Longpre heraus. Die
▼erfolgenden, dam besonders stark gemachten KaTalleriepatrouilleu
steigerten die Niederlage des Feindes £ut rar Vernichtung. Naeh
Lehaoleomrt betrog der Clesamtrerlnst der Franzosen gegen 300 Mann,
davon 250 Mann Gefangene. Die 70er Fttsiliere nahmen 1 Major,
3 Kapitäns, 6 Lentnants nnd 220 Mann gefangen und erbeuteten
8 Fahnen. Von den am Kampfe beteiligt gewesenen Bauern wnrden
Qeliaagene nicht gemaebi Der diesseitige Verlast betrog 1 Mann
tot, 1 OflBzierdienstUiner, Viaefeldwebel £manael, nnd 3 Mann ver-
woDdet Die Ulanen hatten gar keinen Verwundeten; der Leutnant
Frbr. v. Sinner hatte sieb aber doreh Sturz mit dem Pferde nicht
nneibeblicb verletEi Am 29. langte in Bapaume, woselbst General
y. Goeben sein HaupKiuartier hatte, die Kunde von dem errungenen
Eriolge aa Pestel meldete, er iiabe eine feindliche Abteilung an-
gegriffen und „kdstlich'' geseblagen mit nur geringem eigenen Verlust,
es seien aber ein Bataillonskommandeur, 9 Offiziere und 250 Mann
zu Gefangenen gemacht worden. Damach hätte der Feind also noch
etwa 50 Mann an Toten und Verwundeten eingebttlst Am
29. Dezember marschierte das vereinigte Detachement wieder Uber die
Summe zurttek nach Domart-les Fonthieu und am folgenden Tage
naeh St Biquier, mit schon nördlicher Abweichung östliob Abbeville
gelegen. Leutnant der Beserve Karcher der 7. Ulanen wurde ent-
sandt, den Kommandanten zur Übergabe des nicht mehr als Festung
in Stand gehaltenen Platzes aufzufordern; Oberstleutnant Plancassagne
▼erweigerte die Übergabe. Die Garnison zählte gegen 3000 Mobilgarden
und Mobilisierte, das Bataillon des 91. Linien-Begiments war an die
Armee herangezogen worden. In der folgenden Nacht trafen aber Ver-
störknngen aus Lille ein und mit ihnen General Babouin, welcher das
Kommando ttbemahm nnd die Verteidigung organisierte. Am 31. er-
reichte das Detachement Pestel Gr^cy-en-Ponthien nOrdlich Abbeville.
Am 1. Januar unterbrach Bittmeister v. d. Osten mit seiner Eskadron
(4.) nnd einer unter Leutnant Pappritz aus Eisenbahnarbeitern etc.
zusammengesetzten Abteilung 70er bei Bue die Eisenbahn- nnd
Telegraphenyerbindung von Abberille naeh Boulogne, wobei der
Fäsüier Berg I. durch eine umstUrzende Telegraphenstange tödlich
Terletzt wurde. Die sonstigen Unternehmungen am Neujahrstage
galten der Franktireurssuche in den Nachbarorten. Dabei war aut
eine Ulanen-Patrouille aus einem Hause in Machiel geschossen worden.
Durch einen Zug der 9. Kompagnie wurde das Hans niedergebrannt.
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134
Die a. Kavallerie-Divisioa im Kriege 1870—71.
Das Detaobement marsohiexte noeh selbigen Tages nach Anxj'le
Chftteaa, wo die Yerbindnng mit dem Detaobement Lölsberg ber-
gestellt worde, auf das wir an anderer Stelle liommen werden. Am
a Januar marsebierte Oberstleutnant t. Pestel Ober Domart-les
Ponibieu naeb Piequigny. Von hier wurde die 2. Esl^adron (v. Lack)
nach Beiloy Torgeschoben und patrouillierte nach Longprö und Monflers.
Am 6. marschierte das Detacbement unter ZnrUcklassung der
4. Eskadron in Piequigny naeb Villers Bocage und am folgenden
Tage nach Acbeux, um Ton dort aus im wieder engerem An-
sohlttis an die 3. Ea?allerie*Division gegen Arras und Doullens zu
siohem und au&nidttren. Doeh jetzt zu dieser selbst wieder zurttek*
Nack dem Abmärsche der 5 Bataillone der 31. Brigade, sowie
auch der noch hier befindlichen 70er Musketiere zur Besetzung Ton
Amiens, blieben von der 16. Diyision als kombinierte 32. Brigade,
deren Führung sdt dem 27. Dezember dem Obersten r. Hertzberg
vom 68. Regiment übertragen worden war, nur noch das 40. Regiment,
das I./69., welches sich zur Zeit des Abmarsches der 31. Brigade
bei dem gegen Leus entsandten Detaobement des Obersten r. Wittieh
befand, das 9. Husaren-Regiment ond die 6. schwere sowie 6. leiebte
Batterie VUI. znrttck. Das UI./40. wurde yon Bihnconrt nach
Buequoy verlegt, die 11. Kompagnie naeb AblainzeTelle vorgeschoben.
Auch der Infanterie-Brigadestab siedelte am 30. nach Bncqnoy über.
Nachdem nun die unmittelbar sUdlich Arras gelegenen Orte Beaurains
üivl Arhieourt Ton den Franzosen wieder l)esetzt worden waren,
auch in den folgenden Tagen westlich des Platzes sich eine gröbere
Rührigkeit seitens des Feindes zeigte, wur lt n am ?>1. dir 11. Kom-
pagnie mit der 2. Eskadron der :>. Ulanen nach Ayette und
die 12. Komfiagnie mit der 4. Eskadron derselben Ulanen nach
Monchy vorgeschoben und ein Detachement unter General v. Miras,
bestehend aus dem am 30. nach Bavincourt zurückgekehrten Bataillone
des 69. Kegiments, dem Kürassier-Regiment und einem Zuge Artillerie
nach dorthin und la Cauchnc zur Beobachtung der Strafse von
Arras nach Doullens entsandt. \ on der 9. Kompagnie 40. Regiments
worden je ein Zug nach Les Essarts-Bucquoy nnd Puisienx detachiert.
General Graf Groeben hatte das Kommando dieses Flügels über-
nommen. General t. Goeben hatte sein Hauptquartier nach Combles
verlegt, um Pdronne näher zu sein. Als dann am 1. Januar das
L/40. mit dem Uegimentsstabe aaf dem Marsche von Acbiet-le Grand
nach Buequoy sich befand, ging die Meldung ein, der Feind habe
Kansart und Baiileulmont stark besetzt und die 12./40. bei Monchy
heftig angegriffen. General Graf zu Dohna wurde dadaroh veranlatst,
unter Festhaltang von Ayette und Monchy, dessen Besetzung durch
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Die 8. Kavallerle-Dlvisioo in Kilefe 1870—71. 135
die auf HanneBcampe dirigiertea 1. 4./40. unter Migor Frhr. t. Rosen
eventnell sn yentärken gewesen wttre, das gaose Detaohement nm
10 mir m alannieren nnd bei Pnisienx sa kmentrieren« üie
Meldung Ton einem Angriff anf Moncby erwies sieb indessen als fiüsob.
Higor V. Bosen lekognosderte noeb bis la Canobne, welebes er vom
Deteobement des Genends y. Miros besetatt £uid. Dieser besetite
später Bienyillers-aux Bois. GeDeral Graf v. d. Gioeben befabl
endlich am 4 Ubr das Abrttcken in die Qoartiere. Das Gros
marschierte nach ßacqooy, die 10./40. Terblieb mit einigen Eskadrons
in Puisieox. In vorderster Linie iiamen: Mach Ayette die 11. Kom-
pagnie mit der 2. Eskadron der 5. Ulanen, nach les Essarts-Bneqnoy
1 Zag der 9./40. und nach Uannescamps Migor Frhr. v. Rosen mit
1. 4./40. und der Begiment^stab der 5. Ulanen mit deren 4. Eskadron.
Die 1. Eskadron war naob Donilens detachiert worden. An der den
Alarm bei Bucqaoy veranlassenden Meldung war thatsächlich etwas
Wahres. Die französische Nordarniee hatte am 31. Dezember bereits
zwischen der StraÜBe TOn Arras-Donilens nnd der Scaipe behufs
V'ersammlung som Vormarsch anf P6ronne Bewegungen ausgeführt
Westlich Arras nnd der Bahn Ton dort nach Amiens gelangte das
XXII. französische Korps mit der 1. Division nach Beaumetz-les
Loges, Riviöres-Grosville und Wailiy, mit der 2. nach Dainviile,
Achicourt nnd Agny. Am 1. Jannar fanden dann Vorsehiebnngen
bezw. Erkundungen anf den am 2. Januar festgesetzten Vormarsch der
Armee statt. Gerade derartige Bewegnngen auf feindlicher Seite sind
bezüglich ihres Zieles schwer zn erkennen, die Thätigkeit derPatroaillen
war aber eine nicht weit genug gehende, weil sie eben mehr der
eigenen iSicherung, denn der Aufklärung diente. Hätte man beide
getrennt, dann wäre die Bewegung der Fianzosen am 31.. die mit
der Besetzung der genannten Ortschaften abschlnls, nicht ganz un-
bemerkt geblieben. Das war aber der Fall, denn es ist uns keine
Meldung bekannt g-pworden. die das Gegenteil bekundete, auch wäre
der :{]. Dezember dann nicht ohne Alarm verlaufen, ebenso wenig
wie der Neujahrstag. An diesem waren die 4. Kompagnie (59er
(Preniie r- Leutnant Pfeiffer) und '/i 1-^ '/» •5- und 4. Kürassier-
Eskadron unter Kittmeister v. Lölsberg von Bavincourt niit dem Auf-
trage entsandt worden, die Verbindung mit dem bei Abijeville streifenden
Detachement Pestel aufzusuchen. Von diesem schreibt General
V. Goeben an seine Gemahlin unter di 111 31. Dezember: „Pestel
macht mir Sorge, da er gar zu weit gi ht und sein Detachement
dadurch sehr exponiert. Das ist immer die Gefahr bei solchen
fliegenden Korps. Er meldet gestern, dals er in Domart sei, weiter
auf St. Kiquier rttcke, sich von dort auf Ciecy und dann aui
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186
Die 8. KAvallArie-DMskHi im Kriege 1870-.7i.
NoüvioD wenden wolle. Werde mich freuen, wenn ich ihn erst
indder glttoklieh in der Hand habe. Ich habe nau befohlen, dals
morgen von meinem linken Flttgel aas starke Patrooillen auf Bernaville
and Aoxy-leChateäD gehen, nm ihm wenigstens eine moralische
ünterstützang zu geben."
Rittmeister ?. Lofsberg hatte sein Detachement in 3 Abteilangen
gegliedert, jede bestand aus */» Eskadron und einem Zuge Infanterie.
Das rechte FlUgel-Detachement (Premier-Leutnant Pfeiffer) hatte über
ATCSnes-le Comte und Frövent nach Auxy-le Chätean zu marschieren,
wohin mit dem mittleren sich Kittmeister v. Lölsberg direkt wandte,
während das linke (Premier-Leutnant v. Buchwaldt) nach BernaWUe
rückte. Frövent wurde mittags erreicht. Als am Nacbnüttafr nach
stattgehabter \'erpflegung der Marsch nach Auxy fortgesetzt werden
sollte, wurde der Einjährig-Freiwillige Rommel der Kürassiere ver-
mifst Er werde mit Stichen in Hals und Brust, ermordet, auf-
gefunden. Der Maire wurde als Geisel festgenommen und ihm seine
schwere Verantwortunir vorgestellt, wenn der Mörder nicht ausfreliefert
werde. Bis '/,7 Uhr fand sich derselbe. Da eine Exekution bei
der Dunkelheit nicht wirkuui^svoll «rewesen wäre, liefs Premier-
Leutnant Pfeiti'er ihn rnit nach Auxy nehmen. Auf dem Marsehe
dorthin wiirdo das Dorf Ligny von Franktireurs besetzt gefunden.
Die Infanterie rückte iiu Laufschritt in dasselbe ein und vertrieb
die Franktireurs. FAn Haus, aus dem noch Schüsse fielen, wurde
gestürmt und die bewatiiieten Einwohner niedergemacht. Der Kürassier
Thomas war tötlich verwundet worden. Um 1 1 I hr Abends wurde
Auxy erreicht, in welches das Detachement Lolsberir nach einem
Gefecht mit Franktireurs eingerückt war. Das Detachement
Buchwaldt hatte Bernaville, ohne auf Widerstand zu stofsen, besetzt.
Da Oberstleutnant v. Pestel. den wir ja auch in Auxy-le Chäteau
noch selbieren Taires hatten ankommen sehen, keiner Unterstützung
bedurft, rückte am andern Tage (2. Januar) Rittmeister v. Lofsberg
mit dem ganzen Detachement von Auxy zunächst nach Litrny. liel's
dort das Haus, aus welchem Tags vorher geschossen worden war,
in Brand stecken und setzte den Marsch nach Frevent fort. Nach-
dem man dort den Mörder auf dem ^larktplatze aufgehängt hatte,
und aufserdem zur Strafe lOüOO Frs. gezahlt worden waren, wurde
nach Bavincourt zurückuiarschiert. Man erfuhr, dafs (ieneral v. Mirus
bald nach dem Abmarsch des Detachements ebenfalls abmarschiert war.
Das Detachement Ubernachtete in Bavincourt, also 2 Meilen hinter dem
zur Zeit bei Achiet-Ie Petit stehenden feindlichen rechten Flügel.
Als Patron ill n am folgenden Tage (3. Januar) keine Verbindung
mit preuisisehen Truppen finden konnten, marschierte das Detachement
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Die 8. KtT«Uerie-DiTi8i<m im Kriege 1870—71.
137
Uber Doullens nach Aniicns. Die Kürassiere fanden bereits am 5.
den ADSchliifs an ihr Regiment. Erst am 10. Janaar gelang es der
Kompagnie, in Fins wieder ihr Bataillon aafzutindeii. Dals von
Barineoort ans am 3. Janaar die \'erbindang mit der eigenen Partei
nicht gefanden wurde, läfst auf eine besonders grofse Gewandtheit im
Patronillendienst gerade nicht sohiielsen. Die Brigade Graf Dohna befand
sich während des ganzen Tages westlich der Stralse Arras-Aibert
und gelangte sogar schliefslich nach Sailly an Bois. Es wäre aber vor
allen Dingen Sache des Generals v. Miras gewesen, das Detachement
Lölsberg von der Käamang Bavincoart's in Kenntnis za setzen,
damit es iiaeh seiner Rückkehr dorthin nicht einer derart gefahr-
vollen Lage ansp'esetzt wnrde. Beim Abmärsche aus Bavinconrt eine
Avertissements-Abteilaog mrttckzalassen. wäre nicht ratsam, weil
selbst za gefährdet gewesen. Man hätte aber dem Detachement
eine Patrouille bis Zags stärke nach Aaxy nachsenden und ihm von
dort die Richtung auf Doullens geben können, was auch aufscrdem
noch seitens der 5. Ulanen, die wir am 1. Januar nach dort hatten
eine Eskadron detachieren sehen, hätte geschehen können. Ein
Anderes wäre es noch gewesen, wenn General \. Mirus um den
feindlichen rechten Flügel herum nach Bavincourt zur eventuellen
Verbindung mit dem Detachement einige Patrouillen entsandt hätte.
Das wäre, wie wir aus den Ereignissen entnehmen können, ohne
besondere Schwierigkeiten zu ermöglichen gewesen. Man hatte aber
wohl nicht daran gedacht.
Als nun am 2. .lanuar der llv^i der 32. Brii^ade üher Bapaunie
in 2 Kolonnen nach Fins zur \ erstärkung des dortii^'-cn l liiuels -regen
Cambrai hin abmarschiert war, verfügte die Kavallerie-Division imr
noch Uber die a Kompagnien 6J)er, war also im al!<remeinen auf ihre
eigenen Kriifte. !()'/, Eskadrons mit 14:{o Pferden und (i (iejschUtzen,
angewiesen. JSie postierte je eine Eskadron Ulanen in Ahlaiiizevelle
und ('ourcelles-le Comte. Die in Hannescamps stehende Eskadron
der ."). Flauen war durch die i./l . 14 von Serre aus abgelöst
worden. Die Ablösung war kaum Ix'werk^telligt, als schon starkes
Schielsen hörbar wurde. Die alarmierte Eskadron ging auf FouccjueviUers
zurück und hei steter Beobachtung der feindlichen rechten Flanke
bei kurzem Aufenthalt in Mirauiiiont nach IN)zi(''re8. Es wäre nun
geboten gewesen, ungesäumt die ()!)er von Bienvillers nach Bucquoy
heranzuziehen, was nicht geschehen zu sein seheint, denn sonst hätte
doch Buc(iuov nicht so schnell geräumt zu werden brauchen, wie das
alsbald geschah. Von Seiten der lö. Division war zur Verbindung
mit der H. Kavallerie-Division unter dem Hauptmann Lossius ein
Detachement, bestehend aus F./28., 1 Zage der 2. Eskadron Königs-
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138
Die 8. Ktvalloiie-DlTlBioD im Kriege 1870—71.
baBaren und 2 Gesehtttzen der 2. schweren Batterie, nach Aehiet*]e
Grand entsandt worden.
Entgegen der Ansiebt eines am 31. Dezember zu Beannüns
abgebaltenen Kriegsrates» an welchem sSmtliohe Generale der
fransOsiscben Nordarmee teilnahmen, hatte General Faidherbe sieh
zur Ergreifong der Offensive entschlossen. Es ItUst das schon den
Wert des Generals Faidherbe erkennen. Der Fall ist sehr selten,
dais wie hier, durch einen Kriegsrat das moralische Element in
schwieriger Lage wieder gehoben wird. Aof dem rechten FlOge]
hatte am 2. Januar das XXIL Korps in Divisions-Kolonnen anf
Bncqnoy, an! dem linken das XXUI. ebenso gegen B^anme vor-
zngehen. Es will nun scheinen, dato dieser Vormaisch prenfsiacherseits
nicht rechtzeitig erkannt worden ist, denn das Erscheinen des Fdndes
trägt den Charakter der Überraschong besonders anf dem linken
Fittgel Von Seiten der Kavallerie-Division, die ihren Platz anf
diesem Fittgel hatte, hätte der Anmarsch aber frtther erkannt werden
müssen* Das wird immer verspätet geschehen, wenn das Anfklärangs-
instrament wie hier nicht richtig gebandbabt wird. Nor frontal vor-
gebende Patrouillen können nicht Genügendes erkennen. Einen
Einblick in die Verhältnisse des Gegners kann man sich nur
von der Flanke her versdiafl'en. Das hätte damals gar keine
Schwierigkeiten gehabt, da der Gegner selbst keine Kavallerie hatte,
die diesen Hinblick gewehrt hätte, was in Znkonft aber sicherlich
geschehen und deshalb Einblick zu nehmen, schwerer sein wird. Der
auf dem äufsersten rechten Fittgel der Franzosen befindlichen Di\ ision
Derroja war der Weg nacbBucquoy. woselbst man dem haaptsäcblicbsten
Widerstande zu begegnen glaubte, Uber iiansart und Hanneseamps, der
Division du ßessol, bei welcher sich der Oberbefehlshaber anch am
folgenden Tage befand, aber die greise Strafse zum Vormarsch ange-
wiesen worden. Gegen */,l 1 Uhr vertrieb die erstgenannte Division die
Vorjiosten der 3. Kavallerie-Division aus ihren Stelinngen südöstlich
Bienvillers anx Bois. General Graf Groeben versammelte seine
Truppen bei l'uisieux und nahm dann Stellung bei Miraomont,
weshalb auch die Aufforderung des Generals v. Kummer an die
'S. Kavallerie-Division, die Brigade Strubberg zu degagieren, jene nicht
erreichte. Die Besetzung von Miraumout, Irles und Pys mit je einer
Ii'.) er Kompagnie erinnert an die Besetzung von Marcelcave in der
Schlacht bei Amiens am 27. November. Auf deni preulsisehen
linken Flügel befand sich nach dem Zurückgehen der ;i. KavHHerie-
Division nun vorerst das l)etachenient Lossius in Achiet-le lirand.
Böhagnies. nn der Strafse Arras-Bapaunie gelegen, auf welcher die
Division f ayen vorging, hatte von dem einen dort befindlichen
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Die 8. Kavallerie-Divisioa im Kriege 1870 — 71. 139
Bataillon der 28 er Bchliebliob gerttnmt werden mttssen. Als der
Angriff der IMrinon Payen In Sapignies aber endgttltig von nur
2 Bataillonen, 2 Batterien und 2 Zttgen Hnsaren abgeschlagen worden
war, worde aneh Böbagnies prenJaiscberseito wieder genommen.
Die Franmen gingen von hier naeb Ervillers znrttek. Die andere
DiTision (Robin) des XXI1L Korps war Uber Si östlieh der
groÜBen Strafee vorgegangen, liam aber nioht Uber Mory nnd Yrancoort
hinaus vor. Das in Aohiet-le Grand stehende Detachement Lossios
war an Infanterie nnr noch 2 Kompagnien stark, als es von Ablatnzevelle
seitens der Division dn Bessol angegriffen wurde. Es leistete einen
Vft stttndigen heldenmütigen Widerstand. Und als es anf ATCsnes-lcs
Bapanme abziehen roolste, worden noch die dazwischenliegenden
Dörfer Bibnconrt nnd BieMllers-les-Bapanme vorllbergehend gehalten.
Das Gefecht bei Aehiet-le Grand hatte anch die Division Derroja
bestimmt, sieh von Bncqnoy auf Achiet-le Petit zu wenden. Der
2. Jannar war nur die Einleitung fOr den 8., an welchem die
Sehlaeht bei Bapanme geschlagen wurde. Der Morgen tand das
Gros der 15. Division in und um Bapanme. Es befanden sich noch,
bezw. wieder von ihr besetzt Frömiconrt, Bengn&tre, Favreuil, Biefvillers
nnd Grivillers. Das Tmppenkorpa des Generalleutnante Prinzen
Albrecht (Sohn) hatte bei Bertincourt, die 3. Kavallerie-Division auf
der Hohe unmittelbar südlich Petit Ifiraumont und die Reserve des
Generals v. Goeben bei le-Transloy bezw. Sailly-Saillisel Stellung ge-
nommen. Die bei letzterem Orte bestand aus 3 Bataillonen und 4 Batterien
des Cemiemngskorps von Pöronne. Der Disposition geroäfis hatte die
1&. Division ihre Stellung bei Bapanme hartnäckig zu verteidigen,
das Truppenkorps des Prinzen Albrecht bei Bertincourt bereit zu
stehen, General Graf Groeben aber aus seiner Stellung bei Pys zur
Deckung des linken Flttgels 2 Kavallerie-Regimenter und 2 Geschütze
mit der bestimmten Aufgabe links zu detachieren, um „un Falle
feindlichen Angriffs auf Bapanme in Flanke und Rttcken der Nord-
armee vorzugehen und namentlich daselbst seine Geschtttze zur
Geltung zu bringen.** Bereite frtth 7 Uhr hatte General Graf Groeben
die 7. Kavallerie-Brigade mit 2 GeschlltBen der reitenden Batterie
von Coureelette, woselbst dieselbe sich versammelte, gegen die
französische rechte Flanke vorgehen lassen. Zum Angriffe der
prenlsischen Stellung bei Bapanme am 3. Januar, einem kalten, aber
trüben Tage, entwickelten sich die Franzosen zunächst in der Linie-
ßihacourt-Sapignies. Von der auf dem rechten französischen Flttgei
befindlichen Division Derroja hatte sich die Brigade Aynös an dem
Gefechte der Division dn ßessol um Biefvillers beteiligt. Die Brigade
Pittiö aber hatte sieh nach Grövillers gewandt, welches preufsiseher-
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140 IH« ^ KavaUezie-DiTiston im Kriege 1870—71.
Seite etwas später wie Biefvilleis das erste Mal hatte geräumt werden
rnttssen. Ans der gewonnenen Stellang delmten sich, den prenfeisohen
Unken Flllgel bei ÄTesnes nmfassend, die Franzosen nut starken
Tiiailleorsohwärmen schon jetzt fost bis an die nach Albert führende
Strafse ans. Als dann aber die 29. Brigade in nnd die 80. sttdlich
Bapamne za nnmittelbarer Verteidigimg des Platzes gesammelt
worden nnd die Brigade Ayn^ sich Uber Avesnes gegen die West»
Seite der Stadt wandte, sncbte die Brigade Pittiö von Gr^villers
Uber Tilloy weiter zn umfassen, mit kleinen Infanterie-Abteilnngen
das Oetaehement der 3. Kavallerie-DiTision beobachtend. Oasselbe
hatte sich aber mittlerweile aus seiner Stellung Miraamont-Fys,
nachdem es um Mittag eine Erkundung gegen Achiet-le Petit gemacht
and seine fiskadrons auf Grdvillers dirigiert hatte, Uber le Sars an
den diesseitigen linken Flügel gegen Ligny-Tilloy herangezogen.
Tilloy sowie Ligny waren von dcu 8. Jägern besetzt worden.
Ligny wurde Ton ihnen behaaptet. Tilloy wieder zn nehmen, ge-
lang erst den vereinten Anstrengungen der Infanterie des Detachements
Mirus, denen des 111./33. und der 2'/, von Bapaurae durch General
V. Strubberg herangeftlhrten Bataillone. Der Angriff war durch die
auf der Höhe südöstlich Ligny in Stellung gegangenen Batterien,
denen sich nuch die 4 rreschut/e der reitenden Batterie Sehrader
angeschlossen hatten, vorbereitet worden.
General Graf /.u Dohna hatte sich Uber MiraamoDt auf Fuisieox
au Mont gewandt. Da letzterer Ort aber ebenso wie Serre feindlicher-
seits besetzt getundeu wurde, nahm die Kavallerie-Brigade, unter
Umgehung dieser beiden Dörfer zunächst die Richtung Uber Höbuterne
auf Hannescamps, dann auf Bucquoy. Östlich dieses Ortes stiefs die
an der Tete befindliche 2. Eskadron der 5. Ulanen auf feindliche
Infanterie, wahrscheinlich das Bedeckungs-Bataillon der Trains der
Division Derroja und bog auf Ablaiiizevelle ab. woselbst 2 Fourage-
wagen erbeutet wurden. Dort wurden nun auch die beiden Geschütze
in Stellung gebracht und beschossen in nördliclu r Richtung im Ab-
marsch begriffene Kolonnen. Dazu bot sich noch einmal Gelegenheit,
als die Brigade auf Achiet-le Grand vorging, welcher Ort gerade von
den Franzosen l)esetzt wurde und auch besetzt blieb, ebenso wie auf
diesem Flügel Bihucourt, Biefviliers und Grevillers. Bei eintretender
Dunkelheit ging dann die Brigade in westlicher Richtung über
Hebuterne nach Sailly au Bois zurück, fast 3 Meilen westlich
von Bapaume. und bezog Alarnicjuartiere. Diejenigen des Deta-
chements Mirus. hei deru sich der Divisionsstab befand, waren
in Ligny und den nächstgeh'genen < )rtschaften. Der Verlust der
3. Kavallerie -Division belief sich am 2* and 3. Janaar aaf 4 Mann
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Die 8. Kavallerie-Division im Kriege IbTÜ— 71.
141
and 3 Pferde. Im HinbUek daranl nnd die schwierige AUgemeln-
läge, die die AnsiintKiiiig aller EjMe bis anfe ÄnDaerste erforderlioh
machte, ist die FVage wohl berechtigt, ob Ton der Brigade Graf
Dohna, deren Einflofs aof den Gang der Sohlacht ohne jeglichen
Einflols blieb, nicht eine grölsere Thätigkeit hätte erwartet werden
können un Gegensats sn der entfalteten, doch geradezu dürftigen.
Bei Bejahung der Frage mufs gleichzeitig der Fttbrung der Vorwurf
gemacht werden, wenig energicToll und thafkrilftig gehandelt zu
haben; hier galt es zuzufassen. Die Trappe war allen an rie zu
stellenden Anforderungen mehr denn je gewachsen. Es dürfte sich zu-
nächst empföhlen hahen, spätestens als die Brigade Puisieux au Mont
und das sttdlieher gelegene Serre besetzt fand, die Brigade etwa
bei Beaucourt-Beaumont vorerst eine Bereitscbaftsstellung nehmen
nnd durch Patrouillen aufklären zu lassen, um so mehr es bis Mittag
nicht unbedeutend nebelte. Ifit der ganzen Brigade aber auf gut
Glück ▼oizugehen, war nicht zweckentsprechend. Das dokumentierte
eine gewisse Unthätigkeit Kur yon einem planyollen Handeln waren
Erfolge zu erwarten. Östlich, also nicht in Bucquoy stiefs man
auf feindliche Infanterie. Wie bereits erwähnt^ hatte man wahr-
scheinlich das Bedeckungs-Bataillon der Trains der Division Derroja
▼or sich. Das Bois de Logeast, in welchem die Trains sich gerade
befunden haben sollen, liegt inmitten des Ortsvierecks Bucquoy,
Ablainzevelle, Gomiecourt, Achiet-le Grand, am nächsten Ablainzevelle.
Nach Lehanteourt wären nun diese Trains auch attackiert worden,
aber der Angriff seitens des Bataillons und der Dragoner-Eskorte
abgeschlagen worden. Da sieb indes in keinem prenfeischen Berichte
darüber etwas findet, so liegt der französischen Darstellung zweilellos
ein Irrtum zu Grunde. Die prenlsische Brigade ist auf Ablainzevelle
ausgewichen. Warum man nun aber nicht die östlich Bncquoy
angetroffene Infantene anzukeifen versucht hat, ist unTerständlich,
da ein Vogel-Straufs-Verfahren doch hier ganz und gar nicht am
Platze war. Auch Verluste mafsten in Kauf genommen virerden,
ohne solche war doch einmal ein Auftrag, wie der vorliegende, gar
nicht zu erfhUen. Sind wir Kavalleristen übrigens doch ebenso zum
..TotgeschosseDwerden" da, wie unsere Kameraden von den anderen
Waffen. Wenn das Gelände der in Rede stehenden Gegend auch
wellig nnd vielfach eingeschnitten, der Hoden fent gefroren und mit
Schnee bedeckt war, so waren das alles keine absoluten, einer
Attacke entgegenstehenden HindemngsgrUnde, denn was in diesen
Tagen andere Kavallerie-Abteilungen zn leisten vermochten, hatte
auch die 7. Kavallerie-Brigade leisten müssen. Kine andere Kampf-
art als die zu Pferde war für die Ulanen allerdings ausgeschlossen,
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142
Die 8. Kavallerie-DiTiiion im Kriege 1870—71.
da dieselben als Schufswaffen nur Pistolen hatten. HUtte man den
Auftrag also auf die BeutEergreiiang gewisser, wenn auch nur leicht
besetzter Örtliclikeiten gründen mttssen, dann wäre er alleidings
nnaiisfUhrbar gewesen. Dieser Aasblick woist aber daraaf bin,
welche Bedeutung: das Fulsgefecht aaeh bei der KaTallerie erlangen
kann. Man sollte, wie selbst heate nooh, nicht geringschätzend
darüber hinweggehen. Einen grofsen Erfolg hätte die Brigade Graf
Dohna am 3. Janaar im Rücken der französischen Nordarmee nur
erringen können, wenn sie in der Lage gewesen wäre, Reitergefecbt
and Fufsgefecht in zweckmälsiger Weise miteinander za Terbinden.
Warum General Graf zu Dohna sich so weit, in noch dazu westlicher
Richtung von Bapanme, dem Ort der Handlang enttemte, dafUr haben
wir Grttnde nicht aa£(ofinden vermocht
VI.
Die Operationen bis zum 17. Januar, dem Vortage der
Entscheidungskämple.
Der Fall, dals nach einer, wenn auch unent8chi('<li'TUMi Schlacht
beide Teile zurtickir»'h(^n. wird sehr selten sein. Nach Baiiaume liejrt
ein solcher seltener Fall vor. Die Prtnifseii gingen «r« ,L't n und Uber
die Somme ziirUok, di«^ Fran/.osen bis hinter die Linie Adiiiter-Bovelles-
Croisilles. Aul preulsischer Seite wurde der feiu(iliehe Abmarsch
alsbald erkannt, auf französischer der der l'reui'sen aber nicht.
General Faidherbe glaul)te noch Tajre hinaus, dafs Hapaunie von
den Deutschen stark mit Truppen aller Watlen wieder besetzt sei.
Die t'in Umstände ist es /.weifellos mit zu danken, dafs die Holairerung
von P^ronne ihren ungestörten l'ortgang nehmen konnte. L>er rechte
preufsische Flügel war auf Roisel in die Linie Hervilly-Nurlu zurilek-
gegangen. die Front nun gegen Canibrai wendend, die 1."). Divisiou
und die Korps-Artillerie über die Somme in den westlich von Peronne
gelegenen Kaum mit dem Haupttpiartier in Dompierre, der linke
Flügel, auf welchem sich die Ii. Kavallerie-Division befand, nach
Albert. Dorthin wurden auch die tags vorher aus der Richtung von
Peronne eingetroffenen beiden Bataillone des 19. RegimeuUs dirigiert
und der Kavallerie Division zugeteilt. Das bisher bei derselben ge-
wesene Bataillon des 69. Regiments kehrte in seinen Verband zurück.
Wahrend die Divisions-Kavallerie den um 8 Uhr begonnenen Rückzug
deckte, gingen die allein noch zur Hand befindlichen Kürassiere der
3, Kavallerie-Division, dem Feinde nach, zur Erkundung gegen Arras
vor. Es waren nur 7, in zwei Eskadrons eingeteilte Züge unter den
Rittmeistern v. Marees und Göschel verfügbar. Die Eskadron des
ersteren bestand ans 4. and einem Zage der 3., die des letzteren
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Dto 8. Kavallerie-IMTitioii Im Kriege 1870—71.
143
ans einer 1. und dem grO&eren Teile der 2. Znnttebst stiefB die Tom
BittmdsterFclir.Geyi^T.SehweppeDburggeftthrteATaiitgaiden-Alite^
auf einen etwa 20 Mann starken feindlieben Nachtmpp, der attaekierl
and gefangen genommen wurde. Beim weiteren Vorgehen bemerkte
man zwisoben BiefvillerB and Bibnconrt eine im geordneten Rttokzuge
begriffeiie feindliebe Infimterlekolonne. Rittmeister Goesebel erbielt
Befehl, reebts der Stralbe vorgebend, deren T6te, Kittmeister t. llaröes»
▼on Imks her die Qaene sn attackieren. Als die FVansosen der
Kürassiere ansichtig wurden, liels ihr Kommandant Hecqnet seitwärts
des Weges bei geschiekter Anlehnung an einen hier befindlichen Hohl-
weg Ewei Karrees formieren. G^egen das eine derselbe ritt noa
aof 1000 bis 1200 Schritt Rittmeister t. Harles an. Der bart-
gefrorene Boden war mit Schnee bedeciiter Sturzacker. Die gate
Haltung des 20. Marsch-Jäger-BataiUoos, denn dieses hatte man vor
sich« kommt schon in dem Abstoppen des alsbald beg:onnenen Schnell-
feners zum Aasdruck. £rst als die Kürassiere sich auf etwa 100
Schritt genähert hatten, wurde anf Befehl hierzu wieder gefeuert.
Nur wenigen Kürassieren gelang es, einzubrechen. Die Eskadron
Ctoescbel hatte wegen des nicht zu überspringenden Hohlweges nicht
einzugreifen vermocht So blieb denn das 2. Karree intakt und
feuerte ebeutalls auf die Schwadron Marpes. Rittmeister v. Marees
selbst erbielt einen SchulÜB in den Oberschenkel; er erlag seiner
Verwundung am 24. Januar in Albert. Den Leutnants v. Falkenhayn
und Schallehn wurden die Pferde erschossen. Letzterem im Karree,
welcher Umstand zur Gefangennahme des Offiziers führte. Aufserdem
waren tot oder starben an ihren Wunden 1 6 Mann, verwundet 12 und
yermüst 4. An Pferden betrug der Verlust l'S und zwar waren tot
52, verwundet 19 und Termirst 2. Wäre die Attacke, die nach
Lage der Dinge übrigens, entgegen anderer Ansicht, geboten war,
aof eine erschUttiTte Truppe gestoisen, dann wäre sie sicherlich ge-
langen, sie traf aber auf eine in guter Haltung freiwillig zurück-
gehende. Es tritft hier das Wort drs Krzherzogs Karl zu: „Schnelligkeit
und Überraschung sind flir die Kavallerie die Hauptelemente des
Sieges, doch bedarf man auch oft der überlegenen Kraft zur Wahr-
scheinlichkeit des Erfolges." Die übrigens bald wieder railiierten
Kürassiere folgten dem aut Arras abziehenden Feinde noch bis
Boyelles, von wo sie in die Gegend von Bapaunie zurückgingen.
Nach dorthin am folgenden Tage vorzugehen und den Feind zu
beobachtpti. war die nächste Aufgabe der Kavallerie-Division.
Am 5. Januar früh «s Uhr trat dieselbe den Marsch nach Hapaume
in folgender, eigentümlicher Gliederung an: Avantgarde General Graf
Dohna (5. Ulanen, F./ 19.); Gros 14. Ulanen und 11./ 19.; Keserre die
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IHe 9. Kavtllorto-Dlvliloii im Kftoga 1870—71.
2*/t Kttrassier-Eskadrons des Bittmeistera Lofsbeig ond die reitende
Batterie. Diese Marschordoang sebon Iftist erkennen) wie wenig
taktisch fortsobrittlicii man gesinnt war. Naelidem t. Yerdy in dem
bereits yor Beginn des Krieges erschienenen ersten Hefte s^er
Studien Uber Trappenfllbmng darauf hingewiesen hatte, dab fitr die
Anaoheidnng einer Reserve anf dem Marsche Orttnde nicht zn er-
kennen seien, sahen die denn ftir die TrappenfUhrang bereits im
Kriege 1870/71 maGsgebenden Direktiren das Ansscheideo einer
Reserve aucli erst für das Gefecht vor. Die Anssobeidnng einer
Marsohreserve scblng jedem gesunden Begriffe dner Reserve geraden
ins Gesicht Denn einer Reserve bedarf man erst, wenn das Gefecht
begonnen hat. „Alle Truppen, soweit sie noch nicht in das Gefeclit
eingegriffen haben, sind Reserven der obersten Ftthmng." Nach
dem Eintreffen in Bapaume Übernahm die Avantgarde die Vor-
posten bei Besetsung folgender, an den StraÜBen nach Cambral,
Dooai, Arras und Ablainsevelle bezw. Bncqnoj gelegener Ort*
Schäften: Främicourt (12./ 19. und 2./U. 5), Beognfitre (9./19.
und 3./U. 5), Sapignies (11./19. und 4./U. 5), Bihncoart (10./19.
und l./U. 5). An der Strabe Bapaume-Arras standen sieh die Vor-
posten der Prcnfsen und der Franzosen knapp eine Meile gegenüber,
was selbstredend zu ^glichen Scharmützeln derselben führen mufsle.
Um sich möglichst gegen Überrasehnngen zn sichern, wurden vom
6. Januar ab auf angemessene Entfernungen stehende Patrouillen
vorgeschoben. Man hatte nun ulso doch schon heransgefanden, dafs den
Patrouillen mehr Bestand am Feinde gegeben werden mofste. Die
He/.eichnung „stehende Patrouille'' ist aus unseren Dienstvorschriften
mit Unrecht «ranz verschwunden. Man sollte sie baldmöglichst wieder
einfuhren und damit auch diese Patrouillen, die in der Richtung
gegen den Feind vorgeschoben werden und ihm gegenüber zunächst
beobachtend bleiben sollen. Man würde sofort ])essere Resultate der
Patrouillen erzielen, weil die beobachtende Thätigkeit am Feinde
durch das fortwährende Kommen und Gehen zur Feldwache keine
Unterbrechung erleiden würde. Es ist selbstredend, dafs auch diese
Patrouillen nicht am Flecke kleben dürfen, wie etwa ein Posten,
sondern sich im Kanme bewegen müssen, um auch dem Zwecke
jeder Patrouille gerecht zu werden. Die Bezeichnung .,8teheud" ist eine
zeitliche und keine örtliche, was den Mannschaften beigebracht
werden mufs. Vor allen Dingen müssen aber dem Offizier alle
taktischen Begriffe klar sein, was nicht durchgehends der Fall ist,
wie wir aus leider mühsamster eigener Erfahrung wisset?. Auf die
Meldung hin, dals der Gegner im Vorrücken auf Erviilers uud Mory
sei, entstand am 6. ein allgemeiner Alarm. £r lUbrte zu der An-
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Die 8. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71.
145
o^tlmlil^^ dafs im Falle eines Uberlejrenen Angrilfs die kleinen De-
tachenu'uts si^^h nar so lan^'-e in ihren vorgreschobenen Stellungen
halten sollU'u, als für das Ausrücken des Gros aus Hapaume Zeit
erforderlich sei. Die vom Feinde besetzt gemeldeten Orte Ervillers
und Mory wurden indes von ihm bald wieder geräumt gefunden.
Die seitens des Detachements Heister von Sapignies nach Behagiiies
vorgeschobene Infanterie wurde noch durch einige 20, mit Chassepot-
gewehren ausgerüstete Ulanen verstärkt. Kälte und Glätte hatten
so zagenommen, dafs eine bessere Verwendung der mit Chassepots
bewehrten Leute allerdings gar nicht stattfinden konnte. Wiederam ein
Fall ans der Praxis, in welchem zu des Kavalleristen Haoptwaffe
ancfa einmal die Schnfswaffe werden k&mj mit der er aber dämm
eben gehörig mnzngehen Tersteben mnfs. Die täglich im Sommer
auf dem Exerzierplatz stondenlang im Sinne eines noch nicht lange
Terabscbiedeten kommandierenden GeneralBbetriebenaiLanzenflbnngen,
aneh Messerspiele genannt, sind Zeitrergendnng. Die Lanze ist in
der Hand eines geschiekten Reiters gewüb eine vortreflliehe Waflfe,
sie darf aber nieht znm Steckenpferde werden und noch dazn anf
Kosten des Felddienstes. Die gerade anf dem ftolbersten linken FIttgei
inBnc<iuu) befindliohe Eskadron Kaisenberg (4./U. 14) war am 6. Janaar
nachmittags 8 Uhr Ton zwei Kompagnien Ton Ayette her angegriffen
worden. Die Eskadron hatte keine Chassepots, besetzte aber trotz-
dem mit 40 Hann den Dorfrand nnd liefiB die abgesessenen Ulanen
mit ihren Pistolen den nötigen Lärm machen. An ein Treffen war
natttrlich nicht zn denken, denn die Pistolen trogen, wenn unsere
ErinneniQg nicht trttgt, nnr anf etwa 50 Schritt, dieselben wären
sich bietenden Falles bekanntlich besser als Keole zn hand-
haben gewesen, denn als Sohnlswaffe. Hier genügte aber der
Lärm, die Franzosen zunächst in respektvoller Entfernung zn halten,
nnd auch schie61ich zum Rttokznge zn bestimmen. Der Vorgang
hatte aber neben dem diesseitigen herrlichen moralischen Erfolge
noch das Gute, da(is nnn anch den Schwadronen der 14. Ulanen einige
diassepotkarabiner Überwiesen wurden.
Am 7. Januar wurden bei grOister Gefeehtsbereitsehaft, auch in
Bapaome, zwei grO&ere Erkundungs-Abteilungen k 3 Ztlge Ulanen
nnd. dO Füsiliere anf Wagen in das Vorgelände entsandt, ohne dab
der sich taktisch ganz untliätig verhaltende Feind angetroffen wurde.
In der Absicht des Generals r. Goeben hatte es gelegen, zur
Linie Bapaume-Ptonne bei Albert eine Flankensteilnng zu nehmen.
Die 29. Brigade war bereits mit 2 Eskadrons nnd 2 Batterien am
6. Januar ttber Bray nach dorthk abgeräckt, die 30. am folgenden
Tage bis Bray gefolgt nnd die dem Generalleutnant Prinzen Albrecht
JalnbMIwr Ar dMiMk« km— a»d MiriM. B4. US. i 10
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Die 8. KATgUerto-DiTiBion im Kriege 1870—71.
jetzt nntenleUte 3. Reserve-Diyiflioii, der die kombinierte Garde«
Kayallerie-Brigade atkaohiert blieb, in die Gegend yon Ciombles
gelangt, als Naebriehten eingingen, die es angezeigt etsebeinen Uelsen,
die Hanptkrttfle der dem Genend v. Croeben antenteilten Trappen
für aUe ETentaalitäten aof dem linicen Somme<Ufer sUdlicb Braj
and Feoillöres bereit zu balten. Dem Gros der 16. Division lag
mit selbständiger Sieberang nacb aaisen im Verein mit der Beserve-
Kavallerie-Brigade Strantz aaob femer die Belagerong Ton Ptomne
ob. Die Garde-Kavallerie-Brigade war in der Gegend Ton Combles
▼erblieben, die 3. Kayallerie^DiTision in und vorwärts Bapaame.
Oberstleatnant v. Pestel war mit seinem Detaobement in Aebeox
eingetroffen, von wo aas er gegen Arras-Doullens anfkUlrte. Er-
forderliehenfalls sollte er anf Albert zarttokgehen. Die am 8. Janaar mit
je 20 Pferden eutsandten Premier-Lentnants Roesingb und v. Müller II.
der PeHtel'schen Ulanen hatten die ganze Gegend westlich Arras frei
vom Feinde gefanden. Aus Agny sttdlioh Arras hatten sie schlieislicb
Feuer erbalten. Auf (lim liückwege nach Acheux kehrten sie in
Monchy-aux-Rois ein. Dabei wurden sie von 34 tirailleurs volontaires
do Nord, also Franktireurs, unter Fuhrung des Kapitäns Delaporte
ond des Leutnants Denol Uberfallen. Nur wenigen Leuten gelang
es, zu entkommen nnd die Hiobspost nach Acheux zu bringen.
Premier Leutnant Koesingh war durch einen Schufs in den Arm ver-
wundet und ebenso wie Premier-Leutnant v. Muller II. mit 4 Unter-
offizieren nnd 29 Mann, darunter der Avantageur Loeb, zu Gefangenen
gemacht worden. 35 Pferde wurden vermifst. 3 Mann waren schwer
verwundet. Gefallen waren der Avantageur Graf zu Salm-Hoogstraeten,
der Einjährig-Freiwillige Kraus und der Ulan Horn. Sie wurden
am 10. in Aohenx beerdigt. Auch Premier Leutnant Uoesingh erlag
am 29. Janaar in Lille seiner Verwundung. Bereits am 9. Januar
frUh 4 Uhr wurde ein Detachement, bestehend aus 9. 11./ 70 und
l./U. 7 nach Monchy entsandt. Das Gehöft, in welchem der
Überfall geschehen, wurde eingeäschert, der Ort mulste 2000 Frs.
Strafe zahlen und aufserdem wurden 7ö Pferde aus demselben mit-
getUhrt.
Am Morgen des .s. Jauuur hatten die 14. Ulanen die 5. auf
Vorposten nörfllich Bapaume abgelöst, die letzteren erhielten dort,
in Lifrny und in Tilloy Quartiere. Wiederum entsandte Detachements
fanden Ervillers und Mory vom Feinde stark besetzt. Im übrigen
hatte derselbe sein Verhalten wenig geändert. Am 9. l<»ste das II.
Bataillon das Füsilier-Bataillon auf Vorposten ab. Es war praktisch,
dafs die Ablösung der Infanterie und Kavallerie nicht gleichzeitig
bewirkt wurde. Als aber das FUsilier- Bataillon mit dem Regiments-
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Die 8. KftvAlleile-DiTisloii im Krieg« 1670—71.
147
fliabe (Oberst y. Goeben) noch selbigen Tages nach Hanzepas ab-
marschierte, worde die 7. und 8. Kompagnie nach Bapaume zarttck-
gezogen, während die 5. Frömicourt und Favreuil belegte, die 6. aber
in Sapigoies verblieb. Patrouillen meldeten das Vorgehen feindlieher
Abteilungen auf Bucqnoy und Noreuil. Z\v' i iregen Mittag von
En-illers Uber Sapignies vorstofsende feindliche Kompagnien zogen
sieh znrttck, als diesseitige Infanterie von Bapaume vorging. Schon
am folgenden Tage marschierte auch das II. 19ner Bataillon nach
Proyart ab, nachdem es durch das von Albert gekommene II. der
88er abgelöst wurden war. Dieses hatte Fr^micourt, Beugnätre and
Favreoil mit der 7., Sapignies und Bihucourt mit der 8. Kompagnie
besetzt. Auch waren die 14. Ulanen wieder von den 5. abgelöst
worden. Die französische Nordarmee hatte ihren Vormarsch bejronnen;
die Divisionen Derroja, Payen und du Bessol standen mit den Teten
in Mory, Ervillers, Courcelles-le-Comte, Hamelincourt und in Ayette-
Donchy, die Division liobin hinter der letzteren in Linie Hendecourt-
Boiry, die Kavallerie in Blaireville. Die Freikorps de Jonrdan und
de Pousseur deckten die Front des rechten FlUgels von Ablaiozevelle
und Oomit'court.
Durch die Kapitulation von Peronne in der Nacht vom i). zum 10.
Januar hatte die 1. Armee, deren Ol(erbefeh] infolge anderer Ver-
wendung des Generals Frhr. v. ManteulVel tags vorher auf den General
v. Goeben Ul)ergegaugen war. ihre volle Bewegungsfreiheit wieder er-
langt. Die Kntwickelung der Ereignisse sollte daher hinter der
Somme abgewartet werden, rirrade als die 3. Kavallerie-Division in
der Frlliie des 11. Januar in der Ausführung des aus dem llaupt(|uartier
ergangenen Befehls war, liei Bapaume nur 1 Kavallerie-Kegiment
beobachtend zu lassen, mit dem Gros aber westlich der Bahn Arras-
Amiens in der Gegend Beaucourt-Mailly Stellung zu nehmen, wurde
ihr nach Sapignies vorgeschobenes Detachement überfallen, nachdem
soeben die Ablösung der s. durch die */» ^- bewirkt worden war.
Portepeefähnrich v. Knoliclsdurtr hatte zu gleichem Zwecke ndt der
andern 6. noch nicht liihucuurt erreicht, als bei Sapignies heftiges
Infanteriefeuer hörbar wurde. In Bihucourt tilternahm der mit der halben
8. Kumpa^'uie dort befindliche KonipagniefÜhrer Premier-Leutnant
Lehfeldt den Befehl auch über die halbe (i. und marschierte mit beiden
aufBapaume ab. InSapignies hatte der dortanweseiide KonipagniefÜhrer
der 6. Kompagnie mittlerweile Befehl erhalten, nach Bapaume zurück
zu marschieren. Er warf sich zwar dem Feinde entgegen, um den Ulanen
Zeit zum Ausrücken zu verschafleu, mulste aber der Ubennacht bald
weichen und ging auf Bapaume zurück, von beiden Flanken her
schon bedroht 10 Füsiliere fielen, zum Teil verwundet, in Feiudes-
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Die 8. KAvallerie-Dirlaion im Kriege 1870—71.
band. Den Nordrand von Bapaunie hielt die dort eingetrotTono, in
Sapignies abgelöste */» 8. Kompagnie unter Portepeefähnrich Hunger
bis zur KUekkehr der C). besetzt. Premier-Leutnant Lehfeldt liatte
zunächst noch Biefvillers besetzt, von wo aus er dann über rirevillera
in Richtung Ligny auf die Strafse Bapauiiic- Albert gin^; und hier
Anschlufs an das auf le Sars abmarschiercmir Bataillon gewann.
Der Fuhrer der in Sai)ignies befindlichen Ulanen- Kskadron. Premier-
Leutnant V. Heister sammelte noch die Eskadron, als der Feind auch
schon von der Bapaunie er Seite her in den Ort eindrang. Die auf
Ervillers entsandten Patrouillen, wie auch die in dieser Hichtung
vorgeschobenen \ edetten, hatten bei dem starken Nebel und der noch
herrschenden Dunkelheit das \ orgelien des Feindes erst \erhältnis-
mäfsig spät erkannt und waren bei der Glätte mit ihm fast gleich-
zeitig in Sapignies eingetroffen. Die nach Beugnätre zur Ablösung
der 7. Kompagnie bestimmte 5. hatte bereits auf dem Marsehe nach
dorthin die vor starker feincilicher Infanterie aut Bapaunie zurück-
weichende 7. Kompagnie getrtdVen und sich ihr angeschlossen. In Beugnätre
war also der Uberfall nicht gelungen. Der L^msicht und Kaltbltltigkeit
des EskadronfUhrers in Sapignies gelang es aber die Eskadron noch
in der freien westlichen Richtung aus dem Dorfe zu fuhren, was mit
einem Gesamtverlust von 13 Mann und 16 Pferden gelang. 1 Mann
und 3 Pferde l)lieben tot, 1 Mann und 1 l'ferd waren verwundet
und 11 Mann sowie 12 Pferde stUrzten bei dem Glatteise und ge-
rieten in Gefangenschaft. Das Regiment wurde gesammelt und Uber
Lii:iiy zunächst auf Flers, und von da nach Courcelette geführt, wo-
selbst es die Vorposten übernahm. Die anderen Regimenter und die
Batterie hatte General Graf v. d. Groeben bei Tilloy gesammelt und
ilann Uber le Sars in die Gegend von Beaucoort-Mesnil geführt, sich
dort mit dem Bataillon wieder vereinigend. Erst am Abend wurde
Bapaume von einem feindlieben Detachement besetzt, dem am 12.
die Armee in die Linie Buc<iuoy-Bapaunie folgte, deren liaujitqnartier
nach Bapaume ^ing. Am 13. verblieb sie in der tags \(»rher er-
reichten Stellung, um dann am 14. den Marsch nach und auf Albert
fortzusetzen.
Beim Zurückgehen der 3. Kavallerie-Division am 11. in die
ihr durch Befehl angewiesene Stellung war die Fühlung mit dem
Feinde vollständig verloren gegangen, denn sonst hätte am 12.
anmöglich gemeldet werden können, daTs auch le Sars feindlicherseits
stark besetzt worden sei, woraus ebenso, wie ans dem weiteren
Znittokgehen der KaTallerie-Division gefolgert wurde, der Feind
sei im Tollen Anmajrseb auf Albert. Der Befehl, dats die
KaTallerie-DiyisioQ eich bei Albert dislotiereD und die auf Amiens
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Die 8. Kavallerie-DIviaioii im Kriege 1870—71.
149
führende Stralse daroh fliegende Kolounen skht rn solle, auch Albert
als wiebtigen Punkt zu halten und nicht bei jeder feindlieben An-
nähenmg gleicb abzuziehen habe, war ihr noch nicht zugegang:en, sie
manebierte also aof die falsche und so weiter (reicht ne Meidung hin
am 12. ohne weiteres von ihrem ISamnielplatz bei Mej^nil bis hinter
die Hallue Uber Contay ab. Auf eben dieselbe Meldung hin war
in and bei Albert, woselbst sich noch die 29. Brigade befand,
alarmiert und in Stellung gegangen worden. Als dort dann bekannt
wurde, dafs vom Feinde nichts zn bemerken sei, marschierte die
Rriirade, erhaltener Weisung entsprechend, auf Kray ab. Das
5. ülanen-Re^'iiiK-tit war auf der grofsen, Uber Albert führenden
Stralse bis Franvillers zurückgegangen, von wo es gegen Albert
sicherte und links Anschlals an die Kavallerie-Division nahm, die in
Contay, Beaacourt, Montigny and Cardonuette (Dirisionsstab) derart
Quartiere genommen hatte, dafs in jedem der genannten Orte eine
Kompagnie lag. Nach Amiens war bereits aus Dompierre die Kunde
gekommen, dafs der Feind mit starken Massen weiter auf Albert
marschiere und schon bis le Sars gekommen sei, und dals solchem \'or-
marsch gegenüber die auf dem rechten Somme-Ufer betindlichen
Truppen der 15. Infanterie-Division auf das linke Ufer genommen
würden, während die 8. Kavallerie-Division in der Richtung Amiens
nach Contay zurückgehe. Nach Eingang dieser Meldungen wurde
General v. Memerty, d( r mit 9 Bataillonen und 4 Batterien des
I. Atiiicekorps in und um Aniiens stand, ersucht. , .sofort gegen Albert
vorzuschieben, um genaue Meldungen Uber den AngritV des Fciudes
ein/n/ii'ht n. und alle ^fafsregeln zu treffen, um die oberhalb und
unterlialb von .\niierjs zunüchstliegcnflcn Sornine-Übergänge, besonders
die bei Daours, zu verteidigen.' Die 3. Kavallerie-Division, mit
welcher das zu entsendende Detachement Verbindung aufzusuchen
hatte, wurde gleichzeitig angewiesen, „nur vor wirklich konstatierter
Überlegenheit des Feindes zurückzuweichen und immer bereit zu
bleil>en, offensiv gegen des Feindes Flanke vorzugehen.'* Da ein-
gegangene Nachrichten dagegen den Abzug der bei Abbeville betind-
lichen feindlichen Kräfte nach Arras angaben, sollte auch in diesen
Richtungen durch die Kavallerie -Division aufgeklärt werden. Als
dann aber bekannt wnrde, dals der Feind nur mit Rekognoszierungs-
Abteilungen nach le Sars vorgegangen sei. den Ort bereits wieder
geräumt habe und seine Vorposten südlich Bapaume aut der Stral'se
nach Albert nur bis in die Höhe von Warlencourt und aof der
Strafse nach Peronne bis Beaulencourl vorgeschoben habe, änderte
General v. Goeben seine Befehle dahin ab, dals (ieneral v. Memerty
oicbt auf das linke Somme-Ufer Überzugehen, vielmehr eine aus
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150
Die 8. KaTallerie-DiTlaioii im Kriege 1870—71.
allen Waffengattungen zusammengesetzte Avantgarde TonnBchieben
and durch Kavallerie Ftthlnng mit dem Feiode zu nehmen habe.
Nur einem wirklich konstatierten Überlegenen feindlichen Angriffe
gegenüber sollte sich jenoB Detaeheroeot gegen Amiens nnd Uber
die Somme ah/ichen, indes auch auf diesem Abzüge so lange wie
möglich die Deboucheen über die Hallae, besonders bei Daours sowie
Uber die Somme hei Vecquemont und weiter unterhalb festhalten.
Die 3. Kavallerie -Division aber hatte am 13. wieder naob Mesnil
vorzugehen, deo Keiiul im Auge zn behalten ond jeden wirklieben
Vorstols desselben nach Stärke und Kicbtaog zu konstatieren. Wenn
hier die falsche Meldung Uber die Besetzung von le Sars bis an ihr
Ziel verfolgt wurde und die sich an dieselbe knüpfenden Maisnahmen
möglichst in ihrem Wortlaute angeführt worden sind, so ist das ge-
schehen, um zu zeigen, wie wichtig es ist, nur über völlig auf-
geklärte Dinge zu melden. Bevor das geschieht, sind von ver-
schiedenen Seiten gekommene Meldungen über dieselbe Sache mit
einaiuler zu vergleichen, und ist nicht die erste Iteste eingehende
Meldung gleich weiter zu geben, liesonders wenn es sich um eine Alarm-
naeliriclit ersten Hanges handelt, wie iiier. Beim Stnhe der 'A. Kavallerie-
Division hätte jiian sieh die I)in;r(^ in aller Hube ansehen können.
Uberraseliuiigen irgend welcher Art waren nach Lage der Kin^tände
ganz ausgeschlossen, die französischen Drasroner konnten doch der
Kavallerie-Division solche unnu'güeh hcn itrn. Im Nerfolg des ihr
gewordenen Befehls dislozierte die Kavallerie-Division am 13. Januar
noch Hedauville, Biuizineourt, VVarloy-Baillon ^Divisionsstah), Vaden-
court und ( ontay. Die Uber .Mesnil hinaus bis nach Hamel vor-
geschobene Eskadron hatte sich dort nicht halten krmnen. Man
kann sich denken, wie anstrengend der Vorposten- und Kantonnements-
dienst auch für das der Kavallerie-Division beigegebene Bataillon
nach den weiten Märschen war. Die Kopfstärke der einzehien
Kompagnien betrug dazu nur l'yO Mann. Es wird aber die grolse
Fürsorge anerkannt, die ihnen besonders hinsichtlich der Verpflegung
seitens der Kavallerie- Division zu teil wurde.
Bei den 8. Kürassieren kam es an diesem Tage zu verschiedenen
Begegnungen mit feindlichen Dragonern, Zunächst erhielten Kürassier-
Vedetten von einem plötzlich quer über die Strafse Puisieux-Ht^dan-
ville autmarschierten Zuge französischer Dragoner Feuer. Vor dem
zur Erkundung gegen I^uisieux daraufhin entsandten Leutnant der
lieserve BUrgers gin-en die Dragoner zurück, von dem Offizier und
nur f) Kürassieren nun aber heftig verfolgt. Da mau es auf den
leiiui liehen Offizier abgesehen hatte, wurden die nach und nach von
den Kürassieren überholten Dragoner vorerst weiter nicht beachtet
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Die 8. KaTAUerie-Division im Kriege 1870- 71.
151
Diese 5 an der Zahl wurden zu Gefangenen gemacht, nachdem mau
die Absicht, den Offizier gefangen zu nehmen, hatte aufgeben müssen,
üer eine dieser Dragoner gab au. Ordonnanz des Generals Faidherbe
zu sein nnd sich mit einem Pferde desselben verirrt zu haben.
General v. Goeben befahl, jene Ordonnanz und das Pferd mit einem
hufiii'l'.en Schreiben an General Faidherbe nach Bapaume, woselbst
dersell)e sein Hauptquartier haben s-ollte. zurückzusenden. Auch eine
Patrouille des Premier-Leutnants Sem buch war auf feindliche Dragoner
gestofsen. welche aber schleunigst auswichen. Gleichzeitig mit der
Kavallerie-Division war das seil dcni 11. Januar in Querrieux be-
findliche DetachenuMit des Obersten v. Tietzen- u. llennig (I. II./4.,
1*/, Kskadrons 7. Ulanen nnd 4. schw./T.) nach Albert vorgegangen.
Von dort war Leutnant der Reserve Schult/ mit einem Zuge der
2. Eskadron z,ur Krkundung gegen Bapaume entsandt worden. Heim
Dorfe Pozi(^res hatte er durch feindliches Feuer i2 Manu und ;} l'lerde
tot, 1 Mann verwundet, sowie 2 Mann und 3 Pferde vermilst. Da
indes erst am 14. .lanuar die französische Nordarmee aus der Linie
Bapaume-Bucquoy mit der Division Derroja nach Albert, der Division
du Bessol in die Gegend von Pozieres, der Division Payen nach
Martinpuich und Umgebungen, der Division Kobin in die Höhe von
Bapaume, der Kavallerie nach Lignj und Albert gelangte, müssen
dem Ulanenzuge die Verluste dnxefa Fimnktireois Terumolit wmrden
sein. Mit demselben Recht, wie die 8. KavalMe-Dividoii am 12.
le San stark besetst meldete and in Anbetraeht dessen abmarsehierte,
bKtte dies am 18. das ant jenen Vorgang hin aneb das Detaebement
Tietsen tbnn kOnnen. Wenn das aber geschieht, dann brancben
wir keine Kaydleiie, die den Befond feststellen nnd dem wahren
Wert nach einsebftlEen soll. Als nnn am 14. Januar nachmittags
der fortgesetzt beobachtete Feind mit einer ganzen Division im Vor-
marsch gegen Albert gemeldet wurde, da war es begründet, den Ort
zn rttnmen, um so mehr befohlen war, das ohne Kampf zu thnn.
Die Karallerie-DiTision hatte festgestellt, dafs nördlich von Albert
bis Bneqnoy ebenso wenig wie westlich dieser Linie feindliche Kräfte
stünden. Am Morgen des 14. seien indes im Marsch von Bnoquoy
über Pni^enx nach BOranmont etwa 8000 Mann Infanterie, 2 Eskadrons
nnd 15 Geschütze beobachte worden. Den Rttckmarsch des Detache-
ments Tietzen nach Qoerrienz begleitete die Kavallerie-DiTidon in
der linken Flanke. Es wurden Ton ihr aber nnr die beiden an der
Stra&e Albert-Aehenz befindlichen Kantonnements Bomdneonrt und
H^anviUe geräumt An ihre Stelle traten Beanconrt (Divisionsstab)
nnd Montigny an der HaUne. Sämtliche belegten Ortschaften wurden
zu nachhaltiger Verteidigung eingerichtet, auch durfte nicht abge-
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152
Die 8. Kavallerie-DhitioB In Kriege 1870—71.
sattelt werden. General Graf y. d. Groeben wurde aber nach
Amiens berafen nnd ihm der Befehl Uber die dort vereinigten
Trappen des L Armeekorps übertragen nnd er direkt nnter die
Befehle des Oberkoromandos der Armee gestellt Die 3 bei der
8. Kavallerie-Division noch befindlichen Regimenter nebst der Batterie
hatten nonmehr eine Kavallerie-Brigade onter (General Graf zu Dohna
an bilden, indes anch femer ebenfalls nnter Kommando des Generals
Graf V. d. Gioeben zu verbleiben. Znm Detaehement des Generals von
Memeriy trat dauernd das 7. Ulanen-Regiment Aber, die 3. Eskadron
hatte bis anf weiteres in Amiens zu bleiben, während die seiner Zeit
in Picqnignyzarttckgelassene 4. Eskadron herangezogen wurde. Anch am
15. Januar war unter Major v. Elpous ein Detaehement (1I./U
I. II./4., 1. 2,/U.7, 4.L/I.) zur Erkundung gegen Albert entsandt
worden. In der linken Flanke sollte das Vorgehen desselben von
dem zu diesem Zwecke bei Warloy^BaiUon versammelten Kavallerie-
Detaehement des Generals Grafen Dohna begleitet werden. Aber sehen
Ostlieh Franvillers stiels das erstgenannte Detaehement auf anscheinend
stärkere feindliehe Abteilungen und nahm Stellung nordöstlich des
Ortes. Das eingetretene Thanwetter hatte eine derartige Glätte der
Strafeen zar Folge, dafe selbst Patrouillen streckenweise fahren
mnlsten. Darunter inufste natargemärs die Aufklärung leiden. Stollen-
besohlag batteu wir damals noch nicht. Das Schärfen der Eisen
war das einzige Mittel, durch welches der fieiter mit seinem Pferde
der Glätte zu widerstehen vermochte. Die geschärften Eisen nutzten
8ich aber bald ab. Die Schmiede waren infolgedessen Tag und
Nacht in Thäti^keit, um nur das notwendigste zu leisten. General
V. Goeben schreibt, dals beim Fähren die Patrouillen natürlich
nicht Gentl<renrles sehen konnten, stielsen i^io aber nnversebens auf
den Feind, dann wären sie geradezu wehrlos, wtlrden herunter-
geschossen oder eingefangen. Es siod das gewil's in mancher Be-
ziehung für eine nicht stets prompte Aufklärung Milderungsgrtinde,
zu Resultaten mnis sie aber dennoch fUliren, Zweifel dürfen nicht
Bestand bekommen. Es mul'sten daher soviel Pferde mit frisch-
geschärften Eisen stets vorhanden sein, um für den Patrouiliendienst
die nötigen Kräfte laufend zu haben. Wir wissen aus eigenster
Erfahrung in jenen Tagen, dals das sehr w ohl möglich war. Das
Detaehement Elpons vermochte festzustellen, dals der Feind von
Bresle her gegen Araiens nicht weiter vorgehe und trat den Rück-
marsch nach der Uallue an. Das Kavallcrio-Brigade-Detachement hatte
mit dem vorgenannten Detaehement die Verbindong aufgenommen und
dann eine Eskadron mit 2 Geschützen gegen das ebenfalls fcindlicherseits
besetzt gemeldete, nach Albert zu liegende Dorf H^nencourt entsandt
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IM« 8. KavaUerie-DiTision im Krieg« 1870—71.
153
Die gegren die Stralse Acheax-Albert vorgegangenen Patrouillen hatten
auch auf dieser Truppenbewegungen des Feindes beobachtet. An Stelle
des hei der Kavallerie-Brigade befindlichen Bataillons der S3er
trat das IL/ Land dislozierte mit dem Stab«' und der 7. a. 8. Kompagnie
nach Contay, der G. nach Ba?elinconrt und der 8. nach Montigny und
Beaacourt. So viel stand am 15. abends fest, dals der Feind in
stärkeren Verbänden Uber die Stralse Acbeax*Albert insbesondere
Uber letzteren Ort hinaus nicht vorgegangen war. Die Ubergänge
über die Halliu' hätte er bei weiterem Vorgehen am 10. Januar stark
besetzt gefunden. Die Teile der ursprunglichen 3* Kavallerie- Division
befanden sich auf dem linken FlUgel an folgenden Punkten: In
Fr^cheneourt und 8t. Gratien die 14. Ulanen, in ersterem Orte
aufserdem die 12. Kompagnie des 44. Regiments, in Montigny,
Beaucourt, Bavelincourt und Contay, wie wir schon gesehen hatten,
die Kronprinjt-Grenadiere, aulserdem in diesen Orten die 5. Ulanen
und in Beaucourt beim Brigadestabc die reitende Batterie. Weiter
zurück war mit dem F^ilier-BataUlon des 1. Regiments das KUrassier-
Kegiment in Villers Bocage, Front nach Norden mit der Aufklärung
gegen die Linie Abbeville-Arras beauftragt. Vom 7. Ulanen-Regiment
befanden sich die l. Eskadron bei dem Detachement in Querrienx,
die 4. bei einem solchen in Daours etc., die 2. in Cardounette und
die 3. endlich in Araiens zur Verfügung der dortigen Kommandantur.
Am Morgen des 10. .Tnnunr war Rittmeister v. Schaubert mit
Va3./U. 14 und V« 12./44.. die Inianterie auf 14 zweir^rigen Karreu
über Böhencourt und Baizieux zur Erkundung Vorgegangen. In
Baizieux verblieb die Infanterie, indes die Kavallerie Uber Varennes
anf H6dauville und Uber Henencourt auf Albert patrouillierte.
Letzterer Ort wurde noch besetzt, die anderen Orte, wie Uberhaupt
das ganze Gelände westlich Albert aber frei vom Feinde gefunden.
Auch anf dem anderen FlUgel war von Daours aus ein Detaehcinent
(Va6./44. und 1 Zug/U. 7) unter Premier-Leutnant v. Windheim auf
Ribemont entsandt worden. Leutnant der Reserve Clemens zing
mit seinem Ulanenzuge zur Krkundnng nach Alberl vor und fand
den Ort vom Feinde verlassen. Leutnant Clemens muls schon um
Mittag in dem nur 1 Meile von Ribemont entfernten Albert einge-
troffen sein, denn er kehrt«* bereits von dort um ' ,2 Uhr nach
Ribemont zurück. Das war eine der wichtigsten Meldungen, die im
ganzen Vorlaufe des Somme-Feldzuges erstattet worden ist. In den
Händen des das Detachement in Daours etc. befehligenden Majors
Bock ist die Meldung bereits um 3' gewesen und sofort an General
v. Menu.'rty nacii dem kaum '/^ Meile enttt-rnten liussy-les Daours
weiter gegeben worden. Wo mag die Meldung uuu stecken gebiiebeii.
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154
Die 8. KavaUofie-Division fan Kriofo 1870—71.
fleiD, Greneral y. Goeben hat aie in Amieos nicht erhalten. Erat am
andern Morgen (17.) früh 5 Uhr wnrde er dnreh General Graf
V. d. Groeben mttndlioh benachrichtigt, dab schon am Mittag des
Torfaergegaugenen Tages Albert vom Feinde geräumt gefondeii
worden sei Dafs er davon nicht früher Kenntnis bekommen, be-
zeichnet General t. Goeben in seiner Korrespondenz als einen groJsen
Fehler. Es war nicht das allein, sondern eine grobe Fahr- nnd
Nachlitssigkeit, die nicht streng genug hätte geahndet werden liönnen.
Der Befund des Leutnants Clemens war von diesisr Seite ein glttck-
licber Zufall. Den in nnd bei Albert befindlichen Feind ohne jegliche
Unterbrechnog zn beobachten, wäre Sache des KaTaUerie-Detachenients
Graf Dohna gewesen, weshalb es am 15. Jannar bei Warloy hätte
Terbleibeii mUsscn. Das war der geeignetste Pnnkt filr die Ton ihm
zn entfaltende Thätigkeit Diese zn steigern, wäre von nm so
grösserer Bedeutung gewesen, als man gar nicht wnfste, was der
Gegner eigeotlich beabsic tit!<d;e, das aber baldmöglichst zn erkennen
doch von IiervorrageDder Wichtigkeit war. Am 14. Jannar hatte
General Faidherbe in Pozi^res von de Freycinet das Telegramm
erhalten, in welchem dieser mitteilte, dafs Paris eine letzte äufserste
Anstrengung machen werde, dii- deutschen Linien zu durchbrechen.
Die Nordarmee sei eiii/i;: in der Lage dabei dadurch mitzuwirken,
dafs sie möglichst viel Truppen der Kinschliefsongsarmee auf sich
abziehe. Faidherbe entschlofs sich, auf St. Quentin zu marschieren,
um sich von dort gegen die rückwärtigen Verbindungen der Deutschen
den l'iiiständcn entsprechend zn wenden. General Faidherbe be-
absichtigte also eine Diversion, er vergafs aber dabei, dafs er dazn
nicht frei war, sich vielmehr bereits in engem Kontakt mit der
L Armee befand. Er konnte nicht mehr thon, was er wollte, er
^war abhängig von den MaXiuiahmen seines Gegners. Um diesem nun
seine wahren Absiebten zn verhüllen, benutete General Faidherbe den
15. Jannar zn Demonstrationen. Die Division du Hessol sollte zwar
nach Albert marschieren, aber nicht nur auf der Strafse gegen
Amiens, sondern auch Uber Hedauville gegen die obere Hallue dabei
demonstrieren. Wir sehen also, dafs die Meldungen der 8. Kavallerie-
Division am 15. ganz zutreffend waren. Die Division Derroja hatte
sich gegen Brav zu wenden und sollte slldlieh der Somme demon-
strieren, was natürlich nicht gelingen konnte, da man dazu erst im
Besitze des Flufsüberganges hätte sein müssen. Die beiden Divisionen
des noch weiter zurückbefindlichen XXIII. Korps hatten südlich der
Strafse Hapaume-Albert aufzuklären, die Kavallerie insbesondere von
Albert auf Corbie und von Ligny auf Perorine. ,.Le bat principal
de tous ces moovemeuts dtait de faire voir nos troupesj on devait
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Die K Kavalterie-Division im Kriege 1870—71.
155
cviter tont en^agement." Nachdem General v. Goeben am
17. Januar früli erfaliren hatte, dafs der Geg^ner von Albert ab-
marsobiert sei, war er sofort entschlossen, ebeDfalls rechts abzn-
marecbieren. Jet/.t war der Augenblick gekommen, das Instroment
zu stimmen. General Graf v. d. Groeben hatte mit Zurlicklassung nnr
eines Rataillons sofort Uber Albert in die Gegend von Combles und
nördlich von Peronne abzumarschieren, die anderen HeeresteÜe in
die von Ham-Nesle und nördlich. Nach letzterem Orte gelangte per
Eisenhahn abends 8 Uhr davS Armee-Oberkommando. Üals auch
nördlich von Amiens keine Kräfte des Feindes mehr verblichen
waren, ergab eine Meldung des Leutnants der lieserve Körte der
8. Kürassiere des Inhalts, dals westlich Albert keine feindlichen
Abteilungen die Strecke Acheux-Doullens passiert hätten. General
V. Goeben machte sich von der ganzen Sachlage ein durchaus zu-
tretTendes Bild. Die sächsische Kavallerie-Division hatte übrigens
am 16. schon V(»r der Brigade Isnard St. Quentin räumen müssen.
Die Avantgarde des Generals Graf v. d. Groeben unter Oberstleutnant
V. Pestel il. Il./ I., Ulanen 7. ohne und G.l./I.) gelangte am 17. nach
Clerv sur Soniinc, das Gros nach Maricourt, die Bagage war unter
Bedeckung der Konij)agnle des 44. Regiments über Albert und
Bray nach Cappy dirigiert worden, von wo sie am folgenden Tage
Biaches zu erreichen hatte. Das Detachcnn nt des (n'nenils Graf
ZQ Dohna, zu welchem auch das Füsilier-Bataillon des 1. Begiments
mit dem Hegimentsstabe hei Uontay stiefs, marschierte von dort zunächst
nach Aveluy. Oberst v. Massow wandte sich dann mit den beiden
Bataillonen seines KeginnMits, den ö. Ulanen und 2 Geschützen Uber
Pozidres, Bozantin le Petit und Longueval nach Combles und liefs
gegen Fins und Hoisel rekognoszieren. Mit dem Best seines Detache-
ments war General Graf zu Dohna von Aveluv Uber Bc^court nach
Maricourt und Gc^rt nd weiter n)arschiert, Hittmeister v. Luck war
von Combles aus gegen Fins. Hittmeister Grat Lnoz gegen Roisel
zur Erkundung entsandt worden. Bei Fins wurden seitens einer
Patrouille einige Infanteristen zu (Tcfangenen gemacht, der Ort selbst
war stark von (eindlicher Infanterie besetzt. Dem nach Koisel mit
10 Ulanen vorgeschickten Leutnant der Reserve Peddinghaus gelang
es, bei schon eingebrochener Dunkelheit eine feindliche Feldwache
zu Uberfallen und 17 Mann derselben zu Gefangenen zu machen.
Die Eskadron Luck nahm Quartier in Sailly-Saillisel, die F^skadron
Graf Looz in Moislaius. Es war liegen and somit Thauwetter
eingetreten. (bcliiais folgt.)
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156 ^ ThStigkeit der Flotte im Dienste der Kiiegitfhmiig xa Laade.
XIII.
Die Thätigkeit der Flotte im Dienste der Kriegführong
zu Lande.
YorCng, gebalton vor den Offizieren der UHmi-^on Wesel am 19. Janoer d. J.
(Mit a Skizzen im Text.)
Die Erfolge des deiitsclicn lln'res in Frankreich einerst'it>. die
ans der Schwäche sich orgelieri(ie p-riii-re Thätigkeit der iiorddeutsehen.
sowie die inangelhatte, nur iiiihedeiitende Ergebnisse liefernde \ d-
wendung der französischen Flotte andererseits waren die Ursacho,
dafs man nach dem Kriege 1870/71 in Deutvschlanti wie anderwärts
den Ereignissen zur See zunächst eine nur untergeordnete Bedeutuni:
beiraals. Nach Gründung ih's Deutschen Reiches und mit dem P^nipor-
bllihen des deutschen Handels sah man aber ein, dals zu den ersten
Lebensbedingungen für unsern Staat und unser V olk neben der Wehr-
haftigkeit zu Lande auch eine solche zur See gehöre; mehr und mehr
erkannte man, dals eine starke Flotte nötig sei, die mit dem Heere
gleichmäfsig an der Verteidigung des Reiches teilnehmen niufste:
mehr und mehr wandte man auch von selten des Heeres der Flutte
eine erhöhte Aufincrksamkeit zu.
Allen voran trat unser Kaiser in der UlMTzeugung, dals ..Deutsch-
lands Zukunft auf dem Wasser liege- für eine VermehninL'^ der Wehr-
kraft zur See ein; immer enger traten unter seiner Rtgii riiii«: Heer
und Flotte in Berührung und iiir Zusanmienwirken in einem künftigen
Kriege sicher zu stellen, wurde inuner mehr der Gegenstand des
Studiums unseres Generalstabes. Verschiedene in den letzten .Jahren
getroffene Mafsnahmen beweisen, welch hohe Bedeutung man an
leitender Stelle einer gegenseitigen Kenntnis und Gleichberechtigung
beider bei der Landesverteidigung beimifst; so die alljährlich wieder-
kehrende Kommandierang von Landoffizieren, namentlich solcher des
Generalstabs, zur HerbstUbuugsflotte, die Kommandierung eines höheren
Seeoffixien sbin Generalstabe der Armee, die seit 1898 in der Kriegs-
akademie eingeführten Vorlesungen ttber Seekriegslehie und endlieb
die kttnlieh in den Zeitungen gemeldete Absicht, im die^i&hrigen
KaisermanÖTer ein Zusammenwirken Ton Heer and Flotte zor Dar-
stellung zu bringen.
Ober die Bedeutung und die Leistungsfähigkeit der Heere herrscht
beute wohl nirgends mehr ein Zweifel; anders steht es aber mit den
Flotten, über deren Verwendung die Ansichten noch sehr yersehieden
sind« Dies liegt zunächst daran, dafs in England trotz der Erfolge
seiner Seemacht zu Ende des 18. und im Anfang des 19. Jahr-
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Die Tbätigkeit der Flotte im Dieasto der Kriegt'iibrung za Lande. 157
hüllderL> (las Verständnis für die Krie*:fUhrung zur Scp verloren
^ing"; war dies aber schon hier der Fall, wie sollte es anders sein
in Staaten, die nur eine kleine oder überhaupt keine Flotte besalsen?
Wie z. B. in Deutschland, wo die in den 40er Jahren herrschende
Flottenbe^eisterung ini Jahre 1848 zwar einen Flottenplan zustande
jrebracht, wo aber Mangel an Geld im Jahre 1852 zur Versteigerung
der bis dahin geschaffenen Flotte geführt hatte? Eine Weiter-
entwickelang der bisher auf dem Wege der Erfahrung gewoDDenen
Lebren fand niebt statt and eine planlose Verwendung der Seemacbl
war die Folge in den Kriegen der ersten Hällle des 19. JahriiimdertB
sowohl als in denen späterer Zeit Eäne andere Craaebe ffeLr dte
groise Yersobiedenheit in den Ansicbten bildet die anfberordentliohe
ond noch immer wfthrende UmwSIznng des Flottenmaterials, ebie
Umwälzung, die bei weitem alle die tlbertrifik, welcbe seit Jabrbmiderfcen
In den Heeren stattgefianden haben. Denn der Übergang von der
Segel- zur Dampfeohiffahrt nnd der Kampf zwischen Schiffiikanone
und Panzer stellen Fortsehiltte dar, wie sie auf dem Lande nnr dnieh
Einittbnmg des ScbielspnlTers hervorgemfen worden waren.')
In erster Linie bat die Kriegfllfarnng znr See den Sebntz der
heimischen Kästen, des Handels nnd der ttberseeisehen Besitzungen
im Auge zn halten; nicht dorch Deckung aller gefährdeten Punkte,
sondern durch Zusammenfassen der ganzen Kraft und Vernichtung
der feindlichen Seestreitkritfte wird sie diesen Zweck eireiohen. Die
feindliche Seemacht bildet also das Hauptziel der Flotte. Daneben
wird sie aber auch der Kriegfähmng zu Lande wichtige Dienste
leisten können, die um so wertvoller sein werden, je mehr es ihr
gelungen, die Herrschaft zur See zu erlangen. Sich diese zu sichern,
mufe daher fttr alle KUstenstaaten ein ernstes Bestreben sem und
sie dazu fllhren, nicht nur eine an Zahl gro&e, sondern namentlioh
auch eine solche Flotte zu besitzen, die hinsiehtlich ihrer Bauart»
Auarästung und Bemannung auf der Hohe steht
Keben der gemeinsamen Aufgabe, daa Vaterland zn schätzen,
haben die Streitkräfte zur See mit dem Heere drei Eigensehaften
gemein: die Operationsfähigkeit, die Fähigkdt, feindlichen Besitz
und feindliches Gebiet zu zerstören, und die Notwendigkeit, ftir Un-
brauchbares und Verlorenes Ersatz zu erhalten. Der Thätigkeit
beider setzt aber die Grenze zwischen Meer und Land eine Schranke;
hier bedarf also der eine Teil der Wehrmacht der Unterstätzung des
anderen. In der nachfolgenden Abhandlung sollen nun die Dienste
betrachtet werden, welcbe die Thätigkeit der Flotte der Kriegführung
zu Lande zn leisten vermag.
*) Straael, Die Flotte der Nordstaatea im Seoessloukxiege.
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156 -^i^ Tbätigkeit der FloUe im Dien«te der Kxiegfiüinuig zu Laude.
Mittelbar äolsern sieb diese nmäcbst dadarcb^ d&fs das Dasein
einer stariien Flotte ausgedehnte und kostspielige Befestigungen,
namentlich an der Kllsle, ersparen Iftbt.*) Beispiele werden dies
am besten erläntem.
Rnfiilaiids Bestreben z. B. wird si^ sein, AnseUoDs ao das
lOttelmeer su gewinnen, mit anderen Worten: Konstantinopel in
Besita sn nehmen. Hierzn tilfit es schon seit langem seine Vor-
bereitaDgcQ, so namentlich durch Schaflbog einer starken Flotte im
Schwansen Meere. Solange dieses von der tOrkisehen Flotte beherrscht
und solange diese stark genng war, gldehzeitig anch die Dardanellen
an sperren, solange war eine starke Befestigung Konstantinopels
nicht erforderlich. Als dann aber die Lelstuiigstabigkeit der tllrkisdien
Flotte gesunken, nod sie unfähig zur Herrschaft im Sehwarzen Meere
nnd zu wirksamer Sperrung der Dardanellen geworden war, mnlsten,
um Konstantinopel, das Marmara-Meer und die in dasselbe fahrenden
Meerengen zu schützen, zahlreiche nnd teure Befestigungen geschaffen
werden, die einen Wert von vielen Millionen darstellen. Ähnlich
steht es mit Dänemarks Hauptstadt; auch hier kostete die Befestigung
ungeheure Summen, die unnötig gewesen witren, weon Dänemark
mne starke Flotte besä&e.
Andererseits lehrt Englands Beispiel, wie eine starke Flotte nnd
die damit verbundene Seeherrschaft viele Befestigungen nnn5tig
machen; London mtt&te befestigt sdn, wenn beide Voraussetzungen
nicht mehr zuträfen; leicht konnte es ihm sonst ergehen wie am
14. Juni 1667, da Rnyter die Themse aufwärts segelte, die im Flusse
liegenden Schiffe verbrannte und dadurch England zum Frieden von
Breda zwang.
Militärisch betrachtet, spielt aber bei Erspamils von Befestigungen
der Geldpnnkt natürlich nicht die Hauptrolle; noch viel wichtiger
ist es, dnfs Besatzungen fortfallen und der Kriegführung zu Lande
zu gute kommen. Dem Feinde mdglichst stark entgegenzutreten, ist
aber einer der ersten Grundsätze derselben.
Weiterhin wirkt die Flotte durch Beherrschung der See und
Wahrung der Verbindung mit dem Auslände mittelbar auf die Krieg-
ftlhrung zu Lande dadurch ein, dafe sie die Widerstandskraft des
Landes erhöht. Sehr lehrreich ist in dieser Beziehung der von
(Vankreich angriffsweise begonnene Krieg von 1688 bis 1697, der
damit endete, dafs der Angreifer sich Überall auf die Verteidigung
^1 In Ühereinstiinmung hiennit heilst es auch in der Be^Tündunfr der
Novelle zum Klotteo^esetz von 1898: „ürölKCru Aat'wünduogea für Kü^itea-
befeftigangen sind am m weniger driogHoh, ja mehr die Sehlaehtflotto tw-
■titrkt wird.«
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Die ThStigkeit der Flotte im Dienste der Kriegrührung za Lande. 159
besohi^kt sah. Dies war aber banpMIchlich das Ergebnis der
Thäligkeit der englisch -holländisoben Flotte, welche Handel und
SehifTabrt Frankzdehs schwer schädigte ond in dem gewonnenen
Gelde den Verbttndeten anf dem Lande das Mittel gab, die gegen
Frankreich kämpfenden Heere zn unterhalten.')
Welchen Einflois eine solche Thätigkeit der Flotte fUr Anf-
ateUimg nnd Aasrttstnng, Bekleidung nnd Verpflegnng, Erhaltung
und Ergänzung des Heeres besitzt, drttckt auch sehr deutlich das
deutsehe Generalstabswerk Uber den Krieg 1870/71 aus, indem es
bei BesprecbuDg der französischen Neubildungen anftthrt, dafe für
diese Kriegsmaterial alier Art aus dem Auslande aufgekauft und anf
dem Seewege schnell und ncher herangefbhrt worden sei. Dies war
aber nur möglich, da Frankreich stärker zur See und die norddeutsche
Flotte nicht imstande war, des Feii^des Seeverkehr zu hindern. Hätte
sie dies thun können, dann wäre die Zuiuhr von Wulfen, Bekleidungs-
stücken nnd Material aller Art, wenn nicht ganz, so doch sicher zum
grölsten Teii unterblieben; Frankreich hätte schwerlich so viel neue
Heere aufsteUen, ausrttsten und bekleiden können; der Widerstand
irtae geringer gewesen; der Fall von Paris und damit die Beendigung
des Krieges hätten früher stattgefunden.
Auch die Geschichte des Sezessionskrieges zeigt klar, wohin
gänzliches Abschndden der Zufuhr todi Meere her fllhren kann.
Denn die Nordstaatenflotte hatte, dank aniserordentlichster Thatkraft
und angestrengtester Thätigkeit, während des Krieges eine solche
Stärke erreicht, dals sie die 4400 km lange Küste der Sttdstaaten
blockieren konnte, derart aber, da(8 schon im Frtthjabr 1862, also
ein Jahr nach Beginn des Krieges, die iremden Regierungen die
Blockade als wirksam im Sinne der Pariser Seerechtsdeklaration von
1850 anerkennen mulsten. Damit waren aber die einzig und allein
auf den Seeverkehr angewiesenen SUdstaaton völlig vom Auslande
abgeschnitten; ein gänzlicher Niederbruch ailer wirtschaftliobeD Ver-
bältnissf trat t in; Unterhaltung und \'ersorgung des Heeres wurden
unmöglich) und eine solche Erschöpfung der Streitkräfte zu Lande
war die Folge, dafs die Sttdstaaten zu weiterer FortfUhmog des
Krieges unfähig waren. 3)
Die Möglichkeit, die beiden sUdafrikauischeo Republiken vom
Meere abschneiden zu können, sowie die Wahrung der eigenen Ver-
bindung zur See sind auch in dem aagenblicklichen Kriege Englands
in Südafrika zwei Bedingungen, weiche Toraussichtlioh zn einem
Erfolge des britischen Reiches führen werden.
1) Mahsn, Der Einflvb der Seemtoht $nt die Gesohiehte.
*) Steoiel, Die Flotte der Nordetaalea im SeeeflsioiiBkriege.
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1(^0 Die Tbätigkeit der Flotte iiu Dieuste lier Kriegführung zu Lande.
Neben diesen mittelbar geleisteten Diensten Tennagjdie Flotte
der KriegfUbnug sn Lande auch unmittelbar Unterstützung zn ge-
währen. Bei dieser mehr ins Ange fallenden Thätigkeit maeht sieh
das Zusammenwirken von Heer nnd Flotte beme^bar, dessen Erfolg
auf dem wechselseitigen Verstilndnis Air die Eigentttmliehkeiten und
anf dem flbereinstimmenden Handeln beider Teile einer Wefarmadit
berohi Der schon mehrfach angeführte Sezessionskrieg bietet anch
für solche gemeinsame Thätigkeit von Heer nnd Flotte viele lehr-
reiche nnd beachtenswerte Beispiele.
Unmittelbar wird die Flotte der Kriegfkihrong zu Ltande zonlichst
dadurch einen Dienst leisten können^ dals sie das längs einer
Ettste vorgehende Heer begleitet oder ihm voraoseilt nnd
wichtige Kttstenpnnkte in Besitz nimmt, wie dies beispielsweise
denkbar ist, wenn Deutschland im Kriege gegen Rulsland mit einem
Heere längs der Ostsee vorginge. Die Flotte ttbemimmt hierbei die
Sicherung der einen Flanke, so dafo das Heer, von der Sorge am
diese beireit, grölsere Freiheit der Bewegung in der Front, sowie
anf dem landeinwärts gelegenen Flttgel gewinnt und seine Hanpt-
kräfte anf diesem verwenden kann. Eine solche Thätigkeit whni
um so wirksamer sein, wenn die Flotte das Heer beherrscht und
das Heer danach streben darf, den Gregner gegen die See zu drängen.
Wirft sich in einem solchen Fall der Feind in eine Kttstenfestung,
oder sucht er in einer nahe der Küste gelegenen Stellung Widerstand
zu leisten, dann kann hierbei die Flotte dem angreiienden Heere da-
durch Unterstützung gewähren, dafii sie unmittelbar am Kampfe teil
nimmt, und Flanke wie Rücken des Gegners bedroht Dieser kann
einer solchen Crefahr nichts Gleichartiges entgegensteilen und wird
in seiner Widerstandskraft sehr beeinträchtigt werden.
Andererseits vermag aber die Flotte den Kampf um Befestigungea
an oder in der Nähe der Küste auch zu erleichtem. Kol borg z. B.
konnte sich 1807 nur deshalb so lange halten, weil befreundete Schiffe
die Verbindung zar See offen hielten nnd die Zufuhr mancherlei Art
ermöglichten. Ahnlich wirkte die Seemacht mit bei der Verteidigung
von Stralsund, welches vom 13. Mai bis 24. Juli 1628 durch Wallen-
stein belagert wurde, sich aber, dank der Hilfe der schwedischen
Flotte, gegen alle Angriffe hielt, und bei der Verteidigung von
Gibraltar, welches 1770 von den Spaniern eingeschlossen nnd bis
znni Frieden im Jahre 1783 belagert wurde. Wenn auch jeder An-
griff vom Lande her abgewiesen werden konnte, so gestaltete sich
doch die Versorgung des Platzes mit Sehielsbedarf und Lebensmitteln
sehr schwierig, und nur der Mitwirkung der Flotte war es zu danken»
dafe sich die für England so wichtige Festung hielt Einmal sogar,
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Die Thätigkeit der Flutte im Dienste der KhegfUhruog zu Lande. iQi
im Jshre 1780, moAite erst eine spanisolie Flotte geschlagen werden,
ehe die englischen Zaftdmehiffe in den Hafen einlaufen konnten.*)
Es möchte hier, beim Angriff nnd hei der Verteidigang von
KflstenpnnlLteni am Platee sein, eines Beispiels ans dem Sezessions-
Itriege Erwlhnnng zn tlinn, welches die Thätigkeit der Flotte bei
solcher Gelegenheit snr Darstellnng bringt; ich meine die gewaltsame
Besitsnahme des Port-Koyal-Snndes.
Die Nordstaatenflotte hatte als Operationsbasis ftlr die Dnreh-
itlhnmg der Blockade an der Atlantischen Kttste snnKchst den Pam-
liko-Snnd benatzt, der aber des flachen Fahrwassers, später auch
wegeu der weiten Entfemuuf; von Charleston dafür wenig greeiguet
war. Als neue OperationshaBis wurde daher der Port-Koyal-Suud
gewählt, zu dessen Fortnahme die Nordstaaten ein Geschwader von
17 Schiffen, sowie 35 TraosportschifTe mit 15 000 Mann Laudongs-
truppen bestimmten.
Nachdem am 28. Oktober zor Tänscbnng des Gegners 35 Kohlen-
schiffe in Be^dc itaug eines Kriegsschiffes nach Sayannah abgegangen
waren, folgte am 29. die Flotte. Bei ungünstigem, meist sttlrmischem
Wetter ging die Fahrt vor sich ; 2 Transportschiffe sanken, 2 trieben
anf den Strand nnd fielen dem Feinde in die Binde, 4 mnlsten be*
schüdigt nach der Cbesapeake-Bai snrllckkehren nnd fast alle Schiffe
hatten die Ar die Lsadnng bestimmten F^me nnd Boote wlmcen.
Die Flotte selbst war dnrch den Stnrm so xerstrent worden, dals
1) Maban, Der Einflnfs der Seemacht auf die Gesohiebte.
JahibtskM Ar di« dMitMh* AnoM aod Hula«. B4. 11«. & 11
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162 ^ Tbxa^kat der Flotte im Diente der Kii^cfUhmig m Lande.
am 2. November vom Flaggsoliiff kos nur eio Schiff za sehen war;
der Fflhier des Unteruehmenä, Kommodore Dapont, liefe sich aber
nicht irre maeben and behielt die iüehtimg nach dem Port-Royal-
Sund bei
Am 4. November 8 Uhr vormittags lagen denn anch 25 Sebiffe
vor dem Sand; alle Seezeichen fehlten nnd Tom Lande war auch
fast nichts za sehen ; eine vorliegende fiane erschwerte die Einfahrt.
Sofort erknodeten Offiziere das Fahrwasser nnd schon am 8 Uhr
nachmittags war ein Weg für Schiffe mit 6 m Tiefgang festgelegt,
so dals die Flotte bis auf einige tiefer gebende Schiffe Uber die
Bazre gehen and in stillem Wasser ankern konnte. Der Rest folgte
am 5. mit der Fiat. An diesem Tage vormittags fand dann eine
Erkondang des weiteren Fahrwassers nnd der Forts statt; Kanonen*
boote snebten die Werke zar Feaerabgabe zn veranlassen und stellten
daraufhin wenigstens annähernd Aufstellong, Kaliber und Schalsweiten
der Geschütze fest. Da währenddessen aach die noch fehlenden
Schiffe eintrafen, hätte naamebr zam Angriff geschritten werden
können. Ein Unfall des Flaggschiffes yeizOgerte ihn aber noch bis
znm 7.
Dem Angriff lag folgender Plan zu Grunde: in zwei Kolonnen
vorgehend, sollten die Kriegsschiffe Fort Walker niederkämpfen^
Fort Beauregard beschäftigen und die Muskitoflotte zurückdrängen.
Nach Niederkämpfang des Forts Walker sollten dann die Trappen
gelandet werden, um in den Kampf einzugreifen. Dies alles kam
in energischer und geschickter Weise zar Ausführung. Beide Kolonnen
fuhren in den Sund ein; die rechte trieb die Muskitoflotte zurück,
ging oberhalb des Forts Beauregard in Stellung, bescbols das Fort
and entsandte 2 Kanonenboote gegen Fort Walker, um dieses von
Norden her unter Feuer zu nehmen. Die linke, aus den 8 besten
Schiffen bestehende Kolonne schwenkte oberhalb des Forts Walker
und aufser dessen Schulsweite links, fuhr dann möglichst nahe am
Fort vorüber, dabei eine Breitseitenlage abgebend, und schwenkte
unterhalb des Forts wieder links, um dasselbe Manöver zu wieder-
holen, 2 Kanonenboote beschossen währenddessen das Fort von
S.O. her. Nach vierstUndifreni Kampfe wurde Fort Walker, welches
unter einem beständigen Kreuzfeuer zu leiden hatte, geräumt; da am
Abend auch Fort Beauregard verlassen wurde, befand sich der Port-
Koval-Sund widerstandslos in Händen der Nordstaaten. Dabei waren
die Verluste nur gering; sie betrugen 8 Tote und 23 Verwundete.
Alle Schitie war(Mi getroffen worden, aber nur ein Raddampfer war
aufser Ttefeeht ^^esctzt.
Der Eiuflulb dieses Erfolges auf die Kriegführung za Lande be-
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Die Thftigkelt der Flotte im Dienete der Kiie^ührong sn Lande. I63
stand darin, dafe Heer und Flotte Tereint die reiobsfee Gegend Sttd-
Kiirolinas in Besitz Dahmen, die von Savannah nach Gharleston
führende Bahn bedrohten nnd dadurch eine starlie Sicherong der^
selben, also Abgabe von Truppen für Nebenzwecke, ndtig machten.')
Aus neaester Zeit ist bemerkenswert die Einnahme von Santiago
de Goba. die nnr erronglicbt wnrde durch die Untenttltznng, welche
die amerikanische Flotte dem Heere nach seiner Landung zwischen
Santiago und der Bucht von Ouantonamo zu teil werden liels.
Einen vvoitoron sohr \vie}itiir»'ii Dienst Ifistrt die Flotte der Knc«:-
führuiii: zu Lande dadurch, dafs sie Truppen schnell auf weite Knt-
fernun«ren iü»er See bef^irdert und so dazu beiträfrt. dafs die Grenze,
welche das Meer den Heeresl>eweiruniren steckt, Uberschritten werden
kann, Solclie Iruppenreisen können stattfinden: hei Ueuiiin des
Krie<res zur Entlastung: der Kisenbahnen und zur l'berwinduno: von
Meeresarnien, während des Krieges zur \ ersetzun^; von einem Kriegs-
schauplatz auf den anderen und zur AusfUhrnng' von KUckzUgen.
Truppenreisen zur See haben nun ihre besonderen KigentUm-
lichkeiteu. Zunächst sind sie bei weitem nicht so sicher als solche
>) Stensel, Die Flotte der Nordstaatem im SeseaBionskriege.
II*
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104 ThXtigkeit der Flotte im Dieaste der Kiiegfiiliniiig n Lande.
mit der Eisenbahn; denn die Einführung der Dampf kraft in der See-
schiffahrt hat zwar eine grrOlsere Unabhängigkeit vom Winde and
eine Beschleimigting der Fahrt zur Folge gehabt, konnte aber weder
die Gefabren der 8ee noch die damit Terbundenen Unfälle beseitigen.
Weiterhin kann eine längere Seefahrt die daran nicht gewöhnten
Menschen nnd Tiere in ihrer Leistnngsfähigkt it beeinträohtigeai
dafs sie in den ersten Tagen nach der Aosschifi'ung nnr wenig za
brauchen sind. Sie kann sogar einen solchen Verlast an Tieren
herbeiführen, dafs die Gebrauchstähigkeit der Truppe sehr herab-
gedrückt ist, wie dies kürzlich erst die Engländer in Südafrika er-
lahren haben; denn von den 24 OOO Mann, welche G Wochen nach
Beginn des Krieges gelandet waren, war der frrölste Teil operations-
nntlibiir. da die vorhandene gerin^re Artillerie infol<:;e des Znstandes
der Zuj,^tiere und man^'els pMiüj^cnder liespannunj: bewetrunirsiinfähig
war. Ein weiteres Beispiel daflir. wie die Seefahrt und die mit ihr
verbundenen 1 nfälle einen \ erlust an Tieren herbeiführen können,
liefert naiiientlieli auch die Beförderun;r /vveier Eskadrons des eng-
li^('lu'n 1). rianen-He|iinients nach Südafrika. Die 320 Pferde der-
selben wurden nämlich bei einem 24 Stunden währenden Sturme
derartiir durch<'inander geworfen und beschädigt, dafs mehr als drei
Viertel der Tiere getötet und über Bord geworfen werden mulsten,
womit aber die beiden Eskadrons gebrauchsunfähig geworden und
zunächst zu längerem Aufenthalt an ihrem Ausschiffungspunkt ge-
zwungen waren. M F'.ndlich kommt in Betracht, dafs immer nur eine
beschränkte Zahl von Truppen befördert werden kann, dals daher
eine btatl'elweise Beförderung mit kürzeren oder läugereu Zwischen-
räumen stattfinden mufs und dafs sich bei einer grölseren Stärke
und bei weiterer Entfernung Schwierigkeiten geltend machen, wie
solche ebenfalls die jüngsten englischen Truppenreisen gezeigt haben.
So schrieb z. B. unterm 20. Dezember 1899 eine Zeitung:** i „Der
Transport der ersten loooü Mann nach dem Kap vollzog sich ohne
jede Schwierigkeit, und auch die darauf folgenden Divisionen kamen
noch leidlich schnell hinüber. Bei dem Transport der 5. Division
aber begannen bereits die Schwierigkeiten, hinreichend Schiffe zu
finden, und die Absendang der (5. Division, welche auf den ver-
schiedenen Schlachtfeldern dringend gebraucht wird, kann nur ganz
langsam vollzogen werden, weil es an den nötigen Fahrzeugen ge-
bricht. Wie aber die 7. Division befördert werden soll, das scheint
man hier — d. h. in London — iu amtlichen Kreisen selbst noch
nicht /u wissen.**
ij Mittciluti^ aus cinciQ Privatbrief in der ,lllusuiertea Welt."
3) Neue Ziiriclicr Zeitung.
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Die TliStigkeit der Flotte Im Dienste der Kriegltthnuig m Lande. 165
Als Befördernngs mittel dieoen Kriegs-, Handels- und he-
sondere Transportschiffe. Die soerst genannte SchitVsart wird durch
dne solche Verwendung Torttb^ehend kampfunfähig premacht und
dem Zweck, für den sie bestimmt ist, entzogen. Auch besitzen Kriegs-
schiffe meist einen solt-hen Tiefgang, dals Ein- und Ausschiffung
sehr erschwert sind. liei Benutzung von Handelsschiffen müssen
meist erst sehr umfangreiche und zeitrauhende Änderunfren in der
Einrichtung nnd Ausrüstung erfolgen; ihre Leistungsfähigkeit ist je
nach ihrer Grölse sehr verschieden. Im allgemeinen nimmt man an,
dafs ein etwa 100 m langes und 12 m breites Schiff von (» m Tief-
gang ein Hataillon, eine Eskadron oder eiue Batterie aufnehmen
kann. Das Fassungsvermögen eines Dampfers der P-Klasse der
Hamburg-Amerika-Liiiie von 170 m Länge, 19 m Breite und S m
Tiefgang wird etwa 2 Bataillone betragen. Im Uhrigen ist anzu-
nehmen, dals das diesjährige Kaisernianöver genauere Kenntnis uher
die Leistungsfähigkeit un^cri'r grolseu llandelsschitle bringen wird.
Am geeignetsten für die Truppenheförderung sind natürlich die hier
für besonders hestinimten Transportsehiffe, da hei ihnon die irtiti^tig^te
Kaumausnutznng statttindet; ihr Tiefgang ist mögliehst gering, dumit
die Schiffe ni igliehst nahe ans Land herankommen können, nuifs
aber mit IJiicksielit auf die Fahrt auf hoher See immerhin wenigstens
5 m hetra;:('n. Df iitsehland besitzt nur ein der Kriegsflotte im
Frieden angehöreiulcs TransportschifT, den l'elikan von 24()() Tonnen
Wasserverdrängung; indessen bietet sich in denSeedampfern der grolsen
überseeischen Linien eiue genügende Zahl von Schiffen, die für eine
Trnppenbetörderung geeignet sind.
Auf die Dauer der Einschiffung ist neben der Stärke der
Truppen und deren Ausstattung mit Tieren und Material besonders
von Einfluls, ob die Einschiffung unmittelliar vom Lande aus oder
auf otiener See erfolgt. Im ersten Fall, der bei grolsen, gut vor-
bereiteten Truppenreisen meist vorliegen wird, gelangen die Truppen
in Seehäfen vom Bollwerk aus aufs Schiff; Witterung und Seegang
machen sich nur wenig bemerkbar; die Einschiffung kann ununter-
brochen fortdauern; sie wird also in verhältiiisinulsig kurzer Zeit be-
endet sein. Anders auf uffener See, wenn also ein Hafen nicht vor-
handen ist oder die Schiffe ihres Tiefgangs wegen nicht ans Land
heran können. In solchem Fall, z. B. wenn ein KUckzug über das
Me<^r angetreten werden soll wie 18(14 von den Dänen bei ihrem
Rückzüge von Alsen nach Fünen, ist erst ein Heranfahren der Truppen
und ihres Materials an die Schiffe und dann ein Undaden auf diese
nötig; beides erfordert Zeit, die durch den Eindufs von VVitterunir
and Seegaug noch verlängert wird. Besonders hoher Seegang und
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106 IM« Tbitigkett der Flotte im Dienste der KriegfUiniiig m Lende.
sturmiscbes Wetter kOnnen die EinschiffoDg sogar gtazlicb ver-
hindern.
Namentlich wird sich auf otffnier See das Einladen von Tieren
und Material schwierig gestalten; und dies ist um so mehr zu be-
achten, als das Material das am meisten in Betracht kommende Ge-
wicht darstellt. Als das tranzösische Heer LSoO aus der Krim zu-
Uck kehrte, währte seine Einschitl'iing vom 1*). April bis zum .">. Juli.
Dabei erforderte das Material des l-'eld- und des Belageruncr'^parkes
allein 4<tn SehiliV*. eine Zahl, wie sie heute infolge der Vergrolseruüg
des T()uneni:-eh;i!ts allerdings wohl nicht mehr vorkommen wird.')
Die Fahrzeit ist abhängig von der Entfernung und von der
für die Hefiirderung benutzten SchiHsart. Heute, wo die \ erwcndung
von Dampfern die Kegel bildet, lälst sie sieh im allgemeinen ziem-
lich genau bestimmen. Als Mafs gilt dabei die Seemeile gleich
ISö'J m. Hei 1() .Seemeilen 1 aiirt in der Stunde wllrde /.. H. die
Strecke Danzig-Kiel (:{")(» Seemeilen) in etwa Ta;:en, die Strecke
Kiel-Hamburg jJ(K) Seemeilen) in etwa '/« die Strecke Ham-
burg-London (4i{() Seemeilen) in etwa 2 Tagen zurückgelegt werden
ki^nnen, während die 11 400 Seemeilen betragende Strecke liamburg-
Kiautschou etwa 47 Tage erforderte. Ini letzteren Fall ist aber
noch zu berUcksichtig(»n. dal's die Dampfstrecke durch das Kohlen-
fassnngsvermögen begrenzt ist, und dafs der mehr oder minder grofse
Aktionsradius deh Schilfes unterwegs noch einen längeren Aufenthalt
zum Kuhlenauffllllen nötig macht.
Was Übrigens noch die Schnelligkeit angeht, so besitzt die
schon einmal erwähnte P-Klasse der Hamburg-Amerika-Linie (Patria,
Patricia. Pennsylvania etc.) eine solche von 115' /4 Seemeilen, während
der neueste Dampfer der (iesellschalt, Deutschland, eine Geschwindig-
keit von 2:i Seemeilen erhalten soll. Eine derartige Fahrleistang
bildet aber eine .Ausnahme und darf daher Truppenreisen zur See
nicht zu Grunde gelegt werden. Ist Eile nötig, können allerdings
au l ii gröfsere Leistungen als 10 Seemeilen in der Stunde erreicht
werden. Mit KUcksicht auf eine (Tefährdung durch den Feind ist
aller das Zusannnenfahren einer gröiseren Zahl von TransportschitTen
und ihre Begleitung dunh Kriegsschiffe erforderlich, weshalb nur
die Leistungen der am langsamsten fahrenden Schiffe zu Grunde
gelegt werden können. Ist dagegen ein Zusammentreffen luit dem
Feinde ausgeschlossen, dann kann aucii die höchste Leistung der
einzelnen Sehiflfe gefordert und ein Alleinfahren derselben gestattet
werden; solch eine Lage, wie sie z. B. augenblicklich im Kriege
') Wei^lt, Die Belugeruag vuu Sebastopol.
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Die IMtigkeit der Flotte im Dienste der Kriei^föhnuig m Lande. 167
tler Engländer gegen die Boren vorliegrt, gehört aber zu den Aus-
nahmen und wird sicher nicht vorhanden sein, wenn Deutschland
z. B. iin Kriege mit England wäre and Truppen dorthin befördern
wollte.
Englands augenblickliche Truppenreisen zur See geben übrigens
noch zu zwei besonderen Bemerkungen Veranlassung. Zunächst
wurde bei ihi»en Wert weniger auf Zusaiiunenhalt der Truppen als
auf Ausnutzung des iiaunies gelc^'t. Da die Verhältnisse bei Schiffen
anders liegen als bei Eisenbahnen, bei denen man Wagen an- und
abhängen kann, mag dies seine Berechtigung namentlich da hai)en,
wo an geeigneten Seiiitlen Mangel ist. Im allgemeinen ist aber
auch bei Truppenreiseu zur See Wahrung der Verbände möglichst
2n beachten. Weiter fuhren die Offiziere zum grofseu Teil in be-
sonderen Schiffen, was ebenfalls unserer Anschauung widerspricht.
Wran aach während der Fahrt eine Überwachung und llntenveisung
4er Mannschaften durch die Unteroffiziere stattfand, auch täglich ge-
tarnt, exerziert und möglichst geschossen wurde, so machte doch das
Femsein der Offiziere ein gegenseitiges Kennenlernen von Fttbrer
ond Soldat unmöglich, dafs solches aber stattfinde, wird in onserem
Heere mit Beeht gefordert; es wäre bei den Engländern am so mehr
am PlaftEe gewesen, als die meisten ihrer Soldaten erst vor kurzem
eingestellte Sdtdner rind.
Die Fahrt wird oon beendet dnreh die Ansschiffang. Sie
hängt Ton denselben Umständen ab wie die Einsohifliing nnd wird
daher ebenfklls kniz sein, wenn die SebiflTe in Häfen anlegen können,
nnd länger danem, wenn die Fahrzenge ihres Tiefgangs oder anderer
Umstände wegen vom Lande abbleiben müssen. Bei stiller See
kann ein Boot 1000 m beladen in 20, anbeladen in 10 bis 15
Minaten znrtteklegen; Ein- nnd Ausladen eriordem weitere 90 Mi-
nntea Jede Fahrt eines Bootes wird somit wenigstens eine Stande
dauern.*) ROnnen also s. B. von einem 1000 m vom Lande ent-
fernt liegenden Schiffe gleichzeitig 12 Boote mit Je SO Hann abge-
lassen werden, dann wäre die Aassehiflung eines Bataillons ohne
Pferde nnd Fahnenge in mindestens 8 Stunden ansgeführt Diese
Zeit wird aber nmso länger dauern, je grOfser die Entfernung, je
hoher der Seegang und je ungünstiger die Witterung ist. Stürmisohes
Wetter nnd hoher Seegang kOnnen die Ansschifiang sogar gänzlieh
nnterbreohen, die im übrigen bei Dunkelheit meist nnterbleiben
wird. Wie bei der EinsehiflFung das Einladen, so bereitet bei der
AnssehifFung das Ausladen der Tiere nnd des Materials auf hoher
1) Blume, Strategie.
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IQQ Die Tbätigkeit der Flotte im Dienste der Krie(j;fUbnuig zu Lande.
See grobe Schwierigkeit IMe Amerikaner iudfen deh bei ihrer
Landang auf Kuba im Jahre 1898 damit» dals sie Hnnderte tob
Pferden ins Wasser warfen und allein ans Land schwimmen lieihenf
woltei nur Terhältnismälsig wenig Tiere Terloren gingen nnd viel
Zeit gewonnen wnide.^) Übrigens werden meist aneh die ICann-
sehaften noch eine Strecke weit doiohs Wasser waten müssen; erste
Sorge der Pioniere oder yon Mannschaften der In&nterie wird es
dann sein, fOx Landuugsbrttoken zu sorgen, damit wenigstens das
Material, namentlich Schieisbedarf nnd Lebensmittel trocken ans
Land kommen.
Die fechtenden Teile eines Armeekorps sind im allgemeinen in
48 Stenden an Land gebracht Einen Anhalt hierfür giebt die Ans>
schiffnng des verbündeten Heeres anf der Halbinsel Krim im Jahre
i854, bei der es sich am 63000 Mann mit etwa 230 Geschtttsen
handelte. Dieselbe begann am 14. September 8'* V. und wurde so
gefördert, dab nm 7*" N. der grOfste Teil der fransOsisehen Toppen,
etwa 20000 ICann mit 60 Geschfltaen, an Land war. Stttrmisohes
Wetter nnterbraoh dann die Ansschififong, die aber trotz des an-
haltenden starken Windes in den nftcbsten Tagen fortgesetst nnd
bis auf einige wenige Teile, am 16. abends beendet wnrde.') Die
Ansschiffnng eines etwa 1*/« Armeekorps starken Heereskörpers
hatte also trotz ungünstiger Verhältnisse drei Tage erfordert
Anders steht es nnn, wenn die AnsschifiEtmg als kriegerische
Untemehmimg nnd als unmittelbarer Obergang zu den Operationen
sich darstellt Diese Art der Aussohiflfnng, die Landung,*) wird
heute aber selten und dann nur zu bestimmten Zeiten und in be-
stimmten Fällen stattfinden. Wenn auch die Verwendung des
Dampfes gegen früher ein plOtEÜches Erscheinen an der feindliehen
Küste erleichtert, so hat andererseits die Landesverteidigung durch
die Ausgestaltung der Wehrverfassungen, durch die Verbesserung des
Nachrichtenwesens und durch die Entwickelung der Verkehrsnetze so
an Sttrke gewonnen, dafs die Abwehr von Landungen sehr be-
günstigt ist
Immerhin vermag die Flotte der KrlegfUhrnng zu Lande durch
Landangen noch recht gute Dienste za leisten. Zunächst da, wo der
feindliche Staat nur schwer rechtzeitig Oegenmalsregeln ergreifen
kann, wie z. B. dano, wenn das feindliche Heer im Aufmarsch an
der Grenze begriffen, das Bahnnetz also voll in Anspruch genommen
1) Mittoilnng des Grafen Goetzen in der Militärischen (iesellscbal't.
>) Weigelt, Die Belagerung vun Sepastopol.
^) Blume, Strategie; d. Golts, Kriegsflihniiig; t. d. Golti, Das Volk in
Wallen.
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Die Tbätigkeit der Flotte im Dienste der KriegtUhrun^ zu Lande. 169
nnd wegen der Schwierigkeit, in der Fahrt betindliche lletresteile
auf andere nach der Küste führende Linien abzulenken, nur unvoll-
kommen imstande ist, Truppen sohneil an die bedrohte Küste zu
schaffen. Auf jeden Fall kann aber eine erhebliche Störung des
Aufmarsches erfolgen nnd dadurch die Gestaltung des Krieges sehr
beeintrüchtigt werden, ein Ergebnis, welches wohl eine Beendung bei
Beginn de« Krieges reehtferfcigen könnte. Eine solche Ut femer
ausfilhrbar da, wo dem feindlieben Staate die Mittel snr Abwehr
fehlen; so namentUeh bei Kolonialkriegen and bei Kämpfen mit
militärisch wenig entwickelten Staaten in fernen Weltteilen, da hier
ein kleines wohl aasgerQstetes nnd gut ausgebildetes Heer zar
Dnrebfllhnuig des Krieges genügen wird. Die Möglichkeit solcher
Kämpfe wird aber immer mehr sehwinden, je mehr diese Gegenden
dem Weltverkehre eischlossen werden. Namentlich erscheint es aas*
geschlossenf dab z. B. Oentschland zom Schatze seines eigenen
überseeischen Besitzes Liandungen größeren Malsstabes in feindlichem
Chibiet vornehmen wird, ehe nicht der Kampf znr See nnd die
Frage, wer zur See herrschen soll, entschieden sind. Dies kann aber
nar dorch eine starke Flotte geschehen and, eine solche za schaffen,
mals Deatschlands Streben sein.
Während des Krieges wird eine Landnng in Feindesland
nar da von Erfolg sein, wo das gelandete Heer bei dem Volke oder
bei einem l»enachbarten Staate aaf Unterstätzang rechnen darf. So
lagen die Verhältnisse 1898, als die Amerikaner aai Kaba nnd anf
den Philippinen landeten, and ähnlich hätte 1870 eine Landung
iranzOsisoher Tmppen Erfolg haben können, wenn Dänemark die
Nentralititt aafgegeben und sich Frankreich angeschlossen hätte.
In solchen Fällen hört aber der Begriff einer Landung als ein be-
sonderes Unternehmen aof, da es sich dabei mehr am einen ge-
sonderten, mit Hälfe der Flotte ausgefilhrten Aofmarsch eines Heeres-
teils handelt, der dann in dem verbündeten Gebiete den Aasgangs-
pnnkt fttr seine weiteren Bewegangen findet. Was Übrigens die
Unterstfltzong bei dem Volke angeht, so ist darauf nicht za sehr za
banen. Tänschongen in dieser Bcziehang haben schon oft die un-
angenehmsten Folgen gehabt, so z. B. während des nordamerika-
nischen Unabhängigkeitskrieges beim Einfall in die sttdiichen
Kolonien, während der Bevolntionskriege bei der Besitznahme von
Gnadalonpe durch die Engländer a. a. m. Landungen anter solcher
Voraussetznng mögen zwar in der Absicht, den Gegner von anderen
wichtigeren Punkten abzulenken oder ihm durch den Aufstand der
Bevölkerung Verlegenheiten zu bereiten, versucht werden; nie darf-
aber durch sie eine fUr die Entscheidung besser angebrachte Streit-
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X70 I^i^ Thätigkeit der Flutte im DieDste der Kriegfubnuig zu Lande.
kraft abgezogen werden. Anden TerliSlt es deh mit Landangen,
welehe die Besitsnahme eines an oder in der Nllbe der KUste
liegenden and ftr den Kiiegsrerlaaf wichtigen Punktes liesEweeken.
Wie miUtilrische Gründe solcbes verlangen können, zeigte schon das
Beispiel des Poit-Royal-Siindes; aber ancb politische ChUnde können
oft mafegebend sein, so z. B. dafs dorch Einnahme nnd Beseteong
der Hauptstadt eine fremde Regieruug zam BQndnIs oder zur Ken-
tralitftt gezwangen werden soll (Konstantinopel, Kopenhagen l^)
Endlieh lälst die Möglichkeit, vom Feinde besetetes Gebiet st
überspringen nnd anerwartet In solchen Landesteilen anfzatreten, die
bisher noch vom Kriege anberOhrt waren, Landungen besonders aneh
fUr Flanken- nnd Rückenbedrohnng
geeignet erschienen, wie sie z. E
1877/78 bei der Verteidigong der
Linien von Tscbataldscba Ins Aoge
gefalst war. Eine solche wftre hier
umso wirksamer gewesen, als die
Türken das bnlgariscbe Festnngs-
Viereck im Besitz nnd betrSchtUohe
Streitkräfte znr Verftgnng hatten.
Gegen Ende des Krieges
Bobliefslich kann eine Landung dann
stattfinden, wenn der Gegner in seinen
Machtmitteb erschöpft nnd des Krieges
müde Ist. Denn bei der meist nor
noch schwachen Abwehr nnd bei der
Möglichkeit, da& die Regierang dem Eindruck, den jede Landung
auf die BevOlkerang ausübt, nachgiebt, kann dne gut gelungene
Liandnng zn schneller Beendung des Krieges führen.
Die wesentlichste Elgentttmlichkeit einer Landung Ist die, dafii
die dafür anzuwendende Truppenzahi beschränkt ist. Einmal
sind die Landstreitkräfte der für die vorliegende Betrachtung haupt-
sächlich in Frage kommenden Staaten derart gleich an Zahl, dab
keine Macht gern Teile für solche Nebenaofgaben abgiebt, nnd zwar
um so weniger gern, als Landungen wenig sichere Aussiebt auf
entscheidenden Erfolg haben und duroh etwaige Vorteile nicht die
1) Es sei liier noch auf die Landunp^en hingewiesen, welche die Flotte fern
vom eiiropäisohen Krie<>:3schaui>latze ausführen kann in der Absicht, dadurch
dem Gegner die Benutzung der Uäfcn anmüglich zu machen and sich selbst
Sküt^mikte fHr £e eigenen Bewegungen ra schaffen. Wenn meh nicht der
KriegflUvoag so Lande uunittelbar dienend, können derartige Iisndmigeii der
Flotte nnd damit ndttelbar wieder dem Heere gute Dienste leisten.
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IKe ThStigkeik der flotte im Dienste der Kriegführung an Lande. 17]
dem HeMTo dnrch Schwächung entstehenden Nachteile aufwicjren.
Weiter wird die Stärke der Landungstruppen durch die Unmciglich-
keit eingeschränkt, eine irrofse Zahl von Schiflfen gleichzeitig zu
entladen, ohne dafs die wescntlii hste Hedingnng ftlr den Erfolg, die
Überraschung, darunter litte, (ientnai von Blume hat berechnet,
dafs eine Laiuluugsflotte von öü Schiffen, wenn alle gleichzeitig
landen sollen, einer Ausdehnung von 20 km bedUrfe. Solcher Aus-
dehnung stehen aber die Beschaffenheit der KUste, die selten oder
fast nie in solcher Breite für Landungen geeignet ist, als auch die
Notwendigkeit entgegen, die I^andungstruppe wegen der Gefährdung
durch den Feind zusamnien/uhalteii. Im allgemeinen wird ein
Landungskorps höchstens öOOOO Mann, also ein starkes Armeekorps,
betragen; allerdings kann, wie dies jetzt auch von den Kngländern
gemacht worden ist, die Flotte neue Stalfeln heranführen. Dazu
ist aber Zeit nötig, während der ein energischer und thatkräftiger
Gegner geeignete Kräfte versnninielt haben kann, um einen Krfolg
Uber die zuerst geiuiideten Truj)pen davonzutragen. Weiter ist der
Landung eigeniiiinlich. dafs die Landungstruppen mit berittenen
Waffen und Trains meist ungenügend ausgestattet sind, es sei denn,
dafs ein benachbarter und verbündeter Staat damit aushelfe, wie
dies l>ei einer frauzi)Nischen Landung 1870 durch Däin inark hätte
geschehen können. Der Grund für den Mangel liegt in der so \nel
schwierigeren Beturderung von Tieren und in den Flntbehrungen, welche
diese während der Seefahrt erleiden nitissen. Eine längere Dauer
derselben kann nennenswerte Verluste an Tieren zur Folge haben,
zu denen schliefslicli noch solche bei der Ausschiffung kommen.
Eine mangelhafte Ausstattung mit berittenen Waffen und Trains
hemmt aber eine energische Vorwärtsbewegung, die gerade zur
Aunnurzung der Landung und zur Vergrölsernng der Bads
nötig wäre.
Eine gnte Basierang der Landungstruppe ist aber um deswillen
erforderlich, als diese vom Hauptheere TÖlUg getrennt and nur auf
die Verbhidaiig snr See angewiesen sind. Holtke sagte einmal:
ndafo er wolil wisse, wie man ein Heer naoli England hiozoschaffen
babe, da& es ibm aber verborgen sei» wie man dieses Heer wieder
snrttekbringen wolle. Er wollte damit ansdrttcken, wie wicbtig
die VerbindoDg cor See sei nnd wie nnr die B^emehong der
See die Brhaltnng des gelandeten Heeres ermöglichen könne. Eine
Basiemng auf die See and anf die Flotte ist aber stets nnroUkommen,
da Wind und Wetter den Verkehr mit der Flotte stören, ja ihn
Naeh einer Mitteilung im „Flottenfraund*.
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172 Tbätigkeit der Flotte im Dienste der Kriegfühmn^ zu Lande.
gänzlich unterbrechen können. Eine iJautrude Trennuujr von der
Flotte ist für die schwachen alleinstehenden Landungstrappen aber
gleichbedeutend mit Vernichtung, zumal sie bfi der Unsicherheit der
Verhältnisse — unbekannte rrofrond, feindselii.'-c licviilkcrung — nnd
bei der Unmöglichkeit weiter Aufklärung vom Feinde völlig abhängig
und deshalb mehr als sonst zum Zusammenhalt der Kräfte gezwungen
sind. Dies hat Schwierigkeiten in der Verptlt irung zur Folge, die
sich mit dem weiteren Vorschreiten der Bewegung nur verschlinum rii.
damit der Fntfcrnung von der Landuiigsstelie die Verbindun^'Nlinieii
länger werden und ihre Empfindlichkeit, sowie die Gefahr der
Unterbrechung zunehmen. Starke Etappentruppen werden notwendig,
und ihre N'erwendung im Kücken des Heeres entzieht sie dem
Kampfe in der Front. Auch die erste Ordre de Bataille des kürz-
lieh für Südafrika aulgestellten englischen Armeekorps ') trug dieser
Eigenschaft der \ erbinduugslinien lU chnnng; denn aulser den 27
Bataillonen erster Linie waren von vornherein 7 Bataillone als
Etappentruppen vorgesehen. Zweifellos wird aber die Unsicherheit
der Verhältnisse — abgesehen von der späteren Verstärkimg der
Kampftruppe — noch einen erheblichen Mehrbedarf an Truppen zur
Deckung der rückwärtigen Verbindungslinien nötig gemacht haben,
wie deoD ancb kttralieb gemeldet wurde, dato Ton den aogenbliok-
Ueb*) in SttdaMka befindlicben 105000 Mann nur etwa 70 bis 80000
fttr den Kampf in der Front verfügbar seien.
Der Erfolg einer Landong hängt besonders davon ab, dafs sie
ttbeirasohend ins Werk gesetzt und ausgeführt wird. Sie wird daher
— im Gegensatz zu Ansscliiffiingen am Ende von Truppenreisen —
nur aasnahmsweise in Häfen, meist aber an solcben KUstenstellen
stattfinden, an denen ein Herankommen der Transportschiffe an Land
nicht aosfOhrbar, an denen also znnäobst ein Umladen von Menschen,
Tieren nnd Material nötig ist Die Wahl des Landongsponktes ist
daher von hohem Wert Am günstigsten, namentlich aaeb tttr die
spätere Basierang, wäre eine Ansscbifinng unter dem Scbntze einer
Insel; docb wttrde dies die erste Bedingung fbr den Erfolg einer
Landung, die Oberrascbung, in Frage stellen. Andererseits giebt es
nur wenige für eine Landung geeignete Kttstenpunkte, die aber dem
Feinde bekannt nnd daher besonderer Aufmerksamkeit und Be-
wachung unterworfen sind. Es kommt also darauf an, den Feind
zunächst zu täuschen und dann überraschend an dem wahren Lan-
dungspnnkte aufzutreten. Fttr diesen kommen in Betraobt: ein guter
Ankerplatz und die MOgHobkeit, alle Scbiffe gleichzeitig zu entladen.
I) Militär-WoobenbUtt für Nr. 97.
^ Anfimg Jaansr.
Die ThStigk«it der Flotte im Dienste der Kriegftthnmg ni Lande. 173
DatUr ist aber eine Steilküste mit vorgelagerten Klippen ebenso
wenig geeignet als ein weit in die See hinausragender Strand j
während erstere die Bewachung erleichtert und den Zugang er-
schwert, notigt letztere die Schiffe zu weiterem Abbleiben und yer«
langsamt so die Ausschiffung.
Tin übrigen häugt der Erfolg einer Landung auch davon ab,
gegen wen sie unternommen wird: geiron eint-ii starken und wohl-
geordneten Staat wird die Aussicht auf Ertbl^'^ nur gering sein;
grölser dagegen ist sie, wenn ein erschöpfter oder ein aller Abwehr-
inittel barer Staat das Angrit^'sziel bildet. Stets bleibt aber zu be-
denken, dass die Aussieht auf Krfnl::- ciiir unsichere ist.
Die Ausfuhrung einer Landung richtet sich danach, ob eine
Gefährdung durch den Feind zn befürchten ist oder nicht. Im
letzteren Fall gehen die rrans|)urt>chiflfe an die Kllste heran und
beginnen mit der Landung der Infanterie, die dann durch Aufstellung
vorwärts der Landungsstelle das I nternehinen zu sichern hat. Zur
Erhöhung ihres Widerstands ist aui baldige Nachfllhrung von Artillerie
Bedacht zu nehmen, zu deren AusschiiVung nötigenfalls von den
Pionieren Landungsbrtlcken herzustellen sind. Kavallerie, die aber
meist nur in geringer Stärke vorhanden sein wird, ist möglichst
bald nach ihrer Ausschiffung vorzusenden, um .Aufklärung zu schaffen,
wichtige Bahn- und Telegraphenlinieu zu zerstören und ein feind-
liches Vorgehen zu verzögern. Sind sämtliche Truppen an Land,
dann ist sofort — ohne dals aber dadurch die Vorwärtsbewegung
der Landungstruj)pen aufgehalten wtirde — mit der Befestigung der
Landungsstelle zu beginnen, während die Flotte durch Besitznahme
wichtiger Punkte die Ausbreitung längs der Küste und die Sicherung
der Landungsstelle zu erleichtem sucht, da nur so dem Landungs-
korps die Freiheit der Bewegung und die Möglichkeit, Erfolge zu
erzielen, gewahrt werden,
„Die Beherrschang einer KUstengegend beruht im Kriege auf
dem Ubergewicht einer Flotte", sagt Mahan in seinem schon mehr-
mals angeführten Werke; dies weist wieder auf die Bedeutung
einer starken Flotte hin, stark genug, um im Kampfe auf offener
See die Überlegenheit Uber den Gegner zu gewinnen, ohne die eine
Ausüllirung von Landungen und der dauernde Besitz der Landuuga-
etelle unmöglich erscbeinen.
Eine Landung zu erzwingen, also an Bord von Schiffen befind-
liebe Truppen mit allen Waffen und allem Material angesichts des
Feindes an Land zu bringen, ist ein äufserst schwieriges Unter-
nehmen, welches nnr an solchen Punkten ausftthrbar ist, an denen
die die Transportschiffe begleitenden Kriegsschiffe sich dem Strande
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I
174 ^ ThiitigfceÜ der Flotte in Diansto der JintgSühnng m Lande.
80 weit nähern können, dafs ihre weittragenden (ieschütze den Feind
in solcher Entfemang halten, dafs sein .\rtillerie- und Infanteriefener
unwirksam sind. Gelingt dies, dann kann mit der Aassehilfonsr der
bisher aulser 8chufsweite grehalteneu Landan^rstroppen be^'unnen
werden; anderenfalls muls von der Landunpr Abstand jjenominen und
diese an anderer Stelle versucht werden. Bei Hachen Uteru und
fehlenden Büchten sind p-öfsere Truppenlandungen angesichts des
Feindes kaum möglich; dennoch können einzelne von Kriegsschiüeu
begh'itetc Trausportschitle dadurch von Nutzen sein, dafs sie durch
Scheinlandnngen den Feind zu täuschen und zur Abzweigung von
Truppen zu veranlassen suchen.
Die Thätigkeit der Flotte bei der Abwehr von Landungen be-
steht darin, dafs durch Torpedoboote und besondere für den Küsten-
schutz gebaute Schiffe ein Herankoninini tVindiicher Fahrzeuge wenn
nicht verhindert, so doch erschwert und dir wahre Landnngspunkt
thonlichst bald erkannt wird. In Deutschland sind für diesen Zweck
aulser den Torpedobooten 18 wenig gefechtsfähige Panzcrkanoneii-
boote von 3,5 m Tiefgang und 9 bezw. 15 (die beiden neuesten)
Seemeilen Schnelligkeit bestimmt, während tür den besonderen
Schutz des Kaiser-Wilhelm-Kanals die 8 KUstenpanzer der Siegfried-
Klasse dienen sollen, die in den Jahren 1888—1893 erbaut sind
und einen Tiefgang von 5,3 m, sowie eine Geschwindigkeit von 15
bis 16 Seemeilen besitzen. Sie entsprechen ihrem Zweck vollständig,
sind aber zum Gebrauche auf hoher See ungeeignet; die Überzeugung,
dafe die Kttsten am besten durch Vernichtung des Gegners, also
dorch den Kampf auf hober See, verteidigt werden, bat denn aneh
dazu geführt, dais die KoTelle znm Flottengesets von 1898 an Stelle^
der KUstenpanzer bei fiimehnng Uirer Altersgrenze einen Ersatz
durch vollwertige Liniensehiffe Torsehlägt. Die Tbfttigkeit der ge*
nannten Schiffe soll nnn die Zeit gewähren, die Kttstensehntztruppen
nut dem Telegraphen herheiznmfen and anf der Eiaenhahn heranzn-
Ülhren, nm eine Landung zn verhindern, oder den schon gelandeten
Gegner zorttokznwerfen. Der Führer der Landtruppen moCs sieh
dabei vor ttbereiltem Eandehi httten und darf sieh nicht durch die
Aufregung der KttstenberOlkerung zur Verzettelung seiner Kraft
verleiten lassen. Ist aber einmal der wahre Landungsponkt erkannt,
dann mnls seine Losung sein: schnelles und energisches EfaiBetcea
aUer verfügbaren Truppen!
Fasse ich nun n*eine Betrachtung noch einmal zusammen, so
kann die Thätigkeit der Flotte der Kriegsführung zn Lande mittel-
bar durch Erspainis ?on Befestigungen und durch Wahmng der
Verhuidnng mit dem Auslände, unmittelbar durch Untersttttznngp
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Der UMiiluttüseh-apaiiiBohe Seekrieg und die Strategen in Washington. 175
der Heeresbeweguiitron län^s der Kliste, besonders beim Angrift'und
bei der Verteidigung von KUstenfestungen, durch llbprfl\hrung des
Heeres oder von lieortpilen Uber das Meer, endlieh durch AusfUhrang
und Abwehr von Lauduniren wichtige Dienste leisten. Neben dem
verständnisvollen und wohl Mherb^irten Zusunnrienwirkeii von Heer
und Flotte ist dazu aber Voraussetzung, dals die ISeeinacht das Meer
beherrsche oder doch imstande sei, gewisse Abschnitte in acbtuogs-
gebietender Weise zu besetzen und wirksam zu verteidigen.
Dafs dies von der deutsehen Wehrkraft zur See geschehen
könne, ist das Ziel der steten Fürsorge unseres Kaisers, das Ziel,
welches er, unbeirrt durch entgegenstehende Anschauungen Jeder
Art, seit seinem Kegiernngsantritt unausgesetzt verfolgt hat und
welches er. wie seine am 1. Januar au die Offiziere der Garnison
Berlin gehaltene Ansprache wieder gezeigt bat, aacb iu Zukauft fest
im Auge halten will.
Hotfeu wir, dals Deutschland dieses Ziel erreichen und iu der
Lage sein möge, in einem künftigen Kriege nicht nur — wie vor
30 Jahren - njit der Landmacht, sondern auch mit seiner Marine
reiche Lorbeeren zu ernten! F. 57.
XIV.
Der amerikanisch-spaaischs Seekrieg und die Strategen
in Washington.
Der bekauiite amerikanische .Marineschrittsteller Kapitän Mahan hat
kürzlich ein Buch über den letztei] Krieg gegen Spanien herausgegeben,
welches er „der Seekrieg und seine Lehren" (the war on sea and
its lessons) betitelt hat. Dieses Buch ist zu früh erschienen, am die
vielen fUr das vollständige Verständnis der Operationen wichtigen An-
gaben berücksichtigen zu können, wie z. B. di& offiziellen spanischen
Anweisungen and Depeschen an die Trappen- ond Gescbwaderchefs.
Der Autor setzt uns selbst davon in Kenntnis. Aneb^ist es niebt
die Rtteksiebt aaf die wirkliehe Sachlage, welche diese Übentttnoog
bat yeranlassen mtlsseD, sondern der lebbafte Wunsch, die Rollen
welche die amerikanisebe Marine während des Krieges gespielt bat,
in Terteidigen nnd die Mafsregebi tn recbtlertigen, welebe bis zur
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176 I^or amMllMiiiBeh-spttiiBolie Seekrieg und die 8tnteg«ii in Washinglon.
bchliersliehcn Entuickelun^r erfrnfTt*n wurden. Das Buch ist ge-
schrieben worden, um (iie iifVentliche Meinung zu bilden, mit andern
Worten zur \ erteidiiruiii: des Adiniralstabes oder des Strategie Council
in Washin^'ton. dein Kapitän Mahan während des Krieges angehörte.
Wir sehen uunnielir. wie in diesem Buche der bedeutende Gesehiehts-
philosoph sich nicht mehr mit der Verganirenheit befalst wie in seinen
bekannten Büchern ,4ö^lu^"ce of seapower upon history". sondern mit
den konkreten und sehr einschneidenden \ erhäitnisseu der Gegen-
wart, und wie er diese in der matten und niittelmäfsigen Art be-
handelt und geleitet hat, welche selbst in den Augen der Amerikaner
die Fuhrung iii< scs Seekrieges charakterisiert. Es ist eben ein ge-
waltiger riitorsehied zwischen der Arbeit eines Historikers, welcher
mit kuhler Seelenruhe Uber Kriegsoperationen urteilt und der eines
Mitgliedes des Admiralstabes, welches militärische Operationen von
grölster einschneidender Bedeutung leiten soll. Mahan beginnt zuerst
mit der Betrachtung, dals mit dem Verlust des „Maine-' im Hafeu
von llavana das Gleichgewicht zwischen den beiden ttiiidlieben
Flotten zu Ungunsten dvr Amerikaner gestört war. Daher wurde
der „Oregon'' aus dem Stillen Ocean nach dem Atlantischen beordert
und Admiral Sampson verboten, seine Schilfe Gefahren auszusetzen.
Er sollte nur dann etwas wagen, wenn er sicher wäre, die spanische
Flotte oder wenigstens einen beträchtlichen Teil derselben zu ver-
nichten Der kiilirje und einsichtsvolle Plan des Admirals, Havana
anzugreilen. wurde verworfen. Was soll nun dieses Geschwader be-
ginnen, welches sich sorgfältig intakt halten sollte bis zum Moment der
Vernichtung des Feindes? Wenn das feindliche (Geschwader in
Europa geblieben wäre, würde mau es dort haben aufsuchen müssen,
während dieser Zeit hätte der Feind den ungeschützten Küsten der
Union einen sehr unbequemen Besuch abstatten können und würde
reiche Beute unter den HandelsschiflFen gefunden haben. Daher tällt
dem reicheren Feinde immer die Verteidigung zur Last, derjenige,
welcher weniger zu verlieren hat. wird immer entschlossen zum
Kreuzer- oder Kaperkriege übergehen. Wenn der Admiral Cervera
bei den kanarischen Inseln geblieben wäre, wie er es wollte, würde
die amerikanische Strategie sich vor einer sehr schwierigen Aufgabe
befunden haben; der Krieg in Kuba würde seinen normalen Verlaut
genommen haben in der Provinz Havana, wo die Spanier alle ihre
Streitkräfte konzentriert hatten, und das Schicksal des Krieges würde
nicht in einem so ganz excentrisch gelegenen Ort wie Santiago ent-
schieden worden sein. Aber diese unangenehme Perspektive blieb den
Amerikanern erspart. Man empfing in der That in Washington alle
Telegramme, welche für Cervera bestimmt waren, man erhielt sie
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Der amerikaDihoh-3pam»ühe .Seekrieg und die Strategen in Waalüngtun. X77
sogar vor ihm. Man wnlMe also, dab er troti aller seiner Gegeo-
TorsteUiiDgen von der iLanatehtigen Regiemiig den Befehl erhalten
liatle, naeh den französisehen Antillen in See m geben und zwar
Portorioo als äolserste Station. Man hranehte ihn also nnr dort an
erwarten. Daher war man anoh im Kriegsrai tlher die allgemeine
Volksstimmnng so ungehalten, welche ganz kategoriseh das fliegende
C^ehwader bei Hampton-Boads Terlangte, nm die Kttste zu be-
schützen, welche man nicht bedroht wobte. Wie dämm, dab man
allen diesen tapferen Yankees nicht zomfen konnte, wir haben die
besseren Longen, es ist keine Gefiihr. Das Buch von Mahan ist
▼oll Ton Anspielungen aof diese unsinnige und wttrdelose Panik.
Dank dieser Kopflosigkeit konnte der Kommodore Schley sich nicht
rechtzeitig an der Sttdkttste von Kuba ehiiinden, so ist das Meer,
itlnf Tage fbr Cerrera frei geblieben, welcher in Santiago ankerte.
Da die Kabel die Geheminisse Cerveras Teirieten, war es sehr tot-
teilbaft, die Blockade von Kuba so danustellen, dals die Armee
ausgehungert würde, um so die Marine zur Intervention zu zwingen
Diese Blockade ist naeh dem Geständnis des Verfassers in Idig^
lieber Welse gehandhabt worden. Drei Viertel der an der Küste
stationierten Schifle hatten überhaupt keinen Gefechtswert, man war
ohne Unterlab bemüht, sie von ihrer eigentlichen Bestimmung abzu-
wenden zur Eskortiemng TonKouTob, Ausflihrung von Transporten u. a.
Mahan konstatiert den bedeutenden Sebmuggelhandel während der
stärksten Blockade und ans den Berichten der dentsehen Offideie
weib man, wie es in Havana in Bezug auf die Lebensfrage be-
stellt war. Auch waren die Blockierten mäbige Südländer, die
Blockierenden verlangten mehr für den Magen, die Partie war daher
ungleich. Sampsons Geschwader gab die Blockade gerade in dem
Augenblick auf, als aller Voraussicht nach das spanische Geschwader
in diesen Gewässern ankommen sollte, am sich nach San Juan de
Porto Rico zu begeben, eine sehr befremdende Bewegung, für welche
Mahan Muhe hat, eine befriedigende Erklärung abzugeben, obwohl
er sich bemüht, zu beweisen, dab der begangene Irrtum ohne Gefahr
war. An der Beweiskraft seiner Gründe verzweifelnd giebt er zaietzt
offen und ToUständig die Wahrscheinliehkeit zu, dab San Juan der
wirkliche Bestimmungsort von Cervera war. Die eigene Schuld,
welche er sich auf Grnnd dieser Operation beimilst, wird nur kurz
gestreift, und er sohliebt mit der ebenso resignierten wie trivialen
Reflexion, dab man niemab die gegebenen Anordnungen autgeben
soll, wenn man seiner Sache sicher ist. Da wird das spanische Ge-
schwader auf der Höhe von Martinique gemeldet. Nach Mahan ist
es sicher, dab die Nachricht yom Bombardement von San Juan ihm
JiMMot IBr ai* dwlNk* AmM «aA MiiiM. Bd. IM. S. 12
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178 ^ imerikaiüMlMpMBUehe Seekrieg und die Strategen in Waaliington.
mitgeteOft woiden ist Es wird daher die urBprttnglichen so wohl be-
kannten Instroktionen nioht befolgen. Wohin wird es geben? Man
wnfote ans früheren genauen Erknndignngen, dats KcMenschiffe den
Befehl erhalten hatten, das Geschwader im Golf von Venezuela hnndeit
Heilen von Cnragao zu treffen. Für ans, die wir die offiaellen Do-
komente besitzen, welehe von Oervera Teröfllentlicbt worden, ist es nicht
sehwer zo erraten, wober man es wnlste. Der Marineminister Annon
hatte in der That telegraphiert, dats er Ihm ein RohlenschifiT nach
Cora^ an seiner Verfügung schickte. Dieses Kohlenschiff ist zu
spät gekommen, aber Mahan, welcher davon nichts weils oder vor*
giebt, es nicht zu wissen, erklärt, da(s seine Nachrichten ungenau
waren, weil Cenrera in Curacao nur sehr wenig Kohlen genommen
zu haben scheint Welehe Komödie fllr den unparteiischen Dritten!
Als Cervera Curacao veriiels. wurde noch ein dritter Zaflocbtt>-
ort für seine Bestininiuug ins Treü'eo geführt „Man hatte die Naeh-
rieht erhalten, dals Cervera Kriegsmanition znr Verteidigung von
Havana brächte, und dafs er die bestimmte Ordre hatte, entweder
Havana oder einen Hafen zu erreichen, welcher mit Havana durch
die Eisenbahn za erreioher) war, was otTenbar an! Clenfuegos biU'
deutete." Infolgedessen wurden die kleinen Fahrzeuge, welche diesen
Hafen blockierten, im Interesse ihrer Sicherheit auf die hohe See
geschickt, Kommodore Schley sollte sie ersetzen, und Schhy konnte
sich nicht entschliefsen, diese Blockade aufzugeben. Es ist sehr
wahrscheinlich, dals diese Nachricht auf Kuba zu einem politischen
Zweck verbreitet wurde, aber das Geschwader Cerveras brachte in
Wirklichkeit keine Munition, was die bitteren und gerechtfertigti u
Klagen des Marschall Blanco veranlalste. Man erkennt, dafs dsui
reiche Volk der Amerikaner zuerst daran denkend zu sich schützen,
dann das Gebiet des Gegners zn blockieren und ihm so in der
That die strategische Initiative Uberlassend, im übrigen im Besitz
der genauesten Nachrichten Uber die Absichten des Feindes, sieb
dennoch in einer beillosen \ erlegenheit befunden bat. da alle von dem
Kriegsrat angeordneten Maisnahmen nachhinkten. Natürlich findet
sich diese Bemerkung nicht in dem Werke Mahans. Die guten Ku-
baner benachrichtigten die Amerikaner zum Gluck, dals Cervera in
Santiago war. Dieser Admiral liefs es geschehen, dafs der englische
Kohlendampfer Kestomiel, welcher 2400 Tons Kohlen lUr das spa-
nische Geschwader an Bord hatte, vor dem Hafen von dem kaum
armierten amerikanischen Hilfskreuzer Saint-Paul weggenommen wurde,
dessen Zeitpunkt der Abrcis»' von Curai^ao und Geschwindigkeit der
Admiral kannte, welchen er um jeden Preis in den Hafen zu bringen
versacht haben sollte. £ndUch konnte er sich nicht entschüeisen.
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Der aiiieiilumiBch-spaiiigehe Seekrieg und die Strategen in Waahington. 179
zor rechten Zeit aus dein Hafen aaszulanfen, um nach Cienfuegoa
zu gehen, wozu ihn die beiden thatkräftigrsten seiner höheren Offiziere
vergeblieh zu bewegen suchten. Die Amerikaner erfuhren also, wo
die spanische Flotte eingeschlossen war. Die (Jberleitung wollte aber
keines ihrer wenig ersetzbaren Panzerschiffe in die Hafeneinfahrt auf
ein ungewisses Wagnis hin einlaufen lassen. Die wenigen Torpedo-
boote, weiche die Union besiafs, waren durch den Depescliendieust,
weichen der Mangel an Kreuzern ihnen auferlegte und durch den
Blockadedienst, welcher iimen an der Xonikllste — durchaus im
Gegensatz zu ilirer Bestimmung — obla^:, lahiii wonleu. Es wurde
daher bestimmt, dals die Armee den Tlat/. zu Fall bringen sollte
und mit demselben Schlage die Flotte. Die Marine reservierte sieh
die Aufgabe, die Flotte am Auslaufen zu verhindern, was aut die
wohlfeilste Art geschehen wäre, wenn der Anschlag des „Mi 1 1 imac"
geglückt wäre. Hier muls unser Autor seine ganze Dialektik an-
wenden. Bis hierher hat er ziemlich leicht die öffentliche Meinung
berahigen können, indem er erklärt, dafo die ersten Operationen ihm
sehr viel Überraschnngen gebracht haben. „Wenn unsere Kombina-
tionen nicht Ton Erfolg begünstigt waren, sagt er zum amerikanischen
Leser, ist es tnerst and vor allem Eure Selnild/* ffia habt Furcht
▼or einem Bombardement der Häfen gehabt nad habt ein Verteidi-
gungsgesehwader zor Unthätigkeit Terdammt'*. „Ndd wohl, wenn
Jhr 80 ängstlich seid, hättet Jhr mehr Geld iUr die Befestigungen and
die Flotte ausgeben sollen, mit vier G^hwadem wttiden wir Knba
bloekierti unsere Kästen gedeckt nnd ao&erdem den Fehid in seinem
eigenen Meere anfgesnebt haben. Dann wärde es keinen Krieg ge-
geben haben, denn die spanische Admiralität wttide dann eingesehen
haben, dals die Union Spanien am die vierfache Zahi an Schiffen
ttberlegen ist and wttrde sieh beeilt haben, nnsem Wünschen nach-
zukommen. Aber anfser Euch hat auch noch Cervera Sobald, welcher
unsere sehr mäfsigen Hoflhnngen getäuscht hat, denn man nimmt
doch nicht an, dals man so lange Zeit braacht, am Uber den atlan-
tiseben Ocean zn gehen.'* — Jetzt aber handelt es sich darum, die
abwartende Haltung der Flotte vor Santiago zn rechtfertigen, welche
sehr streng verarteilt worden ist, es handelt sich dumm, anfeaklären,
warnm sie so lange anthätig geblieben ist damals, als Spanien sieh
rttstete, sein Reservegeschwader nach den Philippinen za entsenden,
welches dort sicherlich Mher angekommen wäre als die sich mtthsam
von der Stelle bewegenden amerikanischen Monitors. Hier wird nun
em politischer Grand angefahrt „Man maia sich erinnern, daTs die
spanische Marine nicht allein hier in Betracht kam." Oflenbar ist
damit Deutschland gemeint, aber dies Baisonnement ist ziemlich
12*
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XgO ^Bi* amerikaoisüh-spaaische Seekrieg und die Strategen in Washington.
schwach. Das beste Mittel, eine enropftische Intenrention zu yer-
iiindeni, war, schnell einen entscheidenden Sehlag aof Kuba m
führen nnd dem Feinde keine Zeit zn lassen, aof den Philippinen
das ersohtttterte Gleichgewicht wiedeifaerzastellen. Nicht anf Knba
konnte der*dentsche Admiral in die VersnchoDg kommen, zu handehi nnd
nicht dort molste man sich bereit halten, ihn zn empfangen. Troto
aller gemachten Fehler wnrde die Gefahr dnreh die Geschicklichkeit
Deweys abgewendet, welcher es erreicht hatte, die Dentschen glanben
zn machen, dab der englische Kommodore die Ordre hätte, ihn zn
onterstlltzen, was der gröfste Dienst war, den er seinem Lande leisten
konnte. So fadenscheinig dieser politische Gmnd aneh ist, so hat
dieser Abschnitt des Bnches mit den vielen geheimnisvollen Anspielungen
nnd Vorbehalten des Verfassers aof den amerikanischen Leser Ein-
druck machen rottssen, welcher {ene Bennmhigongen nicht vergessen
hat, die das deatsche Geschwader durch seine nicht leicht verständ-
liche Haltung verursacht hat. Mahan beeilt sich allerdings die Hetz-
hunde abzurufen, wie man sagt, indem er sieb eingehend ttber die
Sorgfalt ausllKst» mit welcher die ICarine die Eskorte des Expeditions-
korps nach Kuba organisierte. „Wenn die spanischen Kanonenboote,
welche den Polizeidienst an der Kttste versahen, um die Waffen-
Zufuhr für die Insurgenten zu verhindern, sich etwa einfallen lassen
sollten, gegen den Konvoi vorzugehen, sagt er, würden sie von
dem Panzerschiff „Indiana*^ wohl emp&ngen worden sein, von dem
übrigen zu schweigen.^ Ende gut, alles gut — „Oervera machte
seinen Durohbruchsversnch, nnd wir haben ihn in Santiago zermalmt,
nnd wenn er ans seinem Zufluehtshafen verschwunden würe, würden
wir ihn irgendwo anders abgefalst baben.^ Was würde aber ge-
schehen sein, wenn Oervera mit seinen Schiffen sechszehn Knoten
hätte laufen können, was doch keine nngeheueriiche Forderung ist?
Man denke nur daran, dafo der Kreuzer Oolon beinahe entkoromen
wäre, der nur 13 Knoten lief. Der verzweifelte Darchbruch würde
dann geglückt sein, nnd der Admiral würde in einen andern kuba-
nischen Hafen eingelaufen sein, der weniger einem LandangritT aus-
gesetzt war. Dann hätte sich die Angabe, ihn zn fangen, fUr die
Amerikaner unter unendlich ungünstigeren Bedingungen wiederholt
Die moralische Wirkung der Ankunft und des Vorbandenseins des
( rt scinvaders Oerveras und die reichlich erwiesene Ohnmacht dei
AuKTikaner, es su zerst()ren, moTste auf die Loyalität der Kubaner
von EinHuls sein. Die herannahende Jahreszeit der Stürme mufhte
jede Blockade nnmi^glich machen und die Aussicht einer regelrechten
Truppenansschiffong auf Monate hinausschieben. Dadurch wurde
Zeit gewonnen nnd eine Intervention europäischer Mächte ermöglicht
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Der amerikaaüab-spaniaobe Seekii^ und die Strategen in Washington, igi
Mahan erklärt zwar, dafs der mutmafsliche Wert einer Uberhaupt
vorhamleuen Flottr — sqaadroii in being, wie er sie bezeichnet —
sehr übertrieben worden ist, obwohl er sie an anderer Stelle seines
Werkes für „eine fortgesetzte Bedrohung für die verschiedenen Inter-
essen des Feindefi** eiidärt, „welefaer den beabsichtigten Schlag nicht
▼oransseben kann nnd daher seine Operationen, die sonst mOglioh
wttren, einsebrttnken mols, bis diese Flotte vernichtet oder sonst
nnsebädlieh gemacht ist" Er sa^ „im besten Falle kann das Ans^
weichen vor der Sohlaeht doch nor ein Resultat haben bei einem
hartnäckigen (Gegner: „die stärkere Macht wird sshlielslich Uber die
schwächere den Sieg davontragen^'. In dieser letzten Bemerkung
liegt sozusagen der Kern der Lehre Mahans, der gröfsere wird
sicherlich den schwächeren aufzehren. Dieser Grundsatz ist
nicht dorcbans richtig, ^das Genie des Oberbefehlshabers kann sehr
wohl die numerische Uhermacht wett machen, wie der so oft von
ihm citierte Nelson in glänzendster Weise bei Trafalgar bewiesen hat
und hochgeniale Fuhrernaturen vor und nach ihm. Es wirkt daher
komiseh Mahan mit sich selbst in Wi(lersj)ruch zu finden, wenn er
uns begeistert ausrinniiderst'tzt. was der Oregon" gcthun hiittc, falls
er sich unvernuitet dem Geschwader Cerveras gegenüber befunden
hätte. FiS ist mit dürren Worten gesagt, der Kampf der lloratier und
Curiatier. Übrigens fügt Mahan hinzu, dals ihm das Ende des Kampfes
nicht zweifelhaft wäre, dies beweist, dab der gesunde Menschen-
Tentandsntetzt Immer gegen die systematisohe Theorie siegen wird. —
Die Lehre Mabans ist im ttbrigen Wasser auf die Mflhle Englands.
Mdgen die Engländer es glauben oder nteht» sie sind sehr zu ihrem
Vorteil beflissen, die Welt glauben zu machen, dals der Kampf gegen
sie nach wissenschaftlicher nnd geschichtlicher Logik hoffnungslos
ist Die Ereignisse in Südafrika sind dasn angethan, diese Legende
zu zerstören, sie können ein Nachspiel auf dem Meere haben. Viel-
leicht wird England dereinst sein Prestige in einem Kriege mit Frank-
reich wiederherzustellen suchen, mögen die Franzosen daher die Augen
ofTen halten und zeitig zielbewuÜBt rttsteu, damit ihnen ein zweites
Trafalgar erspart bleibe.
Der spanisch-amerikanisehe KrieL' hat die Hiehtigkeit der Lehren
erwiesen, welche Mahan. der begabte Verfasser, in seim in l)ekannten
Werke ..Eiufiuls der Seemacht auf die Geschichte" ausgesjirochfn
hat. Die amerikanische Marine hat wohl gezeigt, dafs sie im stände
und befähigt ist, an eine noch schwerere Aufgabe heranzugehen als
die, welche ihr im vorigen Jahre ziigetailen ist. Aber man kann
nicht sagen, dafs alles in allem die Flotte mit bemerkenswerten) Ge-
schick geleitet worden Ist, nnd die Strategen in Washington sind der
spanischen Regierung zu grobem Dank verpflichtet
Jach mann, Korr.-Kapi a. D.
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182
Die neue rusäische FelddieustrYorächrift.
XV.
Die Dsoe rassische Felddienst-Vorsehrift.
VoD der neneD rassischen Felddiensl-Vorschrifl ist der I. Teil,
welcher im Sommer yorigen Jahres den Trappen Übergeben wurde,
vor kurzem in mehreren deutschen Übersetzungen erschienen und
damit weiteren Kreisen znginglieh gemacht Bei der grofeen Be-
dentang, welche die Vorglinge innerhalb der Armeen unserer Nach-
barn ftlr ans besitzen, dürfte auch die neue russische Felddienst-
Ordnung, besonders in den Bestimmungen, welche gegen die früheren
und in deivjenigen, welche gegen die unserigen abweichen, ein all-
gemeines biteresse beanspruchen.
Die neue Vorschrift stellt eine Umbearbeitung des Felddienst-
Reglements Tom Jahre 1881 dar, welche sich im wesentlichen auf
Vereinigung zusammengehöriger, Vereinfachung' komplizierter, Er-
gänzung fehlender Bestimmungen und Verminderung der groÜBen Zahl
regiementarischer Bezeichnungen und Fremdwörter erstrecken sollte.
Der I. TeU entbftlt die Kapitel:
1. Organisation der Heere für Operationen im Felde,
2. Leitung der Heere im Kriege,
8. Aufklärang und Sicherung,
4. Märsche,
5. Unterkünfte.
Von diesen sind die Kapitel 1 und 2, sowie im Kapitel 5 die
BeBtimmungen Uber Ortschattslager nen.
Zu dem nur wenige Nummern enthaltenden 1. Kapitel sind be-
sondere Bemerkungeo nicht zu machen.
Das 2. Kapitel enthält die Abschnitte:
1. Befehle, Meldun^'^eii, Mitteilungen,
2. llbermittelangen derselben,
3. Fliegende Post.
Grofser Wert ist auf eme recht zeitige Ausgabe der Befehle
gelegt. Die durch sie bedingten Anordnungen sollen bei den Truppen
zeitg:erei*ht und mit Kuhe ausgefllhrt und, wenn thunlich, vor Einbruch
der Dunkelheit beendet werden können. Wenn ein Befehl mit
Detail-Bestinimunjron für den nächsten Tag ans irgend einem Grunde
verspätet zur Ausgabe gelangt, so sollen Jedenfalls Ort und Zeit der
Versammlung der Truppe rechtzeitig bekannt gegeben werden.
Dem Wunsche der Truppen-Kommandeure entsprechend sind in
die Felddienst-Vorschrift eine Anzahl Muster-Befehle au%enommen.
Diese Malsregel an sich, wie auch die Befehle selbst lassen auf eine
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Die neue rurtünche Felddienst- Vorschrift.
183
giolse Gewandtbeit io der BefebU-Aosgabe nicht gehlieÜBeii. Sie
sind scbematiseh, weitschweifig, disponieien zn weit Tonns und
greifen mit einer Ansaht TieUStch nnolttiger Einielbestimmangen in
den Befehlsbereich der Unterführer ein. Recht sobematiseh z. B. er»
scheint ein Befehls-Passns wie: „Der Vortrupp hat Siobernngs-
patroniUen in der Sttrke eines Znges m entsenden: Vorwärts mn . . . ,
rechts nm . . . , lintLS nm . . . nnd gegen . . . nm' oder „die Naeli-
hat entsendet Späher-Patronillen nach rechts, Ifaiks nnd rttckwirts.*
In keinem der Master-Maisohhefebie fehlt die Angabe, wo nnd wann
die grosse Rast gehalten, nnd wo die Treppe für die Nacht unter-
gebracht weiden soll. In dem Korps-Befeld fflr den Vormaisch eines
Armee-Korps in 8 Kolonnen mit einer allgemeinen Avantgarde Tor
der mittleren Kolonne wird der Ayantgarde und den Seiten-Kolonnen
das Vorschieben eines Vortrupps, der Avantgarde nnd Amtlichen
Kolonnen das — als Regel geltende — Anscheiden einer Nachhut,
den Seiten-Kolonnen die Sicherung der Flanken durch Seiten-
Deckungen Yorgesehrieben und sogar die Stlirke der letsteren be-
stimmt Auch die Zahl und die einzelnen Aufgaben der von der
Ayantgarde su entsendenden Nachrichten-Patrouillen werden ange-
geben. Die ttbrtgen Befehls-Instanzett geben ähnlich detaillierte
Befehle.
Alles auf Ausgahe, Übermittelung und Empfang tou Befehlen,
Meldungen und IGtteilungen Bezügliche wird unter dem Begriff
^Verbindungsdiensf* zusammengefiilst und der persönlichen Verant-
wortung des Generalstabscbefe bezw. des den Dienst desselben ver-
sehenden Offiziers unterstellt Die Bestimmungen Uber den Verbindungs-
dienst sind besonders umfangreich und umständlich, wabrschdnlicb,
weil, wie in der Einleitung der russischen Felddienst-Ordnung erklärt
ist, „die Praxis der FHedensttbuogen zeigt, dafo der Verbuidnngsdienst
sich als eine der schwächsten Seiten unserer Truppenansbildung
darstellt** In wenig glttcklieher Weise scheint diesem Übelstande
durch die Errichtung von Relaislinien („Fliegende Post^) i^Uuend
der Ruhe, während des Marsches und während des Gefechtes fast
überall, wo überhaupt eine Meldung etc. geschickt werden kann, ab-
geholfen zu sein. Die vielen Relaislinien, wie auch die «.periodischen
Meldungen'^ welche zu bestimmten Zeiten, meist alle Stunden oder
alle 2 Stunden geschickt werden nnd dem Führer eine Rontrolle
über die Thätigkeit der Patrouillen etc. und Uber das sichere Be-
stehen der betreffenden Verbindung bieten sollen, bilden eine erheb-
liche Belastung der Kavallerie und verbrauchen Kräfte, die an
anderer Stelle besser verwandt werden kOnnen. In den Muster-
Befehlen für den Vormarsch des Armee-Korps sind z. B. nicht mehr
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184
Die neue nmiMlw Pelddieiuit>Vonolirift.
nnd uicbt weniger als 3*/* SebwAdronen aosseblielBlich (Hr deo
Relaisdienst bestimmt.
Auffallend ist dafs die Schnelligkeit, mit welcher Meldungen etc.
za befördern sind, fOr jede Kelaislinie besonders ang^egeben werden
soll. Abweichend von onseren Bestimmangen kennt die mssische
Felddienst-Ordnnng nur 2 verschiedene Schnelligkeiten, wechselnde
Gangarten (X ) und grufstmögüche Scbnelligkeit , X X )- An anderer
Stelle findet sich die Bestimmong, dafs bei allen Berecbnnngen,
welche sich aof die Übermittelang von Meidongen bezieben, — wenn
nicht besondere abweichende Befehle ergangen sind, — die Ge-
schwindigkeit mit 0 -8 Werst (0,4—8,5 km) in Ansatz gebracht
werden soll) was zweifellos eine etwas geringe Leistung bedeutet
Im Gegensatze zu der russischen Vorliebe für Heiaislinien betont
die deutsche Felddienst-Ordnnng, dafs zur BeHirdcrung wichtiger
Befehle und Meldungen auch auf längere Strecken die Verwendung:
gut berittener Ordonnanz-OlBziere neben gleicher iScbnelligkeit grölsere
Sicherheit gewährt
Die Priichten des Leiters des Verbindungsdienstes sind in einer
längeren lieihe von Punkten aufgezählt Unter anderem soll »r
ausnahmsweise mündlich gegebene Befehle notieren und ))ei nächster
Gelegenheit vom Kommandeur unterschreiben Iji«";-;«'!!. Es ist dies
zweifellos zweckmUfsig. wenngleich die Aoöfilbrang im Drange der
üjreignisse oft fraglich werden kann.
Kbenfalls recht eingehend ist das Kapitel Uber ,,Aafklärung
und Sicherun L'.'* welches viele nach unseren Begriffen selbstverständ-
liche Bestimmungen enthält. Während in der deutschen Armee der
eigentliche Träger der Aufklärung der gut berittene Offizier ist, der
zur Rücksendung von Meldungen und zu seiner Bedeckung von einer
beschränkten Anzahl Reiter be;_'leitet wird, ist der BcgriÖ' der Olti/.ier-
Patrouiile als solche in der russischen Armee unbekannt Die Auf-
klärung liegt hier in erster Linie den „Nachrichten-Patrouillen'*
ob, welche von den „fliegenden Detacheraents" ( Kavallerie-Koqjs,
Kavallerie-Divisionen etc.), die sich vor der Front der Armee be-
finden, vorgeschoben werden. Ihre Stärke wechselt von der eines
Schwarms bis zu der einer, ja selbst zweier Eskadrons; ihre Eilhrer
sollen im allgemeinen üttiziere sein. Di»' Xachrichten-Patronilltn
treiben je naeh ihrer Stärke Sicherungs-ratrouillen mit Späher-
Patrouillen oder nur Späher-Patrouillen vor, welche jedoch auf-
klärende Zwecke nur so weit verfolgen, als es zur unmittelbareu
Sicherung der Nachrichten-Patrouille nötig ist Sie richten ihren
Marsch nach di in der Nachrichten-Patrouille ein und halten sich
thunlichst in demselben Verhältnis zu ihr. Vor dem zu weiteu
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Dia neue rntalMhe Felddienst-Voraehrift.
185
Vortrdbeii der Späher wird aiisdillckUch gewarnt, weil dadarch leicht
eine Entdeekuig der Naehrichten-Patronille doroh den Feind herbei-
geftohrt werden könne.
Oberhaupt wird auf rerdecktes Vorgehen der Patrouillen greiser
Wert gelegt ^e geheimer nnd fttr den Feind anauffölliger die
Aufklärung betrieben wird, desto grOfser ist die Möglichkeit nnd
Wahrscheinlichkeit, die notwendigen Nachrichten zu erlangen, ohne
die Aufmerksamkeit des Gegners auf sich zu lenken". Deshalb sind
die groben Strafsen, häufig auch die Landwege zn vermeiden und
Torwiegend verdeckende Terrain^'^eircnstände aufzusuchen. „Die Wahl
eines entsprechenden Patrouillen-We^n s bildet eine der wesentlichsten
Aufgaben in der Kunst der Patrouillen-Führung".
Unter den sehr umiangreicben Vorschriften Uber „die Thätigkeit
der Nachrichten- Patrouillen in besonderen Fällen^^ ist die Bestimmung
bemerkenswert, dals Sümpfe, Moore oder Flüsse, auf welche die
Nachrichten-Patrouille stöfst. durch eine Kette von Späber-Patroailieu
durchsucht werden sollen. Zum Durchsuchen eines grofsen aber
lichten Waldes werden die Späher-Patrouillen verstärkt und eine
Kette \ on Keiterpaaren gebildet; in dieser Formation wird der Wald
im Trabe passiert.
Es ist nicht recht erfindlich, was in den Sümpfen, Wäldern etc.
m 80 eingehender Weise gesucht werden soll. Grölsere feindliche
Abteilangen können sich in ihnen nicht aufhalten; einzelne feindliche
Patrouillen aufzusuchen, ist aber im allgemeinen nicht Sache der
aufklärenden Truppenkörper.
Die neuen Bestimmungen über den Aufklärungsdienst unter-
scheiden sich hauptsächlich dadurch vorteilhaft von den früheren,
als den Auf klärungs- Patrouillen bestimmte Aufgaben gegeben, be-
stimmte Ziele gesteckt werden. Früher wurde die von einem
Kavallerie-Körper aufzuklärende Front ganz schematisch auf eine
Anzahl von Eskadrons verteilt und jeder Eskadron eine Front vou
5 Werst 1 5,li km) zugewiesen. Vor der Front der Schwadronen
breitete sich dann ein Schleier von Patrouillen aus, von denen jede
Schwadron 2 entsandte, und welche von einander einen Abstand von
2—3 Werst (2,1— 3,2 km i zu halten hatten.
Völlig getrennt vom Aufklärungs- ist der Sicherungsdienst;
jeder wird durch besondere Ahteilunireii ausgeführt, so zwar, dafe
die in einer liestiinniten Hichtuiii: \ crgetriebeiie Aut kliirungs-Patrouille
von der Entsendung einer Sicberau^-Patrouiüe in gleicher Uichtoug
nicht entbindet.
Die Sieberung im grolsen liegt den Avantgarden ob. Für
weiterreicbende Aufklärimg haben sie nur in dem Falle zu sorgcu,
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186
Die neue rus?<i-icUe Folddu'nst-Vorscbritt.
wenn sich keine fliegenden Detachements tot der Front befinden.
Anderenfalls haben sie niur „das im nKehsten Bereielie liegende Ge-
Ittnde^ «B&niclftreo.
Die Sttrke der Ayantgarde soll Va~~V« gesamten Infanterie,
einen „entspreelienden Teil" der Kavallerie und V4— Vs
Artillerie betragen. Bei dem Vormarsch eines Armee-Korps in
3 Kolonnen ist diese Stärke für die .«allgemeine Avantgarde*' gewählt,
welehe der mittleren Kolonne yoraosgeht, während die Sdten-Kolonnen
Dor eine schwächere Vorhat vorschieben. Anlfallend ist, dafs nicht
der grOlste Teil der Kavallerie, ond dafe gnmdsätzlich Artillerie den
Avantgarden zugeteilt wird. Von der Artillerie können sogar TeUe
beim Vortrapp marschieren, wenn demselben eine „defensive Aufgabe
zofällt^'. Diese Bestimmong ist nicht recht verständlieh, da es in
den meisten Fällen im voraas nicht za bestimmen sein dflifte, ob
dem Vortrapp eine defensive Aa%abe zufallen wiid oder Dicht
Überdies fahrt diese Mafsregel za einer Zersplitterong der Artillerie,
— denn mehr als eine Batterie durfte man in der Regel dem
schwachen Vortrapp kaom zateiien, — welche einer einheitlichen
Verwendung dieserWaflfe nicht forderlich sein kann.
Die Avantgarde gliedert sich in Vortrupp, Haupttrupp und Nach-
trupp. Der Vortrupp scheidet auf der Maisch-Sträfse der zu
sichernden Kolonne und auf den nächsten Parallel-Wegen vornehmlich
aus Kavallerie bestehende Vor-(Sicherungs-)PatrouiIlen von der Stärke
wenigstens eines Zuges aus.
Diese Vor>Patrouillen senden aus einigen Mann bestehende
Späher-Patrouillen auf bezw. 1—3 Werst vor. Nach den früheren
Bestimmungen sollten die Späher-PatrouUlen vor der Front ein dttnne
bewegliche Sicherheits-Kette bilden und unter einander Augen-
Verbindung halten. Diese Bestimmung, welche beim Vormarsch in
breiter Front eine vollständige Zeisplitterung der Kavallerie bedingte
und eine nutzlose Belastung der Truppe herbeifhhrte, ist in der
neuen Felddienst-Ordnung fortgefallen.
Wie die Avantgarde, so scheidet auch das Gros der Kolonne,
auch bei Vormärsclien, eine Nachhut aus, welche auf eine Entfernung
von */g Werst der Kolonne folgt. Der wesentliche Zweck dieser
hinter Avantgarde und Gros folgenden TruppenkOrper ist polizeilicher
Natur, wie aus der fttr den Kommandeur der Nadihut in der Feld-
dienst-OrdnuDg gegebenen Vorschrifl, das Sammehi der Zorttek-
gebliebenen zu ttberwachen, hervorgeht
Im allgemehien erscheint der ganze liarscb-Sicherungsdienst
umständlich nnd immer noch recht schematisch. Besonders bezeichnend
hierftar ist die Bestimnmng, dals den SfAher-Patronillen ihr Abstand
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Diü neue ruäsisebe Felddienst-Vorachrift.
187
▼OD den Siebenmgs-PatroiiUleti vorgesebrieben werden soll, and dab
die Spfther-Patronillen ihre Siehernngs-Patronillen womOfrUeh niolit
ans den Angen verlieren sollen. Der C^anke, dab die beste
Sicherang in einer weitgreifenden Auf kli&rang besteht, ist zwar an-
gedentet, in die Pnais ttbersetat ist er nieht. Eine Betraehtnng der
gesamten Aofklttrangs* nnd Sicbenugs-Maisregeln beim Vormarsch
schliefst sieh zweekmtt&ig der Besprechung des Harsches an.
An den Marsoh-Siohemngsdienst reiht die rassische Felddienst-
Ordnung den Vorpostendienst.
Die Vorposten werden Ton den Marsch -Sicherongs-Trappen
entnommen. Bei kleineren R5rpem (anter einer Brigade) bilden die
Avantgarden in ihrer vollen Stärke die Vorposten. Da die rnssischen
Brigaden 8 Bataillone haben, kann bei starken Avantgarden (von
Vt des Ganzen) diese Bestimmung leicht zu einer ttberflOssigen
Stärke der Vorposten nnd Belastung der Trappe fahren. Während
naeh den früheren Bestimmungen der Vorposten-Dienst vorwiegend
Saehe der Kavallerie war, nnd Infanterie nur ausnahmsweise dazu
verwendet wnrde, erklärt die neue Felddienst-Ordnung: „Zu Vor-
posten wird vorwiegend Infanterie bestimmt** An Kavallerie werden
zum Beobachtnngs-, Sioherungs* und Melde-Dienst jedem Bataillon
etwa 1 bis 2 Reiteizttge überwiesen. Die Zuteilung von Artillerie
findet nur in besonderen li^Ulen statt. Die besonderen Fälle werden
durch den Hinweis auf eine Nummer erläutert, in der es heilst:
„Zum Vortrupp wird Artillerie nur in dem Falle eingeteilt, wenn
demselben eine defensive Angabe zuftUt". Eine andere als eine
defensive Aufgabe dürften Vorposten aber wohl ttberhapt nicht haben.
Die Fassung der Vorschrift ist daher nicht recht verständlich.
Die Stärke der Vorposten kann bis zu 2<i sichernden
Truppen betragen. Das Vorposten-Gros, welches nach den früheren
Vorschriften und ansnahmsweise aufgestellt und durch „die Bereit-
schaft^ der ruhenden Trappen ersetzt wnrde, wählt seine Entfernung
von der zu sichernden Truppe je nach der Zeit, welcbe diese zur
Ge fechtsbereitschaft brauohi „Jedenfalls muls die ganze Vorposten-
Aufstellung 80 weit vorgeschoben werden, dafs die Haupttruppe vor
feindlichem Artillerie-Fernfeuer (etwa 6400 ra) gesichert sei."
Zur Erhöhung der Gefechtsbereitschaft wird vom Vorposten -Gros
'/s besondere Beieitsehafts-Abteilang bestimmt Dieselbe
darf die Tornister ablegen und die Gewehre zusammensetzen, aber
nicht auseinandergehen; die üälfte der Leute kann schlafen.
Vom Vorposten-Gros werden Vorposten- Kompagnien (-Eskadrons)
vorgeschoben, denen bestimmte Gelände-Abschnitte von 3 bezw.
6 Werst (3,2 bezw. 6,4 lun) Frontbreite zugewiesen weiden. Die
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Die neue rnsaisolie Felddienst^Vorschrift.
£ntfenianfc der KompagDien (fiskadrons) vom Vorposten-Gros soll so
bemessen sein, dals letzteres seine Aufgabe, als UDtersttitzang und
Rttekbalt für die YOrd^n Abteilungen zn dienen, erfüllen könne.
Der durch eine Kompagnie (Eskadron) gesicherte Kaum wird Vor-
posten-Abschnitt genannt Jede Kompagnie (Eskadron) stellt einen
bis vier Sicherangsposten vomehmUch anf den feindwärts führenden
Strafseii aof^ von denen einer als Hauptposten bezeichnet wird, bei
welchem sich auch der Kompagnie-fKskadron-)Cbef aofhält. Der
Hauptposten kann 1 bezw. 2 Werst hinter der Linie der übrigen
Siobemngßposten, aber aaob innerhalb derselben stehen. Im Gegen-
satz zu dem Verfahren in anderen Armeen geschieht die Beob.x htnng
des feindwärts gelegenen Geländes dorcb einen Mann, welcher bei
der Infanterie 10 bis 50, bei der Kavallerie 20 bis 150 Schritte vor
den Sicherungsposten vorgeschoben vard. Zu seiner unmittelbaren
Unterstützung im Falle der Not wird beim Sicherungsposten ein
zweiter Mann, „Aufpasser'-, bestimmt, welcher den Posten dauernd im
Auge haben und auf das erste Zeichen bereit sein soll, ihm zu Hüte
zn kommen.
Ist sonst noch die Besetzung anderer Orte '/» Werst von den
Infanterie-. ! Werst von den Kavallerie-Sicherungsposten nötig, so
geschieht dies durch Posten von 4 — 6 Mann, welche sich ihrerseits
wieder durcb einen einzelnen Yorgeschobenen Posten mit Aufpasser
sickern.
Auf regen Patrouillen-Gang innerhalb der Vorposten-Linie zur
Verhindunp: der einzelnen Teile und ,,zur Kontrolle des Dienstgauges^'
bei denst'Iheti wird besoiider.s grolser Wert gelehrt.
Die Tiefe eiue.s Vorposten-Abschnitts einschl. des Patrouillen-
Rayons der Spilher-PatrouilU-n soll bei der Infanterie bis zu 2 Werst,
bei der Kavallerie bis zu 4 Werst betragen.
Eine besondere Einrichtung der Hussen bilden tlie ..Geheim-
posten*', Posten von 2 3 Mann, welche versteckt aufgestellt, nicht
geweehselt, von Vorgesetzten nicht revidiert werden und den Zweck
haben, „die Posten vor l'berfalleu durch einzelne Leute und kleine
Gruppen zu schützeu und aus der Nähe den Feind heimlich zu
beobachten".
Das Beziehen der Vorposten erfolgt etwas umständlich, indem
alle Truppen auf den Aufstellungsort des Vorposten-Gros und erst
von dort auf ihre Plätze rücken.
Bemerkenswert sind die ausdntekiiehen Bestimmungen, dafs
Posten auf Fragen ihrer unmittelbaren Vorgesetzten zu antworten
haben, und dals sie ihre unmittelbaren Vorgesetzten, ohne sie anzu-
halten, passieren lassen, wenn sie dieselben persönlich kennen.
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Die neue rusabuhe Felddienst-Vorschritt.
189
Beträgt die Entfemiing Tom Feinde mehrere Tagemärschef so
werden Yorposten-Detaohenients ans allen 3 Waffen bis anf einen
Tagemaneb vorgescboben.
Bei grofser Näbe des Gegners wird eme nnonterbrocbene Kette
▼on Posten in der Stibrlie von 4 — 6 Mann etwa 400^ von dnander
angestellt.
Die nenen Bestimmungen Uber den Vorpostendienst sneben die
alten, gänzUoh sebematiseben Vorsebiülen abzustreifen, nacb denen
das Streben naeb einer m* -iii:hst hermetiscben Abspermng des Ge-
ländes zn einer fortlaufenden Kette von Posten ohne grobe Rück-
sicht auf Gelände, Kommunikationen und Lage geführt hatte. Die
Beobachtung des (Geländes dureh einen Mann erscheint naeb unseren
Begriffen ungenügend. Seine Entfernung vom Sicherangsposten ist
sehr gering, kann aber für den einseinen Mann nicht gut weiter
bemessen werden.
Die Aufstellung des Hauptpostens der Kompagnie in der Linie
der Übrigen Sieherangsposten, welche gestattet ist, raubt der Vor-
posten-Aufttellung die nötige Tiefengliederung und Widerstandskraft.
Das Vorschieben gemischter Vorposten-Detachements auf einen
Tagemarsoh erscheint nicht unbedenklich und ist^ falls sich Kavallerie-
KOiper Tor der Front befinden, ziemlich zwecklos.
Das 4. Kapitel enthält die Bestimmungen Uber Märsche:
Die Marsch-Gkschwindigkeit beträgt für Infanterie und Detache-
mente aUer Waffen 4 Werst (4,27 lun) pro Stunde bei einer Tages-
leistung Yon 20—25 Werst (21,3—26,7 km), Air berittene Waffen
6 — 8 Werst (6,4—8,5 km) pro Stunde bei einer Tagesleistung von
80 — 10 Werst (82—42,7 km). Die Manch-Formation der Infanterie
ist die Schwann- oder die Doppebeihen-Kolonne, die der KaTallerie
die Kolonne zn 8 oder zu 6. Ausnahmsweise können beide Waffen
in Zug-Kolonne marschieren. Die früher gebriinchliche Kolonne
zu 2 ist als Maneh-Kolonne der Kavallerie in Fortfall gekommen.
Bei jedem Maisch sind stündliche Rasten tou 10 Minuten und eine
groÜBe Rast von 2—4 Stunden und mehr nach Zurttcklegung des
gröberen Teils des Weges zu halten«
Die Verteilung der Kavallerie in der Marsch-Kolonne weist
die alte Zersplitterung auf. In den Muster-Befehlen tHr den Vor-
marsch eines Armoe-Korps in 8 Kolonnen werden der allgemeinen
Avantgarde 5 Schwadronen, der rechten Kolonne der Hauptkräite l^t»
der mittleren l Schwadron zugeteilt, während aalkerdem zu den
Kelaislinien noch eine weitere Sehwadron bestimmt ist. Für die linke
Kolonne der Hauptkräfte, deren Kavallerie nicht angegeben ist,
bleiben von der Kavallerie-Brigade 2'/« Schwadronen ttbrig.
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Die nene rasaiaelie Felddi«n8t*Vorwhilft.
Von der Aitilierie komt der Weite bis dritte Teil, wie erwUwt»
ZOT Avantgarde. Ist ein Zosammenstola mit dem Feinde walmelidDlich,
so wird die Artillerie an die Tete genommeD and vor ihr nor Boviei
Infanterie oder Kavallerie eingeteilt, als za Uiier unmittelbaren
Sieherang nOtig ist Diese Mafsregel bat ihre grotsen Bedenken.
Das weite Vorziehen der Artillerie in den Margeh-Kolonnen wird
häufig zn einer Gefährdangy noch häufiger aber zu einer UbereilteD
Entwickelung derselben ftthren und unter Uniständen den Aufmarseh
des Gaozen in Bahnen zwingen, welche den Absiebten der btfheren
Ftlhrunj^ widersprechen.
Die Teten-Bataillone jeder Infanterie-Brigadt- werden als HiT»'it-
Schafts-Abteilungen bestimmt. Als solche haben sie im nrsentliehen
die Aufgabe, Seiten-Patrouillen zn entsenden nnd während der grofsen
Rast in Bereitschaft zo bleiben.
Zur grof'son na2:age wird grundsätzlicli eine besondere Bedeckong
gegeben. In deu Muster- Befehlen ist diese bei einer Kolonue tou
der Stärke einer gemischten Brigade auf eine Kompagnie feptpresetzt.
Nach unseren Ansichten ist im allgemeinen eine derartige Gefährdung
der grofsen Bagage nicht zn befürchten, dals sie das Zurückhalten
geschlossener Kompagnien Tom Kampfe rechtfertigen könnte. Der
Abstand der grolsen Bagage von der Truppen-Kolonne soll im
allgemeinen so bemessen werden, dafs die Tete der grofsen Bagage
am Orte der grolsen Rast nicht eher eintrifi't, als die Qaeue der
Truppen-Kolonne denselben verläfst.
Für den Marsch in breiter Front scheint eine besondere Vorliebe
zu herrschen. In den Moster-Befehlen ist der \ onnarseh eines
Armee-Korps in 3 Kolonnen angeordnet, jede au Intanterie 8 Bataillone
stark. Vor der mittleren Kolonne marschiert die allgemeine Avant-
garde von 8 Bataillonen, ö Eskadrons und 1 Batterien, vor dem
Armee-Korps da^ fliegende Detachement von 12 Schwadronen und
l Batterie. Durch diese Einteilung sind naturgemäls die Verbände
der Infanterie-Divisionen völlig /.errissen. Die 1. Infanterie-Division
hat eine Brigade in der allgemeinen Avantgarde, die zweite in der
linken Kolonne. Hinter der 1. Brigade der 1. Division niarsehiert
in (It r mittleren Kolonne die 1. Briijade der 2. Division, welche mit
ihrer 2. Brifrade die rechte Kolonne bildet. Dals dies unter l'ni-
ständen auch zu einer völliiren Trennung der Brigaden derselben
Division im Gefecht fuhren kann, ist unbestreitbar. Das Auflieiit'ii
des Divisions-Verbandes im Gefeclit dürfte nbcr eine einheitliche
Durchfilhrung desselben auf das Aufserste erschweren und damit
unberechenbare Folgen fllr den Verlauf des Kampfes herbeifllhren.
mag gestattet sein, das Bild dieses Tormarsehiereuden Armee-
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Die Mae russisehe FelddienstpVonohrifk.
191
Koips etwas näher sa betraohten, am daran aaeh die Sieberongs-
und Anfklftrangs-HIalbregeln im ZnsammenhaDge za wiedeibolen.
Das fliegende Detachement entsendet znr Anfklärnng eine
Sehwadron in 3 PatrooUien Ton der Stärke eines l>ezw. zweier Zttge,
znr Sieherang anl^erdem */« Eebadron in 3 Patrouillen von der
Stärke eines Zages ,,nacb vorwärt« rechts and links*' and verbrancht
eine ganze Schwadron zar Kelaisverbindnng von der Tete ihres
Gros zar Tete der Mittel-Kolonne der Haaptkräfte. Anliserdem haben
sieh alle Anfklärnngs-Patronillen mit dem Gros des fliegenden
Detaehements dorch Relais zn verbinden.
Dem fliegenden DetacheroeDt folgt die allgemeine Avantgarde
io Vortrupp (2 Bataillone, 3 Eskadrons), Hanpttrupp (ö*/4 Bataillone,
1 schwacher Zug Kavallerie, 4 Batterien) und Nachhut (1 Kompagnie)
gegliedert. Das Teten-Bataillon ist als „Bereitschaft* bestimmt.
Zur Aufklärung entsendet die allgemeine Avantgarde 3 Pa-
trouillen in der Stärke von '/^ Eskadron und 10 Reitern; zur
Sicherung werden von dem Vortmpp 5 Patrouillen von der Stärke
je eines Zuges „rechts, links, vorwärts, gegen . . . und gegen . . .
yon der Bereitschaft Späher-Patrouillen „nach rechts, links und je 2
entlang der Kolonne'', von der Nachhut Späher-Patroaillen „nach
rechts, links and rückwärts*' entsandt.
Relais wird von der Tete ck-r Avant^%irde nach der Tete der
mittleren Kolonne, sowie nach der Vorhut (schwachen Avantgarde)
der rechten und linken Kolonne gelegt, und dazu eine ganze Schwadron
bestimmt.
Hinter der allgemeinen Avantgarde marschiert die mittlere
Koloniie mit einer Nachhut von einer Kompagnie. Das Teten-Bataillon
ist als Bereitschaft*^ hestimmt und entsendet Späher-Patrouillen
„rechts, links und je 2 entlan^r der Kolonne."
Es folgt dann noch die grolse Bagage mit der Bedeckung von
einer Kompagnie.
Die Seiten-Kolonnen decken die Flanken durch je eine »Seiten-
Deckung von Eskadron auf der angelehnten und von 1 Bataillon
und 1 Eskadron auf der nicht angelehnten Flanke. Sie sichern sich
durch einen Vortrupp von 2 Bataillonen und 1 Eskadron, durch eine
Nachhut von einer Kompagnie, durch Sicherangs- Patrouillen in der
Stärke eines Zuges ,,nach vorwärts und nach rechts" (bezw. links)
und durch vom Teten-Bataillon entsandte Späher-Patrouillen „rechts
und links der Stral'se und je zwei entlang der Kolonne."
Man sieht aus diesen Malsrcgeln tUr Aufklärung und Sicherung,
dafs auch die neue Felddienst-Ordnung von gänzlicher Befreiung vom
alten Schema noch recht weit entfernt ist.
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192 DiMWt auf den rttokwirtigen Vefbindnngen der mobttea fruisOe. Annee.
Das 5. nnd letete Kapitel, welebes ttber die ,,Uoter]Lfliiile** liaadelt,
isl Im aUgemeinen ktlizer gehalten als die andero and stimmt in
seinen Bestimmungen im wesentliclien mit den nnsem flberein.
Abweichend wird bei Orts-Unterknnft wie im Orts-Biwak nnd
im Biwak stets eine Bereitschafks-Abteilnng bestimmt Anch die
innere Elinrichtnng der Biwaks der einzelnen Waffen weicht von der
nnsem Yöllig ab, doch durften die Einzelheiten derselben ein all-
gemeines Interesse nicht beanspruchen.
Wir können dem 1. TeU der nenen mssischen Felddiensl-
Ordnnng die Anerkennung nicht versagen, dals er einen groisen
Fortschritt auf dem Gebiete der Trnppen-Ansbildnng bedentet Wenn
aber auch immer noch manches nns als unzweokmäfidg und Yer>
bessernngsfllhig erscheint, so wollen wir bedenken, dafe eine andere
Armee andere Ueglements bedarf, und dafs diese mit der Armee
entstehen, mit ihr nnd ihrer Eigenart innig verbunden und oicht
durch einen Federstrich von ihr sn trennen sind. Andere Völker,
andere Sitten! 51.
XVI.
Der Dienst auf den rückwärtigen Verbindungen der
mobilen französiscben Armee.
Das neue Reglement „sur les Services de rarri^re". das seit
5 Jahren erwartet wurde, ist durch das vom Kriegsminister Galliffet
veranlafste Dekret vom 11. Februar 1900 zur That geworden. Die
AusfUhrnngsbestimmungen werden wohl bald folgen und die weilsen
Blätter die seit 1895 sich in dem „.\ide Memoire d'ödat major"
fanden, werden dann verschwinden. Die Neuerungen, die das Dekret
vom 11. Februar I9(K) bringt, sind fast durchweg auch Verbpssorungen,
auch ohne die Ausfuhrungsbestimmungen macht die Begründung des
Dekrets und dieses selbst die Olit'derung des Dienstes auf den rück-
wärtigen Verbindungen erkennbar, die einer zif-nilieh engen Anlehnung
an ..berühmte iMuster" freilich nicht entbehrt. In Betracht kommen
bei dem oeueu Dekret die Gesetze vom 3. Juli 1877, betreffend die
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Dienst auf den rttokwärtigen Verbinduii|;eQ der mobilen t'ranzGs. Armee. 193
Ht'quisitiou, vom 28. Dezember 1S88, das das Ciesct/. vom 1:5. März
1875, betreffend den militärischen Eiseiiljahndienst änderte, die Dekrete
vom ö. Februar 1889, bezüglich der oberen Militär - Eisenbahn-
Kommission, der Linien - Kommissionen und der Feld - Kisenbahn-
Sektioaeu, vom 10. Oktober 1889, betreffend die Organisation
des Dienstefl auf den rückwärtigen Verbiudangen , vom 19. No-
rember 1889, betreffend die strategischen Eisenbahntransporte,
endlich das Reglement für den Dienst im Felde vom 28. Mai 1895,
die Ändenmgen erstrecken sieh aber besonders anf die Dekrete vom
10. Oktober und 19. November 1889. Erfahrongen aas der Ptazis
kann man als Grandlage ftlr die Neaeruiigen nicht haben, man
grttndet sie, wie die MotiTierong selbst aasspricht^ aaf die General-
Stabsreisen und Arbeiten anf dem Plane. Sie erweitem die territo-
rialen Eommandobefugnisse des G^eraldirektors der Etappen und
Eisenbabneo nnd der Etappendirektoren der einzelnen Armeen. Während
nach den froheren Bestimmongen die Generale, die in der Etappenzone
einer Armee ein Territorialkommando innehatten, dem General-
Direktor des Etappen- nnd Eisenbahnwesens dnreh besondem Befehl
unterstellt werden konnten, llbemimmt jetzt der Etappendirektor
einer Armee in der Etappenzone derselben die nötigen Kommando-
befagnisse nnd in Feindesland provisorisch aaeh die Civilverwaltong.
Damit wird eine Centralisation bewirkt, die aber aneh erforderlich
scheint, am Ordnung und Sicherheit im Rücken der Armee aofrecht
zn erhalten, die polizeiliche Aafeicht za führen nnd die lokalen Hilfs-
qaellen anszonatsen*
Die Begrttndnng des Dekrets betont weiter, daTs es notwendig
war, „dieBeziehnngendes Eisenbahn- nnd Etappendienstes za einander
zn vereinfachen,** dabei die Centralisation der Leitung des Bahn-
dienstes in einer Hand anf einem Operationssebaaplatz beiznbehalten,
mit der Aosnatzong der Bahnen so weit als irgend denkbar za
rechnen, am mOgliehst den direkten Kontakt der Trappen mit Bahnen
als VerbindnngsUnlen zn erhalten and dem Eisenbahndienst die
„Initiative nnd LeistongsfUiigkeit za geben, die erforderlich sind,
am den ttglich wechselnden Anforderangen des Etappendienstes an
Transporton za genttgen**. Dalb mit den grOfeeren Heeresmassen
— ond man wird zugeben massen, dals sie seit 1889 noch zogenommen
haben — nnd der Weito der Rftnme, auf welchen sie sich ausbreiten, •
die Sdiwierigkeiten des Naobschnbs nod der Evakaiemng wachsen,
bedarf wohl besonderen Beweises nicht Das neae Dekret schafll
eh neues Organ im Feldeisenbahndienst nnd stellt einen neuen
Grandsatz für den Nachschub aut Um beide zu erlüftren
mflssen wir hier schon etwas vorgreifen. Nach den früheren Be-
JahAlkator fkr dt* daulMte AmM nad MbIb«. B4. IM. 1. 18
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X94 I^ienst aal den rückwärtigen VerbiuiluDgea der mobilen franzOs. Armee.
stfanmimgeii trat der AnBehlalii der Leadteuieporle (Trains, Etappen-
fahrpark) an die Bahntransporte anf BalinhOfen ein, die die Bezeioh-
nnng „Kriegs-£tappen*Kop&tationen^ Miten and ein beatimmtee Mafs
▼on Sioherheit, sowie anch UnterbringongsiiUunen besitzen rntJaten,
im ftr einige Zeit Vorräte anfitapeln sa kOnnen. Man hat nnn er-
kannt, dafs die frühere nt6te d'^tapes de gnerre*' naeh
den genannten Gesiohtspnnkten eingerichtet, im allgemeinen
nicht anoh den Abadilnls, die Endstation der Bahntransporte an
hüden braneht, dab man die Vorräte per Bahn(nel£MshSchmalspnrbahn)
näher an die Tmppen heraosnaehieben vermag. Ober die firtthere
„t&te d'ötapes de gnerre** hat man daher anter derselben Bezeich-
nnng, noeh eine Anzahl von Annex-Stattonen liinaasgeschoben, an
denen die [iefernng des Nachschnbs entweder direkt an die Trappen-
fahrzenge, oder an die Trdns stattfinden soll. Die frühere Eisenbahn-
Kopfttation heilst fortan „Regnliemngsstation'* nnd wechselt nach dem
Fortgang der Operationen. Hier hat aach das neae Organ des
Eisenbahndienstes, „die Begolienrags - Kommission*' ihren Sitz. Sie
hat die Aoigabe, aUe Bedehnngen mit der Armee, oder den Armeen,
welche anf die Verbindnngslinie, fbr welche die Kommission ionktio*
niert, angewiesen sind, sicher sn stellen nnd ihr ist, innerhalb mner
bestimmten Zone nnd nach Mafi^^be der ihr von der Feldeisen-
babn-Direktion überwiesenen Transportmittel — die MOgUchkeit ge-
geben, die Instradiemng der von Tug za Tag behnft Nachsehab der
Verpflegung bereit zn haltenden Züge vorzubereiten and anznordnen.
Dank diesem Organ anf jeder Verbindangslinie sieht man es als
möglich an, dem nenen Grundsatz zo entsprechen^der darin besteht,
dals ohne Anfordern durch die Armeekorps, gewissermafsea durch
antomatisches Vorschieben, der Tagesvorrat au Verpflegung,
den jeder Armee-Etappendirektor in der Zone der He-
gnlierungskommission bereit haben mnfs, bis in die Höhe
des Unterbringungs-Baames der Armee koprs gelangen soll. —
Die Be^rründimfr des neuen Dekrets betont dann noch ganz besonders,
dals für den Naohsohnb, wo dies irgend möglich, anch die Wasser-
straJsen zn yerwenden sind.
Kommen wir dann auf den eigentlichen Text des Dekrets» so
bringt dasselbe in Kapitel I „Allgemeines'^: Wir erfahren, dais der
Kriegsminister beim Beginn des Krieges die Grenzen zwischen dem
Gebiet zieht, das als „Armee-Zone" dem Befehl des Generalissimus
unterstellt wird, und der „inneren Zone^', welche dem Kriegsminister
untergeordnet bleibt. Diese Grenze kann durch Vereinbarung mit
dem grofsen Haaptquartier ira Verlauf der Operations geändert werden.
Wir erfahren ferner, dals der Kontakt der Armee im Felde mit der
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Dienst aul' den rückwärtigen Verbindungen der mobilen tranzös. Armee. X95
Heimat doieh die Verbindangslinien erfolg meist Eisenbahnen,
eigimt eveotiiell dureh WasBentrafoeD, Yerlftngert, weim erforderlich,
diireb EtappenstralBea.
Bei ^ner Eisenbahn als Verbindon^linie werden, Ton der Heimat
nach dem Oegiier hin, folgende Ponkte besonders genannt: Sammel-
stationen ftlr die Herkunft aas demselben Korpsbereieh, Ver-
pfleg angsstationen (gares haltes repas) ttlr die Verpflegnng der
transportierten Mensehen nnd Pferde, Magasinstationen als Stapel-
orte ftlr Lebensmittel für die Armee, die weiter oben genannten
Keguliernngsstationen, sowie eine Obergaogsstation dort, wo der
sogenannte normale Betrieb dnroh das Personal der Bahngesellschaften
denjenigen dnrch die Eisenbahntroppen Platz macht; endlich die oben
sehon erwShnten Kriegs-Eisenbahn-Kop&tationen. An Stralsen als
Verbindongslinien sind Etappenorte zn nennen, Ton denen der den
Trappen zon&ohst liegende „tSte d'ötapes de roote*^ heibt Die Era-
knierong findet im aUgemeinen auf denselben Verbindungslinien, wie
der Nachschub, statt, für dieselbe sind Bahnfaofslazarette und Ver-
teünngsstationen zu nennen, an den lefa&teren werden die Kranken-
transporte auf die einzelnen Heimatslazarettbeiirke verteilt
Die Aufgaben der „Services de Tanidre", welche die dauernden
Weehselverbindungen zwischen Operationstmppen nnd Heimat erhalten
sollen, werden, wie folgt, angegeben:
a) Nachschub an Verpflegung fUr die Armeen, b) Entlastung der
Feldtmppen von Verwundeten, Kranken, Gefangenen, unbrauchbarem
Material, c) Regelung nud Sicherung des Dienstes auf Verbindungs-
linien aller Art, Bewachung, Einrichtung, Reparatur dieser Linien,
d) Unterbringung nnd Verpflegung der Menschen nnd Pferde, die im
Rücken der Armee Verwendung finden, e) Au&tapeb, Erhaltung und
Ersatz der Vorrftte und des Materials, die entweder aas der Heimat
naebgeschoben , oder in dem besetzten Gebiet zusammengebracht
worden sind, f) Verteilung nnd Verwendung der Etappentruppen, Re-
gelung des Polizeidienstes, Aafrechterhaltung der Ordnung, g) Ver^
waltang feindliehen (Gebiets, bis Militttr-Territoriai-Koromandos ein-
gerichtet sind.
In der Armeezone erstreckt sich der Dienst aaf den rückwärtigen
VerbindanfTcn auf deren ganzes Gebiet. Für alle einem Befehl
onterstehenden Armeen liegt die oberste Leitung dieses Dienstes
in der Hand des Generaldirektors der Eisenbahnen und
Etappen, bei einer isoliert operierenden Armee in der Hand eines
Direktors der Etappen und Eisenbahnen. Der Generaldirektor,
ein General mit dem Kange eines Generalquartiermeisters, tritt in
Thätigkeit auf Befehl des Generalissimus, untersteht dem Chef des
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296 IMenst Mf den rttdcwärtigeD Veri>iBdii]ig«ii der moUlen franste. Armee.
GeneralslabB im grofsen Hauptquartier nnd erhält Ton diesem aiieh
MitteilnogeD Uber die Operationeii mid die darans moh ergebenden
Bedttrfiiisse der Armeeo, innerhalb der Grenzen dieser Instmktionen
ist ihm der weitgehendste Spielraom Itlr die Macht der Mittel rar
Deckung dieser Bedürfnisse gegeben. Er leitet in groisen Ztigen den
Eisenbahndienst nnd regelt dnrch generelle Weisungen das allgemeine
Funktionieien des Etappendienstes, Tor allem auch bezOglieh der Be-
ziehnngen des Eltappendienstes der einzelnen Armeen zu einander
und zum Eisenbahndienst. Durch Vermittelnng des G^eralissimns
richtet er an den Krlegsminister die nOtigen Anforderungen an Per-
sonal nnd Material und giebt demselben die Transporte bekannt, die
in der „inneren Zone^' zur and von der Armee im Felde n<Kig werden,
sowie den Grad der Dringlichkeit. Auf Vorschlag des Armee*
Bisenbahndirektors bestimmt er die L t)ergaiigsstationen, schreibt Tor
oder Ycranlafet Wechsel in der Zuteilung der Magazinstationen und
ordnet eventaell noch die Schaffung 7on Reserre-Magazinen an. Er
korrespondiert direkt mit den Armee-Oberkommandos, die er ?on
den für den Eisenbahndienst und fUr den Etappendienst im groÜBOi
getroffenen Anordnnogen benachrichtigt. Er erhält ihre Forderangen
bezüglich dieser Dienstzweige nnd benachrichtigt sie von den Instruk*
tionen, die er an die Etappendirektoren ihrer Armeai erläfst Ihm
zur Seite steht ein Stab, der neben militärischem, auch technisches
Personal enthält. Die lic^uliernngsstationen werden von ihm fest-
gesetzt nnd er l)ezeichn(;t die Kegolierangskommission, mit welcher jede
Armee sich in \ erhindang zu setzra hat Sind mehrere Armeen auf
dieselbe Verbindungslinie angewiesen, bo bestimmt dt i General-
direktor, in welcher Weise der Transportdienst für jede derselben
ausgenutzt wird. Nach den Weisungen des Chefs des Generalstabs
im grofsen Hauptquartier grenzt der Generaldirektor die Etappenzone
jeder Armee ab, bestimmt die Verwaltungsthätigkeit der Etappen-
direktoren in feindlichem Gebiet, ihre Befugnisse in Bezufr auf die
territoriale HefehlsfUhrung und verteilt die ihm vom Kriei:sminister
zur \ erfUgunfT gestellten Etapp<'ntrup|)eii, Bei Kreuzungen oder Zu-
sammenlaufen der \ erbinfluii'rslinien versL'hietleuer Armeen weist er
jeder dt rselheu eine Etappen-Linie zu. Kr verfügt auch über Be-
nutzung der Wasserstrafsen im Klicken der .\rinee.
Der Armee-Eisen bahn direkter, ein General mit einem ans
militärischem und tec^hnischeni Personal zusammengesetzten Stabe,
leitet den ganzen Eisenbahudieust auf allen Linien bezw. Teilen von
solchen, die zur Verfügung des grofsen Hauptquartiers gestellt sind
und zwar sowohl in Bezu<r auf nriranigation, Fnterhaltung und Be-
trieb, als auch auf Bau bezw. Zerstörung. £r stellt den Babodienst auf
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Dienst auf den rttokwXrtigen Verbindiingeii der mobilen franxda. Armee, igj
den Linien, die dem Personal der Eisenbahngesellschaften aiivcrtraat
werden können, durch dieses mit Hilfe der Linienkommissionen
neber, auf den Übrigen Linien and Strecken mit Hilfe der Feld-
Eisenbahn - Kommissionen durch die Eisenhabntrappen. Über-
gangs-, Hegaliemngsstationen, sowie Keguliernugskommissionen wurden
oben schon einprehend erwähnt
Während für alle demselben Befehl unterstehenden Armeen nnr
ein Eisenbahndirektor vorgesehen ist, bat jede Armee, wie ihre eigene
Etappenzone, auch ihren eigenen Etappendirektor. Die Decentrali-
sation nach dieser Kichtung ist verständlich und zweckmälsig, in der
Armee hätte man aber, wie wir hier gleich bemerken wollen, noch
eine weitere erwartet. Früher war es zulässig, dafs die komman-
dierenden Generale im Falle der Not ihre Bedürfnisse an Nachschub
direkt dem Etappendirektor mitteilten, man nahm in der Armee an,
dafs diese Bestimnuioi; Uber den Fall der Not hinaus veralliremeinert
werden würde, statt dessen spricht das neue Dekret bestimnit aus,
dals derartige Forderungen stets an den Chef des Oeneralstabs des
betrctfenden Oberkommandos und von diesem an den Ftappendirektor
zu richten sind. Damit ist eine prinzipielle Franc < iitscliieden. der
Etajjpeudirektor ressortiert ja direkt auch vom < in t t[r< Kr-neral-
stiibs des Oberkommanilos. erhält von ihm Nachrichten über den Ver-
lauf der Operationen und die NNciten n Absichten, meldet ihm alle
Vorkehrungen für die \'erpflt\uung. lokale Hilfsmittel und macht Vor-
schläge zur Sicherstellung der Verbindung des Etappendienstes mit
den Truppentrains. Der Generalstabscbef di'S Oberkommandos ist also
in der I^age. zu beurteilen, ob den Forderungen der .Xrmeekorp.s ent-
sprochen werden kann. Der Etappendirektor, ein General mit einem
Stabe, (lehnt seine Thätigkeit auf die ganze „Etappenzone" der be-
treft'enden Armee aus, ihm unterstehen auch die Chefs der Etappen-
dienstzweige und die ihm überwiesenen Etappentruppen.
Uber seine rerritorial-KomraandoheJugnisse wurde, ebenso wie
Uber seine provisorischen Verwaltungsaufgaben in feindlichem Gebiet,
schon oben berichtet. Für die \ Crpflegung hat er zur \ frfügung die
Hiltsquellen und Vorräte, die sieh in der Etappenzone >einer Armee
befinden, die Nachschübe aus der inneren Zone, die er heim {General-
direktor der Flappen und Eisenbahnen beantragt. Für die notwen-
digen Transporte wendet er sich an die Regulierungs - Kommission,
indem er dieselben nach der Dringlichkeit autlührt, in den Eisenbahn-
dienst darf er aber unter keiner Bedingung eingreifen. Die Punkte,
an denen die Tmppenfahrzeuge mit den Organen des Etappendienstes
behufs Übernahme von Verpflegung etc. in Verbindung treten BoUen,
werden vom Oberkommando dem Etappendirektor und gleichzeitig den
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198
Nene Hafenahmen im Heere Portagals.
Korps, beiuiimittplbarem Anschlufs derBahiieu an die Trnppi'ii auch den
Kegulierunjrs-Koniniissionen direkt niitjjeteilt. Zwischen diMi Zeilen
des Dekrets lesbar wird, namentlich bei einem \ erjrh ich mit den
früheren Bestlmmunisren. das Bestreben, in umfassendem Mafse auch
von den schraalspuriiren Feldeisenbahnen Gebrauch zu machen. Man
darf gespannt sein, ob sich an das neue Dekret nicht auch eine
veränderte Gliederaug, bezw. Zuteilung des Truppentrains ausctiiicfsen
wird. 18.
XVll.
Nene Mar$aahmen im Heere Portugals.
Nachdem für die hier schon dargestellte, zugleich aoch deo
Übergang zu einer tbatsächlicb 2jährigen aktiven Dienstzeit, sowie
die nötigen Mafenfthmen für die Scholuug der I. und IL Beserre
bringende Heeresreform die AnifÜbningsbestimmangen eiscbienen
sind, hat der Eriegsminister dem Parlament nun 8 GesetBentwlIife
Torgelegt, die mit der Heeresreform in msttcblichem Znsammenbang
stehen. Sie sind wichtig genug, hier Erwähnung zn finden, zamal
sie erkennen lassen, wie der Kriegsminister Sonsa Teles, überein-
stimmend mit seinem echt soldatischen Könige, es versteht, aiieh bei
schwieriger Finanzlage den Bedttrfiussen des Heeres Rechnong zv
tragen. Wo mehr ans dem Vollen gewirtsohaftet werden luuin, ist
das ja wesentlich leichter, der Kriegsminister Portugals hat aber
mit eng gezogenen Grenzen an Mitteki zn rechnen nnd dabei treten
Bedttrfiiisse md^ filr welche die Aasgaben nicht anf eine lange Reibe
von Jahren Terteilt werden können, die Tielmehr baldigst zu decken
sind. Das bezieht sich namentlich auch anf die Sicherstellnng ans-
reichender Waffen fbr das Heer, die als das dringendste Bedflrfhts
bezeichnet werden mnfs, nachdem die fiVagen der Ergänzung und
Organisation des Heeres eine zweekmftliüge LOsun^^ erfahren haben.
Die nötige Vermehrung der Wafien kann in Portugal selbst nicht
beschafft wollen, ein Krieg, der jetzt ausbräche, schlösse die Landes-
grenze gegen Waffeneinfuhr Ton aulsen ab, mit dem, was an ver-
biyitizeü by Google
Nene Mafimahmen im H«er« Portugal«. 199
alteten Gewehren noch vorhanden ist, könnte man eine Truppe ^regen
einen moderne Gewehre führenden Gegner nieht ins Feld stellen, Eile ist
daher geboten. Das heutige Gewehr der portugiesischen Armee,
Kropatscheck. stammt aus dem Jahre 1880, der Kavalleriekarabiner
ist Jüngeren Datums (1895), die Armierung der wichtigeren Festungen
ist unlängst modernisiert, die Geschütze der Feld-Artiilt'rie wurden
1S74 und 1878 beschafft. Die Daten der Beschaflung lassen schon
erkennen, dass die \\ allen der Infanterie (obwohl das Kropatscheck-
gewehr recht lange zu den brauchbarsten gerechnet hat) und Feld-
Artillerie nicht mehr auf der Höhe der Zeit stehen. Der Mehrbedarf
der Infanterie des mobilen Heeres beträgt TUOOi) Gewehre und man
thut nun einen Schritt vorwärts, indem man für die mobile aktive
Infanterie diese 70000 Gewehre nach einem absolut modernen Modell
beschaflft, welches eine Kommission schon seit Jahresfrist erprobt
hat Die Resenreformationen werden dann mit dem bisherigen
Gewehr zunächst noeh ausgestattet bleiben, der Dualismus in der
BewalRuig ist zunächst nicht za vermeiden. Obwohl der Kriegs-
minister in seiner Begründung settist aiiBB|nidit| da& die hentigen
FeldgescbtttM der Armee den modernen löideier Staaten reiehlidi
eben so sehr unterlegen sind, wie die Kropatseheck-Gewehre den
iiirigen, es daher als dringend erwttnsolit bexeiehnet werden müsse,
bei der Feld -Artillerie so zu yerfahren, wie bei der Infknterie, d. h.
neues Bfaterial tür die mobilen Trappen I. Linie zu erwerben und
das veraltete der Reserve ond den Festungen su Überweisen, so
verbietet die Finanzlage doeh zunächst so dnrehgieifende Änderungen,
nur 8 neue Batterien zum Ersatz des ältesten Gesebtttzmodells
werden zunächst verlangt. Gleichzeitig muis die nötige Kriegs-
chargierung für die neuen Wafien erworben werden, da man diese
zunächst im Inlande nicht herzusteUen vermag. Die Kosten sind
auf 3000000 Ifibeis (& 4,5 Mark) veranschlagt und die Schwierigkeit
liegt darin, diese Summen in verhältnismäfslg kurzer Zdt, bei der
beutigen Lage der Staatsfinanzen sicher zu stellen. Das wird nun
so bewirkt, dafe man eine innere oder äulsere Anleihe, mit maximal
6*/« Zinsenzahlung in der genannten Höhe aufiiehmen und diese
durch einen Teil der Loskaufgelder decken will. Die Begründung ver-
breitet sich dann des Weitem äber den Loskand der in anderen
Staaten verworfen sei, den aber Portugal zulassen dttrfe, weil man
fttr das ganze Bekrutenkontingent im aktiven Heere doch nicht
Raum habe und durch die Loskaufsbetrilge sonst nicht verfilgbar
zu machende Summen fttr die Zwecke des Heeres und der Landesver-
teidigung gewinne. Seit 1892 ist der Ertrag des Loskaufe für
Kriegsmaterial bestimmt und 1896 wurde dies noch schärfer betont.
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200
Neue Mafanahmen im Ueere Portugals.
indem man sich entschlofs, der 2. Reserve Schulonp zu Treben. So
lanfre man das Prinzip verfolgte, den l'.rtrafr des Lo^kauls in (ieni
hetreffi iiden Jahre zu verwenden, konnte man langsam das Kriegs-
material verbessern, die nötigen Reparaturen bewirken, auch das
weniger teure Material ankauten, nicht aber die oben näher be-
zeichneten Erwerbungen machen. Diese Enverbungen müssen rasch
eintreten, nicht allein, weil man sonst mit den anderen Mächten in Bezog
auf Zeitgemärsheit nie Schritt halten wUrde, sondern auch, weil that-
sächlich Mangel au genügendem Waffenmaterial vorliegt. Den Ertraf?
des Loskands kann man im Onrchsehnitt auf 450000 Milreis annehmea,
100000 = 450000 Bfark, sollen ftlr die AnsbOdang der 2. Reserve«
100000 fUr Beparataren des MateriaU ondAnkanf von weniger kost«
spieligen, 250000 fOr die Deckung der Anleihe behnfs Bescbaffnng
der 70000 Gewehre nnd 8 nenen Batterien verwendet werden. Diese
als Minimnni betrachtete Snmme soll erhobt werden, wenn man vom
Loskanf grttlsere Brtritge hat, eine andere Verwaltung der Ertrige
stattfindet, oder die Finanzlage sich bessert Der Gesetzentwurf
bildet emen zweckmäJsigen Answeg ans einer sehr schwierigen Lage
nnd, neben der Erwerbung des mehrfach erwähnten Materials will
es nns aach vrichtig erscheinen, dafs in der Begründung eine
bestimmte Snmme fttr die Ausbildung der 2. Reserve fest*
gesetzt und dieser damit ein fester Rahmen gezogen wird.
Ein 2. Gesetzentwurf betrifft die Civil Versorgung länger
dienender Unteroffiziere. Die Begründung weist dabei ausdrücklich
auf das Beispiel des deutschen Heeres hin, eui Zeichen dafttr, dals
der Kriegsminister Sousa Teles nicht nur die Einrichtungen fremder
Armeen aufmerksam studiert^ sondern auch deren Wesen verstanden
hat Selbstverständlich sind die fttr Portugal vorgeschlagenen Mafs-
nahmen nicht nur ciDÜMhe Kopie der deutschen, sondern entsprechen
den nationalen Verhältnissen. Das Prinzip besteht darin, dals man
die Unteroffiziere bis zu einem gewissen Alter im aktiven Dienst
dnroh aufeinanderfolgende Rengagements erhält, dann aber ihr
Ausscheiden ans dem aktiven Dienst erleichtert^ um Stellen Itir
weitere Kapitulanten frei zu erhalten und den Reserve -Formationen
die eriörderliche Ziffer branchbarer Unteroffiziere zu sichern. Gleich-
zeitig verspricht man sich In Portugal von der Versorgung der
länger dienenden Unteroffiziere auch eine sehr brauchbare Kategorie
von Beamten, die zum Gehorsam, zur Pflichterfllllnng nnd zur Zu-
verlässigkeit erzogen sind. An Vorgän^^en bat man in Portugal das
Gesetz vom 28./7. 1880, betreffend Kapitulation nnd Ausscheiden
der Sergeanten, das aber eigentlich nie in Wirkung trat, 1883 er-
schien ein neues Gesetz, das durch das Reglement von 1889 die Aus-
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Nene MafsiMliiiien im Heere Portogab.
201
fttfamngsbestiiiimongeii brachte. Hätte man dieses Gesetz and das
Reglement zweokmälaig angewendet, so bedürfte es hente keiner
Änderungen, aber die verscbiedenen Reformen in den einsebien
Ministerien haben die Liste der für die Unteroffiziere reservierten
Posten sehr wesentUeb TerSndert, so zwar, dab es hente schwer ist,
Sergeanten za Tersoigen. Die Regierung erbittet daher die (Ge-
nehmigung zur Umgestaltang des betrefifenden Gesetzes, ohne die
Tendenz desselben im Übrigen zu ändern, und zwar weil «iine neue
Klassiemng der für die Sergeanten reservierten Stellen entsprechend
der heutigen Einteilung der Ministerien nötig geworden. Die Be-
rechtigung zur Civilversorgung in ausschlielslicb für sie reservierten
Stellen erwerben Sergeauten des Heeres, der Manicipalgarde und
der Marine, sowie solche, die ielddienstontaugUcb ausgeschieden
sind, wenn sie bei fortgesetzt guter Führung, 9 Jahre, darunter 3
als Sergeant, frodient haben, die reservierten Stellen worden durch
die Regierung bestimrat und bekannt gegeben. Die in solchen Steilen,
versorgten Serjreanten Übernehmen die Pflicht, bis zum 52. Lebens-
jahre für die Verwendung in den Reserve- Korraationen zur Verfügung
zu bleiben, es sei denn, dais ihre Gesundheit sie untauglich auch für
ihren Civilposten erscheinen läfst, in welchein Falle ihnen für die
Pensionierung die aktive Dienstzeit und die halbe in der Civilstelle
angerechnet wird. Während ihrer CivUverwendung ruht der Bezug-
der Militärpension.
Der H. Gesetzentwurf handelt von den Kapitulationen und
den Tensionen für Unteroffiziere und Mannschaften, liengagements
(readmissoes) werden, so sagt die Begründung, um so notwendiger,
je mehr man die Dienstzeit, die andrerseits das Kekruten-
kontingent zu vermehren erlaubt, abkürzt, da die kürzere Zeit
intensiver flir die .Schulung ausgenutzt und die grülsere Masse von
Streitern durch brauchbare Cadres fester einirerahmt werden muls.
Beide (rründe erfordern ein .Schulungs- und iinterführerpersonal von
längerrT Dioiist/eit. Mit der Abktirzunfr der Dienstzeit auf 8 Jahre
wnrdi- ilalior auch in das Kekrutieruiigsgesetz der Grundgedanke
Üir Ivt n;:;iiri nH'iits aufirenoinnien und durch das Tiesetz vom 2;^./7. 81)
für (iic S('r2:eauten noch näher ausgei'uhrt. In den Ik'StinunuK^M'U
wurde alier keine Rücksicht auf Weiterdieuen von Korporalen
und Gemeinen genommen (bei letzteren kommen besonders auch
Spezialisten in Betracht) und doch wird es für Nvilnsciionswert
gehalten, wenn auch diese kapitulieren und dem sollen die neuen
gesetzlichen Verordnungen abhelfen. Da die Steifreruiiir der Re-
krutenkontingente einerseits, die durch die Finanzlairc bedingte
Beschränkung der Präsenzstärke andrerseits die aktive Dienstdauer
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Nene Mafimabineii ho Heere Portugals.
ihalsilehlieb $xi 2 Jahre besoIultiikeD, so Beheinl die^VeimehmDg
des Aosbildangshilisperaonals nötig. Unbesebrilnkt dttrfen die Kapi»
tolationen allerdings nicht sein, da man sonst die Reknitenkontmgente
Tennmdem nnd das Gadre-PersoDal fUr die Reser?e-Fomiation in
Frage stellen wttrde. Im Prinzip sind Kapitulationen anf je 3 Jahre
bis zom vollendeten 52. Jahre mttglich, die Zahl der Korporale
I. Klasse darf aber Etats, die der Korporale II. Klasse
(Gefreite) und Gemeinen nicht 40 bei jedem Kavallerie-, 20 bei jedem
Feld-Artillerie-Kegiment, Infanterie- und Jägerbataillon Überschreiten.
Bei der Kapitolation werden z. B. dem Sergeant- Adjutanten 120 Reis
bei der ersten, 100 bei der zweiten, 200 bei der Dritten, 240 für
jede folgende Kapitulation an Zulage gewährt. 2. Sergeanten 60,
bezw. 80, bezw. 100, bezw. 120, Gemeiueo 20, bezw. 30, hezw. 40
für die 3. und jede der folgenden Kapitulation, bei schlechter Führung
kennen die Kapitulationen nach Anhören des DissiplinaT-Rats des
Trappenteils aufgehoben, die Betreffenden der Resen-e Uberwiesen
werden. Das Pensionierungs-System flttr Mannschaften datiert von 1868,
für Sergeanten trat 1880 eine Yerbesserong ein. Die Vorschläge der
Regierung geben non dahin, analoge Verbesserungen wie sie 1887
itlr die 0£6ziere eintraten, auch für die Mannschatten einzuftlhren,
eine bedeutende Mehrausgabe soll nicht verursacht werden. Die
Verbesserung besteht darin, dafs man die Pensionssätze von 15 — 30
Dienstjahren in Perioden von 5 Jahren zerlegt und die Invalidenbeiträge
bei Dienstbeschädigungen gerechter verteilt. Beim Ausscheiden nach
30 Jahren wegen Dienstuntauglichkeit tritt die Maximal-Pension ein
(Sergeant- Adjutant und 1. Sergeant r.(ut. Korporal I. Klasse :K>0,
Gemeiner 200, Fahnenschmied 450 Reis täglich \ nach 25 Jahren
werden HO*/,, nach 20 Jahren ßO*/^. nach 15 Jahren 50°/o des
Maximums gewährt, gleiche Sätze können auch bei Di<iistdaQer
unter 15 Jahren gewährt werden, wenn die Dienstuntauglichkeit
durch Verwundung oder durch Bf .'^chiidigungen im Dienst verursacht
worden ist. Wer nur fUr den aktiven Dienst untauglich wird oder
mit 52 Jahren ausscheidet, kann als Halbinvalide noch im Gamison-
dienst verwendet werden, die Pensionäre bilden 10 Kompagnien.
Sergeant- Adjutanten, bezw. 1. Sergeanten mit 25 jähriger I)i( nstzeit
werden als Alferes (Unterleutnant) pensioniert. Sergeanten, weiche die
Prüfung an der Central-Sergeanten-Schule bestanden haben, können
zu Alferes der Reserve ernannt werden, wenn sie den Übrigen He-
4ingungea entsprechen. 18.
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Trappea-Übangsplitae. 203
XVIII.
„Truppen-Obungsplatze;*
Unter der Aufschrift „camps d'instruction" ftlhrt in der „Revue
du eercle miiitaire'^ vom 9. 12. 99 ein sich ..Nyx" zeichnender
Wissender einschlägiger Verhältnisse bitter Klage darüber, dals in
Frankreich es um die Truj>penUbungsj)lätze aurserordentlich sehlecht
bestellt sei, und er bricht unter schlierslichem Hinweise auf Deutsch-
land filr die schleunigste Ausbauung der vorhandenen nnd Anlage
von neuen Plätzen sehr energisch eine Lanze. Die Ausführungen
des Herrn Nyx sind so interessant, dals es lohnt, sie uusern Lesern
im wesentliehei) /u unterbreiten.
Herr „Nyx" leitet sie so ein: „Die an sich schon so kurze
Dienstzeit, vielleicht noch weiterer Kürzung gewärtig, zwingt ge-
bieterisch, die Ausbildung des Soldaten derart za leiten, da& aneh
nicht eine Minute der kostbaren Zeit verloren geht. Um rasch und
gut zum Ziele zu gelangen, müssen die vollkommensten Mittel und
die geeignetsten Aasbildungsstätteu vorhanden sein. Die cadres müssen
auf dem Exerzierplatze und im Gelände ihrer Aofj^abe gemftÜB aus-
gebildet werden/*
In Ansehiing dessen unterzieht „Nyx" das, was der Infanterie
ond der Artillerie hierfttr za Gebote steht, einer seharfen Kritik,
lüt der Ansbfldnni^ des eimelnen Mannes, meint er, stehe es in
dieser Beziehong ja nieht schlecht, da sie sich anf dem Kasemenhofe
Tollziehe; aoeh die Sehnlnng der Kompagnie nnd des geschlossenen
Bataillons gebe keinen Anlafs zu AossteUnngen. Aber sobald man
an die dem Emstfalle entsprechende Aasbildnng gehe, da zeigten
sich sofort bedentende Schwierigkeiten. Schon wenn man die Ent-
Wickelung zom Oefecht klarmachen wolle, tdlten einem greise
Schwierigkeiten entgegen. Der Obnngsplatz sei hierzu meist zu
klein; man müsse daher die betreffenden Obnngen in mehrere Ab«
schnitte zerlegen, und in jeder Phase wäre man genötigt, wieder
anf den Ausgangspunkt zurttoksagreifen, anstatt die G^esamtaktlon auf
einem einige tausend Meter grofeen Felde dem Emstfalle entsprechend
sich entwickeln zu lassen. Und wenn einmal mne Gsmison im
glttcklichen Besitze eines im allgemeinen den Anlorderangen gerecht
werdenden Obungsfeldes sei, so sei dieses oft weit yon der Garnison
entfernt, und aulserdem müssen sieh verschiedene Begimenter in den
Platz teilen, ganz abgesehen Ton dem Zeitrerlust, der durch den
weiten Hin- und Btlekmarsch verarsacfat werde. Das hiufig schlechte
Wetter thut dann das ttbrige, so dafe häufig jedes Begiment, das
204
Truppen-Übungsplätze.
noch dazu gar nicht selten andern Dienst leisten nillsse. in der
Woche höchstens ein- oder zweimal zur l'bunp käme. Dals dabei
nicht viel gutes herauskomme, sei klar. Was die Hrigadeübungen
anlange, so könnten solche nur bei einigen Garnisonen statttinden,
sei CS infolge der weiten Entfernungen zwischen den beiden Brigade-
regimentern, oder infolge der zu geringen Ausdehnung des hierzu
verfügbaren Platzes. Die zeitweilige Zosammenziehung der Brigade
sei aber anlsefordentlieli nlltdieh. Date einige der im Westen
Fnmlaeiolis liegenden DivisioneD, die in fraf^cher Biehtong gtlnstiger
als andere dran seien, einen TOrtrefflieben innem Zusammenhalt nnd
eine Torzttgliehe Ansbüdnng im ManOyerieren besitzen — ein solches
Lob könnten diese Divisionen mit vollem Hecht fbr sich in Anspruch
nehmen — das habe vor allem seinen Gmnd darin, dals dieselben
hänüg zu gemeinsamen Übungen zusammengezogen würden. Wenden
wir uns nun, f^rt Verfasser fort, vom Exerzierplatz zu den Feld-
dienstttbungen der Kompagnien, Bataillone und Regimenter im Gelände,
die fttr die cadres notwendig sind, um zu lernen, das Gelände richtig
auszunutzen, so sind wir Überall mehr oder weniger beengt durch
die bebauten nnd eingefriedigten Felder. In einigen Gegenden,
namentlich in der Normandie, ist es fast unmöglich, die Stralsen zu
verlassen. Die Folge davon ist, dafs die Entwickelangen nnvoU-
ständig bleiben, die gegeneinander fechtenden Truppen in ganz un-
geeigneten Formationen auftreten und Gefechtsstellungen einnehmeur
die in Ansehung des Bmst&lls geradezu als gefährlich bezeichnet
werden mttssen, während nur 100 Meter weiter ausgezeichnete
Stellungen lägen, die man aber nicht betreten darf; &lsche Gefechts-
bilder endlich, die trotz aller Erläuterungen Verwirrung nnd Unklarheit
in den Köpfen der Liente und auch der cadres hervorrufen.
Das gleiche gilt von der Ausbildung im Schielsen. Zu dem
Schiefestande, dem Übungsplatz ftlr das Einzelsehiefsen, kann man
schon ^e grölsere Zahl von Leuten heranziehen, um das Stand-
schielisen zu lernen, und sie genügen auch bis zu 600 Meter. Wie
aber, fragt Herr „Nyx*S sieht es bei uns aus, wenn es zur Aus-
bildung im kriegsmäßigen Schielsen kommt ? Zum Bdehrungssohieisen
genügt das Schulsfeld schon; Massenfeuer ist nur möglich, wenn das
Schnisfeld 1000 Meter lang ist, und ein solches findet sich auch
wohl. Aber die neue Schieisvorschrift enthält noch eine andere, sehr
wichtige Bestimmung, die nämlich, dals der Mann ein tttohtiger
Scharfschütze werden soll, der einen Schuis abgiebt, wie er im
Gefecht verlangt werden muls. Ein solcher Schufs mnfs aber auf
ungekannte Entfernung abgegeben werden, so dafs der Schütze sich
selbst das nötige Visier wählen muls. Das ist aber auf dem Schieis-
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Tmppen-ÜbungspÜUxe,
205
stunde, ^vo alle Entferiuinireu ht'kainit sind, einfach ausj^eschlosseu.
Der Manu mufs ferner auf verschiedi iiartie^c Ziele schiofsen lernen,
die auch plötzlich auftreten, und auf verschiedene Eutfernunpen.
Auf dem SchielsBtande kann man aber nur p-radeaus schielsen,
wenn man kein ruirlUck anrichten soll. Anch die Instruktion über
den krit'i:sniülsiM:en Kinzelschul's, von deren \Vichti;u'kt'it ^icli die
meisten unserer Oftiziere auf der Schielssehule Uberzeujrt haben,
kann auf dem Schiefsplatze nur sehr unvidlkomnien ^ej^eben werden.
Tiid dennoch! Der bchielsstaiid ist der einzige i'laU, Uber den man
bei uns verftlfrti
Die Schiefsinstruktion j;;ipfelt im kriegsmäfsi^en Schielsen, wobei
der Mann die Fenerdisziplin, die ( adres die Feuerleitunor erlernen
sollen. Um das zu können muls man zum mindesten mit den
Bataillonen (ietechtsUbuniren vornehmen können, die in sieh begreifen:
Den Anmarsch, die Kntwickelung zum Gefecht und das Feuer.
Rechnet man hierfür 20(X) Meter, ftlr die Tragweite des Gewehrs
3000 Meter, so hat man ein Feld von mindestens 5000 Meter
Länge nöti^-, und da von den oben erwähnten unvorherfjesehenen
Fällen nicht jrrols die Rede sein kann, wenn mau nur ge-
radeaus schielsen kann, so mufs der Platz auch 5000 Meter breit
sein. Noch mehr! Es bedari auf den i'bunj;splätzen, um ernstgemeinte
oder dem Ernstfalle möglichst entsprechende Übungen anszufUhreo,
zahlreicher, beweglicher Scheiben, die erscheinen und verschwinden:
ein beträchtliches Material, welches schonende Behandlung von vorn
herein verlangt. Alles das. sagt das Reglement, findet sich auf den
Lehrplätzen. Um kostspielige Transporte zu vermeiden, niu>seii
die Korps, die in der Nähe von günstigem (ielände stehen, sich mit
der Stadtverwaltung in Verbindung setzen, die ihnen ein solches
Gelände vermieten oder leiben. Aber anter welchen Bedingungen
nnd was IfÜr ein Gelände? im allgemeinen ist der Platz von 1500 Meter
Lange kaum verwendbar zum Entwickeln. Die Ziele sind auf eine
Zone Ton 2 — 800 Meter Tiefe yerteilt, da verbietet sieb das Sebielsen
schräg znr eigentlieben Sohnfiriinie von selbst; yom HanttTerieren, von
nnvorheigesehenen FttUen keine Bede, denn am zweiten Tage kennt
jedermann die Sntfemnngen. So liegt es z. B. beim Sohiebplatie
von Bois TEveqne für die Ganisonen Nancy and Tool, bei dem
SebieTsplatze von St Vigos für die Garnisonen der Kormandie. —
Soviel Uber die VerblUtntsse bei der Infanterie.
In Betreff der Artillerie gilt dasselbe fast, nor in erhöhtem
Maabe, da sie bedentend gröbere PlStze branchi Sie besitzt aber
nnr Sehiefostünde, die man eigentlioh Scbielssehl&nehe nennen mlUste,
die gerade nor aosreichen, nm mit den Biehtkanonieren Untenieht
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Trappeii-ÜboiigqkUttM.
über das Schiefsen an sich abzohalten, wo man aber nichts findet,
mn die Offiziere zu l)elebren, wo kaum Platz ist, sich zu beweirt-n.
So z. B. der Scbielsplatz von Fontainebleau, Cercotfces, und vor allem
der von Braconne — ganze 400 Meter breit! Die staatlichen
Schieisplätze sind im allgemeinen BillardtUchern ähnlich; es scheint,
als ob man besondern Wert darauf lege, dieselben untereinander so
ähnlich als möglich zu machen, indem man nach und nach die
natllrlichen Hindernisse entfernte. Die Schieisplätze von Sissone,
kaum 2500 m, absolut nngenügeiid. Kuchard, \ albome, Carpiagne
— armselig und völlig ungenügend ebenfalls!
Herr „Nyx-* macht nan seine „Vorschläge zur Verbesserang
und Neu an läge" :
„Ein Scbielsplatz mufs 4 — 5 km. Aasdehnung nach jeder
Richtung haben."
Chaluiis ist d(T einzige, der den 3 Waflfengattungen geniiircntlen
Ranra zur Zusanimenziehnng bietet; aber man kann ihn nur fUr
einen Teil der Garnisonen des Westens benutzen. Es ist unerUUslich,
dals man. nnd zwar schleunigst, noch einen äliiilieltrii im Westen,
im Siuit ü. im Osten und im Centruni auU - i. l ud man kann das
auch erreichen, indem man die vorhandenen vergröfsert, oder neue
Plätze ankauft. hu Westen konnte man den Scbielsplatz von
Bois l'Eveqae, zwischen Ouest und Nanc> auf dem Plateau, welches
das linke Moselafer beherrscht, südlich der KrUmmung der Mosel
beim Hazeforst vergrölsem. Er bat bei einer Länge von etwa
4 km. eine Breite von 500 Meter und ist gut gelegen; ringsam
findet Bich genog kanfbares Gelände, um ihn anf eine Breite tob
4 'ktu. m beben. Die Gamiionai von Nancy und Toal, aacb Nenf-
obateaa, selbtt Epinal ktinnten ibn benutzen, obne grobe Kosten
für dfo Mincbe m Um m Terusaeben. In der Konnandie ist die
Sacbe scbon scbwieriger, sebr schwierig, da bier das GelSnde sehr
teuer ist. Eän ScbielsplatB in der Bretagne wflrde nicht genügend
ansgennlxt werden können. Fttr diese Gegend nnd lllr die Trappen
des Gentnuns könnte man den SehieisplatK von Raohard TergrOiseni.
Aneb meine ich, wtirde sich das Gelünde anf dem Platean Ton
P^rigord sebr gnt eignen. Im Südosten endlich könnte die Ebene
von Camargne oder die Umgebong des Sees de Bene ebnen ganx
TOnUglichen Scbielsplatz nnd übongsplatz fbr die meisten Garnisonen
des 16. nnd 17. Korps abgeben. Also 2 Scbielspliltze znuKebst
▼eigrölsern, 2 nene schaffen, dafür müssen nobedingt nnd möglichst
bald die Gelder flüssig gemacht werden.
Zur Bekräftigimg seiner Fordernng iiihrt nunmehr Herr „Nyz**
— Dentschland ins Treffen. „Die Dentechen sind uns in dieser Be-
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Truppen-ÜbnngsplStie. 207
liehang ▼oraogegaogen.*' „Die .Obongsptttee", sagt die Kölniaehe
Zettnng, ^nd eine Notwendigkeit, einesteils weil die Gesobttlse in
heutiger Zeit eine solebe Tragweite baben, dals die Artillerie
besondere SeMdbplfttsse baben molB, nm wirkUcb sobiefsen xa
kffnnen, andererseits, weil mit der Einfthrang der swegtthrigen IMenst»
idt nnd der| Aosdebnnng bentiger Eriegsftbrnng es onerlttblieb ist,
FObrer nnd Lente daran zn gewObnen so zn manöverieren, wie es
im Kriege ndt grolsen Einbetten der Fall sein mols'*. „In Rttoksiobt
Ueraaf bat man die VeigrO&ening aller Sebielsplfttze bemessen»
Seit 1891 bat man in Dentsohland 17 nene Übangsplätse gekauft;
man bat infolgedessen jetzt 20 solcber Plätze, deren banptsäcbliebste
sind: Döberitz, Arys, Loburg, Biedmsko — dieser nördliob von
Posen ftlr das 5. Korps — 14000 b giofs, wird so schnell ein-
geriebtet sein, dals er im Herbst 1900 benntzt werden kann; femer
Sprottan, Paderborn, Mongole, Lockstedt, Soltan, Gruppe. Für die
17 neaerworbenen PUUse bat Dentseblaad seit 1891 — 80 Millionen
Franks aufgewendet; im Budget für 1900 ist auiserdem noch die
Summe von 2,5 Millionen Franks angesetzt^ um im Elsals einen
Platz zn erwerben. Jeder Platz milst im Mittel etwa 2500 h, der
Preis für 1 h stellt sich also aaf rund 1900 Franks. —
Nun stellt ,.Nyz^* eine Bereobnong an, wie sich die Kosten für
Frankreich stellen würden, wenn die oben geforderten Plätze aus-
gebaut bezw. neu erworben und angelegt werden. Der Hektar wird,
sehr teuer veranschlagt, etwa 2500 Franks kosten. Zur Vergröfserung
des Platzes Bois TEveqne 1200 h = 3 Millionen Frank. Die Neu-
beschaffung zweier Plätze — je 5 km. lang und breit — zusammen
L2 Millionen, davon l Million zur ii^inriobtung; Kucbard in seiner
Gröfse verdoppelt = 3 Millionen, Gesamtsumme fUr diese 4 Plätze
18 Millionen Frank. Auiserdem müssen noch 8 kleinere Plätze
neugeschaffen oder verbessert werden fUr die Truppen eines Korps,
die von einem der grofsen Plätze zu weit entfernt liegen, um sie
gehörig anasonntzen. 1—1,5 km. schmäler als die groisen könnten
diese kleinen Plätze schon s^n, in der Länge aber müssen sie den
groben gleich sein, so dals wenigstens die Infanterie hier nach Be*
dürfnis mariöveriereu und schielsen könne nach jeder Richtung hin.
Für diese Plätze müsse der Staat etwa 32 Millionen, im ganzen
also 5n Millionen Franks opfern, wenn er den unabweisliehen
Armeebedurt'nissen Keehruifür tragen wolle, l'ni das weniger schmerz-
lich fiir (las Budget zu machen, schlägt Herr .,Nvx" vor, man solle
zunächst jährlich 1 Million ausgeben — wahrhaftig eine lächerlich
kleine Summe, die der Staat noch dazu für den eigenen Beutel
hergäbe. Alierdings meint er, daljs, sobald man von der Absiebt
208 SchUue und - üelui:
der Regierong Im Volke eifllhre, die Pteise fttr die GnmdBfctteke
ins UDgUrabliche in die Hohe selmeUen worden." Damit bat Herr
„Nyz** jedenfalls Recht, das ist Überall dasselbe^ überall nimmt man
,,die Koigonktnr wahr'^ — Westen ist das, wie der Herr Ver-
fasser sagt, sehen znr Thatsaehe geworden. Hier kostet, seit dem
man Lnnte geroehen, der h SOOO Franks; man müsse also, wenn das
Bndget des Reiehs vielleieht räien danemden Zuwachs an Ausgaben
nicht vertragen kOnne> xnnächst einmal 5 Millionen springen lassen
nnd dann alle 5 Jahre wenigstens einen neuen ObnngsplatK dnriohten!''
Diesen etwas sarkastischen Vorschlag beendet er dann mit: „il faat
se häter.'* „Die Sache heischt Eile" nnd eine Hinschleppnng, wie
sie sich ans der Befolgung des zuletzt gegebenen „guten" Rates
ergebe, sei unzulttssig. Das oben geforderte sei unbedingt nötig
und Tag für Tag trete die Notwendigkeit mehr und mehr hervor.
„FVankreioh kann und darf nicht mtüsig dastehen, heute, wo die
Fortschritte in der Bewaffnung der benachbarten Mächte so gewaltige
sind. Schnelle Lösung der Frage ist Pflicht fttr uns, eine Frage,
die bereits seit 10 Jahren uns .beschäftigt." 52.
XIX.
Schütze und — Helm!
Seit der Bewaffbung der Infanterie mit dem gezogenen Hinter-
lader, besonders dem kleiukalibrigen, wird die Kampf-fintscheidang:
nicht mehr durch den Stols in geschlossener Ordnung, sondern durch
die zasammengefalste Feuerwirkung der Einzel-Schielsleistungen der
Schützen, aus welchen sich der käropfeude Schützenschwann zu>
8ammenf*etzt, herbeigeführt Die taktische Entscheidung hängt somit
in erster Stelle von der selbständigen, gewandten Ausnutzung der
Feuerwirkung des Gewehrs dfirch die Schützen ab.
Es versteht sich daher von selbst, dals unablässig darnach ge-
strebt werden muls, den Schützen zur möglichst wirksamen Ver^
Wertung seiner vorzüglichen Wafie auszubilden — dafs aber auch
alles zu vermeiden ist, was jene Verwertung irgendwie
beeinträchtigen könnte.
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Sohtitze und — üelm!
209
In letzterer Hinsicht wäre zu wtJnschen, dafs der knapp an-
liegende WuÜeuroek mit steifem Kragen und engen Ärmeln, welcher
— besonders bei umgehängtem Gepäck — jede Anschlagsart er-
schwert, einem loser sitzenden Waffenroek mit bequemem weiten
Umlegkragen Platz machte. Auch die blinkende Knopfreibe mtliste
geopfert werden. Die Litewka also für das Feld!
Von ebenso grober und noch gröiserer Bedeutung wäre es aber,
wenn der kämpfende Schütze, welcher im Liegen, Knieen und Stehen
feuern, welcher, am sich an den Gegner beranzuschiefsen, laufen,
TOistttrzen und kiiecben mnls, welcher endlich während des Ladens
dem Auge des Gegners bezw. dessen Geschossen sich durch gewandte
Deckung entsiehen soll — warn dieser Sehlltze rem dem Helm be-
freit wttrde.
Die guten Eigenschaften des Helms — nm dieselben im voraas
amrafHhien — bestehen darin, dafe er bei Kegenwetter den Kopf
trocken hält, und dals er ventiliert ist Diese gnten Etgensehaften
des Helms — welche aooh, ond zwar vollkommener, mit anderen Kopf-
bedeckungen verbanden sein können — fallen aber nicht ins Ge-
wicht gegenüber seinen Naehtdlen.
Znnächst steht fest, dalis ein ganz betcttchtlieher Prozentsatz der
Verloste an Verwondeten nnd Toten des Feldzages 1866 nnd be-
sonders desjenigen von 1870/71 der Aosrflstong mit dem Helm znzii«
schreiben ist Der glänzende Helm zieht die Angen nnd Visierlinien
des Feindes gleichsam magnetisch an. Es mnls bei St Privat ihr
die franzOsisehen SchlltBen ein leichtes gewesen sein, die glänzenden,
wogenden Hehn-Felder der Prenüsisehen Garde- Bataillone unter
Fener zu nehmen. Instinktiv nahmen daher die in Stellung befind-
lichen Schlitzen die unbequemen „Magnete** meist ab. Auch Uelsen
schon 1866 einzehie lYnppenteile die Helmadler sehwaiz lackieren,
andere setzten zum Gefedit die Mätzen auf und trogen die Helme
an der Seite.
Dnieh den eingefähiten Hekn-Oberzog ist allerdings dem Glänzen
des Helmes auf die einfachste Weise abgeholfen. Der Oberzng wird
jedoch im Felde bald schadhaft werden nnd geht alsdann Idcht ver-
loren; derselbe vennehrt, wenn nals geworden, das Gewicht des
Helmes nnd verhindert hänfig die so nOtige Ventilation. Anch ist
an bedenken, dafs bei Felddienst-Obungen dnsohlieblidi Manöver die
Partei mit Hehn - Obersttgen insofern verwöhnt wird, als de die
Gegen-Partei Idobter erkennen und daher anch Idchter aoft Korn
nehmen kann.
Neben dem dnzeh den Obeizag — fUr einige Zeit — onschäd-
Heh gemachten Glanz hat der Helm aber noch andere schwer
JakAMtorflrdtodmlNteAmMudlUilB». Bd. IM.«. 14
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210
SMtM und — Helmt
wiegende Nachteile. Zanäobst ist aneb der Helm, selbst nenesteo
niedrigen Modells» immer noob m sobwer nnd trotz der Loftttfcber
im Sommer zu heifs. Die als Zierrat dienende metallene Spitze
vermehrt das Gewicht des Helmes and ist dadurch, dals sie den
Schützen unnötig h(iher und sichtbarer macht, nicht kriegsgeniäfs.
Da ferner der aufgesetzte Helm nnr mit einem im Verhältnis zn
seiner ganzen Höbe schmalen Streifen am Kopf anliegt, und da das
lackierte üelmleder steif ist, kann der Helm nicht elastisch >t
sitzen, er wackelt bezw. ratscht bei stärkeren Kopfbewegangen, tioU
Lederfutter und Einlagen. — Wird der Kinnriemon fest angezogen,
so werden dadurch Hals und Kopf geprefst, somit Atmung and Blnt-
umlauf gehemmt; dies hat zur Folge, dafs der Schutze nicht scharf
sehen und zielen kann — die wichtigsten Bedingungen zu einem
raschen guten Schufs sind dadurch also aufgehoben. Ist der Kinn-
riemen aber nicht henintergenümmen oder nicht fest angezogen, so wird
der Helm dem Schützen bei raschen Bewegun:ren und Erschtltterungen.
z. B. wenn jener sich nach einem Sprung hinwirft, leicht vom Kopf
fallen oder Uber die Augen vorrutschen. Anstatt dalsr der im stärksten
feindliche Feuer vorstürzende und sich hinwerfende Schütze sofort
das Feuer aufnehmen kann, muls er in diesen kritischsten Oefeehts-
momenteu. in welchen es sich um Ausnutzung jeder Sekunde zur
Feuerabgabe handelt, häufig — um st lif n und zielen zu können —
den tief gerutschten Helm zunächst zurückzuschieben. Jede Sekunde
bringt aber feindliehe Geschosse und somit die Möglichkeit, durch
Treffer aufscr Gefecht gesetzt zu werden.
Beim Schiefsen im Liegen kann der Schtit/e sehr oft den Kopf
zum Sehen und Zielen nicht genügend aiitrichttii oder zurUcklegen,
weil der Helm mit dem Hinterschirm an den um den Tornister ge-
schnallten Mantel bezw. die Zeltbahn stüfst; es bleil)t dem Schüt/en
dann nur übrig, deu Helm abzunehmen. Bei lebhaftem Feuern im
Liegen rutscht der Helm schon wegen der mit jedem Schufs ver-
bundeneu ErscIiUtterung. MuCs sieh ferner der Schütze, weil er im
Liegen kein freies SchulstVld hat, zum Knieen oder Stehen auf-
richten, so wird durch das rasche F'.mporschnellen zum Anschlagen,
sowie durch das Heruntergehen oder ÜU(d\en nacli dem Schufs der
nicht elastisch fest sitzende Helm wieder aus seiner Lage gebracht
und dadurch hinderlich.
Das Aufsetzen oder Mitnehmen der herunter gefallenen oder
abgenommenen Helme l)ildet. wenn das Kommando zum „Sprung"
erfolgt, wieder eine Hinderung in der raschen Ausführung sowohl
des Aufspringens wie des Vorstürzens.
Der Helm erschwert somit die ganze, aus Bewegung und Schielseu
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Sobtttie und — Helm!
211
bestehende Thiitigkeit des Schützen im Gefecht; er hindert ihn, die
Wirkung seiner Schnlswaffe möglichst auszunutzen und gieht ihn
dafür umsoDiehr den feindlichen GeschosHeu Preis; der Helm bildet
daher mehr oder minder einen Faktor der Feuer-Unterlegenheit, mithin
zur Niederlage. — Der Helm ist m. E. aus diesen Gründen trutz
IJberzng keine kriegsgemälse Kopfbedeckung. Für da« moderne
Feoergefecht, in welchem die hoch gesteigerte Wirkung des klein-
kalibrigen Mehrladers den Angreifer zwingt, sich aufzulösen und als
SchUtzenschwarm unter Ausnutzung des Geländes im zähen, oft
stuiulcnlang hin und her wogenden Feuergefecht sich an den Gegner
heran und diesen aus seiner Stellung herauszuschielsen (wobei die
Intelligen/, und (rcwandiheit Jedes einzelnen Schützen sehr in die
Wagschalc fällt) mit der Bedingung: „mehr Schütze als Scheibe" zu
bcin, palst der Helm nicht mehr.
Die erste Frage bei der Wahl einer Kopfbedeckung sollte lautt ii:
Ist sie bei anstrengenden Märschen, sodann beim Schiefseu in allen
Anschlagsarten, bei den im Angriffsgefecht vorkommenden Bewegungen
als: Laufen, Vorstürzen, sich Hinwerfen, Aufschnellen, Aufspringen,
über Gräben springen, Uber Zaun oder Mauer klettern, beim raschen
PaBsieren tiefeingescbnittener Hohlwege, beim Vorkriechen, bei
eiligstem Ansbeben tod Schtttzengrilbeii ele. eto. — ist die Kopf-
bedeekQDg in allen diesen Fällen niebt nor nicht im geringsten nn-
praktlseb und hinderlich, sondern durch Leichtigkeit, elastisch festen
Sitz, Form nnd Farbe praktisch nnd forderlich?
£& kann kein Zweifel bestehen: jede andere Kopfbedeckung
ist — fttr die heutige Kampfweise der Infanterie — praktischer als
der durch Stoff, Form, Sitz und Gewicht dazu wenig geeignete Helm.
Schon unsere Feldmtttze, wenn aus wasserdichtem — Tielleicht
scbilffarbenem — Stoff gearbeitet, mit Luftltf ehern und mit ab-
stehendem d. b. nicht an der Stirn anliegenden Schirm versehen, ist
durchaus kriegsbrauchbar. An ihrem hinteren unteren Rand könnte
allenfiAlls, damit bei anhaltendem Regen das Wasser nicht in den
Hals läuft, em dttnner konkav geschweifter und sich nach unten etwas
▼erbreitender Schirm angebracht werden; an den Tündern desselben
wären zur Wahrung seiner Form Aluminium • Drähte emzuoäben.
Eß möchte sich zur Unterscheidung von Freund und Feind im Ge-
fecht, besonders bei weiten Entfernungen, empfehlen, einer ev. einzn-
fllhrenden neuen Kopfbedeckung auf der Hinterseite einen breiten
weithen Streifen zu geben, denn von den in erster Linie kämpfenden
eigenen Truppen sieht man doch meist nur die Rückseite.
Zweierlei Kopfbedeckungen — eine für Parade etc. und eine
ftlr das Feld — können wir nicht das Wort reden.
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212 Glumüctor, Vossen und KOnnen in ihrer Bedeutani^ fllr den Oifliier.
Weich kostbare Zeit wird schon zq Helni-A{i]>olls Terbianoht,
aber trotz eingeleimter Tuchstreifen oder Papier-£üilagen ete. sltaEk
der Hplni uud kann er nie elastisch festsiteen.
Was die sonst g:ewil8 sehr wichtige — Tradition betrifft, so
fällt hinsichtlich des Helmes jedes Reeht m. £. darauf weg. Der
Helm wurde allerdings in drei FeldzUgen getragen, aber er war oft
genug Yeranlassunc: empfindlicher Gefechts Verluste.
Zudf'ni wurde der Helm bei verschiedenen historischeu Waflfen-
tbaten der letzten FeldzUge, so z, B. isf; ( bei Alsen und bei Düppel,
dann 18G6 bei Königgrätz von Terschiedenen Truppenteilen, aaeb
1870 bei Belagerang französiseber Festangen meist nicht getragen
ans oben entwickelten Gründen.
Was die anderen Waftengattungen betrifft, so hat das betreffs
der Infanterie gesagte auch für Fulsartillerie , Pioniere und Be-
dienungsmannschaften der Feldartillerie volle Anwendung; auch für die
beritteneu Waffen wäre eine leichtere Kopfbedeckung mit elastisobem
Sitz gewifs wünschenswert.
Die Thatsache, dafs der Helm von fremden Armeen angenommen
worden ist. entkräftet das Gesagte nicht; häufig wählt die Nach-
ahmungssucht gerade das am wcnigstm praktische; aul'serdem ist
z. B. zwischen dem ans Pflanzenfasern bestehenden luftigen, porösen
und elastischen Tropenhelm und unserem Armee «üelm doch
noch ein erheblicher l'nterschied.
Möchte unserer Infanterie zur Ausübung ihrer, die Einsetzung
der ganzen ^'•eistigen und kr»rperlich( n Energie und Kraft jedes ein-
zelnen Schützen fonierndcn Kaniplcsthätigkeit elFie diese nicht hin-
dernde K()j)ff)('deckung gegeben werden. — Der Burenkrieg in Süd-
afrika giebt auch in dieser Beziehung zu denken! V.
XX.
Charakter, Wissen und KönneQ in ihrer Bedeutung
tfir den Offizier.
Es wird erzählt, dafs ein hochgestellter deutscher (xeneral einem
Autographensammler einen für ein in neuester Zeit vielgenanntes
Sammehverk von Sentenzen bedeutender Männer bestimmten Denk-
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Charakter, WtoBen und KOnnen in Ihrer Bedeatnng flir den OfBder. 213
sprach anvertraut habe, der ein nicht eben schnieiehelhaftes rrteil
Ober unser Oflßzierkorps zum Gegenstand h(ätte.*) Wir wissen, dals die
deutsche sozialdemokratische und die ihr nahestehende sogenannte
„linksliberale'' Presse das Unglaublichste an Unwahrheit and —
Dreistigkeit leistet, wenn es gilt, das deutsche Offizierkorps anzu-
greifen und zu verdächtigen. Wir freuen uns dessen insofern, als wir
in dieser Erscheinung den Beweis sehen, dafs unsere Armee 70n dieser
Seite noch immer als das unerschütterlichste BollwerlL onseres Vater«
landes angesehen wird. Aber wir glauben auch, hierin einen Finger-
zeig zu sehen, seitens autoritativer Persönlichkeiten vorsichtig mit
Aussprüchen Uber unser Offizierkorps zu sein, sobald die Gefahr
vorliegt, dals diese entstellt oder gemilsbraucht werden können. —
Wie sollte es auch möglich sein, dafs es einem noch so grofsen.
geistig bedeutenden Manne gelingen könnte, die Summe seiner in
einem laiijrcn Leben errungenen Lebenserfahrung and Lebensweisheit
in einem kurzen Citat zu verdichten.
Dies voniiisgesc'hickt, zweifeln wir noch immer daran, dafs dir
von der oben charakterisierten Seite verbreitete Nachricht, jenes
Urteil lial)e dahin L'f'lautet, dafs zwar „das Wissen" in nnsereni
Offi/.ierkorjis heute ^criHser sein nii»ge als ehemals, dals aber „das
Können" früher in höherem Mafse vorhanden gewesen, zutreffend
sei. Wir L^laubcn kaum, dafs in dieser Fassung und in dieser Tendenz
jener Ausspruch gethan ist. Sei dem aber, wie ihm wolle; für uns
bot dies \'orkommnis die willkommeue Veranlassung, ans mit der
aufgeworfenen Frage zu beschäftigen.
Unsen' Zeit ist wahrhattig nioht arm au Wissen. DafUr zeugt
die iii geradezu erstaunlicher Weise zunehmt nde Zahl derer, welche
die höchsten Stufen unserer ohnedies so verfeinerten Schulbildung
erklimmen und hierdurch auch die Zahlen der Besucher unserer
Hochschulen in schier unheimlicher Weise ansehwellen machen, ferner
das immer mehr und zwar fllr den Staat in gefäiirliehster Weise
anwachsende „gelehrte i'roletariat-'. die gefährlichste Art desselben.
Unsere Zeit ist wahrhaftig auch nicht arm an Können. Dafür spricht
die Kntwickelung unserer Technik, unserer Industrie im weitesten
Sinne des Wortes, die Ausdehnung unseres Handels und Verkehrs.
Aber unsere Zeit wird immer ärmer und schwächer an dem
was dem Manne, vor allem unserem im Innern von den Männern
1) Wir verhehleo unsere Ansicht sielit, dab mit derartigen litterarisehea
(?) Enengnissen modemer Sp^nUtioB heute oft ein sehr grofser Mifsbraach
getrieben wird. Hierzu kommt die geradezu schamlose, tcndenziJSHe Aus-
beutung selbst von bücbster Stelle um stammender Aussprüche, deren Sinii
ohne jedes Bedenken verdreht wird.
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214 C^uvafcter, Wissen und Kttnnen in Uirer Bedeutung für den Offizier.
der Revolation nnd von den radikalen Elementen bedrohten deutschen
Vateilande heute nnentbehrtioher ist denn je — an Charakter.
Was wir hier im aUgemeinen yon dem heutigen Gesohlecht
sagten, gilt mntatts mntandis auch von dem Stande, der berufen ist»
der Träger aller edelen Eigenschaften zn sein, die unser Heer und
Volk grols gemacht liaben — dem Offizier. Aber dennoch mochten
vir nicht falsch verstanden sein. Wir wissen wohl, dab das Offiziers-
korps heute wie früher in emster Zeit der „Rocher de bronce** sein
wird, an dem die Wellen des änfiseren und inneren Umstar/x's unserer
Verhältnisse zerschellen, — so Gott ans hilft. Aber walirUch grols
sind auch die Gefahren, welche ihm drohen. Wach gilt es zu sein,
dals die an ihn andanemd herandrängenden Wogen der gesinnungslosen
Zeitströinung unserer Tage nicht das feste Fundament untergraben,
aof welfhcni es bisher heo^rttndet war.
£he wir hierauf eingehen, möchten wir unsere abweichende
Meinung von dem oben beleuchteten Gitate festistellen und be-
gründen. Die heutige Generation unseres Oftizierkorps hat —
so glauben wir — nicht durch übertriebene Betonung des Wissens
die richtige Schätzung des Könnens verlernt. Sondern im Gegen-
teil, es will uns scheinen, als ob gerade dem Wissen zuweilen ein
zn bescheidener Platz in der dienstlichen Schätzung des Offiziers
eingeräumt werde. Nicht. (iaTs das Ol'fizierkorps nicht auch Teil
nähme an der allgemeinen üebuug der Bildung des deutschen Volkes.
Dafilr sprechen schon die höheren Ansprüche, welche man heute
an die Kenntnisse in der Fähnrichs -Prüfung stellt, dafür die so un-
endlich bessere wissenschaftliche Ausbildung des angehenden Offiziers
auf unseren vortreflflichen Kriegssi-hiiltMi wie einst auf den Divisions-
schulen der tUnf/iger Jahre, dafür aueh die so sehr viel gröfsere Zahl
der Abiturienten unter unseren Oftiziersaspirantcn. dir voraussichtlich
in F(»lge der neuesten Allerhöchsten Verordnung in Zukunft noch eine
bedeutende \'cnnehrung fitahrin wird.
Aller andererseits glaube ich nicht fehl zu greifen, wenn ich
behaupte, dafs das ülfizierkorps der Armee Friedrich Wilhelms III.
und I\., ja. auch noch in dem ersten Teile der Regierung Kaiser
Wilhelms I. einen weit gröfseren l^rozentsatz von Otlizieren enthielt, welche
sich im Laufe ihrer Dienstzeit mit sehr umfassenden Studien, auch nicht
rein dienstlicher Natur, beschäftigten und auf diesem Felde hervor-
ragendes leisteten. Man lese nur die Lebensschilderuugeu vieler unserer
bedeutendsten Generäle,deren militärische Jugend in jenen Zeitraum fällt,
wie eines Multke, iioon, Werder. Welcher auf wissenschaftliche, oft
aufserhalb des eigentlichen Berufes liegende Thätigkeit verwandter
Fleüs tritt uns da entgegen! Hat das meist auf dem Gebiete des
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Gbanktor, Wissen und Kttoneii in Ihrer Bedentung Ar deo Ofliiler. 215
WiflseuB Erreichte ihrem KKnnen gesehadet? Wir glauben, die
RühmesbUttter prenlbiflob-deatseher Geaciiiehte geben die Antvrort
hieraal Es kann aaeh garnioht anders sein. Denn ein vollendetes
Können des Offiziers ist gar nicht denlLbar ohne ein dnreh klares
Wissen gest&rktes sicheres UrteU. Die KriegiUhnmg ist ja eine
Kunst; aber die höchste Stnfb der Kunst erreicht auch der genialste
Künstler nicht ohne Fleifs. Das lehren nns die Blätter der Kunst-
geschichte aller Zeiten. Und auch auf diesem Gebiete gilt neben
dem Grundsatz: „Ohne Fleils kein Preis!^ auch der alte and doch
ewig wahre: ,^asnahmen bestätigen die Regel!" — Solcher Aus-
nahmen hat es aber Ende des neunzehnten Jahrhnnderts kaum ge-
geben, und das kommende wird sie noch weniger kennen. DafUr
btirgt die andauernde Verbesserung der Bewaffnung, die bisher un-
geahnten Fortschritte der Technik, des Verkehrswesens und die un-
ermttdUch geförderte Organisation und Gefechtsgewandtheit der Heere
der eiiropäiseheo Grofsstaaten sowie die Schwierigkeit die grolsen
Massen der heotip:en Volksheere zu leiten und zu bewegen.
Wissen und Können schliefsen sich ihrer Natur nach
in keiner Weise ans. Selbstverständlich ist ein Wissen ohne
Können unfruchtbar fUr den Offizier, und der, welcher nnr Im ab-
strakten Gebiete des Wissens lebt und das Können nicht übt, wird
auf keiner Stufe militäriscli'T Hierarchie seine Stelle ausznfttllen
Terniftgen. Aber ebenso wird der nur in der Schablone der Routine
thätige Offizier, dem jedes höhere Wissen mangelt, sehr bald in eine
Lage gelangen, wo er sich selbst nicht verhehlen kann, dals er seine
Stellung nicht mehr auszufüllen vermag.
Oder verletzt der Vorgesetzte nicht seine Pflicht, wenn er einen
seiner Untergebenen reif für die Leitung eines Offizierkorps erklärt,
der seit seiner Leutnantszeit niemals an die Weiterentwickelang
seines Wissens gedacht hat und der nur von dem Drill zu guten
Vorstcl hingen, die meist mit den Knochen und der Freudigkeit der
l'ntergelienen erkauft sind, sein Emporsteigen erwartet, wie er in
den niederen Chargen diesi-n Mitteln sein Heil verdankt hat.
Wenn wir es somit fUr eine grobe Unwahrheit erklären, dal^
Wissen und Können in gewissem Sinne (n'gensätze sein sollten, so
müssen wir auch die heutige Generation gegen den Vonvurf in
Schutz nehmen, als Uberschätze sie den Wert des Wissens gegeuüber
der Hodeutung des Könnens. Wir bedauern, uns im Gegenteil nicht
der Überzeugung versehlielsen zu kiiniu n, dals die oft an die Zeit und
die köri)erlichen Kräfte der Untergebenen gestellten Forderungen
es heute dem Offizier fast unmöglich machen, wenn er nicht aut
jede Art von geselliger Erholung verzichten, nicht in freiwilliger
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216 Glumkier, Wlsm and KOnoeB in Uir«r Bedontonir ^ dm Oflhier.
Vereinsamang leben will, sich so eingebend wisBenschaftlich za be>
sohttftigen, als dies noeb unseren Vorgängern im Oifizierkorps bis in
die siebenziger Jabie des nun abgelaufenen Jabrbnnderts mOglicb
war.') Wir wollen diesen Gedanken nicht weiter ansspinnen. um
nicht pessimiBtiscb zn eischeinrii und die Zukunft onseres Oflisier>
korps and der Armee zn sehr Gran in Gran malen zn müssen, was
weder unserer Absicht noc;h unserem Charakter entepricbt.
Wir glauben aber auch, dais Uber dem Wissen and dem Rönnen
des Offiziers die Anfordemngen nicht vergessen werden dürfen, die
man an den Charakter za stellen berechtigt ist. Künstler können
YortrefiTlicbes leisten, Gelehrte die Höhen des Wissens erklinmien,
ohne Charaktere zo sein. Niemals aber wird der Oifizier vor dem
Feinde nnd in ernsten Augenblicken seines Dienstlebens
im Frieden Vorzügliches leisten, ja nur den berechtigten
Anforderungen gentigen, wenn er kein Charakter ist.
Die Gefahr liegt aber sehr nahe, dais derjenige, welcher sich
seiner raanjrelnden Befähigung für die ihm anvertraute Dienstteilung
bewulst ist, leicht an seinem Charakter bedenklichen Schifflirach
leiden kann, sei es. dafs er die Schwächen seiner Vorcresetzten b* -
mitzend, nur auf Tänschnnt;^ derselben durch äufsere Erfolpe hiii-
arlicitet. denen jeder innere Wert fehlt, sei es dafs er in steter
Sorp' um seine Person in sinnloser Weise die Verantwortung :iuf
die Schultern seiner linterfrebenen abwälzt, Solche Man in r
werden aber zum Fluche für die von ihnen befehligte
Truppe. Sie verpriften zu^'leieh das Höchste, was eine Armee
besitzt, den Geist des Offizierkorps, seine ritterliche Ge-
sinnung.
Unsere Zeit scheint, wohin wir auch blicken, die
Bildunfr von Charakteren nicht zu begünstigen. — Das
wüste Streben uach materiellem Genuls hat natcrpemäls eine Unter-
schätzung der ideellen Guter im Gefolge. Die Entwertung des
Geldes, welche den frühzeitig oder doch noch in bester Mannes-
kraft in den Kahestaad tretenden Offizier in eine oft hilflose Lage
1) Wir Terwshren uns hierbei «aBdrttokUeh gegen die Avttuamg, als
wollten wir etwa das Wissen irgendwie (Ibersohätzen, namentlich als
wollten wir der Bevorzugung der dorch ilire Stellung aufserhalb des Frontdienstes
begünstigten Generalstabsoffiziere a. s. w. für die hüheren FtthrerateUen das
Wort ledea. Im OegenfeeB «flidea wir ee tlir ein groisef Unglttek halten«
wenn man doh je der Uebensengong Tersehlieften konnte, daOi ein vortreMieher
Adjutant and Generalstabsofßzier ein recht uiäfsiger Truppenftthrer sein kann
nnd dafs die franziisische Armee ihre traurigen Erfahrungen 1870/71 nicht
zum goring.sten Teile der Abgesohloasenbeit der Laufbahn der St. Cyhens
▼erdankt hat.
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Gfavakter, Wlueo und KOnneii In ihrer Bedeatuog für den OfBsler. 217
Tenetst, Iftfet in manchem natorgemäb den Wonsoh entitehen,
rieb — wenn irgend thnnlieh — lange in «einer Laufbahn zn
erhalten. Dieser Umstand ond die ObertttUnng der sogenannten
gelehrten Berufe bei fortwährendem vennehrten Andrang zn ihnen ist
die Veranlaesnng zn einem Streben, das leicht in eine Konkurrenz
mit Mitteln qnand ro§me ausartet Alle diese Momente dienen selbst-
▼erstSndlieb nieht der Entwickelnng des Charakters. Die Gefahr
ist aber fUr keinen Stand so grols wie für den deR Offiziers. Denn
was nns Ptenlken, nns Deutsche grofs gemacht ist vor allem der
Charakter seines Ofßzierkorps. Ohne Charakter ist der Offizier ni I ts;
mit ihm kann auch der weniger Begabte Vortreffliehee leisten. Was
wird aus der Armee, aus dem Offizierkorps, wenn nicht immer die
tllobtigsten Charaktere in die malsgebenden Stellangen gelangen,
sondern auch gewandte, vielleicht auch in Wissen und Können
nieht untüchtige, aber charakterlose Streber? Welche Erziehung
wtlrde iinst r junger Offizier genielsen, wenn er zu seinem Kommandeur
nieht mehr aufsehen könnte als zu einem Mann, dessen untadelhafiter
Charakter ihm ein leuchtendes Beispiel bietet, /u dessen selbstloser
Gerechtigkeit und dessen stets bereiter Freudigkeit, ohne KUeksieht
auf die eigene Person fllr seine Untergebenen einzutreten wo und gegen
wen es aueli ^^ Ite. er ein felsenfestes Vertrauen haben darf. Wie
gestaltet sich die Zukunft unserer Armee, wenn je in höhere Stellungen
Männer gelangen sollten, denen die ihnen anvertrante Truppe nicht
eki ihnen von ihrem Kriegsherrn anvertraut^s heiliges Pfand
ist, sondern nur ein Mittel für die Ersteigung einer höheren Stufe
militärischer Hierarchie, das ohne Rücksicht auf seine körperlichen,
geistigen und seelischen Kräfte zur Erreichung für den V'orgesetzten
günstigen Ergebnissen — „Resultaten** — anzusi)annen ihr einziges
Ziel ist Nicht die Erhaltung der Gesinnung des Otlizicrkorps, nicht
die Steigerung der Schlagiertigkeit der 'IVuppe ^Lrilt solchen Persön-
lichkeiten als ihr Endzweck, sondern nur der persönliche V^orteil. Es
scheint uns, als wenn es die erste und wichtigste Aufgabe unserer
obersten Heeresleitung und aller mal'^irehenden Stellen unserer Armee
sein müsse, das Emporkommen solcher Elemente zu verhindeni.
Ereilieh kann dies nur dadurch geschehen, dafs man selbst den
entscheidenden Willen kund thnt. das Betreten solcher Bahnen zu
verhindern und alles vermeidet, was mittelbar oder anmittelbar solche
Gesinnung begünstigen könnte.
Fassen wir also nceh einmal mit wenigen Worten unsere Ansicht
zusammen, so geht sie dahin:
Unser Offizierkorps hat unstreitig im „Können** Fortschritte
gemacht. Die vortreö liehen, nur auf das Wesen des Krieges be-
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218 Charakter, Wisaen und Ktfnneii in ihrer Bedeutung für den Offizier.
gittodeteo Voracbriften aller Waffen, die Art der Aosbildang der
Tmppe and die Grond^tze für die Heranbildung der Offiziere dnreb
Übnngsritte, Kriegsspiele, Gamisonttbnngen aller Art, Kooimandiernng
KQ anderen Waffen, den Schielascbalen, Telegrapben-Kanen n. a. w.
begünstigen dies in erfreoliobem Halse.
Die „Vertiefong des Wissens'' ist dem CMfizier aber dnreb die
bentige fieberhafte, seine Zeit ttbermälsig in Anspruch nehmende
Tbätigkeit, namentlioh bei der sweyftbrigen Dienstzeit nnd der immer
grülseren Schwierigkeit, sich ein branehbaies Hilfepersonal an Gefreiten
und Unteroffizieren zu schaffen, sehr ersebwert. Es mols seitens
der mafsgebenden Stellen dringend darauf Bedacht genommen werden,
nach dieser Ricbtnng hin Abhilfe zn schaffen.
Am wichtigsten erscheint nns aber die Sorge, dab anter dem
Einflnsse der Strömungen unserer Zeit nicht „der Charakter des
Offizierkorps*' Schaden nehme. Dafs man bisher im Offi^rkorps
selbst noch Widerstand leistet, das seheinen uns die Angriffe aus
nicht immer dem sozialdemokTatiscben Radikalismus, sondern auch
dem „sogenannten" bürgerlichen Liberalismus angehörenden Kreisen
gegen den „Ehrbegriff des Offiziers*' zu beweisen. Dafs aber die
Strömungen des schrankenlosen Materialismus und des charakterlosen
Strebertums an die Mauern der festen Borg, die unser Of&zierkoips bisher
ftlr unsere Hobenzollern nnd das Vaterland stets gewesen ist, pochen
und Einlafs begehren, davon sprechen schmeraliche Erfahrungen der
jüngsten Vergangenheit und ernste Wamrafe aus treugesinnten Kreisen
Tor dem Lnzns, dem Strebertum, ond so manchen Ofilzierehen,
in welchen statt der edlen, gut erzogenen Frau nur der Geldsaek
von Familien herrscht, deren Gesinnung und Blut nie unser ritter*
liebes Offizierkorps degenerieren sollte.
Als wir diese Zeilen schrieben, kam ans der Mahnruf in den
Sinn, den General Troohn in seinem geradezu klassischen Buche:
„L'armöe fran^aise en 1867" dem französischen OfiBzierkorps des
dritten Napoleons gleichsam prophetisch wenige Jahre TOr den Tagen
TOD Metz und Sedan zurief.
Da heiffit es in dem Kapitel: ..L'Esprit du siecle dana 1' Armee",
nachdem auf die Gefahren des charakterlosen Strebertums nnd des
Jagens nach nintcriellem Gewinn, hingewiesen wurde:
,,Chez les oflioiers et les göneraux, la meme cause cröe les
memes effets, avec des pc^rils plus irrands encore. car ceux-lä ne
re^oivent pas l'exemple, ils le donnent, et quand dans leurs ämes
le calcul a pris la place du patriotisme, c'en est fait des arm^es.
Les annales de tous les peuples et de tous les temps nous ont appris
des v^iites, et ii ue faudrait pas remonter bien loin en arriere dans
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Chankter, Wissen lud Ktfanen io ihrer Bedeutung tllr den OUtsier. 2 1 \}
]'hiBtoiie oontemporaine, ponr eonstater oe qoe sont, an jour des
grands rerers militaiies et dea grandea ^prenvea nationalea, la Boliditö
de caractöre, la fennetd dana la fid61it6 et dana le devoir, dea
gtotonz qne la foiinne a Bondainement eomblto en les deyant aa-
desans de toas! Enfin qni ne Tolt qne riiiTasion pami nona, de
ces prineipea destrocteon da dösintöresaemeDt profeaaionel, flut naltre
les riTalitÖB et r^goisme, favorise les aadadeoz, öcaite les d^rone*
meots siiioöres et dösorganlse pea 4 pea, par toute sorte de moyens
aper^ns et inaper^as^ cette grande famille fran^ise dont les membres
dtaient si ^troitement nnis dans la slmplicitö et dans rhoaneor.'* ....
Soweit der französische General. —
Unser prenlsisch-deatsches Of&derkorps ist so reich an herrlicbeD,
selbstlosen Charakteren, dals es uns schwer wird, einzelne Männer
herau^/.u'rreiten. V(»n einem Ziet(Mi, einein BlUcber, Gneisenau, Boven,
Yorok bis sa einem Koon and Moltke, welche anendlich lange Reihe
von Männern könnten wir nennen !
Allen diesen Offizieren, welche in ernsten Stunden unsere Armeen
znra Siege führten and das Vaterland retteten, stand die Pflicht
höher als jeder persönliche Vorteil; daher ihr forchtloser
Mannesniut, wo es galt, ihr Wort im Frieden aud im Kriege in die
Wageschale ihrer Überzeugung zn legen. Ihnen mtlssen die kommenden
Geschlechter unseres Offizierkorps nacheifern, ohne Rücksicht darauf,
ob andere Klassen der Gesellschaft den modernen Götzen ihre Opfer
bringen.
Dulden wir incht, dafe in unsere Reihen Männer treten, die
durch Erziehung und Gesinnung diese ritterlichen Tugenden verleugnen.
Entfernen wir rücksichtslos aus unserem Standesleben alles, was
uns hindert, Männer von Charakter zu sein, die nie versagen in
emster Zeit und nieraalB das Vertrauen unseres geliebten Allerhöchsten
Kriegsherrn täiisch<'n. Dann wird unser Heer, unsere Flotte bleiben,
was sie in grolaer Zeit gewesen sind, der Schrecken unserer Feinde,
der Stolz des Vaterlandes und der Gegenstand der Bewunderung
der Welt. Dann werden wir in der Armee in echt deutscher
Weise selbstlos und unermüdlich arbeiten, die Wehrkraft
des Vaterlandes zu fördern nach allen Richtungen, nie
auf unsere Person bedacht, sondern nur darauf, das Ver-
trauen unseres Obersten Kriegsherrn zu rechtfertigen und
das Wohl der uns anvertrauten Untergebenen nach allen
Richtungen hin zu fördern als Männer von Charakter.
Fs liegt uns fern, schrofi' oder pessimistisch sein zu wolh n. wir
haben ein felsenfestes Zutrauen zu der Zukunft unserer Armee, ge-
griludet auf die Charakterfestigkeit imseres Oftizierkorps. Wir glaubten
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Kleine heeresgeschicbtlicbe Mitteilangen.
aber, unsere Ansichtc n. die onserer tiefen Überzengun^ eutspringen.
nicht znrUckhalten zu dUrfen. Irrten wir, so belehre man uns eines
Besseren. Bis dahin aber gilt fllr uns das echt deutsche Wort:
^Wer (He Walirlifit k«^nnt und sagt s*ie nicht,
Dor ist fürwahr ein erbärmlicher Wicht!
Wer die Wahiliflift Sogatlieh raror erwä^
Der beugt sieh, wo die Gewalt aieh regt!
17.
XXII.
Kleine Ueeresgeschichtliehe Mitteilungen.
Eil ^renftMer Ofliner in bayeriMbei Diensten Ter 100 Jahren.
Unter den fremdlUndiBehen Offizieren, welehe von dem Knrfttfsten
Max IV. Joseph (von 1806 ab KOnig Maximilian 1.) Ton Bayetn
einen Ruf erhalten hatten, bei der Reorganisation der bajerisehen
Armee mttsnwirken, befand sieh anob der Yormalige prenlsisohe
Artillerielentnant Georg Alexander von Sehweiniehen (ans
dem Hanse Heiren-MnseUitz).
Geboren am 8. Februar 1752 sn Berlin als der Sohn eines
Infimterie-Lentnants, hatte t. Sehweiniehen am 4. NoTemher 1768
seine Ernennung zum Sekondlentnant beim kOniglieh prenlsisehen
Feld-Aitillerie-Korps nnd swar bei der reitenden Artillerie erhalten,
in weleher Eigensehaft er bei der Armee des Prinzen Heinrieh von
Plenisen den Feldzng 1778 in Saehsen nnd B9hmen mitmachte.
Andauernde Krttnkliehkeit zwang ihn jedoeh, bereits mit Begmn 1779
um seinen Absebied naehzusuohen, welcher ihm aneh unter Ans-
steUnng eines ansgezeiohneten Zeugnisses Ober sdne Verwendbarkeit,
Tttehtigkeit und Uber sein tapferes Verhalten^ unterm 12. Februar
gevriUut wurde. Es konnte ihm daher naeh Festigung seiner Gesund-
heit nicht schwer fisUen, die erstrebte Wiederanstellung bd der
reitenden Artillerie und zwar 1790 bei den Terehiigten belgischen
Staaten nnd 1798 in holländischen Diensten sn erhalten, woselbst
er anch den Feldzügen m Brabant (nnter Glt t. Schönfeldt) und in
Holland beiwohnte.
Wohl auf die Empfehlung des Prinzen Wilhebn t. Prenisen
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Ktoilie lioentgeieliielilllohe MUteiliuigan.
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hin, bei dessen Gemahlin die Schwester t. Sohw., eine Baronin
D'Orville, als Oberhofmeisterin Dtorate leistete, wurde, wie schon
erwähnt, v. Schw. als Hauptmann zur Einrichtnng einer reiten-
den Artillerie mit einem Patente vom 8. August 1799 in die
bayerische Armee aufcjenommen. Nach seinen Anordnungen fand
sofort die Herstellung von S neuen Geschützen mit verbesserter
Lafettierung, dann von Keit- und Zugs-Equipagen nach Mustern statt,
welche v. Schw. von Berlin aus mitgebracht hatte. Trotzdem
dieser anfaniis sehr viel unter der Milsgunst der neuen Kameraden,
noch mehr aber durch den Widerstund der Miinehener Handwerks-
meister, welche sich weigerten, nach Berliner Mdiltdlen zu arbeiten,
zu leiden hatte, besiegte er, dank dem persönlichen Wohlwollen des
Kurfllrsteu und seiner ungewöhnlichen Thatkratt. dennoch alle Hinder-
nisse, so dais seine aus 120 Mann und llö Pferden, dann aus
4 Sechspf.- Kanonen und 2 JSiebenpf.-Haubitzen bestehende Batterie
schon im Feld/ujre 1800 und zwar namentlich in den Gefechten bei
Monheim und Neuburg a. D. (2r). und 27. Juni) ausirezeichnete Dienste
leistete. Selbst der Verlust seiner sämtlichen (ieschUtz,e in der
unglücklichen Schlacht bei Hohenlinden |3. Dezember) konnte v.
Schw, das Vertrauen seines neuen Kriegsherrn nicht rauben, denn
gerade diese traurige Katastrophe hatte bewiesen, mit welcher
Ausdauer, Unersclirockenheit und Selbstzucht die reitenden Artilleristen
selbst unter den schwierigsten Verhältnissen ilwe Pflicht zu erfüllen
verstanden. Obwohl nur 4 Geschütze rechts und links der Stralse
in einem 1*/, Stunden langen Waldengnis wirken konnten, hielten
diese dennoch den fast zweistündigen Anprall der durch den Wald
gedeckten und von allen Seiten andringenden französischen Ab-
teilungen aus. Erst als fast alle Zugpferde am Boden lagen, die
Bedeckungsmannschaflen tut oder zersprengt und die Verluste der
Batterie selbst zu grofs geworden waren, mu£ste der Rest auf seine
eigene Rettung Bedacht nehmen.
Sofort nach Beendigung des Feldzuges begann die Neuauf-
stellung auch der reitenden Artillerie. Um allen Hemmnissen zn
begegnen, erklärte der Kurfürst unterm 30. Mai 1801 diese Abteilung
als vollkommen selbständig und nur unter seinem persönlichen Befehle
stehend. Als der Batterie auch noch d:is Schlofs Fürstenried (bei
München) als ausschlieisliches Kasernemeut zugewiesen worden war,
da konnte von Schw. — seit 25. April 1801 zum Major er-
nannt — , unbeirrt seine Ideen zur Geltuug bringen. UnterstQtit
▼on wackeren Offizieren und tüchtigen Unteroffizieren hatte von
Schw. aus seiner l^atterie gar bald ein Elitekorps sich heran-
gebildet; sein Lehrprogramm zur Erziehung der Chargen, srine
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Klebie heeresgesdiielitiidie lOttdIiiiigai.
Erfolge im Scheibenschieften ond in der Theorie, der ganze innere
Betrieb liefsen erkennen, wie weit von Sebw. den Anscbaanngen
seiner Zeit schon voiansgeeilt war. Solche fireTentliche VersUndi^Dgen
gegen den Zopf der noeh tief im Zünftgeist steckenden Fafe-Artillerie
and gegen die Bequemlichkeit und Unwissenheit so mancher hoher
Stelle mulsten eine kräftige Reaktion bervorrafen. Verstärkt dorch
verbohrten PartikaiarismQS and geheime Wühlerei verbissener
Zuuftgenoflsen vermochte selbst die Persönlichkeit des RarfUrsten anf
die Dauer den fortwährenden AngriffSen gegenüber niehr mehr Stand
za halten: durch Erlals vom 14. März 1804 erfolgte die Aaflösang
der reitenden ArtiUerie und die zur Dispositionsstellang ilires bis-
herigen Kommandanten von Schweinichen.
Aber die Saat, welche dieser ausgestreut hatte, zeitigte nach
einigen Jahren doch herrliche Früchte; denn als 1806 die fahrenden
(sog. Wurst- iBatterien zur EinfUbrang kamen, an deren Spitze in
erster Linie die früheren SchfUer von Schw., — Tausch, Casfyers,
von Willenf'els und Rohr — gestellt wurden, wirkten diese im
Geiste ihres früheren Lehrers weiter. Schneidig und doch mit L'm-
sicht geleitet, errangen sich diese beweglichen Batterien gar bald die
allgememe Anerkennung, Tor allem aber sehr häufig die des grofsen
Kriegsmeisters Napoleon.
Was den späteren Lebensgang v. Schw. betrifft, so wissen
wir. dafs er bis 1809 zu Berlin lebte, jedoch am 28. März 1809
unter Befordenius: zum Oberstleutnant zum Platzkonimandanten des
kleinen befestigten Ortes Forchheim lini nördlichen Bayern) ernannt
worden war, woselbst er auch bis zu seiner wegen Krankheit her>"or-
gerut'enen \ erabschieduni'- verblieb, welche ihm auf Nachsuchen
unter Verleihung des Charakter'^ als Of)er«^t am 10. Februar 1824
gewährt wurde. Oberst von Schwcinichen starb am 5. Man; IS'VI.
80 Jahre alt. /n Hainberi: unter Hinterlassung einer Witwe (geli.
Schmidt aus Magdeburg i und eines als Leutnant im köuigl. bayer.
3. Chevaulegers- Regiment stehenden Sohnes.
Sein Andenken wird in der bayerischen Armee nie erloschen'
V. Messvs.
Weneral Lewal, ein in seinem Vaterlande Frankreich hocb-
angesehener Militärschriftsteller und früherer Kriegsminister der
Republik, sehreibt im Journal des sciences militaires, vom Februar
1900 auf Seite 169 in einein .,L'avancement fin de siede" betitelten
Aufsätze: ..Die heutigen preufsischen Heere stellten in den Kriegen
der Jaiire 1866 und 1870 hinter ihren Linien eine Kette pomnier-
scher Gendarmen mit geladenem Revolver in der Hand auf, mit
der WeisuQgi einen Jeden uiederauschiefsen, der stehen bleiben oder
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Kleine heeresgaMshiehtUohe MitteOnngwi.
22a
zurüpk^jTchf'ii würde. Einigemal^ luihcn sogar Batterien die Truppen
bedroht, welche zu vcrsaireu schienen. In Deutschland, wo man
laut die Ehre, das \ aterland, die Minfrehung predigt und wo man
mit allen Mitteln benülht ist, diese Gefühle zu steigern, hat man zu
ihrem Ersätze häutig (iewaltraalsregeln ergriffen, und zwar ist es in
solchem Mafse geschehen, dal's man mit Recht sagen kann: „Für den
deutschen Soldaten ist das Hetirieren mit griilserer Gefahr verbunden
als das Daraufgehen.** Ks ist das eine Frage des Temperaments,
eine Rassenfrage, in Frankreich hat man nie nötig gehabt, solche
Mittel in .\nsprach zu nehmen. Allcrdinirs sind aueli hei uns. wie
Uberall. Fälle von Kleinmut vorgckoninicn. al)er jedesmal haben
moralische Mittel, das Beispiel und der FiiiHurs der Vorgesetzten
hingereicht, um das Gleichgewicht lier/ustellen. Im Jahre 171)0 befahl
Honaparte, auf die Fahnen von zwei liegimentern, welche sich im
Gefecht schlecht benommen, die Worte zu setzen: Sie gehören nicht
mehr zur Armee von Italien. Diese Trupjjen. auf das empfindlichstf
getroffen, machten Vorstellungen gegen die .\nordnung und sagten,
hei der nächsten Gelegenheit werde man sehen, ob das der Fall
sei. In ehr That benahmen sie sich bewunderungswürdig. Eine
Variante auf Friedrich den Grolsen im siebenjährigen Kriege. — Anders
freilich urteilt (rcneral Lewal über die preufsischen Offiziere, indem
er anf Seite 181 schreibt: Am 8. August 179H rief Brissot (ein
Girondist) auf der RednerbUhne aus: „Mit \'aterlandsliebe. Mut und
gesundem Menschenverstände zieht man binnen kurzer Zeit brauch-
bare Offiziere heran, freilich niciit nach preufsischem Muster, aber
echt französische." Dazu bemerkt der (iciu ral: „Auch heutigen
Tages giebt es noch Leute, welche meinen, man könne Offiziere aus
dem Stegreife schaffen. Sie haben schon vergessen, was im .lalire
1870 sich ereiirnete, sonst würden sie sich wohl hüten, eine derartige
Sprache /ii lilhren.** 14.
Der Schematismus füi- das K. und K. Heer ünd Hii' die K. und
K. Kriegs-Mariüc, dessen kriegsgeschichtlicher Teil in der zu Neujahr
1900 erschienenen Ausgabe eine wesentliche Bereicherung erfahren
bat, nennt als ersten Hofkriegsratspräsidenten den Edlen Ehren-
reich von Kunigsperg, welcher im Jahre 150(5 den Vorsitz Uber-
Dabm. Ibm folgte Gebhard von Welzel, diesem 1 .')()(> Georg von
Tenffel ond alsdann 1578 Wilhelm von HofkircbeD. Als der erste
Hilter diesen WUrdenträgern, welcher oachwcislich FeMmarseball
war, erscheint Johann Caspar von Stadion (1619—1624). Von 1632
hia 1634 und von 1801—1809, wttfarend Erzherzog Karl gleichzeitig
die Amter als Generalisnmne des Heeres, Kriegs- nnd Marineminister
bekleidete, blieb der Posten onbesetEt. Der letzte Inhaber war der
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fiUelne faeeresgefloliiohtlidie HttteilmigeD.
General der Kavallerie Graf Ficquelmont, welcher im Jahre 1848
zurücktrat. Ihm fol^tcu bis 1858 die Kriegsmioister Zaiüni, Latour.
CordoD, Gyulai und Csorieh; dann befand sich Erzherzog Wilhelm
als Armee-Oberkommandant bis 1860 an der Spitze des gesamten
Heerwesens, eine Stellung, weiche später, als Erzherzog Albrecht mit
ihrer Wahrnehmung betraut war, neben der des Kriegsministers
bestand. Der letzteren gab es in den vierzig Jahren von 1860 — 1900
aeht, nämlich Degenfeld von 1800—1864, Franck von 1864—1866,
.lohn vnu 1866—1868, Kuhn von 1868 1S74, Koller von 1874 -1875,
ßylandt-Kheidt von 187() -1888, Bauer von 1888—1893 und seit
dieser Zeit Krieghammer.
Di«' Keihc der Feldni arsehällo eröffnet Tilly, welcher freilich
btreng genommen im Dit-nf^te der Liga stand, während der erste
eigentliche kaiserliche Feldmarschall Michael Graf Althann ( 1610
bis 16861 war, neben welchen eine grolse Zahl von anderen be-
kainiten Generalen den Marschallstab tührten: Bouquoy. Caraffa,
Colalto, Wallenstein, Maradas, Arnheim (Arnim), Schlik, ein anderer
Althann, Torquato, Conti, Pappenheini, Teuflenbach {Tiefenbach ),
Aldringen, Gallas, Holck. Schaiimhurg. Ilow (Illo>, Mannsfeld, der
Erzherzog Ferdinand (später Kaiser Ferdinand III. ), Colloredo, Picco-
Inmini. Erzherzog Leopold Wilhelm, Werth u. a. Auch später war
der Dienstgrad, namentlich iu Kriegszeiten, stark vertreten. (Armee-
blatt 1899, Nr. 52.) 14.
Eine Episode aus dem (ielecht bei Helinstadt, 25. Jnli 1866.
In diesem (rcfecht geriet die 8. Eskadron des 2. Rheinischen
Husaren-Regiments Nr. 9, Rittmeister Klaatsch in ein heftiges Hand-
gemenge mit bayerischen Chevaulegers. Die Standarte des Regiments
befand sich zwischen dem 2. und 8. Zuge mid geriet iu harte B-
drangnis. Deren Träger, der Sergeant Mnmbauer, wurde von allen
Seiten umringt. Vergebens war aber das Bemühen des Feindes,
diese Trophäe zu erbeuten. Mumbauer verteidigte dieselbe wie
ein Löwe; er kehrte die Standarte um, und mit der Stange nach
allen Seiten wuchtige Hiebe austeilend, hielt er sich die Feinde so
lange vom Leibe, bis Unteroffizier Burkus und eini^-L Husaren, seine
Gefahr erblickend, sich auf die Angreifer stürzten und ihn von diesen
befreiten. Das Militärzeiclii n 1. kiasse lohnte das tapfere Verhalten
des Sergeanten M umbauer. - Aulser dieser Standarte ist nur noch
eine der preufsischen Reiterei, die des Zieten-Husaren-Regiments,
beim Einbruch in die feinlichen Reihen, umdrängt von erdrttckender
Übermacht, von ihrem Träger umgekehrt and durch wuchtige Keolen*
schlage mit der Stange gerettet worden. (Gesch. d. 2. Bheln. Hii&-
Regts. Nr. 9 nnd Gesch. d. Kgl. PreoTs. Fahnen und StandarteD.)
Schbg.
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UmsohM in der Militär-Litteratur.
226
XXIII.
Umschau in der Militär-Litteratur.
I. Ausländische Zeitschriften.
Streffleurs Österreichische Militärische Zeitschrift. (Märzhoft.)
Das neue Exerzier-ReglenuMit für dio deutsche Feld-Artillerie (Schlufs).
— Erfahrungen und Lehren aus dorn südafrikanischen Kriege. — Kinige
JBeirachtungen über die <ieländo- und Ziel-Aufklärer der Feldarlillerie,
— Versuch eines kriegsbrauchbaren Systems für den Munitionsersatz
im Infanteriel^ampfe.
Ofgait der iiiUitibrwl880B0eli«flli«liai Teniiie. LX. Bd. 2.
Die K&mpfe in den Österreichisch - steierischen Alpen während der
Pransosenkriege. — Die Belagerungen von Ragnsa 1806 und 1813/li,
Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und GenieweseiiB.
(Jahrix iiig 1900.) S.Heft Wirkungsftthiglceiikleinkalibriger Gewehre.
— I)ie Verwendung goniometrischer Apparate zur indirekten Erteilung
der ersten Seitenrichtung bei Geschützen. — Die nächsten Folgerungen
aus dem südafrikanischen Kriege.
Armeeblatt. (Österreich.) Nr. 9. Erziehung für Volk und Heer!
(Öchlufs in Nr. 10). — Das Parlament und die Armee. - Löhnungs-
Erhöhung! — Der Krieg In Südafrika (s. auch Nr. 10, 11, 12. 13). —
Die MunitionsTorrftte der Buren (Schluß üi Nr. 10). — Die ungarische
Donauarmee 1848/49. Nr. 10. Magaains-Offiziere — Die Waffenübungen
der Reserve-Offiziere und Reservisten. Hr. 11. QroliBbritannlens Wehr-
macht und ihre politische Bodcutuni^:. — Die ungarische Donau- Armee.
— Der Transport nach Afrika. Nr. 12. Der Kadett — Offiziersstell-
vertreter. F Z M Freiherr v. Beck. — Zur neuen Generalstabs-
Organisation. Nr. 13. Scliutz für unsere Militärmusik. — Französische
Reitkunst. — Die Staboffizioi-sprüfung 1900.
Militär-Zeitung. (Österreich.) Nr. 8. Betrachtungen und Perspektiven.
— Die Wiener Kasernenfrage. — Die Organisation der Kriegsschule.
Hr. 9. Heer und Parlament — Offensive Kriegführung. ^ Der Krieg
in Afrika. Hr. 11 P, Z. M. Preiherr v. Beck. — Wann kommen die
neuen Qagen. — Gamisonwechsel, Transferierungen. — Die Manöver
und Waffenübungen im Jahre 1900.
Journal des sciences militaires. (März 1900.) Die Beförderung
am Ende des Jahrhunderts (Forts.) — r>ie Schlachten Xapoleons. —
Organisation und Ausbildung dei- Kavallerie. — Studie über die
Organisation der Küsten Verteidigung (Schlufs). — Studienreisen der
Offiziere in der deutschen Armee. — Der Gebirgskrieg (Schlufs). —
Die Bmährung der Armee (Forts.).
Revue da eeiele nilltaiie. Hr. 9. Qamison-Bibliotheken. — Der
Krieg in Transvaal (Forts, hi Nr. 10, 11, 12, 18). — Ober das Kriegs-
spiel bei den Truppenkorps (Schlufs). — Das miÜtSrische und maritime
Jahr. England. Hr. 10. Oarni8on-Bibiiotheken(Sclilul8). Hr. 11 Herbste
JtMtabOT fir dl« 4«BtMk« Aibm ui XiiiMb Bd Itt. % 16
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Umschau in der Militär-Litterator.
manöver (Schlub in Nr. 12), — Grobe Osterrelohische Manöver 1899.
Dan 3. und 14. Korps in KSmthen (Sohlufo in Nr. 12). Nr. 12. Siehe
oben. Vr. 13. Deutschland. Die Peldartillerie im Jahre 1900. — Das
militärische und maritime Jahr. Vereinigte Staaten.
Revue d'Infaiiterie. (März 1900.) Nr. 164. Geschichte der
Infanterie in Prankreich (Forts.). — Cbungs-Schiefsen mit schwachen
Ladungen (Zimmergewclire) bei der Infanterie (Forts.). — Die neue
deutsche Schiefsvorschriff der Infanterie. — Der Haupigrundsaiz
Jominis in Gefahr. — Eine Foiddienstaufgabe (Forts.).
ReYne de GaTalerie. (Februar 1900.) Briefe eines Kayalleristen.
Die Schulen und die Beförderung: Saumur (Ports.). — Neue Worte,
alte Lieder (Schlufs). — Die Informationskurse der Oberstleutnants
(Kommandierung zu einer andern Waffe der zur Beförderung vor-
gesclilagenen Oberstleutnants). ~- Die Kavallerie der I. und II. deutschen
Armee in den Tagen vom 7. zum 15. August 1870 (Ühers. d. Pelet'schen
Werkes) (Forts ). - Leichenrede nach dem Ableben des Divisions-
generals Lasalle, 15., 18. und 25. Juli 1809.
Revue d'Artillerie. (März 1900.) Feuerverteilung der Artillerie
(Forts.). — Die Felddienstübungen im Abteilungs- Verbände (F'ürlü.).
— Die Schnellfeuergeschütze der englisehen KflstenarUUerie.
Heyne da GMe militaiie. (Februar 1900.) Anmerkungen über
die Einrichtung elektrischer Beleuchtung in der polytechnischen Schule.
— Beschreibung eines Rettungsversuches ausgeführt in Böthisy- Saint
Pieire durch ein Detachement des 3. Oenie-Regts. — Über den Nutzen
eines national -ökonomischen Kursus an der Ecole d'application in
Fontiiinebleaii. — Über eine der Ursachen der Zerstörung in üyps>
schichten erbohrter Brunnen.
La Franca militaire. Nr. 4784. Die Pensionierung der Hauptk'ute,
Nr. 47Ö5. Die notwendige FloLio. Es sollen sein: 28 Schlachtpanzor.
4 Geschwader lu 6 Panaem bildend ; 24 Panzerkreuzer, 8 Divisionen
zu 3 bildend; 52 Torpedojäger, 208 Torpodeboote, 98 Unterseeboote.
Es ergeben sich hieraus zwei Kriegsflotten, welche dem durch die
Lage dos Landes geforderten Maiine-Programm in befriedigender Weise
entsprechen. Nr. 4787. Die Armee und das Budget II. Mr. 4788.
I><'r Marsch auf Igli, wichtiger Punkt in Nord-Afrika, welcher Tust
von .Marokko trennt. Nr. 4789. In Afrika. Unsere Einflufssphären. —
i>er Krieg in Transvaal. Nr. 4790. Das Kriejrsbudget. — Das Intanlerie-
(lewehr. Die Verbesserung wird aufs strengste geheim gehalten. Es
ist allein boltannt gegeben, dais nie die Ladoweise betrifft. Nr. 4791.
Das Beispiel der Buren. Bs wird davor gewarnt, aus den Vorgängen
praktische Lehren, namentlich auch in Bezug auf Herabsetzung der
Dienstzeit zu ziehen. Kr. 4798. See-Verteidigung. Nr. 4703. Der
kleine Krieg. X. Hr. 4794. Das Kriegs-Budget. — Unsere Kolonien.
Nr. 4795. Das Dekret vom 9. Januar 1900 über die Aufstellung der
Beförderungslisten. Die frühen) Festsetzung seitens des Kriegsministers
betreffend die Minimalgrenzen des Dienstalters für die zur Beförderung
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UuuoJuiu in der Militär-Litteratar.
227
vorzuschlagenden Kandidaten ist aufireliohen. — Der Krieg in Transvaal,
Bemerkungen über Artillerie. Bewallung. Peldanzug des englischen
Soldaten. Nr. 4802. Schiefsstände und Schiefsplätzc. — ^ Unsere
Artillerie. fiSne ministerielle BesUmmung setzt die Zalü der »Maltres
pointeurs* (Richtkanoniere) einer fohrenden Batterie auf 4 fest. Man
glaubt darauf auf die künftige Zahl von 4 Geschützen in der Batterie
schliefson zu können ; dazu treten 9 Munitionswagen Nr. 4805. Das
englische Phantom. Untersuchung der Situation Englands als Land-
und Seemacht (Forts, in Nr. 4811). Nr. 4807. Im Generalstab. BetritTl
eine .Änderung hinsichtlich der Ordonnanz - Offiziere. — l »er Krie? in
Transvaal. Bemerkungen liinsichtlich d.s Treffens l>ei Heiniont
Nr. 4808. Die Oase Figuig. liegt aut dem Marsche dei- Kolonne gegen
Igli (v. Nr. 4788). Die deutsche Feld-Dienst-Ordnung vom I.Januar lyOO. I.
Nr 4800. Das neue Reglement fQr die St&be. — Bericht der Kommission»
betreffend die Vorlage über die Reorganisation der MilitSr-Telegraphie
(Forts, in Nr. 4810. 11, 12, 13). Nr. 4812. Die Politik und der Krieg.
— Napoleon und Moltke. Besprechung eines Artikels der „Deutschen
Heereszeitung". Nr. 4813. Wehe dem Besiegten! Mit Anwendung
auf den Burenkrieg.
Lc Progres niilitaire. Nr. 2017. TMe Cadres unserer Batterien.
r>er südafrikanische Krieg (Forts, in Nr. 2018. 19. 20. 21. 22. 2:!. 24).
Nr. 2018. Die Fahrikatton des Materials (es wird für De/eniralisaiion
derselben eingetreten |. Nr. 2019. Fine Studie über ständige Be-
festigung (bezieht sich auf ein» n Aufsatz der „Revue du genie militaire").
Hr. 2020. Zur Frage der zweijilhrigen Dienstzeit. — Militärtelegraphie.
Nr. 2021. Die Batterie zu 4 Geschützen (scharfe Polemik gegen dieselbe
Poris, in Nr. 2022). — Ärzte und Krankenwärter. Nr. 2022. Die Be-
förderung in Deutschland und bei uns. Nr. 2023. Der Gebii^krieg.
— Die Pttfsartillerie. Nr. 2024 IMe neue Vorschrift über den Dienst
des Generalstabes. Nr. 2025. IMe Aufnahmeprüfungen zur Kriegs-
akademie. Nr. 2026. Der Kampf gegen den Alkohol.
!4i Helgique niilitaire. Nr. löOO. Wie verhalten sich Söldlinge?
— Hefiagung des Land«'s über die .Militäi tVage. — E)er Schlacliten-
angritf des (leneral v. SchertT. Nr. 1501. L nsere Infanterie-Lehrscluile.
— Der anglü- tiansvaalsche Krieg iForts. in Nr. 1502). Nr. 1502.
Kritische Luge der Festung Antwerpen. Nr. 1508. Militärbudget
für 1900. ^ Unsere zukünftige Feldartillerie. Nr. 1504. Die neue
deutsche Pelddienstordnung. — Pistole und automatischer Karabiner
System Bergmann, Mod. 97. — Das Liddite (Ports.).
Bulletin de la Presse et de la INbliogntphie miiitaire. Nr. 379.
Die neue deutsche Feldartillerie (Ports, in Nr. 380). — Deutsche
Kaisermanöver 1899 (Forts.). r)er Anglo-Burenkrieg (Forts, in Nr. 880)
Nr. 380. Prinz Frietlrich der Niederlande und seine Zeit
Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen. (Februar
1900.) Unsere Kavallerie. Fragen der Ausbildung und Verwendung.
15*
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Umaohan in dar UiUtiir-Iitteratar.
— Die Friedrich Kruppschen Werke (Schlafe). — Der Krieg Bn^nds
gegen die südafrikanischen Republiken (Ports.).
Revue militeire sulsse. (März 1900.) Ausbildung im kriegs-
gcniäfsen Schiofsen der Infantrrio. — Du: Befestigungen in Osterreich-
l ngarn (Schlufs). - I bespannten FuXsartilierien und die sciiweizerische
Positionsartillerie. - Marse liübung.
Sfliweizerische Zeitsclirift für Artillerie und Genie. (Februar.)
Das neue Exorzierregleuiont für die deuUsche Feldartilierie (Forts.). —
GrtJfsere deutsche Pionierübungen im Jahre 1899. — Die Beschiefsung
gedeckter Ziele im Peldkriege oder Peldhaubitzen und schwere Batterien
des Feldheeres. — Extrabeilage: Die Resultate der feldmalsigen
Schiefsübungen der schweizerischen Artillerie im Jahre 1899.
Allgemeine Sehwoizrrische Militärzeitung. Nr. 9. Die Herbst-
manöver 1899 (Forts, in Nr. 10 und 12). - Die Aufgabe des Höchst-
koii.niundieronden Feldmarschall Lord Roberts (Schlnfsi Nr 10. Die
Kriegslage. Nr. 11. Dio grofscn österreichischen Manöver im Herbste
1899 (Schlufs in iNr. 12). — Die Kapitulation üeaeral Cror\jes. Nr. 12.
Siehe oben.
Army and Navy üazette. Nr. 2090. Die militärische Lage in
Südafrika. — Mitteilungen Ober den Charakter und die Kampfweise
der Buren. — Der Pferdebedarf für die Armeen im Felde. POr Süd-
afrika sind kleine Pferde, besonders Ponies, am besten geeignet« die
von Indien und Australien eingeführten Pferde haben sich gut be-
währt. — Dor Transvaal- Krieg. Tageweise geordnete Mitteilungen
vom Kriegsschauplatz. -- Verlustlisten. Nr. 2091. Die Hetrierungs-
Vorlag»'!! BetritTt die Absichten der Ki'tri«>runir ftelrctVs Vonnchrung
des stelitMiden Heeres und Erleichterung der Mobilnuichung. — Die
militärische Lage in Südalrika. — Mangel an Kriegsmaterial. Die
Pferdeausrüstung für die Yeomanry sowie der Reserve- Vorrat an
Gewehren sollen ungenügend sein. — Der Transvaal-Krieg. Tageweise
geordnete MitteUungen vom Kriegsschauplatz. — Ein amerikanisches
Urteil. Behauptet, dafs die militärische Ausbildung in England eine
zu wenig individuelle ist. — Verlustlisten. Nr. 2092. Die militärische
Lage in Siiilafrika. — Dio Vermehrung des Heeres. Bespricht die
dem Parlamente vorgelegten Pläne Lord Lansdownes. — Der Transvaal-
Krieg. Tageweise geordnete .Mitteilungen vom Krieu:sschaiiplatz. Nament-
liche Verlustliste. — Gesetz für den Wiedereintritt ausgedienler Soldaten
in <iie Re.servo- Bataillone für Landes- Verteidigun.e. Nr. 2093. I)er
Wechsel der Flut. Schilderung der Gefangennahme Cronjes. —
Die Kapitulation bei Paardeberg. — Deutsche und firanzösische Urteüe
über die Kriegsoperationen. — Die Truppenstärke der Buren. — Die
ägyptische Armee. Schildert die Entwickelung derselben unter engliseher
Führung und Ausbildung seit 1882.
Journal of the Royal United Serviee Institution. Nr 264.
Die letzten französischen H.xpeditionen in Westafrika 1894 — 1899.
öttchlich gehaltene Darstellung mit Planen. — Das Gefecht vom Campo
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UmaobAu in der Militär-litterMiir.
229
Major. H(\sc'hreibiin.£r des am 25. März 1811 im spanischrn Kriege
stattgehabten üet'echtes. — Von Löbells Jahresberichte, l t>ersetzung
einzelner Abschnitte aus denselben. — Oifizier-Boförderungon aus dem
Mannschaftsstande im englischen Heere 1706-*1855. Ein Beitrag zur
Heereegeschichte. Die französischen Manöver für 1900.
Amy aad Navy ionnal. (New-Yorlc.) Nr 1903. Die General-
8tabs-.\bteilungen des Heeres. — Die Teilung der Samoa-Inseln. —
Ctoneral Wheatons Expedition. — Hin Bericht aus dem Kriegsleben
auf den i'lülippinen, — \U'v N'crtrap: Ix'trefTs des Nilcarajrua-K.'tnfils. —
Die poUtische Vorwaltiini^ der Philippinen für die Zukunft. Nr. 1902
Moderne Artillerie. Kuthält allgemeine Grundsätze für die Stärke der
Artillerie im Verhältnis zur Infanterie General Lawtons Expedition
am Zagoto-Flufs. Bericht aus dem Kriege auf den Philippinen. —
Beweis aus der Geschichte. Nachweis, dafs Nordamerika gezwungen
ist^ sich ein starices stehendes Heer zu halten. — Das Gefecht von
Maicersfontein. — Die Lage in SüdalHIca. Nr 1904. Bericht aus
Manila. — Gesundheitszustand von Havanna. — Die schrecklichen
Philippinen. — Englische Fortschritte in Südafrika. Nr. 1905. Re-
organisationsplan für das Heer. — Vorlage des Krieg.s-Sekrctärs. —
Die Errichtung einer Kriegsakademie. — Der zweite Abschnitt des
Burenkrieges.
Itu.sski Invalid. Nr. 38. „Rechte und Pflichten des General-
stabsofliziers im Gefecht." Uie neue Gefechts - Instruktion
(siehe April«Heft: „.\rmee- und Marine •Nachrichten aus Rufsland")
enthält auch Anweisungen über die Thätigkeit des Generalstabsoffiziers
im Gefecht; dieselben enthalten nichts Neues. Nr 89. Das neue
Kadetten -Korps in Ssumy (Gouv.) Nr 41. Die Umbildung des
Transh.i ikal -Kasalten- Heeres Ist nunmehr vollendet. Während
das Heer bis zum Jahre 1897 aus 2 Reiter-Regimentern und 2 Pufs-
Batiiillonen bestand, sind letztere beide allmählich in Reiter-Regimenter
zu je 6 Ssotnien umgewandelt worden, so dafs jet/f /um 1. Aufgebot
des Heeres 4 Reiter- Regimenter gehören, von denen die beiden neu-
gebildeten in Tschita stehen, während das 1. Regiment Talienwang
(Kwantung* Halbinsel), das 2. Regiment Nikolssk-Ussurisski im Süd*
Ussuri-Gebiet zur Garnison hat. Nr 45. Ergebnisse der Vakanz -Be-
förderung der KapitSne und Rittmeister zum ersten Stabsoffizier-Rang.
Nr 46. „Die Versorgung unserer Truppen mit Fahrrädern bespricht
die seit 4 Jahren angestellton Versuche mit FahrrSdem verschiedener
Systeme, welche schliefslich zur Verwerfting des zusammenlegbaren
Fabi rarles des französischen Kapitäns Gerard (modele de Tarmee nisse)
geführt haben.
Wajennüj HsbomilL. 1900. .März. Zur Biographie des Fürsten
Golenischtscheff-Kutiisow (mit BUd). — Plewna. 1. — Über den Entwurf
einer Felddienstordnung. — Das Schiefswesen in den fremden Armeen.
Österreich-Ungarn, England (Schlufs). — Über die Organisation der
Kavallerie nach den Anforderungen der Jetztzeit — Das Reglement
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230
Umsohaa in der MIUtiüsLittttatar.
der deutschen PeldartiUerie vom Jahre 1899. 1. — Die materielle Lage
unserer Kasakenoffiziere. — Die Ökonomie der Truppenteile im deutschen
Heerp (Schlufs). Ssuworow in der russischen Litteratur. III. —
Über die bürgerlichen, militärischen und treistlichen Gesetze Schamiis.
— Schilderungen von der Miumanküste (Schlufs). — I)ie Frage der
Organisation der Kavallrric in d«"r linitschen Litteratur. — I >ie Statuten
der Siidrussischen Schutz» u - {Jesellschaft. — Die neue Organisation
des preufsischcn Kadeiienkorps vom 24. Oktober 1Ö99. - Isbornik
Raswjedtschika XV. Der Kanonensohuls. Übersetzung aus dem
Französischen des Art Koe. ^ Die Verpflegung des Heeres nach dem
französischen Reglement. Skobelew über die Kasalcen. — Der Krieg
in Südafrika und die sich aus ihm ergebenden Fragen.
Ra.swjedt.schik. Nr 481 Was vermag Euer Bajonett gegen dies?
(Eine Zurückweisung der Tendenzen der Verehr»M- d»'r Ssuworowschen
Taktik der blanken WatVe.) l»ir deutsche Taktik. (Wiedergabe einer
.Aufi^ahe beim .\iifnahme- pAanieii zu uns.'ier Kriegsakadeini«* t —
Soldaten -Theater des 148. Kaspisriu-n Infanieriereginients. Nr. 482.
Die Verpflegung der englischen Truppen in Südalrika. — Der neu«
Oberkommandierende der englischen Truppen in Südafirika, Lerd Roberta.
' Der Krieg in SfidafHka (Porte, in Nr. 485, 87« 88, 89). Hr. 488.
Biographie und BUd des Generais Lobke» des neuen Relchskontrolleurs
der Finanzen. — Die Einberufung der Reserve bei einer Mobilmachung.
— Die Flrleichterung des Gepäcksattels in der reitenden Artillerie. —
Freiwillige .\rbeiten. Nr. 484. Die Tigerjagd. — L>ie rnteroffiziere,
— F'ie Ilerbstnianöver des 1. Schweizer-Armeekorps. - I)ie Umgebungen
von Ladysniith und das Timl des Tugela. Nr. 485. .Vus dem Soldaten-
lel>en (Forts, in Nr. 486|. — Vergangeulieit und Zukunft der Terek-
Jvasaken. — Die Re.serve- Batterien. — Das Telegraphieren vom Luft-
ballon aus ohne Leitung. Nr. 486. Unser Militärhaushalt. — Ein
,,ru8«scher Buer** Ober Afrika. I. (Ports, in Nr. 487). Hr. 487. Die
Festungs-AriUleristen (Forts, in Nr. 488). — Die kaukasischen Schützen
jenseits des Kaspischen Meeres. L — Die groben für dies Jahr in
Aussicht genommenen Manöver im Bezirke Kursk-Orel. Nr. 488. Die
grofsen Manöver. — I)ie Offiziere und Mannschaften der Reserve in
Deutschland. — Die kaukasischen Schützen jenseits des Kaspi.schen
Meeres. II. — Die Verstärkung der Küstenbefestigungen. Nr. 489.
Statut des Vereins zur Fürsorge für die Ultizierskinder im II. .\rniee-
korps. — I>ie Kijewei- ukonumische Offiziers - ücsellschaft. - Die
Schnelligkeit des Feuers in der Fufs-Artillerie. — Der jüngere Stabs-
offizier. ^ Port Arthur (mit 8 Sldzzen). — Die ZuTeraicht ist daa
Unterpfand des Sieges. — Die Wirkung des Feuers der Artillerie-
Chnppen. — Mitteilungen über die Verleihung des Feldmarschall-Ranges
seit Einfühnmg dieser Einrichtung in Rufsland.
Russisches Artillerie-Journal. Nr. 1. Von den Korrekturen nach
den Schufstafeln für Küstenmörser. — .\rtilleristische Fragen. — Zur
Frage vom WetUchielsen der Feuerwerker bei der Festungs-Arüllerie.
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Umsobau in der MiUtär-Iitteratar.
231
— Das kleinste Zeitmafo zur Bröflkiung des Feuers und zum Bin-
schiefsen der Feldbatterie. — Von der Bewerbung um die Prämie im
Namen des Oeneralleuinant Leer. — Oesellschaft zur Fürsorge für
gewcsono Zöglinge des Ordowsky • Bachlin Kadettenkorps (MilitSr-
Gymnasium). — Vom Beibehalt der ursprünglichen Seitenrichtung eines
Geschützes der Pestungs- und Bolagerungs- Artillerie beim Richten mit
Hilfe des Winkelmessers, wenn das Ziel iür das feuernde Geschütz
nicht sichtbar ist.
L'Italia militare e marina. Nr. 37. Die UberstleutnanLs in den
Regimentern. Nr. 41 Neue und alte Soldaten. Nr. 42. Von der
neuen Ausbildungsweise für die Infanterie. Nr. 44. Das Gesetz über
die Stellung der Offiziere. — Die Luftscliiflfahrt im Transvaal-Kriege.
Nr. 49. Eine Präge über das Heeres -Reglement Nr. 6L Die
Oriranisation der Kolonie Eritrea. Nr. 52. Die militärischen Ausgaben.
Nr. 55. Dir Disziplin in heuliger Zeit. — Technische und fechtende
ArtillfM'ie. Nr. 58 I>er 14. März, Geburtstag des Königs. — Die
Feldartillorie. .\uszug aus dem Bericht des Reterenten der Kammer
über den (Jesetz-Kntwurf. betreliend die aufserordenllichon Militär-.\us-
gaben für 1900 bis 1905. 90 leichte Feldbatterien und 32 üubirgs-
batterien, im ganzen 732 Geschütze sollen sogleich durch 7 cm Schnell-
feuergeschütze mit Stahlrohren ersetzt werden, die Versuche sind dem
Abschlufs nahe. Es wird beabsichtigt, 25 Batterien von Feldhaubitzen
zu beschaffen, welche in Anrechnung auf ebensoviel Kanonenbatterien
kommen. Nr. 69. 60. Technische und fechtende Artillerie (Forts).
Verfasser ist der Ansicht, dafs das beste System wäre, die Herstellung de.s
Kriegsmaterials ganz der Privat-Iiidustrie /ii fiherlassen. Doch sei fürs
erste hieran noch nictn zu denken. Nr. 62. l>ie l'nteroffiziere mit
Aussieht auf Civil-Versorgung. — Technische und fechtende Artillerie.
Nr. 63. Militärische Lehrer. V. Die aufserordentlichen Ausgaben für
die Artillerie. General Biancardi wendet sich hier gegen die Aus-
fdhrungen des Referenten der Kammer (t. Nr. 68), Urteile Aber
Kaliber seien dessen Sache nicht Biancardi verlangt für Italien die
Mitführung grofserer Kaliber von Steilfouergeschtttzen bei der Feld-
Armee, unter Hinweis auf Rufsland.
Rivista di artiglieria e geilio. (Januar.) Organisation und
Material des Feldartillerie-Parks. ~ Rinige praktische Regeln, um
Sonnenuhren anzulegen. — Eine Einteilung der Explo.sivstoffe. — Das
Trinkwasser im Lager von San Maurizio. — Neues System der Signal-
gebung zwischen Vorposten und Feldwachen. — Die Plioiographie in
der Anwendung auf die Kriegskunst (Februar.) Die technische und
die fechtende Artillerie. — Die Losungen des heutigen Problems der
Küstenverteidigung» besonders mit Rttcksicht auf Einführung von
Brisanzgeschossen in der SchiffsartUlerie. — Einige Gedanken über die
zusammenfassenden Vorschriften der Feldartillerie. — Die Wirlcsamkeit
der neuen deutschen Feldkanonen. — Die Transporte von Erde und
Materialien bei Bau-Unternehmungen.
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282
UmMhan In d«r MUitilr-Littentiur.
Rivista Militere ItaUana. (März.) König Carl Alberl. - Moltkes
Ansichten über den Binmaroch in Böhmen 1866. — Der Krieg in Sttd-
afrika ( Forts, i.
Esercito Italiaiio. Nr. 26. Dtis Decn-to-ieg^e in der KamnuT.
Nr. 27. Der Er.satz der Unteroffiziere. Nr. 28. Die Altersgrenzen
in der .Marine. Nr. 30. Sondernummer, beiicflend König Carl Alben.
Nr« 31. Die aufsorordentliche militärische .Ausgabe. Nr. 32. Schiffs-
leute in den Arsenalen. Nr. 88. Einteilung der Kolonie Eritrea. Nr. 34.
Die Umgestaltung der Feld •Artillerie. Nr. 86. Die Reorganisation
der IhinzSsischen Artillerie.
Revista cientiflco-militar. (Spanit-n.) Nr. 4. Der Krieg. — Die
Wiederaufrichtung (Forts.). — England und Transvaal. Übersetzung
aus dem Militär-Wochrnblatt (Forts ).
Memorial de Ingenieros del li^ereito. (Spanien.) Nr. 2. Das
britische Heer.
RevistaMilitar.(Poriugal.) Nr. 4. Veränderungen im portugiesischen
Offizierkorps 1899. — Selbständige Kavallerie (Forts.). Nr. 5. Die
Reorganisation der Kolonialkrifte. — Selbständige Kavallerie (Ports.).
KiigsTetenskapaAkademieiifl-lIaiidiiiigBr. (Sohweden.) 5. Haft
Studium ttber TruppenfOhrung und Generalstabsdienst (Ports.). —
Panzerschilde für Feldgeschütze.
Militairc Spectator. (Holland.) Nr. 3. Strengere Kriegszucht. —
Bin Volkslager, Niederlande und die iSchwoiz.
Militaire Gids. ( H o 1 1 a n d . i 2. Lieferung. Einiges über infantehe-
feuor. — Das neue Kriegsbudget.
n. Bücher.
Weltwirtsehaft und Hotte. Ein Vortrag zur Flottenverstfirkung von
K. Paschen, Viceadmiral z. D. München, Becksche Verlags-
buchhandlung.
Wenn ein so berufener Sachkenner das Wort in der Flotten frage
ergreift, so gebührt sich'.s, dafs er in weiten Kreisen Gehör finde. Und
sollte wirklich der Reichstag gleich den Gelahrten des Odysseus seine
Ohren verstopfen, das deutsche Volk in seiner überwältigenden Mehrheit
wird und mufs zu der Erkenntnis kommen, dafs es sich hier um keinen
trügerischen Sirenengesang handelt, sondern um einen wahrliaftigen
Weck- und Mahnruf:
„Sieh die Naehbaro; Meer nm Meer
Sperron sie mit Ketten.
Michel, sobärl' die alte Wehr,
Bette, was sa retten!
Miohel, bist do tanb and Mfaidt
Hartif^ an» den Kissen!
Hnrti^ auf, ins Hoot gesohwlnd,
Segel gUt'ä zu bisaeo!*
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UmBohaa in dw MOitir-Xittoratar.
23$
I)er Verfasser beginnt mit lichtvoller Darlegung der wirtschaft-
lichen Verhältnisse. Die Land- und Forstwirtschaft hat einen Einführ-
bedarf von nahezu zwei Milliarden. Deutschland wird mehr und mehr
Industriestafit, eine Thatsache, die man vielleicht bedauern, aber nicht
ändern kann. So stellt die wiilsclialtliche Lage Deutschlands der
Stiiatsleiuing Aulgaben von höchster Tragweite und Schwierigkeit. L>ie
Bedeutung des Reiches beruht auf seiner Exportindustrie und auf seinem
überseeischen Handel. Deutschland hat keine Flotte, die annähernd
die Aufgabe erfüllen könnte, diesen ttberseeischen Handel su schützen ;
aber es hat die Macht und somit die Pflicht, sich solche
Flotte zu schaffen. Seit der Verkündung des Flottengesetzes von
1898 haben sich die Verhältnisse vollständig zu unseren l'ngunsten
geändert. Täglich haben uns die einander überstürzenden Kreignisse
neue und immei" empfindlichere Lehren gegeben. Wir müssen eine
starke Flotte haben oder gar keinel Wie Deutschland durch
sein Landheer den europäischen Frieden gewahrt hat, so mufs es auch
imstande sein, den Frieden zur See zu wahren. Wer die Macht be-
sitzt, den greift niemand an; mit dem Schwachen verfährt man nach
Gutdünken. „Sengen, Plündern und Morden, rücksichtslos den gröfsten
Schaden zufügen** bezeichnet ein (hmzösischer Admiral als die Auf-
gabe der Marine in künftigem Kriege. Und wie sollen wir uns dessen
erwehren ohne Sohlachtflotte, ohne kriegstüchtige Kreuzer .' Die lokale
Küstenverteidigung mag sich auf wenige Punkte be.schränken : die
Hauptsache ist die aktive Verteidigung durch die bewegliche
Schlachtllotte.
Es folgen interessante und auf eingehender rfaciikuniitnis beruhende
Ausfühmngen über die noch grofser Steigerung fähigen Leistungen
unserer deutschen Werften, die Vermehrung unserer Handelsflotte, die
Ausdehnung unseres Seehandels. Alle Gründe sprechen dafür, mit der
neuen Verstärkung so rasch als irgend möglich vorzugehen.
Unsere Finanzen gestatten solches Vorgehen durchaus. Bei Annahme
der neuen Fl« ittrn Verstärkung kommen auf den Kopf der Bevölkerung
Deutschlands 3,7ö Mark, während in Kngland 1 1 Mark, in Frankreich
6 Mark auf den Kopf für Marineaii.sgaben entf.dlen. Auch die Ver-
meiirung des Flottenpersonals stöfst bei uns auf keinerlei Schwierig-
keiten. L»er Mannschat'tsersatz unsiMer Marine ist vorzüglich. „Möge
die neue Vorlage," .so schliefst der Verfasser seine überzeugenden
Darlegungen, „einen erleuchteten Reichstag finden, in dem nur Vater-
landsliebe und Sorge um des Vaterlandes Wohl das Wort, das Partei-
interesse keine Stätte findet Möge die ganze Nation sieh durchdrungen
fühlen von der Wichtigkeit und Unentbehrlichkeit unserer Weltstellung,
von dem, was auf dem Spiele steht. Zum Wiederau fblühen seiner alten
Macht und Grr)fsr. /.um Fi starken seiner Macht, wie in den Tagen der
Hansa, mufs DeutschUad endlich seine Seegeltung erlangenl**
P. V. S.
Industrie, Handel und Flotte. Volkswirtschaftlicher Atlas in fünf
I
234 Unsoba« in der Militi&i^Iittentar.
Tafeln und zwei Karten nebst erläuterndem Text. Unter Beihilfe
mehrerer KOnstler herausgegeben vom Deutschen Flotten»
vorein. Braunschweig. G. Westermann. Preis 1.50 Mk.
Im Vorworte wird gesagt, mit der Herausgabe dieses Atlas werde
beabsiclitigt. dem gebildeten Laien das zur gründlichen Beurleiiung der
Flottenfrage notwendige volkswirlschaftlirh-statistische ^falerial in an-
schaulicher Form zu bieten durch grapliische Darstellungen. L>er Ge-
danke ist ein sehr glücldicher und hier in höchst gelungener Weise
zur Ausfflhrung gekommen. Auf sieben Tafeln, denen Erlfiuterangen
beigefügt sind, werden folgende Themata behandelt: I. Die haupt-
sSehlichsten deutschen Austuhrgüter. n. Die Rohstoffeinfuhr nach
Deutschland auf dem Seewege und die beteiligten Industrien. III. Die
Seeeinfuhr an Nahrungs- und nt iiufsmiiteln und die beteiligten In-
diistiit'n und Gewerbe. iV. Wichtige Vergleichszahlcn. V. Vergleich
der Fluttenstärkcn und der Ausgaben für die Flotte lu-i don sieben
bedeutendsten Si oninchtcn nach verschiedenen Gesiclitspunkten. VI. Dor
deutsche Seohandfl und die im Auslande angelegten deutschen Kapitalien.
VII. Die Blückadegefahr. — Es ergiebt sich aus dem hier gebotenen
Material mit yölliger Klarheit, dafs der milit&rische Schutz unserer
ausländischen Kapitals- und Handelsinteressen durch die Kriegsflotte
im Gesamtinteresse der ganzen deutschen Volkswirtschaft, nicht zum
wenigsten auch der Arbeiterklasse liegt — Der Wert unseres See-
handels betrug 1898: 6300 Mill Mark, er wird nur übertrofTen von
England mit 12863 Mill. und den Verein. Staaten mit 7411 Mill. Zu
diesen Zahlen steht in schreiendem Mifs Verhältnis die Stärke unserer
Flotte, die nach Linienschiffen über 5000 t und Kreuzern über 800 t im
Deplacement 1899/1900 erst an 6. Stelle steht; Kngland, Frankreich.
Rufsland, Vereinigte Staaten und Italien stehen Deutschland voran.
Frankreich s. B. um mehr als das Doppelte. Wihrend England vom
Nationaleinkommen 2,4Vt auf die Flotte verwendet, Frankreich 1,2V«.
verwendet Deutschland nur 0,55, d. h. per Kopf der Bevölkerung 2 Ifk.
36 Pf., England aber 16 Mk. 40 Pf.. Frankreich 6 Mk. 20 Pf. — Diese
Zahlen sprechen eine sehr beredte Sprache. Wer hören will, der
höre! Sehr lehrreich ist besonders Tafel XII: Die Blockadegefahr; sie
stellt die deutsche Bucht der Nordsee als Mittelpunkt des deutschen
Seehandels dar und zeigt, dafs keine Küste so leicht zu blockieren ist
wie die deutsche. — Möge dieser zeitgemäfse Atlas dazu beitragen,
unser Volk in allen Kreisen davon zu überzeugen, dafs die Schaffung
•einer starken Kriegsflotte für Deutschland eine absolute wirtschaftliche
wie politische Notwendigkeit ist. 2.
42«ii6nd-Feldmanehall von Steinneti. Aus den Pamilienpapieren
dargestellt von Hans v. Krosigk, M^Or a. D. Mit einem Bildnis.
Berlin 1900. £. S. Mittler k Sohn. 8* XiV und 328 Seiten.
Preis 7 Mk
Das Vorwort stellt ein abgerundetes und geschlossenes Lebens-
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Uinaelwo in der UmOr-Lltteratiir.
235
und Charakterbild in Äussloht^ welches in den bisher veröffenUichton
Arbeiten des Generals von Conrady und von Brachvogel nicht geboten
sei. Wenn der Verfasser des Buches an diesen Arbeiten auszusetzen
hat. dafs sie nur einzelnes und Stürke gebracht babt»n und dafs sie
nicht bis an das Lebensende des üeneral-Feldmarschalls hinanreichen,
so mufs der letztere Einwand als berechtigt anerkannt werden. Anders
aber ist es mit dem erstoren. denn lediglich einzelnes und Stückwerk
bilden den Inhalt gerade dieser neuesten VerötTentlicbung, und das
Bild der Persönlichkeit Stoinmetz\ welches die Vorgänger anschaulich
gezeichnet haben, mufo der Leser hier selbst entwerfen. Der Verfiiisser
liefert dazu aus dem Nachlasse des General-Feldmarschalls» seines
Schwagers, ein reiches Material, welches sehr wertvoll sein würde,
wenn es nicht in der Hauptsache auch schon den Voirgängem des
Herrn Major von Krosigk zur Verfügung gestanden hätte.
Die HtMb'utunir st'incr Arbeit licirf — zumal <la die kriegerische
Thütigkeil im F'eldzugc von 1866. über welche aus des Generals eigenen
Autzeichnungen etwas zu erlahrcii besonders erwünscht gewesen wäre,
mit keiner Zeile erwähiji ist — in dem, was sie über die Teilnahme
am Kriege des Jahres 1870 und insonderheit über die Verhaltnisse
bringt, unter denen die Enthebung des Generals vom Oberkommando
der I. Armee erfblgte. In das Dunkel, in welches diese Vorg&nge bis
jetzt gehüllt waren, ist volles Licht gebracht, wenn auch zahlreiche
im Gewahrsam der Familie boflndliohe Niederschriften des General-
Feldmarschalls über diesen Zeitraum nicht veröffentlicht sind. Es ist
nur gesairt. dafs ei- in seinen Aufzeichnungen die ( borzeugung von
der Richtigkeit seines ihm zum Vorwurfe gemachten Verbaltens in den
ersten Augustlagen aufrecht erhält, dafs er über den dienstlichen Fehler,
welchen er dem Prinzen Friedricli Karl gegenüber sich liat zu Schulden
kommen lassen, vollständig geschwiegen hat und dafs er bis zuletzt
von dem Argwohne erfüllt gewesen ist, eine michtige, ihm feindlich
gesmnte, auf seine Erfolge von 1866 eifersüchtige Partei ihm ent-
gegengearbeitetund ihn beimKönige in ein ungünstiges Lichtgestellthabe.
Die Aufklärung ist durch den Abdruck des hochbedeutenden, bisher
in der otlentlichkeit ganz unbekannt gebliebenen königlichen Schreibens
gebracht, durch welches General v. Steinmetz seiner Stellung als Ober-
befehlshaber der I. Armee enthoben wurde. Es ist ebenso beschämend
für den Hmidlinger. wie es Zeugnis ablegt von dem Edelmute und der
Grofsherzigkeit seines Kriegsherrn, der „die Ordre mit schwerem Herzen
erlassen hat, sich künftig nur mit dankbarer Anerkennung der aus-
gezeichneten früheren Dienste des Generals erinnern und vöUig ver-
gessen will, dafs dieser nicht vermocht hat, seinen BigenwiUen dem
des Königs unterzuordnen". — Bs ist ein h&rsUcher Mifoton, mit
welchem dei Sang vom Löwen von Nachod ausklingt.
Seine Tüchtigkeit, das Aufgehen in seinem Beruf und die Erfolge
seiner militärischen Thätigkeit hatten bis dahin die Bedenken 7.urvi< k-
gedrängt, zu denen die Scliroflfheit seines Aul'lretens, sein aigwühnischer
Dlgitizeci by Google
I
286 Umaolwii in der MiUtItr-Utteratar.
Charakter, seine anspruchsvolle Überhebung Veranlassung boten. Er
war der Mitwelt als das Muster eines altpreufsischen Offiziers mit allen
Vorzüfren und Schwächen dieser .Menschengattuns: f'rsrhien«»n. Als
solches kann (ir hinfort nicht gelten, denn es fehlte ihm die (Inirid-
budingung für die Bethätigung aller soldatischen Tüchtigkeit, die Fähig-
keit, zu gehorchen, eine Eij^enschafl, ohne deren Vorhandensein das
gedeihliche Zusammenw^irken aller Glieder eines Heeres undenkbar ist.
Wer das Buch besitzen will, möge ein gebundenes Ex^plar er-
werben. Der an die Schriftleitung der Jahrbücher gelangte broschierte
Abdruck zerfiel, als er in Gebrauch genommen wurde, sehr bald in
eine grofse Zahl kleiner Hefte. 14.
Neue Volksbücher. Herausgegeben von Freunden chrisrlichcr Vulks-
litteratur. Unser Bismarck. \'(in Paul v, JSchmidl. Geiifra!-
major z. D. 65. Bändchen. Mit 24 Illustrationen. Berlin 1900.
Schriftenvertriebsanstalt. Preis 40 Pfg.
Der Herr Verfasser, auf dem üebiete der vaterländischen Lilteratur
rühmlichst bekannt, besitzt die seltene Gabe, wirklich volkstümlich,
dazu belehrend und fesselnd zu schreiben, ohne in Überschwftnglich-
keiten zu verfallen. Seine hohe Begabung auf diesem Gebiete bewährte
sich u. a. in den an dieser Stelle gebührend gewürdigten Schriften:
„Kaiser Wilhelm II. Kin Lebensbild" (Nr. 57. „Neue Volksbücher") und
dem rharaktcrhild Moltkes in der Volksausgabe der Schriften desselben:
„Gencrai-Pi Idmarschall Graf v. Moltke in seinen Prielen". Dafs sich
P. V. Sc timidt nun den unvergefslichen Baumeister des deutschen
Reiches zum Thema wählte, unseren Bismarck, freut mich ganz be-
sonders. Die hier gestellte Aulgabe konnte nicht in geeignetere Hände
gelegt werden. loh hoffe, dafs dieses Büchlein dazu beitragen werde,
die Erkenntnis vom Leben und Wirken unseres grOfsten Staatsmannes
in immer weitere Kreise zu tragen und kann es Schulen, Volks- und
Soldatenbibliotheken, nicht minder aber dem deutschen Volke aller
Stände nicht warm genug empfohlen werden. 4.
Kriegsgeschichtlichc Beispiele aus dem deutseh-ftranzösischen Kriege
von 1870/71 von Kunz. Major a. F». Klftes Heft. Beispiele
für Geländeverstarkiingen auf dem Schlaehtfelde. Mit zwei
l^läncn in Steindruck und drei vSkizzen im Text. Berlin 1900.
E. S. Mittler & Sohn. Preis 2 Mk.
Wenn der Herr Verfasser in der Binleitung sagt, „künftige Kriege
werden die Wichtigkeit des Spatens voraussichtlich noch weit mehr
in die Erscheinung bringen*, so pflichten wir ihm hierin, entgegen
den gegenteiligen Anschauungen der Spatenfeinde, unbedingt bei. Be-
sonders für den Verteidiger wird die künstliche Geländeverstärkung
unentbehrlich werdi^n. zumal in Stellunsren. welche, wie man zu sagen
pflegt, wirklich Stellungen sind. I>afs im Frieden meistens Gelände-
verstärkungen nur darum gemacht werden, um schlielsiich gai'nicht
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4
UiuäcUau in dar Militär-Litteratur.
237
besetzt zu werden» hat seinen Grund darin, daTs der Gegner die Stellung
toumierte oder gamioht angrifl oder dafs der Verteidiger aus der
Stellung offensiv wurde. Die kfinstliche GeUndeversUirkung wird sich
für den Angreifer wohl nur auf V^erbesserunjr des Sohufsfeldes und
auf Mafsnahmen beschränken, die ihm vorühorccehend Schutz gegen
das fVindHrhe Fcwv <rowähron. Aus diesen (iriinden hat der Herr
Verfasser in seine Heispiele nur solche hinoingezopfn, w«^lfh»; dem
Verteidiger dienstbar gemacht werden. I>ie neuenMi Kriege, im be-
sonderen der russisch- türkische und der thessalische Krieg haben er-
neut die Wichtigkeit solcher Anlagen ergeben, und die Ereignisse in
Transvaal zeigen« welchen hohen Wert der Anlage von Feldbefestigungen
beizumessen ist. — Wie in diesen Heften bereits eingehend dargethan
wurde, sind die Erfhhrungen darüber« wie wir befestigte Feldstellungen
zu bekämpfen haben« noch lange nicht abgeschlossen — weil wir eben
thatsfichlich hierin noch keine Erfahrungen haben. Erst neuerdings
sind reglementarische Bestimmungen darüber getroffen worden, wie
solche verstärkte Stellungen anzulassen seien, die Einführung sctiwcier
Steilfeuerffeschütze bei den Feldaitillerien wird als im unmittelbaren
Zusammenhange hiermit zu betrachten sein.
Von den fünf Beispielen zeigt dasjenige der Schlacht von Spicheren
die Eigentümlichlceit, dalls der französische General Prossard« selbst
der Geniewalfe angehörend, das von ihm selbst erwfihlte Schlachtfeld
mangelhaft fttr die Verteidigung vorbereitet hatte« obgleich er sich ge-
rade hierin in früheren Feldzügen ruhmvoll hervorgethan hatte. Fast
überall befand sich der Angreifer sehr bald im toten Winkel.
In der Schlacht von Gravelotte haben „die riolHndeverstärkungen
der Division .Montaudon ihre Prol)e nicht best« h*'n können, weil sie
an keiner Stelle angcgritVen wurden", im ül)riKeii „waren die (iel iide-
verstärkungen der Divisionen Metman und Aymard sehr zweckn afsig
und haben hervorragende Dienste geleistet". Von der Besetzung der
vorgeschobenen Stellungen von St Hubert und im Walde von Genivaux«
der fhinzösischerseits vergeblich in Brand zu stecken versucht wurde«
hatten die Franzosen geringen oder gar keinen Gewinn; endlich fehlten
ihnen gedeckte Verbindungswege von rückwärts her nach ihren
Schützengräben. Liafs das Gelände und die zahlreichen Peldsteinmauern
vor St. Privat mustergültig vom Verteidiger ausgenützt worden sind,
hat Major Kunz auch früher bereits nachgewiesen
Vor Amiens galt es. der neugei»iUieien französischen Nordarmee,
dem Gegner sich mit aller Kraft zu wideisetzen. Während auf dem
rechten Flügel die von der Verwaltung der Stadt Amiens hergestellten
Versohananingen, eine zusammenhftngende Linie von Schützengraben,
die von Bastionen flankiert wurden« sich vorzüglich bew&hrt haben«
indem sie den Franzosen einen, völlig ungestörten Rückzug ermöglichten,
hatten die Verteidiger auf dem Abschnitt zwischen Marcelcave und
Villers-Bretonneux wenig taktisches Verständnis gezeigt Von dem
verschanzten Lager von Orleans, dem Picwna eines Osroan Pascha«
Dlgltized by Google
238
UmMfaM in der HilttSr-Littsratar.
von dem das französische Volk so viol erhofl't hntU'. sagt der Major
Kunz zutrettend. es sei ein Unglück für Prankreich gewesen, dafs.
obgleich für die Ausrüstung ungemesseno Mittel zur Verfügung standen,
die Männer fehlten, die vom Kriegswesen etwas verstanden. Auch
Btand dieses Lager im Widerspruche mit dem eigentlichen KiiegB-
zwecke, Paris zu entsetzen.
Von den Verteidigangsmafsnalimen an der Lisaine wird gesagt, es
dürfte Inom möglioh sein, in so kurzer Zeit und bei so ungfinstiger
Jahreszeit mehr zu leisten als von den den Franzosen an Zahl so weit
unterlegenen Deutschen. „Nicht auf die Masse der Kämpfer kommt
es an; die Entscheidung liegt, wenn man von der Führung absehen
"will, in dem inneren Werte der Trupiti-n. Das lehrt keine ISchlacht
des glorreichen Krieges von 1Ö70/71 so übei-zeugend, wie die bchlacbt
an der Lisain«'.
Auch dem vorliegenden Heft sind wiederum eine Anzahl Aufgaben
und Quellen zu deren Lösung beigetügt und wir dürfen es auf das
wttrmste empfehlen.
Wie wir hören, wird ein in Vorbereitung befindliches weiteres
(zwölftes) Heft die gesamte Gefechtsth&tigkeit der Infanterie in etwa
500 kriegsgeschichtlichen Beispielen vorführen. 63.
Kriegsgeschichtliche Beispiele des Festungskrieges aus dem deutsch-
französischen Kriege von 1870/71, von Proben ius, Oberst-
leutnant a. 1). Zweites Heft: 1. Einschliefsung (Cernierung).
3. Metz. Mit einem Plan und 5 Skizzen in Steindruck. Preis
3,50 Mk.. geb. 4,75 Uk.
Drittes Heft: 1. Einschliefeung (Cernierung). 4. Paris. Mit
ehiem Plan in Steindruck. Pr^ 3,75 Mk., geb. 5,00 Mk. Berlin
1899. E. S. Mittler u. Sohn.
Wir haben die Auftaierksamkeit weiterer Kreise schon auf das
erste Heft zu lenken versucht, die nun folgenden verdienen dies in
noch höherem Grade. Strafsburg und Beifort waren Ereignisse auf
sekundärem Kriegsschauplntz und liefsen daher den Festungskrieg
immer noch als ein den grufsen Entscheidungen fernliegendes Gebiet
behandeln. Dementgegen führten Metz und Paris grofse Feldarmeen
und damit nahezu die ganze deutsche Streitmacht unmittelbar in den
Bereich der Festungen. Tbatsächlich lag also hier die Portsetzung des
Peldkrieges mit anderen Mitteln nahe, aber man war ja gewohnt, erst
mit dem »förmlichen Angrifft den Festungskampf beginnen zu lassen.
Dieser fiel den SpezialwafTen, den übrigen — nach überlieferten .\n-
schauungen — lediglich di«> \urgabe zu, mit einer Sicherheitskette
den Platz zu begrenzen, auf weichem das Schauspiel sich entwickein
sollte.
Welche weittragenden Folgen diese ,\utVnssiing des Pestungs-
kampfes in beiden Fällen (Metz und Paris» hatte, legt der Verfa.sser
in lichtvollen Betrachtungen des Näheron dar, gleichzeitig auf die
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Unaehfttt in dar MilitSr-Uttarttar.
239
gftnzUch veränderten Verhaltnisse einer Festung mit Forts gegenüber
einer Vaubanschen hinweisend.
Aber nicht nur die wirkliche Festung (Paris) hielt den Feldsoldaten
von einem energischen Vorgehen ab, hierzu genügte schon der ge-
heimnisvolle Zauber des ihm fremden Wesenn — Festung — auch da,
wo sie eigentlich nur dem Namen nach vorhanden war (Metz|. So
sehen wir hier abermals, wie unsere (iegner vor Sebastopol, die
Festung erst vor den Augen des Angreifers entstehen, der in gänzlicher
Verkennung der wahren Verhältnisse ihr eben hierzu Zeit gelassen
hatte. War ja doch diese neue Festung einer wesenüichen inneren
Wandlung und Stärkung auch nach der Einschliefsung fähig, nament-
lich dann, wenn sie so gewaltige aktive und passive Streitmittel wie
Paris in sich barg und lediglich nach Aufsen abgesperrt, aber nicht
in ihrer Entwickelung bodioht war. Dafs andernfalls ein energisches
Herangehen schon von An l ang an bis über die Grenze d«'s Schufs-
bereichs notwendig war. dafs hierbei auch den anderen Watten, also
der Feldarmee eine wichtige Aufgabe zufiel, das hat namentlich Paris
in überzeugender Weise gelehrt.
Der unerwartet lange Widerstand war ja — es wird dies sehr
treffend betont ~ nicht allein dem mangelhaft vorbereiteten und daher
verspäteten Eintreffen der Geschfitse, er war vor allem auch den
unklaren Vorstellungen zuzuschreiben, welche noch in weiten Kreisen
über den Festungskrieg bestanden. Eben deshalb und dank der ab-
wartenden l'nthiitigkeit „des grofsen Publikums" hatte sich die Scene
schliefsüch derart verändert, dafs man über die beschütze gar nicht
mehr frei verfügen konnte. Sie waren zur Abwehr eines Verteidicrers
notwendig? geworden, der nunmehr selbst das Gesetz bis zu einem ge-
wissen ürade vorschrieb. (Mont Avron.)
Wer mit dem Verfasser die denkwürdigen Ereignisse dieser grofsen
Festungskämpfe in dem eben angedeuteten Sinne durchwandert, wird
sich seinen Folgerungen Im ganzen wohl nur anschlielsen können.
Damit wird aber zugleich die hohe Bedeutung des Festungskrieges,
wie des Studiums seiner Geschichte für alle Waffen unmittelbar aus
dem Kri( LT ' heraus in einer Weise abgeleitet, welche der Schrift einen
bleibenden Wert sichert.
Oegenüb(M' der unheilvollen Veiwirrung, die in Metz aus dem
planlosen Zusammenwerfen von Feldarmee und Festung entstand, bot
aber Paris das Bild «-iner Verteidigung dar, von der wir gewifs wir
möchten dies mit dem Verfasser besonders betonen — in vielen I >ingen
schon deshalb lernen können, um unsern Gegner künftig richtiger als
1870 zu beurteilen. Verband sich doch damals in ganz merkwürdiger
Art bei dem Angreifer eine Unterschätzung der Festung in ihrer
Widerstandsdauer mit einer Oberschätzung der von ihr drohenden
Gefahr, wie dies in den kritischen BotrachtunRen über die Einschliefsungs-
linie sehr treffend hervorgehoben wird. Wer aber künftig den
Festungen eine derartige Bedeutung als Zuflucht gesciilagener Feld-
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240
(Jmächau in der Idilitär-Iitterator.
anneen nicht mehr einrftumen will, der irnifs vor allem die Kiust. sie
energisch anzupacken und zwar besser verstehen, als sie in den Be-
trachtung'n jroschildort wird. In der Venvertung der Festungen aber
— das sei bei aller ZuKtimjnung zu dem Standpunkt des Verfasser
gesagt — siri'l di** Vcrhältnisso nicht in allen Landern gleich und
geni'li' III lYankreich von iinstTcn tlfMitschf'n wcsfntli<-}i verschieden.
l sonst ahweichendt' Anschauungen in Einzelheiten gehen wir
unis(^ij('l)<r hinweg, als wii- den unl)estreitbar hohen Wert der Schrift auch
in den vorliegenden Fortsetzungen in keiner Weise schmälern mochten.
Nur der öfters betonten Notwendiglceit von Pestungpionieren seien
noch einige Worte gewidmet Die hohe Bedeutung der technischen
Waffe in der heutigen KriegfQhrung ist ja fttr Sachverst&ndige un*
bestreitbar. Die volle Leistungsffihigiceit ist aber unseres Erachtens
bei dieser Waffe auch ohne Festungspionier dann zu erreichen, wenn
sie nur von allem unnötigen Beiwerk entlastet und lediglich darin
ausgebildet wird, was ihr h< iitf noch allein zufällt.
Vielleicht bieten die wcilcien Ausführungen, welche nach ihren
Vorgiiniren mir zu begiüfsen sind, Holegenheit auf diese schon mehr-
fach beliandelle Frage zurückzukommen. 45
Der Krieg In SOd-AMka IM/mO imd seine Torgwdiickte. Be-
arbeitet von A. v. M All er, Oberleutnant im 1. Hanseatischen In-
fanterie-Regt. Nr. 75. Mit zahlreichen Karten, Skizzen und An-
lagen. II. Teil, her Oranje-Modder-Feldzng. Stormberir und
('ol(>sberg. 1>(M' Tugela-Feldzug. Berlin 1900. Liebeische Buch*
liandlung. H\ Seiten. 2 Mk.
I >as er.-^tf lieft des vorliegenden hJuches wurde bereits besprochen.
Das zvveiie trägt selbstvei-stiindlich denselben Charakter. Ein etwa.s
gröfseier Fleils ist auf die Kartenskizzen verwendet, deren Gelände-
formationen doch wesentlich richtiger gezeichnet sind; auch giebt die
Skizze des Geländes von Ladysmith im allgemeinen die Situation richtig
wieder, während auf der betroffenden Zeichnung des ersten Teils
eigentlich alles fidsch war. Aufikllender Weise ist die Skizze von
Magersfontein wieder aufserordentlich wenig dem Bilde entsprechend,
welches uns die guten Karten zeigen, und doch lag hier in einer
Skizze des Militär Wochenblattes eine allem Anschein nach im all-
gemeinen riclilige harstellunir vor
Im Text scheinen einige wesentliche Irrtümer untergelaufen zu
sein, wie S. 81 der Veumarsch Methuens, welcher nicht am 2*2. und
23. November, sondern am 21. und 22. ausgeführt wurde und am 23.
frQh zum Zusammenstofs bei Behnont führte. Nach der DarsteUnng
Müllers hätten die KnglSnder am 23. von 2 bis 4 Uhr früh 15 KQo-
meter zurücklegen müssen. Bei BCagersfontein läfst der Verfhsser die
Buren einen OffensivstoCs ausführen, von dem sonst nichts bekannt
ist. S. 94 gehen die Buren am 7 Dezember von Anindel bis Coles-
berg zurück und trieben am 10. French wieder bis NaauwpoorL Nach
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Umschau in der Militär-Litterator.
241
«nderen Nachrichten spielton sich die hetreffenden Gefechte bei Amndel
und nicht bei Colesberg ab. Ebenso sind in den Truppenflbersichten
Irrtümer, und French hatte finde November durchaus nicht „fast die
ganze Kavallerie-Division zur Verfügung", wie S. 93 behauptet wird.
Es ist nicht gut, mit solcher Aiisfiibrlirlikpit kricprerisrho Ereignisse
zu beschrfMhen. wo solche wesentliche Irrtümer noch unterlaufen und
beinahe unvermeidlich sind. 49.
Ein Schlachtenangriff im Lichte neuerer JkriegsgeiMjhichte. II. Teil
von: „Der ScUachtonangriff im Lichte der SchMohtingsehen Grund-
sätze und der Boguslawskischen Betrachtungen". Von W. von
Scherff, General der Inf. z. D. Mit einer Skizze im Text
Berlin 1900. R. Eäsenschmidt
Es ist alle Mal ein Ereignis für die kriegswissenschaftlich gebildete
Welt, wenn ein neues Werk aus der Feder des Generals von Scherff
erscheint. Das taktische Bekenntnis, für welches General von Scherff
eintritt, ist den Eingeweihten wohl von vornherein bekannt. Es ist
im wesentlichen das Eintreten für die Notwendigkeit und Möglichkeit
einer festen Regelung des Angriffsverfahrens, sowie für die Notwendig-
keit einer strengen Unterscheidung der Thätigkeitsgebiete der
„Schlachtonleitung" und der „Kampfdurchfahrung" („Schlachten-
angrüT*); fttr das erstere Gebiet handelt es sich hierbei um die Grund-
sätze fEhr die Beantwortung der Frage, in welcher Kampfort und wie-
viel KriUte zu bestimmtem Zeitpunkt und an bestimmter Stelle ein-
zusetzen sind, während es sich für das letztere Thätigkeitsgebiet
lediglich um die Grundsätze handelt, nach welchen die befohlene Truppe
dann — als Werkzeuir der Leitung — an der durch diese bestimmten
Stelle, zu dem durch diese festgesetzten Zeitpunkt, in der durch sie
befohlenen Kampfart ihre Waffenthätigkeit ausüben soll. Lediglich
dieses letztere Thätigkeitsgebiet ist es, fflr welches General von Scherff
einer festen Regelung des Angriffsverfahrens das Wort redet; aber
auch nur innerhalb dieser Grenzen die Anwendung ein und desselben
Schemas ein fflr alle Mal fordern zu wollen, ohne das Gelände zu be-
rflcksichtigen, davon ist General von Scherff wohl ebenso weit entfernt,
wie diejenigen, die ihm solches unterlegen. Was rieneral von Scherff
fordert, ist ein fest gelegtes Vertahren für einen bestimmten Fall (ent-
scheidender Angriff über eine (ieckungslose Ebene, rechts und links
angelehnt), welches als Anhalt dafür, wovon dann eigentlich im ge-
gebenen Faüü nach Umständen abgewichen werden soll» dient. Wer
von General von Scherff behauptet — wie es häufig von demjenigen,
dte für die Pestsetzung eines Schemas ehitreton, geschieht — er setze
die Form Aber den Geist und dergleichen, der hat seine Werke wohl
kaum grfindlich studiert
In dem diesem Buche vorangegangenen I. Teil desselben: „Der
Schlachtenangriff im Lichte der Schlichtingschen Grundsätze und der
Boguslawskischen Betrachtungen" hatte General von Scherff seine An-
JakrbAobn fAr di« daatMh« AnoM and Marin». Bd. 116 3 16
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242
UmMium In der Mltttfr-Uttentar.
schauungen auf rein theoretischem Wego durch Vcr^^leich seiner Lehren
mit denen der genannten Generale dai/.ulegen gesucht. In dem vor-
liegenden Werk belegt er seinr* Bohauptungen und widerlegt diejenigen
des Generals von Schlichting durch die Untersuchungen an einem
kriegsgeschichtiichen Beispiel. Er wählt hierzu die Angriffe der
88. Brigade und der SO. Division am Spätnachmittag dea 16. August
bei Mars-la-tour-Trouville. Br ftthrt den Nacliveis, dak der einheitUcli
und ann&liemd gleiclixeitig, jedenfalls al>er rficksiclitslofi duroligefülirte
Angriff der gegen erhebliche Obermacht eingesetzten 6 Bauiülone der
88. Brigade stellenweise thatsHchlich den Gegner geworfen hat, trotz*
dem der AngritT fast ohne Aitillorievorberoitung und nach einem un-
zeitgemäfsen, aber eben immerhin nach einem gereireiten Verfahren
durchgeführt worden ist. Wenn der Angriff der .'58. Brigade dennoch
zu einem Mifsci tolge führte, so habe das einmal daran gelegen, dafs
er im lelzien Augenblick auf völlig irisch eingesetzte, abermals über-
legene Krfifte, denen gegenüber preuTsischerseits keine Reserven mehr
eingesetzt werden konnten« stiefo. Nicht zum wenigsten aber auch
habe es daran gelegen, dafs der Angriff der firfiher zur Stelle beflnd-
Uehen benachbarten 20. Division nicht rechtzeitig zur Wirksamkeit
gelangte, so dafs die 88. Brigade konzentrisches Feuer auch von solchen
feindlichen Truppen erhielt, die bei entsprechendem Verhalten der
20. Division durch diese hätten gebunden werden müssen. Djifs letzteres
eintrat, das schreibt General von ScherlV in erster Linie dem Umstände
zu, dafs die '2n. l M\ ision nicht zu einem einheitlichen „SchlatrhtenangrilT^
(„entscheidenden Angriffs kämpf") eingesetzt wurde, sondern dafs sie
selbständig zu fechten begann und nach dem ^Auftrags- und Stütz»
punktverfahren** des Generals von Schlichting verwendet wurde, dessen
Ergebnis dann an Stelle einer rechtzeitig sich geltend machenden ein-
heitlichen Handlung eine Reihe vweinzelter. zu spat wirksam werdender
Binselhandlungen war.
r>ieser Teil der Ausführungen des Generals von Scherff ist ganz
besonderer Beachtung wert; er hätte vielleicht zweckmäfsiger den
ersten Teil des Buches gebildet. Aber auch die diesem Teil voran-
gehenden Auseinandersetzungen des (ienerals mit den Li hi - n d''>
Generals von bchlichting, insbesondere seine Hinwendungen gegen
das von diesem vertretene „Stützpunktverfahren'', kann dem inter>
essierten Taktiker nur dringend empfohlen werden. Wenn die geistig
Groleen ihre MeinungskSmpfe auskämpfen, so kann die Masse und der
aufhtrebende Jüngere davon nur lernen. Freilich ist das Studium dieses
Teils meha eine Arbeit als eine leichte Unterhaltung: wenn aber manche
Stelle der Bücher des Generals von Scherff auch nicht leicht zu er-
lassen ist. so unterscheiden sich seine Arbeiten doch von denen mancher
anderer voru-illiaft dadurch, dafs sie nicht nur Behauptungen aufstellen,
sondern jede derselben auch bis auf den Grund logisch zu beweisen
suchen, freiUch dann manclimal auf Kosten der leichten Lesbarkeit:
doch dürfte es aber auch mit Recht fast als anmafsend gelten, ein
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Umaohaa in der Militär-Litteratar.
243
Problem wie das des Infanterieangriffes, über welches sich die Besten
schwer zu einigen venndgen, in leichter Unterhaltungsleictare lösen
SU wollen.
Zwei Hauptgrundsätze, in denen General von Scherfl" das wesent-
liche der Änderung der Taktik infolge der vervollkommneten Watten
ziisammenlafst. iniichlen wir hier n(»ch anführen; nämlich die beiden
balze, dafs „das Herankommen bis auf Hauptteuerstellung sich
voraussichtlich nicht mehr ohne eigenen Feuereinsaiz wird
ermöglichen lassen und dafs das Nachkommen bis auf Haupt-
feuerstellung ohne feste Regelung des Verh&Itnisses zwischen
vorderen und hinteren Staffeln (Treffen!) nicht mehr gewähr-
leistet werden kann*.
Zur Bedingung macht General von Schlichting aber, dafs der
Schwerpunkt aller intanteristischen Offensive nicht in der Hindung
an die Zufälligkeiten des Geländes, sondern in der rationellen
Ausnutzung; ticr Waffe zu suchen ist.
I>ie KrkUiruiiu; d iliir al>»'r. dafs Cieneral von Schciit" alM-i iuals in
den Kampf der Meinungen ütjer den Infanterieangrifl" eiagi-eüt, giebt
uns folgende Stelle seiner Sclilufsworte:
„Auch jetzt kann ich — immer wieder aufs neue! — meinen
Standpunkt zu dieser Frage nur dahin präzisieren, dafs ich es für
eine Pflichtverletzung eroehten müfste, der Infanterie in einem
Zukunftskriege überlassen zu woUen» sich ihre zeitgem&lisen An-
griffsmittel erst auf Grund zu machender Erfahrungen heraus-
zuprobieren.**
Das teure Lehrgeld, welches die Engländer jetzt in Sttdaftika haben
zahlen müssen, giebt diesen Worten nur zu recht
Wir aber können stolz darauf sein, dafs der Meinungskampf über
diese wichtigste Frage, so wenig günstig die augenblickliche Zeit-
strömung in wissenschaftlichen Erörterungen über diese Frage auch
ist. niemals einschläft. Nur so können wir dereinst mit ruhigem Ge-
wissen sagen, dafs auch die Militärlitteratnr ihre öchuldigkuit gethan
hat! V. s.
Das Vordringen der russisehen Macht in Asien. Von Maximilian
Graf Yorck von Wartenburg, Oberst und Abteilungschef im
groJsen Generalstabe. Mit einer Karte in Steindruck. Berlin 1900.
E. S. Mittler Sohn.
Nachdem der viel verbreitete Glaube an die unerschütterliche
Weltmachtstellung Englands durch den Verlauf des gegenwärtigen
südafrikanischen Krieges wesentlich beeintrftchUgt worden ist, richten
sich die Augen der Welt jetzt wolü mit Spannung auf das Verhalten
Rufslands, seines besonders in Asien gefahrlichsten Rivalrn. Es liegt
das ujii so näher, als Rufsland irrade jetzt trotz aller Bt-leut-rung seiner
Friedensliebe den Einfall hatte, eine probeweise Mobilisierung und
16«
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244
Umsohaa In der lIUMIr-Iitteratar.
Überführung eines Armeekorps von Tiflis nach der afghanischen Grenze
in Scene zu setzen!
Höchst willkommen und überaus interessant ist daher die vor-
liegende hochl)rd<'iitende Schrift, welche uns eine historische Dar-
stellung von dem Vordringen der russischen Macht in Asien seit dem
16. Jahrhundert bis auf die heutigen Tage bringt. Sie weist dabei
nach, wie Kulsiand hautig, mehr der Notwendigk«'it folgend als dem
inneren Triebe, von Etappe zu Etappe weiter ging. Teils durch
kommersdelle Verhältnisse, teils durch das Bedfirfhis, sich feste Grenzen
zu sohaflTen. wurde es Teranla&t, langsam aber sicher die letzteren
immer weiter hinaus zu verlegen und seinen Besitz durch Befestigungen,
— in neuester Zeit aber auch durch die Anlage eines Eisenbahnnetzes
sicher zu stellen. Nach einem Rückblick auf die früheren Jahrhunderte
sehen wir, wie unter Kaiser Nikolais I. erneute Unternehmungen gegen
Ciiiwa ins Auge gefafst wurden. Wir verfnls^en di»' Anla^jren von Be-
festi^rungen am Kaspischen .Meer und Aralsee, denen die Einnahme vonAk
Metschet am Ssyr-Darja durch General Porowski im Jahr 1850 folgte.
— Fast gleichzeitig operierte der zum üouverneur von Sibirien er-
nannte Hurawiew am Amur und nalun im Jahre 1858 von diesem
Gebiet Besitz, um 1860 ihn auch auf das Ussuii-Gebiet mit dem jetzigen
Wladiwostok auszudehnen. Sp&ter erlbigte hierauf die Anlage der
sibirischen Bahn und neuerdings ihre Fortsetzung durch die Mantschurei
sowie die Erwerbung von Port Arthur uud Taliewan. — Im Jahre 1854
wurde ferner über den Iii vorgegangen und Wjerny gei^nindet. -
1861 begannen die weiteren Operationen am Ssyr-liarja und 64 das
endgiltiy:e und planmäfsige Vorgehen ge^en Kokan in zwei Kolonnen
von Wjerny und Porowsk aus. welche im Jahre 1.S65 Taschkent ein-
nahmen. Hierdurch war der Kampf mit i3uchara unvermeidlich ge-
worden und 80 wurde Im Mai 1866 seitens des Genend Romanowski
die Offensive gegen das Heer des Emirs ergriffen und Ghodshent,
Saamin und Dshisak erobert, was im Juni 1867 die Errichtung des
Militarbezirlts und Generalgouvernements Turkestan unter dem Befehl
des Generals von KaufVnann und sogleich auch die Ansiedelung von
Kasaken zur Foltre liatte. Indes bereits« im Jahr«» 1869 veranlafsten
den letzteren Grenzstreitigkeiten mit dem Emir von Buchara wieder
zu einer Expedition in sein Land, welche nach heftigen Kämpfen mit
der Besitzergreifung des Gebiets von Ssamarkand endigten. — Ehe
indes hier eine feste Grenzlinie geschaffen werden konnte, erschien es
notwendig, sich in den vollen Besitz des Hinterlandes zu setzen und
80 wurde im Jahre 1878 der Feldzug gegen Chiwa eriMIhet, indem
Generai von Kaufmann mit der Hauptkolonne von Turkestan und drei
weitere vom Kaspischen Meer ans gegen dasselbe vorrQckten, was mit
der Einnahme Chiwa« und der Unterwerfüng des Chans Seid Mehemmed
endigte, wodurch der Amu-Darja nunmehr die westliche Grenze des
russischen Gebiets bildet»- — im Jahre 1876 wird nach einer weiteren
Expedition endlich auch Kokan durch General Skobelew erobert, Chan
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Umschaa in der Hilitär-Utterator.
245
Ab-dnr-Rachmann nach RuTsIand gesendet UDd sein Ghanat als Gebiet
Fergana dem russiachen Reich einverleibt, wobei gleichzeitig die ersten
Sohritie gegen Pamir unternommen werden. Wiewohl innere Rümpfe
in Afghanistan. spezi«>ll diu von dessen Thronbewerber unter einander«
— endlich auch im Jahre 1880 der englische Feldzup gegen dieses
Land, es Rufsland nahe gelegt hätten, sich in die dortigen Angelegen-
heiten einzumischen, so sah man doch vorläufig d.ivon in der Er-
kenntnis ab, dafs weitere l'nternehmiingen in dieser Rirhtuntr, ins-
besondere gegen England nur dann aiisiührbar sein würden, wenn
gesichertere Verbindungen der dortigen Besitzungen mit dem russischen
Reiche geschaffen sein würden. So wird denn am Kaspischen Meere
eine zweite Basis zu schaffen gesucht» um, wenn nötig, zuerst auf
Herat, nicht auf Kabul vorgehen zu können. Zu dem Zweck wird 1878
Krasnowodsk befestigt und 1880 unter Skol>elew von Tschikisoh^ar
aus eine Expedition gegen die Teke-Turlmenen unternommen, welche
deren l'nterwerfuntr mit der Eroberung von Oeojr-Tepe am 24. Januar 1881
sowie die Einverleibung ihres (Jebiets in das transkaspische Reich
zur Folge hatte. GleiciizeitiLr vcranlafste Skobelew aber auch den
Eisenbahnbau von Krosnowudsk uacli Kisyl - Arwat. l'iesem Schritt
folgt© aber auch 1884 die fast freiwillige Unterwerfung der Merw-
Turkmenen, so dafe Merw nun auch besetzt und die Bisenbahn des
weiteren bis dahin fortgeführt werden konnte. Als nun aber auch
die Ssalor- und Ssaryk» Turkmenen ihre Unterwerfung antrugen und
Rufsland Sseraohs besetzte, erhob Afghanistan Widerspruch, besetzte
Pendhs^de und «iie von Rufsland bereits besclilagnahmten Bezirke von
Pamir, was dahin liilirte, dafs Kamarow sie am 30. März 1885 bei
Pendhs-de angriff, in di«« Flucht schlug und den dortigen Bezirk eben-
falls einverleibte. — Hierauf wurden unter Mitwirkung Englands Grenz-
regulierungen vu! ircrioninien, in denen doch der \\ ille Hulslands im
wesentlichsten zum Ausdruck kam. Es war das um so wichtiger,
als die bis Ssamarkand projektierte und nunmehr auch bis Taschkent
und Andishan ausgeführte Bahn auch im Jahre 1898 von Merw bis
Kuschk geführt werden konnte. — Auch in der Pamirfrage behauptete
Rulsland seinen Willen, indem 1892 afghanische Truppen dort mit
Waffengewalt zurückgewiesen wurden und England auch hier den
Afghanen die Unterstützung versagte. — Weitere Verhandlungen
zwischen den drei Staaten setzten srhliefslich die Grenzen bis an das
Gebiet Chinas fest, wonach im östlichen Teile Afghanistans am
Hindukusch zwischen der englischen und russischen Grenze nur ein
schmaler, an einer Stelle kaum 20 km breiter Streiten als sog. Puller-
staat bleibt.
Auf die Frage einer russischen Aktion gegen Indien näher ein-
gehend, giebt nun Verfasser die in Torkestan und Transkaspien stehenden
Truppen im Frieden auf 35000, in Kriegsstärke auf 63000 Mann an,
wogegen die Englander in Indien 78000 englische und 188000 Mann
eingeborene Truppen zählen sollen, von denen aber kaum die Hälfte
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24G
UiDMcbau ia der Militär-Litterator.
zur Verwendung nach aufserhalb gerechnet werden dürfe! — Rnikland
bedürfe daher allerdings der Heranziehung eines der kaukasischen
Armeekorps und weiterer europitischer Verstärktinjren. dii* auch im
ferneren Verlauf der Operationen mit Hilfe seiner Bahn schneller
heranziehen könne als Kniriand, desstMi Kräfte bald erschöpft sfin
würden. — Der erste iSchrill Hufslands würde unhedins^t die Besetzung?
Herats sein, was leicht sei. da die Kntfernun.i; bis dahin von der End-
station der russischen Bahn Kusclik nur ein Fünftel der Strecke be-
trage, dio zwisc hen Herat und der letzton englischen Station Tschaman
liege. Bs würden die Engländer daher wohl Kandahar besetzen, was
eine gleichzeitige russische Operation vom Amu-Daija aus auf Kabul
nötig mache, welches indes u. U. die Engl&nder früher erreichen könnten.
— Von gröfster Bedeutung für beide Teile würde aber hierbei das Ver-
halten des Emirs von Afghanistan sein. Er könnte mit seiner 40— 5000<^
Mann starken Armee den Hussen elx-nsosehr den l'beriranc: über den
Hindukusch eischweren. wie den Kiitrliindern die Defileen des Kahul-
Thales sperren, beiden auch später die Verpflegung und wt'itHivn
Nachschub sehr erschweren. — Die diplomatische Vorbereitung zur
Gewinnung des Emirs spiele daher hierbei eine Hauptrolle; indes habe
es den Anschein als ob Rufsland vorläufig hier im Vorteil sei! Bs er-
scheine den Asiaten als die stSrkere Macht, da es stets im Vordringen
geblieben sei, während Bngland, häufig sogar auf Kosten der Afghanen,
nachgab. Auch habe Rufsland es verstanden, in den einverleibten
Gebieten 8i(;h mit den Eingeborenen schnell auf einen guten Fufs zu
stellen. — Vor allen Dingen sei zu erwägen, dafs bei einem Kampf
um Afghanistan die Kngländci- nichts gewinnen kimnen, da sie kein
Interesse daran und keine Möglichkeit haben, weiter in das russischi)
Reich hineinzustofsen. Sie könnten nur Hufslands Ansehen in Asien
schädigen. Dieses setze also nur einen Teil seiner politischen Stellung
und Macht auf das Spiel, in Bngland aber das Ganze! v. M.
Die heutig« Grundlage der deatsehen Wehrkraft Von LujoBrentano
und Robert Kuczynski. Stuttgart 1900. Cottasche Buchhandlung.
Hervorgegangen ist diese auf statistischen Grundlagen beruhende
Schrift aus einem Vortrage, den HeiT Brentano in München irehalten hat.
In diesem Vortrage wurde die Behauptung autgestollt, dafs nicht, wie man
allgemein anzunehmen püegt. die landwirtschaftliche Bevölkerung,
sondern vielmehr die industrielle das gröfste Kontingent an Ersatz
für das Heer stellt. Dieser Vortrag erregte, wie natürlich, lebhaften
Widerspruch in der Presse, zumal bei den Agrariern. Nun hat Herr
Kuczynski an der Hand sehr sorgsam zusanmiengestellten statistischen
Materials den Nachweis zu fahren venucht, dab die industrielle Be-
völkerung nicht nur absolut mehr Rekruten stellt, was ja bei der
Bevölkerungsdichtigkeit in Industriebezirken noch kein Beweis für die
Qualit;it wäre, sondern dafs sie auch relat i v sich leistungsfähiger erweise,
indem von tausend Landleuten weniger Rekruten zur Einstellung ge-
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Umschta in der Militär-IitterAtur.
247
langten, als von tausend Industrie-Arbeitern. Nur die handeltreibende
Bev51kerung steht nach Herrn KuczynsUs Berechnungen noch hinter
der Ackerbau treibenden zurftek.
Dies im wesentlichen die QnintessenB der beiden einander er-
gänzenden Schritten, wolcho in dem vorliegenden Heft vereinigt sind
<132 Seiten). Nebenbei werden der amtlichen deutschen Statistik
vielerloi Vorwiirf«» gomacht.
Statistische Zusamnu-nsteilungen sind sehr wichtig und schätzens-
wert: sie gellen, wenn richtig ermittelt und richtig gruppiert, eine
sichere Grundlage für die Beurteilung. Aber mitunter kommen zwei
Gegner an der Hand statistischen Materials zu genau entgegengesetzten
Ergebnissen, je nachdem sie ihr Material auswählen und gruppieren. Oft
wird der Leser, der beide Darlegongen liest, bei Nr. 1 sagen: „Der Mann
hat Recht und bei Nr. 2: „DerMann hat auehRechf*; analog König
Friedrich Wilhelm I.. als er sich von zwei Advokaten Aber denselben
Fall Vortrag halten Uefs.
Wir können den eingehenden I 'arlegnngen der Doppel-Broschüre
liier nicht folgen, wollen nln-r nicht versäumen, unsere sich für die
vorli. Inende Krage interessierenden Leser auf diese bemerkenswerte
statistische Studie hinzuweisen. P. v. S.
Das Heer als ()nelle der TSIkergröfto. Eine politisch-geographische
Studie. Von Dr. Friedrich Ratzel, Profbssor zu Leipzig.
München. Oldenburg. Preis 1,20 Mk.
Der Verfasser ist kein Geringerer als der in der geographischen
Welt rühmlichst bekannte und hochgeschätzte Autor der „Poiitüschen
Geographie. ** Wenn über dies grofse Werk seiner Zeit von der
berecht iirsten Seite, der Gesellschaft für Kikunde zu Berlin geurteilt,
wurde: „Hier zuerst sind die geschichtlichen Thatsachen aller Zeiten
und aller I-änder zur „Ermittelung d*'r geographischen Grundfesten
der Politik herangezogen worden,** so gilt dies auch von der vorliegenden
geistvollen Schrift, mit der Ratzel dem deutschen Vaterlande in der
hochwichtigen Zeit, welche wir in seiner politischen Entwickelung
durchleben, seinen patriotischen Tribut abtragen will Mögen es sich
die engherzigen Parteimänner in unserm Reichstage gesagt sein lassen.
daTs bei der Betrachtung des Umstandes, dafs auf unserer Erde in
einer Wasserfläche von Ji65 Millionen nur 144 Millionen qkm Land in
Form von Erdteilen und Inseln liegen, sich vor unserm geistigen Auge
ein ehenso gewaltiges Stück Menschheitsgeschichte erhebt. Von diesen
Zahlen gehen unsere Gedanken zu dem, was sie für die Völker be-
deuten. Wenn das Meer lusi drei Vierteile der Erde bedeckt, dann
kann nur aus dem Meere der Schatz der Herrschaft über die Erde
gehoben werden. Und dabei sind die ilusgangspunkte so eng wie
unser Dünenstrand.
Wenn der Verfasser sagt: «Nur das Meer kann wahre Weltmächte
erziehen!* so fügt er auch an anderer Stelle mit Recht hinzu: «Das
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248
UmseliM in dm M lUtibsLittentar.
Meer ist eine Quelle politischer Kraft für jedes Volk, das sich ihm
anvertraut.** — Doch dürfen wir hierbei nicht vergessen, dafs hier nur
die Reichtumsquellen dauernd sind, die auch zugleich Machtquellen
sind. Und darum ist es das weltgeschichtliche Verhängnis der See-
mächte von Sidons Z»Mten an. dafs sie die Machtquellen vernachlässigen,
um nur die Roiclislhiiius.juellen zu pflegen. Die Machtquelle zur See
liegt aber in einer starken Flotte. — Und da glauben wir. dafs mit
Flammenschrift die nackten statistischen Daten sprechen, dafs am Schlüsse
des 19. Jahrhunderts Deutschland im Tonnengehalt seiner HandeU>
flotte Frankreich fast um das Doppelte übertraf« und in zweiter Stelle
gleich hinter England stand, w&hrend Deutschlands Kriegsflotte noch
nicht die Hälfte des Tonnengehaltes der französischen zählte. MQgen
daher die Vertreter des deutschen Volkes sich einmal erheben von dem
niedrigen Standpunkte kleinlichen (iczänkes und es vorstehe n l^Tnen.
dafs, wie im 20. Jahrhundert ein Grufsstaat ohin- wirtschaltliche \\ elt-
interessen undenkbar geworden ist, auch ©in wahrer Seestaat ohne
Seemacht nicht mehr zu denken ist. C. v. Z.
Freiherr von Tettau. Die russische Armee in Einzelschriften. Teil I.
Taktik und Reglements. Heft 5. Kampfmittel und ricfeclit der
Feldartillerie. Heft 6. Ausbildung der Infanterie unter besonderer
Berücksichtigung der Srhiefsvors ch rift vom Jahre 189P. Heft 7
Ausbildung der Kavallerie. Heft 8. Ausbildung und Gefecht
der Kasaken. Auf Grund dos Kasakenreglements vom Jahre 1899.
(Mit vielen Abbildungen un Text u. s. w.). — Berlin 1900. Liebel.
Ermäbigter Gesamtpreis für alle bisher erschienenen 8 Hefte
12 Mk. staU 15 Mk. (Einzelpreis Heft 5 und 8 je 1,60 Mk
Heft 6 und 7 je 2 Mk ).
Mit den vorliegenden Heften hat Freiherr von Tettau den ersten
Teil seiner Arbeit abgeschlossen. Das ungeteilte Lob. das wir den
vorangehenden aussprechen durften, können wir zu unserer Befriedigung
hier nur wiederholen. Es verdient besondere .Anei kennung, dafs Ver-
fasser die erst im Jahre 1899 endgültig eingeführte neue Schiefsvor-
schrift, die Felddienstordnung, die Vorschritl für die Ausführung der
Winterfibungen im (}el&nde, das Reglement der Feld>Artillerie und der
Kasaken schon jetzt unseren Offizieren zugänglich gemacht hat Es
wird das Studium der in so hohem Grade gegen frfiher verbesserten
russischen Ausbildungs-Grundsätze gewifs in unserer Armee zu erhöhtem
Streben anregen, um auch bei den in allen europlUschen Armeen
unausgesetzt gemachten Fortschritten stets die Führung zu behalten
auf allen Gebieten soldatischer Thiitigkeit. Wenn Verfasser in der
Einfiihr ungseiner .Arbeiten darauf hinwies, dafs diese eiin- wiilkuniniene
Ergänzung dos Bandes „Rufsland" des bekannten Sammelwerkes
^Heere und Flotten der Gegenwart" bilden sollten, so können wir aus
eigenster Kenntnis beider Werke dies nur voll best&tigen. HofTentlich
ISfst die als 2. Teil der Einzelschriften in Aussicht gestellte «Organisation
der russischen Armee" nicht zulange auf sich warten. 17.
uiyiLi^ed by Google
Umschau in der Militär- Litter atur.
249^
PoitBchritto imd Teiliidenuigen Im Geliiete des WalfoBwesens in
der neaesten Zelt. Von W. Witte, Oberst z. D. Mit Abbildungen
im Text Zweite, vollständig umgearbeitete Auflage. In drei
Abteilen. Berlin 1900. Liebelsclie Buclkh.
Die vorstehende VeröfTentlichung. in erster Autlago 1895 er-
schienen, sollte die vom V<'rfa.ssei' l^Sl heniusgegebene „Oemein-
t'afslirhr Waüenlehre** ergänzen und l<»rtselzen. Mit Kücksicht auf dio
fort währenden Neuerungen im Waffenwesen erschienen in lien F<»lge-
jahron Nachträge zu den „Fortschritten etc." Verfasser hat es nun
für zeitgem&iB geiialten, mit einer Neuauflage lierauszutreten. Hierzu
ist der ZeitpunlKt nicht unglilclclicli ausgewählt, wenn wir gleich einen
gtewissen Abschlufs in den wichtigsten Fragen der Armeebewaflhung
nicht zu erkennen vermögen, insbesondere auch mit Rücksicht darauf,,
dafs eine ganze Reihe von Staaten mit üiren Feldgeschütz-Modellen
sich noch im Versuch befinden Ks sind aber wenigstens einige Staaten.,
tiber deren Vorgehen man in ziemlicher Klariieit ist.
Verfasser hat eine Dreiteilung des .Stotles vorgenommen. Der erste
Teil utnfafst: (leschichtliche Kntwu kt lung des WafVenwesens, Treib-
mittel und Sprengstotle. das Öchiefseii und die Wirkung der Feuer-
"waffen, die Einrichtung und der Gebrauch der Handfeuerwaffen. Hier
Ut jedenfalls Vielerlei zusammengefalst. Der U. Teil behandelt: Ein-
richtung der Geschützrohre, Lafetten und Fahrzeuge, ßevolverkanonen,
Schnellfeuer- und Panzergeschütze and der Artillerie-Munition. Im.
ganzen handelt es sich um die niechani-sche Einrichtung der Geschütze..
Der III. Teil giebt: Gebrauch der Feld-Belagerungs-, Festungs- und
Küstengeschütze. Man vormifsl die Aufschrift: Wirkung der Geschütze.
Verfasser hat alle neueren Konstruktionen von Handteuerwatten
und Geschützen, soweit sie bekannt sind, berü< ksj( btiy:t. So finden
wir u. a. die deutsche Feldkanone 96 und einige .\ndeutungen über die
Feldhaubitze 98. Bei ersterer möchten wir zu Seite 219 bemerken,
dafs die völlige Spannung der Schlagfeder erst mit dem Anziehen der
Abzugsschnur eintritt Unter „Frankreich* S. 225 erscheinen die ein-
zelnen Konstruktionen an Schnellfeuergeschfitzen nicht genügend aus-
einander gehalten. Über das französische Feldgeschütz 97 hätten sich,
einige Andeutungen machen lassen. Auf weitere ll'u/elheiten können
wir nicht einerehen Zur Anmerkung Seit'- unten möchten wir
bemerken, dafs der Fanzerzug auf der Militärbalin trar niehi existiert hat.
Unser Gesamt-lVteil möchten wir dahin abgeben, dafs du- vorliegende
Schrift, welche mit vielen Abbildungen, auch Tabellen a usgeslattet ist,
ein geeignetes Orientierungsmiltel auf dem Gebiete des Waffenwesel»-
und insbesondere zur Vorbereitung auf die Offizier-Prüfung ein passendes
Hüfsmitlel bildet 1^*
Betraehtongen über die Zukunft des meehauischen Zuges für den
Transport auf Landsirafsen, hauptsächlich übi»r seine Verwend-
barkeit im Kriege. Angestellt auf Grund der in der einschlägigen
250
Umschaa in der MilitUr-Litteratur.
LUteratur niedergelegten Brikhrungen von 0. Layriz, Oberst-
leutnant a. D. Mit 20 Abbildungen im Text. Berlin 1900.
B. S. Mittler und S.
Im yorliegenden Buclic wird uns ein sehr zoitj^emftfses Thema
vorcreführt. Es ist keine Fra^e. dafs wir b»*i der Soriro um die Er-
haltung der ^2n*ofsen ZukunfUs-ArnietMi mit dem tierischen Zuge nicht
auskommen werden, ahgesehm davon, dafs der mechanische auch viele
ihm eigene Vorteile vcrschatTt. Als erste (iattung des mechanii^chen
Zuges tritt uns die iStrafsenlokomotive entgegen, die schon ihre Kriegs-
erfiihningen hat; die neueste Zeit hat die Automobile gebracht, die
auoh als Vorspann benutzt werden Icann. Wir haben solche mit
elektrischen und mit Bxplosionsmotoren, für grofse Lasten können sie
aber als noch nicht kriegsbrauchbar bezeichnet werden. In alle diese
Beziehungen führt uns die Schrift ein, die aufser der Einleitung in
noch sieben Abschnitte zerfallt.
In der Einleitung lu'ht Verfasser u. a. hervor, dafs es Zeit ist für
die Anerkennung des Ht'dürfnisses, dafs Einrichtungen für den niecha-
niscluMi Zug in den Rahmen der im Frieden für den Krieg zu trefViMiden
Vorbereitungen gehören. lYiese Hrkennlnis mufs weiteren Kreisen
der Nation zugänglich gemacht werden, da an die Vertreter in nicht zu
femer Zeit die Forderung herantritt, Geld dafür zu bewilligen. Die
Anschaffüng der Maschinen und Lastflihrzeuge wird eine nicht geringere
Summe ausmachen, als bisher die Ausgaben für eine Neubewaflhnng
der Infanterie betrugen.
Der zweite Abschnitt führt uns in sehr interessanter Weise in
die r,f.srhichtt> d*>s mechanischen Zuges ein; das erste Vorkommen
fällt in den Krimkrieg, wo die Strafsenlokomotive seitens dei- Engländer
zum Transport ihrer schweren Artillerie benutzt wurdo. Seit lb96,
wo es g^'lun^en, die Explosionsmotoren so herzustellen, dafs damit
kleine, auf guten StraTsen rasch laufende Fahrzeuge möglich wurden,
kann erst von einer weitergreifenden Bewegung zu Gunsten des
meclianischen Zuges die Rede sein. Die Automobile als Selbstihhrer
ohne Anhfingewagen ist das Thema des dritten Abschnitts, das uns
mit den verschiedenen Einrichtungen bekannt macht. Der Automobile
in dieser (iestalt wird wenig Aussicht gemacht, für militärische Zwecke
im grofsen Stil Verwendung zu finden, wogegen ihr im vierten \h^<'hni*t
eine gröfsen* Redeutunu als Vorspann zuerkannt wird. Hici- wrnien
noch ganz Itesonders die 1 »ampfmotoren betrachtet, für welche bereits
kriegsgeschichlliclie Erfahrungen zu Gebote stehen. Der fünfte Ab-
schnitt beschäftigt sich nui den Dampfwagen, die in erster Linie
Selbstlahrer und nur in zweiter Linie Vorspann sind für kleinere
Laston, die in einzelnen Geschützen oder beladenen Beiwagen bestehen.
Der Bestrebungen, den Dampfmotor durch andere Motorarten zu
ersetzen, ist im sechsten Abschnitt gedacht Die Stellung des
Transportbetriebes mittelst Strafsenlokomotiven zu dem mittelst Feld-
Bahnen betrachtet der siebente Abschnitt — Wenn zur Zeit wie
Üigiiizea by Google
L'uiHciiau in der Militär-Littoratur.
251
Verfasser nachzuweisen versucht, nur der Strofsenlokomotive die Aus-
sicht gegeben ist. als mechanisches Zugmittel im Kriege statt des
tierischen Verwendung zu finden, so lann Iceineswegs die Armee im
Frieden so viel Maschinen bereit halten, als sie im Krieg(> bedarf. E»
ist daher von grofsem Interesse, inwieweit diese Maschinen im Lande
verltrcitot sind, um im Krieere darauf ziiriiok^rcifen zu krmnm Tli«>rmit
beschiit'tifff sich »irr .irhtc Abschnill. Kinr Anlap^ stellt die Erfahrungen
in mechunischeni Zum- mit dt-r Strarsenlokomotive für Kriegszwecke
zusamnwiuMi und ist besonders lehrreich. Hier erfahren wir auch, dafs
England in Südafrika eine besondere Strafsenlokoniütiv-Abteilung tür
den gegenwärtigen Krieg gebildet habe. — Zu den fhchgemllfi9en Aus-
filhrunfcen des Verfassers liefern die betgegebenen Lichtdruckbilder
eine sehr willkommene Erläuterung. Die Arbeit wird in militärischen
wie technischen Kreisen eingehende Beachtung finden. 12.
Die Leibesübungen und iliro Kedeutnn^^ für die Gesundheit. Von
Professor Dr. K. Zander. Mit VJ Abbildungen im Text und
auf Tafeln. Leipzig 1900. (1. Teiihn.Mv {»reis 1,15 M.
Vorliegende Schrift ist das 13. Bandelieii der Sammlung wissen-
schaftlich gemein vei-ständlichei Darstellungen aus allen Gebieten des
Wissens (nAus Natur und Geistesweh*) und verdiente auch in militä-
rischen Kreisen volle Beachtung.
Mit Freuden ist es zu begrüfsen, dafo ein so berufener Gelehrter
wie Dr. R. Zander in streng wissenschaftlicher Weise, aber allgemein
verständlicher Form das Wesen der Leibesübungen dargestellt, in
Wort und Bild geschildert und den günstigen oder schädlichen Einflufs
derselben auf den ganzen Körper eingehend behandelt hat. Kr er-
läutert, weshalb nicht jode Übung für einen jeden pafst, und zeigt,
wie nötig es ist. dafs Individualität und Lebensalter bei der Wahl der
Übungen Berücksichtigung linden.
Mit Recht darf dieses fiftndchen einem jeden empfohlen werden,
der sich fflr LeibesObungen und Sport irgend welcher Art üitereasiert
S.
III. Seewesen.
Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Heft 3.
I'^ntwurf zu einem Hafenhandbuch der Seewarte. — Bemerkungen über
die i'arafai-Bucht. St. Antonio. Kap Verdische Inseln. Anstcuening des
Ankerplatzes. Aus dem Reisebericht S. M. S. ^Charlotte'-, Kunid. Kapt. z.
See Vüllers. Dezember 1899 (hierzu die Vertonung im Te.\i). Be-
merkungen fiber den Bismarck-Archipel. Admiralitäts-Inseln, Neu-
Hannover, Neu-Mecklenburg. Aus dem Reisebericht S. M. S. „Möwe*,
Komdt Korv.-Kapt. Dunbar. Juli, August 1809 (hierzu Tafel 4). —
Santa Rosalia. Nach Berichten der Kapt. Mehring, Schiff MArtemis*
und Jolles, Schiff MBarmbeck" ergänzt nach älteren den f sehen und
englischen Angaben. — Puerto ei Triunfo. Nach Fragebogen und
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252
ümsoluui in der MiUtibr-Uttentar.
Bericht des Kapt. 0. Niemann, Bark „Philip Nelson**, sowie älteren
Quollen, — Die Ouan<»-!nsol Lobos de Afiiera. Xarh Bericht von Kapt
C. Schulz, Bark „Edith" nebst Ergänzung aus englischt?n Quellen.
San tos. Einige Angaben über das Entladen der SchitTe. — Nach der
Xuidüstküste Austraii«nis. Aus dem Reisebericht der Bark „Enderdale".
Kapt. K. ßulier. August bis Oktober 1898. — Von Neu-Süd- Wales
nach Gallao und Talcabuano von demselben Schiffe. — Stunn auf dem
SfldaOantischen Ocean im Februar 1899. — Wasserhosenartige Er-
scheinungen im Gol&trome» von Kspt H. Haltermann, Aaaistent bei
der Seewarte. — Die gegenwärtige Eisnieerfischerei und der Walfang.
— Treibeis in südlichen Breiten von L. Dinldage. — Hiifstafel zur
Berechnung der Besteck Versetzung bei der Längen- und Breilenmethode.
von W. Reuter, Navigatinnslohror in Leer. — Zur Berechnung des
Schiffsortes aus zwei Gestirnshöhen nach der Höhenmethode, von E>r.
R. Schorr. — Zur Berechnung des Schiflsortes aus zw»m und mehr
üestirnshöhen nach der Höhenmeihode von (J. Holf, Kgi. Navigations-
schul-Direlctor. — Über Echo bei Nebel und ein auffälliges Verhalten
der Wassertemperatur. — Die Witterung an der deutschen Käste un
Januar 1900.
Marfaie*Bundschau. März 1900. Viceadmiral z. D. Paul Freihenr
von Reihnitz t. Über New- York und seine Kampfmittel, von W.Staven-
hagen (hierzu 1 Plan mit 5 Bildern). — Die fremden Kriegsmarinen
im Jahre 1899. von Marinebaumeister Sülsenguth (mit 5 Ski/./en». - -
Das WerkstnttsrhifT „Vulkan" der Vereiniirten Stuaten-Flutte. von
Meufs, Kapi z. S. z. D. — Die Vermessung m Kiautschou. — Über
Eisenbahnen im westlichen Alrika, von Oberleutnant z. See Küsel. —
Zur deutschen Marine^Utteratur in den vierziger Jahren, von J. Nassen,
Gymnasiai-Oberlehrer in Jülich. — Sprichwörter und sprichwörtliche
Redensarten über Seewesen, Schiffer- und Pischerieben in den
germanischen Sprachen. — Statischer Schiffsgeschwindiglceitsmesser
mit Fernmessübertragung. — Thätigkeitsbericht des Fischereikreuzers
S. M. S. „Blitz'* für den Monat November 1899. — Sclinellsi^elnde
Gaflelschooner. Mobilisierung alter SchifTe.
Mitteilungen aus dem (»ebiete des Seewesens, Nr. 3. L)ie
Campagne von Abukir. — lun Diagramm zur graphischen Lösung
der astronomischen SchilVulu t^-Problerae. — Die Genauigkeit der heutigen
Chronometer-Erzeugung. — Kohlenüberschiflung in See. — Der Stern-
Sucher. — Fremde Kriegsmarinen. — Die Flottenstarke der gröfseren
Seemächte. — Stapellauf des deutschen Schnelldampfers „Deutsch-
land*. —
Amy and Navy (Gazette. Nr. 2092. E)ie erste Reserve-Flotte.
- Das neue Marine-Budget. — Über den Zwischenfall mit englischen
Marine-Offlzieren in Kapstadt. — Probefahrt des Torpedobootszerstörers
„Viper**. — Nr. 2093. Das Marine-Budget. — Ansicht des Kapitäns
Mahan über Englands Zukunft nach dem Transvaal-Krieg. — Nr. 2094.
Ausweich-Regeln. — Der Nicaragua-Kanal. — Zurückziehung der
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UmMluui In der MIHtir-Iitteratar.
253
Marine-Bfannschaften vom sildaiHkaiuBchenKriegsscIiaupUits. — Ht.SOOB.
Gewehrdienst in der Plotto. — Der Hay-Panncefote- Vertrag — Die
Leistungen der Marine-Brigade im jetzigen Kriege. — Unfälle fran-
zösische*!- Torpedoboote Cyclono und Hallpbarde. — Einrichtung von
L)ar es Salaam zu einer befestigten Kohlenstation. — Die Verteilung
der russischen Auslandsschiflc.
Journal of the Royal United Service Institution. Nr. 264.
Titelbild: Das russische geschützte Kanonenboot 1. Kl. „Kbrabri". —
Neuere französische Expeditionen in West-Atrika. — Gründe für die
Einfllhnmg der 'Waseerrohrkessel in die Bforiiie der Vereinigten
Staaten. — Marine-Nachricbten.
Army and Navy JonniaL Hr. 19M. Die Verbesserung des
Krieges. — Von Manila. — Die Siarinefbrtschritte im Jalire 1899. —
Von den Inseln. — Starke Explosivstoffe. Diese schreoUichen
Philippinen, — Die Gesundheitsverhältnisse in Havanna. — Von der
Marine- Akademie. — Kr. 1906. Spanische Kritiken über Santiago. —
Die Schnelligkeit des Baues neuer Schiffe. — Gratifikation für Deweys
Flotte. — Bedarf an Marine-Offizieren. — Überwachung eines Untersee-
Kabels. — Nr. 1907. Die Bubonen-Plage. — Kranke Philippinen-
Soldaten. — Die ^New-York" vor La Guayra. — Das Neueste von
Manila. — Die Befestigung des Isthmus-KanaJs. — Marine-Soliulschifre.
Das Pacifle-Kabel.
ReTue maritime et coloniale. (Januar 1900) Mitten durch
Tonkin; der Fluls Ciaire. ^ Die Sicherung von Convois. — Die Ver^
teidigung von Convois. — »Victoria und Albert" die neue englisohe Kdnigs-
yacbt — Der amerikanische Kreuzer «Chicago". — Der amerikanische
Kreuzer „Kearsarge". — Fortschritte der japanischen Marine. —
Meteorologie im fernsten Orient. — Die Kohlen des Donetz -Bassins.
— Seepostdienst nach den Antillen. — Die Lage unserer Handels-
marine. — Über Schiffsunfälle.
Rivista inarittinia. (Februar 19CX).) Kanonen und Panzer. —
Bestimmung der Widerstandsmomente gegen die Beanspruchung der
Längsverbände von Schiffen. — Über die Schlacht bei Setto-Pozzi und
deren Folgen. — E)ie Geschwindigkeit in der Seetaktik. — Der Transpurt
•englischer Truppen nach dem Kap. — Yachtsegeln. — Ergänzungs-
band: Über Ballistik.
Morakol Sbonük. Nr. 3. iMärs.) Offisleller Teil: Instruktion
für Spreng- Arbeiten (Zerstörung von Küsten-. Telegraphen- und Telephon-
Linien, Signal -Stationen, Eisenbahnlinien und Eisenbahnkunstbauten
in Nähe der Küsten, Hafeneinrichtungen, Geschfitsen u. s. w.). Nicht-
offizieller Teil: Hilfskreuzer im spanisch-amerikanischen Kriege. —
Die Reorganisation des Personals der nordamerikanischen Flotte. —
Grundlagen der Organisation der Seemacht. — Verwendiinc: von Lpucht-
Bojen bei Geschwader-Fahrten im Nebel. — Stern-Beoh;u'litungen auf
dem Meere. — Rettungs-Einrichtungen an den Küsten Europas.
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254
Umsebau in der MiUtär-Litteratur.
VI. Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bucher.
(Dte •!n^«>!rang(>n9B Bfleh«r erblir«!! »In» B»<K|>r(<cfaung saeh IfalVi^l)« Ihrtr 1M*ntldl|t '** **>^
ffiplKi r>'ii il.'itime«. Eine Verpflichtung, jede*- einpf htTiiln Itu ii /u l'».«;.rprln>n. QberDimmt die
Leitung der .«Jalirb&eiier' nicht, doch werden dl» Titel BiLmtlicher Bücher nebst Angabe des PreiMt
— tofMB 4l«Mr ialt(«Mlt «arl* — hl«r vtmwM. EIm HMkMnlaiff ven BOobtni fbd«! bI«U Matt.)
1. Geschidite des 2. Rheinischen Husaren -Regiments Nr. 9.
Im Auftrage dargestellt von v. Bredow, Oberstleutnant. 1815 bis 1871.
Pdrtgesetet von Böhmer, Leutnant. 1871 bis 1899. Dritte Auflage.
Berlin 1899. EL S. MMer & Sohn. Preis 10 Mk.
2. Lehncrf s Handbnoh für dem Tmppenfilhrer. Vnter Berück'
sichtigung der Felddienst-Ordnun^ vom 1. Januar 1900. Neunzehnte,
völli«; neu bearbeitete Auflage. Berlin 1900. £. S. Mittler & Sohn.
Preis 1,50 Mk.
3. V. VVedoKs Offizier- Taseheubueh tiir Nf.imiver. ('buuucsriti«'.
Kriepsspiel. taktische Arbeiten. Mit Tabellen iiiui ^ignaturental'eln.
Nüu bearbeitet von Bai ck, iiauptmann. Berlin 1900. R. I^^isenschmidt.
Preis 1,50 Mk.
4. Jahrbneh für Kadetten. Herausgegeben von Schaarschmidt.
Miyor a. D. Erster Jahrgang 1900. Oldenburg i./Qr. 1900.
5. Reglements der Kaiserlieh Russischen Armee. 6. und 7. Heft
Die Schiefsvorschrift vom Jahre 1899. I. und II. Teil. Mit Zeichnungen.
Bearbeitet von Küster. Hauptmann Preis 4..¥> Mk
6. Was enthält die Felddieustordnung vom 1. Januar 1909
Keuesi Berlin 1900. E. S. Mittler \- Sohn Prei.s 60 Pfi?.
7. Der Kriefj: in Südafrika, ivurz (iargestellt von Ludwig
V. Kstorfr, Major iiu gr. Ucnei-alstabe. Erste Lieferung. Mit 4 Texl-
skizzen und zwei Karten in Steindruck. Berlin 1900. E. S. Mittler & Sohn.
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a Zur AusbUduig der Feld- Artillerie. Studie von OttA-ied
Layriz, Oberstleutnant z. D. Berlin 1900. R. Eisenschmidt Preis 2 Mk.
9. Takti.sehe EntwiekelimgBMif^aben für Kompagnie, Bataillon,
Regiment und Brigade von K. v. Briese n, Oberstleutnant Mit
63 Figuren im Text und auf 18 Tafeln. Berlin 1900. R. Eisenschmidt
Preis 2 Mk.
10. Die Schlacht von Vionville-Mars-la-Tour und das Königl.
Preufs. X. Armee-Korps. Eine kritische btudie über die 19. L»ivision
von Fr. von der Wengen. Berlin 1900. Militär - Verlagsanstalt
Preis 80 Pfg.
11. Kriegsgeschicshtllehe Beispiele ans dem deatseh-transSsisehen
Kriege von 1830/71. Von Kunz, Major a. D. 12. Heft Beispiele
für das Gefecht und den Sicherheitsdienst der Infanterie.
Berlin lOOO. E, S. Mittler Sc Sohn. Preis 3,50 Mk.
12. Die Waffen hoch! Illustrierte I>ekadenheffe für Deutschlands
Heer und Flotte. Nr. 2. Preis 10 Pfg. Saulgau, Leipzig, Stuttgart
0. Bachmann.
13. Neues aus der Felddien stordiiuug. Von Oldenburg i./ür.
1900. G. Stilling. Preis 45 Pfg.
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UuiMfaAa in der Milttir-Littorator.
255
14. üictioiiiiaire müitaire. Encyclopedie des sciences militaires,
redi^jee par im comite d'offlciers de toiites armes. 15*" livraison:
Magasins-Montagne, Paris -Nancy 1899. Librairie militAire Berger
Levrault et C'«^ Preis 8 fr.
15. Fritz Lienhard, liureuiieder. Flugschriften der Heimat Holl 2.
Preis 50 Pfg. Leipzig und Berlin 1900. G. H. Meyer.
16. AIHkanliwiher Totentens. Nach den Erinnerungen eines
englischen Offiziers vom Stabe des General BuUer. I. Teil. Von
London nach Ladysmith. Preis 1 Mk. Berlin 1900. Fassingers Buchh.
17. Kriegseifahmiigiii. Von H Graf von der Schulenburg,
Oberleumant a. 0. Braiinschweig V.m. Preis 1.20 Mk.
IS. >\ eitwirtsehttft und Flotte. Kin Vortrag zur Flotten Ver-
stärkung von K. Paschen, Viceadmiral z. D. München 1900. C. H.
Beck'sche Buch Ii. Preis hO Plg.
19. Die Meere.sbeherrschung in ihrer Biiciiii irkung auf die
LandoperstioBeii ta grohea Krieges. Ein Beitrag zum Studium
modemer Strategie von Albert Mar gu tti, Hauptmann un K. u.K. General-
stabe-Korps. Mit 5 KartenslLiszen. Wien und Leipzig 1900. W. Brsu-
müller. Preis 4 Mk.
20. Neue Volksbücher. Herausgegeben von der Vereinigung von
Freunden christlicher Volkslitteratur. Unser Bismarck. Von Paul
von Schmidt, Generalmajor z. D. 65. Bändchen, Mit iilustratiooen
Berlin 1900. Srhril'tenvertriebsanstalt S. W. 13.
21. Lehren aus dem südafrikanischen Kriege für das deutsche
Ueer von v. Fran<,'ois, Major a. D., früher Landeshauptmann von
Deutsch-Südwestafrika. Mit 8 Skizzen. Berlin 1900. B. S. Mittler k
Sohn. Preis 1,40 Mk.
22. Denkirürdigkeiteii eines wfirttembergisehen OfUers aus dem
Fddsnge im Jabre 1812. Verdffentlicht durch Freiherm v. Rote n ha n «
Oberst z D. Dritte Auflage. Mttnchen 1900. Franz*sche Buchh.
Preis 1 .Mk.
23. Das strategische und taktische Zusammenwirken von Ueer
und Flotte. \ on v. Jansen, Generalleutnant z. I). Zweites (Schlufs-)
Heft. Berlin 1900. K. S. Mittler Sohn. Preis 2,25 Mk.
24. Der Krieg in Süd-Afrika 1899/1900. Bearbeitet von A. v. Müller.
Oberleutnant. III. Teil. Die englischen Rüstungen im Dezember 1899
und Januar 1900. Der Tugelafeldzug des Generalleutnants Buller.
Die Kriegslage im Süden und Westen. Berlin 1900. Liebersche
Buchh. Preis 1 Mk.
25. Die Heere und Flotten der Gegenwart. Herausgegeben von
C. v. Zepelin. G» n » i ilmajor a. D. Frankreich. Das Heer am Ende des
neunzehnt^^n Jahrhunderts von Hepke. Oberst. .Mit einer Karte der
Truppenstandorte und einer Armee -Einteilung von Exner, Oberst-
leutnant. Berlin. A. Schall.
20. Industrie, Handel und Flutte. Volkswirtschaftlicher Atlas in
fünf Tafeln und zwei Karten nebst erläuterndem Text. Unter Beihilfe
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L
256
Umaohan in der MilttSr-Uttwaftar.
mehrerer Künstler herausgegeben vum De u Ischen Plottenverein.
Braunschweiff. G. Westormann. Preis 1.50 Mk.
27. Skobelew im Türkeiikriege und Yor Achal-Teke. Er*
innerungen eines Augenzeugen von A. W. Wereschtschagin.
Autorisierte deutsche Ausgabe von A. von Drygalski. Berlin liNX).
J. Räde. Stuhr'sche Buchh.
28. IHe Flottonfllhiiiiig im Kriege auf Onoid des DoppebrtaM-
Systeins. Von Rudolf v, Lahres, K. und K. Linienschiffs- Kapitän.
Mit 260 Abbildungen im Text und ö Tafeln in Steindruck. Berlin 1900.
B. S. Mittler Ä.- Sohn. Preis 10 Mk.
29. Der Kriegin Südafrika. Nach den besten vorhandern n Ouellen
bearbeitet von v, Kunowski, Hauptmann und Pretzdorff. Olu iieutnant.
Zweiter Teil: Die Ereignisse im Januar und Februar 1900 bis zum
Eingreifen FeldmarBchall Lord Roberts. Leipzig 1900. Zuckschwerdt&Co.
Preis 1,50 Mk.
M. Lehnertfs Handbneh für den TnippoifliliTer. Unter Berück-
sichtigung der Felddienst- Ordnung vom 1. Januar 1900. 19. völlig
neu bearbeitete Auflage. Berlin. April 1900. B. S. Mittler & Sohn.
Preis gebd. 1,50 Mk.
31. Sy.stem der Reiter-Ausbildung Den Offizieren der deutschen
Reiterei gewidmet von Paul Plinzner. Major a. D. Dritte, durch-
gesehene Aullage. Berlin 1900. E. ä. Mittler & Sohn. Preis 2,40 Mk.
Druck von A. W. Hayos Erben, Berlin und PetMdam
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XXIII.
Die 3. Kavalleris-Division im Kriege 1870—71.
Von
Jnnk, Kittmeister a. D.
(Schlafs.)
VII.
Das Gefecht bei Poeuilly und die Sohlaoht bei
8t Quentin.
Am 18. Jwiaar halte das Trappenkoips des Generab Graf
y. d. Gfoeben auf Yennand aa manchiezen imd unter den Befehl
des Generals t. Enmmer m treten, dessen Bzigaden ttber Saint-Christ
nnd Tertiy sowie ttber Brie nnd £str6ee-en*€9iaiissee auf Etreillen
yorgingen. Die Kavallerie des Generals Graf y. d. Groeben hatte
naeh links an shshern nnd bis an nnd über die Sehelde anfeaUXren.
Sollte der Feind bei Si Qnentin stehen bleiben, so lag es nicht in
der Absieht des Generals y. Goeben ihn daselbst sehen am 18. an*
zagieifen, die genommenen Stellnngen sollten dann nnr rekognosziert
werden. Sudlich St. Qnentin marschierte die 12. Kavallerie-Division
nach Vendeoil, Brissay, Moy und Hamögiconrt, die 16. Division in
die Gregend Ostlich nnd nördlich Jnssy, die 3. Beserre-Division,
welche dem Befehle des Generals v. Bamekow mit nnterstellt wurde,
in die westlich dieses Ortes. Die Korps-Artillerie war naeh Qnivitoes
nnd Ugny-r£qnip6e beordert worden. Das Hauptquartier ging nach
Ham. Eine etwa auf Keims hin stattfindende Bewegung des Feindes
beabsichtigte General v. Goeben zn kotoyren.
Franz nRischerseits sollte die Brigade Föister der Division Derroja,
sowie die Division dn Bessol tlber Caolaincoort, Beanvois nnd Grand-
Söranooart, die Brigade Aynös aber mit der Division Payen Uber
Vemand naeb St Qnentin marschieren, die Division Robin Bellen-
glise erreichen, die Brigade Panly indes nnr bis Lempire und
Bonssoy bei le Catelet folgen, Brigade ianard in nnd bei St Qnentin
aber verbleiben.
JaMMtr Ar dtatsoto ktmm maä HuIm. Bl. UL t, ^'i
Digitized by Google
258 8- KaTaUerie-DivisioB fan Kriege 1870—71.
In AnsfÜhniDg der beiderseitigen Anordnungen mnlste es in der
Gegend westlicti Vennand zu Znsammenstöfsen des deutschen linken
Flttgels mit den feindlichen Marschkolonnen kommen.
Nach den Stärkerapporten zählte die ursprüngliche 3. Kavallerie-
Division in jenen Tagen in 16 Schwadronen 1942 Herde und 6 Ge-
sebtttse. An den Kämpfen des 18. und 19. Januar nahmen dem-
entsprechend in 14 Schwadronen, per Schwadron wieder 15 Pferde
abgerechnet, gegen 1500 Säbel mit 6 Geschützen teil. Vom
Truppenkorps des Generals Graf v. d. Groeben hatte sich das
Detachement des Generals v. Memerty in folgender Maxsehordnung
um 9 Uhr von Cldry-snr Somme anf P(^Tonne in Bewegung gesetzt:
Avantgarde Oberstleutnant v. Pestel Ulanen 7 ohne 3., I./4., 61./I,
1LF./4. Gros Oberst v. Massow I./44., 4. 5. schw., 4.1./L, II.F./44.,
1. 4./U.. 5, F./l. Reserve Major v. Elpons II./l. und 2/3 rtd./VIL
Bei Doinj:;t östlich Pöronnc wurde kurz nach Mittag ein Halt ge-
macht. Die Kavallerie-Brigade Graf Dohna 9 Eskadrons (Kür. 8,
St. 2/U. 5, Ulanen 14) und 2 Geschütze (Leutnant Granier) die
3./U. 5 war auf Armeebefehl zur Verfü^utip des Koniniandanten
nach Peronne detachiert worden - hatte Peroime nördlich uni-
gan<:en, war aber noch zurück. Das Herankommen der Brigade in
gleiche Höhe mit dem Detachement Memerty wurde erwartet. Als
dann aber aus der Gegend von Tertry Kanonendonner erschallte,
marschierte es diesem nach. Er mufste von der 15. Division her-
rühren. Zur Aufklärung der linken Flanke wurde die 4./U. 7
nach Hoisel entsandt, die Brigade Graf Dohna aber in Richtung
V'ermand belassen, nachdem noch die 1. und 4./U. 14. unter Major
V. Strautz an das Detachement v. Memerty abgetreten worden waren.
In Estrees-en-Chaussöe angelangt, erhielt dieses Befehl, sich gegen
Poeuilly zu wenden, die Kavallerie-Brigade wurde von Hancourt
heranbeordert. Man hatte die Division Payen sich gegenüber.
Durch den von der Avantgarde des XXll. Korps aus der Gegend von
Beanvois herUberschallenden Kanonendonner hatte auch General
Payen mit seiner Division den Marsch nach \ ermand nicht fort-
gesetzt, sondern die Brigade Michelet auf Caulaincourt, die Brigade
de Lagrange auf Poeuilly dirigiert. Dort befanden sich noch 2
Kompagnien des 69. Marschregirnents der Brigade Foerster und dem-
nächst das 19. Marschjägerbataillon der Brigade Michelet, der Rest
derseli)en südlich und in Caulaincourt. Die Brigade de Lagrange
hatte mit 2 Bataillonen des 72. Marschregiments sowie dem 47.
Mobilgarden-Regiment zwischen Poeuilly und Soy6court Stellung ge-
nommen, letzteren Ort selbst hatte das 24. Marschjäger-Bataillon
besetzt Die Batterie d^r PestePschen Avantgarde fuhr 2000 Schritt
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Die 8. KavaUerie-Divmoii im Kriege 1870—71. 259
westlich Poeniriy auf, alsbald durch die Batterie des Gros verstärkt,
indes die Infanterie gegen den Ort vorging und ihn nach kurzem,
aber heftigem Kampfe besetzte, während der Kavallerie die Deckung
der äulseren linken Flanke zufiel. Die beiden 14. L lanen-Eskadrons
hatten dabei den sich zwischen Flöchin nnd Sov6court hinziehenden
Grund erreicht, in welchem sie weiter vorgingen. Als das Infanterie-
gefecht dann nach Besetzung des stcik n Hanges östlich Poeuilly — auch 3
Batterien waren Uber denselben vorgezogen worden — zum Sti hcii
gekommen war. bemerkten die genannten Ulanen ungeordnete Hauten
aus Soyecourt abziehender Infanterie. Nachdem Rittmeister v. Kaisen-
berg mit seiner Eskadron die Flanke des ihm zunächst befindlichen
feindlichen Trupps gewonnen hatte, attackierte er denselben und ritt
ihn aach nieder. Die Eskadron war noch mit der Entwaffnung der
niedergerittenen Franzosen beschäftigt and Sergeant Ackermann
bemQht, seinem Rittmeister unter dem gestürzten Pfeide hervorznbelfen,
als Leutnant der Reserve Scbacbtrupp IL, früher aktiver Offizier
des Regiments, rieh mit etwa 20 Ulanen auf dne andere Infanterie-
Abteilong warf. Der Offizier mit den ihm zunächst befindlichen
Reitern erreichte dieselbe zwar, der Angriff aber scheiterte voll-
ständig. Vor dem Fener der felDdiicben Abteilong mnliBte ancb die
£skadron zurückgehen. Ob die Attacke Teile des 47. Mobilgaiden-
regiments oder des 24. Marschjäger-Bataillons oder beide getroffen
hatte, sei dahingestellt, nach Löhaotconrt die Jäger. Leutnant
Schachtnipp IL war gefallen. Mehr oder weniger leichte Kontosionen
hatten durch das Fallen ihrer Pferde aulser dem Rittmeister
T. Kaisenberg, dessen Wunsch, doch vor Thoresschluls noch zur
Attacke zukommen, sich erffiUt hatte. Major v. Strantz und Leutnant
T. Einem erhalten. Tot waren 2 Mann, 8 Pferde, verwundet 3
Mann und vermilst 1 Mann, 9 Pferde, so dab der Gesamtveriust
4 Offiziere, 6 Mann und 17 Herde betrug. Die l./U. 14 war in der
irOheren Richtung weiter gegangen und kam solcher Art nicht zur
Thätigkeii Ihr waren auch noch die 1. und 2. Eskadron der
7. Ulanen, bei welchen sieh später bei Harcourt auch die 4 6e-
schütze der reitenden Batterie in Thätigkeit befanden, gefolgt, ohne
daih irgend ein Zusammenbang bestanden hätte. Die yetsprengten
Infanteristen, die von ihnen zu Gefangenen gemacht wurden, dfiiiten
von der Attacke Kaisenberg herrühren. Auch soll nach der Rei^ents-
gesohichte der 7. Ulanen eina auf Soyteonrt marsehieiende feindliche
Abteilung von einem Zuge der 2. Eskadron unter Vizewacht*
meister BOeking attackiert und dabei einige Gefangene gemacht
worden sein.
Zur Deckung der linken Flanke war das TetenbataiUon des
17»
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260 I>te >• Kayaltorie-Dlviiioii in Kiiege 1870—71.
Gffoe (ohne 8.) inswiBeben nOrdlieh Poeoilly gegen Soj6coart auf-
gestellt worden. Als nnn aber seitens der seit 4 Uhr wieder auf
dem linken Flügel befindlichen und aufklärenden Kavallerie-Brigade
Graf Dohna das Eintreflfen weiterer feindlieber Kräfte zwiseben
Sojteonrt and Vendelles (Division Bobin) gemeldet wurde, konnte
aacb mit der Infanterie des Gros an eine wirksame Oftensive auf
Vermand nicht gedacht werden. General Graf Groeben gab gegen
5 Uhr im Gegenteil ganz zatrefieudenfalls Befehl, die Höhenstellong
(istUch Poenilly za räumen. Nun ging der Feind seinerseits sowohl
von Soy6court als auch aus der Richtung von Vermand her znr
Offensive Uber. Der Flankenstols wurde dueb I./44» and die eben-
falls nördlich Poenilly in Stellung genommene 4. schwere; sowie die
reitende Batterie der Kavallerie-Brigade von südlich Bernes her
abgewiesen, Soyäconrt nnd Fl^chin wurden dabei in Brand geschossen.
Zur Aufnahme der vom Plateau von Vermand langsam zurück-
gebenden Schützen des 4. und 44. Regiments hatte das II. Bataillon
des letzteren an dem Östlichen Rande des Grundes von Poenilly mit
6 ausgeschwärmten Zügen Stellung: geoommen, die 7. und 8. Kompagnie
waren indes geschlossen geblieben. Als die zurückgehende Linie aof-
genommen war und wieder Front gemacht hatte, empfing die hitzig
nachdrängenden Franzosen ein vernichtendes Schnellfeuer. Die 7.
und S Kompagnie aber traten tambour battant zum Gegenstofs an.
Die ganze Schützenlinie erhob sich, alle Tambours schlugen und mit
echt preulsischem Hurrah stürzte sich alles, die Führer voran, dem
Feinde entj^egen. Gent ral v. Memerty war schon beim Zurückgehen
schwer verwundet worden. Oberstleutnant v, Pestel, dem das
Pferd erschossen worden war, befand sich zu Fufs in der Schützen-
linie, mit ihm Leutnant v. Haeseler. Als der Feind dann auf der
ganzen Linie zurückgegangen war, wurden in den nächsten Ort-
schaften Quartiere bezogen. Die Kavallerie erhielt solche in Bernes,
Haucourt, ßouvincourt, Beauinetz und Cartigny. Das Füsilier-
Bataillon L Regiments hatte die \'or])osten längs der Schlucht von
Poenilly gegen Vermand, ^e^'^en Soyecourt das L. des 44. Regiments.
Poenilly blieb vom II. Bataillon des 1. und dem Füsilier-Bataillon
des 44. Regiments besetzt. Die 15. Division befand sich in Caulain-
ourt, Trefcou, Heauvois, Lanchy und hinter dieser Front mit dem
Gros in Tertr>'.
Das Gefecht von Poeuilly war seitens des Generals Orat
V. d. Groeben thatkräftig und umsichtig geleitet worden und hat das
auch besondere Anerkennung gefunden, was General v. Goeben,
wohl im Hinblick auf frühere \ or «ränge, besonders hervorhebt. Das
ist fUr uns aber insofern von Interesse, als es zeigt, dals ein Reiter-
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Die 8. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71. 261
ftbrer ganz besonderer Eigensehaften bedarf bei deten Maugel aber
immer nocb ein goter Allgemein-Oeneral ttbrig bleiben kann. Eäne
gxObere Zersplittemng der Kayallerie wie bei Poeailly ist allerdings
Icanm denkbar. Änfiwr dem Kttrassier^Begimente ist nicht ein einziger
Verband gesobonti selbst der der Batterie nicht Das Detacbement
Memriy war ttberreieblicb mit Kavallerie versehen, man liätte es
nur verstehen müssen, den Dienst der Masse der Kavallerie von
demjenigen der IKvisionskavallerie sn trennen nnd jedem Teil seine
Aufgabe anroweisen. Dem General Gzaf m Dohna waren sehlieislich
nur noeh 7 Eskadrons nnd 2 Geschtttse geblieben, wihiend ebenso
viele Eskadrons und 4 GesohUtBe sich beim Detaehement Memerty
be£uiden. Wliren diese letzteren Eskadrons nun zasammenge&(st nnd
dem Oberstlentnant v. Pestel nnterstellt worden, am dessen kavalle-
ristisehe fiegabnng zu verwerten, so hätte man wenigstens noch ans
der Not eine Tagend gemacht^ aber auch das geschah nicht Ganz
von selbst wäre dem Oberstlentnant v. Pestel dann zanächst die
frontale Verwendong, dem General Graf zu Dohna aber die in der
Flanke geworden. Die 7 Eskadrons beim Detacbement des Generals
V. Memertjr traten aber in nicht weniger als o Gruppen in die
Erscheinang.
1. Die gegen Roisel zur Aofklänmg entsandte 4. Eskadron
der 7. Ulanen.
2. Die zunächst noch im Gronde westlich Soyteoort verbleibende
1. Eskadron der 14. Ulanen als
3. die 4. Eskadron zur Attacke bei Soy^coart abbog.
4. Die 1. und 2. Eskadron der 7. Ulanen klären ebenfalls für
sich aaf and bilden später die Bedeckung der zunächst bei Hanconrt
auftretenden 4 Geschtitee der Batterie Schräder.
5. Die beiden Eskadrons (1. nnd 4.) der 5. Ulanen finden
schliesslich zwischen Poeuilly und Fl^cbin Verwendung als Binde-
glied des Detacbements mit dem nOrdlich Flöohin aofklärenden Gros
der Kavallerie-Brigade.
Dieses nnn war Uber Haucourt heranbeordert worden, als das
Detacbement gegen den bei Poeailly sichtbaren Feind sich ent-
wickelte. Indem man dagegen aber gleichzeitig die Detachemonts-
kavallerie zur Aufklärung und Sicherung in die linke Flanke nahm,
kam ein richtiges chatis^-crois^ der beiden Kavalleriegruppeu zu
Stande nnd ganz folpreriehtig znm zweiten Male als die Detachfinents-
Kavallerie Bich heranzog: und die Kavallerie-Brigade wieder auf den
linken Flügel geschoben wurde und dann das Vorgehen frischer
feindlieber Kräfte, zanächst mit Schlitzen, zwischen Soyecourt und
VendeJJes meldete. Diesen gegenüber begnügte sich General Grat
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262
Die 8. Kav«Uerie-Diviaio& im Kri«ge 1870—71,
zu Dohna eine beobachtende htellunj:: nordöstlich Fl6chin za nehmen
und mit seinen beiden Geschützen die feindliche 8tellong zu be-
schielsen. Es war fab^t zu spät geworden, noch etwas Anderes zu
thun. Man denke sich nun aber einmal die hier befindliche Kavallerie
mit 8 Eskadrous 7. l'lanen beim Detachenn'Ut Memerty als Divisions-
Kavallerie und mit 10 Eskadrons (eine nach Kuisel und gegen die
Scheide detachiert) sowie der reitenden Batterie als Kavallerie-
Masse eingeteilt und letztere beauftragt, Uber Haucourt gegen
Soyecourt — Vendelles vorzugehen, während das Detachement sich von
Doingt nach Tertry wandte. Im Verlaufe der Begebenheiten wäre
es ganz von selbst gekommen, dals die Kavallerie-Miisse sich in
Richtung auf N'endelles gegen die Flanke der feindlichen Stellung
gewandt hätte und dabei auf die sich erst später entwickelnde
Mobilisös-Division des „Generals" liobin gcstofsen wäre. Gegen
diese Gesellschaft — es ist nicht zuviel gesagt — sachgemäss die
10 Eskadrons und die Batterie eingesetzt, hätte von grofseni Er-
folge, ohne wesentliche Neriustc sii<rc«r. t-ciii müssen. Andernfalls
hätte die blolse Anwesenheit dieser Kavallerie in dem Gelände nord-
östlich Vendelles genügt, das Einrücken der Division Kobin in die
Gefecbtsstellung traglich erscheinen zu lassen und somit auch
den Vorstols der Division Payen gegen Poeuilly. Aber für die
Leistungen keiner Waffe ist die Person des Ftlhrers von so eminenter
Bedeatang wie der Kjiyallerie. Die Führung der 3. Kavalleiie-
Diviflion ete. ermangelte vor wie naeh jeglioher InitiatiTe nnd jeg-
lioher Unternehmungslust, rot lanter Bedenken kam man ganz natur-
gemftb nioht zum Handeln. Dazn aber gebOrt Beweglichkeit, noeh-
mals Beweglichkeit nnd immer wieder Beweglichkeit, wenn auch
Tielleieht einmal zn leichtsinnig. Es bleibt zn bedaaem, dab ein
Mann wie der Oberstleatnant t. Pestel in der Anciennetftt noch zn
weit znrttok war, nm im Lanfe des Krieges ans semem engeren
Wirkungskreise etwa in der Weise herauszutreten, wie der Gteneral
T. Sehmidt bei der 6. KaTallerie-DiTision.
Der Zersplitterung der Waffe nnd dem Hangel an InitiatiTe ist
es aneh wieder Tomehmlieh zuzuschreiben, dals die Kavallerie in der
Hasse in der Schlacht bei St. Onentin, zn der die Gefechte bei
Tertiy und Poenilley das Vorsinel waren, so wenig leistete.
Der vom General v. Goeben ftir den 19. Jannar gegebene An-
griffsbefehl hebt ein energisehes Vorgehen aller Heeresteile von den
bis dahm eireiehten Punkten besonden hervor. „Sollte aber der
Feind", so schliefst der Befehl, „unseren Angriff nicht abwarten, so
ist er mit Anfbietnng der letzten Kräfte energisch zu verfi^lgen, da die
Er&hruog lehrt, dafo bei so schwach organisierten Streitkzäfiken nicht
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Die 8. KsvAllMto-Dhritioii im Kriete 1870—71. 263
MwoU der Kampf Belbst, ala die dmehgreilende Ansbentang desaeLben
die grObten Erfolge giebi** Dem €^enl t. Kumner nebet der Korpe-
Artillerie waien die Straben Uber EtieillerB ond Vermand zum Vor>
marseli beseiduiet wordeiL Zu mögliebster Umfusimg von St Qaentin
TOD Norden ber, batte deb insbesondere General Graf d. Groeben
naeb links hin bis anf die Strafse naeh Cambrai anssndebnen. Die
gemisohte Division setste sieb frttb 8 Uhr yon Poenillj ttber Ver^
mand auf Holnon-Selen€j in Maneb, indes die Kavallerie-Brigade *
Graf Dohna in genau dezselben Zusammensetzang wie tags Torber,
am OmignoD-Bache entlaog, in Richtung Bellenglise die naeh
Cambrai führende Stralse erreichen sollte. Bei der Pestel'seben
Avantgarde befanden sich, aulser den drei fisiLadrons 7. Ulanen, die
1. und 4. der 5. nnd die 2/3 reitende Batterie, im Gros dagegen
die 2. und 4. der 14. Ulanen. Kine Marschreserve fand sich an
diesem Tage nioht wieder ausgeschieden. Auf dem Flügel der feind-
lichen StelloDg, gegen welchen der prcafnische linke FlUgel sieh
vorwärts bewegte, befand sich das XXilL französische Korps, dessen
linker FlUgel sich mit der Division Payen an die Somme anlehnte,
während der rechte mit der Division Kobin von Franeilly bis Fayet
reichte. Zwischen beide Divisionen eingeschoben war die Brigade
Isnard. Die vorderste Linie der Franzosen wurde hier bezeichnet
darch die Orte Fayet, Holnon, das Wäldchen südlich des letzteren
Ortes ond die Höhen bei Dallon. Der Zufall wollte es also, dafs
die minderwerteston Trappen der Franzosen an deren Hauptrtlck-
ZQgsstrafse nach Cambrai standen, was man aber preufsischerseits
selbstredend nicht wissen konnte. Es war das vollends ausgeschlossen,
als General v. Goeben die Operation von Amiens ^egen den eben-
falls noch in der Operation befindlichen Gelmer ansetzte. Das
Wetter war trübe, ab und zn liel feiner liegen. Der kreidehaltige Boden
war sehr erweicht, stellenweise sotrar mit Wasser bedeckt, wodurch
jede Bewegung aufserhalb der Strafsen aulserordentlich erschwert
war. Dazu bot das Gelände mancherlei Schwierigkeiten, besonders
durch die Dämme, welche häufig die einzelnen AckerstUcke be-
grenzten. Der seitens der g-enüschten Division auf Vermand ein-
geschlagrene Weg zeigte die deutlichsten Sparen des auf ihm statt-
gehabten Rückzuges der Franzosen. In Vermand wurden zahlreiche
Nachzügler augetroffen. Zur Säuberung des Urtes mufste vorerst
eine Kompagnie (4./44.) zurückgelassen werden. Ostlich Vermand
stiefs die an der Tete der Marschkolonne befindliche 1. Eskadron
der 7. Ulanen auf eine geschlossene Abteilung, welche aber so-
fort in schneidiger Attacke zersprenget wurde. Etwa 100 Mann,
Mannesoldaten und Mobilgarden, wurden zu Gefangenen gemacht.
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264 'Ol» 8. Savaltoiie-Blviaioii Im Kriege 1870—71.
Die Ulanen verloien 7 Mann nnd 18 Pfeide. Das Gfos der Ayant-
gaidenkavallerie nebst der 2/8 reitenden Batterie nahm Ostlicb
Vennand, an der Moalin de ViUeeliolles AnfirteUnng. Die mittler*
weile aof Holnon weiter Torgegangenen Abteilungen der 7. (Jlanen
fonden den diesem Orte vorgelegenen Wald zwar noeb nnbesetet»
den Feind aber gerade im ßegriffe, die Besetzung Ton Holnon
ber zu bewirken. Die den Ulanen Uber l'Abbaye, also aaf der
n^rdlieheren StraCse gefolgte Avantgarden-Infanterie erreiebte den dies-
seitigen Rand ebenfalls noch vor dem Feinde. Die an der Tete
befindlichen, nnn ^anz in Schützen aufgelösten Kompagnien der 44er
trieben die dann hn Walde angetroffenen feindlichen Sebtttzensebwänne
der Mobilgarden des Ardennes vor sich her, drangen mit deren nicht
SD Gefangenen gemachten Resten gleichzeitig in Holnon ein and
besetzten selbst den nördlichen Teil von Selency. Die Avantgarden-
batterie sowie die 4 reitenden Gesobtttze hatten anter Bedeckung
der 2. Eskadron der 7. Ulanen ans einer Stellung am Waldrande
Dördliob der Chaussee (Höhe 134) das Voi^ehen der Infanterie gegen
die genannten Dörfer dorob Granatfener unterstützt Die beiden in
Selency befindlichen KompagnleD der 44 er Ftlsiliere worden später
nach Holnon znrUckgenommen nnd Selency ebenso wie die nörd-
licher gelegene Moulin Coutte vom II. Bataillon des 1. Regiments
besetzt. Die 1. und 4. Eskadron der 7., sowie die beiden Eskadrons
der 5. Ulanen waren unter Befehl des Rittmeisters v. Luck der 7.
Ulanen links an Fresnoy-le Petit vorbeigegangen und hatten südlich
Pontru-Pontruet zur Siehenin£r der linken Flanke des in da-«; CTofecbt
getretenen Detachements Stellung genommen. Das Dort Ciricourt
wurde alsbald stark besetzt gemeldet, es sollen sich dort 2 Bataillone
befunden haben. Das Gros der gemischten Division hatte die
Direktion auf die Windmllhlenhöhe nördlich Moulin Coutte genommen,
indes die Batterien desselben unter Bedeckung der beiden Eskadrons
der 14. Ulanen nördlich Holnon Position nahmen. Das 1. Bataillon
Voltigeurs du Nord, welches die genannte WindmUhlenhöhe besetzt
hatte, wurde nach einem „simulacre de combat" in Unordnung auf Fayet
und Bois des Roses zurückgeworfen. Jetzt fuhren die gesamten 28
Geschütze der gemischten Division auf der WindmUhlenhöhe Coutte
auf, 18 nordöstlich Moulin Coutte, 16 zwischen diesem Gehöfte und
Selency und beschossen die grolse, zur Zeit aus 18 Geschützen
bestehende feindliche Batterie bei Moulin de C6py, desgleichen die
hin und her flutenden feindliehen Infanterie-Abteilungen. Die nun
aber den Batterien ganz ausgehende Munition nötigte dieselben, nach
Holnon abzufahren. Trotzdem gelang es 6 Kompagnien 44. Regiments
unter Major Bock gegen 1 Uhr in Fayet einzudringen, dessen öst-
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Die 8. KaTiUerle-DiTision Im Kriege 1870—71. 265
iicher Teil aber vod Teilen der Division Robin besetzt blieb. Zwei
inzwischen wieder mit Monitioii Terflehe&e Batterien kehrten in die
vorher innegehabte StelloDg niTttek, am den Kampf mit der feind-
lichen Artillerie Ton neuem aufzimehmen. Auch die Kavallerie-
Brigade Graf Dohna war nun in der Sohlacbtstellnng erschienen.
Sie war Uber Soy^court auf der Strafse von Vermand gegen Bellen-
glise vorgegangen, nm hier die Stralse von Cainhrai zu g:ewinnen.
Die Ortschaften Rihtcourt, Maissemy, Pontrn und Pontruet waren
anbesetzt gefunden worrlen, in Vendelles. Jeauconrt und le V'erguier
aber nur Versprengte vom Tage vorher. Das Dorf Bellengüse liegt
unmittelbar jenseits der zwischen hohen Dämmen Uber den Kanal
von St. Quentin fllhrenden Brüok(v Bei der Annäherung der preulsi-
echen Kavallerie wurden die BrtlL-ke sowohl, wie die Dämme zu
beiden Seiten derselben von dem in Bellenglise betindlichen II. Ba-
taillon der 4. Mobilisds du Nord, sowie der Bagagenbedeckung des
XXIIL Korps besetzt. Die Tete der Kavallerie-Brigade wurde mit
heftigem Feuer empfangen und mnlste znrtlckgehen. Seitens der
wenigen mit Chassepots ausgerüsteten Mannschaften war der Über-
gang Uber den Kanal selbstredend nicht zu erzwingen, warum aber,
schon des Eindrucks halber, die beiden Geschtltze nicht in Thätigkeit
getreten sind, entzieht sich der Beorteilnng. Da nun aber auch der
Ubergang bei Pontru über den Omignon-Bach stark besetzt gemeldet
wurde — es können dort nur Versprengte oder Franktireurs ^'ewesen
sein — , mulste die Brigade noch bis Maissemy zurückgehen, von
wo sie dann l)ei Fresnoy-le Petit anlangte. Dort wäre es nun au der
Zeit gewesen, die gesarate auf dem linken Flügel befindliche
Kavallerie nnter Belassung nur einer Eskadron zur Beot)achtung
gegen Pontrn — Pontruet — Bellenglise zu einheitlicher \ erwendung zu-
sammenzuziehen. Das geschah aber nicht.
Das Dorf Fayet nächst der Strafse nach Cambrai war
ein fUr die Franzosen hervorragend wichtiger Punkt. Daher
war die noch in Reserve bei Fbg. St. Martin befindliche Brigade
Michelet der Division Payen nach Fayet herangezogen, auch die
Batterie bei Moniin de Oepy um 9 Geschütze der Armeereserve ver-
stärkt worden. Der Anmarsch der Brigade Pauly über Bellenglise
wurde gemeldet. Um denselben zu beschielsen, hatte Rittmeister
V. Luek um Zuteilung von Artillerie gebeten. Dem WlUMOhe
konnte nicht entsprochen werden. Das kombinierte Regiment war
auf die Höhe südlich Pontruet geführt worden. Dort Uefe Bittmdater
V. Luck die mit Chassepots bewaffiieten Uaunsehafkea »bsÜKen and
den Feind beschielsen. Die Wirkung dürfte keine neimenaweiie
gewesen sein, ersieht man aber doch daraus, dab es an 'dem «8016»
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266
Die 8. KaTallerie-Divtoios im Kilttge 1870—71.
WUlen zam Handeln nicht fehlte. Unter grofsen Verlasten mafiiften
die 44er Fayet ränmen und auf die Windmlihlenböhe znrUok-
geben. Gegen die Flanke der siegreicb naohdringenden Franzosen
etielsen aber von Selency 5 Kompagnien vom 4. and eine des
44. Regiments vor; die Franzosen gingen auf Fayet snittek; das
Gehöft Bois des Koses wnrde genommen. An dem om diese Zeit
aneh stattfindenden Sturm auf Francilly waren 6^/. Kompagnien
vom 1. und 4. Regiment beteiligt, 6 Kompagnien ebenfalis Tom 4.
und 44. Regiment an dem auf die weiter südlich gelegene Wind-
mUhlenböbe (13S). An diesen beiden letzten Kämpfen waren auch
die 4 reitenden Geschütze der Batterie Schräder beteiligt. Für den
linken Flügel auf dem auch die letzten beiden noch bei Holnon be-
findlichen Batterien wieder in Tbätigkeit getreten waren, trat ein
Abermaliger kritischer Moment ein. Gleichzeitig mit der inzwischen
eingetrotli'uen Brigade Pauly ging zum zweiten Male die Brigade
Michelet zum Angriff der WiudmUhlenhöhe vor, indes die feindliche
Artillerie das Feuer verstärkte. Es war gegen 4 Uhr. Für uns ist
das Vorgehen der Brigade Paulj auf dem feindlichen rechten Flügel,
welches mit 5 nebeneinander entwickelten Bataillonen erfolgte, von
besonderem Interesse. Die Gliederung ermangelte also der Tiefe,
die einzige Deckung taud das Vorgehen an den kleinen südlich
von Fresnoy liegenden Büschen. Die einschliefslich der beideu
reitenden Geschütze (Leutnant Tillessen) der Brigade Graf Dohna
hier in Stellung befindlichen 2() Creschütze richteten ein verheerendes
Feuer auf die angreifenden Feinde. Alle nur verfügbar zu
machenden Kompagnien wurden in die Feuerlinie möglichst auf den
linken P'lügel gezogen. Dem kräftigen Schützenfeaer, im Verein mit
dem Granatenhagel, gelang es, die Brigade Pauly und den rechten
Flügel der Brigade Michelet abzuwehren. Dem linken Flügel der
letzteren glückte es zwar bei Bois des Roses festen Fuls zu fassen,
aber auch das nur auf kurze Zeit, denn der von der üöhe 138
unternommene Flankenstofs verfehlte seine Wirkung nicht Der
Feind flutete auf Fayet zurtlck, welches Dorf zuerst wieder vom
II. Bataillon 44. Regiments besetzt wurde. Die durch die Truppen-
einteilung auseinandergerissene ursprüngliche 3. Kavallerie-Division
— aufeer den beiden in Amiens bezw. in Peronne befindlichen
Eskadrons — hatte der Zufall auf leicht durch den Willen zn be-
herrschendem Räume auf bezw. hinter dem diesseitigen linken Flügel,
also gerade an der richtigen Stelle zusammengeführt, so dafs ihrer
einheitlichen Verwendung nichts im Wege stand. Selbst die Ver-
säumnis, dafs eine \'ereiuigung der Division nach dem Eintreffen
der Brigade Graf Dohna nicht stattgefunden hatte, wäre mit
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Die 8. Kftvalleito-DiTiBioii im Kriege 1870—71.
267
Leichtigkeit noch nachzuholen gewesen, als der letzte Angrifif des
Feindes sich einleitete. Man benntzte nicht die so einer Attacke
im grolsen ÖtUe sieb darbietende Gelegenheit; ohne zu einem Ent-
schlüsse zu kommmen, blieb man in abwartender Haltung mUfsiger
Zuschauer des heldenmütigen Kingens der Scbwesterwaffen. Der
geeignete Moment zju Attacke war gekommen, als der feindliche
Angriff abgeschlagen war und die Trümmer desselben auf Fayet-
Grioourt zuriicktluteten. GlUokte dagegen der feindliche Angrifif, dann
bfttte erst recht attackiert werden mttssen. Attackiert mnlate also
auf alle Fälle werden. FUr diese Unterlassung giebt es keine £nt*
schuldigong, denn was der General v. Strantz mit seinen Reserve-
Dragonern anf dem alleren Flttgei der Schlachtstellung so herrlich
vollbrachte — auch kleinere Kavallerie-Abteilungen gelangten dort zu
erfolgreicherXhätigkeit — ,das hätte man hier ebenfalls leisten and somit
den Gesamterfolg erhöhen können. Den Exerzierplatz kann man
natürlich nicht mit in den Krieg nehmen. Das Gelände muls man sich
dadurch dienstbar machen, dals man die demselben entsprechende
Attaekeuform wählt. Kann man nicht in breiten Fronten attackieren,
dann thut man das eben in weniger breiten, selbst die Attacke in
Kolonne bleibt nicht L-anz ausgeschlossen. Die abgeschlagene Bri-
gade Pauly niederzureiten, war in jeder Form möglich. Vielleicht
wäre darnach eine Panik auch in die grolse französische Batterie bei der
Moulin de C6py zu tragen gewesen. Aber es geschah nichts, selbst der
^'ersnch, gegen die Strafse St. Quentin-Caiiihrai. auf welcher die
frauzüsiscbe Armee ungestört „sa retraite pr^cipit^e'* bewerkstelligte,
vorzugehen, unterblieb.
Die 6 Geschütze der reitenden Batterie hatten 224 Granateu
verbraucht. Die \erluste der Kavallerie des Truppenkorps Graf
Groeben betrugen am Tage von St. Quentin eiuschlielslich der-
jenigen der reitenden Batterie nur 14 Mann und 25 Pferde.
Die hereinbrechende Dunkelheit sah das geschlagene französische
Heer mit dem XXIIL Korps in eiligem Kückzuge nach Cambrai,
mit dem XXII. schon frtiher noch auf Bohaiu und le Cateau
Cambresis. Die i'reufsen blieben ftlr die Nacht in St. Quentin und
den eroberten Dörfern, die kombinierte Kavallerie-Brigade in und
bei Maissemy.
vra.
Verfolgruug und Sclilufs.
In der Schlacht von St. Quentin war seitens des Generals
v. Goeben der französischen Nordarmee endlich die entscheidende
Niederlage, von welcher sie sich nicht wieder erholen sollte, bei-
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268
Die a. Kavallexie-DiTiiloii im Krieg« 1870—71.
gebracht worden. Der dem Tage folgende Nachtmarsch führte eine
völlige Auflösang des an nnd für sieb lockeren GefÜges der feind-
lieben Armee berbei. Da bereits am 20. Jannar früh 4 Ubr die
ersten Trappen derselben in Cambrai eintrafen and in den anderen
Rttekzagsrichtungen entspreobende Entfernungen zurückgelegt wurden,
konnte eine erst am anderen Tage in die Wege geleitete Verfolgung,
die es als nnerlälslicb bingestellt batte, dafs alle Truppen 5 Meilen
sn marschieren hätten, von nennenswertem £rfolge nicht mehr sein.
Es zeigte sich auch hier wieder, welcher nnglan blichen Marsch-
leistungen geschlagene Truppen fähig sind. General v. Kummer
batte Uber le Cateiet, (^i neral v. Bamekow Uber Sequehart auf
Clary-Candry, General Graf Lippe über Bohain auf Le Cateau-
Cambresis und auf Guise zu verfolgen. Die Tete des linken FlUgels
hatte das Truppenkorps Graf Groeben. Die kombinierte Brigade
Graf Dohna brach bereits früh 6 Uhr mit 9 Eskadrons, aber nar
2 reitenden Geschützen (Leutnant Tillessen) von Maisseray Uber
le Cateiet gegen Cambrai auf. Dafs nicht die franze reitende Batterie
der Verfolgungskavallerie zu^^eteilt war, niuls als fehlerhaft be/.eiehnet
werden. Bei der nur unzulänglichen Aüsrtlstunfr mit g-eeifrneten
Handfeuerwaffen, bedurfte es des ganz besonderen Nachdrucks der
Artillerie, um etwa sich entgegenstellendem Widerstande nachdrück-
lichst zu begegnen. An der Tete befanden sich die 14. Ulanen.
Die 3. Eskadron ging auf der Stralse selbst vor, die 1. und 2. links,
die 4. rechts derselben. In Bellicourt wurden die ersten Nachzügler
angetroffen. Von solchen dort, bei le Cateiet und weiter hin gegen
Bonavy Ferme, wie auch später bei Masnieres nnd Rumilly geleisteter
Widerstand wurde bald durch die Artillerie im Verein mit den zu
Fuls fechtenden, mit Chassepots bewalFneten Ulanen gebrochen und
so bis Cambrai hin einige hundert Gefangene gemacht. Um 4 Uhr
traf die Brigade vor der südlichen Vorstadt des Platzes ein. .^Is
der Feind aber mit Infanterie vorging, muiste die Brigade bis
Rumilly zurückgehen. Die Avantgarde der gemischten Division be-
setzte später Rumilly, während das Gros bis Masnieres folgte. Die
Kavallerie-Brigade ging nach Riböcourt und Gegend, sich westlich
bis Flesqui^res ausdehnend. Das Verfcdgungsresultat aber war
wiederum, wie auch nach der Schlacht an der Hallue, ein durchaus
negatives, denn am 20. Abends schrieb General v. Goeben in Belli-
court: „Sehr gut hat Faidherbe aber seinen RUckzug bewerkstelligt,
noch bin ich durchaus nicht ganz sicher Uber die Richtung desselben.
Es scheint eine kleine Abteilung auf Cambrai, die gröfsere aber
auf Landrecies gegangen zu sein.** Eine verhältnismäfsig spät und
dann uaturgemäls direkt augesetzte Verfolgung wird aucii, was das
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Die 8. Kavallerto-DiTiakm im Kriege 1S70— 71.
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EikeDnen der femdllohen Rllekzagsrichtimg anbetriflfk, steto nor tin-
genttgeode EigebnisBe haben. £mt am folgenden Tage meldete
Bittmeister Lnek, General Faidberbe solle (kir sdne Person bereite
in der Naeht znm 20. Jannar nm 2 Uhr In Gambrai eingetroifen
sein and daselbst aneh Im Laufe des Tages ein grolser Teil der
Armee mit viel ArtiUerie, anf swei Straben, etwa 10- bis 16000 Mann.
Das feindliehe Heer war also im allgemeinen doeh auf Oambiai
nirttokgegangen, wenn aneh, wie besonders das XXIL Korps, von
Si Qnentin ans sonSehst in nordOsdieher Riehtang ansholend.
Genend Faidherbe gianbte sn seiner Beorganisation die eimehien
Heeresteile in feste Flätie bringen an soUen. Cambrat wurde für
die DiTision da Bessol, Anas für die Division Demtj^ Doom fVat
die Division Robin, Videneiennes ftir die Brigade Paaly, Lille für
die Division Payen nnd Sk Omer fUr die Brigade Isnard bestimmt
Faidherbe selbst begab sieh naeh Lille. Die stattfindenden Be-
wegongen, sn denen aneh die Bahnen in Anspmeh genommen worden,
waien sehwer erkenntlieh, denn selbst für Patronillen war es schwierig,
in den Bereieh der sehfltzenden Festangen zn folgen. Mit der
Armee war dies gans onthanlich. Deshalb fand ancb mit dem
bereits am 20. erreichten Abschnitt Masniöies-Marcoing fUr die ge-
misohte Division die Vorwirtobewegnng schon ihr Ende. Links schob
sieb die 15., reohts die 16. neben die gemisehte Division. Von ihr
wurden die Orte westlich des l'Escaut daher am 21. Januar geräum^
dafUr dehnte sie sich aber in der Tiefe bis Lesdain und nach rechts
bis zur Eisenbahn Gambrai-St Qaentin aus. Die Kavallerie-Brigade
dislozierte nach Crövecoeur, woselbst die 9. Kompagnie 1. Regiments
ihr zageteilt wurde. Als dann aber am 22. Januar die 15. Division
mit der Fulsabteilnng der Korpsartillerie und dem 8. Kürassier-
Kegimente in Linie Achiet - Bapaome - Beugny le Cbäteau -Beaamets
gegen Airas nnd Cambrai aasgebreitet wurde, liel dem Truppenkorps
des Generals Graf v. d. Groeben im Anschlufs nach rechts zur Be-
obaohtang von Cambrai der Abschnitt Marcoing-Masni^res-Crävecoeor
wieder zn. Die 16. Division befand sich westlich der Bahn Cambrai-
St. Quentin in Claiy, Marets, Pr<^mont und Brancourt westlich Bohain
und beobachtete aufserdem die StraDse Cambrai-Le Catean Cambresis.
Aus dieser Stellung der Armee — das Truppenkorps war jetzt
wieder dem Oberkommando direkt unterstellt worden — sollten die
im Rayon des Feindes liegenden Eisenbahnen und Brücken, ebenso
auch die TelegraphenlcituDgen und zwar durch Zerschlagen der
Isolatoren zerstört werden. Eine solche Zerstörung wurde am
22. Januiir nordöstlich Cambrai an der Strecke nach Bouchain bei
f^caadoeuvres von der 4. fislLadron der 5. Ulanen und einer Kompagnie
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270
Die 8. Kavallerie-Division im Kriege 1870—71.
des 1. Begimento ansgefltbri Die foitgesefaEl beoliaeliieteii Truppen*
ableituDgen tod Cambrai naeb dem Norden lieÜBen die Annabme
berechtigt ersebeinen, dab CSambrai nnr noeb aebwacb besetzt» daber
einer Eapitnlation TieDdebt niebt abgeneigt wL Hieran anfrofordeni,
war seitens des Generals Graf d. Groeben dessen Ordonnanz-Oflisier»
Fremier-Lentnant t. Voigt ron den 7. UJanen beaoflragt worden;
er erliielt indes yom Kommandanten des Platses einen ablelmenden
Besebeid. Das Armee-Oberkommando, welebes am 21. sieb in Caadiy
befänden batte, ging am 22. naeb 8i Qnentb zorttek, wobin Beiais
za etablieren waren. Am 23. waren Kontribntionen von mtfglidist
25 Franes anf den Kopf der BevOlkemng zo erheben. Zn diesem
Zweeke wnrde am 28. ein Detaehement des Trappenkorps (IL/1.,
1. 4./U. 5, 2 Geschtttze) nnter Migor y. Elpons entsandt Es batte
gleichzeitig die Soarpelinie zwischen Donai und Azras 7on Corbebem
bis Famponx rekognoszieren zn lassen. Um 9 Uhr moigens wnrde
▼on Masniires angetreten nnd Uber Bibtoonrt, Havrinconrt, HoenTres
nnd Jneby nach Marqnion an der 8tra(se Gambrai-Amis marsehiert
Am nXehsten Morgen Irflh 6 Uhr wnrde dann I Offizier mit
46 Pferden mit der Erkundung der Scarpe beanjftragt. Das Detache-
ment marsebierte indes, die 8. Kompagnie in Marqnion znr&eklassend,
nach Ltolnse, von wo ans Beitreibnngen vorgenommen wurden. Bei
Arlenx ferner an der Senste bei Dnry, Etreplgny nnd Anbigny-an
Bae stiefe man anf feindliche Detacbements, anch wnrden Tmppen-
milrsebe beobachtet Vor einem dann anf L6olnse vorgehenden
feindlichen Detaehement trat Miyor v. Elpons den Rttckmarsch aber
Marqnion, woselbst das Detaehement gespdst wnrde, nnd Jnchy nach
Havrinconrt an. Von dort wnrden am folgenden Tage nnter Be-
decknng der 6. Kompagnie die requirierten Vorräte nach Pdronne
instradiert. Das Detaehement marsehierte nach Masniöres znrBck.
Mitflerweile hatte auch am 24. Januar der Abmarsch hinter
die Somme, zn welchem General v. Goeben sich entschlossen hatte,
begonnen. Die 3. Reserve-Division nebst der Garde-Kavallerie-
Brigade war Uber le Catelet abmarschiert. Am 25. folgte die
16. DiviBioD and am 26. die kombinierte. Die Kavallerie-Division
gelangte an letzterem Tage nach Combles und Sailly-Saillisel. Sie
war von der kombinierten Division, welcher aber die 3 Eskadrons
der 7. Ulanen zugeteilt blieben, jetzt getrennt ond wieder nnter
direkten Befehl des Generals Graf v. d. Groeben gestellt worden. Am
27. erreichte die Kavallerie-Division Albert nnd Gegend. Für den
Fall feindlicher Offensivbewegungen in diesen Tagen hätte die
Division sieh dem noch gegen Bapanme stehenden General v. Kummer
zn nnterstellen gehabt Als dann am 2a Jannar die 15. Division
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Die 3. Kawülerie-Division im Kriege IB'iO—li.
271
derart etabliert worden war, dafe die 80. Infanterie-Brigade nebst
2 Batterien und dem Königs-Hosaren-Regimeot zwischen Achenx
und HädaQTÜle stand, die 29. Infanterie-Brigade aber mit dem
66. Regiment, dem 8. Kürassier-Regiment and den beiden anderen
BfttteiieD Yorwftrts VOIers Boeage in Unie Maonrs-Talmas-Rnbemprd,
dem Rest aber in Amiens, kantonnierte die 7. Kavallerie-Bri^e
nebst der Batterie rom 29. ab auf dem linken Flügel der hinter
der Somme aafgestellten Armee stidlieb der Stral^e Amiens-Holliens-
\idame mit dem Dlvisionsstabe In BoveUes. Ein Detaefaemoit anter
Migor Sehenck (I. I1./3., 1. 2./U. 5, 1. sebw./I.) war znr Be-
obachtong von Abbeville naeh Hangest nnd Pioquigny vorgesehoben
worden. Ifit der Heldong des Yorbandenseins sttrkerer feindlieber
Truppenabteilungen in Ailly-le Hant Gioeher ging gleichzeitig die
Naohricht von dem bereits nnterzeiebneten WaffenstUlstandsvertrage
ein, der jedoeh erst am 31. Janoar mittags 12 Uhr in Kraft za
treten hatte. Bis dahin war eine Einstellnng der Feindseligkeiten
auf Grundlage des statos qno zwar zulässig, es malste aber mOgliehst
yiel Terrain naeh dem Feinde zu besetzt werden. General Graf
T. d. Groeben wurde angewiesen, den Befehl Uber die gegen Abbeville
disponibelen Trappeo za übernehmen, bis znm 31. mittags HaUeneonrt
and Longprö-les Corps Saints za besetzen nnd Vortrappen naeh
Oisemont, Pont-Remy nnd Aüly vorzasehieben. Die 7. Kavallerie-
Brigade war von Bovelles über Briqoemesnil, Molliens-Vidame,
Camps naeh Airaines vorgegangen. Der letzteie Ort warde feindlicher-
seita besetzt gefanden, dann aber in Riohtang aof Abbeville
gerttamt. Als am 8. Febraar die kombinierte Division des L Armee-
koips aa%elöst warde, traten aaeh die 7. Ulaaea in den Verband
der 3. KavaDerie-Division znrttck, dereo Bezirk in der Gegend
€U>amay-Beaavai8-Breteail sie am 4. Febraar eireiohten. Am
23. Febraar waxdea Quartiere Ostlieh Amiens in der Gegend von
Roddres und B/o/ye and vom 10. MSrz ab an der Hallue genommen.
Am 18. März standen die Trappen der 1 Armee vor Seiner KOnig^
Rehen Hoheit dem Kronprinzen des deutschen Reiches nnd von
Prenfeen in Parade zwischen Allonville nnd les Alen^ons F'^, Front
gegen die Straise Amiens-Albert. Im 2. Treffen befanden sich die
Kavallerie nnd Artillerie, auf dem linken Flügel der ersteren die
3. Kavallerie-Division. Der Parademarsch fand im Schritt in Zügen
statt. Am 21. März dislozierte die Division in die Gegend von
Morenil, Roye, Nesle und Ham, woselbst sie dann am 25. Mai 1871
behofs Rückkehr ihrer Truppenteile in die Heimat oder Übertritts
znr Okknpations- Armee aufgelöst wurde.
Wie aach die vorstehende Darstellung der Thätigkeit einer
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272
Der Kttog in Slldafrik* 1899/1900.
Kavallerie-Division zeigt, ist eine solche gar nicht denkbar, olne
dabei die Operationen im Grolsen und Ganzen zu bertlhren. Damu
ergiebt sich aber, dafo das Stndiom Hlr die Verwendong grofeer
Kavallerieköiper nur dann tod Katzen sein kann, wenn greise Ver-
httltnisse angesogen werden. Das endliche Verständnis ttli solehe
zn gewinnen, xanSa das Streben jedes Kavallerie-Ofißziers sein, aiieli
wmoi die Anregaug dazn von etwa nicht „benifenei^* Seite sa
kommen, erachtet werden sollte. Die Haaptsaebe ist Immer, ob man
sich selbst tttr berufen bält oder nicht —
XXIV
Der Krieg in Südafrika 189911900.
Am 26. Jannar ds. Js. warde in No. 27157 der „London
Ga/ette*' die erste Serie amtlicher Dokumente Uber den Krieg
in SUdafriku v( rüffentlieht,') der am 17. April eine zweite folgte.
Auf Grund dieses ersten authentischen Materials kann nonmehr
endlich eine kriegsgeschichtliche Abhandlung sich gründen, insoweit
eine solche aus den Gefeclitsberichteu nur der einen Partei Uber-
haupt aufgebaut werden kann. — Amtliche Berichte der Boren
dUrtteu aber wohl noch lange auf sich warten lassen.
Schon an dieser Stelle mufs vorausgeschickt werden, dafs alle
bisher in der militärischen Fachpresse Englands erschienenen ,.Ofticial
despatühes*' sich meist nur als mehr oder minder auglUckliche oder
1) Eine Sondermsgab« diftser, niuerem BetohMOMifer entepnehMidn
Zeitung ist unter dem Titel: „The trae history of the war, Part I and II,
beinjf the ofticial despatches and enolosures frora the General (Dommanding-
in-Chiet the torces in South-Africa" am 26. Janiuir 1900 und 17. April 1900
erschienen. — Der 1. Teil umfafst den Zeitrauu vom 7. Oktober löä9 bu
28. Deiember 1899, der 2. Teil hier «uebllerseiid bis mm 24. Jaimar 190a —
Die VerSfiendioluingen, welche die Fehler der englischen Führer in helles Uahk
rücken, begegneten dem heftigen Widerspruche der Tinß:o Presse Trotzdem
sind Fortsetzungen dieser amtlichen Quellen zu erwarten, aamal die oMohste
Serie das erfolgreiche Eingreifen Roberts behandeln wird.
Luyitizuü by GoOglc
Der Krieg in Südafrika 1899/ 19U0.
278
nngesohiokte, jedenfftllB wUlkttrliehe Anszttge ans den jetast vor-
liegenden TolUtändigen Gefechtsberichten danteUen.
0ie mtÜiBamen Kombinationen, die hlerdnzeb militürisehen
Kritikern aller Kationen auferlegt waren, sind seitdem groIsenteilB
wertlose StUObnngen geworden.
Eine Sehwierigkett ist besteben geblieben, der Mangel an brauch-
baren Karten — ein Mangel, den die englischen Tmppenfthrer selbst
am hifitesten empfenden haben. — Ldder sind aneh die den Gefechts-
berichten beigelegten und im Text erwähnten sketches nnd plaas
nicht ndt snm Abdruck gelangt, sondern in den Archiven des War
Office liegen geblieben.
I. Vorgesoliiohte des Krieges.
Ober die unmittelbare Vorgeschichte des Krieges liegt anthen*
tisohes Quellenmaterial bereits seit Oktober 1899 vor in den Blau-
bttchern ^Sonth Aftican Bepublie, 0. 9846, 9404» 9415, 9518,
9521 n. 9580", welch letrteies mit dem Ultimatum schlieisi
Die Vorgeschichte des gegenwärtigen Krieges, die Geschichte
der Entstehung und steten Verschärfung der zur gewaltsamen LOsnng
drängenden GegensStae, reicht jedoch viel weiter, auf ein ganzes
Jahrhundert zurück; es ist daher noTermeidiich, die ältere Geschichte
Südafrikas in Kürze zu entrollen. — Ich folge hierbei in der Haupt-
sache den trefTIichen Ausführungen Zimmermanns, im 3. Bande seines
jungst erschienenen Werkes „Die caropäischen Kolonien."
Am 16. September 1795 mafste die niedergehende Seemacht
Holland nach I50jähriger Herrschaft Kapstadt nnd die Kapkolonie
einem englischen Geschwader ausliefern.
Noch einmal, im Frieden von Amiens 1802, gab das Macht-
wort eines Allgewaltigen die Kolonie an Holland zurUek.
Aber England mufste das Kap haben, wenn es Indien
halten wollte! - Die Invasionsgefahr von 1805 ist kaum vorüber
— England atmet auf; 1806, während Kapoleon den Kontinent za
Boden ringt, gewinnt England mit seinen Scbififen das Kap zurück.
£8 ist nun kein Zweifel, dals die Kolonie eist anter englischer
Herrschaft ihren Wert bekam.
Aber schon damals schuf die englische Verwaltung den Ur-
grund zu jener Spannung, die in dem gegenwärtigen Kriege
gewaltsam sich löst: Übertriebene Humanitätsschwärmerei führte zu
der überstürzten Sklavenbefreiung und zu der uuklngen Malsnahme
der politischen Gleichstellung der Ureinwohner mit den altein-
gesessenen holländischen Kolonisten, die hierdurch wirtschaftlich
ruiniert wurden.
Jthiitaolter für di« d«aUoha Arm»« und Marin«. Bd. 116. 9. 18
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274
Der Kitof in SttdilHU 1899/190a
Das Sklavereiverbot Uberschwemmte das Land mit arbeitsscheuem
Qeundel — England machte an sich selbst die £ifahnmg des Goethe-
Mhen ZaaberlehEUngsl
Die schwer gesdUkUgten and dftyh^li^ oosufaedraen holländischen
Kolonisten, die Buren, scharten sieb zosammen und entschlossen
sich zur Auswanderung. — Seit 1834 zogen sie nach honderten mit
ihren Yiehherden nordwärts und gründeten neue Staaten in Natal
and jenseits des Oranje und Vaal.
Diese Staatenbildung fremder Elemente war England natürlich
ein Dom im Auge; mit den Waffen in der Hand folgte es nach:
1843 wurde Natal, 1848 auch das Gebiet zwischen Oranje und Vaal
als britisches Eigentum erklärt. — Gleichzeitig versprach jedoch der
englische Gouverneur Harry Sniith, „das Laud jenseits des Vaal
iTransvaal) würde niemals als britischer Besitz proklamiert
werden, aufser auf Wunsch der Mehrzahl der Ansiedler selbst.-'
Ein Aufstand der Oranje-Buren unter Pretorius wurde nach
kurzem Erfolge niedergeschlagen; Pretorius floh nach Transvaal. —
Als er dort neuerdings Scharen um sich gesammelt hatte und mit
der Rtlckkehr drohte, versicherte sich England in der Sandriver-
Konvention vom 17. Januar 1852 der Neutralität der \ aal- Buren,
indem diesen volle Selbstregierung, ohne jede Einmischung
der britischen Kegierung, zugesagt wurde. — Pretorius war
nun zwar isoliert; es waren aber inzwischen die eingeborenen Stämme,
im Oranje-Gehiet die Basutos und in der Kapkolonie die Kaffem,
den Engländern über den Kopf gewachsen; da zudem die englische
Politik, unter dem Druck der gleichzeitigen indischen Ereignisse,
jeder Expansion abgeneigt war, so räumten die Briten das Land
und erkannten am 23. Februar 1854 auch den Oranje-Frei-
staat wieder als unabhängig an.
Aber die Krisis für England ging vorUber. — Mit Hilfe von
deutschen Landsknechten, denselben, die im Krimkriege ihre Haut
zu Markte getragen, wurden die aufständischen Kaffern gezüchtigt;
eine Viehseuche fegte die lästigen Leute vollends aus dem Lande,
indem 25 000 iiuuL^ers starben und etwa 100 000 auswanderten. —
Auch der grofsc Auirnhr in Indien war glücklich vorbei — England
hatte wieder Luft und damit kehrte sein Appetit zurück.
An die Burenstaaten jedoch dachte man zunächst nicht
mehr! Der Suezkanal ging seiner Vollendung entgegen; mit jedem
Spatenstich, der diesen kürzeren Seeweg nach Indien eröflben
half, sank das britische Interesse an Kapland selbst und ganz be-
sonders an den sttdafrikanischen Grenzstaaten. — Die Oden Gras-
steppen, wo die Bmen ihre Rinder weideten, waren doch nicht des
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Der Krieg in Sildiirika ]809/190O.
275
fiinsatzes tod Gold qdcL Blut wert! — Ja, man echlng Rogar zwei-
mal, 1858 und 1866 das Anerbieten des Oraige-FraBtaates, sich
freiwillig unter engÜBehe Oberhoheit zn stellen, ab.
Da trat ein anerwartetes Ereignis ein; 1867 worden am
Oranje-Flnfs die ersten Diamanten gefiuiden. Mit einemmale
schlag die Politik der Regierung um. Die bisherige Zorück-
haltnng worde zor heftigsten Gier nach den Diamantengebieten. Als
Vorwand molste gelten, dafs es im Interesse des Friedens in der
Kapkolonie liege, die Barenstaaten einzuTerleiben. Zunächst wurde
kurzweg das Diamantengebiet Griqua-Land annektiert. Die Buren-
staaten widersprachen; eingesetzte Schiedsgerichte entschieden für
England. Transvaal wollte mit Besitzergreifungen bis zur Delagoa-
Bai antworten, scheiterte aber an Englands energischem Wider-
spruch.
Dem englischen Begehren nach den Humistaaten kamen iiulsere
Umstände zn Hilfe: Die Zulus, die mit di^i l'uren stets im Streite
lagen, riefen Englands Schutz und Hilfe an. Auch die Missionare
machten ihren Eintiufs zu Englands (ninsten geltend.
Unter dem Titel, die Hechte der Eingetjorcnen zu schützen,
wurde am V2. April 1877 die Annexion Transvaals proklamiert.
Englische Truppen rückten in Pretoria ein, englisches Geld flois in
die leeren Kassen des kleinen Freistaates. Beides half zusammen,
um zahlreiche Anhänger Englands in Transvaal selbst zu werben.
Vergebens remonstrierten Deputationen der Transvaal-Buren, deren
Führer der Vice-Präsident Krüger war, in London gegen die An-
nexion. Die Niederschlagung des Zulu-Aufstandes (unter Uetewayo,
August 1879) erhöhte das britische Ansehen.
Endlich, am IM. Dezember 1880 erklärte ein von Krüger. Jonbert
und Pretorius einberufener Volksraad die Tr ansvaal - Kepu blik
als wieder hergestellt. Die geringe englische Truppenmacht
wurde noch im Dezember überwältigt. Auch die aus Natal herbei-
gerufenen britischen Hilfskräfte (1400 Mann, G Geschütze) erlitten
bei Majuba Hill eine schmähliche Niederlage (27. Februar I8S1).
Greises Erstaunen in England! Der Präsident des Oranje-Frei-
staates sollte vermitteln. Gleichzeitig gingen aber lUüOO Mann als
Strafexpedition unter Sir Roberts nach Südafrika ab. Zu spät —
der Führer der geschlagenen englischen Truppen, Sir Evelyn Wood,
hatte noch vor Ankunft der Verstärkungen mit den Buren einen
Waffenstillstand geschlossen, unter Bedingungen, welche Transvaal
die Selbstregierung, jedoch unter der 0 berh oheit Englands
zugestanden. England hielt sonach die Wiederaoinahme der Feind-
seligkeiten nicht fUr geboten.
18*
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Der zwischen Wood und Transvaal abgeschlossene Paki wurde
im Auprust Ihsi durch einen f(>milichen Vertrac bestätigt.
Das mit diesem Vertrage errichtete Suzeränetäts -Verhältnis er-
hielt aber eine den Boren sehr unangenehme äufsere Form durch
die Einsetzung einen englischen Residenten in Pretoria. So begannen
denn die Huren sehr bald sich an der Suzeränetät zu stolsen. Nach
langem Hin und Her liels England in einer neuen Konvention von
1884 den betreffenden Passus des Vertrages von 1881 fallen and
ersetzte ihn durch folgenden: „Die Südafrikanische Republik i diesen
Namen le^'te sich der Transvaal-Staat 1884 bei) willigt ein, k. inen
Vertrag noch Blhidnis mit irgend einem anderen Staat oder Volk
als dem Uranje-PVeistaat, noch mit irgend einem eingehon uen Stamm
östlich oder westlich der Republik, zu schliefsen, bevor derselbe
nicht durch Ihre Majestät die Königin gebilligt worden wäre."')
Eigentlich ist damit der Begriff der politischen Unmündigkeit
aoch wieder ausgesprochen, wenn auch mit anderen Worten.
Inzwischen machte eine neue Entdeckung den Transvaal
noch begehrenswerter: Zu den Diamanten war das Gold ge-
treten.
Von diesem Zeitpunkte (1884) ab verfolgte England systematisch
jene Politik, welche darauf ausging, die Buren -Staaten durch
einen breiten Gürtel englischen Landbesitzes zu umschliefsen.')
So wurde Betschuana-Land (1885). Zulu-Land (1887), Matabele-
uud Munit^f'-I^aud'') etc. (1888) bis zum Nyassa hinauf erworljcn.
(Mitbesliiniiiend war dabei inii^'-lieherweise auch die Furcht vor der
Ausbreitun«; Deutschlands Uber diese (rebiete.)
Die reichen Ausbeutungs-Syndikate, an deren Spitze der aus
bescheidensten Anfängen einpnrgekomraeue Cecil Rhodes stand,
spannten Draht und Schienen Uber die weiten Ländergebiete. IMe
Bahn vom Kap bis Buluwayo, die ihre Fortsetzung bis Ghaiinm
finden soll, dann die Linie Beira —Fort Salisbary, verbanden Rbo-
^) Die hier angewandte sophistisohe Form erfamert lebhaft an den Veittag
von UaeialB, wo Menelik ebeuo muiiefUieh in ein Vaeallen-yeriiillidB sn Italien
gebracht wurde (siehe Jahrbücher 1896, Nov. Seite 136). Ebenso wie dort daa
Wort „Protektorat" selbst nicht erschoint. so ist auch in der engiiach-trans-
vaaliticbcn Konvention von lHb4 das gelaiiriiche Wort „SnzeräneWf* au^drUckHch
vermieden; die italieniachen bezw. englischen Diplomaten konstruierten sich
einÜMli ana dem Sinne das Teitea das gewttnaehte Protcktorata- beaw. Svae-
riinetilte.VeiUatnia.
■'•) Bei allen diesen Landerwerbtmgen schob die Regierung zunächst Kaut-
lunnnschatten oder Missionare vor. JedeofaUs die praktischste Art kolonialer
Besitzergreifung!
') Später Rhodesia genannt
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Der Krieg in SfldaMka 1899/1900.
277
desia mit zwei Meeren. 1S91 sicherte sich England durch einen
Vertrag mit Portugal das Vorkaofsrecbt auf die portugiesischeo Be-
siUuogeo slldlieh vom Sambesi.
Aber gerade nach der portugiesischen Delag<i:i-H;ii ging auch
der einzige Weg zum Meere, den Transvaal noch otien hatte; Präsi-
dent Krüger erkannte mit klarem Blick die Wichtigkeit dieser Ver-
bindung und betriel) mit allen Mitteln den Bau der Delagoa-Bahn.
Aber auch hier wulste England bei der portugiesischen Strecke
der Bahnlinie seine Hand ins Spiel zu bringen. Der dortige Bau-
unternehmer war vor Vollendung der Strecke zurückgetreten, weil
Portugal — kontraktbrüchiger Weise — eine Konkurrenzhabn kon-
zessionieren wollte; der Unternehmer verlangte eine enorme Ablösungs-
summe (2 Mill. Pfund Sterling) für die unfertige Bahnstrecke. —
Ein Schweizer Schiedsgericht sollte die Streitsache entscheiden; nach
11 jähriger \ erschleppung ist der Schiedsspruch kürzlich in Bern
gefallen und zw^ar so günstig für Portugal, dals dieses die ihm auf-
erlegte Summe, zur grofsen Enttäuschung Englands, wohl wird be-
zahlen können. — England muls nun auf andere Mittel sinnen, um
die Delagoa-Bai zu erwerben and die Bareo endgültig von der See
abzuschneiden.
Nachdem auf solche Weise Transvaal nach aulsen hin fast
gänzlich isoliert war. begann England ein jahrelanges System
von Chikanen, welche die Buren entweder zur freiwilligen
Unterwerfung oder zu einem Verzweiflungsakt treiben
sollten.
Die Goldfelder hatten Ausländer aller Nationen nach Transvaal
gelockt. Die Zahl der Weilsen in Transvaal, die 1883 etwa au 000
betragen hatte, war 1890 auf rund 120 000, jetzt bekaimtlich auf
290 0(X) gestiegen. Hierbei hatte freilich auch der aufserordentliche
Gehurtenübersehufs des Burenstammes seinen guten Auteil; immerhin
kamen die Uitlanders den Buren an Zahl nahezu gleich. Die Uit-
landers begannen daher sehr bald, sieb zu fühlen — und hier setzten
die Engländer den Hebel ein, indem sie eine mehrjährige regelrechte
Hetze organisierten.
Der Anlals war bald gefunden. In der Konventioo von 1884
war in Artikel 14 den Uitlanders, welche sich den Gesetzen des
Landes unterwarfen, volle Erwerbs-, Besitz- and Bewegungs-EVeihMt
sagestandeu worden, ohne andere Lasten (taxee), als de die Bttiger
Transvaals selbst za tragen hatten; von gleichen politiBchen
BechteUj wie sie die Blliger besaHsen, war fttr die Uitlanders im
Vertragstezte nirgends die Bede.
Gleiehwobl wurden solche Becfate» wie Stimm- nnd Wahlrecht
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278
Der Krieg in ättdafhka 1899; 1900.
im Laufe der 80 er Jahre durch freiwillige Entschliefsungen der
Transvaal-Uegieruog jenen Uitlanders zagestanden, welche nach
einem gewissen Zeitraum daaemden Wolmsitzes den Nataralisations-
eid schworen and sich beim Feldkomet sam Kriegsdienst ver-
pflichteten.
Bald aber eototand — bei dem mftchtigen Anschwellen des
Einwandmrstnnnes — aas dem spontanen Entgegenkommen der
Regierong eine innerpolitleche Gefährdung.
Der Bozen-Regierung war ja die Auf bessemng des Staats^ ckels
sebr SU statten gekommen; das Anwacbsen der fremden BeTölkemng
bildete jedoch eine förmliche Oberschwemmongsgefahr, der ein Damm
entgegengesetzt werden molste: Damit die Baren selbst nicht ans
den maisgebenden Stellen verdrängt worden, schnf man 1890 einen
zweiten Volksraad, in welchen die natoralisierten Uitlanders nach
4 Jahren wählbar werden sollten; nach weiteren 10 Jahren eist
konnten sie aneh in den ersten Volksraad gewühlt werden, beides
Jedoch nnr, wenn sie beim Natoralisationseide ihre frühere Natio-
nalitttt aosdrttcklioh abgeschworen hatten.
Diese Schranke erwies sich als nicht aosreichend; ein neues
Gesetz entzog den nach 1890 natoralisierten Uitlanders einen Teil
der bisher zugestandenen Rechte. Indem das Wahlrecht zom ersten
Volksraad normehr ganz aosnahmsweise zogestanden worde, ond
diese Körperschaft allein über wichtige Angelegenheiten zn entscheideo
hatte, so war die Hehrzahl der Uitlanders fortan von jeder politischen
Einflolsnahme aosgeschlossen. Der grolse Hanfe der AosUlnder machte
sich ans dieser Besehneidong der politischen Rechte nicht aUzoTiel;
sie fanden in dem Goldlande reichen Gewion, die Traosraal-Regiernng
sicherte ihnen Leben ond Eigentom, mehr wottteo sie too dem Boren-
staate nicht
Anders dachten die grolsen englischen Unternehmer nnd be-
sonders zwei geschäftlich sehr interessierte engiisehe Staatsmänner,
der Minister-Piäsident der Kap-Regierong Cecil Rhodos nnd der
britische Kolonial-Minister Chamberlain: ihnen war es ein Dom
im Auge, dafs ein Teil ihrer BetriebsOberschüsse in die Kasse der
Transvaal-Regierong floib; der Burenstaat war ihres Erachtens ein
Parasit, der sich von ihrem Fleische nährte.
Als 1893 im Witwaters-Rand neue Goldfelder — die ergiebigsten
bisher — entdeckt worden, ond in den folgenden Jahren ganze
Str(}me Ton Einwanderern nach Transvaal zogen, da hielten die
beiden genannten Männer die Zeit des Handelns für gekonunen. Bis
Ende 1895 hatte infolge ihrer rastlosen Agitation in Transraal ein
Uitlander-Bond von 40000 Mitgliedern sich sosammengeschlossen,
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Det Kii^ In SttdiMi 1899/1900. 279
Qod Olm glaubte man, sieh mittelst eines Handstrdoliee der Hemchaft
in Transvaal bemSchtigen zu kOnnen. Mit einem Hänfen Lands-
kneebte, gefllhrt von einem Abentenrer sebUmmster Sorte, wollte
Rbodes Jobannesbarg mid Ftetoria ttbermmpeln nnd, ontersttttit von
dem Uitlander-Bnnd, die Staatsgewalt an sieb reifsen.
Der kl&gUcbe Ausgang dieses Pntscbes ist bekannt Am 29.
Deiember 1896 ttberaebritt Dr. Jameson die Grenze, am Keigabre-
tage war er mit allen seinen Splebgesellen bereits in der Gewialt
der Buren.
Sdi den EnthUllnngen der Ind^pendanee helg:e woifs man, dals
hinter dem Kap-Minister Cecil Rhodes der englische Kolonial-Minister
stand. Damit erklärt sieb aach die Schwenkung in der Politik
des Foreign office seit 1897: ihr Ziel ist die Kaebe einer nm
den erhofften Gewinn betrogenen Krämerseele.
So lange der Prozefs gegen Jameson und Genossen schwebte
and hierbei eine Indiskretion seitens des einen oder anderen Be-
teiligten zu befürchten stand, so lange war Obamberlain der mals-
volle, Uber den Parteien stehende Staatsmann; so schreibt er noch
am 4. Februar 1896 in einer amtlichen Depesche, dals England mit
der Konvention von 1S84 die Sttdafrikanisehe Republik in allen
inneren Angelegenheiten als eine freie nnd nnabbäugige Regiemng
anerkannt habe.
Mit der aafserordentlich milden Bestrafung der Flibustier schwand
die Gefahr, dafs einer derselben aus der Schule schwätzte. Sofort
ändert Chamberlain seine Tonart. Er fordert den Präsidenten Krüger
auf, nach London zu kommen, um dort die Vorschläge des Kolonial-
amtes über innere Reformen in Transvaal entgegen zu nehmen.
Krüger lehnt mit Entschiedenheit ab, und Jetzt stellt Phamberlain
mit aller HartnUckitrkeit den Satz von dem Fortbesteheu des
»Suze ränetäts-Verhältnisses auf, welcher Forderung KrUger das
Verlangen entgegensetzt, den Artikel 4, aus welchem Chamberlain
die Oberherrlichkeit Englands Uber Transvaal konstruiertei aas der
Konvention von 18R4 zu streichei).
Präsident KrUger war es längst klar, dafs England Händel suche;
in aller Stille traf er seine Vorbereitungen. Nachdem er schon im
März 1896 sich eines Bundesgenossen, des Oranje- Freistaates, ver-
sichert hatte, widmete er sich mit vollendeter Umsicht der Landesver-
teidigung. Die Landeshauptstadt Pretoria wurde zu einer modernen
Lagerfestung ausgebaut; Johannesburg, die Centrale der Uitlander,
erhielt eine Art Citadelle. Krapp, Grenzet und Mauser lieferten in
Mengen die modernsten Waffen.
Alledem sab man in England mit der gleichen souveränen Ver-
^ kj i^Lo Ly Google
280 I>or Krieg in SttdaMk» 1899/1900.
achtang so, mit der num 1870 in Frankr^eb die Bfaüiniingeii des
Oberaten Stoffel ttbeihOrte. Die Folgen waren nngeftlir die gleichen,
wenigstens anl^ngs.
Indessen war Chamberlain nneimlldlieli in der Erfindung Ton
Cbikanen. Ende 1897 fand er einen Vertragslmieli Transvaals darin,
daÜB die Republik, obne voiber Englands Genehmignng naebznaneben,
der Genfer Konvention beigetreten war; dann folgte die Znmntnng,
dafe SebloJknoten, Fraebtbriefe ete. niekt in der Landessprache, dem
HolUmdiscben, sondern englisch abKafessen seien. Krüger bewahrte
eiserne Ruhe; er trat vielmehr, trotz der Gegnerschaft einer starken
Partei von Ultra-Boren, den Wünschen nnd Bedürfnissen der Minen-
Indnstrie anfinerksam, aber klarsehend, näher, and zog hierdurch die
vernünftigen Elemente der Uitlander sowohl im Transvaal, wie im
Kaplande auf seine Seite. Seine mit überwältigender Mehrheit
erfolgende Wiederwahl zum Präsidenten (Februar 1898), dann die
Wahl des Atrikaanders Schreiner an Stelle des Vollblat-Briten Sprigg
znm Premierminister im Kaplande waren deutliche Belege für den
Umschwung der Stimmung in Südafrika.
Nachdem auch ein Angriff auf das Dynamit-Monopol der Trans-
vaal-Regierung (wobei die Familie Chamberlain geschäftlich inter-
essiert war) an Krügers Widerstand ges<dieitert war, bot ein Polizei-
Zwischenfall (Mäiz 1899) — Erschieisung eines verhafteten Engländers
durch einen Transvaal-Polizisten — einen willkommenen Anlals zu
weitergehenden Eingriffen. Die Sache \^iirde zn einer Staatsaktion
aufgebauscht; eine Adresse von 21(X)0 Unterschriften bat die Köni^n
von England um Schutz des bedrohten Lebens, und obwohl eine
Gegenadresse von 25 (KH) Uitlanders dies für absolut unnötig erklärte,
benutzte Chamberlain die Gelegenheit, um zur näheren Untersuchung
der Mifsstände eine seiner Kreaturen, den iüip-Gouvemeur Müner,
aufzustellen.
Dieser bestätigte natürlich, dafs es höchste Zeit sei, Ernst zu
machen. Wenn man nicht allen Eintiufs in Südafrika verlieren wolle,
müsse die Regierung zeigen, dafs sie imstande sei. den bedrängten
Engländern in Transvaal zu ihrem Hechte zu verhelfen.
Chamberlain schlug hierauf eine Konferenz zwischf n Krilger
und Milner vor. Am 31. Mai 1899 trat diese in i^ioemfontein zu-
sammen.
6 BlaubUcher (C — 9345, 9404, 9415, 9518, 9521, 9530) be-
schäftigten sich mit dieser merkwürdigen Konferenz und ihren Er-
gebnissen.
Die von Chamberlain diktierten Forderungen, mit welchen Milner
in die Konferenz eintrat, waren absichtlich so gestellt, dafs sie ihre
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Der Krieg ia Südafrika 18d9/t900.
281
Urheber selbst wohl ftlr indiskutabel hielten. Kein Wunder, dafs
Milner mehrfach aus dem Konzepte kam, als KrU^er sehr wohl sieh
aat die Besprechung der Vorschläge einliels; und nur seinerseits-
Modifikationen verlangte.
In der Hauptsache drehten sieh die Verhandlungen daruni, dals
die Uitlanders dem englischen \ erschlag zufolge schon nach 5jährigeni
Aufenthalte und Ableistung des Naturalisationseides (NB. ohne Ab-
schwören der bisherigen Nationalität) volles 8timmreeht erhalten,
sollten; für dies Gesetz wurde überdies rückwirkende Kraft verlangt.
— Krüger erklärte in aller Ruhe, ein imperiura in imperio. wie es
der englische Vorschlag zur Folge haben würde, werde der Volks-
raad niemals annehmen; ebenso wenig liels er an der Form des
fiädes rütteln, wogegen er hinsichtlich der Frist fUr die Erlangnng.
des Stimmreohies yon 14 Jahren auf 7 Jahre herabging. Im übrigen
sehlng er m, ttber alle noch strittigen Paukte der Sebweiz das
Scbiedsrichteramt sa ttbertragen. Lelsterer Vorschlag wiurde hobeits-
▼oU abgelehnt: zwiseben England and Transvaal kOnne höchstens
ä]i2»-«riTate Sehiedsriobterkommission entBcheiden.
Hiln^*ging Boweit» sich sogar an der Bedingung zn stolsen, dafs«
Lente mit entehrenden Vorstrafen das Bttrgerreeht nieht erhalten
sollten; er telegraphierte bterttber Tertranllch an Chamberlain: «l^iese
Bedingung würde 4 Hanptmitglieder unseres Reform-Komitees in
Johannesbnig von 7ome herehi ansschlieben** (Blanbneb 9415 No. 48)..
Wie wttrdeyoU erstattete dagegen Krttger im Volksraad zn.
Pretoria Beriebt Aber das Ergebnis der Konferenz: „Unsere Gegner
haben uns nichts gegeben, wir haben die Hälfte unserer Rechte
^geben. Das ist ihnen nicht genug, and neileicht machen sie Kiieg..
Wollten wir mehr geben, so gäben wir unsere Unabhängigkeit bin»,
und hätten Räuber und Diebe unter den Bürgern. Um das Stimm-
recht ist es unseren Feinden nicht zu thua, sie wollen das Land..
Der Herr hat bisher unsere Frdheit gesehatzt, Er wird sie uns nie-
mals veriieren lassend (9415/41).
Schon 8 Tage nach Sohluls der Bloemfonteiner Konferenz, wo-
\m feierlich der status quo ante verkündigt worden war, ging die
Transvaal-Regierung auch auf den Gegenvorschlag IfUners, ein
privates SchiedsrichterkoUegium betr., ein. Dieses „arbitration-
tribunal** sollte bestehen aus je einem Vertreter der beiden Staaten,,
welche beide zusammen sich über ein drittes — das ausschlaggebenda
— Mitglied einigen sollten; dieses letztere durfte keinem der beiden,
Staaten angeboren.
Auf dieses freimütige Anerbieten antwortete BCilner erst nach:
14 Tagen, er habe allerdings dergleichen selbst vorgeschlagen, könne-
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282
Der Krieg in Sttd&frika 1899/1900.
es aber seiner Kegierong; zur Annahme nicht empfehlen (9518/4,
Beil. 1). Und erst weitere 5 Wochen später verliert Cbamberlain
das erste Wort darüber (9518/10): Milner habe ganz recht gehabt,
dafe er ablehnte, denn die ESimuschiing eines Fremden (als Pritai-
denft des Schiedsgerichts) kOane England ideht anndimen. — Hit
anderen Worten, der PrSsident mttftte auch Engländer sein!
Aiieh dafs Krüger, um England noch weiter entgegen zn kommeD,
die Zahl der Vertreter der lOnenindnstrie im Volksraade von 3 auf
7» dann anf 10 (von 36) UnanÜBetzte, dals er den jReolennachweis
als Omndlage fbr den Erwerb des Wahbreckts Ton 200 auf 100 ond
sefaliefsUeh 50 Pfond Sterling reduzierte, wurde nickt gewürdigt
Inzwischen wurden diese so sekr en^egenkommenden Vorscklttge
Erttgers dnrck Volluraadsbeschlnls vom 26. Jnli 1899 znm Gesetz
erhoben.
Chamberlaui erklärte dies Air eine politische Ohrfeige; da
übrigens das Parlament seit Ende Jnli geschlossen war,
so hatte er freie Hand, am Ernst za machen: in aller Stille
leitete er Troppensendungen nach Südafrika and Kriegs-
rflstangen in Natal und der Kapkolonie ein.
Anf die Anfrage Stegns (15. Aagost 1899 — 9521/24) ond
Krügers {12. September 1899 — 9521/28), was mit den Truppen-
anhänfbngen längs den Ghrenzen gemeint sei, erwiderte Hilner dem
ersteren — trotz bestehender Thatsachen — dais niebts wahres
daran sei, es übrigens kein Wunder wäre, wenn England „gegenüber
den Rüstungen Transvaals** militärische Gegenmafsnahmen treflim
würde; und Krüger lieb erfragen, von weicken Truppenanhäufungen
denn die Bede sei? Alle biitiseken Truppen in Südafrika bäHen
den Zweck, britiseke Interessen zu vertreten. Gleichzeitig verlangte
er die Bevision des Wahfrechts-Gesetzes dnrck eine ans Engländern
ond Boren gemisobte Kommission, sowie die Streiehnng des
Artikels 109 in dem Entwurf zur neuen Transvaal -Yerfrwsung
(Grondwet), wonach anch Landesbewohner, welcbe nicht Burgkers
sind, zur Landesverteidigang aofgerofen werden kttnnen, und griiF
endlich die alte Snzeränetätsfrage wieder aof.
Krüger ging, des lieben Friedens kalber, soweit, dals er am
21. August 1899 versprach, alle auf der Bloemfonteiner Konferenz
gestellten Forderungen dem Volksraad zur Annahme zu empfehlen
unter der einen Bedingung, dais England eki für allemal die
Suzeränetätsfra^e fallen lasse (9521/86).
Chamberlain erklärte am 28. August (9521/43), die englische
Regierang könne Sick unmöglich eines Becktes selbst entäursem, das
ihr kraft der Konvention von 1884 zustehe; zur Entseheidung der
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Der Krieg in Sttdftfrilu 1899/1900.
283
Dntergeordneteu Fragen wollte Chamberlain statt eines Schieds-
gerichtes eine britische Kommission, mit dem bhtisohen Geschäfts-
ttthrer an der Spitze, aufgestellt wissen.
FjS hätte sieher nicht dieser ganzen Reihe von Unverschämtheiten
und auch nicht der oflenen KriegsrUstungen F^nglands hedurlt, am
Krü^rer über die wahren Ziele der rhaniberlainschen Manöver auf-
zuklären; er und sein Kollege Steijn zögerten daher nicht iiinger,
auch ihrerseits die Konsequenzen zu ziehen. Abermals lieferten die
besten Fabriken Deutschlands, Frankreichs und — Englands selbst
Seuduug auf Sendung von Gewehren (nach Transvaal allein 14ÜU0Ü,
Blaabuch 9530, S. 9), Geschützen und Munition.
Infolge der schroffen Ablehnung zog Krüger sein Anerbieten
vom 21. August in vollem Umfange zurück; in dem klugen Bestreben
jedoch, vor aller Welt jede moralische Mitschuld an dem drohenden
Kriege von sich l't rii zu halten, ging er sogar auf das tVllhere Ver-
langen Chainberlains, betr. die Revision des Wahlgebetzes, ein. ah-
wohl dies eine Einmischung in innere Angelegenheiten, also einen
wirklichen Bruch der Konvention von 1SS4 bedeutete. — KrUger
veihiügte nur das Eine, es möge gleichzeitig konstatiert werden, dals
das ausnahmsweise Entgegenkommen Transvaals keinen Träcedenztall
schaffen dürfe.
Chamberlain erwiderte (9521/52), England könne sich in dieser
Beziehung die Hände nicht binden, und verlangte überdies die Re-
Tision darch eioe britische Kommission auf der Basis der letzten,
eist küralicb abgelehoten und hierauf von KrUger znrückgezogeaeu
Vorschläge.
In einer stilistisch nicht gerade glttcklichen Note vom 16. Sep-
tember (mitenehiieben: Beitz, 9680/7) verharrte Transvaal aaf seinem
Standpmikte und gab sieh der Hoffiiimg bin, dals die englische
Regierung ihr „System, immer neue und sehnierigeie Bedingungen
tn erfinden,** anfgeben and sich begnügen ivoUe mit dem, was
Chamberlain seinerzeit selbst Terlangt nnd was Transraal nunmehr
zugestehen wolle.
Am 22. September drttckte Chamberlain hieranf sein Bedanem
ans (9580/12), dafo sein gemftlsigtes (!) und versöhnliches (!) An-
erbieten abgelehnt worden sei; die Saehe sei nnn nahezu 4 Ifonate
Tersehleppt worden (natOrlieh doreh die Schuld Transvaals!). — „Die
englische Begierang sei nunmehr gezwungen, die Sachlage
de novo zu erwägen und ihre Yorsehlftge fttr endgültige Bei-
legung zu formalieren.'*
Hierzu kam es nicht mehr!
Schon am 8. September hatte der Yolksraad zu Pretoria
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284
Der Krieg in Südafrika 1899/ IdOU.
fol^'-endeii einstimmigen Beschlufs gefafst (9530/2): „Der N'olksraad
bedauert die englischen Truppenansaramlangen au den Grenzen und
erklärt, dals im Falle eines Krieges Transvaal eine Mitschuld nicht
treffen könne."
Am 19. September, als der erste englische Truppentransport,
das II. BataUloD Lancasbire von Kapstadt nach Kimberley abging,
versicherte Milner den Präsideateo Steijn aoter lebhaften FreondscbafU-
bezeugongen , dafis alle diese llafsregeln niemals gegen den Oranje-
Freifltaat geriehtet seien. — SteQn antwortete noch am gleichen Tage
in nicht milesaTeratehender Weise „er IcOnne iLeinen Grond sehen, wes-
halb man die bestehmden Differensen mit Waffengewalt losen wolle. —
Wenn England fort&bre, Tmppen an die Grenzen sn schieben, die
gleichseitig den E^reisftaat bedrohen, so ltdnne er beim besten Willen
nicht dafür gut stehen, dafo die Enegong ün Lande nieht weite Kreise
ergreife. — IMe Begiernng des Onuye-Freistaals lehne daher jede
Verantwortang ftr eine unerwünschte Entwickelnng der Dinge ab.^
Dies war doch dentlich genug! — Gleichwohl fahr Chamberlain
in den uKohsten Tagen fort, Stqjn mit frommen Mahnungen and
Beehtfertigongcn sa bestOrmen, bis der Bescblois des Oraige-Volks>
raads am 28. September die Sachlage endgültig klarlegte (9530/18):
„Der Volksläad erkllErt, es liege kern Gmnd som Kriege vor.
— Beginnt oder veranlalst England gleichwohl den Krieg gegen
Transvaal, so werde dies moralisch ein Krieg gegen die ganze
weilse Berdlkernng Ton Südafrika sein, ▼erhängnisToU and
yerbreeherisoh in seinen Folgen; der Oranje- Freistaat
werde tren and redlich seine Verpflichtnngen gegen Trans-
vaal hochhalten, kraft des politischen Bttndnisses beider
Staaten — mag kommen, was da wolle!'*
Einen Tag froher, am 27. September, scheint die Transvaal-
Begiernng Bestimmnngen erlassen zn haben, welche den Kriegs-
znstand bedeuten: die Bnrghers wurden zn iea Waffen geralbn,
alle Wirtshftnser geschlossen; nach 6* abends dorfken keine KalTeni,
nach 9^ abends keine Weifte mehr auf der Stralse sich aeigen etc.
Milner will Uber diesen liedentnngsvollen Vorgang am 4. Oktober
depeschiert haben; eine Fofsnote za 9580/46 besagt hieiza: Not yet
received in Colontal Office (!).
Am 29. September hörte der Eisenbahnverkehr Katal-Transvaal*
Grenze aof; nur der Posttelegraph spielte noch.
Am 30. September liels Krttger den britischen GeschttflBflUirer
in Pretoria, Conyngham Greene, bitten, seine Regierung zn veran-
lassen, dals bis spätestens 2. Oktober die angekündigten end-
gültigen Vorschläge bekannt gegeben würden (9680/28).
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Der Krieg in »IdiftlEa 1899/1900.
285
Obamberlain antwortete am 1. Oktober, es wfirde wohl noeb
einige danem (9680/29).
Ais bis zum 2. OlLlober abends keine Antwort der englischen
Regierong in F^retoria eingetroffen war, vertagte Krttger den
Volksraad ,^ine die**. — Emst nnd mliig ging die Versammlnng
auseinander, nachdem der Präsident die Thatsaehe festgestellt hatte,
dafo England den Kampf wolle (9680/82).
Am gleichen Tage kündigte Steijn an, dato er im Hinblick
auf die tiefgehende Beonrnhigang im ganzen Lande, henroigemfen
durch die Ao&tellnng englischer Tmppen im Osten nnd Westen, das
Aufgebot an die Burgbers erlassen habe (9580/31).
Am 8. Oktober fingen die TransTaal-Boren einen Goldtraus-
port an der Grenze ab (9530/37).
Jetzt erst ting:en die leitenden Männer iu Kngland an, daran
zn glauben, dals die Buren Kvuat machten; und sie sahen mit
Schrecken, dals England noch nicht gerüstet warl
Die Korrespondenz Milners mit Steijn vom 8. — <). Oktober
(95*30/34, 38, 40, 44) ist daher ein Kampf um Zeitfjewinn: Eng-
land habe die friedlichsten Absichten — Steijn wolle doch ver-
mitteln — die englischen Truppenansamnilungen seien nur eine
Gegenniafsregel gegen die KUstongen Transvaals etc.
Aber Steijn reiist Milner schonungslos die Larve ab ('9530/52):
„Vorbedingung jeder \ erniittlung sei. dals England seine Truppen
zurückziehe nnd die noch auf dem Wasser schwimmenden Ver-
stärkungen nicht landen lasse. — Als er am 27. September erstmals
sich Uber die Aniiäufung englischer Truppen beschwert habe, sei noch
kein einziger Bur zu den Waffen gerufen gewesen. — Dafs später-
hin dies geschah, das habe die Erfahrung von 1895 (Jameson)
dringend geboten; die Rüstungen beider Bureurepubükeu seien daher
Notwehrakte."
Am gleichen Tage — dem 9. Oktober — Uberreichte
Transvaal sein IMtimatum. — Entsprechend der Wichtigkeit
dieser letzten diplomatischen Note (9530/53) erscheint es von Wert,
sie im vollen Wortlaut hier wiederzugeben, zumal dieselbe den ganzen
Hergang der fruchtlosen Verhandlungen noch eiinnal zusammenfalst:
„Die Kegierung der sUdafrikanisohen Republik ftihlt sich ge-
zwungen, die englische Regierung neuerdings auf die Konvention
von 1884 zu verweisen, deren Artikel 14 der weifsen Bevölkerung
der Hepublik gewisse liechte sichert, nämlich, dafs alle Persooen.
Eingeborene ausgenommen, iosoferne sie den Landes-Gesetz^ äeb
airterwerfeu,
286
Der Krieg in Sttdafnk« 1899/1900.
a) volle Freiheit haben sollen, mit ihren Familien einz-uwandern,
zu reisen und zu wohnen, wo immer in Transvaal sie wollen;
b) dals dieselben das Recht haben solleii, Häuser, Fabrikea etc.
ZQ mieten oder zu besitaMn;
e) dafs dieselben in eigener Person oder doreh Agenten Handel
treiben dttrfen;
d) dab dieselben weder binsichtiich ihrer Person noch ihres
Eigentoms, Handels oder Gewerbes anderen allgemeinen
oder Ortliohen Lasten unterworfen sein sollen, als sie von
den Bttrgem der Republik selbst getragen werden.
Dies sind die einzigen Reehte, welehe die englische Regiening
in der genannten Konyention den UitUmders reservierte; nur eine
Verletzung dieser Rechte konnte der englischen Regierung eu Recht
la diplomatisohen Vorstellungen oder Interventionen geben. — Die
Regelung aller Übrigen Fragen, betreffend Stellung und
Rechte der Uitlanders ist durch eben dieselbe Konvention aus-
drücklich und ausschlierslioh der transvaalischen Regierung
und Volksvertretung vorbehalteni — Unter diese Fragen fallen
jene, welche das Stimm« und Wahlrecht und die Vertretung der
Uitlanders im Volksraad angehen. — HierQber ist die Regierung der
Republik mit der britischen Regierung freundschaftlich ins Benehmen
getieten, ohne der letzteren hierdurch irgend welche Eänspruchsiechte
einzuräumen. — Diese freundschaftliche Aussprache stand unserer
Regierung bei Abfassung des nunmehr in Kraft getretenen Wahl-
rechts- und Vertretungs-C^esetzes stets vor Augen. — Auf Seite der
britischen Regierung hat jedoch die freundschaftliche Art der Aus-
sprache einen mehr und mehr drohenden Ton angenommen. — Sdt-
dem hat grolse Erregung in unserem Volke um sich gegriffen. —
£in Zustand ttalserster Spannung wurde gesobaffen. — Bndlich bnck
die englische Regierang durch die Note vom 25. September 1899
jeden freundschaftlichen Schriftwechsel Uber den Gegenstand ab und
deutete an, dafe sie nonmehr daran gehen mttsse, ihre eigenen Vor-
schläge fllr endgültige Beilegung zu machen. — In dieser Andcutang
kann die diesseitige Regierung nur eine neue Verletzung der Kon-
vention von 1884 erblicken, wonach der britischen Regierung kein
Recht für einseitige Regelung einer Frage zusteht, welche ausschliels-
lich eine interne Frage der diesseitigen Regierung ist und durch
diese bereits geregelt wurde.
Im Hinblick auf die gespannte Lage und die hiermit sich er-
gebenden Bandels-Verlnste und Verkehrsunterbrechungen war eine
Einigung dringend erwünscht; bis zur Stunde shid jedoch die
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Der Krieg io Sttdafrika 1899/1900.
287
mehi&oh in Aaaaicht gestellten Menäf»ttltigen Vonehlttge" niebt an
ODS geUmgi
Es worden sogar, w&brend der fireondschafUiche Schriftwechsel
noch im Gange war, TrappenTerstärkuDgren greisen MsÜMtabes von
der britischen Begiemng ebigeleitet und dicht an anseien Gxenzen*
postiert.
Im Hinblick auf gewisse Vorkommnisse in der Geschichte unserer
Hepablik, deren Erwähnimg Uberfitlssig ist, mnfste die diesseitige
Kegierung in den Trappenanhäafungen au der Grenze eine Bedrohong
der Unabhängigkeit der Südafrikanischen Bepnblik erblicken, zomal
man sich keinerlei Umstände bewafst war, welche die Anwesenheit
einer solchen Tmppenmacht in Sudafrika und vollends nahe an
nnseren Grenzen rechtfertigen konnten. — Eäne diesbezügliche An-
frage wurde zu nnsereni grofsen £r8taanen mit der verschleierten
Unterstellung beantwortet, als sei von unserer Seite ein Angritf im
Werke; gleichzeitig wurde auf mysteriöse Möglichkeiten hingedeutet,
welche nnseren Verdacht bestärkten, daXs die Unabhängigkeit der
Bepublik bedroht sei.
Zum Zwecke der Abwehr mofste daher ein Teil der Bürger
aufgeboten werden, nm den erwähnten Möglichkeiten wirksam zn
begegnen.
Ihrer Majestät ungesetzliche Inter\ention in internen Angelegen-
heiten der diesseitigen Republik, eine lnter\ention, welche der Kon-
vention von 1SS4 widerspricht, dann im Gefolge derselben die aufser-
ordentliche Truppenanhäufung nahe an unseren Grenzen, hat sonach
eine unerträjLHiehe Sachlage geschaffen, welche der diesseitigen K»'-
gierung. nicht allein im Interesse unserer Republik, sondern ganz
Südafrikas, die Pflicht auferlegt, sobald als niö*rlich ein Ende zu
machen, ond ernstlich und nachdrtlcklich auf eine unigehende Lösung
der Spannung hinzuwirken und Ihrer M^gestät Regierung za ersuchen,
OBS die Versicherung zu geben,
1. dals alle strittigen Punkte auf dem freundschaftlichen We^xe
eines Schiedsgerichts oder irgend einem anderen friedlichen Wege
geregelt werden würden;
J. dafs die Truppen au den Grenzen unseres Staates omgehend
zurückgezogen werden sollen:
3. dals alle Truppenverstärkuiigen, welche seit 1. Juni 1899 in
Südafrika ankamen, in einem entsprechenden, noch zu vereinbarenden
Zeitraum wieder entfernt werden sollen, wogegen die diesseitige
Regierung versichert und sich verbürgt, dafs keinerlei Angriff oder
Feindseligkeit gegen irgend einen Teil der britischen Besitzungen in
einem noch zu vereinbarenden Zeiträume erfolgen sollen und, im
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288
Der Krtog ia Sttdaflrik« 1899/1900.
Falle des jenseitigen Einverständnisses, auch die bewaffneten BUrger
unseres Staates von den Grenzen zurückgezogen werden wurden;
4. dafs Ihrer Majestät Trappen, welche sich jetzt noch auf bober
bee befinden, in keinem Hafen Südafrikas landen sollen.
Die diesseitige Ke^ierung mufs auf eine unverzügliche und be-
jahende Beantwortung lUescr 4 Fragen dringen und Ihrer Majestät
Regierung ernstlich ersuchen, besagte Antwort vor oder am Mitt-
woch, 11. Oktober 1899. nicht später als 5° nachmittags ein-
zusenden, wobei angefügt werden m(>ehte. lials. im Falle einer un-
erwarteterweise nicht zutriedenstellendcn Antwort innerhalb des
genannten Zeitraums, wir uns mit grolsem Bedauern genötigt sehen
würden, die Handlungsweise von Ihrer Majestät Regierung als eine
förmliche Kriegserklärung zu betrachten, und dafs wir uns
selbst für die hieraus entstehenden Folgen nicht für verantwortlich
halten, und dals wir in dem Falle weiterer Truppen liewegungen
während des erwähnten Zeitraumes in Richtung unserer Grenzen
gleichfalls eine förmliche Kriegserklärung erblicken müisten."
Am 10. Oktober 1899 10** abends telegraphiert Chamberlain
an Milner ( 95:50/07): „Ihrer Majestät Regiening hat mit grofsem
Bedauern die peremptorischen Forderungen der Regierung der Süd-
afrikanischen Republik erhalten. In Erwiderung derselben wollen
Sie die Regierung der Sudafrikanischen Republik in Kenntnis setzen,
dafs die von derselben aufgestellten Bedinguniren derart sind, dals
Ihrer Majestät Regierung sie für indiskutabel c i achtet. •
Schon H Standen vorher. 7'° abends, war der britische Ge-
schäftsführer in Pretoria aufgewiesen worden, bei Übergabe der
Antwortnote seine Pässe zu verlangen (95:^0/56).
In welche Verlegenheit die englischen leitenden Staatsmänner
durch das Ultimatum versetzt wurden, zeigt ein letzter verzweifelter
^'ersuch Milners. wenigstens den Präsidenten Steijo noch für sieh
za gewinnen; auf die Anfrage, ob die Parteinahme des Bloemfonteiner
Volksraads flir Transvaal aacb seine (Steijns) persönliche Za-
stimmang and Uatersttttzaog finden werde, kam folgende drastisehe
Abfertigung:
,,Die boehmutige und niebt zn rechtfertigende Politik und Ge-
babmng von Ihrer Majestät Regiening, indem diese sieh diktatorisch
in rein interne Angelegenheiten der SttdafHkanisehen Bepnblik misehte,
was einen offenbaren Brach der Konvention von 1884 bedentet —
indem sie femer zaerst mit Kriegs-Rttstangen, späterhin mit tbat-
sächlieber ErOflnong der Feindseligkeiten vorging, von welchen sie
sich dorch keine unserer frenndschaftlicben nnd wohlgemdnten Be-
mtlhongen abbringen liefs — diese Politik nnd Gebahrung sielll
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Der Krieg in Südafrika 1899/1900.
289
sweifeUo« einen uDgereelileD Angriff auf die SelbBttndigkeit der Sttd-
Afrikaidselien RepabülL dar, so dafe unserem Staate Iceine andere
RIelitBoluHir belassen ist» als in Ehren bei dem mit Transvaal
gesehlossenen Bttndnis ansxnharren. leb bitte daber Notix sn
nehmen, dafs unsere Begiernng, gezwungen dnreh die Handlnngs-
WQise Ton Ihier Migesttt Regiemng, entschlossen ist» die Instruktionen
des VoUcsraads anaanfttbien (9680/61).*'
Diese direkte Absage war aaeh flir Chamberlain eine pelnliehe
Oberrasehnng, wie das TorletEte Dokument (No. 62) des filanbnehs
9530 beknndet: |,Hieinaeb seheint es (it appearey* — so tele-
grqihiert er am 12. Oktober an IGlner — „dab der Oratye-Fieistaat
sieh der Südafrlkanisehen Republik endgültig angeseblossen baf
Dem Staatsmann Chamberlain „scheint es** erst, was der übrigen
Welt — mindestens seit dem 27. September ~ bekannt war; es
eiging ihm ihnlieh wie 1870 den Franzosen hinsichtüeh der slld-
dentseben Staaten.
Die bisherigen VerOfliBntlichnngen Uber den sttdafrikaniseben
Krieg haben die diplomatische Vorgesohiohte des Krieges gamieht
oder nur kurz berttfart — Ich habe daher — trotz des breiten
Ranmes, den der amfongreiehe Stoff beansprachte — geglaubt» dafs
es den Lesern der »»Jahrbttehei^ erwünscht sein würde» eine zu-
sammenhttngende und authentisohe Darstellung der Kriegs-
nrsaohen — oder besser, wie unser Mommsen küizlieb sagte, „des
Vorwandes zoni Kriege" — TOizufiDden, um so mehr, als die
kommenden Friedensveriiandlungen auf die gleiche Basis zurüek-
greifen werden.
Auf welcher Seite das Recht ist, wird auf Grund der von
der englischen Diplomatie selbst yeröffentlichten, im Vor-
stehenden wiedergegebenen Dokumente, niemand schwer fallen, zu
entscheiden.
Und wo das Recht ist, da dürfen, da müssen auch die Sym-
pathien der ganzen gebildeten Welt sein und bleiben. 82.
(Fortaetning folgt)
J»kr»»ok*r f&r di» d*atMh* Ahdm lud Marin*. M Iii. 3. 19
Digitized by Google
290
La gnene rar mer et Mi la^oiu.
XXV.
La guerre sur mer et ses leconsJ).
Das neueste Werk des bekaanten amerikanisch en Marineschrift-
stellers und Gescbichtsphilosopbe n Kapitän Mahan behandelt den
letzten KtIp^ Amerikas gegen Spanien. Kapitän Mahan bearbeitet
den StotV in fünf Abschnitten. Der erste handelt von den Ursachen
des Krieges und ihrem Einsals auf den Beginn desselben, der zweite
von dem ungenügenden Verteidigungszustand der Küsten und der
Wirkung desselben auf die Bewegungen der Marine, ferner werdeo
in demselben die Streitkräfte des Feindes zu Lande und zur See
besprochen. Der dritte Abschnitt behandelt die Grlinde für die
Blokade von Kuba, das Ziel and die Bewegungen des Admiral
Cervera.
Der vierte Abschnitt bespricht die Aufgaben, welche der ameri-
kanischen Marine durch das Erscheinen Cerveras in Westindien
zufielen und wie dieselben gelöst worden sind. Endlich der fünfte
handelt von den Maisuahmen znr Bewacbong Cerveras and der
Beobachtung des Admirals Camara. —
Dieses neueste Buch Mahans ist in einer gewissen Über-
sttlrzung geschrieben worden. Es konnte die vielen wichtigen An-
gaben, welche zum vollständigen Verständnis der Operationen nötig
^^ind, wie z. B. die offiziellen spanischen Instruktionen und Depeschen
an die Truppenführer und Gi-schwadercbefs noch nicht berücksichtigen,
wovon der Verftisser uns selbst in Kenntnis setzt, es ist in der Absicht
geschrieben worden, die Rolle, welche die Marine während des
Krieges gespielt hat nnd die Mafsnahmen des Admiralsstabes in
Washington zor Leitung derselben zn verteidigen, dem Kapitän
Mahan selbst wttbrend des Krieges angehörte, es ist sozosagen eine
Apologie der Oberleitung dieses Seekrieges. Da diese dorchans nicht
einwsndM gewesen ist, sondern einen hoben Grad an Zaghaftigkeit
ond UnentseUoBsenheit an dsii Tag legte, welche nnr durch sbfloliile
Uiiihitigkeit des einzigen spaniseben Geschwaders, welches imstande
war, in See zn gehen, nentraliaiert worden, ohne dafe sehr enute
Folgen daraas entstanden, Termifirt man in diesem WeriLC anoh jene
Klarheit nnd Entschlossenheit, welche Mahans firtthere Werke, dnich
welche er berühmt geworden ist, in so hohem Grade chaiakteilBiert
Es ist freilich ein gewaltiger Unterschied zwischen der Arbeit eines
>) La guerro sur mer et ses le^ons. Par A. T. Mahan . . . Tradait
de l'anglais .... par ie Comte Alphonae de Diesbaoh. Berger-Levrault & Üie.
Paris 1900. Prab 4 fr.
ui^u i-L-j cy Google
La gaerre bot mer et ses le^ona. 291
Oeschiehtephilosophen , welcher mit groüser Seelenrnbe feniliegende
Ereigniflse und Eriegsoperationen In der Seekriegsgeschichte be-
hsDdeh und der dnes Mitgliedes des obenten Kziegsnls, Wiehes
niflitiliüolie und maritime Operationen tod der bOoluten WIebtIgkeil
leiten soll. Aber dennoeb, wenn Mnban weniger nbbftngig oder ganz
unabbäDgig von der Offenfliehen Meinung gewesen wäre, — der
Kiiegsrat in Washington war aber sehr abhängig von derselben, —
Wälde sein Stil und, das was er sagt, weniger gewunden und
gesehraubt sein, und er wttrde Tielleieht manches anders aus-
gesprochen haben, was jetzt snm Widerspruch herausfordert und mit
seinen firttheren Werken nicht in Einklang zu bringen ist Alles,
was Eapitiln Hahan äber die Ursachen des Krieges am Anfang
seines Werkes sagt, ist ein weitschweifiges, manchmal unklares Umher-
schweifen, ToU Ton Vorbehalten und Zweideutigkeiten, um den Kern-
punkt, welchen Mahan offenbar in semer brutalen Nacktheit nicht
aussprechen will: der amerikanische Imperialismus verlangte Kuba
und Portorico, wie Uber den spanischen Inseln im westindischen
Meere soll auch äber den andern, welche jetzt noch kleineren Mächten
angehören, das Sternenbanner wehen, ebenso wie der englische Im-
perialismus Afrika verlangt, daher der Krieg gegen die Buren. Diese
imperialistischen Bestrebungen smd in Amerika durchaus nicht neu
und sind in der Verwickelung mit Spanien zum ersten Male der Welt
ganz deutlich und brutal vor Augen geführt worden. Da Kapitän
Mahan dies nicht sagen konnte oder nicht wollte, sind s^e Aus-
fttbrungen im ersten Abschnitt gewunden und weitschweifig, Schein-
grUnde, welche den Kern nicht trefTen. Wenn Kapitän Mahan uns
glanben machen will, dai's durch deo Verlust des amerikanischen
Panzerschiffes Maine im Hafen von Havana das Gleichgewicht
zwischen den beiden Flotten zn Ungunsten Amerikas gestört worden
sei, so können wir nur ungläubig darüber lächeln. Kapitän Mahan
sowie dem Admiralstab wird wohl ganz genau bekannt gewesen
sein, in welchem Zustande von Schlagfertigkeit sich die spanische
Marine befand, ebenso wie sie über das Geschwader des Aflmiral
Cervera, des einzigen, w 1 *h' s beim Bepnn des Krieges Überhaupt
in See gehen konnte, gewifs genau orientiert gewesen sind. Daher
ist wohl die Weisheit der Malsoahmen des Admtralstabes, das Panzer-
schiff Oregon aus San Francisco nach dem westindischen Kriegs-
schauplatz zu beordern, über Gebühr von Mahan gelobt worden — ,
wäre diese Mafsregel auch ebenso weise und lobenswert geblieben,
wenn dies Schiff dem spanischen Geschwader in die Hände gefallen
wäre, was späterhin sehr wohl hätte eintreten können V — während
die Schwierigkeiten, welche das spauisohe Geschwader auf drei-
19*
biyitizeü by Google
292
Im gWR» mir aMr et ms le^ons.
tafwead Heilen und mehr von seiner Operalionsliasto zn ttberwinden
hatte, nicht genügend von ihm gewürdigt worden sind; znmal dieses
unsinnige Abentener dem spanisehen Admirsl teoti seiner energiseben
Gegenrorsteilongen Yon seiner Iransiehtigen Begiemng anfgednmgen
weiden ist. Admiial Cenrera wollte bei den kanaiiseben Insebi
bleiben und die Amerikaner erwarten, dann hätte der Krieg woU
einen weit andern Verlanf genommen. Die langen Ansfahmngen
Kapitiln Hakans am Seblols des eisten AbsehnitlB Ober die Kot-
wendigkeit der Kttstenbefestigmigen, nm welobe es in den Vereinigten
Staaten besonders bei Beginn des Krieges sehr schlecht bestellt war,
„and dafs die Marine diesem Mangel abhelfen mtiiste, obwohl sie zur
Offensiye nicht zor DefensiTe organisiert isf*, ist wohl auch unter
dem Druck der (öffentlichen Meinnng znm Teil geschrieben worden,
welche kategorisch ein Verteidigongsgescfawader bei Hampton Kowds
forderte. Es wllide den Amerikanern einem thatkräftigen Gegner
gegenüber schwer gefallen sein, mit diesem einen Greschwader ihre
langgestreckte Ktlste zu verteidigen, sie wnlsten aber wohl sehr bald,
dais die Spanier gar nicht in der Lage waren, mit sehnellen Panzer-
kreuzern offensiy g^n die atlantische Küste Yorzngehen. Dieses
Verteidigongsgeschwader war ein Zugeständnis gegen die von den
Schrecken einer Invasion kopflos gewordene Menge, was Mahan später
auch durchaus tadelt, man kann diese weitschweifigen Auslassangen
Uber den Wert von KUstenbefestigongeD, welche wohl viel Richtiges
enthalten, iiiglich tibergehen, gerade dieser Krieg hat dargethan, dalls
selbst sehr bescheidene KUstenwerke, wenn sie nur passend armiert
und besetzt sind, den Bedürfnissen o^enügen; daher werden diese
Ausführungen nicht unwidersprochen bleiben. Zum Schlufs plädiert
er lebhaft ftlr die Abschaffung der Monitors, welche sich in jeder
Beziehung als unbrauchbar erwiesen haben.
Der zweite Abschnitt behandelt den ungünstigen EinHufs der
mangelnden Küstenbefestigung auf die Bewetrunircn der Flotte und
Mahan kommt zu folgendem Schlufs ; ..der ungenügende Küstenschutz
wirkte ungünstig auf die Kriegsflotte zurück, welche in allen ihren
Bewegungen von Jeder Verantwortlichkeit für die Sicherheit der
Häfen, weiche sie verläfst, befreit sein sollte. Unter den obwaltenden
Umständen wäre es Spanien möglich gewesen, unsere ganze Flotte
zu zwingen, auf ilire Olfensivbewegnng gegen Kuba zu verzichten
und nur die Küste zu verteidigen.*' Den ersten Satz kann man
nur unterschreiben, den zweiten aber wohl nur. wenn auch das
folgende eingetreten wäre, was der \ erfasser später sagt : ,,Wenn
statt allein nach Westindien zu gehen, das Geschwader Cerveras
nach Spanien zarUckgerafen and dort durch die beiden Panzerschiffe
La guerre aar mer et ses legons.
29a
▼erBtaikt worden wire, welche spSter mit Camara Dach Snes
gegangen sind, — wie man es fafttte tbnn sollen — wttrde dieses
Geschwader unsere Flotte gezwungen habeUi sich ta konsenteieren,
denn vor der Ankunft des Oregon wäre jede unserer DlTisionen
aus drei Sebiffm zu schwach gewesen, um den Kampf gegen die
sechs femdüdien Schüfe au&unehmen." Mahan sagt „wie man es
hätte thun soUen" — ^ nun in Wirklichkeit ist es aber nicht geschehen,
Admiral Gervera wurde trota seinen energischen Protesten nach den
Antillen geschickt, der Admiralstab wie der oberste Kriegsrat in
Washington wnfote dies ganz genau, und da Admiral Cerrera die
Oberfiihrt Uber den Ozean in einer unverhältnismäTsig langen Zeit-
daner machte, ist in diesen etwas sophistischen Spiegelfechtereien
wohl kein Grund zu finden für das yon yomherein zur Untbtttigkeit
verdammte Kttstenverteidigungsgeschwader, welches, wie schon gesagt,
nichts weiter als eine Konzession gegen die kopflose Panik war,
welehe sich der Union beml&chtigt hatte, und welche Mahan an
anderer Stelle auch zugiebt und bitter tadelt Den weitschweifigen
Auseinandersetzungen Mahans, durch welche er die Teilung der
amerikanischen Flotte und damit die Anordnungen des Admhralstabes
zu rechtfertigen sucht — das Geschwader oder vielmehr die Division
des Admiral Sampson in den kubanischen Gewässern, die Division
des Kommodore Schley aof der Rhede von Hampton-Rowds —
wird man kaum ohne Widersprach folgen und ihnen trotz allem
dialektischen Geschick des Verfassers nicht beistimmen können. Am
Schlafs dieser Anseinandersetzan§:en macht Mahan die hypothetische
Ueberlegung, wie grolse Vorteile ein drittes und noch ein viertes
Geschwader anf Seiten Amerikas im Gefolge gehabt hätten, dem
Geschwader Cerveras allein wttrde der Weg nach San Juan auf
Portorico, wie Cienfaegos und Havana durch ein drittes Geschwader
verlegt worden sein, and selbst wenn Camara sich mit ihm vereinigt
hätte, — wie er es thun sollte — , würde eine solche Macht ihnen
die Häfen von Cienfaegos and Havana verschlossen haben. Wäre
aber noch ein viertes Geschwader dagewes^ bei demselben
unvollkommenen Zustand der Küstenbefestigungen, — so würde diese
Übermacht zur See wahrseheinlich die spanische Flotte in £aropa
zurückgehalten haben, nnd es wttrde keinen Krieg gegeben haben."
Abgesehen von dem Appell an die Kegiemng, welcher in diesen
Betrrachtangen liegt, die Flotte zu verstärken, sind dies wohl mUfsige
Betrachtungen, da sie den konkreten Verhältnissen, wie sie nun ein-
mal lagen, nicht Rechnung tragen. Nach diesen weitschweitigen
Obstruktionen erkennt man dann in folgenden Bomerkunpen den
Verfasser wieder, wie er ans in seinen Mberen ausgezeichneten
biyiiizeü by Google
294
La guerre sor uier et sea legoas.
Werken, nnbeeugt von anderen Bttcksichten, wert geworden ist: ^die
Offensive nicht die Defensive entscheidet das Besoltat des Krieges.
Die wichtigen Handelscentren and die internationalen maritimen
HandelsfltraÜBeo mttssen einen lokalen Schnta erhalten, wenn sie einem
Angriff von See ansgesetst sind, die andern mttssen sich der Flotte
anvertrauen, auf diese mnls man alle Mittel verwenden, nm sie zo
einem wirksamen Werkaeug im Kriege an machen* Die thörichte
nnd erniedrigende Panik der letsten Monate, an glauben, dals
eine feindliche Flotte ihre Kohlen verschwenden würde, am schate-
lose Dörfer and Badeorte an der Kttste an beschieisen, wird sich
hoffentlich nicht wiederholen.^ Am Schlafe des Abschnittes behandelt
der Verfasser die militKrisohen and maritimen Streitkittfte Spaniens.
Er giebt die militärische Überlegenheit an, aber die Kttstenbefestigimgea
der spanischen Häfen waren aach nngenttgend, so dafs sich in der
amerikanischen Marine eine starke StiOmmnng geltend machte, den
See-Krieg nach den spanischen Gewässern and seioen K listen zn
'übertragen. Davon motste abgesehen werden, weil weder Panzer-
schiffe noch Kreuzer dazu verfügbar waren, wenn die beabsichtigte
Blokade von Kaba dorchgefUhrt werden sollte. Anderseits würde
der Kreuzerkrie^ gegen den spanischen Handel nur dnen geringen
Wert gehabt haben, denn der spanische Handel war darch die
£iq>editionen gegen die Kolonien Kuba und Manila vernichtet, die
geringe Küstenschiffahrt nnd der Handel nach England war für ein
SO groüses Risiko keii) genügendes Äquivalent." Unter diesen Um-
ständen wurden die Küsten der Philippinen and von Kuba ftir ans
die Küsten Spaniens, wie Mahan sagt, und noch viel bequemer als
es diese gewesen wären/' Mahan betrachtet dann die spanische Flotte
and vergleicht sie mit der amerikanisehea in Bezng auf ihre Stärke
ond Kriegsbereitschaft »Wie schon gesagt, waren die Panzertiotten
der beiden Gregner wenig von dnander verschieden und die Spanier
hatten einen Vorzug von aufserordentlichem Wert, welcher für die
amerikanische Flotte nicht existierte, nämlich fünf Panzerkreuzer,
fast hoinoiren. "H'hr schnell und sehr ahnlich in Bezug auf die
nautischen Eigensehafteu und Armierung.'' In dieser Zahl ist nun
freilich der Panzerkreuzer „Emperador Carlos mit einbe<rriffeu,
■svelcher das Geschwader Cerveras auf seiner Fahrt nach \\'estindien
nicht begleitet hat, und wie es um die Geschwindigkeit dieses letzteren
bestellt war, hat die ungewöhnlich lange Überfahrt über den Ozean
zur Genüge bewiesen. Nach einem weitschweifigen Exkurs über den
Wert ein»'r j.Hotte eu vie'* (squadron in being) — ein Ausdruck, dessen
ganze Bedeutung man im Deutschen kaum mit der erfürderiicbeu
Prägnanz wiedergeben können wird — , in dessen Verlauf sich
uiyiLi^ed by Google
La gueire aar mer et ses le^ons*
295
Mahan selbst widerspricht, indem er eicuial sagrt, dals die mutinals-
liche Bedeatung einer solchen Flotte sehr stark übertrieben worden
ist, an einer andern Stelle aber erklärt, dals das Vorhandensein einer
solehen eine fortgesetzte Bedrohung der Interessen des Feindes ist,
aacb wenn de minderwertig ist, immer unangenehme Überraschungen
in sieh birgt, die Opemtionen UUimtr so lange sie nicht zerstört oder
onsohädliob gemadit ist, der Flanken* oder Anieregardenbedvolinng
eines Heeres vergleiehbar", konunt er 8ohlieldie]i zn dem niebt Uber-
rasehenden Resoitat, dab das Auswichen tot einer SeUaeht wie
in dem yorliegenden FaUe anf die Daner immer nor ein Resnltat
haben wird, dafs die st&rkere Flotte znletzt Uber die sehwiebere
siegen wird. Er ergebt sieb dann nocb in hypotetiscben Auseinander-
setznngen, was das Gtesebwader CSenreras alies bstte leisten und
welche Ungelegeobeiten es der amerikaniseben Kriegfllbrong hätte
bereiten können, kommt dann etwa zn der Scblnlsfolgemng, dab
das genannte Geschwader wabrsebeinlicb nicht die dazu erforderliche
Tüchtigkeit gehabt bat, zomal da das Masebinenpersonal ganz nn-
zoreicbend nnd nntttehtig aof den spaniscben Schiffen gewesen wire.
Anf die Geschwindigkeit der spanischen ScbiffiB dann Übergehend,
welche, wie die Thatsaoben erwiesen haben, sehr gering gewesen
ist, kommt er nach selir weitschweifigen Auseinandersetzungen zn
dem BesnUat, dals nicht die Geschwindigkeit, sondern der
offensire Gefechts wert der ansscblaggebende Faktor für eine
Flotte im Seekriege ist nnd sein wird, schon ans dem Gmnde, weil
eine Flotte in ihrer Fahrgeschwindigkeit sich nach dem am wenigsten
sdmeUen ScUff richten muls, „die wahre Geschwmdigkeit un Kriege
ist nicht eine nngestttme ÜI>erha8tQng, sondern die nnermttdüche
Energie, welche keine Zeit nnntttz vergeudet," — was man wohl
unterschrdbeo kann. Nach vielen Abschweifongen und Lingen, unter
denen dieses Werk Mahans tllierhaupt sehr leidet, kommt der Ver-
&8ser zu dem Schlufe, dafs der spanische Admiral wahrscheinlich
wenig Vertraoen in ein Geschwader hatte, welches trotz der BraTOor
und den andern guten Eigenschaften seiner Offiziere und Mann-
Schäften, niemals im Geschwader bis zu seiner Abreise nach den
Kap Verdischen lusein manövriert hatte. Dann ftlhrt er die aller-
dings nach der Zerstörung des Greschwaders ihm angeblich bekannt
gewordenen wenig TertrauensvoUen Aulserungen Cerveras selbst an,
dagegen die unkluge Überhebung eines anderen hohen Offizier, welche
der Heraldo TerOfifentlicht iiat, — wie sie in allen Lttndem vor einer
Katastrophe unmer vorgekommen ist und vorkommen wird, so lange
es Menschen geben wird — und die Klagen von Marineoffizieren
Uber den Hangel an Schielsttbnngen, durch welche die Kriegs-
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296
La gnerre »ur rner et sea le^ns.
tuchtigkeit des Geechwadera sebwer gelitten liatte. Mit einem Worte,
das Geschwader Cerveras war in keiner Welse kriegstUcbtig und
angriffisHUiig. Hiernach begreift man nmsoweniger die wOrdelose Panik,
welche die Union vor einem solchen Geschwader ergiüfen liatte, noch
die malle nnd nnentsoblossene Leitnng der amerikanischen Flotte,
nm einen solehen Gegner ni yernicliten.
Der dritte Abschnitt, welcher Ton den Gründen fttr die Blokade
Kubas nnd den Absiebten and Bewegungen des Admnral Cenrera
handelt, bat anch sehr nnangenebme Längen, nnd ist sehr sn sdnem
NaehteU vor dem fielunntwerden der anibentisehen Briefe des Admirals
in der Epoca de Madrid rom 5. November 1898 geschrieben worden;
andem&Us würde er wohl anders ansgefidlen sein. Es würde in
einem Referat viel zo weit ftlfaren, niber aof die vielen hypo-
tbetisehen Anselnandersetsangen einingeben, im greisen nnd gamen
hat das Bedttifiiis, den Admbralstab nnd die Malbnabmen des Kriegs-
rats an rechtfertigen, anoh diesen Abschnitt dem Verfasser m die
Feder diktiert Er verurteilt aueh scharf die waghalsige Fahrt
Cerveras naeh den AntiUen, wenn er aber behauptet, dafs sowoU
das Geschwader des Admiral Sampson als anch das des Komnpodore
Sehley imstande war, ihm ebe erfolgreiehe Schlacht zn liefern
oder ihn in einem Haien au blokieren, so setzt er sich sowohl mit
den Tbatsacben wie mit seinen Irttberen AnseinandenwtBangen in
Widersprach; es soll dies anch die viel and mit Recht viel£Mh an-
gegriffene and verorleilte Teilnng der amerikanisohen Flotte recht-
fertigen. Nach weitscbwdfigen Aaseinandersetzangen tiber den
Wert von Biokaden, welche sehr wohl hätten fortfollen kttnnen,
kommt er su dem Schlafe, „dals, so lange die Landangsarmee noch
nicht fertig war and bis die spanische Flotte aof Schafsweite heran-
gekommen war, die Blokade die einsige entscheidende unfehlbare
wenn anch langwierige Mafsregel war, welche man fassen konnte,
am die feindlichen Schiffe Uber den Ozean herUberzoholen, wofern
nicht Spanien aof den Kampf verziehten wollte ; ihre Bedeutung
berahte auf dem doppelten Zweck, die feindliche Armee in Kuba
annobnngem und die Marine zu zwingen, ihr za Hilie zu kommen."
Das ist nur richtij^ und wUrde nar dann den beabsichtigten Zweck
erflült and die iÜcbtigkeit der crotroffeuen Mafsnahmen erwiesen
haben, wenn die amerikanische Flotte dazn imstande gewesen
wäre. Nach dem eigenen Geständnis des Verfassers war die ameri-
kanische Flotte dazu nicht imstande, denn das eine Geschwader
war in Hampton-Koads zurückgehalten, um die Bevölkening za
beruhigen, die andere Panzerdivision war vor Havana stationiert,
am die Blokadefabrzeuge za verstttrkeo und die Operationsbasis in
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La goerre tnr nier et ee« legou.
297
Key -Wert ni sichern. Erstlich war es daan nicht imstande, und
überdies Terliefii dies Geschwader Sampsons schon am 4. Mai, ftlnf
Tage nachdem Cenrera die Kap Verdischen Inseln Terlassen hatte,
seinen Standort, nm ihm in der Windward-Paasage nnd noch weiter
<)8tUeb — wenn erforderlich — entgegenzugehen. Er beschreibt
dann mit sehr nmsttlndlioher Weitschweifigkeit alle die falschen •
Naehricbten und das ganze für den amerikanischen AafklärDii<:<rH(>n8t
wenig schmeiehelhafte Umhertappen nach dem Verbleib des Ge-
sdiwaders Cerveras und als Folge dieser unsicheren Nachrichten den
nach einem Kriegsrat aller Kapitäne gefaxten Entschlals des Admirals
Sampson, nach San Juan auf Portorico zu gehen, um dort das
spanische Geschwader zu erwarten. Es erfolgte sodann das ganz
überflüssige zweistündige Bombardement dieses Hafens. Diese Fahrt
wirkte sehr befremdend auf jeden Unparteiischen, znmal nach den
eitrenen Worten des Admirals, mit denen er seinen Rückzug nach
llavana be<rrlUKlpt : ..Da die vollständige Besetzung der Stadt uns
mehrere Tage aiit'irehaltcn hätte, ein Teil des Gesehwaders hätte
zurückbleiben müssen, um die Hesetzungstru|)pen zu erwarten, die
Bewe2:an<ren des spanischen Geschwaders, unsers Hauptziels, noch
immer unbestimmt waren, das fliegende Geschwader noch im Norden
und nicht in der Lage war uns irgend eine l int' rstiit/.uiig zu
gewähren; und Havana, das naturgemäfbe Ziel ( erseras. einer
Macht wie der seinigen exponiert war", — und otlcn la<r —
„während wir tausend Meilen davon entfernt waren, alle diese
Gründe machten iinsern sofortiireu Rückzug nach Havana unum-
gänglich." Ich glaube, dafs in diesen klaren Darlegungen des
Admirals Sampson für den Rückzug zugleich die ganze Verurteilung
der ebenso befremdenden wie unnützen Fahrt nach San Juan de
Portorico mit dem ebenso zwecklosen Bombardement dieses Hafens
liegt; zumal da am 12. Mai verlälsliehe Nachrichttii dem Admiral-
stabe zugingen, dafs Cerveras Geschwader auf der Höhe von
Martinique angekommen war. Nach weitscfiweifigen und die Situation
nur unklar machenden Auseinandersetzungen nach dem gefundenen
Lügbuch des später in der Schlacht bei Santiago genommenen Panzer-
kreuzers Cristübal-Colon Uber diese Fahrt Cerveras nach Martinique
und der sehr unwahrscheinlichen Vermutung, dals Admiral Cervoa
den AngriflF Sampsons auf San Juan erfahren und, um von Sampson
nicht abgefangen zu werden, seine i aliit beschleunigt hatte, ergeht-
sich dann der Verfasser in verschiedeneu Betrachtungen Uber den
von Cervera gemachten Umweg Uber Cura^ao vor seinem uaseUgca
Einlaufen in den Hafen von Santiago, nachdem er in Maittnique
keine Kohlen erhalten hatte. Der Grund war in Wirkliobkelt der,
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La guerre aar mer et ses le^ons.
dab der Adnidnl dneii eagÜBchen Kllstradampier, 7om spaidMben
Kii^gsminister fUr sein Geschwader bestiiniiit, bei Goia^ erwartete,
welcher leider so Bpllt kam, zwei Tage naehdeni der Admlxal diesen
RendeKTODsplats verlassen hatte. Diese mtlisigen Betnushtnngeo
würden alle tortgefallen sein, wenn Mahan das Erscheinen der Briefe
und der Rechtfertigung Cerreras vor der VerOffenflicbnng seines
Briefes abgewartet hätte, aas den schon erklärten Gründen geschab
dies nicht. Er kommt znm Schlafe dieses Abschnitts an dem Er-
gebnis, dafe der Admiral in eine ganz falsche Lage darch die Sebald
seiner Begierang gebracht, sein Bestes gethan habe, and dafo er dnrch
seine Handlnngsweiseder Oberleitangdes KriegesZcdten grofew Verlegen-
heit verarsacht habe. Nach den mannigfachen llilsgriffen and dem nnent-
schlossenen Umhertappen der amerikanischen Flottenleitong berührt
es ebenso befremdend wie anangenehm, wenn der Verfesser Uber die
fiewegangen des spanischen Admirals am Schlafe dieses AbsefaiuttB
sehr von oben hmb arteilt. „Wir haben ihn in Santiago veroichtet,
nnd wenn er aas diesem Hafen yerschwanden wäre, wMen wir ihn
irgendwo anders abgefefet haben**, mit dieser etwas selbstherrlichen
and einem so ernsten Kritiker wenig anstehenden Fanfeutonnade
schliefet dieser Abschnitt Es hätte sehr leicht ganz anders and weit
ungünstiger für die Amerikaner verlaafen können.
Der Yierte Abschnitt, welcher von den Aachen handelt, welche
der amerikanischen Marine dnrch das Erscheinen Cerreras aaf dem
westindischen Kriegsschaaplatz zufielen, und wie dieselben gelöst
worden sind, giebt eine chronologische Darstellnng der Ereignisse
nnd Maisnahmen bei dem Geschwader des Admiral Sampson nach
der Ankunft Cerreras auf der Höhe von Martmiqaa Er beschäftigt
sich eingehend mit dem glücklichen Entkommen des rereinzelten
Panzerschiffes Oregon, welches aas dem stillen Ozean nach der
westindischen Station befohlen war, und seiner Vereinigung mit der
amerikanischen Flotte und behandelt weitschweifig mit einer gewissen
naiven Begeistemng, was dieser tapfere Kommandant gethan hätte,
wenn er sich dem spanischen Geschwader plötzlich gegenüber
befanden hätte. Es ist der Kampf der Horatier nnd Kariatier ins
Moderne und auf die See übertragen. Er giebt dann im weiteren
Verlauf dieses Abschnittes eine chronologische Übersicht der Be-
wegnagen des sogenannten fliegenden Geschwaders anter dem
Kommodore Schley, an wp1r>ho sich dann eine sehr weitschweifige
Abhandlung über den Nutzen und Wert der Kreuzer im Seekriege
anschliefst. Er behauptet mit einer gewissen Berechti^^uno:, ,.dal8
nach den Erfahrungen der Seekricgsgeschichto keine Marine jemals
genügend Kreuzer gehabt hätte", trotz aller weitsob weiligen Aus-
üigiiizeü by Google
La guerre sur mer et ses le^uns.
299
einander setzunjren, welche im jrrol'sen und ganzen auch wieder auf
eine llecbttVrti^^uiig der Oberleitung, also des Admiralstabes und
seiner verschiedenen Maisnahmen hinaaslaafen, bleibt dies richtig,
dai's wenn die Amerikaner mehr braachbare Kreuzer und Hilfiskreazer
gehabt hätten and diese glücklicher dirigiert worden Ktlkretjx, die Be-
wegungen des spaoisehen Adminüs weder so lange Zeit Iifttten ver-
borgen bleiben können noch so rlel Kopfzerbreeben nnd Herz-
beklemmnngen der Strategen in Wasbington yenusaeht liitten. Dieses
oflbne Zugeständnis wäre riebtiger gewesen, als aUe gewondenen
Weitschweifigkeiten Ifabans «her die Krenzer ttberhanpt nnd im
besondem. Sehr bezeichnend für die ganze Sachlage ist folgendes
Eingeständnis des Yerfksseis, welches keines Kommentars bedarf.
Er sagt: »Wir kOnnen nicht erwarten, jemals wieder emen Gegner
▼on derselben gftnzlichen Unfähigkeit zn haben, wie sie Spanien
gezeigt hat; aber anch selbst nnter den gegebenen Verhältnissen
bat die Division Cerveras Santiago am 19. Mai erreicht, zwei Tage,
bevor unsere Divinonen vor Havana nnd Qenfbegos mit allen ver-
fllgbaien Streitkritften erschienen waren. Wenn der spanische
Admiral versnobt hätte, in einen oder den anderen dieser Häfen ein-
zolanfen, selbst mit der langsamen Fahrt, welche er auf der Reise
von Coragao nach Santiago innegehalten hat — ca. 7 Knoten in der
Stunde — , hätte er von Cura^ao am Abend des 15. Mai fortgeben
und in Cieniiiegos am 21. Mai zwischen Mittemacht und Tages-
anbruch nnd im Hafen am 8 Uhr morgens ankommen kOnnen, d. h.
mehr als 12 Stunden vor der Ankunft des fliegenden Geschwaders unter
Sohley. Dieses Zuspätkommen des letzteren Geschwaders ist nach
der Ansiobt des Verfassers natttrlicb durch die mangelhafte Kttsten-
verteidignng veranlagt worden. Auf die sich hier anschlielsenden
strategischen Kombinationen und Koigunkturen sowie die Verteidigung
der g^tnzlieh verungltiekten und unüberlegten Reise des Geschwaders
Ton Sampson nach dem Osten, welche niemand überzengen wird,
wtirde weder lohnend sein noch in den Kähmen des Referats passen.
Der letzte Abschnitt handelt von der Bewachung Cerveras und
den Bewegungen des zweiten spanischen Admirals Camara. Mahan
giebt zuerst eine Schilderung der vielen Befehle nnd Gegenbefehle
in der widerspruchsvollen Leitung der beiden amerikanischen Ge-
scbwaderdivisionen, denn Cervera war am 19. Mai in Santiago ein-
gelaofen, ohne von einem einzigen amerikanischen Schilfe bemerkt worden
zn sein. Das Marinedepartement, also der Admiralstab, erhielt diese
Nachrieht auch an demselben Tage, hielt sie aber nicht für wahr-
scheinlich. Am 25. Mai war vor dem Hafen von Santiago der
englische Kohiendampfer Restormel, welcher für das Geschwader
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300
La guerre sur mer et ses le^ns.
Gervms bestimmt war, yod einem l^aam amiierten amerikaniscben
Hilfekrenzer aufgebracht worden, weleher exzihlte, dab noch zwei
andere Eohlenscbiffe sich bei Portoiioo beftmden hätten, als er von
dort in See ging. Nun nahm man an, daÜB Portorico nnd nicht
Santiago die erste Bestimmung Cerreras war, besonders da in
Santiago nor 2900 tons Kohlen waren, und man schwankte nnn
wieder hin und her im Kriegsrat m Washington. Kommodore
Schley wollte nach Key West zorttckkehren wegen Kohlenmangels,
daher beschleonigte Sampson, weleher den Feind in Santiago rer-
mutete, seine Ankunft dort ndt s^en beiden schnellsten Schiffen, wäh*
rend dieser Zeit hätte Oervera sehr wohl ohne Kampf ans dem Hafen
entrinnen and von nenem im Dnnkel yeisehwinden können, znmal der
Kommodore Sehl^ sich noch vor Cienfaegos aufhielt, um zu
erfahren, ob das spanische Geschwader nicht etwa dort wäre; da-
durch verzögerte sich seine Überfahrt nach Key West Es gelingt
Mahan nioht^ die abwartende Haltung der Flotte vor Santiagro zu
rechtfertigen, za erklären, warnm sie so lange untbätig gehlieben
ist, als Spanien sich rtlstete sein Reservegeschwader unter Camara
nach den Philippinen zu senden, welches dort sicherlich früher
angekommen wäre wie die sich mttbsam fortbewegenden amerikanischen
Monitors. Und dies noch nmsoweniger als der \ eri'asser erklärt:
„Unsere Schlachtflotte vor Santiago war genügend stark, um in sehr
kurzer Zeit das feindliche Geschwader zu vernichten, wenn dieses
versuchen sollte, zu kämpfen, am sich zu verteidigen.*' Mit Recht
fragt man sich da, warum dieses starke nnd Übermächtige Geschwader
nicht den Feind im Hafen von Santiago aufsuchte, statt der Lan-
dungearmee diese Aufgabe zuzuweisen, den Feind aas dem Hafen zu
treiben. Nach langen Abschweifungen gieht Mahan die gewundene
und niemand Überzeugende Erklärung, dals bei der politischen Lage
des letzten Sommers die Kegierung sich nicht hätte erlauben dürfen,
ohne ein sehr bedeutendes Äquivalent auf der feindlichen Seite nur
ein einziges Schlachtschiff zn verlieren, wenn auch nur zeitweilig. —
Mit BezujL' auf die Entsendung des spanischen rie«;chwaderR nach den
Philippinen unter Admiral Caraura, welches nur bis Suez kam und
von dort wieder /urUckkehrte, sagt Mahan: Indem die Marineleitung
die Streitkräfte im äulsersten Osten iiilerior liefs und alle verflltrbaren
Kräfte bei den Antillen vereinigte, dadurch unsere Uberlegeuheit
gegen jede Kombination der spanischen Schiffe in diesen Gewässern
sichernd, hat sie korrekt und den wirklichen militärischen V^orkonmi-
nissen entsprechend gehandelt; aber man raufs sich erinnern,
dals nicht allein die spanische Marine hier in Betracht
kam.'' Es ist dies ein politischer Graod. Offenbar ist damit Deutsch-
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Lt gneire tnr mer et tM le^iu.
801
land gemeint, jedoeh ist dieses RaisonnemeDt ziemlich sohwaob. Das
beste Mittel, eine europäische loterrention zo Terhindem, war, schnell
einen entscheidenden Schlag auf Kuba zu führen und dem Feinde
keine Zeit zu lassen, auf den Philippinen das erschütterte Gleich-
gewicht wieder herzustellen. Nicht anf Knba konnte der deatsobe
Admiral in die Versuchung kommen, zn hradehiy ebenso wenig wie
man sich dort bereit zu halten brauchte, uro ihn zn empfangen. Die
Gefahr wurde trotz aller begangenen Felder durch die Geschicklich-
keit Dewey's abgewendet, welcher es erreicht hatte die Deutschen
glauben zn maehen. dalis der englische Kommodore die Weisung
hätte, ihn zu unterstützen, damit hat er seinem Vaterlande den
gröliiten Dienst erwiesen. So schlecht dieser politische Grund
Mahans ist, hat dieser Teil des letzten Abschnittes in einem Buche
mit den vielen geheimnisvollen Anspielungen und Vorbehalten un-
zweifelhatlk Eindruck auf das amerikanische Publikum machen müssen,
welches die Beunruhigungen und Eifersüchteleien nicht vergessen bat,
die das deutsche Geschwader durch scinr nicht leicht verständliche
Haltung erregt hat. Mahan beeilt sich allerdings, die Geister, welche
er rief, wieder zu bannen und sucht abzuwiegeln, indem er sich
darauf eingehend Uber die Sorfrfalt ausläfst, mit welcher die Marine-
leituug die Eskorte des Expeditionskorps nach Kuba orfranisierte.
„Wenn die spanischen Kanonenboote, welche den Polizeidienst an der
Küste versahen, um die Warteuzufuhr ülr die Insurgenten zu ver-
hindern, sich einfallen lassen sollten, den Konvoi zu stören, würden
sie von dem Panzerschift' Indiana" gehörig empfangen worden sein."
Von dem übrigen zu schweigen, Ende ^ut, alles ^rut.
Es macht dies einen sehr sclhsthewulsten Eindruck, was
durchaus unberechtigt ist. denn die Amerikaner sind bei ihrem
Transport der Laudungsarraee von Tampa nach Kuba ungewöhnlich
vom Glück begünstigt worden; er hätte weit ungünstiger verlaufen
können bei einem einigermalsen thatkräftigen Gegner.
Der Gresamteindruck, den dies letzte Werk Mahans hinterlälst,
Ist der, dafs es wohl das schwächste Geisteserzeuguis des begabten
Geschichtsphilosopheu ist und mit seinen früheren bedeutenden
Büchern, welche seinen Kamen bekannt gemacht haben, keinen
Vergleich aushält. —
Der amerikanische Admiralstab hat durch seine Marsnahnua
wenig zur Vernichtung des spanischen Geschwaders und damit zur
Beendigung dieses Krieges beigetragen, er ist der spanischen
Regierung, welche durch unverantwortliche Kur/sichtigkeit und Über-
hebung ihren Admiral ins Verderben jagte, zu grofsem Dank ver-
pflichtet. Jachmanu, Korv.-Kapt. a. D.
ui^juiiL-j cy Google
902
Heer tmd Flotte ItaUens im 2. Halbjahr 1899.
XXVT.
Heer und Flotte Mens im 2. Uaibjaiir 1899.
Aoeh der Berieht für das 2. Halbjahr 1899 amiii etwas vor-
greifeiv da manche sehr wichtige Fragen, die in der BeiiohtBzett in
der Schwebe waren, an Beginn des lanfienden Jahres ihre Erledigang
gefunden, ein unerwarteter Wechsel im Kiiegsministerinra dicht nach
der Jahreswende eintrat ond neben dem FJottenerweiteningsprogramm
ein grober LandesTCrteidigungs- and Umbewaffnongsplan zu erwähnen
ist, dessen Grnndzttge aber noch in der Bericbtxeit festgelegt worden
waren. Unfrachtbar war das zweite Semester 1899 auf keinem Ge-
biete des Heeres- nnd Flottenwesens, im Gegenteil bestanden, wie
schon der letzte Bericht andeuten konnte, mehrere Einrichtungen
TOn Bedeutung glänzende Proben ; aaf dem Wege der Lösang anderer
Fragen wurden entscheidende Schritte ^rethan, besonders in den
beiden schon erwähnten von vitaler Wichtigkeit fllr Heer nnd Flotte,
die der Bericbtzeit geradezu den Stempel aufdrücken. Ohne die
ObstnÜLtion im Parlament wäre man wohl noch weiter gekommen, die
Leitung von Heer ond Flotte kann fUr das, was die Obstniktion Ter-
fiobnldete, nicht haftbar gemacht werden. Die organischen Be-
stimmungen für Eritrea wurden kurz nach Jahresbeginn nea heraas-
gegeben nnd anch sie mllsssen im diesmaligen Halhjahrsbericbt
wenigstens insofern Aufnahme tiuden, als sie sich auf die Kolonial-
trnppen beziehen.
Der Übersicht halber stellen wir hier das Heer nach Jahr-
gängen, den Bestand der Marine an fertigen Schiffen am
1. Janaar 1900 and die Trup])en in Kritreanach den neuen organischen
Bestinimnniren zusammen. Dals das liudget 1899/1000 für die Armee
mit einer Durchschnittsstärke von 13527 Offizieren und Beamten,.
212200 Mann, 9584 Oftizier- und 3()628 xMannachalispfcrden und Ein-
beorderung'en rnnd 93 OCX) Mann des Beurlaubtenstandes rechnete,
wurde im letzten Berieht schon angegeben. Zar Gegen U berstellang
bringen wir hier zweckmälsig aneh wohl gleich die wichtigsten Daten
des Budget-Voranschlags flir 19(H)/1901. Bei 239 Millionen Gesarat-
forderung weist derselbe im Extraordinarium 16014000 Lire auf.
Letzterer Betrag wird aber infolge der grolsen Vorlage Pelloux', be-
treffend Landesverteidigung and Umbewaffnun? der Artillerie nra
rund 7 Millionen aus den Bewilligung-en der Gesetze von 1885 und
1894 gesteigert werden, von welchem Betrage u. a. ö Millionen auf
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H«er und Flotte ItaUens im 2. Bdl^ihr 1899.
808
Erwerbang ton FeldartÜleriematerial, 1 Mittion auf KttoteDTerteidigiing
nnd Befestigung yon Rom nnd Capna entfaUen. Im Ordinaiiiun
entfallen 34549614 Lire anf Karabinieri, nationale SebielsTeieiney
fignratiTe Ausgaben. Man reehnet mitEinbeordenug von 89000 Mann
des Bearlaabtenstandes nnd 90000 Lire Aofwenclnng für hilfs-
bedürftige Familien von EinbeorderteD. Im ttbrigen erscheinen im
Ordinariam 92874800 Lire fitr Infanterie, 28896600 fUr Kavallerie,
34726000 ftlr Artillerie, 7388300 ftlrGenie, 2981200 fllr Schulen.
\on Interesse ist es auch, die organische (Soll-) der biul^retiiiroa
(Durchschnitts Ist-) Stärke gegenüberzustellen. Die organische Stärke
wttrde 235148 Köpfe aofweisen, die bndgetaire 186679, Differenz
mnd 50000 Mann.
Die organisehe Stärke betrttge bei
Infanterie
13.') 506 K
(liebudg.
127214,
Differz. 36242 =
22,2%
Kavallerie
24277 „
)»
}?
21900,
j>
2877 =
11,8%
Artillerie
34446 „
?>
??
27288,
»)
7 318 =
21,3^/.
Genie
907.-) „
?>
6680,
2395
26,30/0
San. -Truppen
2(iör>
1 820.
835 =
•J1 - Ol
O 1 ,.J IQ
Verpfleg.-Truppcn
213!) „
1737,
11
702 =
32,8%
Die Differenz ist richtiger Weise am kleinsten bei der Kavallerie,
am grölsten bei den Hilfsdiensten. Vom 15. September bis 1. März
hat man im Dnrehsohnitt ca. 135000 Mann nnter den WatVeu, in
der Hauptausbildnngszeit mnd 240000. Der Jahresdorchschnitt
betlägt 189000. Wollte man die organische Stärke während des
ganzen Jahres nnter den Waffen halten, so nitllste man das Kriegs-
badget im Ordinarium nm 24 Millionen erhöben, was die Finansdage
nicht erlaubt.
Am 1. Januar 1900 setete sich dus Heer nach Jahrgängen vrie
folgt zusammen: Aktives Heer und Reserve: Leute 1. Kateg.
Jahrgänge 1871—79, 2. Kateg. Jahrjränge 1871 nnd 76, aufserdera
Jahrgänge 1867 — 70 der Artilleriearbeiter, 1870 der Karabinieri
nnd Kavallerie.
MobilmiUi (Landwehr): Alle Lente 1. nnd 2. Kateg., Jahrgänge
1867—70, aufser Gefreite nnd Gemeine der Karabinieri, KavaUerie
nnd Artilleriearbeiter.
Teiritorialmiliz (Landstnm): 1. nnd 2. Katag. Jahrgänge 1861
bis 66, 1. Kateg. Karabinieri nnd KavaUerie, Jahrgänge 1867—69,
8. Kateg., Jahrgänge 1861 — 79.
Nach den Beilagen snm Voransohlag ftlr das Marinebndget
1900/1901 zählte die Flotte am L Janttar 1900:
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804
Heer und Flotte ItalienB im 2. Hillijalir 1899.
Kampfsobif fe 1. Kl.
Baujahr
Deplacement
Kosten
Andrea Doria
1889
11 204
%
14757536 L.
Dandolo
1882
12268
n
17 HM »000
n
DuUiu
1877
11 138
n
1 i loöOüyj
n
F. Morosiui
1889
11 324
ti
14866936
n
Italia
1884
15 654
n
23937 769
w
Lepanto
1887
15 900
n
23537181
jt
Re Umberto
1890
1 3 893
n
24667967
n
Kaggiero di Laaria
1887
11174
n
14836936
»1
Sardegna
1893
13860
>»
21642292
n
Sicilia
1893
13 298
»j
21600000
im Ganzen 10 Schiffe mit 129 710 Tons, 226 177 066 Lire Kosten.
b) K Hiiipfsphiffe 2 Kl. Baujahr Deplacement
Carlo Alberto 1890 ()500 t
Vettor Pisani 1899 6500 „
im Ganzen 2 Schiffe mit 13 000 t, 23 164 000 L.
o) Kampfücbiffe 8. Kl. Baujahr Deplacement
Affondatore
Aneona
Castel Fidardo
Marco Polo
Maria Pia
San Martino
1866
1S66
1866
1894
1863
1864
3913 t
4693 „
4259 „
4583
4268 „
4234 „
im Ganzen 6 (anteu näher zu bewertende) Schiffe
27 888 856 L.
Kosten
11 507 000 L
11557 000 „
Kosten
4 OOO 000 L
4 223 137 „
4 223 070 „
6 818 000 „
4 327 028 „
4 297 626 „
mit 29 950
d) K am pfhchiffe 4. Kl.
Baujahr
Deplacement
Kosten
Etna
1887
3530 t
3 962 237
L
Fieramosca
1880
3595 „
4 297 631
Giovanni Bausan
1885
3336
3 708 450
V
Stroinboli
1887
3898 „
3 796 600
Vesuvio
1887
3427
3 762 779
n
im Ganzen 5 Schiffe mit 17 780 t, 19
527 677 L.
e) K:im)) f schifte 5. Kl
Baujahr
Deplacement
Küsten
Laliibria
1897
2467 t
3 750 000
L
Dotrali
1887
2088 „
3 272 324
Elba
1894
2732 „
3 798 ÜOO
* n
Etruria
1893
2281 „
3 750 000
j»
Liguria
1893
2281 „
3 750 000
Lonibardia
1893
2389 „
3 850 000
Piemonte
1889
2639 „
4 108 000
11
Umbria
1894
2281 „
8 750 000
11
im Ganzen 8 Schiffe mit 19 158 % 30 020 324 L.
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Heer und Flotte fiaUeos im 2. Halbjalir 1899.
305
Hienm kommeii: 18 Schiffe 6. Kl. mit zasammen 11096 i,
14884 700 8 Sohiffe 7. Kl. mit zuMmmen 1069 t, 2458400 L,
8 Tocpedoboote 1. KL mit snsammen 3 157 750 94 Torpedoboote
2. Kl. mit soBammen 25 526 250 38 Torpedoboote 3. KL mit
zuBftmmen 8 882 920 L, 4 Torpedoboote 4. KL mit zusammen
556 600 18 Torpedobarken mit 861 800 L, so daCs die Marine
an fertigem Material am 1. Jannar 1900 nm&fete: 204 Sohiffo
mit 228 121 tons nnd 887 536 348 Lire Kosten.
Die Truppen der Kolonie Eritrea weisen nach den nenen
organiseben Bestiminuiigen an rein italieniscben Formationen, aulser
dem Depot in Neapel und dem Tribunal, nur noch 3 italienische
Jttgerkompagnien mit ll Offizieren, 500 Mann auf. Alle Übrigen
Formationen sind gemischte oder rein eingeborene mit italienischen
Kadres, nämlich 1 Karabinieri-Kompagnie, G eingeborene Bataillone,
1 eingeborene Eskadron, 1 Kanonier-, 1 Küstenkompagnie, 2 eingeborene
Batterien,! Geniekonipagnie, TraindetachementSf sowie die verschiedenen
Dienstzweige mit 196 italienischen Offizieren und Beamten, 1186
italienischen Unterofifzieren nnd Mannschaften, 5554 eingeborenen
Offizieren und Mannschaften, 1862 Pferden and Maultieren.
Beztiglich der Ergänzung des Heeres geben wir, wie im
letzten Bericht fUr den Jahrgang 76, so jetzt fllr den Jahrgang 1877
einige der offiziellen Statistik entnommene Daten. Von 417 458 Leuten,
die sich stellten, wurden 13 454 während des Aushebungsgeschäftes
aus begründeten Ursachen von den Listen gestrichen, 85 256 untaug-
lich erklärt. 95 643 zurückgestellt, 104 820 der 1., 551 (Restanten
von 187()) der 2., 01215 der 3. Kate^. zu're'wiesen. Am 1. Juli 1898
setzte sich das pcnnanente Heer zusauinieu aus ;>lu 602 zu den
aktiven Klassen rechnenden Leuten, 503 857 des Beurlaubtenstandes
— total 814 459 Mann, die Landwehr aus 465 349 Leuten 1. und
2. Kateg. darunter 2016 Angestellte der Bahnen, die als aktiv gelten,
der Landsturm aus 5394 Mann der Bahngesellschaften, die als
aktiv betrachtet werden und 1 936 524 Leuten 1^ 2. und 3. Kateg^
zusammen an Wehrpflichtigen 3 221 726 Mann.
An Offizieren des aktiven Heeres waren am 1. Juli 1898 vorhanden
13 834 gegen 14 076 zum gleichen Zeitpunkt 1897, die Verminderungen
entfallen in geringem Malse auf die höheren Dienstgrade (General-
leutnant 4- L Greneralniajors — 3, Obersten — 12, Oberstleutnants — 1,
Majors — 5) dagegen in höherem Malse auf Leutnants und
Unterleutnants. Die Heiraten der Offiziere stiegen in dem Jahre von
5325 auf 5608. Steigerungen waren besonders bei den Stabs-
offizieren und Kapitäns, aber auch bei den Leutnants zu konstatieren.
Gestorben sind in der Zeit 363 Offiziere. Im ganzen waren am
J&hrbfteliar fftr di* deataoha Anne« und MmIii*. Bd. tift. f 20
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306
Heer und Flotte ItiHens im 2. Halbjalir 1809.
1. Juli 1898 Torbandeo (die Ziffern ftlr 1897 in Klammern gegenüber-
gestellt): Aktive Annee 13834 (14076), auf Wartegeld, bezw. in
Dispoiübilitiit250 (284), Mobilmiliz 12(18), Temtorialmiliz 4500(4677),
Ersatz-Ofüziere 0914 (9811), in der positione aosiliaria 1030 (1196),
BeBerve 6219 (6116)» total 35 765 (36178).
Sergeanten-Eleven nahmen am Koisiis 1897/1898 III? (\'or-
korsus 894) teil, davon schieden aus den verschiedensten Grtlnden
ans 336 (285). Bis zum Schlnss blieben 781 (609), davon wurden
sn Sergeanten befördert 724 (551), d. h. 64,8 (61,6 Vo), also eine
wesentliche Steigerung. Am 15. Dezember 1899 wurden bei 12 In-
fanterie-, 3 Bersaglieri-, 3 Alpen-Regimentern Kurse zu je 50, bei
4 Kavallerie-Regimentern Kurse zu je 25, bei 3 Feldartillerie- und
dem Gebirgsartillerie-Regiment Kurse zu 40, bei je 3 Küsten- und
Festungsartillerie-Bri^aden Kurse zu je 25, beim 1. Genie-Regriment
zu 12, 3. Genie-Ro^^iment zu 36, beim 4. Genie-Regiment zu 18,
beim 5. zu 20, bei der Eisenbahn-Brigade zu 10 Aspiranten eröffnet.
Zur Entlassung kamen vom 99 ab die Leute 1. Kateirorie
Jahr^^inc:« 1876 mit 3 jähriger Dienstzeit, aulser Kavallerie, die Leute
1. Kategorie Jahrgangs 1877 mit 2 jähriger Dienstverpflichtung, die
Leute 1. Kategorie, die mit Jahrgang 1878 eingestellt worden, aber
frtiheren Jahrgängen angehörten und das 39. Lebensjahr vollendeten,
bezw. 2 Jahre Zurtlekgestellten; gleichzeitig verfllgte der Kriegs-
minister, dals die l^cnitp Jahrgangs LS77 mit 2 jähriger Dienstzeit, die
in der Zeit vom 1. April 1897 bis 6. März 1898 eintraten, heimzusendeo
seien, sobald sie 30 Monate, die des Jahrganges 1878 mit 2 jähriger
Dienstverpflielitung, die vom 1. April 1898 bis 14. März 1899 ein-
getreten, sobald sie 18 Monate gedient hatten, endlich vom
29. November an die Leute 1. Kategorie Jahrgangs 1876 mit 3 jähriger
Dienstverpflichtung der Kavallerie.
Die, wie schon im vorigen Bericht gemeldet, zunächst in der
Form eines Dekrets erlassenen, dann als Gesetz vom Parlament an-
genommenen Bestimmungen Uber die Rekrutenaushebung unterschieden
sich nicht wesentlich von denen des Vorjahres, die Rekruten der
berittenen Truppen wurden zum 5. Dezember eingereiht, die Ein-
stellungen derJeniiTfri der unberittenen Waffen auf Ende März ver-
schoben. 50*/o der auf 3 Jahre Eingestellten kann der Kriegs-
minister nach 2 Jahren entlassen.
Zweckmäfsig wird hier auch gleich der Ersatz an Offizieren
berührt. Die frei werdenden Stellen fUr den 1899 begonnenen
Körens waren an der Militärschule auf 145, an der Militärakademie
anf 100 festgesetzt Bürgerliche Kandidaten konknirierten 287|
beiw. 165, dazn 30 Zöglinge der beiden Militärkollegien. Für den
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Heer und Flotte lullens im 2. Halbjahr 1899.
307
3. KnnoB der HUitttiakadeiiiie irarde dk Zahl der ZolasBongen von
40 auf 56 erhobt, das Alter Ar die Aspiranten auf 18Vt— 24*/, Jahre
bemessen. Fttr die Znlassnng zun 2. Jahr der Militiirkollegien er-
weiterte man das Alter von 14^18 Jahre. Zu den HDitttrkoUegien
wurden für den 1. Kursus 82 Zulassungen in Neapel, 25 in Bom, fttr den
2. Kursus aui 22 m Neapel, 17 in Rom festgesetet» d. h. ftr die jungen
Leute, die nur auf Cteund von Sehnhseugnissen aspirieren (fllr das 8ehul-
jabr 1900/1901 auf Grund von Schulzeugnissen zum 1. Kursus in
Neapel 55, in Rom 50, znm 2. Kursus Neapel 25, Rom 20). Zum
Spezialkursus der Militibnohnle liels man 59 Unteroffiziere, dayon 6
auf Grund Ton Zeugnissen a]s Offizieraspuanten fttr die kom-
battanten WalTen, 20 fbr die Zablmeister-Karriiie zu. Zur Kriegsschule
(unsere Kriegsakademie) berief man 42 OfBziere der In&nterie
und Kavallerie, 18 der Artillerie und des Genie ein. Beim
Generalstab begann am 1. November die ProbedienstleiBtnng tou
21 Offizieren, welehe die Kiiegssehule mit £rfo]g absolviert hatten.
Ersatz-Offizier-Kurse zu 6 Monaten (Vorbedingung: Abiturienten-
Zengni& eines Lyoeums oder teohnisohen Instituts, bezw. bei Artillerie
und Ingenieuren aneh noch UniTersitätBstudinm) wurden bei 10 In-
fanterie-, 3 Bersaglieri-, 2 Alpen-, 5 Feldartillerie-, 2 Genieregimentem,
der reitenden und Gebirgsartillerie, 4 Festung«- und Kttstenbrigaden
errichtet, [Kurse zu 9 Monaten (Vorbedingung: Zengnüs der 2. Kl.
eines Lycenms oder technischen Instituts bezw. Bestehen einer
Prttinng) bei 9 Infanterie-, 3 Bersaglieri-, 2 Alpen-, 4 Kavallerie-
regimentem, dem Train von 2 Feldartillerie- und 1 Geniereginient»
Erwähnen wir ferner die Thatsache, dafs sich 20 Ersatzoffiziere
der Kavallerie der Prttfong für den aktiven Dienst bei der Kavallerie-
schale Finerolo untereogen und zu den Kursen an der Central-
Schiefsscbule Ulr Artillerie in Nettono aneh je 12 dienstleistende
Ersatz-Offiziere kommandiert wurden, um uns dann der Reform der
Militärschalen zuzuwenden.
Der vorige Berieht wies schon auf das im Dekret vom
8. Juli 1899 aufgestellte Prinzip hin, nach welchem die Central-
Schieissohole fUr Infanterie und die Kavallerieschule als notwendige
Ergänzung fttr die Aosbildnog der Offiziere beider WaflFen in dem-
selben Sinne zn betrachten sind, wie die AppUluitionsschnle für die
der Artillerie und des Genies.
Ein Dekret vom 2G. November 1809 genehmigte ein neues
organisches Reglement flir die MilitUrschulen. Für die Kriegsschule
waren Anderunfren schon nach dem Dekret vom 80. Oktober 1899
angeordnet. Das neue organische Hefrlement trat mit dem 1. Januar
1900 in Kraft, mit der Maüsgabe jedoch, dafis die aus den Uoter-
20*
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308
Heer und Flotte ItaUeiu im 2. Eallijilir 1899.
oilizieienhenroigegaiigeiieiiUiiteiletilnanlB derlnfapterie undKayallerie,
die sieh dann anf den Ergttnsnngaeehnlen befinden, den nenen Ver-
ofdnimgen noeh niebt ontenroifBn sind. Die IGUti&nebnlea weiden
eingeteilt in a) yorbereitende Sobnlen (lOlitSrkollegien), b) Sebnlen
tnx Ofiiziereiaati (UOilftncbnle nnd Militärakademie), c) Ergänmngs-
schulen (CentralsehielBBehnle für Infanterie, Kayalleriesehnle, Appli-
kationsschnle ftr Artillerie nnd Genie, Centralscbieteehnle für
Artillerie, Sanitäts-Applikationsscbale), d) Vervollkonunnnngssehnlen
(Kriegsschule), e) Spezial-(Fecht-)Schale. Das Reglement giebt den
Zweek und die Aufgaben der Schulen, den Etat an Kommando- und
Instmktionspersonal, die Bestimmangen über Zulassung, Ausgaben
fllr die Schulen, halbe und ganze Freistellen. Bei der Contralschiefe-
schule fllr Infanterie (und analog bei der Kavallerieschnle) erfolgt
am Schlufs des Kursus eine BefähigangBprttfong; wer sie nicht be-
steht, wird zu Beginn des nächsten Kursus zu einer Wiederholunsrs-
prttfong angelassen; bei Milserfolg auch in dieser kann nach 1 Jahr
Dienst im Regiment eine zweite Wiederholungsprüfung stattfinden,
wer sie nicht besteht, rangiert in Bezug auf Patent hinter allen
Teilnehmern des betreffenden Korsos. Die Reihenfolge der Patente
wird bestimmt: a) bei den aas den Unteroffizieren hervoi^henden
Offizieren nach dem Mittel des Resultats der SchluIsprUfung an der
Militärschule, der Centralschiefsschule und dem Dienstalter als Unter-
offizier, b) bei den Zöglingen der Militärschule nach dem Mittel der
SchluIsprUfung dort und an der Centralschielsschule, c) bei über-
getretenen Krsatzoffizieren nach dem Mitte! des Offizierexamens, der
SchluIsprUfung au der ( entralschielsschule und dem Dienstalter als
Ersatzoffizier. Bei der Kas allrrioschule gelten ähnliche Grundsätze.
Ht'i (ier Applikationsschule tur Artillerie und Genie werden die Schüler
am Sehlufs jeden Kursos einer Prüfung unterworfen, die >\'iederholt
werden kann; wer die Wiederholungsprüfung nicht besteht, wird
einem Truppenteil übenviesen und unterliegt den Bestimmungen ftir
die aus dem l 'uteroffizierstaiidi' liervorgebenden Offiziere. Die Nummer
der SchluIsprUtoug des zweiten Kursas ist maisgebend ftlr das Patent
als Leutnant.
Was die Kriegsschule anbetrifft, so konkurrieren nach wie vor
um Zulassung ilauptleute und Leutnants der kombattanten Waffen,
Stellen sind maximal jährlich 48 für Infanterie und Kavallerie, 12 fUr
Artillerie und Genie vorgesehen. Wer die Schule mit Erfolg absohiert
hat, erhalt ein F^ignungsdiplom. das ihm die im Beförderungsgesetz
vorgesehenen \ urteile sichert. Durch die bestimmte Regelang der
Programms und Disziplinen der Militärschulen wird das Reglement
zo einem wichtigen Fortschritt gestempelt — Eine neoe Einrichtong
üigiiizeü by Google
He«r und Flotte Italiens im 2. Halbjahr 1899.
309
iBt der Tom Kriegsminiater geschaffene Yorbereitangsknrs für die
lUtesteD Haupfleate der Infimterie (22), der sieli anf ßeiten, Taktik,
Schienen mit Handfeaerwaffen eistreciLt and yom a Dezember an
3 Monate dauert BezUglieh der CentralschlelBSohide in Nettnno sei
Jinrz darauf hingewiesen, dals nach dem 1. Korsos eine bis som
Febroar reichende Paose eintrat behoft Versoeben mit SchneUfeoer-
gesehtltsen, dann der 2. ond 8. Korsos bis Wkn bezw. bis April
folgten. Zorn 1. Korsos worden je dn Hanptmann der 8 ersten
FeidartiUerie-Regimenter ond des Gebirgsregiments, sowie 17 Leotnants
der anderen Feldartillerie-Kegimenter ond der reitenden Artillerie,
znm 2. ond 8. Korsos analoge Ziffem von den andern Kegimentem
kommandiert Der Schole worden je 8 7 cm* ond 9 cm-Batterien
ZOT Verfbgong gestellt Die Bestimmongen fttr die Centralsehiefe-
schole in Parma 1900 berflcluiehtigen schon die neoen, oben be-
rührten Kormen fOr die praktische Aosbildong der jongen Infanterie-
Offiziere, bis zom 12. Mai daoert der erste, sogenannte Eii^bizoiigs-
korsos für diese Unterleotnants. — Esd» lange der Beratong onter-
worfene organisatoriscbe Nenerong ist nach Genehmignng doroh das
Parlament am 24. Dezember znm Gesetz erhoben woiden, die
Beform der Sobalternofnziere des Kommissariatsdienstes
(Intendaator), SobaltemofBziere der Intendantor fallen in Znkonft
im Flieden fort, der niedrigste Dienstgrad ist der des Kapittns ond
die Kapitiins werden den Leotnants der kombattenten Waffen ond
des ZahlmeisterkotpB, die den doroh Dekret festgesetzten Bestimmongen
entsprechen, entnommen. Ihre Versetzong in die Intendantur kann
entweder im Moment der Beförderang, oder anch später, je nach
den Vakanzen, erfolgen. Die heotigen Leutnants ond Unterleotnants
des Kommissariatskorps bleiben zonäcbst in diesem ond kOnnen,
wenn zor Beförderung geeignet, auch in die höheren Stellen aof-
rücken^ die nicht geeigneten werden in das Zahlmeisterkorps versetzt
Die Versetzansren von Leotoants der kombattanten Waflfen in die
Intendantur beginnen erst, wenn die geeignet erklärten Sabaltem-
Offiziere dieses Korps anfgebraucht sind. — Aufser diesem Gesetz-
entwurf und aufser der Anshehunir Jahrgangs 1879 genehmigte das
Parlament in der Tagung vom 14. November bis 19. Dezember auch
noch Gesetzentwürfe, betreffend Änderung des Rayongesetzes vom
UK Oktober 1859, Überweisung einiger Kategorien von Leuten des
Benriaubtenstandes der Marine zum Heer (betrifil Leute des Eisen-
bahn- und Telegraphendienstes), die von der Kammer schon vor der
Vertagung angenommenen und im letzten Bericht aufgeführton extra-
ordinarien Ausgaben 1899/l!H)(i tlir das Heer, das Kriegs- und Marine-
budget, den l^achtragsiuedit von 4,7 Millionen tttr dos Marinebodget
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310
Heer und Flotte Italiens im 2. Halbjahr 1899.
1898/1899 (bedingt dnreh die ans politiseben OrOnden nötige etSikeie
Indienststellong), den Naelitragslaedit ftlr das Heer 1898/1899 in
der Höhe Ton 7113176 L. (zom Teil gedeckt dnieb Erspaniiese),
bedingt durch politisebe Grttnde, die zur Venögerong der Entlassung
des ältesten Jahrgangs im Jahre 1898, cor Verst&rlLnng der Cazabinieri,
grölserer Reise- nnd Transportkosten swangen, dorch die Trappen
auf Kreta und dnreb die DorcbfÜbning der Beorganisation des Heeres.
Diese Mehrkosten konnte das sogenannte konsolidierte Budget von
239 Hillionen niebt tragen^ In der Sebwebe blieben die im Yorigen
Beriebt sehen erwftlmten Änderungen des BekmtieningsgeBetKes, die
Entwürfe fttr die Ändemng der Organisation der Kavallerie und
Artillerie nnd die noeb der Erwägung unterliegenden Beformen der
Alpentrappen.
Sowohl bei der Beratung des Extraordinariums zum Kriegsbudget
1699/1900 (mit 14 5G0 ODO L.) und der Verftigung^ über 15 V« Millionen
für nenes Feld> und Gebirgsartillerie - Material in der Zeit nach
1899/1900 (1. vorigen Bericht), als auch bei der Beratung des
Kriegsbadgets, dessen Annahme zugleich mit der schon im letzten
l^erieht erwähnten Tajresordnung erfol^rte, erklärte der Kriegsniinister
Mirri auf Befragen, dals das Ordinarium des Budgets möglichst unver-
ändert bleiben wUrde, im Extraordinär! um aber ttir Zwecke der Landes-
verteidigung und Neubewafinnng der Feldartillerie zeitweilig eine
Erhöhung eriabren müsse, die sich nach der Finanzlage richten nnd
die er in einem Gesetzentwurf bald vorleq-en werde. Dieser gegen-
wärtig dem Parlament vorliegende Entwarf bildet, wie Bettolo's
Flottenerweiterungsplan für die Marine, einen der Ecksteine für die
Weiterentwickelung der Wehrkraft and muis daher eingehender be-
leuchtet werden. Wurde der Gesetzentwurf auch erst am 31. Januar
dem Parlament vorgelegt und der Budgetkommission baldigst über-
wiesen, so ist er doch in grofsen Zügen noch vom General Mirri
entworfen, von ihm der durch königliches Dekret vom 10. Juli 1899
geschatlenen obersten Landesverteidigungskommission unter Vorsitz
des Prinzen von Neapel unterbreitet und von ihr einigermafsen
modifiziert worden. Seine Gei)urtszeit lieirt also in der Berichts-
periode. — Bemerkenswerl ist in der Vorlage, die sich im ganzen
auf 25 Jahre erstreckt, das Bestreben, das konsolidierte Budget von
239 Millionen möglichst wenig zu stören, die Einteilung der Ausgaben
in solche für die dringendsten Bedürfnisse, denen im nächsten
Quinquenniuni Rechnung getragen werden sollte, und solche, die
noch etwas warten können, die hervortretende Sorgfalt, mit welcher
Kriegsverwaltung und Generalstab seit einer Reihe von Jahren ziel-
bewulst gearbeitet, daher, wie ein Vergleich mit 18äl ergiebt, auch
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Heer a&d Flotte Italiens im 2 H&ibjahr
311
£rfolg ao&aweisen haben, endlich die Yerwendang von Mitteln «na
Verkanf veralteten Walfenmateiia]s mid toh Featmigsgelliide ftr die
Zwecke der neaen Verlage. Ijetitere hat aneb in der Fresee im
allgemeinen eine dnrchans wohlwollende Anfhahme gefiinden. Kxitiaeh
iat man nnr an die Thataadie herangetreten, dab die Dnrehfthrong
25 Jahre beansprneben soll Das ist ja aber in der Vorlage, die
nnr Ulr das erste Qninquennlnm die Jahresraten in Ansata bringt,
nieht aasgesprodien; naeh den Ertrügen der Verftnberongen nnd
den Ersparnissen in anderen Kapiteln, z. B. HandwafiiBn, wird man
die Zeit Ton 25 Jahren ablLtlixen können. — Pellonz* Begründung
wies «inttohst anf den bei den Extraordinarien stets befolgten Grrond-
satSy das konsolidierte Budget nieht zu Überschreiten, dann anf die
bis 1899 Tiel&ch wiederholten Aufforderungen des Parlaments hkt,
einen Entwurf Ar die Gesamtbedttrfnisse der Landesverteidigung
Yorsulegen, weiter anf die Thatsaehe der Einbringung emes solchen
für 1899/1908 und das Heransschneiden des Eztraoidinariums filr
1899/1900 durch die Budgetkommission. Schon am 7. Desember 1897
betonte Peüoux in seinem Bericht ttber die Gesamtlage des Heeres,
dals die Neubewaffnung der Feldartillerie notwendig, führte an, dals
man mit Terschiedenen Typen Versuche machte, der Ersatz der
zwanzig Jahre alten 7 cm onabweislMur, der 9em^noch Terbesserungs-
^ig, und nach mnigen (heute dnrehgeführten) Änderungen an Bohr
und LaflSste als Übergangsgeschtttz noch einige Zeit brauchbar sein
werde. Die Erwartung, dafls man baldigst einen neuen geeigneten Typ
finden werde, bestätigte sich nicht; erst im Joli 1900 wird man mit der
Massenfabrikation des Ersatzes für den 7 cm fUr fahrende und Gebirgs-
artillerie beginnen können (Kaliber 7, 4, Rohrblöcke vooTemifVerscblufs-
system vom Arsenal von Neapel, Bedarf 600 Geschütze zu je 30000 L,,
total also 18 Millionen, die zur Verftlgnng stehen, bei Heranziehung aller
Waffenfabriken, DurchfUbrnng des Ersatzes des 7 cm bis spätestens
1902). Felioux bemerkt dann, dafs die finanziellen Mittel nicht fehlen
wttrdoi. Er weist anf den Bericht Afan de Kivera's, Berichterstatter
der Kommission tUr die Beratung des Extraordinarinms 1809/ 1000,
vom 24. September 1899, hin. welcher die Aptierung des 9 cm
.billigt, die Zeit für den Ersatz des 7 cm abgekürzt sehen möchte
(was ja anch der Kriegsminister wünschte) nnd darum weitere 15*/,
Millionen für die Zeit nach 1900/1 sofort zur Verfügung des Kriegs-
ministers gestellt sehen wollte, was durch Gesetz vom 10. Dezember
1899 erfolgte. Der Minister wurde dabei wieder aufgefordert, einen
Gesetzentwurf für die Zwecke der Landesverteidigung nnd Uni-
bewatfnung sofort nach Beendigung der Studien vorzulegen. Dt r
Berichterstatter Tavema sprach im Senat am 29. Juni 1899 aas, dals
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312
Beer uad Flotte lUliens im 2. Halbjahr löU9.
man die fttr den BescrreTomt an Handwaffen verlangten Sommea
auf eine längere Rdhe von Jahren rerteilen nnd dadurch, wie ans
dem EiiOs des Verkanft von Geweliren nnd Festnngsgelllnde, die
Fordemngen Air sehlennige Umbewaffiinng nnd die Landemrteidigimg
zum Teil decken aolle. Diesen Gmndsäteen folge aneh er; es wäre
tbOrichty TOn denselben absnweieben und so yielleicht die dozeb
Gesetz vom 2. Jani 1897 abgeseblossene Organisation des Heeres
wieder zur Diskussion sn stellen. Man ki^nne gegenwärtig niebt
mehr als 239 Hillionen auf das Kriegsbndget verwenden, da aneb
die Marine berechtigte Forderongen habe, man mllsse sieh also aaf
andere Welse hellen. Bei den „speziell ünamdellen Vorkebrangen''
sagt PeUonx, dah die schon doreb bewilligte Gesetze verfilgbaien
Mittel erlauben, nach der bis zum Jnli 1900 zn erwartenden defini-
tiven FeststeUnng des l^s Ersate 7 cm in die Massenfiiü^rikation
einzutreten. Für 1900/1 habe man verfbgbar fast die ganzen
8 Millionen, die schon fttr 1899/1900 genehmigt wurden, dann 6 BOl-
Uonen von den fttr die Zeit nach 1899/1900 bewilligten 16,5 Millionen,
sicher also 8 Millionen, mehr als man sofort aufbrauchen könne.
Für das folgende Jahr rechne er mit einer Quote der 15,6 Millionen,
dem normalen Posten im Eztraordinarinm, dann mit einem Teile
des Ertrags der Verftulsemng von Waffen und Festnngsgelände.
Bezüglich der greisen Fragen der Landesverteidignng wurde im Herbst
die oberste Landesverteidigangrskommission zu Studien berufen. Sie
haben zu Sclütlssen geführt, die man als definitive betrachten kann,
da sie den ganzen l'infang der Befestigungen and ihrer Armierung,
den Grad der Drinf^lichkeit der einzelnen und ihre Bedeutung be-
rühren und der Heeresverwaltung die Möglichkeit gaben, ein Pro-
gramm aofisustellen, auch die überflüssig werdenden Werke zu be-
rttcksicbtigeD und aus ihnen Mittel zn gewinnen, die Kosten der
neuen zum Teil zu decken. Indem man zu den Angaben der
obersten Landesverteidigungskommission die Kosten fUr die Um-
bewafihung der Feld- und Gebirgsartillerie incl. 9 cm hinzurechnete,
kam man (siehe unten) auf 393 Millionen Gesamtkosten. Die vom
Generalstabskomitee und den Verteidigungskommissionen 1881 — 1883
gemachten Studien liefsen für Befestigung nnd Armierung 1000 und
mit neuen Handwaffen 1200 Millionen fordern, d. h. 3 X so viel
wie heute, ein sprechender Beweis filr das, was seither von der
Heeresverwaltung geleistet worden ist. Mit 239 Millionen wird man
normal nach Pelloux wohl auskommen, nicht nber. wenn grolse und
dringende BedUHnisse in kurzer Zeit befriedigt werden müssen. Nach
dem Ansatz der obersten Landesverteidigungsknmmission sind für
Befestigaugeu, Armierung, Umgestaltung der Armierung, Munition
L/'iyiki<_cCi Ly
Heer imd Flotte Italiens im 2. Halbjahr lb9». 313
260 Millionen tu)ti^^ da/.u die Ausgaben für Umbewaffnimg der Feld-
aitillerie, die Haudwaöen-Keserve sowie andere Dienstzweige ergeben
die Summe von 393 Millionen, in denen auch die Geschütze schweren
Kalibers modernsten Typs, Uiawandlung des älteren Teils der bis-
herigen Armierung der Festungen, der Belagerungsparks a. s.
sowie selbstverständlich auch der Ersatz der 9 em (die eben mit
Aufwand von 8 Millionen aptiert würden) einbegriffen sind. Hit dem
Enats des 9 em soll begonnen werden, sobald der des 7 em dnreb-
geftlbzt und dasn werden j&t&ä^tm werden neben den znniehst fllr
den ErsatB des 7 cm bestimmten Jabre8(|aoten auch die Snmmeo,
die naob VoUendang des Beserve-Vorrats an Gewehren irei werden.
Sebon im näcbsten Qninqoennram werden, nacb Pellonx, aniser der
sebon dmeb Spezialgesetze genebmigten Sonime flJr den Ersatz des
7 em noch 9 MlUlonen fOr Ersatz des 9 em yerwendet werden-
und der Ersatz 1903/4, vielieiebt aaob frttber begonnen werden können^
Von besonderem Interesse ist aaob, was die Begründung ttber
die fllr die Gesamtansgaben angesetzte Zeit sagt. Ebe die-
oberste LandesTerteidigongs-Kommission gespiocben, reebnet Mirri
mit 425 Millionen Ausgaben, die er auf 25 Jahre verteilen — zm
Abbilie der dringendsten Bedttrfiiisse dabei in den eisten 5 Jahren
das Eztraordlnariam Ton 16 auf 21 Millionen stdgem wollte. Da
die Gesamtfordemng Jetzt 398 Millionen betrügt, so konnte man sie
In 25 Jahren mit den normalen 16 Millionen des Eztraordinarioms
bestreiten, bei der absolaten Dringlichkeit einzehier Bedürfnisse
steigert aber auch die Pellonzscbe Vorlage im ersten Qainqnenniom
die Extraordinarien. Wenn man in Eapitebi des Ordinarinms Er^
spamisse machen künnte, so müfsten diese yerwendet werden, am die
Iststärke der Trappen zn steigern. Es sind Ja aber aneh andere
Qnellen für die Erhöhong der Extraordinarien im Qmnqaenninm ▼or'-
banden and zwar 1. Rüokstttnde des Kriegsbadgets, 2. Verteilong dec
Aasgaben für den Beserre-Voirat an Gewebren auf eine längere Reihe
TOn Jahren, 8. Ertrüge aas Verkauf veralteter Waffen und Vec-
wendong der noch brauchbaren Teile für neue, 4. Veräufserung
militärfiskaliscben Geländes, 5. Benatzung des brancbbaren Materials
aufgelasseoer Festungen fUr neue. Aulserdem kann man in Sperrforts
und einigen andern Werken Marinegeschütze verwenden, die in der
Flotte durch Schnellfeaergeschütze ersetzt werden. Da man schon
jetzt über 900000 Gewehre 91 verfilgt (ein neuer verkürzter Kara-
biner 91 ist 1899 für Spezialtruppen eingetübrt worden), so kann
mit dem Verkauf der Gewehre 71/87 begonnen werden, sobald der
Krieg in Südafrika beendet ist. Bei militärfiskalischem Gelände
kommen zunächst in Betracht die Festungen Aiessandria, Genua,
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314
Heer und Flotte Italiens im 2. Halbjahr 1899.
Bologna, Anooaa a. 8. w., die Einnahiiieii kdnnen toII in Redmang
kommen, da die Nenanlagen sSmtUoh in der Summe von 393 Mil-
lionen erscheinen.
Die Gesamtansgaben von 398 Hillionen Terteilen sieh wie folgt:
Befestigangsarbeiten 130000000 L.
Anmerang nnd Umgestaltnng der bisherigen, sowie
Hnnition 80000000 „
Ergänzung und Umgestaltnng der Belagernngsparira
für Artillerie nnd Genie 30000000 «
StralseUf Eisenbahnen, Material fta die Eisenbahn-
brigade 20000000 „
Ergänzung des HandwaffeuTonrats 24000000 „
Umbewaffnnng der gesamten FeldartUlerie (1806 qcmj 68500000
Militärisehe Gebäude • . . . . 30000000 „
MobilmachnngsTorräte, Material f&r feste Plätze 8500000 „
Kasernenmaterial fllr Truppen ■ ■ i^oiioiidn
Total 393000000 U
In diese Summe Ton 393 Millionen sind alle heute roraus-
zusehenden Bedttrfiiisse eingereehnet, dem Bedtbfius sohleunigster
Umbewafinung der Feld- und Gebirgsartillerie ist Beehnung getragen,
und wenn damit noch nicht begonnen ist, so liegen daDir nicht
finanzielle Grttnde, sondern die technischen Sohwierigkdten vor, auf
die man gestolsen ist.
Pelloux' Begründung kommt dann zu den Beträgen fttr das
Qninqnennium 1900—1905. Er rechnet dabei mit 7 Millionen Rück-
stand des abgelaufenen Jahres, den 3 Millionen, die im lanfendeo
Jahre schon fttr Ersatz des 7 cm bewilligt wurden, ebenso den 15,5
IGllionen, die man fllr die Zeit nach 1900 znr Verfügung gestellt
mit den 2475000 L., die yon den am 2. Juni 1888 fUr KUsten-
Terteidigong schon beviilligten 47,5 Millionen L. übrig sind, dann
einen Teil der schon früher ftir militärische Gebäude bewilligten
Beträge und stellt folgende Forderungen:
MiUtärische Gebünde 10nm(X)0 U
Handwaffen 12(K)OüüO „
Karte von Italien 280Ü00 „
HohUmaohuugävoiTlite 2000000 „
Schwere KtUber, Armiening der Festungen, Be>
lageriingsparks, AussteUoilg fester PUlM . . . 24000000 „
VerteidigTing der Küsten 7 475000 „
Grenzbefestigungen und Rom 9000000
Straiaen, Bahnen o. 8. w 8400000 „
Eraats der 7 em, Begtain dee EmtM« der 9 cm . 84600000 „
Kaaemieruuf; der Truppen 2000000 „
MAteriAl flir £iseiibahnbrigade .... . . . . 3000000
Total 97605000 L.
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Reer and Flotte lUiiens im 2. iUlbjabr 1899.
815
Diese Summe entspricht ^enau der Leistungsfähigkeit der Eta-
blissements und auch den mötrlichen Fortschritten der Arbeiten in der
Gebir^'szone. Mehrbedarf ist, da 22 42ö(XX> L. schon durch frühere
Gesetze bewilligrt sind, nur 7r)lvS0Ü(H) I>. Die Mittel zur Deckung
des Bedarfs für das Quinquennium sind < 16(H>0(M)() L, des nor-
malen jährlichen Extraordinariunis, 7 Miilioin*n KUckstände und ca.
10 Millonen aus Veräufseruugen von Waffen und Festunfirsjrebäudcn,
auf welche aber im ersten Jahre des Quinquenniums nicht eiiiinal
gerechnet zu werden braucht. Die Begründung berührt daim weiter
die Forderungen für 11>0C)/1, die 22 714000 L. umfassen und
gedeckt werden sollen durch ein normales Extraordinarium von 16
Millionen und den Überschüssen des laufenden Jahres. Innerhalb des
Rahmens will der Kriegsminister die Beträge verteilt seÜen mit 1 750000
U anl miUtSriselie Gebäude, 3,5 IfiUioneii Handwaffen, 90 000 L.
Karte tod Italien, 400000 L. MobihnaehungBrorrftte, 2,5 Millionen
aehwere Kaliber, 1,2 Millionen Anniernng von Festangen, 1 Million
Belagerangsparks, 1 MlUion Arbdteii an Küstenbefestigungen, 17
Millionen Speirforts nnd Rom, 500000 L. Strafeenbahnen, 8 Mil-
lionen Umbewafintug der Feld-Artflleiie, 174000 L. Material für die
Eisenbahnbrigade, 600000 L. Kasemierang der Tmppen. Das
Gesetz veriangt aber davon nur 9 764 ODO L., da der an 16 Mil-
lionen fehlende Betrag sehon dorch Spezialgeselze genehmigt ist.
Wie sehon oben bemerkt, fordert der Kriegsminbter an Mehr-
bedarf fttr das Qainquenninm nur 75180000 L. und yertellt die-
selben in Artikel 1 wie folgt: Gewehre und Karabiner 12 Millionen,
Karte yon Italien 230000 L., Mobilmaehongsvorrttte 2 Millionen,
sohwere Kaliber für Kflstenbefestigimgen 12 Millionen, Stralsen,
Eisenbahnen 8,4, Kttstenbefestigangen 5, Sperrforts nnd Rom 8 Bfil-
lionen, Armierang nnd Munition fester Pllltze, Material für Festnngs-
Artillerie nnd Belagemngsparks 12, milltftrisehe Gebäude, Schielis-
pläize etc. 9,5, Kasemenntensilien 2, Material fttr die Eisenbahn-
brigade 8, Umbewafihnng der Feld-Artillerie 6 Millionen, znsamroen
76 180000 L. Artikel 8 des Gesetzentwnrfea bestimmt, dafs der
Erlös ans Verkünfen Ton Waffen nnd Festongsgelttaden ein Spezial-
kapitel bilden nnd dafe Ton 1899/1900 das sog. konsolidierte Bndget
Ton 239 Millionen im Extraordinarinm nm die Snname erhobt ^ erden
soll, die znr Deckung der oben genannten Beträge nOtlg erscheint
und ans den in Artikel 3 genannten ErUtoen gedeokt wird.
Der dnreh KOnigUches Dekret vom 19. JnU 1899 geschaffenen,
mehrfach erwähnten obersten Landesverteidigungskominissioii
weist das Dekret als Aufgabe im Frieden die Beratung der wieb-
tigsten Landesrerteidigungsfragen zu (Einheit der Gesichtspunkte,
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816
Heer md Flotte Italiens im 2. Halbjahr 1899.
Stabilität der Anncbten). Pritoident ist der Prinz von Neapel, Vice-
prSttdent der Herzog Ton Gemu^ wirklieh daoemde Mitglieder dnd
die für die Fttbmiig tod Armeen deeignierten Generile, Chef des
GeDeraktabz, ftr die Flotte der Piilaident des obem Marinerats, die
designierten Flottenkommaiidanten, Cbef des Adnüialstabs, beratende
Mitglieder die kommandierenden Grenerale, GeneniUnspekteare der
Artillerie nnd des Genies, Admirale als Chefs der MarinedepartemenlB,
Generaldirektoren der Artillerie nnd die Annierongen im Marine-
Ministerium.
Bezüglich vortlbergehcDder Organisationen weisen wir kurz anf
die (ind. noch za errichteDde) liadfabrerkompagnien von 0 Offizieren
130 Mann der Bersaglieri-Hegimenter und auf die Einrichtung von
Lehrpelotons bei den Bersaglieri-Regiraentern hin, fUr welche der
Kriegsminister einen Bestand von £ädern Hlr 3 Kompagnien bestellt
hat, auf die Boihehaltung der rersuehsweisen Bestimmungen fUr den
Lebensmitteldienst, die schon im letzten Bericht berührte Verbessening
der Soldatenkost, die Verordnungen fUr die cavalli di ageToIezza,
durch welche bestimmt wurde, dafs die höchste Schuldsumme gegen-
über dem Remontefonds für vom Staat Uberlassene Pferde für Generäle
und Oberste des Generalstabs 2000, ftlr Offiziere mit 400 L. Plerde-
abnutzungsgeld 1500, mit 340 L. 1200 L. betragen darf, anf den
Kursus im Campagne-Reiten in Tor di Quinto, die Versuche mit
liniformänderungen, das Reglement tUr den Telegraphendienst im
Kriege, die durch Dekret vom 2. Juli erfolfrte Bildung einer per-
manenten Militärtelegraphen-Kommission beim Generalstab, die gröfsere
Sicherstellung der Civilversorgung der l nteroffiziere, das neue Regle-
ment für den Territorialdienst, die neue Kriegs-Sanitätsordnung. Er-
wähnen wir kurz noch das neue Reglement für den Dienst der
Carabinieri im Kriege, die allgemeinen Normen für den Intendantur-
dienst im Kriege, das Gesetz, das für den Kriegsniinister beim
Schatze ein Kontokorrent zur Sicherstellung der drini:enden Be-
dürfnisse der Truppenkassen schafft, um uns — noch auf einige
neue Bahnstrecken hinweisend — dann den grofsen Truppen- und
Belagerungsübungeu kurz zuzuwenden, die 1899 eine besondere
Bedeutung dadurch gewinnen, dfils, wie schon in einem Souder-
aufsatze ausgeführt, die neue durch Gesetz vom 28. Juni 1897
geschaffene Organisation des Heeres sich auch bezüglich
der neuen Normen für Einbeorderung und Instradieruug,
wie Einkleidung und Verteilung der Leute des Beurlaubten-
standes, ^^länzenrl bewährte und Gemeindevorstäntle einer-
seits, Tru|)peiidej)ots andererseits sich den zum erstenmale
an sie herantretenden Aufgaben für die Mobilmachung über Erwarten
uiyui^L.j cy Google
H«er und Flott« Italiens im 2. Halbjahr 1899.
317
ge wachse n erwiesen. Aaeb besttgtteh der HobUmilh (Luidwelir)
Einbetten, deren AnfeteUang ja den Depots softUt, bat man reeht
gute Erfijimngen gemacbt^ wie sieb denn aneb die HobibnilizdiTision,
naob Vorttbnngen vom 19. Angnst ab im Lager yon San Hanriuo,
bei den ManOyem dnrebans anf der Höbe erwies. Obwobl Leute
der Jahrgänge 1867 nnd 1869, com Teii 1868, die zwischen 30 nnd
38 Jahre alt nnd l&ngere Zeit nicht melir einbemfen waren, sie
bildeten, fanden sich dieselben sehr sehnell in den Dienst nnd be-
wiesen TorzQgliche Dis2i]iUn nnd beste Ansdaaer (Uber 10000 Mann
Landwehr). Die Dirision wies 2 Brigaden (Reghnenter 101, 108,
besw. 105, 107), 2 Bersaglieri-Batalllone (48 nnd 41), eine Genie-
kompagnie (18) an Landweltren anf, sngeteilt waren 4 aktive
Batterien, alle Snbaltemoffiziere waren dem Beorlaabtenstand ent-
nommen, die Eapiti&ns entstammten zom grofeen Teil, die Stabs-
offiziere sämtiich denen, die bei den aktlTcn Begimentem als Cadres
fttr Landwehreinheiten ttberzShlig vorhanden sind. — Bezttglich der
Einbeordemngen von Leuten des Benrlanbtenstandes, sowie aooh be-
zUgUeh der Herbstttbongen der nicht an den grolsen ManOvem teil-
nehmenden Korps können wir uns anf den letzten Berieht bedehen,
dasselbe gilt ftir die sehr am£Msenden Sonder - Übungen der
Kavallerie.
Die grofsen ManOver zerfielen in 2 Perioden, vom 28. — 8L
August und vom 1—8. September, in der 2. Periode operierten die
Korps gegeneinander, dann eine Armee-Abteilung unter General Leo
Pelloox gegen einen markierten Feind zwischen Chisole nnd Sangone.
Die Mobilmilizdivision traf am 3. Angnst, nach den Übungen im
Lager von San Maarizio, beim h Korps, die Kavalleriedivision, der
eine Bersaglieri-Radfahrerkompagnie zugeteilt worden, an demselben
Tage ein, nacli SonderUbungen bei Gallarate. Der Kavallerie beider
Korps waren Eisenbahn-, -Sapenrs- nnd Telegraphentrupps auf
Fahrrädern beigegeben, das II. Korps verfügte Uber eine Abteilung
Feldbäeker mit 12 fahrbaren Öfen, die täglich den Truppen frisches
Brot liefern sollten, bei der Manöverleitung wurden Fesselballon^
nnd sog. „fliegende Hirsche'* zur Übermittelung von Befehlen and
Nachrichten verwendet.
Das II. Korps, General Bosozzi. bestand aus der L Division
(Brigaden Como und Modena), 4 ^> cm Batterien, eine Sapevir-
kompagnie mit halbem Park und Bruckensektion, Artilleriepa^rK,
Sanitäts- und Verpflegungssektion, der 2. Division ( Brigaden ReggVo
nnd Basilicata) im übrigen wie 1. Division, und den so^'. Verftignu^ti-
truppen: Bersaglieri-Resriuient 7, Cavalloorprlcri Roma VlOl 4 7 exu
Batterien, Telegrapheukompagnie mit Park, banimtssektion, FeVAi-
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818
H6«r und Flotte ItaUeBB im 2. Hilt^alir 1899.
lazarett) Verpflegongssektion. Die MobilmilisdiTision wuzde oben
sehoD berührt.
Das II. Korps (Greneral Kngin) setzte sich zusammen aus der
V,. Division (Brigaden Casale und Pistoiai sonst wie 1.), der 4, Di»
Vision (Brigaden Cuneo und Ke, sonst wie 1.) und den Verfügung»-
trappen, Bersafrlieri B, Cavalleggieri Piaeenza (18), sonst wie l.KoipB^
nur war das Feldlazarett vom Roten Kreuz geliefert.
Dir Kavalleriedivision bestand aus 2 Brigaden mit den Regi-
mentern i'ienionte Reale (2) und Laneiers Aorta ((5), bozw. Ca-
valleggieri Caserta (17), Umberto (2.{) 2 reitender Batterien, Radfahrer-
konipagnie, Artilleriepark fllr Kavalleriedivision, Sanitäts- und Ver-
ptlegungssektiou. In den höheren Stäben waren alle Dienstzweige
vertreten.
Auf den Verlauf der grofsen Manöver im Einzelnen einzugeben,
erscheint ausgeschlossen, einiges besonders Bemerkenswerte mufs
aber hervorgehoben werden. Dem Manöver vom 1. September war
folgende allgemeine Kriegslage untergelegt: Eine SUdarmee marschiert
von Tauaro und Stura auf Turin, ihre Avanttranle, das II. Korps,
hat Brä erreicht, eine Nordarmee, die auf Sommariva Bosco zurück-
gegangen, hat nach Eintreffen einer Mobilmiliz- und einer Kavallerie-
division sich wieder zur Offensive entschlossen, ihre bisheriire Arriere-
garde war um Sommariva Bosco vereinigt Die zur Aufklärung vor-
getriebene Kavalleriedivision traf gegen 8^* V. bei Fosso Merlo
in Gegenwart des Königs auf die Regimenter Roma und Piacen/.a
der Sudarmee. Am 2. September versuchte das 11. Korps, dem vom
rechten Stura-Ufer 2 Divisionen Verstärkungen zugehen sollten, das
Hochplateau von Brä zu halten, um den \ erstärkungen Zeit zum
Eintreffen zu geben, die Division auf dem rechten Flügel, die
4. Division zwischen den iiühen und der Bahn Bra - Sommarivji,
jede Division mit einer Speziaireserve, die Verfllgungstruppen des
Korps als Hauptreserve bei Madonna dei Fiori, die Kavalleriedivision
die linke Flanke des Korps deckend und das Herankommen der \'er-
ßtärkungen sichernd. Das I., durch die Mobihnili/divisiuu verstärkte
Korps griflf mit der 1. Division den rechten feindliehen Flügel in
dem bergigen Gelände zwischen Sanfrä nnd Paropaglia umfassend
an, während die 2. Division gegen die Front und das hochgelegene
Taxlopini vorging. Kaeh grttndlieher Vorbereitong durch Artillerie
sebritten beide Divirionen zum Angrifi, die Veifttgungstruppen
folgten und auf sie nnd 4 Eskadrons traf die in der linken feind-
Uobea Flanke yon SaTigliano anf Foieste la Motte Torgehende
KavalleriediTision. Das Eingreifen der KaTalleriediTision hielt difr
Verfugungstruppen anf, demnach wurde das II. Korps dueh Dmek
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Heer und Flotte ItaHens Im 2. Halbjahr 1899.
819
auf seine rechte Flanke zum Abzug gezwungen. Am 6. September
bildeten L and II. Korps und die KaTalleiiedivision eine Armee-
Abteilung unter General Pelloox, die gegen einen aus der Mobil-
miiizdlvision und die je eine Division darstellenden Bersagiieri-Regi*
menter G und 7 unter Zugabe der nötigen Kavallerie gebildeten,
markierten, zur Verteidigung von Turin bestimmten Feind vorjrin^.
Das Vorgehen des Angreifers erfolgte mit Staffeln vom rechten Flügel
gegen den linken des Gegners, rechts ging das I. Korps von La
Loggia und Vinuova Uber Michelino vor, links davon die 3. und
4. Division auf der Stralse westlich Stupinigi mit dem Ziel, den
Sangone zu Uberschreiten und den rechten südlichen Flügel zu um-
fassen. Besonders bemerkenswert war der Moment, in welchem
Pelloux aut dem Hochplateau von Drosso 2 Divisionen mit sehr
starker Artillerie vereinif^t hatte und dann zum Stöfs gefcen die
rechte Flanke des Verteidigers schritt, der zu eiligem Al>zu<r ire-
zwungeu wurde. — Wenn der Ausdauer, Disziplin und dem taktischen
Verhalten aller Truppen bei den Manövern einschl. Mohilmiliz, selbst
auch vom Könifre aus^^es])rochenes höh gebUhrt, das Hervortreten
der Individualität der verschiedenen Führer in der Leitung ihrer
Trup{)en durchaus keinen Vorwurf bilden kann, so muls tloch darauf
hingewiesen werden, dals vielfach das Streben hervortrat. Brigaden
und Re^'imenter zu sehr in der Hand der Fuhrunj; massiert zu
halten und den Bataillonskommandeuren nicht immer der nöti^'e Spiel-
raum blieb. Man ist nach dieser Richtung; entschieden etwas in
das andere Extrem geraten. — Die Parade bei Turin am 8. Sep-
tember (über 50 0UO Mann) verlief glänzend für die Truppen. Be-
merkenswert ist auch, dafs in 8 Tagen der Rücktransport der Truppen
und die Entlassunj: der Leute des Beurlaubtenstandes und des ältesten
Jahrgangs l)ewirkt wurden. Die Radfahrerkompagnie, 2 Sektionen
mit starren, 2 mit zusammenklappbaren Fahrrädern, ist bei den
Manövern mehrfach in den Rücken feindlicher Infanterie und Kavallerie
gelangt, Flankenfeuer gegen feindliche anreitende Kavalk-rie. Otfnen
von Engwegen für Kavallerie, Besetzen von Brücken, Zerstörung von
Eisenbahn und Telegraphen, Flankenschutz für eigene Truppen,
Schutz der Artillerie, Herstelluni: provisorischer Übergänge, Zusammen-
bringen von ij'bersetzmaterial, Rückhalt für Kavallerie -Vorposten
waren weitere Aufgaben.
Vor Beginn der grolsen Manöver hatten sieh schon vom 1. bis
23. August die Übungen in Angriff and Verteidigung fester
Plätze bei Susa, der wichtigen Sperre der Thäler der Oora ond
Cemischia abgespielt. Beim Angriff waren beteiligt: 4 InfjMiterie-,
2 Alpenbataillone, 1 Zog Kavallerie, je 1 Brigade Feld- ond GebirgB-
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820
Haar uiid Flotte ItilieiiB im 2. Balbjalir 1809.
artillerie (6 Batt.), 4 Brigaden P'estunfrsartillerie (13 Komp.), 2 Zü^e
Artillerie-Arbeiter, 3 Kompagmien Sapourc je 1 Telegraphen- und
Mineurkompagnie, 1 Artillerie-Hela^eraug:spark, 'A Sapenr-, 1 Mineur-.
1 Telejrraphcn-Halbpark, photographische und photoelektrische Sektion,
ein Avantfrarden-Geniepark flir Gebir^stroppen, bei der Verteidigung:
3 Bataillone, 1 Znir Kavallerie, 3 Kompaornien Festunirs artillerie,
1 Genie, 1 Zü^ Teiegraphisten, 1 schwerer photoelektrischer Park.
Auch hier ist es unmöglich, auf Einzelheiten einzugehen, wichtig
ist, dafs man die Therzeugung gewann, dafs die Plätze von
Moncenisio und Susa, verstärkt durch provisorische Werke und
mobile Verteidigung, in der Lage sind, mit Erfolg auch stärkeren
Kräften den Zugang zum Pothale und nach Turin so lauge m ver-
wehren, bis starke italienische Abteilungen bereit sind.
Soviel sich bis jetzt Ubersehen läfst sind für 1900 grolse Manüver
nicht, wohl aber Feldmanüver bei allen Koq)s, griifsere Kavallerie-
Übungen, Belagerungs-Übungen und Genie-Übungen, sowie auch
Übungen in der KUstenverteidigUDg im Verein mit Fiotteuteileu
vorgesehen.
Bezüglich der Kolonie Eritrea inekleu wir, aufser der oben
aiigegeheneu organischen Gliederung der Truppen, nur kurz die neue
administrative Einteilung in die Regional Commissariate Massana
Asmara, Assab, Keren, die Bildung der oben auch schon bertlhrten
KUstenkompagnie. die Bemessung der Abgaben der Kolonie auf
587 650 E., den Beginn des Baus der Bahn Sawti-Üigsa durch Unter-
nehmer Veudelio, endlich die Keise des Gral'en von Turin durch die
Kolonie.
Bei der Marine drückt der grolse Flottenerweiterungsplan
Bettolo's der Berichtszeit einen besonderen Stempel auf. Als ein
gutes Omen für denselben kann es bezeichnet werden, dafs das
Budget 1899/1900 (wirkliche Ausgaben 119 002 826 L.) oaeb den
Erklärungen des Ministers, die schon die wichtigsten Teile seines
Programms enthielten, von der Kammer mit groiser Helnlieit) vom
Senat in geheimer Abstimmung einstimmig — ein nie da-
gewesener Vorgang — angenommen wnide. Vorab baben wir,
ohronologiacb Ter&brend, nooh den Naobtiag toh 4,7 BGIlionen lom
ICaiine-Bttdget 1898/99, bedingt doreh stilrlEere Entsendungen wibiend
des sfmnisob-ameriluuiiseben Krieges naeb China nnd Kreta, zn er-
w&hnen.
Bettolos Progammrede fan Senat vom 14. Desember, bi der Aas-
ftbmng schon angebahnt dnieh die Gesetsentwtlife, betreSiBQd die
Reformen der Marine «Verwaltang, des Personals und der Arsenal*
Arbeiter, mols ihrem Hauptinhalt nach angegeben werden. Ans-
He«r nnd Flotte Italiens im 2. üaU)jahr IH^d. 821
gebend toh der tod den Bänken des Senate ans aasgesproehener
ubenengang von der Notwendigkeit, Italien eine seinem Verteidigongs-
bedttrfiüs and seinen berechtigten Ansprttcben genügende FlotteniLraft
sa geben, betont BetoUo, dais nicbt nur finanaieUe Kalamitäten die
Ansflihrang dieses Wnnsehes Tenllgert liaben, sondern aneh die nicht
genttgende Erlcenntnis von der Bedeutung der Seemaehi £r
tritt dann dem Pessimismus entgegen, der u. A. behauptete, Italien
besitze gegenwärtig nur 2 bereite Sehlaehteebiffe und wüde in einiger
Zeit weitere 4 nnd in 6 Jahien weitere 5 haben. Wenn man 25
Jahre alte Sohiflfe mit den modernsten fremden Tergleiohen wolle,
so mttlsten dieselben natUrlicb veraltet erseheinen, der Vergleich sei
aber nur dann gerechtfertigt, wenn die fremden Nationen derartige
Schiffe Ton ihrer Flottenlisto abgesetet hätten. So lange fremde
Nationen noch mit Schiffen rechneten, die Horosini, Lanria, Andrea
Doria, Dandolo sieher Übertreffen, wäre es thöricht, diese Schiffe mit
den modernsten fremden Tergleiohen zu wollen. Italien habe eine
Phase erlebt, in welcher es mit den Fortsehritten der fremden Mächte
nicht Schritt gehalten und swar gerade in der Zeit, in welcher man
die Schnellfeuer -Artillerie und die verstärkten Panzer einftthrte.
Während man sich in Italien bei den Typs Umberto, Sardegna auf-
hielt, die dem englischen Miyestic entsprachen, schritten die anderen
Mächte vorwärts. Bettolo erklitrte nun, da(s er inneriialb des
Rahmens der finanziellen Leistungsftiiigkeit das Bestreben haben
werde, durch Ersparnisse in der Verwaltung and ohne in das lebende
Fleisch der Flotte zn schneiden, den BedUr&issen der Flotte ab-
zuhelfen. Er gewänne dnreh einen auf 4 Jahresraten zu verteilenden
VorschuDs von 40 Millionen aus dem Staatsschatz die Mittel, den
dringendsten Bedttrfnissen bald abzuhelfen, der Vorschuls werde dann
von 1905—1918 zorttckgezahlt Die QesetzentwUrfe, betreffend die
Reform des Marinepersonals und der Arsenal-Arbeiter hängen daher
mit dem Flottenprogramm eng zusammen. Nach Bettolo kann Italien,
ohne San Martino, Maria Pia n. s. w. zu rechnen, 9 Schlachtschiffe
zählen, dazu Italia und Lepanto mit ausreichender Geschwindigkeit
nach der Modernisierung, also 11; Garibaldi ondVarese treten bald
hinzu, dann also 13. In den nächsten 5 Jahren werden mit Mitteln
des Vorschusses 5 gegenwärtig in Bau begriffene Schlachtschiffe
fertig, ebenso 2 modernsten Typs ansgerttstet werden. 1903/4
würden also 20 Schlachtschilfe bereit sein nnd man ruhig in die
Zukunft blicken können. Auch die heute veraltet erscheinenden
Schiffe können in einem Seekriege nach einer Seeschlacht schwer
geschädigten feindlichen noch den Gnadenstofs gehen. Geschützte
Krenzer, einer Periode entstammend, in welcher man sich Uber die
Ja^&ehw fit di« dcatMk« AimM yod MAria«. Bd. ilf. S. 21
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822
Heer und Flotte Italiens im 2. Halbjahr 1899.
m vMksDiiea Sehiifetypen noch unklar war, bat ItaMeu genag,
andere Machte haben mehr. Die hoben Kosten der Panzer lielsett
anf den Gedanken kommen, die Unverletzbarkeit der Geschwindigkeit^
die ja aneb ein wichtiger Faktor, so opfern. Yaln nnd Santiago
haben bewiesen, dals die geschttteten Kreuzer als moderne Sehlachl-
schiffe nicht betrachtet werden können, itlr politische Ifissionen
haben sie Werk Dagegen wird der Destroyer bei den Seeoperationen
eine grolse RoUe spielen, Italien mnls eine grobe 2Sahl dieses tj^
haben. 10 sind in Ban, weitere sollen in Auftrag gegeben werden.
Wenn man sich mit Recht Uber die Langsamkeit des Schiflbbans
beklage, so dttrfie nicht vergessen werden, da(s man fBot Schiflsban
23 Hillionen zor Verfllgnng habe, in den Arsenalen (4 nnd eine
Staatswerft) 18000 Arbeiter verzeichne, die von dieser Summe sehr
viel absorbierten. Er habe daher festgestellt, wie grols die Zahl der
Arbeiter itir Nenbanten nnd Instandhaltung sdn dürfe. Bei Sardegna,
Saint Bon entfielen ■/« Ausgaben auf Arsenalarbeiten, */•
Material wie Maschinen, Panzer, Armierung, */, des Werts der Schiffe
auf Arbeitslöhne. Bei Instandhaltung der Schiffe kommen etwa
8 Millionen auf die Arsenale, bei Sebübersatzban von ^*
lionen, Summa 12 BfUlionen, der Überschnls 6 Millionen sei also zn
ersparen^ daher die Notwendigkeit, sich auf 12000 Arbeiter zu be-
schränken, wie der betreffende Gesetzentwurf TorschUgt. Nach dieser
U( (laktioD könnte mau die Arbeitskräfte intensiver ausnutzen, die
Jsteparnisse auf Sohiffsbaa verwenden. Die für Instandhaltung aus-
geworfene Samme (13 M.) entspreche nicht 3"/» des Wertes, schon
im DächstfMi Budget würden 20 Millionen erscheinen. Bettolo giebt
dann das Versprechen, Personal and Material daaemd in Übung zu
halten, die zur Verfna-nii«: stehenden Mittel möglichst nutzbar zu ver-
brauchen ohne Rücksicht auf Popalarität.
Bettolos Programm sieht für 1899/1000—1902/3 im Extra-
ordinarium jährlich ein Mehr von 10 Millionen vor und schlägt vor,
dafs in den Ordinarien der Budgets 1899/1900—1908/4 unter £in-
rechnung der noch vom Gesetz vom 18. Juli 1891 übrigen Summe,
zu verwenden seien: 1899/1900 = 23,5, 1900/1 = 24,5, 1901/2
= 24,4, 1902/3 = 24, 1903/4 = 24 Millonen L., so dafis in den
4 ersten Jahren also, unter Hinzurechnung der 40 Millionen Vor-
schuls verbraucht würden 136,8 Millionen, in den 14 folgenden Jahren
3 Millonen wenip:er, die aber durch Ersparnisse in der Verwaltung
weitaus trodcekt werden, da diese 9 — 10 Millionen betragen werden.
Erwähnen wir hier gleich noch, dafs 1900 der Flotte hinzutreten:
Schlachtschiff St. Bon, Schiffe II. Kl. Emanuele Filiberto. Vettor
Pisani, Garibaldi, Varese, 5. lüasse (kleine Kreuzer) Agordat, Coatit,
L/'iyiki<_cCi Ly
Heer md Flolte Italiens Im S. Halbjahr 1899.
328
6 Dfstroyers, cme Anzahl lloehseetorpedoboote, im Bau sein werden,
aulser Destroyers, 8ehifie 1. Klasse Kegina MarL^herita. Benedetto
Brin. H Schiffe II. Klasse, deren IMäne fertig, um uns dann kurz den
Gest tzeiihvUrfen vom 28. November, betreffend die Keorganisatinn
des Marincpersonals und die Reduktion der Arsenalarbeiter auf 12ÜU0
zuzuwenden. Ersterer ersetzt das Gesetz vom 3. Februar 1S7H,
nimmt definitiv den oberen Marinerat und den Admiralstab auf,
trennt das Maschinistenkorps von den Schiflsing:enieuren, stellt das
Civilpersonal der N'erwaltung und des Arsenals auf eine feste öko-
nomische Grundlage, erzielt, bei Stei;j:eruug der Leistun^^en, wesent-
liche Ersparnisse, lälst dem Minister Spielraum, je nach Entvvickeluiii:
der Seemacht die Bemessung der militärischen Formationen in jedem
Budget vorzu8chla<ren. während fllr das Civilpersonal ein fester Etat
besteht. Die Ersparnisse berechnet Bettolo steigend auf tiber
6 Millionen.
Aus dem Gesetzentwurf ersieht man, dafs der Minister, aufser
Uber den Unterstaatssekretär, Uber den oberen Marinerat (Gut-
achten über Sehiffsleute, (iesetze, Reglements, alle die Flottenkraft
betreffenden Fragen), die Admiralstabsabteilung (Studien Uber
Kriegsvorbereitung, Seekriegführung), die Generaldirektion, Direktion
und Abteilungen der Centralver^valtung, Kommandos der Marine-
departements und der Flottenteile als Organe verfügt. Die mili-
tärischen Kori)s der Flotte umfassen: Admiralität, Admiralstab,
Maschinistenkorps, Corpo Reali Equijtaggi, See - Ingenieurkorps.
Sanität»-. Kommissariatskorps. Für HKM)/1 hat der Minister in der
Verwaltung schon :J,5 Millionen Ersparnisse angesetzt. Durch Dekret
vom 17. Dezember wurde auf Grund des Budgets das Seeoftizier-
korps auf 1 Admiral. 7 Vice-, 14 Contreadmirale, 58 Kapitäns zur
See, 70 Fregatten-, 75 Korrettenkapitäns, 400 Schiffsleutnants,
166 Unterleatnants, 120 Fähnriche, das Ingenieorpersonal auf 114,
Masellinenpersonal 252, SanhiltBkorps 174, Intendantur auf 291, das
OflSderkorps des Equipageokorps aof 134 EOpfe festgesetzt Pör
das Equipageokorps efäebein«!! neae Besümmimgen Uber Eintritt, ein
Gesets, betreffend Kapitolationen, ein nenes organisclies Reglement
and ein Dekret} betreffend Heiraten; fkir das Marineministeriom ein
Dekret, betreifend die innere Organisation, ftr Marine-Akademie nnd
MaseiilnlslenkorpB ein organisobes Cadre. Von 50 Aspiranten anf
der Marine-Akademie bestanden die Prüfung 14.
An Stapellftofen ist nnr Coatit (kL Krenzer, Castellamare, 87,6
lang, 9,3 m breit, 8000 Ind. Pferdekraft 24 Knoten) am 17. Oktober
zu Tendebnen, Masebinenproben bestanden gut Veenvio und Proyana.
Bis Mftrz 1900 liefert Sebicban 4 Destroyers, der Torpedobootigttger
21*
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824 ^® Verordanng betr. den Dienst des Generalstobes in Franicreioh.
Condor, bei Ansaldo gebaut, 2G,3 Knoten. 47 m lang, 5.5 ni breit
139 Tons, wird als neuer, vorzüglicher Typ bezeichnet. Die Krieg^s-
besetzung für die Torpedo bootsjäger Lampo, Frescia. Dardo, Strale,
Euro und Ostro wurde auf 5 Offiziere, 48 Mauu bemesseo. Ein
neuer Torpedo ist in Versuch.
Das Marine-Aushebungsgesetz für Jahrgang 1879 unterscheidet
sich nicht wesentlich von seinem V^orgänger.
Am 15. St-pteniber vereinigte sich im Golf von Gaeta das aktive,
Reserve-Geschwader und die Torpedoi»u(itstiottillen zu Manövern unter
Leitung des liiiAugs von Genua. Das aktive Geschwadii be-
stand aus Sicilia, Sardegna, i\o Umberto, Dandolo, Lauria, Dorla,
Urania, Caprerii ( \'ice-Adniiral Ma,:ija^hi).
Das ReservL'-CH'sehwader ( \ ice-Admiral Frigerio) ansLepanto,
Murosini, Maria Pia, Lorabardia, Calatafirai, Goito, Savoia, Volta,
5 Torpedoboote 1. Klasse (Typ Aquila) bildeten ein Geschwader,
36 Torpedoboote 11. Klasse 5 Flottillen. Nach den Sondertthnngen
übernahm der Herzog von Genna die Leitung, die sehr zairieden-
gtdlend verlaufenen Übungen schlosBen mit einer Elottenparade
(sa September) im Golf von Gaeta. IB,
XXVil.
Die neue Verordnung betreffend den Dienst des General-
stabs iü Frankreich.
Der Kiiegsmioiflter Galliffel bal nnteim 20. Febmar 1900 eme
nene InstmktioD für den Dienst der Stäbe TerOffentUebt» dnreb welebe
di^enigen vom 3. Jannar 1890 nnd 6. Hftn 1893 an^ieboben werden
and beBonden in dem für uns Interesee bat, was den Dienst des
Generalstabs, namentlieh im Felde beträft Als An^iabe des
Generalstabs im Felde wird in der Instmktion angegeben: Über-
mlttelnng der Befehle der FObrong, die sich anf Operationen and die
einzelnen Dienstsweige beziehen, Beschaffung und Sammeln der für
den Führer idcbtigen Nachrichten. Der Chef des Generalstabs leitet
und Uberwacht den ganzen Dienst und teilt den Greneralstabsoffizieren
ihre Aufgaben zu.
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J>]6 neae Yerordniing betr. den Dienst des Genendstabee in F^udir^h. 325
Kapitel II behandelt den sogenannten „änfseren Diensf* nnd f^ebt
an, (lals die Generalstabsoffiziere mit allen Entsendungen betraut
werden können, die die Ftlhrang für zweokmäfsig hält, besonders
auch jji die OrtsunterkUnfte und Biwaks, zu den Lazaretten, zur
VerteiluDg der Lebeosmittel und dem Nachschubsdienst, zu Gelände-
erkundungen und zur Grewinnnng von Nachrichten tiber den Feind,
ZD den Trappen in Bewegung, zur Regelung des Marsehes, zur Ver-
meidung von Kieozongen, zur Bestimmung der groben Basten, der
Unterkunftsräume, zu den Vorposten, zur Überbringung wichtiger
Befehle, Sieherstellung ihrer Ausftthrong, Beobachtung des Verlaufs
einer Aktion, endlich auch zum Gegner. Der mit einer Mission betraute
Generalstabsoffizier kann von den Truppenkommandeuren alle Aus-
kunft und Unterstützung verlangen, bei Gleichheit des Dienstgrades
fuhrt er den Befehl Uber alle an der Erfüllung des Auftrages be-
teiligten Offiziere. Uber jede Entsendung ist Bericht zu erstatten.
Die zu Truppenteilen geschickten Geueralstabsoffiziere soIIpti nur
beobachten, uicht in die Führung eingreifen, nur Befehle bringen
und auf Fragen Antworten ^^ebcn. sowie den Oberführer orientieren.
Der l'herbringer eines schriftlichen Befehls mufs dessen Inhalt auch
mündlich wiederholen können. Hat sich die Lage, auf welche sich
der Befehl bezieht, geändert oder war sie überhaupt nicht so, wie
der Belehlsgeber annahm, so hat der Offizier trotzdem den Befehl
zu Ubergeben und dann die Absichten des Betehlsgebers auseinander
zu setzen. Bezieht sich der Befehl auf etwas sofort Auszuführendes,
60 bleibt der BefehlsUberbringer, bis die Ausführung begonnen hat.
Im Generalstube eines Armee- 0 berkommandos werden
die Offiziere auf drei Bureaus verteilt. V'on diesen Bureaus bearbeitet
das erste Personal und .Material, das zweite Nachrichten und politische
Angelegenheiten, das dritte Operationen und Bewegungen, analog ist
die Einteilung bei den Generalkommandos und Divisionen, nur sind
hier das zweite und dritte Bureau vereinigt.
Die Aufgaben des ersten Bureaus erstrecken sich auf Organisation,
Tagesstarken, Verluste, Evacuierungeu, Ersatz an Leuten und Pferden,
Beförderungs- und Belohnungsvorschläge, Polizeidienst, Disziplin,
gerichtliche Angelegenheiten, Civilstandsfragen, weiter auf Munitions-
ersatz, Lebensmittel. Material aller Art, Sicherstellung, Verbrauch,
Ergänzung der Vorräte, femer auf die Korrespondenz mit den ver-
schiedenen Branchen und die Beziehungen zum Dienst auf den rück-
wärtigen \ erbindungen. Dein ersten Bureau ist auch das Kommando
des Hauptquartiers zugeteilt.
Die ,, Situation de prise d armes*' orientiert die Führung an jedem
Morgen Uber Iststärke, \orrat an Lebensmitteln und Munition,
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826 ^ >uii6 Veroidnung beta:. den Dienst des Genenlstebes in Fnnlueiefa.
wird vom Generalstab des Anneekorps zusaiumen^eblellt und anf
dem kürzesten Wege, möglichst per Telegraph dem Oberkommando
übermittelt. Alle 5 Tage wird ein allgemeiner Rapport vom General-
stab {les Oberkommandos an den Kriegsminister gesendet, eventuell
unter Aiifunlcrn von Nachersatz.
Das zweite Bureau hat neben der Bearbeitung der Nachrichten
und politiscbeu Angeletrenheiten auch noch topopraphische Autgaben,
die sieh auf alles erstrecken, was für die Orientierung über das
Gelände Bedeutung hat. Der tüpofrrai)liisclie Dienst beim Ober-
kommando hält die Karte des Kriegstheaters auf dem Laufenden,
entwirft die Operationsskizzen, die tägliche l 'nterbringung der Truppen
nach Mitteilungen des dritten Bureaus und die Krokis der benutzbaren
Komiuunikationei) im Bereich von 8 Tagemärschen, eingetragen
werden dann die Krokis, die für die Marsch- and Gefechtsbefehle
wichtig sein können, sowie diejenigen, die dem Marscbtableau beizu-
iiigi'ii sind. In die Operationskarten ist täglich auch die Situation
beim Gegner, soweit sie bekannt, einzutragen. Armeekorps und
Divisionen filhreii keine lautenden Operationskartell. In die Kubrik
Nachrichten uiui i)olitische Fragen gehören die Kriegsgliederung
des Gegners, seine Unterkunft und seine Bewegungen, Erkundungen,
Dolmetscher, Zeitungs-, Agentur -Nachrichten, Parlamentaire, Gefangene,
Deserteare, Verhandlungen mit CivilbehOrden im feindlichen Lande,
Kontributionen, Requisitionen. Über den geheimen Fonds fttr Nach-
riehten veifUgt der Chef des Generalstoba.
Zn den Aufgaben des dritten Boreans gehört in eister Linie
die Abfassung der anf die Operationen bezaglichen Befehle
1>eKw. InstrniLtionen, es bearbeitet anch die täglich an das grobe
Hauptquartier zn richtenden Meldungen Uber den Fortgang der
Operationen und führt das Marsch- and Operation^onmal
Wir Übergeben hier die detailierten Weisongen für die Einriehtomg
der Bnreaasy fttr die Einrichtung and das Joamalisieren des Sehrifk-
Verkehrs, die Obermittelang der Konespondenz, die Angaben ttber
die Schrifkstttoke, welche die Fflhrer selbst su nnteizeiclinen haben,
die Dienstvorschrift ftlr die Kommandanten des Hauptquartiers und
die Weisungen für die tilgliche Entsendung eines Offiziers ron jedem
Stabe zur vorgesetzten Dienststelle, um ans Kapitel V, Befehle
zuzuwenden.
Nach der lostrulLtion werden die Entscheidmigen des Ober^
Itommandos den interessierten Stellen entweder in der Form von
B efeh len, oder von Instruktionen mitgeteilt, leteteres, wenn nur das
zu erreichende Ziel, nicht anch der Weg zu demselben näher bezeichnet
werden soU. Befehle und Instruktionen sind, auch wenn sie mttnd-
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Die aeno YocordnoDg betr. den Dienst des Generalstabee In Frtnkreieli. 327
lioh erfolgen, Ton der befehlenden Stelle sehriftlich niedenolegen,
Regel ist der schriftliche Befehl. Die aaf die Operationen bezüg-
lichen Befehle, allgemeine oder spezielle (Marsch-, UnterkonflB-,
Gefechts-, Vorposten-Befehle, Weisungen fUr Verpflegong und Eva-
eaiemng) sind in dem Register der Operationsbefehle. Tagesbeiehle
werden in extenso mitgeteili
Die von dem Oberkommando zn erlassenden Operationsbefehle
oder Operations-lnstmktionen sind entweder allgemein für die ganze
Armee gUltige, oder spezielle, nur auf einen Teil der Armee, oder
eine der Branchen sieh beziehende. Abfr( sehen von besonderer
Weisong des Oberkommandos werden diese Befehle nor den General-
kommandos und den interessierten Teilen zor Kenntnis gebracht
Befehle und Instroktionpii der Armee-Oberkonunandos können sich
anf mehrere Tage erstrecken.
Beim Armeekorps werden die Operationen täglich durch einen
allgemeinen Befehl und wenn nöti^, noch durch spezielle Befehle
und Instruktionen geregelt. Die Befehle gehen ihrem ganzen Inhalt
nach an die Divisionen, die Kommandeure der Korpskavallerie-Brigade,
der Artillerie und des Genies, im Auszug an den Intendanten,
Generalarzt, Post und Telegraphie. Spezielle Befehle oder In-
struktionen bestimmen, wenn nöt'vj:, die Aufgabe, die im allgemeinen
Befehl nur summarisch angeg:el>('n wurde, näher und bezeichnen die
Punkte, auf welche besonders /u arhteu ist, um den Absichten des
Befehlenden zu entsprechen. Sie gehn im allgemeinen den Instanzen-
zug- Spezielle Befehle erhalten der Artilleriepark, eventuell auch
der Genie-Park und BrUckentrain (welche beiden gewöhnlich zur
kleinen Bagage rechnen), die Trains (incl. Bekleidunfrsvorrat,
Schlachtvieh, Feldbäckerei, Pferdedepot, Feldlazarette). Bei den Train.s
werden auch die Bewegrun^ren der einzelnen StatVeln befohlen. Die
weiter nach unten gehenden Befehle sollen nur das enthalten, was
die Truppen wissen müssen. Wenn der definitive Befehl nicht zeitig
genug abgesendet werden kann — was die lustruktion als die
Kegel bezeichnet — so muls ein ,-vorläufiger Befehl" rechtzeitig
gegeben werden, der die zum Inmarschsetzen der Truppen nötigen An-
gaben enthält.
Operationsbefehle sollen im allgemeinen enthalten: Zweck der
Operation, \\ Cisun-ren für die AusfUhrung, Vorschriften ftlr Ver-
pflegungund Evaeuirungen. Bezüglich der Ueihenfolge in den Operations-
befehlen giebt die Instruktion folgende Fingerzeige : Nachrichten Uber
den Gegner, eigene Aufgabe, soweit die unteren Stellen diese kennen
müssen, eigene Absieht, Aufgabe für die Ka\allerie, Zusammen-
setzung uud Gliederung der Marschkolonne bezw. der Marschkolonnen,
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828 Die neu« Verordniuif ^etr. den Dienst des Generalstobee In Fmdoprieh.
Befehl fttr den Marseb, Angabe der einzoschlagendeo Wege, Platz
für die grofse Bagage, Aufbrachszeit, bezw. Zeit, zn welcher die
wichtigsten Glieder der Marschkolonne einen bestimmten Pnnkt zu
erreichen haben, Basten, Aufenthalt des Führers, besondere Aufträge
fttr die Avantgarde. Arrieregarde, Flankendeokimgen, erentneli Ver-
bindung der Marschkolonnen untereinander.
Befehle für die Unterkunft grenzen die Unterkunftsräume für
die grofsen Verbände ab, bestimme!! die Unterkanft der Sföbe, die
Sicherungslinien und das Verbleiben der Kolonnen und Trains.
Gefechtsbefehle sollen enthalten die Punkte, welche die
Avantgarden anzugreifen, bezw. zu besetzen haben, Aufmarsch-
räume für das Gros, Bezeichnung der nüohsten Gefechtsziele, Aufent-
halt des Fuhrers.
Für die einzelnen Branchen ist zu befehlen (und soweit nötig,
den Truppen mitzuteilen) a) Munitionsersatz, b) N'erpfiegungsart, Em-
pfang lind Ersatz der Lebensmittel, c) Bewegungen der Trains,
d) Fuiiktioiiit ren des Sanitäts-, £iseubabn- und Ü^tappendieustes, der
Telegraphic und der Post.
Marsch- und Unterkunftebefehle können, wenn nio^^lich. in der
Form von Tabellen gegeben werden. Neue Nachrichten vom Gegner
machen es eventuell nötig, dem ersten Befehl noch einen zweiten
folgen zu lassen.
Von Interesse sind auch die Fingerzeige für die Abfassung der
Befehle: Volles und genaues Ausschreiben der Bezeichnung von
Ortlichkeiten (eventuell in den Grenzbezirken in 2 Sprachen), Angabe
der benutzten Karte, Angabe der in der Nähe liegenden gxols-
gedruckten Orte zur leichteren Aultindung von kleineren, ebenso bei
Höhenbezeichnungen, Angabe der Himmelsrichtung statt rechts, links,
vorwärts, rückwärts, die Zeiten in Zahlen und in Buchstaben schreiben
und hinzufügen. Matin von 12* Uhr nachts bis 11*' mittags und
soir fllr die Zeit von 12" Uhr mittags bis II" nachts.
Die Übermittelung der Befehle erfolgt durch die von den unteren
Stäben zu den oberen täglich gesendeten Offiziere, treffen sie nicht
rechtzeitig ein, so überbringt ein Offizier des Stabes des Belehlenden
den Befehl. Die Operationsbefehle werden an das grofse Haupt-
quartier gemeldet und den Neben-Armeen mitgeteilt, von den
Generalkommandos dem Oberkommando und den Nebeukorjis. vou
den Divisionen dem eigenen Generalkommando und den anderen
Divisionen des Korps.
Jeder Führer muis Uber die eigenen Truppen, die nächsten
anderen und über den Gegner orientiert sein. Alle Nachrichten vom
Feinde werden beim Generalstabe, dem sie zugehen, geordnet, ge-
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OfSxiere bOrgeriieber Herkunft in der Armee Friedrich Wiibelms I eto. 329
sichtet, TergUohen and so ein Bild gewonnen. Jede Naehriobt Uber
den Gegner ist ron dem Meldenden an den eigenen Voigeeelstenf
eventnell aaeh direkt an die Oberftlurang nnd die zonSebst geflUirdeten
Truppen zn Übermitteln. Jede telegrapbiscbe Hittdlnng mab briefliob
noob einmal wiederholt werden, kein Generalstabebnreaa darf im
Kriege ein Telegramm absenden, anter welobes der Chti des
Generalstabs nicbt sein „Visom" gesetzt bat In jedem Generalstab
ttbemimmt dn Oflider, eyentaell aaeb nocb ein Arobivist, den Tages-
dienst nnd hat dann aaeb im Borean sa nttebtigen nnd dalttr zn
sorgen, dafo danemd Befeblsttberbringer, Reiter oder Radfahrer,
bereit sind, wichtige Befehle sind aber nar Offizieren anzayertraaen.
18.
XXVJU.
Offiziere bürgerlicher Herkunft in der Armee Friedricli
Wilhelms L und Friedriciis d. Gr.
Tn
E. Schnaekenbarg, Oberstleatnant a. D.
Nach weit verbreiteter Ansicht wären in der altpreuTsischen
Armee Offiziere bürgerlicher Hcrkonft nnr bei der Artillerie, den In-
geniearen, den Garnison-Regimentern und den Hasareu zugelassen
worden.^) Diese Ansicht bedarf der Berichtigoog.
1) Im In^enienrkorps and Mineurkorps dienten nach der Rangliste 1788 (JEn-
ataad dtr KgL PraolaiMhea AraiM*) 78 Oflisiere, davon 87 Bürgerltohe. Babn
Gamlaon-Regt. v. Kowalsky iNo. 7) von 17 Kapitäns 7, beim Gamisun-Regt. y.
Hencking (No. 8)>on 11 Stabsoffizieren 4, von 13 Kapitäns 9 Bürgerliche Bei der
Artillerie (Feld- und Gnmi=?on-Art ) waren von 81 Stabsoffizieren und Kapitäns
54 Nicbtedelleate, beim Jä^erkorps zu Fuia von 9 ätabsottizieren and Kapitäns
6. bflim Zietan-Hnaareii-Regt. l Major und 6 Btttmeiater, bei Üaedom-Hnaana
(No. 8) 4 BIttmeiater, bei den Bosniaken 5 (die Lentnaata und ?^ä]mriohar
bexw. Comets aind in dieser alten Rangliste nicht aufgefllhrt). Aehnlich lagos
die Yerbältaiaae bei den übrigen Begimentem dieser Trappengattongeo.
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^30 Offldera bttrgerJtoher Herkunft in der Armee FHedtioli mnihebne L ete.
Das Offizierkorps der preulsischen Armee war im 18. Jahr*
hoodert allerdings grölstenteils adeliger Gebart Da der brandeo-
bargisch-preolsiacbe Staat im Kriege grofs geworden war, so er-
sebeint es ganz natürlich, dals der zaUreiobe, keineswegs durch
Vennßgen hcirtinstigte märivische, pommersebe und preufsiscbe Adel,
den Oevvohnlieit, Sitte und Bedürfnis durch alle Generationen zum
Waffendienste geführt hatten, mit Vorliebe dem Offizierstande sieh
widmete. Irrtümlich ist aber die Ansicht, dafs bei den Infanterie-
(Feld-)Kegimentern and der Kavallerie Bürgerliche garnicht ge-
duldet worden seien. Den Gegenbeweis liefern die alten ge-
schriebenen Ranglisten dieser Regimenter.
Friedrich Wilhelm I. schlofs die Bürgerlichen nicht aus
vom Uftiziersstande, er verfügte sogar zuweilen, dafs bei ent-
stehenden Lücken im Ofiizierkorps Uiiteroffr/iere bürgerlicher
Herkunft zu Offizieren vorgeschlagen werden sollten, wie sieh
aus einem Schreiben an den General - Major Prinzen von
Holstein, d. d. Potsdam den 1*>. Februar 1727, er;.nebt:'t ..Durch-
lauchtigster Fürst, freundlich lieber Vetter. Euer Liebden sollen
Mir von dem Kegiment 10 Unteroffiziere vorschlagen, die capable
sind, dafs ich sie zu Officiers machen kann. Vier davon sollen
keine Edelleute sein; es müssen aber selt)ii:e recht dUchtige Leute
sein, und soviel möglich die sihoa in canijjaune gewesen und die
capable sind, dals ich sie gleich zu Lieutenants machen kann, davon
Euer Liebden auch versichert sein müssen, dals sie keine Brand-
weinsäufer sind, wie sie denn auch nicht zu jung sein müssen.
Euer Liebden soll mir also ihre Namen und wo sie zu Hause ge-
hören, mit dem Fordersahmsten einschicken, inzwischen dieses geheim
halten, dals es niemand erfährt. Ich bin übrigens Euer Liebden
freundlich williger Vetter Friedrich Wilhelm." — Das Regiment Prinz
von Holstein war eines der ältesten Regimenter der Armee, es
führte die Stammnummer 11, war 1685 errichtet worden und stand
in Ostpreufsen (Königsberg) in Garnison. Es ist anzunehmen, dafs
den andern Regimentern ähnliche Weisungen zugegangen sind.
Dem hier gemachten Vorschlage entspricht auch der Inhalt
eines Schreibens, das der Kronprinz Friedrich 1739 an
seinen \ ater richtet: ,.Was das avancement der officirers betrift,
so Wolte Meinen Allergnädigsten \'ahter gebehten haben, ob er
Wollte die Gnahde haben und den Feldwebel Schiling, welchen
ich Meinen allergnädigsten Vahter bei der Re\'ue prescntiret, und
welcher mihr dieses Jahr die grölsten and besten Recmbten bei dem
1) Man. boru.sa. toi. 506.
Oflbiere bttigeriieher HoriLunft in der Armee Friedrich WUlielmB I. ete. 33 1
Begiment geworben hat, wie Es Hein^alleigniUligBter Vater aach bei der
Revae selber sehen wird, ob Hein allergnSdigster Vater Wolte die gnade
haben, ihn znm Leutnant zu machen, so wtlide er rieh gern gefallen
lassen, nihmalen weiter zn avansiren nnd wollte ich ihn in solchem
Falle bei der Grenadir^Gompagnie setzen, faidem es gewifs ein recht
braver nnd tüchtiger Kerl ist. Und wegen des anderen of&eirers
wolte Meinen aUergnftdigsten Vater den Unterofisier Wictor vohr-
geschlagen haben, vohr welchen der König Stanislaus als anch der
Graf Affalinsqni mihr vielle Briwe geschriben haben and grofse
promesen gethan, mihr danach in der Werbung anf aller Art behtUf>
lieh zu sein." (Das kronprinzliche Regiment [Stamm numraer 18] war
eins der hervorragendsten Regimenter; es wurde bekanntlich beim
Kegierongsantritt Friedrichs d. Gr. znm „Regiment Garde zn Fnls'*
gemacht)
Die Reglements von 1726 nnd 1727 für die Infanterie und
Kavallerie (Kürassiere) bestimmen ausdrücklich, dals Unteroffi/.iere
anch anadeliger Gebort, wofern sie sich durch Leistungen, Fähig*
keiten, gnte Führung und erlangte Dienst- und Kriegser&hrong vor-
teilhaft auszeichnen, dem Könige zur Beförderung zum Offizier in
Vorschlag gebracht werden sollen. In § 3 der „Instruction, Vor die
sämpti Chefs und Commandenrs derer 5 Regimenter Infanterie, so
mit zu Felde gehen", vom 8. März 1734, heilst es: ,,Wan sich Unter-
Oftiziers, sie sein von Adel oder nicht, wUrcklich Distingoiren, so
sollen die Chets und Commandeurs deren Regimenter solches an Sr.
Köngl. Majestät berichten, auch bei vorfallenden Avancements auf
sie reflectiren und sie dazu vorschlagen."
Die Reglements Friedrich d. Gr bestimmten in diesem
Sinne: .,Wenn ein Unteroffizier, wrkhcr kein EdehnaiHi. irrosse
Meriten und einen ofTenen Kopt, auch dabei ein gut Exterieur und
wenigstens 12 Jahre gedimt hat, injrleichen kein Braudeweinsäufer
ist, so soll solcher zum St-cuud-Leutnant Sr. Königl. Majestät vor-
geschlagen w«.'rden." — In einem Armeebefehl bei Beginn des baye-
rischen Erblolgekrieges, vom ä. Februar 1778, heifst es femer:
„Sollten sich mank den ruti-roffizieren welche so hervorthun, dafs
sie sich sehr distinguiren, so sollen sie nicht allein OfHzier werden,
sondern auch eines Adelspatentes sich verdient machen." — Bekannt
ist, dafs der König zahlreichen Offizieren bürgerlicher Herkunft den
Adelsbrief verlieh, geniäls seinem Grundsatze: ,,0n devient noble par
r^p^e et non par la pluine - ivergl. Fridericus Rex und sein Heer
von E. Gr. Lippe- Weilsenfe ki). — Professor Preuls führt im Anhange
zu seinem Werke „Friedrich der Grolle" mehrere hundert dieses
Schwertadeis namentlich auf.
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882 Ofliiieie bOigoriieher H«ikiiiift in der Anno« FUedrloh WlllMims I. eto.
Bei der Durchsicht alter Kanglisten und He^Mmentsgeschichten
fand ich in der Geschichte und Nachrichten von dem Könipl. preuss
Infunterie-Kecrimente Fürst Franz Adolph von Anhalt-Bernburg von
der Zeit seiner Stiftung bis zum 18. August des Jahres 1767" unter
3ii7 Offizieren der Zeit von 1706 — 1767 SB bürgerliche Namen,
sämtlich in der Leutnants- und Kapitäns-Charge. — Die Kaii^'liste
des Berliner Regiments No. 13 vom Jahre 1720 (Kegt. v. Panuwitz)
nennt 4 Bürgerliche: Kapitän Daniel Lipp, Leutnant« Grevinger,
Kademacher und Rose. Die Rangliste 1740 desselben Regiments
ftlhrt letztfrcnannteu Rose als Chef der 6. Kompagnie auf, 1749 wird
in der .jAbgangsliste" der mittlerweile preadelte Kapitän Rose als
Oberst von Rose und „dimittirt"' genannt. In der Rangliste 1777
dieses Regiments fand ich drei bürgerliche Namen: l'reniierleutnant
Rüger. Sek. -Leutnant Penne und Fähnrich Kluge. Letzterer wird
als 24 Jahre alt, aus Potsdam gebürtig, mit Hjähriger Dienstzeit er-
wähnt, ist also nicht im Kriege zum Offizier befördert worden
(NB. Der Fähnrich" war damals die unterste Offizier-Charge).
Bei den Dragoner-Regimentern nennt die Rangliste 1783
im Regt. Lottura (No. 1) einen Oberstleutnant Schoenholz, im
Kegt. Borcke (No. 7) die Stabs-Kapiians Sehirmann und Mlllver-
stedt, im Regt. Platen (No. 8) den Stabs-Kapitän Meinecke. —
Der ..Gnadenbrief", welcher dem berühmten Dragoner-Regiment Bay-
reuth nach der Schlacht von llohenfriedberg verliehen wurde und
der sämtliche Offiziere namentlich aufführt, nennt 4 Offiziere bürger-
lichen Namens, die Leutnants Borchard, Köhler, Fock and
Pfeiffer. Die Rangliste 1786 weist nach beim Kürassier- Regiment
T. Baokhof einen Stabsrittmeister Bresemann, bei den Bayreath-
Dragonern die Stabsrittmeister Milow lud Ktthnbaam, beim Inl-
Regt No. 14 ^en Stabs-Kapitlln Miehaelis, Inf.-Be|^ No. 82 einen
Stalw-Ea^tKn Mttller n. 8. w.
Wie stark das burgerliehe Element im OfiBsierkoips vertreten
war, erhellt aneb ans den von mir dnrebgesehenen Berliner Zeitongen
des Jahres 1776, welche die Ernennung Ton 71 bOj^liehen Offizieren
melden. Unter den Beförderten sind 1 Waehtmeister, 2 Feldwebel,
20 Unteroffiziere, 46 der Beförderten gehörten allerdings m 8 yer-
sehiedenen Gamison-Regimentem.
Nachstehend einige Beispiele der Beförderung von Nicht-
edellenten zum Offizier, als Belohnnng für anlserordent*
liehe Verdienste Tor dem Feinde.
Der bekannteste Fall betrifit den Grenadier David Krauel rom
Grenadier-Bataillon Kahlbnts, der bei ErstOnniing des Ziska-Berges
Tor Prag, am 12. September 1744 als erster die Brustwehr erstieg, den
Otfidero bürgerlicher Herkunft in der Armee Friedrich Wilhelms 1. eto. 333
der König in den Adelstand erhob unter dem Namen „Krauel von Ziska-
berg" und denselben als Sekonde-Leutuant iu das Grenadier-ßaiaillon
V. Byla versetzte. Die „Berliner Zeitung" vom 24. September 1744
sagt (hirilber: ..Üal's ein gemeiner Soldat zuerst eine Bastion er-
stiegen und sich, nachdem all sein Pulver und Blei verschossen, mit
dem üegen in der Faust solange det'endiret, bis die übrigen gefolget
und dieses Werk erobert. Sr. Kgl. Majestät haben hierauf zur Be-
lohnung dieser heroischen That und erwiesenen grolseu Bravoor ge-
dachten Soldaten in seiner Geraeinen-Montnr an die Königliche
Marschailstafel ziehen lassen, ihn mit einer wichtigen Summe Geldes
besehenkel und zom Lientenank deklarieret; wie denn auch denelbe
besondexB toh dm GeneralfeldmusohaUs und Erbprinzen Leopold
▼OD Anbalt-Dessan Dareblanebt die Bokatenbörse erhalten haf
Ein zweiter Fall ist folgender: Im Treffen bei Keicbenberg
am 21. April wurde, so berichtet Stadliuger in seiner ,,(reschichte
des wUrttembergischen Heerwesens" (S. 46G), der an der Spitze von
drei preulsisehen Dragoner-Kegimentern fechtende Herzog Friedrich
Eugen V. Württemberg vom Feinde umringt. Sein Pferd wurde
vom Feinde erschossen, aber ein prenlsischer Dragoner eilte herbei,
spaltete einem der Heiter den Kopf und bemächtigte sieb dessen
Pferdes, worauf er das seinige dem Herzog gab, mit dem dieser niiB
auch glücklich sich durchhieb. Der König ernannte ihn dafür
zmn Lentoant. (Leider ist der Name dieses Tapferen nicht
genannt.)
Andere Fälle betrellen Unteroffiziere. Während der Blokade
von Brieg 1741 ging der Unteroffizier Zander vom Infanterie-
Keglment v. Grävenitz als geheimer Kundschafter (verkleideter Pater)
in die Festuu«;- hiiu m und brachte die genauesten ^Nachrichten Uber
ihre Beschaffenheit, auf Grund deren dieselbe iu der Nacht vom
3. zum 4. Mai erstürmt wurde. Der König ernannte ihn zum
Hauptmann und Kompagnie -Chef bei dem in Breslau stehenden
Oamison-Regiment
Im Gefecht bei Lesch, am 14. März 1742, hatte der Unter-
offizier Meilsner vom Infanterie -Regiment Truchsel's die Geistes-
gegenwart, eine umgestürzte Kanone, deren Bespannung erschossen
war, zu vernageln. Er wurde vom General v. Truchsels zum
Offizier vorgeschlagen and vom Konige bestätigt (Droyseu, Friedrich
d. Gr. I, 412).
Der im Jahre 1789 verabschiedete Major v. Buchhorst des In-
fanterie-Regiments Nr. 13, Sohn eines F'eldwebels, wurde nach Hoch-
kircb, wo das Regiment stark gelitten hatte, Sekond- Leutnant, dann
uiyiLi^ed by Google
334 Offiziere bürgerlicher Herkunft in der Armee Friedrich Wilhelms 1. etc.
Adjutant, 1773 Kapitän, 1775 wurde er geadelt, 1782 Major und
Kommandeor eines Grenadier-Bataillons.
In der Schlacht hd Leathen zeichnete Bich der Wachtmeister
Biber vom Ktlra8sier-Reg;iinentSchmettaa(TonBal8Ge8sler) beimKampi
um die Standarte des Oeterreichischen Dragoner-Begimenta Ldwensteln
so ans, dafs ihn der KOnig mit Obergehong der Charge als Komet
zum Leutnant beförderte. — Das gleiche geschah nach der Schlacht
bei CSzaalan beim Dragoner-Regiment Werdeck; hier wnrden
6 Wachtmeister und Korporale, mit Obergebang der Ffthnrichs-Charge^
sam Lentnaot befördert (Kähler, Gesch. d. Uthanischen Dragoner-
Kegiments I, 74).
General (v.) Kohdich, Sohn eines Feldwebels, hatte von der
Pike anf gedient, wnrde 1779 als Generalroi^or Chef des Grenadier^
Garde-Bataillons, starb 1796 als G^eral der Infanterie nnd Kriegs-
minister. — Tobia8(v.) K ttm pe 1 , ehedemTambour, starb 1804 zn Potsdam
als Generalmigor a. D. 1808 erhielt er noch das von Prinz Heinrich
testamentarisch ansgesetzte Legat von 2000 Thalem för deigenigen
Offizier, der 1762 den Mnldettbergang mitgemacht and in der Schlacht
bei Freibelg mitgefocbten. (Kttmpel war damals JSgerkapitftn im
y. KleistBchen Freikorps gewesen). — Der 1746 rerstorbene General-
major Emst Ludwig t. GOtze, Bitter des Ordens ponr le mörite,
entstammte einer bürgerlichen Berliner Familie, er wnrde 1722 in
den Adelstand erhoben. — Johann Emst t. Alemann, General-
mijor, Ghef eines Dragoner-Begiments nnd Bitter des Ordens ponr
le möiite, gestorben 1756 nach 53 jähriger Dienstzeit, war ebenfoUs
bttigerlicher Herkunft and warde von Friedrich Wilhelm L geadelt
— Ebenso General Friedrich (y.) Engeln, Chd des Kttrassier-Begi-
ments Nr. 8, erst als Stabsoflider geadelt (f 1784). — Stolhofen,
Generalmajor nnd Kommandenr des Infmterie-Begiments Nr. 1,
Bitter des Ordens ponr le mörite, war bei einem Feld-Begiment ein-
getreten nnd wurde erst 1744 bei der RcTue, nach seiner Beförderung
zum Major, geadelt, sein Vater war Prediger. — Der General Mayr,
Chef eines Freibataillons, ein hervorragend tttchtiger Ftthrer, war ein
Bastard, der seinen Vator nicht einmal kannte.
DaCs der König die bürgerlichen Elemente in dem Oifizierkorps
keineswegs nach dem Kriege wieder za beseitigen strebte, im Gegen-
teil den dahin abzielenden Bestrebungen der Begimenter energisch
entgegentrat, erhellt aus einem Schreiben an den Kayallerie>In*
spektcur. General-Major v. Löllhöfel, d, d. Potsdam, 18. November
1772. — Es waren nämlich bei dem zur Inspektion dieses Generals
gehörenden Husaren- Regiment y. Bellings das 1770 zur OkkapatioD
der polntsohen Nachbaiprovinsen verwendet worden war, arge Ans»
üigiiizeü by Google
Ottsiere bürgerlicher Uerkunft in der Armee Friedrich Wilhelms I. etc. 335
sehrehungeD, ongereohte BeitreiboDgen, PlnndeningeD nod übnliebe
BedrttekmigeD Yorgekommen. Der in hohem Grade enUmte Kiiuig
liefe das Regiment seine volle Ungnade itlhlen nnd veriangte, dab
die Soholdigen sn strenger Verantwortung gezogen würden und
sehreibt an LOllhOfel: ^ ist kemesiiv-egs meine Intention, nnd habt Ihr
solche gaas nnreeht Terstanden, wenn Ihr Inhalts Enren Berichtes
vom 14. d. IL nnter denen vom BeUingscben Regimente wegza-
schaffenden Offizieren nnr diejenigen bflrgerlichen Standes nnd
sogar solche, welche dnrch ihre rechtschaffenen Dienste
nnd bravonr sn offioiers aTanciret sind, wegznschaffen mir
in Vorschlag bringt; sondern ich will alle die officiers, adeliohen
nnd bttrgerliohen Standes, welche sich Plttndereien oder Erpressungen
nnd anderer dergL niederträchtiger Behandinngen hi Polen theilhafitig
gemacht, wissen, nnd davon werdet Ihr demnach mir eine Liste ein-
snschicken nicht ermangeln, weil ich dergleichen Offiziers als Meines
Dienstes nnwttrdig beim Begimente sn dulden nicht gewillt bin.*'
(NB. Unter den bei dieser Gelegenheit yerabschiedeten Oflfideren^
befand sich der Bittmeister von BIttcher, spätere FeldmarsehalL)
Der Offizier war folglich als ein Mann ?on Ehre dem KOnige
gleich, ob er nnn adeliger oder bttrgerlicber Herkunft war.
SAne Ausnahme ron dieser Regel machten die Offiziere
der Freikorps, anter denen sich allerdings viele sehr zweifelhafte
PersOnlichkeÜen beiden. Das Offizierkorps der Frmkorps wurde zu-
meist ans fremdländischen Offizieren ergänzt, zum Teil waren es Aben-
teurer, die Sucht nach Beute und Gewinn gelockt hatte. Welcher Art
die von den alten Regimentern zu den Freikorps abgegebenen Offiziere
waren, erhellt aus einer schriftlichen Äulserung des Königs vom Jahre
1758. Er schreibt dem Grafen Dohna, der ihm einen guten und soliden
Offizier znm Ubertritt in die Freitrappen vorschlägt: „Ihr müsset
den Brigademajor v. Kalckstein nicht zu dem (B*rei) Ke^riment
Hordt setzen, denn Ich zu den Frei-Bataillons gern brare nnd deter-
minierte Offiziers gebe, die aber liederlieb nnd bei guten Feld*
Regimentern nicht mehr zo gebrauchen sind."^)
Als nach dem bayerischen Erbfolgekrieg die nur für die Kriesrs-
dauer ang:eworbenen Freikorps wieder aufgelöst wurden, schreibt
der Köllig' dem General der Infanterie von Tanentzien am 24. Mai
1779: „Die Offiziere der Freikorps werden entlassen, weil das ge-
wt^hnlich liederliches und schiechtes Zeug ist, so darum ausrangirt
Vergl. „Forschungen zm brandenburgiscben und preui'sisohen Ge-
•efatehte.« 12. Bd. S. 97iK: ^Hlehers Austritt ins dem Heer. Von Enut
Priedländer."
3) MarMhall SulioU, Krieg in Pommern. S. 26.
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836 Offiitere blirgeriioher HerkanH in der Annee Frlediteh Wüheliiit L eto.
werden und wo oicbt viel draa ist; ndtidii mOBset Ihr Eaeli mit
selbigen wohl in Aobt nehmen."*)
Zahlreiche tüchtige Offiziere dieser Trappen hat der Ktfnig
Übrigens bei den Feld- oder Garnisoutrappen imtergebracbt, mehrere
von ihnen haben es bis zo den höchsten Stellangen gebracht; ich
nenne nnr Coarbi^re (der spätere Feldmarschall), den bekannten Hu-
saren-General (v.) Gunther, die Generale v. Hordt and Wunsch,
ferner des Königs gelehrten, militärvvissenschaftlich hoch gebildeten
Ftennd, den Oberstleutnant Guichard, der im Tjährigen Kriege ein Frei-
regiment kommandierte und vom Könige zn seinem Flügel- Adjutanten
ernannt wurde, unter Beifügung des Namens Quintus Icilius.
£& kann allerdings nicht geleugnet werden, dafs Friedrich sich
zuweilen auch gegen die Beibehaltung nnadeliger Offiziere nach dem
TjUhrigon Kriege bestimmt ausgesprochen hat; er geriet in diesem
Punkte mit sich selbst iu Widerspruch. Niemals aber hat er die
ererbten otfiziellen. in den Reglements niedergelegten Bestimmungen
aufgegeben, wonach l)Urgerlich geborenen, bewährten Männern die
höhere militärische Laufbahn eröffnet blieb, wenn auch nickt ttberall
mit gleichen Erleichterungen, wie dem Adel.
Friedrieh war dem Grundsatz getreu, das Talent Uberall zo
fbrdern; es ist mir kein einziges Beispiel bekannt^ dals das Ver-
dienst hätte der „Geburt" weichen müssen.
Wiederholt aber äulsert sieh der König, dals das ..Verdienst"
der „Crcbort" voran gehen inllssp. so im Antimacchiavcl:^) „Je dois
aimerle sang des h^ros, mni'^j'aime eneore pluslemerite."
— Ferner in der Instruktion für die Erziehung des Thronfol|:ers:
,,La naissanee n est qu'une chimere si eile n'est pas sou-
tenue jiar le merite.'*^*) Sodann in dem Aufsatze „Sur l edueation:
..Tont serait perdu dans an ötat si la naissance derait
remporter sur le mörite.''*)
Diesen Anschauungen entsprach, wie l)ekannt die bei der Thron-
besteigung vollzogene Trawandlung des Ordens de la genörosit^,
dieses Ordens von höchst zweifelhaftem Werte, in den Orden
poar le merite.
t) Preuls. I rk.-Buch. IV. S. 228.
3) Oeuvres de Fr^dSiie le Gnnd VIII. 88.
>) A. a. 0. IX. 89.
«) A. a. 0. IX. 122.
U'l;^UlilL,o Oy
Die UeerMverhiUtnkse ülouadoni
837
XXIX.
Die Heensverhältnisse Ecaadors.
Die nach dem Äquator. — welcher das Land nahe der Haupt-
stadt durchschneidet, — benannte Kepulilik, deren Gröfse emschl.
der Gaiapagoö-lnseln 807 243 qkra. ( Grofsbritannien bat 314 628
qkm) beträgt, zählt 1 400 000 Einwohner. Die Bevölkernng
setzt sich meist aas Mischlingen zwischen Weilsen und Indianern
zasammen nnd aas Hochlandsindianern. Keine Weifse sind selten,
Neger finden sich nur in den KUstengegenden. Der Schwerpunkt
des Staats beruht auf dem dicht bevölkerten, aber sterilen Hochland,
während das westliche Küstengebiet hervorragend fruchtbar ist.
Nachdem sich die Republik, deren Ausgaben die Einnahmen
um ca. 2 Millionen jährlich Ubersteigen, in ihren Finanzen soeben
„arrangiert" hat, steht es mit diesen nicht allzuschlecht und es ist
sogar HotFnung, dafs, politische Ruhe vorausgesetzt, Ecuador besseren
Zeiten entgegengeht, nachdem sich nunmehr genügendes, ausländisches
Kapital für Hebung der reichen Miueralschätze etc. gefunden hat.
Aber mit der politischen Ruhe, da fehlt es in Stid-Amerika so gar
eicht! Das nominelle Budget arbeitet mit 4*/i Millionen Sücre,
(1 Sucre = 4 Mark), wovon 97()923 ftlr Heer und Marine entfallen.
Das stehende Heer ersetzt sich im Frieden durch Werbung.
Seine Stärke ist auf 5435 Mann festgesetzt, es waren jedoch 1898
nur 4575 Mann unter den Waffen.
An aktiven Trappen sind vorhanden
1. 3 Brigaden Artillerie mit je einem Stab von 1 Komman-
deur und 4 — 7 Offizieren (darunter ein Musikmeister) und 3 Batterien
von zasammen 330 resp. 402 Mann. In Summa (auüser den Stäben):
9 Haaptlente, 53 Leutnants nnd 1064 Mann.
Hiemi an Material: 26 Krupp-Kanonen (1880—1884) Kai. 7,5;
4 Kanonen Whitworth Kaliber 5 (Vorderlader); 5 Miftrailleasen
Kordenfild. Die Beschaffung von neaen Kiopp-GesehfltMDy wie solche
in Chile in Gebrauch sind, ist angeregt
2. 10 Bataillone Infanterie Ton ganz verschiedener Stärke»
sowohl an Offizieren wie an Mannaehafteii, formieit in d— 4 Kom-
pagnien, nebst Bataillons-Stab.
JaMUhM Ar Jfo iMtaato Asm» maA JfMda*. Bd. IM. t 22
biyiiizeü by Google
338
Die üeeresverhäitoiMie Eeu^urs.
£b weiterer Tefl der In&iiterie iit in KolooneD (7), oder anf
saUxeielie Pikets (5) und GamisoneD vezteilt^ deren Sttrke nnd
Formation dauernd weehaeü
In Samma besteht die alLtive Infoaterie ans 260 QfBsieren mid
3000 MaDDsehaften.
8. 1 Karallerie-Begiment Ana einem Stab ▼on 7 Offiiieren
ond 2 Eafcadrona mit aoeaauaen 21 Offideren nnd 162 Mann. Im
Krieg8&U wird die aktive Armee dureh die Miliz (a. nnten) ver*
aOrkt^ sowdt die Bekrutierang niefat s^nllgt In Bolehen ZdHioften
pflegt man in Slld-Amerüut aUgemein nieht yiel Umgtlinde an maehen,
geeignete Individnen werden anf den Straiaen eigrüfen nnd in den
Soldatenroek gesteckt» in dem sie sieh ttbrigens bald meist gana
Wold ffihlen. Die Kavallerie veiaehalR aieli, gleich der Artülerie,
fehlende Pferde und Manlliere anf ähnliche Art
Aach im Frieden genttgen die vorhandenen Pferde ffir die
Kavallerie in kmner Weise. Whd diese mit einem Auftrag entaandt,
so geht oft eine Bauia voraoa, bei welcher man die nütigen Vier-
ItUsler aufgreift. Der Besitser kann seine Forderung geltend machen
und erhftlt, wenn ihm das Glttck hold ist, einen geringen Eisats in
Geld. Und das im vielgepriesenen freien Amerika! —
Die Verwaltung des Heeres and seine Vertretung vor dem
Kongrels findet durch den Kriegsminister statt, dem ein Stab von
14 Offizieren zor Seite steht. In den 7 Provinzen : Carchi, Pichincha,
Tnngnrahna, Loja, Gaayas, £1 Oro, Manabi sind Militäx-Komman-
dantnren eingerichtet, fieichliches Feld-Material etc. lagert in den
grofsen Parks von Gnayaqail and Riobamba»
Um im Ernste die Reihen des Heeres anf eine grOfsere Zahl
Streiter zu bringen, ist die Miliz bestimmt, in welcher jeder Ein-
geborene zn dienen verpflichtet ist (Gesetz vom Jahre 187G).
Im Frieden sind nar die Stäbe teilweise formiert, welche in der
Stärke von 2 — 3 Offizieren, 1 Tambour etc. Uber das Land verteilt,
zugleich die Aashebangs-Listeo etc. laufend halten.
Es ist (auf dem Papier) vorgesehen die AuÜBtellung von:
88 Bataillonen Infanterie
3 Brigaden Artillerie Miliz.
9 Regimenter Kavallerie
Fttr diese sind an OfiBzieren nnd Mannschaften vorhanden:
54 Stabs-Otlfiziere des stehenden Heeres,
78 Stabs-Offiziere der Miliz,
44 Offiziere des stehendoi Heeres,
1490 Offidere der Miliz,
23 657 Mann.
L/'iyiki<_cCi Ly
Die Heeresverbältnisse Kcuadurs.
339
Die Stifke In den einseinen Provinzen ist eine sehr verschiedene,
in einifen Trnppentdlen war bei der un 29. Mai 1898 vor-
genommenen allgemeinen Mneternng ttbeilianpt niemand vorhanden,
andere lihlten 2—3 Offiziere. In der Frovini Piehineba halle die
Hills einen Bestand von 32 Stabsoffideren, 261 Offizieren, 8342
Hann, in der Ftovinz Tnngnrahna: 10 Stabsoffiziere, 123 Offiziere,
2818 Mann.
Die gesetzlich vorgesehenen Übungen finden nieht statt, was den
Wert dieser IfiUzfoimatlonen, einem emstBcben Gegner gegenüber
genügend kennzeiehnei Wenn Stimmen dnrobdringen soUten, welebe,
immer ement eine Vermlndemng aneh deo stehenden Heeres
verlangen, so wird es in einigen Jahren nm die Widerstandskraft
Ecuadors schwach bestellt sein.
Im Interesse des Landes kann man nur bolTen, dafo wenn der
Gegner anrückt, der schon jetzt in Süd-Amerika Umschan hült nnd
seine fein gesponnenen Ketee auswirft, es nieht hdlhen wird: Zu spil!
— Beiestignngen gielit es einige wertlose ans spanisoher Zelt, sie
würden niemanden bei der Landung und dem Vormarseh zu hindern
imstande sein.
Die Uniform des Heeres besteht ans dunkelblauem einr^igem
Roek und Hose. Die KnOpfe zeigen das Wappen von Ecuador.
Die Infanterie onterscheidet sich durch gelbe Kragen, Ärmel-
anlbehläge und Hosennath, die Kavallerie zdgt dasselbe bi wetts,
die Artillerie in rot. Letzlere führt am Kragen noch tSai Abzelehen,
welches eine platzende Granate darstellt
Die Käppis sind dunkelblau mit roten Abzeichen.
Die Mariüe der Republik ist wenig bedeutend und besteht aus
dem Kreuzer „Cotopani", dem Kanonenboot „Tnngnrahna" und dem
Fl ots- Dampfer „Jaramigo*^, letzterer ohne Geschütze, nor mit 6 Man-
licher (Gewehren ausgertlstet.
Der Kreuzer (10 Offiziere) ftihrt 2 schwere Nordenfild Kanonen
Kaliber G-Pfdr.. 2/(> em-Kanonen Kmpp, 2 Mitraillensen, 30 Manlicher-
Gewehre, Die Ausrüstung des Kanonenboots besteht aus 1 Kevolver-
Kanoiie Kaliber 4 cm.. 2 Mitraillecsen, 23 Manlicher-Gewehren.
UaieQ-Kommandantoren sind an 5 Seeplätzen eingerichtet worden.
Vielfach macht sich, wie oben bemerkt, entsprechend der
Stimmung in anderen Staaten Süd -Amerikas, auch in Ecuador, der
Wunsch nach Verminderung des Landheeres und Verraehrunf; der
Marine geltend. In einem von Parteien zerrissenen Land wechseln
solche Projekte mit der Mode, so auch in Quito, Parteihäupter
nehmen sie in ihr Progamm auf, die, wie in manch anderen Staaten,
22»
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840 Kiffaif leerasgesehiefaUiebe MtttniliBfBa.
aach dort, mehr vom Gefühl ihrer Unentbehrlichkeit durchdruDgen
sind, als von demjenigeD der Pflicht Ecuador ist aaf dem Lande
noch nicht genügend gefestigt, om sich schon mit grölserer Macht
auf da«? Wasser begeben zu können! Einem kräftigeren Gegner
gegenüber, wie ihn Revolotions-Truppen und wilde Indianer darstellen,
würde seine Widerstandskraft trotz des vorzüglichen Menschen-
materials nicht g» nll^'en. weshalb zu wünschen ist, dals diejenigen
Stimmen durchdringen möchten, welche vor allem in energischem
Ausbau der vorbandeoea btreitkräite das Heil des Landes erblicken.
T.
XXX.
Kleine heeresgesciiiciitliGhe Mitteilungen.
Ein Beispiel höchster Opferfreadi|^keit nid Vatorlanikliebe «is
der Zeit der Befreiungskriege. Anfang Augmt 1815 fehlte es der
preufsisobeii in Fnnkreioh stehenden Armee nnter Bltleher an den
nötigsten Bedttrfidisen, aneh der Sold Air die Truppen war seil
2 Monaten rttekstHndig. Es sollte, anf VerfUgung des Staatskanslen
Fliist r. Baldenberg, das nOtige Geld ans der Heimat bezogen werden.
— Fttrst Blttoher richtete ans seinem Hauptquartier Ghartres den
12. August 1816 das folgende Sehreiben an den EOnig:
«Ener KOnigliehe Hajestit haben AlleignSdigst befohlen, dals
dem stehenden Heere der rttokslllndlge Sold ansgeaahll werden solL
Da aber in Fhmkreieh nooh niehts eingegangen ist» so hat der Staats-
kansler Fttast r. Hardenberg dnreh den Finanzminister t. Bttlow die
nötige Summe ans dem Vaterlande sn ziehen befohlen.
Euer M^Jestit erlauben, dals ieh meine Meinung und Bitte und
die des Heeres offen und unrerhohlen Tortragen darf:
Bei unserem Vordringen in BVankreieh beseelte uns der Wunseh,
niehts fttr uns sn erwerben als Ehre, dagegen aber dem bediSqgten
Kleine heeresgesohiohtUehe Mitteilungen.
341
VaterUulde au&nhelfeD and £ver Majestät in die Lage zn setzen,
die Wunden cn heilen, die ein langes Unglttok und feindlieber Über-
mut dem Vaterlande nnd jeder einzehien Familie geecblagen baben.
Aas diesem Grande forderte ieb die Kontribution von 100 Millionen
Franken ans Paris, nnd von dieser Summe allein wttnsebe ieb nur
dnen Teil fute die Armee zu verwenden, nnd trug Euer Miueelttt eine
zweimonatliche Soldzahlung fllr die Armee vor, die aueh Allergnttdlgst
bewilligt wurde.
Da aber die TeründerteD Umstände dies unmOgUeh maehen, so
wild die ganze Armee nioht nur freudig auf ihre zweimonatliehe
Soldzahhmg Verzicht leisten, sondern wir bitten auch Euer Ki^^^^
untertbllnigst, nur so viel Geld uns verabfolgen zu lassen, als wir
fOr die Verwundeten und die nnarogttngliche Notwendigkeit bedürfen.
Wir wollen lieber uns auf das Itulserste einsehrilnken, als das
mühsam zasammengebracbte Einkommen unseres Landes nach Frank-
reich ziehen und so dieses Land bereichern, das wiederanfkeimende
Lieben unseres Vaterlandes dagegen vernichten.
gez. V. Blttoher.
Ein schöner Zag ans längst vergangenen Tagen! (v. Bredow,
Geschichte des 2. Rhein. Hu8.-Kegts. No. 9. S. 18/19.)
Eine ei^entnmliehe Sitte, welche im iranzdsischen Heere während
der ersten Hälfte des 18. Jahrhonderts in Blüte stand, war die den
hentigen Ansichten Uber Aufstellung von Nationalen nnd unserer
Aufbssnng standesamtlicher Pflichten in hohem Grade zuwiderlanfende
der willkürlichen Namensändemng beim Eintritte in das Heer. Es
war bei den Kekruten Branch geworden, dals, wenn sie dem Aller-
eludstlichsten Könige ihre Haut verkauft hatten, sie ihren Familien-
namen ablegten und einen in die Listen getragenen Namen wählten,
welcher der Stimmung and den Erwartungen Ausdruck gab, von
denen sie in diesem Augenblicke erfüllt waren. Dergleichen Be-
nennungen lauteten beispielsweise Sans-Quartier, Va-de-bon Coeur,
Beau -Visage, Brin-d'-Amonr, La Tnlipe, La Pen enehe. In einer am
5. Oktober 1899 zu Paris abgehaltenen Sitzung der fünf Akademien
verlas Henri Houseaye die Lebensbeschreibung eines derartigen
Pseudonymen, dessen nom de guerre Sans-Soucy lautete. Der Mann
hiefs ursprünglich Michel Anbry und war am 6. September 1721 in
Lothringen geboren. Mit sechzehn Jahren trat er in das Infanterie-
Regiment de Tüurnaisis, 1742 erhielt er die Hellebarde des Unter-
otfiziers. Als er, zum Ludwigsritter und zum Grenadierhauptraann anf-
gestiejren, starb, hatte er seinen früheren Namen wieder angenommen,
doch nannte er sich dann d' Anbry. Er war der Ansicht, dals die
von ihm verrichteten Heldentbaten die Beilegang des Adelstitels aus
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342
Kleine heeresgeschichtUche Mittoilnngen
eigener Machtvollkommenheit darchaas rechtfertigten. (Le Progres
militaire Nr. 1938.) 14.
Als am 24. Juni 1839 in der Schlacht von Nisib der vom
Sultau Mahmad II. ge^en die Afrypter entsandte Hafiz i*a^^ha durch
Ibrahim Pascha, den Sohn des Vizi'küui^'s Mthemet Ali geschla;:en
wurde, hatte jenem als Berater ( Mustescharj, dessen Katsehlägen
er aber nicht fol^rte, der preufsisehe Kapitän Freiherr von Moltke
zur Seite gestanden. In gleicher Eigenschaft begleitete den ägyp-
tischen Heerführer ein französischer Offizier, der Kapitän Beanfort
d'Hantpool. Nach mehr als drei(^ig Jahren begegneten sieb diese
beiden Generalstabsoffiziere and machten peraOollelie BekaiiiitBeha&
Es geschah am 23. Januar 1871 zo VenaOles, w6töa der General
de Beeofiurt den Vertreter Frankreiehe Jalee Favre beg^leltet hatte,
den Yertieter der Regierung der natbnalen Verteidigung, welcher
gekommen war, am wegen der Kapitolation Ton Paris in anter-
handeln. (Le Ganlois Nr. 6629.) 14.
Vem den hnreinknitiseheii FomeBwesen, welches aar Zeit des
italienischen Krieges Tom Jahre 1859 die Verwaltung des Öster-
reichischen Heeres TerknOeherte and die Leistangen der Truppen
beeintrilehtigte, legen an Terschiedenen Stellen Anfteichnnngen Zeug-
nis ab, welche anter dem Titel ^Altes Eisen** der K. and K. Oberst
Moritz Edler yon Aogeli als Jntimes ans Kriegs- and Frieden^jahien*'
TcrOffentlicht hat (Stattgart 1900). Zwei Beispiele daTon seien an-
geflthrt — Das Infanterie-Regiment Erzherzog Joseph Ko. 37, bei
welchem der damalige Oberlentoant Edler too Angeli stand, war
aas Prag nach dem Kriegsschaiiplatie abgerttekt, am Abend des
29. Hai 1859 mittelst Foismacsches in Bozen angekommen and vier-
ondzwanzig Standen später auf der Eisenbahn mr Befi^rdernng nach
Mailand yerJaden. Hier erfolgte die Ankauft am Morgen des 1. JnnL
Das Regiment werde einqnartiert and bedeotet^ dais der Aafenthalt
einige Zeit danem werde. Statt dessen ward am Mittag alarmiert
nnd die Nacht hindarch bis an den TIeino marschiert Eine regel-
mftbige Verpflegung hatte seit Bozm nicht stattgefimden. Es wurde
daher der Proriantoffizier der Brigade zum Empfange nach dem
Magazine Ton Abbiategrasso entsandt, auf welches die Tmppe an-
gewiesen war. Er kam jedoch nnTerriehleler Sache nnd mit leeren
Händen zurück. Die Magazinverwaltong hatte ihn abschläglich be-
schieden, weil die Verordnang, dab das I. Korps Clam Gallas,
welchem das Regiment zugeteilt war, zur italienischen Armee gehöre,
noch nicht eingegangen seL — Mehr Glttck hatte Angeli mit seinen
BeitreibnngeD. Aber eine von ihnen sollte ein Nachspiel bringen.
Sie war in der Zeit zwischen den Sdilachten too Magenta nnd Ton
cy Google
Kleine heweegeicliiehtiiehe lOttoUimgen.
84S
SoUMdo, also nhteo im Kriege, amgeflthrt und hatte unter andeieai
eiinmddreibig Oetasen eingebraehtp ttber deren Empfang oidnonga-
ml&ig qnlttlBrt war. Ah naeh FriedenaeeblnaBe mohbar woide, dab
wttluend des Feldsngee maneheriei Unterachleife und Betrttgereien
Torgekommen waren, fümdete das Rechmmgsdepartement des
Kriegeministeriams auf alle Fälle, welche zn Schttdigongea dee
Aerara Gelegenheit geboten haben konnten. So gelangte auch an
den nnnmehrigen Hanptmann Edlen von Angeli der Befehl „binnen
48 Standen standhaft za äufsern", was ans den Hänten nnd dem
Unschlitt jener einuoddreilsig Ochsen geworden sei, da „diese Be-
standteile bei der Mannschaftskost nicht niitbegriifen wären, aber
aneh nirgends zu Gnnsten des Hohen Aerars in Kechnnng gestellt
YOrkllmeo.'^ Angeli erwiderte, dais er die Ochsen lebendig abgeliefert
habe, man mOge sieb wegen weiterer Auskunft an die wenden, welche
das Fleisch gegessen, Häute und Unschlitt aber wahrscheinlieb
sarttckgelassen hätten. Damit hatte die Sache ihr Bewenden. 14.
Der Schematismns fiir das K. und R. Heer anf das Jahr 1900
Terzeichnet 33 inländische Oiden und Medaillea. Die letzteren,
welche in diesem Jahre zum erstenmale in das Buch aufgenommen
Warden, sind die nachstehend genannten : Kriegsmedaille, Erinnerungs-
medaille an den Feldzug von 1864 gegen Dänemark, Denkmünze
an die Tiroler Landesverteidigung aus den Jahren 184H und 1866,
goldene und silberne Hofmedaille, goldene und bronzene Jubilännis-
Erinnerungsmedaille für die bewaffnete Macht, Jubiläums-Erinnerungs-
medaille fllr Civil-Staatsbedienstete, Militär- Dienstzeichen fUr Oftiziere
1., 2. und Klasse, Militär-Dienstzeichen für die Mannschaft 1. und
2. Klasse, Erinnerungszeichen an den F. M. Erzherzog Albrecht,
Seereise-Denkmllnze von 1891 — 1892, im ganzen also 15 Medaillen.
Unter den Orden sind der Deutsche Orden und der Malteser Ritter-
orden verzeichnet, nicht aber das Marianerkreuz des Deutschen
Ordens. Die Kriegsmedaille ist im Heere 1420 mal vertreten, in der
Landwehr tragen sie 140 Offiziere, in beiden bis zum Hauptmann
bezw. Rittmeister abwärts. (Vedette. Nr. 200.) 14.
In der altpreufsischen Armee unterlassen die „Bestallungen" der
Offiziere einer ziemlich hohen Stempeltaxe, von :i4 Thalern. die der
Generalfeldmarschall zahlte, bis :] Thaler der Kapitän ohne Kompagnie
(Stabskapitän), während der Kapitän mit Kompagnie 6 Thaler zahlte.
Die Leutnants hatten keinen Stempel zu zahlen. — Bei Beförderungen,
femer bei Verabschiedung mit Gnadengehalt, zahlten aufserdem alle
Oftiziere vom Feldmarschall bis zum Major, ein Monatsgehalt an die
Chargenkasse. — PerrUcken zu tragen war ..nur im Notfall"
erlaubt. Das „Reglement für die KönigL Preafsiscbe leichte In-
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344 ümehaii ud iniBlirtMliDiMliflB Qcibict.
fanterie^' (1788) bestimmte: PernckeD, welche der Unteroffizier,
Hornist, Tambonr oder Geoieine zu tragen genötigt ist, moIiB der
Kapitain geben md solehes gebOrt m den Konpagnie-Unkosten."
Sehbg.
XXXI.
Dmscliau auf militärteclmischem Gebiet.
Von
Josepk Sehott, Major a. D.
L Deutschland.
In letzter Umschau haben wir Aaszüge aas dem II. Teil des
„Leitfaden ftlr den Unterricht in der Artillerie an Bord des Artillerie-
schalschifTes" (Berlin, \ erlag der k. Hofbachhandlung von
E. S. Mittler k Sohn) gegeben. Der II. Teil ist betitelt: Pulver
und Munition and von Kapitänleutiiant Aders abgefaDst, es war
noch ein Teil des Auszugs im Rückstände.
Die in der Marine angewandten FriktionszUndungen sind:
1. FriktionszUndschrauben für Rohre mit Keilverschlufs and axialer
Zündung, 2. Schlaorfihren fbr Oberzündung und fllr KeilzUndung.
An vSchlagzüuiUmgen hat man 1. Zündhütchen, 2. Zündpatronen,
3. Zündschrauben fUr die Patronen der Schnelladekanonen. Eine
Zündschraube besteht aas ZUndschraubeahUlse, Zündhütchen, Pulver-
ladang, Satzpille und deren Abscbluls.
Elektrische Zündung ist in verschiedeneu Marinen, wie En^^land,
Frankreich, Nordamerika, Osterreich, teilweise im Gebrauch, in
Deutschland im Versuch. Sie besteht entweder in der Verwendung
elektrischer Zündschrauben, welche durch Scblielsen eines Stroms
enMlndet werden, oder bei Patronenmnnition ond Httlsenkartnscben
darin» dab dnreb Stromschlols mit Hilfe eines Elektromagneten der
gespannte Seblagbolien aaageUtot wird. Der Strom wird entwoder
der Liebtieitnng entnommen, oder mit einer besonderen Zttnd-
anaflehine erzeugt. Abeolnte Siebeilidt gegen nnbeabsichtigte Tor-
seitige Zttndnng ond MOgliebkeit lofortiger meebankcher Abfeaemng
cy Google
UbmIuhi tof iBÜitlMadiBiBdMai Gablet.
34»
im Falle Versagens wenden gefordert Es tritt bei der elektriscbeo
ZünduDg ÜMt kein Abfeneningsverzog ein, da der Scbtttze die ZUd-
dang last momentaii, ebne KiattMifwand bewirkt Dm Ergebnis ist
ein genaues Abkommen, welehes naiUDtlich bei bewegtem Geschtttz-
stand, beim ScbiebeD in Seegang, znr Geltonir kommen wird. Fttr
Geschütze, welche vom Zielenden bisher nicht selbst abgefeuert
wniden, fällt der BefehlsTCrzng: und die Möglichkeit ▼on MiiBventtnd-
niesen seitens des Abfenerndeo fort. Mit dt r EioflUining verbesserter
Visiereinrichtongen and vervollkommneter Entfemnngsmesser gewinnt
die elektrisebe Zllndnng an Bedentong.
Die Patronenmnnition, wie sie bei etnem Teil der Schnellade-
kanonen angewandt wird, ergiebt ein aufserordentlich Tereinfachtes
Laden nnd viel grOfsere Ladegeschwindigkeit der Gescbtltze. Die
Patronenhülse übernimmt die Liderung, die Zündschraube braucht
nicht t"ür jeden Schnfs eingeschraubt zu werden. Ein Ansetzen des
Geschosses findet nicht statt. Ein Nachteil Hetrt in d(T rrcwichts-
vernu hruii^'. sowie in der Länpre. wodurch die I^atronenmunition t"Ür
gröfsere Kaliber unhandlic h wird Man geht daher in der Verwendung
der Patronenmonition nicht über das 15 cm Kaliber hinaus. .\uch
für dieses ist neuerdings wieder getrennte Munition beschafft. Das
Nichtansetzen der Geschosse bat leicht Ansbrennnngen im Gefolge,
da ein \'orbeischlagen von PnlTergasen an den Ftthrongsringen hier-
durch begünstigt wird.
in der Marineartillerie sind Patronen vorhanden für:
5 cm 2Scbnellade-Kanoneu L/40,
8,8 „ » » L/30,
10,5 „ „ „ L/35,
15 ., „ L/35.
Man unterscheidet: sfharfe Granatpatronen und Übungspatronen.
Die erstgenannten bestehen aus der Granate, der Patronenhülse
mit der Zündschraube, der Kartusche nebst Prefsspanboden, dem
GranatzUnder, der Verschlnfsschranbe. Die Patronenhülsen werden
aus Messingscheiben durch Ziehen hergestellt und bestehen aus Mantel
und Boden. In der Mitte des Bodens befindet sich das ZUad-
Bchrauhenlager. Die Kartuschen füllen die Patronenhülsen nicht
ganz aus und sind durch den Preisspanboden nach dem Geschois
zu abgeschlossen.
Die i buiii.'>patronen haben eine geringer bemessene Pulver-
ladung der .Schonung der Geschütze halber.
Hinsichtlich der Munition der 15, 21 und 24 om Sebnettade-
kanonen L/40 entnehmen wir folgendes : die 15 cm Sehnelladekanone
L/40 bat die 15 cm Granate L/3,2 mit Bodenzllndnng, eine Spreng-
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:S46 UmBehAtt auf mOttibtediiiisdiem Gebiet
granate (geheim 1, die 15 cm Uülsen-Kartasche mit Gefechts- und
mit ÜbaogtladiUlg. Die Granate besteht aus dem Geschofskeni mit
2 FUbrungsringen, der Bodenschraube, der Sprengladung, dem ZUnd-
schlag C/98 und dem BodenzUnder bezw. der V'erschlufsschraube.
Die Sprengladung besteht aus 1,1 kg grrob körnigem Spreogladepulver
in Ladebeuteln aas Flanell. Die HUlsenkartusche mit GefechtB'
ladnng ist zusammengesetzt aus der Kartuscbhtllse, der Palverladimgy
dem Kartuschhtllpendeckel und der Zilndschraube C/95.
Die 21 cm Schnelladekanone L/4() hat die 21 cm Granate
L/3,1 mit BodenzUnder und ZUndschlag 0/98, die 21 cm Stahl-
grranate mit F'tillnng von Sand und Säcrespäuen und die 21 cm FlUlsen-
kartusche. Die Stahl^ranate ist aus freschmiedetem Stahl herg^estellt.
Die 24 cm Schuelladekanone L' 40 hat die 24 cm (Tranatc 1^/2,8
mit BodenzUndung:, das 24 cm Stahl voH^rpsphofs (aus ^'e^chmiedetem
Stahl) L/2,4 und die 24 cm HUlsenkartusche. Auf der Spitze des
Stabivoll<rescbossps ist eine konische Kappe bet'estigt| welche das
Durch sc hiajren des Panzers begrUnstigt
\ on den besonderen Krieg-sfeuern und deren Zündungen sind für
die Marine t»csonders die Signalfeuer von Bedeutung:. Zu ihnen
gehören : Achseustabsignalraketen, Fackelfeuer, Sterusignalpatroneü
Kettungsbogeuliehte C/88 und Kanonenschläge.
Im folgenden stellen wir noch die Gewichte der gefüllten Stahi-
grauaten und ihrer Füllungen zusammen.
Gewicht
Ltd.
Beaennang der
der gefüllten
der
No.
Geschosse
Stablgrauate
Füllung
k«
1.
15 em L/3,5
50,910
0,70
2.
21 em L/2,5
96,515
1,20
3.
21 cra L/3,5
140.020
2,00
4.
24 cm L/2.5
139,521
2,70
ö.
24 cm L/3,o
215,325
3,00
6.
26 em L/2,5
187,673
3,20
7.
28 em L/2t5
234,850
8,00
8.
28 cm L/2,6
240,040
3,30
9.
28 cm L/3,5
348.944
4.00
10.
30,5 cm L/2,8
327,536
4,00
11.
30^ cm L/3|5
455,060
4^
347
In der Felddieosl-Ordnnnp 1900 ist auf die schweren
Batttfien des Feldheeres, welche von der Fulsartillerie besetzt werden,
ein erhöhter Wert gelegt Das Material besteht aas Geschützen des
Steilbogenfeoer« : der 15 cm Haabtee and dem 21 cm Mörser mit
Stahlseele, wie des Flachbahnschnssea : der sekwereo 12 cm Kanone
mit Stakiseele. Die 15 cm Haubitze hat Sprenggiaiiaten mit dicker
Wandnng und kleiner Ftiilong: and Langgranatra mit dfinner Wan>
dang nnd grolser Füilang. Die ersteren haben den Doppelzttnder.
die letzteren den Aufschlagzünder mit Verzögerung:. Das Gewicht
beider Gescholsarten ist 40 kg. Die Hauhitze wird ohne Bettung
verwendet and bedient sich zur Kiicklanfheinmnng der Fabrbremse.
Das Gesamtgrewieht ist i*G.">0 k^. Die Sprenggraiiate wird geiren
lebende g^edeekte Ziele mit Brenn-, gegen widerstan(i> fähige Ziele
mit Aufschlagzünder gebraucht. Die LanirL'rrinate ist den stärkjsten
l'el(lriiäf>i_'en Deckungen irfwaehsen. Die Haubitze vormair durch
ihre ßt we.-liehkeit und die grofse Splitterwirkung der Sprenggranate
gegen lebende Ziele in deo Kampf gegen Feldartülerie and Infanterie
anzugreifen.
Der 21 cm Mörser hat eine Sprenggranate von 78.83 kg und
eine Lauggranate von 144 kg Gewicht, beide mit Aufschlagzündern.
Seine Haupt-Aufgahe ist cegen Eindeckungen permanenter Werke,
insbesondere von ^pt rrtV»rts zu wirken. Zur Herantührung bedarf
es guter Strafsen, für die Feuertliätigkeit vorbereiteter Stellungen.
Die schwere 12 cm Kanone hat Granaten von l."),G4 kg mit
Aufschlag- und Schrapnels von 19 kg mit DoppelzUnder. Sie dient
besunders den Zwecken der Verteidigung unter Ansnutzaug des
Schrapnelschusses.
Der Versuche mit Maschinengewehren bei einzelnen Jagcr-
bataillonen (u. a. bei den vorjährigen Kaisermanövern) ist trüberhin
gedacht. Es hat den Anschein, dals die Frage ihrer Lösung näher
rückt Bereits finden Informationsknrse für Oberjäger einer Anzahl
von Batailloneu im Gehraueh des Maschinengewehres in Spandau
statt. Die Ma-chiucngewebre werden voraussichtlich bataillousweiaa
in Batterien /.usammengestellt und mit feldmäfsiger Bespannnng
versehen.
Über die Darstellung gefeclitsmftfsiger Ziele fllr die Infanten©
ist im Verlag der Königl. Hofbaebliandlang von E. S. Mittler & Soho
eine Anleitaug erschienen. Abgesehen von den ^eneluedenen Arien
▼on SdieibeD» werden nntenehieden : Erseheinende nnd fereehwin-
dfinde ZIde, bewegbare ^ele, feststehende ZaxAe, endUeh Ztelfeaer
filr Infanterie- und ftlr Artillerieziele.
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348
ünMluui «nf milttiirteoluiiMbem Gebiet
2. Oesterreich-Ungram.
Die „Mitteiluneren Uber Gegenstände des Artillerie- und Genie-
Wesens" I. Heft 1900 geben eine Übersicht der Versuche auf dem
Gebiete des Artillerie- imd Waffenwesens, wie sie vom k. n. k. tech-
nischen Militär- Komitee in den Jahren 1898 nnd 1899 durchgeführt
worden sind. Selbstredend sind die der Geheim haltnng: unterliegenden
Versuche ausgeschlossen. Aas der ßearbeitang seitens des Haapt-
manns K. Eisner entnehmen wir folgendes :
Auf dem Gebiete der Handfeuerwaffen wurde der Karabiner
M/95 nach durchgeführter Truppen-Erprobung eingeführt. Es ist
aus (lern Kepetier- Stutzen M/95 durch Ausstattung mit einer der
Kavallerie-Truppe entsprechenden Tragevorrichtung hervorgegangen.
Die verbesserte Kepetier-Pistole System G. Uoth und der
8 mm Revolver System Gasser sind der Truppen-Erprobung
unterworfen gewesen. Der 8 mm Revolver wurde dabei als eine
vollkommen brauchbare Waffe anerkannt und gelangt nach einigen
geringfügigen Änderungen als Revolver M/98 bei den Fufstruppen
zur Einführung. Die Repetier-Pistole System G. Roth galt noch als
zu kompliziert, um ihre Einführung beantragen zu können.
Die N'ersuc'he auf dem (rebiete der P^estungs- und Küsten-
geschütze umfafsten zunächst die Erprobung der 8 cm Feld-
kanone M/75 mit hydraulischer KUcklaufbremse. Dieses vor
längerer Zeit aas der FeldartilJerie ausgeschiedene Geschütz sollte
für beschränkte Aufstellnngsräume eingerichtet und ihm zugleich
eine erhöhte Feuergeschwindigkeit verliehen werden. Das Mittel
sollte die genannte Bremse sein. Wegen des geringen Rttcklaaf-
wegB igt ^ xeUtiy groto Bfemswiderstand erforderlich, daher ein
nicht iineriiebliohes Springen des ganzen Systems beim Sehnsse die
Folge. Eine Abhilfe wurde dnreb EineebaltDng ebnest FedeielUile
swiflehea Ptrotboek imd Laflfetenaehse erlangt.
Bei der 15 em Batteriehftobitze worden die im Vorfabre
begonnenen Versnehe snr EihOhnng der Seholspräzinon fbrtgeeetit
Eine solehe ErbOhong liebe sieh unter Beibehalt des normierten
Ladongsranmes dnreb Heranziebong emer weniger brisanten Polver-
Sorte erreieben, welche bei voller Ausnutzung der zollssigen Inan*
spraobnahme des Bobrmaterials die Vermebrung der Anfangs-
gescbwbdigkeit gestattet Es war dabei nOtig, aueb die Lafiete zu
Terstirken. Es worden dann auch noeh Versuche mit konstantem
und mit pffogressivem Drall vorgenommen. Der erstere zeigte sieb
im allgemeinen der Präzision günstiger, jedoob nicht in solchem
Mabe, dals es angezeigt erschienen wire, eine Anderang in Kon-
struktion der Bohrung des Greschlltzrobres Torzunehmen. — Em
L/'iyiki._cCi Ly
ünsehta auf nilttliteeliiitMheiii €M»i0t
840
anderer Versuch erstreckte sich auf die Besehränkung: des Rück-
laufs in der niederen Batterielaffete (dient zur \ erwendung als
mobiles Geschütz). Die günstigsten Ergebnisse lieferte die \er-
biudung einer Seilbrerase mit KUcklaufkeilen. Hierdurch wurde es
möglich, das Geschütz bei einem verhältnismälsig kleinen Rücklauf
selbstthätig: in die urspründliche Feuerstellung zurückzubringen, wo-
durch die Arbeit der Bedienungsmannschaft sehr erleichtert und die
Feuergeschwindigkeit des Geschützes wesentlich erhöht werden kann.
Zum Zwecke der Verwendung in Küstenbefestigungen wurde
ein 15 cm Batteriehaubitzro hr in einer Mittelpivot-Schlitten-
laffete Erprobungen unterzogen. Betreffs der ballistischen
Leistungsfähigkeit erwies sich das aptierte Geschütz der Batterie-
bezw. Panzerhaobitze vollständig ^'U*ichwertig, hinsichtlich der Aus-
dauer hat es den gestellten Anforderungen vollauf entsprochen.
Die Erprobung des 21 cm Küsten mörsers M/80 wurde fort-
gesetzt und ergaben sich dabei auch die Eiuzelbeitea der Koostruktiou
als zweckmäfsig.
Über die Erprobung eines 24 cm Mörsers, welche zum Be-
lagerungsmörser M/08 führte, ist sehr ausllihrlich berichtet. Ein-
gehende Studien und \ orversuche zur Schaffung eines Brisanz-
geschosses mit bedeutender Sprengwirkung bei gleichzeitig zufrieden-
stellender Scbufspräzision des betreffenden Geschützes auf allen Ent-
fernungen, welche den Bomben L/5 des 21 cm Mörsers mangelte,
führte zur Erprobung mehrerer Typen von Mörsern im Kaliber des
24 cm. Hieraus ist das oben genannte Geschütz hervorgeganfren.
Das S Kaliber lange stählerne Mörst-rrühr ist zur Lagerung in einer
Wiege und zur Aufnahme eines Schrauben v erschlusses eingerichtet.
Eigentümlich ist die Anwendung einer an der Verschlufsschraube
leicht abnehmbar angebrachten Liderungshülse, welche die PolTer-
ladung aufnimmt, sowie die Sperre und die SicherheitsvorrichtQDg.
Als AbfenerungsYorrichtuDg ist ein dnfacber Schlsgboken mit Spaan-
und Gegenfeder Terwendet IHe Laffete ist nach dem Ptinzip der
Yorderpivot-Wiegenlaffeten koutrolert Die Wie|;e bildet zugleich
die Obeiiaffete, welche mit ihren Sehildzaplien in Pfannen der Unter-
iaffete lagert Hydranliaehe Btteklanfbremae nnd VorholTenriehtongen
dnd an der Wiege angehraeht. Das Bohr hal einen Rtteklanfweg
Ton 81 em. Ifit ffilfe eines Protsbalkens, der an der Wiege an-
gebracht wird, nnd dner Protse können Bebt nnd Wiege n einem
vienldxigen Fuhrwerk omgestaltet werden; ebenso können Bettung
nnd Unterlaflbte als Fuhrwerk fortgesohaffi werden. Die Geschosse
haben 8 Kaliber LSnge. Dnreb Kombination von TeiHadnngs-
Patronen kOimen die Sehnbwelten von 1400 bin 7000 m bebtiisifci
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850
Umtehan auf milttSrtMhniMlieni G«biei
werden. Die Elevatioiien liegen zwischen 40 und 68 Grad. — Bs
waren mancherlei Übelstände zu beseitigen, in der letzten Aasftthrong
konnte die Koastruktion als vollkommen kriegsbraocbbar bezeichnet
werden. Die Armierung geschieht entweder mittelst Feldbahn oder
mittelst Strafsentransport.
Im weiteren finden wir die Versuche mit Schnellfeuer-
kanonen and zwar zunächst die Erprobung der 57 mm Schnell-
feuerkanone in der fahr baren Panzerlaffete ((3 cm Fabrpanzer-
Kanone M/98). Es haudelte sich hier am Schaffung einer Kartätsche
mit zufriedenstellender Wirkung, die Verbesserung der Schrapnel-
Ronstruktion, die Erhöhung der Feuergeschwindigkeit des Geschützes
und um die Schaffung von Innen-Einrichtungen des Panzergehäuses
zur Unterbringung einer genügenden Mnnitionsmenge. Die Feuer-
geschwindigkeit mit zu tempierenden Schrapnels im gezielten Feuer
wurde von 4 auf 6 bis 7 Schufs in der Minute erhöht; mit lade-
fertiger Munition konnten im gezielten Feuer 11, im angezielten 18
Schüsse in einer Minute abgegeben werden.
Die der Erprobung unterworfene 57 mm Schnellfeuerkanone in
Schartenblendiatlete soll als 0 cm Casematt-K anone M/99 ein-
geführt werden. Es handelt sich um Verteidigung der Gräben von
Befestigungen, wobei die Schartenöffnung gegen eindringende schäd-
liche Gase gewahrt werden soll. Als ambulantes Geschütz in der
Kttstenverteidigung soll die 7 cm L/42 Schnellfeuerkanone in
fahrbarer Walllaffete dienen. Aus den Erprobungen von Schnell-
feaerkanonen sind noch bemrgegangen die 8 cm Minimal-
Bcharftenkanone M/98 und die 12 cm desgleichen M/96, bei beiden
banden es sieh vm Festeftelliing der Latfeten.
Eine weitere Abteilung bilden Gescbofs- nnd Zttnder-
▼ersnobe. Spedell bandelt es sieh nm StablhttlBeo^SofataiHiels,
4 Kaliber lange Hinengranaten, Etagensflnder, sowie nm Boden- nn
Mitteblinder.
Die Pnlyerrersnehe nnififirten nnr ranehsebwaehe Gesobtttspnlver-
sorten nnd zwar ftr 12 nnd 15 om Belagenmgs-Kanonenrobre M/80,
16 cm Ktlstenkanonen L/85 nnd L/40» Es kamen Tersehiedene
Formen: Plilleben-, Sebeibehen-, Rübrenform, Bandfbrm vor. Aneb
wurden ranebfreie GeBobtttEpnlTersorten mit niedrigerem Nitroglycerin-
gebalt in der 7 em L/42 Kanone erprobt
Von sonstigen Versnoben ist noeh sn erwttbnen : Laffetenilder,
Sebildzapfenbremsen, bydranlisebe Bremsen.
8* Frankreiob.
Von einer Abindernng des Lebel-Oewebrs war in der
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Umaehaa auf militärteohotöchem Gebiet
861
Unsebaa yom Desember 1899 die iEtede. Die „Ffanoe niltteiie'' vom
22. Febraar J. kommt hierauf zaittok. Sie ben^ aeh anf eine
Infeenmg des gegenwirtigeiiKriegsmiiiiilefS in der Depntierlnknnuner
▼em 21. Feinnnr iber eine eriieblielie VenrolUuMnmnuig, die am In-
ifUiteiie-Gewehr TerwiikHebtiBi EäneTom Kabinett deeMinirten erbetene
niheie Auskunft besdiiäai^«ieh daraof, dafr es sieh am die Ladeweise
liandele. Der Beiielilenfeitler saebt aber die Verbeasening anf einem
noeh anderweiten Gebiet and irt der Ansieht^ es werde sieb s.
eine erhebiiebe VergrObernng der Tragweite lieransaleUeiL Die
aenliehe Angabe der Beyne beige, es sei das Gewehr 1886. 98, ist
insofern nieht zntraffiBBd, als dieses lediglieh eine wenig erhebliehe
Aptienang am VeneUois seigt.
In dem Beliebt an die italienisehe Kammer beillglieh der Um-
wandlung des ArtHlerie-Haterials sind einige Angaben Uber das
Material anderer Groteiehte gemaefat, damnter aneh Fhmkreieh.
Erwähnt wird die bydropneomatisebe Bremse, der Speni unter dem
Laffetensebwans, sowie die Hemmung der JGUlder dnreh Gleitsehnhe
and die Anwendung von Stahlsehilden. Beim SehneUfeoer rer-
Ueiben swd Kanoniere anf den LafieteneitKn. In gewdhnüehem
Feuer werden ftnf Sebnlb in der Xinnte abgegeben. Doreb Ver-
langeamnng in der Ferfigstellung der Laffeten und Änderungen am
Selmpnel ist die Ausgabe des Materials versOgert worden; sie hatte
im sweiten Halbjahr 1898 begonnen.
Für die reitenden Batterien soll die Feldkanone M/97 sn schwer
sein; man beabsiditigt, ihnen «m neues Idehteres ModeU suyerleihen.
Bis jetzt filhren rie noeh das ältere GreaehtItE.
Ober die Verriehtangen am Feldgesehllti wird neuerdings an-
gegeben, dab der Kanonier links vom Bohr das Biehten, der rechts
die Bedienung des Verseblasses und das Abfeuern besorgt Bisher
nahm man hioiig das Umgekehrte an.
Aueh Frankreich hat sieh Versuehen mit einem Maschinen-
gewehr ftir die Feldarmee zugewandt Die Versoche beziehen sich
auf eine Konstruktion Ton Hotcbkiss. Hier ist nicht der Kttckstofs
des Laufes, wie bei Maxim, sondern ausströmendes Fnl vergas benutrt,
am den selbstthitigeD Gang des Mechanismus zu bewirken. Es lassen
sich 500 bis 600 Sebuls in der Minute erreichen. Das Gewicht der
Wafie bt 24 kg, der ganzen Vorrichtung mit DieUnls 72 kg. £8
wird die Patrone des Infanteriegewehres benutzt.
Die „Revue d'artiUerie'* Oktober 1899 enthält Angaben ttber
Sebndifeuer-KOstenkanonen System Sehneider-Canet
4. OroClBbittumieiL
Über die 5s«llige (12,7 cm) englisehe Feldhanbitse
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852
Umschau auf oiilitärtechüischem Gebiet
llaike I sind in der Umsehaii Jnni 1889 die notwendigsten llit-
teünngen gemaehi Mit Rtteksieht anf das Interesse, welehe das in
Sttd-Afrika bei 8 Batterien Tertietene Gesehttti lieanspnielien kann,
ftgen wir anf Grund dner Daistelinng im IQ. Heft der Mit*
teOnngen ete. weitere Angaben sn.
Das Bobr ohne Sebildsi^fen ist nadi der MaoteL-KonstnÜLtion
ans StaU eiBengt Das Kemrohr selber bestellt wieder ans 2 mit
Pression Ober einander gesogenen BObren, deren änfteres das Ver-
sehlnislager entidttt Cber das bintere Mantelende ist der Scblnls*
ring gesebranbt Am Mantei sind seitlieb zwei Leisten, welcbe die
Oradfilbmng des Bob» in der JaolLO bewirken. Die Bohrbolirang
entbält 20 Zttge mit konstantem DralL
Die Verseblofssobnuibe, welebe 8 glatte nnd 3 Gewinde-Sektoren
enfliSlt, ist cor Aninabme des den Ztlndkanal enthaltenden Lidemngs-
stempels ansgebobli DieVeisoblnlstfallr ist dnrebGhamierbolsen mit dem
Soblnlsring Terbnnden. Die Liderung wird in der Art bewirkt, dals
zwisehen dem pilzförmigen Stempelkopf und der Torderen ElAehe der
Sobranbe ein Polster eingesdialtet ist, das b Zinnsobalen dn-
geseblossen ein mit starkem Segdtucb umgebenes Gemenge von
Asbest und Hammeltalg enthMlt Zwisehen Polster und Stempelkopf
einerseits, nnd Polster nnd Sebraubenfläebe andererseits sind Söhnte-
sebeiben aus Stahl eingeschaltet
Der Verseblols ist gegen selbstthätigee Öffiien ebenso gesehtttet,
wie gegen vorzeitige Abgabe des Sobusses bei niobt ganz
geschlossenem Verschlusse. Das Bohr bat ehie rechts- und eine
linksseitige Visier-Vorrichtung.
Die Jacke umschlierst das Kohr nnd verbindet es durch ihre in
den Schildpfannen der Laffete gelagerten Schildzapfen mit dar
LatTete. Sie hat die Lager fttr die beiden hydraulischen Bremsen
nnd fUr die Vorhol-Vorrichtnngen. Der Rohrrücklauf beträgt 15 cm.
Die Laffete ist eine starre stählerne Wandlalfete, ohne Seitenricht-
maschine nnd ohne Sporn. Als Btlcklaufhemmnng während des
Sobiefsens, wie als Fahrbremse dienen Kadscbuhe. Die Räder haben
doppelte Speichen und Metallnaben. Die Laffete hat eine Zahn-
bogen-Richtmasehine. welche Erhöhungen von 5 Grad bis
4- 45 Grad gestattet. Die KQoklaafbemm- nnd Brems-Vorricbtong
besteht aus 2 Radschuhen, wovon jeder mit 2 Anfhängeketten nnd
1 Sperrkette versehen ist An/ser Gebrauch hängen die Badschohe
jui Haken der Laffete.
Die Protze nimmt G Schrapnels. 13 Granaten, 2 Kartätscheu
auf. Der Protzkasten öffnet sich nach hinten, er hat hier 2 Thür-
flttgel, von weichen einer nach oben, einer nach nnten aa%ekUippt
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Cauduni «■£ niUtiirteduiiaolieai Gebiet.
853
werden kann. Der untere Teil kann in bomootaler Lage als Tisch-
platte erhalten werden.
Die Granatt'n sind grewöbnliche nnd Lyddit-Granaten. Die
gewöhnliehe Granate ist aus Gufseisen und 3 Kaliher lau^. Die
SprensrladuDg besteht aas 1,175 kg Pistolen- and 0^09 kg fein-
körnigem Pulver.
Die Lyddit- (t ranate stimmt äufserlich mit der gewöhnlichen
überein, ist aber aus Sihmiedestahl er/euLi und bat dünnere Wände,
sowie einen grölseren inneren Raum. Die Sprengladung beträgt
2,22 kg L vddit nebst einer Initial Ladung von Pikrat-Pulver. Beide
Granaten haben den Aufschlag-Zunder,
Das Schrapnel hat die Bodenkammer und besteht aus geschmie-
detem Stahl. Die Sprengladung. 0,113 kg J^istoleu-Pulvt r ist in einer
ZinnbUchse eingeschlossen und in die Rndenkammtr eingesetzt. Die
Füllung besteht aus J^^ Kuiri lo von _*"^.."» g und s4 von 1> g. Die
Zwischenräume sind mii Harz ausgegossen. Der Zünder ist der
DoppelzUnder mit 16 Sekunden Brennzeit — Es existiert auch noch
eine Kartätsche.
Die Ladung aus Cordit kommt in vier Grölsen Tor: 0,323 kg,
0,251 kg, 0,179 kg, 0,106 kg.
Ans den nnmerischen Angaben eDtnehmen wir noch folgendes.
Das Bolur ist 93 Kaliber lang nnd wiegt 488,52 kg. Der Drall-
winlLel ist 6* 24^ Die Feaerliillie des Geselitttns ist 1,09 m. Dss
fenernde Gesdittts wiegt 11^46 kg, das an^protcte GesdilltE ohne
Mannsekallen 2298,83 kg. Die Protee bat 21, der Mmdtkmswsgen
46 Schnls. Das Gesehols wiegt 22.65 kg. Die Mflndangsgesehwin-
digkeit bei voller Ladung ist 238,5 m, die Mttodnngsatbeit 65,7 m,
pro kg Bohrgewicbt 134,4 mkg.
Das GesebfltE entspricbt 1>ei einem Gesamtgewieht Ton mnd
2300. kg in Bezog anf Beweglicbkeit den Anfoideniiigen an ein Feld-
gesebntz in keiner Weise. Die Bewegung aolseriialb gebahnter
Strafsen mala auf erfaeblicbe Sebwierigkeiten stolsen. Der Bohrbaa
ist ziemlioh komplizieit, ohne eine erbebliehe Verwertong anfinwdsen;
in der Hinsieht bleibt die englisebe Hanbttse hinter der franzOsiseben
120 mm kusen Kanone (153,2 mkg) ond besonders hinter der
12 em Feldhanbitze von Sehndder (202 mkg) znriick. Trotz des
hohen Gewiehts des feuernden GeseblltaKS steht die Verwertung
desselben mit 56,2 mkg hinter der fransQsiseben 120 mm kurzen
Kanone mit 57,2 ndtg (obgideb diese nahezu 300 kg mehr wiegt)
und wiederum bedeutend hinter der Sehneidersehen Haubitze mit
65 mkg sorflek.
Die Verwertung des Setarapneis mit 39,6 Froaent ist eine rer-
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864
Umtohau auf iniUtärteobnischeni Gebiet
bftitnismälsig hohe. Die Kegrelwinkel sind im allgremeinen ziemlich
klein. Die Brennzoit der Zeitzünder ist für ein Feldwurfgeschütz
kaum ausreichend, die Tragweite des Schrapaels mit 3100 m
Lu klein.
5. Italien.
Nach dem der Kammer seitens ihres Beiichteratatters vor-
gelegten Bericht werden zum Elrsatz der leichtea Feld- nnd der
Grebirgsgeschtttze des permanenten Heeres und der Mobilmilis 90
Feld- nnd 32 Gebirgsbatterien binnen 2 Jabien neo liesoiiaflL £•
bandelt sieh nm ^ SduttUfenergesehttti Tom Kaliber 7^4 em, mit
dem die Vennobe naheBa beendet sind. Der Enali des eeliwerai
FeldgesehlltMB wird erst sirilter erfolgen. Im gamen soUeo 25
Balterieii Ton FädhaobitMO neu beschalEI werden, aber anf Kanonen-
batterien in Anreebnnng Icommen.
6. Raisland.
Wie in dentsehen Blättern verlautet, soll man die Absicht haben,
gegen tausend Geschütze nach der (früher erwähnten) Konstruktion
des General Engelhardt in heimischen Fabriken zq besoluiffen.
Die BewafiPhung damit soll noch keine endgültige sein, man will sie
unter die einzelnen Truppenteile im Europäischen Rufsland verteilen
und rechnet darauf, dafs der Gebrauch die etwaigen Mängel auf-
deckt. Inzwischen sollen die bisherigen Versuche mit nichtrussischea
Sc'hnellfeuergeschUtzen fortgesetzt werden. Im Falle das Geschütz
von Engelhardt nicht zur allgeiniMnen Annahme gelangen sollte,
würde man die jetzt bestellten Geschütze in Asien verwenden, so dals
die jetzt bevorstehenden grol'sen Aasgaben nicht umsonst gemacht
sind. — Das Ganze klingt wenig wahrscheinlich.
Durch Erlals vom 5. Au^rust 1S99 wurde tUr die Feld-, Gebirg-s-
und Mrtrserbatterien ein neuer Quadrant mit der Bezeichnung
M/99 eingeführt, welcher eine Verbesserunir des Quadranten M/87
darstellt. Es wird damit ein leichteres Stellen und eine sichere
Rektifikation bezweckt. Der Quadrant ist in Linien geteilt und kann
genau auf halbe Linien eingestellt werden. Der Quadrant für den
Feldmörser unterscheidet sich von jenem ftlr Feld- und Gehirgs-
batterien nur durch die Dimensionen und die Teilung, welche nach
der Zeiclmung bei jenem für Feld- und GebirgsgeschUtze bis 140,
bei jenem für Fcldmürser bis 200 Linien reicht. Die Einteilung in
Linien ist in Ubereinstimmung mit dem Aufsatz. (Mitteilungen Ii. 1900
nach Kuss. Artillerie Journal Nr. II.)
7. Schweiz.
in den ersten Monaten dieses Jahres sind in Thnn die Veisnebe
üigiiizeü by Google
UnMohan anf iidlitirteeliiiiidiem GeUet
855
mit Modellen von SchnellfeDer-Feldkanonen wieder aafgenommen
worden. Srmeit bekannt, hat es sieh anber um Fried. Kropp und
Cookerill-Nordeafelt am eine Konstraktion von Schneider in Grensot
und von der Rheinischen Metallwarenfabrik Düsseldorf gehandelt,
beide mit RohrrUcklanf. Das Creasot-GeschUtz soll eine sehr grolae
Feaergwehwindigkeit entwickelt haben. Nach Zeitungsmeldongen
soll es aber sehr empfindlich sein und an die Aasbildong der Mann-
schaften Anfordenmgen stellen, die sich bei der kunen Dienstieh
nioht eifllllen lassen, ancb befördert es die Munitionsverschwendong.
Vor HeramdehnDg zn weiteren Versuchen ist Abstand genommen
worden, ebenso hinsichtlich des Geschützes der Düsseldorfer Fabrik;
Näheres Uber das letztere and sein Verhalten ist nicht bekannt
geworden.
Eine Botschaft des Kundesratt» an die Bundesversammlung vom
13. März 1900 gedenkt der Versuche von 1S99 mit der Batterie
Krupp. Der Zweck sei nicht blofs gewesen, den Wert dieses
Materials dar/uthun, sondern besonders den taktischen Wert des
SchnellfeuergesehUtzes im Vergleich mit der bisherijjen Ausrüstung
festzustellen. Die Krorebnisse der Versuche hätten zu aasroichenden
Schlüssen keine genügende Unterlage geboten. Das Material selber
sei im allgemeinen gut und einige abweichende Beurteilungen in
der Presse wären nicht zutreffend. Wenn das Ergebnis der Ver-
suche nicht in Jeder Hinsicht befriedige, so läge es daran, dafs die
übungskurse. wobei man das Material angewandt habe, von zu
kurzer Dauer seien und es nicht möglich gewesen wäre, Chargen
und Truppe genügend einzuüben, um einen zutreffenden Vergleich
zwischen altem und neuem Material anzustellen. Aus demselben
Grunde sei es nicht möglich gewesen, den Wert der Schnellfeuer-
kanonen hinreichend sicher zu prüfen, um seitens der Kommission
die Versuche abscbiiefsen und uns eine endgültige Entscheidung vor-
legen zu können. Infolgedessen hat die Kommission vorgeschlagen,
die Versuche in erster Linie mit dem schon angewandten Material
fortzusetzen. Mit Zustimmung des Militär-Departements hat die
Kommission die Zwischenzeit benutzt, um sich zu vergewissern, dals
das Material Krapp nicht durch Konstruktionen neueren Ursprungs
überholt sei Die Versuche vom letzten Februar ( 19001 mit mehreren
Geschützen anderer Systeme haben dies bewiesen. Im Gegenteil, die
Kommission hat die Überzeugung bewahrt dals man dem einfachsten
und beweglichsten Material tlcn \ orzug schenken mufs und keinen
entscheidenden taktischen Wert Geschützen grolserer Feuergeschwindig-
keit, aber komplizierteren Systems zuschreiben darf.
Bei den kurzen Versnoben von 1898 hat es der Kommission.
82»
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356
Umatihm auf iiiiBtirfeeeliiiia«hem G«biet.
gesehienen, als ob dn Geschttti GookeiiU-Nordeiifelt vielleiclit Yoa
gleichem Wert mit Kiapp eeL Dieselbe sohlSgt daher Tor, za den
Versnehen von 1900 anoh eine Batterie von GeBohtttKn OoekeriU*
Nordenfelt herangnziehen.
In jedem Falle mnfe man, nm Aneechlag gebende Versuche m
haben, einen besonderen Versncbs-Knrs Ton Tierwöchentlicher Daner
einrichten, mit einem viertägigen Kars ftlr die Chargen. Es ist
notwendig, die Trappe aus Freiwilligen zu bilden. Besonderer Wert
wird auf das Modell der Munition gelegt. — Die Versuche mit Feld-
hanbitzen sollen fortgesetzt werden. — Die Gesamtkosten betrogeD
360000 Fr. Die Kommission beabsichtigt, mit den Versuchen aaeh
eine Entscheidung Uber die Frage, ob Batterien ron 4 oder tob 6
Geschützen herbeizuführen.
Unsere in letzter Umschau geäufserte Ansicht, dafs man auf die
(von uns firühereingehend geschilderte) Konstruktion Cockerill-Nordenfelt
besondeien Wert legt, findet hier ihre Bestätigung. Andererseits
kann man aber sich nicht der Erkeinittiis verschlielsen, dal's bin-
sichtlich der Wertschätzung der verschiedenen Systeme eine gewisse
Übereinstimmung mit den Anschauungen der schwedischen Kommission
herrscht, weshalb man auch Uber das endliche Ergebnis nicht in
Zweifel sein kann.
8. Belgien.
Dals Budget für 1900 enthält eine Forderung: vou SoOOOU Fr.
fUr die Bewaftuung der Feldartillerie. Bereits vor zwei Jahren war
ein Wettbewerb für SchnelltViuT-Feldkanonen ausgeschrieben. Neuer-
dings hatte sich eine Spezial-Komiuission in Brasschaet vereinigt, um
unter dem seit zwei Jahren, dem Studium unterliegenden Material die
Wahl zu treffen. Man hat sich für das Material der Gesellschaft John
Cockerill entschieden, das die Modelle der fremden Firmen <ps
scheiui u noch Schneider in Creusot und St. Chamond vertreten ge-
wesen zu sein) weit übestroüen hat. Die Werke von Seraing sollen
schleunigst eine Versuchsbatterie von b Geschützen. 4 Munitious-
wagen liefeni. diese wird dann in den Händen der Truppe weiterhin
geprüft werden, um Uber alle noch nicht hinreichend aufgeklärten
Punkte Licht zu. verschaffen. Man ist der Ansicht, dafs der Sporn,
wenn es sich um Ziele in Bewegung handelt, grolsen Aufenthalt
verursachen kann, auch für sehr harten und felsigen Boden un-
geeignet ist. Man ist daher sehr zufrieden, dafs bei Cockerill
auf den Sporn verzichtet ist. Es ist dafür, wie bekannt eine
Schuls- und Fahrbremse. Die Geschofsgeschwindiirkeit ist 520 ra,
Gescholsgewicht 6,5 kg, Totalgewicht bei 40 Schuls in der Protze
Oigitized by Coogl«
tmadiaB auf nilltirtediBiMlMB Gebiet
357
182S kg. (Belg. miL 25. Män 1900 und Berne beige Januar, Fe-
brnar 1900.)
9« FcntiigaL
In einer Vorlage ttber die Bewaffnnng der Infanterie nnd nber
das Artillerie-Material wird darauf hingewiesen, dab das gegen-
wärtige Infanterie-Gewehr M/86 System Kropatsebek ron 8 mm
Kaliber (Schaitmagaain) nieht mtht anf der Höbe der Zeit steht
Man will es daher den Formationen sweiter Linie ttberweisen nnd
ftar das stehende Heer nnd sdne Reserve 70000 Gewehre eines
allen Ansprttehen genttgenden Systems beflchaffen. Für die Kavallerie
bleibt es bei dem 1895 besehafilen Mannlieher-Karabiner. Das
gegenwtirtige Material der Feldartilierie ist 1874—78 beschafft nnd
iwar eine 8 em Kanone von Kmp|i. Für die aktive Annee werden
jetzt 8 nene Feldbatterien verfangt Die gesamten Ken-
hesebalhingen werden 16800000 Fr. in Anspmeh nehmen. — Für
die wenigen reitenden Batterien ist eine Schnellfenerkanone von
Kropp angenommen worden. (Rev. dn eerele milit Nr. 8 von 1900.)
10. VermiBoliteg.
a) Methoden zur Herstellung von Hohlröhren.
In Ergänzung: der Mitteilungen in der Umschan vom Dezember 1899
unter 12. entnehmen wir das Nachfolgende dem U. Heft 1900 der
„Mitteil, über Geg. d. .\rt.- und Geuie-Wesens.**
Es handelt sich um das Ehrhardt sehe Irrels verfahren, wie
es in dem Düsseldorfer Werk der „Rheinischen Metallwaren und
Masebiiienfahrik'" zur Anwendung komoit. Anlänglich wurde das
N erfahren nur zur Malseiitabrikation von Geschofskernen benutzt,
später wurde es auch für aiuicre Zwecke, besonders zur Erzeugung
von Röhren, herangezogen. Nach etwa siebenjähriger Thätigkeit in
diesem Zweige haben heute die Betriebs-Eiurichtungen der Fabrik
eine solche Aasdebnuog gewonnen, dals täglich 3—4000 Geschosse
der yenehiedensten Kaliber hergestellt werden können. Diese An-
gabe entstammt einem Bericht des Oberstlentnant a. D. Callenberg,
artüleristiBchen Bdbrats der genannten Fabilk. Man konnte anch
znr Heistellnng der kompliztertesten Hohlkörper, wie solche die
Gescfallti&brikaÜon bedingt, übergehen. So wird n. a. die Nabe
eines Bades samt Speichen ans einer eigens voigeprefsten nahtlosen
BShre enengt Den Felgenkrans bilden kreismnd gebogene, nahtlose
Bahren, deren nrepriinglich kreisrunder Qnersehnitt in einen recht-
eckigen umgestaltet ist Die hauptsächlichsten Fabrikationsartikel
in dieser Hinsicht sind: nathlose Böhren für Dampikessel, Drock-
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858
UmtdiM Mf miUtlrteehniMhem Gebiet
leitüngen, KUhlschlaugen, nathlose Stahlbehälter für horhirespunote
Gase (Kohlensäure, WasserstutT etc.), Ortscheite tllr Artillerie-Fahr-
zeuge. Hoblachsen, Hohlwellen, Lanzen. Masten für Heleuchtun^'s-
und Leitungszwecke, Granaten, SchrapnelhUlsen, Kanonenrohre ete.
Das Verfahren besteht der Hauptsache nach in dem exakten
Lochen eines in einer Matrize von rundem Querschnitt gelairerten,
vierecki^'^en bis zur Rot;:lUhhitze erwärmten Stahlblocks. Das Lix-hen
geschieht mittelst eines Dorns, beim Eindrin^'cn desselben weicht
das Material derart aus, dals es die Hohlräume der Matrize füllt.
Während dieses \ oriranjres wird das vordere Ende des Blockes durch
eine Cenlrier- Vorrichtung festfjrehallen. Ist der Dorn mit Hilfe eines
Centrier-Hiu<res {renau c entrisch angesetzt, so centriert er sich während
des weitereu Eindringens von selljer. Nach dem Lochen folg:t das
Strecken der Röhre; es ist möglich, für die erste und zweite Streckung
bei geringem Nachwärmen noch mit derselben Hitze auszulaugen,
so dafs man auf diese Weise verhältnissmäfsig bedeutende Rohrlänge
erhält. Die Druckkräfte liefern hydraulische Pressen in Verliindung
mit Akkumulatoren; mit riucm Druck von etwa 180 t kann man
Röhren bis zu '10 cm lichter Weite herstellen. Gegen das übcr-
mäfsige lleil^wrrdcn der Dorne dienen Kuhlvorrichtungen.
Dem Prels\ ( rtuhreii wird eine Qualitäts-\'erbesserung desMateriuls
zugeschrieben, welches durch das Verfahren au Festigkeit und
Dehnung gewinne. Von höchster Wichtigkeit ist diese Er-^cheinung
iUr die Erzeugung von Geschützrohren aas Nickelstabl und ist sie auch
die Ursache, daCs die nach diesem Verfahren erzeugten Geschosse
Biok dor^ liedentende Festigkeit bei erhöhter Zähigkeit, bezw.
Dehnung anazeicfanen.
Die Hentellnng Ton C^ebttte- besw. Hantelroliren geschieht in
der beeproobenen Weise; ein nah Torgesebmiedeter Biock ans Niekel-
etakl wud in eine «ntspreeb^ ansgearbdtete Matrixe eingelegt nnd
mittelst eines einzigen Drnekes der Presse bei gleichseitiger KnliBerer
Formgebung geiocht Es ist dann im Veigleioh mit den bisherigen
Hersteiinngsmethoden nnr noch eine geringe Naeharbeit an der Dreh-
bank, das Eänschneiden der Zttge ete. nOtig. Das hierbei an der Seeien-
wand stark verdichtete Material soll anch der Einwirkung der hohen
Temperaturen der jetzigen PulTersorten besser widerstehen.
Die Enengung der erfbrderliehen Stahlsorten geschieht (mit
Ausnahme des Bessemer-Stahles) im benachbarten Metallwerk Rath;
hier werden auch noch ganz eigenartige gleiohfidls von Ehrhardt
herrtthrende Fabrikations-Methoden gellbl, unter welcher besonders die
Erzeugung Ton spiralgesohweilster Röhren Beachtung verdient
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CwMhni nf
b) Motorfabrseng als Motorkaodsehafter.
In den lOtteilnngcn Uber Gegensünde des AitiDeiie- nnd Genin-
WeseoB XL 1899 irird nacb der „Times** ein cngHscbes Moloi^
ühaeog erwifant, welebes den Kamen „MotoiknndsebaAer*' fHbri.
Es ist Tienidrig und wlid dmeb einen Beniinmotor Ton 1*/« Pfeide»
knft bewegt, mit einer Gesdnrindigkeit bis n 18 engl MeUen in
der Stunde. Der voibandene BensinTonat reicht ftr 120 aigfiscbe
Heilen, aaeh kann noeh ein Beservebehilter beigeftgt werdwL Das
Fahneog belMeii swd Mann, oder einen Mann nnd eine leidile
Mazimkanene (Marke welche Tom Ober den Lenkiftdeni so
angebracht ist dafs \-orwärt$, rechts and links geschossen werden
kann, sowohl in Hube als während der Bewegung. Es können
1040 Patronen mitgeführt werden. — Die Fahr/enge sind angen-
scheinlicb als Beigabe ftlr aufklärende Kavalleiie-Abteilnngen, Vor-
huten etc. gedacht, aber für diesen Zweck noch za sehr an Straisen
und Wege und an das gangbare Gelände gebunden. Nach dem
Urteil der Zeitschritt erscheint die Konstruktion noch sehr empflndlich
an sein, Ciewehrgeschosse des Gegners können Störungen im Betrieb
hervorrofen. Die Frage des Bc^ebsmaterials, welches bei den
Alotorfahrzeogen praktisch ra verwenden ist, erscheint noch nicht
gelöst. Benzin bietet wegen der Explosionsgefahr noch nicht
gentigend Sicherheit. Dem Dieselmotor, bei welchem auch Petroleum
verwendet werden kann, wird für den Betrieb solcher Fahrzeuge
eine Zukunft er-'ffnet Verwendung leichter Motorlahrzeuge bei
KadfahnT-.Abteilungen, als Untersttitz uns: un<i Rückhalt fllr dieselben
kann in Betracht gezogen werden. Durch Ausrüstung mit Ma-schuien-
gewehren wäre dem Fahrzeuge Gelegenheit gegeben, Eug\vege und
bestimmte Geländeteüe onter bestreichendes Feuer zu nehmen.
c) RauehIo.«ies Pulver.
Die Zeitschrift „New York Herald*' brachte vor eini^'er Zeit die
Mitteilung, der amerikanische Oberst Smart habe entdeckt, dals mit
Hilfe violetter Gläser es möglich sei, auf grol'se Entfernung eine Kauch-
entwickelnng beim Schitlsm mit rauchlosem Pulver deutlich wahr-
zunehmen, und das Kriegs-Dfparten)tiit habe angeordnet, diese
Entdeckung bei den Operationen auf den Philippinen zu verwerten.
Die Offiziere sollten mit Doppelfernrohren mit violetten Gläsern ver-
gehen werden und auch die Maunschaiieu bekämen violette Gläser
für das Schiefsen auf grolsen Entfernungen.
Nach den Mitteilangen XL 1899 wurden in Österreich prak-
tische Versuche mit violetten Gläsern verschiedenster NUanoen bd
Beobaehtong des Sehieisens ans Feld- und FestungsgesehlltM an-
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aeO Umsohaa in der Hiütib^Iittantiir.
gestellt. Die Entfemnngen des Beobaobten von den OeeebtttaeD
betragen 200, 500 und 1600 m, die Polverladiuigen weebseltea
zwischen 0,5 und 2,0 kg. Mao beobaebtete aber so gat wie keinen
Untenebied mit der Ersoheiniing bei Beobaehtong mit freiem Aoge.
namentlioh anf weitere EntÜBinnng, wo man mit blanen oder violetten
GISaein sehleebter oder gar niobts mebr rieht
XXXU.
Umschau in der Militär-Litteratur.
1. Ausländische Zeitschriften.
Streffleurs Österreicliisehe MilitXriaehe Zeitschrift (Apriiheft)
Versuch eines kriegsbrauchbaren Systems für den Munitionsersatz im
Infanteriekampfe (Schlufs). — Die neue Pelddienst-Vorschrift für dio
französische Feld-Artillerie (Schlufs). — KurzL'efarste Zusammenstellung
und Erläuterung der Neuerungen auf dem üebiete der Handtcuerwaflfen
und der zugehörigen Munition. — Aufsätze über Gegenstände der all-
gemeinen Kriegsgeschichte. — Skizzen und üefechtsbilder aus dem
Feldzuge 1866 in Böhmen.
Organ der militlnrissensdiaftliehenTerdBe* LX.Band. 3. Heft
Die Operationen im Südosten Flrankreichs bis zum WaffenstiUatande.
Von C. V. H.
mtteUvngeiL über Gegenstände des Artillerie- und Genieweseaa.
Jahrgang 1900. 4. Heft Die Infanterie im Festungskampfe. —
Studie über Gebirgs-Artillerie.
Arraeeblatt. «Österreich.^ Nr. 14. Avancement und Pension. —
E>er Kadett-Offiziers-Stellvertreter. II. ~ Der Krieg in Südafrika (Förths,
in Nr. 15, 17). — Schweizer Schncllfeuergeschütze. Nr. 15, Finanziell
unmöglich. — Der Korpskonmiando-Weehsel in Innsbrack. — Pensio-
nisten-Jammer. Nr. 16. In der Pensionsfrage. — Über unsere Armee-
Signale. — Der Krieg in Sadafrika. Hr. 17. Akademiker und Kadetten-
schüler und ihr Rang. — Zur Frage der Neubewaffnung der Feld-
Artillerie in der Schweiz. — Parade-Eindrücke. — Pensionisten-Jammer,
Militär-Zeitung. (Österreich. i Nr. 12. Ma.ssenpensionierungen. —
Erzherzog Eugen. — Zur üeschülzfrage. — Der Ivrieg in Südafrika.
(Forts, in Nr. 14, 15.) Nr. 13. Zu den grofsen Manövern 1800. —
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UmMhM In der mUtlr-Utteratiir.
Mdtorwatren für den Feldgebrauch Nr. 14. Zum künftigen Heeres-
bud£:et Nr. 15. Militärische Hoffnun^^n für das Jahr 1901. — Die
ungarische Landwehr.
ReTue miliUure universelle. (April heft.i Allgemeiner Bericht
über die Gesamtlage in Madagaskar (Forts.). — Die Belagerung Ton
Pisyzburg 1870 (Ports.). — Unterauclningen fiber geheuchelte Krank-
heiten und fteiwilUge VerstOmmelungen, beobachtet von 1859 bis 1896
(Forts.). — Stadium einer taktisehea Präge.
Revue du eercle militiüre. Hr. 14. Ein (>adre-Man$ver im Gelände
(Forts, u. Schlufs in Nr. 15, 16. IT). — Der Krieg in Transvaal (Ports,
in Nr. 15. 16. 17). — Defensiv oder offensiv, - Grolise österreichische
Manöver Das II. u. IV. K«trps. — Unsere Alpentnippen nach
italit-nischf m Uneil. Nr. 15. Reorganisation der .\rtUlerie »Schlufs in
Nr. 16 u. 17). — Die neue deutsche Schiefsvorschrifl. — I 'er Zukuiuis-
inieg. Hr. 16. Die O^-mnastik in der italienischen Armee. Hr. 17.
Den Reserve-Offizieren. Ausiandische Taktik. Italien.
Berae dlBtatarie. (Aprilheft.) Hr. 160. (Seschicbte der
Infenterie ia Prankreich (Ports.). — Über das Schieben mit Übnngs-
munition schwacher Ladung (Tir reduit). Schlufs. — Die neue deutsche
Schiefsvorschnft. — Eine praktische Fekidienstftage. — Geschichtliche
Studie über die Taktik der Kavallerie.
Revue de Cavalerie. (.Märzheft.) Die Verwendung des Feuers
bei der Kavallerie. — I»ie Kavallerie der I. u. IL deuL-^chen Armee in
den Tagen vom 7. zum 15. August 1^70 iCberseizung des Pelei schen
Werkes). — Taktische Aufgabe beim Examen zur Kriegsakademie 1900.
— Anmeikiingea über müitirische Dressur (Schlufe). — Die Peuer*
taufe der saharischeo Spahls. — Ein deutsches Urteii fiber fran-
zöaisctaea Reitwesen.
ReTue d* Artillerie. (Aprilheft.) Feuer- Verteilung der Artillerie
(Schlufs). — Paleotechnologische Studie über das Rad.
Revue du Genie militaire. (Märzheft. • Method-- der .^chnell-
aufnahni»^ bei der Studien-Mission der Eisenbahn an >U:r Eilenbeinküste.
— Moderne Befesugung der Schlachiieider. — Phulographische Studie
der Explosionen bei freier Luft. — Anal>s« und Schriftwechsel Vaubans
(Forts.)
Im Fnaee ■Ottaire. Hr. 4876. Das bedrohte Ägypten. Bezieht
sich auf den Einfluls der religiösen Sekte Sennssia, die sich vieder
dem Sultan unterworfen hat — Militär -Telegrapiiie'Cbtmgen der
T. !»-erniphenschu]en. — F'!'' allgemeine Lage un.seres Kolonialbesitzes.
Hr. 4877. Das englische F'aniom. Würdigung der briüschen See-
marht. — Cbun^^laser. Hr. 4879. Das Prytaneum von La Fleche,
Zuz'ückweisung der -\npriiT^' auf das>;Hlbt-. Nr 4820. L-er General-
stab. Hr. 482L Das Prvian II Nr. 4822. L'ie militärische
Kraftanstrengung Englands. Hr. 4823. Lue zweijährige Luenslzeiu
Wird als ein Wahlmanöver bezeichnet, das von allen erfahrenen
Militärs gemUsbilligt wird. Hr. 4824. Die Kolonial-Armee. Die Pr^
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862
ümaoluitt In der lOUtir-Utlenitiir.
ihrer Zuteilung. Nr. 4825. Die allgemeine Verptlichtung zu Schiefs-
übungen; Gesetzentwurf einer Gruppe von Abgeordneten, wonach alle
tauglichen Franzosen von zohn (I) bis 40 .Jahren zu Schiefsiibunt!:*"n
verpflichtet sind. Nr. 4827. Erinnorungsmedaille an Beifort. Gesetz-
entwurfeiner Gruppe von Abgeordneten. Nr. 4828. Das Prytaneum. III.
Nr. 4829. Die Kolonial-Armee. I. Nr. 4830. Nachrut an ViUebois-
Mareuil. Nr. 4831. Das Prytaneum. IV. — Bericht Aber die Be-
lagerung von Ladysmitb. Hr. 4883. Verkfirsung der DienstxeiL
Nr. 4834. Das Prytaneum. V. Der Ehrensabel für Kaiser Wilhelm II.
von der Stadt Solingen. — Nr. 4886. Die Kolonial-Armee. II. — Die
Einweihung der Ausstellung.
Le Progres niilitaire. Nr. 2027. Die grofsen deutschen Manöver.
— Uber die .\rchiv-Beamten Der südafrikanische Krieg (Forts, in
Nr. 202« Nr. 2028. L)iu Kekruteneinstellung zum 1. Oktober.
(Wird helürwortet. in llinldick auf die deutsche Kinstelhmsr.) Nr. 2029.
Diu deutsche Felddiensiordnung. Nr. 2030. Die iMnheitlichkeit des
OffizierBtandes. (BefOrwortet die Gleichstellung aller, auch dar Ver-
waltungsbeamten, Aerzte etc.) Nr. 8031 Die Ausbildung der Genie-
truppen. — Die Kapitulation von Baylen. Nr. 2038. Dienstpflicht
und Dienstbefreiung. — Der Übergang über Flüsse. Nr. 2084. Die
grofsen deutschen Manöver, - Der Generalstab der Marine.
La Belgique militaire. Nr. 1505. Die deutsche Felddienstordniing
(Forts. \v. Xr 15O0. 7. S). — Der Anglo-Transvaalsche Krietr (Forts, in
Nr. 150bj. Nr. 1506. Heraontierung im Falle der Mobilmachung. —
Für allgemeine Wehrpflicht und Verstärkung der Armee. — Schiefs-
vorschrifi. Nr. 1507. Altersverhältnisse und Beförderung der Offiziere
in Deutschland. Nr. 1808. Das Budget der aufserordentlichen Aus-
gaben.
Bnlletfai de la Presse et de U ffibliograplde miUtaire. Nr. 881
Der Anglo-Burenkrieg (Ports.). — PHnz Friedrich der Niederlande und
seine Zeit (Ports, in Nr. 382). — Praktische Ausbildung der Truppen
und Cadres. Manöver, Generalstab-sreisen. Cadres-Manöver. Kriegsspiel
(Forts, in Nr. 382). Nr. 382. Die Eisenbahnen vom militfirischen
Gesichtspunkte.
Revue de FArmee beige. (Januar— Februar 1900). Arraee-
Reorgani.salions-Entwurf. — Studie über Geheimschrift, ihre Verwendung
im Kriege und in der Diplomatie (Forts.). — Die Portschritte der Tele-
graphie ohne Draht — Eine Seite aus der Geschichte Indiens (Forts.).
— Belgischer Wettbewerb für die Wahl eines Feld-Schnellfener-
geschützes.
Schweizerische Honatsschrift fUr OfBsiere «Her Waffen. (März-
heft.) Unsere berittenen Mitrailleurkompagnien. — Das Gefecht bei
Frauonfeld am 25. Mai 1799. Die Hebung der Schiefsfortigkeit
unserer Infanterie dnrrh Reorganisation des obligatorischen Schiefsens
aufser Dienst. — L'er Krieg Englands gegen die südafrikanischen
kopubliken (Forts.).
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Unatthta in der MOttSr-Uttentar.
863
ReTne militaire suisse. (Aprilheft.) Die neuen Ausbildungs-
Methüdt^n im Schiefsen der Infanterie. — Feidartillerio. besichtigt
durch die Generale. — Die österreichisch-ungarischen Kaisermanöver
in Kärnthen.
Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und (lenie. (Märzhet't.j
Das neue Exerzierreglement für die deutsche Feldartillerie (Schlufs).
— Über die Sicherung der Artillerie. — Die neue AusrOstung der
Ofllzier-Pferde.
Allgeneiae Sehweixerlsehe Hililineitiiiig. Hr. 13. Die neue
Kriegslage. — Die Herbstmanöver 1899 (Forts, in Xr. 14. 15, 16). Nr. 14.
Der Kampf um den Vaalkrans. Nr. 16. S. Nr. 13. Kr. 16. Die
neue Kriegslage in Süd .\fnk;i
Army and Xavy (Jazette. Nr. 2095. \hv Hesotzung von Bluem-
fonlain. — L>ie Vorlage des Kriegsiiiinisteriunis. Das siehende Heer
soll dauernd vermehrt werden um 4 Kavallorie-ltegimenter. 7 Batterien
reitender Artillerie, 36 Feld-Batterien, 12 Haubitz-Batterien und mehrere
Kompagnien des Ingenieur-Korps. — Meldungen aus SüdafHka.
OlBzieller Bericht Lord Methuens über das Gefecht am Modder River
am 15. Februar. — Kriegsberichte. Tageweise geordnete Nachrichten
vom Kriegsschauplatz. Nr. 2096. Die militärische Lage in Südafrika.
Kritische Betrachtung. — Deutsche Urteile über die englische Truppen-
lührung. — Kriegsberichte. — Offizielle Verlustliste. Nr. 2097. l>er
Krieg in Südafrika. — Totens -h.iu. Nachruf an die gefallenen und
gestorbenen Generale und Stabsotflziere. — Lord Wolseley über die
Miliz. — Der Besuch der Ktinigin in Irland. Nr 2098. I»er Krieg in
Südafrika. — Britische und ausländische Arlillerie. Vergleich des
engUschen Artillerie-Materials mit dem der Franzosen und Deutschen.
— Die Schwierigkeiten des Transportwesens in SfldafrUuL Bespricht
den Pferdeveriust und den Mangel an guten Strafsen. — Kriegs-
berichte. Tageweise geordnete Nachrichten. — Die Streitkräfte
Natals. — Osman Paschas Tod. Ein Nachruf. — Bei der Artillerie in
Natal, Mitteilungen eines .\ugenzeugen über die Thätigkeit der
englischen Artillerie in verschiedenen Gefechten. — Die Schiefs- Aus-
bildung im Jahre 1Ö99. — Die üelangennahme Cronjes. — Das eng-
lische Infanterie-Gewehr.
Juuruai uf the Royal United Service Institution. Nr. 265.
60 Jahre Grenzkrieg. Von Major Yate. Kritische Betrachtung über
die in den Jahren von 1838—1897 an der Afghanischen Grenze ge-
führten Kriege der EnglSoder. — Wie ist die Überiegenheit des
Infanterie-Angriffs zu erreichen? Übersetzung des im Deutschen
Militär-Wochenblatt erschienenen Aufsatzes des General Rohne. —
Organisations-Verändeningen im englischen Heere im Laufe des Monats
Februar dieses Jahres. — Zusammenstellung der Verluste in den
gröfsien Schlachten der leizl<'n 150 Jahre. — Versuche mit grofsen
Munilions-Transporten in <) Tierreich.
Army and Navy Journal. (New-York.j Nr. 28. Nachrichten
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364 Umschau in der Militär-Litteratar.
von den Philippinen. — Bnidische Ärzte im Felde. — Militärisches
Leben in Alaska. — Berichte aus Manila. — Die Sehechfiife des
Soldaten. — Die Befestigung des Isthmus-Kanals. kaSaer der Be-
festigung des Kanals wird eine bedeutende Vennehrnng der Flotte
verlangt. — Unsere Kavallerie auf den Philippinen. Nr. 29. Die
neuen IVanzöschen und deutschen Gewehre. — Die Organisation der
englischen Armee. Fürsorge für den deutschen Soldaien. An-
erkennende Besprechung der Behandhing kranker Soldaten. — Ein
neues französisches Geschütz. — Nachrichten aus Manila. — Hin
Organisation des englischen Sanitätswesens in Südafrika. Nr. 30.
Bericht des Bischof Potters über die Truppen auf Manila. — Die
amerikanischen Soldaten auf den Philippinen. Nr. 9L Die britische
und burisohe Artillerie. Vergleich des Materials beider Artillerien. —
Der Einfluls der modernen Waffen auf den Angriff. — Russische
Eisenbahnen in Porsien.
Ruäski Invalid. Nr. 53 und 55. „Briefe über die deutsche
Armee": Verfasser, N. Potapow, äufsert sich in äufserst synipatischer
Weise über das, was er von der deutschon Armee, namentlich beim
Koinpagiiie-Exerzieren auf dem Tempelhofor Felde gesehen. Nr, 57.
Die Chefs der Bezirksstäbe des selbständigen Korps der Grenz-
wache (7 Bezirke zu durchschnittlich 4—5 Brigaden) sind in Zukunft
den alteren StabsofSzieren des Generalstabes zu entnehmen. Hr. 67.
Neuorganisation des Remontierungs- Verfahrens der Ka-
vallerie. Wahrend bisher der Ankauf der Remonten für die Kavallerie
durch Remontur-Offiziere stattfand, welche für jedes zu stellende
Pferd eine besimmte Pauschsumme erhielten und daher für den An-
kauf der Remonton diejenigen Gegenden (r>on-Stpppe) bevor/u irton,
wo sie die Pferde am billi^rsten erhielten, was wiederum den Rück-
gang dt'p Gestiils-Pferdezuchi im Innern liufslands zur Folge hatte,
geschieht vom 1. Januar 1901 ab der Ankauf der Rojnonten nach
den gleichen Grundsätzen wie in den westeurop&ischen
Armeen* d. h. durch Remonte-Ankaufs-Kommissionen. Es werden
7 standige und 2 zeitweilige Kommissionen errichtet; von den ersteren
sind 4 für die Gebiete der kulturellen Gestfitepferdezucht (Poltowa*
Jelissawetgrad, Kyew und Charkow), 2 für die Don-Steppe, 1 für die
Astrachan-Steppe und den nördlichen Kaukasus bestimmt. Die zeit-
weiliffen Kommissionen kaufen in soU-hen Gebieten, deren Pferdemittel
zu gering sind, um die Kosten für die l nterhaltnn^r ständiger
Kommissionen zu rechtfertigten (Wolga- und Weichsel-^ lebiet). iüese
Vertlieilaiig der Koniiiiisiunen beweist, dafs man in Zukunft dem
^Kulturpferde'' gegenüber dem Steppenpferde wiedertun den ihm ge-
btthrenden Platz zuzuweisen beabsichtigt Hr. 72. „Aus Anlafs der
«besonderen Ansicht* des General-Leutnants Sskugarewski";
von General Pusyrewskl In der Kommission, welche unter Vorsitz
des Generals Pusyrewski die neue Gefechtsvorschrift (siehe Aprilheft
der «Jahrbücher/ S. 97) bearbeitet hat» ist General Sskugarewski
ui;^ui^L.j cy Google
UnueliM in der HiUlir-IJtteratar.
865
viellach in seinen Anschauungen von den durch die Kommission ge-
fafstcn Beschlüssen abgewichen. Diese abweichenden Anschauungen
sind der den höheren Truppen-Kommandeuren als Entwurf zugegangenen
Vorschrift als „Besondere Ansicht des Genoralleutnants Sskugarewski''
beigegeben worden; General Sskugarowski ist namentlich gegen die
Festsetzung jegUcher Norm und verlangt, dafs sich die Oefechts-
TorBchrift auf Darlegung der Obliegenheiten der Ftthrer und der
Gliederung der Gefechtsordnung beschr&nken solle; General PusyrewskI
wendet sich gegen diese Ansichten.
Raswjedtschik. Nr. 490. Die Schule und der Konvikt für
die Kinder der Offiziere des II. Armeekorps. (Der Umstand,
dafs ein grofser Teil der Offiziere in Garnisonen aiifserhalb des eigent-
lichen Hufslands, namentlich in ehemals polnischen, von russischer
Sprache und Sitte fast ganz unberührt gebliebenen Landesteilen
garnisoniort, ein anderer in asiatischen Garnisonen einen grofsen Teil
seiner Dienstzeit zubringen mufs, zwingt dazu, zum Teil durch eigene
ESnrichtungen für die Erziehung und den Unterricht der Kinder zu
sorgen. Eine solche ist die obengenannte Anstalt, die nach zwei-
jährigem Bestehen in Grodno die Zahl ihrer Zöglinge YerfÜnffooht
hat). — „Die Leinwand der Intendantur, mit der niemand
etwas anfertigt (1). (Eine Klage über die völlig ungenügende Be-
schaflfenhoit der seitens der Intendantur gelieferten Leinewand.) —
Die Unitorni der Offiziere und der Beamten. — Die bulgarische Militär-
litteratur. — Die kaukasischen Schützen jenseits des Kaspis( hcn
Meeres. (Eine Schilderung des Transportes, bezw. der Märsche der
kaukasischen Schützenbrigade in die neuen Garnisonen um Kuschk.)
Hr. 491. Das Jubilfinm des IL Moskauer Kadettenkorps. — Die
Ssuworow-Kirche in Susdal. — Die «Jungen* Offiziere. — Taktische
Beschäftigungen mit den OMzieren. — Qn Autograph Bonapartes. —
Nr. 492. Vergessene Gräber. (Erinnerung an die in den
berüchtigten Militärkolonien des Grafen Araktschejeff infolge der
Cholera des Jahres hervorgerufenen Soldatenrevolten, denen das
Leben mehrerer Offiziere zum Opfer fiel.) — Unser Heereshaushalt. —
Der Dienst in den Mililärbildungsanstalten. — Die Eisenbahnen im
Rücken der englischen Armee in Südafrika. — Die Duelle.
Wajennüj Ssboraik. 1900. IV. Zur Lebensbeschreibung des
Pürsten Oolenitscheff-Kutusow-Smolenskoj. — Der Anfang von «Plewna."
(SchluÜs mit einer Karte.) — Der Marsch der „fliegenden Kolonne**
des Oberst Jonow in Roscban (am Pamir) 1893. — Die Kasaken von
Irkutsk und von Jenessei. (Eine geschichtliche Untersuchung). —
Über den «Entwurf der Felddienstordnung.** II. — Bemerkungen eines
Schützen. — Das Reglfinement der deutschen Feldartillerie vom -Jahre
1899 (Schlufs). — 1 )ie Keginieiiis-.Iairdkonimandos in ihrer Verwendung
als Sappeure. — Fragen des militärischen Schulwesens. — Ssuworow
in der Russischen Litteratur. IV. — Das Kaspische Meer. Zu dem
Artikel „Der Anfang von Plewna.** — - Bibliographie: Das X. Heft
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366
Cnuehaa m d«r MiUtir'Uttentar.
der «Sammluncr ^rcschichtlicher Malerialien** aus dem Archiv der
Höchsteigenen Kanzlei Sr. Maj. des Kaisers. (Berichte Kutosows in
dem Feldzuge 1812). — Übersicht über die astronomischen, geodätischen
und topographischen Arbeiten im Jahre 1998. II. — Die Militirreal*
schulen in Österreich-Ungarn.
BaasMies AiÜXkaM^mnaL (Februar.) Artilleiistische Fragen.
— PrOfüng der Richtmeister beim Oesehfits. — SeliieliBregeln« an-
genommen in der österreichischen Festungsartillerie.
L*ltalla Billtare e maiiBa. Hr. 64. Die Reserve- Offlsiere.
Är. 65. Der Krieg der Zukunft. Verfasser denkt sich die Kriep«- der
Zukunft viel andauernder und verderblicher als diejenigen früht-rer
Zeiten. Ein Monat Krieg in iiir-'^nT Zeit brin^^t viel mehr ' k ■n .ni -chon
Schaden als früherhin ein Krieg von einem Jahr»'. Nr. 66. Der
Kriptr der Zukunft. Nr. 68. r»ie Offizierburschen Nr. 70. Über
einen zweiten Kongrefs der verabschiedeten Offiziere. Der erste hatte
keine Ergebnisse und es wird vom zweiten ebenso wenig erwartet
Viel vorteilhafter ist die dauernde Arl»eit in der Presse, als im Kongrefs.
Br. 71 Die verhehvteten Offiziere. — Die Seekriege der Zukunft
Mr. 72. Eine Lehre des sQdafrikanischen Krieges. Hr. 75. Erginznng
der Offlzi« r.' *if s Trains. Mr. 76. Die Vereinigung der Kräfte eine
Frage der iCriegskunst. Nr. 77. Die Befestigungen. Nr. 78. Das
Reglement über die BefJtrdHrung. Nr. 79. Die Offiziere, welche
Jubiläen gefeiert haben, Nr. 81. f'ie Befestigungen von Verona. —
Die Beförd»'rungsverhältniss<* bei den l'nterotflzieren. Nr. 82. Die
Befestigungen von Veronü. Nr. 83. Die Frage der Unterolliziere. I.
— Die Vorherrschaft Englands zur See. Nr. 84. Die Präge der
Unteroffiziere. II. Hr. 86. Die Schlaehtverschanzungen. Vr 97.
Bin edler AufHif. — Die Offiziere des Beurlaubtenstandes.
Blviata MlUtara Itallwa. (März.) König Cari Albert. — Moltkes
Gedanken Uber den Einmarsch in Böhmen. — Der Krieg in SfldafKka.
— Was die Kavallerie ist und was sie sein sollte.
Eserdto Italiaiio. Hr. 37. Aufserordentliche militfirische Aus-
gaben (Forts.). Nr. 38. Krieg zwischen Buren und Engländer (Forts.).
Hr. 39. Krieg in TransvaaL Hr. 40. Der Sanitätsdienst im Heere.
Nr. 41. Tripoii. Der neue Kriogsminister. Hr. 42. Der neue
Kriegsmini.ster Ponza di San Martino.
Rivistn di artiglieria e genio. (März.) Vom Einflufs der be-
sonderen lugenschaften des Pulverkorns auf n»»srhorsgoschw indigkeiten
und (jasdriicke. — Apparat für das s(>lltNnhalige Funktionieren von
Weichen für Straf.senbahneii und Eisenbahnen. — Bau eines Inlanterie-
Steges über den Voliurno. — Schiefsvorschrift für die deutsche Feld-
artillerie.
Berlflta dentifloo militar. (Spanien.) Hr. 5. Aus meinem Tage-
buch (Auszüge über den Burenkrieg aus der WeeUy Times). — Eng*
land und Transvaal (Forts.). ~~ Die Wiederaufrichtung (Forts.). —
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Umaobaa in der Militär-Iittentar.
867
Nr. 6. Neue Versucho mit Telegraphie ohne Draht. — England und
Transvaal (Forts.).
Xminial de Ingenima del li;jeroito. (Spanien.) Hr. 2. Die^
Znlaeenng stur Ingenieur-Akademie. — Das britische Heer. — Leichte
Telegraphenparlcs.
Be?toto Militär. (Portugal.) Kr. 6. IMe Sehlacht Yon Teuro
(1476). — Selbständige Kavallerie.
Kii^vetenskaps Akademiens-Handlingar. (Schweden.) Nr. d.
Studien über Truppenführung und Stabsdienst (Forts.).
Militaert Tid.sskrift. (Dänemark.) Beilageheit. Studien über
Danemarks Heerwesen im 16. Jahrhundert. III.
Norsk Militaert Tidiiskrilt. (Nur wegen.) Helt 2. Kriegs-
mürsche. — Der Krieg zwischen England und Transvaal (Ports.).
MUitaire Speetalor. (Holland.) Nr. 8. Strengere Kriegszucht
(Ports.). — Volksheer in den Niederlanden und der Schweiz.
Militaire Gids. (Holland.) Nr. 2. Einiges über Infhnteriefeuer.
» Die höhere Kriegsschule.
II. BQclier.
Das Strategisehe und taktische Zusammenwirken von lieer und
Flotte. Von v. Jansen, Generalleutnant z. D. Berlin 19(X).
E. S. Mittler^ Sohn. Hefte 1, 2. Preis 1.50 und 2.25 Mk.
Das sehr lesenswerte Werk mit einer POlle anregender Oedanken
basiert auf eine umfassende Kenntnis sowohl der MilitSr-, als der
Marinelitteratur, füllt eine Lücke in derselben aus, indem es mit Klar-
heit und Sachkenntnis den Gegenst^ind behandelt Das erste Heft
handelt von der Notwendigkeit und Natur des Zusammenwirkens und
von dem strategischen Zusammen\virk«'n. und zwar behandelt
der erste Abschnitt dieses Teils die Anwendbarkeit der strategischen
BegritTo des Landkrieges auf den Seekrieg und die daraus zu ziehen-
den Folgerungen, der zweite Abschnitt den Krieg zwischen Mächten
mit gemeinsamer Landgrenze und der dritte Abschnitt — schon im
zweiten Heft enthalten — den Krieg zweier durch das Meer getrennter
Mächte. Im ersten Heft auf Seite 32 will der Verfhsser Torpedodivi-
sionsboote und die neuen Topedoboote zum Meldedienst bei der Be-
fehlsübermittelung im Aufklärungsdienst verwenden, dem kann ich
unter keinen Umständen beipflichten. Torpedodivisionsboote und Tor-
pedoboote sind ein viel zu kostbares Material, um derartig verwendet
zu werden, sie haben ihren lmhz bestimmten Zweck im Seekrieg und
müssen für diesen stets bereit und scharf sein, um nicht im Bedarfs-
falle zu versagen, wenn vorher unrichtig verwendet. Dadurch haben
die Amerikaner im letzten Kriege gegen Spanien ihre wenigen Torpedo-
boote lahm gemacht und, als sie bei Santiago mit grofsem Vorteil gegen
die eingeschlossene spanische Plotte h&tten verwendet werden kdnnen,
waren sie nicht verwendungsbereit.
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368
Omsehau in dor MUitir-Uttenttiir.
Wenn der Verfasser ferner in demselben lieft auf Seite 33 San-
tiago „für die geringe Aussieht eines verzweifelteo Durchbruchs auf
Erfolg** als Beispiel anführt, so waren die Grande für das Mifslingen
dieses Dnrclibnichs der spanischen Flotte nicht der enge Hafeneingang
und die Einschliersung überhaupt, sondern ganz andere. Erstlich war
das Geschwader Admiral Cerveras nicht gefechtsbereit, es fohlte an
Munition, die Geschütze' konnten teilweise nicht gefechtsmäfsig bedient
werden, die Geschützmannschaften waren im Schiefsen völlig ungeübt,
vor allem aber hatten die Schiffe bis auf den Panzerkreuzer „Colon*
eine ganz ungenügende (leschwindigkeit. welche durch die L'berlahrl
und das schnelle Bewachsen der SchiÜsböden in den tropischen
Gewissem noch bedeutend Terringert worden war. Das Maschinen-
personal auf den spanischen Schilfen war durchgingig seiner Auf-
gabe nicht gewachsen, Admiral Gervera hatte keine Kohlen, weil er
den ihm nach GnraQao nachgeschickten Kohlendampfer verfehlt
oder nicht abgewartet hatte und ihn dann vor dem Hafen von
Santiago durch einen kaum armierten amerikanischen Hilfskreuzer
wegnehmen liefs. während er diesen mit allen Mittehi in den Hafen hätte
hineinbringen müssen. Auch hatte der Admiral den richtiiren Zeit-
punkt zum Durchbruch versäumt. Wäre dies alle^ nicht zu.sammen-
getroffen, und hätte die spanische Flotte statt der kläglichen Geschwiodi^-
keit von 7 Knoten — aulker dem Panzerkreuzer Colon — eine solche
von 14—16 gehabt was doch eine ganz gewdlinliche Forderung für einen
modernen Panzerkreuzer ist, so wire der Durchbruchsversueh [sehr
wahrscheinlich geglückt, trotzdem die schon enge Hafeneinfkhit von
Santiago durch die Versenkung des „Merrimac** seitens der Amerikaner
noch verensrert worden war. Denn in dem nach dem Auslaufen
der spanischen Schiffe folgenden Vernichtungskampf wäre der nur 13
Knoten laufende Panzerkreuzer »Colon'* beinahe den amerikanischen
Schiffen entkommen.
Das zweite liett des Werkes behandelt aufserdem in eingehender
Weise das taktische Zusammenwirken von Armee und Flotte und xwar
bei Landungen, im Kampf um Küstenbefestigungen und bei der gegea-
seitigen Unterstützung in der Peldschlacht Der letzte Abschnitt
handelt von den Friedensvort>ereitungen für das Zusammenwirken, und
zwar behandelt der Verfasser darin die Organisation und den Ober-
befehl, die Gefechtsvorschriften. Litteratur und Unterricht, Versuche
und Übungen und besonder*- Ausbilduns: der ' Offiziere. — Dieser letzte
Abschnitt de^^ kompfnili'i.sen Werkes ist mehr in grofsen Zügen ge-
halten. In dem W i rk.* des geschätzten Verfassers lieirt eine Fülle an-
regender Gedanken und umfassender Kenntnisse auf kriegsgeschichi-
lichem und seekriegsgeschichtlichem Gebiet, man liann das Erscheinen
desselben nur mit Genugthuung begrOlsen und wird ee in Wirklichkeit
bei sich darbietender Gelegenheit einen schfitzenswerten Anhalt f8r
die IVuppenfflhrer am Lande wie auf See und deren Offlsiere vom
Stabe bUden. 59 (J.)
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Umiohin in der MUitir-Utteiatar.
869
Lehren aus dem südafrikanischem Kriege für das deutsche Heer.
Von V, Franrois, Major a. D., früher Landeshauptmann von
Deutsch-iSüdwestafrika. Mit 8 Skizzen. Berlin 1900. E. S. Mittler
k Sohn. Preis 1.40 M.
WSbrend v. Pran^ois in seiner Broschflre „Kriegführung in Sfld-
afHka* — damals pro domo — den Beweis ttthrte, dab die eigen-
artigen VerhUtnisse des Klimas und OeMndes «Abweichungen von
nnserer europäischen Kriegführung bedingen", giebt er dies in der
YOlliegenden letzten Schrift nur mehr „auf dem Gebiete der Truppen-
bewegrung" zu, während im übrigen „Taktik eben Taktik bleibt, in
Afrika wie in Europa". Und obwohl er in der ersten Schrift die
Kampfweise der Buren mit jener der Eingeborenen als der „Lehr-
meister der Buren" — identifiziert, hält er nunmulir gegenüber den
Buren eine spezifisch „südafrikanische Taktik nicht fUr nötig**. Diese
an die Spitse gestellten Thesen sucht er an der Hand der grOfseren
Gefechte im Burenkriege zu beweisen. — Dreimal fahrt er uns von
Qlencoe bis Stormberg* indem er uns jedesmal den Gefechtsverlauf
durch eine andere Brille betrachten läfst, n&nlich von den Gesichts-
punkten: Beurteilung der Gefechtslage durch die Führer, Angriff und
Vertoidi^JTung. Bei dieser Glioderun.e: des Stoftes waren Wiederholun-
gen unvermeidlich. Und der Beweis? — Genau genommen, bleibt
Pranrois ihn schuldig. — Er versucht ihn dadurch, dafs er zeigen
will, wie die Engländer nur nach Vorechritl z. B. der deutschen Re-
glements zu verfahren brauchten, um günstigere Ergebnisse zu er-
lielen. (Idi mOchte dem hinauffigen, dab die Bnglftnder schliebUch nur
nach iliren eigene n Dienstvorschriften zu handeln brauchten, denn
diese sind (seit IBdß) den kontinentalen getreu nachgebildet).
Bald jedoch kommt Fran^ois zum Schlüsse, dafs die europäische
Karapfart doch nicht ausreicht; so empfiehlt er z. B. für den Angrifi
auf gröfsere Burenstellungen ein von ihm erdachtes „südafttkanisches**
Rezept (S. 36, Skizze 8). — In seiner früheren Schrift sagt Frangois:
„Unser europäischer Soldat wird hauptsächlich für die grofse Schlacht
ausgebildet und daran gewöhnt, in der Masse und durch die Masse
zu wirken." (S. 32) ^In Südafrika wird das Schiefsen einer
Truppe nie den Charakter unseres Abteilungsschielbens tragen, sondern
melir demjenigen unseres Binaelsohiersens. — Eine einh^tliohe Peuer-
leitung, sogar innerhalb der Gruppe, wird meist durch die weiten
Zwischenriume der einzelnen Schütsen und die NichtsichtbariMÜ der
Ziele ausgeschlossen. Die Schützen haben also eine, bei uns unge-
kannte Selbständigkeitr (S 54).
In diesem Widerstreit der Ansichten des Franf^ois von damals und
heute möchte ich seinen früheren beitreten.
Was Fran(,-ois übrigens damit meint, dafs „die Normaluhr taktischer
Denkfähigkeit in Afrika denselben Takt wie in Europa schlage** — , ist
jedem Denkenden Uar: Francis meint damit nUdit etwa eine »euto-
pSische Normaltaktik**, sondern nichts anderes, als den gesunden
JiMMhtr fir dt» «ralMto Ahm* uA HuIm. B4. lU I S4
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370
Lmscbau in der Miiitür-Lätteratur.
Mensohenverstand! Diesen hat jeder IViippeiifGUirer, in Afrika wie
in Boropa, in erster Linie von nSten; und gegen diesen haben sich
die englischen Führer schwer Yersfindigt^ als sie ohne Aufldimng und
in dichten Massen gegen moderne Feuerwaffen anrannten.
Auf jeden Fall bietet die Prancois'sche Schrift dem militärischen
Leser eine Fülle von Anregungen; für unsere koloniale Schutzti-uppo
hat sie einen unmittelbaren Wert. — um so mehr, als vielleicht die
nächsten trekks der Buren sich nach Deutsch-büdwestafrika richten
werden. 32.
Der Bomkiieg im Sidafrika* Kurs dargestellt von Ludwig
V. Bstorft, M^jor im Groben Generalstabe. Erste Lieferung. Der
Kriegsschauplatz. — Die gegnerischen Streitkräfte. — Der erste
Abschnitt des Krieges. Mit 4 Textskizzen und 2 Karten in Stein*
druck. Herlin 1900. E. S. Mittler & Sohn. Preis 1.80 Mk.
Diesem neuen Lieferungswerke über den Transvaal-Krieg mufs
von vornherein der Vorzug zugestanden werden, dafs der Verfasser —
gleich Hartmann, v. Franvois. Leutwein — die südafrikanischen Ver-
hältnisse aus eigener Erfahrung kennt
Die ersten Abschnitte: »Der Kriegsschauplatz" und »Die krieg-
fahrenden Parteien* tragen daher auch den Originalstempel der Uo-
mittetbarkeiU die fHsche Farbe des Selbstgesehenen. Sehade nur, daüs
v. EstorlT» wie jeder lebhafter Erzähler, „von fernen Ländern und
Menschen" häufig vom Thema abspringt und demnach die im Inhalls-
verzeichnis angegebene Ordnung des Stoffes nicht einhält In d^r
Vorgeschichte des Kriege.«? bleibt auch EstorlV. wie alle bisiiengen Be-
arbeiter, uns die Darstellung der jüngsten Kriegsursachrn schuldig;
von Januar 1896 springt er unvermittelt auf iSeptember löyy. Die
Schilderung der Kriegsereignisse ist progranungemäfs kurz und klar;
das erste Heft sehlielst mit der Sehhwht von Golenso (15. 12. 99) ab.
fistorff ist weder Burenlhoatiker nach Anglophobe; Tomirteilslos
fahrt er die Fehler auf beiden Seiten zum greisen Teile auf die b6>
stehenden Schwächen der Organisation und der Ausbildung der Truppen
und auf die Eigenart des Volkscharakters und Kriegstheaters zurttclc
Dieses Streben nach objektivem Urteil sichert der Schrift einen
besonderen Wert 32.
Der Krieg in Südafrika, nach den besten vorhandenen Quellen be-
arbeitet von V. Kunowski. Hauptmann, und Fretzdorff, Ober-
leutnant Erster TeU: Die Voigeschiolite des Krieges und die
Kriegsereignisse bis Schlufo des Jahres 1899, Mit ehier Übersichts-
karte^ drei SUuen vom Kriegssohauplats und einer Beilage.
Leipzig 1900. Zuckschwerdt & Co, Preis 1.50 Mk.
Unter der sich täglich melirenden Anzahl von Bearbeitungen des süd-
afrikanischen Krieges ist die vorliegende als zweite aufgetaucht. Sie
liat zwei Vorzüge: sie ist kurz, und läfst sich auf keine gewagte iuitik
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Umschau in der MiUtär-Litterator.
371
ein und — sie hat wenige aber für die vorliegenden schwierigen Vor-
h<niBse immerhin bimii«]ibm Kartonskizseii. Natürlich haben den
Verfassern auch keine anderen QueUen zur Verfügung gestanden, als
anderen Bearbeitern; was wollen vielleicht einige Friratbriefe sagen, die
höchstens über einige persönliche Verhältnisse, aber niemals über die
vielen Dunkelheiten dieses ungeheuren Kriegstheaters Licht verbreiten
können! Ist es doch nicht einmal möglich, die Gruppierung der brit-
lischen Truppen und die Zugehörigkeit der einzelnen Regimenter zu
diesem und jenem Armeekörper mit voller Sicherheit festzustellen.
Namentlich streitet man sich bekanntlich über die Verteilung der
Kavallerie, wo die Zerreifsung einiger Regimenter und die Verwendung
ihrer ehizelnen Schwadronen auf verschiedenen Kriegsschaupl&tien au
vielen Irrtümern Anlafs gegeben hat. Die Verfasser tragen nun zu
einer Klürung dieser Verhültnisse bei, indem sie die Zuteilung der
Schwadronen des 14. Husaren-Regiments zu 4 Divisionen als Divisions-
Kavallerie zeigen, aber sie bringen eine neue Verwirrung, indem sie
neben dem 5. Ulanen- auch ein 5. Dragoner-Regiment aufführen, ob-
gleich sie S. 10 ganz richtig auseinandersetzen, dafs die Linien-
kavallerie-Iieginienter fortlaufende Nummern tragen, ohne Rücksicht
auf ihre besondere Bezeichnung, dafs dieselbe Nummer also nur bei
der Garde-Kavallerie noch einmal vorkommen kann.
Dies ist eine wahrscheinlich leicht aufkuldärende Nebensache.
Bedenklicher jedoch ist die doch ziemlich kritiklose Wiedergabe der
Nachricht, dafs Methuens Truppen am 28. November nach Oranje-River-
Station zurückgekehrt, am 24. dort geblieben, und am 25. fHih 3 Uhr
aufgebrochen seien, dann einen Marsch von 40 km zurückgelegt, ein
hartnäckiges Geffcht bei Graspau geliefert und dieses um 10 Uhr vor-
mittags ahgchrochen hätten; also ein Marsch von 40 km und ein Ge-
fecht innerhalb 7 Stunden! Das ist um so aulTallender, wenn man es
mit den sonstigen Marschleistungen der Engländer vergleicht. Dafs
hier ein Irrtum der Berichterstattung vorliegt, ist wohl mehr als wahr-
scheinlich.
Im allgemeinen ist anzuerkennen, d&fs die Verfasser es vermeiden,
Lücken der Berichterstattung durch Phantasien oder Hypoth«ton auszu-
füllen; trotzdem ist der Wert der Arbeit wohl kaum ein über die
nächste Zeit hinwegreichender. 49.
Kuba und der Krieg. Von J. Herrings. Rathenow. M. Kabenzien.
Der Verfasser ist der ein/ige deutsche Kriegsberichtserstatter, der
im amerikanischen Heere den Feldzug gegen Santiago von Anfang bis
zu Ende mitgemacht hat. Er will keine Geschichte des Krieges
schreiben, denn dazu liegt das ganze Material noch allzu verworren
und, wie er steUenweise andeutet, absichtlich verwirrt» vor. Br
schildert vielmehr seine persönlichen Erlebnisse und Beobachtungen
während des Krieges in amüsanter, oft rocht sarkastischer Art; um
dabei aber dem Leser den Überblick über den Verlauf der Kriegs-
24'
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372
Umtehaii b dar Milttir-Iittentiir.
beereb-'nhi'it»'n zu erleichtern, fügt er diese, tageweise geordnet.
Verbindung zwischen den einzelnen Abschnitten beL Er beginnt mit
der Versammlung der Truppen im Lager vom Port Tampa, der Ver-
ladung auf die Transportschiffe und der StSgigen Seereise bis Kuba.
Der zweite Teil schildert die Kfimple um Santiago und enthilt viele
recht interessante Eänselheiten. Nach der Obergabe begab sich der
Verfasser nach Havana. Den Aufenthalt in diesmi Tabaks-Paradieee
beschreibt er im dritten Teile, in dem er auch den dort lebenden
Deutschen ein besonderes Kapitel widmet. Zum Schlufs beantwortet er
noch einige Fragen vom ;illp:emeinen Interesse, z. B.: Wer soll nach
Kuba gehen? Was sind die Hauptprodukte, und wie lassen sie sich
auf dem Weltmarkte verwerten? Was man in Kuba verkaufen
kann u. s. w. Zahlreiche Holzschnitte, zum Teil nach Augenblicks-
Photographien sind dem Text beigefügt. D.
IHe Heeie uid Flotten der Gegenwart. Herau^egeben von C. von
Zepelin, Generalmigor a. D. Frankrdeh. Das Heer am Ende
des neunzehnten Jahrhunderts von Hepke, Oberst. Mit einer
Karte der Truppenstandorte und einer Armee-Einteilung von
Exner, Oberstleutnant. Berlin. A. Schall. Preis 13,ö0 ML.
geb. 15 Mk.
In dem schon zur Geniige bekannten Gesamtwerke ist dieser Band
der fünfte. Eis erschienen bereits: Deutschland. Grofsbritannien und
Iiiand» Rufsland, Österreich-Ungarn, und zwar von genannten Staaten
Landheer und Seemacht je in einem Bande, wihrend der vorliegende
auescliliefslich das Landheer Frankreichs behandelt, da die Flotte ehien
noch im Laufe dieses Jahres nachfolgenden besonderen Band bilden
soll. Der Herausgeber begründet dieses Abweichen von der Regel mit
der „eingehenden, möglichst einseitigen Schilderung Frankreichs und
ihrer Entwickelung seit dem Jahre 1871, " Der Verfasser, Oberst
Hepke. meint, der über den anfänglichen Kähmen weit hinausgehende
Umfang der Arbeit und der Inhalt der einzelnen Abschnitte sprechen
laut dafür, was Frankreich inmitten schwerer innerer Krisen für
den Wiederaufbau und die Ausgestaltung seines Heeres geleistet hat.
— Wir stehen nicht an, nachdem wir die Lektüre dieses stattlichen,
Aber 600 Seiten fallenden Bandes beendet haben, es auszusprechen,
dab derselbe nicht allein an Umfiing seine Vorglnger Oberragt, sondern
einige derselben unbedingt auch an Gediegenheit des Inhalts und ge-
fälliger, fesselnder Darstellung. — Werke dieser Art sind der Gefahr
ausgesetzt, schnell zu veralten. Das vorliegende ist bis zum Schlufs
des J ihres 1899 auf dem Laufenden gehalten, es ist deshalb jedem
Besiizer, der an den seit der Jahreswende eingetretenen Veränderungen
besonderes Interesse nimmt, ein Leichtes, dieselben nachzutragen.
Besonders angenehm berührt es mich, dafs V^erfasser der geschicht-
lichen Entwickelung breiten Raum gewfthrte; ist es doch unbestreli-
bar, da&, wer die Gegenwart verstehen will, die Vergangenheit
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Umsolwii in der Mitttilr-Iitteratiir.
873
kennen mufs. Die geschichtliche Entwickelung steigt folgerichtig bis
zur Revolution hinauf und bildet das 1. Kapitel des ersten Haupt-
abschnittes, dessen 2. dann die „Grundlagen der militärischen
GeBetzgebung" bietet Der iwelte Haupt&bflehnftt bebandelt 1. die
oberste Leitung und Verwaltung des Heeres (Kriegsministerium, Ober-
kriegsrst und Oberbefehl. Genemlstab, die Verwaltung des Heeres,
Budget), 2. die militfirische Einteilung des Gebietes und Befehls-
Verhältnisse, 3. der Ersatz des Heeres, 4. die Gliedening des Heeres,
die einzelnen Waffengattungen, die Truppenstärken im Frieden und
im Kriege. - Auffallig ist es, dafs hier der Kolonialtruppen ^arnicht
gedacht wurde, zumal die Marinetruppen hier Autnahme landen.
Meines Erachtens hätten die letzteren, nebst den Kolonialtruppen in
dem noch ausstehenden Flottenbande behandelt werden können. Der
dritte Hauptabschnitt behandelt l. die Landesverteidigung,
2. Obungslager und TruppenQbungsplätse, 8. das Verkehrswesen
(Eisenbahnen, Etappenwesen, HiL-Telegraphie, LuftschUrahrt, Brief-
tauben, Radfahrwesen, Motorwagen). 4. Mobilmachung. Der vierte
Hauptabschnitt bietet: Disziplinarverhältnisse, Militär-Gerichtswesen
Ehrengerichte, Sanitätswesen, Veterinärdienst, Seelsorge, Dolmetscher.
Bekleidung und Ausrüstung, Be\vaflhun>r. Besoldung. Formen des
Au.sscheidens aus dem Dienste und Versorgungswesen, Ehrenlegion
und Militärmedaille. Der fünfte Hauptabschnitt: die taktische
Ausbildung des Heeres, Dienst im Felde, der innere Dienst, endlich
der sechste: MilitSrische Rangstufen, Disziplin und Geist, das aktive
Otflzierkoips, die Unteroffiziere, die militirische Jugenderziehung,
Militir^Litteratur und Kartenwesen, die nordafirikanisohen Kolonien
(leider nur diese!). Im Anhange befinden sich die im Titel erwähnten
(s. 0.) Karten, dann Nachträge (abgeschlossen am 15. Dez. 1899) und
Übersieht der benutzten Quellen, dann (dies ist sehr wesentlich für
den Handgebrauch) ein alphabetisches Sachregister. — Dies das
Gerippe des breit veranlagten Werkes, dem wir gegenwärtig in seiner
Art kein ähnliches zur Seite stellen könnten. — Wir müssen der
Versuchung widerstehen, aui Einzelheiten einzugehen, möchten aber
noch besonders betonen, dafs es mit Illustrationen fiberreich versehen
ist, 68 VoUbUder, 70 Textbüder und 4 Karten zahlten wir. Wie sehr
durch bildliche Erläuterungen das Verständnis des Textes gefördert
wird, bedarf keiner Beweise. In Summa: Wir stehen einer vortreiT-
lichen Leistung gegenüber, deren Bedeutung für das Studium nicht
hoch genug zu veranschlagen ist 1.
Die Königlieh preursische Infauterie-Schiefsschule. Unter Zugrunde-
legung amtlicher Quellen im Auftrage des Kommandos der
Inlanterie-SchieÜBschule bearbeitet von Th. Wagner, Hauptmann.
Mit 3 Plänen in Steindruck. Berlin 1900. R S. Mittler & Sohn.
Preis 6 Mk.
Der Herr Verfasser sagt in der Vonrede, dafs mit der (Srfindungs-
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874
CTinaehca tat der HUltibr-Iitterator.
und Entwickolungsgeschirhte der Infanterie-Schiefsschule die wieder-
holten Vermehrungen der preufsischen bezw. deutschen Armee, sowie
die allmähliche Vervollkommnung deren Handfcuprwaffen von den
dreifsiger Jahren ab in ursächUchem Zusammenhange stehe. Diesem
Oedanken entspricht die kurze ^Einleitung** des Buches, welche die
Entwiokelung der Handfeuerwaffen von 1880—1856 in Ktiize scbilderi.
Im Jahre 1855 trat> als Vorg&ngerin der Infanterie-Schiebschule die
Gewehr-Prfifungs-Kommission Ins Leben, die als solche bis
1860 bestand, um der, den erweiterten Aufgaben der reorganisierten
Armee entsprechenden Militär-Schiefsschule (1861—1890) Platz zu
machen. Seit dem Jahre 1890 wurde dieser Name in den jetzigen.
Infanterie-Schiefsschule, umgeändert. Wer in diesen Blättern
eine Darstellung der von der InHinterie-Schiefsschule gemachten hoch-
interessanten Versuche zu linden Uuü'u wird sich enttäuscht finden, da
deren Veröffentlichung dienstlich verboten ist; nur einige wenige der
froheren Aufgaben wurden beigegeben, um doch dem Leser klar zu
legen, in welcher Weise solche Versuche durchgeführt wurden. Das
Verbot dienstlicher Geheimhaltung erstreckte sich auch auf die aus-
führliche Darlegung der dort gewonnenen Brfhhrungen und der An-
sichten über Waffentechnik, Schiefsausbildung und Gefecht. Desto
ausführlicher ist in dem 2.'>7 Seiten füllenden Werke das Gebiet der
Personalien und der dienstlichen Verordnungen, dann der Erlebnisse
dieser wichtigen Lehr-Anstalt bearbeitet worden. Die 14 Anlagen
enthalten u. a. die sämtlichen Ranglisten der Stammofilziere, den
Wortlaut der A. K. 0. und K. M.s betreffend die G. P. K. u. I. Seh.,
tabellarische Zusammenstellung sftmtlicher Kurse u. a., außerdem
drei Plane vom SchiefsstandsgeUnde 1869, 79, 99. — Das Werk will
überdies, da es alle einschlägigen Besttanmungen enthilt, einschlielsUch
der Gebühmisse für die Kommandierten, ein für die Truppenteile
kompetentes Naccschlagebuch sein, nicht minder ein Denkmal der
segensreichen Wirksamkeit der Infanterie-Schiefsschule. Es wird
namentlich in den Kreisen derjenigen Offiziere, die der l.-Sch. kürzere
oder längere Zeit angehört haben, siciferiich freundlich aufgenommen
werden. 4.
Die Taktik der FeMutülerie für die Oflsiere aller Wafflen auf
Grund der für die deutsche Artillerie bestehenden Bestimmungen.
Von H. Rohne, Generalleutnant z. D. Zweite vermehrte und
verbesserte Aunns^e. Berlin 1900. E. S. Mittler k Sohn.
Die erste Auflage dieses ausgezeichneten Werkes hat bereits im
Januarhefte eine ei-schöpfende und gebührende Würdigung erfahren.
Das Erscheinen einer zweiten Auflage nach so kurzer Zeit beweist,
wie sehr das R.sche Buch einem Bedürlnisse entsprochen hat. Wir
geben von dieser Auflage nur deshalb Kenntnis, um darauf hinzu-
weisen, dab dieselbe mehrere Ergänzungen, besonders in Bezug auf
auf die erst neuerdings bekannt gewordene Munitionsausrflstung ent-
biyitizeü by Google
Unaobm in der MHiHr-Iittanftnr.
375
hüt, auch sind die kriegsgesohichilichen Beispiele Termehri worden.
In einer besonderen Beilage wurden verschiedene Einzelfragcn be-
handelt, so das Stärkevertialtnis der Artillerie zu den anderen Waffen,
die Frage dor Hattcrien von 4 und ^ Geschützen, die Reitende Artillerie
ira Kavalleriekampf u. m. a. — Einer weiteren Empfehlung bedarf
dieses artilleristische Vademekum des Truppenführers nicht 1.
TalEtisehe Ent wickelungsauf gaben für Kompagnie, Bataillon, Regi-
ment und Brigade von R. v, Bri eisen, Oberslleulnant. ^11163
Figuren im Text nnd anf 19 Tafeln. Berlin 1000. R. Eisen-
Schmidt Preis 2 Mk.
Das vorliegende Buch geht von dem Grundsatae aus, an der Hand
des Reglements diqenigen Qefechtssitnationen durchzusprechen, in
denen eine Entwickelung der betreffenden kleineren oder gröfseren
Gefechtskraft für den Gefechtszweck erforderlich wird. Es ist dabei
besonderer Wert auf die Entwickelung der gröfisten dieser Gefechts-
kräfte, die hier in Frage kommen, der Brigade, gelegt. Wir bedauern
das insofern, weil gerade die kleineren Verbände weit öfter in solche
und ähnliche Lagen kommen wie sie für dieselben iiier nur flüchtig an-
gedeutet werden und weil Brigaden nur sehr selten auf dem Exerzier-
platz, derselbe nicht als Gelände angesehen, entwickelt werden.
Wenn wir auf die Art der Entwickelungsau l'gaben näher eingehen,
80 m&chten wir betonen, dafs dieselben niemals einfach genug sein
Jcönnen. Wir sind der Meinung, dafs die Entwickelung einer Truppe
für einen demnftchst zu erfüllenden Qefechtszweck noch durchaus nicht
bedingt, diese Truppe in dem landläuiBgen Sinne zu entwiclroln. Viel-
mehr ist der Unterschied streng festzuhalten, ob sich die Truppe nur
zur Entwickelung bereit stellen, oder ob sie bereits in die Gefechta-
handlung eingreifen soll.
im ersteren Falle wird es sicli darum handeln, die Gliederung so
vorzunehmen, wie sie für die beabsichtigte Gefechtshandlung am
zweckdienlichsten ist: im letzteren Falle um diese Gefechtshandlung selbst.
-Grundsätzlich soliie die eine Art erst der andern folgen. Es ist etwas
anderes, wenn eine Truppe z. B. aus der Marschfbrmation unmittelbar
in das Gefecht eintritt^ oder wenn üir die Zeit bleibt, sich erst In Ruhe
zu gliedern.
Für den beabsichtigten Zweck, Schulung der Pfihrer, würden wir
den Ausdruck: ^gliedern" als zweckdienlicher erachten als „ent-
wickeln". Immerhin bringt das Reglement den letzteren nnd Verfluser
.steht sonach auf dessen Boden.
Jedenfalls bieten die Aufgaben mancherlei Anregung, für welche
dem Herrn Verfasser nur Dank ausgesprochen werden soll.
Wenn wir auch bei den Lösungen vielfach Vereinfachungen vor-
schlagen möchten, so ist das keineswegs Grund, die dortige Lösung
Jiicht anzuerkennen. Es führen nirgends mehr Wege zum Ziele, d. h.
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876
ümieliaii in dar miltilrXittontar.
Kttm Siege, wie in der kriegerischen Tb&tigkeit; das erlebt man jeden
Tag von neuem.
Die beigo^obencn Figuren erleichtern wesentlich das Studium der
empfehlenswerten Schrift. 63.
Das EntfemunefssohätBen der Isfaffiterie. Wie kdnnen wir die
Leiatiingen im BDtfemttngsachfttsen erbdlien und die Fertigkeit
am besten beurteilent Von J. Stark» Hauptmann. Netiburga.D.
1900. Griefemayeroehe Buchhandlung.
Mit scharfem Nachdenken, mit anfserordentlicher Liebe und grofsem
Pleifse hat der Verfasser das von ihm gewählte Gebiet behandelt. Mit
Recht hebt er hervor, dafs ohne eine ausreichende Ausbildung im Ent-
fernungsschätzen die beste Präzisionsleistung im Schiefsen nicht nur
hinfällig wird, sondern geradezu schädlich wirken kann. Allerseits
wird wohl heutigentags auch zugegeben, dafs neben der Treffsicherheit
des einzelnen Schützen die Zuverlässigkeit der Feuerleitung und hier be-
sonders die Wahl des riclitigen Visiers, einen mindestens gleicliwer-
tigen Faktor für den Brfolg der Ptoertlifttigkeit einer Truppe bildet
Auch darin dürfte dem Verfasser Recht zu geben sein« dafs trotz aller
Erfindungen und Hilfsmittel das menschliche Auge immer noch als derein-
zige, überall und stets anwendbare Entiemungsm^ser für die Infanterie
anzu.sehen ist. Aber dieser Entfernungsmesser ist von Natur aus so
unvollkommen, dafs wir bestreiten möchten, dtifs es auch mit der vom
Herrn Verfasser vorgeschlagenen Ausbildungsmothodo möglich wäre,
selbst bei genauester Befolgung derselben zu zuverlässigeren Ergeb-
nissen zu gelangen, d. h. den erfahrungsmäfsigen Durchnittfifehler
unter das Mab von 16—20 */# herunterzudrücken. Die Erftihrung lehrt«
dab auch der begabteste und ansclieinend zuveriSssigste Bntfemungs-
Schätzer im unbekannten Qel&nde beim reinen Bntfemungsschfttzen,
d. h. dort, wo alle als Anhalt dienende Nebenumstände fehlen, vor
Fehlern von 100 und mehr Prozent nicht sicher ist, und wir möchten
den Ausspruch nicht für unberechtigt halten, dafs derjenige am
wenigsten vom Entfernungsschätzen versteht, der sich am meisten
über hierbei vorkommende Fehler wundert. Wir glauben, dafs das
Entfernungsschätzen nicht so sehr eine Thätigkeit des Auges als eine
solche des Verstandes ist; der Augenschein mufs unter Umständen
ZU Fehlem führen; nur richtige Überiegungen, d. h. Würdigung der
Beleuchtungsverhältnisse, der erfohrungsm&bigen Gestaltung der Erd-
oberflSche, der taktischen Lage, der Vergleich mit anderen in der
Nähe befindlichen Oegenst&nden bekannter GröCse vermag vor erheb«»
liehen Irrtümern zu bewahren. Diese Fähigkeiten zu entwickeln,
halten wir daher für das Wichtigste; und das führt dann dazu, die
Ausbildung im Entfernungsschätzen auf die Führer und Unterführer
nebst ihren Stellvertretern zu beschränken. Bis der Feuerkampf auf
600 m herangetragen ist, werden diese noch ihren Einflufs auf die
Anwendung des richtigen Visiers geltend machen; von da ab kann
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ümsohaa in der MUttlr-LWtntiir.
877
der Fehler dann kein allzu ^lofser mehr sein, wenn der Schütze nur
den einen Grunds-atz befolgt, dafs er. je näher der Angriff herange-
tragen wird, desto mehr von dem zuletzt befohlenen Visier nach unten
zu abzuweichen hat.
Das Auge nirt einen auf 1200 m knieenden Gegner für näher
halten als einen auf 900 m liegenden Gegner; selbst mit einem
Doppelglase wird es aber oft nicht möglich sein, zu unterscheiden, ob
ein Gegner liegt oder kniet Auch das Ablesen der Entfernung am
Erdboden entlang — wie es zur Ermittelung der Entfernung empfohlen
wird — mufs, wenn es wirklich angewandt würde, zu Fehlern führen;
im unbekannten Gelände weifs der Si hittze nie, wieviel er von dem
zwischen ihm und dem Ziel liegenden Erdboden einsehen kann, und
w^ieviel nicht; wollte er sich an die tür ihn sichtbare Erdoberfläche
halten, so mürste er zu erheblichen Fehlern kommen; denn der
liegende Schatze sieht oft noch nicht den zehnten Teil der zwischen
ihm und dem Ziel liegenden Brdoberfl&che ein. Nur die richtige Wtlr^
dignng der sonstigen Anhaltspunkte und Nebenumstftnde vermag das.
Auge vor groben Irrtümern zu bewahren.
Ausdiesen und ähnlichen Erwägungen möchten wir daher diesen vomi
Verfasser empfohlenen, zum Teü etwas weitschweiflgon Ausbildungsgang
nicht unbedingt empfehlen; er hält sich unseres Erachtens nach zu lange
mit den Vorübungen und dem reinen Entfernungsschätzen auf: wir
würden es vorziehen, von vornherein, d. h. sogleich nach der Rekruten-
einstellung, neben den unbedingt nötigen Vorübungen, von denen wir
das Einprägen der Grdfse der Zidereeheinun^ auf 300, 600 und 1000 m;
als die wichtigste ansehen, mit Übungen hau .angewandten" Bntfemungs-
sehfttzen zu beginnen. Mit je weniger Schreibwesen der Dienst hier»
bei belastet wird, desto freudiger wird er unseres Erachtens nach aus-
geübt werden ; unserer Erfahrung nach lassen sich auch ohne Sch&tz-
bücher, Fortschrittslisten und der^'l. dieselben Ergebnisse erzielen wie
mit solchen. Die von dem Herrn Verfasser vorgeschlagene „Ent-
fernungsschätzkarte" kann gewifs nur empfohlen werden. Hierbei
möchten wir auch eines bisher in der Lilteratur wohl noch nicht er-
wähnten Hilfsmittels zum Entfern ungsmessen gedenken; es ist das
Fahrrad mit einem daran angebrachten Entfernungsmesser (Curvimeter)..
Bei Übungspl&tzen mit gutem Boden hat es den grofsen Vorteil, dab
bei jeder Übung und zu jeder Zeit die jeweiligen Entfernungen genau
festgestellt werden können; man wird sich dabei Überzeugen können,,
welche gewaltigen Fehler selbst auf den bekanntesten Übungsplätzen
oft gemacht werden. Auch im Gelände läfst sich zu diesem Zweck
das Fahrrad stets dort benutzen, wo nur fahrbare Wege in der
>iähe sind.
Die vom Verfasser vorgeschlagene Art der Beurteilung der Leist-
ungen im Entfernungsschätzen glauben wir nicht empfehlen zu können;
sie entbehrt fUr den GelHranch der Truppe immerhin die Einfachheit;,
zudem ist es unseres Brachtens für die Beurteilung der Gröfse des.
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378
Ümteliaa ia der HiHtir-Iittantar.
Fehlers, den ein Mann gemacht hftt, gleichgültig, welche Folgen der
gemachte Fehler hat
Sind wir somit auch nicht mit allen Vorschlägen dos Verfassers
einverstanden, so sind wir doch der festen Überzeugung:, dafs das
Studium seiner Schrift dem Verständnis für den wichtigen Dienst-
zweig des Entfernungsschätzens förderlich sein mu£i.
Es wSre gewiis Ton hohem Interesse, wenn einmal hSheren Orts
durch entsprechende Versuche ermittelt würde, welche Ergebnisse sich
seitens der Truppe in unbekanntem Gelinde flberhaupt erzielen
lassen und weiterhin, mit welcher Methode sich die besten Ergebnisse
erzielen lassen, bezw. ob sich bei gleicher Ausbildunis^zeit und ver-
schiedener Ausbildungsmethode überhaupt nennenswerte Ver-
schiedenheiten nachweisen lassen. v. s.
A. W. WeresehtM-hagiu. Skobelew im Türkenkriege und vor
Geok-Tepe. Erinnernngen eines Augenzeugen. Autorisierte
deutsche Ausgabe von A. ▼. Drygalskt Berlin 1900. 1. Ride
(Stuhrsche Buchhandlung).
Der Verfasser dar interessanten Skizzen: «In der Heimat und
im Kriege" hat unlängst unter dem Titel: .N'eue Erzählungen'
ein*' n«'ue Reihe von Skizzen folgen lassen, die nach der Anordnung
ilirt's Inhaltes, wie ein russischer Schriftsteller nicht tr^inz unrichtig
bemerkt, eigentlich den Tit»'l: „Im Kri'-tre und in der Hpimat* führen
müfsten. li'-nn das unbedingt anregeiid>te in der kleinen Schrift sind
die den Krieg behandelnden Schilderungen. Der Verfasser giebt in
ihnen Erinnerungen aus den Feldzügen, an denen ihm persönlich Teil
zu nehmen vergönnt war. Im Mittelpunkt der Ereignisse steht der
moderne russische Heros, Skobelew, der «weilse General* mit dem
deutschem Ausdruck seines vom blonden Backenbart umrahmten Ge-
wehtes, er. der Deutschenfresser. — Wereschtschagin beftnd sich be-
kanntlich als Ordonanzoffizier in seiner nächsten Umgebung. Die
beiden Kapitel des ersten Teils der „Neuen Erzählungen": „Jenseits
der Donau" und „r>ie Achal-Teke** werden dem deutschen f.»^ser
hier in der t bersetzung vorgeführt. Sie sind, wie alles, was We-
rechtschagiii sehreibt, ausgezeichnet durch Lebendigkeit und objektive
Wahrheit der Darstellung. Diese Offenheit, die auch den Schatten-
seiten russischer VerhSltnisse nicht ans dem Wege geht, hat fMlich
nicht iauier den BeifUl russischer Kritiker gefunden. So namentlich
der Schlafs der Erzihhmg, der die Überschrift: „Das Kriegsgericht*
tragt. — Hier charakterisiert Wereschtschagin in allerdings sehr offener
Weise das System „der unerlaubten Ersparnisse", das besonders früher
in der russisch<^n Armee eine so grofse Rolle spielte und norh in neuester
Zeit durch die Prozesse gegen mehrere Generale und frühere Ver-
"waliuiig>beamie — in Petersburg und Ssewastopol — illustriert wurde.
Wir sehen da zwei Offiziere, Befehlshaber von Ssotnien. im Kreise der
jflngeren OfBziere sitzen und berechnen, welche „Ersparnis" fürsiebeidem
L/'iyiki._cCi Ly
Uiuücbaa in der MiUtär-Litteratur.
379
fteibftndigen Ankauf der für ihre Ssotiden erforderlichen dreimonat-
lichen Pourage ahfKUL Wereschtschagin schildert diese Szene fol-
gendermafsen: „18540 Rubel! ruft, endlich mit seiner Rechnung fertig,
Mahomcd, reifet die kleine Tossetinisohe Papacha (die Pelzmütze der
Kaiikasicr) von seinem grauen, ganz kurz geschorenen Kopf und
schwiriiTl sie feierlich in die Luft, da fällt was ordentliches für unsere
Tasche abl — Unsere Subalternofflziero verhalten sich bei dieser
Nachricht ziemlich gleichgültig und essen in dem Bewufstsein, dafs
sie nichts von dem Segen abbekommen, ruhig weiter. Wir beiden
Ssotnienkommandeure beschliefsen dagegen, schon in aller Fr&he zum
Geldempfang nach dem etwa 40 Werst entfernten Stabsquartier zu
reiten.* — Sehr drastisch schildert Wereschtschagin dann, wie in ihren
Freudenbecher hier ein bitterer Tropfen Wermut fallt, da ihnen, „für
den Ökonomiefond des Regiments" vom Zahlmeister Ssemler Petro-
witsch ein „Abzugs von 20% gemacht wird.
Dieser Abzug spielt nun in dem vor dem Kriegsgericht statt-
findenden Prozesse eine Rolle, da der vor dasselbe geforderte Regiments-
kommandeur die „20 Prozent" Hatto in seine eigene Taschn gleiten
lassen und deshalb von den Führnri der Divisionen (Halbiegimeiiterj.
denen nicht wie den Eskadronskummandeuren die Möglichkeil, auch
ihrerseits „Ersparnisse" zu machen, gegeben wurde, denunziert worden
war. Der Angeschuldigte wird freigesprochen und spfiter Brigade-
kommandeur. — W. schliefet seine ErzShlung nun mit einer Äußerung
Skobelews, der im Kreise mehrerer Offiziere einem derselben sagt:
.Wissen Sie, Oberst, dafs während des ganzen türkischen
Krieges nur drei Regimentskommandeure die Okonomie-
gelder vollständig an die Kasse abgeführt haben: Graf S..
Oberst R. und Haron K.' Mit gedämpfter Stimme und halb
traurig fügte er dabei hinzu: l'nd das waren lauter
Deutsche!*" — Hierzu bemerkt W. Apuschkin im „Invaliden." dafs,
wenn „der weifse General" aus seinem vorzeitigen Grabe stiege, er
sicher seinen früheren OrdonanzofBzier bitten würde, aus dieser Er-
zählung die Äufserung über die Deutschen zu streichen.
In allen Erzählungen W.s kehrt die Bewunderung der magischen
Gewalt wieder, den die Persönlichkeit Skobelews, seine Todesverachtung,
seine Siegeszuversicht, seine Klarheit in der Befehlsführung auf den
russischen Soldaten ausübte. — Bekanntlich hat ein russischer Militär-
schriftsteller, Herschelmann, im Wajennüj Sbornik „Das moralische
Element in den Händen Skobelews 1880 — 1881** zum Gegenstande
einer eigenen Abhandlung gemacht.
Dafs der Humor bei der NatuiwahrtH'it der Erzählungen W.s zu
seinem Rechte kommt, darf kaum erwähnt werden. Köstlich ist in
dieser Hinsicht die Skizze: „Der Feldzahlmoister."
Die Übersetzung giebt das Original gut wieder. Die unrichtige
Wiedergabe russischer Titel u. s. w. (wie Pragorschtschik für
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380
Umschau in der Wlitlr-Iitteratiir.
Praporschtscbik, Priskow für Pristaw u. m. a.) ist wohl auf Druck-
fehler surOckzuftthran. Die beigegebenen Bilder des Verfassers und
seines Ueblingshelden sind eine willkommene Zugabe. 17.
Blnteiluiig und Dislokation der Russischen Armee nebst einem
Verzeichnisse der KriegsschiiTe. Nach russischen offiziellen
Quellen bearbeitet von v. C.-M.. Major. April 1900. 6. Ausgabe.
Leipzig. Zuckschwerdt. Preis 1 Mk.
Wir müssen es dem Verfasser und dem Verleger zum besonderen
Verdienst anrechnen, dafs sie so schnell der letzten Veröffentlichung
eine infolge der inzwischen eingetretenen Veränderungen richtig ge-
stellte neue Ausgabe folgen UeTsen. Da diese sich meist auf die
Flotte und die Truppen in Asien bestehen, so sind diese Verbesserungen
bei dem hohen Inteiesse, das gegenwärtig gerade der mÜitarisehen
Lage in diesem Weltteile entgegengebracht wird, um so wichtiger.
17.
III. SotwMan.
Amudem der Hydrographie imd navittMen MetoOMlofle. Hsili.'
Port Elisabeth. Nach Berichten des Kaiseriiohen Konsulats daselbst,
des Kapitäns B. M. 0. Loders, Bark „India" und ergSnzt nach eng-
lischen Quellen (hierzu Tafel 5). — Die Delagoa-Bucht Nach Berichten
vom Kaiserlichen Konsulat in Lorenzo Marques und von den Komman-
danten S. M S Schiffe in Ostafrika, nach neueren Veröffentlichungen
in den „Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie** und
Bekanntmftchunp:en in den „Nachrichten für Seefahrer" aus portu-
giesischen, holländischen, englischen und amerikanischen Quellen, er-
gänzt nach sonstigen englischen Angaben. — Rasche Fahrten deutscher
Segelschiffe auf afidllehen Breiten von L. B. Dinlüage. — Rttckbliok
auf das Wetter in Deutschland im Jahre 1890. — Sprungwelle und
Flutgröfse im oberen Teil der Pundy-Bai. Nach einem kanadischen
amtlichen Bericht bearbeitet von Dr. G. Schott (Hierzu Tafel IV.) —
Die Witterung an der Deutschen Küste im Februar 1900.
Marine-Rundschau. Heft 4. Titelbild: Der russische geschützte
Kreuzer „Askold " — Was verdankte die athenische Demokratie ihrer
Herrschaft zur See. — L>ie türkische Marine von ihren Anfangen an.
Von Kalau vom Hofe Pascha. (3. Forts.) — Von der ostasiatischen
SiHiion. Dienstliches und Aufserdieiistliches. — Sprichwörter und
sprichwörtliche Redensarten über Seewesen, Schiffer- und Fischerleben
in den germanischen Sprachen (Schlub). — Betrag sur Theorie dee
Wasserwiderstandes der Schiffe. Von tfartaie-^berbaurat Schwan. —
Das Wassergas und seine Verwendung. Von Torpedo*8tabsingenieur
Diegel. (Mit 10 Skizzen.) — Die Vermessung in Kiautschou. — Neue
elektrische Glühlampen.
Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens. Nr. 4. Die
KesseleiLplosion auf S. M. Torpedoboot ^dler." — Graphische Methoden
ui^ui-L-j cy Google
UniMluui in dar MmUr-Llttanitiir.
881
für die astronomische Ortsbestimmung in See. — Die Fortschritko der
Piiotogrammetrie. — Budget der K. K. Kriegsmarine für das Jahr
1900. — Der deutsche kleine Kreuzer „Gazelle." — Der brasilianische
Torpedokreuzer „Tamoyo." — Das schwedische Marinebudget für das
Jahr 1900. — Fremde Kriegsmarinen. — Der Hafen von Piume.
Nr. 5. Astronomische Ortsbestimmung zur See ohne Rechnung und
Tafeln. — Der SeecQstanzmeaser der Profeeaoren Barr und Strond. —
Die Zunahme der OrttfeenTerhSltniaee der Seeschiffe. — Der 8ehiffi»au
im Jahre 1899. — Die neuen Gesohfitze (Ur rauchloses Pulver in den
Vereinigten Staaten. — Der Schiffspark der österreichischen Handels-
marine. — Ein für eine geplante antarktische Expedition bestimmter
Dampfer. — Petroleumgewinnung der Erde. — Die Naphta-Ausbeute
Rufslands im Jahre 1899.
Army and Navy Gazette. Nr. 2096 l^ie Rückkehr des „Power-
ful." — Die Proi»aganda für die deutsche Flottenvermehrung. — Besuch
des Kanaigt;s(^h\vaders in Kingstown zur Anwesenheit der Königin
dort. — Mangel an Ingenieuren in der französichen Marine. Nr. 2097.
Mit Masten und Raaen. — Französische Schiffe und Kanonen. — Die
SohiflbausrOstungsfrage. — Marine-Depeschen flber den Anteil an den
Gefechten des Boeren-Krieges. Hr. 9098. Die Marine und die
Kolonien. — Pranaösisohe Marine-Politik. — Englische Schiffs-Geschütse
in der Front. — Das österreichische Marinebudget für 1900. Hr. 2099.
Die Marine. — Die japanische Marine. - Rückkehr der »PowerM.**
— Erfahrungen mit dem Personal im Transvaaikriege.
Journal of the Royal United Seryice Institution. Nr. 265.
Titelbild: Der deutsche Aviso I. Klasse „Heia.** — Taktik bei dem „Jane"-
Seekriegsspiel. wie sich dieselbe bei den verschiedenen Marinen er-
giebt. Eine Einleitung in das Studium von Marine-Taktik. — Marine-
Nachrichlon.
Ariny and Navy Journal. Nr. 1908. Ein neues französisches
Geschütz. — Das Neueste von Manila. — Die Feuerzone. — Nr. 1909.
Ausgaben für die Ktlstenbefestigung. — Der Marinegerichtshof. —
Arbeiten der Marine-Inihnterie in Alaska. — Das Neueste von Manila.
— Nicht entzflndliches Holz. Hr. 1910. Die Befestigung von Guam.
— Unser Konsulardienst. — Revision der Marine-ReglementB. — Das
Neueste von Manila. — Neue Klassifikation von Kriegsschiffen. —
Nr. 1911. Die Frage der Panzerplatten. — Anwachsen des ameri-
kanischen Seehandels über den Stillen Ocean. — Die Lage in Süd-
afrika. — Die Geschichte der Marine-Akademie. — Pensionierung von
Seeoffizieren. — Versuche mit Etagentürmen. — Ausländische An-
sichten über unsere Kommandanten.
Revue maritime et cuiuniale. (Februar 1900.) Achter Beitrag
zur Schiffs-Kinematik. — Die Verteidigung der fkvnzSdsehen KOste
von Bayonne bis Dunkerque im 17. Jahrhundert — Schill^egnahmen
«ur See. — Die Wirkung des Feuers zur See. — Die Konstruktion
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382
Umsohaa in der MmtSr-IitteratDr.
von Torpedobooten. — Der „Oceanie.* — Das Personal der deutschen
Marine. — Versuche mit den Babcock- und Wilcox-Kessoln E)as
Torpedoboot „Bailey." — Vergleich zwischen den bestehenden und
den im Hau befindlichen amerikanischen Kreuzern. — Die englische
Seefischerei. — Fischerei verlrag zwischen Schweden und Dänemark.
— Das Lyddite. — Reorganisation des amerikanischen Marine*
Personals.
Rivista marittima. (März 1900.) Schlufslolgerungen über den
spanisch -amerikanischen Krieg. — Eine neue Veröffentlichung des
Herrn Loctaroy. — Die Herrschaft über das Mittelmeer im Mittelalter.
— Elemente des Schiffbaues. — Die Erziehung des italienischen
Matrosen. — Der deutsche Dampfer «Deutschland.** — Yachtsegeln.
— Eine auf See ausgeführte Maschinenreparatur. — Neue Forschungs-
ergebnisse auf dem Gebiete der italienischen Seekriegsgeschichte. —
April 190n I»ie Punktionen des Exerzierens und der Bewaffnung bei
der Vrrtcidigung der Nation. — Die n<»ue Idee. — Der Einflufs der
Wa.sserliefe auf den Widerstand gepen die Schiftsliewegungen. —
Erfahrungen mit dem Schlingerpendel in hoher See. — Die Lage
Italiens als Kohlen-Konsument. — Versuche mit Wasserrohrkesseln.
Mor»kui Sbornik. Nr. 4. (.April.) Nicht offizieller Teil:
HilAikreuzer im spanisch-amerikanischen Kriege. — Armee und Flotte
unter den augenblicklichen VerfaSltnissen; von Graf A. Heyden. —
Der Personalbestand der danischen Flotte. — Stembeobachtungen auf
dem Meere. — Grundsätze für Wahl und AufeteUung der Artillerie
eines Schiffes. — Metallurgische Bemerkungen.
IV. Verzeiebnis der zur Besprechung eingegangenen BOcher.
(Dto «llfafaagtoen BBelitr »rfUirtB •iae Be»pr«cliang oaeh Mar»gabe ikrer Bedeutung and daa T«r-
nftma RauMt. Ha» V«rpflJoktaBg, jadm «ingekMid« Baoh xn bMpiMhta, ftiwtaüuit 4to
Uitof der ^■kAMhM» itf kt. «mIi wnimm «U« TttdH lialilchtr BMwr mM Aag>k« iM PnIm«
— Hbm 4lM«r oiitMrilt mtte — khr immmM. BfawKidMBdniv vwBtokn taitl tUkH aMt)
1. System der PfMe-Gymaastik. Den Offizieren der deutschen
Beiterei gewidmet von Paul Plinzner, Major a. D.. Leibstallmeister
S. M. Vierte durchgesehene Aullage. Berlin 1900. R. Schröder.
2. HiUtKriache Reiseerinnerungen aus Rntelaild. Sommer 1899.
Von A. von Drygalslii. Sonderabdruck aus ^Neue Müitftrische
Blätter.- lanu.'ir-März 1900. Berlin 1900. R. Schröder.
3. Was bringt uns die FelddienstoidBUig 1800 Neaesi Für
Offiziere aller Wdflen dargestellt von A. von Hennings, Hauptmann.
Berlin 1900. R. Schröder.
4. Otto von Bismarck. Sein Lehfn und sein Werk von Johannes
Kreutzer. Zwei Bände mit zwei Bildnissen von I. V Cissarz.
Leipzig 1900. R. Voigtländers Verlag. Preis 6,50 Mk., geb. 8 Mk.
5. Die Taktik der Feldartillerie für die Offiziere aller Waffen
aul Grund der für die deutsche Artillerie bestehenden Bestimmungen.
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UoMOhau in der Militär-Litt«ratur.
383
Von H. Rohne, Oeneralleutnant & D. Zweite vemetarte und ver-
besserte Auflage. Berlin 1900.- E. 8. MitÜer A Solin.
e. Krieg «nd Arbelt. Von Michael Anitehkow. Berlin 1900.
Puttkammer & MUhlbrecht
7. Batillviig oBi Staadorte des deutBehea Heeres imd der
Katoeriiehen Kaifiie^ Berichtigt bis zum 8. AjirU 1900. Von
C. Alandt VierunddreiTsigater Jahrgang. (Erste Ausgabe.) Berlin
1900. A. Bath. Preis 1 Mk.
8. Einteilung und Dislokation der russis^Aeii Amee nebst
einem Verzeiclinisse der Krie^sehiife. Nach russischen offiziellen
Quellen bearbeitet von v. C. — M. Mijjor. 6. Ausgabe. Leipzig 1900.
Zuckfichwordt & Co. Preis 1 Mk.
9. Statistik der SaniUit.sverhältnisse der Mannscliaft des K.
und K. Heeres im Jahre 1898. Über Anordnung des K. u. K. Reichs-
Kricgs-Minisleriums bearbeitet und herausgegeben von der III. Sektion
des K. u. K. technischen Militär-Komitee. Wien 1899. Druck der K. K.
Hof- und Staatsdruckerei.
10. Oescliichte des Feidartillerie-Regiments General-Feldzeug-
meister (1. Brandenburgischen) Nr. 3. Auf Befehl des Königlichen
Regiments bearbeitet von v. Stumpl'f, Hauptmann. Mit Skizzen,
Karten und Plänen. Berlin 1900. E. S. Mittler & Sohn. Preis 13,50 Mk.
11. Geschichte des 4. Magdeburgischen Infanterie-Regiments
Nr. 67. Ergänzte und bis 1899 fortgeführte Auflage von „Die ersten
25 Jahre des 4. Magdeburgischen Inf.-Regts. Nr. 67," dargestellt von
Heinrich, s. Zt Hauptmann v. N. B. d. gr. Generalstabes. Auf
Befehl des Königlichen Regiments bearbeitet von Weberstedt»
Leutnant Mit Abbildungen, Karten und PlXnen. Berlin 1899. B. S.
MitUer k Sohn. Preis 12,S0 Mk.
12. T. LQbeU'a Ja]ire8beri<Ate Iber die Verindenuigem und
Fortaefavitte in HilitinreeeB. XXVL Jahrgang 1899. Unter Mit-
wirkung mehrerer Offiziere herausgegeben von v. Pelet-Narbonne»
Generalleutnant z. D. Mit 6 Skizzen im Text Berlin. B. S. Mittler
k Sohn. Preis 11 Mk., geb. 12,50 Mk.
IS. L' Armee k travers les agea. Chefk d'armee. Gonferencee
faites en 1899 ä l'ecole speciale militaire de Saint-Cyr. Paris 1900.
Librairie militaire R, Chapelot et X)ie.
14. Quartter^ «nd Katniallelatiiiiff für die bewallkete Macht Im
Frieden in den Jahren 1894 bis 1897. Von Dr. M. Neefe, Dbektor
des statistischen Amts der Stadt Breslau. Sonderabdruck aus dem
8. Jahrgang des Statistischen Jahrbuchs deutscher Städte. Breslau
1900, W. Korn.
15. Der Krieg in Transvaal 1899—1900. Von Tiederaann,
Oberstleutnant z. D. Ers'er Teil: Der Krieg bis Ende 1899 und seine
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384
Umsoiuui in dar MUitir-Litteratar.
Vorgeschichte. Mit 2 Karten, Berlin 1900. Militär -Verlagsanstalt
Preis 2 Bfk.
la HisteiMi» Stadien. Heft XVI. Die KiiegfHhiug iM
EnhonogB Cail. Von Heinrieh Ommen. Beriin 1900. R Ebering.
Preis 4 Mk.
17. General Gallieni. La FacÜMlttoii de Madagascar. (Operations
d'Octobre 1896 a Mars 1899.) Ouvrage redige d'apres les Archives de
rKtat-Major du corps d'occupation. Par P. Hellot, oapitaine. Paris
1900. Librairie müitaire H. Chapeiot et Cie.
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Pnncelon Univejsity Libi n
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32101 063968463
Annex A size
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