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Full text of "Monatshefte für Politik und Wehrmacht auch Organ der Gesellschaft für Heereskunde"

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MONATSHEFTE 
FÜR  POLITIK  UND 
WEHRMACHT 
[AUCH  ORGAN 

DER... 


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I 


1 


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Jahrbücher 


für  diü 


deutsche  Armee  und  Marine. 


Verautwortüch  geleitet 


E.  Schnackenburg 

Obentlentiiant  a.  D. 


114.  Band. 
Januar  bis  Min  190O. 


BERLIN  W.  8. 
Verlag"  von  A.  Bath. 

Hohren-Strassa  19. 

i9oa 


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Inhalts-Verzeichnis. 


».  840.   Heft  1.  Januar. 

Keite 

L  1800—1900.  Ein  Rttckhlick  auf  die  letzten  hundert  Jahre 

deutscher  Heereagescbichte.  Von  Paul  v.  Schmidt,  General- 
major 2.  D   1 

II.  Was  können  wir  von  Friedrichs  d.  Gr.  Lehren  für  die  heutige 
Kriegfilhrung  brauchen?   29 

III.  AuH  dem  Kriege  1807 — 14.    Aufzeichnungen  eines  dänischen 
Offiziers.    Herausgegeben  von  seiner  Tochter.  1   40 

IV.  Die  Kavallerie  als  Mittel  zum  .Siege,  und  der  Euiflufs  der 
PersCnliehkeit  bei  Führung  dieser  Wafte.  Von  G.  v.  Bismarck  67 

V.  Die  Taktik  der  Feldartillerie   71 

VI.  Zweck  und  Bedeutung  der  E'mflihrung  des  neuen  deutschen 

Feldhaubitzmaterials.     Von  H  o  1 1  w  e  g ,  Leutnant  im  Feld- 
artillerie-Regiment Nr.  17   79 

VII.  Kleine  heeresgeschichtliche  Mitteilongen   S8 

Vin.  Rekrutierung  und  neue  Gesetzgebung  in  Frankreich   ....  92 

IX.  Da.s  Marineersatzwesen  Frankreichs   97 

X.  Umsehan  in  der  Militär-Litteratnr: 

l.  Ausländische  Zeitschriften  100 

U.  Bttcher  108 

in.  Seewesen  124 

rv.  Verzeichnia  der  zur  Besprechung  eingegangenen  Bücher  127 

Nr.  841.  Heft  2.  Febraar. 

XI.  Über  die  Vorbereitung  zum  Studium  eines  Kriegsschauplatzes 
nnd  die  Hilfsmittel  für  dasselbe.  Von  Generalmajor  a.  D. 
Ton  Zepelin  129 

XII.  Die  8.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71.    Von  Junk, 

Rittmeister  a.  D   168 

Xm.  Ans  dem  Kriege  1807—14.    Aufzeichnungen  eines  dänischen 

Offiziers.  Herausgegeben  von  semer  Tochter.  U.  (F'ortsetznng.)  171 
XIV.  Die  Thätigkcit  der  Deutschen  Festungsartillerie  im  deutsch- 
französischen Kriege  1870—71.  (Generallentnant  z.  D.  von  Müller). 
Von  Oberstleutnant  a.D.  Frobenins  189 


IV  Inhalts -Verzeichnis. 

S*tt« 

XV.  Der  moderne  Infanterie-Angriff  nnd  die  Artillerie  der  Ver- 
teidigung  201 

XVI.  Über  die   niBaiaohen  Torpedoangrifte  im  letzten  türkischen 

Kriege.    Von  Jach  mann,  Korvettenkapitän  a.  D   208 

XVII.  Kleiae  heercsgeaehiohtlicbe  Mitteilungen  224 

XVIII.  UiUHchflu  in  der  Militär-T.ittflratnr : 

I.  Aiialändigchfl  Zeitschriften  .  .  .  .  .  .  .  .  .  ;>2a 

U.  Bücher  284 

III.  Seewegen   .  ^  ,  ■   -   ■    ■  ■    •    ■  2&jt 

IV.  Verzeichnis  der  zur  Besprechung  eingegangenen  Bücher  256 

Nr.  842.  Heft  8.  M&rz. 

XIX.  Die  8.  Kavallerie -Division  im  Kriege  1870—71.    Von  Jnnk, 

Rittmeiater  a.  D.   (Fortsetztmg.)   269 

XX.  Ans  dem  Kriege  1807 — 14.    Aufzeichnungen  eines  d&nisohen 

Offiziers.    Herausgegeben  von  seiner  Tochter.    (Sohlufa.)    .    .  286 

XXI.  Über  den  Kreuzerkrieg.  Von  Ja  eh  mann.  Korvettenkapitän  a.  D.  306 

XXII.  Rufslands  neueste  Eiaenhabnprojekte  in  .Mittelasien  und  Peraien  812 

XXIII.  Das  Heerwesen  der  Republik  Honduras   819 

XXIV.  Die  Iststärkenfrage  der  Infanterie  -  Kompagnien  in  Frankreich  .  328 

XXV.  Armee-  und  MftrinH-Xachriohtwn  ans  Rulsland  82n 

XXVI.  Kloine  heeresgeachiohtliche  Mitteilungen  380 

XXVII.  Umschau  auf  militärteclmischem  Gebiet.  Von  Joseph  Schott, 

Major  a.  I)  834 

XXVTTT.  Ilmachan  in  dor  Militflr-I.itt<^r.itiir; 

I.  Analändisnhe  Zeitschriften  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  g6Q 

II  RHnher  866 

III.  Seewesen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  ,  .  ,  SSI 

IV.  Verzeichni.H  der  zur  Besprechung  eingegangenen  Bücher  388 
Druckfehler-Berichtigung   .    .  386 


L 

1800— 19U0.  Ein  Rückblick  auf  die  letzten  hundert  Jahre 
der  deutschea  Heeresgeschichte. 

Von 

Paul  von  Schmidt,  Generalmajor  z.  D. 


In  »KaWe  and  Liebe**  enUilt  der  alte  Kammerdiener,  der  ein 
kostbares  Gesohenk  des  Herzogs  ttbecbringt,  der  Empftngerin,  Ladj 
Milford,  eine  haarstrftal)ende  Gesehicbte  ron  den  naeh  AmerilLa  ver- 
kauften Landesldndem,  ihrer  siebentaasend,  die  den  Preis  flir  die 
Brillanten  der  Lady  haben  zahlen  mttssen. 

Mag  aneh  die  glühende  Phantasie  des  Diehters  die  Farben  ein 
wenig  stark  aufgetragen  haben  —  die  Thatsaehe  ist  nnbestreitbar, 
daEs  es  in  jener  Zelt  dentsobe  FUzsten  gab,  die  mit  ihren  wehr* 
fUiigen  Untertfaanen  sebnOden  Bfensehenhandel  trieben  and  sie  — 
während  des  ameriluuüsehen  Unabhüngigkeitskrieges  —  an  England 
als  Kanonenfutter  verkaaften. 

So  sah  es  in  Dentsehland  ans  am  Aasgange  des  vorigen  Jahr- 
hnndeits.  Als  man  1800  sdirieb,  hatten  die  Ideen  and  Sehlagworte 
der  franzOsisehen  Bevolntion  zwar  aneh  in  Dentsehland  manehes 
Eeho  waohgemfen;  aber  von  dentsehem  Nationalbevrnlhlsein  war  bei 
den  mehreren  hundert  Beichsstttnden  am  wenigsten  die  Bede  nnd 
das  dentsche  Wehrtom  lag  ebenso  darnieder,  vrie  das  dentsehe 
Volkstam. 

Wenn  ins  das  hente  wie  ein  bOser  Tranm  erseheint,  an  dessen 
Wlikliehkeit  wir  kanm  noeh  glauben  mögen,  so  tritt  uns  die  grob- 
artige,  weltgeschlehtliehe  Wandlung  um  so  lebhafker  vor  Augen,  die 
sieh  In  den  letzten  hundert  Jahren  ToUzogen  hai  Wenn  aneh  heute 
das  Wort  unseres  Kaisers  „Ein  Beloh,  Ein  Volk,  Ein  Gott!**  eine 
Losnng  ist,  deren  volle  ErfUlnng  dem  Jeiiigen  Geschleehte  noch 
nieht  beschieden  sein  kann,  wenn  auch  noeh  maneherlei  zu  wttnsehen 

JahfMM«  ftr  4to  «MlMto  Aibm  u4  MuiM    M.  11«.  1.  1 


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2   RttoKbUdL  Mf  die  toMsn  hondut  Jabre  dar  dmitsohfln  HeenogMohlohte. 

übrig  bleibt  trotz  der  sehwan^weib-roten  Kokarde,  die  alle  dentsebeo 
Soldaten  tragOD,  so  rnufs  doch  frendige  Dankbarkeit  gegen  die  Vor- 
fldinng  and  gegen  die  gewaltigen  Vollstreeker  ibies  Willens  den 
Sieg  davontragen  Uber  alles  Kritteln  nnd  Nörgeln  an  nnsem  henttgen 
ZostSaden,  zamal  angesichts  der  erbebenden  Tbatsaebe,  dab  anter 
der  Ägide  onseres  Kaisers,  der  das  Wort  Ton  der  Reiebs-  nnd  See- 
gewalt in  sein  Volk  hineingemfen  bat,  es  ndt  Dentschlands  Volks- 
and Webrtom  vorwärts  geht. 

Als  Ludwig  XIV^  gestützt  anf  die  Entscbeidangen  der  Parlamente 
von  Hetz,  Breisach  and  Besannen,  aUe  die  deatschen  Gebiete  in 
Ansprach  nahm,  die  mit  den  1648,  1659  nnd  1678  an  Prankzeich 
abgetretenen  Gebieten  irgend  einmal  in  Lebnsverbindnng  gestanden 
hatten,  als  er  Lnxembarg  belagern  lieis,  als  er  die  elsässisohe 
Rittersehaft  zar  Haldigang  zwang  nnd  endlich  Strabborg  ver- 
gewaltigte  —  da  entscblob  sich,  im  September  1681,  der  Reichstag 
zu  Begensborg  zn  einer  Reform  der  Reicbskriegsverfassong,  indem 
er  das  einÜMshe  Anfgebot,  das  Simplam,  anf  40  000  Mann  festsetzte, 
nnd  dies  anf  die  zehn  Kreise  des  Reiches  verteilte.  Da  jedoch  die 
gröberen  Fürsten  die  Einheit  ihres  Heerwesens  nicht  angaben,  so 
gewann  die  neue  Matrikel  nnr  fHr  die  vorderen  (westliohen)  Reichs- 
ioeise  Bedentong. 

Die  Reich smatrikel  von  1681  Ist  Ms  zar  AaflOsang  des 
alten  deatschen  Reiches  in  Kraft  geblieben,  war  also  nm  das  Jahr 
1800  noch  in  gesetzlicher  Geltang.  Wir  müssen  also,  wenn  wir  nns 
die  Reichskriegsverfassnng  von  1800  vergegenwftrtigen  wollen, 
anf  jene  daroh  den  Regensbnrger  Reichstag  geschaffene  Organisation 
zorUckgehen. 

Das  kaiserliche  „Dictatam,**  nnterzeichnet  von  der  nCborfllrstlicb 
Mayntzischen  Oantzlei,**  verfügt  die  Antbringnng  des  Simplams  in 
dem  schwülstigen,  schwer  versUlndlichen  Amtsstil  jener  Zeit  Man 
fühlt  den  Zweifel  des  Gesetzgebers  am  Erfolge  durch,  wenn  n.  a. 
gesagt  wird:  — ^  ~  „mit  der  Allergn&digsten  Erinnerung,  dab  die 
Oreyas-Conventc  derentwegen  zeitlich  Teranlafst,  dass  zugelegte 
Qoantnm  anter  denen  Creyssständen  partionlaiiter  eiogetheilt,  and 
vor-erwehnte  Anzahl  der  40000  Mann  ehestens  würklich  an^braebt 
werden  möge." 

Nach  der  Beilage  sab  lit  A.  wird  naehstebende  Repartition 
anf  die  zehn  Kreise  verfügt: 

XU  Pferd       zu  Fnfs 
Chur-Rheinischer  Creiss  600  2707 

Ober-Säohsiscber    „  1322  2707 

Übertrag   1922  6414 


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MckMiek  uf  dto  letaten  bandert  Jahre  d«r  dentMlien  HeereageMhioliie.  8 


zu  Pferd 

zu  Fufs 

Übertrag 

1922 

5414 

Ocstreicher 

n 

2722 

5507 

Burgnndischer 

1» 

1321 

2708 

Fränkischer 

*i 

980 

1902 

Bayerischer 

n 

800 

1494 

Schwäbischer 

n 

1321 

2707 

Ober- Rheinischer 

n 

491 

2853 

Westpliälischer 

n 

1H21 

2708 

Nieder-  iSächsischer 

n 

1322 

2707 

Srnnma 

122Q0 

28000 

Unter  welcher  Mannschaft  zn  Pferd  (aneh)  2000  Dragoner  zn 
▼erstehen.*' 

Die  Kreise  hatten  das  anf  sie  feilende  Quantum  za  repartieren 
und  die  Fürsten  fUr  die  wirkliche  Steliong  Soige  za  tragen. 
Namentlich  sollen  sie  gleich  den  Kreis-Obersten  darauf  halten  „dass 
ron  jedem  Creyss-stande  eine  solche  Mannschaft  zn  Boss  nnd  Fnls 
gestellt  werde,  welche  im  Dienst  tanglich  nnd  alle  georderte  Dienste 
za  des  gemeinen  Wesens  Besten  leisten  könnte.**  übrigens  war  es 
jedem  gestattet,  das  Kontingent  entweder  selbst  anfisahringen,  oder 
die  Ton  andern  Mitständen  (beworbenen  in  äold  za  nehmen.  Inner- 
halb der  Kreise  sollte  GleichmiUsigkeit  in  Stärke,  Bewaflfnong  nnd 
Bekleidang  beobachtet  werden.  Besonders  warde  ein  gieichmälsiges 
Kaliber  empfohlen  ond  dabei  anf  das  der  „Kaiserlichen  Immediat- 
VMker**  hingewiesen,  wonach  die  Mosketenkngel  2  Liot,  die  Kara- 
binerkogel  1  Lot  Nttmberger  Grewichts  wog. 

Die  Befehlshaber  sollten  auch  im  Frieden  vollzählig  sein, 
die  Stände  sollten  ,,geUbte  und  taugliche  Personen,  so  in  der 
Mnaterong  bestehen,'^  bei  Zeiten  anwerben,  „damit  die  Hälfte  allemal 
parat  erscheinen  möge/'  Die  Kreisobersten  Ehrten  die  militärische 
Oberaufsicht  und  hatten,  wenn  ein  Kreisstand  sein  Kontingent  nicht 
stellte,  das  Hecht,  dies  auf  Kosten  der  Säumigen  zu  ergänzen  und 
das  Geld  im  Wege  der  Kxekution  aufzutreiben. 

An  Artillerie,  und  /.war  an  kleinem  Geschütz  sollte  jeder  Kreis 
1  Falkon  und  fUr  jedes  Regriment  ein  Feldstück  stellen.  An  ,,«:robein 
Geschütz**  stellten  alle  Kreise  zusammen  5  Dreiviertel-Karthaunen 
oder  63  PfUnder,  10  halbe  Karthaunen  oder  24  Pfünder  und  10 
Feuennürser. 

Die  Gelder  fUr  die  Reicbsarniee  wurden  durch  Matrikular- 
beiträge  auf«rebracht;  für  den  lieiter  wurden  2  Golden,  lUr  den 
Foisknecbt  40  Kreuzer  als  Simplum  gezahlt. 


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4  BttokblidL  aaf  die  leteten  himdert  Jahre  der  deutsehen  Heeresgescldelite. 


Von  der  ungemein  komplizierten  Verteiloog  des  Kreis-KontiogeDtB 
auf  die  einzelnen  Stände  giebt  der  „Anschlag  des  Obeisäobsiscbeo 
Kreises"  einen  Begrifi.   Es  stellte,  besw.  zahlte 

an  Geld  in 


zu  Koi'h 

ZU  rul8 

Keichsguiden 

TT  1 

Kursachsen 

309 

1137 

8400 

Kurbrandcnbur': 

198 

915 

6036 

Sachsen-Altenburg 

33 

154 

1012 

Sachsen-Uotna 

21 

100 

652 

Sachsen-Weimar 

21 

100 

652 

Gleichen 

vacat 

baalfeld 

vacat 

Pommern 

102 

600 

3624 

•Vnhjilt 

27 

5664 

Quedlinburg 

8 

:)0 

156 

Gernrode 

3 

18 

108 

Walkenried 

6 

18 

144 

Schwarz  bürg  (beide  Linien) 

21 

87 

600 

Mansfold 

30 

135 

900 

Stolberi; 

9 

36 

252 

Hohnstein 

6 

24 

168 

Barby 

3 

6 

60 

Reufs 

9 

45 

288 

Schönburg 

6 

12 

120 

Die  Reiterei  des  Kreises  war 

im  Frieden  in  8  Kompagnien, 

im  Kriege  in  2  Eskadrons  iormiert»  807  Mann  mit  1  Obersfleatnaot, 
1  Vajott  6  Rittmeistern,  8  Leutnants,  8  Komets,  8  Wachtmeistern, 
24  Korporalen,  1  Feldprediger,  1  Regiments-Qoartiermeister,  1  Anditenr, 
1  Piroiols,  1  Regiments-Henker. 

Um  das  KaraUerie-Regimenft  „ansehnlielier**  blnzostellen,  worden 
im  Kriege  yon  der  Infanterie  613  Mann  zn  Dragonern  gemaebt  nnd 
in  4  Kompagnien  formiert. 

Die  Infanterie,  die  mit  guten  Musketen,  Patroutasehen  und 
Seitengewehr  ausgerüstet,  zum  dritten  Teil  mit  Piken  bewaffnet 
sein  sollte,  war  in  3  Regimenter,  jedes  zu  Ö  Kompagnien  von  ver- 
schiedener Stärke,  formiert. 

An  monatlicher  Besoldung  erhielt  nach  der  Vereinigung  des 
Kontingents  bei  der  Kavallerie  der  Oberstleutnant  75,  der  Ritt- 
meister 70,  der  Leutnant  35,  der  Korporal  12,  der  gemeine  Heiter 
6  Gulden.  Bei  der  Infanterie  der  Oberst  69,  der  Oberstleutnant  30, 
der  Kapitän  30,  der  Lreutuant  15,  der  Korporal  4,  der  Gemeine 


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Rückblick  Auf  die  lutzten  hundert  Jahre  der  deutschen  Heeres^escbiobte.  5 

3  Gülden.  Die  Besolduugeo  der  Dragoner  hielten  etwa  die  Mitte 
iwieelieD  den  angegebenen  Sätasen. 

Wie  bunt  es  selbet  innerhalb  der  Kompagoie  aussehen  mnfste, 
ergiebt  sich  ans  der  Znsammensetzung  der  letzten  Kompagnie,  die 
ans  18  Walkenriedern,  87  Schw^nbnrgem,  36  Stolbergem,  6  Barbyem, 
4&  fieolsem  ond  12  Sehönborgem  bestand.  Diese  Mannschaften 
traten  erst  l>eim  Angebot  zusammen,  waren  also,  wenn  ttberhaapt, 
tnf  sechs  verschiedene  Arten  ausgerüstet,  bewaffnet  und  exerziert. 

Noch  bnntscheckiger  war  die  Reiterei  Im  Schwäbischen  Kreise 
worden  die  1821  Mann  zu  Hofs  von  4  geistlichen,  18  weltlichen 
Forsten,  19  Reichs-Ptttlaten,  26  Graten  nnd  Herren  nnd  31  Reichs- 
stftoden  gestellt:  93  reicbsnnmittelbaie  Kontingents-Herren  anf  1321 
Reiter! 

Die  Offijdere  einer  Kompagnie  des  schwäbischen  Kreises  wurden 
ernannt  vom  Magistrat  zu  Gemünd,  ?om  Bürgermeister  zu  Rottweil, 
von  der  Äbtissin  zu  RotheomUnster  nnd  dem  Pzälaten  zu  Gengenbaofa. 

Von  dem  Augenblick  an,  wo  ein  Reichskrieg  ausbrach,  gingen 
die  Kzeiskontingente  im  Reiohsheer  anf.  Ein  solcher  Krieg  konnte 
nur  yon  Kaiser  und  Reich  anf  dem  Reichstage  beschlossen  werden. 
Den  Oberbefehl  Uber  das  Reicbsheer  führte  der  Kaiser.  Mit  Zu- 
stimmung der  Stilnde  nnd  „mit  Berackslchtigung  der  Religions- 
gleiehheit**  ernannte  er  die  Reichs-GeneraUtät,  an  deren  Spitze  der 
Reiehs-Feldmarsohall  stand.  Doch  war  dieser  Gewaltige  gebunden 
an  die  Beschlttsse  des  Reichs- Kriegsrates,  dessen  Gutachten  er  hören 
mulste,  bevor  er  Schlachten  lieferte,  Belagerungen  anordnete,  Orte 
besetzte  oder  WafienstiUstand  schlols.  Auch  Entsendungen  von  mehr 
ab  1000  Mann  bedurfiten  der  Genehmigung  des  Reichs-Kriegsrates. 
Dieser  Kriegsrat  bestand  aus  sechs  Generalen,  die  dem  Kaiser  und 
dem  Reich  eidlich  verpflichtet  waren. 

Die  Verpflegung,  die  möglichst  einheitlich  geregelt  werden 
sollte,  überwachte  ein  Reiohs-Kiiegskommissar.  Man  rechnete  auf 
die  Portion  fttr  den  Mann  wöchentlich  3  Pfund  Fleisch,  14  Pfund 
Brot,  3  Mals  Wein  oder  6  Mals  Bier,  für  jedes  Pferd  wöchentlich 
1  Scheffel  Hafer  nebst  Heu  und  Stroh  nach  Bedarf.  Der  Reiohs- 
Kiiegskommissar  vereinigte  in  seiner  Person  nicht  nur  die  gesamten 
Intendanturgeschifte,  sondern  hatte  auch  noch  fttr  die  Kranken  nnd 
Verwundeten  zu  sorgen. 

Die  Anfreehthaltnng  der  Disziplin  im  Reichsheere  beruhte 
auf  dem  1672  bearbeiteten,  1682  erweiterten  Artikulsbriefe,  dem  die 
„Peinliehe  Halsgericbtsordnung**  Karls  V.  zu  Grunde  lag.  Danach 
bestanden  die  Strafien  in  Sold-Abzttgen,  in  Ehrenstrafen  (Wegjagen 
vom  Regiment,  Anschlagen  des  Namens  an  den  Galgen,  Verlust  der 


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6  RUokblick  auf  die  letzten  hundert  Jahre  der  deut«cheo  Heeresg:e8cbicbte. 

Charge  o.  8.  w.),  Arreststrafen  in  Eisen  bei  Waaser  nnd  Brot  von 
6  Tagen  bis  an  1  Monat;  endlich  Leibes-  ond  Lebensstmfen:  Gassen- 
lanfen»  Abbaeken  Ton  zwei  Fingern,  Brennen  mit  gltlbenden  Zangen; 
Todesstrafe  dnroh  Ersebiefisen,  durch  daa  Schwert,  das  Rad  oder 
den  Galgen,  dnroh  Verbrennen  oder  Ersllafen.  Die  dnzelnen  Straf- 
bestimmongen  waren  sehr  scharf,  Thinkenheit  schon  damals  kein 
Mildemngsgrand.  Aber  die  WiUktlr,  die  schon  besttmmnngsmiUsig 
wdten  Spielraum  hatte,  wnrde  in  der  Praxis  im  weitesten  Umfange 
gettbt;  gransame  Strenge  nnd  stiilfliche  Nachsicht  lOsteni  einander  ab. 

So  durfte  denn  Moser  in  seinem  „Traktat  von  dem  römischen 
Kaiser*'  mit  Recht  sagen:  „Dentschland  —  mit  sdnen  234  von  ein- 
ander unabhängigen  Reichsstftnden  —  ist  ein  Staat,  der  sich  an  nichts 
weniger,  als  zum  Kriegftlbren  eignet  Die  bei  einem  Reichskriege 
nnd  einer  Reichsarmee  sieh  bietenden  Gefahren  sind  so  groli»,  dab 
man,  solange  das  Deutsche  Reich  in  seiner  jetzigen  Verfassung 
bleibt,  demselben  auf  ewig  verbieten  sollte,  einen  Reichskrieg  zu 
ftihren.« 

Ober  die  Zustände  in  der  Reichsarmee,  Uber  ihre  gänzliche 
Unfähigkeit  zn  kriegerischen  Leistungen  waren  die  tiefer  blickenden 
Patrioten  in  Deutschland  Töllig  im  klaren.  Davon  legt  ergreilendes 
Zeugnis  ab  n.  a.  ein  1796  erschienenes  Buch:  „Schilderung  der 
jetzigen  Reichsarmee  in  ihrer  wahren  Gestalf*  Der  Verfasser,  der 
seinem  Unmut  und  seinem  patriotischen  Schmerz  oft  in  drastischer 
Weise  Luft  macht,  ftlhrt  eine  Fülle  Ton  Thatsaohen  an,  von  denen 
die  besonders  charakteristischen  hier  eine  Stelle  finden  mOgen. 

Ein  Offizier  vom  schwäbischen  Kontingent  äaberte  dem  Ver- 
fasser gegenttber,  er  unterstehe  sich,  mit  zwei  Kaiserlichen  oder 
prenlfdsehen  Bataillonen  und  etwa  emer  einzigen  Batterie  den 
ganzen  schwäbischen  Elragen  vom  Rhein  bis  nach  Ulm  zn  jagen, 
ohne  da&  sich  jemand  umgucken  wttrde;  die  Benennung  „deutscher 
Soldat**  sei  zum  Schimpfwort  geworden,  das  jeder  brave  Kriegsmann 
sich  verbitten  wflrde. 

Sobald  es  heifst:  die  Reichsarmee  mulh  zusammen,  so  entsteht 
ein  panischer  Schrecken  in  allen  Kreisen  und  das  Jammern  wird 
allgemein.  Die  jnngen  Bursche  selbst  scheuen  die  Uniform  so  arg, 
als  ein  Gefangener  der  Inquisition  die  Folter. 

Die  Stadt  Ktlmbeig,  der  Bischof  von  Bamberg  u.  a.  halten  in 
Friedenszeiten  Militifar,  um  vor  den  Thoren,  in  den  Schlossern  Posten 
zn  stehen,  oder,  wie  in  Rottweil»  in  der  Wirtsstube  Scbildwache  zn 
sitzen. 

Die  Deutschen  sind  in  allen  grolsen  nnd  kleinen  Stttcken  des 
Dienstes  völlig  unwissend.  Ein  Hauptmann  von  den  FfäUem  schickt 


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Säokbliok  auf  die  totsten  luiiid«rt  Jahre  der  deutschen  Heeresgeächiobte.  7 

seine  Patroaillen  von  den  Vorposten  nach  dem  Lager,  bis  er  von 
eiuera  kaiserlichen  Offizier  darUber  belehrt  wird,  dafs  solche 
i'atrouillen  die  Bestimmung  haben,  Nachricbten  vom  Feinde  einza- 
aehen 

Nirgend  finde  man  „soviel  Lumpencresindel,"  als  l)ei  den  Keichs- 
troppen.  Wer  nur  will,  er  sei  krumm  oder  schief,  er  möge  begangen 
haben,  was  er  wolle,  werde  eingestellt,  wenn  er  nur  das  Gewehr 
tragen  könne.  Einige  Stände  öflfneten,  als  das  Aufgebot  an  sie  er- 
häng, die  Zuchthäuser,  am  die  Insassen  als  Soldaten  ins  Feld  zu 
schicken. 

Entsprechend  war  es  mit  den  Offizieren  bestellt.  Der  Neffe 
der  Frau  Keichsscbulzin,  der  keifie  Ahnung  vom  Dienst  hat,  wird 
erster  Leutnant,  der  Sohn  des  Stadtschreibers  von  Heilbronn,  ein 
,.Er/-pecus  campi."  desgleichen.  Freilieh  sind  die  Offiziere  auch 
übel  daran,  da  an  regelmäl'siges  Avancement  nicht  zu  denken.  Ein 
Keiebsstand  hat  den  t  ahndrieh  zu  stellen;  folglich  bleibt  der  Ärmste 
zeitlebens  Fähndrich,  da  sich's  kein  anderer  Keichsstand  gefallen 
lassen  würde,  wenn  man  jenen  zu  einer  Stelle  betördern  wollte,  die 
man  für  sich  beansprucht.  So  vermochten  auch  die  wenigen 
tüchtigen  Offiziere,  die  im  Keicii^lirere  dienten,  trotz  allen  Bemühens 
nichts  auszurichten.  ,,Es  l(  hlt  nur  ',  sagte  Oberst  von  Sondberg,  als 
er  die  Musterrolle  seines  Kegiments  Uberlas.  „znr  vollkommenen 
Karrikatur  nichts  weiter,  als  einige  Dutzend  HauswUrste  —  Ffui 
Teufel!" 

Wie  von  gleiehniiiisiger  oder  Uberhaupt  von  Ausbildung  keine 
Rede,  so  stand  es  mit  dem  inneren  Dienstbetrieb  fast  noch 
schlimmer.  Der  Büchsenmacher  hat  z.  B.  für  die  Off"enburger 
Mannschaft  fUr  6  Gulden  Arbeit  geliefert.  Es  werden  aber  im  Ein- 
rerständnis  mit  dem  Herrn  Leutnant  30  Gulden  in  Rechnung  ge- 
stellt für  verlorene  Säbel  und  Bajonette,  die  nie  vorhanden  waren. 
Büchsenmacher  und  Leutnant  teilen  sich  in  den  Gewinn. 

„Woher  soll  N  aterlandsliebe  kommen,'*  ruft  der  Verfasser  aus, 
ifitL  der  Deutsche  kein  Vaterland  hat?  Hat  der  Sklave  ein  Vater- 
land? Muls  es  ihm  nicht  gleich  gelten,  wessen  Joch  er  trägt  oder 
wer  ihm  die  Haut  schabt,  wenn's  doch  einmal  sein  mofs?^  Viele 
der  höheren  und  niederen  Offiziere  fUhreu  nicht  nur  ihre  weiblichen 
AnTerwandten,  sondern  auch  eine  Schar  von  Zofen  und  „Mamsellen" 
mit  sich  —  so  sah  es  im  Heerlager  der  Keichsannee  ans,  wie  etwa 
im  30jährigen  Kriege. 

Es  war  erklärlieh,  dafs  die  waffengeUbten  and  disziplinierten 
llannschaften  der  grofsen  Keichsstände,  wie  Österreich,  PieofiMn, 
8achsen,  die  anderen  Beichstruppen  veraehteten,  was  ihnen  dann 


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8  Bttckbliek  «at  die  leteten  hundert  Jahre  der  denteohen  Heeresgeaehiehte. 

den  ingrimmigen  llafs  der  Betrctf enden  eintrog.  Es  gab  weder  ein 
einheitliches  Gewehr-  noch  Geschütz -Kaliber.  Im  schwäbischen 
Kontingent  hatte  der  Ulmer  Dreipfllnder  ein  anderes  Kaliber,  als  der 
Stuttgarter;  in  Mainz  gab  es,  als  CUstine  die  Festung  belagerte, 
zwar  Kanonen  und  Kugeln,  aber  die  Kugeln  pafsten  nicht  in  die 
Kanonen.  Ebenso  stand  es  mit  den  „elenden''  Befestigungsanlagen 
selbst  —  ,,die  Kedouten  an  ganz  unschicklichen  Stellen  und  so  an- 
gelegt, dals  sie  mit  einem  Bataillon  ohne  weiteres  genommen 
werden  konnten.*' 

Wenn  der  Soldatenstand  im  Reiche  überall  gering  geachtet 
ist,  so  ist  das  am  ärgsten  in  den  freien  Städten.  „In  Frankfurt 
mnfs  der  Posten  Platz  machen,  wenn  der  Schlächter  ein  Kalb  zum 
Thorp  hereinführt;  in  Mainz  erhält  kein  Soldat  in  einem  anständigen 
Gasthofe  einen  Schoppen  Wein  und  in  Gemünd  präsentiert  die 
Schild  waehevor  jedem  gutgekleideten  Mann,  oder  vor  Frauenzimmern 
von  Stand  das  Gewehr,  während  er  den  Hut  hinhält,  um  ein 
Almosen  zu  erlangen.  Natürlich  waren  auch  Desertionen  an  der 
Tagesordnung,  zumal  trotz  der  Kartellverträge  die  Deserteure  nicht 
ausgeliefert  wurden.  ..Der  Pfälzer  läuft  zu  den  Franken,  der  Frauke 
zu  den  Schwaben,  der  Schwabe  zu  den  Uslerreichern  und  der  Oster- 
reicher  schiel)t  zu  der  schönen  Armee  der  P^inigrierten.  welche  dann 
auch  wieder  zu  andern  Uberlaufen."  —  .,Der  Deutsche."  klagt  der 
Berichterstatter  iiimior  wieder,  ,,kann  fUr  sein  \  aterlaud  nicht 
fechten,  weil  er  keines  hat." 

Erbärmlich  war  es  um  die  Krankenpflege  bestellt.  Die 
Feld-Chirurgen  waren  meist  „Pfuscher  und  elende  Bartkratzer,"  die 
Lazarette  ,, Mördergruben,"  wo  die  verpestete  Luft,  die  elende 
Wartung,  die  unbeschreibliche  Fnreinlichkeit.  das  Ungeziefer  und 
andere  Mängel  die  Krankheiten  nur  verschlimmern  und  viele 
Menschen  ins  Gras  beilsen  machen.  Man  fürchtet  sich  bei  den 
Reichstruppen  ebensosehr  vor  den  Spitälern,  wie  vor  den  Preulisen 
und  Österreichern." 

Mögen  die  Akten  Uber  die  vertiussene  Koichsunnee  geselilossen 
sein  mit  unseres  Gewährsmannnes  Endurteil:  „Ein  aus  so  mannig- 
faltigen Fetzen  und  Stücken  zusaniniengetlicktes,  unter  sich  selbst 
uneiniges,  durch  Pfafferei  und  Standinteresse  geteiltes,  übel 
diszipliniertes,  alle  Subordination  verachtendes  und  an  alle  Unordnungen 
gewöhntes  Korps  wird  weder  in  dem  jetzigen  Kriege  gegen  die 
Franzosen,  noch  in  irgend  einem  andern  das  Geringste  von  Belang 
thun,  solange  es  nicht  anders  wird." 

An  dem  Kriege  gegen  Frankreich  nahm  das  Reich  durch 
Keichsgutachten    vom    23.  November    1792   teil;    es    sollte  bei 


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MekbUok  auf  die  letzten  hundert  Jahre  der  deuteohen  Heeresgesohichte.  ^ 

dieser  Gelegenheit  das  Triplum,  also  120  000  Maim,  i^estellt 
werden. 

Alsbald  aber  schlössen  einzelne  Keiehsstände  ihren  Sfparat- 
frieden,  1795  Preulsen  den  Frieden  von  Basel,  1790  andere  Stände 
Nentralitätsverträge,  Otiterreieh  1797  den  Frieden  von  < 'aiiipütonni«». 
Trotzdem  ward  zwei  .fahre  später  abermals  das  Keichshecr  aut- 
gehoten.  sogar  ein  Quintuplum  von  den  Kontingentsherren  gefordert. 
Freilich  hatten  sich  bei  der  Abfitimmuiiir  hierüber  die  verschiedenen 
Interessen  von  Nord-  und  Suddeutschland  sehr  schrotV  geltend 
gemacht.  Der  Versach,  einen  I.andsturm  zu  organiNieren.  inilslang; 
dagegen  worden  Subsidienverträge  mit  England  al»geschlussen,  Pfalz- 
Bayern  wdllte  120(X)  Mann,  der  Herzog  von  Württemberg  7000 
Mann,  Kumiainz  lOOO  Mann,  der  schwäbische  Kreis  ohne  Württem- 
berg 10800  Mann  stellen.  Der  Friede  von  Luneville  machte  alle 
diese  kriegerischen  Vorbereitungen  zu  nichte. 

Nachdem  schon  1805  mehrere  Keiehsstände  zu  Frankreich  ge- 
halten hatten,  trat  endlich  die  thatsächliche  Auflösung  des  deutschen 
Reiches  durch  die  zu  Paris  am  1(5.  Juli  abgeschlossene  iihein- 
bundsakte  ein.  In  der  Lossagungsurkunde  vom  1.  August  er- 
klärten die  betreffenden  Fürsten  den  gethauen  Schritt:  „Die  Begeben- 
heiten der  drei  letzten  Kriege,  welche  Deutschland  beinahe  ununter- 
brochen beunruhigt  haben,  und  die  politischen  Veränderungen,  welche 
daraas  entsprungen  sind,  haben  die  traurige  Wahrheit  in  das  hellsti* 
Licht  gesetzt,  dals  das  Band,  welches  die  verschiedenen  (Tlieder  des 
deutschen  Staatskorpers  mit  einander  vereinigen  sollte,  für  diesen 
Zweck  nicht  mehr  hinreiche,  dals  es  in  der  That  schon  aufgelöst 
sei."  Ks  erfolgte  darauf  die  Erklärung  des  Kaisers  Franz  IL,  wo- 
durch er  die  schon  lange  verblichene,  nun  völlig  bedeutungslose 
deutsche  Kaiserkrone  und  die  Keicliregierung  niederlegte  und  die 
Reichsstände  ihrer  bisherigen  Pflichten  eutbmid.  Durch  den  Khein- 
bund  wurden  die  bisher  dem  Keiche  untergeordneten  Keiehsstände 
souverän  ( Gesetz  geh  ung.  höchste  Gerichtsbarkeit,  hohe  Poli/.ei. 
Konskription);  sie  entsagten  dagegen  bis  auf  die  Titel  allen 
Erinnerungen  an  die  deutsche  Reichsangehörigkeit;  jeder 
Schein  von  Lnterordnung  sollte  vermieden  wergen  ,,pour  garantir 
la  pl^nitude  des  droits  de  souverainit^!"  Kaiser  Isapoleon  nahm 
den  Titel  eines  Protektors  an. 

Lehrreich  ist  das  in  der  Rheinbundsakte  mit  Frankreich  ab- 
geschlossene Schatz-  und  Trutzbündnis,  das  die  greise  Leistungs- 
filhigkeit  auch  der  kleinen  Reichsstände  zeigt,  die  bei  stralVer  Leitung 
viel  höheren  Anforderungen  zu  genügen  vermochten,  als  früher 
Simplum  oder  selbst  Triplum  an  sie  stellten.    Auch  wurde  iufoigi' 


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10  Sttckblick  aut  die  ieUtea  hundert  Jahre  der  deutsohea  Heeresgeschichte. 

«dieses  Bttndnisses  in  den  Rheinbnndstaaten  die  Konskription  ein- 
:gei11hrt 

Nneh  Artikel  86  der  Bfaeinbondsakte  Terpfliehteten  sich  die 
ITUisten  mobil  za  raaebeu,  „wenn  dies  von  einer  benachbarten  nnd 
nicht  in  der  Verhindang  stehenden  Ifaebt  geschieht«*  Nach  Artikd 
■86  war  jedes  Kontingent  in  yier  Teile  geteilt  nnd  es  sollte  jedesmal 
bestimmt  werden,  wieviele  Teile  mobil  gemacht  werden  sollten. 
Artikel  37  yerpflichtete  Bayern,  Angabarg  und  Lindau  in  bdeatigen, 
in  Augsborg  einen  ArtUleriepaek  nnd  Feldbtobereien,  in  Lindau 
Gewehre  ihr  eine  Reserve  bereit  an  halten.  Artikel  88  setzte  die 
Htthe  der  Kontingente  fest:  Frankreich  stellte  20000  Mann,  Bayern 
30000  Mann,  Württemberg  12000  Mann,  Baden  8000  Mann,  Berg 
5000  Mann,  Darmstadt  4000  Mann,  Naaaan  mit  HohenzoUezn,  Sahn, 
Isenburg,  Bierstein,  Arenberg,  Liechtenstein,  Leyen  4000  Mann. 
S|Ater  traten  zom  Kheinbnnde  Wttrzbnrg  mit  2000  Mann,  Königreich 
Sachsen  mit  20000  Mann,  die  sächsischen  Herzogtümer  mit  2800 
Mano,  Anhalt  mit  800,  die  beiden  Lippe  mit  1050  Mann,  die  Benlhe 
mit  450,  Schwazzbnrg  mit  650,  Waldeek  mit  400,  Mecklenburg- 
•Sirelitz  mit  400,  Schwerin  mit  1900,  Oldenburg  mit  800  Mann. 
Das  neu  errichtete  Königreich  Westfalen  hatte  25000  Mann  znm 
Rheinbund  zu  stellen,  hielt  übrigens  eine  Tnippenmacht  von  Uber 
■88000  Mann.  Die  angegebenen  Kontingentszahlen  bezeichnen 
nur  das  Minimum  der  Leistungen,  da  bald  viel  gröfsere  An* 
Sprüche  an  die  ebzelnen  Staaten  gestellt  wurden. 

Der  Versuch  Preufsens,  gegen  den  Rheinbund  einen  norddentscboi 
Bund  zn  bUden,  scheiterte  in  den  UnglUckijahren  1806  nnd  1807 
nnd  durch  den  Beitritt  Sachsens  zum  Rheinbunde. 

Natürlich  war  es  nur  die  übermftchtige  PersOnlicbkell  Napoleona, 
•die  den  Rheinbund  zusammenhielt;  das  unnatürliche  Bündnis  mutete 
aich  lösen  nnd  zerfallen,  sobald  der  nationale  Aa&ehwung  in  den 
Befireinngakümpfen  die  welschen  Fesseln  sprengte. 

Wohl  unterscheiden  mufe  man  zwischen  der  Beichsarmee  und 
den  nach  prenlsischem  Muster  organisierten  und  ausgebildeten 
Heeren  der  gröberen  deutschen  Staaten.  So  zählte  die  Kur- 
hannoversche  Armee  11  Regimenter  Kavallerie  zn  4  Eskadrons, 
14  Regimenter  Infeaterie  zn  12  Kompagnien  und  2  BataiUone 
Artillerie,  im  ganzen  19120  Mann.  Noch  stärker  war  das  Kur- 
aftchsische  Heer  mit  9  Regimentern  Kavallerie  zu  4  Eakadrona, 
18  Regimentern  Infanterie  zn  10  Kompagnien  (die  Leibgarde  14 
Kompagnien)  und  den  „besonderen  Korps,"  darunter  Artillerie, 
Ingenienrkorps,  Sehweizergarde  nnd  Oanäsontmppen,  im  ganzen 
24 108  Mann. 


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BlekbUok  auf  die  letxton  hundert  Jahre  der  deatoohen  HeereBgeaohieht«.  n 


Die  Truppenzahl,  die  l'reulsen  and  diese  grftfseren  Staaten  als 
Keichs-Kontinjrent  zu  stellen  hatten,  stand  kaum  im  Verhältui«  zd 
4icr  für  eigene  Rechnung  gehaltenen  Heeresraacht. 

Über  die  geschichtliche  Entwickelung  der  preufsischen 
Armee  ist  in  diesen  Blättern  ausführlich  berichtet  worden  in  einer 
Keihe  von  Artikeln,  welche  die  Thätigkeit  der  HoheuzoUern  als 
Bildner  und  Erzieher  des  Heeres  besprachen. 

Hier  genüge  die  Angabe,  dal's  bei  Ausbruch  des  Krieges  i8(Xi 
die  prenfsische  Armee  folgenden  Bestand  aufwies: 

An  Infanterie:  CO  Jiegimenter,  24  Füsilier-Bataillone,  1  Feld- 
jäger-Regiment zu  3  Bataillonen.  194 486  Kombattanten  einschiieislieh 
49ö2  Artilleristen  zur  Bedienung  der  Kegimentsgeschüt/e. 

An  Kavallerie:  IM  Kürassier-,  14 Dragoner-,  9 Husaren-Hegimenter, 
1  Husaren-Bataillon.  1  Regiment  und  1  Bataillon  Towni  izys.  1  Jäger- 
korps zu  Pferde.  225  Eskadroris  mit  41102  Kombattanten. 

An  Artillerie:  4  Regimenter  Fufs-Artillerie,  1  Regiment  reitende 
Artillerie,  öO  Kompagnien,  die  im  Kriege  71  Batterien  bedienten 
und  zwar  464  GreschUtze  der  Linie  und  136  Geschütze  der  Reserve, 
femer  434  Regiments-  Qud  BatailloDsgescbUtze.  Dazu  kamen  17 
Festungs-KomjKiirnien. 

Das  Ponlonnierkorps.  2'/»  Kompagnien  bediente  mit  158  Kom- 
Vtattauten  256  PontODs.  Das  Mioeur-Korps  zählte  in  4  Kompagnien 
428  Mann. 

Die  Gesamtstärke  des  Heeres  betrug  etatsmäfsig  6915  Offiziere, 
247  724  Kombattanten  mit  1034  Feldgeschützen.  Iininerbiu  eine 
stattliche  Armee,  die,  kriegsmäfsig  und  den  Anforderungen  der  Zeit 
entsprechend  ausgebildet,  einheitlich  verwendet  und  gut  geführt,  der 
Napoleonischen  Heeresmacht  mit  Erfolg  hätte  entgegentreten  können. 
Aber  keine  dieser  Bedingungen  war  auch  nur  annähernd  erfüllt. 
Nach  dem  furchtbaren,  in  der  preufsischen  Geschichte  beispiellosen 
Zusaiiiiiienbrueh  gebot  Preufsen  nur  noch  Uber  50  Bataillone 
Infanterie,  11  Kompagnien  leichter  Infanterie,  9  Jägerkompagnien, 
86  Eskadrons  Kavallerie,  4  sehr  zusammengeschmolzene  Artillerie- 
Regimenter,  2  Mineur-  und  1  Pontonnier-Kompagnie.  Mit  Preufsen 
fiel  (las  von  Osterreich  sich  selbst  überlassene  Deutsehland.  Deutsch- 
land hatte  nach  der  Vernichtung  des  Preufsenheeres  kein  Schwert 
mehr,  war  nur  noch  ein  geographischer  Begriff.  Erst  um  den  festen 
Kern  des  reorganisierten,  auf  dem  Grunde  der  allgemeinen  Wehr- 
pflicht mächtig  erstärkten  preufsischen  Heeres  konnte  die  deutsche 
Wehrmacht  sich  krvstallisieren.  .Aber  dieser  Krvstallisations-Proze£B 
währte  länger,  denn  ein  halbes  Jahrhundert  und  auf  den  Jammer 
4er  alten  Keicbsarmee  mulste  erst  die  Misere  der  papierenen  Armee 


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I 


12  BItokbUok  auf  die  totitMi  Inmdort  Jahre  der  deotsohen  Heeresgeaefaiehte. 

des  dentaoben  Bandes  folgen,  bevor  die  Stürme  von  1848  bis  1866 
den  alten  Kram  hinwegfegten  nnd  Raum  schufen  fllr  gesunde  nnd 
lebenskrillkige  Nenbildnngen. 

Znnltehst  hatte  die  Napoleonisehe  Z^t  für  alle  enroplüscben 
Staaten  —  England  ansgenommen  —  die  Folge,  dals  Uberall  an  die 
Stelle  der  Werbung  die  Konskription,  die  Aushebung  der  Rekruten 
im  eigenen  Laude,  trat.  Aber  vorläufig  schwang  sich  nur  Preulsen 
allein  aur  Durchftlhrung  der  allgemeinen  Wehrpflicht  auf;  in  den 
ttbrigen  deutschen  Staaten  blieb  neben  der  Konskription  die  Stell- 
Vertretung  in  Kraft,  so  dals  die  besser  gestellten  Volksklassen,  „die 
oberen  Zehntausend,*^  sieh  der  DienstpiOieht  ent«>gen  nnd  der  Heeres- 
dienst mehr  fibr  eine  drückende  Last,  als  für  eine  Ehrenpflicht  galt, 
eine  Ehrenpflidit,  die  su  den  Zeiten  Hermanns  Jeder  deutsche  Mann 
als  sein  stola&estes  Recht  angesehen  hatte. 

In  PreoTsen  war  durch  das  Gesetz  vom  8.  September  1814  die 
groisartige  Heeresorgantsation  von  1808  sum  Abschlufis  gekommen. 
Das  stehende  Heer  war  seitdem  die  Schule,  in  der  die  gesamte 
wafiSenfähige  Mannschait  für  den  Beraf  des  Krieges  erzogen  werden 
sollte.  Jeder  Preafse  diente  3  Jahr  bei  der  Fahne,  2  Jahr  in  der 
Reserve,  gehörte  bis  zum  vollendeten  40.  Lebensjahr  der  Landwehr 
an  und  blieb  bis  zum  60.  Lebensjahr  landsturmpflichtig.  Das 
stehende  Heer  zählte  1817  38  Infanterie-Regimenter,  6  JSger-  und 
Schützen-Bataillone,  30  Kavallerie-Kegimenter  und  9  Artillerie- 
Brigaden.  Im  Kriegsfall  vermochte  Preulsen  etwa  400000  Mann 
ins  Feld  zu  stellen. 

Wir  kommen  zur  Kriegsverfassang  des  deutscheu  Bundes. 

Der  Wiener  Kongrefs  erkannte  die  Notwendigkeit  einer  einheit- 
lichen Militärverfassung  an  nnd  es  wurden  seit  1814  darUb(>r  Ver- 
handlangen gepflogen.  Die  dcutsclie  Hundesakte  vom  8.  Juni  1815 
enthielt  bereits  die  ^Tundlegenden  Bestimmnngen:  „Zweck  des 
Bundes  ist  die  Erhaltung  der  änlseren  und  inneren  Sicherheit 
Deutschlands  und  die  Unabhängigkeit  nnd  Unverletzbarkeit  der 
einzelnen  deutsehen  Staaten.  Alle  Mitglieder  des  Bundes  versprechen 
sowohl  ganz  Deutschland  als  jeden  einzelnen  Bondesstaat  gegen 
jeden  AngriiT  in  Schutz  zu  nehmen  und  garantieren  sich  gegenseitig 
ihre  sämtlichen  unter  dem  Bunde  begrifiendi  Besitzungen.  Bei 
einmal  erklärtem  Bundeskrieg  darf  kein  Mitglied  einseitige  Unter- 
handlungen mit  dem  Feinde  eingehen,  noch  einseitig  Waffenstillstand 
oder  l>ieden  schlielsen.  Den  Unterthanen  wird  die  Befugnis  erteilt, 
in  Militärdienste  eines  anderen  Bundesstaates  zu  treten,  insofern 
keine  Verpflichtung  zum  Militärdienst  im  eigenen  Vaterlande  mehr 
vorliegt." 


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BttekbUok  auf  die  letzten  hundert  Jahre  der  denteehen  Heeresgesohiohte.  13 

Die  allgemeinen  Ornndsätze  ftr  die  Kiiegmifittsiing  des 
Bandes  wurden  erst  1818  aofgestelli  Gleioh  die  Eingangsbeetimmnng 
ist  80  yerklansolierft,  dafo  man  die  Besorgnis  dnrelifllhll,  es  konnte 
den  Sondeneohten  Eintrag  gesebeben.  Es  wurde  bescblossen  ^uter 
Wtirdigong  der  yoUst&ndigen  Sonrerilnitttt  der  deutseben  Staaten  die 
ansgedebnteste  RUeksiebt  auf  Anwendung  eines,  semem  Zweek  in 
rein  milittriseber  Hinsiebt  vollkommen  entspreobenden,  in  seinen 
Besultaten  gebOrig  wirksamen  Verteidignngsiystems  der  Gesamtheit 
der  Bundesstaaten  zu  nehmen,  und  zunächst  in  Betraobt  zu  zieben: 
„den  Zweck  der  Militftnrer&ssnng,  die  Bildung  des  Bundesbeeres, 
den  Friedens-  und  Kiiegsstand,  die  Bestimmungen  Uber  den  Ober- 
feldheim,  das  Armeezeicben,  den  Landsturm,  die  Bundesfestnngen, 
die  Verteilung  der  Militärkosten/' 

Ibre  endgültige  Fassung  erhielt  die  KriegsTei&ssnng  dureb  die 
Bundesbescblttsse  vom  9.  und  12.  April  1821  und  vom  11.  Juli  1822. 
Abgesehen  von  efaizelnen  Bestimmungen,  die  durch  Bundesbesofaluih 
vom  4.  Januar  1855  gei&ndert  worden  sind,  ist  jene  Bundeskriegs- 
Verfassung  von  1821 — ^22  bis  zur  Auflösung  des  deutschen  Bundes 
in  Kraft  geblieben. 

Bekannilicb  gehörten  von  Östeneieb  und  Preulsen  nur  die 
deutseben  Provinzen  zum  Bunde,  Posen  und  die  Provinz  Preulsen 
zahlten  nicht  mit. 

Nach  Artikel  1  ist  das  Bundesbeer  aus  den  Kontingenten  aller 
Bundesstaaten  zusammengesetet,  welche  nach  der  jedesmaligen 
Bundesmatrikel  gestellt  werden.  Die  von  den  Bundesstaaten  an- 
gegebene Volkazabl  galt  ftr  die  nächsten  6  Jahre  als  Bundesmatrikel. 
Merkwürdigerweise  zeigt  die  Matrikel  von  1842  fast  noch  dieselben 
Zahlenangaben,  wie  die  von  1818. 

Art.  2.  Das  Verhältnis  der  Waffengattungen  wird  nach  den 
Grundsätzen  der  neueren  Kriegitthrung  festgesetzt. 

Art  8,  Zur  Bereitbaltung  itlr  den  Fall  des  AusrOckens  wird 
das  Bundesheer  schon  im  Frieden  gebildet,  und  dessen  Stärke,  sowie 
die  innere  Einteilung,  durch  besondere  BundesbescblOsse  bestimmt 

Art.  4.  Das  Bundesheer  besteht  aus  vollstilndig  gebildeten, 
teils  ungemischten,  teils  znsammengetzten  Armeekorps,  welche  ihre 
Unterabteilungen  von  Divisionen,  Brigaden  u.  s.  w.  haben. 

Art  7.  Bei  der  Organisation  der  Kri^macht  des  Bundes  ist 
auf  die  aus  besonderen  Verhältnissen  der  einzelnen  Staaten  hervor^ 
gehenden  Interessen  bisoweit  Rücksicht  zu  nehmen,  als  es  mit  den 
.allgemeinen  Zwecken  vereinbar  erkannt  wird. 

Diese  Rücksichtnahme  hatte  a  a.  zur  Folge,  dals  aus  den 
Kontingenten  von  16  kleinen  Bundesstaaten  eine  Reserve-Division 


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14  BItokbUok  anf  dto  letaftoi  himdflrt  Jahn  der  dentodMB  HeemgeMhichto. 

gebildet  warde,  die  man  fUr  die  Besetzung  der  Bondesfestangen  be- 
stiiDiDte.  Wie  wenig  diese  Malsregel  den  „allgemeinen  Zwecken** 
entsprach,  erhellt  schon  ans  dem  Umstände,  dafs  gerade  die  Trappen 
der  Kleinstaaten  im  Frieden  nie  Gelegenheit  hatten,  den  Festongs- 
dienst  kennen  zn  lernen. 

Art.  8.  Nach  der  grnndgesetzlichen  Gleichheit  der  Rechte 
und  Pflichten  soll  selbst  der  Schein  von  Sopreinatie  "eines  Bandes- 
staates Uber  den  andern  Terroieden  werden. 

Diesem  ordentscben  Artikel  wUrde  auch  der  alte  Segestes 
seinem  Schwiegersöhne  Hermann  gegenüber  von  Henen  zngestimmt 
haben. 

Art  12.  Das  anfgestellte  Kriegsheer  des  Bandes  ist  ein  Heer 
nnd  wird  von  einom  F("ldhprrn  befehligt 

£ine  vortreffliche  Bestimmung,  die  aber  immer  Phrase  geblieben 
ist,  zumal  man  sieh  nie  hat  entschlielsen  können,  die  Wahl  des 
Obeifeldherrn  sachgemäls  zu  regeln. 

Nach  den  folgenden  Artikeln  wird  der  Oberfeldherr  Tom  Bnnde 
erwählt,  wird  ?on  ihm  in  £id  und  PÜicht  irenommen.  macht  seinen 
Operationsplan  nach  eigenem  Ermessen,  bleibt  aber  dem  Bonde  ver- 
antwortlich und  kann  einem  Kriegsgericht  anterwoHen  werden. 

Art  17.  Die  Befehlshaber  der  einzelnen  Trnppenabteilungen 
werden  von  dem  Staate,  dessen  Truppen  sie  befehligen  sollen,  er- 
nannt FUr  die  Abteilungen,  welche  aas  mehreren  Kontingenten  zu- 
sammengesetzt sind,  bleibt  die  Ernennnng  der  Yereinignng  der  be- 
treffenden Regierungen  Uberlassen. 

Diese  Bestimmung  hatte  die  sinnigsten  Anordnungen  zur  Folge. 
Im  8.  Bnndeskorps  hat  der  Reihe  nach  die  zweite,  die  dritte  und 
dann  die  erste  Division  die  Wahl  des  Korpskommandeurs.  Im 
10.  Korps  beginnt  die  erste  Division  mit  der  Wahl  des  Korps- 
kommandeurs, die  anderen  tolgen  brigadenweise.  Bei  der  ersten 
Division  giebt  Hannover  den  Divisionskommandeur,  während  bei  der 
zweiten  biigadenweise  damit  gewechselt  wird.  So  geht's  weiter  in 
infinitum. 

Wir  mUssen  uns  nun  noch  die  —  später  revidierten  —  Ans- 
f tthrnngs  b  e  s  t  i  m  m  u  n  g  e  n  ansehen. 

„Jedes  Bundes-Kontingent  i>esteht  aus  dem  Haupt-,  dem  Reserve- 
und  dem  Ersatz-Kontingent  Die  beiden  ersteren,  gleich  organisiert 
und  bereit  gehalten,  rUcken  ins  Feld,  das  letztere  bleibt  im  eigenen 
Staate  zurUck.  Unter  Zugrundelegung  der  Matrikel  von  1842  hat 
jeder  Bundesstaat  im  Hauptkontingent  1'/»,  im  Reservekontingent  V» 
im  Ersatzkontingent  '/•  Prozent  dieser  Matrikel,  also  l'/^  Prozent 
von  seiner  znm  Bande  gehörigen  Bevölkerangszahl  za  halten.  Uieraas 


fiüekbUok  auf  die  letzten  hundert  Jahre  der  deateohen  Ueeresgeaohiehte.  15- 

würde  sich  ein  Haupt-  und  Keservekontiu«|;ent  von  rund  450000 
Mann,  ein  Ersatzkcntin^ent  von  rund  50000  Manu  ergeben.  Zu 
„gröfseren  Anstrengongren"  bedarf  es  eines  Bundesbeschlusses.  Es 
folgen  eine  Menge  von  Bestimmungen  und  Festsetzungen  Uber  das 
StärkeTerhältnis  der  WatYen,  Uber  die  Verwendung  der  Landwehr, 
über  die  Zahl  der  Offiziere,  Unteroffiziere  und  Spielleute,  Uber 
Geschlitzarten,  Pioniere,  Belageruugspark,  Brückentrain,  Militärärzte 
0.  8.  w.  Diese  Bestimmungen  sind  zum  Teil  ganz  verständig,  haben 
aber  kaum  je  den  Weg  vom  grünen  Tisch  bis  zur  praktischen 
Dnrchluhruug  gefunden.  Das  Bundesheer  war  folgenderraalseu  zu- 
sammengesetzt* 

1.,  2.,  3.  Korps  =  Österreich  =  96  Bataillone,  97  Eskadrons, 
56  Batterien  mit  448  Greschützen,  21  Pionierkompagnien  =  145855 
Kombattanten;  4.,  5.,  ü.  Korps  —  Preulsen  —  103  Bataillone,  128 
Eskadrons.,  44  Batterien  mit  352  Geschützen,  8  Pionierkompagnien 
Ä  137652  Kombattanten;  7.  Korps  —  Bayern  —  34  Bataillone, 
42  Elskadrons,  17  Batterien  mit  136  Geschützen,  3  Pionierkonipagnien 
=  42716  Kombattanten;  8.  Korps  —  Württemberg,  Baden,  Grols- 
herzogtum  Hessen  —  24*/4  Bataillone,  29*/,  Eskadrons,  14'/,  Batterien 
mit  106  Geschützen,  4  Pionierkumpagnien  =  32879  Kombattanten; 
9.  K-orps  —  Sachsen,  Kurhessen,  Nassau,  Limburg  —  28*/,  Bataillone, 
29  Eskadrons,  11'/,  Batterien  mit  4  Geschützen,  3'/,  Pionierkom- 
pagDien  =  33092  Kombattanten;  10.  Korps  —  Hannover,  Braun- 
Bchv\'eig,  Holstein,  Mecklenburg,  Oldenburg  und  die  drei  Hansestädte 
37*/,  Bataillone,  34  Eskadrons,  13'/,  Batterien  mit  92  Geschützen, 
5*/,  Pionierkompagnien  =  41266  Kombattanten. 

Hierzu  kommt  die  Kriegsbesatzung  der  Bondesfestungeu  —  die 
aus  den  Kleinstaaten  zusammengesetzte  Reservedivision  und  Ab- 
kommandierungen der  Korps  69*/,  Bataillone,  10  Eskadrons,  3  Batterien 
mit  24  Geschützen  =  73265  Kombattanten, 

Summa:  506  725  Kombattanten. 

Um  von  der  Zusammensetzung  und  der  Bewaffnung  der  Bundes- 
korps  einen  Begriff  zu  geben,  diene  das  10.  Bnndeskorps  ond  die 
Reservedi  Vision  als  Beispiel. 

Das  10.  Bandeskorps  war  zusammengesetzt:  1.  Division:  a)  Han- 
noTer  mit  18  Bataillonen  (davon  4  Jägerbataillone),  12  Eskadrons 
Ktlrassiere,  Dragoner  and  Hasaren,  8  Feldbatterien  (6-  und  12- 
pfUndige  Kanonen  and  24-pfUndige  Haubitzen),  2  PionieriLompagnien ; 
b)  Braonschweig  mit  3  Bataillonen,  3  Sehwadronen  Uosaren,  1  Feld- 
balterie  (6-pfUndige  Kanonen  und  12-pfUndige  flanbitzen). 

2.  Division :  1.  Brigade  Holstein  mit  4  BateiUonen,  1  Jäger- 
korps, 4  Eskadrons  Dragoner,  1*/«  Ifeldbatterien  (6-  ond  12-pi1lndig& 


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16  BttekbUek  anf  die  letsten  hnndeit  Jahre  der  deatselMD  Heeresgeiohiehte. 


Onumtkanondn),  2  Pionierkompagnien;  2.  Brigadie  Meoklenbnrg- 
Sohwerin  mit  4*/,  BataiUoneo  Bat  Jäger),  4  Sehwadronen  Dra- 
goner, 2  Feldbatterien  (G-pfllndige  Kanonen  nnd  7-pfttnd.  Hanbitsen), 
1  Pionierkompagsie;  Hecklenburg-StrelitE  mit  1  Bataillon.  3.  Brigade, 
Oldenburg  nnd  die  HanseBtttdte,  Oldenburg  stellt  den  Biigade- 
Kommandenr  sowie  3  BatalEone,  3  Eskadrons,  l*/4  Feldbatterien 
(6-pfÜndige  Kanonen  und  Hanbitien),  Eambnrg  2  Bataillone,  2  Es- 
kadrons, Bremen  1  Bataillon  nnd  2  Oesehtttse,  Lttbeok  1  Bataillon. 
Die  Infanterie  Atbrte  im  Jabre  1860  in  Hannoyer  Piokelgewehre,  in 
Brannschweig  ThouTeninsebe,  in  Meelüenboig  Minlögewebre,  in  Olden- 
burg nnd  in  den  Hansestädten  Domgewebre. 

Znr  Reserre-InfanteriediTtsion  stellte  Sachsen- Weimar  3  Bataillone 
mit  Miniögewebren,  Altenborg  2  Bataillone  mit  gezogenen  Kammer- 
gewehren (DelsTigne),  Kobn^-Gotiia  2  Bataillone  mit  Mini^webren, 
Meiningen  2  Bataillone  mit  (anderen)  Miniögewebren,  Anhalt-Dessan- 
Köthen  1^/,  Bataillone  mit  Delavigne-Oewebren,  Anhalt-Bemburg 
Bataillon  mit  Delavigne-Gew ehren,  Hessen-Homburg  2  Kompagnien 
Jäger  mit  Jägerbttchsen  (DelavigDe-Thoavenin),  Waldeck  1  Bataillon 
mit  urageänderten  glatten  Miniögewebren,  Lippe  Detmold  l  Bataillon 
mit  Dorngewehren,  Schanmbnig- Lippe  2  Kompagnien  Jäger  mit 
Thereminschen  Buchsen,  Schwarzbarg-Kadolstadt  and  Soodersbaosen 
je  1  Bataillon  mit  Mini^gewehren,  Liechtenstein  1  Zag  Jäger  mit 
WUdseben  Büchsen,  Reuls  1  Bataillon  nnd  2  Kompagnien  Jäger  mit 
geiEOgenen  Thonveninsohen  Gewebren,  Frankfort  1  Bataillon  mit 
glatten  Gewebren  und  1  SchUtzenabteilnng  mit  DombUchsen.  — 
Summa:  17  Bataillone  and  6  Jägerkompagnien  mit  zwölferlei  Ter- 
schiedoiicn  Gewehren. 

Die  AusfUbrungsbestimmuDgen  zur  Bondes-Kriegsverfassnng  ver- 
breiten sich  auch  Uber  Dienstrerpfliobtong,  AoBbildnog,  gröbere 
Übnngen  nnd  sonstigen  Dienstbetrieb. 

Die  „Gesamtpräsenz^^  (bei  der  Fahne)  sollte  währen  fUr  die 
Infanterie  2'/«,  mindesitens  2  Jahre,  für  die  Kavallerie  3  bis  3*/, 
Jahre,  ftlr  die  Artillerie  2  bis  2Va  Jahre  (reitende  Artillerie  3  bis 
3*/t  Jahre  u  für  die  Pioniere  2  bis  2%  Jahre. 

Für  die  Kekratcnansbildung  worden  6  Monate  angesetzt. 
FUr  die  Schielsaasbiidang  werden  bei  der  Infanterie  30  SohnÜB  im 
Jahr,  bei  den  Jägern  90  Schufs  verlangt  Gröfeere  Übungen  min- 
destens in  halber  Kriegsstärke  sollen  alljährlich  4  Wochen  lang 
stattfinden,  jeder  taktische  Körper  soll  jährlich  vereinigt  werden, 
mindestens  alle  2  Jahre  an  Übungen  in  Brigade  nnd  Division  teil- 
nehmen, jedes  Korps  sich  wenigstens  alle  6  Jahie  zn  gemeinsehaA- 
licben  Obnngen  vereinigen. 


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Bfiekbliok  auf  die  letzten  hundert  Jahre  der  deutäohen  üeereäget>chiohte.  17 


Diese  Bestiinmangen  sind,  wenig:steü8  fUr  die  kleineu  Kuntingi  ute, 

vielfach  fromme  Wünsche  geblieben. 

Weiter  wurde  den  Ofiiziersaspiranten  der  kleinen  Staaten  der 

Besuch  der  Bildungsanstalten  der  gröfseren  Staaten  und  die  Teil- 
nahme an  deren  Prüfungen  empfohlen.  Der  Dienstbetrieb  sollte 
mögliehst  einheitlich  geregelt  werden:  Exerzier-.  Dienst-  und  Ver- 
pflegungs-Reglements,  Kriegsgesetzc  und  Gerichtsverfassung  sollten 
in  Übereinstimmung;  gebracht  werden;  eine  gemeinsame  Felddieust- 
ordnung  war  in  Atfesicht  genommen.  Aber  selbst  innerhalb  der 
emzelnen  Bundeskorps  blieben  die  gröfsten  Verschiedenheiten  be- 
stehen, geschweige  denn,  dafs  man  zu  allgemein  gültigen  Normen 
gelangt  wäre. 

Dem  Bunde  waren  alljährlich  von  den  Kontingenten  Standes- 
Ubersichten  einzureichen,  aus  denen  za  ersehen,  ob  die  Bestim- 
mungen der  Bandeskriegs  Verfassung  befolgt  waren.  Aber  Papier 
ist  geduldig. 

W^ichtiger  als  die  StandesUbersichten  waren  die  Musterungen, 
die  mindestens  alle  5  Jahre  Ton  Seiten  des  Bandes  stattfinden  sollten. 
Das  österreichische  Kontingent  worde  Ton  Plreafsen,  Bayern  nnd 
Württemberg,  das  prenlsische  von  Östexreich,  Saehsen  and  HannoTer, 
das  bayerische  yon  Preulsen,  Hannover  nnd  Baden  gemustert  and 
nach  entsprechenden  Grandsätzen  die  Übrigen  Kontingente.  Der 
Inspizierende  hatte  in  berichten  ttber  das  Ezerrieren,  die  Schiels- 
llbungen,  den  Felddienst  ond  die  taktiBehe  AasbUdnng  des  Rontin- 
gents. Darnach  stellte  die  Ifilitirkommisslon  des  Bondes  efaien  all- 
gemeinen Bericht  auf,  der  ein  Bild  tob  dem  Zostande  des  ganzen 
dentschen  Heeres  geben  sollte. 

Die  Bondes-HilitärkommissioD  bestand  ans  einem  öster- 
reichischen, einem  preobisohen,  einem  bayerischen  nnd  je  einem 
BeroUmSchtigten  der  drei  gemischten  Korps.  Dieser  ans  6  Ilüt- 
federn  bestehenden  Kommission  darf  man  nachrühmen,  dafe  sie 
ihre  Aufgabe  ernst  genonmen  ond  sich  naeb  Möglichkeit  bestrebt 
hat,  die  dentsehe  Einigkeit  in  den  Heereseinrichtnngen  znm  Ansdmck 
za  bringen.  Wenn  die  AnsfUbning  nicht  den  Forderangen  der 
Mifitftrkommission  entsprach,  so  lag  das  an  Hemmnissen,  die  sie 
ebensowenig  zn  Überwinden  vermochte,  wie  der  Bundestag  die 
Sonderinteressen. 

Anf  die  Bestimmangen  Uber  die  Mobilmach nng,  die  wir  Uber- 
gehen,  folgt  der  Abschnitt  6,  der  sich  in  einer  Beihe  von  Paragraphen 
mit  dem  Oberfeldherrn  beschäftigt.  Die  ersten  Paragraphen  wieder- 
holen, was  schon  in  den  GmndzUgen  ausgesprochen  war. 

Der  Oberfeldberr  entwirft  den  Operationsplan  nach  eigenem  Er- 

JaMBAw  ftr  «•  dratNh*  Ahm«  ud  VailM.  B4.  114.  1.  2 


18  Rückblick  auf  die  letzten  hundert  Jaiire  der  doutüchen  Ileereagescbichte. 


messen;  aber  —  „erat  dann,  wenn  er  nach  getroffenen  Einleitungen 
cnr  wirkUehen  ADsfthrang  geschritten  sdn  wird,  ist  er  Terpflichtet. 
der  Bnndesyersamnilaiig  die  Umrisse  seines  Operationsplanes  vor- 
zalegen.  Er  mafs  jedoch  denselben  aof  das  nrnstitadlicbste  (sie!) 
schriftlich  an&etzen,  damit  Ittr  alle  Za^e,  die  ihn  persönlich  treffen 
können,  so  Toigesorgt  sei,  dals  sein  Nachfolger  das  Ganze  roll- 
stftndig  einsehen  nnd  folgerecht  verfahren  könne**. 

Man  denke  sich  Blttcher  als  Bondesfeldherm,  wie  er  seinen 
Operationsplan  „anf  das  nmständlichste**  anfsetzf. 

Die  Bnndesversammlnng  wählt  anfser  dem  Oberfeldhenn  einen 
Cteneralleotnani  des  Bundes  als  Stellvertreter  des  Oberfeldheim,  der 
die  „zeitliche  Verwesang**  der  Stelle  vorkommenden  Falles  za  Über- 
nehmen hat. 

Die  Befugnis  zn  Detachiemngen  wird  dem  Obeifeldberm  er- 
teUt,  aber  durch  allerlei  Kantelen  eingesehri&nki  Wörtliche  Wieder- 
gabe verdieneu  die  Paragraphen  55  nnd  56:  „Zu  dem  als  Reserve 
aufiEustellenden  Armeekorps  stolsen  besondera  zn  bildende  Kavallerie- 
und  ArtiUerie -Massen,  zn  deren  Bildung  alle  Armeekorps  des  Bundes- 
heeres nach  dem  Verhältnisse  ihrer  Kavallerie  und  Artillerie  bei- 
tragen. Der  OberfeldbeiT  kann  zu  diesem  Behufe  von  Jedem  der 
ungemischten  Armeekorps  bis  zn  einem  Fünftel  und  tou  jedem  ge- 
mischten Korps  bis  zu  einem  Sechstel  der  Kavallerie,  ferner  von 
jedem  Armeekorps  bis  zu  einer  Batterie  von  8  Gkschtttzen  beordern. 
Wenn  durch  vom  Bunde  genehmigte  Einrichtungen  die  Zahl  der 
Reiterei  eines  Korps  sich  g^en  den  matriknlarmälsigen  Betrag 
mindert^  so  wird  die  Zahl,  um  welche  sie  vermindert  wird,  an  dem 
Quantum  abgezogen,  welches  detachiert  werden  kann".  —  Hoffentlicb 
hatte  der  Oberfeldherr  in  seinem  Stabe  einen  getlbten  Rechenmeister, 
der  mit  dem  erforderlichen  Dividieren  und  Subtrahieren  rasch  zu- 
stande kam. 

Weiter:  „Obige  Bestimmung  eines  Maximums  soll  den  Ober- 
feldherm  nicht  hindern,  fllr  den  Tag  einer  Schlafet  die  Reserve 
durch  Infanterie,  Kavallerie  nnd  Artillerie  einzelner  Korps  nach  seiner 
Einsicht  insoweit  zu  verstärken,  als  es  die  Schlagfertigkeit  der  ein- 
zelnen Korps  gestattet**. 

^och  sind  zwei  Pangn^hen  charakteristisch.  §  58:  „Wenn 
schon  die  innere  Einrichtung  der  Kontingente,  nach  ihrem  Ausrttckeh, 
anch  im  Kriege  den  einzelnen  Bundesstaaten  überlassen  bleibt,  so 
ist  doch  der  Oberbefehlshaber  befugt,  die  Mannschaft  sowohl,  als 
das  Materielle  der  verschiedenen  Kontingente  zu  mustern,  zur  Hebung' 
allfallsiger  Mängel,  welche  auf  die  Schlagfertigkeit  Einflute  nehmen 
können,  sich  an  die  betreffende  Regierung  zu  wenden  und,  wenn  er 


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Bäciblick  auf  die  leUtea  hundert  Jtüire  der  deuUohen  Heerdügeschiobte.  19 

es  für  nöti^  halt,  auch  deswegen  Anträgre  bei  der  Hundes- 
versaminlu  II  fr  zu  machen,  welche  ohne  Ver/uj?  mit  Anwendung 
der  Uber  die  Kriegsverfassung  aufgestellten  Grundsätze  darüber 
einen  Besclilulä  fassen  und  für  dessen  Ausfuhrung  Sorge  tragen 
wird". 

Wenn  d(  r  nherbetehlshaber  schon  im  Frieden  in  Funktion  wäre, 
so  hätte  diese  Hestimniung  einen  vernünftigen  Sinn;  aber  ein  Ober- 
feldherr, der  Jim  \'orabend  der  Aktion  „Anträge  an  die  Bundes- 
vcrsaniiiiliiiig  macht",  dürfte  wohl  erst  einige  Zeit  nach  dem  Friedens- 
schluls  auf  die  Erfüllung  seiner  Wünsche  rechnen  können. 

§  ()2:  ..Damit  den  Bundesstaaten  Uber  die  gleichmälsige  Be- 
handlung aller  Teile  des  Buudesheeres  volle  Beruhigung  ver- 
>chatft  werde,  so  wird  aus  dem  (reneraistabi-  desselben  für  jedes 
Armeekorps  ein  hühercr  Offizier  nach  dem  llaupt(iuartier  entsendet, 
(lern  bei  dem  Obenehilu  rrn  und  allen  übrigen  Chefs  freier  Zutritt 
gebührt,  um  mit  denselben  Uber  Angelegenheiten  des  Rorps  sich  zu 
benehmen  und  dessen  Interesse  zu  vertreten".  Der  arme  Ober- 
feidherrl 

Der  Schlufs-l'aragraph  regelt  die  Zu^^ainmensetZüng  des  even- 
tuellen Kriegsgerichtes  und  bewilligt  dem  Oberfeidherrii  einen 
von  ihm  selbst  gewählten  „Defensor"'. 

Während  den  Betugnissen  der  KorpskommaiRlaiilen  IJ,  der 
Bildung  des  Hauptquartiers  7  l'aiagraphen  gewidmet  sind,  handelt 
nur  1  Paragraph  von  der  Verpflegung. 

Die  Bestimmungen  Uber  die  Gericht  sl)a  i  keit,  die  mit  den 
gegebenen  schwierigen  Verhältnissen  rechnen  müssen,  sind  sach- 
geniäfs.  Interessant  sind  die  Paragraphen  93  und  \)4:  ..(regen  das 
Verbrechen  des  Meineids,  des  Verrates,  der  Feldllüchtigkeit  und  der 
Insubordination  werden  im  Bundesheere  durch  besondere  Kiugs- 
artiktd  Straf bestimmungen  getrotlen,  welche  dem  gesamten  Kriegs- 
heere als  gleiehtörmiges  Gesetz  gelten  sollen.  Die  in  den  Kriegs- 
artikelu  nicht  genannten  Verbrechen  und  Vergehen  werden  nach 
den  bei  den  Kontingenten  der  einzelnen  Staaten  gültigen  Gesetzen 
beurteilt". 

Zur  Vervollständigung  des  deutschen  Befestigungssystems 
waren  schon  lölö  von  den  verbündeten  Mächten  aus  der  tran- 
Züsischen  Kriegskontrilintion  (»0  Millionen  Franken  lu'willigt  worden, 
von  denen  Preulsen  Millionen  fUr  Befestigung  des  Niederrheins 
erhielt. 

1820  wurden  die  Festungen  Mainz.  Luxemburg,  Landau  vom 
Hunde  übernommen,  nachdem  sie  schon  durch  die  europäischen  Ver- 
träge als  Bundesfestungen  erklärt  waren.     1841  wurde  Ulm,  1842 

2* 


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20  KUckblick  auf  die  letzten  hundert  Jahre  der  deutschen  Ueeresgesobicbte. 

BaBtatt  Tom  Bunde  befestigt,  Ulm  als  Hauptwaffenplatz,  Raatatt  als 
Orenafestang  und  als  Waffenplata  des  8.  Armeekorps. 

Wie  die  Besatzungen  der  Bondesfestangeii  gebildet  worden 
daftr  diene  Mainz  als  Beispiel.  Doreh  Vertrag  swischen  Östeireicfa, 
Prenüsen  und  Hessen  sind  dem  GoavenieQr  die  Staats-  und  stttdtiseben 
Behörden  in  allem,  was  anf  die  Verteidigung  der  Stadt  Bexa^  hat, 
nnteigeben.  Die  Besatanng  besteht  im  Frieden  aar  Hälfte  ans  Öster- 
retehem,  znr  Hälfte  ans  Preuben;  Hessen-Darmstadt  darf  ein  Bataillon 
in  Mainz  halten.  Oonvemenr  nnd  Kommandant  werden  ab?rech8elnd 
alle  5  Jahre  von  Osterreioh  nnd  Prenlsen  gegeben.  Die  Be- 
satzung im  Frieden  betriigt  8000  Mann.  Nnn  aber  die  Kriegs- 
besatzong! 

7<)<M)  Mann  österreichischer, 

7000  Maun  preufsischer, 

2010  Mann  sachsen-weimarischer, 

982  Mann  altenburfrischer, 
1360  Mann  koburgischer, 
1115  Mann  meinin^^crscher, 

854  Mann  anhalt-dcssau-kötbeuer, 

370  Mann  aiihalt-bcrnhurfrischer, 

200  Mann  hessen-horaburgischer  Bundestruppen. 

Anch  die  Notwendigkeit  von  Kasten befestignngen  faCste 
man  ins  Auge.  Als  1859  Bayern  im  Anftrage  der  Mittelstaaten 
—  HannoTer  ansgenommen  —  den  Antrag  stellte,  der  deotsobe  Bnnd 
möge  ftlr  die  Sieherstellang  der  KUsten  sorgen,  erklärte  Prenlsen, 
dafo  es  bereits  mit  den  Staaten  der  Kordkttste  dieserhalb  Terhandle. 
Moltke,  dem  1860  der  Vorsitz  in  der  KOstenbefestignngs-Kommission 
ttbertragen  worde,  berichtet  darüber  in  seiner  Selbstbiographie:  „Von 
manchen  interessanten  Aufträgen,  die  mir  als  Chef  des  Generalstabes 
der  Armee  zufielen,  kann  ich  eine  Beieisnng  der  ganzen  norddeatschen 
Kttste  hervorheben,  welche  den  Zweck  hatte,  ein  gemeinsames  Ver- 
teidignngssystem  fllr  alle  dentsehen  Kästen  zn  ermitteln.  Die  durch 
Marine-  nnd  Ingenieur-OfiSziere  bis  ins  Detail  ausgearbeiteten  Ent- 
wttrfe  wurden  dem  Bundestage  wegen  der  Dringlichkeit  der  Sache 
zur  schleunigen  Erledigung  ttberwiesen.  Nach  3  Jahren  (!)  trat  denn 
auch  in  Hamburg  eine  Bundeskommission  zusammen,  mit  welcher 
ich  nochmals  die  autserpreuisisobe  Küste  bereiste,  die  aber,  wie 
YOrauszusehen,  in  ihrer  M^orität  gegen  fast  alle  preulsischen  Vor- 
Schläge  stimmte,  insbesondere  gegen  die  beabsiehtigte  gemeinsame 
Flotte  unter  Prenisens  Ftthrung.  So  blieb  alles  beim  Alten;  und 
welcher  Art  speziell  die  faannoTerschen  Befestigungsanlagen  waren, 


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lUickblick  aaf  die  leUten  hundert  Jahre  der  deutsohw  Ueeresgeeohiehte.  21 

bat  die  Wegnahme  vou  Stade  und  Geestemünde  iu  diesem  Jahre 
(1866)  gezeigt". 

Trotz  aller  Mänfrel  und  Halbheiten  der  LUindes-Kriegsverfassunj; 
bediutet  sie  der  alten  Reichs- Kiie^^sverfassung  gegenüber  einen 
Fort^^ehritt.  Nur  in  der  einheitlichen  Führung  war  ein  iiiickschritt 
zu  vcr/eiehnen:  der  Kaiser  führte  den  Olterbefehl  Uber  das  Keichs- 
heer,  während  die  vieltiOpfm-e  Hundesver.saiiunluiig  die  oberste  Be- 
hörde für  den  Oberteldherrn  war.  Der  Hunde.sversammluug  fehlte 
und  mulste  fehlen  die  Hauptbedingung  zum  KriegfUhren:  Einigkeit 
des  Willens  und  der  Macht.  Ks  hat  nicht  an  Versuchen  gefehlt, 
dem  allerseits  erkannten  Mangel  einer  einheitlichen  Organisation  und 
Betehlführung  abzuhelfen;  aber  dazu  hätte  es  aulser  der  Einsicht 
auch  der  Selbstverleugnung  bedurft.  Zwar  verleugnete  im  Auslande 
der  Deutsche  hi  reitwillig  seine  Nationalität,  nie  aber  dem  deutschen 
Hruder  gegeuiiber  seines  Stammes  Eigenart,  Interessen  und  An- 
sprüche. 

Die  Erkenntnis,  dals  die  Hegemonie,  zumal  die  militärische 
Führung,  Preulsen  geinilire,  dals  nur  von  ihr  für  Deutschland  Heil 
kommen  kiinne,  brach  sich  langsam,  aber  stetig  Kahn,  in  den  Be- 
völkerungen Iriiher,  als  bei  den  Regierungen.  Auf  jedem  Blatt  der 
neuen  und  neuesten  Geschichte  stand  geschrieben,  dafs  Preulsen  das 
Schwert  Deutschlands  war.  Kein  einziger  Siegeserfolg  in  den  Be- 
freiungskriegen ist  ohne  das  mehr  oder  minder  entscheidende  Ein- 
greifen der  Preulsen  erstritten  worden  —  was  wäre  aus  der  Sehlacht 
bei  Leiji/ig  geworden  ohne  Blücher,  Vorck  und  BUlowI  Dagegen 
haben  wir  in  jenen  Kriegen  eine  Reihe  spezifisch  preufsischer  Siege 
zu  verzeichnen,  wie  Kulm,  Grofsbeeren  und  Dennevvitz,  die  Katzbach- 
Bchlachi  und  Wartenburg.  Wieder  war  die  preulsische  Armee  die 
einzig  zuverlässige  Stütze  der  staatlichen  und  gesellschaftlichen  Ord- 
nung in  den  Jahren  des  Sturmes  und  Dranges:  Preufsen  stellte  in 
Frankfurt  die  Ruhe  wieder  her,  Preufsen  warfen  die  Emiiörung  in 
Dresden  nieder,  Preufsen  bekämpften  und  besiegten  die  Auf- 
stände in  der  Itheinpfalz  und  in  Baden.  Und  von  wem  konnte 
Schleswig  -  Holstein  seine  Befreiung  erhoffen,  wenn  nicht  von 
Preufsen  I 

Blieb  auch  damals  die  deutsche  Einheit  nach  wie  vor  ein 
Traum,  eine  Fata  Morgana,  die  dem  Wanderer  in  der  Wüste  oft  in 
fast  greifbarer  Nähe  iu  glänzenden  Farben  erschien,  um  dann  wieder 
iu  das  Nichts  zu  versinken  —  das  Preulsenheer  und  seine  Erfolge 
war  für  den  tiefer  blickenden  Patrioten  der  feste  Punkt,  an  dem 
der  kommende  Archimedes  den  Hebel  einsetzen  konnte,  um  das 
morsche  Bandesgebäude  aus  den  Angeln  zu  heben.    Das  Vertrauen 


22  Rückblick  auf  die  letiteii  hundwt  Jahre  der  deuttehMi  Heere^sgesohidite. 

zom  preofsisehen  Heeie  nnd  zur  preiÜ6i§cheD  Honarebie  war  es  aocb, 
das  schon  vor  der  entscheidenden  Katastrophe  von  1866  den 
Prozefs  förderte,  dnrob  welchen  das  lockere  GelQge  der  dentscben 
Bandestrappen  sich  am  den  preobisohen  Kern  zn  kiystaUisieren 
begann. 

Mit  dem  Jabre  1849  beginnt  der  Absoblafe  einer  Reibe  von 
Militär-Konventionen,  durch  welche  einsichtsvolle  deutsche  Fürsten 
sich  mit  ihren  Kontingenten  mehr  oder  weniger  eng  an  die  preofsiscbe 
Armee  anschlössen,  der  vaterländischen  Sache  einen  Teil  ibrer 
Souveränitätsrecbte  opfernd.  König  Friedrich  Wilhelm  IV.  kam 
diesen  Bestrebungen  vers&ndnisvoll  entgegen.  Mecklenburg- 
Schwerin  gab  das  erste  Beispiel  Am  22.  Mai  1849  wurde  zwbcben 
dem  Ktfnig  von  Prenlsen  und  dem  Grolsberzog  eine  Vereinbarung 
getroffen,  dafs  das  mecklenburgische  Militär  eme  Division  bilden 
und  dem  3.  preufsiscben  Armeekorps  angegliedert  werden  sollte: 
„Die  Ghrolsberzoglicb  Schwerinschen  Truppen  nehmen  alle  taktischen 
preulsiscben  Reglements  an,  desgleichen  die  fttr  die  preuDBiscbe 
Armee  sonst  bestehenden  reglementarischen  Bestimmungen,  das 
preofsiscbe  Militär -Strafirecht  und  die  preafisiscbe  Militärgerichts- 
Ordnung.  —  Die  schwerinschen  Trappen  erhalten  nach  und  nach  das 
preafsiscbe  Kaliber  fttr  Handfeuerwaffen  und  Gescbtttze.  —  Die 
Qualiiikation  zum  Portepeefähnrich  und  zum  OfiSzier  wird  nach  den 
preulsiscben  Vorscbriften  erworben  nnd  die  Prüfungen  vor  der 
preufeischen  Examinations-Kommission  abgelegt  —  Die  Beförderung 
der  Offiziere  erfolgt  nach  preufstseben  Grundsätzen.  —  Den  schwerin- 
schen Offizieren  und  Portepeefäbnricben  wird  der  Besuch  derprenlsiscben 
Militärbüdungsanstalten  gestattet  —  Der  kommandierende  General 
des  3.  Armeekorps  bat  sich  durch  Inspizierungen  von  dem  kriegs- 
tttcbtigen  Zustande  der  schwerinschen  Truppen  zu  fiberzeogen.  — 
Die  greiseren  Übungen,  bei  denen  die  Divisionen  zusammengezogen 
werden,  macht  die  schwerinscbe  Division  gemeinsam  mit  denen  des 
preulsiscben  3.  Korps".  Zur  Erleichterung  der  gleicbmäisigen  Aus- 
bildung traten  mehrere  Offiziere  und  Unteroffiziere  aus  preulsiscben 
in  mecklenburgische  Dienste  Uber. 

Dem  Beispiel  Mecklenburgs  folgten  Anhalt,  Braunschweig 
und  Baden,  die  ebenfalls  Militärkonventionen  mit  Prenlsen  ab- 
schlössen. 

Die  Tbronbesteignng  König  Wilhelms  L  und  die  Vollendung 
der  beiÜB  umstrittenen  Armee-Reorganisation  war  für  die  deutschen 
Fürsten  eine  neue  Mahnung,  sich  mit  ihren  Kontingenten  enger  an 
Prenlsen  anzuschliefsen.  Herzog  Ernst  von  Sachsen -Koburg- 
Gotba  scblofs  bereits  J861  eine  Konvention  mit  Prenlsen  ab,  wonach 


fiückbUok  auf  die  letzten  hundert  Juhro  der  deutscheu  Ueereagei^ohiobte.  23 


das  Kobnrg- Gothaische  iDfanterie-Regiment  in  der  Starke  you 
1  Mosketier-  und  1  FttsUier-Bateillon  in  ein  engeres  Verhältnis  zur 
^olsischen  Armee  trat  Die  Krone  Prenben  ttbemahm  gegen 
Zahlung  einer  ATersionalsnmme  von  jährlich  80000  Thalem  die 
lUiattoDg  des  Kontingents  im  Frieden  nnd  besetzte  die  Of&der- 
stellen  im  Einverständnis  mit  dem  Hensoge.  FOr  die  Mohilmachong 
war  ein  Panschquantom  von  9000  Thaler  nnd  ftr  die  Hobilhaltong 
während  eines  Jahres  ein  solches  Ton  148000  Thaler  zn  ent- 
richten. 

Eine  ähnliche  Konvention  schlob  1862  Sachsen -Altenbnrg 
ab.  In  demselben  Jahre  that  Waldeck  ein  gleiches,  dessen  Fttsilier> 
Batsillon  Ton  non  an  preolsische  Kommandeure  und  preulsische 
Offiziere  erhielt. 

Soweit  hatten  die  moralischen  Eroberaugen  Frttchte  getragen; 
aber  es  bedurfte  beilserer  nnd  stürmischerer  Werbungen,  bevor  sich 
die  Jnngfrau  Germania  Prenfsen  zu  eigen  gab.  „Ich  räume  eini" 
bat  Moltke  einmal  gesagt,  „dals  auf  dem  Wege  der  Vereinbarung 
m  Dentschland  nicht  leicht  etwas  geschaffen  wird.  Was  auch  tlber 
deutsche  Einheit  geredet  nnd  gedruckt,  gesungen  und  getoastet 
worden,  etwas  Reales  ist  daraus  nie  hervorgegangen.  Die  Möglich- 
keit, sich  zn  einigen,  welche  unser  Herrgott  der  deutschen  Nation 
in  Abschnitten  von  Jahrhunderten  geboten,  wurde  nicht  benutzt,  weil 
jeder  sie  so  versteht,  dafs  er  der  Mittelpnnkt  derselben  wird,  jeder 
emen  andern,  daher  meist  unmöglichen  Weg  will". 

Der  Krieg  von  1866,  dessen  politische  nnd  weltgeschicht- 
liche Bedeutung  wir  hier  nicht  hervorzuheben  brauchen,  legte  Zeugnis 
ab  von  der  Mangelhaftigkeit  der  Bnndes-Kriegsvei^snng  nnd  von 
der  Überlegenheit  der  preulSrischen  Armee.  Der  Anschluls  der 
deutschen  Bundeskontingente  an  Preuihen  wurde  nicht  nur  zu  einer 
politischen,  sondern  anch  zu  einer  militärischen  Notwendigkeit,  die 
allgemeine  Wehrpflicht  wurde  die  nnerlälsliche  Grundlage  des 
Den  erstarkenden  deutschen  Wehrtnms.  Während  Prenfsen,  semen 
neu  erworbenen  Provinzen  entsprechend,  aus  den  neu  errichteten 
Keg^entero  drd  Armeekorps  bÜdete,  wurden  die  Kontingente  der 
norddeutschen  Staattn  dem  Oberbefehl  des  Königs  von  Prenisen 
ontersteilt,  dem  preoMschen  Heere  angegliedert  nnd  in  den  Truppen- 
verband desselben  eingereiht  Nur  das  Königreich  Sachsen  bildete 
ein  besonderes  Armeekorps.  Die  Militärkonventionen,  auf  denen  die 
Organisation  des  norddeutschen  Bnndeaheeres  beruhte,  sind  grOfsten- 
teils  1867  abgeschlossen.  Sie  sind  in  ihren  Grundsätzen  nnd  Haupt- 
bestlmmungen  einander  ähnlich,  wenn  auch  die  Rücksicht  auf  die 
Wünsche  der  Kontingentsherren  manche  berechtigte  £igentttmlichkeit 


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24  BQekbliek  «uf  die  letzten  boodert  Jahre  der  dentsoben  IIeeresg:esobiobte. 


bestehen  liefo  ond  manehe  Venebiedenheit  zur  Folge  hatte.  Wenige 
Beispiele  werden  genügen.  Die  wesentliohen  Bestimmnngen  der 
Konrention  mit  Anhalt  sind:  „D\ß  Veifilgang  Uber  die  Stellen  der 
Offiziere  nnd  Portepeefilhnriche  hat  der  KOnig  von  Preufsen.  Die 
Verwaltang  des  Regiments  und  seine  Unterhaltung  ans  Bnndesmitteln 
hat  die  Krone  Prenisen  gegen  Zahlung  der  zur  Zeit  herabgesetzten 
yerfassnngsmilfsigen  Beitri^;e  von  225  Thalem  pro  Kopf  tiberuommen, 
Dem  Dislohationsrecht  hat  der  König  von  Pieoben  als  Bundesfeld- 
berr  konventionsmft&ig  entsagt  und  sieh  dasselbe  nur  für  die  Fälle 
vorbehalten,  wo  miUtfirische  und  politische  Rttcksiebten  anderweite 
Maisnahmen  bedingen.  Demselben  steht  auch  das  oberste  Begnadi- 
gungsrecht zu.  Die  Mannschaften  leisten  ihrem  Landeaherm  den 
Fahneneid,  werden  aber  gleichzeitig  zum  Gehorsam  gegen  den  Ktfnig 
Yon  Preullien  als  Bnudesfeldbenrn  eidlich  verpflichtefS 

Die  KouTention  mit  Mecklenburg  enthielt  folgende  Bestimmungen. 
Den  mecklenburgischen  Oflizieren  wird  der  Ehitritt  in  den  Verband 
der  preutsiscben  Armee  freigestellt;  der  König  Ton  Preulsen  erhlUt 
das  Recht  der  Anstellung,  Betörderung,  Versetzung  der  Offiziere. 
Die  Offiziere,  welche  Aufnahme  in  die  preuCnsche  Armee  wttnscben, 
werden  in  jener  nach  ihrem  Range  nnd  ihrer  Aneiennetät  eingereiht; 
die  Offiziere  des  stehenden  Heeres,  welche  den  Ubertritt  nicht 
wünschen,  scheiden  ans  dem  Kontingent  aus  nnd  werden  mit  der 
verdienten  Pension  in  den  Ruhestand  versetzt  Die  Offiziere  des 
grofiMierzoglichen  Kontingents  verpflichten  sich  mittelst  Handgelöb- 
nisses für  die  Dauer  ihrer  Anstellnng  im  Kontingent  das  Wohl  nnd 
Beste  des  Kontingentsberm  zu  fördern,  Schaden  und  Kachteil  aber 
abzuwenden.  Alle  Offiziere  der  mecklenburgischen  Truppen  werden 
als  „GroMerzoglich  Mecklenbnrgische'^  bezeichnet,  sie  erhalten  (neben 
den  preulsiscben)  mecklenburgische  Patente  und  tragen  die  mecklen- 
burgische Kokaride  nnd  mecklenbnr^sche  Dienstabzeichen. 

Die  Konventionen  mit  den  anderen  norddeutschen  Bundesstaaten 
sind  ähnlich  der  mit  Anhalt  abgeschlossenen. 

Mit  den  süddeutsch en  Staaten  wurden  bekanntlich  geheime 
doch  bald  darauf  veröffentlichte  Schutz-  und  TrutzbUndnisse  ab- 
geschlossen, durch  welche  dem  K(lnig  von  PrcjUsen  fUr  den  Kriegs- 
fall der  Oberbefehl  auch  über  die  süddeutschen  Heere  übertragen 
warde.  „Freilich,*^  sagt  Moltke  in  dem  Entwurf  zu  einer  fttr  da» 
Zollparlamcnt  bestimmten  Rede,  ^wäre  eine  grörsere  Annähening 
auf  dem  militärischen  Gebiete  zu  wünschen.  Ea  besteht  zur  Zeit 
ein  Schutz-  und  Trut/bUndnis.  Es  ist  dies  die  nnvollkominene  Form 
gegenscitigrer  Hilfeleistung.  Ein  Schutz-  und  Trutzbündnis  bat  gerade 
so  viel  Wert,  als  jeder  Teil  Schutz  und  Trutz  zn  üben  vermag» 


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BIlAbUek  auf  die  letsten  hundert  Jthre  der  dentsehen  Heeresgescbiehte.  25* 

loh  rede  cicbt  davon,  dafo  NorddeaischJaikd  die  grOIsereo  Streitmittel 
besitzt,  das  veistefat  sieh  von  selbst;  aber  wir  stellen  eine  Armee,. 
Sie  Kontingente;  wir  haben  einen  Kriegsherrn,  Sie  einen  Oberfeld- 
herm.  —  In  der  Hauptsache  tragen  nicht  die  sQddentschen  Führer 
die  Sebald  an  dem  MiTserfolg  von  1866,  auch  nicht  die  sttddentschen 
Trappen,  welche  sich  überall  tapfer  geschlagen  haben.  Es  waren 
die  sttddeatschen  Partiknlarinteressen,  welche  es  mOglioh  machten, 
dals  46000  Preufsen,  einheitlich  and  kräftig  geführt,  gegen  lOOOOa 
Gegner  die  Offensive  ergreifen  und  von  der  Eider  bis  zar  Jaxt  vor- 
dringen konnten.  Sie  hatten  in  die  Hand  des  Führers  eine  Waffe 
ans  trefflichem  Stahl  gelegt,  aber  die  Waffe  bestand  aus  Stücken. 
Dies  der  Unterschied  »wischen  einheitlichem  Heer  und  Koalition. 
Beim  besten  Willen  können  die  Staaten  Sttddeatsehlands  für  jetit 
nor  eine  Koalition  bilden,  während  wir  doch  rings  am  ans  nur  grolse 
einheitliche  Heere  erblicken.  Aach  wir  wünschen  daher  eine  inner- 
liehe Verschmehsang,  aber  wir  wünschen  sie  weniger  im  norddentschen 
oder  im  prenlsischen,  als  im  allgemein  deatschen  und  ganz  besonders 
in  Ihrem  eigenen  Interesse.  Der  Norden  braucht  den  Süden  nicht 
XQ  drängen,  er  kann  es  abwarten,  bis  das  Bedürfnis  den  Süden  za 
ans  führt. 

Dies  Bedürfnis  naa  tritt  jedesmal  hervor,  sobald  eine  Wolke 
am  politischen  Horizont  sich  zeigt  Freilich  mit  dieser  Wolke  ver- 
Bohwindet  auch  alsbald  die  Neigang,  Institutionen  dauernd  einzofUhren, 
welche  die  Hilfe  des  Nordens  ermöglichen  und  selbst  entbehrlich 
machen  würden.  Man  erkennt  die  Nützlichkeit  der  Einrichtungen,, 
welche  sich  in  Preufsen  bewährt  haben;  aber  man  hofft  den  Lasten 
zu  entgehen,  welche  sie  notwendig  mit  sich  führen  —  Lasten,  welche 
doch  Preujjsen  50  Jahre  lang  allein  getragen,  ohne  za  erliegen,  und 
deren  Verwendnng  wir  es  danken,  wenn  beate  in  diesem  Saale  Ab- 
geordnete aus  dem  Norden  wie  dem  Süden  znsammea  tagen.  Und 
dies  Zögern  liegt  nicht  etwa  allein  an  den  Regierangen,  sondern 
namentlich  an  den  Volksvertretungen. 

Sie  haben  im  Prinzip  allgemeine  Wehrpflicht,  dreijährige  Dienst- 
zeit angenommen;  aber  in  der  Praxis  werden  Sie  bei  der  Schwäche 
Ihrer  Kadres  und  Gröfse  der  Ersatzeinstellung  die  zweijährige  und 
bei  den  bewilligten  Geldmitteln  nach  wie  vor  die  einjährige  haben. 

 Bringen  Sie  ans  zor  Einigang,  and  keine  Kücksicht  aai 

eiwaige  Verwickelangen  nach  aufisen  vrird  davon  abhalten,  Ihnen 
die  gleich  berechtigte  and  gleich  verpflichtete  Stellung  im  Bunde 
cinznitnmen.  Nichts  könnte  einer  vollständigen  Einigung  förderlicher 
sem,  als  ein  Anstois  von  anfsen,  eine  Erschtttterong,  welche  den  in 
seinem  Verlaaf  anterbrochenen  Kiystallisationsprozels  wieder  in  Flais 


•26  Biickbliok  «af  die  letzten  handerfe  Jahre  der  deutschen  Ueereagesobiohte. 

brächte.  —  —  Ich  erwarte  eine  Annaiierung'  dcj?  SiUleiüs  an  den 
Norden  wie  von  seinem  Patriotismus  so  deshalb,  weil  wir  den  höheren 
Preis  bieten.  Wir  steilen  ein  Heer.  Sie  Kontingente,  wir  haben 
einen  Kriej.'^sherrn.  Sie  nur  einen  Oiterfeldherrn;  wir  bieten  Ihnen, 
was  wir  mit  Blut  errungen  und  was  uns  keine  Macht  der  Krde 
wieder  entreilsen  wird,  bieten  Ihnen,  was  Öie  ohne  uns  nie  erreichen 
können,  —  ein  Vaterland!" 

Diese  Ausi'Uhnillgen  des  grotsen  Strategeo  spreehen  klar  und 
■erschöpfend  aus.  was  im  Jahre  18(58  znr  ToUen  einheitlichen  Ent- 
faltung der  deutschen  Wehrkraft  noch  fehlte;  mit  prophetischem 
Blick  deatet  Moltke  zugleich  darauf  bin,  wie  eine  einmUti^^e  Ex- 
bebong  gegen  einen  äufseren  Feind  am  raschesten  und  sichersten 
isom  ersehnten  Ziele  führen  wird,  zum  Reichsheer. 

Im  Kriege  gegen  Frankreich  bewährten  sich  die  Schatz 
ond  Trutzbündnisse;  dem  Anschluls  der  stiddeutschen  Staaten  an 
•den  Nordbund  folgte  die  Kaiser- Proklamation  und  die  am  16.  April 
1871  yerkUndete  Verfassang  des  deutschen  Reiches  schuf  «  ino  deutsche 
Heeresmacht,  wie  sie  zwar  noch  nicht  dem  Ideal  einer  solchen  völlig 
■entsprach,  atjer  doch  das  einheitliche  Zusammenwirken  aller  deutschen 
Heeresteile  t\lr  alle  Zuknntt  sicherte:  der  Kaiser  fuhrt  den  Ober- 
befehl Uber  die  gesamte  Land-  und  Seemacht  des  Beiches,  er  er- 
nennt die  Offiziere  mit  Ausnahme  von  Bayern,  Sachsen  and  Württem- 
berg, denen  besondere  Prärogative  eingeräamt  sind. 

Darcb  das  Reicbs-Militärgesetz  vom  2.  Mai  1874  warde 
•die  Oiganisation  und  die  Eigänznng  des  Keiebsbeeres  festgestellt, 
Warden  einheitliche  Bestimmangen  Uber  das  aktive  Heer,  ttber  Ent- 
lassang  and  flber  den  Benrlaabtenstand  getroffen. 

Wenn  dies  grundlegende  Gesetz,  das  den  1' riedensbestand  des 
Heeres  auf  ein  Prozent  der  Bevölkerung  festsetzte,  verhaltnismäfeig 
leicht  zustande  kam.  so  kostete  es  siollaeh  schwere  Kämpfe,  den 
Reiehstajj:  dir  die  iiiierläfslichen  Verstärkungen  zu  gewinnen,  die 
teils  durcli  die  Zunahme  der  Bevölkerung,  teils  durch  die  Rüstungen 
unserer  Nachbarn  bedingt  waren. 

Die  sieghafte  Durchführung  unserer  deutschen  lieereseinricliiungen 
verdanken  wir  in  erster  Linie  unserm  unvergefslichen  grofsen  Kaiser 
Wilhelm  I  ,  dem  Schöpfer  der  Reorganisation  von  1859  (iL  dem 
Kriegsherrn  des  norddeutschen  Bundes,  dem  kaiserlichen  Oberfeld- 
herrn. In  seinem  Geiste  hat  unser  regierender  kaiserlicher  Herr 
rastlos  und  erfolgreich  weitergearbeitet  an  der  btärkuii*:  und  Mclirun^^ 
unserer  deutschen  Wehrkraft,  hat  er  im  Einverständnis  mit  den 
BnndesfUrsten  dem  Keichsbeere  auch  durch  ein  äulseres  Zeichen  das 


Rflekbliek  aiif  die  leteten  hnndert  Jahre  der  dentaehen  HeereigesoUohte.  27 

Gepräge  der  Eiuheit  g:egoben,  durch  die  von  allen  deatschen  Soldaten 
angelegte  deutsche  Nationalkokarde. 

Keine  Weltmacht  ohne  Seemacht!  Im  Jahre  18(K)  waren 
die  deutschen  Küsten  schütz-  and  wehrlos,  das  Deutsche  Reich  «j:ebot 
über  kein  ein/jges  Kriegsfahrzeug.  Der  deutsche  Bund  verauktionierte 
die  im  Strohfeuer  der  nationalen  Begeisterung  geschaffene  sogenannte 
deatsche  Flotte  und  nur  Preulsen  begann  von  kleinen  Anfangen 
stetig  seine  Seestreitkräfte  zu  mehren,  freilich  im  beschei{le!isten 
Mafse,  weil  die  Mittel  fehlten  und  weil  das  Verständnis  Atr  die  Be- 
deutung der  Marine  noch  nicht  geweckt  war.  Was  Kaiser  Wilhelm  I. 
entiebt  und  wozu  er  den  Grund  gelegt,  das  fuhrt  Kaiser  Wilhelm  II. 
weiter  zu  hohem  und  erstrebenswertem  Zi<'lo,  auf  dafs  Deutschland 
im  neuen  Jahrhundert  auch  unter  den  Seemächten  den  IMat/  ein- 
nehme, der  ihm  nach  seiner  maritimen  Bedeutung  gebührt  Data 
unser  Volk  endlich  zu  der  Erkenntnis  gekommen  ist,  wie  nur  im 
Besitz  einer  starken  Flotte  Deutschland  seinen  europäischen  Beruf 
erfüllen  kann,  das  verdanken  wir  der  unermüdlichen,  zielbewulsten 
Arbeit  nnsers  Kaisers. 

18CM)  —  £in  „Simplum"  von  40000  Mann  mit  einem  bunten 
Centaplum  von  Ausrüstung  nnd  Bewaffnung  und  mit  einem  Nullnm 
von  Aasbildung  und  Kriegsbrauchbarkeit,  widerwillig  and  nachlässig 
gestellt  von  mehr  denn  2UÜ  Keiehsständen,  die  Soldaten  FalstafTsche 
Rekruten,  die  Offiziere  nur  zum  kleinsten  Teile  für  ihre  Stellen  be- 
fähigt und  brauchbar;  der  kaiserliche  Oberbefehl  weder  anerkannt 
noch  ausgeübt,  das  Keich  zum  Spott  seiner  Nachbarn  und  Wider- 
aacher  geworden,  seine  westlichen  rrreiizgebiete  in  der  Gewalt  des 
immer  zuversichtlicher  vorgehenden  Erbfeindes,  schütz-  und  wehrlos 
seine  Küsten  und  sein  Seehandel.  1900  —  Der  deutsche  Kaiser 
Oberfeldherr  eines  Keichsheeres,  das  die  gesamte  wehrfähige  Mann- 
Schaft  in  sich  aufnimmt,  einheitlich  ausgerüstet,  bewaffnet  und  aas- 
gebildet, denselben  Kriegsgesetzen  untorthan  und  die  Rechtsprechung 
nach  denselben  Grundsätzen  geordnet;  die  deutsche  National kokarde, 
das  mit  Stolz  getragene  Abzeichen  jedes  deutschen  Soldaten,  die 
.Ableistung  der  Dienstpflicht  eine  Ehre  für  jeden  wehrfähigen 
Deutschen,  die  deutschen  Heeresteile  des  Nordens  und  des  Sddens 
mit  einander  wetteifernd  in  Kriegsfertigkeit  und  soldatischen 
Tugenden. 

Der  imposanten  I.andmacht,  die  kaum  ihresgleichen  hat  in  Europa, 
steht  die  mehr  und  mehr  aufblühende  und  erstarkende  Marine  zur 
Seite  mit  ihrer  seetüchtigen,  musterhaft  geschulten  Bemannung,  ein 
besserer  und  wirksamerer  Schutz  der  KUsten,  als  alle  Befestigungen, 
an  denen  es  ebenfalls  nicht  fehlt. 


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28  Kttokbliok  aut'  die  letstea  hundert  Jahre  der  deatsohea  üeeresgeschiohte. 

Doch  iu  deui  lichten  Bilde  zeigen  sich  auch  dunkle  Schatten. 
Nicht  nur  der  Umsturz  vergifket  die  Volksseele,  sondern  auch  ein- 
ander widerstreitende  materielle  Interessen  driin^^'n  sieh  in  den 
Vordergrund,  trüben  die  Freude  an  der  gemeinsamen  nationalen 
.\rbeit.  Da  ist  es  denn  heute  notwendiger  als  je,  dals  unserm 
deutsehen  Wehrtum  die  idealen  Grundlagen,  das  selbstlose 
Strel)en  erhalten  bleiben,  worauf  alle  Tüchtigkeit  und  jeder  dauernde 
Erfolg  beruht.  Möchte  das  vor  allem  unser  deutsches  Offizierkorps 
nie  vergessen,  denn  der  Geist  des  Heeres  sitzt  in  seinen  Offizieren. 
Wenn  wir  uns  in  alter  Treue  und  Hingebung  um  unsern  Kaiser 
scharen,  eingedenk  der  Losung,  die  er  uns  gegeben:  Hin  Reich  — 
Ein  Volk  —  Ein  Gott!  dann  soll  das  Wort  „Ein  Gott"  kein  leerer 
Schall  für  uns  bleiben,  sondern  in  seiner  tief  inneren  Bedeutung 
von  uns  erfaist  werden;  denn  wie  wir  Gottes  Fülirun^jreii  alle  unsere 
Errungenschaften  verdanken,  so  bleibt  die  Verheilsung  ,,(iott  verläfst 
keinen  Deutschen'*  nur  in  Kraft  und  Geltung,  wenn  der  Deutsche 
seinen  Gott  nicht  verleugnet. 

So  möge  das  deutsche  Keichsheer  gleich  den  Kämptern  von 
1813  nach  wie  vor  den  Spruch  von  Ernst  Moritz  Arndt  beherzigen: 

„Mit  Gott,  dem  frommen  starken, 
Seid  fröhlich  und  geschwind, 
Kämpft  für  des  Landes  Marken, 
Für  Eltern,  Weib  und  Kind!'' 


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Fdedriohs  d.  Gr.  Lebren  und  die  beatige  Kriegflibniiig. 


29 


IL 

Was  könneD  wir  von  Friedrichs  des  CroFsen  Lehren  tfir 
die  heutige  Kriegifihnmg  brauchen? 

Vor  kanem  enohien  eine  Schrift,  welche  die  mflitilriBchen 
Iidtmotire  Friedrichs  des  Groisen  einer  nenen  PrUfong  and  Unter- 
sDchnng  nntezzieht^)  Man  weils,  wie  umstritten  die  Frage  ist»  welche 
eigentUoh  Friedrichs  Gesamtansohaanng  Tom  Kriege  war;  zahUose 
SehiiflseUer  ftnberten  sich  dasn;  von  den  Bedeutendsten  seien 
Napoleon  L,  Jomini,  Clansewits,  Theodor  Bemhardi,  Delhrllck  und 
Jibns  genannt  In  den  lotsten  Jahnsehnten  Tcifoehten  die  nnter  dem 
Eindrock  der  nendentsehen  Kriegftihmng  stehenden  Männer  zn- 
meist  mit  Eifer  den  Standpookt,  Friedrieh  der  GroJse  sei  im  Grande 
genonmen  von  denselben  Ansichten  getragen  gewesen,  wie  wir,  er 
schon  liabe  die  Niederweifangs-  and  Vemiehtangsstrategie  mit  voUem 
Bewafstsein  gehandhabt  n.  s.  w.  a.  s.  w.  Wie  immer  nach  grofoen 
kriegerischen  Epochen,  glaabt  die  Mehizahl  in  dem  finreichten  den 
Gipfel  der  Entwiokelang,  das  an  sich  Richtige  sn  sehen,  and  benr- 
teilt  ans  diesem  Gesichtswinkel  frühere  Epochen,  wobei  das  Urteil 
nur  schief  ans&llen  kann;  es  ist  die  alte  Sache  »Was  Ihr  den  Geist 
der  Zeiten  heilst,  das  ist  im  Grand  der  Herren  eigener  Geist,  in  dem 
die  Zeiten  sich  bespiegeln^.  Delbrttck  and  Jähns  haben  veisacht, 
dem  gegenüber  Friedrich  den  Groisen  aaf  den  Bod^n  seiner  Zeit  sn 
stellen  and  ihm  die  Belenchtong  gegeben,  die  den  eigenttlmlichen 
Zuständen  —  dem  „miliea**  des  XVUL  Jahrhnnderts  entspricht 
Seither  vollzieht  sich  in  der  wiBsenschafUichen  Welt  ein  Abbri^okelangs- 
piozess  an  der  Niederwerfnngstheorie,  soweit  sie  Friedrich  dem 
Groisen  aa%erttckt  werden  soU,  die  Ansichten  sind  indes  noch 
lange  nicht  geklärt 

Die  Yoriiogende  Abhandlang  hat  sich  ledigUch  auf  den  zeit- 
geDössischen  Boden,  d.  h.  die  Ereignisse  des  XVUL  Jahrhanderts, 
die  ÄnfiBcrangen  Friedrichs  and  seiner  Zeitgenossen,  gestellt,  and  ab- 
nchtlich  aUe  seitherigen  militärischen  and  civilistischen  Interpreten 
des  K9nigs  bei  Seite  gelassen.  Wohl  wird  nnr  die  Zeit  von 
1746 — 1756  behandelt,  allein  es  ist  dies  die  wichtigste  nnd  ent- 
scheidendste Epoche  in  der  geistigen  Arbeit»  die  das  tibatenreiche 
Leben  des  KOnigs  begleitete,  in  diesen  Jahren  reifte  er  ans,  and  in 


Kilegigesebiobtttebe  EimelndiilfteB,  hersosgegeben  vom  Oroiaea 
GeneralsUbe.  Friedrich  der  Grosse.  Die  Bntwiokelitng  des  Königs  bi  s^iiea 
Anftfihannagen  vom  Kriege  1746—1766. 


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3U  Friedrichs  d.  Gr.  Lebren  und  die  beutige  Krieglübrimg. 

der  geistigen  Verfassang,  die  er  sich  da  gegeben,  begann  er  den 
siebenjährigen  Krieg,  leistete  er  das  Höchste;  1758  schon  setzt  dann 
die  Reaktion  ein  and  führt  den  kampfmUden,  alteroden  Monarchen 
schliefslich  zu  der  Methodik  znrttck,  die  er  in  seiner  jQgend  ver- 
worfen und  vergebens  zu  dnrohbieehen  gesucht. 

Unter  den  VerhältDissen  des  XVIII.  Jahrbonderts  war  es  eben 
nicht  mOglieh,  sich  grundsätzlich  Uber  die  heirachenden  kriege- 
rischen Ansehannngen  za  erheben.  Das  vorliegende  Buch  entwickelt 
dies  an  der  Hand  zahlreicher  Belege  und  Quellen  sehr  geschickt 
aus  den  Verhältnissen  des  XVIIL  Jahrhunderts  heraus.  Dais  der 
Drang,  den  Krieg  im  Sinne  der  Niederwerfungsstrategie  zu  führen, 
im  Könige  vorhanden  und  lebendig  war,  ist  gar  keine  Frage,  aber 
ebenso  leuchtet  ein,  dals  er  viel  zu  scharfblickend  und  praktisch  war, 
um  zu  verkennen,  dafs  ein  Ändern  der  Kriegsformen  in  greisem 
Stil  und  ein  entschiedenes  Steigern  der  Heftigkeit  des  Kampfes  bald 
eine  Grenze  fanden  an  den  Verhältnissen  der  Heere,  der  Kriegs- 
schauplätze und  der  Bevölkerungen. 

Die  betreffenden  Ausführungen  der  vorliegenden  Schrift  sind 
so  gehalten,  dals  ein  aufmerksamer  Leser  geradezu  gezwungen  vdrd, 
vieles  zwischen  den  Zeilen  zu  finden,  was  uns  und  unsere  Zeit  und 
unsere  Znknnfit  angeht.  Dafür  schreibt  man  ja  Kriegsgeschichte.  An 
vielen  Stellen  ist  das  Buch  so  gearbeitet,  da6  es  zum  Vergleich 
mit  der  Gegenwart  und  zum  Nachdenken  ttber  die  Zukunft  geradezu 
zwingt  und  in  diesem  Sinne  sei  es  versucht,  einige  heute  brauchbare 
Gredaoken  aus  diesem  Werke  abzuleiten,  das  anscheinend  lediglich 
eine  vergangene  Epoche  zum  Vorwurf  nimmt 

Schon  allein  die  Heere  des  XVIU.  Jahrhunderts  unterschieden 
sich  sehr  von  den  unserigen;  sie  waren  Berufsbeere  und  daher  zu- 
idtohst  gegen  die  Eindrücke  des  Krieges  nicht  so  empfindlich, 
wie  unsere  Volksheere,  die  kein  Pulver  gerochen  haben  und  über 
deren  Brauchbarkeit  fUr  den  Krieg  die  ersten  Gefechte  unabänder- 
lich entscheiden.  Selbst  nach  einer  verlorenen  Schlacht  liefen  die 
Schnauzbärte  jener  Zeit  nicht  annähernd  in  dem  Mab  davon,  wie 
moderne  Truppen,  die  Niederlagen  nicht  gewöhnt  sind,  sie  verlieren 
dann  allen  Halt  Die  Gefechtsführung  des  XVHI.  Jahrhunderts  trug 
Sorge  dafür,  es  niemals  zu  einer  vollen  Auflösung  kommen  zu  lassen, 
sondern  man  brach,  wenn  es  schief  zu  gehen  drohte,  das  Gefecht 
rechtzeitig  ab  und  zog  sich  geordnet  in  eine  vorher  erkundete  und 
womöglich  befestigte  Stellung  zurttck  —  kurz,  die  Verfolgung  war 
erschwert,  ein  Sieg  konnte  nicht  ansgenutet  werden,  die  Schiacht 
war  nicht  entscheidend.  Dies  war  ein  Hauptgrund,  warum  die 
Feldbeiren  nur  zögernd  an  eine  Schlacht  herangingen,  sie  nutzte, 


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Friedrichs  d.  Gr.  I^ebrea  und  die  beuü|;e  Kriegführung. 


31 


loch  wenn  sie  gewüiiDeu  wurde,  nicht  sehr  viel,  sie  machte  den 
Gegner  nicht  wehrlos.  Aber  nicht  nur  nicht  cntscheidtüd  war  die 
Schlacht,  sie  war  auch  höchst  ungewifs.  Sehen  wir  uns  einmal 
unsere  Zeit  &u;  da  finden  wir  stets  alle  Siege  auf  einer  Seite,  die 
vielen  Grefechte  and  Schlachten  eines  modernen  Krieges  gewinnt 
immer  nar  der  eine  Gregaer,  der  andere  yerliert  sie  alle,  das 
geht  durch  den  ganzen  Feldzag  so  fort.  Im  XVIII.  Jahrhundert  war 
das  dnrchaos  nicht  der  Fall.  Die  Heere  waren  als  Berufsheere  so- 
zusagen international,  die  natiotMlen  Eigenschaften  konnten  sieh 
nieht  im  dem  Mass  änüsern,  wie  hent,  der  Ansfall  der  ScUachten 
hing  in  weit  höherem  Ma&e  als  hent  Ton  der  Anwesenheit  des  Feld- 
bezren an  Ort  nnd  Stelle,  von  seinem  persöDliehen  Eingreifen,  and 
scUielhlieh  aneh  vom  Gltlck  ab;  die  Gefeehtsfonn,  die  gegenüber 
dem  geringsten  Sjiiek  oder  Ghraben  im  <3elttnde  ungemein  empfind- 
lich war,  trug  in  dieser  Bedehnng  das  Element  des  Ungewissen 
ond  UnTorhennsdienden  in  die  Erseh^ungen  auf  dem  Kampffelde 
und  daher  kam  es,  dals  der  Erfolg  der  Schlachten  stark  wechselte; 
heute  siegte  Prinz  Eugen,  morgen  Villars,  keinem  Feldherm  war  ee 
möglich,  in  rascher  Aufeinanderfolge  Sieg  an  Sieg  zu  knüpfen,  wie 
dies  heute  möglich  ist,  sondern  der  Sieg  mofete  jedes  Mal  durch 
ganz  besondere  Malsnahmen  anfs  sorgfältigste  und  umstiftndliehste 
gesichert  werden  nnd  dennoch  stellte  sich  häufig  ganz  unerwartet  die 
Niederlage  ein  (Denain,  Rolin).  Ja,  unter  solchen  Verhältnissen 
war  natttriieh  die  Kriegfhbning  etwas  gans  anderes  als  heute,  und 
die  Feldherren  tbaten  recht  daran,  mit  der  Schlacht  zu  sparen,  da  ihr 
Erfolg  nngewib,  und  selbst,  wenn  sie  glücklich  ausfiel,  das  Ergebnis 
ein  geringes  war. 

Nnr  der  Feldherr  konnte  es  auf  häufige  Schlachten  anlegen, 
der  sicher  war,  immer  zu  siegen  nnd  anlserdem  doch  noch  etwas 
kiäfHger  zu  yerfolgen,  als  es  herkömmlich  war.  Immer  siegen  — 
ja  daza  gehörte  eben  entweder  ein  an  Zahl  oder  an  Tüchtigkeit  • 
sehr  überlegenes  Heer.  Friedrich  der  Grolse  durchdrang  sich  mit  diesem 
letzteren  Gedanken  und  sagte  sich,  auf  das  Studium  der  Antike  gestützt^ 
dafe  die  beste  Gewähr  für  häufige  Siege  in  taktischer  Überlegenheit 
des  Heeres  bernhe,  denn  ein  an  Zahl  überlegenes  Heer  konnte 
das  arme  nnd  kleine  Preolsen,  wie  die  Dinge  1745—56  lagen,  nicht 
herstellen.  Er  schult  also  sein  Heer  ganz  TortreiTlich  nnd  erhebt 
sich  weiter  zu  dem  grofsen  Gredanken,  dieses  tüchtige  Heer,  wenn 
es  Krieg  giebt,  durch  rasche  und  häufige  Schlachten  auszunutzen; 
das  ist  das  Verfahren  unserer  Tage,  es  ist  der  grofse  Gedanke  der 
Kapoleonischen  und  Moltkeschen  Kriegführung. 

Allein  dem  Könige  war  es  nieht  rergönnt,  etwas  Ähnliches  in 


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32 


Fnedriehs  d.  Gr.  Lehren  und  die  beutige  Kriegführung. 


die  Wirkliehkeit  so  Tenetsen.  Sobald  er  ee  daraaf  anlegte,  den 
Krieg  mit  raschen  und  entsobeidenden  Sehlttgen  m  Ibhraiiy  traten 
üun  Umstftnde  hindernd  in  den  Weg,  von  denen  wir  nne  heute 
kaum  mehr  eine  rechte  Vorstellnng  m  machen  vermögen.  Erstens 
war  es  damals  Überhaupt  nicht  leicht,  dann  wenn  man  wollte,  rar 
Schlacht  zvL  gelangen,  den  Feind  znr  Schlacht  an  zwingen;  merkte 
'dieser,  dab  man  eine  Waffenentscheidnng  soche,  so  schlols  er  daraus, 
dafe  man  besondere  Anssiehten  für  den  Sieg  haben  mfisse  (heran- 
gezogene Verstärkungen«  Uberfluls  an  Schleis-  und  Elsbedaif^  Aus- 
sieht auf  Insniiektion  n.  dgl.)  und  wieh  dem  Kampfe  ans.  Das 
ist  heute  in  keiner  Weise  mehr  der  Fall;  man  denke  daran,  dab 
-Osterreich  1859  die  Sohlacht  von  Magenta  annahm  und  verlor, 
ans  dem  ein&chen  Grund,  weil  es  einen  Rttckzug  bei  Kriegsbegion 
scheute;  dals  Franz  Joseph  1866  Benedek  aus  dem  gleichen  Grunde 
•eine  Schlacht  geradezu  befahl,  die  der  An&ng  vom  Ende  wurde;  data 
Mac  Haben,  trotz  seiner  besseren  Einsicht,  1870  nach  Sedan  ging,  der 
Waffenehre  wegen  u.  dgL;  dann  wird  man  erkennen,  dafo  heute  die 
Stimmungen  der  des  Kriegs  entwöhnten  fiegierungen  und 
Völker  nun  einmal  auf  die  Kriegführung,  auf  die  Entachlflsse  der 
Generale  ganz  imperatiT  in  dem  Sinne  wirken,  dafe  bald  etwas 
geschieht,  gebe  es  wie*s  mag;  auch  der  Schwttchere  stellt  sich 
heute  sofort  zur  Waffenentscheidung.  Znr  Zeit  Friedrichs  war  dies 
nicht  der  Fall,  Regierangen  wie  Völker  waren  an  das  Warten  durch 
Jahrelange  Kriege  gewöhnt  und  man  war  schon  zufrieden,  wenn 
Hiobsposten  ausblieben,  ein  rascher  und  positiver  EIrfolg  wurde  nicht 
annähernd  so  sehr  gefordert,  wie  heut.  Einem  ttbermächtigen  An- 
greifer gegenüber  zog  der  Angegriffene  die  Dinge  in  die  Länge, 
wich  der  Entscheidung  aus  und  lieb  den  kleinen  Krieg,  gelegentlieh 
«neb  die  Politik  gegen  seinen  Bedränger  spielen. 

Dieser  war  dagegen  machtlos.  Mit  den  50  oder  60  tausend 
t  Mann  einer  damaligen  Armee,  auf  den  damaligen  Straben, 
bei  der  Schwierigkeit  des  Nachschubs  u.  s.  w.  würde  ein  rttcksiofate- 
loses  Suchen  des  Sieges,  ein  Vordringen  bis  in  das  Hers  des 
gegnerischen  Steates,  häufig  unmöglich  gewesen  sein.  Hier  mttssen 
wir  auf  das  Buch  selbst  verweisen,  das  alle  einzelnen  Erschwernisse  des 
damaligen  Operierens,  Zag  um  Zug  entwickelt:  Die  Unzaverlässigkeit 
der  Werbetrappen,  mit  denen  man  keine  einigennaben  starken 
Märsche  machen  durfte,  die  man  stets  in  geschlossenen  Lagern  bei- 
sammeo  halten  mobte,  weil  sie  sonst  viel  durch  Desertion  verloren;  die 
unendlichen  Schwierigkeiten  des  Nachschubs  und  der  Verpflegung; 
letztere  namentlich  worde  oft  unmöglich,  wenn  man  anne,  durch  den 
jahrelangen  Krieg  bereits  ausgesogene  Gebiete  durchzog,  ganz  be- 


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Fiiediielw  d.  Ur.  Lehnn  und  die  henlige  KriegfiUining.  33 

Moden  aber  dann,  wenn  sich  die  Beyölkenuiir  yor  dem  anrUekendeii 
f Itlebtete,  was  snr  Zeit  des  dTeUsigjilbrigen  Krieges  (fierade- 
20  die  Regel  gewesen  war  and  noeh  mr  Zeit  des  Königs,  z.  B.  im 
taeheeliiseh-kathoUsehen  Böhmen  sehr  hftnfig  vorkam;  der  Einflnls, 
den  die  damals  heinahe  aosnahmlos  ans  alten  Zeiten  hefestigten 
Städte  auf  die  liftrsehe,  den  Naohsohnb  n.  s.  w.  n.  s.  w.  aostthten; 
kniz  wir  erblieken  da  einen  förmlichen  Rattenkönig  anendüeher 
Sebwierigkeiten  nnd  Hindemisse,  die  die  Kriegführung  ganz  onver- 
meidlieh  in  die  Länge  ziehen  and  eine  Niederwerfongsstrategie  im 
modernen  Sinn  materiell  anmögiioh  machen  mnfsten.  Unter 
den  damaligen  Verhältnissen  wttrde  sich  das  Werbeheer  einfiich  auf- 
gelöst haben,  oder  es  würde  verhongert  sein,  hätte  man  es  so  raseh 
und  rttoksichtslos  marschieren  lassen  dnroh  die  damaligen  Einöden, 
wie  es  heate  Heere  thuD  können,  bei  denen  die  Fahnenflaeht  auf 
dem  Maische  schon  deshalb  weniger  empfanden  wird,  weil  man 
Reserven  hat  and  der  einzelne  Mann  nichts  kostet;  nnd  die  femer  dicht 
besiedelte  Länder  mit  einer  zahmen  Bevölkerang  darchziehen,  der 
es,  aofser  in  seltenen  Aasnahmefällen,  nicht  im  Sohlafe  einfällt,  dem 
tingedrongenen  Gegner  ernsten  Widerstand  entgegenzosetzen.  Wäre 
es  aber  selbst  möglich  gewesen,  damals  mit  dem  Werbeheer  so  ent- 
schieden, rasch  and  anbekttmmert  zu  operieren,  wie  mit  modernen 
Tmppen  aaf  modernen  Kriegsschauplätzen,  so  konnte,  das  fällt  uns 
eben  wieder  ein,  nicht  mit  Bestimmtheit  daraof  gerechnet  werden, 
dals  sieh  der  Gegner  znr  Schlacht  stellen  würde,  und  selbst  wenn 
er  das  that,  so  blieb  der  Sohlachterfolg  fraglich  und  sogar  wenn 
man  siegte,  woCste  man  mit  dem  Siege  nicht  viel  anznfangen,  weil 
namentiieh  eine  strategische  Yerfolgnng  so  gat  wie  anmög- 
lich  war. 

Diese  groisen,  aUgemeinen  Hindemisse  der  KriegfUhrang  ent- 
wickelt das  Yorliegende  Bach  zam  erstenmal  und  mit  ananfecht- 
barer Beweiskraft  ans  den  zeitgenössischen  Quellen  heraas;  sie  lassen 
erkennen,  dals  eine  liiederwerfangsstrategie  in  nnserem  Sinn  zu 
jener  Zeit  einfach  anmöglich  war,  und,  selbst,  wenn  sie  möglich 
gewesen  wäre,  hätte  sie  zu  nichts  als  Mifserfolgen  gcftlhrt,  wie  sie 
der  zwölfte  Karl  erlebte,  der  den  Generalen  des  XVUL  Jahrhnnderts 
ein  warnendstes  Beispiel  blieb. 

Das  sagte  sich  auch  B>iedrich  der  Grolse  mit  nnerbittlicher 
Klarheit  selbst,  wie  es  seine  zahlreichen  und  ganz  anzweideutigen 
AoAernngen  schon  vor  Koliu  beweisen.  Aber  andererseits  ist  nicht 
zu  Terkennen  nnd  nicht  zu  leugnen,  dals  er  doch  das  Bedürfnis 
hatte,  etwas  anders  und  in  entschiedenerer  Weise  als  bisher  Krieg 
so  fähren.    Dieser  Wansch  des  Königs,  die  Selmeiligkeit  and 

JaMMkOT  Ar  di*  dMtMto  Aimm  od  Maibik  Bi.  II«.  1.  i 


«   

34  Friedildhs  d.  Qr.  Lehnn  and  die  heutige  Ktieglllliniiig. 


Heftigkeit  des  Abmessens  der  Kräfte  zu  steigern,  liegt  von  1745—56 
mit  der  Einsicht  im  Streit,  dafs  dies  zur  Zeit  nicht  in  dem  wünschens- 
werten Mafse  möglich  und  vor  allem  nicht  ohne  Gefahr  fUr  das 
eigene  Kriegswerkzeug  war.  Der  König  sucht  daher  nach  neuen  Formen, 
die  ihm  rasche  and  vollständige  Siege  ergeben,  die  es  ihm  ermög- 
lichen, Kriege  mit  zerschmetternder  Wucht  und  Schnelligkeit  zu 
führen,  ohne  das  eigne  Heer  zu  lockern  und  zu  zerstören  und  ohne 
die  Dinge  soweit  zu  treiben,  dafs  schlielslich  das  Schicksal  Preulsens 
einzig  und  allein  von  den  nicht  vorherzusehenden  Wechselfällen  eines 
Schlachttages  abhänge.  Dieses  weise  Malshalten,  dieses  sich  vdrur- 
teilslos  in  seine  Zeit  Finden  ist  unseres  Erachtens  ein  ganz 
anderes  Verdienst  als  das  dem  Kernige  von  zünftiger  Hliiidheit 
zugeschriebene,  er  schon  habe  Vernichlungsstrategie  ^'trieben,  niim- 
lich  das,  was  wir  in  der  augenblicklichen  (re^^enwart  darunter  verstehen. 

So  traf  der  König  einen  Ausgleich  zwischen  dem  wüs  ihn  trieb, 
und  dem  was  zur  Zeit  durchführbar  war  und  blieb  im  ganzen  ein  Sohn 
des  XVIII.  Jahrhunderts,  oder  vielmehr  der  ^'■esamten  Zeit  seit  der 
Erfindung  des  Pulvers  und  dem  Aufkommen  der  Berufsheere.  Immer 
hatte  sich  seither  der  Krieg  nicht  nur  allein  mit  der  Zerstörung 
der  feindlichen  Macht  durch  Anwendung  schlichter  (Gewalt  -  durch 
die  Schlacht  —  befalst,  sondern  er  zog  alle  Hilfsmittel  der  List, 
des  kleinen  Krietrs,  der  Wegnahme  der  Vorräte  u.  s.  w.  heran,  un- 
vermeidliche Begleiterscheinungen  einer  Zeit,  die  rasche,  reinliche 
und  unwiderrufliche  Entscheidungen  nicht  gestattete,  und  daher  not- 
gedrungen mit  zum  Manöver  grilf.  Auch  der  König  handhabte  und 
lehrte  das  Manöver  und  that  wohl  daran.  Dals  er  unsere  Krieg- 
ftihrung  rucht  vorwegzunehmen  vermochte  -  welcher  Verständige 
wollte  ihn  deshalb  tadeln V  Seiner  Zeit  genug  gethan  zu  haben,  ist 
das  Höchste,  was  man  vom  Staatsmann  und  vom  Feldherrn  sagen 
kann  und  für  Friedrich  trifft  es  zweifellos  zu;  weim  wir  Nachge- 
borene ihn  nicht  oder  schlecht  versteheo,  so  liegt  die  Sobald  an 
an»,  nicht  aber  an  ihm. 


Wir  schreiten  nun  an  die  Ilmdeutung  der  wichtigsten  Lebren 
des  Königs  fUr  die  Verhältnisse  unserer  Zeit,  wie  sie  sich  ans 
dem  in  dem  besprochenen  Buche  Gebotenen  fast  von  selbst  ergiebt. 

Da  ist  zunächst  die  Taktik.  Hier  ging  der  König  weit  über 
seine  Zeit  hinaus.  Das  Um  und  Auf  seines  Bestrebens  ist,  die 
Schlachten  rascher  und  entscheidender  zu  gestalten  als  bisher; 
das  konnte  er  nur  mit  einem  üeer,  das  denen  der  Nachbarn  inner- 


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Friedriohä  d.  Gr.  Lebren  und  die  heutige  KriegtUhrung.  35 

My  also  SD  Wert  Überlegen  war,  aod  das  erstrebte  der  König, 
xooicbst  durch  eine  onansgesetzte  Friedensarbeit,  die  sich  sehr  von 
der  Friedenatiifttigkeit  der  andere  Enropttiseben  Heere  jener  Zeit 
uleiaoliled;  diese  lungerten  in  Friedensseiten  ihatMhlkjb  nnbesdiiftigt 
ia  den  Gkunbonen  und  snf  dem  Lande  nmher  und  kam  es  snm 
Kriege,  so  yergingen  Monate,  ebe  die  Trappen  etugeübt  und  anf  üue 
Führer  eingespielt  waren.  Das  prenlsisebe  Heer  dagegen  war  jeder 
Zeit  fertig  za  sofortigem  Gebraneh,  das  bildete  einen  Teilseiner  Stärke. 

Schwerer  wog  noob  die  Feehtweise,  zn  der  Friedrieb  sein 
Heer  erzog,  nnd  die  ihm,  oder  vielmehr  seinen  Truppen  Ton  Hanse 
aas  eine  ganz  sosgesproobenc,  spezifische  Überlegenheit  Uber 
andere  nVOlker"*  des  damaligen  Earopas  gab.  Mit  deutlichen  Worten 
erklärt  der  KOnIg,  er  schaffe  sich  eine  neue  ,,Ordonnaoz",  etwas 
ihnliches  wie  die  alte  Leglonartaktik,  mit  der  die  ROmer  jahr- 
bmidertelang  unter  den  Teischiedensten  Verhältnissen  fast  immer 
gesiegt  hätten,  anch  er  sneht  nach  etwas  zuverlässig  cm,  um 
dauernd  und  wiederholt  zn  siegen  in  einer  Welt,  wo  die  Sohlaeht 
jederzeit  ein  Wagnisse  wesen  war.  Die  „  Ordonnanz'*  des  preufsischen 
Heeres  hatte  ihm  Uber  Grefahren  wie  MoUwitz  und  Soor  hinwegge- 
holfen, sie  hatte  ihm  erlaubt,  dem  alten  Dessaner  die  Schlacht  von 
Kesselsdorf  mit  aller  Sieherheit  des  Erfolges  geradezu  zu  be* 
fehlen,  obwohl  der  KOnig  weit  vom  Schauplatz  der  Ereignisse  und 
ohne  Einfluls  auf  dieselben  war. 

Auch  heute  ist  der  Einflnfs  emer  tttcbtigen  „Ordonnanz'^  d.  h. 
einer  besseren  Fechtwelse  auf  den  Krieg  ein  gewaltiger;  der  Scbtttzen- 
kampf  Napoleons  L  war  eine  solche  Ordonnanz,  die  preuisische  Be- 
waffnung war  es  1866  aueh.  Mao  wird  sagen  dUrfeo,  heute  wird 
eine  geschicktere  Fechtweise  noch  sehr  viel  mehr  entscheidend 
sein,  als  zur  Zeit  des  König  und  der  konventionell  gleichen  Berufs- 
heere; die  losen  Massen  modemer  Volksheeie  sind  so  empündlich, 
dals  sie  einfach  unbrauchbar  werden,  wenn  ihnen  der  Gegner  fester 
geschulte  und  geschickter  fechtende  Truppen  entgegenstellt 

Des  Königs  „Ordonnanz gipfelte  in  einer  Zuspitzung  des  An- 
griffs,  wie  sie  bis  dahin  in  Europa  unbekannt  und  noch  nicht  ver- 
sucht war.  Er  erklärt,  nicht  das  Oeschiefse  und  die  grdfsere  oder 
geringere  Anzahl  der  Toten  entscheide  ttber  Niederlage  und 
Sieg,  sondern  das  Anrennen,  bis  man  das  Weifee  im  Auge  des 
Gegners  sieht.  Darauf  erzog  er  seine  Trappen,  ja,  er  übertrieb 
sehllelslich  den  Angriff,  wie  sieh  bei  Prag  und  Kolin  zeigte,  in 
dieser  Form  war  der  Gedanke  ein  heroischer  Irrtum  gewesen, 
der  aber  gleichwohl  dem  Gegner  gewaltigen  Eindrack  gemacht  hatte 
nnd  damit  Friedrich  dem  Groben  zu  gute  kam. 

8* 


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36  Ftiedrioha  d.  Or.  Lehren  tmd  die  heutige  Kriegfiihrang. 

Anch  für  ODSere  Zeit  ist  der  ADgriff  die  stärkere  Form,  ja, 
man  mttohte  sagen,  er  ist  beule  die  einzig  mißliche  Form;  nebenbei 
ist  er  wirksamer  and  entscheidender  geworden.  Friedrichs 
Angziffsbarste  zerschellten  wiederholt  an  dem  auf  50 — 100  Schritt  ab' 
gegebenen  Österreichischen  Massenfeuer  kampfgewohnter  Grenadiere. 
Heute  gerät  der  Verteidiger  sofort  ins  Schwanken  nnd  Abbauen, 
wenn  ihm  ein  Angriff  näher  als  300  Meter  aaf  den  Leib  rttckt;  nnr 
solche  Trappen,  die  bereits  im  Feuer  and  siegreich  gewesen 
sind  im  Beginne  des  Feldzugs,  nur  solche  Trappen  sind  heute  sn 
einer  ernsten  Yerteidignng  imstande.  Für  die  ersten  Schlachten 
nnd  Gefechte  taugt  nur  der  Angriff,  za  dem  man  junge  Truppen 
TOrhältnismälsig  leicht  bringt,  der  sie  zasammenschweilst  und  stählt; 
unsere  Bttrgersoldaten  müssen  gleich  nach  Beginn  des  Kriegs,  in 
den  ersten  Gefechten,  unbedingt  Krfol^e  erleben,  sonst  schlägt 
die  Stimmung  rettungslos  um  nnd  sie  werden  geradezu  unbrauchbar 
Itlr  die  ganze  weitere  Dauer  des  Kriegs;  alle  Erfahrungen  der  Kriege 
der  zweiten  Hälfte  dieses  Jahrhunderts,  auch  der  exotischsten,  be- 
stätigen diesen  Satz;  wir  haben  es  hier  mit  militärischen  Massener- 
sebeinnngen  zu  thun,  die  unseres  Erachtens  bisher  nicht  gebührend 
erkannt  nnd  untersucht  worden  sind.  Wie  aber  den  Angriff  predigen, 
wenn,  wie  heutzutage,  die  Scbuf^waffen  immer  zerstörender  werden? 
Wir  verweisen  dem  gegenüber  auf  die  unanfechtbare  Statistik,  die 
uns  zeigt,  dals  die  Verluste  durch  Tod  und  Verwundun«,'  seit  über 
100  Jahren  beständig  abnehmen  und  in  den  letzten  grolsen  Kriegen 
nicht  annähernd  so  hohe  waren,  wie  zur  Zeit  Friedrichs  des  Grolseo. 
Die  berofsmäljsigen,  schlachtgewohnten  Schnauzbarte  des  XVIII.  Jahr- 
hunderts trafen  eben  mit  ihren  schlechten  ,,Kuhftt£sen^'  weit  mehr, 
als  die  hasenherzigen  modernen  BUrgersoldaten  mit  dem  Magazin- 
gewehr. Erfabrungsgemäfs  schielst  der  Verteidigter  desto  schlechter, 
je  näher  der  Angreifer  ihm  auf  den  I.eib  rückt,  überall  sind  da  die 
psycbologiBchen  Einflüsse  nur  zu  deutlich  erkennbar  und  gerade  all 
diese  „Psychologie"  fordert  uns  aufs  dringendste  auf,  es  auch  heute 
wieder,  unbeirrt  durch  gelelirten  Unverstand,  mit  dem  rücksichts- 
losen Angriff  zu  versuchen,  er  ist  für  uns  leichter  und  ver- 
spricht weit  mehr  Erfolg,  als  zur  Zeit  Friedrichs  des  Grofsen.  Wenn 
wir  aber  den  taktischen  Angriff  nachdrücklichst  fordern,  so  verkenneu 
wir  damit  dnrcliaus  nicht,  dafs  unsere  beutigen  Gefechtsformen, 
namentlich  die  Taktik  der  Infanterie,  um  bildungsfähig  sind  und 
noch  mehr  als  bisher  auf  den  taktischen  Angriff  zugeschnitten 
werden  müssen.  Einer  angreifenden  Truppe  mufs  man  die  Sache 
leicht  machen,  gleich^^ültig  durch  welche  Mittel;  die  Gelände- 
beuutzung  allein  reicht  da  nicht  ans;  man  mu&  noch  weiter  gehen 


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Frlodriohs  d.  Gr.  Lehres  und  die  heutige  KiiegfllhniDg.  37 


als  bisher  in  der  Verkleinernng  der  taktischen  Einheiten  und  in  der 
bewufsten,  geordneten  Auflösung;  hei  den  Übaugen  der  Trappen 
jedesfalls  sieht  man  zuweilen  ..TUrken",  die  gar  sehr  an  die  wohl- 
geordneten und  gerichteten  Pelotons  Friedrichs  des  Grofsen  erinnern, 
über  deren  Wert  im  Gefechte  er  sich  drastiBeh  und  ouzweideatig 
genug  ausgedrückt  hat. 

Friedrich  der  Grofse  konnte  selbst  einen  vollständig  gelungenen 
Angrirt  fast  nie  ausnutzen,  der  Sieg  ergab  keine  Früchte,  denn 
die  starr  gefügten  und  geschlossenen  Werbetruppen  zogen  sich,  wenn 
geschlagen,  rechtzeitig  in  vorbereitete  Stellungen  zurück,  und  boten 
dort  sofort  einen  neuen  Kampf  an,  falls  der  Sieger  verfolgte.  Das 
ist  heute  anders  geworden.  Schon  in  den  Kevolutions-  und  Napo- 
k'onischen  Kriegen  trat  infolge  des  Selbständigwerdens  der  Truppen 
im  Gefecht  bei  jeder  Niederlage  eine  scharfe  Reaktion  auf;  dieser 
Zug  wuchs  seither  immer  au  mit  der  weiteren  Demokratisierung 
der  Gefechtsformen  (Kompagniekolonnen,  SchUtzenkampf ),  mit  dem 
Sinken  der  Dienstzeit  und  dem  Seltenervverden  des  Krieges.  Heute 
ist  die  Entwickelung  so  weit  vorgeschritten,  dals  man  überzeugt  sein 
kann,  geschlagene  Truppen  werden  einfach  wehrlos.  Ge- 
worfene Truppen  fluten  heute,  vom  weitreichenden  Verfolgungsfeuer 
zur  Verzweiflung  gebracht,  in  langen  Strähnen  widerstandslos  dahin 
zurück,  woher  sie  gekommen  sind,  lassen  sich  nicht  zum  Stehen  und 
Frontmachen  bringen,  wenn  der  Sieger  einigermafsen  folgt  und  sind 
selbst,  wenn  man  sie  erst  nach  Wochen  wieder  ins  Feuer  führt, 
demoralisiert  bis  zur  Unbrauchbarkeit.  Darüber  sollten  wir  uns 
doch  nicht  täuschen,  das  hat  sich  schon  1870  beim  kaiserlich 
französischen  Heer  gezeigt  und  wird  in  Zukunft  bei  unseren  heutigen 
Truppen  mit  noch  sehr  vervielfachter  Wucht  auftreten.  Die  Reaktion 
der  Niederlage  ist  heute  fürchterlich,  sie  entmannt  die  Heere  und 
macht  sie  zu  Schlacken.  Desto  mehr  steigen  natürlich  die  Aus- 
sichten des  Siegers,  er  kann  durch  eine  beinahe  opferlose  Verfolgung 
den  Gegner  buchstäblich  vernichten,  zur  Zeit  des  grofsen  Königs  ist 
das  schlechterdings  unmöglich  gewesen  und  die  Vemichtungsstrategie 
ist  keineswegs  eine  höhere  Form  der  „Kunst",  sondern  einfach  das 
natürliche  Ergebnis  der  Veränderungen,  welche  Heerverfassung, 
Fechtweise,  Kriegsgebranch,  Geist  und  Stimmung  der  Völker  seit 
einem  Jahrhundert  gemacht.  Heute  ist  die  \  emichtungsstrategie 
leicht,  sie  fällt  jedem  Sieger  in  jedem  Kriege  von  selber  in  den 
Schols;  Herr  Edhem  Pascha  wie  die  Herren  Sampson  und  Shafler 
haben  ihre  Gegner  niedergeworfen  mit  einer  Kaschheit  und 
Grtindlichkeit,  die  ehedem,  zur  Zeit  der  Berufsheere,  undenkbar  war. 

Die  Waffeneotscheidung  ist  also  viel  wirksamer  als  ehedem 


38 


Fiiedricbä  ü.  Gr.  Lelireu  und  die  heutige  KriegfUliruDg. 


geworden,  ein  Grand  mehr,  sie  mit  allen  Bfitleln  zu  sichern.  Zn 
diesen  Mitteln  gehören  nicht  nur  die  Fechtweise  der  Trappen  und 
die  Leitung  der  Schlacht,  sondern  vielmehr  nnd  vor  allem  die  ganze 
Anlage  der  FeldzUge.  Noch  Friedrieb  der  Giofee  konnte  (oder 
mufste  Tielmehr)  nach  der  Kriegserkittrang  mit  Vorsieht  nnd  Bedaeht 
verhältnismäljsig  laugsam  ins  Feld  rttoken,  nnd  non  manÖTeiierle  er 
eine  Weile,  um  eine  •günstige  Gelegenheit  sor  Seblaeht  tu  erhaseben^ 
den  Gegner  zn  überfallen,  ans  dem  Stegreif  die  Schlacht  anzubieten, 
oder  aber  sie  plöt>Ueb  wieder  sn  vemeiden,  wenn  die  Umstände 
nicht  günstig  ersehienen.  Nebenbei  wirkten  der  kleine  Krieg 
and  die  Anteilnahme  der  Völker  belästigend,  verzögernd  nnd  Ter- 
vmrend  auf  die  Kriegsheere  ein.  Das  war  der  Manöverkrieg,  in 
welchem  Wochen  nnd  Monate  damit  zagebraobt  wurden,  eine  Schlacht 
yorznberelten,  die  dann  ^elleicbt  ganz  ausblieb;  die  Köllen  Ton 
Angreifer  und  Verteidiger  wechselten  ab,  heute  ging  der  eine  vor, 
morgen  der  andere,  heute  suchte  man  die  Schlacht,  morgen  vermied 
man  sie,  nnd  die  ganze  Kriegftthmng  hatte  einen  lokalen  und  per- 
sönlichen Anstrich,  das  operative  £lement  herrsehte  vor. 

Das  alles  ist  uns  hente  abhanden  gekommen.  Innerhalb  von 
ein  paar  Wochen  sind  die  Rahmenheere  auf  die  Kriegsstärke  geschwellt 
nnd  jetet  mala  mit  diesen  losen,  zagen  Massen  sofort  irgend  etwas 
geschehen.  Kaum  ist  der  Krieg  erklärt,  fallen  schon  Entsoheidungs^ 
Schläge.  Es  ist  klar,  dafs  unter  diesen  Umständen  die  Kriegsvor- 
bereitung  ganz  anders  ins  Gewicht  iälU,  wie  ehedem,  da  sich  die- 
selbe noch  lange  in  den  schon  begonnenen  Krieg  hinein  fortsetzte 
und  neben  demselben  herlief.  Heute  ist  das,  was  vor  dem  Kriege 
geschehen  ist,  sohleehthin  entscheidend;  zwischen  mittel- 
europäischen Kulturvölkern  ist  der  I^eg  entschieden,  bevor  er 
erklärt  ist.  Die  Lieitnng  des  Feldherm,  ohnedies  eingeengt  durch 
den  gegebenen  Aufinarseh  und  die  Plötzlichkeit  des  Losbmcbs  ist 
nur  mehr  der  änisere  Ausdruck,  das  Ergebnis  der  Kriegsvorbercitnng, 
sie  erntet,  was  sie  gesäet  hat  und  Stegreif  erfolge,  Impromptus  giebt 
es  fdr  de  nicht  mehr.  Die  grolsen,  ungefügen  Massen  des  Yolks- 
beeres  sind  einmal  angesetzt,  so  oder  so,  ein  feines  Operieren  giebt 
es  ndt  diesem  Material  nicht  mehr,  die  ersten  Schläge  fallen  unmittel- 
bar nach  der  Bereitmachung  und  sind  ebenfalls  schlechthin  ent- 
scheidend für  den  Erfolg  des  Kriegs.  Ein  Kapitel  von  den  Massen- 
erscheinnngen  im  Kriege,  das  nicht  eindringlich  genug  ttberwaoht 
werden  kann! 

Ein  dunkles  Gefilhl,  da(s  dem  in  der  That  so  ist,  beherrscht 
denn  doch  die  denkende  militärische  Weit;  es  zeigt  sich  dies  darin, 
dals  fast  nur  Taktik,  nahezu  gar  keine  strategische  Wissenschaft 


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Frledilohs  d.  Ott,  Lehren  and  die  beatige  Kriegführung.  39 

getrieben  wird,  während  die  letelere  bis  vor  drei  Jabnehnten  iin- 
gdSia  entBcbieden  Überwog. 

Wenn  nan  die  Verfassung  nnd  die  Art,  wie  unsere  modernen 
Heere  in  den  Kampf  treten,  ftar  Sieg  nnd  Niederinge  sebieebtfain  ent- 
scheidend sind,  and  die  Kriegsleitang  gans  aolserstande  ist,  Fehler 
der  Kziegsvorbereitnng  nooh  in  elfler  Stande  gut  an  maeben  (was 
ehedem  die  Bogel  und  allgemein  gebränehlieb  war),  so  mols  man 
sieh  fragoi,  welehe  denn  bente  die  strategiseben  Mittel  snm 
Siege  sind? 

Die  Klederwerfnngs-  nnd  Vemiehtongsstrategie.  Gewils.  Allein, 
die  £rfabnmg  zeigt,  dafs  man,  am  Niederwerfongsstrategle  mit  Erfolg 
treiben  an  können,  dem  Qegner,  sei  es  an  Zahl,  sei  es  an  Güte  der 
Truppen,  wenigstens  anfangs  Überlegen  sein  male.  FHedrieh 
sagte  sieb  das  klar  nnd  strebte  daniaeh,  allein  1757  seblng  ihm 
doeb  fehl,  dafür  war  eben  die  Zeit  doch  niebt  da.  Heataatage, 
hei  Qusem  weichen,  eindmcksf&higen  Massen  bandelt  es  sich  mehr 
denn  je  am  ein  rasches  Abmessen  der  KrSfte,  das  kann  man  nur 
mit  dem  Angriff  nnd  der  mOchte  dooh  wohl  bei  unserem  hentigen 
Material  nooh  mehr  me  1870  auf  die  Überlegenheit  an  Zahl  be- 
gründet werden.  Vendchten  kann  man  auf  dieselbe  erst  dann,  wenn 
die  Heere  dnroh  anfllnglioben  Erfolg  oder  mindestens  dorch  flottes 
Vorwärtsgeben  feuerfest  geworden  sind.  Im  Anfang  braachen 
wir  Überlegenheit  an  Zahl  wie  das  liebe  Brot,  besonders  gegen 
einen  Feind,  den  wir  bisher  ohne  sie  nicht  besiegt  haben  (von 
Bofobaeh  abgesehen,  aber  da  fährte  Friedrich  der  Grolse)  und  je 
erdrückender  sie  hergestellt  werden  kann,  desto  besser.  Haben  wir 
die  ersten  Schlachten  gewonneu,  dann  ist  es  mOglich  nnd  angezeigt, 
mit  Terfaältnismäldg  geringen  Knifken  zu  verfolgen,  wobei 
freilich  die  Energie  der  Verfolgung  gegenüber  dem  besiegten  Heer 
wie  auch  der  Bevölkerung  weit  höher  angespannt  werden  mnb,  als 
es  1870  der  Fall  war. 

Wie  aber,  wenn  ein  Land  gegen  übermächtige  fiondesgenossen 
kriegen  soll,  wie  es  Friedrich  dem  Grofsen  erging  nnd  wenn  dieses 
Land  niebt  imstande  ist,  gegen  beide  Gegner  gleichzeitig  Überlegen- 
heit an  Zahl  zu  entwickeln? 

Sehen  wir  uns  Friedricbs  des  GrolBcn  Beispiel  an. 

1749,  als  der  österreicbisch-mssiscbe  Krieg  drohte,  will  er 
alle  seine  Truppen,  sein  ganzes  Heer  auf  den  nächsten  und  be- 
reitesten Gegner  werfen,  den  Osten  seines  Landes  entblöfst  er 
ganz  von  Truppen,  da  stachelt  er  nur  die  Bevölkerung  zum 
WidefBtand  gegen  die  Eüidringlinge  auf;  bat  er  den  einen  Gegner 
abgetfaan,  dann  wird  er  rieb  gegen  den  andern  wenden..  1756, 


40 


Aas  dem  Kifoge  1807—14. 


nacb  reiflicher  Überiegimg,  handelt  er  anders; 'er  wendet  sich  gegen 
Osterreich  nnr  mit  einem  Teile  seiner  Macht  —  allerdings  dem 
bedeutendsten  —  and  beläfst  ein  Nebenheer  im  Osten.  Er  thnt 
dies  deshalb,  weil  er  glaubt,  nnter  den  Verhältnissen  seiner  Zeit 
nieht  imstande  zu  sein,  mit  dem  nächsten  Gegner  so  rasch  fertig 
zu  werden,  um  rechtzeitig  Uber  den  andern  herzufallen;  er  sieht 
YOrans,  dafs  sich  der  Kampf  mit  Osterreich  möglicherweise  in  die 
L4bnge  ziehen  kann,  dafs  er  nicht  zumAbschluIs  kommt,  und  in- 
zwischen verwüsten  ihm  die  Russen  seine  Erblande;  deshalb  beläist 
er  Lehwaldt  in  Preufsen.  Wie  es  der  König  voranssah,  so  kam  es 
denn  auch,  er  wurde  1757  mit  Österreich  nicht  fertig  and  manöverierte 
von  da  ab  5  Jahre  mit  virtuosem  Geschick,  wobei  es  ihm  schliels- 
lich  gelang,  die  Gegner  zu  ermüden  und  zu  trennen;  bei  der  da- 
maligen Kriegführung  ist  dies  Verfahren  zweifellos  das  Richtige 
gewesen.  Wir  sind  in  diesen  Richtungen  schlimmer  daran,  als  König 
Friedrich  es  war.  Dafür  sind  wir  ihm  weit  voraus  in  der  Möglich- 
keit, auf  dem  einen  Kriegsschauplatz  rasch  und  gründlich  ein 
Ende  zu  machen  und  rasch  nach  dem  andern  umzukehren.  ,,Wer 
Alles  defendiren  will,  denfendiret  Nichts,  mithin  muls  man  alsdann 
dem  Feind  eine  Provintz  sacriüciren,  indessen  aber  mit  der  gantzea 
force  denen  anderen  zu  Leibe  gehen,  sie  zu  einer  ßataille  obligiren, 
und  seine  äulserste  Kräffte  anwenden,  um  solche  Ulteru  Hauffen 
zu  wertVen.  alsdann  man  ^r^Gi)  die  anderen  detachireu  muls."  In 
dieser  iSchärfe  war  der  Satz  unter  den  Verhältnissen  des  XVIII. 
Jahrhunderts  Zukunftsmusik;  zu  einer  anderen  Zeit  träfe  er 
vieiieicbt  den  Nagel  anf  den  Kopf. 


m. 

Aus  dem  Kriege  1807—14 

AollBeictanimgeiL  eines  dänischen  OfiOsiers. 

HetMiBgegeben  von  seiner  Toohter. 

Vorwort. 

Ans  den  Aufzeichnungen  meines  Vaters  geht  hervor,  dafs  er  in 
den  Jahren  18;J5—  36,  während  er  noeh  als  unverheirateter  Kapitän 
in  Frederieia  lebte,  sein  Tagebuch  mit  dem  Gedanken,  es  herans- 
zngeben,  umarbeitete.   Dies  geschah  jedoch  nicht 


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Aus  den  Krieg«  1807—14. 


41 


Das  Tagebaeb,  welehes  mein  Vater  wühreod  seines  dregährigeo 
Aofieiitlialtes  in  Frankreich  fUbrte,  ist  leider  verloren  gegangen. 

In  einem  Vorworte  schreibt  mein  Vater,  dafs  das  Umarbeiten 
des  Tsgebnohes  ihm  eine  liebe  Arbeit  in  den  Tom  Gamisondienst 
(teieD  Standen  gewesen  sei,  nnd  dals  es  ihn  herzlich  freuen 
wttide,  wenn  die  Lektüre  desselben  einige  von  den  Vielen, 
die  ihm  Wohlwollen  erzeigt  haben,  anf  einige  Angenblieke  zu  zer- 
streoen  vermöchte.  Nach  so  vielen  Jahren  wird  dieser  persönliche 
Zweck  mit  der  Heransgabe  ja  nicht  mehr  erreicht  werden  können, 
aber  der  patriotische  nnd  militärische  Geist,  der  den  An^Eelchnnngen 
sein  Gepräge  giebt^  sowie  verschiedene  Schildemngen  ans  einer  ver- 
schwundenen Zeit,  Uelsen  mich  hoffen,  dals  diese  Anfteichnnngen 
nicht  ohne  militärisches  Interesse  sein  würden.  Es  ist  mir  die  Frende 
so  teil  geworden,  dafe  dieselben  in  Dänemark,  sowohl  als  aoeh 
später  in  einer  Übersetzung  in  Frankreich,  mit  gro(ser  Flrenndlioh- 
keit  aufgenommen  worden  sind.  Es  würde  mich  sehr  freuen,  wenn 
CS  nun  auch  in  Deutsohland  der  Fall  sein  würde. 

Kopenhagen,  im  Mai  1899. 

Elisabeth  v.  Frisenberg. 

Während  des  Krieges  mit  den  Engländern  im  Jahre  1807  kam 
ich  eines  Sonnabends  von  der  Tanzschule  und  mniste  einige  Standen 
allein  in  der  Buuhdriickerei  in  Wiborg  arbeiten,  um  die  versäumte 
Zeit  einzuholen.'!  Zufälligerweise  sollte  die  Zeitan<!^  mit  Lebens- 
bescbreibongen  französischer  Generäle,  welche  fast  alle  als  gemeine 
Soldaten  oder  Korporale  ihre  Laufbahn  nn?t'fang:en  hatten,  aus- 
geflillt  werden.  £he  diese  berühmten  Menschen  in  den  Militärstand 
getreten  waren,  waren  einige  Stailluiechte,  andere  Schmiedegesellen, 
andere  Tischlergeseilen  u.  s.  w.  gewesen,  and  endlich  las  ich  auch 
von  dem  topferen  General  Brune,  welcher  Typograph  gewesen 
war,  ehe  er  Soldat  wurde. 

Ist  es  möglieh,  dachte  ich,  dafs  diese  Menschen  Generäle  ge- 
worden sind,  80  iLannst  du  vielleicht  auch  General  werden.  In 
frohen,  schwärmerischen  Gedanken  fiel  der  Winkelhaken  mir  aus  der 
flaod,  und  ich  faiste  den  Entschluls,  in  den  Militärstand  zu  treten, 
wenn  ich  auch  als  gemeiner  Soldat  anfangen  mulste.  Man  sagt, 

*)  England  hatte  durch  sein  brutale»  diplomatiaohea  Antlieten  dem 
dioiMhai  Kabinette  gegenüber,  durch  dM  Bombudemcnt  von  Kopenhagen  (1807) 
«od  äoroh  die  WegflUinrag  der  Kil^psflotte  den  Kimipitai-Begeiiton  Fkiedrioh 
so  flef  gekränkt,  dafa  er  erbittert  sich  Napoleon  an^ohlofs  und  sehi  Sohiflkaal 

in  dessen  Hände  legte.  Den  81.  Okt<>ber  1807  wurde  in  Fontainebleau  das 
Biindniss  zwischen  Dänemark  und  Frankreich  gesclilosseu,  und  kaum  eine  Woche 
später  erfolgte  die  tormeile  Kriegserklärung  Englands  gegen  Dänemark-Norwegen. 

(Ans  bistorischen  Quellen.) 


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42 


Aus  dem  Kriege  1807—14. 


•€s  ist  ein  sehk*chter  Soldat,  der  nicht  hofft  General  zu  werden.  Wie 
viele  Soldaten  in  der  französischen  Armee  haben  nicht  diese  Ehre 
-erreicht,  und  diese  stolze  Hoffnung:  hat  die  Franzosen  unüberwindlich 
gemacht,  bis  sie  zuletzt  nur  durch  Hanger,  Kälte  und  Verräterei  Uber- 
wunden wurden. 

Wir  haben  jet/.t  Krieg:,  dachte  ich,  und  es  ist  ein  schöneres  und 
-ehrenvolleres  Los,  für  sein  Vaterland  zu  streiten,  als  hier  zu  stehen 
und  Buchstaben  zu  sammeln.  Der  Gedanke,  mein  ganzes  Lel>eii 
Typo^rraph  zu  sein  —  denn  ich  hatte  kein  Vermiffren  —  war  mir 
eine  tägliche,  unerträfrliche  Pein,  und  weini  ich  im  Kriege  mein 
Leben  wagte,  konnte  ich  vielleicht  (xeiegenheit  bekommen,  mein 
Glück  zu  machen  und  das  verlorene  Vermögen  meiner  Familie  und 
•den  Glanz  und  die  Herrlichkeit  meiner  Vorfahren  zurUckzu;j:e\\ innen. 
Nur  der,  welcher  dasselbe  Schicksal  wie  ich  gehabt  hat,  kann  fühlen, 
wie  schmerzlich  es  ist,  arm  und  hilflos  in  der  Welt  zu  stehen  und 
Zeuge  zu  sein,  dals  die  schönen  Güter  der  Eltern  und  \  orfahren  in 
fremden  Händen  sind,  ohne  duch  die  jetzigen,  rechtmäikigen  Besitzer 
zu  beneiden. 

Mein  Grurs\ät('r,  Uiitfriiutsbesitzer  Lcrke,  welcher  Bürgermeister 
in  Nyborg  war,  war  zu  seiner  Zeit  einer  der  reichsten  Gutsbesitzer 
in  Jutland,  denn  aulser  dem  liittergute  Oersb'vklitster  mit  sieben 
Dörfern,  ht-sals  er  die  Güter  Strandet  und  Staarupgaard  und  liefs 
den  Hof  Lerkinliurir  als  Witwensitz  tUr  meine  Grofsmutter  bauen. 
Mein  Vater,  welcher  Keginicntsarzt  war,  nahm  seinen  .Vbschii'd.  nach- 
dem er  eine  reiche  Frau  geheiratet  hatte,  aber  er  kaufte  und  ver- 
kaufte Landgüter  und  verlor  in  den  schlechten  Zeiten  sein  ganzes 
Vermögen . 

Diese  traurigen  Betrachtungen  reiften  meinen  Entschlufs,  und 
einige  Tage  später  verliefs  ich  Wiborg,  um  Abschied  von  meinem 
Vater  und  meinen  Schwestern  zu  nehmen.  Am  Grabe  meiner  Mutter 
bat  ich  sie,  mir  zu  verzeihen,  d&(s  ich  gegen  ihren  Willen  lianiielte? 
denn  es  war  immer  mein  inniger  Wunsch,  Militär  zu  werden,  und 
nur  auf  ihre  Ritte  hatte  ich  es  aufgegeben.  -  Uber  Skive,  Xvköbing 
und  Thistcd  reifte  ich  nach  Aalborg,  wo  ich  in  meinem  siei)zelinlen 
Jahre  als  freiwilliger  Soldat  beim  3.  jUtländischen  Infanterieregimente, 
unter  dem  General-Leutnant  von  Moltke,  der  zugleich  komman- 
dierender General  in  Jütland  war,  in  Dienst  trat. 

Wie  erstaunt  war  ich  aber,  als  ich  sah,  dals  alle  Unterottiziere 
und  beinahe  alle  Soldaten  Ausländer  waren.  Die  Ursache  war  wohl, 
dafs  das  Regiment  1S07  nicht  in  Aalborg,  sondern  auf  Möen,  Falster 
und  Laaland  war.  und  nur  das  Depot  zurückgelassen  hatte,  welches 
aus  verdorbenen  and  vertrunkenen  UnterotMereu  und  boldaten  be- 


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Au  dem  Kriege  1807^14. 


48 


stand,  Uber  welche  das  Regiment  in  den  KantonnementBqiiaitieieo 
bei  den  Banern  kein  wachsames  Aoge  haben  konnte.  Icli  glaubte 
niehty  dafe  es  eine  so  grolse  Anzahl  Ton  moralisch  Terdorbenen 
Memeben  im  Militi&istande  gäbe,  nnd  Ton  diesen  mnlste  ich  Ezer- 
zieien  lernen!  Deshalb  mnliate  ich  nicht  nur  im  Dienste,  sondern 
anch  anfeerhalb  desselben  die  Geduld  eines  Lammes  haben,  nm  mich 
m  alle  ihre  schlechten  Späfiie  za  finden.  Wenn  sie  alles  angegessen 
hatten,  was  in  meinem  Schranke  war,  nnd  sie  meine  Börse  geleert 
hatten,  gingen  sie  fort,  mich  auf  die  Schulter  schlagend,  indem  sie 
sagten:  „Bruder!  Bmder!  Du  bist,  Gott  straf  mich,  dn  guter 
Kamerad!** 

Obwohl  ich  aber  selbst  oft  hungerte,  am  diese  Vielfräfse  zu 
traktieren,  konnte  ich  sie  doch  am  finde  nicht  befriedigen,  and  dann 
worden  sie  ausDÜlig.  Zuletzt  fiel  es  mir  ein,  den  Schlttssel  aus 
meiner  Tbttr  zu  ziehen,  nm  Hausfrieden  zu  bekommen.  Freilich 
waren  nicht  alle  so  schlecht  £8  gab  hier  auch  drei  unTcrdorbene 
jonge  deutsche  Unteroffiziere  —  besonders  Lorensen  —  welche  ich 
TOn  einer  guten  Seite  kennen  lernte. 

Nachdem  ich  mitten  im  Winter  in  acht  Wocfaen  die  fixerzier- 
schale  durchgemacht  hatte,  kam  ich  auf  Posten  und  mutste  Schild- 
wache  vor  der  Wohnung  des  Generals  von  Moltke  stehen.  Die 
8cbildwacbe,  welche  ich  ablöste,  war  ein  alter  Preul'se,  der,  während 
4er  Abir).>iin<r.  mleh  von  den  Pflichten,  die  ich  auf  meinem  Posten 
zu  beobachten  hatte,  instruierte,  nnd  binznfilgte,  dats  der  Gteneral 
ausgegangen,  nnd  daÜB  ich  gut  aufpassen  müsse,  um  ihm  Honneur 
za  machen,  wenn  er  zurückkäme.  Um  genau  aafznpassen,  stand  ich 
wie  festgenagelt  am  Schilderhaase  und  sab  so  oft  rechts  und  links, 
dafe  es  mir  weh  im  Nacken  that. 

findlich  kam  der  General  von  der  linken  Seite  her  an  meinen 
Posten  gegangen.  Nun  setzte  ich  mich  in  l'ositur,  so  steif  wie  ein 
Stock;  weil  aber  mein  fixerziermeister  mich  instruiert  hatte,  dals  ich 
immer  rechts  sehrii  sollte,  wenn  ich  das  Gewehr  präsentierte,  präsen- 
tierte ich  nach  besten  Kräften,  sah  aber  zu  gleicher  Zeit  nach  rechts. 
Gleich  nachher  fllblte  ich  die  Finger  des  Generals  an  meinem  Kinn, 
indem  er  meinen  Kopf  links  drehte  und  in  einem  sanften,  gnt- 
mtttigen  Tone  sagte:  „Mein  Sohn,  du  sollst  immer  nach  der  Seite 
aehen,  von  der  dein  Vorgesetzter  kommt,  vor  dem  du  Honneur 
machen  sollst**  Darin  hat  der  Gteneral  vollkommen  Recht,  dachte 
ich,  denn  man  muls  doch  den  ansehen,  welchen  man  grttlst;  mein 
fixerziermeister  hatte  mich  also  sdil«  cht  instruiert. 

Am  nächsten  Tage  bekam  ich  den  Befehl,  zu  dem  General  zu 
kommen,  fir  fragte  mich,  ob  ich  Lost  zum  Militttrstande  habe,  wo- 


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44 


Am  dem  Kriege  1807—14. 


raaf  ich  antwortete:  „Ja,  Exeellenz,  ich  habe  eine  unaussprechliche 
Lust  z,u  dem  Militärstande."  —  Der  General  fragte  mich:  wie  alt 
ich  sei,  was  mein  Vater  sei  und  sagte  zuletzt:  „Sei  fleifsifr,  ordent- 
lich und  fahre  fort,  gutes  Betragen  zu  zeigen,  so  werde  ich  dich  der 
Gnade  Seiner  Majestät  empfehlen. " 

Ungefähr  nach  N'erlauf  eines  Monates  wurde  ich  auf  Empfehlung 
des  Generals  za  meiner  imbeschreiblicheu  t  reade  zum  Freikorporal 
ernannt. 

Kurz  darauf  bekam  ich  unter  einem  tüchtigen  Offizier,  Kapitän 
V.  Langeland  als  Schulvorsteher,  einen  Trupp  Rekruten  von  den 
annektierten  Bataillonen,  welchen  ich  Exerzieren  lehren  sollte.  Nach- 
dem eine  solche  Schule  geendigt  war,  bekamen  wir  abermals  ein 
Dutzend  Leutnants  von  den  annektierten  Bataillonen,  die  Exerzieren 
und  Kommando  lernen  sollten,*)  Als  aber  ein  spanisches  Kavallerie- 
regiment in  Aalborg  angekommen  war,  mufste  die  Schule,  aus 
160  Rekruten  bestehend,  nach  Nibe  abmarschieren,  am  Platz  fUr  das 
spanische  Regiment  zu  machen. 

In  Nibe  war  ich  sehr  zufrieden,  denn  ich  hatte  ein  vortreö'üches 
Quartier  bei  guten  Leuten. 

In  Aalborg  hatte  mein  Wirt  mich  angeklagt,  dals  ich  in  mond- 
hellen Nächten  autstände,  exerzierte  und  die  Flöte  blase,  welches 
mir  einen  derben  \'erweis  aut  der  Parade  von  meinem  dicken 
Depüt-Kiipitän  v.  MuUer  verschaÖte,  mit  dem  Befehle,  meinen  Wirt 
in  Ruhe  schlafen  zu  lassen. 

In  der  Umgegend  von  Nibe  hatten  wir  Felddienst  unter  dem 
Kapitän  Baron  v.  Juel.  Bei  einem  solchen  FeJddienst  hatten  Leutnant 
V.  Munck,  zwei  Unteroftiziere  und  ich  die  Ehre  zum  Frühstllek  bei 
dem  Baron  v.  Juel,  Besitzer  von  Luiidbeck,  eingeladen  zu  werden. 
Auf  diesem  Gute  sah  ich  und  sprach  ich  bei  Tische  mit  zwei  so  un- 
gewöhnlich schönen  Damen,  dafs  ich  darüber  den  Genuls  des  Früh- 
stücks vergal's. 

Nach  Verlauf  einiger  Wochen  bekamen  wir  wieder  Marschordre 
nach  Aalborg.  Die  Rekruten  marschierten  in  ihr  Kantonnement  ab, 
und  ich  blieb  in  Aalborg  mit  dem  Depot  znrUck,  wo  ich  Wacht- 
dienst  that. 

Eines  Morgens  um  vier  Uhr,  als  ich  Unterofßziersdienst  auf  dem 
Markte  hatte,  sah  ich  wie  gewöhnlich  das  ganze  KaTallerieregiment 
mit  vollem  Gepäcke  auf  dem  Markte  aufmarschieren.  Ich  liefe  die 
Wache  ins  Gewehr  treten,  machte  den  Standarten  des  KegimeDts 

1)  Offidenaspmuit. 

')  Die  annektierten  Hutaillone  wareo  «na  der  früheren  L4Ukdwehr  um- 
organisiert.  (Anm.  d.  Uerau»gb.> 


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Alis  dem  Krieg«  1807-^14. 


45 


Honnear  und  machte  dem  (ietieral  Meldun«:  von  deni  Aiismnrsche  des 
Keg:iments,  aber  ich  (iaehte  ebensowenig'^  wie  andere  Einwohner 
Aalborjrs.  dals  wir  sie  zum  letztenmale  sahen. 

Sie  j)tle{;ten  im  allgemeinen  um  z<'hn  Thr  zurtlekzukehreü,  aber 
ich  erwartete  vergebens  ihre  Zuriiekkunft,  um  sie  dem  Generale  zu 
melden,  und  die  Einwohner  warteten  ebenso  verg-ebens  mit  dem 
Mittatrsessen.  Dsls  Kegiment  hatte  nämlich  in  Eilmärschen  Aarhus 
erreicht,  wo  sie  sich  einschitfteu,  um  ihrem  lieben  Vaterlande  gegen 
die  Franzosen  zu  Hilfe  zu  kommen.  Nicht  allein  dieses  Regiment, 
sondern  fast  alle  die  Regimenter,  die  Diint  juark  verliefsen,  Helen 
mit  sehr  weni«;  Ausnahmen  kune  Zeit  naciiher  in  der  bchlacbt  bei 
£spanose  in  Spanien. 

Die  Spanier  waren  in  Aalborg  sehr  beliebt  wegen  ihres  freund- 
lichen und  guten  Betragens  und  ihrer  Wohlthätigkeit  p:egen  die 
Armen.  Ich  sah  niemals  einen  Armen  vergebens  einen  Spanier  um 
ein  Almosen  bitten.  Im  allgemeinen  sind  dif  Spanier  sehr  gottes- 
t\irchtiir.  iniitiir.  tapfer  und  gehorsam  und  gehören  dcswc^^en  zu  den 
besten  Soldaten  der  Welt,  was  sie,  wenn  sie  gut  angeflüirt  wurden, 
auch  bewiesen  haben.  —  Wie  feierlich  war  es  doch,  ihr  andächtiges 
Abendgebet  jeden  Abend  in  einem  geschlosseneu  Kreise  auf  dem 
Markte  in  Aalborg  zu  hören!  Ihre  sprechenden,  ausdrucksvollen  Ge- 
sichter mit  den  Augen  gen  Himmel  gerichtet.  l»ezeugten,  daÜB  die 
Spanier  im  Herzen  das  fühlten,  was  die  Lippen  aussprachen. 

Jetzt  fing  die  Zeit  an.  mir  unerträglich  lang  zu  werden,  weil 
ich  nichts  anderes  zu  thuu  hatte,  als  den  langweiligen  Wachtdienst. 
Zu  meinem  Glucke  verstand  der  menschenfreundliche  General  von 
Moltke,  dafs  meine  Stellung  unter  einer  so  grofsen  Anzahl  schlechter 
Subjekte  gefährlich  sei,  und  dals  ich  nicht  mein  Glück  in  Aalborg, 
sondern  nur  beim  Regimente  machen  könne.  Der  edle  General  liefs 
mich  daher  zu  sich  rufen  und  fragte,  ob  ich  Lust  hätte,  zu  dem 
Regimente  auf  Möen  zu  kommen,  woranf  ich  erwiderte,  daiüs  ich 
grofse  Lust  dazu  hätte. 

Nach  N  erlauf  einiger  Tage  stand  ich  zum  Marsche  bereit  mit 
dem  Tornister  auf  dem  Rücken  und  dem  Gewehre  auf  der  Schulter, 
nm  ganz  allein  die  lange  Reise  von  i\2  Meilen  zu  machen.  Ich 
tröstete  mich  damit,  dafs  ich  auf  dem  langen  Marsche  manches 
hübsche  Mädchen  sehen  und  mir  die  Zeit  übrigens  damit  vertreiben 
würde,  die  schönen  Gegenden,  die  entzückende  Natur  und  Gottes 
Segen  auf  den  Feldern  zu  bewandern.  Mit  Gesang  wollte  ich  mich 
auch  erfreuen: 

Ich  bin  Suldut,  des  bin  ich  froh! 
Gott  lind  d»m  Ktfnig  dton'  ieh  so 


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46 


A«B  dem  Kriego  1»U7— 14. 


Mit  MMben  Matt 
IGoli  ÜBiMll  der  Treue  Band 
An  meinen  keckem  Stand, 
Denn  meinem  Vaterland 
Gehdrt  mein  Blut! 

Bult  una  di(>  Trommel  wild  zur  Sohlaohfe, 

Weil  rinf^s  Knnonendonner  kracht 

Durch  Hauch  und  Daiujif. 

Dann  bchützen  wir  Haus  und  Herd 

mt  nnserm  aoharfoi  8ehwert, 

Bis  Gott  uns  iiie^  beaehart 

Im  heifsen  Kampf. 

Im  besten  Wohlerprehen  frelangte  ich  zu  dem  reichen,  schönen 
Möen,  wo  ich  mich  Uber  die  herrlichen  Wälder  und  Uber  die  Wiesen 
mit  ihren  Heosehobem  freute.  Auf  der  {ranzen  Fufsreise  amüsierte 
ich  mich  vortrelTüch.  der)n  ich  hatte  ^'ute  Quartiere  und  alle  Menschen 
emplinjren  mich  mit  viel  Gute  und  Wohlwollen. 

In  Odense  trat  ich  gerade  mitta^rs  den  lö.  August  ISOS,  am 
(xeburtstage  des  Kaisers  Napoleon,  ein.  und  sah  eine  Mencre  lian- 
zttsischer  Truppen  in  die  Stadt  einrücken,  die  eben  von  einer  grofsen 
Parade  nnd  Krvue  zurUckkamen.  Nachmittags  sah  ich  im  Schlols- 
garten  den  General  Bernadette  —  Prinz,  von  Ponte  Corvo  — 
der  sich  durch  freundliches  Peirairen,  seine  Wohllhatigkeit  gegen 
Arme  und  seine  strenge  Manns/.iu  lit  die  Liehe  und  Hochachtung  der 
EinvFohner  erworben  hatte.  Weil  ich  wegen  der  feindlichen  Schiffe 
nicht  Uber  den  grofsen  Belt  von  Nyborg  nach  Korsör  kommen 
koitüle,  marschierte  ich  nach  Kertcminde,  wo  ich  einen  Teil  Rekruten 
traf,  welche  auch  nach  Seeland  sollten.  Wir  waren  noch  kaum  den 
halben  Weg  Uber  den  Belt  gekommen,  als  ein  grolses  englisches 
Schiff  bei  Tagesanbruch  alle  Segel  autsetzte  nnd  auf  uns  zusteuerte. 
Wir  mufsten  uns  di'swegen  zurückziehen.  In  der  Nacht  des  zweiten 
Tages  wurden  wir  bei  wunderschönem,  stilleni  und  klarem  Mond- 
scheine in  kleine  Böte  eingeschifft,  versuchten  abermals  die  Über- 
fahrt und  kanieii  glücklich  Uber  den  Belt,  obwohl  wir  ttcutlich  in 
grolser  Entferrmng  die  feindlichen  Schiffe  sahen,  welche  uns  jedoch 
wegen  der  Windstille  nirlit  einholen  konnten. 

Von  Skelskör  marschierte  ich  durch  Seeland  nach  Stege  auf 
Möen.  Daselbst  erhielt  ich  den  Befehl,  mich  zu  der  7.  Kompagnie 
unter  dem  Kapitän  v.  Kongsted  in  Speilsbv  zu  begeben.  \ On  letzterem 
bekam  ich  den  weiteren  Befehl,  zu  dem  Dorfe  rdby  zu  marschieren. 
Hier  war  ich  bei  einem  wohlhabenden  Bauern  Peer  Pedersen  ein- 
quartiert, mit  dessen  Familie  ich  an  einer  grol'seu  Bauernhochzeit 
teilnahm  und  mich  vortrelHich  amüsierte. 


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Ad8  dam  Kriege  1807— U. 


4T 


Am  siebenten  Tim^  nach  meiner  Ankunft  auf  Möen  wurde  ieh 
dua  kommandiert,  mit  20  Mann  samt  30  Mann  Kavallerie  unter 
dneni  Offizier  von  „Schleswi^schen  Reitern",  186  spanische  Kriegs- 
fefingene  dorcb  Möen  von  der  Grönsunder-F&hre  naeh  Kallehaoge- 
Fähro  zu  transportieren.  Es  war  Infanterie  mit  weitsen  Uniformen, 
rotoii  Aufschlägen  nnd  Kragen;  die  Soldaten  hatten  wie  die  Offiziere 
dreieckige  UUte. 

Diese  spanischen  Trappen  hatten  sieb  im  \  ertraaen  auf  den 
Schutz  der  Dänen  diesen  gefengen  gegeben,  nm  nicht  in  französische 
Gefangenschaft  zu  geraten.  Die  Spanier  wurden  wirklich  auch  sehr 
gut  behandelt  und  litten  keinen  Mangel.  Wenn  ich  ihnen  auf  dem 
Marsche  Tabak  und  Cigarren  gab,  waren  sie  sehr  dankbar,  streichelten, 
kUlsten  und  umarmten  mich  vor  Freude,  weil  Tabak  and  besonders 
Cigarren  zu  ihren  liebsten  Gentlssen  gehörten. 

Sonst  bestand  mein  Dienst  darin,  jede  dritte  Woche  mit  acht 
Mann  längs  einer  gewissen  Strecke  des  Strandes  zu  patrouillieren, 
am  zu  beobachten,  ob  die  englischen  Schifte  sich  vom  Land  aus  mit 
Proviant  versorgten. 

Kur/,  nachdem  ich  nach  Möen  gekommen  war,  starb  zu  meiner 
g:roIsen  ßetrlibnis  der  edle  General  v.  Moltke  in  Aalborg.  Nicht 
ohne  Ursache  betrachtete  ich  ihn  als  meinen  wahren  Wohlthäter, 
aad  jetzt  war  meine  Hoffnung  auf  ihn  fllr  meine  Zukunft  vernichtet. 
Das  Regiment  bekam  darauf  den  General  Strambao  zam  Chef, 
welcher  auch  ein  sehr  liebenswürdiger  Mann  war. 

Hier  bestätigt  sich  wieder  der  alte  Satz,  dals  Kleinigkeiten  oft 
den  Grund  zn  dem  Glücke  eines  Menschen  legen  können,  denn  ein 
paar  komische  Stiefeletten  verursachten  zum  Beispiel,  dals  ich  von 
uusenn  neuen  Chef  bemerkt  wurde.  Er  erkundigte  sich  bei  meinem 
Kapitän  nach  meinem  Betragen,  liefs  mich  zu  sich  kommen,  sprach 
freundlich  mit  mir  und  gab  mir  gute  Ermahnungen  und  das  Ver- 
sprechen, für  mieh  Sorge  zu  tragen.  Dieses  Versprechen  hielt  der 
edle  General  auch,  denn  einige  Monate  später  erhielt  das  H<  j;in)ent 
Tun  Seiner  Majestät  dem  Könige  folgenden  Parolebefehl:  „Wir  he- 
ft'hlpii,  dals  der  im  dritten  Jütländischen  Infanterieregimente  stehende 
Freikorporal  C.  F.  Frisenberg  von  dem  lleginiente  zu  dem  dänischen 
Militärinstitute  in  Kopenhagen  abgehen  soll,  um  Vorlesungen  zu  hören 
and  mit  der  Zeit  das  Offiziersexamen  zu  machen." 

Die  grofse  Gnad<'  und  Ehre,  die  mir  dadurch  bewiesen  wurde, 
konnte  mich  doch  nicht  erfreuen,  denn  ich  hatte  keine  Vorkenntnisse 
and  kein  Geld,  um  so  viele  teure  Bücher  zu  kaufen.  Ich  hatte 
aulserdeni  von  zwei  Fähnrichen  im  Kegimente,  die  ohne  Examen 
zurückgekehrt  waren  and  die  frtther  studiert  hatten,  sagen  hOren,. 


48 


Aus  dem  Kriege  1807—14. 


dafs  das  Ofßziersexainen  sehr  schwierig  sei,  and  Mtgor  da  Plat  ein 
wahrer  Brummbär  wäre. 

Mit  diesen  traurigen  Nachrichten  und  mit  wenigem  Papiergeld 
in  meiner  Tasche,  hielt  ich  meinen  Einzug  durch  ^Westerport"  in 
Kopenhagen,  wo  ich  keinen  einzigen  Menschen  kannte.  Als  ich 
innerhalb  des  Thores  angekommen  und  meinen  Pafs  vorgezeigt  hatte, 
fragte  ich  den  Unteroffizier,  wo  ich  einlogiert  werden  könne.  „Da 
im  blauen  Hofe  ,Knapstedsgaard',  denke  ich",  sagte  er.  —  Ach^ 
dachte  ich.  indem  ich  Uber  den  ,.nalmtorv'  (Markt)  ging,  du  sollst 
in  ein  knappes  Haus  und  hast  knappes  Geld  in  der  Tasche. 

Nächsten  Vormittag  ging  ich  in  das  Militärinstitut,  um  mich  bei 
dem  Major  du  Plat  zu  melden,  welcher  mich  fragte,  oh  ich  Vor- 
kenntnisse in  Französisch.  Deutsch,  Mathematik,  (ieographie  und  Ge- 
schichte hätte.  ..Nein.  H^'rr  Major,  darin  habe  ich  keine  Vor- 
kenntuisse'*,  erwiderte  ich.  —  ^Was  können  Sie  denn?"  fragte  der 
Major.  ..Ich  kann  exerzieren  und  ein  Peloton  kommandieren".  — 
,.Das  hilft  Ihnen  nichts,  um  das  Examen  zu  machen.  Hat  Ihr  Vater 
Vermögen,  dal's  er  für  Sic  bezahlen  kann?"  —  ..Nein,  Herr  Major, 
mein  Vater  ist  arm  und  kann  nicht  fllr  mich  bezahlen.'*  —  ..Wer, 
glauben  Sie  denn,  soll  tHr  Sie  bezahlen  V'-  -  -  .,Ich  habe  gehört,  dals 
alle  armen  Freikorporale  freien  Unterricht  auf  dem  Institute  und 
freie  Wohnung  im  Kastelle  bekommen."  —  ,, Darin  irren  Sie  sich 
gänzlich",  erwiderte  der  Major.  „Unter  allen,  die  hier  sind,  giebt 
es  nur  zwei  Freikorporäh',  fllr  die  der  König  bezahlt  und  ich  rate 
Ihnen,  zum  Uegimente  zurückzureisen;  denn  ohne  Vorkenntnisse  und 
ohne  Geld  zu  den  vielen  teuren  Büchern,  die  Sie  sich  verschaffen 
müssen,  können  Sie  nicht  autgenommen  werden.  Sie  würden  ein 
paar  Jahre  in  der  untersten  Klasse  sitzen  müssen  und  doch  nicht  in 
die  zweite  kommen  können.    Sie  werden  deshalb  nicht  aufgenommen.^ 

Mit  diesem  traurigen  Bescheid  mufste  ich  gehen;  aber  verwirrt 
und  sehr  betrübt  konnte  ich  mich  nicht  nach  Knapstedsgaard  zurück- 
finden. Es  war  mir,  als  ob  alle  Stralsen  und  die  Häuser  um  mich 
herumtanzten.  Einige  Vorübergehende,  die  ich  nach  dem  Wege  fragte, 
sagten,  ich  s(dlte  geradeaus  gehen.  So  aber  kam  ich  nach  „Kristians- 
havn".  Dann  sollte  ich  bald  rechts,  bald  links  gehen  und  kam  end- 
lich matt,  hungrig  und  durstig  —  infolge  meiner  langen  Wanderung 
vom  frühen  Morgen  an  -  in  mein  Quartier,  wo  ich  doch  nichts  zu 
essen  zu  verlangen  wagte,  (iarait  man  nicht  meine  Arujut  kennen 
lerne.  (Hücklicherweise  hatte  ich  noch  ein  Weil'sbrot,  welches  die 
gute  Frau  des  Peer  Pedersen  mir  mit  auf  die  Krise  gegeben  hatte. 
Das  afs  ich,  und  nachdem  ich  einige  Standen  in  traurigen  Be- 
tracbtangen  Uber  meine  jetzige  Lage  and  meine  Zakuuft  versunken 


Aus  d«m  Kriege  1807—14. 


49 


gewesen  war,  warf  ich  mich  in  die  Arme  des  Schlafes  mit  den  tröst- 
lichen G^edankeu,  die  ich  so  oft  von  meiner  lieben  seligen  Mutter 
hatte  aassprechen  hören: 

Sohlmumer,  du  stillst  mir  den  Sobmerz,  weg  hauohst  da  den  Kummer, 
Mild  wiegst  du  mich  ein  in  den  sUlseäteo  Schlummer. 
Die  'Bugti  vom  Himmel,  die  flflateni  mir  sn; 
Nim  Mhlftfe  ia  Roh*! 

Den  Tag  dantaf  ging  ich  in  der  Hittagsstimde  spaadereu,  damit 
die  Leute  im  Gaadiaiise  glauben  möcliteD,  dafs  ieli  aa^gehe,  nm  zu 
llitkag  sn  essen.  In  der  Dämmerung  kam  ich  in  mein  SSmmer 
znrttek.  Mein  Kummer  hatte  zum  Teil  meinen  Honger  ttherwnnden. 
Um  mieh  m  zerstreuen,  ging  ich  In  das  Versammlongszimmer,  nm 
die  Zeitnngen  zn  lesen.  Hier  hatte  ich  einen  Anblick,  der  meinen 
Hnoger  mmelirte,  denn  da  salben  einige  und  alsen  Butterbrot  — 
mein  Lieblingsgericht.  Zu  meiner  groben  Freude  schickte  mir  Jetzt 
der  allbarmherzige  Gott  einen  Helfer  in  der  Not;  denn  kurz  darauf 
trat  der  Fäbnrich  SOren  Hnnck  vom  dritten  jtttlftndischen  Re- 
gimente  herein.  Er  kam  auch  von  HOen  und  sollte  das  Of&ziers- 
examen  machen,  aber  auf  dem  sogenannten  Znckerinstitute*)  in 
Bredgade. 

Fähnrich  v.  Hunok  fragte  mich,  wie  ich  im  Hilit&rinstitnte  em- 
p&ngen  worden,  und  ich  erzählte  ihm,  wie  es  mir  ergangen  sei, 
ond  dab  ich  im  Augenblicke  kein  Geld  habe,  da  ich  mir  für  meine 
w^iigen  Pfennige  einige  notwendige  Sachen  gekauft  habe.  Der 
liebenswttrdige  t.  Ifunck  Heb  mir  dann  fttnf  Tbalor  und  ich  ver- 
langte jetzt  eine  grobe  Portion  Butterbrot  und  eine  Flasche  Bier. 
Gestärkt  und  erquickt  bekam  lob  wieder  Mut  und  dachte:  „Jetzt 
soll  Major  du  Plat  dich  nicht  so  leicht  zurQckw^n'^  Der  Fähnrich 
hatte  mir  zugleich  gesagt,  dab  unser  Gief,  der  General  Stramboa, 
denselben  Tag  nach  Kopenhagen  gekommen  sei  und  er  tilgte  hinzu: 
«1^  mflssen  morgen  frtth  zn  ihm  gehen  und  ihm  melden,  dab  der 
M^or  du  Plat  Sie  nicht  aufiiehmen  will  und  seine  Meinung  hOren, 
ehe  Sie  wieder  zu  dem  Regimente  zurttckkehren.^ 

Nächsten  Morgen  ging  ich  zum  General  Strambon  und  meldete, 
dals  der  Mi^or  dm  Plat  mieh  nicht  ohne  Vorkenntnbse  aufiiehmen 
wollte  und  mir  riete,  zum  Regimente  zurttckzureben.  Hierauf  er- 
widerte  der  General:  ^Seine  Mi^jestät  hat  alleignädigst  befohlen,  dab 
Sie  das  Institut  frequentieren  sollen  ond  der  Migor  mnb  Sie  an- 
nehmen." 

„Herr  General,  ich  habe  aber  kern  Geld,  om  die  kostbaren 
Bllcber  ond  die  mathemaüsehen  Instromente  zn  kaofen." 

*)  Der  Hof  war  früher  als  Zuokerraffinerie  gebraaoht. 
JakifeA«k*f  fir  di«  d«at«o^a  Atibm  and  Marin».   Bd.  114.  1  4 


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Ans  dem  Kriege  1807—14. 


.,Warten  Sie  ein  wenig",  sagte  der  General,  setzte  sich,  sehrieb 
einige  Zeilen  und  gab  mir  einen  offenen  Zettel,  indem  er  fremidliob 
sagte:  „Bringen  Sie  diesen  Zettel  zu  dem  Kapitän  v.  Dorscheas. 
Sie  werden  dann  alle  die  Bücher  und  mathematischen  Instrumente 
bekommen,  deren  Sie  bedürfen.** 

Der  Zettel  lautete:  Der  Herr  Kapitän  v.  Dorschens  wird  ge- 
beten, Bücher  nnd  mathematische  Instramente  ftlr  den  Freikorporal 
Friseoberg  auf  Kosten  des  dritten  jutländischen  Infanterieregiments 
za  verschaffen.  Strambon. 

Mit  diesem  Zettel  ging  icb  sn  dem  Kapitüii  r.  Dorsehens,  welcher 
mir  erwiderte:  „Kommen  Sie  in  einigen  Tagen  wieder,  dann  werden 
Sie  die  Bücher  bekommen,  die  Sie  bedürfen**.  —  Drei  Tage  später 
bekam  ich  die  Btteher  and  die  Übrigen  Sachen  ftir  alle  drei  Klassen. 
£8  war  eine  so  greise  Menge  Ton  Bttchem,  dafs  ich  sie  mit  beiden 
ausgestreckten  Armen  kaum  tragen  konnte.  Als  ioh  mit  allen  diesen 
BOohem  in  mein  Zbnmer  kam  nnd  die  seltsamen  Figuren  in  Bugges 
Msüiematik  sal^  wurde  mir  unbehaglich  su  Huts  und  icb  dachte: 
Miyor  du  Fiat  hat  Becbt;  sollst  du  alle  diese  nftnischen,  trockenen 
Figuren  lernen,  wirst  du  nie  0£Bzier  werden.  In  diesem  Augen* 
blicke  trat  das  muntere  Stubenmildchen  herdn,  und  die  vielen  Bttcber 
sehend,  fragte  sie,  ob  ich  alle  die  Bfleber  gekanft  hatte,  die  den 
Leuten  detk  Kopf  Terrttckt  machen.  „Sollen  Sie  das  alles  lernen,  so 
sage  ich,  Gott  helfe  Ihnen.**  —  Darin  hat  sie  ganz  Recht,  dachte 
ich,  legte  die  Bttcber  zur  Seite  und  empfehl  mein  Geschick  der 
Gnade  des  lieben  Gottes. 

Den  8.  Januar  1809,  als  der  Unteirieht  anfengen  sollte,  nahm 
icb  alle  meine  Bttcber  fttr  die  drei  Klassen  und  ging  zum  Instttute. 
Als  icb  in  die  Nttbe  kam,  brachen  eme  Menge  Freikorporale,  welche 
in  der  Thttr  standen,  in  ein  lautes  Gelächter  aus.  Icb  sah  zurttck, 
als  aber  nichts  da  war,  was  Lachen  verursachte^  begriff  ich,  daüs  ich 
der  Gegenstand  desselben  seL   „Was  wollen  Sie  hier  mit  all  diesen 
Bttchem?**  fragten  sie.  Die  Kopenbagener,  welche  besser  Bescheid 
wulsten,  hatten  niimlich  nur  einige  Btteher  für  die  unterste  Klasse 
mitgebracht  —  „Seht  einmal**,  rief  einer,  „er  hat  falsche  Waden!** 
Hierauf  sammelten  sich  eine  Menge  Freikorporale  um  mich  und 
kmflfen  und  zwickten  mich  so  entsetslich  in  meine  Waden,  dafe  ich 
alle  Btteher  in  das  Vestibül  werfen  mulste,  um  auf  gut  jütiSndisch 
um  mich  zu  schlagen,  aber  ich  bekam  doch  keinen  Frieden,  bevor 
ich  sie  davon  ttbeizeugt  hatte,  dab  es  ehrliehe  jtttlttndisehe  Waden 
seien.  Damals  trug  man  die  Stiefeletten  ttber  den  Hosen. 

Ich  sammelte  meine  Btteher  wieder  zusammen,  ging  in  die  Klasse 
und  setzte  mich  zu  den  vierundzwanzig  anderen  Fieikorporalen  der 


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An»  dem  Kriege  1807—14, 


51 


ontersten  Klasse.  Ungefähr  eine  halbe  Stunde  später  trat  Major 
da  Plat  herein,  und  als  er  mich  sah,  bemerkte  er:  ,,Was  wollen  Sie 
kier  in  der  Klasse?  Ich  habe  Ihnen  ja  gesa^,  dafs  Sie  nicht  aiif- 
^Domnien  werden  können."  —  ..Herr  Major,  ich  werde  lernen  und  sehr 
lieiisig  sein  -  —  „Das  hilft  nichts.  Ohne  Vorkenutuisse  wird  niemand 
lafgenommen." 

Der  Protessor  Brorson,  wf-leher  eben  eine  Stunde  in  Religion 
tab,  nahm  jetzt  das  Wort.  ..iierr  Major,  der  junge  Mensch  scheint 
mir  unverdorben  zu  sein.  Wir  können  ja  mit  ihm  eine  Probe  auf 
einige  Zeit  machen,  um  zu  sehen,  ob  er  tieiisig  ist  and  mit  den 
andern  folgen  kann.^ 

„Herr  Professor,  Sie  kennen  diese  Freikorporale  nicht,  die  von 
den  Refrinientern  kommen;  sie  sind  fast  alle  verdorben  und  ver- 
derben mir  iiieiFn*  Jiui^eren  Schüler."  —  Darauf  sah  er  mir  lange 
scharf  in  die  Au^^en.  Uichelte  und  sagte  in  einem  milden,  gutmütigen 
Tone:  ..So  werde  ich  Ihnen  denn  erlauben,  das  Institut  drei  .Monate 
ru  frequentieren.  Sit*  können  hier  essen  und  es  wird  Ihnen  freie 
Wohnung  angewiesen  werden.  Wenn  Sie  sich  aber  in  der  Zeit  nicht 
g:nt  aufführen,  nicht  fl(  ifsip:  sind  und  eben  so  gute  Noten  wie  die 
andern  haben,  gehen  Sie  sogleich  zu  dem  Hegiment  zurück." 

Es  wurde  mir  freies  Logis  im  Kastelle  anu^fwiesen  und  ich  be- 
kam die  Kost  auf  dem  Institute,  worüber  ich  aulscrordentlieh  froh 
war,  denn  die  5  Reichsthaler,  die  der  Fähnrich  v.  Munck  mir  freuud- 
licherwei.'^e  geliehen  halte,  waren  fast  aufirebraucht,  da  5  Keichs- 
thaler  damals  nicht  mehr  galten  als  ö  Mark  in  1830.') 

Mein  P^mpfang  im  Kastelle  war  eben  nicht  sehr  nnp'iiehm.  Als 
ich  in  der  Dämmerung  meine  neue  Wohnung  in  Besitz  nehmen  wollte, 
zeigte  mir  der  Aufseher  ein  langes  Zimmer  mit  vier  Betten.  Kurz 
darauf  trat  ein  flotter,  gutgewachsener  Freikorjioral  herein.  Ohne 
mich  in  der  Dämmerung  zu  bemerken,  warf  er  Hut  und  Säbel  ab. 
ging  mit  schnellen  Sehrittt  ii  auf  und  nieder  und  rieb  sich  die  Stirn 
oder  hielt  sich  die  Hand  vor  die  Augen,  wie  ein  verzweifelter  Schau- 
spieler. Endlich  sah  er  mich  und  fragte,  ob  ich  das  Institut  frequentieren 
solle.  Ich  erwiderte:  ja,  und  fügte  hinzu,  dafs  ich  zwei  Jahre  als 
Unteroffizier  gedient  hätte  und  jetzt  versuchen  würde,  in  einigen 
Jahren  das  üftiziersexamen  zu  machen.  Da  braeh  aber  der  ver- 
zweifelte Freikorpural  iti  einen  Strom  von  Worten  aus.  ,,So  bedauere 
ich  Sie,  dafs  Sie  das  Vergnügen  gehabt  haben,  in  einem  Kegimente 
zu  dienen.  Das  habe  ich  auch  gethan,  und  ich  versichere  Sie,  es 
ist  so,  als  käme  man  vom  Himmel  in  die  Hölle.    Hier  im  Institute 

>)  Ehie  dSnisohe  Mark  war  nur  sechzehn;  Schilling  Raraat.  Zu  einem 
Beiobathaier  geborten  Mobs  Mark.  (Anmerkg.  d.  Ueraasgb.) 

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Aus  dem  Kriege  1807—14. 


werden  Sie  för  einige  schlechte  Zeugnisse  schreckliche  Prttgel  be- 
kommen, fleh  bemerkte  bald,  daüs  er  darin  nicht  Unrecht  hatte.) 
Ich  bin  sehr  fleilsig  gewesen  nnd  habe  doch  zwei  Jahre  in  der 
untersten  Klasse  sitzen  mttssen,  ohne  in  die  zweite  kommen  zn 
können!'*  Und  nun  fing  er  wieder  an  Terzweifelt  auf  nnd  ab  za 
gehen. 

Jetzt  traten  zwei  andere  Freikorporale  in  das  Zimmer,  von  denen 
ich  den  einen  Ton  Wiborg  kannte.  ^  wird  anmöglich  für  Sie  sein, 
das  Examen  zn  maolien'S  sagte  der  eine.  „Wir  sind  beide  dnreh- 
gefalleu,  wollen  nnn  nach  Korwegen  gehen  nnd  hoffen  dort  aogleioli 
Offizier  zn  werden.  Haben  &ß  niebt  Lnsi  mit  nns  zn  reisen,  nm  Ihr  Glttek 
en  Tennchen?*'  —  „Nein,  loh  danke  sehr!  Znent  will  ioh  sehen, 
wie  e«  mir  im  Institate  geht**  —  „Ich  werde  Ihnen  aoeh  gleich 
sagen",  fuhr  der  andere  fort,  „dab  Sie  mit  dem  Essen  nicht  zu- 
frieden sein  können.  Sie  bekommen  fast  nnr  Pferdefleisch  nnd  anch 
nicht  80  Tiel,  als  Sie  essen  mögen.'*  —  „Es  ist  mir  einerlei,  ob  es 
Pferdefleisch  oder  Bttrenfleisch  ist,  wenn  es  nnr  reinlich  znberritet 
ist**  —  „Ha,  ha,  ha!  So  werde  ich  Ihnen  bei  Gelegenheit  einen 
Büren  schicken,  denn  in  Norwegen  giebt  es  viele  Bären.**  —  Sie 
reist^  bald  nachher  beide  nach  Norwegen. 

Uber  das  Essen  in  dem  Institute  war  nicht  zn  klagen;  es  war 
kräftig  nnd  ordentlicb  zubereitet  nnd  wir  bekamen  anch  jeden  Tag 
geuug.  Major  dn  Plat  kam  sehr  ott  in  den  Speisesaal  nnd  probierte 
die  Speisen. 

Nachdem  die  drei  Korporale  mir  „die  Hölle  beils**  gemacht  hatten, 
gingen  sie  in  die  Stadt  nnd  ich  dadite  abermals  in  meiner  Einsam- 
keit: Ach  der  Mi^or  da  Plat  hat  Recht;  denn  können  solche  be- 
redte, klage  Menschen  dorebfallen,  so  werde  ich  armer  Jttte  nie  üi 
meinem  Leben  das  Examen  bestehen  nnd  der  Gedanke,  das  Institut 
ohne  Examen  verlassen  zu  müssen  und  nie  mehr  zu  werden,  als  ich 
war,  betrübte  mich  unbeschreiblich. 

Ich  fing  Jetzt  an,  meine  Sachen  in  Ordnung  zu  bringen,  hing 
memen  Säbel,  meinen  Tschako  und  meinen  Tornister  an  ihren  Plats 
nnd  legte  mich  endlich  auf  die  harte,  kalte  Mairatae,  nur  mit  einem 
dtlnnen,  abgetragenen  Teppich  zugeideckt  Im  ganzen  Bette  war 
keine  Feder,  und  da  ich  unglttcklicherweise  an  die  warmen,  weichen 
Banenibetten  auf  Möen  gewöhnt  war,  wirkte  der  ungewöhnlich  starke 
FVost  der  Art  an!  mich,  dafs  ich  die  ganze  Nacht  wach  lag  nnd  da- 
durch Zeit  genag  hatte,  Uber  meine  Zaknnft  nnd  die  Ifitteiinngen 
der  Freikorporale  nachzudenken. 

Ich  beschlois  in  dieser  schlaflosen  Nacht,  dab  ich  Tag  und 
Nacht  so  fldisig  wie  mö^ch  sein  wolle,  indem  ich  dachte:  „wenn 


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Aua  dem  Kriege  18U7— 14. 


53 


lUii  ÜLOt^  was  man  kann,  that  Gott  das  übrige''.  In  dieser  tröst- 
lidkeQ  Erwartong  wurde  ich  aaob  niobt  getäuscht,  wie  die  Zui^uoft 
«igen  wird. 

leh  fing  nun  an,  erostUcb  za  stadieren  und  fleifsig  war  ioh« 
difilr  wage  iofa  Gott  and  meine  Kameraden  als  Zeugen  anznrnfen. 
Jeh  nahm  niemals  an  VerguUgungen  teil  and  kannte  in  den  ersten 
iwei  Jabren  nnr  den  Weg  vom  Kastelle  znm  Institute.  Mebr  als 
vier  bis  fttnf,  böebstens  sechs  Stunden,  scblief  icb  nie  und  mebrmals 
worden  meine  Kameraden  böse,  weil  das  Licht  ihnen  in  die  Aogeu 
sehien  und  ihren  Schlaf  störte.  Hein  Fleilb  in  den  drei  Jahren  hatte 
wk  htfebst  unerwartete  Früchte,  denn  naefa  Verlanf  eines  Jahres 
kam  isUk  Yon  der  untersten  m  die  zweite  KlassCi  indem  ich  beim 
Examen  vcn  44  Freikorporalen  Nr.  5  wurde.  Dadurch  erhielt  Ich 
die  zweite  Prämie  von  25  Thalem.  Die  beiden  ersten  bekamen 
Ehrenepanletiett  und  jeder  tou  den  acht  nSebsten  erhielt  25  Tbaler. 

Ober  diesen  ersten  Sieg  in  meinem  Leben  iUhlte  ich  ehie  un- 
aussprechliche Ftonde.  Msgor  du  Plat  lieb  mich  Tor  die  Examen- 
kommission  rufen,  lobte  mein  Betragen  und  meinen  FleUs  und  sagte, 
wenn  ich  so  fortfhhre^  wolle  er  fttr  mmne  Zukunft  Sorge  tragen 
Dieses  Verspcechen  .  hielt  er  ehrlich,  denn  von  der  Zeit  an,  als  ich 
das  Examen  bestanden  hatte.,  bewies  er  mir  immer  eine  ^ter- 
liche  Gttte. 

Die  Wissenschaften,  welche  wir  m  der  untersten  Klasse  lernten, 
waren:  fieligion,  Moral  fbr  CLrieger,  Geschichte,  Geographie,  Natur- 
geschichte, Felddienst,  Gamisondienst,  Dänisch,  Deutsch,  FranzO^h, 
Mathematik.  Das,  was  in  der  untersten  Klasse  gelernt  werden  sollte, 
konnte  durch  täglichen  Fleiis  von  Jedem  gelernt  werden,  aber  Schön- 
schreiben und  Zeichnen  erlaubte  uns  Sonntags  kerne  Freizeit  Bs 
fiel  mir  aber  nie  schwer,  denn  ich  dachte:  wenn  ich  erst  Leutnant 
werde,  bin  ich  der  glücklichste  Mensch  von  der  Welt 

Die  Finnde,  die  ich  dadurch  ftlhlle,  in  eine  höhere  Klasse  ge- 
rückt zu  sein,  wurde  dadurch  getrübt,  dab  der  ÖkonomicTorsteber, 
Kapitän  v.  Dorschens,  nur  erklärte,  daih  ich  nicht  länger  Kredit 
bekäme,  bevor  ich  die  86  Reichsthaler,  die  ich  dem  Institute  für 
Kost,  Kleider  und  andere  Bedürfnisse  im  Teiflossenen  Jahre  schuldig 
war,  bezahlte.  Ich  betrachtete  es  für  eme  Unmöglichkeit,  so  viel 
Geld  zu  schaifen  und  in  meiner  Betrübnis  wandte  ich  mich  an  Miyor 
du  Plat,  welcher  mich  sehr  irenndlich  empfing  und  Terq^raoh,  zum 
bestem  meiner  Sache  bd  Seiner  Mi^jestät  dem  Könige  zu  sprechen. 
Karze  Zeit  nachher  hatte  Seine  Majestät  die  grolse  Gnade,  meine 
Sehiild,  86  Bdchstfaaler  und  fernerhin  Kost  nnd  andere  Bedür&isse 
fibr  ndch  zu  bezahlen.  Es  war  eine  ganz  besondere  Gnade,  denn 


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Abb  dem  Kriege  1807—14. 


YOD  hundert  Fteikorporalen  bezahlte  der  König  nur  für  zwei  Maijo^ 
da  PUt  hatte  also  doroh  seme  gate  Empfehlong  bewieien,  dab  er 
das  Versprechen,  welches  er  mir  yor  der  ExamenslLomnüssion  gab, 
gehalten  hatte,  gleichwie  der  reobtschallene  Mann  mir  später  meine 
Oflßzierseqaipienuig  Tersehafile. 

Der  Mfgor  warde  ireiUoh  ftlr  einen  Bmmmbttren  angesehen;  das 
mnls  aber  ein  MUitKnrorsteher  fihr  so  viele  mutwillige,  fast  nnbi&ndige 
junge  Menschen  aneh  sem.  Er  war  sehr  streng,  aber  gerecht  gegen 
Arme  und  Beiohe.  fir  war  ein  wirklich  guter  Mann,  aber  Schwach- 
heit  und  Nachsicht  gegen  Vergehen  konnten  wir  von  ihm  nicht  er- 
warten. Es  hätte  das  anoh  nur  Schaden  venucacht,  denn  Furcht  ist 
die  Triebfeder  beim  Militär. 

Migor  du  Plat  begnügte  sich  nicht  damit,  daCs  ein  Freikorporal 
täohtig  im  Theoretischen  sei  und  ein  gutes  Examen  mache,  sondern 
er  nahm  auch  grofte  Rücksicht  auf  das  Äuisere  —  ob  man  gesund 
und  stark  genug  sei  und  die  Strapazen  des  Krieges  aushalten 
könne.  Freikorporale,  welche  aussahen,  als  ob  sie  nur  von  Sufing- 
keiten  und  Baumgrillen  lebten,  bekamen  den  Bat,  ihren  Abschied 
zu  nehmen. 

Zum  zweiten  und  dritten  Examen  bestand  ich  auch  und  hatte 
so  in  drei  Jahren  mein  Ot&ziersexamen  gemacht,  ohne  in  irgend  einer 
Wissenschaft  durchzufallen. 

Dab  das  Offiziersexamen  in  1811  nicht  so  leicht  zu  machen  war, 
wie  einige  entsetzlich  klage  Leute  jetzt  glauben,  wird  dadurch  be- 
wiesen, dafo  viele  sechs  Jahre  auf  dem  Institute  waren,  zwei  Jahre 
in  jeder  Klasse,  obgleich  sie  Vorkenntnisse  hatten.  Wenn  aber  diese 
Freikorporale,  die  bei  ihren  Eltern  in  Kopenhagen  wohnten,  nach 
Hause  kamen,  sollten  sie  amüsiert  und  traktiert  werden  und  nahmen 
vielleieht  nicht  ihre  Bacher,  bevor  sie  wieder  znm  Institute  zorttek 
sollten.  Wir  armen  Freikorporale,  die  im  Kastelle  logierten,  konnten 
deswegen  Schritt  mit  den  wohlinstroierten  Freikorporalen  halten,  da 
wir  im  Kastelle  den  ganzen  Abend  bis  spät  in  die  Kacbt  hinein 
lasen.  Doch  gab  es  auch  einige  Freikorporale,  die  so  gründliche 
Vorkenntnisse  hatten,  dafs  sie  nicht  nOtig  hatten,  in  den  freien 
Stunden  zu  lernen. 

Mein  Examenattest  liegt  vor  mir,  nach  welchem  ich  seebs- 
undneunzig  gute  Zeugnisse,  von  Glode  du  Plat  unterschrieben,  hatte. 
Bei  dem  Vorsteber,  M%jor  da  Plat,  sollten  wir  gute  Zeugnisse  für 
Betragen,  Anziehen,  Ordnung  und  f&r  Sergeantdienst  haben  und  wir 
sollten  in  folgenden  Wissenäubaften  bestehen:  MiUtär-Geographie, 
allgemeine  Geographie,  Taktik  und  Dienst,  Mathematik,  Feldmessen, 
Zeichnung  und  Schreiben,  aUgciueiue  Geschichte,  Felddienst,  Artillerie- 


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Aus  dem  Kriege  1807—14. 


55 


«od  Waffenlelire,  F^aosOaiaeh,  Deotwli,  DttniMli,  Fortifikalioii,  Pbyiik, 
KfKgsfceeohiohte,  Gymntsftik,  Feehten,  SohwimmeD,  MiUtSr-Anstiuid 
■od  Tanz. 

Naeh  meineiii  £<imd6d  hatte  uli  die  onbeeoliieibllehe  Frende, 
am  Sekondelentnaat  beim  S.  jtttländifleiieii  Infiuiteile-Begimeiite  er 
DBimt  sa  werden.  Ale  ieh  aber  das  leiste  Jahr  ho  HilitKrinstiliit 
war,  wurde  dasselbe  stit  der  Landkadetten-Akademie  Tereinigt,  die 
Mikorponüe  worden  Kadetten,  weshalb  ieh  naeh  meunem  Ofllzieis- 
examen  som  Kadettenoffizier  bei  der  sweiten  Kompagnie  ernannt 
wurde  vnd  in  der  fiigeosehaft  sollte  ieh  ein  Jalir  Dienst  thnn. 
Dieses  betrübte  mieh  sehr,  weil  leb  wQnsebte,  som  Kegiment  n 
kommen  ond  mehk  Amt  als  Kadettenoffizier  war  mir  im  hOehsten 
Grade  anangenehm.  Es  bestand  darin,  dals  ieh  naeh  Befehl  meiner 
Vorgeseteten  den  Kadetten  Fnohtel  oder  die  bestimmten  SohlSge  mit 
einem  spanischen  Bohre  geben  sollte.  Es  war  nm  so  sohmexz- 
lieher  für  mieh,  als  es  sieh  nioht  selten  traf,  dals  ieh  naeh  Befehl 
die  Kadetten  prUgeln  sollte,  mil  denen  ieh  in  der  Klasse  gewesen 
war,  die  aber  ans  Fanlheit  oder  Ungelehrigkeit  sitzen  geblieben 
waren.  Jetzt  sollte  ieh  diese  meine  alten  Frennde  prügeln,  weil 
sie  einige  sehleebte  Zeugnisse  bekommen  hatten  und  ieh  hatte  selbst 
erfehren,  wie  leieht  man  in  einer  ganzen  Woohe  einige  „Sehleeht** 
▼on  so  vielen  msebiedenen  Lehrern  bekommen  konnte.  Der  Sonn- 
abend war  allgemeiner  Abreehnnngstag  mit  Prttgeln.  Ieh  sehlng 
felglieh  nleht  hart  in,  zog  mir  aber  dadnroh  mehrmals  Unan- 
nehmliobkeiten  za  nnd  zuletzt  worde  ich  zn  meiner  groben  EYeode 
Ton  diesem  Amte  abgesetzt,  wonaoh  ich  nur  den  Felddienst  za  be- 
soigen  hatte. 

Nach  Veilaaf  von  drei  Monaten  wnrde  mir  eine  herrliche  Ge- 
legenheit gegeben,  die  Akademie  za  vorblasen,  wo  ieh  kein  weiteres 
GlQek  erwarten  konnte,  nachdem  ich  mir  AneiennetSI  erworben  hatte. 
Das  erste  Bataillon  des  fttnensohen  Infanterieregimentes,  welches  anf 
Fllnen  lag,  sollte  nach  Holstein  marsehieren,  and  da  es  an  Offizieren 
fehlte,  betahl  Seine  Migestät  dem  llb(jor  da  Plat,  zwei  Offiziere  za 
dem  Regimente  abzugeben.  Der  Mi^r  fragte,  ob  ieh  Lust  hfttte, 
von  dem  dritten  jtttländisehen  zn  dem  ffinensehen  Begimente  versetzt 
zn  werden.  Obgleich  ich  nun  das  jütländisehe  Regiment  sehr  liebte, 
gmg  ieh  doch  gern  zu  Jedem  anderen  Begimente,  am  nicht  noch  neun 
Monate  lang  Kadettenoffizier  bleiben  za  müssen. 

Anfserdem  gab  es  für  mich  noch  ^en  verlockenderen  Grund 
zum  ffinensehen  Re§^ente  zu  gehen»  denn  man  erzühlte  damals  in 
Kopenhagen  im  Anfange  des  Jahres  1812,  dals  Dünemark  ein  Kou- 
tingent  von  12000  Mann  an  die  Franzosen  gegen  Raisland  abgeben 


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Aot  dem  Kriege  1807—14. 


md  das  fttnensche  RegimeBt  darin  einbegrifien  sei.  Andere  be- 
haopteten,  dals  das  Kegiment  sieh  sehen  mit  den  Fiamosen  in  flam- 
hürfs  Tereinigt  habe.') 

Obwohl  iehy  meiner  Mehinng  naeh,  Ehre  und  Rnhm  entgegen 
ging,  konnte  idi  doeh  Kopenhagen  nieht  verlassen,  ohne  mit  dank- 
barem Henen  der  gro&en  Gnade  Seiner  Majestät,  der  Titerliehen 
Fürsorge  und  Empfehlung  des  Major  dn  Plat  nnd  der  vielen  Be- 
weise Ton  Wohlwollen  nnd  Güte  zu  gedenken,  die  mir  in  Kopen- 
hagen m  teil  geworden  waren. 

Nachdem  ioh  den  leisten  Tag  einige  Absehiedsbesnehe  gemacht 
hatte  nnd  in  der  Dämmerang  nach  Hanse  kam,  stand  ein  Dimr 
mit  einem  Kasten  Tor  meiner  Thür.  „leh  wollte  gern  mit  Leutnant 
T.  FHsenberg  spreehen.***)  —  „leb  bin  es,  treten  Sie  herein." 

Der  IMener  trat  ehi  nnd  sagte:  „Hier  habe  ioh  einen  Ideinen 
Kasten  fttr  den  Herrn  Lentnant.**  —  „Von  wem?**  „Das  weiih  ich 

nicht^S  S^i^S* 

leh  glaubte,  es  sei  ein  Kasten,  welehen  ich  anf  der  Reise  ab- 
ßefem  solle;  als  ioh  aber  sah,  dalb  er  an  mieh  adressiert  war, 
Mbete  ich  ihn  und  nahm  su  meiner  gro&en  Verwundemng  die 
sehOnsten  silbernen  Epanletten,  die  man  sehen  konnte,  mit  grofsen, 
dicken,  langen  Fransen  heraus,  leh  hielt  sie  lange  mit  Bewunderung 
in  meinen  HSnden,  und  als  ich  sie  auf  den  Tisoh  legte,  glänzten 
und  strahlten  sie  wie  der  sehOne  Abendstem.  Darauf  zog  leb  aus 
dem  Kasten  eine  prachtvolle  neue  Schärpe.  Es  mnls  ein  Irrtum  sein, 
daehte  ich.  Diese  sehOne  Sehärpe  und  diese  kostbaren  Epanletten 
kttnnen  nicht  ftlr  mieh  sein.  leb  untersuchte  jetzt  den  Kasten  genauer 
und  fand  einen  Tersiegelten,  an  mich  adressierten  Brief  folgenden 


>)  Naoh  dflm  Bttoksnge  Napolooiui  und  der  grofken  Amee  ms  Rnftlond 

im  Jahre  1812  wurde  ein  dänischt  s  Armeekorps  von  12000  Mann  mit  der 
französischen  Armee,  welche  unter  dem  HelehU-  des  M.'irsolialls  Davonst,  der 
unwtMt  der  dänischen  Grenze  stond,  vereinigt.  Dieses  dänische  llilfshoer  stand 
vier  Monate  lang  unttiütig  in  der  Umgegend  vom  Travethai  and  litt  viel  von 
Krankhetfeea  und  der  Badieit  des  Heibetes,  so  daft  et,  all  eadlieh  loegeeeUagen 
wurde,  flber  8000  Kranke  nnd  Kampfunfähige  hatte.  Naeh  der  Katastrophe  bei 
I^eipzig  konnte  es  keine  Uilfe  mehr  von  Napoleon  erwarten.  Davonst  warf  sich 
in  Hamburg  hinein,  wo  er  mit  eiserner  Hand,  ein  starkes  Kegiment  führend, 
sich  bis  zum  Falle  Kapoleons  hielt.  Die  Stellung  des  dänischen  Korps  wurde 
bald  sehr  kritisch,  denn  Feinde  rttekten  von  allen  Seiten  heran.  Der  Kronprinz 
▼OD  Sehweden,  Carl  Jdhann,  wollte  „Norwegen  in  Holatein  erobem**.  Er  war 
der  HOohstkommandierende  über  eine  mächtige  Armee  von  Schweden,  Deuteehen 
und  RoBSen  nnd  Uefa  drei  Heere  durch  Holstein  vorrücken. 

i-Nurli  Friedrich  Julius  Meier  t  am  6.  Novbr.  98  ) 
3)  bis  lb4b  hatten  die  dauischen  Ulüziere  das  Hecht  das  „von''  vor  ihrem 
Namen  an  ftthren.  (Ännikg.  d.  Heransgb.) 


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Die  Kavallerie  als  Mittel  zum  Siege  eto. 


57 


Inhalts:  „Hiermit  werden  Ihnen  ein  paar  Epauletten  und  eine  Scliärpe 
mit  dem  Wunsche  geschickt,  dafs  Sie  sie  wohl  und  gesund  tra^^en 
mögen.  Sollten  Sie  erraten  oder  erfahren,  wer  Sie  Ihnen  pese henkt 
hat,  80  wird  weder  mündlicher  noch  schriftlicher  Dank  dafür  ge« 
wünscht    Gott  geleite  Sie!" 

Nun  wurde  ich  unbeschreiblich  froh  und  aus  der  Fülle  meine» 
Herzens  dankte  ich  dem  edlen  Geber  und  bat,  dafs  Gott  ihn  fUr 
all  die  Freude,  die  er  mir  bereitet  hatte,  belohnen  möge.  Wer  auch 
froh  war,  dafs  war  mein  Reisekamerad  Leutnant  v.  Arendt  Mit 
UDBereii  Laftscblössem  war  es  aber  bald  zu  Ende,  denn  als  wir  nach 
Rendsburg  kamen,  sahen  wir  die  Schildwache  des  füneuschen  Infanterie* 
Regiments  auf  dem  Walle. 

(PortaetKong  folgt) 


IV. 

Die  Kavallerie  als  Mittel  zum  Siege,  und  der  Einfluls 
der  Persönlichkeit  bei  Führung  dieser  Wafte. 

TtB 

G.  TOI  Bimarek. 

^Xoch  viel  Verdienst  ist  flbi%,. 

Uabt's  nur!*' 

L 

Alljährlich  im  Herbst  pflegt  die  bei  Gelegenheit  der  Kaiser- 
manöver  stattfindende  Verwendung  groüser  KavaUeriemassen  bhuSl 
im  Gefecht,  die  Aafmerksarokeit  weiter  Kreise  in  Anspnieh  sa 
nehmen.  In  der  Beurteilung  solcher  Übungen  als  YorbereitnDg  filr 
den  Emstfall  sind  die  Ansichten  geteilt.  GUt  es  doch  nicht  nni  bei 
Laien  als  feststehend,  dals  die  heutige  Fenerwiikmig  eine  Verwendung 
der  Kayallerie  als  Schlachtenwaffe  unmöglich  machen  müsse.  Dem. 
gegenüber  steht  die  Überzeugung  anderer,  Tor  allem  der  Heeres- 
leitung. Und  zwar  deshalb,  weil  die  Durchführung  der  bekanntea 
Beiterangriffe  der  1.  Garde-Dragoner  und  der  Brigade  Bredow  bei 
Mars-la-tonr — Vionville  denn  doch  eine  so  deotliche  Sprache  geredet 
hat,  und  die  Frage  berechtigt  erscheinen  Ue&i  weloke  grolsen  Erfolge 
an  SteUe  der  verwendeten  wenigen  Eskadrons  eine  yiel  gröfsere 
Anzahl  derselben  errungen  haben  würde.  Die  Folgerongen  hieraus, 
lind  gezogen  worden.  ThatsächUcli  ist  die  Verwendung  der  KaTallerie 


58 


Die  Kavallerie  als  Mittel  zum  Siege  etc. 


in  den  kttnftigen  Sehlaobten  als  nicht  m  entbehrendes  Mittel  „tat 
BewftltigQD^  der  maDuigf'achen,  nnr  von  dieser  Walle  an  lösenden 
Angaben  seitens  der  Armeeleitong  unter  allen  Umständen  yoigesehen. 
Infolgedessen  ist  der  DivisLons-KaTallerie  nach  wie  yor  das  bisherige 
Feld  ihrer  Thfttigkeit  Torbehalten  geblieben,  da  „aneh  kleinere 
Verbände  bei  Ansnntanng  des  riehtigen  Aogenblleks  be- 
deutende taktisohe  Erfolge  erringen  können.'*  Aber  der 
Schwerpunkt  der  gewonnenen  Erkenntnis  liegt  doch  in  dem  Satze, 
•dafis  „die  ausschlaggebenden  Entscheidungen  in  der  Schlacht 
nur  durch  das  Einsetzen  grolser  KaTallerie-Massen  zu  er- 
reichen sein  werden/*  —  Hiermit  ist  ein  wichtiger  Faktor  snir 
Gewinnung  des  Sieges  in  seine  Rechte  wieder  eingesetzt 

Bekanntlich  ist  die  Legende  Ton  der  ausgespielten  Bolle  der 
Kavallerie  als  Schlaehtenwafte  sehr  alten  Datums;  so  alt  beinah  wie 
die  Erfindung  der  Feuerwaffen,  Aber  eben  so  oft  wie  sie  totgesagt 
war  und  begraben  sein  sollte,  ist  sie  zu  recht  krifcftiger  Lebens- 
äulsemng  von  einem  Scheintod  wieder  erstanden,  dem  sie  als  natür- 
liche Folge  der  immer  wieder  abhanden  gekommenen  Kunst  ihrer 
Verwendung  anbeim  gefallen  war. 

Diese  Kunst  hatte  ihre  höchste  Entwickelung  unter  Friedrich 
dem  Grolsen  gehabt,  von  dessen  Reitergeneralen  sie  in  ToUendeter 
Weise  gehandhabt  wurde.  Nun  wissen  wir,  dals,  wie  grofe  auch  die 
Bedeutung  der  Waffe  geworden  war,  von  einer  lediglich  schlachten- 
entscheidenden Rolle  nicht  die  Rede  sein  konnte.  Es  war  ihr 
Tielmehr  —  abgesehen  von  gän^licber  Überraschung  —  ebenso 
wenig  möglich  als  heutzutage,  eine  durch  das  Feuergefecht 
noch  nicht  erschtttterte  Infanterie  zu  ttberwältigen;  und  das 
Gelände  setste  ihrer  Verwendung  ebenso  häufig  Schranken  als  jetzt 
Dagegen  hört  man  in  der  Kriegsgeschichte  jener  Zeit  kaum  yon 
yerfeblten  Gelegenheiten  oder  unzeitigem  Heryorbrechen,  und  niemals 
yon  mangelnder  Energie  und  Entschlossenheit  in  der  DurchfUfanuig 
der  Attacken,  oder  gar  yon  Umkehren  und  Aufgeben  berate  in  der 
Ansftlhmng  begriffener  Angrifle,  jenen  Halbheiten,  wekhe  in  der 
Geschichte  der  nachfolgenden  Zeit  einen  so  breiten  Raum  einnehmen. 
Da  durfte  es  denn  nicht  Wnnder  nehmen,  wenn  bei  derartiger  Ver- 
wendung, die  den  Millserfolg  gebären  mufe,  die  Lehrmeinnng  yon 
der  abroluten  Überlegenheit  der  Feuerwaffen  immer  neue  Nahrung 
erhielt,  wenn  das  Selbstyertrauen  der  Ftthrer,  wie  die  Zuversicht  zur 
Waffe  mehr  und  mehr  untergraben  wurde. 

Zum  Glttck  hat  diese  Verkennang  des  Zusammenhangs  von  Ur- 
sache und  Wirkung  nach  dem  grolsen  Kriege  1870/71  keine  Schule 
mehr  machen  können,  wenigstens  in  der  Wafie  nicht,  und  an  mab- 


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Die  KavaUerie  als  MiUd  sam  Siege  eto. 


59 


gebender  Stelle.  Im  Gegenteil!  Denn  man  bat  sich  sagen  müssen, 
4a&,  in  ihrem  irrimmeu  Wüten  gegen  einander,  die  Feuerwafl'en 
sich  aoffredsen  werden,  wie  jene  beiden  Löwen,  von  denen  nichts 
übrig  blieb  als  ihre  Wedel;  und  wie  eben  wej^eu  dieses  Zersetzuugs- 
prozesses  die  hiervon  unberührte  Kavallerie  befähigt  sein  mul's,  an 
dem  Ringen  um  die  Entscheidung  teilzunehmen,  ja  unter  Umständen 
sie  herbeiführen  zu  können.  Und  mau  hält  an  dieser  Überzeugung 
lest,  trotz  aller  Versuche,  sie  mittelst  der  Lehren  der  Ballistik  und 
der  bchiefsplat/xigebnisse  zu  erschüttern.  Gerade  derartige,  auf 
rechnerischem  Wege  erzielte  Schlulsfolgerungen  werden  umsomehr 
bich  als  trügerisch  erweisen,  als  im  Kriege  das  psychologische 
Moment  zum  letzten  Eude  doch  immer  den  Ausschlag  giebt.  —  Es 
ist  also  das  Überwiegen  der  moralischen  Faktoren  und  deren 
Aufseruug  besonders  im  eutscheidenden  Angrifisstolse,  welches,  indem 
es  die  Eindrücke  der  brutalen  \\  aüeuwirkung  überwiaden  läfst,  den 
Sieg  gewährleistet. 

Wir  können  es  hier  dahingestellt  seiu  lassen,  aul  welche  Weise 
die  Durchführung  des  entscheidenden  Stofses  seitens  der  Hauptwaffe, 
der  Infanterie,  sich  im  Ernstfälle  einmal  gestalten  wird.  Auch  kann 
diese  Frage  keineswegs  als  abgeschlossen  angesehen  werden.  Aber 
luau  vergegenwärtige  sich  nur  einujal  die  allgemeine  (iefechtslage 
vom  Beginne  des  letzten  Ötadiuins  der  Durchführung  bis  zum  Höhe- 
ponkt  des  Feuergefechts  und  dem  Einbruch. 

Jetzt  schon  hat  infolge  der,  alle  Nerven  ül)erspannenden  Ein- 
drücke, der  Erschöpfung,  der  massenhaften  Verluste,  besonders  an 
Offizieren,  die  Ordnung  sehr  gelitten.  Hier  und  dort  macht  sich 
bereits  eine  Panik  geltend,  die  aber  noch  durch  Beispiel  und 
Energie  der  Ofliziere  überwunden  \viro,  auch  verursacht  hier  das 
Gelingen,  dort  das  xMilslingen  von  \  ür.>töfsen,  leicht  Mifsverständnisse 
in  deu  benachbarten  Gefeehtsteilen,  welche  mitunter  sehr  folgen- 
schwer siud.  Dazu  kommi  endlich  die  nicht  unbedeutende  Zahl 
jener,  die  aulser  stände  sind,  den  Eindrücken  der  Gefahr  auf  ihre 
Nerven  nachhaltig  zu  widcisteheu,  und  vom  Begrifle  der  militärischen 
Ehre  oder  des  Ehrgeizes  nicht  unbcdiugt  an  die  vordere  Gefechts- 
linie gefesselt  zu  Wiarde  n  vermögen.  So  ist  also  schon  in  diesen 
Stadien  des  Kampfes  die  durch  die  Feuerwirkung  hervor^M-rutene 
Zersetzung  der  Ordnung,  das  durch  Verluste  an  Führern  hervor- 
gerufene Hichselbstüberlabseu,  iu  hohem  Grade  eingerissen.  Wieviel 
mehr  wird  dies  in  den  letzten  Augenblicken  des  Kampfes  der  Fall 
sein,  al^o  unmittelbar  vor,  während  und  nach  drr  Entscheidung 
durch  deu  Angriffsstols  mit  der  blanken  Watfe,  dem  Hajonuei.  Be- 
denkt man,  dais  mit  dem  ilühepuukt  des  Gefechts,  der  nun  erreicht 


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60 


Die  KsvaUerie  als  Uittd  som  Siege  eio. 


ist,  ein  wahres  FlllUioni  TOn  Krisen  ttber  die  Kämpfenden  ans- 
gesebttttet  wird,  dafe  die  aogelieore  Anspannung  aller  pbysisehen 
wie  moralisehen  Kräfte,  der  menschlieben  Natnr  sofolge,  ohne  toU- 
kommenste  firsclittttening  dieser  Faktoren  niofat  lange  ertragen 
werden  kann,  dalk  die  Anfinerkaamkeit  aller  nur  nach  vom  geriobtet 
und  deshalb  selbst  die  niebsten  Vorginge  rechts  und  links  der 
Beobaehtnng  entzogen  werden,  —  so  scheint  es  nnsweifeihaft, 
dats  plötzliche  und  nnyorhergesebene  firsehelnnngen  Ton 
den  Flanken,  oder  aaeh  von  vorn  kommend,  ttberraseben 
and  verwirren  mttssen.  Zwar  werden  Ansbildnng,  GewOhnong, 
Oissqilin,  Umsiebt  und  Eneigie  der  Führer  derartige  Krisen  oft 
überwinden  lassen,  aber  eben  so  oft  kann  and  wird  dies  aaeh  nieht 
der  Fall  sein.  Denn  der  seisetKende,  auflösende  Einfluls,  welehen 
die  fnrebtbar  gesteigerte  Wirkung  der  Feuerwaffen  ausübt,  erzeugt 
jenen  Zustand,  der  im  grolsen  und  ganzen  darin  besteht,  dals  den 
betreffenden  Truppen  ein  kleinstmdgiichstes  Mals  von  Widerstanda- 
oder  Stolskraft  verblelbi'*  So  in  ftnbeistem  Habe  ftlr  aUe,  die 
Einbildung  in  Anspruch  nehmenden  Eindrucke  empftUiglicb  geworden, 
müssen  diese  losen  Verbünde  leicht  zur  Beute  eines  urplütsUch  von 
den  Flanken  her  eracbeinenden  Kraftrestes  werden,  der  in  Gestalt 
groDser  Kavallerie-Massen  für  solche  Augenblicke  au^sespait  ist. 
Und  in  der  That  wird  deien,  aus  Stofo  und  Waffenwiiknng  sieh 
zusammensetMude  Gefechtsthfttigkeit  ihre  psychologische  Wirkung 
niemals  verfehlen,  wenn  die  Treffen  auf  Treffen  sich  folgenden 
Beiteimassen,  riesigen,  alles  verschlingenden  Sturzwellen  gleich,  sich 
Uber  die  In&nterie  ergiefoen.  Und  die  EinheitsauarOstung  der 
Kavallerie  mit  der  „Königin  der  blanken  Waffen,**  der  geiUrehteten 
Lanze,  wkd  das  Überwttltigende  des  Eindrucks  nur  erhoben  können. 

Zur  Erzielung  groiser  Erfolge  gebOien  aber  auch  grobe  Kavallerie- 
Massen,  wie  sie  den  Zahlenverhültnissen  der  Armeen,  der  Raum- 
ausdehnung derselben  entsprechen.  Auch  der  Charakter  der  modernen 
Schlacht,  die  aus  einer  Reihe  grOIserer  Örtlichkeitsgefechte  sich 
zusammenzusetzen  pflegt,  und  daher  auch  der  FortpflanzungafÜhigkeit 
eingetretener  Krisen,  sowie  aller  Art  von  Eindrücken  Uber  den 
GfefiecbtsabBchnitt  hinaus  Grenzen  steckt,  weist  darauf  hin.  Be- 
sondere Berücksichtigung  verlangt  aber  die  Tiefengliederung  des 
beutigen  fnftmterie-Angriffis,  die  anttaglich  bedeutend  ist,  und  sich 
erst  spftter,  koiz  vor  der  Entscheidung  mehr  zusammengeschoben 
haben  wird.  Es  ist  deshalb  geboten,  ebensowohl  breite  Ziele^  wie 
auch  solche  von  mitunter  grOlserer  Tiefe  zu  fassen.  Mindestens  in 
der  Stärke  einer  Division  werden  die  geeigneten  Ziele  für  einen 
grOiberen  Kavallerieangriff  da  zu  suchen  sein,  wo  der  Hauptangriff 


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Die  KftTtUerie  als  Mittel  zum  Siege  etc. 


61 


«ttttfindet,  oder  der  Haoplwidenfeaiid  entgegengesetal  wird,  wo  mit 
4m  Wegnahme  eines  Haaptstnteponktes,  einer  letzten  Anfiiahme- 
glellmig,  endlieh  wo  mit  dem  Milseifolge  der  loteten,  aos  der  Hand 
gBgthenßn  Reeerren,  aneh  die  lotste  MOgliohkdt  eines  Krtlfle* 
«Bgleielie  im  GelSnde  dalünseliwindei 

So  stellt  sieh  bei  Ertolg  oder  Milserfolg  der  Fenerwalfen  die 
Bdterei  als  ein  nnter  UmstlLnden  kaom  sn  eraetzendes  Ißttel  dar, 
die  Entseheidong  herbeisnfllhien,  sie  sn  veryollstindigen,  einer 
Niederlage  vonnheagen,  oder  falls  diese  nnabwendhar,  die  drohende 
Venüohtnng  zn  yerhttten. 

Von  den  ftr  solehe  Aufgaben  eiforderliehen  Vorbedingnngen 
kommt  in  erater  Reihe  das  Gelände  in  Betraeht,  welches  eine, 
wenigstens  einigermalton  gedeckte  Anntthemng  nnd  Ton  der  Seite 
her,  gestatten,  sowie  genügenden  Raom  sar  Entwiekelnng,  nnd 
geeignetes  Attaekenfeld,  ermöglichen  mnfo.  In  dieser  Beziehnng 
wird  aber  die  grobe  Breitenansdehnnng  der  Schlachten  die  Ver- 
wendung der  Kavallerie  eher  begünstigen,  weil  das  Gelände  auf 
meilenweitem  Ranm  selten  Überall  glefchmäJbige  Gestaltnng  aufweist 
Und  was  die  allerdings  bedeutenden  Anforderungen  an  die  Leistungs- 
fthlgkeit  Ton  Pferd  und  Mann  betnfit,  so  bürgt  wohl  die  gewaltig 
gesteigerte  Ausbildung  unseres  vortrefflichen  Materials  dafür,  dals 
auch  in  dieser  Hinsicht  den  Vorbedingungen  entsproohoi  werden 
kann. 

So  wttnsehenswert  der  Flankenangriff  nun  auch  sein  mag,  so 
dürften  doch  Gelände  wie  Gefechtssweek  denselben  nicht  immer  ge- 
statten. Es  k(tnnen  nnd  werden  vielmehr  Fälle  eintreten,  welche 
zum  Frontalangriff  zwingen,  und  zwar  ohne  Rücksicht  auf  die  dadurch 
bedingten  grOlseren  Verluste.  Diese  dürften  freilich  um  so  beträcht- 
licher ausfallen,  je  weniger  die  Dringlichkeit  der  Veranlassung  zum 
Einsetzen  der  Kavallerie  die  freie  Wahl  des  geeignetsten  Zeitpunktes 
für  den  Angriff  zulälst,  der  dann  meistens  eine  noch  weniger  er- 
schütterte Infanterie  nnd  Artillerie  treflfen  wird.  1.  Garde-Dragoner 
und  Brigade  Bredow  bei  Mars  la  tourl  —  In  derlei  Fällen  können 
die  Opfer  gar  nicht  in  Betracht  kommen,  ebenso  wenig  das  eigent- 
liche Glücken  der  Attacke,  die  den  Gegner  endgültig  niederwirft. 
Es  wird  sieh  vielmehr,  wie  beim  1.  Garde-Dragoner-Regiment  darum 
handeln  „den  Feind  nur  zehn  Minuten  aufzuhalten,  und 
wenn  es  hierbei  auch  bis  auf  den  letzten  Mann  fallen 
sollte;  es  hätte  dann  seinen  Auftrag  und  seinen  Beruf 
erfüllt*'  —  Es  ist  bekannt,  in  welch  vollkommener  Weise  dies 
hiave  Regunent  mit  nur  drei  Eskadrons  die  ihm  gesteUte  Au%abe 
gdOst  hat    Zwei  Infuiterie-Begimenter  einer  feindlichen  Division 


Digitizüu  by  C(.)0^1e 


62 


Die  Kftndlerie  als  Mittel  zum  8i«ge  eto. 


wurden  darohbrochen,  überritteo,  am  weme  Adler  zasat&mengebaUt,. 
und  dadurch  in  der  Verfolgnog  der  zertrümmerten  pienilBiscben 
38.  Infanterie- Brigade  so  lange  aufgehalten,  dafs  jene  vor  völliger 
Vemichtong  bewahrt  werden  konnte.  Und  dies  mit  dem  —  Dank 
seiner  unvergleichlichen  Entschlomenheit  —  Terhältnismäfsig  nur 
geringen  Verluste  von  12  Offizieren,  125  Mann,  204  Pterden. 
Durchaus  gleichwertig  nach  jeder  Richtung  hin  ist  die  Attacke  der 
Brigade  Bredow,  6  Eskadrons  der  7.  KUrassiere  und  16.  Ulanen, 
an  diesem  blutigsten  Tage  des  Krieges.  Auch  hier  war  das  £in- 
setzen  der  Kavallerie  zur  Abwendung  äulserster  Gefahren  von  oben 
herab  angeordnet  worden;  nnd  es  erscheint  in  Ansehung  der  sacb* 
gemätsen  wie  entsoJüossenen  Befehlsausführung,  der  stürniisoheD 
Tapferkeit  der  Truppen,  des  Uberraschenden  Erfolges  bei  keineswegs 
ttbermälsigem  Verluste,  und  endlich  der  Bedeutung  der  ganzen  Aktion 
fbr  die  BearfeeUong  der  Leistungsfähigkeit  der  Kavallerie  gegen  die 
Feuerwaffen,  ganz  unerheblich,  ob  die  Umsetzung  des  ausdrücklichen 
Befehls  in  die  That,  von  vornherein  dem  eigenen  Triebe  des  wackeren 
l^'Uhrers  entsprochen  hat  oder  nicht.  —  Das  waren  ganz  gewil» 
lenchtend  brave  Thaten  fUr  jene  damalige  Zeit  besonders,  in  welcher 
das  Verständnis  fUr  die  Notwendigkeit  der  Aufopferung  der  „kost- 
baren Wafie*'  im  Anreiten  gegen  den  bösen  Hinterlader,  keineswegs 
bereits  zum  Gemeingut  geworden  war.  Heute  ist  es  jedem 
Kavalleristen  klar,  dafs  dies  durchaus  nicht  mehr  ist,  als  von  jeder 
andern  Waffe  gefordert  werden  kann,  thatsächlich  auch  immer  ver- 
langt und  als  ganz  selbstverstHiuilieb  geleistet  worden  ist,  ohne  des- 
halb die  Bethätigung  einfacher  rüichterfullung  durch  eine  dramatisciie 
Bezeichnung,  wie  „Todesritt"  hervorzuheben. 

Dals  durch  die  Verwendung  der  Reiterei  gegen  Feuerwafl'en, 
der  Bestand  mancher  Regimenter,  besonders  an  Pferden  eine,  die 
fernere  Verwendung  in  Frage  stellende  Einbulse  erleiden  kaim,  ist 
natürlich  nicht  ausgeschlossen.  Indessen  wird  es  häutig  auch  ohne 
empfindliche  Verluste  abgehen,  und  zwar  ist  dies  unter  allen  Um- 
ständen der  Fall,  wenn  die  Führung  Kaltblut  und  Umsicht  mit 
äulserster  Entschlossenheit  und  Rücksichtslosigkeit  zu  vereinigen  ver- 
steht. Das  KriegsglUck  hat  sich  jederzeit  aof  die  Seite  der  KUimheit- 
gestellt,  der  besonnenen  allerdings. 

Wenn  nun  schon  jeder  Verwendung  der  Reiterei  zum  Gefecht 
die  Bejahung  der  ernsten  Frage  vorausgehen  inufs,  ob  die  entstehenden 
Verluste  mit  dem  angestrebten  Zwecke  in  Einklang  stehen,  sie  recht- 
fertigen,  so  ist  diese  Erwägung  \ou  weittragendster  Bedeutung  bei 
dfHk  groGsen  Entscheidungssehlachten.  Dami  also,  wenn  nicht  nur 
der  Ao^gang  der  Öchlaeht  oder  des  Feldznges  auf  dem  Spiele  steht^ 


Die  KAvallerie  als  Mittel  zum  Siege  eto. 


69 


widem  die  Ezkteni  des  Stoates,  die  dann  bochetäblieli  ani  die 
De^Dspitze  gestellt  ist.  Da  kann  ein  Toneiliger  Veibraneh  der 
Wiffe  geradem  veililbignisroU  werden.  Die  Fälle  sind  gar  so  selten 
oiflM^  wo  gro&e  KsTallerieaiassen  als  letater  Einsats  die  grolse 
nage  ttber  das  nnd  Niehtsein,"  mit  der  blanken  Waffe  hfttten 
enlBebeiden,  das  Sehielual  noeh  hätten  wenden  können,  fiüls  sie 
ooeb  ToriMuiden  gewesen  wären.  Noeh  In  der  leisten  Sohlaoht 
Napoleons,  mit  deren  Verlust  er  endgttltlg  Krone  nnd  Rdeh  dahin- 
gehen molste,  hd  Belle-AUianoe,  naehdem  die  nozeitigen  nnd  kopf- 
losen Attaoken  Neys  seine  gesamte  Karallerie  miniert  hatten,  rief 
er  ans:  „Hätte  ieh  jetzt  Httrat  mit  einer  Besenre  ani  frisohen 
Pferden!'*  —  Der  groÜBe  Sehlachlenmeister  hielt  sieh  also  ttberzengt, 
dab  eine  Wendung  der  Seblaoht  sn  seinen  Gunsten,  mit  anderen 
Worten  die  Erbaltnng  seines  Thrones,  innerhalb  der  knrzen  Frist 
vor  dem  Eintreffen  Bittehers,  noeh  durch  Karallerie  unter  einem  nm- 
öehtigen  nnd  entsehlossenen  Ffibrer  hätte  herbeigefhhrt  werden 
können.  Es  wird  dahingestellt  bleiben  müssen,  ob  dieser  König  von 
Neapel  mit  seiner  swar  stUnniseben,  aber  häufig  onbesonnenen 
Tapferkeit  mehr  der  Hann  bierza  gewesen  wäre,  als  Ney.  Aber  es 
ist  wohl  möglich,  dals  der  Kaiser,  selbst  nieht  mehr  der  Alte,  krank 
nnd  zum  Abenteurer  geworden,  in  der  moralisehen  Ver&ssnng  Neys 
die  Ursaehe  dessen  blindwütigen  Verhaltens  richtig,  aber  zn  «pSii 
erkannt  hat.  Das  BewnIMsein  begangener  Felonie  brannte  dem 
tapfem  Manne  im  Gewissen  nnd  raubte  ihm  die  Besonnenheit.  Denn 
für  seine  Person  handelte  es  sich  um  die  verlorene  Ehre,  sowie 
um  Hals  und  Kragen,  mit  denen  er  seinen  Verrat  bezahlen  mulste, 
da  er  den  gesuchten  Tod  auf  dem  Sohlachtfeide  nicht  finden  konnte. 

Ein  zweites  sehr  lehrreiches  Beispiel  verhängnisvollen,  verfirtthten 
Verbrauchs  der  Kavallerie,  als  Folge  zogleich  der  dem  Fuhrer  ge- 
nommenen Selbständigkeit,  bietet  die  Sohlacht  von  Knnersdort 
Feindliche  Batterien  in  unangreifbarer  Stellung,  deren  mörderisches 
Feuer  das  siegreiche  Vordringen  der  Infanterie  zum  Stillstand  ge* 
bracht  hatte,  sollten  durch  die  Kavallerie  genommen  werden.  Des 
Königs  wiederholter  und  ausdrücklicher  Befehl  zwang  den  General 
S^dUtz,  ungeachtet  aller  Vorstellungen  zn  gehorehen,  und  unter 
Umständen  zum  Angriff  zn  schreiten,  die  nach  Zeitpunkt,  Gelände 
■nd  Angriflhriel  (Versohanzungen)  jede  Verwendung  der  Waffe  aus- 
scUossen.  Infolg^essen  führte  gerade  die  Heldenbafkigkeit  der 
Attacken  und  die  schwere  Verwundung  des  General  Sejdlitz,  die 
völlige  Zertrümmerung  alier  Kavallerie  herbei.  —  So  konnte  es  ge- 
schehen, dab  die  gesohlagene  Armee,  allen  Schutzes  nunmehr  bar, 
der  russisch-Österreichischen  Reiterei  zur  Beute  fiel,  nnd  die  Nieder- 


64  Die  KftvaUerle  alt  Mittel  n  Siege  ete. 

UigB  zn  einer  Terniehtendeii  sieh  gestaltete,  welche  den  Stut  an 
den  Rand  des  Abgrunds  brachte. 

Ein  solches  Sehieksal  abxnwenden,  gelang  der  KaTallerie  nach 
dem  Übelfalle  von  Hochkirch.  Der  König  in  seiner  Mi&achtiuig 
Dauns  hatte  sieh  einer  Sorglodgkeit  ttberiassen,  weiche  die  Generale 
nicht  teilten,  am  wenigsten  Zielen  nnd  Seydlits.  Gegen  des  Königs 
Anoidnong  hielten  sie  die  Kavallerie  wKhiend  der  Kacht  gesattdi 
So  traf  sie  der  nlchtliche  ObcE&ll  yöllig  yorbevettet;  die  BkaraUeiie 
bUeb  unberührt  nnd  dem  König  erhalten.  Als  dann  nach  dem 
mörderischen  Nachtkampfe  in  nnd  bei  Hochkirch,  in  dem  fut  alle 
Infanterie  zn  Schlacken  verbrannt,  die  Artillerie  in  Feindeshand  ge- 
fallen war,  der  König  seine  gelichtete  Armee  ans  dem  Kampfe  zog, 
da  sah  der  neue  Tag  ein  groIsartigeB  Schanspiel.  Die  ganze  Masse 
der  Kavallerie,  118  Schwadronen  anter  Zleten  und  Seydlitz  stand 
gefeohtsbermt  hinter  Hochkirch.  ZnnSchst  nahm  sie  die  geschlagene 
Infanterie  anf,  dann  aber  wies  sie  alle  feindlichen  V^rsnohe,  den 
mit  wechselnden  Treffen  erfolgenden  Abzng  der  Infanterie  zn  stören, 
dnreh  wiederholentliohe  Voistöise  von  den  Fltlgeln  her,  in  energischer 
Weise  zurück.  So  gelangte  man  an  die  gefl&hrliehen  Defileen  der 
kleinen  Spree.  Sofort  dittngte  Dann  schuf  nach,  aber  da  war  es 
Seydlitz,  der  mit  der  gesamten,  nunmehr  unter  seinem  Kommando 
Tcieinigten  Kavallerie  dem  Gegner  derartig  Respekt  einilöbte,  da& 
er  die  Verfolgnng  an^b.  Auf  dem  ganzen  bewnndemngswOrdigen 
Rückzug  hatte  der  König  nicht  einen  Wagen  verloren.  —  Das 
Schicksal  des  Tages  zn  wenden,  was  durch  ein  tragisches  Geschick 
der  Waffe  bei  Kunersdorf  vorenthalten  blieb,  war  ihr  bei  Zomdorf 
gelungen.  Dort  verstand  es  Seydlitz,  nachdem  die  Infimterie  des 
linken  Flügels  wiederholt  versagt  hatte,  die,  ndt  der  schon  ftsft 
gewissen  Niederlage  veri^undene  Freiagahe  des  Staates  dorch  eine 
Reibe  grofser  Angriffe  in  glorrdcber  Welse  abzuwenden« 

Die  Tfaaten  und  Verdienste  der  Kavallerie  bei  Zomdorf  sind 
bis  heutigen  Tags  nnerreidit  geblieben.  Sie  beseicbnen  dnreh  die 
Steigerung  der  sich  folgenden  Attacken  nach  Bedeutung,  Stftrice- 
verhftltnissen  und  Erfolg,  den  Höhepunkt  dessen,  was  jemals  von 
dieser  Waffe,  Fühning  wie  Trappe,  geleistet  worden  ist  Aber  auch 
niemals  wieder  ist  gerade  die  Persönlichkeit  des  Führers  in  Beispiel 
nnd  Gewalt  Uber  die  Massen,  in  genialer  Behandlung  der  taktischen 
Formen,  so  in  den  Vordergrund  getreten  wie  hier,  da  der  König 
das  Geschick  des  Tages  in  die  Hand  seines  grolsen  ReiterfUhrers 
gelegt  hatte.  Denn  nur  durch  Gewährung  voUster  Selbständigkeit 
konnten  alle  Krttfke  dieser  dSmonisoben  Natur  entfesselt  und  sa 
freier  Entfaltung  gebracht  werden. 


üiyiiizea  by  Ooo^ic 


Die  Kavallerie  ab  Mittel  nun  •äiege  etc. 


66 


U. 

Es  ist  oben  angedeutet  worden,  wie  im  Kriege  das  psych(H 
logische  Moment  von  grolser,  sogar  ausschlaggebender  Bedeutung 
ist.  In  seiner  B'igenschaft  als  Summa  der  seelischen  Emptiudungen 
einer  Anzahl  von  Individuen,  wird  es  behufs  beabsichtigter  Gesamt- 
äofserung  geleitet  beherrscht  durch  die  moralischen  Faktoren.  Die 
Heranbildung  und  Pflege  derselben  auf  Grund  des  sittlichen  Gedankens 
der  allgemeinen  Wehrpflicht  läfst  vorzugsweise  jene  Eigenschaften 
zeitigen,  wie  sie  deshalb  ein  halbes  Jahrhundert  lang  Sondergut 
Prenfsens  als  des  Volkes  in  Waffen  gewesen  waren,  nämlich  die 
aus  dem  Bewulstsein  gleicher  Pflichten  für  den  Staat  entspringende 
Hingebung  aller  lUr  denselben  als  für  die  grolse  Gemeinschaft,  sowie 
Nationalgeist,  Sinn  fUr  Nationalehre,  Opfersinn  u.  s.  w.  Dagegen 
können,  unabhän^i^  hiervon  die  eigentlich  kriegerischen  Eigenschaften 
als  Tapferkeit.  Ehrgeiz.  Hochhaltung  der  Waftenehre  sehr  wohl  auch 
bei  geworbenen  Landsknechtsheeren  erzeugt  und  von  ihnen  bethätigt 
werden.  Weil  sie  jedoch  im  Gegensatz  zu  jenen  der  höheren  sitt- 
lichen Grundlage  entbehren,  so  pflegt  auch  ihr  Zusammenbruch  und 
ihr  Versagen  ebenso  wohl  eher  möglich  zu  sein,  als  auch  unver- 
mittelter and  nachhaltiger. 

Cin  anderes  ist  es  um  jenen  Teil  des  psychologischen  Moments, 
der  weder  erzeugt,  gepflegt  noch  geleitet  werden  kann,  ein  Etwas, 
das  nur  yoü  einzelnen  Menschen  aasgehend,  elementare  Wirkung 
aoszaUben  vermag.  Das  ist  der  Einfluls  grulser  Persönlichkeiten 
aof  die  Massen. 

£ine  solche  Ersoheinaug  ist  u.  a.  Blücher,  dieser  seltene,  eigen- 
geartete Soldat,  der,  eine  Haapttriebfeder  zum  Sturze  Napoleons, 
diesem  den  letzten  vernichtenden  Schlag  versetzt  hat,  lediglich  durch 
Charaktereigenschaften  ohne  Gleichen.  Aas  der  Kavallerie  hervor- 
gegangen, besals  er  in  hohem  Matse  die  Gabe,  seine  Energie,  sein 
uiTerwttstliches  Selbstvertrauen  und  seine  Verantwortangsfreudigkeit 
jedermann  mitzuteilen,  von  seiner  nächsten  Umgebung  an  bis  zom 
letzten  Tambour.  Persönlich  war  er  ohne  jede  bessere  Bildung; 
aber  er  behensehte  mit  vollkommener  Meistenehall  die  Konst,  die 
MenscheD  zu  behandeln,  sie  richtig  m  beurteilen,  ebmo  wie  er  die 
€Mie  beealh,  seine  fiedeweise  allen  Lag^  and  VerfattltnisBen  ansD* 
passen.  So  fesselte  er  dorefa  gelegentliehen  hohen,  ja  dichterischen 
Schwung  die  G^ihieten;  den  gemdnen  Mann  aber  paekte  er  doxeh 
tieffende,  volkstliniliehe  Ansdrneksweise  bis  ins  inneiste  Mark  and 
nie  ihn  fini  Im  hohen  Alter  noch  rüstig,  aeigte  seine  ganie 
Peisttnlichkei^  besondezs  in  der  Haltung  zu  Pferde,  sowie  hn  Blick 
seines  Auges  den  bedentenden  Menschen,  lieüs  jeder  Zoll  an  Ihm 

JaJufaftoli«r  lür  di«  deutsche  Armee  und  Marine,   Rd.  114.    1.  6 


66 


Die  Kavailerie  Als  Mittel  zam  Siege  eto. 


den  altm  EaTaUeristen  eriLennen,  Aber  aach  den  fruhern  Hosaren, 
nur  alfan  bereit,  persönlieb  flieli  ins  Handgemenge  zo  stttnen.  So 
wie  er  war:  aehaiftiiiiiig,  wdlbliekend,  konsequent,  ein  in  sich  ge- 
acUoaBOier  Charakter,  väk  einem  Worte,  ein  ganxer  Mann,  konnte 
er  wohl  mit  einem  Gehilfen  wie  Gneisenan  der  Stellung  einet  Feld- 
heim  gerecht  werden;  sam  S^svaUeriefllhrer  Im  gröiheren  Stile  w8re 
er  nicht  geeignet  gewesen. 

Es  sind  in  der  That  gabtreiehe  und  sehr  besondere  Eigensohaften, 
die,  der  Vielseitigkeit  heutiger  Kriegführung  entsprechend,  in  emem 
ReiterfUhzer  ihre  Vereinigung  finden  sollen.  Weiöhe  Falle  schon 
der  ihm  xnfallenden  Aufgaben  beim  strategischen  Auf klSrongsdienete 
mit  sehier  Verantwortung  Atr  Thun  und  Lassen,  sdnen  Anforderungen 
an  KOrper  und  Geist,  an  Gresnndheit  und  NerTon.  Und  dann,  wohl 
immer  unmittelbar  an  letzteres  anschlielsend,  seine  Thätigkeit  vor, 
wtthrend  und  nach  einer  Schlacht  Hüben  wie  drüben  muls  er  seine 
Augen  haben,  mulb  er  selbst  sehen,  die  Vorgänge  beobachten,  die 
Erschemungen  des  Gefechts  beurteilen,  den  Znsammenhang  von  Ur- 
sache und  Wirkung  klar  erkennen.  Darauf  hin,  sowie  femer  auf 
Grund  rictitiger  Schätzung  von  Zeit  und  Raum  zutreffender  Beurteilung 
des  Geländes  in  Bezug  auf  seine  Brauchbarkeit  sollen  folgenschwere 
Kntsohltlsse  gefafet  werden.  Der  Augenblick  hierzu  nähert  sieh, 
denn  eine  gewaltige  Gefechtskrisis  gebt  ihrem  Ausgange  entgegen.  — 
Mag  es  sich  nun  darum  handeln,  eine  fast  gewisse  Niederlage  abzu- 
wenden, oder  den  Sieg  herbeiflUiren  zu  helfen,  gleichTiel,  die 
inzwischen  heranbeorderten  EaTallerie-Diyisionen  nähera  sich  berells 
dem  Brennpunkte.  Meldungen  und  dringliche  Mahnungen  zum  Ein- 
greifen ttberstttrzen  sich,  aber  er  mnfa  sich  zUgeln.  Denn  keiner 
der  auf  ihn  losstürmenden  Eindrücke  oder  wie  immer  gearteten 
Einflüsse  dürfen  imstande  sein,  ihm  Buhe  und  Klarheit  zu  rauben, 
am  wenigsten  im  Drange  des  Augenblicks,  wenn  die  Zeit  zum 
Handeln  endlich  gekommen  ist  Nun  soll  es  sich  zeigen,  was  neben 
der  taktischen  Befähigung  aach  die  Persönlichkeit  des  Führers  gUt, 
sein  Einfluls  auf  die  Massen  Tom  €teneral  bis  zum  letzten  Beiter.  — 
Blindes  Vertrauen  zu  seiner  Person,  Disziplin,  Ausbildung,  Ehrgeiz, 
Beispiel,  sehie  Erscheinung,  alles  soll  er  seinem  unbeugsamen  WiUen 
dienstbar  machen,  den  begonnenen  Angriff  auch  durchzuführen,  ihn 
hineinzutragen  hi  den  Feind,  koste  es,  was  es  wolle.  Darauf  kommt 
zunächst  alles  an. 

Das  oben  Angedeutete  mag  eine  ungefähre  Vorstellung  davon 
geben,  vde  wichtig  es  ist,  zu  derartigen  Au%aben  nur  Generale  zu 
wählen,  deren  hohes  Ftthror-Talent  durch  hervorragende  Eigenschaften 
des  Charakters  und  der  Persünlichkeit  unterstützt  wird.  Sehr  treflfend 


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Die  KftTallm  all  Mittel  smn  Siege  ele. 


67 


iulMrt  sieb  ein  Schrifteteller  der  Kavallerie  darüber:  „Keine  Waffe/* 
stgt  er,  „hat  darch  poeitiTe  oder  negative  Grölse  ihrer  Fuhrer  mehr 

zu  gewinnen  oder  zu  verlieren  als  die  Kelterei."  Die  positive  Gröfse 
eines  Menschen  heroht  aber  auf  groben  Charaktereigenschaften,  als 
der  sicheren  Voranssetzang  zn  ^rofsein,  verantwortangsvollem,  aber 
erfolgreichem  Tfaan.  Ant  solcher  Grundlage  zumeist  hat  Seydlitz, 
der  Heros  der  preufsischeu  Kavallerie,  dem  Staate  seine  unsterb- 
lichen Dienste  leisten  können,  nnd  mit  ihm  alle  KeiteriUhrer,  welche 
je  die  Waffe  za  grolsen  Erfolgen  geführt  haben.  Alle  in  ihrer 
Weise,  jeder  mit  anderen  Mitteln.  So  wird  die  grundverschiedene 
Geartung  triederizianischer  Kavallerie-Generale  ,,al8  buntes  Mosaik" 
wie  folgt  geschildert:  „Geüilers  schweigsames,  sohttohtemes  Wesen, 
das  durch  des  Königs  Animosität  gegen  ihn,  wenn  wir  uns  dieses 
Ausdrucks  bedienen  dürfen,  sich  oft  mehr  noch  wie  deprimiert  zeigte, 
and  nur  durch  die  lebendigfrischc  Eigeutttmlichkeit  Otto  von 
Schwerins,  der  des  weisen  Uafis  Lehre:  „Sorgenbrecher  sind  die 
Keben,^  Uber  die  Gebühr  hin  milsverstand,  Spannung  and  Elastizität 
gewann.  —  Des  greisen,  in  sich  gekehrten,  besonnenen  Driesen 
rerständige  MittelmäDugkeit,  der  nur  im  An^^esichte  des  Feindes, 
und  nnter  Kanonendonner  die  erloscheuc  Kraft  früherer  Jahre  wieder- 
fand; —  Zielen,  mehr  der  Mann  der  Handlung  als  der  liede,  aber 
ttber  das  Mais  des  Gewöhnlichen  hinaus  enti^chlossen,  kuhn,  ja  Ter- 
wegen,  wo  es  darauf  ankam  zu  handeln,  dabei  der  vollkommenste 
Typus  eines  christlicheu  Führers.  —  Öeydlitz,  aus  der  Zahl  aus- 
erwählter Geister,  die  alle  Hindernisse  durchbrechen,  dessen  \  er- 
wegenheit  sprichwörtlich  geworden,  ein  Pferdebändiger  wie  bellerophon, 
von  chevaleresker  Anmut  in  jüngeren  Jahren,  nnd  auch  noeb  in  den 
Zeiten  körperlichen  Verfalls  von  einer  gewissen  Grandezza,  wortkarg, 
schneidend,  ironisch,  von  einer  eisijren  Her/enskälte,  die  nur  durch 
\vilde  Sinnlichkeit  erwärmt  werden  konnte,  das  (Jegenteil  Zielens  in 
allem,  was  Sitte  betraf;  aber  wie  dämonisch  durchglüht  auf  dem 
Schlachtfelde,  voller  Empfänglichkeit  fUr  das  (iroise,  Erhabene,  nie 
hingerissen  von  den  Ereignissen,  vom  Drange  der  Gegenwart,  und 
f  hen  darum  immer  Herr  seiner  selbst,  das  Vorbild  der  Armee,  die 
ihn  auf  seiner  schönen,  kühnen  und  ruhmreichen  Bahn  mit 
Enthusiasmus  begleitete.  Wie  unähnlich,  ja  wie  entgegengesetzt  in 
allem,  und  doch  wie  ähnlich  einander,  wenn  es  darauf  ankam,  ihre 
Geschwader  gegen  den  Feind  zu  führen.'' 

Als  Hauptiriehfeder  der  vor  dem  Feinde  nie  versagenden  Spann- 
kraft der  Generale  muls  der  besondere  Geist  angesehen  werden,  den 
der  g^rofse  König  in  ihnen  erweckt  hatte.  Alle  »eine  Instruktionen, 
Belehrungen  atmen  den  Geist  der  unbedingtesten  Initiative,  als  Leit- 

5* 


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68 


Die  Kavallerie  als  Mittel  sam  biege  etc. 


steril  allen  kavalleristischen  Handelns.  Der  Könie:  machte  daher 
seine  Generale  grundsätzlich  verantNvortlich  für  das,  was  sie  unter- 
liefsen.  und  war  dann  annachsichtlich,  woj!:eg:en  er  darUher  hinwegsah, 
und  sich  milde  zei^rte,  wenn  etwa  blindes  Zufahren  zu  einem  Mifs- 
erfolge  «refllhrt  hatte,  llochsinnig  gewährte  er  dem  Freimut  der 
Überzeugung  auch  ihm  gegenüber  eine  Stätte,  denn  er  dachte  zu 
grois,  um  ihn  anderweitig  zu  deuten.  Und  wenn  er  auch  gew'ohnt 
war,  die  Grenzen  der  „vei'fluchten  Pflicht  und  Schuldigkeit"  sehr 
weit  zu  ziehen,  so  belobte  oder  belohnte  er  das  Verdienst  um  der 
Ehre  und  treuen  PtiichterfUllung  wilien  in  königlicher  Weise.  Aus 
diesem  hierdurch  erzeugten  Geiste,  den  die  Generale  pflegten,  den 
bewufster  Stolz  auf  eigne  Tüchtigkeit  und  auf  die  WatVenehre  trug 
und  steigerte,  ents))rach  jene  Spannkraft,  welche  den  preufsischeii 
Keiterluhn  r  dahin  brachte,  stets  das  äulserste  zu  wagen,  uiui  kein 
Opfer,  am  allerwenigsten  das  der  eigenen  Person  zu  scheuen.  Und 
indem  ein  solcher  Geist  sich  auch  den  Massen  mittrilte,  kam  es 
dahin,  dals  der  preulsische  Kavallerist  alles  seinem  Schwerte  als 
verfallen  betrachtete,  was  sich  dem  Laufe  seines  Hosses  entgegen- 
stellte. I^jn  solcher  Geist  wird  auch  heut  noch  in  der  Truppe  er- 
zeugt werden  können;  in  höherem  Grade  sogar  als  damals.  Denn 
zu  der  FUlle  glorreicher  IJberlieferungen,  deren  Pflege  in  berufenster 
Hand  liegt,  tritt,  mit  der  allgemeinen  Wehr|)flicht  als  vorweg  gegeben, 
in  der  grofsen  Zahl  gebildeter  Elemente,  ein  Faktor  hinzu,  der 
schon  eine  Macht  an  sich,  noch  besondere  Bedeutung  erhält,  weil  er 
in  die.sem  Umfanirc  noch  deutscher  Alleinbesitz  ist.  Diese  Elemente 
vermitteln  die  Empfänglichkeit  für  grofse  Ideen  und  hulie  Ziele 
auch  den  geringeren  Hildimgsgraden.  Und  nicht  zuletzt  auch  das 
Verständnis  für  die  Notwendigkeit  williger  Unterordnung  im  Sinne 
der  Disziplin,  die  notwendig  eisern  sein  nmfs  in  ihrer  Aufrecht- 
erhaltung und  Anwendung,  nicht  aber  in  den  Mitteln  zu  ihrer 
Erzeugung. 

Dafs  auch  in  Ileranbildun;^-  des  1  ührermaterials  in  seiner 
Gesamtheit  das  höchste  Ziel  nach  Leistung  und  besonderem  Geiste 
angestrebt,  und  in  unermüdlicher  Arbeit  auch  erreicht  wird,  ist 
gewils.  Aber  der  Erzeugung  machtvoller  Persönlichkeiten,  wie 
gerade  diese  WatTe  ihrer  zur  Entfaltung  voller  Kraft  bedarf,  ist  die 
heutige  Zeit  und  deren  besondere  Verhältnisse  nicht  mehr  förderlich. 
Allerhand  bedenkliche  Begleiterscheinungen  des  Zeitgeistes  and  der 
modernen  Biiciun-  sind  von  nachteiligem  Einflufs.  So  scheitern 
nicht  Wenige  an  den  mancherlei  Klippen  sogenannter  httherer 
Lebensführung,  oder  verfallen  der  Entartung  als  „  jeunesse  Christofle.**  — 
Dann  unter  der  Zahl  scharf  aasgeprägter  CSiaraktere  jene  NatoieD, 


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Die  Kavallerie  als  Mittel  zum  äiege  etc. 


69 


die  loieht  alle  Hindernisse  durchbrechen,  \  oUmensohen  der  IVrsönlich- 
ktii  und  des  (leistes,  deren  Befähigung  und  Tempcnimeut  sii*  /u 
Führrrn  der  Warte  vorherbestimmt  erscheinen  lälst.  Diese  gerade 
fs,  die  einer  sehr  unbefanirrnen  Würdigung  in  der  Kegel  am 
meisten  bedürfen.  Der  Frieden  vt  rirägt  sie  nicht,  läfst  sie  entweder 
rerkUnimern  oder  stölst  sie  als  unbequem  ab.  Ks  werden  also 
immer  sehr  brauchbare,  hotlnungsvolle  Eli  iuentc  der  Waffe  endgültig 
verloren  gehen.  Nur  Wenige  vermögen  den  Anschluls  wieder  zu 
^-evyinnen  und  ringen  sich  zur  Anerkennung  durch,  wie  siinei  Zeit 
Zielen  und  BlUcher  oder  der  Intatittrist  York.  Und  wenn  alles: 
Willen,  Wollen  und  Können  solcher  scharf  gezeichneten  rersönlich- 
keiten  den  Durchschnitt  weit  Uberragte,  so  hat  mau  sich  schlit  IsliL-h 
immer  noch,  wohl  oder  übel,  mit  der  Notwendigkeit  abgefunden, 
auch  an  ihre  anderweitige  Sonderheit  einen  besonderen  Mafsstab 
anzulegen.  So  war  der  grölste  und  genialste  Admiral  der  neuern 
Zeit,  Nelson,  in  seinem  privaten  Leben  ein  Wüstling  und  ein  Trinker; 
aber  man  brachte  und  beliels  ihn  auf  seinem  Posten,  und  die  ver- 
diente Kubestätte  in  Westminsterabtei  bat  ihm  das  zimperliche 
ofBzielie  England  deshalb  nicbt  yorenthalten.  Auch  Blüchers  Lebens- 
fiihrung  ist  im  Siooe  korrektester  AutTassung  nicht  immer  einwands- 
frei  gewesen. 

HUd  nicht  geringes  Hindernis  bei  Auswahl  der  für  die  hohen 
Kavallerieführer-Stellen  geeigoetsten  PersÖDlichkeiten^  so  z.  B.  Air 
den  Fall  einer  Schlacht,  also  fUr  einen  bestimmten  Zweok,  liegt  in 
nnserem  Befbrderungsmodas,  wie  unanfechtbar  seine  Berechtigimg 
uid  seine  Handhabung  auch  sonst  sein  mag.  FreUidi  winde  nur 
die  onbedingteste  Autorität  seitens  der  obersten  Anneefttbrong,  im 
Kriege  also,  die  Schwierigkeiten  bewältigen  ki^nuen,  welche  ent- 
stehen mttssen,  wenn  der  Drang  der  Verbältniase  die  rttcksicbtslose 
Dorehbrechnng  des  Anciennitätsprinzips  erheischen  sollte.  —  Die 
Übertragung  der  Führung  der  gesamten  Kayallerie  durch  den 
grolsen  König  an  Seydlitz  unmittelbar  vor  Beginn  der  Schlacht  von 
Kolsbach  ist  ein  solcher  Fall  Seydlitz  war  von  den  zur  Stelle 
befindlichen  Kavallerie-Generalen  der  jüngste  in  der  Anciennität, 
und  zum  Generalmajor  infolge  seines  Verhaltens  bei  KoUin  ttber^ 
haupt  erst  befördert  worden.  Wenige  Tage  vorher  hatte  er  bei 
Pegan  nnd  Gotha  weitere  glänzende  Frohen  seiner  ungewöhnlichen 
Fähigkeiten  gegeben.  Als  er  vom  König  den  Auftrag  znr  Fllhrnng 
der  Kavallerie  erhalten  hatte,  versammelte  er  sofort  die  sämtlichen 
Generale  der  Waffe,  und  teilte  ihnen  dessen  Willen  mit  Nach  er- 
folgter Befehlsanqgabe  entliels  er  sie  mit  den  Worten:  „Heine  Herren, 
ich  gebonhe  dem  König,  und  Sie  gehorchen  mir.^  —  Und  sie  ge- 


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70 


Die  Ktvallnie  als  Mittel  anm  Siege  etc. 


horchten.  —  Wessen  man  sieb  von  semer  Eneigie  «n  veraehen  habe, 
zeigte  er  sofort.  Emern  unbeholfenen  BrigadeiÜhrer,  dessen  Um- 
stftndUehkeiten  die  Bewegungen  %a  venttgem  drohten,  liefe  er  naeh- 
drttekliehe  Znrecbtweisong  zn  teil  werden;  und  einen  Bittmeister  der 
.  Leib-Kttrassiere,  dessen  stOniges  Pferd  seine  Schwadron  km  tot 
dem  Eänsehwenken  zur  Attacke  in  (fnordnnng  gebracht  hatte,  jagte 
er  von  der  Front  weg.  Seydlitz  wnlste  wohl,  was  er  thai  Denn 
indem  er  die  ihm  sehr  willkommene  Veranlassung  zn  persönlichem 
scharfem  Einschreiten  benutzte,  erzeugte  er  eben  jene  Spannkraft, 
jene  rttcksichtslose  Energie  und  EntBchlossenhett,  die  Haut  und 
Kragen  daransetzt,  den  Angriff  auf  das  Ziel  zu  fahren,  dasselbe 
treffen  und  niederreiten  zn  wollen.  Darauf  kommt  alles  an.  Und 
das  wird  sich  auch  jederzeit  als  das  beste  Sfittel  erweisen,  die  Ver- 
luste zu  Yerringem,  entweder  unmittelbar  oder  wenn  sie  unermüdlich 
grols  sich  gestalten,  durch  .den  Erfolg,  der  dann  weitere  ond  noch 
grölsere  ersparen  lä&t. 

In  sehr  charakteristischer  Weise  tritt  hier  auf  dem  Felde  Ton 
Beichertswerben  die  Persönlichkeit  des  Führers  in  die  Erscheinung, 
um  sich  hinfort  in  einer  sich  immer  steuernden  Weise  geltend  zu 
machen.  Damit  ist  aber  auch  zugleich  die  Bichtuog  angedeutet, 
wo  das  Gehdmms  aller  greisen  Erfolge  der  Kayallerie  zo  suchen 
ist  —  Die  Vereinigung  so  vieler,  einem  hohen  RavalleriefUhrer  be- 
nötigten Eigenschaften  in  und  mit  einer  Persönlichkeit  wird  immer 
seltcu  sein.  So  sagt  man,  und  so  scheint  es  beinah.  Aber  diese 
Seltenheit  dürfte  vielleicht  doch  nur  eine  Folge  aller  der  Hindemisse 
sein,  die  sich  einer  völlig  freien  Auswahl  der  unter  allen  Umständen 
geeignetsten  Anwärter  für  solche  Posten  platterdings  entgegenstellen. 
Denn  daüs  unter  der  Anzahl  der  das  höchste  Ziel  Anstrebenden  — 
nicht  der  Streber  —  solche  Gbaraktere  und  Persönlichkeiten  vor- 
banden sindf  ist  gar  nicht  einmal  zweifelhaft.  Diese  sind  da.  Aber 
es  kommt  freilich  darauf  an,  sie  in  ihrem  Kerne  zu  erkennen,  und, 
darin  liegt  die  Schwierigkeit,  sie  nötigenfalls  aller  wie  auch 
gearteten  Friedensbedenklichkeiten  ungeachtet,  scharf  im  Auge  zu 
behalten,  nm  sie  dann  so  oder  so  rechtzeitig  an  die  rechte  Stelle 
zu  bringen.  Nach  zwei  Seiten  hin  wird  das  Wort  Geltung  haben 
können:  ^Nooh  viel  Verdienst  ist  übrig,  habt's  nur!** 


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Die  Taktik  der  Feldartülerie. 


71 


V. 

Die  Taktik  der  Feldartülerie.' ' 


Kaum  je  hat  eine  Waffe  so  einsehneidende  Wandelungen  er- 
ühntkf  wie  die  dentsohe  Feldartülerie  in  dem  letzten  Jahre.  An 
den  Absehlnls  der  EinfÜhning  der  Feldkanonen  96  sehlielst  sich  als 
gaDK  neue  Eisehdnung  die  Feldhaabitze  98.  Hiermit  im  Zosammen- 
hange  ateht  die  Heransgabe  der  fllr  den  Gebranch  der  nenen  Waffen 
gmndl^nden  Vorsehriften:  des  Exerzler-Reglements  nnd  der  Schiels- 
Torsehrift  für  die  Feldartillerie,  beide  vom  Jahre  1899.  Der  Zeit, 
nicht  aber  der  Bedentnng  nach  znletzt  folgte  die  Neuorganisation 
und  Unterstellung  der  Feldartülerie  unter  die  Di^ionen,  welehe  am 
1.  Oktober  1899  ins  Leben  traten. 

Solebe  gewaltige  Änderungen  sind  natttrlieh  meht  ron  heute  zu 
morgen  entstanden.  Sie  haben  ihren  Schatten  weit  vorausgeworfen 
und  reichen  in  ihren  Uranfilngen  zum  Teil  2  Dezennien  weit  zurtlck. 
In  der  Militär-Litteratnr  nahmen  sie  einen  breiten  Baum  ein,  wobei 
die  Tersohiedenen  Ansiebten  häufig  scharf  anfeinanderplalBten,  aber 
auch  geklfirt  wurden.  Bs  sei  hier  nur  erinnert  an  die  Erfirterungen 
Uber  AnsscheideQ  oder  Beibehalten  der  KorpsartUl^e,  ttber  Unter- 
stellung der  Feldartillerie  unter  die  Difinonen  nnd  die  ihr  hierbei 
zu  gebende  Organisation,  taktische  nnd  ballistisehe  Leistungen  des 
zukünftigen  Feldgeschfltzes,  die  Art  der  Bekämpfiing  stark  gedeckter 
oder  eingedeckter  Ziele,  die  Verwendung  der  Artillerie  im  Gefecht 
und  ihre  kriegsmäfisige  Ausbildung. 

Das  in  diesem  Heinnngsanstanseh  Besprochene  steht  nunmehr 
als  abgeschlossenes  Werk  da,  welches  dazu  auffordert,  das  Geschaffene 
richtig  zu  würdigen,  es  seinem  ganzen  Umfonge  nnd  seiner  Bedeu- 
tung nach  zu  erfassen  nnd  zum  Wohle  der  Armee  nutzbar  zu 
machen. 

In  diesem  Sinne  bat  €reneraUentnant  Kohne  sein  neuestes  Werk 
JXß  Taktik  der  Feldartillerie*^  herausgegeben,  welches  von  ihm 
dazu  bestimmt  ist,  die  Tmppentfthrer  mit  dem  Wesen,  der  Leistnngs- 
fiUiigkeit  nnd  Verwendung  der  Feldartillerie  Tertraut  zu  machen, 
den  Offizieren  der  eigenen  Waffe  das  Yerstündnis  nnd  die  Anwen- 
dung des  Neugeschaffenen  zu  erleichtem  und  denen  der  anderen 
Waffen  ein  eigenes  woblbegrilndetes  Urteil  ftlr  die  Aufgaben  der 
Feldartülerie  und  deren  Lösung  zu  ermöglichen.    Und  in  der  That 

I)  Rohne,  Die  Taktik  der  Feldartillerie  für  die  Offiziere  aller 
Waflea  auf  Grund  der  fllr  die  deutsche  Artiileno  beatehenden  Bedtimmungea. 
Berlin  1899.  E.  S.  MitUer  u.  8. 


72 


Die  Takük  der  FeldarüUerie. 


ist  er,  wie  kein  anderer  bemfen,  die  nielit  leiohte  Aufgabe  in  dem 
▼on  ihm  beabsichtigten  Sinne  zn  l>ewlütigen.  Als  hervorragender 
Ballistiker  and  Artillerie-Taktiker  nahm  er  viele  Jahre  hindmch  eine 
tlihrende  Stellnng  in  dem  enn^Uinten  litterarischen  Heionngsstreite 
ein  und  er  hat  die  Genagthaang  gehabt,  dafs  die  von  ihm  vertretenen 
Ansichten  mit  wenigen  Aasnahmen  verwirklicht  worden  sind.  Ein 
schönerer  Lohn  konnte  ihm  für  seine  im  Interesse  der  Waffe  auf- 
gewandte, mtthevoUe  Arbeit  kanro  w^en. 

Das  vorliegende  Werk  behandelt  in  5  Haaptabschnitten 
L  die  Kampfmittel  der  Feldartillerie, 
II.  die  Organisation  der  Feldartillerie, 

m.  die  Elementartaktik  der  Feldartillerie, 

IV.  das  Oefecht  der  Artillerie, 

V.  die  Artillerie  in  Verbiodnng  mit  den  anderen  Waffen. 

In  einem  Anhange  sind  Vorschläge  fUr  die  Besiehtigang  der 
Feldartillerie  darch  die  Divisioos-Kommandeare  nnd  kommandierenden 
Generale  gemacht. 

In  dem  ersten  Kapitel  ist  die  Leistongsfthigkeit  der  Feld- 
kanone nnd  Hanbltse  nach  Wirknng  nnd  Beweglichkeit  knrz  be- 
sprochen. Erstere  wird  zn  deijenigen  der  aasgeschiedenen  C^chtttze 
nnd  der  Infanteriegewehre  in  Vergleich  gestellt,  so  dalh  einerseits 
der  Fortschritt  klar  hervortritt,  welchen  wir  dareb  die  Nenbewaffnnng 
gemacht  haben,  andererseits  der  Unterschied  in  der  Bewertung  der 
Infanterie  nnd  Artillerie  für  das  Fenergefechi 

Jener  Fortschritt  tritt  vornehmlich  nach  zwei  Bichtangen  in  die 
Erscheinung,  einmal  darch  die  Überlegenheit  des  Schrapnels  96  Uber 
das  91,  welche  Bxcellenz  Bohne  in  dem  An6atz  „die  voranssicht- 
liehe  Wirkung  des  Feldgeschtitzes  96'*  (Kriegstechnische  Zeitschrift 
1899,  Heft  8|  zu  etwa  25  Prozent  errechnet,  und  sodann  durch  die 
gesteigerte  Leistung  des  Geschützes  im  Verhältnis  zu  seinem  €re- 
wicht,  welche  durch  die  Angabe  erlSutert  wird,  dafs  beim  Feld* 
geschtttz  73  dne  Stofokraft  von  37,3,  bei  dem  96  eine  solche  von 
42,2  mkg  auf  1  kg  des  aufgeprotzten  Gewichtes  entfällt  Diese 
Zahlen  sind  hier  herausgegriffen,  um  den  Anteil  der  Technik  an 
dem  Zustandekommen  der  Kenkoustruktion  vor  Augen  zu  fuhren 
und  darauf  hinzuweisen,  dals  ohne  ihren  gewaltigen  Auftohwung 
Wirkung  und  Beweglichkeit  des  neuen  Materials  nicht  zu  der  er- 
reichten Höhe  hätten  gesteigert  werden  können. 

Fttr  die  Beurteilung  der  von  Infanterie  und  Artillerie  zn  er- 
wartenden Feuerthätigkeit  ist  die  Angabe  wichtig,  dals  jene  auf 
1000  m  dieselbe  Wirkung  aufzuweisen  haben  wird,  wie  diese  anf 
3000  m  und  dafe  sich  beide  Waffen  der  zu  erwartenden  Trefferzahl 


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Di«  Takük  der  FeldaitlUeri«. 


73 


noch  auf  500  ni  die  Wage  halten,  f^leiclie  Froiitbreiteu,  Zeiten  und 
Ziele  vonius^^eset/.t.  Dem  Herrn  Verfasser  geben  diese  Zahlen  zu 
dem  Hinweis  Anlafs,  dals  sie  ersichtlich  inachen,  welch  ein  {ge- 
waltiges, durch  nichts  zu  ersetzendes  Mittel  die  Truppen- 
fObruug  in  ihrer  Artillerie  besitzt,  wenn  sie  den  richtigen 
Gebrauch  davon  zu  machen  versteht. 

Die  Granate  wird  nach  ihrem  Gefechtszweck,  und  ihrer  Wir- 
kung als  ein  untergeordnetes  Geschofs  beurteilt.  Bekannt  ist.  dafs 
Generalleutnant  Kohne  in  dera  oben  angeführten  Aufsatze  der  kriegs- 
technischen Zeitschrift  ihr  Ausscheiden  befürwortet  und  begründet 
Einen  Ersatz  für  sie  findet  er  in  den  zur  Einfuhrung  gelangten  Feld- 
haabitzen,  deren  Zahl  er  noch  am  1  Batterie  für  jedes  Armeekorps 
erhöbt  wissen  will. 

Dnroh  die  Uber  die  Feldbaobitzen  gemachten  Aoefuhrongen 
weiden  die  im  neuen  Reglement  ond  der  Schieferorschrift  enthaltenen 
Angaben  dem  Veratiindnis  entgegengeftlhrt  Da  die  VeröifentUeh- 
ungeo  ttber  dieses  Geschütz  bisher  nur  spärlich  sind,  konnte  anob 
m  dem  besprochenen  Werke  nicht  näher  auf  dasselbe  eingegangen 
werden.  Bemerkenwert  ist,  dalis  sein  Schrapnel  trotz  stärkerer 
KngelfÜllnng  wegen  der  gekrtlmmteren  Flugbahn  und  geringeren 
Feuergeschwindigkeit  der  Haubitze  voranssichtlieh  nicht  die  Gesamt- 
wirkung desjenigen  der  Peldkanonen  erreichen  wird. 

Die  Beweglichkeit  des  neuen  Feldgesehtttws  wird  als  ,,allen 
berechtigten  AnsprOohen  unbedingt  genügend'*  beurteilt»  TrotK  des 
om  mnd  300  kg  im  Vergleich  zn  73  leichteren  Gewichtes  darf  man 
sieb  der  Hoffnong  nicht  hingeben,  dafs  die  Beweglichlseit  unter  allen 
Umsttaden  genügen  werden  Deshalb  ist  der  spätere  Hinweis  im  An- 
hange ant  die  sachgemäfse  Entwiokelnng  der  Zagleistangen  der  Be- 
spannung nur  durchaus  gereohtfertigt 

Das  zweite  Kapitel  behandelt  das  Stürkeyerbältnis  der  Artillerie 
in  den  anderen  Waffen,  die  Gesohtttzzahl  der  Batterie  und  die  httheren 
Eiidieiten  der  Artillerie. 

Wir  erfahren,  dals  jetzt  in  Dentsohiand  auf  1000  Mann  Infanterie 
5,76,  anf  1000  Reiter  3,3  Geschütze  entfallen  and  dafe  es  sich 
oidit  empfiehlt,  ttber  diese  Zahlen  fainanszugehen  wegen  des  gnilsen 
fintwiekdnngsnuimes  mm  Gefeebt  ond  des  Anwachsens  der  Marsehtieien. 

Mit  Rttcksicbt  anf  die  gesteigerte  Fenergesohwindigkeit  wird 
Batterien  zn  4  GescbtttKn  das  Wort  geredet   Der  Herr  Verfiwser 
fthrt  hier  die  gleichen  Grttnde  an,  welche  er  im  MiUtär-Wochenblatt 
mfoebten  hat  ond  die  dort  ancb  heftig  bekttmpit  und.  So  viel  sein 
Vorschlag  (Är  steh  haben  mag,  ist  er  bei  der  Nenfonnation  doch 
nieht  znr  Annahme  gelangt. 


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74 


Die  Taktik  der  FeldartiUerie. 


Das  dritte  Kapitel  »die  Elementartaktik  der  Feldartillerie« 
^ebt  im  wesentlichen  die  Formen  der  Batterie  und  Abteilang  nach 
4em  Reglement  anter  Beisetsong  der  betreffenden  Bilder  wieder. 
Eine  hier  erwähnte  Yer||;rOlserttDg  der  Geschttts-Zwisohenräome  bis 
an  40*,  welche  das  Beglement  von  1892  kannte,  haben  wir  in  dem 
Ton  1899  nicht  wiedergefimden. 

Das  vierte  Kapitel  bescbäfdgt  sieh  mit  dem  Gefecht  der 
Artillerie,  d.  h.  mit  deren  eigenen  Anordnnngen  zor  Bethittigiuig 
höchster  Wirkung  rechtseitig  und  am  richtigen  Platze.  Dasselbe  ist, 
wie  aneh  das  5.  so  omfong-  und  inhaltreieh,  dafo  auf  eine  nur 
einigermalsen  zosammenhängende  Besprechnng,  weil  Uber  den  Bahmen 
dieser  Bearteilnng  weit  hioansgehend,  venichtet  werden  mafo.  Des- 
halb erübrigt  nur,  einzelne  besonders  bedentnngsroUe  Pnnkte  herans- 
zogreifen,  um  an  ihnen  zn  zeigen,  welche  Fandgrabe  an  Beiehmng 
sich  vor  dem  Leser  aasbreitet  Allgemein  sei  bemeriLt,  dals  sieh 
alle  ErOrterangen  Uber  die  Wirkung  auf  die  im  1.  Kapitel  gemachten 
ballistischen  Angaben  stützen,  dafs  die  geechiohtllche  Entwickelnng 
der  taktischen  Grondsfttze  über  die  Verwendang  der  Waffe,  so  weit 
erforderlich,  gegeben,  nnd  zahlreiche  kriegsgeschichtliohe  Beispiele 
zor  Sttttznng  des  Behanpteten  angeführt  worden.  Dadurch  wird  das 
Verständnis  angemein  gefördert  and  der  an  sich  trockene  Stoff  be- 
lebt and  anziehend. 

Die  Er  Öffnung  des  Feaers  Uber  8000  m  wird  nicht  empfohlen, 
weil  die  Zuverlässigkeit  des  EinschiefeeoB  nnd  zu^eieh  die  Wirkungs- 
tiefe  des  Schrapnels  abnimmt.  Es  scheint,  dals  der  Herr  Verfitfser 
auf  Grund  seiner  Untersuchungen  über  die  Zuverlässigkeit  des  Bin- 
schielsens  zu  dieser  Enttemnng  gekommen  ist  Denn  wie  bei  der 
Feldkanone  78  3000  m  als  Grenze  der  zuverlässigen  Wirkung  an- 
gesehen wurden,  so  berechtigen  wohl  die  ballistisdien  Eigenschaften 
des  Geschützes  96  zu  der  Behauptung,  dals  sie  erst  bei  etwa  8600  m 
liege.  Oft  wird  die  Gestaltung  des  Geländes  für  die  Entfernung 
vom  Feinde  zwingenden  Einfluß)  ansUben;  ungünstige  Beobachtongs- 
mOglichkeit  kann  ein  nSheres  Herangehen  in  eine  weniger  vorteil- 
hafle  Stellung  fordern,  um  die  Zuveriässigkeit  des  Efaischiefbens  zu 
lürdem.  Trifft  dies  nicht  zu,  so  dürfte  in  der  nur  um  etwa  5  m 
kleineren  Wirkungstiefe  des  Schrapnels  und  dem  um  etwa  2  Grad 
giOlheren  Fallwinkel  kein  ausreichender  Grund  für  Aufgabe  der 
besseren,  aber  um  einige  hundert  Meter  entfernteren  Stellung  zu 
finden  sein. 

Die  Beziehungen  zur  Infanterie  erfahren  eingehende  Be- 
sprechung. War  von  der  beiderseitigen  Wirknag  schon  im  1.  Kapitel 
•die  Rede,  so  wird  hier  im  AnscUnfs  an  Z.  281  des  Reglements 


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Die  Taktik  der  FeldartUlerie. 


75 


lUfor  gewarnt,  den  Bereieb  des  feindlieben  Gewebrfenen  niebt  ebne 
iwiogenden  Grund  an&ntneben,  zamal  die  Wirkung  der  Artillerie 
nur  geringen  Sebwankungen  mit  Znnabme  der  £ntfemmig  um  einige 
100  m  unterworfen  sei.  Ungedecktes  Abprotsen  unter  1500  m  müsse 
im  Inlanteriefeuer  mtfgliobst  yermieden  werden.  Beim  Sturme  kOnne 
eitt  Herangeben  bis  in  das  wirksamste  Gewebrfener  sur  Begleitung 
des  Infanterie-Angiiffes  nOtig  und  unter  Benutsang  von  Deckuugen 
aosfülirbar  sein.  —  Die  aus  dem  Feldsuge  1870/71  angeitlbrtea 
Beispiele  untersttttsen  diese  Bebauptnng  um  so  kräftiger,  als  das 
Chassepotgewebr  den  FVanxosen  bereits  eine  namhafte  Femwirkung 
gestattete.  Niobt  zu  nntersebätien  ist  wobl  ancb  der  Umstand,  dafs 
die  beiderseitigen  Infenterien  in  dieser  Gefecbtslage  bereits  im  Ent- 
sebeidnngskampfe  stehen,  wodnrob  das  Feuer  und  die  Aufinerksamlieit 
des  Gegners  von  der  auffiUirenden  Artillerie  abgelenkt  wird.  Immer» 
hin  wird  zu  erwMgen  sein,  ob  der  gewollte  Gefeebtssweck,  die  Unter- 
stiltsnng  der  Infanterie,  durch  Begleitung  derselben  bis  in  das 
schwerste  Crewehrfeuer,  auch  den  Einsatz,  welcber  unter  Umstunden 
im  Zusammenbrach  der  Batterie  besteht,  rechtfertigt  Die  beste 
UnterstfItKung  bleibt  stets  nachdrückliche  Wirkung,  welche  meist 
sicherer  aus  Stellungen  um  einige  100  m  rttekwilrts  der  anm  Sturm 
angesetzten  Scbtttzenlinien  gewährleistet  wird.  Heranhallen  müssen 
sich  Teile  der  Artillerie  natttrlich  grundsätzlich,  schon  um  bei  glttck- 
liohem  Ausgange  zum  Verfolgungsfeuer  zur  Hand  zu  sebL 

Andererseils  wird  einer  durch  Infanterie  in  gleicher  Ftontbidte 
angegriffenen  Artillerie  die  Wahrscbeinlicbkeit  zuerkannt,  bis  zur 
Entfernung  von  800  m  den  Gtegner  abzuweisen.   Gleichwohl  soll  die 
Artillerie  durch  vorgeschobene  Infenterie  gescbtttst  werden;  als 
sweckmäbiges  Mals,  um  welches  diese  Torzntceiben  sei,  sind  500  m 
gefordert  —  Dem  möchten  wir  hinzufügen,  dafe  bei  einer  Front 
▼on  etwa  einer  Abteilung  eine  Sicherung  dnroh  Infanterie  Torwärls- 
sdtwärts  der  Flügel  genügt,  da  tou  dort  aus  jede  Annäherung 
gegen  die  ArtiUerie  unmüglicb  gemacht  werden  kann.    Schon  für 
sin  Regiment  werden  auob  vorwärts  desselben  Postiemngen  von 
Infanterie  vorzunehmen  sein,  zumal  wenn,  wie  es  die  Franzosen  be- 
absichtigen, kleine  Thipps  vorzüglicher  Schützen  die  Bedienung  ab- 
schieben sollen.    Hieizu  genügen  schwache  Abteilangen,  welche 
im  Gelände  leicht  Deckung  finden  und  bei  einem  Abstände  von 
500  m  durch  Bohr-  oder  Früh-Zerspringen  der  eigenen  ArtiUerie  auch 
flieht  gefährdet  sind. 

Die  folgenden  Unterabschnitte  über  Erkundung  und  Wahl 
der  Feuerstellung  und  das  Einrücken  in  dieselbe  enthalten 
manche  beherzigenswerte  Fingerzeige  für  die  Artillerieflibrer.  Die 


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76 


Die  Taktik  der  mdartfflerie. 


Eiiknndoiig  ist,  ihrer  Bedentanf:  für  das  Auftreten  der  Arftülerie  enl- 
spreehend,  im  neaen  Reglement  ansfilbrlicher  bebandelt  nnd  wird  es 
einer  eingehenden  Beschftftigiing  mit  diesen  Grundsätzen  hedflrfen, 
am  sie  im  ToUen  Um&oge  zn  erkennen  nnd  in  die  Wirklichkeit  zn 
UbertmgeD.  Da  kann  es  nur  willkommen  sdn,  wenn  die  bereits 
gemachten  Erfahrungen  znm  schnelleren  Einleben  mitgeteilt  werden. 
Nnr  einem  Satze  Uber  das  Bezieben  der  Fenerstellung  können  wir 
nicht  im  volleo  Umfange  beistimmen.  Derselbe  besagt,  daCs  es  dem 
Batteriefährer  überlassen  bleibe,  ob  er  im  Vorgehen,  oder  nach  vor- 
hergehendem  Kehrtmachen  im  Zurückgehen  oder  nach  der  Flanke 
abprotzen  lasse.  In  grOfeeren  Verbänden  mols  sich  das  Einrücken 
aller  Batterien  nach  dem  Willen  des  höheren  Führers  vollziehen, 
der  deshalb  auch  den  Grad  der  Deckung  bestimmt.  Unter  dieser 
Binscfaränkancr  bleibt  dem  BatteriefUbrer  freie  Hand.  Es  würde  aber 
das  gedeckte  Einnehmen  der  Stellung  durch  andere  Batterien  ver- 
raten  werden,  sofern  eine  das  Abprotzen  im  Zurückgehen  mit  yorher- 
gehendem  Kehrtmachen  anwenden  sollte. 

Aua  den  Unterabschnitten  „Ziel Wechsel**  und  „Wechsel 
der  Feuerstellung'*  sei  je  eine  Stelle  herausgegriffen,  auf  welche 
kurz  eingegangen  werden  soll. 

Zu  den  Zielen,  auf  welche  der  BatteriefUhnT,  weil  Getahr 
droht,  aus  eigenem  Entschlüsse  das  Feuer  Uberlenken  kann,  rechnet 
der  Herr  Verfasser  auch  neu,  neben  bereits  beschossener  Artillerie, 
anftretende  Hattrrien.  Wir  sind  ganz  seiner  Ansicht,  denn  jede 
\  erstärkung  der  feindlichen  Artillerie  birgt  die  Gefahr,  dafs  sie  das 
Übergewicht  erlangt  Diese  Auffassung  wird  indessen  keineswegs 
durchweg  geteilt,  vielmehr  angenommen,  dafs  Nahziele  gemeint 
seien.  Eine  Stütze  findet  diese  Ansicht  in  dem  Schlnissatz  der 
Z.  306  der  Sohie&vorschrift:  „Dabei  werden  Uberrasch end  auf 
näherer  Entfernung  auftretende  Ziele  dazu  dienen,  auch  diejenigen 
Fälle  vorzttftlhren,  in  denen  die  BatteriefUbrer  selbständig  einen  Ziel- 
wecbsel  anzuordnen  haben."  Eine  Änderung:  dieses  Satzes  könnte 
der  Beurteilung  Uber  Zulässigkeit  des  Zielwechseis  aus  eigenem  Ent- 
schluis  nnr  forderlich  sein. 

Der  andere  Satz  empfiehlt,  bei  KilckwUrtsbewegungen  im  Schritt 
anzutreten  und  erst  zum  Trabe  Uber/ugehen,  wenn  die  nächste 
Infanterielinie  passiert  ist.  Das  Reglement  kennt  diesen  Zusatz 
nicht  Das  Antnebmen  eines  schnelleren  Tempos  scheint  vielmehr 
von  da  ab  gerechtfertigt,  wo  Hohe  und  Ordnung  hergesteilt  sind 
und  die  Trappe  aus  dem  wirksamen  Feuerbereich  getreten  ist. 

Der  MunitioDsersatz  hat  mit  Einführung  des  zu  schnellem 
Feuer  befähigten  Feldgeschützes  96  hervoiragende  Wichtigkeit  er- 


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Die  TAktik  der  FeldartiUerie. 


77 


lanfTt  Darüber  läfst  auch  das  Reglement  keinLii  Zweifel.  In  der 
vorlit'^L'iulen  Arbeit  ist  der  Nachweis  geführt,  wie  die  Jetzifje  Aus- 
rüstung auch  dem  erhöhten  Verbrauche  gerecht  wird  und  wie  lanpe 
Zeit  der  Bedarf  einer  Batterie  im  gewöhnlichen  Teuer  gedeckt  ist, 
je  nachdem  sie  auf  ihre  eigene  Ausstattung  angewiesen  ist  o(i(  r  am  h 
über  die  der  leichten  Munitiouskolonne  verfügt.  Die  Berechnung  er- 
giebt  3  bezw.  4  Stunden,  so  dafs  die  Anaahme  berechtigt  ist,  dafs 
bis  Ablauf  dieser  Zeit  auf  Ersatz  aus  den  Munitions-Kolonnen  mit 
Sicherheit  gerechnet  werden  kann,  —  Bemerkenswert  ist  die  VVieder- 
legung  der  .\nnahme,  dafs  wegen  der  hoch  gesteigerten  Wirkung  der 
modernen  Geschütze  sowohl  der  Artilleriekampf  als  auch  die  Vor- 
bereitung des  lufanterieangriffes  sich  mit  einem  geringeren  Munitions- 
Anfwande  werde  durchführen  lassen.  Die  grofsen  Schufsweiten,  auf 
welchen  die  heutigen  Waffen  die  Vernichtung  anliahnen  können, 
haben  eine  Erweiterung  aller  Abstände  zur  Folge.  Wird  schon  da- 
durch die  entscheidende  Wirkung  verzögert,  so  ist  es  auch  der 
Infanterieangriff,  der  weitere  Strecken  zu  durchlaufen  hat  und  der 
Unterstützung  der  Artillerie  in  der  längeren  Zeit  keinen  Augenblick 
entbehren  darf. 

In  dem  5.  Kapitel  ist  unter  „die  Verteilung  der  Artillerie  inner- 
halb des  Armeekorps*'  das  Fallenlassen  der  Korpsartillerie  bezw. 
die  ForderoDg  der  Unterstellung  der  Feldartillerie  unter 
die  Divisionen  besonders  eingehend  und  —  llberzeogend  naeh- 
gewiesen.  Diese  urganisatorische  Änderung  ergiebt  sich  ans  der 
Notwendigkeit  des  Artillerieduells,  welches  infolge  der  grofsen  Wirkung 
der  modernen  Geschütze  nicht  mehr  umgangen  werden  iLann  lud 
möglichst  Yor  dem  Einsetzen  der  Hauptmasse  der  Infanterie  zo  einem 
gewissen  Abschlnfs  gebracht  sein  muls.  Es  erstrebt  die  Feaer- 
llberlegenheit,  welche  es  gestattet,  mit  dem  grülseren  Teil  der  Ge- 
sebütze  rioh  gegen  die  Infanterie  m  wenden,  mit  dem  kldneren,  die 
leiDdliohe  Artillerie  abzuhalten,  ein  Oleiebes  zn  thnn. 

Die  für  Sonderzwecke  geschaffene  Hanbitzabteilnng  jedes 
Annee-Koips  bildet  in  Zukunft  gewissermaben  die  Korps-Artillerie, 
über  welehe  der  kommandierende  General  je  naeb  der  (Jefeobtslage 
entscheidei  Sie  grundsfttzlieb  als  Reserve  znr  Verittgung  zu  behalten, 
liegt  in  ibier  Bestimmung  begründet 

Unter  „Truppeneinteilnng  nnd  Marsebordnung"  sind  die 
Gesiebtspiinkte  in  den  Vordergrund  gestellt,  welebe  für  zweekmäbige 
Zuteilung  von  Artillerie  an  die  Avantgarde  spreeben.  Sie  yerdienen 
um  so  mehr  BeaehtuDg,  als  naeb  der  jetzigen  Fassung  von  Z.  106 
der  Felddieust-Ordnung  die  gesamte  Artillerie  leiebt  untersohiedlos 
in  das  Gros  verwiesen  wird.  —  Neu  ist  der  Hinweis,  daib  die  fint- 


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78 


Die  Taktik  der  FeldartUlerie. 


TdokelüDg  der  gesamten  Infanterie  um  so  schneller  erfolgen  kann, 
je  weiter  die  Artillerie  in  der  Marschkolonne  nach  vorn  genommen  ist. 

Aas  dem  Unterabschnitt  Angriff"  mag  hier  nnr  auf  den  Vor- 
tritt, welcher  der  Artillerie  bei  der  ersten  Entwickoluiifr  gebührt,  das 
Vorgehen  der  Infanterie  durch  den  zur  Vertilgung  gebliebenen  Kaum 
und  das  Zosanimeinvirken  beider  Waffen  besonders  hingewiesen 
werden.  Soll  sich  die  Infanterie  einerseits  unter  dem  Schutze  der 
Artillerie  wichtiger  Stutzpunkte  bemächtigen,  so  andererseits  die 
Schwesterwaffe  durch  Bedrohung  und  Anfassen  des  Gegners  unter- 
stützen. Das  ist  ein  wichtiger  (Truiidsatz.  der  ebenso  für  die  offene 
Feldsohlacht,  wie  besonders  liir  den  Kampf  um  befestigte  Feld- 
stellungen gilt,  bei  welch  letzterem  das  Kegleiuent  ihn  auch  scharf 
zum  Ausdruck  gebracht  hat. 

Gleich  fesselnd  und  belehrend  sind  die  übrigen  Gefechtsformen: 
Verteidigung,  Veifolirung.  KUi'kzug  und  schlielslich  das  (iefecht  der 
reitenden  Artillerie  Ix  i  der  Kavallerie-Division  besprochen.  Der  zur 
Verfügung  stehende  Kaum  verbietet  ein  näheres  Eingehen  darauf. 
Wer  sich  eingehend  mit  dem  Verhalten  der  Feldartillerie  bei  diesen 
Grefechtshandlungen  befassen  will,  darf  reicher  Anregung  sicher  sein. 

Der  „Anhang"  bringt  einen  Vorschlag,  in  welcher  Weise  die 
Besichtigung  der  Feldartillerie  durch  die  Divisions-Kommandeure  und 
kommandierenden  Generale  erfolgen  soll.  Das  ,.Kriegsmäfsige''  ist 
dabei  in  den  Vordergrund  gestellt  und  jenen  \  orgesetzten  an  die 
Hand  gegeben,  wie  sie  sich,  ohne  sich  in  Einzelheiten  zu  verlieren, 
»in  Urteil  über  die  Ausbildung  verschafl'en.  so  zu  sagen  der 
Triijipe  bis  in  das  Innerste  hinein  sehen  köimen.  Das  Schwierigste 
lür  ilie  nicht  aus  der  Waffe  hervorgegangenen  Vorgest  lzten  ist  und 
bleibt  die  Beurteilung  des  Schieisens,  zumal  dieselbe,  wie  Exeellenz 
Kohne  sehr  treffend  bemerkt,  nur  dann  Wert  hat,  wenn  sie  be- 
gründet werden  kann.  Ob  eine  Teilung  in  eine  Besprechung  der 
taktischen  Seite  der  Aufgabe  durch  den  Nicht- Artilleristen  und  der 
schiefstechnisehen  durch  den  Brigade-Kommandeur,  wie  vorgeschlagen, 
zur  Ausfuhrung  kommt,  ist  reine  Personenfrage.  Haben  die  Divisions- 
Kommandeure  erst  näheren  Einblick  in  die  Schiefsausbildung  erlangt, 
so  werden  sie  später  als  kommandierende  Generale  auch  zu  einem 
selbständigen  Urteil  in  dieser  Hinsicht  befähigt  sein. 

Als  Hauptzweck  seiner  Arbeit  sieht  es  General- Leutnant  liohne 
an,  bei  den  Offizieren  der  anderen  Waffen  das  Interesse  und  Ver- 
ständnis für  die  Aufgaben  und  die  Verwendung  der  Feldartillerie 
zu  erhöhen.  Nach  Dnrchstoht  seines  Werkes  geben  wir  der  Über- 
zeugung Ausdruck,  dab  er  seine  Absicht  in  rollem  Umfange  er- 
reichen wird.    Das  Streben  der  anderen  Waffen,  sich  mit  der 


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KinluhruDg  des  neuen  deutbohen  Feldhaabitzenmaterials.  79 

LetstQDgsfäbigkeit  nod  Taktik  der  FeldartUlerie  vertrant  m  machen, 
irt  grofs,  imd  es  giebt  kaum  eine  Frage,  Uber  welche  das  besprochene 
Bach  nioht  An&ehlals  gäbe.  „Und  wo  ihr's  paokt,  da  ist  e» 
ntereflaantl«  R. 


VI. 

Zweck  u&d  Bedeutung  der  Eiotährung  des  neuen  deutschen 

Feldhaubitzenmaterials. 

Von 

HeUweg^  Lentaant  im  FeldartiUerie-Kegt.  Nr.  17. 

Die  FeldartUlerie  gUt  hentzotage  in  militilrtschen  Kreisen  nicht 
mehr  als  eine  Spezialwaffe,  aneh  nicht  als  Waffe  der  Znknnft,  sondern 
sie  ist  eine  der  drei  nnerlMIsliGhen  Hanptwaffen. 

Diese  Erkenntnis  hat  sich  seit  dem  deatsch-iranzOsischen  Kriege 
gaai  aUni&hlich  Bahn  gebrochen.  Alle  kriegerischen  Unternehmungen 
der  letKten  25  Jahre,  nicht  am  wenigsten  der  griechisch-tUrkische 
Krieg  und  anch  die  eisten  Kämpfe  zwischen  den  Bnren  nnd  Eng' 
lindem  in  Transvaal,  haben  von  nenem  den  Beweis  für  die  Richtig- 
keit dieser  Annahme  erbracht  Es  Iftist  sich  nachweisen,  dafs  die 
Verwendung  der  Feldartillerie  —  oder  richtiger  die  feldmälsige  Ver- 
wendung der  ArtUlerie  —  in  jedem  einzelnen  FaUe  mindestens  mit- 
entscheidend war  für  den  Ausgang  des  Gefechts,  nnd  es  kann  des- 
halb kanm  jemanden  yerwnndem,  wenn  wir  sehen,  wie  gerade  in 
der  aUernenesten  Zeit  eigentlich  alle  Grolsstaaten  in-  nnd  anlserhalb 
Europas  der  Reorganisation  ihrer  FeldartUlerie  eine  ganz  besondere 
Bedentnng  beigelegt  zu  haben  scheinen. 

Deutschland  hat  die  Wichtigkeit  dieser  Waffe  zweifellos  richtig 
erkannt  Unbestritten  marschiert  es  auf  diesem  Gebiete  an  der  Spitze 
aUer  Grolsstaaten,  denn  wtthrend  diese  zur  Zeit  noch  mehr  oder 
weniger  intens!?  mit  der  Einftthmng  eines  neuen  Feldkanonenmaterials 
beschäftigt  sind,  hat  Deutschland  diese  schwierige  Aufgabe  bereits 
im  Frühjahre  diesen  Jahres  entgultig  abgeschlossen,  indem  es  aUen 
seinen  Formationen  ein  neues  Feldgeschtttz  gegeben  hat  Selbst- 
▼eistftndlich  konnte  diese  Mafsnahme  erst  erfolgen,  nachdem  auch  die 


60 


Elmflilirung  des  neuen  deutschen  Feldbaubiuuumuterials. 


ibr  den  MobilmaehangBlidl  erforderfiehen  Mimitioiismengen  and  alks 
sonstige  Zubehör  in  ansreiehendem  Habe  fertig  gestellt  worden  war. 
—  Dentscbland  hat  aber  noeh  dnen  writeren  Sehritt  YorwSrts  ge- 
than,  einen  bedentongsToUen  Sehritt,  es  hat  seit  dem  1.  Oktober  d.  J. 
•damit  begonnen,  seiner  FeldartiUerie  ein  sweitea  nenes  GeschOts  ss 
geben,  die  Feldhanbitze. 

Es  erscheint  mir  hier  der  gegebene  Ort,  einige  der  wichtigsten 
^tistischen  Daten  dieses  neuen  Materials  einznfllgen. 

Das  Kaliber  der  Feldhanbitze  betrttgt  10,5  cm  gcgenttber  7,7 
bei  der  Feldkanone.  Da  indessen  das  Kohr  der  Feldhanbitze  nm 
fast  ein  ganzes  Meter  kürzer  ist,  als  das  der  Feldkanone,  so  erklärt 
es  sich  einfach,  dais  das  Gesamtgewicht  der  etsteien  das  der  letzteren 
trotz  des  wesentlich  gröiseren  Kalibers  nur  am  rnnd  4*/t  Ct.  ttbei^ 
steigt  Maa  hat  sich  Ton  Alters  her  daran  gewöhnt,  mit  dem  Be- 
griff Hanbitze  etwas  Schwerfälliges  za  verbinden;  das  trifft  nnn  bei 
der  dentschen  Feldhanbitze  absolat  nicht  mehr  zn.  Sie  wird  genan 
ebenso  bespannt,  wie  die  ttbrigen  Feldgeschtttze,  d.  h.  mit  je  sechs 
Pferden,  aber  nicht  etwa  kalten  Schlages,  wie  man  irrtümlicher 
Weise  bisher  vielfiach  angenommen  hat  Die  Fahransbildnng  nnd 
die  Verwendnng  im  Gefecht  erfolgen  nach  denselben  Begefan  eines 
einheitlichen  Reglements.  Dabei  zieht  jedes  Pferd  bei  der  Feld- 
hanbitze —  bei  kriegsmälsiger  Aasrtlstnng  nnd  ao^gesessener  Be- 
•diennng  —  nor  einen  halben  Centner  mehr  als  bei  der  nenen  Feldkanone, 
also  immer  noch  einen  halben  Centner  weniger  als  bei  dem  bis- 
herigen Feldartilleriematerial,  das  doch  während  seines  25 jährigen 
Friedensgebranchs  anch  anter  den  allerschwierigsten  Verhältnissen 
eine  recht  anerkennnngswerte  Beweglichkeit  bewiesen  hat 

Die  Feldhanbitze  verfenert  ebenso  wie  ihr  Schwestergeschttts 
zwei  Mnnitionsarten,  eine  Granate  nnd  ein  Schrapnel. 

Erstere  ist  ein  Brisanzgeschols  nnd  gewährt  die  grOCsten  Vor^ 
teile  beim  Bogenschnls  nnter  Anwendung  einer  Terlaagsamten  Zflnd- 
Torrichtnng,  letzteres  ermöglicht  die  Verwendnng  der  Haubitze  nach 
den  Regeln  der  Kanonenbatterien  gegen  alle  freistehenden  Ziele  des 
Feldkriegs.  Man  kann  deshalb  snsammen£usend  sagen,  beide  Ge- 
schütze sind  befUiigt,  die  der  Feldartillerie  zufallenden  Hauptauf- 
gaben selbständig  und  unabhängig  von  einander  zu  lüsen.  Während 
Aber  die  Feldkanone  ihre  hervorragendsten  Leistongen  infolge  der 
rasanten  Flugbahn  mit  dem  Schrapnel  gegen  ungedeckte  Ziele  auf* 
zuweisen  hat,  bleibt  es  die  wichtigste  Domäne  der  Feldhanbitae, 

')  Der  Ciiistiinfl.  dal's  bisher  Mitteilungen  iibor  das  Feldhanbitzmaterial 
noch  nicht  veröD'entiicbt  üind,  zwingt  den  Verf.  in  dieser  Uinsicht  zu  äui'serster 
^nrUcklialtuDg. 


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Eintühruag  des  aeaeu  üeuUcben  Feldhaubitzenmaterials. 


81 


88l^  Ziele  in  bekämpfen^  die  unter  starken  Eliideoktiiigen  Sokati 
gesneht  haben.  In  der  ZerBtOrong  widerstandsfähiger  toter  Ziele 
and  in  der  BekttmpfaDg  gedeckt  stehender  lebender  Ziele  —  ohne 
ESodeeknng  —  ist  die  Feldhanbitae  allein  sehen  infolge  des  größeren 
KalibeiB  wesentlieh  ttberlegen.  Selbst  starkes  Mauerwerk  yon  mehr 
als  l  m  Dicke  nnd  starke  fiiindecknngen  von  schweren  Balken  and- 
boben  Erdschllttiingen  werden  anstandslos  dnrebsoblagen.  ffleran 
benutzt  man  am  Forteilhaflesten  die  Granate  mit  Anfteblagzttnder  im 
Bogenschnls  nnd  mft  durch  die  Anwendung  der  verzögerten  Zttnd- 
TOiriebtung  eine  betittchtliche  minenartige  Wirkung  im  Innern  ber?or. 

Dabei  ist  die  Hanbitse  infolge  der  technisch  hocbgrudig  voll- 
kommenen Konstruktion,  bei  der  alle  fiHUirungen  des  96-lfatenalB 
verwertet  werden  konnten,  auch  zur  Abwehr  Uberrasebender  Nah- 
angriffe  durchaus  geeignet  Erwägt  man,  dab  sie  mit  jedem 
Sehrapnel  ca.  200  Kugeln  mehr  dem  Feinde  entgegenwirit,  als  die 
Feldkanone,  und  dafo  die  geringere  Rasanz  bei  den  nahen  E<nt- 
iemangen  keinen  allzugrolsen  schädigenden  Einflofs  ansttbt,  so  kommt 
man  zu  dem  Eirgebnis,  dab  die  Feldhanbitze  zur  H^rreichung  gleicber 
Besnltate  noch  niobt  */«  soviel  Schüsse  abzugeben  braucht,  als  die 
Feldkanone.  Dabei  fordert  das  Reglement  im  Sehnellfeuer  bis  zu 
50  SchnlB  pro  Minute,  und  erklärt  nur  kurz,  dab  die  Feuer- 
geschwindigkeit bei  der  Haubitze  „etwas  geringer"  sei  —  Dafür 
ist  aber  naturgemäb  in  solchen  Gefechtsmomenten  bei  diesem  Ge- 
sehtttze  die  Ge&hr  des  sieb  Verschielsens  eine  grOlbere,  denn  die 
wesentlieh  umfangreichere,  schwerere  Munition  bedingt  es,  dafo  die 
für  alle  Battmen  gleich  grob  vorgesehene  Anzahl  an  Munitions- 
wagen den  Haubitzbatterien  nur  eine  erheblich  geringere  Munitions- 
menge  zur  Verftigung  stellen  kann. 

Das  neue  Ezerzier-Reglemenl  für  die  Feldartillerie  nimmt  des- 
halb wiederholt  Veranlassung,  daranf  hinzuweisen,  dab  es  die  Pflicht 
aller  Artilleriefühier  sei,  auf  das  dringend  gebotene  Haushalten  mit 
der  Munition  hinzuwirken.  Unverändert  ist  der  alte  Grundsata  anf- 
reebt  erhalten  worden:  Eine  Batterie,  welche  sich  verschossen  hat, 
gebt  nicht  zurück,  sondern  wartet  in  der  Feuerstellung  die  Heran- 
(ttbrong  von  Munition  ab.  In  der  Redaktion  des  Reglemento  geht 
dieser  Ziffer  jener  alte  bekannte  Passus  unmittelbar  voraus,  der  für 
den  Fall,  dab  Kavallerie  in  die  Batterie  eingedrungen  sein  sollte, 
die  Fortsetzung  des  Kampfes  mit  den  Handwaffen  fordert.  Es  er- 
sebemt  nicht  ausgeschlossen,  dab  sich  die  Innehaltnng  der  gegebenen 
Vorscbriften  im  Emst&Ue  namentlich  bei  Haubitabatteiira  in  der  zeit» 
lieh  ungekehrten  Reibenfolge  erforderlich  madien  dürfte. 

In  der  Schwierigkeit  des  Munitionaersataes  —  es  giebt  jetzt 

JaMtehn  flr  «•  dMrtMto  Ahm«  md  Hadn«.  B4  11«.  1. 


8  2  Einfllhniiig  des  neuen  dentsehen  FeldhanbitEenmUeriAls. 

4  Gesehofssoiten  und  bisher  nur  2  —  liegen  die  Haaptbedenken, 
die  Yon  allen  Gegnern  der  Qanbitee  gegen  das  Verlassen  des  Ein- 
heitspiinzips  geltend  gemaoht  worden  sind.  In  den  siebziger  Jahren 
galt  es  neben  der  bekräehtliohen  Steigerung  der  ballistischen  Leistungen 
des  damaligen  ICaterials  als  gans  besondere  Errongensohait,  dab  Yon 
nun  an  alle  Batterien  einheitlieh  bewaffiiet  werden  sollten.  Ein  6e- 
sebttts  nnd  mOgliehst  nnr  ein  Gesehob,  das  sohwebte  allen  da^ 
maligen  Artilleristen  als  das  erstrebenswerte  Ideal  vor  AugOL  In 
der  Tbat  sind  denn  anoh  diese  Vorteile  für  die  Ansbildnng,  für  die 
Verwendung  und  für  den  Mnnitionsersatz  von  so  aulserordentlich 
grolher  Bedeutung,  dafo  selbst  der  Laie  die  Wichtigkeit  jener  Grttnde 
begreifen  mufe,  cUe  die  oberste  Heeresleitang  Teranlabt  haben,  dieses 
bewihrte  Prinzip  zn  Tcrlassen. 

H^wttrdigerweise  stammen  die  Vorläufer  jener  Idee,  der  wir 
die  Einftthrung  unserer  heutigen  Feldhaabitze  za  verdanken  haben, 
schon  aus  jeuer  Zeit,  in  der  auch  die  reitenden  Batterien  das  gleiche 
Material  erhielten,  und  in  der  die  alte  Granate  verurteilt  wurde,  in 
dieWaffensammlungen  und  Rumpelkammern  früherer  Jahre  zu  wandern. 
—  aus  einer  Zeit  also,  in  der  man  sich  planmäfsig  mehr  und  mehr 
dem  erstrebten  Ziele  zn  nähern  schien.  Die  Krie^kunst  ist  eben 
veränderlich.  SpecieU  die  Taktik  zählt  nicht  zn  den  exakten  Wissen- 
schaften; sie  kennt  nicht  Grundsätze  wie  die  Mathematik,  deren 
ehrwürdiges  Alter  in  die  Jahrtausende  reicht,  und  die  vermutlich  flir 
alle  Zukunft  festgelegt  bleiben  werden.  Die  Taktik  setzt  einen  be- 
weglichen Geist  voraas,  einen  Geist,  der  den  Wechsel  äulserer  Ver- 
hältnisse schnell  zu  erfa^ssen,  und  schnell  sich  ihm  anzupassen  ver- 
mag. Die  Biohtigkeit  dieser  Lehre  beweist  das  vorletzte  Jahrzehnt. 
Die  ungeheuere  Steigerung  der  Feuerwirkung  aller  Waffen  ftihrte 
zur  Einftthniii^'  der  aufgelösten  Kampfordnung,  trotzdem  sie  den 
ruhmreichen  Erfahrungen  vergangener  Zeiten  Hohn  zn  sprechen 
schien,  trotzdem  alte  erprobte  Generäle  immer  wieder  warnend  da- 
rauf hinwiesen,  dafs  die  Schwierigkeit  in  der  Aufrechterhaltnng  der 
Disziplin  in  den  wichtigsten  Gefechtsmomenten  die  Durchführung 
dieser  Kampfesart  unmöglich  mache.  Eine  Gefahr  nach  dieser 
Richtnng  hin  lälst  sich  nicht  leugnen.  Trotzdem  mulste  man  sich 
zur  Annahme  dieser  schwierigen  Neuerung  bequemen,  denn  jene 
alten  Kampfesformen  erwiesen  sich  als  nicht  mehr  lebensfähig 
Ähnlich  bei  der  Feldartillerie;  Schon  seit  geraumer  Zeit  hält  die  oberste 
fleeresleituDg  daran  fest,  dafs  die  Feldatillerie  befähigt  sein  mtlsse, 
unter  allen  Umständen  den  Gegner  wirkungsvoll  zu  besehieben. 

Die  Taktik  der  neueren  Zeit  legt  aber  der  Ausnutzung  des  Gre- 
iändes  mit  Becht  eine  erhöhte  Bedeutung  bei;  sie  lehrt  auch,  dafo 


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EtaMhiimg  des  neaan  dentsoben  FeldhMUlMiimaMih.  83 

Ott  lAiifig  den  nfttttiliohen  VerhAltnisBeii  nachhelfen  mOase,  nnd 
ftntert  sasgiebigen  Gebranoh  des  Spatens.  Hieraus  erwuchsen  der 
Fddartillerie  Anfgahen,  die  man  bisher  nicht  gekannt  hatte.  Anch 
dogesehnittene  Batterien  nnd  mhende  Sehlltsen  in  SehtttzengriU>en 
dOiften  vor  Verlusten  dnreh  Feldhatterien  nicht  sicher  sein. 

Hier  stehen  wir  an  einem  bedeatnngsroilen. Wendepunkt  in  der 
Entwiekelnng  der  Feldartilleri«.  Anfinngs  suchte  man  sich  genial 
Uber  das  Mifoliehe  der  neuen  Forderungen  hinwegzusetzen.  Man 
sagte  einfach  so:  die  Sache  hat  gar  keine  Bedeutung;  es  giebt  nur 
iveierlei:  Entweder  will  der  Gegner  kftmpfen,  dann  muls  er  schieben 
und  wenigstens  den  Kopf  Uber  der  Brustwehr  zeigen,  —  und  in 
diesem  Falle  wird  er  mit  Schrapnels  behandelt  —  oder  er  bleibt 
ontlifttig  nnd  damit  ungefährlich,  nnd  es  steht  nichts  im  Wege,  die 
eigenen  Truppen  heranzufUiren.  Ich  will  mich  nicht  in  Einzelheiten 
Teriieren  und  unterlasse  deshalb  einen  Versuch,  den  Nachweis  für 
die  Unhaltbarkeit  dieser  Ansicht  zu  erbringen.  Ich  begütige  mich, 
darauf  hinzuweisen,  dals  man  an  maßgebender  Stelle  solchen  An- 
siebten  nicht  beigetreten  ist,  dab  man  yielmehr  jenes  ceterum  oenseo 
aufrecht  erhielt  und  immer  wieder  mit  allem  Nachdruck  von  der 
Feldaitilleiie  forderte,  dab  ne  auch  unter  solchen  Umständen  wirksam 
bleiben  mttsse. 

Es  ist  der  Geist  der  OifensiTe,  der  diese  Forderung  diktiert 
Es  darf  nicht  in  der  Durchführung  des  Kampfes  für  den  Angreifer 
tote  Punkte  geben,  in  denen  seine  Kraft  nicht  einsetzen  kann,  es 
darf  nicht  von  dem  Verteidiger  befestigter  Stellungen  abhängig  sein, 
ob  der  Angriff  ins  Stocken  kommt,  ob  Zeit  gewonnen  wird,  die  für 
den  Verteidiger  ebenso  nutzbringend  als  fUr  den  Angreifer  ver- 
hängnisvoll werden  kann.  Die  Feldartülerie  mufs  auch  unter  solchen 
Umsttnden  das  lösende  Etwas  sein,  das  den  Angriff  weiterträgt, 
wenn  anders  sie  ihre  Stellung  als  Bauptwaffe  aufrecht  erhalten, 
wenn  sie  nicht  wieder  auf  das  Niveau  einer  Spezialwaffe  zurtlck- 
smken  will. 

Zwei  Wege  giebt  es,  auf  denen  unter  solchen  Verhältnissen 
hranchbare  Erfolge  ftLr  die  Feldartillerie  zu  erreichen  waren.  Ein- 
mal die  Brisanzgranate  aus  Flachbahngeschtttzen  nnd  zweitens  die 
Baabitze.  Es  ist  wohl  nicht  zu  verwundern,  wenn  man  —  fast 
mochte  ich  sagen  krampfhaft  —  zu  jenem  ersten  Mittel  griff.  Es 
erhielt  die  Einheitlichkeit  der  Bewaffiiung  und  gab  die  Möglichkeit, 
mit  Terhältnismälsig  geringen  Kosten  das  erstrebte  Ziel  zu  er- 
reichen. 

Vergegenwärtigen  wir  uns  kurz  die  Art  und  Weise,  wie  man 
gegen  gedeckte  Ziele  mit  Brisanzgianaten  aus  Flachbahngeschtttzen 

6* 


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84 


ir.^ii^^irq»g  des  Hauen  deutschen  Feldhaubitienmaterials. 


Erfolge  er/Jelen  kann,  so  werden  ans  ohne  weiteres  die  Mängel  klar 
werden,  die  diesem  Verfahren  anhaften. 

Die  flache,  auch  auf  weiteren  Entfernungen  noch  zu  rasante 
Flugbahn  schliefst  es  aus,  von  oben  her  mit  dem  Vollgeschofs 
hinter  die  Deckung  zu  ^relarifren.  Es  mu£s  deshalb  das  flach  Uber 
der  Brustwehr  hinfliegende  (TPschors  im  richtigen  Moment  durch 
eine  geeignete  Sprengladung  zerlegt  werden,  welche  stark  genug  ist, 
die  einzelnen  SprengstUcke  hinter  die  Deckung  zu  treiben  Da  aber 
aus  Gründen,  die  ich  später  auseinandersetzen  werde,  bei  der  Feld- 
kanone niemals  auf  Sprengstücke  zu  reebnen  ist,  welche  senkrecht 
von  oben  her  oder  gar  noch  von  rückwärts  her  wirken,  so  ergaben 
nur  solche  (ieschosse  ein  brauchbares  Resultat,  die  in  einem  be- 
stimmten Al»stunde  vor  und  Uber  dem  Ziel  krepieren.  Dieser  Kaum, 
in  dem  allein  wirkungsvolle  BrennzünderschUsse  liegen  könDen,  ist 
ein  ziemlii'h  bescliriuikter,  wenn  sich  der  Gegner  unter  dem  Druck 
des  Selbsterhaltungstriebes  dicht  au  die  vordere  senkrechte  Deckung 
anlehnt.  Sollen  deshalb  gute  Resultate  erzielt  werden,  so  braucht 
man  präcis  schielsende  Geschlit/e,  iriite,  zuverlässige  Bedienung,  ein 
verhältnismäfsig  kuiiipliziorte.s  Sfhielsverfahren,  dementsprechend  Zeit 
und  Munition,  einen  gewandten  Batterieführer  und  —  nicht  zuletzt  — 
ein  brauchbares  Gescbnfs  mit  einem  äulserst  exakt  wirkenden  Brenn- 
zünder. Fehlt  eines  dieser  Momeute,  so  sinkt  die  Wirkung  be- 
trächtlich herab,  oder  es  müssen  grul^e  Munitionsmengen  aufgewendet 
werden. 

Hier  möchte  ich  für  Nichtartilleristen  zur  Erklärung  jener  That- 
sacbe.  dafs  die  Sprengj^tücke  hei  der  Feldkauune  nicht  senkrecht  von 
oben  her  oder  gar  rückwärts  wirken,  auf  die  Arbeiti>leistung  hin- 
weisen, welche  der  Sprengladung  des  Geschosses  zufällt. 

Durch  die  Zünder  unseres  Feuerwerkslaboratoriums,  die  in  ihrer 
Wirkung  unerreicht,  als  Meisterstücke  moderner  Präcisionsmechanik 
angesehen  werden  dürfen,  gelingt  es  bei  sachgemäfsem  Verfahren, 
das  Geschüfs  im  richtigen  Moment  in  der  Luft  zu  zerlegen.  In 
diesem  Augenblick  fliegt  aber  das  Geschofs  der  Feldkanone  noch  in 
ziemlich  rasanter  Bahn  und  mit  beträchtlicher  Gesell wiiuli^'^kc  it.  Nach 
den  Gesetzen  des  Beharrungsvermögens  würde  sich  diese  (  iesehwiudig- 
keit,  die  das  Vollgeschofs  im  Moment  des  Platzens  hatte,  auf  alle 
einzelnen  Sprengstücke  Ubertragen  und  sie  in  der  bisher  innegehabten 
Richtung  fortfliegen  lassen,  wenn  nicht  die  äulserst  brisante  Spreng- 
ladung das  Bestreben  hätte,  die  einzelnen  Teile  nach  allen  Piichtungen 
auseinanderzutreiben.  Die  Kotationskraft  und  die  Anziehungskraft 
der  Erde  üben  natürlich  auch  ihren  F^influfs  aus.  und  so  kommt  es 
zu  einem  Kompromifs,  der  Gestalt,  dals  die  einzelnen  Stücke  ganz 


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EintUbrung  des  noueu  deutsohen  FeldbMubiUuuinuterialB.  (35 

kettiohtlich  ans  der  Bahn  des  Vollgesohoesee  abgelenkt  werden  nnd 
Dnler  einem  stampfen  Winkel  trichtertönnig  vom  Sprengpnnkt  ans 
forwarts-abwSrts  zn  Boden  fliegen. 

Vergleichen  wir  hiermit  den  Vorgang,  wie  er  sieh  abspielen 
mnls,  wenn  eine  gleichartig  konstruierte  Brisanzgranate  ans  einer 
UaaMtee  abgefenert  wird,  so  erkennen  wir  unschwer,  dafe  ein  wesent- 
lich besseres  Besutat  zustande  kommen  wird,  weil  alle  einzelnen, 
gestaltenden  Faktoren  aogleich  günstiger  sind.  Das  Gesebols  ist 
grölser,  die  Sprengladang  kräftiger,  die  Flugbahn  gekrümmter,  die 
Geschwindigkeit  im  Moment  des  Platzens  und  die  Botationskraft  sind 
geringer,  also  mnfo  die  Wirkung  der  Hanbitse  bei  der  Bekämpfung 
lebender  Ziele  dieht  hinter  Deckungen  der  der  Feldkanone  ttber* 
legen  sein. 

Handelt  es  sich  nnn  aber  gar  darum,  Eindecknngen  —  auch 
nur  leichterer  Art  —  zu  zerstören,  dann  ist  mit  den  kleinen  Spreng- 
Btlicken  von  Sprenggranaten  aus  Feldkanonenbatterien  nichts  zu 
erreiehen. 

Als  ballistiBche  Erttppel  ohne  Form  und  Gewicht  ttberwinden 
sie  alle  Widerstände  schiebt,  d.  h.  sie  fliegen  nicht  weit  und  schlagen 
flicht  stark  durch.  Die  Sprengstttoke  beim  Schielsen  ans  Hanbitzen 
sind  natlirlich  auch  ballistisch  mUsgeformt;  aber  infolge  ihrer  GrOüse 
nnd  der  ihnen  innewohnenden  stärkeren  Energie  des  Vorwärtsfliegens 
sind  sie  doch  imstande,  Kopfdeckungen  von  ansehnlicher  BrettstSrke 
zu  durchschlagen  und  noch  darunter  befindliche  Mannschaften  aufser 
Gefecht  zu  setzen.  Hat  aber  der  Gegner  Zeit  nnd  Mittel  gehabt, 
widerstandsfähige  Eindecknngen  ans  Baumstämmen  oder  Balken  mit 
starken  Erdschttttungen  herzustellen,  was  im  Zukunftskiiege  sicher- 
lieh Ofiters  vorkommen  wird,  dann  ist  die  deutsche  Feldartillerie  noch 
keineswegs  machtlos,  denn  sie  besitzt  in  der  Feldhaubiize  ein  wirk- 
sames Mittel,  Jede  feldmä&ig  hergestellte  Verschanznng  erfolgreich 
m  beschielsen.  Handelt  es  sich  dagegen  um  so  widerstandsfähige 
Befestigungen,  daCs  auch  die  Wirkung  der  Hanbitee  nicht  mehr  ans- 
reicbt,  dann  tritt  damit  der  Kampf  ans  dem  Rahmen  eines  Feld- 
krieges heraus  nnd  es  muls  die  BelagerungsartiUerie  das  ent- 
seheidende  Wort  sprechen,  die  mit  ihrer  Bespannung  wohl  beweglich 
ist»  aber  infolge  des  hohen  Gewichts  ihrer  Geschütze  nur  auf  den 
Schritt  schwerfälliger  Pferde  schweren  Schlages  rechnen  darfl  — 
Dabei  halte  man  es  sich  aber  klar  yor  Augen,  dab  es  sich  nicht 
etwa  nur  um  eine  Verschiebnng  in  den  Aufgaben  zwischen  FnlSi-  und 
Feldartillerie  handelt,  sondern  dafs  die  geänderten  taktischen  Ver- 
hältnisse neue  Forderungen  gestellt  haben,  denen  bisher  keine  beider 
Wafien  geniigen  konnte,  well  die  Fnlsartillerie  zu  unbeweglich  war, 


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86 


KinfHhniiig  dt»  neuen  deutaehen  Feldhanbitsenmateijals. 


und  weU  die  Feldartillerie  in  der  Feldkanone  allein  das  geei^ete 
Mittel  niefat  beaafs.  Die  oberste  Heeresleistiuig  hat  durch  die  Ein- 
fllhniog  der  neaen  Haubitze  bewiesen,  dafe  sie  ^wUlt  ist  im  Zukunfts- 
kriege solchen  VerhältnlsseD  Rechnung  za  tragen.  Darin,  dafs  die 
Haubitze  der  Feldartillerie  zugeteilt  ist,  spricht  sich  die  Fordemog 
ans,  das  nene  Geschütz  im  Geist  und  Sinne  der  Feldartllerie  zu  ver- 
wenden. Es  soll  als  oberster  Grundsatz  auch  für  die  Haubitze  gelten, 
rechtzeitig  —  d.  h.  rasch  —  am  richtigen  Platz  zu  sein. 

Mit  der  Feidbaubitze  bleibt  die  Feldartillerie  das,  was  sie  war 
and  was  sie  sein  mufs,  die  ultima  ratio  regis,  auch  unter  den 
schwierigen  Wechselfällen  eines  modernen  Zukunftskrieges. 

Mitkämpfer  des  deutsch-französischen  Krieges  erzählen  gern  von 
der  belebenden  Wirkung,  die  das  Vor«;ehen  von  Batterien  immer 
wieder  von  neuem  hervorgerufen  habe.  Ja,  es  scheint  fast,  als  habe 
sich  noch  heute  bei  unseren  Friedensttbungen  eine  Erinnerung  hieran 
erhalten.  Unsere  Infanteriekolonnen,  deren  Nerv  beim  stundenlangen 
Vormarsch  im  Staub  und  Schmatz  der  Strafse  bereits  nachzulassen 
beginnt,  sie  gehen  beim  Vorholen  der  Artillerie  zwar  murrend, 
aber  im  Grunde  nicht  ungern  beiseite,  denn  sie  erkennen  in  dem 
frischen  Vorwärts  der  vorgehenden  Batterien  instinktiv  ihr  eigenes 
Heil.  Und  wenn  dann  nach  langen,  bangen  Minuten  der  erste 
Kanonenschufs  ertönt  dann  fällt  es  wie  Centnerlast  von  mancher 
Mannesbrust,  und  manches  Herz,  das  schon  unter  den  vorbezeichneten 
Strapazen  lau  und  milde  werden  wollte,  es  schlägt  höher  in  dem 
Gedanken,  die  Artillerie  ist  da,  sie  will  nnd  wird  der  Infanterie  den 
Weg  zum  Siege  bahnen. 

Wie  anders  würde  es  mit  dem  Vertrauen  zu  unserer  Watte  aus- 
tiohen,  wi'un  wir  im  Ernstfalle  vor  Aufgaben  gestellt  werden  sollten, 
die  wir  beim  besten  Willen  mit  unserem  bisherigen  Material  allein 
nicht  lösen  könnten. 

Das  i^resteifrerte  Ansehen  der  Feldartülerie  ist  auf  den  Sehlacht- 
leidern  Frankreichs  ehrlich  erworben.  Wollen  wir  es  erhalten,  so 
darf  die  Feldartillerie  nicht  auf  ihren  Lorbeeren  einschlafen,  sondern 
sie  mufs  wachsamen  Auges  den  Entwickclungen  der  Zeit  folireu. 
d.  h.  unter  heutigen  modernen  Verhältnissen,  sie  muh  itiistaude 
sein,  den  Gegner  auch  aus  festen,  befestigten  iSteiluugen  heraus- 
zutreiben. 

Man  steht  —  selbst  in  der  eigenen  WatTe  —  noch  in  weiten 
Kreisen  der  Einführung  tler  Haubitze  ziemlich  skeptisch  gegenüber. 
Viele  sehen  nur  die  unbestreitbaren  Mängel,  die  das  Verlassen  des 
Einheits})riii/ips  bedinf;t.  andere  w  ieder  ^jlauben,  dals  das  Schwerfällig- 
rechnerische,  das  der  Haubitze  traditionell  anhaftet,  den  frischen 


.  Kj  i.uo  Ly  Google 


KinfHbniBg  des  nmiMi  deatsoben  Faldiumbitienmateriato. 


87 


Keitergeist  der  VVatfe  verkümmern  lassen  müsse.  leh  meine,  hier 
gilt  vor  allem  der  Kosenberg^che  Grandsatz:  „Siefen  ist  der  Zweck!" 
—  Siegen  heilst  für  die  Feldartillerie  sehiefsen,  wirkungsvoll  scbiefsen, 
auch  unter  den  heutigen  gesteigerten  Anforderungen. 

Man  ist  im  In-  und  Auslande  davon  Uberzeugt,  dals  Deutschland 
allen  Staaten  durch  die  gewissenhafte  Friedensansbildung  in  etwas 
überlegen  sei,  das  noch  wichtiger  ist,  als  die  höchste  technische 
VollkomnK^nheit.  Trifft  das  zu  —  und  wer  wollte  nicht  gern  dazu 
k'iira^^rri  —  so  heilst  es  für  die  Feldartillerie,  jenes  kraftbedeuteude 
Etwas  in  nutzbringende  Arbeit  umzusetzen;  und  dazu  bietet  die  Ein- 
führung des  Feldhaubitzenmateriais  ein  weites  Feld  wirkuugsvoUer 
Tbätigkeit. 

Zn  welchem  Tnifange  und  zu  welcher  Bedeutung  sich  die  Frage 
der  Feldhaubitze  noch  auswachsen  kann,  scheint  mir  einstweilen  un- 
übersehbar. Jedenfalls  giebt  es  heute  schon  Kenner  des  neuen 
Materials,  die  in  ihm  das  alleinige  ZukunftsgeschUtz  erblicken. 
Theoretisch  unmöglich  ist  das  keinesfalls,  aber  es  schiefst  vielleicht 
weit  über  das  richtige  Ziel  hinaus.  Wichtiger  und  naheliegender 
scheint  es  mir,  ein  richtiges  Verhältnis  zwischen  Feldkanonen  und 
Haubitzen  herzustellen.  Hält  die  Heeresleitung  daran  fest,  vor  der 
Hand  jedem  Armeekorps  eine  Abteilung  zu  zwei  Haubitzbatterien  zu 
geben,  so  würde  sich  die  Verhältniszahl  1  :  12  annehmen  lassen. 
In  dem  Mafse,  wie  man  dies  Verhältnis  zu  Gunsten  der  Haubitze 
abändert,  nimmt  man  ihr  die  Merkmale  eines  Speziahvcrkzeugts  und 
steigert  damit  ihren  Wert.  Beweist  die  Feldbanbitze  bei  eingehenden 
Truppenversucben,  dafe  sie  imstande  ist,  jene  hochgehenden  Er- 
wartungen ganz  zu  erfüllen,  die  man  an  malsgebender  Stcllo  auf 
sie  setzt,  dann  wird  man  sich  m.  E.  bald  zu  einer  V  erstärkung  des 
Haubitzciimaterials  entschlielsen  müssen.  Sobald  erst  einmal  das 
richtige  Zahknverhältnis  zwischen  beiden  GeschUt/cn  gefunden  ist, 
könnte  man  jene  .Aufgaben,  die  einstweilen  noch  unvollkommen  zum 
Teil  mit  Feldkanouen  gelöst  werden  müssen,  ganz  und  gar  den 
Haubitzen  überlassen.  Das  heifst  nichts  anderes,  als  den  Kanonen- 
batterien die  Granaten  nehmen  und  sie  nur  solche  Ziele  be- 
schiefsen  lassen,  bei  denen  die  hervorragenden  Leistungen  ihres 
Schrapnelschusses  ganz  zur  Geltung  kommen.  Erwägt  man,  dafs  die 
Zeit  noch  nicht  allzulange  her  ist,  da  man  ernstlieh  daran  dachte, 
der  Feldartillerie  als  Einheitsgeschols  eine  Sprenggranate  zu  geben, 
so  darf  man  auch  die  Möglichkeit  nicht  ausschliefsen,  dals  es  der 
fortschreitenden  Technik  gelingt,  eine  so  ver\ollk()mmnete  Granate 
herzustellen,  dals  sie  den  Haubitzbatterien  als  alleiniges  Geschols 
dieoen  kann. 


88 


Kleine  heeretgeeehichtUehe  Mitteilimgen. 


Im  Hinblick  auf  solche  Eventualitäten  gewinnt  die  Frage  der 
Feldhaiibitze  eine  neue,  wirksame  Beleuchtung.  Alle  wesentlichen 
Gründe  der  Haubitz-Gegner  basieren  in  erster  IJnie  auf  der  Schwierig- 
heit  des  komplizierten  Monitionsersatees,  der  sich  alsdaim  ideal  ein- 
fach  gestalten  lieüse. 

Wa8  aber  aaob  die  Feldartillerie  noch  fUr  WandlangeD  und 
Obergänge  durchzamachen  bat,  jedenfalls  geschehen  sie  anter  der 
alten  Devise:  Pro  gloiia  et  patria! 


m 

Kleine  beeresgeschichtliclie  Mitteilungen. 

Lebens -Alter  fridericianiseher  Offizier- Korps  im  Jahre  1783. 

Den  „Manuscripta  Borussica"  (fol.  310)  entnahm  ich  folgende  An- 
gaben Uber  das  Infanterie-Regiment  des  Herzogs  zu  Braun- 
ßc'lnvt  i^'  und  Lüneburg"  (Nr.  21),  Garnison:  Halberstadt  und 
Quedlinburg. 

Das  Regiment  hatte  als  Chef  den  Herzog  zu  Braunschweig, 
47  Jahre  alt,  als  Kommandeur  Oberst  Wilhelm  v.  Below,  62  J., 
ferner  3  Stabsoffiziere:  Oberst  Karl  Gottlob  v.  Tümpling,  57  J., 
Major  Anton  v.  Honroth,  52  J.,  Major  C.  Adam  v.  Sebottendorf,  51  J. 
—  7  Kapitäns   im  Alter  von  36 — 47;  3  Stabs-Kapitiins,   36— ;i8; 

10  Premierleutnants,    28 — 37;     17    Sekondleutnants,  21—29; 

11  Fähnrichs,  16—22;  2  Überkoniplette  Fähnrichs,  14—16  Jahre. 
Summa  55  Offiziere.  (NB.  Der  Fähnrich  war  die  unterste  Offiziers- 
Charge.)  —  Der  vaterländischen  Herkunft  nach  waren  11  ans 
Pommern,  4  aus  Schlesien,  5  aus  Magdeburg- Hai berstadt,  3  aus  Mark 
Brandenburg,  1  aus  Kurland,  3  aus  Provinz  Preoiisen,  1  aus  Ost- 
friesland,  2  aus  Westfalen,  25  „aus  dem  Reich'*. 

£in  merklich  höheres  Lebensalter  hatte  das  Offizierkorps  des 
inr  selben  Inspektion  (des  Generals  v.  Saldern)  gehörigen  »^Garnison- 
Bataillons  von  RUchel  (Nr.  4),  Garnison  Aken  und  Löbegien. 
Der  Oberst  60;  der  Oberstleutnant  63;  3  Kapitäns  56— 61 ;  1  Stabs- 
Kapitän  57;  4  Premierleutnants  30,  49,  56,  60;  5  Sekondleutnants 
19,  35,  40,  54,  60;  5  Fäbnriebs  22,  26,  40,  44,  45  Jabre  alt.  — 


I.     by  Go(^j^l 


Kleine  beeresgesohicbtUche  Mitteilau^en. 


.Summa  20  Ot'tizierc.  Davon  bürgerlicher  HerkoDft:  1  Oberst- 
leutnant, I  Kapitän,  3  Premicrleatnants,  1  Sekondleutnant,  3  Fähn- 
richs.   Surama  12.  Schbg. 

Munitionsverbrauch  der  Feldartillerie  186<>  und  1870/71.  Die 
preulsische  Artillerie  versehofs  im  iu'ldzuge  186(>  in  Summa 
aus  900  Gesohtltzen  'M)i\){i  Schuls,  also  durchschnittlich  40  Schuls 
per  Geschütz  und  zwar:  34390  Granaten,  1598  Schrapnels,  211  Kar- 
tätschen. Den  orröisten  Munitionsverbrauch  hatte  eine  4pflludige 
Batterie  des  Regiments  Nr.  4  bei  Prefsburg  mit  H81  Schuls,  113,5 
per  Geschütz,  demnäscbst  eine  4pfUndige  Crarde-ßatterie  bei  König- 
gifttz  mit  480  Sobois,  80  per  Geschütz.  —  Die  Artillerie  der  öster- 
reichischen Nordarmee  verschofs  76472  Schufs,  davon  62592  Granaten, 
11316  Schrapnels,  2566  Kartäteehen,  durch  sc  hnitüich  per  Geschtitz 
107  Schufs.  Als  Beispiel  eines  ungewöhnlich  greisen  Monitions- 
verbranchs  ist  eine  Österreichische  4plttndige  Batterie  so  nennen,  die 
bei  Kdniggtftte  1788  SebnÜB  tbat,  per  Gesebttts  217,  die  einzige 
Batterie,  die  mit  dem  von  ibr  selbst  mitgefftbzten  Monitionsqnatttam 
niefat  aoslLam. 

Im  F^ldznge  1870/71  tfaat  die  prenfsische  Artillerie  einsebUeis- 
lieb  der  hesaiscben  Division  267976  Sebnb,  und  zwar  die  scbweren 
(epfdndigen)  Batterien  107126,  die  leiebten  (4pfllndigen)  112770, 
die  reitenden  48079.  300  Kart&tscben  wurden  versebossen.  —  Bei 
Sedan  verbianebte  die  dentsebe  Artillerie  (also  Preulsen,  Saebsen 
nnd  Bayern)  34898  Sebnls,  die  Infanterie  etc.  4850000  Patronen. 
—  Wenn  man  annimmt,  dab  die  Franzosen  niebt  viel  weniger  ver- 
fenert  baben,  so  sind  in  der  Seblaebt  bei  Sedan  an  60000  Sebttsse 
ans  dem  Gesebtttz  und  8  IGllionen  ans  dem  Gewebr  gefallen. 

Vergleichsweise  sei  erwähnt,  dals  im  italienischen  Feldzage  1859- 
TOn  472  österreichischen  Geschützen  15326  Schüsse  abgegeben 
wurden,  also  32,5  pro  Geschütz.  Schbg. 

Auf  Pappenheinis  schwarze  Reiter  und  Pifcolominis  durch 
Schillers  Wallenstein-Trilogie  der  Welt  in  einem  verklärten  Lichte 
erscheinende  Kürassiere  führt  eine  Ke^iinentsgeschichte,  deren  Be- 
arbeitung der  K.  K.  Kegierungsrat  und  Chef-Kedakteur  des  Arniee- 
blattes.  Oscar  Tcuber,  unternommen  hat,  den  Ursprung  der  heutigen 
Prinz  Ail)recht  von  I^reulsen- Dragoner  Nr.  Ii  zurück.  Als  im 
Jahre  1623  Kaiser  Ferdinand  II.  das  Regiment  dem  Ohrist  Gottfried 
Heinrich  von  Papjienheim  verlieh,  war  es  ein  spanisches,  welches  im 
dreilsigjährigen  Kriege  hohen  Kuhm  erwarb,  bald  aber  auch  Ange- 
gehörige anderer  Nationalitäten  in  seine  Reihen  einstellte.  Auf 
Pappenheim,  welcher  1(127  ligistischer  General  wurde,  folgte  der 
UberstleolnaDt  Ottavio  Piccoiomini  Graf  d'Arragona,   ein  Italiener,. 


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"90  Kleine  beeresgeschicbtliche  Mitteüangea. 

üntcr  welchem  es  sich  bei  Lützen  auszeichnete.  Ein  Rittmeister  des 
Re^in)ents,  welches  damals  Alt-Piccolomini  hiefs,  Martellini  mit  Namen, 
soll  deii  Kimi^  Gustav  Adolf  erschossen  haben,  eine  Lesart,  welche 
allerdinirs  von  der  meist  verbreiteten  abweicht  (,,Auf  den  dort  schielst, 
das  mufs  ein  vornehmer  Mann  sein.'')  In  den  ersten  FeldzUp^n  des 
Prinzen  Eugen  von  Savoyen  erscheint  das  Regiment  als  Caprara; 
KUrassiere.  Aus  diesem  w  urden  im  Jahre  1701  zwei  gebildet.  Eins 
davon,  als  Mouteeucroli-Kihassicre  fiut'gestellt,  wurde  1768  aufgelöst; 
die  anderen  fünf  Kompagnien  lieferten  den  Stamm  fiii  ein  Kürassier- 
Regiment,  dessen  Inhaber  der  Feldmarschall-Leutnant  Prinz  Phillipp 
von  Hessen-Darrastadt  wurde.  Und  als  Hessen- Kürassiere  focht  das 
'Regiment  zuletzt  im  Jahre  1SB(>  bei  Nacbod  und  bei  Königgrätz  mit 
glänzender  Tapferkeit.  Damals  hieÜs  eB  nach  dem  General  der 
Kavallerie  Prinz  Alexander  von  Hessen,  dessen  Sohn,  Graf  Hartenau, 
•dereinst  Leutnant  der  preu&ischen  Gardes  du  Corps  und  darauf  Fürst 
TOD  Bulgarien,  dem  Regimente  als  Oberst  später  ebenfalls  angehört 
•hat.  —  AoTser  den  Windiscbgrätz-Dragonem  Kr.  14  ist  es  das  ein- 
zige Kavallerieregiment  der  and  K.  Armee,  welches  eine  Standarte 
besitzt,  die  freilich  nicht  wie  jene  geftthrt,  sondern  nnr  in  der 
Wohnnng  des  Kommandanten  anibewahrt  wird.  (Armeeblatt  1899 
Nr.  38.)  14. 

Eiiieii  6efi*eitei-K9rporal  als  Ref^eDtskomaadanten  in  der 
Sehlacht  hd  Lauara,  in  welcher  am  15.  Angnst  1702  Prinz  Engen 
von  Savoyen  aber  die  Fhmzosen  anter  dem  Marschall  Vendöme 
•einen  hartbestrittenen  Erfolg  davon  trag,  erwähnt  der  Österreichische 
Feldherr  in  einem  an  den  General  Graf  fleister  gerichteten  Briefe. 
Es  heifst  darin:  „Das  Osch  wendische  Regiment,  nachdem  alle  Offiziere 
totgeschossen  waren"  (wohl  nicht  wörtlich  zn  nehmen),  „warde  von 
einem  Gefreiten -Korporal  so  gut,  als  immer  von  einem  Obersten, 
kommandiert  Ich  bin  begierig,  ob  der  Kaiser  wegen  dieses  würdigen 
Hannes  meinen  Vorschlag  genehmigen  wird.  Denn  die  Belohnong 
der  vielen  rechtschaffenen  Männer  mufs  bei  der  Armee  jetzt  das  er- 
setzen, was  ihr  an  Stärke  fehlt  und  entschiiden  noch  lange  fehlen 
wird,  da  Sie  mir  von  neuen  UVuppeiisendnngen  nach  Ungarn  schreiben." 
—  Ob  und  welchen  Erfolg  der  Vorschlag  des  Prinzen  Eugen  gehabt 
hat,  ist  ebensowenig  bekannt,  wie  der  Name  des  tapferen  Korporals. 
Das  Gschwendisehe  Regiment  ist  das  1G84  errichtete  heutige  K. 
und  K.  Infanterieregiment  Nr.  35.  welches  sich  seit  langen  Jahren 
aus  Üeutschböhmischen  ergänzt;  seine  Garnison  ist  Pilsen.  —  Zu 
besserem  N'erständnisse  des  Vorganges  muls  übrigens  bemerkt  werden, 
dafs  der  Soldatenstand  zu  damaliger  Zeit  ein  Lebensberuf  war, 
welchem  auch  die  Mannschaft  bis  an  das  £^de  ihrer  Tage  ihre 


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Kleine  heeresgesohichtliobe  Mitteilangen. 


91 


Kräfte  widmete.  Die  in  fast  onunterbrochener  Folge  sich  aneiu- 
ander  reihenden  Kriege,  welche  das  Kaiserhaus  um  die  Wende  des 
17.  und  18.  Jahrhunderts  führte,,  mutsten  jedem  einzelnen  Gelegeu- 
lieit  bieten,  KriegstUchti«rkeit  in  hohem  (irade  zu  erlangen  und  Kriegs- 
erfahrung  in  reichem  Mafse  sich  zu  eigen  zu  machen.  (Sammlung 
hervorragend  tapferer  Thaten  des  K.  und  K.  Infanterie-Regiments 
Nr.  35  TOQ  überleatnaut  Josef  üeckentbaler,  2.  Aufl.,  Pilsen  1S99.) 

14. 

L'^ole  de  Man,  eine  Schöpfung  des  Konvents,  hat  nicht  lange 
bestanden  und  nur  geringe  Spuren  ihres  Daseins  zurückgelassen. 
Ihr  eigentlicher  Begrtlnder  war  Bardre,  welcher  seinem  Freunde  Hobes- 
pieiTe  die  Errichtnog  einer  demokratischen  Kriegsschule  empfahl, 
deren  2jGglinge,  aus  den  niedrigsten  Klassen  der  Gesellschaft  hervor- 
gegangen, Sansculotten,  im  wahren  Sinne  des  Wortes  sein  sollten. 
Sie  sollte  ihre  Stätte  auf  der  Ebene  7on  Sablons  hei  Neuilly  finden, 
dem  Paradeplatze  der  Könige,  wo  diese  aiy&brlich  ihre  Garden  ge- 
mngtert  hatten.  Die  Versammlung  der  jungen  Republikaner  sollte 
den  durch  den  Fuls  der  Oapet  und  die  Paraden  der  Tyrannenkneohte 
besudelten  Boden  reinigen.  —  Die  Zahl  der  Zöglinge  war  8000; 
alle  Bezirke  der  damaligen  Landeseinteilung  trugen  gleiehn^sig 
dazu  bei,  Paris  lieferte  80.  Als  Lehrer  war  man  genötigt,  frühere 
Offiziere  des  königlichen  Heeres  zu  wählen«  In  vier  zur  Offiziersergänzung 
der  einzelnen  Waffen  (Infanterie,  Kavallerie,  Artillerie,  Genie)  bestimmte 
Abteilnugen  gegliedert,  sollten  die  Schiller  in  einigen  Sommer- 
monaten die  ftlr  den  Zweck  nötige  Bildung  erhalten.  Eifrige  Arbeit 
mulste  die  fehlende  Zeit  ersetzen.  Daher  lehten  die  Zöglinge  in 
völliger  Abgeschiedenheit  von  der  Welt,  nur  einigeraale  durften  sie 
von  Anfang  Juli  bis  Anfang  November,  wo  das  Wetter  zur  Anf- 
lÖBODg  der  auf  freiem  Felde,  aber  hinter  einer  Palissadenreihe  unter- 
gebrachten Schule  nötigte,  Paris  betreten.  Die  Kavallerie  stellte 
Pferde,  die  Artillerie  Geschütze;  für  das  Genie  wurden  Schüler  aus- 
gesucht, welche  mit  den  Anfangsgründen  der  Mathematik  bekannt 
waren.  Der  Maler  David  kleidete  alle  in  ein  phantastisches  Kostüm. 
Spätere  Zeiten  entlehnten  diesem  den  Haarschnitt  des  Titus,  die 
Schwalbennester  der  Musiker,  den  Schako.  den  römischen  Degen 
und  den  durch  König  Louis  Philipp  als  „Tuuique"  eingefülirten 
zweireihigen  Waflfenrock  mit  langen  und  weiten  Schöfsen.  —  Zuerst 
gab  es  unruhige  Köpfe  unter  der  republikanischen  Jugend,  eine 
spartanische  Zucht  aber  brachte  sie,  nachdem  unbrauchbare  \  or- 
gesetzte  entlassen  waren,  rasch  zur  Vernunft.  Die  augenblicklichen 
Machtinhaber  trauten  ihnen  jedoch  nicht  ganz  nnd  erfüllten  daher 
gern  ihr,  auf  Grund  des  Errichtungsgesetzes  gestelltes  Verlangen, 


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92 


Beknitierang  und  neue  Gesetzgebung  in  SViakreleh 


nach  vier  Monaten  entiaasen  zn  werden.  Einige  baten,  in  das  Heer 
eintreten  zn  dttifen;  wer  von  ihnen  ein  gntes  Zeugnis  erhalten  hatte, 
wurde  «ini  Offizier  befördert  und  .vier  haben  es  zom  Gleneral  ge- 
bracht,  einer  davon  (Lemairois)  war  Adjutant  Napoleons.  (L*öcole 

de  Mars  par  Arthur  Chuquet,  Paris  1899). 

Einweihung  des  Ossariiiiiis  bei  rhlnm.  Am  2.  November  1899 
fand  auf  der  Höhe  von  Clduiii  die  t^inweihung  des  dort  errichteten 
Ossariums  zum  Andenken  an  die  im  Jahre  1866  frefallenen  öster- 
reichischen und  preufsisehen  Krieger  in  feierlicher  Weise  statt.  Die 
Beteiligung  der  militärischen  Kreise  war  eine  sehr  starke,  inshesondere 
hatten  sich  die  Offiziere  der  Garnisonen  Josefstadt  und  KöniggrUtz, 
unter  ihnen  viele  Generale  und  Stabsoffiziere,  in  sehr  stattlicher  Zahl 
eingefunden.  Wir  nennen  u.  a.  den  Protektor  des  ('entralvereins 
zur  Erhaltung  der  Kriegerdenkmale  vom  Jahre  18(>()  in  Böhmen, 
F.-M.-L.  Prinz'  Wilhelm  zu  Schaumburg  Lippe,  ferner  den  FlUgel- 
adjutanten  S.  M.  des  Kaisers  von  Osterreieh,  Oberstlt.  Fürst  Dietrich- 
stein und  den  Militär- Attache  der  deutschen  Botschaft  in  Wien» 
FlUgeladjutanten  Kittmeister  v.  Bülow;  auch  eine  Ehrenkompagnie 
des  42.  Inf.-Iiegts.  mit  Musik  war  zur  Feier,  die  sehr  wtlrdevoU  ver- 
lief, ansgerttckt  Der  auf  Befehl  Ör.  Majestät  des  Kaisers  Wil- 
helm II.  gespendete  Kranz  mit  welfsen  Schleifen  hatte  die  Aufschrift: 
„Ehre  den  fUr  Ehren  und  Vaterland  im  Tode  gefallenen  Helden'^. 
^Österreiehisehes  „Armeeblatt"  1899,  Nr.  45.)  Schbg. 


VllJ. 

Rekrutierung  und  neue  Gesetzgebung  in  Frankreich. 

Die  nene  Tagung  des  Parlaments  wird  in  Bezug  anf  Gesetz- 
entwürfe militärischer  Natnr  sehr  reich  sehi.  Ehe  wir  nns  mit 
diesen  näher  beschäftigen,  haben  wir  zunächst  eine  andere  Frage 
von  grofsem  Interesse  zu  behandeln,  die  Ergebnisse  der 
Rekrutierung  in  quantitativer  und  (| ualitativer  Beziehung  seit 
dem  Inkrafttreten  des  Kekruticruug^^^e.setzes  vom  15.  Juli  1889. 
Anknüpfend  an  die  Thatsache,  dals  die  ZiÖer  der  Ausgehobenen 
des  Jahrgangs  1898  um  mehr  als  20000  Mann  hinter  derjeuigeu 


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Eekratiemng  und  neue  Gesetzgebung  in  Frankreiob.  93 


des  Jahr^angrs  1897  zurückbleibt,  konstatiert  „La  France  Militaire* 
zanäebst,  dafs  der  Grund  fUr  diese  Erscheinung  nur  zum  geringem 
Teil  in  den  verschärften  Prüfungen  der  Dienstbrauchharkeit,  zum 
grölsten  aber  darin  liege,  dafs  die  Zahl  der  Geburten  1878  geringer 
gewesen.  In  den  Kekruteulisteu  des  Jahrgangs  1878  erscheinen  nur 
rund  310000  Dienstpflichtige  gegen  331000  für  1877.  Algerien  ist 
beidemale  ausgenommen.  Die  Zahl  von  310000  ist  übrigens  für 
die  Zeit  von  1872 — 1892  auch  als  die  normale  anzusehen,  die  aller- 
dings in  den  Jahren  1892  1897  wesentlich  --  bis  zu  34700  in 
den  Listen  Uberschritten  worden  ist.  Man  war  durch  diese  Zeit 
in  Frankreich  etwas  sorglos  geworden  und  hatte  vergessen,  mit 
der  normalen  Ziffer  zu  rechnen.  Während  der  Jahre  1889 — 1897 
d.  1l  der  Wirksamkeit  des  gelftenden  Rekrutiernngsgesetzes,  mit 
AnsDahme  von  1898,  für  welches  noch  nicht  alle  Daten  Torliogen, 
erschienen  in  den  Rekratienmgslisten  total  2899719  Mann  —  ohne 
Algerien.  Von  diesen  wurden  sofort  wegen  Körperfehlem  dienst- 
nnbiaiiehbar  befanden  247 886,  den  Hilfsdiensten  ul)erwiesen  192378, 
iDsammen  440264  —  15,2  "/••  Damit  ist  die  Ziffer  der  Dienst- 
nntaoglichen  noch  nicht  enchöpft,  denn  in  den  mnd  896000  bei 
der  ersten  Mastening  znrliekgestellten  Lenten  wnrden  aaefa  bei 
spiteren  Masteningen  noeb  50  */„  d.  h.  198000  Mann  dienst- 
onbranebbar  befanden.  Die  Cksamtsiffer  der  letzteren  belief  sieh 
also  bei  den  9  Kontingenten  anf  688264,  d.  h.  22  */•,  ein  Prozent- 
satz, der  enorm  hoch  genannt  werden  mnls,  da  anf  5  Mann  immer 
em  Dienstnntaaglioher  kommt  Von  der  Gesamtzahl  der  9  Kontingente 
bleiben  demnach  2261455  Mann.  Gestutzt  anf  offizielle  Daten  weist 
mm  ^Franee  Militaire"  nach,  dals  nur  52  V«  derselben  Uber  2  Jahre 
gedient  haben  und  uberlftlst  es,  daraas  anf  die  Qualitilt  fttr  Fehl- 
zwecke  Schillsse  za  ziehen.  Besonders  grols  ist  die  ZiflSer  der  ans 
Rtteksieht  anf  bürgerliche  Verhältnisse  Dispensierten,  die  nnr  1  Jabr 
snter  der  Fahne  blieben,  dabei  kommen  aber  die  anf  7  be- 
Mhrftnkten  Familienstützen,  total  95007,  verhältnismäfsig  sehr  schlecht 
weg,  da  auf  Grund  des  Artikels  21  des  Rekrutierungsgesetzes 
allein  360808,  auf  Grund  der  Artikel  23  und  öU  (liberale  Karrieren) 
38  III  dispensiert  wurden.  Von  den  später  diensttauglich  hefundenen 
Zurückgestellten  diente  weitaus  die  Mehrzahl  auch  nur  1  Jahr, 
keiner  mehr  als  20  Monate,  so  dals  total  690000  Mann  =  2()  •/„ 
nur  1  Jahr  bezw.  nur  20  Monate  unter  den  Fahnen  blieben,  und 
Uber  48  die  gesetzliche  Dienstpflicht  von  3  Jahren  nicht  voll  er- 
erfülltt  n,  wobei  die  Leute,  die  nach  ihrer  Einstellung  dienstuiihrauchbar 
wurden  und  deren  Zahl  nicht  klein  ist,  nicht  einmal  mitgerechnet 
sind.    £&  unterliegt  keinem  Zweitei,   dals   man  die  Ziffer  der 


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94  BeiErotierung  nnd  neue  GtHtagdbvng  in  Fhmkretali. 


DispeDsierteii,  besonden  der  auf  Gnmd  des  Artikels  21  ovr  aaf  ein 
Jabr  Emgereihten  wesentlieh  Termindem,  dafllr  die  der  Familien- 
sMltEen  erhohen  kOnnte.  Bei  einer  Bevölkerung,  die  nach  der  leisten 
Zfthlnng  88343 192  KOpfe  betrag,  kommen  7  */•  EinsteUnngen  herans, 
ein  Prosentsats,  wie  er  in  kdnem  andern  Lande  Europas  errelehl 
wird,  nnd  den  die  Gegner  des  sog.  „Militaiismns'*  bei  nns  gut  thäten, 
sich  za  merken. 

Eine  Neuerun«:  von  fjrolser  Bedeutung  ist  der  am  15.  November 
vollzogene  Übertritt  der  41.  (Vogesen-)Divi8ion  vom  20.  zum  7.  Korps, 
nachdem  vorher  eine  neue  Abgrenzung  der  Bezirke  des  7.  und  20. 
Korj)s  stattgefunden  hatte.  (Gleichzeitig  wurde  die  14.  Division  nach 
Besannen  verlegt  und  traten  die  der  41.  Division  zugeteilten  Batterien 
7  bis  12  des  iS.  Artillerie- Regiments  aus  ihrem  Kegimentsvcrband 
aas  und  bilden  eine  eigerif  Oruppe  t  Uegiment)  unter  einem  Oberst- 
leutnant Bei  der  Ncueinteilung  der  Bezirke  des  7.  und  20.  Korps 
wurde  entgegen  den  sonst  absolut  durch  gefUhrtni  und 
zwe ckmälsig  nach  dieser  Richtung  hin  „reinliche  Scheidung" 
proklamierenden  französischen  Grundsätzen,  eine  Reihe  von 
Arrondissemeiits  mit  der  Lieferung  von  Rekruten  und  Ergänzungs- 
mannschaften für  Truppenteile  sowohl  des  7.  als  des  20.  Korps 
betraut,  was,  eben  nach  den  genannten  Grundsätzen,  dauernd  nicht 
bleiben  kann.  Ein  weiteres  Symptom  ist  die  Bestimmung,  da£B  in 
dem  diesjährigen  Rekratenkontiogent  eine  Anzahl  von  Leuten  provi- 
sorisch Infanterie-Regimentern  zugewiesen  worden  ist,  bis  die 
5.  Bataillone  der  4  Zuaven-Regimenter  gebildet  sind,  die  in  Frank- 
reich bleiben  nnd  sich  bei  der  Mobilmacbang  durch  Zuaven-Reservisten 
za  Regimentern  ergänzen  sollen.  Dann  wurden  gleichzeitig  mit  dem 
Übertritt  der  4.  Division  anch  wieder  mehreren  der  starken  (6  Kom- 
pagnien, im  Krieg  12)  JMgerbataillone  Brigaden  einverleibt.  Alle 
diese  Zeichen  denlen  klar  aaf  die  Absicht  hin,  baldigst  einen 
21.  Korpsbezirk  mit  Epinal  als  Site  des  Generalkommandos  zn 
schaffen.  Dem  nenen  Korps  würde  die  41.  Division  in  Remiremont 
nnd  eine  2.  angehören,  deren  Stabqnartier  entweder  £pinal  oder 
das  bisherige  der  14.  Division  sein  durfte.  Man  sneht  in  Frankreioh 
die  Obertragnog  der  41.  (Yogesen-)  Division  an  das  7.  Korps  als 
Konsequenz  der  VerstKrknng  onseres  XIV.  Korps  am  eine  dritte 
Division  nachzuweisen  and  der  kommandierende  General  des 
20.  Korps  sprach  beim  Scheiden  dieser  Dinsion  ans  seinem  Befehls- 
bereich ans,  data  ihr  die  Verteidigung  der  Nordvogesen-Grenzstreeke 
Übertragen  werden  soll  Die  eben  nftber  beleuchteten  Anziehen 
lassen  einen  anderen  Grund  finden. 

Ans  der  Rdhe  der  Gesetzentwürfe,  die  Gallifet  dem  Parlament 


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KekrutieruDg  imd  neue  Gesetzgebung  in  Frankreich. 


onterbreitet  hat,  greifen  wir  nur  die  wichtigstCD  herans.  Wir  ttber- 
ITihtQ  dabei  den,  betreffend  die  Reform  der  Kriegs j;erichte, 
da  derselbe  im  Vergleich  zu  imserer  Militärstrafprozelsordnuug  wohl 
Gegenstand  einer  Sonderdarstellung  werden  dürfte. 

Der  Gesetzentwurf,  betreffend  die  Verjüngung  des  Offizier- 
korps  —  und  zwar  nicht  nur  desjenigen  des  aktiven  Heeres, 
soDdem  auch  der  Armee  11.  Linie,  wie  die  Begründung  ausspricht, 
schlägt  zu  diesem  Ziele  drei  Wege  ein,  die  Beförderung  zum  Stabs- 
oftizier  nur  nach  Wahl,  statt  zur  Hälfte  nach  dem  Dienstalter,  die 
Herabsetzung  der  für  die  BefJtrderung  nötigen  Minimalzeit  im  Dienst- 
grad des  Obersten  von  3  auf  2  Jahre  und  die  Herabsetzung  der 
Altersgrenze.  Letztere  wird  fortan  ftlr  Divisionsgenerale  62,  nur, 
wenn  sie  vor  dem  Feinde  selbständig  geführt  haben  65,  für  Brigade- 
generale 69,  ftir  Obersten  58,  Oberstleutnants  5G.  Majors  54 
Kapitäns,  Leutnants  und  Unterleutnants  52  Jahre  betragt  n  Der 
Gesetzentwurf  wirft  seine  Schatten  schon  voraus.  Die  Durchfuhrung 
der  VerjtlDgtuig  wird  nicht  ganz  billig  werden.  Der  Kriegsminister 
giebt  in  der  Begründung  die  Mehrkosten  für  die  Durchführung  in 
30  Jahren  auf  rund  90,4  Millionen  an,  von  da  ab  konstant  auf  5,4 
Jüllionen  jährlich.  Nun  werden  aber  im  Kriegsministerium  gegen- 
wärtig 2  Gesetzentwürfe  ausgearbeitet,  die  mit  dem  Gesetz,  betreffend 
die  Verjüngung  des  Ofßzierkorps,  in  engem  folgerichtigen  Zusammen- 
hang stehen.  Der  eine  dieser  £ntwttrfe  will  die  Gehälter  der 
Offiziere  bis  znm  Kapitito  einsehliefelicb  aufwärts  erh5hen,  der  andere 
eine  Pendonienuig  nnd  zwar  mit  7t«  Pensionstarifs  für  jedea 
Oienstjahr  und  jeden  Feldzng,  nicht  mehr  nach  30,  sondern  schon 
nach  25  Jahren  erlauben.  Da  das  neue  Gesetz  die  Beförderung 
zum  Stabsoffizier  nnr  nach  Wahl,  nicht  mehr  zur  Hälfte  nach  dem. 
Dienstalter  znläist,  so  ?nrd  für  manche  Kapitäns  die  Majorseoke 
m  Zuknnlt  der  Moment  des  Scheiterns  sein,  während  sie  unter  den 
bisherigen  Verhältnissen  dieselbe  passiert  hätten.  Um  diese  Elemente 
sieht  zu  zwingen,  unter  Hinterlenten  als  Vorgesetzte  bis  zur  Er- 
reichung der  Altersgrenze  weiter  zu  dienen  und  ihnen  eine  aus- 
kOmmlichere  Pension  zu  sichern,  werden  die  beiden  genannten 
GesetzentwUrfe  eingebracht,  die  es  uns  aber  zweifelhaft  erschelnea 
Isssen,  ob  man  mit  den  von  Gallifet  errechneten  Mehrkosten  reichen 
wird.  —  Ein  weiterer  Gesetzentwurf  will  ein  neues  164.  Infanterie^ 
Re^ment  in  der  Form  eines  Subdivisions  liegiments,  aber  ans  be- 
sonders starkem  catlrc  coiiiplementaire.  das  allein  2  Bataillons- 
kommandciire  enthalten  soll,  schatien.  Das  Regiment  ist  für  Korsika 
fKsiimint  und  soll  mit  den  dort  schon  vorhandenen  eine  Brigade 
bilden. 


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96 


Bekratiening  and  neoe  Gesetzgebung  in  Frankreich. 


Der  Gesetzentwurf,  betreffeod  die  Gleiebstelliuig  der  eigentliebeo 
Beeoldong  für  rengagierte  und  nicht  rengagieHe  Unterofliiiere  hat 
Dm*  den  Zweek  einer  Yereinfaehung  des  Rechnungswesens.  Die 

rengagierten  Unteroffiziere  erhalten,  neben  Prämie  und  Handgeld, 
eine  Soldzulage,  „haute  itaye,"  die  um  so  viel  yermehrt  ist,  als  man 
ihnen  an  dem  bisherijLrcn  Sold  streicht.  Für  die  ersten  5  Kapitulations- 
jahre werden  ihnen  niouatlich  16,5,  für  das  6.  bis  10.  Jahr  22,5, 
nach  10  Jahren  28,5  Frcs.  Soldzulage  gewährt. 

In  Bezug  auf  Änderung  der  Bekleidung  der  berittenen 
Truppen  hat  Gallifet  einen  Entwurf  eingebracht,  der  ziemlich 
durchnrreifend  genannt  werden  muls.  An  Steile  der  langen  Keilhosen 
mit  dem  unten  die  „fausses  bottes-'  bildenden  Lederbesatz  erhalten 
alle  berittenen  Truppen  die  kurze  Reithose,  Leder^^aniasehen  und 
kurze  Sporenstiefel.  Bei  den  Dragonern,  Husaren  und  Chasseurs 
tritt  an  die  Stelle  des  Dolinans  ein  weiter,  blauer  Watfenrock,  bei 
den  Mannschaften  der  Chausseurs  d'Afrique  und  Spahls  eine  Armel- 
weste.  Die  Offiziere  der  Spahis  bekommen  einen  roten  Wart'enrock. 
Die  Epauletten  fallen  bei  allen  berittenen  Truppen,  Cuirassiers  aus- 
genommen, fort  und  werden  durch  Achselklappen,  bei  den  Offizieren 
dnrch  Achselstücke  und  Silbergefiecht  ersetzt  Die  Farbe  der  Kragen 
und  Aufschläge  bleibt  die  bisherige. 

Nach  den  Beschlüssen  des  Heeresansschusses  sollen  2  weitere 
Bataillone  leichter  afrikanischer  Infanterie,  bis  jetzt  bestehen  5  solche 
in  6  Kompagnien,  nnd  eine  Strafkompagnie  in  Frankreich  neu  ge* 
bildet  werden.  Der  starke  Andrang  von  algerischen  Freiwilligen 
erlaubt  einesteils  die  aktive  Dienstzeit  bei  den  algerischen  Tirailleurs 
nnd  Spahls  anf  maximal  15  Jahre,  dann  aneh  die  jMmie,  für  die 
erste  4  jährige  Meldung  anf  400,  die  beiden  folgenden  Kapitolatbnen 
von  4  Jabren  anf  850  besw.  250  Fros.  berabznsetKn  nnd  fftr  eine 
weitere  Kapitnlalion  Überhaupt  die  Pdbnie  fortfallen  zn  lassen. 
Man  will  also  angenscheinlich  die  Leute  schon  nach  8  Jahren  los 
sein,  nm  Platz  flir  andere  zn  haben,  ohne  zn  viel  aoszngeben.  Die 
Zahl  der  Freiwilligen  ist  nnbescbrftnkt 


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Du  Mirlneenalanrateii  RmikniehB. 


97 


IX. 

Das  Marineersatzwesefl  Frankreichs. 

Das  Marineersatzwesen  Fruikreicbs  ist  jetzt  folgendermafsen 
dogeriobtet  worden:  Jeder  Mann,  welcher  das  18.  Lebensjahr  vollendet 
bat  nnd  entweder  auf  Re^ieran^-  oder  Handelsschifien  zwei  See- 
reisen grolser  Fahrt  gemacht  oder  achtzehn  Monate  zur  See  gefahren 
how.  zwd  Jahre  Kllstenfiseherei  getriehan  hat  nnd  weiter  zur  See 
£ihren  oder  die  FiBeherei  fortaetEen  wiH,  wird  als  Matrose  einge- 
sehiieben  0naeription  maritime)  und  kaim  som  Dienst  in  der  Marine 
einberofeD  werden. 

Jeder  eingesclmebene  Matrose  wird  cum  Dienst  einbemfen,  wenn 
er  das  20.  Leben^ahr  rollendet  bat  Er  ist  alsdann  TerptBohtet,  in 
dem  Monatt  in  welchem  er  sein  20.  Lebenqahr  vollendet  hat  beaw. 
hl  dem  Monat  naeh  seiner  Rtlokkehr  vom  Anslande  sieh  einem  Kom- 
missar der  insoription  maritime  an  stellen.  ISt  wird  alsdann  ein- 
berufen, naeh  dem  Hauptkriegshafen  des  betreffenden  Seebezhrks 
befohfen  und  in  die  Malros^idivision  flir  die  Flotte  eingereiht  Vom 
18.  Lebensjahre  ab  kann  jeder  Eängesehriebene,  welcher  seedienst- 
fthig  befnnden  wird,  zoro  Dienst  beraiipezotren  werden.  Die  Dienst- 
zeit dieses  Eingreschriebenen  wird  in  zwei  l'(  rinden  «geteilt,  die  erste 
danert  fUnf,  die  zweite  zwei  Jahre.  Wahrend  di  r  ersten  kann  der 
Einberufene,  wenn  er  im  Dienst  entbehrlich  ist,  wiederholt  ürlanb 
ohne  Löhnung  erhalten,  um  KUstenschifffahrt  und  Küstenfischerei  zu 
betreiben,  jedoch  darf  er  sich  nicht  auf  Kauffahrteischiften  fUr  grofse 
Fahrt  verheueru  noch  Hochseefischerei  lietreiben.  Nach  dieser  ersten 
Periode  dient  er  noch  zwei  Jahre,  wiilirend  welcher  er  unter  den- 
selben Bedingungen  beurlaubt  werden  kann.  Diese  Urlaubszeit  wird 
nir  jeden,  welcher  sich  verpflichtet,  nur  KUstenschiflffahrt  und  Küsten- 
fischerei zu  betreihen,  als  wirklii-he  |)ensionsherechtigende  Dienstzeit 
angerechnet.  Nach  dieser  letzten  Periode  darf  der  Eingeschriebene 
nor  auf  besonderen  Befehl  und  bei  aufserordentlichen  Indienst- 
stellungen einberufen  werden.  Wer  nach  dreijähriger  Dienstzeit 
noch  nicht  beurlaubt  worden  ist,  erhält  eine  Zulage,  ebenso  jeder 
efaigesehriebene  Matrose,  welcher  nach  Ablauf  seiner  Dienstzeit  sich 
auf  weitere  drei  Jahre  verpflichtet. 

Von  den  Eingeschriebenen  werden  von  der  Einberufung  zurück- 
gestellt und  erhalten  Aufschub:  das  älteste  von  Waisenkindern,  der 
Bruder  eines  schon  Einberufenen  und  der  einzige  oder  älteste  Sohn 
bezw.  £nkel  einer  Wittwe  oder  eines  blinden  besw.  siebsigjährigen 
Vaters. 

JakiMotor  fir  tt»  d«atMk*  AimM  ud  MuIb*.  Bä.  114.  1.  7 


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98 


Pas  Marineenatnreaen  Eraakreiohs. 


Die  Eingescbriebeueo  and  dereu  Familien  haben  viele  Ver- 
gUnstigungea : 

Sie  haben  allein  das  Recht,  zur  See  zu  fahren  und  Fischerei  • 
zu  betreiben,  ohne  einen  Gewerbeschein  zu  besitzen  und  ohne  Ab- 
gaben zu  zahlen,  sie  sind  von  jedem  öffentlichen  Amte  befreit  und 
branchen  während  ihrer  Dienstzeit  und  vier  Monate  nach  Rückkehr 
vom  Dienst  in  ihre  Heimat  keine  Einquartierungen  bei  sich  aufsu- 
nehmen. 

Die  Stenermannsschulen  dürfen  sie  unentgeltlich  besuchen,  ebenso 
werden  sie  kostenlos  in  den  Lazaretten  behandelt,  wenn  sie  in  den 
ersten  vierzehn  Tagen  nach  Antritt  ihres  Urlaubs  erkranken;  anf 
den  EiBenbahnen  reisen  sie  ftir  den  vierten  Teil  des  Fahrtaxen- 
preises  und  haben  dieselbe  Ermäisigung,  wenn  sie  von  Urlaub  zorttck- 
gemien  werden.  Die  Kinder  nnd  Waisen  der  Eingeschriebenen 
werden  in  der  findefanngsanstalt  f\ir  ZOgUnge  der  Marine  in  Brest 
unentgeltlich  aufgenommen,  die  Waisen  aneh  spftter  in  der  Sdüfis- 
joQgeBsehiile  daselbst 

Jeder  Eingeschriebene  hat  anlserdem  im  Alter  von  60  Jahren, 
naoh  einer  Dienstzeit  von  26  Jahren,  welche  er  anf  Schiffen  der 
Kriegs-  und  Handelsmarine  oder  auf  Fischerfiüineugen  abgedient 
haben  kann,  das  Anrecht  auf  eine  Pension,  genannt  Halbsold. 

Aulkeidem  werden  jährliche  Untersttttsungen  erteilt: 

1.  An  solche  Familien,  deren  Vttter  oder  Söhne  auf  den  Schiffen 
der  Marine,  der  Handelsmarine  oder  anf  Fiseherfalurzeugen  nms  Leben 
gekommen  sbd. 

2.  An  Seeleute  nnd  Fischer,  welche  infolge  von  Krankheit  oder 
aus  anderen  swingenden  Gründen  ihren  Beruf  aufgehen  mulsten, 
ehe  sie  pensionsberechtigt  wurden. 

8.  An-  die  Witwen  und  Waisen  von  Seelenten,  welche  penslons* 

berechtigt  oder,  ehe  sie  Ansprach  anf  Pension  hatten,  gestorben  sind. 

4.  An  Blinde,  Krüppel  oder  in  Armut  gerathene  Pensionäre. 

St'chzi^ährige  Seeleute,  welche  im  Dienst  invalide  geworden 
sind,  erhalten  noch  eine  monatliche  Zulage  von  G — 9  fr.  neben 
ihrer  Pension  und  die  Kinder  der  Pensionäre  erhalten  bis  zum  Alter 
von  10  Jahren  ebenfalls  eine  monatliche  Zulage  von  2 — 3  fr.  Diese 
Pensionen  und  Unterstützungen  werden  aus  dem  Invalidenfonds  gezahlt, 
welcher  vom  Murineministerium  verwaltet  wird.  In  den  Häfen  der 
Bezirke  der  Inscription  maritime  sind  aufserdem  V  erwaitungsbeamte 
angestellt,  welche  Uber  alle  Einnahmen  und  Ausgaben  des  Invaliden- 
fonds Rechnung  zu  führen  haben.  Dieser  Fonds  wird  aus  folgenden 
Mitteln  unterhalten: 

Durch  Gehaltsabzüge  der  Offiziere  und  Beamten  der  Marine  in 


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Da«  MariaeerMtsweien  Fnnkreiehs. 


99 


and  anlser  Dienst  in  Frankreich  und  in  den  Kolonien,  durch  Löhnnngs- 
abztlge  der  Matrosen  der  Marine,  der  Kauflahrteimatrosen  und  See- 
fischer, ferner  durch  ersparte  Löhnongen  von  Deserteuren  der  Kriegs- 
Dod  Handelsmaiuie,  durch  Erbschaften  von  Seeleaten^  welche  inner- 
halb von  zwei  Jahren  niobt  reklamiert  werden,  durch  nichtreklamiertes 
Stnmdgat,  in  Beschlag  genommene  Rontrebande,  JüentenrttokstäDde 
ain  dem  Invalidenfonds  nod  durch  Staatssabventionon. 

Durch  diese  Bestimmungen  hat  die  Kriegsmaiine  sich  einen  aos- 
reicbenden  seeinttDiiischen  Ersatz  gesichert.  Wenn  auch  Leute  ans 
der  LandbeTöikening,  welche  nicht  ans  der  imscriptioD  maritime  her- 
TOigegangen  nnd,  für  die  Marine  ausgehoben  werden,  so  machen 
diese  den  Eingesehriebenen  gegenüber  nur  einen  Tersohwindend 
klemen  Teil  aas.  Andrerseits  ist  dadoreh,  dafs  den  Einberufenen 
nOgliehet  viele  Freiheiten  und  Vergünstigungen  während  ihrer  Dienst- 
Kit  gewährt  werden,  den  Bedttrfiüssen  der  Handelsmarine  und  See- 
fischerei möglichst  Rechnung  getragen  worden  mm  Wohle  Frankreichs. 

Das  ganze  Küstengebiet  Frankreichs  ist  seit  1844  in  fünf  See- 
besirke  eingeteilt  Der  erste  Bezirk  mit  dem  Haupthafen  Gher^ 
bourg  umfafst  die  Küste  mit  allen  Häfen  längs  des  englischen 
Kanals  ron  der  Grenze  Belgiens  bis  einschlielslich  Cherbourg.  Er 
wird  wieder  in  drei  Unterbezirke  geteilt,  deren  HauptsUldte  Dttn- 
kirdien,  Havre  und  Cherbourg  sind. 

Zu  dem  zweiten  Bezirk  gebOrt  die  Küste  mit  allen  Häfen  und 
Inseln  von  Cherbourg  bis  zur  Mündung  des  Odetflusses,  der  Haupt- 
hafen ist  Brest.  Dieser  Bezirk  bat  zwei  Unterbezirke  mit  den  Haupt- 
sttdten  St.  Servan  und  Brest. 

Der  dritte  Bezirk  unifafst  die  Küste,  Häfen  und  Inseln  von  der 
Grenze  des  zweiten  iSeebezirks  bis  zur  Bucht  vun  liourorneuf.  Der 
Haupthaien  ist  Lorient.  Er  zerfällt  in  zwei  ünterbezirke  mit  den 
Hauptetädten  Lorient  und  Nanies. 

Zu  dem  vierten  Bezirk  mit  der  Hauptstadt  Rochefort  frehören 
die  Küste,  Inseln  und  Häfen  von  der  Bucht  von  Bourgneut  bis  zur 
Fpatiisehen  Grenze.  Derselbe  hat  zwei  Uuterbezirke  mit  den  Haupt- 
Städten  Koebefort  und  Bordeaux. 

Der  fünfte  lie/irk  endlich  utnialst  die  Küste  und  Häfen  Frank- 
reichs im  Mitteltncer,  sowie  die  dort  liegenden  Inseln,  einschlielslich 
Kiir^ika.  Der  Haupthafen  dieses  l>ezirks  ist  Tonion.  Er  zerfällt  in 
drei  Unterbezirke  mit  den  Haupthäfen  Marseille,  Toulon  und  Bastia. 

An  der  Spitze  eines  jeden  Bezirks  steht  ein  Seepräfekt  mit  dem 
Kange  und  den  Befugnissen  eines  Viceadmirals  oder  Geschwader- 
chefs. £r  untersteht  direkt  dem  Marineminister  und  hat  die  Ober- 
aufsicht über  den  gesamten  Dienst  der  Marine  und  alle  maritimen 


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100 


Umschau  in  der  MiUtär-Littoratur. 


Einrichtungen  in  seinem  Bezirk.  Alle  in  Dienst  gestellten  Schiffe 
«L'iiK's  Bezirks,  mit  Ausnahme  derjenigen,  weicht-  unter  dem  Kom- 
mando eines  Flotten-  oder  Geschwaderchefs  stehen,  sind  ihm  unter- 
stellt. Die  Sicherheit  der  zu  seinem  Kayon  gehörenden  Kriegshäfen 
und  Werften,  die  Aufsicht  über  die  Befestigungen  aller  Art  zum 
Schutz  der  Hufen,  die  KUstenschifffahrt  und  Küstenfischerei  liegt  ihm 
im  besondern  oh.  Er  hat  einen  Chef  des  Stabes,  welcher  den  KaDg 
eioes  Koutreadmirals  oder  Linieoschitlskapitäns  hat. 

Jacbmauu,  Korv.-Kapt.  a.  D. 


X. 

Umschau  in  der  Militär-Litteratur. 

I.  Ausländische  Zeitschriften. 
Streffleurs  Östanreiehisehe  Militärische  Zeitschrift  (November 

1899.)  Infanterie  gegen  Reiterei  (Schlufs).  —  Beiträge  zum  Studium 
des  Infanterie- Angriffes  in  der  bataille  rangee.  —  Zwekniäfsiire  For- 
mationen der  Infanterie  bei  Vorrückungen  im  feindlichen  .-\rtilleriefeuer. 
—  Zusaniniengewürfelte  Gedanken  über  unsere  Reglements.  6.  Brief: 
Kampf  um  die  artilleristische  Feuerüberlegenheit.  —  Das  neue  Exerzier- 
Regleraent  für  die  deutsche  Feldartillorie.  —  Soults  Gebirgskriege. 

Mitteilungen  über  Gegenstände  des  Artillerie-  und  Genie- 
wesens. (Jahrg.  1899.  XL  Heft.)  Versuche  zur  Erläuterung  der 
Kreiselbewegung  rotierender  Langgeschesse.  —  Die  nene  fransOsisohe 
Instruktion  fttr  den  Festungskrieg. 

Anneeblatt.  (Osterreich.)  Nr.  45.  Gegen  Armee  und  Armee- 
Einheit.  Die  Reitausbildung  in  Deutschland  und  in  Österreich- 
Ungarn.  —  Der  sttdafHkanisehe  Krieg.  (Ports,  in  Nr.  46  u.  47.)  Vr.  46. 
England.  Deutschland  und  —  wir.  —  Bin  Franzose  über  unsere  Armee. 

Das  Landwehr-Budget,  —  Württembergische  Prinzen  in  Habsburgs 
Heere.  Nr.  47.  Unser  Kriegsgebäude.  —  ^liit  Wartegebühr"  und  „In 
Pension".  —  Das  neue  Heim  des  Miiitärwissenschaftlichen  und  Kasino- 
Vereines  in  Budapest. 

Militär-Zeitung.  (Ö  sie  rrt^i  c  h.)  Nr.  39.  „Jelen"  (behandelt  die 
einheitliche  Armeesprache;  Jelen"*  ist  die  ungarische,  „zde**  die  cze- 
chische  Obersetzung  des  deutschen  Wortes  „Hier").  —  Der  Krieg  in 
Afrika  (Forts,  in  Nr.  40,  41j.   Nr.  40.  Demonstrationen  gegen  die 


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Umtohoo  in  der  HÜttür-Llttentiir. 


101 


gemeinsame  Armee.  —  Zum  Voranschlage  des  Ministeriums  für  Landes- 
verteidigung pro  19(MK  —  l)as  neue  Kri»'c:.sministerium.  Nr.  41.  Zeit- 
liche Pension  und  Urlaub  mit  Wartegebühr,  —  Eine  neue  russische 
Pelddionstvorschrift. 

Journal  des  sciences  niilitaires.  (November  1899.)  Drei  Ko- 
lonnen in  Tonkin  (1894  1S!>5)  (Korts.i.  —  Napoleoiiisc-he  ( uimdsUtze. 
Militärisches  Repertoire  (^^clilufs).  —  Die  Einnahme  von  Hlamunt  und 
LaDdskron  am  Schlufs  des  Jahres  1813.  —  Befestigung  von  Nancy.  — 
Die  Bntwiokelung  nach  der  Flaoke  auf  dem  Schlaohtfelde.  —  Die 
rassiBche  Inlianterie  in  ihren  Sommerttbungslagern  (Schlufs). 

BeTue  Mllitaire  «mTerselle.  (November  1899.)  Hr.  92.  Ali- 
gemeiner  Bericht  über  die  GesamÜage  von  Madagaskar  (Ports.).  — 
Untersuchungen  über  geheuchelte  Krankheiten  und  Selbstverstümme- 
bmgen.  beobachtet  von  1859—1896  (Forts.).  —  Die  Schlacht  von 
Pwitanet(25.  Juni  1841)  (Schlufs).  —  Studio  über  eine  taktische  Präge. 

Revue  du  cercle  militaire.  (1899.)  Nr.  44.  Eine  Hekogno.sziorung 
im  Jahre  1822  (Forts,  in  Nr.  45,  46,  47).  Die  Arbeiten  des  „Geo- 
graphischen Armeedienstes"  im  Jahre  ISO*^  l)er  Ktieg  in  Transvaal 
(Forts,  in  Nr.  4ö.  46,  47).  Nr.  45.  Das  einzige  Feuer  der  Infanterie. 
;Vls  solches  wird  das  Feuer  ohne  Kommando  (Einzelfeuer,  teu  a  vo1i»mI«') 
bezeichnet  (Forts,  in  Nr.  46).  -  Die  russische  Kavallerie  im  Ciou- 
vernement  W'ilna.  Nr.  47.  Batterien  zu  4  Geschützen?  —  Die  Batterie 
der  Toten.    November  1870. 

Revue  d'Infauterie.  (November  1899.)  Nr.  155.  Manöver- 
Disnplin  (Forts.).  —  Die  Verteidigung  von  Höhenrücken  gegen  In- 
fanterie. —  Geschichte  der  Infanterie  in  Prankreich  (Forts.).  —  Regi- 
ments-Schiefsschule  ftirOlftsiereundUnterofflziere  der  Infanterie  (Schlufs). 

—  Die  milit&rische  Bedeutung  des  Kamels  in  Algier  und  in  Tunis. 

—  Eine  Pelddienst-Aufgabe. 

Revue  de  CftTalerie.  (Oktober  1899.)  Neue  Worte,  alte  Lieder 
(kritische  Betrachtungen  über  einige  Schlachten  von  1870).  —  Die 
Kavallerie  der  I.  u.  II.  deutschen  Armee  in  den  Tagen  vom  7.  zum 
15.  August  1870  {Übers,  d.  Peletschen  Buches).  —  Einige  Betrach- 
tungen über  das  Reglement  vom  12.  Mai  1899.  —  Generalleutnant 
Marquis  von  Langalerie.  ~  Militär-Keitwesen  im  17.  Jahrhundert. 

Revue  d' Artillerie.  (November  1899.)  Das  Kriegsspiel  in  An- 
wendung auf  das  Studium  des  Angritls  und  der  Verteidigung  von 
Festungen  (Cbors.  aus  dem  Deutschen  des  Oberst  Kunde).  —  Das 
Exerzierreglement  der  deutschen  Feidartiüerie.  —  Feuerverteilung  der 
Artillerie  (Forts.). 

La  France  mllitaire.  Nr.  4691.  Das  fransüeisch-rusdBche  Bündnis. 

—  Verfügungen  betreffs  des  Oberlcriegsrats.  Die  Generale  Giovanni- 
nelli,  Herve»  Langlois  zur  Verfügung  gestellt  als  körperlich  unbrauch- 
bar. Hr.  4692.  Unsere  ArtUIerie.  Brklärt  sich  für  Batterien  2U  4  Ge- 
sehfitzen und  12  Munltionswagen.  Nr.  4694.  Die  Lanze,  I.  Nr.  4698. 
Die  Batterie  zu  4  Geschützen.  Man  ist  im  Artillerie-0>mite  der  An- 


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102 


Uiuttobau  in  der  Müitär-Iitteratur. 


sieht,  dafs  eine  Batterie  von  4  Geschützen,  12  Munitionswagen  in 
Feuergeschwindigkeit  der  bisherigen  Batterie  von  6  Qeschfltzen,  nenn 
Munitionswagen  gleich  steht,  entere  dagegen  durch  die  reichere 
Munitionsausrtistung  den  Vorzug  hat  General  Triooche  ist  nicht  für 
Unterstelliing  der  gesamten  Feldartillerie  unter  die  Divisionen,  sondern 
will  Beibehaltung  der  Korps- Artillerie.  Hr.  4600.  Unsere  Artillerie. 
Hr.  4700.  Unsere  Artillerie,  II.  Bin  ungenannter  General  will  für  das 
Armeekorps  30  Batterien  (nicht  gerechnet  die  12  für  Alpen  und  19  für 
Algerien),  für  die  20  Armeekorps  also  600,  sind  vorhanden  483  reitende 
und  fahrende,  also  neu  117  zu  errichten,  dabei  ein  3.  Reo^iment  per 
Armeekorps,  also  20  neu»^  Regimenter.  Die  Batterien  sollen  4  Geschütze 
haben,  keine  l'nterstellung  der  Peldartillfrie  unter  die  Invisionon. 
Hr.  4701.  l'nsere  Artillerie,  III.  Der  Mehrbedarf  soll  in  Anbetrarlit  des 
Wegfalls  der  5.  und  6.  Geschütze  500  Mann.  17(X)  Pferde  beliagen, 
an  üfßzieren  mehr  20  Oberste.  20  Oberstleutnants.  59  Majors, 
174  Hauptleute,  weniger  129  Leutnants.  Nr.  4704.  Die  Reorganisation 
der  Artillerie.  Hier  erhebt  sich  eine  Stimme  dafür,  es  beim  bisherigen 
Verhältnis  zu  belassen,  höchstens  die  Zahl  der  Batterien  zu  vermehren. 
Hr.  4706.  Die  Lanze,  II.  Hr.  4706.  Der  Oberkriegsrat  ^  Hr.  4708.  Die 
Übungslager.  —  EHe  Mitrailleusen.  Man  denkt  an  deren  Annahme; 
es  ist  die  Wahl  zwischen  drei  Systemen.  Hr.  4700.  Die  Batterie  von 
4  Qeschfltzen,  I.  Ansichten  eines  Infanterie-Generals.  Hr. 4710.  Deutsch- 
land  und  England.  —  Die  Batterie  von  4  Geschützen.  IL  Nr.  4711.  Die 
Lanze.  III.  Nr.  4712.  Die  Reknitiorung,  Nr.  4713.  Unsere  Artillerie. 
Le  Trogres  militaire.  Nr.  1984.  E)ie  Reorganisation  der  Artillerie. 

—  Der  „Ad  Latus"  des  Korps-Kommandanten.  Nr.  1985.  Die  Lanzen- 
fra^o  (Bedarf  der  Lösung).  Nr.  1986.  Unsere  .\rtillerie.  —  I>er  süd- 
afrikanische Krieg  (Forts,  in  Xr.  1987,  88.  89,  90).  Nr.  1987.  Die 
Batterie  zu  4  Geschützen  (vor  Einführung  derselben  wird  gewarnt). 
Nr.  1988.  Beförderung  nach  Wahl  oder  nach  dem  L)ienstalier  ?  — 
Der  „Fall**  des  General  Negrier.  Nr.  1989.  Die  Frage  der  Kolonial- 
arraee,   Nr.  1990.  Das  Alter  der  Ottiziere.  —  Schnellfeuer  und  .Munition. 

La  Itelgique  militaire.  Nr.  1483.  Der  englisch-transvaalsche  Krieg 
(Forte,  in  Nr.  1486).  —  Die  Depesche  des  General  White.  —  Die 
Manöver  der  4.  Annee-Diviaion  im  Lager  von  Beverioo  (SchluüB  in 
Nr.  1494).  Nr.  1484.  MUit&r-Organisation  Transvaals.  Nr.  1485.  Einige 
Worte  über  das  Infanteriefeuer. — Die  Belgier  bei  Waterloo.  Nr.l486.  (8.o.). 

Bvlletiii  de  Ui  Presse  et  de  la  Bibliographie  miUteiie.  (15.  No- 
vember 1899.)  Nr.  372.  .\gypten  und  der  Sgyptische  Sudan.  Feld- 
zug 1897  und  1898  (Schlufs).  —  Der  Peldzug  von  1812  von  Beginn 
des  Krieges  bis  Smolensk  (von  General  Skougarewski).  —  Die  Kon- 
ferenz im  Haag. 

Schweizerische  Monatsschrift  furOfllziere  aller  Waffen.  (Oktober 
1899.)  Über  Organisation,  Ausbildung  und  Verw(>ndung  von  Radfahror- 
truppen  (Forts.).  —  ManflvtM-  d.'.s  Italienischen  Heere.s  im  -Jahre  1899. 

—  Streülichter  auf  das  engiisciie  Heer  und  seine  Einrichtungen. 


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Umschau  in  der  MUitär-LiUerfttur. 


103 


BeTue  militalre  snisse.  (November  1899.)  Bei  den  Schweizer- 
SMvem.  —  Mandverfeld  des  Waffenplatzes  Latisanne  (mit  Karte 
1 : 10000).  —  Kaiserlich  Österreichische  Manöver.  —  Unteroffizier- 
Patrouillen.  —  Beilage:  4  photographische  Aufhahmen  zu  den  Manövern 
des  I.  Armeekorps. 

Schwdieriaehe  Zdtsehrlft  für  Artillerie  md  Genie«  (Oktober 
1899.)  Der  neue  Patrouillen-Telephonapparat  von  Siemens  u.  Halske. 

—  300  Kilometer  Distanzriit  1899.  —  Automatische  Mitrailleuse,  System 
Nordenfeit.  —  Die  Organisation  und  Thätigkeit  des  militärischen  Tele- 
graphendienstes  in  der  französischen  Armee.  —  Zur  G<»hircse:eschütz- 
fra^e.  —  Die  permanenten  Befestigungen  an  Frankreichs  Ostgrenze, 

—  Militärisr-ho  Erziehung. 

Allgemeine  Schweizerische  Militärzeitung.  (Jahrg  1899.)  Nr.  44. 
Die  Armee  und  die  Jleeresreform  in  Spanien  (Schlufsi.  —  Die  dies- 
jährige Prüfung  von  deutschen  Kriegshunden.  Nr.  46.  Die  Einleitung 
Elim  Peldzuge  in  Natal  und  der  erst©  Kampf  bei  Glencoe.  —  Zeitungs- 
koirespondenten  auf  dem  Kriegsschauplätze.  Hr.  46.  Die  deutschen 
Kaisermanöver  1899  (SohluTs  in  Nr.  47).  —  Der  Konflikt  mit  Transvaal 
in  englischer  Beleuchtung  (Forts,  in  Nr.  47).  Hr.  47.  Eine  Fahne,  der 
wir  nicht  folgen. 

Amy  aad  Navy  Qaaette.  Nr.  3078.  Bndlich  der  Krieg.  —  Die 

Unversöhnt  ich  keit  Krügers.  —  Das  Klima  in  Transvaal.  Mitteilungen 
aus  dem  Tagebuche  eines  Korrespondenten  aus  dem  Jahre  1879. 
Die  .Mobilisierung  der  Reserve.  —  Rangliste  der  für  Südafrika  be- 
stimmten Generale  und  Obersten.  -  Organisation  der  die  technischen 
Anstalten  leitenden  Offizien»  —  Remonte-Wesen  für  da.s  Heer.  — 
Telegraphen- Wpsen  bei  den  deutschen  Manövern.  —  Die  Alpen-Truppen 
in  Frank i'eich.  Italit-n  und  Österreich.  ~  Stärke  und  Zusammensetzung 
des  Armee-Korps.  Beschreibt  da.s  für  Südafrika  zusammengestellte 
Korps.  —  Einherutlmg  der  Reserven  für  Transvaal.  Nr.  2074.  Der 
zweite  Burenkrieg.  Aligemeine  militärische  Betrachtung  über  die  Er- 
dlTnung  der  Feindseligkeiten.  —  Die  Verteidigung  der  indischen  Grenze. 
Strategische  Betrachtung.  —  Die  Kosten  der  südatHkanischen  Expedi- 
tion. Nach  der  Parlaments -Vorlage  zusammengestellt.  —  Die  Bin- 
sehiflhng  des  Armee-Korps.  Zusammenstellung  der  hierflQr  vom  Kriegs- 
Qinisterium  erlassenen  Verordnungen.  Nr.  2076.  Eine  geschäftige 
Kriegswoche.  Schildert  die  ersten  kriegerischen  Zusammenstöliw  mit 
den  Buren.  —  Die  Regelung  der  Militär-Witwen-Pensionen.  —  Tage- 
buch der  Kriegsereignisse.  Nr.  2077.  Der  Krieg  in  Südafrika.  Be- 
trachtung über  die  militärische  Lage  in  der  Mitte  des  Novembers.  — 
hU'  kriegerischen  Ereignisse  der  Woche.  Bespricht  die  Ereignisse 
Vom  2. — 10.  November.      Militärische  Vorbereitungen  und  Diplomatie. 

—  Die  französische  Presse  und  der  Transvaalkrieg.  —  Die  telegra- 
phischen Verbindungen  Englands  im  Vergleich  zu  denen  Erankrc!<'hs. 

Journal  of  the  United  Service  Institution  of  India.  Nr.  137. 
Stonewaii  Jackson.    Lebensbild  mit  besonderer  Schilderung  seiner 


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104 


Umaebaii  in  der  MilitKr-Littentiir. 


Leistungen  im  Amerikanischen  Bürgerkriege.  —  Taktisciie  Grundsätze 
für  den  indischen  Grenzkrieg.  —  Gt^schichto  des  Amerikanischen 
Bürgerkrieges  1861—1865.  —  Die  Schlachten  im  Dekkan.  III.  Teil. 
Beschreibt  die  Belagerung  von  Gawilghur.  —  Die  Verwendung  von 
Tram-Wagen  auf  e iner  Schiene  zu  militärischen  Zwecken.  Kine  neue 
patentierte  Ki  lindung  von  Mr.  Ewing.  —  VAne  neue  Tragbahre  für  Ver- 
wundete und  Kranke.  —  Ein  neuer  Entlernungsmesücr.  Aus  dem 
deutschen  Militär-  Wochenblatt. 

Aimy  aaA  Nayy  immaiL  (New- York.)  Nr.  1885.  Die  leisten 
Nachrichten  von  Manila.  —  Die  Division  auf  Kuba.  —  Das  Müit&s 
Kommando  von  Matanzas.  Schilderung  des  Lebens  der  Amerikanischen 
Truppen  auf  Kuba.  Nr.  1886.  Unsere  nationalen  Forstbeamten.  Be- 
handelt die  Waldanpflanzungen  auf  Portoriko.  ~  Ein  englisches  Urteil 
über  die  Lage  auf  Manila.  —  Der  Krieg  in  Südafrika,  —  Deutschland 
und  die  Vereinigten  Staaten.  Nr.  1887.  Die  Lage  in  Transvaal.  All- 
gemein gehaltene  strategische  Betrachtung.  —  Englische  Urteile  über 
das  Amerikanische  Heer.  —  Klagen  aus  Kuba.  —  Koionisierungs- 
Grundsätze  der  Engländer  und  der  Amerikaner. 

RusHki  luwaiid.    Nr.  232  u.  233.  Die  taktischen  Beschäf- 
tigungen der  Oriiziere.    Verlässer  schildert  den  Betrieb  der  Vor- 
träge im  Winter:  .  ,  .  „In  einer  andt-ren  Eskadron  wurde  gar  nichts 
gemacht;  Parutschik  P.  erzählte  Anekdoten  ...    Es  wurden  aber  auch 
militärische  Vuiiiäge  gehalten;  als  Tiieniaia  waren  solche  gewählt, 
mit  denen  auch  ein  Professor  der  Akademie  nicht  leicht  fertig  geworden 
wSre.  Die  Vortragenden  traten  vor,  mit  ihrem  Heft  in  der  Hand  und 
von  den  Kameraden  ersucht,  nicht  Ittnger  als  45  Minuten  zu  reden» 
besser  aber  noch,  den  Vortrag  baldmöglichst  su  beendigen.  Wohnte 
dem  Vortrage  irgend  ein  höherer  Voigesetzter  bei,  so  hörte  man  noch 
einigermafsen  aufmerksam  au,  war  man  aber  unter  sich,  so  drängte 
der  Vortragende,  um  die  Kameraden  nicht  zu  langweilen,  seinen  Vor- 
trag zusammen,  und  in  15  Minuten  war  alles  zu  Ende,  natürlich  ohne 
den  geringsten  Nutzen  für  die  Zuhörer  .  .  .    Die  Folgen  zeigen  sioh 
im  Manöver.     Der  Führer  einer  Kavallerie-Patrouille  vermag  keine 
Meldung  zu  schreiben,  weil  er  vergessen  hat,  wie  viel  üeschüiz<'  eine 
Batterie,   wie  viel  Kompagnien   ein  Kt-giment  hat.    Der  Führer  eines 
gemischten  I  k  iachements  versammelte  die  ihm  unterstellten  Truppen- 
führer und  gab  jedem  einzelnen  den  Rat,  nach  eigenem  Ermessen  zu 
handeln,  da  er  nichts  davon  verstände,  alle  schrittlichen  .\rheiten  aber 
überliefs  er,  ohne  sie  anzusehen,  seinem  jungen  Stabschef,  da  „ich. 
diese  Infanterie  nicht  kenne**  . . .  Ein  Avantgarde-Kommandeur  wuüste 
nicht,  was  er  mit  der  ihm  zugeteilten  Kavallerie  anlangen  sollte  .  ,  . 
u.  s.  w.**  ~  Verfasser  macht  VorschlSge  für  Betrieb  der  taktischen 
Obungen,  verkingt  auch  namentlich,  dals  bei  Kriegsspielen  u.  s.  w. 
auch  Organisation  und  Reglements  der  firemden  (deutschen,  österrei- 
chischen  und  englischen)  Armee  zu  Grunde  gelegt  werden.  Nr.  286. 
Das  Lager  der  30.  Inf.-Division  bei  Baranowitschi  ist  —  Sskobelew'ski 


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Umadiaa  la  dtr  MUitlr-Iittenitiir. 


105 


beoannt  worden.  Nr.  288.  Korps- Kavallerie.  Verfasser  weist  auf 

die  Obelstäode  Md,  welche  die  augenblickliche  Organisation  der  russi- 
schen Kavallerie,  nämlich  das  Befinden  sämtUchtT  Kavallerie-Divisionen 
im  Verbände  des  Armee-Korps,  im  Ernsttalle  nach  sich  ziehen  raufe 
und  erachtet  bereits  für  den  Frieden  eine  Zweiteilung  der  Kavallerie 
in  Divisions-Kavallerie  und  in  solbständigo.  nicht  im  Armeekorps- 
Verbando  befindliche,  Kavallerie-Divi.sionen  oder  Kavallerie-Korps  füi  cr- 
ttiinscht.  Nr.  239.  1  He  Zahl  der  zur  Nikolaus-Ingenieur- Akademie 
kommandierten  Offtziere  wii'd  von  75  auf  110  erhöht.  —  Die  Offi- 
ziere der  reitenden  Baliorie  sind  in  Zukunft,  obc^nso  wie  die 
Kavallerie- Offiziere,  verpflichtet,  sich  ein  eigenes  Pfercl  zu  hallen; 
das  Pferd  kann  gegen  Erstattung  des  kemonte-Preises  aus  den  L>ienst- 
pferden  ausgewählt  werden;  das  Offizier-Remonte-Kapital,  aus  dem  die 
Qffisiere  VorschOsse  bezw.  Unterstützungen  zum  Ankauf  eigener  Pferde 
erhalten,  wird  für  die  reitende  Batterie  erhöht  —  ZurFrageder 
Offiziers-Beförderungen.  Verfasser  weist  nach,  zu  welchen  Un- 
gerechtigkeiten das  Jetzige  Beförderungs-System  führt  und  verlangt 
Beförderung  zur  höheren  Charge  nach  einer  bestimmten  Zahl  von 
Jahren.  Nr.  240.  Ssuworow  und  die  Militär- Wissenschaft.  l^ewcg- 
liche  Konzentration  der  Truppen  der  Garnison  Taschkent.  Nr.  241. 
Folgende  Kasaken- Artillerie- Abteilungen  sind  zu  formieren: 
1.  Don  (aus  6.  und  7.  Don-Kas. -Batterie)  und  1.  Orenburg  (aus  1.  und 
3.  Orenburg-Kas. -Batterie).  Die  beurlaubten  Batterien  des  Don-  und 
Orenburg-Kasaken-Heeres,  sowie  auch  die  Batterien  1.  Aurgebtits  des 
Kuban-,  Jerek-  und  Transbaikal-Heeres  werden  erst  bei  der  Mobil- 
machung und  zwar  nur  in  dem  Falle,  wenn  sie  Kasaken-  oder  Kavallerie- 
Divisionen  zugeteilt  werden,  zu  .\bteilungen  zusammengestellt. 

M>jenniy  8sbomik.  (Oktoberl  899.)  Kexhohn  1710  und  1898. 
(Aus  den  zur  Geschichte  des  Leibgarderegiments  Kexholm  S.  M.  des 
Kaisers  von  Österreich  gesammelten  Mat^alien.)  Verfasser  schildert 
die  Emnahme  der  damaligen  Feste  Kexholm,  ein  Ereignis,  welches 
Peter  der  Greise  nut  hesonderer  Freude  begrüfste,  weil  er  durch  den 
Besitz  dieses  Platzes  von  der  drohenden  Nachbarschaft  der  Schweden 
befreit  wurde,  und  die  Bindrücke  des  Verfhssers  bei  seinem  Besuche 
der  Ruinen  im  Jahre  1898.  —  Vom  Kriege.  (Übersetzung  des  gleich- 
namigen Werkes  von  Clausewitz  durch  General  Weide.)  (Forts,  im 
Xovemberhefte.)  —  Die  galizischen  und  posenschen  Banden  während 
des  Aufstandes  1863  im  Königreiche  Polen.  (Mit  Skizzen.)  II.  (Forts, 
im  Xovemberhefte.)  —  Die  Belagerung  Ilerats  im  Jahre  1838.  (Eine 
Episode  aus  dem  Kriege  zwischen  l*ersien  und  .Mghanistan  in  den 
Jahren  1837  und  1838.)  Aus  den  Denkwürdigkeiten  emes  Augenzeugen, 
des  Doktors  eJenisch.  —  Die  leitenden  Grundsätze  für  die  Ausbildung 
der  Rekruten  bei  der  Kavallerie.  ■  Das  Dienstjahr  in  einer  Berg- 
batterie. —  Kurzer  historischer  Huck  blick  auf  die  Ableistung  des  Kriegs- 
dienstes durch  unsern  .\del  und  die  Bildung  einer  Reichswehr,  I.  — 
Unser  Militär-Erziehungs  wesen.  (Bemerkungen  eines  Erziehers.)  (SchiutB.) 


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106 


UniseliAii  In  dar  Wlitir-Lltleratiir. 


—  Schilden! Hir  des  Pamir.  V.  November.  Die  Begründung  der 
Herrschaft  der  Russen  an  der  Newa  und  die  Entstehung  St.  Petersbui^. 

—  Der  Überganjß:  bei  Sistowa.  (Mitteilungen  aus  einem  Kriegstage- 
buch.) —  ruis  Schiefswesen  in  den  anderen  Armeen  (I»eutschland).  — 
Bemerkungen  eines  Artilleristen,  IV.  —  Einige  Absonderlichkeiten  in 
der  Ergänzung  der  Pontonnier-  und  Sappeurbataillone  mit  Rekruten.  — 
Kurzer  historischer  Rückblick  auf  die  Ableistung  des  Kriegsdienstes 
durch  unsern  Adel  und  die  Bildung  einer  Reichswehr.  II.  —  Zu  der 
Frage  der  Erziehung  in  den  Kadettenkorps.  -  Schilderung  des  Pamir 
(Schlufs).  —  Die  heutige  Landmacht  Englands. 

BaswjedtsohilL  Nr.  468.  Aus  den  Befehlen  des  Oberkomman- 
dierenden  der  MUit&rbezirke  Warschau  und  Kyew,  sowie  des  Kom- 
mandierenden Generals  des  2.  Turkestaniachen  Anneekorps.  —  Die 
Rekrutongefireiten  (die  Dj&dki  der  Rekruten).  —  Zum  Besuche  bei  den 
Chinesen.  —  Hr.  469.  Das  Lazarett  in  Port  Arthur.  —  Auf  einer 
«Budavka**  von  Port  Arthur  nach  Talienwan.  Nr.  470.  Aus  dem 
Soldatenleben.  XXVI.  —  Berlin-Jüterbog,  Der  Art,  wie  in  der  deutschen 
Armee  die  Ausbildung  der  Bisenbahntruppen  betrieben  wird,  zollt  der 
Verfasser  volle  Anerkennung.)  —  Die  Offiziersschulen.  —  Ein  weib- 
licher Kasak.  (Wnrwara  Saizewa  nahm  im  Orenburger  Heere  an  der 
ThUtigkeit  desselben  im  Königreich  Polen  bei  (iel<'u:t'nheit  des  Auf- 
standes im  Jahre  1863  teil.)  —  Die  polnischen  l'lanen  in  Spanien.  — 
Der  Krieg  in  Transvaal.  I  (Forts,  in  Nr.  471  u.  472).  —  Nr.  471.  Die 
zweihunderljährige  Gedenkfeier  unserer  Regimenter  im  Jahre  1900.  — 
Die  Wissenschaft  vom  Morde.  (Eine  scharfe  Kritik  der  Verteidigung 
des  [)uell8.  Verfasser  behauptet,  dafs  der  General  Kyejew  fast  der 
einzige  Verteidiger  des  Duells  in  der  russischen  Presse  sei)  —  Nr.  472. 
Die  M ilitSr-Sanitätsstation  SeTgiewslEiya  im  Oeuvemement  Ssamara.  — 
Die  Lehrkommandos.  (Aus  AnlaTs  des  bevorstehenden  Zusammentretena 
der  zur  Beratung  der  „Verordnung  Aber  die  Regimenta-Lehrkomman- 
dos**  eingesetzten  Kommission.)  —  Die  Plaatunen  (Fulskasaken)  an  der 
persisch-türkischen  Grenze.  (Aus  den  Erlebnissen  des  2.  Kuban- 
Plastunbataiilons  im  Grenzdienst.)  —  Die  Pferdezucht  im  Orenburger 
Kasakenheere.  —  Die  Inspizierung  im  Intendanturressort.  (Zur  Inten- 
dantur gehören  nicht  weniger  als  1546  Offiziere  und  Klassen-  (höhere) 
Beamte,  sowie  9517  Mannschaften,  die  über  alle  Teile  des  Reiches  als 
Kommandos  von  sehr  verschiedener  Stärke  (von  3  bis  430  Mann)  ver- 
streut sind). 

Russisches  Artillerie-Journal.  Nr.  10.  Ergebnisse  der  Versuche 
mit  Herstellung  gebogener  Felgen  für  Räder,  Muster  I  im  Arsenal 
Briansk.  —  Vom  Preisschiefsen  der  Feldbatterion.  —  Bewegliche  Ziel- 
batterie und  Mechauibmus  für  plötzlich  auftauchendes  Ziel.  —  Kurzer 
geschichtlicher  Abrifs  der  technischen  Artillerie- Schule  in  den  75  Jahren 
des  Bestehens  1828^1896.  —  Zur  Frage  von  der  Gegenwart  von  Chlor 
und  chlorhaltigen  Salzen  un  verkiufUchen  Chilesalpeter.  —  Unter- 
suchung der  Klebrigkeit  der  Prftservativ-Pelle  für  Handfeuerwaffen. 


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Umsehan  in  der  HflitSr-Uttaratar. 


107 


Journal  der  Vereinigten  Staaten- Artillerie.  (Juli,  August.) 
lodiensstellunir  der  lOzölligen  Verschwindkaiionen  in  Fort  Point  (Kali- 
fornien) während  des  Kries^es  mit  Spanien.  —  Neue  l)alUstische 
Tafel  für  direktes  Feuer.  —  Das  Fahrrad  zu  Kriegszwecki-n. 

I/Italia  militare  e  marina.  Nr.  237.  Militärgerichte  in  Frank- 
reich und  Italien.  Nr.  238.  Militärische  Vortrage.  Klage,  dafs  Italien 
hierin  weit  hinter  Deutschland  und  Frankreich  zurückstehe.  Nr.  242. 
•Militärische  Ausbildung  und  Krziehung.  Nr.  244.  Der  freiwillige  l']in- 
triti  in  die  Armee  wird  durch  allerlei  Formalitäten  sehr  erschwert.  Die 
Stempelabgaben  für  Zeugnisse  übersteigen  den  Betrag  von  15  Pr.  — 
Die  Vorträge.    VerdtTentlichung  des  Oberleutnant  A.  Galioliiopulo. 

250.  Die  Verteidigung  der  Küsten  und  das  Personal  der  Kflsten- 
Artillerie.  Nr.  265.  Im  Rüclien  der  Heere  in  Kriegszeit  Rttckbliek 
«nf  deutsche  Verhältnisse  1870/71.  Nr.  261  Die  technische  und  die 
fechtende  ArtiUerie.  —  Die  MiUtfir-Gerichte.  Nr.  265.  Die  St&rke  der 
Königlichen  Marine. 

RiYist«  Militare  Italiana.  (November.)  Der  Krieg  in  Südafrika. 
~~  Die  Initiative  im  Kriege  (F'orts.).  —  Grofse  oder  lileine  Batterien'! 
(Püi'  Batterien  a  4  Geschütze.» 

Esercito  Italiano.  Nr.  129  Dei-  Transvaalkrieg  (Forts,  in  Nr.  130. 
31.  32,  3ö.  40).  —  Gesetzentwürl'e  für  die  Marine.  — ^  Nr.  131.  Die 
Marine-.Vushebnng  1877.  Nr.  132.  Wem  soll  die  Küstenverteidigung 
anvertraut  werden?  Nr.  133.  Parlament  u.  Land.  Nr.  134.  Ausheilung 
und  Ersparnisse.  —  Die  Unterseekabel  im  Kriege.  Nr.  135.  Die  obere 
Laudesverteidigungs-Kouimission.  —  Torpedoboot  Typ.  Uondor.  Nr.  137. 
Die  Thronrede.  —  Die  Stärke  des  englischen  Heeres.  Nr.  140.  Ein- 
gebrachte Gesetzentwürfe. 

RlTtota  di  artiglieria  e  genio.  (Oktober.)  Gedanlcen  über  die 
Formation  der  Artillerie.  —  Eleictrische  Anzeige -Vorrichtungen  für 
firieflaubenschläge.  —  Studie  Aber  eine  Feld-Mitrailleuse  mit  selbst- 
tliitiger  V^irkung  und  einige  Betrachtungen  über  die  taktische  Ver- 
Avendung.  —  Die  Qeniewaife  des  Römischen  Staates  während  des 
Italienischen  Unabhängigkeitskrieges. — Automatischer  Tempierschltlssel 
für  Zeitzünder. 

Revista  cientiflco-militar.    (Spanien.)   Nr.  21.  Die  Taktik  und 

die  moderne  Schlachten-Artillerie.  —  Die  Wiederaufrichtung  (Forts.). 
Hr.  22.  England  und  Transvaal.  —  Die  Wiederaufrichtunc:  (Forts.). 

3Ienioriai  de  Ingenieros  del  Kjereito  (Spanien.)  Nr.  10  l^isen- 
bahn-Projekte.  —  Kriegsmarine.  Seekrieg  und  Küstenverteidiguiiir. 

Revista  Militare.  (Portugal.)  Nr.  20.  Ergebnisse  des  krags- 
mäf.sigen  Schiefsens.  —  Einmarschlinie  in  Portugal.  —  fcjelbständige 
Kavallerie. 

Krigsvetenskaps  Akademiens-Uandlingar.  (Schweden.)  0  k  t  o  - 
ber.  Pelddlenstabungen  in  Schonen. 

Noisk  HUltMret  Tidsskrift  (Norwegen.)  H^9  Notizen  zum 
Tode  Karls  XII. 


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108 


Umsclum  in  der  MiUtär-Littentur. 


Militaeret  Tidsskrift.    (Dänemark.)   3.  u.  5.  Heit  btudien  über 

das  Nachtgefecht  bei  8t.  Hubert  am  18./8.  70. 

Militaire  Spectator.  (Holland.)  Nr.  U.  Die  Förderung  der 
Schulung  bei  der  Miliz-Infanterie. 

Militaire  Gids.  (Holland. i  6.  Lieferung.  Da-s  älteste  Reglement, 
betreffend  den  Kriegsdienst  in  den  Niederlanden.  —  Öchiefsregeln  für 
Festungsartilleiie. 

II.  Bücher. 

Moltkes  Militärische  Werke.  Kritische  Aufsätze  zur  Geschichte 
der  Feldzüge  Yon  1809,  1S59,  1S64,  1S66  u.  1S70/71.  Heraus- 
gegeben vom  Grofsen  Generalstabe.  Gruppe  III,  II.  Teil  der 
milit.  W  erke.  Berün  1899.  B.  S.  MitÜer  Ä;  bohn.  Preis  7  Mk.. 
geb.  9  Mk. 

Die  Abteilung  für  Krii'trsgeschichte  hat  sich  durch  Bekannts^abe 
der  vorliegenden  Aufsätze  ein  besonderes  Verdienst  erworben.  8ie  hat 
uns  Einblick  gewahrt  in  die  Kigenart  des  grofsen  Schlachtendenkers, 
mit  der  er  kritisch  die  Ereignisse  beleuchtet.  Diese  Hligenart  ist  es, 
welcher  wir  es  verdanken,  dafs  das  Studium  der  Kriegsgeschichte 
nach  des  grofsen  Mannes  Vorbild  jeden  Beigeschmack  des  Lehrhaften, 
Trockenen  verliert  Durch  die  Logik  allein  weife  er  übenEeugend  nach- 
zuweisen, warum  seine  Behauptungen  richtig  sind.  Es  weht  uns  aus 
diesen  Aufsitzen  ein  Hauch  seines  Geistes  an,  wie  wir  ihn  bei  den 
meisten  seiner  Kritiken  fanden.  Diese  ruhige  und  klare  Art,  bei  der 
jedes  Persönliche  in  den  Hinteigrund  tritt,  auch  für  die  eigene  Person 
des  Kritikers.  Und  überall  dort,  wo  die  Kritik  mit  einer  berechtigten 
Scharfe  einsetzen  dürfte,  da  finden  wir  Nachsicht  und  höchstens  den 
Ausruf,  es  sei  unbegreiflich,  was  da  geschehen  und  es  solle  nicht  ver- 
sucht werden,  eine  Erklärung  zu  geben.  Und  wie  Recht  hat  er  da- 
mit I  Wer  könnte  es  wohl  besser  verstehen  wie  er,  weiche  i^inflüsse 
die  Seele  des  Feldherrn  bestürmen! 

.\uch  wir  möchten  den  Foldzug  lö09  als  den  interessanle.slen 
bezeichnen.  Er  enthält  in  den  klaren  Auseinandersetzungen  des  Feld- 
marschalls für  uns  einen  besonderen  Wert.  Der  Aufmarsch,  man  ist 
fast  berechtigt,  auf  österreichischer  Seite  von  einem  Autbau  zu  sprechen, 
der  beiderseitigen  KrätXe,  die  Unfähigkeit,  die  thatsäcblich  vorhandenen. 
Vorteile  der  konzentrierten  Stellung  auszunützen,  auf  der  einen,  die 
geschickte  Art  auf  der  anderen  Seite,  die  weitgetrennten  Krftfte  su 
gemeinsamem  Handeln  zu  vereinigen  —  das  sind  au(iBeigew5hnlich 
lehrreiche  Episoden  dieses  Krieges.  Die  Moltkesche  Kritik  trifft  in 
ilirer  ruhigen  Art  um  so  vernichtender  den  österreichischen  Generalissi- 
mus, als  dieser  selbst  spfiter  eine  harte  Selbstkritik  an  sich  übte, 
welche  am  besten  die  Richtigkeit  des  Moltkeschen  Urteils  erweist. 

Der  nur  kur/.e  Aufsatz  über  die  Schlacht  von  Solferino  ist 
kurz  nach  derselben  verfaüst  und  giebt  den  Beweis,  wie  schnell  siob. 


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UmMhMi  in  dar  MiUfIr-Utteraftiir. 


109 


Moltke  ein  zutreffendes  Bild  der  nictit  einmal  eeibst  miterlebten  Er- 
«ignisse  zu  machen  die  Gabe  hatte. 

Besonderes  Interesse  beansprucht  aus  den  letzton  drei  deutschen 
Kriegen  die  I »ai'siellung  desjenigen  von  1H64.  1  »i*'  kriecrsfreschicht- 
üche  Abteiliint!:  bezeichnet  dieselbe  mit  den  sicherlich  zutretlenden 
Worten,  es  dürfte  kaum  eine  kürzt  re  und  zugleich  klarere  Darstellung 
des  durch  die  politischen  Verliiilmisse  uti  verwickelten  Feldzuges  zu 
finden  bein.  ~  Kiiüges  hier  anzuführen  können  wir  nicht  unterlassen. 
Wie  tönt  es  doch  eigenartig  in  unseren  Ohren:  „liei  dem  damaligen 
Mistend  unserer  Flotte  war  der  Sitz  der  Dänischen  Regierung  uner- 
reichbar*. Wie  lange  ist  es  her  seitdem  und  was  ist  uns  in  dieser 
Ansicht  Jetzt  erreichbar! 

Energisch  tritt  Oeneral  M.  dafür  ein,  dafs  Icein  Dualismus  in  der 
oberen  Kriegsleitung  bestehen  dfirfe.  «Der  Monarch**,  so  fflhrt  er  aus, 
Jst  flberall  der  richtige  Oberfeldherr,  welcher  nach  der  Theorie  sswar 
anverantwortlich,  in  Wirklichkeit  aber  die  schwerste  Verantwortlichkeit 
trSgU  denn  wer  setzt",  so  sagt  M.,  „mehr  als  er  ein,  wo  es  sich  um 
Krone  und  Scepter  handelt!" 

Für  die  Führung  des  Feldzuüres  1864  findet  M.  einen  auffallenden 
ParHib  lismus  mit  dem  von  1Ö4Ö,  wenigstens  hinsichtlich  der  ersten 
Operationen. 

Wie  SU  oft  im  Kriege,  trat  auch  1864  vielfach  die  politische  der 
mUitärischen  Aktion  hindernd  in  den  Weg;  die  österreichischen  Inter- 
essen giiiLTon  niclit  Hand  in  Hand  mit  den  preufsischen.  —  Auch  eine 
Anzahl  kleinere  Episoden  werden  den  Leser  fesseln.  So  z.  B.  unter- 
stand der  dänische  Eskadrechef  nicht  der  Landarmee,  verweigerte 
aus  diesem  Grunde  die  von  ihm  erwartete  und  erbetene  Mitwirkung. 
Der  Sturm  auf  die  Schanzen,  die  Unternehmung  gegen  Alsen  sind  so 
lebendig  geschildert,  dafe  wir  uns  voll  und  ganz  dieser  schönen  müir 
tarischen,  wir  möchten  sagen,  ersten  preuisischen  Lorbeeren  freuen 
dürfen.  Welche  Milshelligkeiten  zeigten  sich  überall  dort,  wo  deutsche 
Einheit  und  Waifenbrüderschaft  am  Platze  war  und  wie  bald  mufste 
das  Schwert  entscheiden,  wer  die  Hegemonie  in  deutschen  Landen 
behalten  solb  ! 

Die   l)arstellung    der  Gefechte    von  Trautonau.  Nachod. 
Skalitz  und  Sc  h  we  inschädel  ist,  wie  die  kri<v^s^*'srh.  Abteilung 
sagt,  in  grofsen  Zügen  erfolgt.    Oerade  diese  Darstellungen  enthalten 
eine  grofse  Fülle  Lesens-  und  Lertienswertes.    Hier  tritt  der  grofse 
Denker  mit  der  Sonde  der  Kritik  an  die  rein  taktischen  P>eignis8e 
heran.  Part*^ilos  die  Gründe  des  Mifslingens  bei  Trautenau  zu  erwägen, 
ist  M.  urasomehr  bereit,  weil,  wie  er  sagt,  „man  bei  einem  Fdldzuge, 
in  welchem  alle  Gefechte  siegreich  waren,  geneigt  ist,  das  einzig 
verlorene  streng  zu  beurteUen*.  Immerhin  bleiben  die  Fehler  in  der 
FOhrung  die  Hauptursaohe  des  »Verlierens**.  Zum  Schlufs  war  es  erkUr- 
lieh,  dab  auch  die  beste  Truppe  versagte,  als  nun  noch  ein  schneller 
Rückzug  den  moralischen  Miberfolg  veigrölserte. 


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110 


Umsohaa  in  der  Militli^Ldttentar. 


Erfreulicher  sind  die  Schildeningcn  der  übrigen  Gelechte,  die  wohl 
nicht  ohne  Absicht  der  des  Gefechtes  von  Trautenau  folgen.  „Der 
Erfolg",  so  sagt  M..  „hängt  bei  gleicher  Stärke.  VortrofTlichkeit  und 
Tapferkeit  der  Truppen,  von  einer  Führung  ab,  welche  es  versteht, 
jene  Stärke  an  dem  entscheidenden  Punkte  zur  Wirksamkeit  zu 
bringen**.  —  „Bald  nach  Beendigung  des  Krieges  1870/71,  hauptsäch- 
lich wohl  aub  dorn  Gediiclitnis"  ist,  so  schreiljt  die  herausgebende 
kriegsgesch.  Abteilung,  „die  Darstellung  der  Ereignisse  vom  15/7. 
bis  17./8.  1870  entstanden*. 

Allgemein  genommen»  ist  diese  Darstellung  den  Thatsachen  durch- 
aos  entsprechend,  nur  ist  sie  infolge  spaterer  Forschung  hier  und  da 
modifiziert  worden.  Überall  dort,  wo  er  es  für  nötig  hielt,  flocht  der 
Peldmarschall  unmittelbar,  gewissermaTsen  als  Randbemerkungen,  seine 
Betrachtungen  ein.  Hierher  gehören  seine  Auseinandersetzungen,  wie 
und  bis  zu  welchem  Gradn  die  einzelnen  Armeen  überhaupt  von  einer 
Stelle  aus  zu  leiten  seien.  Er  ergeht  sich  des  längeren  über  die  Auf- 
galoen  der  grofsen  Kavalleriekörper  vor  und  während  der  Schlacht 
Am  16.  August  sei  es  nie  gelungen,  die  iranze  Reitermasse  oder  nur 
deren  gröfsten  Teil  an  den  Feind  zu  bniit^en  -  in  Her  Schlacht  sollten 
die  Kavallerie-Divisionen  an  die  Armeekorps  verteilt  worden,  dann 
würden  sie  auch  zur  rechten  Zeit  am  richtigen  Flecke  sein.  —  Wir 
glauben,  dafs  der  Wert  dieser  kritischen  Aufsätze  in  die  Augen 
springend  ist.  Denn  wer  möchte  sich  dem  Urteil  des  grofsen  Feld- 
berrn»  der  über  die  Fehler  anderer  stets  versöhnlich  und  nachsichtig 
dachte  und  der  in  steter  Geistesarbeit  bis  wan  Bnde  seines  Lebens 
bemüht  war,  aus  der  Kriegsgeschichte  Erftihrangen  zu  sammeln,  nicht 
willig  beugen!  68. 

SehrifteK  des  OeKenl-Feldmarschalls  OrallBn  Helmuth  tob  Holtke« 

Volksausgabe.  1.  u.  2.  Bd.:  General-Feldmarschall  Graf  von 
Moltke  in  seinen  Briefen.  Mit  einem  Charakterbilde  des  Ver- 
ewigten. Berlin  1900.  E  S.  Mittler  &  Sohn.  Preis  10  Mit. 
Moltkes  S(^hriften,  die  in  den  Jahren  nach  seinem  Tode  im  Ver- 
lage der  Mittlerschen  Hofbuchhandlung  erschienen  sind,  müssen  den 
wertvollsten  litterarischen  Denkmälern  <ler  deutschen  Nation  beigezählt 
werden;  aber  sie  waren,  bei  dem  hohen  Preise  derselben,  doch  nur 
Eigentum  eines  geringen  Bruchteiles  unseres  Volkes  geworden.  Wir 
begrüfsen  deshalb  die  nunmehr  veranstiillete  Volksausgabe  von  „Moltkes 
Schrillen"  mit  besonderer  Freude,  da  diese  nunmehr  Gemeingut 
unseres  Volkes  zu  werden  versprechen,  wie  sie  es  ihrer  wahrhaft 
klassischen  Bedeutung  entsprechend  verdienen.  Moltke  ist  uns  Deutschen 
nicht  allein  der  groise  Feldherr,  sondern  auch  das  Vorbild  eines 
edlen,  wahrhaft  grofsen  Menschen  geworden.  Seine  Denkart» 
Empfindung  und  Gesinnung  kommt  vor  allem  in  seinen  Briefen  zum 
klaren  und  unverf&lschten  Ausdruck.  Es  war  naturgem&fs  nicht  mög- 
lich, alle  im  Drucke  erschienenen  Briefe  in  einer  „Volksausgabe**  wieder- 


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Dmidm  in  der  Militlr-Littantar. 


III 


zugeben,  nur  eine  Auswahl  derselben  wurde  getroffen,  nämlich  unter 
demjenigen,  die  von  dem  Gemütsleben  und  dem  Charakter  des  ver- 
ewigten Helden  am  besten  Zeugnis  geben.    Die  Anordnung  ist  eine 
streng  chronologische.  Der  1.  Band  bezieht  sich  auf  die  Zeit  von  1800 
bis  18nn  und  enthält  vorzugsweise  Briefe  an  die  Kitern.  die  Braut,  die 
üattin  und  die  Geschwister,  der  2.  Band  (1855   bis  1891)  solche  an 
dieselben  Personen  und  andere  Verwandte,  dann  an  Kaiser  \\  ilhelm  IL, 
den  Generalstab,  General  v.  Manteuffel,  General  Fischer  und  v.  a.  — 
Von  ganz  besonderem  Werte  ist  das  dem  1.  Bande  vorangestellte 
Charakterbild  Moltkes  aus  der  Feder  des  den  Lesern  der  „Jahr- 
bfitther  wohlbekannten  Generals  Paul  v.  Schmidt.  In  der  dem  Herrn 
Veifuser  eigenen  gemfltToUen  und  vom  wlirmsten  patriotischen  Hauch 
bemelton  Sprache  entwirft  er  ein  Bild  von  Moltkes  Leben,  von  der 
„harten  Jugend'*  bis  zum  „Heimgang**,  vielfach  sich  beziehend  auf 
Moltkes  eigene  Worte,  so  in  dem  trefflich  gelungenen  Kapitel  „Trost* 
gedanken".  Ich  hin  der  Ansieht,  dafs  dieses  „Charakterbild**,  das  den 
besten  dieser  Gattung  gleichwertig,  der  Schlüssel  zum  vollen  Ver- 
ständnis von  Moltkes  Geistesleben  ist,  folglich  in  einer  „Volksausgabe** 
nicht  fehlen  durfte.  Es  ist  ein  Genufs.  mittelst  dieses  Charakterbildes 
noch  einmal  da.s  reiche  und  gottbegnadete  Leben  des  grofsen  Feldherm 
am  geistigen  Auge  vorüberziehen  zu  lassen. 

I>ei"  1.  Band  des  Werkes  ist  geschmückt  mit  einem  Bildnis  Moltkes 
aus  <iem  Jahre  1851,  es  zeigt  uns  den  Schlachtendenker  noch  im  Besitze 
seines  üppigen  vollen  Haupthaares  und  Vollbartes  und  ist  gefertigt 
nach  einem  Gemälde  des  Prof.  Lauchert:  aufserdem  zwei  Abbildungen 
und  eine  Kartenskizze  im  Text.  Der  2.  Band  enthält  ein  Bildnis  von 
Moltkes  Braut  (späterer  Gattin)  Marie  Burt  und  einen  Stammbaum 
Moltkes.  Die  Ausstattung  des  Werkes  (dessen  8.  Band,  „Geschichte  des 
deatach-franzaeischen  Krieges  von  1870—71**  bereits  im  Jahre  1895 
erschienen  Ist)  darf  man  eine  seiner  Bedeutung  entsprechend  würdige 
and  schöne  nennen.  Der  Preis  stellt  sich,  bei  Bezug  aller  drei  Bände, 
in  Originalband  gebunden,  auf  nur  12  Mark;  jeder  Band  ist  auch  einzeln 
kSufUch.  1. 

Das  Leben  des  Generalfeldraarschalls  Hermann  von  Boyen.  Von 

F.Meinecke.  II.  Band.  Stuttgart.  J.  Cotta  Nachfolger.  Preis  12. NL 
r»f>r  vorüegende  Band  des  Meineckeschen  Werkes  ist  »'benso  vor- 
tn'lllich  geschri<'ben  und  zeugt  von  ebenso  gründlichen  Studien  wie 
der  erste.  Dit'.se  .Anerkennung  dos  Verfassers  schicken  wir  unserer 
Besprechung  um  so  lieber  voran,  als  wir  nicht  mit  allen  seinen  Aus- 
führungen einverstanden  sind,  namentlich  mit  dem  abfälligen  Urteil 
über  die  meisten  Offiziere  und  Staatsmänner,  welche  nicht  Boyens 
Anschauungen  teilten.  Es  ist  menschlich  und  vom  Standpunkt  eine» 
«uf  das  Höchste  gerichteten  SchriftsteUers  verstttndlich,  wenn  er  sich 
so  in  seinen  Helden  hineuilebt,  dafe  er  jeden  Gegensatz  zu  ihm  glelch- 
eam  wie  einen  abzuwehrenden  Angriff  ansieht.  Wie  weit  dies  auf  M. 


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112 


Onaduui  in  der  Mflitir-Iitterttar. 


zutrifft,  sei  dahingestellt!  Abgesehen  hiervon,  hrin^^t  das  Werk  eine 
Fülle  so  reichen  Materials  für  die  innere  und  äufsere  Geschichte  Preufsens 
nach  den  Befreiungskriegen,  dafs  es  schon  hierdurch  Beachtung 
verdient. 

Boyens  edele,  aber  vielleicht  bei  seiner  idealen  Richtung  zuweilen 
mit  den  realeii  Thatsachen  m  wenig  rechnende  Natur  charakterisiert 
M.  selbst  gans  richtig  Seite  207.  Da  heilst  es  mit  Bezug  auf  die  yon 
Boyen  überschätzte  Tüchtigkeit  der  damaligen  Landwehrofflziere:  „Bb 
war  wieder  jene  Denkweise,  die  ausging  von  dem,  was  sein  sollte 
nach  den  höchsten  und  schönsten  Nonnen,  als  von  dem,  was  wirk- 
lich war,  welche  mehr  das  Individuum  sah  in  seiner  sittlichen  Freiheit 
und  schöpferischen  Kraft  des  Wollens,  als  die  niederziehenden  Gewichte 
der  TiLwohnheit.  der  Berufs»  und  Standessphftren  und  das  ermüdende 
Gleichmafs  der  Tagel" 

Wenn  Vcrnisscr  kurz  vorher  sagt:  .,Im  Her/en  bowegt  hatte  ihn 
der  Anblick  jener  tapferen  Männer,  deien  heiliger  Eifer  im  Sturme  der 
Zeit  erltTHt  hatte,  was  sonst  nur  das  mühsame  und  staubige  Rinerlei 
der  E.verzici  [)liitze  zuw^'^c  gebracht  hatte.  Sollten  so  wundervolle 
Beispiele  veiloren  sein,  sollten  nicht  ilie  Institutionen  der  Landwehr 
darauf  hin  eigentlich  ausgi  liaui  weiden,  die  schlummernden  Kräfte 
der  Menschen  zu  wecken  zu  ähnlichen  Leistungen  -  '  —  so  möchten 
wir  darauf  antworten,  dafs  eine  nüchterne  Betrachtung  der 
Wirklichkeit,  wie  sie  thatsächlich  ist,  darauf  die  Antwort  giebt 
Was  unsere  Landwehr  1813  und  1814  thatsfichlich  war  und  nicht,  was 
sie  in  den  Phantasien  liberaler  Schwärmer  oder  in  den  tendenziösen 
Darstellungen  der  demokratischen  Gegner  Königs  Wilhelm  I.  und  seines 
Kriegsministers  Roon  sein  sollte,  ist  so  oft  magt»  daüB  wir  hier  auf 
eine  Wiederholung  verzichten  können. 

Grofsartlg  steht  Boyen  da  in  seiner  Auffassung  von  dem  Beruf 
Preufsens  zu  einer  gi'ofsen.  durchgreifenden  Politik  Preufsens,  welche 
zugleich  das  Stückwerk  des  Wiener  Kongresses  gründlich  zu  revidieren 
hätte.  —  Meinecke  hat  die  diese  Seite  Boyens  behandelnden  Teile 
seines  Werkes  mustergiltig  verfafst.  So  das  V.  Buch  „Vom  Wiener 
Kongrefs  bis  zum  zweiten  Pariser  Frieden",  so  die  Schilderung  der 
Auffassung  Heyens  über  die  Aufgabe  Preufsens  der  pohlischen  Uevo- 
lution  gegenüber.  Wir  möchten  Staatsmännern  wicTheoretikern  den 
Rat  geben,  Boyens  Ansichten  über  die  Behandlung  der  polnischen 
Frage  Seite  43711'.  nachzulesen.  Die  Rücksichten  auf  den  gemessenen 
Raum  dieser  Zeitschrift  zwingen  uns,  zu  schliefsen,  indem  wir  unbe- 
schadet mancher  abweichenden  Ansichten  die  oben  ausgesprochene 
Anerkennung  des  trefflichen  Werkes  wiederholen.  17. 

Heinrieh  Ton  Diest,  weiland  Oeneral-Inspekteor  der  Artillerie.  Bm 
Lebensbild  nebst  Mitteilungen  zur  Geschichte  der  Familie  von 
I»iest  von  Gustav  v.  Diest,  Merseburg.  Berlin  1899.  E.  S. 
Mittier  k  Sohn.  8«  IV  und  124  Seiten,  Preis;  M.  2,50.  geb.  M.  3,75. 


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UmMhu  in  der  IDIiliiwLifetarttor. 


118 


General  von  Dies!  hat  ein  weohselvoUes  Lebon  geführt  1785 
geboren,  1806  durch  die  Kapitulation  von  Nienburg  Kriegsgefangener 
g-eworden,  1809  in  das  russische  Heer  getreten,  nahm  er  im  (ieneral- 
sl&be  am  Feldzuge  des  Jahres  1812  und  an  den  Befreiungskriegen 
teil,  war  nach  Abschiufs  des  2.  }*ariser  Friedens  drei  ,)ahre  lang  als 
russischer  Militärattache  in  Berlin,   der  erste,  welcher  diesen  Posten 
inne  hatte,   kehrte  dann,   in  Rufsland  zum  General  aufgestiegen,  als 
Oberst  in  den  preufsischen  Dienst   zurück,  war  zunächst  Ch*  f  des 
Generalstabes  des  V.  Armeekorps  in  Posen,   1831  Inspekteur  der  2. 
Artillerie-Inspektion  in  Berlin  und,  nach  dem  Tode  deBOeneral-lnspekteurs 
der  Waffe,  Prinzen  August  von  Preufsen,  dessen  Nachfolger,  dem 
PHttsen  Adalbert^  als  2.  Qeneral-Inspekteur  heigegeben.  Genend- 
Inspekteur,  als  welchen  der  Titel  des  Buches  ihn  bezeichnet,  ist  er 
nie  gewesen.  Er  starb  1847  zu  Berlin. 

Die  Darstellung  dieses  bewegten  Lebens  ist  in  ihrem  ersten  Teile 
einem  Schwiegersohne,  im  letzten  dem  als  Verfasser  des  Buches  be- 
zeichneten Sohne  des  Generals  zu  danken.  Dieser  selbst  hat  wenig 
Schriftliches  über  seine  Vergangenheit  hinterlassen,  und  die  Mitteilungen 
über  diese  sind  teilweise  nur  spärlich,  über  mehrere  wichtige  Zeitab- 
schnilie  gehen  sie  aus  Mangel  an  l'nterlagen  stdir  rasch  hinweg. 
I'ionstlich  ist  der  damalige  Premier-Leutnant  von  [>iest  namentlich 
m  der  Schlacht  bei  Kulm  hervorgetreten,  wo  er  als  Generalstabsofflzier 
zwei  russische  Kavallerieregimenter  veranlafste,  an  entscheidender 
Stelle  einzugreifen;  im  Frieden,  als  er  im  Jahre  1830,  in  Abwesenheit 
des  kommandierenden  Generals  in  seiner  Eigenschaft  als  Generalstabs- 
dief  unverweilt  und  selbstSndig  sehr  zweckmälisige  Anordnungen  traf. 
Sein  demnächstiger  Eintritt  in  die  Artillerie,  welcher  er  vorher  nie 
angehört  hatte,  bildet  einen  Vorgang  zu  der  späteren  Berufung  des 
Generals  von  Podbielski  an  die  Spitze  der  Waffe;  wie  dieser  Eintritt 
herbeigeführt  wurde,  ist  nicht  mitgeteilt.  Ein  als  Anlage  abgedruckter 
Nachruf,  welchen  General  du  Vignau  dem  Entschlafenen  gewidmet 
hat,  sagt,  dafs  General  von  Diest  gleichzeitig  zum  Präses  der  Artillerie- 
Prüfungskommission  ernannt  sei,  also  ein  für  den,  der  nicht  Fachmann 
ist,  doppelt  schwieriges  Amt  übernommen  habe  und  zollt  dessen  Thätig- 
keit  in  seinem  neuen  Wirkungskreise  volle  Anerkennung.  Gpn»»ral 
von  Dicst  war  ein  sehr  gottesfürchtiger  Mann,  welcher  dem  kirchlichen 
Leben  viele  Beachtung  zuwandte.  Interessant  ist.  hri  dieser  Gelegen- 
heit zu  erfahren,  dafs  er  grofsen  Anteil  an  der  Krbauung  der  Matthäi- 
kin-he  zu  Berlin  und  an  der  Berufung  des  Predigers  Büchsei  an  diese 
halte. 

Einen  wesentlichen  Teil  des  Inhaltes,  als  besondere  Anlagen  ge- 
geben, ¥rie  in  den  Text  geflochten,  bilden  Nachrichten  über  das  Ge- 
schlecht derer  von  Diest,  welche  den  der  Familie  des  Generals  N&her- 
stehenden  willkommen  sein  werden. 

Nebenbei  sei  bemerkt,  dafe  die  Güterpreise  in  Ostpreufisen  (Seite  59) 
in  Platow  nicht  mafsgebend  sein  konnten,  weil  dieses  in  Westpreu&en 

iiliMater  ftr  tt«  «MitMteAnHM  uJ  MariM.  B4.  114.  1.  8 


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114 


ümseluni  in  der  lOlttibr-Uttoraliiir. 


liegt  dafs  Prinz  August  von  Pfeufsen  1848  nicht  1842  starb  (Seite  iSb) 
und  daTs  der  Herr  Verfasser  dem  Leeer  flberlassen  hat,  zu  erraten, 
wer  „der  kommandierende  General**  var,  unter  welchem  D.  in  Posen 
stand.  14. 

Kriegsgeschichtliche  Beispiele  des  Festungskrieges  aus  dem  deutsch- 
französischen  Kriege  von  1870/71,  von  Frobenius,  Oberst- 
leutnant a.  1).     Erstes  Heft:   I.  Einschliefsunj?  (Cernierung). 
1.  Beliort.  2.  Strafsburg.  Mit  2  Plänen  in  Steindruck.  Berlin  1899. 
E.  S,  Mittler  &  Sohn.    Preis  3.00  M. 
LUe  Erfahrungen  des  Krieges  1870/71  bilden  die  Grundlage  unserer 
heutigen  Vorschriften  Über  den  Festungskrieg.  Aber  nur  Wenige  sind 
in  der  Lage,  die  Lehren  unmittelbar  auf  den  Kriegsereignissen  aufzu- 
bauen. Denn  so  eingehend  auch  sahireiche  Schriftsteller  den  Feldkrieg 
behandelten,  so  sind  ^auffallender  Weise  derartige  Arbeiten  über  den 
Festungskrieg  so  gut  wie  gar  nicht  in  Angriff  genommen  worden*. 
Hier  fehlt  noch  eine  kritische  Verwertung  des  reichen  Materials  und 
zwar  gilt  dies  nicht  so  sehr  für  die  artilleristisclien  und  technischen, 
als  wie  vorzugsweise  für  die  allgemein  taktischen  Erfahrungen.  Wird 
doch  der  Festungskrieg  heute  nicht  mehr  nach  den  alten  Prinzipien 
„durch  den  Ingenieur  und  Artilleristen",  .sondern  von   allen  Waffen 
gemeinsam  geführt.    „Ks  ist  daher  die  Pflicht  Jedes  Offiziers,  sich  für 
den  Festungskrieg  ebenso  eingehend  wie  für  den  Feldkrieg  vorzu- 
bereiten. 

Der  Herr  Verfasser  dieser  Schrift  wendet  sich  daher  an  die  Offi- 
ziere aller  Waffen  und  ist  in  der  übersichtlichen  Darstellung  der  Er- 
eignisse und  den  unmittelbar  angereihten  Folgerungen  vor  allem  das 
Taktische  herauszuschälen  bemüht.  Man  kann  dieser  modernen,  tak- 
tischen Auffassung  des  Festungskampfes  wohl  nur  unbedingt,  nament- 
lich darin  zustimmen,  wenn  folgerichtig  Besetzung  und  Armierung 
einer-,  Anmarsch  und  Binschlielsung  andererseits  als  die  einleitenden 
Mafsnahmen  'dieses  Kampfes  behandelt  und  in  erster  Linie  taktisch 
beleuchtet  werden;  denn  in  ihnen,  »wie  in  den  Dispositionen  zur 
Schlacht  liegt  der  Keim  des  Gelingens". 

Die  Verhältnisse  des  Krieges  1870/71  liegen  anscheinend  weit 
hinter  uns.  Zustände  wie  bei  Strafsburg.  Beifort,  werden  sich  wohl 
kaum  mehr  weder  in  der  Festung  noch  beim  .XnirritT  finden.  Dem- 
ungeachtet  lassen  sich  die  Erfalirungen  dieser  Zeit  „für  eine  sach- 
gemäfse  Auffassung  der  Verhältnisse  des  Festungskriegs  auch  der 
Zukunft  nutzbar  machen".  Das  trifft  für  den  AngrilT  wie  für  die  Ver- 
teidigung zu,  in  der  letzteren  namentlich  geben  StraTsburg  und  Beifort 
zu  interessanten  Vergleichen  Anlafs. 

Zwar  sind  unsere  heutigen  Festungen  materiell  viel  eingehender 
für  den  Kampf  vorbereitet,  aber  trotzdem  findet  der  Kommandant  auch 
heute  noch  „in  den  seltensten  PfiUen  in  der  Festung  ein  auch  nur 
einigermafsen  zur  Verwendung  bereites  Instrument'*.    Der  weitere 


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ümscbaa  in  der  MitttifasUttentiir. 


115 


Ausbau  ist  eino  der  schwierigsten  Aufgaben  und  „es  wird  auch  in 
Zckunft  so  wenig  als  bislier  die  Armierung  einer  Festung  plangemäCs 
aod  ohne  Störungen  verlaufen". 

..Die  alten  Stadtfestungen  (Strafsburg)  schrieben  in  ihren  starren 
unveränderlichen  Linien  nicht  nur  die  Aufstellung  und  Verwendung 
der  Truppen  und  Geschütze  vor.  sondern  beeinflufsten  auch  in  einem 
solchen  Grade  die  MaXsnahmen  des  Angreifers,  dafs  dieser  sich  nach 
tiam  gewissen,  bestimmton  Schema  entwickeln  mursto.'*  Heute  kommen 
lüe  Festangswerke  (das  zeig^  schon  Beifort)  erst  in  2.  Linie  in  Betracht, 
«ie  erhalten  ihren  Wert  erst  durch  die  Truppe.  Die  Seele  der  Ver- 
teidigung aber  bleibt  der  Kommandant*  dessen  taktische  Ideen  und 
PÜne  sind  das  Mafsgebende,  nicht  mehr  die  Pestungswerke  und  Oe- 
sriiiitzaufstollungen/' 

Die  Vorbereitungen  in  der  Festung  erfordern  daher  heute  —  darin 
gipfeln  diese  der  Schrift  entnommenen  Ausführungen  in  erster 
Linie  einen  Taktiker,  „der  Artillerist  und  Ingenieur  treten  hier  gegen 
dt^n  Truppenführer  zurück".  Aber  auch  der  tüchtigste  Führer  scheitert 
wie  Denfert  an  einer  mangelhaften  HesatzutiL'.  welche  heute  ungleich 
schwierigere  Aufgaben  als  früher  zu  Uist-n  hat.  Führung,  Hesatzung 
und  Arbeitskrüfle.  die  persönlichen  Elemente  des  Widerstandes  wollen 
ilaht'i-  ebenso  gründlich  wie  die  materiellpM  v(uber«'itet  sein,  sollen 
wir  nicht  ähnliche  Erfahrungen  wie  IbTü  unsere  Gegner  machen.  Hier 
liegen  unbestreitbar  die  schwierigsten  und  brennenden  Fragen  der 
Armienmg,  von  denen  numche  noch  ihrer  Lösung  harren.  Die  ein- 
schlägigen Ausfahrungen  des  Verfassers  verdienen  eine  volle  und  ernste 
Würdigung;  mag  man  ihnen  zustimmen  oder  nicht»  eine  eingehendere 
Vorbildung  der  für  die  Festung  bestimmten  Truppe,  namentlich  der 
Hauptwaffe,  wird  sich  nicht  von  der  Hand  weisen  lassen.  Diese  Aus- 
bildung im  Pestungskrieg  ist  aber  ebenso  notwendig  für  den  Angriff. 

Auch  hier  ist  das  erste  Herangehen  für  die  Folge  entscheidend 
und  fallen  gerade  hierbei  Führer  und  Truppe  uivl  zwar  aller  WatTen 
Autgraben  zu.  welche  nur  mit  einiger  Kenntnifs  des  Festungskrietxes 
zu  lösen  sind.   Denn  „die  richtigen  Maisnahmen  für  den  Anmarscli 
an  eine  Festung  sind  genau  so  wichtig,   wie  die  für  die  Annäherung 
an  eine  von  der  feindlichen  F.'idarmec  verteidigte  Stellung.    Das  \  or- 
pehen  des  Angreifers  1870  wai-  ja  teilweise  in  der  Not  der  Umstände, 
danel)en  aber  doch  auch  —  es  wird  dies  sehr  treffend  hervorgehoben 
—  in  einer  Unterschntzun^?  der  Festuniren  und  veralteten  Vorstellungen 
begründet,  welche  den  übrigen  WaiVen  aufser  den  technischen  eine 
nebensächliche,  lediglieh  abwartende  Rolle  zuwiesen.  Heute  aber  sind 
die  Verhältnisse  wesentlich  andere  und  es  ist  damit  „die  erste  Aulgabe 
der  zur  Einschliefsung  schreitenden  Armee"  geworden,  „sich  die  (zur 
Heranführung  des  Belagerungsmaterials)  notwendigen  Eisenbahn-  und 
Strafsenzüge  zu  sichern'*.  Nächst  dem  ist  dieses  erste  Heianirehen 
nicht  mehr  lediglich  als  mechanisches  Absperren,  es  ist  vielm«  hr  „als 
eine  groTsartlge  gewaltsame  Erkundung  aufzufassen",  denn  man  hat 


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116  UmMhan  in  d«r  MÜltlr-Littentiir. 

es  „im  Fostungskrieg  nicht  anders  als  im  Feldkrieg,  als  erste  Aufgabe 
zu  betrachten,  eine  möglichst  genaue  KenntniTs  von  den  Streitkräften 
des  Gegners  zu  gewinnen". 

Einer  energischen  Verteidigung  gegenüber  kann  sich  aber  der 
Angreifer  „diese  Kenntnis  nur  mit  Gewalt  erzwingen,  er  mufs  deshalb 
vom  ersten  Erscheinen  vor  der  Festung  an  die  Mittel,  die  Krät\e  be- 
sitzen, um  die  Festung  zur  Enthüllung  der  ihrigen  zu  veranlassen**. 
Der  Angreifer  muis  zu  dem  Ende  näher  heran,  es  mufs  aber  dieses 
Herangehen  planmäTsig,  d.  h.  im  Sinne  des  Führers  erfolgen,  der  des- 
halb mit  seinen  Stäben  von  Anfang  an  zur  Stelle  sein  und  die  Truppen 
nach  einem  schon  vorher  gefafsten  Plane  leiten  mufe.  ^Ein  derartiges 
Herangehen  auf  einer  Strafse  und  Herummarsohieren  um  die  Festung 
(wie  bei  Beifort)  war  wohl  angängig  den  alten  Stadtfestungen  gegen- 
über, es  ist  aber  um  so  unrichtiger,  je  entschlossener  der  Verteidiger 
den  ersten  Tag  ergreift,  um  Erfolge  zu  erringen^,  welche  später  nicht 
mehr  zu  erwarten  sind.  Gerade  dieses  energische  Heraustreten  der 
Verteidigung  wird  aber  künftig  diese  Einleitung  viel  schwieriger  als 
bei  Strafsburg  und  Beifort  und  daher  zu  einer  Kampfhandlung  allrr 
Wullen  gestalten,  svelche  deren  einzelne  Glieder  taktisch  beherrschen 
und  für  welche  sie  eben  deshalb  vorgebildet  sein  müssen. 

Der  so  gekennzeichnete  Inhalt  der  Schrift  spricht  in  den  Augen 
aller  Urteilsfähigen  für  sich  selbst.  So  mufs  der  neuere  Festungskrieg 
erfafst,  so  müssen  die  kriegerischen  Ereignisse  beurteilt  und  verwertet 
werden,  um  auch  die  andern  Waffen  für  das  Studium  —  vor  allem 
der  Geschichte  des  Pestungskriegs  ^  zu  gewinnen. 

In  diesem  Sinne  begrüCsen  wir  die  Schrift,  ^e  verdient  die  Auf- 
merksamkeit weiterer  Kreise ;  mögen  im  einzelnen  wie  in  allen  taktischen 
Dingen  die  Meinungen  auseinandergehen;  ein  wesentlicher  Vorzug  liegt 
unseres  Brachtens  in  der  fireien»  aus  der  Schablone  heraustretenden 
Auffassung  des  Festungskrieges,  die  sich  ja  nun  immer  weiter  Bahn 
bricht  Man  darf  den  Fortsetzungen  mit  Spannung  entgegensehen. 

45. 

Oberstleutnant  H.  Klaeber.  Die  Preufsische  Artillerie  in  der  Schlacht 

bei  Spieheren  am  6.  August  1870.  Mit  einem  Bildnis,  einem 
Plane  und  mehreren  Anlagen.  Berlin.  Militär-Verlagsanstalt.  1898. 
Die  kleine,  trefiliche  Schrift  ist  dem  Andenken  des  am  9.  Dezember 
1897  verstorbenen  früheren  Generalinspekteurs  der  Artillerie,  des  Gene- 
rals Hans  von  Bülow,  gewidmet,  dessen  wohlgetroflenes  Bildnis  auch 
dem  kleinen  Werke  beigegeben  ist.  l'nd  wahrlich,  dieser  altpreufsi^che. 
selbstlose,  vornehme  Offizier  verdient  das  ihm  vom  Verfasser  gespendete 
Lob.  Schreiber  dieser  Zeilen,  der  das  Glück  hatte,  dem  General  im 
Leben  nahezustehen,  hat  oft  aus  seinem  Munde  gehört,  wie  gerade 
der  Tag  von  Spicheren  sein  höchster  Ehrentag  gewesen  sei,  auf  den 
er  mit  besonderer  Freude  zuräckblickte.  Oberstleutnant  Klaeber  hat 
mit  greiser  Sorgfiidt  und  eingehender  Prüfung  das  reiche,  von  Freund 
und  Feind  verOfTentlichte  Material  über  das  Gefecht  von  Spicheren  be- 


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Umsohaa  in  Uer  Militär-Litterator. 


117 


nützt  und  es  durch  ungedruckte  Mitteiluni^eii  ergänzt,  mn  so  ein  klares, 
erschöpfendes  Bild  der  Thätigkeit  der  Ariiüorie  bei  Spicheren  zu  geben. 
So  hoch  das  Verdienst  des  Generals  von  Bülow  auch  sein  mag,  die 
Artillerie  des  III.  Korps,  soweit  als  mir  möglich,  auf  das  Schlachtfeld 
geschafft  m  haben,  um  dort  als  Befehlshaber  der  3  verschiedenen 
Koips  angehörenden  Batterien  eine  hervorragende  Thfitigkeit  zu  ent- 
ölten, der  Gipfel  aller  artilleristischen  Thätigkeit  bildet  doch  das  Herauf- 
bringen  zweier  Batterien  auf  die  kaum  von  der  Infanterie  gehaltenen 
steilen  Spicherer  Höhen.   Ein  seltener,  hoher  moralischer  Mut  gehört 
wahrlich  dazu,  in  den  Augenblicken,  wo  es  der  Kavallerie  nicht  gelungen 
war,  der  schwerbedrängten  Infanterie  Luft  zu  machen,  das  Eingreifen 
von  Artillerie  auf  diesen  erst  zu  erkletternden  Höhen  für  möglich  zu 
erklären.    Wenn  Dick  de  Lonlay  in  seinen  bekannton  Werken  sagt: 
,Zwei  Batterien   der  5.  preufsischen  E>ivision  haben  die  Kühnheit  ge- 
habt, sieh  an  die  Ausführung  einer  für  unmöglich  gehaltenen 
I  nterne  hm  u  ng  zu  machen   und  ruhmvoll  den  (lipfel  erreicht,  wo 
ihr  unerwartetes  Erscheinen  eine  vollständige  Bestürzung  hervorrief**, 
—  so  ist  dies  Urteil  au»  des  Gegners  Munde  die  beste  Bestätigung  des 
oben  Gesagten.  Wir  aber  schliefsen  unsere  Besprechung  der  trefQicben 
Aibeit  Klaebers,  eines  der  tapfleren  Artilleristen  von  Spicheren,  mit  dem 
Wnneche:  „Möge  es  der  deutschen  Armee  niemals  an  Generalen  wie 
Haas  von  Bttlow  fehlen,  selbstlos  und  bescheiden,  besorgt  für  das 
Wohl  der  Untergebenen,  frei  von  Jeder  Scheu  vor  Verantwortung 
Vorgesetzten  und  dem  Feinde  gegenüber.  v.  Z. 

las  fortiflcatioiis  d'Anvers  eu  1899  et  la  grande  coupure  de  TEscaut. 
par  le  Lieutenant  General  W  au  wer m  ans.    Bruxelles.  Falk 

fUs.  1899. 

Die  Frage  d»'r  Rrweitorung  von  Antwerpen  hat  für  uns  nur  aka- 
demische Bedeutung.  Bekanntlich  haben  die  Erwägungen,  in  welcher 
Weise  eine  Korrektur  der  unteren  Srhdde  durchzuführen  sei.  sich 
auch  dahin  erweitert,  welclu-  Ibrtitlkalorischen  Veränderungen  damit 
verbunden  sein  würden  und  hicrhoi  wird  der  Vorschlag  gemacht,  die 
jetzige  Festungs-iinceinte  ganz  aufzugeben,  an  ihrer  Stelle  die  Brial- 
montsche  Prontlinie,  welche  5  km  vorgeschoben  ist^  durch  lange  Ver- 
bindungslinien zur  Stadtumwallung  auszubauen  und  die  seit  einigen 
Jahren  begonnene  Reihe  lluIiBerer  auf  mindestens  10  km  vorgeschobener 
Werke  zu  einem  ganzen  Fortgflrtel  zu  vervollständigen. 

General  Wauweimans  steht  ganz  auf  dem  Standpunkt  Brialmonts, 
welcher  bi  der  Ausführung  dieses  Projektes  (das  übrigens  vom  vorigen 
Kriegsminister  sehr  ernst  betrieben  wurde)  nur  eine  Schwächung  der 
Festung  erblickt  und  mit  Recht  darauf  hinweist,   dafs  die  Stadt  bei 
einem  Flächeninhalt  von  2213  ha  und  139  Einwohnern  pro  ha  durchaus 
einer  Erweiterung  auf  lange  Zeit  noch  nicht  bedürfe  (bis  185VJ  kamen 
36  Einwohner  auf  1  ha  und  in  Paris  322)  und  dafs  die  neue  üeTollW- 
gung  eine  dreimal  stärkere  Besatzung  veriange,  was  Belgien  «u  lelatw 


« 


Digili^üu  by  Coügle 


118 


Unuehau  in  der  Militär-Utteratnr. 


garnicht  imstande  ist.  Das  vorliegende,  nur  52  Seiten  umfiissende 
Buch  giebt  aufserdem  eine  eingehende  Darstellung  der  Vorgänge  be- 
züglich doi-  Scheide-Korrektur,  bietet  aber  den  interessantesten  Stoff 
in  dem  sechsten  Abschnitt,  in  welchem  der  General  in  durchaus  be- 
gründeter und  geistvoller  Welse  Bich  über  die  überaus  schwierige, 
verantwortuDgsvoIle  und  undankbare  Stellung  des  Festungskomman' 
danten  auslafst  und  hervorhebt,  daTs  die  Aufgabe  über  das  Menschen- 
mögliche hinauswachse,  wenn  die  Ausdehnung  der  Festung  gewisse 
Orenssen  überschreite.  Es  ist  dieses  ein  Thema,  welches  der  weiteren 
Diskussion  allerdings  würdig  ist,  denn  so  gut  wie  man  bereits  aner- 
kannt hat.  dafs  die  in  einer  Hand  vereinigten  Armee-Einheiten  eine 
gewisse  Zahl  nicht  überschreiten  dürfen,  ohne  die  Führung  übermäfsig 
zu  beanspruchen  und  erlahmen  zu  lassen,  so  wird  man  auch  für  die 
Festungs-riouvernoure  gewisse  Einschränkungen  der  ihnen  anvertrauten 
lebenden  und  toten  Kampfmittel  für  notweinlig  erachten  müssen,  wenn 
anders  sie  der  Aufgabe  sollen  gewachsen  bleiben.  L>ie  riesige  Aus- 
dehnung von  l'aris  giebt  in  dieser  Beziehung  zu  denken.  Einer  Orga- 
nisation, wie  sie  Trochu  1870  eingerichtet  hatte  —  schon  damals  zum 
grofsen  Schaden  der  V^erteidigung  — ,  würde  für  das  jetzige  i'aris  un- 
denkbar sein.  49. 

PArlaments-  und  Ständehäuser.    Militärbauteu.    Von  H.  Wagner, 

Geh.  Baurat  in  Darmstadt,  P.  Wallet.  Geli.  Baurat  in  r)resden, 
F.Richter.  Oberstleutnant.  „Handbuch  der  Architektur."  Vierter 
Teil.  7.  ! laibband.  Heft  2.  Zweite  Aufhitje.  Mit  288  Abbildungen 
im  Text  und  4  Talein.  Stuttgart  UiOO.  Arnold  Bergstrafser. 
In  dem  stattliehen  223  Seiten  ziililonden  Bande  liegt  uns  ein  Heft 
des  grofsangelegten  Werkes  vor.  des  „Handbuches  der  Architektur", 
unter  dessen  Autoren  sich  die  besten  Namen  der  Bauwissenschatt 
unseres  Vaterlandes  vorfinden.  In  2  Kapiteln  behandelt  er  die  Par- 
laments- and  Provinzial-StSndehäuser;  in  deren  5  die  Militfirdienst- 
gebfiude,  Kasernen-,  Exerzier-,  Reit-  und  Schiefstiäuser,  Wachgebfiude 
und  endlich  militärische  Erziehungs-  und  Unterrichtsanstalten.  Jeder 
der  beiden  grofsen  Abteilungen,  in  welche  das  Buch  zerfiKllt,  ist  ein 
interessanter  geschäftlicher  Oberblick  vorangestellt  und  in  jedem  Kapitel 
eine  Reihe  hervorragender  Bauwerke  eingehend  dargestellt  und  zur 
Anschauung  gebracht.  Es  fehlt  da  so  wenig  der  Wesiminster-Palast 
zu  London,  als  Reichstags-  und  Abgeordneten -Gebäude  in  Berlin.  I)ie 
vorgeführten  Kasernen  sind  in  Deutschland.  <  »sterreich-Ungarn,  Frank- 
reich und  1-^iigland  zu  linden  und  selbst  bombensichere  Kasernen  und 
Lagerbaracken  neuen  Stils  mit  aufgenommen.  Über  die  Gediegenheit 
des  Textes  und  die  Klarheit  der  bildlichen  1  )arstelhmgen  bedarf  es 
keiner  besondei^en  Bemerkung  angesichts  der  iNamen  der  Autoren. 

49. 

Jean  de  Bloch.  La  Guerre.  Son  passe,  soa  present»  soa  aTenir, 
4  representer  k  l'expositioa  de  Paris.  Paris  1899.  Imprlmerie 
Paul  Dupont. 


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Umsoban  in  der  HiütXr-Litteratnr. 


119 


Mehrfoch  hatten  die  »Jahrbücher*  Anlalii,  sich  mit  dem  im  ver> 

gangenen  Jahre  erschienenen  grofsen  sechsbändigen  Werke,  »Der 
Krieg**  von  Johann  v.  Bloch,  an  dieser  Stelle  zu  beschäftigen.  Die 
bedeutendsten  Militärschriftsteller  des  In-  und  Auslandes,  so  v.  d.  Goltz, 
Hohne.  Müller,  Woyde,  Pusyrewsky.  Moch  u.  a.  haben  dem  Werke 
volie  und  verdiente  Aufmerksamkeit  geschenkt.     Die  „Jahrbücher- 
waren vor  einigen  Jahren  schon  in  der  Liig«\  zwei  besonders  wichtige 
Kapitel  desselben,  betreffend  diu  wirtschaftlichen  Folgen  des  Zukunfts- 
krieges, verön'entlichen  zu  dürfen.   Üafs  ein  su  breit  veranlagtes  Werk 
uljer  den  Krieg,  dessen  Verfasser  nicht  Soldat  von  Beruf  ist,  neben 
Beinen  Stärken  und  Vorzügen  auch  seine  Schwächen  habe,  wurde 
ebeoso  wenig  von  den  meisten  MUitär-Scliriftstellem  wie  von  den  Zeit- 
schrillen  (auch  den  «Jahrbüchern*)  in  Abrede  gestellt  Aber  —  wo 
Licht  ist.  da  ist  auch  Scliatten,  der  der  Bedeutung  dieses  in  seiner 
Art  einzigen  kriegswissenschafUichen  Prachtwerkes  nur  geringen  Ab- 
brach thut  DaJs  der  Zar  dem  zuerst  in  russischer,  dann  in  deutscher 
Sprache  ersctüenenen  Werke  seine  volle  Auhnerksamkeit  geschenkt 
hat.  dafs  dasselbe  an  dem  Zustandekommen  und  den  Verhandlungen 
der  ^Friedenskonferenz**  im  Haag  einen  wesentlichen  Anteil  hat,  dürfte 
bekannt  sein. 

Dem  Herrn  Verfasser  ist  es  aber  darum  zu  thun.  dafs  seine  Ideen 
und  (lif  Ergebnisse  seiner  mühevollen  Forschungen  nicht  nur  zur 
Ivenninis  einer  kleinen  Gemeinde  von  Militärsehriltstellern  kommen, 
sondern  dem  Verständnis  der  grofsen  Masse  der  Gebildeten  aller  Na- 
tionen zugänglich  gemaclu  werde.  Kr  hat  den  Plan  gefafst,  zu  diesem 
Zwecke  auf  der  Pariser  Weltausstellung  in  einem  besonderen  Pavillon 
alles  das,  was  in  seinem  grofsen  Werke  enthalten  ist,  auf  applika- 
torische Weise,  durch  die  Anschauung  zu  lehren,  den  Krieg  und  s^ne 
Mittel  in  Vergangenheit,  Gegenwart  und  Zukunft  plastisch  und  graphisch 
darzustellen.  Das  gesamte  Gebiet  der  Kriegskunst  und  der  Kriegs- 
wissenschaften  —  Strategie,  Taktik,  Waffenwesen,  Befestigungskunst, 
Schiefsversuche,  Gefechtsverluste,  Ballistik,  Telegraphie,  Telephon, 
Luflschiffihhrt,  Scheinwerfer,  Mobilisierung  der  Heere,  Seekrieg,  Sanitäts- 
"Wesen,  ökonomische  und  finanzielle  Folgen  des  Krieges  für  Handel  und 
Wandel  u.  a.  —  wird  in  Wort  und  Bild  mit  Hilfe  von  Modellen  jeglicher 
An  und  geeigneten  Vorträgen  zur  Anschauung  kommen.  Besonderen 
Wen  bat  der  Verfasser  auf  die  Darstellung  der  ökonomischen  Seite 
des  Zukunftskrieges  gelegt:  sie  soU  die  Hälfte  der  ganzen  Sonderaus- 
stellung in  Anspruch  neiimen. 

Man  mufs  gestehen,  dafs  der  Gedanke,  der  diesem  gmfsariigea 
Unternehmen  zu  Grunde  liegt,  ein  guter  und  humanitärer  ist,  wenn 
man  dem  zustimmt,  was  v.  d.  Goltz  über  den  ZukunfLskrieg  in  seinem 
Uassischen  Buche  n^SLS  Volk  in  Waffen'*  sagt:  „Man  kann  behaupten, 
dab  die  Kriege  mit  der  voUstftndigen  Vernichtung  des  einen  oder  der 
völligen  Erschöpfung  beider  Kriegführenden  enden  werden**. 

Herr  v.  Bloch  verwahrt  sich  ausdrücklich  gegen  die  Unterstellung 


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120 


UmsofaMi  in  dar  MflitSr-Iittoratiir. 


als  wolle  er  Propaganda  gegen  den  Krieg  maehen.  Ihm  ist  es  nur 
darum  zu  tlian,  auf  die  fürchtbaren  materiellen  Folgen  eines  Welt* 
krieges^  der  jahrelang  dauern  wtirde,  die  Aufmerksamkeit  zu  lenken. 
Es  ist  leider  zutreffend,  dafs  die  ökonomische  Seite  der  Kriegführung 
nicht  im  entferntesten  die  ihr  gebülirende  Beachtung  von  Seiten  der 
regierenden  Kreise  sowohl  als  der  Miütar>Litteratur  bislang  gefunden 
hat.  Die  befriedigende  Ernährung  von  Massenheeren  gehört  zu  den 
noch  ungelösten  Problemen.  Unermefslich  sind  die  wirtschaftlichen 
Polgen  fiir  den  Nationalwohlstand  und  das  Volksleben  überhaupt,  wenn 
die  Millionen  kräftiger  Arme,  die  im  Dienste  der  Landwirtschaft,  der 
Industrie  und  des  Handels  thätig  sind,  ihrem  Berufe  entzogen  werden, 
wenn  die  Felder  brach  liegen  wegen  der  Unmöglichkeit,  sie  zu  be- 
stellen, die  Zufuhren  zur  See  ausbleiben,  Handel  und  Wandel  aller 
Orten  stockt.  Es  ist  wohl  „des  Schweifscs  des  Edlen  wert**,  sich  über 
diese  Fragen  Klarheit  zu  yersehaffen,  so  lange  dazu  noch  die  Zeit  ist 
—  Hierzu  die  Anregung  zu  geben,  ist  die  dankenswerte  Aulgabe,  die 
sich  in  erster  Linie  Herr  v.  Bloch  gestellt  hat  und  die  er  in  der  vor- 
liegenden Schrift  klar  und  lichtvoll  eiiäutert.  Möge  seinem  Streben 
der  Brfolg  nicht  fehlen.  Sch. 

Gasten  Moch,  L' Armee  d'une  Dömoeratie.    Paris  1900.  fiditions 

de  la  Revue  blanche.  5CX)  Seiten. 
Der  litterarisrh  vorteiUiali  bekannte  Verfasser  bezweckt  mit  seiner 
gründlichen  organisatorischen  Studie  die  Anregung  zu  geben  zur  l  m- 
wandlung  der  jetzigen  französischen  Armee  in  ein  Milizheer  nach 
Schweizer  Muster.  Er  meint,  wenn  die  Ausgaben  für  die  nationale 
Verteidigung  sich  in  der  bisherigen  Weise  steigern  würden,  so  dürfte 
es  bald  nichts  mehr  zu  verteidigen  geben,  er  verlai^gt  eine  brauchbare, 
gut  ausgebildete  Armee,  die  nicht  die  ungeheuren  Kosten  verursacht 
wie  die  jetzige.  Dies  könne  nur  erreicht  werden  durch  Verringerung 
der  Dienstzeit  auf  ein  Minimum  (wenige  Wochen);  je  nach  der 
Waffengattung  und  dem  Dienstgrade,  Jedenfalls  weniger  als  zwei  Jahre. 
Von  demokratischer  Gleichheit  bezüglich  der  Friedens-Dienstzeit  ist 
folglich  keine  Rede.  Die  vom  Dienste  wegen  kdrperlicher  Untauglich* 
keit  Bef^iten  sollen,  wie  in  der  Schweiz,  ehie  Wehrsteuer  zahlen,  je 
nach  dem  Vermögen  des  Betreffenden.  Diese  vom  Verfasser  geplant© 
Miliz-Armee  iHnrchnet  er  im  Kriegsfall  im  Auszuge  (Elite)  und  Land- 
wehr auf  eine  Kopfstärke  von  2664  308  Mann  der  Operations- Armee; 
dazu  ferner  Gendarmerie.  Douaniers.  Waldhüter,  Kolonialtruppen,  Marine, 
bewaffneter  Landsturm  i670OOO).  Summa  35505«!  Mann,  dazu  1860984 
Mann  nieiit  bewaffneter  Landsturm;  total:  5411565  Mann.  —  Man 
mufs  bekennen,  dafs  der  Herr  Verfasser,  der  über  sehr  beachtenswerte 
Kenntnisse  auf  organisatüriseheni  und  heeresgeschichtlichem  Gebiete 
v(»rfiigt.  seine  Thesen  in  geistvoller  Weise  verteidigt,  aber  überzeugt 
iiai  i'V  micli  nicht,  dafs  die  von  ihm  vorgeschlagenen  Massenheere  mit 
ihrer  mangelhaften  Disziplinierung,   Ausbildung  und  Führung  ein 


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Umschau  in  der  Militär-Litterttiir. 


1211 


brauchbareres  Instrument  des  Krieges  sein  werden,  als  das  jetzt  be- 
stehende Heer.  Er  sagt  zwar,  es  handele  sich  nicht  darum,  die  vor- 
maligen Nationalgarden  wieder  aufleben  zu  lassen,  sondern  um  eine 
^eoie  armee  do  milioes",  die  mindestens  ebenso  befähigt  sei,  den 
nteittadischen  Boden  zu  verteidigen  als  die  jetzige.  Die  Botschaft 
W  ich  wohl,  allein  mir  fehlt  der  Olanbe.  1*. 

Dar  Iheoietf  Mh-pmktisdie  PsIioiiUleii-  und  Meldedienst  Instrulctions- 
bueh  für  den  Unterricht  und  die  Ausbildung  der  Nachrichten-, 
Marschsicherungs-,  Vorposten-(\^erbindungs-)Gefechts-Patrouillea 
nebst  Anweisung  über  das  Orientieren  und  Melden.   Auf  Grund- 
lage des  neuen  Dienst-Reglements  II.  Teil,  unter  Zuhilfenahme 
der  Dien.st Vorschriften  und  der  besten  diesbezüglichen  Werke 
bearbeitet  von  J.  Wolff.  k.  u.  k.  Hauptmann.  Vierte  vollkominen 
umgearbt^itete,    verbesserte    und    vermehrte   Auflage.  Wien,. 
L.  W.  Seidel  &  Sohn.  1898.  Preis  3  Mk. 
Dafs  wir  es  hier  mit  einem  gründlichen,  die  gestellte  Aufgabe 
«schöpfend  behandelnden  Werke  zu  thun  haben,  läfst  schon  der  Titel 
selbst  erkennen;  und  dafs  die  Art  der  Behandlung  des  StoITes  den 
Bedürfnissen  und  Wünschen  der  österreichischen  Armee  entspricht, 
das  dürfte  die  Tliatsache  beweisen,  dafs  das  WeriLchen  bereits  im  9; 
und  10.  Tausend  vorliegt  Nach  unserer  Auffiissung.  wie  überhaupt 
wohl  nach  den  in  unserer  Armee  herrschenden  Anschauungen,  ist  der 
gewihlte  Stoff  wohl  zu  eingehend  behandelt  worden.  Der  Herr  Ver* 
lisser  bemüht  sich,  für  jede  Lage,  in  welche  eine  Patrouille  überhaupt 
gelangen  könnte,  VerhaltungsmAfsregeln  anzugeben.  Auf  iiesem  Wege 
gelangt  der  Herr  Verfasser  zu  einer  Fülle  von  Vorschritlen  und  Ver- 
haltungsmafsregeln,  deren  sichere  BinprSgung  und  Beherrschuntr  in 
der  Anordnunjr  schwerlich  ,Erelin?en  wird,  ohne  doch  die  Zahl  der  Fälle, 
die  einer  Patrouille  begegnen  können,  zu  erschöpfen.    So  finden  wir 
2.  B.  unter  Nr.  44  „Visitierung  (Absuch<Mi)  einer  Ortschaft"   in  dem 
Unterabschnitt  „Verhalten,  wenn  hei  Visitierung  des  Ortes  der  Feind 
Mgetroften  wird**,  folgende  Vorschriften. 

Trifft  ein  die  Häuser  durchsuchender  Teil  der  Patrouille  auf  den 
Peind,  so  giebt  derjenige  Mann,  welcher  denselben  entdeckt,  Feuer; 
alle  übrigen  eilen  zurück  zum  Kern  der  Patrouille,  oder  besser  (!),  be- 
tetsen  die  Häuser  (!).  Ist  uns  nun  der  Gegner  nicht  stark  überlegen 
und  greift  ihn  die  Patrouille  ungestüm  an,  so  wird  er  uns  im  Augen- 
bUcI»  der  Überraschung  für  weit  stitrker  halten  und  zurückweichen, 
doch  darf  derselbe  nicht  verfolgt  werden,  senden»  SMin  setzt  ohne 
Zeitveriust  den  eigenen  Weg  weiter  fort  (Siehe  Zusammentreffen  mit 
dem  Feind  §  20.) 

Bei  uns  sucht  man  die  Gewähr  für  eine  fachgemäfse  Handhabung 
des  Patrouillendienstes  wohl  mehr  in  der  richtigen  Auswahl  der  Mann- 
schaften, insbe^>ondere  der  Patrouillenführer  in  Bezug  auf  Findigkeit 
und  Entschlossenheit,  sowie  in  der  Binprägung  einiger  weniger  Haupte, 


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122 


Urosehan  in  der  Militir-Litteratnr. 


.grundsätze,  die  dem  Wesen  nach  in  allen  Lagen  mafsgchend  und  an- 
wendbar sind.  Die  verschiedenen  Formen,  in  welchen  diese  Haupt- 
grundsäfzt^  in  den  verscbiciicni'n.  ^rirniclit  zu  erschöpfenden  Lagen 

-äufserlich  in  die  Erscheinung  treten,  zur  Üarstelhincr  zu  bringen  und 
zu  lehren,  bleibt  wohl  mehr  dem  unmittelbar  an  die  praivtischen  Übungen 
ansehiiefsenden  Unterricht  oder  —  als  Ersatz  und  Aushilfe  hierfür  — 
dem  applikatorisrhen  Unterricht  am  i'lane  und  der  Besprechung  kriegs- 
geschichtlicher Heispiele  überlassen.  Dafs  demjenigen,  der  die  er- 
wähnten Haupigrundsätze  erkennen  oder  prüfen  will,  das  Studium  der 

-vorliegenden  erschöpfenden  Arbeit  nützlich  sein  wird,  ist  ohne  Frage 

.und  kann  dasselbe  daher  in  diesem  Sinne  nur  empfohlen  werden. 

V.  s. 

Die  hygienisehe  Ausbildung  des  Offlsiers.  £ine  Zusammenstellung 
der  wichtigsten  Kapitel  der  Qesundheitslehre.    Von  Dr.  med. 
E.  Lobe  dank,  Oberarzt  Strasburg  i.  B.  1899.  W.  Heinrich. 
Preis  in  Taschenformat  gebd.  2,25  Mk. 
Der  Herr  Verfasser  hat  es  sich  zur  Aufgabe  gestellt,  ein  Werk 
•über  Militär-Gesundheitspflege,  nicht  für  den  Fachmann,  sondern  fOr 
den  mit  Berufsptlichten  genügend  beschäftigten  Offizier  zu  schreiben. 
Er  verwahrt  sich  in  der  Voriede  ausdrücklich  dagegen,  dafs  sein  Werk 
ein  wissenschaftliches  Lt  hrbuch  sein  wolle,  es  sei  nur  eine  Zusammen- 
stellung   derjenigen    hygienischeti    Lehren,    deren   Kenntnis   für  den 
Ol'tizier  erwünscht  sei.    Die  7  Abschnitie.   in  welche  der  verarbeitete 
Stoff  zerfiillt.  sind  betitelt:  Der  Boden  —  1  »;ts  Wiiüser  —  L»ie  Luft  — 
Kleidung  und   Ausrüstung  —   I <ie  Krualirung  des  Mensclieti  —  Die 
menschlichen   Wohnstuben    —  Die  Infektionskrankheiten.    In  einem 
Anhange  sind  gesondert  behandelt  die  Hautpflege  und  der  Hitzschlag. 
In  leicht  verständlicher  und  knapper  Weise  sind  die  genannten  The- 
mata hier  behandelt.  Die  Einteilung  des  Stoffes  in  zahlreiche,  aus 
der  Inhaltsangabe  ersichtlich  gemachte  Kapitel  und  Unterabteilungen 
ermöglicht  ein  schnelles  AufQnden  jedes  in  Frage  kommenden  Themas, 
auch  ohne  ein  alphabetisch  geordnetes  Sachregister.  Aus  der  Praxis 
für  die  Praxis  geschrieben,  wird  dieses  Werk  dem  Belehrung  suchenden 
Offizier  ein  zuverlässiger  Katgeber  sein,  dem  wir,  auch  in  Hinsicht 
auf  Belehrung  der  Mannschaften  im  Dienstunterricht,  die  weiteste  Ver 
breitung  nur  wünschen  können.  3. 

Taschenbuch  für  den  Uekrulon-Ol'üzier  der  Infanterie.    Auf  (Irund 
der  neuesten  Dien.sivurschrilten  zusammengestellt  von  Engels, 
Oberleutnant.    Berlin  1900.    Milit.- Verlagsanstalt.    Preis  2  Mk. 
Dieses  Taschenbuch  soll,  sagt  der  Herr  Verfasser,  ein  „omnia  me- 
cum  porto"  lür  den  Kelxruienofhzier  sein,  folglich  alles  wesentliche 
für  die  liekrutenausbildung  enthalten.    Es  zerfallt  in  3  Abschnitte, 
•deren  1.  sich  als  ein  „Auszug  aus  den  Dienstvorschriften**  (Reglement, 
.  Schieisvorschrift,  Felddienst-Ordnung.Tum-,  Bujonnetier-.Gamisondienst^ 
'Vorschrift,  Gewehr  88,  Unterrichtsgegenstftnde  mit  besonderer  Berück* 


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Utuobao  In  der  HOitSr-Littoratiir. 


123 


flkhtigung  der  Kriegsartikel)  darstellt.  Der  2.  Abschnitt  ist  ein  «Wochen^ 
lettel"  für  12  Ausbildungswochen,  der  3.  (alQährllch  in  neuer  Auflage 
erscheinend)  enthält  Veränderung;en  zum  1.  und  2.  Abschnitt,  Genealogie 
«tor  deutschen  Fürst e^n,  Posttarif.  Kalender,  Notizbuch.  Tabellen  (Lehr- 
personal. Nationale  der  Kekruten  u.  s.  \v.).  In  handlichstem  kleinem 
Taschenformat  gebunden,  verspricht  dieses  Taschenbuch  in  der  That 
m  vademecum  für  jeden  RekrutenofQzier  zu  werden,  wir  empfelüen 
es  gern.  3. 

T.  €.  M.  (Majur).  Einteilung  und  Dislokation  der  Russischen  Armee 
nebst  einem  Verzeichnisse  der  Kriegsschiffe.  Oktober  1Ö99. 
5.  Ausgabe.    Leipzig.  Zuckschwerdt. 

Wir  können  auch  der  vorliegenden  Autlage  der  trefflichen,  kleinen 
Arbeit  —  klein  nur  im  „räumHcheii"  Sinne  —  djis  uneingeschränkte 
Lob  spenden,  welches  wir  bereits  früher  in  diesen  Blattern  aussprachen. 
Von  Jahr  zu  Jahr  an  innerem  Werte  und  im  Umfange  wachsend,  ge- 
winnt sich  die  „Einteilung  und  lüslokuiion"  immer  mehr  das  Bürger- 
recht in  der  deutschon  Militärlitteratur.  v.  Z. 


llnterprete  militaire.  Sammlung  von  l^bungsstiickcn  mit  Lr,siiiiircn 
und  grammatischen  Anmerkungen,  unter  besonderer  Herii(  ksirh- 
tigung  der  Anforderungen  für  die  Dolmetscherprüfung.  Zum 
Selbstuntemcht  zusammengestellt  von  v.  Scharfenort,  Haupt- 
mann.  Berlin  1900.    Verlag  von  A.  Bath. 

Der  He  IT  Verfasser  ist  durch  mehrere.  Unterrichtszwerken  dienende 
Schrifieii  auf  dem  fiebiete  des  französischen  Sprachunterrichtes  bereits 
vorteilhaft  bekannt.  Ich  nenne  sein  „ Voeabulaire  militaue".  die  „Petite 
Encycloptidie  militaire",  dann  „La  vie  praiique".  Mit  der  vorliegenden 
Arbeit  bietet  er,  in  seiner  Eigenschaft  als  Lehrer  an  der  Kriegsakademie, 
besonders  den  Offizieren,  die  ihre  Dolmetscherprflfung  machen  wollen, 
ein  Tortreffliches  Hilfsmittel;  aber  auch  anderen  Offizieren,  besonders 
Oeneralst&blem  und  A^utanten  wird  dieser  „militärische  Dolmetscher* 
willkommen  sein.  In  dem  fhuizösischen  (1.)  Teile  giebt  der  Verfasser 
anfser  einer  zusammenhfiDgenden  Darstellung  des  Krieges  von  1870 
bis  zur  Schlacht  von  Sedan  eine  grofse  Anzahl  von  Proklamationen, 
Festungsübergaben.  Verhandlungen  über  Waffenstillstand  u.  dergl.  als 
Musterbeispiele,  die  den  Offizier  ohne  weiteres  in  den  Stand  setzen, 
jede  erforderliche  Verfügimg  .sofort  abzufassen,  ohne  nach  den  geeig- 
neten Ausdiücken  lange  suchen  zu  müssen.  Der  französische  Teil 
enihiill  gleichzeitig  die  Litsungen  der  in  dem  2.  Abschnitte  gegebenen 
deutschen  Übungen.  Den  Anforderungen  für  die  Prüfung  entsprechend 
wechseln  Übersetzungen  mit  freien  Arbeiten  ab.  —  Die  dem  praktischen 
Bedürfnis  genau  angepafsle  Arbeit  wird  sich  sicherlich  viele  Freunde 
6rwerben.  Von  besonderem  Werte  ist  noch  für  den  Gebrauch  das 
Angebende  alphabetisch  geordnete  Inhaltsverzeichnis,  mittelst  dessen 


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124 


Umseh«!  In  der  MlUtir'Iitteratar. 


das  gewünschte  Thema  (z.  B.  armistice,  d^erteur.  espion  u.  8.  w.) 
sofort  gefunden  werden  kann.  4. 

lU.  Seewesen. 

Aniuüen  der  Hydrographie  and  maritimen  Meteorologie.  Heft  11. 

An  unsere  Mitarbeiter  zur  See.  —  Aus  den  Reiseberichten  S.  M.  Schiffe. 
(Hiei-zu  Tafel  16.  17  und  18.)  —  Einige  Bemerkungen  über  Mananzary, 
üstküste  von  Madagaskar,  von  Knpt  M.  C.  Holdt,  Führer  der  Bark 
^Kriemhild".  —  Ansteuerung  und  Beschreibung  des  Hafens  von  Ghitta- 
gong,  Britisch-Indien,  von  W.  Reisinp:.  Kapitän  des  Dampfers  „Stein- 
berger"  der  Hansa-Linie  (Bremen).  —  Fremantle  (Ergänzung).  —  Der 
Hafen  von  Bunburg.  Nach  Bericht  von  Kapt.  R.  Tiodemann,  Bark 
„Luna",  ergänzt  nach  englischen  Quellen.  (Hierzu  Tafel  19.)  —  Der 
Halen  von  Talcahuano.  Nach  deutschen  Konsulatsberichten  und  nach 
dem  Fragebogen  des  Kapt.  F.  Hülsen,  Viermastbark  „Hera*",  sowie 
nach  einem  Bericht  des  Kapt  E.  Butz,  VoUschiff  ^Ortrad**.  —  Von 
Ostafrika  nach  der  Bai  von  Bengalen,  von  L.  B.  Dinldage.  —  Rand 
Kap  Horn.  —  Durch  die  StraTse  Le  Maire  von  L.  E.  Dinldage.  ^  Hilfs- 
gröfaen  far  die  Berechnung  der  im  Jahre  1900  stattfindenden  Sonnen- 
finsternisse und  Stemhedeckungen.  —  Ober  den  Rücktransport  der 
Luft  nach  niedrigen  Breiten  in  den  gemäßigten  Zonen,  von  Professor 
Dr.  W.  Koppen  (mit  2  Textflguren).  Notizen:  1.  Von  Adelaide  nach 
Newcastle  N.  S.  W.  —  2.  Verflogene  Brieftaube.  —  3.  Über  eine  Wasser- 
hose in  i2:rofser  Nähe  des  Schiffes.  —  4.  Leuchtende  Cirren.  — 
5.  Störung  der  Steuerfähigkeit  eines  DamplVr.s  in  der  Strafse  von 
Messina.  -  6.  (  her  dcus  Wetter  in  Santa  Rosalia,  rnter-Californien 
von  Mitte  Oktober  bis  Mitte  Dezember  1898.  —  Die  Witterung  an  der 
deutschen  Küste  im  Monat  September  1899. 

Marine- Rundschau.  (November  1899.)  Titelbild;  Eine  Episode 
aus  den  Kämpfen  der  Armada  Philipps  11.  von  Spanien  mit  den  Eng- 
landern. —  Über  Schifllethrt  und  Marinewesen  in  den  homerischen  Helden- 
gesängen (um  das  Jahr  1000  vor  Christi  Oeburt).  Kulturgesohichiliche 
Skizze  von  Kurt  Pereis.  —  Die  tOrkische  Marine  von  ihren  Anfängen 
an  V.  Kalau  vom  Hofe-Pascha  (mit  1  Skizze).  Fortsetzung.  —  D.  Bpnap 
mico:  Die  Lehre  von  der  Seemacht.  Autorisierte  Übersetzung  von 
Kapititn  z.  See  z.  D.  Meufs.  —  Der  Panama-Kanal,  von  Korvetten- 
kapitän Jacobson  (mit  1  Tafel).  —  S.  M.  S.  ^Palke"  in  den  Ostkarolinen- 
Inseln,  von  Martini,  Marine-Stabsarzt  und  Schiffsarzt  S.  M.  S.  „Falke* 
(mit  4  Abbildungen)  Sclilufs.  —  Sprichwörter  und  sprichwörtliche 
Redensarten  über  Seewesen,  Schiffer-  und  Fiseherb  ben  in  den  germa- 
nischen Sprachen  (Fortsetzung).  Ein  modernes  Handbuch  der  See- 
mannsehaft.  —  Erfindungen.  —  Wetterbericht  aus  den  Häfen  Memel. 
Kiel  und  Wilhelmshaven  vom  15.  September  bis  14.  Oktober  1699.  — 
Aus  fremden  Marinen. 

Nachrichten  aus  dem  Gebiete  des  Seewesens.  Nr.  12.  Prof. 
Dr.  Nansen  und  Puyers  Karte  von  Franz  Joseph-Land.  —  Die  Port- 


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Umsduui  in  der  MiUtttr-Ltttentiir. 


125 


schritte  in  der  Entwickelung  des  iSchiffspanzcrs  und  der  Marine-Artilleri«» 
im  Jahre  1898.  —  Über  die  V^orzeichen  der  Rechnungs-Elementf  bei 
nautischen  Problemen.  —  Verbandsplätze  und  Verwundetentransport 
auf  modernen  Kriegsschiffen.  -  -  Eine  Methode,  Holz  für  den  Kriegs- 
schifibau  feuersicher  zu  machen.  —  Der  Dampfer  „Uceanic"  der 
White  Star  Line.  —  Versuche  bezüglich  der  Deteriorierung  verschiedener 
Vetallfiorten  durch  Seewasser.  —  UnflUl  beim  Ölfoen  eines  Mannloches. 

—  Das  Projekt  eines  unterseeischen  Tunnelbaues  zwischen  England 
und  Irland.  —  Der  Slteste  eiserne  Kriegsdampfer. 

Araiy  ud  NaTy  Qaaetle.  Nr.  2074.  Die  Marine  am  Kap.  —  Tod 
des  Admirals  Colomb.  —  Der  Transportdienst  —  Zusammenstofis  des 
Dampfers  „Cuczo"  mit  dem  „Anson".  —  Der  Stapellauf  des  „Bulwark**. 

—  Das  französische  Mittel nieergesch wader.  —  Das  öst.  Lazarettschiff 
.Graf  Palken hayn".    Nr.  2075.  Hospitalschiffo.  —  Der  Trafalgar-Tag. 

—  .\breise  des  Kanalgeschwaders  nach  Gibraltar.  —  Geheimhaltung 
der  Zu.sammi'nsetzung  des  Kap-Geschwaders.  —  Die  deutschen  Flotten- 
vermehrungspläne. -  Nr  2076.  Die  Lage  in  NataL  —  I>ie  Arbeit  der 
Marine-Brigade.  —  Ein  tlifgendfs  Geschwader.  —  Stapellauf  des 
«Venerable".  —  Hospituiscliifle.     I  >W  deutschen  Marine -Vergröfserungen. 

—  Französische  Unterseeboote.  Nr.  2078.  Die  Marine-Brigaden.  --  Das 
Transport-l)eparteraent.  —  Russische  und  französische  Anstrengungen, 
die  augenblickliche  Lage  Englands  auszunutzen.  Nr.  2079.  Transport- 
schiffe. —  Das  Schulgeschwader.  —  Die  Lage  in  China.  —  Die  neuen 
deutschen  Kreuzer.  —  Die  einzelnen  Transportschiffe  mit  der  Zahl  der 
emgeschifften  Mannschaften. 

Joamal  of  the  Royal  United  Serrice  Institutioii.  Kr.  28L  Titel- 
bild: Der  neue  französische  Kreuzer  I.  Klasse  «Guichen**-  —  Die 
Fhinzosen  in 'New-Poundland.  —  Scharfschützen. 

Army  and  Xavy  Journal.  Nr.  1886.  Militarismus  und  Arbeil.  — 
Londoner  Ansichten  über  die  Lage  in  Manila.  —  Das  Singen  in  der 
krmee  und  Marine.  —  Neue  Truppen  für  Manila.  —  Dreischrauben- 
Schiffe.  —  Neue  geschützte  Kreuzer.  —  r>as  Anwachsen  der  Marin«'. 
Nr.  1887.  Die  Lage  in  Transvaal.  Englische  und  amerikanisclio 
Kolonisierungs-Methoden.  —  Neue  l'anzerschlachtschiffe.  —  Warum 
wir  Spanien  20  Millionen  Dollar  zahlten.  Nr.  1888.  Die  Turmfrage.  — 
Admiral  Sampsons  Urlaub.  Bt-richte  der  Admirale  Melville  und 
O'Neil.  -  Die  Gesundheit  der  Marine.  -  Französische  und  deutsch© 
Pulverversuche.  —  Die  Kosten  des  Krupp-Panzers.  —  Der  Krieg  in 
Sad-AIHka.  Hr.  1889.  Die  Räuber  auf  den  PhiUppinen.  —  Das  Neueste 
von  Manila.  —  Kosten  der  nichtgeschützten  Kreuzer.  —  Die  Lage  üi 
Sfid-Afrika.  —  Die  »Oregon"  und  „Brooklyn*'  bei  Santiago.  Vr.  1890. 
Englands  Obersee-l^peditionen.  —  Der  Effekt  von  Deweys  Kanonen, 

—  Versuche  von  Carnegie-Platten  für  Rufsland.  Nr.  189L  Das  Wrack 
des  „Charleston**.  —  Pläne  der  Marine- Vorgröfserung.  —  Unsere  Marine- 
Ingenieure.  —  Kapitän  Zalinski  über  Küstenverteidigung. 

Revue  rnuitime  et  ooloniale.  (September  1S99.)  Die  Artillerie 


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126 


Umsohu  in  der  MUttSr-Utterttur. 


in  d<T  englischen  Mnrino.  —  Chemische  Studie  über  das  Leinen  und 
den  Hanf  bei  der  Fabrikation  der  in  der  Marine  ^gebräuchlichen  Se^fl- 

—  r>ie  englischen  Marine-Manöver  1S99.  —  Die  Staffeten-Kreuzer  mit 
Hilfs-Takelage.  —  Die  Entwickelung  der  deutschen  Handelsmarine. 

RiviBta  marittima.  November  1899.  Der  letzte  Krieg  des  Jahr- 
hunderts. "  Turbinenmotore.  —  L>er  erste  italieni.sche  Fischerei-lvongrefs. 

—  Gesetze  und  Bestimmungen  über  die  Auswanderung.  —  Die  neuen 
raaiitimen  Konventionen  und  die  Unle  nach  Indien.  —  Die  Administra- 
tion der  englifichen  Handelsmarine.  —  Die  maritime  Konferenz  in  London, 

—  Yachtsegeln. 

Monikoi  Sboniik.  Nr.  11  November  1899.  Offizieller  Teil: 
Beschreibung  der  Uniform  der  Offiziere  der  Freiwilligen  Flotte.  Ver- 
zeichnis der  in  auslfindischen  Gewässern  befindlichen  Kriegsschiffe; 

abgesehen  von  den  18  bereits  im  Verbände  des  (leschwaders  im  Stillen 
Ocean  befindlif  h-Mi  Kriegsschiffe,  befinden  sich  auf  dem  Wege  zum 
Stillen  Ocean:  Geschwader-Panzerschiff  „Petropawlovvsk"  mit  623  Mann 
Besatzung  und  52  Geschützen  und  Hochsee-Kanonenboot  „Giljak"  mit 
170  Mann  um!  l»i  Geschützen.  Nichtoffizieller  Teil:  Schlacht  bei 
St.  Jago  de  Kuba.  (Jemischte  Scc-Kxpeditionen.  .Adniiral  I'arra- 
gut.  —  Zur  Frage  der  magnetischen  Anomalien.  -  Metallurgisch© 
Bemerkungen. 

The  naval  Wordbook.  Ein  systrmatisches  Wörterbuch  marine- 
technischer Ausdrücke  in  englischei-  und  deutscher  Sprache  von 
N.W.  Thomas,  Kiel  und  Leipzig.  Verlag  von  Lipsius  &  Tischer  1899. 

Für  die  Kreise  unserer  Kriegs-  und  Handelsmarine  ist  dieses  mit 
vielem  Fleifs  zusammengestellte  Wörterbuch  zveifeUos  von  großem 
Nutzen,  da  man  bei  allen  Reisen  über  See  und  in  den  Hilfen  bei  Be> 
darf  an  Reparaturen  etc.  doch  stets  auf  das  Englische  angewiesen  ist 
und  bisher  ein  solches  rein  marinetechnisches  Wörterbuch  felilte. 

Rang-  und  Quartierliste  der  Kaiserlich  Deutschen  Marine  für 
das  Jahr  1900.  Nach  dem  Stande  vom  10.  November  1899.  Auf  Be- 
fehl Seiner  Majestät  des  Kaisers  und  Königs.  Redigiert  im  Marine- 
iiabinet.    Herlin.    E.  S.  Mittler  Sohn. 

Mit  dem  ständitr'Mi  Anwachsen  unserer  Maiiiu«  nimmt  auch  die 
Rangliste  naturgemäls  V(»n  Jahr  zu  Jahr  an  I  lulanu  /.u.  fiegen  das 
Vorjahr  sind  in  der  .Xuordnung  und  im  einzeiueii  keine  wesentlichen 
Veränderungen  eingetreten,  lirmerkenswerl  ist  nur  der  Fortfall  des 
Oberkommandos  und  die  Einrichtung  des  .\dmiralssUibes  au  dessen 
Stelle,  die  nach  Abgang  des  langjälu  igen  kommandierenden  Admirals 
V.  Knorr  ins  Leben  trat.  Merkwürdigerweise  ist  die  neugeschaffene 
Stelle  des  Generalinspekteurs  der  Marine  bei  der  Einteilung  selbst  gar 
nicht  erwähnt  und  nur  im  Verzeichnis  des  Seeofflzierkorps  neben  dem 
Jetzigen  Inspekteur  ganz  unscheinlich  bemerkt  Wie  immer  bietet  die 
Rangliste  eine  Fülle  des  Interessanten. 

Leitftiden  für  den  Unterriclit  in  der  Artillerie  an  Bord  des 
ArtUleriesehuIselüffes.  II.  Teil:  Pulver  und  Munition.  Herausgogeben 


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ümMhaa  in  der  MlUtibylittentor. 


127' 


von  der  Inspektion  des  Bildungswesens  di  r  Marine.   Mit  zahlreichen. 
Abbildungen.    Berlin  1899.    E.  S.  Mittler  &  Sohn. 

.\us  dem  vorliegenden,  durch  die  vielen  Konstruktionsabbildungen 
sehr  leiiht  verständlichen  Instruktionsbuehe  gewinnt  man  einen  klaren 
Überblick  über  die  in  der  Kaiserlichen  Marine  gebräuchlichen  (leschosse, 
Pulverarten  und  sonstigen  Zündsätze  und  ist  das  Studium  namentlich 
der  Munition  für  die  Schnellladekanonen  sehr  interessant.  Ks  ist  sehr 
aozuerkennen,  dafs  neuerdings  in  der  Marine  auf  den  meisten  öffentlich 
ni  behandelnden  Gebieten  derartige  Leitfäden  erscheinen,  die  das  früher 
fUidie  massenhafte  Sebreiben  beim  Unterricht  In  Fortfall  kommen 
lassen. 

IV.  Veneiebnifl  der  znr  Besprechimg  eiugegaugenen  Bflcher. 

(Dt*  «iMgvfaogaBtn  BOciier  arfalirwi  eist  Begpr«cliuiif  mok  Malkgtb«  tfem  Badratan^  uid  An  ver-- 
ätkuM  Rmubm.  Rina  Varpfliolitiiaf ,  jadaa  «mfeband«  Hnaii  m  bMptaeb^n.  oitaniiamt  di* 
Uluf  dar  MJmkrbIdMi»  iti«ht.  daeli  waidaa  dia  Tital  «iintlivlwr  Btohar  naktt  Angiib«  daaPraiia« 
—  ■•fan  diMar  nitgatailt  woida  —  Idar  vanivrlrt.  Biaa  KfLekaandniif  van  BAsliani  lladat  niekt  atatt}* 

1.  lanteiliug  und  Dislokation  der  Bussisehen  Armee  nebst  einem 
Teneiebniase  der  KriegsscbilTe.  Nach  russischen  offiziellen  Quellen 
bearbeitet  von  C.'M.,Migor.  6.  Ausgabe.  Leipzig  1&99.  Zuckschwerdt&Co, 

Preis  1  M. 

2.  fintwickelungsgeselii eilte  der  alten  Tmtiwaffen  mit  einem 
Anhange  Über  die  Feuerwaffen  von  Max  Jahns.  Mit  40  Tafeln  in 
üteindruck.    Berlin  1890.    E.  S.  Mittler  &  S.  Preis  Ti.öO  M.,  geb.  15  M. 

3.  Schriften  des  (veueraUFeldmarsehalls  <jrafen  Helniuth  von 
Moltke.  Volksausgabe.  General-Feidmarschall  Graf  von  Moltke  in 
seinen  Briefen.  1.  u.  2.  Band.  1800  bis  Itiöö,  1855—1091.  Berlin  1900. 
E.  S  Mittler  &  S.    Preis  10  M. 

4.  Militärischer  Katalog  vuu  Mittlers  Sortimeutä-Buclihandluug 
(A.  Bath)  1900.    Berlin  W.  8.    Mohrenstr.  19. 

6.  Die  Sehlaebt  tob  Hohenfriedberg  von  Dr.  Rudolf  Keibel. 
Mit  zwei  Karten.  Berlin  1899.   Verlag  von  A.  fiatb. 

6.  Konstruktion  der  geiogenen  Qesebfitsrohre.  Von  Georg 
Kaiser,  K.  u.  K.  Hofrat.  Mit  14  Figurentofeln.  Zweite  umgearbeitete 
Auflage.  Wien  1900.  Seidel  k  Sohn. 

7.  LeitfiMlen  für  den  Unterriebt  in  der  Artillerie  an  Uurd  de» 
ArtUleriesehulschiffs.  Herausgegeben  von  der  Inspektion  des  Bildungs- 
wesens der  Marine.  Zweiter  Teil.  Pulver  und  Munition.  Mit  zahl- 
reichen Abbildungen.  Berlin  1899.  E.  S.  Mitüer  &  b.  Preis  1»70  M.^ 
geb.  2,20  M. 

8.  L'Interpreti'  militaire.  i^animlun-r  von  Übungsstücken  mit 
UsunL'en  und  grammatischen  Anmerkungen,  unter  bi  si.nderer  Berüok- 
8ichtiü;uii;r  der  Anforderungen  für  die  Dolmetscherprütung.  Zum  Selbst- 
unterricht zusammengestellt  von  von  Scharfenort,  Hauptmann. 
Berlin  IPOO.    A.  Bath. 

9.  Die  Thätigkeit  der  Deutschen  Festungsartillerie  bei  den  Be- 
lagerungen, Beschiefsungon  und  EinscbUeÜBungen  im  deutscb-franzö- 


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128 


Umaobaa  in  der  MUitlbr-littentiir. 


sischen  Krie?»'  1870/71.  Vun  H.  v.  Müller,  Generalleutnant  z.  D. 
Zweiter  Band.  Berlin  1899.  E.  S.  Mittler  &  S.  Preis  geheftet  11  M., 
geb.  la  M. 

10.  Der  Krieg  von  lS(Mi  und  1807.  Bearbeitet  von  0.  v.  Lettow- 
Vorbeck,  Oberst  a.  D.  Zweite  vennelirt«  und  verbesserte  Auflage. 
Erster  Band.  Mit  einer  Übersichtskarte,  8  SehlaclitpUlnen  und  18 
Skizzen.  Berlin  1899.  E.  S.  MitÜer  &  S.  Preis  10  M. 

11.  Die  Taktik  der  FeldartUleiie  fttr  die  Offiziere  aller  Waffen 
auf  Grund  der  für  die  deutsche  Artillerie  bestehenden  Bestimmungen. 
Von  H.  Rohne.  Generalleutnant  z.  D.  Berlin  1899.  B.  S.  Mittter  &  8. 
Preis  3  M.,  g.  b.  4,25  M. 

12.  Die  Gefallenen  der  Schlachten  um  )Tetz  1870.  Die  Verlust- 
listen der  an  den  Kämpfen  um  Metz  1870  beteiligten  deutschen  Regi- 
menter. Nach  den  vorhandenen  amtlichen  Quellen  zusammengestellt 
und  bearbeitet  von  A.  GeibeL  Metz  1899.  Deutsche  Buchhandlung 
(H.  Lang).    Preis  80  Pfg. 

13.  Um  die  Erde  mit  S.  M.  S.  ^.Leipzig**  zur  Flaggenhissung  in 
Angra-Pequena.  Nach  Tagebüchern  und  mit  46  Illustrationen  des 
Korvetten-Kapitäns  a.  D.  K.  Kohl  hau  er.  Herausgegeben  von  H.  de 
Meville.    Berlin.    K.  Sigismund.    Preis  4  M. 

14.  Rang-  und  (^uartierliste  der  Kaiserlich  Deutschen  Marine 
für  das  Jahr  19011.  Nach  dem  Stande  vom  10.  November  1899.  Berlin. 
E.  S.  Mittler  &  Sohn.  Preis  2.50  M.,  geb.  3.25  M. 

Ifi.  Kritiseher  Wegweiser  dareh  die  neuere  devtsehe  histoilBtshe 
Litterfttur  für  Studierende  und  Freunde  derGeschichte.  Von  F.  Fdrster. 
Berlin  1899.  J.  Rüde  (Stuhrsche  Buohh.). 

16.  Anleitung  zum  Krokieren  und  Kartenleeen.  Mit  einer  Zeichen- 
schule. Von  Anton  Hoderlein,  Oberleutnant.  2.  vollständig  neu  be- 
arbeitete Auflage.    Würzburg  1900.    E.  Bauer.    Preis  l.«0  M. 

17.  Mit  S.  M.  S.  „Nixe"  nach  Kamerun.  1897—1898.  Reise-Skizzen 
und  -Bilder  von  R.  von  Uslar,  Landrat.  Altenburg.  Stephan  Geibel. 
Preis  4.50  M. 

18.  Die  Militärstrafgerichtsordnung  vom  1.  Dezember  1S98  nebst 
Einfuhrungsgesetz.  Zum  Selbstunterricht  für  Offiziere,  Fahnenjunker 
und  Krscrve-Oftlziersaspiranten.  sowie  zum  (lebrauch  an  militärischen 
Lehranstalten.    Von  Lüning,  Hauptmann.    Metz  1900.    G.  Scriba. 

19.  Apparat  für  das  Festungs-Kriegsspiel  von  Oberst  z.  D.  Kunde. 
Mit  4  Anlagen.    Berlin  1900.  Vossische  Buchhandlung.  Preis  1,60  M* 

20.  Der  Kriegsspicl-Apparot  von  General  MeokeL  Zweite  ver- 
besserte  Auflage.  Mit  6  Tafeln  Beilagen.  Berlin  1900.  Vossiaohe 
Buchhandlung.  Preis  1.20  M. 

21.  Tenne  dee  Tronpes  de  Franee*  Publication  mensueUe.  Texte 
par  plusieurs  membres  de  la  Sabretache.  Aquarelles  de  Job. 


I>rno1i  Ton  A.  W.  Hayas  Erben.  Berlin  und  Potsd»ai. 


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XL 

Uber  die  Vorbereitung  zum  Studium 

eines  Kriegsschauplatzes  und  die  Hilfsmittel  hierfür.^) 

Von 

Generalnuyor  a.  D.  von  Zepeliu. 

Da  die  Militii  r^^eog  raphie  die  SchilderuDg  der  Länder 
und  Völker  mit  Be/iiir  auf  den  K rieg:  zum  Ziele  hat,  so  kann 
auch  nur  florjenijre  mit  wirklichem  Nutzen  militärgeogra- 
phische Studien  treiben,  der  ein  klares  und  allseitiges 
Verständnis  fUr  das  Wesen  des  Krieges  erworben  hat, 
?o\Yie  die  Fähigkeit  besitzt,  schnell  und  richtig  zu  beob- 
achten und  nach  Aasscbeidang  alles  Unwesentlichen  das 
Beobachtete  in  allgemein  yeratändlicber,  UberBichtlicber 
Weise  darzustellen. 

Ohne  diese  Vorbedingungen  liegt  die  CH-f.ihr  nahe,  dass  auch 
die  sonst  noch  so  sorgfältigen  militttigeograpbisoben  Studien  wertlos 
bleiben  werden. 

Die  sicherste  Grundlage  jeder  militärgeographiseben 
^cbildernng  bildet  selbstyerstftndlich  die  dnroh  Belsen  nnd 
Rekognoszierung  gewonnene  eigene  Anschauung.  SoU  nun 
Iber  der  reisende  und  rekognoszierende  Oflizier  nicht  ndt  unendlichen 
Sehwierigkeiten  kämpfen,  ja  wohl  sogar  erfolglos  sich  mtthen,  so  mofs 
er  sich  durch  eingehendes  Studium  der  litterarischen  und  karto- 
giapbischen  QoeUen  auf  seine  Aufgabe  Torhereitet  haben. 

Aus  eigener  praktischer  Erfahrung  mOchte  ich  behaupten,  date 
der  Oflizier  sich  dureh  vorhergehende  Studien  eine  so  genaue  Kenntnis 

des  Ton  ihm  zu  bereisenden  Gebietes  verschafft  haben  rouss,  dass 
ihm  bei  Eintritt  in  dasselbe  eigentlich  nnr  übrig  bleibt,  die  Richtig- 
keit des  auf  theoretischem  Wege  gewonnenen  Hildes  durch  die  eigene 
Anschauung  zu  priitVn  und  letzteres  fertig  zu  steilen.  Dies  gilt 
Danientlich  bei  Aufträgen,  bei  welchen  dem  betreffenden  Offizier  ganz 

1)  Fortsetzung  zn  dem  Artikel  XXIII,  Heft  8  des  Bndes  118»  „Über  das 
Wesen  and  die  Bcdeatong  der  Bülitärgeographle." 

JakrbOflktr  Iftr  di*  dmitooht  Aibm  nnd  Muia*.  fid.  IIA.  S.  9 


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130     Üb«r  die  Vorberaitiiiig  mm  Stadium  einos  KriegsBehuplatees. 

bestimmte  Fragen  zur  Erledigung  vorgelegt  sind.  Im  eigenen 
Lande  sind  solche  Aufgaben  von  den  zu  ihrer  Lösung  Uberhaupt 
befähigteo  and  yoigebUdeten  Offizier  verJiältDismätsig  leicht  za 
erledigen. 

Die  litterarisehen  Quellen  sind  dort  meist  ohne  Schwierigkeit 
zu  besehafTei]  und  ihrer  Zuverlässigkeit  nach  bekannt;  die  Mitwirkong 
der  betreffenden  Behörden,  Gemeinden,  Techniker  0.  S.  W.  Wird  vom 
Staate  veranlarst  Bei  der  Erledigung  des  Auftrages  oder  der  selbst- 
gestellten Aufgabe  ist  der  uneingeschränkte  Grebranch  gedruckter  und 
kartographischer  Hilfsmittel  möglich. 

Anders  ist  dies  im  Aaslande,  wo  bei  der  grolsen  Empfind- 
liohkeit  gegen  «.die  Stadien  fremder  Offiziere^  aas  naheliegenden 
Gründen  aof  alle  diese  Untersttttzangen  veiziehtet  werden  mnls  and 
mit  besonderem  Takte  gepaarte  Vorsicht  im  äofseren  Aoftreten  ge- 
boten ist  Wer  die  sogenannten  Spionen-Gesetze  unserer  Nachbarn 
im  Osten  und  Westen  kennt  —  mit  welchen  Übrigens  jeder  in  Rofis- 
land  und  Frankreich  reisende  Offizier  sich  vertrant  machen  sollte  — 
der  kann  die  Schwierigkeiten  ermessen,  mit  denen  derartige  wissen- 
schalUiche  Reisen  emes  deutschen  Offiziers  zu  kämpfen  haben. 

Es  ist  nicht  uninteressant,  dats  gerade  die  in  diesem  Punkte 
so  „empfindliehen  Mächte'*  ihrerseits  in  der  Wahl  der  Mittel  zur  Be- 
schaffung der  notwendigen  Kenntnisse  Uber  die  militärgeographischen 
Verhältnisse  der  Kachbarländer  nicht  za  skeptisch  sind  und  geradezu 
anf  die  Verwertung  von  „  Spionen**  hinweisen.  So  finden  wir  in  dem 
TOr  einigen  Jahren  erschienenen  Werke  des  Kais.  Rass.  Oberst- 
leutnants im  Generalstabe  KJembowsky  „Di^  Militärspionage 
im  Frieden  und  im  Kriege"  (deutsch  von  Freiherm  von  Tettau) 
folgende  Bemerkungen:  „Einen  grofsen  Einfiuls  auf  den  Gang  der  mili- 
tärischen Operationen  übt  auch  die  Kenntnis  des  (ieländes  aus.  Bereits 
im  Frieden  mufs  man  das  voraussichtliche  Kriegstheater  sorgtältig 
studieren,  die  wichtigsten  Verteidigungslinien ,  namentlich  starke 
Stellungen,  bezeichnen,  sich  mit  dem  P^isenbahnnetz  und  llberhaupt 
allen  Verkehrswegen  bekannt  machen ;  kurz  —  es  ist  notwendig, 
ausfllhrlichi'  geographische  und  topographische  Nachrichten  und  iiii>g- 
lichst  vollständige  Pläne  und  Karten  von  unseren  Nachbarstaaten 
zu  haben.  Diese  auf  öffentlichem  Wege  erlangten  Nachrichten  mtlssen 
auf  nichtOtfentliehem  Wege  geprüft  und  bis  in  die  kleinsten  F>in/.el- 
beiten  ergänzt  werden,  was  im  Frieden  nur  vermittelst  Kund- 
schafter auszuführen  möglich  ist."'..  .  Weiter  heifst  es  an  anderer 
Stelle  über  die  Sanmilung  der  statistischen  Nachrichten:  „Die  Be- 
richte der  Gesandten  und  Militärbevollmäohtigten,  geographische, 
statistiBche  and  ethnographische  Beschreibangen,  oifiaelle  ßehohte 


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Uber  die  Vorbereitung  zum  Htudiam  eines  Kriegüschaupiatze».  l^^l 


ond  dem  Mmliobe  Quellen  —  geben  ein  retobes  Material,  um  sieb 
nit  der  BeTölkenmg  und  der  Ertragsfähigkeit  des  Landes  bekannt 
tnmachen.  Aber  ancb  in  dieser  Beziehung  kann  die  Thätig- 
keit  der  Spione  unleugbaren  Nutzen  brintren.  Indem  sie  im 
Auslande  wohnen  und  in  einem  bestimmten  verhiiltnismärsi^  be- 
schrankten Bezirke  wirken,  knüpfen  sie  bereits  im  Frieden 
Verbindungen  mit  einflulsreichen  Pers()nlichkeiten  an, 
suchen  deren  Vertrauen  zu  erwerben,  studieren  sorgtälii^  den 
Charakter  der  i>ev(ilkerung  und  stellen  Persönlichkeiten  fest,  w^dche 
im  Kriege  den  Truppen  als  Führer,  Geifselu  oder  Spione  nützlich 
seiü  ki>iin(Mi ;  mit  tdnem  Worte,  sie  machen  sich  in  jenem  Be- 
zirk vollkommen  zum  Eingeborenen  und  schatfen  sich,  indem 
sie  ihrer,  sie  unterhaltenden  Regierung  Nachrichten  liefern,  gleich- 
zeitig eine  teste  Grundlage  ftü:  ihre  Tbätigkeit  während  des  Krieges 
selbst  .  ."^ 

Wir  fügen  diesen  Grundsätzen  tür  ..die  Betreibung  nulitär- 
geographischer  Studien  im  Frieden-  nur  hinzu,  dnfs  diese  selbst- 
verständlich viel  leichter  auf  ein  Land  wie  Deutschland  anzuwenden 
sind,  das  innerhalb  seiner  Grenzen  kaum  einen  Palszwang  ausübt 
und  alljährlich  von  Fremden  aller  Nationen  bereist  wird,  namentlich 
auch  Ton  Hussen,  Dänen  und  Franyosen,  welche  deutsch  als  ihre 
Mattersprache  sprechen,  wie  z.  B.  auf  Kal'sland,  in  welchem  Yer- 
gnllgungsreisende,  welche  russisch  wie  ihre  Muttersprache  reden, 
namentlich  abseits  den  groüsen  Bahnlinien,  selten  oder  gamicbt  an- 
nrtreffen  sein  dürften. 

Aus  dem  eben  Angeführten  ergiebt  sieb,  dafe  nur  der  eingebend 
mit  dem  zo  dnrcbstreifenden  Gebiete  Vertraute  seiner  Aufgabe  ent- 
sprechen kann.  —  Die  StrafSsen,  welebe  er  dnrcbflUirt,  die  Wasser- 
Iftufe,  welebe  er  ttbersebreitet,  müssen  ihm  wie  längst  bekannte 
Stätten  erecbeinen.  Vor  allem  sollte  der  Offizier  es  nicht 
unterlassen,  mögliebst  alle  kriegerischen  Ereignisse  zu 
studieren,  bei  welchen  diese  topographischen  Objekte  eine  RoUe 
gespielt  haben.  Jeder  Offizier,  der  nach  solcher  Vorbereitung  den 
Sehanplatz  eines  Feldznges  eingebend  bereiste,  wird  die  Bedeutung 
derselben  erfahren  haben. 

Freilich  mnls  die  Kunst  des  Beobachtens,  wenn  dieselbe 
inch  angeboren  und  in  Yollkommener  Weise  niemals  zu  erlernen  ist, 
dorch  eifrige  Sobnlnng  gettbt  und  gefördert  werden.  Nur 
wer  mit  klarem  Auge  und  richtigem  Blick,  gestlltst  auf  ncheres, 
soldatisches  Urteil  und  gediegene  Kenntnisse,  beobachten  gelernt 
hstf  der  wird  imstande  sein,  diese  praktlsehe  Seite  des  militär- 
geographischen  Studiums  erfolgreich  in  betreiben.    Daher  ist  es  für 

9* 


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132     ttber  die  VorbeNttnng  nun  Stndinin  eines  KriegMehtnplatw. 


den  Offizier  Ton  hoher  Wichtigkeit,  keine  Gelegenheit  beobachteD 
za  können  nnd  dies  zu  lernen,  sieb  entgehen  za  lassen.  Nicht  nur 
Übangsritte,  Bespreohnngen  im  Gelände,  GeneraUtabsieisen,  und 
^vie  alle  die  Übnogen  im  ,^rttnen  Felde",  nnd  nicht  am  „grünen 
Tische''  heifsen,  welche  heate  dem  strebsamen  Offizier  Air  seine 
Heranbildnng  geboten  werden,  bereiten  ihn  zam  praktischen  Militttr- 
geographen  vor,  sondern  auch  jede  Keise,  welehe  ihm  Gelegenheit 
giebt,  fremde  Gegenden,  Völker,  Sitten  nnd  Ansebanungen  kennen 
za  lernen. 

Wir  erinnern  hier  nnr  an  die  Beisebriefe  des  Feld* 
marsohalls  Moltke  ans  der  Tttrkei,  Ratsland,  Frankreioh 
nnd  Italien.  Welehe  Fttlle  Yon  Beobaehtnngen  nnd  fein- 
sinnigen Urteilen  tritt  ans  in  ihnen  entgegen.  Hinterlassen 
sie  nicht  den  lebendigen  Eindrack,  dafs  alle  diese  Reisen 
hohe  Bedeatnng  ftlr  die  Entwickelnng  des  Bericht- 
erstatters hatten! 

Und  Terbieten  sich  aneh  leider  fiir  viele  Offiziere  ans  nahe- 
liegenden, zwingenden  Gründen  Reisen  yon  ithnlicher  Großartigkeit, 
80  gewiüiren  andereiseits  die  heutigen  Verkehrsverhiiltnisse  in 
mehr  als  einer  Beziehung  die  Mögliehkdt,  die  Welt  weit  leichter  nnd 
früher  kennen  za  lernen.  Der  junge  Offizier  aber  sollte  es  niemals 
versäumen,  wenn  anch  nnr  mit  dem  Ranzel  des  Touristen  auf  dem 
UUekin  und  dem  Stocke  in  der  Hand,  den  Schauplatz  früherer  Feld- 
züge, und  —  wenn  es  sein  kann  —  fremde  Länder  und  Volker  — 
kennen  zu  lernen.  Die  Strapazen  angestrengter  Fulsreisen  und 
Wirtshäuser  mit  etwa  mangelndem  Komfort  werden  reichlich  auf- 
gewogen durch  die  Erziehung  des  Charakters,  die  Abhärtung  des 
Korpers  und  durch  die  reiche  Ausheute  au  Erfahrung  und  l'rteil, 
ganz  abgesehen  von  der  Erfrischung  an  Körper  und  Geist,  die  man 
zu  Hause  bringt.  Nie  alx  r  sollte  es  riu  Offizier  versäumen,  die  in 
der  Näiu'  seiner  Garnison  liegenden  Gefechtsfelder  aas  eigener  An- 
schauung kennen  zu  lernen. 

l'nsere  praktischen  und  in  ihrer  verständigen  Lebensanschauung 
trotz  des  iiilduugbliochimitcs  unserer  Zeit  oft  bei  weitem  nicht  \(ui  uns  er- 
reichten Altvorderen  w  ufsten  die  Bedeutung  der  mit  Bt  ohachtung 
von  Land  mid  Leuten  verbundenen  Reisen  auch  sehr  wohl  zu 
schätzen.  So  galt  die  Erziehung  eines  jungen  Edelmanns  noch  in 
der  Mitte  des  TOrigen  Jahrhunderts  meist  erst  dann  tUr  abgeschlossen, 
wenn  er  entsprechend  den  Verkehrsverhältnissen  der  damaligen  Zeit, 
za  Pferde  „eiue  Tour^'  durch  ein  oder  mehrere  L«änder  Europas  gemacht 
hatte. 

In  unserem  Jahrhundert  war  es  bisher  ein  Vorzug  englischer 


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über  die  Vorbereitung  zum  :Studium  eines  Kriegsschauplätze».  133 


und  russischer  Offiziere,  ihrem  Vaterlands  als  „praktische  Ocoorrapheii" 
dienen  zu  können,  und  es  kann  namentlich  der  russische  (leneral- 
stal)  als  der  Erforsciier  des  mittleren  und  östlichen  Asiens  bezeichnet 
werden. 

Für  den  deutschen  Otfizier  hat  die  Schaffung  unserer  Kolonien 
»ach  in  dieser  Richtung  ein  weites  Feld  der  Thäti^^keit  erötlnet. 
Die  Namen  deutscher  Olfiziere  werden  unter  den  ersten  der  Kr- 
forscher  des  schwarzen  Erdteils  genannt  und  mit  den  heldenmütifren 
Kämpfen  für  die  Ausbreitung  und  Betesti^ang-  der  deutschen  Herr- 
(ichaft  gehen  Hand  in  Hand  die  trefHicht  ii  geograpiüscbeD  und 
pbotographisohen  Leistungen  deutscher  Offiziere. 

Die  Litteratar,  welche  sich  mit  der  Anleitang  zu  mili- 
tärischen fiekognoszierungen  beschäftigt,  ist  sehr  reich- 
haltig:. Wir  weisen  fUr  den  deutschen  Offizier  nur  auf  das  Werli 
BioQsarts  yon  Schellendorf  „Der  Dienst  des  Generalstabes bin.  — 
Ebenso  reich  ist  aber  auch  die  Litteratur,  welche  dem 
Reisenden  die  allgemeine  wissenschaftliche  Vorbereitung 
für  seine  Beobachtungen  bietet.  Die  „Bibliotheca  geographica" 
der  Gesellflobaft  für  Erdkunde  in  Berlin  giebt  z.  B.  in  dem  Kapitel: 
nAnleitnng  som  Reisen  und  Beobacbten'*  eine  grofise  Zabl  wisseo- 
Mhaftiieber  HilismitteL 

Zn  den  nm&ssendsten  gehören:  „Kaltbmnner-Kollbnumer,  Der 
Beobaehter,  Allgemeine  Anleitung  zn  Beobachtungen  Uber  Land  und 
Leute",  2.  Auflage,  Zflrieh  1888  und  „Neumeyer,  Anleitung  zu 
wisseDsehafUichen  Beobachtungen  aul  Reisen**,  2.  Auflage,  Berlin  1888, 
sowie  „Freiherr  von  Richthofen,  Ftthrer  für  Forschnngsieiaende, 
Berfln  1886/'  Von  fthnUehen  Werken  in  fremden  Sprachen  seien 
0.  a.  erwilhnt:  die  „Instructions  g^nerales  anx  voyageurs,  publikes 
per  la  soci^  geographique,  Paris  1875**  und  ,.HintB  to  traTdlers*', 
7.  Auflage,  London  1890**,  letztere  Arbeit  herausgegeben  im  Auftrag 
der  Geographischen  Gesellschaft  in  London. 

Nachdem  wir  so  die  Bedeutung  der  Fähigkeit  eigener,  selbat- 
sttndiger  Beobachtung  für  die  militärgeograpbiseben  Studien  hervor- 
gehoben haben,  wenden  wir  uns  nnnmher  zu  einer  Betrachtung 
der  wissenschaftlichen  Hilfsmittel. 

Diese    sind    entweder    litterarischer    oder  karto* 
graphischer  Natur. 

Was  Konächst  die  dem  militUrgeographischen  Studium  dienende 
Litteratur  anlangt,  so  ist  das  Gebiet  derselben  ebenso  umfangreich 
wie  das  der  Militärgeographie  selbst.  Eine  nur  einigermaisen  er- 
schöpfende Übersicht  Uber  dieselbe  ist  daher  an  dieser  Stelle  un- 
möglich.   Von  deren  Umfange  macht  man  sich  leicht  eine  Vor- 


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134     Ob^>'  ^  Yorbereituig  mm  Stadiom  «ines  Kiiegsidisttplaties. 


Stellung,  wenn  man  nnr  an  die  jeder  Oefeohtsschildernng  mid 
jedem  kriegsgeBchiobilichein  Werke  emgestreaten  Gelände- 
imd  Düiderbesohreibnngen  denkt.  Von  Caesars  ans  anibewahrten 
klassischen  LandsehafiBsehüderangen  bis  za  den  mnstergttltigen  Dar- 
steUnngen  in  den  Werken  des  dentsoben  Generalstabes  and  den 
vielen  Sohilderangen  ttber  kriegerisebe  Vorgänge  der  neuesten  Zeit 
finden  nnr  für  unsere  Wissensobaft  in  den  kriegsgeschiebtlicben 
Werken  eine  reicbe  Aasbeate.  Gerade  die  in  Verbindang  mit  kriegs- 
gesobicbtlieben  Vor^^ängen  gegebenen  SehOdernngen  militifargeogra- 
pbiseber  Natar  sind  aber  oft  besonders  wertrolL 

Um  nnn  das  Feld  der  übrigen  Quellenlitteratar  ^niger- 
maüsen  za  begrenzen,  muls  man  sich  vergegenwärtigen,  welche 
Fragen  der  Generalstab  stellt,  am  sich  ein  erschöpfendes  Bild  eines 
Kriegsschauplatzes  za  verschaffen,  Fragen,  deren  Beantwortung  nur 
aus  den  verschiedensten,  oft  schwer  zagäDglichen  und  stetü  eingehend 
aui  ihren  Wert  zu  prüfenden  Quellen  zu  schöpfen  sind. 

Der  kriegsgeschichtlichen  Litteratur  hahiii  wir  bereits 
gedacht.  Sie  kommt  im  weitesten  Sinne  des  Wortes  fUr  unsere 
Zwecke  zur  Geltung.  Dann  werden  die  Werke  allgemein 
geographischen  (-harakters  von  der  Schilderung  eines  Ortes 
bis  zur  Charakterisierung  eines  ganzen  Landes,  zu  benutzen  sein.  — 
Freilich  sind  es  hier  nicht  immer  die  sich  in  glänzenden  Schilderungen, 
geistvollen  Vergleichen  und  kritischen  Spekulationen  ergehenden  Ab- 
bandlungen; sondern  vielmehr  nüchterne,  möglichst  viele  statistische 
Angaben  enthaltene  Heschreibungeu  von  Ortlichkeiten.  welche  reiche 
Ausbeute  für  militärgeographische  Zwecke  gewähren.  Daher  sind 
z.  H.  Ueisehari (1 1) iie h er  nach  Art  unseres  Baedeker,  die  uns  von 
Etappe  zu  Etappe  in  prosaischer,  handwerksmäfsiger,  aber  prak- 
tischer Weise  durch  die  Verbindungen  des  Landes  geleiten.  Mono- 
graphien von  Städten,  Flüssen  und  Kreisen,  wie  sie  in  vortrelflicher 
Weise  Württemberg  in  seinen  Überamtsbeschreibungen  besitzt,  geo- 
graphische Ortslexika,  Keisebeschreibangen,  Eisenbahn» 
Marschroaten  und  Stralsenscbilderangen  a.  s.  w.  mit  grolseni 
Natzen  zn  verwerten.  ^) 

1)  Bei  dem  grofsen  Kolobtom  der  geographischen  Litteratur  iat  es,  wie  oben 
erwXlmt,  anmögiich,  eine  sneb  mir  annlherad  genügende  übersieht  der 
wiehtigsten  Quellen  fflr  die MÜitärgeographie  zageben.  Wir  Terweisen 
den  OfBzier  für  seine  Orientierung  auf  die  in  ihrer  Art  nnenreioht,  leider  nnr 
bis  in  die  achtziger  Jalire  geführte  „Registrande  des  grofsen  Generals- 
tabe s"  (redigiert  vom  damali^^en  .Mitglied  der  geogruplii.scli-statistischen  Ab- 
teilang, überstieutuant  Dr.  Max  Jahns),  auf  die  Litteratur- Übersicht  in 
YerOfieatilelinngen  wie  die  bei  Perthes  ersoheinenden,  lange  Zelt  von 
Petermtnn  redigierten  „Geographischen  ]Ilttellnngen**lndenMl,8  wen- 


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über  dfe  yorbeieltaiig  nnD  Studtam  einM  KrisgMobtaplilMB.  135 


Aach  die  periodische  Presse  giebt  oft  sehr  wertvolle  Mit- 
leilaD^n,  die  sadem  meist  den  Vorteil  gewälireD,  dab  sie  bisher 
imbekaimle  ZnsammeiMteUQiigeii  oder  neoe  firgSiisimgen  bringeD. 
Dies  ist  aber  ani  so  wiehtiger,  als  bekannflieh  die  Topographie 
eines  Landes  sehr  Terilnderlioher  Natur  ist,  deren  völlige  Richtig- 
steUnng  kaum  den  Genenüstftben  der  betreffenden  Armeen  mit  Hilfe 
des  Urnen  doch  aaf  amtliehem  Wege  sngebenden  llaterials  möglich 
sein  dttrfle.  Ebenso  wie  die  tq^grahisoben  Verhältnisse  nnd  vielleicbt 
in  noch  höherem  Grade  sind  aber  alle  die  Angaben,  welche  sich 
aof  Bevtflkemng,  Viehstand,  Ernte  nnd  Anbanveiiiältnisse,  Gewerbe, 
Handel  nnd  Industrie  n.  s.  w^  korz  anf  alles  dasjenige,  was  vor- 
xogsweise  in  das  Gebiet  der  Statistik  ftUt,  beziehen,  der  Ver- 
ündemng  onterworfen.  Hieraas  ergiebt  sieh  sehon  die  Bedentang 
der  Statistik  fOi  die  Ifilitärgeograpbie.  —  Wer  sich  aber  mit 
dieser  heate  za  frtther  ungeahnter  fiedeatung  gelangten 
Wissenschaft  beschäftigt,  nnd  sei  es  auch  nnr,  dals  er  ihre 
Ergebnisse  bennzt.  muls  einige  Kenntnis  von  ihrem  Wesen 
haben,  will  er  nicbt  {groben  Täuschungen  unterliegen.  Dies 
ist  aber  um  so  leichter  der  Fall,  als  die  Statistik  ihre  Ergebnisse  in 
sehr  U hersichtlicher,  aber  oft  der  Erläuterung  entbehrenden  Tabellen 
zu  geben  pflegt. 

Das  Gebiet  der  Statistik  ist  ein  sehr  mannigfaltiges.  Sie  giebt 
Antwort  auf  alle  Fragen  des  Volks-  und  Staatslehens.  So  hat  man 
eine  Bevölkerungs-,  Geburts-.  Sterblichkeits-,  Berufs-,  Erwerbs-.  Ge- 
werbs-,  Fabrik-,  Ernte-,  Vermögens-,  Bergbau,  Schiffahrt-,  Handels-, 
Unfall-,  Kekrutierungs-,  Verlust-  u  s.  w.  Statistik.  Aus  diesem 
Grunde  steht  daher  der  Offizier  nicht  nur  bei  militära:e(>graphischen 
Studien,  sondern  auch  bei  vielen  seiner  anderen  Berufsautgaben, 
namentlich  der  des  Generalstabes  und  des  Khegministeriums,  der 
Statistik  keineswegs  teilnahmslos  gegentiher. 

Aber  auch  alle  die  grolsen  Fragen  unseres  staatlichen  und 
soualen  Lebens,  unseres  Heerwesens  und  unserer  Stellung  zur  See, 
um  welche  heute  auf  den  Tribünen  der  Landesvertretungen  und  in 
der  Presse  heilse  Geistessohlaohten  geschlagen  werden,  sie  werden 
nicht  zum  geringsten  Teil  mit  einem  gewaltitren  Apparat  je  nach  den\ 
Parteistandpunkt  gruppierten  nnd  verwerteten  statistischen  Materials 
4iiicbgefochten.   Wer  entsänne  sieh  nicht  nock  der,  soweit  wir  recht 

tija  der   Kaiserlich    Russischen   Geographischen    Geielltoha t%u 
(niMisch),  in  der  von  der  Berliner  Gesellsohaft  fttt  ErdkanCe  nerm^ 
cefebeaen  „bibliothees  Geograph!«»"  n.     w.   Auch  in  der^^^^V 
biiarbMrbeitetea  dam  ^SdieibertBeheo  ülustrierten  Militär-Lexikon'* 
giittMitwnbeniQhe*  flndsa  lioh  die  wiehtigstea  Werke  erwähnt. 


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13G      l^er  die  Vorbereitung  zmn  fltndlom  cinei  Kriegsaohauplatzes. 

berichtet  sind,  von  Seiner  Miyestttt  dem  deatsehen  Kaiser  selbst  an- 
gefertigten Flottentafeln,  mit  welchen  Allerh(toh8tdenelbe  die  Hinder- 
nisse hinwegzuräumen  snohte,  welche  kleinlicher  Parteigdst  und 
politischer  Unverstand  der  Entwickelong  onserar  Stellung  zur  See 
entgegenzustellen  wubte.  —  Die  Vertreter  des  Kriegsministeriams 
ond  des  MailneminiBteriams  aber  sind  gezwnngeO)  einen  grolisen  Teil 
ihrer  Zeit  darauf  zu  verwenden,  absichtlich  oder  unabsichtlich  un- 
wahren Zusammenstelliingeu  statistischer  Natur  mit  anderem,  be- 
richtigenden Material  zu  begegnen.  Wie  schwierig  ist  daher  die 
Stellnng  eines  Offiziers,  welcher  zuweilen  Männern  auf  dem  ihm  unge- 
wohnten lUatze  der  parlamentarischen  Rednertribüne  entg-ei^entreten 
muls,  deren  eigenartige  Begritfe  von  Anstand  und  Ehre  ihm  sonst  die 
Vermeidunj^  jeder  Berührung  zur  Ptiieht  machen,  wenn  er  dies  mit  dem 
unbeha^rlichin  Getlihl  thut,  über  das  Wesen  ihrer  Kampfesmittel 
nicht  g:enügend  unterrichtet  zu  sein,  ihre  Fälschungen  nicht  heraus- 
finden und  berichtigen  zu  können,  weil  ihm  jedes  Urteil  Uber  die 
Wege  fehlt,  auf  welchen  er  dieselben  auffinden  kann. 

Aus  allen  diesen  Gründen  erscheint  es  mir  unbedingt  geboten, 
hier  näher  auf  die  .Statistik  als  Wissenschaft  einzugehen. 

Die  meisten  Armeen  haben  in  richtiger  Erkenntnis  der  Bedeutung 
der  Statistik  ihr  auch  in  irgend  einer  Form  einen  Platz  in  ihren 
Bildungsinstituten  und  in  ihren  Generalstäben  angewiesen.  Der  grolle 
Generalstab  besal's  sogar  bis  vor  wenigen  Jabren  eine  besondere 
geogn^hiscb-statistische  Abteilung,  die  heute  in  ihren  Sektionen  den 
anderen  sich  mit  den  fremden  Armeen  beschäftigenden  Abteilungen 
zugeteilt  ist.  —  Die  russische  Nikolai-Akademie  des  Generalstabes 
hat  einen  Lehrstuhl  fUr  Militärstatistik,  die  österreichisch-nngaiiaohe 
Armee  besitzt  sogar  ein  militärstatistisches  Jahrbuch. 

Ja  in  einigen  Armeen  scheint  nach  gewissen  Richtungen  liin 
zuTiel  Statistik  getrieben,  wenigstens  an  die  Öfifentlichkeit  gebmeht 
zn  werden. 

Wenn  wir  z.  B.  die  Spalten  des  nKnsdsehen  Invaliden**  duroh- 
blftttem,  so  finden  wir  eine  unseres  Elrachtens  ohne  Schaden  ent- 
behrliche Zahl  militftrstatistischer  VerOffentlichnngen.  Ähnlich  ist  es 
in  der  Österreichisch-ungarischen  Armee.  Wir  glauben  wenigstens, 
dais  es  des  Guten  zu  viel  gethan  ist,  wenn  —  wie  wir  uns  ans 
früherer  Zeit  erinnern  —  das  militftrstatistische  Jahrbnch  die  Zahl  der 
ehrengerichtlich  yerurteilten  Offiziere,  bezw.  der  aus  der  Armee  ent- 
fernten, veröffentlicht  oder  den  Prozentsatz  der  durch  Selbstmord 
gestorbenen  Offiziere  zum  Gegenstand  wissenschaftlicher  Abhand- 
inngen macht 

Was  die  Statistik  ak  Wissenschaft  anbetrifiTt,  so  ist  ihr  erst  im 


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Ob«r      yorbereitang  zum  Stadiam  dnea  Kriegstebaoplaties.  137 

?ajg6D  Jalirhiuldert  ein  Pitts  auf  unseren  UniTezsitiiten  angewiesei^ 
rnnden,*)  obwohl  man  amtliehe,  miUtilxisehe  Statistik  getrieben  bat 
90  fauige  es  Staaten  giebt  —  die  eiste  Verwaltnogshandlnng  einer 
fiegierang  des  Alteitoms  war  jeden&Us  die  Zählong  der  waffen- 
ftbigeD  Ifönner. 

Von  einem  zuverlässigen  Werte  konnte  die  Statistik  natürlich 
erst  werden,  nachdem  der  Staat  ifire  Leitung  in  die  Hand  ^:*enommen 
hatte,  sie  also  nicbt  mehr  aussehlierylich  Sache  von  Geleiirten  oder 
Pri?atleuten  war.    Hierzu  diente  die  Einrichtung  der  sogenannten 
„Statistischen  BUreaus",  denen  in  vielen  Ländern  als  Beirat 
noch  die  aus  Beamten,  \  oiksvertretern,  Gelehrten  u.  s.  w.  zusammen- 
gesetzte »Statistische  Oentralkommissionen-  zur  Seite 
^stellt  sind.     Im   Deutschen   Reiche    besteht  aufserdem  das 
„Kaiserliche  Statistische  Amt'',   welchem  die  Auffalle  zufallt: 
1.  Das  gesetzlich  oder  auf  Anordnun«:  des  Reichskanzlers  und  des 
Bojidesrates  für  die  Reichsstatistik  zu  liefernde  Material  zu  sammeln, 
in  prüfen,  technisch  und  wissenschaftlich  zu  bearbeiten  und  die  Er- 
gebnisse geeignetenfalls  zu  verötreutlichen  und  2.  auf  Anordnung  des 
Reichskanzlers   statistische   Nachweisungen   aufzustellen    und  Uber 
statistische  Fragen  gutachtlich  zu  berichten.  —  An  der  Spitze  dieser 
Behörde  steht  ein  dem  Reichsamt  des  Innern  unterstellter  Direktoi:^ 
Aber  weder  die  laufenden  Arbeiten  der  statistisehen  Behörden 
des  ReioheSf  noch  derer  der  Einzelstaaten  vermögen  den  Bedarf  der 
Behörden  ond  weiter  Berufskreise  des  Volkes  an  amtlicher  Statistik 
XU  befriedigen.  Einesteils  sind  es  städtische  Verwaltungen,  welche 
ftr  ihre  Zwecke  eingehendere  statistisehe  Naeh Weisungen  nicht  ent- 
behren können,  andererseits  sind  es  obere  Verwaltangsbehörden,. 
die  ftr  ihre  Verwaltnngszweige  eine  eigene  Statistik  bearbeiten, 
iasseo;  endlieh  sind  —  ui  Deatsehland  meist  erst  seit  den  sieben- 
ager  Jahren  —  fttr  bestimmte  gesetzgeberische  Zweeke  be- 
sondere sogenannte  Enqjnöten')  Yeranstaitet  naeh  Art  der  seit 
alten  Zelten  dem  englischen  Parlament  asastehenden  .inqniries". 
Solebe  Enqndten  waren  z.  B.  1898  die  Börsen-,  1886  die  Sonntags- 
ttbeÜB-,  1876  die  £ä8enbahn-£nqn6te.  Von  den  bei  den  einzehien 
oberen  Verwaltungsbehörden  bearbeiteten  besonderen  ststistiscben 


>)  Alt  KoiiMiiin  sei  erwlhnt,  dafo  der  JeneuMr  Profeuor  Stm^e  seine 
1708—20  gehaltenen  Vorleeiuigen  btld  als  «de  statu  regni  germanio]*,. 

bald  als  „notitia  stataum  Germaniae"  mkUndigte,  das  Wort  „Status*'  bald 
als  Staat,  bald  als  Zustand  erklärt  wurde,  stritt  man  sieh  irSbread  eines 
ganzen  Jahrhunderts  über  den  Namen  der  jungen  Wissenschaft. 

^)  Enquete  bedeutet  im  allgemeinen  eine  Ermittelung  ziix  Auikiärung 
Iber  bettimmte  Fragen  und  VerhSltniBse. 


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138       Über  die  Vorbereitung  inm  .Studium  e'xDea  KrieK»äcLaapluueä. 


Erbebimgeii  seien  hier  erwibnt:  im  Kriegsminist^iiini  die  Statistik 
des  Uilitiirersatzes,  bei  der  Medizinalabteilung  im  besonderen  die 
Statistik  der  Sterblichkeit  and  der  Gresondbeitsverliältaisse  der 
Armee. 

Da  die  Art  der  statistischen  Erhebungen  und  die  Ur^^aiiisatioii  der 
Arbeiten  in  den  einzelnen  Staaten  nach  selir  verschiedenen  Grund- 
sätzen geschieht,  so  hat  man  seit  den  fünfziger  Jahren  versucht, 
durch  internatidiiale  statistische  Kongresse  gleichförraigre 
Grundlagen  t\lr  die  statistischen  Arbeiten  der  verschiedenen  Länder 
zu  schaffen  und  1S85  bei  einem  Kougreis  in  London  ein  inter- 
nationales Institut  der  Statistik  gegründet,  welches  seinen 
Sitz  in  Rom  hat  und  von  Zeit  zu  Zeit  beratende  Versammlungen 
veranstaltet.  Das  von  ihm  herausgegebene  ,,Hu  11  etin  de  l'Institut 
international  de  Statisti(iue"  ist  so  gewissermaisen das  Central* 
Organ  der  Statistik  der  ganzen  Welt. 

Soweit  die  Bemerkungen  Uber  die  Organisation  der  statistischen 
Beli'MilL'U  und  Hinrichtungen,  deren  Kenntnis  dem  zur  Erledigung 
seiner  Arbeiten  auf  statistische  Erhebungen  angewiesenen  Offizier 
notwendig  sein  dtlrfte.  Eingeheuder  Einblick  in  diesen  Gegenstand 
gewähren  u.  a.  die  trefflichen  Werke:  Block,  Traite  thöorique  et- 
pratiqnedestatistique.  Paris  IÖ79,  deutschvonH.  v.Scheel,  Leipzig  1879; 
Meitzen,  Geschichte.  Theorie  und  Technik  der  Statistik.  Berlin  1886; 
Hischler,  Handbuch  der  Verwaltungsstatistik,  Band  L  Stuttgart  1892, 
sowie  einzelne  Artikel,  wie  z.  ß.  der  vom  Direktor  des  Kaiserlichen 
statistischen  Amtes,  Geheimen  Oberregierungsrat  Becker,  vor  Jahren 
in  der  „Deatsehen  Kevue"  veröffentlichte  Aufsatz  über  die  Organisation 
der  amtlicben  Statistik  im  Deutschen  Keiohe  and  der  im  6.  Bande 
(1894)  des  f,HandwOrterbnehes  der  Staatawisaenschaften*'  enthaltene 
Artikel:  Statistik,  anch  Stieda  ^fU»  Vei&hien  bei  Enqndten  Ober 
aosiale  Verhältnisse**  in  Band  18  Jkat  Schiiflen  des  Veidna  für 
Sosdalpomik". 

Die  Ergebnisse  der  statistischen  Erhebungen  werden 
in  einer  grofsen  Anzahl  von  Publikationen  in  fast  allen 
Sprachen  yerOffentlichi  Für  das  deutsche  Reieb  sden  er- 
wilhnt:  „Das  Statistische  Jahrbuch  ftlr  das  deutsche  Beich»  (seil  1880), 
„die  VierleUahrsschrift  zur  Statistik  des  Deutschen  fieiches*'  und  die 
in  fast  190  Kbiden  seit  1873  erschienenen  VeiOffentlichungen  der 
^fStatistik  des  Deutschen  Beiehes*';  ftr  Bufaland  die  Schriften  des 
^^StatistiBchen  OentraIkomitös*<,  die  statistischen  ^^ammelweike  Uber 
die  Eiaenbabnen"  sdtens  des  Ifinisteriums  der  Wegeverbindungen 
n.  s.  w.;  für  Frankreich  „Statistique  de  la  France^',  „Annuaire 
statistique  de  la  France'^    und  „Manuel   de   statistique  pratiqae, 


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über  die  \'orbereitaii^  zum  i^ludiuiu  eines  Kriegssobaaplatzes.  130 


stitistique  generale  de  la  France'*.    Unter  den  etatisticben  Quellen 

für  die  Statistik  der  Österreichisch-Ungarischen  Monarchie 
<M  u.  a.  zu  nenui  ii :  ,,ikachelii,  Statistische  Skizze  der  Osterr.-Uno:. 
Monarchie",  „Die  Österreichisch- Ungarische  Monarchie  in  Wort  und 
liild"  (erscheint  auf  Veranlassung  des  verstorbenen  KruDprinzen 
Kmluir  seit  1886);  „Statistisches  Handbuch"  (seit  1881  jährlieh); 
..Statistische  Monatsschrilt  (seit  1875),  und  Verüffeutiichungeu  ver- 
schiedener Ministerien. 

In  allen  diesen  statistisclien  Werken  werden  uns  die  Ergebnisse 
(k-r  statistischen  Erhebungen  entweder  in  textlichen  Schilderungen 
wiedergegeben  oder  in  Vorm  von  Tabellen  oder  endlich  durch 
graphische  Darstellungen,  sei  es  in  Kar togrammes;  d.  h. 
Karten  der  Länder,  in  welchen  durch  Farben  oder  Schraffierungen 
das  Hervorzuhebende  in  seiner  örtlichen  Lage  bezeichnet  wird,  sei 
es  iu  sogenannten  Diagrammen,  in  welcher  z.  B.  durch  Unter- 
abteilungen eines  Reebteokes  das  Verhältnis  bestimmter  Teile  zum 
Ganzen  beiyorgehoben  wird,  wieder  einseelnen  Nationalitäten!  Berufs- 
klassen a.  8.  w. 

Ebenso  wichtig  wie  die  Kenntnis  des  Wesens  der 
Wissenschaft  und  der  Quellen  ist  für  den  Offizier,  welcher 
Bich  mit  der  Statistik  beschäftigen  mnfSi  die  Fähigkeit,  den 
Wert  des  Materials  sn  benrteilen,  aas  welebem  siob  die- 
selbe aufbaat. 

Wir  gianben  daher,  anch  hierauf  korz  eingehen  za  mttssen. 

Die  Ergebnisse  der  Statistik  werden  gewonnen  dnzeh  fcdgende 
sdiarf  von  einander  za  trennende  Arbeiten: 

L  Die  Sanunlnng  des  sogenannten  Ur-lfaterials;  d.  h.  die  fir- 
bebiiQg  der  Daten  dareh  Eingaben  der  Behörden,  Gemeinden,  Trappen- 
teile  o.  8.  w.  oder  darch  Ansftlllang  von  Fragebogen  nnd  omnitteibare 
ZiUong. 

2.  Die  Prttfang  and  Sichtang  des  gesammelten  Materials  and 
die  BichtigstelloDg  der  bei  der  Erhebung  gemachten  Fehler. 

3.  Die  Verwertung  des  sogenannten  Materials  za  Wissenschaft* 
lieh  bcaachbaren  Zasammenstellnngen. 

4  IMe  Bearbeitang  des  meist  sehr  weitläufigen  Zahlenmaterials 
mm  Zwecke  der  Erlänternng  der  Tabellen,  der  üervorhebong  ihrer 
Hauptergebnisse. 

Der  Wert  der  Statistik*)  ist  abhängig  von  der  Zuverlässig- 

^)  Wenn  wir  in  dem  Folgenden  einige  aaffalleode  Beispiele  der  bei  den 
Vorarbeiten  m^iglichen  Fehler  geben,  so  wollen  wir  nur  dem  Offizier  Handhaben 
für  »elb8tiin(ii<^e  PrUfung^  und  Beurteilung  des  Materials  geben,  keineswegs  aber 
den  Wert  der  ätatii»tik  als  solche  herabsetzen. 


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140     t)ber  die  YoiibmeUxag  nun  Studinm  eines  Krieffsiehnnplntoes. 

keit  und  dem  Verattndiiis,  mit  welehem  die  Arbeiten  in  diesen  eben 
genannten  Tier  Stadien  ansgefUirt  werden. 

Znnfteliet  können  Fehler  bei  der  Sammlang  des  soge- 
nannten Urmaterials  gemacht  werden. 

Die  Unfähigkeit  oder  Unznverlftssigkeit  der  mit  der  Er- 
hebung beauftragten  Einwohner  oder  Beamten  ist  der  erste  Grand 
hierftor.  In  groben  Sttdten,  ja  in  grOfseren  Orten,  wird  es  leicht 
oder  doch  möglich  sein,  die  geeigneten  Personen  filr  diese  Arbeiten 
sn  finden.  Anders  ist  dies  aber  oft  anf  dem  flachen  Lande,  wie 
s.  B.  in  meilenweit  in  Ansbaaten  zerstrenten  armen  Gemeinden.  Liegt 
nun  schon  bei  uns  in  Deutschland  die  —  wenn  anch  gewifs  nur 
sehr  seltene  —  Möp:lichkeit  vor,  dals  diese  Arbeiten  Fälschungen  oder 
unbeabsichtigten  Fehlern  ausg^esetzt  sind,  wieviel  mehr  ist  dies  in 
Ländern  mit  einer  schwachen  und  zum  greisen  Teil  nicht  einmal  des 
Schreibens  und  Lesens  kundigen  Bevölkerung,  wie  z.  B.  in  Kufsland, 
der  Fall. 

Dann  spielt  ferner  das  Eigeninteresse  eine  grofse  Rolle  hei 
der  Fälschung  der  statistischen  Daten.  Selten  wird  zum  Zwecke  der 
Statistik  ein  Fabrikant  sich  zur  Angabe  seiner  Jahresproduktion,  ein 
Kapitalist  zu  der  seiner  Rente,  oder  ein  Gutsbesitzer  zur  Angabe 
seines  Ernte-Ertrages  verstehen,  wenn  er  befürchten  muls,  hierdurch 
Veranlassung  zur  Anziehung  der  Steuerschraube  zu  geben  oder  einem 
Konkurrenten  Einsicht  in  seine  \'erhältnisse  zu  gewähren.  Man 
denke  nur  an  das  Mifstrauen  unserer  Bauern,  welche  zuweilen  die 
bestgemeinte  Reforra-Mafsregel  mit  gröfster  N'orsicht  aufnehmen,  oder 
an  die  Juden  des  westrussischen  Gouvernements,  welche  sich  nicht 
scheuten,  die  Geburtsregister  zu  fälschen  oder  gar  zu  vernichten,  als 
sie  bei  Einftthmng  der  allgemeinen  Wehrpflicht  zur  Ableistnng  ihres 
Dienstes  herangezogen  wurden. 

Die  Prüfung  nnd  Sichtung  des  Materials  kann  auch  mit 
derselben  Mangelhaftigkeit  und  Unsaverlässigkeit  wie  die  Erhebung 
geschehen.  Jemehr  die  Behörden,  namentlich  die  der  Selbstverwal- 
tung, mit  statistischen  Arbeiten  belastet,  je  weniger  sie  fUr  solche 
Arbeiten  befähigt  and  vorgebildet  sind,  um  so  näher  liegt  die  Gefahr, 
dafs  sie  der  ihnen  onwillkommenen  oder  schwierigen  Anfgabe  nieht 
gerecht  werden. 

Endlich  darf  nicht  vergessen  werden,  dals  heute  oft  von  Central- 
stellen  durch  statistische  FVagen  aller  Art  aus  ganz  ungehörige, 
wenigstens  oft  nnerfttllbare  Ansprüche  an  die  Zeit  and  Arbeitskraft  der 
mit  der  Selbstrerwaltang  betrauten  Personen  gestellt  werden.  Das  trots 
scheinbarer  Beschrttnkung  in  formalem  Sinne  von  Jahr  zu  Jahr  an- 
wachsende Schreibwesen  wird  hierdurch  noch  in  unerwünschter  Weise 


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Ober  die  Vorberaitmig  sum  Stndiom  eines  KriegMehaaplataee.  141 


vermehrt.  Jeder  Ofti/.i(T,  der  einmal  w'k^  der  Verfasser  iu  der  I.asre 
war.  derartige  dienstliche  Forderunjren  an  Betiörden  zu  stellen,  wird 
bei  allem  bereitwilligen  Entgegenkommen  aeitens  derselben  die  Kr- 
faimng  gemacht  haben,  wie  ttberlasftet  diese  mit  Statistik  sind.M 

Das  in  letzter  Stelle  von  mir  genaimte  Hilfsmittel  fUr  militär- 
geographische Studien,  die  Kartographie,  steht  in  seiner  Bedeutung 
der  Litteratur  keineswegs  nach.  Im  Gegenteil ;  eine  brancbbare  Karte 
buiD  anch  durch  die  vortreffliehsten  Beschreibungen  nicht  ersetzt 
worden.  Sie  hat  aufserdem  den  Vorzug  vor  jeder  Schilderung,  daÜB 
ne  io  Kttr/e  einen  Überbliok  gewährt  Treffen  wir  auf  dem  Ckbiete 
der  geographischen  Litteratnr  oft  bei  einer  scheinbaren  Oberfilüe 
oaeb  Terschiedenen  Bicbtangen  hin  auf  grolse  Lücken  ond  Bfibigel 
in  dem  fttr  die  Zwecke  der  BfiUti&rgeographie  Terwendbaren  Material, 
80  bieten  sich  uns  im  Gegensatze  hieran  anf  dem  der  Kartographie 
reiehe  and  Yortreffliehe  Mittel  dar. 

M  irlin  in  die  Augen  fallendes  Beispiel,  welche  Folgen  die  ohne  KUctLsioht 
auf  die  thatslohllehen  VerbUtDiase  geateltieii  Forderaiigen  amtUdier  Statistik 
bibeo  könnea,  Uetot  des  Bnseieehe  Beiok  In  diesem  Lande  hat  min  in 

der  wohlmeineuden  Absiebt,  den  kulturellen  oder  administrativen  Vorsprung 
anderer  Staaten  mtifi^lichst  schnell  einznholon,  zuweilen  Reformen  ohne  genügende 
Berticksichtitrnng  der  tliatsächliclien  Verhältnisse  eingefllhrt.  So  auch  auf  dein 
Gebiete  der  Statistik.  Man  schuf  18öb  ein  „Centraistatistisohes  Komitee'^  das 
ton  Ministerinm  des  Innern  naterstelit  wurde.  GleiobMltig  errichtete  man  bei 
allen  Wniaterien  CentralatoUen  für  Statistik,  alle  Oonveniementa,  Ja  aogar  die 
Kreise  erhieltin  statistiaohe  Komitees.  Man  Uberlastete,  weil  man  im  Volke  nicht 
genügende  Hilfskräfte  fand,  eine  gnifsere  Zahl  von  Hehördcn  sDwio  einzolne 
<>ffiziere  und  Beamte  mit  lunfan^^reiehen  statistischen  Arbeiten,  wie  z.  B.  den 
üliitärkreischöf  (etwa  unser  üezirkfikommandeur). 

Man  hat  hierbei  aber  Ubersehen  oder  sich  doch  wenigstens  nicht  zugestehen 
vollen,  dafii  die  InataaMo,  anf  deren  Angaben  aehUeMeh  ein  nicht  nnbedentender 
TaO  der  Statistik  grOfatentella  beruht,  nicht  befiOtigt  oder  gewiHt  ataid,  den  An- 
fordenuigcn  zu  entsprechen,  welche  die  Zuverlässigkeit  des  Urmaterials  ver- 
bürgen. ~  Es  sei  dahin  gestellt,  oh  die  Berichte,  welche  uns  Schriftsteller  wie 
Wallace  und  Loroy  Beaulien  flehen,  noch  heute  den  Thatsachen  entsiiroehen, 
obwohl  es  auch  jetzt  zuweilen  vorkommen  wird,  dafs  der  Starosta  ((jemeinde- 
Allette),  des  Sehreibens  ankundig,  den  vUllig  unorientierten  Schreiber  der 
Gemeiiide  den  ¥Vagebogen  ansfttUen  oder  den  Bericht  anfettigen  Vt&t,  ohne 
rlai's  der  eine  wie  der  andere  eine  Ahnnng  haben,  nm  was  es  sieh  dgentUeh 
Welt. 

Die  Dissisehe  Hcgienmg  scheint  sich  heute  auch  Uber  diese  Mängel  keiner 
^Selbsttäuschung  hinzugeben.  So  wurde  bei  Erörterung  der  in  dem  Jahre 
1899  in  den  Gouvernements  l'ensa,  Kasan,  Ssimbirsk,  Ssaratow,  Ssamara, 
Wjittka,  Perm,  Ufa,  Oienburg,  Kjäsun,  Tnla,  Tambow,  Woroaeseh,  Orel  nnd 
Xisehay  Nowgorod  angeordneten  wiederholten  Pferdedlhlang  often  anagesproehen, 
dafs  die  früheren  Militärpferdezählongen  (1887  und  1894)  nicht  an  dem  er» 
wünschten  Ergebnis  gelülirt  hätten,  weil  n.  a  iiieht  genug  Personen  vorhanden 
« aren,  die  diese  zu  Mobiimachungszweckea  angeordneten  Zälüaugen  in  den  ein- 
zelnen Bezirken  leiten  konnten. 


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142  <^  Vorbereitaiig  nun  Stadfaun  eines  KriegMehAopUtees. 


Ja.  der  im  deutschen  Offizierkorps  stets  als  Kartograph  in  erster 
Linie  ^renannte  Oberst  von  Sydow  weist  der  Karte  im  g-ewissen 
.Sinne  fUr  das  Studium  des  Ofti/icrs  v'im^  noch  höhere  Stelle  an,  wenn 
er  sagt:  „Wenn  die  Karte  früher  nur  als  ein  Hilfsmittel  beim  ^^eo- 
grapbischeo  Stadium  dastand  nnd  des  ergänzenden  Wortes  nicht  ent- 
belnen  konnte,  um  dem  Beschauer  das  Bild  des  dargestellten  Erd- 
raumes lebendiger  zu  rorgegenwärtigen,  so  soll  jetzt  die  geographische 
Kartp  allein  durch  die  Macht  ihrer  Zeichen  oft  nmp-kehrt  dem 
sohildenideD  Worte  eine  (Grundlage  sein,  von  welcher  nicht  biols  der 
Charakter  formeller,  äufserlicher  Anordnung  entnommen  werden, 
sondern  von  weicher  auch  der  wissenschaftliche  Gedankengang  seinen 
belebenden  Hanch  entnehmen  kann.** 

Der  Offisier  bedarf  daher  —  schon  für  die  Bildung 
seines  Urteils  ttber  das  fttr  seine  jedesmaligen  Zwecke 
brauchbare  Material  —  eines  grttndlichen  Einblickes  in 
das  Kartenwesen. 

So  interessant  es  anch  sein  durfte»  so  verbietet  leider  die  Rllck- 
sieht  auf  den  Rahmen  dieser  Arbeit,  einen  eingehenden  Uberblick 
ttber  die  Geschieht  der  Entwickelung  des  Kriegskartenwesens  zu  geben. 

Denn  Karten  bestehen,  seitdem  die  Vdlker  die  Mittel  gefunden 
hatten,  ihre  Gedanken  durch  Schriftaseichen  anssudrttoken.  Denn  wie 
die  Z&hlaug  der  wehrhaften  Männer  wohl  eine  der  ältesten  Hand- 
lungen praktischer  Statistik  war,  so  mu&te  doch  auch  eine  der  vor- 
nehmsten Pflichten  eines  Fttrsteu  sein,  der  ein  Heer  in  demselben 
unbekannte  Gegenden  schickte,  ihm  eine  Beschreibung  des  einzu- 
schlagenden Weges  mitzugeben.  Umgekehrt  brachten  die  aus  des 
Feindes  Land  zurUckkthrenden  oder  von  ihm  Besitz  ergreifenden 
Heere  die  Schilderung  derselben  mit. 

Der  Soldat  wurde  auf  dieBe  Weise  sowohl  zum  ersten 
praktischen  Geographen  wie  auch  zum  ersten  praktischen 
Kartographen.') 

1)  Als  älteste  Kartenwerke  sind  un^  die  Itiuerariun  der  Kömer 
aufbewahrt.  Es  Ist  wohl  selbstverstilndlieb,  ds&  ein  Soldatenvolk,  das  mit  selnea 
durch  Urwilder  nnd  unwegsame  Gebirge  riehenden  Heeren  Stnfsen  baute,  welohe 
noch  heute  trotz  aller  Fortschritte  moderner  Teclinik  unsere  Anerkennung  er- 
zwingen, anch  darauf  bedacht  war,  diest«  Hoere  inil  den  nötigen  Oricntierunf^- 
mittebi  aii>znstatten,  wie  es  das  Material  zu  diesen  von  dem  Soldaten  empfing 
Die  Itinerarien  waren  dureh  Handbücher  (Wir  würden  heme  sauren  Öiien- 
tierungsheltej  ergänzt,  so  dals  man  den  Trappen  neben  den  Karten  {l.  picu) 
Handbttoher  (I.  scripta)  mitgab.  Wer  Gelegenheit  haben  sollte,  die  Kaiserllehe 
nofUbHotiiek  in  Wien  su  besuohen,  der  versSume  nioht,  die  sogenannten  JPen- 
tingerschen  Tafeln"  zu  besichtigen.  E««  ist  dies  ein  auf  Befehl  des  Kaisers 
Serems  auf  12  Pergamenttafeln  angefertigtes  Itlnerarium,  dessen  Länge  nicht 


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Ober  die  Vorberettmig  snm  StiuUiun  einos  KxktgsaobauplatMB.  143^ 


Bei  dem  völligen  Verfall  der  Karto^rraphie  im  Mittelalter  und 
bei  der  sehr  alimähliehen  Vervollknnimung  der  Technik  der  Aufnahmen 
bis  gegen  das  Ende  des  XVIU.  Jahrhunderts  waren  die  Heerfllhrer  und 
Trappen  in  den  Feldztigen  jener  Zeiten  auf  ungrenUgrendes  und  lücken- 
haftes Kartenmaterial  an^rewiesen.  Dieser  Umstand  dart  bei  kri- 
tiseher  Beurteilimg  der  betretft-iuien  kriegsgeschichtlicben  EreigniBBe 
nicht  Ubersehen  werden*  Mit  welchen  Schwierigkeiten  hatte  auch 
nach  dieser  Kichtung  noch  die  KriegsfUhriuig  za  den  Zeiten  des 
groben  Kurfürsten  and  Friedrichs  des  Grolsen  ZU  kämpfen  nnd  in 
wie  günstiger  Lage  befinden  sieh  die  Heere  am  Ausgange  des 
m.  JahrliundertB? 

Bk  nun  Jahre  1816  war  es  z.  B.  in  PreoDsen  dem  Generalstabe 
siebt  mOgUehy  noh  ein  TOilig  richtiges,  geographisches  Bild  des  dgenen 
Landes  zn  verschaffen.  Die  Anfertigung  der  Karten  war  zom  grolsen 
Teil  Sache  7on  Privaten,  die  bei  dieser  Arbeit  hänfig  von  ganz  ver- 

wentjirer  als  Ju^j  Wiener  Fnfs  und  dessen  Breite  11'/,  Zoll  beträfet  iimi  wclehes 
än  Bild  der  Miiitarstraläen  des  damuiigeu  Westrümisohen  Keiches  gewiihi  t.  Diese 
Tafthi  ksmeii,  ntehdmn  sie  —  ob  von  MOnehoi  vervielfiUtigt,  ub  Original,  mi 
dddDgestellt  —  im  Klostor  T^rnaee  aafgefanden  «area,  in  den  Bestts  des 
bekannten  Patriziers  Peutingcr  in  Augsburg  und  dann  nach  manchen  Schick- 
s'alen  in  den  Besitz  des  Plinsen  £ngen  von  Savoyen,  von  dem  sie  die  Wiener 
flofbibüotbek  erwarb. 

Zu  deo  „Itioeraria  äcripta'^  gehört  u  a.  das  Itineruriuni  Antonioi  aas 
der  Zeit  des  Kaisers  Csrscalla,  welches  872  Hsuptatralsea  des  Heiohes  mit  An- 
gdM  der  Ortschaften,  sowie  Klassifizierang  derselben  von  der  Villa  privata  bis 
am  Mimid|riam  nebst  Stirke  der  Osmisonoi  enthSlt  nnd  sieh  bereits  anf  Xltere 
Atlbsfamen  stützt. 

Es  ist  im  hohen  (Srade  interessaDt,  zu  sehen,  dals  gleiche  Fr-^aehen  im 
militärischen  Leben  des  Altertums  die  gleichen  flrscheinungen  züitigüu,  wie  in 
dem  der  Neuzeit. 

Koeh  hente  finden  wir  Itinersiien  unter  den  kartographischen  Arbeiten 
BttMntlieh  der  Heere  der  grofsen  KoloaialmSehte  England  und  RnlsUnd,  bei 
htiterem  auch  „Marschrouten aufnahmen"  (marschpytUj  genannt.  Sie  sind 
ihnlich  wie  jene  kartographischen  Darstellungen  der  römisehen  Heere,  Zi  ich- 
nungen  oder  Beschreibungen  von  Wc,',e8trecken  nnd  Marsciilinien  neh.st  dem 
diesen  zunächst  anliegenden  Gelände,  wie  sie  von  rekognoszierenden  Utlizieren, 
Beiseuden  oder  den  iu  bisher  unbekannten  Gegenden  vordringenden  Truppen 
QBter  den  schwierigen  VeridUtnissen  solcher  Expeditionen  nur  ansgeftthrt  wiwden 
könaeii.  Die  gaaxe  Arbelt  beruht  dann  gewOfanlioh  auf  astrouomisohe  Orts- 
beätimiDungen,  in  Lingenmessungen  vermittelst  des  Sehrittes  oder  des  Mefsrades 
nnd  in  Höhenmessnngen  mit  Hilfe  leidit  transportabler  Spiegoiinstrumente  und 
barometrischer  Berechnungen.  In  sehr  lebendiger  Weise  giebt  uns  Jaworskij 
in  seiner  „Heise  einer  russischen  Gosaudtschatt  nach  Afghanistan"  ein  Bild 
von  der  Aniflihmng  soloher  Jttarsohrontenanfiiahmen**.  Wir  sehen«  wie  der  m 
fiesem  Zweeke  der  Gesandtschaft  beigegebene  Topograph  nnter  den  Augen  der 
afghanischen  Eskorte  arbeitete  nnd  wie  die  Barometwmessongen  stur  Tänschnng 
dvebenso  mUstnwisehen  wie  erstaonten  Adaten  vom  Ante  vorgenommen  wnxdcn. 


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144      i^ber  die  Vorbereitong  zum  Stadium  eines  KriegMcbftuplatKes. 

schiedenen  Gesichtspunkten  aasgingen.  Zudem  fehlten  meist  irgend 
in  sichere  tritronometrische  Grundlagen.  Berücksichtigt  man  dies, 
fio  mufs  mau  sieh  noch  heute  fragen,  wie  es  möglich  war,  Karten- 
werke wie  die  v.  Schmettaasche,  Le  Cocqsche  und  v.  Schröttersche 
Karte  zu  schaffen. 

Vom  Jahre  1816  ab  wurde  die  Anlbahme  des  Landes  ausschliefs- 
lioh  dem  Generalstab  Ubertragen,  welcher  nun  von  1818  bis  1830 
unter  der  bewährten  Leitung  des  Feldmarschalls  Freiherrn  v.  Müffling 
nieht  weniger  als  8000  geographische  Quadratmeilen  aufnahm.  Wenn 
man  auch  vom  Jahre  1830  ab  zn  grilndlieherer  Arbeit  übergeben  konnte, 
so  fehlte  es  doeh  noch  immer  an  einer  genügenden  trigonometriseheo 
Omndlage  —  man  hatte  in  den  Östlichen  Proyinzen,  wo  noch  keine 
genauen  Katasterkarten  bestanden,  selten  mehr  als  2  trigonometrische 
Ponkte  anf  einem  Uefstiseh  —  nnd  an  einem  stttndigen,  gründlich 
geschulten  Personal.  Der  Eifer  nnd  die  Gewissenhaftigkeit  der  nnr 
auf  je  drei  Jahre  kommandierten  Offiziere  vermochte  doch  nicht  die 
Leistungen  einer  emheitlich  arbeitenden  und  durch  längere  Obong 
und  Erfahrung  erprobten  Topograpbensehule  zu  ersetzen 

Dir  Triangulation  wurde  seit  186.")  durch  die  Umwandlung  der  bis- 
herigen trigonometrischen  Abteilung  zu  einem  Bureau  der  Laiides- 
triangu lation.  welchem  die  Aufgabe  zuliel,  in  den  sechs  östlichen 
Provinzen  des  damali<:r'Ti  Preufsiscbeu  Staates  auf  jeder  Quatratmeile 
mindestens  lu  im  Gelände  verstreute  trigonometrische  Pnnkte  zu 
bestimmen  und  aulserdem  noch  alle  Punkte,  wie  TUrnic  Schorn- 
steine, deren  Profil  eine  genaue  Bestimmung  erlaubte,  trigonometrisch 
festzulegen. 

Nunmehr  konnte  auch  die  Landesaufnahme  auf  sicherer 
Grundlage  die  topographischen  Aufnahmen  ausfuhren,  umsomehr,  da 
ihr  ein  weit  gröfseres  Personal  an  ständigen  Topographen  Uberwiesen 
wurde,  welches  die  topographische  A  bteilung  in  den  Stand  setKle, 
jedes  Jahr  etwa  200  geographische  Quadratmeilen  aufiEunehmen. 

Waren  die  früheren  Aufnahmen  infolge  der  erwähnten  Mängel 
nicht  ganz  mit  Unrecht  als  Landes-Kroki  bezeichnet  worden,  so  enU 
sprechen  die  jetzigen  allen,  auch  den  strengsten  Anforderungen. 

Selbstverständlich  beabsichtigte  der  Generalstab  nicht  mit  seinen 
„topographischen  Aufnahmen"  die  ,.Spezialvermessungen"  anderer 
Ressorts  zu  Kataster-  und  Forstkarten,  Eisenbahnnivellements  u.  s.  w. 
zu  ersetzen:  somlcrn  .seine  Aufnahmen  dienen  nur  als  (Trundlage  ftlr  alle 
weiteren  kartograj)hischen  Arbeiten  in  verjüngtem  Malsstabe  und  auch 
als  Unterlage  tür  alle  generellen  N'(»rarbeiten. 

Als  Maisstab  tür  die  Meistiscb-Originalaufuahmen  der 


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über  die  Vorbereitmif  nmi  S^diom  eiiieB  Kriegaeehaaplataee.  145 


Königlieh  Freulsischen  Landesaufualiiiie ')  ist  der  von 
1 :  25000  gewählt;  d.  h.  oin  Mafsstah,  der  grostattet,  alle  Einzelheiten  des 
Geländes,  selbst  die  gröl'seren  Baulichkeiten,  Brücken  u.  &  w.  deailicb, 
m&isstabst^erecbt  und  geometrisch  richtig  darzastelleu. 

Unter  Zugrundelegung  dieser  Melstischaufnahnien  wird  die  Karte 
des  deutschen  Reiches  1  :  100000  (auch  die  Generalstabskarte ge- 
oaoDt)  angefertigt,  welche,  am  ihrem  Zwecke,  als  Kriegskarte  xu 
dienen,  in  erster  Linie  dem  militärischen  Bedürfnis  entsprechend  ge- 
staltet ist.  Aus  dieser  Karte  herans  entsteht  die  sogenannte  topo* 
graphisehe  Spe^ialiiarte  tod  Mitte  Identschland  1:200000, 

>)  £s  sei  hier  kurz  die  augenbliokliobe  Organisation  des  Ver» 
Bessnngsweeena  in  Prenfsen  (Deateehland)  erwlhiit:  1.  Als  oberste  leitende 
BdilSrde  für  die  Beratung  nnd  Feststellnng  aller  avgenbUoUieb  erfurderliohen, 
sowie  mit  den  Fortschritten  der  Technik  in  Zakontt  notwendig  werdenden  Em- 
richtimj^en,  für  die  Notzbarmachun^  der  Arbeiten  der  einzelnen  Ressorts  für 
allgemeine  Zwecke  nnd  für  da.s  Ineinandergreifen  derselben  dient  dus  „L'entral- 
direktorium  der  Vermeüsangen."  Dadaelbe  besteht  unter  dem  Chef  des 
GeDenlstabes  der  Armee  ab  Voreitienden  aas  Vertretern  aller  Hinisteijen. 

Die  BesoUtlBse  dieser  BebSrde  sind  nun  als  gr  nnd  legend  Iflr  die  heotige 
Kartenherstellong  in  Preitrsen  (Dentaehland)  anznsehen. 

2.  Die  mit  der  Ausführung  der  Landesvermessung  etc  beauftragte 
Behörde  ist  die  ,K  ö  n  i  g  1  i  c  h  P  r  e  u  fa  i  s  e  h  e  !>.  a  n  d  e  s  a  u  f  n  a  h  iiu."  Diese 
!*ieht  unter  dem  Chef  des  Generalstabes  der  Armee,  ihr  Chef  i^'t  z.  Z.  der 
Generalquarticnneiäter.  Zu  ihr  gebOreu  die  trigonometrische,  die  topugraphisohe 
und  die  kartographische  AbteUnng,  sowie  eine  der  letiteren  sngewieseae  photo- 
gnpbisehe  Anstalt  nnd  die  Plankanuner,  Die  Aoljsaben  der  eisten  beiden  Ab- 
teilungen sind  oben  erwähnt,  die  kartograidiiac'.ie  Abteilung  hat  die  HerateUong 
der  Karten  ausznttihren;  die  Plankammer  verwaltet  die  Bestände  an  Karten  u  s  w. 
N alleres  hierüber  siehe:  >von  Morozowiez,  Die  Königlich  Preufsische 
Landesaufnahme, Berlin  1879,"  und  „von  Zglinioki,  Die  üauptkartenwerke 
derKdnIgllehPrenfsisehen  Landesaofnabme,  Berlin  1896."  Eine  Über- 
siebt Uber  den  Stand  der  Landesanfnahrae  in  den  wlohtigsten  LXndern, 
ngleich  eine  Übersicht  der  rerOffentliehten  wichtigsten  Kartenwerke 
der  topograpb i^chen BUreans.  Siehe :  ,MeyersKonversationsIezikonBandX 
und  den  Anhang  im  „Illustrierten  Militärlexikon  von  Seheibert," 
sowie  verschiedene  Artikel  von  Stavenhn^a  n  und  Anderen,  endlich  für  die  Zeit 
bis  1864  die  in  diesem  Jahre  als  Beihutt  zum  Miütärwochenblatt  erschienene 
»Obersieht  Aber  die  wichtigsten  Karten  Europas  von  E.  von  Sydow." 
Es  ist  dies  ein  Weik,  welches  eine  TorzU^Uche  Gbarakteriesiening  der  elnielnen 
Kartenwerke  enthält  Eine  vortreffliche  „Übersicht  über  die  topographischen 
Kartenwerke  in  den  K ulturstaaten*'  hatte  Kaupert  in  den  LoebeUsohen  Jahres- 
beiiohten  für  1895  begonnen. 

Eine  klare  Darstellung  der  Vervielfältigungsmethuden  giebt 
Volkmer  auf  Gnind  der  in  dem  in  der  Kartenherstellung  Orofsartiges  leisten- 
deDK.K.IfilitXrgeographisohen  Institut  zo  Wien  gemachten  ErfUmmgen 
in  seinem  1886  erachienenen  AnAatae:  «Die  Technik  der  Reproduktion 
von  Militärkarten  nnd  Plänen"  (mcvst  tan  GXXIL  Bande  der  chemisch- 
technischen  Bibliothek  veröffentlicht). 

J«krbftoh«r  f&r  di«  deataoko  ArmM  luid  Marin«.   Bd.  Iii.  2  10 


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X46      ^^^<^       Vorbereitung  zum  Stadium  eines  Kriegsscbauplatses. 

eine  topo^aphisehe  Übersichtskarte,  welche  militärisch  mehr  Air 
Anlage  von  Operationen  als  zur  Benrteilnng:  taktischer  Lagpen  nnd 
znofleich  als  Unterlage  für  die  Aufertigang  anderer  geographischer 
Karten  treeij^uet  ist. 

Wir  haben  hiermit  das  Gebiet  der  Einteilang  der  Land- 
karten beschritten.  Diese  jresebieht  von  den  manni^'-faebsten  Ge- 
sichtspunkten aus.  Zunächst  mit  Rücksicht  auf  den  Gegenstand 
der  Darstellung  (Gewässer-,  Gebirgs-,  Wege-,  physikalische, 
ethnographische,  geschichtliche,  statistische  Karten  u.  s.  w.),  dann  mit 
Rücksicht  auf  den  Zweck  der  beabsichtigten  Verwendnnir 
(Schul-,  TIand-,  Kriegs-,  Forst-,  Berg-Karten  n.  s.  w.)  nach  dem  Mafs- 
Stabe,  d.  h.  nach  der  Gröfse  der  Darstellung  nnd  endlich  naob 
der  technischen  Art  der  AnsfUhrnng  (Kupferstich^  Photolitho- 
graphie und  Pbotozinkographie,  HeliogiaTttre,  Glasdmclc,  Ätsgrarllre, 
Umdruck  etc.). 

Aber  auch  mit  diesen  Kategorien  dtlrften  die  Gesichtspunkte 
nicht  erschöpft  sein,  ans  welchen  man  eine  Klassifizierang  der  Land- 
karten Tomehmen  konnte.  Denn  wie  verschieden  sind  die  Ansprüche» 
welche  man  an  eine  Karte  stellt.  Der  Krieg,  die  Seeschiffahrt,  dUle 
Verwaltung  m  allen  ihren  Zweigen;  die  Forstwissenschaft,  der  Berg- 
bau nnd  die  Industrie,  die  Statistik,  die  Landwirtschaft,  der  Ethno- 
graph, der  Geschichtsforscher  nnd  der  Politiker,  ja  sogar  der 
Astronom  nnd  neben  vielen  andern  Zweigen,  menschlicher  Thätigkeit, 
Kunst  nnd  Wissenschaft,  endlich  last  not  least  die  Schulen  bedürfen  der 
kartographischen  Darstellung.  Allen  diesen  yerschiedenen  Bedttrfnissen 
kann  aber  nur  auf  ganz  verschiedenem  Wege  seitens  der  Karto- 
graphie Rechnung  getragen  werden.  Die  eine  Kategorie  verlangt 
einen  möglichst  grolsen  Mafsstab  nnd  schSrfete  Berflcksichtigang 
des  mathematischen  Grundelements,  wie  s.  B.  die  Katasterkarte,  andere 
legen  besonderen  Wert  auf  die  Wiedergabe  des  landschaftlichen 
Charakters  und  noch  andere  begnügen  sich  mit  kleineren  Ubersichtlichen 
Bildern  oder  einseitigen  Auszügen  einzelner  Elemente  wie  die  iSee- 
karten. 

Für  die  Zwecke  des  Offiziers,  sei  es  /.um  Gebrauche  bei  der 
Truppentllhrung,  der  Rekognoszierung  oder  zu  Studien  ist  es  vor 
allen  Dingen  wichtig,  sich  die  iiedeutung  der  verschiedenen 
Reduktionen,  d.  h.  der  Verhaltnisse  der  Grölse  der  ein- 
zelnen Karten  zu  dem  entsprechend  dargestellten  Teil 
der  Erdoberfläche  klar  zu  legen. 

Der  Theorie  und  rein  mathematischen  \drstellung  nach  würde 
nur  die  Vermessung  in  einem  mögliehst  grolsen  Mafsstabe  notwendig- 
sein,  am  durch  stufenweise  Verkleinerung  der  ao  gewonnenen  Karte 


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über  die  VorbereHuiig  zum  Studhun  einee  Kriegsaehaiiplatzes. 


147 


die  Karten  In  kleineren  Haltetäben  zu  erhalten.  In  der  Praxis  er- 
reiehl  diese  sonst  mit  Hilfe  der  modernen  Technik,  namentlieh  der 
Photographie,  leieht  ausführbare  Redaktion  bald  ihre  Grenzen.  Man 
erbau  leicht  so  kleine,  nnd  ttberfttUte  Bilder,  dafs  selbst  mit  einem 
VergrtaseniD^sglas  eine  solche  Karte  nnbenntzbar  ist,  gam  abge- 
sehen von  der  un künstlerischen  Darstellung.  Um  diesem  Mangel  za 
he^efTiipn,  ist  bei  der  Reduktion  der  Karten  nicht  nor  die  Vcrkleine- 
ruüg  aller  Liiiieii  und  Fläcljcn,  soiid«;rn  auch  eine  A usschuidung 
des  Stoffes  vorzunehmt'Q,  so  dals  mit  der  ZuluIiiuc  der  Ver- 
jüngung' auch  t  ine  Vereinfachung  des  Stoffes  eintreten  raufs.  Diese 
Vereintaclmng  ist  aber  nur  möglich  auf  Grund  surgtaltigen  Urteils 
und  jrenauer  Abwägung,  mithin  keine  mechanisch-technische,  sondern 
eine  geistige  Arbeit.  Schon  aus  diesnn  Gründe  ist  die  topographische 
Aufnahme  eines  i^audes  eine  ganz,  andere  Arbeit  wie  die  blofse 
Vermessung;  schon  aus  diesem  (irunde  mu(s  sie,  um  die  Herstellung 
brauchbarer  Kriegskarteu  zu  gewährleisten,  iu  der  Hand  des  General- 
Stabes  verbleiben. 

Daher  sind  nicht  nur  in  Preufsen  (Deutschland),  sondern  auch 
in  allen  gröfseren  Staaten  Europas  mit  ein-^iger  Ausnahme  Englands 
die  topographischen  Aufnahmen  vollständig  getrennt  von  der  Er- 
zeugung der  Kataster-  and  ähnlicher  Vermessuagskarten  darchgelUhrt 
worden. 

Auch  die  Ausftihrnng  der  Spezialk  arte  und  der  generell»  ii ;  General-) 
Karten  bezw.  Übersichtskarten  erfordert  eine  sehr  durchdachte  Ans- 
scbeidung  des  Stofi'es.  Sie  können  ebenfalls  nicht  durch  eine  mecha- 
oiscbe  Verjüngung  au.s  der  topographischen  Karte  hergestellt  werden, 
sondern  erfordern  eine  Neuredaktion,  welche  aber  im  Gegensatze  zu 
der  Herstellung  der  topographischen  Karte  nicht  zugleich  eine 
Originalaufiiahme,  sondern  eine  Arbeit  der  Studierstobe  ist 

Was  nun  die  Einteilnng  der  Karten  nach  ihrem  Mals- 
stabe  anlangt,  so  können  selbstverständlich  bestimmte,  allgemein 
gQlti^e  Abgrenssnngen  nicht  begründet  werden.  Die  folgenden 
Amftthrnngen  sollen  daher  nur  dem  Offizier  als  Unterstützung  bei 
der  Beurteilung  des  fbr  seinen  jedesmaligen  Zweck  brauchbaren 
Kartenmateriab  dienen.  Zunächst  muls  man  den  Plan  Ton  der 
Karte  unterscheiden.  Der  erstere  stellt  ein  so  kleines  Stück  der 
Kidoberfläche  dar,  dais  die  Krttmmung  der  letzteren  nicht  berttck- 
Behtigt  zu  werden  braucht  Die  Grenze  zwischen  Plan  nnd  Karte 
kaon  etwa  in  dem  Verhältnis  von  1 :  25000  gesetzt  werden.  Dieser 
Mabtab  gestattet,  die  militärisch  wichtigen  Gegensßtnde,  Dörfer, 
Wttder  n.  s.  w.  noch  voll^lig  nnd  in  ihrem  richtigen  Verjtlngungs- 
^ältnis  einzutragen.   Wenn  man  annimmt,  dals  ein  halber  Müli- 

10* 


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148     ^ber  die  Vorberaitong  mm  Stniliiuii  eines  KriegssehaaplatMS. 


nieter  das  kleinste  Mafs  ist,  was  mit  einem  gesunden  Auge  erfafst 
and  mit  dem  Zirkel  ohne  Schwierigkeit  aufgetragen  werden  kann, 
80  erlaubt  der  Maüsstab  1  :  25(X)0  noch  ein  12,5  m  breites  Objekt 
richtig  einzuzeicben.  Viele  ätralsen,  Bäche,  Brucken  müssen  daher,  will 
man  sie  durch  Doppellinien  ausdrücken,  breiter  aufgetragen  werden, 
als  sie  sind.  Pläne  in  diesem  Sinne  finden  daher  bei  Wiedergabe 
Ton  Festongswerken,  Häfen,  Städten  nnd  anderen  Ortschafted,  Schieis- 
plätoen  usw.  Anwendung. 

Die  Einteilung  der  Karten  in  topographische,  geogra- 
phische Spezial-  nnd  geographische  Generalkarten  ist  schon 
oben  erwähnt. 

Die  topographischen  Karten  haben  das  RedaktionsTerhttltnis 
▼on  1 :  25000  bis  1 :  150000  (1 : 19OOOO  Maisstab  der  Prenlsisoh- 
(dentschen)  Generalstabskarte,  1 : 126 000  der  der  Rnssischen,  1 : 75000 
Nene  Spezialkarte  der  österreichisch  -  nngarisohen  Monarchie, 
1  :  80000  Carte  de  France  d'dtat-major,  Garta  del  regno  dltalia 
1  :  100000,  denselben  Mafsstab  hat  die  Kaart  over  Danmark.  Die 
General  Map  (one  inch  map)  1  :  63360  in  England  n.  s.^w.)  Bei 
diesen  Karten  müssen  die  kleinsten,  genau  darstellbaren  Gegenstände 
im  MaÜastab  von  1  :  50000  noch  25  m,  in  dem  von  1  :  10000 
50  m  nnd  in  dem  von  1  :  150000  75  m  breit  sein.  Daher  kann 
man  z.  B.  einzelne  grO&ere  Gtebände  nnd  kleinere  Gehöfte  nicbt 
immer  in  ihren  wirklichen  Abmessungen  darstellen.  Aber  auch  kleine 
Flttsse,  die  meisten  Verbindungen  beanspruchen  einen  unverhältnis- 
mäüsig  gröfseren  ilaura,  wenn  mau  sie  durch  Signaturen  ausdriickcn  wilL 

Bt'i  (icn  geographischen  Speziaikiirte  11.  ihren  Kt*duktiuiis- 
verhältnis  nian  im  allgemeinen  zwischen  1  :  ir>ui)iK)  und  1  :  ÖOOCKX) 
annehmen  kann:  die  deutsche  Spezialkarte  ifrüher  Ke^raann)  i  :  200000, 
die  zehnwerstige  Karte  des  Europäischen  Kufslands  von  General 
Strelbitzkji:  1  :  420000;  dieCartes  de  laFrance  1  :  200000,  1  :  320000, 
1  :  r)(M)000;  die  vom  Österreichischen  Militärgeographischen  Institut 
in  Wien  herausgegebene  Neue  Generalkarte  von  Mitteleuropa  1  :  20Oi  H  )0 
und  die  Geueraikarte  von  Centraieuropa,  einschlieisUch  Griechenland 
1  :  aUKXIO.) 

Auf  diesen  Karten  können  noch  (ie^^enstände  mit  Ahniessunj^cu  von 
75  bis  250  m  richtig  dargestellt  werden.  Eine  lieihe  von  niiliiäriscb 
wichtigen  Gegenständen  kann  daher  nur  noch  durch  Zeichen  erkennbar 
gemacht,  aber  nicht  ihrer  natürlichen  Form  entsprechend  dargestellt 
werden,  wie  z.  B.  kleinere  bewohnte  Orte.  Gregenstände  von  linearer 
Form,  wie  die  meisten  Gewässer,  JSeitenthäler  u.  s.  w.  müssen  so  breit 
eingezeichnet  werden,  da£s  die  Karte  nicht  mehr  als  ganz  getreue« 
Bild  der  Bodenplastik  angesehen  werden  kann,  obwohl  die  wichtigen 


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über  die  Vorbereitung  nun  Stadiam  eines  RrlegaaehAoplatBes.  149 


Abschnitte  im  Gelände  noch  deutlich  hervortreten  müssen.  Der 
Wert  dieser  Gattmifr  von  Karten  wird  hauptsäehlieh  davon  abhäniren, 
wit  d(^r  Verfasser  es  verstanden  hat.  der  zulet/.t  t  nviihnten  Forde- 
nm^  g^cierht  zu  werden  aud  die  oben  geschilderten  iScbwierigkeiteD 
n  tlbenvinden. 

Noch  schwieriger  nnd  noch  mehr  »dt  Kunst  wird  die  Darstel- 
Ing  duroh  die  geographiscben  Generalkarteo,  deren  Mafsstab 
Iber  1  :  öOOOOO  hinaus  geht.  Die  kleinsten  Gegenstände,  welche 
noch  im  richtigen  Verhältnis  dargestellt  werden  können,  müssen 
in  der  Nator  schon  eune  Breie  von  250  bis  800  m  haben.  Selbst 
pofi»  Flüsse  werden  nicht  immer  in  den  TerhMltnisnüUsig  richtigen  Ab- 
messungen dargestellt,  Städte  nnr  angedeutet,  die  Um&ssnngen  von 
groben  Waldungen  nur  sehr  Teidnfaoht  wiedergegeben  werden 
kfinnen.  Eine  ganze  Anzahl  nicht  unwichtiger  Abschnitte  im  Gelände 
wird  nicht  mehr  heryorgehoben  werden.  Die  Kunst  des  Karten- 
idebnens  beruht  hier  auf  dem  Verständnis  iUr  die  allgemeine  Gharak* 
terisiernng  eines  Landes  durch  Ausscheiden  des  Unwesentlichen  und 
Her?orheben  alles  dessen,  was  zur  Darstellung  des  Eigentümlichen 
dienen.  Nicht  der  Keichtnm  an  Einzelheiten  ist  es,  welcher  den 
Hanptwert  dieser  Karte  ausmacht,  sondern  die  Klarheit  der  Dar- 
etellong  und  die  richtige  Gharakterisiernng  des  Ganzen. 

Zum  Schluls  dieser  Einteilung  der  Kartenwerke  auf  Grund 
„des  Malsstabes''  sei  darauf  hinp:ewiesen,  dals  oft  in  der  Wahl  der 
fbr  die  jedesmaligen  Zwecke  erforderlichen  Karte  gefehlt  wird.  Als 
im  alijjemeinen  richtig  kann  als  Grundsatz  aufgestellt  werden,  dafs 
der  Mal'sstab  der  Karte  im  richtigen  Verhältnis  zu  dem  Be- 
fehlsbereich des  sie  gebrauchenden  Offiziers  stehen  muls. 

Der  eine  Armee  befehligende  Feldherr  bedarf  zum  Überblick 
Uber  seine  eigenen  nnd  seines  Gegners  Operationen  Karten,  welche 
ihn  nicht  durch  Anhäufung  yon  Einzelheiten  Terwirren,  ibm  die  für 
die  Bewegungen  der  Armeen  wichtigen  Verbindungen  und  Abschnitte 
an  Gelände  und  auf  möglichst  kleinem  Raum  das  BUd  des  ganzen 
Kriegstheaters  geben. 

Wollte  er  eine  schwer  zu  übersehende,  mit  zahlreichen  Einzel- 
heiten belastete  Reihe  von  Kartenblättem  verwenden,  er  würde 
ebenso  den  Blick  Air  das  grolse  Ganze  yerlieren,  wie  wenn  er  sich 
am  den  DetMldienst  seiner  Truppen  bekümmm  wollte,  statt  ihn 
seinen  Unterführem  zu  überlassen. 

Umgekehrt  würde  der  Ordonnanzoffizier,  welcher  zur  Uberbrin- 
gung  eines  I^efehls  von  einem  Armee-Hauptquartier  zu  einem  General- 
kommando geschickt,  statt  der  topographischen  eine  Übersichtskarte 


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150     t^ber  die  VorbereitiiDg  snin  Stadinm  eine«  Kziegsselianplatses. 


io  der  Satteltasclie  fuhrt,  wahrlieh  in  grolse  Verlegenheit  geraten.^) 
Bei  der  Karten ausrüstnng  unseres  Heeres  in  dem  letzten  Feld- 
znge  finden  wir  daher  auch  in  allen  Instanzen  die  Obersiebtekarte 
den  Generalstabskarten  beigegeben. 

Eine  sehr  groiae  Rolle  spielt  bei  der  Kriegskarte  die  Schreib- 
weise der  Namen  nnd  die  praktische,  leicht  Terstttndllche 
Art  der  Bezeichnung  ftlr  hftnf ig  ror kommende  Gegenstände 
(Signaturen).') 

Die  Bedentong  der  richtigen  nnd  deutlichen  Schreibweiae 
aller  m  einem  militärischen  Schriftstttcke  vorkommenden  Namen  darf 
an  dieser  Stelle  nicht  erst  erwähnt  werden.  Nicht  minder  wichtig  ist  aber 
eine  für  den  Soldaten,  wenigstens  für  jeden  Offizier  und  UnterofiBzier, 
verständliche  Schreibweise  der  Namen  auf  der  Karte.  Nun  ist  es 
nicht  leicht,  die  Namen  anf  Karten  fremdsprachiger  Länder  in 
einer  Weise  wiedensngeben,  welche  es  einem  der  betreffenden  Spiaidie 
Unkundigen  möglich  macht,  diese  Namen  richtig  oder  doch  den 
Landeseinwohnem  verständlich  auszusprechen.  Die  Sehwiei  igkeiten, 
welche  sich  hier  entgegenstellen,  sind  sehr  grols.  —  Schon  im 
eigenen  Lande,  in  welchem  wir  —  soweit  uns  bekannt  —  nur  In 
L'iuzelueu  Fällen  die  Schreibweise  der  polnischen  u.  s.  w.  Namen  nach 
phonetiselien  (irundsätzeii  geregolt  haben,  wird  e»  dem  des  Polnischen, 
des  Littauischen  nicht  mächtigen  Offizier  sehr  schwer  sein,  sieh  dem 
Tt'il  der  Landeseinwohner,  welcher  ja  leider  an  unseren  Ostgren/.en 
durch  die  Umtriebe  des  Poleutums  noch  immer  von  der  lM)uug  der 
deutseht-n  Sj)rache  ali^t  halten  wird,  genügend  verstäiidiieh  zu  machen. 
Nun  denke  man  sich  aber  die  Lage  eines  Offiziers  oder  eines 
Patrouillentuhrers  im  feindlichen  Lande,  der  in  dunkler  Uegennacht 
beim  Schein  einer  Laterne  oder  gar  einer  mühsam  in  Brand  ge- 
setzten Cigarre  sich  mit  einem  aus  dem  liette  geholten  polnischen 
oder  russischen  Bauern  auf  Grund  der  ihm  gelieferten  Karte  ver- 
ständigen nmls.  Führen  diese  Erwägungen  zu  der  Forderung,  dafs 
die  Offiziere  und  Unteroffiziere  wenigstens  soweit  mit  der  Sprache 
der  Nachbarländer  vertraut  zu  machen  sind,  dafs  sie  Wegweiser  usw. 
lesen  und  die  Namen  richtig  aussprechen  können,  so  noch  mehr  zu 
der  Forderung,  unseren  Kriegakarten  eine  Schreibweise  zu  geben, 

1)  Mit  Naohdmek  sollte  daher  aneh  darauf  gehatten  verden,  da(3i  im  Frieden 
bei  den  Übungen  jeder  Offizier  stets  mir  eine  Karte  In  dem  Mabetabe  ge- 

biaoebt,  wie  sie  für  seinen  Befehlsbereich  ihm  im  Kriege  zur  Verfügung  steht. 

Joj*ef  ZafTauk  Edler  von  Orion  giebt  in  seiner  au  anderer  Stelle  er- 
wähnten Schrift  „Die  l:^drinde  and  ihre  Formen"  in  einem  l)t'>oudercn  Anhange 
in  S7  ^raehen  ein  Veraekshuis  der  gebrfiuchUchsten,  auf  lopopraphiBohen  und 
geogiii^sehen  Karten  vorkonunMiden  geographi»eh€n  Ansditteke  mit  ihrer 
Yerdeatsebong. 


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über  die  Vorbereitung  xum  Studium  eines  Kriegsschauplatzes.  151 


welche  die  Namen  in  der  deutsehen  Orthographie  —  also  phonetisch 
—  wii'dergiebt,  ähnlich  wie  die  Küssen  es  in  ihrem  vielsprachigen 
lieiclie  hei  der  Karte  1  :  127000  gethan  haben.') 

Wenn  wir  aber  heute  für  eine  Armee  eine  Kriegrskarte  bereit 
stellen,  welche  allen  Anforderungen  ^rerecht  wUrde,  so  liejrt  die  Be- 
fiircbiung:  nahe,  dafs  diese,  welche  schon  zur  Zeit  ihrer  Ausgabe 
nicht  ganz  richtig  sein  kann,  soweit  es  sieh  um  die  andauernden 
Veränderungen  des  Holzhestandes  der  Wälder,  der  Ortschatteu, 
der  Verkehrswege  aller  Art  u.  s.  w.  handelt,  dies  gewils  nicht  mehr 
bei  der  Ingebrnuchnahnie  im  Falle  eines  Krieges  ist.  —  Nachträge 
sind  also  nicht  zu  vermeiden.  Nun  kann  man  sich  eine  Vor- 
stellQug  von  den  Kosten  und  den  Arbeiten  machen,  welche  die 
Versorgung  der  heutigen  ArmeeD  mit  Karten  verursacht,  wenn 
man  bedenkt,  daDs  viele  MiUioneD  Ton  Karten-Sektionen  beigestellt 
werden  rnttssen. 

Dies  ist  auch  nur  durch  die  Hilfe  der  modernen  TechniJL, 
namentlich  der  Photographie,  möglich.  Eine  Kriegskarte  darf  non 
aber  keinen  zu  grofsen  Kaum  einnehmen,  was  bei  den  vielen  Sek- 
tionen, welche  der  einzelne  füi  einen  ganxen  Kriegssehanplatz  aus- 
gerüstete Offizier  mit  sieh  führt,  eine  sehr  wiohtige  Bedingung  ist. 
Sehen  ans  diesen  Gründen  ergiebt  sieh  die  Notwendigkeit  eines  ent- 
8|iieehenden  Malsstabes.  Dabei  mnis  der  Dmek  ein  solcher  sem, 
dab  bei  dem  Schein  der  Laterne  der  Feldwaehe  oder  des  Streioh* 
bolzes  eines  PatronlUe  reitenden  OfBsieis  das  Lesen  selbst  der 

I)  Es  versteht  sich,  dafs  nicht  jeder  Lant  einer  fremden  Sprache  voll- 
kommen in  der  deutsoben  wiedergegeben  werden  kann.  Annähernd  kann  dies 
Iber  doch  mit  der  GeBamtaiuipraebe  geaehehen.  Wetohe  imeBdliolMiL  Hib- 
TtnUadiüBse  werden  aber  a.  B,  hi  den  daviaelien  Spraohen  mit  ihren  vielen 

Ziscblaaten  hier  mOgUch  sein,  wenn  diese  „Übersetzung"  nu  ht  in  der  sorg- 
fällif^sten  Weise  geschieht  Eines  der  belehrendsten  Beispiele  dieser  Art  bat 
uns  die  Kriegsffeschichte  des  Jahres  1813  aufbewahrt  Dio  auf  Befehl  des 
Kaisers  Napoleon  an  die  Truppen  ijetrebcne  Karte  vom  polnisch-russischen 
Kriegsäobaaplatz^war  bei  ilirer  Übersetzung  in  ein  wahres  Kauderwelsch  Uber- 
tngtn  worden. 

General  Jnnot,  der  Henog  von  Abrantea,  hatte  bei  dem  llarsohe  auf 

>^molensk  am  16.  August  den  Auftrag,  auf  Nebenwegen  die  rechte  Flanke  der 
-Vrmee  zu  decken  und  dann  über  T^clierkowitsrlii  auf  Sniolensk  zu  rücken,  um 
so  die  etwa  noch  auf  Koslawl  und  das  südliche  Kulsland  ausweichenden 
leiaüiicben  Abteilungen  abzufangen.  Man  sagt,  dal's  der  ehrgeizige  Junot 
aieoMid  aoa  aeinar  Umgebung  in  das  Vertrauen  gezogen  und  seibat  den  raaal'- 
Mhen  Bauer,  weleher  snm  Ftthrer  dlentOi  soweit  ea  ihm  ans  der  Karte  mtf  glieh, 
tfbv  die  einzuBohlagende  Richtung  Terstifaidigt  hStte.  Die  Unrichtigkeit  der 
Aussprache  des  Namens  veranlafiite  den  Führer,  das  Korps  nach  dem  in  ganz 
anderer  Richtung  liegenden  Zwerowitsohi  aa  flUiren,  SO  da£i  es  nicht  mehr 
reohtaeitig  aar  Schlacht  eintrefien  konnte. 


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152  Vorbereitiug  zum  Studium  eines  KhegsschaupUtzes. 


kleinsten  Namen  ermögrlicht  wird.  Ja,  soerar  ein  scheinbar  so  nnter- 
geord neter  Faktor,  wie  das  tlir  die  Karte  verwandte  Material  (Papier, 
Leinwand  n.  s.  w.)  darf  nicht  übersehen  werden,  wenn  nicht  dem 
Offizier  ein  Orii  ntierungsmittel  in  die  Hand  g;eg:eben  werden  soll,  das 
sich  bei  der  ersten  Gelegenheit  infolge  des  Schnees  oder  Kegeos  in 
seine  Urbestandteile  auflöst. 

Aus  dem  oben  Oesaprton  ergiebt  sich,  welche  wiehtis:en  Aufgaben 
die  mit  der  Versori^unj,^  der  Armeen  und  Flotten  mit  dem  not- 
wendigren  Kartenmaterial  betrauten  Oftixiere  und  Beamte  zu  erfüllen 
haben.  Das  Verdienst  eines  Mannes  wie  des  Obersten  Emil  von 
Sydow  um  die  Aasrtlstnng  des  Heeres  während  des  letzten  französi- 
schen Feldzages  kann  daher  g-ar  nicht  hoch  genng  anerkannt  werden. 

Ein  sehr  wichtiger  Umstand  ist  es,  dals  die  Ansrttstnng  aller 
Armeen  aneb  mit  dem  Kartenmaterial  des  voraussicht- 
lichen Gegners  hente  gegen  früher  anendlich  erleichtert,  eigentlich 
Überhaupt  erst  ermöglicht  ist,  da  man  nicht  mehr  an  die  so  müh- 
same Herstellung  dorch  Kupferstich,  Steindruck  u.  s.  w.  gebunden  ist, 
also  an  die  Anfertigung  von  Druckplatten  durch  den  Knpfeistecber 
oder  Steinschneider  durch  langwierige  Handarbeit 

Heute  geben  die  mechanischen  Herstellungsverfahren  vermittelst 
der  Heliogravüre,  d.  h.  einer  Verbindang  der  Photographie  mit  der 
Galvanoplastik,  der  Pfaotolithographie  and  der  Photoünkographie  etc. 
die  Möglichkeit  alle  Karten  der  Nachbarstaaten  in  verhftltnism&Isig 
harzer  Zeit  za  vervielfiUtigeD,  ohne  die  Originabeiehnnngen,  Kopfer- 
platten  n.  s.  w.  zu  besitzen. 

Welche  Voizttge  dies  nan  nicht  allein  fttr  die  Ansrttstnng  mit 
Kriegslcarten  hat,  sondern  auch  für  die  Vervielfältigung  etwa  nur 
flir  wenige  Standen  erlangter  Pläne  feindlicher  Festnngen,  Häfen  o.  s.  w. 
bedarf  keiner  t>esonderen  £rörterang. 

Ebenso  ist  es  heute  möglich,  mit  Hilfe  der  Photographie  jede 
Karte  sofort  in  einem  andern  Mafestabe  wiederzugeben  oder  aus 
mehreren  in  verschiedenem  Mafestabe  gehaltenoi  Kaxtenblättem  eine 
neue  Karte  in  einheitlichem  Mafsstabe  zu  schaffen. 

Wenn  wir  hiermit  das  Kapitel  Uber  den  Gang,  welchen  militär- 
geographische Studien  zu  nehmen  haben  und  die  Charakterisierung 
der  denselben  dienenden  Hilfsmittel  schlieisen,  so  thun  wir  es  in 
dem  Bewufstsein,  unser  Thema  noch  nicht  erschöpft  zu  haben.  Wir 
hoffen  jedticli,  dem  denkenden  und  für  diesen  Zweig  der  Wissenschaft 
vom  Kriege  interessierten  oder  nach  dieser  iiichtung  hin  dienstlich 
thätifren  Offizier  einigre  Hinweise  geboten  zu  haben,  welche  ihn  in 
sell)ständiger  Arbeit  fordern  werden.  Wenn  das  bekannte,  treffende 
Wort  des  Marschalls  Bugeaud:  „Un  soidat  averti  en  vaut  deux" 


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Die  8.  Kavallerie-DivisioB  im  Kriege  1870—71.  153; 

ftr  die  Vorbereitung^  des  Offiziers  als  Führer  im  Krieg-e  seinen  vollen 
Wert  hat,  so  p\t  es,  mutatis  mutandiß,  auch  fllr  die  Leistun<ren 
ki  <)f&uer8  im  Ökudium  der  Länder  and  Völker  in  Bezug  auf  dea 


XU. 

Die  3.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870— 7L 

Ym 

Juik,  Rittmeister  a.  DJ) 


I. 

Bis  Metz. 

Die  Formation  der  bei  der  Mobilmachung:  1870—71  aul^rt-stdlten 
selbständigen  Karailerie- Divisionen    konnte   erst  nacii  erfolgtem 

Benatzte  Bllcher: 
Das  preui'äiäohe  Generalstabswerk  über  den  deatsob-tranzüsischen  Krieg 

m-n. 

Y.  PM-Narbonne.  Die  Reiterei  der  Ersten  imd  Zwelteii  deateebeii  Armee 

ta  den  Tagen  vom  7.  zum  16  Augast  1870. 

Grat'  V  Warteoaleben.    Die  Operationen  der  I.  Armee  miter  General 

TOD  Mantenftel 

V.  Sobeil.   Die  Operationea  der  I.  Armee  anter  General  von  Goeben. 

Korne.  Die  Operationen  der  dentaehen  Armee  von  der  Schlacht  bei  Sedan 
Ui  mm  Ende  dee  Krieges. 

KtuB.  Der  Feldmir  der  ersten  dentsehen  Armee  im  Norden  und  Nord- 
westen Pranlueicbs  1870—71. 

Konz.    Die  Französische  Nordarmee  ira  Jalire  1870 — 71 

Konz.  Die  Deotache  ßeiterei  in  den  Schlachten  und  Get'euhten  des  Kriege» 
TOD  1870—71. 

Kou.  Konnte  Ifarsebsil  Bsstine  im  Jaliro  1870  Fmkreieli  retten? 
Piene  Lebanteonrt.  Otmpigne  dn  Nord  en  1870— >7 1.  Nonvelle  Mition  1897. 

Faidherbe.    Campagne  de  Tarmee  du  Nord. 

(-rebbard  Zernin  Das  Leben  des  KtfnigUoii  Preoaaiachen  Generals  der  In- 
fanterie Aug.  V  Goeben 

Moltkes  militärische  Werke.    8.  Teil.    2.  Abteilung 

Heft  14  der  kriegsgeschichtUchen  EinzeUchriften:  Der  Reohtsabmarsoh  der 
l  Amee  mter  Genertl  t.  Goeben  snf  St  Qnentin  im  Janoar  1871. 
8  BeUieft  nm  HUitfr-Woehenblatt  1888:  Uebert,  Über  Verfolgung. 
Moritz  von  Berg.  Ulanen  Briefe  von  der  I.  Armee.  Zweite  Anilage. 
Moritz  von  Berg.  Rofs  und  Heiter. 


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154 


Die  3.  KavaUerie-Divigion  im  Kriege  1870—71. 


Transport  bezw.  dem  EiDtreffen  der  emzdnen  Regimenter  anf  den 
groben  YerBanmüimgspaiikten  der  Armeen  stattfinden. 

Die  Ordre  de  Iwtulle  der  der  ersten  Armee  sngeteUteo 
3.  KavaUerie-Division  war  folgende: 

Kommandear:  Generalleutnant  Graf  y.  d.  Groeben. 
Generalstabsoffizier:  Haoptraann  Graf  v.  Wedel. 
Adjutanten:  1.  Kittmeister  Frhr.  v.  Rosenberg,  v.  WestphäL 

KUrassier-Kt'frt.  Nr.  4.') 
2.  Premiorleutnaut  v.  KlUber,  v.  2.  Kheiu.  Ilußareü-Kegimeut 
Nr.  9. 

6.  Kavalleriebrigade,  Gen.-Maj,        7.  Kavallericbri^ade,  Gen.-Mi^. 
V.  Mirus.  Gral'  zu  Dohna. 

Adj.:  Pr.-Lt.  v.  Me}  erleid,  Adj.:   Pr.-Lt.   v.  Holtzen- 

V.  2.  Hess.  Uus.-Kegt  Nr.  14.  becher,  v.  2.  Braudenborg. 

Drag.-Kp«:t.  Nr.  12. 
Rhein.  KUr.-H(rt.  Nr.  8,  Oberst        Westpb.  Ulan.-Regt.  Nr. 5, Oberst- 
Graf  V.  Küt'deru.  leutuant  Frhr.  v.  Reitzenstein. 
Rhein.  Ulau.-Regt.  Nr.  7,  Oberst-        2.  Bann.  inan.-Regrt.  Nr.  14, 
leutuant  v.  Pestel.  Oberst  v.  Lüderitz. 

1.  reitende  Batterie  Westpbäl.  Feld-Art-Regts.  Nr.  7,  Haopt- 
mann  Schräder. 

DlmiODs-Pfarrer:  Sanberzweig. 

Der  Division  wurde  eine  Proviantkolonne,  sowie  ein  Feldlazarel 
and  ein  halbes  Sanitfttsdetaebement  VU.  Armeelcorps  Überwiesen. 

Attachirt:  Gen.-M%j.y.  Rantzau*)  mit  dem  Pr.-Lt.  Grafen  Wedel 
Yom  1.  Westphftl.  Hns.-Regt  Nr.  8,  als  seinem  Adjutanten. 

Als  am  3.  Angost  die  Division  bei  Paschel  aofgestelit  wurde, 
errichte  das  VII.  Armeekorps  mit  der  Avuitgarde  Harlingen  und 
Rehlingen,  mit  der  18.  Division  Herzig,  im  Anschlnfs  daran  mit  der 


Aegimentägeschiobten  der  Infanterie-Begimenter  1,  19,  29,  ft8,  40,  44,  69 
und  70. 

Gesohiohte  des  8.  Jäger-BattHloas. 

Regimentsgeachichten  der  8.  Kttrisstore,  der  9.  Hiuareii,  der  6.  und 

7.  Ulanen,  dos  7  Artillerie-Regiments. 
Karten  des  Ci  t  neralstabswerks: 

Skizzen:  S  und  4,  femer  zu  6eite  U48  (Solüaoht  bei  Bapaume)  und  zu 
Sfltte  964  (PteiBBe). 

Übentohtskarten:  1,  2,  8  und  8. 

Pläne:  4,  11,  12,  26,  80. 

I)  In  der  Ordre  de  bataillo  vom  15.  November  iet  an  doMon  Stelle  ge- 
treten: Rittm.  Nebolthau,  v.  Thüring  I'lanen-Regt.  Nr.  6. 

Wurde  demnackist  zom  Kommandeur  der  25.  (GroÜBherzgi.  Hess.)  Kaveilerie- 
Brigade  ernannt. 


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Die  3.  Kavallerie-Diviäioa  im  Kriti|;e  1870—71. 


155 


14  Division  und  der  Korps-Artillerie  Losheim,  das  VIII.  Armeekorps 
links  nel)en  dem  \  11.  mit  der  Avantg:arde  ililschhach-Dilsbarg,  mit 
der  Iii.  Division  Heusweiler  und  ndt  der  IT..  Division  sowie  der 
Korps-Artillerie  Lebach.  Zwischen  Lebach  und  Losheim  bezog  die 
i  Kavallerie-Division  Quartiere  bezw.  Biwaks. 

Die  7.  Lianen  hatten  ihre  rühmliche  Wacht  an  der  Saar  bereits 
hinter  sich.  Wenn  auf  die  dabei  entwickelte  Thätiirkeit  \om 
16.  Juli  bis  2.  August  hier  auch  nicht  eingegangen  werden  kann, 
so  sollte  der  Thatsache  doch  wenigstens  gedacht  werden.  Dafs  das 
ge^'ebeue  Beispiel  nicht  Anregung  gab,  die  Kavallerie-Division  als- 
bald sinngemäfs  zu  verwenden!  Wir  werden  statt  dessen  sehen, 
dafs  man  sich  von  dem  Hegritfe  der  Reserve-Kavallerie  nicht  frei 
maciu  D  konnte,  sin  gegebenenfalls  in  der  Öcblacht  aber  doch  nicht 
einsetzte. 

Die  fUr  den  4.  August  vom  Könige  befohlene  Zasammenziebung 
der  ersten  Armee  gegen  Theley  behufs  Annäherung  an  die  zweite, 
Armee  hatte  der  ersteren  Linksschiebung  zur  Folge.  Bei  dieser 
gelangte  die  3.  Kavallerie-Division  nach  St  Wendel  and  Gegend 
nördlich,  also  hinter  den  linken  Flügel  der  von  Lebach  nach  Ottweüer 
sieh  eretreekenden  vorderen  Linie.  Die  Division  trat  somit  in  un- 
mittelbare Berührung  mit  der  zweiten  Armee,  von  welcher  die 
Kavallerie-Brigaden  Redem  and  Barby  der  5.  Kavallerie-DiTision 
seit  dem  3.  Aognst  sich  schon  zwischen  Eiweiler  nnd  Goicheobaoh, 
tbo  vor  dem  rechten  Flügel  der  ersten  Armee  befanden  und  nim 
Aber  die  Saar  nach  Ladweiler  nnd  Uber  Hossein  bis  Emmersweiler, 
sowie  gegen  Forbach  streiften.  Bei  der  dann  am  6.  Aogost  statt- 
findenden Vorbewegang  der  ersten  Armee  gegen  die  Saar  behofei 
Fiehnachang  der  Strallse  St  Wendel— Ottweiler— Neonkiichen  Uta 
die  zweite  Armee  woide  die  an  diesem  Tage  das  erste  Ifal  in  sich 
vereinigte  3.  Kavallerie-Division  gegen  Labach  dirigiert  and  ihr  die 
Sicbening  der  rechten  Flanke  ihrer  Armee  Übertragen.  Die  am 
10  Uhr  früh  versammelte  Divisiim  marschierte  zn  diesem  Zwecke 
nach  Saarwellingen.  Zwei  Eskadrons  5.  Ulanen  hatten  die  Vorposten 
in  linle  Derlen — Roden,  die  Saar  vor  sich.  Die  am  writesten  rechts 
am  Primsflufs  befindlichen  7.  Ulanen  hatten  nach  Rehlingen 
detachiert,  die  14.  Ulanen  den  Leutnant  v.  Ramin  gegen  BouzonviUe 
vorgeschoben  und  die  ö.  Ulanen  den  dem  Stabe  zugeteilten  Ritt- 
meister V.  Hyramen  nach  IJberherrn  entsendet.  Um  indess  bestimmte 
Nachrichten  Uber  etwaige  Truppenbewegungen  des  Gegnere  zu  be- 
kommen, müssen  die  genannten  Mafsnahmen  der  Kavallerie-Division 
alü  ganz  unzulängliche  bezeichnet  ^^  erden,  denn  sie  dienten  mehr 
üer  eigenen  Sicherung,  als  der  Aufklärung  der  \erhäUuisse  auf 


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156 


Die  8.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71. 


felndlieber  Seite.  Die  Hauptriehtung  einer  anfklttrenden  PatrouiUen* 
thfttigkeit  wies  nach  Boolay,  die  NebeniiohtaDgeo  lagen  auf 
BoQzonyille  and  St  Ayold.   Die  beste  Sicherang  der  ArmeeilanlLe 

wäre  aber  erreicht  worden  dnrch  Oberschreiten  der  Saar  seitens 
der  ganzen  Kavallerie-Division  schon  an  diesem  Tage.  Wir  werden 
sehen,  wie  in  entsprechender  Lajre  dieselbe  Kavallerie -Division 
richtiger  verwendet  wurde,  nämlich  in  den  Ta^aii  des  Aulmarsches 
der  Armee  an  der  Oise  zwischen  Compiögne  und  Noyon.  Der  Irr- 
tom, in  welchem  man  sich  nach  dem  6.  Aognst  befand,  dals 
nämlich  der  feindliche  linke  Flügel  bei  St  Avold  zu  suchen  sei, 
hätte  hei  sachgemäfserer  Verwendung  der  3.  Kavallerie-Division  in 
jenen  Augusttagen  trar  nicht  bestehen  können,  um  so  weniger,  als 
die  Division  in  glücklichster  Weise  angesetzt  war.  \  ur  der  eigent- 
lichen Armeefront  wäre  ihr  Wirkungskreis  bei  Anwesenheit  der  beiden 
Brigaden  der  5.  Kavallerie-Division  zu  beengt  gewesen.  Es  liegt  hier 
übrigens  der  Fall  vor,  in  welchem  Direktiven  tür  die  Verwendung 
der  grolsen  Kavalleriekörper  bei  den  Armeen  vom  grofsen  Haupt- 
quartier hätten  ausi^^eheu  müssen  Nur  solcher  Art  wird  es  vernneden 
werden,  dafs  in  der  einen  Kicbtnng  zvl  viel,  in  der  andern  zn 
wenig  geschiekt. 

Folgen  wir  den  beiden,  vom  Sammelplatz  der  Division  ent- 
sandten Oflizierpatronillen.  Dem  Lentnant  v.  Ramin  waren  25.  dem 
Kittmeister  von  Hymmen  'M)  Pferde  überwiesen  worden.  Nachdem 
TOn  beiden  Patrouillen  Saarlouis  gemeinschaftlich  dorchritten  war, 
nahm  der  erstgenannte  Offizier  die  liichtong  auf  Bonzonville,  der 
letztgeoamite  auf  St.  Avold.  Vornehmlieh  galt  es,  die  Tom  Kommall- 
danten  von  Saarloois,  dem  Obersten  des  Barr  es,  am  6.  Aognst  ge- 
meldete Anwesenheit  staricer  feindlicher  Trappenmassen  anf  der 
Linie  BonzonYille — ^Tromhom — St  Avold  festznsteUen.  Den  noch 
kurz  Torher  von  den  bei  Jttersdorf  stehenden  Vorposten  der  Festung 
Saarlonis  besetast  gemeldeten,  gegen  BonzoDville  zn  liegenden  Wald 
fand  Leutnant  Ramin,  es  war  etwa  um  Uhr  mittags,  nicht 
mehr  besetzt.  Er  folgte  daher  der  nach  Bonzon?ille  fllhrenden 
grolsen  Stralse.  Der  dieselbe  nOrdlieh  begleitende  Wald  hinderte 
nach  dieser  Richtung  jeden  Ausblick.  Nach  Sttden  dagegen  hatte 
man  Ton  der  HochflKche,  Aber  welche  die  StraDse  sich  hinzieht,  eine 
gute  Femsicht  Durch  die  Meldung  der  linken  SeitenpatroniUe 
darauf  zuiritchst  aufmerksam  gemacht,  wurde  ron  einem  geeigneten 
Punkte  in  aller  Ruhe  ein  feindliches  Lager  bei  Trombom  an  der 
Stralse  nach  Boulaj  beobachtet.  Die  in  demselben  befindlichen 
Trappen  schätzte  man  auf  2  Bataillone  Infanterie  and  1  Regiment 
Kayallerie.    Das  Lager  entbehrte  jeglicher  Sicherungen.    Auch  bei 


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Die  8.  XavaUerie-Diviaion  im  Kriei^  1870—71. 


157 


BoDzonville  wnrde  später  ein  erst  kürzlich  \  erla-sscner  Biwaksplatz 
^fanden.  Die  Kirche  des  Ortes  aber  war  noch  voller  Frauzosen. 
anireblich  Kranker.  Dieselben  unterliefsen  jegliche  Feindseligkeit. 
W'ii^vn  mit  zwei  riesigen  Fässern  voll  Wein  und  mit  H^er  beladen, 
wurden  erbeutet  und  mit  weggeführt. 

Kittmeister  v.  Hymmen  war  der  Strafse  auf  St.  Avold  bis 
Überherrn  gefolgt,  war  dann  rechts  von  derselbe  nabgebogen,  hatte 
die  Grenze  überschritten  und  im  grofsen  Bogen  die  Saarlouiser 
btr&lse  wieder  bei  Alt-Forweiler  erreicht,  woselbst  er  übernachtete. 

Am  7.  Augiisl  wurde  die  3.  Kavallerie-Division  bei  Franlautem 
Doch  enger  znsammengezi^eii,  die  Uber  BoQzonville  und  Boulay  nach 
Metz  fuhrenden  StrafSsen  waren  aufzuklären.  Zar  Ansttthriing  dieses 
allerdings  viel  za  allgemein  gehaltenen  Aoftrages  worden  wieder  die 
bereits  tags  vorher  in  Thätigkeit  gewesenen  OfiBsiere  entsandt,  der 
Leotnant  v.  Kamin  auf  Boulay,  der  Bitfcmeister  Ton  Hymmen  nach 
Carling;  die  Straiae  ttber  Bouzonville  wurde  also  unmittelbar  nicht 
bedacht.  Lentnant  y.  Ramin  fand  das  feindliche  Lager  zunächst 
noch  an  der  nämUcben  Stelle  wie  tags  zuvor.  SjMlter  wnrde  aber 
der  Abmarseh  des  Feindes  ttber  Teterchen  auf  Bonlaj,  also  in  sttd- 
irastiicber  Richtong  gemeldet. 

Rittmeister  y.  Hymmen  hatte  Carling  nnbeanstandet  erreicht 
Qod  sieh  von  dort  Uber  Lanterbach  und  Gr.  Roesein  nach  Forbaoh 
gewandt,  woselbst  er  yermntlich  dieNaehtzom&zagebracht  hat,  denn  am 
)l<»gen  dieses  Tages  meldete  er  yon  dort  yor  dem  Abreiten  aoi  St  Ayold, 
was  er  im  Stabe  des  Herzogs  Wilhelm  yon  Mecklenbnrg  ttber  die 
Stellungen  der  zweiten  Armee  erfahren  hatte. 

Was  hätte  man  nicht  mit  dem  Vorgehen  der  Division  gegen  die 
Unie  BonzonyUle— Boalay  erreichen,  znm  mindesten  welche  mora- 
lische Wirkung  erzielen  kOnnen!  An  die  ErflUlong  groiser 
Strategisoher  Aufgaben  seitens  der  Kavallerie-Diyisionen  dachte  man 
aber  damals  nicht,  denn  sonst  hätte  eine  so  handgreiflich  sich  dar- 
bietende Gelegenheit  nicht  verpafst  werden  können.  Das  dringende  Be- 
dürfnis, Nachrichten  Uber  den  Gegner  zu  bekommen,  hätte  schon 
zn  eigener  Thätigkeit  tirUiigen  niUsst-n,  ist  doch  die  Kenntnis  vom 
Feinde  eines  der  ersten  Elemente  des  Gelingens  der  eigenen  Ope- 
rationen. Nur  auf  die  eigene  Thätigkeit  kann  man  sich  im  Kriege 
unbedingt  verlassen,  Napoleon  nannte  sie  daher  eines  der  machtigsten 
Prinzipien  des  Krieges.  Schon  dals  man  sich  scheute,  in  das  stark 
bewaldete  Gelände  zu  gehen,  in  dem  man  mit  Kavallerie  keine 
Wirkung  glaubte  erzielen  zu  können,  kennzeichnet,  wie  man  sich 
dereo  Verwendung  damals  noch  dachte.  So  lag  denn  auch  der  Ge- 
danke ganz  lern,  daüs  ein  onUbersicbtliches  Crelände,  welches  noch 


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Die  8.  Kavallerie-Diyision  im  Kriege  J870-71. 


dazu  ganz  frei  vom  Feinde  hi,  ein  überraschendes  Auftreten  aulser- 
ordentlieh  beorünstif^t.  Heutzntafr«'  stehen  wir  auf  dem  Standpunkte, 
dals  die  Kavallerie  in  jedem  Gelände  verwendungsfUhig:  sein  mols, 
wenn  sie  nicht  tlherhaupt  aufhören  will,  eine  Waffe  zu  sein.  Nach 
der  Art  des  Geländes  mul's  aber  ihre  \'erwendunp  modifiziert  werden. 
Wenn  man  sieh  nicht  dazu  entschliefsen  konnte,  mit  der  jrauzeu 
Kavallerie-Division  Uber  die  Saar  zu  gehen,  so  hätte  wenigstens  der 
Initiativgedanke  dadurch  zum  Ausdruck  gebracht  werden  können,  dals 
man  den  genannten  Patrouillen  geschlossene  Eskadrons  folgen  liefs. 
Aber  auch  das  nicht.  Wir  werden  noch  sehen,  wie  sich  dies  geltend 
machte. 

Fttr  den  8.  August  hatte  General  v.  Steinmetz  ein  Rechtsschieben 
der  ersten  Armee  in  Aussicht  genommen,  nm  fttr  die  zweite  Armee 
die  Strafse  nach  St.  Avold  frei  zu  machen.  Dabei  hatte  nnn  endlich 
die  3.  KaTaUerie*Di?i8ion  die  Saar  überschritten.  Als  aber  ans  dem 
grofsen  Hauptquartiere  die  telegraphische  Weisung  erging,  daüs  die 
erste  Armee  in  der  Stellung  zwischen  Saarbrücken  nnd  Völklingen 
noch  verbleiben,  die  Spichemer  Höhen  besetzen  und  gegen  einen 
etwaigen  Angriff  behaupten  solle,  wurde  auch  die  3.  RavaUerie- 
Division  von  Picard  aus  wieder  ttber  die  Saar  zurttckgenommen  ond 
bezog  Biwaks  bei  Derlen,  nOrdlich  Völklingen.  Diese  Malsnahme 
zeigt  am  allerdeutliehsten,  fttr  was  man  die  Kavallerie-Division  hielt, 
nftmlich  eine  Armee-Reserve,  die  man  fttr  den  Fall  eines  feindlichen 
Angriffes  wieder  näher  an  den  rechten  Flttgel  der  Armee  glaubte 
heranziehen  zu  mttssen.  Es  wäre  gerade  in  der  augenblicklichen 
La^e  geboten  gewesen,  sich  Ktariieit  ttber  den  Verbleib  des  Feindes 
zu  verschaffen,  hatte  doch  General  v.  Moltke  telegraphiert:  „Direktiven 
fttr  d«i  weiteren  Vormarsch  können  erst  erfolgen,  wenn  Kavallerie 
ttber  Verbleib  des  Feindes  sichere  Nachricht  gebracht  hat" 
Ungeachtet  dessen  begnügte  man  sieh  mit  der  Entsendung  von  Pa- 
trouillen auf  Kntterimngen,  die  es  fast  ausschlössen,  eine  vorhulteude 
Thätigkeit  zu  erzielen.  Eine  solche  ist  eben  nicht  möglich,  wenn 
die  einmal  mit  dem  Gegner  erlangte  Fühlung  innner  wieder  auf- 
gegeben werden  muls. 

Von  Derlen  wurde  Leutnant  v.  l'apen- Köningen  von  den 
ö.  Ulanen  mit  15  Pferden  auf  Houlav  mit  dem  Auftrage  entsandt, 
die  Uber  diesen  Ort  nach  Metz  führende  Strafse  zu  beobachten  und 
soweit  als  möglich  gegen  Metz  aufzuklaren.  Zwischen  Tromborn 
und  Teterchen  traf  er  (h'U  Leutiinnt  v.  H;»niin  und  war  so  in  der 
Lage,  diesem  den  Rffehl  zum  N'orgehrii  aul  Hou/onville  zu  Über- 
mitteln. Dieser  Ort  wurde  unangefochten  rrn'icht  und  57  ('entner 
Hafer,  3  Fals  Wein,  Speck  und  Würste  requiriert.    Damit  kehrte 


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Die  8.  KaVmUerie-Diviaioii  im  Kriege  1870—71. 


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Lentnant  v.  Kamin  nach  Ittersdorf  und  von  da  nach  Derlen  zurück. 
Leutnant  v.  Papen  traf  in  Boulay  am  Ausg^ang  nach  Metz  auf  ohie 
etwa  12  Pferde  starke  feindliche   Abteilung:.     Dieselbe  zop:  sich 
fchleunigrst  auf  Bouchepom  —  nach  Angabe  der  Regimentsgeschichte 
allerdings  auf  Metz  —  zurück.    Die  diesseitige  Patrouille  brachte 
inlserdem  in  Erfahrung,  dafs  die  beiden  Divisionen,  die  bei  Boulay 
bis  zum  Abend  des  7.  gelagert  hatten,  ebenfalls  in  Richtung  aui 
Boachepom  abgezogen  seien,  dagegen  die  Gregend  von  Boulay  bis 
ies  Etangs  (Tennchen)  frei  vom  Feinde  sei.    Wir  wiss(>n,  dafs  das 
nicht  zotreffend  ist,  denn  die  Division  Cissey  war  in  der  Nacht  vom 
7.  zum  8.  AngQst  thatsächlich  nach  les  Etangs,  die  Division  Lorenees 
nach  Silly  marschiert,  bei  beiden  Orten  lagerten  sie  seit  dem  Morgen, 
die  KaTallerie-DiTtsion  Legrand    biwakierte   bei  LandonTtllers- 
Leotnant  v,  P^)en  ging  znnttebst  nach  Teterchen  nnd  von  da  ttber 
Saarlonis  nach  Derlen  zorttok.   In  Saarlonis  hatte  er  die  vom  Feinde 
in  Boulay  zorttckgelasmen  5  Wagen  mit  Hea  abgeliefert.  Infolge  der 
intOmlieheo  Meldung  glanbte  man  den  feindlichen  linken  Flügel 
bei  Boocbeporn  snohen  zn  sollen.    Es  ergiebt  sieh  hieraas,  um  mit 
Uebert  zn  reden,  dalb  das  feine  militärische  Gefühl,  Maisregeln  des 
Fenides  zn  erkennen,  bei  den  betretenden  Organen  zn  Anfang  eines 
Krieges  nieht  vorausgesetzt  werden  darf,  sondern  erst  dnreh  Kriegs^ 
eiiahmng  erworben  wird.  Dem  Leutnant  v.  Papen  kann  daraus, 
dafe  er  sich  nicht  selbst  von  der  Richtigkeit  dessen  Überzeugte,  was 
er  ia  Erfahrung  gebracht  hatte,  kaum  ein  Vorwarf  gemacht  werden. 
Denn  sein  Vorgehen  mnfote  doch  bei  dem  Mangel  jeglichen  RUck- 
Inlts  an  einer  gröfseren  geschlossenen  Abteilung  ritnmlicb  und  zeit- 
lieh eine  Grenze  finden.    Die  mit  dem  Feinde  gewonnene  Fühlung 
mulste  also  wieder  aufgegeben  werden.    Mit  dem  Wachsen  der  Ent- 
femunp  rruit'ste  es  schon  als  ein  Zufall  angesehen  werden,  wenn  die 
Fuiiluit-  üht-rhaupt  noch  gefunden  wurde.  Vom  Rittmeister  v.  liyiiinien 
scheint  an   diesem  Tage  keine  Meldung  eingegangen  zu  sein.  Die 
Leistungsfähigkeit  von  Patrouillen  nmfs  eben,   wenn  eine  gewisse 
räumliche  Grenze   Überschritten   ist.  in  Jeder  Beziehung  aufhören, 
wenn  gröfsere  Abteilungen  dann  nieht  Rückgrat  gelten. 

Mittlerweile  wareu  nun  auch  das  1.  Armeekorps  und  die 
1.  Kavallerie-Division  bei  der  ersten  Arme«'  eingerückt.  Die 
l-  Kavallerie-Division  befand  sich  bei  St.  Johann,  also  gleichfalls 
noch  auf  dem  rechten  Saarufer.  Der  am  S.  aus  dem  grofsen 
Hauptquartier  ergangene  Befehl  lautete:  ,.Da  bis  zur  Stunde  keine 
Nachricht  darUlier  angelangt  ist,  ob  der  Feind  Boulay  und  Bouzon- 
ville  verlassen,  hat  die  erste  Armee  auch  morgen  in  der  heute  be- 
fohlenen Stellmig  m  verbleiben.   Die  zweite  Armee  rückt  morgen 


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Die  8.  £&vtlIerie-DlviBioii  im  Krieg«  1870—71. 


mit  dem  leisten  Korps  an  die  Saar."  Ans  den  Briefen  des  Generals 
V.  Goeben  erfahren  wir,  daHs  der  General  y.  Steinmete  als  Norm 
Air  die  Verwendung  seiner  Armee  dem  Prinzip  des  nnbedingten 
Znsammenhaltens  seiner  Kräfte  hnldigte,  aneh  wenn  das  den  Ver- 
hftltnissen  nicht  entsprach.  Man  ersieht  daraos,  wie  die  meohaniaehe 
AnwendoDg  eines  an  nnd  für  sieh  richtigen  strategisohen  Grand- 
satzes auch  Nachteile  bringen  kann.  Denn  anstatt  die  Kavallerie- 
Divisionen  nun  zur  endlichen  Aufkläruncr  der  Verhältnisse  beim 
Gejjiier  zu  ^^ebrauclien,  liefs  mau  sie  noch  unthätip  beim  grorsen 
Haufen  verbleihen.  Wenn  man  nicht  wUfste,  dafs  der  Kümman(i</ur 
der  3.  Kavallerie -Division  bei  der  Weitergabe  der  l^atruuilleii- 
meldungeu  am  7.  August  die  ihm  imputierte  Bemerkung  angeschlossen 
hätte:  „Gröfsere  Kavallciiemassen  jenseits  der  Saar  vorläutig  ohne 
Wirkung,"  so  lüittc  man  erwarten  können,  von  ihm  den  Alles 
belebenden  uihI  trt'iljendeu  Impuls  des  Vorwärts  ausgehen  zu  sehen.  Bei 
jeglichem  Mangel  an  thatkräftiger  Energie  begnügte  man  sieh  denn 
also  mit  der  Ix'tohlt  ncn  Entsendung  von  Abteilungen,  die  Uber  die 
Aufstellung  des  Feindes,  insbesondere  hei  Bouchepom  Nachrichten 
einzuziehen  hatten.  Als  KUckhalt  liir  die  zu  entsendenden  Abteilungen, 
d.  i.  Patrouillen  wurde  der  Kavallerie-Division  ein  Bataillon  des 
I.  Armeekorps  zugeteilt.  Der  wieder  nach  Roulay  vorgehende 
Leutnant  v.  Ramin  meldete  den  Ort  vom  Feinde  Irei,  wandte  sich 
aber  von  da  nunmehr  gegen  Thionville.  Auch  Leutnant  v.  Papen- 
Köningen  fand  Boulay  unbesetzt,  aus  der  Richtung  von  Metz  näherte 
sich  aber  eine  starke  feindliche  Kavallerie-Abteilung.  Da  Leutnant 
?•  Papen  argwöhnte,  dafs  ihm  in  Boulay  ein  Hinterhalt  gelegt  sei. 
er  es  auch  ganz  richtiger  Weise  nicht  für  seine  Aufgabe  hielt,  sich 
in  ein  Gefecht  einzulassen,  beschlois  er,  ohne  BoQla>  zu  berühren, 
direkt  aaf  Teterchen  aosznweichen.  Dazu  molste  er  einen  Bach 
aberspringen,  den  3  seiner  15  Pferde  starken  Patrouille  zn  nehmen 
sieh  weigerten.  Infolge  des  dadurch  yerursachten  Anfenthalts 
waren  ihm  die  Franzosen,  einige  80  Husaren  yom  2.  Regiment,  so 
nahe  gekommen,  dals  nichts  Anderes  ttbrig  blieb,  um  die  3  Ulanen 
nicht  ihrem  Schicksal  zu  Überlassen,  dem  Feinde  enlgegensnreiten. 
In  dem  sich  an  die  Attacke  ansehlielsenden  Handgemenge  yer- 
loren  die  Franzosen  ihren  Rittmeister  (Jonvenot)  durch  3  Lanzen- 
stiche in  die  Brust  tot  und  2  Offiziere,  sowie  7  Husaren  schwer 
yerwnndet.  Die  Übrigen  Husaren  hatten  sich  wihrend  des  Gefeebta 
einzeln  nach  Bonlaj  zurtlckgezogcn,  also  auf  deutsch  gedruckt  Als 
dann  aber  der  Rest  der  feindlichen  Schwadron  erschien,  riitimte 
Leutnant  t.  Papen  selbstredend  das  Feld.  Der  Ulan  Kieserling  war 
gefallen,  auch  2  Pferde  blieben  tot  auf  dem  Platze  zurück.  Die 


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Die  8.  Kavallerie-DiTisioa  im  Kriege  1870—71. 


161 


Eskadron  des  Rittmeisters  Jouveuot  hatte  seitens  des  IV.  französischen 
Korps  den  Auftrag  gehabt,  bei  dem  weiteren  Rückzüge  desselben 
die  lästigen  feindlichen  Plänkler  abzuhalten.  Dazu  schien  ein  Teil 
der  Eskadron  zu  genügen,  der  Rest  war  daher  in  Volmerauge  zurück- 
gelassen worden.  Es  hat  sich  das  also  als  eine  gänzlich  falsche 
Mafsresrel  erwiesen.  Leutnant  v.  Papen  ritt  persönlich  zur  Meldung 
nach  Derlen,  die  Patrouille  liefs  er  in  Ober-FelsbcrL'.  Von  Landes- 
bewohnem  hatte  er  erlahren,  dals  Alles  nach  St.  Avold  und  Metz 
abmarschiert  sei.  Der  Meldung  des  Leutnants  v.  Papen  fügte  General 
Graf  Y.  d.  Groeben  hinzu,  dals  der  Offizier  noch  heafte  von  Neuem 
auf  Metz  zur  Erkundung  vorgehen  werde.  Nach  seinen  Angaben 
iriien  indes  grOlsere  Kavallerie- Abteilungen  in  jenem  welligen 
ond  beigigen  Terrain  mit  Natzen  nicht  zu  verwenden.  Für  solche 
AoflEsssang  hat  man  heutzutage  kein  Verständnis  mehr.  So  blieb 
gans  natürlich  die  wahre  Sachlage  ebenso  unbestimmt,  wie  tags  Yor- 
ker. Wie  sollte  man  auch  einen  Einblick  hinter  die  Nied  bekommen? 

Die  aufgebotenen  Mittel  waren  nnioreiehend  dasn,  wenn  aneh 
die  Zahl  der  Patrontllen  nm  deren  2  Termehrt  worden  war,  nftmlleh 
die  der  Leutnants  Balthasar  nnd  t.  Wallenberg,  beide  von  den 

14.  Ulanen.  Bis  Lanterbaoh  sollten  beide  Offiziere  gemeinsam 
reiten,  von  dort  Premier-Lentnant  Balthasar  sieh  anf  Bonohepom 
wenden,  nm  sich  mit  der  yermntlich  in  dortiger  Gegend  bemm- 
itieüenden  Patronille  des  Bittmeisters  t.  Hymmen  zn  Tereinigen, 
wllirend  Leutnant  Wallenberg  mit  15  Pferden  die  Richtung  auf 
St  Ayold  zn  nehmen  hatte.  Balthasar  traf  auch  Hymmen,  dessen 
Abteilung  er  nm  20  Pferde  vermehrte.  Meldungen  dieser  Patrouillen 
liegen  nicht  vor,  ans  derjenigen  des  Leutnants  Graten  r.  Itzenplitz 
der  8.  Bnsaren  —  OlvisionskaTallerie-Regiment  der  13.  Division  — 
ging  aber  hervor,  dafe  bei  Booehepom  sieh  kein  Feind  befknd.  Erst 
auf  der  Strafse  nach  Metz  bei  Fouligny  (Fullingen)  war  Leotoant 
Graf  V.  Itzenplitz  auf  ein  französisches  Lager  von  etwa  40000  bis 
ÖOOOO  Mann  gestofsen.  Wie  alx  r  dieser  Patrouille  der  weitere 
Rückzag  der  Franzosen  nicht  ent^'un^^en  war,  so  auch  nicht  den 

15.  Ulanen,  die  dauernd  mit  ihnen  in  FUhluii^^  blieben.  Das  Gros 
der  3.  Kavallerie-Division  befand  sich  am  Abend  dieses  Tages  vom 
femdlicheu  linken  Flügel,  der  auf  dem  weiteren  Rückzüge  das 
Plateau  von  St.  Barbe  bereits  erreichte,  in  der  Luft  gemessen  etwa 
4U  km  entfernt.  So  hätten  dann  auch  etwa  über  Boulay  (Bolchen) 
noch  weiter  selbst  bis  les  Etaugs  (Tennchen)  vorgehende  Patrouillen 
keinen  Feind  mehr  angetroffen,  vielmehr  erst  bei  Glattigny,  wohin 
die  bis  jetzt  zum  III.  französischen  Korps  abkommandierte  Division 
Grenier  abends  11  Uhr  von  Bionville  (Bingen)  her  gelangte. 

Jateiftoliw  Ar  di«  d««taeto  Am**  n>d  MuiiM.  Bd.  114.  %  11 


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Die  8.  Kavallaile-DMaiiMi  im  Kilege  1870—71. 


Bei  dem  nim  am  10.  Aogast  begiimendeii  Voimaneb  war  ftlr 
den  reohten  Elllgel  der  zwdten  Armee  die  Stralse  von  Saarbrtteken 
Uber  Si  ATold  im  allgemdnen  als  die  Grenzlinie  ^eo  das  nOrdüch 
derselben  gelegene  Bewegongsfeid  der  ersten  Armee  bezeicbnet 
worden.  Znr  Sieherang  des  Marsehes  sollte  die  Kavallerie  anf 
grOisere  Entfemmig  voigesehickt  nnd  dnreh  weit  Torgesobobene 
Avantgarden  nntenttitit  werden,  damit  erforderiiobenfalls  die  Armeen 
Zeit  hätten,  in  sieb  anfimscblielsen.  General  v.  Steinmets  beseblofs 
znnftdiBt  die  erste  Armee  ani  die  ihr  zugeteilten  Stratsen  zn  setzen, 
als  deren  nördlichste  die  tod  Saarloais — Boolay — les  Etangs  galt 
Nach  einem,  besonders  infolg'e  ouverraeidlicher  Kreuzungen  beschwer- 
lichen Marsche  befanden  sich  die  Vorposten  der  Armee  in  Linie 
Guertiug  (Gertin^en)  -Boucheporn  (Huschhorn).  Hinter  ihnen  la^^ 
auf  dem  rechten  Flügel  das  I.  Armeekorps  südlich  Creutzwald,  da- 
neben das  VlI.  zwischen  Carling  und  l'Hopital,  in  zweiter  Linie  das 
VIII.  bei  Lauterbach,  dort  auch  das  Armee-Oberkommando.  Von 
den  Kavallerie-Divisionen  befand  sich  die  1 .  in  dritter  Linie  bei 
Ludweiler,  die  3.  aber  rechts  vom  I.  Armeekorps  bei  Überherrn, 
Abteilungen  auf  Bonlay — Bouzonville  vorgetrieben.  Das  General- 
stabswerk sagt  dazu  sehr  bezeichnend:  „Da  sich  die  Kavallerie- 
Divisionen  der  ersten  Anuee  nicht  in  der  vorderen  Linie  befanden, 
so  hatte  die  unmittelbare  Berührung  mit  dem  Feinde  hier  fast  ganz 
aufgehört.^  Den  Direktiven  Moltkes  dürfte  es  mehr  entsprochen 
haben,  wenn  die  beiden  Kavallerie-Divisionen  die  3.  etwa  nach  Falk, 
die  l.  tre^^en  Boucheporn  dirigiert  worden  wären  mit  dem  Befehl, 
links  Auschluls  an  die  Kavallerie  der  zweiten  Armee  zu  suchen,  im 
übrigen  aber  gegen  und  Uber  die  Nied  anfznklären.  Zum  Uber- 
gange Uber  die  Saar  war  der  3.  Kavallerie-Division  die  Furth  bei 
Bools  oberhalb  Saarlonis  oder  der  Übeigang  bei  Völklingen  hinter 
dem  I.  Armeekorps  angewiesen  worden,  desgleichen  der  letztere  der 
1.  Kavallerie-Division.  Es  wäre  zweckmälsiger  gewesen,  die 
8.  KavaUerie-Division  bei  Saarlonis  selbst  ttbergehen  za  lassen,  wenn 
sieb  die  genannte  Furth,  zn  deren  Elrknndung  doch  wohl  Zeit  genng 
gewesen  war,  als  nicht  praktikabel  zeigte.  Die  1.  Kavallerie-Divisioii 
hätte  aber  so  früh  anfbreeben  müssen,  dals  sie  bei  Völklingen  vor 
dem  I.  Korps  ttbergehen  konnte.  Bei  solcher  Anordnnng  wftren 
Stockungen  und  Rrenznngen  aller  Art  Termieden  worden,  die 
Kavallerie  -  Divisionen  hatten  dann  anch  etwa  vor  der  Armee 
ihnen  angewiesene  Pnnkte  noch  eireichen  können.  Die  8.  Kavallerie- 
Division  ttbersehiitt  aber  bei  VOllUingen  hinter  dem  I.  Armeekorps 
die  Saar  nnd  dirigierte  dann  ihre  Avantgarde,  die  14.  Ulanen,  nach 
Hargarten,  woselbst  deren  Stab  mit  der  1.  nnd  2.  Eskadron  ver- 


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Die  8.  KavaUerle-Diviaioii  im  Kriege  1870—71.  163 

Uiebeo.  Westlich  von  Hargarten  befand  sieh  die  4.  nnd  nöidUcb 
Falk  die  3.  Eskadron.  Feldwachen  waren  an%e8tellt  bä  Trombom, 
Teterchen  nnd  Gonme  (Knbmen).  Kaeh  Bonzonville  wie  anoh  nach 
Boulay  wnide  patronilUeri    Rittmeister  t.  Hymmen  war  über 

BoQcbepom  und  Helstroff  nach  Varize  (Waibelskircben)  gelangt  and 
befand  sich  dort  den  feindlichen  Lagern  an  der  Nied  gegenüber. 
Leotnant  v.  Wallenberg  batte  feindliche  Lager  bei  Courcelles,  Munt 
und  Pange  beobachtet.  Nach  einer  schaurigen  Kegennacht,  deren 
sich  jeder,  der  dieselbe  persönlich  erlebt  hat,  noch  erinnern  wird, 
kam  der  11.  August  heran,  an  welchem  die  erste  Armee  im  All- 
gemeinen Kuhetag  hatte.  Als  aber  ihr  Befehl  für  den  12.  im 
grolsen  Hauptquartier  vorlag,  nach  welchem  die  Kavallerie  noch 
immer  zurückgehalten  wurde,  erging  Weisung,  die  Kavallerie-Divisionen 
noninehr  aber  unverzüglich  über  die  allgemeine  Frontlinie  hinaus 
vorzuschicken,  um  im  Sinne  der  früheren  Direktiven,  die  auf  jener 
Seite  ganz  unvolikonunene  Aufklärung  endlich  zu  vervollständigen. 
Ab  Stelle  der  Direktive  war  jetzt  also  der  Befehl  getreten.  Die 
3,  Kavallerie-Division  hatte  sofort  nach  Teterchen  abzumarschieren. 
Die  Zeiten  des  Aufbruchs  aus  dem  Biwak  gehen  weit  auseinander, 
von  7 — 10  Uhr  abends.  Dem  Vorposten-Regiment  ward  der  Auf- 
trag, die  Übergänge  über  die  Nied  von  les  Etangs  (Tennchen)  bis 
Holling  zu  beobachten.  Das  Gros  der  14.  Ulanen  ging  nach  Bettange, 
ihre  4.  Eskadron  ( v.  ICaisenberg)  als  linke  Seitendeckung  bis  Hoolay 
Uber  den  Ort  wurden  zwei  Feldwachen  vorgeschoben.  Seitens  einer 
derselben  kam  es  zu  einem  tdinden  Alarm,  iniolgedessen  die  Es- 
kadron eine  Meile  weit  Uber  Boolay  vorging.  Am  12.  kehrte  sie  zum 
Regiment  nach  J^idanes  aurttek.  Rittmeister  v.  Hymmen  hatte  den 
Feind,  seitdem  er  tags  Torber  Ftlblnng  mit  ihm  bekommen  hatte, 
nicht  wieder  aus  den  Augen  gelassen.  Er  bemerkte  starke  Kolonnen 
aller  Wafien  im  Abmaisoh  aof  Metz.  Die  feindliebe  ArriÖregarde 
maebte  erst  5  km  yon  Mets  bei  Belleeroiz  Halt. 

Leutnant  t.  Ramin  hatten  wir  am  9.  die  Richtung  nach  Thionville 
ebseUagen  sehen.  Leutnant  v.  Papen  war  nach  Erstattung  seiner 
Meldung  Uber  das  Renkontre  bei  Bonlay  mit  finsohen  Leuten  und 
Pferden  aus  dem  Biwak  bei  Derlen  noch  selbigen  Tages  wieder  auf- 
gebrochen. Beide  Offiziere  trafen  sich  am  Morgen  des  11.  August 
in  Daistein  und  ritten  gemeinscbaflich  gegen  TbiouTille  weiter.  Sie 
gelangten  bis  nahe  an  die  Tbore  der  Festung  und  stellten  deren 
Armierung  fest  Am  Morgen  des  folgenden  Tages  trafen  de  wieder 
bd  ihren  Regimentem  ein. 

Das  Oros  der  Division  war  in  der  Torhergehenden  Nacht  um 
1  Uhr  in  Teterehen  angekommen.  Um      Uhr  morgens  wurde  wieder 

II* 


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164 


Die  8.  KRTiUmfo-DiviaUm  im  KHage  1870—71. 


an^brochen  und  Boboo  nm  7  Uhr  ein  Biwak  bei  Bettange  fllr  den 
ganzen  Tag  bezogen.  Die  Ayantgarde  befand  sieh  auch  nur  Uber 
den  Nachbarort  Gommelange  (GebDaingen)  binaiu  vorgeschoben.  Eine 
Tom  Oberst  v.  Lüderitz,  dem  Kommandeur  der  14.  Ulanen,  am  Nach- 
mittage Ton  Kidanes  (Nidingen)  ttber  Oondreyille  gegen  St  Barbe 
und  Foix  mit  3  Zttgen  nntemommene  Erknndong  stiefe  dort  erst 
an!  den  Feind,  der  aof  Bataillonsstftrke  geschätzt  wurde.  Bei 
Serrignywnrde  aber  ein  Lager  bedeutender  Trappenmassen  beol>acbtet. 
Weichen  Bindrock  hätte  wohl  hier  das  Erscheinen  der  ganzen  Ka- 
Tallerie-DiTision  mit  ihrer  Batterie  herYOtgerufen.  Während  dessen 
hätten  dsnn  yon  einzelnen  Eskadrons  Untemehmnngen  gegen  die 
Mosel  und  die  Verbindungen  zwischen  Hetz  und  Tbionville  untere 
nommen  werden  können,  ähnlich  denen  der  6.  Kavallerie-Division 
bei  Pont  ä  Moosson,  Dieulonard  und  Frouard.  Die  Gefiüir  einer  StOrong 
unterhalb  Hetz  war  kaum  zu  besorgen,  denn  der  ganze  nördliche 
Distrikt  zwischen  Nied  und  Hösel  zeigte  sich  von  französischen 
Truppen  völlig  entblöist 

Aus  Oondö  Northen  (Contohen)  meldete  Bittmeister  v.  Hymmen, 
dafe  er  mit  Leutnant  Balthasar  and  40  Ulanen  bis  auf  etwa  600  m 
an  das  französische  Lager  bei  Bellecroix  herangekommen  sei  und 
dasselbe  auf  Divisionsstärke  schätze.  Lager  schienen  sich  bis  unter 
die  Mauern  von  Metz  hinzuerstrecken.  Diesseits  Bellecroix  seien  die 
Stralsen  vou  Bouzonville,  Boulay  und  St  Avold  frei.  Ein  Transport 
von  GO  Centneru  Hafer  sei  von  Bellecroix  mit  zurückgebracht  worden, 
was  die  Franzosen  ruhig  geschehen  liefseu.  Hymmen  wurde  alsbald 
seiner  ersprierslichen  Thätigkeit  behufs  Verwendung  als  Ad  jutant  hei 
der  3.  Reserve -Division  entzogen.  Auch  I^eutnant  v.  Wallenberg 
kehrte  am  12.  von  seinem  mehrtägigen  Patrouillenritt  nach  Bettange 
zurück. 

Premier-Leutnant  V.  Voigt-lihetz  der  3.  Kskadron  des  8.  Kürassier- 
Regiments  war  mit  einem  Zuge  über  Bouzonville  zur  Erkundung 
nach  Thionville  entsandt  worden.  Erst  in  Stuckange,  also  etwa 
^/^  Meile  nur  noch  von  der  Festung  euttVrnt,  war  er  auf  fouragierende 
feindliche  Dragoner  gestofsen.  8ie  entzogen  sich  ihm  durch  eilige 
Flacht  unter  Zurüeklassong  der  Haferwagen.  Im  flotten  Vorwärts- 
reiten gelangten  die  Kürassiere  um  2  Uhr  nachmittag  Tor  den  offenen 
Thoren  von  Thionville  an.  Ein  Mobilgardist  wurde  gefangen  ge- 
nommen. Die  von  der  Nationalgarde  besetzte  Wache  ergriff  eine 
derartige  Panik,  dals  sie  die  Gewehre  fortwarf  und  in  die  Stadt 
flüchtete.  Ein  preufsischer  Reservist  meldete  sich.  Er  war  in  der 
Festung  znrttokgeh alten  worden.  Bei  Tage  hatte  er  an  den  Werken 
arbeiten  müssen,  bei  Nacht  befand  er  sich  in  festem  Gewahrsam. 


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Die  8.  lUT»Uerie-DiTi8ion  im  Knege  1870-71. 


16& 


Im  übrigens  auf  die  Angaben  dieses  Keserviste»  am  1").  August 
gegen  die  Festung  versuchter  Handstreich  seitens  der  durch  Kavallerie 
aod  Artillerie  verstärktt  u  'U.  Infanterie-Brigade  outer  dem  General 
Grafen  (iueisenau  war  bekanntlich  erfolglos. 

Am  12.  August  rtlekte  die  erste  Armee  mit  dem  I.  und  VU.  Armee- 
korps in  die  Linie  Boulay — Kalling — Marange  mit  dem  VIII.  als 
Resen  e  nach  Boueheporn — Nieder — Wisse.  Die  1.  Kavallerie-Division 
befand  sich  westlich  Fouligny  bei  KaviUe.  Da  nach  den  eingezogeneo 
liaebriebten  die  Hauptmacht  des  Feiodes  im  RUckznge  durch  Metz 
Iber  die  Mosel  begriffen  war,  hatte  am  13.  August  die  erste  Armee 
gegen  die  französische  Nied  und  zwar  mit  dem  Gros  auf  die  Linie 
les  Etangs — Conrcelles — Fange — Domangeville  za  rUcken  nnd  den 
Bahnhof  Courcelles  zu  sichern.  „Kavallerie  rekognosziert  gegen 
Metz  und  überschreitet  die  Mosel  unterhalb."  Die  erste 
Amee  hatte  somit  die  rechte  Flanke  der  aoi  die  Linie  Bachy  — 
Ghllean-Sa]i]i8  marsehierenden  sweiten  Armee  so  decken,  deren  Vor- 
poeten  bis  an  die  Seüle  Toisosohieben  waren  nnd  deren  Eayallerie 
neb  der  Hofielllbergänge  bei  Pont  k  Monsson,  Oienlonard,  Marbaobe  etc. 
n  venicheni  and  Uber  den  Flois  hinaus  sn  erkunden  hatte. 

Auf  dem  ttuCsersten  rechten  FlOgel  der  ersten  Armee  ging  die 
3.  KaTaUerie-Division  in  Richtnng  gegen  Metz  vor.  Das  an  der 
Spitze  befindliche  7.  Ulanen-Regiment  fand  Vr6mj  Ton  ieindlicher 
InisBtezie  besetzt  Das  Regiment  ging  yor  dem  Feuer  derselben 
mtlek  nnd  nahm  znr  Decknng  des  Divisionsbiwaks  bei  Vry  Vor- 
posten im  Anschlnls  an  die  bei  St  Barbe  befindlichen  der  2.  In£uiteiie- 
DiTision  bis  Aber  Sanry-les-Vigy  hinans.  Zur  Deckung  der  rechten 
Hanke  war  die  2.  Eskadron  (y.  Luek)  nach  Vigy  mit  dem  Auftrage 
entsandt  worden,  gegen  die  Mosel  nnd  nach  Thionyille  hin  zu  pa- 
tionillieren.  In  letzterer  Kichtnng  wurde  Premier -Leutnant  v.  Müller  I. 
■it  15  Pferden  entsandt.  Es  gelang  ihm,  bis  an  die  auf  400  Schritte 
TOD  der  Festung  vorgeschobene  Postenkette  zu  kommen,  vor  deren 
Feuer  er  dann  aber  zurückgehen  mulste,  „Durch  diese  Erkundung," 
heilst  es  in  der  1890  erschienenen  Regimentsgeschichte,  ..aber  war 
die  Kavallerie-Division  meilenweit  Uber  den  Feind  sowohl  wie  über 
üas  (iclände  vollständig  aufgeklärt."'  Leutnant  der  Reserve  Schultz 
set/ic  auf  der  Fähre  bei  Haueoncourt  mit  5  Pferden  zu  gleicher  Zeit 
über  die  Mosel,  patrouillierte  die  nächste  IJmgelmug  ab,  ohne  etwas 
vom  Feinde  zu  finden,  und  kehrte  naeh  kurzem  Aufenthalte  auf 
dem  linken  Moselufer  wieder  auf  das  rechte  Ufer  zurück.  Der 
Fuhrmann  war  während  dessen  durch  einen  Ulanen  mit  der  Pistole 
in  der  Hand  bewacht  worden.  Nachdem  die  Patrouille  wieder  im 
das  rechte  Ufer  gebracht  worden  war,  verschwand  der  Fährmann. 


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Die  3.  Kavalierie-Di\  isioa  im  Ivriege  1870—71. 


„Die  von  dem  groben  Bnnptqaartier  angeoidneten  grOfseren 
Rekognoszienmgen  anf  dem  Unken  Moselnfer  mofirten  onterbleiben, 
weil  alle  Fahrzenge  auf  dem  Flnsse  vom  Feinde  in  Sieherheit 

gebracht  waren/'  so  sagt  das  Generalstabswerk,  nachdem  es  des 
ÜbersetzLiis  der  i'utroiiille  der  7.  Ulanen  Er\%'ähnang  getban  bat 
Die  Unterlassong  der  Kavallerie-Division  erfährt  also  eine  Be- 
urteilung, die  bei  Kenntnils  des  Moltkeschen  Stils  eines  weiteren 
Kommentars  allerdings  nicht  bedarf.  Wenn  mau  nun  aus  ..Der 
Reiterei  etc.*^  von  v.  Pelet-Narbonue  erfahrt,  dafs  dem  Oberkommando 
der  ersten  Armee  gleichzeitig  mit  dem  Befehl  des  grofsen  Haupt- 
quartiers eingehende  Angaben  von  Ubergangsponkten  tlber  die 
Mosel  zwischen  Metz  und  Thionville  zugegangen  waren,  dafs  ferner 
am  12.  nachmittags  ein  Schreiben  vom  Oberkommando  der  zweiten 
Armee  eingegaugeu  war,  welches  Mitteilung  machte  von  den  fllr  den 
18.  beabsichtigten  Bewegungen  und  den  dabei  den  Kavallerie-Divi- 
sionen gestellten  Aufgaben  insbesondere  auf  dem  jenseitigen  Mosel- 
ufer und  das  mit  dem  Hinweis  geschlossen  wird,  dafs  ^eine  ähnliche 
Operation  der  Kavallerie  der  ersten  Armee  Metz  in  4 — 5  Tagen 
isolieren  würde,"'  so  kann  man  nur  annehmen,  dals  der  besondere 
Wert  einer  Operation  der  Kavallerie  der  ersten  Armee  auf  das 
linke  Moseluier  nicht  erkannt  worden  ist  und  eine  solche  daher 
unterblieb.  Bin  mit  einer  derartigen  Unternehmung  rechtzeitig  be- 
auftragtes Regiment  hätte  dieselbe  mit  Leichtigkeit  ausführen  iLtfnnen. 
Selbst  für  die  ganze  Division,  ja  beide  Kayallerie-Divisionen,  wäre 
der  Befehl  ausführbar  gewesen.  Man  sieht,  mit  dem  strikten  Befeht 
am  11.  August,  die  Kavallerie  nunmehr  aber  angesichts  desselben 
Yonnseliieben  und  zur  Anfklürung  der  Verhältnisse  beim  Gegner  so 
▼erwenden,  war  der  Bann  noeb  nicht  gebroehen.  Das  mag  aber 
zur  Lehre  dienen,  wie  schwer  durch  Fdedensgewohnbeiten  fest  ein- 
gewurzelte Ideen  zu  beseitigen  sind!  Dazu  hilft  auch  selbst  der 
strikte  Befehl  nicht.  Als  solcher  muls  die  Überschreitung  der  Mosel 
durch  ELaTallerie  noch  garnicht  euimal  an^efafot  worden  sein,  denn 
sonst  hätte  man  doch  melden  müssen,  dafs  und  warum  der  Befehl 
nicht  zur  AnsfUfarung  kam.  Im  groihen  Haoptqoartier  sowohl  wie 
ganz  besonders  aber  beun  Oberkommando  der  zweiten  Armee  rechnete 
man  mit  dem  Oberschreiten  der  Mosel  unterhalb  Metz  seitens  der 
Kavallerie  der  ersten  Armee.  Der  Befehl  vom  12.  an  das  General- 
kommando des  X.  Armeekorps,  dem  zur  Zeit  noch  die  Brigaden  Barby 
und  Bedem  der  5.  Kavallerie-DiTision  unterstellt  waren,  lautete 
nämlich :  „Nachdem  der  Femd  die  Stellung  hinter  der  Nied  geräumt  hat, 
wollen  Ew.  etc.  den  Generalleutnant  v.  Rbeinbaben  mit  seinen  beiden 
Ra?allerie- Brigaden,  zu  welchen  ich  baldmöglichst  auch  die  Kavallerie- 


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Die  8.  KavaUerie-DiTiaion  im  Kriege  1870—71. 


167 


Bogtde  Bredow  stofiieii  lassen  werde,  heute  noeh  in  der  Riehtung 
nf  Pont  &  Honsson  nnd  Dienlonard  naeh  der  Mosel  in  Bewegung 
«eben.  Der  General  t.  Sbeinbaben  soll  die  Mosel  ttberschreiten, 
dai  Platean  swisehen  Mosel  nnd  Maas  gewinnen  nnd  in  nördlicher 
BielitoDg  gegen  die  Stra&e  Mete — Verdnn  Torgehen,  am  klar  in 
sehen,  ob  der  Feind  auf  dieser  Stralse  von  Metz  abzieht  Erfolgt, 
wie  vorauszusetzen,  ein  gleiches  Vorgehen  seitens  der  Kavallerie- 
Divisionen  der  ersten  Armee  Uber  die  Mosel  unterhalb  Metz,  so  würde 
die  feindliche  Armee  bei  Metz  binnen  3  bis  4  Tagen  von  jeder  Ver- 
bindung mit  Frankreich  abgeschnitten  sein.  Die  hohe  Wichtiirkeit 
dieses  Zieles  wollen  Ew.  etc.  dem  Generalleutnant  v.  Kheinbaben 
mitteilen.  Morgen  früh  ist  dann,  unter  möglichst  beschleunigter  Vor- 
aossendung  einer  Avantgarde,  eine  Infanterie-Division  gejren  Pont  ä 
Moasson  in  Marsch  zu  setzen,  um  diesen  wichtigen  Punkt  zu  okku- 
pieren und  die  Verbindung  mit  dem  General  v.  Rbeinbaben  zu  er- 
halten." Welches  Gewicht  man  auf  das  Uberschreiten  der  Mosel 
seitens  der  Deutschen  auch  nördlich  von  Metz  im  feindlichen  Lager 
legte,  beweist  der  Umstand,  dals  Bazaine  endgültig  erst  am  13.  August 
abends  zu  bewegen  war,  die  Steflun^^  östlich  Metz  aufzugeben,  als 
der  Kaiser  ihm  eine  Depesche  der  Kaiserin  aus  Paris  vorlegen  liefs, 
nach  welcher  die  Deutschen  sttdlich  und  nördlich  von  Metz  die  Mosel 
bereits  Überschritten  hätten.  Die  3.  Kavallerie-Division  hatte  indes 
die  Mosel  nur  vorübergehend  mit  einer  einzigen  Patrouille  tlber- 
scbritten  und  begnügte  sich  mit  der  Beobachtung  gegen  Metz  hin. 
^  blieben  denn  anoh  die  feindlichen  Verbindungen  von  Metz  in 
otfrdlieher  Richtung  vorerst  noch  unberührt.  Erst  am  18.  August 
Abends  zwischen  7  und  8  Uhr  gelang  es  den  beiden  sächsischen 
Btttmeistern  v.  Klenck  nnd  t.  Polenz  von  Auboud  ans  bei  Riehemont 
bezw.  Uckange  Zerstörungen  der  Telegraphenleitnng,  sowie  auch  der 
Eiseobahn  von  Metz  nach  1'hionvilie  vorzunehmen.  Desgleichen 
C^sng  es  einer  Abtheilnng  der  säcbsisehen  4.  Pionier-Kompagnie 
unter  Ftthmng  des  Majors  Klemm  in  der  dem  Tage  folgenden  Nacht 
auf  der  Ardennenbahn  (TbionTÜle— Longnyon— Mteidres)  bei  Men^le 
Bss  die  Schienen  in  einer  Ubge  Ton  250  Schritten  anssaheben,  in 
den  Grönebach  an  werfen  nnd  den  Telegraphen  zn  zerstören.  Bei 
Kaiziöiea,  nnr  Meile  yon  Haneoneonrt  entfernt,  wnrde  seitens 
der  der  Brigade  Montbö  ad  hoc  zngeteilten  Pionier-Abteilnng  die 
Eis  enbahn  erat  am  19.  Angnst  zerstOri  Und  welche  An^ben  warteten 
hl  rem  taktisch-strategischer  Beziehung  der  Kayallerie  der  ersten 
Armee  anf  dem  Imken  Moselnier.  Aniklirang  desselben,  Durch- 
sehne  idnng  bezw.  Beobachtong  der  nach  der  Maas  fthrenden  Strafsen, 
hubesondere  der  nördlichsten  derselben  tiber  Briejr;  eyent  un  Verein 


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Die  8.  KaTallerie-Diviakui  im  Kriege  1870^71. 


mit  der  6.  Kavatterie-IHnaion  entsoheldender  EftTalleriekampl  am 
15.  Angiut  ^egen  die  KaTaUerie-DiTisioiien  de  Forton,  Du  Baiail 
mid  de  Valabrögae;  eyent.  aoeh  Vereitoliug  der  Abfahrt  des  KaiBera 
Napoleon  am  16.  fillh  mit  dem  Hahneosehrei  Ton  Gravelotte  Uber 
Jarny  naeb  Yerdnn;  ?ielleiobt  aaeh  Teilnabme  an  der  Schlaobt 
bei  Yionyüle-Mars  la  Tour.  Bei  Anweaenbeit  der  Kavallerie  der 
ersten  Armee  oder  doeb  wenigstens  mnes  gnten  Teils  derselben  aoi 
dem  Unken  Moeeliifer  iritoe  man  am  17.  Angost  nnd  ancb  noefa  am 
18.  niebt  im  Zwmfel  darttber  gewesen,  ob  die  ganze  Bheinarmee 
sieb  noeb  bei  Mete  befinde  oder  niebt  nnd  wo  deren  reebter  Flllgel 
m  Sachen  sei,  welche  Gewilsheit  den  18.  Aogost  weniger  blutig  gestaltet 
haben  durfte.  In  Anbetracht  dessen,  dals  aber  von  der  selbständigen 
Kavallerie  der  ersten  Armee  sich  nicht  ein  Pferdeschwan/,  auf  dem 
linken  Moselufer  nördlich  Metz  bet'aud,  muls  es  übrigens  noch  alb 
ein  Glück  bezeichnet  werden,  dal's  die  zur  Aufsuchung  der  Ver- 
bindang  seitens  der  5.  Kavallerie-Division  in  nördlicher  Kichtnng 
entsandte  Eskadrun  Wultfeii  der  U>.  Ulanen  schon  bei  Jarny  an  der 
Ausftihrung  ihres  Auftrajres  scheiterte.  Die  3.  Kavallerie-Division 
sah  sich  im  ganzen  Verlaufe  des  Krieges-  nicht  wieder  vor  so  be- 
deutungsvolle Aufgaben,  wie  in  jenen  Augusttagen  gestellt! 

Aus  ihrer  also  gegen  Metz  auf  dein  rechten  Moselufer  gerichteten 
Stellung  meldete  sie  am  13.  August  ein  grolses  Huttenlager  diesseits 
des  Waldes  von  Grimont,  welches  sich  zweifellos  bis  Uber  die  ^trafse 
von  Bouzonville  hinziehe.  Kleinere  Lager  befänden  sich  auch  nördlich 
von  ersterem  bei  Chieulles,  die  feindlichen  Vorposten  in  Linie  Failly- 
Poix-Servigny.  Am  14.  hatte  die  erste  Armee  in  ihrer  am  13.  ge- 
nommenen Stellung  zu  verbleiben,  also  links  beginnend,  die  1.  K&- 
▼alieiie-DiTision  bei  Pontoj,  VIL  Korps  von  Domangeville  bis  Fange, 
1.  von  Conreelles-Chanssy  bis  Landon villers,  Avantgarden  bei  Port 
k  Cbaussy  nnd  les  Etangs,  3.  Kavallerie-Division  bei  Vry  binter 
dem  L  Korps  das  VUL  bei  Biouville  und  Varize;  durch  vorge- 
schobene Avantgarden  war  zu  beobachten,  was  der  Feind  tbnt  Am 
Schluls  des  am  18.  Angust  abends  9  Uhr  in  Hemy  erlassenen  Be- 
febls  beiist  es  noeb:  „Die  Kavallerie  beider  Armeen  (der  ersten 
nnd  xwdten)  ist  mOgliebst  weit  vorznsebieben  nnd  bat  einen 
etwaigen  Kttckzog  des  Feindes  anf  der  Stralse  von  Mets  naob  Verdan 
sn  bennmbigen.'*  Bei  der  dritten  Kavallerie-Division  blieb  indes  bis 
anf  die  VorpostenablOsnngen  innerbalb  des  7.  Ulanen-Begiments  alles 
nnverilndert.  Premier-Leutnant  v.  Mttller  IL  wurde  gegen  die  Mosel 
in  Riebtang  Malroy  entsandt.  Noeb  diesseits  Gbarly  sieb  zeigende 
Kavallerie  ging  in  den  Ort  snrttok,  der  sieb  von  feindlieber  Infanterie 
besetzt  zeigte.    Das  Pferd  des  Leutnants  v.  Mttller  wnrde  von 


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Die  8.  KayaUerie-DiTliiaii  im  Kritge  1870^71.  169 


■ehnreo    Kageln    niedergestreckt,    lJDtero£fiuer    Bankrath  ver- 
windet)  seio  Pferd  enebonen.    Die  Bewecpamgen  im  feindiiehea 
Uger  hatten   etwa    am    8   Uhr  morgens    eine  Alarmierun^ 
dar  Dtfiaion  znr  Folge.    Wenn  man  zur  Zeit  glanbte,  dafs  die 
fVuiosen  einen  Angriff  vorbereiteten,  so  bekundeten  die  am  Nach- 
■ittag  eingebenden  Meldnngen  der  Räomong  von  Gbienlles  sowohl 
wie  saeb  des  Lagers  am  Walde  Ton  Grimont  das  Gegenteil,  den 
ilnog  der  Fhmsosen  anf  Meta.  Das  daraufhin  mittlerweile  am  4  Uhr 
ilittgehabte  Vorgeben  der  Avan^aide  des  VII.  Korps  ftlbrte  snr 
SeUseht  bei  Golombej-Konilly.    Die  sam  Teil  gerade  Gottesdienst 
abhaltende  8.  Kavallerie-DiTision  wurde  dnreb  den  nm  6  Uhr  bOrbar 
wodenden  Kanonendonner  abermals  alarmiert.  Mit  der  bei  Avancy 
aaf  Vorposten  befindlidien  4.  Eskadron  —  die  8.  blieb  sar  Siehe- 
isi^  der  reehten  Flanke  bei  \igy  —  ging  Oberstlentnant  y.  Feste! 
aaf  Foix  yor,  woselbst  er  eine  gegen  das  feindliehe  Feuer  gedeckte 
Slelliing  nahm  and  naeh  ViUers  TOrme  beobachtete.    Die  1.  and. 
t  Eskadron  waren  anf  8t  Barbe  gefolgt,  woselbst  sie  sieb  später 
der  Division  anschlössen.   In  einer  Aufstellung  nordwestlich  Retonfay 
deckte  dann,   der  Aufforderung'   des   Generals  v.  Pritzelwitz  ent- 
sprechend, die  Division  die  Flanke  der  auf  diesem  Flügel  betindlichen 
2.  Infanterie-Division.     Als  die  Spitze   derselben  bereits  im  l»c|j:nil 
war,  über  den  Abschnitt  bei  Nouilly  sich  gegen  die  bei  Mey  seitens 
der  Franzosen  zorUckgelasseue  Division  Grenier  zu  wenden,  ^^riffen 
die  wieder  Front  machenden  Divisionen  des  IV.  frauzusischeii  Korps 
in  den  Kampf  ein.     Zur  unmittelbaren  Unterstützung  der  Division 
Grenier  rückte   die  Division  Cissey  vor.     Der  Nouiily-xVlischiiitt 
mulste  daher  diesseits  zunächst  wieder  «geräumt  werden,  Noisseviiie 
•ber  wurde  behauptet.    Einer  feindlicherseits  beabsichtigten  üm- 
gebung  des  prenfsischen  rechten  Flügels  über  Villers  TOrme  zu  be- 
gegnen, war  vorerst  das  Füsilier-Bataillon  4.  Regiments  nach  Ser- 
ngny  entsandt  werden.     Auch  die  5.  l./l.  war  aus  ihrer  Stellung, 
welche  sie  mit  der  G.  1./I.  an  der  Krasserie  iune  gehabt  hatte,  ia 
eioe  Stellung  nordöstlich  Noisseviiie  gebracht  worden,  um  aus  dieser 
erforderlichenfalls  das  Bataillon  in  Servigny  sn  unterstützen.  Hechts 
neben  dieser  Batterie  trat  unter  Bedeckung  der  4.  Eskadron  der 
5.  Ulanen  zunächst  die  reitende  Batterie  der  Kavallerie-Division 
io  Thätigkeit,  später  kam  noch  hinzu  die  5.8chw./l.  Die  G.  schw./I. 
ging  gleich  weiter  nördiich  zwischen  Servigny  and  Foix  in  Stellung 
Ihr  folgten  wegen  nicht  genügender  Wirkung  gegen  die  feindlidie 
Artillerie  bei  ViUers  l'Qrme  die  5.  schwere  bis  y.or  Südwestecke  too 
Servigny  und  die  5.  leiebte  bis  nnmittelbar  nördlich  dieses  Ortes. 
Die  reitende  Batterie  der  Kavallerie-Division  ging  aber  sogar  noch. 


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170  8.  Ksvalleiie-DlTisloii  im  Kriege  1870—71. 

Uber  Foix  hinaus  ond  nahm  darauf  auf  dem  äalsersten  rechten  Flügel 
4ID  der  BonzonvUleer  Stra£se  Stellung,  ans  welcher  noch  etwa  30 
Granaten  mit  anscheinend  guter  Wirkung  Terschossen  wurden.  Die 
-beabsichtigte  Umfassung  der  Franzosen  kam  nicht  zur  Ausführung. 
Das  zwischen  Mey  und  Villers  l'Orme  gegen  8  Uhr  abends  auf  Servigny 
Torstofsende  Bataillon  traf  die  feindlichen  Batterien  schon  nicht  mehr 
um.  Za  Zusammen  stöben  mit  feindlicher  Infanterie  kam  es  noch 
versohledentlieh.  Es  waren  aber  die  letzten  Yorstöfee  des  abziehen- 
•den  Feindes.  Die  Eigentümlichkeiten  des  Geländes  nnd  der  Gefechts- 
läge  schlössen  jedes  Eingreifen  der  KaTallerie  ans,  was  schon  dar- 
»ns  henrorgeht,  dats  sttmtliohe  auf  dem  GefechtdiBlde  befindlichen 
^3  Sehwadronen  mit  zusammen  7250  Sttbeln  im  ganzen  nur  21  Mann 
verloren.  Davon  kommen  aaf  die  3.  Karallerie-Division  1  Mann 
(Artillerie),  2  Pferde  (7.  Ulanen)  tot,  1  Mann  (7.  Ulanen)  nnd  2 
Pferde  (5.  und  7.  Ulanen)  yerwnndet.  Die  3.  KaTallerie-Divioiony 
welche  nach  eingebrochener  Dunkelheit  wieder  ihre  Biwaks  beiw. 
Stellongen  bezogen  hatte,  mulste  noch  im  Laufe  der  Nacht  auf  das 
Schlachtfeld  des  Tages  vorher  abrücken,  um  das  Fortscbafibn  der 
Verwundeten  und  das  Zusammenbringen  der  Leichen  zu  sichern. 
Mangels  anderer  Verwendung  ist  das  auch  eine  Thätigkeii  In  Ans* 
ttbung  dieser  streiften  Patrouillen  der  3.  Kavallerie-Division  bis 
an  das  Fort  St.  Julien.  Am  15.  August  früh  9  Uhr  bezog  sie  ein  Biwak 
bei  Avancy  und  setzte  die  Beobachtung  aur  Metz  fort.  Die  Vedetten- 
linie  befand  sich  nunmehr  in  Linie  Servigny-Charly  und  dehnte  sich 
von  dort  bis  Malroy  aus.  Der  Hinweis  in  dem  vom  grofsen  Haupt- 
quartier am  14.  abends  erlassenen  Befehl,  dafs  durch  die  anderweitig 
gegebenen  Vorschriften  eine  Vorwärtsbewegung  der  Ii.  Kavallerie- 
Division  nicht  beschränkt  sei,  ändert  an  der  Sachlage  nichts.  Am 
IT).  August  marschierte  die  Division  nach  Meeleuves  ab,  um 
dort  als  Bindeglied  zwischen  dem  nach  Laquenexy  und  Courcelles 
sur  Nied  gelangenden  I.  Armeekorps  und  den  auf  Arry,  Sorry  und 
Marieulles  bezw.  Sillegny  und  Pommerieux  gegen  die  Mosel  links 
abmarschierenden  Korps  VIII  und  VII  zu  dienen.  Diesen  Abmarsch 
deckte  nördlich  gegen  Metz  die  erste  Kavallerie-Division  bei  Key. 
Die  rtlckwärtige  Sicherung  des  7  Stunden  währenden  Marsches  der 
3.  Kavallerie-Division  nach  Meeleuves  war  dem  noch  immer  auf 
Vorposten  befindlichen  7.  Ulanen-Regimente  Ubertragen  worden.  Es 
sammelte  sich  bei  Avaucj  nnd  folgte  der  grofsen  Bagage  der  Division 
Uber  St  Barbe,  Colligny,  Courcelles  sur  Nied,  eine  rechte  Seiten- 
deckung ging  Uber  Flanville,  Ogy.  Laquenexy.  Als  dann  am  17. 
•das  VIL  Armeekorps  und  die  1.  Kavallerie-Division  bei  Comy,  das 
VIII.  aber  bei  Any  die  Mosel  Überschritten  bezw.  dazu  bereit  gestellt 


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Ans  dem  Kitoge  1807—14. 


171 


wirdeD,  ging  die  3.  KavaUerie-Division  zur  Decknii«:  dieses  Über- 
pnp'^  und  der  auf  dem  rechten  Ufer  zurückbleibenden  Trains  gegen 
Metz  in  eia  Biwak  bei  Coin-les  Cnyiy.    Um  */,7  Uhr  abends  wurde 
lUsselbe  bezogen.    Das  bei  Fey  zunächst  noch  seitens  der  1.  Ka- 
TtUerie-DiTision  znrtlckgelassene  9.  Ulanen-Regiment  wurde  durch 
das  8.  Kttrasder-Begiment  abgelöst  Dasselbe  sehob  je  eine  Eskadron 
ueh  Joay  aax  Aiehes  und  Angny  znr  Beobaohtnng  von  Metz  Tor. 
Die  Vorposten  des  Gros  der  8.  Kavallerie-DiTision,  die  die  1.  und 
i  Eskadron  der  14.  Ulanen  hatten,  schlössen  sich  in  Linie  Marly  sor 
Seflie,  Cnvry  ond  Flenry  an.  Die  getroffenen  Sicberheitsmalsnidinien 
galten  vornehmlich  der  fiewaohnng  des  Raumes  zwischen  Mosel  und 
Seille.  Als  am  18.  nachmittags  dann  die  5.  Ulanen  mit  ihrer  4.  Eskadron 
die  Kürassiere,  mit  ihrer  S.  die  14.  Ulanen  abgelöst  hatten,  befiuiden 
neh  die  1.  und  2.  Eskadron  als  Vorpostengros  hd.  Prayelle.  Bei 
Marl)  und  Augny  kam  es  am  Morgen  des  19.  August  zu  Yorposten- 
lehtnnfltzeln.  In  dem  bei  letetgenaontem  Orte  fiel  Sergeant  IHekow. 
Ad  folgenden  Morgen  lOsten  die  1.  nnd  2.  Eskadron  die  8.  nnd  4. 
auf  Vorposten  ab.    Der  zu  sichernde  Abschnitt  betrug  ftir  jede 
Kskadron  etwa       Meile,  für  das  Regiment  also  P/j-    Das  Gros 
desselben   befand  sieh  von  dem  am  weitesten  vorgelej^cneu  Augny 
nur      Meile   entfernt.     Die  Stärkenachweisuiig  der  3.  Kavallcrie- 

Dinsiou  wies  in  jener  Zeit  23G5  Pferde.  G  Geschütze  auf. 

(Fortsetzung  folgt.) 


xin. 

Aus  dem  Kriege  1807—14. 

AufiMiohnimgen  eines  dänischen  Offioiers. 

HenuugBgoben  von  seiner  Todhter. 

(Fortsetzung.) 

In  Rendsburg  verbrachte  ich  die  Zeit  mit  Wacbtdienst;  denn  wir 
Leutnants  hatten  Wache  bei  Holsteins  Tborwaohe  oder  Kronwerker 
Thorwache.  Auf  der  Kronwerker  Thoiwaebe  wurde  ich  in  einer 
Naebt  von  der  Schildwache  beransgemfen.  nm  einen  Reisenden  an 
examinieren.  Zu  meiner  groben  Freude  erkannte  ich  in  der  mond- 
hellen Kaebt  eben  Freund  ans  Kopenhagen,  Leutnant  y.  ROnne 


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172  Ans  dem  Kriege  1807— U. 

Ton  „des  Kdnigs  Be^ent",  weldher  in  demselben  Jahre  wie  ieh  das 
Oflizienezamen  gemachti  aber  jetzt  schon  den  Abschied  genommen 
hatte,  nm  in  msdsehe  Dienste  zn  treten. 

„Hast  du  nicht  Lnst»^  fragte  er,  „mit  mir  nach  Bnfsland  so 
gehen,  denn  in  Dänemark  kommt  man  doch  nicht  vorwftrts?''  — 
„Nein,  ich  danke,^  erwiderte  ich,  „wir  haben  selbst  Aassiebt,  Uber 
die  Grenze  m  marschieren  und  daim  lab  mich  auch  erst  hören,  wie 
es  dir  im  rassischen  Dienste  geht**  —  Anf  diese  Frage  bekam  iob, 
ehe  ein  Jahr  verflossen  war,  in  Rendsburg  mttndlichen  Bescheid,  denn 
V.  Köune  und  ich  stielsen  als  Feinde  bei  Sehestedt  am  10.  Dezember 
1813  zusammen.  Rönne,  welcher  schon  Kapitän  war,  wurde  mit 
seiner  {ganzen  Kompagnie,  die  zu  der  rassisch-deutschen  Legion  ge- 
hörte, gefangen  genommen  und  mit  den  übrigen  Gefangenen  nach 
Rendsburg  gebracht,  wo  sie  —  ein  Jahr  später  —  dasselbe  Thor 
passierten,  durch  welches  v.  Rönne  jetzt  von  Kopenhagen  kam.  Er 
war  nicht  nur  Kapitän  geworden,  vsonderu  hatte  obendrein  einen 
russischen  Orden  bekommen.  Kapitän  v.  Rönne  war  in  Glückstadt 
geboren,  wo  seine  Eltern  noch  lebten  und  sein  Vater  königlicher 
Proviautverwalter  war;  es  war  deshalb  am  so  schändlicher  von  ihm, 
gegen  sein  Vaterland  zu  kämpfen. 

Nach  doni  traurif^en  Frieden  wurde  er  mit  den  andern  23  ge- 
fangenen Offizieren  und  603  Mann  ausgeliefert  und  v.  Rönne  ist  jetzt 
—  wie  zuverlässige  Nachrichten  sagen  —  General  in  russischen 
Diensten  und  Kommandant  der  Festung  Zamoss  in  Polen. 

Während  er  in  kaom  einem  Jahre  zum  Hauptmann  avancierte, 
war  ich  zweinndzwanzig  Jahre  Leutnant,  che  ich  Kapitän  wurde. ^) 

Kaum  war  ich  einige  Monate  in  Rendsburg  gewesen,  als  die 
blanen  Speciesthalerzettel  von  ihrem  Werte  von  zwei  Specien  za 
einem  Werte  von  achtzehn,  höchstens  zwanzig  Schilling  lUbisch  fielen. 
Man  kann  sich  nun  denken,  wovon  ein  Fähnrich  oder  Sekondleatnant 
mit  der  niedrigsten  Gage  za  leben  hatte,  wenn  er  nar  15  Reichs- 
thaler  des  Monates  bekam  nnd  doch  die  blanen  Speciesthaler  em- 
pfangen sollte,  welche  nar  18  Schilling  Ittbisch  galten. 

Also  war  unsere  Gage  des  Monats  nur  2  Reichsthaler,  39  Schill 
Ittbisch  oder  3  Reichsihaler  Knrant,  welches  das  Allerhöchste  war, 
wozu  wir  es  bringen  konnten.    Zu  derselben  Zeit  molsten  wir 

1)  Avancements  geschahen  regimentsweise,  dies  hatte  snr  Folge,  dafs 
bei  einer  Abteilung  sehr  alte  Leutenants  standen  und  bei  einer  anderen 
sehr  jnngp  Kapitäns.  V.s  ging  im  ganzen  sehr  langsam  mit  dem  Avancement 
und  öükondleutnant»  vur  der  Zeit  des  Krieges  1818  waren  noch  im  Jahre 
1843  SUbekapitäns.  Es  waren  Ot6dexe,  die  28  Jahre  Leatnants  blieben.  (Ana: 
.Unser  VoUl  Im  Jahre  1897,  herausgegeben  von  Wilhehn  Osteigaard.) 


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Aus  dem  Kriege  1807—14. 


173 


5  Ri'ichsihaler  Kurant  fUr  Mittagrsessen  bezahlen,  das  wir  uns  also 
fast  gauz  aus  dem  Sinne  schlagen  mai'sten  oder  das  wir  doch  bei 
weitem  nicht  jeden  Tag  g^eniefsen  konnten,  denn  für  einen  Offizier 
^iebt  es  Aasgaben  rUcksiehtlicb  seines  Anznges,  welche  notwendiger 
als  die  anderen  LebensbedUrfiiisse  sind,  da  kein  Mensch  sehen  kann, 
ob  er  etwas  im  Magen  hat  oder  nicht,  ist  er  aber  schlecht  gekleidet, 
Terüert  er  in  Aller  AehtongJ)  Dies  £lend  daaerte  fast  ein  ganzes 
Jab. 

Man  kann  sieb  wohl  nicht  wandern,  dato  wir  seelenfroh  waren, 
als  wir  Marsehordre  von  fiendsbnig  bekamen,  am  einen  Feldzng  mit- 
mmacben,  denn  Jedennann  wniste,  dafo  die  Leatnants  nicbt  soviel 
Gage  batten,  dafs  sie  monatlich  das  allerdllifägste  Hittegsessen  be- 
nUen  konnten.  Unteroffiziere  und  Soldaten  bekamen  Terhältnis- 
nifing  eine  ebenso  geringe  L5bnnng  und  kaum  waren  wir  ans 
Bendsbnrg,  als  wir  sangen:  Aeb  Rendsburg,  acb  Bendsborg!  yer- 
flncbtes  Jammertbal  n.  s.  w.  nnd  eine  allgemeine  Frende  bemScbtigte 
sieh  der  Gemüter. 

Keamttnster.  Den  24.  Jnni  1813  marsebierten  wir  bierber. 
Wir  sind  heute  5  Heilen  bei  anfeerordentlieb  greiser  Wttime  nnd 
auf  sandigen  Wegen  marschiert.  Besonders  war  der  Weg  Ton  Bends- 
borg bis  NortofI  sehr  sandig  mit  freiem  Terrain. 

Kllsen  bei  Segeberg.  Den  25.  Jnni  marschierten  wir  bei 
grofeer  Hitze  nach  KUsen,  einem  Dorfe  in  der  Umgegend  von  Sege- 
berg. Das  Bataillon  hat  hier  beinahe  einen  Monat  kantonniert.  Ich 
logiere  bei  guten  Hauerleuten.  Wie  ist  es  doch  angenehm  und  cr- 
qniekend  in  der  freien,  schönen  Natur,  wenn  mau  den  Aufenthalt  in 
Rend^bin-fr  damit  vergleicht!  Hier  fühle  ich  mich  so  t'ndi  und  gluck- 
lich w  iv  der  Vogel  in  der  Luft.  Ich  liekomme  gesunde  und  reinliche 
Nahrung  and  holsteinische  Klölse,  die  so  grofs  und  hart  sind,  dafs 
luan  Menschen  damit  tüten  könnte,  wenn  man  seinen  Feind  gerade 
in  seinen  Hirnschädel  träfe.  Das  Einzige,  was  wir  in  dieser  Zeit 
gemacht,  ist.  dafs  wir  zweimal  in  der  Woche  brigadenweise  auf  der 
grofsen  Segeberger  Heide  exerziert  haben.  Ich  habe  2'/^  Meilen  zu 
dem  Exerzierplatze  und  Kapitän  v.  Bie  hat  Uber  drei  Meilen  dahin. 
Da  die  Soldaten  mit  vollem  Gepäck  und  mit  Feldkesseln  sich  am 


')  Während  des  Kriegen  kam  das  (ieldwesen  Dänemarks  in  die  traurigste 
Verwirrnng.  Staatsanleihen  im  Auslande  waren  unter  diesen  Umständen  nicht 
zu  erhalten,  und  uian  griä  deswegen  zu  einem  Mittel,  welches  auch  trüher  be- 
ntrt  woifbm  wv,  nlmliob  Zettel  «mutoUen,  oho«  dab  mia  den  eatspreoheDdeB 
Wert  beuie.  Als  eine  Folge  der  anfterordanftUehea  Vermelirang  der  Zettel- 
naiBe,  fir  w<ddie  man  keine  Sicherheit  hetfee,  sank  das  Papiergeld  tief  oater 
Miaea  aDgegebenen  Wert  (Maoh  £,  P.  AUea.  pag.  609.) 


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174 


Aus  dem  Krieg»  1807—14. 


6  UliT  moigens  auf  dem  fizenierpUitze  dnstellen  rnttsaen,  so  manehiere 
ich  mit  meinem  Kommando  von  24  Mann  and  2  Unterolfizieien  des 
Abends  am  10  Ulir  von  Kttsen,  stolto  mit  dem  ttbiigen  Teüe  der 
Kompagoie  ond  des  Bataillons  anf  dem  Ezenderplafase  om  5  Uhr  xn- 
sammen,  halte  eine  Stande  Rast  ond  ezendere  Ton  6  bis  11  Uhr 
auf  einer  groben  Heide,  wo  wir  im  Heidekraut  bis  an  die  Knien 
marschieren.  Bisweilen  haben  wir  mit  Kreuzottern  zu  kämpfen,  wenn 
wir  sie  zu  hart  treten,  und  kleine  Eidechsen  schleichen  sich  unter 
unsere  Stiefeletten.  —  Erst  um  6  Uhr  abends  sind  wir  zurück  zu 
unseren  Quartieren  gekommeu,  in  hohem  Grade  ermattet.  Da  wir 
keinen  Wagen  mit  uns  gehabt  haben,  haben  wir  den  nächsten  Tag 
einen  Wagen  absenden  müssen,  dt'nn  solcher  Hin-  und  ZurUckmarsch 
und  solches  Exerzieren  in  grol'ser  Hitze,  auf  einer  Heide  mit  hohem 
Heidekraut,  ist  weit  mehr  augreifend  als  ein  Marsch  von  vielen  Meilen. 
Vielleicht  kommt  es  auch  daher,  dafs  die  lange  Hungerkur  in  Kends- 
burji-  uns  noch  in  den  Beinen  sitzt.  Wir  haben  so  zweimal  in  der 
Woche  Brigadeexcr/ieren  und  einmal  Exerzieren  im  Kantonnement. 

Lübeck,  den  2S.  Juli  1813.  In  dieser  jrrolsin  und  schönen 
Stadt  logieren  wir  brillant  und  bekommen  täglich  Tafelgelder  von 
der  Stadt,  Aufser  unserem  ersten  Bataillone  „Fünen"  liegen  hier  in 
Lübeck  das  .,Schleswig8che  Infanterieregiment**  und  ,Jtitländische 
Dragoner*'  samt  6000  Mann  französischer  Truppen.  Wir  stehen 
alle  anter  dem  französischen  General  Tbiöbaalt,  dem  alle  Offiziere 
heute  nach  dem  Einzage  vorgestellt  wurden.  Er  ist  ein  freundiicber» 
BcbOner  junger  Mann.  Er  hatte  die  rechte  Hand  in  der  Binde,  weil 
seine  rechte  Schalter  von  einer  Kugel  verletzt  ist. 

Meislinge,  den  5.  Angnst  Meisiinge  ist  ein  sehr  grofses  Dorf. 
Wir  sind  hier  znm  eistenmale  aaf  Posten  gegen  den  Feind. 

Lttbeok,  den  10.  Aognst  1813.  Den  6.  Angost  kamen  wir  aber- 
mals bieiiier.  Da  der  WaffenstiUstand  am  15.  Angnst,  dem  Geborta- 
tage  Napoleons,  zu  £nde  gebt,  nnd  wir  am  diese  Zeit  vor  dnem 
Angriff  nieht  melir  rieber  sein  können,  haben  wir  bente,  den  10.  — 
mr  Fder  des  Tages  —  gio&e  Parade,  IfanOver  and  Revne  tot  dem 
iranzOsisehen  General  T  bii  b  an  It  gehabt.  Danach  wurden  alle  Offizieie, 
UnteroiBziere  ond  Soldaten  za  einem  brillanten  nnd  kostbaren  Diner 
▼or  dem  Mtthlentbore  eingeladen.  Wbr  speisten  in  der  schonen  Allee, 
wo  Tische  gedeckt  nnd  Stflble  yon  den  Einwohnern  LttbecliB  hinge- 
stellt worden  waren.  Damit  alle  französischen  nnd  dänischen  Offiziere 
Gelegenheit  haben  kannten.  Bekanntschalt  mit  einander  zn  machen, 
kam  je  ein  tinischer  Offizier  bei  Tische  zwischen  je  zwei  französische 
Offiziere  zu  sitzen.  Auf  allen  Tellern  und  Coaverts  lagen  geschriebene 
Zettel,  auf  denen  stand:  Französischer  Offizier.    Dänischer  Offizier. 


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Am  dem  Kriege  1807—14. 


175 


-  hh  hatte  bei  Tisehe  auf  der  lecliteD  Seite  dnen  scbOiien  Artillerie* 
lipitäQ  mit  eiDem  sonneDTerbraonteD  Gesiebte  und  vielen  Orden  nnd 
«f  der  linken  einen  In&nteiielentnant,  die  beide  sebr  frenndlicb 
gegen  mieb  waren  nnd  die  Haltung  and  ManOver  der  dänieoben 
Trappen  sehr  lobten.  Eine  Menge  Toaste  wurden  gehalten;  besonders 
wnrde  auf  Kaiser  Napoleon  nnd  Friedrich  den  Sechsten  getronken, 
(h  nicht  allein  der  höchstkonmiandierende  französische  und  dänische 
General  das  vorschlugen,  sondern  auch  aber  und  abermals  zwischen 
iicti  Iraüzüsischen  und  dänischen  Subaltern-Oftizieren  solche  Gesund- 
heiten in  den  ältesten  und  besten  Weinen,  die  die  französischen 
Kommissäre  in  Lübecks  Weinkellern  hätten  auftreiben  können,  aus- 
gebracht wurden,  'rrotzdem  hatten  alle  französischen  und  dänischen 
Offiziere  bei  Tische  ein  so  feines  Betragen  gezeigt,  dafs  kein  i'ur/Ap'v 
Offizier  berauscht  war.  Der  schöne  französische  Artilleriikapilän 
Dobois  trank  auf  meines  tiegiuieotes  Wohl:  „Monsieur!  la  saut^  du 
regimeut  de  la  Fionie.'* 

Ich  tiank  auf  das  Wohl  der  französischen  Batterie  und  darnach 
mit  meinem  Nachbar  zur  Linken ,  dem  L«  utnant  der  Infanterie 
Daperre,  auf  das  Wohl  des  126.  Infanterie-Keginients.  Der  fran- 
zösische Offizier  stellte  indessen  nicht  die  Forderung,  dafs  man  bei 
jeder  Gesundheit  ein  volles  Glas  auf  einmal  hinuntergiefst,  er  ist  zu- 
frieden, wenn  man  nnr  an  seinem  Glase  nippt  oder  einen  kleinen 
Mond  voD  davon  nimmt,  denn  Völlerei  nnd  Trunkenheit  ist  etwas, 
was  dem  ehrliebenden,  französischen  Offizier  widerstrebt. 

Nur  die  ersten  Familien  Lübecks  hatten  Eintrittskarten  von  dem 
feuiiteischen  „Major  du  jour^^  fUr  die  Allee  nnd  die  Nähe  der 
Offizierstafel  erhalten,  damit  sie  sähen,  wie  die  französischen  nnd 
(iiaischen  Offiziere  salsen  und  speisten  nnd  tranken.  Ein»  Gruppe 
elegant  gekleideter  Damen  drängte  sieb  so  nahe  an  unsere  Stühle, 
(Ufs  mein  liniLer  Naehbar  eine  Dame  so  empfindlieb  ins  Knie  kniff, 
dafs  sie  lant  sehrie  nnd  Kapitän  Dnbois  bombardierte  die  niedlioben 
Damen  mit  Bonbons  in  Papier  mit  solcher  Gesebiekliebkeit,  dafs  sie 
nie  in  ihr  Gesieht  trafen,  sondern  immer  an  die  volle  Brost  Die 
Mioner,  Brüder  oder  Verlobten  der  Damen  moisten  sie  znletst  üut 
dsvoDsehleppen,  denn  sonst  wären  sie  da  stehen  geblieben,  so  lange 
vir  zu  Tisebe  salsen. 

Unsere  Unteroffiziere  nnd  Soldaten  speisten  als  Gäste  bei  den 
friDsdsisoben  Unteroffizieren  nnd  Soldaten  tiefer  in  die  Allee  hinein. 

—  Sobald  die  Mittagstafie]  beendet  war,  eilten  wur  nach  Lttbeck  zu- 
rtok,  wo  am  selben  Abende  ein  glänzender  Ball  Ton  dem  französischen 
General  gegeben  wurde,  leb  tanzte  die  ganze  Naebt  nnd  amOsierte 
nüoh  vortrefflieb.   Eine  grolse  Anzahl  feindlich  gesinnter  Damen 


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176 


Au  dem  Kiisge  1807—14. 


hatte  sieb  entselmldigt,  so  dab  kein  Ball  hätte  stattfindeii  kOnneo. 
Der  franzOeisohe  General  sehiokte  aber  den  dienettbnenden  Migor  sa 
den  Damen  nnd  lieft  ihnen  sagen,  dafis,  wenn  de  hente  abend  nieht 
„tanzen"  wollten,  sollten  sie  morgen  y^sohamen''  nnd  anf  dem  Wall 
arbeiten.  Das  hali^  denn  man  hatte  sehon  früher  in  Lflbeek  er- 
fahren, dals  mit  den  Fhmzosen  nicht  zn  schonen  sei  nnd  dab  der 
französische  General  keine  KOrbe  annahm.  Die  Damen  kamen  tai 
den  Ball  —  anfangs  gewito  mit  ernsten  Minen.  Es  dauerte  aber 
nicht  lange,  bis  die  anseheinend  kalten  Heizen  durch  den  damals  so 
modernen  „Pirwalzer**  warm  worden  und  bald  sah  man  nur  lächelnde 
Oesichter. 

Am  Mittajre  des  zweiton  Tai^es  kam  ich  mit  Mann  aui  i'ikct- 
"Nvaeht*  aiii  dem  Markt  in  der  Stadt,  unter  dem  Kommando  eines 
französischen  Kapitäns,  welcher  50  Mann  hatte.  Meine  30  Mauu 
nmfsten  daher  nach  französischem  Kommando  exerzieren  und  Hon- 
neurs raachen,  welches  besser  g:ing,  als  man  hätte  glaul)en  sollen. 
Sie  sahen,  wie  die  Franzosen  sich  benahmen  und  machten  sogleich 
dieselben  Wendungen  und  HandgriÖ'e. 

Bald  nachdem  der  französische  Major  die  Wache  visitiert  hatte, 
sagte  der  Kapitän  Godefroi  zu  mir:  , .Kamerad,  ich  mufs  dnrchaus 
meine  Freundin  einen  Aufrenlilick  besuchen.  Sie  müssen  hier  in  der 
Wache  so  lange  bleiben  und  sie  nicht  verlassen.  Wenn  ich  zurück- 
komme, können  Sie  eine  Stunde  gehen/'  —  Diesen  Vorschlag  dachte 
ich  natürlicherweise  nicht  zu  benutzen  und  konnte  nicht  begreifen 
wie  der  Kapitän  wagte,  seine  Wache  zu  verlassen,  deren  Bestimmung 
es  war,  ansznrttcken,  sobald  das  Signal  eines  Kanonenschusses  von 
der  Festung  ans  verkünden  würde,  dals  der  Feind,  welcher  nnweit 
von  Lübeck  stand,  sich  der  Stadt  nähere.  Aber  was  wagt  nicht  ein 
Franzose?  Er  riskierte  mehr  als  das  Leben  —  er  riskierte  die  Ehre, 
denn  die  Franzosen  kennen  in  solchen  Fällen  keinen  Pardon  nnd  er 
wäre  ohne  Zweifel  kassiert  worden,  wenn  der  Kommandant  von 
seinem  unglaoblichen  Leichtsinne  Kunde  eilialten  hätte. 

Nach  Verlanf  einer  Stunde  kam  der  Kapitän  froh  nnd  heiter 
znrttck,  nahm  seine  Pfeife  nnd  sagte,  nachdem  wir  einige  Zeit  ge- 
sprochen hatten:  ,yJetzt  können  Sie  gehen,  loh  werde  anf  der  Wache 
bleiben.^  Ich  dankte  nnd  sagte,  dafo  es  nichts  in  der  Welt  gäbe, 
was  mich  verlocken  könnte,  meine  Wache  zn  Terlassen.  Der  Kapitän 
lächelte,  warf  sich  anf  die  Erde,  indem  er  einen  Vers  Ton  „sa  bonne 
amie"  snmmte  und  fing  darauf  an,  mit  Kopf  nnd  Händen  sich  so 
tief  in  einen  grolsen  Hänfen  Stroh,  das  in  der  Stube  lag,  hineua  zu 
bohren,  dab  ich  zuletzt  nur  noch  seine  Stiefelsohlen  sehen  konnte. 

Ich  verbrachte  die  anfserordentlich  schöne,  mondhelle  Nacht  in 


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Aus  dem  Kriege  1807—14. 


177 


der  ang:ene'hmsten  Weise,  indem  ich  aufserhaJb  der  Wachstube  spazieren 
duiT  und  es  amüsierte  mich  sehr,  zu  hören,  wie  sich  die  französischen 
uad  dänischen  Schildwachen  miteinander  unterhielten:  auf  alle  mog:- 
lichc  Weise  suchten  sie  sich  verständlich  zu  machen  und  exerzierten 
alle  Hand^rrifFc  miteinander.  Weil  der  Waffenstillstand  den  15.  Augnst 
abgelaufen  war,  hatten  wii-  —  wie  oben  erwähnt  —  den  Gebartstag 
des  Kaisers  am  10.  prefeiert.  Am  15.  Augost  1813  morgens  um 
siebea  Uhr  wirbelte  der  Generalmarsoh  in  den  Stralsen  Lübecks  and 
Trommeln,  Trompeten  und  Jiigerbom  snoliten  am  die  Wette  znm 
Kampfe  zo  rafeu. 

Weleh  nnbesohreiblicber  Wirrwarr,  welches  Laufen,  Kufen  und 
Schreien  von  80  vielen  tausend  Menschen,  die  unerwartet  gegen  den 
Feind  marsohieren  sollten!  Viele  setzten  sich  groiseD  Unannehmlich- 
keiten ans,  weil  sie  nicht  sn  ihrem  Regiment  eilen  wollten,  ehe  sie 
dnen  AbBohiedsknis  von  ihrer  Freundin  bekommen  und  ihr  „Lebe 
wohl^  gesagt  hatten.  In  den  offenen  Fenstern  sah  man  die  Damen 
mit  ihren  Tttohem  schwenken  und  während  wir  uns  in  den  Strafsen 
vezsammelten,  wurden  die  sonst  so  schönen  funkelnden  Augen  nafe 
Hod  Thrftnen  fielen  auf  die  harten,  gefühllosen  Steine. 

An  dem  merkwitrdigen  16.  August  wurde  also  der  Feldsug 
1813  eröffnet 

Ben  15.  August  marschierten  wir  nach  dem  fünf  MeUen  von 
Lttbeck  gelegenen  Oldeslohe  in  starkem  Regen  und  auf  sehr  schlechten 
Wegen.  So  begann  der  Feldsug  bei  schlechtem  Wetter,  wie  auch 
Mine  Folgen  schlecht  fttr  Dänemark  waren.  Dals  aber  der  Friedens- 
sehluls  fbr  Dänemark  so  unvorteilhaft  wurde,  daran  hatten  wahrhaftig 
die  dänischen  Truppen  keine  Schuld,  denn  die  moralische  Kraft  und 
Kriegerehre  der  dänischen  Nation  hat  sich  nie  in  einem  schönerem 
ond  ehrenvolleren  Lichte  ^rezeigt,  als  in  diesem  Feldzuge.  Nicht  nar 
der  Feind  niulste  die  Taplerkcit  der  dänischen  Triipjien  anerkennen, 
sondern  einer  der  Adjutanten  des  General  Lallemond  hat  auch  die 
ISchlacht  bei  Sehested  für  die  dänische  Nation  so  ehrenvoll  wie 
iüö{:lich  beschrieben.  Nachdem  er  seine  Anerkennung  darüber  aus- 
gesprochen hat,  ,,unter  so  viel  Schwierigkeiten  einen  so  vollkommenen 
Oüd  glänzenden  Sieg  bei  Sehestedt  gewonnen  zu  haben,"  fU^^t  er  hinzu: 

„Le  g6n6ral  Wallmoden  (|ui  avait  voalu  s'opposer  au  passage 
des  Danois  pres  de  Sehestedt,  fut  cnlbnt6  ä  la  baionette.  Cette 
retraite  fait  le  plus  grand  honneur  ä  ThabiUte  du  prinoe  de  Hesse."  ^) 

*)  Die  obeMB  Posten  im  Koipi  warai  im  aUgemeinai  in  gvtea  HiUden. 
Es  wir  efai  gUlokUeher  Gedanke  von  dem  KOnlg«,  den  Ftiaaeii  Friedrioh  von 

Hessen  zum  Korps-Chef  zu  ernennen.  Ohne  mit  hervorragend  geistigen  Fähig- 
keiten begabt  zu  sein,  besafs  dieser  General  —  ein  sohttner  Minn  von  42  Jahren 

JakrhMiM  Ut  Um  dtntMhe  Am««  wd  Maria*.  Bd.  Iii,  i,  12 


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Aus  dem  Kriege  1807—14. 


Den  16.  Augast  marschierten  wir  von  Oideslohe  nach  Ahrens- 
burgs und  den  17.  nach  Högsdorff.  In  zwei  Nächten  biwakierten 
wir  in  der  Nähe  dieser  kleinen  Stadt.  Den  19.  marschierten  wir 
weiter,  passierten  in  der  Nacht  den  pTafsen  Sachsenwald  in  Lauen- 
burg und  erreichten  des  Morgens,  sehr  ermattet,  Schwarzenbeck,  wo 
wir  abermals  in  der  Nacht  im  Walde  biwakierten.  Den  21.  hielten 
wir  Nachtlager  yor  dem  Gute  Grese  und  den  22.  bei  Caniin,  wo  wir 
zum  t  rstenmale  auf  einen  Haufen  Kasaken  stiefle n.  Sie  glanbten 
eine  gute  Beute  zu  machen,  wurden  aber  zurückgeschlagen.  In  der 
Nacht,  während  ich  auf  Feldwache  war,  hörte  ich  deutlich  die  Signale 
der  Kasaken  nnd  ihr  Geheul,  das  wie  das  wilder  Tiere  klang. 

Den  23.  mäisobierten  wir  ins  Biwak  jenseits  Wittenboig.  Auf 


fferfidp  die  notwendigen  EifTPnsohaften,  sowohl  körperlich  als  moralisch,  um 
seiüü  Autgabe  bei  der  fjef^enwiirtigen  Gelegenheit  m  lösen  Der  Prinz  hatte 
eine  ausgezeichnete  Unterstützung.  Unter  den  Brigadechefs  warScbuienbnrg, 
weleher  Ib  der  ittsaieohen  Amee  wihriBd  des  Krieges  gegen  Sehwedn  ia  den 
Jahren  1788 --90  mit  Anasdoluuuig  gedient  hatte,  ein  sehr  tBehtiger,  erfthreneri 
alter  Soldat. 

Die  zwei  Brüder,  der  unerschrockene  O.  C  Bardenfleth  als  Chef  des 
(if-neralstabes  und  der  elegante  t>iedrioh  Lövenörn-B anl entleih  als  Sous-chef 
wären  die  Zierde  jedes  Generalstabes  gewesen.  Sie  waren  beide  anf  der  Höhe 
der  Militärwissenschäti.  Bei  un»  hatten  sie  den  (jleneralstabsdienst  von  Binzer 
(L.  H.  Binser,  Brigadegeneral,  f  1811),  den  praktiaohen  Dienit  von  Ewald  ge> 
leint  und  lie  waren  nleht  ohne  Erfidunng,  denn  im  Generalatabe  des  leliteren 
hatten  sie  beide  an  den  Erd^ssen  bei  Lübeck  und  Stralsund  teilgenommen. 
(Anszng  aiiB  „Mitteilungen  von  den  Kriegearohiven**  von  dem  üeneralatab«  im 
Jahre  IhUb  herausgegeben.) 

Prinz  Friedrich  von  üesaen,  geboren  in  ^Schleswig  den  24.  Mai  1771, 
war  tia  Sohn  des  Lani^itafen  Carl  Ton  Heaaen  nnd  der  dfaiafJiwn  Pkinieatfn 
Loilae.  Doroh  ebien  meiateihaft  auagelOhrten  Bttöking  über  Oideslohe,  Segebeig 
nnd  Kiel  und  unter  fast  ununtetbroehenen  Kümpfen,  bei  Boden,  Rahlstedt 
Bornhr»vod  iind  bei  Sehestedt,  den  10.  Dezember,  wo  ein  glänzender  Sieg  ge- 
wonnen wurde,  gelang  es  dem  Prinzen,  Rendsburg  zu  erreichen  Den  1 1  De- 
zember hatte  er  das  ganze  Korps  innerhalb  der  Mauern  gesammelt.  Im  .labre 
1816  wurde  ihm  die  Führung  der  beiden  iiiilsiiurps,  welche  Dänemark  ^egen 
Aankreleh  auarttatete,  tibertragen.  Das  erste  Icam  nnr  bis  naoh  Bremen,  daa 
Eweite  aber  ging  nach  Frankreioh,  wo  es,  an  der  Okknpationaarmee  gehörend, 
bis  1818  unter  Kommando  des  Herzogs  von  Wflillagton  stehen  blieb. 

Das  Kor]»s  hinterliefs  ein  seh?mes  Andenken  durch  das  gute  Verhältnis  zu 
den  Einwohnern,  durch  seine  meisterhafte  Mannszucbt  und  seine  vorzügliche 
Ausbildung. 

Anf  Gottorp,  wo  der  Prinz  als  Statthalter  in  den  Herzogtümern  und  Ober- 
pritsident  in  der  ProTiniiahregleraiig  wohnte,  feierte  er  den  1.  Oktober  1888  aein 
aeehzigjährigea  OffiaiersjnbiUlQm.  Anf  aelD  Geaneh  wude  der  Print  nnmlttelbar 

vor  der  Armeereduktion  1842  aus  dem  Dienste  entlassen  und  zog  sich  auf  sein 
Out  Panker  in  Holstein  zurück,  wo  er  den  24.  Februar  1845  starb.  (Ans: 
Dänisches  biographisches  Lexikon,  herausgegeben  von  Bricka). 


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Ans  dem  Kriege  1807— U. 


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len  Manche  dahin  stttnte  plötadich  ans  dem  Walde  ein  Hänfen 
Kosaeken  mit  gefüllten  Lansen,  Gehenl  nnd  GebrUll,  weil  sie  nns 
aber  wegen  der  grolsen  Entfemnng  nicht  znm  Schieben  bringen 
konnten,  verfolgten  sie  nns  nioht  Ulnger. 

Den  24.  rückten  wir  dicht  hei  Schwerin,  der  Hauptstadt  des 
Herzogtums  Mecklenburg,  ins  Nachtlager.  Der  regierende  Fürst  war 
^flüchtet.  Die  JStadt  ist  grols,  aber  alt,  finster  und  hiiislich  mit 
rtT/en(U*r  romantischer  Umgegend.  Vom  24.  August  bis  zum  1.  Sep- 
tt'iiiher  lagen  wir  ganz  unthätig  im  Biwak  aufserhalb  Schwerins. 
Keiner  von  uns  war  auf  Wache,  denn  die  franzitsisch-dänische  Avant- 
garde stand  in  Wismar  und  hielt  damals  den  Feind  in  Schach.  Die 
einzige  Bewegung,  die  wir  uns  machten,  war,  dafs  wir  fast  jeden 
Abend  mit  den  niedlichen  Damen  Schwerins,  die  durch  unser  Musik- 
ehor  herausgelockt  wurden,  tanzten. 

Ein  dänischer  Leutnant  v.  K.  tanzte  so  ausgezeichnet  ..I'irwalzer** 
mit  t'inem  Fräulein  B.,  dafs  er  dadurch  diese  ungewöhnliche  Schön- 
heit eroberte.  Nach  dem  Frieden  reiste  er  nach  Schwerin,  erneuerte 
die  Bekanntschaft  und  heiratete  das  reiche  Fräulein,  wodurch  er 
Besitzer  von  einem  der  schönsten  Güter  in  Mecklenburg  wurde. 
Nachdem  er  seinen  Abschied  genommen  bat,  lebt  er  in  glUclüicher 
£be  mit  einer  liebenswürdigen  and  schtHien  Frau. 

Mit  betrübtem  Heraen  war  ich  oft  Zeuge  des  unberechenbaren 
Verlastes,  den  die  unglücklichen  Landlente  in  der  Gegend  von 
Schwerin  erlitten,  denn  all  das  schöne  Kom,  welches  eben  reif  zur 
£nite  war,  wurde  niedergetreten  oder  heransgeiissen.  Man  brachte 
es  in  unser  Biwak,  um  Hütten  darans  SEn  machen.  Die  reich  be- 
deckten Weizenfelder,  die  die  fleilaigen  Besitzer  erfrent  nnd  ihnen 
Lohn  fttr  ihre  Arbeit  versprochen  hatten,  wurden  in  wenigen  Tagen 
gins  yeroichtet  nnd  kein  Landmann  bekam  anoh  nnr  einen  Wagen 
voll  m  sein  Hans.  Seine  Ktthe,  Schafe,  sein  Geflttgel,  alles  wnrde 
ihnen  geranbt  nnd  viele  flttchteten  mit  ihrer  Familie  weiter  ins  Land. 
Es  hätte  anch  der  Unmenschlichkeit  der  fransösischen  Kommissäre 
bei  der  Verproyiantiening  eine  Grenze  gesetzt  sein  sollen,  denn  wir 
liatten  oft  2—300  Stttck  Vieh  im  Biwak,  weit  mehr,  als  wir  nOtig 
hatten  nnd  yiele  gingen  sn  Gmnde,  weil  ihnen  die  Verpflegong  fehlte. 
Oabd  verlor  der  reiche  Gntsbesitzer  oft  kein  einziges  Stttck  Vieh, 
weil  er  die  (hinzltsischen  Kommissäre  mit  Geld  bestechen  konnte, 
während  man  die  letzte  Koh  des  armen  Mannes  forttrieb,  ohne  die 
Thräoen  nnd  Bitten  der  nnglttoklichen  Familie  zn  beachten.  Von 
diesen  gefühllosen,  geldgierigen  Kommissären  war  keine  Schonung, 
kein  Ififleid  zn  erwarten.  Unter  dem  Befehl  eines  französischen 
Kommissärs  wnrde  ich  eines  Tages  mit  30  Mann  dazu  kommandiert} 

12* 


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Aus  dem  Kileg«  1807—14. 


bei  dem  fiiDtreiben  des  Proviants  zn  assistieren  und  ich  wurde  voll- 
kommen von  der  Ungerechtigkeit,  Betrttgeiel  and  Grausamkeit  dieser 
Kommissäre  ttberzeagt.  Es  kam  mir  vor,  als  ob  man  die  gröfiiteii 
Verbrecher  der  französischen  Nation  zu  Kommissären  ansgesacbt  hätte; 
denn  der  französische  Offizier  ist  gnt  nnd  edel.  Manche  zeigten  bei 
verschiedenen  Gelegenheiten  frenndUche  Schonung  gegen  die  Schwachen 
nnd  Überwundenen,  ja  oft  teilten  sie  ihren  letzten  Proviant  mit  den 
nnglttcklichen  Menschen. 

Den  1.  September  bekam  unser  Bataillon  den  Befehl,  die  6|vfd. 
Batterie  des  Kapitiin  KoQes  zur  Avantgarde  in  Wismar  zn  eskor- 
tieren, wo  wir  am  folgenden  Tage  frtth  morgens  ankamen  uad 
Biwak  aulserhalb  der  Stadt  bezogen.  Der  französische  General 
Lallemond  kam  gleich  zu  uns  geritten.  Es  war  ein  selten  schOner 
janger  Mann,  28  Jahre  alt  nnd  ein  aasgezeichneter  Reiter.  Er  trag 
eine  geschmackvolle  Husarenunifonn,  die  aber  nicht  ndt  Gold  und 
Silber  ttberladen  war. 

Der  General  lad  den  Oherst  von  Gasten ier  nnd  von  jeder 
Kompagnie  einen  Offizier  zum  Ball  abends  in  Wismar  ein  and  befahl 
seinem  Adjutanten,  dnls  von  Wismar  sogleich  zwei  Flaschen  Wein 
für  jeden  Offizier  und  Branntwein  für  die  Soldaten  ausgeliefert  werden 
solle,  um,  wie  er  sagrte,  den  vollständigen  Sieg,  welchen  die  Fran- 
zosen neulich  bei  Bautzen  über  die  Alliierten  gewonnen  hätten,  zu 
feiern.  Durch  seinen  Adjutanten  liefs  er  zugleich  einen  langen  Sieges- 
bericht von  dem  Generaladjutanten  Napoleons  an  den  Prinzen  von 
EckniUhl  (Davoust),  unter  welchem  wir  alle  standen,  vorlesen. 
General  Lallemond  bat  unsern  Oberst,  uns  den  Inhalt  des  Kapports 
auf  Dänisch  mitzuteilen  und  sagte,  dafs  wir  in  einigen  Tagen  zu  der 
groisen  Armee  unter  Napoleon  marschieren  wUrden. 

Nun  entstand  grofser  Jubel  in  unserem  Biwak  Uber  den  ge- 
wonnenen Sieg  und  Uber  die  Aussicht,  zu  der  ^rrolsen  Armee  zu  kommen. 
Viele  französische  und  dänische  Offiziere  kamen  zn  uns  und  es  wurde 
getrunken  und  die  Gesundheit  Napoleons  und  des  Königs  von  Däne- 
mark wurden  so  laut  nnd  so  oft  ausgebracht,  da&s  uns  fast  der 
Atem  verging. 

Da  der  Premierleutnaot  v.  Sibbem  von  unserer  Kompagnie  nieht 
Lust  hatte,  auf  den  Ball  su  gehen,  bekam  ich  die  Erlaubnis,  an 
seiner  Stelle  su  gehen  und  obwohl  ich  die  ganste  vorige  Nacht 
marschiert  war,  freute  ich  mich  unendUch,  tanzen  zu  sollen.  — 
Einige  Stunden,  ehe  der  Ball  beginnen  sollte,  bekam  aber  unser 
Bataillon  Befehl  nach  Rateeburg  zo  marschieren.  Dies  war  ein 
unerwarteter  Donnerschlag  uns;  denn  das  war  ja  eüi  BetirieceD 
statt  zn  Avaneieren. 


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Aus  dem  ünege  1807—14. 


Ibl 


Jetzt  be<:aim  der  unglückliche  KUekzuj?  in  der  Nacht  durch 
Gadebusch  nach  Uatzeburgr,  wo  wir  mit  der  französisch-dänischen 
Hauptamiee  zosammenstielsen.  Die  französisch-dänibche  Avantgarde 
iog  sich  von  Wismar  nach  Lübeck  /.uriuk.  Den  3.  September  1B13 
kamen  wir  nach  Kendsburg  und  jenseits  der  Stadt  gruben  wir  uns 
in  die  Erde  und  boiten  Bäume  und  Zweige  von  dem  Walde  zum 
Dache. 

Einige  Tage,  nachdem  wir  nach  Katzeburg  gekommen  waren, 
erhielten  wir  die  Bestätigung,  dafs  Napoleon  wirklich  mit  seinen 
Rekruten  die  Alliierten  bei  Bautzen  und  Lützen  geschlagen  hatte. 
Da  das  Glück  ihm  abermals  zu  folgen  schien,  glaubte  er,  nicht  der 
französischen  und  dänischen  Truppen  unter  dem  Prinzen  von  Eck- 
ntüü  zu  bedürfen  und  befahl  dem  Prinzen,  sieh  nach  der  dänischen 
Grenze  zurückzuziehen  and  ein  wachsames  Auge  auf  Dänemark  und 
die  Hansastädte  Hamburg  nnd  iiUbeok  zu  haben.  Napoleon  aoU 
Qämlicb  kein  rechtes  Zutrauen  zu  dem  Bündnis  mit  Dänemark  ge- 
habt haben,  obwohl  der  Prinz  von  EckmUhl  in  mehreren  Rapporten 
u  ihn  den  Mat,  die  Trene  und  die  Tapferkeit  der  dänischen  Truppen 
nmt  dem  guten  EinverstiindniB  zwischen  den  französiaehen  nnd  den 
diniflohen  Trappen  gelobt  hatte. 

Den  4.  Oktober  morgens  yerliefs  onaer  Bataillon  im  Verein  mit 
nrei  Schwadronen  Hnsaien  das  Biwak  bei  Ratzebarg,  am  sieh  aof 
Um  Gate  Gadaa  zweier  Landkarten  za  benülchtigen,  welehe  der 
ftioz  za  haben  wünsehte. 

Seme  Spione  hatten  gemeldet,  dafs  diese  Karten  an  der  Wand 
im  Sehlafisimmer  des  Gatsbesitzers  hingen.  —  Der  Feind  stand  mit 
Minen  Vorposten  angefähr  eine  Viertelmeile  diesseits  des  Gates  and 
molrte  also  auf  die  andere  Seite  znrttekgeworten  werden.  Erst 
(tieften  wir  aat  die  Vedettenkette  des  Feindes,  welehe  Feaer  gab 
und  sieh  dann  zn  ihrer  Wache  zoriickzog;  and  nnn  begann  von 
beiden  Seiten  ein  heftiges  Tiraillearfeaer.  Der  Feind  sachte  die 
Gebände  za  deeken,  mafste  aber  nach  Verlauf  Ton  zwei  Stunden 
weichen.  Einer  von  unseren  Husarenoffizieren  ritt  mit  einigen 
Hasaren  in  den  Hof  hinein,  ging  in  das  Schlafzimmer  des  Guts- 
besitzers, nahm  die  Karten  und  empfahl  sich.  Als  unsere  Bestimmung 
erfüllt  war,  kehrten  wir  in  unser  Biwak  zurück,  ohne  von  dem 
Feinde  vitIoIl^i  /.u  werden. 

Im  Biwak  lagen  4000  Manu  dänischer  Truppen;  die  übrigen, 
Intauterie,  Kavallerie  und  Artillerie  waren  in  der  Nähe  untergebracht, 
lu  der  Entfernung  von  ungefähr  einem  Kanonenschusse  lagerten 
Fr.inzuseu,  die  uns  immer  sehr  hötiich  emptingen,  wenn  wir 
sie  besuchten. 


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182  Aus  dem  Kri«g0  1807—14. 


Wir  hatten  böebBteiis  2  oder  3  l^bte  frei,  sonst  waren  wir 
fortwährend  anf  Feldwaehe.  Anlserdem  war  ieh  mit  30  Hann  oft 
snr  Hilfe  der  anderen  Vorposten  beim  Weilsen  Hiraeh,  Salem  und 
Kogels  einem  Gnt,  wo  wb  zweimal  in  einer  Naeht  angegriffen 
worden.  Das  Terrain  war  nttmliob  sehr  eonpiert  nnd  es  war  sehr 
sehwierig,  den  Feind  zn  entdeeken,  ehe  er  dem  Hofe  ganz  nahe 
war.  Sobald  aber  die  Kasaken  bemerkten,  dafo  nnsere  Gewehre 
im  Regenwetter  aneb  Fener  geben  konnten  nnd  aneh  nnr  ein  Ka- 
sak  gefaUen  war,  ergriffen  die  andern  gewöhnlich  sogleieh  die 
Flucht.  Diese  Kasaken,  welche  so  gefürchtet  waren,  hatten  einen 
solchen  Respekt  vor  unserer  Kavallerie,  dals  20 — :10  Mai)n  davon 
genügten,  um  einen  Hänfen  von  ungefähr  lOO  Kasaken  in  die  Flucht 
zu  jagen.  Ihre  Tüchtigkeit  besteht  darin,  ihre  Feinde  in  der  Nacht 
zu  alarmieren,  zu  entkräften,  und  zu  ermüden,  fast  keine  einzige 
Nacht  liefsen  sie  uns  in  den  71  Tagen,  die  wir  bei  Ratzeburg  lagen, 
in  Ruhe.  Bisweilen  alarmierten  sie  uns  mehreremale  in  einer  Nacht, 
und  da  wir  in  der  Finsternis  nicht  wissen  konnten,  ob  es  viele  oder 
wenige  waren,  mulsten  wir  jedesmal  in  unseren  Versohanzun«ren  auf- 
marschieren. In  der  Dunkelheit  der  Nacht  suchten  die  Kasaken 
ihre  Ungeschicklichkeit  als  Krieger  zu  verbergen,  denn  sie  griffen 
uns  nie  am  Tage  auf  ritterliche  Weise  an,  und  wenn  wir  wach 
waren,  wollten  sie  nichts  mit  un^  /n  tliun  haben.  Sie  sind  vortreff- 
lich zum  Vorpostendienste  zu  geitrauchen  und  so  haben  auch  die 
Russen  ihre  meisten  öiege  dnrch  den  onermttdlicheu  Diensteifer  der- 
selben gewonnen. 

Bei  Salem  war  ich  oft  mit  30  Mann  anf  Vorposten  anter  dem 
Befehl  des  Kapitains  T.  Wegener  mit  seiner  Kompagnie  von  den 
Schleswigschen  Jägern.  Am  Tage  standen  wir  in  der  Stadt,  aber 
in  der  Nacht  zogen  wir  nns  in  den  grofsen  Wald  hinter  der  Stadt 
znrttok,  nm  nns  gegen  einen  plötzlichen  Übei&ll  zn  siehem.*) 

')  In  einer  Nacht,  als  wir  um  das  Wachtfeuer  iu  dem  grofsen  Walde 
safsen,  k.nmen  acht  deutsche  Deserteure  zn  uns.  Es  war  oft  amilsant,  den 
Lebunälaul  «iniger  dieser  Deserteure  zu  hüreu  und  zum  Zeitvertreib  lernte  ich 
ein  origineUoB  Tibaksltedohen  von  efaieni  prenftteoheii  Hnssrankorporal: 

So  oft  ich  raeine  Tabakspfeife 
Mit  grutem  Knaster  angetUIlt, 
Sie  nur  zum  Zeitvertreib  ergreife, 
Seh  loh  in  ihr  mein  Ebenbild: 
V  Sie  giebt  mir  diese  Lehr  dibeli 
Dafe  ieh  defselbea  Shalieh  seL  v 

Die  Pfeife  ist  von  Thon  und  Erde, 
Und  ieh  bin  gleiehfirilB  draus  gomaoht, 


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i 


Aus  dem  Kriege  ld07 — 14. 


188 


Anfangs  waren  die  Deserteure  eine  grnte  Prise  fllr  uns,  die  wir 
inf  Vorposten  staudt-n,  ilcnn  wir  konnten  einem  Deserteur  ein  sehr 
fut  aufgesatteltes  Pferd  für  5  Thaler  Courant,  ein  Paar  KavalU  rie- 
pistolen  fUr  16  nnd  einen  guten  Säbel  für  8  lübsche  Schillinge  abkauten. 
Diese  Freade  dauerte  aber  nicht  lange,  denn  kurz  nachher  wurde 
befohlen,  dals  die  Deserteure  samt  ihren  Pferden  ao  das  Uaupt- 
qiiartier  in  Ratzeburg  abgeliefert  werden  sollten. 

Nach  Verlauf  von  71  Tagen  verliefsen  wir  am  13.  November, 
morg:ens  6  Uhr,  das  Biwak  bei  Katzeburg.  In  dieser  ganzen  Zeit 
hatten  wir  nie  unter  einem  Dach  geschlafen  und  hatten  die  Kleider 
nur  vom  Leibe  bekommen,  um  Wäsche  zu  wechseln.  —  In  gleicher 
Zeit  verliefsen  auch  die  8ÜÜ00  FraBzosen,  welche  ans  gegeottber 
biwakiert  hatten,  das  Lager. 

Bei  jeder  Hutte  des  Biwaks  wurde  ein  Soldat  mit  einer  brennen- 
den Fackel  postiert,  und  auf  ein  durch  3  Kanouenscbtisse  von  den 
Franzosen  gegebenes  Signal  standen  in  einem  einzigen  Augenblicke 
die  beiden  Biwake,  ans  mehteren  tausend  Hutten  bestehend,  in 
hellen  Flammen,  was  ein  aufserordentlieb  Bchönes  Schauspiel  darbot 
Da  der  Baach  nach  dem  Orte  hintrieb,  wo  wir  anfmarschiart  standen, 
worden  wir  von  dem  abscheulichen  Gestank  von  lüllionen  von  Un- 
Seaetor  —  das  diesen  Morgen  sein  Dasein  endete  —  fast  eisticki 

Dafs,  wenn  ich  einst  zn  Asche  werde, 
Sie  fällt  und  bricht,  wie  ich 's  gedaoht 
:,:  Mir  oftmals  in  der  Uand  entzwei. 
Ist  nicht  mein  Schicksal  einerlei  V  :,: 

Wenn  ich  die  Pfeife  werd'  anzUndsn, 
Seh'  ioh  sogleioli  im  Augenblick 
Den  Kauch  in  freier  Lutt  verschwinden, 
Nichts  als  die  Asche  bleibt  zurüok. 
V  So  werd'  auch  etauteas  idi  vergehen, 
Hehl  Leib  In  Stanb  und  Aiche  weba.  ^: 

Die  Preife,  wenn  das  Rohr  versobleimet 
Und  uituiuis  auch  verstopfet  iat, 
Wird  dann  mK  Slndel  aaflgerlamet, 
So  rSoaiet  raoh  die  MedUn 
:,:  Den  Körper  aus  der  Krankheit  Not» 
Am  £ade  folget  doeh  der  Tod.  v 

Man  kann  bei  so  gestahaen  Sachen 
Beim  Tabaksranehen  jeder  Zeit 
ErbaoUehe  Gedanken  machen 

Von  f<oines  Lebens  Richtigkeit. 

Drum  rauciie  wer  da  will  zu  Hans 
Sein  Pfeifchen  stets  mit  Andacht  ans.  r,: 


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184 


Aus  dem  Kriege  lb07 — 14. 


In  Jeder  Hütte  hatten  60 — 70  Mann  gelegen.  Ich  wohnte  mit  iwai 
andern  Offizieren  in  einer  Hütte. 

Ein  pTofser  Fehler  war  es  froweseu,  das  Biwak  auf  einen  Ab- 
han^r  zu  legen,  denn  wenn  es  stark  rejrnete,  strömte  das  Wasser  so 
stark  in  unsere  HUtttm,  dals  wir  nahe  daran  waren,  im  Schlafe  zai 
ertrinken.  Wir  hatten  ans  zwei  Ellen  in  die  Erde  hineingegraben 
und  waren  sehr  froh  —  nach  Verlauf  von  fast  drei  Monaten  — 
diese  unterirdischen  Wohnungen  verlassen  zu  können,  in  welchen  wir 
in  der  alierschlimmsten  Jahreszeit  viel  durch  Kälte  und  Nässe  gt' 
litten  hatten. 

Wie  schädlich  das  feuchte  Nachtlager  auf  die  Gesundheit  w  irkte, 
zeigte  sich  dadurch,  dab  es  dänische  und  französische  Kegimenter 
gab,  die  4—500  Kranke  in  den  Hospitälern  in  Hamborg  and  Lübeck 
hatten,  welche  fast  alle  an  kaltem  Fieber  und  Dysenterie  litten. 
Ich  kann  Gott  nicht  genug  danken,  dafs  ich  mich  immer  wohl  be- 
üaiid  nnd  keinen  einzigen  Tag  in  diesem  Feldzuge  krank  war.  Aber 
die  schädlichen  Folgen  blieben  doch  auch  bei  mir  nieht  ans,  denn 
sobald  ieh  in  der  Garnison  zur  Rahe  irekommen  war,  wmde  ich  von 
einer  lang^erigen  und  schmezzbafteD  Gicht  ernpriffen,  wovon  ieh  noeh 
Sparen  trage. 

Wir  marsehierten  denselben  Tag  naeb  Kramesse  nnd  den  Tag 
darauf  durch  Lttbeck,  wo  wir  eine  nnsäblige  Menge  von  Znsebanem 
hatten,  die  uns  beim  Onrehmarsoh  „Lebe  wohl!**  zuriefen.  Dann 
ging  es  weiter  nach  Schwartau,  einer  Ideinen  Stadt,  wo  ieh  meine 
Wohnung  am  Markte  bei  dem  Kaufmann  Enilorab  bekam.  Er  war 
ein  Yortrefflicher  Mensch,  der  mich  nach  bestem  Vermögen  erquickte 
und  amttsierte.  Es  kam  mir  so  seltsam  Tor,  wieder  in  einem  Bette  zu 
liegen!  Vom  16.  Augast  bis  14.  November  hatte  ich  nicht  unter 
einem  Dach  geschlafen.  Ich  mufste  daher  anfangs  bald  wieder  anf> 
stehen,  denn  es  war  mir,  als  läge  ich  in  einem  Backofen.  Nur  lang- 
sam gewohnte  ich  mich  wieder  an  das  warme  Bett 

In  Schwartau  lagen  wir  yom  14.  bis  zum  24.  Norember 
In  dieser  Ruhepause  hatte  ich  Zeit,  meine  Bemerkungen  Uber  das, 
was  ich  heim  Durchmarsche  durch  Mecklenburg  und  Lauenburg  ge- 
sehen, aut/uzeichnen. 

Das  Hcr/oiitum  Mecklenburg  ist  fast  durchwe:;  ein  sehr  coupiertes 
Terrain  mit  Höhen,  Tiefen  und  grolsen  Wäldern.  Die  fruchtbaren 
Felder  sind  mit  lebenden  Hecken  umzäunt.  Es  ist  ein  iVueht- 
bares  und  aul'serürdentlieh  schönes  Land,  aber  ich  habe  nieht  dif 
Ehre  gehabt,  die  F^inwohner  kennen  zu  lernen,  denn  ich  habe  in 
keinem  einzijren  Hanse  Quartier  gehabt.  Des  Tages  marsciiicrten 
wir  auf  der  Landstralse  und  die  Nächte  verbrachten  wir  unter  oücoem 


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Aas  dem  Kriege  1807  —  14. 


Himmel  in  dta  grofsen  Wäldern,  welche  sehleehte  Wirte  sind  —  und 
keine  schönen  Töchter  haben.  Das  Herzogtum  Lauen bur^  kann 
loch  als  coupiertes  Terrain  betrachtet  werden.  Es  sind  da  grolse 
Heiden  und  es  ist  bei  weitem  kein  so  sichtbarer  Wohlstand  in 
Laaenburg,  wie  in  Mecklenburg:.  Auch  dort  habe  ieh  nicht  Zeit 
ond  Gelegenheit  frehabt,  die  Bekanntschaft  der  Einwohner  zu  machen, 
denn  ieh  habe  teils  in  dem  ungesunden  Biwak  bei  Katzeburg  ge- 
lt uii.  t(  ils  die  Nächte  in  den  grolseu,  dimkieD,  slüleo  Wäldern  za- 
gebrach t. 

Den  25.  November  marschierten  wir  von  Schwartau  nach 
nnserem  lieben  Lübeck  und  besuchten  Freunde  und  Freundinnen. 
Den  26.  November  kamen  wir  wieder  nach  Krumesse  zurlick,  und 
den  28.  nach  Siebenbanmen,  wo  ich  Befehl  bekam,  die  Batterie  des 
Kipitain  Koye  nach  Oldeslohe  zn  eskortieren.  Den  1.  Dezember 
marschierten  wir  nach  dem  Dorfe  Boden,  und  vom  1.  bis  zum 
4.  Dezember  waren  wir  Tag  und  Kacht  in  Bewegung.  Der  Feind 
liels  uns  keine  Ruhe,  um  uns  schon  vor  dem  Angriffe  zn  eimttdeii. 
Am  4.  Dezember  abends  fand  die  Affaire  statt.  Es  war  ein  grofses 
Gluck  nir  ans,  da£a  der  Feind  ans  nieht  am  Tage,  sondern  in  der 
Dukeiheil  aogxiff;  denn  naeb  der  Aussage  der  Gegner  und  nach 
spiteren  anthentiBehen  Nachrichten  war  der  Feind  mehr  als  drei- 
imI  so  stark  wie  wir.  Er  glaubte  aber  den  Prinzen  Friedrich  tod  Hessen, 
mdsein  Hllftkorpe  7or  sich  zu  haben  und  konnte,  der  Dunkelheit  und 
des  starken  Nebels  wegen,  unsere  geringe  Anzahl  nicht  erkennen 
Wir  hatten  nämlich  nur  eine  Brigade,  woTon  ein  grolser  Teil  nach 
anderen  Punkten  detachiert  war.  Hätte  der  Femd  Kenntnis  von 
snserer  geringen  Sttrke  gehabt,  so  hätte  er  uns  leicht  umgehen 
können,  oder  wäre  jedenfoUs  nicht  goiötigt  gewesen,  später  zu 
ntirieren.  Eine  Ahnang  muls  er  freilich  davon  gehabt  haben,  denn 
lonst  wäre  er  wohl  nicht  so  ttbecmlltig  gewesen.  Obwohl  wir  suletst 
nieht  25  Schritte  von  dem  Feinde  waren,  konnte  wir  ihn  doch  der- 
Dnnkelheit  und  des  eoupierten  Terrains  wegen  nicht  sehen.  Sehr 
deutlich  aber  konnten  wir  seine  Scheltworte:  Grützköpfe  u.  s.  w.  hören 
und  bekamen  endlich  Befehl,  diese  Scheltworte  mit  unseren  Bajo- 
netten zu  erwidern.  Unter  dem  Kufe:  „Hurrah,  es  lebe  der  Königl'* 
stürzten  wir  auf  den  Feind  los.  Dieser  wollte  sich  nicht  vcm  unseren 
Bajonetten  spiefsen  lassen,  sondern  ergriff'  bald  die  Flucht  über 
Gräben  und  Hecken  und  warf  eine  Menge  Gewehre  und  Tornister 
von  sich,  um  desto  leichter  lauten  zu  können.  Nur  Major  iiurgs- 
dorft',  zwei  Leutnants  und  81  Mann  wurden  auf  der  Flucht,  die  durch 
die  Dunkelheit  begünstigt  wurde,  ergritlen.  Die  'M  Mann,  die  ge- 
tangen  worden,  waren  Hanseaten,  welche  gesagt  haben  sollen,  da£5 


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186 


Aas  dem  KriefS  ia07— 14. 


sie  keinem  Dänen  Pardon  geben  wollten,  weil  wir  den  Franzosen  in 

iHamburg  g-eholfen  hätten. 

Nach  V  erlauf  eiuiger  Standen  war  der  Feiud  au  allen  Punkten 
.zurückgeschlafjen. 

Wir  blieben  ungefähr  eine  Stunde  auf  dem  Kampfplatze  stehen 
nahmen  von  dem,  was  wir  bei  uns  hatten,  einige  Erfrischungen  ein 
und  sammelten  einen  Teil  von  den  Gewehren  und  Tornistern  auf. 
So  endete  diese  Affaire  bei  Hoden  ebenso  ehrenvoll,  wie  die  vorher- 
gehenden Scharmützel  im  Fcld/age,  im  welchem  der  Feind  nicht 
gern  unseren  Bajonetten  zu  nahe  kommen  mochte,  weshalb  er  jedes- 
mal retirierte  und  nur  der  Schnelligkeit  seiner  Beine  seine  Kettung 
verdankte. 

Nach  der  Affaire  bei  Hoden  marschierten  wir  durch  Oldeslohe  za 
dem  Gute  Blumendorf,  wo  das  ^ranze  Regiment  abkochte,  einige 
Stunden  ausruhte  und  dann  an  demselben  Tage,  den  5.  Dezember, 
nach  Niendorf  weitermarschierte.  Jenseits  der  Stadt  kam  ich  auf 
Feldwache  mit  30  Mann  Infanterie  ond  10  Mann  FUneschen  Dragoner; 
diese  wurden  mir  mitgegeben,  weil  man  wolste,  dals  ich  ßesoch 
7on  Kasaken  erwarten  könne.  In  der  Dämmemng  näherten  sieb 
auch  wirklich  einige  und  griffen  mich  an,  nm  in  das  Dorf  zn  kommen. 
Als  aber  meine  Vedetten  Fener  gaben,  wodurch  zwei  Kasaken  fielen, 
und  sie  ut^sere  kleine  Anzahl,  die  ich  längs  der  Hecken  aufgestellt 
hatte,  nicht  berechnen  konnten,  zogen  sie  sich  gegen  Sttlfeldt,  eine 
Viertelmeile  von  mir  entCemt,  zurück.  Leutnant  v.  Scbellempf  von 
„Prinz  Ferdinand-Dragonern**,  welcher  Dienst  hei  „den  Holsteuusehen 
fliaaien''  tbat,  wurde  von  einem  Kosaken  doreh  einen  Lanzenstich  in 
•den  Magen  schwer  yerwnndei 

Am  6.  Dezember  marschierten  wir  nach  Damsdorflf  nnd  kamen 
•  durch  Segeberg,  wo  ich  so  glttcklieh  war,  fhk  paar  StieÜBln  an  be- 
kommen. In  den  letzten  Wer  Tagen  und  Nttcbten  war  ich  anf 
schrecklichen,  beinahe  bodenlosen  Wegen  marsohiert  mit  Schuhen, 
die  ÜMt  ohne  Sohlen  und  so  zetrissen  waren,  dalh  ich  sie  an  den 
iPllihen  festbinden  mubte,  um  sie  nicht  zu  yeriieren. 

Den  7.  Dezember  marscbieiten  wur  weiter  nach  Preeta  dureh. 
BomhÖTed.  Anlser  der  Stadt  bewegten  wir  uns  in  Schlachtordnung 
und  wurden  von  einer  Menge  sehwedlseber  Karalieile  angegriffen. 
Dieser  Angriff  kostete  den  Schweden  —  ihren  eigenen  späteren  Be* 
richten  zufolge  —  ttber  200  Husaren.  Wir  verloren  2  Kanonen  und 
einige  Mann.  Der  Kronprinz  von  Schweden,  Carl  Johann,  soll 
Uber  diesen,  für  den  Feind  so  bedeutenden  \  erlust  so  erbittert  ge- 
wesen sein,  dafs  er  in  seinem  Armeeberichte  von  NeumUnster  den 
6.  Septembar  1813  sagt:  Die  dänischen  Truppen  hätten  gegen  alle 


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AoB  dem  Kriege  1807—14.  1^7 

Kriegsgesetzt'  ^jehaudelt,  da  einifre  Kompagnien,  welche  ihre  Ge- 
lelire  schon  gestreckt  hatten,  ihre  Gewehre  wieder  aufgenommen 
und  anf  die  schwedischen  Husaren  geschossen  hätten,  als  diese  sich 
durch  Borahöved  zurückzogen. 

Nach  dieser  Aft'aire  setzten  wir  unsern  Marsch  auf  unglaublich 
sohlechten,  fast  bodenlosen  Wegen  fort,  wodurch  viele  Soldaten  einen 
traurigen  Abschied  von  ihren  verdorbeneu  Schaben  nahmen.  Um 
balb  12  kamen  wir,  znm  Teil  barfUfsig,  hungrig  nnd  in  hohem 
Gnde  ermattet  nach  Preetz,  wo  der  Kanonendonner  deutlich  gehOrt 
worden  war  nnd  ein  liebendes  Herz  betrübt  hatte. 

Als  ich  nämlich  in  das  mir  angezeigte  Quartier  eintrat,  kam 
mir  ein  jonges,  schönes  Mädchen  mit  ängstlichem  Gesicht  entgegen 
ODd  fragte  mich  schnell  nacheinander:  ^.Haben  Sie  Leutnant  v.  R. 
gesehen?  Lebt  Leutnant  f.  R.?  Sagen  Sie  mir  doch  die  Wahrheit!** 
Ich  versicherte  der  jungen  Dame,  dafo  der  Leutnant  B.  geannd 
nnd  wohl  sei  nnd  ant  Feldwache  nicht  weit  ron  Preetz  stehe.  Dann 
enihlte  sie  mir,  daXs  der  Leutnant  ihr  Verlobter  sei  nnd  wie  bange 
sie  gewesen,  dafo  er  gefallen  sei. 

Da  der  Femd  uns  keine  Rnhe  liels,  sondern  fortfuhr,  uns  Tag 
and  Nacht  zu  verfolgen,  vermutete  ich,  dafe  er  uns  auch  jetzt  nur 
wenige  Stunden  Schlaf  gönnen  wttrde,  ond  warf  mich  daher  —  im 
höchsten  Grade  ermattet  nnd  schläfrig  —  in  meinen  Kleidern  auf 
dis  Bett  Wie  ich  gedacht  hatte,  wurde  in  der  That  in  derselben 
Naeht  um  2  Uhr  Alarm  in  Preetz  geschlagen.  Wir  stürzten  ans 
nnseren  Quartieren  und  waren  in  der  Dunkelheit  nahe  daran,  ein- 
uder  Uber  den  Haufen  zu  rennen,  um  nnr  schnell  zu  unserer  Fahne 
ttf  den  Alarmplatz  zn  kommen,  woranf  wir  nach  Elmschenhagen, 
eme  halbe  Meile  von  Kiel,  marschierten.  Mit  betrübtem  Herzen 
waren  wir  Zeugen  des  Jammers  der  Einwohner  von  Pretz,  die  das 
Herannalien  lits  Feindes  fürchteten.  Ich  wurde  auf  Feldwache 
konmiandiert,  einige  Gewehrschüsse  Entfernung  von  Elmschenhagen. 

(Hier  fehlt  ein  Blatt  Im  Origlaalmanaskript) 

Nachdem  ich  auf  Fouragierung  ausgeschickt  gewesen  war,  kehrte 
ich  zurück  und  meldete  dem  Adjutanten  des  Prinzen  Friedrich,  dafs 
die  Bauern  uns  gegen  Bons  keine  Lebensmittel  überlassen  wollten, 
meiner  grofsen  Freude  erwiderte  der  Adjutant:  „Wenn  die  Bauern 
Ihnen  nicht  gutwillig  Proviant  gegen  Bons  überlassen  wollen,  so  er- 
Iwibe  ich  Ihnen,  Proviant  zu  nehmen,  wo  Sie  ihn  finden!'' 

„Gut!  danke  sehr!"  dachte  ich,  so  werde  ich  Proviant  für  meine 
leidenden  Kameraden,  die  in  der  Kirche  einquartiert  sind,  bekommen, 
denn  ich  hatte  m  mehreren  Häusern  schOne  geräucherte  Wttrste, 


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188 


Aua  dem  Krieg«  1807—14. 


Schafskealen  oiid  ^Tofse  Stücke  Speck  im  Kauchfang  hängen  sehen. 
Ich  machte  mich  sogleich  mit  meiner  Mannschaft  auf  und  nahm  bei 
jedem  Bauern  den  driUen  Teil  von  diesen  so  lange  yermifsten  Delika- 
tessen. Die  Männer  und  Frauen  schrien,  weinten  und  lamentierten 
entsetzlich,  aber  jetet  half  kein  „Maalspitzeu',  denn  ich  hatte  nur 
Mitleid  mit  den  ermatteten  Offizieren  und  Soldaten  in  der  Kirche 
und  mit  meinem  eigenen  hungrigen  Magen,  Meine  Mannschaft  hatte 
endlich  Anne  und  Hände  voll  von  Mettwurst,  Käse.  Brot  u.  s.  w., 
und  mit  diesen  herrliehen  Dingen  eilten  wir  in  die  Kirche  zu  meinen 
schlafenden  Kameraden  nnd  riefen:  „Proviant!  Proviant!''  £in  Teil 
erwachte  nicht  ans  dem  tiefen,  leblosen  Schlafe;  einige  aber  wurden 
monter  nnd  rieben  sich  die  Angen,  nnd  die,  welche  bei  unserer  An- 
kunft mit  den  Lebensmitteln  wach  waren,  fuhren  wie  hungrige 
Wölie  auf  uns  zu,  aben  mit  Begierde  und  legten  sieb  dann  wieder 
schlafen. 

Ungefithr  um  Mitternacht  legte  ich  mich  beim  Altar  neben  die 
andern  hui.  Ich  hatte  weder  Strohlager  noch  dnen  Mantel,  aen 
Überhaupt  nur  wenige  0£Bziere  in  diesem  Feldznge  hatten.  Bisher 
hatten  wir  gegen  schlechte  Wege,  Wasser,  Kälte  und  Regen  zu 
kämpfen  gehabt,  jetzt  bekamen  wir  einen  neuen  Feind,  nämlich  den 
Frost;  denn  zwischen  dem  9.  nnd  10.  Dezember  fing  es  um  Mitternacht 
anaufiBerordentlich  starkzugeMeren.  Ich  hatte  kaum  eine  Stunde  auf  dem 
kalten  Boden  gelegen,  als  es  mir  war,  als  ob  das  Blut  in  meinen  Adern 
erstarrte.  Ich  konnte  mich  kaum  auMchten,  und  meine  Stiefel 
welche  ganz  naJs  von  dem  Herumwaten  im  Dorfe  waren,  waren  jetzt  so 
steif  an  meine  FttCse  angefroren,  dak  ich  kaum  gehen  konnte,  ohne  zu 
lallen.  Obgleich  ich  sehr  mttde  war,  konnte  ich  doch  Tor  Kälte 
nicht  schlafen;  auch  störte  es  mich,  dab  die  Soldaten  unglanblidi 
laut  in  den  Kirchensttthlen  und  CUlngen  schnarchten.  Viele  sprachen 
laut  im  Schlafe  und  dnige  jammerten  nnd  riefen:  „KasakI  Kasak!** 

Um  10*/a  Uhr  abends  waren  wir  in  Gettorf  angekommen  und 
um  3  Uhr  in  der  Nacht  schlugen  die  Trommeln  den  Generalmarseh 
nnd  Alarm  ki  der  Khrohe  nnd  im  Dorfe.  Es  ward  uns  sehr  schwer, 
die  von  Strapazen  und  Mangel  an  Schlaf  entkräfteten  Soldaten  zu 
wecken.  Besonders  ein  Soldat  schlief  so  fest,  daüs  sein  Kapitain 
ihn  nicht  ermuntern  konnte,  weder  durch  Schtltteln,  noch  durch 
Fu&tritte  in  die  Seite.  Da  dieser  Soldat  bei  seinen  Kameraden 
sehr  beliebt  war  nnd  man  ihn  nicht  in  Gefangensehaft  des  heran* 
nahenden  Fehides  fallen  lassen  wollte,  bildeten  die  Soldaten  eine 
Tragbahre  ans  ihren  Gewehren  —  da  wir  kebe  Wagen  äiit  uns 
hatten  —  und  trugen  so  m  Prozession  den  schlafenden  Soldaten 
aus  der  Kirche.    Nachdem  er  einigemale  auf  dem  Wege  nach 


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W»  TOHgk*  d,  4«„t,.  Fe...„g..rtU«ri.  1870-71.  igg 
brav  „.  der  SehUeM  MsT^TJl 

(SohJuTs  folgt.) 


XIV" 

Die  Batigkeit  der  deutscheD  Feslüngsartillerie  im  deutscl,- 

franzosiscJiBB  Krieg  1870  -71 

(Generaltartnant  z.  d.  h.  f.  Müller ) 

V.,D  '' 

OberaaeatDant  a.  U.  Frobeniiu. 

Werbei  auch  vielÄr»i^SJl^:iJ  IV'^"'" 

handeln  winL  m  wirf  *.T?   "     ^  imprnnsiorte  Bcfesti-nngen 

Kan,pf  um  bdde  Zl  J^f  ■^''™<-'"^  kommen,  und  der 

Scbnellfeuer-  nnd  aOa^^T  ''''^^''"'^''^^^ 

wird  es  «efc  Zl^JZZ,     v  ""^  J'-d'^of«»»» 

«ülerie  verrbZ"!!"!:»  T"''"'^  '''^  '^'^«'"»«»- 

Thätigkeiten  bandeh  nmrfl  t  '■"■""""''•'■•^rcifrn  ihrer 

Waffe  und  dh^^^wTl  T'' 

Wligkeit  TertaSJ^Sfr-  K  Schwee 
0»  «^T^^f  ^°  «"den  weile. 

kHeaeT^L*!^     „    """^  der  Beispiele  des  Festunfrs- 

»••l<kn«  1870-71   und    aadere  darbietea 


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190  Thatigkeit  der  deatsohen  FeatanggartUlerie  1870—71. 


mehr  in  den  Vordergrund  gerückt  werden  rnttssen.  Es  konnte  des- 
halb mit  Frende  begrülst  werden,  dafs  ein  durch  seine  sehrift- 
stellerischen  Leistungen  auf  historisch  •  artilleristischem  Gebiet 
80  bekannter  Offizier,  wie  Creneralleutnant  von  Müller  die 
Hand  anlegt ,  um  die  Belagerungen  des  deutsch  -  französischen 
Krieges  einer  Bearbeitung  zu  unterziehen.*)  Allerdings  machte  der 
Titel  schon  stutzig:  ,,I)ie  Thätigkeit  der  deutschen  Festungsartillerie," 
aber  wenn  diese  von  taktischem  Standpunkte  aus  aufgefalst  wurde,  so 
mochten  aus  dieserThätigkeit  immerhin  auch  für  andere  Waffen  und  für 
das  Zusammenwirkfn  mit  diesen  wichtige  Lehren  aus  den  Vorgängen  von 
1870/71,  gezogen  werden.  Hatte  doch  der  Verfasser  in  seiner. .Geschichte 
des  Festungskrieges''  seine  Meinung  dahin  geUufsert:  „Die  Gesamt- 
verteidigung ist  in  erhöhtem  Mafse  offensiv  geworden  und  hat  in 
der  Benutzung  des  Aufsengeländes  die  Freiheit  iu  der  N'erwendung 
der  Troppen  getunden.  Das  früher  ihr  vom  Angreifer  unbedingt 
diktierte  Gesetz  kann  sie  jetzt  selbst  diktieren.  Unter  diesen  Umständen 
verlangt  die  zweckmälsige  Verwendung  der  Truppen  beim  Angriff 
und  bei  der  Verteidigung  der  Festung  vor  allem  einen  geschickten 
Taktiker,  wenn  das  geleistet  werden  soll,  was  man  erwarten  darl. 
Die  Führung  eines  guten  Angriffs  bezw.  einer  Verteidigung  ist 
eine  ungemein  schwierige  Kriegsautgabe  geworden." 

Wenn  der  \'erfasser  diesen  Standpunkt  im  Auge  behielt  und  die 
Absicht  hatte,  die  Erfahrungen  von  1870 — 71  fllr  die  Armee  zu  ver- 
werten, wenn  er  gewissermarsen  fUr  jenen,  1892  aufgesteliteii  Satz 
die  Beweise  aus  den  Vorgängen  jenes  Feldzuges  beibringen  wollte, 
so  wäre  das  schliefslich  auch  unter  dem  Titel:  „Die  Thätigkeit  der 
Deutschen  Festungsartillerie''  möglich  gewesen,  wenn  er  auch  in 
diesem  Falle  nicht  sehr  glücklich  gewählt  war.  Aber  nur  eine  von 
diesem  Standpunkt  aus  unternommene  Arlteit  hatte  tiir  die  Armee 
und  auch  fiir  die  l'estungsartillerie  wirklichen  Wert.  Historische 
eingehende  Darstellungen  der  Festungskämpfe  von  I  S7o — 71  besitzen 
wir  nicht  nur  der  Zahl,  sonderu  auch  der  Gründlichkeit  und  Durch- 
arbeitung nach  vollständig  genug.  Neben  den  Arbeiten  der  Ingenieure? 


1)  Die  ThXtigkeit  der  deatsohen  Festangeartillerie 

bei  den  Belagerungen.  Beschiefsongea  und  Einschliefsungen  im  deatsch- 
französischen  Kriege  1870-  71  von  H.  v,  Müller,  Generalleutnant  t  D. 
Erster  Band:  Die  Belagerun^^  von  Strafsburj^.  Zweiter  Band:  Die  Be- 
lagerungen von  Schlettstadt,  Toul,  Soiasons,  L<ong\vy.  Die  Beschief^ungen  von 
Neo-BrelSMh,  La  F^re,  Verdnn,  Bitseh,  Dtedenhoftn,  Montmidy,  MWres, 
Ffaonne,  Yorbereltang  nur  Besdüelsang  von  Langres  {Einsehlieliroiig  von 
Metz),  Besetzung  der  Citadelle  von  Amieng,  die  Kriegsbesstntng  von  Sedaii. 
Beriin  1898  and  1899  £.  8.  MitÜer  &  ^bn. 


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Die  ThäÜ^keit  der  deatachen  FestangsarUllerie  1870—71. 


wchle  Bimilioh  bemüht  sind,  aaoh  den  Leistongen  der  Artillerie 
gmelit  zn  worden,  haben  whr  die  Benrbeitangen  der  Artilleristen,, 
mlehe  an  Vollsttodigkeit  niohta  an  wttnschen  ttbrig  lassen.  Also> 
Miterial  znm  Stadium  ist  genog  voihanden  sowohl  für  den  Ingenieor  und 
deo  Artilleristen,  als  fUr  die  Offiziere  anderer  Waffen,  denn  in  fast  allen 
diesen  Arbeiten  tritt  das  Bestreben  hervor,  jegliche  Handlung,  welche 
Waffe  sie  auch  besonders  berühre,  gewissenhaft  zu  verzeichnen  und  ihren 
Enflols  auf  den  Gang:  der  Belagerung  klar  zu  stellen.  Es  ist  aber 
eine  alte  Erfahrung',  dai's  zum  eingehenden  Quellenstudium  (diese 
Arbeiten  als  Quellen  betrachtet |  der  Offizier  keine  Zeit  hat,  dafs  es 
der  Darreichung  des  Stof?es  in  hundlicherer,  kürzerer  und  durch 
Hervorbeb  Ulli:  der  wichtigen  Moiiuute  nutzbarerer  Form  bedarf,  um 
Erfolge  zu  erzielen.  Dazu  kommt,  dals  all  die  technischen  Einzel- 
heiten, welche  die  Geschichte  einer  Belageruni:  unbedingt  ent- 
halten mufs,  dem  Offizier  im  alliremeinen  vielfach  unverständlich, 
zuDi  mindesten  langweilig  und  UhertlUssi*:  erscheinen.  Dieser  Ballast 
erschwert  ihm  das  Studium,  und  selten  versteht  es  ein  Militärschrift- 
steller, eine  solche  Darstellung  so  künstlerisch  und  so  auf  der  Höhe  der 
Anschaunng  sich  haltend  auszugestalten,  wie  K.  Wagner  seine  „Ge- 
schichte der  Belagerung  von  Strafshurg." 

Hai  nuu  der  Generalleutnant  von  Müller  diesen  Standpunkt 
in  seiner  Arbeit  gewahrt,  welchen  er  nach  seiner  Aufserung  von 
18!)2  doch  wohl  als  den  richtigen  erachtet,  den  des  Taktikers,  der 
die  zweckmälsige  Verwendung  der  Truppen  vor  allem  ins  Auge  fafstV 
Er  sagt  in  dem  Vorwort  zum  ersten  Bande,  dafs  die  Gesamtthiitigkeit 
der  Festungsartillerie  in  den  Einzeldarstellungen  zerrissen  und  wenig 
einheitlich  behandelt  und  auch  aus  anderen  Gründen  nicht  erschöpfend 
darjrestellt  worden  sei.  Er  will  die  persimlichen  V'erhältnisse,  die 
Anordnungen  und  ihre  Ausführung  besprechen,  die  einzelnen 
Kommandeure  und  Kompagnien  auf  ihrem  Wege  von  einer  Festung 
zur  auderen  verfolgen  und  vor  allem  aus  dem  allgemeinen  artilleristisch- 
taktischen  Verhalten  und  der  Feurrtaktik  beider  Teile  etc.  die 
Frsachen  fUr  den  schnellen  oder  verzitgerten  Erfolg  oder  fllr  den 
Xichtertulg  in  jedem  einzelnen  Falle  nachweisen.  —  \  on  der  Tliätig- 
keit  anderer  Waffen,  von  dem  Ineinandergreifen  ihrer  Handlungen, 
von  der  UnterstUtzunjr,  welche  eine  der  auderen  zu  bieten  berufen 
feeiu  kann,  von  dem  also,  was  der  Leitung  des  AugritTs.  wie  der 
Verteidigung  zu  wissen  und  zu  studieren  not  thut,  ist  gar  keine 
Hede. 

Damit  schrumpft  die  Bedeutung  des  ganzen  grolsen  Werkes  für 
die  Armee  im  allgemeinen  ganz  un<:eheuer  zusammen;  was  eine 
Kegimentsgescbicbte  itlr  den  einzelnen  Trappenteil,  das  ist  es  fUr 


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192 


Die  Thätigkeit  der  deutschen  FestnugHartillerie  1870 — 71. 


die  Festnngsartillerie.  Der  Beferent  kann  also  nur  mit  herzlichem 
Bedauern  sagen:  „Schade,  dab  Generalleutnant  yon  Mlüler  sdne 
Kraft  ond  eine  bedeutende  Arbeitszeit  nicht  einer  grölseren  nnd 

wichtigeren  Aufgabe  gewidmet  hat!",  mufo  im  ttbrigen  dem  Ver- 
fasser auf  seinen  mehr  familiären  Standpunkt  folgen  ond  von  diesem 
ans  die  Arbeit  zn  betrachten  suchen. 

Aber  auch  hierbei  —  der  Verfasser  hatte  doch  wohl  die  Absicht, 
seine  Waffenkameraden  zu  belehren  und  besser,  als  es  1870  der 
Fall  war,  fUr  einen  zukünftigen  Krieg  vorzubereiten  —  war  es  doch  ' 
Tor  allem  notwendig,   eine  richtige  Wertabschätzung  der  Festunors- 
artillerie  ins  Auge  zu  fassen  und  ein  Bild  davon   zu  entwerfeD,  i 
welche  Vorbedinguufren  für  ihr   Auftreten  erfüllt  sein   inUsseu.  in 
welcher  Weise  die  anderen  Waffen  dies  ermöglichen  müssen;  welche 
Unterstut/uii--  sie  jenen  in  dem  Hingen  mit  der  Iksat/ung  zu  leisten 
imstande  ist  und  in  welcher  Weise  sie  hier  einzutreten  hat;  welche 
Rolle  den  anderen  Waffen  während  des  GeschUtzkampt'es  zufällt,  wie 
sie  für  ihre  Sicherung  und  ihre  Bedllrtnisse  soriren  mUssen;  wie  eud-  i 
lieh  die  Erlolge  der  Artillerie  ausgenützt  werden  können  und  mUssen. 
Es  war  notwendig,  den  Waffeid%.umeraden  nachzuweisen,  wo  die  Grenzen 
ihres  Könnens  liegen,  und  wo  sie  also  der  Hilfe  bezw.  der  Angriff  ^ 
und  die  Verteidi^'ung  des  Einsetzens  anderer  Kräfte  bedarf,  um  das  j 
erstrebte  Ziel  zu  erreiehen.    Ich  weil's  es  nicht,  ob  es  schon  einmal  ' 
einem  Feldartilleristcn  eingefallen  ist,  die  1  hätigkeit  der  Feldartillerie 
in  den  grofsen  Schlachten  des  deutseh-französischeu  Krieges  derart  ^ 
zu  schildern,   dafs  er  mit  dem  Auffahren  der  Batterien  beginnt  und 
mit  dem  Einstellen  ihres  Feuers  endigt,  ohne  die  Kampfhandlungen  , 
der  anderen  Waffen  zu  erwähnen.    Ob  seine  Kameraden  der  Waffe 
daran  einen  grol'sen   \  orteii   be/ilirUch   ihrer  Vorbereitung  für  zu-  i 
künftige  Schlachten  hätten,   ist  zu  bezweifeln.    Und  genau  so  ist  es 
mit  Oeiieral  v.  Müllers  Darstellung  des  Festungskrieges.    Der  junge 
Artilh  lisi.  der  sie  studiert,  gewinnt  /.weifellas  die  Ansicht:  „Ich  gehe  | 
mit  den  irrofsen  Kanonen  vor  die  Fi  sluui:  und   schieise.    Habe  ich  , 
genug  Kanonen   und  schieise  ich  gut,    so   wird   die  Festung  sehr 
schnell  die  weilse  Fahne  anfziehen.    Dann  gebt  die  Infanterie  hinein 
nnd  besetzt  sie.*' 

Es  scheint  mir  durchaus  unwahrscheinlich,  dafs  der  Verfasser 
diese  Ansicht  teilen  sollte;  es  erseheint  mir  aber  aulserordentlich 
gefährlich,  den  Anschein  zu  erwecken  und  durch  eine  demeut- 
sprechende  Darstellung  der  Belagerungen  eine  höchst  bedenkliche 
Uberschätzung  der  Festungsartilleristen  grolszuziehen.  Wir  haben 
das  ja  schon  einmal  durchgemacht,  in  den  7()cr  Jahren,  als  das 
Bombardements-Fieber  grassierte  und  alle  Ideen  Uber  Festnng  und 


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I 


Die  Thäu^ktiit  der  deatschen  Festun^fsartiUerie  lb7U-  71.  193 

ttstuiijrswesen  dadurch  auf  eine  bedauerliche  Weise  bceiiitiurst 
worden.  Wir  haben  sie  Uberstanden  und  längst  eingesehen,  dals 
man  moderue  Festungen  und  die  Art  ihrer  \  erteidigun^^  nicht  unter 
demselben  Gesichtswinkel  mit  den  veralteten  kleinen  französischen 
Stadtfestungeu  betrachten  darf,  deren  nieist  sehr  mind(T\verti^'e  Be- 
satzungen nicht  einmal  einen  sicheren  Unterschlupf  ge^en  die  ieind- 
liehen  Granaten  fanden,  l  ad  doch  ha  hm  uns  selbst  jene  anfangs 
von  der  Anneeleitung  mit  Geringsiliiit/.ung  behandelten  Festungen 
recht  viel  zu  schaffen  gemacht,  und  die  zusammangelaufenen  Hc- 
>atzungen  haben  zum  Teil  ganz  erhebliche  Erfolge  aufzuweisen.  Es 
wäre  deshalb  doch  ratsam  gewesen,  solche,  namentlich,  wenn  sie  fllr 
die  Angriffsartillerie  durchaus  nicht  gleichgültig  waren,  auch  in 
Betracht  zu  ziehen  und  nicht  nur  die  Wirkung  der  feindlichen 
(rranaten.  Ich  erinnere  hier  nur  an  die  Ausfälle  der  Besatzung  von 
Verduu  am  U).  und  28.  Oktober,  welche  nach  der  Beschiefsung  mit 
schwerem  Geschütz-  siatilanden  und  die  Verteidiger  bis  in  die  An- 
griü'sbatterien  führten.  Warum  erwähnt  Generalleutnant  v.  Müller 
diese  mit  keinem  Wort?  und  doch  hätten  sich  hieran  recht  beherzi- 
genswerte Lehren  knUj)fen  lassen. 

Ich  erwähne  dieses  Beispiel  nur,  um  zu  zeigen,  wie  souverän 
der  \'erfasser  die  Thätigkeit  der  anderen  Waffen  beiseite  schiebt 
und  mit  Stillschweigen  Ubergeht.  Selbst  wenn  er  eine  Kegiments- 
bezw.  Warten  -  Geschichte  schrieb,  durfte  er  so  gewaltige  und 
wichtige  Kriegsereignisse  wie  die  Belagerungen  nicht  in  einer 
>ül('hen  W^eise  darstellen,  als  handele  es  sich  überhaupt  nur  um 
Angriffs-  und  Verteidigungsaitillerie,  und  als  wäre  alles  andere  nur 
ein  Beiwerk,  das  der  Artillerie  und  ihres  Kampfes  wegen  herau- 
fzogen werden  müsse.  Erweckt  er  damit  die  falsche  Vorstellung, 
dafs  der  Festungskrieg  lediglich  durch  seine  Waffe  getragen  und 
entschieden  werde,  so  thut  er  dieser  den  schlechtesten  Dienst  damit; 
denn  mit  falschen  Anschauungen  wird  sie  nur  in  fehlerhafter  Weise 
sich  für  den  Festungskrieg  vorbereiten. 

Die  Festungsartillerie  ist  ja  unbestreitbar  einer  der  mächtigsten 
und  zwar  ein  unentbehrlicher  Faktor  des  Festungskrieges,  und  je 
besser  sie  bewaffnet,  je  besser  sie  vorbereitet  ist,  einen  desto  gröfseren 
Vdrteil  wird  der  Leitende  der  Belagerung  wie  des  Angriffs  aus  ihr 
ziehen.  Wenn  daher  der  Verfasser  mit  kritischem  Aiiire  jedem 
.Mangel  uach.spUrt,  welcher  bei  der  Verwendung  der  Geschütze,  der 
Anordnung  der  Batterien,  der  Enttemungsschätzung  und  dem  Ein- 
schielsen,  bei  der  Feuergeschwindigkeit  und  bei  der  Feuerleitnng  zu 
Tage  treten,  so  ist  das  durchaus  richtig  und  anerkennenswert.  Er 
hat  auch  nicht  wenig  zu  tadeln  gefunden,  und  maa  gewinnt  den 

Jabi)>leh*r  fikr  di«  daaticli*  Arm«*  und  HariB*    Bd.  Iii.  2.  18 


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194        ^  ThUlipuik  dar  deateohen  FeslosgatrtlUmle  1870—71. 

Eändraek,  als  wenn  das  deutoohe  Material  anberoideiitlioh  fpA  und 
leiBtiiogsflÜiigy  das  Personal  aber  seiner  Angabe  —  wenigstens 
anfangs  —  im  aUgemeinen  niclit  gewachsen  gewesen  wSre;  die  in 
einem  Tagebnehe  gemaehte  Bemerkong,  die  Ausbildung  der  Artillerie 
sei  erst  im  wesentlichen  vor  Strafsbnrg  erfolgt,  erklärt  deshalb  der 
Ver&sser  fUr  gans  sntreffend,  nnd  er  hätte  binznsetsen  kennen,  dafs 
es  den  bei  Stra&bnrg  nicht  beteiligten  Kompagnien  nnd  OfÜsieren 
nicht  andera  erging,  sie  sahlten  ihr  Lehrgeld  bei  anderen  Belagerangen 
nnd  erhielten  dort  ihre  AnsbUdnng. 

Dieses  Ansbildnngssystem  besw.  dieser  Mangel  an  rechtaeitiger 
Ansbildong,  welcher  «brigens  seine  leicht  erklärlichen  nnd  die  Wafie 
selbst  nicht  allznschwer  belastenden  Gründe  hatte,  ist  zweifellos 
nicht  ohne  Sohnld  an  den  MUserfolgen  nnd  schwierigen  Situationen 
des  Belagerers,  wie  wir  sie  s.  B.  bei  Bitsch,  Toni  und  Verdun 
finden,  er  hätte  aber  yeihängnisToll  werden  können,  wenn  man  es 
nicht  durchweg  mit  Angriffsobjekten  und  Verteidigungen  au  thun 
gehabt  hätte,  die  ihrer  An^be  in  keiner  Weise  gewachsen  waren. 
Iflt  einer  Waffe,  wie  die  deutschen  Oeschtttxe  sie  boten,  war  es 
nicht  schwer,  diese  Ideinen  Festungen,  deren  Wälle  man  meist  im 
Rfloken  fassen  konnte,  deren  Werke  keine  racheren  Unterkunfts- 
räume  boten,  deren  Pnlvermagaiane  meist  nngenügend  gedeckt  waren, 
deren  GeschtttEc  durohans  minderwertig  und  deren  Besatauug  mit 
wenigen  Ausnahmen  schlecht  ausgebildet  und  unzuverlässig  war, 
durch  dne  kräftige  Beschielsung  zu  gewinnen.  Es  bedurfte  meist 
einer  starken  materiellen  Schädigimg  gar  nicht  —  und  dafür  ist 
lehrreich,  dafe  t.  Müller  fi»t  durchweg  die  Werke  für  nodi  ver- 
teidigungsfähig,  meist  wenig  besdiädigt,  die  Geschtttze  für  noch  aus- 
reichend zum  Widerstände  bei  der  Kapitulation  erachtet  — ,  es 
genügte  die  moralische  Einwirkung  der  unerwarteten,  im  Programm 
nicht  Yorgesehenen  Beschieftung  mit  Geschützen,  deren  Wirkung 
ttbenaschte,  um  den  Kommandanten  und  seinen  Stab  zur  Obergabe 
zu  Tcranlassen.  Sie  waren  auf  eine  Angriffsweise  nach  Art  der 
alten  glatten  Gesohtttase  nut  genauer  innehaitong  der  Vaobanschen 
Vorschriften  Yorberdtet  und  konnten  sich  in  das  Unerwartete  nicht 
finden,  weil  in  dem  aasgearbeiteten  Verteidigongs-Entwurf  sieb  hierfür 
keine  Verbaltangsmafsregeln  fanden.  Das  lehrt  recht  angenschein- 
lieb,  dafs  die  Herren  mit  den  neaen  Kampfmitteln  zu  wenig  bekannt, 
dals  sie  über  die  Fragen  des  modernen  Fe8tunjj:skrieges  zu  wenig 
nnterrichtet,  dafs  sie  unfähig  waren,  aus  der  Schablone  herauszu- 
treten, und  das  läfst  es  als  recht  beherzigenswert  erscheinen,  wie 
dringend  notwendig  es  ist,  dafs  nicht  nur  die  technischen  Offiziere, 
sondern  dalü  die  ganze  Armee  mit  den  Aufgaben  des  Festungs- 


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Die  Tldttlfl;k«lt  der  deotaeheD  FettongMurtUlerie  1870—71.  195 

krieges  und  seinen  Mitteln  aioh  im  Frieden  eingehend  bekannt  mache. 
Wo  die  Verhältnisse  anch  nur  in  einigen  Beziehung:en  gllnstiger 
lagen,  da  traf  der  Angriff  auf  hartnäckigeren  Widerstand;  bei  Bitsch, 
Ko  alles  vemacblAssigt,  aber  an  Kasematten,  Proviant  und  Mnnition 
kein  Mangel  war,  erlahmte  er  an  der  Fruchtlosigkeit  der  ReschieÜBangi 
lud  wenn  wir  die  noch  nicht  vom  Verfasser  bearbeitete  Belagemng 
ron  Beifort  heranziehen,  so  finden  wir  einem  zum  Teil  ebenbttrtigen 
Gegner  gegenüber  den  ganxen  Verlauf  des  Kampfes  so  wesentUeh 
Dmg:e8taltet,  dafs  man  sagen  mnla:  „Hier  fing  wohl  erst  eigentlieh 
dfts  Lernen  für  dfii  Angreifer  an." 

l'nd  dieses  ist  durchaus  richtig!  Was  die  Festnn^sartillerie,  die 
Tor  Beifort  zur  Verwendung  kam,  vorher  bei  den  Festnn<r(  n  des 
Eisais  gelernt  hatte,  waren  eigentlich  nnr  taktische  und  technische 
Dinge,  die  sie  Ton  Reehtswegen  auf  dem  Schiefsplatz  hätte  lernen 
mOssen;  vor  Beifort  kamen  auch  fUr  den  Angreifer  I Überraschungen 
und  Neuerongen  des  Festnn^skampfes,  welche  das  bisher  Gelernte 
^tzlich  als  nngenttgend  erscheinen  Helsen  nnd  der  Siegeszuversicht, 
in  welche  die  FestongsartUlerie  (wie  Übrigens  v.  Müller  auch  zu- 
gebt), schon  TOr  Strafsburg  sich  hineingelebt  hatte,  sehr  schnell  ein 
finde  machte.  Man  darf  deshalb  die  Erfolge,  welche  so  leicht  er- 
langen worden,  nicht  allzahoch  veranschlagen;  sie  waren  vielfach 
eigentlieh  selbstverständlich,  nnd  es  würde  der  Arbeit  des  General- 
leotnant  t.  Müller  keinen  Sehaden  getban  haben,  wenn  er  dem  in 
leinen  Kritiken  dentUcheren  Aosdmck  gegeben  hätte.  Nichts  ist 
sehKmmer  als  Selbstttberachätznng;  diese  möchte  aber  Idcht  Platz 
greifen,  wenn  die  Festnngsartillerie  m  einem  solchen  Werke 
lieh  Oberall  das  ganze  Verdienst  xnerkannt  sieht.  Da  Ton  der 
Thätigkeit  der  anderen  Waffen  so  ziemlich  gar  nicht  die  Rede  ist, 
Hegt  dies  ja  sehr  nahe. 

Da  es  sieh  nnn  femer  ihr  den  Verfasser  dämm  handelt,  die 
peisOnliehen  Verhältnisse  mehr  als  bisher  geschehen,  in  den  Vorder- 
grand  zn  bringen,  und  da  er  lediglich  von  der  Thätigkeit  seiner 
Waffe  redet,  so  bt  es  ja  selbstverständlich,  dafe  er  die  Artilleristen, 
welehe  sieh  dnrch  ihre  zweckentsprechenden  Anordnungen,  grOlsere 
Kentnisse  nnd  besondere  Leistungen  heryorgethan  haben,  in  helles 
Lieht  zn  setzen  sieh  bemüht  Ich  stimme  ihm  mit  Frenden  zn,  wenn 
er  eines  Himpe,  Bartseh,  Spolir,  t.  Weiogärtner,  Nenmann  mit  be- 
sonderer Anerkennnng  gedenk  und  finde  es  anch  ganz  gerechtfertigt» 
wenn  er  seiner  selbst,  des  Hauptmann  Müller,  welcher  zum  Leiter 
der  knnen  15  cm  Batterien  behnfs  indirekten  Bresohierens  im 
Frieden  schon  sich  hatte  aasbilden  können,  hierbei  nicht  vergifst* 
Aber  auffallend  ist  es,  daTs  er  hierbei  artilleristische  Leistongen,  so- 

18* 


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t 

196         Die  Thäügkeit  der  deutschen  Festungsartillerie  1870— 71. 


bald  sie  von  einem  andern  Offizier  als  einem  Artilleristen  ausgingen, 
mit  einer  nicht  za  verkennenden  Absiebt  beiseite  schiebt  und  ab- 
zuschwächen sucht.  Waren  diese  artilleristischen  Leistungen  von 
so  grofser  Wichtigkeit,  wie  der  Entwurf  des  Artillerie-Angriffs  auf 
Stral'sburg,  so  konnten  sie  wohl  nicht  tibergangen  werden,  und  dann 
inufste  ihnen  wol  in  derselben  Weise  Gerechtigkeit  widerfahren,  wie 
ähnlichen  Leistuii^'on  von  Artilleristen,  gleichgültig  ob  der  betreffende 
Offizier  die  Ingeuiiier-  oder  Artillerie-Uniform  trug.  Denn  durch  die 
Leistungen  erwies  sieh  eben  dieser  Ingenieur-Offizier,  Hauptniunu 
Wagner,  als  ebenso  tüchti^a-r  Artillerie-,  denn  Ingenieur-Ofii/ier. 

Dem  \  erf'asser  ist  sehr  gut  die  Beteiligung  des  Hauptmann 
Wa^'^iiiT  ;in  dem  Au^riffsriitwurf  liekiinnt,  welcher  im  Jahre  1870  durch 
t  ine  Kommission  von  Artillerie-  und  Ingenieur-Offizieren  in  Herlin  aus- 
gearbeitet wurde.  Die  .Mitjrlieder  waren  Oberstleutnant  Himpe  und 
Hauptmann  Reinsdorf  artilleristischerseits,  Major  Peters  und  Haupt- 
mann Wagner  als  Ingenieur-Offiziere;  Hauptmann  Neumann  war 
nicht,  wie  v.  Müller  Hand  1,  S.  40  anführt,  dabei  beteiligt.  Über 
diesen  Entwurf  äulseit  er  seihst  sieh  in  seiner  ..Geschichte  des 
P'estungskrieges"  S.  31."):  ,,Der  mit  grofser  (rriinilliclikcit  und  Schärfe 
(lurciigefuhrte  Angriff  stellte  die  Geöichts))unkte  und  Grundzüge  für 
den  in  Zukunft  vorzunehmenden  Festungsangriff  mit  bemerkenswerter 
Voraussicht  der  kommenden  Eiitwickelung  fest;'^  er  erkennt  also  an. 
dal's  er  wohl  geeignet  war.  die  (Grundlage  ftlr  den  Angriff  auf  Strafs- 
burg zu  bilden,  da  er  ja  „mit  bemerkenswerter  \'oraussieiit  der 
kommenden  Entwickelung*'  aufgestellt  ist,  das  kann  sich  doch  aar 
auf  Strafsburg  beziehen. 

Nun  ist  dem  Verfasser  wahrscheinlich  nicht  weniger  bekannt, 
dafs  dieser  Angriffsentwurf  erst  kurz  vor  dem  Beginn  des  Krit  ges 
zum  Abschluls  kam,  und  dafs  sein  dritter  Teil.  d.  h.  ..die  Durchführung 
des  förmlichen  Angriffs  gegen  eine  Fortfestung"  vom  Hauptmann 
Wagner  selbständig  ohne  Heihilfe  der  anderen  Offiziere  am  2ii./7.  7() 
beendet  wurde.  Es  ergieht  sieh  hieraus,  welchen  hervorragenden 
Anteil  er  an  diesem  v.  Müller  mit  so  beredten  Worten  anerkannten 
Entwurf  hatte.  Wenn  er  aber  nun  in  seiner  Geschichte  des  Festnngs- 
krieges  fortfährt:  ..Die  Arbeit  wurde  leider  erst  unmittelbar  vor  Aus- 
bruch des  Krieges  ISTo  beendet,  so  dafs  sie  den  weiteren  Kreisen 
der  Festunjrs-Artillerie  und  der  Ingenieure  für  die  Belagerunireii  jenes 
Krieges  keine  Hilfe  bieten  konnte,'*  so  ist  das  nicht  ganz  richtig, 
denn  Wagner  traf  am  Abend  des  18.  August  in  \  endenheim  vor 
Stralsburg  ein,  und  mit  ihm  stand  dem  Angriff  also  diejenige  Per- 
sönlichkeit zur  Verfügung,  welche  am  kompetentesten  war,  den 
Angriffsentwarf  in  die  Wirklichkeit  zu  übertragen.   Es  ist  deshalb 


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Die  Thätigkeit  der  deutscben  FestimgsArtillerie  1810—71. 


197 


kein  Zufall  und  kein  Wrdienst  der  Festungsartillerie,  wenn  der  Ent- 
wurf mit  bemerkenswerter  Voraussicht  der  kommenden  Entwickelung 
entsprach,  sondern  das  alleinige  Verdienst  des  Hauptmann  Wagner. 
Auf  ihn  mulste  selbstverständlich  das  Auge  des  General  Schulz  fallen, 
da  es  sich  um  die  Aufstellung  des  Belagerungscntwurfes  für  Strafs- 
burg handelte,  und  er  beauftragte  ihn  damit  am  Nachmittag  des 
2().  August.  Wagner  arbeitete  die  ganze  Nacht  und  konnte  atu 
21.  August  frühmorgens  den  Entwurf  vorlegen,  Generalleutnant  \ 
Mililer  hat  in  seinem  ersten  Bande  Wagner  vom  18.  ab  nach  den 
Üiivktivcn  des  General  Schulz  arbeiten  lassen;  es  mufs  aber  her\or- 
gehohrti  werden,  dal's  er  auf  Anregung  der  Kritik  in  seinem  zweiten 
Bande  unter  den  —  llbrigens  merkwürdig  zahlreichen,  nämlich  IHO 
—  Berichtigungen  zum  ersten  Band,  Seite  511  diesen  Irrtum  ver- 
bessert Diid  bemerkt:  ..Dieser  (General  Schulz)  anrrkanntf  die  Arbeit 
als  geistiges  Eigentum  Wagners  dadurch,  dafs  er,  chense  wie  Obers 
Freydorf  und  Major  HfUtiger,  nicht  den  Entwurf  eiofacb  unterzeich- 
nete, sondern    Einverstanden**  darunter  setzte.**') 

Wenn  demnach  der  Entwurf  der  Kommission  zwar  auf  die 
Vorbereitung  der  Belagerungen  und  spezieil  der  von  Strafsburg 
keinen  Eintlufs  mehr  äulsern  konnte,  so  diente  er  doch  filr  den  Be- 
lajrerungsentwurf  selbst  und  für  dessen  DurchtUhrung  als  Grundlage, 
ond  Wagner  gebührt  als  dem  hervorragend  beteiligten  Autor  des 
Konuuissions-Entwurfs  und  als  dem  alleinigen  Verfasser  des  Belagerungs- 
Kntwurfs  von  Stralsburg  das  Verdienst,  die  neue  Entwickelaug  des 
Angriffs,  wie  sie  sich  bei  Stralsburg  anbahnte,  in  die  Wege  geleitet 
m  haben.  Ein  Vergieich  des  Koramissions^Eotworfs  mit  der  durch- 
geführten Belagerung  auf  StraDsborg,  den  za  Teröffentlicheu  za  weit 
filhien  wttrde,  zeigt  das  auf  den  ersten  Biiek. 

Angesichts  dieser  Thatsachen  ist  es  eigentümlich,  dalÜB  General- 
leutnant V.  Müller  Band  1,  S.  40  gelegentlich  Erwähnung  der  Auf- 
stellung des  Angriffsentwurfs  sagt:  „Für  die  Bearbeitung  der  artille- 
ristischen Verhältnisse  fehlte  anfangs  dabei  ein  kompetenter  .Artillerie- 
oi&ier."  Das  kann  nur  zwei  Deutungen  zulassen.  Entweder  wollte 
der  Verfasser  damit  sagen,  dals  Wagner  nicht  kompetent  war,  den 
artilleristischen  AngrifTsentwnrt  aufzustellen,  oder  dafs  sein  Entwurf  sieh 
bder  Folge  als  fehlerhaft  erwies.  Nun  konnte  aber  kein  Artillerist 
kompetenter  sein,  als  Wagner  und  —  der  Oberstleutnant  Himpe.  d.  h. 
der  Artillerie-Offizier,  welchen  Müller  S.  112  richtig  als  Seele  des 
utiUeristischen  Angriffs  bezeichnet.  Als  Mitglied  der  Kommission 

1)  Hiermit  erwebt  aieh  aneh  die  Bemerkung  Band  I,  S.  51,  da&  der  Ent- 
wf  am  21.  dweh  General  Scholz,  Oberst  Fireydorf  und  Bli^or  Rtfttiger  ,ge- 
MÜmiigt  und  onterBchrleben''  wurde,  als  ein  Intom. 


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198        Die  ThStlgkeit  der  dentoohMi  Festangsftrtilleiie  1870—71. 

hatte  dieser  Wagner  hoeh  sdiätKeii  gelernt»  und  das  freiiiidseliaftliche 
und  TertraaensvoUe  Verbttltnis,  das  sieh  swisehen  heideo  entsponnen 
hatte,  worde  anch  weiter  gefiflegt  und  snm  Nntaen  des  Angriffe  ans- 
gebentetf  nachdem  Himpe  am  26.  Tor  Strafsbnrg  eingetroffen  war. 
Er  suchte  Wagner  alsbald  anf  nnd  wiederholte  dieses  in  der  Folge- 
seit  öfters,  nm  die  sn  ergreifenden  Malsregeln  mit  ihm  an  bespreehen. 
Ctemeinsam  haben  beide  Offiziere  die  in  der  Nacht  der  Angrifis- 
ErOflhnng  zu  erbauenden  Batterien  disponiert  nnd  mit  Bleistift  im 
Plan  (welcher  noch  existiert)  eingetragen.  Anf  Wagners  Anregung 
ist  der  Versuch  zuraelizuAlhrc»!,  die  Schleusen  indirelLt  zu  breschieren, 
um  die  WasserverhÜtnisse  auf  dem  liniLen  Flügel  des  Angriffs  zu 
yerbessem,  und  so  hat  rieliiMsh  der  kompetente  Ardllerieofifizier  sich 
mit  Wagner  in  Verbindung  gesetzt,  um  speziell  artilleristische  Auf- 
gaben zu  erOrtem.  Wenn  die  Kompetenz  Wagners  erwiesen  werden 
mtUste,  so  wttrde  es  wohl  hierdurch  geschehen. 

Was  aber  femer  die  Richtigkeit  seiner  Anordnungen  betrifft,  so 
haben  sich  die  Abweichungen  von  ihnen  durchaus  nicht  als  ?orteil- 
haft  erwiesen.  HOller  selbst  beurteilt  die  Dispositionen  zum  Bom- 
bardement sowohl  als  die  zu  den  Batterien  bei  Eröffnung  des 
förmlichen  Angriffii  im  Vergleich  zu  den  Dispositionen  des  Wagnersohen 
Entwurfes  angUnstig  (z.  B.  S.  68,  107,  128),  und  jene  waren  von 
Artillerie-Offizieren  gemacht,  die  sich  also  nach  des  Verfassers  eigenem 
Urteil  als  weniger  kompetent  erwiesen  als  Wagner. 

Es  irilre,  wie  mir  scheint,  am  Platze  gewesen,  wenn  General- 
leutnant Mttller  die  €telogenheit  benutzt  hätte,  um  die  hohen  Ver- 
dienste Wagners  um  die  Belagerung  von  Strassburg  und  um  die 
Entwickelung  des  artilleristischen  Angriffs  im  Kriege  1870/71  hervor- 
zuheben und  in  dem  Ingenieur  auch  dessen  artilleiistische  Fähigkeiten 
nnd  Kenntnisse  anzuerkennen.  Gerade,  weil  es  ihm  darauf  ankam,  die 
um  die  Artillerie  verdienten  Persönlichkeiten  ins  richtige  Licht  zu  stellen, 
durfte  er  Wagner  wegen  seiner  Zugehörigkeit  zum  Ingeuieurkorps 
nicht  tLbersehen  nnd  dnreh  die  Art  seiner  Darstellung  seine  Verdienste 
zu  vermindern  suchen. 

Eine  offene  Anerkennung  des  Kameraden  der  Schwesterwaffe  hätte 
den  Artilleristen  besser  gekleidet,  als  dies  von  ihm  beliebte  Ein- 
streuen von  Andeutungen,  welche  bei  dem  Leser  unwillkürlich  die 
Vorstellang  hervorrufen,  als  sei  es  mit  Wagners  Verdienst  doch  nicht 
so  weit  hergewesen. 

Diese  Stellungiiahine  gegen  den  Ingenieuroffizier  scheint  auch 
bei  der  Belagerung  von  Diedenhofen  Platz  zu  greifen.  Bei  allen 
anderen  Beispielen  ist  den  leitenden  Artillerieoftiziereu  das  N'eidienst 
bezw.  die  Schuld  an  den  artilleristischen  Mafsnahmen,  der  Heran- 


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Die  Tbäti^keit  der  deatecben  FestangsartiUerie  1870—71. 


199 


xlehang  der  Geschütze  und  Mannschaften,  der  Dispouierung  der 
Batterien  n.  d^:!.  zufreschricben,  im  iiesonderen  bei  Soissons  und 
La  F^re  die  Mafsnahmen  des  Obersten  Bartsch  lobend  hervorgehoben. 
Bei  Diedenhofen  nun  tadelt  der  Verlasser  den  übermächtig  starken 
r^elagerungstrain,  der  über  das  Notwendisre  und  ökonomisch  Richtige 
weit  hinausgegangen  sei  und  glaubt  dies  aus  einem  Vergleiche  mit 
den  Verhältnissen  bei  Soissons  schlagend  nachzuweist^n. 

Eine  Untersuchung,  vi)  dieser  Vorwurf  gerechttertigt  und  ob  der 
Vergleich  hierftlr  beweisend  ist,  würde  zu  weit  führen.  Es  raufs 
aber  auffallen,  dals  der  Verfasser  bei  Diedenhofen  nicht  den  Artille- 
risten, Major  V.  Eynatten,  sondern  den  Kommandeur  des  Belagerungs- 
korps, General  v.  Kameke,  hierfür  verantwortlich  macht.  Ja,  m  dem 
betretfenden  Abschnitt  (Rückblick  Band  II,  S.  301,  302)  wird  der 
Major  von  Eynatten  gar  nicht  genannt,  so  dafs  die  gerügte  Dis- 
ponierung der  Batterien  13,  Hund  15  gleichfalls  dem  General  vonKameke 
zur  Last  gelegt  zu  sein  scheint.  Der  unl)efangene  Leser  gewinnt 
ans  der  Darstellung  die  .\nsicht,  als  habe  der  General,  bekanntlich 
ein  Ingenieur,  persönlich  die  Leitung  des  Artillerie-Angriffs  bezw.  der 
Beschiefsung,  die  Heranziehung  des  Parkes,  die  Lage  der  Batterien 
etc.  angeordnet  und  die  Sache  bei  weitem  schlechter  gemacht,  als 
der  Artillerist,  Oberst  Bartsch,  bei  tvjissons.  Ich  kann  nicht  an- 
nehmen, dafs  Generalleutnant  v.  Müller  dies  hat  sagen  wollen,  denn 
es  möchte  kaum  nachzuweisen  sein,  dafs  Kameke  an  der  Übemüil 
der  Geschütze  irgend  einen  Anteil  hat  —  wozu  übrigens  zu  bemerken, 
dals  das  Zuviel  eine  starke  Reserve  erübrigen  liefs  und  bei  weitem 
dem  sehr  knappen  Material  bei  Soissons  vorzuziehen  sein  möchte  — 
nnd  bezüglich  der  Disponierung  der  F^att*'rien  hat  wohl  Major  Eynatten 
die  Verantwortung  zu  tragen  (vgl.  8pohr,  „Beschielsuug  voji  Thion- 
vUle"  S.  Gl).  Wie  gesagt,  der  N'erfasser  hat  sicher  den  Ingenieur- 
General,  dessen  Andenken  er  den  2.  Band  gewidmet  hat,  nicht  an- 
klagen wolleD»  aber  er  hätte  besser  gethaD,  auch  den  Schein  zu 
vermeiden. 

Generalleutnant  v.  Müller  erwähnt  noch  einen  dritten  Ingenieur- 
Offizier  —  ich  kann  mich  irren,  glaube  aber  mit  ziemlicher  Bestimmt- 
heit, dals  er  aulser  diesen  Dreien  keinen  in  anerkennender  oder 
tadelnder  Weise  nennt  —  und  zwar  einen  österreichischen,  den  da- 
maligen Hauptmann,  jetzigen  Keldmarschalleutnant  v.  Brunner.  Dieser 
hat  nn  mittel  bar  nach  der  Kapitulation  8tralsburg  besacbt  and  eine 
Arbeit  Uber  die  Verteidigung  veröffentlicht,  in  welcher  er  za  dem 
Schluls  kommt,  dafs  diese  aulserordentlich  mangelhaft  gewesen,  und 
dals  vor  allem  durch  die  Breschen  in  Bastion  11  nnd  12  fcein  hin- 
reichenden Grand  für  die  Kapitulation  gegeben  gewesen  sei,  dals 


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200        Die  Thätigkeit  der  dentooben  FestangsarüUerie  1870—71. 


vielmehr  der  Gouverneur  hätte  ai)warten  können,  bis  der  Angrriff 
die  noch  vor  ihm  liegenden  doppelten  Wassergräben  überschritten 
und  damit  die  Möglichkeit  trewonnen  haben  wUrde,  der  Bresche  sich 
zu  niihern.  (ieneralleutnant  v.  Müller  nennt  die  Arbeit  des  Öster- 
reichers eine  tendenziös  gefärbte  Schrift,  in  der  auf  Grund  unvoll- 
kommener und  ung-cnauer  Angaben  ein  Urteil  p'tallt  sei.  tla  ist  an 
aiulerer  Stelle  bereits  und  natürlich  auch  iii  risterreiebischen  Zeit- 
schriften hierauf  geantwortet  worden,  so  dafs  ich  es  für  iil)erflüssig  halte» 
hier  näher  darzulegen,  dafs  Brunuer  allerdings  Kecht  hatte.  Falls 
dieses  aber  auch  nicht  der  Fall  gewesen  wäre,  lag  kein  Grund  vor» 
gegen  das  abweichende  Urteil  des  österreichischen  Ingenieurs  in 
dieser  Weise  mit  Unterschiebung  einer  böswilligen  Absicht  vorzugehen. 
Man  kann  und  soll  in  wissenschaftlichen  Werken  in  sachlicher  Weise 
entgegenstehende  Meinungen  zu  entkräften  suchen;  was  darüber 
hinausgeht,  ist  stets  von  Übel.  Was  hat  nun  den  Verfasser  zu 
diesem  scharfen  Ausfall  veranlalstV  Die  Antwort  giebt  ans  ein 
Überblick  über  den  ganzen  Inhalt  seines  Werkes. 

Es  ist  nicht  zu  leugnen,  dafs  in  diesem  von  nichts  anderem  die 
Rede  ist  als  von  der  Thätigkeit  der  Festungsartillerie,  Der  Verfasser 
unterläfst  es  nicht,  alle  Fehler  und  Mängel,  die  er  bei  ihrer  Be- 
trachtung zu  tinden  i-'lnubte,  zu  notieren  und  zu  rügen;  aber  die  Schluls- 
sätze  lauten:  „Der  Urund  und  das  Geheimnis  des  schnellen  Erfolges 
(bei  Stralsburg!  ist  das  unaufhaltsame  \'ortreiben  der  Batterien''. 
,.Die  für  den  Kntschluls  zur  Kapitulation  entscheidenden  Elemente 
waren  offenbar:  iJer  Zustand  der  Bresche  in  Bastion  II.  die 
Wahrscheinlichkeit  eines  Sturmes  in  nächster  oder  allerniichster 
Zeit  und  die  Unmöglichkeit,  den  Sturm  abzuschlagen"  (Stralsburgi, 

Bei  Soissons:  „Für  den  Entschlul's  des  Kommandanten  waren  be- 
stimmend gewesen:  Das  Vorhandensein  der  Bresche,  die  Unwahr- 
ßcheinlichkeit  der  Sturmabwehr,  die  Unmöglichkeit  mit  der  geschwächten 
Artillerie  den  Kampf  erfolgreich  fortzusetzen",  wozu  zu  bemerken 
ist,  dals  der  Angreifer  hier  noch  keinen  Schritt  gethan  hatte,  um 
sich  der  auf  1650  m  Entfernung  geschossenen  Bresche  zu  nähern. 
Bei  derartigen  Schluisfolgeruugen  und  Begründungen  der  Übergabe 
ist  lediglich  auf  die  Artillerie  und  ihre  Erfolge  das  Augenmerk 
gerichtet;  auf  das,  was  andere  Waifen  zur  Erreichung  des  ZieieB 
gethan  haben,  ist  ebeo80weni<r  I^ücksicht  genommen,  als  auf  das, 
was  besser  gestalteten  und  verteidigen  Festangen  gegenüber  noch 
zu  than  geblieben  wäre.  Es  ist  immer  und  immer  wieder  nur  die 
Artillerie,   welcher  diese  Erfolge  zugeschrieben  werden. 

Dieser  Auflassung  w  idersprach  nan  einerseits  die  Anteilnahme 
einzelner  hervorragender  Ingenieor-Ofüraere  der  eigenen  Armee  and 


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Der  modenw  Infiuiterie-Angrifi  luid  die  Artillerie  4er  Verteidigung.  201* 

inderseit-s  das  Urteil  des  üsterreichischon  Iiifrenicurs  über  die  durch 
die  -VrtUlerie  noch  nicht  vernichtete  Kamprtabiirkeit  der  Festung 
Strafsbiirt:;  darin  la^^  die  Gefahr,  dai's  dem  Huhmeskranze,  welcher 
der  Feslungsartiilerie  gebührte,  nach  Ansieht  des  Verfassers  viel- 
leicht ein  Blatt  geraubt  würde,  und  daher  erklärt  sieh  wohl  die 
bedauerliehe  Stellungnahme  geiren  die  Ingenieure,  iianientlich  gegen 
den  allzu  oftenher/igeu  osterreiehisehen  Kameraden.  Es  ist  das  be- 
danerlieh,  weil  der  Wert  des  Werkes  dadurch  nicht  erhöht  wird, 
und  weil  dadurch  der  althergebrachten,  aber  doch  nur  störenden 
bpannung  zwischen  beiden  W^afTcn   neue  Nahrung  zugeillhrt  wird. 

Was  nun  endlich  den  stottlichen  Inhalt  des  Werkes  betritft,  so 
ist  wesentlich  Neues  zu  dem  in  den  Ein/clschriften  der  Ingenieur- 
ond  Artillerie-Offiziere  enthaltenen  Material  mir  nicht  aufgestolsen ; 
diese  sind  sogar,  was  auch  «  rklärlich  ist.  in  vielen  Fällen  ausführ- 
licher: Als  Neuheit  sind  nur  zu  erwähnen  die  am  Schluls  jeder 
Bela:rerung  gegebenen  Notizen  ül)er  die  weitere  V'erwendung  der  dabei 
thätig  gewesenen  Offiziere,  Artillerie- Kompagnien  und  Geschütze. 
Dies  giebt  dem  Ganzen  einen  erwünschten  Zasammenhang  und 
erleichtert  den  Überblick  Uber  die  Einzelhandlimgen.  Für  die 
Festungsartillerie  hat  das  Bach  einen  W^ert,  wenn  sie  sich  frei  za 
halten  imstande  ist  ?on  der  Selbstüberschätzung,  welche  das  Werk 
zu  nähren  recht  geschaffen  ist  Für  die  Offiziere  anderer  Waffen 
ist  wohl  kanm  viel  Gewinn  ans  einer  so  einseitigen  Darsteilnng 
kriegeriseber  Ereignisse  zn  ziehen. 


XV. 

Der  moderne  Infanterie-Angri!!  und  die  Artillerie  der 

Verteidigimg. 

Unser  Exerzier-Regiement  ihr  die  Infanterie  ist  im  wesentlichen 
»ttf  den  Erfahrungen  des  Krieges  1870/71  aofgebaut.  Daher  sind 
in  demselben  noch  verschiedene  Auffassongen  mafsgebend,  die  nach 
dem  heatigen  Standpunkt  der  Bewaffnung  nicht  mehr  ihre  volle 
Oütigkeit  haben,  namentlich  wns  den  wichtigsten  Teil  der  Infanterie- 
taJitik,  den  Angriff  Uber  die  freie  Ebene,  betrifft 


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202         uoderne  Infanterie-Angrifi  und  die  Artillerie  der  Verteidigung. 

Speziell  gilt  dies  hiusichtlich  des  Verhaltens  der  Infanterie  der 
Artillerie  der  Verteidigrung:  frepenUber.  Im  letzten  Feldzuge  hatte 
die  deutsehe  Infanterie  mit  ihr  fast  gar  nicht  zu  rechnen.  Wenn 
sie  in  den  Kampf  eintrat,  war  die  französische  ArtilltTie  meist  von 
der  weit  überlegenen  deutschen  vollständig  niedergeliämpft,  und  als 
einziger  Gegner  blieb  ihr  nur  die  französische  Infanterie. 

Dieser  Zustand  war  eine  kriegsgeschichtliche  Ausnahme,  und 
wird  voraussichtlich  sich  nicht  wiederholen,  da  tast  alle  Grolsstaaten 
ihre  Feld-Artillerie  auf  eine  gleich  hohe  ätufe  der  Vollendang  ge- 
bracht haben. 

Die  Infanterie  wird  also  trotz  der  opfermUtigsten  Unterstütznng 
durch  ihre  eigene  Artillerie,  meist  mit  der  des  Verteidigers  ebenso 
wie  mit  seiner  modern  bewaffneten  Infanterie  zu  rechnen  haben. 
Denn  die  Ansicht,  dafs  nach  mehrstündijrem  Artilleriekarapf  die  Ge- 
schütze des  \  erteidigers  völlig  niederj^ekämpft  sein  werden,  bleibt 
wohl  ein  Iromraer  Wunsch,  wird  aber  nicht  der  Wirklichkeit  ent- 
sprechen. Wer  kann  denn  wissen,  ob  nicht  der  \  erleidiger  intakte 
Batterien  bis  später  aufgespart  oder  inzwischen  anderweitig  lierbei 
geholt  hat?  Und  wie  geringe,  kampffähig  gebliebene  Reste  der 
Verteidigungsartillerie  können  unserer  Infanterie  noch  gefährlich 
werden,  da  der  Gefechtswert  jedes  einzelnen  Geschützes  jetzt  minde- 
stens verdoppelt  ist! 

Dazu  kommt,  dafs  die  allmählich  Uberall  eingeführten  Haubitz- 
oder Mörserbatterien  bei  ihrer  oft  völlig  verdeckten  Aufstellung  kaum 
niederzukämpfen  sind,  und  sich  mit  holiem  Bogenschuls  bis  zaletzt 
.an  dem  Kampf  gegen  die  Infanterie  beteilifren  können. 

Und  hatte  das  Reglement  schon  mit  dem  bisiierigm  Schrapnel- 
schuls  mehr,  als  es  geschehen,  rechnen  mllssen,  so  gilt  dies  noch 
weit  mehr  von  dem  jetzt  oder  in  der  nächsten  Zukunft  überall  ein- 
geführten vervollkommneten  Schrapnelschufs.  Ebenso  wie  seine 
Rasanz  auf  mittlere  Entfernungen  sich  etwa  von  240  m  auf  340  m 
vermehrt  hat,  ebenso  sind  die  Durchschlagskraft  der  Kugeln,  ihre 
Dichtheit  auf  dem  qm  senkrechte  Fläche  u.  s.  w.  gewachsen,  und 
kann  jedes  einzelne  Geschütz  statt  wie  früher  in  der  Minute  2 — 3, 
so  jetzt  () — 8  wohl  geziehe  Shrapnel-ScbUsse  abgeben  —  ganz 
abgesehen  davon,  dafs  ihre  yerbesserte  Organisation  und  Vermehnmg 
der  Waffe  überhaupt  eine  Doch  wichtigere  Bolle  als  frtlher  anf  dem 
.Sehlachtfeld  sichert 

Wie  nnn  die  Infanterie  trotz  alledem  ihren  Angriff  aasfilhreii 
mnfs,  darüber  fehlen  ans  bis  jetzt  die  Kriegseriahmogen  (wenigstens 
für  europäische  Verhältnisse).  Auf  sie  warten  zn  wollen,  wäre  un- 
verantwortlich; Fhedena-Mantfver  lehren  aher  gerade  in  Besag  aaf 


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Der  moderne  InfAutoiie- Angriff  und  die  Artillerie  der  Verteidigaiig.  203 

Geöchorswirkung:  am  allerwenigrsten,  können  sograr  greradezn  darin 
schädlich  wirken.  Ks  hU'ibt  also  nur  der  dritte  Faktor,  auf  dem 
jedes  Keglemeiit  aufgebaut  zu  sein  pflegt,  d.  h.  die  Erl'ahruug  des 
praktischen  Schielsens  auf  dem  Übungsplatz,  und  mit  ihr  Hand  in 
Hand  gehend,  die  Lehren  der  Ballistik.  Beide,  l^raxis  und  Theorie, 
zeigen  aber  auch  unzweideuti^%  welche  Ziele  die  Artillerie  am 
schnellsten  und  wirksamsten  niederkämpft,  d.  h.  welche  Formen  die 
Angriffs- Infanterie  als  die  ihr  gefährliehsten  möglichst  vermeiden  uiufs. 

Welche  Art  von  Zielen  beschiel'st  nun  die  Artillerie  am  besten? 
Zunächst  solche,  gegen  welche  das  richtige  Einschiefsen  (Ermittelung 
der  Entfernung)  erleichtert  ist.  d.  h.  gegen  welche  sich  die  Rauch- 
wolke des  (beim  P^inschielsen !  im  Aufschlag  krepierenden  Ge- 
schosses am  besten  abhebt,  also  am  sicheniteu  beurteilen  lälst,  ob 
der  Schufs  vor  oder  hinter  dem  Ziel  lag. 

Es  sind  daher  zunächst  alle  breiten,  dichten,  „mauerartigen" 
Ziele  zu  vermeiden,  also  namentlich  lange,  dicke  SehUtzenschwärme 
und  diese  letzteren  nur  auf  den  nahen  Entfernaugeu  mit  KUcksioht 
auf  die  eigene  Feuerwirkung  zulässig. 

Statt  dessen  ist.  als  raifslich  für  die  Artilleriewirkung,  ein  Vor- 
gehen a)  in  zahlreichen,  schmalen  Abteilungen  (Kolonne)  mit  Zwischen- 
ränmen,  oder  b)  in  luttigen,  dünnen,  nicht  za  langen  Linien- 
lormationen  zu  empfehlen. 

Denn  das  Einschielsen  der  Artillerie  gegen  erstere  Art  Ziele 
ist  dadurch  erschwert.  1.  dafs  Uber  die  Zielautfassung  (auch  die 
spätere  Feuerverteilung)  u.  s.  w.  leicht  Mifsverständnisse  und  Irr- 
tümer entstehen,  2.  dafs  zwischen  den  Abteilungen  in  den  Zwischen- 
räumen zu  viel  Schüsse  verloren  gehen,  3.  dafs  die  Rauchwolke 
sehr  oft  wegen  der  Scbmalbeifc  des  Zieles  nicht  mit  diesem  in  Be- 
ziehung zu  bringen  ist. 

Das  spätere  Wirkungsschielsen  leidet  noch  dadurch,  dafs  selbst 
bei  gut  sitzenden  Schüssen  und  bei  ganz  kleinen  Sprengweiten  nur 
ein  geringer  Teil  der  Sprengkngeln  das  Ziel  treffen  kann,  dals  man 
nicht,  wie  bei  langen  dichten  Linien,  die  gegen  eine  Kolonne  er- 
mittelte Entfernung  anf  einen  andern  Teil  Übertrafen  kann  nnd  da- 
her öfter  ein  neaes  zeitraubendes  Einschiefsen  romebmen  mufs.  — 
Ähnliche  Schwierigkeiten  bietet  das  Schieisen  gegen  loftige  Linien- 
fonnationen. 

Der  Uauptnacbteil  dichter  Linien  ist  aber  der,  dafis  gegen  sie 
die  grofsen  ballistisohen  Yorzttge  des  Shrapnelschnsses  am  besten 
snm  Aasdruck  kommen,'  vor  allem  die  grofse  Rasanz  der  Spreng- 
garbe. Ob  das  Geschofs  dicht  vor  der  Schützenlinie  oder  200  m 
davor  krepiert,  hat  kaum  eine  grofse  Bedentong,  da  die  Wirkung  in 


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204         uiüdunie  Infanterie- Angriff  und  die  Arüllerie  der  Verteidigung. 


beiden  Fällen  geiiii^eiul  ist;  selbst  kleine  Fehler  der  Bedienung 
während  der  Krreg:ung  des  Kampfes  werden  durch  die  Einfachheit 
und  „Holiheit"  des  Verfahrens  ^ejjen  solche  Ziele  ausgeglichen. 

Bei  der  alten  Granate  der  70  er  Jahre  lagen  freilich  die  V  er- 
hältnisse fast  umgekehrt.  Sie  verlangte  zur  Wirkung  ein  genaues 
Treffen,  die  sich  aber  nur  auf  wenig  Schritte  hinter  den  Aufschlag- 
punkt erstreckte,  bei  noch  geringerer  seitlicher  Wirkung.  Gegen 
Schiltzenschwärnie  leistete  die  Granate  also  verhäitnismälsig  viel 
weniger,  als  gegen  (breite)  Kolonnen. 

Daher  konnten  damals  auch  die  Tiefen-Abstände  der  einzelnen 
Gefechtsstaffeln  des  Angriffs  um  mehr  wie  die  ilälfte  kleiner  sein, 
als  nach  Kinftlhrung  der  Shrapnels;  und  hatte  es  damals  keine  Be- 
denken, bei  der  geringen  Durchschlagskraft  der  Gewehrkugeln  und 
Granatsplitter,  iu  zwei-  und  mehrgliedrigen  Formationen  bis  auf  die 
nächsten  Entfernungen  heranzugehen. 

Die  älteren  Infanterie-Exerzierreglements,  deren  Angriffsverfahren 
noch  zu  sehr  aut  jenen  Erfahrungen  des  französischen  Krieges  be- 
rnht,  können  also  heute,  nach  Einfuhrung  des  vervoUkommten 
Shrapnels,  um  so  weniger  als  zeitgemäfs  bezeichnet  werden. 

Den  Nachteil  einer  geschlossenen  Schützenlinie  hat  auch 
Generalleutnant  Kohne  schon  Uberzeugend  nachgewiesen.  Zur  Be- 
urteilung der  Krage  iiiinilich,  was  zwecktnäfsiger  ist,  zwei  Kompag- 
nien mit  Tiefengliederung  nebeneinander  und  mit  Je  100  Schritt 
Frontausdehnung  zu  stellen  —  oder  eine  Kompagnie  auf  200  Schritt 
ganz  auf/.ulijsen,  die  andere  als  Bataillons-Reserve  dahinter  zu  halten, 
giebt  die  Treffwahrscheinlichkeit  folgende  Auskunft:  Bei  der  ersteren 
Formation  hat  jede  Kompagnie  von  jedem  deutschen  Shrapnel  (ält. 
Konst.)  lt>,5  resp.  7  Treffer  zu  erwarten  (bei  M)  resp.  25  m  Spreng- 
weite, einem  Beserreü-Abstand  von  200  m,  und  auf  einer  Eutfemong 
von  2(KX)  m). 

Dagegen  hat  eine  ganz  als  geschlossene  Schützenlinie  entwickelte 
Kompagnie  unter  denselben  Verhältnissen  25  nsp.  12  Treffer  zo 
erwarten;  der  Wert  dünner  Linien,  mit  genügend  weit  zurückge- 
haltener Reserve  ist  also  theoretisch  erwif"<en.  Die  sofortige  Auf- 
lösung ganzer  Kompagnien  (wie  in  Frankreich  und  Hufslandj  wUrde 
also  vielleicht  in  taktischer  Hinsicht,  nicht  aber  mit  Hinsicht  aut 
Herabminderung  der  Verluste  empfehlenswert  sein.  Dieser  Nachteil 
wird  aber  schon  dadurch  ausgeglichen,  dals  (ier  erste  Entwickelungs- 
raom  der  Kompagnie  in  Frankreich  und  KufslaEid  bedeutend  breiter 
d.  h.  günstiger,  als  bei  unseren  und  dem  österreichischen  Reglement 
bestimmt  ist,  nämlich  auf  150  m  bezw.  200*,  gegen  100  m  ood 
gar  100*  bei  uns  bezw.  in  Österreich. 


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Der  moderne  Infftaterle-Angrifi  and  die  Artillerie  der  Verteidignng.  205 

Sehen  wir  nan.  wie  nach  den  Bestimmimgen  der  genannten 
Deneren  Keglements  (das  franzÖBisobe  ist  vom  Jahre  1894,  das 
russische  vom  Jahre  1897)  der  moderne  Infanterie-AngrrilT  in  der 
Izeieo  Ebene  gegen  einen  wohlvorbereiteten  (legner  erfolgen  soll,  in 
soweit  als  er  Rücksicht  nimmt  auf  die  moderne  Waffenwirknng  des 
Gegners. 

Das  französische  Reglement  giebt  im  wesentlichen  folgende 
Gnmdsätze  an: 

Das  erste  TretVen,  das  grundsätzlich  die  eigene  Artillerie  deckeni 
imd  möglichst  die  feindliche  ArtiUerie  stören  stoU,  geht  in  offenen 
Doppelkolonnen  mit  Zwischenräumen  vor.  die  der  zugewiesenen 
Front  entsprechen.  S|Ater  ziehen  die  KompagniefUhrer  die  Kompag- 
nien aoseinander,  nnd  zwar  in  Zuge  oder  HalbzUge,  welche  in 
Doppelreihen  Tormarschieren,  beim  Eintritt  in  das  feindliche  Feuer 
aber  sieb  in  Linien  mit  Rotten  Zwischenräumen  (von  ein  oder  mehreren 
Schritt),  oder  in  eingliedrige  Linien  sieh  entwickeln. 

Der  ganze  Vormarsch  ist  aoiser  durch  die  Vorhut  durch  die  sog. 
„Aufklärer**  gesichert  und  Tcrschleiert  (je  32  Mann  pro  Kompagnte)» 
welche  in  luftiger  Formation  yoigehend,  auch  das  feindliche  Artillerie- 
feuer stören,  und  speziell  Uber  die  Stellungen  u.  s.  w.  seitens  der 
feindlichen  Artillerie  melden  sollen. 

Die  Reserven  des  Angriffs  folgen  ebenfalls  anfuigs  in  offener 
Doppelkolonne  mit  Zwischenräumen,  zunächst  auf  400 — 600  m, 
später  am  zwekmäfisigsten  in  Marschkolonne.  —  Die  nächsten 
Reserven  der  Oefeohtslinie  sollen  anfimgs  nicht  näher  als  800  m 
heranj^halten  werden. 

Ahnliche  Anschauungen  vertritt  das  russische  Reglement, 
das  auf  dem  französischen  weiter  gebaut  hat. 

Entsprechend  der  groben  Tragweite  der  modernen  Geschütze 
(bis  5000  m  reicbt  der  Auftatz  des  deutschen  Feldgeschtttzes  C/98) 
soll  die  G^fechtuform  feindlicher  Artilierie  gegenüber  nicht  unter 
4  Werst  (4200  m)  vom  Cregner  eingenommen  werden. 

Durch  die  Vorhut  und  die  weit  vorgesandten  „Jagdkommandos** 
gedeckt,  rttcken  die  Hauptkräfte  in  der  Marschformation  bis  nahe 
der  feindlichen  Feuerzone  vor.  Alsdann  bilden  die  vordersten 
Kompagnien  (ohne  schon  die  „Rotte"  zu  entwickeln)  Reihen  mit 
Zagen  auf  gleicher  Höhe  oder  entwickelte  Linie,  mit  Beibehalt  von 
Intervallen  zwischen  den  Zügen. 

Die  Reserven  sollen  im  feindlichen  ArtUlerlefeuer  zngweise 
Reihenformationen,  im  Infanterie- Weitfeuer  ebenso  oder  auch  in 
entwickelter  Linie  mit  geöffneten  Rotten,  und  innerhalb  des  wirk- 
samen Gewehrfeuers  in  geöffbeter  Ordnung  vorgehen,  wobei  die  Züge 


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206   ^  iiiod«nie  Infanteria-ADgiift  und  die  ArtUleiie  der  Veiteidigimg. 

ebenso  wie  bisher  entweder  auf  einer  Hohe,  oder  besser  sehaehbrett- 
artig  hintereinander  gnippiert  bleiben.  Bei  ab&Ilendem  Tenrain 
können  sogar  die  iEteihenfbnnationen  bis  anf  ganz  kleine  Entfernung 
vom  Gegner  vorteilhafter  sein,  wie  die  Linien. 

Ansdrlleklieh  wird  davor  gewarnt,  die  Gefeehtslinie  früher  als 
im  loteten  entseheidenden  Moment  auf  2 — 3  Mann  in  der  Tiefe  an 
verBtSrken. 

Aach  dadnreh,  dals  die  Versti&rknngen  der  Sehtttsenkette  gnind- 
sStdieh  Aber  diese  ein  Stock  lünansgefaen,  nnd  dais  besondere  Ab- 
teilungen die  sog.  „Gewehrbatterien'*  (namentlich  bei  Mangel  an 
eigener  Artillerie)  dnroh  möglichst  nnonterbrochenes  Feoer  mitwirken 
sollen,  wird  indirekt  die  eigentlche  Gefechtslinie  dttnner  gehalten. 

Wir  sehen  also,  dab  den  oben  angefahrten,  dnroh  die  Praxis 
des  Schieisplatzes  and  die  Lehren  der  Ballistik  erwiesenen  Bedin- 
gungen doreh  die  nenen  Reglements  Rechnung  getragen  ist  Der 
Angriff  soll  sich  möglichst  zahkeicher,  offener,  schmaler  Kolonnen, 
and  in  grOfiterer  NSbe  vom  Feind,  geOfiiieter,  eingliedriger  Linien- 
fonnationen  bedienen,  die  verh&ltnismäCsig  spät  erst  die  eigentlicbe 
Schützenlinie  bilden,  anter  Vermeidung  za  starker  Verdichtung. 

Das  mssisehe  Reglement  geht  dabei  noch  Ober  das  franasOsische 
hinaus,  indem  es  statt  Doppelreihen,  einfache  Reihen-Kolonnen  vor- 
zieht, ganz  detaillirte  Vorschriften  fttr  das  Artilleriefeaer  und  die 
verschiedenen  Zonen  des  Gewehrfeners,  tiberall  sehr  grolhe,  ziemlich 
genau  begrenzte  Distanzen  flir  die  Reserven  bestimmt,  ja  Mr  deren 
Vorgehen  die  EigentOmlichkeiten  des  Geländes  genau  beachtet 

Es  ist  nun  nicht  zu  leugnen,  dafs  manche  dieser  russischen 
Vorschriften  mit  dem  allgemeinen  „nationalen*',  von  der  alten  Stoft- 
taktik  beeinflnisten  Angrifisverfahren  zusammenhängen,  nnd  nicht 
lediglich  die  moderne  Waffenwlrknng  des  Verteidigers  berücksichtigen 
sollen.  Auch  soll  nicht  geleugnet  werden,  dalh  die  russische  Methode 
ftor  unseren  Geschmack  zu  wenig  den  Gefechtszweck,  die  schliefs- 
liebe  Feuerüberlegenheit  betont,  auch  in  vielem  wohl  zu  detailliert 
ist  —  aber  das  ernste  Streben  nach  möglichster  Vermeidung  von 
Verlusten,  nnd  die  allgemeinen  Grundsätze  darüber,  sind  doch  sehr 
beachtenswert,  und  zeigen,  dafs  wir  in  dieser  Beziehung  zurückge- 
blieben sind.  Das  Vorgehen  in  schmalen  zahlreichen  Kolonnen, 
dünneu  LiniLiiforniationen  und  weitere  Zurückhaltung  der  Keserven 
wird  künftig  nicht  zu  vermeiden  sein. 

Das  deutsche  Reglement  betont  im  Gegensat/,  zu  den  vor- 
stt'heudeu  Anttrdnungen  vor  allem  die  dichte  Schützenlinie  als  die 
wichtigste  und  für  die  meisten  Fälle  geeignetste  Kampfform,  während 
die  neuen  Keglements  sie  als  notwendig  und  unvermeidlich  nur  illr 


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Der  moderne  Infiuiteiie-AiigrUr  mid  die  Artillerie  der  Verteldlymg.  207 

die  näheren  fintfemoiigeD  salasseD,  welche  die  eigene  intensiTe 
Feopnvirkang  rerUmgen. 

Auch  niancber  andere  Grandsatz  des  deatseben  Reglements,  z. 
h.  „dais  fUr  Wahl  der  Formation  (der  Reserven)  sich  dann  die 
linie  empfiehlt,  wenn  vom  Feinde  eingesehen^',  dürfte  in  dieser  Ali- 
gemeinbeit  nicht  mehr  gelten,  und  nnr  fUr  die  nahen  Diatanxen 
seine  Richtigkeit  behalten. 

Dafs  Kolonnen  aber  besser  im  Gelände  zn  decken  sind,  darttber 
sind  alle  Reglements  einig;  die  Wahrheit  dieses  Satzes  kommt  aber 
in  weit  höherem  Malse  den  neuen  Reglements  zn  Gnte,  welche  die 
fielen  sehmalen  Koionnenfoimationen  begünstigen. 

Uberhanpt  wird  von  den  neneren  Reglements  die  Artillerie  mehr 
in  Betracht  gezogen:  der  französische  BataiUonskommandenr  mnls 
E.  B.  pfliehtm&isig  den  Kampf  mit  feindlicher  Artillerie  besonders 
Ittien;  als  das  erste  zn  beseÜefsende  Ziel  beim  Angriff  wird  namenl- 
ßeh  die  Artillerie  empfohlen  (ob  zweckmftfoig?);  die  „AnfklMrer*« 
melden  speziell  Ober  die  AnüBtelkmg  n.  s.  w.  der  feindlichen  Artillerie; 
das  erste  Treffen  hat  neben  der  Sicherung  der  eigenen  Artillerie 
auch  den  bestimmten  Auftrag,  die  Artillerie  der  Verteidigung  mit  zn 
bekSmpfen. 

Die  französischen  „Aufklärer"  (und  in  gewissem  Sinn  auch  die 
mssiscben  „Jagdkommandos'')  haben  neben  der  Aufgabe,  die  feind- 
liche Artillerie  zu  stOren,  den  Vorteil,  dals  sie  in  luftiger  Formation 
klmpfend,  leicht  das  Artilleriefener  zersplittem  und  von  den  Hanpt- 
kiftfien  ablenken  können. 

Welche  Formen  aber  auch  künftig  unser  Infanterie-Angriff  an- 
nehmen will,  und  wie  schwer  er  deh  Tom  Hergebrachten  trennt,  so 
mnls  es  stets  bedenken,  dafs  die  unerbittliche  moderne  Feuerwirkung 
ein  unabänderlicher  Faktor  ist,  mit  dem  auch  die  beste  Infanterie 
gebührend  rechnen  mnfe. 

Wenn  der  Infanterie-Angriff  zu  seinem  Gelingen  erst  die  Er- 
ringnng  der  Feuer-Uberlegenheit  fOr  nötig  hält,  dann  muliB  er  sich 
nach  so  gestalten,  dab  die  eingesetzten  Kräfte  wirklich  noch  kämpf- 
fiUüg  bis  an  den  Gegner  herankommen.  Rl. 


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208         ^  nunaoben  ToqMdoangrifte  im  letetan  tItiUielMii  Kriege. 

XVI. 

lieber  die  russischen  Torpedoangriffe  im  letzten 

tärkischen  Kriege. 

Von 

Jaebmann,  Korvettenkapitän  a.  D. 

1.  Der  erste  Torpedoangriff  der  Kassen  gegen  die  tUrldsehe 
Flotte  fand  in  der  Naobt  vom  12.  znm  13.  Mai  1877  in  der  Bucht  von 
Batnm  statt.  Batnm  war  ein  tOrkisoher  Hafen  an  der  Ostkttste  des 
schwansen  Meeres,  wo  mehrere  groDse  Sebiffe,  wenn  vom  und  hinten 
▼erankert,  liegen  können,  aber  sonst  nnr  wenige  PlatB  haben.  In 
der  Naeht  des  Angriffs  lagen  im  Hafen  mehrere  Schiffe  der  flirkisehen 
Flotte,  PanzerschiffSe,  Transportschiffe,  Depesobenboote.  Diese  Schiffe 
waren  weder  dnrcb  Waohtboote  noch  dnreh  Sperrbalken  oder  sonstige 
Vorkehrongen  geschlitzt  and  hatten  kein  elektrisches  Licht,  nur  die 
gewöhnliche  Anzahl  Posten  waren  aasgestelii  Die  Ttlrkra  glaubten 
damals  noch  nicht  an  solche  BootsangrifTe,  und  ani  dieser  Sorg- 
losigkeit bembte  ganz  besonders  der  Erfolg  des  Torpedoangriffii 
Die  Rassen  hatten  za  diesem  Zweck  ein  Schiff  der  Odessaer  Schiff- 
fabrtgesellschafl,  den  „Grofeftarst  Konstantin**,  armiert,  der  von  dem 
bald  darauf  zum  Kapitänleutnant  beförderten  Leutnant  Makaroff 
kommandiert  wurde.  Es  war  dies  ein  eiserner  Schraubendampfer 
von  geringem  Wert,  welcher  nicht  mehr  als  zehn  Knoten  per  Stunde 
dampfte.  Seine  Bemannung  bestand  aus  vier  Offizieren,  einem  Arzt, 
Maschinisten  und  150  Mann.  An  seinen  Davits  waren  vier  schneUe 
Torpedoboote  „Tschesmö**,  „Sinope'S  „Navarino^*  und  „Soukhoum- 
Kalö"  geheiTst,  von  denen  das  erstere  mit  einem  Harveysohlepp- 
torpedo,  die  anderen  drei  mit  Spierentorpedos  armiert  waren,  welche 
durch  Elektrizität  ausgenutzt  wurden.  Makaroff  verliefe  die  Rhede 
von  Sewastopol  am  10.  Mai  abends  mit  der  Absicht,  irgend  ein 
türkisches  Kriegsschiff  bei  Batnm  in  die  Luft  zu  sprengen;  er  hofltte 
bei  seinem  Unternehmen  am  Tage  dem  tttrklsehen  Geschwader  ra 
entgehen,  indem  er  annahm,  dals  er  es  eher  sehen  wtürale,  als  seine 
Feinde  ihn,  da  die  Türken  die  dichten  Rauch  verursachenden  eng- 
lischen Köhlen  hatten.  Da  er  keine  Seitenlichter  noch  Toplatenien 
ftlhrte,  so  rechnete  er  darauf,  auch  bei  Nacht  unbemerkt  zu  bleiben, 
die  Türken  dagegen  mnlsten  Lichter  führen,  da  sie  im  Geschwader 
manöverierten.  Der  „Grofeftirst  Konstantin**  hatte  am  12.  morgens 
Land  in  Sicht,  lief  bei  Tagesanbruch  in  Poti  mn  und  ging  abends 
nach  Batnm  in  See,  um  10  Uhr  abends  befand  er  sich  sieben  See- 
meilen von  der  Rhede  entfernt.   Nun  entsendete  Makaroff  seine  vier 


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über  die  riuaischen  Torpedoangrifie  im  letzten  tiirkisulien  Kriege.  209 

Torpedoboote,  von  denen  jedes  von  einem  Oltizier  komuiaiulicrt 
wurde,  er  selbst  Ubernahm  das  Kommando  von  vhwm  derselben. 
Diese  ^^ut  gebauten,  seegrUn  gemalten  Boote  liefen  schnell,  steuerten 
g:ut  und  verrieten  ihre  Annäherung  nicht,  wegen  ihrer  geringen 
Grölse  waren  sie  schlechte  Ziele  für  feindliches  Geschlltzfeuer.  Die 
Fuhrer  der  Boote  erhieltru  den  Befehl,  nach  eigenem  Geschick  und 
Ermessen  wieder  i'oti  zu  erreichen,  wenn  sie  vor  ihrer  Ankunft  am 
Bestimmungsort  bemerkt  wurden,  der  Konstantin  sollte  nicht  auf  sie 
warten.  Die  Boote  kamen  indessen  unbemerkt  in  die  Nähe  der  feind- 
lichen Schirte  auf  lU  r  Rhede  von  Batum  an,  und  die  vom  Leutnant 
Zetzarennyi  konnnautiierle  Tschesme.  welche  den  anderen  Booten 
etwa  drei  Kabellängen  voraus  war,  slur/.te  sich,  ohne  auf  die  anderen 
Boote  zu  warten,  auf  die  feindliche  Flotte.  I)as  Boot  stiels  zuerst 
auf  eine  türkische  i*anzerfregatte,  welche  als  WachtschiÜ  stationiert  war 
—  nach  anderen  Quellen  war  es  ein  grofser  Transportraddainpfer  — . 
Zetzarennyi  konnte  seinen  Schlepptorpedo  zwar  unter  das  Heck  des 
Schiffes  bringen,  aber  die  Explosion  erfolgte  nicht,  als  der  elek- 
trische Strom  eingeschaltet  war.  Es  scheinen  die  Drähte  vun  der 
Schraube  des  Torpedoboots  ergriffen  gewesen  zu  sein,  und  sehr 
wahrscheinlich  war  von  der  Isolierung  etwas  abgestreift.  Nun  wurden 
begreiflicherweise  die  Türken  alarmiert  und  enHliieten  von  allen 
Schilfen  und  vom  i^unde  aus  ein  sehr  lebhaftes  GeschUiz-  und  Ge- 
wehrfeuer, welches  die  Boote  zum  schleunigen  RUckzuge  veranlalste- 
Zum  Glück  für  sie  hatten  die  TUrken  keine  Dampfbeiböte  noch  war 
eins  der  Schitfe  zum  sofortigen  Auslaufen  klar,  sonst  wäre  ihre  Ver- 
nichtung wohl  sicher  gewesen.  So  wurde  keins  der  Boote  beschädigt, 
noch  einer  von  der  Besatzung  verletzt.  Das  Milslingen  dieses  An- 
gritls  mufs  in  bedeutendem  Mafse  der  iVrt  des  Angriffs  zugeschrieben 
werden,  die  Russen  hatten  eine  der  wichtigsten  Regeln  beim  Angriff 
mit  Torpedobooten  nicht  beachtet,  nämlich  den  gleichzeitigen  Angriff 
mit  allen  Booten.  Bei  den  vier  Kommandanten  war  kein  System 
noch  Einverständnis  zu  bemerken,  und  die  ,,Tschesm6'*  wurde  von  den 
anderen  Booten  nur  lau  unterstützt,  denn  w^ären  die  drei  anderen 
ebenso  kühn  und  schnell  auf  die  türkischen  Schiffe  losgegangen,  so 
wUrde  wohl  wrniirsteJis  eins  derselben  zu  (irunile  gegangen  sein,  da 
die  Schiffe  nur  auf  ihr  (ieschütz-  und  Gewehrfeuer  zu  ihrer  Ver- 
teidigung angewiesen  waren.  Zwei  von  den  Booten  erreichton  noch 
den  Grolsfürst  Konstautin,  darunter  das  von  Makaroff  kommandierte, 
„Tschesmö  '  und  '*Sinope*'  gelangten  mit  Umwegen  nach  Poti.  Obgleich 
dieser  Angriff  mifslungen  war,  wurden  die  dabei  beteiligten  Offiziere 
in  Sewastopol  mit  Enthusiasmos  empfangen,  wobm  der  Konstantin 
am  15.  Mai  zurückkehrte. 

Jakrbaohw  f&r  di«  deuUcii«  Arne«  and  MAriaa.    Bd.  114.  2  14 


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210    i^ber  die  nissisohea  Torpedoangrifie  im  letzten  tUrkisoben  Kriege. 


2.  Der  zweite  Angriff  war  der  in  der  Naclit  vom  25.  zum  26.  Mai 
hei  Matsin,  einer  Stadt  am  südlichen  Ufer  der  Donau,  etwa  8  See- 
meilen von  Braila.  auf  zwei  türkische  Monitors,  den  „Fet-ul-Islani*' 
von  511  Tons  Deplacement,  290  indizierten  Ptcrdekräften  und  mit  zwei 
12  cm  Armstrong-Geschützen  armiert  und  den  „Duba-Seife",  einem 
ähnlichen  kleineren  Monitor  mit  zwei  12  cm  Kruppschen  Hinter- 
ladern armiert  und  den  ,.Kilidh  Ali",  einen  kleinen  Flulsdarapfer. 

Leutnant  Doubasov  war  in  der  Nacht  vom  24.  zum  25.  Mai  bei 
Braila  geankert  und  hatte  die  türkischen  Schilfe  von  dort  reko- 
gnosziert. Die  Türken  scheinen  die  Annäherung  Doubasovs  gewahr 
geworden  zu  sein,  denn,  wenn  sie  auch  nicht  alle  notwendigen  Vor- 
8ichtsiiiarsre<reln  erfrriffen,  hatten  sie  doch  am  25.  abends  ihren 
.'Vnkerplat/.  ireweehselt,  und  wir  werden  im  weiteren  Verlauf  sehen, 
dals  sie  nicht  überrascht  wurden.  Die  Nacht  des  25.  war  regnerisch, 
aber  nicht  vollständig  finster,  da  der  Mond  fast  während  der  ganzen 
Expedition  Uber  dem  Horizonte  war.  Die  russische  Kolonne  verÜpCs 
um  1  Uhr  morgens  Braila,  sie  bestand  aus  vier  Booten:  ..Czaicwitsclr* 
von  Doubasov  kommandiert,  welcher  die  Expedition  leitete,  mit 
14  Matrosen,  „Kenia"  vom  Leutnant  Chestakow  geführt  mit  9  Ma- 
trosen, Leutnant  Petrow  ging-  als  Freiwilliger  an  Bord  mit,  „Djiquita'^ 
vom  Seekadett  Persine  jrefuhrt  mit  H  Seeleuten  und  „Czarewna"  vom 
Seekadett  Bali  geführt  mit  8  Matrosen.  Zwei  dor  Boote  waren  mit 
selbstthätigen  Spierentorpedos,  die  übrigen  mit  elektrischen  Harvey- 
torpedos  armiert,  die  Torpedos  waren  mit  Dynamit  geladen.  Die 
Boote  gingen  in  Kiellinie  mit  4()  m  Distanz,  folgten  dem  Ufer,  bis 
sie  den  Feind  bei  dickem  Wetter  sahen  und  gingen  dann  in  die 
Mitte  des  Flusses,  sich  in  zwei  Kolonnen  teilend,  „Czarewitsch"  und 
„Xenia"  voraus,  die  beiden  anderen  dahinter  rangierend.  Sie  gingen 
gleichzeitig  langsamer,  um  soviel  wie  möglich  das  Geräusch  der 
Sobraabe  und  des  aufgerührten  Wassers  zu  vermindern.  Vor  dem  Ab- 
gang der  Boote  hatte  Doubasov  folgenden  AngriH'splan  angeordnet: 
Er  würde  zuerst  angreifen,  Chestakow  sollte  ihn  unterstützen,  Persine 
ihnen  zur  Hilfe  eilen,  falls  ihnen  ein  Unglück  begegnen  sollte  und 
Bali  in  Reserve  bleiben.  Sank  eines  der  türkischen  Schiffe,  so  sollte 
Chestakow  das  zweite  angreifen,  Persine  ihn  unterstützen,  Bali  bereit 
sein,  ihm  zu  Hilfe  zu  kommen,  während  Doubasov  in  Reserve  blieb 
und  so  fort.  Die  feindlichen  Schifle  lagen  in  folgender  Position: 
die  „Seitö"  in  der  Mitte.  „Fet-ol-lslam^*  rechts  voraus,  die  „Kilidh-Ali  ^ 
links  davon.  Es  war  2*/a  morgens,  die  Boote  dampften  ohne  Ge- 
räusch bis  auf  das  Boot  Doubasovs,  welches  ihm  viel  zu  schaffen 
machte.  Das  Dampfabblaserohr  ging  nämlich  entweder  in  den  Kon- 
densator nod  speilste  den  Kessel  oder  in  den  Schornstein,  nm  den 


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über  die  rossisdieii  ToipedoaagrUre  im  leisten  tttrkiaelieii  Kriege.   21 1 

Zog  za  yermehren,  wodoreb  ein  wohlbekanntes  Geittnsch  bei  jeder 
Umdrebmig  der  lÜMchine  henrorgebiaebt  wurde.  Wnrde  das  Abblasen 
gestoppt,  80  bOrte  das  Gerllnsch  zwar  anf,  aber  der  Dampfdruck  fiel 
schnell,  ea  moJate  daher  die  Maschine  gestoppt  werden,  während  der 
Dampfdruck  wieder  hoher  gebracht  worde,  wenn  kdn  Greräosch  ver- 
nrsaeht  werden  sollte.  Viermal  war  DonbasoY,  der  den  Feind  in 
Sieht  hatte,  so  genötigt  zu  stoppen,  am  nicht  gehört  za  weiden;  er 
konnte  gegen  den  in  diesem  Teil  des  Flnsses  sehr  starken  Strom 
nor  langsam  vorwärts  kommen,  eine  und  eine  halbe  Stunde  hatte 
er  von  dem  acht  Seemeilen  Ton  Blatsin  entfernten  Braila  gebraucht, 
mn  an  den  Feind  heranzukommen.  Sein  Kesseldmck,  welcher  drei 
bis  vier  Atmosphären  hätte  betragen  sollen,  fiel  auf  zwei  Atmo- 
sphären, wenn  das  Dorohblasen  aufhörte.  Auf  etwa  120  m  vom 
Feinde  liefs  Doubasov  wieder  durebblasen  und  auffenero  und  steuerte 
auf  die  **Seif6**  zu,  indem  er  Chestakov  ein  Zeichen  gab,  dals  er  den 
Angriff  beginnen  wollte.  Der  türkische  Posten  rief  Ihn  auf  60  m 
vom  Schiff  an,  Donbasor  gab  eine  Antwort,  die  ihn  verriet  und  die 
Türken  waren  auf  ihrer  Hut.  Der  Posten  feuerte  sein  Gewehr  ab 
ebenso  die  Posten  auf  den  anderen  Schiffen.  Der  Ftthrer  des  Gre- 
sehtttzes  (NeunzöUiges  Armstronggeschtttz)  war  schnell  an  der  Ab- 
zugsieiue,  aber  dreimal  hintereinander  versagte  die  Schlagröbre  und 
es  entstand  Verwirrung  an  Bord,  die  Lente  liefen  anf  Deck  durch- 
einander and  feuerten  nach  allen  Seiten  ihre  Gewehre  ab.  Während 
dieser  2jeit  nun  näherte  sich  Doabasov,  60  ro  sind  ja  bald  zurückgelegt 
wenn  er  auch  kaum  vier  Knoten  per  Stunde  dampfte.  Er  steuerte 
dem  Backborddeckhanse  zu,  um  sieb  gegen  das  Feuer  der  hinteren 
Kanonen  sowie  möglichst  ge^^en  die  Turmgeschütze  zu  decken  und 
versuchte  nun  mit  dem  Torpedo  —  es  war  ein  Spierentorpedo  an 
einer  Stange  vor  dem  Bord  angebracht  —  Schraube  und  Huder  der 
unter  Dampf  liegenden  Seif6  zu  treffen,  um  sie  aul'ser  Thätigkeit 
m  setzen.  Die  Explosion  erfolgte,  der  Torpedo  hatte  die  vitalen 
Teile  des  Schitles  etwas  vor  dem  Hintersteven  getroffen,  das  Heck 
des  Monitors  hatte  beträchtlich  gelitten,  sein  Deplacement  ütuierte 
sich  und  die  Mannschaft  sammelte  sich  auf  dem  Vordeck.  Doubasov 
ging  nun  voll  Dampf  zurück,  sein  Boot  war  durch  die  Explosion 
halb  voll  Wasser,  die  ganze  Mannschaft  schöpfte  Wasser  aus,  denn 
das  Boot  drohte  zu  sinken.  Die  Türken  überschütteten  unterdessen 
die  BiK)te  mit  (tewehrteuer  und  feuerten  aus  den  Turmgeschützen, 
das  Schiff  hatte  sich  zwar  mit  dem  Heck  gesenkt,  blieb  aber  noch 
tiott.  LTnmittelliar  nach  dieser  Explosion  mdfste  Doubasov  Chestakov 
zur  Hilfe  rufen,  es  war  die  höchste  Zeit,  denn  nur  ein  glücklicher 
Schals  aus  dem  Backbordturmgeschütz  war  nötig,  um  die  Boote  zu 

14« 

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212   t^ber  die  rnsaiaehen  Torpedongrilfe  im  letasten  tHrkiMlieB  Kriege. 

Terniobten.  CSiestakoT  dampfte  toU  Dampf  Torans  nnd  piaeierte 
Beinen  Torpedo  etwas  hinter  den  Torrn,  die  Explosion  erfolgte  aneh 
mit  Erfolg,  nnd  wenige  SOnnten  naoh  derselben  sank  der  Monitor. 
Das  Geseblltzfener  war  nacb  der  Explosion  eingestellt  worden,  das 
Gewebrfeoer  wnrde  nocb  wäbrend  des  Suikens  des  Scbiffes  fort- 
gesetzt Die  „Seifö"  hatte  eine  Besatanng  Ton  etwa  60  Köpfen,  Ton 
denen  nur  wenige  gerettet  wurden.  DoabasoT  trieb  wtthrend  dieser 
Zeit  stromabwärts,  da  die  Pompen  nicht  f auktionierten,  molste  er  das 
eingedmngene  Wasser  mit  den  Händen  ans  dem  Boot  schöpfen 
lassen;  Ghestakor  konnte  wegen  der  omhertreibenden  Wrackstttcke 
des  zerstörten  Monitors  seine  zudem  unklar  gewordene  Schraube 
nicht  gebrauehen  und  mu&te  sich  unter  dem  Gewehrfeuer  der  Türken, 
welches  seine  Leute  auf  Pistolensohnlsweite  erwiderten,  auf  die  ganze 
Länge  des  Monitors  durch  die  bpreogstueke  durcharbeiten.  Endlich 
fieigeworden,  liels  er  sich  auch  treiben.  Die  ,,I)jIqaita''  erhielt  einen 
Schuls  ins  Heck,  weleher  sie  zwang,  auf  Land  zu  laufen,  um  das 
Leck  zu  Terstopfen,  dabei  wurde  die  Schraube  durch  das  Schilf  am 
Ufer  unklar.  Das  ganze  Gefeeht  hatte  zwanzig  Minuten  gedauert, 
trotzdem  wollen  die  Bussen  weder  Tote  noch  Verwundete  gehabt 
haben,  was  in  Anbetracht  dessen,  dab  ne  diese  Zeit  lang  dem  Feuer 
▼on  drei  türkischen  Schiffen  ausgesetzt  waren,  mit  vierzig  Mann  sehr 
eng  zQsammengedrängt,  etwas  unwahrscheinlich  erscheint.  Jedoch 
geben  die  Russen  an,  dafs  die  Geschosse  aus  den  türkischen  Kanonen, 
welche  vom  Deck  aus  feuerten,  ihnen  weit  über  die  Köpfe  gegangen 
wären.  Man  mufs  hierbei  die  Frage  anfwerfen,  was  denn  die  anderen 
beiden  tOrkischen  Schiffe  unterdessen  thaten.  welche  nach  russischen 
Berichten  beide  in  der  Lage  waren,  zu  feuern  und  kann  nur  an- 
nehmen, dafs  die  Wirkung  der  ihnen  so  nahe  explodierten  Torpedos 
ihre  Bewegungen  gehindert  hat,  und  sie  deshalb  hauptsächlich  mit 
ihrer  eigenen  Verteidigung  beschäftigt  waren.  Auch  berichtete 
Doubasov,  dal's  unter  den  Türken  Mutlosigkeit  geherrscht  habe, 
während  er  die  Kaltblütigkeit  und  den  Mut  seiner  Untergebenen 
lobte.  Während  des  ganzen  Angriffs  wurde  vollkommenes  Still- 
schweigen beobachtet,  welches  nur  durch  ein  Triuinjdigeschrei  unter- 
brochen wurde,  als  der  Monitor  sank.  Zu  dieser  Zeit  mUsseu  die 
Boote  bereits  weit  genug  abgewesen  sein.  Dieser  Angriff  wurde  in 
vorlrefliicher  Weise  ausgeführt  und  war  viel  durchdachter  als  der 
bei  Batum.  Doubasov  und  Chestakov  sowie  mehrere  Leute  der  Be- 
satzung wurden  dekoriert,  die  beiden  Seeleute,  welche  die  Torpedos 
abfeuerten,  hatten  die  "russische  Torpedoschule  besucht  und  vier 
Monate  auf  den  russischen  Torpedoschulschiffen  „Izumrod"  und 
„Tscbarodaika  *  Dienst  gethan.    Wenn  sich  die  Boote  geteilt  und 


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über  die  rassiMbcn  Torpedotngrifte  im  letsten  tfirkiseben  Kriege.  213 

einen  deifhzeitipMi  Auftritt  auf  beide  Monitors  jremaeht  hätten,  statt 
dafs  eins  in  Kcsorve  blicl)  und  die  drei  andereti  nur  ein  feindliches 
Schirt  angriffen,  so  würde  der  .»Fet-ul-Islani"  wahrscheinlich  dasselbe 
S<'hicksal  wie  die  ..Seift^"  trehabt  haben.  Dieser  Angrrift,  von  dem  die 
„Times-  damals  schrieb,  dafs  es  eine  der  heldenmütigsten  Thaten 
der  Kriegsgeschichte  gewesen  wäre,  wurde  bei  dunkler  Nacht  aos- 
geAlbrt.  und  obwohl  ein  Kudorwachboot  von  einem  der  Monitors  die 
Annäherung  der  feindlichen  Boote  bemerkte,  alarmierte  dies  nicht 
xeitig  genug  die  türkischen  Schiffe,  so  dals  die  russischen  Boote  un- 
gehindert an  ihr  Zerstörungswerk  gehen  konnten.  Hätte  der  das 
Wachboot  kommandierende  Offizier,  welcher  Übrigens  ein  Grieche 
war,  mehr  seine  Pflicht  gethan,  so  wäre  der  Monitor  and  mit  ihm 
fast  sechzig  Menschenleben  nicht  verloren  gegangen. 

3.  Der  nächtliche  Angriff  vom  10.  sam  11.  Jani  1877. 

Am  10.  Juni  nm  1  Uhr  nachmittags  verliefs  der  russische 
Dampfer  „GrolsfÜrst  Konstantin**,  Kommandant  Kapitänleutnant 
Makarov,  Odessa.  Er  hatte  im  Schlepp  und  geheilst  sechs  Torpedo- 
boote. Der  Dampfer  „Wladimir'  folgte  ihm  nm  7  Uhr  abends,  um 
ihn  im  Kotialle  zu  unterstützen.  Der  Zweck  der  Expedition  blieb 
geheim,  bis  das  Land  aas  Sicht  war,  dann  wurde  den  Komman- 
danten der  Boote  gesagt,  dafs  sie  vier  tilrkisclie  Kriegsschiffe,  von 
denen  drei  Panzerschiffe  wären  und  an  der  SulinamUndung  lägen, 
in  die  Laft  zu  sprengen  hätten.  Die  russischen  Torpedoboote  wurden 
Nr.  1  vom  Leutnant  Fonischin,  ^r.  2  vom  Leutnant  UojdestFenski, 
iiTscbesmö'^  vonLeotnantZetzerennyi  befehligt,  die  drei  anderen  waren 
^Slnope'',  „Navarino-'  und  „Soukhoum-Käl6**.  Das  Boot  Nr.  2  war 
ein  speziell  als  Torpedoboot  konstroiertes  von  68  Fuls  Länge  und 
sehr  schnell.  Alle  Boote  waren  mit  elektrischen  Spierentorpedos 
armiert  bis  auf  Tschesmö,  welohes  ein  Schlepptorpedo  hatte.  Das 
tttrkische  Geschwader,  wrlches  angegriffen  werden  sollte,  bestand 
aas  den  drei  Fanzerschiften  ,,Fetith  Bulend",  ,^oocaide-mikhair**, 
„Idglalieh"  und  einem  Schleppdampfer  „Kartal",  welcher  bei  Snlina 
zu  Anker  lag.  Die  ersten  beiden  waren  Kasemattkorvetten  von 
2760  Tons  Deplaoement  ond  ea.  3000  ind.  Pferdekräften  and  mit 
vier  23  cm  Armstronggeschutzen  armiert,  die  „Idglalieh''  hatte  ein 
Deplacement  von  2200  Tons,  Gürtel,  Kasematte  nnd  einen  Barbettnrm, 
gepanzert,  vier  28  cm  ond  ein  18  cm  Annstronggeschtttz.  Die  drei 
Panzerscbiffelagen  mit  anfgebrttckten  Feuern  vor  Anker,  der  „Rartal** 
war  nnter  Dampf,  aom  Schutz  des  Geschwaders  waren  keine  anderen 
Habregeln  getroffen  worden,  als  einige  Rnderwachboote,  welche  zor 
Zeit  des  mssisehen  Angrilfe  längseit  ihrer  Schiffe  znrttckgekehrt 
waren,  nm  die  Mannschafken  in  den  Booten  abzulesen,  andere  Hindere 


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214   Über  die  nudsolieQ  Torpedoangriffe  im  letxtea  tnrki«ohen  Kriege. 


nifise,  wie  Sporrbalkeii,  Netze  und  Spieren,  waren  nicht  vorfresehen. 
—  Sechs  Seemeilen  von  der  Rhede  von  Sulina  wurden  die  Sclilepp- 
taue  der  russischen  Torpedoboote  lo^^geworten,  und  die  Boote  ^^ingren 
nnn  auf  eigene  Hand  los,  um  die  türkischen  Schiffe  zu  suchen.  Die 
erste  Gruppe  bildete  Dwarslinie  dicht  au%eschlossen,  ,,Tschesm6„  in 
der  Mitte,  Boot  Nr.  l  rechts,  Nr.  2  links  von  ihr,  die  Maschinen  hörte 
man  kaum,  alle  Laternen  waren  mit  Persenningrs  verhaniren. 
„Tschesmß*'  bemerkte  zuerst  den  Feind  und  scher  nach  Steuerbord  aus, 
um  das  türkische  Geschwader  zu  umgehen  und  ihre  Schlepptorpedos 
in  Anwendung  zu  bringen.  Die  Leitungsdrähte  —  der  Torpedo  wurde 
achterlich  geschleppt  —  wurden  jedoch  sogleich  beim  ersten  Angehn 
an  der  Schraube  unklar,  das  Boot  mulste  stoppen  und  hatte  nur 
Zeit)  seine  Schraube  zu  klarieren  und  nach  dem  Groi'sfUrst  Konstantin 
zurückzukehren,  es  wiederholte  sich  hier,  was  sich  bei  Batum  er- 
eignet hatte,  die  Unzulänglichkeit  der  Einrichtungen  der  „Tschesmö^* 
war  onTerkennbar.  Die  Boote  Nr.  1  und  2  gingen  nun  weiter 
voraus,  sie  hörten  die  türkischen  Posten  einander  zurufen,  aber  die 
Dunkelheit  war  so  stark,  dals  das  Boot  Nr.  2  auf  ca.  30  m  an  die 
„idglalieh^  herankam,  ehe  es  angemfen  wurde.  Der  Posten  feuerte 
den  ersten  Grewebrschufs  ab,  welcher  die  anderen  Schiffe  alarmierte. 
Diese  begannen  nun  sogleich  ein  allgemeines  Geschütz-  und  Gewehr- 
feuer. Es  war  2  Uhr  morgens  geworden,  das  Boot  Nr.  2  erreichte 
„Idglalieh''  nahezu  mittelschiffs  und  feuerte,  als  es  sie  nahezu  zu  be- 
rühren glaubte,  seinen  Torpedo  ab,  den  Erfolg  koiinto  es  nicht  be- 
urteilen. Die  Türken  leugnen  sowohl  die  Explosion  als  auch  eine 
Beschädigung,  geschweige  denn  Aul'sergefechtsetzen  des  Schiffes, 
jedoch  scheint  dies  wohlzweifellos  der  Fall  gewesen  zu  sein.  Das 
vorderste  Kompartment  des  Bootes,  in  welchem  die  Steuerung  an- 
gebracht war,  wurde  durch  die  mächtige  Wassermasse,  welche  sich 
erhöh  und  ins  Boot  fiel,  mit  mehr  als  drei  Fufs  Wasser  gefUUt,  da- 
durch wurde  zwar  das  Heck  gehohen  und  dem  Boote  es  ermöglicht, 
den  Sperrgürtel,  welcher  die  ,4<^glaiieh''  nach  russischen  Berichten  um* 
gab,  rttckwärtogehend  zu  passieren,  jedoch  bemerkte  der  Kommandant, 
als  er  quer  ab  nnd  klar  davon  wieder  vorausgehen  wollte,  dats  die 
Achse  des  Steuerrades  beschädigt  und  das  Lager  d(  rselben  ge- 
brochen war.  Nun  erforderte  es  die  ganze  Entschlossenheit  und 
Kaltblütigkeit  des  Kommandanten  und  Ingenieurs,  das  Kuder  wieder 
gebrauchsfähig  zu  machen  und  unter  dem  Hagel  von  Geschossen  die 
Gefechtspiune  in  Gebrauch  zu  nehmen.  Anlserdem  war  duob  die 
Explosion  ein  Wasserstandsglas  gesprungen  und  der  Schornstein  ver- 
bogen worden.  Gleichzeitig  steuerte  der  „Kartal*^  aui  das  Boot  zn, 
um  es  zu  verfolgen.   Die  Lage  war  eine  sehr  kritische,  der  Dampf* 


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Ober  die  rassischen  Torpedoangrifie  im  leUten  türlüsohen  Kriege.  2X5 

dioek  war  gefallen,  nnd  non  beriohtel  der  Kommandant,  dals  sein  ' 
Ingenienr  im  loteten  Moment  ftlnf  PAmd  Talg  nnd  Werg  in  die 
Fenernog  geworfen  hätte,  worauf  der  Dampfdmek  sogleioh  stieg  nnd 
das  Boot  in  den  Stand  setzte,  den  „Konstantin**  wieder  an  erreiclien. 
Jedoeh  sobeint  die  Verfolgung  des  tttriusehen  Sebiffes  niebt  sebr  ernst 
gewesen  an  sein,  die  tiefe  Dnnkelbeit  nnd  die  Anfregung,  welehe  der 
unerwartete  Angrift  der  Bussen  berrorgemfen,  sobeinen  die  Ver- 
fulgoug  gelähmt  zn  haben.  Nach  russisefaen  Beriebten  war  das  Boot 
Nr.  1  anf  eine  Sperre  von  Ketten  nnd  Kabeltauen,  welehe  von 
Fässern  getragen  wurden,  geraten,  hatte  beim  Angriff  auf  dieses 
Hindernis  ohne  Erfolg  seinen  Torpedo  abgefeuert,  das  Boot  wurde 
dureb  die  Ezplonon  halb  mit  Wasser  gefnllt  und  dnreh  einen  Schuls  in 
den  Grund  gebohrt.  Kaoh  anderen  Berichten  kam  das  Boot  Nr.  1 
unter  den  Stenerbordbug  der  „Idglalieb**  nnd  an  der  Ankerkette  nn 
klar,  explodierte  seinen  Torpedo  aber  ohne  Erfolg,  nnd  während  es 
von  der  Kette  loszukommen  suchte,  wurde  es  In  den  Grund  ge- 
schossen. Dies  seheint  glaubwürdiger  als  der  mssische  Bericht,  da 
die  türkischen  Schiffe  sehr  wahrscheinlich  keine  Verteidigungs- 
krinolinen  hatten.  Der  Kommandant  des  Bootes,  Leutnant  Poutschln- 
beriehtet  zwar,  dafs  er  das  Boot  selbst  versenkt  habe,  nm  es  nicht 
in  Feindes  Hand  fallen  zu  lassen,  als  er  sab,  dals  die  Schranbe  des 
Bootes  gebrochen  war.  Er  berichtet  ferner,  dals  er  die  Besinnang 
im  Wasser  verloren  habe,  and  als  er  wieder  zu  sich  gekommen  sei, 
Gefangener  in  den  Händen  der  Türken  war.  Die  zweite  Abteilung 
der  russischen  Torpedoboote  war  der  ersten  gefolgt,  als  sie  aber  die 
Explosion  hörte  und  sab,  daXs  die  Türken  zu  wachsam  waren,  um 
überrascht  zu  werden,  kehrte  sie  zum  „Grofsfllrst  Konstantin,,  zurück. 
Dieser  hörte  schweres  Geschütz-  und  GewehrlVuer  und  versuchte 
.sich  unter  Land  zu  halte  d,  kam  hierbei  jedoc-h  auf  Grund  und  blieb 
bis  Tagesanbruch  in  einer  bedenklichen  Lage.  Nachdem  er  seine 
Kohlen  teilweise  Uber  liitrd  g'cworfen  hatte,  wurde  er  tlott  und  konnte 
seine  Boote  aufnehmen  und  nach  Odessa  zurückkehren.  In  Odessa 
stellte  sich  heraus,  dals  an  dem  Boot  Nr.  2,  als  es  geheilst  war, 
am  Bug  nahe  dem  Kiel  sechzehn  Niete  lose  bezw.  gebrochen  waren, 
mittschiffs  waren  Eindrücke,  welche  auf  eine  Berührung:  mit  eiuem 
harten  Gegenstand  scbliefseu  Uelsen,  achtern  hing  die  eiserne  Kielplatte 
ca.  46  cm  vom  Kiel  herab,  der  untere  Teil  des  Ruders  war  ge- 
brochen und  einer  der  Schraubenflügel  nach  hinten  verbogen.  Alle 
diese  Verletzungen  könnten  auf  eine  Verteidigungskrinoline  der 
„Idglalieh"  scbli eisen  lassen,  über  die  das  Boot  Nr.  2  gelaufen  und 
wieder  zurückgegangen  war,  jedoch  können  einzelne  dieser  Schäden, 
wenigstens  die  Beschädigung  der  Nieten  auch  der  Wirkung  des  ex- 


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216   t}ber  die  rassiMben  TorpedoaogrUle  im  letsten  tttriLisobeii  Kriege. 

'  plodierten  Torpedos  zngesehrieben  werden.  Die  Raflsen  gaben  keine 
Toten  bd  dem  Gefecht  an.  Der  offidelle  taridselie  Beliebt  sagt 
über  den  Angriff  auf  die  ,Jdgialieb*':  „Die  Explosion  war  unwirksam 
infolge  der  gescbiekten  DefensiTe  anf  dem  angegriffenen  Panzersohiff. 
Immerkin  war  dieser  Angriff  der  Boote  Nr.  1  nnd  2,  wenn  auch 
mifeglttekti  ein  sebr  kttbner  nnd  beldenmtttiger,  der  Kommandant 
des  Bootes  Nr.  2  wnrde  mit  dem  Gtofekrenz  IV.  EJasse  dekoriert 
—  Hätte  das  tOrkisobe  Gesehwader  im  Moment,  als  das  Alarmsignal 
gegeben  worden  war,  die  Ketten  gescklippt  nnd  mit  voll  Dampf  den 
Knrs  anf  Odessa  genommen,  so  wÄre  der  „GroJsfUrst  Konstantin"  mit 
allen  seinen  Booten  nnd  der  UntersttltKnngsdampfer  wahrscheinlich 
abgeschnitten  worden  und  verloren  gewesen.  Sowohl  der  „Fetith 
Bnland**  wie  „Hoooardemikhair**  waren  Schiffe  ron  13  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, daher  bedentend  schneller  als  die  Russen.  Aber  wie 
so  oft,  waren  die  Türken  za  lässig,  am  die  Gelegenheit  ans- 
Eunntsen* 

i.  Der  vierte  Angriff  fand  am  20.  Jnnl  nachmittag:s  anf  einen 
tttrluschen  Monitor  bei  Rnstschnk  statt.  Sechs  mssisehe  Boote, 
welche  mit  Minenlegen  in  der  Donan  beschäftigt  waren,  worden  von 
einem  aas  Rnstschnk  aoslanfenden  tQrkisoben  Dampfer  daran  ge- 
hindert, welcher  im  Ymin  mit  den  tttrklschen  Strandbatterien  die 
Boote  zwischen  zwei  Feaer  nahm.  Verstärkt  wnrde  dasselbe  noch 
von  einem  törkischen  Monitor,  welcher  dort  za  Anker  lag.  Da  er- 
hielt Leutnant  Skoydlör  am  selben  Tage  den  Befehl,  .mit  seinem 
Thomykroft  Torpedoboot  „Ghontka''  den  Monitor  anzagreifen  and  an- 
schädlich za  machen.  Die  „Ohoatka^  war  im  Jahre  1874  vod  Thonjy- 
kroft  gebaut.  50  Fufe  lang,  6'/,  Fals  breit,  hatte  einen  Tiefgang  von 
2'/,  Fuls,  eine  Maschioe  von  zwölf  Pferdekräften  nnd  soll  17  Knoten 
gelaufen  haben.  Die  rassischen  Berichte  sagen,  dals  das  Boot  trotz 
schwerem  Geschtttz-  and  Gewebifeuer  seitens  des  Monitors  mit  seinem 
Stangentorpedo  das  Panzerschiff  getroffen  hätte,  dafs  der  Torpedo 
aber  unglücklicherweise  nicht  explodiert  sei,  weil  die  elektrischen 
Leitungsdrähte  an  zwei  Stellen  von  Kugeln  durchschnitten  worden 
wären.  Glaubwürdiger  sind  wohl  die  Berichte  anderer,  welche  be- 
sagen, dül's.  sobald  das  Torpedoboot  bemerkt  wurde,  ein  tso  gut  ge- 
zieltes und  stetiges  Feuer  vom  Monitor  aus  auf  dasselbe  unterhalten 
wurde,  dafs  es  überhaupt  nicht  an  den  Monitor  herankam,  sondern, 
nachdem  der  Kommandant  schwer  venvundet  woi  ilcii  und  die  Leitungs- 
drähte zum  Torpedo  durchschossen  waren,  /um  s(  lileuni;ren  Ixiickzug 
gezwungen  wurde.  Auch  die  russischen  Berichte  bestätigen,  dafs 
der  Vorderteil  des  Bootes  durcli  ein  Oeschofs  durchlöchert  wurde, 
dafs  die  Mannschaft  das  einströmende  Wasser  ausschöpfen  mufste 


I 

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über  die  raMiaehea  Toipedouigrlffe  im  letzten  tttrUeehea  Kriei^.  217 

ond  dab  der  Führer  Leutnant  Skoydlov  an  beiden  Beinen  verwundet 
wurde.  Es  gelanp:  ihm  jedoch,  dennoch  den  Türken  zn  entwischen 
and  sich  mit  der  rassischen  Flottüie  wieder  sn  vereinigen.  Von  der 
Mannschaft  soll  niemand  verletzt  worden  sein,  naob  den  nusischeii 
Berichten,  das  Boot  httile  nor  eine  Anzahl  wirknngsloier  Grewehr> 
Schüsse  erhalten.  Danach  scheint  das  Feuer  des  Monitors  doch  ein 
sehr  mangelhaftes  gewesen  sä  sein,  sonst  wäre  dieser  toUlitthne  An- 
griff am  heilen  Tage  wohl  kaum  mOglieh  gewesen,  nnd  es  wären 
Zweifel  darttber,  ob  das  Boot  wirklich  an  das  Panzersehiff  heran- 
gekommen war  oder  nieht,  aufgeschlossen.  Jeden£üls  würden  die 
Bossen  wohl  nicht  gewagt  haben,  einen  solchen  Angriff  auf  emen 
andern  Gegner  als  ein  türkisches  Kriegsschiff  zn  machen,  sie  hatten 
cffenbar  keine  hohe  Meinung  von  einem  solchen.  —  Dies  bewiea 
snch  der  Tagangriff  vom  80.  Jnni  1877  in  der  Donau,  in  welcher 
ein  von  einem  Engländer  konunandierter  türkischer  Monitor  den 
Bossen  sehr  viel  zu  schaffen  machte.  Als  nämlich  die  Bussen  den. 
DonanUbergang  bei  Simnitza  vorbereiteten,  suchten  sie  sich  der 
türkischen  Monitois  zu  entledigen,  welche  bei  den  befestigten  Plätzen 
wie  Bustsehnk,  Silistria,  Widdin,  Kikopolis  im  Flnsse  zu  Anker  lagen 
■nd  die  Vorbmitnngen  hinderten.  Sie  suchten  Minenlinien  zn  legen,, 
nm  durch  dieselben  die  Bewegungen  des  Feindes  zn  stt^ren  nnd  ea 
war  ihnen  geglückt,  zwei  der  Monitors  zu  versenken.  £in  dritter 
war  ihnen  bisher  entgangen  ond  durch  seine  Wachsamkeit  höchst 
lästig,  er  that  Wunder  durch  Energie  nnd  Geschicklichkeit,  Oharakte^ 
eigensohaften,  welohe  bei  den  Türken  auf  dem  Wasser  ungewOhnlieh 
lind,  er  hielt  die  rassischen  Batterien  beständig  in  Atem  nnd  ver<^ 
senkte  die  Minenboote  derselben.  SchlieMch  entschlossen  sich  die 
Bassen,  ihn  mit  Torpedobooten  anzugreifen.  Als  der  türkische 
Monitor  am  80.  Juni  von  Nikopolis  stromabwärts  dampfte,  wurde  er 
von  zwei  mssisehen  Torpedobooten,  der  „Ghontka"  nnd  der  „Mina\ 
beide  mit  elektrisch  zn  detachierenden  Schlepptorpedos  armiert,  an- 
gegriffen. Die  Boote  stürzten  sich  auf  ihn  nnd  rückten  ihre  Torpedos 
ans,  aber  der  Erfolg  war  ein  ganz  anderer  als  damals  M  BraiUk^ 
Die  Rossen  merkten  sehr  bald,  daCs  sie  es  mit  einem  andern  Gegner 
als  den  früher  von  ihnen  versenkten  Monitors  zn  thnn  hatten.  Mit 
greiser  Gesehickliohkeit  verteidigte  sich  der  Monitorkommandant  gegen 
alle  Angriffe,  er  lieüs  Torpedoschntznetze  fallen  und  schob  von  den. 
Seiten  Spierentorpedos  ans,  wodurch  er  sich  die  Boote  in  respekt- 
voller Entfemong  hielt  Gleichzeitig  eroÖnete  er  ein  lebhaftes  Kar*- 
tätsch-  nnd  Gewehrfeuer,  was  den  Angreifern  sehr  lästig  wurde,  immer 
meisterhaft  manövrierend.  ,,Mina''  hatte  zuerst  angegriffen,  aber  einer 
der  Torpedoleitungsdrähte  wurde  von  einem  Schul's  getroffen,  dann 


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218  nistbohen  Torpedoangriffe  im  letiteD  tOrklseheii  Ktitge. 

war  das  Boot  selbst  getroffen  and  gezwuogen  worden,  sich  zarilek- 
zadehen.  Der  ITttbrer  der  „Cbootka'*  versnelite  yeigeblieh,  den  Monitor 
mit  seinem  Torpedo  zu  treffen.  Der  letztere  ging  nonmehr  zor  Offen- 
,8iye  Uber  and  snclite  das  Boot,  zwischen  sich  nnd  eine  Sandbank 
treibend,  zu  erdritoken,  es  entkam  jedoch.  Der  Kampf  dauerte 
dann  noch  eine  Weile  fort,  der  tapfinre  engliscbe  Kommandant, 
welcher  bisher  &st  nnbeweglicb  mit  den  Händen  in  den  Taaehen  anf 
der  Kommandobrücke  stehend,  mit  eiserner  Boke  die  Manöver  leitete, 
wurde  leider  verwundet  und  mulste  das  Kommando  an  den  ersten 
-Offizier  abgeben.  Sein  Schiff  kehrte,  ohne  weiter  verfolgt  zu  werden, 
nach  Nikopolis  zurttck.  Später,  als  dieser  Monitor  seinen  früheren 
Kommandanten  nicht  mehr  hatte,  wurde  er  auch  durch  russische 
yßnen  versenkt  Man  kann  hiernach  nur  den  englischen  Berichten 
Recht  geben,  welche  behaupteten,  dals  die  Bussen  die  Brücken  von 
.Simnitza  und  Sistova  nicht  so  leicht  geschlagen  hätten,  wenn  alle 
tttrkischen  Monitors  von  Offizieren  seines  Schlages  kommandiert 
worden  wären.  Auch  die  Russen  versagten  dem  Gegner  ihre  Be- 
wunderung nicht.  Dies  Gefecht  ist  insofern  sehr  interessant,  als  es 
zum  erstenmale  in  diesem  Kriege  zeigt,  wie  ein  Schiff  von  einem 
ebenbürtigen  Kommandanten  geffihrt,  manövrierte  und  den  Torpedos 
•der  Boote  Torpedos  vom  Schiffe  aus  entgegensetzte.  Immerhin  ist 
es  merkwürdig-,  dab  die  kleinen,  leicht  handlichen  Boote  mehrere 
Stunden  bestrebt  waren,  ein  Schiff  zu  treffen,  welches  zu  gleicher 
.Zeit  mit  der  Absicht,  dieselben  niedencurennen,  manövrierte,  ohne 
weder  ihren  Zweck  zu  erreichen  noch  von  dem  Gegner  niedergenumt 
oder  beschädigt  zu  sein.  Das  Telegramm  des  Grolsfüisten  Kikolaua 
über  diesen  Angriff  begann  mit  den  Worten:  „Die  Tapferkeit  unserer 
Seeleute  ist  unglaublich,  undenkbar  nnd  nnediört.*'  Im  übrigen  be- 
stätigte CS  das  Mi&lingcD  der  Torpedobootaangriffe.  Wenngleich  der 
Angriff  nun  auch  miMungen  war,  hatte  der  Kommandant  der  „Ghoutka** 
immerhin  ein  bewunderongswürdiges  und  nachahmenswertes  Beispiel 
von  Mut  nnd  Entschlossenheit  gegeben,  er  war  vier-  oder  fttnfinal 
verwundet  worden  und  wurde  später  mit  dem  Georgskrenz  dekoriert. 
Der  Führer  der  „Mina"  erhielt  den  militärischen  Verdienstorden. 

5.  Ein  weiterer  Angriff  der  Bussen  ttaoA  in  der  Nacht  vom  28.  zum 
.24.  August  bei  Soukhoum  KM  auf  ein  türkisches  Panzeisohiff  statt 
Die  Russen  griffen  mit  vier  Torpedobooten  des  „Groihfitrst  Konstantin** : 
„Sinope",  „Torpeder^S  „Navarino**  und  „Tächesmö^'an,  den  „Konstantin'' 
kommandierte  Makarov.  Die  ,Tschesmö*  wurde  von  LeatnantZetzarennyi 
kommandiert,  welcher  wieder  den  Befehl  über  die  Expedition  erhielt 
Die  Boote  waren  mit  Schlepptorpedos  armiert  In  dieser  Nacht 
war  eine  Moodfinätcrnis,  welche  den  Rassen  sehr  zu  statten  kam. 


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Ober  die  nissiaeheii  Torpedoaiigrille  im  totsten  tarkUebea  Kriege.  219 

Voiiier  hatte  der  VoUmood  ihnen  den  Weg  nach  Sonkhomu  Kal6 
getagt»  in  dessen  Hafen  das  tOrkisclie  Panzerschiff  nAssari-Sehefket" 
lag,  eine  Kasemattkorrette  mit  Doppelsehranben  von  2046  Tons 
Deplacement  und  mit  5  28  om.  Armstronggesehtitsen  armiert,  die 
Kasematte  and  der  Barhettum  gepanzert  Der  Barbettnrm  war  am 
hmteren  Ende  der  Kasematte,  das  Schiff  war  als  Brigg  getakelt 
Die  mssischen  Berichte  schüdem  den  Angriff  folgendermafoen:  ,ySinope^* 
and  „Kavarino**  gingen  aaf  das  Panzerschiff  los  nnd  trafen  es  mitt- 
sehiffis  mit  ihren  Torpedos,  welche  nach  MakaroYS  Bericht  sehr  be- 
Medigend  explodierten  nnd  die  Rohlenhnnker  getroffen  haben  mttssen, 
da  die  See  eine  schwane  Oberfläche  erhielt  In  Anbetracht  des 
späteren  guten  Zustandes  der  „Assari-Schefket^  scheint  jedoch  das 
Wasser  nur  durch  die  unTollstftndige  Verbrennnng  des  Pulvers  oder 
der  Schiefehaumwolle  geschwärzt  zu  sein,  was  bei  allen  derartigen 
£iplosionen  in  die  Erscheinung  tritt  Die  beiden  Torpedoboote  wurden 
halb  Toll  Wasser  geschlagen  und  kampfhnfUhig  nach  dem  Bericht 
MakaroYs.  Zetzarennyi  befahl  nun  dem  ^Torpeder^S  den  Angriff  zu 
emenem  und  ging  selbst  mit  der  „Tschesm^  nach  dem  Panzerschiff 
zurttck.  Es  wurde  ein  dritter  Torpedo  unter  den  „Assari-Scheiket*^ 
geschleppt,  explodierte  auf  dessen  Steuerbordseite  und  verursachte 
em  heftiges  Rollen  des  Schiffes.  Der  Bericht  wird  nun  sehr  unklar. 
Zetssrennyi,  der  Geschrei  hörte,  glaubte,  dals  dies  von  den  etwa  zer- 
störten Torpedobooten  kam  und  ging  nun  vor,  um  Hilfe  zu  leisten. 
Mit  fertigem  Torpedo  passierte  er  die  Steuerbordseite  des  Panzer- 
sduffes  und  fand  sich  inmitten  von  Wrackstttcken  und  schwimmenden 
Leuten.  In  diesem  Augenblick  traf  die  „Assari-Sohefket^  beim  Rollen 
die  „Twhesm^  und  füllte  sie  halb  mit  Wasser,  indem  sie  ihr  Dollbord 
herunter  drttdtte.  Der  Torpedo  verwickelte  sich  mit  den  Leitungs- 
drähten  an  der  Fallrepstreppe  und  mulste  losgeschnitten  werden;  die 
TUrken  fanden  ihn  am  nächsten  Tage  am  Lande.  Die  Russen 
machten  sich  darauf  so  schnell  als  möglich  von  der  Schiffi»eite  frei, 
die  Geschosse  der  türkischen  Greschtttze  flogen  Uber  sie  hinweg  und 
das  Gewehrfener  hörte  auf.  Die  Boote  vereinigten  sieh  darauf  wieder 
mit  dem  Konstantin,  welcher  bei  Tagesanbruch  schleunigst  zurttck- 
liel  Wie  gewöhnlich  gaben  die  russischen  Berichte  keinen  Toten 
noch  Yerviundeten  an  aufser  dem  Leutnant  Pisarefski,  welcher  die 
„Sinope**  kommandierte.  Richtiger  ist  wohl  der  Beriebt  der  TUrken. 
Der  Kommandant  des  Panzerschiffes  berichtete,  dals  nur  ein  Torpedo 
explodiert  sei  and  zwar  nicht  bei  der  Berührung  mit  dem  Schiff,  die 
voneitige  Explosion  machte  ihn  harmlos.  Er  habe  die  feindlichen 
Boote  mit  lebhaftem  Gewehrfener  empfangen  und  schreibt  der  Wach- 
samkeit der  Wach  boote  das  Mii'sglUcken  des  Angriffes  2U.  Der 


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220  tJber  die  lUBsiBehen  Torpedoangrifte  im  letzten  tOrkiaebeii  Kriege. 

Kommandant  hatte  ( inige  Jahre  vorher  in  der  eng:lischen  Marine 
Dienst  gethan.  nach  seinem  Bericht  war  die  halbe  Mannschaft  mit 
Gewolircn  auf  Deck,  die  Geschütze  geladen  und  die  geladenen  Mi- 
iraillcuseu  am  Heck  und  auf  der  Back  aufgestellt.  Thatsaebe  ist, 
dals  der  „Assari-Scheikef*  schon  am  21.  August  sich  in  Konstautinopel 
befand,  von  wo  er  am  12.  September  durch  das  Mittel-Meer  nach 
dem  Busen  von  Arta  ging.  Die  erlittenen  Havarien  müssen  daher 
wohl  nur  sehr  gering  gewesen  sein,  wenn  Uberhaupt  solche  statt- 
gefooden  haben.  Auch  wurde  nach  dem  türkischen  Bericht  ein 
Spicrentorpedo  am  nächsten  Morgen  von  den  Mannschaften  des  Schilfes 
gefunden,  ebenso  viele  Wrackstücke,  welche  wohl  nur  von  zerstörten 
Booten  herrühren  konnten.  Die  rassischen  Zeitungen  berichteten 
trotzdem  sehr  naiv  von  dem  glänzenden  Angriff  und  der  vollständigen 
Zerstörung  des  türkischen  Panzerschiffes  „Assari*8chefket'*. 

Von  den  weiteren  Angriffen  der  Russen  sind  die  erfolgreichsten 
nnd  interessantesten  die  beiden  Nachtangriffe  vom  27.  Dezember  1877 
imd  vom  25.  som  26.  Januar  1878  im  Hafen  von  Batnm,  weil  in 
diesen  zam  erstenmale  Whiteheadtorpedos  verwendet  worden,  welohe 
den  Türken  empfindliche  X'erluste  zufügten. 

6.  Der  Nachtangriff  vom  27  Dezember  bei  Batum.  Der 
flGrolsfÜrst  Konstantin"  anter  dem  llcfehl  des  KapitänleotnantMakarov 
kam  am  27.  Dezember  in  der  Dunkelheit  im  Hafen  von  Poti  an 
mit  vier  Torpedobooten  in  den  Davits.  (Poti  ist  ein  kleiner  russi- 
scher Hafen,  wenige  Seemeilen  nördlich  von  Batum.)  Dort  erfahr 
er,  dals  die  türkischen  Paoserscbiffe  soeben  Fort  Nikolaus  bombar- 
diert hätten  und  nach  Batam  zurückgekehrt  sein  mUfsten  oder  in  der 
Nähe  zu  finden  sein  würden.  Makarov  machte  sich  nun  sofort  zum 
Angriff  fertig.  Die  Nacht  war  sehr  dookel,  feiner  Regen  fiel  herab 
bei  niedriger  Dttnnng.  Vier  Seemeilen  von  Batum  fährte  er  seine 
vier  Torpedoboote  zu  Wasser,  diese  waren  „Tschesme**  mit  einem 
Whitehead-Torpedo  mit  einer  Ladung  von  82  kg  Scbielsbaumwolle, 
von  Leutnant  Zetzarennyi  kommandiert,  welcher  wieder  den  Befehl 
aber  die  Expedition  hatte,  „Sinope**  mit  einem  ähnliehen  Wbitehead 
Torpedo  armiert,  ..Sonkhonm  Ralö**  und  „Navarino"  mit  Spieren- 
nnd  Schlepptorpedos  ansgerttstet 

Die  mssisohen  Berichte  sohildem  den  Angriff  folgendermatsen: 
Unter  dem  Sehata  der  starken  Dunkelheit  näherten  sich  die  Boote 
anbemerkt,  konnten  jedoch  nnr  zwei  Schiffe  sehen  —  in  Wirklieb- 
keit  waren  es  sieben,  —  dieselben  waren  mit  einem  Anker  voraus 
vertant,  Heck  nach  Land,  ihre  Position  war  nicht  vorteilhaft,  da 
nnr  ein  Schiff  fenem  konnte  und  dieses  nur  mit  den  Geschtitzen  einer 
Seite.  Die  dunkle  Ilasse  dieses  eben  Schiffes  war  allein  dem  An- 


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über  die  raasbohen  Turpedoangrifie  im  letzten  tttrkisohen  Kriege.  221 

griffe  fler  Küssen  ausjaresetzt.  Die  „Tschesmö'*  und  ..Sinope*',  welche  am 
H-bnellsten  waren,  ^inj;en  nun  voraus,  die  andern  beiden  Boote  als 
Resenen  zurlleklassend.    Sie  kamen  auf  eine  etwa  (iü  m  geschätzte 
Distanz  an  die  türkischen  Panzerschitfe  heran,  und   nun  entsendet 
zuerst  die  ..Tsehesnie*'  ihren  Torpedo,  den  ersten  Whilehead-TorjjedQ, 
welcher  in  diesem  Krieg;e  f;e^en  ein  Angritfsobjekt  lanciert  wurde, 
Df'Lseibe  lief  geradeaus,  liels  eine  Spur  Schaumes  hinter  sich  —  die 
bei  jedem  Torpedoschuls  an  die  Oberfläche  kommenden  Luftblasen  — 
und  traf  die  Breitseite  des    Panzerschiffes   zwischen  Grofe-  und 
F'jcknuist.    Während   die   überraschten  Türken   an  Deck  stürzten, 
feuerte  „Sinope"  ihren  Torpedo  ab,  der  unter  dem  Heck  des  Schiftes 
explodierte.    Die  Boote  liefen  darauf  so  sebiiell  als  iiiii^^lich  zurück 
unter  dem  Gewebrfeuer   und  dem  zu  hoch  g:ebenden  ( leschützfeuer 
der  Türken  und  vereinigten  sich  mit  dem  j.CIrofsflirsten  Konstantin^ 
der   am    .'?0.   nior«?ens   unter   be-reisterten  Hurrahs  der  Flotte  und 
der  Bevölkerung  in  Sewastopol  einlief.  Das  Resultat  der  Explosionen 
ist  unbekannt.    Soweit  die  russischen  Berichte.    Der  Wahrheit  mehr 
entsprechend  ist  ein  anderer  vielleicht  von  türkischer  Seite  stammen- 
der und  dem  russischen  durchaus  widersprechender  Bericht,  welcher 
den  Angritt  folgendermalsen  schildert:  Die  türkische  Flotte  war  diircb 
Wachboote  und  eine  Balkensperre  gegen  Angriffe  von  Torpedobooten 
geschützt.     An  den  Balken  waren  Planken  befestigt,  welche  durch 
Gewichte  so  beschwert  waren,  dals  sie  senkrecht  zur  Oberfläche  des 
Wasser  hingen.     Hobart  Pascha,  der  Oberkommandierende  der  tür- 
kischen Flotte,   kam   gegen   11  abends  auf  seiner  Yacht  im  Hafen 
an  und   hatte  persönlich   die  Wachltoote  und  die  Sperre  besichtigt. 
Bald  nach  seiner  Rückkehr  an  Bord  der  Vaclit  wurde  eine  Explosion 
gehört  und  eine  Menge  Wasser  am  Bug  des  Panzerschiffes  ,,Awn- 
lllah"  aufgeworfen,  am  Morgen  wurde  ihm  gemeldet,  dafs  zwei 
Whitehead-Torpedos  am  Latide  gefunden  worden,  gerade  hinter  dem 
Heek  des  Kanonenboots  „Memduhije^'.    Die  türkischen  Schiffe  waren 
miyerletzt  geblieben.  —  Wabischeinlich  hatten  die  beiden  Torpedos 
wegen  der  geringen  Übung  nnd  praktischen  Elrfahrung,  welche  die 
Rossen  in  der  Behandlang  nnd  dem  Schielsen  mit  diesen  kompli- 
zierten Geschossen  damals  noch  besaisen,  dann  auch  dank  der 
Dunkelheit  der  Nacht  und  der  Dünung  in  der  Zeit  des  Angriffs  ihr 
Ziel  verfehlt.    Einer  der  am  Lande  gefundenen  Torpedos  war  un- 
versehrt, bei  dem  andern  fehlte  der  Kopf,  welcher  wahrscheinlich 
durch  Kollision  mit  einem  Stein  oder  Felsen  abgebrochen  war.  Die 
Torpedos  scheinen  entweder  zu  tief  eingestellt  gewesen  zu  sein, 
so  dafs  sie  unterhalb   der  Schiffe  blieben  oder  seitlich  abgelenkt 
worden  zu  sein,  so  dafs  sie  die  Schiffe  gar  nicht  berührten.  Die 


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222    ^^i'  ^0  russisoben  Torpedoui^riffe  im  letzten  tUrkisciien  Kriege. 


Spprre  scheint  nur  von  geringem  Nutzen  gewesen  zu  sein,  da  die 
beiden  Torpedoboote  bis  auf  60 — 70  m  an  die  Panzerschiffe  heran- 
Ivonimen  konnten.  Die  Ttlrken  kamen  auf  diese  Weise  ohne  Kosten 
in  den  Hesitz  eines  vollständigen  Whitehead-Torpedos  und  dadurch 
zugleich  in  den  Besitz  des  lange  und  sorgfältig  gehüteten  Geheim- 
nisses, welches  zu  erkaufen  die  Küssen  Tausende  von  Pfund  gezahlt 
hatten.  Nach  dem  Bericht  des  enfrlischen  Marinekorrespondent<*n 
der  Times  in  Konstantinopel  war  der  unversehrt«'  Torpedo  mit  einer 
Sprengladung  von  ca.  SO  Pfund  Schielsliaunnvolle  auf  einen  Tiefgang 
von  17  Fuls  eingestellt,  der  andere  Torpedo,  dem  der  Kopf  fehlte, 
war  auf  20  Fuls  eingestellt  gewesen. 

7  Der  letzte  und  mit  erfolgreichste  .Angritl' der  Russen  mit  Tor- 
pedol)outen  war  der  Nachtangrifl'  vom  2.').  zum  2^^.  Januar  187S  bei 
Batum.  Kapitän  Makarov,  Kommandant  des  ,.(iroIsfürst  Konstantin'*, 
erhielt  am  2'2.  Januar  von  dem  Oberbefehlshaber  der  Flotte  und 
Häfen  des  schwarzen  Meeres  den  Befehl,  au  der  Ostküste  desselben 
zu  kreuzen  und  gegen  Batum  zu  demonstrieren.  Er  liel  noch  an 
demselben  Ahcnd  aus  Sewastopol  aus,  zwei  mit  Whitchcad  Torpedos 
armierte  Boote,  ./rschesme"  und  „Sinopc-.  hingen  in  den  Davits.  Nach 
schwerem  Wetter,  in  welchem  der  ,,Konstantin"  sehr  stark  rollte,  so 
dafs  man  um  die  Boote  sehr  besorgt  war,  kam  Makarov  am  25.  abends 
in  ?oti  an.  wo  er  erfuhr,  dals  die  türkische  Flotte  sich  vor  Batum 
befände.  Er  beschlofs,  sie  sofort  anzugreifen,  und  schickte  vier  bis 
f)  Seemeilen  vor  Ratum  seine  beiden  Boote  ..Tschesme",  geführt  von 
Zetzarenuyi,  welcher  wieder  die  Expedition  leitete,  imd„biiiope"  gegen 
die  türkischen  SchifVe  vor. 

Nebel  und  der  die  Lage  bedeckende  Schnee  liefs  die  Küste 
nicht  deutlich  erkennen,  Zetzarennyi  nuifste  sich  erst  eineZeitlang  orien- 
tieren, und  es  wurde  1  Uhr  morgens,  als  er  von  Norden  h<*r  auf 
die  Rhede  von  Batum  kam.  Der  Mond  ging  gerade  hinter  den 
Bergen  auf  und  beleuchtete  den  Hafen  und  das  feindliche  Geschwader. 
Am  Eingang  der  Bucht  lag  ein  Wachschiff,  die  Breitseite  nach  aulsen 
gekehrt  rechts  vom  Leuchttum,  die  weifsen  Häuser  der  Stadt,  die 
Batterie  auf  der  Landspitze,  auf  welcher  der  Leuchtturm  steht  und 
sieben  Schiffe  mit  dem  Heck  nach  dem  Lande  vertaut,  waren  deutlich 
sichtbar.  Es  waren  ein  zweimastiger  Dampfer  mit  weiHseo  Rad- 
kästen, zwei  dreimastige  Panzerschiffe,  ein  grolser  Raddampfer  und 
etwas  weiter  nach  dem  Ende  der  Bucht  zu  drei  grolse  iichiffe,  deren 
Masten  nicht  deutlich  gesehen  werden  konnten.  Die  russischen  Boote 
waren  mittlerweile  auf  eine  Seemeile  an  das  Geschwader  heran> 
gekommen  und  eine  halbe  Seemeile  vom  Wachschiff  entfernt.  Zetza- 
rennyi näherte  sich  darauf  noch  mehr  dem  letzteren  und  erkannte 


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über  die  russisohen  Tuipeduangnfie  im  letzten  türkiscbeu  Kriege.  223 

es  aJs  eiii  Kriegsschiff  von  ca.  1200  Tons  mit  Raaen  am  Fockmast 
ond  sechs  Booten  in  den  Davits  hängend.     Geräuschlos  näherten 
sich  die  Boote  his  auf  ca.  80  m  dem  Schiff  und  Zetzarennyi  feuerte 
nnn  seinen  Whitehead-Torpedo  auf  die  Steuerl)ordseite   unter  dem 
(irolVmast  ah.  fast  in  demsclht  u  Aug:enhlick  lancierte  ..Sinope''  ihren 
Torpedo  etwas  mehr  nach  achtern  von  dieserStelle.  Nach  der  Explosion 
hörten  die  Küssen   ein  furchtbares  Krachen  und  sahen  eine  hohe 
Wassersäule   em})orschiefsen.     Der  Hunijjf  des  Schiffes  verschwand 
nach  wenigen  Minuten  vollständig:  unter  Wasser,  in  der  nächsten 
Minute   verschwanden   die  Masten   und  ein   King  von  Wrakstückcn 
bezeichnete  den  Ort  der  Katastrophe,  welch(^  jicröfstentcils  der  Mangel 
aller  V  orsichtsmafsregeln  und  der  nötigen  Wachsamkeit  seitens  der 
Türken  verschuldi  t  hatte.    Denn  erst  durch  die  llurrahs  der  Küssen 
und  das  Geschrei  der  umherschwininienden  und  sich  an  den  W>ack- 
stUcken  anklauimernden  Besatzung  des  untergegangenen  Schiffes,  so- 
weit sie  am  Leben  gebliehcn  war,   wurden  dif  übrigen  Schiffe  aus 
ihrer  Sorglosigkeit  aufgeschreckt.     Nun   erst  sahen  d'iv  Kusst-n  von 
mehreren   Schiffen  Ranchwolken  aus   den  Schornsteinen  aufsteigen 
and   mehrere  Boote  zur  Kettung  der  Leute  absetzen,  dann  feuerte 
eine  Strandbatterie  mehrere  Schüsse,   und   eins  von    den  Schiffen 
dampfte  aus  dem  Hafen.    Die  Boote  kehrten  so  schnell  als  niüglich 
zum  ,,Grol8fUrst  Konstantin'',  zurück,  erreichten  denselben  kurz  nach 
3  Uhr  morgcFis   und  wurden  sogleich  aufgeheilst.     Am  2S.  ankerte 
Makarov  wieder  im  Hafr-n  von  Sewastopol.   Nach  diesem  gelungenen 
Angriff  wurde  er  zum  FlUgeladjutanten  des  C/areii  ernajint.  Zetza- 
rennyi  zum  Kapitiiiileutnant  bef(>rdert  und  der  Komniaudant  der 
^inofH""  erhielt  das  Georgskreuz  1\.  Klusse. 

In  diesen  Gefechten  sind  fast  alle  Arten  der  damals  gebräuch- 
lichen Torpedos  verwendet  worden.  Spieren-.  Schlepp-  und  Whitehead- 
Torpedos  haben  ihren  Oft'ensivwert  erwiesen,  aber  es  scheint  schon 
im  Hinblick  auf  die  mehrfachen  Miiserfolge  der  Küssen  trotz  der 
meistens  sehr  geringen  Wachsamkeit  der  Türken  offenbar  zu  sein, 
dals  ein  gut  bewachtes  Schiff  selftst  einen  so  entschlossenen  Gegner, 
als  es  die  Küssen  waren,  abwehn  n  kann.  Niemals  hätten  die 
Bossen  selbst  bei  genUgenderWariismiikeit  seitens  derTürken.  geschweige 
denn  gegen  einen  ebenbürtigen  Gegner,  mit  ihren  Spieren-  und 
Sch!ei)ptorpedüs  sich  soweit  den  Schiffen  nähern  können,  dals  sie 
die.sell»en  zur  Verwendung  und  zum  Erfolge  bringen  konnten.  Der 
Whitehead-Torpedo  führte  allerdings  unleugbar  ein  neues  und  viel 
getährlicheres  Offensivelement  in  die  Gefechtsführung  ein,  aber  auch 
bei  Anwendung  dieser  furchtbaren  Waffe  kam  den  Russen  die  be- 
fremdende Sorglosigkeit  aad  der  Mangel  von  genügender  Wacbsam- 


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224 


Kleine  heeresgesohiohtliclie  Mitteüimgen. 


keitaafSeiten  der  Türken  sehr  zu  statten,  wodarch  sie  imstande  waren,  den 
Torpedo  auf  eine  sehr  kurze  Hntfernaiij,^  /u  lancieren,  in  welcher  er, 
wenn  nicht  die  gröbsten  Felili  r  gemacht  wurden,  tretfen  raulste.  Bei 
den  heutigen  Mitteln.  Uber  ^^tk'he  die  Schiffe  za  ihrer  Nerteidigung^ 
Terfllfren,  Schnellfeut  rkanonen.  Kepetiergewehre,  Kevolverkanonen, 
elektrische  Selieiuwert'er,  Sperren  und  Waehboote,  welche  heutzutage 
immer  Dampf  boote  sein  werden,  um  nicht  die  Leute  in  liuderbooten 
zwecklos  zu  ermüden,  werden  sich  Torpedoboote  wohl  nur  in  den 
seltensten  Fällen  und  bei  einer  ungewöhnlich  günstigen  Verkettung 
von  Lnistiiiuien  cinein  feindlichen  Schiffe  —  ebenbürtige  Gegner 
vorausgesetzt  —  soweit  nähern  können,  wie  es  die  Russen  wieder- 
holt in  diesem  Kriege  gethan  haben.  Damit  aber  fällt  die  untrüg- 
liche fiewähr  des  Erfolges  auch  t\ir  die  selbstthätigen  Torpedos, 
mögen  e.^  nun  die  Whitehead-  oder  die  l^rauntorpedos  sein,  fort, 
denn  gerade  auf  grölseren  Entfernungen  wird  die  Bahn  des  Torpedos 
immer  unberechenbaren  Zinälligkeiten  ausgesetzt  bleiben  und  damit 
die  Wirkung  derselben  unwahrscheinlicher  sein. 

Anch  aus  dieser  Darstellung  erhellt  zur  Genüge,  dafs  Torpedo- 
boote niemals  ein  Ersatz  für  Linienschiffe  sein  werden,  wenn  sie 
denselben  auch  unter  Umständen  recht  gefährlich  werden  können. 
Es  ist  noch  nicht  L'ar  lange  her,  dafs  diese  Ansicht  selbst  an  mals- 
gei)enden  Stellen  ilire  Vertreter  gefunden  hat  und  zwar  sehr  zum 
Nachteil  der  deutsclien  nifensivHotte.  Diese  Ansichten  und  diese 
magreren  Jalire  sind  hotleutüch  t'tir  immer  tlir  die  deutsche  Manne 
?orüber. 


XVll. 

Kleine  beeresgeschichtliche  Mitteilungen. 

Den  Mobilmachungsbefehl  zum  Bayerischeu  Erbfolgekriege  fiir 
die  schlesischen  Regimenter  diktierte  im  Jahre  1778  König  Friedrich 
der  Grolse  dem  Leutnant  von  Wachholtz  in  die  Brieftasche.  Wach- 
holtz,  welcher  damals  AdjuUut  des  za  Breslau  garnisonierenden  In- 
fanterie-Kegiments  von  Stechow  war,  hatte  den  Orden  und  das 
Paradepferd  des  verstorbenen  Regimentschefs  nach  Potsdam  gebracht. 
Nach  abgestatteter  Meldong  fragte  ihn  der  Kt^nig,  in  wieviel  Zeit  er 


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Kleine  heeraBgeacIdchtlichq  lUttoiliiiigaii. 


225 


doh  getrane,  nach  Breslau  zurtickzareitcn.  Auf  die  Antwort,  „ia 
einigen  vierzig  Stunden",  Uels  er  Ihn  die  Schreibtafel  heivonieheD, 
diktierte  die  Marsohdisposition  Air  die  %nm  Vorrücken  gegen  die 
österreichische  Grenze  bestimmten  Troppenteile,  unter/i  ichnete  das 
Niedergeschriebene  mit  einem  Bleistifte,  gab  dem  Boten  aus  der 
SehataUe  vierzig  Louisdot  lu  ist  ;:eld  und  hiefs  ihn  schleunigst  ab- 
leiten.  »Aus  dem  Tagebuehe  des  Generals  von  Wachholt//'  (heraus- 
gegeben von  V.  Vechelde,  Braunscliweig  1843)  wird  der  Erzäliiiiiig 
des  X'orfalles  hinzugefügt.  „So  kurz  und  btlndig  ward  von  dem  groisen 
König  eine  Sache  znetande  gebracht,  za  deren  Anordnung  heut  zu 
Tage  ein  ganzer  Generalstab  eine  Zeit  von  wenigstens  einem  Tage 
und  mehrere  Bach  Papier  erforderlich  sein  würden.**  So  schrieb 
der  Sohn  jenes  Wachholtz  vor  siebenzig  Jahren.  Jetzt  hat  der  Tele- 
graph den  Kurierdienst  ttbemommen  und  besorgt  ihn  in  weniger  Mi- 
nuten als  damals  Standen  gebranebt  wurden.  14. 

Die  Festnng  Landau  wurde  1688  von  dem  Kriegsbanmeiater 
LfUdwig  XIV.  in  einen  starken  Waffenplats  nmgewandeli  Als  Vanban 
mit  dem  Umban  fertig  war,  sagte  er  dem  Könige:  »Sire,  j'ai  6tö 
eapable  de  renforcer  cette  Place;  mais,  j'aToae  teile  qae  je  la  livröe, 
qne  je  serais  incapable  de  la  prendre."  —  Ttotz  dieses  stolsen  Aus- 
spniehes  wnrde  Landau  mehreremale  abwechselnd  von  deutschen 
und  französischen  Trappen  erobert,  1702,  1703,  1704,  1713.  Im 
Jahre  1793  wurde  es  vom  August  bis  zum  Dezember  durch  ein  be- 
sonderes preuisiseheB  Belagerungskorps  eingeschlossen.  Der  Rück- 
zug der  Österreicher  Uber  den  Rhein  veranlatste  die  Aufhebung  der 
Einschlieilsung.  Im  Jahre  1814  wnrde  Landau  von  dem  französischen 
Divisions-General  Verriß  auf  das  Tapferste  verteidigt  und  erst  nach 
der  Thronbesteigung  Ludwig  XVIII.  nach  langem  ZOgem  übergeben. 
Landau  wurde  1816  an  Bayern  abgetreten  und  zur  deutschen  Bundes- 
festnng  erklärt  1867  wurden  die  Aufrenwerke  niedergelegt  und 
Landau  zum  sturmfreien  Depotplatz  erklSrt  Nach  dem  Jahre  1871 
wurde  L.  als  Festnng  au%ehoben  und  geschleift.  Schbg. 

Ober  das  Ytrkandensein  des  Adels  im  OfBiierkorps  imd  unter 
den  MOittrbeamten  des  Osterrdehiscli-iuigariseheB  Heeres  bringt  die 
Zeitung  Vedette  Nr.  174  auf  Grund  einer  am  7.  August  1899  ge- 
machten Zusammenstellung  eingehend  Mitteilungen,  denen  das  Nach- 
stehende entnommen  ist:  Adelig  (Prinzen,  Fürsten,  Grafen,  Freibezren 
niederer  Adel)  waren:  In  der  K.  u.  E.  Areieren-Leibgarde  75Vt;  ui 
der  Königlich  Ungarischen  Garde  82 '"Z«;  in  der  K.  und  K.  Trabanten- 
Leibgarde,  der  Leibgarde-Beiter-Eskadron  und  der  Leibgarde-In- 
fanterie-Kompagnie 100%  unter  den  Feldzeugmeistem  und  den 
GeneriUen  der  Kavallerie  gab  es  26  Adelige  ^e^en  2  Bürgerliche, 

tOabUkw  Ar  dl»  damtMk«  Am««  «ad  Hufa».  Bd.  III.  i  15 


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226 


Klaine  beonageMbiobtliehe  MHteflniigeii. 


also  98*/«;  unter  den  FeldmanehalloLentaantB  waren  es  76*/«;  unter 
den  Generalmajors  69*/«;  un  Generalstabe  38*/«;  im  Geniestabe 
20*/,;  in  der  Infanterie  (1494  gegen  18259)  etwas  mehr  als  10*/«; 
in  der  Jftgertrappe  17*/«;  in  der  Bosniseh-Hersegowintseben  In- 
fanterie 5*/«;  bei  den  Dragoneni  54*/«;  bei  den  Hnsaren  59*/o;  bei 
den  Ulanen  52*/«;  bei  der  Feldartillerie  14*/«;  bei  der  Festangs- 
artillerie  8*/«;  bei  den  Pionieren  17*/«;  beim  Eisenbahn-  und  Tele- 
graphen-Regiment 9*/«;  bei  der  Samtätstmppe  8*/«;  bei  der  Train- 
tmppe  fest  4*/«:  in  der  K.  K.  Gesttttsbranche  14*/«;  in  der  KOniglieh 
Ungarisehen  Gesttttsbranche  44*/«;  im  Armeestande  26*/«;  bei  den 
Montnr-Verwaltongs- Anstalten  16*/«;  anter  der  Geistliebkeit  2*/«; 
unter  den  Auditoren  10*/«;  im  HilitSr-Ärxilichen  Offizierkorps  4*/«; 
anter  denTrappen-Beehnangsftlhreni  3*/«;  nnter  denHiliübr-Intendantar- 
beamten  10*/«;  anter  den  ^itiUerie-Ingeniearen  17*/«;  onter  den 
ArttUerie-Zengbeamten  2*/«;  nnter  den  Hilitär-Baoingeniearen  15*/«; 
▼on  den  70  Militär-Baawerkftthrem  war  keiner  adelig;  unter  den 
Militir-Bechnuiigs-Kontrollbeamten  waren  es  4*/o;  voo  den  34Militir- 
Kassenbeamten  keiner;  anter  den  Militär-Verpüegsbeamten  3*/«;  onter 
den  Bfilitilr-Registratarbeamten  10®/«;  anter  den  Militttr-lCedikamenten- 
beamten  2*/o;  unter  den  MUiför-Ban-Beehnangsbeamten  3*/«;  anter 
den  Beamten  des  Ifiliti&r-Geographisohen  Institats  7*/«;  anter  den  10 
MUitttr-Lehrem  and  Fechtmeistern  keiner;  anter  den  militKr-tier- 
ttrztlichen  Beamten  1*/«;  unter  den  teehnisehen  Beamten  niederer  Art 
5*/«.  —  Im  ganzen  befanden  sich  anter  den  Offizieren  16";o  adeli^^e; 
anter  den  MilitSr-Beamten  4*'/,.  14. 

Eine  Ar  die  Ofliiiere  aller  Dienstgrade  der  Inüuiterie  des  K. 
ud  K.  Heeres  geneinsane  Mteawiffe  wurde  erst  im  Jahre  1798 
eingefithrt  Bis  dahin  waren  die  Obersten,  Oberstleatnants,  Hanpt- 
leate  nnd  Leutnants,  wenn  rie  in  Reihe  nn^  Glied  standen,  mit  der 
Partisane  bewaffnet  gewesen,  der  Fähnrich  hatte  einen  Springstock 
getragen,  nur  der  Major  hatte  mit  dem  Degen  kommandiert.  Bei 
allen  anderen  Gelegenheiten  wurde  nur  der  Degen  geführt.  Jetzt 
erhielt  ein  jeder  Offizier  als  alleinige  Waffe  ein  Seitengewehr,  von 
welchem  es  im  Reglement  heilst:  „Gedachtes  Seitengewehr  hat  in 
einem  vergoldet  messingenen  GefUfs,  mit  einem  derlei  gedrehten  Ge- 
wickel,  nebst  einer  einem  Soldaten  anständigen  Klinge  za  bestehen 
nnd  werden  in  Zukunft  die  bisher  ziemlich  in  Schwung  gewesenen 
Modekliugen  keineswegs  mehr  gestattet  werden.  Da  sich  die  Offiziere 
ihrer  Seitengewehre  bedienen  sollen,  so  versteht  sich  von  Selbsten, 
dafs  sie  bei  Ziehung  derenselben  jederzeit  Handschuhe  anhaben  müssen, 
nur  will  nötifr  sein  beizurUcken,  dafs  solche  ebenfalls  egal  von  gelbem 
Leder  mit  kleineu  Stulpen  sein  müssen.    Übrigens  gedenket  man 


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Kleine  heeresgesohichtliche  Mitteiluogea.  227 

rar  bessern  Bewebmng  der  Offiziere  ihnen  vor  dem  Feinde  eine 
Pistole  an  der  Kuppel  tragen  zu  laspen."    (Vedette  Nr.  lt)4.)  14. 

Die  Heiiatskautionen  der  K.  K.  (Mtiziere  betrugen  in  der  zweiten 
Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  für  den  Obrist  12  000,  ftir  den  Obrist- 
leutnaiit  9000,  für  den  Major  8000,  für  den  Hauptmann  6000,  für 
den  Kapitäuleutiiaut  4000,  für  den  Ober-  und  den  Unterleutnant  so- 
wie für  den  Fähnrich  2000.  für  den  Keginientsadjutanten,  den  Re- 
giments- und  ilen  Bataillonschirur^ren  1.500  Gulden.  Ein  jeder  Manu 
einer  Konipag:nit%  welcher  sich  verheiratete,  mulste  seinem  Haupt- 
mann einen  silbernen  Löffel  verehren.    (Vedette  Nr.  1()4.)  14. 

Ein  preufsisches  Dienstentlassnn;!:s-Z(Mi«^iiis  aus  dem  Jahre  1772. 
Ein  solches  hat  mir  im  Ori^^inal  vorjjelegen,  es  lautet  wörtlich 
genau  wie  folj^t: 

Seiner  Königlichen  Majestät  in  PreuTsen 
bestallter  Obrister  von  der  Infanterie 
und  Commendeur  des  Trintz  Wilhelm  Adolph  v.  Braunschweig 

Kegriments 

Füge  hiermit  zu  wissen,  was  maassen  Vorweiser  dieses,  Namens 
Johann  August  Weil  5  Fuls  4  Zoll  aus  der  Pfaltz  gebürtig,  unter 
8r.  Durchlaucht,  des  Printz  Wilhelm  von  Hrauiischweiir  Kegimente, 
und  zwar  unter  des  Uapit:  v.  (irollmaim  ( ompagnie,  6  Jahr 
■ —  Monath  als  Fuselier  gedienet,  und  sich  während  solcher  Zeit, 
auf  Zug  und  Wachten,  Tommando  auch  im  F>lde  sowohl  als  in 
der  Garnison,  hvy  allen  vorfallenden  Kric<rs-Hegel)enheiten  getreu, 
tapfer  und  unvcrweislich  j^ehalten,  dals  derselbe  nehst  anderen 
Offi/ieren  \on  ihm  sattsam  zufrieden  i^ewesen.  Da  aber  derselbe 
kränklicher  Umstände  wegen,  und  da  er  sich  im  Lande  ernährt 
und  deshalb  um  seinen  Abschied  gebührend  angesuchet;  Als  habe 
ihm  solchen  nicht  versagen,  sondern  ihm  denselben  hiermit  er- 
theilcn  und  von  aller  Ansprache  des  Regiments  befn^yen  wollen. 
Wobey  alle  und  jede  ersuchet  werden,  gedachten  Johann  August 
Weil  wegen  seines  bewiesenen  Wohlverhaltons  allen  fordersamsten 
Willen  augedeyen  zu  lassen,  welches  ich  gegen  einen  jeden  der 
Gebuhr  nach  zu  erkennen,  und  gelegentlich  zu  erwiedem  erbOtbig 
bin.    Gegeben  Köui^berg  den  2.  Mart:  1772. 

(L.  S.)  T.  Natal is. 

Anmerkung  der  Leitung.  Das  in  Rede  stehende  Regiment  wurde 
1740  zu  Temphn  (Mark  Brandenburg)  für  den  Prinzen  Ferdinand  von  Braun- 
tdiwdg  als  sogenanntes  FHsUier-Begiment  enteiltet.  Seine  Qamiaonen  wireik 
Königsberg  i.  Nenmark,  Soldin  und  I^ts.  1795  wurde  es  naeh  Posm  versetet, 
fUlurte  1 806  die  Stamumuminer  89  (Regiment  Zastrow)  and  ist  in  der  Kstsstroplie 
dieses  Jatires  zu  Grunde  gegangen.  Sefabg. 

  16» 


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228 


Umsohtu  in  der  MUitXr-Utleratiir. 


XVIII. 

Umscktt  m  der  Militär-Utterator. 

L  AiiflIftMdkehe  Zeitsehrifleii. 

Strefflettra  Astemiehiselie  MlUtSriscke  ZdtBehiifl.  SoiütsOebirgs- 
kriege  (SchluTs).  —  MUit&rische  Ausnutzung  des  Fahrrades.  —  Zu- 
sammengewürfelte Gedanken  über  unsere  Reglements.  7.  Brief: 
Nochmals:  Der  rollende  Angriff  der  InfSeuiterie.  — Über  den  Nachrichten- 
dienst im  enteren  Bereich  und  über  den  Sicherheitsdienst  (eine  or- 
ganisatorische Studie). 

Armeeblatt.  (Österreich).  Nr.  48.  (Jahrgang?  1899.)  Kriogs- 
^eschichtliche  Beispiele  de.s  Festungskrieges  ans  dem  dout.sch-fran- 
züsischeii  Kriege  von  1870—71  (günstige  Besprei  hunt?  des  Frobenius- 
schen  Werkes).  -  Fin  Militär-Schul-Projckt.  Von  diT  osiasiatischen 
Mission  S.  M.  SchitlVs  „Kaiserin  Füsalx-t ii".  Der  südafrikanische 
Krieg  (Forts,  in  Nr.  49,  50.)  Nr.  49.  Das  unumgänglich  Notwendige.  — 
Unsere  Macht  zur  See.  —  Die  Delegationsvorlagen.  —  Die  neue  Gage 
im  Heere  und  in  der  Marine.  Hr.  90.  Gaveant  consules  (behandelt 
die  trOagefrage**).  —  Die  Verdoppelung  der  deutschen  Flotte. 

Hilitir^ZeitBBg.  (Österreich.)  Nr.  42.  (Jahrgang  1899.)  Der 
Heeresvoranschlag  pro  1900,  —  Die  Kadettenprfifüng.  Nr.  43.  Zur 
Gagenregulierung.  —  Glossen  zum  Kriegsbudget.  —  Der  Krieg  in 
Afrika  VII.    Nr  44.  Die  Kntwickelung  der  österreichischen  Landwehr. 

Zum  Marinebudget  pro  1900.  —  Victor  Silberer  über  die  Luft- 
schiltahrt. 

Journal  des  sciences  niilitaires.  (DrzenüxT  1899.)  Drei  Ko- 
lonnen in  Tonkin  (1894— ISOf))  (Schlufs.)  — Wie  hüllen  wir  aus  Metz 
im  Jahre  1870  durchbrechen  können?  (Forts.).  —  Die  Blokade  von 
Landau  1814.  —  Ein  letztes  Wort  über  die  Kolonialarmee.  —  Deutsche 
Taktilc  nach  der  Brfobrung  der  grofsen  Manöver  1896—1898.  —  über 
die  ,3oserve-Armee  von  ISOC.  —  Die  BhtwiclLelung  nach  der  Flanke 
auf  dem  Schlachtfelde. 

Revue  mllitaire  universelle*  Nr.  98.  (Jahrgang  1899.)  Allgemeiner 
Bericht  über  die  Gesamthige  in  Madagaskar  (Ports.).  —  Die  Belagerung 
M)n  Plalzburg  1870  (Forts.).  -  Untersuchungen  über  geheuchelte 
Ivrankheiten  und  frciwilliirc  Verstümmelungen,  beobachtet  von  1869 
bis  1896  (Forts.).  ~  Studium  einer  taktischen  Frage. 

Revue  du  cerele  inilitaire.  Nr.  48.  (Jahrgang  1899.1  l'nser© 
Alpeniruppen  in  deutscher  Beurteilung.  —  Kin  .lahrestag  (.Xustrrlitz). 
—  Batterien  zu  4  (ieschülzen ?  (Schhifsi.  —  L)er  Krieg  in  Transvaal 
(Ports,  in  Nr.  49,  bO,  51,  52).  Die  Baiiene  der  Toten,  November 
1870  (SchiuJs).  Nr.  49.  Übungslager.  —  Der  MUitärrofearztdienst.  — 
Abrichtung  und  Verwendung  des  Reitpferdes.  Nr.  60.  Die  MobUmaehung 
der  portugiesischen  Armee.  Nr.  6t  Die  englische  Nation  und  ihre 


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Unaobtn  in  der  MiUtfr-Iittentar. 


229 


Armee:  Der  Soldat  —  Bonaparte  in  Italien.  1796.  Hr.  52.  Tkr 
Kompafs  im  Auge.  —  Die  Perien  der  Azur-Ktlete  (italienisciie,  fran- 

lösischo  Riviera). 

Carnet  de  la Sabretaclie.  (31.  Oktober  1899.)  Ein  Entwurf  des 
Oberst  von  Caslellane  für  die  rnif'ormipninfr  <ler  (lardehusaren  (1823). 

—  Briefe  des  General  Moreau  an  die  iüiein-Armee  (November  1799  bis 
Februar  IbüO).  -  Bei  den  „MousqueUilrt^s"  —  Bonaparle  und  dtT 
toskanische  Archipel.  (.^0.  November  189'J.)  Marschruute  der  Husaren 
des  NiedeiTheins  (April  1820).  —  I  ber  die  „Chasseui"s  d'Orient" 
(1801 — 1814).  —  Der  erste  Oberbefehl  Juuberts  bei  der  Armee  von 
Italien  (3.  November  1798  bis  5.  Oktober  1799.  Mit  einem  Portrftt 
Jouberts).  Studien  Qber  die  Rheinbundtruppen.  Das  Regiment 
Frankfurt  wftbrend  der  Kriege  in  Spanien  und  Rufsland  (1808—1813). 

RbJWb  dlnHuitoria.  (15.  Dezember  1899.)  Hr.  156.  Manöver- 
Disziplin  (Ports.).  —  Verteidigung  der  Höhenrücken  gcjren  Infanterie 
Ports.).  —  Über  stehende  Heere.  Brief  des  Marschall  Bugeaud  an 
Qeneral  Lamarque.  —  Geschichte  der  Infanterie  in  Frankreich  (Forts  ». 

—  Über  das  Schiefsen  mit  l'lmnrs-Patronon  schwacher  Liadung 
(Tir  reduit.)    Eine  praktische  hchidienst- Frage  (Forts.). 

Revue  de  Cavalerie.  (Nüveniber  1899.)  Säbel  gegen  Lanze 
(mit  11  Figuren).  —  Neue  Schlagwoite,  alte  Lieder.  Die  Kavallerie 
der  deutschen  I.  und  II.  Armee  in  den  Tagen  vom  7.  zum  15.  August 
1870  (Übers,  des  Pelet  schen  Werkes.  —  Forts.).  —  Anmerkungen  über 
militärische  Dressur.  —  Die  Gefeeiite  von  8ainte«Groix  1813. 

Bevue  d'Artillerle.  (Dezember  1899.)  Das  Exerzierreglement 
der  deutschen  PeldartÜlerie  (Schlufs).  —  Feuerverteilung  der  Artillerie 
(Schlufe).  —  Notiz  fiber  prismatische  Pemglüser.  —  Längsspalten  in 
Gewehr-Patronen  behältern . 

Revue  du  Genie  militalre.  (November  1899 )  Anmerkung  über 
Hospital-Baracken  (Öchlufs).  —  Anmerkung  über  die  Unterkunft  der 
Garn isonlr Uppen.  —  Über  Preis-Streitigkeiten  bei  militärischen  Arbeiten. 

—  Analyse  und  Auszüge  aus  dem  Schriftwechsel  Vaubans  (Forts. i. 

La  Francemilitaire.  Nr.  4714.  hie  b.'al).sichligie  Reorganisation 
der  Artillerie.  Spricht  sich  gegen  die  Herabsetzung  der  Feldbatterien 
auf  4  Geschütze  unter  Vermehrung  der  Munitionswagen  auf  12  aus. 
Bezweifelt,  dafs  der  Effekt  von  4  französischen  Feldgeschützen  dem 
von  6  deutschen  gleich  sei.  Warnt  davor,  sich  durch  Avancements- 
rflcksichten  zu  einem  thörichten  organisatorischen  Schritt  hinreifsen 
zu  lassen.  —  Vorlage  ttber  Herabsetzung  der  Altersgrenzen :  Divisions- 
generale 62  Lebenqahre  statt  65,  Brigadegenerale  60  statt  62.  Ärzte 
66.  Obersleutnants  56,  Majors  64.  Hauptleute  und  Leutnants  52. 
Nr.  4715.  Vorlage  über  Verbesserungen  im  Militär-Gerichtsverfahren. 
Nr.  4717.  Die  Lanze  IV.  Nr.  4718.  Die  Aussichten  des  Krieges  in 
Südafrika.  L»era  Ausspruch  Stanleys,  dafs  wenn  erst  Buller  in  Thätigkeit 
getreten  sei.  man  in  einigen  Wochen  mit  den  Buren  fertig  würde,  tritt 
Verlasser  energisch  entgegen.    Die  Ereignisse  haben  bereits  die  Nich- 


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280 


UmBobau  in  der  Milttär-Litteratiir. 


tigkeit  der  Stanleyschun  Aufserung  erwiesen.  Nr.  4719.  Öaumur.  Eine 
Reorganisation  dei-  Kavallenesclnile  soll  in  Sicht  sein.  Nr.  4720.  Der 
englische  Kriegsplan.  Nr.  4721.  Die  Bündnisse.  Nr.  4722.  Der  Nach- 
richtendienst. Ks  wird  unter  iiinweis  auf  Beweisstücke  in  Moltkes  mllit 
Korrespondenz  I  und  die  Vmügllehkeit  des  deatBchen  Naehriehten- 
dienstes  1870  empfohlen,  den  Nachrichtendienst  zu  reorganisieren, 
auszudehnen  und  ohne  Unterlafs  zu  vervolUcomnmen«  damit  er  bei  der 
Mobilmachung  gute  Ergebnisse  liefere.  Nr«  4725.  Milit&rische  Vorlagen. 
Hr.  4728.  Die  Batterie  von  4  Geschützen.  III.  Deutsche  Lösung  der 
Präge.  Betrachtet  die  Bestimmungen  des  neuen  deutschen  Reglements 
hinsichtlich  Gliederung  der  Feldartillerie  und  inwieweit  solche  auf 
französische  VtM'hältnisse  anwendbar.  Nr.  4733.  Gefahr  der  Entvöl- 
kerung. Vorschlag,  man  soll  mit  der  wachsenden  Zahl  der  Söhne  in 
einer  Familie  deren  Dienstzeit  herabsetzen.  —  Der  Marschall  J^azaine. 
Kommt  nochmals  auf  das  Werk  von  Kunz  zurück,  das  durch  d'w 
Memoiren  von  Jarras  seine  Bestätigung  lande.  Nr.  4734.  Die  \'er- 
jüngung.  Nr.  4736.  Fufsgefecht  der  Kavallerie.  —  Änderungen  in  der 
Untformierung.  Nr.  4737.  General  Lasalle,  dessen  Pfeife  und  ihr 
Ursprung.  —  Abberufung  des  deutschen  MUitar'Attachee.  Bemerkungen 
der  it^Untschen  Zeitung. 

Le  Progrds  militalre.  Nr.  190L  Küsten-lVuppen  und  -Material. 
Reform  des  Militär-Justizwesens.  —  Über  die  Organisation  der  Artillerie. 
—  Der  südafrikanische  Krieg  (Forts,  in  Nr.  1992-2000).  Nr.  1992. 
Kolonialarmee-Entwurf.  Nr.  1993.  Die  Kavallerie  (Besprechung  des 
Werkes  des  Oberst  v.  Bernhnrdi  „Unsere  Kavallerie  im  nächsten 
Kriege"*),  —  Schittsartillerie.  Nr.  1994.  Turn-  und  Sr-hipfsvereine 
(Frankreich  hat  8H0  Turnvereine  mit  29000  Mitgliedern.  D.  utschland 
6303  mit  600000  Mitgliedern).  —  Die  Unteroffizierschulen.  Nr.  1995. 
Verjüngung  der  Cadres  und  Verabschiedungen.  —  Das  Reglement  der 
deutschen  ArtOlerie.  —  Das  Verwaltungspersonal  der  Armee.  Nr.  1996. 
Vorläufige  Verabschiedung.  —  Reform  des  Militärjustizwesens  und 
Disziplin.  Nr.  1998.  Kriegslehren.  —  Die  Kolonialarmee  und  die  Ver- 
waltungsdienste. Nr.  2000.  Das  Jahr  1899.  Rttokblick. 

La  Belgique  militaire.  Nr.  1488.  Der  anglo-transvaalsche  Krieg 
(Forts,  in  Nr.  1490.)  —  ^I/armee  d  une  demooratie"  (Besprechung  des 
Buches  von  Kapitän  Moch.  (Siehe  „Jahrbücher"  Nr.  340,  S,  120).  — 
Das  Lyddit*'.  Nr.  1489.  Einige  Betrachtun^^cn  über  den  südafrikanischen 
Krieg.  Nr.  1490.  Das  Programm  des  Kriegsministers.  Nr.  149L  Der 
Tod  des  General  Brassine. 

Bulletin  de  ia  l'resse  et  de  la  Bibliographie  militaire.  Nr.  373. 
(November  1899.)  Die  Konferenz  im  Haag  (Ports.).  —  Zusammen- 
stellung des  Budgets  für  Heer  und  Marine  der  bedeutendsten  euro^ 
päischen  Mächte  für  das  Jahr  1899. 

Schweiseiiflehe  Monatsm^iillt  IBr  Ofliiiere  alter  WaffM*  (No- 
vember 1899.)  Die  athenische  ROkzugs-Katastrophe  und  das  Assinaros- 
Problem.  —  Über  Organisation,  Ausbildung  und  Verwendung  von 


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UnuehM  in  der  Milititr-Iittentar. 


231 


Radfahrertruppt>n  (Schlufs  im  Dezemherhet't).  —  Die  französischen 
Hochgebirgsnianiiver  von  1899.  —  Der  Krieg  Englands  gegen  die  siid- 
afrikiinisehen  Republiken  (Forts,  im  Dezemberheft).  (Dezember  1899.) 
Daü  kriegsjahr  1799  in  der  Schweiz  und  Umgebung.  —  Die  beiden 
Hauptschlachten  vor  hundert  Jahren. 

BeTve  miUtalre  mÜBse.  (Dezember  1890.)  Oberst  Ferdinand 
Leoomte  f  21.  Nov.  1899.  —  Unsere  Kavallerie-Mitnülleusen.  —  Die 
deatschen  Kaisermanöver  1899  in  Wfirttemberg. 

Schweiierisehe  ZeitBckiift  lEr  Artillerie  ud  Genie.  (Nov.  1899.) 
Die  Geschichte  des  rauchlosen  Pulvers.  —  Neuerungen  in  der  Milltär- 
telegraphie.  —  Die  neuen  Vorschriften  für  die  deutsche  Feidartiilerie, 

—  Artilleristische  Curiosa  aus  dem  18.  Jahrhundert.  Die  Bedeutung 
des  Exerzierplatzes  und  des  Geländes  für  die  Ausbildung  der  Feid- 
artiilerie. 

Allgemeine  Schweizerische  Militärzeitung.  Nr.  48.  (Jahrg. 
1899.)  Die  Kriegslage  in  N;ital  Die  englischen  Volunteers.  —  Der 
Konflikt  mit  Transvaal  in  englisc  her  Beleuchtung.  Nr.  49.  L)ie  llerbst- 
mandver  1899  (Forts,  in  Nr.  50,  51).  —  Der  Transvaailtrieg.  Nr.  50. 
General  GaUifbt  und  der  oberste  Kriegsrat  Hr.  ftl  Die  Kriegslage  in 
Sfid-AIHlu.  —  Der  Transvaalkrieg  (Übersetzung.  Porte,  in  Nr.  52). 
Hr.  62.  Die  Maschinengewelirfrage.  —  Die  Veijttngung  der  Gadres 
der  franzimischen  Armee. 

Army  and  Navy  Uazette.  Nr.  2076.  Die  Lage  in  Natal.  — 
Die  Einberufung  dw  Miliz.  —  Die  poUtisolken  Verll&ltnisse  in  Trans- 
vaal.  r»t  nbia:shire  und  Montgomerj'shire  Yeomanry.  Geschichte  des 
Keginients.  errichtrt  1798.  —  Der  Krieg  in  Transvaal.  Ta,e:eweiso 
Berichte  über  die  l\riegsereignisse.  —  In  Southhampion  SchilJorung 
der  EinschifTung.  Nr.  2078.  Die  militärische  Lage  in  Südafiika.  — 
Betrachtungen  über  die  Miliz.  —  Wochenbericht  über  d»'n  Krieg.  — 
Das  Departement  für  das  Transportwesen.  Nr.  2079.  f  >ie  militärlache 
Lage  in  Südafrika.  —  Der  Kriegsschauplata.  Bine  miiitar-geographiscbe 
Schilderung  von  Natal.  —  Die  thuizösisohen  müitftrischen  Blätter  über 
den  Krieg  in  Transvaal.  —  Rufsland  und  Japan.  Politische  Betrachtung. 

—  General  GaUifei  und  die  Kammer.  —  Wochenbericht  über  den  Krieg. 

—  Die  Truppen-Transporte.  —  Unsere  Artillerie  in  Natal.  Nr.  2080. 
Die  militärische  Lage  in  Südafrika.  —  Die  Erfolge  im  Sudan.  — 
Wochenbericht  über  den  Krieg.  —  Heeresstärke  und  Truppenverteilung 
in  Südafrika  —  Die  BhtTwnod-Rangers  und  South-Noite  Yeomanry. 
Geschieht»'  der  beiden  Keginienter.  .  rrichtet  1794.  Nr.  2081.  Die  mili- 
tärische Lage  in  Südafrika.  Taktische  Folgerungen  aus  dem  Kriege.:—  Der 
Mangel  an  Kavallerie  in  Südafrika.  —  Die  Pferde-Krankheiten  in  Süd- 
afrika. —  Wochenbericht  über  den  Krieg.  —  Russische  Truppen  in 
Centrai-Asien.  Veränderungen  in  deren  Organisation  werden  mit- 
geteilt 

Jomnud  of  the  Boyal  United  Servioe  InstltutloB.  Hr.  m.  Die 

Franzosen  in  Neufündland.  Kritische  Betrachtung  über  die  den  Fran- 


232 


Umsehtn  In  dor  lOliCir-Litteratiir. 


zosen  nach  dem  Vertrage  von  1815  zustehenden  Rechto  betreffs 
Fischerei,  Handel  und  Niederlassung.  —  Das  Infanterie -P^erzier- 
Rpcrlfmont  nriit  Beispielen  aus  den  Kämpfen  bei  Plewna.  Kapitän 
Hertii  rt.  frühor  in  der  türkischen  Armee,  beleuchtet  den  Vorposten- 
dienst, die  taktischen  Gnindsätze  der  drei  Waffen,  die  Märsche  und 
die  Nachtgefechte  im  Vergleich  zu  den  engUschen  Dienstvorschriften. 
—  Miliuir-Statistik  und  strategische  Studie  über  den  zukünftigen 
Kriegsschauplatz  in  Indien.  Aus  dem  Russischen  übersetzt.  —  Scharf- 
sehfltzen.  Es  wird  voTgeschlagen,  in  jeder  Kompagnie  6  Mann  zur 
Beschiefaung  schwieriger  Ziele  im  Gefecht  hesonders  auszubilden.  ^ 
Über  den  Qebirgskrieg. 

Arny  and  Nary  Jooraal.  (New-York.)  Nr.  1888.  Onkel 
Krügers  Mannschaften.  Bespri'  h'  die  in  Transvaal  getroffenen  Vor- 
bereitungen zum  Kriege.  Nr.  1889.  Das  Mönchswesen  auf  den 
Philippinen.  —  Die  Ilccro  Japans  und  Chinas.  —  Nachrichten  aus 
Manilla.  Mitteilungen  aus  dem  afrikanischen  Kriege.  —  Ein  lehr- 
reicher Vergleich.  Die  Kämpfe  des  General  Otis  auf  den  Philippinen 
werden  mit  den  Mifserfolgen  der  Engländer  in  Südafrika  verglichen. 
Nr.  1890.  Nachrichten  von  den  Philippinen.  —  Verbesserungen  im 
Heerwesen.  —  Die  Thätigkeit  des  Signal-Korps.  Nr.  1891.  Nachrichten 
aus  Manilla.  —  Bericht  des  Generalarztes  der  Armee.  —  Über  Armee- 
Geistliche.  —  Die  Lage  in  SüdafHka.  Hr.  1802.  Das  Britische  Sanitäts- 
wesen. —  Bericht  des  Generals  BufOngton  Aber  das  Geschtttzwesen. 
Nt.  1898.  Die  drei  grttfsten  Reiche.  Politische  Betrachtung  fiber 
Amerika,  England  und  Rufsland. 

Ru8ski  Invalid.  Nr.  246.  Der  l'rsprung  der  Leibgarde-Regimenter 
„Moskau"  und  „Littauen**.  Nr.  248.  Die  Russen  in  ,\bessynien. 
Nr.  250.  Kin  siebentes  sibirisches  Reserve-Bataillon  wird  formiert;  bei 
sämtlichen  Reserve-Hataillonen  des  sibirischen  Militärbezirks  werden 
Ersatz-Cadrt'-Bataillüne  gebildfi.  jedes  Cadre-Bataillon  in  der 
Stärke  von  7  Offizieren.  12  l'nteioKizieren  und  28  GefVeiten.  Bei  der 
Mobilmachung  entwickelt  sich  jedes  der  7  Reserve-Bataillone  zu  einem 
Regiment  su  5  Batallionen  (d.  h.  jede  Kompagnie  bildet  ein  Bataillon), 
die  bei  jedem  Bataillon  befindlichen  Ersatz-Cadres  formieren  sich  zu 
Ersatz-Bataillonen.  Die  Resenre-Bataillone  Tschita  und  Ssijetensk  des 
Priamer- Militärbezirks  bilden  je  ein  Regiment  zu  4  Bataillonen  und 
aufserdem  ein  selbstSndiges  Reserve-Bataillon.  —  Bin  2.  Festungs- 
Infantcrie-Regimf'nt  wird  in  Wladiwostok  gebildet  und.  ebenso 
wie  das  bereits  bestehen  i»-  Rt  'jrinu'nt.  zu  3  Bataillonen  formiert.  — 
Die  5  Bataillone  der  ostsii>irischen  Linien-Brigade  wtM'den  in 
Regimenter  zu  2  Bataillonen,  in  Stärke  der  Schützen-Regimenter,  um- 
gewandelt. -  Eine  selbständige  Süd-Ussuri -Train -Cad  re- 
Kouipagnie  wird  gebildet,  welche  sicii  hei  der  Mobilmachung  zu 
einem  Train-Bataillun  (Stab  und  5  Transporten)  entwickelt.  Nr.  262. 
Kasernenbauten  wahrend  der  Jahre  1899  bis  1903.  Der  Bau  der 
Kasernen  fOr  sftmtliche  im  europäischen  Rufsland  noch  nicht  Icaser^ 


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Umadum  in  der  MilitXrXItteratiir. 


23a 


liierten  Truppen  würde  —  155  MilUoiien  Rubel  erfordern,  während  die 
Kosten  für  die  allernot wendigsten  Kasemenbauten  —  30  Millionen 

betragen.  Da  jedoch  der  Kasernenbau-Kommission  fQr  obige  fünfjährige 
Periode  nur  14  075  000  Rbl.  zur  Verfügung  stehen,  so  icönnen  Icaum 
die  dringendsten  Bedürfnisse  befriedigt  werden;  es  wird  beabsirhti&rt. 
Kasernen  für  15  Stäbe,  26V»  HaUiillono.  27  Eskadrons  und  14  Haitt  rieii 
zu  bauen;  8f)Vo  der  ganzen  Summe  werden  für  onizier-Wohnungen 
verausgabt,  und  zwar  sollen  Dienstwohnungen  für  etwa  lÜO  Stabs- 
offiziere und  1030  Oborofflziere  gebaut  werden.  Nr.  266.  Ergänzung 
de»  Intendantur-Personals  im  Kriege.  Verfasser  ist  der  Ansicht, 
dafiü  in  Bezug  auf  SiohersteUung  des  Materials,  namentlich  in  letzter 
Zeit,  grofse  Fortschritte  gemacht  worden  sind,  daCs  aber  die  Frage  der 
Brginzung  des  Personals  noch  ebenso  offen,  wie  vor  dem  Feldauge 
1877/78  sei. 

Raswjedtsehik.  Nr.  473.  Biographie  und  Bild  des  neuen  Chef- 
redakteurs des  Wajennüy  Ssbornik,  Oberst  des  Generalstabs  Poliwanofl*. 

—  Urteil  über  die  Bedeutung  des  LUiells  für  den  russischen  Offizier 
seitens  des  Generals  Dragomiroft'.    L>ieser  verurteilt  es  wesentlich  als 

—  „aus  dem  Westen  kommend".  L»ie  „Handanlegung",  d.  h.  das 
Prügeln  (iüikuprikladtstwo)  sei,  weil  durch  „diu  Zeit  der  Leilx'igenschatt 
in  gewissem  Sinne"  national,  das  Fechten  mit  M  afien  eine  Einrichtung 
der  germanischen  Völker.  —  Routine  und  Wissenschaft.  Nr.  474. 
Der  Ankauf  der  Remonten.  —  Eindrücke  eines  Ordonnanzofflzieni-. 
(Mitteilungen  eines  Leutnants  des  Omsker  Reeervebataillons  Uber  die 
Anwesenheit  des  Generals  Kuropatkin  im  Sibirischen  Kadettenkorps). 

—  Die  bulgarische  Militäriitteratur.  —  Nr.  478.  Zum  Suwaroff- Jubiläum. 

—  Die  Schweizer  Legenden  über  Suwaroff.  —  Unsere  militärischen  Ge- 
heimnisse. Nr.  476.  Suwarofl*  in  den  Darstellungen  auf  Medaillen  und 
in  der  Sphragistik.  —  Die  russische  Sprache  in  der  russischen  Armee. 

—  r»ie  frühere  Taktik  der  Kasaken.  Die  Offlzierschulen.  -  -  L>ie 
Freiwilligen-Flottüle  auf  dem  Amu-Darja.  —  Aus  der  Geschichte  der 
Fourage. 

Russisches  Artillerie-Journal.  Nr.  11.  Zum  Aufsatz:  Taktische 
Vorbereitung  der  Feldartillerie.  —  Artilleristische  Fragen.  —  Nochmals 
zur  Frage  der  Nitrocellulose.  —  Kurzer  bistorischer  AbriliB  der  tecbni» 
sehen  ArtiUerieschule  in  den  75  Jahren  des  Bestehens  1821—1896- 
(Schlufs).  —  Zubehör  zur  Schufiiprobe.  —  Erklärende  Bemerkung  zum. 
Reglement  des  Frontdienstes  der  Artillerie  (2.  Teil). 

liltaHa  militare  e  m^ylii*-  Hr.  266.  AudBorordentliche  MUitilr> 
Atisgaben,  darunter  für  Bewaffnung.  Nr.  270.  Qamisonwechsel  der 
Peldartillerie  -  Regimenter.  Nr.  272.  r)ie  Betbrderungen  nach  Wahl. 
Nr.  276.  I  »ie  Legende  der  hl.  Barbara  Nr.  277.  Bemerkungen  über  die 
Küstenbefestigungen  von  Antonio  Calichiopulo.  Nr.  278.  Bemerkungen, 
über  die  Küstenbefestigung  (Schlufs).  Nr.  279.  Lehren  des  Krieges  in 
Südafrika.  —  Unsere  Schilfe  in  Argentinien.  Nr.  281.  l»ie  Frage  der 
UnterofÜziere.  Nr.  282.  Eine  einzige  Artillerie.   Nr.  285.  Die  Fragen 


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^4 


UnMehsa  in  der  MilitlT'Litteritiir. 


bei  Neuordnung  der  Artillerie.  Nr.  286.  Uniform  der  Grenadier- 
Regimenter. 

Rivista  Militare  Italiana.  (16.  November.)  Der  Kriefr  in  Süd- 
afrika (Forts.).  —  Grofse  oder  kleine  Batterien  '  <  1 .  r>  o z  o  m  h e r.)  [ »er  Krieg 
in  Südafrika  (Forts.).  —  Moltkes  Urteil  über  die  äciilacht  von  San 
Martino. 

£sereito  Italiano.  Nr.  141.  Der  Krieg  in  'lYansvaal.  Nr.  142. 
Beförderungsfragen.  Nr.  143.  Der  Krieg  in  Transvaal.  Nr.  144.  Miiitär- 
magazine.  —  Reorganisation  des  Marine-Personals.  Nr.  14ft.  Militlr- 
Pensionen  und  Altersgrenzen.  —  Der  Krieg  in  Transvaal.  Nr.  146. 
Gesetsentwurf,  betreffend.Reoiganisation  des  Marinepersonals.  —  Gesetz, 
betreffend  die  Auswanderung.  Nr.  147.  Gesetzentwurf»  betreffend  Re- 
organisation des  Marinepersonals.  Nr.  148.  Schiffsbau  und  Arsenale. 
Nr.  149.  Die  Militär-Rayongesetze.  Nr.  150.  Das  Truppenpferd.  Nr.  15L 
Einstimmige  Annahme  des  Kiarinebudgets.  Nr.  152.  Programmrede  des 
Marine-MinistfM-s- 

Rivista  di  artig:lieria  e  geiiio.  <November.)  (ieodätische  Be- 
stimmungen für  das  Artilleriescliiefsen.  —  Die  italienische  .\rtillerie  in 
den  napok'onischen  Kriegen.  —  Das  Stahlwerk  der  meiallurgischen 
Gesellsclial't  von  Saesiri  i^onente. 

Revista  cicntifico-militar.  (Spanien.)  Nr.  23.  Die  Wiederauf- 
richtung (Ports.).  —  England  und  Transvaal  ^orts.).  —  Die  Ausbildung 
4tor  Truppen. 

Memorial  de  Ingenieros  del  lyercilo.  (Spanien.)  Nr.  11  Eisen- 
bahn-Projekte.  —  Die  besoldete  Reserve  der  Ingenieure.  —  Kriegsmarine, 

Seekrieg  und  Küstenverteidigung  (Ports.). 

Rev  ista  Militare.   (Portugal.)   Nr.  23.  A«B.C.  und  Schiefsen.  — 

Invasionslinien  nach  Portugal  (Schlafs). 

Krigsvetenskaps  Akademiens-Handlingar.   (Schweden.)  (So- 

vember.)    Die  Schlacht  von  Vionville  (mit  Skizze). 

Norsk  Militaert  Tidsskrift.  (Norwegen.)  10.  Heft.  Die  Mitraii- 
leusen  und  ihre  Anwendung  bei  Infanterie  und  Kavallerie. 

Miiitaire  Spectator.  (Holland.)  (Dezember.)  Die  automatische 
65  mm  Skoda-Schnellfeuerkanone.  —  Neue  Gesichtspunkte  für  perma- 
nente Befestigungen. 

II.  Bücher. 

Habs  Carl  von  Winterfeldt.   £in  (veneral  Friedrichs  des  Grofsea. 

Von  Ludwig  MoUwo.  München  und  Leipzig,  1899.  R.  Oldenburg. 

36  Jahre  sind  VHrg-Mnfjpn.  seitdem  die  letzte  gröfsere  Biographie 
über  Winterfeldt  erschienen  ist.  Ihr  Verfasser.  L.  G.  von  Winterfeldt. 
konnte  für  dieselbe,  ebenso  wie  seine  Vorgänger  in  der  Forschung, 
Varnhagen  v,  Ense  und  Schöning,  bereits  umfangreiches  Aktenmaterial 
benutzen.  Nun  ist  aber  gerade  in  der  letzten  Zeit  durch  Hei  ausgäbe 
neuer  Archivalien  und  sich  daran  anschließende  Bearbeitungen  unsere 


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Umsdiaii  In  der  MOitir-Littenitar. 


235 


Kenntnis  der  fridericianischen  Kriegsgeschichte  so  gefördert  worden, 
dafs  es  sich  wohl  verlohnte»  auf  diesem  Fundament  dem  berühmten 
preufsischen  General  ein  neues  Denkmal  zu  errichten.  r)er  Historiker 
MoUwo,  dem  wir  dasselbe  verdanken,  ist  dabei  von  der  Absicht  ausge- 
gangen, einmal  das  ^Bild  der  anziehenden  F'ersönlichkeit  etwas  schärfer 
als  bisher  zu  zeichnen."  und  sodann  nameDtUch  sein  Verhältnis  zu 
Friedrich  dem  (Jrofsen  klarzustellen. 

VVinterteldt  war  von  hohem  Wüchse  und  besafs  ein  gewinnendes 
Äufsere.  Eine  liefe  Frönuuigkeit  beseelte  ihn  schon  als  Knaben.  Mit 
grofser  Leutseligkeit,  hohem  pei*sönlichen  Mute  und  unverwüstlichem 
Hmnor  verband  er  einen  solchen  ThStigkeitetrieh,  dafs  er,  vom  Pferde 
abgestiegen,  sich  gleich  an  den  Schreibtisch  setzte.  Über  seine 
Kameraden  erhob  ihn  besonders  eine  kühne  Unternehmungslust,  die 
ihn  im  Felde  gern  die  Initiative  ergreifen  liefs  und  debhalb  ganz  be- 
sonders zum  Strategen  befähigte.  Fflgen  wir  hinzu,  daCs  er  seinem 
i[5nigUchen  Herrn  nicht  blofs  aus  schuldiger  Treue,  sondern  auch  aus 
innerem  Herzenstrieb  „wahrhaft  attachiert"  war.  eine  Anhänglichkeit^ 
die  von  seinen  zahlreichen  Neidern  sehr  mit  Unrecht  als  eitles  Streber- 
tum verdächtigt  wurde. 

Üals  eine  solche  Persönlichkeit  trotz  des  Mangels  an  gelehrter 
Bildung  von  Friedrich  dem  Grofsen  zu  den  verschiedensten  militärischen 
Geschäften  verwendet,  ja  sein  vertrauter  Ratgeber  wurde,  kaim  uns 
nicht  in  Erstaunen  setzen.  Im  Frieden  hatte  Winteri'eldt  als  General- 
adjutant nicht  blofe  die  vom  Könige  geschafibnen  Husarenregimenter  zu 
inspizieren,  im  Manöver  thätig  zu  sein,  kriegsgerichtliche  Verhöre  ab- 
zuhalten, er  leitete  auch  das  ganze  Nachrichtenwesen  und  entwarf 
Opmtionspline  ftir  künftige  Feldzüge.  Im  Kriege  erwies  er  sich 
zunichst  als  einen  der  geschicktesten  Detachementsführer,  dann  als 
hervorragenden,  die  treflflichsten  Ratschläge  erteilenden  Strategen;  so 
vor  HohentVit'dberg  und  Kath.  Hennersdorf  im  Jahre  1745,  so  vor  dem 
Einfall  iti  Böhmen  1757.  Er  b^^safs  dah^r  auch  das  volle  Vertrauen  des 
Königs,  di'i-  ihn  in  seine  geheiinslt^n  militärischen  Pläne  einweihte  und 
ihn  in  st;inen  I)enkwürdigkeiten  besonders  u^ei-ühmt  hat. 

Welchen  Einllufs  hat  nun  dieser  nuliiai  isch  begabteste  unter  allen 
Ratgebern  Friedrichs  d.  Gr.  in  seiner  ganz  einzigen  Vertrauensstellung 
auf  den  König  ausgeübt?  Der  Verfasser  kommt  zu  dem  Resultat,  data 
er  Jn  politischen  Fragen  gar  keine,  in  militftrischen  nur  selten  eine 
Bmwlrkung  ausgeübt  hat**.  In  der  That  hat  Winterfeldt  weder  den 
König  zum  Ahschlufs  der  Westminsterkonvention  mit  Enghind  veranlalst, 
wie  seine  franzoeenfk«undlichen  Qegner  am  Hofe  behaupteten,  noch 
sonst  in  politische  Fragen  eingegriffen.  Was  seine  militärische  Ein- 
wirkung auf  den  König  betrifft,  so  liefse  sich  vielleicht  über  den  Aus* 
druck  „selten"  debattieren,  denn  aiifser  in  den  oben  erwähnten  drei 
Fällen  (Hohenfriedberg.  Hennersdorf,  böhniisrhe  Offensive  v.  1757)  ist 
bViedrich  vielleicht  auch  noch  in  dem  Kriegsplan  von  1756  der  Ini- 
tiative Winteri'eldtä  gefolgt.   Und  welche  weiteren  Früchte  hätten  die 


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286 


Umscbmi  in  der  Militür-Utteratur. 


militärischen  Ratschläge  des  r,onerals  ohne  seinen  IVuhen  Tod  (be- 
Moys.  Sept.  1757)  nicht  noch  zeitigen  können? 

Das  Buch  von  M.  ist  nicht  .schwungvoll,  aber,  wie  man  sieht,  sehr 
objektiv  geschrieben,  da  es  den  grofsen  Helden  nicht  über  die  gröfseren 
erhebt.  H. 

Die  SdilAcht  von  Uohentrledberg  von  Rudolt  Keibel.  Mit  2  Karten 
Berlin  1899.  Verlag  von  A.  Batb. 
Die  Schlacht  von  Hohenfriedberg  ist  neben  Leuthen  wohl  der 
glänzendste  Siegestag  des  grofsen  Königs,  die  Litteratur  dieser  Schlacht 

dem  entsprechend  eine  sehr  umfangreiche.  Die  wichtigste  neuere  Ver- 
öffentlichung über  dieselbe  war  bisher  der.  1895  erschienene  II.  Teil 
der  „Kriege  Friedrichs  d.  Gr.'*  Herausgegeben  vom  Grofsen  General- 
stabe, II.  Bd.  „Hohenl'riedberg". 

Mit  dieser  löO  Jahre  nach  der  Schlacht  erfolgten  offiziellen  Dar- 
stellung glaubte  man  das  Thema  erschöpft.  L>em  ist  nicht  so,  wie 
d-As  vorliegende  Werk  beweiset.  L)en  Anlafs  zur  Entstehung  desselben 
gab  dem  Herrn  Verfasser  eben  dieser  Band  des  üeneralstabswerkes, 
über  den  er  sehr  scharf  urteilt  wie  folgt :  „Man  durfte  hoffen,  dafs  das 
Generalstabswerk  eine  klare  und  erschöpfende,  auf  genaue  Untere 
suchungen  gegründete  Schilderung  sowohl  der  Bntwickelung  des 
Feldzuges  bis  zur  Schlacht»  wie  dann  der  Schlacht  selbst  geben  würde. 
Diese  Hoffhung  ist  leider  im  ganzen  nicht  erfüllt  -  Verfasser  hat 
nun  auf  Grund  genauester  Quellenstudien  hier  eine  r>ai-stellung  der 
Schlacht  geliefert,  die  in  vielen  Beziehungen  von  den  bisherigen  Ver- 
öffentlichungen (Damitz,  Orhch.  Lützow,  v.  d.  Wentren  u.  a.),  nament- 
lich aber  dem  Generalstabswrrk  abweicht.  —  Ich  bekenne,  dafs  ich 
anfänglich  mit  einigem  Mifsbt  liagen  an  das  Studium  dieses  über  600 
Seilen  zählenden  Werkes  herantrat,  aber  mich  alsbald  doch  von  dem 
Werte  und  der  (ii  ündlichkeit  dieser  tleifsigen  Forschung  über- 
zeugen mufste.  Verfasser  hat  nicht  nur  die  Archive  in  Berlin,  Zerbst, 
Dresden  und  WoUfenbüttel  gewissenhaft  durchforscht  und  die  auch 
vom  Generalstabswerk  bereits  benutzten  Urkunden  nachgeprüft,  sondern 
er  beherrscht  auch  das  gedruckte  Quellenmaterial  in  der  denkbar 
gründlichsten  Weise.  Selbst  Bücherbesprechungen  und  kleinere  in 
Zeitschriften  verstreute  Aufsätze  sind  ihm  nicht  entgangen,  so  deren 
zwei  in  den  „Jahrbüchern**  veröffentlichte  ni  er  Chasot  und  seine  an- 
geblichen .Memoiren.  —  Diese  umfassende  Kenntnis  giebt  dem  Ver- 
fasser aber  ein  Recht,  auch  an  dem  üoneralstahswerk  Kritik  zu 
üben,  die  wir  im  Interesse  der  geschichtlichen  W  ahrheit  willkommen 
heifsen  niiissen.  Kr  macht  in  erster  Lmie  dem  Generalstabswerk  zum 
Vorwurf,  dais  es  ihm  fast  gänzlich  an  Angaben  über  uic  PoUtik  der 
betreflenden  Zeit  fehle.  Richtig  ist  e.s  ja,  dafs  die  historische  Ab- 
teilung des  Generalstabes  es  grundsätzlich  ablehnt,  sich  mit  der  Politik 
bezw.  selbständigen  Untersuchungen  über  dieselbe  zu  befassen;  sie 
will  sich  nur  auf  die  Kriegsgeschichte  selbst  beschränken 


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UmsohAU  in  der  Militär-Utteratar. 


237 


und  setzt  dpmentsprechend  die  Politik  stets  auf  das  kleidste  Mafs 
ht-rab  Ol)  aber  mit  Recht?  —  Ich  möchte  diesen  Manjjel,  der  nicht 
den  Bearbeitern  des  Bandes  „Hohenfriedberg"  zur  La^t  fälii,  sondern 
in  dem  System  begrOndet  ist,  beaonden  fttr  die  hier  in  Frage 
kommende  Periode  der  fridericanlseben  Zeit  bedauern.  Die  poUtisehen 
Akten  fiber  das  Kriegqjahr  1745  sind  doch  wolü  gescMoflsen,  zumal 
nach  dem  Erscheinen  der  ^Politischen  Korrespondens  Friedrich  d.  Gr.** 
Nichts  hätte  also  gehindert,  diese  Periode  auch  von  der  politischen 
Seite  zu  beleuchten;  es  wäre  dies  um  so  nötiger  gewesen,  als  wohl 
selten  das  Wechselspiel  der  Diplomatie  und  Strates^ie  ein  so  lebhaftes 
war  ah  im  Frühjahr  1745.  zur  Zeit  der  HohenlViedberj^er  Schlacht. 
Man  wird  es  dem  Historiker  vom  Fach  nicht  übel  nehmen  können, 
wenn  er  bemüht  ist.  das  ücneralstabswerk  in  dieser  Hinsicht  zu  er- 
gänzen. Aber  auch  den  kriegsgeschichtlichen  Teil  des  lei/ieren 
hat  Keibel  vor  sein  Forum  gestellt  und  kritisiert  denselben  in  allen 
Einzelheiten  mit  peinlicher,  fast  übertriebener  Genauigkeit.  Er  erklärt, 
das  OeneralstabswerlL  bringe  zwar  eine  Pfllle  von  Neuem,  aber  ihm 
fehle  «Einheitlichkeit  in  der  Bearbeitung  und  wissenschaftliche  Exaktheit, 
femer  wissenschaftliche  Begründung  der  Darstellung,  namentlich  der 
Schlacht;  die  Quellenangaben  seien  sporadische,  auch  die  positiven 
Angaben  könnten  nicht  den  Anspruch  auf  unbedingte  Zuverlässigkeit 
und  Vollständigkeit  machen.**  —  Das  sind  sehr  harte  Vorwürfel  «Das 
nicht  abgeschlossene  Bild,  das  der  Generalstab  gezeichnet  hat",  ver- 
anlafst  K..  die  1  »arstelhing  dessellien  nachzuprüfen,  umsomehr.  als  ein 
.lahr  nach  dem  Kischeinen  des  Generalstabswerkes  die  Regimen ts- 
Geschiciite  der  Hayreuth-I >ragoner  von  (ienr-ral  v.  Albedyll  erschien, 
durch  welche  das  Generalstabswcrk  bereits  mehrfach  vervollständigt 
und  berichtigt  wurde.  „Nicht  Polemik  gegen  das  Generalstabswerk, ** 
sagt  K..  „sondern  der  Versuch  einer  objektiven  Klarlegung  des  ganzen 
Verlaufes  und  Zusammenhanges  der  Schlacht  mit  den  übrigen  Ereig- 
nissen des  Feldzuges  sei  Endzweck  seiner  Arbeit* 

Das  Buch  ist  in  6  Abschnitte  geteilt:  Die  beiderseitigen  Vorberei- 
tungen zur  Schlacht  —  Stfirke  und  Schlachtordnung  der  Gegner.  — 
Die  Schlacht  am  4.  Juni.  —  Die  Verluste  der  Gegner.  —  Die  Ursachen 
des  Krieges  und  der  Erfolg  der  Schlacht. 

Es  ist  ganz  unmöglich,  im  Rahmen  einer  kurzen  Besprechung  von 
den  Einzelheiten  dieser  Untersuchungen  und  namentlich  der  peinlich 
genauen  Quelb-nkritik  hier  Rechenschaft  zu  geben.  Weniges  nur  sei 
erwähnt,  das  mir  besonders  wichtig  schien.  —  Das  Bravourstück  des 
8iegestages  ist  bekanntlich  der  Angriff  des  Regiments  Bayreuth- 
Dragoner.  Während  frühere  Darstellungen  Gefsler  als  den  Haupt- 
helden feierten,  Schwerin  aber  fast  ganz  aus  dem  Spiele  Helsen, 
hingegen  das  Generalstabswerk  diesem  letzteren  allein  die  Palme  reicht 
ebenso  Albedyll,  bestreiten  beide,  dafs  Chasot  irgend  einen  Einflufe 
auf  Anlage  und  Ausführung  der  Attacke  gehabt  habe.  K.  verneint 
die  Richtigkeit  der  letzteren  Annahme  und  beruft  sich  auf  die  von 


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288 


Uinschaa  in  der  Militär-Litteratur. 


daedertz  herausgegebenen  fragwürdigen  Memoiren  Cha^iots.  Über 
den  Wert  oder  richtiger  Unwert  dieser  Memoiren  ist  viel  geschrieben 
werden.  Auch  ich  kann  mich  nicht  entschiiefsen,  denselben  mehr  als 
legend&re  Bedeutung  beizumessen,  und  habe  dies  an  dieser  Stelle 
(Jahrbücher  Bd.  90  S.  117  it)  zu  begründen  gesucht.  K.  nennt  Chasot 
(den  der  König  selbst  als  «verschlagenen  Normannen**  bezeichnet)  hier 
einen  „echt  normannischen  Aufechneider**,  im  übrigen  aber  sei  er  ein 
Kavalier,  dessen  Verdienste  um  den  Siegesriit  vom  Könige  auch 
reichlich  belohnt  worden  seien.  Letzteres  zugegeben,  ändert  es  an  der 
Unglaiib  würd  igkeit  der  „Memoiren"  m.  E.  nichts.  naEregen 
wird  man  gegen  K.s  AuPTassiing,  dafs  neben  Gefslcr  und  Schwerin 
auch  Chasot  ein  erhebliclier  Anteil  am  Verdienste  zugestanden  werden 
müsse,  nichts  einwenden  können.  —  K.  vergifsl  auch  Nebensächliches 
nicht:  so  üufsert  er  sich  zu  der  (von  Gaedertz  mit  übergrofser  Wich- 
tigkeit, doch  wenig  Glück  behandelten)  Frage  der  „blauen  Köcke**,  di© 
das  Regiment.,  laut  Ghasots  Angaben,  schon  bei  Hohenfriedberg  ge- 
tragen haben  solle,  völlig  ablehnend;  er  bezeichnet  Ghasots  Angaben 
als  falsch,  wie  dies  auch  AlbedyU  thut  Ich  möchte  in  dieser  Sache  noch 
auf  einen  bisher  gar  nicht  beachteten  Umstand  aufinerksam  machen 
Ghasot  behauptet  nftmlich,  die  Bayreuth-Dragoner  hätten  unbemerkt 
in  der  Nacht  vor  der  Schlacht  ihre  bisher  getragenen  weifsen 
Röcke  mit  den  aus  Schweidnitz  eingetroffenen  blauen  vertauscht,  ohne 
Vorwissen  des  Königs,  nur  auf  sein  (Ghasots)  Geheifs.  Bekanntlich 
brach  aber  die  Armee  am  8.  Juni  um  8  Uhr  abends  (also  noch  bei 
hellbem  Tageslicht)  aus  dem  Lager  auf,  marschiiTte  bis  gegen  Mitter- 
nacht, rastete  dann  unterm  Gewehr  die  wenigen  Stunden  bis  zum 
Morgengrauen:  die  gesamte  Bagage  war  im  Laute  des  Tages  nach 
Schweidnitz  zurückgeschickt  worden.  Wie  nun  das  Regiment  es  zu- 
stande gebracht  haben  will,  trotz  Nachtmarsch  und  ohne  Bagagewagen, 
in  der  Biwaksnacht  Uniformen  zu  wechseln  und  zu  verpassen,  das 
wird  wohl  Ghasots  Geheimnis  bleiben  müssen.  —  K.  sagt  ganz  richtig» 
dafs  Ghasot  als  einfacher  Migor,  der  gar  nicht  das  Regiment  führte 
(Schwerin  war  der  Kommandeur)  doch  unmöglich  eine  solche  An- 
ordnung habe  treffen  können  und  bezeichnet  seine  Erzählung  als  die 
^gewöhnliche  Kitelkeit  der  Memoirenschreiber". 

Sehr  interessant  sind  K.s  Untersuchungen  über  die  von  Friedrich 
schon  bei  Hohenfriedberg  angewendete  schiefe  Schlachtordnung,  welche 
das  Cieneralstabswerk.  sotern  es  sich  um  eine  bewufste.  beab- 
sichtigte Anwendung  derselben  hanili'lt.  als  ausgeschlossen  betrachtet. 
Ich  stimme  Hernnanns  und  Keibels  AulVassun.u  /.u.  —  Beachtenswert 
sind  femer  die  Untersuchungen  über  die  unterlassene  Verfolgung  nach 
der  Schlacht.  Nftchst  der  Übermüdung  der  Truppen  (voraufgegangener 
Nachtmarsch!)  und  den  Verpflegungsrücksichten,  femer  der  Über- 
schätzung der  moralischen  Wirkung  der  Niederlage,  sei  noch  ein 
politischer  Grand  vorhanden  gewesen:  »Friedrich  Uefs  sich  von  dem 
Wunsche  bestimmen,  durch  M&Tsigung  seiner  selbst  und  Bnigegen- 


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Umsoliaa  in  der  Militär-UtterAtur. 


289 


kommen  gegen  die  geschlagenen  Gegner  den  Friedensschlufs  (den  er 
OTsehnte)  zu  beschleunigen"*. 

Die  6  Anlagen  des  Baches  enthalten  die  Verteilung  des  preufsischen 
Heeres  in  Schlesien  im  Pralyahr  1745,  die  des  Heeres  der  Verbündeten, 
die  beiderseitigen  StMen,  die  Disposition,  welche  Friedrich  am  1.  Juni 
im  Lager  von  Schweidnitz  gegeben  haben  soll  (!  %  dann  die  Zeit- 
einteilung  der  Schlacht.  Letztere  tabellarische  Zusammenstellung  weist 
viele  Abweichungen  von  den  Angaben  des  Generalstabswerkes  auf.  — 
Die  beiden  Karten  sind  einel'bersichtskarte,  dann  eine  Karte  des  Schlacht- 
feldes, die  heutige  Gegend  dfii-stellend.  Leider  frhlt  «-in  wirklicher 
Schlaehtenplan  mit  eingezeichneten  Truppenstellungen  :  er  würde  dem 
leichteren  Verständnis  des  Textes  sehr  förderlich  sein. 

Eine  abgerundete  und  foiinvollendete  Darstellung  der  Sehlacht 
ist  die  Keibelsche  Arbeit  allerdings  nicht,  schon  weil  sie  sich  in  gar  zu 
viele  Binaelheiten  verliert,  wohl  aber  eine  tüchtige  und  gewissenhafte 
Quellenstttdie  und  Quellenkritilc,  die  volle  Beachtung  verdient. 

Schbg. 

Gesehiehte  der  Cnterofllsierschale  in  Potsdam  1824  bis  1880.  Im 

Auftrage  des  Kommandos  bearbeitet  durch  v.  Versen,  Ober- 
leutnant und  Ai^utani  Berlin  1899.   B.  S.  Mittler  k  S.  Preis 

3.40  Mk. 

Aus  kleinen  Afifängen.  in  der  bescheidenen  Stärke  von  2  Offizieren, 

2  rmeroffizieren  und  19  Zöglingen  wurde  im  -lahre  1824  die  jetzige 
rnteroffiziersrhiile  jils  „Schulabteilung"  gegründet,  mit  der  Bestimmung, 
den  Zöglingen  des  Potsdamer  Militär-Waisenhauses  und  des  Anna- 
buiger  Soldaten-Knaben-Instituts  den  I  hergang  zur  Armee  zu  er- 
möglichen, gleichzeitig  aber  ein  I  nlerofflzier-Krziehungs-Institut  zu 
bilden,  um  dem  Mangel  an  Unteroffizieren  mit  tüchtiger  Schulbildung 
(der  sieh  nach  den  Befreiungskriegen  sehr  fählbar  machte)  abzuhelfen. 
Die  Stftrl^e  der  «Schulabteilung",  die  eine  besondere  Abteilung  des 
Lehr'Infanterie-Bataillons  bildete,  wurde  auf  7  Offiziere,  31  Unteroffi- 
ziere und  300  Zöglinge  festgesetzt;  auch  wurde  bestimmt,  dafs  einige 
Kadetten  aus  dem  Berliner  Kadettenkorps  in  die  Schulabteilung  ein- 
gestellt werden  sollten,  um  dort  zum  Fähnrichs-Examen  vorbereitet  zu 
werden.  Diese  Einrichtung,  die  sich  scheinbar  nicht  bewährte,  wnrdo 
bereits  1828  aufgehoben.  Im  .Jahre  1846  erfuhr  die  „Sehulal)teilung" 
eine  durchgreifende  Re(»rL''anisati()n.  indem  dieselbe  veigntPsert  und  in 

3  Kompagnien  (zu  je  4  Uttizieirn.  15  rnterolli/iereii,  4  Hpielleuten  und 
132  Gemeinen)  geteilt  wurde.  18.^2  kam  eine  vierte  Kompagnie  hinzu 
und  wurde  die  Schule  analog  einem  iiiianterie-liaia  illun  eingeteilt  und 
ausgebildet,  seit  1860  mit  der  Bezeichnung  als  ^.Unteroffizierschule 
in  Potsdam**.  Dieselbe  verblieb  dem  1.  Garde -Regiment  zu  Pufs  zu- 
geteilt bis  1872,  dem  Jahre  der  Errichtung  der  Inspektion  der  In- 
fanterie-Schulen, die  die  Olieraufsicht  über  den  gesamten  Dienstbetrieb 
übernahm.  Im  Jahre  1874  wurde  der  Unteroffizierschule  auch  eine 
Fahne  verliehen,  bei  Gelegenheit  der  Feier  ihres  ÖOjfthrigen  Jubilftums. 


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240 


Umschau  io  der  MüitMr-Litterator. 


—  Der  Herr  Verfasser  schildert  den  Werdegang  der  Unteroffizierschule, 
deren  gegenwärtiger  Adjutant  er  ist,  auf  Grund  der  Akten,  der  IWole- 
•bflcher,  sowie  verschiedener  RegimentsgeBohichteo,  auf  das  Genaueste 
in  angemessener,  von  einem  warmen  patriotischen  Hauche  belebter 
Weise.  Von  besonderem  Werte  sind  die  11  Anlagen,  enthaltend 
•StSrIten  der  Unterofflzierschule  von  1824  bis  1899,  Verpflegung,  Be- 
kleidung, Bewafltaung,  Schulplftne,  Kasemement,  Verteilung  der  Unter- 
offlzierschfller  auf  die  Regimenter  der  Armee  (Sa.  8928),  Ehrentafel  der 
Gelallenen  und  Dekorierten.  Übersicht  der  ehemaligen  Zöglinge,  welche 
Offiziere  geworden  sind  (im  ganzen  32.  davon  1  General  d.  Inf., 
V.  IJothnialer,  1  GencnilniMior.  '^  Oberst,  1  Oberbtleutnant  u.  s.  w.).  Rang- 
listen von  1847,  74.  99.  endlich  f*ersonal-Notiz<'n  übiT  das  Oftizicrkürps 
in  den  al>.u:rlaufeni'n  75  Jahren  und  ein  alphaliHtisches  Xaniensver- 
zeichnis.  I)as  Buch  ist  durch  zahlreiche  Abbildungen  in  Lichtdruck 
sehr  getaliig  und  schön  ausgestattet  und  wird  allen  ehemaligen 
UnteroffizierschQlem  sowohl  als  den  zur  Unterofflzierschule  kommandiert 
gewesenen  Ollizieren  eine  willkommene  und  liebe  Gabe  sein.  2. 

Der  Krieg  aa  den  ruekwürUgen  Yerhudugen  der  deutsehen  Heere 

1870/71  von  Georg  Cardinal  v.  Widdern,  KÖnigL  preufsischer 
Oberst  a.   I)..  Teil  IV.     Im  Generalgouvernement  Lothringen, 
Band  2.    Im   Hückeng» '    '   des  Korps  Werder,  der  Südarraee 
und  um  Toul.    Mit  3  ivarlen  und  2  Skizzen.    Teil  V.  An  den 
VerltindunKon  der  1.  Armee.    Nachträge  zu   den  Teilen  I- — III. 
Verwaltung  und  materielle  Verwertung  des  eroberten  Gebiets. 
Mit  2  Skizzen  im  Text.  Berlin  1899.  Verlag  von  H.  Kiseiischmidt 
Vor  weiterem  Eingehen  auf  das  vorliegende  Werk  sei  sein  Inlialt 
hier  kurz  noch  näher  erläutert:  Im  Teil  iV  werden  nach  allgemeiner 
Übersicht  über  die  Vorgänge  beim  Korps  Werder  die  mannigfachen 
Ereignisse  auf  seinem  Etappengebiet  in  verschiedenen  Kapiteln  vom 
Oktober  1870  bis  Januar  1871  ausführlich  dargestellt,  wobei  gleichzeitig 
die  flranzösischen  Pläne  und  Anordnungen  für  den  kleinen  Krieg  in 
diesem  Operationsbereich,  insbesondere  bei  Aultreten  Bourbakis  mit- 
geteilt werden.    Hieran  schliefsen  sich  die  Vorgänge  an  den  rück- 
wärtigen Verl/mdungen  der  Südarmee  (Manteuffel).    Abschnitt  2  be- 
handelt den  kleinen  Krieg  zwischen  Langres  und  Toul  im  Januar  71, 
das  Freisrhaarenlager  bei  La  Va<'heresse.  die  Zerstörung  und  Wieder- 
her-^tcllunü:  der  Brücke  von  Fontenoy,  (iet'e(rht  bei  Rreoourt  und  die 
KiiisrhiiffMinic  von  Langres.       Im  Teil  V  finden  wir  den  Lberrall  von 
Hanl.  .Naehtiäge  zu  Teil  I  bis  III   sowie  Streitlichter  über  die  Ver- 
waltung des  eroberten  Gebietes  und  über  die  Verwendung  der  Hilfs- 
mittel desselben.   Hierauf  folgen  taktische  Aufgaben  sowie  ein  sach- 
liches  Register  über  den  Inhalt  des  Gesamtwerkes. 

Schon  der  Name  des  hochgeschätzten  Verfassers  giebt  die  sicherste 
Oewfihr  dafür,  dafs  es  sich  bei  dem  vorliegenden  wieder  um  eins  der 
gediegensten,  mit  gröfster  Sorgfalt  ausgeführten  Werke  handelt!  Wenn 


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Unnohaii  in  der  Hilttlr-Lttlentar. 


241 


wir  seiner  Arbeitskraft  bereits  bei  Besprecbung  seiner  „Kritischen 

Tage"  die  vollste  Anerkennung  zollten»  so  erfüllt  uns  die  Mtthe  und 
Sorgfalt  geradezu  mit  Bewunderung,  mit  der  hier  nicht  nur  ans 
Archiven,  sondern  mehr  noch  als  dort  die  zahlreichen  Begebenheiten  aus 
den  Tagebüchern  der  Truppen  und  aus  Privataufzeichnungen  zusammen- 
getragen  werden  mufstenl 

Ks  geschieht  das  überall  mit  der  klaren  ruhigen  Beurteilung  eines 
hochwissenschaftlich  und  praktisch  gebildeten  Militärs  und  der  ihm 
eigenen  schriftstellerischen  Routine,  die  hier  um  so  erforderlicher  war, 
wo  es  darauf  ankam,  bei  den  vielen  Verschiebungen,  die  durch  die 
oft  ver&nderte  Kriegslage  bedingt  wurden,  ein  klares  Bild  von  den 
Voigängen  hinter  der  Armee  zu  liefern.  Wenn  es  sich  in  den 
„Kritischen  Tagen**  zumeist  um  die  grofisen  Gesichtspunkte  der  höheren 
TruppenfQhrung  handelte,  so  kommen  hier  mehr  die  kleinen  taktischen 
Fragen  zur  Geltung,  welche  indes  nicht  weniger  interessant  und  be- 
deutungsvoll sind.  Ist  doch  häufig  hier  das  \^  ohl  und  Wehe  eines 
g-anzen  Armeekorps,  —  ja  einer  Armee  in  die  Hand  eines  jungen 
Ottiziers  gelegt,  von  dessen  Schneid  und  Entschlufslähigkeit  evont. 
die  Erhaltung  einer  Zufuhrstrafse  (durch  Verteidigungeines  Viadukts  etc.) 
abhiingt.  —  Das  vorliegende  Werk  bringt  in  dieser  Richtung  die 
interessantesten  Darstellungen,  welche  unendlich  viel  Lehrreiches  ent- 
halten und  neben  hervorragenden  Thaten  Einzelner  auch  viel  des 
Unterhaltenden,  zuweilen  sogar  viel  Humoristisehee  bieten.  Wir  er- 
wShnen  hier  kurz  das  schneidige  Verhalten  des  damaligen  Leutnants 
Scharpff  beim  Überfall  von  St  Loup  und  der  Brficke  von  Ailleviller 
südlich  Epinal,  die  Tagebuchblätter  des  kSnigl.  preuds.  Baurats  Krohn 
mit  der  Beschreibung  der  Wiederherstellung  und  Instandsetzimg 
der  Eisenbahn  Blainville-Vesoul  und  die  Lokomotiven-Portsc  ha  fTung  auf 
der  Chaussee  im  Winter  zur  Umgehung  des  zerstörten  Viadukts  von 
Xertiszny  Von  weiterem  ganz  besonderem  Interesse  sind  die  Mit- 
teilun^»''!  über  die  chasseurs  des  Vosges  und  die  Bildung  ihres  Freikorps- 
Cbungslagers  in  dem  Walde  nördlich  von  Lamarche  bei  La  Vacheresse 
sowie  ihre  unter  ihrem  Führer,  Major  Bernard,  ausgeführte,  durch- 
dacht angelegte  und  leider  auch  gelungene  Expedition  zur  Sprengung 
der  Eisenbahnbrücke  von  Fontenoy  in  der  Nlihe  von  TouL  Die  Wieder- 
herstellung derselben  durch  den  Baurai  Krohn  ist  lehrreich  und  die 
Eintreibung  der  hierzu  erforderlichen  ArbeitskrSfte  in  Nancy  durch 
den  dortigen  deutschen  PrSfekten,  Grafen  Renard  entbehrt  nicht  des 
besten  Humors! 

Man  sieht*  dafs  die  Schrift  in  ihrer  absolut,  n  Objektivität  sich 
nicht  scheut,  uns  alle  Licht-  und  Schattenseiten  der  dortigen  Vorgänge 
vor  Augen  zu  führen  und  leider  müssen  wir  erkennen,  dafs  es  der 
letzteren  genug  gab.  dafs  das  Bild  hinter  der  Front  nicht  immer  den 
glorreichen  Erfolgen  entsprach,  die  die  Armeen  vorne  begleiteten. 
Versagten  doch  Persönlichkeiten,  die  im  Rahmen  eines  gröfseren 
Truppenverbandes  gewifs  voll  ihre  Schuldigkeit  gethan  halten,  hier 

J^rbOober  fbr  die  dtutMli«  Amte  and  Marine.   Bd.  114.  S.  16 


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242 


ÜDMiitt  iD  dar  IDIillr-LMentar. 


hfiuflg,  wo  sie  auf  eigene  Füfse  gestellt  waren,  indem  auf  der  einen 
Seite  oft  die  gröfste  Sorglosigkeit,  in  anderen  Fällen  gänzliche  Kopf- 
losigkeit die  Schuld  an  den  Mifscrfolgen  trug!  —  Die  Unsicherheit 
über  die  allgemeine  Kriegslage  und  die  Unklarheit  der  ihnen  zuge- 
gangenen Direktiven,  besonders  zur  Zeit  der  Erwartung  der  Armee 
Bourbakis,  auch  die  Unzulänglichkeit  der  zur  Sicherung  der  rückwärtigen 
Veri)indungen  bestimmton  Truppenzahl  mag  hierbei  die  gröfste  Schuld 
treflen.  So  mag  dann  die  höhere  Füiirung  aus  den  vorliegenden 
Bl&ttern,  ebensogut  wie  aus  den  gegenwärtigen  Operationen  des  Lord 
Methtten  in  Kapland  lernen,  von  welch  hoher  Bedeutung  die  rflck- 
wSrtigen  Verbindungen  und  ihre  Sicherung  durch  hinreichend  starke, 
mit  scharfen  Instruktionen  versehene  Truppen  sind!  Ebenso  aber  kann 
der  Junge  Offizier  aus  keinem  kriegsgeschiohtlichen  Werk  bessere 
Lehren  für  seinen  Wirkungskreis  im  Kriege  zielien  als  aus  diesem! 

Eine  reiche  Auswahl  taktischer  Aufgaben  aus  dem  Gebiet  des 
klt^inen  Krieeres.  anknüpfend  an  die  in  dieser  Schrift  besprochenen 
Kriegslagen  sowie  ein  sachlich  geordnetes  Register  über  den  Inhalt 
des  Gesamtwerkes,  welches  als  ein  hochwertvolles  Kompendium  der 
Geschichte  des  Kleinen  Krieges  von  1870/71  bezeichnet  werden  kann, 
schliefseij  das  vortreflliche,  von  unseren  besten  Wünschen  begleitete 
Werk!  v.M. 

Sammlung  nllitirwImeBsehaflllehMr  Tortrige  vmä  Aullillae.  Heft  15. 
Ober  Fortfestungen  von  B.  Hartmann,  Oberst  s.  D.  Berlin 
1899.  Militär-Verlagsanstalt. 

Bs  ist  mir  selten  eine  schwieriger  zu  verstehende  Schrift  vorge- 
kommen, als  die  vorliegende.  Und  es  ist  eine  kleine  Vernachlässigung, 
welche  hieran  die  Schuld  trägt.  Der  Verfasser  legt,  wie  er  auch  aus- 
drücklich ausspricht,  seiner  Arbeit  Brialmonts  „Progres  de  la  defense 
les  Etats  et  de  la  Forliftcation  permanente  depuis  Vauban"  zu  Grunde 
und  versucht,  einige  Stellen  dieses  Werkes  zu  glossieren.  Ev  hat  aber 
versäumt,  die  aus  Brialmonts  Werk  meist  wörtlich  angelührien  (bezw. 
übersetzten)  Stellen  in  irgend  einer  Weise  kenntlich  zu  machen,  wozu 
ja  ein  anderer  Druck  oder  Hineinrücken  etc.  genügte.  Da  mm  gar 
keine  Trennung  zwischen  Citaten  und  Bemerkungen  (sie  laufen  sogar 
im  selben  Absata  durcheinander)  dem  Leser  zu  Hilfe  kommt,  kann  er 
zunächst  gar  nicht  eikennen,  welche  Ansicht  der  Verfasser  vertritt 
und  wundert  sich  über  die  scheinbaren  Widersprüche.  Man  mufo 
Brialmont£  Buch  zur  Hand  nehmen  und  die  Citate  darin  aufsuchen,  um 
Hartmanns  Schrift  zu  verstehen. 

Dafs  sich  diese  dem  Leser  zugemutete  Arbeit  lohnt«,  kann  man 
nun  nicht  sagen.  Es  w-erden  ja  munche  wichtige  I'unkle  gestreift, 
aber  eigentlich  auch  nur  dieses;  da  fallen  wohl  gewichtige  Worte, 
wie:  dafs  die  Tage  der  Festungsumwallungen  gezählt  ei*scheinen; 
aber  wenn  der  Verfasser  hinzufügt:  „derartiger"  ümwallungen,  so 
scheint  er  dieses  Wort  wieder  auf  bestimmte  Stadtbefestigungen  be- 


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Umsohau  in  der  MiUUir-Litt«ratiir. 


243 


schränken  zu  wollen,  vermeidet  aber,  sich  hierüber  besiimmt  zu 
ftufsern.  Wenn  er  schliefslich  zu  dem  Schlufs  kommt,  dab  «die  Aus- 
dehnung der  Stadtumwallang  unnötig  ersoheint",  so  verstehe  ich, 
offen  gestanden,  nicht,  was  er  damit  sagen  wUL  Da  laufen  auch  Un- 
richtigkeiten und  Ungenauigkeiten  unter,  welelie  nur  auf  Filiohtigkeit 
nrflckgefiUirt  werden  können,  wie  die  modernen  Panzerforts  des 
Generals  Hrialmonts  bei  Fokschani,  die  genügende  Armierung  des  Forts 
St  Julien  und  Queuleu  am  14.  August  1870. 

In  einem  Punkte  aber  stimmt  Oberst  Hartmann  mit  lirialmont 
überein:  er  führt  dessen  Auslassungen  über  das  wahrscheinliche  Wieder- 
aufleben des  Minenkneu:es  bei  zukünftigen  Belagerungen  an  und  sagt 
dann:  „Dieser  Aufturderun^  des  tx'lgischen  (lenerals  zum  Studium  des 
Minenkrieges  wird  sich  kaum  ein  Ingenieur-  oder  Pionier-Offizier  ent- 
ziehen können,  denn  sobald  sie  in  einem  Kriege  der  Zukunft  vor  eine 
mit  Contreminen  versehene  Festung  bezw.  auch  nur  ein  Sperrfort 
kommen,  mufs  ihnen  schon  lange  vorher  klar  sein,  wie  sie  dieses 
Mittel  der  Verteidigung  mit  Erfolg  zu  bekämpfen  haben.*  Das  ist  wohl 
das  Mindeste,  was  man  fordern  kann.  Bs  kommt  aber  auch  ein  Nach- 
sats:  „Auch  hierbei  wird  es  ohne  eine  Vorbereitung  der  technischen 
Truppe  diizu  im  Frieden  nicht  ganz  abgehen.**  „Nicht  ganz**,  warum 
so  zart?  Warum  nicht  klar  und  deutlich  ansprechen:  wir  brauchen 
unbedingt  eine  Minier«,  eine  Festungspioniertruppe!?  49. 

Taktische  Spatenarbeit.  Praktische  Beispiele  zur  Fyldpionier-\  fi  ^chrift 
für  die  Infanterie  von  Schmidt,  Oberleutnant  im   iiüarilri ie- 
Regiment  Graf  Kirchbach  (1.  Niederschlesisches)  Nr.  46.  Mit 
8  Planen  in  Steindruck  und  27  Abbildungen  im  Text.  Berlin 
1899.  E.  S.  Mittter  &  Sohn.  Preis  2  Mark. 
Es  ist  als  ein  deutliches  Zeichen  des  Bedürfnisses  zu  betrachten, 
welches  bei  unserer  Infanterie  mehr  und  mehr  zum  Bewfustsein  kommt, 
dafs  sich  aus  ihren  Reihen  heraus  die  Schriftsteller  mehren,  welche 
die  Feldbefestigung  zum  Vorwurf  nehmen.   Man  kann  sich  der  Über^ 
Zeugung  nicht  mehr  entziehen,  dafs  man  die  Feldbefestigung  auf 
Schritt  und  Tritt  brauchen  wird,  man  hat  vielleicht  auch  aus  dem 
Studium  der  Kricirsir^'schichte  erkannt,  wie  wenig  geschickt  wir  im 
Krnstt'alle  uns  gezeigt  haben  und  wie  wir  also  durch  Übung  und  He- 
schäliigen  mit  dem   Gegenstand    uns  ernstlich  vorbereiten  müssen. 
Was  man  machen  soll,  das  kann  man  allenfalls  aus  unseren  vor- 
züglichen Vorschriften  ersehen,  aber  wie  man  es  machen  soll,  dazu 
gehören  gute  Muster.  Und  dals  diese  nicht  vom  Pionier  gegeben 
werden,  sondern  vom  Infanteristen,  das  ist  ein  Zeichen  der  Zeit.  Der 
Pionier  scheint  den  Spaten  um  so  lieber  aus  der  Hand  zu  legen,  als 
der  Infanterist  ihn  energischer  ergreift.  Und  doch,  wenn  ersterer  es 
der  Mühe  wert  lUnde,  seine  Leistungen  im  Peldzuge  1870/71  sich 
gründlich  anzusehen,  so  würde  er  bekennen  müssen,  dafs  er  be- 
züglich der  Feldbelestigung  und  zwar  vornemlich  bezüglich  der  Spaten- 

16* 


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244 


ömMliMi  in  der  Militär-Litteratnr. 


Taktik  hinter  den  Leistungen  der  Gegner  weit  zurQckgeblieben  ist 
Es  sollte  ihm  also  nicht  so  glelehgOltig  sein,  wenn  der  InHEUitorist  ihn 
zu  überholen  sucht.  Dies  um  so  weniger,  weil  noch  ein  grofses  Gebiet 
ihm  übrig  bleibt^  auf  welchem  letzterer  sich  bisher  eigentlich  noch 

nicht  versucht  hat,  ich  meine  das  des  Pestungskrieges,  bei  welchem 
ja  die  strategische  wie  taktische  Lage  eine  wesentlich  abweichende, 
bei  welch«'m  aber  die  Anforderungen  an  die  Technik  ganz  enorm  ?:e- 
steigerte  sind  Man  sehe  sich  an  der  Hand  <  in2:ohcnder  Darstellungen 
unserer  Leistungen  im  Festungskriege  1870/71  gerade  diejenieren 
Stellungen  einnml  etwas  genauer  an.  welche  die  Franzosen  mit  merk- 
würdiger Findigkeit  als  AngrilVsobjekte  für  ihre  Ausfälle  bezw. 
Durchbruchsversuchü  wühlten,  ob  wir  damit  den  Anforderungen  auch 
nur  einigermaßen  gerecht  geworden  sind. 

Man  kann  einwenden,  dafs  dieses  nicht  Sache  des  Feldpioniers  sei, 
da  er  mit  seinem  Dienst  gerade  genug  belastet  ist.  Ja!  aber  solange 
wir  keine  Festungspioniere  haben,  denen  dieses  Gebiet  von  Rechte 
wegen  gehört,  und  da  unsere  Feldpioniere  dafür  keine  Zeit  erübrigen 
können,  müssen  wir  uns  vielleicht  auch  hiermit  vertrauensvoll  an  die 
Infanterie  wenden,  welche  in  ihren  neuen  Schrillen  über  Feldbefestigung 
sich  so  strebsam  und  geschickt  zeiirt 

Die  Schrift  des  Oberleutnant  Srlmiidt  ist  dessen  ein  Zeugnis.  Sie 
führt  vom  einfachsten  und  kleinsten  "l)]pkt  bis  zur  Stellung  einer 
Division  die  Autgaben,  wie  sie  im  Feliiki  itge  vorkommen,  vor  Augen, 
und  dies  mit  so  gutem  taktischen  und  technischen  Verständnis,  dafs 
ich  den  Verfasser  bitten  mSchte,  sich  zu  einer  ähnlichen  Bearbeitung 
des  Festungskriegos  veranlassen  zu  lassen  und  Aufgaben,  wie  sie  die 
Cernieningen  von  Paris  und  Metz  in  Unmasse  geben  —  aber  unter 
Zugrundelegung  der  dortigen  örtlichen  und  tektischen  Verhältnisse  — 
ins  Auge  zu  fassen.  Die  „taktische  Spaten  arbeit"  kann  als  ESrgänzung 
zu  Krisaks  Feldbefestigung  nur  warm  empfohlen  werden,  49. 

Krahmer,  Generalmajor  z.  I  >.  Rufsland  in  Ostasien  (mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Mandschurei).  Mit  einer  Skizze.  (IV.  Band 
von  „Rufsland  in  Asien"*.  Leipzig  1899.  Zuckschwerdt.  Preis 
6  Mark. 

Unter  obigem  Titel  bebandelt  der  Verlasser  wesentlich  die  chi- 
nesische Mandschurei.  Er  begründet  dies  mit  dem  Umstände,  dals 
Rufsland  durch  die  Beherrschung  der  durch  dies  an  OröCse  Deutecbland 
fast  um  das  Doppelte  übertrelTende  Oebiet  führenden,  bezw.  im  Baue  be- 
griffenen Bahn  sich  thatsächlich  die  Mandschurei  fest  angebiedert  habe. 
Wir  lassen  dahin  gestellt  sein,  wie  weit  dies  schon  zur  Zeit  den  Ver- 
hältnissen entspricht.  Besonderes  Interesse  verdient  aber  in  der  Be- 
trachtung der  ostasiatischen  Verhältnisse  unstreitig  dieser  Teil  des 
Reiches  der  Mitte.  Die  Arbeit  Krahm«'rs  beruht  vorzugsweise  auf 
russischen  Quellen  und  unter  diesen  in  erster  Linie  auf  der  in  der 
Ivanzlei  des  russischen  Finanzministeriums  unter  der  Kedaktion  von 


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UaMehni  In  der  lOUtSr-Iitteratur. 


245 


Dimitri  Posdniejew  1897  in  Petorsburu:  bearbeiteten  „Beschreibung  der 
Mandschurei"  sowie  des  Werkes  von  W'I.  Kotwisch  und  L.  Borodowsky 
,Liau-tung  und  seine  Häfen  Port  Arthur  und  Ta-tien-wan",  ebeniaüs 
1897  in  Petersburg  erschienen. 

Nach  einem  t^berblick  über  die  Geschichte  giebt  er  eine  solche 
über  die  allgemeinen  geographischen  Verhältnisse  der  Mandschurei. 
In  drei  Kapitehi  wird  dann  die  Bevöllterung  und  die  wichtigsten 
bewohnten  Orte,  die  Yerh&ltnisee  des  Ackerbaues,  der  Viehzucht,  des 
Waldes  u.  s.  w.  und  die  Industrie  und  der  Handel  dieses  Landes 
geschildert  Scliiiefslich  wird  die  Machtstellufig  RuÜBlands  in  Ost-Asien 
nach  seiner  Pestsetzung  in  der  Mandschurei  einer  eingehenden  Be- 
sprechung unterzogen.  17. 

Entwickelungsgeschichte  der  alten  Trutzwaifen  mit  einem  Anhange 
über  die  Feuerwatlen  von  Max  .Jahns.  Mit  40  Tafeln  m  jSiein- 
druck.    Berlin  1Ö99.   E.  Ö.  Mittler  &  Sohn.   Preis  12,50  Mark. 

geb.  15  .Mark. 

Es  ist  auffallend,  dafs  der  Uedanke  einer  forlbciireileiiden  Ent- 
wickelung  des.  Waffenwesens  bislang  noch  keinen  befriedigenden 
litterarischen  Ausdruck  gefunden  hat,  denn  es  ist  doch  selbstver- 
ständlich, dafs  das  ältere  Waffenwesen  ebensosehr  eine  Entwickelungs- 
geschichte  hat,  wie  jedweder  Gegenstand  der  wissenschaftlichen 
Ferschung.  M.  Jähns  giebt  in  vorliegendem  Prachtwerke  die  Bnt- 
wickelung  der  älteren  Trutzwaffen,  Nah-  und  Pernwaffen,  sowohl  in 
der  p]inzelform.  als  auch  im  Zusammenhange  dieser  untereinander. 
Der  1.  .\bschnitt,  „Entstehung  und  Bedeutung  der  Waffen**,  ist  im 
wesentlichen  eine  Charakteristik  der  grofsen  Kulturperioden",  die  als 
Stein-,  Kupfer-,  Bronze-  und  Eisenzeit  bezeichnet  zu  werden  pflegen, 
der  11.  Abschnitt,  ^Stoffe  der  Waffen",  behandelt  Pflanzen-  und  Tier- 
stoffe, Gestein.  .Metalle,  Hütte  und  Schmiede.  r>er  III.,  Zwt-cke  und 
Formen  der  Waflon",  ist  in  3  Stufen  gegliedert.  Die  ei'ste  Stufe 
bezieht  sich  auf  die  Entwickelung  von  Schleudersteinen  und  Schleuder- 
stock, Wurfkugel  und  Pangstock,  Hammer,  Spaltklinge,  Beil  und  Axt» 
Messer  und  Dolch,  Hippe  und  Sichel,  Stock,  Keule,  Pfriem  und  Stiel- 
dolch,  Spiefe  oder  Speer,  Haken  und  Hacke.  Die  zweite  Stufe:  Band- 
oder Stabschleuder,  Faustwebren,  Axthammer.  Spomaxt,  Domkolben 
Stofskeule,  Schwert,  Wurfeisen,  Spiefse,  Wurfspeere  u.  a.  m.  Die 
dritte  Stufe:  Pfeilbogen,  Kugelbogen,  Bogen  und  Harfe,  Maschinen- 
waffen. !  »ie  als  Anhang  bezeichnete  und  deshalb  flüchtiger  behandelte 
vierte  Siule  ist  eine  m.  E.  sehr  gelungene  Entwickelungsgeschichte 
der  Feuerwatfen  von  der  Erfindung  des  Schiefspul vers  bis  zur  (iegen- 
wart.  Wenn  der  Inhalt  der  als  1..  2.  und  3,  Stute  bezeichneten 
Kapitel  hauptsächlich  den  Archäologen  urid  Geschichtsforscher 
interessieren  wird,  also  einen  überwiegend  kulturgeschichtlichen  Wert 
hat,  so  wird  die  vierte  Stufe  als  Einleitung  zu  einer  Geschichte  des 
Waffenwesens,  wie  sie  auf  höheren  militärischen  Lehranstalten  gelehrt 


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246 


Unnohaii  in  der  MilitXr-Iittantiir. 


wird,  ein  noch  bestehendes  militärwissenschaftliches  Interesse 
für  sich  in  Anspruch  nehmen  können. 

Gröfsle  Sorgfalt  hat  M.  Jahns  auf  die  Etymologie  der  verschiedenen 
Benennungen  gewendet,  nicht  minder  auf  die  Stellung  der  Waffen  zu 
Sitte  und  Hecht  der  betreffenden  Zeilen,  reichlich  erläutert  dui'ch 
Geschichte,  Götter-  und  iieldensage. 

Die  Anmerkungen  gehen  dnen  genauen  Littemtumachweis  der 
Siteren  Waffenkunde.  Ein  ausführliches  Inhaltsverzeichnis»  dann  ein 
alphabetisch  geordnetes  Sachregister  (seitenweise)  und  ein  Quellen- 
nachweis der  zahlreichen,  vorzüglichen  Abbildungen  erleichtem  den 
Gebrauch  dieses  vornehm  ausgestatteten  Werkes,  dem  ein  bleibender 
Wert  in  der  kulturgeschichtlichen,  aber  auch  kriegswissenschafUichen 
Litteratur  gesichert  ist.  1. 

Die  Radfahrertruppe  der  Zukunft.  Von  Julius  Burchart,  Major  im 
Kgl.  Bayr.  3.  Feldartl. -Reg.  „Königin  Mutter",  Verfasser  der 
Studie  „Das  Rad  im  Dienste  der  Wehrkraft".  Berlin  1899.  E.  S. 
Mittler  k.  Sohn.  43  Seiten.  13  Abbildungen. 
Major  Burchart  hat  hinreichende  Gelegenheit  gehabt,  ein  Urteil 
über  die  militSrische  VerwendungsfShigkelt  des  Fahrrades  zu  gewinnen. 
Er  ist  zu  wiederholten  Malen  mit  der  Leitung  von  RadÜfthrkursen  und 
mit  der  Führung  von  vorübergehend  zusammengesteUten  RadOahrer* 
Detachements  in  Bayern  beauftragt  gewesen.  Seine  diesbezüglichen 
Erfahrungen  hatte  er  bereits  in  einer  früheren  Arbeit — »Das  Rad  im 
Dienste  der  Wehrkraft".  München  1897  — in  einer  für  weitere  Kreis© 
bestimmten  Form  dargeletrt:  fiir  fachmännische  Kreise  bearbeitet, 
waren  seine  l)arlegungen  sodann  in  der  „Kriegstechnischen  Zeitschrift" 
in  Heft  5,  6  und  7  des  huili  niit>n  lalires  erschienen.  l)as  vorliegende 
Werkchen  ist  ein  Sondei-ahdi  uck  dieser  letzteren  Darlegungen.  Major 
Burchart  vermeidet  in  seiner  Ai'beit  jede  Polemik  mit  anderen  einen 
entgegengesetzten  Standpunkt  vertretenden  Schriftätellern ;  er  hofft, 
dals  gerade  auf  diesem  Wege  durch  streng  sachliche  Betrachtung, 
durch  genaue  Abwägung  der  Vor-  und  Nachteile,  die  Frage  der 
Bildung  von  Radfahrtruppen,  als  des  nächsten  Schrittes  auf  dem  Wege 
der  Verwendung  des  Fahrrades  als  Kriegsmittel,  am  besten  gelöst  wird. 
Man  kann  dem  Herrn  Verfasser  darin  sicher  nur  beistimmen,  und  seine 
klaren  und  durchdachten  Ausführungen  sind  gewifs  in  hohem  Mafso 
geeignet,  die  Frage  der  Grenzen  der  Verwendungsfähigkeit  des  Fahr- 
rades und  insbesondere  die  Frage  der  Bildung  von  Radfahr-Truppen- 
teilen  der  Lösung  näher  zu  bringen,  soweit  dieses  überhaupt  auf  theo- 
retischem Wege,  ohne  dafs  praktische  Versuche  mit  ständig  gebildeten 
Radfahrer- Ti  Uppen  vorliegen,  möglich  ist. 

Der  Herr  Verfasser  tritt  entschieden  für  die  Bildung  einer  Rad- 
fahrer-Truppe ein,  wennschon  er  zugiebt»  daih  die  Verwendung  im 
wesentlichen  an  das,  Vorhandensein  fahrbarer  Wege  gebunden  ist 
Wir  glauben  aber  mit  dem  Verfasser,  da&  selbst  trotz  dieser  Bin- 


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ÜDsehan  ia  der  HiUti&r-Litterstar. 


247 


schrfinkung  eine  Radfahrer-Truppe  in  so  vielen  Fällen  mit  Nutzen 
Verwendung  finden  kann,  dafs  ihre  Einführung  vollauf  berechtigt 
wäre:  es  dürtte  dies  um  so  mehr  zutreffen,  da  die  Radfahrer  mit  ihren 
Gewehren  selbst  dann  als  Truppe  nicht  wertlos  sind,  wenn  sie  von 
ihrem  Rade  keinen  Gebrauch  machen  können.  Der  Herr  Verfasser 
wann  andererseits  selbst  vor  übertriebenen  Erwartungen  und  An- 
forderungen an  die  Leistungstahiglseit  einer  Radfahrer-Truppe.  Als 
gröüBte  taktische  Einheit  einer  solchen  erachtet  der  Verfasser  einen 
VeriMund  in  der  8tMe  von  höchBtens  einer  kriegwtaiton  KiHnpagnie. 

Besonders  eingehend  besohftftigt  sich  Migor  Borchart  mit  der 
Phige,  ob  die  Einfahmng  des  Klapprades  des  französischen  Kapitttns 
Gerard  zu  empfehlen  sei  oder  nicht  Seine  ausführlichen  Betrachtun- 
gen fahren  zu  einer  Ablehnung  dieses  Versuchs  der  Ldsiing  dieser 
Frage  und  man  kann  dem  gewifs  nur  beistimmen.  Wer  ein  kriegs- 
mäfsig  ausgerüstetes  Fahrrad,  d.  h.  also  mehr  als  46  Pfund,  aul'  dem 
Rücken  trägt,  ist  schhefslich  nur  noch  fin  Gepäckträger,  nicht  aber 
ein  im  Gelände  brauchbarer  Schütze.  Zudem  wird  ^grundsätzlich  ein 
Klapprad  stets  schwerer  an  Gewicht  oder  weniger  standlest  und  haltbar 
zu  Ivonstruieren  sein,  als  ein  einfaches  Kad. 

Die  vorliegende  Arbeit  ist  sicher  in  hohem  Malse  geeignet,  die 
schwebende  Frage  einer  Lösung  entgegenzubringen.  Ein  wirklioh 
einwandfreies  Urteil  wird  sich  jedoch  unseres  Eraohtens  nach  erst 
dann  gewinnen  lassen  kOnnen,  wenn  die  Erfahrungen  einer  wenn 
auch  nur  versuchsweise,  so  doch  zunächst  stKndig  als  selbstSndige 
Formation  aufisestellten  Radfahrertruppe»  mit  selbst  lindiger,  unmittel- 
barer und  verantwortlicher  Berichterstattung,  mit  eigenem  Ersatz, 
eigener  Reparatur-  und  Versuchs-Werkstätte,  mit  reichlichem  Pausch- 
quantum zu  Übungs-  und  Versuchszwecken,  vorliegen.  Erst  wenn 
auf  diesem  Wege  praktische  Erfahrungen  gesammelt  werden  können, 
wird  man  imstande  sein,  das  brauchbarste  Fahrradmodell  für  eine 
Radfahr-Truppe  zu  ermitteln,  die  Antwort  auf  die  Frage,  welches  die 
beste  Ausrüstung,  Bekleidung,  Bewaflnung,  Organisation,  Ausbiluuug 
und  Taktik  einer  Radfahr-Truppe  ist,  zu  finden.  v.  s. 

Hattographlea  zur  devtsehen  KultufgeseUehle.  Herausgegeben  von 

Georg  Steinhausen. 
Georg  liebe:  der  Soldat  in  der  deutsehen  TngaaigeaJielt  Mit 

183  Abbildungen  und  Beilagen  nach  den  Originalen  aus  dem 
15.  bis  18.  Jahrhundert.  Leipzig.  Eugen  Diederichs  1899. 
Ein  stattlicher,  schön  au sjrestat teter  Band  in  Quartformat  liegt 
vor  uns.  in  welchem  die  hübsch  ausgeführten  alten  Holzschnitte  etwa 
ebensoviel  Raum  einnehmen,  wie  der  Text.  Dafs  der  Verfasser  das 
kulturgeschichtliche  Moment  bei  der  Schilderung  des  deutsciien  Wehi'- 
lums  in  den  Vordergrund  stellt,  entspricht  der  Tendenz  des  ganzen 
Unternehmeub  und  kann  nur  gebilligt  werden.  Freilich  ist  es  nicht  leicht, 
^h  durch  dieses  Bildeihuoh  mit  begleitendem  Text  hindurohzuarbeitmi. 


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248 


Umdum  Id  der  HOtOr-Littentiir. 


Es  fehlt  jede  sichtlich  hervortretende  Einteilung  des  Stoffes,  es  fehlt 
Inhaltsverzeichnis  und  Repislor:  nicht  einmal  Seitenzahlen  sind  ge- 
geben, um  etwa  eine  bestimmte  Stelle  wiederfinden  oder  angeben  zu 
können.  Der  einzige  Hinweis  auf  den  Inhalt  der  Seite  findet  sich 
in  sehr  klein  gedruckten  Stichworten,  die  man  in  der  oberen  Randleiste 
entdeckt,  wenn  man  recht  genau  hinsiebt.  Es  ist  zu  befürchten,  daCs 
die  ineuiton  Leser,  welche  das  Buch  auftehlagen,  sich  mit  lebhaftem 
Interesse  die  Abbildungen  betrachten  und  den  Text,  der  meist  nur  in 
losem  Zusammenhange  mit  dem  Bildwerk  steht,  beiseite  lassen  werden. 
Der  Spaziergang,  den  der  Verfasser  duroh  den  grofsen  Irrgarten  des 
deutschen  Wehrtums  macht,  beginnt  etwa  mit  der  Erfindung  des 
Schiefspulvers  und  den  Anfängen  des  Söldnerwesens  und  endet  mit 
der  Scharnhorstschen  Heorganisation.  die  aber  nur  gestreift,  nicht 
ausführlich  behandelt  wird.  In  der  That,  es  ist  ein  Spaziergang, 
der  manchen  interessanten  AusbUck,  manche  geistvolle  Beobachtung, 
manche  lebenslrische  Anschauung  demjenigen  bietet,  der  sich  die 
Mühe  nicht  verdriefsen  lUfst,  den  lustwandelnden  Autor  auf  seinen 
Kreuz-  und  Querzügen  zu  begleiten.  Aber  er  wandelt  verschlungene 
Pfade,  wo  es  weder  Meilensteine  noch  Stationen  giebt  Man  wird 
manches  finden,  was  man  nicht  gesucht,  aber  vieles  nicht  finden, 
was  man  erwartete.  Von  der  Welirverfassung  des  ehemaligen  l>eutschen 
Reiches  ist  nicht  die  Rede.  Bei  der  Schilderung  des  Heerwesens 
König  Friedrich  Wilhelms  I.  wird  die  oft  bespöttelte  Soldaten- 
Spielerei  diese»  Herrschers  viel  zu  sehr  in  den  Vordergrund  gerückt, 
sein  eminentes  Organisationstalent  und  seine  Verdienste  um  das 
vaterländische  Heer  viel  zu  wenig  gewürdigt.  Jedoch  gewährt  das 
Buch  in  kulturgeschichtlicher  Beziehung  reiche  Ausbeute,  zumal  in 
den  Sciiilderungen  des  Soldatenlebens  im  1(5.  und  17.  Jahrhundert,  in 
der  Darlegung  der  Beziehungen  zwischen  Soldatentum  und  bürgerlicher 
Gesellschaft.  Darin  liegt  der  Wert  und  die  Berechtigung  des  Buches, 
das  zwar  keine  systematisch  aufgebaute  Geschichte  des  deutschen 
Heerwesens  giebt,  aber  anziehende  Schilderungen  der  ehemaligen 
deutschen  Soldateska  bietet.  P.  v.  S. 

T.  LoBgehamps-Berler.  Ans  der  Pfazis  ^  für  die  Praxis.  Auf- 
zeichnungen und  Betrachtungen  über  kavalleristischc  Dinge. 
Mit  3  Tafeln  in  Steindruck.   Berlin  1899.   B.  S.  MitUer  ASohn. 

Preis  2.bO  Mk..  g.-b.  4  Mk. 
Gute  Reiter  sind  nicht  immer  auch  gute  Reitlehrer;  gerade  die 
besten  verstehen  es  oft  nicht,  ihre  Handwerksvortoile  anderen  mitzu- 
teilen, nicht  einmal  mündlich:  und  gar  vor  dem  Tintenfafs,  da  brechen 
sie  aus,  als  fürchteten  sie.  darin  zu  versinken,  in  grauer  Theorie  ihre 
goldene  Praxis  zu  verlieren.  Um  so  bemerkensw^erter  ist  es,  wenn  einer 
von  den  Praktikern,  und  gerade  der  besten  einer,  den  Sprung  in  die  Tinte 
gewagt  hat.  —  Was  Longchamps  in  20  Jahren  als  Reitlehrer,  Eskadron- 
Chef  und  Regimentskommandeur  an  reiterlicher  »Prasis**  gesammelt  hat, 


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Umaohwi  in  der  HlHtJir-LltteratQr. 


24» 


wird  durch  sein  Buch  »Aus  der  Praxis  —  für  die  Praxis"  über  einen 
engen  Kreis  hinaus  auf  die  Gesamtheit  der  deutschen  Keilerei  aus- 
gebreitet. 

In  jedem  Geschäft  giobt  es  „Handwerks vorteile**;  wem  diese  ge- 
laufig sind,  der  arbeilet  schneller  und  besser. 

Erprobte  Handworks vortei le  allen  Kavalleristen  an  die 
Hand  zu  geben,  ist  die  Bestimnumir  und  Tendenz  des  Longchamps- 
schen  Buches.  Kr  sagt  uns  nicht,  was  lür  ansti-ebenswerie  ideale  ihm 
vorschwebten:  er  sagt  uns  nur.  was  er  wirklich  erreicht  hat  und 
mit  welchen  Mitteln  er  dazu  kam.  —  Darum  fühlt  sich  der  Leser 
stets  auf  festem  Boden  und  kann  mit  Vertrauen  uns  ^Nachmachen** 
gehen.  Und  wenn  das  «Nachmachen"  nicht  gelingt»  —  nun,  dann  muDs 
man  sich  eben  ehrlich  eingestehen,  dafs  nicht  jeder  ein  Longchamps 
sein  kann. 

Dieses  eine  Bedenken  drängt  sich  allerdings  da  und  dort  auf: 
«Ist  das,  was  L.  thatsachlich  erreichte,  auch  wirkUch  fftr  alle  er- 
reichbar?** So  z.  B.  dürfte  für  manchen  Chef  das  Bestreben,  3  Monate 
an  der  Remonte- Ausbildung  zu  sparen,  mit  wenig  günstigen  Ergeb- 
nissen enden.  (Abgesehen  davon,  dafs  es  Regimenter  giebt,  z.  B.  die 
bayerischen,  welche  ihre  Remonten  nicht  im  Sommer,  sondern  erst  im 
Herbst  erhalten.)  Auch  (|»m-  Vorschlag,  die  alten  Renumten  „als 
Burschen-  oder  Rofsarzt-iM'erde,  als  Führpforde  für  zu  schonende  l'terde 
etc."  ins  Manöver  mitzunehmen,  dürfte  nicht  immer  gewinnbringend 
sein.  Ich  fürchte,  in  der  gedachten  Verwendung  werden  die  Pferde 
noch  mehr  „verbummeln als  wenn  sie  zu  Hause  geblieben  wären. 
Die  Handkolonnen  müssen  wegen  der  Preihaltung  der  Obungsräume 
fast  täglich  bei  Dunkelheit  aufbrechen;  die  Folge  davon  ist  mangel- 
haftes Satteln  und  Slumen  u.  s.  w. 

Unter  den  vielen  Winken  hinsichtlich  der  Remontendressur  sind 
besonders  beherzigenswert  die  Hinweise  auf  Abgewöhnung  des 
Herdentriebs  und  Angewöhnung  des  Stillstehens.  Was  das 
erstere  betrifft,  so  haben  ja  die  jüngsten  Deckblätter  zur  Reitinstniktion 
den  Wert  des  Einzelreitens  besonders  hervorgeboben;  L.  giebt  eine 
sehr  nützliche  Übersicht  der  bekannten  Arten  des  Einzelreitens. 

Ein  eigenstes  Verdienst  ist  der  zweite  Hinweis,  auf  die  Not- 
wendigkeit, schon  die  jungen  Tiere,  und  zwar  täglich  an  das  ruhige 
und  gerade  Stehenbleiben  im  Glied  zu  gewöhnen.  Ebenso  kann  alles, 
was  L.  über  das  „Springen"  schreibt,  dringend  zur  Xachahnuing 
empfohlen  werden;  hier  kann  und  mufs  noch  viel  mehr  gelt-isiet 
werden,  ganz  besonders,  wa.s  die  Überwindung  von  nassen  lirUben 
anbelangt.  Sagt  doch  die  Reit-Instruktion  I,  8.  107:  «Bei  der  Aus- 
wahl und  der  Konstruktion  der  Übungshindernisse  ist  ganz  besonders 
der  Erfahrung  Rechnung  zu  tragen,  dafe  die  Kavallerie  viel 
häufiger  Breiten-  und  Tiefen-Hindemisse  —  also  trockene  und  nasse 
Gräben  etc.  —  als  Hochhindemisse  (Barrieren  und  Hecken)  zu  Ober^ 


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250 


Umsehau  in  der  MilitSr-Litteratiir. 


winden  hat/  Darum  sollte  der  LongchAinpssche  Wassergraben 
•(Tafel  I,  Fig  1)  in  keiner  Reitbahn  fohlen. 

Welcher  Schwadronschef  hat  nicht  svlwn  von  den  Tagen  schwer 
frt'träumt.  an  denen  iiaoh  langer  Winterpause  die  Schwadron  mit 
Lüng^t'  und  Peitsche  ausziehen  mufs,  um  den  völlig  entwöhnten 
Exerzierplatzgraben  neu  zu  „memorieren**!  —  Wie  viele  Beinschäden 
und  welche  Rückschritte  in  der  Dressur  kostet  diese  Zwangsvoll- 
streckung! -  Der  Hauptgrund  des  Schreckens  und  der  Widersetzlichkeit 
Ist  für  die  meisten  Tiere  der  ungewohnte,  plötzUclie  Anblick  des 
Wasserspiegels;  wird  nun  der  Hauptkampf  in  aller  Ruhe  und  MuCse 
und  auf  dem  weichen  Boden  der  gedeckten  Bahn  durchgefochten  und 
80  der  Anblick  des  Wassers  den  Pferden  ein  alltäglicher,  so  vollzieht 
sich  die  Arbeit  vor  jedem  neuen  Graben  wesentlich  glatter;  einzelne 
Tiere  werden  ja  immer  wieder  «stutzen",  aber  der  Kampf  ist  viel 
kürzer  und  kostet  keine  Schäden. 

AuflTällig  ist,  dafs  L.  bei  den  Rekruten  mit  dem  Springen 
langsamer  vniircht.  als  es  im  übrigen  seine  Art  ist.  So  läfst  er  die 
Rekruten  vorerst  zusehen,  wie  ihre  Pferde  ohne  Reiter  springen. 
Ich  möchte  bei  meiner  bisherigen  Erfahrung  bleiben,  wonach  es  sich 
empliclüL,  dun  Vorgang  des  Springens  in  den  Augen  der  Neulinge 
möglichst  des  Charakters  eines  grofsen  Ereignisses  zu  entkleiden  und 
deshalb,  ohne  vorher  viel  Worte  zu  machen,  die  Leute  schon  am 
ersten  Tage  (die  Reit-Instmktion  sagt  S.  20:  »sobald  als  möglich*'  und 
S.  108:  „etwa  nach  14  Tagen**)  ttber  die  am  Boden  liegende  Stange 
und  demnächst  täglich  über  ganz  mäfsige  Hindemisse  reiten  zu  lassen. 

Wenn  L.  die  Trensenreiterei  der  Rekruten  in  3  Perioden:  Aus- 
bildung der  iMittel-,  Ober-  und  Unter-Positur"  einteilt,  so  will  L.  so 
verstanden  sein,  dafs  er  seine  Sorgfalt  in  den  ersten  Wochen 
hauptsächlich  der  Mittel-,  in  den  nächsten  Wochen  der  Ober-  und 
zuletzt  der  Unter-Positur  widmen  will. 

[>afs  er  den  Freimut  hat,  das  Reiten  auf  Decke  einfach  über  Bord 
zu  werfen,  verdient  ein  lautes  „Bravo I"  Er  spricht  damit  offen  aus, 
was  praktische  Chefs  schon  seit  Jahren  im  stillen  gothan  haben  und 
wozu  einsichtsvolle  Kommandeure  ebenso  stillschweigend  ihren  Segen 
gaben.  Übrigens  hat  ja  die  Reit-Instruktion  im  Deckblatt  5  selbst  bereits 
den  Rückzug  angetreten.  Wenn  man  statt  der  4  Wochen  Decken- 
reiterei den  Rekruten  vom  ersten  Tage  an  in  den  Sattel  setzt,  so  ist 
der  Abschlufs  der  Trensenarbeit  für  die  Rekruten  noch  vor  Weihnachton 
nicht  zu  flrtth  anberaumt  Jedenfalls  ist  für  die  Kantararbeit,  für  die 
Vorbereitung  des  Lanzenreiters  zum  Exerzieren  ein  Zuschufs  von 
einigen  Wochen  nur  willkommen. 

Geradezu  wohlthuend  für  jeden  Praktiker  ist  es  zu  hören,  wie  L. 
die  üewichtshilfe  als  die  ,,für  das  Pferd  verständlichste  und 
wirkungsvollste"  betont.  Es  gab  Zeiten,  wo  jeder,  der  also  sprach, 
als  „verbrecherischer  Anglomane"  verschrieen  wurde.  Und  möchte 
doch,  was  L.  (S.  53)  über  die  Zügelhaltung  auf  Kantare  sagt,  die 


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(Jmäcbau  in  der  MUitär-Utteratur. 


251 


Sanktion  der  höchsten  Stelle  erfahren!  —  Ich  weilis  ganze  Offlsierkorpti, 
die  seit  Jahrzehnten  nie  anders  reiten,  aufser  etwa  bei  Besichtigungen 
vor  besonders  scharfen  Augen.  Wer  die  Vorteile  dieser  Zügelfflhrung 

gegenüber  der  vorgeschriebenen  kennt,  mtt&  den  lebhaften  Wunsch 
haben,  sie  auch  seine  Lanzenreiter  lehren  zu  dfirfen,  und  darum  wäre 
ein  bezügliche«  l>('ckblatt  zur  I?''itinstruktion  freudigst  zu  begrüfsen. 

In  dem  Thema  „Jagdrt'iton'*  spricht  vollends  ein  unbestrittener 
Meisler  zu  uns.  Nur  in  (miumh  Punkte  möchte  ich  anderer  Meinung 
sein;  solange  die  Verhältnisse  nicht  das  Reiten  hinter  der  frei 
jagenden  Meute  und  Beschaffung  erstklassiger  Hunde,  sondern  nur 
das  Legen  von  Schleppen  gestatten,  will  mir  die  „Regiraents-Meute** 
nur  als  eine  den  Kosten  an  Wert  nicht  gleichkommende  „Stafiage** 
erscheinen.  Eine  Schleppjagd  unterscheidet  sich  durch  nichts  von 
einer  Jagd  „Puchs  in  Sicht**  als  höchstens  dadurch,  dafs  mangels 
einer  wirklich  guten  Meute  die  Galopps  vielfach  unterbrochen  und 
kurzatmig  werden  und  gegen  das  Halali  hin  zum  „Fensterparaden- 
Tempo**  herabsinken  —  „weil  die  Hunde  nicht  mehr  können".  Mehr 
Reitervergnügen  und  mehr  Nutzen  als  solche  mühsame  und  doch 
teuere  Veranstaltungen  bietet  eine  sorgfältig  erkundete  und  sachgemäfs 
gerittene  Jagd  „Fuchs  in  Sicht".  Hier  ist  es  lediglich  Sache  eines 
erfahrenen  Masters  auf  gutem  Jagdpferde,  das  Feld  in  zusammen- 
hängenden Galopps  von  je  10 — 15  Minutun  und  in  bis  zum  Schlüsse 
gleichbleibender,  eher  zulegender  Jagd-Pace  durch  nützliches 
QeUnde  zu  führen. 

Alles  in  aUem  können  wir  nur  wiederholt  unsere  grobe  Freude 
an  dem  Geschenke  aussprechen,  das  Longchamps  unserer  Waffe  zu 
Beginn  des  Ausbildung^jahres  gewidmet  hat.  Möge  er  uns  zum  Früh- 
jahr mit  der  versprochenen  zweiten  Qabe,  der  „Sommer-Praxis'*,  be- 
schenken. 82. 

Ueglements  der  Kaiserlich  russinchen  Armee,  bearbeitet  von  Küster. 

Hauptmann  ä  la  s.  des  Anh.  InL-Hegts.  Nr.  93,  L«ebrer  an  der 

Kriegsschule  Glogau. 
Heft  1:  Vorschrift  für  Ausbildung  und  Verwendung  der 
Infanterie  im  Gefecht.  Heft  2:  Kegiementarische  Bestim- 
mungen für  die  Ausbildung  des  Infanteristen.  Heft  3: 
Bxerzier-Reglement  für  die  Infanterie.  Heft  4:  Reglement 
über  den  Dienst  in  Lagern  und  auf  Märschen  zur  Friedens- 
zeit Heft  5:  Anleitung  für  den  Felddienst. 

Die  vorliegenden  fünf  Hefte  bilden  sehr  fleiJsige  wörtliche  Ober- 
setzungen der  betreffenden  nissischen  Reglements.  Heft  1—3  sind 
Abschnitte  des  „Entwurfs  eines  Exerzier- Reglements  für  die 
Infanterie  vom  Jahre  1897."  Die  Übersetzung  ist  eine  gute, 
manchmal  eine  etwas  zu  wörtliche;  wenn  z.  B.  das  russische  Kom- 
mando für  den  Präsentier-üritT  ..ssluschai.  na  kra-ül"  mit  „Horch  auf 
die  Wache  *  übersetzt  wird,  so  klingt  das  einigermaCsen  eigentümlich; 


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252 


Umsehaa  in  der  HiUtäc>LUtenitar. 


erwünscht  wäre  alsdann  wenigstens,  wenn  das  rus&ihche  Kommando 
daneben  gesetzt  würde.  Heft  4  behandelt  den  Dienst  in  Lagern  und 
auf  Märschen  in  Friedenszeit,  hat  daher  für  uns  geringes  Interesse. 
—  Das  gröfstc  Interesse  beansprucht  Heft  6,  welches  eine  Über- 
setzung der  im  Jahre  1898  als  Entwurf  den  Truppen  zugegangenen, 
im  Mai  1899  bestätigten,  Verordnungen  über  den  Felddienst 
bildet.  Erwfinscht  w&re  es  auch  hier  gewesen,  wenn  der  Herr  Über- 
setzer die  russischen  militSr-technischen  Ausdrücke  in  Klammem 
neben  ihrer  Übersetzung  wiedergegeben  hätte,  es  würden  dann, 
wenigstens  für  die  einigermafsen  Russisch  verstehenden  Leser  Un- 
klarheiten vermieden  werden;  so  wird  „rasjesd"  beständig  mit  „Streif- 
warhe"  übersetzt,  während  es  nichts  anderes  als  die  zur  A  u  t'klärung 
grirm  den  Feind  entsandte  Patrouille,  also  die  Offizier-Patrouille  der 
deutschen  Felddienst-Ordnung,  bedeutet,  deren  .Starke  gemäfs  ZifTer 
89  der  F.-O.,  genau  wie  der  russische  ,,rasjesd'*,  auch  Eskadrons  be- 
tragen kann;  im  Gegensatz  hierzu  steht  der  „dasor",  d.  h.  die 
Patrouille,  welche  fOr  die  Sicherheit  der  marschierenden  oder 
ruhenden  Truppe  Sorge  zu  tragen  hat  Im  übrigen  verdient  die  sehr 
fleiCsige  und  fliefsende  Übersetzung  der  Verordnungen  über  den  Feld- 
dienst alle  Anerkennung,  um  so  mehr,  als  die  neuen  Bestimmungen 
einen  vollständigen  Bruch  mit  den  durch  die  Felddienstordnung  vom 
Jahre  1881  daigelegten  Anschauungen  bedeuten,  deren  Kenntnis  für 
jeden  Offizier  von  Wichtigkeit  ist  44. 

IHe  hloftgsten  Unarten  eimes  Beitpferdes  und  deren  Konrektor. 

Von  Ritter  v.  Xylander,  Oberleutnant    Berlin  1899.   E.  S. 
MitÜer  &  Sohn.  Preis  75  Pfg. 
Dem  jungen  Reitlehrer  und  Reiter,  dem  anderweitige  Anleitung 

fehlt,  wird  diese  kleine  Schrift  willkommen  sein.  Die  Unarten,  welche 
während  der  Dressur  oder  überhaupt  beim  Gebrauch  des  Reitpferdes 
zu  Tage  treten,  sind  keineswegs  nur  auf  angeborene  Fehler  zurück- 
zufiihren:  eine  giofse  Anzahl  riievor  Fehler  wird  oft  erst  im  Laufe  der 
Dressur  hervorgerufen  und  gewisserniafseri  anerzogen,  w^enn  sie  nicht 
von  vornherein  eine  sachgemäfse  Korrektur  erfahren  oder  h'tztere 
gar  unterlassen  wird.  Hier  nun  will  die  obige  Schrift,  indem  sie  die 
fraglichen  Unarten  und  deren  Korrektur  bespricht,  abhelfen.  Die 
Grundsfttze,  die  der  Verfhsser  während  seines  Kommandos  zum  MUitSr^ 
Reitinstitut  praktisch  kennen  zu  lernen  Gelegenheit -hatte,  sind  dabei 
vor  allem  berücksichtigt;  auch  sind  Korrekturen  angeführt  worden,  die 
der  Verfiisser  nach  Fillis'  Grundsätzen  der  Dressur  selbst  mit  Erfolg 
praktisch  erprobt  hat  8. 

Ratgeber  flr  den  Ktmpagiüe-Ghef.  Eän  Handbuch  für  den  inneren 
und  äufseren  Dienst  Zugleich  als  siebente  Aullage  von: 
Müller 'Schwarz.  Der  Kompagnie*Dienst  Bearbeitet  von 
Schumann,  Major.  Berlin  1899.  EL  S.  Mittler  k  Sohn.  Preis 
4,50  Mk.,  geb.  5  Mk. 


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UmMlun  ia  der  HiHtSr-Littentar. 


253 


Der  jüngere  Kompagniechef  wird,  um  seine  Kompagnie  auf  das 
Beste  auszubilden,  gern  die  Erfahrun,!;  älterer  Kamii'raden  zu  Rato 
ziehe,  ihm  wird  ein  Handbuch  willkommen  soin,  das,  wie  diis  vor- 
liegende, den  Gesamtinhalt  seiner  Pflichten  planmäfsig  überschaut  und 
för  Einzeltalle  zu  R.itr  ire/ouren  werden  kann.  Das  Werk  zeigt,  worauf 
es  bei  der  Ausbildung  in  erster  Linie  ankommt,  es  wird,  wie  der  Ver- 
fasser es  wünscht,  zum  Nachdenken  anregen  und  dazu  beitragen,  die 
Mannschaften  kriegsmärsig  auszubilden.  Der  erste  Teil  behandelt 
folgende  Themata:  Von  der  Entlassung  der  Reserven  bis  zur  Rekruten- 
Vorstellung,  daran  schliefisen:  Bemerkungen  zur  Ausbildung.  —  Von  der 
Rekrutenbesichtigung  bis  zur  Besichtigung  der  Kompagnie.  —  Von 
der  Kompagniebesichtigung  bis  zur  Vorstellung  des  Bataillons.  — 
Von  der  Vorstellung  des  Bataillons  bis  zum  Ausrücken  zu  den  Herbst- 
ubungen.  —  Herbstübungen.  —  Kntlassunir.  \^<'v  zweite  Teil 
Übernahme  der  Kompagnie.  —  Erziehung  der  Kompagnie.  —  Innerer 
Dienst.  Ein  alphabetisches  Sachregister  gcst^ittft  schnelle  Orientierung 
und  gestaltet  das  Werk  zu  einem  bequemen  Nuchschlagebuch.  4. 

Taschenbuch  fUr  die  Oberleutnants  und  Leutnants  aller  Waffen. 
Bearbeitet  von  A.  Scheidel,  Rittmeister.  Oldenburg.  0.  Stalling 
Verfasser  meint,  dafs  viele  jüngere  Kameraden  ttber  die  ihnen 
zufallenden  Obliegenheiten  als  Mitglieder  von  Kommissionen  unzu- 
reichend  unterrichtet  seien,  weil  sie  die  einschlägigen  Bestimmungen 
nicht  kennen.  Diesem  .Mangel  soll  dieses  durchaus  praktisch  veran- 
lagte Taschenbucli  abhelfen,  indem  es  zugleich  die  Kosten  der  Be- 
schaffung teurer  Bücher  erspart.  Von  dem  Inhalt  giebt  die  AutV.ählung 
einiger  Kapitel  einen  Hegritl':  A.  Dienst  inufi  balb  des  Trupp«' n - 
teils.  Der  Leutnant  als  Kasornen-Bewohncr,  Kast'rnen-Vorst-her, 
Mitgli»'d  der  Küchenvorwaltung,  Hckleidungs-Koniniission,  Waffünonizier, 
Ka&ino-Kommission,  Remonte-Kommission  u.  s.  w.  Teil  B  umfafst  den 
Garnison  dien  st:  Der  Leutnant  als  Offizier  vom  Ortsdienst  und  der 
Ronde,  als  Wachthabender,  Führer  einer  Trauerparade  etc.  C.  Kom- 
mandos: Zur  Kriegsakademie,  zur  Kriegsschule,  Militfir-Tumanstalt  etc. 
In  jedem  ebizelnen  Falle  werden  aufser  den  Obliegenheiten  auch  die 
Oebtthmisse  (Zulagen)  genau  angegeben.  Auch  die  Bestimmungen 
übt  r  den  Offlzier-Unterstützungs-Fonds  und  Darlehnsfonds,  dann  tiber 
den  Übertritt  zu  den  Schutztruppen  haben  Aufnahme  gefunden.  4. 

III.  Seewesen. 

Annalen  der  Hydrographie  und  maritimen  Meteorologie.  Heft.  XII. 

Aus  den  Reiseberichten  S.  M.  Schiffe.  (Hierzu  Tafel  20.)  Java- Nord- 
küste. —  Port  Los  Angeles.  Nach  Berichton  der  Kapitäne  F.  Baeh- 
raann.  SchiH"  „F^irnassos'* :  R.  Mehring,  Schiff  „Artemis" ;  F.  Wernecke. 
Schiff  „Christin«  "  und  C  Christensen.  Schift  „Hmin  Pascha",  ergänzt 
nach  amerikanischen  und  ♦•iiglischen  Angaben.  (liiei'zu  Tafel  21.)  —  b^ast 
London.      Nach    Berichten    vom    Kaiserlichen    Ivonsuiat  dortseibst 


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254 


ümtehra  in  der  MUitir*Uttentiur. 


und  von  Kapt.  F.  H.  Israrl.  Hark  ^Hplenc"  und  G.  Relnicke.  Hark 
^Magnat";  ergänzt  nach  englischen  ijuellen.  (Hierzu  Tafel  22.)-  Horicht 
über  die  Reise  des  deutschen  Dampfers  „Herrmann"  von  New-Urleans 
nach  L)ünkirchen  im  Januar  lb99.  —  Aus  dem  Journal  der  Bark 
^Erwin  Rickmers**,  Kapt.  H.  Schütte  über  die  Reise  von  Mouünein  nach 
Bremen.  —  Von  Nagasaki  dureti  die  Japan-See  und  die  Tsugar-Stnifse 
nach  den  höheren  Breiten  des  Stillen  Ozeans.  Reisebericht  des  Kapt. 
A.  Cords  vom  Schiffe  «Caesarea'*.  —  Flaschenposten.  —  Strombeobach* 
tungen  auf  der  Ronte  zwischen  Kanada  und  Australien  von  Kapt  M.  W- 
Campbell-Herworth  H,  M.  S.  „Aorangi".  —  Notizen:  1.  Nordlicht  am 
30.  August  und  I.September  1899  im  Nordatlantischen  Ozean.  2.  Starker 
Zug  der  Strömungen  in  die  Themse-Mündung  bei  südöstlichem  Winde. 

—  r>io  Witterung  an  der  deutschen  Küste  im  Monat  Oktober  1899. 

Beiheft  II.  Kinundzwanzi.jrster  Jahresbericht  über  die  Thätick«'it 
der  deutschen  beewart«  tür  das  Jahr  1898.  Erstattet  von  der 
L)in*kii(jn. 

Marine-Uundschau.  (Dezember  1899.)  Titelbild:  S.  M.  S.  ^See- 
adler". —  D.  Bonamico:  Die  Lehre  von  der  Seemacht.  Autorisierte 
Übersetzung  von  Kapitfo  z.  See  z.  D.  Meufs  (Ports).  —  Das  Rettungs- 
wesen  an  den  Küsten  Europas  von  Kapitänleutnani  Troje.  —  Napoleons 
PliUie  gegen  England.  Dargestellt  nach  einem  Auszuge  des  Werkes 
des  Generalleutnants  Mathieu>Dumas,  wiedergegeben  in  A.  Demigny: 
«La  Faillite  de  la  Marine*.  Übersetzt  von  0.  Wislicenus,  Kapitfinleutnant 
a.  D.  —  [)ie  Vermessung  in  Kiautschou.  —  Sprichwörter  und  sprich- 
wörtliche Redensarten  über  Seewesen,  SchitTn-  und  Fi.scherleben  in 
den  trernianischen  Sj)rachrn  (Forts.)  —  Nordelbisrh-I^änisrhes  von  V'^ize- 
admiral  liatsch  i,  11.  Kapitel.  —  Mitteilungen  aus  fremden  Marinen.  — 
Erfindungen.  —  Funde  von  SeliiHstahrzeugen  aus  ältester  Zeit  im  He- 
reiche der  Ostsee-Küste.  —  ThiiUgkeit.sbericht  des  Fischereikreuzer.s 
S.  M.  S.  „Zieten".  —  Für  die  Monate  August  und  September  1899. 

Nachrichten  aus  dem  Gebiete  des  Seewesens.  Nr.  1.  Beiträge 
zur  Geometrie  des  Aufklärungsdienstes  zur  See.  —  Parsons  Dampf- 
turbine. —  Decentralisation  der  Kommandotührung  auf  Schlachtschiffen. 

—  Neue  Kriegsschiffsbauten.  —  Der  niederländische  Budget- Voran- 
schlag  Air  das  Jahr  IfKX).  —  Der  Jahresbericht  des  Chefs  für  die 
Küstenverteidigung  der  Vereinigten  Sfimtcn  von  Nord-.Amerika. 

Army  and  Navy  Gazette.  Nr.  2080.  Die  Marine-Brigade.  —  Die 
Schiefsergebnisse  der  Marine  1898.  —  Frankreichs  Schüren  gegen 
England.  Nr.  2081.  Marine-Kantinen.  Das  Pt-rsonal  der  ameri 
kanischon  Marin«'.  -  Die  Marine-Intant^Tif  wünscht  stärkere  Beteili- 
gung am  Transvaal-Kriege.  —  Die  Verbi'.ssrrung  der  Hinfahrt  von 
Port  Natal.  —  Stapellauf  des  „Cressy".  —  Urteile  österreichischer 
Marine-Omziere  über  Wei-Hai-Wei  und  Kiautschou.  Nr.  2082.  Die 
deutsche  Marine.  —  Ausschiffung  weiterer  Marino-Nf annschaften  in  Natal 

—  Strandung  eines  weiteren  Transportschiffes.  —  Amerikanische  Ver- 
suche zum  Kohlenfibemehmen  auf  See  mit  dem  Panzerschiff  „Massa- 


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Umsobau  in  der  Militär-Litteratur. 


255 


chussets"  und  dem  Dampfer  „Marcellus".  —  Besuch  des  österreichi- 
schen Geschwaders  in  Malta.  Nr.  2083.  Herr  Goschen  und  die 
Marine.  —  Die  Verwendung  der  Marine-Infenterie.  —  Die  von  den 
Beeren  genonunenen  sechs  12  PfÜnder  der  Marine. 

Jovraal  of  tke  Boyal  United  Serriee  InstitutiOB.  Nv.  862.  Das 
firanzSsische  Panzerschüf  I.  Kl.  «Neptune''.  —  Nach  Indien.  —  Moderne 
Kriegsmittel  und  ihr  Binfluls  auf  Taktilc  und  Organisation. 

Army  and  Nayy  Journal.   Kr.  1892.  Die  Chemio  und  der  Krieg* 

—  Das  Neueste  von  Manila.  —  Eine  Lehre  aus  englischen  Erfahrungen. 

—  DasWnu  k  des  „Charleston".  —  Admiral  Schley  und  seine  Kreiiz- 
tour.  Nr  1893.  T'ie  drei  gröfsten  lieiche.  —  I  >io  \  erantworiung 
für  die  Scliley-Kontroverse.  —  Die  Seestreitkräfte  der  liauptsächliehsten 
Staaten.  Nr.  1894.  Armee  und  Marine  in  der  Botschaft  des  Präsidenten 

—  Teilnahme  der  englischen  Matrosen  am  Transvaal  kriege.  —  Die 
Lyddite- Granaten.  —  Das  Neuste  von  Manila.  Die  Lage  in  Süd« 
Afrika.  JSt.  1895»  Sttd^Afrika  und  die  Philippinen.  —  Das  Marine- 
Ingenieur-Korps.  —  Beförderungen  im  Beurlaubtenstande.  —  Der  Krieg 
in  Sttd-Af^ika. 

Revue  naritime  et  coloniale.  (Oktober  1899.)  Untersuchung 
der  für  Erzielung  gro&er  Geschwindigkeiten  günstigsten  Form  der 
Schiffskörper.  —  Aequatorial-Cirkel.  —  Die  Verteidigung  der  französi- 
schen Küste  von  Dünkirchen  bis  Bayonne  im  17.  Jahrhundert.  —  l  >ie 
Organisation  des  Personals  der  englischen  .Marine.  —  Die  Seestreit- 
kräfte Frankreirh.s  und  Italiens  im  Mittelmeer.  —  r)ie  seemännische 
Schwäche  (Irofs-Britanniens.  —  Neue  Kredite  für  die  englische  .Marino. 

—  Neue  Schittskonsiruktionen  in  Italien.  —  Entwickeiung  des  deut- 
schen Handels. 

Bivislamarittima.  (Dezember  1899.)  Der  neue  Typ  der  Schlacht- 
schiffe. —  Spanien  und  seine  voraussichtlichen  Bundesgenossen.  — 
Altertümliche  Waffen  mit  Hinteriadung  und  vervielfSItlgtem  Feuer.  — 
Ober  die  Stabilität  von  Schiffen.  —  Die  Seefischerei  in  Italien.  -~  Die 
Agenten  der  Auswanderung.  —  Die  Zeitbestimmung  mittelst  Pseudo- 
Korrespondierenden  Höhen.  l  >as  Bureau  Veritas.  —  Die  Prämien- 
frage.  —  Kosten  von  Kesseln  und  Kohlen. 

Morskoi  Sbornik.  (Dezember  1899.)  Nr.  12.  Offizieller  Teil. 
Folgend»'  nach  dem  Typos  dos  „Ssokol"  im  Bau  h<'findlichen  Hochsee- 
Torped u boutf  werden  benannt  und  den  Fahrzeugen  der  Flotte  zu- 
gezählt: a)  In  St.  Petoi*sburg  auf  der  W  erft  von  Krey ton  &  Co.:  „Sehed", 
(Schwan)  „Pelikan",  „Pawlin"  (Pfau)  und  „Fasan**;  b)  auf  der  Admiralitäts- 
Werft  in  Ishora  „Albatrofs".  —  Bestimmungen  für  Aufnahme  von 
Zöglingen  in  das  Marine-Kadetten-Korps.  Nichtoffizieller  Teil 
Zur  Biographie  des  Admirals  G.  I.  Newelski.  —  Neueste  und  zukünf- 
tige Verbesserungen  der  Schnelldampfer.  —  Portschritte  der  Marine- 
ArtiUerie  in  den  Jahren  1898—99. 

Jahrbuch  des  Deutschen  Flotten-Vereins.  19(X).  Herausgegeben 
vom  Sekretariat  des  Deutschen  Flotten-Vereins.    Mit  zahlreichen  Ab- 


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1 


256 


UmaobM  in  der  MOitirLtttontiir. 


bildungen.  Tubellen  und  Raiten.  706  S.  BerliD.  E.  S.  Mittler  &  Sohn 
Preis  p:ehd.  4  Mk. 

r»er  <i»'U(srlu'  F'lottfn-Verein  tritt  mit  einer  neuen  \\M'r»ffentlichung 
vor  das  deutsche  Publikum,  die  das  weiteste  Interesse  beanspruchen 
darf.  Dieses  „Jahrbuch"  ist  ein  treflliches  Hand-  und  Nachschla^ebuch, 
das  nicht  etwa  nur  dem  SeeofOzier  etc..  sondern  jedermann  er- 
schöpfende Auskunft  Über  alle  auf  die  Kriegs-  und  Handelsmarine  be- 
züglichen Fragen  giebt,  denn  sein  Inhalt  ist  ein  unendlich  reicher.  Bs 
behandelt  folgende  Abschnitte:  Kalender  mit  Hochwasserzeiten  für 
Cuxhaven  und  Kurrektionstubelle  für  die  anderen  Häfen  der  Nordsee. 
—  Münz-,  Mafs-  und  Gewichistabelle.  —  Deutscher  Flotten- Verein.  — 
Die  deutschen  Finanzen.  —  L>er  Aufsonhandel  der  Nationen.  —  Stand 
der  Kriepsflotfen  der  Seemächto  am  1.  Oktober  1899.  —  Die  Marine- 
budircts  aller-  Staaten.  —  l>i«'  Kin  LTstlotten  der  Welt  (namentliche  .Auf- 
führung sämtlicher  KrieL^ssrhitlr  aller  Staaten  mit  Abmessung.  .Armie- 
rung u.  s.  w.)  —  l)ii'  Laufliahncn  in  der  Kaiserlichen  Marine  mit  Ein- 
tritt.sbedingungon,  Avancementsverhältnissen,  Gehältern  und  Löhnung 
ffir  alle  Personen  des  Soldatenstandes  und  slmOiche  Beamten,  sowie 
Pensionstabelle.  —  Die  Laufbahnen  in  der  Handelsmarine.  —  Ver- 
schiedene, den  Weltverkehr  betreffende  Karten.  —  Die  Handelsflotten 
der  Welt.  —  Die  Rhedereien  Deutschlands.  —  Die  deutschen  Werften, 
Hellinge  und  Docks.  —  Die  Fischerflotten  der  Welt  —  Skizzen  der 
neueren  Kriegsschiffe  aller  Nationen.  —  Sachregister.  Sind  die  Finanzen 
des  Reiches  derart,  dafs  die  Schaffung  der  Flotte  möglich,  so  legen 
die  Tabellen  über  den  Handel,  die  interessanten  Gegenüberstellungen 
aller  Flotten  etc.  Beweis  dafür  ab.  wie  nötig  eine  grofse  Flutte  lur 
l)eutschland  ist.  Die  HiMnisse  des  Prinzen  Heinrich  von  Preufsen  und 
des  Fürsten  zu  Wied.  Präsident  des  1  »eutschen  Flotten-Vereins,  zieren 
das  Werk.  L>ie  kummenden  Jalngäiige  sollen  noch  erweitert  werden. 
Da»  „Jahrbuch  des  Deutschen  Flotten  Vereins'*  ist  nach  Form,  Aus- 
stattung und  Preis  dazu  angethan,  weiteste  Verbreitung  in  allen 
Schichten  des  deutschen  Volkes  zu  finden. 

IV.  Veneiehnis  der  zir  Bespreehmg  eiag^angeHen  Bieher. 

(l)i<'  "Inf,-'    rif,'.        It  .i-Ucr  iTf.ihren  einH  n«*iipr«chung  M6h  Marsf^ub«  ihi'-r  n.  .li-utuflg  und  de^  \<  r 
fii(rlr;ir«>n   I;  ium'>>^     Ciii«  V  tt  r  |>  f  I  i  c  h  t  u  n  |f  .  jm\>-!i  t>ingfhf^nif>  Much   /.u  lii'S)ircciien.  (jheniimmt  di» 
LpiluiiR  li'T  „.Fahrbiichftr"  nicht,  doch  Wfrden  »Ii«  Tii>-1  ^ünltliche^  IJöchor  nebst  Angabi*  def>  Proiit«« 
• —  »otMrn  iii»«nr  mitg*t«Ut  wurdn  —  hinr  torniHrkl.   Kine  HQrkHendung  \on  BCichom  flädvt  nioltt  statt.) 

1.  Kriegsgesehiehtliehe  Beispiele  des  Festungslcrieges  aus  dem 
deutseh-lYnnzösisheem  Kriege  von  1S70/71.  Von  Frobenius,  Oberst- 
leutnant a.  1  >.  Zweites  Hel'i.  1.  i'inschliefsiing  ir'ernierung)  3.  Metz. 
Mit  einem  Plan  und  5  Skizzen  in  Steindruck.  Berlin  1099.  E.S.Mittler 
k  Sohn.    Preis  .3.50  Mk..  geb.  4.75  Mk. 

2.  Wehrkraft  und  Jugenderziehung.  Zeitgemälse  Betrachtung 
auf  Orund  seines  beim  Deutschen  Kongreb  zu  Königsberg  am  25.  Juni 
1899  gehaltenen  Vortrags  von  Dr.  Herrmann  Lorens.  Leipzig  lt(99. 
R.  VoigUänders  VerUg.   Preis  1  &Ik, 


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ühmÜm  k      niiHM»  Tiittorrtur 


257 


t.  BeglenoitB  to  kaimilieh«rMiMhen  Amte«  Heft  l-^Ö.  Be- 
arbeitet von  Küster,  Hauptmann.     Leipzig  1899.  Zuclcscbwerdt 

&  Co.  1.  Heft:  Vorschrift  für  Ausbildung  und  Verwendung  der  In- 
fanterie im  Gefocht.  Preis  1  M.  2.  Hoft:  Replementarisciu'  Bestini- 
iTiiingen  für  dio  Ausbildung  dos  Tnfantoristen.  Prols  1.30  M.  '^.  Heft: 
Exerzier-Regloment  für  die  lntanu>rie.  Preis  1.80  M.  4.  Heft:  Kegle- 
ment  über  den  Dienst  in  Lagern  und  auf  Märschen  zur  Priedenszoit. 
Preis  1.80  Mk.  5.  Heft:  Anleitung  für  den  Felddienst.  Teil!:  Truppen- 
dienst.   IVois  2.50  \fk.  —  Mit  Zeichnungen. 

4.  Ahoil  Deutsche  Meereslyrik.  Füi-  alle  Freunde  deutscher  See- 
fahrt und  der  deutschen  Flotte,  ausgewählt  von  Maximilian  Born. 
niuBtrlert  von  C.  Schön.  Berlin.  Kail  Siegismund.  Preis  4  Mlc. 

&  Speiial-TAneiehnis  tob  geeignetem  Bflehern  für  MUltii^ 
ttiiwirter  imd  Beamte,  welche  sich  in  den  verschiedenen  Laufbahnen 
über  Anstellung,  Prüfung  und  Versorgung  orientieren  wollen.  Heraus- 
gegeben von  der  Rodaktion  der  Zeitschrift  „Der  Militäranwärter".  Die 
in  diesem  Verzeichnis  aufgeführttm  Bücher  sind  vorrätig  und  su  be- 
ziehen durch      Gerstmanns  Verlag.    Berlin  W. 

6.  Probiermafsstab  mit  sich  berührender  .Meter-  und  Schriftskaia 
zum  direkten  Messen  gerader  und  krummer  ahgesch  l  itlener  Strecken 
ohne  Zirkel.  D.  R.  G.  M.  .\d.  Haenselin.  Berlin  54.  (Ökala  20  cm 
lang,  auf  Kartonpapier  gedruckt.  Stück  15  Pf.) 

7.  Die  Httuitlicheu  Frei-  und  (jiewehriibungen.  In  Gruppen  und 
Zettel  stufenweise  zusammengestellt  von  Salm  Oberstletttnani  Id.  Auf- 
lage. BerUn  1899.  B.  8.  Mitüer  &  Sohn.  Preis  15  Pf. 

8.  MerktalMii  für  das  Ctasehiti-BxenlereE  der  FeldartUlerie 
nach  dem  Exerzier-Reglement  für  die  Feldartillerie  vom  10.  August 
1899.  Material  C.  96  und  98.  Metz.  1900.  Deutsche  Buchhandlung. 
Preis  15  Pf. 

9.  Anleitung  zur  Ausführung  von  Geländeaufnahmen  in  un- 
übersichtlichem Terrain  mittelst  Bandzuges  in  Verbindung  mit  QefäU- 
messungen.    Berlin  1899.    R.  S.  Mittler  &  Sohn.    Preis  50  Pf. 

10.  Anleitung  zur  Herstellung  von  Unterbau  für  Vollbahnen 
durch  Eiseiibahntruppen.  (A.  U.)  Berlin  1899.  £.  S.  Mittler  &  Sohn. 
Preis  75  Pf. 

11.  Forschungen  und  Urltunden  zur  Geschichte  der  Uni- 
formierung  der  PreuCsischen  Armee.  1718^1807.  Von  6.  Lehmann» 
WIrU.  Geh.  Kjriegsrat  Erster  T^U.  BerUnl900.  E.  S.  Mitüer  &  Sohn. 
Preis  4  Mk. 

12.  Gesehiehte  des  KSniglieh-SSehsiMheoL  Karablaier^BegimeCts 
vormaligeB  Beitei^Begimemts*  Auf  Befehl  des  Königl.  Karabinier- 
Begiments  zusammengestellt  von  Jahn,  Oberleutnant.  Mit  zwei  Bild, 
nissen  und  fünf  Karten  in  Steindruck.  Berlin  1899.  E.  S.  Mittler 
k  Sohn.    Preis  5  M. 

13.  1899/1900.  Dienstalters-Liste  der  Ofiiziere  der  Könii^l.  Preufs- 
Armee  und  des  XIII.  (Königl.  Württembergischen)  Ai*meekorpi>.  Ab- 


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258 


UnieliM  Ii  dar  lOlttip-Llttmtar. 


goBchlofiB«]!  am  20.  November  1899.  Berlin  1899.  B.  S,lfittler&8ohii. 

Preis  geh.  5  Mk.,  geb.  6  ^^k. 

14.  König  Friedrich  der  Grofse  von  Rein  hold  Koser.  Zweiter 
Band,  erste  Hälfte:  Friedrich  der  Grofso  im  sieb onj ährigen  Kriege. 
Stuttgart  1900.   T.  G.  Cottasche  Buchhandlung.   Preis  4  Mk. 

15.  Jahrbuch  des  Deutschen  Flotten-Vereins.  1900.  Eigentum 
des  Deutschen  Flotten-Vereins.  Herausgogoben  vom  Sekretariat  des 
Deutschen  Flotten-Vereins.  Berlin  1900.  £.  S.  Mittier  &  Sohn.  Preis 
geb.  4  Mk. 

16.  Eine  applikatorische  Übung  im  Freien  für  Militärärzte 
und  Sanitffsofflziere  von  Ghietav  Wolff,  K.  u.  K.  Oberientiuuii  Mit 
1  Ordre  de  bataOIe  und  4  Skissea.  .Wien  und  Leipzig.  W.  Brau- 
mHUer. 


Z>niok  von  A.  W.  H»yna  Erbeu,  B«rUa  uad  Potsdam. 


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XIX. 

Die  3.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71. 

Von 

Juak,  liittmeister  a.  D. 

(FortsetzuDif.) 
U. 

Bei  Metz. 

Auch  die  3.  Kavallerie^DiTision  sollte  den  Ueeresteilen  angehören, 
welchen  nach  den  blutigen,  aber  ruhmreichen  Schlachten  nro  Äletz 
zunächst  die  Elnschlielsung  des  Platzes  und  der  dorthin  /urUck- 
gesehlagenen  Bazaine'schen  Armee  obla^.  Nach  dem  Einschliefsungs- 
befehi  vom  20.  August  hatte  in  der  \  orpostenlinie  snf  dem  rechten 
Moselufer  die  Kavallerie  ganz  besonders  Verwendung-  zu  finden,  denn 
der  Schwerpunkt  der  Einschlielsang  lag  snrdrderst  auf  dem  linken 
Moselufer.  Auf  dem  rechten  kam  es  somit,  schon  im  Hinblick  anf 
die  hier  befindliche  gmnge  Truppenmacht,  mehr  auf  eine  Absperrung 
sämtlicher  Verbindungen,  als  auf  eine  fortlaufende  starke  Verteidi- 
g:nngslinie  an.  Nichtsdestoweniger  war  aber  der  Oberbefehlshaber 
des  £inschliefsungsheeres,  Seine  Königliche  Hoheit  der  General  der 
Kayallerie  Prinz  Friedrich  Karl  entschlossen,  aach  Durchbraohsyer» 
Sachen  anf  dem  rechten  Ufer  gegebenenfalls  energisch  entgegenzu- 
treten und  so  auch  hier  den  Gegner  an  Metz  zu  fesseln.  An  das 
rechte  Moselufer  angelehnt  stand  nördlich  von  Metz  die  8.  Reserve- 
DiFision  (Kammer)  in  vorderster  Linie  von  Malroy  bis  Charly.  Es 
folgten  die  vordere  Linie  der  1.  Division  des  I.  Armeekorps  westlich 
von  Failly  und  Ser>'igny,  daran  anschliefsend  die  Vorposten  der 
2.  Division  in  Linie  Schlols  Aubigny,  La  Grange  aux  Bois,  Mercy  le 
Haut  bis  an  die  Strafsburger  Chaussee  und  diejenigen  der  8.  Kavallerie- 
Division  bis  Schlofs  Frescaty.  Das  Gelände  von  da  einscbliefslioh 
bis  an  die  Mosel  gehörte  noch  zum  Bereiche  des  Vll.  Armeekorps. 
Sämtliche  Truppen  des  rechten  Ufers  mit  Ansnahme  der  dort  befind- 
lichen des  VII.  Armeekorps  waren  dem  Befehl  des  Generals  der 
Kavallerie  Freiherm  v.  Manteuffel  anterstellt,  dessen  Hanptqaartier 

JaMftohar  Ar  di*  dantMht  AimM  ud  Xaifm.  Bd.  III.  S.  17 


260 


Di«  8.  KAvalieiie-Dinnon  im  Knegß  1870-71. 


pich  in  St  liarlx-  befand.  Der  3.  Kavallerie-Division  lap:  also,  wie 
in  den  'J  ;i;:«  n  vorher  >ehün,  vor/ogsweise  die  Beobachtung  des  süd- 
lichen Vorlandes  von  Metz  ob  von  der  Strafsborger  btralse  bis  über 
dif  an  der  Scille  entlang  nach  Pont  ä  Mousson  führende  noch  binUb^T. 
Teile  den  14. 1'lanen-Rr  pments  standen  in  der  Linie  Chesny — PouilJy. 
des  5.  in  der  Gegend  von  Aogny,  das  Gros  der  Di\ision  weiter 
znrllck  bei  Coin  sur  Seille.  Es  waren  also  somit  die  Vorposten  von 
einer  einzi'j-fn  Brigade  gestellt  ond  diese  damit  dann  aber  aofcrelöst. 
Das  flilrf'te  auf  Zwerkmälsigkeit  wohl  keinen  Ansprach  hai)en.  Als 
daher  arn  Ii.  AuLrti^t  fli»-  7.  Ulanen  die  5.  abhusten,  trat  der  vom 
Oberbefeh!-b aller  der  i.  Armee  dahin  verfllgte  Wechsel  ein,  dafs  an 
Stelle  der  tretfenweisen  die  flti^'elweise  Aufstellung  der  Division  zu 
treten  habe  Der  7.  Kavalleriebri{.';i<le  fiel  der  Abschnitt  östlich  der 
Btrafse  von  Metz  nach  Nomeny  zu,  der  G.  aber  das  Gelände  westlich 
dieser  Stralse.  Das  Gros  der  ersteren.  bei  dem  sich  die  Batterie 
und  der  Divisionsstab  nunmehr  befanden,  hatte  ein  Ortsbiwak  bei 
Pontoy,  da*»  der  letzteren  bei  Coin  les  Cuvry.  Innerhalb  der  Bri- 
gaden wechselten  die  Regimenter  sich  regelmäfsig  auf  \'or|)Osten  ab. 
Von  dem  Regiment,  welches  in  dem  betreflFenden  Abschnitt  auf  Vor- 
posten war,  befanden  sich  2  Eskadrons  mit  ihren  Feldwachen  ond  \'e- 
detten  in  vorderer  Linie,  die  beiden  anderen  mit  dem  Stabe  geschlossen 
dahinter,  so  auf  dem  rechten  Flügel  später  in  M^cleuves,  auf  dem 
linken  von  Anfang  an  in  Prayelle  Ferme.  Hier  standen  die  Vor- 
posten-Eskadrons  bei  Haate  Rive  und  Aagny,  die  vorderste  Posten- 
linie  erstreckte  sich  von  der  Seille  bis  Orly  Ferme.  Nach  links  hin 
war  Anschlufs  an  das  Vll.  Armeekorps,  dessen  27.  Infanterie-Brigade 
sich  mit  3  Batterien  und  dem  Uosaren-Regiment  No.  15  bei  Jony  anx 
Arches.  mit  Vortruppen  in  Linie  Orly  Fenne  und  PoÜLa  Fenne 
befand.  Die  Vorposten  der  7.  Kavallerie-Brigade  hatten  rechts  An- 
lehnung an  die  der  2.  Infanterie-Division,  deren  Gros  bei  Comcelles 
sor  Nied  stand.  Die  Vorposten-Eskadrons  waren  bei  Cbesny  ond 
Pooilly  stationiert,  die  vorderste  Postenlinie  lief  von  Peltre  bis  zur 
Ferme  St.  Thiebault  östlich  Marly.  Die  Übersichtlichkeit  des  rechten 
Abschnitts  wurde  durch  das  Bois  de  l'Höpital  erschwert.  Die  Ver- 
bindung zwischen  den  beiden  Abschnitten  der  l^.  Kavallerie-Division 
über  die  Seille  vermittelten  von  Marly  bis  Sillegny  5  Brücken.  In 
Goin  sur  Seille  befand  sich  eine  Station  des  Telegrapbemietzes, 
welches  der  Übermittelung  von  Befehlen  und  Meldungen  innerhalb 
der  Einschliefeungslinie  diente.  Eine  weite  Aussicht  in  dem  Abaehnitt 
der  8.  Kavallerie-Division  gewährte  das  Schlols  St  Blaise,  woeelbsfc 
sieh  zur  Zeit  ein  Landwebr-BatalUon  beCand. 

In  der  Frtthe  des  25.  Aognst  batte  die  1.  Eskadron  der  7.  Ulanen 


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IMe  8.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71. 


261 


die  3.  auf  VorpoBten  bei  Angny  abgelOai  Leutnant  y.  Haeseler  war 
darnaeh  ani  Feldwaebe  am  Ftok  von  Angnj.  Kordösilich  vom  Orte, 
vorwärts  der  Weggabel  westlich  der  Papeterie  befand  sich  die  zelt- 
webe von  den  Franzosen  besetzte,  aber  nicht  vollends  aasgebaate 
Schanze  St.  Privat  Der  Ulanen-Feldwache  waren  wegen  dieser 
Nachbarschaft  1  Unteroffizier  and  10  Mann  vom  74.  Kegiment  bei- 
gegeben worden.  An  diesem  Tage  wurde  besonders  viel  aus  der 
Schanze  und  dem  derselben  zunächst  gelegenen  Gelände  geschossen. 
Gegen  4  Uhr  nachmittags  erschien  Oberstleutnant  v.  l*estel  mit  seinem 
Adjutanten,  Leutnant  v.  Engelbrecht,  bei  der  Feldwache  und  gab 
dem  Feldwachhabenden  kund,  dafs  er  die  Schanze  zu  nehmen  beab- 
sichtige. Die  Infanterie  solle  zu  (lit'<( m  Zwecke  gedeckt  im  Chaiissee- 
grahen  vorgehen,  der  Ulanenzuj;  uuf  der  Stralse  folgen  und  eine 
rechte  Seitenpatrouillc  sich  gegen  die  raj)iermUhle  wenden.  Leutnant 
V.  ilaeselcr  bestimmte  seine  nächste  Vedette  zur  Spitze  und  ritt  mit 
ihr  gegen  die  Schanze  vor.  Diese  war  unbesetzt.  In  dem  Streben, 
den  jenseits  gelegeneu  Eiii^rani:  zu  j^a'wiuju'ii.  t-rhielt  man  aus  einem 
weiter  rückwärts  angelegten  Schützengraben  Feuer.  Trotzdem  gelang 
es  den  kühnen  Reitern,  unter  denen  sich  Oberstleutuant  v.  Pestel 
selbst  befand,  in  die  Sehanze  und  innerhalb  derselben  auf  die  Brust- 
wehr zu  kommen.  Ein  Teil  der  Infanteristen  war  mittlerwi  ilc  auch 
herangekommen,  während  der  andere  sieh  mit  den  i)ei  der  Papeterie 
und  in  dem  nahe  gelegenen  Wäldchen  befindlichen  Franzosen  herum- 
schols.  Die  in  der  Schanze  befindlichen  Hlockhäuser  und  Bretter- 
buden wurden  angezündet.  Auch  die  weiter  rückwärts  gelegenen 
Gebäutle,  insbesondere  die  zum  Magazin  eingerichtete  und  mit 
frischem  Getreide  gefüllte  Ferme  St.  Ladre,  wurden  den  Flammen 
übergeben.  Die  Ulanen  gingen  in  ihre  Vorpostenstellung  zurück, 
nachdem  sie  also  ihre  Geschichte  um  ein  fürwahr  braves  Keiter- 
btUckchen  vermehrt  hatten. 

Die  Bewegungen  der  l{hein-Armee  am  26.  August  behufs  deren 
Versammlung  in  Unie  Schlol's  Grimont-Bellecroix  und  die  zur  Deckung 
dieses  Aufmarsches  schon  seit  dem  frühen  Morgen  entwickelte 
Thätigkeit  der  Vortruppen,  so  auch  gegen  die  der  2.  lnfant(  ric- 
Division  bei  La  Grange  aux  Bois  und  Aubigny  Chateau  hatten  etwa 
8  Uhr  morgens  auch  zur  Alarmierung  der  nunmehr  dem  1.  Armee- 
korps unterstellten  3.  Kavallerie-Division  geführt.  Dieselbe  war  bis 
Inry  vorgerückt,  woselbst  sie  bis  {]  Uhr  nachmittags  verblieb,  um 
dann  wieder  in  ihre  bisht  ri^n«  Stellung  zurückzukehren.  Am  folgen- 
den Tage  schon  wurde  aber  die  28.  Infanterie-Brigade  des  VII.  Armee- 
korps nebst  2  Batleriin  (2.  1.  u.  '1.  schw./VJL)  und  1  Eskadron 
U.  Uns.  8)  auf  das  rechte  Ufer  der  Seille  gezogen.    Die  von  ihr 

17* 


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262 


Die  8.  KavaUene-DiviMon  im  Kriege  187a -71. 


demnächst  eingenommene  Stellung,  die  übrigens  befestigt  wurde,  war 
folgende:  3  Bataillone,  die  Eskadron  und  die  Batterien  in  und  bei 
Pouilly,  je  1  Bataillon  in  Magny  und  in  Mariy,  zwischen  beiden 
Orten  ein  Halbbataillon,  das  andere  in  Ferrae  St.  Thiebault.  Die 
Stellung  der  durch  Artillerie  und  Kavallerie  verstärkten  28.  Infanterie- 
Brigade  war  somit  wie  ein  Keil  in  diejenige  der  3.  Kavallerie- 
Division  eingeschoben  und  trug  wesentlich  zur  Verdichtung  derselben 
bei,  gab  ihr  vor  allen  Dingen  mehr  Halt.  Wenn  nun  wenigstens  Teile 
der  Kavallerie-Division  sich  unter  Dach  und  Fach  befanden,  so 
hatte  doch  auch  sie  unter  der  Ungunst  der  sanitären  ^'erhältnisse 
um  Metz  zu  leiden.  Das  schon  begonnene  Regenwetter  hatte  den  Erd- 
boden derart  erweicht,  dals  das  Land  stellenweise  Sumpftiächen  glich. 
Die  bei  dem  kühlen  Wetter  im  Freien  lagernden  Truppen  waren 
daher  Erkältungen  doppelt  ausgesetzt.  Der  Genuls  unreifen  Obstes 
in  \  erbindung  mit  demjenigen  nicht  gesunden  Wassers  erzeugten 
Ruhr  und  die  noch  zukommenden  Miasmen  der  blutgetränkten  Leichen- 
geiilde  auch  typhöse  Krankheiten.  Der  Abgang  an  Kranken  war 
denn  insbesondere  bei  der  3.  Kavallerie-Division  bisher  gii^Iser 
gewesen  als  an  Gefechtsverlusten.  Die  Krankenzahl  stieg  nach 
Blume  bis  aof  15  "/j.  Die  V  erpflegung  der  3.  Kavallerie-Division 
war  bisher  zumeist  noch  auf  dem  Wege  der  Uequisition  beschafft 
worden.  Das  änderte  sich  jetzt  aber.  Wie  der  Hafer,  so  wurde 
auch  die  Mund  Verpflegung  bei  der  Division  in  Pontoy  empfangen. 
Prefsbeu  und  eine  entsprechende  Erhöhung  der  Haferrationen  ersetzten 
den  nicht  seltenen  Ausfall  Ton  gntem  Ben  und  Stroh. 

Am  31.  August  erfolgte  nun  der  schon  am  26.  erwartete  Ausfall 
und  zwar  gegen  die  Stellung  Failly-Servigny-Noisseville-Montoy. 
Der  Aufmarsch  der  Kbein-Armee  zwischen  Schleis  Grimont  und 
Bellecroix  verzögerte  sich  aber  derart,  dafs  man  Gegenmafsregeln 
treÜ'en  konnte.  Die  3.  Kavallerie-DiFision  hatte  auf  Befehl  des 
Generals  v.  Steinmetz  unter  Zorttcklassung  je  einer  Eskadron  in 
jedem  ihrer  Brigade-Abschnitte  znr  Unterstützung  des  I.  Armeekorps 
auszurücken.  Die  gegen  11  Uhr  alarmierten  Brigaden  vereinigten 
dch  um  "/,2  Uhr  mittags  bei  Puche.  Daselbst  war  von  Courcelle^ 
kurz  vorher  die  3.  Infanterie-Brigade  mit  5  Bataillonen  (ohne  F/4j 
und  den  beiden  schweren  Batterien  bereits  eingetrotfen.  Sie  wurde 
demnächst  mit  3  Eskadrons  des  I.  Dragoner-Regiments  in  die  Gegend 
westlich  Ketonfay  an  die  Stral'se  Metz — Saailouis  herangezogen,  wo- 
selbst sie  sich  hinter  dem  linken  Flügel  der  Torderen  Schlachtstellnng 
befand.  Als  General  t.  Memerty  aber  um  */,6  Uhr  die  Umfassungs- 
versuche der  Franzosen  nach  dieser  Seite  hin  bemerkte,  entwickelte 
er  die  Brigade  auf  den  Höhen  zvrisehen  der  Cbanssee  und  dem  süd- 


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Die  8.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71. 


263 


Ueh  derselben  nach  Montoy  hinziehenden  Grande.  Seine  beiden 
Batterien  fuhren  unter  Bedeckung  vom  I./4.  nordöstlich  Montoy  auf, 
{jegen  welches  Dorf  sich  (i  Kompagnien  der  44er  wandten,  wahrciul 
IL/4,  zur  Unterstützung  der  dortigen  Rrsat/un-r  nach  Noisseville 
dirigiert  wurde.  In  der  Gegend  nordristlich  von  Flauville,  welches 
Dorf  Ton  der  10.  und  später  auch  noch  der  4.  Kompagni«'  44.  Kogi- 
ments  besetzt  worden  war,  befand  sich  um  diese  Zeit  die  3.  Kavallerie- 
Division,  also  hinter  dem  linken  FlUgel  der  Brigade  Menicrty.  Die 
6.  Kavallerie-Brigade  blieb  daselbst  halten,  während  die  reitende 
Batterie  unter  Bedeckung  der  3  zur  Stelle  helindiichen  Ztlge  der 
4.  Eskadron  der  14.  Ulanen  im  \  erein  mit  den  bereits  genannten 
Batterien  aber  sUdlich  des  Thalgrundes  von  Montoy  mit  gutem  Erfolge 
die  mehr  und  mehr  anwachsenden  französischen  Truppenmassen  bei 
Montoy  beschofs.  Die  7.  Kavallerie-Brigade  nahm  zur  Aufnahme  der 
Verbindung  mit  dem  Gros  der  rechts  der  Brigade  Memerty  kämpfenden 

I.  Division  eine  Aufstellung  jenseits  der  Chanssee  nach  Saarlonis. 
Sie  geriet  dort  in  das  feindliche  Infanteriefeuer  ans  der  Gegend  von 
Noisseville  her.  Die  Brigade  ging  daher  etwa  lUH)  Schritt  weiter 
rückwärts  in  eine  gedeckte  Stellung.  In  kühnem  Anlauf  war  es  den 
44eni  gtluiigen,  in  Montoy  einzudringen,  doch  mufsten  sie  der 
erdrückenden  feindlichen  Übermacht  bald  weichen.  Beim  Zurück- 
gehen wurden  sie  durch  die  zweite  Komgaguie  des  noch  in  Reserve 
befindlichen  Halbbataillons  Ziegler,  sowie  die  beiden  in  Klanville  be- 
tindliehen  Kompagnien  degagiert.    Während  des  Sammelns  war  von 

II.  /44.  Retonfay  besetzt  worden.  Näher  an  diesem  Ort  wurden  auch 
die  Batterien,  zu  denen  mittlerweile  die  der  3.  Kavallerie-Division 
gestolsen  war,  zunächst  zurückgenommen.  Weitere  Fortschritte  wagte 
der  Feind  aber  nicht  zu  machen,  auch  von  Noi.sseville  her  nicht, 
welches  ebenfalls  in  seine  Hand  geraten  war.  Gegen  8  Uhr  abends 
sammelte  sieh  der  grölsere  Teil  der  3.  Infanterie-Brigade  nordwestlieh 
von  Retonfav  an  der  Chaussee.  Die  reitende  Batterie  der  Kavallerie- 
Division  trat  zu  dieser  Zeit  in  den  \ frliand  ihrer  Division  zurück, 
welche  links  neben  der  dann  hei  Tetit  Marais  lagernden  Brigade 
-Memertv  zwischen  ket<uifav  und  Glattigny,  östlich  der  Stralse 
St.  Barbe-Pansre  abg'esessen  stand.  Man  befand  sich  hier  nur 
etwa  ^4  ^If'ilc  von  dem  franziisischerseits  besetzten  Dorfe  Flan- 
ville  entfernt.  Dasselbe  war  zwischen  7  und  Va^  Uhr  geräumt 
werden,  ohne  dafs  man  an  mafsgebender  Stelle  zunächst  Kenntnis 
davon  hatte.  Sobald  solche  aber  vorlag,  wurden  die  (5.  und  7.  Kom- 
pagnie unter  Hauptmaim  May  in  eine  Stellung  östlich  Flanville  ent- 
sandt, in  welche  sie  um  1  Uhr  nachts  einrückten.  Bereits  früh 
'/a4  Uhr  erging  fUr  die  3.  Kavallerie- Division  indes  der  Befehl, 


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264 


Die  8.  KavaUerie-Divisioii  im  Kriege  1810—71. 


wieder  an  die  Seille  abzurücken.    An  ihre  Stelle  traten  demnächst 
die  mittlerweile  bei  St.  Harbe  Tereinig:t*>n  7  Eskadrons  des  G.  Dra- 
jroner-  und  des  1.  Reserve- Dragoner-Kegiments.    Als  die  auf  Vor- 
posten gewesene  1.  Eskadron  der  7.  Ulanen   beim  Abmarsch  der 
Division  herangezogen  wurde,  erhielt  sie  Artilleriefeuer.   Die  Division 
traf  om  11  Uhr  wieder  in  ihren  früheren  Stellungen  ein.    Ihre  Ver- 
luste in  der  Schlacht  bei  Noisseville  am  :)1.  August  hatten  I  Offizier, 
1:J  Mann  und  14  Pferde  betragen.   Davon  entfallen  auf  die  i3.  Ulanen 
Major  Poten  und  2  Mann  tödlich  verwundet,  3  Mann  verwundf  t  und 
1  Mann  vermifst,  aüfserdem  tot,  verwundet  und  vermifst  8  Pferde, 
auf  die  14.  Ulanen  1  Mann  tot,  4  Mann  verwundet,  6  Pferde  tot 
nnd  verwundet  und  auf  die  Batterie  zwei  Mann  verwundet.    Da  nan 
aber  das  weitere  Vorgehen  des  am  27.  August  nachmittags  auf  Briej 
in  Marsch  gesetzten  II.  Armeekoq)s,  wie  auch  dos  lU.  auf  Etain 
mittlenveUe  sistiort,  somit  auf  eine  Bereitstellung  dieser  Korps  bei 
Damvillers  verzichtet  worden  war,  kounte  den  Vorgängen  auf  dem 
rechten  Moselufer  eine  um  so  gröfserc  Beaebtung  gesobenkt  werden. 
Um  hier  allen  Eventualitäten  zu  begegnen,  war  am  1,  September 
das  VII.  Armeekorps  auf  Mercy  le  Haut  in  Marsch  gesetzt,  aber  an 
der  Seille  bei  Poumoy  la  Chetive  sebon  angehalten  worden.  Bei  Pouilly 
hatte  es  die  28.  Infanterie-Brigade  gegen  Mets  vor  sich.  An  die  Stelle 
der  2.  Infanterie-Division,  die  an  ihr  Korps  nach  Retonfay  demnächst 
herangezogen  wurde,  trat  zur  Deckung  des  Bahnhofes  Courcelles, 
sowie  der  Stralsburgerstrafse  das  damals  aus  der  17.  Infanterie- 
Division  und  der  2.  Landwehr-Division  unter  dem  Befehl  Seiner 
Königlichen  Hoheit  dem  Grofeher/og  von  Mecklenburg-Schwerin  neu- 
gebildete XIIL  Armeekorps.   Au  dieses  schlols  sich  bis  Marly  hin 
das  Vn.,  an  dessen  Stelle  am  ö.  September  zu  beiden  Seiten  der 
Mosel  das  Vlli.  trat.   Zur  selben  Zeit  siedelte  die  3.  Kavallerie- 
Division  von  Pontoy  nach  Coin  les  Cuviy  ttber.    Das  Gros  der 
1,  Kavallerie-Division  war  bereits  am  2.  vom  linken  Moselufer  nach 
Fey   verlegt  worden.     Beide  Kavallerie-Divisionen    worden  dem 
MI.  Armeekorps  zugeteilt.    Man  erwartete  nämlich  von  Montigny 
her  einen  Durchbrueh  der  um  Metz  eingeschlossenen  feindlichen 
Kavallerie,  der  erforderlichenfalls  General  v.  Hartmann,  der  Komman- 
deur der  1.  Kavallerie-Division,   mit   beiden  Kavallerie-Divisionen 
entgegentreten  sollte.    Der  3.  Kavallerie-Division  fiel  im  übrigen 
der  Öicherungs-Absehnitt  Marly — Augny  zu.  sie  verband  also  die 
Vorposten  des  VII.  und  VIII.  Korps.    Von  diesem  befand  sich  das 
9.  Husaren-K egiment  der  16.  Division  versammelt  in  und  bei  Gros  VeuXt 
woselbst  es  ebenfalls  zn  dem  erwarteten  Ka\  alleriekampfe  sich  bereit 
hielt   Der  Gedanke  an  ein  derartiges  KavalleriedneU  war  ja  sehr 


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Die  d.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71. 


265 


ritterlieh,  dwom  aber  noeh  lange  nieht  taktisch  richtig.  Id  taktischen 
Dingen  mnb  die  Ritterlichkeit  yor  der  Zweekmälfiigkeit  völlig  zorttek' 
treten,  wenn  man  nicht  die  schlimmsten  Erfahrungen  machen  wUL 
Unseres  Erachtens  wäre  es  taktisch  das  einzig  Richtige  gewesen^  die 
etwa  ans  Metz  benrorbrechende  Kavallerie  vor  die  Flintenläafe  und 
Kanonenrohre  der  vordersten  Verteidigongslinie  zn  nehmen,  was 
dorch  diese  hindnrchkam  vor  die  nächste  n.  s.  w.  Das  allein  hätte 
die  Gewähr  gegeben,  nur  Trümmer  entkommen  zu  sehen.  Nicht  so 
wäre  das  beim  Entgegentreten  mit  Kavallerie  gekommen.  Durch  diese 
wäre  das  Feuer  der  anderen  Waffen  maskiert  worden,  ganz  abge- 
sehen von  den  Verlusten,  die  notwendigerweise  auch  unsere  Kavallerie 
bei  einem  Kavalleriekampfe  hätte  erleiden  müssen. 

Der  Vorpostendienst  wurde  in  dieser  Zeit  derart  gehandhabt, 
dafs  eine  Eskadron  die  Sieherun«;  in  vorderster  Linie  bei  Au^y 
versah  und  eiiif  andere  bei  Haute  Rive,  die  frleichzeitig  die  Ver- 
bindiinir  mit  Mariy  hielt,  während  2  Eskadrons  als  das  Gros  nach 
wie  vor  l)ei  hezw.  in  Prayelie  sich  betaiuleu.  Als  ain  8.  September 
Leutnant  v.  Pfannenberg  von  den  auf  \ Orposten  befindlichen  7.  Ulanen 
mit  einer  Patrouille  gv^en  die  Papeterie  vorritt,  t  rhielt  er  auf  iiürliste 
Entfernung  von  dort  Feuer.  Der  Offizier  wurde  durch  einen  Schufs 
am  Fufsg-elenk  schwer  verwundet.  Die  Franzosen  waren  jetzt  leider, 
zu  unserem  Nachteil,  von  ihrer  Manier  des  Schiefsens  —  selbst  auf 
einzelne  Reiter  —  aul  weite  Entfernung'  ahgekonmien.  Dazu  wurde 
durch  anhaltendes  Re^renwetter  der  Vorpostendienst  aufserordentlich 
erschwert.  Als  dann  aber  am  10.  September  das  XIII.  Armeekorps 
zur  Sicherung  des  Landstriches  westlieh  der  Mosel  aus  der  Ein- 
schliefsungsarmee  wieder  ausschied,  das  durch  3  Landwehrbataillone 
verstärkte  I.  Armeekorps  sieh  bis  an  die  Strafse  von  Ars-Laquenexy 
nach  Metz  ausdehnte,  das  \  II.  ihm  links  unmittelbar  angeschlossen 
und  das  ganz  in  den  Raum  zwischen  Mosel  und  Scille  gezogen 

wurde,  hörten  vom  12.  ab  bei  so  verdichteter  Linie  die  selbständigen 
Vorposten  der  Kavallerie-Division  auf.  Teile  derselben  wurden  indes 
seitens  des  VIII.  Armeekorps,  dem  die  Division  nunmehr  unterstellt 
war,  regelmafsi;r  zum  Vorpostendienst  der  Divisionskavallerie  mit 
herangezogen.  Die  8.  Kürassiere,  die  davon  befreit  werden  mnfsten, 
l>ezogen  dauerndQuartiere  in Rouxi^res-sous-Froidmout, sowie Longeville 
les  Cheminot,  vom  12.  Oktober  ab  in  Luppy.  Die  9.  Husaren  mar- 
schierten mit  3  Eskadrons  am  11.  mit  der  Brigade  Rex  (32.1  nach 
Coin  les  Cuvrv.  die  vierte  mit  der  Vorpo.sten-Brigade  Gneisenau  (31.) 
nach  Haute  Rive,  wosen)st  auch  eine  Ulanen-Eskadron  demnächst  sich 
befand.  Der  Voqmstenabschnitt  der  16.  Division  er.streckte  sieb  bis 
Aogny,  dort  schlois  der  der  15.  sich  bis  zur  Mosel  an.    Der  Stab 


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266  ^     Kftvalleile-Diviflioii  im  Krieg«  t870— 71. 


der  ersteren  lag  iu  Cn?iy,  der  der  letzteren  in  Gros  Yeuz,  das 
Generalkommaiido  in  Jony  ans  Arches.  Bei  der  15.  DiTision  war 
die  VoipostenauÜBtellaDg  eine  fittgelweise.  Die  Brigade  Strabberg 
(80.)  gab  Ton  Jony  ao8  die  Voiposten  von  der  Mosel  Uber  Polka 
Ferme  bis  (My  Fenne  nnd  Frescaty;  die  Brigade  Bock  (29.),  bei 
der  sich  die  2.  leichte  und  2.  schwere  Batterie  sowie  2  Eskadrons 
K0Dig8*Hiisaien  (7.)  mit  dem  Stabe  und  eine  Sappenrkompagnie  be- 
fanden, hatte  ihre  Stellung  Torwttrts  Aogny  an  die  der  30.  Brigade 
links,  nnd  die  der  31.  rechts  ansehliebend.  Die  ObersichtUchkeit 
des  Vorterrains  zwischen  dem  OebSlx  Ton  iTrescaty  ond  der 
Papeterie  gestattete  es,  dals  hier  der  Vorpostendienst  am  Tage  von 
einer  elndgen  Karallerie-Feldwaohe  yersehen  werden  konnte,  die 
ihfcrseits  nur  2  Vedetten  anstellte.  Die  Brigaden  der  16.  Diyision 
nnd  die  Begimenter  der  KaTallerie-DiTision  lOsten  in  regehnftCngem 
Tnmns  in  der  Gestellfing  der  Vorposten  einander  ab.  Es  sei  Übrigens 
bemerkt,  dab  sn  jener  Zeit  die  InfiBaiterie-DiTisionen,  wenigstens  des 
VIIL  Korps,  75  Gbassepotgewehre  ihrer  grOfseren  Tragweite  halber 
snr  Verwendung  im  Vorpostendienst  eingehilndigt  erhielten.  Das  die 
Vorposten  stellende  Regiment  der  8.  KaTallerie  -  Division  quartierte 
nach  CnTiy  nnd  hatte,  wie  wir  bereits  gesehen  haben,  eine  Eskadron 
In  Hante  Rtre  und  aofterdem  je  eine  ftr  die  15.  Division  in  Tnillerie 
nnd  Sombzy.  Im  ttbrigen  waren  abwechselnd  von  ihr  belegt  Ponmoy 
la  ChetiTe,  Coin-snr^ilie,  LolylUe,  Siliegny,  Lony,  Mardigny  und 
Marieolies,  woselbst  sich  seit  Mitte  des  Monats  das  DiviBtonsstabs- 
qnartier  befand.  Die  1.  Kavallerie-Division  war  nm  dieselbe  Zeit 
nach  Pontoy  verlegt  worden  nnd  unterstand  dort  dem  VIL  Korps. 
Anch  das  Franktireortum  machte  sich  im  Rücken  des  Einschliebnngs- 
heeres  hier  und  da  geltend.  So  wurde  am  80.  September  im  Walde 
von  Lony  auf  den  Oberstleutnant  von  Pestel  nnd  seinen  Acyntanten 
geschossen,  wofür  den  umliegenden  Orten  eine  Geldstrafe  anferiegt 
wnrde.  Laut  Allerhöchster  Kabinetsoidre  vom  12.  September  d.  d. 
Belms  war  der  Oberbefehlshaber  der  L  Armee,  General  v.  SteinmelB, 
unter  Ernennung  zum  Generalgouvemenr  von  Posen,  Beieich  des 
V.  und  VL  Armeekorps,  seines  Kommandos  enthoben  worden.  Die 
Truppen  der  L  Armee  traten  zunächst  unmittelbar  nnter  die  Befehle 
des  Oberkommandos  des  EinscblielsungsheeieB. 

Am  1.  Oktober  hatten  das  L,  VII.  nnd  VUL  Armeekorps  zur 
Verstärkung  der  nördlichen  Einschlielisnngsiront  sich  derart  nach 
rechts  zusammenzuziehen,  dafo  letzteres  den  Abschnitt  von  Poui%  bis 
Meroy  le  Haut  einnahm.  Das  IL  Armeekorps  besetzte  dahhoigegen 
den  Raum  zwischen  Seille  und  MoseL  Die  8.  Kavallerie  -  Division 
siedelte  zwar  mit  in  den  neuen  Bezirk  des  VIIL  Armeekorps  ttber, 


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Die  3.  Kavallerie- Di visiua  iiu  Kriege  1870 — 71. 


267 


beendete  aber  ihie  kriegezlaehe  Tbätigkeit  tot  Mets,  dieselbe  etstreokte 
gieb  nnnmebr  auf  die  aiusoblielslicbe  Pflege  des  stark  mitgenommeDeii 
Materials  in  ganz  smitokgezogeuen  nnd  weitUlofigen  Kantonnements. 
Der  Stab  der  a  KaTallerie-Diilson  wnide  b  Basse-Beoz  nntergebraefat, 
sOdOstUcb  davon  lag«in  znnttebst  im  allgemeinen  die  Kantonnements 
der  6.,  wesffieb  die  der  7.  Brigade.  Der  Sitz  des  Generalkommandos 
befand  sieh  in  Cb6risey.  Anf  dem  reehten  Flttgel  des  Abschnittes 
stand  mit  einer  Brigade  in  d^  vorderen  Linie  und  zwar  von  Merey 
le  Haot  bis  Frontigny,  mit  der  andern  geschlossen  bei  Courcelles 
die  15.  DiTision,  auf  dem  linken  mit  den  Brigaden  nebeneinander 
▼on  Gfaesny  bis  vorwärts  Ponilly  die  16.  Division. 

Es  mag  hier  eine  Stelle  aas  der  Schrift  ,,Kofs  und  Reiter'* 
eines  Angehörigen  der  3.  Kavallerie-Division,  nämlich  des  damaligen 
Bittmeisters  v.  Kaisenberg  der  14.  Ulanen  wörtlich  Platz  finden,  die 
recht  treffend  wiedersieht,  wie  man  die  so  weni^  zweckentsprechende 
Verwendung  der  :i.  Kavallerie-Division  schon  damals  empfand.  „Die 
Katastrophe  bei  Metz  nahte  heran  —  leider  aher  mulste  unsere 
Kavallerie  -  Division,  obgleich  sie  dort  laugst  ganz  ülH'rflUssig  war, 
noch  immer  in  ihrem  Kantonnement  hinter  der  Iiiluiiterie  liegen, 
bleiheu.  Das  war  eine  Zeit,  wo  unser  Troupierversiand  einmal 
wieder  nicht  ausreichtt?  und  man  sich  die  Intelligenz  eines  General- 
stäblers gewünscht  hätte,  um  sieh  die  Frage  zu  beaiitwurten:  ,, Wes- 
halb bleiben  wir  hier,  sind  wir  nicht  jetzt  au  anderer  Stelle 
vielleicht  nötiger  und  konnten  dort  den  eigeullielieu  Zweck 
der  Kavallerie  besser  erfüllen?*'  Wir  wufsten  alle,  dnls  l)e- 
reits,  seit  Mitte  des  Mouats,  da  oben  im  Norden  bei  (  aiubrai  herum, 
eine  neue  Armee,  die  französische  Nord- Armee,  in  der  Organi- 
sation begriffen  sei,  die  Paris  entsetzen  sollte.  Wäre  es  nicht  eine 
ideale  Aufgabe  für  die  Kavallerie-Division  gewesen,  dahin  zu  gehen, 
um  diese  Organisation  zu  erschweren?  Hätten  wir  die,  auf  Gambetta  s 
Ruf  zu  den  Waffen  eilenden  Mannschaften  nicht  hindern  kijunen. 
ihre  Cadres  zu  erreichen?  —  Wenn  wir  die  Formation  aber  vielleicht 
auch  nicht  ganz  unterdrücken  konnten,  da  die  kleineren  Festungen 
in  der  Gegend  dort  immerhin  einen  Stützpunkt  tür  die  französische 
Armee  boten,  so  hätten  wir  jedenfalls  unter  geschickter  Leitung  die 
Entwickelung  verzögern,  Verwirrung,  Unruhe  und  Einschüchterung 
in  der  Bevölkerung  hervorrufen  können.  Diese  Aufgabe  wäre  uns 
noch  dadurch  erleichtert  worden,  dals  Faidlierbe  imr  eine  ganz  ge- 
ringe, durchaus  minderwertige  Kavallerie  besafs,  die  wir  später  nur 
bisweilen  am  fernen  Horizont  erblickten.  Welche  Aufgabe  wäre  das 
für  einen  genialen  lieiterfUhrer  gewesen I  Das  war  einmal  eine 
Greiegenheit  für  das  Genie,  aber  leider  war  kein  solches  vorhanden^ 


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268 


Die  8.  KaTallorie-Divlaloii  im  Kriege  1870—71. 


obgleich  die  Beispiele  in  der  Eriegsgeschielite  dasa  nicht  fehlten. 
Man  denke  nor  an  den  General  Sherman  —  oder  Staart,  der  Verf., 
—  in  dem  nordamerikanischen  Kriege,  der  doreh  weite  Umgehang 
des  Feindes  in  dem  Rücken  der  feindliehen  Armee  Unmhe  and 
Schrecken  Terbreitete*^  ,,Wir  da  oben  im  Norden  besafsen  nicht 
solchen,  —  nämlich  emen  genialen,  der  Verf.,  —  Ftthrer,  die  unseren 
hatten  sich  leider  das  Wort:  „Erst  wägen,  dann  wagen",  an 
sehr  zam  Prinzip  gemacht  uid  da  wogen  sie  denn  so  lange,  bis 
der  Moment  zum  Wagen  längst  vorttber  war.  Unsere  Division 
wurde  endlich  nach  dem  Falle  der  pacelle  Mets  frei,  wir  marschierten 
weiter.  —  Aber  bei  Leibe  nicht  etwa  nach  Amiens,  nein,  whr  trieben 
«rst  no<^  14  Tage  lang  Franktireorbaoden  in  den  Argonnen  uid, 
nachdem  wir  von  denen  einige  hundert  „Dn mm e"  gelingen,  kamen 
wir  im  November  anf  unserem  nördlichen  Kriegsschanplatm  an. 
General  Faidherbe  war  inzwischen  mit  seinen  Rttstongen  httbscb 
fertig  geworden,  nan  konnte  das  Spiel  beginnen.  Und  es  begann 
dann  auch  and  dauerte  die  langen  Wintermonate  hindurch.  — 
Wir  froren  in  dem  sonnigen  Frankreich  wie  die  Schneider.  Ich 
hatte  fast  innner  während  dieser  Monate  das  Glück,  aus  dem  grolsen 
Haufen  herauszukommen  und,  wenn  auch  solch  Schleierbilden,  das 
meine  Aufgrabe  immer  dicht  am  Feinde  war,  zu  dem  Anstrengendsten 
und  Aufrofcendsten  ciiirs  Krie^res  <:eh<1rt.  so  ist  die  Selbstständig- 
keit dabei  doch  eine  iiicbt  zu  uutcrschiit/cnde  Sache.  Wir  schimpften 
daher  gehörig',  wenn  wir  einmal  /u  den  1  leischtöpfen  Ag^pteub,  zu 
dem  Stabe  nach  Amiens,  zurückkehren  muisten.*' 

Die  Kavallerie  ist  überall  da  nicht  am  Platze,  wo  sie  sich  ihres 
Elements,  d.  i.  der  Freiheit  der  Bewegung  beraubt  sieht.  Erschien 
es  notwendig,  zunächst  vor  Metz  auch  Kavallerie-Divisionen  zurück- 
zulassen, um  so  mehr  man  bei  der  Maas-  und  III.  Armee  ja  auch 
über  deren  8,  die  bayerische  und  wUrttembergische  Kavallerie  noch 
gar  nicht  einmal  gerechnet,  verlügte,  so  wäre  doch  nach  Sedan  der 
Zeitpunkt  gewesen,  die  Kavallerie-Divisionen  vor  die  Lösung  grolser 
selbständiger  Aufgaben  zu  stellen  und  auch  zu  solchen  die  l)ei  Metz 
nunnu  lir  in  der  That  ganz  überflüssigen  Divisionen  verfügbar  zu 
macln  11.  Denn  nach  der  Eiuschiielsung  von  Paris  galt  es  der  Er- 
füllung gt'wu  iiliger  Aufgaben,  die  hauptsächlich  der  Niederhaltung 
des  Landes,  also  inslH-ondere  der  Entwaffnung  desselben  galten. 
Ein  zukünftig(^r  Krieg  wird  zweifellos  eine  selbständige  und  selb.st- 
thätige  \  erwendung  der  Kavallerie  in  gröfstem  Stile  vorsehen.  Man 
rechne  aber  dabei  nicht  auf  Führer-Genies,  sondern  gebe  einer  mög- 
lichst grolsen  Zahl  höherer  Kavallerie  -  Üftiziere.  die  Wissen  und 
KüDoeu  in  sich  vereinigen,  fort  und  fort  Gelegenheit  ihre  ubrertaleute 


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Die  3.  KavaUehe-Divisiuu  im  Kriege  1870 — 71. 


269 


weiter  zu  TerroUkommnen  and  sieh  so  auf  den  Erie^  mit  seinen  erböbteo 
AnfordeningeQ  Torzabereiten.  Aber  aoob  der  Trappe  mois  Gelegen- 
heit werden,  sich  dorob  zweclientspreehende  Ubongen  anf  die 
girolsen  Aufgaben  Tonnbereiten,  welebe  die  bentiige  Kriegsflüining  an 
sie  stellen  wird.  Sie  mafs  beninter  Ton  den  den  Wirkungskreis 
beengeodra  Uebongsplftteen  und  In  dem  Znrlleklegeu  groiser  Ent- 
fernungen unter  mtfgliebst  erschwerenden  Umstünden  gettbt  werden. 
Gans  ImproTisiren  lassen  sich  ja  derartige  Uebangen  nicht,  aber  je 
weniger  die  Troppe  vorher  davon  weifs,  einen  nm  so  besseren 
Wertmesser  werden  sie  fXkr  die  Ausbildung  geben  and  erkennen 
lassen,  woran  es  bei  dieser  Qocb  fehlt  und  worin  noch  mehr  geleistet 
and  gefordert  werden  muls. 

Wie  mau  in  ganz  Frankreich  zur  Fortsetzung  des  Krieges  bis 
aufs  äufserste  rüstete,  so  auch  im  Norden.  Von  dort  war  zunächst 
der  Hauptstadt  des  Landes  alles  zugeführt  worden,  was  der  Ver- 
teidigung derselben  von  Nutzen  sein  konnte.  Diese  aus  allen 
Richtungen  nach  Paris  stattfindenden  Zufuhren,  wären  ja  keineswegs 
ganz  zu  vt-rliindern  gewesen,  sie  hätten  aber  wesentlich  einires('}ir;iiikt 
werden  können,  wenn  man  die  Kavallerie  -  Divisionen  der  Hl.  und 
Maas- Armee  unnuttelbar  nach  St'dan  in  die  Gegenden  nördlich  und 
südlich  von  Paris  entsandt  hätte.  Oh  die  Regimenter  mit  Kuralnncrn 
ausgerüstet  waren  oder  nicht  • —  bei  JSi-dan  waren  ja  übrigens  genug 
Schiefsgewehre  erbeutet  worden  —  war  ganz  gleichgültig  und  kann 
als  Rechtfertigung  l'Ur  die  l^iiu  rlassung  einer  so  wichtigen  Entsendung, 
wie  das  in  einer  Besprechung  untrerer  ö.  Kavallerie-Division  geschehen 
ist,  gar  nicht  ins  Feld  geführt  werden.  Gelang  es  doch  noch.  Zu- 
fuhren abzuschneiden,  als  die  Kavallerie-Divisionen  endlieh  bei  Paris 
erschienen  waren.  Das  ungesäumte  \  orw«  rl'en  der  Kavallerie-Divisionen 
der  III.  und  Maas-Armee,  hätte  auch  den  Zeitpunkt  hezeiehnet,  die 
noch  bei  Metz  befindliehen  Ivavallerie-Divisionen  heranzuziehen,  denn 
dort  waren  sie  nicht  nur  iiberflUssig,  sondern  sogar  hinderlich,  ganz 
abgesehf'fi  davon,  dal's  ihr  fernerer  Aulenthalt  bei  Metz  dem  Material 
doch  nichts  weniger  als  zuträglieh  sein  konnte. 

Zum  General  -  Kommissar  tUr  die  4  Departements  des  Nordens 
war  seitens  der  llegierung  der  Nationalverteidigung  der  in  Lille  an- 
sässi;j:e,  sehr  geachtete  Dr.  med.  Testeiin  ernannt  worden.  Zu  seinem 
miiitarischen  liatg(d)er  hatte  dieser  sich  den  Obersten  Farre  aus- 
ersehen. Die  erste  Mafsregel  ix-stand  in  di-r  Entsendung  einiger 
tausend  schnell  zusanuneugeraflter  Mobilgarden  nach  Breteuil  und 
Moutdidier.  Dem  Deputbataillon  des  4'^.  Linienregiments  war  die 
Sicherung  der  Linie  V(m  Amiens  bis  Tergnirr  übertragen  worden, 
die  um  so  aogezeigter  war,  als  die  Mobiigardeu  sich  bald  aber 


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270  Di«  8-  KBTaUefto-DMiion  Im  Kriege  1870—71. 

sohneller  als  sie.  gekommen  wareO)  naeli  Amiens  hatten  zorttekziehen 
mttflsen.  Im  Bezirk  der  8.  MilitiiToDmBion,  zn  deren  Kommandantei^ 
am  17.  Oktober  der  General  Bonrbaki  ernannt  worden  war,  befiuideik 
sieh  die  Depots  der  Linienregimenter  24,  38,  43,  64,  65,  75  und 
91,  sowie  der  J&ger  -  Bataillone  1,  2,  17  nnd  20,  sie  alle  setzten 
sieh  ans  Reservisten,  Flttehtlingen  Ton  Sedan,  Ansgehobenen  der 
Klasse  von  1870  nnd  Kriegsfreiwilligen  zusammen.  Die  Marine 
stellte  1  Bataillon  In&nterie  nnd  3  Bataillone  Füsiliere.  An  Kayallerie 
▼eifklgte  man  nnr  noch  Uber  das  Depot  des  4.  Dragoner- Regiments 
in  Lille  nnd  ttber  kleinere  Detaohements  des  2.,  5.  nnd  12.  Dragoner- 
Regiments,  an  Artillerie  ttber  2  in  Dooal  nnd  Ulle  befindliebe  Fnfs- 
batterien  nnd  an  Pionieren  ttber  2  Geniekompagnien  in  La  Fere  nnd 
Arras.  Die  etwa  26  vorhandenen  MobilgardenbataUlone  waren  von 
ganz  zweifelhaftem  Werte.  An  Kriegsmaterial  aller  Art  mangelte  es, 
in  den  Arsenalen  befanden  sich  znr  Zeit  nnr  1587  Chassepot^^ewehre. 
Bei  dieser  Lage  der  Dinge  war  es  denn  aneh  der  Oemimngs-Armee 
vor  Paris  bis  Ende  des  Monats  Oktober  gelungen,  ihren  Okkupations- 
rayon  im  Norden  sogar  bis  zur  Lbie  Yemon  -  Gournaj  -  Brötenü- 
Montdidier-Soissons  auszudehnen. 

Es  war  aber  Zeit,  dafs  Metz  fiel,  denn  wir  werden  sehen,  wie 
auch  die  Organisation  im  Norden  fortsohritt  und  die  solideste  Armee 
sieh  bUdete,  die  die  Republik  tterhaupt  ins  Feld  gestellt  hat. 

m. 

Von  HetB  bis  AmlenB. 
Im  Hinblick  auf  den  täglieh  zu  erwartenden  Fall  von  Metz  war 
bereits  unter  dem  23.  Oktober  ans  dem  Groiben  Hanptqaartler  ttber 
die  Verwendung  der  bei  Metz  befindliehen  Streitkrilfte  derart  verfügt 
worden,  dals  die  i  Armee  —  ohne  die  1.  Kayallerie  •  Division  — 
Metz  besetzen,  Thionville  und  Montmödy  belagern,  die  kriegsgefaugene 
Armee  zu  bewachen  und  durch  Landwehrtruppen  abftthren  zu  lassen 
habe.  Im  übrigen  aber  hatte  diese  Armee  in  der  Stärke  von 
mindestens  2  Armeekorps  baldmöglichst  sich  auf  die  Linie  SL 
Quentin-Compiegne  zu  setzen.  Die  3.  Kavallerie-Division  war  bereits 
am  28.  Oktober  nach  Fresnes  en  Woevre  und  Gegend  vorgeschoben 
worden,  um  demnächst  im  Verein  mit  dem  33.  Regiment  und  den 
beiden  leichten  Batterien  der  15.  Division  die  Argonnenlandschaft 
von  den  dort  nmherstreifenden  Freischaaren  zu  säubern  und  dann  in  der 
Gegend  westlich  von  Clermont  das  Anrücken  ihrer  Armee  abzuwarten. 
Nachdem  am  2.  November  die  genannten  Truppenteile  zur  Kavallerie- 
Division  gestolsen  waren,  wurde  am  3.  die  Maas  südlich  Verdun 
(Divisionsstab  Geuieourt)  und  am  folgenden  Tage  die  Aire  (Divisions- 


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Die  8.  KAvailerie-Diviiloii  im  Kriege  1810^71. 


271 


Stab  Jnhccoart)  erreicht.  Den  Vortrab  machten  die  und  4.  Ed- 
kadron  der  14.  Ulanen  nnter  Führung  des  etatsmälsigen  Stabsoffiziers, 
des  Majors  von  Strautz.  Üfißziers})atrouillen  streiften  ge^j^en  die 
Linie  St.  Menehould  -  Grand  Pre.  zwar  hin  und  wieder  beschossen, 
ohne  indes  aut  erhebliehen  Widerstand  zu  stolsen.  Die  angestellten  Er- 
mittelungen machten  es  wahrscheinlich,  w  ie  in  dem  späteren  Bericht  des 
Generals  Graf  v.d.Groeben  gesagt  wurde,  dals  die  bis  Ende  (  >ktol)er  vor- 
gekommenen Überfälle  teils  einem  selbst  in  Friedenszeit  dort  hausen- 
den Raubgesindel  zuzuschreiben  sein,  vielleicht  auch  von  der  Festung 
Montmödy  ausgegangen  sein  könnten.  Nach  einem  Ruhetag  am 
o.  war  General  Graf  v.  d.  Groeben  in  3  Detachements  zur  eigent- 
lichen Aktion  übergegangen.  Das  Detachement  des  Generals  Graf 
zu  Dohna  (  7.  Kavallerie  -  Brigade,  111./33.  und  die  beiden  Batterien 
Vlll.  Armeekorps)  war  nach  Neavilly,  das  Detachement  des 
Majors  v.  Kemnitz  (ll./:53  und  die  1.  oder  2.  Eskadron  der 
14.  Ulanen)  nach  les  Islettes  und  das  Detachement  des  Generais 
V.  Mirus  (  G.  Kavallerie -Brigade,  I./33.  und  die  Batterie  Schräder) 
nach  St.  Menehould  dirigiert  worden.  Der  Divisionsstab  aber  ging 
naeb  Ciermont,  woselbst  sieb  2  £«ta]>peiiko]Dpagmen  befanden.  Von 
den  genannten  Punkten  aus  wurde  nun  am  7.  November  der  Wald 
seitens  kleinerer  Detachements  nach  allen  Richtungen  hin  durchstreift, 
nachdem  alle  stIdJich  Vienne  le  Chäteau  liegenden  Ortschaften  seitens 
der  Kompagnien  des  I1./33.  gleiehseitig  umstellt  und  unter  Heran- 
ziehung ihrer  Maires  abgesucht  worden  waren.  Die  Kavallerie 
nmschwännte  den  ansgedehnteo  Wald  und  unternahm  weiterans- 
holende  Rekognoszierungen  sowie  Äbsuchnngen  von  Ortsehaften. 
Alle  vorhandenen  Waffen,  und  etwa  vorhandene  nioht  ortsangesessene 
Personen  mulsten  ausgeliefert  werden.  Wenn  nun  au  eh  zahlreiohe 
Waffen  aufgefunden  wurden,  von  Banden  fand  sich  keine  Spur. 
Noeh  am  selbigen  Abend  meldete  General  Graf  v.  d.  Groeben  das 
Resultat  telegraphisch  uaoh  Etain,  woselbst  sieh  das  Oberkommando 
der  I.  Annee  auf  seiner  ersten  >farschetappe  von  Mete  gegen  die 
Oise  befand.  Der  Oberbefehl  der  1.  Armee  war  dem  General  der 
Kavallerie  Frbr.  v.  Manteuffel  zugefallen,  gleichzeitig  itthrte  er  indes 
auch  noch  bis  zum  22.  November  das  L  Armeekorps.  Am  10.  No- 
vember erbring  dann  an  die  abwartende  Kavallerie-Division  der  Befehl, 
dals  am  folgenden  Tage  naeh  dem  Eäntreffen  des  VIII.  Armeekorps 
in  und  um  Vienne  le  Chfttean  das  88.  Begiment  und  die  beiden 
Batterien  in  ihre  Verbände  inrtteksntreten  hStten.  Naeh  Bozaney 
gelangte  am  11.  die  Tmppenkolonne  des  ).  Armeekorps,  die  zur 
Zeit  nur  aus  der  8.  lnfiEuiteirie>Brigade  und  der  Korps -Artillerie,  so- 
wie 3  Eskadrons  10.  Dragoner  bestand.    Die  dnrcb  1  Batterie  nnd 


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272 


Die  8.  KAvalierie-Division  im  Kriege  1870—71. 


1  Eskadron  verstärkte  4.  Infaiiterie-Hrigrade  war  am  9.  per  Eisen- 
bahn von  Pont  ä  Mousson  nach  Soissons  und  von  dort  per  Fufs- 
marsch  zur  Helag:erung:  von  La  Fdre,  die  1.  Infanterie-Division  aber 
zu  gleichem  Zwecke  nach  M^zi^res  instradiert  worden.  Bei  dem  in 
breiter  Front  behufs  leichterer  Verpflegung  und  schnelleren  Marschierens 
stattfindenden  Vormarsch  befand  sich  die  Kavallerie  -  Division  dem- 
nächst zwischen  den  beiden  Korpsgruppen.  Sie  erreichte  am  1 1. 
Autrv.  am  Li.  8t.  Morel,  am  14.  Juniville  und  am  15.  Tagncn 
zwischen  Heims  und  Kethel.  Nach  dem  am  Ifi.  erlassenen  Befehl 
hatte  das  Vlll.  Korps  am  21.  die  (»egend  von  Compiegne  zu  er- 
reichen und  von  dort  Avantirarden  auf  Montdidier  und  Bcauvais 
vorzuschieben  sowie  Uber  Senlis  die  Verbindung  mit  der  Maas-Armee 
aufzunehmen.  Zur  selben  Zeit  hatte  die  2.  Halbdivision  nebst  der 
Korps-Artillerie  mit  der  Tete  von  Chauny  aus  No\  on  zu  besetzen  und 
nach  dem  Eintreffen  daselbst  am  22.  eine  Avantgarde  auf  Amiens 
vorzuschieben.  Auf  eine  Ausdehnung  des  rechten  ArmeeflUgels  bis 
St.  Quentin  war  somit  verzichtet  worden.  Die  3.  Kavallerie-Division 
hatte  aus  der  (regend  von  Coucv  le  Tbateau  aber  bereits  am  2U. 
die  Oise  bei  Chauny  und  Noyou  zu  Überschreiten,  so  die  reclile 
Flanke  der  Armee  zu  gewinnen  und  aus  dem  Bezirk  Villequier  au 
Mont-Guiscard-Noyon  deren  Deckung  bis  auf  weiteres  zu  tibernehmen. 
Dazu  wurden  ihr  das  8.  .läger-Batailion  und  die  1.  reilende  Batterie  VIII. 
(Hauptmann  v.  Fuehsius)  überwiesen,  desgleicheti  dns  1.  Jäger- 
Bataillon,  welches  von  Mezieres  in  H  Märschen  Guiscard  zu  erreichen 
hatte.  Die  Kavallerie  -  Division  sollte  auf  St,  Quentin,  Arras  und 
Amiens  erkunden  und  Nachrichten  Uber  Stärke,  Aufstellung  und 
Bewegungen  der  feindlichen  Nordarmee  einziehen,  deren  Hauptkräfte 
nach  den  letzten  darüber  eingegangenen  Nachrichten  zwischen  Lille 
und  Ronen  anzunehmen  seien,  Meldungen  waren  nicht  nur  an  das 
Kommando  der  Kavallerie  -  Division,  sondern  auch  direkt  in  das 
Hauptquartier  zu  erstatten.  Bei  dem  Marsche  Uber  die  Linie  Scdssons- 
Laon  hinaus,  also  vom  20.  ab,  waren  zwar  vermehrte  Sicberheits- 
raafsregeln  empfohlen,  im  übrigen  aber  weitere  Rücksichten  auf  die 
Bequemlichkeit  der  Truppen  zu  nehmen.  Alle  benachbarten  Truppen- 
teile hatten  unter  einander  Verbindung  zu  halten  und  alle  Vor- 
kommnisse von  Belang  sich  gegenseitig  mitzuteilen.  Die  der  Kavallerie- 
Division  zufiüienden  Aufgaben  waren  d.  d.  l^raine,  den  LS.  November, 
nach  Art  einer  Direktive  in  folgenden  3  Pankteu  Bnm  Ausdruck  ge- 
bracht worden: 

1,  V^erschleiernng  des  Aofinarsches  der  Armee  und  möglichst 
schnelle  Anfklämng  aUer  Verbältnisse  auf  feindlicher 
Seite. 


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Die  3.  Kav&Uerie-Diviaioa  im  Kriege  1Ö70— 71. 


273 


2.  Niederhalten  des  feiiidlichtn  Landes  durch  Truppenenttaltung 
und  vorübergehende  Okkupierung  gröfserer  Ortschaften. 

3.  Täuschung  des  Feindes  durch  wechselndes  Erscheinen  von 
Kolonnen  gemischter  Waffen  in  verschiedenen  Gegenden. 

Dann  heilst  es  wörtlich:  ..Die  gleichzeitige  Lösung  aller  3  Aufgaben 
wird  durch  blofse  Üetachierung  kleiner  Rekognoszierungstrupps  oder 
von  Offizierpatronillen,  selbst  wenn  sehr  weit  vorpoussiert,  nicht 
erreicht;  sondern  es  gehört  dazu  aulserdem  die  Absenduni:  sogenannter 
fliegender  Kolonnen,  welche  in  sieh  eine  gewisse  Anuriffs-  und  Ver- 
teidigungsfähigkeit besitzen.  Es  wird  also  jedenfalls  die  Jägerwaffe 
darin  vertreten  sein  rallssen.  welche,  wenn  die  Mauuschatt  auf 
requirierte  Wagen  gesetzt  wird,  den  Hewegungefi  der  Kavallerie 
auch  auf  stärkeren  Märschen  zu  folgen  und  deren  Uückzug  durch 
Besetzung  von  Defileeti  zu  sichern  vermag.  Ks  ki>niiten  solchen 
Kolonnen  auch  einige  (ieschUtze  beigegeben  werden,  was  namentlich 
für  die  Aufgaben  2  und  3  nur  förderlich  sein  kann.  ISolche  fliegende 
Kolonnen,  in  den  Hauptrichtungen  auf  St.  Queutin,  Arras,  Amiens 
and  Montdidier  einen  Tagemarsch  und  darüber  vom  Oms  der  Division 
aus  vorgesi'h(>l)en.  würden  also  in  ihrer  Gesamliuit  eine  vordere 
Staffel  derselben  darstellen,  von  welcher  aus  die  kleinei  en  Kekognos- 
zierungstrupps  und  Patrcmillen  vorgehen.  Diese  letzteren  können 
dann  um  so  weiter  vorgreift  ii  und  um  so  bessere  Nachrichten  bringen^ 
da  sie  an  den  mobilen  KobMincu  ihren  KUckhalt  linden.  Die  Ka^  allerie- 
Division  hat  sich  unmittelbar  vor  und  bei  Beginn  des  Feblzup-s 
besondere  Anerkennung  dadurch  erworben,  dals  durch  kleine  Oftizier- 
patrouillen  gute  Nachrichten  vom  Feinde  besch.iflft  wurden.  Das 
Verhältnis  ist  aber  jetzt  ein  anderes.  Damals  kannte  man  im  Grofsen 
und  Ganzen  Stärke,  Formation  und  Aufstellung  des  Feindes;  sein 
Vorpostendienst  war  schlecht,  die  Einwohnerschaft  ruhig.  .letzt 
stehen  wir  einem  vielleicht  geringeren  Feinde  gegenüber,  dessen 
Formationen  aber  neu  und  uns  daher  meist  unbekannt  sind,  der  es 
uns  nach  seinen  gemachten  Erfahrungen  an  Wachsamkeit  gleich  thun 
wird.  Wir  befindeu  uns  in  einem  in  der  Insnrgierung  begriffenen 
Lande,  wo  man  gewärtig  sein  muls,  dafs  jetzt  noch  mit  unter- 
geschlagenen Armen  dasteiiende  Bauersleute  sich  hinter  unserem 
Rücken  in  Franktircois  Tcrwandeln.  Die  bei  richtiger  Anwendung 
80  empfehlenswerte,  meilenweite  Entsendung  einzelner  Offiziere  nnd 
Heiter  bedarf  in  solchem  Lande  besonderer  N'orkehrungen,  um  sie 
Dicht  nutzlos  zn  gefährden.  Jede  Patrouille,  jeder  Pleiter  bedürfen 
hier  in  gewisser  Entfernung  eines  liUckbaltSy  damit  niobt  er  nnd 
mit  ihm  seine  vielleicht  wichtigen  Mitteilungen  verloren  geben.  Es 
ist  freilich  in  neuerer  Zeit  vorgekommenf  dafe  selbst  Kompagnien 


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274 


Die  3.  KavaUerie-DiviBion  im  Kriege  1870—71. 


und  Eskadrons  überfallen  and  aufgehoben  worden  sind,  wie  z.  B. 
die  Etappenkommandos  in  Stenay  n.  a.  0.  Aber  auch  in  dieser 
Hinsicht  liegt  die  Sache  hier  anders.  Um  einen  Überfall  zu  be- 
schliefsen,  einzuleiten  und  auszuführen,  bedarf  es  einiger  Zeit, 
Stabile  Aufstellungen,  wie  Etappenkommandos,  welche  sich  gewisser- 
mafsen  häuslich  eingerichtet  und  wohl  nicht  wochenlang  immer  den- 
selben Grad  an  Wachsamkeit  bewahrt  haben  mögen,  sind  dergleichen 
Überfällen  eher  ausge^^etzt;  sehr  viel  schwieriger  sind  sie  gegen 
mobile  Koloiiiu  n.  welche  sich  nur  eine  Nacht  in  demselben  Orte 
belinden.''  Auf  diese  Instruktion  werden  wir  zuniekkommen,  wenn 
uns  erst  der  Gang  der  Ereignisse  bekannt  geworden  ist. 

Von  Coucy  le  Chateau  gingen  bereits  am  19.  November  Er- 
kundungen von  verschiedener  Starke  Uber  die  Oise  und  zwar 
Uber  Coini)iegne  und  Noyon  zu  je  60  Tterden  und  Uber  Chauny 
auf  (Uiiscard-Ham,  gegen  St.  Quentin  in  l*atrouilleustarke.  IJas  ganze 
dclamU'  südlieh  der  Linie  La  F^re-Roye  bis  zu  letztgenanntem  Orte 
wurde  frei  vom  Feinde  gefunden,  dagegen  erhielten  die  weiter  nörd- 
lich vorgedrungenen  Patrouillen  bei  liam  und  in  dem  eine  Meile  süd- 
östlich davon  gelegenen  Dorfe  Cugny  Feuer.  Der  im  Dorfe  Flavy 
zurückgelassene  Meldedoppelposten  der  7.  Ulanen  (Ulanen  Barth  und 
Hecker  I.)  war  aufgehoben  worden.  Ham  sollte  von  Franktireurs 
und  Moliilgarden  besetzt  sein.  In  Ham  befanden  sich  zur  Zeit  ein 
Bataillon  Franktireurs  Volontaires  de  la  Sorame  und  das  von  Amiens 
gekommene  II.  Bataillon  der  iMobilen  du  Gard  nebst  einer  Sektion 
Artillerie.  Im  ganzen  waren  es  140U  Mann  unter  Befehl  des 
Kommandanten  Krafft.  Am  19.  früh  L'hr  war  derselbe  gegen  La 
Fere  vorgegangen,  um  den  deutscherseits  besetzten  Ort  Vouel  zn 
Ubertallcn.  Dazu  war  das  tranzösisehe  Detachement  in  2  Kolonnen 
geteilt  worden.  Die  eine  wurde  bei  Mennessis  in  die  Flucht  geschlagen, 
die  andere  in  Vouel  ihrerseits  überfallen.  Es  gelang  zwar  den  dort 
sorglos  eingerückten  Franzosen  die  beiden  Geschütze  zu  retten,  der 
Munitionswageu  aber  ging  verloren.  Am  20.  November  erreichte  die 
Kavallerie-Division  mit  je  einer  Brigade,  2  Kompagnien  Jäger  und 
1  Batterie  Guiscard  und  Chaunv.  Der  Bataillons  war  dem  Divisions- 
Stab  attachiert.  Auf  St.  Quentin,  Penmne,  Amiens  und  Bretenil  wurde 
rekoirnosziert.  Das  am  folgenden  Tage  nach  Ham  vorgehende 
Detachement  bestand  aus  2  Eskadrons  .5.  Ulanen,  3  Eskadrons 
7.  Ulanen,  der  3.  Jägerkompaguie  und  2  Geschützen  der  reitenden 
Batt<'rie  \  III.  Korps,  ihm  hatte  sich  der  Divisions-Kommandeur  an- 
geschlossen. Die  Mobilgarden  in  der  angeblichen  Stärke  von  151H)  Mann 
und  2  Geschützen  waren  in  der  Nacht  vorher  auf  der  Eisenbahn  nach 
Amieos  abgefahren.  Die  Jägcrkompagnie,  die  I.Eskadron  der  5.  Ulanen, 


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Die  8.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71. 


275 


die  2.  und  4.  der  7.  Ulanen  nnd  die  beiden  Geeohfltw  blieben  nnler  dem 
Rommandeor  der  Jäger,  Msgor  von  Oppeln-Bronikoweki  In  Hain.  Der 
gegen  P6ronne  ndt  einer  Patronüle  Torgehende  Leateanl  t.  fielldoift 
der  5.  Ulanen  erlüelt  unterwegs  Feaer,  dnreh  welehes  er  dn  Pferd  tot 
nnd  eins  yerwnndet  verior.  Das  am  22.  naebRoye  rOekendeDetaebement 
bestand  ans  dem  14.  Ulanen-Begimente,  der  4.  Jägcrkoiupaguie  nnd  sswei 
GesebtttM  ebenfiillB  TOn  der  reitenden  Batterie  des  VUL  Korps. 
Die  bis  In  die  Hdhe  von  Beanconrt  Torgebende  Eskadron  der  14. 
Ulanen  entsandte  eine  Patrouille  ttber  Domart  gegen  den  Wald  von 
Grentelles.  Sie  brachte  in  Erfahrang,  dals  Amiens  nnd  Umgegend 
TOD  17000  Mann  aller  Waffen  besetzt  sei.  Fortwährende  Yerstärknngen 
tritfen  Ton  Ronen  nnd  Lille  ein.  Die  Gegend  bis  St.  Qoentin  und  gc^^en 
Peronne  hin  war  vom  Feinde  frei,  aus  den  Dörfern  bei  Montdidier 
aber  war  seitens  Franktireurs  auf  die  Patrouillen  geschossen  worden. 

Unter  Heranziehung  der  5.  Ulanen-Eskadron  aus  Harn,  welches 
von  den  anderen  dort  befindliehen  Truppeu  zur  Sicherunj;  der  rechten 
Flanke  der  Armee  besetzt  blieb,  rückte  General  Graf  v.  d.  Groeben 
mit  dem  Gros  der  Kavallerie-Division  am  2.'{.  ISoveraber  nach  Roye 
und  Gegend,  das  dortige  Detachemeut  aber  weiter  gegen  Amiens 
vor.  Das  Dorf  le  Quesnel  wurde  um  '/,2  I  hr  erreicht  und  ebenso 
wie  die  nächst  demselben  gelegene  Waldparzelle  besetzt  gefunden. 
Nach  Lehautcourt  hatte  man  100  Franktireurs  des  Kommandanten 
Bayle  vor  sich.  Der  an  der  Tete  befindliche  Zug  (Leutnant 
V.  Ramin)  verlor  durch  das  feindliche  Feuer  2  Mann  tot,  1  Mann 
venvnndet,  desgleichen  blieb  ein  Pferd  tot.  Unmittelbar  hinter  dem 
Zuge  folgten  aber  40  Jäger  auf  Wagen  unter  Leutnant  der  Reserve 
Kröckelsberg,  einem  kriegserprobten  Offizier.  Derselbe  ging  ungesäumt 
zum  Angriff  vor,  woraufhin  die  Franktireurs  ihre  Stellung  alsbald 
aufgaben,  um  weiter  rückwärts  eine  neue  zu  nehmen,  die  sie  indes 
nach  wenigen  Schüssen  der  beiden  Geschütze  gleichfalls  räumten 
nnd  gegen  die  Luce  auf  Caix  abzogen.  Das  Detachement  LUderifas 
bezog  in  le  Quesnel  Alarmquartiere  und  entsandte  noch  gegen  Abend 
die  Eskadron  Troschke  und  den  Zug  des  Leutnants  Kröckelsberg 
nach  Hourgesam  Lucebach.  Die  gegen  P6ronne  an  demselben  Tage 
vorgetriebenen  Patrouillen  brachten  in  Erfahrung,  dafs  die  dortige 
Besatzung  angeblich  1000  bis  löOO  Mann  stark  sein  sollte.  Besonders 
gute  Nachrichten  hatte  von  dort  her  der  Leutnant  Kunhardt  von 
Schmidt  von  den  8.  Kürassieren  gebracht.  Über  Nesle  gegen 
Chaulnes  und  Bray  erkundete,  ebenfalls  von  Guiscard  aus,  die 
1.  Eskadron  der  7.  Ulanen.  Die  4.  (Premierleutnant  v.  Heister)  der 
5.  Ulanen  war  aber  gegen  Montdidier  vorgegangen.  Von  dort  wurde 
Leutnant  der  Reserve  Oraveraann  mit  einem  Zuge  nach  Breteaü, 

Jakrbückor  fOr  die  deutsch«  Anuae  und  Mftriii«.    Bd  Iii.   S.  18 


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Die  8.  KavaUerie-Dividon  im  Kriege  1870-71. 


der  uns  schou  bekannte  Lentnant  v.  Papen  -  Köningen  mit  einem 
solchen  ^egen  Auiieus  entsandt.  Derselbe  traf  auf  das  im  Schar- 
mützel bei  le  Quesnel  befindliche  Detachemeut  Lüderitz,  Auch  Ritt- 
meister V.  Luck  war  mit  der  2.  Eskadron  der  5.  Ulanen  auf  das 
dortige  Feuer  hin  von  V'illers  les  Roye  vorgegangen,  kam  aber  nicht 
mehr  zur  Thätigkeit  und  kehrte  in  sein  Kantonnement  zurück. 
Die  4.  Eskadron  verblieb  östlich  Montdidier  in  Faveroiies  und  sicherte 
ßoye  solcher  Art  nach  dieser  Richtung  hin. 

Mittlerweile  hatte  in  Anbetracht  der  vermeintlichen  Vorgänge  bei 
Amiens  General  v,  ManteufTel  sich  entschlossen,  ohne  das  vollständige 
Eintreffen  der  vor  M6zi6res  abgelösten  und  mit  den  ersten  Echelons* 
bereits  in  Laon  eintreffenden  1.  Division  noch  erst  abzuwarten,  am  24. 
gegen  den  Feind  nngesäumt  vorzugehen.  Bei  besserer  Orientierung 
über  denselben  wäre  das  sicherlich  noch  einige  Tage  unterblieben. 
Der  diesbezügliche  Befehl  vom  2'^.  November  lautete:  „Die  Annee 
setzt  ihren  Vormarsch  fort  und  zwar  das  Vlll.  Armeekorps  so,  dafs 
es  morgen  die  Linie  Ressous  -  Leglantiers.  am  25.  aber  mit  den 
Hauptkräften  Montdidier  und  Gegend  erreicht.  Ein  an  Kavallerie 
starkes  Detacheinent  ist  Uber  St.  Just  auf  Breteuil  zu  dirigieren. 
Dasselbe  patrouilliert  auf  Marseille  und  hält  V  erbindung  mit  den 
Detachements  der  Maas-Armee  in  Clermont  und  Beauvais,  sowie  mit 
der  3.  Kavallerie  -  Division  in  Richtung  auf  Paix  und  Amiens. 
Das  I.  Korps  echelonniert  sich  am  2.").  mit  den  disponiblen  Truppen 
zwischen  Noyon  und  Roye.  Letzterer  Ort  ist  zu  besetzen  und  bildet 
im  allgemeinen  den  rechten  Flügel  des  Korps.  Dasselbe  trifft  seine 
Anordnungen  derartig,  dafs  die  rückwärtigen  Abteilungen  nach  Mals- 
gabe ihres  Eintreffens  über  Noyon  folgen,  wobei  vorläufig  noch  mit 
der  Cernierungsbrigade  von  La  Fere  \  erbindung  zu  halten  ist.  Die 
3.  Kavallerie -Division  behält  zur  Sicherung  der  rechten  Flanke  der 
Armee  bis  auf  weiteres  Harn  besetzt,  von  wo  das  Terrain  nach  St. 
Qaentin  and  P6ronne  aufzuklären  bleibt.  Femer  lälst  sie  sofort  die 
von  Amiens  aasgehenden  Bahnen  unterbrechen  und  zwar  die  nach 
Arras  and  ev.  auch  nach  Abbeville  möglichst  gründlich,  die  Übrigen 
anter  dem  Gesichtspunkte,  dafs  ihre  Benutzung  jetzt  zwar  dem 
Feinde  verwehrt  werden  soll,  s]iätcr  aber  für  unsere  Zwecke  ins 
Auge  gefafet  ist  Mit  ihren  Uauptkräften  rückt  die  Kavallerie» 
Division  am  25.  nach  Moreuil  vor,  am  fortgesetzt  Nachrichten  vom 
Feinde  zn  schaffen  nnd  Front  and  rechte  Flanke  der  Armee  za 
sichern.  Ein  angemessenes  Zurückhalten  der  Trains  bleibt  den 
Korps  anheim  gestellt,  die  des  I.  möglichst  hinter  dessen  linken 
FlttgeL   Mein  Haaptqnartier  geht  am  25.  nach  Montdidier. 

gez.  Manteoffel.^ 


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Die  8.  Kanlletle-Dlvistoii  hu  Kriege  1870—71.  277 

Bereits  früh  7  Uhr  am  24.  November  wurde  das  ia  Hourges 
die  Nacht  verbracht  habende  Detaehement  Troscbke  von  dem 
unmittelbar  gegenttberliegenden  Dorie  Domart  aas  Uberfallartig  an- 
gegrifien.  Den  Jägern  gelang  es  indes,  den  Uber  die  Liice  Alhren- 
den  Zugang  za  verteidigen  l)is  die  Ulanen  die  Pferde  aus  den  Ställen 
gezogen  hatten  und  der  Rückmarsch  mit  Verlast  nnr  eines  verwundeten 
Jägers  angetreten  werden  konnte.  Lebautcourt  erwähnt  des  kurz 
gesehilderten  Vorganges  gar  nicht  einmal  als  eines  Überfalles,  denn 
er  sagt,  dafs  das  am  24.  von  le  Qaesnel  gegen  die  Lnee  vorgebende 
prenisisehe  Detaehement  anf  einen  Teil  der  ebenfalls  zur  Erkundung 
vorgehenden  Brigade  du  Bessol  gestofsen  sei  und  auf  Mtoiöres  und 
Beaueourt  habe  zurückgehen  mttssen.  Anf  die  Meldung  des  Sehar- 
mtttzels  bei  Hourges  war  Oberst  v.  Lttderitz  von  le  Quesnel  zur 
Aufiiahme  des  kleinen  Detaehements  vorgegangen,  welehes  in  Höhe 
von  Mfoiöres  angetroffen  wurde.  Die  Jägerkompagnie  besetzte  die 
zur  Verteidigung  vortrefflich  geeignete  Häusergmppe  la  Maison- 
Blanche  nnd  la  Tnilerie,  die  Greschtitze  gmgen  neben  derselben  in 
Stellung,  die  Kavallerie  dahinter.  Als  das  an  der  Spitze  der 
fitanzOsiscben  Kolonne  befindliche  Marine-Bataillon  aus  dem  westlich 
der  prenfoisehen  Verteidigungsstellung  etwa  auf 900  Schritt  vorgelegenen 
€rehök  deboucbiert  war,  wurde  dasselbe  von  einem  derartigen  Schnell- 
feuer der  Jäger  empfangen,  dals  es  zunächst  Schutz  im  Walde  suchen 
muKste.  Ein  zweiter  und  dritter  Versuch  vonubrechen,  wurde  eben- 
faUs  vereitelt.  Als  dann  aber  der  Feind  mit  zwei  Bataillonen  auch 
gegen  die  diesseitigen  Flanken  vorging,  und  Artillerie  in  Stellung 
brachte,  wurde  seitens  des  preufsischen  Detaehements  der  RQckzug 
angetreten.  Derselbe  ging  bis  Bouchoir,  wohin  General  Graf  v.  d. 
Groeben  von  Roje  aus  insbesondere  die  beiden  Jägerkompagnien 
entsandt  hatte.  Der  Feind  hatte  das  eigentliche  Gefecht  ttbrigens 
bereits  abgebrochen.  Die  bis  le  Quesnel  gefolgten  Abteilungen  wurden 
durch  Artilleriefeuer  abgewiesen  nnd  später  auch  Beaucour  und 
Möziöres  geräumt  gefunden.  Die  4.  Jägerkompagnie  hatte  einen  Ver- 
lust von  3  Toten  bezw.  tOdüch  Verwundeten,  13  Verwundeten  und  4  Ver- 
milsten,  die  14.  Ulanen  von  1  Toten  und  3  Verwundeten,  sowie  2  toten 
Pferden  und  die  Artillerie  von  1  verwundeten  Mann  und  2  verwundeten 
Pferden.  Der  französische  Verlust  betrug  nach  den  Angaben  Faid- 
herbes  150  Mann.  Indes:  „Cette  petite  affaire  etait  nn  encouragemeut 
pour  la  jeune  armee  du  Kord  et  an  avertissement  ponr  Manteufliel.** 
(Lehauteourt.)  Von  denselben  waren  bei  Möziöres  5  Bataillone, 
1  Batterie  nnd  eine  kleine  KavaUerie-Abteilung  entwickelt  worden. 
Der  Abend  des  24.  November  sab  das  Gros  der  Kavallerie-Division 
veistärkt  durch  das  nunmehr  auch  eingetroffene  1.  Jägerbataillon 

18* 


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278 


IMe  8.  KavaJierie-Dhisiun  itu  Kriege  1870 — 71. 


in  and  bei  Boacboir,  das  Annee  -  Ob^^onunando  befand  dob  in 
Baugy.  Bei  seinem  Yonnareeh  anf  Merenil  am  25.  erfuhr  General 
Graf  Gieeben  sdion  bei  le  Qacsnel,  daüs  Moieiü]  nnd  .der  vorUegende 
Wald  Tom  Feinde  stark  beaetit  seien.  Gegen  diesen  Ort  war  in 
der  Unken  Flanke  das  Gros  von  Faverolles  ans  die  4.  Eskadron  der 
5.  Ulanen  Uber  Pieirepont  Torgegangen,  hatte  aber  starkes  Feuer 
erhalten.  Die  3.  Eskadron  der  7.  Ulanen  hatte  das  Gelände  zwischen 
Somme  nnd  Luce  aufzuklären.  Ihre  Patrouillen  fanden  Boyes  an 
der  Noye,  Grentelles,  Cachy  und  Villers-Bretonnenx  besetzt  Die 
nach  Calx  westlich  Rosicres  gelangende  3.  Eskadron  der  5.  Ulanen 
fand  auch  Gorbie  besetzt  und  hatte  dort  Patroaillenverluste,  wie  die 
7.  Ulanen  bei  Cachy  und  selbst  auch  bei  Hangard,  dort  vermutlich 
durch  Franktireurs,  denn  die  Luce-Uhergänge  waren  sonst  noch  frei. 
Die  4.  Eskadron  der  14.  Ulanen  beobachtete  von  hi  Maison-Hlanche  aus 
dieselben.  Was  nun  die  befohlenen  Eisenbahnzerstörungen  anbetrifft,  so 
war  dieserhalb  am  24.  eine  starke  Offizierspatrouille  in  die  (iegeud  von 
Harbonni^res  vorgeschoben  worden,  um  am  folgenden  Tage  über 
Sailly  zur  Zerstoruui:  der  Eisenbahn  zwichen  Corbie  und  Albert  vorzu- 
gehen. .Sie  fand  die  Brücke  bei  Sailly  l)is  aut  eini^^e  stehengebliebene 
Stege  zerstört.  Uberschritt  die  Somme  indes  zu  Einem  und  ritt  iul{ichtung 
auf  Treux  vor.  kehrte  dann  ab(tr  um,  da  sie  von  den  in  ulh  n 
Ortschaften  an  der  Somme  liegenden  Truppen  bemerkt  worden  war 
und  so  ihren  Rückzug  bedroht  sah.  Die  Somme-L'bergänge  waren 
sämtlich  zerstört.  Daraus  sowohl  w  ie  aus  den  rUckgiin^ij^en  Bew  egungen 
der  Franzosen  am  26.  vor  der  dureh  Kavallerie  und  Artillerie  ver- 
stärkten M).  Infanterie  -  Brigade  von  .Moreuil  Avre  abwärts  bis  St. 
Nicolas  und  von  Domart  und  Ilangard  vor  2  Kompagnien  derselben 
Brigade  glaubte  man  schlielsen  zu  sollen,  dafs  der  Feind  eine  Ver- 
teidigungsstellung hinter  der  Somme  genommen  hätte.  Am  26. 
abends  hatte  die  1.  Armee  folgende  Stellungen  inne:  Auf  dem  äulsersten 
rechten  Flügel  befand  sich  mit  ihrem  Gr(Ks  bei  Rosicres  die  3. 
Kavallerie-Division,  nordwestlich  davon  standen  ihre  Vorposten,  die 
von  2  Eskadrons  der  5.  Ulanen  gegeben  wurden.  Dem  Leutnant 
Grafen  Warten.sleben  derselben  war  es  gelungen,  mit  einer  Patrouille 
dicht  an  Villers-Bretonnenx  heran  zu  kommen  und  stärkere  feindliche 
Abteilungen  daselbst  zu  beobachten.  Durch  zu  dreistes  Vorreiten  eines 
Ulanen  wurde  der  Feind  auf  die  Patrouille  aufmerksam,  dieselbe  mit 
Feuer  verfolgend.  Das  Gros  der  Avantgarde  der  Division  war  an  der 
grofsen  Stralse  nach  Amiens  bei  Fresnoy  en  Chaussee  und  Beaucourt  en 
Santerre  verblieben.  Auf  Corbie  und  Bray  waren  besondere  Beobachtungs- 
Abteilungen  gegen  die  Somme  vorgesDhoben.  Bei  le  Quesnel  und 
Warvillers  standen  die  3.  Infanterie-Brigadei  das  1.  Regiment  und  die 


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Die  8.  Kavatterie-Divisioii  im  Kriege  1870-  7L  279 

Koip8*ArtUlerie  und  hatte  die  erstgenannte  ihre  Vorhat  hei  Cayeox. 
Die  von  Hteitoea  her  eingetroffenen  Teile  des  L  Armeel^orps  standen 
gestaffelt  zwischen  Bonchoir  nnd  Oonoy,  von  ersterem  Orte  Vorpoeten 
gegen  die  Laee  yorgesehohen.  Vom  VIIL  Korps  hielt  die  Ayantgaide 
der  30.  Brigade  den  Lnoe-ATre-Ahschnitt  Ton  Domart  his  Th^y,  das 
Gros  HaiUes  hesetzt,  die  29.  Brigade  stand  in  nnd  bei  Horenil. 
Den  linken  FIttgel  mit  dem  Gros  hei  Ailly  an  der  Neye  hatte  die  16. 
Division,  von  ihr  waren  8  Bataillone  nnd  8  Eskadrons  naeh  Essertauz 
detachiert,  die  Korps-Artillerie  befand  sieh  noch  znrllok  in  Bretenil. 
Wir  sind  am  Vorabende  der  Schlacht  Ton  Amiens,  wenden  wir  uis 
daher  jetzt  vorerst  dem  Gegner  zn. 

Die  Organisation  der  Nordarmee  war,  seitdem  wir  sie  Ende 
Oktober  in  Lille  yerlaasen  hatten,  rüstig  fortgeschritten.  Der  Erfolg^ 
Ton  Conlmiers  aber  nnd  dazn  die  Nachricht,  dab  die  im  Anmarsch 
begriffene  L  Armee  ein  befestigtes  Lager  bei  Laon  hätte  beziehen 
mllssen,  machten  einen  sofortigen  Vormarsch  der  Franzosen  ani 
Amiens  erwttnscht  Von  dort  hoffte  man  die  Offensive  zur  Befreinng 
der  Hauptstadt  ergreifen  zn  kOnnen.  General  Bonrbaki,  der  sich 
mdes  mit  derart  weitgehenden  Offensivgedanken  nicht  befrennden 
konnte,  wnrde  am  19.  November  abbernfen  nnd  der  Kommandant 
der  Snb  -  Division  von  Bdne,  der  Brigadegeneral  Faidherbe,  von  der 
Regierung  der  Nationalverteidigong  znm  Oberbefehlshaber  der 
französischen  Trappen  Im  Norden  Frankreichs  bemfen.  Bis  zn  seinem 
Eintreffen  ttbernahm  General  Farre  den  Oberbefehl.  Damals  am- 
fitlste  die  französische  Nordarmee  drei  Brigaden,  von  denen  zwei 
7  Bataillone  and  eme  6  Bataillone  zählten,  aber  jede  2  Batterien. 
Die  Kommandeare  waren  der  General  Lecointe,  die  Obersten  Derroja 
und  da  Bessol.  Am  21.  befahl  General  Farre  die  Konzentration  der 
Armee,  za  welcher  noch  die  Garnison  von  Amlens  mit  11  Bataillonen 
anter  dem  General  Paolze  d'Yvoy,  sowie  2  Eskadrons  Dragoner,  2 
Eskadrons  Gendarmen  nnd  1  Geniekompagnie  kamen,  südlich  nnd 
westlich  Andens.  Darnach  befanden  sich  am  24.  November  die 
einzelnen  Teile  an  folgenden  Pnnkten:  Die  1.  Brigade  (Lecointe) 
and  die  Gendarmen  -  Eskadrons  in  Amiens,  die  2.  Brigade  (Derroja) 
in  Gftmon  and  Boves,  die  3.  (da  Bessol)  hi  Corbie,  Villers-Bretonneox, 
Cacby  and  Gentelles,  die  Garnison  von  Amlens  bei  Dory.  Das 
Gefecht  am  GehOlz  Ton  Domart  hatte  indes  daranf  hingewiesen, 
dafo  die  Intervalle  m  der  französischen  Btellnng  zwischen  Boves  and 
Gentelles  nicht  bestebeo  bleiben  dürfe.  Zur  Aasftallung  derselben 
wurde  General  Lecointe  mit  einem  Teil  seiner  Brigade  bestimmt. 
Der  Rest  der  Brigade  (die  Hälfte  des  2.  Marsch-Jäger-Bataillons 
and  2  Linien-Bataillone  [des  65^  et  75^]  and  die  Batterien)  wnrde  noch 


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Die  8.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71. 


nach  Villers-Bretoimeiix  diri^ert  und  xnr  VerfUgaug  des  Obersten  da 
BesBol  gestellt  Dort  war  der  Schwerpunkt  der  französischen 
SteUong.  Die  feindlichen  Vorposten  befanden  sich  auf  der  Linie 
Maroelcave,  Bois  de  Morgemonti  de  Hangard  and  de  Domart  In 
nnd  bei  Gorbie  waren  die  beiden  Dragoner- Eskadrons  nnd  die 
Geniekompagnie.  Die  Ueberwaehong  der  Somme  von  Gorbie  bis  Pöronne 
war  dem  JB.  Marsch-Jüger-Bataillon  nnd  zwei  Linien-Bataillonen, 
je  eins  vom  75.  nnd  91.  Regiment,  der  noch  in  der  Organisation 
begriffenen  4.  Brigade  ttb^rtragen  worden.  Die  für  den  27.  November 
seitens  der  I.  Armee  befohlenen  Bewegungen  beabsichtigten  lediglich 
eine  Bereitstellung  der  Truppen  zu  dem  am  28.  geplanten  /Vngriff 
der  französischen  Stellung.  Sie  mnlisten  aber  notwendigerweise  vor- 
zeitig za  Zasamnienstölsen  auf  der  ganzen  Linie  fuhren.  Da  diese 
aber  25  km  lang  war,  so  besteht  die  sogenannte  Schlacht  bei 
Amiens  aus  lauter  Einzelkärapfcn,  die  der  eigentlichen  Schlachtleitung 
entbehrten,  derselben  notwendigerweise  entbehren  inufsten.  Zu  dem 
vurzeitigen  Zusammenstols  bemerkt  Lehautcourt:  ,.Nos  troupes  etaient 
beaueoup  plus  loiu  d'Aniieus  iju'il  (Manteutfel)  ne  le  suppusait,  il  apres 
les  ren.seijrnenients  errones  tournis  par  sa  cavalerie  pourt.uit  si  nom- 
breuse."  Auf  diese  Bemerkung  liiii  drängt  sieh  die  Ira^-i-  auf,  ob 
die  Kavallerie  hier  bezüglich  der  Aufklärung:  d(  r  \'erhältnisse  auf 
gegnerischer  Seite  das  geleistet  hat.  was  div  Heeresleitung  in  Zu- 
kunft von  ihr  verlangen  wird  und  muls.  Das  ist  unbedingt  zu  ver- 
neinen. Wenn  die  Kavallerie  -  Di\ision  aueh  während  des  Auf- 
marsches der  Armee  an  der  Oise  sich  in  einem  ganz  anderen  Lichte 
gezeigt  hat  wie  an  (K  r  Saar,  so  fehlt  es  doch  an  dem  grolsen 
Gesichtspunkte,  der  ihrer  Nerweudung  bei  den  Heeresoperationen 
zu  Grunde  liegen  mufs.  Das  Armeeoberkommando  hätte  besser 
gethau,  der  Kavallerie  -  Division  sofort  die  liiehtung  auf  Amiens  zu 
geben,  denn  dahin  lag  bald  ausgesprochene rmafsen  der  Schwerpunkt 
der  diesseitigen  Bewegung.  Man  prüfe  daraufhin  die  der  Kavallerie- 
Division  am  18.  November  gegebenen  Direktiven,  die  in  ihrem  2.  und 
3.  Punkt  der  an  und  tUr  sieh  sehon  abwartenden  Tendenz  der  3. 
Kavallerie-Division  Ndrsehub  leisten  mnlsten,  während  der  1.  Punkt  Ver- 
schleierung und  Aufklärung  im  Original  noch  viel  mehr  venjuiekt  ist 
als  aus  der  kurzen  Inhaltswiedergabe  desselben  hervorgeht.  Im 
Original  heifst  der  Punkt  nämlieh:  ,,I)as  Einbrin^'en  zuverlässiger 
Nachrichten  Uber  Aufstellung,  Stärke  und  Bewegungen  der  im  nord- 
westlichen Frankreich  befindlichen  feindlichen  Truppen,  um  dem 
Oberkommando  (iruudlagen  für  Anordnung  der  weiteren 
Operationen  zu  schaffen.  Es  ist  wichtig,  dals  sich  die  Kavallerie- 
Division  wie  ein  Schleier  der  Armee  weit  vorlegt,  am  diese  2iacbrichteQ 


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Die  8.  KavaUerie-Divisiou  im  Kri^e  lb70 — 71. 


281 


so  trUh  als  möjrlich  zu  haben,  weil  die  Armee  jetzt  noch  im  Stadium 
des  Aufmarsches  ist  und  also  je  nach  dem  Inhalt  der  Nachrichten 
dirigiert  werden  kann."  In  der  Erläuterung  der  3  Punkte  wird  von 
der  gleichzeitigen  Lösung  der  der  Kavallerie  -  Division  gestellten 
Aufgaben  gesprochen.  Die  Absendung  von  fliegenden  Kolonnen  etc. 
bedingt  doch  einen  Stillstand  des  (Tanzen,  welches  diese  Kolonnen 
entsendet.  Wenn  man  nun  auch  noch  in  einem  Ati'mzuge  Auf- 
klarung und  Verschleierung  verlangt^*,  so  ist  dannt  ein  Gegensatz 
in  sich  gegeben,  Uber  den  mau  sich  auch  heute  noch  hinwegsetzt 
be/.w.  hinwegtäuscht.  Unseres  Wissens  war  der  General  Marquis 
de  Gailifet  um  das  Jahr  1880  herum  der  erste,  w^elcher  in  seinem 
Wirkungskreise  auf  die  grundsätzliche  Trennung  von  Verschleierung 
.  nnd  Aufklärung  hingewiesen  hat,  als  zweier  ganz  verschiedener 
Thätigkeiten.  Er  hat  zweifellos  Recht.  Wer  mit  Verständnis  und 
Fassion  die  Ausbildung  seiner  Truppe  im  Felddienst  leitet,  wird  in 
der  Eskadron  schon  die  Erfahrung  machen,  dafs  Aufklärungs-  und 
SicheruQgsdienst  ganz  verschiedener  Malsnahmen  bedürfen.  Es  ist 
von  Fall  zu  Kall  nachzuweisen,  dals  da,  wo  Sicherung  und  Auf- 
klärung nicht  scharf  von  einander  geschiedeii  werden,  die  für  den 
einen  oder  anderen  Fall  getroffenen  Malsnahmen  nur  halbe,  da- 
her unzulängliche  sind,  also  dem  Zwecke  nicht  entsprechen.  Wie 
viel  mehr  mufs  sich  das  erst  in  grofsen  Verhältnissen  geltend  machen, 
wenngleich  es  in  kleineren  früher  in  die  Frseheinuug  tritt.  Die  Mafs- 
nahiiien  zur  Autklärung  dienen  der  Sicherung,  also  auch  Verschleierung, 
die  Übrigens  in  unserem  Falle  ganz  zwecklos  war,  oft  mit,  müsse  naber 
dennoch,  als  ganz  versehiedene  Zwecke  erstrebend,  schart  von  ein- 
ander getrennt  gehalten  werden.  Sie  verhalten  sich  zu  einander 
ähnlich  wie  Strategie  und  Taktik.  Auch  diese  ergänzen  sich  gegen- 
seitig und  oft  ist  es  schwer  erkenntlich,  wo  die  eine  anföngt  und 
die  andere  aufhört.  Die  Aufklärung  dient  oft  einem  räumlich  weiteren, 
die  Sicherung  einem  räumlich  näheren  Zwecke,  so  in  unserem  Falle. 
Darum  lassen  sie  sich  doch  aber  garnicht  vereinen.  Je  kleiner  der  der 
Aufklärung  dienende  Raum  wird,  desto  mehr  nähert  sich  die  Auf- 
klärung der  Sicherung,  ohne  aber  selbst  auch  dann  in  dieser  aufzu- 
gehen. Die  Kenntnis  des  Unterschiedes  zwischen  Aufklärung  und 
Sicherang  miüs  ein  Gemeinplatz  bis  zum  gewöhnlichen  Kavalleristen 
herunter  werden,  dann  wird  auch  der  Offizier  schon  aus  seinen 
militärischen  Kindeiscbolien  die  Scheidung  der  Begriffe  mit  in  höhere 
Stellen  nehmen.  Alan  verfahre  also  bei  der  Aasbildung  auch  darin 
zunächst  ganz  systematiscli,  das  nur  allein  TerbUrgt  den  Erfolg. 
Den  Verbältnissen  hätte  es  in  den  Tagen  des  Aufmarsches  der  L 
Armee  an  der  Oise  mehr  entsprooheni  wenn  die  Kavallerie -Division 


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282 


Die  8.  KAvalloiie-IMTisioii  im  Kriege  1870—71. 


nach  Besetzung  der  Übergänge  Uber  diesen  Flols  seitens  der  In- 
lanterieteten ,  sowie  der  Besitzergreifung  des  Somme  -  Überganges 
bei  Harn,  also  spätestens  am  22.  November,  in  ihrer  Masse  unge- 
säumt gegen  Amiens  vorgeführt  worden  wäre.  Die  Entfernung  von 
Goiscard  nach  Roye  beträgt  etwa  3  Meilen  und  von  dort  bis  an  die 
Lnce  auch  nicht  viel  mehr,  dartlber  hinans  bis  auf  das  Plateau  von 
Cachy  4  Meilen.  Bevor  dieses  also  am  24.  November  französischer- 
seüs  besetzt  wurde,  konnte  es  von  der  3.  Kavallerie-Division  eireieht 
sein.  Dann  hiUte  dieser  aber  keine  der  feindlichen  Bewegnngeii 
entgehen  können.  Die  Somme  -  Übergänge  swiselien  Corbie  und 
P^ronne  wttren  wahrscheinlich  noch  intakt  gewesen,  so  dafs  Unter- 
nehmungen  gegen  die  Eisenbahn  Amiens-Arras,  wie  überhaupt  gegen 
die  rückwärtigen  Verbindimgen  der  französischen  Nordarmee  von  Be- 
folg liätten  sein  können.  Die  zunächst  dif^poniblen  3  Jäger- 
kompagnien  wttren  zweckmäfsig  zur  Besetzung  des  Luce-Abscbnittes 
verwendet  worden,  mit  2  Kompagnien  etwa  bei  D^muin,  mit  einer 
bei  Hourges,  aber  um  des  Uimmelswillen  nicht  in  der  Zersplitterung, 
wie  das  am  27.  seitens  des  1.  Regiments  auf  höheren  Befehl  geschehen 
ist.  Die  Verwendung  der  Kavallerie  -  Divisionen  muis  eine  selbst- 
ständige, YOn  groben  Gesichtspunkten  getragene  sein,  nur  dann  können 
die  Armeen  einen  erspriefslichen  Nutzen  aus  jener  Tbätigkeit  ziehen. 
General  v.  Mantenflel  wäre  bei  derartiger  Verwendung  seiner 
Kavallerie  -  Division  genna  unterrichtet  gewesen,  die  Schlacht  bei 
Amiens  hätte  dann  voraussichtlich  nicht  den  Charakter  der  Impro- 
Tisation,  infolgedessen  der  UnvoUkommenbeit  gehabt  und  wäre,  dieser 
entkleidet,  entscheidender  geworden,  als  das  tbatsäcblieh  der 
Fall  war. 

Wie  auf  alle  Schlachten  in  dieser  Arbeit  kann  auch  auf  die 
von  Ainiens  nur  soweit  eingegangen  werden,  als  erforderlich  erscheint^ 
die  Tbätigkeit  der  3.  Kavallerie-Dinsion  zu  veranschaulichen. 

FUr  den  27.  war  befohlen  worden,  dals  das  I.  Anneekorps 
seine  Hanptkrttfte  bis  an  die  Luce  vorschieben,  die  mit  nnter  Befehl 
des  kommandierenden  Grenerals  jenes  Korps  t.  Bemheim  gestellCe 
3.  Kavallerie-Division  hatte  nördlich  derselben  au&uklären  nnd  ins- 
besondere die  Somme  auf  Übergangspiinkte  m  erkunden,  sowie 
Nachrichten  über  die  hinter  derselben  stehenden  feindlichen  Streil- 
k^fte  einzuziehen,  das  VlU.  Korps  bei  Sieherang  seiner  Unken 
Flanke  zwischen  der  Neye  und  Celle  Stellang  nehmen  und  mit 
Avantgarden  von  Fonencamps  nnd  Höb^oort  ans  den  Feind  beobachten 
sollte.  Das  Gros  der  Kavallerie  -  Division  war  schon  frtth  8  Uhr 
von  Rosiörea  g^en  Bayonvillers  vorgegangen,  ihre  Avantgarde,  14. 
Ulanen,  am  Beaacoort  nach  Lamotte-  en  Santerre.  Die  1.  Eskadron 


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Die  8.  Kavalleria-Dividoii  im  Kriege  1870—71. 


283 


der  7.  Ulanen  war  mit  der  Erkundiinjr  der  Sonime-Übergräuge  von 
Corbie  bis  ^(^risy-Gailly  und  die  3.  der  8.  Kürassiere  mit  derjenigen 
von  dort  bis  Bray  beauftragt,  Patrouillen  bis  zu  Zugsstärke  streiften 
gegen  Mareelcave,  Villers-Bretonneux  und  Corbie.  Da  auch  noch 
2  Züge  der  3.  Eskadron  der  7.  Ulanen  zur  Bedeckung  der  bei 
Harboimieres  befindlichen  Bagage  abkommandiert  waren,  schlösse» 
sich  die  nunmehr  nur  noch  Übrigen  beiden  ZUge  dieses  Regiments 
mit  der  Standarte  den  5.  Ulanen  an.  Somit  nahmen  an  der  Schlacht  * 
bei  Amiens  lU/,  Schwadronen  mit  1620  Pferden  und  6  Geschtltaeo 
nach  den  Stärkerapporten  vom  21.  November  teil.  Bringt  man  per 
Eskadron  noch  15  Pterde  (krank,  lahm  und  gedrückt)  in  Abgan^^ 
80  verbleiben  noch  rnnd  1450  Säbel  und  6  Geschtttze.  Anlserdeiii 
befanden  sich  noch  4  GresobätSKe  der  Batterie  Fachsius  und  7  Kompagnien 
bei  der  Kavallerie- Division  zur  Stelle.  Die  eingehenden  Meldungen 
liefsen  auf  das  Vorhandensein  starker  feindlicher  Abteilangen  bei 
Villers-Bretonneux  schliefsen,  die  Somme-Übergänge  wurden  sämtlichst 
zerstört  und  besetzt  gefunden.  Dem  Leutnant  Schallehn  der  8. 
Kürassiere  war  bei  C^risy  das  Pferd  erschossen  worden.  Die  Über- 
gänge bei  Bray  hatte  Leutnant  v.  Wellmann  mit  seinem  Zug  er- 
kundet. Nachdem  sich  aber  herausgestellt  hatte,  dals  das  Gelände- 
anderaeits  bis  zur  Somme  hin  frei  vom  Feinde  war,  blieb  die  Avant- 
garde zwar  zunächst  noch  bei  Lamotte  stehen,  indes  das  Hros  trogen 
1  Uhr  mittags  nach  Mareelcave  abmarschierte.  Auf  dem  Wege  dort- 
hin wurde  aus  der  Kiohtnng  von  Caohy  starkes  Geschützfeuer  hörbar^ 
Cregen  ViUers-Bretonneex  ging  die  4.  Eskadron  (von  Marees)  der 
8.  Kürassiere  vor,  der  von  Leutnant  Kunhardt  von  Schmidt  geftlhrte 
Avanligardenzng  erhielt  aus  dort  befindlichen  Schtttzengittben  starkes- 
Fener.  Die  2.  Eskadron  (Frhr.  Ge^T-  von  Schweppenburg)  der 
Kttrassiere  war  der  Artillerie  als  Partiknlarbedecknng  beigegeben 
worden.  Die  Gefecbtslage  auf  dem  greulsiscben  rechten  Flttgel,  also- 
gegenüber  dem  feindlichen  linken  bei  Villers  -  Bretonnenx  war  beim 
Eintreffen  der  Kavallerie  -  Division  iglgende:  Die  an  der  Eisenbahn, 
nach  YilleiB-Bretonneox  angelegene  Schanze  war  von  7-^9  Kompagnien 
44.  SegimenlB,  denn  7  dieselbe  gestürmt  hatten,  besetzt.  Die  6^ 
leichte  Batterie  I.  Korps  war  nürdlich  der  Schanze  an^pefahren  und 
stand  im  Kampfe  gegen  die  beiden  in  das  Gefecht  gebrachten. 
Batterien  der  .Brigade  Lecointe.  IHe  12  Pftlnderbatterie  derselben 
war  nördlich,  die  4  FIttnderbatterie  südlich  der  Eisenbahn  aaf- 
gefehien,  dort  mit  AnscUnls  an  die  Batterien  der  Brigade  du  BessoL 
Der  6.  leichten  Batterie  schlössen  sich  nun  nngesftamt  die  10  Ge- 
schütze der  Kavallerie-Division  an.  Aus  der  snerst  östlich  Mareelcave 
genommenen  Bereitscbaflsstellung  ging  die  Division  in  eine  solche- 


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284 


Die  8.  Kavaiierie-DivUion  im  Kriege  1870 — 71. 


westlich  des  Ortes,  nachdem  die  7  Jägerkonipajrnien  diesen  selbst 
als  Aiiliiahmestellung  besetzt  hatten.  Auch  2  Eskadrons  10.  Drai^oaer 
hielten  bei  Marcelcave.  In  Anbetracht  des  schweren  Standes  der 
3.  Infanterie-Brigade,  insbesondere  der  Schanzenbesatzung  miil's  eine 
derartige  N'erwendung  der  7  Jägerkoiiipagnien  auffallen.  Kunz  sagt 
sehr  treflend:  „Das  war  nicht  im  Sinne  einer  thatkräftigen  Offensive 
und  diese  soll  von  einer  Kavallerie-Division  stets  angestrebt  werden." 
Alle  Versuche  der  Franzosen,  die  Schanze  wieder  zu  nehmen, 
scheiterten  und  unterblieben  erst,  als  Oberst  du  Bessol.  cheval, 
le  k6pi  ä  la  pointe  de  son  sabre-',  verwundet  war.  Der  Kommandant 
des  2.  Marsch  -  Jäger  -  [Bataillons  Giovanninelli  Ul)ernahm  das 
Kommando.  Die  Mühle  uürdlich  Villers  -  Hretonneux  war  mittler- 
weile von  der  von  Corbie  aus  eingetroffenen  Gtniekompagnie 
besetzt  worden.  Das  kennzeichnet  schon  den  nicht  ganz  zweck- 
mälsigen  Standort  der  Kavallerie  -  Division,  deren  Aufklärung 
während  des  Gefechts  darnach  übrigens  auch  zu  wünschen  übrig 
liels.  Von  der  Pcronner  Stralse  aus  hätte  die  Kavallerie-Division 
als  solche  sich  etwa  darbietende  Attackengelegenheiten  besser  aus- 
nützen können,  denn  sie  hätte  dort  auch  zur  etwaigen  Kikkzugs- 
ßtralse  der  Franzosen  besser  ä  port^e  gestanden.   Als  dann  aber  um 

4  Uhr  die  beiden  feindlichen  4  Pfllnderbatterien,  nachdem  sie  sieb 
verschossen  hatten,  im  Galopp  zurückgingen,  wurde  dies  zum  Signal 
für  die  Auflösung  der  Mobilgardcn.  deren  Heispiel  Teile  der  Linien- 
infanterie, der  Jäger  und  der  Mariue-Inlanterie  bald  folgten.  Mit 
dem  Besitze  unsererseits  von  Villers-Bretouneux  war  um  5  Uhr  aut 
diesem  Flügel  die  Schlacht  entschieden.  Der  fluchtartige  Hückzag 
der  Franzosen  ging  von  hier  teils  auf  Uorbie,  teils  auf  Amiens. 

General  Graf  Groeben  war  bis  zum  Mamelon  du  Bois  TAbb^ 
mit  der  Division  der  rückgängigen  Bewegung  der  Franzosen  gefolgt, 
zur  \  erfolgung  war  es  bereits  zu  dunkel  geworden.  So  angesetzt 
hätte  sie  auch  wenig  Erfolg  gehabt.  Sie  hatte  etwa  von  Höhe  104 
nördlich  der  Tailerie  an  der  Peroimer  Stralse  ausgehen  und  nördlich 
von  Villers-Bretonneux  vorbeigefuhrt  werden  müssen.  Die  Division 
bezog  Alarmquartiere  in  Caix.  Guiliancourt,  Wieneourt-l  Equipce  und 
?.Iarcelcave.  Die  H.  Kürassiere  hatten  9  Mann  verwundet,  2  Pferde 
tot  und  2  verwundet,  die  reitende  Batterie  VII.  Armeekorps  hatte 

5  Mann  und  1  Pferd  verwundet. 

Noch  in  der  Nacht  zum  28.  November  fafste  man  den  Entschlufs, 
Amiens  zu  räumen,  was  früh  '/,(>  Uhr  geschah.  Die  Citadelle  ])lieb 
noch  von  den  Franzosen  besetzt,  nach  2  Tagen  ging  aber  auch  sie 
in  preulsischen  Besitz  über.  \  on  Amiens  waren  die  Franzosen  in 
2  Kolonnen  aoi  Doullens  und  aaf  Pas  abmarschiert.   An  demselben 


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Die  8.  Kavallerie-Division  iiu  Kriege  1870—71. 


285 


iMorgen  räumte  auch  General  Farre  Corbie  und  nahm  den  Weg  auf 
Bacquoy,  einzelne  Armeoteile  zo^^en  auf  Albert  ab. 

So  fanden  denn  die  am  folgenden  Morgen  vorgrehendcu  deutscheu 
Patrouillen  den  Getier  nicht  mehr  an  derSomme,  deren  Ubergänge  sämt- 
lichst zerstört  waren;  mau  sah  aber  Kolonnen  in  nördlicher  Richtung 
im  Abmarsch.  Als  die  Meldung  hierüber  an  General  v.  Manteuffel 
gelaugte,  befahl  dieser,  dafs  der  Kavallerie  -  Divison  seitens  des 
L  Armeekorps  das  gesamte  verfügbare  BrUckenmaterial  zugeteilt 
werde,  um  mit  Hilfe  desselben  über  die  Somme  zur  Ver- 
folgung der  feindlichen  Armee  vorzugehen.  Dieser  Befehl  war  noch 
nicht  zur  Ausführung  gelangt,  als  General  Graf  (iroeben  den  ab- 
geänderten erhielt,  beiden  Korps  zum  Weitermarsch  des  Gros  der 
1.  Armee  auf  Rouen  ein  Regiment  abzugeben.  Damit  wurde  die 
Kavallerie  -  Division  als  solche  aufgelöst.  Durch  die  Art  der  Ab- 
gabe der  beiden  Regimenter  blieben  nicht  einmal  die  Brigade  -Ver- 
bände erhalten.  Eine  unmittelbare  \'erfolgung  des  in  nördlicher 
Richtung  von  Amiens  und  Corbie  aligezogcnen  Feindes  unterblieb. 
Wir  werden  später  ausfuhren,  dals  eine  solche,  ohne  die  Operation 
auf  liouen  zu  herintiiichtigen.  nicht  nur  erwünscht,  sondern  auch 
sehr  wohl  zu  ermöglichen  gewesen  wäre,  daher  auch  nicht  hätte 
unterbleiben  dürfen.  In  Amiens  rückte  General  v.  Goeben  am 
28.  November  mittags  VI  Uhr  mit  der  :V2.  Infanterie-Brigade,  sowie 
2  Batterien  und  1  Pionier-Kompagnie  ein.  Als  daun  am  1.  Dezember 
der  Vormarsch  gegen  Ronen  angetreten  wurde,  blieb  General  Graf 
Groeben  mit  dem  7.  und  14,  Ulanen-Regimente  —  die  in  Harn  noch 
befindlichen  Eskadrons  wurden  von  dort  herangezogen  — ,  der  reiten- 
den Batterie  Selirader  niul  der  durch  2  Batterien  (ö.  schw.  u.  (>.  l./I.) 
verstärkten  3.  Infanterie-Brigade,  sowie  der  Feldpionierkompagie/I. 
in  Amiens  mit  dem  Auftrage  zurück,  den  Marsch  der  1.  Armee  nach 
Rouen  zu  sichern,  die  Position  von  Amiens  zu  besetzen  und  gegen 
feindliehe  Angritfe  zu  behaupten,  die  Eisenbahnlinie  von  Amiens  nach 
La  Fere  —  hatte  am  27.  kapituliert,  die  4.  Brigade  wurde  daher 
am  28.  November  an  das  1.  Korps  herangezogen  —  zo  decken  and 
den  nach  der  Schlacht  von  Amieos  abgezogenen  Feind  im  Unklaren 
ttber  die  eigene  Stärke  and  die  eigenen  Bewegangen  zn  erhalten. 

(Fortoetmng  folgt) 


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286 


Aus  dem  Kriege  1807—14. 


XX. 

Aus  dem  Kriege  1807—14. 

Auteiehnmigeii  eines  d&niflolien  Offisiers. 

Hertiugegeben  von  tetecr  Toehfcer. 


Die  Schlacht  bei  Sehested. 

An  dem  fUr  alle  Dänen  ehrenvollen  13.  Dezember  1813  setzten 
wir  uns  nachts  um  drei  Uhr  in  Marsch.  Wir  wufsten  alle,  dafs  wir, 
um  nach  Rendsburg  zu  kommen,  uns  durch  einen  viel  stärkeren 
Feind  durchschlagen  mufsten.  ein  Feind,  der  mit  allem  versehen 
war,  und  nicht  wie  wir  von  Strapazen,  schlaflosen  Nächten  und 
Entbehrungen  der  notwendigsten  Lebensbedürfnisse  entkräftet  war. 
Da  unsere  Avantgarde  erst  das  Terrain  absuchen  sollte,  mufsten 
wir  oft  stille  stehen,  wodurch  wir  jämmerlich  froren,  da  es  noch 
immer  aufserordentlich  kalt  war.  Unsere  Marsehnrnte  war  folgende: 
Major  Lö  veno  TD  v.  Bardenfleth  marschierte  an  der  Spitze  mit 
vier  Jägerkompagnien  und  nahm  ein  feindliches  Piket  von  60  Mann 
gefangen,  ehe  es  Tag  wurde,  was  viel  zum  glücklichen  Ausfall  des 
Kampfes  für  uns  Dänen  beitrug.  Major  Lüvenörn  von  Bardentleth 
war  nicht  allein  in  hohem  Grade  von  allen  Offizieren  und  Soldaten 
geachtet  und  geliebt,  er  war  aueh  in  der  Armee  wohlbekannt  wegen 
seines  kaltblütigen  Mutes,  der  ihn  nie,  auch  nicht  in  der  gnil'sten 
Gefahr,  die  OeistcFgegenwart  verlieren  liel's,  und  er  war  es,  der  die 
Ehre  hatte,  den  blutigen  Tanz  zu  eniffnen.  Nach  den  vier  .läger- 
kompagnien,  die  unter  dem  Befehle  des  Majors  standen,  folgte  der 
französische  General  Lallemand  mit  der  leichten  Brigade.  Danach 
folgte  die  erste  Brigade  in  geschlossenen  Kolonnen  auf  dem  Wege 
nach  Sehested,  während  die  zweite  als  Flankenkorps  rechts  vom 
Wege  marschierte. 

Bei  Holze  auf  dem  Wege  nach  Sehested  stiefs  unsere  Avant- 
garde auf  den  Feind,  der  sogleich  nach  Sehested  retirierte,  einige 
Tote  und  Verwundete  zurücklassend.  Jetzt  ging  es  in  Eilmärsehen 
durch  Holze  aut  das  Dorf  Sehested  los,  wo  der  Feind  eine  sehr 
vorteilhafte  Stellung  iniie  hatte,  mit  einem  grolsen  Walde  in  der 
rechten  und  einem  unzugänglichen  Moore  in  der  linken  Flanke. 
Wir  kamen  in  der  Morgendänunerung  nach  Sehested.  Die  Sonne 
war  noch  nicht  aufgegangen,  als  wir  schon  in  Sehlaehtordnung 
marschierten;  bald  aber  stand  sie  blutrot  am  Himmel,  als  ob  sie 
einen  Bluttag  prophezeien  wollte.  Kein  Wind  regte  sich,  aber  es 
fror,  besonders  beim  Aufgange  der  Sonnei  anglaablicb  stark. 


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Am  dffii  Kiiego  1807—14. 


287 


Als  alles  zur  Schlaoht  geordnet  war^  sali  ich  den  franzöriseben 
General  Lallemand  and  Prina  Friediieh  und  seinen  Stab  frOhstlleken. 
Wer  von  nns  etwas  hatte,  nahm  aooh  eine  Erfrisehong.  leh  hone 
einen  Soldaten  sagen:  ,Jeh  bin  so  hnngrig,^  woaa  ein  Anderer 
erwiderte:  „Warte,  da  wirst  bald  eine  Kngel  za  sehlaeken 
bekommen.**  Hongrig  and  matt  kamen  wir  in  Sehested  an.  Viele 
Soldaten  waren  barflüsig,  so  dals  es  traarig  war,  sie  aaf  der 
gefrorenen  Erde  gehen  zn  sehen,  and  in  dieser  elenden  Ver- 
fhssnng  sollten  wir  gegeu  einen  ans  weit  ttlierlegenen  FeSad  Tor- 
itteken!  Hente  also  sollten  Dänemarks  Söhne  kämpfen  and  hinten; 
heate  sollten  wir  die  sittliehe  Kraft  der  dänischen  Nation  bewdsen; 
hente  sollten  wir  die  Kriegsehre  anserer  Vorfahren  in  der  GesoMchte 
behaapten!  Beate  aaeh  sollten  wir  erkennen,  ob  Gott  mit  ans  sei 
ader  nieht!  Ohne  Gottes  besondere  Hilfe  and  Beistand  konnten 
wir  diesen  Kampf  nieht  gewinnen,  denn  nach  allen  Bereehnongen 
war  der  Fdnd  ttber  11000  Mann  stark  and  wir  hatten  kanm  8000 
Mann.  Aber  wir  hofften,  dafs  Gott  in  Jesa  Namen  onsor  Anftthrar 
sein  wttide,  denn  nor  er  konnte  ans  den  Sieg  geben. 

Wir  flliehteten  daher  weder  Tod  noch  Gefahr,  sondern  waren 
bereit  za  siegen  oder  in  Ehren  fbr  unseren  hoch  geliebten  König 
nnd  unser  tiei^ekränktes  Vaterland  zu  sterben;  dabei  wollten  wir 
uns  bemühen,  den  grofsen  und  seligen  Lohn  der  Treue  und  Tapferkeit 
20  ernten,  denn  die  gröfsten  und  schönsten  aller  Tagenden  sind  für 
den  Soldaten:  Ausdauer  und  Tapferkeit 

Vor  dem  Anfang  der  Schlacht  standen  wir  so  ungefähr  eine 
Stunde  in  tiefen  Betrachtungen.  Wir  beobachteten  den  Feind,  und 
er  uns.  Unterdessen  war  die  Sonne  in  all  ihrer  Pracht  und  Herrlich- 
keit aufgeg^an^^in.  Es  war  ein  schöner  Wiiitermorgen.  Ach,  dachte 
ich,  viele  haben  wohl  diesen  herrlichen  Anblick  zum  letztenmale 
gehabt  1  Meie,  welche  die  blutrote  Sonne  haben  aufgehen  sehen, 
werden  sie  nicht  untergehen  sehen! 

Der  Feind  iat  stark,  duch  wer  mag  zagen! 

Wir  stehen  fest  in  Kampf  und  Tod. 

Der  Schwache  muüi  den  Starken  ttclilugeu, 

Der  bentelOsteni  uns  bodraht. 

bh  gfttfte,  Hoigensoime,  dleh! 

Zum  Kampf  fOn  Beeht  eiwaokst  do  midi! 

Wie  ist  eü  stolz,  dem  Feind  zu  wehren 
—  Des  Volkes  Heil  ist  uns  betraut  ~ 
Wie  süAi,  eis  ffieger  beinankehren 

Zur  Mutter  und  znr  frohen  Braut. 

Ich  f^fse,  Morgensonne,  dich! 

Zu  lüunpf  und  Sieg  erweckst  du  mich. 


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268 


Au  dem  Kriege  1807—14. 


Ist  dies  meto  letzter  Tag  anf  Erden, 

Ich  will  mich  doch  dos  Kampfes  frem, 
Der  freien  Heimat  Töcliter  worden 
Wohl  Kosen  aut'  das  Grab  mir  streun, 
loh  grüT^e.  Mor^^ensonne,  dich! 
Zu  Kampf  mid  Sieg  erweekat  dn  mieli. 

Belebt  darob  den  Kanonendonner  —  denn  wir  waren  fast  zum 
Um&Uen  mttde  aas  Mangel  an  Schlaf  —  marschierten  wir  jetzt 
rasch  vorwärts.  Unsere  Tirailleorkette  versnchte  erst  den  Feind  in 
Kaach  einzuhüllen,  um  ihm  seine  ersten  nnd  besten  Schüsse  zn  ent- 
locken. Nachdem  dieses  geschehen  war,  bekam  sie  Ordre,  sieb 
nnserem  Flttgel  anznschliefsen,  und  nun  begann  anf  beiden  Seiten 
ein  Kampf  anf  Leben  und  Tod.  Bevor  derselbe  anfing,  glaube  ich, 
wSre  es  gat  nnd  sweckmäfsig  gewesen,wenn  derHüchstkommandierende 
eine  knrze,  anfinuntemde  Kede  an  das  Armeekorps  gehalten  hätte. 
Ebenso  wäre  es  in  unserer  Lage  passend  gewesen,  wenn  unser  Feld- 
prediger doreh  die  Glieder  gegangen  oder  geritten  wäre  und  die 
Gedanken  unserer  Krieger  auf  Gott,  König  nnd  Vaterland  gerichtet 
ond  dadurch  den  in  hohem  Grade  ermatteten  Kriegern  Seelenstärke 
und  moralische  Kraft  eingeflöist  hätte,  weiche  allein  den  entkräfteten 
Körper  aufrecht  halten  können.  Ks  war  um  so  mehr  notwendig, 
unsere  Gedanken  in  onserer  höchst  verzweifelten  Lage  aut  (iott  zu 
richten,  da  wir  weder  durch  französische  noch  dänische  Generäle 
noch  durch  den  Mut  und  die  Tapferkeit  unserer  Truppen  imstande 
gewesen  wären,  einen  Tollkommenea  ond  glänzenden  sieg  tiber  einen 
nbermtttigen,  überlegenen,  kriegs-  und  siegesgewohnten  Feind  zn  ge- 
winnen, so  dafs  wir  also  nur  der  Hilfe  des  allmächtigen  Gottes  den 
Sieg  verdanken  konnten.  Der  schwedische  Kronprinz  war  so  sicher, 
nns  in  der  Falle  an  haben,  dafs  er  in  Kiel,  während  wir  ans  bei 
Sehested  schlugen,  gesagt  haben  soll:  Morgen  wird  das  gfuize 
dänische  Armeekorps  kriegsgefimgen  an  mir  yorüberziehen.** 

Er  hatte  Ursache,  es  za  hoffen,  da  er  wnlste,  dats  wir  von 
allen  Seiten  von  Feinden  nmgeben  waren,  nnd  dals  das  Heer,  gegen 
welches  wir  kämpften,  dem  nnsrigen  anch  an  Zahl  Überlegen  war. 
Der  Kronprinz  von  Schweden  hatte  nns  doreh  seinen  aas- 
gezeichneten Kriegsplan  nnd  seuie  nngewöhnlicben  Feldhermkennt- 
nisse  so  mit  Armeekorps  nmgeben,  dals  er  wahriioh  nicht  Schnid 
daran  trog,  dals  wir  bei  Sehested  nicht  vernichtet  wnrden.  Wäre 
General  Dörnberg,  welcher  mit  einem  starken  Armeekorps  in 
Wittensee,  nicht  weit  von  Sehested,  stand  —  nnd  den  Kanonen- 
donner deutlich  dort  hätte  hören  mttssen  —  zn  dem  General  Wall- 
moden bei  Sehested  gestolsen,  so  wären  wir  ohne  Rettang  verloren 


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Aas  d«D  Kriege  1807—14. 


2b» 


gewesen.  Wäre  ferner  der  Bcbwedische  General  Tegehagoe,  welcher 
mit  Beiner  gut  aosgeroliten  Division  kann  eine  Meile  von  Sehested 
stand,  nnd  weloher  aneh  den  Kanonendonner  liatte  bOren  müssen, 
sn  dem  General  Wallmoden  gestolsen,  so  wfiie  unsere  Niederlage 
onvermeidlieli  gewesen,  nnd  hätte  die  sohwedisehe  Kavallerie,  welche 
nns  bei  Bomböved  angegriffen  hatte,  uns  fortdauernd  bis  Sehested 
verfolgt,  so  wären  wir  trots  all  unserer  bewiesenen  Tapferkeit 
rettnnglos  verloren  gewesen. 

Der  Kronprinz  von  Schweden  hatte  deshalb  guten  Gmnd  zu 
l^uben,  daCs  die  Dänen  sich  nicht  von  Tod  oder  Gefangenschaft 
retten  konnten.  Mit  Gottes  Hilfe  aber  zeigte  es  sich  hier,  dals  ,.der 
Sehwache  den  Starken  fällen  kann,"  so  dafs  nichto  aus  der  Freude 
der  Schweden  wurde. 

Mit  Verwunderung  sah  ich,  welche  zerstörende  Wirkungen 
Kapitän  v.  Fries  mit  seiner  Batterie  in  der  russisch -deutschen 
Inlanterle  hervorbrachte,  denn  einige  starke,  feindiiche  Infanterie- 
kolonnen, die  sich  auf  den  Hohen  auf  der  anderen  Seite  von  Sehe- 
sted befanden,  versuchten  dem  Orte  zu  Hilfe  zu  eilen,  aber  die 
Batterie  des  Kapitän  v.  Fries  empfing  sie  jedesmal  mit  einem  so 
anÜBerordentUch  gut  gezielten  Feuer,  dals  sie  nicht  nach  Sehested 
herunterkommen  konnten. 

Da  unsere  auf  verschiedenen  Plätzen  au%e8tellte  ArtUlerie  durch 
ihre  wohlgezielten  Schttsse  die  feindliche  Artillerie  zum  Schweigen 
und  Retirieren  gezwungen  hatte,  bekamen  wir  den  Befehl  zu 
unserem  Bataillone  zu  stoben.  Ich  selbst  wurde  mit  einigen  Leuten 
zur  Beobaohtung  der  feindlichen  linken  Flanke  abgesandt,  um  bei 
Zeiten  dem  Bataillonskommandeur  v.  Bie  melden  zu  kOnnen,  ob  der 
Feind  Miene  mache>  unsere  linke  Seite  zu  umgehen. 

Raum  war  ich  mit  meiner  Mannschaft  —  24  Mann  —  auf 
Gewehischufsweite  von  unserer  rechten  Flanke  entfernt,  so  bemerkte 
ich  eiu  paar  Kompagnien  feindlicher  Jäger,  die,  nach  der  Kichtnng 
ihres  Marsches  zu  urteilen,  unseren  linken  Flflgel  zu  umgehen 
suchten.  Ich  iiels  dies  sogleich  dem  Major  v.  Bie  melden.  Ein 
junger,  schOner  französischer  Offizier,  Kapitän  Carr6e,  kam  kurz 
danach  in  gestrecktem  Galopp  zu  mir  und  bat  mich,  ihm  mit  meiner 
Mannschaft  za  folgen.  Das  that  ich,  und  er  ritt  schnell  voran, 
während  wir  andern,  so  schnell  wie  mOglich,  hinterherliefen.  £r 
führte  uns  noch  weiter  in  die  rechte  Flanke,  nnd  als  er  nns  so  weit 
an  die  feindliche  linke  Flanke  geführt  hatte,  dals  ich  das  Bataillon, 
zu  dem  ich  gehörte,  gar  nicht  mehr  sehen  konnte,  ritt  er  im  Galopp 
znrQck. 

Ohne  Gottes  Hilfe  bist  du  jetzt  mit  deiner  Mannschaft  von 


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Ans  dem  Eitoge  1807—14. 


deinem  Bataillone  abgeschnitten,  dachte  ieh  bei  mir  selbst,  denn  ieh 
sah  die  feindlichen  Jäger  heranrttckeii,  nm  in  die  groDse  Öffnimg 
zwisohen  dem  Bataillone  und  mir  zu  kommen  und  nm  mich  go  nbm« 
schneiden.  Ich  fing  niin  an,  die  linke  Flanke  der  Jäger  zn  be- 
fiohieiflen,  nm  sie  wo  möglich  einen  Augenblick  aofenhalten.  Sie 
machten  auch  Halt  und  erwiderten  meine  Schüsse;  als  sie  aber 
zuletzt  deutlich  meine  geringe  Mannschaft  sehen  konnten,  seteten  aie 
ihren  Marsch  fort^  teils  nm  mioh  abzuschneiden,  teils  nm  unser 
Bataillon  zn  nmgehen. 

In  diesem  gefährlichen  AagenbUcke  kam  indessen  der  fran- 
zösische Adjutant  mit  einer  Kompagnie  Jäger  unter  Kapitän  Wegener 
geritten.  Nun  stutzte  der  Feind  und  hielt  an,  und  als  Kapitän 
y.  Abercroue  mit  einer  Kompagnie  vom  Regiment  der  Königin  uns 
auch  zn  Hilfe  kam,  wurde  der  Feind  etwas  zurückgetrieben,  bekam 
aber  sogleich  von  einem  ganzen  Linienbataillone  Hilfe.  Nun  war 
es  schwer,  uns  zu  halten.  Der  Feind  beschols  uns  sehr  heftig, 
richtete  aber  dadurch  keinen  besonderen  Schaden  an,  denn  ebenso 
wie  die  Artillerie  schofs  auch  die  Infanterie  viel  zu  hoch,  so  dals 
der  Lrröiste  Teil  der  feindlichen  Kugeln  Uber  unsere  Köpfe  gingen 
und  so  nur  ein  Duett  mit  dem  Klange  unserer  Bajonette  ausführten. 
Als  der  französische  Adjutant  sah,  dafs  es  uns  sehr  schwer  werden 
würde,  unsere  Stellung'  gegen  eine  so  grol'se  Ubermacht  zu  be- 
haupten und  den  Feind  zu  verhindern,  den  rechten  Flügel  unseres 
Armeekorps  zu  umgehen,  ritt  er  zurück  —  ventre  a  terre  und 
untrefahr  eine  halbe  Stunde  später  kam  er  mit  dem  dritten  und 
vierten  Bataillone  des  „Holsteinisehen  Infanterieregiments"  unter  An- 
führuDL^  des  Majors  von  Multke  zurück.  Nun  wurde  der  Feind  so 
weit  zurückgeworfen,  dafs  wir  ihn  gar  nicht  mehr  sehen  konnten. 
Diese  Attacken  auf  den  linken  FlUgel  des  Feindes  währten  bis 
Mittag.  Aulser  den  Gefangenen,  die  wir  auf  dem  linken  FlUgel  des 
Feindes  machten,  nahmen  wir  einen  feindlichen  Jäger  auf  eigentüm- 
liche Weise  gefangen.  Er  lief  bis  an  die  Schulter  im  Wasser  in 
einem  Moor  und  hielt  sein  Gewehr  hoch  Uber  den  Kopf  Ich  rief 
ihm  zu:  ..Pardon  Kamerad.  '  worauf  er  sogleich  sein  Gewehr  von 
sich  warf  und  ans  Land  zu  uns  watete. 

Es  war  ein  junger,  schtiut  r  Mensch,  in  Berlin  geboren  und  aus 
guter  Familie.  Kr  sagte,  dafs  unglückliche  Liebe  ihn  dazu  gebracht 
hatte,  Dienste  zu  nehmen,  und  dafs  t"r  hoffe,  bald  Offizier  zu  werden. 
Da  er  diese  Hotfnung  aufgeben  mulste,  wenn  er  in  dänische  Getangen- 
schaft fiel,  war  es  seine  Absicht,  als  er  ins  Wasser  lief,  sich  ent- 
weder zu  erschiel'sen  oder  zu  ertränken.  Er  wurde  mit  den  anderen 
Gefangenen  zu  dem  Divisiousa^jutanten  v.  Kömeling  transportiert 


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Au  dem  Kitot«  1807— U. 


291 


nnd  während  Rendsburgs  Belagerung  sprach  ich  mehreremale  mit 
ihm.  Ich  habe  diesen  Menschen  so  ausfuhrlich  erwähnt,  weil  ich 
das  Jahr  darauf  eine  merkwürdig  frotie  Zusammenkanfit  mit  üun 
haben  sollte. 

Mit  dem  Keste  meines  Kommandos  suchte  ich  zu  dem  i\egimente 
zurUckzakehren  und  traf  glücklicherweise  mit  dem  ersten  Bataillone 
„Fünen"  nahe  vor  behested  zusammen;  ich  verblieb  bei  demselben, 
-da  das  zweite  Bataillon  sich  wegen  Maugels  au  Munition  hatte 
zurückziehen  mUssen.  Wir  erhielten  kurze  Zeit  darauf  die  Ordre 
vorzorUcken,  um  das  Detilee  bei  Sehested  auf  der  einen  beitc  zu 
besetzen;  zu  derselben  Zeit  besetzte  ein  Bataillon  „Soiileswigscher 
Infanterie"  die  andere  iSeite  des  Weges. 

Sn  standen  die  Dinge  bis  weit  tlber  Mittag,  und  der  Sieg  war 
noch  ungevvils,  nachdem  wir  vom  frühesten  Morgen  an  auf  einander 
geschossen  hatten,  aber  nun  war  der  Augenblick  «rekomiiien,  da  alle 
Kräfte  augestrengt  werden  muDsten,  am  nnsere  bisherige  Arbeit  mit 
Erfolg  zu  krönen. 

Unser  Feldherr,  Prinz  Friedrich  von  Hessen*)  befahl  daher  unsere 
Streitkräfte  zu  konzentrieren  und  Sehested  mit  einer  Sturmkolonne 
anzugreifen.  Die  Sturmkolonne  mit  dem  General  v.  Schulen  bürg 
und  dem  französischen  General  Lallen» and  an  der  Spitze  stürmte 
vorwärts  mit  unwiderstehlicher  Kraft,  und  wahrend  unsere  Artillerie 
von  verschiedenen  Paukten  Sehested  beschols.  nahmen  unsere  Sturm- 
kolonnen mit  gefällten  Bajonetten  den  Kingaug  zur  Stadt,  obgleich 
sie  mit  dem  heftigsten  Kanonen-,  Kartätschen-  and  Gewehrfeaer 
empfangen  wurden. 

Sehested  wurde  genommen,  aber  es  kostete  uns  viele  Soldaten. 
Die  Grenadierkompagnie  Oldenburg  mit  dem  braven  Kapitän 
V.  Uöegh  senior  an  der  Spitze  hatte  allein  achtondzwanzig  Tote  and 
Verwundete. 

Während  Sehested  so  von  unseren  Sturmkolonnen  genommen 
wurde,  setzte  Prinz  Friedrich  sich  an  die  Spitze  der  Infanterie 
der  zweiten  Brigade  und  jagte  den  westlich  von  der  Stadt  stehenden 
Feind  in  wilde  Flucht. 

Bei  diesen  entscheidenden  Bewegungen,  welche  so  sehr  zu 
unserem  Siege  beitrugen,  zeichneten  sich  durch  persönlichen  Mut 
und  glänzende  militärische  Eigenschaften  besonders  aus:  l'rinz 
Friedrieb,  General  Lallemand,  General  Schalenbarg,  Oberstleutnant 


M  Der  Prinz  Friedrich  von  Uessun  war  der  Bruder  der  Königin  von 
UUnem&rk,  Marie  Sophie  Friederike  von  Hessen,  Gemahlin  des  Königs  Friedrich  VL 

Anmerk.  d.  Herausg. 
JakfMUkM  fir  4i«  4tBtMto  4niM  vmA  IImIb«.  Bd.  114.  I.  19 


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292 


Ans  dem  Kriege  1807—14. 


V.  Brackel  mit  seinem  Bataillone  in  der  Sturmkolonne  und  der 
ebenso  tapfere  wie  vortreffliche  Offizier,  Kapitän  y.  Höegh  mit  seiner 
Grenadierkompafrnie.  welche  die  Spitze  der  Sturmkolonne  bildete. 
Ferner  thaten  sich  durch  ungemeinen  Mut  hervor:  Major  v.  Scharffen- 
berg,  Kapitän  v.  Wilster,  die  Leutnants  v.  Ahercrone,  Cropp,  Zehmann, 
Wasmer,  Brodersen,  Sosten  und  die  Seeoiliziere  Kapitän  Holsten, 
Leutnant  Flor  und  Ascherhoug,  welche  zum  Vergnügen  am  Angriffe 
der  Sturmkoloime  auf  Sehested  teilnahmen.  Der  tapfere  Kapitän 
V.  Höegh  bekam  vier  Wunden,  aber  fuhr  doch  fort,  seine  Komp^uie 
zu  kommandieren,  bis  ODsere  Dragoner  den  geschlagenen  Feind  ver- 
folgten. 

Die  Infanterie  von  der  leichten  Brigade  hatte  sich,  nachdem  wir 
uns  Sehested  nahten,  mehr  und  mehr  zerstreut,  und  stürzte  jetzt  nach 
dem  glücklich  ausgeführten  Sturm  von  allen  Seiten  in  die  Stadt,  so 
dals  der  retiriereude  Feind  dadurch  verhindert  wurde,  sich  nochmals 
in  dem  laugen  Dorfe  festzusetzen.  Als  unsere  Infanterie  unterdessen 
das  südliche  Ende  der  Stadt  erreicht  hatte,  stürzte  ein  frisches 
feindliches  Bataillon,  von  dem  Obersten  v.  Golz  angeführt  und  von 
drei  scchspfüadigen  Kanonen  unterstützt,  sich  gegen  unsere  Infanterie, 
die  gezwungen  wurde,  sich  zurückzuziehen.  In  demselben  Augen- 
blicke liefs  Prinz  Friedrich  drei  Schwadronen  „FUnescher 
Dragoner"  vorrücken.  Diese  tapferen  Dragoner  mit  General  von 
Schnlenburg  und  General  Lallemand  an  der  Spitze  stürzten  sich 
in  dem  schmalen  Defilee,  schäumend  vor  Kachelust,  auf  das  feind- 
liche Bataillon,  brachen  in  das  Bataillon  ein,  hieben  einen  grofsen 
Teil  nieder  und  nahmen  den  Obersten  und  den  gröfsten  Teil  der 
Offiziere  samt  204  Mann  gefangen.  Au&erdem  wurden  zwei  sechs- 
piUndige  Kanonen  erobert,  welche  von  Major  Graf  v.  Moltke, 
Leutnant  v.  Wied  und  sechs  Dragonern  genommen  wurdeu.*) 

Die  in  Anzahl  weit  überlegenen  schwarzen  Husaren  der  russisch- 
deutschen Legion  rückten  jetzt  gegen  uns  vor,  und  da  die  „Füneschen 
Dragoner"  nicht  stark  genug  waren,  ihnen  zu  widerstehen,  zogen 
sie  sich  mit  ihren  vielen  Gefangenen  und  den  zwei  Kanonen  zurück. 

Während  dieses  geschah,  hatte  unser  rechtes  Flaukenkorps  — 
immer  in  leichtem  Kampf  —  mit  General  Dörnbergs  Avantgarde, 
dessen  Hauptkorps  nicht  zum  Vorschein  kam,  die  Anhöhen  nördlich 
von  Habye  besetzt  gehalten,  und  der  Feind,  welcher  stets  unseren  rechten 
Flügel  zu  umgehen  suchte,  schien  die  Absicht  zu  haben,  uns  mehr 
und  mehr  von  unserm  Hauptkorps  zu  entfernen,  damit  der  General 


>)  Die  beiden  Kanonen  stehen  in  dem  Zeughause  in  Rendsburg  mit  einer 
Tafel,  wfllfllie  ^  Nauen  der  iwd  Offiziere  und  der  sechs  Dragoner  enthält. 


Am  dem  Krieg»  1807—14. 


298 


Wallmoden  uns  um  so  leichter  Uberwältigen  könne.  Der  einsichts- 
Tolle  Division sadjntant  von  Römeliug;,  welcher  unser  rechtes  Flanken- 
korps fllhrte,  falste  jetzt  den  Entschlufs,  das  ihm  gegenüberstehende 
feindliche  Korps  zu  verlassen,  um  so  schnell  wie  mR'jlich  sich 
unserm  Hauptkorps  anzuschliefsen,  oder  ihm  zu  Hilfe  zu  kommen. 
Er  warf  deswegen  eine  Husarenschwadron  und  eine  Jägerkoinpagnie 
gegen  den  Feind  und  erreichte  mit  den  Übrigen  Linienbataillonen 
das  rechte  Ufer  des  Moores  von  Hahy,  ohne  dals  der  Feind  diese 
Kriej^slist  bemerkte.  Der  Feind  wollte  uns  jetzt  in  f^erader  Linie 
verfol^'^en.  Zu  spiit  erkannte  er  indessen,  dafs  die  breite  Fläche, 
weicht'  das  Moor  zwischen  ihm  und  unseren  drei  Bataillonen  bildete, 
nicht  passiert  werden  konnte,  und  dafs  er  zufrieden  sein  müsse, 
unser  Flankenkorps  aulser  Schuisweite  zu  coto>ieren.  Von  Haby 
suchte  der  Feind  Uber  den  Damm  zu  kommen,  um  das  rechte  UffT 
des  Moores  zu  erreichen.  Der  tapfere  Husarenmajor  v.  Bergen  warf 
sich  indessen  mit  seiner  Schwadron,  einer  Jägerkompagnie  und  zwei 
sechspfUndigen  Kanonen  so  kräftig  gegen  den  Feind,  dals  dieser 
gezwungen  wurde,  sich  in  den  Wald  westlich  vor  Habv  zurückzu- 
ziehen und  mit  seinen  Operationen  aufzuhfiren,  w  orauf  unser  Fiaukeu- 
koips  seine  bestimmte  Bewegung  bis  nach  Sehested  fortsetzte. 

Nachdem  die  drei  Schwadronen  „FUnescher  Dragoner'*  mit 
ihren  Gefangenen  und  eroberten  Kanonen  sich  zurückgezogen  hatten, 
fonnierte  die  feindliche  Infanterie  sich  abermals  und  im  N'erein 
mit  der  Kavallerie  griff  sie  abermals  Sehested  an.  Um  diesen  An- 
griff zurückzuweisen,  versuchten  „FUnesche  Dragoner-  mit  der 
Husarenschwadron  von  Späth  an  der  Spitze,  abermals  einen  Angriff. 
Obgleich  unsere  Husaren  und  Dragoner  mit  ihrer  gewöhnlichen 
Bravour  in  ein  feindliches  Bataillon  hineinbrachen,  mul'sten  sie  sich 
doch  wegen  der  Ermattung  der  Pferde  und  der  Überlegenheit  des 
Feindes  zurückziehen,  und  unsere  Kavallerie  mufste  mit  grofsem 
Verlust  retirieren,  so  dafs  dieser  AngritT  nicht  gelang.  Dagegen 
warf  nun  abermals  unsere  Linieninfanterie  der  ersten  und  zweiten 
Brigade  den  Feind  zum  zweitenmaie  zurück  und  vertrieb  ihn  aus 
der  Stadt. 

Noch  einmal  versuchte  der  P'eind  durch  einen  verwegenen  An- 
griff der  tapleren  mecklenburgischen  Jäger  die  Schlacht  zu  erneuem. 
Die  Folge  war  indessen,  dafs  die  Schwadron  dieser  reitenden  Jäger  — 
120  Mann  —  mit  dem  Prinzen  von  Mecklenburg  an  der  Spitze,  nur 
6  Mann  aus  unserm  Infanteriefeuer  rettete.  Der  Kest  der  Schwadron 
bedeckte  das  Schlachtfeld,  und  Prinz  Gustav  von  Mecklenburg 
selbst  fiel  verwundet  in  unsere  Hände.  Der  Prinz  zeigte  den  höchsten 
Grad  von  Mat  und  persönlicher  Tapferkeit  an  der  Spitze  seiner 


294 


Ans  dem  Kriege  1807—14. 


heldenmütigen,  schönen  Sohwadron,  die  der  feindliche  General  Wall- 
moden  auf  so  unnütze  Weise  aufgeopfert  hatte. 

Der  durch  Hecken  umzäumte  Weg  war  so  schmali  dals  die 
mecklenburgischen  reitenden  Jäger  uns  nur  mit  vier  Mann  Front  an- 
greifen konnten.  Wir  h&tten  sehr  gut  einem  Teile  des  grofsen  Ver- 
lostes,  den  unsere  Kavallerie  erlitt,  vorbeugen  können;  denn  hätten 
wir  sofort  angefangen,  den  Feind  zu  besohiefsen,  als  er  in  das 
Defilee  hineinritt,  wäre  er  vieUeieht  nioht  so  nnbesomien  in  die 
Falle  gegangen.  Wir  bekamen  indessen  Ordre,  niefat  sn  seble&en, 
sondern  ons  hinter  den  Heoken  des  Weges  zn  legen,  am  unsere 
Stilrke  so  viel  irie  mOglich  sii  rerbergen,  nnterdessea  ab«r  fUgte 
der  Feind  unserer  Kavallerie  auf  der  Betraite  einen  bedeutenden 
Verlast  zo.  In  diesem  AogenbUeke  besonders  zeigten  Prinz  Friedriob 
nnd  General  Lallemand  ihre  glänzenden  militllrisehen  Eigensebaften, 
denn  sie  gebraachten  die  Kriegslist,  ehien  Teil  unserer  Kayallerie 
an&oopfem,  am  den  Fdnd  in  das  Defilee  zu  looken  nnd  dadnidi 
den  Sieg  zu  gewinnen.  Erst  als  die  Spitze  der  feindlidien  Kavallerie 
an  nnsern  linken  Flttgel  ins  Defilee  gekommen  war,  bekamen  wir 
Ordre,  Ton  beiden  Seiten  des  sebmalen  Weges  zn  sebielben  and  in 
einem  Aagenblieke  war  das  tapfere  Jägerkurps  niedergeschossen. 

Prinz  Gnstav  Ton  Mecklenburg  bot  einen  filr  Jeden  Krieger 
schönen  nnd  begeisternden  Anblick  dar,  als  er  anf  seinem  stohsen 
Pferde  mit  hochgesohwnngenem  Säbel  seine  Leate  anfeuerte  und 
zum  Mute  anspornte  nnd  ihnen  Im  wilden  Siegesjobel  zurief,  den 
Dänen  nicht  Pardon  zu  geben.  Da  seine  Schwadron  indessen  — 
von  beiden  Seiten  des  Weges  von  unsem  Kugeln  beschossen  —  um 
ihn  zu  Boden  sank,  und  er  zam  Betirieren  gezwungen  wurde,  bekam 
der  tapfere  Prinz  einen  Schals  in  die  Hand,  der  ihm  zwei  Finger 
abrils  und  seinen  Fingerring,  der  in  die  Hand  hinemdrang,  zermalmte. 
Der  starke  Schmeiz  zwang  ihn  um  Pardon  zn  bitten,  obgleich  er 
selbst  uns  kurz  vorher  keinen  Pardon  geben  wollte.  Der  Prinz 
wurde  gefangen  genommen,  aber  unterwegs  suchte  er  —  obgleich 
verwandet  —  sich  losznreiisen.  Einer  unserer  Soldaten,  der  den 
Prinzen  nicht  kannte,  gab  ihm  einen  Kolbenschlag,  welcher  seine 
Flucht  verhinderte. 

Ein  Offizier  der  mecklenburgischen  rdtenden  Jäger,  welcher 
eine  Mfltze  auf  dem  Kopie  hatte,  ritt  neben  dem  Prinzen,  während 
er  avancierte.  Da  er  aber  sah,  dals  der  Prinz  gefangen  genommen, 
und  die  ganze  Schwadron  vernichtet  war,  wendete  er  sein  Pferd 
um  zu  letirieren,  legte  sich  mit  der  Brust  gegen  den  Sattelknopf 
und  dem  Pferde  die  Sporen  gebend,  sprang  er,  wie  dne  KatM  über 
Tote  und  Verwundete  hinwegsetzend,  auf  dem  fast  nnzugängliehen 


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Aus  dem  Kriege  1807—14. 


295 


Wefe  sarUck.  Auf  diese  Weise  ritt  er  dnieh  einen  von  beiden 
Seilen  des  Weges  iLommenden  Regen  von  Kugeln  Ibnnlieli  Spiels- 
raten. So  lange  ich  Um  sehen  konnte,  sttliste  er  nioht  vom  Pferde 
nnd  erreichte  so  —  jedoch  nicht  nnTorwondet  ^  das  Ende  des 
schmalen  Weges.  Hier  warf  sich  eine  Abteilang  onserer  Infanterie 
mit  gefiUlten  Bi^netten  gegen  ihn  nnd  forderte  ihn  aa^  sich  zu  er- 
geben, er  schlag  aber  seinen  Mantel  tther  den  Kopf,  nnd  das  mntige, 
prächtige  Pferd  sprang  Aber  die  Bajonette  mit  dem  kecken  Jttngling. 
Ich  hörte  spiter,  dab  sein  Pferd  erschossen  worde,  and  dals  er, 
mit  beiden  Binden  den  Mantel  tther  den  Kopf  haltend,  sich  za 
retten  sachte.  Am  Kopte  nnd  an  den  Binden  jämmerlich  ver* 
wandet,  wurde  er  indessen,  anscheinend  tet,  nach  Bovenan  gebracht 
Der  Name  dieses  tapferen  Offiziers  war  Forstner.  SfAter  warde  er 
geheilt  nnd  ist  jetzt  Major  in  preolsiscben  Diensten,  wo  er  im 
Generalstabe  anter  dem  General  Gneisenan  arbeitet  £r  hatte  1812 
in  Rnüaland  an  dem  Feldzage  teilgenommen,  nnd  weil  er  früher  ara 
Kopfe  Terwandet  gewesen  war,  hatte  er  Erlaubnis  bekommen,  die 
Mütze  zu  tragen. 

Nach  dieser  Episode  folgte  ein  in  hohem  Grade  gianenvoller 
Anblick:  Im  Defilee  auf  dem  Wege  nach  Sehested  lagen  nftmUch 
fibereinander  niedergeschossen,  ttber  Bnndert  tote  nnd  Tcrwondete 
Mensehen  nnd  Pferde.  Viele  hätten  vielleicht  gerettet  weiden 
können,  aber  unsere  Kavalleiie  bekam  jetzt  die  Ordre,  den 
retirierenden  Feind  zu  verfolgen,  am  den  Sieg  zu  benutzen,  welchen 
das  Gewehrfener  des  flineschen  und  schleswigschen  Infanterie- 
regiments —  die  das  Defilee  besetzt  hielten  —  gekrOnt  hatte.  Da 
die  Kavallerie  nicht  umhin  konnte,  diesen  Weg  za  passieren  und 
da  die  Heiter  nicht  seitwärts  vorbei  kommen  konnten,  weil  der  Weg 
auf  beiden  Seiten  mit  Hecken  besetzt  war,  mofste  unsere  Kavallerie- 
kolonne Uber  die  Verwandeten  und  Toten  hinwegreiten.  Die  ver- 
stümmelten Menschen  nnd  Pferde  boten  einen  schreoklichen  An- 
blick dar. 

Nach  dem  nnfslungenen  Angriffe  der  mecklenburgischen  reitenden 
«niger  zog  sich  der  Feind  nach  Osterade  hinter  die  Eider  znrUck. 
Das  Feaer  hörte  jetzt  auf,  und  man  hörte  nur  einzelne  Kanonen- 
sehtlsse,  womit  unsere  Artillerie  dem  Feind  auf  der  Flacht  das  Geleit 
gab,  80  dab  es  schien,  als  habe  der  Feind  jeden  neaen  Versnob, 
die  verlorenen  Vorteile  wiederzugewinnen,  aufgegeben. 

W^ider  alle  Vermutung  hatte  der  Feind  indessen  längs  der  Ufer 
des  Kanals  zwei  Bataillone  aofgestellt,  die  von  Bohenfelde  kamen, 
nnd  nan  anf  Sehested  losgingen  in  der  Hofihong,  uns  in  den  Kücken 
ra  iallen  nnd  so  die  Schlacht  za  emeaem.  In  demselben  Aagen- 


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Ans  dem  Kriege  1807— U. 


blicke,  da  der  Feind  dies  Manöver  ausfuhren  wollte,  kam  glücklicher- 
weise unser  vorher  erwähntes  rechtes  Flankenkorps,  welches  sich 
unserm  rechten  Flügel  anschlofs,  der  westlich  von  dem  Moore  bei 
Sehested  stand,  und  aus  drei  Konipag:nien  des  ftlneschen  Inf&nterie- 
regiraents  und  vier  sechsj)fündigen  Kanonen  bestand. 

Nach  halbstündigem  heilsen  Gefecht  wurde  der  Feind  zun» 
zweiteumale  hinter  den  Kanal  geworfen,  von  wo  er  sich  hinter 
die  Schleuse  bei  Klnvensieck  zurückzog.  Zur  selben  Zeit  liels 
Prinz  Friedrich  eine  Schwadron  ,.IIolsteinischer  Reiter"  unter 
dem  Major  v.  Stemann  vorrücken,  um  den  Feind,  der  nördlich  der 
Elbe  stand,  anzugreifen.  Diese  tapfere  Schwadron,  von  dem 
rautigen  und  als  vorzüglich  bekannten  Oftizier,  Major  v.  Stemann 
angeführt,  schlug  freilieh  den  Feind  zurück  und  verfolgte  ihn  mit 
Heftigkeit  über  die  Brücke  der  Osterade,  verlor  aber  dadurch  37 
Mann  und  17  Verwundete,  worunter  3  Offiziere  waren.  Nur  der 
Kaltblütigkeit  des  Majors  v.  Stemann  ist  es  zu  verdanken,  dafs  der 
kleine  Rest  dieser  unerschrockenen  Schwadron  zurückgebracht  wurde. 

Bei  dieser  Gelegenheit  geschah  es  auch,  dafs  ein  Kavallerist, 
ein  „Holsteinischer  Reiter"  dem  General  Wallmoden  so  nahe  kam, 
dal's  er  dessen  (Generals-)  Mantel  ergriff,  um  ihn  so  zum  Gefangenen 
zu  machen.  Der  General  liefs  indessen  —  wie  Joseph  —  den 
Mantel  im  Stich  und  rettete  sich  durch  die  Schnelligkeit  seines 
Pferdes,  während  einer  seiner  A^jakiuteu  unseren  heldeumati^D 
und  ermatteten  Krieger  niederhieb. 

Nachdem  der  Feind  geschlagen  und  auf  allen  von  ihm  besefc&ten 
Punkten  zurückgeworfen  worden  war,  zog  er  sich  in  griilster  Eile 
und  Unordnung  über  die  Schleuse  bei  Kluvenseck  zurück,  von 
unsern  Kanonenkugeln  begleitet. 

Unser  linker  Flügel  stand  nun  südlich  von  Sehested  bei  der 
alten  Eider,  und  unser  rechter  Flügel  östlich  von  Hohenfelde  beim 
Kanal.  Unsere  Absicht  war  also  erreicht,  denn  wir  waren  jetzt 
Herren  Uber  das  nördliche  Ufer  des  Kanals,  und  der  Weg  Uber 
Schieruau  bis  Rendsburg  war  frei.  Unglaublich  ermattet,  aber 
zugleich  unbeschreiblich  froh  über  unsern  vollständigen  Sieg  ver- 
liefsen  wir  Sehested  und  marschiertrn  um  halb  tunf  nach  Sonnen- 
untergang weiter. 

Steen  Steeusen  Blicher  sagt  in  einer  seiner  Schriften:  „Die 
Dänen,  von  einem  fremden  General  in  ein  dreitaches  Feuer  geführt, 
thaten  Wunder  von  Tapferkeit.*'  Hier  ftlge  ich  hinzu,  dafs  in  der 
Affare  bei  Boden  und  in  vielen  Scharmützeln  und  Vorpostengefechteu, 
die  wir  Dänen  gewonnen,  wir  keinen  einzigen  Franzosen  zur  Hilfe 
hatten. 


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Am  dam  Kriege  1807—14. 


297 


Verzeichnis  der  in  der  Schlacht  gefangenen  Offiziere: 
Prinz  Gustav  von  Mecklenburg,  Major.  —  Oberst  v.  Goltz,  Kitter.  — 
V.  Schimmelpfeunig,  russischer  Kapitän.  —  v.  Hehtoldt,  desgl.  — 
V.  Benningsen,  desgl.  —  v.  Rotz,  russischer  KittmeiHti  r.  —  v.  Kamme, 
deutscher  Kapitän,  Kitter.  —  v.  d.  Horst,  russischer  Leutnant  und 
Brigadeadjutant  —  v.  Praendel,  Leutnant.  —  Suckow,  Kapitän.  — 
V.  Meydell,  Fähnrich.  —  v.  Schmidt,  Fähnrich.  —  v.  Holtzermann, 
Leutnant  in  der  englisch-deutschen  Legion.  —  v.  Henrici,  russisch- 
deutscher Kegimentsquartiermeister.  —  v.  Könne,  Kapitän  in  der 
russisch-deutschen  Legion.  —  v.  Haase,  Kapitän  in  Bataillon  Anhalt. 

—  v.  Schenk,  Kajutän.  —  v.  Hinze,  desgl.  —  v.  Greulich,  Premier- 
leutnant. —  V.  Engler,  desgl.  —  v.  Brauenhehrtus,  desgl.  — 
V.  Peygen-lrahoff,  Fähnrich.  —  v.  Simons,  desgi.  —  v.  Krouatzkjr, 
desgl.  —  Zusammen  24  gefangene  Offiziere. 

Verzeichnis  der  in  der  Sehlacht  hv\  Sehested  ge- 
fangenen feindlichen  Unteroffiziere  und  Soldaten  mit  An- 
gabe der  Regimenter,  zu  denen  sie  gehören: 

1.  Bataillon  russisch-deutscher  Legion  8  Mann,  2.  Bat.  22, 
3.  Bat.  27,  4.  Bat.  49,  5.  Bat.  229,  6.  Bat.  44,  7.  Bat.  48  Mann. 

—  Bataillon  Anhalt-Dessau  100  Mann.  —  Leichtes  Infanterie- 
bataillon Bremen  und  Verden  14  Manu.  —  Bataillon  Lüne- 
burg 2  Mann.  —  2.  Bataillon  der  englisch-deutschen  Legion 
6  Mann.  —  Hannöversche  Artillerie  3  Mann.  —  Mecklen- 
burgische reitende  Jäger  19  Mann.  —  L  Husarenregiment 
der  russisch-deutschen  Legion  5  Mann.  —  2.  Hus aren-Kegt. 
desgl.  3  Mann.  —  Möruersches  Husaren-Kegt.  1  Mann.  — 
Major  Langens  Husaren-Kegt.  2  Mann.  —  Husaren-Kegt. 
Plantin  1  Mann.  —  Huyaren-Kegt  v.  Schill  2  Mann.  — 
Husaren-Kegt.  Bremen  und  Verden  3  Mann.  —  Zusammen  G03 
Gefangene. 

Unser  Verlust  in  der  Schlacht  bei  Sehested  war:  17  verwundete 
Offiziere  und  531  Mann  Verwundete  und  Tote.  Aufserordentlich 
viele  von  unseren  Verwundeten  starben  entweder  unterwegs  oder 
in  dem  Hospital  in  Rendsburg,  wo  in  den  ersten  Tagen  nach  unserer 
Ankunft  täglich  14 — 10.  sogar  20  Manu  starben,  teils  an  ihren 
Wunden,  teils  an  Entkrätlung. 

Ich  glaube,  es  verdient  hier  bemerkt  zu  werden,  dals  zwei 
Pferde  in  der  Schlacht  bei  Sehested  unter  dem  General  Lalleuiand 
erschossen  wurden  -  ohne  dals  er  selbst  verwundet  wurde.  Es 
bewahrheitete  sioii  wieder:  ..Den  Gott  bewahrt',  ist  ohn'  Gefahr. 

Der  \'erlust  des  Feindes  ist  nie  von  ihm  selbst  angegeben 
worden,  aber  nach  sicheren  Nachrichten  schickte  derselbe  nach  der 


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298 


Ans  dem  Kriege  1807—14. 


Schlacht  bei  Schcsted  ßOO  Verwandete  ins  Hospital  nach  Nenmttnster 
und  SUO  Verwundete  ius  Hospital  von  Lübeck.  Hierzu  kommen  60^ 
Gefangene;  in  Sorama  also  schon  2003. 

Rechnet  man  hierzu  die  Toten  auf  dem  Schlachtfelde  und  die 
Versprengten,  so  kann  man  mit  Sicherheit  den  Verlust  in  der 
Schlacht  bei  Sehested  auf  3000  bis  4CXX)  Mann  anschlagen,  was 
anch  mit  der  Aussage  des  feindlichen  Generals  Ahreuschildt  überein- 
stimmt. Als  er  auf  Deutsch-Nienhoflf  wohnte,  erzählte  er  nämlich 
mehreren  dänischen  Offizieren,  dafs  Wallmodens  Anneekorps  in  der 
Schlacht  fast  4000  Mann  verloren  habe. 

Die  Stärke  des  Feindes  hat  man  nie  g'enau  zu  wissen  bckonniien, 
aber  sicher  ist  es,  dals  der  Feind  wenir^stens  11000  Mann  stark  war. 

Was  meiner  Meinung::  nach  den  deutlichsten  Beweis  von  der 
Stärke  und  der  Überlegenheit  des  Feindes  giebt,  ist  das  authentische 
Verzeichnis,  das  ich  Uber  die  gefangenen  Offiziere  und  Unteroffiziere  an- 
geftlhrt  habe,  denn  darans  geht  es  hervor,  dafs  wir  nach  der  Schlacht  bei 
Sehested  Gefangene  von  21  Regimentern  und  Korps  nach  Rendsburg  ge- 
bracht haben,  gegen  die  wir  einen  ganzen  Tag  von  Sonnenaufgang  bis 
-Untergang  mit  einer  viel  geringeren  Anzahl  und  mit  ermatteten 
Mannschaften  gekämpft  hatten.  Gewife  ist  es,  dals  der  Höchst- 
kommandierende,  Prinz  Friedrich,  alle  Gefahren  mit  ans  teilte,  and 
dafs  er  sich  mehrmals  in  dem  stärksten  Kugelregen  befand.  Der 
heldenmütige,  unerschrockene  General  r.  Scbnlenbnrg  gab  ebenfalls 
ein  nachahmenswertes  Beispiel,  und  Greneral  L allem  and  zeig^  nicht 
allein  den  hOehstoDt  Grad  p«ni0nlicben  If ates  nnd  Nichtacbtong  aller 
Oefalnen,-  sondern  seine  glänzenden  militliiisolien  Eigensobalten 
traten  bei  dieser  €relegenbeit  auch  TorteUbaft  sa  Tage.  Obgleidi 
alle  Offiziere^  Unteroffiziere  and  Soldaten  in  so  bohem  Grade  tot 
der  Sdilaeht  encbOpft  nnd  entkrttftet  waren,  zeigten  üt  doeh  den 
ganzen  Tag  ebie  so  nneFsobtttterliehe  Ansdaner  nnd  derartigen  Hat 
nnd  Tapferkeit,  dafis  General  Lallemand  mit  Bewnnderong  ausrief: 
^leb  babe  nie  die  Franzosen  raseher  ins  Fener  geben  seben,  als  die 
Dinen.* 

Aber  trotz  aller  bewiesenen  Tapfeikeit  müssen  wir  doeb  be- 
kennen, dab  es  Gott  war,  der  ans  einen  so  merkwürdig  glänzenden 
and  vollständigen  Sieg  gab,  denn  der  Sieg  kommt  allein  von  ihm. 

Die  Folgen  unseres  Sieges  bestanden  darin,  dafs  wir  den 
Kriegsrobm  unserer  Voi&bren  anfrecbtbielten;  Rendsburg,  die  erste 
Festung  des  Landes  yor  Ubergabe  retteten  und  reifainderten,  dab 
Dinemark  eine  Provinz  von  Sebweden  wurde,  beriebungswose,  dafo 
alle  drei  Belebe  unter  dem  sebwediseben  Szepter  vereinigt  wurden. 

Zwei  Tage  vor  der  SoUaoht  sobiekte  Prinz  Friedrieb  den  Cbef 


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Aus  dem  Kriege  1807—14. 


299 


seines  Generalstabes,  Major  C.  v.  Bardenfleth  an  den  schwedischen 
Kronprinzen  Carl  Johann,  um  in  Unterliaiullun^'  mit  (icii  Schweden 
zu  treten  und  um  • —  wenn  möglieh  —  einen  \Vlltlen^tillstand  und 
später  einen  Vergleich  zu  erhalten.  Aber  der  schwedische  Kronprinz 
wollte  weder  von  Unterhandlungen  noch  von  \'erträpen  hören. 

Jedoch  sofort  nachdem  er  unseren  vollständigen  und  ehrenvollen 
Sieg  bei  Sehested  und  den  grofsen  Verlust  seiner  Truppen  erfahren 
hatte,  schickte  er  einen  Parlamentär  an  den  Prinzen,  um  ihm  einen 
WaffeDstülstand  anzubieten  oder  vorzuschlagen;  und  um  einen  Vor- 
wand ftlr  die  Unterhandlungen  mit  dem  Prinzen  zn  haben,  bat  er 
um  die  Entlassung  des  Prinzen  Gustav  von  Mecklenburg  aus  der 
Gefangemehaft,  die  der  Prinz  Friedricli  auch  sogleich  bewilligte.') 

Der  im  Kabinette  ebenso  kluge  nnd  listige  wie  tad  dem  Kampf- 
plätze tapfere  nad  ttlehtige  Kronprinz  von  Schweden  saehte  ohne 
Zweifel  bei  derselbeii  Gelegenheit  dn  Exemplar  sdiies  nennten 
Bulletins  in  die  Binde  des  Prinzen  zn  bringen,  aas  dem  es  klar 
hervorgeht,  data  er  anlser  Norw  egen  aaeb  DSnemark  haben  wolle. 

Die  Proklamation  lautete  folgendenna&en:  „Jl  est  affligeant 
d'avoir  k  fidie  mention  de  eombats  livrte  entre  les  enfants  du 
Nord.  Hb  ne  devraient  appeler  que  le  denil  et  le  sUenee.  Le 
sonverain  dont  la  politiqae  les  a  provoqn^  peot  seol  dfeiier  qu  ils 
se  prolongeni  Esptons  qne  le  roi  de  Danemark  mettra  fin  4  cette 
gnerre  fratröeide  (oder  gaecre  de  frdres),  et  qne  bientot  ce  royanme 
et  celni  de  la  Snöde  offiriront  Timage  d'nne  famille  nnie,  tranqnille 
et  benrense.^ 

Diese  Kiiegslist  hatte  die  traurigste  Wirkung  fttr  Dänemark, 
denn  die  Folge  davon  war,  dals  am  15.  Dezember  aof  16  Tage  ein 
Waffenstillstand  geschlossen  wurde. 

Der  zweite  Artikel  des  Waffenstillstandes  ist  sehr  sonderbar, 
da  er  dem  Fdnde  erlaubt,  falls  er  kann,  sieb  der  Festungen  Glttck- 
Stadt  und  Friediiebsort  zu  bemächtigen.  Der  dritte  Artikel  bestimmt 
die  Linie,  welebe  die  Alliierten  von  Eckemförde  bis  Husum  oconpieren- 
mlllsten,  und  der  vierte  Artikel  bestimmt,  dafs  der  Feind  seine 
Streitkräfte  im  Herzogtume  Schleswig  nicht  vor  Ablauf  des  Waffen- 
stillstandes -vermehren  darf.  Wir  sehen  hieraus,  dals  Prinz  Friedrich 
ein  tüchtigerer  und  mutigerer  General  als  ein  kluger  Unterhändler 
war,  denn  auf  keinen  Fall  hätte  er  einen  solchen  Waffenstillstand 
scblielsen  dllifen.  Der  schwedische  Kronprinz  sprach  m  seiner 
Proklamation  von  Frieden  zwischen  „Brflder,"  aber  er  konnte  nur 
den  Frieden  auf  eine  fllr  die  Dänen  ehrenvolle  Weise  anbieten,  denn 

Meiner  Meinung  nach  hätte  diese  £ntlatt8ung  erst  beim  i*  riedeuüächluiiä& 
stattfinden  sollen. 


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300 


Aas  dem  Kriege  1807—14. 


der  Feind  war  in  allen  SebamUtieln  und  Gefechten  total  gesoldagen 
worden. 

Die  Dänen  waren  dagegen  nicht  geschlagen  worden  nnd  hatten 
rieh  dadurch  hei  dem  Fdnde  in  Bespekt  gesetzt,  welches  ein  grolser 
Vorteil  fttr  nns  gewesen,  wenn  der  Krieg  fortgesetzt  worden  wttre, 
da  es  bekanntlich  von  nnbereehenharer  Bedeutung  fUr  eme  Nation 
ist,  ob  sie  die  ersten  Schlachten  in  einem  Feldzage,  d^  fortgesetrt 
whrd,  gewmnt.  Ist  der  Anfang  gut,  Ist  das  Ende  im  allgemeinen 
•ftoch  got.  Legt  man  einen  sebleehten  Gnmd,  ftthrt  man  dn 
sehlechtes  Gebände  anf,  wenn  man  sich  anoh  später  die  grOiste 
Hohe  mit  dem  Gebftnde  giebt 


Wii*  blieben  also  nicht  bei  Sehested  stehen,  sondern  sammelteii 
die  Vf  #.andeten,  welche  es  ertragen  konnten,  anf  Wagen  transportiert 
zu  we^uen,  nnd  setzten  unseren  Harsch  nach  Rendsburg  fort  Fllr 
die  Verwondeten,  die  anf  der  harten,  gefrorenen  Eide  gefahren 
wniden,  war  es  ein  sohmerzroller  Weg,  nnd  sie  stielsen  jttmmerliebe 
nnd  herzsereilsende  Klagen  ans.  Die  Kriegsgefangenen  senftteo 
nnd  weinten  Uber  das  Schicksal,  das  ihrer  wartete,  nnd  wir  andern 
—  obgleich  körperlich  ermattet,  mit  hungrigem  Magen  und  durstigen 
2ungen  ~  waren  doch  so  froh  ttber  unseren  glänzenden,  ehren- 
vollen Sieg,  dab  wir  ans  Tollem  Halse  Siegeslieder  sangen. 

Nachdem  wir  mehrere  Stunden  marschiert  waren,  wurde  es, 
gegen  neun  Uhr,  stockfinster.  Kein  freundlicher  Stern  leuchtete  uns, 
der  Himmel  war  mit  dicken,  drohenden  Wolken  bedeckt,  nnd  es 
fror  sehr  stark.  Wir  fielen  oft  und  stonten  äberemander  wegen 
unserer  milden  Beine  und  hautlosen  Fnfoe.  Unsere  Kiiegersohar 
schmolz  mehr  und  mehr  zusammen,  denn  viele  Soldaten  hatten  Jetzt 
Ihre  letiEten  Kräfite  geopfert  nnd  warfen  sieh  anf  den  Weg  oder  in 
•die  Gräben,  wovon  einige  nie  wieder  aufstanden.  Wir  hatten  nicht 
Wagen  genug  für  die  Verwundeten,  so  dafo  ehi  grolher  Teil  die 
Nacht  auf  dem  Sohlachtfelde  bei  Sehested  liegen  bleiben  mntste, 
nnd  jeder  Offizier  und  Soldat,  der  den  Maisch  nach  Rendsburg 
nicht  aushalten  konnte,  mubte  anf  der  LandstraÜBe  liegen  bleiben. 
Wfr  machten  einigemale  Halt,  um  uns  einen  Augenblick  anszuruhen, 
nnd  wenn  ich  meine  In  hohem  Grade  ermtldeten  Kameraden  und 
Soldaten  betrachtete,  kamen  sie  mur  wie  Gespenster  oder  wandebide 
Leichen  vor.  In  dieser  elenden  Verfrwsnng,  wo  Schlaf  und  Er- 
mattung Uber  unseren  Willen,  vorwärls  zu  gehen,  zu  siegen  sachten, 
wurden  wir  plOtaslich  gegen  zehn  Uhr  geweckt  und  wie  el^Ltrisiert, 
indem  wv  nicht  weit  von  uns  dnen  starken  Kanonendonner  horten. 


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Ans  dem  Kriege  1807—14. 


301 


Ach,  dachte  ich,  sollen  wir  uns  jetzt  wieder  darcbschlageu,  so  ist 
ej4  aus  mit  uns,  denn  dazu  gehören  übermenschliche  Kräfte. 

Wer  kouute  aber  in  diesem  Augenblicke  daran  denken,  dafs  es 
Freudenschlisse  von  den  Wällen  Rendsburgs  waren,  da  Prinz  Fried- 
rich gleich  nach  der  Schlacht  vorausgeeilt  war,  um  die  Einwohner  von 
unserem  Siege  zu  benachrichtigen.  Um  10* /i  Ubr  abends  kamen 
wir  nach  Rendsburg.  Die  Stadt  war  bei  unserem  Einzüge  schön 
illuminiert,  da  aber  Zeit  dazu  gehOrte,  so  viele  Menschen  einza* 
quartieren,  kamen  wir  erst  gegen  zwölfeinhalb  in  Quartiere  nnd 
mnlsten  so  lange  in  den  Strafsen  in  der  Nähe  des  Marktes  oder  des 
Paradeplatzes  stehen  oder  liegen.  Ich  legte  mich  mit  meiner 
Kompagnie  im  Jangtemstieg,  Tor  dem  wir  standen,  nieder,  als  ich 
aber  eine  nnaofhörliche  Passage  ftber  meine  Beine  von  den  neu- 
gierigen Einwohnern,  die  nns  sehen  woUten,  fUhlte,  legte  ieh  mich 
anf  die  hohe  steinerne  Treppe  Yor  dem  greisen  Hanse  dem  Jnng^pm- 
stieg  gegenüber,  wo  ieh  nngestOrt  sehlie^  bis  wir  einquartiert  wa^^£n. 

Wenige  Tage  naeh  nnserer  Ankluit  wnrdoi  wir  vom  Feinde 
belagert  und  mnfsten  ttber  einen  Monat  die  seblaflosen  Nttchte  einer 
Belagerung  atuhidten.  Zaletet  fehlten  ans  die  notwendigsten  Be- 
dfirfiiiBse  des  Lebens.  Die  JSeiagerong  werde  nnnnterbrochen  ins 
einige  Tage  naeh  dem  Fiiedensschlnsse  fortgesetzt  WMhrend  dieser 
Zeit  war  ioh  oft  aof  Feldwaehe  bei  Altbtldelsdorf.  Es  fror  oft  so 
starlL,  dafiB  die  Fencbtigkeit  in  der  Nase  ond  in  unserer  Pfeife  fror, 
und  weder  früher  noeh  später  habe  ich  einen  so  strengen  Winter 
mit  Fiost  nnd  Schnee  erlebt  wie  1814. 

Fast  den  ganzen  Monat  wttlirend  der  Belagerung  war  unser 
Bataillon  im  groisen  Zollbausgebände  im  Kronweik  einquartiert, 
wo  alle  Offiziere  und  Soldaten  auf  Stroh  lagen  und  Tag  und  Kaoht 
in  den  Kleidern  sein  mufsten. 

WiÜirend  der  Belagerung  kam  ich  oft  ins  Hospital,  um  die  ver- 
wundeten Soldaten  zu  besuchen,  woTon  der  gröDste  Teil  an  kaltem 
Brand  starb,  da  es  am  10.  Dezember  sehr  stark  fror,  und  sie  den 
ganzen  Tag  liegen  mußten,  ehe  de  verbunden  wurden.  Kurz  nach- 
dem ich  in  ein  grofses  Zimmer  voll  von  Verwundeten  eingetreten 
war,  hOrte  ich  eines  Tages  eine  klägliche  und  unverständliche 
Stimme  meinen  Namen  rufen.  Ich  ging  zu  dem  Bette  und  sah  einen 
so  grauenvollen  Anblick,  dafo  er  niemals  aus  meiner  Erinnerung 
verwischt  worden  ist  Dort  lag  ein  Mensch,  mit  dner  schwazzen, 
verbrannten  Haut  Uber  Gesieht,  Hi&nde  und  den  ganzen  KOrper. 
Bei  diesem  herzeigreifenden  Anblick  fragte  ich:  „Wer  bist  du?*  — 
Der  Unglltokliche,  welcher  all  seine  Kraft  angewendet  hatte,  um 
meinen  Namen  deutlich  auszusprechen,  als  er  mich  rief,  konnte  jetzt 


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I 


^2  Kriege  1807—14. 

ki&m  hQrlNur  sagen:  Job  bin  Jeppe  SkmUevad,  Ibr  Diener.^*  —  Mir 
Bebänderte  Tor  Sebfeek  nnd  Mitleicl  Er  bette  niebt  genug  Kraft, 
mir  sn  enSblen,  wie  er  sn  dieeem  grensenloeen  Unglllek  gekenunen 
war,  denn  sein  Mond  war  zu  gleiober  Zeit  so  yerbrannt,  dafe  er 
kanm  die  Lippen  Offnen  konnte.  Einer  Ton  den  Kompagnie- 
ebimrgen  sagte  mir  aber,  dals  man  ibn,  als  wir  in  Rendsburg  etn- 
sogen,  ans  emem  in  bellen  Flammen  siebenden  Keller  von  einem 
der  Hftnser,  welcbe  abgebrannt  wurden,  am  unseren  Kanonen  freies 
Sebnlsfeld  flir  die  bevorstebende  Belagerung  zn  maeben,  gezogen 
babe. 

0,  wie  oft  warf  ieb  mir  vor,  Sebnld  an  den  namenlosen  Leiden 
meines  trenen,  ergebenen  Dieners  an  sein!  Hätte  ieb  ibn  doeb  bei 
mir  liebalten  nnd  dadnrob  seine  innige  Bitte  eiftUlt!  Er  trog  Fttr- 
sorge  fbr  mieb  nnd  ieb  für  ibn,  aber  wer  konnte  das  Unglttek 
Toranssehen,  dafis  er  weit  grOisere  Sebmerzen  erleiden  mniste,  als 
dnreh  Gewebr  oder  l^bel!  Als  ieb  in  der  Scblaebt  bei  Sebested 
xnr  Bedeoknng  Ton  Kapitän  t.  Fries'  Batterie  stand,  nnd  mein 
Diener  sah,  dafo  die  Kanonen  des  Feindes  gegen  die  Bedeeknng 
nnd  die  Batterie  zn  spielen  begannen,  kam  mein  treuer  Diener 
Jeppe  zu  mir  nnd  wollte  bei  mir  bleiben,  aber  ieb  sobiekte  ibn  zn 
der  Bagage  znrttek,  weil  ieb  ibn  niebt  nötig  batte.  Darauf  sagte  er 
mit  bittender  Stimme:  „0,  Herr  Leutnant^  lassen  Sie  mieb  bei  Ibnem 
bleiben.  Falls  Sie  verwundet  würden,  könnte  ieb  Ihnen  doeb  ntttzlleh 
sein."  „Nein,  Jeppe,'*  erwiderte  ieb,  „du  dar&t  nicht  hier  bleiben. 
Dn  setzest  dich  nnntttz  der  Gefahr  aus,  nnd  wirst  dn  verwundet, 
kannst  da  mir  doch  nicht  helfen/'  Zu  meinem  groisen  Bedanem 
sab  ich  ibn  dann  sechs  Tage  lang  niebt  mehr  nnd  fllrobtete,  dab 
er  gefangen  oder  getötet  sei.  Eist  Im  Hospital  fand  loh  ihn  wieder, 
nnd  als  er  endlich  so  weit  genesen  war,  dals  er  verstSndlich  sprechen 
konnte,  eräUüte  er  mir,  dab  er  zur  Bagage  gegangen  sei,  nachdem 
die  Schlacht  gewonnen  war.  Da  die  Bagage  vor  Rendsburg 
inzwischen  Halt  machte,  ging  er,  in  hohem  Grade  ermattet,  sehlttfrig . 
und  frierend,  naoh  einem  greisen  Hole,  Margaretiienhof.  Dieser 
wurde  zugleich  mit  all  den  andern  Häusern  m  Brand  gesteckt,  nnd 
als  er  seine  von  Kälte  nnd  Frost  steifen  Glieder  erwärmen  wollte, 
und  gerade  am  Rande  eines  tiefen  Kellers  stand,  weicher  wie  ein 
Flammenmeer  von  niedergestilrsten,  brennenden  Balken  aussah,  war 
er  —  schläfrig  wie  er  war  —  in  den  brennenden  Keller  ge&llen, 
woraus  er  in  höchstem  Grade  verbrannt  und  iast  tot  herausgezogen 
wurde.  Es  dauerte  sehr  lange,  ehe  er  vollständig  geheilt  war,  und 
er  trägt  noch  nnauslösobliehe  Spuren  von  dem  Falle  in  den  brennenden 
Keller. 


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Ana  dum  Krits«  1807~14. 


303 


Wir  kennen  alle  den  int  IHtaieniark  so  nnglttekliohen  Frieden, 
der  den  Verlost  Norwegens  bmebte,  obschon  die  Dlnen  bei  Sebeatod, 
fioden,  Znientin,  Selem,  Walsen  Hineh  und  Bonböved  nnd  in  aU 
den  ▼oifaeigebenden  Afflbren  und  SebanntltMhi  siegten. 

Viele  sind  viellelfllit  der  Heianng,  dnb,  wenn  die  ganie 
dioiflobe  Azmee  ms  Rendsburg  in  Hilfe  gekommen  wire,  wir  dann 
im  Verein  mit  den  Fnnsosen  —  welebe  xa  denelben  Zeit  ?on 
Hamborg  nnsem  Feinden  Idttten  in  den  Rttoken  ftülen  sollen  ^  den 
Feind  bätten  ans  Holstein  werfen  nnd  dem  Verlost  Norwegens  hätten 
entgehen  kOnneD.  Naeb  der  fttr  die  Fianxosen  so  nng^floklieben 
Sehiacbt  bei  Leipaig  konnte  aber  kein  l^derstand,  keine  Tapferkeit 
Dänemark  retten.  Wie  sollte  das  kleine  sehwaobe  IMbiemark  das 
ToU  bringen,  was  nicht  einmal  dem  ndtohtigen  ond  reieben  Frankreioli 
gelang!  Denn  selbst  dieses  rermoobte  nicht  die  Allierten  —  fast 
die  ganze  Kriegsmaobt  Europas  —  yon  seinem  Lande  fem  so  halten, 
trotzdem  es  eine  Armee  too  200000  Mann,  die  tüchtigsten  nnd  ans- 
gezeichnetaten  Generäle  und  Napoleon  an  der  Spitxe  aolWeisen  konnte. 
Selbst  wenn  wir  mit  Hilfe  unserer  gansen  Armee,  untersttttet  von 
den  Franzosen  in  Hamburg  den  Feind  aas  Holstein  hätten  werfen 
können,  wäre  gleich  eine  doppelt  so  starke  feindliche  Armee  ge- 
kommen, nnd  wir  hätten  zuletzt  doch  der  grofsen  Übermaoht  er- 
liegen müssen.  Der  Friede  wäre  dadurch  noch  traariger  geworden, 
ond  das  seböne  Dänemark  wäre  in  ein  lebendes  Grab  —  wie  Polen 
nach  dem  nnglaeklicben  Freiheitskampfe  gegen  Bnisland  —  Ter- 
wandelt  worden. 

Dafs  dir  Prinz  von  £ekmUbl  und  Prinz  Friedrich  bei 
Zeiten  das  UnglUck  der  Franzosen  bei  Leipzig,  Napoleons  Fall  und 
dadurch  den  \'erlust  Norwegens  fUr  Dänemark  verhindert  haben 
konnten,  wenn  diese  Prinzen  dem  ersten  Plane  Napoleons,  sich  mit 
ihm  zn  Yerdnen,  bätten  folgen  können,  das  ist  meine  nnersehtttterliehe 
•Überzengnng. 

Es  soll  nämlich  der  erste  Plan  Napoleons  —  vor  der  nnglttck- 
licben  Sohlacht  bei  Leipzig  oder  eigentlich  ehe  er  die  zwei  Schlachten 
bei  Lützen  und  Bautzen  gewann  —  gewesen  sein,  den  Prinzen  von 
Eckmtthl  mit  den  30000  Mann  Franzosen  und  den  12000  Mann 
Dänen  nebst  allen  iranzüsibohen  Garnisonen  in  Deutschland  nnter 
vorzüglichen  Generalen  zu  sich  zu  ziehen,  nnd  mit  dieser  Armee, 
welche  sich  aot  mehr  als  120000  Mann  belief,  unter  dem  Konmiando 
des  Prinzen  von  EckmUhl  die  groise  alliierte  Armee  anzugreifen, 
eder  sich  mit  der  franztfsisohen  Hanptasmee  in  Frankreich  zn  ver- 
einigen. 

Als  Napoleon  aber  die  zwei  blutigen  Schlachten  bei  Lätzen 


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304 


Ana  dem  Kfiege  1807— 14. 


und  Baoteen  gewonnen  hatte,  Tttündeite  er  Beben  enten  Plan, 
er  glanbte,  der  Hilfe  der  Nordarmee  nicht  mehr  sn  bedürfen. 
Kaiser  Kapoleon  wollte  niefal  auf  Hamborg  nnd  die  Übrigen  festen 
SOdte  in  Denteehland  Tendehten.  Er  wollte  anf  gamiehte  yerdoliten 
und  deshalb  verlor  er  allee,  und  das  tie^ekrftokte  Dinemark  verlor 
ans  dieser  Ursache  —  Norwegen. 

Aber  „malbeur  est  bon  ü  qoelqne  chose."  sagt  der  Franzose, 
nnd  obgleich  der  Friedensscblols  so  traarig  für  uns  war,  war  doch 
dieser  Feldzag  im  höchsten  Grade  ehrenvoll  für  die  dllnisciien  Krieger 
nnd  erwarb  ans  die  Achtung  fremder  Nationen. 

Ohnedem  zeigte  er  ans,  daJjs  das  Glück  mit  den  Tapferen  ist, 
dm  mit  Mnt  nnd  Schnelligkeit  den  Feind  mit  der  blanken  Waffe 
angreifen)  ohne  sich  von  dem  ansichereii  Kugelregen,  von  dessen 
nnbedentender  Wirkung  wir  in  diesem  Feidznge  ttberzengt  wnrden, 
znrückhalten  zo  lassen;  denn  es  war  jedesmal  die  blanke  Waffe 
die  uns  den  Sieg  gab,  weil  alle  Menseben  ün  allgememen  einen 
gewissen  Widerwillen  dagegen  haben,  gespiefst  zu  werden,  und  weil 
die  blanke  Waffe  mehr  Respekt  einflöDst,  als  die  Kugel. 

Die  Krio^sgeschichte  lelirt  uns  auch,  dafs  die  blanke  WaÖ'e  oft 
genttgend  ist,  den  Sieg  zn  gewinnen,  wofür  folgende  Beweise  be- 
stehen: £s  ist  eine  bekannte  Wahrheit,  daiüs  die  siegreiche  französische 
Armee  die  meisten  Siege  durch  Bajonette  und  Säbel  gewann.  Im 
lüiege  auf  der  pyrenttischen  Halbinsel  von  1808  bis  1814  sohlug 
der  französische  Obergeneral  Saint-Cyr  den  spanischen  Obergeneral 
He  ding  in  der  Schlacht  bei  Valls  ohne  einen  Scbuls.  £r  hatte  der 
Artillerie,  Infanterie  and  Kavallerie  zu  schieisen  verboten,  um  sich 
ttberzengen  zu  können,  welche  von  den  Nationen  die  grölste 
moralische  Kraft  and  Tapterkeit  besäfee.  Ungeachtet,  da(s  die 
Spanier  viel  stärker  waren  und  in  einer  sehr  vorteilhaften,  vorzüg- 
lichen Position  standen,  wurden  sie  doch  gänzlich  geschlagen  und 
verloren  eine  gioise  Anzahl  von  Kanonen,  Bagage  —  und  4000 
KriegHgeiangene,  worunter  drei  Oberste,  sieben  Oberstleatnants  und 
achtzig  Offiziere.  Selbst  der  spanische  Obergeneral  —  ein  Schweizer 
von  Geburt  —  bekam  zwei  Säbelhiebe  und  moiste  zu  Fals  Uber 
nackte,  schroffe  Felsen  die  Flocht  suchen. 


So  müssen  denn  alle  Dänen  mit  inniger  Dankbarkeit  des  barm- 
herzigen Herren  gedenken,  der  uns  während  des  Feldzuges  1813 
jedesmal  den  Sieg  über  unsere  Feiode  gab. 

Von  ganzem  Herzen  werden  wir  dem  lieben  Gott  danken,  weil 
er  uns  die  Ehre  bewahrte,  die  das  grtfiste  Gut  und  das  beste  Eigen- 


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über  den  Kremerkileg.  805- 

tum  isty  das  eine  Nation  besitzen  kann,  so  dab  wir  den  Krieg:snilim 
nnserer  Vorfahren  aafrechterhalten  konnten,  imd  daÜB  fremde  Nationen 
doroh  diesen  ftlr  alle  Söhne  Dänemarks  so  ehrenvollen  Feldsog 
sich  T<Mi  dem  Hat»  der  Kraft  und  Aiudaaer  der  Dänen  Ubeneogen 
können. 


XXI. 

Ueber  den  Kreuzerkrieg. 

Von 

Jachmann,  Korvettenkapitän  a.  D. 


Der  Kreuzerkrieg:  ist  oft  in  Gegensatz  /n  dem  Bedürfnis  einer 
Schlachtflotte  gebracht  worden,  man  sagt  scheinbar  mit  Recht,  um 
diesen  Krieg  zu  führen,  braucht  man  nur  Kreuzer-  und  keine  Linien- 
schiffe. Grewifs  ist  das  richtig,  aber  um  einen  solchen  Krieg  auf 
dem  Meere  führen  zu  können,  weicher  einem  Feinde  wie  England 
mit  seiner  ungeheuren  Handelsflotte  und  seinem  gewaltigen  Seeverkehr, 
der  in  Bezug  auf  seine  Lebensmittel  und  die  KohstofTe  für  seine 
Industrie  auf  die  überseeische  Zufuhr  angewiesen  ist,  einen  aufser- 
ordentlichen  Sehaden  zufügen  würde,  und  könnte,  muls  man  viel 
überseeische  Kohienstationen  und  Stützpunkte  haben,  welche  Deutsch- 
land bis  jetzt  nicht  hat,  und  eine  Menge  ausgezeichneter  Kreuzer. 
Die  deutsche  Marine  würde  sehr  zufrieden  sein,  wenn  sie  von  letzteren 
recht  viele  hätte,  denn  wie  die  Kavallerie  ein  vitaler  Bestandteil 
einer  Armee  ist  und  ein  Heer  ohne  ausgezeichnete  Keitcrei  niiuder- 
wertig  bleibt,  so  bedarf  eine  Schlacluflotte  ausgezeichneter  Kreuzer, 
ohne  diese  wird  sie  in  ihren  Bewegungen  unsicher,  erhält  zu  spät 
Kenntnis  vom  Feinde  und  ist  gegen  I^berraschungen  nicht  geschützt. 
Der  Krenzerkrieg  allein  aber  wird  nie  die  Entscheidung  in  einejii 
Seekriege  herbeiführen,  diese  hän^  niur  von  der  SchiachtÜotte  durch 
die  Seeschlacht  ab. 

Ich  will  nun  auf  den  Kreuzerkrieg  näher  eingehen  und  die 
grolsen  Schwierigkeiten  desselben,  sowie  die  verschiedenen  Even- 
tualitäten, welche  in  demselben  eintreten  können,  zn  schildern  ver- 
suchen. 


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über  den  Kremerkileg. 


Während  der  grofsen  englischen  Flottenmanöver  im  Jahre  1888 
ond  1889,  welche  dadurch  besonders  interessant  nnd  lehrreich  waren, 
dals  sie  von  den  beiden  besten  Admirälen  der  damaligen  Zeit  geleitet 
wurden  —  der  eine  von  ihnen  war  Sir  George  Tryon,  auf  den 
England  seine  gröijsten  Hoffnungen  setzte,  welchen  die  Engländer 
wohl  den  zweiten  Nelson  nannten,  und  der  wenige  Jahre  später  auf 
der  Höhe  seines  Ruhmes  und  seiner  Schaffenskraft  als  Chef  des 
Mittelmcergeschwaders  an  einem  sonnigen  Juninaehraittag  bei  glatter 
See  und  leichter  Brise  mit  seinem  Flafrfrschiff  Viktoria  und  vier- 
hundert braven  Seelenten  in  die  Tiefe  des  Meeres  sank,  durch  einen 
jener  unerklärten  und  unerklärlichen  Fehler,  wie  sie  hochgeniale  Fllhrer- 
naturen  zuweilen  gemacht  haben,  ich  erinnere  nur  aus  der  neueren 
(resehiclite  an  das  unbegreifliche  Verhalten  Friedrich  des  Grofsen  bei 
Hochkirch  und  Napoleons  I.  in  der  Schlacht  von  Borodino.  Dieses 
plötzliche  \  ersagen  des  Genies,  das  ewige  Rätsel  für  die  Psycho- 
logie, ist  wohl  die  schmerzliche  Erinnerung,  dafs  auch  so  hoch  über 
der  gewöhnlichen  Menschheit  hervorragende  Kieseuuatoren  doch  nur 
Menschen  sind. 

Während  dieser  grofsen  F'lottenmanöver,  welche  auch  auf  anderen 
Gebieten  mannigfache  sehr  wertvolle  Anregungen  gaben,  kam  auch 
der  RreQzerkrieg  zur  (ieltung.  Zahlreiche  Prisen  wurden  aufgebracht 
und,  wenngleich  das  strategische  Ergebnis  am  Schlufs  der  Manöver 
zu  Gunsten  des  Teiles  ausfiel,  welchem  der  Schutz  Englands  oblag, 
80  hatte  doch  der  Gegner,  welchen  man  sich  auf  Irland  basiert  dachte, 
viel  grölsere  Erfolge  an  Prisen  aufzuweisen,  und  seine  Kreuzer 
wurden  trotz  allen  gegnerischen  BemUhungea  zum  Schutz  des  eignen 
Handels  nur  selten  von  feindlichen  Kriegsschiffen  getroffen,  noch  in 
ihrer  Thätigkeit  gestört.  Die  Prisen  waren  Uberwiegend  Dampfer  und 
stellten  mit  einem  Tonnengehalt  von  ca.  IBOCKH)  Tonnen  einen  ge- 
schätzten Wert  von  iKS  Millionen  Mark  da,  ohne  die  in  vielen  Fällen 
weit  kostbareren  Ladungen.  Diese  Prisen  waren  in  zwölf  Tagen 
von  6  Kreuzern  und  zwei  Torpedojägern  der  irischen  B- Flotte  auf- 
gebracht worden.  Die  Kopfzahl  der  Besatzungen  kann  auf  3000  bis 
4000  Mann  veranschlagt  werden,  darunter  viele  Leute  der  Marine- 
reserve. Diese  Zahlen  sind  wahrscheinlich  noch  etwas  zu  niedrig 
gegriflen,  da  nach  statistischen  Angaben  gemachte  Berechnungen 
fUr  180000  Tonnen  Gehalt  eine  Bemanuungsstärke  von  4000  bis 
50(X)  Mann  ergeben.  Hierin  liegt  eine  schwere  Schädigung  des 
Nationalvermögens  und  eine  gerade  im  Kriege  sehr  empfindliche  Ent- 
ziehung von  wertvollem  Personal,  denn  eine  grofse  Flotte  wie  die 
englische,  wird  im  Kriege  immer  auf  das  seegewohnte  Personal  der 
Handelsflotte  in  bedeutendem  Maüse  angewiesen  sein. 


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über  den  Kreuzerkrieg. 


307 


Gmde  England;  weldbes  binnehtlieb  sdner  Lebensudttel  imd 
der  Bobstolfe  tat  seme  Industrie  auf  die  ttberseeiBebe  Zufuhr  durehans 
angewiesen  ist,  würde  dnroh  die  StOrnng  des  Seererkefan  am 
emfifindliehBten  getroffen  werden.  Allerdings  wttrde  im  Kriege,  selbst 
wenn  er  pltftalieb  ansbriobt,  die  Zahl  der  Prisen  in  der  TerhiUtds- 
mäfsig  knrsen  Zeit  wobl  keine  so  grolse  sein»  wie  wftbrend  dieser 
FriedensmanOTer. 

Ans  den  bestiglicben  Vorgängen  während  der  FlottenmanöTer 
Ton  1888  und  1889  erkennt  man  dentUeb  die  in  der  englischen 
Marine  Torberrsebende  Tendenz  naeb  weitgehendster  Vemiebtong 
des  feindlieben  Eigentams,  ohne  Untersehied,  ob  es  Staats-  oder 
Privateigentam  ist  StreiMge  gegen  die  feindliehe  Kttste  mit  Zer- 
störung Ton  Schiffen  und  Etablissements  sowie  Brandschatsongen 
offener  Städte  spielten  eine  greise  Bolle  bei  den  Operationen«  Man 
wird  sieh  daher  bei  dem  rtteksicbtslosenEgoismus,  weleher  zu  allen  Zeiten 
die  Eriegfnbmug  Englands  gekennzeichnet  hat,  mit  dem  Gedanken 
▼ertraut  maoben  müssen,  dafs  in  einem  kttnft^;eD  Seekriege  der 
Kampf  gegen  das  Privateigentum  mit  scbonungsloeer  Härte  gefujtrt 
werden  wird,  und  d&ts  diejenigen  Nationen,  welebe  dieser  Krieg- 
flthrung  im  Grunde  abgeneigt  sind,  IbrerseitB  doch  zu  dem  gleichen 
Vorgelien  genötigt  sein  werden,  um  nicht  zu  sehr  im  Naehteil 
zu  sein. 

Die  Verfolgung  des  gegnerischen  Privateigentums  ist  aber  die 
Angabe  des  Kreuzerkrieges,  und  da  sich  dieses  sowohl  unter 
der  Handelsflagge  auf  See  bewegt  als  ancb  an  den  Kästen  aof- 
gestapelt  liegt,  so  ergiebt  sich  ein  Zusammenhang  zwischen  dem 
Kreuzerkrieg  und  der  Kästenverteidigung.  Der  Kreuzerkrieg  yer- 
folgt  ein  materielles  und  ein  moraliBebes  Ziel,  das  erstere  duroh 
den  direkten  Schaden,  welchen  er  verursacht,  das  letztere  durch  den 
Schrecken  und  die  Demoralisation  der  Bewohner,  welche  er  ver- 
breiten wird,  wenn  feindliche  Kreuzer  brandschatzend  an  unver- 
theidigten  Kästen  gegen  offene  Stitdte  vorgehen.  Er  wird  sich  daher 
nach  der  Natur  seiner  Angrifftobjekte  in  zwei&cber  Form  abspieko, 
als  Priseivlagd  auf  feindliche  HandelssohifliB  auf  See  und  als  Streif- 
zäge  gegen  die  idndliehen  Kästen.  Durch  diese  Kennzeichnung  der 
Thätigkeit  der  Kreuzer  im  allgemeinen  werden  die  EigenschaAen 
derselben  bedingt  Ein  Haupterfordemis  fär  dieselben  ist  du  sehr 
hohes  Mals  von  Selbständigkeit,  und  damit  sie  ihre  Aufgaben 
erfäUen,  mässen  zwei  Haoptfaktoren  zusammenwirken:  Vollkommene 
Geeignetheit  des  Schiffes  und  eine  kluge,  käbne  und  rastlose  Fährung; 
letztere  wird  manches  ersetzen,  was  dem  Schiffs  vielleicbt  mangelt 
Ein  solcher  Kreuzer  mnfo  eine  sehr  grofise  Gesebwindigkeit  besitsen, 

Jskrbftohar  tit  di«  d*iil«eh*  km—  uad  MuIm.  Bd.  114.  B.  20 


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308 


Über  dm  KieuakftoK. 


um  es  mit  den  heutigen  Sehnelldampfeni  aninehmeii  in  kOnnen,  er 
imift  einen  sehr  bedeotenden  Kohlenvoxrat  an  Bofd  nehmen  können, 
80  lange  andere  Arten  der  Feaemng  wie  Maaat  und  Petrolenm- 
hriketts  noeh  nicht  einwandfrei  sind  and  noeh  nicht  an  Bord  Ton 
ICiiegsaohiffen  verwendet  werden,  und  mnfii  einen  hohen  Grad  von 
Gefeehtswert  haben. 

Der  Kreozerkiieg  bedarf  einer  ebenso  umsichtigen  Vorbereitung 
wie,  einmal  begonnen,  der  Oberleitnng,  es  wäre  ein  Irrtum  anznnehmen, 
dafe  die  aosgesandten  Kreuzer  immer  sich  selbst  Uberlassen  bleiben 
sollen  nnd  nur  nach  eignem  OatdUnken  zu  handeln  haben,  sie  mUssen 
vielmehr  fortdaaemd,  so  schwierig  dies  aaeh  za  Zeiten  sein  wird, 
mit  der  heimatliohen  Oberleitung  in  Ftthlong  bleiben.  Dieee  Vorbe- 
reitungen mttssen  schon  im  Frieden  getroffen  werden.  Vor  allem 
werden  die  einzelnen  Äktionsgebiete  festzulegen  sein,  und  wird  es 
für  dieselben  mafsgebend  sein,  wie  man  die  feindlichen  Handels- 
strafisen am  empfindlichsten  stört  and  unterbindet.  Dann  mois  die 
Kohlenvenorgung  der  Kreuzer  besonders  berücksichtigt  werden. 
Am  bequemsten  wird  dieselbe  durch  eigene  Kohlenstationen  bewirkt 
werden,  sind  diese  jedoch  nicht  oder  nicht  in  genügender  Zahl  vor- 
banden, oder  will  man  mitunter  die  dadurch  herrorgerufene  Hegel- 
mäfisigkeit  in  den  Bewegungen  der  Kreuzer  vermeiden,  so  werden 
die  Kohlen  auf  See  von  gescharterten  Kohlensehiüen  genommen 
werden,  welche  dann  seitens  der  Oberleitung  rechtzeitig  ansgesandt. 
und  denen  die  Rendezvonsplfttze  bestimmt  werden  mttssen.  Es  wird 
(lies  im  Kriege  oft  nur  mit  grofsen  Schwierigkdten  auszuführen  sein. 
Diese  Kohlenschiffe  werden  auch  dazu  dienen,  gegenseitig  Nachrichten 
und  Befehle  der  Oberleitnng  zu  vermitteln.  Abgesehen  von  dieser 
Art  der  Vermittelung  aber  werden  die  Kreuzer  zu  bestimmten  Zeiten 
eigene  Kttstenplätze  oder  Stutzpunkte  sowie  Häfen  von  neutralen 
Staaten  anlaufen  müssen,  um  mit  der  heimatlichen  Oberleitung  in 
Verbindung  zu  treten.  Hierbei  würde  sich  wie  in  dem  jetzigen  Kriege 
H^glands  mit  Transvaal  der  Mangel  an  eignen  Kabelverbindungen 
in  der  empfindlichsten  Weise  für  Deutschland  in  der  nächsten  Zu- 
kunft fühlbar  machen;  zum  Glück  hat  endlich  das  deutsche  Reich 
die  Initiative  ergriffen,  uro  von  der  Ittstigen  Bevormundung  Englands 
in  dieser  Beziehung  sich  frei  zu  machen,  aber  das  wird  leider  auch 
eine  geraume  Zeit  in  Anspruch  nehmen.  —  Es  wird  sich  auch 
empfehlen,  einen  Wechsel  der  Tbätigkeitsgebiete  der  Kreuzer  mitunter 
vorzunehmen,  nm  ihre  Verfolgung  zu  erschweren.  Die  Anordnung 
der  Thätigkeitsrayons  wird  sich  nach  der  Zahl  der  Kreuier  richten, 
welche  man  selbst  zur  VerfUgung  hat,  and  nach  den  gegnerischen 
Kräften.  Im  Kampf  zwischen  zwei  groisen  Nationen  mit  ausgedehnten 


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über  den  Kreazerkrieg. 


809 


Haudelsbeziehn Ilgen  heutzutage  wird  das  Feld,  auf  welchem  sich  der 
Kreuzerkrie?  abspielen  kann,  ein  sehr  ausgedehntes  sein,  umsomehr 
mufs  man  l»creit  sein,  sogleich  bei  Beginn  des  Krieges  energisch  in 
Aktion  zu  treten,  wenn  der  Feind  noch  nicht  den  Bewegungen 
Hiiidernisse  in  den  Weg  legen  bezw.  dieselben  lähmen  kann.  Solche 
kühnen,  schnellen  Vorstftfse  können  von  unermefslicher  Bedeutung 
für  den  weiteren  Verlauf  des  Krieges  sein,  wie  z.  B.  die  Vernichtung 
grolser  feindlicher  Fischerflotten,  aus  deren  Personal  sich  die  Kriegs- 
marinen zum  Teil  ergänzen. 

Ein  sehr  schwieriger  Punkt  im  Kreuzerkriege  ist  die  Behandlung 
der  i'risen.  Jemehr  solche  auf<rebraeht  werden,  desto  verwickelter 
wird  die  Lage  des  Prisenjägers,  zumal  wenn  keine  eigenen  Häfen  in  der 
Nähe  sind.  Der  Kreuzer  darf  sich  durch  die  KUcksicht  auf  die  Prisen  in 
seinen  eigenen  Beweguiiirt  ii  nicht  behindern  lassen,  er  mul's  sie  also 
getrennt  nach  ihrem  liostiinniungsort  senden.  Da/u  ist  aber  die 
Besetzung  derselben  mit  zuverlässiger  1'  uhrun::  und  Mannsehalt  not- 
wendig, welche  nur  der  eignen  Besatzung  des  Kreuzers  entnommen 
werden  kann. 

Innerhalb  gewisser  Grenzen  können  wohl  Olliziere  und  Mann- 
schaften Uber  den  Etat  bei  Aussendung  eines  Kreuzers  an  Bord 
gegeben  werden,  um  die  Prisen  besetzen  zu  können,  sind  diese  aber 
verbraucht,  so  ist  es  schwer,  das  Personal  zu  ersetzen,  ohne  die 
Schlagfertigkeit  der  Kreuzer  selbst  zu  beeinträchtigen. 

Giebt  man  aber  auf  eine  Prise  eine  unzureichende  Besatzung 
luverlässiger  Leute,  so  setet  man  sich  dem  Verlust  derselben  ans, 
da  ün  Kriege  sich  immer  unter  der  genommenen  Besatzung  onter- 
nebmende,  vor  nichts  zurttokschreckende  Männer  finden  werden. 
Daher  ist  schon  mehrfach  die  Ansicht  geänlsert  worden,  sieh  dnroh 
die  Sorge  nm  die  Prisen  nicht  beeinflussen  zu  lassen  nnd  dieselben 
rttoksiohtsIoB  sn  zerstören,  wenn  ihre  Bergung  Schwierigkeiten  machen 
sollte.  So  handelten  während  des  amerikanischen  Seeessionskrieges 
wiederholt  die  Kreozer  der  Konföderierten.  Aber  so  einfach  dieses 
Rezept  ist,  abgesehen  Ton  der  dnrch  diese  Praxis  entfesselten  Roh- 
heit, und  den  nngehenren  Repreasaliea,  welehe  dieses  System  dnrch 
die  aoferlegten  Kriegskosten  für  den  Teriierraden  Teil  heibeiftthren 
wttrde,  bedeutet  doch  jede  Prise  nicht  nor  eben  empfindlichen  Ver- 
lost itlr  den  emen  Teil,  sondern  aneh  einen  oit  sehr  wertvollen 
Grewinn  Air  den  andern,  dessen  Vemichtong  keineswegs  gleichgUltig 
ist  Man  wird  sich  daher  wol  nur  im  Falle  fto&erster  Not  zur  Zer- 
etttrung  der  Prisen  entschlielsen.  Um  aber  so  handeln  za  können, 
darf  man  nicht  durch  den  Mangel  an  Personal  behindert  sein,  es 
mnis  daher  ftlr  Ersatz  der  an  die  Prisen  abgegebenen  Mannschaften 

20* 


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310 


Über  den  Kreazerkrieg. 


gesorgt  werden.  Kann  der  Kreuzer  zu  diesem  Zweck  keinen  eigenen 
Hafen  anlaufen,  so  müssen  die  Kohlenschiflfe  zum  Nachschub  des 
Ersatzes  benutzt  werden,  oder  Mannschaften  von  Handelsschiffen 
derselben  Flagge  dazu  requiriert  werden.  Diese  Schwierigkeit  fällt 
tttr  diese  Art  des  Krieges  sehr  schwer  ins  Gewicht  and  wird  heut- 
zutage kaum  befriedigend  zu  lösen  sein. 

Wie  wird  man  nun  die  Handelsschiffe  im  Kreozerkriege  schützen 
können?  Entweder  direkt,  indem  man  sie  dorch  Kriegsschiffe  schützt 
und  selbst  yerteidigungsfähig  macht,  oder  indirekt  dnrch  Vernichtung 
der  feindlichen  Kreuzer.  —  Der  direkte  Schatz  wird,  —  abgesehen 
von  einer  beschränkten  Anzahl  von  Dampfern,  welche  in  allen  grolsen 
Marinen  beieüs  Im  Frieden  als  Auxifiackienier  bestimmt  sind  und 
eSne  Gefeehtsaimrllslong  eriialten,  am  unter  Umsttnden  einen  Kampf 
anfnelmien  zu  können,  wobei  ihnen  die  sehr  grolBe  Geschwindigkeit 
immer  TortrefSich  in  statten  kommen  wird,  —  bei  dem  nngeheozen 
Anwachsen  der  Handelsmarinen  und  ihrer  Verkebrsstrafoen  der  gtotaea 
Nationen  hentantage  nnmOgUeb  sdn*  Die  Konvois  früherer  Jahr* 
hunderte,  d.  h.  der  Schntz  der  Handelsflotten  durch  Kriegsschiffe  ist 
heute  nicht  mehr  ausführbar,  wenigstens  nur  noch  in  modifizierter  Form, 
wenn  Truppen  oder  Kriegsmaterial  Uber  See  geschafft  werden  müssen. 
Niemals  wllide  England  vermocht  und  gewagt  haben,  bei  einem 
halbwegs  ebenbttrtigen  Gregner  zur  See  einen  so  ungeheuren  Trans- 
port von  Truppen,  Pferden,  Maultieren  und  Kriegsbedarf  ohne 
Konvois  Uber  den  Ocean  zu  schicken  wie  in  dem  jetzigen  Kriege 
mit  Transvaal,  wenn  es  nicht  durch  seine  enorme  Ubermacht  auf 
See  bei  einer  ftir  England  ungemein  günstigen  politischen  Konstellation- 
die  anderen  Milchte  xor  Unthätigkeit  gezwungen  IdUte,  da  sein  helden- 
mütiger (Gegner  ihm  auf  See  nicht  gegenttbertreten  kann.  Konvois 
werden  aulserdem  für  Staaten  wie  Deutschland,  welche  keine  oder 
nur  sehr  wenige  ttberseeische  Kohlenstationen  haben  und  daher  von 
neutralen  Mttohten  abhängig  sind,  auf  greise  Eutiemnngen  Unter- 
nebmnngen  problematischer  Nator  sein,  da  diese  neutralen  Mächte 
eine  Ansammlung  von  Kriegsschiffen  einer  kriegflihrenden  Macht  an 
einem  Punkte  ihres  Gebiets  nicht  dulden  werden,  solange  sie  die 
Macht  dazu  haben. 

Mögen  die  Handelsflotten  nun  gldcb  oder  die  euie  der  andern 
ttberlegen  oder  Inferior  sein,  ein  gewisser  Einsats  wird  immer  un- 
vermeidlich sein,  da  man  nicht  alles  schlitzen  kann,  am  besten  wkd 
man  daher  thnn,  in  der  eignen  Offensive  das  Gegengewicht  gegen 
die  feindlichen  Kreuzer  zu  suchen  und  danach  zu  streben,  mehr 
Schaden  zu  verursaclien  als  zu  erleiden.  Alles  dies  erfordert  aber 
eine  grofse  Krenzerflotte  und  zwar  eine  grofse  Anzahl  dnrehaus  modemer 


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über  den  Kreuzerkrieg'. 


311 


grolser  Kreiuter  v<m  hohem  Gefieehtawert  and  dne  Menge  Uber- 
seeischer  Kohlenstationen  und  Statapiinkte,  welche  DeotBcbland  leider 
nieht  besitzt 

StreifzUge  gegen  die  feindliehe  Kttste,  welche  eine  sehr  genaue 
Kenntnis  derselben  voraassetEen,  werden  haaptsäehUeh  die  Zerstörung 
ieindlicber  Etablissements  jeglicher  Art,  Eisenbahnen,  ScUfbmaterial 
und  die  Anferlegong  von  Kriegskontribationen  im  Gefolge  haben, 
and  ihr  Erfolg  wkd  neben  den  materiellen  Verinsten  hauptsächlich 
in  der  Erregung  von  Schrecken  und  moralischer  Depression  der 
Kttstenbewohner  liegen.  KiemalB  dttrfen  derartige  StreifzUge  auf 
gat  Olttek  nnternommen  werden,  schon  die  Schnelligkeit,  mit  welcher 
sie  dorchgeftlhrt  werden  mttssen,  erfordert  ein  planm&fsigefi  Vorgehen 
nnd  verbietet  ebensowohl  onsicheres  Umhertappen  wie  blinde  Toll- 
kflhnbeit,  welche  nmitttz  nnd  sinnlos  sich  in  Gefahren  stQrzt  Wohl 
gebort  zu  derartigen  Untemehmongen  Etthnheit  nnd  Glttek,  aber  die 
Geschichte  lehrt  nns,  dals  derjenige  am  sichersten  das  Glttck  an 
seine  Fersen  fesselt,  welcher  ihm  nur  das  IlberÜÜst,  was  Torber  nicht 
bedacht  werden  kann.  Anob  hier  ist  es  von  oft  anberechenbarem 
Wert,  solche  Strei&Uge  sogleich  bei  Beginn  des  Krieges  ins  Werk 
sa  setzen,  wodnreh  die  Pläne  des  Feindes  von  romberein  gestOrt 
werden  nnd  dies  omsomehr,  je  weniger  er  auf  solche  Aktionen  Torbereitet 
war.  Spanien  wttrde  wahrscheinlich  heate  noch  im  Besitz  seiner 
Kolonien  sein,  wenn  sofort  nach  der  amerikanischen  Kriegserldärong 
schnelle  Kreazer  Ton  hohem  G^echtswert  gegen  die  damals  ganz 
angesehfitzte  nordamerikanische  Kttste  derartig  operiert  hätten.  Eine 
forchtbare  Panik  anter  der  BcTÖlkerong  hätte  Platz  greifen  können, 
welche  der  expansionsIttBteznen  Jingopartei  einen  starken  Dämpfer 
angesetzt  hätte. 

Dies  sind  in  groüwn  Zflgen  die  ETentoalitäten  and  der  VerUuiif 
des  Kreazerkrieges.  Er  wird,  wenn  er  aoch  grobe  Yeriaste  herbei- 
fHbren  kann  and  wird,  niemals  die  Entscheidang  bringen,  diese  wird 
immer  wie  in  den  froheren  Seekriegen  dnrob  die  Seeschlacht  Ton 
der  Sehlachtflotte  herbeigettthrt  werden, 

FOr  Dentsehland  wtirde  der  Kreaserkrieg  wegen  sdner  eigen- 
tttmlichen  geographischen  Lage  and  seinem  Mangel  an  Überseeischen 
Kohlenstationen  nnd  StOtspankten  nnr  geringe  Aassicht  anf  Erfolg 
haben,  and  da  letztere  in  absehbarer  Zeit  nicht  za  erwerben  sind, 
brancben  wir  anch  aas  diesem  Grande  eine  starke  Schlaohtflotte  TOn 
Umenschiffen,  om  den  Seekrieg  in  anseren  Meeren  mit  Erfolg  führen 
za  können. 


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312     Büfalands  neueste  EbeDbabaprujekto  in  Mittelasien  uud  Persien. 


XXII. 

Rufslands  neueste  Eisenbahnprojekte  in  Mittelasien 

ond  Persien. 

Langsam  aber  nnaofbaltBam  wäehst  das  rassische  Reicli  nach 
Asien  liinein.  Sehrittweise  aber  sicher  voHzieht  sich  auch  das  Vor- 
dringen der  Rassen  in  Mittelasien.  Naeb  Unterwerfong  der  west- 
tmaoiedien  Länder,  richten  sich  Ra&lands  Bestrebnngen  nach  Sttden, 
dem  Indischen  Ocean  za,  am  endlich  am  Gestade  eines  ofienen,  stets 
eisfreien  Heeres  festen  Fafe  zn  fassen.  Bei  den  primitiven  Verkehrs- 
mitteln Asiens  erlahmen  jedoch  militsrisohe  und  Handelsanter- 
nebmongen  im  weiten  Banm,  sofern  eben  der  Eisenbahnbetrieb  noch 
nicht  einzasetzen  Teroiag.  Wettbewerb  auf  dem  Weltmarkt  nnd 
KrIegfUhrang  sind  ohne  Bahnbenntzang  gar  nicht  mehr  denkbar,  weÜ 
letztere  allein  die  Möglichkeit  eines  schwanghaiten  Handels  nnd  recht- 
zeitigen Anfkretens  aasreicfaender  Streitkräfte  gewährt,  mitbin  ergiebige 
nnd  entscheidende  Resaltate  erzielen  läfst.  AUe  Welt  lebt  hente 
anter  dem  Zeichen  des  Verkehrs.  Aal  den  Schienensträngen  wachtet 
die  Operationspraxis  aller  merkantilen  nnd  strategischen  Interessen, 
und  dnreh  eiserne  Schienen  wird  in  absehbarer  Zeit  auch  Adens 
Ländermasse  an  Saropa  gefesselt  sein. 

Mit  der  transkankasischen  Bahn  hat  Raisland  in  jeder  Beziehung 
anlserordentliche  Erfolge  erzielt,  welche  doroh  südwärtige  Verzwei- 
gungen dieses  Schienenweges  noch  betiiUshtlicb  gehoben  werden 
können.  Daher  ist  man  schon  seit  längerer  Zeit  mit  den  Vorarbeiten 
fUr  zwei  wichtige  Anschlufolmien  in  der  Richtang  zur  afghanischen 
Grenze  beschäftigt,  deren  eine  von  der  Turkmanenstadt  Merw,  dem 
Stutzpunkt  der  Rossen  in  der  gleichnamigen  Oase,  darch  i  das 
Morghabthal  den  an  der  groben  Stralse  nach  Herat  belegenen  Grenz- 
posten Kascbk,  während  sich  die  andere  von  Tschardschui,  dem  be- 
festigten Obergangspnnkte  der  transkaspischen  Bahn  ttber  den  Amn« 
Daija  an  dessen  linkem  Ufer  bis  zum  Grenzfort  Kerki  binwinden 
soll,  von  wo  altbetretene,  gangbare  Wege  nach  Balch  nnd  Kabul 
führen.  Herat  nnd  Kabul,  vielamstrittene  Empörten  der  iranischen 
Länder,  sind  auch  als  Kreuzungspunkte  grober  Heer-  nnd  Handels- 
stralsen  von  hervorragend  strategischer  Bedentnng.  Ihrer  geographi- 
schen Lage  nach  bUden  beide  Plätze  im  Veiein  mit  dem  sfidfich 
belegenen  Kandahar,  die  Ecken  des  strategischen  Dreiecks  von 
Afghanistan. 

Gegenwärtig  liegen  dem  russischen  Verkehrsministerium  neue 
grolsartige  Entwürfe  zum  Bau  asiatischer  Eisenbahnen  vor.  Es 


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KlUslands  neaeste  Eiseubahnproiekte  in  Mittelasien  und  Per»ien.  313 


handelt  sieh  jetat  am  eine  nttehste  Sehienenverbindang  Kufslands  mit 
Mittelasien  sowie  am  Anlage  und  Aosbaa  persischer  BahDen,  nachdem 
zufolge  eines  neuen  Vertrages  zwischen  Rofsland  and  Persien  der 
enteren  Haoht  das  Monopol  des  Eisenbabnbaaes  in  Persien  wiederum 
zehn  Jahze  gesichert  worden  ist.  Pttr  weitere  Untemehmungen 
Rnblands  znr  Ansdehnong  seiner  Hensohaft  in  Asien  beginnt  mit 
dem  Ban  dieser  bedeotenden  Schienenwege  eine  neue  Ära  wirt- 
sebaftiieben  Anfsebwnngs  und  müitilrischen  Vorgehens.  Der  erfolg- 
reiebe  Fortgang  der  sibiriseben  Paettebahn,  binft«r  deren  Spar  neae 
Knltnren  nach  Asien  hineinziehen,  liefe  in  den  maisgebenden  Kreisen 
dem  Gedanicen  an  eine  direkte  Eisenbahnlinie  Ton  Europa  nach 
Mittelasien  festere  Gestalt  gewinnen.  Man  will  das  Wolgagebiet  and 
Torltestan  doreb  diese  Bahn  nüber  aneinander  rücken.  Dieselbe  soll 
nicht  nnr  die  toranische  Kolonisation  erleichteni  und  den  politischen 
Einflols  Rolslands  in  A%hanistan  und  Persien  beben,  sondern  auch 
die  wirksame  Rolle  einer  strategiseben  Operationslinie  ttl>emebmen, 
insbesondere  eine  engere  und  schnellere  Verldndong  der  bewafflieten 
Etappen  herbelAlhren  sowie  eine  unFerzUgiiche  Ver|äianzang  grOIserer 
Tntppenansammlongen  auf  weite  Entfernungen  ermOi^chen.  Aas> 
gangspankt  der  Bahn  wird  Samara  am  linken  Wolgaufer  sein,  Ton 
wo  bereits  1878  eine  Expedition  sar  Auftuebung  der  Trace  einer 
mittelasiatiseben  Eisenbahn  in  der  Richtung  auf  Samarkand,  dem  in 
woblbewttsserter  fruchtbarer  Ebene  am  Flusse  Serafseban  belegenen 
Knotenpunkte  sehr  belebter  Karawanenstrafsen  ausging.  Die  jetzige 
Linie  wird  Uber  Uralsk,  der  Hauptstadt  des  gleichnamigen  Gouver- 
nements, durch  das  Transkaspigebiet  am  Sttdweststrande  des  Aral- 
sees zum  Amu  und  an  dessen  linken  Ufer  hin  nach  Tscbardschai 
laufen  und  zwar  in  einer  Gesammtiüage  von  etwa  1900  km.  Bei 
letztgenanntem  Platze  mündet  diese  Linie  in  die  nach  Samarkand 
ftlbrende  transkaspische  Bahn,  deren  Weiteiflihrung  bis  Taschkent 
am  rechten  Thalraode  des  Syr-Daija,  dem  wichtigsten  Stapelplalase 
des  russischen  Warenrerkehrs  nach  Persien  und  Indien,  in  un- 
mittelbare Aussicht  genommen  ist  Erst  nach  FrOffiiung  eines  direkten 
Eisenbahnbetriebes  von  der  Wolga  bis  zum  Syr,  kOnnen  die  Chanate 
Chiwa  und  Bochara,  ebenso  Ferghana,  die  sttdöstlichste  Provinz  des 
russischen  Turkestan,  wirtschaftlich  erschlossen  und  militärisch  sicher 
behauptet  werden. 

Dieser  von  der  Wolga  bis  zum  MitteUaufe  des  Amu  sich  er- 
streckende Schienenweg  kllrzt  die  bisherige  durch  Eaukasien  Uber 
den  Kaspisee  laufende  Verbindung  des  europftischen  Rolslands  mit 
Mittelasien  erheblich  ab.  Die  neue  Linie  Petersburg — Moskau — 
Samara— Uralsk— Ghiwa^Tschardschui  bildet,  abgesehen  von  einer 


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314     Rofslands  neaeste  Eisenbahnprojekte  in  Mittelasien  und  Persien. 

östlicbeo  Ansbieguug  im  Wolgagebiet,  fiwt  eine  gerade  Lüde,  wtiiiend 
die  gegenwärtige  Moskau — ^Tlffis— Bakn — ^Obei&hrt  desKaspisees — 
Miebailowsk — Merw — ^Tebaidsehni,  nahezu  in  dnem  rechten  Winkel 
anallnft.  Da  die  nea  anzulegende  Bahn  hanpABfteUioh  dureh  Steppen 
geht,  ao  wird  ihr  Ban  mit  kdnen  besonderen  Schwierigkeiten  ver- 
knüpft sein.  Bis  anf  das  sttdOstliehe  Gebiet  Ton  Bokhara  und 
Ferghana  ist  das  mssisohe  Mittelasien  Steppe,  wenn  es  anob  kdnes- 
wegs  den  Charakter  einer  euifttmiigen  £beae  trägt  In  grölseren 
oder  kleineren  Bodenelnsenkangen,  von  dttnenartig  aulgebttaftea 
Sandmassen  umlagert,  flielsen  die  Gewässer  dem  Meere  zu  oder  naeb 
den  seeartigen  Oberresten  desselben  auf  dem  Festlande.  Namentlich 
zwiscboi  Azal-  und  Kaspisee  breitet  sich  in  der  Bicbtung  zum  Ural- 
flnsse  die  grOIste  Niedemng  der  alten  Welt  aus,  in  deren  abgeüacbter 
Forche  die  Eisenbahn  von  Samara  bis  an  die  Ufer  des  Aralsees 
hinziehen  solL  Das  mittelasiatische  Steppenland  ist  ftlr  Ruihland 
von  hohem  Wert,  weil  durch  dasselbe  offene  und  breite  Verkehrs- 
wege nach  Sttden  flihren,  welche  Ittr  Erweiterung  der  roasischen 
Handelsbeziehungen  und  Machtent&ltong  von  hoher  Bedeutung 
bleiben.  Durch  VervoUstibidigang  des  mittdanatischen  Eisenbahn* 
Uetzes  wird  das  Vordringen  Rulslands,  dessen  hypnotisierter  Blick 
auf  den  Indischen  Ocean  gerichtet  ist,  nach  A%hanistan  und  Persien 
wesentlich  gefördert  Schon  seit  einer  Reihe  von  Jahren  begleitet 
die  transkaspische  Bahn  als  gttnstige  Operationsbasis  die  nördlichen 
Grenzen  dieser  LAnder  m  näherem  oder  weiterem  Abstände,  aber 
immer  noch  nahe  genug,  um  mittelst  Eisenbahntransports  nach 
Verlauf  eines  Tages  die  Grenze  ttberschreiten  zu  kOnnen.  An  diesem 
liesenhaften  Schienenwege  laufen  die  vor-  und  rückwärtigen  Ver- 
bindungslinien zusammen,  deren  letztere  durch  den  Ban  der  geplanten 
Bahn  Samara— Ts<diardsohui  ansehnlich  verstärkt  werden.  Zum 
Schatz  dieses  Eisenbahnnetzes  hat  man  von  Truppenauistellan- 
gen  ausgiebigen  Gebrauch  gemacht,  so  dab  die  Zugänge  der  irani- 
schen Länder  strategisch  hinreichend  behensoht  werden. 

Zunächst  hat  sich  Bolslands  Hand  in  Persien  bemerkbar 
gemacht,  indem  es,  wie  schon  erwähnt,  unlängst  die  Verlängerung 
seines  Eisenbahnmonopols  in  dem  Reiche  des  Schah  durchzusetzen 
vermochte.  Die  Tendenz  der  russisch-mittelasiatischen  Politik  hat 
dort  auf  diplomatischem  Wege,  ohne  Anwendung  materieller  Macht, 
die  Einfluibsphäre  Rulslands  sichtlich  erweitert  und  das  Ziel  einer 
gesicherten  Annäherung  zum  Weltmeere  durch  handelspolitische 
Schritte  erreieht  Dandt  haben  die  Russen  dnstweilen  das  Vorgehen 
in  der  Richtung  anf  Herat  oder  Kabul  ausgesetzt  und  statt  dessen 
das  westlich  iranische  Gebiet  als  nächstliegendes  Operationsfeld 


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Bn&laBili  aenaste  EiMaMuprojekta  in  Mlttolnfan  und  Persien.  315 


gewftlih.  Ein  Bliek  auf  die  Karte  lehrt,  dab  Penlen  das  naittrliolie 
Bindeglied  zwischen  Tnmsluiikaaien  nnd  dem  Kaspisehen  Meere- 
«neraeito  und  dem  Indisefaen  Ooean  andiereeits  bildet  Währende 
A^hanistan  vom  Heeie  doroh  das  indobritische  Reich  nnd  dessen. 
Sohntegebiet  Beladschiskan  abgeschnitten  ist,  kann  Rofsland  durch 
Persien  an  das  Weltmeer  gelangen,  ohne  irgendwo  aof  territoriale- 
Ansprüche  seines  britischen  Ri?alen  sa  stofsen.  Anf  firoberongen 
wird  BnCbland  in  dieser  Bichtnng  fürs  erste  foranssichtlich  nicht 
ausgehen,  da  es  billiger  nnd  ohne  Gefahren  seine  Zwecke  zn  er- 
rdehen  vermag.  Die  gegenüber  dem  Emir  von  Bochara  angewandte 
Methode,  welchem  der  Schein  seiner  HerrschersteUang  unter  mssischer 
Oberhoheit  belassen,  die  wirkliche  Macht  aber  genommen  wurde,, 
wird  in  einer  den  persischen  Verhältnissen  angepafeten,  abgeänderten. 
Form  auch  zur  Mödiatisierung  Persiens  führen.  Die  gegen  das 
msäsche  Vorgehen  tou  britischer  Seite  Tersuchten  Gegenmabnahmen. 
haben  weder  in  A^hanistan  noch  in  Persien  bleibende  Wirkung 
gethan. 

Nachdem  es  Rulsland  gelungen,  1890  einen  Vertrag  zu  erlangen, 
kraft  dessen  ihm  für  zehn  Jahre  das  ansschlieÜBliche  Recht  des- 
Eisenbahnbaues  anf  persischem  Boden  eingeräumt,  ist  nunmehr  eine 
Verlängerung  Jenes  Abkommens  auf  weitere  zehn  Jahre  bewirlU. 
worden.   Wenn  man  in  Petersburg  bisher  ?on  dem  eingeräumten 
Rechte  des  Bahnbanes  noch  keinen  Gebrauch  gemacht,  so  ist  die 
Ursache  hierfür  wohl  namentlich  in  der  Festlegung  der  russischen 
Kapitalsmittel  für  eigene  Bahnbanten  zu  suchen.  Geplant  ist  zunächst 
eine  Bahnlinie  von  Alexandropol  im  kaniLasischen  Gouvernement 
Erivan,  in  sttdtetlioher  Richtung  nach  Ispahan,  der  nenentstandenen 
Metropole  Persiens,  einst  reichen  Residenz  Schah  Abbas  des  Grolsen.. 
Von  dort  würde  die  Bahn  bis  zum  Persischen  Golf  weitergeführt 
werden,  wo  als  Endpunkt  in  erster  Reihe  der  geräumige  Hafen 
Bender  Abbas  über  bestem  Ankergmnde  m  Betracht  kommt,  auf 
welchen  Platz  Rulsland  schon  längst  ein  Auge  geworfen  hat  Die 
Bedeotung  des  rassischen  Monopols  liegt  kommerziell  und  strat^isoh 
in  dem  Umstände,  dals  diesen   Buhnen  die  russische  Spurweite 
g^eben  und  dadurch  der  direlite  Verkehr  sowohl  von  Kleinasien  wie- 
von  Beludschistan  her  verhindert  wird.    Nach  Analogie  des  Vor- 
gehens in  Kordchina  werden  mit  den  russischen  Ingenieuren  and. 
Beamten  als  militärische  Bedeckung  Kosaken  in  das  Land  einziehen 
nnd  den  Grund  für  die  thatsächliche  Schatzherrschaft  Kulslands  in 
Persien  legen.    Die  Nordprovinz  Aderheidsdian  hat  Rulsland  bereits 
wirtschaftlich  okkupiert  und  ehenmäfsig  begonnen,  auch  militärisch 
einen  ansschlaggebenden  £inflnlB  zn  üben,  seitdem  die  Organisation. 


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31t>     Kufslaada  neueste  fügeab&hnprojekte  in  Mittelasien  and  Pendea. 


der  persischen  Kavallerie  russischer  Leitung  übertrafen  ist.  Somit 
dürfte  es  kaum  einem  Zweifel  unterlieg:en,  dafs  die  Russen  ein  er- 
drückendes Uboro-owicht  iu  Persion  frewinnen  und  ihrem  unauihalt- 
samen  Drängen  nach  Süden  kein  ernstliches  Hemmnis  entgegenstehen 
wird,  vorausgesetzt,  dals  sieh  nicht  unvorhergesehene  Konstellationen 
der  Weltlage  herauübiideu,  iuneihaib  deren  auch  die  persische  Frage 
aufgerollt  würde. 

Wer  konnte  noch  vor  wenigen  Jahren  ahnen,  dals  ein  Krieg 
zwischen  den  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  und  S[)anien 
solchen  Neriauf  nehmen  und  diese  Folgen  hal)en  wUrdeV  Nord- 
amerika ist  mit  einem  Schlage  eine  gewaltige  Kolonialmacht  und 
ein  Faktor  ersten  Hanges  in  der  Weltpolitik  geworden.  Niemand 
konnte  voraussehen,  dafs  die  ostasiatisehe  Frage  so  rasch  und 
gründlich  ange.-^ehnitten  werden  und  dafs  das  Deutsche  Reich  nicht 
nur  durch  seine  Handelsinteressen,  sondern  noeh  mehr  durch  jene 
strategisch  höchst  vorteilliat'te  Heset/.ung  von  Kiautschou,  ein  durch 
seine  .Machtfülle  auszuübendes  lieeht,  im  fernen  Osten  mitzustimmen, 
erhalten  würde.  Welches  Heisjiiel  für  die  beherrschende  Position 
der  Kriegsmarine  in  Ui  u  Welthändeln  ist  in  dem  denkwürdigen 
Worte  „Faschoda"  mit  blitzartiger  Plötzlichkeit  zu  Tage  getreten? 
Wer  konnte  endlich  vermuten,  dals  England  einen  grofsen  Krieg  in 
Südafrika  zu  tühreu  haben  würde  und  wer  kann  iieute  wissen,  was 
sich  au.s  diesem  Keime  noch  alles  entwickeln  wird? 

Inzwischen  hat  Britannia,  mifstrauisch  und  arglistig  das  Vor- 
gehen Rufslands  in  Persien  beebachtet  und  ungeachtet  ihrer  augen- 
blicklichen Bedrängnis  in  Südafrika  (irgenmafsregeln  zu  treffen 
versucht.  An  der  nordw^estlichen  Ecke  des  Persischen  Golfes  liegt 
das  kleine  Sultanat  Koweit.  in  dessen  Hafen  sich  kürzlich  ein 
britisches  Kriegsschiff  vor  Anker  legte  Über  die  Gründe  dieses 
-seltsamen  Besuches  ist  freilich  nichts  bekannt,  vermutlich  waren  jedoch 
militärische  und  merkantile  Zwecke  damit  xerhiinden,  um  gegen 
die  russischen  Unternehmungen  am  jenseitigen  Ufer  des  Golfes 
Stellung  zu  nehmen.  Ob  diese  N'ersuche  sich  in  den  zwischen  dem 
Sultan  voll  Koweit  und  den  türkischen  Behörden  entstandenen  Streit 
einzumischen  Erfolg  gehabt  oder  nicht,  entzieht  sich  der  Kenntnis. 
Vor  einigen  Jahren  waren  dort  Thronstreitigkeiten  entstanden,  infolge 
deren  sich  eine  der  Parteien  um  Beistand  an  England  wandte.  Seit 
jener  Zeit  hat  diese  Macht  ihr  Augenmerk  nicht  mehr  von  Kow^eit 
abgelenkt.  Wiederholt  ist  in  London  darauf  hingewiesen,  ein  wie 
trefflicher  Stützpunkt  Koweit  für  die  Kürzung  des  Weges  nach 
Indien  werden  könne  und  dabei  als  wesentliches  Moment  betont 
wordeu,  dals  dieser  Platz  sich  vorzüglich  zur  Endstation  einer  anza- 


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Bul'sliuida  neueste  iäsmbahnprojekte  in  Mittelasien  und  Penien.  317 


legende»  Eisenbahn  von  Kairo  über  Norchirabien  nach  der  KUste  des 
persischen  Meerbust  iis  ei^me.  Koweit  lie^'t  gerade  gefjenUber  d<*in 
Haupthandelshafen  Buschir,  wo  es  den  Engländern  ^^elun^en  ist, 
Fiifs  zu  fassen  und  von  wo  das  Mündungsgebiet  der  vereini<rten 
Zw  illiii^^sströnu'  Euphrat  und  Tigris  mit  Erfolg  beherrscht  werdt-n 
kann,  w  as  diesem  Küstenpnnkte  nicht  geringe  Bedeutung  verleiht.  In 
dem  nordwestlich  von  beiden  Flüssen  umschlossenen  Tiefiande,  dem 
alten  Babilonien.  heutigen  Irak-Arabi,  thront  über  dem  Tigribufer 
die  einstige  Millionenstadt  Bagdad  mit  den  geringen  Resten  des 
seiner  Zeit  „schätzereichen"  Kte^iplioii  Bis  Bngdad  soll  nun  die 
aiiatolische  Eisenbahn  als  Kulturträger  Kleiiiasiens  unter  Leituug 
eines  deutschen  Syndikats  ver];inirert  und  si  hiielslich  bis  zum  Nord- 
rand des  Persischen  Golles  mitten  liiiinii  /wischen  die  britische 
und  russische  Interessensphäre  weiter^'»  liilirt  werden.  Dieser 
deutscherseits  jetzt  unternommene,  berciis  weltkundig  gewordene 
Wettbewerb  dürfte  voraussichtlich  den  notwendigen  UnterstUt/.ungs- 
punkt  für  das  politische  Gleichgewicht  der  sich  entgegenwirkenden 
Kräfte  Englands  und  Knislan  is  im  Westen  und  Osten  des  Strom- 
systems von  Euphrat  und  Tigris  erbringen.  An  der  Verwirklichung 
der  mesopotamischen  Bahn  Angora — Mosul — Bagdad  liegt  kein  Zweifel 
vor  und  damit  gravitiert  die  Zukunft  der  asiatischen  Türkei  unbe- 
stritten nach  Deutschland,  So  kann  auch  Kufsland,  w  enn  die  KUste 
des  persischen  Meerbusens  mit  eisernen  Banden  an  die  des  Kaspi- 
sehen  Meeres  so  wie  an  das  transkaukasische  Bahnnetz  angeschlossen 
sein  wird,  seinen  EiiiHufs  in  Persien  gelti'nd  machen  und  durch  den 
(^man-Sund  in  den  Indischen  Ocean  gelangen.  In  einem  so  günstigen 
Werdegang  Rulslands  auf  persischem  Roden  liegt  indessen  für 
England  die  drohende  Gefahr  einer  Flankierung  des  iiidotnitischen 
Seeweges,  was  gleichbedeutend  sein  würde  mit  einer  wirtsciiaftlichen 
und  strategischen  Abschli(  fsung  Ostindiens,  jener  Basis  der  englischen 
Welt.stellung.  (irofsbritaunien  ist  jedoch  viel  zu  sehr  und  annehmbar 
für  längere  Dauer  mit  dem  Kriege  gegen  Transvaal  beschäftigt,  auch 
militärisch  zu  sehr  geschwächt,  als  da  Ts  es  Verlangen  nach  neuen 
Schauplätzen  für  nulitärische  Operationen  hegen  kJinnt^^. 

Im  Besitze  einer  von  Transkaukasien  bis  zur  Ormus-Stralse 
laufenden  EisenlKilm  Alexandropol — Beseht— Ispahan  Bender  Abbas 
dürften  die  Küssen  von  der  beschränkten  und  zeitraubenden  Fahrt 
dureli  den  Bosporus  und  den  Suezkanal  völlig  unabhängig  werden 
und  einen  beträchtlich  näheren  und  sicheren  Weg  zum  Indischen 
Ocean  haben  als  die  Engländer  vom  Mutterlande  aus.  Mit  einem 
die  östlichen  Provinzen  Persiens  durchschneidenden  Schienenwege 
würde  iiuisland  einen  gewaltigen  Schritt  weiter  nach  Asien  hinein 


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318     BoTslaiidB  nenesto  EiMiibihnprojekte  in  Mittel tden  and  Ptosien. 

gethan  haben,  sieh  aber  mit  dieser  Bahn  yorerst  begnflgen  mUssen, 
bei  derai  weiteren  Bau  von  immeriiin  11^1200  km  in  dem 
mannigfach  abgestoften  Hochlande  eine  Fülle  technischer  Schwierig- 
keiten sn  Überwinden  sein  wird.  Ein  Rückblick  anf  die  Vergangen- 
heit lehrt,  dafs  die  Bassen  bei  ihrem  Vorgehen  in  Asien  niemals 
das  Haltbare  dem  Abenienerlichen  geopfert,  sondern  üue  Expeditionen 
immer  erst  nach  Sicherstellang  der  letztgewonnenen  Basis  zn  nenen 
Erwerbungen  yorgeschoben  haben.  In  Ansehung  eines  solchen 
Vorbereitnngsmodos  können  auch  nur  yon  einer  Dir  leistangsfilhig 
befiindenen  persischen  Ostbahn  ans  neue  Sohienenstiftnge  nach  der 
WesthKlfke  des  Beiches  yerlej^  werden,  zumal  leti^ere  durch  wenig 
zngSngliche  yon  Nordwest  nach  Sttdost  laufende  Gebirgszüge  yon  der 
Osthälfte  geschieden  und  überdies  in  weit  grOlserem  Umfange  yon 
Sumpistrecken  und  Sayannenflächen  durchseist  ist  Erscheint  der 
Gedanke  einer  Sohienenyerbindong  mit  dem  Westgebiet  noch  nicht 
sog^leieh  durchführbar,  so  bleibt  doch  deren  Möglichkeit  nicht  ans  dem 
Auge  gelassen.  Wenn  dann  in  yielleioht  absehbarer  Zeit  ein  Zu- 
sammenschlufs  des  transkaspisch-turanischen  und  persischen  Bahur 
netzes  erreicht  ist,  so  werdeu  Afghanistan  und  Beludschistan  yom 
Amu  bis  zum  Oman-Sund  durch  rassische  Eisenschienen  umklammert 
sein.  Beide  iranische  StaatengebUde  sind  aber  als  Durchgangs- 
länder  deijenigen  Strafsen,  welche  Mittelasien  und  Persien  mit 
Indien  und  der  oceanen  Küste  yerbiuden,  von  hoher  kommerzieller 
und  militärischer  Bedeutung.  Und  je  fester  diese  Umklammerung, 
je  sicherer  der  Wep:  zum  Meere! 

Wer  die  grofsen  Verkehrsmittel  des  Landes,  die  Eisenbahnen 
in  Händen  hat,  beherrscht  auch  in  handelspolitischer  und  strategischer 
Beziehung  das  Land!  Eine  so  greifbare  Konsequenz  werden  die 
Rassen  wie  bisher  in  Turan,  so  fortan  auch  in  Persien  nicht  unbe- 
achtet lassen,  dessen  L^nanskömmlichkeit  und  Unfertigkeit  hinsicht- 
lich seiner  Selbstverwaltaog  nicht  mehr  bestritten  werden  kann. 
R  ulsland  strebt  wie  die  anderen  Grolsmfichte  nach  Wirtschaft]  ie  Ii  er 
Geschlossenheit  und  Unabhängigkeit,  weshalb  es  mit  onermUdlichen 
Anstrengungen  aus  Mittelasien  nach  Süden  yorrückt,  um  Positionen 
auf  dem  Weltmarkte  zn  gewinnen.  Dazu  aber  mufs  es  sich  den 
Weg  zum  Ocean  tffihen,  zum  weiten,  warmen  Meere  dec:  Südens! 

F.  Udt. 


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Du  Heenraten  d«r  Bepiddik  Hoadmai. 


319 


xxm. 

Das  Ueerwessn  der  Republik  Honduras. 


Bei  Schilderang  mittelamerikaniacher  HeeresyerfattltDisBe  —  mit 
der  aosgesprochenen  Abeicbt,  das  Inteiesse  für  Jene  Länder  in  Deutsch- 
laad  sa  beben  —  getragen  von  dem  Wunsch»  dafo»  wenn  dort  Be- 
sitsererschiehuigen  eintreten,  wir  anf  den  Posten  sein  mochten,  mnls 
man  es  von  voniberein  beklagen,  dafo  diese  VerhSltnisse  wenig 
erfreuliche  sind,  nnd  man  das  yortreffliohe  Henscbenmaterial  so 
wenig  nntzhringend  zn  Tcrwenden  versteht  Die  Zustände  sbd  nnd 
bleiben  dort  nnlEonsoIidiert,  Bttrgerkriege  nnd  Unrohen  aerstOren 
inuner  ement  die  Hoffnnng  anf  einen  glttcUichen  Ansban  des  Staats- 
kOrpers!  Dabei  mnls  man  es  geradezu  erstaunlich  nennen,  dals 
diese  Dnodes-Repnbliken,  statt  sich  mit  der  Verbesserung  ihrer 
inneren  nnd  ftuberen  Lage  zu  befassen,  die  Kttbnheit  besitzen,  sich, 
wie  das  in  letzter  Zeit  mehrfach  vorkam,  mit  fremden  Ifttchten  zn 
Überwerfen.  Nun  wäre  das  ja  von  nicht  allzu  erheblicher  Bedeu- 
tung, wenn  sich  nicht  in  Jenen  Ulndem,  die  so  wenig  noch  von  der 
Kultur  beeinflulst  shid,  ein  Werk  vollzöge,  das  berufen  ist,  diese  im 
höchsten  Ma&e  zu  fördern.  HeüGst  es  doch  Jetzt  dort  mit  grOfstem 
Eifer  und  lebhaftem  Wortkampf:  Hie  Panama,  hie  Nikaraguakanal! 
So  sehr  man  im  deutschen  Handelsinteresse  nur  wünschen  kann, 
dab  die  Entschddung  Panama  sein  wird,  umsomehr  als  die  Ver- 
einigten Staaten,  welche  das  Kikaraguaprojekt  in  bekannter  Un- 
eigenntttzigkeit  (!)  fördern  in  Mittel-Amerika  viel  an  ihrer  früheren 
Sympathie  einbttlsten,  so  ist  dennoch  die  Freude  hieran  keine  ganz 
reine.  Fttr  die  Hensobheit  wäre  es  ein  Glttck,  wenn  einmal  dort 
Ordnung  nnd  Ruhe  geschafft  wOrde  und  das  versteht  niemand  besser, 
grflndlicher  und  rttcksichtsloser  als  der  Nord-Amerikaner. 

Viel  würde  er  auch  in  Honduras  zu  thnn  finden,  wohin  er  schon 
heute  eifrigst  sieht,  und  wo  er  bis  Jetzt  friedUohe  Eroberungen  macht, 
föUt  doch  dies  Land  unmerhin  in  die  Interessen-Sphäre  des  Nikaragua- 
Kanals,  dessen  grolse  Kosten  kaum  von  einem  als  notwendig  er- 
kannten Bau,  abhalten  werden,  obwohl  seine  Länge  826  km  gegen 
86  des  Panama-Kanals  betrilgt 

Die  Republik  mit  einer  GrOise  von  119  820  qkm  (somit  wie  Bayern, 
Württemberg  und  Baden  zusammengenommen)  hat  898  877  Einwohner, 
welche  meist  Mischlinge  sind.  Wilde  Indianer  giebt  es  ca.  70000. 

Das  Land  arbeitet  mit  einem  Budget  von  2400272  Pes.,  wovon 
för  das  Heer  748412  Pes.  entüftUen  bezw.  angesetzt  sind,  denn  die 
thatsächlichen  Verhältnisse  entsprechen  niemals  den  angenommenen, 


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320 


Das  HeeffweBen  der  BepabUk  HondarM. 


und  die  meisten  amerikauischea  Budgetsauf stel Inneren  erfreuen  sich 
eines  ausgedehnten,  beneidenswerten  Optimismus.  Darin  durfte 
Honduras  nioht  zurückbleiben,  immerhin  ist  seine  finanzielle  Lage 
aber  keine  besonders  ungünstige,  die  MUnzverhältnisse  (es  wird  £ast 
kein  Papiergeld  ausgegeben)  rauls  man  selbst  gut  nennen. 

Die  Verwaltung  des  Heeres  erfolgt  durch  den  isLriegsmiiiister, 
dem  ein  gröfserer  Stab  zur  Seite  steht. 

Einen  tiefen  Blick  in  die  eigenartige  politische  Lage  des  Landes 
bietet  allein  schon  die  Verteilung  der  Truppen  auf  die  15  Departe- 
ments, Städte  etc.,  die  hier  folgt  und  die  sich  in  solcher  Zersplitte- 
rung in  keinem  Staat  wiederfindet. 


{ Offidere,  { 

Unter- 

Departement etc. 

i  Beamte 
i  einschl. 

offiziere 
[  und 

Soldaten 

Bemerkungen. 

.  

1  StSbe 

Spiellente 



*o 

xv 

.  i^ciruiiicr  uw  n  ii  r  iifcOTi  uor 

Ari.uicno-r>rjga(u'. 

Olanoho 

10 

6 

80 

Dazu  2  Musikmeister. 

Paraiso 

8 

5 

'J.') 

Daaa  1  HnaUuneister. 

Danli 

6 

5 

11 

Chüluteoa 

9 

8 

50 

Dazu  ein  Chef  der  Artillerie 
und  10  Kadetten. 

VaUe 

9 

8 

60  j 

1 

Dazu  1  Lent.  der  Artillerie 
6  Schiller,  1  Musikmeinter. 

12 

18 

20  j 

Dazn :  Marine  mit  1  Lent.. 

j 

i 

1 

1  SergoHut,  20  Soldaten. 

Dampfer  „22.  Februar"  mit 
3  Beamten    Dauiufer  .KL 
Vigia-  mit  8  Off?z  ,  4  Unter- 
offiz.,  20  Soldaten.  —  Ar- 
tillerie-Schule: 2  OfiSiiere, 
,40  öohüler. 

Gomajragna 

11 

8 

60  ! 

IDaant  1  Mnaikmeister.  —  1 

1 

Kommandant  von  Opoteca. 

la  Paz 

'  8 

6 

20 

Intiboei 

i  8 

6 

80  1 

Gracias 

9 

9 

40 

Dazu  10  Musiker. 

Copan 

9 

40 

Daza  22  Mosiker. 

Oootepeqae 

9 

7  1 

40 

St  Barbara 

10 

8 

«0 

Cort^s  . 

8 

6 

2ö  1 

CortÖa  (Hafen) 

1 
1 

1 

9 

68 

Davon  8  von  der  Marine. 

1 

Dampfer  „Tatumbla"  mit 
8  ( »ttiz  ,  8  Bo.'imt ,  8  Unter- 
ofti^ierun,  27  Suldautn. 

Onaoa  (Fort) 

1 

2 

20 

Jon» 

8 

5 

20 

Colon 

9 

H 

48 

Darunter  8  Mann  von  der 
Marine. 

Mosquito  (Küste) 

4 

5 

2ß 

La  (J«iba 

9 

7 

48 

Darunter  8  Mann  von  der 
Marine. 

BabUhlnaefai 

8 

6 

22 

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Daa  Hoefwnen  der  Bepablik  Hondoraa. 


321 


Hierzu  kommeD  noch  15  sogen.  Schutz-Kommandos,  welche  mit 
fe  l  Korporal  und  4  Mann  Uber  das  Land  zerstreut,  sowie  5(> 
Distrikts-Kommandantaien,  die  allermindestens  mit  1  Sekretär  besetzt 
sind.  Die  meisten  Garnisonen  and  DetachemeDts  werden  in  liska- 
lischen  Gebäuden  imtergebraoht  nod  ist  dies  nur  bei  4  derselben 
nicht  der  Fall. 

Jedenfalls  kann  man  naeh  meiner  Ansicht  diese  Verhältnisse 
eigenartig  nennen. 

Mit  Personal  wird,  wiederum  aus  politischen  Grtlnden,  reichliche 
Verschwendung  getrieben.  So  setzt  sich  die  Kommandantur  Teguci- 
galpa aus  einem  Stab  zusammen  von  1  Kommandant,  1  Platz-Major, 
1  Oberst  als  Chef  der  Miliz,  3  Stabsoffizieren  ftlr  diese,  14  Adjutanten 
und  Beamten.  Die  Garnison  selbst  ist  stark:  23  0£Sziere,  198  Mann 
(darunter  60  Kadetten). 

An  anderen  Plätzen  ist  das  Mifsverhäitois  ein  noch  viel  aut- 
Üallenderes! 

Das  stehende  Heer  wird  zusammengesetzt  ans  dem  Ordinarinm 
(a)  oder  dem  Extraordinarium  (b)  und  besteht: 
Divis.-Generale   Brigade-Generale   Stabsoffiziere   Offiziere  Trappe 

a)  6  5  76  174  1247 

b)  —  —  12  16  405 
In  Summa:    11  Generale,  8ö  Stabsoffiziere,  19Ü  Offiziere.  Ftir 

eine  Truppe  von:  1652  Mann. 

Der  Stab  des  Präsidenten  und  die  Kadettenschule  sind  besonders 
stark  mit  Oflizieren  dotirt  und  zählen  zusammen :  1  Divisions-General, 
zugleich  Ciief  des  Geueralstabs,  7  Stabsoffiziereo,  6  Kapitaius, 
20  Kadetten,  1  Unterleutnant  als  Musikmeister  etc. 

Die  Kr/ichan^  /um  Offizier  ist  seit  einigen  Jahren  eine  viel 
bessere  geworden  und  man  beniUht  sich,  wenn  auch  nicht  mit  allzu 
grofsem  Erfolg,  den  ^«'potismus  /urilckzadrängen,  der  bis  jetzt  bei 
Vergebung  der  Olti/.ierstellen  herrschte. 

Viel  geschieht  für  die  zahlreichen  Musikkorps,  die  zum  Teil 
vortrefflich  sind,  das  gröfste  besteht  aus  1  Musik -Direktor  (mit  mehr 
<Teha]t  als  ein  Divisions-Kommandeur),  1  'i"aiiih(»ur  .Major  und  813 
Musikern  nebst  Schülern,  darunter  3  mit  dem  ungelahreu  Gebalt 
eines  Majors. 

Während  des  Hlirgerkriegs  1897  waren  in  Honduras  im  stehenden 
Heere  8670  Mann  unter  den  Waffen,  darunter  zu  diesem  von  Anfang 
angehörig  1922  Mann,  die  übrigen  Kriegsfreiwillige. 

Aufser  den  permanenten  Truppen  ist  die  Miliz  /.u  erwähnen, 
für  welche,  nach  den  Listen,  31)688  Manu  disponibel  sind.  Dieselbe 
wird  in  62  sog.  aktive  und  21  Keserve  -  Bataillone  eingeteilt,  es 


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:322 


Das  Heerwesen  der  Bepnblik  Heodoras. 


zählt  die  I.Kategorie  ca.  27000,  die  zweite  ca.  9000  KOpfe,  welche 
der  Charge  nach  zerfoUen  in:  28  Diyisioiw-Generalef  27  Brigade- 
Generale,  99  Obersten,  87  Oherstlentnants,  219  Kommandanten, 
513  Kapitaina,  784  Leutnants,  718  Unterleutnants,  450  Sergeanten  I, 
1869  Sergeanten  II,  2708  Korporale,  ca.  80000  Soldaten. 

Von  diesen  sind  ca.  2000  Hann  im  Departement  la  Paz  noch 
nicht  organisiert.  Die  Verteümig  auf  die  Departements  ist  eine 
^am  verschiedene  nnd  gewährt  einen  Blick  anf  die  BeYtflkemngs- 
dichtigkeit. 

So  liefert  Tegncig:alpa  5455  Mann,  Obolnteea  8550  Mann,  La 
Oeihn  400  Mann,  die  Inseln  nnr  87  Mann  etc.  etc.  KaTallerie  giebt 
es  in  Honduras  ebensowenig  wie  s.  B.  in  Kolombien. 

In  den  sehr  umfang^reichen  offiziellen  Angaben  ist  tlber  die 
Zahl  der  vorhandenen  Waffen  und  AnarQstnngBStttcke  nur  gesagt, 
dafs  sie  sich  in  gntem  Zustand  nnd  genügender  Zahl  in  den  staat* 
liehen  Magazinen  vorfänden,  wie  es  ancb  an  der  nötigen  Munition 
nicht  mangele.  Im  Bürgerkrieg  war  die  sog.  „freiwillige  Division** 
mit  dem  Remington-Gewehr  —  der  staatlich  eingeführten  Waflfe  — 
ans<ro^^tattet,  und  führte  dieselbe  einige  Kruppsche  7'/,  cm  Kanonen, 
nebst  desgleichen  Schnellfeuergeschiitzen  mit  sich. 

V' on  letzteren  ist  anoh  eine  Gebirgs  -  Gesehtttz  -  Batterie  in 
Tegucigalpa  vorhanden. 

Von  einer  Marine  kann  in  Honduras  kaum  gesprochen  werden, 
die  in  der  oben  anf^'^eluhrten  Znsammenstellung  erwähnten  Dampfer 
dienen  nur  polizeilichen  Zwecken  und  sind  tbeilweise  nicht  imstande, 
auf  das  hohe  Meer  zu  gehen.  Bestrehungen  zum  Erwerb  einiger 
Sehiffe,  welche  den  Kern  einer  Marine  bilden  sollten,  sind  noch  in 
den  ersten  Anfängen,  auch  in  dieser  Hinsicht  ist  der  EinHufs  des 
aktuellen  Präsidenten  nicht  zu  verkennen,  welcher  auch  deutsche 
Kräfte  zur  Mitarbeit  heramdeht. 

Das  Aulsere  der  Armee  und  Marine  angehend,  so  mufo  man 
zwischen  den  Offizieren  und  Mannschaften  unterscheiden,  erstere 
kleiden  sich  in  französische  Uniformen;  die  Mannschaft  trägt  Jacken 
und  Hosen  von  grauem  Drillich  mit  rotem  Aufschlag  und  Kragen. 
Die  Miliz  tritt,  besonders  bei  einer  plötzlichen  Revolution,  meist  in 
Civilkleidern  in  den  Kampf.  In  letzterem  zeigt  der  Soldat  die 
vortrefflichen  Eigenschaften  —  Tapferkeit,  Gehorsam,  Genügsamkeit, 
Ausdauer  —  die  er  in  so  hohem  Mafse  besitzt  und  welche  wohl 
geeignet  wären,  die  (Grundlage  für  einen  glücklichen  Ausbau  seines 
Vaterlandes  zu  schaden,  den  bis  jetzt  immer  noch  die  inneren  Un- 
mhen  und  die  schwierigen  Verkehrsverhältnisse  zurückhalten. 

T. 


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DiB  Iftetirkenftaife  der  Inftnieile-KmiipagBifln  in  Ftnknkk.  828 

XXIV. 

Die  Iststärkentrage  der  Infanterie -Kompagnien  in 

Frankreich. 


Der  Kriegsminister  Gallififet,  dem  man  eine  nngewöhnliche 
Energie  in  den  Bestrebongen  zum  Erreichen  vorgesteckter  Ziele,  wie 
aach  die  Frage  der  VerJUngnog  des  Offizierskorps  mit  den  zugehörigen 
Gesetzentwürfen  und  Verordnungen  bewelsti  nieht  absprechen  kann, 
hat  anoh  fUr  die  Lösung  einer  brennenden  anderen  Frage  die  nötigen 
Erhebungen  reranlafst  und  will  aof  diese  Erhebongen  einen 
Gesetzentwurf  basieren,  der  eine  Änderung  des  Rekrutierungsgesetzes 
▼on  18S9in  einigen  Artikeln  anstrebt.  Das  Programm  desKriegsministerSi 
in  welchem  ja  bekanntlich  aueh  die  Reorganisation  der  Artillerie, 
deren  Umbewaffnung  bei  der  fahrenden  Batterie  nahezu  durchgeführt 
istf  während  sich  der  für  diese  Batterien  gewählte  7,5  cm  Schnell- 
feneigesehtttz-Typ  für  die  reitende  als  nicht  hinreichend  beweglich 
erwiesen,  sowie  die  Kolonial-Armee,  deren  Notwendigkeit  im  Parla- 
ment nicht  bestritten  wird,  deren  Unterstellung  unter  das  Kriegs- 
ministerinm  aber  wohl  »ehr  energischen  Widerstand  begegnen  wird, 
orscheinen,  erflUirt  durch  diesen  Gesetzentwurf  eine  weitere  Be- 
reicherung. 

Das  im  Jahre  1899  eingereichte  Kekrutenkontingent  hat  bekannt- 
lich zum  Teil  wegen  der  geringeren  Zahl  Geburten  im  Jahre  1878, 
zom  Teil  auch  wegen  der  schärferen  Bedingungen  bei  der  Beurteilung 
der  Diensttauglichkeit  einen  AnsfftU  ?on  mnd  2:^0(X)  Mann  ergeben. 
Dieser  Ausfisdl  hat  daza  gezwungen,  auf  die  im  Hudc^etvoranschlag  fUr 
1900  vorgesehene  Bildung  von  22  weiteren  4.  Bataillonen  zu  verzichten, 
er  bat  aber  auch,  zumal  für  4  Zuaven-,  8  Tiraillcur-Bataillone  und 
5  Fursbatterien,  sowie  ein  lG4te8  Infanterie -Regiment  aof  Corsica 
die  Etatstärken  nu  hr  zu  versorgen  waren,  die  Folge  gehabt,  dals 
die  Iststärken  der  Infanterie-Kompagnie,  abgesehen  von  denjenigen 
auf  hohen  Etat,  anter  100  Köpfe  herabgesetzt  werden  müssen. 
Rechnet  man  dann  noch  die  Kranken,  die  Handwerker.  Köche, 
Schreiber,  Ordonanzen,  sowie  die  übrigen  aus  der  Front  abkomman- 
dierten Leute  ab,  so  kommt  man  zu  den  so  stark  verabscheueten 
Skelettkompagnien  zurück,  die  weder  eine  gründliche  Ausbildung  im 
Kompagnie-  und  Bataillonsverbande  erlauben,  noch  als  hinreichend 
starke  Kerne  für  die  mobilen  Einheiten  angesehen  werden  können. 
Diese  Hoffnung  konnte  einen  Mann,  wie  Gallitfet,  der  oft  genug  seine 
Hoffnung  dahin  ausgesprochen  hat,  dafe  gerade  bei  der  sehr  ver* 

JakrbAokar  fAi  di«  deatiok»  Arm»«  und  Xuln*    Bd.  HA.  3.  21 


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824     ^  btsMitafrage  d«r  Iiiftiiteife-Koiii|Mgiilai  in  Fnnknioh. 


schiedeneu  Dauer  der  aktiven  Dienstzeit  die  mobilen  Kornpag:niea 
eines  starken  aktiven  Kerng  bedürften,  dals  die  g^esetzlichen  Übungen 
der  Reservisten,  von  denen  mau  aucli  die  ältesten  Jabr^räni^'e  und 
•  ifrene  Formationen  im  mobileu  Heere  L  Linie  verwenden  müsse,  nur 
das  äulserste  Minimum  bedeutete,  selbstverständlich  auf  die  Dauer 
nicht  zulässig  dünken.  Die  Kiickkehr  eines  so  niedrigen  Kontigents 
an  Ausgehobeiien.  wie  lS!)i).  soll  ausgeschlossen  werden,  umsomehr. 
als  mit  diT  beabhiehtigten  Reorganisation  der  .-Artillerie  auch  eine  Ver- 
mehrung verbunden  sein  w  ird.  Eine  Steigerung  der  Iststärken  der  Infaii- 
teriekomj}agnien  auf  dem  schon  einmal  betretenen  Wege  durch  Auflösung 
von  4.  Bataillonen  zu  erreichen,  betrachtet  Gallitfet  als  ausgeschlossen, 
eine  derartige  Mafsnahme  würde  auch  die  nachteiligen  Folgen  der 
geringen  Stabilität  im  französiachen  Kxiegsministeriam  zu  deatlich 
ülaetrieren. 

Zur  Vermehrung  der  Einstellung  von  Ausgehobenen  gie!)t  es 
einen  Weg,  der  allerdings  nicht  ganz  neu  ist,  von  früheren  Krieg>- 
rainistem  schon  vorgeschlagen  wurde,  den  Gallifict  aber  doch  zU  be- 
treten gedenkt,  zur  Steigerung  der  Friedensdurchschnittsstärke  bleiben 
mehrere  andere,  die  allerdings  auch  eine  Änderung  des  liekrutieruugs- 
gesetzes  von  1889  bedingen  und  also  die  Bewilligung  durch  das 
Parlament  nötig  macheu.  Eine  oftizielle  Statistik  hat  den  Nachweis 
erbracht,  dafs  in  der  Zeit  vom  Inkrafttreten  des  Rekrutierungsgesetzes 
von  188Ü  bis  1897  die  Zahl  der  auf  Grund  der  Artiki-i  i'l,  21  und 
23  des  Rekrutierungsgesetzes  Dispensierten  fast  oüOüOU  erreicht, 
von  denen  noch  nicht  lOOCKK)  wirkliche  Familienstützen 
waren.  Der  Rest  ist  also  auf  Grund  der  Artikel  21  und  23  dispen- 
siert worden  und  zwar  beträgt  der  jährliche  Durchschnitt,  der  nach 
Artikel  21  mit  Rücksicht  auf  fortzusetzende  Studien  Dispensierten 
ca.  40ÜUU.  Die  Durcbschnittsziffer  der  nach  Artikel  23  Dispensierten 
ist  sehr  viel  geringer,  Gallitfet  betrachtet  aber  nur  2  Kategorien  als 
wirklich  zur  Dispensation  berechtigt:  die  Lehrerkandidaten  und  die 
Kleriker.  Selbst  wenn  man  den  Begrirt"  der  Familienstutzen  sehr 
viel  weiter  falste,  als  jetzt,  statt  10 000  jährlich  20CKX)  Dispensierte, 
konnte  man  unter  Beschränkung  der  Dispensation  in  Artikel  21  und 
23,  die  Ziffer  der  mehr  als  ein  Jahr  dienenden  Leute  um  23UÜ0 
jährlich  vermehren  —  und  das  ist  es.  was  Galliffet  beabsichtigt. 

Wie  aber  schon  angedeutet,  will  der  Kriegsminister  die  Ziffer 
der  kombattanten  und  in  der  Front  bleibenden  Leute  aber  auch  noch 
auf  einem  anderen  Wege  steigern.  Die  Schreiber.  Köche,  Kranken- 
wärter, Ordonnanzen,  Magazinarbeiter  u.  s.  w.,  die  heute  den  völlig 
dienstfähigen,  kombattanten  Leuten  entnommen  werdcji,  sollen  durch 
bediug;t  Taaglicbe  des  „service  auxiiiaire'*  ersetzt  werden,  die  nur  eine 


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Armee-  und  Marine-Nachrichteu  aus  RuTsland. 


825 


mehr  oberflAeUiebe,  allgeinein  mOitSrisehe  Schulung  erkalten  wlliden. 
Die  Heranzidiimg  Ton  bedingt  Tauglichen  soll  sich  anf  nind  22000 
erstrecken,  so  dab  also  dem  Frontdienst  im  ganzen  etwa  45000 
Mann  jährlich  anwachsen.  Mit  dieser  Ziffer  wäre  man  in  der  Lage, 
nicht  nnr  die  noch  fehlenden  4.  Bataillone  an  bilden,  sondern  anch 
die  Iststärlce  der  Kompagnien  anf  dem  dnrch  das  Cadregesetz  yor- 
gescliriebenen  Stand  ron  125  KOpfen  erhalten.  Dais  nebenher  noch 
der  Gedanke  besteht,  die  Tmppen  in  Algerien  in  höherem  M alse,  als 
dies  bisher  geschehen,  dnrch  Eingeborene  za.  ergSmeen,  wodurch  man 
anch  billiger  wegkäme  nnd  ohne  bedentende  Mehrkosten  die 
Tirailleors  nnd  Spahls  zn  verdoppeln  TermOchte,  wnrde  frtther  schon 
erwähnt 

Dafs  Galliffet  bei  der  Verminderong  der  Dispensierten  in  der 
Kammer  grofee  Widerstände  zn  Überwinden  haben  wird,  unterliegt 
keinem  Zweifel,  er  hat  aber  schon  Terschiedene  Fragen  mit  Energie 
angegriffen,  an  denen  sieh  andere  Kriegsminister  in  Frankreich  die 
Zähne  ansgebissen  hatten  und  die  Umstände  sind  seinem  Vorhaben 
nicht  nngllnstig.  Daüs  das  Kriegsbudget  eine  Stufe  weiter  aufwärts 
machen  mttlste,  ist  selbstverständlich.  18. 


XXV. 

Armee-  und  Marine -Nacbrichteü  aus  Rulsland. 

Ende  August  (a.  St.)  1900  soUen  zwischen  Kursk  und  Arj6l 
grolse  Mandver  in  Gegenwart  Sr.  Majestät  des  Kaisers' 
stattfinden,  an  denen  154  Bataillone,  76  Eskadrons  nnd  Ssotnien 
und  848  Geschtttze  teilnehmen  werden.  Es  werden  2  Armeen 
gebildet:  Die  Moskauer,  bestehend  ans  18.  (mit  2.  selbst  Kav.-Brig.) 
und  17.  Armeekorps,  1.  KaraUerie*  Division,  2.  und  8.  Res.-Art-Brig., 
18.  und  17.  Sappenr-Bat.  und  2.  Train-Bat  (75  Bat,  86  Esk., 
168  Gesch.),  nuter  Befehl  des  Oberbefehlshabers  der  Tmppen  des 
Moskauer  Militärbezirks,  GrofsDlrsten  Ssergei  Alexandrowitsch,  und 
die  Sttd -Armee,  bestehend  aus  Truppen  der  MUitärbexiike  Kijew 
und  Odeba,  nnd  zwar  dem  10.  Armeekorps  (mit  10.  Kav.-Div.),  einem 

21* 


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326  Armee-  and  MArine-Naefariobteo  ans  Rufalanil. 


kombinierten  Armeekorps  (15.  n,  34.  Inf.-Diy.  and  4.  Schlttmi-Biig.) 
der  2.  kombinierten  Kasaken-Diyision^),  4.  Ke8.-ArtL-Biig.y  7.  and  14 
Sappeor-Bat.  und  4.  Kadre-Train-Bai  (79  Bat.,  40  Esk.,  180  Geseh.) 
nnter  Befehl  des  Kriegsministers.  Gen.-Lt  Koiopatkin. 

Wie  schon  bei  frttheren  grofsen  HanÖTem  tritt  wiederom  die 
Frage  der  Verwendang  der  Kavallerie  id  den  Vordergrand.  Wie 
bekaunt,  ist  die  gesamte  rnasiache  Kavallerie  im  Frieden  in  28 
KaYaUerie-Divisionen  (davon  4  zo  2  Kavalleriekorps  zusammeng^ 
zogen)  und  2 selbst.  Kavallerie-Brig:aden  formiert:  KaYaUerie-Divisionen 
nnd  -Brigaden  sind  grölstentells  den  Armee-Korpe  onterstelit  Wenn 
auah  diese  Organisation  in  Bezug  auf  Ausbildung  von  Führern  und 
Truppen  ihre  Vorteile  hat,  so  liegt  ihr  Nachteil  darin,  dais  sie  bei 
der  Mobiliiiachung  nicht  aufrecht  erhalten  werden  kann.  Wollte  man 
die  Kavallerie-Divisionen  den  Amiee-Korps  belassen,  so  wttrde  die 
Kavallerie  in  ihrer  strategischen  Aufgabe,  der  Aufklärung  vor  der 
Front  der  Armco,  behindert  sein;  als  Divisions-  bezw.  Korps- 
Kavallerie  erscheint  aolserdem  eine  KaTallerie-Division  Ton  24  Bs- 
kadrons  als  zu  stark.  Entzieht  man  aber  den  Aimee-KorpB  ihre 
Kavallerie  Divisionen  und  nnterstellt  sie  den  Armee-Oberkommandos, 
so  fehlt  es  wiederum  den  Armee-Korps  und  Infanterie-Divisionen  an  der 
fllr  die  unmittelbare  Aufklärung  und  Sioherang  erforderlichen  Kavallerie 
I Divisions- Kavallerie);  denn  die  hierzu  in  Aussicht  genommene 
Kasaken -Truppenteile  2.  Aufgebots  stehen  zu  Heginn  des  Feldzages 
nicht  zur  Verfügung.  Die  Erkenntnis  der  Notwendigkeit  einer  zwei- 
fachen Art  von  Kavallerie  —  einer  Armee-  und  einer  Divisions- 
Kavallerie  —  führt  daher  dazu,  dafs  die  im  Frieden  im  \'erbande 
der  Armee-Korps  befindlichen  Kavallerie-Divisionen  bei  der  Mobil- 
machung zum  grölsten  Teil  den  Annee*Oberkommandos  unmittelbar 
unterstellt  werden,  zum  Teil  aber,  zur  Versorgung  der  Infanterie- 
Divisionen  mit  Kavallerie,  zunächst  wenigstens,  aufgelöst  werden 
mttssen. 

Bei  den  diesjährigen  Kaiser-Manövern  wird  die  Armee-Kavallerie 
—  bei  der  Moskauer  Armee  durch  die  1.,  bei  der  Süd- Armee 
durch  die  10.  Kavallerie^Division  gebildet  werden.  Als  Divisions- 
Kavallerie  wird  den  Armee-Korps  der  Moskauer  Armee  je  ein  Re- 
giment der  2.  selbst.  Kavallerie-Brigade  t  pro  Division  also  3  Eskadrons), 
denjenigen  der  Südarmcc  je  eine  Brigade  der  2.  kombinierten  Ka- 
saken-Division  (pro  Division  also  4  Eskadrons)  zugeteilt  Die  ver- 
schiedenartige Stärke  der  Divisions-Kavallerie  soll  Gelegenheit  bieten, 
ein  Urteil  Uber  die  wünschenswerte  Stärke  derselben  zu  bilden. 

1)  2.  komb.  KM.-Div.  ritckt  nur  mit  4  Ssotnlfln  pro  Begiment  mm  Ha- 
nffviir  «US. 


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Annee-  und  Mwiiie-NaolirlolitBn  aiu  RuAluid. 


327 


Die  an  dem  achttägigen  ManöTer  teilnehmeDdeu  Trappen  sollen 
leichiich  mit  allen  teohniaoben  Mitteln,  Telegraphen,  Telephonen 
nnd  Luftballons  venehen  werden.  Auch  wird  beabsiehtigt,  in  grobem 
ICafsstabe  die  Yerwendnng  toq  Kadfahrerkommandos  zu  erprobeUi 
sowie  Versuche  mit  Übermittelung  von  Nachrichten  durch  Telegrapbie 
ohne  Draht  sowie  durch  Brieftaaben  anzustellen.  Da  es  in  dem 
Manöver-Gelände  stellenweise  an  tauglichem  Wasser  gebricht,  werden 
die  Truppen  mit  abessinischen  Röhrenbrunnen  versehen  werden. 

Der  „KoBsische  Invalide^  bringt  in  seiner  ersten  Nummer  des 
neuen  Jahres  eine  militärische  Übersiebt  ttber  das  Jahr  1899. 
Die  Änderongen und  Neuerungen  in  der  Organisation  der  Armee, 
welche  übrigens  das  obgenannte  offizielle  militärische  Organ  nicht 
erwähnt,  waren,  was  die  Truppen  des  europäischen  Kufslands 
anbetrifft,  im  verflossenen  Jahre  verhältnismälsig  unbedeutende.  Die 
wichtigste  organisatorische  Malsregel  war  die  Bildung  eines  2.  kau- 
kasischen Armee-Korps,  wodurch  jedoch  Nenformationen  von 
Truppen  nicht  erforderlich  wurden.  Im  übrigen  beschränken  sich 
die  organisatorischen  Maisnahmen  auf  Durchführung  der  im  Jahre 
1898  befohlenen  Neuorganisation  der  Reserve-  und  Ersatz-.\rtillerie'  i, 
Bildung  eines  Happeur -Bataillons  (Nr.  21),  sowie  unbedeutender 
Festungs-Truppenteile.  —  Sehr  viel  einschneidender  waren  die  Än- 
derungen in  der  Organisation  der  im  asiatischen  Kufslaiid 
befindlichen  Truppenteile.  Diese  betrafen  vor  allem  die  Neu - 
einteilung  der  asiatischen  Militärbezirke,  die  Bildung  von 
2  turkestanischen  Ai mee-K  orps,  mit  dem  Sitze  der  General- 
Kommandos  in  Taschkent  und  Aschahad,  aus  den  in  Transkaspien  und 
Turkestan  stehenden  Truppen;  beide  Armee-Korps,  sowie  die  im 
Gebiet  Sserairjetschensk  befindlichen  Truppen,  werden  dem  Ober- 
befehlshaber des  Militärbezirks  Turkestan  (Gen.  Duchowskoi)  unter- 
stellt, so  dafs  der  Oberbefehl  Uber  sämtliche  Trupj)eu  in  den  au 
Afghanistan  grenzenden  Gebieten  des  russischen  Central -Asiens 
(39  Bataillone  ohne  die  jetzt  nach  Kusehk  befiirderte  Kauk.  SchUtzen- 
Bri{;:ade).  lU'/,  Kasaken-Regimenter,  irrcg.  Turkmenen  Heit.-Reg., 
16  Battr.,  L>'/,  Sappeiir-Bat.,  2  Eisenb.-Bat..  1 Fest.-Art.-Hat.)  in 
einer  Hand  vereini^^t  ist.  —  Nachdem  Ende  1899  der  Hau  des 
Zwei^'es  der  transkas))ischen  Militärbahn  von  Merw  nach  Kusehk 
(Kuschkinski  pnsti  beendet  worden,  fand  die  Verlegung  der  Kauka- 
sischen SchUt/en-Brigade  von  Tiflis  nach  Kusehk  statt.  —  Ferner 
wurden,  wie  im  Jahre  1898,  die  Truppen  in  Ostsibirien  bedeutend 
verstärkt;  nachdem  im  vorhergebenden  Jahre  die  10  ostsibirischeu 


Siehe  November-Heft  1098,  S.  226. 


328  Armee-  tmd  Marine-Naohriohten  aus  üufiiUacL 

SchützeD-Bataillone  in  Ke{2:iiiu  nti'r  verwandelt  und  2  Schützen-Re- 
ginieuter  neu  gebildet  worden  waren,  ist  Ende  1899  die  Umwandlunp:  der 
fünf  Bataillone  der  2.  oslsibinsehen  Linien-Brigade  (Küstengebiet) 
In  Regimenter  zu  2  Bataillonen  erfolgt;  aulserdem  wurden  neu  ge- 
bildet: ein  2.  Festungs-Infanterie  -  Regiment  in  Wladiwostok:  eine 
sibirische  Reserve-Art.-Ahteilung,  als  Stamm  für  4  selbst,  sibirische 
Art.-Abt.;  eine  Sappeur- Kompagnie  in  Kwantung;  6  Festungs-Art.- 
Kompaguien  in  Fort  Arthur  und  1  Feüt.-Art.-Komp.  in  Nikolajewsk 
(Küsten-Gebiet).  —  Die  Besatzung  der  Kwa  ntung-Halbinsel 
bilden  nach  dem  Ende  1SS)9  herausgegebenen  Truppenver/eiehnis: 
die  3.  ostsibirische  Schützen-Brigade  mit  je  2  Regimentern  la  2  Bat.) 
in  Port  Arthur  (Nr.  9  u.  10)  und  Talienwan  (Nr.  11  u.  12;;  das 
Werchne-Udinsk  Reiter-Regiment  des  Transbaikal-Kas.-Heeres;  die 
ostsibirische  Schützen-Art.-Abt.  l  i  liattr.).  die  Kwantuug-Sappeur- 
Kompagnien  und  ti  Festungs-Art. -Kompagnien. 

Abgesehen  von  diesen  Änderungen  in  der  Organisation  der 
Armee,  betrafen  die  Maisnahmen  der  Heeresverwaltung  im  ver- 
flossenen Jahre  in  erster  Linie  die  Verbesserung  der  materiellen 
und  dienstliehen  Lage  der  Offiziere.  Zu  diesen  Mulsnahmen 
gehörte  vor  allem  die  sehr  bedeutende  Erhöhung  der  Offiziers- 
Gehälter,  wodurch  der  Sia;ii>ka.sse  eine  Mehrausgabe  von  1()40()0()0 
Rbl.  wuchs.  Um  eine  Verjüngung  de  s  Offizi  erkorp  s.  namentlich 
der  höhereu  Fülner,  herbeizuführen,  wurde  die.  bisher  rmr  für  die 
unteren  Chargen  festgesetzte  Altersgrenze  auch  auf  die  höheren  Chargen, 
vom  Oberst  ab  aufwärts,  ausgedehnt.  Um  den  Offizieren  die  Er- 
ziehung ihrer  Kinder  zu  erleichtern,  wurden  die  Bedingungen  für  die 
Anfnahme  in  die  Kadetten-Korps  vereinfacht,  ein  neues  Ka- 
detten-Korps wurde  in  Warschau  eröftnet.  Die  den  aktiven 
Offizieren  zustehende  Vergünstigung  fUr  Preiscrmäfsigung  bei  Eiaen- 
bahniarten  wurde  zum  Teil  auch  auf  die  inaktiven  Offiziere  aus- 
gedehnt 

Weitere  Mafsnahmen  der  Heeresverwaltung  betrafen  den  inneren 
Aasbau,  die  Ausbildung  der  Armee,  indem  an  Stelle  der  Anfang 
der  achtziger  Jahre  erschienenen,  gröfstenteils  veralteten  Reglements, 
neue  Reglements  und  Vorschriften  ausgegeben  wurden.') 
Kaum  jemals  in  einem  anderen  Jahre  ist  eine  so  grofse  Zahl,  die 
AnsbUdung  der  Armee  betreffender  Bestimmungen  erlassen  worden. 
Die  wichtigsten  derselben  waren:  Schiefs Vorschrift  ftlr  alle  mit 
Gewehren  bewaffnete  lYii|^>eoteile,  Felddienstordnung,  der 
IL  Teil  des  Exerzier-Reglements  fttr  die  Feldartillerie, 


1)  Siehe  Juli-  and  NoTember^ellk  1899. 


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Armee-  und  Mulne-Nftotaitehtoii  ans  Ba&lud. 


829 


Beglement  für  das  Gefecht  der  reitenden  Abteilung,  Ka- 
saken-Keglement,  Vorschrift  für  die  Lawa  der  Kasaken, 
Vorschrift  fUr  Aasftthrang  von  WinterUbungen  n.  s.  w.  — 
Ferner  wurde  begonnen  mit  Dnrcbsieht  nnd  Neubearbeitung  des 
Iniaiiterie-Exerzier-Reglements,  die  Instruktion  fUr  das 
Gefecht  eines,  ans  den  3  WatfODgattungen  besteh  enden 
Detaohements,  der  Verordnung  Uber  Ausbildung  der  llnter- 
ohargen;  sowiederAf ohilmachungsvorschrift  fttrdie  Infanterie. 

Za  Frtlfong  der  Zweckmäi'sigkeit  der  Bestimmungen  Uber  Ein- 
bernfang Ton  Hannsohaiten  und  GesteUong  Yon  Pferden  bei  der  Mobil - 
machnng,  fanden  in  zwei  Kreiden,  und  swar  im  Kreise  Krementschuk 
(Gouv.  Poltawa)  nnd  im  Kreise  Jurjew  (Gouv.  Livland)  Probe- 
mobilmachungen statt,  bei  welchen  nicht  nur  die  Regeln  für  Ge- 
stellung der  Mannschaften  und  Pferde,  sondern  auch  die  Art  der 
Ergänzung  der  Trappenteile  einer  praktischen  Prüfung  nntenogen 
wurden. 

Auch  in  ökonomischer  Beziehung  fanden  bedeutende  Neuerun- 
gen statt,  indem  eine  neue  V'orschrift  für  die  Truppenwirtschaft 
aus{re«reben  und  die  Vorschrift  für  die  Verpflegung  der 
Truppen  im  Kriege  neu  bearbeitet  wurde.  Mit  der  Verwirklichung 
des  Allerhöchst  gebilligten  Planes  für  Kase  rnen bauten  wurde 
))pp:onnen;  35*/o  des  hierfür  bewilligten  Kredits  werden  iür  Bau  von 
Offizier-Wohnungen  verwendet. 

Im  Staatshaushalt  für  1900  sind  die  Ausgaben  fUr  das 
Kriegsiiiini  steriuni  mit  324  343686  Rbl.  (0  Millionen  mehr  als 
im  ^driallr('l  veranschlagt;  unter  den  einzelnen  Posten  ist  derjenige 
für  ..l'iuiiewatinung  der  Armee"  mit  -21220  773  Rbl.  (5  Millionen 
mehr  als  im  Vorjahre)  bemerkenswert.  —  Für  das  Marine- 
ministerium sind  86G2B015  Rbl.  ausgeworfen  Mill.  mehr 
als  im  Vorjahre),  darunter  14  240  028  KM.  für  Indienssteilung  von 
Fahrzeugen  (2'i,  Mill.  mehr  als  im  Vorjahre),  29  060  987  Rbl.  ftlr 
Schirtsbauten  (5  Mill.  weniger  als  im  Vorjahre),  8  200000  Khl.  ftlr 
Hafenbauten  ('A  Mill.  mehr  als  im  \  orjahre).  l'nter  den  aulser- 
ordentlichen  Ausgaben  befinden  sich  28300000  Hbl.  tür  Bau 
der  sibirischen  Eisenbahn,  30*/»  Mi'^«  Kbl.  für  sonstige  Eiseubahn- 
bauten,  gegen  44  Mill.  zur  Beschaflung  rollenden  Materials,  u.  s.  w. 
Den  1.  2.  1900.  v.  T. 


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830 


Kleine  heensgeiehielifliebe  IßttalhuigeB. 


XXVL 

Kleine  beeresgeschichtliche  Mitteilungen. 

Ober  die  AnsbUdan^  der  jungen  hannoverschen  Kavallerie- 
Offiziere  sagt  das  ^Dienstreglement  für  sämtliche  Chor-Braimschweig- 
Lttneburgische  Truppen  vom  25.  Angast  1786  in  seinem  als  „Be- 
sonderes Dienst-Reglement  für  die  Kavallerie"  bezeichneten  2.  Teile 
(HannoTer  1787)  im  V.  von  der  Unterweisung  im  Dienste  handelnden 
Kapitel:  „^er  neu  in  Unsere  Dienste  tretende  Ofticier,  der  nicht 
bereits  als  Cadet  oder  Unterofficier  bei  der  Cavallerie  gestanden, 
soll  vor  seiner  Einsetzung  von  einem  dazu  tüchtigen  Unterofficier  in 
der  Exercice  unterrichtet  werden,  und  zur  Erlernung  des  Dienstes 
bey  den  in  den  Reithäusern  und  Casernen  befindlichen  Commandos 
2  bis  3  Wachten  als  Reuter  oder  Dragoner,  auch  eben  so  viel  als  Ge- 
freyter,  Unterofficier  und  Corporal  verrichten,  zuletzt  aber  unter  der 
Aufsicht  des  ältesten  daselbst  commandiereiiden  Officiers  die  Iii- 
spection  bei  dem  Keit-Commando  ftthren.  Während  solcher  Zeit  hat 
Derselbe  sieh  zu<rleich  mit  der  Wartung,  Fütterung,  dem  Satteln, 
Packen  und  Zäumen  der  Pferde.  Kenntnifs  zu  verschatfen.  —  Hat 
der  ernannte  üfticier  obige  Verrichtungen  mit  Fleifs  gehörig  erlernet 
und  versehen,  so  soll  selbiger  hry  finfr  Compagnie  eingesetzet  und 
vorgestellt  werden.  Der  Capitain  oder  älteste  Otficier  der  Compagnie 
unterrichtet  ihn  sodann  von  dem  Compagnie-  und  Regiments- Dienst, 
den  er  als  Officier  wissen  und  beachten  muls,  und  hält  ihn  dazu 
an,  solchen  mit  der  gröfsten  Genauigkeit  zu  verrichten,  —  Da  ein 
solcher  erst  eingesetzter  Officier  wenigstens  das  erste  Jahr  seines. 
Dienstes  nicht  ohne  höchst  wichtige  Grllnde  beurlaubt  werden  soll, 
so  muls  er  diese  Zeit  vorzüglich  mit  dazu  anwenden,  um  die  einem 
Cavallerie -Officier  noth wendige  Kenntnils  von  Pferden  und  deren 
Behandlung.  WartunL--  und  Hesclilag  zu  erlangen,  auch  die  Güte  und 
beste  Einrichtung  des  beiten-  und  Schieisgewehrs,  und  wie  damit 
umzugehen  sey,  zu  erlernen.  Er  mufs  die  Dienst-,  Haushalts-  und 
Exercier-Reglements  sich  genau  bekannt  machen,  sich  in  allen 
sonstigen  Militär-WissenschHltcn  Kenntnifs  zu  verschaffen  suchen, 
auch  hauptsächlich  das  Reiten  und  Zureiten  der  Pferde,  als  eine  am 
Cavallerie-Officier  uuentb  ehr  liehe  Sache,  gründlich  zn  erlernen  sich 
befleilsigen.  14. 

Generalmajor  Johann  Ritter  von  Sziljak,  der  Verteidiger  der 
Festung  .\rad  in  den  Jahren  1848  und  1849.  war  1785  zu  Bolic  in 
Kroatien  als  der  Sohn  eines  Grenzoffiziers  geboren  und,  nachdem 
er,  schon  als  Koabe  in  da«  Heer  eingereiht,  zehn  Jahre  lang  Kadet 


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Kleioa  hetwugeachiohtUehe  MitteUangeB. 


381 


und  Unteroffizier  gewesen,  im  Jahre  IBÜiS  zu  gleicher  Stellung  be- 
fördert worden,  seit  1799  bis  zum  Ende  der  Refreiung^^kricge  au 
mancherlei  Kämpfen  des  K.  K.  Heeres  auf  den  versehiodcm  n  Schau- 
plätzen teilgenommen  und  auch  noch  später  lange  Zeit  den 
Räuberbanden  an  der  türkischen  Grenze  gegenüber  vielfach  im  Felde 
ge.staiKleii  hatte,  im  Jahre  1845  zum  Oberst  und  zum  Kommaudiinteu 
des  in  der  genannten  Festung  stationierten  2.  Garnison-Bataillons 
aufgerückt.  Es  war  eine  Stellung,  deren  Erreichen  den  Abschluls 
der  militärischen  Laufbahn  bedeutete.  Da  berief  ihn  unerwartet 
das  Jahr  184H  zu  neuer  kriegerischer  Thätigkeit,  Seine  Erscheinung 
ist  eine  der  Lichtgestalten  jen(*r  trüben  Zeit.  —  Er  führte  fn  ilith 
dem  Namen  nach  nicht  den  Oberbefehl  in  der  Festung,  da  über 
ihm  als  Kommandant  der  Feldmarschall  Leutnant  Freiherr  Herger 
von  der  Pleilse  stand,  aber  er  wurde  die  Seele  der  Verteidigung, 
sobald  dieVerhältnisse  eine  solche  erheischten.  Berger  war  ein  Mann  von 
achtzig  Jahren,  dem  sowohl  die  erforderliche  Thatkraft.  wie  das  \  er- 
ständnis  fehlte,  zwischen  den  Regierungen  zu  Wien  und  zu  Pest  zu 
unterscheiden.  So  war  er  denn  auch  bereit  einzuwilligen,  als,  nach- 
dem schon  früher  alle  Feldtruppen  aus  Arad  abmarschiert  waren^ 
am  16.  September  184H  vom  Ungarischen  Ministerium  die  Auf- 
forderung an  ihn  gerichtet  wurde,  die  einzige  in  der  Festung  be- 
findliche K.  K.  Truppe,  das  Garuisoubataillon  gleirlilall>  abrücken 
zu  lassen  und  dagegen  ein  Honvedbataillon  autzuuehineii.  Sziljak, 
welcher  einsah,  dals  dann  Arad  für  den  Kaiser  verloren  sein  würde, 
weigerte  sich,  unter  Berufung  auf  die  seinem  Bataillone  obliegende 
Sonderbestimmung  als  Garnison  zu  dienen,  dem  Ansiuni'n  zu  ent- 
sprechen. Sein  entschiedenes  Auftreten,  bei  welchem  die  Kompagnie- 
Kommandanten  ihm  zur  Seite  standen,  bewog  den  Kommandanten 
zieh  zu  fügen.  Er  that  es  widerwillig  und  konnte  sich  nicht  eiit- 
schlielsen,  bestimmt  Stellung  zu  nehmen.  Als  bald  darauf  die  Gegensätze 
sich  so  zuspitzten,  dals  Farbe  bekannt  werden  mufste,  blieb  er  stumm, 
während  Sziljak  die  Festung  dem  Kommando  des  Banus  Jellacic 
unterstellte  und  dem  (ieneralkommando  zu  Ofen  line  förmliche 
Absage  zugehen  liels.  Sziljak  wurde  nun  zum  Brigadier  der  in 
Arad  und  der  Umgebung  liegenden  Truppen  ernannt. 

Solort  trat  ein  Kriegzustand  zwischen  den  l'artrit-n  ein.  Die 
Haltung  der  Besatzung  zeigte  ihren  (Gegnern,  dals  sie  ohne  harte 
Kämpfe  nicht  in  den  Besitz  der  Festung  gelangen  würden.  Sie  ver- 
suchten es  nun  mit  der  Bestechung.  Am  Abend  des  '25.  November 
erschien  in  Sziljaks  Wohnung  eine  von  aulserhalb  entsandte  Magd 
seines  Hauses  und  übergab  aus  ihrem  aufgetrennten  Schuh  ein 
Schreiben,  durch  welches  das  Tester  Landesverteidigungs-Ministerium 


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332  Kleine  heeresgesehichtliehe  MitteUtmgen. 


H'/iljak  neben  anderen  Versprechungen  fUr  seine  Zukunft,  2UU0Ü 
Gulden  —  nicht  aU  Bestechung,  sondern  als  Belohnung  für  seine 
Vaterlandsliebe  —  bot;  weitt-n*  -20iH)  (Julden  sollte  er  erhalten, 
wenn  er  aueh  die  ihm  untergebenni  I  iujijxmi  der  Ungarischen  Re- 
gierung zur  \  ertügung  stellte.  Szil  jak  schickte  den  Brief  sofort  mit 
nachstehender,  auf  die  Aolsenseite  des  Briefes  geschriebeneu  Er- 
widerung zurück: 

„Empfangen  dnrch  meine  Köchin  Regine  L(n  asz  am  25.  Oktober 
lS4vS.  und  nachdem  ich  durch  50  Dienstjahre  immer  ein  Ehrenmann 
war.  so  bin  ich  fest  und  unerschilttorlich  entschlossen,  meinem  Kaiser 
und  der  guten  Sache  treu  zu  bleiben  und  eher  zu  Orunde  zu  gehen, 
als  einen  \  errat  zu  spielen.    Dies  sehwöre  ich  meinem  (^ott.'* 

Was  auf  diesem  Wege  nicht  zu  erreichen  gewesen  war,  ver- 
suchten nun  dit'  Belagerer  auf  andere  Weise.  Aber  die  durch  eine 
starke  Artillerie  unterstützten  Angriffsuntemehmungen  derlionved  hatten 
keinen  l'rffdL'.  Erst  gänzlicher  Mangel  an  Lebensmitteln  und  an 
Schiefsbedarf  führten  am  1.  Juli  1S4<)  zu  einer  ehrenvollen  Kapita- 
lation.  Sziljak  war  inzwischen  zum  (Jeneralmajor  und  zum  Adlatus 
des  Kevtnnirsko?nmandanten  ernannt  worden.  Am  27.  .lanuar  erhielt 
er  die  Nachricht.  An  dem  Verhältnisse  zwischen  Beiden  wurde 
darunter  nichts  geändert.  Sziljak  befahl  und  Berger  führte  den 
Titel  als  Kommaudaut.  Berger  war  an  jenem  1.  Juli  in  den  Kube- 
stand  versetzt. 

Kossuth  versuchte  jetzt  zum  zweitennuile  Sziljak  aufsein«*  Seite  her- 
überzuziehen, erhielt  aber  zur  Antwort,  ob  Ko^;iuth  glaube,  dafs  er 
dann  die  dem  Kaiser  gehri »ebene  Treue  ihm  halten  werde.  Vm  das 
Militär  -  Maria -Theresien -Kreuz  bewarb  er  sich  jedoch  vergebens. 
Mit  Rücksicht  auf  sein  Lebensalter  am  15.  Oktober  1S49  in  den 
Ruhestand  versetzt,  starb  er  am  21.  Oktober  1853  zu  Fiume.  (Armee- 
biatt  1H99,  Nr.  38 /Ho.)  14. 

Eine  Sporiflcation  deren  Vöstun^^en  und  foniendanten,  welche 
der  Wiener  Hofkriegsrat  im  Jahre  1739,  also  kurz  vor  Ausbrach 
des  Schlesischen  und  des  Osterreichischen  Erhfolgekrieges.  ausstellen 
liefs,  um  die  Meinung  der  kommandierenden  (ienerale  darüber  ein- 
zuholen, welche  von  den  in  dem  Verzeichnisse  aufgeführten  Festungen 
und  festen  Plätze  als  solche  beizubehalten  und  welche  aufzulasbeu 
seien,  nennt  deren  eiuhundertundacht,  nämlich: 

In  Ungarn:  Prefsburg,  Raab,  Comom,  Orann.  Ofen.  Erlau, 
Leatschan,  Eperies,  Munkacs,  Szegedin.  Arrath  (Arad),  Caschao, 
Hust  (Hnszht).  Orolswardein,  Sigeth,  Stuhlweilsenburg,  Trentscbin, 
Zollnock  (Szolnok),  Leopoldstatt; 

In  Slavonien:  Essegg,  Peterwardein,  Brodt,  Kaczka,  Gradiska; 


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I 


Kleine  beereBgescblehtUohe  Mlttelliiii^. 


333 


In  ServieD  and  im  Temeswarer  Banat:  Bellgrad,  Temes- 
var,  OnoTa,  Uypalanka,  Jagodina,  Semeodria,  JPancsoTa,  Budnik, 
Sabacz ; 

In  Siebenbürgen  and  Wallaobey:  Oarls-Borg,  Gronstadt, 
Glausenborg,  Deira,  Fogaras,  Crajoya; 

in  Inner -Österreich,  Warasdiner  und  Carlstätter 
Generalaten,  dann  Croathen:  Gräz,  Warasdin,  Copreiniz,  Creuz, 
Ivanitsch.  St.  Georgen,  Fetrinia,  Carlstatt,  Ogulin.  BrUndl  (  ?  ) 
Thum,  Thuin.  Sluin,  Sichelburg,  Ottoschaz,  Agrani,  Kostaniza,  Zrin, 
Warilovicb,  Zeug,  Licca  und  Carrabavia,  Göiz,  Gradisca  in  lo. 
Österreich,  Fiume,  Triest; 

In  Böhalrab,  Schläsien  und  Mähren:  Prag,  Kgger.  HrUn, 
Hradisch.  Olrnllz.  Grofsglogfrau,  Brugg  iBrieg),  Glaz,  Jablonka, 
Namlslau  (NB.  Breslau  ist  nicht  aufgeführt); 

In  Ober-  und  N.- Oste  rr  eich,  dann  Tvroll:  Inns  Prugg, 
Koveredo.  Scharniz.  Kllr('Ill)er^^  Britlstein  (Peuteistein),  Kuefsstein. 
Breysach.  Freyburg,  Bregenz,  KheinfeUlen,  Coustauz,  Hobeuzoilem; 

Im  Kelch-  Philippsburg,  Kehl,  Uheinfels ; 

In  Niederlanden:  Antwerppen.  Ath.  Tostreau  (Courtrai), 
Möns,  Brüssel.  Ostende,  Rusmonde  (Koerraondei,  Grujleiu  (  V  )  Fer- 
monde  (wohl  Tcrmonde».  Liixenhiirt:-,  Lier,  Charleeroy,  I>imburg; 

I  n  Itn  1  if'u:  Maylaml.  ("rt  iiKma.  Maiitua,  Pizzigethone.  Pavia,  Lodi. 

Ftrner  werden  genannt,  aber  keiner  der  obigen  Gruppen  zu- 
gezählt: Ost-Fridiand  und  Wienu.    (Neue  Armee-Zeitung  Hi.  147.) 

14. 

Die  Umwallung  von  Paris,  welche  jetzt  fällt  und  bald  ganz 
Tcrschwunden  sein  wird,  ist  die  neunte  seit  Begründung  der  Stadt. 
Zuerst  sicherte  Julius  Caesar  die  Niederlassung  Lutetia  indem  er  die 
Cite  mit  Befestigungen  umgab.  Seine  Anlagen  wurden  ö',ib  durch 
Julianus  Apostata  erwf^itfrt  Ihm  folgten  mit  neuen  Werken  die 
Könige  Philipp  August,  Karl  \  ..  Franz  1..  Heinrich  IV.,  Ludwig  XIV., 
Ludwig  XVI.  Kr  schuf  die  äufseren  Boulevards  mit  ihren  Barrieren 
und  Thoren.  Dann  kam  die  Befestigung  unter  Louis  Philipp,  mit 
welcher  der  Name  Thiers  in  enger  \  erbindung  .steht,  und  an  ihre 
Stelle  trat  unter  der  zweiten  Republik  das  verschanzte  Lager  von 
Paris,  welches  eine  Umwallong  überflüssig  machte.  (Le  Gaolois 
Nro.  6573)  14. 

Die  Trommeln  der  altpreussischen  Armee  waren  von  ver- 
schiedenen, aber  im  V  ergleich  zu  den  jetzigen,  recht  ansehnlichen 
Malsen.  Preufsische  Dragonertrommel  15 '/4  Zoll  hoch,  16  V4  ^oU 
breit,  Musketier-Trommel  19:  19  '/»  Zoll,  Trommel  der  Garde:  18  */« 
Zoll  hoch  und  breit,  Potsdamer  Trommel  (verrnntlich  die  der  alten 


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334 


Umschau  aaf  militäiteohnisohem  Gebiet. 


Hiesengarde,  spätere  Grenadiergardtbataillun  Nr.  bj:  J9V4  Zoll 
hoch,  18 '/4  Zoll  weit,  Trommelklöpfel:  gelb,  hellbraun  oder  rot 
lackiert  (z.  T.  anteii  mit  Messing  besehlagen),  blau,  grün,  schwarz 
gebeizt.  —  Von  Interesse  dürften  auch  folgende  Notizeu  über  die 
Standarten.  Pauken  und  Trompeten  sein.  Ks  kostete  eine  Stan- 
darte von  Dainmast  in  Silber  gestickt  mit  silberneu  Kränzen  4<i  Thlr. 
20  Gr.  6  Pfg.,  in  Gold:  81  Thlr.  18  Gr.  6  Pfg.,  die  Banderole 
4  Thlr.  IG  Gr.,  die  Stange  mit  Beschlag  14  Thlr.,  200  Nägel  6  Gr.. 
der  Überzug  2  Thlr.  Paukenfahnen  von  Dammast  in  Silber 
gestickt  78  Thlr.  15  Gr.,  in  Gold:  KK)  Thlr.  15  Gr..  der  l'berzug 
10  Thlr.  Silberne  Pauken  von  der  Gröl'se  derer,  die  die  Gardes 
du  Corps  hatte:  1400  Thlr.  Die  (irolse  der  ordinären  Kauken  in 
der  Armee  betrug:  20*/»  Zoll  breit,  14 'Z,  Zoll  tief.  Eine  silberne 
Kavallerietroinpete  kostete  9(1  Thlr.,  eine  silberne  Infanterietrompete 
mit  Aufsatz  und  Krummbogen  120  Thlr.  (Lehmann,  L'niforniierung 
der  Kreuls.  Armee.  S.  XVT.)  Scbbg. 


XXVJl. 

Umschau  auf  militärtechnischem  Gebiet. 

Von 

Joseph  Sehott,  Major  o.  D. 
a.  Deutsotaland. 

Hinsichtlich  der  beiden  Feldgeschütze  können  wir  auf  Grund 
weiterer  Veröffentlichungen  unsere  Mitteilungen  in  iler  Dezember- 
Umschau,  die  sich  lediglich  auf  die  dienstlichen  Vorschriften  stützten, 
ergänzen  und  erweitern.  Es  handelt  sich  zunächst  um  die 
Ausrüstung  mit  Munition  in  den  Batterien  und  leichten 
Munitionskolonnen,  vgl.  hierüber  eine  Veröffentlichung  in  ,.Neoe 
Mil.  Bl.,"  Dezember  1899,  auch  als  Sonderdruck  erschienen.  Es 
hat  danach  eine  Kanonenbatterie  36  Granaten  in  der  dafllr  ein- 
gerichteten Protze  des  ersten  Vorratswagens;  die  Monitionswagen 
fuhren  nur  Schrapnels  mit  Im  ganzen  hat  die  Kanonenbatterie 
744  Schrapnels,  36  Granaten  in  Gefecbtsbatterie  und  Stafifel.  Eine 
leichte  Monitlonsholonne  hat  in  der  Granatsektion  3  Ztlge  zn  3  Wagen, 
nicht  wie  wir  ang^enommen,  zu  2  Wagen,  so  dafe  anf  jede  Kanonen- 
hatterie  des  betretenden  Begimenle  Vt  Wagen  mehr  entfiiUt.  Da 
jeder  Monitioaewagen  Air  die  FeldkaiDonen  im  gaioen  88  Sehvfi 
mitführt,  so  hat  die  leichte  Mnnitionekolonoe  1056  Sohrapuels,  792 


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Unuehu  tuf  mUttirteeliniioheai  Gebtel 


385 


Granaten,  oder  ftlr  jedes  Geschtttz  des  Regiments  29*/»  Schrapnels, 
22  Granaten.  In  Batterien  nnd  leichten  Manitionskolonnen  entfalleo 
iUr  jede  Foldkanone  153  bis  154  Schrapnels,  28  Granaten,  Im 
ganzen  181  bis  182  Hchnfs.  Diese  Zahl  erhöbt  sich  dadurch  noch, 
dals  für  die  Kanonen^Abteilnng  des  Kegiments,  welchem  die  Haabitz- 
Abteilang  des  Armeekorps  angehört,  statt  einer  halben  noch  eine 
ganze  leiehto  Munitionskolonne  mitgefUhrt  wird.  Es  kommt  daher 
die  Hälfte  der  Munition  mit  528  Schrapnels,  396  Granaten  den 
21  Kanonen batterien  des  Armeekorps  zu  gute,  so  dafs  jet/t  auf  jede 
Feldkanone  ca.  158  Schrapnels.  32  Granaten  oder  ca.  190  Schufs 
entfallen  (anfänglich  waren  ftir  Material  96  168  Schufs,  darunter 
29 Granaten  für  jedes  Geschütz  vorhanden;  es  hat  also  eine  nicht 
unerhebliche  N  ermehruntr  stattgefunden,  die  gegenüber  dem  Material 
73/Ö8  mit  147'/3  Schufs  für  jedes  Geschütz  noch  schärfer  hervortritt). 

Hei  der  Feld  Haubitze  ist  die  (4ranate  das  Hauptp;eschols.  In 
der  Hatterie  tritt  dies  noch  nicht  hervor,  indem  hier  326  Sehrajiiiels, 
192  (iranateri  mitgelUhrt  werden.  Dage^-en  hat  die  fllr  jede  Haubitz- 
Abteilung  vorhandene  leichte  Munitionskolonne  1044  Granaten,  174 
Schrapnels.  Während  die  Batterie  für  jede  Haubitze  54  Schrajimds. 
34  Granaten  oder  S8  Schufs  mitfuhrt,  steigert  sich  die  Zahl  unter 
Hinzurechnung  der  leichten  Kolonne  auf  92  (Tranaten,  64  Schraj)nels 
oder  156  Sehufs.  Legt  man  die  gleiche  Wagen/ahl  bei  der  leiehtpn 
Keldhaubitz-Munitionskoioime.  wie  bei  der  tUr  Kanonenbatterien  zu 
'rruiKle.  so  ergiebt  sich  eine  Beladung  des  Feldhau bitz-Munitio ns- 
wagens  mit  58  Schuls.  Die  Einteilung  der  leichten  Haubitz-Munitions- 
kolonne hat  man  sieh  zu  denken  in  2  Granat-Sektionen  zu  3  Zügen 
zu  2  Wagen,  oder  1  gemischte  Sektion  mit  2  Granat-,  1  Schrajtnel- 
zug,  jeder  zu  3  Wagen.  Die  Beladung  einer  Feldhaubitzprotze 
ergiebt  sich  zu  24  Schufs,  wobei  vorausgesetzt  wird,  dals  hier  die 
Protze  des  1.  Vorratswagens  gleichfalls  Munition  aufnimmt. 

Die  leichte  M  n n i  tionsk olon ne  für  eine  Kavallerie- 
Division  hat  2  Schrajinel-ZUge,  1  Granatzug,  jeder  zu  3  Wagen. 
Hier  entfallen  auf  12  Feldkanoneu  2352  Schufs  oder  für  jedes 
Geschütz  196,  also  eine  noch  stärkere  Ausrüstung  als  bei  den 
Batterien  der  Infanterie-Divisionen.  Es  hängt  dies  mit  der  \  er- 
wendung  der  Kavallerie-Divisionen  zusammen,  welche  es  erschwert, 
auf  die  Artillerie-Munitionskolounen  der  Armeekorps  zorttckzagreifen. 
Die  Zahl  der  Granaten  für  jedes  Geschütz  ist  28. 

Die  Zahl  der  Artillerie-Munitionskolonnen  für  das  Arnn-e- 
korps  .soll  von  6  auf  S  erhöht  sein.  Hiervon  sind  7  für  Kanonen, 
1  für  Haubitzen.  Die  gewöhnliche  Artillerie-Munitionskoloune  hat 
2312  Schrapnels,  464  Granaten  oder  2776  Schafs,  was  f\ir  jede 


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336 


UmsohAU  Mif  miüUirteohmsohem  Gebiet. 


Feidkanone  des  Armeekorps  12b  «ScbrapoelSf  26  Granaten  oder  154 

•Schuls  ergiebt. 

Die  Feldhaubitz- Munitionskoloiine  hat  1044  Granaten,  226 
Schrapnels,  oder  1270  Scbufs,  was  für  jede  Feldhaahitze  58  Granaten, 
13  Schrapnels  oder  71  Schuls  ergiebt. 

Die  gesamte  Ausrüstung  im  Armeekorps  für  die  Feldkanone  ist 
danach  844,  für  die  Feldhauhitze  227  Schufs. 

Die  Arlillerie-MunitionskuUninen  sind  in  zwei  Staffeln  geteilt, 
jede  eine  Abteilung  zu  4  Kolonnen  zählend.  Die  erste  Statiel  folgt 
der  fechtenden  Truppe  auf  Tagemarsch,  kann  also  noeh  am 
seihen  Tage  auf  dem  Gcfechtsfeld  eintreffen,  die  zweite  Staffel 
auf  1  bis  1*/,  Tagemärsche,  so  dals  sie  noeh  in  der  Nacht 
oder  am  nächsten  Vormittag  das  Gefechtsfeld  erreichen  kann.  Die 
zweite  Statiel  hält  zugleich  \  erbindung  mit  den  Munitiousdepots  der 
Etappen -Munitionsverwaltuug,  der  zeitweise  zur  Aushilfe  Etappen- 
fuhrpark-Kolonnen  Uberwiesen  sind.  Die  Ausstattung  mit  Munition 
und  die  Gliederung  des  Munitiousersatzes,  wie  sie  jetzt  eingeführt  ist, 
läfst  nach  allen  Kriegserfahrungen  ermessen,  dals  die  Munitions- 
versorgung auch  mit  Rücksicht  auf  häutigeres  Vorkommen  gesteigerter 
Feuertempos  gewährleistet  ist. 

Die  Belastuugs Verhältnisse  bei  einer  Feldhaubitzbatterie 
sind  weniger  günstig  als  bei  einer  Kanouenbatterie.  Man  kann  an- 
nehmen, dals  bei  ersterer  das  ausgerüstete  Geschütz  um  2(K)  kg 
schwerer  ist,  als  die  Feldkanone.  Immerhin  bleibt  dabei  die  Feld- 
hauhitze noch  um  fast  KK)  kg  hinter  dem  Feldgeschütz  7;i/88  an 
Tot  ilgewicht  zurück.  Die  Mehrbelastung  wird  hauptsäehlich  auf 
Rerhnung  des  Munitionsgewiehts  kommen,  wenngleich  die  l*rotz- 
beluduüg  der  Schufszahl  nach  nur  */j  der  Feldkanone  beiträgt.  Das 
Rohr  an  sich,  zu  11'/,  Kaliber  Länge  angenommen,  wird  nicht  er- 
heblich schwerer  als  das  einer  Feldkanone  sein  (welches  Uber  27 
Kaliber  Länge  hat),  wenngleich  bei  der  Wandstärke  auf  die  gröfsere 
Wirkung  der  Granat-Sprengladung  im  Fall  von  Rohrkrepierern  ge- 
rechnet werden  inufs.  Hei  der  Lallt  le  wird  trotz  der  grölsercn 
Erhühuugswinki  1  aich  kein  grolser  Lnterschied  sein,  da  das  Ladungs- 
verhältnis wesentlich  herabgesetzt  ist.  Die  Hauptsache  kommt  jeden- 
falls aut  die  Munition.  —  Das  Schrapnel  soll  nach  einer  Angabe  auf 
Seite  81  200  Kugeln  mehr  als  hei  der  Kanone  haben.  —  Hinsichtlich 
der  Gescholsgewiehte  fehlen  nähere  Anhaltspunkte,  ähnlich  wie  bei 
der  älteren  Artillerie  i>t  es  nicht  ausgeschlossen,  dals  das  Schrapnel 
und  die  Granate  verschiedene  Gewichte  haben,  das  Schrapnel  diesmal  das 
geringere  ( etwa  14  kg  l,  im  Hinblick  auf  eine  gröfsere  Geschwindigkeit  und 
Rasanz  der  Bahn,  die  Granate  das  grölsere  (etwa  16  kg)  mit  Rücksicht  auf 


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Umsohui  anf  militärtechnisobem  Gebiet 


337 


die  Geseholswirkuüg.  —  Die  bei  IIaul)ilzen  vorkommenden  ^Tölsten 
Gesell wiadigkeiteu  gehen  bis  300  m,  die  kleiüsteo  sind  wenig  unter 
150  in. 

Der  Nenabdruck  der  Schielsvorsehrif t  für  die  Infanterie, 
welcher  ontenn  10.  November  189!)  die  Geuehmij^ung  erfahren  hatte 
und  Ende  Januar  1900  zur  Veröffentlichung^  ^^elangt  ist  (Berlin, 
E.  S.  Mittler  &  Sohn),  lierücksichtigt  das  neue  Gewehrmuster,  welches 
in  der  September-Unisehau  kurz,  fresehildert  ist.  Es  hat  die  Be- 
zeiehrmng  Gew  ehr  98,  die  S('liit  fs\  (ir>ehrift  nimmt  aber  anch  weiter- 
hin auf  das  Gewehr  88  Be7,u^%  (la>  nur  jiHmählich  durch  Gewehr  98 
ersetzt  wird.  Ein  „Leitfaden  bei  dem  < Gewehr  nnd  S«'iten^'e\vehr  98" 
wird  über  die  Einrichtung  genauere  Au^kunit  <;el»en.  System,  Kaliber, 
Munition  sind  beibehalten,  die  Fiugbabuverhältuisse  die  gleichen  wie 
bisher. 

Einer  der  Hauptuntersehicdr  beider  Gewehre  liegt  in  der 
Visieruug.  Das  Standvisier  entspricht  lieim  Gewehr  98  der  Ent- 
fernung von  200  m  (Gewehr  88  'iöO  m),  die  kleine  Klappe  ist  we]u- 
gefallen,  das  verstellbare  N  isier  wird  von  HCK)  m  ab  bis  auf  die 
gröfste  Entfernung  von  20r)0  m  gebraucht.  Es  gestattet  eine  bessere 
Ubersicht,  während  beim  (rewehr  88  der  Schütze  von  47}()  m  ab 
durch  den  Schlitz  der  voll  aufgerichteteu  grofsen  Klappe  zu  zielen 
hatte.  Der  Kasten  (Magazinj  springt  nicht  mehr  nach  aufsen  Uber 
den  Schaft  vor,  sondern  vergleicht  sich  damit,  auch  ist  er  unterhalb 
geschlossen.  Die  Patronen  sitzen  zu  fUuf  auf  Ladestreifen;  beim 
Abstreifen  lagern  sie  sich  im  Magazin  zu  2  und  3  im  Zickzack 
nebeneinander.  Die  Patronen  können  auch  einzeln  mit  der  Hand 
ins  Magazin  eingebracht  werden ;  bei  gefülltem  Magazin  ist  Einzel- 
ladung möglich.  Der  Laufmantel  ist  weggefallen,  der  Lauf  wird 
unmittelbar  vom  Schaft  umschlossen  und  hat  eine  zweckmäfsigere 
Befestigung  in  demselben,  der  Oberring  ist  weggetallen.  Der  Ober- 
schaft dient  als  Handschutz.  Ein  mehrkantiges  Stichbajonett  ist 
am  Schaft,  nicht  am  Laut  befestigt.  Diese  Veränderungen  werden 
durch  Andeutungen  in  der  SchieIsvor.se luift  bestätigt. 

Die  Angaben  Uber  Schulsleistungen  bekräftigen  die  volle  Über- 
einstimmung beider  Muster  in  den  Flugbahnverlialtnissen.  Die 
Geschwindigkeit  des  Geschosses  2ö  m  vor  der  Mündung  ist  im 
Durchschnitt  620  m,  die  Gesamtschufsweite  ungefähr  4000  m  bei 
einem  Erhöhungswinkel  von  etwa  ;52  Grad.  Die  in  früherer  \'orschrift 
gemachte  Angabe  über  die  höchste  Flugbahnerhebung  auf  dieser  Ent- 
fernung ist  nicht  wiederholt,  sie  sollte  rund  öOO  m  auf  2200  m 
Abstand  von  der  Mündung  betragen. 

Die  Einfallwinkel  auf  den  grösseren  Entfernungen  werden  jetzt 


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338 


Unuehfta  auf  militiürteohnisohem  QebieL 


wie  fol^n  augrsrebon.  auf  4()(K)  ra  etwa  m  Grad  (früher  33),  auf  2000  m 
rund  14  Grad  (früher  11),  auf  löou  m  rund  7  Grad  (früher  0);  die 
Werte  für  1000  m  mit  3  Grad  und  6(X)  ra  mit  1  Grad  sind  bei- 
behalten. Die  Angaben  Uber  Flughöhen  der  Geschosse  Über  der 
Msierlinie,  Treffgenauigkeit,  bestrichene  Käume,  Geschofiswirkung 
sind  unverändert  geblieben. 

In  den  l  insehaaen  vom  September  und  Dezember  1898  sowie  Tom 
Juni  18!)1)  hatten  wir  Auszüge  aus  dem  I.  und  III.  Teil  des  Werkes 
von  Kapitänleutnant  Schräder  gegeben,  betitelt:  ^.Leitfaden  für 
den  I  nterricht  in  der  Artillerie  an  Bord  des  Artilleriesehulsehities'* 
(Berlin.  Verlag  der  k.  Hofbuchhandlung  von  E.  S.  Mittler  i"t  Sohn). 
Es  liegt  nunmehr  zum  Schlüsse  der  Ii.  Teil  vor,  der  Pulver  und 
Munition  behandelt.  Aueh  hier  finden  sich  wieder  eine  Reihe 
schätzenswerter  Angaben,  von  welchen  wir  nur  die  wichtigsten 
auswählen.  —  Der  II.  Teil  ist  von  Kapitänleutnant  Aders  verfafst. 

Ein  in  der  Marine  eingeführten  Pulversurten  sind  unter- 
schieden in  1.  mechanisch  gemengte  und  2.  chemische.  Die  ersteren 
zerfallen  nach  der  Form  in  Korn-  und  prismatisches  i'ulver.  nach 
dem  Hauptgebrauehszweck  in  Gcschiit/-  und  (iewehrpulver,  nach 
der  Farbe  in  Schwarz-  und  Brauupulver.  Die  chemischen  Pulver 
zerfallen  nach  der  Form  in  Blättchen-,  Würfel-  und  Röhrenpulver, 
nach  di  r  Zusammensetzung  in  SchielswoU-  (Nitrocellulose- )  und  in  Nitro- 
cellulose-Nitroglycerinpulver;  Sf hiefswollpulver  wird  in  der  Marine 
nur  zu  Patronen  der  8  mm  MasL'hinengewehre  verwendet. 

Die  mechanisch  gemengten  Pulversorten  kommen  haupt- 
sächlich noch  bei  älteren  Waffen  vor,  sie  sind  Jetzt  von  unter- 
geordneter Bedeutung.  Für  Handfeuerwaffen  und  Kevolverkanonen 
hat  man  das  Neue  Gewehrpulver  M/71  mit  30prozentiger  Kohle 
und  einem  spezifischen  Gewicht  nicht  unter  l,7ö5.  Zum  Geschütz- 
palver  in  Körnerform  gehören:  das  schlechtweg  so  genannte 
(ieschützpulver,  hauptsächlich  noch  als  Sprengladung  kleinerer 
Granaten  verwendet,  das  grobkörnige  Sprengladnngspulver  für 
Granaten,  das  grobkörnige  Pulver  für  6  cm  Bootskanone  L/21  und 
15  cm  Haubitze  L/12.  Einen  umfassenden  Gebrauch  findet  das 
prismatische  Pulver,  besonders  das  braune,  weniger  das  schwarze. 
Vom  letzteren  sind  die  beiden  älteren  Sorten  0/68  mit  sieben  und 
C/75  mit  einem  Kanal,  C/68  für  kurze  Kanoneo,  C/75  für  Kttoten- 
artillerie. 

Das  braune  prismatische  Pulver,  in  2  Sorten  C/82  ond  C/85, 
stets  mit  einem  Kanal,  bat  die  bräunlich  aassehende  40prozentige 
Kohle,  erhöhtes  ^eziiisehes  Gewlebt  (^1,86  und  1,88),  C/85  ohn« 
Sebwefel,  langsamer  rerbrennend  ab  sobwarzes  prismatisehes,  Atr 


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Umsehaii  auf  mUitärteohoisoliem  Gebiet. 


339 


sie  eioe  besondere  Zündladuug  von  letzterem  erforderlich.  Braunes 
prismatisches  C/82  findet  bei  den  21  em  bis  30,5  cm  kürzen  und  bei 
langen  Kanonen  mittleren  Kalibers,  C/85  bei  80.5  cm  L/35  der 
Küstenartillerie  nnd  bei  28  cm  Kanonen  L/35  ond  L/40  Verwendung. 

Die  Nitrocellulose  -  Nitroglyceriupulver  der  Marine- 
Geschütze  kommen  in  zwei  Formen  vor:  als  Würfel-  und  als 
Röhreupul ver.  Die  durch  Nitrieren  der  Baumwolle  erhaltene 
Nitrocellulose  geringeren  Stickstuffgehalts,  auch  Kollodiumwolle  ge- 
nannt, wird  zunächst  in  Nitroglycerin  gelöst. 

Beim  WUrfelpulver  C/89  findet  in  einem  Misch  werk  die  Roh- 
masse durch  Vermischen  von  Nitroglycerin  und  Kollodiuin wolle  bei 
30  Wasser  ihre  Herstellung.  Dann  erfolgt  das  Auspressen 
des  Wassers  in  einem  Walzwerk  und  das  Trocknen  der  Uohniasse 
in  einem  Trockenhause.  Später  wird  die  Masse  zu  Platten  von  be- 
stimmter Stärke  ausgewalzt  und  gleichzeitig  durch  die  leicht  an- 
gewärmte Walze  zu  einer  hornartigen  Masse  gestaltt  t,  das  sogenannte 
Gelatinieren.  Es  eriolgt  dann  das  Schneiden  der  Platten  in  Streifen 
und  Würfel. 

Das  Kübreiipulver  C/97  und  C/98  wird  besonders  gelatiniert 
Die  vom  Wasser  befreite  Rohniasse  wird  mit  den  sonstigen  Bestand- 
teilen, deren  Art  und  Menge  geheim  gehalten  werden,  zusammen 
mit  einem  besonderen  Gelatinierungsmittel  vermengt  und  durch- 
geknetet, worauf  man  eine  gunuuiartigc,  zähe  Masse  erhalt.  Diese 
niuinit,  durch  Matrizen  geprefst.  die  Fonii  von  Röhren  an,  die  in 
TrockenhiiusL'rn  bei  40  •  C.  so  lange  getrocknet  werden,  bis  sie  fast 
das  ganze  Gewicht  des  Gelatinierungsmittels  wieder  verloren  haben. 

Die  chemischen  Pulver  sind  schwerer  entzlludlieh  als  Schwarz- 
pulver. Würfel-  und  Röhrenpulver^bedUrfen  daher  besonderer  Zünd- 
laduDgen.  Die  Verbreimung  zeichnet  sich  durch  eine  grofse  Gleich- 
mälsigkeit  aus.  Die  Verbrennnngsprodukte  sind  fast  ausschliefslich 
gasförmiger  Natur.  Die  Verbrennungsgase  sind  etwa  zur  Hälfte 
Kohlensäure  und  Kohlenoxyd,  dann  Wasserdampf,  Stickstoff  und 
Sumpfgas.  Die  Würfel-  und  Röhrenpulver  sehen  schwarzbraun  aus. 
Sämtliche  chemische  Scbiefspulyer  zeigen  nur  geringe  Raucb- 
entwickelung  beim  Schuls,  sind  gegen  Feuchtigkeit  in  hohem  Grade 
unempfindlich.  Sie  enteUnden  sich  nicht  unter  ISC  C.  ond  Ter^ 
brennen  dann  in  freier  Luft,  aaob  in  gröfiserer  Menge,  mit  bell 
leachtender  gelber  Flamme.  Temperatorscbwankungen  beeinflussen 
die  Wurkong  der  Nitroglycerinpnlver  erheblich. 

Die  Nitroglycerinpolyer  der  Marine  werden  von  der  FnlTerfabtik 
Dttneberg  bezogen  und  für  die  Oeschtltzladnugeu,  besonders  der 
ScbnelUadekanonen  verwendet 

Jilivbl«li«r  ftr  4it  4«ittMh*  Arno«  naa  MariM.  Bd.  114.  S  28 


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340 


UnwoliMi  Mf  miUtirteohniflebem  Gebwt 


Die  chemischen  Pulver  Sorten  haben  vor  den  mechanisch 
gemengten  folgende  N'orteile: 

1.  Zwei-  bis  dreilache  Leistungsfähigkeit  infolge  der  viel  gröfseren 
Verbrennungswärme  der  Gase,  des  grölseren  Gasreichtoms  and  des 
Fehleus  fester  Rückstände  im  Verbreuuungsraum. 

2.  Fortfall  der  Rauchentwickleung,  der  die  volle  Aosnntzang  der 
Schnellladekanoueu  überhaupt  erst  ermt^glicht. 

3.  Viel  weitergehendes  Anpassungsvermögen  an  jede  Rohr- 
konstraktion durch  Änderung  der  Form  und  Al)mt'ssun«ren. 

4.  Gröfsere  Gleich mäfsigkeit  der  Wirkung  infoige  grölserer 
Gleichfürmigkeit  der  Masse. 

5.  Gröfsere  llnempfindlicbkeit  gegen  Feacbtigkeit. 

6.  Fast  völlige  Staubfreiheit. 

7.  Geringere  Gefahr  bei  der  Anfertigung. 

Als  Nachteil  ist  eigentlich  nur  der  erheblieh  höhere  Preis  der 
chemischen  Pulver  zu  bezeichnen. 

Über  die  Schiefspulver  fremder  Staaten  entnehmen  wir 
dem  II.  Teil  folgendes  besonders  Interessante. 

In  England  sind  für  ältere  Geschütze  leichtrn  wie  mittleren 
Kalibers  fein-  und  grobkörnige  Pulversorten  aus  der  Fabrik  zu 
Waltham  Abbey  im  Gebrauch.  Schwarzes  wie  braunes  prismatisches 
Pulver  wird  für  einzelne  Geschützarten  gebraucht.  Es  giebt  auch 
noch  ein  braunes,  besonders  langsam  l^rcnnendes  prismatisches 
Pulver  (slou  burninfr  cocoa  powder)  für  die  schwersten  Geschütze. 

In  den  Schnei ludekanonen  benutzt  man  Cordit,  ein  Nitro- 
glyeerinpulver  aus  57  '/o  Nitroglycerin,  37  "/o  TrinitrocfUulose,  G  "/o 
Vaselin.  Wenn  das  Pulver  bei  der  Bereitung,  durch  eine  siei>artige 
Matrize  durchgeprelst,  die  Fadenform  erhalten  hat,  werden  die  dünnen 
Pulversorten  auf  Rollen  gewickelt,  die  stärkeren  in  Stücke  ge- 
schnitten. Die  Entfernung  des  Gelatinicrungsmittels  erfordert  monate- 
langes Lagern.  Die  KraitauLM  rung  ist  sehr  bedeutend,  es  werden 
aber  auch  die  Rohre  sehr  angegriffen.  Man  will  daher  mit  dem 
Nitroglyceringehalt  nocli  bedeutend  herabgehen. 

Frankreich  hat  für  ältere  Geschütze  verschiedene  Kornpulver- 
sorten.  Für  Marinegeschütze  schwerereu  Kalibers  verwendet  mau 
noch  braune  prismatische  Pulver  (B,,  B,,  B,),  ähnlich  unserem  C/82. 
Ein  Teil  der  gröfeeren  Marinegeschütze  ist  mit  dem  rauchlosen 
Pulver  B  ausgerüstet,  das  aus  etwa  zwei  Teilen  Schiefs-  und  einem 
Teil  Kollodiumwolle  besteht.  Bei  der  Herstellung  wird  etwas 
Vaselin  zugesetzt.  Das  Gelatinieren  geschiebt  mit  Aethyl-Alkohol 
(Weingeist).  Das  Pulver  wird  in  die  gewünschte  Form  zerschnitten 
and  mufs  nun  etwa  zwei  Monate  lang  warm  lagern,  um  stabil  zu  werden. 


Umsohan  ant  miUtfrleeliiiisohMik  Gebiet 


341 


In  Rafsland  wird  an&er  Kornpol ver  rerschiedener  Ktfnier- 
gröfse  schwarzes  wie  brannes  piiBiiiatisobes  Palyer  benutzt  Für 

Sehnelladekanonen  gebraucht  man  neben  dem  französischen  rauch- 
losen Pulver  ein  solches  des  Professor  Mendeleyeff.  Dieses  ist  eben- 
falls ein  Schiefswollpalver.  FUr  die  schweren  Geschütze  wird  das 
Sehielswollpolver  in  verschieden  dicken  Streifen  geliefert^  die  dann 
n  einem  Bündel  in  der  Kartusche  vereinigt  werden. 

Österreich-Ungarn  verwendet  fein-  and  gzobkttnige  Pulver 
für  leichte  ältere  Geschütze,  die  deutsoben  braunen  prismatischen 
Palversorten  0/82  und  C/8o  für  mittlere  und  besonders  schwere 
Kaliber.  Hauptsächlich  für  mittlere  Kaliber  sind  von  mecliaiusob 
femeDgten  PnlTersorten  noch  „Animon-Kuchenpulver/  prismatisches 
Ammonpulver,  sowie  21  und  38  mm  WUrfelpulver  vorhanden.  Für 
die  Feldartillerie  ist  ein  rauchloses  Pulver  M/93  eingeführt,  aus  Schiefs- 
wolle  ond  Nitrogly(feriD  bestehend  in  ähnlichem  Verhältnis  wie  Cordit. 
In  den  Sehnelladekanonen  mitHeren  Kaiibers  wird  deutsch  es  WUrfel- 
pulver C/89  und  in  den  neuesten  schweren  Schiffsgeschützen  dem 
deutschen  ähnliches  Köhrenpolver  mit  Barytsalpeter  als  Beigabe 
benutzt. 

Italien  besitzt  Schwar/piilversorten  mannigfacher  Form  und 
Grölse  aus  den  Staatspulveriabriken  von  Fossano  &  Scafati.  Braunes 
prismatisches  Pulver  wird  von  den  Ktfin-Üottweiler  Pulverfabriken 

ans  Deutschland  bezogen. 

Das  für  die  Sehnelladekanonen  eingeführte  Pulver  heilst 
Ballistit,  ein  oOprozentiges  Nobelpulver,  zu  gleichen  Teilen  aus 
Kollodiumwolle  und  Nitroglycerin  bestehend,  und  als  Zusatz  erhält 
es  eine  kleine  Menge  Anilin.  Für  Gewehre  hat  das  Ballistit  die 
Form  kleiner  Blättchen,  für  Geschütze  wird  es  in  Form  ^röfserer 
Blättehen  hergestellt.  Eine  Abart  ist  das  fadenf^)^mige  Filit  von  0,5 
von  i.ö  qmm  Querschnitt,  für  Gebirgs-  und  für  leichte  Schnellfeuer- 
gescblitze. 

Nordum e rika  hat  aufser  den  verschiedenen  Sorten  Schwarz- 
pulver ein  Sfhirlswollpulver  für  Handfeuerwaffen,  ein  Schiefswoll- 
Nitroglyceriupulver  v(»n  Leonard  für  die  Feldgeschütze  und  die 
Sehnelladekanonen  der  Marine.  Im  Versuch  ist  ferner  Pulver  des 
amerikanischen  Chemikers  Maxim,  mit  nur  10  "/o  Nitro^^lycerin. 
Das  Pulver  von  Leonard  hat  einen  sehr  hoben  Nitroglyceringehalt, 
der  herabgesetzt  werden  soll. 

Von  besonderem  Interesse  sind  die  iiii  Kapitel  der  Spreng-  und 
Zündstoffe  enthaltenen  .:Viigaben  über  die  Pikrinsäure.  Sie  wird 
dorch  Nitrieren  von  Phenol  gewonnen,  heifst  daher  auch  Triuitro- 
pbenoL   Keine  Pikrinsäure  ist  chemisch  stabil,  im  Wasser  löslich, 

22* 


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342 


Uoitelum  mf  miUtlrteelniaeheiii  Grebiet. 


nnempfindlich  gegren  gewöhnliche  Temperaturunterschiede,  sowie  un- 
gefährlich hei  der  Bereitung  und  Behandlung.  Sie  krvstallisiert  in 
Form  gelber  Blättchen,  schmilzt  bei  122  •  C.  und  besitzt  das 
spezifische  Gewicht  1,7.  In  heifsem  Wasser  gelöst,  benutzt  man  sie 
zum  Gelbfarben  vieler  Stoffe,  wie  Seide,  Wolle.  Augezündet  ver- 
brennt Pikrinsäure  langsam,  mit  stark  rulsender  Flamme.  Durch 
eine  geringe  Menge  detonierenden  Knallquecksilbers  kann  sie  zur 
Detonation  gebracht  werden  und  entwickelt  dann  eine  Sprengkraft, 
die  der  einer  Schielswolle  von  gleichem  Rauminhalt  noch  Uborles-en 
ist  und  der  des  Nitro^rl vcerins  etwa  gleichkommt  Umgeschmolzeu 
und  dann  pulverisiert  und  geprel'st  ist  die  Pikrinsäure  gegen  Schlag 
oder  Stols  in  hohem  Grade  unempfindlich.  Dies  macht  sie  zur 
Geschols-Sprengladang  geeignet;  als  solche  führt  sie  bei  uns  die 
Hezeichnung:  GranatfUllung  88,  wie  sie  bei  den  Granaten  der  Feld- 
artiilerie  vorkommt.  —  Auch  in  andern  Artillefien  wird  die  um- 
geschraol/.ene  Pikrinsäure  als  brisante  Sprengladung  der  Granaten 
benutzt,  so  ist  sie  der  Hauptbestandteil  des  Melinit  (Fraükreich)i 
Ljddit  ( England),  Ecrasit  (Osterreich- Ungarn). 

An  Geschols arten  sind  für  die  Scbififs-  und  Küstengeschütze 
folgende  eingeführt: 

Stahlvollgeschosse, Hartgufs- und  Stahlgranaten  gegen  Panzerungen, 

Granaten  und  Sprenggranaten  gegen  weniger  widerstandsfähige 
Ziele  i leichtgepanzerte  und  nngepanzerte  Schiflsteile,  nicht 
gepanzerte  K(lstenl)efestigungen), 

Sehrapnels  und  Kartätschen  gegen  lebende  Ziele. 

Das  Matt:nal  des  Geschofskerns  ist  gewöhnlicher,  gepreföter 
oder  geschmiedeter  und  gehärteter  Stahl,  Hartgufseisen  (für  Hart- 
gufsgranaten),  Gulseisen  ftlr  Granaten  und  ältere  Schrapnels. 

Granaten  erhalten  Aufschlagzünder,  welche  bei  den  neuesten 
Konstruktionen  BodeuzUnder  sind.  Die  Schrapnels  haben  Doppel- 
zünder. Stahl-  und  llartgulsgranaten  erhalten  als  Panzergeschosse 
gewöhnlich  keine  besonderen  Zünder.  Kartätschen  verbleiben  nur 
noch  bei  Kootskanonen,  für  Landfrontengeschütze  der  Küsteuaitillerie 
und  LUV  (irabeubestreichung.  Bei  schwereren  Geschützen  werden  sie 
aufgebraucht. 

Mit  den  gesteigerten  Geschofsgesch  windigkeiten  und  der  wachsenden 
Widerstandsfähigkeit  der  Panzerplatten  genügten  die  Hartgui's- 
granaten,  die  früh  zu  Bruch  gingen,  nicht  mehr.  Man  führte  die 
Stahlgranaten  aus  geschmiedetem  Stahl  mit  gehärteter  Spitze  ein. 
Letzthin  ist  die  24  cm  Schnellade-Kanonen  L/40  mit  einem  Stahl» 
vollgeschofs  ausgerüstet  worden. 

Seit  1882  wurden,  um  die  Geschosse  auf  weitere  Entfernungen 


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Umsohaa  auf  inilitärteohnisohem  Gebiet. 


343 


wizksamer  zo  machen  und  giOfeeve  Arbeitsleistiiiigen  aas  den  Bohren 
zn  dehen,  längere  Gtesehofise,  StabIgranaSen  von  3*/t«  Granaten  Ton 
4  Kalihem  Ulnge  eingeführt 

Der  Oranatittnder  83  wurde  in  Stelle  der  lUteren  Zllnd- 
▼oniehtong  mit  YorsteolLer  eingefhhrt  nnd  1894  dnreh  das  Einsetzen 
einer  Spiralfeder  yerbesserL  Danehen  hat  man  die  GranatzQnder 
89  nnd  91  von  ähnlieher  Konstraktion.  Um  die  Haltbarkeit  nnd 
DnrehsehlagsleistQng  anoh  der  Granaten  weiter  zn  erhöhen,  erhalten 
die  Gesehosse  der  mittleren  nnd  schweren  Kaliber  unserer  nenen 
Schiffe  („Kaiser  Friedrich  iU.^  nHeraa*")  BodenzOnder.  Zar  Ein> 
lUirang  ist  der  Bodenzttnder  98  gelangt;  die  Hartgnisgranate  der 
28  cm  Hanbitze  L/12  hat  den  Bodenzttnder  96. 

Sehr  lange  Granaten  mit  grolsen  AnfangsgeschwindigkMten  er- 
gaben Bohrkrepierer,  dies  Aihrte  znr  Verwendung  des  Sprengladnngs- 
pnlvers  nnd  seit  1884  znr  Benutzung  von  flanellenen,  neuerdings 
doppelte  Ladebeutehd  fkir  dieselben»  um  den  Stöfs  zu  mildem^ 
den  die  Sprengladung  beim  Beginne  der  Gesoho&hewegnng  erhiUt. 
Auch  sah  man  bei  sehr  hohen  Anfoogsgeschwindigkeiten  (6—800  m) 
von  den  4  Kaliber  langen  Geschossen  ab  und  zog  die  2'/«  bis 
8  Kaliber  langen  G^bosse  vor  (z.  B.  28  cm  Granate  L/2,8)}  der 
28  cm  Kanonen  L/35  und  L/40,  21  cm  Granate  L/d,!  der  21  cm 
Schnelladekanone  L/40),  die  sieh  rohrsicher  erwiesen. 

Eine  Sprenggranate  besitzt  die  Marineartillerie  nur  bei  der 
15  cm  Schnelladekanone  L/40. 

Schrapnels  waren  bisher  vornehmlich  bei  der  KttstenartOlerie 
im  Gebrauch;  die  SchiffiMurtillerie  fllhrt  solche  nur  fttr  die  16  cm 
Kanone  L/22  und  die  24  cm  Kanone  L/86.  Anfilnglich  nur  bei 
minieren  Kalibern  der  KttstenartUlerie  wurde  die  Verwendung  nach 
Annahme  der  StaUschrapnels  (1887)  bis  zur  21  cm  Kanone  L/85 
ausgedehnt  Hit  Annahme  des  Doppelzflnders  92  smd  StaUschrapnels 
bis  zn  30,5  cm  einscldieblich  eingeftünt  Für  die  SohiffsartiUerie 
sieht  eine  ausgedehntere  Beschaffung  Ton  Schrapnels  in 
Aussieht,  da  ihr  Vorhandensein  (ttr  manche  Gefechtszwecke  wünschens- 
wert ist 

Bei  den  Harlgufqpranaten  entzündet  sich  die  Sprengladung  von 
selbst,  wenn  sehr  vriderstandsfiihige  Ziele  durchschlagen  werden; 
um  dieselbe  auch  in  anderen  FKIlen  znr  Explosion  zn  bringen,  hat 
man  der  Hailgul^gnuiate  der  28  cm  Haubitze  L/12  den  Bodenzttnder 
gegeben.  Bei  Stahlgranaten  vermag  die  Kraft  des  Sprengladnngs- 
pulvers  nicht  die  Granate  zu  zerreifsen.  Vorläufig  bis  man  mit 
brisanten  Sprengladungen  und  deren  Zttnderkonstruktion  im  Beinen 
ist,  werden  Stablgranaten  ohne  Sprengladung  verfeuert 


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844 


Dnsehaa  auf  mOititrteohiiisefatiD  Gebiet 


Die  Stahlschrapnels  gelangen  seit  1889  zur  Verwendung. 
Den  Gresoholskem  bildet  hier  eine  StablhUlse,  die  auf  */» 
ganzen  Länge  Tom  Boden  ab  stärker  gehalten  ist  Die  innere  Wandung 
zeigt  hier  einen  Absatz,  der  den  Stofsboden  aafoimmt  Dieser 
ist  ke^elf()rmig  und  hat  in  der  Mitte  eine  Darcbbohrang,  die  oben 
eine  Aosdrebnng  für  die  KammerbUlse  bat.  Die  durch  den  Stofs- 
boden begrenzte  Bodenkammer  nimmt  die  Sprengladung  anf,  daher 
die  Bezeichnung  Bodenkammer  -  Sc hrapnel.  Nachdem  der 
Stofsboden  in  die  Stahlbulse  eingeschoben  ist^  wird  deren  offenes 
Ende  in  die  Form  des  Gescholskopfs  znsammengeprelst.  Im  Mund- 
loch wird  eine  Mnndlochbaehse  durch  einen  Niet  befestigt.  Diese  hat  das 
Muttergewinde  zur  Anfiiahme  des  Zünders  und  hält  die  Kammer- 
bUlse mit  ihrem  oberen  Ende  fest;  diese  stützt  sich  unten  auf  den 
StoDsboden  und  dient  so  diesem  zugleich  als  Halt.  Die  KammerbUlse 
ist  ein  Stahlrohr,  das  durchbohrte,  aus  geprefstem  GeschUtzpulver 
hergestellte  Pulvero\ linder  zur  Verstärkung  des  ZUndstrahls  und  Fort- 
pflanzung desselben  bis  zur  Sprengkammer  aufnimmt.  Die  RugelfüUnng 
bilden  die  13  oder  26  g  schweren  Antimonbleikugeln  (6  Teile  Blei, 
1  Teil  Antimon),  deren  Zahl  mit  dem  Kaliber  und  der  Gescholslänge 
stark  wächst.  Die  Kugeln  werden  vor  dem  Einfüllen  mit  Graphit 
überzogen,  nach  dem  Lagern  im  Geschofs  mit  Kolophon  fesigegossen. 
Die  Sprengladung  wird  durch  die  KammerbUlse  in  die  Bodenkammer 
gebracht  und  füllt  dieselbe  völlig  aus. 

Das  8,7  cm  StabUSchrapnel  L/2.2  hat   209  Bleikugeln  ä  13  g 


«    15     „•      n        n  ,     564      «         „  26  „ 


aufbraucht,  Geschosse  mit  kleinen  Fehlern  oder  Ersatzgeschosse  und 
werden  bei  Schiefsübungen  benutzt,  Ersut/schrapnels  sind  ohne 
Kugelfüllung,  aber  mit  Sprengladung  und  Zünder  versehen,  um  die 
äulsere  Erscheinung  des  Schrapnelschusses  wiederzugeben. 

Die  Granatzünder  der  Marine  sind  Aufschlagzünder, 
welche  in  der  Spitze  des  Geschosses  sitzen,  man  unterscheidet  drei 
Konstruktionen:  C/83,  C/89  und  0/91;  Aufschlagzünder  ini  Boden 
von  Granaten  sitzend,  heü'sen  Bodenzünder,  es  giebt  2  Konstruk- 
tionen: C/95  und  0/98.  Bei  Schrapnels  hat  man  die  gewöhnlichen 
Zeitzünder,  welche  als  Schrapnelzünder  C/83  bezeichnet  werden, 
und  neuerdings  die  Doppelzünder  C/92. 

Die  GranatzUnder  gehören  zn  den  FertigzUndem.   Der  Nadel- 


L/2.3  1387  ^  „  26  „ 

L/3,2  ,,    1Ö34  „  „  26  „ 

L/2,4  1741  „  ,,  26  „ 

L/2,3  2949  „  26  „ 


entweder  ältere  Konstruktionen,   die  man 


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Umadiaii  aaf  mOttliteoliiiiaeheiD  Gebiei 


345 


boJien  mit  der  Zttndnadel  ist  dnroh  eben  Spening  imd  eine  Sidier* 
heitsfeder  beim  Transport  feitgeballen.  Beim  Stob  der  Pulver- 
gsee  atreift  sieli  der  Spenring  infolge  des  BeharrangBrermOgens  Uber 
die  Sieberbeitefeder  ond  den  Nadelboiaen,  dieser  ist  jetxt  aktiions- 
fltUg  oder  sobari  Der  Regel  naeb  fliegt  ^r  erst  vor,  wenn  das  Ciesebois 
plfitdieb  anf  ebien  Widerstand  stOist,  also  namentiieb  beim  Treffen 
des  Ziels»  Es  kamen  indess  Öfter  fiobrlcrepieier  and  voneitige  Krqderer 
▼or,  infolgedessen  bat  man  noch  eiÄe  Spiralieder  swisoben  Siober- 
bdtsfeder  nnd  Zttndbttteben  eingelegt 

Der  Granatzttnder  G/89  ist  von  C/83  nnr  unwesentlich  Terschieden. 
Der  GranatzUnder  C/91  bat  eine  stllrkere  Sieberbeitsfeder.  C/89  ist 
fOr  leichte  Sobneliadelcanonen,  5  und  8,8  cm,  sowie  für  6  cm  Boots- 
kanonen,  C/91  fUr  10^  und  15  cm  Schnelladekanonen  L/36  be- 
stimmt. 

Der  Boden  zttnder  hat  die  umgekehrte  Stellung  der  Teile. 
In  der  ZUnderliUlse  ist  nach  dem  Innem  des  Geschosses  zu  der  ZUnder- 
deckel  mit  der  ZUndnadel  (Spitze  nach  hinten)  eingeschraubt.  Auf 
dem  Boden  der  ZUnderhUlse  sitzt  der  Pilieobolzen,  die  Pille  der  Zttnd- 
nadel zagelcehrt.  Zum  Festhalten  des  Bolzens  beim  Transport  dient 
die  gleiche  Einrichtung  mit  Sioherheitsieder  und  Speiring  wie  beim 
Nadelbolzen  des  GranatzUnders. 

Auch  die  Spiralfeder  ist  zur  erhöhten  Sicherheit  eingelegt.  Die 
Wirkungsweise  ist  entsprechend  der  des  GranatzUnders,  nur  dals  der 
Pülenbolzen  vorfliegt.  Der  BodenzUnder  C/95  ist  ftlr  die  Hartguis- 
granaten der  28  cm  Haubitze  L/12,  C/98,  für  die  Granaten  der  15. 
21  nnd  24  cm  Schnelladekanonen  L/4j0^  beide  sind  nur  unwesentlich 
▼on  einander  verschieden. 

Die  reinen  ZeitzUnder  sind  veraltete  Konstruktionen.  Der  Doppel- 
aflnder  C/92  ist  ein  Fertigattnder  und  wird  im  ttbrigen  geheim 
gehalten. 

Die  GeschUtzzUndungen  sind  entweder  Friktions-  oder  Schlagzttn- 
dungen.  Elektrische  Zündungen  befinden  sich  noch  im  Versuch. 
Das  Weitere  geben  wir  in  nächster  Umschau. 

2.  Belgien. 

Unter  den  Kriegswaffen,  welche  1897  auf  der  Welt-Ausstellung 
in  Brüssel  die  Aufinerksainkeit  anf  sich  gezogen  haben,  befand  sich 
ein  Repetiergewehr  Mod.  96  des  hervorragenden  Waffenüabrikanten 
H.  Pieper  in  Lüttich.  Wie  in  der  Umschau  Deiember  1897  mit- 
geteilt worden  ist,  war  eine  gröfsere  Smnme  ausgesetzt  gewesen,  am 
Lösungen  von  Preis-Aufgaben  konstruktiven  Charakters  zu  belohnen 
nndumzu  einem  Wettbewerb  in  wichtigenFragenanzospomen.  Anf  dem 


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346 


(JmsdUHi  nf  mfliarteehiüsohgin  Gebiet 


GeMet  derEriegsgewehre  war  ein  PrdB  auf  eine  Waifegceetit»  welehe  die 
gegenwürtig  im  Oebrandi  befindliclien  KonstiulLtionen  in  balliatisofaer 
Hinsieht)  wie  in  Bezug  auf  Leielitigkeit,  Funktionieien,  Konetniktion 
und  InatondhaJtung  ttberlrifit  Das  Gewelir  System  Pieper  liat  diesenPreis 
davongetragen.  Wir  geben  ein  knnes  Bild  der  Einriehtnng.  Der 
Eiiinder  bat  sieb  bemflbt,  den  fiinwttnden,  welehe  gegen  die  Jetzt  im 
Gebranch  befindliehen  Repetiergewehre  erhoben  worden  sind,  sn  be- 
gegnen nnd  alle  Forderungen  m  bertteksiehtigeny  deren  EiAUlnng 
ein  gntes  Krlegsgewehr  in  sieh  vereinigen  soll.  An  Einielheiten 
werden  hervorgehoben: 

1.  Vermeidung  des  Lanfmantels;  der  Lanf  ist  nnndttelbar 
im  Sehaft  gelagert  nnd  anf  seiner  hinteren  KÜfke  gans  von  demselben 
umgeben,  als  Handsehuti.  Es  wird  hier  anf  das  Beispiel  Deutseh- 
lands mit  seinem  Gewehr  98  hingewiesen.  Die  Lanfwände  konnten 
um  so  stitrker  gemacht  werden,  wodurch  die  Seliwingungen  erheb- 
lich vermindert  werden. 

2.  Die  gttnstige  Lage  des  Hngazins,  welches  nicht  mehr 
Aber  den  Schaft  vorspringt,  wodurch  die  Handhabung  der  Waife 
erleichtert  wird. 

8.  Die  Art  der  Bajonettbefestigung.  Das  Bajonett  liegt  in 
der  Symmetrieebene  des  Laufes  und  ist  ganz  in  den  Schaft  eingelasBen, 
ans  dem  es  nach  Bedarf  herausgezogen  werden  kann.  Das  Gewehr 
hat  sonach  immer  sein  Bigonett  nnd  dieses  kann  in  keiner  Weise 
die  Handhabung  des  Gewehrs  beMndem. 

4.  Der  Visierapparat  ist  anf  der  Httlse  des  Schlosses  befestigt 
und  wird  die  Stellung  des  Visierarms  durch  einen  Zeiger  mit  Kreis- 
einteilang  an  der  linken  Seite  der  Httlse  bewirkti  das  Korn  befindet 
sich  auf  dem  Oberring. 

5.  Die  Kepetier-Einriohtnng  erinnert  etwas  an  das  norwegische 
Gewehr  Krag -Jörgensen,  Indem  die  Patronen  wie  hier  im  Kreise 
gelagert  sind. 

6.  Die  sichere  Funktionierung  des  Mechanismus,  der  ein 
vorzeitiges  Losgehen  des  Gewehrs  ausschliefst;  erst  wenn  das  Gewehr 
vollständig  geschlossen  ist,  kann  der  Schlagbolzen  das  Zündhütchen 
treffen. 

Das  Gewehr  hat  den  Cylinderverschlnfe.  Der  Verschluls^linder 
hat  einen  Verscblnlskopf,  dieser  trSgt  den  Anszieher,  ent^ep:engeselrt 
dem  letzteren  ist  der  Auswerfer  angebracht  Die  Spiralfeder  ist  ver- 
mieden und  dafllr  ein  Hahn  mit  plattenförmigrer  Schlagfeder  ange- 
bracht. Spiralfedern  verlieren  mit  der  Zeit  erheblich  an  Kraft.  Das 
in  U-form  geführte  Magazin  nimmt  6  Patronen  auf.  Das  Gewehr 
kann  als  Elnlader  benntet  werden,  dann  tritt  vor  die  oberstCi  dem 


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UuMkan  taf  siiHtirteelmiMbem  Gebiet 


347 


Amtritt  nitoliBte  Patrone  eine  Sperre.  Das  Visier  entsprieht  in  seinem 
Prinzip  dem  sogenanntenQnadrantenTisier,  welches  das  freieste  Gesichts- 
feld gewährt  Das  Einstellen  TermOg^  des  Zeigers,  der  doreh  ein 
Zahnrad  mit  dem  Visieraxm  in  Verbindung  steht,  erfolgt  sehr  rasch. 
Die  Einteilung  der  Kreissoheibe  geht  bis  auf  2000  m.  Beim  Hahn- 
sohlofs  dient  der  zweite  Arm  der  Schlagfeder  als  Abzngsfeder.  Eine 
Sicherung  ist  yorfaanden.  Der  Schaft  ist  geteilt  Das  Bajonett  ist 
Tierkantig  mit  Hohlkehlen,  wodurch  es  sehr  Idcht  ist  (125  g),  die 
Eimiohtung  erinnert  an  die  preuCnsche  Zttndnadelbttchse  von  1854. 
Der  Halter  nimmt  6  Patronen  auf. 

Das  Gewicht  des  Gewehrs  mit  Bi^onett  ist  4  kg,  die  Lihige 
ohne  herausgezogenes  B%|onett  1,285  m,  mit  solchem  1,525. 

Das  Laufkaliber  ist  7  mm,  die  Lauf  lange  0,725  m  oder  108,5 
Kaliber.  Das  Gewehr  hat  4  konzentrische  Zttge  von  0,125  mm  Tiefe, 
81,4  Kaliber  DrallSnge,  entsprechend  einem  Drallwinkel  von 
5>7  Grad. 

Die  Patrone  ist  78  mm  lang  und  wiegt  24,85  g,  die  Patronen- 
httlse  hat  11,5  g  Gewieht,  die  Ladung  von  RottweU-Pulyer  2,45  g. 
Das  Geschofo  von  4,7  Kaliber  Lttnge  wiegt  11,1g  und  hat  eine  Quer- 
dichte Yon  27,7  g  auf  den  qcm.  Der  Geschoismantel  ist  von  Stahl 
und  yemickelt,  der  Kern  Hartblei. 

Die  Geschwindigkeit  des  Geschosses  an  der  Mündung  ist  710my 
die  Gesohoisarbeit  285,5  mkg.  Die  Tragweite  geht  bis  Uber  4000m. 
Auf  100  m  liegen  50*/»  der  Schlisse  in  einer  H5he  von  1,9  cm,  einer 
Breite  von  1,5  cm.  Der  höchste  Gasdruck  ist  2800  his  8400  Atmo- 
sphäre. Die  Feuergeschwindigkeit  beim  Einzelladen  ist  10  gezielte 
Schüfe,  aus  dem  Hagazk  25  gezielte  Schüfe  in  der  Mbute. 

Auf  12  m  dringt  das  Geschols  in  Fichtenholz  1,88  bis  1,4  m^ 
iB  Buehenhdz  0,72  bb  0,78  m  ein. 

Als  Vorzöge  des  Gewehrs  ergeben  sich: 

1.  heryonragende  ballistische  Eigenschaften, 

2.  giofee  Feuergeschwindigkeit,  , 

8.  Leichtigkeit  des  Ladens  und  der  Handhabung  in  allen  Körper- 
lagen des  Schlitzen, 

4.  Einfeehheit  der  Einrichtung,  Zeriegnng  ohne  alle  Werkzeuge,. 

5.  Haltbarkeit  und  Widerstandsfähigkeit  der  Waffe, 

6.  Unempfindliehkdl  gegen  Temperatur,  Feuchtigkeit,  Staub, 

7.  geringes  Gewicht  der  Waffe  und  Munition, 

8.  yerhältDismäfsig  geringer  Preis.  (Nach  „Reyue  de  rarmöer 
helge^  Juli- August  1899.) 


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348 


Umschau  aut  luilitärteohnisohem  Gebiet. 


3.  Frankreich. 

Über  die  Feidkanone  C/97  finden  sich  in  verschiedenen  Zei^ 
schriftei^  weitere  Angaben,  die  wir  hier  wiedergeben.  In  der  Hanpl- 
Sache  decken  sie  sich  mit  dem,  was  wir  sefaon  fiüher  mitgeteilt 

Nach  der  j^evae  de  Tairate  beige"  (Sepi,  Okt  1899),  die  sieb 
aaf  verschiedene  Qnellen  beruft,  ist  das  Gesobtltz  leichter  als  daa 
bisherige  Oeschttts  de  Bange,  Laden  nnd  Richten  geht  anlserordenl- 
lioh  rasch  vor  sich.  Die  Munition  wird  ein^  MunitionswageB  ent- 
nommen, der  neben  der  Laffete  aufgestellt  ist  Hau  kann  16  Sefauiii 
in  der  Minute  mit  dem  GesehUta  abgeben,  in  welcher  Zeit  beim  frttfaeren 
Material  die  ganze  Batterie  nur  12  Schufs  «reichte.  £8  sind  swei 
Arten  von  Geschossen:  Melinilgranaten  gegen  widerstandsfi&hige  Ziele 
und  Schrapnels.  Das  Schrapnel  hat  300  Kugeln,  es  ist  das  Baupt» 
geschofs  auf  dem  Scbiachtield.  Die  Höhe  des  Rohrs  Uber  dem  Erd- 
boden ist  geringer  als  AUher,  das  G^chtttz  ist  überhaupt  aus  der 
Ferne  schwerer  za  erkennen  als  bisher.  Die  beiden  am  Rohr  be- 
schäftigten Kanoniere  sind  durch  Panzerschilde  gegen  Gewehr-  und 
Sehrapnelfener  gedeckt 

Verschiedene  Angaben  finden  sich  in  dem  „Almanaoh  du  drapean** 
▼on  1900,  die  von  Interesse  sind,  aber  nicht  recht  zuTeriXssig  ersheinen. 
Das  Geschtttarohr  in  Stahl  habe  den  SchranbenTerscbluls,  seine  Lttnge 
sei  2,50  m,  die  Stiirke  am  Verschluisteil  8  cm,  an  der  Mttiidang3,5  cm. 
Das  Totalgewicht  des  Geschtttzes  wäre  1750  kg,  des  Hnnitionswagens 
2000  kg.  In  der  Gesohtttzprotze  seien  24  Schnls  untergebracht 

Das  Geschtttz  wendet  Patronen  an.  Die  Gesamtlänge  einer 
solchen  ist  mit  75  cm  angegeben,  was  aber  viel  zu  grob 
erscheint  Die  Patronenhttlse  Ist  von  Messuig.  Zur  Hemmung  des 
Rohrrttcklauft  und  zum  s^teren  Vorianf  dient  die  hydropnenmatiacfaie 
Bremse.  Um  dem  Rücklauf  der  Lafi^  zu  begegnen,  hat  jedes  der 
beiden  Räder  einen  Gleitschuh,  der  beim  ersten  Schuls  den  Boden 
berOhrt  nnd  sich  mittelst  Schneiden  feststellt  Er  hält  das  Geschttte 
fest,  ebenso  wie  der  Sporn,  der  am  Laffetenschwanz  angebracht 
ist  und  in  den  Boden  eindringt  Die  Laffete  steht  so  unbewegiioh 
fest;  der  richtende  und  der  abfeuernde  Kanonier  kOnnen  sich  nun  bei 
der  Bedienung  auf  den  Laffetensitzen  niederlassen. 

Das  Geschtttz  giebt  fttr  gewöhnlich  fltnf  Schnis  in  der  Minute 
ab;  man  kann  aber,  wenn  es  darauf  ankommt,  20  Schub  in  der 
Minute  erreichen. 

Zu  beiden  Seiten  des  Geschtttzes  Ist  em  StaUsohild  aDgeliraefat 
Der  Mnnitionswagen  nimmt  72  Schob  auf.  Belm  Schieben  werde 
er  umgestürzt  nnd  Ofine  dch  wie  ein  Schrank.  Auf  6000  m  Abstand 


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Umsohau  auf  miUtärteohnisohem  Gebiet. 


349 


8ofl  du  Gesohaii  einen  Lnfiballen  sefsiOrt  hab^  der  600  m  ttl>er 
der  Erde  Behwebte. 

£b  ist  bedaaerlich,  dafo  luer  das  Qewieht  des  feuernden  Ge* 
sehtttzes  felilt.  Kaeh  den  Erfohmngen  an  anderen  Konstroktionen 
mit  BohrrthdLlanf  mats  man  es  als  siemlieh  hoeh  annehmen. 

Beseiebnend  ist  die  geringe  MnniÜonsmenge  in  der  Protse;  es  hat 
dies  jedenfalls  dem  Totalgewieht  des  GesditttEes  sn  Liebe  stattgeAmden. 

Die  dem  ^manach  dn  drapean**  beigegebenen  Zeiehnnngen 
sind  wenig  dentiieh. 

4.  GroDibritaimieiL 

Die  Bewaflhnng  hat  aagenblieklieh  des  Krieges  in  Sttd-Afirika 
halber  ein  erhöhtes  Interesse.  Von  Gesdmtsen  sind  beteiligt:  Feld- 
uid  Gebirgsmaterial,  Geschtttse  der  Marine,  welche  der  Schiflfo« 
aimienmg  entnommen  and  zam  Gebranoh  anf  dem  Lande  eingeriehtet 
worden  sind;  erwartet  wurde  noeh  ein  Belagerangs-Train. 

Über  das  Material  der  Feldartillerie  haben  wir  in  der 
Umsehan  rem  Joni  1899  eine  vollständige  Obersioht  anf  Grand 
bester  Qoellen  gegeben,  in  der  September-Umsehan  ist  der  Be- 
strebuDgen,  an  der  Feldlafibte  nachttttglieb  eine  Btteklanfhemmang 
anmbringen,  sowie  der  bevorstehenden  Versnobe  mit  Sehnellfener- 
geschttteen  gedacht,  die  man  einftlhren  wollte.  Die  Feldartillerie, 
welche  seit  der  Bttckkehr  zar  Hinterladong  von  1884  sehen  yer- 
schiedene  Wandlongen  dnrchgemacht  hatte,  stand  wiederam  Tor  einer 
und  swar  noch  gründlicheren  UmwiUzaDg.  1884  hatte  man  das  Einheits- 
gesehtttz  angenommen,  am  1890  ehie  neoe  Laifete  fUr  fohlende 
Artillerie,  die  sehr  fortgeschrittene  Einriohtangen  darbot,  wie 
FlUssigkeits-Bremse  Air  den  Rohrrlicklaaf,  dann  ein  erleichtertes 
Geschttts  mit  Drahtrohr  illr  reitende  Artillerie,  daraaf  wieder 
eine  Erhdhang  des  Gescholsgefrachts  bei  der  fahrenden  Artillerie. 
DerZwOl^ftnderwnrdehiersnmFttnfeebnpRlnder.  dabei  anch  die  Laffete 
Terttndert  nnd  etwas  erleiohtert  So  entstand  das  Material  von  84, 
95,  das  nnn  die  RttcklanfhemmTorrichtimg  von  Clarke  erhalten  sollte. 
Wieweit  die  vonEngland  ans  nach  Afrika  entsandten  Batterien  damit  ver- 
sehen gewesen  sind,  vermag  niemand  anzugeben,  vielleicht  ist  es  nor  aom 
Teil  der  Fall.  Eine  in  mehreren  Zeitangen  gebrachte  Bescfareibong 
ergiebt  eine  ÄbnÜchkeit  mit  ehiem  federnden  Achsspaten.  Es  hiels 
aach  an  anderer  Stelle,  man  könne  mit  der  Vonichtong  anfgeprotzt 
schieben,  doch  könnte  dieses  in  keiner  Weise  als  ein  Vorteil  erseheinen. 

Versochsbatterien  von  wurkliehen  SohnellfenerfeldgeschtttBen 
sollten  in  Woolwich,  dann  bei  Vickers  nnd  bei  Armstrong  bestellt 
sein.  Zar  DorchfUbrong  der  Versnobe  ist  es  aber  Jedentalls  noch 


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350 


Umsdifta  auf  milttirteoliiiiaoheiii  Gebiet 


mcht  gekommen  mid  kanm  amonehmen,  dab  man  eine  etwa  abge- 
lieferte Venmehsbatterie  cUiekt  mit  nach  Afrika  genommen  hat. 

JedeoiaUs  kam  in  ßesng  anf  das  Material  der  Feldartillerie 
der  Anebmeh  des  Krieges  selir  ungelegen,  also  auch  hier  Mangel  an 
gehöriger  Kriegsrorbeieitnng. 

Knrz  sei  wiederholt,  da6  die  Feldbatterien  den  15Pftonder  haben 
mit  dnem  Schiapnel  Yon  6,ft4  kg,  die  reitenden  den  12  Pftlnder  mit 
einem  Salir^»nel  von  6,67  kg,  die  Mttndnngflgesohwindigkeiten  betragen 
hei  beiden  ea.  472  m.  Granaten  sind  nieht  vorhanden,  was  gegenüber 
den  festen  Stelinngen  der  Gegner  ein  Mangel  ist;  wohl  aber  hat 
man  wenige  Kar^tschen  in  der  Batterie.  Drei  Batterien  der  Feld- 
artiUerie  sind  mit  der  6  zölligen  oder  12,7  cm  Hanbitze  bewafinet, 
die  ein  Sehrapnel  nnd  die  zuerst  im  Sodanfeldzng  erprobte 
Lyddit-Granate,  sowie  ebenfalls  wenige  KartfttBchen  hat  Die  beiden 
ersten  Gesehosse  haben  ein  Gewicht  von  22,65  kg  nnd  4  Ladungen 
▼on  0(Hrdit,  die  Anfangsgeschwindigkeiten  liegen  zwischen  289  m 
nnd  123  m.  Der  Hanptbeetandteil  des  Lyddit  ist  Pikrinsäure,  also 
ein  brisanter  Sprengstoff,  ähnlich  wie  unsere  Granatfüllung  86.  — 
Eine  grölsere  Zahl  von  solchen  Geschtltzen  wäre  am  Platze  gewesen. 
Die  Gebirgsartillerie  hat  noch  einen  Vorderlader,  von  6,3  cm  Kaliber, 
Granate  und  Sehrapnel  wiegen  3,45  kg.  Das  Rohr  ist  in  2  Teile, 
die  Laffete  in  3  Teile  zerlegbar,  jeder  Teil  ist  eine  Traglast.  Be- 
kannt ist  das  Schicksal  der  einzigen  vorhandenen  Gebirgsbatterie 
bei  Ladjsmith,  die  dann  durch  eine  andere  ersetzt  wird. 

Von  der  Marine  seheint  man  haaptsäclilioh  6  nnd  4,7z0lllge 
oder  15,24  und  12  em,  sowie  12  pfUndige  oder  7,62  cm  Schnellfeuer* 
geschUtze  entnommen  zu  haben,  die  prorisorisehe  Laffetiernng  erhielten. 
Nach  Ladysmith  scheint  man  schon  TOr  den  Unfällen  4,7z0llige 
und  12pfiindige  Marinegeschütze  herangezogen  zo  haben. 

Neuerdings  versieht  man  die  Geschtltze  schon  in  Wolwich  mit  geeig- 
neten Aushilfslafieten.  Die  ,fievue  milit  saisse"  (Januar)  giebt 
hierüber  nach  dem  £ngineer  vom  6.  Januar  eine  durch  Zeichnungen 
erläuterte  Schilderung. 

Es  ist  nun  auch  noch  ein  Belagerungstrain  zur  Absendnng 
gelangt,  welcher  6zöllige  Haubitzen  und  4zöllige  Kanonen  umfassen 
soll«  Nach  dem  Gang  der  Ereignisse  dürfte  sich  für  diese  Geschütze 
nur  zur  Verwendung  als  Positionsartillerie  Gelegenheit  finden. 

Wir  haben  es  hier  also  mit  einem  bunt  zusammengesetzten 
Material  zu  thun,  wie  es  bei  der  mangelhaften  Kriegsvorbereitung  und 
bei  der  Unkenntnib  der  Verhältnisse  beim  Gegner  nicht  anders  kommen 
konnte.  Die  Ereignisse  haben  dem  entsprochen;  der  Artillerie  selbst 
kann  man  am  wenigsten  Vorwtirfe  mai^en. 


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Umachau  auf  militärteohiuschem  Gebiet 


351 


Das  Gewehr  der  enf^seben  biftntefle  lai  du  früher  geschilderte 
Lee-Metford-Gewebr  you  Kaliber  7,7  em.  Es  hal  in  den  letzten 
Jahren  eine  Reihe  ron  Wandinngen  in  seiner  GesehoÜBiLonstmkti«» 
durchgemacht,  inuner  im  HinblioiL  daran^  dem  Gesohofo  gegenttbei 
nneivilisierten  VolIcssfcKmmen  die  nötige  Verwnndnngskraft  sn  geben. 
ZnlelEt  war  man  bei  dem  frtther  erw&hnton  Hohlspitzengesehols  an- 
gelangt, aneb  Master  IV  genannt,  das  besonders  gransam  ist  Die 
Versttrlinngstnippen  sollen  ein  Muster  V,  gleiehfalls  Hoblspitsen- 
gesebols,  oder  mit  härterem  fileilLen,  erhalten  haben,  die  indiseben 
Trappen  das  alte  Vollmantelgesehob  fllhren.  —  Das  Gewehr  selbst 
ist  als  Mehrlader  ziemlioh  primitiv. 

Bei  der  Beratung  des  Budgets  Ende  NoTember  1899  hat  der 
damalige  Kriegsminister  darauf  hingewiesen,  dafis  die  italienisehe 
Artillerie  im  Vergleioh  mit  anderen  Heeren  im  Rttokstand  sei  und 
dalis  dem  abgeholfen  werden  mttsse.  Neueidings  yerlantet,  dab  die 
Versnehe  dem  Ende  nahe  sind.  Ende  Januar  1900  sollte  das  Modell 
festgestellt  werden.  Naeh  der  „Italia  militare  e  marina**  vom  16. 
und  17.  Januar  kann  die  Fabrikation  nieht  Tor  Juli  d.  J.  beginnen. 

Es  handelt  sieh  zunächst  nur  um  den  Ersata  des  Idehten  Feld- 
gesehtttzes  C/74  vom  Kaliber  7^  em,  dessen  Abänderung  zum 
sehnellfeueinden  Geschütz  nieht  mehr  lohnend  erschiene  war.  Das 
neue  Modell  wird  ToraussiehtUoh  in  den  Staatofabriken  Turin  und 
Neapel  hergestellt  werden.   Es  werden  im  ganzen  90  Batterien  sem. 

Die  Versuche  finden  auf  dem  Schielsplats  yon  Nettuno  bei  Rom 
statt  Die  Versuchsgeschätze  sind  nach  einer  Meldung  der  ,,RevTie 
du  cerele  militaire"  vom  6.  Januar  1900  von  den  Konstrnktions- 
Werkstätten  in  Turin  und  Neapel  und  von  der  Firma  Fried.  Krupp 
in  Essen.  Der  Vorsitzende  der  Versuehs-Kommission  ist  der  General- 
Inspektor  der  Artillerie,  General  Afan  di  Riyera. 

6.  Nied6rla2ide. 

Im  Frttlyahr  1899  wurde  eine  Kommission  von  Artillerie- 
Offizieren  mit  dem  Studium  der  Frage  der  Schnellfeuerkanonen 
beauftragt  Sie  sollte  Vorschläge  (Ox  die  Vonrersnche  machen.  Der 
Bericht  der  Kommismon  ist  nicht  TerOfl^entlicht  worden.  Man  glaubt 
aber  kaum,  dab  eine  Bewafinung  in  baldiger  Aussicht  steht,  um  so 
weniger,  als  die  Kammein  wenig  geneigt  sem  werden,  eine  Erhöhung 
des  Kriegsbndgets  anzunehmen. 

Inzwischen  wolle  man  eine  AUlnderung  des  gegenwärtigen  Ge- 
sehtttzes Ton  8,4  cm  Kaliber  System  Krupp  Tersuchen.  Es  ist  dabei 


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352 


ümMbaa  anf  nilttSrteehnladieiii  Gebiflt 


auf  dne  Änderung  am  VenohlalB  und  im  liadangsimom  abgesehen, 
dnroh  welehe  die  Anwendung  Ton  HetaDlittlsen  bei  den  Karftnaehen 
ermöglioht  wiid.  Man  habe  ein  Gesohtttirohr  nur  Änderong  naeh 
Bssen  geeehiekt  and  wolle  dann  einen  VeigieiolisTeraaeh  mit  einem 
anderen  eehon  früher  anr  MekalU^artaBolie  eingeiiehteten  Rohr  yor^ 
nehmen,  das  damals  keinen  Anklang  &nd. 

Eb  scheint  danach  an  eine  Änderung  der  Laffete  nicht  gedacht 
an  werden,  was  doch  noch  wichtiger  wäre.  Wenn  die  Sache  so  liegt, 
wie  wir  der  „Beyne  de  Tarmte  beige**,  Sept.,  Okt  1899  entnehmen, 
so  kann  das  Ganze  nnr  als  eine  unsnreicbende  Bestrebung  be- 
aeiebnet  weiden,  wie  auch  die  Zeitschrift  andeutet. 

7.  Schweden  und  Norwegen. 

Die  beiden  skandinaTischen  Staaten  haben  keine  Einheit  in  der 
Bewaffnung,  es  wird  aber  eine  Obeieinstunmnng  gleichartiger  Waffen 
in  dem  Grade  angestr^  dats  schwedische  Munition  in  norwegisohen 
Waffen  und  umgekehrt  verwendet  werden  kann.  Dies  hat  bereits 
bei  der  Bewaffiiung  mit  dem  Repetiergewehr  von  6,5  mm  stattge- 
fnnden.  In  beiden  Staaten  steht  man  jetzt  Tor  der  Wahl  eines 
Sohnellfeuer*Feldgeschttt2e8.  Vor  dem  Eintritt  in  die  Versuche 
hatte  man  ein  gemeinsames  ArtiHerie*Komitee  gebildet,  das 
aus  je  8  OMzieren,  1  Oberst,  1  Major,  l  Hauptmann  der  beiden 
Artillerien  besteht  Das  Komitee  sollte  eine  Einignng  hinsichtlich 
der  KonstmktionsYerhttltnisse  von  Rohr  und  Munition  in  obengedachtem 
•Sinne  herbeiftlbren;  an  eine  Gemeinsamkeit  der  Versuche  war  auch 
gedacht  worden,  insoweit  unter  den  dazu  bemfenen  Gtoscbtttzmustein 
bei  bdden  Artillerien  sich  eine  Obereinstimmung  ergeben  sollte. 

Eine  Einignng  Ober  das  kllnftige  Muster  fand  hi  folgenden 
Pnnktenstatt:Rohrkaliber7,5om,GewicbtdesGescbosseB6,5kg,  Geschoss- 
geschwindigkeit 600  m,  Gewicht  des  feaemden  Geschtttases  höchstens 
950  kg,  des  an%eprotzten  kriegsmSIsig  ansgerllsteten  Geschlttzes 
höchstens  1700—1750  kg.  Anwendung  der  Einheits-Metallpatrone. 
Für  die  Übereinstimmung  in  den  Abmessungen  Ton  Rohrseele  und 
Maoition,  soweit  dies  fttr  die  Verwendbarkeit  der  l»ddersdtigen 
Patronen  in  den  später  zur  Annahme  gelangenden  Geschtttzmustem 
nötig  ist,  sollte  die  Beschaifang  gemeinsamer  Eontroll-Instmmente 
f\lr  die  betreffenden  Teile  in  ihren  Abmessungen  geii^hrleiaten. 
Norwegen  hatte  sich  in  dieser  Hinsiebt  bereits  gebunden,  insofern 
es  nicht  ftlr  seine  Feidartillerie,  sondern  für  den  Landsturm 
ohne  vorherige  Versuche  bei  einer  auswärtigen  Firma  16  7,5  cm 
SchneUfeuerkanonen  in  Bestellung  gegeben  hatte.   Man  ist  aber  in 


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Umaehaa  «if  milttirteQlmiMlieoi  QtUet 


358 


Sebwedeo  geneigt,  sieb  in  den  AbmeBsongen  der  Pationen  nnd  des  Bobis 
beim  kttnftigen  FeldgesohtttK  der  Obereinstimmnng  balber,  biemaeb 
n  liebten.  Die  Anstellung  gemeinsamer  Versoebe  ist  ftlis  eiste  ans- 
geseblossen,  jeder  der  beiden  Staaten  nunmt  snnJIebst  seine  Veisnobe 
allein  vor,  giebt  aber  den  Offiiieren  des  andern  Staates  Gelegenheit 
diesen  beiznwobnen.  Das  gemeinsame  Komitee  batte  Torgescblagen: 

1.  einen  SebielsTeimieb,  nmfiwsend  Prifceisionssebielsen,  Sebieben 
in  Being  anf  Fenergesebwindigkeit  nnd  Sebielsen  in  yersebleden- 
artigem  Gelände, 

2.  Ifarsob-  nnd  Fabrversnobe  in  grölberer  Ansdehniing, 

3.  einen  nnmittetbar  naeb  AnsfUhmng  der  Versnobe  anter  2 
ansostellenden  SebielsTersoeb. 

Scbweden  legt  einen  grotsen  Naobdinek  auf  baldige  LOsnng 
der  Feldgescb  titzfrage.  In  Norwegen  sobeint  man  es  weniger 
eilig  an  baben.  Die  sebwediscbe  Artillerie  bat  ibre  ersten  Versnebe 
bereits  im  November  1899  abgesoblossen,  die  norwegische  aber  bis 
Anfong  1900  verseboben.  Erstere  ist  dabei  sebr  rationell  Tor- 
gegangen,  indem  sie  sehon  im  Frttlgabre  1899  eine  Eonmiission  Ton 
vier  Artillerie-Oflisieien  mit  einer  Stadienreise  im  Ausland  beauftragte, 
um  Einblioke  in  das  Feldartilleiie-Material  neuerer  Konstruktion  za 
gewinnen.  £s  ist  anzunebmen,  dafs  man  sieb  auf  PriTatetablissements 
bescbrSnkt  bat,  unter  denselben  baben  sieb,  soweit  bekannt,  be- 
fanden: Fried.  Krupp  in  £ssen,  J.  Gockerill  in  Seraing,  Armstrong, 
Whitworth  and  Co.,  sowie  Yiekers  Sons  and  Maxim  in  England, 
Hotchkiss,  Werkevon  StCbamond,  Scbneider  et  Co.]n  Frankreich,  Skoda 
in  Filsen.  Der  seitens  der  Kommission  gewonnene  Einblick  konnte 
nicht  so  tiefgebend  sein,  um  omnittelbar  eine  bestimmte  Konstroktion 
zu  Versaehen  in  grOiberem  Malsstab  Torzaschlagen,  daher  hat  sie 
zunächst  Vergleichsversuebe  mit  rerschiedenen  Materialien  iltr 
ratsam  erklärt.  Die  wesentlichste  Abweichung  unter  den  letzteren 
findet  die  Kommission  in  der  Art,  wie  der  Httcklauf  aufgehoben 
wird.   Sie  nntersebeidet  hier  zwei  Hauptgruppen: 

1.  Laffetensysteme  ohne  Rttokwärtsbewegung  innerhalb  derlisffete, 

2.  solche  mit  Bttckwttrtsbewegong  innerhalb  der  Laffete, 

Zu  ersteren  mttftten  solche  gerechnet  werden,  bei  denen  die 
ganze  Laffete  Ton  vornherein  am  Kttcklauf  teilnimmt,  zu  letzteren 
diejenigen  mit  Kohrrücklaui,  sei  es  nun  das  Bohr  allein,  oder  sei  es 
mit  einer  Ober-  oder  Vorderlaffete. 

Von  allgemeinerem  Interesse  sind  die  Urteile,  welche  sich  die 
Kommission  Uber  beide  Gruppen  gebildet  hat.  Der  ersten  Gruppe 
wird  der  Vorzog  der  gröfseren  Einfachheit  und  geringeren  Empfmd- 
liebkeit  zuerkannt,  sie  wird  für  feldmälsiger  gehalten.    Bei  der 


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354 


Umschau  auf  militärteohiüsohem  Gebiet 


zweiten  Groppe  eneiieiiit  als  Vomig,  dab  unter  gewöhnUehen 
BodeoTerbftltnissen  die  Kanoniere  beim  Abfenem  ihre  Ptttae  bei- 
behalten  l^Onnen.  Anoh  bleibt  die  Biebtmig  dabd  von  einem  Sehnfo  mm 
andern  besser  erhalten,  die  Bedienung  ist  beqnoner  nnd  die  Fevern 
gescbwindigkeit  l&bt  eine  etwas  grObere  Steigerong  zn  als  beim  ersten 
System. 

Da  indessen  ein  System  der  ersten  Art  bei  fbldmäfsiger  Feoer- 
abgabe  ebne  Anstrengung  der  Bedienung  nocb  aeht  Ins  zebn  Sobnfii 
in  der  Minute  znlälst  nnd  eine  weitere  Steigerung  der  Fenerge- 
sebwindigkeit  dnreb  Btteksicbt  anfMnnitiensTeisorgung  nndTempiemng 
des  Scbrapoels  ansgescblossen  ist,  so  bleibt  fbr  die  zweite  Qmppe 
als  dnziger  Vorzug  die  bequemere  Bedienung  ttbrig.  Wie  em- 
pfindlieh die  zur  Rttcldauibeseitigung  gehörigen  Einriebtungen  sind, 
erseheint  der  Kommission  nur  durch  einen  Versuch  zu  ergründen. 

Da  die  beiden  Gruppen  in  den  einzigen  bis  jetzt  mit  neuem 
Feldmaterial  ausgestetteten  Staaten  Deutschland  nnd  F^nuikreieh  ver- 
treten sind,  so  kann  es  die  Kommission  nicht  empfehlen,  eme  der- 
selben ohne  Prtliimg  der  andern  anzunehmen  und  glaubt,  dals  beide 
yersucht  werden  mttssen. 

Mit  den  seitens  des  gemeinsamen  Artillerie-Komitees  aufgestellten 
Bedingungen  hatte  die  schwedische  Kommission,  Ton  welcher  zwei 
Mitglieder  jenem  angehören,  Obereinstimmung,  sie  hatte  aufiwrdem 
noch  möglichst  unveriUiderte  Anwendung  der  schwedischen  Anspannungs- 
art beim  Fahrzeug  und  die  bisherige  Fortschaffung  von  fünf  Ka- 
nonieren auf  der  Protze  und  den  Laffetensitzen  betont.  Für  die 
Fahr-  und  Schiefsversuche  sollte  eine  Versuchsbatterie  gebUdet,  auch 
das  gegenwärtige  Geschtttz  dabei  berttcksichtigt  werden.  Für 
das  Geschtttz  sind  400  Süinls,  davon  die  Hälfte  blind,  empfohlen. 

An  erster  Stelle  schlug  die  Kommission  vor,  Material  folgender 
Firmen  heranzuziehen: 

1.  Fried.  Krupp  in  Essen, 

2.  Cockerül  (Seraing)  mit  einer  Laffete  ohne  Flttssigkdtebremse, 
8.  Werke  von  Si  Gbamond  und  zwar  ein  System  mit  Rttcklauf 

innerhalb  der  Ijaffete. 

Die  beiden  ersten  Geschtttse  gehören  der  Gruppe  der  Systeme 
ohne  Bttckhiuf  innerhalb  der  Laffete  an.  Die  jetzt  gewöhnlich  als 
Daimander- Laffete  bezeichnete  Konstruktion  der  Werke  von  St 
Chamond  hat  ebensowenig  Rohrrttcklanf,  sondern  eine  aus  dem 
Achsspaten  hervorgegangene  Schieisbremse  mit  Vorbringer  unter 
Anwendung  von  FlQssigkeits-  und  Luft-  oder  Federdruck,  wobei  die 
ganze  Laffete  am  Btteklauf  teilnimmt  Ob  diese  trotzdem  oder 
eine  andere  Konstruktion  gemeint  ist,  war  nicht  zn  ersehen. 


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Umsehau  auf  miüftXrtaohoüohem  Qebiet 


855 


Es  wurde  tUr  gut  befunden,  noch  eine  zweite  Konstruktion  mit 
Kücklaof  innerhalb  der  Latfete  heranzuziehen  und  wurde  hierzu  eine 
solche  von  Schneider-Creusot  bezeichnet,  von  welcher  man  annahm, 
dafs  sie  der  in  Frankreich  angenomaieneu  Schnellfeaerkanone  am 
nächsten  kommt. 

Die  beiden  französischen  Firmen  vermochten  den  gestellten 
Bedingungen  hinsichtlich  des  Gewichts  des  feuernden  GreschUtzes 
nicht  sofort  nachzukommen.  Es  war  nicht  anerheblich  höher  als 
festgesetzt.  Uie  beiden  Firmen  versicherten  zwar,  sie  würden  in 
einiger  Zeit  VersuchsgeschUtze  herstellen  können,  welche  der  Be- 
dingung entsprächen.  Die  Kommission  war  aber  der  Ansiebt,  dafs 
dies  bei  derartigen  Konstruktionen  ohne  Beeinträchtigung,  der  Halt- 
barkeit kaum  zu  erwarten  sei;  eine  Zulassung  zu  VergleiobsTeisQoheo 
ohne  Innebaltung  der  Bedingung  erschien  der  Kommission  nicbt 
ratBam,  ebenso  wenig  war  sie  aber  für  einen  Anfscbnb  jener  Ver- 
saebe  und  so  haben  de  riob  anf  die  beiden  Konstruktionen  von 
Krupp  und  Cockerül  bescbränki^) 

1d  Norwegen  hatte  das  Feldaengmeteter-ABift  ^en  Wettbewerb 
aosgesehrieben  und  ron  iolgenden  Firmen  BereiteridiniDgen  eriullen, 
znm  September  1899  den  Bedingungen  entepieehende  GeBohtttse 
mit  Mniütlon  znm  Vennehe  an  steUen: 

1.  Aimstrong,  Whitworth  &  Co., 

2.  Skoda  in  PHsen  (Böhmen), 

3.  Rheinisehe  Hetallwaaienfabiik  in  Düsseldorf; 

4.  Sehneider  in  Le  Cieasoi 

5.  St.  Chamond, 

6.  Hotohkilh. 

Die  Finnen  Krapp  nnd  VielLeis  hatten  erUSit,  GeBohtttae 
zom  gleichzeitigen  Versneh  mit  den  Modellen  oben  genannter  Firmen 
nicht  liefern  zn  wollen,  Coekerill  hatte  Itetne  bestimmte  Zosage  ge- 
geben. Krupp  sowohl  als  Coekerill  hatten  sieh  zum  Versneh  in 
Schweden  im  Herbst  1899  bereit  erklärti  erstere  Firma  aber  nur 
unter  der  Bedingung,  dafo  alle  angelassenen  Hnster  die  bekannten 
Fordemngen  hinsichtiieh  des  Gewiebts  nnd  der  Abmessungen  exfUlten. 
Danach  mnlitte  der  gemeinsame  Vergleiehsversneh  vor  dem  vereinigten 
tfehwediseh-norwegischen  Komitee  unterbleiben. 

Die  sohwedischen  Mitglieder  des  Komitees  haben  noch  ein 
besonderes  Gutachten  abgegeben,  woraus  wir  folgendes  als  besonders 
interessant  entnehmen.   Auf  Grund  der  bei  der  Studienreise  ge- 

')  Es  ist  nicht  itekanrit,  welche  Konstniktion  von  Schnellfeaer-Feld- 
kanonen  System  Krupp  gewühlt  war,  vua  Coekerill  konnte  nur  die  in  der  Um- 
sehaa  Tom  Deitimber  1899  geMhUdeite  Tertretea  setn. 

JtlwbKokw  Ar  dl«  dMiMk*  AnnM  «ad  Maria*.  Bd.  tli.  S  28 


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^56 


Unaehtn  taf  nUitibteoliiilBefaeiik  Gebiet 


wonnenen  Einsicht  an  Ort  nnd  Stelle  haben  die  liiBtglieder 
der  sehwedischea  BdsekommiKion  rieh  dahin  aoBgeeproohen,  dals 
sie  bei  den  drei  in  Norwegen  angemeldeten  VennehsgeeehtttEen  Ton 
Armstrong  (England),  Skoda  (Östreireieh),  Hotchkifs  (Frankreieh) 
keinen  Anlafs  geftmden  haben,  eme  weitere  Prttfhng  desselben 
anzulegen.  Das  Versnehsgeschttte  der  Rheinischen  HetaUwaarenfabrtk 
wurde  als  bis  Jetst  gans  unbekannt  nnd  nnerprobt  bezeichnet 

Ein  gememsamer  Versnob  im  nächsten  Jahre  mit  Batterien 
von  Sehnellfeaerkanonen,  welche  znr  Annahme  in  Frage  stehen, 
erscheint  den  schwedischen  Mitgliedern  des  Komitees  nicht  nnvorteil- 
baft,  weder  in  artilleristlsoher  noch  in  Ökonomischer  Beziehmig,  yor- 
ansgesetet,  dab  filr  Schweden  dadnieh  kein  Anfechnb  in  der  end- 
gültigen Annahme  eines  Systems  entsteht 

Der  schwedische  Reichstag  hat  für  diesen  entscheidenden 
Veisnch  hi  1900  bereits  die  Snmme  von  235000  Kronen  für  Ma- 
terial nnd  Munition  angewiesen.  Es  ist  dabei  der  Wnnsoh  zum 
Ansdmck  gekommen,  dals  bei  einer  späteren  Lleferang  des  nenen 
Materials  die  schwedische  Industrie  thnnlichst  Berflcksiobtignng  er- 
£dire. 

FUr  den  Versuch  im  gröberen  Malsstab  hat  die  schwedische 
Kommission  das  Sebnellfener-Feldggeschtitzder  Firma  Fried. 
Krapp  vorgeschlagen.  Dasselbe  hat  sich  nach  der  Erldärung  der 
Kmmnission  in  den  Hauptsachen  vOllig  feldmälsig  erwiesen.  Dieses 
Geschütz  erfüllt  die  Forderungen  an  ein  zeitgemälses  Schnellfener- 
Feldmaterlal  in  solchem  Grade,  dafs  es  der  Kommisrion  ratsam  er- 
schienen ist,  den  Versuch  mit  ihm  in  einem  grölseren  Mabstab  fort- 
Kusetzen.  (Schwedische  Artilleiie-Zeitschrift,  Y.  lieft  18d9.) 

8.  Schweiz. 

Die  Kommission  für  die  Neubewaffnung  der  Feld-Artillerie 
bat  sich  ftlr  die  Vornahme  weiterer  Versuche  anspesprochen, 
bevor  den  eidgenössischen  Räten  ein  Kreditbegehren  zur  PMufUbrung 
der  neuen  Schnellfeuergeschfltze  ein^^ereicht  wird.  Die  Keobe- 
wafihnng  wird  sich  somit  noch  weiter  hinausziehen,  als  nrsprthi^^lich 
in  Aussicht  genommen  war.  Die  Kosten  werden  auf  18  Millionen 
Franks,  inbegriffen  die  Manition,  veranschlagt 

Der  Bundesrat  ist  demnach  mit  seiner  ursprünglichen  Absicht 
nicht  dürph<:edrungen,  wonach,  wie  in  letzter  Umschau  auf  Grund 
unserer  Informationen  dargelegt  war,  Anfang  1900  spätestens  die 
Entscheidung  fallen  sollte.  Die  Neubewaflnung,  so  hiels  eSi  vertrage 
keinen  Aufschub.  Die  Herbsttagung  der  Bundesversammlung  zeigte 


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Uinaohau  aut  milttärtecbniächüm  Gebiet. 


357 


das  Bestreben,  eher  die  MUitSraiMgibeii  herabznseteen,  als  neae 
Summen  zu  bewilligen.  Doeb  ist  hier  wolil  nicbt  der  Ansseblag 
gegeben  worden,  sondern  mebr  in  der  Konunissioo,  wo  eine,  andere 
StrOmnng  zur  Geltang  gekommen  m  sdn  sebeint,  welcbevon  den  GesehflteE- 
Iconstroktionen  von  Kordenfelt  (Paris),  wobl  anob  von  Schneider 
m  Grensot  nnd  von  Si  Cbamond  eine  hohe  Heinang  hat.  Ganz 
speziell  ist,  soweit  wir  Übersehen,  die  Konstruktion  Ton  Cockerill- 
Nordenfeit,  Uber  welebe  in  letzter  Umsehaa  unter  „Belgien"  ein- 
gehend beriebtet  worden  ist,  ins  Aage  gefa&t,  einmal  des  exeen- 
trisehen  Sehraabenversohlnsses  von  Kordenfelt  halber,  sodann  weil 
man  wegen  des  (wenigstens  in  der  Theorie)  freibleibenden  Laffeten- 
sehwanzes  einen  leichteren  Zielwechsel  annimmt  Man  hat  hier  die 
Hemmong  durch  zwei  Hemmkeile  oder  Gleitschuhe,  welche  durch 
Excenter  mit  der  Achse  und  durch  einen  horizontalen  Bremsbaum 
miteinander  yerbnnden  und  beim  Schielsen  sich  unter  die  Räder 
legen.  Es  soU*  damit  gleichzeitig  die  Hemmung  beim  Fabren 
bewirkt  werden.  Hierfklr  liegt  aber  der  Bremsbanm  etwas  tief  nnd 
es  kann  auf  einem  Boden  mit  vielen  Unebenheiten  eine  Behinderung 
eintreten.  Beim  Hang  des  Bodens  nach  rom  kommt  das  Geschütz 
leicht  ins  Bollen;  beim  Hang  nach  rttckwärts  legen  sich  die 
Räder  auf  den  Keilen  unter  Umständen  so  fest,  dals  das  Nehmen 
der  Seitenriehtung  sehr  erschwert  wird« 

Die  Lösung  des  Problems  einer  Schnellfener-Feldkanone  ist 
durch  den  Bescblnls,  wieder  in  das  Stadium  der  Vergleiohsveisaehe 
znrttekzutreten,  auf  längere  Zeit  hinausgesoboben.  E^e  sehr 
einsichtsTolle  schweizerische  Monatsschrift  sagt  gelegentlich  der 
hastigen  Umwandlung  englischer  Harinegesobtltze  in  Positionsgeschtttze 
für  den  Krieg  gegen  die  beid^  sttdafrikanischen  Republiken:  „Hoffen 
wir,  dafo  unser  Land  niemals  zu  ähnlichen  Ansknnfismitteln  zu  greifen 
branche,zudenenmanjetztio£nglandgezwnngeniBt,  weil  manes  versäumt 
hat,  sieh  b^  Zeiten  ein  ausreichendes  Material  fertig  zu  stellen!*^ 
Nach  der  ganzen  politischen  Lage  ist  ja  nicht  zu  erwarten,  dals  die 
Schweiz  durch  den  Aufschub  der  Bewaffnung  der  Feldartillerie  in 
eine  ähnliche  Lage  kommen  sollte,  vrie  jetzt  England  durch  den 
Mangel  an  Kriegsvorbereitnng  auch  in  Hinsicht  auf  das  Artillerie- 
Matnial;  so  traurig  werden  die  Folgen  nicht  werden.  Es  ist  nicbt 
ausgesprochen,  welche  Bedenken  man  gegen  das  Versucbsgeschlltz, 
iessen  günstiges  Verhalten  in  Schweiser  Berichten  des  vorigen 
Jahres  stets  hervoigehoben  wurde,  geltend  gemacht  hat.  Wir  haben 
Grund  anzunehmen,  dals  es  sich  um  die  Richtungsveritnderongen 
beim  Rttcklanf  handelte.  Darttber  hätte  man  aber  schon  bei  den 
Vergleichsversncben  von  1898  ins  Klare  kommen  können.  Ohne 

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868 


Uumhui  auf  mlfitirteoliidseheni  OeUet 


eine  Kontrolle  der  Richtung  nach  jedem  Schafs  aach  im  Schnellfeuer 
wird  man  bei  keiner  Konstruktion  an  Feldgeschützen  wegkommen, 
ist  diese  doch  auch  bei  Geschützen,  die  auf  festem  Unterbau  stehen, 
unentbehrlich.  —  Wenn  wir  recht  unterrichtet  sind,  sollten  die 
neuen  Vergleichsversuche  bereits  im  Februar  beginnen.  Es  ist  an- 
zunehmen, dafs  die  deutsche  Firma  mit  einer  ihrer  neuesten  Kon- 
stmktionen  hervortreten  wird. 

9.  Transvaal-Bepabllk. 

Die  südafrikanische  Kepublik  hat  sich  in  neuerer  Zeit  mit  mo- 
dernen Waffen,  sowohl  Gewehren  als  Geschützen  ausgerüstet.  Letztere 
sind  verschiedenen  Ursprungs,  teils  aus  Deutschland  von  Fried. 
Krupp,  teils  aus  Frankreich  von  Schneider  in  Le  Creusot 
stammend,  auch  solche  englischen  Ursprungs  sind  vorhanden. 
Unter  den  neueren  (ieschützen  werden  aufgeführt  von  Krupp  7,5  cm 
Schnellfeuer-Feldkunonen,  3,7  cm  Schnellfeuer-Gebir^'skanonen,  12  cm 
Feidhaubitzen.  von  Schneider  ebenfalls  7,5  cm  Schnellfeuer-Feldkanonen 
und  12  cm  Feldhaubitzeu,  auiserdem  15,5  cm  Positionsgeschütze. 
Aus  England  stammen  die  Konstruktionen  von  Maxim-Nordeuf  elt , 
der  sich  mit  \' Ickers  zu  einer  Firma  vereinigt  hat,  nämlich  7,5  cm 
Schnellfeuer-Feldkauonen  und  eine  gröüsere  Zahl  3,7  cm  automatischer 
Maxim-Geschütze. 

Die  französischen  und  englischen  Sehneilfeuergesehütze  der 
Transvaal-Buren  stimmen  im  allgemeinen  darin  überein,  dafs  die 
Kohre  Schrauben  verschlusse,  die  Geschütze  im  übrigen  Kohrrücklauf  mit 
P'lilssi^keitsbremsen  und  Hemmung  am  Boden  durch  Spuru  l)ezw.  bei 
Maxim-Nordenfelt  auch  durch  Kadbremsunghaben.  Über  die  Einrichtung 
der  Kruppschen  Schnellfeuergeschütze  ist  nichts  Genaueres  bekannt 
geworden,  es  lälst  sich  aber  atmehnien,  dafs  kein  Rohrrücklauf  ist, 
dagegen  Hemmung  des  RUckiauis.  durch  Federsporn  stattfindet,  die 
Rohre  Keilverschlufs  haben.  Es  stehen  hier  also  auf  derselben 
Kampf^eite  Vertreter  der  beiden  Hauptgruppen  von  Schnellfiuer- 
Feldgeschützen  im  Wettbe\v«Tb.  Es  wird  später  von  grofsem  Inter- 
esse sein,  etwas  Näheres  über  das  Verhalten  derselben  zu  erfahren, 
namentlich  wie  sich  die  Einrichtungen  zum  Kuhrrücklauf  im  Kriege 
bewährt  haben.  Im  ganzen  zeigt  sich  die  Artillerie  der  Buren  der 
englischen  überlegen,  was  dem  voUkonnneneren  Material  der  ersteren 
zum  Teil  auf  Rechnung  gesetzt  werden  kann.  Vermilst  wird  be- 
den  Buren  eine  ausreichende  \  ersorgung  mit  Schrapnels,  auch  wird  . 
häufig  über  nichtkrepierende  Geschosse,  anscheinend  bei  dem 
französischen  Material,  berichtet. 


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Umschau  auf  militärtechnischew  Gebiet 


359 


Die  15,6  cm  Grensot-KanoiMii  sind  in  nur  gerinSer  ZaU  Tor- 
iumden;  die  leteten  Bestellungen  sind  nicht  mebr  rar  Ablieferang 
gelangt.  Es  sind  keine  SchneUfenerkanonen  nnd  sie  sobieesen  mit 
Sebwarzpolver.  Die  Robre  ans  Stabl  mit  SduranbenTersoblnls  nnd 
4,20  m  lang  nnd  2680  kg  aekwer,  die  Lafieten  wiegen  8940  kg.  Die 
Granate  von  89,6  kg  Gewicbt  soll  mit  einer  Oesobtttzladnng  von 
9,9  kg  eine  Gescbwindigkeit  ^on  480  m  erhalten,  das  Sebrapnel 
wiegt  41  kg  ond  bat  480  Kngehi.  Die  Zünder  sollen  mangelhaft 
sein.  —  Aach  ein  pynamit-Gesebttts,  ähnlich  dem  von  Sims- 
Dndl^  sollen  die  Boren  haben.  —  Älteres  Material  aas  den 
achtziger  Jabien  amfabt  8  cm  Feld-  nnd  6  cm  Gebirgsgesobtttase  von 
Erapji.  —  Die  Oraige*Bnren  haben  haaptsäehlich  7,5  cm  Krapp- 
Fddkanonen.  —  Die  Aosstattong  der  Transraal-Baren  mit  Maxim- 
Maschinengewehren  erstreckt  sich  auf  die  Kaliber  von  11,4  and 
7,6  mm  nnd  soll  ehie  reichliche  sein. 

Die  Baren  hatten  1894  Henry -Martini- Gewehre  von  11,4  mm 
angekanft,  später  aber  eine  gröbere  Zahl  von  Mauser-Gewehren 
des  Kalibers  7  mm  aas  Deutschland  beschafft  Mit  letsteren 
sind  oe  der  engliscben  Infisateiie  überlegen,  obgleich  das  Maaser- 
gescbols  Tiel  weniger  gefthiliohe  Verwnndnngen  erzengt  als  das 
englische  Gescbols. 

Das  Maasergewehr,  welches  Air  anser  Grewehr  98  in  technischer 
Hinsieht  TorbUdlich  war,  wird  mit  Ladestreifen  geladen  nnd  ninunt 
5  PMronen  im  Magazin  aof,  welche  im  Zickzack  lagern.  Die 
Patrone  wiegt  24,8  g;  das  Geschob  11,2  g  schwer,  bat  einen  Hart- 
bleikem  nnd  einen  Vollmantel  von  nickelplaltiertem  Stahlblech.  Die 
Ladung  ist  2,5  g  Bl&ttchenpnlyer.  Das  Gescbols,  dessen  Qaerdichte 
29,1  g  aof  den  qcm  ist,  erfaSlt  eine  Geschwindigkeit  Ton  728  m. 
Die  Bewegangsarbeit  an  der  MUndong  ist  308  mkg.  Das  Gewehr  wiegt 
ohne  Bi^onett  nnd  mit  leerem  Magazin  4  kg.  Die  Visierang  geht 
bis  2000  m.  Das  Gewehr  bat  einen  CylinderdrehTcrschlais  mit  2 
senkrechten  Stiltzwarzen.  Der  Lauf  ist  im  hinteren  Teil  vom 
hOlzemen  Haadschatz  omgeben.  —  Der  YoUsNlndig  bestrichene  Banm 
von  der  Mllndnng  an  betrttgt  gegen  den  stehenden  In&nterlsteii 
600  m,  gegen  den  Reiter  700  m.  Die  Elndringangstiefe  des  Ge- 
schosses in  TannenhobB  dicht  tot  der  Mllndnng  ist  140  cm.  Es 
lassen  sich  25  gezielte  Schafs  in  der  Minute  abgeben. 


860 


ümschao  in  der  MilitSr-Lltteratnr. 


XXVIII. 

Umschau  in  der  Militär-Litteratur. 


L  Ausl&iduche  Zeitoehnfken. 

Strefleiirs  Astemiehisdie  lUlitSriseheZeitsolirift  (Januar  1900.) 
Der  Entwurf  des  Bxerzier-Reglements  fQr  die  französische  FeldartUlerie, 

—  Die  Kämpfe  Italiens  gegen  Abessitiien  1804 — 1896.  —  Das  neue 

Exerzierreglement  für  die  deutsche  Feldartillorie.  —  Ein  österreichischer 
Veteran.  —  Tornister-Tragbahre,  Tornister-Z«'lt.  -  -  Feldmarsrhall  Leut- 
nnnt  Franz  Baron  Uchatius,  —  Die  Belaixeninir  von  Ladysmith.  —  Ver- 
pflfiiunj^  und  Train  der  Eni^länder  in  Südafrika. 

Organ  der  nillitürwisseiisehaftlielieii  Vereine.  (J a h rjj^an tr  1^09.) 
f).  (Schlufs-)Heft.  Österrciciior  und  Küssen  in  Italien,  1799.  (Hierzu 
2  Tutein.) 

Hitleilungeu  über  (veg^nstSiide  des  Artillerie-  und  Geniewesens. 
(Jahrgang  1900.)  1.  Heft  Obersicht  der  Versuche  auf  dem  (}ebiete 
des  Artillerie»  und  Waffen-Wesens  in  den  Jahren  1898  und  1899.  * 
Zur  Theorie  der  SicherheitssprensrstotTc  —  Die  Beanspruchung  der 
Kanenenrohre  nach  der  dynamischen  Theorie. 

Amieeblatt.   («»st erreich.)    Nr.  1.    Die  Kriegslair»*  in  >^üdafnka. 

—  !)oktor  Kronawt'lter  und  der  arme  Leutnant.  —  Mas«  hint'np'\vehre 
und  Panzerzüge  (Schlufs  in  Nr.  2).    Nr.  2.  Heeres-  und  .Marine-Fragen. 

—  Der  Krieer  in  Südal'rika.  -  Der  englische  Soliiat.  —  Wie  .\dmirai 
Cervera  prophezeite.  Nr.  3.  Lassen  Sie  die  .Vnuee  in  Kuhel  (Worte 
Kaisers  Franz  Josef  an  den  tschechischen  Abgeordneten  Siransky).  — 
Der  Wert  der  Feldbefestigung.  —  Der  Krieg  in  Sfidafrika.  ~  Das 
Zepelinsche  Luftschiff.  —  General  Albert  Fürst.  Nr.  4.  Franz  v.  Karst  f. 

—  Die  Mannschaftsschule.  —  Geschichte  des  Fel4)Sgerbataillons  Nr.  8. 

3liIitär-Zeitung.  (Österreich.)  (Jahrgang  1900.)  Hr.  1.  Das 
Miiitärjahr  1899.  —  Automobiis  im  Feldkriege.  Nr.  2  Tnser  Offizier- 
mangel. ~  Die  britischen  Heereseinrichtungen.  —  Die  i  u^si'srhe  Trup- 
penkonzenirierung  bei  Kuschk.  -  r>er  Krieg  in  Afrika.  -  Nr.  3. 
Kaiserworle.  —  Das  Zepelinsche  lenkbare  Luftschiff.  Nr.  4.  üfüzier 
und  Bürger.  —  Der  Krieg  in  Afrika. 

Journal  des  sciences  müitaires.  (Januar  1900.)  Anmerkung 
über  die  Lage  der  Engländer  im  Flufsgebiet  des  Yang-Ts^-Kiang.  — 
Vorbehalte  bezüglich  der  praktischen  Bedeutung  des  Schiefsens  in  ge- 
neigtem Gelände  unterhalb  der  Visierlinie.  —  Über  die  «Reserve-Armee 
von  1800"*  (Schlufs).  ^  Der  Gebirgskrieg.  —  Studie  über  die  Organi- 
sation der  Küstenverteidigung.  —  Die  Ernähiung  der  Armee.  —  Der 
österreichische  Erb fol bekrieg  (1740—1748).  Feldzug  in  Schlesien 
(1741—1742.  Ports.).  —  Beförderung  der  Zukunft  und  Vegttngung  der 
Armee-Cadres. 


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Unuoliatt  in  der  MiliUr-Uttenfenr. 


861 


Revue  militaire  umverteile.  (Janti ar  19W.)  Nr.  94.  Allgemeiner 
Bericht  über  die  Gesamtlage  von  Madagaskar  (Forts.);  von  General 
Gallieni.  ~  Die  Belagerung  von  Pfalzburg  1Ö70  (Forts.).  —  Unter- 
suchungen über  geheuchelte  Krankheiten  und  SelbBtYeretümmelungen, 
beobachtet  von  1859—1896  (Ports.).     Studie  über  eine  taktische  Präge. 

Rerve  do  eerde  militaire.  (Jahrgang  1900.)  Nr.l  Ausbildung 
der  Gadres  und  Speeial'Übungen  des  SaniUltsdienstes.  -  Die  Ver- 
mehrung der  deutschen  Flotte.  —  Der  Krieg  in  Transvaal  (Forts,  in 
Nr.  2.  3,  4).  Nr.  2.  Die  transsaharischc  Eisenbahn.  (Mit  Karte.) 
iSchUifs  in  Nr.  3  ii.  4.)  —  1  »ie  italienische  Kriegsschule.  (Schlufs  in 
Nr.  .'').  Nr.  4.  l'er  Bankerott  des  Saivenfeuers.  —  Deutschland.  Die 
Feliiariillerie  im  Jahre  19()0. 

Camet  de  la  Sabretache.  (31.  Dezember  lö99.)  Nr.  12.  Der 
Ursprung  der  vormaligen  18.  Chasseurs.  —  Beschwerden  der  Veteranen 
(1814—1818).  —  Die  Verabschiedung  Jouberts  (Januar  1798).  —  Archive 
der  Infanterie.  Ausrüstung  des  ftanzösischen  Infhnterieoffiziers.  — 
Der  Soldat  früherer  Zeiten.  —  In  Vergessenheit  geratene  Uniformen. 

Revue  dlaHuiterie.  (Januar  1900.)  Manöver-Disziplin  (Schlufs). 
—  Verteidigung  von  Anhöhen  gegen  Infanterie  (Schlufs).  -  rreschichte 
der  Intanterie  in  Frankreich  (Forts.).  —  Schiefsen  mit  schwachen 
Ladiing«  n  ( Zi nun eii^e wehre)  bei  der  Infanterie  (Forts.).  —  Eine  Feld- 
dien.st- Autgabe  (Furtü..). 

Revue  de  Cavalerie.  (E)ezember  1899.)  Die  Beförderung  der 
Leutnants  in  der  Kavallerie.  —  Neue  Worte,  alte  Lieder  (Forts.).  — 
Anmerkungen  Über  das  militttrische  Zureiten  (Ports.).  —  Die  Kavallerie 
der  I.  u.  II.  deutschen  Armee  in  den  Tagen  vom  7.  zum  15.  August 
1870  (Obers,  des  Peletsehen  Werkes.)  (Pbrts.). 

Revue  d'ArtUIerie.  (Januar  1900.)  Peuerverteilung  der  Artil- 
lerie (Forts.).  —  Schiefsvorschrift  der  deutschen  Feldartillerie.  —  An- 
merkung über  das  verdeckte  Aufstellen  der  Batterien.  —  Das  auto- 
matische Mauser -Mehrladegewehr.  —  Russischer  Entwurf  für  das 
bchiefsen  aus  Küstengeschützen. 

Revue  du  Genie  militaire.  (Januar  1900.)  Studie  über  be- 
ständige Befestigung  (Schlufs).  — Die  deutschen  Pioniere  1870  (Forts.).  — 
Automobiler  Transporteur  bei  Schwebebahnen.  —  Ventilation  des  Gott- 
hard-Tunnels. 

La  France  nilitaire.  Hr.  4738.  Verteidigung  der  Kolonien  — 
unterseeische  Kabellinien.  Prankreich  hat  mit  seinem  Kolonialbesitz 
nur  durch  englische  Kabel  Verbindung.  England  kontrolliert  dadurch 
im  Frieden  den  französischen  Handel:  im  Kriege  mit  England  verliert 
Frankreich  jede  Verbindung  mit  seinen  Kolonien.  Der  Krieg  in  Süd- 
Afrika  hat  dies  zur  Erkenntnis  gebracht.  Verschiedene  Entwürfe  liegen 
vor,  aber  das  Sicherste  für  unsern  afrikanischen  Besitz,  so  sagt  das 
Blatt,  bleibt  die  telegraphische  Verbindung  auf  dem  Landweg  durch 
die  Sahara.  —  Die  Militär-Attaches  werden  für  unentbehrlich  erklärt,  um 
sich  über  Veränderungen  und  Fortschritte  in  fremden  Armeen  auf  dem 


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362 


Uaiduut  in  der  MiUtÄr-Litteratar. 


LtttftodeD  m  «riiatton.  Fnuiknteh  denke  oieM  dana,  sie  ateabe- 
nilen  (?).  Mw.  4789.  Die  Ureiebeii  eines  SfiÜBerfblgB.  Der  Plan  der 
EngÜnder,  ihre  Streitkrfifle  vieifiwh  au  teilen  (petito  paqaets)  war 
fehlerhaft  Der  Schwerpunkt  lag  Im  Osten«  von  Durban  9xd  Pratoria. 

Die  kolonialen  Unternehmungen  gegen  acUecht  bewaffnete  Völker- 
schaften oder  Aufständische,  Gegner  ohne  militärische  Ausbildung, 
waren  für  die  englische  Armee  eine  ebenso  schlechte  Vorschule  für 
den  grofsen  Krieg,  wie  die  Peldzüge  in  Algerien  vor  1870  für  die 
Franzosen.  —  Herbstmanöver.  Die  eine  Partei  soll  aus  dem  V.  und  IX.. 
die  andere  aus  dem  IV.  Armeekorps  bestehen,  zur  ersteren  stöfsl  die  7.. 
zum  letzteren  die  1.  und  6.  Kavallerie-Division.  Die  Manöver  sollen 
in  der  Gegend  von  Chateandnn  sein.  Kr.  4740.  Die  Festungen  und 
die  Strategie.  Festungen  bringen  eine  grofse  Gefahr,  wenn  sie  einen 
Teil  der  aktiven  Truppe  festlegen  an  einer  Stelle,  wo  sie  der  Ent- 
wicklung der  strategischen  Manöver  nicht  zu  gute  kommen.  Anwendung 
auf  die  Engländer  in  Ladysmith.  Nr.  4741.  Der  kleine  Krieg.  IV.  — 
—  Herbstmanöver  I>as  IV,  und  X.Armeekorps  mit  der  1.  Kavallerie- 
Division  unter  Brugere  g*'g<*n  das  V.  und  IX.  mit  der  .">.  Kavallerie- 
Division  unter  Lucas,  die  Oberleitung  hat  Jamont.  Nr.  4742.  Mili- 
tärische Vorlagen.  IV.  Militär-Justiz.  Nr.  4744.  Die  Lehre  des  Kriegs. 
Einfache  Beobachtungen.  Nr.  4746.  1899—1900.  Betrachtung  beim 
Jahres-  und  Jahrhundert-Weehsel.  Hr.  4747.  Das  Avancement  in  der 
Inliuiterie.  IL  —  Sittliche  Theorien.  Die  Engländer  wollten  am  Tage 
der  Sohlacht  an  der  Alma  ihre  Truppen  nicht  in  Marsch  setzen»  bevor 
sie  ihr  Frfihstttck  eingenommen  bitten.  Auch  jetzt  wird  den  Eng^ 
ländem  vorgeworfen,  dafs  sie  zu  sehr  am  Wohlleben  hängen.  Man 
soll  dem  Soldaten  nicht  blofs  sagen,  was  er  zu  fordern,  sondern  auch 
was  er  zu  leisten  hat.  Nr.  4749.  Milit.irische  Vorlagen.  V.  Die  provi- 
sorische Annahme  der  mit  der  1  nenstzcit  sleigetulen  Pensionen.  Nr.  4750. 
Die  Iststärken  der  Infanterie.  I.  —  Die  Lanzenreiter.  I.  I»ie  (ininde 
der  Abschartung  nach  dem  Kriege  1870/71  waren:  Notwendigkeit,  der 
gesamten  Kavallerie  eine  Feuerwaffe  zu  geben;  schwierige  Ausbildung 
bei  der  verkürzten  Dienstzeit;  geringe  Wahrscheinlichkeit  von  Kimpfen 
derKavallerie  gegen  Infonterie  imZukunftskrieg;  beimZosammenstofs  der 
Kavallerie  sei  die  Lanze  von  Nachteil  Nach  Ansicht  des  Verfassers  waren 
die  meisten  Gründe  nicht  stichhaltig.  JXr.  4761  Der  kleine  Krieg.  V.  — 
Die  Lanzenreiter  IL  —  Nr.  4753.  Ausfall  der  (  bungen  von  Reserve 
und  Territorial- Armee  im  Ausstellungsjahr.  Nr.  4756.  Die  Iststärken 
der  Infanterie.  IL  Es  wird  gegen  die  meisten  Dispense  von  der  vollen 
aktiven  Dienstzeit  auf  Grund  des  Artikel  23  des  Wehrgesetzes  ge- 
sprochen, es  genüge  für  die  Lehrer  und  Geistlichen.  Alle  anderen 
könnten  voll  dienen,  wie  Advokaten,  Arzte,  Schüler  von  Handelsschulen 
etc.  Nr.  4766.  Dos  ächiefsen  in  der  Zukunft.  Geht  von  der  Über^ 
legenheit  der  Buren  Uber  die  Bngl&nder  infolge  der  SoUeJhfertigkeit  aas. 

Le  Fregrta  aülltaife.  Nr.  8002.  DerSftbel  und  das  neue  Regle- 
ment. —  Daa  Beflirderungs-Ritsel.  I.  —  Der  südafrikanische  Krieg 


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Umschau  in  der  Miliuir-Litterfttor. 


363 


(Ports,  in  Nr.  2005,  2007,  2006).  Vr.  2006.  Die  von  der  Beförderung 
AusgesohlosBenen.  Hr.  2007.  Ausgewählte  Offiziere  und  Offiziere  ohne 

Zukunft.  —  Nach  dem  Militärbudget.  (Behandelt  besonders  die  Untere 
Stellung  der  Kolonialarmee  und  der  Küsten  Verteidigung  unter  das 
Marine-Ministerium. I  Nr.  2008.  Öffentlichkeit  der  Beförderungsüsten.. 
—  Verwaltungs-  und  Satiitäls-Horsfuial  der  Kolonialarmee. 

La  Belgique  railitaire.  Nr.  1492.  I'er  anglo-transvaalsche  Kriea: 
(Forts,  in  Nr.  1493,  Hdb.)  Nr.  1493.  Lord  Roberts.  —  Die  Krofsen 
Manöver.  Studie  über  ihre  Ausführung.  Nr.  1494.  Das  belgische 
Gewehr,  verglichen  mit  dem  Trans vaal-Oewehr.  —  Das  Lyddite.  — 
Die  Wirkungen  Uehnkalibriger  Geschoese. 

Bevme  militaire  Misse.  (Januar  1900.)  ManOver^Eindrücke.  — 
Der  indirekte  Schufs.  —  Die  Befestigungen  in  Österreich-Ungarn. 

Schweizerische  Zeitschrift  für  Artillerie  aad  Genie.  (Dezember 
1899.)  Die  Thätigkeit  der  deutschen  Festangsartillerie  bei  den  Be- 
lagerungen, Beschiefsungen  und  Elnschliefsungen  im  deutsch- französi- 
schen KriofTo.  (Hespr.  d.  Müllorschen  Werkes.»  —  Die  neuen  Vorschriften 
der  deutschen  Feldartillerie.  —  Das  rauchlose  Maxim-Schüpphaus-Pulver. 

—  Die  BodeutunET  des  Exerzierplatzes  und  des  Geländes  für  die  Aus- 
bildung der  Feldarlillerie. 

AUgemdae  Schweizerische  Hiiit&rzeitung.  (Jahrgang  1900) 
Mt.  1.  Einige  Beobachtungen  bei  den  deutschen  KaisermanOvem  1899 
(Sehlufs  in  Nr.  2).  —  Die  Kriegslage  auf  dem  westlichen  Kriegsschau- 
|»latz.  Hy.  2.  Die  Kriegslage  in  Südafrika.  Hr.  3.  Die  Herbstmanöver 
1899  (Fort.s  in  Nr.  4).  —  Die  Neuorganisation  der  deutschen  Feld- 
artillerie.    Nr.  4.   Das  Va-banque-Hpie!  des  Generals  Buller. 

Army  and  Navy  üazette.  Nr.  2082.  Die  militärische  Lage  in 
Südafrika.  —  Zusanimenstelluni:;  der  iü'iegsereijrnisse,  in  taireweise 
geordneten  Mitteilungen  (Forts,  in  Nr.  2083).  —  Verlustlisten,  re^i- 
menterweise  geordnet.  —  Offizielle  Aufstellung  der  Etappen-Linien  in 
Südafrika,  mit  Angabe  der  zu  diesem  Zweck  gebildeten  Kommando- 
St&be.  Hr.  2068.  Die  mflitärische  Lage  in  Südafrika.  Kritische  Be- 
trachtung über  die  Niederlage  des  General  Buller  am  Tugela.  —  Das 
Kommando  in  Südafrika.  Bemerkungen  über  die  Sendung  Lord  Roberts 
zum  Kriegsschauplatz.  —  Saehverstindige  und  Kritiker.  Richtet  sich 
gegen  die  meist  unverständigen  Kritiken  der  öfTentlichen  Blätter  über 
die  militärischen  Mafsnahmen  in  Südafrika.  —  Ursachen  der  Nieder- 
lage Bullers  am  Tugela.  —  Urteile  der  deutschen  Presse.  —  Nament- 
liche V'erlustliste 

Journal  of  the  Royal  United  Service  Institution.  Nr.  262. 
Moderne  Waffen  in  ihrem  Einflufs  auf  Taktik  und  Organisation.  All- 
gemeine Betrachtung  über  die  taktischen  Veränderungen  in  den  letzten 
Jaluzehnten  unter  Hinweis  auf  die  Erthhrungen  in  den  letzten  Kriegen. 

—  Mttitär-Btatistisohe  und  strategische  Betrachtung  Indiens,  mit  einem 
zukünftigen  Kriegsplan.  Aus  dem  Russischen  übersetzt.  —  Ldbells 
Jahresberichte  Über  Veränderungen  und  Portschritte  im  Militärwesen.^ 


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364 


Umschau  in  (ier  iMilitar-Litteratur. 


—  Neu-Organisation  des  SanitStswesens  fm  Heere.  ~  Brief  eines 
Offiziers  aus  Ladysmitli.  —  Die  Probe^Mobilmachung  in  Rulsland.  Zn- 
-sammenstellungderdabeigemachten  Br&hntngen.nachrussischen  Quellen. 

Army  and  Navy  Journal.  Nr.  1894.  Bericht  des  General- 
majors Otis.  Eingeliende  Mitteilungen  über  seine  Operationen  auf  den 
Philippinfn  -  Eine  Xational-Universität.  Verlang:t  die  Eintührunsr 
■der  Militär- Wissens  chatten  für  die  Akademie  in  Washington.  —  Letzte 
Nachrichten  aus  Manilla.  —  l»ie  Lage  in  Südafrika.  Nr.  1896.  l>ie 
Operationen  im  Xonlen  von  Luzon.  Mit  Phin.  —  Kriegsleben  auf  den 
Pllilippinen.  —  Vor^chrit'ien  i'ür  das  Sanitäts-Korps.  —  Südafrika  und 
•die  Philippinen.   Ein  kritischer  Vergleich.  —  Der  Krieg  in  Südafrika. 

Bwsski  InTBlid.  Nr.  276.  Aufnahme  von  Offizieren  in  die  Nikolaus- 
Akademie  des  Generalstabes  im  Jahre  1899;  von  285  Offizieren  bestanden 
.55  die  Aufnahnie-Prüfüng  nicht,  davon  12  wegen  ungenügender  Kennt- 
nisse in  russischer  Sprache:  153  Offiziere  ^vurden  in  die  Ak  idemie 
aufgenommen,  aufserdem  ohne  Prüfung  4  bulgarische  Offiziere.  Nr.  277. 
Die  Kriegs-Akademie  und  ihre  Aufgaben :  von  General-Major  Mnksrhejew, 
Profes.*^or  d.  Gen.-St.-Ak.;  Verfasser  bespricht  die  Einrielitungen  und 
die  .\iilgaben  der  Kriegs-Akademien  in  Deutschland,  Österreich  und 
Frankr»'ich  und  stellt  dieieniut  n  der  Berliner  Kriegsakademie  als  .Muster 
für  die  in  Aussicht  genommene  Änderung  der  Organisation  der  rus- 
sischen Generalstabs-Akademie  hin.  Nr.  279.  Bs  werden  3  leichte 
Feldbatterien  neuformiert,  von  denen  je  1  der  19.  Artillerie-Brigade» 
der  1.  ostsibirischen  Art.-Brig.,  und  der  8.  Schützen-Artillerie- Abteilung 
zugeteilt  wird.  Nr.  282.  Bei  der  3.  Sappeur^Brigade  (Mil.-Bez.  K|jew) 
wird  ein  neues  Sappeur-Bataillon  (Nr.  21)  formiert.  Nr.  282.  284,  296. 
Die  neue  Vorschrift  für  die  Verpflegung  der  Truppen  im  Kriege. 
Nr.  286.  Die  bisher  mit  der  Michael-.\rtillerie-Akademie  verbiindt^no 
Michael-Artillerie-Schule  (Kriegsschub'l  wird  von  ersterer  getrennt  und 
mit  der  Konstantin-Artillerie-Schule  einem  gemeinsamen  Chef  unter- 
stellt. Nr.  1/1900.  Militärische  Übersicht  über  das  Jahr  1899.  Nr.  2. 
Am  30.  12.  la.  St.)  starb  in  Petersburg  Generalleutnant  Tillo,  einer  der 
wissenschafUich  gebildetsten  und  gelehrtesten  Offiziere  der  russischen 
Armee;  bis  Ende  1899  Kommandeur  der  87.  Division,  wurde  er  wenige 
Tage  vor  leinem  Tode  in  den  regierenden  Senat  berufen;  General  T. 
war  Vorsitzender  der  Abteilung  für  mathematische  Geographie  der 
russischen  geographischen  Gesellschaft,  Ehrenmitglied  der  Berliner 
geographischen  Gesellschaft,  korrespondierendes  Mitglied  der  Pariser 
und  Petersi)urger  Akademie  der  Wissenschaften  u.  s.  w.  Nr.  3.  Kaiser- 
Manöver  im  Jahre  1900  |s,  Aufsatz:  „Armee-  und  .Marine-Nachrichten 
aus  Hufsland"!.  —  Das  Reichsbudget  für  1900.  Nr.  5.  r>ie  Militär- 
schule in  W'tdsk  wird  in  ein  Kadettenkorps  mit  beschranklcni  sfchs- 
klassigen  Kursus  umgewandelt;  die  Hauptuulgabe  des  neuen  Kadetten- 
korps besteht  darin.  Kadetten  aus  anderen  Korps,  welche  in  ihrer 
wissenschaftlichen  Ausbildung  surttckgeblieben  sind,  aufzunehmen  und 
für  den  Eintritt  in  die  .untere  Klasse  einer  Junkerschule  vorzubereiten. 


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Umsobau  in  der  Militär-Utteratur. 


365 


Wajeiwüj  Ssbornik.  (Dezember  1899.)  Skizze  des  Aufstandes  in 
der  Herzegowina  1875  und  des  Montenegrinisch-Tarldschen  Krieges 
1876  und  1877.  —  Der  Krieg  (Übersetzung  des  Werkes  von  Clausewito) 
XII.  —  Die  Galizischen  und  Posenschen  Banken  wahrend  des  Auf- 
standes 1863  in  Polen  (Sclilufs).  —  Das  Schief8^vesen  in  den  fremden 
Ai-meen.  II.  —  Noch  etwas  über  das  Pferd  für  den  jungen  Offizier.  — 
.Artilleristische  Bemerkuniren.  V.  —  Die  Überwindung  künstlicher 
Hindernisse.  -  Materialien  zur  Frage  über  den  r>ienst  im  I>onheere. 
—  Kurzer  geschichtlicher  Rückblick  auf  die  Ableistung  des  Kriegs- 
dienstes seitens  unseres  Adels  und  die  Bildung  tMiier  Reichswehr 
(Schlufs).  —  Über  die  Bedingungen  und  die  Aufgaben  für  die  heutige 
Ausbildung  und  Erziehung  des  Soldaten.  —  Der  Sattel  und  das  Gepäck 
der  reitenden  und  fahrenden  Artillerie.  —  Die  Notwendigkeit  des 
MiUtftrgerichtes.  —  Bemerkungen  ttber  die  Pflichten  der  Mannschafben 
der  Reserve.  —  Die  grofaen  Manöver  in  Deutschland,  Österreich- 
Ungarn  und  Itniien  im  Jahre  1899. 

Isbofiiik  Raswjedtschika.  1899.  XIV.  In  Buchara.  —  Die  Re- 
montierung  der  Feld-Artillerie.  .Aus  den  Briefen  in  meiner  Junkerzeit 
1849.  —  Die  Russen  in  Kreta.       I>ie  Altersgrenze. 

Raswjedtsehik.  Nr.  477.  Das  Regiment  Nowo-Ingerinatinland  im 
Manöver.  —  L>as  fünfzigjährige  .Jubilautn  des  2.  Moskauer  Kadetten- 
korps. Nr.  478.  Taktisch«  Beschäftigungen  mit  den  Offizieren.  — 
Die  Stellung  der  Offlzierburschen  in  der  Familie  des  Offiziers.  — 
Reserve-RSder  für  die  Geschütze  und  Munitionsfahrzeuge.  —  Der  Krieg 
in  Transvaal.  Nr.  479.  Französische  Offiziere  in  der  russischen  Schieis- 
schule. —  Das  englische  TelegraphenbataiUon.  —  Das  Exerzieren  zu 
Pub  in  der  Artillerie  —  Nr.  480.  Die  Duelle.  —  Der  Krieg  in  Sfid- 
afirika.  —  General  Joubert. 

Wjestowoj  (Litttnaturblatt)  Nr.  53  enthält  die  Fortsetzung  einer 
Übersicht  über  die  Suworow-Litteratur.  — -  [»io  Schulbildung  der  Re- 
iüruten.  —  ('bersicht  über  die  russische  SoKlaten-Bibliothek. 

Russisches  Artillerie-Journal.  Nr.  12.  Artilleristische  Fragen.  — 
Zur  Instruktion  für  die  Leiirkommandos  der  Feldartillorie  und  Programm 
der  Vorbereitung  zu  ihren  Feuerwerkern.  —  Unterrichtsschiefsen  nach 
Blickfeuem.  —  Einige  Worte  vom  Projekt  eines  Reglements  des  Dienstes 
der  FuHsartillerie.  —  Gesellschaft  zur  Förderung  der  Militärwissen- 
schaften. 

L'Italia  militaro  e  marina.  Nr.  289.  Für  die  Offiziere  des  Ruhe- 
standes. Nr.  287.  Stehende  und  improvisirte  Heere.  Nr.  290.  Die 
Karabiniers  im  Prozefs  Xotarbartolo.  Abwehr  von  Anschuldigungen 
gegen  einzelne  Karabiniers,  als  hütten  sie  gecrenill)er  von  Mitghedern 
der  Maffia  Schwäche  oder  Begünstigung  ge/ei^t  Nr.  291.  Die  l)is- 
ziplin  und  der  Zeitgeist.  -  Der  Krieg  in  Transvaal  und  das  englische 
Heer.  Gute  Zahlenangaben  nach  der  „Nazione".  Nr  294.  Bekleidung 
und  Ansrflstung.  Nr.  295.  Eine  Avancementsft-age.  Nr.  296.  Die 
militärischen  Bedbigungen  am  Anfange  von  1900.  Nr.  297.  Neuer 


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366 


UniioIiAii  In  der  Hi]Itfr*Ilttttttar. 


Typ  eines  Schlachtschiffes  vom  Ingenieur  Caniberti.  1900.  Kr.  8.  Die 

militärische  Lage  von  Italien  am  Anfanp:  von  1900.  Hr.  3.  Das  neue 
Reglement  für  die  Kriegsschule.  Nr.  6.  Die  Rüstungen  und  der  Friede. 
Nr.  6.  Das  Fechten  in  den  Regimentern.  Nr.  8.  Die  Vergehon  im 
Heere.  —  Das  Budget  des  Kriegsministeriums  tür  1900/01  beträgt 
239  Millionen  Lire,  davon  22970000  ordenüiches,  16030000  aufser- 
ordentliches.  Nr.  9.  Die  Verbesserung  der  Arsenale.  —  Die  Torpedo- 
jäger  „Fulmine**  und  „Lampo". 

Rivista  Militare  Italiaaa.  (16.  Januar.)  Was  die  Kavallerie  ist 
und  was  sie  sein  mfilste.  —  Knegshunde. 

iisenito  Italiaao«  Hr.  156.  Neues  Reglement  für  den  Territorial- 
dienst Hr.  1  (1900).  Das  italienische  Heer  1899.  Hr.  8.  Die  sosiale 
Frage  und  das  Heer.  Nr.  4.  Der  Krieg  in  Transvaal  (Forts.).  Hr.  5. 
Die  Zusammensetzung  der  italienischen  Kriegsflotte.  Nr.  6.  Beratungen 
über  die  Reorganisation  der  Alpentruppen.  Nr.  7.  Drei  Monate  Boeren- 
krieg  (Forts,  in  Nr.  8).  Nr.  8.  Generale  in  politischer  AUssion.  Nr.  9 
u.  10.  Der  Transvaalkrieg. 

Revista  cientiflco-militar.  (Spanien.)  Nr.  1.  Die  Selbstfahrer 
im  Heere.  —  England  und  Transvaal  (Forts.). 

MMBaiial  delmgeBieros  deli||«n^t«.  (Spanien.)  Hr.  11  Bäsen- 
babn-Projelrte.  —  Seekrieg  und  Kttstenverteidigung  (Ports.). 

B«Ti8ta  Militare.  (Portugal.)  Hr.  1  Der  sttdafrikanische  Kriag. 
Beförderung  nach  Wahl  —  SelbstiUidige  Kavallerie. 

Krig.svetenskapsAkademiens-Handlingar.  (Schweden.)  Heft  84. 
Wie  mufs  ein  Militarlazaret  eingerichtet  werden?  —  Friedenskonferenz 
im  Haag. 

Norsk  Militaert  Tids.skrift.  (Norwegen.)  Heft  U.  .\ltc  Regi- 
mentstli.strikte.  —  Abteiiungsschiefsen  der  dänischen  Infanterie.—  Mitrail- 
icuben  für  Kavallerie. 

Militaire  Spectator.  (Holland.)  Nr.  L  Skoda  -  Schnellfeuerge- 
schtttse  (mit  Skizzen).  —  Prinz  Friedrich  der  Niederlande  und  seine 
Zelt.  —  Mitteilungen  über  Land  und  Seemacht  Chinas. 

MlUtttire  Qids.  Hr.  L  Die  Anlage  des  Transvaalkrieges.  —  Die 
britischen  Streitkrfifte  in  Südafrika. 

H.  Bücher. 

Die  Bedeutung  der  Deutschen  Kriegsflotte  für  unsere  Gegenwart 
und  Zukunft.  Von  Dr.  Heinrich  Weber,  Oberlehrer  am 
Viktoria-Gymnasium  in  Potsdam.  A.  W.  Hayns  Erben,  Berlin  und 
Potsdam.   Preis  25  Pfg. 

Jülianoen  seindt  gut,  aber  eigene  Krifle  noch  besaer^  heUat  es 
im  Testament  des  Grossen  Kurfürsten»  jenes  weitblickenden  Herrschers, 
der  mit  einer  auf  sem  mfichtiges  Gebot  erstandenen  brandenburgiscfaen 
Kriegsflotte  Rügen  eroberte  und  afrikanische  Kolonien  gründete.  Dafs 
wir  «eigene  Kräfte"  brauchen,  eigene  Kr&fte  nicht  nur  zu  Lande, 


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Umsohaa  in  der  MilitärJJtteratar. 


367 


sondern  auch  zu  Wasser,  um  durch  Seegewait  die  Reichsgewalt 
zur  Geltung  zu  bringen,  diese  Erkenntnis  liat  sich,  dank  der  ernsten 
Thätigkeit  unseres  Kaiserlichen  Kriegsherm,  dank  den  nnanfhörliclien 
Bemühungen  einsichtsvoller  Fachm&nner  und  weitbliokender  Vater- 
landsfivunde,  in  unserem  Volke  langsam,  aber  stetig  Bahn  gebrochen. 
Nach  don  verschiedensten  Richtungen  hat  sich  die  Presse  beeifert» 
aufklärend,  belehrend  und  warnend  auf  die  Gefahren  hinzuweisen, 
die  dem  deutschen  Handel,  der  deutschen  Wohlfahrt,  dem  deutschen 
Ansehen  drohen,  wenn  wir  nicht  alle  Kraft  daran  setzen,  uns  eine 
Kriegstlotte  zu  scharten,  die  ein  Wort  mitsprechen  kann,  wo  es  sich 
um  die  Lebensinteressen  des  Reiches  handelt.  Und  als  sollte  der 
deutsche  Philister,  der  es  noch  immer  nicht  begreifen  wollte,  zu 
welchem  Zwecke  ihm  solche  «Opfer*  zugemutet  werden  mflssen, 
durch  die  unerbittliche  Logik  krasser  Thatsachen  zum  Bewußtsein 
der  Lage  gebracht  werden,  hat  die  rflcksiohtslose  und  widerrechtliche 
Beschlagnahme  unserer  Schiffe,  wie  wir  sie  in  jUngster  Zeit  haben 
erleben  müssen,  auch  denen  die  Augen  gedflhet,  die  gleich  dem 
Vogel  Straufs  den  Kopf  in  den  Busch  stecken,  um  nicht  zu  sehen, 
was  sie  nicht  sehen  wollten 

Trotz  der  vielen  Flugschriften,  in  denen  die  Flotten  frage,  meist 
unter  Hervorhebung  der  zwingenden  Notwendigkeit  einer  ertieblicben 
Verstärkung  unserer  Seemacht,  besprochen  worden  ist,  mufs  auf 
die  vorliegende  Broschüre  als  eine  ungemein  klare  und  den  Kornpunkt 
treffende  Abhandlung  hingewiesen  werden,  das  sind  die  «Jahrbflcher 
für  Armee  und  Marine"  ihren  Lesern  schuldig. 

Der  Verfasser  begmnt  mit  einer  Darlegung  der  MachtverfaÜtnisBe 
und  der  wirtschaftlichen  Lage  Deutschlands,  wie  die  Orttndung  des 
Reiches  und  die  daraus  sich  ergebende  Neugestaltung  sie  hervor- 
genifen  hat.  „So  blühend  und  scheinbar  wuhlgesichert  auch  unsere 
Ausfiihrindustrie  hontitren  Tages  noch  (iasleht,  so  ist  doch  für  den 
weilerblickenden  Wirtschaftsp(ditiker  schon  jetzt  deutlich  zu  sehen, 
wie  schwere  Gefahren  ihr  in  einer  nahe  liegenden  Zukunft  drohen.** 
Die  Bevölkerung  Deutschlands  vermehrt  sich  in  immer  steigendem 
Mafse,  die  Industriebevölkerung  gewinnt  immer  mehr  das  Ueber- 
gewicht  tiber  die  Ackerbau  treibende,  „das  Deutschland  von  heute  mufe 
über  die  See  verkaufen  oder  untergehen."  Wir  dürfen  uns  um  keinen 
Preis  «von  der  See  abschneiden  lassen",  das  wäre  für  Deutschland 
schlimmer,  wie  für  jedes  andere  Land.  Unsere  Handelsflotte,  die 
lÄngst  die  französische  überholt  hat  und  nach  der  englischen  die 
zweite  Stelle  einnimmt,  wird  von  7  Panzerkreuzern  geschützt,  während 
Frankreich  37.  England  110  solcher  Kreuzer  besitzt.  Während  unsere 
Kriegstlotte  1885  —  freilich  in  grofsem  Abstände  nach  oben  —  die 
dritte  Stelle  unter  den  Flotten  der  \\  eit  euinahm.  ist  sie  Jetzt  von 
Rufsland,  Amerika,  Japan  und  Italien  überholt,  also  in  den  siebenten 
Hang  herabgesunken.  Was  das  aber  zu  bedeuten  hat,  darüber 
belehrt  uns  England  selbst,  we^n  in  der  Saturday  Review  (11.  9. 97) 


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368 


Umsohau  in  der  Miiiiar-Liiteratur. 


ZU  lesen  steht:  „Es  giebt  in  Suropa  zwei  groÜBe  unversöhnliche  ent- 
gegengesetzte Kräfte,  zwei  grolse  Nationen,  welche  die  ganze  Weit 
zu  ihrer  Domäne  machen  mdchten,  England  und  Deutschland  wett- 
eifern miteinander  in  jedem  Winkel  des  Erdballs.  —  Wenn  Deutsch- 
land morgen  aus  der  Welt  vertligt  würde,  so  gäbe  es  übermorgen 
keinen  Encrliindcr  in  ilor  Welt,  der  nicht  um  so  reicher  sein  Nsürde. 
Völker  haben  jalirelan,!?  um  ein  Erbfol.irerecht  oder  eine  t?tädt  gekämpft; 
müssen  sie  nicht  um  einen  jährlichen  Handel  von  250  Millionen  Pfund 
♦Sterling  Krieg  führen?** 

In  einem  Kriege  gegen  England  würden  uns  selbst  die  Unter- 
stützung der  italienischen  und  Gsterreiohischen  Flotte  nichte  helfen, 
und  überdies  würde  gegen  diesen  Feind  solche  Hilfe  nicht  einmal  zu 
haben  sein.  Hören  wir  die  sehr  auftichtige  Saturday  Review  noch 
weiter:  „England  ist  die  einzige  Grofsmacht.  welche  ohne 
enormes  Risiko  und  ohne  Zweifel  am  Erfolge  Deutschland  bekämpfen 
kann.  Deutschlands  Bund»  ^Lrcnitssen  würden  nutzlos  sein.  Deutsch- 
lands Schiffe  würden  bald  auf  dem  Grunde  des  Meeres  liegen.  Ham- 
burg und  Bremen,  der  Ki<"ltM'  Kanal  und  die  (»stseehäten  würden 
unter  den  Kanonen  von  Knghinü  liegen.  Wenn  unser  Werk  geihan 
wäre,  könnten  wir  7ai  Frankreich  und  Hufsland  sagen:  Nehmt  inner- 
ijaib  Deutiichlaüds  was  ihr  wuilL,  ihr  könnt  es  haben  I  —  Ceterum 
censeo  Qermaniam  esse  deleDdam.** 

Diese  Auslassungen  lassen  an  übermütiger  Unverfh>renheit  nichts 
zu  wünschen  übrig.  Wenn  auch  der  wacl^ere  Brite  übersehen  hat, 
dafis  Frankreich  und  Ruisland  gegenüber  uns^  Landheer  noch  ein 
Wörtchen  mitzusprechen  hätte.  w.Min  es  sich  um  die  „Entschädigungen" 
handelt,  so  haben  wir  Deutsche  den  entgegengesetzten  Hechnungsfehler 
geinacht,  die  Macht  unseres  henlichen  Heeres  zu  ülterschätzen.  weil 
wir  unsere  Erfolge  von  lb64  bis  1871  nur  (i»'r  Landarmee  verdanken. 

.,Wenn  es  so  wie  bisher  weitergeht",  sagte  Heinrich  von 
Treitschke  angesichts  der  deutschen  Wasserscheu,  so  eröffnet  sich 
die  gräfsliche  Aussicht,  dafs  England  und  Rufsland  sich  in  die  Welt 
teilen;  und  da  weifs  man  nicht^  was  unsittlicher  oder  entsetzlicher 
wäre,  die  russische  Knute  oder  der  englische  Geldbeutel.** 

Seit  der  Marinevorlsge  von  1898  haben  sich  die  Verhältnisse 
total  geändert:  unser  Kolonialbesitz  hat  sich  wesentlich  vermehrt 
und  erweitert,  sämtliche  Seemächte  entwickeln  eine  fieberhafte 
Thätigkeit,  um  ihre  Flotten  zu  vermehien  und  in  bessern  Stand  zu 
setzen.  Amerika  ist  erfolgreich  in  diesen  \\ ffrlH  werb  eingetreten. 

Was  jetzt  von  unsj-nn-  Marineverwaltung  gefordert  wird,  das  sind 
keine  „uferlosen  Elotlenplan»'".  sondern  das  thul  uns  nach  des  Kaisers 
Wort  „bitler  not",  das  beschränkt  sich  auf  das  äufserste  Mafs  des 
unbedingt  Notwendigen. 

Verfasser  gedenkt  am  Schlüsse  seiner  Ausiührungen  in  anerkennen- 
der  Weise  des  Deutschen  Flotten  vereine  und  seiner  echt  patrio- 
tischen Bestrebungen:  «Wir  haben  hier  in  unserm  durch  den  Partei- 


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LImttoliau  in  der  Militär-Litteratur. 


369 


liader  zerrissenen  Vaterlande  eine  Vereinigung,  die  etwas  betreibt« 
was  nicht  Paiteisache,  sondom  im  eigentliclisten  Sinne  die  gemein- 
same Saelie  aller  ist  DaCs  sie  nielit  umsonst  thfitig  ist,  dafs  die 

Deutschen  zur  rechten  Zeit  die  Einsicht  gewinnen  und  in  Thaten  umr 
setzen,  die  sie  befähigt,  sich  neben  den  riesigen  Weltmächten  unserer 
Tage  und  dor  nahen  Zukunft,  neben  den  Angelsachsen  und  Russen 

und  Mongolen  zu  behaupten,  djis  walte  Gott!" 

Soweit  der  für  die  gute  Sache  wahrhaft  l>egt  isiei  le  l'rofessor. 
Möchte  seine  treffliche  Schrift  in  recht  viele  Hände  gelangen,  möchte 
sie  überall  beherzigt  werden,  auf  dafs  ihre  Worte  Thaten  zeugen. 

P.  V.  S. 

Der  Krieg  in  Sfid-AIHk*  lud  seine  Lehren  für  Devtseh-Sfidwest* 
AfHlLa.  Von  Dr.  Georg  Hartmann.  Nach  einem  Vortrag,  ge» 

halten  in  der  Abteilung  Bremen  der  I  'eutschon  Kolonial- 
üesellschaft.    Berlin  1900.    K.  S.  Mittler  &  Sohn.    Preis  75  Pfg. 

Ans  der  kleinen  Schrift  sprieht  ein  sachkundiger  Militär  (Verfasser 
\v?\r  bis  vor  kurzem  aktiver  Üflizierl  und  ein  gereifter  Kolonial- 
politiker: er  kennt  zwar  aus  eigener  Ansehaiiung  weder  die  Buren- 
staiiten  noch  Britisch  Siid-AlVika.  um  so  genauer  aber  unser  südwest- 
afrikanisches Schutzgebiet.  —  Die  Schilderung  der  Verhältnisse  in 
letzterem  steht  daher  im  Vordergrund  und  bietet  Kolonialfreunden 
viel  Wissenswerthes.  —  Was  in  Kürze  Über  die  Vorgeschichte  und 
den  Verlauf  des  Krieges  gesagt  wird,  ist  grofsentheils  aus  Zimmer^ 
manns  Sammlung  II.  Bd,  und  aus  zahlreichen  Aufe&tzen  in  der  mili- 
tirischen  und  Tagesütteratur  bekannt. 

Die  eigenartigen  kriegsgeschichtlichen  Erscheinungen  werden  in 
fachmännisch  klarer  Weise  auf  die  Eigenait  der  kriegführenden  Heere 
und  des  Kriegsschauplatzes  zurüekgt'Kihrt.  —  Sehr  richtig  wird 
beioiii.  dafs  diese  Erscheinungen  allgemein«'  Schlüsse  und  Ldiren 
nicht  zulassen.  Alle  Versuche.  Milizheere  oder  berittene  Inianterit^ 
als  vorbildlich  auch  für  europäische  Verhältnisse  hinzustellen,  werden 
mit  Recht  als  laienliaft  und  utopisch  bezeichnet 

Neu  und  von  hohem  Interesse  ist  der  Ausbliclc,  den  Dr.  Hart- 
mann fQr  den  Ausgang  des  Krieges  eröffnet. 

Unterliegen  die  Buren,  so  werden  ihre  nächsten  ntreks**  wohl 
auch  nach  Deutsch-Südwestafrika  sich  richten ;  dann  haben  wir  mit 
dem  „schwierigen  Unterthan",  wie  r>r.  H.  den  Buren  nennt,  zu 
rechnen.  —  Vermehrung  der  Seliutztruppe  würde  die  hieraus  er- 
wachsenden Schwierigkeiten  nicht  paralysieren:  nur  massenweise 
Ansiedelung  verlässiger,  deutscher  Elemente  und  Festhalten  an 
dem  System  der  allgemeinen  Weiirptlieht  auch  in  der  Kolonie  konnte 
dauernd  das  erforderliche  Gegengewicht  herstellen.  —  Diesen  not- 
wendigen Zuzug  deutscher  Kolonisten  könnte  aber  nur  eine  blühende 
Uinenindustrie  (Kupferminen)  anlocken.  —  Ich  sehe  hier  einen  inneren 
Widerspruch;  denn  die  verlftssigsten  Elemente  sind  es  gerade 


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370 


Ümschau  in  der  Militär-Ldtteratiir. 


nioht,  die  im  transvaalisohen  Rand,  in  Kimberiey  und  Klondyke  sn- 
«ammenströmten!  —  Und  Leute,  die  in  den  li^nen  schnellen  und 
reichen  Brwerb  finden,  sind  auch  muxig  geneigt^  der  aUgemeinen 

Wehrpflicht  zu  genügen,  die  aie  auf  mehrere  Jalire  des  Oeldgewrinnes 
beraubt.  Einfacher  liegt,  wie  auch  Dr.  Hartmann  meint,  die  Sache 
jedenfalls,  wenn  die  Buren  im  Siege  bleiben;  dann  haben  wir  nur  als 
Nachbarn  mit  ihnen  zu  rechnen:  auch  in  diesem  Falle  ist  es  unab- 
weislich.  ein  starkes  deutsches  Element  in  Südwestafrika  zu  haben. 

Ob  Verfasser  Recht  hat.  eine  Vergewaltigung  unserer  Interessen 
in  Südwestafrika  durch  englisches  Kapital  seit  der  Beteiligung  der 
Diskonto-GesellschafI  an  der  South  West  AlHoa  Co.  nicht  melir  zu 
befftrchten,  entzieht  sich  unserem  Urteil.  —  Kaum  aber  dürfte  er  es 
heute  ~  nach  der  Behandlung  der  deutschen  Schiffe  —  noch  fflr 
«unAiir  und  undankbar*  halten,  die  englischen  Kapitalisten  aus  der 
Kolonie  zu  verdrängen.  —  Wir  denken,  dafs  künftig  bei  jeder 
Berührung  mit  Engländern  nur  kalter,  rücksichtsloser  Egoismus  am 
Platze  ist.  Hat  sich  doch  leider  auch  des  Verfassers  Behauptung,  „die 
englisclie  Politik  wisse  sehr  wohl  mit  der  Machtzitier  i  »eutschiands  in 
der  Weltpolitik  zu  rechnen",  in  den  letzten  Tagen  als  Trugsclilufs 
erwiesen!  Um  so  mein*  gilt  „die  zweite  grofse  Wahrheit",  von  der  er 
spricht,  —  die  Notwendigkeit  der  Verstärkung  der  deutschen  Flotte! 

DarsleiliiBgeii  aus  der  Bayeriseheii  Kflegs«  und  Heemgesehiolite. 

Herausgegeben  vom  K.  B.  Kriegsarchiv.  Heft  8.  München  1899. 
J.  Lindauersche  Buchhandlung. 

Die  beiden  ersten  Abhandlungen  dieses  Heftes  verdienen  beson« 
dere  Anerkennung,  da  sie  wertvolle,  weit  über  die  bayerischen  Ver- 
hältnisse hinausgehende  Aufschlüsse  über  bis  jetzt  wenitrer  bekannte 
Ereignisse  zum  Nutzen  der  ge.sammten  deutschen  kriegsgeschichihehen 
Lilteratur  geben.  —  Die  erste  Studie  betitelt  sich:  „Wilhelm  III. 
von  England  und  Max  Emanuol  von  Bayern  im  niederlän- 
dischen Krieg  1692  bis  1697**  von  Karl  Ritter  von  Landmann, 
K.  B.  Generalmigor  und  Kommandeur  der  2.  Feld-Artillerie-Brlgade. 
(Mit  11  Kartenskiizen  im  Text  und  1  Uebersichtsiuurte.) 

Dem  Herrn  Verfasser,  welcher  durch  die  im  verflossenen  Jahre 
im  Buchhandel  erschienene  Arbeit  über  „L)ie  Kriegführung  des  Kur- 
fürsten Max  Emanuel  von  Bayern  in  den  Jahren  1703  und  1704"  — 
München  1898.  8«.  C.  H.  Becksche  Verlat::sbuchhandlung  Oskar 
Beck  —  sich  als  Schriftsteller  sehr  vorteilhaft  bekannt  gemaciii  hat. 
ist  es  auch  hitT  gelungen,  in  knapper  und  übersichtlicher  1  Darstellung 
unter  Beniitzunp  vielfach  noch  unverütl'entlichter  Akten  aus  geheimen 
Haus-  und  Staatsarchiven,  manche  bisher  noch  dunkle  Verhältnisse  in 
politischer  wie  kriegsgesohichtlicher  Beziehung  aufzuklären.  (Die 
Einleitung  lilist  uns  die  Umst&nde  und  Beweggründe  Icennen  lernen« 
welche  die  beiden  Ffirsten  zu  gemeinsamer  Th&tigkeit  in  den 
spanischen  Niederlanden  geführt  haben.  Hierauf  folgt  die  Besprechung 


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Umiohma  in  der  MmtMr-Littecatnr. 


371 


der  politischen  und  militärischen  Verhältnisse  im  Frühjahr  1692  und 
dann  eine  treffliche  Schilderung  der  beiderseitigen  Armeen.  Aul'  der 
einen  Seite  das  aus  den  verschiedensten  Teilen  zusammengesetzte 
Heer  der  Verbilndeten  olme  einheitliche  Organisation,  Auabildung  und 
BewaAiung  unter  der  Oberieitung  eines  Pflhrera  (WiUlelm  III.)  von 
zweifelhafter  BefShigung,  welcher  noch  dazu  mit  den  Wfinschen  der 
zahlreichen  Kontingentsherm  rechnen  mufste,  auf  der  andern  Seite 
eine  einheitliche,  nationaiOp  von  kriegserfahrenen  und  ruhmgekrönten 
Foldherrn  geführte  Armee.  DaTs  aber  dennoch  durch  die  Tapferkeit 
der  deutschen  Truppen  —  es  standen  brandenburgsche,  lüttichscho, 
hannuveraniöche  und  braunschweigsche  Heeresteile  gegen  Öubsidien 
in  englischen,  holländischen  und  spanischen  Diensten  —  unter  einer 
selbständigen  Leitung  des  genialen  Türkenbezwingers  Max  Emanuel 
grofae  Brfolge  hätten  errungen  werden  können,  beweist  deren  Thätigkeit 
in  der  Schiacht  bei  Neerwinden.  Hier  stellt  die  FOhrung  dieser 
Truppen  durch  benannten  Peldherrn  eines  der  schönsten  Ruhmea- 
bUttter  in  der  Qeachichte  dieses  Pürsten  dar,  welcher  nach  dem 
dritten  Angriff  auf  seine  Stellung  durch  stark  überlegene  Krfifte  noch 
nicht  weichen  zu  dürfen  glaubte  und  mit  den  10  Schwadronen  seiner 
bayerischen  Kürassierregimonter  Arco  und  Weikhel  nochmals  dem 
Feinde  sich  entgegengewoi  len  und  ihm  den  rfieg  entreifsen  wollte. 

Wir  sehen  der  Fortsetzung  der  Studie,  welche  mit  dem  Fall  von 
Charleroi  (1693)  absclüiefst,  im  nächstjährigen  Hefte  mit  Interesse 
entgegen. 

Die  zweite  Abhandlung:  „Die  Operationen  dea  im  Reichs- 
dienste stehenden  Neckarkorps  innerhalb  des  Grofa- 
herzogtnms  Baden  während  des  Sommers  1841).*  (Vom  ver- 
storbenen Oberstleutnant  dea  k.  bayer.  Generalquartienneisterstabs  Kail 

V.  Liel)  iat  der  Abdruck  einer  dienstlich  eingereichten  Denkschrift  dea 
als  Generalstabschet  bei  genanntem  Korps  dienstthuenden  Verfassers, 
worin  die  Operationen  des  plötzlich  gebildeten  Reichskorps  dargelegt 
werden.  Zum  ersten  Male  wirktt>n  hier  Truppen  vieler  deutschen 
Staaten  unter  preufsischer  Oberleitung  zusammen,  da  das  Korps  aus 
nicht  weniger  als  11  (später  sogar  13)  Kontingenten  zusammengesetzt 
und  dem  damaligen  Reichskriegsminisier,  dem  k.  preu/s.  General- 
leutnant Peucker  unterstellt  war.  Von  besonderer  Wichtigkeit 
sind  die  verschiedenen  Operationsbefehle,  deren  Abftosung  zwar  den 
heutigen  Lapidarstil  sehr  vermissen.  Jedoch  neben  den  meist  weitaua- 
greifenden  Anordnungen  auch  die  maßgebenden  Beweggründe  ersehen 
lassen.  Sehr  beachtenswert  sind  die  der  Abhandlung  beigenonmienen 
Dokumente,  welche  in  Gernsbach  gefunden  worden  waren  und  den 
Plan  Struves  zur  bereits  eingeleiteten  Erregung  des  Aufruhrs  in 
Württemberg  und  dessen  Unterstützung  vom  Seekreise  und  Schwarz- 
wald aus  enthielten.  Nicht  minder  ist  auch  die  Durchsicht  der  Beilage 
^Denkschrift  über  das  Verpflegsgeschäft  bei  der  Reichsarmoe  (Nockar- 
korps)  während  des  Feldzuges  in  Baden"  zu  empfehlen,  da  diese  uns 
JftkrkleHw  ftr  dto  4*mtMto  Arm««  aad  Muim.  B<.  114.  $.  94 


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372 


Unuoluui  in  dor  MUifeSr-Iittentnr. 


so  recht  die  aus  Mangel  an  Erfahrun^r  nach  langer  Friodonszoit,  an 
Einheit  im  Kommando  und  an  gleichen  Dienstesvorschnlten  zu  Tage 
getretenen  Mif.sstände  gegenüber  den  glücklich  errungenen  Vorteilen 
der  heutigen  einheitlichen  Einrichtungen  vor  Auge  führen. 

Der  dritte  und  letzte  Ten  bringt:  „Bayerische  Einselthaten 
und  Gefechtsbüder  ans  dem  deutsch-französischen  Kriege 
1870/71.**  Gesammelt  und  bearbeitet  zumeist  nach  Kriegsministerial- 
Akten  und  Aufzeichnungen  der  Truppenteile  von  Adolf  von  Erhard, 
Oberst  z.  D.  und  Vorstand  des  Kriegs-Archivs. 

Ursprünglich  zur  Aufnahme  in  dem  soeben  erschienenen  3.  Bande 
des  vom  letzerwähnton  Archive  neuvcrfafstcn  Werkes:  „Der  Bayerische 
Soldat  im  Felde'*  bestimmt,  mufsten  die  (33)  Erzählungen  hervor- 
ragender Thaten.  welche  in  diesem  Bande  aus  riiiimlichen  Gründen 
keine  Aufnahme  mehr  finden  konnten,  in  die  „Darstellungen"  ein- 
gereiht werden.  Daraus  entsprang  aber  auch  der  Vorteil,  dafs  die 
Schilderung  nicht  in  die  knappe  Form  geprefst  zu  werden  brauchte, 
wie  diese  beim  Werke  selbst  mit  Rflcksicht  auf  dessen  Handlichkeit 
einer-  und  auf  die  Ansammlung  des  gewaltigen  Stoffes  andrerseits 
geboten  schien,  sondern  ausffihriicher  und  stilistisch  schwungvoller 
t»ehandelt  werdi  n  konnten.  Proi  von  chauvinistischer  Färbung  und 
eitler  Ruhmsi'lii^ktMt,  in  einfacher  und  doch  vielfach  begeisternder 
Abfassung  würden  iiianchi'  der  Eraählungen  zur  Aufnahme  in  die 
Lesebücher  für  die  reifere  Jugend  vorzüglich  sich  eignen. 

Die  Vorführungen  geben  uns  aber  auch  willkommenen  Anlafs,  auf 
das  oben  angeführte  Werk  selbst  gebührend  hinzuweisen.  Das  schon 
im  Jahre  1858  mshienene  Buch  schilderte  in  288  Aufsätzen  die 
Thaten  der  Helden  in  den  Kriegsjahren  1805  mit  1815.  Da  jedoch 
durch  den  Jahrzehnte  langen  ausgiebigen  Gebrauch  in  Käsern- undWacht- 
stuben  nur  mehr  Fragmente  hiervon  llbrig  geblieben  waren,  erachtete  das 
Bayer.  Kriegsministerium  eine  Neubearbeitung  und  zugleich  Erweiterung 
durch  Beinahme  von  Erzählungen  aus  den  Feldzügen  1849,  1866  und 
besonders  1870/71  als  notwendig  und  beauftragte  hiemit  das  (1885 
aufgestellte)  Kriegsarchiv  Dafs  die  Aufgabe  glänzende  Lösung  fände, 
vc^rbürgte  schon  der  Name  des  Vorstandes  dieser  Stelle,  welcher  sich 
der  mühevollen  Arbeit  selbst  unterzog.  Wenn  je  ein  Werk  geeigen- 
schaftet  erscheint,  im  besten  Sinn  des  Wortes  populär  zu  werden, 
so  ist  es  dieses.  Schon  die  Oberschriften  der  einzelnen  Schilderungen, 
welche  den  Kern  des  Inhalts  sofort  erkennen  lassen,  sind  gewählt 
und  packend.  Durch  die  den  Namen  der  Tapferen  beigesetzten 
Bezeichnungen  der  damaligen  und  heutigen  Heeresteile  bis  zur  Kom- 
pagnie herab,  sowie  durch  Angabe  der  Heimatgemeinde  wird  zudem 
neben  dem  kameradschaftlichen  Interesse  auch  das  heimatliche 
geweckt:  die  Erzählungen  werden  gelesen  und.  was  die  Hauptsache 
bleibt,  dank  dem  unsitem  Volksempfindon  glücklich  angepafst«n  Vor- 
trage auch  verstanden  und  im  Gedächtnisse  behalten.  In  die  Heimat 
zurückgekehrt,  erzählt  der  Reservist  die  Thaten  namentlich  der  Lands- 


.  Kj  .i.uo  Ly  Google 


Umselitii  ia  der  llflltBr-Littttratiir. 


873 


leute  weiter  und  so  vererbt  sich  das  hohe  Lied  von  der  Pflicht-  und 
Könipstroiic  auch  auf  Kinder  und  Kindeskinder,  als  eine  unvcrsiepfbare 
Quelle  zur  Krhaltunir  und  Kräfti^^ung'  dor  roinston  Vaterlandsliebe. 
Da  sich  die  Erzählungen  nicht  allein  auf  (iie  Thatcn  im  Rahmen 
{TTöfsorer  Heereskörpor  erstrecken.  sonrieiTi  am-h  jene  ans  Licht  ge- 
zogen werden,  welche  innerhalb  der  einzelnen  Teile  des  grofsen 
Heeres-M echanismus  sich  abspielten«  so  wirkt  das  Werk  durch  den 
ffinblick  in  solche  sonst  meist  unbekannte  Verhältnisse  auch  mili- 
tärisch erzieherisch  und  erhebend  fQr  alle,  welche  fem  von  der 
grofsen  Masse  wirken  müssen. 

Wir  beneiden  die  bayerischen  Kameraden  um  dieses  herrliche 
Werk  und  wünschten  sehr,  dafs  ein  gleiches  Unternehmen  auch  bei 
den  übrigen  deutschen  Kontingenten  vielleicht  Armeekorpsweise  — 
in  das  Leben  gerufen  würde,  zur  Verküudigunir  der  Heldeiithaten  der 
Väter  und  zur  Xacheiferung  für  die  zukünftigen  Vaierlandsvei  teidiger. 
An  Stüfl'  hiezu  hat  es  ja  in  der  deutschen  Armee  nie  gefehlt.    Mef  sy  s. 

Der  Krieg  von  1806  und  1S07.  Bearbeitet  von  Oscar  von  Lettow- 
Vorbock,  Oberst  a.  D.  Erster  Band.  Jena  und  Auerstädt, 
Zweite  vermehrte  und  verbesserte  Auflage.  Mit  einer  ('bcrsichts- 
skizze,  3  Schlachtplänen  u.  18  Skizzen.  Berlin  E.  S.  Mittler  & 

tSohn  Preis  10  Mark. 
Die  lb9Ü  erschienene  erste  Auflage  dieses  ausgezeichneten 
Oeschichtswerkes  hat  in  den  „Jahrbüchern'*  bereits  gebührende  Wür- 
digung erfahren.  Die  Thatsache,  da&  jetzt  schon  eine  zweite  Auflage 
nötig  wurde,  spricht  für  die  glänzende  Aufhahme,  welche  Lettows 
«Krieg  von  1806  und  1807"  gefunden  hat.  Einstimmig  wurde  dieses 
Werk  als  eines  der  lehrreichsten  und  gediegensten  zur  Gesctüchte  der 
napoleonischen  Zeit  bezeichnet.  Die  nunmehr  im  Erscheinen  begrÜTene 
zweite  Auflage  hat  zahlreiche  mittlerweile  neu  erschlossene  Quellen 
benutzen  können,  z.  B.  der  in  den  „Jahrbüchern"  veröff*entlichte  Nach- 
lafs  Rücheis,  die  Memoiren  von  Haug\vitz  u.  s.  w.  Für  die  Richtigkeit 
von  Lettows  Behauptung,  „dafs  Napoleon  nach  dem  Eingang  der 
Nachricht  von  der  Verwerfung  des  Oubrilschen  Vertrages  durch  den 
Zaren  zum  Kriege  gegen  Freufsen  entschlossen  war*",  die  von 
beachtenswerter  Seite  angezweifelt  wurde,  haben  sich  neue  Beläge 
gefunden  in  «Correspondance  de  Napoleon  und  der  „Lettres  in- 
edites  de  Napoleon  I**.  Femer  ist  der  zweiten  Auflage  eine  mehrfach 
gewünschte  Ubersichtsskizze  des  Kriegsschauplatzes  beigegeben  worden, 
auch  wiiidi  n  die  Pläne  und  meisten  Skizzen  derart  ergänzt,  dals 
zwischen  ihnen  und  dem  Texte  nun  völlige  Übereinstimmung  er- 
zielt ist  I. 

Forsehimgeii  und  Urknndeii  lur  Geflehiehte  der  Unlfermierung  der 

Preufaisehen  Armee.  1713—1807.  Von  Gustav  Lehmann 
(Wirklicher  Geheimer  Kriegsrat).  Erster  Teil.  Berlin  1900. 
E.  S.  MitÜer  4e  Sohn.   Pi-eis  4  Mark. 

24* 


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374 


UmsolMn  in  der  HiUtär-Lttter«tiir. 


Obwohl  es  an  Darstellungen  der  Uiiiforraierung  der  Preufsischen 
Armee  bis  zum  Jahre  1807  keineswegs  mangelt,  so  doch  an  zu- 
verlftSBigen  und  genauen  Nachrichten  über  die  Eänzelheiten  der- 
selben. Dies  liat  selbst  der  Altmeister  Menzel  bei  Herstellung  seines 
rühmlich  bekannten  Werkes  ,Die  Soldaten  Friedrichs  des  Qrofsen'*  er- 
fahren mflssen.  Es  hat  dies,  wie  auch  der  Herr  Verfasser  Yor- 
liegender  Schrift  hervorhebt,  seinen  Qrund  darin,  dafs  die  Katastrophe 
von  1806  unmittelbar  und  mittelbar  unglaubliche  Verluste  an  Akten 
und  Archivalien  im  Gefolge  gehabt  hat.  Ist  es  doch  Thalsache,  dafs 
wertvolle  und  unersetzliche  Regimentsakten  in  der  Franzosenzeit  zu 
Patronenhülsen  verarbeitet  worden  sind!  Um  so  erfreulicher  ist 
OS,  dafs  Geheimrat  Lehmann  in  unermüdlicher  Forschungsarbeit  doch 
noch  eine  sehr  grofse  Zahl  an  vielen  Stellen  verstreuter  Urkunden 
zur  Uniformierungsgeschichte  an  das  Tageslicht  gezogen  hat  und  in 
denselben  uns  nun  wirklich  genaue  Nachrichten  Aber  die  Unifor- 
mimng  in  dem  angedeuteten  Zeiträume  au  geben  vermsg.  Es  sind  im 
Oanzen  15  hier  verfiffentlichte  Urkunden.  Die  wichtigste  stammt  aus 
einer  Sammlung  dt  s  Landgrafen  Ludwig  IX.  von  Heßsen-Darrastadt, 
der  in  5  „Montierungskammorn"  über  3000  Stücke  von  Bekleidungs- 
und Ausrüstungsstücken  der  fVeufsischen  Armee  aufgestellt  hatte. 
Diese  Sammlung  ist  der  franzi>sischen  Revolution  zum  Opfer  gefallen, 
aber  das  mit  grofser  Sorglalt  geführte  Inventar  ist  erhalten  und 
hier  wörtlich  mitgeteilt.  No.  I  der  Urkunden  ist  betitelt:  Uniformen, 
und  Ausrüstungsstücke  1740  bis  1718.  (83  Seiten.)  No.  II.  „Extract 
auch  nnterthänigster  Rapport*  der  für  alle  Regimenter  erforderlichen 
Uniformproben  (1724).  No.  III.  Beschreibung  der  Uniformirung  einiger 
Infanterieregimenter  (1732).  No.  IV.  Nachrichten  zur  (Jeschichte  der 
Uniformirung  des  Regiments  von  Boroke  (1713—1736).  No.  V.  Be- 
schreibung der  beim  Tode  Friedrich  Wilhelms  L  getragenen  Uniformen 
(Ende  1797  gesammelt)  u.  s.  w.  Es  ist  ein  wahrer  Schatz  an 
Materialien  zur  Uniformierungsgeschichte  der  alten  preufsischen  .\rmee 
in  diesen  Blättern  zusammengetragen  worden.  Nicht  nur  Freunde 
unserer  vaterländischen  Hoeresgeschichtc,  sondern  vor  allem  auch 
Geschichtsmaler  vom  Fache,  werden  ihre  Freude  an  demselben  haben 
und  diese  Schätze  nutzbar  zu  machen  wissen.  Dem  um  unsere 
Heeresgeschichte  hochverdienten  Herrn  Verüuser  sei  fiir  diese  aber- 
malige Bereicherung  der  einschlagigen  Lttteratur  unser  wSrmster 
Dank  hiermit  erstattet  I. 

Wehrkraft  und  Jugenderziehung  von  Lorenz.   Herausgegeben  vom 
Centralausschufs  ziu*  Förderung  der  Volks-  und  Jugendspiele  in 
Deutschland.    Leipzig  1899.    Fr.  Voigtländer.    Preis  1  Mark. 
Ein  prächtiges,  zeitgemäfses  Büchlein,  das  seinen  Preis  wert  ist 
und  mehr!    Hervorgegangen  ist  die  Schrift  aus  einem  Vortrage,  den 
der  Verfasser  im  Au t trage  des  im  Titel  genannten  Centraiausschusses 
in  Königsberg  i.  Pr.  über  das  Thema  hielt:  „Welche  Anforderungen 


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Umsohaa  in  der  MilitSr-IitterAtnr. 


375 


stellt  der  Heeresdienst  an  die  moraliachen  und  körperlichen  Eigen- 
schaften der  Jünglinge,  und  wie  kann  die  Jugenderziehung  im  LUenste 
der  nattonalen  Wehrkraft  die  Vorbedingungen  dazu  schalTen?* 

Von  vornherein  sei  bemerkt,  dafs  der  Verflwser  mit  Recht  ein 
entsohiedener  Gegner  der  nntzlosen,  ja  gemeinachädlichen  Soldaten- 
spielerei ist,  wie  sie  in  den  vielgepriesenen  Jugend  wehren  i^übt 
wird.  bezw.  geübt  werden  soll.  Wohl  will  der  Verfasser  die  Jugend 
vorbilden  für  den  Heeresdienst  durch  Stählung  ihrer  Körper-  und 
Seelenkräfte,  aber  er  warnt  ernstlich  davor,  den  Bildnern  und  Rr/iehern 
des  Heeres  vorzeitig  ins  Handwerk  zu  pfuschen.  Die  Eleven  der 
Jugendwehr  würden  mit  dem  dünkelhaften  Hewufstsoin  in  die  Armee 
treten,  dafs  sie  eigentlich  nicht  viel  mehr  zu  lernen  brauchten,  während 
man  im  GegenteU  gerade  bei  ihnen  erst  recht  wieder  von  vorn  an- 
fangen müsse,  nachdem  man  ilinen  mit  Mühe  klar  gemacht,  dafs  sie 
alle  diese  schönen  vermeintlichen  Vorkenntnisse  erst  wieder  verlernen 
müfeten.  Die  Jugendwehr-Schwftrmer  glauben  freilich,  dab  man  mit 
dieser  Einrichtung  die  Dienstzeit  noch  viel  mehr  abkürzen  könne  — 
es  wäre  dann  nur  noch  ein  Schritt  zur  Miliz. 

Von  ;>llen  solchen  Irrlehren  hält  sich  der  Verfasser  nicht  nur  flrei, 
sondern  er  bekämpft  sie  aiisdrücklich  und  überzeugend. 

Als  Fundamente  der  moralischen  Anforderungen  an  die  Wehr- 
kraft werden  bfzeichnet:  Gottesfurcht,  unbedingte  Treue  zum  Kaiser 
und  Landesfürsten,  \  aterlandsliebe.  nationales  Ehrgefühl,  Opferwilligkeit, 
der  Geist  des  Gehorsams  und  der  Zucht. 

Kurz  und  schlagend  werden  die  Schwärmer  vom  ewigen  Frieden 
abgewiesen.  Hierbei  werden  diejenigen,  die  über  die  ftirohtbaren 
Verluste  in  den  Schlachten  klagen,  auf  die  Thatsache  auftnerksam 
gemacht,  dafs  im  Deutschen  Reiche  al^ährlich  25000  Menschen  eines 
gewaltsamen  Todes  sterben,  während  im  ft'anzösischen  Kriege  41122 
Offiziere  und  Soldaten,  gefallen  sind.  Mithin  sind  in  25  Friedens- 
jahren nach  dem  Kriege  fünfzehnmal  soviel  Menschen  eines  gewalt- 
samen Todes  gestorben,  als  in  den  Schlachten  von  1870/71.  Auch 
die  bekannte  Thatsache  wird  erwähnt,  dafs  die  modernen  Schlachten 
prozentmäfsig  viel  geringere  Verluste  aufweisen,  als  die  Kämpfe 
älterer  Zeiten. 

Eingehende  Anweisungen  werden  gegeben  für  die  moralische 
Erziehung  der  Jugend:  Furchtlosi^eit  und  Mut  soll  errungen 
werden  durch  Überzeugen  und  Gewöhnen.  Für  die  Überzeugung 
werden  packende  Vorbflder  empfohlen;  für  die  Gewöhnung  is  es  doch 
wichtig,  dafs  der  Zögling  stets  furchtlos  die  Wahrheit  sagt.  Um  auf 
die  Mühsale  anstrengenden  Marsches  vorzubereiten  ist  es  wichtig,  dafs 
der  grofsen  Masse  unseres  Volkes  schon  in  der  Jugend  die  Fähigkeit 
zu  ausdauerndem  Marschieren  eingepflanzt  wird.  Verfasser  spricht  von 
der  Nervosität  unseres  Geschlechts,  von  den  vielen  schwächenden 
Zeitverhältnissen,  denen  entgegengearbeitet  werden  mufs  durch  die 
Stählung  eines  unbeugsamen  Willens  und  durch  die  Schulung 


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376 


UnnelMu  in  der  Militltr-Utteratiir. 


eines  wideretandsiUhigen  Körpers.  Das  städtische  Treiben  ist  ent- 
ner\'end.  dor  Born,  aus  dem  die  Heere  ihre  besten  Kräfte  schöpfen, 
ist  das  Land.  Das  moderne  Biertrinken,  die  leidige  Genufssucht  ist 
ein  gefaliHichtT  Feind  unserer  Wehrkraft.  Turnen,  .Jugendspiele 
und  Turnmarsche  sind  die  drei  Hauptgebiote  der  leiblichen  filrzichung. 
L  eiter  die  Art  und  Weise,  wie  das  Turnen  j::etrieben  werden  soll,  ver- 
breitet sich  der  Verfasser  in  ausführlichen  und  beherzigenswerten 
Darlegungen.  Die  edelste  l*erle  des  angewandten  Turnens  ist  das 
Jugendspiel;  Verfilsser  weist  nach,  wie  die  Jugendspiele  auf  die 
Kr&itigung  und  Gesundheit  des  Körpers  wirlcen  Icönnen,  wenn  sie 
zweckmilbig  geleitet  werden.  Die  Knabenschulen  aller  Grade  haben 
den  Turn  marsch  als  einen  Zweig  des  Lehrplans  in  grundsatzliche 
und  geordnete  Pflege  zu  nehmen.  Indem  bei  den  Märscheu  der  Blick 
ins  Weite  schweift,  wird  auch  die  leidige  Kurzsichtigkeit  bekämpft. 
Damit  eine  Anregung  dazu  gegeben  wird,  soll  man  das  Schätzen  der 
Entfernungen  iil»en  Als  Höhepunkt  der  Jugendspiele  und  damit  ver- 
bundenen Wetikarnpfe  möge  die  Feier  des  Hedanfestes  dienen. 
Alle  geistige  und  leibliche  Erziehung  soll  auch  insbe.sundere  der  ent- 
setzlichen Verrohung  unserer  Jugend  entgegenwirken;  dies  sei  eine 
hechwichtige  Aufgabe  für  den  Lehrer  der  Jugend.  Jetzt  erhält  die 
Armee  alljährlich  eine  betr&chtUche  Anzahl  unzuverlilssiger,  sittlich 
verdorbener  Elemente,  die  sich  der  militftrischen  Zucht  nur  wider- 
willig unterwerfen  und  durch  schlechtes  Beispiel  nachteilig  wirlcen. 
Sehr  richtig  mahnt  der  Verfasser  im  letzten  Kapitel  zur  Heranbildung 
eines  moralisch  tüchtigen  Lehrerstandes,  l'nsere  Seminar- 
bildunir  erzeugt  oft  Halbbildung,  Dünkel,  falsches  streiken  und 
Unzufriedenheit.  Davon  kann  sich  jeder  überzeugen,  der  (lelegenheit 
hat,  das  Wirken  mancher  unserer  Volk.sschullehrer  zu  beobachten. 
„Wer  erziehen  will,  mufs  selbst  erzogen  seinl"  hat  unser 
Kaiser  gesagt.  „Wer  die  Jugend  hat,  hat  die  Zukunft"*,  so  heifst 
es  im  Schlufswort  in  Übereinstimmung  mit  dem  Stahlschen  Ausspruch: 
«Wer  die  Schule  hat,  hat  die  Zulninft.'' 

Die  aphoristischen  Anführungen,  die  wir  hier  gegeben  haben, 
mögen  die  Anregung  bieten,  die  trefTliche  Schrift  selbst  zur  Hand  zu 
nehmen ;  niemand  wird  sie  unbefriedigt  aus  der  Hand  legen." 

P.  V.  S. 

Die  Gefallenen  der  Sehlachten  um  Metz  1870.    Die  Verlustlisten  dor 
an  den  Kämpfen  um  Metz  1870  beteiligten  deutschen  Regimenter. 
Nach  den  vorhandenen  ainiliehen  Quellen  zusainiiiengestellt  und 
bearbeitet  von  A.  Geibel.    Melz  1899.    G.  Lang.    Preis  80  Pfg. 
Der  Verfasser  dieser  Schrift  hat^  sich  stützend  auf  die  ihm  von 
den  beteiligten  Regimentern  zur  Verfügung  gestellten  namentlichen 
Veriustlisten,  diese,  geordnet  nach  den  Armeekoips»  und  in  diesem 
Rahmen  wiederum  regunenter-  und  kompagnieweise  geordnet,  die 
Namen  aller  Qetallenen  unter  Angabe  der  Dienststelluug,  Jedoch  ohne 


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Umsohan  in  der  MiUtir-Litterattu-. 


377 


Vornamen«  hier  wiedergegeben.  Ein  Zug  des  Todes  ohne  Gleichen. 
Leider  fehlen  die  Namen  der  Gefallenen  einiger  Trappenteile»  an- 

L'eMit  h,  weil  sich  dieselben  bei  dem  Regimonte  nicht  mehr  feststellen 
liefsen"  (so  bei  Xr.  78,  auch  der  3.  Landwehr-Division)  oder:  „von  dem 
Refjimente  nicht  zu  erlangen  waren"  (Inf.-Iu  p;.  Nr.  52|.  Wir  hütten 
gewünscht,  dafs  den  Namen  auch  der  Schlachtla.ix.  ;in  dem  die  He- 
tretVenden  fielen,  beigefügt  worden  wäre.  Den  Teiineliniern  an  den 
blutigen  Schlachten  um  Metz,  aber  auch  den  Angehörigen  der 
Gefallenen  wird  dieses  Verzeichnis  der  dort  heldenhaft  gebliebenen 
Krieger  ein  manchem  stillen  Wunsche  entsprechendes  litterarisches 
Denlanal  sein.  4. 

Um  die  Erde  mit  8.  H.  S.  „hei^üf^  iiir  FlaggeBhUisiuig  in  Asgi»- 

Peqtuena.  Nach  Tagebüchern  und  mit  46  Illustrationen  des 
Korvetten-Kapitäns  a.  D.  Kohlhauer.  Herausgegeben  von  H.  d« 
Meville.    Berlin,  Karl  j^iegismund. 

„Noch  einmal  sattle  mir  den  Hippoj^ryphen  zum  Kitt  ins  alte 
romantische  Land"  so  mufste  man  mit  dem  I  »ichter  ausrufen  angesichts 
dieses  anziehenden  Buches,  das  uns  aiiscliaulich  und  lebensfrisch  in 
eine  vergangene  Zeit  zurückführt,  in  eine  Zeit,  wo  zwar  der  fliegende 
Holländer  nicht  mehr  den  Ocean  unsicher  machte,  wo  aber  neben  den 
gepanzerten  Dampfkolossen  noch  die  schlanke  Fregatte  ihren  Platz 
behauptete,  mit  ihren  hochragenden  Masten  und  vom  Winde  ge- 
schwellten Segeln,  bald  in  rahiger  Fahrt  das  leichtbewegte  Meer 
durchfahrend,  bald  gleich  dem  ungestümen  Renner  sich  bäumend  vor 
hochgehenden  Wogen,  kühn  und  sieghaft  den  Meergöttern  trotzend. 

Mit  den  Seglern  ist  ein  gut  Stück  Seegröfse  geschwunden  —  auf 
Niiiniierwiedersehen.  Selbst  in  den  Handelsflotten  werden  die  Segel- 
schille  mehr  und  mehr  von  den  Dampfern  verdrangt;  in  den  Kriegs- 
marinen der  Gegenwart,  wo  die  ehernen  Kiesen  mit  ihren  gigan- 
tischen Gliedern  und  ihrem  glutgeschwellten  Odem  das  Meer  be- 
herrschen, werden  die  Segelman5ver  fhst  nur  noch  auf  Schulschiffen 
geübt  —  die  Panzer  haben  keinen  Raum  mehr  fElr  Masten  und  Segel, 
Aeolus  hat  die  Meerherrschalt  an  Vulcan  abgetreten. 

Und  doch  sind  erst  16  Jahre  vergangen,,  seit  die  Leipzig  ihre 
Reise  um  die  Erde  machte  und  seit  ihre  wackere  Mannschaft  der 
Flaggenhlssung  von  Angra-Pequena  beiwohnte.  Freilich  war  auch 
die  Leipzig  mit  Maschine  und  Schraube  ausgerüstet  und  machte 
häufig  Gebrauch  von  der  I  »ampfkraft.  Aber  mit  ihren  Masten  und 
ihrer  Takelage  bot  das  schlanke  Schiff  den  Anblick  einer  Segel- 
fregatte und  in  Meeresstille  und  Sturm  bewährte  sie  sich  als 
wackerer  Segler,  ihre  Bemannung  als  unerschrockene  Seeleute,  die 
auf  den  Rasen  wie  auf  dem  Mars  sich  heimisch  fühlten  und  dem  Boreas 
«in  Schnippchen  schlugen. 

Der  Verfasser  hat  Herz  und  Verständnis  fttr  die  Poesie  4es 
Meeres;  dem  Ocean  und  dem  Kampf  mit  Wind  und  Wetter,  aber  auch 


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378 


CJmsohaa  in  der  Miiitär-litterator. 


dem  frOhlichdn  Treiben  auf  dem  Seldffe  ist  der  gröfste  Teil  der  Be- 
schreibung gewidmet»  wihrend  die  kleinen  Ausflöge  an  Land  nur  eine 
anmutige  Abwecbslung  bieten  sollen;  dabei  wird  das  Getriebe  und 
der  Dienst  an  Bord  eingehend  und  veivtftndlich  gessbUdert,  ohne 

durch  Häufung  von  Einzelheiten  und  technischen  AusdrQclcen  zu  er- 
müden. „In  der  Atlantic  —  Im  Passat  —  Weihnachten  —  Im  stillen 
Ocean  —  Tn  sohlechtem  Wetter  —  Um  das  Kap"  bieten  besonders 
ansprechende  und  lebendige  Schilderungen.  Das  Buch  ist  fesselnd 
von  Anfang  bis  zu  Ende,  es  läfst  den  Leser  nicht  los  und  die 
Schlufsinspizierung  vor  dem  Kieler  Hafen  durch  die  gestrengen 
Admirale  wii'd  man  mit  demselben  Interesse  lesen,  wie  die  Ansprache 
des  nicht  minder  gestrengen  Qottes  Neptun  beim  Passieren  der  Unie. 

Natfirlich  ist  das  Buch  illustriert,  bei  einem  Seebuch,  das  noch 
dazu  anschaulich  sein  soll,  auch  gamicht  zu  tadeln.  Jedoch  sind  nur 
die  gröfseren  Bilder  einigermafsen  befriedigend  ausgefallen,  wogegen 
▼on  den  kleinen  in  den  Text  gestreuten  Ansichten  manche  vdUig  un* 
genügend  und  nichtssagend  erscheinen. 

Das  Buch  aber  ist  unteriiaitend,  belehrend  und  emp  f  e  h  1  e  n  s  w er t 

P.  V.  S. 

Mit  S.  M.  S.  „Nixe**  nach  Kamerun  1897 — 98.  Reise-Skizzen  und 
Bilder  von  R.  v.  Uslar,  Landrat.  Mit  30  Illustrationen  und 
einer  Karte.  Altenburg,  Si  Geibel.  Preis  4,60  Hk. 
Die  vorliegenden  Reiseeindriiclce  sind  tür  jeden,  der  über  das 
Leben  und  Treiben  auf  ebiem  grofsen  Schiffe,  das  in  erster  Linie  sum 
«Segeln**  bestimmt  ist,  das  zudem  aber  als  deutsches  Kriegsschiff  zur 
Ausbildung  der  Schifli^ungen  dient,  noch  nicht  orientiert  ist,  von  In- 
teresse. Denn  gerade  weil  der  Verfasser  als  Laie  diese  Fahrt  mit- 
machte, hat  er  unparteiisch  seine  Eindnicke  wiedergebeii  können.  Und 
da  dürfen  wir  es  mit  Stolz  konstatieren,  dafs  das,  was  Herr  von  Uslar 
über  S.  M.  S.  „Nixe"  und  seine  Besatzung  erzählt,  der  Marine  zu 
hoher  Ehre  gereicht.  Aber  auch  für  denjenigen  der  Leser,  der  Natur, 
Laad  und  Leute  kennen  lernen  möchte,  bietet  das  Buch  viel  Hübsches. 
Ich  greife  hier  nur  die  treffliche  Schilderung  der  berilhrten  und  be- 
suchten StSdte  wie  Amsterdam,  Dartmouth,  Vigo,  Lissabon  etc.  heraus; 
ich  mache  auf  die  Beschreibung  der  Marokicanischen  Zustände,  von 
Madeira,  La  Palmas,  St  Vincent  und  Preetown  auftaerioBam  und  kann 
nur  einem  jeden,  der  lUr  tusere  Kolonien  etwas  übrig  hat,  empfehlen, 
die  Kapitel  aus  Kamerun  zu  lesen.  Es  ist  dem  Verfasser  gelungen, 
in  die  Verhaltnisse  der  Kolonie  <Mnen  tiefen  Einblick  zu  gewinnen. 
Er  hat  auch  in  den  „Beiträgen  zur  Kolonial-Politik  und  Kolon ial-Wirt- 
schaft"  sich  über  die  wirtschaftliche  Entwickelung  des  Kamerunge- 
bietes ausgesprochen;  er  ist  auch  hier  der  Meinung,  dafs  deutsche 
Intelligenz  und  ArbeitBamkeit  mit  der  Zeit  zum  Öiege  verhelfen  werden. 
Wunderschön  sind  seine  Naturschilderungen  z.  B.  Tom  Kameruner 
Urwalde  mit  aU  seinen  Schfitsen;  nicht  minder  fesselnd  die  kleinen 


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UmaohAa  in  der  MiUtkr-Iitteratar. 


379* 


Jagdabenteuer  init  mehr  oder  weniger  positivem  Resultate.  Mit  vief 
Hmnorist  das  Paaaieren  der  Linie  geschildert  und  Sehnsuchtsgedanken 
sind  68,  welehe  den  Releenden  erflusen,  als  mit  dem  Hissen  des 

fleiniatswimpels  eine  lange  RflckfUirt  Uber  Liberia,  San  Thiago  und  FogOr 

Fayal  und  Falmouth  beginnt. 

Trots  aller  herriieher  Reiseeindracke  kann  Verfasser  mit  Recht 

schliefeen: 

.Nord,  Süd.  Ost,  West: 

Zu  Haus  ist's  Bestl**  68. 

Ahoi!  Deutsche  Meereslyrik.  Für  alle  Freunde  deutscher  Seefahrt 
und  der  deutschen  Flotte  ausgewählt  von  Maximilian  Bern. 
Illustriert  von  C.  Schön,  i^rlin.  R.  Siegismund.  Preis  geb. 
4  Mark. 

Seitdom  das  kaiserliche  Wort:  „Unsere  Zukunft  liegt  auf  dem 
Wasser"  Wurzel  gesclilagen  hat  in  allen  l\reisen  unseres  Volkes,  will 
auch  die  Poesie  nicht  mrüekstehen,  um  ihr  Scherflein  dazu  beizutragen, 
dals  die  Begeisterung  fOr  eine  starke  deutsche  Flotte,  diesem  Leben  s> 
uerT  der  Zukunft  unseres  Vateriandes,  nicht  wieder  wie  im  Jahre  184^ 
nach  kurzem  erfreolichen  AnfSuige,  von  neuem  schwinde.  An  Herz, 
und  Gemüt  des  Volkes  wenden  sich  diese  Dichtungen,  zu  deren  Ver> 
fsssem  die  besten  Namen  zählen,  so  E.  M.  Arndt,  Bodenstedt,  Dahn, 
Dingelstedt.  Eichendorff.  Fontane,  Freilijjrrath.  Geibel,  Goethe,  Gottschall, 
Heine.  Herder,  Kopisch,  Lenau,  Storm,  Uhland  u.  v.  a.  Es  ist  eine 
überraschende  Thatsache,  dafs  seit  mehr  als  100  Jahren  schon  die 
edelsten  Geister  unseres  Volkes  ein  warmes  Empfinden  für  die  Poesie 
des  seemännischen  Berufes  hatten,  und  deshalb  ein  sehr  glücklicher 
Gedanke  gewesen,  diese  Dichtungen,  die  zum  Teil  den  besten  der 
deutsehen  Lyrik  beizndUüen  sind,  zusammenzustellen  zu  einem  Pracht- 
werice,  an  dem  Alt  und  Jung  ihre  Freude  haben  werden. 

Ahoi  wird  in  seiner  Weise  der  guten  Sache  dienen  und  kann 
deshalb  auf  das  Wirmste  empfohlen  werden.  4. 

Die  MilitärstmflsctiehtsoidBung  vom  1.  Dezember  1898  nebst  Kln- 

fUhrungsgesetz.    Zum  Selbst-Unterricht  für  Offiziere.  Fahnen- 
junker und  Reserve-Offizieraspiranten,  sowie  zum  Gübrauch  an 
militärischen  Lehranstaitei^  von  Lüning,  Hauptmann.  Metz  1900.. 
H.  Scriba, 

Die  kleine,  nur  32  Seilen  tuUende  Schrill  enthält  nur  das,  was 
dem  oben  verzeichneten  Leserkreise,  für  den  es  verfafst  ist,  zu  wissen 
not  thut,  kurz,  büijdig  und  verständlich.  Von  prakiischem  Worte  sind 
die  zum  Schlüsse  beigegebenen  10  Beispiele,  die  den  Verlauf  eines 
Ifilititr-Stra^fMesses  knrz  Idar  legen,  unter  Hinweis  auf  die  Ziffern  des. 
Textes.  8. 


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380 


Umschau  in  der  Miütör-Litteratur. 


IHenstalten^Llste  der  KSnlglleh  PiwifidBeheB  Amee  urnd  des  XIII. 
(KSniglich  Wflrtleiiibefgisdifin)  Aimeekoips  flir  ISflW/UMM. 

Im  engen  Anschlufs  an  die  Reihenfolge  der  Rangliste  mit  An- 
gabe des  erst-  und  letzterteilten  Patents  zusammengestellt.  I. 
nach  Stäben,  Truppenteilen  u.  s.  w.,  II.  nach  Dienstgi-aden.  Ab- 
geschlossen am  20.  November  lö99.  Berlin,  E.  S.  Mittler  &  Sohn. 
Preis  5  Mk..  geb.  6  Mk. 
Die  diesjährige  Ausgabe  der  vorliegenden  Dienstaltersliste  enthält 
u.  a.  im  Zusammenhange  die  erste  Veröffentlichung  der  Neuformationen 
(Artillerie  und  Yerkehrstruppen),  nicht  minder  die  gesamte  Armee- 
einteilung, dann  die  Dienstaltersverhältniese  innerlialb  jedes  Truppen- 
teiles  und  der  einzelnen  Waffengattungen.  Dieselbe  ergftnzt  nicht  nur, 
sondern  ersetzt  sogar  die  Rangliste  bis  zu  gewissen  Grenzen.  4. 

Uniformenli^unde.    Lose   Bliitier   zur  Geschichle   der  Entwickelung 
der  militärischen  Tracht.    Herausgegeben,  gezeichnet  und  mit 
kurzem  Text  versehen  von  Ii.  Knötel.    Band  X.    Heft  3  und  4. 
Rathenow  1899.    M.  Babenzien.    Preis  jeden  Heftes  1,50  Mk. 
Heft  3:  Herzoglich  Sachsen  Meiningensehes  Infanterie-Regiment 
1862  und  1866.  —  Anhalt:  Regt  Anhalt  1866.  —  Hessen-Darm- 
stadt: Landgräflich  Hessisches  Ghevaulegw-Regt  1799.  —  Grenadiere 
vom  Leib-Bataillon  des  Königs-Regiments  (1806  Grenadier-Garde  Nr.  6)- 
Um  1713 

Heft  4:  Österreich-Ungarn:  Kaiserliche  Infanterie  1690,  1700, 
1701,  1703.  ITOs  ~  Niederlande:  Statthalter  Wilhelm  V,  1779.  — 
Preufsen:  4.  und  8.  Kürassier- Regt.  1845.  Österreich-Ungarn: 
Wallachisches  Georg-Dragoner-Regt.  1763—1773.  2. 

Temie  des  Troapes  de  Fnmce.  Publication  mensueUe.  Texte  par 
plusieurs  membres  de  la  Sabretaohe.  Aquarelles  de  Job.  Paris, 
Hue  des  Ganettes  7. 

Die  Herausgeber  dieser  vom  1.  Januar  d.  J.  ab  erscheinenden 
neuen  Monatsschrift  haben  sich  die  Aufgabe  gestellt,  die  Cniformierung 
der  französischen  Truppen  aller  Zeiten  durch  Text  und  Bild  darau- 
stelien.  Für  dif  Zuverlässigkeit  des  hier  Gebotenen  bürgt  die  ThaL- 
sache,  d:ifs  .Mitglieder  der  sehr  geschätzten  Zeitschrift  „Carnet  de  la 
Sabrotache'*,  über  die  wir  un  anderer  Stelle  allmonailich  kurz  berichten, 
die  Herausgabe  übernommen  haben.  Jede  Liderung  soll  vier  Aquarelle 
bringen,  der  Jahrespreis  sich  auf  34  Fr.  ffir  das  Ausland  stellen.  Die 
vorliegende  Probenummer  hat  nur  zwei  Aquarelle  mit  Text:  1.  Tam- 
bours du  15*  Regiment  dlnfiuiterie  l^re  (1812).  2.  Offlciers  suissee 
de  la  Garde  royale  (1830).  —  Die  Ausstattung  dieses  eigenartigen 
Werkes  ist  eine  vorzügliche,  es  sei  dasselbe  Freunden  der  Heeresge* 
schichte  besonders  empfohlen.  2. 

Appant  für  da»  Festugs-KriegB-Splel  von  Oberst  z.  D.  Kunde  mit 
4  Anlagen.  Berlin  1900.  Vossische  Buchhandlung. 


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Umsohau  in  der  MilitSr-Litteratar. 


381 


Im  Ansehlufs  an  seine  »Qrundsätaie  fQr  die  Leitung  des  Pestungs- 
kriegsspiels"  hat  sich  Oberst  Kunde  der  Mtthe  unterzogen,  einen  Apparat 

für  das  Festungslirieirsspiel  zu  bearbeiten,  welcher  sich  praktischer 
Weise  an  die  praktisch  bewährten  Truppenzeichen  des  Reginients- 
Krieg:sspiel-Apparates  von  Oont^ral  Meckel  anschliefst  und  iragleichen 
MaTsstabe  die  Zeichen  für  Fufsartilierie.  Batterifii,  B('ft'stij2:ungs-  und 
sonsti^^c  Anlap'H  u.  dgl.  mehr  hinzufügt.  Dir  beigt'.i?ebenen  Er- 
liiiitetungeti,  bildlichen  Darstellungen  etc.  sind  zum  Verständnis  voll- 
ständig genügend.  49. 

KfOklemaflBatab  mit  sich  berührender  Metern  und  Schrittakala  zum 
direlLten Messen  gerader  und  krummer  abgeschrittener  Strecken 
ohne  Zirkel.  D.RG.M.  Ad.  Henselin,  Berlin  54.  (Skala  20  cm 
lang,  auf  Karton papier  gedruckt,  Stück  15  Pf.) 
Neu  ist  an  diesem  Mai'sstab.  den  ich  als  sehr  pi-aktisch  bezeichnen 
kann,  dafs  das  1  : 5000,  1  :2ri(X)0  u.  s.  \v.  verjüngte  Metermafs  an  eine 
Schrittskala  grenzt;  beide  Skalen   sind  so  angeordnet,  dafs  sie  sich 
berühren  und  i^l  eich  zeit  ig  am  iiul'seren  Rande  des  Mafsslabes  er- 
scheinen.   1  >ie  Berührung  ermöglicht   ein   direktes  Ablesen  der  um- 
gewandelten Mafse  (Meter  in  Schritt  oder  Schritt  in  Meter)  und  die 
gleiche  Teilung  an  der  auf  sc  ren  Mefskante  gestattet  direktes  Messen 
mit  beiden  Skalen  ohne  Zirkel.  Krumme  Wege  schreitet  man  also 
einfach  ab,  biegt  den  elastischen  Mafsstab  beim  Auftragen  auf  die 
Zeichnung  nach  Augenmals  in  die  richtige  Kurve  und  steckt  daran  das 
abgeschrittene  Mafs  mit  einem  spitzen  Bleistift  ab. 

Aufserdem  kann  man  mit  diesen  Mafsstäben  direkt  von  der  General- 
stabs-Karte  messen,  man  kann  sie  zu  diesem  Zwecke  stets  bei  sich 
tragen,  da  sie  leicht  auf  jede  Länge  beschnitten  werden  können.  4. 

III.  Seewesea. 

Auualeu  der  Hydrographie  ujid  maritimen  Meteorologie.  Heft  1. 
Azoren.  Aus  dem  Reisebericht  S.  M.  S.  «Moltke*.  Kommandant  Kapt 
z.  S.  Schröder,  August  1899  (hierzu  Tafel  1).  Bemerkungen  zu  den 
Landmarken  m  und  bei  der  Vigo-Bucht.  Aus  dem  Reisebericht  S.  M.  S. 
«Nixe**,  Kommandant  Freg.-Kapt.  von  Basse,  Juli  1899.  —  Tarres* 
StraTse,  innere  Route,  Bericht  des  N.ivigationsoffiziers  S.  M.  S.  „Falke**. 
Oberlt.  z.  S.  von  Knppelow.  —  Die  Insel  Barbadoes.  Nach  englischen 
und  amerikanischen  Quellen,  ergänzt  nach  Berichten  des  kaiserlichen 
Konsulats  daselbst  und  des  Kapt.  F.  Müller,  Barke  „Adonis",  bearbeitet 
von  H.  Meyer,  Assistent  bei  der  Seewarte.  Zur  Ivüstenkunde  von 
Argentinien,  nach  Berichten  des  Kapt.  H.  i)anielssen,  Kosmos-L)ampfer 
„Ammon"  und  des  Kapt.  H.  Hansen.   Hbg.-Südam.  Dampfer  „Tucunian'*. 

—  Wind,  Wetter  und  Strömung  auf  der  Rhede  von  MazaÜan.  Aus 
dem  Reisebericht  des  Kapt.  A.  Teschner,  Vollschiff  «Pera",  Oktober  1898. 

—  StromTersetsungen  bei  der  Fahrt  durch  die  Bai  von  Biscaya.  Aus 


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382  Umsciiau  in  der  Miiitär-Litteratur. 

dem  R^sebericht  S.  M.  S.  »Nixe*.  KonunandaDt  Rreg.-Kapt  von  Basse, 
Juli  1899.  —  Wasserwinne,  spezifisches  Gewicht  und  Sal^halt  bei 
Kap  Spartel.  Aus  dem  Reisebericht  8.  M.  8.  ,8tosch'',  Kommandant 
Freg.-Kapt  Bhriich.  Beobachtungen  im  Äquatorini  Gegenstrom  des 
Stillen  Oceans,  von  L.  E.  Dinklage.  Sturm  an  der  polaren  Grenze  des 
Südostpassatgobietes  im  südwestlichen  Teil  des  Stillen  Oceans  im  März 
1898  Nach  dem  Tagebuche  des  Schilles  „Aldobaran".  —  Mittlere  Ent- 
fernungen auf  Dampferwegen  in  Seemeilen.  Im  Auftrage  der  Direktion 
der  Seewarte  berechnet  von  Kapt.  Hegemann,  Assistent  bei  der  See- 
warte. —  Die  Beschickung  von  Lothungen  auf  Niedrigwasser,  von 
Dr.  G.  Schräder.  —  Zur  Berechnung  der  Breiten-  und  Längenberich- 
tigung nach  der  Standlinienmethode,  von  W.  Reuter,  königl.  Navi- 
gationslehTer  (mit  drei  Textflguren).  —  Zur  Berechnung  des  Schüb- 
ortes aus  swei  Oestirnshöhen  nach  der  HShenmethode,  von  Dr.  Bolte. 
Oberiehrer  an  der  Navigationsschule  in  Hamburg.  —  Über  die  Halo- 
Phänomene,  von  Dr.  J.  B.  Messerschmitt.  —  Ankerplatz  in  der  Bucht 
von  Callao.  Die  Witterung  an  der  deutschen  Küste  im  Monat 
November  1899. 

Marine-Rundschau.  Heft  1  Titelbild:  Stapellauf  S.  M.  S.  «Niobe*. 

—  D.  Bonamico:  Die  Lehre  von  der  Seemacht.  Autorisiortc  Über- 
setzung von  Kapitän  z.  See  z.  D.  Meufs  (Schlufs).  —  Das  Reltungs- 
wesen  an  den  Küsten  Europas  von  Kapitänleutnant  Troje  (Schlufs).  — • 
Die  Vermessung  in  Kiautschou.  —  Einiges  über  Erfahrungen  mit  eng- 
rohrigen  Wasserrohrkesseln  von  Marineingenieur  Lemke.  —  Sprich- 
wörter und  sprichwörtliche  Redensarten  über  Seewesen,  Schifler-  und 
Fischerleben  in  den  germanischen  Sprachen  (Eorts.)  —  Nordelbiscb- 
DSnisohes  von  Viceadmiral  Batsch  (Porta.).  —  Statistischer  Sanitats- 
bericht Ober  die  englische  Marine  für  das  Jahr  1897.  —  SanitStsbericht 
ttber  die  Marine  der  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  fttr  das  Jahr 
1897  und  den  Zeitraum  des  Krieges  mit  Spanien  im  Jahre  1898.  — 
Sanitätsbericht  über  die  kaiserlich-japanische  Marine  für  das  Jahr  1896. 
Elektrische  Hilfsmiuschinen  S.  M.  S.  „Ägir**,  Vortrag  des  Kapitänleut- 
nant Eckennann,  gehalten  am  25.  März  1899  in  der  Marine- Akademie 
zu  Kiel  (mit  9  Tafeln).  —  Neues  von  der  Telegraphie  ohne  Draht  — 
Öignalwesen.  i:{ouisbau, 

Army  and  Navy  Gazette.  Nr.  2084.  See-  oder  Landausbildung. 

—  Über  Drill.  —  Die  Marinegeschütze  im  Transvaalkriege.  —  Hat  die 
Delagoa-Bai  einen  solchen  \Vt>rt  für  die  Boeren,  als  angenommen  wird. 

—  Die  Kreuzer  auf  der  Kap-Stütion.  —  Wie  der  Transvaal  krieg  für 
die  Zwecke  der  deutschen  Flottenvormehning  beitragen  mufs.  —  Um- 
bau des  „Courbet ?  Nr.  208Ö.  Das  Manne- Jahr.  —  Unfall  der  neuen 
königlichen  Yacht.  —  Die  Stärke  der  Seemächte.  Hr.  2086.  Wünsche 
der  Marine-Infanterie-Offliiere.  —  Oberiegenheit  der  Krauser  den 
fhmzösischen  und  rassischen  gegenüber.  —  Die  Marine-Infuiterie  im 
Jahre  1899.  —  Ober  die  französischen  Untersee-Boote.  —  Hr.  2067. 


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Umsciiau  in  Uer  Miiitjir-Litterattu'. 


383 


AusMische  See-Verteidiguog.  —  Die  Unteraachung  der  La<jlung  des 
JBundesrat*.  —  Der  Anteil  der  Mwine-Brigade  an  der  Solilaoht  von 
Colenso.  —  Steigen  der  Kolüen-  und  Fleischpreiee.  —  Stapellanf  der 

^Pandora**.  —  Schiffsneubauten  in  Holland,  Prankreich  und  Italien. 
Der  Bau  des  fOr  die  deutsolie  antariitisohe  Expedition  besUnunten 
Sclüffes. 

Journal  of  the  Boyal  United  Service  Institution.  Nr.  263.  Der 

französische  Kreuzer  2.  Kl.  „Cassard"  (Titelbild).  —  Nach  Indien,  eine 
miUtärisclie,  statistische  und  strategische  Sldzze.  —  Marine-Nacliricliten. 

Army  and  Nayy  Journal.  Nr.  1896.  Umwandlung  des  „Sumner" 
in  ein  Transportschiff.  —  Admiral  Cerveras  Verteidigung.  —  Nr.  1897. 
Die  Regelung  der  HospitalschifITrage  durch  die  Mächte.  -  I'iu  Er- 
hebung eines  grofsen  Volkes.  —  Erinnerungen  eines  Offiziers  über  die 
Fähigkeiten  englischer  Offiziere.  —  L)a.s  l^hotographieren  von  Fischen. 
Nr.  1898.  Einige  Winke  für  englische  Offiziere.  ~  Überblick  über 
unsere  Handelsmarine.  —  Wer  soll  Vice-Admu  ai  werden.  —  Das  Neueste 
von  Manila.  —  Die  neuen  Panzeraohiffe.  —  Admiral  Montojaa  Ver- 
teidigung. —  Die  neue  Marine-Rangliste.  —  Nationalgarden  und  Marine- 
Milisen.  —  Patrioten  durch  den  Sohlachtendampf  erzeugt  —  Die  eng- 
lischen Schiffswegnahmen.  —  Die  Marine-Geschtttze  hei  Ladyamith. 
Nr.  1899.  Moderne  Waffen,  Taktik  und  Organisation.  —  Die  Wahrheit 
über  die  Philippinen.  —  Rettung  der  Bemannung  des  „Charleston''.  — 
Prämienzahlung  für  die  Zerstörung  der  Flotte  Montojas.  —  Wacht- 
dienst  in  Maschinen-  und  Kesselraum. 

ReTue  maritine  et  coioniale.  (November  1899.)  Dio  Geometrie 
der  Diagramme.  —  Die  Verteidigung  der  Küstt  ti  Frankreichs  von 
Dünkirchen  bis  Bayonne  im  17.  Jahrhundert  (Forts.).  —  Maritime 
Operationen  verbunden  mit  Armee- Mafsnahmen.  —  Die  englischen 
Marinemanöver  1899.  —  Die  deutschen  Marinemanövor  1899.  —  Das 
englische  Marinebudget  für  1899— 190ö.  —  Streiflichter  auf  das  Mittel- 
meer. —  Fbrtschritte  der  Dampf schitTahrt  —  Versuche  mit  dem  Gath- 
mann-Geschofs.  —  Die  Betrachtung  der  Unteraee-Kabel  als  Kriegs- 
walTe.  —  Die  Ingenieur-Schfller  der  deutschen  Marine.  —  Entwurf 
eines  Qeeetaes  für  die  Handelsmarine. 

rV.  Verzeichnis  der  zur  Besprechung  eingegangenen  Bücher. 

(Die  eingegangenen  Büctier  erfibren  eine  Be^iprechiing'  nicii  Miliig^ibe  iiirer  Bedeutung  und  dea  ver- 
fügbaren Raumes,  Eine  Verpflichtung,  jede«  eingehende  l^uch  zu  beepreoben.  Obemimint  di« 
Laitn^f  dar  ^ahrbftoh«!^  Biokt,  doob  ««rdeo  die  Tital  •AmtUohsr  BbohM  B*b«4A«gab*  dM  PreiMa 
—  »tSmu  ÜMsr  iDltfftWlU  ««fj*  —  U«r  ««merkt.  Ka»  BMumAmg  m  Blckam  ibd«!  aleht  itstt) 

1.  Kriegsgeschichtliehe  EinzeLschriften.  Herausgegeben  vom 
Grofsen  (Jeneralstabe.  Abieilung  für  Kriegsgeschichte.  IL  Heft  27. 
Friedrich  des  Grofsen  Anschauungen  vom  Kriege  in  ilirer 
Bntwickelung  von  1746  bis  1756.  Mit  einer  Skiffise  im  Text.  Berlml899. 
R  S.  Mittler  &  Sohn.  Preis  2,50  M. 


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384 


Umschau  in  der  Miiitar-Litteratur. 


2.  9er  Krieg  in  SttdeMkA  und  seine  Leinen  IBr  Denteeh« 
Sfidwest^Afirika.  Nach  einem  Vortrag  gehalten  in  der  Abteilung 
Bremen  der  deutschen  Kolonial-GeseUschait  von  Dr.  Georg  Hartmann. 
Berlin  1900.  B.  S.  Mittier  &  Sohn.  Preis  75  Pf. 

S.  Dokumentarieeh-kritieelie  Darsteilung  t^er  Strstegie  für  die 
Schlacht  Ton  Tionville-Mars-la-Tour.  Von  Fritz  H  o  e  n  i  g.  Berlin  1899. 
Militär -Verlags ans talt.   Preis  geh.  5  Mk.,  ord.  netto  3,75  Mk. 

4.  Methode  einer  neuen  Geheimschrift,  Geheimtelegraphie.  Ge- 
heimspracho.  Geheimtelephonie  und  Geheimdrucic  von  A.  Boetzei. 
Leipzig  1900.    P.  A.  Berger.    Preis  2  Mk. 

5.  Die  ungarische  Donau- Armee  1848/49.  Von  Anutolc  Wac- 
quant.  Mit  zwei  Abbildungen.  Breslau  1900.  S.  Schottländer.  Preis 
geh.  5  Mk..  geb.  6,50  Mk. 

6.  Das  Vordringen  der  russischen  Macht  in  Asien  von  M.  Graf 
Yorck  von  Warten  bürg,  Oberst  im  Gr.  Gcneraisiabe,  Mit  einer 
Karti^  in  Steindruck.    Berlin  19CK).    H.  S.  Mittler  k  Sohn.    Preis  2  M. 

7.  Die  Itedeutung  der  deutschen  Kriegsflotte  für  unsere  (i egen- 
wart und  Zukunft.  Von  Dr.  Heinr.  Weber,  Berlin  u.  Potsdam  1900. 
A.  W.  Hayns  Erben.    Preis  25  Pf. 

8.  Mariue-Tascheubuch  für  das  Jalir  1900.  Erster  Jahrgang. 
Herausgegeben  von  August  Bö  ekel.  Kiel  1900.  A.  Böckel.  Preis  IM. 

9.  Contessa  A.  M.  AdamoIi-CastigUoni  Branda.  Genni  Bio- 
grallei de!  Generale  AchiUe  AngelinL  Fürenze  1900.  Bemardo  Seeber 
Successore  Loescher. 

10.  Graf  Hertzherg  als  Minister  Friedrieh  Wilhelms  IL  Von 

R.  Krauel,  kaiserl.  Gesandten  z.  D.  Berlin  1899.  B.  S.  Mittler  &  Sohn. 
Preis  2,76  Mk.,  geb.  4  Mk. 

11.  Einftthrnng  in  die  HilitHrstrafji^riehtsordnnng  vom  1.  Dezem- 
ber 1898.  Systematische  Darstellung  der  Militärgericht.'^vcrfassung 
und  des  Militärstrafverfahrens  unter  Bcriicksichtisrung  der  Ausführungs- 

h<-stimmungen.  Von  r>r.  Julius  W  e  i  f  i  en  ba<- b .  Wirk).  Geh.  Kriegs* 
Kau    Berlin  1900.    E.  Ö.  Mittler  c\:  Suhn.    Preis  4  M..  geb.  5  M. 

12.  L'Etat  militaire  des  principales  piiissances  etrangeres  en 

19<MI  7.  edition.  augmentee  et  niise  a  jour  pur  J.  Lauth.  chef 
d'escaUron.    Paris-Nancy  11KX>.   Berber  Levrault  et  Cie.    Preis  7.50  Fr. 

13.  Ein  neuer  Tornister.  Von  Oberstabsai-zt  a.  !>.  I>r.  Hast- 
roi ter  (Strafshurg  i.  E.).  Sonderabdruck  aus  der  „Deutschen  Militär- 
ärziiichen  Zeitschrift"  1897. 

14.  Die  Neutralität  der  Schweiz.  Hede,  gehalten  vom  a.  Bundes- 
rat Emil  Frey  am  16.  November  1899  in  der  demokratischen  Ver- 
einigung Winterttiur.  Winterthur  1900.  Buchdruckerei  Geschwister 
Ziegler. 

16.  Kriegsgeeehiehtliehe  Beispiele  aus  dem  dentzch-fhuizSBizehen 
Kriege  von  1870/71.  Von  Kunz,  M^jor  a.  D.  11.  Heft  Beispiele 


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J 


Omsohaa  in  der  Militär-Utteratar.  385 

ffir  GeliadevefstSrkttngen  auf  dem  Sohlachtfelde.  Mit  zwei  PMnen  in 
Stflindruok  und  drei  SUzsen  im  Text  Berlin  1900.  B.  8.  Mittler  &  8. 
Preis  2  Mk. 

16L  KriegsgesehidrtUdie  Beispiele  des  IMongskriegee  ««b  dem 
dMtseli-frsmMeeieK  Kriege  Ton  1870/71.  Von  Proben! us,  Oberst- 

leotnant  a.  D.  3.  Heft.  1.  Einschllefsung  (Cerniening).  1.  Paris.  Mit 
einem  Plan  in-Steindniok.  Berlin  1900.  E.  8.  Mittler  k  Sohn.  Preis 
3.7.5  M.,  geb.  5  M. 

17.  General-Feldmarschall  Ton  Steinmetz.  Aus  den  Familien- 
papieren dargestellt  von  Hans  v,  Krosigk.  Nfajor  a.  D.  Mit  einem 
Büdnisse.  Berlin  1900.  E.  S.  MitUer  k  bohn.  Preis  7  M.,  geb.  8.75  M. 


DnMk  T«B  A.  W.  ÜAjra't  Erbtn.  Berlio  nad  Potadsn 


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Drackfehler-Berichtigang. 


Im  Februarhefte  lies;  Seite  195»  Zeile  6  von  unten  Weinberger 
nicht  Weing&rtner. 


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Jahrbücher 


Ar  die 


deutsche  Armee  und  Marine 


Venutworllieh  geleitet 


E.  Schnackenburs 

ObentleatDaat  tu  D. 


116.  BaaA. 

Apffl  bis  Jul  1900. 


BERLLN  W.  8. 
Verlag  von  BatlL 


i9oa 


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1 


Inhalts-YerzeiclLüis. 


Nr.  Mt.  H«ftl.  ApriL  ^ 

I.  Ober  das  Stadium  der  Länder  und  y(51ier  mit  Bezug  auf  den 

Krieg  (Militärgeographie).   Von  Generalmajor  a.D.  v.  Zepelia  1 
IL  Die  8.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71.  Von  Jnnk, 

Rittmeister  a.  D.  (Fortsetzung)   29 

m.  EiD  Beitrag  war  Heeresgesehiebte  Friedlich  WOhehnt  L  Von 

Lehmann,  Leutnant   46 

IV.  Die  Kntwiokelung  des  französischen  Seewesent  sdt  Colbert. 

Von  Korvetten-Kapitän  a.  D.  Jaebmann   60 

V.  Das  Heerwesen  Paraguays   68 

VL  Mataiitl  mid  IMmgtn  der  Peld-Aitfflerle  im  Batenkiiege    .  74 

VII.  „Tod  dem  Sohema**   86 

Vm.  Campagne  de  Russie  (1812)  per  I^GJ*.  OpMiou  mltttaireB 

(24.  Juin— 19.  Juillet)  '   87 

IX.  Kleine  heeresgeschichtUche  Mitteilungen   98 

X.  Armee-  mid  'Marine-Naohriohten  ans  Rulsland   97 

XL  UmaehM  in  derMOittr-UttavatBr: 

1.  Ausiaadtaalw  ZellMhiifteB   104 

U.  Bücher   112 

TIL  Seewesen   128 

IV.  Verzeiohnis  der  aar  Besprechung  eingegangenen  Btteher  126 

Nr.  844.   Heft  2?  Mai. 

XII.  Die  8.  Kavalierie-Division  im  Kriege  1870 — 71.    Von  Junk, 

Rittmeister  a.  D.  (Fortsetzung)  12» 

XHL  Die  ThlUgkalt  der  Flotte  im  Dienate  dar  KriagfHhrang  n 
Lande.  Vortrag,  gehalten  vor  den  Offizieren  der  QandaoB 
Wesel  am  19.  Jannar  d.  J.  (Mit  8  Skizzen  im  Text)  ....  166 

XIV.  Der  arrierikanisch-spanische  Seekrieg  und  die  Strategen  in 
Washington   17o 

XV.  Die  nem  maaiaelio  Fdddienat-Voraohrift  182 

XVL  Der  Dienst  anf  den  rllekwirtigeii  Vartriodangan  dar  aMbÜmi 

französischen  Armee  192 

XYIL  Nene  Mafsnahmen  im  Heere  FortngaU  198 


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XVIII.  Tnippen-Cbttngsplitz«   203 

XIX  Sohtttze  nnd  —  Helm   208 

XX.  Charakter,  Wmm  nid  KBumb  tai  Ihrer  Bedeatang  für  den 

OflUer   21S 

XXL  Klehie  heeres^reschiobtUohe  VitbeStarngm   820 

XXIL  UoMohM  fai  der  Militir-Litteratnr: 

I.  AuUnduohe  Zeitschriften   227 

IL  Bttoher   2S4 

m.  Bt99dMa   S6S 

IT  Virwiinhiti  dnr  rar  Itwiiironliniig:  nhiimirMirnnnn  ÜBnhar  266 


Nr.  SAK.  ItttS.  iutL 

XXIIL  Die  8.  Ksraltorie- Division  im  Kitog»  1810—71.  Tob  Jask, 

Rittmeister  a.  D    'Schlafs)   257 

XXIV.  Der  Krieg  in  SUdatrüta  1899/1900    272 

XXV.  La  ^erre  sor  mer  et  set  le^ons   290 

XXTL  Heer  «od  Fkrtte  Ilillaw  In  2.  flil^ihr  1888   802 

XXTn.  Die  neue  TerordBug  betniM  den  Dtenet  dee  Oenewlrtibee 

!a  ti'rankreich   885 

XXVIU.  Offiziere   bürgerlicher    Herkunft    in    der  Armee  Friedrich 
WUheimaL  und  Priedrioha  des  Grossen  von  £.  Schnaokeabarg, 

OlMnUeoteaat  a.  D.   828 

XXDL  Die  fleereff eihlllBiBie  Beeadon   887 

XXX.  Kleine  heeresgesohlohtliohe  Mitteilungen   840 

XXXL  Umschau  auf  uriHtlirteehBiiehea  Gebiet  Von  Joaeph  ScboU, 

Major  a.  D.   844 

XXXU.  Cmsohaa  in  der  MiUtär-Utteratnr: 

L  Awattdiiehe  ZetteehilfteB   880 

n  BSdittr   868 

III.  Seewesen   880 

IV.  Verseichaia  der  zur  BeapreehoDg  «n^egan^enea  Bttober  882 


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1 


I. 

lieber  das  Studium  der  Länder  und  Völker  mit  Bezug 
auf  den  Krieg  (Militärgeograpiue). 

Generalmajor  a.  D.  ?ra  Zepelin. 


Betraöhtiuig  der  mUitärgeQgraphiBohen  Objekte, 
welche  Gegenstand  des  Studiums  und  der  Sohildernng 
eines  Landes  ^CriegssehaaplatBes)  werden  kdnnen.*) 

Nachdem  in  den  vorangehenden  Abhandinngen  das  Wesen  nnd 
die  Aufgaben  der  BfUitäigeographie  sowie  die  Hilismitlel  nnd  die 
Vorbereitung  znm  Stadium  dieser  Wissenschaft  er5rtert  snid,  erflbrigt 
noch,  diejenigen  Momente  in  den  Kreis  unserer  Betraehtung 
zu  ziehen,  welehe  für  die  millt&rgeogräphische  Sohildernng 
eines  Landes  (Kriegsschanplatzes)  von  Bedeutung  sind. 

Es  sind  dies: 

1.  Die  Lage  des  Landes  im  VerfaJUtms  zu  den  Kaefabiistaaten 
und  dem  Meere,  seine  aUgemeine  Gestaltung  und  die  Be> 
schaiFenheit  seiner  Grenzen. 

2.  Die  C^taltnng  seiner  Obeifliche  (Orographie). 

8.  Die  Beschaffenheit  und  die  Bedeckung  des  Bodens. 

4.  Die  Gewässer  (Hydrographie). 

5.  Das  Klima. 

6.  Die  Verbindungen. 

7.  Die  Wohnplätze. 

8.  Die    Landwirtschaft   (Forstwirtschaft),    der   Handel,  die 

Industrie  nnd  die  Gewerbe. 

9.  Die  Bevölkemng,  die  Staatseinriebtung-en  (Verfassung,  Ver- 
waltung, Finanzen),  Wehreinrichtangen  {Wehrverlassung,  Heer, 
Flotte,  Streitmittel  aller  Art.    Militärische  Hilfsquellen). 

10.  Die  Landesverteidigung.  Festungen.  Mobilmachung. 

^)  Siebe  die  Autüätze  des  Verfasäer»  im  Februarheft  1900  S.  129  und  im 
Deiemberheft  1899  S.  256. 

Jakibft«bw  ftr  di«  dMtMb«  AnoM  «4  UartiM.  BA.  11».  t.  ] 


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2    Ueber  dt»  Stndimn  der  LKnder  und  Volker  mit  Besag  auf  den  Krieg. 


An  anderer  Stelle  wurde  enhyickelt,  dals  es  Aufgabe  der 
Militärgeograpbie  sein  mufs,  die  Bedeniong  jedes  einzelnen  dieser 
Oegenstände  für  den  Krieg  klarzustellen,  um  auf  (rrund  der  gewonnenen 
Anschannng  die  Verhältnisso  eines  Landes  (Kriegssehanplatzes)  in 
jedem  gegebenen  Falle  beurteilen  zu  können. 

Wenn  wir  die  oben  aufgeführte  Reibe  von  Gegenständen  durch- 
gehen, welche  in  den  Kreis  nnsercr  Betrachtung  falleu,  so  tritt  uns 
in  ihrem  Charakter  ein  sehr  wesentlicher  Unterschied  entgegen.  Ein 
Teil  von  ihnen,  die  unter  1  bis  5  erwähnten,  zeigt  —  abgesehen 
von  den  andauernden,  unmerklichen  Umgestaltungen  unserer  Erd- 
oberfläche, die  meist  in  das  rrebiet  der  Geologie  und  (ieognosie 
gehiiren  -  keine  oder  nur  geringe  \  eiiindcruniren,  ist  ;iIso  als 
(lauernd  anzusehen.')  Der  andere  ist  mehr  oder  vveni^MT  1  ort- 
währenden Veränderungtü  ausgesetzt,  fUr  deren  Kenntnis  der 
Offizier  wesentlich  auf  die  Hilfe  der  Statistik  angewiesen  ist. 
Endlich  ist,  wie  an  anderer  Stelle  ausgeführt  wurde,  das 
ganze  weite  Gei)iet  der  für  die  Beurteilung;  eint  s  Landes 
in  ni  ilitärgeograjjhischer  Hinsicht  zur  Geltung  kommenden 
(Gegenstände  in  seiner  Bedeutung  wesentlich  von  den  durch 
die  andauernde  technische  Verbesserung  der  Kampfmittel 
und  des  Verkehrs  bedingten  \  eränderungen  und  sogar  von 
der  Änderung  der  taktischen  Anschauungen  ahliängig. 
Hieraus  ergiebt  sich,  dufs  für  die  so  durchaus  lebensvolle 
Wissenschaft  (ier  M  i  1  i  tärge  og  ra  ji  h  i  e  —  wenn  wir  der  Kürze 
halber  die  Leliri'  vor  dem  Studium  und  der  Sc liil der  u  ng 
der  Länder  und  ihrer  Völker  mit  Bezug  auf  den  Krieg  in 
Zukunft  so  nennen  dürfen  —  nichts  ungeeigneter  wäre, 
als  eine  schablonenmälsige,  schematiscbe  Behandlung. 
Die  Unmögliehkeit  eines  solchen  Verfahrens  springt  noch 
mehr  in  die  Augen,  wenn  man  berfleksiebtigt,  dafs  die 
oben  antgeftthrten  militargeographiscben  Momente  in  einer 
so  engen  Wecbselwirknng  steheD,  dafs  eine  sebarfe, 
scbematiscbe  Trennung  derselben  ganz  nnmdglieb  ist 

Wer  z.  B.  die  Leistnng  der  Landwirtscfaaft  eines  Landes  für 
die  Verpflegung  der  Heere  beurteilen  will»  kann  Bodenbescbaffenbeit 
nnd  Klima  nicbt  ans  dem  Bereieb  seiner  Betraobtnng  lassen.  Von 
der  Bodenbescbaffenbeit  bftngt  endlicb  wieder  der  Zustand  der 
Landyerbindungen  ab.  Der  Charakter  der  WobnpUltze  steht  in  enger 
Beciebung  zum  Klima^  zn  dem  Cbarakter  der  Bewohner,  dem  im  Boden 

')  Selbstverständlich  sind  Meliorationen  dc^  Bodens,  Reguliernnp:  der  Ge- 
wäas«r  u.  s.  w.  hiervun  ausgenommen.  Dies  hätte  aber  unter  Landwirtschaft, 
Veitindtingen  «to.  Enriflmiiiig  zu  finden. 


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Ueber  liaa  Studium  der  liiuder  und  Völker  mit  Bezu|^  auf  den  Krieg. 


oder  in  der  BodeDbedeeknng  Torhandeoen  Banmaterial.  Der  Zustand 
der  Webreinriehtongen  nnd  der  Staatsrerfassnngf  soweit  diese  filr 
die  Welirhaftiglieit  der  Nation  sor  Geltang  kommt,  steht  wieder  in 
Weeliselwirknng  mit  der  Tüchtigkeit  des  Volkes.  —  Es  wird  also 
das  militftrgeographisehe  Stndinm  nnr  mit  Vorteil  getrieben  werden 
können,  wenn  man  diesen  höheren  Standpunkt  nicht  ans  den  Angen 
verliert 

Was  aber  die  Einwirkung  der  technischen  Verbesserang  der 
Kampfmittel,  des  Verkehrs  nnd  der  Veränderung  der  taktischen  An- 
schauungen anlangt,  so  darf  hier  wohl  nur  auf  die  verschiedene 
Bedeatung  der  Deckungen  zur  Zeit  der  glatten  Flinten  und  der  des 
Eleinkalibers,  der  Ebenen  zur  Zeit  der  Lineartaktik  und  der  Vor- 
herrschafk  des  Schiitzenjcefi'chtos  hinjsrewiesen  werden. 

Aber  anch  das  ver<;leieheiuie  Element  darf  ähnlich  wie  in  der 
all^emeiDeii  6eograplii(>  in  der  Militärgeographie  nicht  iniherttck- 
sichtigt  bleiben.  Oft  erhalten  erst  dann  unsere  eigenen  Forschungen 
iOr  uns,  nnd  unsere  Schilderangen  fUr  andere  «  inen  •rrcltharcu  Wert, 
wenn  die  gewonnenen  Ergebnisse  mit  uns  hekannteu  Verhältnissen 
in  Verjrleich  pesteilt  werden.  Nur  wenijje  Offiziere  durften  z.  B.  so 
Tertraut  mit  landwirtschaftlichen  \  erhältnissen  sein,  dals  sie  sich 
aus  den  blofsen  Angaben  Uber  die  Ernteerträge  eines  russischen 
Gouvernements  oder  eines  Jisterreichischen  Kronlandes  ein  genügendes 
Trteil  Uber  den  landwirtschaftlichen  Charakter  dieser  Provinzen,  Uber 
ihre  L(usnmgsfähi<:keit  fUr  die  N'erpflegung  einer  Armee  u.  s.  w, 
bildeu  körnieii,  ithiie  da.sselbe  mit  einem  an  Areal  jrleich  grolseii 
Bezirke  des  eigenen  Landes  /ii  vergleichen.  Ahnlich  verliält  es  sich 
mit  Angaltcn  Uber  die  Dichtigkeit  der  Hevidkerung  und  dir  dieser 
entsprecheiiden  l 'nterhringnng  der  Trup))en  und  ähnlichen  Fragen. 

Wir  sehen  alsd.  welch  weite>  Feld  tUr  die  Betrachtung  eines 
Krieg0sehaujdat7.es  und  welche  Anforderungen  au  eine  allseitige  Be- 
leuchtung sich  hier  dem  Offizier  bieten,  wenn  er  mit  thatsächlicheni 
Nutzen  ftlr  sich  oder  für  seinr  Armee  ein  Land  beurteilen  will. 

Wenden  wir  uns  nun  wieder  zu  dem  Ausgangspunkte  dieser 
Erörterung  zurück ! 

Zu  den  fJegenständcn  die  im  allgemeinen  keiner  oder 
doch  nur  v(  rhältnismäLsig  geringen  Veränderungen,  und 
diesen  auch  innerhall)  gröfserer  Zeiträume  unterworfen 
sind,  ur hören:  Die  allgemeine  Lage  des  Landes,  sein  N'erhältnis 
zu  den  benachbarten  Staaten,  zum  Meere,  der  Charakter  der  Grenzen, 
die  Bodenplastik,  die  Besch atTenheit  des  Bodens,  die  Gewässer,  das 
Klima.  Zu  denen,  welche  mehr  oder  weniger  andauernden 
Veränderungen  grölserer  oder  geringerer  Art  unterworfen 

1* 


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4     Ueber  daa  Studium  der  Länder  und  Völker  mit  Bezug  aul'  den  Krieg. 


sind,  wären  zn  reebnen:  Die  Bodenbedeeknog,  die  Verbindnngen, 
die  Ortscbaften  ond  WohnpUtze  aller  Art,  die  Bevölkerong  nnd  die 
Staatseinriobtangen,  die  WehrreiüuBQng,  Heer,  Flotte,  Festnngen, 
die  LandwirtBcbaft  (Forstwissensebafl),  der  Handel,  Indastrie  und 
Gewerbe. 

Jede  Sebilderang  eines  Landes  mnls  mit  einem  all- 
gemeinen Überbliek  aaf  der  Grundlage  der  mebr  oder 
weniger  nnveränderliehen  Verhältnisse  beginnen. 

Man  bat  nnn  von  einigen  Seiten,  nnd  zwar  von  sehr  rer* 
scbiedenem  Standponkte  ans,  eine  Einteilung  des  zu  sohildemden 
Landes  in  einzelne  Unterabteiinngen  Torgescblagen,  die  man  Operations- 
schanplatz,  Eriegsschanplatz,  Operationslandsehaften,  Operations- 
bezirke, einfache,  geteilte  and  zosammengesetzte  Operationsscbaa- 
plätze  etc.  genannt  hat.  Die  Abgrenzung  dieser  Abteiinngen  yon 
einander  geschah  und  geschieht  teilweise  noch  heute  nach  den  ver- 
schiedenartigsten Grundsätzen.  —  Generalfeldmarschall  Graf  Roon 
sagt  in  dieser  Beziehung  in  seiner  mehrfach  genannten  Einleitung 
zur  „Monographie  der  iberischen  Halbinsel,^  dats  die  „formelle 
Seite"  der  militärgeographi.scht'ii  Untersuchung  und  Schilderungen 
je  nach  der  Individualität  auf  sehr  rerscbiedene  Weise  aufgefalst 
werden  könne.  „Eine  reifliche  Erwägung  der  Verhältnisse"  —  heifst 
es  wörtlich  —  „ergiebt  ohnehin,  wie  es  unzweckmäfsig  sein  dürfte, 
eine  streng  systematische  (ileichförmigkeit  in  der  Anordnung  des 
Stolfes  auf  Kosten  der  .KUr/.e  und  Natnnnälsigkcit'  überall  durch- 
führen 7.11  \v(dlen.  Es  wird  häufig  unthnnlich  ^ein.  die  konstanten') 
und  die  wandell»areii  Hieinente  des  Stoffes  streng  ausciiianderzuhalten ; 
ohne  Zweifel  erscheint  es  zweckmälsiger.  beide  auf  eine  solche  Weise 
mit  einander  zu  verschmelzen,  dats  ein  möglichst  naturgetreues  T?ild 
von  der  militärischen  Physiognomie  eines  Landes  gewonnen  werde, 
woraus  schon  von  selbst  folgt,  dafs  der  zu  diesem  Ziele  f\lhreude 
Weg  fast  bei  jedem  Lande  notwendig  ein  anderer  sein  müsse.  Es 
ist  Ul)ernll.  um  liildlich  zu  sprechen,  die  physiologische  einer  hiofs 
anntnini-ciicii  Methode  vorzuziehen.  In  den  meisten  Fällen  Jedoch 
werden  die  konstanten  Elemente  in  ihrer  Gliederung  als  Einteilungs- 
grund  für  den  ganzen  Stoff  dienen  können  "    Zum  Reweise 

hierfür  giebt  nun  der  Feldmarschall  ein  Beispiel,  indem  er  die 
gröfsere  oder  geringere  Gangbarkeit  eines  Geländeteils  zur  Grund- 
lage der  Abgrenzung  verschiedener  Teile  eines  Landes  macht.  \  idlig 
fUr  Truppen  ungangbares  Gelände  giebt  es  -  -  so  gesteht  lioon  selbst 


>)  5^0  hezeichiu'i  (i(*r  Foldmarsoball  dio  keinen  oder  nur  geringen  Ver 
äaderuugen  unterwurt'enen  Verhältnisse. 


u  lijKi^u^  L.y  Google 


Debef  daa  Studiiim  der  Länder  und  Vfllker  mft  Besag  auf  den  Krieg.  5 

ein  —  in  absolntem  Sinne  kanm  oder  nur  selten  and  meist  auf  nicht  kq 
ansgedelmtein  Flächenranm.  Er  seUfigt  daher  vor,  gleichsam  als 
„trennende  Scheiden**  alle  Geländeteile  nngangbar  za  nennen, 
^welche  von  passierenden  Truppen  ohne  Torhergängige  künstliche 
Anlage  (Brücken  oder  Stralsen)  nicht  auf  geordnete  Weise  oder  Ton 
allen  oder  einselnen  WatTen  nur  mit  Verzichtleistang  anf  ihre  Gefechts- 
bereitschatt  unentwickelt,  defilierend  durchschritten  werden  können.** 
Solche  Scheiden  nennt  Roon  „Operations-Barrieren''  und  reebnet  su 
ihnen  Geländegegenstände  von  der  allerverschiedensten  Bedentong  — 
Gebirge,  Ströme  und  Gewässer,  Sümpfe,  Wälder,  Hecken  n.  s.  w. 
Wie  schwierig  und  unhistimint  aber  alle  diese  Geläiidegeg:ent>tände 
sowohl  in  ihrer  absoluten  Natur  wie  in  ihrer  BeschaÖ'enheit  m  den 
verschiedenen  Jahreszeiten  und  unter  besonderen  taktischen  und 
strategischen  Verhältnissen  für  den  ihnen  zuzuerkennenden  militär- 
geoirraph Ischen  Wert  sind  und  sein  müssen,  ist  Hoon  selbstverständlich 
nicht  entgangen.  Um  in  dieser  Bezi»*hiHiü:  wissenschaftliche  Be- 
stimmtheit zu  schaffen,  unterscheidet  er  ilaupt-Operaüonsbarriercn 
von  Neben-Opcrationsbarrieren  oder  Operarious-Scheideii.  Erstere 
haben  ppniiaiu  ntc  und  strategische  Bedcntung  und  nehmen  selbst 
unverteidigt  /u  ihrer  Ul>erschreitung  miiuiesu  ns  einen  ganzen  Tag 
in  Anspruch;  die  Neheii-Opeiatiunsi)arrieren  dagegen  bilden  nur  unter 
besoiiderr  11  \  t  r'nliltiiisscu  ein  Hindernis,  welches  aber  rasch  umgangen 
werdeil  kann.  Die  zwischen  den  Haupt -Operationsbarrieren 
liegenden  Teile  eines  Landes,  in  welchen  also  die  Bewegung  der 
Truppen  und  (Iii*  Watfenwirkung  auf  gar  keine  oder  doch  nur  auf 
Hindernisse  von  untergeordneter  Bedeutung  tretfen  würde,  nennt 
Uoou  Operationsschauplätze. 

Wir  glauben  nicht  fehlzugehen,  wenn  wir  vernmthen,  dafs 
Roon  selbst  an  der  wissenschaftlichen  Unfehlbarkeit  dieser  „Klassi- 
likationeu"  Zweifel  gehegt  hat.  Kin  Land  mit  einer  so  eigenartigen 
orographischen  Gliederung  wie  .Spanien,  dessen  militärgeographisehe 
Schilderung  für  Koon  die  praktische  Anwendung  der  hier  ent\vickelten 
Lehren  bildete,  mag  allenfalls  eine  solche  wissenschattliche  Gliederung 
gestatten.  Ganz  anders  liegen  die  Dinge,  wenn  wir  z.  B.  Dentscb- 
land  oder  Roisland  betrachten.  Roon  sehwKeht  aehie  oben  wieder- 
gegehene  Ansfllhning  aach  selbst  ab.  Wir  fttbzen  »ir  Begründung 
unseres  Ton  seiner  AnBohanang  abweichenden  Urteils  seine  ErOrternng 
hier  an.  Es  bdfst  da  o.  a.:  „Die  Klassifikagon  der  versehiedenen 
Terrainteile  in  Operations-Barrieren  und  Operations-Sehanplätse  ist 
indes  häufig  eine  sehr  schwierige  Aufgabe,  wo  die  plastische  Boden - 
form,  wie  s.  B.  in  Deutschland,  eine  Menge  von  Übergängen  ond 
Mittelstiifen  bildet,  so  dab  man  häufig  selbst  nach  genauer  Erforschnng 


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6    lieber  das  Stndlnin  der  Libider  und  VOlker  mit  Besag  auf  den  Krieg. 


des  betreffenden  Ahschnittos  noch  zweifelhaft  bleibt,  ob  man  ihn  der 
einen  oder  der  andern  Klasse  hinzurechnen  soll.  Hier  kann  nnr  die 
reifliebste  Erwä^unp:  aller,  nicht  blols  der  orographischen,  sondern 
auch  der  Anbau-  und  Kultur- Verhältnisse  etc.  den  Ausschi Treben, 
l.'nd  wenn  man  sich  die  Karte  eines  Landes  nach  dem  Grade  seiner 
Ganirbarkeit  illuminiert  denkt,  so  wird  man  bäafig  nicht  blols  zwei 
verschiede!! i>  Tlauptfarben.  sondern  eine  Menge  von  Lbergangrs-Tinten 
erblicken,  deren  manni^altiger  Wechsel  nur  mit  Schwierigkeit  die 
Gegensätze  erkennen  läfst,  auf  die  es  nach  dem  X'orijren  ankommt." 

General  von  Aster  hat  in  seinen  Gedanken  ülier  eine  systcma- 
ti^chf  Militär- GeofTraphie"  diesen  Norschln^-  durch  di»*  Inrbiire 
(  harakt<  risierunp  der  Karte  des  westlichen  Deutschlands  verwirklicht. 
Er  unterscheidet  bekanntlich  ..Manbvrierterrain.'*  welches  einer  Truppe 
irestattet.  sich  in  p't'eclitsbereiter  Form  /u  bewep'u  und  nach  allen 
Richtun<r<"n  hin  /.u  manövrieren  von  „IJurchj^au^^slaud"  oder  ,,Zwischeu- 
land.--  welche  zu  aiihälteudem  Defilieren,  d.  b.  zum  Durchgang  in 
schmaler  Front,  nötijren. 

Ein  Blick  auf  diese  Karte  beweist  die  praktische  l  n/iiläiij^^iich- 
keit  einer  solchen  abstrakt-wissenseiialtlichen  (iliedenm;.'-.  Da  finden 
wir  Gegenden  als  Durcli<:arj^^slaiid  lie/eiehnet.  die  wohl  in  Wirklich- 
keit keiner  deutscheu  Armee  irireiid  eine  Schw  ieriirkeit  bieten  würden. 
Sieht  sich  docii  der  bayerische  liauptinanu  VVi)iiruiii  in  seiner  vor- 
treti'licheu  kleinen  Sehritt  ,.Anleituii;r  zum  Studiuni  der  Militär- 
}:eo;rraphie  und  der  militärischen  Länderbesehreibunir.*"  welche  freilich 
nur  als  ein  \  ortrajr  für  KriegsschUler  und  junp-  oili/.iere  jredacht 
ist.  trotzdem  er  sich  der  Theorie  des  Generals  von  Aster  anschlielst. 
zu  dem  Geständnis  genötigt,  dafs  durch  solche  Charakterisierung 
„sehr  irrige  Vorstellnngeu  hervorgerufen  werden  können."  Als  Belag 
hierfür  führt  er  selbst  an,  dals  „die  flachhUgelige  Wasserscheide 
zwischen  Altmtthl  and  fittnkischer  Kezat,  eine  Gegend,  wo  ziemlich 
yiel  Hopfen  gebaut  wird,  gaaz  ebenso  als  Dnrehgangsland  bezeichnet 
wird,  wie  die  höchsten  und  schwierigsten  Teile  des  oberen  Schwarz- 
waldes." 

Wir  glanben  nach  eingehender  Prttfang  aller  dieser 
Theorien  nicht  fehl  zn  gehen,  wenn  wir  die  mehr  oder 
weniger  auf  „Soppositionen"  anfgebante  Feststellung  Yon 
„Operationslandschaften,'*  „Dnrchgangslandschaften"  nnd 
wie  diese  militärgetgraphisoh'Strategisehen  Gebilde  heiUen 
mögen,  ftlr  die  Aufgaben  militärgeographischer  Stadien 
nicht  in  erste  Linie  stellen.  Wir  glanben  vielmehr,  dafs 
der  Offizier,  welcher  sich  völlig  klar  Uber  die  militftr- 
geographischen  Eigenschaften  aller  der  oben  geuannten 


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Ueber  dtt  Stndinm  der  LXnder  und  Vttlker  mit  Besag  auf  den  Krieg.  7 

Elemente  elDes  Landes  ist,  eine  solche  mehr  oder  weniger 
kflnstliche,  den  thatsSchlichen  Verhältnissen  der  Krieg- 
ftthrnng  widersprechende  Gliederung  entbehren  kann. 

Dagegen  empfiehlt  es  sich  für  die  Erleiehternng  des  Ober- 
blicks Uber  ein  gröfseres  Gebiet  nach  den  Scheide-Linien  oder  Be- 
zirken, welche  mehr  oder  weniger  in  sich  gleichartige  Landesteile  Ton 
einander  abgrenzen,  Unterabteilungen  zn  bilden.  Oh  man  diese  Hanpt- 
oder  Neben-Operations-Schauplätze,  ManOviiergebiete  n.  s.  w.  nennt^  ob 
nian  die  Gewässer  oder  die  Erhebangen  znr  Abgrenzung  wählt,  er^ 
bcheint  nns  ohne  wesentlii-he  Bedeutun<r.  vorausgresetzt,  dals  man  die 
luilitärgeographische  Schilderung  richtig  dorchAlhrt  In  den  meisten 
Fällen  werden  die  GcwäsHer  zu  dieser  Art  der  riliederung  dienen 
können.  Für  die  durch  sie  begrenzten  Unterabteilungen  mOchten 
wir  die  Bezeichnungen  Landbcbafk,  Gebiet,  wnd  ira  weiteren  Sinne 
Kriegsschauplatz  vorschlagen.  —  Hieraus  jrelit  auch  hervor,  dafs.  wenn 
wir  nns  nicht  unbedingt  an  die  politischen  Grenzen  binden,  dennoch 
aber  hervorheben  möchten,  dalk  mit  Rücksicht  auf  die  wichtigen 
inilitärgeographischen  p]iemente  statistischer  Natur  ein  zu  häufiges 
Abweichen  von  den  Grenzen  der  Venvaltun^seinheiten  die  Durch- 
liiiirun^  einer  sor^Halti-rtn  and  allseitigen  militärgeographischen 
. '»Sehihierung  sehr  rrsclnvert. 

Wir  wenden  uns  nunnu  hr  zur  Betrachtung  der  Gegen- 
stiii!<!c.  weU'he  in  den  Kreis  niilitärL^foprajihiseber  riiter- 
>ueliuiii:  /.u  ziebt'n  und  hei  der  militärgeographischeu 
hchilderuDg  zu  berücksichtigen  sind. 

1.  Die  Lage  des  Landes  im  Verliiiltnis  zu  den  benach- 
barten Staaten  uiul  zum  .Meere,  seine  allgciiit  ine  Gestaltung 
sowie  die  Beschaffenheit  der  Grenzen. 
Die  Lage  eines  Landes  wird  stets  von  hohem,  zuweilen  sogar 
entscheidendem  Werte  für  seine  strategische  Bedeutung  sein  Die 
t)j»erationsentwürfe  des  (Jeneralstabes  weidfii  sie  «dalier  /uiiiicbst 
ins  Auge  zu  fassen  iiahen.  Wir  verweisen  hier  .statt  längerer  Er- 
örterungen auf  einige  ins  Auge  springende  Beispiele,  die  in  dem 
Gedächtnis  des  deutschen  Offiziers  zudem  lebendig  sind.  Man  ver- 
gleiche die  Bedeutung  der  Lage  Preul'sens  zur  Zeit  Friedrich  des 
Grofsen  mit  der  zur  Zeit  des  Beginnes  des  Feldzuges  1866. 
Damals  war  die  Grenze  Polens  bis  auf  wenige  Märsche  an  die 
Landeshauptstadt  Torgescboben,  und  fast  ebenso  nahe  die  Grenzen 
Sachsens  und  Schwedts.  Schon  diese  Lage  forderte  die  Hüiaus- 
schiebong  unserer  Grenzen  gegen  die  Weichsel.  Und  1866,  welche 
Rolle  spielte  im  Operationsentwnrf  die  in  zwei  getrennte  Landes- 


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•  8    lieber  des  Stndhun  der  Linder  and  Volker  mit  Besag  auf  den  Krieg. 

teile  zerrissene  Form  des  preufsischen  Staatsgebietes.  Wie  günstig 
ist  dagegen  die  Lage  Kafslands  mit  seiner  schwer  za  erreidienden 
natioDiüea  und  seiner  auf  dem  Landwege  fast  ebenso  weit  Ton  der 
Westgrenze  entfernten  goavemementalen,  heute  auch  zur  See  dorch 
Kronstadt  und  die  eigenartigen  geographischen  Verhältnisse  Finnlands 
geschützten  Hauptstadt  an  der  Ostsee. 

Die  militärische  Schwäche  F^nglands  wurde  bisher  durch  die 
insulare  Lage  des  durch  eine  übermächtitre  Tiotte  die  See  be- 
herrsch«'!ulen  Landes  ausgeglichen.  Welche  S('hvvieriL''keiten  stellt 
die  Gestaltung  Italiens  der  nachhaltigen  Landesverteidigung  gegen 
einen  die  See  beherrschenden  (iegiier  entge^^en.  Wie  ungleich 
schwieriger  ist  die  strategische  Lage  des  deutschen  Reiches  bei 
einem  Kampfe  geirt-n  das  vereinigte  liulsland  und  Frankreich  wie 
die  Frankreichs  gegen  einen  AuL^riff  des  mit  Italien  vcrliUndeten 
Deutschlands.  Endlich  vergleiche  man  die  französisch-spanische  mit 
der  französisch-deutschen  Grenze  und  erinnere  sich  an  die  militärische 
Lage  der  von  der  See  abgeschniltenen  südafrikanischen  Freistaati'n. 

Die  allgemeine  Betrachtung  der  Grenze  ist  unter  dem 
zwiefachen  Gesichtspunkte  der  Verteidigung  und  des  Angrift'es  durch- 
zutUhren.  Neben  ihrer  Gestaltung,  der  Kutfernung  von  der  Hauptstadt, 
bezw.  den  Garnisonen  der  Truppen  kommt  die  Länge,  das  \  erhältnis 
der  Land-  zu  den  Wassergrenzen,  die  BeschatVenheit  des  Grenz- 
gebietes an  sich  (Gebirge,  Gewässer,  ungangiKires  (ielände.  die 
Fe.stungen  und  Sperrforts),  die  Stiinnunig  und  Gesinnung  der  Be- 
völkerung im  Grenzgebiet  zur  Geltung,  sowie  die  \  erhiiidungen  von 
dort  mit  dem  Innern  und  die  innerhalb  des  (irenzl)ezirks.  Endlich 
wird  es  sich  darum  handeln,  festzustellen,  welche  Ortschaften, 
indastrieile  and  militärische  Einrichtungen  und  Anstalten  von 
Wichtigkeit  im  Grenzgebiete  liegen,  welche  Eisenbahn-  nud  Strafisen- 
knoten in  ihm  von  besonderer  Bedeatang  sind,  wie  dieselben  nnd 
die  vennntliehen  Aoftnanohliiden  zur  Grenze  liegen  and  in  welcher 
Wdse  der  Grepzscbnts  za  fuhren  ist  In  dieser  Hinsicht  wllide  also 
nach  die  Verteilnng  der  Trappen  Im  Grenzgebiet  za  erwähnen  sein» 
Znm  lefchteren  Yeistindnls  der  allgemeinen  Gestaltnng  des 
Landes  and  zur  Obersicht  Uber  alle  diese  YerhiUtnisse  empfiehlt 
es  sich,  die  Aasdehnnng  der  Grenzen,  das  VerhSltais  deiselben  zor 
Gesamtoberflttche,  die  Länge  des  Darehmessers  des  Gebietes  nach 
den  Haaptrichtnngen,  die  Entfemongen  der  einzehien  Hanpt- 
festangen  n.  s.  w.  Fon  einander,  ihre  Lage  zn  einander  und  za  der 
Haaptstadt  in  Kilometern  anzuführen.  —  Dafs  die  Lage  eines  Landes 
zom  Pol  entscheidend  ist  fftr  Klima  nnd  Tagesdaner,  and  aUnk 
eine  Erwähnung  erheischt,  sei  hier  noch  zom  Schlofs  erwähnt. 


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Ceber  cUs  ätodium  der  Liiader  und  Vülker  mit  Bezug  auf  den  Krieg.  9 

2.  Die    Gestaltung  diT  Erdoberfläche  fdie  Orographie). 

Jedes  Land  trägt  mehr  oder  weniger  in  Folge  der  (xestaltung 
seiner  Oberfläche  einen  in  oft  verschiedener  Weise  die  Kriegfllhrung 
in  ihm  beeiDflosseuden  Charakter.  Selbstverständlich  giebt  es  beute 
ID  Eiiropa  nur  wenige  Kriegsschauplätze,  welche  in  ihrem  Gesamt- 
charakter der  Kriegftthmng  ihren  Stempel  aufdrucken.  Zu  solchen 
kann  man  Finnland,  einen  Teil  von  Holland  und  die  Hochgebirgs- 
länder  rechnen.  In  den  anderen  Weltteilen,  in  denen  die  Kultur 
auf  (lif  natürlichen  Verhältnisse  der  Länder  keinen  oder  nur  geringen 
Einliuls  übte,  finden  wir  dagegen  noch  weite  Gebiete,  deren  ,.  Boden- 
plastik'' entscheidend  für  die  Art  der  Kriegführung  in  ihnen  ist.  Wir 
erinnern  hier  nur  an  die  cenlralasiatisi-licn  Steppen,  an  das  (i('l)irgs- 
land  von  Tschitral,  den  Pamir,  die  Indien  von  Afghanistan  trenntMuifn 
Grenzgebirge,  die  von  Gewässern  durchschnittenen,  mit  Sümpfen  bt  - 
deckten  Teile  Cochin-Chinas.  die  algerische  Wüste,  das  Ilochlanil 
Abe.>.syniens,  Daliomey,  Ueutschsüdwestafrika,  unsere  üstafrikanischeu 
Kolonien,  Transvaal  und  den  Oranje-Fn  istaat. 

Eine  Betrachtung  aller  dieser  Kr  iegssc  hau  platze  tührt 
uns  aber  mit  Notwendigk  eit  zu  der  Überzeug  ung,  dafs  eine 
Beurteilung  des  Einflusses  der  Gestaltung  der  F.rdober- 
fläche  auf  die  Kriegführung  untrennbar  verbunden  ist  mit 
der  Beschaffenheit  des  Bodens  und  seiner  Bedeckung 
sowie  der  \'erteilung  und  Beschaffenheit  der  (iewässer. 

Wir  werden  daher  in  dem  Folgenden  es  nicht  vermeiden  können, 
bei  der  Untersuchung  der  Bedeutung  der  ..Bodenplastik"  für  die 
militärgeographischen  Verhältnisse  auch  auf  diese  Faktoren  einzu- 
gehen. Nur  so  erhalten  wir  ein  klares  Bild  des  zu  schildernden 
Gebietes.  Da  nur  wenige  Rriegs^chaupiiit/.e.  seien  sie  für  die 
Schilderung  zusammenfallend  mit  den  politisclieu  Grenzen,  seien  sie 
bezeichnet  durch  rein  geographische  Al)grenzungen.  einen  einheit- 
lichen Charakter  an  sich  tragen,')  so  ergeben  sich  oft  schon  — 


V)  Eine  Aufnahme  raaolit  —  wie  iTwUlmt  —  in  Kuro|>a  u.  a.  das  Grol's- 
fürsteDtam  Finnland.  Be^eiciiDtind  äugt  daher  auch  der  Verfasser  des 
„Pr^eb  des  ivteements  mllitidres  des  oampagnes  de  1806  et  1809  en  FInUutde/ 
Graf  Suehteleo,  bei  der  ScbUdenug  des  «von  den  Rnflaen  in  Tielen,  Uelnen^ 
DetHcbetnents  geführten  Feldzngea.  „EUie  solche  Zersplittenmt?  der  Streitkräfte 
fand  ihren  (Jrund  in  der  eigentümlichen  Beschaffenheit  des  Lande:«. 
Dies  Gebiet,  in  aUen  lücütungen  hin  von  Seen,  Sümpfen,  Felsen  und  Urwäldern 
donbteludtten,  hat  indes  viele  Vwidndnngen.  Sie  fBhreii  ille  fOm  ^nen  fetten 
Boden  und  Truppen  Itoimieo  belnalie  ttbendl  nnd  m  jeder  Jalureeseit  Mif  ihnen 
fort.  ...  In  Finnland  fiUlt  die  Gefahr,  in  den  kleinen  Detachements  geschlagen 
SU  werden,  fort.  (?)  In  diesem  Lande  trifft  es  sieh  selten,  dafs  man  selbst  bei 


10  Ueber  d»»  Stndiniii  der  lünder  und  Völker  mit  Bezug  aul'  den  Krieg. 

ohne  Zubtllfcuahnic  \on  mehr  oder  minder  kliiistlii'h  koDstruierten 
Dperationsscheidei)  —  dur^'li  den  v»  rschiedeuen  Charakter  der  einzelneü 
Gebietsteile  die  Anhalts^pünkte  tiir  die  Gliederuüg  der  luilitär- 
geographisehen  Schilderung-. 

So  läfst  sieh  z.  B.  für  eine  Sehilderuug  SUdwesl- 
deutscblauds,  zu  dessen  Begrenzung  raan  etwa  im  Süden  die 
Linie  des  Austrittes  der  Alpentbäler  gegen  Deutschland,  beziehungs- 
weise die  politische  Grenze  innerhalb  der  Alpen  sowie  den  Bhein 
bis  Basel,  im  Westen  die  dorch  geschiehtliehe  ond  strategisehe 
Gründe  im  Jahre  1871  festgestellte  fieichsgrensse,  im  Norden  den 
Main  mit  den  ihn  zn  beiden  Seiten  begleitenden  Berglandschaften, 
im  Nordosten  das  Fichtelgebiige  nnd  den  BChmerwald  und  im  Osten 
den  Inn  mit  der  Salzach  wählen  kann,  eine  natorgemäfse  Gliedemng 
in  eine  Anzahl  weniger  dorch  scharf  ausgesprochene  Grenzen 
(Operationsscheiden)  wie  dnreh  den  verschiedenen  Charakter  der 
Bodengestaltong,  Bedeckung  ete.  bezeichneten  Landschaften  anfstellen. 
Es  würde  z.  B.  die  Rheinthal-Ebene  des  rechten,  die  des  linken 
Ufers,  die  schwäbisch-bayerische  Hochebene  mit  ebensovielBerechtigong 
zur  Grundlage  einer  abgeschlossenen  Schildemng  dienen  können 
wie  der  Schwaizwald,  der  Odenwald  und  der  Böhmer  Wald. 

Die  besonderen  Formen  der  Erdoberfläche  sind  nun 
aber  nicht  das  Werk  eines  Zufalles,  sondern  das  Ergebnis 
von  Naturgesetzen,  d»  rm  Feststellung  den  Gegenstand  der 
Forschungen  der  Geologie  bildet,  Dat<  \  e rständnis  für  die 
Eigentümlichkeit  des  Geländes  wird  daher  unzweifelhaft 
dureh  ein  gewisses  Mafs  geologischer  Kenntnisse  er- 
leichtert. Für  den  Offizier  genügt  es  jedoch  zo  wissen, 
wie  die  äulseren  Formen  des  Geländes  sich  za  den  Innern 
geologischen  Vorgängen  verhalten.*)  Ebenso  wie  die  änlsere 
Form  ist  aber  auch  die  Beschatt'enheit  des  Bodens,  die  Bodenkruste 
ein  Ergebnis  der  geologischen  BesehaflTenheit  der  Gesteinsarten,  welche 
sie  Itilden  Wie  von  der  Bescbaflenheit  des  Bodens  neben  der  Gang- 
barkeit und  Bedeckunir  wesentlich  die  Fruchtbarkeit  des  I.niides,  die 
Möglichkeit  der  Ernährung  von  Menseh  und  Tier,  also  auch  die  der 
Armeen  abhängt,  so  von  den  iu  den  Gesteinsschichten  vorkommenden 

ttb«rlegeneii  StreltkriUten  mf  einem  Flecke  dne  gtoCse  Trnppeniahl  «nhSiitai 
kann" 

Wenn  wir  mich  nicht  in  allem  den  taktischen  Ansehauungon  des  (irafen 
."^uchtelen  beipHichteu  küuuen,  so  tiitimmen  wir  ibm  doch  darin  vüUig  bei,  dals 
die  luIHtSrgeographlseheB  VerUntoteae  FtaiilaBda  dem  gansea  Laad«  ttom 
einheitlieheB  CÄiarakter  aofpiitgen. 

1)  Selbstverständlich  wollen  vir  Uenuit  nicht  etwa  dnem  Stadium  der 
Geologie  das  Wort  reden. 


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L'eber  das  Studiiun  der  Länder  und  Volker  mit  Bexuj;  anl  den  Krieg.  H 


Mineralien  die  Kniwickelun^  der  Industrie  Die  Beschatfenhflt  des 
Bodens  ist  aber  auch  hostinimeiid  lllr  das  iiauniaterial  der  nicnscli- 
lichen  Wolinuii^^t'ii  und  der  Ortschaften.  Unterbringung  der  Truppen 
uud  \  i  rteidigungstähigkeit  der  Wohnplätze  stehen  also  in  enger 
Verbindung  mit  den  geologischen  Verhältnissen. 

So  verhältnisniäfsig  jung  die  Wissenschaft  der  Geologie  auch 
kif  60  besitzen  wir  doch  bereits  eine  Aozabl  von  Werken,  die 
dem  Oflfauer,  der  sich  einige  Orientlening  Tersehaffen  will,  dies  in 
hohem  Grade  erieiebtem.  da  es  sieh  doch  nor  um  die  jedem  ge- 
bildeten Laien  notwendigen  oder  willlcommenen  Begriffe  handeln  kann. 
Es  seien  hier  nnr  angeführt: 

Deatscblands  Boden,  sein  geologischer  Baa  and  dessen  Einwirkung 
auf  das  Leben  des  Menseben.  (1.  Anflage,  Leipzig  1854)  von 
Bernhard  ron  Cotta.  —  Feldmarschall-Leatnant  Ritter  Unschuld 
von  Melasfeld.  ,,Bnt8tehang  der  Formgebilde  von  Unebenheiten 
ODserer  Erdoberflüohe  and  ihre  Darstellang  als  Vorschale  fttr  die 
Geologie.  Ein  Leitfaden  fttr  jeden  Militllr  nnd  fllr  alle,  welche  Geologie 
studieren  wollen.  Ans  den  Papieren  des  Feldzeogmeisters  Ton 
fianslab.«'   Wien  1884. 

„Josef  Zaffank  Edler  von  Orion,  K.  K.  M^or  and  Lehrer 
an  der  technischen  Ifilitärakademie  in  Wien.  Die  Erdrinde  and  ihre 
Formen.  Ein  geographisches  Nachschlagebach  in  lexikalischer  An- 
ordnang  nebst  einem  Thesanras  in  37  Sprachen.**  Wien  1885.  — 
,3onklar  von  Instftdten.  Allgemeine  Oiograpbie.  Die  Lehre 
von  den  Reliefformen  der  Erdoberflttche.   Wien  1878.** 

Die  Darlegung  der  Bedeatang  der  geologischen  Verhältnisse  für 
die  Entwiekelung  der  Industrie,  des  Ackerbaues  und  des  Volksreichtams 
ttberhaupt  ist  zum  Gegenstand  einer  besonderen  Wissenschaft,  der 
sogenannten  „Technischen  Geologie**  geworden.  Über  diese, 
welche  natürlich  fttr  die  Militärgeographie  von  besonderer  Wichtigkeit 
ist,  orientiert  in  vortrefflicher  Weise  das  187S  in  Halle  erschienene 
Werk  des  Dr.  Brauns,  ,.Die  Technische  Geologie  in  Anwendung 
auf  Technik,  Gewerbe  und  Landbau." 

8ehr  erleichtert  wird  für  den  Laien  der  Überblick  Uber  die 
geologischen  Verhiiltnisse  eines  Landes  durch  die  vortrefflichen, 
beute  für  die  meisten  Länder  Eoropas  in  gröfster  (ienauigkeit  vor- 
handenen ..geologischen  Karten."  Eine  solche  Karte  bezeichnet 
zunächst  nur  die  horizontale  oder  geographische  Verbreitung 
der  Gesteinsarten,  ihr  Vorkommen  nach  Reihenfolge  und  Areal 
an  der  Oberfläche.  Sie  stellt  eine  Gegend  dar  in  einem  Bilde, 
wie  es  etwa  ersehiene  für  einen  Beobachter  hoch  Uber  ihr  in  der 
Loft,  wenn  dessen  Auge  durch  die  Decke  von  Felsschutt  und 


12  lieber  du  Stadium  der  Länder  und  Völker  mit  Besui^  auf  den  Krieg. 


Vegetation  das  daronter  liegende  Gestein  erblicken  oder  wenn  diese 
bergende  Hülle,  der  Mantel  von  Pflanzen  und  Dammerde,  plötzlich 
entfernt  werden  könnte.  Ergänzt  werden  die  geologischen  Karten 
durch  die  „geologischen  Qner-  und  Längs- Profile/'  welche  die 
Lagerang  der  einzelnen  Gesteinsschichten  Über-  und  zueinander  rer- 
anschanlichen. 

Die  „Geologischen  Landesanstalten**  bearbeiten  diese  Karten, 
so  z.  B.  die  prenlsiscbe  eine  geologische  Spezialkarte  von  Prenfsen 
und  den  Thüringischen  Staaten  im  Malsstabe  der  Melstiscbblätter 

des  Geoeralstabes  1 :  25000. 

Die  Hersteliang  einer  ganz  Europa  umfiissenden  Karte  im  Mals- 
stabe TOD  1 : 1 500000  ist  von  dem  geologischen  internationalen 
Kongrefs  beschlossen  wordeu.  Von  den  49  Sektionen  entfallen  auf 
Deutschland,  England.  Frankreich,  Italien  und  Spanien  je  4,  auf 
Österreich-Ungarn  und  die  Skandinariscbe  Halbinsel  je  (i,  auf  Kufs- 
land je  20  Karten.  —  Zur  Orientierang  fUr  den  Offizier  dient  auch: 
„Über  das  Verhältnis  der  Topo^aphie  zur  Geologie  bei  der  Dar- 
stellung der  Gebirgskarten  von  Ziegler.    Winterthur  1869.'* 

Wir  beschränken  ans  auf  diese  kur/e  Hinweisong.  Nicht  jedf-r 
Offizier  bedarf  Kenntnisse  und  kann  solche  erlangen,  wie  sie  der  um  die 
preufsische  Armee  so  sehr  verdiente  Oberst  von  Sydow  in  so  hohem 
Malse  besafs.  P>/.iihlt  uns  doch  sein  Biograph,  Oberstleutnant 
Dr.  Max  Jäliiis  vou  ihm,  dals  der  (larnals  den  Dit-nst  als  Geueral- 
stabsoffizier  dt  r  -I  Kavaileriedivision  versehende  rreniierlentnant  v.  8. 
während  der  Besatzung  Kuriiessens  im  Jahre  1850  einen  verdächtigen 
Hauer,  der  eine  unwahre  .Auskunft  Uber  die  Richtung  gab,  aus 
der  er  herkam,  völlig  aulser  Fassung  brachte,  als  er  ihm  zurief: 
„8ie  haben  rote  Erde  an  den  Stiefeln!  Da  können  Sie  nicht  vou 
sondern  nur  von  B.  herkoiumenl" 

Zum  Schlüsse  dieser  Ausführung  sei  ein  Beispiel  an- 
geführt, wie  die  Eigenart  einer  geologischen  Formation 
für  die  Kriegführung  in  den  betreffenden  Kriegsschau- 
plätzen entscheidend  werden  kann.  Wer  erinnert  sich  nicht 
noch  von  den  älteren  Lesern  der  schwierigen,  strajiazenreichen 
Kämpfe  der  Österreicher  in  Dalmatien,  in  der  Boche  dl  (  attaro. 
Albanien  und  Bosnien.  Diese  Länder  gehören  zu  dem  Gebiete 
des  Kalkes,  welcher  sich  durch  ebenso  schroffe  Formen  wie  durch 
die  eigentümliche  Beschaffenheit  der  oberen  ßodt  nkrustc  auszeichnet. 
Der  Kalk  bildet  bald  stockförmig  aufgebaute  Plateaus,  bald  zackige, 
vielgeschartete  Kämme,  welche  sich  über  tiefen  Spaltenthälern  er- 
heben, denen  die  Gewässer  au>  ebenso  wilden  und  schroffen  Seiten- 
thälern  zuHielseu.    Oft  ist  den  steilen  Wänden  noch  eiu  höheres 


Leber  daa  Studium  der  Länder  und  Völker  mit  Bezug  auf  den  Krieg.  13 


PUteaa  anfgesetst,  das  gewObolioh  nach  einer  Seite  hin  sanft  geneigt 
ist,  führend  es  anf  der  andern  Seite  steil  abstOizt.  Anf  dem  nn- 
fraehtbaren  Boden  gedeihen  nur  selten  nnd  lEttmmerlieh  giO&ere 
Biome,  meist  nnr  Knieholz.  Eine  der  eigenartigsten  EUUcformationen 
ist  Dan  das  Gebirge,  welches  vom  Isonzo  ab  östlich  sich  ttber  die 
Balkanhalbinsel  bis  nach  Serbien  nnd  Bosnien,  nordostlieh  aber 
bis  in  die  Caristftdter  Militärgreoze  hmein  erstreelLt,  der  Karst 

Das  Gebiet  des  Karstes,  den  Kriegssohanplatz  der  wieder^ 
holten  Kämpfe  in  der  letzten  Hftlite  des  vergangenen  Jahrhunderts, 
macht  nicht  etwa  die  absolnte  Höhe  des  Gebuges,  sondern  dessen 
eigentttmlieher,  dnreh  das  Gestein  bedingter  Charakter  des  Geländes 
so  schwierig  ftlr  alle  milifiiriscben  Operationen.  Der  Terwitterte 
Kalk  hat  hier  ude.  weilsgraae,  zerrissene  SteinwUsten  gebildet,  ttber 
welche  ein  eisiger  Wind,  die  Bora,  dahinfegt,  jede  Spur  einer  Erd- 
deeke  fortreifsend  und  so  mit  Ausnahme  weniger  bewaldeten  Stellen, 
namentlich  auf  den  höchsten,  schwer  zugänglichen  Kttcken,  das 
r^anze  als  ein  endloses  öteinmeer  erscheinen  läfst.  Die  gröisten 
Thalkessel  enthalten  gewöhnlich  gröf.scrc  Flni'slänfe,  welche  plötzlich 
nnter  einer  Felswand  als  bedeutende  Bäche  emporquellen,  ebenso 
plötzlich  in  Schlünde  sich  verlieren,  um  nach  längerem  onterirdiscben 
Laufe  wieder  hervorzutreten.  Häufige  Kegen  im  Frtthjahre  und  die 
Schneeschmelze  lassen  diese  Gewässer,  welchen  zuweilen  keine  ge- 
nügende Abflufsölfnungen  haben,  plötzlich  anschwellen  nnd  grolse 
Strecken  tiberschwemmen. 

In  diesem  Oelände  spielten  sich  u.  a.  die  Kämpfe  der  öster- 
reichisohfn  Truppen  gegen  die  Bewnhner  der  Boeche  di  C'attaro  ab, 
in  welchen  die  geschilderteii  Besnndcrheiten  dieses  Kalkgebirges  den 
Österreichern  so  verhängnisvoll  wurden.  Doiiii  in  dem  Karst  konnte 
eine  kleine,  entschlossene  Abteilung  ein  Deiilec  stuiiderilang  ver- 
teidigen, ein  paar  mit  dem  (xelände  vertraute  Eingeborene  durch 
das  plötzliche  Herabroiien  von  Steinlawinen,  welche  oft  bei  der  all- 
gemeinen Eintönigkeit  der  grauen  Farbe  der  Berge,  des  Nebels,  der 
Wolken  erst  dann  von  den  Abhängen  zu  unterscheiden  sind,  wenn 
es  zmii  Ausweichen  schon  zu  spät  ist.  ein  ganzes  Bataillon  oder  eine 
aus  liiK'ksicbt  für  das  Gelände  auf  Hunderten  von  Maultieren  trans- 
portierte Munitions-  oder  Proviantkolonne  in  die  grölste  Verwirrung 
bringen.  Und  zu  allen  Hemmnissen,  welche  dies  Gebirge  der  Be- 
wegung der  Truppen  entgegenstellt,  kommt  noch  der  gänzliche 
Mangel  an  Trinkwasser  aut  weiten  Strecken,  in  denen  der  Regen 
oft  nur  strichweise  fällt  und  das  Kegenwasser  in  den  Oisternei»  oft 
wochenlang  austrocknet  und  auch  zuweilen  im  Kreidekalk  keine 
Wasserader  lü  entdecken  ist,  so  dafs  aul'ser  den  Nahrungsmitteln 


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14  üthvt  dJM  Stadilim  der  LSadur  und  Völker  mit  hwng  auf  den  Kneg. 


das  Trinkwasser  fttr  MeDSchen  nnd  Tiere  während  der  an  sich 
schon  80  schwierigen  Märsche  anf  Tragtieren  nachgefilhrt  werden  moTs. 

Soweit  von  der  Bedeutung  der  geolojrischen  Verhältnisse  für 
die  Erleiehterang  des  Verständnisses  für  die  Formen  der  Erdober- 
fläche, namentlich  soweit  diese  in  der  Bildung  der  Gebirge  zom  Aas- 
druck  kamen. 

Die  Bodenerbebun^^en. 

Wir  wenden  ans  nunmehr  zu  der  Betrachtung  des 
Einflusses,  welchen  die  Bodenerhebungen  anf  die  Krieg- 
führung äulsern. 

Man  kann  Hügel-,  Berg-  und  Gebirgsland  unterscheiden. 
Das  Hügelland  bildet  den  Übergang  von  der  Ebene  zum  Get)ir<rsland. 
be/.w.  zum  Berglande.  Es  setzt  den  Trupi)enbewegungen  im  all- 
erem-ineii  keine  oder  nur  gerin^'-c  Hindernisse  ent^'f;:('n,  obwohl  seine 
weilijren  Formen  in  taklis<*h(T-  Hinsieht,  was  die  Deekun^"  geircn 
Auge  und  Feuerwirkung  betrillt,  von  ijoher  Wichtigkeit  sein  kOnneu. 

Anders  liegen  diese  Ve r  h  ;i  1 1 nisse  im  G e  bi i  L^slande. 
Dies  /eiirt  oft  inuerhalb  räumlich  kaum  von  einander  getrennter 
Strecken  sehr  bedeutende  Höhenunterschiede.  Hochanstei-tndc 
Berge  und  Kücken  umgeben  hier  oft  tief  eingeschnittene  Thalt  r. 
Ganz  besonders  aber  macht  sich  die  Bedeutung  des  Gebirges  geltend 
mit  Bezug  auf  die  Bewegungsfreiheit  der  Truppen.  Nicht  niehr  das 
vorhandene  Baumaterial  sondern  die  Beschatlcnheit  des  Untergrundes 
entscheidet  hier,  abgesehen  von  der  Thätigkeit  des  Meu.>>ehen.  in 
ersirr  Linie  Uber  die  Wegsamkeit.  Der  Felsbudeu  in  seiner 
manuiglachen  Zusammensetzung  sowie  die  Firnfelder  und 
die  .Schneenlassen  der  Schnee-  und  Eisregion  erschwerten 
in  viel  höherem  Grade  die  M a rschbe weguugen  wie  die  Be- 
schatfenheit  der  meisten  Verbindungen  in  der  Ebene.  Zunächst  wird 
eine  militäxgeographiscbe  Schilderung  diesen  L  iustand  berücksichtigen 
mftosen.  Aui'  dem  sogenannten  Scbotterboden,  der  aus  meist  abge- 
rnndeten  Steinen  besteht,  wird  die  Infanterie  wenn  anch  mit  einigen 
Strai>azen  und  mit  Nachteil  für  die  Fnlhbekl^dung,  sich  fortbewegen 
können,  KaTallerie  nnd  Artillerie  aber  nur  mit  Mtlbe  nnd  mit  Schädigung 
des  Pferdematerials  in  schnelleren  Gangarten.  Trttmmergestein,  wie 
wir  es  in  oft  in  kolossalen  nnd  regellos  nmheigestreutenBlöcken,nament- 
lich  im  Hochgebirge,  finden)  wird,  da,  wo  die  Köpfe  der  Schicht-  nnd 
Trttmmergesteine  kantige  oder  schräge  Flächen  zeigen,  kaum  mehr 
einen  Marsch  in  taktischen  Formationen  ermöglichen  nnd  schlielslich 
nor  noch  dem  einzelnen  In&nteristen,  nnd  zwar  nur  unter  Aufwendung 
gro&er  Anstrengung,  das  Fortkommen  erlauben. 


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üaber  dM  StiMttiiiii  der  Linder  und  Volker  mit  Besag  uf  den  Krieg.  15 

Ober  den  Oebirgskrieg  ist,  oamentlieh  von  Östeneieheni, 
Uatienem  aod  Spanieni)  In  neoerer  Zeit  ancb  yoo  Franzoseo,  Eng- 
liodern  nad  RasBen,  vieles  gesohriebeD  worden.  Es  wttrde  m  weit 
Akren,  auf  diese  Litteratnr  hier  n&her  einsngehen.  Das  bekannte 
Werk  des  Feldzeagmeisters  Freiherrn  von  Kahn  Uber  den 
Krieg  im  Hoohgebirge,  sowie  die  Abbandinngen  im  „Spectatenr 
miiitaire**  1898  bei  Gelegenheit  der  SohUdening  der  „Tronpes 
alpines"  enthalten  soviel  Vortreffliehes  hierüber,  dals  ich  an  dieser 
Stelle  daranf  verweisen  möchte. 

Man  nnterscheidet  die  Gebirge  naoh  ihrer  bori/.ontalen 
Gliederung,  d.  h.  nach  der  Form  ihres  Grundrisses  in 
Massen-  und  Ketteni^ebir^e,  und  in  vertikaler  Be/ieliun<r  in 
Nieder-,  Mittel-,  Hoch-,  auch  wubl  Alpengebirge.  Die  l^ieder- 
Gebiige  werden  meist  mit  Uucksiobt  anf  ihre  Lage  zum  Uanpt- 
gebirge.  Vor^ehirire.  bezw.  Vorberge  genannt. 

Die  Mehrzahl  der  Gebirge  zeigea  die  Ketten  form.  Nach  der 
Bedeatang  der  einzelnen  Glieder  unterscheidet  man  hier  auch  wohl 
Haupt-  und  Nebeaketten,  bezw.  Kttckeu  des  (rebirges.  Die 
HauptrUcken  sind  in  gewissem  Sinne  der  Stamm,  der  die  einzelnen 
Gebirgsglieder  zusammenhält,  gleichsam  das  RUekgrat  des  Gebirges. 
Auf  ihm  liegen  meist  die  höchsten  Erhebungen,  es  bildet  die  Haupt- 
Wasserscheiden,  besteht  auch  meist  aus  den  ältesten  Gesteinsarten. 
An  ihm  setzen  sich  Seitenglieder,  die  NebcnrUcken,  gleichsam  wie 
Hippen  an.  Nicht  iminfr  sind  diese  Seitenglieder  imbedeutender  wie 
der  HauptrUcken,  sondern  zuweilen  tragen  sie  die  höchsten  Gipfel.  (ISo 
liegen  der  Montblanc,  der  Ortler,  der  Grolsglockner.  der  l'ic  de 
Nethou.  der  Elbrus,  der  Dychtau  und  der  Kasbek  aiilserhalb  des  die 
Hauptwasserscheide  bildenden  Ilauptkaninies.  \ 

Dieser  Gliederung  des  Gebirges  entspricht  die  der 
Thäler. 

Nach  der  Lage  zu  dem  Grundrils  des  Gelnrges  unter- 
scheidet man  Längs-  oder  Längenthäler.  welche  die  Ketten 
eines  Gebirges  von  einander  scheiden,  also  nieist  parallel  der  Haupt- 
kämnie  oder  Kücken  des  Gebirges  laufen  und  tiefe  Thaliurchen  mit 
geringem  Gelalle  haben  und  Querthälern.  welche,  am  Hauptkauira 
an  Quersätteln  entstehend,  entweder  senkrecht  oder  diagonal  zu  den 
I..ängenthälern  verlaufen  und  sehr  oft  ein  i»edeutendes  (iefalie  haben. 

Nach  der  Lage  zum  HauptrUcken  und  nach  ihrer  Be- 
deutung für  die  Wegsamkeit,  Unterkunft  und  Verpflegung 
unterscheidet  man  wohl  auch  noch  Haupt-,  Neben-  und 
Seiteuthäler.  Die  Hauptthäler  zeichneu  sich  aus  durch  breite 
Thalsohlen,  grölsere  und  nicht  so  reilsende  Gewässer,  bessere  Ver- 


16  Ueber  das  Stadium  d«r  Linder  und  VOIker  nrit  Besag  auf  den  Kxieg. 

bindnngen  and  entsfirechend  der  dichteren  Bevölkenmg  darch  ^öiflere 
OrtBchafteo.  Sie  werden  daher  im  Gebirge  meis.i  den  Sebaa- 
platz  der  grörseren  Operationen  bilden.  Iii  »den  Neben- 
thälerDf  weiche  vom  Hanptrttcken  ahgehon,  flndot  i  an  meist  noch 
brauchbare  Verbindungen,  die  mit  den  Tbälern  iu  das  Haapttiial 
mttnden.  Die  zusammenhänge  nden  Ortschaften  sind  in  ihnen  seltener. 
Diese  verschwinden  endüch  fast  ganz  in  den  Seitenthälern,  welche 
TOn  Nebenrttckon  ansgeheo.  Sie  sind  meist  steil,  haben  mangelhafte 
Verbindungen.    Ihre  Gewässer  bilden  oft  Staub-  und  Sturzbäche. 

Sattel  ((ichirgs  attel)  istira  allgemeinen  die  I^ezei^hnung  fUr  alle 
Einschnitte  im  Kamme,  insbesondors  für  dieticfstenPunktedersolben.  Sie 
fuhren  sehr  verschiedene  Hrzcichmingen  lokaler  Art  wie  Scharte, 
Scheideck,  Joeh  ii.  s.  w.  i'afs  nennt  man  iu  der  Kegel  einen  Sattel, 
der  vnr/u^rsweise  für  den  Übergang  benatzt  wird  and  über  den 
daher  Mral'seii  von  Wichtigkeit  führen. 

Für  den  Krieg  sind  die  Pässe  und  Oebirgssättel  von  be- 
sonderer Bedeutung'  und  tniissen  sie  in  niiiitärgeographischen  Schilde- 
rungen eiugehend  berückhiehtigt  werden.  Denn  sie  sind  nicht  allein 
die  AntaiiiTSpunkte  von  Tbälern  und  durch  ihre  Tiefe  und  Lage  aiit- 
bestitnniend  tilr  den  f'harakter  de>s  (iebirges,  sondern  vor  allem  die 
Hriicken  für  den  \  t  rkrlir  vom  Saumpfade  an  bis  zur  Eisenbahn  und 
ott  auch  noch  die  <iien/.niai  ken  verschiedener  staatlicher,  nationaler  und 
klimatischer  Gebiete.  Besondere  Wichtigkeit  erhalten  die  Pässe  in 
den  Eis-  und  Schnee-Hegionen  der  Hochgebirge,  weil  hier  die  Zahl 
der  brauchbaren ,  zur  Herstellung  bequemer  Übergänge  geeigneter 
Sättel  viel  geringer  und  der  Bau  von  Kunststraisen  schwieriger  und 
kostspieliger  ist.  namentlich  weil  es  vieler  Mittel  der  Technik  be- 
darf, um  diese  Verkehrswinkel  zu  schlitzen  und  brauchbar  zu  erhalten. 
In  der  Kriegsgeschichte  aller  Zeiten  spielen  daher  die  Pässe 
der  Alpen,  wie  der  Moni  C^nis,  der  St  GK>ttbard,  der  grolse  St 
Bernhard,  der  Simplen,  der  SplUgen  dne  gro&e  Bolle. 

Fttr  die  Gangbarkeit  eines  Gebirges  ist  die  Steilheit  der 
Pllsse,  Stratsen  und  Abbiinge  von  Bedeutung.  Die  elementaren  Einzel- 
heiten sind  ans  der  Terrainlehre  bekannt,  nm  sie  liier  Übergehen 
sn  können.  Es  sei  nur  darauf  hingewiesen,  dafis  es  erfahrunga- 
millsig  nieht  leicht  ist,  bei  einer  Rekognosoierung  den  Neignqgs- 
winkel  eines  Abhanges  auch  nur  für  eine  einzelne  Stelle  aanftbenid 
riohtig  zu  bestimmen.  Die  Sehätaung  wird  meist  Uber  das  richtige 
Mals  hinansgreifen.  Auch  darf  man  sich  nicht  der  unriehtigen  Auf- 
fassung hingeben,  als  sei  es  nur  die  Tertikale  Erhebung,  welche  auf 
die  Gangbarkeit  des  Gelitndes  Einfluls  hfttte.  Sondern  es  ist  dies 
die  jedesmal  zu  ersteigende  Böschung,  d.  h.  die  Anlage  des  von 


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Ueber  du  Stadinn  d«r  LSnder  und  WXkju  mit  Besag  «of  den  Krieg.  17 


den  Truppen  zarückzulegenden  Wegres.  Man  kann  z.  B.  im  HUgrel- 
lande  dure  das  Erst^'ifren  eines  auf  märsigre  Höhen  in  gerader 
Linie  hinau  etUhrten  Wejres  oft  mehr  erniUdet  werden,  wie  durch 
den  Marsch  auf  den  die  Erhebunjren  des  Hochgebirges  in  kunst- 
vollen Serpentinen,  hinansteijrenden  Strafsen.  Wir  werden  auf  diei«»' 
Frage  noch  bei  der  weiteren  Hetrachtunfr  des  Oebirircs  zurückkommen.^ 

Die  T  hü  1er  sind  bei  der  Heurtc  i  Iii  iig  eines  Gebirges 
\  oii  der  höchsten  Hedeutung.  Da  die  Hauptthäler  der  Schau- 
platz der  griUseren  Operationen  und  der  entscheidenden  Kämpfe  sind, 
entscheidet  ihr  Besitz  meist  zugleich  Über  den  der  angrenzenden 
Thäler.  Die  strategisch  wichtigsten  Funkte  sind  die  Thal- 
knoten, an  welchen  sich  die  Längen-  und  Querthäler  treften.  Fast 
immer  liegen  an  diesen  Stellen  Thalerweiterungen,  welche  die  Ent- 
wickelung  der  Truppen  begünstigen.  Solche  Knotenpunkte  sind  in 
Tyrol  z.  B.  Bötzen  iür  das  Etseh-  und  Eisackthal,  Brixen  mit  der 
Fran/.ensfeste  und  der  Mtlhlbacht  r  Klause  für  das  Wipp-  und  Drau- 
tbal.  Nauders,  I^andeck.  Inii/^hruek  lür  das  Innthal  und  seine  Nehen- 
thaier.    Im  Wallis  könnte  man  Martigny  und  Ürieg  zu  ilnieii  rechnen. 

Den  Thalknoten  an  Wichtigkeit  gleich  sind  die  Thali»iinungen 
am  Aasgange  aus  dem  Gebirge  in  die  Ebene,  bezw.  die  Thal- 
eingänge  beim  Eintritt  der  Strafsen  in  dasselbe.  Es  ist  Sache  der 
milikäigeographischen  Beschreibung,  ihre  Bedeutung  im  Einzelfalle, 
und  Ewar  fbr  die  Verteidigung  wie  fUr  den  Angriff  klar  zu  legen. 

Die  Lage  der  Thftler  za  einander,  ob  gleichlaufend,  obsn- 
sammentreffend,  ob  anseinandergehend,  und  die  Lftnge  der  Tbftler 


1)  Es  seheint  an  dieser  Stelle  geboten,  davor  za  warnen,  auch  bei  Detail- 
MhildenmgeD  taktlMher  Natur  in  sohematiseber  Webe  die  Stelgang  In  matiie- 

tiachen  Graden  als  Mafsstab  der  GangbaAeit  und  der  SchwieriKkeit  einea  Wegas 
zu  Grunde  zu  legen  und  etwa  zn  sagen:  „Da  der  Abhang  eine  Nfignng  von 
so  und  soviel  Grad  hat,  ist  er  noch  gangbar  für  geschlossene  Kavallerie  im 
Trabe"  o.  s.  w.  Einmal  macht  die  Länge  des  Abhanges  einen  sehr  bedeutenden 
ünteraehled:  Eine  ▼ob  derattaklerenden  KaTsUerle  anf  efner  kanett  Streek«  mit 
Leichtigkeit  tfberwnndeno  Böschung,  kann  anter  Umstfinden  auf  ganze  Attaken- 
länge keinen  energischen  Angriff  inobr  j^cstatten.  In  noch  hJJherera  Grade  wirkt 
die  Boilcnlx'schaffenheit  ein,  um  :ille  srhematirtchen,  an  die  Böschnngsverhältnisbe 
gekniiptten  Angaben  zu  Soliauden  zu  machen.  Tiefer  Saud,  auigeweiohter  Thon- 
boden,  eine  knne,  glatte  Grasnarbe,  welche  den  Fofs  beetibidlg  som  Gleiten 
bringt,  können  gaaa  miürige  BUsebongen  sehr  schwer  ersteigbar  machen. 
Aufserdem  bleibt  zu  erwägen,  dafs  ein  Winkel  von  B"  zwar  in  der  {graphischen 
Darstellung  r^ehr  unbedeutend  aussieht,  eine  solche  Böschung  iu  einer  Länge 
von  einigen  100  m,  aber  schun  eine  recht  schwierige  Steigung  darstellt.  Die 
steilsten  Chanaseea  in  den  Vogesen  haben  a.  B.  idofat  mehr  als  7  bis  8*  8t^ 
gong  «ad  maehen  dennoeh  aehon  lllr  knne  Strecken  den  Henunaehuh  not- 
wendig. 

JikfbBflkBr  ftr  dit  dtnta^«  Amt«  oad  lUrfaa.  Bd.  US.  I.  2 


.  i;jKi.  „^  i.y  Google 


18  lieber  das  Studiam  der  Länder  und  Vtflker  mit  Besag  auf  den  Krieg. 


sind  auch  von  so  hohem  Einfluls  in  taktischer  Hinsicht,  dafs  diese  Mo- 
nienti'  ein<:ehende  BerUcivsichtigung  finden  mUsseo.  Die  taktischen 
Folgerungen  übergehen  wir  hier. 

Das  Hochgebirge  dürfte  wohl  nur  iu  seltenen  Fällen  Schaujilatz 
des  grofsen  Krieges  werden.  Dennoch  sehen  wir  in  der  Kriegs- 
geschichte es  zeitweise  in  die  Operationen  hineingezogen  werden. 
Denn  wenn  auch  der  Angreifer  das  Gebirge  möglichst  za  vermeiden 
suchen  winl,  so  zwingt  ihn  doch  die  Lage  desselben  zu  dem  Gange 
der  Operationen,  es  anfzasochen.  Dennoch  sehen  wir  in  der  Kriegs- 
gesebiehte,  dafs  die  Entscheidangskämpfe  nie  in  den  höheren  Teilen 
des  Gebirges  dorchgefochten  worden,  sondern  in  den  Thalniedemngen 
oder  in  den  Ebenen  am  Folse  derselben.  Selbst  in  FeidzUgen,  in 
Mreleben  sieh  wie  im  Jahre  1799  üi  der  Sehwdz  aneh  der  grobe 
Krieg  gegen  alles  Erwarten  nnd  ohne  zwingende  Notwendigkeit  in 
das  Gebirge  gezogen  hatte,  wurden  dennoch  die  Entscheidnngs- 
k&mpfe  in  den  kultivierten,  von  vielen  Verbindungen  durebsehnittenen 
Unterlanden  am  Wallenstädter,  Vierwaldstädter  und  Züricher  See 
einer-  und  der  Rheinthal-Ebene  andererseits  durchgefochten.  In 
früheren  Zeiten,  besonders  im  vorigen  Jahrhundert,  hat  man  dem 
Besitze  des  Gebirgslandes  einen  viel  zu  hohen  Wert  beigelegt  Die 
falsche  Auffassung,  dafo  wie  in  taktischen  Verhältnissen  die  Weg- 
nahme eines  Höhenzuges,  welcher  den  Seblttsselpunkt  einer  Stellung 
bildet,  Uber  dieselbe  entscheidet,  oder  dafs  wie  die  Besetzung  der 
ein  Thal  einschliefsenden  Höhen  durch  den  Gegner  dessen  Verlust 
nach  dch  zieht,  so  auch  in  strat^ischer  Beziehung  der  Besitz  des 
Gebirges  Uber  die  anli^nden  Ebenen  entscheide,  führte  zu  der  ganz 
unrichtigen  Anschanang,  Wasserseheiden  und  Gebirgsknoten  ans  rein 
geographischem  Gesichtspunkte  als  strategisch  entscheidende  Stellungen 
anzusehen.  Da  man  femer  das  Gebirge  auch  wohl  wie  eine  Mauer 
betrachtete,  deren  Eingänge  man  mit  Posten  schliefsen  könnte,  so 
zersplitterte  man  die  Armeen  in  lauter  kleine  meist  zu  energischem 
Widerstande  unfähigen  Detaobements,  eine  Malsregel)  die  natürlich 
zu  vielen  Niederlagen  der  so  unrichtig  verwendeten  Heere  führte. 

Wir  treffen  auch  hier  wieder  auf  die  verhängnisvollen 
Folgen  einer  ganz  abstrakten  Überschätzung  des  geogra- 
phischen Elementes  in  der  Kriegführung,  eine  FoIl-c  drs 
Mangels  an  Klarheit  über  den  militärgeographlscben  Wert 
und  die  Bedeutung  des  Gebirges. 

Weder  zu  den  Zeiten  der  IJneartaktik  im  18.,  geschweige  denn 
im  nun  ver;iraiigenen  Jahrhundert,  linden  wir  Fälle,  in  den<'n  Armeen 
in  einer  zusamnieiihiingenden  Aufstellung  ein  aiis^'-edehntes  Gebirge 
m  verteidigen  vermochten.   Niemals  aber  üudeu  wir  Heere  dort,  wo 


Ueber  das  Studium  der  Länder  und  Völker  mit  Bezug  auf  den  Krieg.  19 

sie  nach  der  „Uberhöhungstheorie"  hätten  stehen  müssen,  d.  b.  auf 
dem  Kamm  autgestellt.  Gebirgssteliaugen  wie  die  in  den  frideri- 
cianischeo  Kriegen  bei  SchmottB^fen  and  Landshnt,  oder  die 
bernlimte  Stellung  von  Feldkircb  in  Vorarlberg  waren  doch  eigent- 
lieb  nnr  Stelinngen  in  TlUUem.  Und  omgekebrt  waren  es  gerade 
sehr  ranhe  nnd  nnwegsame  Pässe,  welebe  die  Heeren  Napoleons  nnd 
Snworows  in  der  Offensive  Qberscbritten.  Die  Erscheinnngen  in  den 
Kämpfen  am  den  Balkan  im  letzten  rossiscb-tUrkiscben  Feldzoge 
können  wir  bei  den  Feblem  der  tOrkisehen  Fttbrong  wobl  nicbt  als 
mafsgebend  fUr  unser  Urteil  anseben. 

Von  weleber  Bedentong  aber  andererseitb  anch  ein  niebt  zam 
Hoobgebirge  zu  reebnendes  Gebirgsland,  riebtiger  Bergland,  welebes 
aas  einem  Gewirr  von  einzelnen  Bergkappen,  antermisebt  mit  Berg- 
ketten bestebt,  gewinnen  kann,  wenn  es  ron  einem  mit  der  Eigenart 
des  Kriegssehanplatzes  vertraaten,  kriegeriscben  nnd  waflfengettbten 
Volke  verteidigt  wird,  lebrt  der  angenbliekliebe  Krieg  in  Sudafrika 
Kanm  ein  Gefeobt,  in  weicbem  nicbt  die  „Kopjes**  eine  oft  ent- 
sebeidende  Rolle  spielen.  Und  die  Natnr  des  Kriegsse banplatzes 
war  bier  bisher  von  geradezu  lähmendem  Einiluls  auf  die  in 
reichster  Weise  mit  Kriegsmitteln  ausgestatteten  Engländer.*) 

Diese  Erscheinung  bestätigt  die  vor  mehr  als  einem  Jahrzehnt 
▼on  uns  ausgesprochene  Auffassang,  dafs,  wenn  aueb  das  Gebirge  auf 
längere  Zeit  nie  Schauplatz  des  grofsen  Kriege«;  sein  und  nie  den 
Verteidiger  die  N'orzüge  einer  absolut  sichernden  Mauer  bieten  kann» 
es  aber  in  allen  den  FäUeu  eine  wichtige  Rolle  sj)ielen  wird,  wo 
der  V'erteidiger  es  versteht,  die  Streitkräfte  des  Angreifers  womöglich 
durch  an  den  Kampf  im  Gebirge  gewöhnte  1  rnppen  oder  die  mit 
der  Eigenart  des  heimisebeo  Bodens  vertraute  Gebirgsbevölkerung 
zu  Kämpfen  im  Gel)irge  zu  zwingen. 

Der  Angreifer  wird  dann,  ermüdet  und  geschwächt,  unter  Um- 
ständen auf  eine  andere  Thätigkeit  ganz  ver/icbten  als  die  Ver- 
hinderung von  feindliche  Zufuhren  an  Lebensmitteln,  Waffen  und  Munition. 
Er  wird  unverbiiltiiisniäfsig  grofse  Kräfte  zur  Sicherung  seiner  Ver- 
bindungen verwenden  und  sich  schliefslieh  darauf  beschränken 
müssen,  mit  mobilen  Kolonnen  das  Land  zu  durchziehen.  Die 
Kämpfe  im  Kaukasus,  namentlich  in  Daghestan,  in  Tvrol  17(i:^  und 
1809,  in  neuester  Zeit  die  Kämpte  in  der  ik)cche  di  Cattaro,  in 

Siehe  unter  den  in  der  deutsehen  Militärlitteratur  ersohienenen  Weriten 
Uber  Deataeh-SttdweBtafHk«:  „Sehwabe.  Mit  Schwert  und  Pflog  in  Deoteeh- 
stldweetsfrika.**  Für  die  Verhältnisse  des  Kriegsschauplatzes  in  Süd-Afrika 
verweisen  wir  u.a.  auf:  ,,Tjiti\vi<,'  von  Kstorft"  Dt-r  Buerenkrieg  in  Siidafrilu." 
(Beide  Werke  bei  Mittler  in  Berlin  in  neuester  Zeit  erschienen.) 

2« 


.  lyui^L,^  1  y  Google 


20  Ueber  daa  Stodlmii  dw  Lllnder  und  Yfflkor  mit  Benig  anf  den  Kxieg. 

Bosnien,  in  Montenegro,  auch  in  AbessynieD  and  Tsehitral,  Ueten 
Beispiele  eines  solchen  Gebirgskrieges. 

Um  für  die  VerhältnisBe  dos  Rampfes  im  Gebirge 
sieb  ein  Bild  von  der  Katar  desselben  zu  machen,  hat 
man  die  Gliederung  in  vertikaler  Beziehung  in  vier  durch 
den  Charakter  ihrer  Wo^samkeit,  ihrer  Bodenbedeckungy 
ihres  Klimas  und  ihrer  Kultur  (im  weitesten  Sinne)  unter- 
schiedene KegiüiiPii  zu  Hilfe  jrcnommen:  in  die  Basis- 
(Gebir^'sfu fs-),  Wald-.  Alp-  nnd  Fels-  oder  Schnee-Kegion 

Hochgebirge,  w«  ]<  !  •  lüs  in  das  Gebiet  des  ewigen  Schnees  hinein* 
ragen,  weisen  alle  diese  Kegionen  ani;  die  Mittelgebirge  reichen  oft 
nnr  bis  in  die  Alp-Kegioi)  hinan,  zuweilen,  wie  viele  unserer  deut- 
schen nur  bis  in  die  Wald-Ke^ion.  Klimatische  und  andere  Ein« 
wiri\ungeQ  verändern  häufig;  seihst  auf  einem  und  demselben  Gebirge, 
die  Lajre  der  ein/.ehien  He<:iunen  zu  einander,  so  dals  z,  B.  die 
Basis-Kegion  unmittelbar  in  die  Fels-  oder  Schnee-Kegion  Ubergeht 
wie  bei  tief  in  das  Thal  hinabhänp'nden  (iletschern.  (iebirgen  im 
hohen  Norden,  wie  den  Norwegischen,  oder  mit  verhältnismäfsig  hoher 
Lage  des  Fulses  Uber  dem  Meere  wie  z.  R.  den  (  ichirgen  des  P^.ngadin, 
fehlen  oft  die  unteren  Kefrionen  (»(it  r  es  finden  sich  dieselben  dort 
nur  in  gerinirein  Umfaufre.  Wenn  ('aber  auch  die  in  dem  Fol-t  luien 
gegebene  Charakterisierung  der  ein/einen  Ke^ionen  nur  eine  allgemeine 
Bedeututifi:  haben  kann  und  durch  lokale  Vcrhiütnisse  oft  mehr  oder 
weniger  verändert  wird,  so  giebt  sie  doch  andererseitj,  einen  solchen 
Anhalt  zur  Beurteilung  der  Verhältnisse  für  Unterkunft.  Verpflegung. 
Weg-  uii(i  < langbarkeit  des  Cehirges,  dafs  die  Angaben  hierüber  in 
keiner  milit;a<reogra))hisclien  Bt-M-hreibung  fehlen  sollten.') 

Die  Hasi<- Kej.'-ion  bildet  den  untersten  Teil  des  Gebirges. 
Von  der  (nsaiiitcrlu  bung  eines  grülseren  Gebir^^es  nimmt  sie  viel- 
leicht etwa  den  achten,  von  der  Grundlinie  des  Quer|)rofds  etwa  den 
dritten  Teil  ein.  In  ihr  befinden  sicii  die  meisten  fxrolseren  Ort- 
schaften und  sie  zeigt  die  verhältnismäfsig  entwickeltsten  Kultur- 
verhältnisse. Es  gedeiht  Getreide,  und  die  Wegsamkeit  ist  eine  ver- 
hältnismälsig  gute,  insofern  als  nach  Zahl  nnd  Beschaffenheit  ge« 
nttgende  Verbindungen  den  Verkehr  zwisehen  den  einzelnen  Ort- 
schaften yermitteln.  Die  Basis-Region  zeigt  deutlich  die  Wirkungen 
der  Abschwemmnugen  nnd  Abspulungen  von  der  HOhe  des  Gebirges 
her.  Daher  finden  sich  in  ihr  mächtige  Schott-,  GerOU-  nnd  Sand- 
massen, wenn  aneh  meist  bedeckt  mit  einer  Hnmnssehicht 

M  Wir  folgeo  auch  im  Naohsteheadea  vorzugsweise  dem  obenerwähnten 
vortreffUoben  Werke  des  Feidzeugmeisters  Freiherrn  von  Kuhn  „Der  Gebl^ga» 
krieg'*. 


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Ueber  daa  Stadium  der  Lünder  und  Vülker  mit  Bezug  auf  den  Krie^.  21 

Diese  Ko^ion  hat  (im  Hoch^ehirpei  einen  doj  iultcii 
Chiirakter:  1.  Der  untere  Teil,  der  Ful's,  üti'i'^t  lucist  steil 
von  (Ut  Thalsohle  auf,  ist  felsi^^  rauh,  wenig  bebaut,  oft  mit  dichtem 
Gehölz  bestanden  und  von  tief  eing:esehnittenen,  zuweilen  von  Wild- 
bächeu  darebströmten  Schluchten  durchsetzt,  welche  die  Gangbarkeit 
sehr  enebweren.  2.  Der  obere  Teil  der  Ke^ion  hat  Hachere 
BöRehDDgen,  verhältnismilfeig  geringere  Erhebungen  und  oft  einen 
plateauarttgen  Charakter.  Die  Binneo,  Scblnebteo  nnd  kleinen  Tbäler, 
welche  sieb  von  den  Hohen  berantenieben,  sind  hier  sanfter  einge- 
schnitten, so  dafs  sie  der  Gaogbarkeit  geringere  Hindernisse  entgegen- 
stellen.  Anf  diesem  Teile  finden  sieh  noch  Ortschaften,  er  ist  femer 
ron  Waldungen,  kultivierten,  von  einzelnen  Wegen  durchzogen  und 
daher  ftlr  die  Bewegungen  und  das  Gefecht  kleiner  Detachements 
wohl  geeignet 

Die  Wald -Region  nimmt  Vi)n  der  Gesamtböhe  des  Querprofils 
etwa  die  Hälfte,  von  dessen  Grundlinie  etwa  den  dritten  Teil  ein.  Sie  zeigt 
steile  Böschungen,  von  35  Im  45^  und  besonders  in  ihren  unteren 
nnd  ihren  höchsten  Teilen  so  schroffe  Felswände,  dals  diese  oft  sogar 
von  Einseinen  nicht  zu  erklettern  sind.  In  ihr  stürzen  die  ans  den 
Wasserreservoirs  der  Schnee-  nnd  Eisregion  sich  bildenden  reifsenden 
CrebirgsbMche  herab,  weiche  Ober  den  senkrechten  Abstürzen  zu 
Wasser&llen  werden.  UrsprUii^licb  war  diese  Waldregion  wohl  ganz 
mit  Wald,  nnd  zwar  nach  den  klimatischen  VerhiUtnissen  in  Europa 
mit  Tannen,  Kiefern,  Lärchen  und  Arven,  bestanden.  Dieser  Wald 
vrird  von  unten  nach  oben  lichter  und  endet  endlich  in  einigen  ver- 
krüppelten Anrochen.  Wo  die  BevOlkernng  des  Gebirges  zunahm 
oder  wo  die  Industrie  und  der  Handel  sich  des  Waldes  bemächtigte, 
da  ist  oft  im  Laufe  der  Zeit  der  Wald  vernichtet  worden.  Dann 
wird  wohl  auch  das  lockere  Erdreich  durch  die  herunterstürzenden 
Wassermassen  abgeschwemmt,  kahle  Felsmassen  treten  zu  Tage, 
das  Gestein  verwittert  und  stürzt  in  das  Thal  hinunter,  wo  die 
Schuttmassen  grofse  Verheerungen  anrichten,  Wege  versperren,  Häuser, 
ja  ganze  Orte  vernichten.  (So  im  Bergell  unweit  CSiiavenna  das 
Dorf  Plurs;  Goldan  zwischen  dem  Znger-  und  Lowerzersee.) 

Die  Alp  -  (oder  Alm-)  Region  bildet  emen  Gürtel  von  etwa 
V»  der  Hübe  und  V«  der  Grundfläche  der  Querprofils.  Sie  ist  sanfter 
geneigt  nnd  zeigt  mehr  Muldenform;  neben  zahlreichen,  schwer  über^ 
schrdtbaren  Schnttfeldem  weite  mit  nahrhaften  Futterkräntem  be- 
deckte, meist  als  Sommerweide  für  das  Vieh  der  tiefer  liegenden 
Ortschaften  benutzte  Grasflächen,  die  sogenannten  Alpen  oder  Almen. 
Ab  und  zu  trifft  man  auch  anf  Kniehohs.  In  dieser  Zone  ttber- 


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22  lieber  d&s  Studium  der  Lüuder  und  \'ülker  uiit  Bezug  auf  den  Krieg. 


sebrelteD  die  KonststraliBeD  meist  die  HanptrückeD  auf  den  Sätteln 
(Pässen). 

Id  ihr  haben  die  Gewässer  ihien  Unpmng  ans  zahtreiehen 
Ideinen  Qaellen,  Bergseen  nnd  Wassergallen  anter  der  äniseren 
RasendeekCf  so  dafis  der  Fnls  des  Marschierenden  an  diesen  Stellen 
beständig  ins  Wasser  tritt:  Dennoeh  versiegen  zuweilen  im  Hoeh- 
sommer,  obwohl  sich  auf  den  flachen  Stellen  das  Wasser  sammelt, 
die  Quellen,  so  daCi  dieser  Teil  des  Grebirges  wasserarm  wird. 

Die  Fels-  oder  Schnee-Region  bildet  den  eigentliehen  Kamm 
des  Gebirges,  und  nimmt  etwa  Hobe  und      der  Grundlinie 

des  Qaerproiils  ein.  Steile,  zerrissene  Felsen,  grolse  Schnee-  und 
Gletsehermassen  charakterisieren  ^ie  and  machen  diesen  Gürtel  nur 
für  einzelne,  genau  mit  der  Örtlicbkeit  vertraute  Bergsteiger  tlber- 
schreitbar.  Der  Fufs  der  Felsregion  ist  häufig;  mit  Steingeröll  be- 
deckt, welches  von  dem  yerwitterten  Gestein  herabbröekeliid  mäch- 
tige Trttmmerhalden  bildet,  auf  denen  man  sich  nur  mit  Mühe  vor- 
wärts zu  arbeiten  yermag. 

Was  nun  die  militärische  Bedeutung  der  zuletzt  ge- 
schilderten drei  Kegionen  anlangt,  so  kommt  für  militä- 
rische Bewegungen  die  Fels-  oder  Scbnee-ftegion  nicht  in 
Betracht.  Die  Alp-  oder  Alni-Kegion  wird  nur  soweit  von 
militärischen  Operationen  berllhrt.  als  die  grofsen  Kunst- 
strafsen  ihre  Sättel  Ul)erschreiten.  Sie  ist  ein  Durchzugs- 
gehict.  da  sich  in  ihiicii  nur  die  zerstreuten  Hloekhäuser  der 
Senneu  (nur  in  der  warmen  Jahreszeit  benutzt)  und,  abgesehen 
von  den  etwa  weidenden  Herden,  auch  keine  VerpflegunsTsmittel 
vorfinden.  Auf  den  grünen  Matten  selbst  führen  nur  Fufs- 
pfade.  deren  Spuren  ebenso  selmcll  verschwinden,  wie  sie  von 
Menschen  und  \  ieh  getreten  wiinh  n.  auf  denen  daher  in  dem  häu- 
fiiren  Nebel  und  in  der  Dämmerung  nieht  nur  ganze  Truppenteile, 
sinidern  auch  einzelne  l'atrouillen  liichtimg  und  Weg  verlieren 
kiiiuit  n.  —  ^lit  Ausnahme  der  sehr  wenigen  Kunststral'sen  werden 
aber  auch  zu  den  Sätteln  nur  Keit-  oder  Fulswege  hinanftlhren,  die 
von  der  Truppe  nur  zu  Einem  hinter  einander  (der  Franzose  nennt 
diese  Formation  a  la  Hie  indienne)  benutzt  werden  krumon.  also  in 
sehr  verlängerter  Kolonne,  das  Gepäck  und  die  Bagage  auf  Trag- 
tieren. 

Was  die  Wald -Kegion  anbetrilTt,  so  ist  ihre  Wegsamkeit 
im  unteren  Teil  oft  etwas  günstiger.  .Man  findet  zuweilen  schmal- 
spurige Waldwege,  welche  von  den  mit  einem  Pferd  gezogenen 
Rarren,  deren  Spuren,  sich  tief  in  den  Felsboden  einschneiden,  durch- 
zogen werden,  welche  aber  Ton  anders  gebauten  Kriegsfahrzeugen 


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üeber  das  Stadiom  der  Linder  und  VSlker  mit  Bein«  anf  den  Krieg.  23 

nicht  zu  durchschreiten  sind.  Höher  hinauf  finden  sich  nur  noch 
Fufs-  and  Saumwetre  wie  in  der  Alp-Kejrion.  Es  ^iebt  hier  zwar 
noch  Holzsehlägf  r-.  Kfihler-  und  einzelne  AlphUtten,  letztere  auf  den 
den  Wald  unterbrechenden  Weideplätzen,  dies  sind  aber  auch  die 
fin/joren  rfiterkunftsräume,  von  denen  wohl  nur  die  g"rölsten  Alp- 
hUtten  einer  Kümpap:nie  ein  notdürftiges  Unterkoramen  gewähren 
könncMi.    Kleine  Ortschaften  frehören  auch  hier  zu  den  Ausnahmen. 

Diese  l{e;:iün  wird  daher  nur  von  kleineren  Detache- 
nients  in  Ausnahme-Fällen  zum  Schau  j)latze  k  riejtre  rischer 
Thätigkeit  gewählt  werden.  Mrist  kann  sie  von  deu 
Truppen  nur  auf  dem  Marsche  durciizogen  werden. 

Aus  dem  bisher  (lesagten  ergieht  sich  das  Folgende: 

Die  (rangbarkeit  und  Weg^a^lkeit  des  Hoch{rebirges 
ist  zunächst  von  di-r  Beschaffenheit  der  Thäler  und  Sättel  ai)hängig. 
Die  gndsten  1  häler,  in  welchen  die  Kunststrafsen  tuhit  n,  sind  oft 
von  einander  durch  ein  Oelände  getrennt,  welches  entweder  gar 
nicht  iulcv  nur  mit  grofsen  Schwierigkeiten  zu  überschreiten  ist.  dessen 
Überschreitung  aber  wenigstens  einen,  zuweilen  auih  mehrere  Tage- 
märsche  in  Anspruch  nimmt.  Ein  Marsch  in  Parallelkolonnen,  die 
sich  beim  Zusammentrnffen  mit  dem  Feinde  gegenseitig 
unteiBtUtzen  sollen^  ist  daher  fast  nie  ausführbar.  Die  Seiten- 
kolonnen werden  nur  die  Aufgabe  za  erfUllen  vermögen,  die  Haupt- 
kolonne  gegen  Bediohnngen  nnd  anTenniitete  Angriffe  in  den  Flanken 
zu  schlitzen  nnd  die  strategisch  wichtigen  Strafeenknoten  zn  sichern. 

Die  Beschaffenheit  der  in  giolsen  Windaugen  nnd  zum  Teil 
steUen  Anstieg  oder  Senkong  geführten  Wege  erfordert  grollsmn  Zeit> 
anfWand  znr  Zortteklegung  von  auf  der  Karte  ganz  knrz  erseheinenden 
Streeken.  So  rechnet  man  onter  gewöhnlichen  Verhältnissen  aof 
die  Ersteigung  von  4  bis  500  m  Höhe  eine  Stande  fllr  die  Trappe 
Bei  diesen  Märschen  im  Gebirge  wird  die  meist  za  Einem  mar- 
schierende Infiuiterte  nicht  gefechtsfilhig  sein.  UberfilUt  nan  eine 
solche  Kolonne  die  Nacht  oder  ein  Unwetter  oder  stört  der  Feind 
den  Marsch,  so  sind  die  Folgen  nnberechenbar.  Schon  der  angen- 
hlickliche  Krieg  in  den  Bergen  Sad-Afrikas  bietet  Beispiele  hierfür.  — 
Es  ergiebt  sieh  also  bieiaos  die  Notwendigkeit,  die  Kolonnen  groise 
Umwege  machen  zn  lassen  aaf  sicheren  Strafsen,  sobald  ein  Zn- 
sammentreffen mit  dem  Feinde  ttberhanpt  möglich  erscheint. 

Sehr  gefährdet  werden  die  Wege  nnd  mit  ihnen  die  Bewegangen 
von  Trappen  im  Gebirge  anch  dnreh  die  Gewässer.  Diese  werden 
weniger  ihrer  Tiefe  als  ihres  starken  Gefälles  wegen  za  Hinder- 
nissen. Schnee8chmel/.en  und  Hegen  lassen  sie  olt  unvermutet  schnell 
anschwellen.  So  werden  häufig  ganz  anbedeatende  Bäche  za  taktisch 


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24  Ueber  das  Stadium  der  Länder  und  Volker  mit  Bezog  auf  den  Krieg. 

nicht  uuu  ichtiiren  Hindernissen.  Der  Marsch  der  Truppen  kann  plötzlich 
durch  das  Anschwellen  von  für  fjewöhnlich  kaum  Wasser  enthaltenden 
Bächen  uumüjrlich  jremacht  und  es  kiinnen  hierilurLh  für  Operationen 
und  (it  Ifchte  sehr  entscheidende  Folgen  herheigettihrt  werden.  Jeder 
mit  dem  Wesen  des  Gebirges  Vertraute  kennt  die  Gefahren,  welchen 
selbst  die  Kouststrafisen  des  Gebirges  durch  die  Wasserverhältnisse 
aasgesetzt  sind  uod  weils,  welohe  Mittel  der  Ingenieur  aafwendet, 
sie  za  schützen. 

Die  klimatiBohen  Verhältnisse  des  Hochgebirges  haben 
einen  nioht  m  onterschätronden  Einfofs  aof  die  KriegfOhnmg.  Ab- 
gesehen Ton  den  Schwierigkeiten  des  Biwaks  in  schneidender  Kälte 
und  hei  Eis  nnd  Schnee,  der  langen  Unterbrechung  des  VerlLehrs 
durch  dauernd  liegende  Sehneemassen  im  Winter,  der  bekanntlich 
tHi  die  höheren  Teile  oft  im  September  beginnt  nnd  bis  in  den 
April  hinein  za  dauern  pflegt,  erschwert  die  Rauheit  des  Klimas 
auch  die  Verpflegung  in  hohem  Grade.  Welche  Folgen  aber  ein 
längeres  Verweilen  von  Troppen  auf  den  Hohen  eines  nicht  einmal 
hohen  Gebirges  im  Winter  haben  kann,  davon  bietet  die  Kriegs^ 
geschichte  viele  Beispiele.') 

I)  Einen  interessanten  Beleg  hitTtür  giebt  aus  dem  letzten 
rnssisoh- türkis  eben  Kriege  das  Tagebneb  des  rassischen  Kegiment» 
Jenisseitk  ttber  seinen  Anfentlialt  anf  dem  Sohipka,  in  einem  Mittelgebirge 

dessen  Verbindungen  mit  der  lieimat  zudem  in  keiner  Weise  gestört  waren. 
Dies  Regiment  war,  als  t-s  Knde  Oktohcr  1S77.  olinr  ]>h  dahin  mit  dem  Feinde 
zusammengetroffen  zu  sein,  am  Schipka  eintraf,  in  seinen  8  Bataillonen  zn  je  6  Kom- 
pagnien 76  Offiziere,  276  Unteroffiziere,  7ü  Spioileute,  27UO  Streitbare,  5  Beamte, 
164  Niohtstreitbare  mit  41  Fshneogen  nnd  114  Pferden  stnrlc.  Sehen  bei  dem 
Aufstieg  auf  die  PasshOhe  froren  die  ^on  Sebnee  durchnälsten  Halbpelze,  so 
dafs  die  Leute  diese  nicht  mehr  an/.uziflien  vermochten  und  sich  hierdurch  teil- 
weise ohne  schützende  Kicidun*:  hctViriilfn  Auch  ilic  an  und  für  sich  wenig 
braucbhuron  Stietcln  froren  zusammen  und  waren  kaum  mebr  auf  die  ge- 
sebwoUenen  FIKse  su  bringen.  Dt»  starke  Glatteis  maelite  es  hfinfig  nnmüglich, 
die  unten  bereitete  Verpflegung  anf  Wagen  hinaaftnftthreD,  so  daft  sehliersUeh 
nur  die  Fleiscbportion  und  der  Schnaps  in  den  Packtanchen  von  Mannschatlen 
iiinaufKcbracht  werden  konnte.  Bereits  kur/.c  Zeit  nach  seiner  Ankunft  hatte 
das  Kegimeut  1074  Kranke.  Am  lo.  November  enthalt  das  Tagebuch  die  Notiz, 
dala  die  Gewelire  v<m  Sebnee  vüllig  verstopft  seien,  der  VwcMnftmeehanismna 
nieht  mehr  fnnitüoniere,  die  Spixalfehem  mdst  nnbnraehbar  wiren.  Das  Fett, 
mit  dem  man  die  Gewelire  eingescbmiert,  war  gefroren;  man  mufste  die  Ver- 
schlüsse, am  sie  funktionierend  zn  erhalten,  in  die  Hosentaschen  nehmen.  Am 
17.  Dezember  hatte  das  Regiment  1747  Kranke.  Als  es  am  darauffolgenden  Tage  ab- 
gelöst wurde,  betrug  die  Gesamtstärke  der  lö  Kouipagniea  nur  gegen  800  Mann. 
Das  8.  Bataillon,  welches  am  IXngsten  anf  dem  Selüplca  angebraobt  hatte,  cShIte 
sogar  in  seinen  5  Kompanien  nur  65  Mann  Die  Entkriftong  der  zum  Trans- 
port auf  die  l'asshrdie  verwendeten  Pferde  der  Bagage  war  SO  gTois,  dafs  dieso 
nioht  mehr  den  Märschen  folgen  konnte. 


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Ueber  das  Studium  der  LSnder  und  Völker  mit  Besag  auf  den  Krieg.  25 

Der  W o h n ))  1  ii t/.c  im  (iebirp'  ist  schon  vorübergehend  beider 
Charakteri8ieruii;:(lrrein/,elüenl{epioiuMi  i:e(laehtw()rden.Der2:erinjri'ren 
und  verstreuten  Einwohner/alil.dermaugehKlfn  \  erkehrsverhäitnisse  und 
des  iui  allgemeinen  wenig  entwickelten  HaudeU  und  der  Industrie  wegen 
gieht  es  gnilsere  Städte  nur  sehr  ausnahmsweise,  meist  nur  in  den 
Erweiterungen  der  Hauptthäler,  Man  mufs  daher  auf  die  Mittel,  die 
diese  sonst  fllr  die  Verpflegung.  Ausrüstung,  vur  allen  Dingen  aber  tür 
die  ^reschlüssene  UoterbriDguug  in  grölseren  \  erbändeu  gewähren, 
verziehten. 

Die  meist  aus  grölseren  Dörfern  bestehenden  Ortschaften 
sind  in  den  Thälern  fast  durchweg  massiv  gebaut,  die  (iehi»fte  mit 
Steinmauern  umgeben,  im  allgemeinen  geschlossen.  Kreilich  sind 
hier  iirtliche  Eigenart  u.  s.  w.  bestimmend  und  giebt  es  daher  zahl- 
reiche Ausuahnieu.  80  ündet  man  z.  ii.  im  Obcrwallis  viele  lloiz- 
bauteo. 

Fllr  die  Verpflegung  werden  sich  FleischTon'äte  wobt  in 
genügender  Menge  vorfinden,  dagegen  daif  man  wohl  nur  selten 
anf  genügende  Getreide-  nnd  Kartoflelrorriite  rechnen.  —  Felda&eng- 
meister  Kohn,  der  Verteidiger  Sttd-Tyrols  im  Feldznge  1866,  hält 
anf  Gmnd  seiner  reichen  Kriegserfahmngr,  es  sogar  fUr  geboten,  dafe 
anch  der  Verteidiger  inmitten  einer  ihn  nach  allen  Kichtongen  nnter- 
stutzenden  BeTOlkemng  seine  Verpflegung  anf  Magazine  statze. 

Fllr  den  in  ein  Gebirge  eindringenden  Angreifer  wird  aber  die 
Verpfiegnng  nnendlich  erschwert,  da  Beitreibungen  nnr  selten  ge- 
nügende Ergebnisse  haben  werden,  die  NachfUhmng  der  Verpflegung 
durch  Kolonnen  bei  der  Natnr  des  Gebirges  aof  sehr  viele  und  groliie 
Hindemisse  stolsen  wird.  Hierdurch  wird  die  Troppenstärke  fttr 
Operationen  im  €rebirge  stets  anf  ein  Minimum  zu  beschränken  sein. 
Die  Kriegsgeschichte  bietet  zahlreiche  Beispiele  hierfür  1799,  1866. 
(Hier  in  Sttd-l^rol  Garibaldi  mit  seinen  in  zwei  Thälern  eingepferchten 
88  000  Mano  den  7000  Österreichern  gegenüber.  Siehe  anch  das 
1883  erschienene  Werk  von  Eggers:  „Die  Verpflegung  der  Tmppen 
während  der  Besatzung  Bosniens  und  der  Herzegowina  1878"). 

Da  die  Natnr  des  Gebirges  dem  Kriege  den  Charakter 
von  Einzelkämpfen  um  Defileen  geben  wird,  nnd  da  der  Ver- 
teidiger —  wie  erwähnt  —  in  der  Stärke  seiner  Truppen  beschränkt 
ist,  so  w  ird  es  notwendig  sein,  die  Eingänge  znm  Gebirge  möglichst 
durch  Befestigungen,  welche  nur  schwache  Besatzungen  erfordern, 
tu  sichern,  um  seine  Kräfte  nicht  zu  sehr  zu  zersplittern  und  in 
der  Lage  zu  seiu,  an  einem  Punkte  den  Gegner  bei  seinem  Vor- 
geben mit  Überlegenheit  anzufallen,  ohne  befürchten  zu  müssen,  dals 
dieser  indessen  ao  dnem  anderen  eindringe.   Hieraus  ergiebt  sich 


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26  Ueber  das  Sfeudinm  der  Länder  und  Vfflker  mit  Besag  ant  dm  Krieg. 

dio  hohe  Bedeutung  der  Sperrforts,  hei  deren  Anlage  sich  im  Ge- 
birge Sturrtlfreiheit  mit  einer  Lagt-  verbinden  läfst.  durch  welche 
der  Gegner  au  der  Anlage  von  Augriftsbatterien  verhindert  ist.  Die 
moderne  Technik  gestattet,  durch  Anlage  von  Befestigungrii  mit 
Panzerdrehturnjen  auf  schwer  zugiiiiglichen  Punkten,  in  welche  man 
neben  einzelnen  weittragenden  Geschützen  aubgesuchte  bchUteen 
postiert,  diesen  Bcdinirungen  zu  entsprechen. 

Ähnliche  Hefesriguiiireii  wird  mau  mit  Vorteil  zur  S[)erruug 
wichtiger  Thalknoten,  Passübergänge  u.  s.  w,  verwendeu  können. 

Die  Eigenart  des  Gebirgskrieges  erfordert  einen  Hihigen  Ftlhrer.  der 
sich  trotz  seiner  Unterlegenheit  gestutzt  auf  die  Sicherungen  der  strate- 
gisch wichtigsten  Punkte,  namentlich  der  Eingänge,  nie  in  die 
Defensive  drängen  liifst,  sondern  gegen  den  etwa  in  das  Gebirge 
eingedrungenen  (Tcgner  Teilerfoiger  zu  erringen  sucht.  Hierzu  sind 
aber  auch  mit  der  Natur  des  Gebirges  vertraute,  zum  Uberwinden  der 
Strapazen  iietahiule  Truppen  erforderlich.  Aus  diesem  Grunde  finden 
wir  in  Frankreich  und  Italien  besondere  Alpentruppen,  Jäger  und 
Gebirgsartillerie,  in  Usterreieh  die  Tyroler  Kaiserjäger  and  Landes- 
schützeu  suwif  Gebirgsartillerie. 

Die  Ebene.  Das  Tiefland. 
Den  Berg-  und  Gebirgsländern  iregenüber  steht  das 
Tiefland,  bezw.  die  Ebene.')  F^ine  reine  El)ene.  d.  h.  eine  an 
keinem  Punkte  von  Erhebungen  unterbiucliene,  giebt  es  im  all- 
gemeinen nicht;  wenigstens  kommt  sie  nur  ausnahmsweise  vor. 
Dagegen  giebt  es  weit  ausged<'hnte,  und  selten  Erhebungen  zeigende 
Tiefländer  und  Hochel»enen.  Meist  erhalten  sie  lUr  militärische 
Operationen  besondere  Bedeutung  erst  durch  ihre  Boden- 
besehaffenheit  oder  Bodenbedeckung.  In  der  Kriegs- 
geschichte haben  derartige  Kriegsschauplätze  in  neuester 
Zeit  vorzugsweise  in  den  auf  dem  Boden  fremder  Erdteile 
stattgehabten  Kämpfen  eine  Kolle  gespielt.  So  die  Sand- 
w listen  Centraiasiens  im  Feldzuge  gegen  die  Achal  Teke  und 
gegen  China,  so  die  Wüste  Ägyptens,  des  Sudans  und  Al- 
geriens.') Die  Hussen  haben  bekanntlich  eine  eigene  Taktik  des 
„Steppenkrieges ^  auf  Grand  ihrer  kriegerisclien  Erfahnrngen  ge- 

>)  Die  mehr  oder  weniger  mit  dem  Uebirgslande  in  Verbindung  stehenden 
Hoehebeaeiif  Hochländer,  Plateaus  bieten  für  die  Verwendimg  der  Trappen  kefaie 
allgem^en  Beaonderheiteii. 

Wir  verweiaen  auf  die  vom  Verftaaer  im  Jahrgang  1880  und  1884  dar 
„Jahrbtteher  für  die  deataohe  Armee  nnd  Karine"  verOflSsntUehten  AvftXtae  Uber 


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üober  du  Stadiam  der  LKader  und  Volker  mit  Brnng  auf  den  Krieg.  27 


schaffen,  die  sie  io  den  MUreiehen  grttfseren  oder  kleineien,  mit 
die  Skobelewsohen  Expedition  absolilielkenden  Kttmplen  inTranskaspien 
tmd  Torkestan  gewannen.  Die  grofsen  Snmpf^ebiete  ^ie  das 
für  den  westrassischen  Kriegsschauplatz  so  wichtige  Polessje,  d.  h. 
das  Oehiet  des  Fripjä^*  und  sinner  Zuflüsse,  haben  mit  den  Steppen 
and  Wüsten  gemeinsam,  dals  die  Natur  des  Gebietes  ftlr  die  Ope- 
rationen in  ihnen  geradezu  entscheidend  ist,  alle  militärischen  Mafs- 
regeln  sich  ihr  unterordnen  müssen.  In  gewissem  Sinne  gilt  dies 
auch  für  die  Marschen  Hollands,  auf  deren  Bewässerungs-  und 
Entwässerungssystem  die  ganze  Landesverteidigung  des  Königreichs 
der  üiiederlaude  sich  gründet.  Da  im  allgemeinen  die  Wüsten  und 
Steppen  nur  Nationen  von  untergeordneter  kultureller  Entwickelung 
zum  Wohnsitze  dienen,  so  tritt  in  diesen  Kämpfen  für  die  europäischen 
Armeen  der  Gegner  in  die  zweite,  der  Kampf  mit  dem  Klima  und 
der  wege-  und  \vasserloseii  Steppe  und  Wuste  in  die  erste  Linie, 
eine  Erscheinuni:,  die  uns  namentlich  in  vielen  Kämpfen  der  Küssen 
und  Engländer  nicht  zum  Vorteile  der  Ausbildung  ihrer  höheren 
Fuhrer  entgegentritt. 

Durch  die  Art  der  Bodenbedeckung  erhalten  oft  weite 
Ebenen  ihren  Charakter  für  die  Kriegführung,  so  die  ober- 
italienische Ebene  durch  die  Kultur  der  sogenannten  be- 
schatteten Felder,  der  Terrassen  und  der  Ueisfelder.  Man 
mUlste  diese  Ebene,  welche  kaum  von  irgend  wie  nennenswerten 
Erhebungen  unterbrochen  ist.  ohne  Wald,  voll  dichtgedrängter  Ort- 
schaften aus  dem  fruchtbarsten  Kulturboden  besteht  und  von  einem  engen 
Netz  von  Kunststrafsen  alier  Art  durchzogen  ist,  zu  den  gangbarsten 
Kriegstheatern  rechnen,  wenn  nicht  die  Bodenkultur  Hindernisse  ge- 
schatt'eu  hätte,  durch  welche  die  Thätigkeit  der  Truppen  fast  ebenso 
beschränkt  wird  wie  in  den  unkultivierten  Suujpf-  und  Waldgebieten 
Osteuropas.  In  dem  Gebiet  der  beschatteten  Felder,  dem 
Gelreidelande  Oberitaliens  (Teile  von  Piemont.  Parma,  Piacenza,  der 
dem  Gebirge  zunächst  liegende  Teil  der  Koniagna,  die  Ufer  des  Po 
bis  aliwärts  gegen  Ferrara  sowie  die  besten  Gegenden  von  Venedig 
und   Friaulj  ist  der  Weinbau  mit  dem  Feldbau  insofern  verbunden, 


die  Steppeu  Zentxalaaiens  and  die  £xpeditiun  des  Generale  .Skobelefl  gegen  die 
Achal-Tekintsen. 

Eine  ehigebende  Gbankteristik  des  Ehifliiasee  der  Nstar  der  Saadrteppe 
auf  die  Kriegftthnuig  vom  VerCsMer  ist  s.  Z.  als  Hsnnskifpfe  ▼erttflentUeht 

worden. 

In  geradezu  inusterf^ültiger  Weise  haben  die  Engländür  in  ihren  Vor- 
bereitaugen zu  dem  Feldzuge  gegen  den  Muhdi  unter  Lord  Kitchener  die 
VerUUtiiisse  der  den  NU  umgebenden  Wttste  berfloludditlgt. 


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28  Ueber  das  Studium  der  Liader  und  Völker  mit  Benig  auf  den  Krieg. 


als  man  zwischen  and  aof  den  einzelnen  Feldern,  an  den  Ufern  der 
sahlreiehen Flosse  oadnoch  Kahlreicheren  Kanälen  namentlich Maalbeer- 
biame  gepflanzt  hat,  die  zum  Spalier  fllr  die  Weinpflaozoiigen  dienen. 
Diese  mit  Kebengewinden  dorcbflochteneo  Banmpflanznngen  verleihen 

der  ganzen  Land^'chaft  das  Aussehen  eines  Waldes  nnd  erschweren 
in  hohem  Mafse  die  libersicht,  wie  auch  die  Bewegungen  der 
Troppen  auDserbalb  der  Wege,  welche  schon  durch  die  zahlreichen 
nassen  Gräben  nnd  die  zur  Abgrenznng  der  Gmndstticke  errichteten 

Steinwälle  behindert  wird. 

Noch  schwieriger  gestalten  sich  diese  Verhältnisse  im  Bereiche 
der  sogenannten  Terrassen kultur.  Zu  ihrem  Gebiete,  dem  der 
lionohi  e  giardini,  frehnren  die  niedrio:en  Vorberge  der  Gebirire  und 
die  isolierten,  sieh  aus  der  Ebene  eihebeiulen  Berggruppen  wie  die 
pAigiineen.  Es  sind  dies  also  die  htigeligen  Lcindschaften  stldlieh  vom 
Tiarda-  und  am  Iseo-,  Leeco-,  Conio-  niui  Varese-hee  sowie  dem  Lago 
Maggiore,  ferner  aulscr  den  schon  erwahntin  Euganeen  die  Monte 
Herici.  Auf  diesen  Mügeln  werden  vitde  Maulbeer-,  Kastanien-, 
Oliven-  und  Niifsbäume  gepflanzt.  !  >a  nun  aber  hier  auch  sehr  viel 
Wein  und  edles  Obst  in  umniaui  rlen  Gärten  und  an  Mauern  auf 
Terrassen  gezogen  wird,  so  wird  die>  rJ<'wirr  von  Bäumen.  Wein- 
ptiauzungen  und  Mauern  so  unübersichtlich  und  schwierig  zu  durch- 
schreiten, dafs  sich  marschierende  Truppen  ohne  ortskundigen  Führer 
kaum  hindurch/.uwinden  vermögen,  oft  aber  ftlr  die  höhere  Führung 
die  IJbersicht  ganz  verloren  geht.') 

Das  Gebiet  der  Reisfelder  endlich  unifalst  die  tiefsten  Teile 
der  oberitaiieidschen  P^bene  zwischen  Ticino  und  Lambro,  längs  des 
unteren  Ticino,  der  unteren  Sesia,  dem  linken  Ufer  des  Vo  zwischen 
Minciü  und  Etsch  u.  s.  w.  —  Diese  Reisfelder  stellen  sich  dar  als 
weite,  mit  fahlem  Grün  überzogene  Flächen  <dnie  Schatten,  mit 
wenigen  Wohnplätzen  und  geringer  Bevidkerung,  Sie  sind  durch 
eine  grolse  Zahl  von  Kanälen  in  gleichniälsige  Vierecke  von  200 — 250  m 
Seitenlänge  geteilt,  welche  von  Dämmen  eingefalst  sind,  und  durch 
deren  vSchleusensystem  das  Wasser  von  Zeit  zu  Zeit  in  diese  ab- 
geteilten Felder  geleitet  und  nach  seiner  Verdunstung  dorch  nenes 
ersetzt  wird.  Der  Boden  wird  durch  die  fortdauernde  Wied^holung 
dieser  Bewttssemng  ToUkommen  aofgewelcht  nnd  daher  im  Sommer 
Air  geschlossene  Tmppen  völlig  nnpassierbar.  Nor  znr  Erntezeit 
nnd  wfthrend  des  Winters  wird  das  Wasser  abgelassen,  allein  aneh 
dann  ist  das  Fortkommen  Ton  geschlossenen  Abteiinngen  schon  der 
vielen  Gräben  wegen  sehr  erschwert 

»)  Dies  lehrt  be.suüdeib  die  Geschichte  der  Feldzüge  lb4b  und  1869  in 
OberiUlieo. 


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Die  8.  KftTaUerio-DIviaion  in  Kriege  1870-71. 


29 


Die  Oeflchielite  der  auf  dem  Boden  Oberitaliens  gefllbrten  Feld- 
zttge  ist  reich  an  Beispielen  flir  den  Einflnis  dieser  Beseliaffen- 
beit  der  Ebenen  aof  den  Gang  der  Gefechte. 

Wir  glauben,  dals  diese  Ansftihmngen  genügen,  nm  zn  zeigen, 
von  wie  grolser  and  wie  yerschiedenartiger  Wiehtigkeit  aocb  die 
Ebenen  fttr  die  Kriegflihning  weiden  iLönnen.  Wir  konnten  dies 
Bild  uoch  erweitern;  so  weisen  wir  hier  z.  B.  nor  anf  die  ^Knicks' 
in  Holstein  und  Schleswig  bin,  wie  sie  sieh  in  alien  Kämpfen  auf 
der  jutisehen  Halbinsel  geltend  machten. 


II. 

Die  3.  Kavaileria-Divisiofl  im  Kriege  1870—71. 

Tob 

Jimk,  Rittmeister  a.  D. 


(Fortsetsimg.) 
IV. 

BiB  vor  Soblaobt  an  der  Halhie. 

Anf  dem  Marsche  des  Gros  der  I.  Armee  i;e^eii  Kouen  befand 
sieh  bei  der  auf  dem  äufsersten  rechten  Flügel  vorgehenden  Kolonne 
das  dem  Ylll.  Armeekorps  zugeteilte  8.  KUrassier-Kegimeut,  bei 
der  anf  dem  ttnisersten  linken  Flttgel  befindliehen  das  dem  L  Armee* 
korps  überwiesene  5.  Ulanen-Regiment  Als  am  3.  Dezember  die 
Spitzen  der  Armee  den  Epte-  nnd  Böthnne-Absohnitt  erreichten, 
wurden  die  beiden  genannten  Kayallerie-Begimenter  der  zor  Zeit  in 
nnd  am  Pommerenx  befindliehen  Armeereserre,  der  dnreh  2  Batterien 
Teistärkten  80.  Infiinterie-Brigade,  zugeteilt  Sie  bildeten  in  derselben 
eine  kombinierte  Brigade  anter  dem  General  Graf  zu  Dohna.  Es 
tritt  Mer  in  die  Erscheinung,  wie  nnzweolunftlsig  es  gewesen  war, 
die  beiden  Regimenter  verschiedenen  Brigaden  za  entnehmen.  Nach 
nur  leichten  Gefechten  am  4.  bei  Boso  le  Hard  nnd  Buchy  seitens 
Teilen  des  VIII.  Korps,  dem  7on  diesem  Tage  an  die  Garde-Dragoner- 
Brigade  zugeteilt  worden  war,  gegen  noch  hier  befindliche  Trappen 
des  Generals  Briand,  warde  am  5.  Iiereits,  zunttchst  ron  der  82.  und 


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30 


Die  8.  KaTallerie-DiviBion  im  Kriege  X870— 71. 


Bpäter  aacb  noch  der  29.  Infaoterie-Brigade,  Rooen  besetzt  General 
Briand  war  anf  Le  Hävre  abgezogen,  seine  Tmppen  hatte  man  nach 
Zahl  QDd  Wert  Überschätzt.  Am  6.  Desember  rückte  auch  das 
1.  Korps  in  Rouen  ein.  Die  Armeereserre  gelangte  in  die  Gegeod 
von  Epreville.  Als  dann  aber  von  Ronen  aas  nach  allen  Richtungen 
kombinierte  Brigadekoiüuiu'n  abgesandt  wurden,  um  die  Verfolgong 
des  Feindes,  die  Entwati'nung  des  Landes,  die  vorübergehende  Be- 
setzung wichtiger  offener  Städte  vorzunehmen,  erhielt  (lenerai  Graf 
zu  Dohna  liet'ehl,  zu  solchem  Zwecke  sich  nach  Dieppe  zu  wenden, 
um  dort  auiserdem  noch  die  längs  der  Kn^tr  laufende  TelfL^rapht-u- 
leitung  zu  unterftrecheri.  Aufscr  'tt-r  komhiuicrteu  Kavallerie-lirigade 
wurden  dem  General  Graf  zu  l)nlina  das  I.  und  FUsilit  r-Hataillon 
29.  Regiments,  dif  2.  rcitcndr  l);itt»'rif  s  Feld- Artillerie-Regiments 
und  ein  Pionier-Deiachcnicnt  hcigcgchfii.  .Mit  der  Avantgarde  von 
Loeuilly  und  Hose  le  Hard.  dem  Gros  von  (  irres  aus  wurde  am  S. 
die  Gegend  von  Omonville  und  am  fulgeiideu  Tage  bereits  die  SL'e= 
Stadt  Dieppe  erreicht.  Die  an  der  Tete  der  Avantgarde  befindliche 
Eskadron  Luck  der  5.  Ulanen  hatte  zunächst  durch  Patrouillen  nach 
allen  Richtungen  die  Stadt  absuchen  lassen,  dann  wurden  vun  je 
1  Zuge  die  -Mairie  und  die  Telegraphenstation  besetzt,  während  die 
beiden  anderen  am  Eingange  belassen  wurden  bis  auch  da^  aus 
dem  I.  Bataillon  und  einer  Kürassier-Eskadron  bestehende  (Jros  der 
Avantgarde  eintrafen  und  von  der  Stadl  liesitz  nahmen,  zu  deren 
Kommandanten  Major  von  Klern  eriiannt  wurde.  Das  (iros  gelangte 
nach  Arques.  In  Dieppe  wurden  an  löOO  Gewehre  vernichtet  und  der 
Küslentelegraph  sowie  27  schwere  (TcschUtze  der  Strand batterieu 
anbraucbbar  gemacht.  Das  letztere  geschah  durch  Eiugiefsen  von 
etwa  4  Quart  Salpeter-  oder  Schwefelsäure  in  jedes  der  Geechflte- 
lohre  nnd  dann  festes  Znkeilen  derselben.  Die  Sänre  soll  In  knner 
Zdt  das  Eisen  derart  zerfressen,  dafs  die  Geschütze  dann  nicht  mehr 
branehbar  sind.  Das  PolTer  des  Pnlvertnrms  wnrde  ins  Meer  ge- 
sehttttet.  Am  10.  Dezember  disloclerte  die  Tmppenabteilang,  welche 
dnroh  Relais  Verbindung  nach  Ronen  hatte,  in  die  Cregend  von  Anffay. 
woselbst  sie  bis  14.  blieb.  Die  3.  Eslsadron  (Rittmeister  Graf  t. 
Looz^Corswarem)  der  5.  Ulanen  befand  sich  vom  IL  Dezember  ab 
in  Tdtes  als  Relau  (Ur  das  Generalkommando  VIII.  Armeekorps. 
Bei  Teilung  der  Aufgaben  der  h  Armee  war  dem  General  t.  Goeben 
am  9.  Dezember  die  geworden,  mit  seinem  Korps  nnd  der  3*  Kavallerie- 
Division  den  Somme-Abschnitt  zu  behaupten.  Hit  dem  Marsche  nach 
Amiens  war  seitens  der  16.  Division  eine  Erkundung  von  Le  H&vre 
zu  verbinden  und  geeignetenfalls  der  Platz  durch  Handstreich  zu 
nehmen;  zeitraubende  Unternehmungen  hatten  aber  zu  unterbleiben. 


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Die  8.  iviivullerie-Division  iin  Kriege  1870—71. 


31 


Bereits  am  11.  Bezember  stand  es  fest,  daCs  Le  H&vre  dorch  Hand- 
streich niebt  ra  nelimen  sei.  Das  Generalkommaodo  wandte  sieb 
daher  yon  Bolbec  Uber  Si  Valeiy  en  Canx  nach  Dieppe,  wo  es  am 
14.  eintraf  nnd  am  15.  blieb.  Auf  die  Naebricbten  hin,  dab  die 
Franzosen,  ^on  Arras  her  Torrllckend,  die  Somme  in  der  Gegend 
▼on  Ham  nnd  La  Fdre  mit  ihren  Spitzen  bereits  erreicht  hätten,  war 
die  15.  Division  am  13.  Dezember  von  Ronen  direkt  anf  Amiens 
in  Marseh  gesetzt  worden.  Als  dann  aber  die  ans  dem  grofeen 
Hauptquartier  unter  dem  18.  Dezember  ergangenen  DirektiYen  als 
die  Hanptanfgabe  der  L  Armee  bezeichnet  hatten,  feindliche  Troppen- 
Ansammlangen  im  freien  Felde  zu  zersprengen,  namentlich  aber 
etwaigen  Vennchen  des  Feindes,  Paris  zn  entsetzen  oder  unsere 
VerbiDdang:('n  zu  onterbrechen,  entgegenzutreten,  und  dazu  die  Haupt- 
kräfte der  1.  Armee  bei  Beauvais  zu  konzentrieren,  wurde  (i*  ik  ral 
T.  Goehen  anprowinsen,  am  16.  Dezember  mit  der  10.  Division  sich 
uaeh  dorthin  in  Marsch  zn  setzen.  Die  lö.  Division  hatte  aber,  den 
augeiil)lieklichen  rmständen  entsprechend,  auf  Montdidier  weiter  zu 
marschieren.  General  Graf  Groeben  sollte  in  Amioiis  ;i  BatHÜlone 
der  3.  Brigade,  die  zu  dieser  gehörenden  beiden  Batterien  and  1 
Kavallerie-Refriment  als  Besatzung:  unter  General  v,  Mirus  lassen, 
sich  selbst  aber  mit  den  übrigen  Bataillonen  and  den  bis  dahin  heran- 
gezogenen Regimentern  der  3.  Kavalli  rie-Division  sowie  deren  reitender 
Batterie  am  Dezember  nach  Uuye  in  Marsch  setzen,  wo  er 
weitere  Befehle  von  General  v.  Goeben  erhalten  werde.  Die  Ver- 
bindung mit  der  15.  Division  war  aiif/.unehnien. 

Ks  sind  bis  zu  dies<'ni  Zeitpunkte  zunächst  die  Vorgänge  bei 
Amiens  und  auf  französischer  Seite  iiaelizuliolen. 

In  einer  besonderen  Instruktion  war  dein  Getjeral  (iraf  Groeben 
aufgetragen  worden,  seine  Sicherung  in  weil  vorzupoussierenden  De- 
tacbements  zu  suchen.  Dieselben  niüfsten  in  nordwestlicher,  nürdlielier 
und  nordöstlicher  Richtung  sowie  längs  der  Somme  streifen  und  mit 
allen  Mitteln  des  kleinen  Krieges  Itestrebt  sein,  den  Feind  Uber 
unsere  .Absichten  zu  täuschen,  die  seinen  aber  zu  erkennen  trachten. 
Eine  Konzentrierung  der  Kräfte  in  Amiens  sei  daher  nur  dann  au- 
gezeigt, wenn  die  Maisnahmen  des  Feindes  es  erforderlich  machten. 
Die  von  Amiens  nach  Abbeville  und  Arras.  sowie  die  von  La  Fere 
nach  Canibrai  führenden  Eisenbahnen  und  Telegraphen  seien,  die 
beiden  letzteren  jenseits  Alliert  und  .St.  Quenlin  zu  zerstören.  Diese 
Orte  seien  auch  abwechselnd  mit  mobilen  Kolonnen  zu  besetzen. 
Die  Bahnstrecke  von  Anüens  nach  La  Fere  sei  zu  decken.  Die  dem 
General  Graf  Groeben  gewordene  Aufgabe  war  eine  sehr  schwierige 
und  wäre  ttberhaapt  nicht  zu  lösen  gewesen,  wenn  die  französische 


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32 


Die  8.  KavaUerie-Divisioii  im  Kriege  1870—71. 


Noidannee  zunächst  nicht  so  ansschlie&lich  mit  ihrer  Reorganisation 
beschäftigt  gewesen  wäre.  Die  Schwierigkeit  der  Aufgabe  lag  in 
der  Beobaclitnng  und  Deckung  der  etwa  10  Metten  langen  Bahnlfade 
Amiens-La  F6re  von  einem  FlOgelpnnkt  deiselben  ans,  während  die 
Vormarschlinie  des  Feindes  zn  dem  anderen  fast  senkrecht  lag.  Es 
heifet  Gottlob  in  der  Armee:  „Wm  befohlen  wird,  das  wird  anch 
gemacht!'*  Man  ersohttttere  dieses  schöne  Wort  aber  nicht  dadurch, 
daTs  man  je  Unmögliches  verlangt  Damals  in  Frankreich  gelang 
manches  eigentlich  Unmögliche,  man  httte  sich  jndes,  das  anf  andere, 
zukünftige  Kriegsfälle  so  ohne  Weiteres  zu  ttbertragen.  Dnrch  Eint- 
Wickel un»:  einer  aufserordentlichen  Thätigkeit  um  Amiens  gelang  es 
in  der  That,  die  Franzosen  zu  tUuschen.  Lehautcourt  sagt  dazn: 
„AUemands  dans  plosieors  directioDS  ä  la  fois  et  donnaient  a  leurs 
forces  une  importance  apparente,  heauconp  plus  grande  qu  elles 
n'en  avaient  räellenient."  Die  von  Amiens  aus  entfaltete  Thätigkeit 
hätte  aber  einen  weniger  anstrengenden  und  dabei  doch  durchgreifenderen 
Charakter  gehabt,  wenn  man.  anstatt  die  3.  KaTallerie- Division  ge- 
wissermafsen  anfzulöseo,  derselben  zunächst  die  Verfolgung  des  am 
27.  November  geschlagenen  Feindes  und  dann,  unter  Zuteilung  eines 
BatailliiMs,  jenes  Beobachtung  etwa  von  Albert  aus  übertragen  hätte. 
Ein  Kavallerie-Regiment  wäre  allerdings  zur  anmittelbaren  Verfllgung 
des  Generals  Graf  v.  d.  Groeben  in  Amiens  zu  stellen  gewesen,  und  zwar 
j'in  solches  der  H,  Kavallerie-Brigade,  da  den-nKommandenr.  der  General 
V.  Mirus.  Kommandant  von  Andens  wurde.  Die  Übrigen  Kegitnenter 
mit  der  Batterie  liätten  d;niu,  wie  das  p  auch  später  geschah,  als 
kombinierte  Brigade  unter  das  Kotnuiaudo  des  Generals  Graf  zu  Dohna 
gestellt  werden  können.  Der  Bewegung  der  I.  Armee  nach  Ronen 
auch  noch  2  Kavailcric  Keginienter  der  Kavallerie-Division  an- 
zuscbliefsen.  war  damals,  schon  im  Hinblick  auf  das  Gelände  der 
Normandie.  ganz  zwecklos. 

Alle  nun  /unächst  Uber  den  \'erbleib  der  franzosischen  Nord- 
arniee  einire/ogenen  Nachrichten  stimmten  dahin  tiberein,  dafs  sie  in 
völliger  Auilosung  teils  über  DouUens,  teils  direkt  auf  Arras  ab- 
ge/i»gen  sei.  Mit  den  beiden  bis  dahin  in  Harn  gewesenen  Eskadrons, 
der  2.  und  1.  der  7.  Ulanen  hatte  der  etatsmäfsige  Stabsoltizier 
derselben,  Major  lieinichcn,  um  :^0.  November  gegen  Pöronne  er- 
kundet. Eine  Ubergabe  des  vorzugsweise  von  etwa  8500  Mobil- 
und  Nati(malgarden  besetzten  Platzes  wurde  von  dem  Kommandanten 
(iarnier  verweigert.  Am  1.  Dezember  waren  dann  zwei  stärkere 
Detachements  nach  Albert  und  auf  Abbeville  entsandt  worden,  nm 
die  befoblenen  Bahn-  and  Telegraphenzerstörangen  vonninehmen. 
Nach  ersterem  Orte  war  mit  2  Bataillonen  (LF./4.);  2  Eskadrons 


Die  8.  K«vaU«ri«-DiTi8um  im  Kriege  1870—71. 


33 


(3./U.  7,  2./U.  14),  2  Geschützen  und  1  Pionier-Detuchemcnt  Haupt- 
mann V.  Steinwehr  abgerückt.  Es  wurde  nicht  nur  die  Eisenbahn 
und  derTeleo:raph  bei  Albert  zerstört,  sondern  auch  am  fol<renden  Tag^e 
der  nördlicher  gelegene  Eiseubahnviadukt  Uber  den  Encre-Bach  bei 
Beaucourt  gesprengt.  Zahlreiche  Patrouillen  durchstreiften  das  Land. 
Gegen  Peroune  war  Premier-Leutnant  v.  Müller  TL  yorg(\sangen.  Er 
gelangte  bis  CI6ry  sur  Sorame,  woselbst  er  Verluste  durch  feind- 
liches Feuer  hatte.  Auf  dem  Rückmärsche  des  Detachements  am  3. 
nach  Aniiens  wurde  auch  noch  die  Eiseubahnbrllcke  bei  Treux, 
zwischen  Corbie  und  Albert,  gesprengt. 

Das  gegen  Abbeville  entsandte  Üctachement  (IL/4.,  4./U.  14 
und  1  Pionier-Detachementj  führte  Hauptmann  Memniinger.  Bis  nach 
Pont  Remy  hin,  nur  noch  1  Meile  von  Abbeville  entternt,  wurden 
Eisenbahn  und  Telegraph  an  5  verschiedenen  Stellen  zerstört.  Am 
2.  Dezember  gelangten  2  Ulanensttge  anter  den  Leutnants  v.  Ramin 
und  Y,  Lorch  bis  fast  an  die  WftUe  won  Abbeyille,  aus  welchem  sie 
beschossen  wnrden.  Im  Übrigen  wurde  die  ganze  Gegend  frd  Tom 
Feinde  gefunden  nnd  allenthalben  WaffenserstOrongen  vorgenommen. 
Anch  dieses  Detaohement  kehrte  am  3.  Deaember  nach  AmloiS  snrUck, 
von  wo  nnn  eüi  solches  anob  nach  Si  Qnentin  entsandt  werden 
konnte. 

Migor  Bock  erreichte  an  demselben  Tage  mit  diesem  Detacbement 
noch  das  6  Meilen  entfernte  Chanines.  Von  )lort  marschierte  er  am 
4»  mit  1.  F./44.,  d./U.  14,  2  Geschtttsen  nnd  30  Pionieren  nach  Harn, 
während  die  1./U.  7  gegen  Fironne  vorging.  Rittmeister  Jonanne 
begab  sich,  begleitet  von  dem  Lentnant  der  Reserve  Liegniez  nnd 
dem  Trompeter  Zimmermann  unter  Parlamentäraflagge  in  die  Festung, 
woselbst  er  mit  seinen  Begleitern  aber  kriegsgefangen  nnd  später 
nach  Calais  gebracht  wnrde.  Faidherbe  Snihert  sich  darüber  folgender- 
maben:  „Us  n*avaient  aneui  des  caractdres  Syriens  da  parlementalre, 
et  plus  tard,  on  aoqnit  la  oertitade  qne  leor  d^manshe  ötait  Ögalement 
nne  fanfaronnade.**  Erst  am  27.  Febmar  kehrten  die  Offiziere  wieder 
zn  ihrem  Regiment  znrttck.  Die  Eskadron  folgte,  nachdem  sie  noch 
durch  Feuer  ans  verschiedenen  Gehöften  11  verwundete  Pferde  hatte, 
dem  Detacbement  nach  Harn.  Daselbst  verblieb  die  12.  Kompagnie. 
Mit  dem  Gros  wandte  sieh  am  5.  Major  Bock  nach  St.  Qnentin. 
Dem  Fourierkommando  unter  Hauptmann  Bötticher  wnrde  daselbst 
der  Eintritt  verwehrt.  Die  erete  Unterstützung  brachte  dem  kleinen 
Detacbement  Rittmeister  v.  Sohanbert.  Der  in  die  Stadt  zur  Auf- 
kl&rong  entsandten  3  Mann  starken  Patrouille  war  es  zwar  gelungen, 
bis  an  die  nächste  Strafiaenbiegung  yorzudringen,  dort  wnrde  aber 
nicht  nur  auf  die  Ulanen  aus  den  Fenstern  geschossen,  anch  zahl- 

Jahrbaobtr  für  di*  d*utiick*  Ann««  und  Marin«.   Bd.  116   1  8 


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Die  8.  KavaUerie-Division  im  Kriege  1870—71. 


reiche  Arbeiter  drangen  auf  dieselben  ein.  Beim  Zorllekreiten  sMnie 
ein  Ulan.  Ab  er  sich  aofgeraflt  hatte,  wurde  er  mit  Entitteln  and 
Messein  angefollen.  Da  B|urengte  Bittmeister  t.  Scbanbert  mit 
einigen  (Jlanen  in  den  wütenden  Hänfen,  zerstreute  denselben  doreh 
BeTolversehttäse,  nnd  beireite  den  ans  vielen  Wunden  blutenden 
Ulanen.  Mittlerweile  hatte  aber  Uigor  Bock  auf  einer  nur  500 
Sehiitt  Ton  der  Stadt  abliegenden  Höhe  die  beiden  Geschtttse  anf- 
fahren  lassen.  Die  beiden  abgeschossenen  Granaten  genügten  schon, 
das  Volk  zu  zerstreuen.  Zwei  Häuser,  aus  denen  geschossen  worden, 
wurden  später  in  Brand  gesteckt  Em  von  Korden  herandampfender 
Zug  war  zur  Umkehr  veranlabt  worden.  Mittlerweile  hatte  das 
Detachement  auf  dem  linken  Somme-Ufer  Stellang  genommen.  Nach- 
dem bei  Harly  noch  die  Schienen  aufgenommen  worden  waren,  auch 
die  Sprengung  der  Brücke  vorbereitet  war,  rllekte  das  Detachement 
nach  Gauchj  und  Grugies  in  Alarmquaitiere.  Am  folgenden  Tage 
wurde  nnter  Bedeckung  zweier  Kompagnien  seitens  der  Pioniere  die 
Brücke  bei  Harly  und  unter  Bedeckung  dreier  anderer  Kompagnien 
auch  die  weiter  nördlich  gelegene  bei  Essigny-le-Petit  gesprengt. 
Mit  dem  Reste  des  Detachements  hatte  Major  Bock  an  der  Strafse 
von  La  Fdre  Front  gegen  St.  Quentin  Stellung  genommen.  Zwei 
Mitglieder  des  Magistrats  waren  indes  als  Geiseln  auf  die  von  der 
Stadt  ZQ  zahlende  Kontribution  aasgelost  worden.  Am  Abend  wurden 
Quartiere  in  Essigny-le-Grand,  sUdlich  St.  Quentin,  bezogen.  Am  7. 
marschierte  das  Detachement  nach  Harn  nnd  von  dort  mit  dem 
mittlerweile  von  La  F^re  eingetroffenen  Belagerungsgeschütz  am  8. 
nach  Hangest,  am  9.  nach  Amiens.  Dort  waren  die  AufBensicherungen 
seit  dem  5.  durch  Detachements  vervollständigt  worden.  Es  standen 
die  9./4.  und  die  2./IJ.  7  bei  Qnerrieux.  die  10./4.  und  die  3./U.  7 
bei  Villers  Hocage,  die  11. /4.  und  die  2./U.  14  bei  Picquioruy.  die 
12./4.  und  die  4./1'.  14  bei  Molliens-Vidanies.  Bei  den  genannten 
Orten  hatten  die  Quartiere  täglich  jcevvechselt.  „Von  dem  alten 
Friedensxopf  der  permanent  aufgestellten  Vedetten  wurde  hier  an- 
gefangen, ganz  abzusehen,  da  die  Sicherheit  durch  fortwährend  weit 
vorgeschickte  Patrouillen,  die  sich  ablösten,  viel  besser  herzustellen 
ist.  Nur  in  der  Dorflisiöre  wurde  Jedesmal  eine  starke  Infauterie- 
feldwache  mit  einer  Kavallerievedette  aufgestellt.*' 

Zur  Bewachung  der  Stralsen  von  Pt^ronne  und  llani  war  dann 
auch  am  7.  Dezember  die  4./Ü.  7  nach  Marcelcawe  detachiert 
worden.  Der  Feind,  der  sich  bis  jetzt  völlig  unthätig  gezeigt  hatte, 
fing  an,  sich  wieder  zu  regen.  In  Marieux,  an  der  Strafse  Albert- 
Doullens  gelegen,  stiefs  mau  auf  feindliche  Jäger.  Bei  Beaueourt 
wofden  französische  Arbeiter  au  der  Herstellong  des  zerstörteu 


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Die  8.  KavallerlA-Divteioii  im  Kriege  1870—71. 


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Eiseubahiiviadukte  aiiji:etrüften.  P^in  daraufhin  am  !i.  nach  Albert 
entsandtes  Detachement  sprengte  auch  noch  die  liisenhahnhrücke 
bei  Aveiuy.  Die  von  Querrieux  entKandten  Patrouillen  stiefsen  überall 
auf  kleine  feindliche  Trupps.  Auch  die  Detacheraents  bei  Molliens- 
Vidamcs  und  bei  i^icquiguy,  die  am  l'd.  Dezember  eine  gemeinschaft- 
liche „demonstrative'^  Kekoornoscierun^  gemacht  hatten,  meldeten, 
dals  der  Feind  sich  in  und  um  Abbeville  verstärkt  habe.  Leutnant 
Schachtrupp  hatte  den IMatzzurLbergabe aufgefordert,  aherablehnenden 
Bescheid  erhalten.  Er  hatte  aber  in  Erfahrung  gebracht,  dafs  sieh  dort 
3  Regimenter  Mobilgarden  und  etwas  Artillerie  behiideu  sollten. 

Am  :').  Dezeml»er  war  der  Platz,  nacluli  iii  er  nach  der  Schlacht 
bei  Amieus  geräumt  worden  war,  von  '.i  Kou\\>n^uu'n  tlcs  1.  Bataillons 
der  Mobilisierten  der  Somme  wieder  besetzt  worden.  Bereits  nach 
3  Tagen  war  es  ahtr  erforderlich  gewesen,  dieselben  durch  eine 
„garnison  plus  serieuse"  zu  ereetzen.  Diese  bestand  ans  einem 
Bataillon  91"  de  ligne,  einem  Bataillon  der  Mobilen  de  Pas-de-Calais 
and  einem  Bataillon  Mobilisierter  da  Nord  unter  OberstleDtnant 
Plancftflsag. 

Bittmeister  Frhr.  r.  Le  Fort  ging  am  10.  Dezember  mit  seiner 
EsiLadron  von  Villezs  Boeage  über  Donllens  gegen  Arras  znr  Er- 
iLondnng  TOr.  Bei  Beanmetz  ies  Logas  stiels  er  aoi  feindliebe 
Krftfte,  welcbe  ein  weiteres  Vordringen  auf  Arras  aomöglich  maebten. 

Nnn  batte  sieb  aber  am  9.  Dezember  ein  Ereignis  zogetragen, 
welebes  die  AnfinerluamiLeit  in  ganz  nnverbttltnismiUsiger  Weise  anf 
sieb  zog,  weil  es  ▼üllig  unerwartet  kam.  Der  Oberfall  von  Ham 
seitens  der  Franzosen  batte  eben  eine  der  verwondbarsten  Stellen 
der  Sommestellong  getroffen.  Man  waiste  deotseberseits  znnAcbst 
sebr  begreif  lieberweise  gar  niebt,  was  man  ans  dem  Vorgange  maeben 
sollte.  Hatte  man  es  mit  einer  Nebenontemebmong  von  Pdronne  zu 
tfaon  oder  begann  aii&  Nene  bier  die  Tbätigkdt  der  firanzOsiseben 
Kordarmee?  Das  blieb  znnäcbst  festzustellen  and  war  dnrebans  nicbt 
so  leiebt,  wie  es  scbeinen  könnte. 

Am  3.  Dezember  batte  General  Faidberbe  das  Kommando  der 
französischen  Nordarmee  übernommen.  Die  Reorganisation  brachte  die 
Stärke  derselben  anf  8  Divisionen,  die  nnn  das  XXII.  Korps  bildeten. 
Aas  den  besten  11  Bataillonen,  2  Eskadrons  and  3  Batterien  war 
anter  Befehl  des  Generals  Lecointe  ein  fliegendes  Korps  gebildet 
worden,  welches  zu  besonderen  Unternehmungen  in  3,  von  Oberst- 
Lentnants  gefUbrte  Gruppen  zerfiel.  Anf  die  Naebricbt  bin  von  den 
Vorgängen  am  5.  Dezember  in  St  Qnentin  hatte  General  Lecointe 
am  6.  Cambrai  verlassen  und  war  Uber  Fins  und  St.  Vermand  am 
8.  mit  der  Kolonne  des  Oberstlentnants  de  Gislain  in  St  Qaentin 

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Die  8.  KavAllerie-Division  im  Kriege  1870—71. 


ein^etroflen.  Dort  wurden  die  Jirückeii  wieder  hergestellt  nnd  am 
9.  früh  11  Uhr  wandte  man  sich  j^egeii  Ilam,  woselbst  unter  Be- 
deckung eines  Zuges  der  8.  Kompagnie  des  81.  Regiments  die  Feld- 
Eisenbaba-Abteilung  Nr.  3  tbätig  war.  Der  tod  4  Bataillonen  und 
einer  Batterie  unter  gesebiekter  Leitung  des  Generals  Lecointe  statt- 
findende Ubei&li  gelang  yoUstilndig.  Die  Dentsohen  bttlsten  dnich 
denselben  3  Offiziere  und  202  Mann,  daronter  22  Beamte^  ein.  Der 
Verlnst  der  Franzosen  betrug  5  Mann  tot  nnd  15  Terwnndet.  Dann 
wandte  sieh  General  Lecointe  mit  den  ihm  anteratellten  Truppen 
naob  La  F^.  Als  man  aber  erfuhr,  dafe  die  dortige  Besatzung 
bereits  aaf  den  Überfall  in  Harn  bin  Verstttrknng  erhalten  hatte, 
war  der  ebenfalls  anwesende  General  Faidherbe  nnnmehr  entschlossen, 
Amiens  in  seinen  Besitz  sn  bringen.  Die  übrigen  Heeresteile,  welche 
in  der  Zeit  vom  10.  bis  12.  in  nnd  bei  P^nne  eingetroffen  waren, 
wurden  demnächst  herangezogen.  Am  14.  Dezember  gelangte  das 
französische  Hauptquartier  nach  Voyennes.  Die  1.  Division  (General 
Lecointe)  nach  Rhötonrillers  an  der  Strabe  Nesle-Bojre,  die  2. 
(General  Paolze  d'Jooy)  nach  Nesle  und  Gegend  und  die  8. 
(Kontreadmual  Moulac)  in  2.  Linie  nach  Harn.  Uber  Chanines 
erreichte  am  16.  das  Hauptquartier  Corbie,  die  beiden  ersten  Dirisionen 
den  Rayon  Corbie-Villers  Bretonneux-Foncanconrt,  die  3.  Division 
aber  Uber  Croix  erst  Pertain  östlich  Cbaulnes.  Die  Bataillone  der 
Mobilisierten  des  Generals  Hobin,  aus  welchen  in  diesen  Ta^en  die 
4.  Division  gebildet  und  die  Armee  aof  2  Korps,  das  XXll.  und  XXUL, 
gebracht  wnrde,  gelangten  am  Ifi.  Dezember  in  Albert  an.  Den  so 
schon  im  voraus  skizzierten  Marsch  der  feindlichen  Armee  deckten 
in  der  linken  Flanke  Dragoner,  deren  Stärke  auf  4^«  Eskadrons 
Migewachsen  war.  Am  17.  ging  dann  die  franzöBische  Armee  bei 
Lamotte-Brebiöre,  Daours  und  Corbie  auf  das  nördliche  Somme-Ufer 
Uber,  da  General  Faidberbe  erfahren  hatte,  dafs  die  preu&iscben 
Kräfte  südlich  Amiens  in  der  Versammlung  begriffen  wären. 

Als  die  Nachricht  des  Überfalles  von  Ham  am  10.  nach  Amiens 
gelangte,  entsandte  General  Graf  v.  d.  Groeben  noch  am  selbigen 
Abend  den  Hauptmann  v.  Lukoxvitz  mit  K/44.,  3./U.  14  und  4  Ge- 
schützen mit  dem  Befehl,  wenn  irgend  möglich,  Ham  wieder  zu  neiimen. 
Früh  ä  l  hl  cm  iclite  das  Detachement  Bouchoir,  rastete  daselbst  bis 
10  I  hr  und  traf  nachmittags  4  Uhr  in  Ercheu  ein,  woselbst  Quartiere 
geuommeu  wurden.  Ham  sollte  von  2  Marine-  und  1  Mobilgarden- 
Bataillon  besetzt  sein.  Am  12.  Dezember  früh  (1  Uhr  stiefs  da 
Detachement  bei  Kppevillc  auf  anscheinend  stärkere  feindliche  In- 
lanterie,  welche  einige  FHlirikirel>iiude  und  das  Gelände  sUdüeh  der 
bomme  besetzt  hielt.   Das  Gros  wurde  entwickelt,  aber  das  Gefecht 


Die  8.  KaT&Uerie-Division  im  Kriege  1870—71. 


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um  Uhr  ab^^ebrochen  und  abmarschiert.    Die  12.  Koinpa^rnie 

hatte  die  Arrieregarde.  die  Ulanen  beobachteten  die  l'lanken.  Spat 
naehmitta^y  wurde  Koye  erreictit.  am  andern  Morgen  (13.)  7  Uhr 
Mezieres,  um  4  Uhr  Domart  und  am  14.  Amiens.  In  Domart  hatte 
man  ein  ans  der  1.  Kompagnie  4.  Regiments  und  8  Zügen  der  1. 
Eskadron  der  14.  Ulanen  unter  MaJ(>r  Frhr,  v.  Troschke  gebildetes 
Detachemeut  angetrotfen,  welches  nach  Koye  hin  nulzuklären  hatte. 
Nach  Lehautcourt  wäre  das  Detachement  Lukowitz  nur  aut  eine 
Kompagnie  des  75"  de  Jigne  unter  Capitaine  Patry  gestolsen.  Auch 
gegen  Foocaacoart  war  ein  Detachement  anter  Major  Heinichen  ent- 
sandt worden.  Dort  war  am  11.  der  Lentnant  Loeper,  obgleich  er 
nnter  FarlamentSiflagge  von  Mareeleave  ans  nach  P^nne  wollte, 
von  den  Einwobnem  umzingelt  worden,  hatte  sich  aber,  allerdings 
mit  Verlast  seiner  ans  4  Hann  bestehenden  Begleitung  dnrohgeschlagen. 
Am  12.  gelangte  Hi^or  Ueinichen  mit  2  Kompagnien  (2.  3./4.), 
V»  1.  Eskadron  7.  Ulanen  and  2  Gescbtttaen  der  6.  leichten  Batterie  I. 
nach  Lamotte-en-Santerre.  Das  am  folgenden  Tage  erreichte  Dorf 
Foncaaeoort  schien  wie  ausgestorben.  Die  Ulanen  hatten  aber  noch 
nicht  den  jenseitigen  Aasgwig  eneicht,  als  plötzlieb  ein  Schals  fiel, 
dem  ein  lebhaftes  Feuer  ans  allen  H&osem  folgte.  Den  Ulanen  ge- 
lang es,  mit  nnr  2  verwundeten  Pferden  aus  dem  Orte  wieder  heraus- 
zukommen und  bei  den  beiden  sofort  in  Stellung  gegangenen  Greschtttzen 
sich  zn  sanmieln.  Noch  bevor  die  Infanterie  den  Ort  erreicht  hatte, 
hatte  die  ArtiUerie  bereits  das  ihrige  gethan,  Foueanoourt  war  schon 
ger&nmt.  Nachdem  das  Dorf  ausfouragiert  war,  wurde  es  nieder- 
gebrannt, ein  Verfahren,  welches  in  ähnlichen  Fällen,  trotz  aller  etwa 
gegenteiliger  Ansichten  von  Friedensaposteln  und  ebensolchen  Kon- 
gressen, als  das  einzig  Richtige  bezeichnet  nnd  daher  unbedingt  bei- 
behalten werden  mofs.  Humanitätsduseleien  entsprechen  nicht  dem 
Wesen  des  Krieges.  Das  Detachement  marschierte  nach  Lamotte 
zurück  und  folgenden  Tages  nach  AitiirDs.  Lehautcourt  schildert 
den  \'organg  anders,  als  er  war.  Nach  ihm  hätte  die  Freikompagnie 
des  Mar({uis  de  Lameth.  35  Mann,  benachrichtigt  ron  dem  Anmaisob 
der  Deutschen,  am  Eingang  von  Foucaucoort  Stellang  genommen 
und  die  Feinde  mit  einem  heftigen  Feuer  von  nur  korzer  Dauer 
empfangen.  Alsbald  hätten  2  Geschütze  ihre  Granaten  in  das  Dorf 
geschleudert,  welches  von  den  Franktireurs  anter  dem  Schutze  des 
Nebels  bereits  geräumt  gewesen  sei.  Trotzdem  also  die  Deutschen  bei 
ihrem  Eindringen  in  den  Ort  keinerlei  weiteren  Widerstand  gefunden, 
hätten  sie  dennoch  in  ihrer  Wut  einige  20  Häuser  niedertri  hrannt 
und  5  Einwohner,  Greise  oder  ganz  junge  Leute,  ohne  jeden  Grand 
niedergemacht.  Sic! 


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Die  8.  Kavallerie-Divisiou  im  Kriege  1870—71. 


Die  Pakonillett  des  am  13.  naeb  Domait  gelangten  Detaehemeiits 
Troschke  konstatierten  am  Abend  sttdlicb  Roye  Biwakfeaer.  Leutnant 
Meier  batte  mit  einer  10  Pferde  starken  Patroaille  ans  leliEterem  Orte 
am  Naobmitkag  Fener  erhalten,  war  aber  naeh  Noyon  weiter  geritten, 
woselbst  er  die  seit  einigen  Tagen  dort  befindliche  4  Kompagnie 
4.  Regiments  antraf,  yon  weleber  eine  Patroaille  aach  Gnisoard  rom 
Feinde  besetzt  gefanden  hatte.  Am  folgenden  Tage  stiefs  Portepee- 
Fähnrich  Freiherr  y.  Twickel  (Aagast)  der  Ulanen^Eskadron  —  von 
der  sieh  seit  dem  11.  Dezember  zor  Deekosg  von  deren  linker 
Flanke  ein  Zog  anter  Leatoant  y.  Ramin  in  Ailly  befand,  —  zwischen 
Mtoiöres  and  le  Qaesnel  mit  einem  halben  Zage  aof  eine  gleich 
starke  Erkandang  französischer  Dragoner,  die  sofort  attackiert  wurde. 
2  Gefiuigene,  die  der  Feind  in  unseren  Händen  zarttcklassen  molste, 
behaapteteni  einer  in  le  Qaesnel  liegenden  Eskadron  anzugehören. 
Dort  war  übrigens  Ton  ihr  an  demselben  Tage  ein  Verwundeten- 
Transport  aa%ehoben  worden,  angeblich  weil  dessen  l'ersonal  be- 
waflinet  gewesen  sei.  Die  Ton  Marcelcave  aus  vorgehenden  Patrouillen 
der  7.  Ulanen  erhielten  ans  allen  Dörfern  der  Gegend  südwestlich 
P^ronne  Feuer.  Es  ist  das  der  Ranm,  wie  wir  vorweg  schon  gesehen 
haben,  durch  welchen  die  französische  Armee  auf  Amiens  marschierte, 
die  sogenannte  äanterre.  Ein  auf  dem  rechten  Somme-Ufer  von 
Amiens  am  14.  vorgeschicktes  Kekognoscierungs-Detachement  kon- 
statierte das  Vorgehen  starker  Kolonnen  auf  Albert,  es  waren  die 
sich  sammelnden  Bataillone  der  Division  Kobin.  Einer  etwa  dort 
von  den  ersten  De/.euibertagen  ab  aufgestellten  Kavallerie-Division 
hätte  keine  der  Bewegiin«ren  der  Franzosen  so  leicht  entgehen  können, 
wie  das  bereits  früher  bemerkt  worden  ist. 

Am  IT).  Dezember  zog  General  Graf  v.  d.  Groeben  alle  seine 
Detachements  —  die  der  N  ordosten  w  aren  an  diesem  Tairr  »  i  st  ab- 
gelöst \^<)^(len  ~  nach  -Vmiens  heran,  denn  er  war  entsclilossen. 
trotz  mancher  anderer  Hedenken  dabei,  in  der  Sorge,  von  den  Franzosen 
eingewickelt  zu  werden,  und  dann  nicht  mehr  seinem  Auftrage  nach- 
kommen zu  können,  am  Iß.,  mit  Ausschlul's  der  Citadclle,  Amiens 
zu  räumen.  Er  marschierte  an  diesem  Tage  nach  Ailly  ab,  um  sich 
am  17.  in  Montdidier  mit  der  Tetenbrigade  der  !."),  Division  zu 
vereinigen.  Die  Räumung  von  Amiens  ist  hauptsächlicli  eine  Folge 
des  Zerreilsens  der  Kavallerie-Division,  anstatt  sie,  wie  dies  früher 
ausgeführt  worden  ist,  einheitlicii  und  watTengemäl's  zu  verwenden! 

Die  Division  hatte  auf  ihrem  Marsche  gegen  Beauvais  am 
17.  mit  der  Tete  bereits  Gournay  erreiclit,  als  für  sie  abermals  ab- 
ändernder Befehl  dahin  erging,  in  die  Gegend  Breteuil-Cont^'  zu 
marschieren.    Der  erstere  Ort  wurde  von  der  31.  Brigade,  der  letztere 


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Die  8.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71. 


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von  der  32.  am  19.  Dezember  erreicht.  Es  stand  ja  Jetzt  fest,  dals 
der  Feind  Uber  Roye  nicht  hinausfrefrangen  war,  vielmehr  durch  die 
JSanterre  sich  Amiens  zugewandt  hatte.  Seitens  der  15.  Division 
wurde  am  17.  ein  Detachement  unter  Oberst  Frhr.  v.  Loc  nach  itoye 
vorgeschoben,  welebes  hiermit  dem  sächsischen  18.  Ulanen-Kegimente 
in  Verbindnng  trat  Man  erfahr,  dafs  am  15.  und  16.  feindliche 
Trappen  TOn  Nesle  naeh  Ohmhies  marschiert  waren.  Von  Roje 
hatte  der  Fefaid  gletebfoUs  die  Richtong  nach  Chaohnes  genommen. 
Am  17.  hatten  dann  ein  Bataillon  Jäger  and  einige  MobUgaiden* 
iLompagnien  Chaolnes  in  Richtung  auf  Amiena  wieder  verlassen, 
Patrouillen  des  Obersten  v.  IM  worden  von  diesen  Trappen  in 
Chaolnes  noch  beschossen.  Am  18.  Dezember  hatte  General  v.  Kommer 
die  dnrch  das  14.  Ulanen-Regiment  and  die  Batterie  Schräder  ver- 
stärkte 30.  Brigade  in  die  Gegend  von  Davenescoort  vorgeschoben 
—  starke  KavaHerie-Vorposten  gegen  die  Somme  — ,  während  die 
29.  Brigade  Hontdidier  erreichte.  General  v.  Ifiras  hatte  noch  an 
diesem  Tage  mit  den  5  Bataillonen  der  8.  Brigade,  den  7.  Ulanen, 
sowie  den. beiden  Batterien  fL  Amiens  wieder  zo  besetzen.  Es  ge- 
schah zom  Glttck  ohne  jeden  Zwischenfall.  Von  Davenescoort  be- 
setzte dann  am  19.  ein  Bataillon  and  */•  Eskadron  znr  Flanken- 
sicherong  der  an  diesem  Tage  zwischen  le  Qoesnel  and  le  Qoesnay 
wieder  zasammentretenden  3.  Kavallerie-Division  —  ohne  7.  Ulanen  — 
Koye.  So  sehen  wir  denn  jetzt  das  VIII.  Armeekorps  in  dem  Viereck 
Conty-M  oreoil-Montdidier-Breteail  versammelt,  die  8.  Kavallerie-Division 
l>ei  It*  Qoesnel;  Amiens  und  Koye  waren  besetzt.  Das  Oberkommando 
der  1.  Armee  befand  sich  mit  der  General-Etappen-Inspektion  in 
Breteuil. 

Die  kombinierte  Brigade  des  Generals  Graf  zu  Dohna  war  aus 
der  Gegend  von  Dieppe  mit  der  16.  Division  abmarschiert.  Die 
4.  Eskadron  der  5.  Ulanen  war  zur  Sicherung  der  linken  Flanke  Uber 
Blan^  und  Poix  entsandt  worden.  In  ersterem  Orte  befand  sie 
sich  nur  3  Meilen  von  Abbeville  entiernt  In  der  Nacht  durfte  nicht 
abgesattelt  werden,  am  anderen  Morgen  wurde  schon  eine  Stande 
früher  al)^'ertlckt,  als  bekannt  gegeben  war.  Der  5  Meilen  lange 
Weg  nach  Poix  wurde  auch  von  der  Bagage  in  nur  6  Stunden  zu- 
rUckfrelegt.  Dort  wurde  in  einem  en<rlH'i;renzten  Teile  des  Orts  die 
Eskadron  untergebracht,  es  durfte  wiederum  nicht  abgesattelt  werden. 
Auf  allen  Strafsen  wurde  nel)en  den  sonstigen  Sicherungen  ein  un- 
unterbrochener Patr(iuilleii;r;uig  erhalten.  Eine  aul  der  Strnfse  nach 
Abbeville  vorgehende  l'atrouilie  stiefs  in  der  Morgenfrühe  des  folgenden 
Tages,  noch  im  Dunkel  der  langen  Nacht,  auf  Wagen,  die  auf  Poix 
fahren.  Auf  das  ihnen  zagerofene  Halt  erhielt  die  Patrooille  Feuer. 


40  IHo  8.  KftvaUerie-Divisioii  im  Kriege  i »70—71. 

Der  eine  Mann  derselben,  der  Gefreite  Post,  wurde  schwer,  der  andere, 
Ulan  Kleemann,  leicht  yerwnndet  Diesem  gelang  es  in  Poiz  noch 
rechtzeitig  zn  alarmieren.  Premier-Leutnant  FVhr.  y.  Brenken  L  worde 
mit  seinem  Zöge  gegen  den  Feind  vorgeschoben,  während  Premier- 
Leatnant  Heister  die  Eskadron  sammelte.  Leutnant  t.  Banch 
wurde  alsbald  mit  der  Bagage  zorttckgeschickt  Es  scheint  nun, 
dab  der  in  besonderer  Bereitschaft  gehaltene  Zug  des  erstgenannten 
Offiziers  mit  Chassepotgewehren  bewaffnet  gewesen  ist,  denn  in  der 
Begiment^gesebichte  heiÜBt  es,  dafo  gedeckt  durch  das  heftige  Feuer 
des  inzwischen  verstärkten  Alarmznges,  der  übrigens  in  der  Nacht 
auch  nicht  abkantart  hatte,  die  Eskadron  sich  langsam  zurückgezogen 
habe.  Dieselbe  traf  in  Gontay  mit  der  General-Etappen^Inspektion 
der  I.  Armee  zusammen  und  ging  mit  dieser  bis  Breteuil  zurttck, 
woselbst  auch  das  Regiment  angetroffen  wurde.  Vom  19.  Dezember 
ab  wurde  übrigens  Poix  sowohl  wie  Formerie  zum  Schutze  der 
Bahn  Ronen- Am iens  von  je  einer  KompagDie  (3.  und  4.)  des  70.  Re- 
giments mit  je  einem  Zuge  der  1.  Eskadron  der  9.  Husaren  besetzt 
Aufser  den  bereits  genannten  Verwundeten,  von  denen  der  Gefreite 
Post  in  Gefangenschaft  gerathen  war,  wurden  noch  2  Mann  und  2 
Pferde  vermifst.  Die  seit  dem  11.  Dezember  in  Totes  auf  Relais 
gewesene  3.  Eskadron  der  5.  Ulanen  stiefs  über  Forges,  Crövecoeur- 
le  Grand-Ailly  am  20.  in  Mauconrt  südlich  Libons  wieder  zam  Regiment 
An  diesem  Tage  war  die  bei  Warvillers  versammelte  3.  Kavallerie- 
Division  in  eine  Stellung  zwischen  Rosißres  und  Chaulnes  gegangen 
und  hatte  die  Front  gegen  die  Somnie  genommen.  Die  3.  und  4. 
Esk;uIron  der  14.  Ulanen  unter  Befehl  des  Majors  v.  Strantz  war 
nach  Chaulnes  zur  Beobachtunjr  von  Föronne  detachiert  worden. 
Von  dort  waren  seitens  der  Fran/.oseti  Vorposten  bis  Villers-Carbonnel 
vorgeschoben  worden.  Längs  der  Luce  war  die  der  15.  Division 
(Divisionsstab  in  Hargard)  aufgestellt,  die  IG.  Division  befand  sich 
mit  der  32.  Brigade  in  Amiens,  der  31.  in  Sains  und  Boves  und 
die  Korps-Artillerie  in  Ailly  und  Moreuil.  \'on  Amiens  ging  ein 
Detacbement  (F./4.,  3./U.  7  und  (i.  l./I.)  uuter  Major  Bock  früh 
8  Uhr  gegen  die  Hallue  vor,  welche  schon  tags  vorher  von  den 
zahlreich  unternoinnienen  Erkundungen  der  7.  Ulanen  besetzt  gemeldet 
worden  war.  Die  .Vvantgarde  (3./U.  7,  ^)./4.)  besetzte  zunächst 
Allonville,  indes  Major  Bock  sich  mit  dem  Heste  des  Detachements 
(lern  diesseits  Querricux  liegenden  Walde  zuwandte,  die  Batterie  aber 
unter  Bedeckung  eines  Offiziers  mit  16  Füsilieren  und  einer  halben, 
der  Avantgarde  entnommenen  Eskadron  auf  die  Stralse  .\niiens- 
Qaerrieux  schickte.  Am  Ostrande  des  Waldes  befand  man  sich 
stärkeren  feindlichen  Abteilungen  bei  Querrieux  gegenüber.  Nachdem 


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Die  8.  KAYAllerie-DlTiBioii  ha  Kriege  1870—71.  41 

es  dem  Detachement  gelungen  war,  den  Gejrner  zur  Entwiekelnng 
TOD  Querrieux  bis  l^assy-les  Oaours  hin  veranlalst  zu  bähen,  zog  das- 
selbe sich  fechtend  mik  emem  Gesamtrerlust  von  3  Offi/.ieren  and 
68  Mann  gegen  Amiens  zarttok.  Der  Feind  hatte  nur  7  Tote  und 
20  V  erwundete.  Die  Soranie-Übergänge  bei  Lamotte-Brebiere  und 
Glisy  wurden  von  2  Kompagnien  des  44.  Regiments,  2  Zügen  7. 
Ulauen  und  einem  Pionier-Detachement  unsererseits  besetzt. 

Weitere  Kekognuscierungen  am  21.  ergaben  die  Anwesenheit 
feindlieber  Truppenraassen  bei  Corbie;  auch  die  Somme  von  dort 
bis  Brav  wurde  feindlichersj'its  besetzt  ntundeii.  Alle  Brucken 
waren  auf  die>^er  Strecke  abgebrochen.  Uber  die  nur  stehengebliebenen 
Mühlen-  und  .vhleusenstege  aber  \ Orposten  geschoben.  Auch  von 
der  Peronne'er  Seite  her  befanden  sich  kleinere  Trupps  auf  dem  linken 
Sonime-l^fer.  Zu  beiden  Seiten  der  Strafse  nach  Albert  standen  die 
feindlichen  Vorposten  den  unsererseits  auf  zwei  Batiiillone  verstärkten 
östlich  der  Fbg.  St.  Pii'rre  gegenüber.  Die  Strafsen  nach  i>ituileus 
und  Ahbeville  waren  frei  vom  Feinde.  In  letzterer  Richtung  wurde 
die  l.  Kskadron  der  7.  Ulanen  imch  Montieres  vor^reschohen,  am 
folgenden  Tage  das  ganze  7.  L  laiien-Heginient  bis  nach  Picquigny. 
General  v.  ManteuflFel,  dessen  Haupl(|uartit'r  sich  ebenfalls  in  Amiens 
befand,  hatte  sich  entschlossen,  die  für  ihn  anrllckenden  Verstärkungen, 
die  3.  Reserve-Division  von  Mezieres  (Festung)  und  die  kombinierte 
Garde-Kavallerie-Brigade  von  Beauvais  her.  ebensowenig  wie  die 
von  Rouen  per  Eisenbahn  heran  beorderten  (i  Bataillone  vollends 
abzuwarten,  sondern  am  23.  Dezember  den  Feind  in  seiner  an  der 
Hallne  genoDimenen  Stellung  anzugreifen.  Im  Laafe  des  22.  war 
dazQ  die  31.  Brigade  io  die  nAehste  Nttbe  von  Amiens  gezogen 
woideo.  Der  Stab  der  15.  Division  gelaugte  Daeh  Lfongaean,  ebeo- 
&U8  dorthin,  femer  naeh  St  Nioolas,  Boves  nnd  Cagny  die  30.  Brigade, 
die  29.  naeh  Camon,  Lamotle-Brebi^ie,  Glisy  and  Blangy.  Dem  8. 
Jäger^Bataillon  in  VUlers-Bretonnenx  fielen  die  Vosposten  gegen 
Corbie  zq,  die  aof  dem  diesseitigen  Ufer  Torgelegenen  Orte  Foailloy 
nnd  Hamelet  waren  aneh  noch  franz^toiseherseits  besetst.  Anf  dem 
rechten  Flttgei  verblieb  noch  immer  die  3.  KaTallerie-DiYision,  sieb 
an  diesen  in  Richtung  ani  Gentelles  heranziehend,  die  beiden  in 
Chanlnes  befindlichen  Eskadrons  nach  Lihons  zorttekgehend.  Das 
Vorgehen  gegen  die  fefaidliobe  Stellang  erfolgte  am  23.  nnn  derart, 
dalÜB  die  15.  Division  and  die  reitende  Abteilang  (3  Batterien)  der 
Korps-Artillerie  anter  Benataong  der  bei  la  Neuville  nnd  Camon 
oberiialb  Amiens  geschlagenen  BrttckeD,  von  denen  die  erstere  indes 
bald  onbranchbar  wurde,  gegen  die  Front  der  ieindlichen  Stellang 
(F^rMenconrt-Qaerrieax-Vecqaemont)  vorgingen,  während  die  16. 


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42  I>io  8.  Kftyaltorie-Divisloii  Im  Kri^  1870—71. 

Division  dieselbe  Id  der  rechten  Flanke  zu  omfasseo  bestrebt  war. 
Ein  Detacbement,  bestehend  aus  den  beiden  von  Ronen  eingetroffeaen 
Grenadier>BatailloDen  des  3.  Kegiments,  der  1 .  Eskadron  der  5.  Ulanen 
und  der  6.  leichten  Batterie  /I,  stand  von  10  Uhr  an  bei  Laniotte- 
Brebi(>re  bereit.  Diese  Truppenabteilung  war  aus  der  Reserve  des 
Generals  v.  Manteutfel  ausgeschieden  worden.  Diese  letztere  bestand 
darnach  noch  aus  den  5  HatailloiHii  der  Infanterie-Bri^^ade,  3 
Kskadrons  der  5.  Ulanen  und  der  .').  sehweren  Batterie  /I  unter  lietehl 
(renerals  v.  Mirus.  Da  inin  bei  dem  Abmarsch  der  Kavallerie- 
Division  aus  ihrer  bisherigen  ►Stellung  die  beiden,  an  diesem  Tage 
von  Libons  naeli  Mc^haricourt  zurückgehenden  Kskadrons  der  14. 
Ulanen  zur  weiteren  Beobachtung  gegen  IVronue  auf  dem  linken 
.Somme-Ufer  verblieben,  ertlbrigten  nur  noch  0  Eskadrons  und  die 
Batterie.  Ihnen  wurde  die  Aulgabe,  die  Verbindung  bei  deren  beider- 
seitigen Vorgehen  /.wischen  der  15.  und  16.  Division  zu  erhalten. 
Die  (  itadelle  bliel)  besetzt,  die  Stadt  selbst  von  2  Etappen-Kompagnien 
und  einem  aus  Fulskranken  zusaniniengestellten  Bataillon  unter  Haupt- 
mann Lütke  vom  40.  Regiment.  Bagagen  wurden  über  die  Somme 
zuFiächst  nifht  initgeDounnen.  \  t»n  der  15.  Division  war  das  S.  Jäger- 
Bataillon  mit  1  Zuge  Königshusaren  bis  0  Uhr  vormittags  in  \  illers- 
Bretonneux  v  erblieben,  um  das  Vordringen  feindlicher  Rekognoscierungs- 
Abteilungen  zu  verhindern.    Als  das  Korj)s  dann  aber  die 

Somme  Uberschritten  hatte,  zog  sich  auch  das  Jäger- Bataillon  Uber 
Lamotte  heran. 

An  der  Hallue-Selilacht.  oder,  wie  die  Franzosen  sie  iienuen, 
bei  Pont-Xoyelles  nahm  also  die  Kavallerie-Divison  mit  10 
Schwadronen  und  6  Gesehlitzen  in  .3  Gruppen  teil. 

1.  /U.  5  bei  Lamotte-Brebiäre  bezw.  Vecquemont- 

Daours  =  131  Pferde 

2.  3.  4./U.  5  in  Keservestellüüg   bei  les 

Alengons  F"  =  393  „ 

8.  Kürassiere 
1.  2./U.  U 
1.  rtd./Vli. 


=  550  D 


bei  St.  GraticQ  sss  285  „ 

=  (i  Gesch. 


ZasammeD :     1359  Pferde,  6  Oeseh. 

Mit  den  letzteren  6  EBkadieos  und  der  reitenden  Batterie  ging 
General  Graf  sn  Dohna  bei  Camon  Uber  die  Somme  nnd  nahm  dann  den 
Weg  zwiflehen  Cardonnette  nnd  Allonville  hindoreh  naeb  St  Gratien. 
Es  war  ein  klarer,  windstiller  Wintertag,  an  dem  das  Thermometer  am 
Morgen  nm  8  Ulur  nocbS*  KiUte  zeigte.  Die  Hallne  war  aber  nieht 
zogefroren,  anch  das  an  derselben  sieb  hinziehende  Torfinoor  niefai 


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Die  8.  Kavanerie-IMvi^ii  im  KiteKe  ISTO^Tl. 


48 


Wählend  die  15.  Division  seit  11  Ulir  Totmittags  in  heiligem  Kampfe 
stand,  enrelchte  die  16»,  der  die  Fnlsabteilang  (4  Batteilen)  der  Korps* 
Artillerie  zugeteilt  war  —  sie  folgte  der  81.  Brigade  —  in  nOrd- 
lieber  Riobtnng  um  1  Uhr  mit  der  82.  Brigade  Rnbempii,  mit  der 
31.  die  Gegend  nordOstlieh  Villers-Boeage.  Die  erstere  wurde  nnn 
erhaltenem  Befehle  gemSls  anf  Beanoonrt,  die  letstere  auf  91.  Oratien 
dirigiert.  Rnbemprö  blieb  von  2  Kompagnien  des  70.  Regiments 
und  einem  Zöge  der  9.  Husaren  besetzt  Von  St.  Gratien  beobachtete 
zur  Zeit  bereits  General  Graf  zu  Dohna  mit  den  ihm  unterstellten 
6  Eskadrons  der  3.  KaTaUerie-Division  den  vor  ihr  befindlichen  Teil 
der  französischen  Stellung.  Als  aber  um  etwa  3  Uhr  die  Vortrnppen 
der  31.  JBrigade  St  Gratien  erreichten,  nahm  General  Graf  zu  Dohna 
weiter  nördlich  Stellung,  während  die  reitende  Batterie  etwa  8000 
Schritt  südlich  Beaucourt  iicircn  die  bei  Behenconrt  betindlichen  Truppen 
der  Division  Derroja  in  Tbätigkeit  trat.  Die  nun  folgenden  Infanterie- 
KlUnpfe  gaben  der  „Kavallerie-DiTision'*  keine  Gelegenheit  zum  Ein« 
greifen  in  den  Kampf,  denn  es  ^^  ^r  ein  solcher  um  Ortschaften  an 
einem  Fronthiudernis.  Der  bald  nach  4  Uhr  unternommene,  aber 
allein  von  unserer  Artillerie  zurückgewiesene  Vorstols  der  Brigade 
Aynes  von  Contay  auf  Beaucourt  zeigte,  dafs  man  nichts  weniger 
als  den  feindlichen  'rechten  FlUgel  umfast  hatte.  .\ls  es  schon 
stark  dunkelte,  erfolgte  ;iuf  diesem  Flügel  noch  ein  AngritT  von  3 
noch  intakten  Kegimentcrii  der  hier  in  Reserve  befinfllichen  Division 
Robin  von  Contav  aiit  elincmirt  und  Bt^hencourt,  wurde  aber 
ebenfalls  abgeschlagen.  Der  Kampf"  bei  der  15.  Division  hatte  sich 
besonders  hartnäckig  bei  Qnerrieux-I'ont-Noyelles  und  Vec(iuemont- 
Daours  gestaltet.  Hier  hatte  das  bei  Lamotte-Brebiere  bereit  ge- 
stellte Detachement,  bei  welchem  sich  die  1.  Eskadron  der  ö.  Ulanen 
befand,  eingreifen  müssen.  Die  Dunkelheit  machte  dann  im  All- 
gemeinen dem  Kampfe  auf  der  ganzen  Linie  ein  Ende.  Die 
8.  Kürassiere,  die  beiden  Eskadrons  der  14.  Ulanen  und  die  reitende 
Batterie  erhielten  Unterkunft  in  Moiliens-au-Bois  und  Pierregot,  die 
bei  der  Armeereserve  befindlichen  Eskadrons  der  5.  Ulanen  in  Car- 
donnette  und  Alluiiville.  die  beim  Detachement  Lamotte-Brebiere 
kommandierti'  1.  Eskadron  in  Vecquemont. 

In  Anbetracht  der  i'berlegenheit  des  Feindes  hatte  General 
V.  Mantenffei  beschlossen,  sich  am  folgenden  Tage  vorläufig  auf  die 
Behauptung  der  eroberten  Stellung  zu  beschränken.  Dementsprechend 
halten  die  Truppen  um  8  Uhr  früh  eine  GefechtsbereitschaftostelluDg 
einnmehmen.  Die  kombinierte  Brigade  Dohna,  wie  wir  dieselbe 
nennen  wollen,  nahm  AufbteUung  am  Wege  Molliens-Montigny,  die 
Speziaireserve  der  le.  Division  vor  ihr  am  Schnittpunkte  der  Wege 


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44 


Die  8.  Kavaltotie-Diviafon  im  Kriege  1870—71. 


St.  Gratien-Beaucoort  und  M()lliens-MoDtig:ny.  DiejenigL'  der  15. 
Division  befand  sich  zwischen  Hussy  und  Querrieux,  die  Arraee- 
reservo  halbweg:s  zwisdien  diesem  Orte  und  St.  Gratien.  Um  12 
Uhr  wurde  die  letztere  nach  dem  Walde  südöstlich  Allonville  Kf- 
zogeu.  Schon  mit  Tafresirrauen  hatte  der  Geo:uer  den  'l'halffrund 
der  Hallue  unter  Artill«*rieteuer  genommen  und  machte  auch  ver- 
schiedentlich Versuche,  von  Conta\ -P.caufourt  jiciren  den  linken 
FlU;.^el  der  IG.  Division  vorzudrehen.  Als  dann  aber  gegen  11  L'hr 
der  .Marsch  feindlicher  Kolonnen  aus  der  (iegcnd  von  Lahoussaye 
anscheinend  auf  \  adeucourt  gemeldet  wurde,  erhielt  Geneni!  (iraf 
zu  Dohna  Befehl,  auf  Contay  vorzugehen.  Das  \K  Hnsaren-liegiment 
schlofs  sich  der  Brigade  mit  den  1'/^  zur  Stelle  hclimUichen  Eskadrons 
an.  nachdem  eine  nordlich  Beaucourt  aufgestellte  feiiuUiche  Abteilung 
sich  auf  Contay  zurückgezogen  hatte,  (regen  diesen  Ort  fuhr  die 
reitende  Batterie  auf  1500  Schritt  aut.  Das  Feuer  der  ihr  peg^  nüher 
befindlichen  feindlichen  Batterie  war  ohne  jegliche  Wirkung.  Als 
aber  noch  2  feindliche  Batterien  vom  linken  Ufer  der  Hallue  ihr 
Feuer  ebenfalls  auf  die  reitende  Batterie  richteten,  wurde  dieselbe 
zurückgezogen.  Das  9.  Husaren-Kegiment,  dessen  zur  31.  Brigade 
abkommandierte  4.  Eskadron  auch  mitllerweile  wieder  eingetroffen 
war,  blieb  bis  Eintritt  der  Dunkelheit  mit  der  KayaUeiie-Brigade 
Tereini  OffensiT  wurde  der  Feind  aber  nieht  mehr.  Man  glaubte 
sogar  Anzeichen  fUr  den  beginnenden  Abzog  zu  bemerken.  Wie  wir 
jetzt  wissen,  hatte  General  Faidherbe  in  der  That  schon  den  Rttek- 
zag  beschlossen,  welcher  nnter  Znrttoklassong  der  sayerlttssigsten 
Truppen  als  Arriergarde  in  Richtung  auf  Arras  um  2  Uhr  Nach- 
mittags angetreten  wurde,  ohne  dafis  man  das  aber  diesseits  bemerkte. 
Die  Optimisten,  welche  am  24.  behauptet  hatten,  wie  General 
y.  Goeben  schreibt,  „morgen  ist  der  Fdnd  yerscbwunden**,  hatten 
also  doch  Recht.  Nach  herehigebroebener  Dunkelheit  bezogen  die 
zur  Stelle  befindlichen  Eskadrons  der  3.  Kayallerie-Division  Alarm- 
quartiere  in  Ponlainyille,  das  9.  Husaren-Regiment  in  Rertanglea, 
Rainneyille  und  St  Gratien.  Die  Armeereserve  hatte  nebet  der 
Korps-Artilierie  die  Bestimmung  erhalten,  erforderlichenfiüla  am 
folgenden  Tage  den  Gegner  Uber  Corbie  in  Flanke  und  Rücken 
anzugreifen  und  war  zu  diesem  Zwecke  noch  um  6  Uhr  ttber  Lamotte- 
Brebidre  auf  Villers-Bretonneux  in  Maisch  gesetzt  worden.  Dort  be- 
zogen der  Stab  und  2  Eskadrons  (2.  und  4.)  der  5.  Ulanen  Quartiere, 
die  1.  in  Bassy-les  Daoors  und  die  3.  in  Daours.  Die  Schlacht  an 
der  Hallue,  in  welcher  die  3.  Kayallerie-Division  übrigens  nur  einen 
Verlust  yon  8  .Mann  und  1  Pferd  hatte,  war  bekanntlich  eine  im 
yollsten  Sinne  des  Wortes  unentschiedene.  Die  Kälte,  der  Mangel 


Di«  8.  Katalkrie-DlTteioii  In  Kriege  18T0--71. 


45 


an  Verpfle^g  und  die  nach  jedem  sohweren  Kamfvfe  bei  der  fran- 
xOdseben  Nordannee  in  die  Enolieiniiiig  tieteDde  Lockening  der  tak- 
tisoben  Verbände  zwangen  den  General  Faidherbe  zum  Bllekznge, 
den  er,  obne  dabei  irgendwie  belXstigt  zu  weiden,  geaeliiekt  doroh- 
fthrte. 

Wie  wir  erfahren,  hatte  man  am  ersten  Scblachttage  deatBeher- 
seits  gehofft,  in  der  Gregend  von  Hontigny-Beancourt  den  feindlichen 
rechten  Flttgel  zn  nmfiMsen.  Dazn  wäre  es  allerdingrs  erforderlieh 
^rewesen.  zu  wiesen,  ob  derselbe  sich  dort  auch  befand.  Diese 
Kenntois  keimte  erst  die  Grundlage  fllr  das  Gelingen  der  Umfassong 
o:cben,  auf  welche  beim  AngrilH  der  feindlichen  iStellung  besonderer 
Wert  gelegt  werden  mufste.  Dals  die  französische  Stellung  sich  bis 
Vadeneoart  ausdehnte,  darüber  wurde  man  erst  belehrt,  als  man  YOB 
Contay  her  sich  selbst  flankiert  sah.  Wir  haben  es,  wenn  auch 
etwas  modificiert,  in  dieser  Beziehnng  mit  einer  Neuauflage  des 
18.  August  zu  thun.  Dafs  man  aoch  Uber  die  Stärke  der  Franzosen 
nicht  genügend  orientiert  war.  ist  verzeihlicher.  Die  Entsendung  des 
7.  Ulanenregiments  am  22.  nach  Picquigny  hätte  erst  stattfinden 
dürfen,  nachdem  die  *».  Kavallerie-Division  naeh  Amiens  herangezogen 
worden  war.  Wenn  das  am  21.  bereits  gesehehen  wäre,  hätte  seitens 
derselben  der  22.  dazu  benutzt  werden  können,  die  an  der  ilallue 
genommene  Stellung  der  Franzosen  aufzuklaren,  was  doch  um  so 
nötiger  war,  als  die  Sehlacht  eine  beiderscitii:  ^'(  plante  war.  Schon 
seit  dem  2U.  war  die  Stellung  der  Kavallerie-Division  auf  dem 
rechten  Flügel  gegenstandslos.  Was  wollte  man  denn  dort  mit  ihr, 
nachdem  mau  erkannt  hatte,  dals  ein  Ubersehreiten  der  Somnif  im 
Rücken  der  französischen  Stellung  nicht  ni(ii:lirli  warV  Allein  auf 
dem  linken  Flüirel  hatte  die  Kavallerie-Division  allenfalls  sich  zur 
(Geltung  bringen  können.  Den  noch  in  einer  Hand  verbliebenen  6 
Eskadrons  war  indes  die  Holle  von  Divisions-Kavallerie  zugefallen, 
während  ein  i'eil  dieser  sieh  auf  dem  äulseren  Flügel  befand,  ohne  aber 
eine  eigentliehe  Kavallerie-Divisions-Thätigkeit  zur  Durchführung 
bringen  zu  können.  Der  Kavallerie-Division  hätte  es,  auf  dem  linken 
Flügel  der  Armee  verwendet,  gelingen  müssen,  spätestens  am  24. 
Dezember  Einblick  in  die  Mafsnahmen  des  Feindes  zu  nehmen.  Der  zwar 
erst  am  frühen  Nachmittag  begoimene,  aber  schon  seit  dem  Morgen 
eingeleitete  Abmaisch  des  Feindes  von  der  Hallue  hätte  einzelnen  ge- 
schickt oder  ungeschickt  geführten  Patrouillen  gar  nicht  entgehen 
können.  Es  wäre  eben  nor  darauf  angekommen,  dieselben  richtig 
anznsetaen  nnd  ihr  Augenmerk  aof  entsprechende  Ziele  zn  riehten. 
Die  Sebald,  dafs  das  nieht  gesehehen  ist,  trifft  lediglich  die  Ftthmng, 
die  Tmppe  ist  sehdldlos  daran.  Die  8.  KaTallerie-Diridon  in  ihrem 


u  i;jKi.  „^  i.y  Google 


46 


Beftng  nr  Gesohiebte  des  Freoisiieben  Heerm  otc. 


vollen  Verbände  mit  nur  2  detachierten  EskadronS)  je  einer  snr 
BeohachtiiDg  der  Strafsen  von  Abbeville  and  P^ronne,  hätte  in  der 
Hand  eines  wirklichen  Kavallerie-Generals,  den  es  aber  auch  bei  der 
3.  Kavallerie-Division  nicht  gab,  am  24.  Dezenibor  nachmittags  ihrer 

Waflfe  ein  herrliches  Weihnachtsgeschenk  in  Gestalt  frischer  T.orheer- 
reiser  zum  alten  Iiuhmeskranze  raachen  können.  „La  retraite  ;iuraii 
entraiiK^  des  pertes  plus  grandes  (jue  la  rontinnation  de  la  lutte. 
si  l'ennemi  eüt  poursuivi  l'arm^e."  Der  stattgehabte  Abmarsch  der 
Franzosen  wurde  auch  keineswegs  zuerst  von  dem  Kavailerie- 
Divisionchen,  sondern  von  den  !).  Husaren  gemeUlel,  deren  niich  in 
der  Nacht  gegen  Franvillers  (Leutnant  Kleinh(»lz|,  Haizieux  (Leutnant 
V.  Mechow  I.)  und  Uber  Warloy  (Leutnant  der  Reserve  Frhr.  v.  Bleuli 
gegen  Bouzincourt  entsendete  Patrouillen  keinen  Feind  mehr  vorfanden, 
selbst  seine  Nachhut  nicht  einmal  mehr  einzuholen  verrouchten. 

(Fortsetzung  folgt.) 


III. 

Beitrag  zur  Geschichte  des  Preulsischen  Heeres 
wahrend  der  Regierang  Friedrich  Wilhelms  I. 

Von 

Brudt  Lelnuyn,  Lentnant  im  3.  Posensebeo  Infanterie-Regiment  Nr.  58. 


Fttrst  Leopold  von  Anlialt  hatte,  geettttzt  aof  das  von  ihm  in 
langen  Jahren  gesammelte  Material  im  Anftrage  Friedriehs  des 
Grolsen  einen  Entwnrf  zn  einer  Geschichte  des  prenlsisohen  Heeres 
fertig  gestellt,  welcher  am  12.  M&rz  1747  —  ongefMhr  einen  Monat' 
vor  dem  Ableben  des  Flinten  —  abgeschlossen  nnd  anoh  dem  KOnige 
roigelegt  worde. 

Des  Vaters  Sammlangen  znr  preo&isohen  Heeresgesehiehte  setate 
Fürst  Dietrich  fort  Aach  er  war  schon  in  jongen  Jahren  (1718) 
in  das  prenfoiscbe  Heer  eingetreten,  in  welchem  er  zn  den  höchsten 
EhrensteUen  anfrttckte.  Nach  seinen  Erfolgen  bei  Mollwitz  nnd 
Hohenfriedberg  ernannte  ihn  Friedrich  der  Gro6e  znm  General  der 
Infanterie  nnd  1747  znm  Genenü-Feldmarschall.  Nachdem  er  84 
Jahre  lang  dem  Heere  angehört  hatte,  verliels  Fürst  Dietrich  im 
Jahre  1751  den  prenlsisdien  Dienst»  am  in  den  anhaltischen  Landen 


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Bdtnif  sor  QesoUdita  des  PrenlUseheii  Beeret  eto.  47 

die  Regierung  dir  seiiien  noch  anmttndigen  Neffen  Leopold  Fdediieli 
Fhua  so  ttbernehmen.  Aach  während  dieser  Zeit  setzte  er  das 
Dbemommene  Werk  fort  and  stand  za  diesem  Zwecke  mit  den  be- 
deutendsten  Kennern  der  UeeresgeBcbichte  in  Verbindung')  u.  a. 
mit  dem  Geneiallentaant  von  Massow,  dem  General-Kommissarios  der 
Montterangs-Angelegenheiten  der  Armee. 

Massow  stand  bereits  1713  als  Kapitän  in  „Seiner  Majestät 
rotem  Leib-Grenadier  Bataillon"  nnd  war  infolge  seiner  langen 
Dienstzeit  berufen,  Uber  jenen  Zeitabschnitt  genaueste  AosJiunfi 
SU  geben. 

Dem  Briefwechsel  des  Fürsten  Dietrich  mit  Massow  verdanken 
wir  nun  die  Nachricht,  dafs  letzterer  die  am  Schlüsse  abgedruckte 
Liste  Uber  die  Heeresverstärkungen  von  171'^  bis  1740  bereits  im 
Januar  1748  Friedrieh  dem  Grolsen  einreichen  mufste,  und  welche 
geeignet  ist  aufzuklären,  wie  der  grolse  König  das  Material  zu 
seinen  Arbeiten  Uber  die  Armee  erhielt. 

So  wie  Friedrich  dem  Grofsen  jene  Liste  als  Erganzun<r  und 
Berichtigung  der  ihm  im  November  1747  von  der  Geheimen  kriegs- 
kanzlei  eingereichten  schriftliehen  St.-uinniiste  sicherlich  gedient  huliön 
wird,  hio  hat  es  auch  alle  Wahrseheiiilichkeit  für  sieh,  anzunehmen, 
dals  dieser  Stammliste  der  am  12.  März  1747  abgeschlossene 
Entwurf  Leopolds  von  Anhalt  mit  zu  Grunde  gelegen  bat.  Die  zeit- 
liche Folge  der  einzelnen  Arbeiten  iäfst  diese  Annahme  berechtigt 
erscheinen. 

In  Nachstehendem  folgt  nun  das  oben  bezeichnete  Sehreiben 
von  Massows  an  Fürst  Dietrich  mit  der  genannten  Liste,  welche  im 
wesentlichen  Wortlaute  unter  Richtigstellung  der  Namrn  der  Regi- 
menter wiedergegeben  ist  (Auszug  aus  dem  Herzoglich  Anhaltischen 
Haus-  und  Staatsarchive  zu  Zerl»sti. 

Durchlauchtiger  FUrst, 

Gnädiger  FUrst  und  Herr! 
EwT.  Hoch  Fürstl.  Durchlauchtigkeit  haben  mir  so  sehr 
gnädig  zum  Neuen  Jahr  gratnliret,  obgleich  es  von  mir  meiner 
Sehuldigkeit  nach  noch  nicht  geschehen,  welches  mir  aber  wegen 
meiner  L'upäfslichkeit  zu  verzeihen  bitte.  Ich  bedanke  mich 
demnach  unterthänig  und  wünsche  dafs  der  grolse  (>ott  Ewr. 
Hoch  FUrstl  Durchlauchtigkeit  bis  ins  späthe  Alter  be}  Hohen 
FUrstl.  VVohlsejn  erhalten  wolle,  damit  ein  FUrst  von  Anhalt^ 


')  Urkundliches  Material  war  nur  unzureichend  vorhanden,  da  bekanntlich 
dfo  Urkunden  und  Akten  der  Gebeimen  Kriegskanzlei  gröfstenteils  i.  J.  1745 
zQ  Patronenhtilflen  Temboitet  worden. 


46 


BtiUng  va  Gesehieht»  dM  Pkwiftiadien  HaflMs  etc. 


gleichwie  schon  von  des  Königs  Friederichs  des  ersten  Zeiten 
Sr.  KOnigL  MajesM  AnnteB  als  Feld  Marschal  viele  Jahre 

eommandiren  möge. 

Ewr.  Hoch  FUrstl.  Darchlauchtigkeit  gnädigen  Befehl  zu  Folge 
Uberschicke  btebey  die  verlangte  Nachricht  soviel  mir  deren 
Wifsend  ist,  nebst  eine  Kachweisung  wie  die  Armee  bey  des 
HöchstHeel.  Königs  Zeiten  von  Jahr  zu  Jahr  angmeotiret  worden 
ist,  and  weiche  ich  sof  Seine  Königl.  Majestö  Befehl  im  Jan.  1748 
habe  machen  mtifsen. 

Empfehle  mich  zu  Ewr.  Hoch  Fttrstl.  Dorchlanchtigkeit 
Beständigen  Gnade  nnd  bin  mit  aller  Devotion 

Ewr.  Hoeh  Fttrsfl.  Dorchlanebtigkelt 

Unterthäniger  Diener 

H.  J.  O.  V  Massow. 


Herlin, 
den  29.  Dezember 
1751. 


100  Köpfe 
1170  n 


Liste. 

Wie  viel  Begimenter  und  BaiuiUous,  und  wie  stai'k  eme  jede 
Oompagnie  an  Ober-Offle.,  Unter-Ofllo.«  Tamb.,  Grenad.,  Mnaqn.  und 
folgl.  wie  stark  ein  jedes  Regiment  und  Bataillon  und  die  gantze 
Inlluiterie  bey  Antritt  des  Höchstseel.  Königs  M^j.Segienuig  Anno  1718 

gewesen  ist. 

Infanterie. 

2  Komp.  Schweizer,  j.  K.V)  3  Oflf.,  ö  Untflf.,  40  Gem. 

2  Bat  Grenadier- Carde  (Nr.  18)  j.  K.  3.  Off., 

10  UntlT.,  H  Tamb.,  1  Pfeifer,  100  Gren.     .  . 

3  Bat  Musketier-Garde  (Nr.  1)  j.  K.  3  Off.,  11 

Untff.,aTamb..  12  Grn.,  lOT.Moaii;.,  iZimmerm. 

3  Bat  Kronprinst  (Nr.  6)  wie  vor  20öo 

2  Bat  Leib-Regiment    (Nr    r,)  j.  K.  3.  Off.,  11 

Untff.,  12  Gren.,  107  Musiv.,  1  Zimmerm. 
2  Hat.  Prinz  Heinrich  (Nr.  12)  wie  vor  .  . 
2  Hat.  Markj^raf  Albrecht  (Nr.  19)  wie  vor 
2  Hat.  Markgraf  Ludwig  (Nr.  7)  wie  vor  . 
2  Hat.  A n Ii :ilt -Dessau  iNr.  3|  wie  vor 
2  Hat.  I.Ott  um  (Nr.  15)  wie  vor   .  . 
2  Hat.  Alt- Dohna  (Nr.  10)  wie  vor 
2  Hau  Jung- Dohna  (Nr.  4)  wie  vor 
2  Hat.  Holstein  (Nr.  11)  wie  vor 
2  Bat  Doenhüff  (Nr.  2)  wie  vor 


2(  )55 


1370 
1370 
1370 
1370 
1370 
1370 
1370 
1370 
1370 
1370 


n 

II 
n 
n 
n 
n 
ti 
II 
» 
>» 


Übertrag   19080  Köpfe 


1)  j.  K.  =  jede  Kompagnie. 


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B«itng  sor  Gatehidil»  des  Prenftkohen  Heeres  efte.  4Q 

Übertrag   19080  Köpfe 

2  Bai  Finkenstein  (Nr.  14)  wie  vor  1S70  „ 

1  Bai  Heyden  (Nr.  26)  j.  K.  3  Oft.,  11  l  Dtif.,  3 
Tamb.,  1  Zimmeim.,  12  Gren.,  107  Mask,  und 

Pfeif.   685  „ 

1  Bat.  Waldbur«,'  (Nr.  26)  wie  vor   686  „ 

1  Bai  Börstei  (seit  1711  eohon  Stille)  (Nr.  20) 

wie  vor   686  n 

1  Bat.  Schlabrendorff  (Nr.  25)  wie  vor;  4  Komp. 

in  KüBtrin,  1  Komp.  in  Drieseo   686  „ 

X  Bai  Wakenitz  (nauss  beisBen  Pannewitz)  (Nr.  25) 

wie   vor;    2   Komp.    in   Peitz,   1   Komp.  in 

Friedriehsborg,  1  Komp.  in  Memel,  1  Komp. 

in  Pillau   686  « 

In  holländisi  hcn  Diensten  waren  die  ö  Bataillone 
(je  12  Kompafjnieii »: 

1  Bai  lärbprinz  von  Hessen  (Nr.  10)  j.  K.  3  Off., 

o  ('ntfir.,  2  Tamb.,  50  M   720  „ 

1  Bat.  Anhalt-Zerbst  (Nr.  8)  wie  vor .    .    ,    .    .       720  „ 

1  Bat.  Grumbkow  (Nr.  17)  wie  vor   720  „ 

1  Bat  du  Troussel  (Nr.  9)  wie  vor   720  „ 

1  Bai  Vareone  (Nr.  13)  wie  vor   720 


Garnisonen: 

1  Bat.  Mikrander,  jede  K.  '^  Off.,  11  Untff.,  3  Tamb., 

1  Zimmerm.,  12  Gren.,  107  Mosk.,  4  Komp.  in 

Kolberg   648  „ 

2  Komp.  Spaudaa,  j.  K.  3.  Off.,  11  Untff.,  3  Tamb., 

107  Musk   248  „ 

1  Komp.  Frankfurt,  wie  vor   124  „ 

1  Ban-Komp.  Berlin,  wie  vor   124  „ 

1  Frei-Komp.  Lippstadt,  2  Off.,  4  Untö.,  2  Tamb., 

60  Mosk   68  ,1 

1  Frei-Komp.  Oderberg,  wie  vor   68  „ 

2  Marinier-Komp.  Emden,  j.  K.  2.  Off.,  5  Uutff.,  2 

Tamb.,  100  M   218  „ 

Artillerie: 

1.  Berlin,  9  Off.,  6  Feuerwerker,  QKorpor.,  12  Bombard., 

III  Kan.   147  , 


Ubertrag  29020  KOpfe 

JaUUfltor  ftr  di*  IratMlw  AmM  «ad  MuIm.  Bd  US.  1.  4 


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50  Bettng  svr  GeMbielito  des  FnnfidMlieB  Heen«  6le. 

Übertrag    29020  Kttpfe 

2.  Ma^^d  ohaig,  3  Off.,  2  Feaerw^  3  Korp.,  4  Bombard., 

a7  Km   49  „ 

3.  Spandau,  wie  vor   49  „ 

4.  Wesel,  wie  vor   49  „ 

5.  KUstrin,  wie  vor   49  „ 

6.  Kohlenz,  wie  vor   49  „ 

7.  Memel,  wie  vor   48  ^ 

8.  PUlaa,  wie  vor   49  „ 

KavaUepie:   9096  „ 

Sa.   38459  Köpfe 

Angmentation  1713. 
Aus  2  t^at.  (Trcnadier-Garde  and  3  Bat  Musketier- 
Garde  ist  formiert: 

1  Bat.  Grenadier-Garde  (Nr.  6)  4  KompaguieD, 

2  Bat.  Wartensleben  (Nr.  1), 
2  Bat.  Kameciie  (Nr.  23), 

Aagm.  am  10  Off.,  10  Untff.,  6  Zimmerm.,  12  Gren., 

239  Musk   337  Köpfe 

2  Bat.  Erbprinz  von  Hessen   (Nr.  10),  aus  12 
holländisphen  Komp.  umgeformt  in  lü  Komp., 
2  Komp.  an  Jung-Dönh(>flr. 
Augm.  um  10  Off.,  60  Untff..  10  Tamb.,  10  Zimmerm., 

120  Gren..  570  Musk   780  „ 

2  Bat  Anbait-Zerbst  (Nr.  8)  wie  vor   780  , 

2  Bat.  (irurabckow  (Nr.  17)  wie  vor   780  „ 

2  Bat.  du  Troussel  (Nr.  9)  wie  vor   780  „ 

2  Bat.  Varenne  (Nr.  13)  wie  vor   "780  „ 

2  Bat.  .1  un^- Dönhoff  (Nr.  21)  aus  den  5  vorge* 

nannten  Regm.  gebildet. 
2  Bat  Borcke  (Nr.  22)  aas  dem  III.  Bataillon  Kron- 
prinz (Nr.  6)  and  den  Frei-Komp.  Lippstadt  o. 
Oderberg  gebildet 
Angm.  um  21  Off.,  47  Untff.,  11  Tamb.,  5  Zimm., 

60  Gren.,  415  Mask   559  „ 

2  Bat  Sebwendy  (Nr.  24)  ans  4  Komp.  Mlkrandw, 
1  nengeworbenen  Komp.,  1  Komp.  Frankfert,  2 
Komp.  Spandau,  1  Komp.  Tom  IIL  Bat  der 
Mnsketier-Garde.  Hierron  1  Bat  an  Sehwendy, 
das  andere  an  Schönbeek.  1715  beide  vereinigt 
an  Sehwendy,  augm.  am  13  Off.,  11  Untff.,  3 
Tamb.,  5  Zimm.,  60  Gren.,  107  Mnsk.    ...      199  „ 


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Beitrag  sur  Oesohiohto  des  Freafiiiaeheii  Heeres  ele. 


51 


Außserdem  bei  jeder  Komp.  noch  1  Sekondlcutnant, 
macht  hei  28  Bat.  der  Rgrtr.:  Warten  sie  he  n  (Nr.  1)') 
Kleist  iLoeben)  Kalkstein,')  Arnim  (Nr.  5),  Prinz 
Heinrich  (Nr.  12),  Markg^raf  Albrecht  (Nr.  19), 
Markgraf  Christ.  Ludwig  (Nr.  7).  Anhalt-Dessau 
(Nr.  3),  Kronprinz  (Nr.  15),  Dohna  (Nr.  16),  Dohna 
(Nr.  4).  Holstein,  (Nr.  11),  Doenholf  (Nr.  2), 
Finkeuatein  (Nr.  14). 

Augmentation  1714. 
2.  Bat.  Stille  (Nr.  20).   Ans  dem  Bataillon  BOntel 
ein  Rgi  gebfldet  Angm.  nm  25  Off.,  55  Untff., 
15  Tamb.,  5  Zimm.,  60  Gien.,  535  Hnsk.  .  . 

Augmentation  1  7  1  (J. 

2  Bat.  (iersdorff  (Nr.  18).  Au»  dem  GersdorfTscheu 
Grenadier-Bataillon  aujrm.  um  28  Ofl'.,  Untff,, 
18  Tamb.,  2  Pfeifer,  iiiO  (rren..  48U  Muük..  . 

2  Bat.  Prinz  Leopold  von  Dessau  (Nr.  27),  neu 
errichtet,  augm.  um  40  Off.,  1 10  Lntflf.,  30  Tamb., 
()  Pfeif.,  130  Gren.,  1080  xMusk  139Ü  „ 

Ausserdem  24  K^t.  mit  je  1(>  Musk.  vermehrt  durch- 


weg jede  Kump,  auf  108  Musk   384  „ 

WO  bisher  kein  Pfeif,  stand,  hatte  d.  Komp.  107  Mann 

j»       »  }i         >»  »      »        n  :j 

Artillerie. 


¥Siik  Feld-Bataillon  za  3  Komp.  nnd  4  Komp.  GaniiBon- 
Artillerie  gebildet,  angm.  nm  4  Off.,  14.  Fenerw., 
5  Koq>.,  14  Bomb.,  10  Tamb.,  260  Kan.   .   .      307  „ 

.\uprmentation  1717. 
1  Bat.  Wobeser,  neuerrichtet,  15  Oft.,  30  üntü.,  10 


Tamb..  540  Gern   595  „ 

Artilleristen,  Bombardiere   5  » 

Augmentation  1718. 
1  Bai  Saek  3  Komp.  nenerriehtet,  9  Off.,  24  Untff. 

9  Tamb.,  399  Hnsk.   441  „ 

1  Bat.  L*Hopitel  wie  vor   441  „ 


t)  Es  können  hier  mir  die  BateUlone  Waldbvrg  nnd  Heyden  (seit  1714  ab 

Rgt.  Löben  Nr.  '25  vereiniKt)  und  Sohlabrendoiff  nnd  Pannewiti  (1715  ala  Sgl 
SeUabrendoiff  Nr.  25  vereinigt;  gemeint  sein. 

4* 


140  Köpfe 


695  „ 


724  „ 


52 


Beitrag  mr  OMebiehto  des  FteolUMlMB  Heerat  ete. 


Angmentatlon  1719. 
1  Bat  fax  Regt.  Anhalt  (Nr.  3)  nenemehtet,  aii|^. 
am  20  Oll.,  55  Unt^.,  15  Tamb.,  65  Gnn.,  3 
Pfeil,  540  MoBk.  

1  Bat  ROseler  (KrOcIier)  neaerricbtet  

Aagmentation  1  720. 
Bei  jedem  Kgt  2  Adjatanten  (27  Kegt)  .   .  . 

Augmentation  1721. 
Bat  L'Hopitel,  aagm.  um  6  Off.,  21  Untff., 

6  Tamb.,  65  Gien.,  141  Mmk  

Bat  Sack,  aagm.  um  6  Off.,  16  Untff.,  1  Tamb., 

141  Gem.  

Aogmentation  1722. 
ArtiUeiie,  Kanoniere  ,  .   .   .  . 

Augmentation  1723. 

2  Bat  Bardeleben  (Nr.  2\))  neuerrichtet,  42  Off., 

110   Untff.,  30  Tamb.,  ö  Ffeit.,  130  Greu., 

1U8U  Musk   1398  „ 

2  Bat.  Mosel  (Nr  2Si  wie  vor   1398  „ 

1  Bat  Beaufort  ueuerrichtt^t  3  Komp.  12  Off.,  33 

Untff.,  9  Tamb.,  39  Gren.,  329  Musk   417  „ 


Augmentation  1724. 
Bat  Sack,  aagm.  am  5  Untff.,  5  Tamb.,  65  Gren.       75  „ 
Bat  Sero  (Wobeser)  aogm.  am  15  Untff.,  5  Tamb., 
65  Gren.   85  „ 

Angmentation  1725. 
1  Gain.-Komp.  Drabeim  and  Tempelburg  nenerriehtet 

3  Off.,  6  Untff.,  2  Tamb.,  112  Musk   123  , 

1  Garn.- Komp.  Regenstein  nenerriehtet,  3  Off.,  6  Untff., 

2  Tamb.,  64  Mosk   75  „ 

Augmentation  17  27. 
Rgtr.  jede  Komp.  mit  5  Überkompletten  .    .    .     1525  „ 
ArtUlerie  1  Feaerw.,  1  Tamb.,  15  Kan.   ...        17  9» 

Augmentation  1728. 
1  Gank-Komp.  in  PeitE  and  Driesen  errichtet,  3  Off., 

8  Untff.,  2  Tamb.,  120  Gem   133  „ 


698  K9pfe 
698  „ 

54  „ 

239  „ 
164  „ 

50  „ 


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Beitrag  rar  Uesehichta  des  Preufsuohea  Heeres  eto. 


58 


A  ujrnif  ntation  1729. 
2  Bat.  Dossow  (Nr.  31)  neu  errichtet.  -12  Off..  110 
Untff.,  3ü  Tamb..  0  Pfeif.,  13<>  Greu.,  1080  Musk., 

50  Überkompl   1448  Köpfe 

2  Bat.  Thiele  (Nr.  30)  wie  vor   1448  „ 

Garnison-Regrt.  zu  Herlin,  welches  des  Früh- 
jahrs zusHinnien  kommt.   29  Off..  S4  Untff.,  21  Tauib., 

1400  Gern   1534  „ 

Garuisou-Rgt.  zu  Magdeburg   17   Off.,  48 

Untff.,  12  Tamb.,  800  Gern   877  „ 

6arnisoD-Kgt.  zn  Stettin  29  Off.,  84  Untff., 
21  Tamb^  1400  Gern   1534  „ 

Aagmentation  1730. 
Bat.  K  r  ö  c  h  e  r  (Uöseler)  zum  FUsilier-Bat.  umgeformt 
2  Garn.  Komp.  in  KUstiiu  emohtet,  6  OC,  14  Untff^ 

4  Tamb.,  300  Gern   324  „ 

.\rtillerie  1  Off.,  2  Feaerw.,  2  Korp.,  7  Bomb., 

37  Kan   49  „ 

Garnison-Hgt.  zu  Königsberg  errichtet,  14 
Off.,  48  Untff.,  12  Tamb.,  800  Gern   877 

Aogmentation  1781. 
Artillerie  8  Off.,  16  Korp.,  8  Tamb.,  195  Kan.      221  „ 

Augmentation  1732. 
Garnisou-Komp.  Kegenstein  augm.  um  2  Untff. 
48  Gern   öO  „ 

Aagmentation  178S. 
1  Ganuson-Komp.  in  Spandan  emehtet,  4  0£,  10 

Untff..  3  Tamb.,  180  Gem.   „ 

I  Garnison-Komp,  in  Fort  Prenflsen  errriebtet,  4  Off., 

10  Untff.,  3  Tamb.,  150  Gem   167  „ 

Auj^- in  rill  Uli  Uli  17  34. 
Ans  3  Gam.-Komp.  Beaufort  ein  I  Usilier-Bat.  augm. 
um  8  Off.,  22  Untff.,  G  Tamb.,  3  l'feif.,  26  Gren., 
216  M.,  25  Überkompl   806  „ 

Aagmentation  1735. 
Grenadier-Kompagnien  formiert 
Hegt.  Anhalt  (Nr.  3)  augm.  am  9  Uff;,  9  Untff., 

II  Tamb.,  87  Gren.,  60  Musk   176  n 

Bgt  Kronprinz  (Nr.  15)  augm.  6  Off.,  6  Unt£, 


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54 


Beitrag  zur  GesohicliU)  des  Preafsiscben  Heeres  etc. 


7  Tamb.,  58  Gren.,  40  Mu8k   117  EApfe 

Die  Übrigen  28  Rgtr.  wie  vor  je  117  ...   .  3276  „ 
fittt  Kr 0 eher  augm.  3  Off.,  3  Untff.,  3  Tamb., 

29  Gieii^  20  Hnsk   58  „ 

Bat  Beanfort  wie  vor   58  ,» 

Augmentation  1737. 

1  Bat,  Persode  (Wachhol/j  errichtet,  23  Olf.,  58  Lntff., 

18  Tamb.,    2  Pfeif.,  9Ü  Gren.,  Ö6ü  M.,  29 

Überkorap   780  „ 

Bat.  Sack,  augm.  8  Off.,  13  Untff.,  3  Tamb., 

2  Pfeif.,  29  Greil.,  20  Musk   75  „ 

Bat.  L'Hopitel  wie  vor   75  „ 

Natalis  wie  vor   lö  „ 

Garnison  Moeurs  errichtet,   1   Off..  3  Untff., 

19  Geni   23  „ 

Garnison   Altena  errichtet    2  Off.,   1  Untff., 

12  Gern   15  „ 

Augmentation  1738. 
Hegt.  Anhalt  (Nr.  3),  aogm.  3  Off.,  3  Untfi., 

18  Gren   24  „ 

Jedes  andere  Kgt.  aagm.  2  Off.,  2  Untff.,  12  Gren. 

für  29  Rgtr   464  „ 

Bat  Kroch  er  augm.  1  Off.,  1  Untff.,  6  Gren..    .    .  ^  n 

Bat  Beaufort  wie  vor   ^  » 

Bat  L'Hopitel  wie  vor   Ö  „ 

Bat  N  ata  Iis  wie  vor   8  „ 

Bat  Sack  wie  vor   8  „ 

Bat.  Persode  wie  vor   8  „ 

Augmentation  173j9. 
Bat  L'  Hopitel  mit  einer  4.  Gren. -Komp.  augm.. 
4  Off,  9  i:ntff..  3  Tamb.,  2  Pfeif.,  96  Gren.,  4  Überkomp.       118  „ 
Bat  Natalis  wie  vor   118  „ 

Kavallerie  1713. 

2  Esk.  Garde  du  Korps  (Nr  10),  je  4  Komp.,  6  Off., 

10  Untff.,  4  Tromp.,  120  Gern   280  „ 

1  Esk.  Gens  d' armes  (Nr.  10)  je  2  Komp.,  5  Off., 

5  l  ntff.,  2  Tromp.,  80  Gem   92  „ 

3  Esk.  Leib-ligt.  KUrass.  (Nr.  3)  je  6  Komp.  6  Off., 

12  Untft.,  4  Tromp.,  150  (lern.,  2  Feldsch., .    .       522  „ 
3  Esk.  Kronprinz  Kiirass.  (Nr.  2)  wie  vor   .    .    .       522  „ 


Bettng  zur  GeMMohte  des  FMubiiolieii  Heene  oto. 


65 


3  Esk.  Markgraf  Friedrich  Kür.  iNr  5)  wie  vor       522  Köpfe 
3  Esk.  Wartensleben  Kür.  (zu  Nr.  2,  3,  ölwieyor  522 
3  Esk.  Heyden  Kür.  izu  Nr.  1,  8,  9)  wie  vor  .    .  522 

8  Esk.  Bayreuth  Kür.  (Nr.  8)  wie  vor   522 

3  Esk.  du  Portail  Kür.  (Nr.       wie  vor     ....  522 

3  Esk.  Schlippeubach  Kür.  (Nr.  1)  wie  vor.    .    .  522 

2  Esk.  Katte  Kür.  (Nr.  9)  9  OS^  18  üntff.,  6  Tromp., 

150  Gem.,  3  Feldsch   372 

4  Esk.  Leib-Rgt.  Dragoner  (Nr.  4)  je  8  Komp. 

6  Off.,  12  Untff.,  4  Tromp.,  150  Gem.  2  Feldsch.  696 
4  Esk.  Markgraf  Albrecht  Dragoner  (Kür.  Nr.  11), 

je  8  Komp.,  6  Off.,  12  Untff.,  4  Tromp.,  150 

Gem.,  2  Feldsch  

4  Esk.  Albe  Drag.  (KUr.  Nr.  7)  wie  vor  . 
4  Esk.  Drtrfling  Drag.  (Nr.  3)  wie  vor 
4  Esk.  du  Yaine  (Nr.  1)  wie  vor  .... 

3  Esk.  Pannwitz  (Kür.  Nr.  12),  je  6  Komp.  wie  vor  522 
1  Esk.  Taschen  oder  Küchen  Drag.  (Kür.  Nr.  12) 

2  Komp   174 


606 
69G 
696 
696 


n 
n 
Ii 
II 

n 

n 


II 
n 
11 
n 
n 


ti 


Angmeotatioo  1718. 

2  Eek.  Gens  d'  armes  (Kr.  10)  neu  euichtet,  18  Oft., 

22  Untff.,  7  Tromp.,  220  Gem.,  6  Feldseh. .  .  268  „ 
1  Esk.  Katte  KUr.  (Nr.  9)   ISO  „ 

Augmentation  1714. 
Gens  d' arm  es  (Nr  10)      Esk.  augm.  um    .    .       177  „ 
Hierzu  von  Garde  da  Korpe  6  Ofi.,  18  Untff*, 

3  Tromp.,  150  Gem. 

Von  der  Garde  du  Korps  sind  die  90  Altesten 
nnd  Schlechtesten  abgedankt. 

Pannewitz  Drag.  (Nr.  12)  vermehrt  am  die  Esk. 
Taschen-  oder  KUcheu-Drag. 

Augmentation  1716. 
Leib-Drag.  (Nr.  4)  von  4  Esk.  &  150  Gem.  «of 
5  Esk.  i  180  Gem.  getoaoht,  aagm.  um  6  Off.,  12 
Untff.,  50  Gem.,  2  Feldseh.   70  „ 

Augmentation  1717. 
dn  Portail  Kttr.  (Nr.  6)  von  3  anf  4  Esk. 
angm.  um  6  Off.,  12  Untff.,  160  Gem.,  2  Feldseh,  .      170  „ 
Esk.Wnthenow  Drag.  (Nr.  6,  Foraellan-Begiment) 


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66 


Bettrag  nur  Oeaehiehta  das  PreoTsiMheii  Haeras  alo. 


nenerrichtet,  25  Off^  48  UntS.,  b  Tromp^  öüO  Gen., 

8  Feldsch   ö89  Köpfe 

4  Bsk.  Schulenbarg  Drag.  (Nr.  5,  Bayreuth,)  8 Komp. 
neuerrichtet,  25  Ofl^  48  Untflf.,  8  Tromp.,  600 
Gem.,  8  Feldsch   689» 

Augmentation  1718. 
Rgt.  Gens  d' armes  (Nr.  10)  von  4  Esk.  k  150 
auf  5  Esk.  ik  130  aagm.  um  6  Off^  15  Untff.,  50  Gem^ 

4  Feldsch   75  „ 

Leib- Regt.  Kür.  (Nr.  3)  dazu  vom  Kegt.  Wartens- 
leben 1  Esk..  von  4  Esk.  ä  150  auf  5  Esk.  ä  130, 
aogm.  um  6  Otf.,  12  Üntff.,  50  Gem.,  2  Feldsch.    .        70  „ 

Markgraf  Albrecht  Drag.  (KUr.  Nr.  11)  von 
4  Eek.  4  150  auf  5  Esk.  k  130  aogm.  am  ti  OfÜ^ 

12  üntff..  50  Gem.,  2  Feldsch   70 

Es  wurde  1717  Kürassier-Rgt. 

Kronprinz  KUr.  (Nr.  2)  daza  von  Warteosleben 

1  Esk.  sonst  wie  vor   70  „ 

Markgraf  Friedrieh  KUr.  (Nr.  5)  wie  vor     .  70 
S c h  1  i p p e n l) a c Ii  Kür.  (Nr.  1),  dazu  von  Heyden 

1  Esk.  boust  wie  vor   '0  „ 

Lottum  Kür.  (Nr.  7)  von  4  Esk.  a  150  auf  5 

Esk.  ä  \:\0   70  „ 

Es  wurde  1717  Kürassier- Rgt. 

Blankensee  KUr.  (Nr.  l)  bisher  Leib-Drag. 

Es  wurde  1717  KUrassier-Rgt. 

Dewitz  KUr.  (Nr.  8),  dazu  von  Heyden  1  Esk., 

von  4  Ksk.  ä  löi)  auf  5  Esk.  4  130    ....         10  „ 

Winterfeld  Kür.  (Nr.  12)  von  4  Esk.  k  150 

auf  5  Esk.  4  130    70  , 

Es  wurde  1717  KUrassier-Kegt 

Kalle  Kttr.  (Nr.  9),  dazu  von  Heyden  1  Esk., 

von  4  anf  5  £sk   70  „ 

Prinz  Gnslav  von  Anhalt  Kttr.  (Kr.  6)  von 

4  Esk.  anf  5  Esk   70  „ 

Dorf  1  in g  Drag.  (Nr.  3)  wie  vor   70  „ 

Ansbach  Drag.  (Nr.  1)  wie  vor   70  ^ 

Wntbenow  Drag.  (Nr.  6)  wie  vor   70  „ 

Schalen  borg  Drag.  (Nr.  5)  wie  vor  ...   «       10  n 

AuirnH'Mtation  1722. 
1.  Esk.  Wiensen  leichte  Draiioner  (Nr.  9)  errichtet, 

6  Off.,  12  Uütft.,  2  Tromp.,  löU  Gem.,  2  Feldsch.       172  „ 


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Beitrag  snr  QeBeUehte  des  Pzenfttaelieii  Heeres  eto. 


5T 


Augmentation  1720. 

Schulen  bürg  Grenadiere  (Nr.  3)  von  4  auf 
lü  Esk.  12  Off..  20  Untff.,  4  Trouip.,  450  Gem. .    .       486  Köpie 

Sonsfeld  Drag.  (Kr.  2),  errichtet  durch  Teilung 
des  Regts.  Platen  Drag.  (Nr.  1),  welches  auf  10  Esk. 
vermehrt  war,  augm.  um  11  OE,  30  Untö.,  4  Tromp., 
550  Gern   595  „. 

Wuthenow  Drag.  (Xr.  (>)  von  auf  10  Esk. 
augui.  um  11  Off..  30  IJnttf.  10  Tromp.  400  Gem.  .       501  „. 

Schulen  bürg  (Alt)  Drag.  (Nr.  5)  wie  vor  .    .       501  „. 

Augmentation  1726. 
Sebnlenbnrg  Grenadiere  (Nr.  3)  augm.  um 

10  üntit,  100  Gren   110  „ 

Wntlienow  Drag.  (Nr.  6)  angm.  nm  100  Drag.  100  n 
Scbolenbnrg  (Alt)  Drag.  (Nr.  5)  wie  vor  .   .      100  ,r 

Augmentation  1727. 
Bei  Jedem  KUrassier-Kegt  6  Überliomplettef  bei 

der  Esk.  auf  12  Regtr   360  „ 

Desgl.  für  3  Drag.-Kegtr.  von  10  Esk.:  50  Mann  150  „ 
Desgl.  ftlr  2  Drag.-Regtr.  von  5  Esk.:  25  iMann  50  ^ 
Nach  dem  Tode  Wuthenows  ist  das  Regt.  (Nr.  6) 

geteilt  worden  und  die  Regtr.:  Kos  ei  Drag.  (Nr.  6) 

Q.  Doeknm-Drag.  (Nr.  7)  gebildet. 

Augmentation  1729. 
BrunikowHky  Korps  Husaren   (Nr.  1)  errichtet, 
7  Off.,  12  Untö*.,  2  Tromp.,  150  Gem.,  2  Feldsch.    .  173 

Augmentation  1730. 
Bei  12  Kttraseöer-Regtrn.  noeh  je  2  Off.  .   .  .       24  ,r 
Leiebte  Esk.  (Platen)  Wensen  Drag.  (Nr.  9) 
um  1  Eak,  vermehrt,  augm.  nm  4  Off.,  12  Untff., 

4  Tromp.,  110  Drag   ISO 

Leib-Korp8-Hosaren(Nr.  2)  neneniehtet,  8  Off., 

6  Untff^  1  Tromp.,  00  Gem.,  1  Feldseh   71  „ 

Prinz  Engen  Korps-Hnsaren  (Nr.  1)  4.  Esk.? 

7  Off.,  9  Untff.,  4  Tromp.,  150  Gem.,  1  Feldsch.   .      171  „ 

Augmentation  1731. 
Lpib-Korps-Husareo   (Nr.   2),    angnL.  um 
4  Off.,  7  Untff.,  1  Tromp.,  80  M   92  „. 


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^8  B^fertff  SV  Greaohiclito  dM  PrenlUMsheii  HeetM  eto. 

Aagmentatioo  1732. 
Schnleobarg  Grenadiere  (Nr.  3),  angm.  am 

22  Off.,  30  UntC,  10  Tromp.,  100  M   162  KOpfe 

Bayreuth  Draj;.  (Nr.  5)  wie  vor   162  „ 

Leib-Korps-Husaren,  angm.  mn  2  Off.,  SUniff., 

1  Tromp.,  82  M.,  1  Feldseh   89  „ 

Aagmentation  1733. 

Bei  12  Kttrasaier-Regtm.  je  10  Hami  angm.  .      120  „ 

Bei  Begtm.  Schalenborg  ond  Bayreath  je 
20  M   40  „ 

Bei  den  5  Dragoner-Regtni.  von  5  Esk.  eind  die 
10  Mann  nnter  der  Angmentation  begriflbn. 

Leib-Korps-Hnsaren  (Nr.  2),  angm.  5  Off., 
17  Untff.,  3  Tromp.,  153  Gem..  1  Feldseh.,  27  noeh 
in  Okt.  (?)   206,. 

Angmentation  1734. 

Leib-K orps-Hnsaren  (Nr.  2)  angm.  1  Off., 
1  Untff.   2  „ 

Prinz  Engen  Korpe-Hasaren  (Nr.  1),  angm.  am 
1  Off.,  15  Untff.,  102  <3em   118  „ 

Aagmentation  1735. 
HOllendorf  Drag.  (Sit,  6),  angm.  nm  11  Off., 

16  Untff.,  5  Tromp.,  60  Gem   91  „ 

Prins  Engen  Drag.  (Nr.  7)  wie  vor  ....  91  » 
Plate n  schwere  Eak.  Drag.  (Nr.  1)  wie  vor   .       91  „ 

Sonsfeld  Drag.  (Nr.  2)  wie  vor   91  „ 

2  leiobte  Esk.  Platen  Drag.  (Nr.  9),  angm.  nm 

.22  Off.,  86  Untff.,  9  Th>mp.,  400  H.,  3  Feldsch.    .      470  „ 

Angmentation  1739. 
Höllen dorf  Drag.  (Nr.  6),  angm.  nm  5  Untl£, 

5  Tamb   10  „ 

Thflmen  Drag.  (Nr.  7)  wie  vor   10  „ 

Sonsfeld  Drag.  (Nr.  2)  wie  vor   10  „ 

Diese  3  Regtr.  sind  von  5  anf  10  Esk.  gesetet 

worden. 

Bronikowsky  Korps  Hnsaren  (Nr.  1},  aogm.  um 
10  Off.,  24  Untff.,  6  Tromp.,  318  Gem.,  8  Feldseh.      361  „ 


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Bellz«^  mr  GoMhlehto  dM  PrenJUBohen  Heen«  eto. 


59 


ArtiUerto. 

1714.  10  Kompagnien  in:  1,  2,  8  Berlin,  8  Pilian,  4  Wesel, 
5  Kelberg,  6  Kttstrin,  7  Hemel;' 9  Spaiidaii«  10  Hagdebnig, 
je  3  Off.,  2  Fenerweifeer,  8  Korp.,  4  Bombaid^  87  Kanon. 

1716*  Einteilung  in  1  Feld-Bataillon-  5  Komp.-  und  3  Garnison- 
Komp.  Das  Bataillon  in  Berlin;  1  Oaro.-Komp.  Wesel, 
2  PUlaa,  3  Stettin. 

1717.  Bei  jeder  Komp.  des  Feld-Bat.  1  Bomk>ardier  melir. 
Die  I.  rxarn.-Komp.  in  Magdeburg  errichtet 

1722.    Jede  Komp.  des  Feld-Bat.  mit  10  Kanonieren  verstärkt 

1726.  Garn.-Komp.  in  Wesel  mit  1  Fenerwerker,  15  Kanonieren, 

1  Tambour  verstärkt. 

1780.  Feld-Bat:  5  Bomb.,  5  Kanon.  Verstärkung. 

Komp.  Wesel:  1  Sek.-Leuto.,  1  Feaerwerk.,  2  Korp., 

2  Bombard.,  20  Kanoniere,  Verstärkang. 

12  Kanoniere,  welche  zu  keiner  Komp.  gehören:  6  in 
Geldern,  2  in  Moeurs.  2  in  Lippstadt,  2  in  Minden. 

1781.  Feld-Bat.  erhält  die  6.  neue  Komp. 

1740.  An  Stelle  von  8  Dudelsäcken  erhält  das  Feld-Bat 
10  Mohren  des  ehemaligen  Königs-Begiment  zu  Janit- 
scharen. 

174L    Ein  2.   Feld.-Bat   aufgestellt;  6  Komp.  in  Freolisen. 

Bezeicbnnng:  Feld-Keoriment. 
1742.   Gamisou-Komp.  in  Breslau  errichtet. 

1748.  Gam.-Komp.  in  Neifse  errichtet  (28  M.  aus  Breslau, 
Iß  aus  Berlin.  123  von  Kegimentem. )  Bezeichnung: 
Garnison-Bataillon. 

1749.  Magdeburger  Garn.-Komp.  mit  86  Köpfen  vom  2  Feld- 
Bat  verstärkt 

1.  Feld-Bataillon  792  Köpfe, 

2.  ,«  „  /  <  0  ,y 
Garnison-     „       736  „ 

Sa.   2298  KOpfe. 


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QQ        Die  Eiitwtokcitiiig  de«  inaiMachm  Seewesens  seit  Coibert. 

IV. 

Die  Entwickelung  des  französischen  Seewesens  seit  Coibert 

Van 

Korretten-KapitäD  a.  D.  JaehMann. 

Eine  der  Hauptsorgeii  Colberts  war  die  Befesti^uü<r  und  \  er- 
besseruDg  der  Häfen  Frankreichs  und  xwar  sowohl  seiner  Handels- 
ais besonders  seiner  Kriegshäfen.  Frankreich  hatte  /o  seiner  Zeit 
sechs  Kriegshiifen :  Dunkircben,  Havre.  Brest,  Brouage,  Marseille,  wo 
die  Galeerenflotten  lagen,  und  Tonion.  Brest  wurde  durch  Aushau 
und  Vergröfserung  die  Hauptwerft  für  die  Marine  Ludwigs  XIV.. 
und  statt  des  Hafens  von  Brouage,  welcher  zu  versanden  drohte, 
wurde  in  Kochefort  eine  Kriegswerft  ftlr  grol'se  Schifte  von  Coibert 
geschafien.  Vauban  legte  den  (irund  zu  der  grolsen  Bedeutung  von 
Toulon  als  Kriegshafen  durch  die  Anlage  seiner  Befestigungen.  Die 
Werft  daselbst  wurde  erst  unter  Colherts  Nachfolger,  seinem  Sohuc. 
dem  Marquis  von  Seigm  lai,  Ii  riij;.  Zur  Herstellung  von  Anker  und 
Kanonen  gründete  Coibert  die  Hüttenwerke  von  La  Chaussade  und 
Guesigny  und  unterstützte  die  schon  vorhandenen  Eisengielsereieii 
von  St.  Gervais.  Um  ein  geregeltes  Ersatzwesen  tUr  die  Marine  her- 
zoBtellen,  welehea  sogleich  den  bereehtigten  Waosohen  der  Handels- 
marine  and  derFlseher  dadweliBeebnaDg  trug,  dafe  niebt  «nrlel  Seeleute 
und  Fischer  ihiem  Bemf  entzogen  worden,  schof  er  das  System  der 
Inscription  maritime  nnd  der  Klassen  oder  Jahrgänge. 

Darnach  war  die  gesamte  KttstenberOlkerung ,  die  Fischer, 
Kttstenschiffer  and  Seeleute  Fon  Beruf,  verpflichtet,  sich  denAnshebings- 
beamtoo  an  stellen,  welche  in  den  verschiedenen  Seebearken  mit 
den  Einschreibelisten  der  Seelente  betraut  waren.  Die  Seeleute  wor- 
den nach  ihrer  Zahl  in  drei,  vier  oder  füat  Klassen  nach  der  Pro- 
vinz, XU  welcher  sie  gehörten,  geteilt  nnd  in  die  Eünschreibelisteii 
eingetragen.  Jede  Klasse  molste  dem  Staat  ein  Jahr  dienen.  Wäh- 
rend ein  Jahrgang  einberufen  wurde,  konnten  die  andern  auf  Kanf- 
fahrteisohiffSsn  zur  See  fahren.  Die  Jahrgänge  dienten  abwechselnd 
ein  Jahr  und  mulsten  wenigstens  6  Monate  an  Bord  eiogesobiffi  sein. 
Wenn  wiUirend  der  Übrigen  sechs  Monate  keine  IndienststeUnng  be- 
fohlen wurde,  konnten  die  Matrosen  des  einberufenen  Jahrgangs  in 
ihre  Heimat  gehen,  wo  sie  die  Hälfte  der  Löhnung  erlüelton 
unter  der  Bedingung,  sich  während  dieses  halben  Jahres  Dicht 
auf  Kauffahrteischiife  zu  verheuern.  Bis  zum  60.  Lebemgahie 
konnton  die  Seeleute  zum  Dienst  in  der  Marine  einbemfen  werden. 


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Die  Entwfokelang  de«  franilMsdieii  Seeweieiu  seit  Colbert 


61 


Die  elDgeaehriebeiwii  Seeleute  genofleen  anf  Colberts  Anregang  viele 
Beronngungen :  Sie  durlken  alldn  ohne  Abgaben  za  zablen  and  ohne 
Crewerbescbeio  die  Fischerei  treibeD,  waraH  während  ihrer  Diensteelt 
und  Tier  Monate  nach  derselben  tob  Einqnartierangen,  allem  Waeb- 

nnd  Arbeitsdienst,  z.  B.  zur  StrafsenverbesseniDg  in  ihren  Provinzen 
und  ähnlichem  befreit  and  weder  zur  Übernahme  einer  Vonnondsebaft 
noch  städtischer  Amter  Terpflichtet  Für  die  invalide  gewordenen 
Öeeleute  nnd  die  Witwen  nnd  Waisen  im  Dienste  gestorbener  wurde 
vom  Staate  gesorgt;,  und  war  dies  eine  der  Hauptsor^n  Colberts. 
Er  hatte  zu  diesem  Zweck  die  „Kasse  der  Invaliden-Mariueangehörigen" 
gegründet,  welche  er  durch  LöhnungsabzUge  der  Kriegsschiffs-  und 
Kauffahrteimatroseii  unterhielt.  Dieser  Invalide nfoiuis  fUr  Marine- 
angehörige  besteht  noch  heutzutage.  Auch  in  der  Jetzta&eit  genielsen 
die  elD^reschriebeneii  Seeleute  und  deren  Familien  grofse  Bevor/ug-- 
Dn<ren  in  Frankreich,  aufser  den  schon  erwähnten  dürfen  sie  unent- 
geltlich die  Steuermannsschulen  besuchen,  sie  werden  kostenlos  in  den 
Lazaretten  behandelt,  wenn  sie  in  den  ersten  40  Ta^ren  nach  Antritt 
ihres  Urlaubs  erkranken,  auf  den  Eisenbahnen  werden  sie  tlir  den 
vierten  Teil  des  Fahrpreises  befördert  und  haben  dieselbe  Ermässi- 
gung, wenn  sie  vom  iTlaub  zurückgerufen  werden.  Die  Kinder  und 
Waisen  der  Eingescliriebeuen  werden  in  der  Erziehungsanstalt  für 
Zöglinge  der  Marine  in  Brest  unentgeltlich  aufgenommen,  die  Waisen 
auch  in  der  Schiffsjungenscbule  daselbst.  Im  Alter  von  öO  Jahren 
hat  jeder  Eingeschriebene  nach  einer  Dienstzeit  von  25  Jahren,  welche 
er  auf  Kriegs-  und  Handelsschifl'en  oder  Fischerfahr/eugen  abwechst-lnd 
abgedient  haben  kann,  das  Anrecht  auf  i^ension.  genannt  Halloold- 
Unter  dem  Einflufs  Colberts  entwickelte  sich  auch  der  Bau  von 
Kriegsschiffen  in  bedeutendem  Matse  und  nicht  nur  in  Ikzug  auf 
die  Anzahl,  sondern  auch  die  Gröfse  der  Schiffe.  Die  Linienschiffe 
wurden  damals  in  ö  Klassen  geteilt,  die  ersten  beiden  waren  Dreidecker, 
die  übrigen  Zweidecker,  ihre  Lunge  war  /.wischen  ö'?  und  .'«(i  m.  die 
Breite  zwischen  15  und  9  m.  Das  gröl'ste  Deplacement  betrug  4800, 
das  kleinste  600—700  Tons.  Die  Linienschiffe  erster  Klasse  hatten 
1000  Mann  Besatzung  und  110  Geschütze,  die  kleinsten  160  Mann 
Bemannung  und  36  Geschütze.  Aufser  den  Linienschiffen  wurden 
noeb  Fregatten-,  Korvetten-  nnd  Bombenfahrzenge  gebaut.  Die  BVe- 
gatten  waren  besonders  sobnelle  Sebifie,  batten  nnr  eine  Reibe  Kanonen, 
welebe  anf  dem  Vorder-  nnd  AebWdeek  anfgestelH  waren,  nnd  sebr 
seblanke  Formen,  nm  die  grOstmögliche  Gesebwindigkeit  zn  endelen. 
Ihr  Deplacement  betrug  ungefHbr  300  Tonnen  nnd  die  Besatanng 
150  Mann.  Die  Korvetten  dienten  als  Branderscbifle,  sie  wurden 
dnrob  Rnder  nnd  Segel  fortbewegt  nnd  batten  nnr  einen  Hast. 


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62 


Die  Entwiokelimg  des  fhunttsiseben  Seeweaeiu  seit  Colbert 


Sie  sollten  die  Flotten  als  Avises  begleiten,  ihr  Deplaeement  betrag 
200  Tonnen  and  ihre  Besatzung;  60  Köpfe. 

Die  Bombenschiffe  waren  sehr  stark  gebaute  Fahr/enge  von  ca. 
23  m  Länge  and  8  m  Breite,  deren  Annieroog  aas  zwei  Möraem  auf 
starken  Bättnn^en  bestand. 

Colberts  Sohn  und  Nachfolger,  der  Marquis  von  Seignelai,  schuf 
zur  Bedienung  der  Geschütze  die  Marineartillerie,  welche  sich  aus 
Freiwilligen  und  aas  den  Seeleuten  der  verschiedenen  Jahrgänge  er- 
gänzte. Dieselben  wurden  auf  den  Artillerieschulen  in  Brest.  Toulon 
und  Rochefort  praktisch  und  theoretisch  ausgebildet.  Die  Schiffs- 
artillerie zur  Zeit  Colberts  und  später  zeichnete  sich  durch  die  An- 
nahme der  grölseren  Kaliber  und  das  fast  vollständige  Aufgeben 
der  kleinen  Geschütze  aus.  Das  stärkste  zu  dieser  Zeit  in  Gebrauch 
beliudliche  Kaliber  war  der  48-FlUudt'r,  mit  ihm  und  dem  :{(j-PfUnder 
wurden  die  unteren  Schitisbatterien  der  Linienschiffe  armiert,  nach 
diesen  kamen  die  24-.  18-  und  lÜ-PfUnder. 

Mit  dem  Tode  des  Sonnen-Königs  Ludwigs  XIV.  geriet  die  fran- 
zösische Marine  in  \  erfall.  ihre  Wiederaufriehtung  begann  erst  unter 
der  Regierung  Ludwigs  X\'.  durch  den  Marineministcr.  den  Herzog 
von  Chüiseul.  Dieser  wandte  seine  besondere  Ftirsorge  den  Schiff- 
bauern und  dem  Schiffbau  zu.  Nachdem  erstere  ihre  Kenntnisse  durch 
die  Gesetze  der  Hvdraulik  und  Mechanik  bedeutend  erweitert  hatten, 
wurde  ihnen  die  offizielle  Bezeichnung  „Ingenieure*"  17t)ö  zuerkannt. 
Cboiseul  gab  ihnen  zugleich  eine  besondere  Rangordnung,  setzte  die 
Bedingangen  für  die  Zolassoiig  za  dieser  Laufbahn  fest  und  re- 
orgauiflierte  die  Ingeideiireehiile  in  Paria.  Das  Ingenienrkorpa  he» 
stand  damals  ans  einem  Cbefingemeur,  mebreien  Ingenienren,  Unter« 
ingenienien  nnd  Ingenienraspiranten.  Auf  den  Werften  lag  ihnen  die 
Uberwaebung  der  Nenbanten  nnd  Reparaturen,  sowie  das  Doeken 
der  Sebiffe  ob. 

Choisenl  beschäftigte  sieb  aneh  eingebend  mit  dem  Schiffban. 
Er  sebiclLte  KonstnÜLtenre  nach  England,  am  die  dortigen  Nenbanten 
zn  stodieren  nnd  regte  in  Frankreich  GelehrtCi  Offiziere  nnd  Ingeni- 
enre  an,  den  Schiffban  sa  einer  Wissenschaft  zo  eiiieben.  Ans  diesem 
Znsammenarbeiten  worden  sehr  bemerkenswerte  Erfolge  erzielt  Das 
Verhältnis  der  Länge  aar  Breite  nnd  Tiefe  der  Sebiffe  wurde  damals 
festgesetzt,  znm  Ban  besseres  Material  verwendet^  die  Verbände  ver- 
melirt  nnd  die  gesamte  SohiflbaosrAstong  an  Inventur  nnd  Bfaterial 
methodisch  und  rationell  an  Bord  untergebracht,  wodurch  die  Lebens- 
dauer der  Schiffe  wesentlich  erhobt  wurde. 

Unter  Ghoiseuls  Nachfolgern,  dem  Herzog  Ton  Choisenl-PnwUn 
nnd  dem  Marschall  de  Castries  wurden  mehrere  wissenschaftliche 


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IMe  Entvickclung  des  l'ranzüäiäoben  Keeweseas  neit  Colbert. 


68 


£xpeditioneD  ftOBgerOBtet,  welche  Iflr  das  fraozOBisohe  Seewesen  tod 
auAerordentlicbem  Notseii  waren.  Auf  dner  derselben  erfand  Borda 
1776  seinen  Kreis,  welcher  ftlr  askronomisefae  Beobaehtongen  auf  See 
lortaa  von  gxoiser  Bedentang  wurde.  Andere  Forseher  beschlütiglen 
sieh  mit  der  Berechnung  der  L&nge  durch  M onddistanzen  und  der  Be- 
obachtang  und  Prüfung  der  Chronometer  an  Bord.  Viele  geographische 
Punkte  wurden  durch  astronomische  Beobaehtongen  festgelegt  und 
danach  die  Seekarten  verbessert. 

In  diese  Zeit  fiUIt  auch  der  Bau  des  ersten  Trockendocks  in  Toulon, 
weicher  1774  begonnen  wurde.  Zehn  Jahre  später  wurden  die  greisen 
Hafenbauten  in  Gherboufg  in  Angriff  genommen.  Um  die  Rhede  von 
Cberbonig  durch  einen  Wellenbrecher  abzuscbliefsen,  hatte  damals 
der  Ingenieur  Cessart  vorgeschlagren,  neunzig  enorme  Holzkasten  mit 
Cement  gefüllt  in  einer  fortlaufenden  Reihe  zu  verseDken  nnd  den 
Baom  zwischen  je  zwei  dieser  Kasten  bis  zur  Oberfläche  des  höch- 
sten Wasserstandes  mit  Steinen  auszufüllen.  Dieses  Projekt  wurde 
Ton  der  Regierung  angenommen  nnd  im  Jahre  17S4  der  erste  Kasten 
ins  Meer  gesenkt,  er  sollte  den  östlichen  Endpunkt  des  Dammes 
bilden.  1786  inspicierte  der  König  die  Hafenarbeiten,  1789  waren 
zwanzig  solcher  Kasten  versenkt.  Dieser  Wellenbrecher,  w(>h!  einer 
der  grüfsten.  welche  existieren,  ist  erst  in  vierzig  Jahren  fertig  ge- 
worden, da  der  Baa  häufig  durch  Stürme  nnd  Flutwellen  arg  mit- 
genommen wurde.  Seine  Länge  beträgt  ca.  4000  m,  seine  mittlere 
Breite  auf  der  Grundlinie  etwa  270  m.  und  seine  Höhe  ca.  2<i  ni. 
Durch  dif'spn  Wellenbrecher  ist  ein  grofser  Hafen  geschaffen  wordf-n. 
in  welchem  Kriegsschiff«'  jed«"r  Art  und  Oröfse  ankern  küniien.  Die 
we!?tliehe  Kinfahrt  ist  mvhr  als  2  Seemeilen,  die  östliche  4(j<>  ni  breit, 
dnrcb  jede  können  die  Schiffe  bei  allen  WiUenmgsveibältuibseu  eiu- 
laofen. 

Ch  rti  ur-  hat  jetzt  acht  Trockendocks  und  elf  Hellings,  das 
groi>i-  !•  '  k  i-t  llH»  m  lang  und  27  m  breit. 

wurde  von  dem  damaligen  Marinemini-^ter  Frankreichs  eine 
MTDariere  Kontrolle  des  Kr^atzwe^^ens  für  die  Marine  eingeführt,  um 
die  genaue  Reihenfolge  der  eiuzubtrufendon  Jahrgänge  b<-ser  inne- 
halten zu  kennen  nnd  dadurch  den  nicht  einberufenen  Seeleuten  Gelegfu- 
heil  za  L'»  f>eri.  auf  Kautiahrteischifff n  zur  See  zu  fahren  oder  Fi^^chert-i 
zu  bt-tr^-ibt-n  Zu  diesem  Zwt-ck  wurde  das  ^^f^amt*'  Kii-tt-ngebiet 
Frankreiebs  in  !i**ch^  Departements  (.Seeb»-/irk»- 1  mit  den  Hauptstädten 
liiiiikifch^ü,  Havrt-.  Bre>l.  l:  ^  hefort,  Bordeaux  und  Toulon  eing»  !«  ilt. 
Jedes  Departement  wurde  nach  seiner  Grölse  in  \(  rs(  hi'-d»'f)e  l  nter- 
bejürke.  jeder  L'oterbezirk  in  >,\Ldikate  nach  der  rauiiiii<  h«  n  Aüi^- 
dehnong  und  Antahl  der  Seeleute,  welche  sie  enthielten,  eingeteilt. 


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64 


Die  Estwiekalung  des  frftiusOaUcben  Seewesraa  seift  Colbert 


An  die  Spir/e  wurde  ein  Oeneralinspekteur  der  Klassen  gestellt,  welcher 
aus  den  Fla^g-oflizieren  der  Marine  bestimmt  wurde,  unter  ihm  stan- 
den vier  Inspekteure,  einer  ftir  Brest,  einer  (\\r  Toulon,  einer  fUr 
Rochefort  und  Bordeaux  und  einer  für  Ha\Te  und  DUnkirchen.  Die 
Inspekteure  waren  verabsehiedete  Linienschifiskapitäne.  Mehrere 
Unterhc/irke  bildeten  ein  Arondissement,  an  deren  Spitze  unter 
den  Inspekteuren  die  Chefs  des  classes  standen,  welche  aus  verab- 
schiedeten LinienschiffskapitUnenoder  Linien.schillsleutnants  aus^^ewählt 
wurden.  Diese  hatten  \  erwaltung;sbeaniten  unter  sich,  welche  mit 
der  genauen  Führung  der  Einschreibelisten,  der  gesamten  Kechnungs- 
führung,  der  Einteilung  in  Klassen,  den  Aushebungen  und  Musterungen 
betraut  waren.  Zur  Unterstützung  derselben  waren  in  jedem  Syn- 
dikat wieder  Aufsichtsbeamte  angestellt,  welche  aas  Yerabsehiedeten 
Deckofifizieren,  Unterofliriereii,  Kanffahrteikapitäneii  und  Steaerlenten 
aoBgewäbll  wmrdai.  In  jedem  Unterbesirk  wurde  ein  Zahlmeister 
mit  der  Verwaltung  der  Kasse  fllr  die  Seelente  betrant,  wodoreb 
den  Angehörigen  derselben  ermöglicht  wurde,  wihrend  Ihrer  Abwesenheit 
Heimataahlnngen  zu  erhalten.  Diese  Organisation  ist  im  grofsen  and 
ganzen  bis  zum  heutigem  Tage  dieselbe  geblieben. 

Napoleon  I.  verfllgte  im  Jahre  1800  die  Einteiinng  des  ge- 
samten Küstengebiets  Frankreichs  in  sechs  Seebezirke  mit  den  Haupt- 
stftdten  Brest,  Lorient,  Roebefort,  Tonlon,  Havre  und  Anvers  ond 
stellte  an  die  Spitze  derselben  einen  Seeprftfekten,  welcher  ein  Flagg- 
offizier der  Marine,  General  der  Armee  oder  ein  hoher  Verwaltnngs- 
besmter  sein  konnte.  Diesem  worden  anmittelbar  miterstellt  in  den 
KriegshKfen  ein  hoher  Seeoffizier  als  Oberwerftdirektor,  welcher  zu- 
gleich den  Befehl  Uber  das  seemünnische  Personal  und  die  Seeartillerie, 
weiche  Napoleon  zur  Verteidigang  der  Kriegshäfen  geschaffen  hatte, 
ausübte,  femer  ein  Schiffbaadirektor,  ein  Hafenkapitiln  und  ein 
Verwaltungsdirektor,  welcher  zugleich  mit  den  ElnschreibeUsten  für 
das  seemännische  Personal  des  Bezirks  und  dem  Anshebungswesen  l>e- 
trant  war.  Diese  bildeten  unter  dem  Vorsitz  des  Seeprftfekten  den 
Verwaltungsrat  des  Kriegshafens.  Auf  dieser  Grundlage  wurde  1844 
das  gesamte  Ktlstengebiet  Frankreichs  in  fünf  Seebezirke  eingeteilt, 
diese  Einteilung  ist  die  noch  heute  bestehende.  Eine  andere  sehr 
wichtige  Einrichtung  Napoleons  war  die  Organisation  der  KUsten- 
beobacbtungsstationen  längs  der  ganzen  franzAsisehen  Küste  und 
des  Eqoipagensystems  für  die  Flotte.  Letzteres  wurde  nach  dem 
Sturz  Napoleons  von  den  Bourbonen  wieder  abgeschafft.  Nach 
längerem  Stillstand,  welcher  durch  die  ilherstandenen  grofeen  Kriege 
veranlafst  worden  war,  wurde  erst  unter  der  Regierung  Louis  Philipps 
dem  Seewesen  wieder  die  gebührende  Sorgfalt  zugewendet,  in 


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Die  Entwiekelmig  des  fraaiSsfaeben  Seewesens  seife  Ck»lbert. 


65 


diese  Zeit  fällt  die  EinftUurang  der  eisernen  Wassertanks  auf  den 

Si  liiflt'n,  des  stf^hcnden  Gats  aas  Draht,  der  Ankerketten,  sowie  die 
EinriebtoDg,  die  Seitenboote  in  Bootsdavits  zu  heitsen,  nm  die  Be- 
dienung der  Geschütze  aat  dem  Oberdeck  nicht  za  bindern.  Die 
Kopferan^  der  Schiffe  war  schon  am  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts 
nach  dem  Vorbilde  Englands  in  Frankreich  i  infrt  fUhrt  worden.  Diese 
Verbesserungen  hatten  die  Sej^clschiffe  zur  Zeit  Louis  Philipps  auf 
eine  hohe  Stufe  der  Kntwickeiung  gebracht  In  diese  Zeit  gehört 
auch  die  Einführung  der  Paixhanskanonen.  der  SchlH^öhren  und 
des  Perkussionsschlosses.  wodurch  die  Bedienung  der  Artillerie  auf 
den  Schiffen  sicherer  und  schneller  wurde. 

Seit  1820  hatte  sich  das  Marineministeriura  mit  der  Einführung 
\oü  Dampfschiffen  in  die  Marine  beschäftigt.  Das  erste  Dampfschit), 
welches  den  Namen  eines  Kriegsschiffes  verdiente,  die  ..Sphinx", 
wurde  im  Jahre  \H21  erbaut.  Dasselbe  hatte  die  Dimensionen  einer 
frUberei)  Korvette,  auf  dem  Vordeck  und  am  Heck  waren  je  eine 
grol'se  Kanone  und  in  der  Breitseite  einige  kleinere  Kaiiber  auf- 
gestellt. Damit  das  Schiff  durch  die  Radkasten  nicht  zu  breit  wurde, 
war  der  Rumpf  an  diesen  Stellen  etwas  eingezogen.  Die  Maschine 
war  eine  Niederdruckmaschine  von  1(>0  Pferdekräften,  welche  in 
England  gebaut  worden  war.  da  man  in  Frankreich  so  grolse  Schiffs- 
maschineu  damals  noch  nicht  herstellen  konnte.  Die  Geschwindig- 
keit betrug  7  ^  Knoten.  Nach  diesem  Typ  wurden  mehrere  Rad- 
dampfer gebaut,  weiche  alle  die  Bezeichnung  .,U)0  "  nach  den  Pferde- 
kräften der  Maschinen  erhielten.  Später  wurden  grülscre  Sehifle  von 
dem  Typ  der  Sphinx"  gebaut  mit  .Maschinen  von  450  Pferdekräften, 
welche  ihnen  eine  Geschwindigkeit  von  10  Knoten  verliehen.  Diese 
Schiffe  konnten  mit  ilireni  Kohlenvorrat  ülter  den  atlantischen  Oeean 
gehen,  daher  sie  transatlantische  Fregatten  genannt  wurden.  Sie 
waren  mit  22  Kanonen  armiert,  aber  wenn  sie  gegen  die  früheren 
Schiffe  auch  ein  bedeutender  Fortschritt  waren,  konnten  ihre  See- 
eigenschaften doch  nur  als  mittelmälsige  bezeichnet  werden.  Diese 
Sebiffe  hallen  ungeschützte  Maschinen,  weiche  sehr  viel  Kohlen  ver- 
brauchten, dahor  sehr  kostspielig  waren,  aneh  waren  die  Badkisten 
und  Ruder  leiohl  Besohädigungeu  und  ZerstÖrangen  durch  feuidliehes 
Feuer  ausgesetzt,  daher  beschäftigten  sieh  die  tianzOsisehen  In- 
genieure sehen  frühzeitig  damit,  die  Sehranbe  zur  Fortbewegung  der 
Sebiffe  anzuwenden.  Aber  erst  im  Jahre  1848  wurde  das  erste 
Schraubensebiff  in  Frankreich,  der  Aviso  „Napoleon"  gebaut,  es  war 
von  dem  Ingenieur  Nonnand  in  Havre  konstruiert  worden  nnd  da- 
mals ein  Heisterwerk  des  Schiffbaues.  Die  in  Frankreich  gebaute 
Maschine  von  200  PferdekrSften  gab  dem  Schiff  eine  Geschwindig- 

JikAKttor  Ar  41«  «Mtotl«  Aidm  oad  Maria*.  N.  lISw  1.  5 


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06 


Die  Entwickelung  des  iranzüsischeu  Seewesenis  seit  Colbert. 


keit  TOD  10  MeüeD  pro  Stunde,  aaeh  seine  Segeleigenschaflten  waren 
sehr  gute.  Einige  Jahre  s|Mlter  konstmierte  der  französische  Kapitän 
Labronsse  den  Sebranbenbmnnen  aof  nenen  Schiffen,  um  die  Schranbe 
beim  Segeln  lichten  zn  können.  Das  erste  Schiff^  welches  so  gebaut 
wurde,  war  die  Korvette  nChaptal'*. 

Unter  Gnizot,  welcher  zeitweilig  Marineminister  im  Jahre  1847 
war,  worde  nach  den  Plänen  des  Ingenienr  Dapny  de  Ldme  ein 
Zweideckerlinienschiff  von  100  Kanonen  mit  einer  Ifaschine  von  900 
Pfeidekiifken  gebant.  Das  nene  Schiff  hieCs  zuerst  der  „24.  Febmar^*, 
später  der  „Präsident^*  nnd  znletet  „Napoleon'^  Es  machte  seine 
ersten  Probefahrten  im  Jahre  1862,  aof  denen  es  eine  Geschwindig- 
keit Ton  12*/a  Meilen  erreichte.  Dies  war  ein  sehr  bedeutender 
EIrfolg  im  SchiiT-  and  Maschinenbau,  und  begann  damit  das  Ende  der 
Segelschiffe  in  der  französischen  Kriegsmarine. 

Zur  Zeit  des  amerikanischen  Secessionskrieges  begann  in  Frank- 
reich der  Bau  von  Hocbseepanxerschiffen.  Nach  den  Plänen  drs 
Ingenieur  Dupuy  de  Lome  wurden  mehrere  Fregatten  gebaut,  welche 
in  der  Wasserlinie,  2  m  unter  derselben  und  ganz  Uber  der  Wasser- 
linie vom  Achter-  bis  zum  Vordersteven  mit  12  cm  dicken  Eisen- 
platten  gepanzert  wurden.  Diese  Schiffe  erhielten  starJce  Maschinen, 
die  äufseren  Formen  waren  wenig  von  denen  der  Schilfe  vom  Typ 
„Napoleon''  verschieden.  Die  durch  den  Panzer  entstandene  flewichts- 
vermehrnng  wurde  durch  Verkleinerung  der  Takelage  und  den 
Fortfall  der  zweiten  Batterie  ausgeglichen.  Die  erste  so  gel)aut<' 
l'anzerlrejrattc  „La  Oloire"  tnaehte  ihre  Probefahrten  im  Jahre  ISiJO, 
sie  rolltf  jednph  sehr  stark  und  murste  schon  sehr  frllhzeitijL:  die 
(les("hütz[)torteu  scblielsen.  Dujiiiy  de  Lome  konstruierte  daher  zwei 
neue  gepanzerte  Zweideckerliuieuschitie,  ...Magenta"  und  ..Solferino". 
Dieselben  hatten  ein  Deplacement  von  70(X)  Tons  und  wurden  nur 
teilweise  aber  starker  wie  die  ersten  Panzerfregatten  j:epanzert  und 
zwar  1'/,  m  Uber  und  unter  der  Wasserlinie  und  die  Batterien  jranz. 
Auf  diesen  neuen  Sehillen  konnten  die  Geschütze  besser  bedient 
werden ,  die  Sehitl'e  hatten  nur  geringe  Schlinger-  und  Stampf- 
Uewegungen  und  führten  für  die  Kriegsmarinen  und  das  Seewesen 
Frankreichs  eine  neue  sehr  bedeutende  Umwälzung  herbei.  Der 
schnelle  Fortschritt  im  Kriegsschitfbau  Frankreichs  wurde  durch  den  un- 
glücklichen Krieg  gegen  Deutschland  1870/71  gehemmt.  Nach  dem- 
selben wurde  1872  ein  I'rugrauim  des  Marineniinisters  zum  Umbau 
der  zum  Teil  veralteten  und  den  Anforderungen  nicht  mehr  ge- 
nügenden Flotte  von  der  Kanuner  angenommen,  nach  welchem  die 
englischen  Schiffstypen  mehr  oder  weniger  verändert  zum  Vorbild  ge- 
nommen wurden.    In  den  Jahren  1872—  7;i  wurden  zwanzig  Kriegs- 


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Die  EntwiokeliiBg  des  IruiBOiäsoben  Seewesens  seit  Oolbert 


67 


schiffe  nach  den  Plänen  sehr  hervorra^'rnder  Injrenieure  auf  Stapel 
g:esetast,  und  von  1873— 7S  der  Bau  von  8!»  Sohitlen  xerschiedener 
Klassen,  darunter  einige  der  grölsten  Panzerschitlr.  schnelle  Kreazer 
und  einer  g'rofsen  Zahl  von  Torpedobooten  anfrclanfren.  Auch  im 
Bau  der  modernen  ungepauzerten  Flotte  wurden  sehr  bedeutende 
Fortschritte  fremacht.  Alle  Schilfe  alten  Typs,  Segelschiffe,  hölzerne 
Schraubensehitfe  und  Haddanipfer  wurden  aus  der  Liste  der  Kreuzer 
gestrichen,  diejenigen,  welche  nicht  verkauft  oder  abgebrochen  werden 
konnten,  wurden  im  Hafendienst  verwendet  und  durcii  neue  Typen 
ersetzt.  Nach  dem  Programm  von  1872  sollte  die  neue  Flotte  8 
Kreuzer  erster,  8  Kreu/.er  zweiter  und  18  dritter  Klasse,  18  Avisos, 
[V2  Kanonenboote  und  2.")  TransportschitVe  erhalten.  Wenn  man  die 
Thätigkeit  betrachtet,  welche  seit  187:5  in  der  franziK^ischcn  Marine 
entwickelt  wurde,  so  kann  man  ihr  seine  volle  Hewunderung  nicht 
versagen.  Die  Kiesenanstrengungen,  welche  gemacht  wurden,  unj 
die  Flotte  za  reorganisieren,  kamen  denen  zur  Neugestaltung  der 
Armee  völlig  gleich.  Wie  Frankreich  sich  eine  von  der  des  Kaiser- 
reichs gttnzHch  Terschiedene  Armee  geschaffen  Iiat,  so  hat  es  auch 
eine  ToUkommeD  neue  Flotte  sich  ^baat  Frankreich  besitzt  beute 
die  2wei$grO[8te  Flotte  der  Welt,  seine  Ausgaben  für  das  Seewesen 
werden  nnr  Ton  England  ttbertroffen. 

Wenn  man  in  Betracht  zieht,  dals  Frankreich  nach  einem  yerlorenen 
Kriege,  welcher  ihm  aa&er  andern  schweren  Opfern  und  Yerlnsten 
eine  Rriegssehnld  von  fünf  Milliarden  auferlegte,  in  einer  nnglanhlicb 
kurzen  Zeit  dies  erreicht  hat,  so  ist  dieser  glänzende  Erfolg,  welcher 
mit  Recht  das  Staunen  und  die  Bewunderung  der  Mitwelt  erregt  bat, 
ein  beredtes  Zeugnis  Ton  der  Energie  und  Lebenskraft  dieses  in- 
telligenten Volkes,  und  die  vorschnellen  Urteile  Uber  seinen  Nieder- 
gang können  nur  mit  Achelzncken  belächelt  werden.  In  dieser  Hin- 
sieht sollte  das  siegreiche  Deutschland,  welches  nach  dem  Kriege 
um  seine  Existenz  schnell  zu  einem  ungeahnten  Wohlstand  sich  empor« 
geschwungen  hat,  dessen  Handelsflotte  die  zweitgrOlste  der  Welt  ist 
und  dessen  Industrie  auf  dem  Weltmarkt  mit  die  erste  Stelle  ein- 
nimmt, sich  das  geschlagene  Frankreich  zum  Vorbilde  nehmen  und 
sich  eine  seiner  GrOfise  und  Stellung  als  Grofomacht  würdige  Flotte 
schaffen.  Jeder  Deutsche  mtlfste  es  als  eine  heilige  Pflicht  gegen 
das  Vaterland  betrachten,  heinerseits  dazu  beizutragen,  dals  Deutschlands 
Kriegsmarine  aus  ihrer  unwürdigen  Stelle  im  Konzert  der  seefahrenden 
Mächte  so  schnell  wie  möglich  herauf  kommt  zu  der  Höhe,  welche 
ihm  gebührt.  Leider  lassen  sich  Fehler,  welche  seit  Jahren  gemacht 
worden  sind,  nicht  so  schnell  wieder  gut  machen,  namentlich  nicht 
in  maritimen  Dingen.   Eine  Flotte  improvisiert  sich  nicht,  hat  sehr 

6* 


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68 


Dm  Heerwosen  Phragnays. 


treffend  der  französische  Adroiral  Aobe  gesagt  Gauz  besonders  hat 
das  Tiel  zu  starke  Betonen  des  rein  defensiven  Charakters  der 
Marine,  me  es  sich  der  Nachfolger  des  General  von  Stosch  zur 
Ricbtschnar  seines  Handelns  nahm,  der  dentschen  Marine  geschadet. 
Hätte  damals  unsere  Marineleitung  einen  weitsichtigeren  Blick  gehabt, 
statt  der  auf  hoher  8ee  uiibraucliharen  Kllstenverteidigungsschiffe 
der  Baden- Klassf  SohlachtschiÖe  zu  bauen,  und  wäre  sie  mit  regel- 
mäfsigen  und  planvollen  Forderangeu  von  derartigen  Neubauten  an 
die  Volksvertreter  herangetreten,  so  würden  die  Nachfolger  dieser 
unfruchtliarcn  Ära  eine  willfahrigere  und  weniger  mifstrauisehe  Auf- 
nahme im  Keichstage  gefunden  haben.  Es  ist  die  höchste  Zeit,  dals 
das  deutsche  Volk  sich  ermannt  und  seine  Vertreter  im  Reichstage 
zwingt,  für  eine  bedeutende  \  ermehrung  unserer  darniederliegenden 
Flotte  einzutreten,  ehe  es  zu  .spät  wird.  Gelingt  es  England,  mit  den 
Boren  fertig  zu  werden,  so  wird  es  sehr  bald  danach  trachten, 
Deutschlaiul  aus  Afrika  zu  verdrangen,  wo  es  ihm  unbequem  ist. 
Auf  Bündnisse  allein  kann  Deutschland  sich  nicht  verlassen,  sie  sind 
trUgeriseli  uud  mit  Kompensationen  verknüpft,  eine  grofse  Nation  mufs 
durch  und  in  sich  selbst  die  Kraft  und  die  Macht  haben,  ihre  (beschicke 
zu  leiten  und.  wo  es  Fiot  thut,  mit  Erfolg  das  Schwert  in  die  Wag- 
schale werfen  zur  Wahrung  seiner  Ehre  und  seiner  vitalen  Interessen.  — 
Auch  heute  gilt  das  Wort,  welches  jeniT  alte  Kömer  dem  Senat 
zurief,  für  jeden  wahren  Vaterlandsfreoud:  „Caveant  consules  ne 
qoit  detrimeuti  capiat  Respublica.*' 


V, 

Das  Heerwesen  Paraguays. 

Einst  wehten  die  rot-wd/s-blaaeo  Streifen  im  Kriege  gegen 
Brasilien,  Argentinien  und  Uruguay  Uber  einer  Armee  tod  70000  Ins 
300000  Mann  mit  200  GesebfltKen,  naolidem  der  grofte  PrSsident 
Lopez  mit  fester  Hand  die  Regierung  des  Landes  geleitet  nnd  es 
in  einem  blühenden  Zustand  ohne  Sehnlden,  seinem  Sohn  (fast 
testamentarisch)  Übermacht  hatte!  Dann  sanken  Macht  und  Ansehen 
Paraguays   infolge   der   Verluste  des   heroisehen  Krieges  Ton 


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Das  Ueerweaen  Paragnaya. 


69 


1865  — 187(1  in  den  Staub,  nm  sich  von  der  schweren  Nicdcrlafre 
bis  heute  nicht  wieder  ^jänzlich  erholt  zu  haben!  Hraehteii  al»er  auch 
jene  Kämpfe  Entbehrunfren,  Manjrel  und  Not,  unvergessen  sind 
dennoch  die  Züge  wahren  Heldeutunis,  die  den  Verzvreitiun<rskanipf 
schmückten  und  ihn  /u  einer  jrrolsen,  wenn  auch  schmer/vollen 
Erinnerung'  für  das  Land  machten,  dem  er  schliel'slich  fast  die 
Freiheit  gekostet  hätte. 

Jetzt  würde  nur  von  unblutigen  Parteikämpfeu  zu  erzählen  sein 
und  den  Begrifif  eines  geftlllten  Staatsschatzes  —  den  gab  es  bisher 
oitdit  wieder!  Die  Republik  hat  heute  eine  GfOIse  toü  317000  km 
mit  500000  Einwobnern  (danmter  1800  Deotsche).  Ihre  finanaellen 
VerfaftltniMe  sind  zu  eii^entttmlieh,  am  sie  hier  nicht  erwähnen  zu 
sollen.  Für  1900  ist  da»  Budget  mit  einer  Einnahme  Ton  1152254 
Pesos  in  Gold  (1  Peso  =  4,08  Mark)  und  mit  einer  Ausgabe  von 
8122179  Pesos  Papier  als  balancierend  bezeichnet,  wonach  der 
Knrs  des  letzteren  etwa  am  700  geringer  ist  Entsprechend  hoch 
sind  die  Staatsschulden,  obwohl  sie  soeben  eine  grolse  Verminderung 
erfahren  haben.  Sind  doch  Brasilien  und  Argentinien  Überein- 
gekommen, der  Terarmten  Regierung  die  Zahlung  der  Kriegsschuld 
zu  erlassen,  ein  Geschenk,  das  mit  grofser,  sehr  erklärlicher  Be- 
geisterung angenommen  wurde,  betrug  die  Summe  doch  mit  Zinses- 
zins:  Zweihundert  acht  und  neunzig  Millionen  Pfund  Ster- 
ling. Ebenso  zufrieden  wie  der  EmplUnger  kttnnen  die  Geher  sein, 
denn  solche  Schulden  kann  man  eben  nicht  bezahlen,  umsomehr,  da 
seit  Beendigong  des  Krieges  nunmehr  29  Jahre  vergangen  sind. 
Immerhin  läfst  es  sieb  wohl  erklären,  dafs  ein  Finauzminister  Para- 
guays auf  das  Sparen  angewiesen  ist  und  das  «geschieht  denn,  wenn 
meist  anch  am  unrichtigen  Ort  und  besonders  bei  den  Beamtengehältem 
und  der  Armee. 

Letztere  ist  auf  das  ganze  Land  zerstreut  und  thut  zugleich 

Polizeidienste. 

Es  sind  garnisouiert  in: 

Villa  Hayes.  nahe  der  Hauptstadt:  9  Stabsoffiziere,  27  Haupt- 
leute,  86  Leutnants,  182  ünteroftiziere,  5(K)  Soldaten.  In  Asuncion: 
6  Offiziere,  8  Ünteroftiziere,  4  Spielieute,  78  Soldaten.  In  Hahia- 
Negra:  (5  Offiziere,  10  Unteroffiziere.  40  Soldaten.  In  Fuertc  Olinipo: 
5  Offiziere,  10  Unteroffiziere.  60  Soldaten  u.  s.  w.  In  Summa  (ver- 
teilt auf  15  Garnisonen):  2!  Stabsoffiziere,  45  llauptieute,  47 
Leutnants,  57  Unterleutnants.  h;2  rnterolfi/.iere.  Sdl  Soldaten. 
An  festen  Verbänden  sind  im  (iiin/.en  vorhanden: 
1  Infanterie-Bataillon  zu  4  Kompafrnicn  CJöO  Manu),  1  Kskadron 
Kavallerie  (12Ü  Mann),  1  Batterie  Artillerie. 


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70 


Dm  Heerwesen  Peragneys. 


Aulserdetn:  2  Musikkorps  mit  150  Köpfen. 

Ein  grol'ses  MUitärlazarett  befindet  sich  in  Villa  Uayes. 

Auf  dorn  Paraguay  sind  2  Kanonenboote  mit  2  Offizieren,  2 
Ma-schinisten  and  12  Marinesoldaten  stationiert. 

Wenn  auch  die  allgemeine  persönliche  Dienstpflicht  zwar  ein- 
geführt und  jeder  Bürger  vom  20.  bis  35.  Lebensjahr  ihr  gesetzlich 
onterworfen  ist  (ausgenommen  sind  die  Besuchf-r  hrthen  r  Schulen), 
80  kommt  sie  doch  in  Wirklichkeit  nicht  zur  Ausfuhrung,  da  nur 
ca.  100  Mann  jährlich  in  das  aktive  Heer  eingestellt  werden  Das 
Verfahren  ist  derart,  dal's  dem  betreffenden  Polizeiehei  die  lierbei- 
schaffung  einer  gewissen  Zabl  üekruten  ;ius  seinem  Departement 
aufgegeben  wird.  Dieser  sucht  solche  nach  Belieben  aus,  natürlich 
diejenigen,  welche  ihm  uubequem  oder  arm.  sind.  Die  aktive  Dienst- 
zeit für  einen  P>ingestellten  beträgt  dann  4  Jahre,  während  welcher 
Zeit  der  Soldat  aber  gut  behandelt  wird  und  sich  wohl  fühlt,  ist  er 
doch  durchweg  viel  besser  ernährt  und  bekleidet  als  zu  Hause.  Die 
Trupp»'  macht  infolge  des  gutbeanlagten  Mensehenmaterials  einen 
nicht  unmilitärischen  Kindruck;  dafs  die  Leute  —  aufser  bei 
Parade  —  meist  barfuls  gehen,  entspricht  der  Landessitte. 

Von  der  Eskadron  sind  nur  die  Offiziere  lieritteu;  die  Mann- 
schaft ist  zur  Hälfte  mit  Lanzen  ausgerüstet.  Soll  sie  ausrUcken, 
80  werden  Pferde  geliehen.  In  Summa  sind  fUr  diese  und  ähnliche 
Zwecke  im  Budget  72()()  Pesos  ausgeworfen. 

Die  vorband r  HO  Batterie  ist  ohne  Bespannung  und  führt  gute 
Hinterlader-Kanuüt II  sowie  2  Mitrailleuseu.  —  Nebtni  den  pcrnia- 
nenten  Truppen  ist  noch  die  militärisch  organisierte  guardia  civil 
—  250  Mann  —  zu  nennen,  welche  den  Polizeidienst  in  Asuucion 
versieht  Eine  bisher  ^vorhandene  Kompagnie  Marinesoldateo  wird 
immer  mehr  vermindert. 

Dnreh  Dekret  Tom  17.  Dezember  1898  ist  im  Wetten  des 
Staates  eüie  Militärkolonie  ein^riehtet  Dieselbe  steht  onter  einem 
Stabsoffizier^  welchem  1  Hauptmann,  1  Zahlmeister  und  so  viel  Ser- 
geanten beigegeben  sind,  dals  ein  solcher  auf  20  Bewohner  der- 
selben kommt  Diese  bestehen  ans  HilitftiBtrttflingen,  welche  anf 
diese  Art  einen  bisher  wüsten  Teil  ihres  Vaterlandes  bebaaen 
mttssen  nnter  Aufsicht;  nach  abgebttCster  Strafe  kann  ihnen,  im 
Falle  sie  sich  für  diesen  Berof  eignen,  ein  Stttck  Land  zanttchst 
provisorisch  tibergeben  werden,  das  ihnen  als  Eigentum  zufällt, 
wenn  sie  nach  zwei  Jahren  100  Orangen-,  50  andere  Fmchthäome 
gepflanzt,  eine  bestimmte  Bodenfläche  mit  Mais,  Zackerrohr,  Kar- 
toffeln in  Betrieb  and  ein  Haas  für  sich  gehaat  haben.  Die  Vei^ 
waltnng  anterhtUt  Läden  für  Fleisch  and  ViktaaUen,  der  Verkauf 


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Du  Hflerwmen  Paragiuiy«. 


71 


TOD  Schnaps  ist  streng  yerboteo.  Zu  ähnlichen  Bedingungen  wie 
für  die  Milikärgefangenen  kann  aaeh  an  Pri?ate  Land  abgegeben 
werden. 

Die  Ausbildmig  der  Trappen  erfolgt  nach  französiscber  Art,  die 
Einzelarbeit  ist  Temaohlässigt,  Übungen  im  Tiraillieren  fehlen 
gSnzüeb,  ebensowenig  giebt  es  Schielsttbongen.  Es  wird  täglich  ein 
Pensum  von  l*/«— Stunden  heranterexerciert  nnd  damit  ist  der 
Dienst  zu  Ende.  Für  die  Infanterie  ist  1897  ein  nenes  Reglement 
herausgekommen,  dessen  Einzelheiten  aufzufUhren  zu  weit  ftUucen 
würde.  Es  sei  hier  nnr  angegeben,  dafis  die  Griö'e  in  Tempos 
geübt  und  zunächst  langsam,  dann  schneller  ausgeführt  werden  sollen. 
Die  Belehrung  bat  in  einer  Weise  zu  geschehen,  dafs  sie  auch  der 
wenigst  beanlagte  Rekrat  versteht.  Heftig«*  Stöl'se  und  Schläge  am 
Gewehr  sind  zu  veraieiden.  Die  Aufstellung  der  Truppe  ist  dabei 
in  einem  Glied;  auf  eine  feste  sichere  Haltung  soll  hingearbeitet 
werden.  Marschiert  die  Tiui»]ie  im  Schritt.  s<j  nimmt  sie  auf  das 
Kommando:  ..Do})pr'lscliritt"  das  Gewehr  auf  die  linke  Schulter.  Als 
Hdiiiienr  ini  Marsch  gilt  das  Kommaudo  Augen  rechts  oder  links. 
Eigentümlich  ist  das  Vt'rhalten  der  Schildwache  bei  Honneur  von 
^.Gewehr  ab".  Der  Mann  nimmt  dabei  4  Schritt  vor  der  zu  ehren- 
den Person  ..Gewehr  über  ',  behält  aber  die  rechte  Hand  am  Schiols, 
folgt  mit  den  Augen  auf  wiederum  4  Schritt  und  bringt  dann  erst 
die  rechte  Hand  mit  einem  Ruck  an  die  Seite. 

Das  Offizierkorps  ist  —  wie  in  Südamerika  durchweg  Üblich 
—  sehr  zahlreich  und  zertiillt  der  Charge  nach  in  Divisions-  und 
Brigadegeneral,  Oberst,  Oberstleutnant,  Major,  Hauptmann,  Leutnant, 
Unterleutnant  oder  Fähnrich;  in  letzter  Zeit  hat  man  mehrfach 
Offizier- Aspiranten  nach  Chile  zu  ihrer  Ausbildung  geschickt,  es 
sind  im  Etat  dafür  jährlich  1200  Pesos  ausgeworfen. 

Die  Unteroftizier-Chargen  sind:  Erster  und  zweiter  Sergeant 
erster  und  zweiter  Corporal. 

Es  wird  merkwürdig  empfunden,  wenn  man  von  Divisionen  und 
Brigaden  im  Mobümachungsialle  hört,  aber  abgesehen  davon,  dab 
eine  Brigade  nur  aus  2  Bataillonen,  bei  der  Artillerie  ans  2  Batterien 
ä  6  Gescbtttzen  bestehen  soll,  mufs  man  sich  auch  erinnern,  dals 
Paraguay,  welches  1872  allerdings  seine  nördlichsten  Gebietsteile 
an  Brasilien  verlor,  während  des  Krieges  bis  300000  Mann  unter 
den  Waffen  gehabt  hat.  Diese,  damals  ebensowenig  wie  heute  aus- 
gebildeten Soldaten,  schlugen  sich  —  unter  einer  energischen 
Führung  Uber  alles  Lob,  und  in  gleichem  \  erhältnisse  würde 
man  auch  jetzt  noch  dasselbe  zu  erwarten  haben.   Die  brasilianischen 


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72 


Dw  Heerwesen  Paraguays. 


Hiliztrappen  sind  ebensowenig  aosgebildet  wie  die  ParagDays» 
während  Argentinien  allerdings  mehr  in  dieser  Richtung  yorschritt. 
Das  sind  aber  diejenigen  Feinde,  mit  denen  die  RepnblilL  infolge 
ihrer  kontinentalen  Lage  allein  zn  thnn  bekommen  durfte,  da 
Bolivia  zunächst  mit  sich  selbst  genttgend  beschäftigst  ist  Dem 
entspricht  anch  die  gesetzliche  Auffassung,  nach  welcher  ein  para- 
guayischer Soldat  nur  ein  bewaffneter  Bürger  ist,  der  allein  während 
des  Dienstes  unter  dem  Militärgesetz  steht.  —  Die  Verwaltung  des 
Heeres  erfolgt  durch  den  Krieg:sm  in  ister.  dem  3  Offiziere  und  2 
Sekretäre  zar  Seite  stehen.  Im  Kriege  tritt  ein  Generalstab  za- 
sammen  und  sind  besondere  Formationen  auch  in  dieser  Hinsicht 
vorgesehen.  Wober  die  hierzu  qualificierten  Offiziere  genommen 
werden  sollen,  ist  allerdings  unklar,  denn  die  wissenschafUichen 
Anforderungen  für  diesen  Beruf  sind  recht  gering:  Lesen  und 
Schreiben  und  der  Besitz  der  bürgerlichen  Ehrenrechte!  Die 
Emennangen  erfolgen  v  om  Major  an  aufwärts  seitens  der  Kammern^ 
bis  zu  dieser  Char?:e  durch  den  Präsidenten. 

In  allerletzter  Zeit  sind   die  monatlichen  Gehälter  festgesetzt 
mit:    Oberst  3(X),  Oberstleutnant  -ir.O.   Major  200.  Kapitän 
Leutnant  lOn.  l.  Sergeant  40,  2.  Koi[)(»ral  25.  Soldat  20  Pesos  etc. 

—  Mit  Rücksicht  auf  die  demokratische  Staatscinrichtung  wird  in 
den  offiziellen  Veröt!entlichungen,  eutireir'-n  den  meisten  andern  süd- 
amerikanischen Staaten,  das  Wat!enband\verk  nicht  als  das  erst«' 
bezeichnet,  sondern  als  ebenso  gut  und  ebenso  schlecht  wie  jeder 
Civilberuf.  Das  Duell  ist  verboten:  ,.Tapterkeit  und  Moral  zeigen 
sich  aut  dem  Schlachtfeld  und  in  der  genauen  Erfüllung  der 
Prtichten,  doch  wird  verlangt,  dafs  die  Haltung  eines  Militärs 
kriegerisch,  würdevoll  und  ungezwungen  sei,  ebenso  fern  von  Affek- 
tation  wie  von  Kleinmut^.  „Schlaffheit  und  Weichlichkeit  passen 
nicht  für  diejenigen,  welche  ihr  Leben  gering  achten." 

Die  im  Jahre  ISOS  eingebrachte  HUrgerwehr  Vorlage  ist  von 
beiden  Kammern  angenonmieu  und  von  der  Regierung  zum  fieset/. 
erhoben  worden.  Die  aktive  Bürgerwehr  besteht  aus  allen  ledigen 
Bürgern  vom  is.  bis  zum  35.  I>ebensjahrc,  die  Reserve  aus  den 
verheiratelrii  lUirgern   vom    18.  bis  40.  und   aus   den   ledigen  vom 

bis  4."».  Jahre.  Die  .Aushebung  geschieht  in  der  Hauptstadt 
durch  das  Kriegsministerium  und  im  Kamp  durch  die  Ortsbehürden. 
Befreit  vom  Dienst  sind  —  abgesehen  von  körperlicher  Untauglichkeit 

—  die  Mitglieder  der  Staatsgewalten,  Schollebrer,  Post-  und  Tele- 
graphenbeamte, Angestellte  der  Eisenbahn  soweit  sie  nnc»itbehrlich, 
Arzte  und  Ueilgehilfen,  Angehörige  der  Qeistliehkeit,  sowie  Söhne, 
welche  für  den  Unterhalt  hochbetagter  oder  erwerbsunfähiger  Eltern 


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Das  Heerwesen  Paraguays. 


7a 


m  sorgen  haben;  letelere  sind  jedoch  nur  ron  der  aktiven  Bttrger- 
wehr  befreit  und  haben  in  der  Reserve  Dienst  zn  leisten. 

Die  Lehrllbnngen  danem  während  4  Monaten  im  Jahr  an  jedem 
Sonn-  und  Feiertag  3  Stunden.  Fehlen  bei  diesen  Übungen  wird 
mit  3  bis  6  Tagen  Eixereitien  in  der  Linientrappe  bestraft. 

Wer  sich  der  Einschreibung  in  die  Ausbebongslisten  entzieht, 
wird  mit  1  Jahr  Frontdienst  im  stehenden  Heere  bestraft. 

Die  Regierung  soll  fttr  Bewaffnung  und  Unifonniernng  der 
Gnardia  National  sowie  ftlr  deren  £rbaltnug  Sorge  tragen. 

Alle  Jahr  einmal  kann  die  aktive  Btligerwehr  ganz  oder  teil- 
weise zn  Kasernen*  und  Feldttbungeo  eiuberafen  werden,  die  aber 
nicht  länger  als  60  Tage  währen  dürfen;  in  dieser  Zeit  beziehen 
die  Nationalgardisten  Kation  nnd  Sold  in  derselben  flöhe  wie  die 
Linientrappen. 

Nach  dem  „Boletin  Oficial  '  ist  dw>  Militärbudget  fllr  1900  mit 
540000  Pesos  festgesetzt  und  weist  gegen  trliherere  Jahre  (abgt'selien 
von  1899)  eine  grulse  Verminderung  nach,  nicht  zum  Besten  der 
Armee,  aber  der  jetzt  ailgemeiueu  Hichtong  in  Südamerika  folgend: 
Ersparnisse  da  zu  machen,  wo  sie  am  meisten  schaden,  wo  sie  in 
Zeiten  der  Not  nicht  wieder  einzubringen  sind  ond  oft  mit  dem 
Ansehen,  ja  mit  der  Freiheit  des  Landes  bezahlt  werden  müssen! 

Die  Infanterie  träjrt  dunkelblaue  Köcke  ond  Hosen  mit  roten 
Abzeichen,  die  Kavallerie  hat  rote  Hosen.  Die  Artillerie  ist  in  der- 
selben Uiiit'(irni-(Trundfarhe  p'kleidet,  jedoch  mit  karmoisinroten 
Abzeichen,  vorn  am  Käppi  hat  sie  2  «rekreuzte  Kanonenrohre  und 
eine  Granate.  Oewühnlich  werden  dunkelijlaue  Hlouse  und  Hose 
mit  roten  Ahzeiehen  von  allen  Waffen  und  im  Sommer  weifse 
Anzüge  getragen.  Die  Gala-l'nitorm  lllr  Generäle  ist  reich  mit 
Gold  gestickt.  Die  Generaistabsottiziere  und  Adjutanten  des  Präsi- 
denten haben  Fangschnüre  in  Gold  und  Silber.  Die  Generale 
können  aulser  Dienst  Civil  anlegen;  in  Unifonn  dürfen  Sonnenschirme 
vom  .Militär  nicht  getrajren  werden.  Die  Bewaffnung  ist  eine  gute, 
die  Infanterie  führt  Winchesterbüehsen,  die  Kavallerie  den  Karabiner 
und  zum  Teil  Lanzen.  Das  Artilleriematerial  lagert,  ebenso  wie 
dasjenige  der  Infanterie,  teilweise  Im  Armeepark  zu  Asuncion. 

Es  sind  4-,  6-  und  Seni-(ieschtttze  (teilweise  Krupp)  vorhanden. 

Die  Disziplin  ist  in  ruhigen  Zeiten  ganz  gut  und  hält  auch,  bei 
eiserner  Strenge,  \m  Kriege.  Bei  innern  l  nruhen  ist  aber  auf 
die  Truppe  kein  Verlals  und  kann  es  nicht  sein.  Da  die  Soldaten 
auf  die  Verfassung  vereidigt  sind,  ist  jeder  berechtigt,  sich  ein 
Urteil  Uber  Thnn  and  Lassen  des  Präfildenten  zn  bilden.  Ja,  der 
gewissenhafte  Mann  wSie  sogar  irerpffichtet^  zn  opponieren,  wena 


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74     Stärke,  lUterial  and  Lelitungen  dor  Feld-Artlllerle  im  Barenkfiege. 


nach  seiner  Ansicht  I  np^setzliches  angeordnet  wird.  Es  ist  selbst- 
verständlich, dafs  damit  Jede  Widersetzlichkeit  entschuldigt  werden 
kann  und  crstaunlieh,  dals  noch  alles  in  so  fruter  Ordnung-, 
wenigstens  äufserlich.  bleibt,  wie  es  der  Fall  ist,  so  lauge  —  bis 
eine  ernstliche  Probe  auf  das  Exenij>el  gemacht  werden  muls.  Ein 
solcher  Zustand  mag  flir  den  sogenannten  \  olksbegliicker  ein 
erstrebenswerter  sein,  der  Soldat  mufs  ihn  gänzlich  verwerten. 

Auch  in  Paraguay  wird  einmal  die  Stunde  kommen,  wo  man 
das  Falsche  der  gepflegten  Auffassung  einsieht,  möchte  es  dann 
nicht  zu  spät  sein  und  Volk  wie  Heer  erneut  jenen  Mot  und  die 
hervorragende  Ausdauer  zeigen,  mit  welchem  es  io  seiner  gri^üsten 
Zeit  sich  die  Bewunderung  der  Welt  errang.  T. 


Vf. 

Stärke,  Material  und  Leistungen  der  Feld-Artiilerie 

im  Burenkriege. 

Anfang  Februar  d.  Js.  erUBzte  der  Staatssekretilr  Wyndham  im 
EngUschen  Parlament,  dals  binnen  Knizem  (ohne  die  8.  DiriBlon  and 
^e  4.  KavaUerie  Division)  180000  Mann  in  Sttd-Äfiika  stehen 
würden,  mit  234  Feldgesehtttasen,  54  Geschtttaten  reitender  ArtiUerie, 
36  schweren  (Feld-)  Haubitzen,  36  Belagemngs-  nnd  38  Marine- 
geschützen. Dies  würde  bei  einer  Stiirke  von  rand  56000  Mann 
regulärer  Infanterie  (Kombattanten)  eine  völlig  ausreichende  Artillerie- 
Ansrttstang  bedeuten,  wozu  noeh  50—60  halb-automatiBche  Mazim- 
gesohtltze  hinzukämen. 

Trotzdem  haben  während  des  ganzen  Feldzuges  die  Klagen  ttber 
die  zu  schwache  ArtlUerie  nicht  aufgehört,  obgleich  deren  stete, 
wenn  auch  „tropfenweise*'  Verstiirkung,  diejenige  der  anderen  Waffisn 
mhältnismäMg  ttbertroffen  hat.  Eine  nähere  Berechnung  ergiebt 
sogar,  daÜB  die  oben  angegebenen  offiziellen  ZaUen  in  Wirkliohkdt 
noch  zu  gering  sind. 

Während  im  Anfang  des  vorigen  Jahres  nnr  5  Batterien,  im 
Anfang  des  Krieges  in  Natal  nur  7  Batterien  (darunter  eine  Gebirgs- 


^  lyui^L,^  1  y  Google 


Stürko,  Hatorial  und  LoiBtungen  der  Peld-AitUtorie  im  Baranlutoge.  75 


batterie),  im  Kapland  sogar  nar  2  Festnngskompafiiieii  standen, 
war  bis  Mitte  Febmar  d.  Jb.  die  ZaU  der  Feid-  (and  reitenden) 
Oesehtttze  anf  Aber  860  angeBcbwoUmi.  Denn  aniser  den  DividonB- 
Artillerien^)  (immer  3  Bttm.  pro  DiviBion)  worden  noch  besondere 
Artillerie -Versttrknngen  gesandt:  am  13.  Dezember  v.  J.  3  reitende 
Batterien,  dann  die  4.  Gebirgsbatterie  f  an  Stelle  der  bei  Ladysmith  ver> 
lorenen),  sowie  ans  Indien  2  reitende  Hatterien  (N.A.  nnd  J.).  2Battcrien 
der  7.  Division  trafen  erst  Ende  Febmar  ein. 

Von  den  rqnd  '360  Feldgesobtttzen  gehörten  znr  Haoptannee 
Roberts  156,  zu  Baller  60.  /ii  Gatacre  18,  zu  den  Truppen  bei 
Arundel  Naauport  '2(>  Geschütze;  die  übrigen  standen  ant  den 
\'erbindung-en,  in  den  festen  Punkten  and  Städten.  Von  den  18 
Feldhaubitxen  gehörten  12  zum  Korpz  Methuen,  die  andern  za 
dem  Ballers.  Von  den  Mariuege  schützen  befanden  sich  Mitte 
Februar  bereits  58  aasgeschiffit,  deren  12  bei  Buller,  8  in  Ladysmitb, 
12  bei  Lord  lloberts. 

Dazu  kamen  Ende  Februar  oder  im  März  noch  weitere  72  Feld- 
geschütze. 36  aus  den  Kolonien.  46  aus  Eng:land  (die  13.  1-4.  15. 
Abteilung:,  den  letzten  noch  in  Irland  verbliebenen  14  Batterien 
entnouuncii),  sowie  eine  neue  Ilaubit/.abteilung  mit  18  Geschützen. 
In  der  Mobilisierung  begriffen  sind  noch  18  Feldgeschütze  in  England, 
6  in  den  Kolonien. 

Damit  sind  aber  Eujrlands  Kräfte  nicht  erschöpft,  vielmehr  sind 
zur  Bildung  der  Artillerie  für  2  vollständige  neue  Armeekorps  (48 
Battericnl)  sowohl  von  Araistrong-  wie  von  Maxini-\  i'ckers  neue  4,7 
zollige  und  6  zollige  Geschütze  bestellt,  von  di  nrn  6  bereits  Ende 
Januar  in  See  gegangen  sind.  Ob  es  sich  bewahrhcitiit.  dafs  durch 
die  \  erzichtleistung  Japans  und  anderer  Staaten  auf  ihre  in  England 
gemachten  Bestellungen  -zu  <  Gunsten  Englands,  oder  mit  Hilfe  aus- 
ländischer Finnen  der  Bedarf  gedeckt  werden  soll,  erscheint  bis  jetzt 
zweifelhaft  —  ebenso  ob  für  all  diese  Neuformationen  die  ausge- 
bildeten Offiziere  und  Mannsehaften  zu  beschaH'en  sind. 

Ergiebt  sich  so  die  nummerische  Stärke  als  absolut  und  relativ 
sehr  hoch,  so  sind  auch  die  englischen  Klagen  über  die  Minder- 
wertigkeit des -Materials  nicht  berechtigt.  —  Das  Feldgesciiütz,  ein 
15'PfUnder,  von  76,2  mm  Kaliber  stammt  zwar  aus  dem  Jahre  1884, 
ist  aber  als  Geschütz  C/95  unter  gleichzeitiger  fiRBfarung  des  raucb- 
sebwacben  PnlreiB,  albnäblieb  sehr  verbessert  worden.  £s  ist  daher, 
Ton  den  grofeen  mittleren  Streuungen  auf  den  weiten  Entfemnngen 
abgesehen  (anf  6000  m  ist  die  mittlere  Lllngenstrenung  mit  As. 
a.  B.  142  m  gegen  40  m  des  dentsehen  Geschtttces)  dem  früheren 

0  uud  der  Korpä- Artillerie  BuUer» 


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76      Stiirke,  Material  und  Leistimgeu  der  Feid-.\j-tiiierie  im  BureDkriege. 


deutschen  FeldgeBchtltz  C/88  in  ballistischer  Beziehiing  nicht  iriel 
unterlegen.  Aofiier  Kartiltschen  Terfeoert  es  nnr  Sehrapnels,  nnd  zwar 
Bodenkammerschrapnels  mit  Doppelzllnder  ond  200  Kageln  FttUong 
nnd  einer  Anfangsgeschwindigkeit  von  471  in.  Der  Brennzttnder  reicht 
bis  3650  m.  Die  Lafetten  sind  zun  Teil  mit  hydranlischen  Bremsen 
versehen,  die  Fahrbarkeit  ond  Handlichkeit  im  allgemeinen  aber  nicht 
hoch.  Als  Maximalschnfsweite  flir  Az.  geben  die  englischen  Schals- 
tafeln  anf  horizontalem  Boden  (bei  15  Grad  Erhöhnngswinkel)  nnr 
5000  m  an,  während  es  thatsilchlieh  am  etwa  2000  ro  weiter  tragen 
könnte.  Für  die  reitende  Artillerie,  für  die  das  System  C/84 
besonders  nngttnstig  war,  hat  man,  entgegen  dem  sonst  Überall 
erstrebten  Prinzip  des  Einheitsgeschtttzes,  nachträglich  ein  besonderes, 
als  ,4)rahtkanone'*  angebautes  Gühlitz  einführen  mttssen  (jedoch 
von  demselben  Kaliber  7,6  cm),  das  als  12-Pfllnder  mit  263  Kl. 
Zaglast  pro  Pferd  das  leichteste  aller  Feldgeschütze  darstellt  Die 
Schrapnels  sind  wosentlich  leichter,  and  mit  dem  Feldgeschütz  ver- 
taaschhar,  aber  nicht  die  Kartuschen! 

Von  den  Granaten  der  7-pfUndigen  Gebirge batterie  (4.)  kann 
man  keine  grofsen  artilleristischen  Leistungen  yerlangen.  Die  mit 
Lydditgranaten  und  Schrapnels  ausgerüsteten  12,7  cm-kalibrigeu  Feld- 
HaubitzenM  sind  fllr  den  beweglichen  Feldkrieg  eigentlich  schon  za 
schwer  (die  deutsche  Haabitze  hat  nnr  10,5  cm  Kaliber),  und  als 
wirkangsvollcs  Positionsgeschiitz  wieder  etwas  leicht  Von  den  etwa 
30  schweren  Geschützen  des  1^»  !  n  jernngsparkes,  dessen  erster 
Teil  am  {).  Dezember  TOn  England  abgegangen  ist,  liesteht  der  gröfsere 
Teil  an-  iri,>  cm.  der  kleinere  aus  12,5  cm  und  10  cm  Haubitzen, 
für  LydUitgranatPii  und  nndfre  rieschosse  bestimmt. 

Obgleich  ursprünglich  lUr  die  Belagerung  der  feindlichen  liaupt- 
stiidte  bestimmt,  würden  die  Engländer  sie  mit  grolsem  Vorteil  auch 
gegen  die  Burenstellungen  im  Felde  verwenden  können,  was  aber 
nicht  geschehen  zu  sein  scheint.  Durch  Abänderung  der  Lafettierun^' 
soll  auch  das  12-pfündige  Schnellfeuer- Oesehütz  der  Festuiifr^^artilierie 
für  den  Positionskrieg  in  Siulafrika  brauchbar  gemacht  werden.  Es 
ist  zwar  etwas  schwerfällig,  verfeuert  aber  Lydditgrauaten  bis  auf 

')  Lydditi^ranatcn  t'xistii'iten  noch  im  Jahre  I8i>7  nur  Iflr  die  15  em-Haiibitz«'. 
Lyüdit  iat  geschmolzene  Pikrinsäure;  e.-*  wird  also  kaum  eine  wosentUch  hühere 
Wirkung  haben  wie  die  FUllnng  onserer  .Sprenggranateo. 

Die  HsnbitM  verfeuert  22,7  kg  sobwere  Sebmpnels  mit  288  Kugefai  und 
bis  8100  m  mit  Brennzfbider.  Die  grOfste  Sehnfoweite  (Bogeniehtifft)  mit  As. 
ist  4  500  ni. 

Die  Manusciialten  sind  ebenso  wie  bei  den  fahrenden  Batterien  mit  PLstuleu 
und  pro  Batterie  mit  12  Karabinern  ausgerüstet. 


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StibkOt  Matorlftl  und  Ldstongen  der  Feld-ArtiUerie  im  Bnreokilege.  77 

lüOOO  Vards  Entfernung:.  —  Die  Marine- (Flachbahn-)  GesehUtze, 
nafliträirlich  fahrbar  jreraacht,  sind  moderne  Schnellfeuer -Geschütze 
verschiedenen  Kalibers  und  zwar  von  cm,  12  cm  and  7,02  cm. 

Die  M  ax  im -(U* schütze  bedeuten  zwar  mehr  <'ine  Verstärkung 
des  infanteriefcuers;  sie  müssen  aber,  bei  der  ^^rolseu  KoUe,  die 
sie  bisjetzt  im  Burenkriepre  ^^espielt  haben,  erwähnt  werden.  Sie  sind 
Ijekaautlich  nach  Art  der  alten  Mitrailleusen.  deren  Namen  sie  auch 
vielfach  führen,  für  Infanterie -Patronen  einfrerichtetj  jedoch  sind  von 
den  Engländern  auch  mehrfach  schon  solche  für  stärkeres  Kaliber 
als  besonders  wirksam  erprobt  worden.  Je  2  solcher  Maximgeschütze 
bilden  unter  einem  Oftizier  eine  ..Sektion'';  jeder  Infanterie-  oder 
Kavallerie brigade.  und  jedem  Bataillon  berittener  Infanterie  ist  eine 
solche  Sektion  zugeteilt.  Die  Maxiras  der  Infanterie  haben  besondere 
Lafetten,  während  bei  denen  der  berittenen  Truppen  das  Geschützrohr 
direkt  auf  der  Protze  befestigt  ist. 

Anders  steht  es  mit  dem  l)Qnt  ..zusammeugewürlelten'*  und  an- 
scheinenil  jdaulos  zusammengestellten  Artillerie  -  Material  der 
Buren,  bei  dem  jedoch  das  sicher  vorhandene  von  dem  wahr- 
scheinlichen zu  trennen  ist.  Sicher  ist,  dals  die  Buren  H  moderne 
Schnellfeuer- Geschütze  haben,  von  Kaliber  7,5  cm,  aber  von  ver- 
schiedenster Herkunft:  von  Krupp,  Schneider -Creasot,  ja  von  Maxim- 
Nordeofeld  in  England.  Die  Geschütze  sind  ziun  Teil  leicht,  zum 
Teil  aefawer,  mit  oder  ohne  MetallpafcroDen,  mit  raaehaturkem  oder 
raadiBchwaebem  PolTetf  ohne  oder  mit  fiimlehtiiog  zum  schneUeren 
Feuer.  Diecte  44  Geschtttze  verfeaem  (anlser  Kartätschen)  Granaten 
nnd  Stahlschrapnelfi  Bz  mit  450  m  bis  460  ro  Anfangsgeschwindigkeit» 
and  leisten  ungefähr  dasselbe  in  ballistischer  Beziehung  wie  das 
englische  Feldgeschtttz,  oder  wie  das  deutsche  Feldgeschtttz  G/73; 
jedoch  sollen  die  von  Grensot  gelieferten  schweien  7,5  cm  hinsichtlich 
der  SchieMeistnng,  der  Beweglichkeit  nnd  namentlich  der  Munition 
(Brauchbarkeit  der  Zünder,)  weit  hinter  jenen  von  Krupp  stehen.  — 
Anfserdem  verfügen  die  Buren  noch  Uber  6  ältere,  nur  fttr  Granaten 
eingerichtete  ,7,85  cm-Geschttize,  Uber  4  alte  6  cm  nnd  4  (6)  neue 
3,7  cm-Gebirgsgeschtttze  von  Krupp,  24  (oder  36)  8,7  cm-MaiBchinen- 
kanonen  von  Maxim- Nordenfeld  nnd  50  Maxim-Maschinen-Gewehre, 
die  zum  Teil  die  Munition  des  alten  Maztui- Henri -Gewehres,  zum 
Teil  die  des  Mauser- Gewehres  veischiel^en. 

Die  schwere  Feld -Artillerie  wird  durch  acht  (oder  zwölf} 
12  cm -Feld -Haubitzen,  zur  Hälfte  von  Krupp  bezw.  von  Schneider- 
Creusot,  repräsentiert;  sie  verfenem  Granaten,  Schrapnels  undS  p  r e  n  g  - 
granaten,  sind  den  englischen  Feld-Hauhitzen  an  Beweglichkeit 
wesentlich  Überlegen,  können  aber  ihre  Munition  gegenseitig  nicht 


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76     Sl&ke,  Matorial  und  Ldstoiigea  der  Feld-ArtillMie  im  Borenkriefe. 


Tertaaschen,  so  dafs  hier  in  Bezug  auf  Munitionsersatz  dieselben 
Schwierigkeiten  hostohen,  wie  bei  den  Übrigen  Geschützen^  welche 
ebenso  wie  die  Uanbitzen  meist  in  Batterien  &  4  zosammengestelit 
sdn  sollen. 

Als  PositionsgeschUtze  dienen  6  lange  Kruppsche  15,5  cm- 
Belagernn^sgcschUtze  (darunter  der  .J^d?^'  Tom''  vor  Ladysmith  t. 
Bei  einer  Kobilänirc  von  Uber  4  m  Länge  verteuern  sie  fast  40  kg 
schwere  rrpschossc  mit  einer  Anfaiv'-- 'Geschwindigkeit  von  4Sü  ra. 
Die  Zahl  der  .Schrapnelkupreln  betrU-rt  an  500.  Diese  schweren 
Creusotireschtitze  haiien  sich  im  Gegensatz  zu  den  7,5  cm-Creuaot- 
Feldkanonen  bis  jetzt  gut  bewährt. 

Aulser  vorstehend  angeführten  sollen  aber  nach  Dokumenten, 
die  in  Durban  aufgefunden  wurden,  noeh  eine  grölsere  Anzahl 
(xeschUtze  in  den  Jahren  1894  bis  zum  Heirinn  des  Krieges  «'in^^'fUhrt 
worden  sein,  abgesehen  von  20  Geschützen,  die  uoch  während  des 
Kricfres  eingeschmuggelt  worden  sind,  .lene  Rechnungen  zählen  vor 
allem  scbsvere  (4esehUt/.e  auf,  zum  Teil  von  ganz  kolossalen  Dimen- 
sionen; 1  davon  sollen  bis  12000  Yards  weit  schiefsen.  /um  Teil 
zur  \  erteidigung  der  Engpässe  zwischen  Natal  und  Transvaal  und  gegen 
Tjadysmith,  zum  Teil  für  die  Forts  in  i'n  l  »ria  bestimmt  sein.  Ob 
diese  Geschütze  teilweise  mit  den  oben  erwähnten  15.5  cm-Kanonen 
identisch  sind,  ist  nicht  erwiesin.  Ebenso  ist  von  4H  schiiellleuernden 
14*/,-pflindigen  Schneider- Canet,  sowie  von  40  schnellfeuernden 
Maxim-Geschützen  die  Rede;  im  ganzen  sollen  nach  dieser  Quelle 
die  Buren  etwa  22<»  -2:30  schwere  und  Feldgeschütze  neuester  Kon- 
struktion besitzen. 

Die  Richtigkeit  dieser  Quelle  lälst  sich  uoch  nicht  prüfen.  Bei 
der  aniseroidentiieh  geheimen  Kriegsvorbereitnng  der  Baren,  und  in 
Anbetracht  des  wohlerwogenen  Bntschiosses.  den  Kampf  mit  dem 
Weltreich  England  an&nnehmen,  können  die  Schlolszablen  schon 
richtig  sein. 

Freilich  hat  sich  bis  jetsst  die  Baren -Artillerie  bei  vielen  Gelegen- 
heiten nammerisch  sehr  schwach  gezeigt  Aach  der  Umstand,  dafa 
nach  dem  eigenen  Bericht  des  Majors  Albrecht  „er  mit  der  Hftlfte 
setner  Artillerie  von  Natal  nach  der  Modder  geeilt  sei,  dort  die  beiden 
Schlachten  mitgekämpft,  nnd  dann  mit  derselben  Artillerie  am 
15.  Dezember  wieder  bei  Oolenso  mitgewurkt  habe",  dies  alles  spricht 
eher  für  eine  wenig  zahlreiche  Artillerie,  macht  aber  der  Gewandt- 
heit der  Boren  and  ihrer  geschickten  Ansnatzang  der  Eisenbahnen 
anf  der  inneren  Linie  alle  Ehre. 

Jedenfalls  ergiebt  sich  ans  Vorstehendem,  dafo  das  Material  der 
Boren  im  allgemeinen  modemer  and  daher  wohl  leistnngsföbiger, 


stärke,  Material  imd  LeUtungen  der  Feld- Artillerie  im  Burenkriege.  79 


aber  dafür  noeh  viel  mannigfaltiger  ond  insofern  wieder  nnzweek- 
mäfsiger  als  das  englisehe  ist.  Bei  seiner  Beschafihng  haben  jeden- 
falls aooli  ganz  nnmilitirisohe,  wabrsolieinUeh  politiseh-wirtBehaftliche 
MotiTe  mitjgespioehen.  —  Sehen  wir  nnn  ,wa8  die  beiderseitigen  Heere 
bisher  mit  ihrem  Material  geleistet  haben.  — 

Natttrlich  Ittfst  sieh  heute  bei  der  Unsieherheit  und  Einseitigkeit 
aller  Kaehrlehten  noeh  kein  eraehOpfendos  Urteil  Uber  die  eigenartige 
Erscbeinnng  geben,  dais  bis  jetzt  die  beiderseitige  Artillerie  meist 
nnr  eine  nebensächUohe  Rolle  gespielt  hat  Immerhin  aber  lassen  sieb 
sehen  manehe  interessante  Tbatsaehen  feststellen,  ans  denen  uament- 
lieh  hervorgeht,  dats  hier  auf  diesem  Kriegsschaaplatze  dnrcb  ganz 
besondere  Verhältnisse  eine  eutscbeideode  Thätigkeit  der  Artillerie 
erschwert  wird,  and  dafe  man  daher  noch  keineswe^^s  ein  allgemeines 
angllnstiges  Vorurteil  gegen  die  Artillerie  in  ktlnftigen  europäischen 
Kriegen  fassen  darf. 

Was  zunächst  die  Klagen  der  EuL^länder  selbst  in  Iktretl'  der 
Leistnngen  ihrer  Artillerie,  namentlich  hinsichtlich  der  viel  gerin- 
geren Sc  hüls  weiten,  gegenüber  denen  der  Baren  angeht,  so  können 
die  Engländer  infolge  der  oben  envähnten,  durch  die  Schulktafel  und 
Visiereinrichtung  auf  5000  m  fixierten  Maximalschulsweite.  die  grölst- 
mögliche  Tragweite  ihres  Geschützes  im  Az- Feuer  bis  etwa  7500 
bezw.  6500  ra  nicht  ausnutzen,  welche  die  Buren  mit  ihren  neuem 
Oesehlitzen  nach  Eingraben  des  Lafettenschwaii/ps  und  besonders  bei 
ihren  meist  von  oben  nach  unten  gerichteten  Flugbahnen 
erreichen.  Wahrscheinlich  wi-rden  dir  Kurf  n  üIxt  auch  (mit  dem 
Krappschen  Zeit/.ündcri  i)is  r.ut'  42(H)  ni.  also  um  (iOO  ni  wcilir  wie 
die  EngUliultT  mit  8chrapnels  Bz.  schidsen  können.  erklärt 
sich  auch,  dals  nach  Angabc  Vich-r,  z.  B.  auch  des  Baltischen  Ar/,t«'s 
von  Gernet,  die  meisten  durch  Englische  .Artillerie  hervorgeruteneii 
Verwundungen  (und  sie  sind  bis  Jetzt  weit  zahlreicher,  als  die  durch 
Infanteriegeschosse)  meist  sehr  leichter  Art  sind.  Denn  die  englische 
Artillerie,  schtm  wegen  des  weittragenden  Mausergew ehre.s  meist  auf 
grulse  Entfernungen  angewiesen,  schiefst  wohl  oft  auf  Entfernungen, 
die  Uber  H6()<)  m  liegen  mit  Schrapnels  Bz..  so  dafs  zu  grolse  ."^preng- 
weiten  entstehen,  und  die  Schrapnelkugeln  ..matt  wie  Pistulenku^reln*' 
keine  Durchschlagskraft  melir  haben.  Denn  da  das  englische  (rc-chors 
auf  z.  B.  :?000  m  mit  257  m  noch  eine  gröl'sere  Endgeschwindigkeit 
und  einen  gröfseren  bestrichenen  Raum  als  das  Deutsche  (Tcschütz  C/91 
zeigt,  so  trifft  nicht  das  Material,  sondern  der  falsche  Gebrauch 
desselben  die  Schuld  an  der  niangel hatten  Wirkung. 

Sehr  wichtig  ist  es  daher,  tlals  den  Buren  aufser  dem  Schrapnel 
noeh  die  Grauute  zur  Verfügung  steht,  so  dals  sie  also  auf  weiten. 


so     StXrfce,  Mftterial  und  LebtuBg«!  der  Feld-Aitilletk  im  BoMnkiiflge. 

Uber  der  Maxirnalbrennzeit  lu-croiiden  EnttVrnungeu,  dem  englischen 
Öchrapnel  Az.  ein  viel  wirksameres  Geschols  entgegensetzen  ktinnen. 

Und  die  Wirkung:  eines  gut  gezielten  Graiiatfeuers  bat  man  doch 
noch  vom  Jahre  IJSTu.  als  es  noch  keine  Sehrapnels  gab.  in  bester 
Erinnerung.  Gegen  ein  Graiuitfeuer  von  über  5(KK)  ni.  oder  schon 
Hbf  r  :5(;.">(),  der  englischen  Maxinialsehrapnel- Entfernung  für  Bz.  an. 
kuiHKMi  also  die  Engländer  weder  mit  Feld-Geschützen  noch  mit  Feld- 
llaubit/.en  etwas  gleichwertiges  einsetzen,  —  wenn  sit-  nicht  Marine- 
Gex'htltze  oder  schwere  Haubitzt'n  zur  Stelle  haben.  Nur  ganz  aus- 
naliiii-wcis«'  hat  man  daher  von  wirksamem  Schrapnelfeoer  der  Buren, 
auf  weitere  Entfernungen,  fast  immer  von  ihrem  verderblichen  Grauat- 
feuer  gehört  jz.  B.  vor  der  Wiedereinnähme  des  Spioukops). 

Dazu  konnnt  aber  noch  ein  sehr  wesentlicher  Faktor.  Da  die 
betretiende  Zahl  des  Brennzünders  bekanntlich  mit  der  ermittelten 
Az. -Entfernung  mei>t  nur  unter  normalen  Verhältnissen,  d.  h.  bei 
gleiclier  Hohe  des  Geschützes  und  des  Zieles,  bei  bestimmten  Lutt- 
und  'reinperaturverhältnissen,  bei  tadellosem  Zustand  der  Munuimi 
u.  s,  w.  Ubereinstimmt,  so  muls  nach  dein  Eiiischiefsen  mit  Az. 
gewühnlich  durch  das  sog.  „i'iattenverfahreo"  erst  noch  die  Brenu- 
ÄCit  reguliert  werden. 

l8t  dies  auch  nach  anseren  Begriffen,  bei  methodisch  aoB- 
gebildeten  Otüziereu  und  MaDoscbaften  ein  einfaches,  gewissermaiseo 
selbstretständliehes  Verfahren^  so  wird  es  doch  bei  flttohtig  aos- 
^ebiideten  Milizen  ond  Söldnern  seine  Schwierigkeiten  haben,  zmnal 
das  Schieben  im  Gebirgsgelände  doieh  den  Ansgleich  der  oft  groben 
Höhenunterschiede  zwischen  Batterie  ond  Ziel  noch  liomplizierter 
wifd.  Es  seheint  nns  daher  sehr  wahrscheinlich,  dab  das  Schrapnel- 
«chiefsen  anf  beiden  Seiten  sehr  oft  in  Folge  mangelhaften 
Verständnisses  and  nngenttgender  Ansbildnng  rerfehlt  nnd 
wirlcnngslos,  die  Ursache  davon  aber  irrtttmlicher  Weise  wieder 
dem  an  ond  fUr  sich  gnten  oder  doch  genügenden  Material  zur 
Last  gelegt  wird.  Es  macht  daher  fast  den  Eindmok,  ab  ob  die 
Baren,  von  deren  Scbrapnelsohieben  man  so  wenig  bOrt^  nelfacb  auf 
das  prekäre  Bx-schielsen  verzichteten,  nnd  sich  auf  das  einfachere 
Schieben  mit  Sehrapnels  Az.  oder  Granaten,  and  aaf  Maschinen- 
Oewehrfeaer  beschränken.  Infolge  nnrichtiger  Behandlang  der  Zünder 
sowohl  bei  Az.  wie  namentlich  bei  Bz-schieben,  entstehen  natürlich 
oft  wirknngslose  „Blindgänger^.  Aach  wird  oft  der  sttdafrikanischewdehe 
Sandboden  das  Krepieren  der  Anfschlaggeschosse,  ancb  der  englischen 
Lyddltgranaten  verhindern.  Scheint  auch  tbatsächllch  die  Munition 
der  von  Schneider -Creosot  gelieferten  Feldgeschütze,  im  Gegensate 
zn  dem  deatsehen  Material  nicht  fehlerfrei,  and  so  den  Boren  groben 


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I 


stärke,  Material  und  Leiatongen  der  Feld-Artillerie  im  Bureoknege. 

uuverscbuhleten  Nachteil  zu  brbgen,  so  kann  doch  jetzt  ein  Ver- 
(lamniunfTsurteil  noch  nicht  gesprochen,  vielmehr  als  gröl'stcr  Nachteil 
für  jede,  auch  die  In^ste  Munition,  der  lange  Seetransport,  das  oft 
enorm  feuchte  und  wechselnde  afrikanische  Klima,  sowie  die  un- 
vermeidlichen schlechten  Lagerungs-  und  \erpackungs- Verhältnisse 
unter  ungeschulten  Händen  genannt  werden.  Dasselbe  gilt  natllrlich 
aacb  TOD  den  englischen  Zündern,  namentlich  der  Lydditgranaten, 
ron  denen  nach  dem  Zeagnils  des  Migor  Albrecht  höchstens  10*/, 
krepieren  sollen  (.').  Die  gfobe  EnMoflcbang,  welehe  die  von  ihm 
seibBt  „organisierte^  und  ausgebildete  Burenartillerie  herrorgerufen  hat 
„dals  dieselbe  oft  trots  stundenlanger  Bescbieisong  noch  keine  100 
Engländer  aulser  Gefecht  setze*^  findet  zum  Teil  gewüs  in  den  oben 
angeführten  Verhältnissen  ihren  Grund. 

Dazu  kommt  bei  den  Buren  noch,  dafe  sich  nur  selten  eine 
eigentliche  „Fttbrung**  der  Artillerie,  in  unserem  Sinne 
wenigstens,  gezeigt  hat.  Noch  nie  wurden  Buren  bat  terien,  immer 
nur  einzelne  Geschütze  erwähnt,  sowohl  bei  der  Belagerung  von 
Ladysmith  als  im  freien  Felde.  Briefe  von  deatsehen  Artilleristen 
lassen  z.  B.  erkennen,  dals  oft  Gesehtttze  des  Terschiedensten  Systems 
und  Kalibers,  in  stets  wechselnder  Zahl  neben  einander  im  Feuer 
stehen.  Von  einem  planmäbigen  Einschieisen,  einer  Feuer- Kon- 
zentration n.  8.  w.  soll  fast  nie  die  Rede  sein,  so  dals  die  sehr  gute 
artilleristische  Vorbildung  und  Findigkeit  des  Einzelnen  doch  schlielslich 
nicht  voll  zur  Geltung  kommt  Das  einzelne  Geschütz  ist  gewisser- 
raafsen  die  taktische  Einheit,  wie  z.  B.  nach  der  2.  Tugela- Schlacht 
ein  Gegchtltx  den  abrückenden  Engländern  folgte  und  ihre  PoDton- 
brUcke  beschols!  Ob  das  Verfahren,  in  überlegenen  teindliehen 
Artilleriefeuer  den  Kampf  einfach  aufzugeben  nod  vorübergehend  volle 
Deckung  zu  suchen,  immer  empfehlenswert  ist,  erscheint  fraglich, 
pafst  aber  entschieden  in  das  ganze  System  der  Burentaktik,  fttr 
welche  die  Artillerie  überhaupt  ein  zwar  notwendiges,  aber  noch  etwas 
fremdes  und  ungewohntes  Element  bedeutet.  Mit  ihrer  Führung  haben 
die  Buren  daher  aach  vorzugsweise  fremdländische  üftiziere  der 
verschiedensten  Waffengattungen  betraut,  was  ihrer  Leistung,  anfangs 
wenigstens,  wohl  auch  nicht  zweckdienlich  war.  Dals  die  Kämpfe 
am  5.,  6.  und  7.  Februar  l  Bullers  8.  Kntsat/versuch)  vielfach  als  eine 
Artillerieschlacht"  bezeichnet  werden,  beweist  an  und  für  >ich  noch 
keine  sachgemäfse  .\rtilleriefUhrung,  da  die  Situation  des  Geländes 
den  Buren  aufserordentlich  günstig  war.  wahrend  die  Engländer  ihre 
schwere  Artillerie  südlich  des  Tugela  lassen  und  mit  ihren  Feld- 
batterien den  Kampf  von  dem  niederen  Flulsthale  aus  gegen  die 
feindliclierseits  vorbereiteten  Höhenstellungen  aufnehmen  mufeten. 

Jaüirbücber  für  dia  d«aUche  Anne«  us4  Muui«.    Bd.  llö     1  6 


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82     Stiirke,  Material  and  LeiatmigMi  der  Feld-Artillerie  im  finrenkriege. 

Dabei  darf  nicht  Übersehen  werden,  dafs  Schrapnelfeaer  ge^en 
kunstjje recht  eingegrabene  Infanterie  wie  die  Buren,  stets  so  gut 
wie  wirkungslos  ist,  selbst  von  der  Flanke  aus,  wenn  die  SehUtzen- 
gräben  wie  hier  in  .,S"-Form  angelegt  sind.  Eine  wirkliche  Vor- 
bereitung des  Sturmes  kann  also  blos  durch  Steilfeu  ergesehütze 
geschehen,  d.  h.  durch  die  wenig  zahlreichen,  flir  den  Feldgebrauch 
etwas  schweren  13  cm-llaubitzbatterieu  —  wenn  man  auf  \  erwendung 
der  Geschilt/e  des  Heiagerungsparkes  verzichten  will  oder  niufs. 
Die  Maximalschulsvveite  der  Feldhaubitze  beträgt  nur  4  ö00  ni ; 
znr  Wirkung  verlangt  sie  wie  jedes  Wurfgeschütz  eine  sehr  sorgfältig 
geschalte  Bedienung,  namentlich  ein  sehr  genaues  Einscbielsen^  was 
bei  der  Kansl  der  Boren,  ihre  Erdwerke  zn  maskieren,  nur  selten 
gelangen  sein  wird. 

Die  Geländeverhältnisse  in  Natal  waren  den  Engländern 
ttberaus  ungünstig,  da  sie,  meist  tiefer  stehend,  infolge  der  stets  sieb 
voreinander  anfbanenden  Httgel  oud  Ketten,  keinen  Überbiiek  Uber 
Feind  nnd  Gelände,  eine  Haaptbedingaag  Jeder  artiUeristischen 
Thätigkeit,  erlangen  konnten,  and  oft  dabei  anf  die  Meldangen  des 
Loftballons  angewiesen  waren.  Der  hoher  stehende  Gegner  hatte 
aber  alle  Vorteile  des  Geländes  nnd  der  Verteidigung  auf  seiner 
Seite.  Die  Kämpfe  unter  Lord  Roberts  m  dem  mehr  ebenen  nnd 
freien  Oraigefreistaat  brachten  daher  aneh  gleicbmätsige  Chancen 
und  em  Überwiegen  der  englischen  Artillerie. 

Hat  so  die  englische  Artillerie  gewife  mit  sehr  gto&en  Schwierig- 
keiten za  Wimpfen,  so  tritt  als  weiterer  Nachteil  aaeh  bei  ihr  die 
geringe  taktische  Ausbildang  hinzu.  Bekanntlich  ist  ja  jeder 
englischen  Division  von  8  Bataillonen  Infanterie  dnrehscbnittliob  eine 
Abteilung  von  3  Batterien  zugeteilt  (abgesehen  von  der  Korps- Artillerie 
und  besonderen  Formationen).  Aber  bei  der  allgemeinen  Zerreitsung 
fast  aller  höheren  Verbände,  die,  nach  den  Niederlagen  Wbites 
in  Natal,  infolge  der  Verlegnng  des  Haupt kriegsschauplatzes  von 
Kapland  nach  Natal  eintrat,  and  für  den  Feldzng  verhängnifsvoll 
wurde,  hat  auch  die  Artillerie  vielfach  ihre  Verbände  und  ihre  Zu- 
gehörigkeit geändert,  and  ein  noch  weniger  organisches  Veriiältnis 
zn  den  andeni  Waffen  eingenommen,  als  bisher. 

Eine  Zersplittenmir  des  englischen  Artilleriefeuers  wird  auch 
dadurch  begünstigt,  dais  höhere  A rtilleriefUhrer  Uber  die  Ab- 
teilungskoiuniandeare  hinaus  nicht  vorhanden  sind,  und  diese  oft 
noch  zu  anderweitiger  Verwendung  abkommandiert  werden.  So  geht 
denn  auch  die  taktische  Leitung  auf  die  Batteriekoniniandeure 
Uber.  So  wären  z.  ß.  die  Abteiiungskoinmandeure  Methuens  in 
De  Aar  zurückgelassen  worden.    Man  sieht,  dals  es  noch  an  den 


ui^ui-L-j  cy  Google 


SOrfce,  Material  und  Leiatangeii  der  Feld*ArtiUerie  im  Burenluiege.  83 


wichtigsten  modernen  Bogriffen  der  KriegsfUhrang  fehlt.  So  wird  es 
erivlärlicher,  dals  ein  richtiges  Zusammenwirken  der  Waffen  aasbleibt 
Die  Artillorit»  arbeitet  der  Infanterie  vor,  begleitet  sie  aber  nicht 
während  des  Sturmes  mit  Feuer,  so  dals  der  vorher  oft  aus  den 
Verschanzungen  herausgetretene  Verteidiger  der  stürmenden  Infan- 
terie völlig  unerschUttert  entgegen  tret«*n  kann.  Der  Verlust  der 
beiden  Batterien  Nr.  14  und  7  l>ei  Colcnso  (durch  (iewelirfeuer  auf 
H<M)  m,  nicht  durch  Schnipnelfeuer  der  Buren)  zeigt  grofse  rnvtM- 
jiiehtifrkeit  iiiui  mangelhafte  Aufl^lHrll^L^  trotz  vorheriger  besonderer 
Warnung  seitens  des  OberkoinniaiKÜerenden. 

Die  iiTofse  Wertschät/iin^',  vveh'he  die  Kiigläiider  einer  vor- 
herigen Bfschielsung  beilegen,  zeigte  sich  namentlich  hei  Magerst'ontein. 
wo  stundenlang  am  Tage  vorher  die  Marine-GescliUtze  und  Haubitzen 
ihre  Lydditgranaten.  die  Feld  batterien  ihre  Schrapnels  gegen  die 
„mntmafsli ch  e  rr'  Ilühenstellungen  der  Biir<'n  -  verschwendeten. 
Die  ,,Morning- Post"  nennt  die.se  Kanunadf  selb>t  ..ein  Feuerwerk  von 
groi'sartiger  Wirkung".  Den  eigentlichen  AngrilV  am  tolgenden  Tage 
konnte  die  Artillerie  aber  nicht  vorbendttm,  da  die  Infanterie  bereits 
im  Dunkel  der  Nacht  vorgegangen  und  vidlig  geschlagen  war.  Das 
weitere  Fingreifen  der  Artillerie  (während  die  Buren  nur  ein  Maxim- 
OeschUtz  zeigten)  war  entschieden  anzuerkennen,  indem  >ie  chliefslich 
bis  auf  1500  ni.  die  Haubitzi>atterie  bis  auf  3iK)0  m,  an  die  feindlichen 
Schützengräben  heranging  und  bis  zuletzt,  den  Rückzug  deckend, 
aushielt.  Aber  sie  hatte  trotz  langer  Besehiefsung  nicht  vermocht, 
das  Burenfeuer  in  den  Schützengräben  zu  dämpfen.  Vielmehr  er- 
öffneten beim  endlichen  KUckzag  der  Engländer  ausnahmsweise  die 
Boren  ein  „wirksames"  Schrapnelfener,  das  die  desdmierten  Hoch- 
länder endgültig  mm  eiligen  ,^arttekflateo**  veranlalste.  Bei  der 
Deeknng  des  Rttekzugs  hat  Übrigens  die  englische  Artillerie  sowohl 
bei  StormboTg  (unter  Gatacre)  als  bei  Goienso  gute  Dienste  gethan; 
die  Rtleksioht  auf  sie  ist  wohl  einer  der  Grttnde,  welche  die  Ab> 
neigung  der  Baren  zum  Nachstofsen  und  Verfolgen  veranlassen. 

Fast  nirgends  aber  haben  die  Engländer  bis  jetzt  eine  greisere 
taktische  Wirkung  durch  einheitliehe  Verwendang  einer  grölscren 
ZahlBatterien  zn  erzielen  vermocht  Nachdem  die  Kämpfe  amSpionskop 
mit  dnrcb  das  Aasbleiben  der  Gebirgsbatterien  einen  so  an- 
gttnstigen  Aasgang  genommen  hatten,  scheinen  endlich  in  den  Kämpfen 
am  5.  bis  8.  Februar  die  70  bis  80  englischen  Geschütze  hanptsächlich 
in  2  grolsen  Groppen,  die  eine  auf  dem  linken  FIttgel,  die  andere 
aof  demSwartskop  gemeinsam  gewirkt  zn  haben.  Bei  der  Einsohliefsnng 
Grolles  war  durch  die  Verhältnisse  selbst  ein  Massenfeuer  geboten. 
MtfgUeherweise  machte  auch  die  Bespannung  der  Geschtttze  bisher 


34     Stärke,  Material  nnd  Leistungen  der  Feld-Artillerie  im  Burenkriege. 


unerwartete  Schwierigkeiten,  da  die  enropaischen  Pferde  sehr  unter 
dem  Klima  leiden,  vielfach  auf demSeetraosport  nnbraacbbargeworden, 
nnd  die  nenbeschaflften  Kaatöere  noch»  nnzaverlilaaig  sind.  In 
Anbetracht  der  schlechten  Wege  nnd  Verpflegong  ist  dieser  Umstand 
einer  offen siyen  Verwendung  der  Artillerie  doppelt  hinderlielL 

Dagegen  ist  es  eistannliob,  mit  welch  praktisohem  Blick  die 
Bnren  schon  zn  Beginn  des  Krieges  ihre  schweren  Gescbtttze  froh- 
zeitig  und  geschwind  auf  das  Kampffeld  brachten.  Noch  ehe  White 
ein  befestigtes  Standlager  eirichten  konnte,  beherrschten  die  schweren 
BnrengeschQtze  Ton  3  Seiten  aas  die  Umgebnn^  von  Ladysmitb  aaf 
6 — 7  km  Entfernung.  Als  Antwort  darauf  erfolgte  die  Landung 
englischer  Marinegeschütze  und  ihre  Vi  rw(  udong  viele  hundert  Kilo- 
meter weit  im  ßinnenlande  (im  Kapland  war  dasselbe  schon  im 
Oktober  v.  J.  erfolgt i.  Nur  diese  Geschütze  waren  der  schweren 
gegnerischen  an  Schulsweite  gewachsen,  nnd  gaben  der  Stellung 
Whites  iwie  derjenigen  Methuens)  einen  grofsen  Rttckhalt,  wie  sie 
Überhaupt  eitis  der  wenigen  Mittel  bedeuten,  bei  denen  die  gewaltige, 
aber  zur  Unthätigkeit  verurteilte  Flotte,  bei  diesem  ausgesprochenen 
Landkrieire  eine  Hilfeleistung  gewähren  konnte.  Auch  ist  es  jetet 
das  erste  Mal  in  der  neueren  Kriegsgeschichte,  dafs  sich  gezogene 
WurfgeschUtze,  und  überhaupt  wieder  Fcldhaobitzen,  die  seit  Jahr- 
zehuten von  den  Schlachtfeldern  Terschwunden  waren,  wieder  ein- 
ander ^^egeiiUber  stehen. 

Und  trotz  der  Neuheit  dieses  Krie^smittels  haben  die  Huren 
gerade  die  Verweiidiiii^^  ilirer  schweren  Geschütze  auch  in  den 
bewe;:lichen  Feldschlachten  beheiTscht,  und  z.  B.  während  der  Kämpfe 
bei  Culenso  und  am  7.  und  s  Februar  (auf  dem  Doomkloefi  wahr- 
scheinlich teilweise  unter  Benutzung  von  Feldbahnen,  mit  ihnen  je 
nach  Bedarf  schnellen  Positionswechsel  vorgenommen,  auch  die 
schnelle  ZurUck/.ieliuii«;-  und  ForlschatVung  der  Belagerungsgeschütze 
vor  Kiiuberley  verdient  Bewunderung.  Nähere  Nachrichten  gerade 
Uber  diese  TliUtigkeit  der  wackeren  Freilieitskämpfer  werden  von 
höchsteiu  Interesse  sein,  da  auch  künftige  europäische  Kriege  wieder 
zu  grofsen  Stellungskämpfen  führen  werden,  bei  denen  die  schwere 
Artillerie  ein  entscheidendes  \V  ort  mitzusprechen  hat. 

Koelsler. 


,Tod  dem  Scbema." 


85 


VIL 

.Jod  dem  Schema!" 


Tod  (lern  Schema!  So  kann  raan  heutigentags  überall  und 
immer  wieder  in  der  Militär-Litteratur,  in  (iespraehen  und  bei  Be- 
sprechungen ausrufen  hören.  Wer  für  die  Festsetzung  eines  Schemas 
eintritt,  der  mufs  sich  als  ein  \  ertreter  der  hnhlcn  Form,  als  ein 
Verfechter  des  ..geistlosen"  Schematismus  scheiten  la^sen.  Wer  für  die 
Festlegung  vuu-s  AngriflTsschemas  oder  eines  Normal-Verfahrens  ein- 
tritt, dem  wird  nachgesagt,  er  wolle  den  Angrift*  in  jeder  Lage  uud 
in  jedem  Oelände  nach  demselben  Schema  durchführen  lassen. 

Und  doch  wird  niemand  behaupten  kennen,  dal's  thatsächlich 
in  der  Praxis  irgendwo  ohne  Schema'),  ohne  Muster  verfahren  wird. 
Das  Schema  ist  tot,  es  lebe  das  Schema!  so  kann  man  auch  hier 
sagen. 

Zwar  lilist  unser  Heglement  hei  genauem  Studium  der  in  Frage 
kommenden  verschiedenen  Keglementssteilen  schlielslich  wohl  er- 
kennen,  welches  Verfahren  in  jedem  einzelnen  Falle  das  richtige  ist, 
aber  ein  klar  erkennbares  und  als  Anhalt  verwendbares  „Grund- 
yerfahren'*  enthält  unser  Keglement  nicht.  Statt  dessen  hat  die  Truppe 
wegen  der  thatsächlich  recht  Terschiedenartigen  Auslegung  unseres 
Reglements  mit  den  verschiedenen  Sehematas  der  jeweiligen  Vor- 
gesetzten za  rechnen. 

Wohl  wird  Ton  keiner  Stelle  ein  fest  formuliertes  Schema 
schriftlich  ausgegeben;  aber  was  ist  es  denn  im  Gmnde  genommen 
anders,  wenn  Anhaltspunkte  *,  „Grundsätze"  oder  „Gesichtspunkte** 
nittr  den  Fall"  des  Frontangrifis  aber  die  Ebene  im  beiderseits  an* 
gelehnten  Rahmen  oder  tttr  irgendwelche  anderen  „Fälle"  gegeben 
werden,  and  wenn  diese  dann  bei  Vermeidung  strenger  Bttgen  stets 
befolgt  werden  müssen?  Aber  kann  es  denn  überhaupt  anders  sein? 
Kann  denn  überhaupt  irgend  jemand  taktisch  unterrichten,  eine 

')  Um  jedwedes  Mi.ssver.ständnif»  auszuschliefsen.  lu'iiK«rken  wir  vonvep, 
dafs,  wenn  wir  hier  fllr  ein  geregeltes  Angriffs- Verfahren  eintreten,  wir  gewils 
nicht  daran  denken,  die  Anordnungen  der  Leitung,  wann,  wo  and  mit  wieviel 
Rritft«n  entsttheldmid  oder  hinhaltend,  frontnl  oder  flankierend  angegriflleii  werden 
soll,  in  ein  Schema  irgend  weleher  Art  zwingen  zn  wollen;  vielmehr  ist  hier 
lediglieli  das  Verfahren  ins  Auge  j^efHlst,  welches  von  derjenigen  Truppe  anzu- 
wenden ist.  die  sshlielslieh  den  Befehl  bekommt,  in  einem  bestimmten  Abschnitt 
frontal  oder  entscheidend  einzugreifen.  Es  handelt  sich  also  lediglich  um  das, 
was  an  anderer  Stelle  wohl  fan  Ansdmek  vielteioht  etwas  gekünstelt,  dem  Wesen 
nach  aber  gewifs  zutreffend  aU  der  entscheidende  AngrifRikampf  im  Gegensatz 
Sur  Gefeehtsleitung  beaeiohnet  worden  ist 


„Tod  dem  SchenuL* 


Mehrheit  Ton  Trappen  einheitUeb  taktisch  ausbilden,  ohne  Muster 
anzogeben,  nach  welchen  in  gewissen  Fällen,  Uber  deren  Grandlagen 
man  sieh  am  leichteston  einigen  kann,  verfahren  werden  soll?  Wie 
kann  jemand  „nach  Umständen"  handein,  d.  h.  also  doch  wohl  naeb 
Umständen  anders  handeln,  abweichen  vom  Normalen,  wenn  er  gar- 
nicht  weiiS)  wo  von  er  abweiohen  soll,  wenn  er  nicht  weifs.  was 
besondere  und  was  normale  „Umstände*'  sind  und  in  welcher 
KichtQDg  weiter  dann  die  Umstände  zum  Ahwoichcn  vom  Normalen 
zwingen?  Es  mufs  doch  Klarheit  z.  R.  wenigstens  darüber  herrschen, 
ob  eine  weitere  oder  kUreere  über  freie  Kbene  /urllckzulegende  An- 
gritVsstrecke  zu  einem  stärkeren  oder  geringeren  Zurliokbalten  von 
l'nterstUtzungstrupps  und  Reserven,  d.  h.  alsit  zu  einer  stärkeren 
oder  geringeren  TiefenL'liederung,  zwingt.  St'll)^t  Uber  SO  wichtige 
Fragen  herrscht  bisher  kaum  einheitliclu'  AutVassunp-. 

Können  wir  aber  ohne  grundlegende  Muster  bei  der  Ausbildung 
nicht  auskommen  —  und  das  dürfte  den  Thatsachen  entsprechen  — , 
dann  ist  es  doch  gewils  besser,  diese  werden  schriftlich  un<l  einheit- 
lich festgelegt,  als  dals  sie  der  unzuverlässigen  mündlichen  Uber- 
lieferung überlassen  bleiben  und  dazu  noch  mit  den  Vorgesetzten 
wechseln. 

Es  scheint,  man  hat  hier  das  Kind  mit  dem  Bade  ausgeschüttet; 
Uber  den  zweifellosen  Gefahren  eines  tichemas  hat  man  auch  seine 
gaten  Seiten  vergessen. 

Uns  sclu  iiit,  die  N'erhältnisse  liegen  so:  Niehl  das  Schema  ist 
das  schädliche,  nur  die  sinnlose  Anwendung  eines  Schemas  ist 
verderblich. 

mn  in  seinen  Gründen  klar  gelegtes  Schema,  ein  Schema  in 
GrondsttbEen,  ein  „Orondverfahren",  von  welchem  jedes  Mal  nach 
UmstilDden  in  klar  angedeateten  Kiehtungen  absaweiehen  ist.  kann 
in  den  Händen  eines  Offizier-Korps,  welebes  nach  unserem  jetzigen 
Reglement  ausgebildet  ist,  unmöglich  Sehaden  stiften.  Es  konnte  nor 
die  Klarheit  und  EinbeitUebkeit  der  Anffassnng  fördern,  und  dem 
Nachdenken  nnd  der  geistigen  Selbstthätigkeit  des  Einseinen  bliebe 
wahrlich  noeh  Spielraom  genog.  Es  würde  nach  dem  alten  and 
naoh  dem  jetBigen  Reglement,  so  zn  sagen,  nor  eme  gesonde  Fmeht- 
folge  bilden. 

In  dieseiii  Sinne  sagen  wir  daher:  Es  lebe  das  Schema!  oder 
richtiger:  Es  lebe  das  in  seinen  Grundsätzen  erläuterte  „Grand- 
verfahren'' l  vs. 


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Gampagse  de  Rnasle  (1812)  pir  L.O.F. 


87 


Vlll. 

Campagne  de  Rossie  (1812)  par  L.G.F.  Operations  militaires 

(24.  Jttm-19.  JiulleO.'> 


Seh  dem  letzten  grofiBen  Kriege  hat  die  MUitttrlitteratiir  Frank- 
reichs unter  dem  EinüiilB  des  KriegsminiBterininB  einen  Anftchwnng 
l^nommen,  den  man  ftHher  dort  nicht  kannte,  nnd  sie  wendet  sich 
in  begreiflicher  Weise  gern  der  Alt-Napoleoniscben  Zeit  za.  Neben 
«nsgedehnter  Jonmalistik  bringt  sie  Tiel&ch  die  An&eichnnng  von 
Erinnerangen  an  die  Öffentlichkeit,  welche  so  lange  handschrifUich 
in  der  Stille  geroht  haben,  femer  Biographien,  nnd  in  noch  grölserer 
Menge  liefert  sie  Tmppen-Geschichten  aof  den  Markt  Wenn  wir 
'  damit  Überwiegend  leichte  Ware  erhalten,  so  findet  man  doch  aaeh 
me  oder  die  andere  für  die  Kriegsgeschichte  verwendbare  Kotiz, 
und  einige  dieser  Arbeiten  sind  mit  FleiliB  nnd  Sachkenntnis  unter 
Beibringen  anthentiscben  Materials  angefertigt,  so  dafs  sie  volle  An- 
erkennong  verdienen. 

Über  der  Masse  dieser  Erscheioangen  heben  sich  von  Zeit 
ZQ  Zeit  Werke  ab,  die  beweisen,  wie  reich  die  Archive  Frankreichs 
(Archives  de  la  gnerre  und  Archives  nationales)  aasgestattet  sind, 
und  wie  es  nnr  deren  Aasbeotnng  bedarf,  um  der  Kriegsgeseliirhte 
des  Schlacbtenkaisers  Napoleon  einen  festen  Boden  zu  bereiten.  Wir 
rechnen  dahin  besonders  die  Arbeiten  Roussets  und  Foucarts. 

Jetzt  liegt  unter  dem  an  die  Spitze  gestellten  Titel  wieder  ein 
Werk  vor,  das  mit  Sachkenntnis  und  Gründlichkeit  geschrieben,  das 
teehniiiche  Verfahren  des  grofsen  französischen  Feldherm  za  vollem 
Verständnis  l)ringt. 

Der  Verfasser  setzt  sich  den  Plan.  —  unter  Übergehen  des 
politischen  Kinflusses  —  nur  den  militärischen  Teil  des  Feldzuges 
IHl'i.  und  davon  die  obere  strategisolie  Heeresleitung  auf  fran- 
zösischer St'ite  zur  Anschauung  zu  stellen.  Kr  handelt  zwerkniUIsig 
mit  dieser  Heschränkung;  deun  der  htotf  bleibt  nielitsdesto\v(  uirrer 
so  massei) li.'itt  und  -schwer  zu  bewältigen,  dals  die  einstweilen  vor- 
liegende Schilderung  di  r  Zeit  vom  21.  .luni  bis  IH.  Juli  einen  starken 
Band  fllllt  und  volle  Kraft  des  Studiums  in  Anspruch  nimmt. 

Die  Methode  besteht  darin,  dafs  er  die  Aktenstücke  wörtlich, 
tageweise  übersichtlich  geordnet,  mitteilt,  aus  denen  die  Berichte  der 
Avantgarden  in  diesem  Falle  der  4  Reserve-Kavallerit  -Koriis  — 
und    der  Armeekorps,    dann    die    auf   sie   gegründeten  Befehle 

1)  Paria,  Looiea  Gougy,  Ubraire.  6,  Qnai  d«  Conti   1900.  Prix:  12  frm. 


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88 


Campagne  de  Russie  (1812)  par  L.G.F. 


Napoleons  und  in  weiterer  Folge  diejenigen  der  Korps  hervorgehen. 
Der  Briefwechsel  der  Korps  untereinander  vervollständigt  das  Bild. 

Dueh  letzteren  wiederiiolt  sieh  freilieh  .öfters  der  Inhalt,  was 
dem  Leser  lästig  ersoheinen  kann.  Es  gewährt  ihm  dagegen  den 
Vorteil,  dafo  er  die  Kenntnis  der  Korpsitthrer  vom  Stande  der 
Dinge  and  deren  davon  abhängendes  Verhalten  selbst  za  beurteilen 
vermag.  Gewife  ist  es  vorzoxiehen,  dals  man  eher  zn  viel  Material 
erhalte,  als  einem  Kils  im  fortlaufenden  Faden  begegne.  Eine 
Strategisehe  Studie  wie  einen  bequemen  Lesestoff  zn  verfolgen,  ut 
ja  ttberhanpt  nicht  angängig.  Indessen  erleichtert  es  der  Verfasser, 
indem  er  den  einzelnen  Aktenstücken  ihren  wesentiichen  Inhalt  im 
AnszQg  voransohickt.  Noch  weiter  wttrde  das  dadoreh  gefördert 
sein,  wenn  er  am  Abend  jeden  Tages  in  kurzer  Zusammenfassung 
die  Linie  bezeichnet  hätte,  welche  die  Armee  ione  Meli  —  Wir 
bedauern  mit  ihm,  dals  bei  seiner  Arbeit  eine  neue  Karte  gefehlt 
und  nur  die  1812  ftlr  den  Feldzag  angefertigte  vorgelegen  hat 
Diese  war  voller  Ungenauigkeiten  und  Lttcken,  die  vieles  im 
Ungewissen  lassen.  Dazu  kommt,  dals  sie  in  phonetischer  Weise 
die  Aussprache  der  russLschen  Kamen  wiederzugeben  sucht,  und  dats 
gerade  das  französische  Idiom  am  wenigsten  geeignet  ist,  deren 
Laute  zam  Ausdruck  zu  bringen.  Durch  eine  Übersichtskarte  mit 
der  Schreibweise  des  Bochteztes  würde  dem  Leser  manche 
Schwierigkeit  erspart  werden. 

Bis  auf  die  kurzen  verbindenden,  mitunter  erläuternden  Sätze, 
hat  sich  der  \  erf.  meistens  versagt,  den  Aktenstücken  etwas 
eigenes  binza/ufUgen.  Sein  Verdienst  an  diesen  ist  nur  die  syste- 
matische KinordooDg.  Des  weiteren  läfst  er  die  Dieustscbreiben  fUr 
sich  selbst  sprechen  and  ein  Bild  entstehen,  welches  —  wie  das 
einer  Camera  ohscura  —  nicht  sachlicher  auf  den  Plan  geworfen 
werden  könnte  Oäbe  es  doch  solchf  Grun(lla<rt'n  für  alle  Kriegs- 
preschichtel  um  wieviel  solider  würde  sie  dann  aufgebaut  sein,  als 
wir  ihr  oft  be^'epien.  Freilich  ist  die  l'bersichtlicbkeit  hier  durch 
den  klaren  feinfühlenden  Kopf  des  Feldherrn  gefördert,  dessen 
(icislrsarocit  in  jenen  Akten  niedergeh'jrt  ist;  und  mit  Bewunderung 
erkennen  wir,  wie  die  ilandhahung  der  ^jewaltiiien  Armee  mit  dei- 
zeitip'ii  Mitteln  organisiert  war.  —  Die  Schriftstucke  siud  fast  voll- 
ständig^ erhalten,  so  dafs  die  irerinjren  Ausfalle  kaum  entbehrt 
werdt  n.  l  herdies  hat  der  Verfasser  in  solche  Lücken  wenigstens 
die  thatsächüchen  Bewegungen  nach  anderen  Quellen  ein- 
geschoben. Seinem  Grundsatz  gemäfs,  die  Wirkun;^  der  Akten  nicht 
VM  beeiniius>en.  versagt  er  sich  die  Kritik  der  lU  gebeuheiteu.  Das 
halt  ihn   indessen   nicht  ab,  gelegentlich   seine   Meinung  durch- 


CknipafDe  de  Rassle  (1812)  par  L.(i.F. 


89 


Bcbeinen  zu  lasseOf  uid  die  kaizen  Andentangen  reichen  ans,  am 
die  UnbefaogeDbeit  sdnes  Urteils  selbst  Napoleon  gegenüber  zn  be- 
wogen (S.  78,  99i  106/7,  181,  22B/4,  236,  307,  437,  477,  490j, 
wenn  schon  wir  ihm  nicht  immer  beitreten  kOnnen. 

Dnrch  die  im  vorliegenden  Falle  glücklich  gewählte  Einseitigkeit 
der  Darstellung  nach  französischen  Quellen,  wird  der  Leser  ganz  in 
die  spannende  Lage  nnd  Stimmnng  versetzt,  wie  sie  sieb  im  Geist 
der  Heerftthmng  entwickeln  mufsten:  die  Ungewifshelten,  Wahr- 
seheinliehkeiten,  Vermntongen,  das  Bedürfnis  nach  Anfklürangen, 
zü  Vorstolsen,  Sicherungen,  andererseits  m  gesochien  oder  zu 
meidenden  Entscheidnogen.  —  Erst  nachdem  man  eine  Strecke 
lang  in  dieser  Atmosphäre  von  I.^nprewifsbeit  mit  der  französischen 
FtthroDg  gewandert  ist.  giebt  der  Verfasser  —  als  Prolu?  auf  das 
Eiempel  —  eine  ('bersicht  dessen,  was  die  russische  Armee  that- 
8äcblicb  geplant  und  ausgeführt  hat  Kr  stut/.t  sich  dazu  auf  die 
in  der  Litteratur,  mit  der  er  —  sowohl  der  russischen,  als  der 
deutschen  —  vOllig  vertraut  ist,  verOffentliobten  Aktenstücke. 

Nach  dieser  Charaivteristik  der  Darstellunj^sweise  haben  wir 
die  Hauptraomente  ans  der  Geschichtscrzählniif:  hervorzuheben. 

Arn  2r?.  Juni  standen  die  11  Armeekorps  (mit  Einschlufs  des 
österreichischen  und  der  Garde)  an  der  russischen  (Jrcn/.o,  die 
frrofscnteiis  dem  Laufe  des  Niemcii  tnlirtc  auf  55  Meilen  au^irelireitet. 
t^ie  reichten  von  Tilsit  in  Ostpreulsen  bis  Lankow,  IT»  .Meilen 
östlich  von  Warschau.  Nur  drei  dieser  Korps,  das  6.,  7.  und  8. 
(Gouvion  Saint- Cyr.  Ke\ nier  und  Vandamme)  waren  noch  um 
etliche  Märsche  zurück.  In  den  25  Tagen  bis  zum  19.  Juli  fillirte 
der  Kaiser  die  Armee  in  die  Linie  der  Düna  und  des  ünjepr 
zwischen  Kig:a  und  Mohilno  vor.  Das  betrug  für  den  linken  Flügel 
40,  fltr  den  rechten  70  Meilen  Marsch. 

Beim  .\nfang:  der  Hewejjung  hefrte  Napoleon  Hesorffnis  um 
seine  FlUfrel  und  hielt  sie  hinter  der  vor^-^ehenden  Mitte  /urlick:  zur 
Linken  da.s  10.  Korps  (Macdonald),  zur  Kechtcu  das  österreichische 
(Schwarzenberg)  und  das  7.  französische  (Keynier).  Den  letzteren 
beiden  war  zur  Pflicht  gemacht,  auch  das  IliT/o«:tum  Warschau, 
namentlich  die  wichtigren  Cberf!fänp:e  der  Weichsel  Modlin  und 
Warschau  gegen  die  IIL  russische  Armee  (Torraasow)  in  Wolhynien 
zu  decken  (^S.  5,  19). 

Bis  zum  30.  Juni  wird  Kapoleon  darttber  aufgeklärt,  dafs  die 
Russen  rieb  von  der  Gremse  abrieben  und  der  Angriff  von  links  her 
riebt  sn  erwarten  ist  Er  scbiebt  seine  Flügel  nnnmebr  vorwärts 
nnd  trifft  Anordnungen,  die  Truppen  vor  seinem  recbten  Flttgel 


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«0 


Gampagne  de  Rusde  (1812)  pur  L.6.F. 


(U.  Annee  unter  Bagration)  mit  Eotschiedenheit  zu  drängen.  Zu 
dem  Zweck  giebt  er  auch  einem  Teil  des  1.  Korps  (Davout)  mit 
dorn  4.  Kavalleriekorps  ( Latour-Maubourg)  vom  Centrum  die 
Richtung  rechts  hinüber  nach  lünsk.  Die  Deckung  Warschaus  durch 
das  7.  Korps  soll  indessen  nicht  aulser  Acht  gelassen  werden 
(S.  70—7(5).  —  Diese  Mafsregeln  führten  nicht  zu  dem  erwarteten 
Erfolg,  weil  Napoleon  die  Lage  nicht  richtig  durchschaut,  Davout 
nicht  stark  genug  gemacht  hatte  (S.  105),  und  der  rechte  Fliiirel 
nicht  sobald  vorwärts  kam.  als  er  voraussetzte  (8.  157).  Bagration 
befand  sich  am  12  Meilen  im  Vorsprang  vor  dem  5.  Korps  (Pooia- 
towski). 

Am  4.  Juli  ist  Napoleons  Aiifmerksanikeit  diesem  FlUp-el  durch- 
aus zugewendet.  Er  hält  seine  .Mitte  fest,  während  er  hot!%  dem 
an  die  I.  Armee  (Barclay)  heranziehenden  Bagration  in  die  Seite 
zu  stolsen,  ist  aber  vorsichtig  darauf  gefafst,  von  diesem  selbst  an- 
gefallen zu  werden.  Mit  besonderem  Nachdruck  verlaugt  er  nach 
genauerer  Nacliricht  Uher  dessen  Bewegung  (S.  ISO). 

Am  (i.  Juli  -  nach  den  an  den  beiden  vorhergehenden  Tagen 
erlangten  Aufschlüssen  —  fafst  Napoleon  den  Plan  (S.  2S6|, 
Bagration  südwärts  in  die  Pri[»etsüuipfe  zu  werfen  odei  /.uni  Ah/ug 
auf  Mohilew  zu  nötigen,  damit  er  seihst  vor  ihm  nach  Witebsk  ge- 
lange, um  die  Vereinigung  mit  Barclay  zu  hindern.  Den  Ubergang 
Uber  die  mittlere  Düna  bei  DUnaburg  will  er  meiden,  vielmehr  rechts 
mit  der  Richtung  auf  Witebsk  abmarschieren,  wo  die  Düna  on- 
bedeutend  ist.  Darch  die  Umgebang  auf  Smolensk  oder  Poloek 
soll  Moskau  und  Petersburg  bedroht»  und  der  Feind  Teraolafot 
werden,  entweder  die  Stellang  an  der  Düna  za  rftomen  oder  eine 
Soblaeht  zu  wagen.  Vor  dem  Beginn  der  Bewegung  mnft  jedoeh 
die  Armee  erst  verschoben,  und  das  von  den  Erfolgen  gegen 
Bagration  abhängig  gemacht  werden  (S.  236—239). 

Am  7.,  S.,  9.  ist  die  Fttblang  mit  Bagration  verloren,  und  erst 
Am  10.  findet  Latour-Maubourg  die  Spur  wieder.  Er  meldet,  dafo 
dessen  Armee  Uber  Sluck  in  der  Richtung  auf  Bobmisk  an  der 
Berezina  marschiert  (S.  376). 

Da  erliilst  Napoleon  am  12.  Jnli  die  Befehle  für  den  18.  und 
14.  zum  Beginn  der  Rechtsschiebung  mit  dem  ausgesprochenen 
Ziel,  sieb  am  linken  Flttgel  Barclays  vorflber  zn  ziehen.  Zwischen 
den  20.  und  25.  Juli  rechnet  er,  bei  Polock  die  Dttna  zu  ttber- 
Bchreiten  (S.  411)  und  den  Feind,  wenn  er  die  Stellung  räumen 
mnfs,  anf  dem  Marsche  anzugreifen  (S.  485).  Murat  soll  mit  3 
Armee-  und  2  Kayalleriekorps  zum  Verdecken  der  Bewegung 
zunächst  vor  dem  Lager  von  Drissa  beobachtend  stehen  bleiben. 


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Campagne  de  Roasie  (1812)  par  L.6.F. 


91 


£ine  Herausforderaog  der  Rassen  zum  AngrifT  ist  aber  SQ  meiden, 
and  ihüvü  deshalb  aolser  Kayallerieposten,  keine  Trappe  sa  seilen 
<S.  411,  534). 

Als  am  17.  und  18.  Juli  abends  der  Abmarsch  Barclays  aus 
dem  Lager  von  Drisaa  flaisaafwärts  nach  Poloek  festgestellt  wird, 
da  ordnet  Ni^ioleoD  zum  in.  endgültig  den  Marsch  auf  diesen 
Kiehtopgspnnkt  an  und  weist  dem  4.  Korps  (Vioekönig  Engen)  als 
Avantgarde  den  tlbeigang  an  dem  Knie  der  Dttna  bei  Bjiseben- 
iLOwitsehi  zu  (S.  616). 

Das  Abdrängen  Bagrations  aof  die  Pripetsttmpfe  war  indessen 
nicht  gelangen.  Wörde  er  zwar  rerhindert,  Barclay  noch  an  der 
Düna  zu  erreichen,  so  konnte  er  doch  die  Richtung  Uber  Bobrutsk 
nnd  Mohilew  nehmen  nnd  sieh  bei  Smolensk  mit  der  L  Armee  Ter- 
einigen  (S.  64d,  648). 

Hiermit  haben  wir  in  der  Kttize  das  Skelett  der  Gesehiehts- 
erzählong,  die  an  dieser  Stelle  einstweilen  abbrieht,  hingeworfen. 
Das  lebensvolle  Bild,  aas  dem  es  heraasgeschttlt  ist,  bietet  dagegen 
eine  Fülle  von  WechselfttUen  nnd  Peripetien,  in  denen  die  täg- 
lichen Aufgaben  des  niederen  Kavallerie-Offiziers  nnd  Soldaten 
ineinander  flielsen  mit  der  geistigen  Arbeit  der  Fttbrang,  bis  sie  in 
der  oberen  Leitang  zo  einem  Produkt  sich  verdichten  and  in  prak- 
tischen Ergebnissen  Gestalt  gewinnen.  Es  war  ein  dankbares 
Unternehmen,  die  Urquellen  ans  Licht  zu  ziehen  und  daraus  zur 
Aoschanong  zu  bringen,  wie  ein  ttberlegener  Kopf  die  Menge  der 
durch  den  ganzen  Mechanismus  der  Armee  laufenden  Fäden  in  der 
Hand  hält  nnd  zu  aystematischer  Thätigkeit  anzuziehen  weifs. 

Hierin  besteht  der  Hauptinhalt  des  Buches.  —  Doch  werfen  die 
authentischen  Quellen  auch  wertvolle  Nebenergebgnisse  ab.  Wir 
sehen  insbesondere,  in  wie  aalsergewOhnlichero  Grade  die  Auf- 
klärung durch  die  polnische  Bevölkerung,  welche  den  Franzosen 
sympathisch  gestunmt  war,  gefördert  ist,  wie  aber  diese  Unterstatzung 
an  der  Düna  und  dem  Di\jepr  mit  der  Grenze  des  ehedemigen  Grofs* 
Polens  aufbort  Diese  Kachrichten  sind  weiter  eingehend  durch  die 
Fahnenflüchtigen  vervollständigt,  welche  —  aus  den  pohlischen  Landen 
in  russische  Regimenter  eingestellt  —  Uiglich  zu  den  Franzosen 
aberliefen. 

Ebenso  wird  in  verlässiger  Weise  dargethan,  in  welcher  Aus- 
dehnung gleich  nach  dem  Beginn  des  Feldzuges  —  als  Folge  von 
Strapazen  nnd  noch  mehr  aus  Mangel  an  Unterhalt  —  die  Manns- 
zacbt  zurflckghig.  Die  Bfärsche  reichten  ftber  die  Kräfte  von  Mann 


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92 


Campagne  de  Kuüsie  {Itil'J)  par  L.Ii. F. 


und  Pferd  hinaus,  besondeis  als  vom  29.  Jani  ab  fttnf  Tage  lang 
ein  scbwerer  Regen  die  Wege  mit  ihrem  fetteo,  oft  sompfigen 
Boden  so  aofweiehte,  dab  sie  groleenteils  onbenntzbar  worden 
(S.  94);  dann  so  anerträgliche  Sonnen^lnt  anf  tief  sandigen  Wegen 
ansetzte,  dals  Nachtmärscbe  denen  bei  Tage  Torzaziehen  waren. 
Am  30.  Jnni  blieben  beispielsweise  Ton  der  1.  Garde-Division 
9  Mann  anf  dem  Maiscbe  tot  (S.  95).  Die  Lebensmittel*Kolonnen 
Termoehten  nieht  zn  folgen,  nnd  die  Russen  ihrerseits  zerstörten  die 
VorriUe,  selbst  die  DOrfer  beim  Rttekznge  derartig,  dab  nnr  aus- 
nahmsweise nnd  geringes  für  den  Unterhalt  gefanden  wnrde.  Unter 
solehen  Umstanden  blieb  dem  Soldaten  nnr  der  Versoeh  znr  Selbst- 
hilfe, nnd  diese  trat  mit  ihren  schildliehsten  Folgen  bald  in  grofisem 
Umfang  ein.  Am  26.  Joni,  dem  dritten  Tage  des  Feldzages,  ordnet 
DavoQt  schon  kriegsgerichtiiehes  Verfahren  gegen  das  Uberband- 
nehmen  des  PlUndems  an  (S.  29);  am  12.  Jali  hat  das  33.  leichte 
Regiment  —  freilich  für  den  Krieg  wenig  sympathisch  fühlende 
Holländer  —  ohne  ein  Gefecht  nor  ein  Drittel  seiner  Mannschall 
bei  der  Fahne  |S.  418).  Fast  täglieh  werden  von  allen  Seiten 
gerichtliche  Krschiefsungen  erwähnt. 

Noch  schlimmer  stand  es  om  die  Pferde,  die  selten  Kömer 
erhielten  und  neben  der  grolsen  Anstrengnng  als  Hegel  auf  Ortin- 
futter  angewiesen  blichen.  Einige  Beispiele  m()geu  das  näher  be> 
leuchten.  Am  30.  Juni,  dem  dritten  Tage,  nachdem  der  verderbliche 
Regen  angefangen  hatte,  verlor  Oudinot  schon  Pterde  im  Geschirr; 
die  Garde-Artillerie,  die  best  bespannte,  machte  die  gleiche 
ErfahruiiL''  und  konnte  nicht  mehr  mit  der  Infanterie  Schritt  halten 
(S.  94,  422 1.  Das  4.  Armeekorps  hatte  zn  dieser  Zeit  ohne  Gefecht 
schon  400  Pferde  —  grofsenteils  in  t'iner  Nacht  —  verloren 
(Ö.  97);  das  5.  Korjis,  seit  es  aus  Warschau  alnuarschicrt  war,  500 
(S.  17')).  Trotz  rücksichtslosen  Vorwärts! reibens.  besonders  des 
rechten  FlUgclh  —  Napoleon  untersagte  dem  Fürsten  Poniatowski. 
der  Not  seines  Korps  selbst  nur  Erwähnung  zu  thun  —  sah  sich 
der  Kaiser  doch  genötigt,  die  Bewegungen  anzuhalten  und  die 
Artillerie  abzuwarten,  damit  es  nicht  etwa  ohne  diese  zum 
Zusainmenstors  mit  den  Küssen  käme. 

\  on  der  Kavallerie  sagt  Gronchv  um  2.  Juli:  die  Sterblichkeil 
der  Pferde  ist  aufserordentlich,  uuil  das  Wetter  so  schlecht,  dafs  die 
notwendige  Scliuelligkcit  darunter  leidet  (S.  149);  und  Murat  am 
4.  .luli:  Sie  ist  in  erbarmungswertem  Zustand.  Die  Pterde  lalli  n  au-^ 
Kraftlosigkeit,  und  ich  weifs  nicht,  ob  die  erschöpft  zurückgeschickten 
noch  bis  zum  Zwischendepot  in  Troki  kommen  werden  (S.  193<. 
Von   der  Division  Seba.stiaui  tielen  am    13.  Juli  42  Pferde  von 


Kleine  heereageaohiohtliohe  Mitteiliiiigeii. 


93 


Überaastrengong  (S.  447);  nnd  in  dieser  Weise  wiederliolen  sieb 
Überall  die  Verlaste. 

Der  Verfasser  des  Werkes,  das  ilim  zur  Ehre  gereicht,  hat 
seinen  Namen  nicht  genannt  Wenn  wir  deshalb  nur  erwähnen,  dals 
er  ein  Ofßzier  von  kaum  acht  Jahren  Dienstzeit  ist,  auf  welche 
selbstTerständlich  die  Anforderungen  der  Trappe  den  nächsten 
Anspruch  erheben  muteten,  so  erweist  es,  da&  selbst  nicht  sehr 
lan^ährige  Studien  t  inem  logischen  ond  strebsamen  Kopfe  die  Mög- 
lichkeit zu  vollwertigen  Ergebnissen  auf  strategischem  Gebiet  ge- 
währen. Ein  ähnlicher  FaU  trat  ?or  wenigen  Jahren  in  der  öster- 
reichischen Armee  hervor. 

Wir  können  nur  den  Wunsch  liegen,  dal's  der  Verfasser  fUr  die 
Fortsetzung  seines  Unternehmens,  welches  mit  dem  19.  Juli  abbricht, 
die  nötige  Zeit  finden,  und  dals  ihm  der  jfleiehe  Reichtum  an 
Quellen  nicht  versa«ren  möge.  Ob  die  letzteren  unter  den  Trümmern, 
als  welche  die  [{este  der  Armee  aus  Kul'sland  heimkehrten,  erhalten 
worden  sind,  haben  wir  leider  Anlafs  zu  bezweifeln.  —  Sollte  aber 
unsere  Erwartung  in  Erfüllung  gehen,  so  hoffen  wir  in  der  Fort- 
setzung der  Arbeit  auch  eine  Übersichtskarte  und  die  Kinteilung  der 
Armee  zu  finden,  ohne  welche  der  Text  nicht  ausreichend  ver- 
ständlich wird.  C.  von  Quistorp. 


IX. 

Kleine  heeresgeschichtliche  Mitteilungen. 

Einen  I  berfall  im  tiefen  Frieden  fUhrteu  im  Jahre  1702  Kor- 
ftirst  Creorg  Ludwig  von  Hannover,  späler  König  Georg  I.  von  Grols- 
britannien  ond  Herzog  Georg  Wilhelm  TOn  Celle  gegen  die  brann- 
sehweigisch  -  wolfenbttttelsohen  Truppen  ans.  Es  bandelte  sieh  bei 
Beginn  des  spanisohen  Erbfolgekrieges  dämm  möglichst  viele  Bundes- 
genossen für  Kaiser  nnd  Reich  zn  gewinnen,  aof  deren  Seiten  im  nörd- 
lichen Dentsehland  König  FHedrieb  L  von  Preulsen  nnd  die  genannten 
WelfenfUisten  standen.  Letztere  nahmen  es  auf  sieh,  ihre  brannsehwei- 
gisch-wolfenbttttelschen  Vettern,  die  mit  Recht  fransösischer  Sympathien 


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94 


Klfliii«  heeresgesclüahtndiö  MitMhmgeii. 


▼eidäebtig  waren,  nnsobidlieh  zu  machen.  In  der  Nacht  zum  19.  besw. 
zun  20.  März  brachen  die  hanooTerscben  nnd  die  celleschen  Reiter- 
regimenter anf,  am  die  wolfenbattelsehe  Kavallerie  in  ihren  Winter- 
quartieren anfzubeben.  Diese  lagen  weit  auseinander,  die  Angreifer 
hatten  starke  Märsche  zu  machen,  um  an  Ort  nnd  Stelle  zu  gelangen. 
Dieser  Umstand  and  der  tiefe  Schnee,  welcher  das  Land  bedeckte, 
erschwerten  die  Ansfübrnng  der  ihren  sieben  Kolonnen  gestellten  Anf- 
gaben.  Die  Nachricht  von  dem  Einbräche  verbreitete  sich  mit 
Blitzesschnelle  und  setzte  die  Wolfenbuttelsehen  in  den  Stand,  sich 
in  Sicherheit  zu  bringen  oder  Verteidigangsmafisregeln  zn  treffen. 
Über  die  materiellen  Erfoljre  der  Aiifjreifer  stimmen  die  Berichte  nicht 
^anz  Uberein.  Nach  0.  Kister,  beschichte  der  stehenden  Truppen 
im  Herzogtum  Brannschweig- Wollenbuttel  1600—1714,  Seite  262, 
Leipzig  1899,  sollen  nur  etwa  500  Heiter  «refangen  genommen  sein; 
Pfefifinger  berichtet  in  seiner  Historie  des  Ikaunsehweigiscb-LUue- 
bnrgischen  Hauses  W ,  620  von  einem  vollständigen  (Jelin^rrn  des 
Uberfalles.  Jedenfalls  war  der  moralische  Ertolg  der  heahsichtiirte. 
Durch  einen  am  12.  April  1702  abgeschlossenen  Vergleich  trat  das 
Herzogtum  der  Allianz  des  Kaisers  und  seiner  Bundesgenossen  bei. 

14. 

Die  Stärke  der  siebenbürgiseheii  Rejrimenter  hing  bis  zum 
Jahre  1H48  vom  Gefallen  der  Stände  des  (iroIsfUrstentums  ab. 
Diese  hatten  sieh  ITIÖ  bereit  erklärt,  zu  den  Kosten  eines  stflicndeii 
kaiserlichen  Heeres  beizutragen  und  bewilligten  fortan  bei  einer  jeUett 
Tagung  eine  bestimmte  Anzahl  \(»n  Wehrfähigen.  \  on  dieser  Be- 
williu'unL''  hinu-  zunächst  dt*r  Mund  der  iieirinienter  ab.  Derselbe 
wiiKi»'  liinT  ferner  dadurch  erheblich  bceinllurst.  dals  fUr  (b'n  zwischen 
zwei  durch  aufeinand('rfol«:»'tHle  Landtage  zugf-tandenen  Au^lictiuimm 
stattliudenden  Abjrang  kein  Ersatz  an  l'riiehtigen  zur  Vcrln^rung 
stand.  Als  ein  Aiishiltemittel  gritf  man  zur  freiwilligen  Werbung; 
das  Krgebnis  derselben  war  aber  meist  gering,  die  Siebenblirger 
zogen  das  freie  Leben  im  WalilL^ebir^e  dem  ueniL'  lockenden  in  der 
Kaserne  vor,  und  so  kam  es.  dals  die  l'eLrim  -nler  inmier  unter 
dem  Mangel  einer  genügenden  Zahl  von  I  Menstthuern  zu  leiden 
hatt»'n.  Heispieisweise  erhielt  das  Infanterie  -  Heiriment  Lrzlierzog 
Karl  I't  rdinand  Nr.  "il  im  Jahre  1840:62,  1841  ilöö  Kekruten.  walirend 
CS  im  1  rsteren  Jahre  85,  im  letzteren  (U)  Mann  als  Invaliden  entliefs; 
1842  stand  sogar  einem  Ersätze  von  47  Kekruten  ein  Abgang  von 
267  Invaliden  gegenüber,  so  dafs  das  in  der  Heimat  hetindliehe  Ba- 
taillon an  die  beiden  anderen  in  Italien  stehenden  1.50  Mann  abgeben 
mulste,  damit  diese  den  an  sie  gestellten  dienstlichen  AnforderoDgen 
einigermafeen  genügen  könnten.  An  dem  Torgeschriebenen  Stande  toh 


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Kleine  beeresgesohichtliche  ^tteilungen. 


3640  MaDn  fehlteo  dem  Regimente  1762,  für  dea  Ganusondienst  waren 
kaum  IGOOTerfUgbar^sodarsFeldmarflchaU  GrafRadeteky  die  Verlegung 
TOD  Venedig  nach  Mantna  anordnete,  an  dessen  Besatenng  geringere 
AnsprUobe  gemacht  wurden  nnd  dab  er  dem  Regimente  später  ganz 
kleine  Stationen  anwies.  Beim  Exerzieren  liels  er  dasselbe  anf  zwei 
Glieder  rangieren  und  bei  größeren  Ansrttekongen  be&bl  er  es  zn 
einem  Bataillone  von  vier  Kompagnien  zn  formieren.  So  onhaltbftre 
ZnsUUide  braobten  endlicb  zn  Wege,  dato  der  Landtag  im  Sommer 
1847  11  000  Rekraten,  welcbe  aebt  Jahre  dienen  sollten,  in  der  Art 
anbot,  da&  znr  Komplettierang  der  drei  vorhandenen  Infanterie- 
Regimenter  4000  Mann  auf  das  schleunigste  nnd  die  Übrigen  7000 
Hann  in  den  nächstfolgenden  sieben  Jahren  mit  je  1000  Mann  ge- 
stellt  werden  sollten.  Die  AnslÜhning  des  Beschlnsses  liefs  indessen 
auf  sich  warten.  Im  Jahre  1847  ward  noch  kein  Mann  g:est('llt  und 
als  im  Mai  I84K  bei  dem  in  Galizien  stehenden  Infanterie-He^imeute 
Graf  LeiningeD  Kr.  31  der  erste  £rsatz  eintraf,  wiesen  sieben  in 
Rzeszöw  stationierte  Kompagnien  einen  Dienststand  von  zusammen 
120  Mann  auf.  Die  Grenadierdivision  des  Regiments  Purszky  Nr.  (»2 
in  Ungarn  und  Siebenbürgen  zählte  29  Mann,  beim  1.  und  2.  Ba- 
taillon hatte  die  Kompagnie  durehschnittlich  25  bis  30,  beim  :>.  30 
bis  40  Gemeine  in  ihrem  Stande.  Die  alsdann  anlangenden  \>r- 
stärkangen  mehrten  die  Zahl,  aber  es  waren  Hekruten  und  der  Ernst 
der  Zeit  fonir-rte  fertige  Soldaten.  ,.\]m  so  höher  anzuschlagen  ist 
was  sie  geleistet,  um  so  milder  zu  beurteilen  ist  wo  sie  gefehlt  haben 
mögen".  (Organ  der  militär- wissenschaftlichen  Vereine,  LVl.  Band, 
6.  Heft,  Wien  18!)H.)  14. 

Vor  etwa  l.')0  .laiiren  wai'  in  der  sächsischen  Armee  eine  jetzt 
nicht  mehr  vorhandene  MilitiirlM'Hmteneharge  vertreten,  die  eines 
vOherhärkernieisters",  dem  die  iiesamte  Hrotversorgung  des  Heeres 
unterstand,  l  iiter  seiner  Olterleitung  wurden  die  iifudi  heute  in  „un- 
veränderter Form  und  Gewieht  gehriiiiehlichen  ,.K()intnifsbrote"  her- 
gestellt, die  zu  Jener  Zeit  als  einziges  Beisj)iel  reg<  lniäl'siger  staat- 
licher Fürsorge  fllr  den  Soidatenmagen,  auch  in  Friedenszeiten,  galten 
und  danach  diesen  Namen  erhielten.  Kein  Vertreter  jener  wichtigt  n 
Charge  hat  aber  je  wieder  eine  solche  Berühmtheit  erlangt,  als  der 
königlich  polnische,  kurfürstlich  sächsische  ,,()l)erbäckcrniei>ter* 
Zacharias  iu  Dresden,  der  auch  in  seiner  Art  zum  Huhnie  seines 
Kriegsherrn,  August  des  Starken,  durch  originelle  Erzeugnisse  des 
Berufes  beigetragen  hat.  Den  ersten  Anlafs  hierzu  gab  das  berühmte 
Lustlager  zu  Zeithain  im  Mai  und  Juni  17M(),  mit  dessen  merk- 
würdigen Darbietungen  Sachsens  prunk  liebender  Kiu  iia  ^i  -:anz 
Europa  in  Staunen  versetzte.    Eine  wesentliche  V  orbedingung  für  die 


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96 


Kleine  heeres^esoUiclitUche  MitteUangen. 


Durchführung-  dieses  gewaltigreii  militärischen  Schauspieles  war  näm- 
lich die  g:ere«relte  Verpflegung  der  ;30  OUO  Köpfe  zahlenden  La<:er- 
troppen  und  ZaL'harias  war  dem  Kurlürbteu  sicherlich  als  der  rich- 
tige Mann  bekannt,  wenigstens  den  auf  dem  Gebiete  des  Backens 
liegenden  Teil  der  riesigen  Aufgabe  zur  Zufriedenheit  aller  Parteien 
zu  lösen.  Schoo  am  24.  April  brach  er  mit  150  „Beekenkneehten" 
von  Dresden  nach  ZeithftUi  auf,  am  in  den  dort  erltaaten  Back- 
häusern alles  nötige  zn  Teranstatten.  Das  EbrenTolle  seines  Aof- 
träges  war  auch  den  Dresdener  bUrgerlichen  Znnftgenossen  bewolat^ 
denn  25  derselben,  eine  Mnsikbande  ToiaD,  begleiteten  die  ,,Zeift- 
hainer^  im  festlichen  Zöge  bis  an  die  Stadtgrenze.  In  Zeithain 
waren  zwei  Backhänser  erbant,  ein  allgemeines  mit  14,  das  Hofback- 
haus  mit  4  Öfen,  in  denen  „kontinnierlich  gebacken^'  wurde.  Da 
aber  ancb  „kontinuierlicb'*  gegessen  worde,  hatte  Zacharias  eine 
Riesenarbeit  zn  vollenden,  die  ihren  Höhepunkt  jedoch  erst  am 
26.  Joni,  dem  Tage  des  grolsen  „Heeresgastmahles^  erreichte.  Ffir 
diese  imposante  Massenspeisung  hatte  Zacharias  zum  Nachtische  ein 
Ungeheuer  von  einem  Kochen  gebacken,  dessen  lAnge  16,  die  Breite 
6  Ellen  und  die  Höhe  Vi  ^Ue  betrog,  wozo  18  Scheffel  Mehl,  82 
Schock  Eier,  3  Tonnen  Milch,  1  Tonne  Hefen  nnd  1  Tonne  Butter 
verwendet  worden  waren,  ganz  zu  schweigen  Ton  ähnlichen  Mengen 
anderer  Zuthaten.  —  Zacharias  lieferte  femer  1732  im  Lager  zo 
Warschau  ein  iihnliches  kolossales  Backkunstwerk,  nttmlich  dnen 
mesenstollen  von  9  Ellen  Länge,  3  Ellen  Breite  und  */«  Ellen  Höhe, 
wozu  er  8  Scheffel  Weizenmehl,  1  Centner  Rosinen  und  3  Fafs 
Butter  verwendete.  FUr  das  Lager  hatte  Zacharias  einen  Backofen 
nach  eigenem  Plane  konstruiert,  der  binnen  24  Stunden  5000  Brote 
lieferte.  Der  König- Kurfürst  Uberwies  seinem  „Oberfeldbäckermeister^^ 
ein  Geschenk  von  50  Spezies-  Dukaten  hierfür  und  setzte  ihm  aufaer- 
dem  ein  lebenslängliches  Gehalt  aus.  —  Von  einer  anderen  „remar- 
quablen"  That  Zacharias  wird  aus  dem  Jahre  1754  berichtet  Als 
nämlich  zu  dieser  Zeit  die  Dresdener  Festungsbaugefangenen  auf  dem 
Königsteine  beschäftigt  waren,  errichtete  hier  Zacharias  auf  freiem 
Felde  einen  neuen  Feldbackofen,  der  binnon  sechs  Stunden  hergestellt 
war.  Schon  drei  Stunden  später  wurden  dann  in  diesem  Ofen  in 
einem  Zeiträume  von  ii  Stunden  siebenmal  hintereinander  je  72  Stttck 
dreipfündige  Kommilsbrote  gebacken.  40. 

Bestandtefle  einer  ^fOber  Offffier-MondiTUig**  tau  dem  Jahre 
17S4  iNR  Die  Spezialbestimmnngen  haben  aoi  das  Regiment  des 
Forsten  Leopold  von  Anhalt-Dessau  [1806  Nr.  3]  Bezog): 

3  Ellen  blau  Tuch. 


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Aimee-  und  Hiriae-NaehrlehteD  ant  Bnlaland. 


97 


3*/4  Ellen  weiÜB  Tacb  zu  Kamisol  and  Hosen,  worunter  die 
TOten  Aufschläge  mitgerechnet,  weilen  nnr  SEUen  weUs  gelmaehet  wiid. 

9  Pillen  rother  Etamin. 

4  Ellen  Futterleinewnnd  anter  die  Kiunisöler. 

IV4  Elle  steife  Leinewand. 

2  Schaffelle  /um  Futter  in  die  Hosen. 

V,  Loth  blaue  Seide,  1  Quentin  weilse. 

1  Luth  Kammeelhaare,  wenn  solche  niithig  ist. 

5'/,  Füpn  breite  Tressen  oder  11  Ellen  dito  schinalo,  sollen 
aber  nicht  mehr  wiegen  als  6  Loth  i  30  ggr.  3  Quentin  Goldfaden, 
wenn  welcher  benöthigt 

5'/,  Dosin  (Dutzend?)  Knöpfe. 

Ein  Hut,  wie  der  von  S.  K.  M.  aliergnädigst  ordiuiret  und  zu 
Potsdam  gewesen  ist. 

Loht  massive  Hut  Tressen  und  Knopf,  kostet  1  Kthlr.  12  gr. 

1  Paar  Stiebeletten,  von  feiner  e^raler  Leinewand;  es  mllsseii 
aber  nicht  mehr  als  14  Knöpfe  <laran  kommen,  nämlich  12  unter  die 
Knieriemen  und  2  oberhall)  des  Knieriemens.  Dii'  Knieriemen 
kommen  dichte  unter  der  Kniescheiben,  die  Länge  aber  der  Stiebe- 
letteu  muls  bis  über  die  Kuiescheib«'n  jjehen.  Die  obersten  J  Knöpfe 
werden  so  dicht  als  es  nur  sein  kann  an  einander  gesetzet,  damit 
sie  nicht  von  einander  klappen;  vor  allen  ist  zu  sehen,  dafs  das 
Leinewand  nicht  striesiir.  sondern  recht  hell  weifs  und  vor  alle  Offiziere 
egal  sei.    (Lebmann,  L  uitormierung  der  Prenfs.  Armee.  S.  83,  84.) 

Schbg. 


X. 

Armee-  und  Marine-Nachrichten  aus  Rulsland» 

(Die  neue  (xeleohtsvorsehiift.)!) 

Wählend  des  russisch-türkischen  Feldzuges  war  das  Fehlen  einer 
allgemeinen  Gefechtsinstruktion  als  Maugel  empfunden  worden. 
Infolgedessen  wurden  im  Jahre  1882  gleichzeitig  zwei  „Instrak- 


I)  »BuadttliiTaUd«,  No.  t2  und  88.  1900. 

JaMMter  fir  41«  dMtMto  Am««  ■■d  Ihifam.  Bd.  IIS.  ]. 


7 


98 


Aimoo  nd  MiiiM^-Mtfliirkihtwi  tu  Ri^Mflif* 


tionen"  heraiisgiegeben  :  1.  ,.fUr  die  Gefechtstbätigkeit  von  aus  allen 
WafiTengattungen  gemischten  Detachements;^  2.  „für  die  Gefecht» 
thätigkeit  der  Feldartillerie  in  Verbindung  mit  den  anderen  Waffen* 
gattangen.^  Diese  bis  anf  den  beatigen  Tag  p-tilti^en  Instniktionen 
waren  mit  der  Einführang  kleinkalibriger  Gewehre  n.  8.  w.  toIU 
kommen  veraltet  und  stimmten  auch  mit  den  in  den  nenen  (Ende 
der  90er  Jahre  heraosgegebenen)  Beglements  der  einzelnen  Waffen 
für  daa  Gefecht  gegebenen  Anweisungen  nicht  mehr  Uberein.  Da 
man  aber  eine  geraeinsame  Gefechteinstraktion  ftir  alle  Waffen- 
gattongen  für  erforderlich  hielt,  80  wurde  am  1.  November  1899 
beim  Hauptstabe  eine  Kommission,  unter  Vorsitz  des  Stabschfts  de«: 
Warschauer  Militärbezirks,  Generals  Pusyrewski.  zor  Durchsicht  und 
Neubearbeitung  obiger  Instruktionen  eingesetzt.  Diese  Kommission 
hat  nunmehr  ihre  Arbeiten  beendigt  und  eine  neue  „Instruktion 
für  das  Gefecht  der  Truppen"  (nakas  woisskam  kböju)  auf- 
gestellt, welche  sich  auf^enblicklich  im  Druck  befindet  und  dem- 
nächst den  Trappenbefeblsbabern  zur  Beorteilang  Ubersandt 
werden  wird. 

Die  neue  Instruktion  unterschtidct  sich  von  den  für  die  ein/A-lm-n 
Waffengattungen  erlassenen,  wie  Uberhaupt  von  allen  sonstigen 
offiziellen  Vorschriften  schon  durch  ihren  Namen.  An  Stelle  der 
sonst  Üblichen  l'ezeichnungen:  „usstaw"  (Reglement),  „insstrukzija", 
.,nasstawlenije"  ( \  orschrift),  ist  für  ihre  Benennung  ein  altrussisches 
Wort  ..nakäs'*  (etwa:  Verhaltungsnialsregelnl  «rewählt  worden.  Die 
Instruktion  fafst  alles  dasjenige  zusammen,  was  in  den  Reglements 
der  einzelneu  Waffen  Uber  das  Gefecht  verstreut  enthalten  ist,  giebt 
Anweisungen  fUr  das  Zusammenwirken  der  Waffen  im  Gefecht  und 
erläutert  die  allgemeinen  Bedingungen  und  den  Charakter  des 
heutigen  Gefechts,  der  Technik  der  (iefechtsleitung  und  der 
Trupjx'jifUhrung.  Die  neue  Instruktion  umlalst  12  Abschnitte,  von 
denen  die  beiden  letzteren  Angaben  Uber  die  technischen  Hilfs- 
mittel, Leistungen  u.  s.  w.  der  Artillerie  und  der  lugenieurtruppen 
enthalten.  Im  Vergleich  zu  der  alten  Instruktion  enthält  der  neue 
„nakäs''  im  wesentlichen  folgende  Änderungen: 

Abschnitt  I. 

(Allgemeines  Uber  die  Verwendung  der  Truppen.) 

1.  Es  ist  unter  Umständen  nicht  durchaus  erforderlich,  dals  eine 
Allgemeine  Reserve  ausgeschieden  wird. 

2.  Die  vordere  Gefechtslinie  (das  Kampftreflen)  wird  in 
Gefec htsa lisch  II  ittr  eingeteilt. 

3.  Die  Artillerie,  welche  früher  verzettelt  aultrat,  und  nach 


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Aimae-  und  lUriiie-NMhttehteii  am  BafUnd. 


99 


und  nach  aus  der  Besetre  yorgezogen  wurde,  soll  Tornehmlieli 
in  Massen  in  das  Qefecht  treten. 

4.  Die  Kayallerie  ist  in  Massen  in  der  Hand  eines 
Führers  zu  Teieinigen. 

5.  Die  Ingeniear-Trnppen  treten,  &lls  sie  nicht  einen  be^ 
sonderen,  ihrer  Bestimmnng  entsprechenden,  Zweck  zu  erfttUen  haben, 
zur  Reserve. 

6.  Die  Bedeckung  der  Artillerie  ist  Saciie  der  zanächst  be- 
findlichen iDfanterie-Trappenteile;  nur  in  AnsnabmefäUen  ist  eine 
besondere  Bedeckang  aaszoscheiden. 

7.  £s  sind  die  Bedingongen  angegeben,  von  denen  die  £nt- 
fernang  der  Reserve,  sowie  die  Art  ihrer  Formation  abhängen, 
wobei  für  die  Kompagnien-  und  Bataillons-Keserven,  der  Abstand, 
sn  Beginn  des  Gefechts,  auf  höchstens  300  Schritt  zu  bemessen  ist 

8.  Die  auf  den  t'lankeu  beobachtenden  Truppenteile 
sollen  nach  Möglichkeit  mindestens  2  Werst  von  der  betreffenden 
Flanke  entfernt  bleiben. 

9.  Wie  alle  neuen  Reglements  die  Selbständigkeit  der 
Unterführer  zu  erhöhen  bestrebt  sind,  so  hebt  auch  die  In- 
struktion hervor,  dals  den  Unterführern  eine  entsprechende  »Selbst- 
ständigkeit  zu  belassen  ist;  gleichzeitig  wird  erörtert,  in  welcher 
Weise  die  Initiative  der  Unterführer  hervorzutreten  und  wenn  seiner- 
seits der  höhere  Ftthrer  sieh  in  die  Anorduangen  der  Unterführer 
anzumischen  hat. 

10.  Unter  den  Obliegenheiten  des  Kavallerieführers  ist 
besonders  hervoigehobeu,  dafs  die  Kavallerie  während  des  Gefechts 
die  Aufklärung  nicht  nur  nicht  unterbrechen  darf,  sondern  im  Gegen- 
teil verstärken  mufs;  dals  sie  verpflichtet  ist,  thätigen  Anteil  an  der 
Erfüllung  der  dem  Detachement  gestellten  Aufgabe  unmittelbar  auf 
dem  Schlachtfelde  zu  nehmen,  dals  sie  keinen  geeigneten  Augenblick 
vorübergehen  lassen  darf,  den  Feind  zu  attackieren  und  dals 
sie  sich,  um  die  eigenen  Truppen  zu  degagieren,  selbst  dann  auf 
den  (k'guer  stürzen  muls,  wenn  die  Sachlage  eine  Attacke  nicht 
begiiustigt;  duls  ferner  die  Kavallerie  nicht  jedesmal  erst  aul  Befehl 
warten,  sondern  selbständige  Entschlüsse  fassen  soll. 

11.  Bei  den  (>l)li«'irf'iih  eiten  der  ArtilleriefUli  i  t- r  sind 
Anweisungen  fUr  die  Leitung  des  Gefechts  von  Massen- Batterien, 
welche  in  einer  Stellung  vereinigt  sind,  sowie  für  die  Leitimg  der 
den  Gefechtsabscbuitteu  zugeteilten  Artillerie  gegeben. 

Absohnitt  n 
giebt  allgemeine  Anweisungen  für  den  Angriff. 

12.  Der  Avantgarden-K ommandenr    reitet,    sobald  er 

7* 


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100 


Anne»-  und  Marine-Naehrichtoit  ms  Rafobnid. 


Nachricht  Uber  die  Nähe  des  Gregners  erhält,  ohne  den  Weitermaraeb 
der  Trappen  aufzuhalten,  zu  den  vorderen  Teilen  der  Avantgarde 
zar  persttnlicheii  Erkandnng  vor.  Das  Detaohement  beschleunigt, 
nachdem  er  das  Zoflammeutreffen  der  Avantgarde  mit  dem  Gegner 
erfahren,  den  Vormarseh  des  Gros  nnd  reitet  selbst  zur  Avant- 
garde vor. 

13.  Es  wird  darauf  hingewiesen,  dafii  ein  energischer  Angriff 
das  beste  Mittel  bildet,  nm  die  Stftrke  des  Gegners  xa  er- 
kennen nnd  ihn  zn  ttberrasehen;  daher  soll  die  Avantgarde  in 
jedem  geeigneten  Angenblicke  davon  Gebraach  machen,  om  den 
€regner  noch  in  der  Marschordnnng  anzugreifen  and  ihm  keine  Zeit 
ZOT  Entwickelnng  zn  lassen. 

14.  Zar  Brkandang  der  Zugänge  einer  feindlichen 
Stellung  sind  seitens  der  Infitnterie  naeh  verschiedenen  Richtungen 
Anfklärungs>Kommandos  vorzuschicken,  während  die  Jagd- 
kommandos nur  in  den  idcbtigsten  Richtungen  zur  Erkundung  vor- 
znsenden  sind. 

15.  Die  bei  der  Avantgarde  befindlichen  Sappenr-Truppen 
haben  durch  Herstellung  von  Obergängen,  Beseitigung  von  Hinder- 
nissen  u.  s.  w.  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  die  Truppen  m  ihrer  Ent- 
wickelnng zum  Gefecht,  samentlich  die  aus  dem  Gros  in  Stellung 
fahrende  Artillerie,  keinen  Aufenthalt  finden. 

16.  Die  erste  Artillerie-Stellung  des  Angreifers  ist  so  nahe 
am  Gegner  zn  wählen,  dafo  gleich  von  vornherein  eine  ernstliche 
Wirkung  erreicht  wird.  Stellungswechsel  der  Artillerie  finden  auf 
Befehl  des  Detachementsftlhrers  statt  nnd  sollen  mindestens  1  Wenrt 
betragen. 

17.  Alle  Bewegungen  der  Infanterie  im  Bereiche  des  wirk- 
samen Gewehrfeners  finden  in  beschlennigtem  Schritt  statt. 

18.  Das  unaufhaltsame  Vorgehen  wird  als  bestes  Mittel 
zur  Verminderung  der  Verluste  durch  feindliches  Feuer 
empfohloi,  weshalb  die  Gefechtsordnung  bis  zum  Eintritt  in  den 
Bereich  des  wirksamen  Gewehrfeners,  ohne  zu  halten,  vorzu- 
rücken hat. 

19.  Vor  dem  Auflösen  von  Schlitzen  sind,  zur  Sicherung  der 
Gefechtsordnung'  in  Front  and  Flanke,  „dasory*'  (öicberheits- 
patrouillen)  auszuscheiden. 

20.  Um  den  Gegner  durch  Steilfeuer  zu  ireflen,  können  die 
Mörser-Rjitterien  auch  hinter  den  Kanuiien-Batterien  in  btellong  geben 
und  Uber  die  letzteren  hinweg;  sehiefsen. 

21.  Ein  Teil  der  Batterien  kann  zar  unmittelbaren  Unter- 


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Anne«-  und  Miirine>Naeliriohten  tos  RnrslaniL 


101 


Stützung  nnd  BegleitUDg  der  zum  Staim  Torgehenden  Infanterie  be- 
stimmt weiden. 

22.  Die  Trappen  gehen  znm  Sturmangriff,  ohne  zu  scbielsen, 
indem  sie  die  Riebtnog  nach  den  vordersten  Toppen  halten,  vor, 
and  nicht  nnr  mit  Musik  und  Trommelschlag,  sondern 
mtfgliehst  auch  unter  Singen  von  Kriegsliedern. 

23.  Die  Artillerie-Kommandeure  haben  alle  Mafsnahmen 
zu  treffen,  um  augenblicklich  hinter  der  Infanterie  mit  ihren  Batte- 
rien in  der  gewonnenen  Stellung  an&nfahren. 

Abaohnitt  III 

giebt  allg:emeine  Weisungen  iUr  die  Verteidigung. 

24.  Erci^iebt  die  Aufklärung  der  EaTallerie,  daüs  ein  Angriff 
Aussieht  auf  Erfolg  hat,  so  hat  der  Verteidiger,  ohne  zu  zOgern 

und  enero^isch,  zum  Angriff  überzugehen. 

25.  Zur  Schonung  der  Kräfte  sollen  die  Truppen  die  Stellung 
nicht  zu  frühzeitig  besetzen,  sondern,  indem  sie  selbst  in  der 
Nähe  ihrer  Abschnitte  ruhen,  Abteilungen  du  jonr  und  Posten 
in  die  Steüunfr  vorschieben. 

2(>.  Der  Zeitpunkt  der  Feuereröffnung  wird  durch  die 
Abschnitts-Komraandeure  bestimmt,  falls  nicht  der  Detachements- 
fübrer  die  Erteilung  dieses  Befehls  sich  vorbehält. 

27.  Es  wird  nocbmals  hervorgehoben,  da£s  der  Verteidiger 
jeden  geeigneten  Aageublick  zu  benutzen  hat,  um  zum  allgemeinen 
Angriff  überzugeben. 

28.  Eis  weiden  Angaben  gemacht  Uber  Wrteidigung  von 
Feldbefestigungen  nnd  dabei  bestimmt,  dah»  der  befestigte  Stütz- 
punkt, zusammen  mit  seiner  äulseren  -  ileserve,  einen  besonderen 
Gefechtsabschnitt  bildet. 

Abaohnitt  IV. 

29.  Dieser  Abschnitt  behandelt  die  £ägentttmlichkeiten  des  Nacht- 
gefeehts.  Unter  Anderem  wird  bestimmt,  dals  der  Angreifer 
unter  keinen  Umständen  feuern  darf,  während  es  dem  Ver- 
leidiger auf  ganz  nahen  Entfernungen,  wenn  das  Ziel  deutlich  sicht- 
bar wird,  gestattet  ist,  wobei  jedoch  ausschlielslich  Salven,  und 
zwar  mtfgliehst  im  Bereiche  des  ständigen  Visiers  (400  Schritt  = 
285  m)  anzuwenden  sind. 

Abschnitt  V 

:^0.  bespricht  die  Eigeiitüiiiliilikeiten  des  Gefechts  im  Winter, 
welches  häutig  den  Charakter  von  Delilee-Kiimpten  annimmt.  Der 
Abfassung  dieses  Abschnitts  hat  die  im  Jahre  1899  erlassene  „\  or- 


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102 


Aimee»  und  Marine-Naobriehteii  ans  Riiliiland. 


Bchrift  fUr  die  AusfllliniDg  Ton  Wi  nterttbnogen  im  GeJände"»  sa 
Grande  gelegen. 

AbBOhnitt  VL 

31.  Dieser  gänzlich  nen  bearbeitete  Abschnitt  behandelt  das 
Gefecht  gegen  Steppenvölker  nnd  ist  auf  Gmnd  der  während 
der  Kriege  in  Hittelaäen  gesammelten  Erfabnmgen  angestellt.  Es 
werden  die  Bedentnng  nnd  das  Verhalten  jeder  einseinen  Waffen- 
gattang  charakterisiert,  wobei  besonders  daranf  hingewiesen  wird, 
dafs  gegen  SteppenvOlker,  welche  leicht  in  Panik  geraten,  besonders 
eneigisch  TOrzugeheo  ist,  dafs  man  sie  nicht  den  geringsten  Erfolg 
dringen  lassen  darf,  und  dafs  dieselben  nach  ermngenem  Siege  bis 
snr  vollen  N  eroichtung  zn  verfolgen  sind. 

32.  Um  zur  Abwehr  des  Gegners  nach  allen  Richtnngen  hin 
bereit  zn  sein,  ist  die  Artillerie  auf  die  verschiedenen  Seiten  der 
GefechtsordnoDg  zn  vert  eilen,  Bagagen  nnd  Trains  mUssen  sich 
möglichst  innerhall)  der  Gefechtsordnung,  von  allen  Seiten 
von  Truppen  nmscblossen,  befinden.  Bei  Auswahl  von  Stützpunkten 
zur  Verteidigung,  sowie  bei  Aufführung  von  Befestigungen,  ist  darauf 
am  achten,  daüs  Wasserquellen  innerhalb  derselben  vorhanden  sind. 

Abschnitt  VH 
behandelt  den  Gebirgskrieg. 

AbBöhoitt  Vm 

enthält  die  bereits  in  der  „Vorschrift  fltr  die  Verwendung  der 
Infanterie  im  Gefecht  e  vom  Jahre  1897,  niedergelegten  Be- 
stimmungen, mit  folgenden  Änderungen  bezw.  Ergänzungen: 

83.  Während  nach  obiger  Vorschrift,  bei  der  ersten  Entwickelaog 
zum  Gefecht,  ganze  Kompagnien  aufzulösen  sind,  um  gleich  von 
Anfang  an  FenerQberlegenbeit  zu  gewinnen  und  um  ein  Voigefaen 
der  Kompagnie  durch  späteres  Einschieben  zu  vermeiden,  beibt  es 
in  der  neuen  Gefechts-Instruktion,  dafo  es  beim  Angriffsgefecht, 
„in  Anbetracht  der  Notwendigkeit^  die  SchQtzenlinie  vorzureilsen, 
ntttzlich  ist,  nicht  nur  Bataillons-Reserven,  sondern  auch  Kompagnie- 
Reserven  tUntersttttzungstmpps)  zurttck  zu  halten. 

84.  Das  Einzelfeuer  in  der  Schtttzenlinie  wird  als  lang- 
sames (Qedlu),  lebhaftes  (tschassty)  nnd  als  Päckcbenfeuer 
(patschkami)  (Schnellfeuer)  abgegeben.  (Nach  der  bisher  gOltigea 
Gefechtsvorsehrift  derlnfiuiterie  gab  es  nur  langsames  und  lebhaftes 
Einzelfeuer,  welches  letzteres  auch  „Päckcbenfeuer*^  genannt  wurde. 

)  Siehe  Novemberbeft  der  „jAhrbttober  für  die  deatsobe  Armee 

and  Marine*  S.  216. 


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Annee-  und  Harine^NBehiiehtoD  am  Solalaiid. 


103 


35.  Eine  Aenderung  der  Formatiou  znr  Abwehr  von 
KaTallerie-Attacken  ist  nur  dann  statthaft^  wenn  sie  m  Rohe 
ansgefülirt  werdeo  iLann.  IMe  SchUt/enlinie  luiDii  sieh  himo  in 
Gmppen  und  Zügen  zusammeDschliefsen. 

36.  Nea  bearbeitet  siud  die  Bestimmungen  Uber  den  Fatronen- 
ersatz,  sowie  über  die  Verwendung  der  Jagdkommandos  im 
Gefeeht;  letztere  sollen  nicht  lllr  Aufträge  milsbraaeht  werden,  welche 
andere  Trappen  aaob  erfUllen  können,  sondern  nur  für  solche  Auf- 
träge (im  Aufklärangs-  nnd  N'erbindongsdienst)  Verwendung  finden, 
welche  Findigkeit,  Umsicht  nnd  spezielle  Kenntnisse  erfordern. 

Absohnitt  IX 

enthält  die  in  den  Kavallerie-Reglements  vom  Jahre  1896  fOi 
dasGtofecht  in  grölseren  Kavallerie-  Verbänden  gegebenen  Bestimmungen, 
mit  geringen  nnwicbtigen  Elrgänzungen. 

37.  Auf  die  Bedentong  der  Anwendung  der  Lawa  seitens  der 
Kasaken,  aof  Grnnd  der  Verordnung  für  das  Gefecht  der  Kasaken 
in  der  Lawa^'j  vom  Jahre  1899,  wird  hingewiesen. 

Abschnitt  X 

behandelt  das  Artillerie-Gefecht  and  ist  auf  Grund  des  nenen 
Artillerie-Reglements' >  aufgestellt. 

38.  Eine  Trennung  der  Abteilung  (diwisiön)  im  Gefecht  ist 
nicht  erwünscht,  eine  Trennung  der  Batterie  nur  in  Ausnahmetällen 
zulässig. 

Abschnitt  XI 

enthält  verschiedene  technische  An{xabeu  über  Feucrleiluug  und 
Feuerwirkung'  der  F el d a rt i  1 1  e r ie ,  ballistische  Eigenschaften  der 
verschiedenen  Geschütze,  Unbrauchbarmachung  von  Geschützen  u.  s.  w. 

Abschnitt  Xn 
schlieMieh  enthält  Angaben  Uber  Organisation,  Verwendimg,  Ans- 
rllstang  mit  Material  n.  s.  w.  der  Ingenieor-Trnppen  (Sappeur^, 
Pontonnier-Bataillone,   Telegraphen-Kompagnien,  Lnftsehiffer-Abtei- 
Inngen,  Feldingenienr-Parks).  v.  T. 

1)  Siehe  Juliheft  1899  der  „Jahrbücher  für  die  deatsehe  Annee  und  Mi- 
nne' S.  90—98. 

s)  Siehe  Norembeibeft  1899  der  »Jahrbtteber  für  die  denteehe  Axmee 
und  Mttine«  S.  209—211. 


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104 


UiBMbm  in  der  MiUtSr-Littentur. 


XI. 

Omschan  in  der  Militar-Litteratur. 

I.  Aullndiselie  ZeitschrifteD. 
StreflleuFS  fisteneichische  Mflitlrisdie  Zeitschrift  (Februar 

1900.)  Plufsflotillen.  -  Ein  napoleonischer  Entwurf.  —  Zu  ^Taktik 
im  Sanitätsdienste**.  —  General  Miles  über  den  Krieg  mit  Spanien.  — 
Retrospektive  Betracht  uneben  über  den  Bocinn  dor  Operationen  der  Eng- 
länder auf  dem  südali  ikanischen  Kri«';^ssc hauplatze. 

Organ  der  inilitärw  issensehaftlichen  Vereine.  LX.  Bd.  1.  Hefi. 
Ein  Musterleidzug  aus  dt-m  Altertunie.  Die  Unterwerfung  des  allge- 
meinen gallischen  Aufstandes  unter  Vercingetorix  durch  Cäsar  im 
Jahre  52  vor  Christoa.  —  Die  russische  Vorschrift  fttr  Winterfibungen. 

Milteilmagen  über  Gegenatlnde  des  ArttUerle-  imd  GeBiewesens. 
(Jahrgang  1900.)  2.  Heft  Angriff  und  Verteidigung  einer  Qfirtel- 
festung.  —  Die  Gesetze  der  Drücke  in  den  Feuerwaffen  von  E.  Vallier. 

Ameeblatt.  (Österreich.)  Nr.  6.  Die  Milizidee  und  der  Boeren- 
krieg.  —  Die  Gageregulienin^j:  —  Die  deutsrhc  Flottennovelle.  —  Der 
Krieg  in  Südafrika  (s.  auch  Nr.  6.  7.  8t.  Nr.  6.  Erziehung  für  Volk 
und  Heer.  —  Territoriale  I )islokation.  —  Die  ungarische  Donau-Armee 
1848/49.  —  Das  patriotische  Friaul.  Nr.  7.  Erziehung  für  Volk  und 
Heer.  —  Die  neue  deutsche  Felddienstordnung.  —  Kosten  der  Kriegs- 
schiffe. Hr.  8.  Erziehung  für  Volle  und  Heer.  —  Generalatab  und 
Landwehren.  —  Ein  Wort  fttr  unsere  Kriegsmarine. 

HilitBr^ZeltHng.  (Österreich.)  Nr.  6.   Die  Gagenregulierung. 

—  Der  Krieg  in  Afriica  (Ports,  in  Nr.  7).  Nr.  6.  Rüstungen  zur  See. 

—  Offizierk;i^in  -  -  Tnsere  Militärversorgungsgesetze.  —  Der  Krieg 
in  Afrika.    Nr.  7.    I>ic  Reorganisation  dos  Generalstabes. 

Journal  des  scieneos  ntilitaires.  (Februar  1!HK).)  Die  Beförderung 
bei  Schhifs  (b's  Jahrhunderts.  —  Der  Gebirgskrieg  (Forts.).  —  Napo- 
leonischf  (iruiidsiitze.  Militärisches  Repertoire.  Rückzug.  Verteidigung, 
standige  Feldbefestigung.  —  Wie  halten  wir  Metz  lb7ü  verlassen  können? 
(Forts.j.  —  Studie  über  die  Organisation  der  Küstenverteidigung  (Forts.). 

—  Der  österreichische  Erbfolgekrieg  1740—1748.  —  Peldzug  in  Schlesien 
1741—1742  (Ports.). 

BeYiie  mllltain  universelle.  (Pebruar-  und  Marz -Heft)  Allge- 
meiner Bericht  Ober  die  Gesamtlage  in  Madagaskar  (Ports.).  Die 
Belagerung  von  Pfalzburg  1870  (Forts.).  —  rntersuchuttgen  über  ge- 
hf'iH'hclt«'  Krankheiten  und  frciwiliigo  Verstümmelungen,  beobachtet 
von  18r>9  bis  1>?1*6  (Forts.)     -  Studium  einer  taktischen  Frage. 

Kevue  du  eerele  niilitaire.  Nr.  5.  Deutschland.  Die  Feldartillerie 
im  Jahre  IIKK)  (l'urts.  u.  Schlufs  in  Nr.  6  und  7).  —  I>er  Krieg  in 
Transvaal  (Forts,  in  Nr.  6,  7,  —  Die  Stellung  der  Hauptleute  in 
Deutschland  (Poris,  in  Nr.  6, 7).  Nr.  6.  Taktische  Übungen  des  Sanitäts- 
wesens. —  Die  Teufvisbracke.  Nr.  7.  Bericht  über  das  Militärbudget. 


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Umschau  in  der  Militär-Litteratur. 


105 


—  Grof8e  österreichische  Manöver  1899.  Das  8.  u.  V6.  Korps  in  Böhmen 
(Schiurs  in  Nr.  8).  —  Nr.  8.  über  das  Kriegsspiel  bei  den  Truppen- 
teilen. —  Ober  den  Nutzen  der  SchieCsgeflellsohaften.  —  Das  militärische 
und  maritime  Jahr  in  Spanien»  Italien,  Portugal. 

fievue  d'Infanterie.  (Februar  1900.)  Nr.  158.  Krinnorungen 
eines  belpschen  Offiziers.  —  0»'S(  hichte  der  Infanterie  in  Krankreicii 
(Forts. I.  —  I  ber  das  Schiefsen  mit  i'bungsmunition  sch\vach«'r  Ladunsr 
(Tir  nWiuit)  (Forts.).  Die  hohe  bchule  der  Keitkunst.  -  Eine  prak- 
tische Fflddit'M.si frage  (Forts.) 

Revue  de  Cavalerie.    (Januur  1900.)    Briefe  eines  Kavalleristen. 

—  Die  Schulen  und  die  Beförderung.    Saujuur.  —  Die  Kavallerie  der 
1.  und  2.  deutschen  Armee  in  den  Tagen  vom  7.  zum  15.  August  1870 
(übers,  des  Peletschen  Werkes.  Forts.).  —  Militärreitwesen  im  18.  Jahi'- 
hundert  (Forte.).  —  Von  Bautzen  bis  Piaswitz.  Mai  1818  (Forts.). 
Das  englische  Vollblutpferd  in  der  Kavallerie. 

Revue  d* Artillerie.  (Februar  1900.)  Feuervert<>ilung  der  Artilleri«' 
(Ports  ).   -  Übungen  im  Felddienste  im  Abteilungs- Vorbände  (Ports.). 

—  I>ie  deutseht*  Schiffsartillerie 

La  France  niilitaire.  Nr.  47Ö7.  Der  kleine  Knet:.  VI.  Behandelt 
die  Vorwendunf;  der  Kameel-Korps  in  Afrika  und  in  Asien.  Nr.  4758. 
Madagaskar.  Von  General  Gallium.  1.  Das  Programm  des  Generals 
von  1896  bestand  darin,  die  Howas  2U  isolieren,  den  ihnen  bisher  unter- 
worfenen Stämmen  Freiheit  zu  geben,  den  eigenen  Binflufs  weiter  aus- 
zudehnen, den  Handel  zu  entwickeln,  Verbindungen  und  Transport- 
mittel  zu  schaffen  und  eine  politische  Verfassung  zu  geben,  welche  den 
Bedürfnissen  und  dem  Tirade  ii<T  rivili.sation  des  Land«'s  eiit.spricht. 
Nr.  4759.  .Madaf^askar.  II.  Nr.  4760.  Die  Sc hiefsausitilduni:  unter 
Hinweis  auf  den  Krie^  in  Sürlafrika.  Nr.  4762.  I»ic  Vcrit-idiKung  der 
Inseln.  I.  Nr.  4763.  Der  kleine  Krieg.  Tual.  Nr.  4764.  Die  Ver- 
teidigung!: der  Inseln.  II.  Nr.  4765.  Der  südafrikanische  Krieg.  Taktik 
und  JSchiefsen.  1.  Die  Ablehnung  einer  Forderung  von  18  Mill.  Pres, 
im  Budget,  welche  Schaffung  von  Schiefspiätzen  betraf,  seitens  der 
Kommission  veranlaTsi  General  Philebert,  unter  Hinweis  auf  die  Miß- 
erfolge der  Engländer  in  Afrika  zu  der  vorliegenden  Betrachtung  und 
ihrer  Fortsetzung.  —  In  Transvaal.  Militärische  Lehren.  Nr.  1.  Be- 
merkungen anläfslich  des  Gefechts  bei  Stormberg.  Nr.  4766.  Bajonett- 
angrifle.  —  Die  Lanciers.  III.  Nr.  4767.  Der  südafrikanische  Krieg. 
Takiik  und  Schiefsen.  II.  Nr  4768.  f'esgl.  III.  Nr.  4769.  Der 
kleine  Krieg.  VIII.  Behandelt  die  Lehren  des  Transvaal- Kriesres. 
Nr.  4770.  Der  südafiikanische  Krieg.  Taktik  und  Schiefsen.  IN. 
Nr.  4771.  Desgl.  V.  Die  Buren  verdanken  ihre  Erfolge  und  ihre 
Überlegenheit  über  den  Gegner  der  individuellen  Kenntnis  ihrer  Waffe 
und  deren  Eigentümlichkeiten.  In  Buropa  ist  etwas  Ähnliches  nicht 
zu  erreichen.  —  Militärische  Lehren.  Nr.  3.  Bemerkungen  bezüglich 
der  Schlacht  am  Modder  River  (28.  November).  Nr.  4742.  Der  süd- 
afrikanische Krieg.  Taktik  und  Schiefsen.  VI.  Nr.  4774.  Die  Lancier». 


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106 


Umschau  in  der  MiUtär-Littentnr. 


V.  Nr.  4775.  l'er  kleine  Krieg.  Wertvolle  T.ohren  V(in  Transvaal. 
Nr.  4777.  Die  Lanciers.  VI.  —  L>er  Krieg  in  Transvaal.  Nr.  4. 
Kritische  Bemerkungen  eines  Generalleutnants  der  deutschen  Armee. 
Nr.  6.  Meinung  einer  Autorität  der  englischen  Armee.  Hr.  4778. 
Der  Bericht  Ton  Camille  Pelletan  über  das  Kriegsbudget  Der  Grund- 
gedanice  ist  die  Untersuchung:  Was  ergiebt  jede  für  die  Armee  ver- 
wendete Million  für  eine  wirkliche  zum  Gefecht  vorbereitete  Stürke  bei 
uns  und  bei  unsern  Nachlmrn?  Unter  anderm  weist  er  nach,  dafe  in 
Frankreich  267  Oi'üzierv  im  K'iW>n-*;minisferium  angestellt  sind,  gegen 
114  in  l)eut.-5chland  und  III*  in  <  »strm'U'h:  eine  ähnliche  Übertreibung 
i-^t  bei  den  Stäben  der  .Xrnieekorps  und  Divisionen.  I^ie  Generale 
werden  h(iher  als  irgendwo  anders  bezahlt,  die  Subalternoffiziere  am 
schlechtesten  in  Centrai-Europa.  Einen  enormen  Anteil  haben  die  nicht 
streitbaren  Truppenteile,  es  giebt  sehr  viel  Nichtdienstthuer  und  Ver» 
stecicte  (non-valeurs  et  embusques).  —  Die  Kolonial-Armee  I  von  Oberst 
Pamin  der  Marine-Infanterie.  Nr.  4770.  Desgl.  IL  Die  notwendige 
Organisation  in  grofsen  Zügen.  Nr.  4780.  Der  südafrikanische  Krieg. 
Taktik  und  S-Miiefsen.  VH.  —  Die  Kolenialarmeo.  III.  Der  Kolonial- 
dienst. Nr.  4781.  IMe  .\rmee  und  das  Budget.  1.  Nr.  4782  Neue 
Gefahr.  He/i.-ht  si<'h  auf  die  Truppenverstärkungen  in  Madagaskar. 
Nr.  4783.  Vfiirleirli  <ler  .\rtillerie  der  Flotten  in  Frankreich  und  Kng- 
land.  Der  er.steieii  wird  uie  I  berh'genheit.  namentlich  in  der  Schnellig- 
keit des  Schiefsens  zugeschrieben.  —  Acht  Dragonerregiraenter,  welche 
Korpskavalleriebrigaden  angehören,  erhalten  die  Lanze. 

Le  Progfto  mUiteife.  Nr.  2009.  Der  Transvaalkrieg  und  der 
Sanitätsdienst  —  Marine-  und  Militär-Programm;  dasselbe  beansprucht 
rund  000  Millionen  in  7  Jaliren  für  Schiflsbauten.  Häfen  etc.  —  Der 
südafrikanische  Krieg  (Ports,  in  Nr,  2010-  2016i  Nr.  2010.  Die 
Mitrailleusen-Ausbildung  und  Organisation  der  Genietruppen.  Nr.  2011. 
Die  zweijährige  Dienstzeit.  —  Die  (Jeneralinspektionen  Nr.  2012. 
Kinige  Kinzelheiten  über  die  Kolonialarmee.  —  Der  Bericht  über  das 
Budget,    l.  (Forts,  in  Nr.  2013).   Nr.  2016.   Die  Truppen-Generalstäbe. 

—  Die  Militärärzte. 

La  Belgique  militaire.   Nr.  1496.   Reorganisation  der  Kavallerie. 

—  Der  englisoh-transvaalsche  Krieg  (Forts,  in  Nr.  1496, 1490).  Nr.  1407. 
Befhtgung  des  Landes  über  die  MilitSrfrage.  —  Über  die  Landes- 
verteidigung. ~  Das  Lyddite.  Nr.  1408.  Bedeutung  der  Technik  und 
Kunst  des  Peuerns.  —  Militärbudget  für  1900  (53  520  911  FVcs.,  gegen 
das  Vorjahr  mehr  623141  Pres.).  Nr.  1499.  Gesetzentwurf  Ober 
Organisation  und  Befugnisse  der  Gendarmerie. 

Bulletin  de  laPres.se  et  de  la  BibFufgraphie  militaire.  (L'ezember 
1899.)  Nr.  374.  375.  Die  Haager  Konferenz  «Seblufsi.  —  Die  Infanterie- 
laktik  seit  1870  nach  Loubells  .Jahresberichten.  —  Der  Burenkrieg. 
(Januar  l&j'J.)  Nr.  376,  377.  Die  neue  deutsche  Feldartillerie  (Forts, 
in  Nr.  378).  —  Der  Burenkrieg  (Ports,  in  Nr.  878).  —  Bedeutung  der 
Technik  und  Kunst  des  Feuems.  —  Deutsche  Kaisermandver  1899 


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DmMhtn  in.  der  MUttlr-Llttentiir. 


107 


(Forts,  in  Nr.  378).  ^F.'hruar  1899.t  Nr.  378  ErfahiunKen  währond 
des  Jahres  1899  im  Lajrcr  von  Boverloo  an  der  intanierielehrschule, 

Revue  de  TArniee  beige.  (November-Do/ember  1899.)  Studie 
über  die  Seitenabweichungen  cylindro-ogivalor  Geschosse.  —  Studie 
über  die  OeheimschrifU  ihre  Verwendung  im  Kriege  und  in  der  Diplo- 
roaUe.  —  Die  militärische  Korrespondenz  des  Marschall  Moltke  und  die 
Neutralität  Belgiens.  —  Automatische  Pistole  und  Karabiner  Bergmann. 
Modell  1897.  —  Kine  Seite  aus  der  ridschichte  Indiens 

SehweizerisrlH^  Monatsschrift  für  Offiziere  aller  Walfen.  (Januar 
19(X\)  Die  Vorl)«.MtMtunir  des  Intanterieofflziers  auf  den  Dienst  im 
Wiederholungskurs  -  -  IHt  Giitfirrad  von  Schützen  in  Bczuij;  auf  Foin- 
schiefpen.  —  Die  Friedrich  Kruppsehen  Werke  —  Die  Streitkrälte  der 
britisciien  Armee  für  den  Krio^  in  Südafrika.  —  Der  Krieg  Englands 
gegen  die  südafrikanischen  iu'puhliken. 

Revue  militaire  suissc.  (Februar  1900.)  Ausbildung  im  feld> 
mäTsigen  Schiefsen  der  Infanterie.  —  Die  Peldhaubitze.  —  Die  Pon- 
tonniere des  I.  Armeekorps.  —  Die  Befestigungen  in  Österreieb-Ungam 
(Forts.). 

Schweiserische  Zeitschrifl  fUr  Artillerie  und  Genie.  (Januar 
19(X).)  Das  neue  Exerzierreglement  für  die  deutsche  Feldartillerie.  — 
Gröfseti  <i.  iit<(  h(  Pionienibungen  im  Jahre  1900.  —  Panzerzüge  und 
Geschütze  auf  Eisenlcihiuvagen. 

Allgemeine  Schweizerische  Militiirzeitung.  Nr.  5.  Die  militärische 
Entwickelung  des  deutschen  Kanahietzes.  —  Die  ^Kriegslage  in  Süd- 
afrika. Nr.  6.  Ladysmith.  Nr.  7.  Die  iNiederlage  der  Engländer  am 
Spionskop.  —  Die  Herbstraanöver  1899  (Forts,  in  Nr.  8).  —  QrSfsere 
Truppenübungen  der  deutschen  Armee  im  Jahre  1900.  Nr.  8.  Die 
Aufgabe  des  britischen  Höchstkommandierenden  Peldmarschalls  Lord 
Roberts. 

Army  and  Navy  ttaaette.  Nr.  2084.    Die  militärische  Lage  in 

Südafrika.  —  Bemerkungen  zu  der  Kriegführiin?.  —  Mitteilungen  aus 
französischen  und  heidnischen  militärischen  Zeitschriften.  —  I  ><'rTrans- 
vaalkriej;  Kriegsnachrichien.  ta<re\veise  zusnnimenj^estellt.  Nr.  2085. 
Die  niilitiirische  l.n^o  in  Sijiiafrika.  Die  politische  Lage.  Richtet 
sicii  gigen  die  mangelhafien  Vorbereitungen  zum  Kriege.  —  Kriegs- 
nachrichten, tageweise  zusammengestellt  —  Der  Kaiserin  von  Indien 
21.  Lanzenreiter-Regiment.  Geschichte  des  Regiments,  erriehtet  1760, 
seit  1898  mit  Lanzen  ausgerüstet  -  Die  Schlacht  am  Modder-River. 
—  Ansichten  eines  Veteranen  über  den  Krieg.  Äufeerungen  des  M^ors 
von  Blud\\itz,  f^her  in  der  nordamerikanischen  Armee  währetid  d(  s 
Bürgerkrieges.  —  Der  Tod  di  s  Generalmajor  Wanhope.  Nr.  2086. 
Die  militärisrhi'  Lage  in  Südafrika.  L>as  deutsche  Militär- Wochen- 
blatt über  General  Bullers  Oporntionen.  L>er  Transvaal-Kriecr.  Tage- 
weise zusaniniongestellte  Kne<j:snachrichten.  Verlustlisten.  -  Der 
Frontal-Angrilf.  —  Der  Angritl'  auf  Ladysmith.  -  .Vufsemngen  der 
europäischen  festländischen  Zeitschriften.    Nr.  2087.    Fortschritt  in 


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108 


ümiioliau  in  der  Mititär-Iittentar. 


Südafrika.  Hespriclil  das  Eingreifen  Lord  Roberls  und  Kitchfiiers  in 
die  Heeresführung.  —  Die  Feldartillorie  in  Südafrika.  Es  wird  der 
Vorwurf  erhoben,  dafs  die  ArtiUerie  den  InfanterieungrifiT  nicht  durch 
Feuern  bis  zum  letzten  Augenblick  des  Binbruchs  unterstatzt  hat.  — 
Die  Geschfitzfhige.  —  Der  Transvaal -Krieg.  Tageweise  Nachrichten 
vom  Kriegsschauplatz.  Nr.  2088.  Die  Lage  Bullers.  Bespricht  den 
vcnmglückten  Plankenangriff  am  Tugela.  —  i.oid  Landsdown.  Ver- 
teidi;ii:ung  der  gegen  den  Kriegsrainister  erhobenen  Beschuldigungen. 

—  Unsere  Artillerie  in  Südafrika.     -  Die  Kolonial-Truppen  in  Südafrika. 

—  Der  Transvaal-Krieg.  Tageweise  Nachrichten  vom  Kfi<'«rsschauplaiz. 
Nr.  2089.  Die  militärische  Lage  in  Südafrika.  -  Die  (•tfi/.u.'llen  i\riegs- 
depeschen  aus  Sudalhka.  —  Starke borechnung  dm  liuppen  auf  dem 
Kriegssohauplatz.  —  Die  Rekruten-Anwerbung  in  Schottland.  —  Der 
Transvaal-Krieg.  Tageweis  geordnete  Nachrichten  vom  Kriegsschau- 
platz. —  Die  Londoner  Artillerie -Kompagnie.  Geschichte  des  eigen- 
artigen 1537  errichteten  Korps,  das  die  Artillerie  der  Volunteers  bildet. 

Journal  of  the  Royal  United  Service  Institution.  Hr.  263. 
I)er  Rekrut  vom  militär-ärztlichen  Standpunkte  betrachtet  —  Mili- 
tärische, statistische  und  strategische  Skizzen  über  Indien.  .\us  dem 
Russischen  übersetzt,  behandelt  besonders  den  Kriegsschauplatz  der 
Zukunft.  Der  englische  (ieist  und  die  Armee-Reorganisation.  Vom 
verstorbenen  General  Sir  (ieorge  Chesnay.  -  Deutsche  Versuche  mit 
Motor- Fahrzeugen  bei  den  Manövern  und  99.  —  Organisation  des 
Heeres  der  Vereinigten  Staaten  Nordamerikas. 

Jounwl  of  the  United  Service  Instttation  of  ladia.  Hr.  188. 
Chinesische  Angelegenheiten.  Von  Captain  Wingate,  spricht  über 
Sitten  und  Gebräuche  des  Landes  und  beschreibt  eine  Reise  mitten 
durch  China.  Kbbe  und  Flut  des  Sieges.  Allgemeine  Betrachtung 
von  Beispielen  der  Kriegsgeschichte.  —  Grundsätze  für  die  Taktik,  wie 
sie  in  einem  Grenzkricire  Indiens  am  besten  geeignet  ist.  —  Über  die 
Anlage  und  den  Hau  eines  Lagers.  —  L)ie  Verwendung  von  Faiirrädem 
im  Kriege.    Nach  deutschen  (Juellen  zusammengestellt. 

Russki  Invalid.  Nr.  10.  Entwurf  einer  1  nsirukiion  l  ur  Aus- 
führung von  „beweglichen  Konzentrationen**.  Nachdem  die 
sogenannten  «beweglichen  Konzentrationen**,  d.  h.  Manöver  mit  Wechsel 
der  Unterkunft  und  des  Geländes,  in  der  russischen  Armee  erst  seit 
etwa  10  Jahren  allgemeinere  Verbreitung  gefunden  haben  und  einige 
Erfahrungen  gesammelt  worden  sind,  glebt  der  neue  Entwurf  allgemeine 
Regeln  über  Abhaltung  dieser  Manöver,  aus  denen  Folgendes  als  be- 
merkenswert hervorzuheben  ist:  Den  Detachements  ist  stets  Kavallerie 
zuzuteilen,  während  früher  letztere  durch  Jagdkommandos  der  Infaniene 
ersetzt  werden  ktumte,  und  zwar  jeder  Infanterie- Division  höchstens 
ein  Kavallerieregiment;  die  Bagagen  .sollen  kriegsgemäfs  hinter  der 
Truppe  marschieren  und  nicht  voraus  in  die  Quartiere  geschickt  werden; 
dagegen  ist  die  Mittagskost,  damit  die  Truppen  nach  dem  Einrücken 
in  das  Biwak  sofort  verpflegt  werden  können,  in  fertigem  warmen  Zu- 


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Umsehfta  in  der  MiUtäi^Iittentor. 


109 


stand»'  in  Poldkfirhen  hei  der  kleinen  Bagage  mitzuführen:  die  Zahl 
der  PlalzpaUoiien  wird  auf  50  (früher  100)  pro  Infanterist  beschränkt, 
^da  die  Mannschaften  beim  Schiefsen  mit  Platzpatronen  nachlässig 
zielen  und  nicht  auf  die  richtige  Stellung  des  Visiers  achten  ....  was 
in  der  Folge  einen  ungflnstigen  Einflufs  auf  die  TrefTergebnisse  mit 
scharfen  Patronen  ausüben  kann**.  Nr.  19.  Auf  Grund  eines  Befehls 
vom  .Jahre  1H96  ist  am  1.  .Januar  1900  das  2.  Transbaikal -Kasaken- 
Bataillon  in  ein  Kasaken-Kei ttT- Reir imont  zu  6  Ssotnien  umge- 
wandelt worden.  Das  Transbaikal-Heer  hat  nunmehr  4  Kt'jjimenter 
ersten  Auftrebots.  Nr  22  I  niforrn  Abzeichen  der  in  den  Militär- 
bezirken Prianiur  und  >ifiiri< n  n<  u  ••:  rirht'^t'n  Truppenteile  fBarnaul- 
Heserve-Batailloii.  WladiwustuktT  l'i  stunirs- Infanterie-Regimenter.  Kwar- 
tung-Sappeur- Kompagnie.  Süd-Ussuri-Tniin-Kuiupagnio.  Ostsibirische 
Linien-Regimenter).  Hr.  S7.  Erfahrungen  mit  der  Verwendung 
von  Hunden  fttr  Kriei^szwecke.  Die  in  den  drei  lotsten  Jahren 
mit  Kriegshunden  vorgenommenen  Versuche  haben  ergeben,  «dafs, 
wenngleich  Kriegshunde  den  Truppen,  namentlich  bei  Ableistung  des 
Peldwachdienstcs.  einigen  Nutzen  bringen  können,  dennoch  kein  aus- 
reichender Grund  zu  ihrer  obligatorischen  Einführung  bei  den  Truppen 
vorliegt".  Verfasser  dieses  offiziösen  .\ufsatzes  .scheint  über  den 
Stand  dieser  Frage  in  der  deutschen  .\rm«  e  recht  mangelhaft  unter- 
richtet zu  sein,  da  er  von  der  Voraussetzung  ausgehl,  dafs  bei  allen 
Truppen  der  deutschen  Armee  Krii  gshundo  offiziell  eingeführt  sind. 
Bin  Kommandeur,  bei  dessen  Truppen  Versuche  mit  Kriegshunden  statt- 
gefunden hatten,  berichtet  u.  a.  «dafs  die  Blnftthrung  des  Kriegshundes 
in  der  deutschen  Armee  der  beste  Beweis  dafür  sei,  dafe  die  ernsten 
Bindrücke  der  Kriegseriahrung  verloren  gegangen  seien".  (!)  Hr.  28. 
Kin  neues  Kadetten-Korps  (mit  425  Stellen  auf  Staatskosten  inA 
75  Pensionären)  wird  in  Ssumy,  Gouv.  Charkow,  errichtet.  Nr  30. 
Befehl  über  Versorgung  der  Festungen  und  Festungstruppen  mit  Fahr- 
räd«'rn:  v<m  Interesse  in  dicm-m  Befehl  ist.  nachdem  in  den  letzten 
'Jahren  N'ersuche  mit  dem  aii<  !i  in  der  französischen  Armee  gebräuch- 
lichen zusammenlegbaren  Kahrrade  gemacht  worden,  die  Bemerkung, 
dafs  „in  Anbetracht  der  festgestellten  geringen  Tauglichkeit  der 
zusammenlegbaren  Fahrräder  nur  gewöhnliche  nicht  zusammen- 
legbare Pahrrfider  zu  beschaffen  sind.  —  Abzeichen  der  neu  errichteten 
<S.  Peld-Oendarmen-Eskadron.  —  Der  in  Stettin  im  Bau  befind- 
liche Kreuzer  «Bogatyr**  soll  im  Sommer  d.  J.  von  Stapel  gt  lassen 
werden  Nr.  31.  Ausgabe  eines  Entwurfs  einer  neuen  Oefechts- 
vorschrift  für  gemischte  I  lotachemen  ts. 

Wigennüj  Ssbornik.  Hhk),  Nr.  1.  risuworow  am  Kuban  17TS 
und  jenseits  des  Kuban  1783.  (Mit  einem  Hilde  und  2  Fliinen.)  - 
Unsere  Kasakenheere.  Die  unbedingte  Notwendigkeit  zum  Verständnis 
des  Wesens  der  Kasaken  und  deren  Geschichte  zu  kennen,  wird  nach- 
drücklich hervorgehoben.  —  Schilderung  der  Oefechtstaktik  der  eng- 
lischen Armee.      Die  heutigen  Anschauungen  über  Organisation  und 


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110 


Umsohaa  in  der  Militär-Littontnr. 


numerisches  Verhältnis  der  Reiterei.  —  Die  (jelechtsordnun^f  einer 
Feldbatterie.  —  Die  allgemeinen  und  örtlichen  Wetter-Voraussagungen 
und  die  Verwertung  der  Luft-Drachen  (Drachenbellons)  zu  diesen 
Zwecken.  —  Geschichtliche  Übersicht  fiber  die  Grundsätze  für  Er- 
ziehung und  Unterricht  in  unseren  MilitftrbUdungsanstalten  von  der 
Gründung  der  ersten  Militärschulen  bis  heute.  (Forts,  in  Nr.  2.) 
I.  —  Die  auf  Gegenseitigkeit  beruhende  Offizier  •Versicherung.  — 
Ssiiworow  in  der  russischen  Litteratur.  1.  —  Skizzen  von  der 
Marniaraküste  (mit  Karte).  1.  —  Einige  Mitteilunjren  über  die  Organi- 
sation des  Nachrichten wesi-ns  vor  dem  Keldzujje  1877 'Tb.  —  /\i's  der 
Pra.vis  unserci  Militärgerichte.  —  Ein  Rückblick  aiit  <iie  Ereignisse  in 
den  Armeen  der  europäischen  Grofsmächte  im  vergangenen  Jahre. 
Nr.  2.  Der  Vorstofs  des  Generals  Doroohow  gegen  die  Smolensker 
(Moshaisker)  Strafse  vom  9^/21.  bis  14./26.  September  1812,  eine  Episode 
aus  den  Operationen  im  September  des  Jahres  1812.  (Mit  einem  Bilde 
Dorochows  und  eineF  Übersichtsskizzo.)  —  Das  34.  Inftoterierei^ment 
in  dem  Gefecht  im  27  nnd  28.  Dezember  a.  St.  im  lahre  1877  am 
Schipka  und  sein  Vormarsch  auf  Konstantinopel.  —  Die  Feld/'iL'c  bis 
in  das  16.  J.ihrhimdtM-t  in  Sibirien  (mit  einer  Skizzei.  (Aus  «it-r  Ge- 
schichte der  Kricu-skunst  in  Hiifsland  i  —  Die  Schiefsausbildung  in  den 
fremden  Armeen.  III.  —  Einheitskavaileri«'  lult^v  zwei  Gattungen  der- 
selben? —  Der  Ki  iL>;  in  Südafrika.  SchiidtM  ung  lit-r  Taktik  der  Buren 
und  der  Engländer.  (Mit  drei  Skizzen.)  —  Über  die  eingleisige  Bahn 
nach  dem  System  Monorail  und  ihre  Anwendung  fQr  militärische  Zwecke. 

—  Artilleristische  Bemerkungen.  VI.  —  Das  nationale  Schterswesen. 

—  Der  Haushalt  der  deutschen  Armee.  —  Ssuworow  in  der  russischen 
Litt'-ratiir.    II,  -  Skizzen  von  der  Marmaraküste.    II.  —  Trans%*aal. 

h  dem  Werke  Zeidels,  „Transvaal").  —  Übersicht  über  die  1898 
in  ivufsland  ausgeführten  aslrunomischen .  i:i'odätischen  und  topo- 
graphischen .\rbeitcn.  I.  —  Organis;(i(M"is<  [u'  i'ra;j:t'n  in  der  deutschen. 
österr*Mrlilsrli-nngarischen  und  Iran/'i.sischcn  .Xrnioc. 

Journal  der  Vereinigten  Staateji-Artilleric.  (Januar.  Februar 
1900.)  Das  Problem  des  Windes  beim  Schiefsen.  —  Automatisches 
Richten.  —  Mitteilung  ttber  Erhöhungs-Skalen  beim  Feuer  der  Küsten- 
artillerie.  —  Der  irreduktible  Fail  bei  kubischen  Gleichungen. 

L'Italia  militare  e  marina.  Nr.  U.  Militärische  Lehren.  Der 
Nutzen  von  Schutzschilden  an  Feldgeschützen,  abgeleitet  von  der  Nieder- 
lage zweier  englischer  Batterien  bei  Colenso  (15.  Dezember).  L>er  Ver- 
fa.s.ser,  Tieneral  Biancn-di.  weist  u.  a.  darauf  hin,  dafs  die  Feld- 
Mitraillt'usen  bereits  Schutzsohilde  h.tl'cn  Nr.  12.  Militärische  Kehren. 
(Schlufs).  (ieneral  Hiancardi  hat  das  Thema  der  gepanzerteji  Feld- 
geschülzü  in  der  „Rivista  militare  ital."  bereits  1883/84  behandelt.  Die 
Jahrbücher  von  1884  enthalten  eine  freie  Wiedergabe  der  Arbeit. 
Nr.  13.  Auffliegen  der  Dynamitfabrik  Avigliana  bei  Turin  mit  sehr 
grofsen  Verlusten  an  Menschen  durch  F^uersbrunst  Nr.  14.  Die  Kohlen 
und  der  Krieg.  Nr.  16.  Die  neue  Instruktion  fiber  die  PersonalUsten 


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ümsobau  in  der  Militär-Littoratur. 


III 


der  Militärs.  Nr.  17.  ISuii  der  Kriegsministor  Politiker  oder  Fachmann 
sein?  Hr.  18.  Der  Soldat  und  der  Tornister.  Hr.  80.  Signalwesen 
im  englischen  Heere.  Steht  auf  hoher  Stufe«  wie  der  fortwährende 
Verkehr  der  Besatzung  von  Ladysmith  mit  dem  Ersatzheer  beweist. 
Hr.  24.  BfilitSrische  Lehren.  II.  Bedingungen  fUr  die  Wirksamkeit 
der  Feldartillerie  (Forts,  von  Nr.  11.  12).  Nr  25.  26.  Desgl.  (Ports, 
und  Schlufs).  Nr.  28.  Der  Stuhl  für  Kohre  und  Laffett^n  der  neuen 
Feldgeschütze  soll  von  Terni  geliefert  werden.  Die  [.afTetenkonstrukiion 
ist  vom  Arsenal  Neapel.  Nur  die  heimische  Industrio  wird  überhaupt 
beteiligt  sein.  Nr.  31.  Die  neue  .\ushildungs-Methode  für  die  Infanterie. 
Nr.  32.  Die  englische  Taktik  gegenüber  den  Buren  (au.s  einrr  Wieder- 
gabe der  Artikel  der  „Presse'*  von  Turin  über  den  Krieg).  Nr.  35,  36. 
Militärische  Lehren.  III.  Ergebnisse  vom  Kriege.  IV.  Die  Starke  des 
Heeres. 

BiYista  Hilitare  Italiana.  (16.  Januar.)  Was  die  Kavallerie  ist 

und  \v;is  sie  sein  raüfste.  —  Militärische  Erinnerungen  aus  dem 
Tridentinischen.     -  Kriegsliund»'.       ruUliffets  Heförderungsgesetze. 

E.serc'ito  Italiano.  Nr  14.  Pelloux'  (Jesetzentwurf.  betreffend 
Landesverteidigung  und  l'inbewafTnung  der  Artillerie.  Nr.  15.  Die 
nruf  .Xusbildungsmethodc  für  Infanterie.  Nr.  16.  Die  iifum  Hc- 
iurdiTungsg^^setze  in  Frankreich.  Nr.  17.  l>er  Hrsatz  an  rnitTotlizit'rrü. 
Nr.  18.  England,  Italien  und  der  Boerenkrieg.  Nr.  19.  Die  Bevölkerung 
m  Europa.  Hr.  20.  Der  Transvaalkrieg  (Ports.).  Hr.  21.  Die  Cadres 
und  die  Schulung  der  Offiziere  des  Beurlaubtenstandes.  Hr.  22.  Politik 
und  Heer. 

Beviat»  dentölle«»militar.  (Spanien.)  Hr.  2.  n.  8.  Der  Automobiiis- 

mus  im  Heere  (Schlufs  in  Nr.  3).  —  Die  Wiederaufrichtung  (Ports.). 

England  und  Transvaal  (Forts,  in  Nr.  3).  Übersetzung  aus  dem 
Militär- Wochenblatt. 

Memorial  de  liigenicros  del  Fjercito.  (Spanten.)  Nr.  12.  Die 
besoldete  Reserve  des  lngenieurkt)r|»s  (Schlufs).  —  l>as  Kruppsrii«^ 
Feldschnollfeuergeschütz.  —  Kriegsmarine,  Seekrieg  und  Küsienver- 
teidigung  (Forts.). 

Bevista  Militare.  (Portugal.)  Hr.  3.  Oesetzvorlagen  in  den 
Cortes  (betreffend  teilweise  Neubewaffhung ,  dann  Kapitulationen. 
Pensionen  und  Civilverao^gung  der  Unteroffiziere). 

Krigsvetenskaps  Akadeniens-Uandlingar*  (Schweden.)  Heft  1 
u.  2.  Abfassung  und  Ausführung  von  Operatit  risl  ctehlen.  —  Die  Peld- 
dienstübungon  <h'^  hihres,  be.sonders  betr»  ITt'inl  die  Kavallerie. 

Norsk  Militacrt  Tidsskrill,  (Norwegen.)  Helt  12.  Unsere  alu-n 
Regimentsbezirke  (Schlufs). 

Militaert  Tidsskrift.  (l)anemark.)  Heft  5  u.  6  I >ie  h>gebnis>e 
der  Festungsschiefsübungen  1897/98.  —  Die  neue  Kekruteaausbildungs- 
methode  in  Italien. 

MUitidre  Speetator.  (Holland.)  Hr.  2.  Die  Skada-MltraiUeuse 
(mit  Skizzen).  —  Die  Militär-Rechtspflege. 


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112 


Umsehaa  in  der  Militär-Utteratnr. 


n.  Büchfr. 

Kriegspos<'luchtH(')iP  Kinzelschriften.  Hrraus2:Ps;<*hon  vom  «irofsen 
GeiieralsUilK'.  Abteilung  für  Kiit-gs^eschichto  II.  Heft  27. 
Friedrich  dos  Grofsün  Anschauungen  vom  Kriege  in 
ihrer  Bntwickelung  von  1745  bis  1756.  Mit  einer  SUzse 
im  Text.  Berlin  1899.  B.  S.  Mittler  k  Sohn.  Preis  Mk.  2,50. 
Im  Januarheft  1900  ist  ein  Aufsatz  enthalten:  »Was  können  wir 
von  Friedrichs  d.Grofsen  Lehren  für  die  heutig«  Kriegführung  brauchen?* 
Nach  einem  kurzen  Überblick  über  den  im  Heft  27  der  Einzelschriflen 
niedergelegten  KntwickeliingsjjMng  des  grofsen  Königs  geht  Verfa^^ser 
auf  die  I  mdeutung  seiner  wichtigsten  (.ehren  für  die  Verhältnisse 
unserer  Zeit  über.  Ks  ist  hier  nieht  der  Platz,  diesen  rnideutungen  zu 
ft)ljr«'n.  (lanz  zweifellos  ist  es,  dafs  sie  zutreffend  sind,  wenn  uns  auch 
mancherlei  anfangs  befremden  will.  Das  Eine  bleibt  für  alle  Zeiten 
bestehen  und  wird  uns  so  recht  beim  Studium  dieses  Heftes  27  wieder 
Idar,  däfs  selbst  der  genialste  Mensch  fortgesetzt  an  sich  arbeiten 
mufs,  will  er  sein  Können  den  stftndig  wechselnden  Verhältnissen 
seiner  Zeit  dienstbar  machen.  Was  hätte  es  Friedrich  dem  Qrofsen 
iremitzt.  wollte  er  auf  den  verhältnismäfsig  schnell  erworbenen  kriege- 
rischen Lorbeeren  ruhen!  Seine  übermächtigen  Gegner  hätten  ihm 
nur  zu  bald  Srliadi  irt-bulen.  l>ies  und  die  Notwendigkeit,  mehr  als 
sie  zu  leisten,  diiingie  Fi'iedrich  die  Überzeugung  auf  diesr  ersten 
Krfolge  auszunützen.  Kr  hat  daraus  nicht  nur  liif  ThatijLckcit  seiner 
(renerale,  sondern  seine  eigene  zum  (iegenstande eingehendsten  Studiums 
gemacht;  er  wollte  selbst  sich  in  der  grofsen  Kunst  des  Krieges  mehr 
und  mehr  vervollkommnen  und  arbeitete  darum  unablässig  an  sich 
und  seinem  Heere-  —  Wir  möchten  meinen,  dafs  die  Geistesarbeit  des 
grofeen  Königs  nach  dem  zweiten  schlesischen  Kriege  nicht  nur  seiner 
Armee,  sondern  vor  allem  seiner  eigenen  Persönlichkeit  zu  gute  ge- 
kommen ist.  Sein  (leist  strebte  weit  hinaus  über  die  engen  Grenzen 
der  Zeitperiode,  in  der  er  lebte.  Und  doch  legte  er  diesem  nach  ße- 
thätigung  dürstenden  (Jeiste.  der  »Mne  schnelle  Entscheidung  ersehnte, 
Kesseln  an.  Has  ist  doch  wahrhaft  grofs!  —  Und  welch''s  war  das 
Hesultal  dieser  strengen  Selbstbeherrschung  und  Selbstprüfung.'  Eine 
Läuterung  der  eigenen  Ideen,  eine  genaue  Erkenntnis,  welche  Ziele 
und  durch  welche  Mittel  diese  zu  erreichen  seien,  ein  weises  Uuta- 
halten  in  allem  und  jeden.  Wer  so,  wie  Friedrich  der  Orofee,  seine 
Zeit  erkannt  hatte,  der  war  sich  auch  bewubt,  dafs  er  mit  deren 
Schwächen  zu  rechnen  habe  und  darum  allein  meisterte  er  sie.  Fried' 
rieh  der  Grofse  las  nicht  nur  viel,  er  schrieb  noch  mehr  und  gerade, 
weil  er  viel  schrieb,  entwickelten  sich  seine  Anschauungen  klar  und 
logisch,  ist  eine  fortwährende  Steigerung  seines  Werdegan i,'es  zu  er- 
kennen. Die  „Hisloire  de  nion  temps'*.  die  „Politische  Correspondenz'*. 
die  militärischen  Instruktionen  und  Lehr.schriften  geben  Zeugnis  davon, 
dafs  es  ein  praktisches  Studium  ist,  das  der  König  betreibt.  Die 
Überzeugung,  dafs  Truppen  desto  leichter  zu  führen,  Heere  desto  be- 


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UmMhaa  in  der  HiUtilr-Iittenfeitf. 


113 


quemer  zu  handhaben  seien,  je  besser  ihre  Schulung  und  Ausbildung 
ist.  sie  leuchtet  in  ihrer  einfachen  Klarheit  in  die  Augen  und  wenn 
dann  der  König  hinzufügt,  die  preufsischen  Truppen  könnton  es  im 
Kriege  stets  getrost  mit  einem  stftrkeren  Feinde  aufoehmen,  so  ist  ihm 
die  stete  Arbeit  an  seinem  Heere  die  Hauptaufgabe  seines  Lebens. 
PortwShrend  arbeitet  er,  weil  er  es  für  notwendig  erachtet  und  er 
setzt  mit  eiserner  Energie  seinen  Willen  überall  durch.  Die  engherzigen 
Auflassungen  seiir^r  '/oit  zerbrach  er  durch  sein  Erziehen  der  Führer 
zur  Selbstthiitigkcil    l'^s  ist  besser,  eine  üble  Resolution  fassen  und  solche 
auf  der  Stolle  exekutieren,  als   irar  keine  resolulions  nehmen.  I>ur 
taktische  Anirritl'  ist  es,  dem  dcf  König  vor  allem  das  Wort  ndet. 
„Die  ganze  turce  unserer  Truppen  besteht  im  attaquieren  und  wir 
würden  thöricht  sein,   wenn  wir.  ohne  Ursache,  darauf  renoncieren 
wollten."  Die  Kavallerie,  deren  eigentlicher  Schöpfer  der  grofse  König 
ist,  soll  Mlmm^r  eher  fertig  als  der  Feind  sein.**  In  der  Schlachten- 
taktik kam  Friedrich,  abweichend  von  seinen  Zeitgenossen,  von  der 
gro&en  Zaiil  verschiedener  Schlachtarton  zurück;  er  giebt  nur  wenige 
knappe  Lehren.    Von  der  Verteidisrung  und  der  Feldbefestigung  hält 
er  sehr  wen!?:.  In  der  eigentlich  allein  zu  schlagenden  Angrinsschlacht 
fordert  er  raschen  Entschlufs  und  rücksichtslose  Durchführung.  Der 
Kampf  „en  rase  campagne".   das  stolze  und  eneri^ische,  einheitliche 
und  geschlossene  Vorrücken,  das  Hinhalten  der  Schlachtordnung  und 
Angriflsrichtung,  die  innige  Verbindung  von  Infanterie  und  Kavallerie 
werde  zum  Ziele  führen.  Aus  dem  Suchen  nach  einer  allgemein  an- 
wendbaren und  Erfolg  verheilsenden  Form  fOr  den  Schlachtenangriff 
ging  schlieblich  Friedrichs  schräge  Schlachtordnung  hervor. 

Es  ist  das  Prinzip  zu  erkennen,  die  Anlage  der  Schlacht  von 
Hause  aus  auf  den  Angriff  eines  feindlichen  Flügels  zu  basieren,  den 
äufseren  angreifenden  Flügel  einzusetzen,  den  inneren  aber  so  lange 
wie  möglich  zu  verhalten.  Mit  der  Ausnützung  des  Sieges  durch  die 
Verfolgung  beschäftigte  sich  Friedrich  eingehend  und  weist  nach,  dafs 
sie  bisher  nicht  genügte:  er  sieht  aber  auch  ein,  dafs  seine  Zeit  der 
Erreichung  seines  Ideals  in  dieser  Beziehung  noch  recht  fern  sei. 
Eine  schnelle  Entscheidung  des  Krieges  strebt  er  mehr  denn  seine 
Gegner  an.  Die  Kriege  sollten  „kurz  und  vives  sein",  „es  sei  besser, 
dafs  ein  Mensch  sterbe,  als  da£s  das  ganze  Volk  verderbe*.  »Schlachten 
müsse  man  suchen,  wenn  man  an  Zahl  und  Truppen  überlegen  sei.* 
Es  lag  in  den  An.schauungen  jener  Zeit,  nichtalles  auf  eine  Karte  zusetzen, 
dafs  die  Kliege  meist  von  längerer  Dauer  waren.  Die  Kriegttihrung 
hatte  nber  auch  mit  Schwierigkeiten  zu  rechnen,  die  für  moderne  Ver- 
hältnisse nicht  vorhanden  sind.  Hierher  gehört  die  Desertion,  der 
mangelhafte  Zustand  der  Verkehrswege  u,  a.  m.  ,.Ein  langwieriger 
Krieg  würde  ohnvermerkt  unsere  admirable  disciplin  lallen  machen, 
das  Land  döpeupliren,  unsere  Ressources  aber  erschöpfen. "  Dazu  kam 
die  Schwierigkeit,  diese  Ressourcen  nachzuführen;  in  Feindesland 
flüchteten  die  Bewohner  und  man  konnte  vom  Lande  selbst  nicht 

Jabfbftektr  Ite  dto  dratNk»  AiaiM  luA  MuIb*.  B4  Ut.  1.  8 


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114 


UuMdiM  in  der  llilttir4ittentar. 


leben.  Eine  grofse  Rolle  in  den  kriegerischen  Ereignissen  spielte  nalur- 
gemäfs  der  kleine  Krieg  und  in  ihm  wieder  die  Aufhebung  von  convois  pp. 
Dafs  Friedrich  kein  Mittel  scheute,  oll  selbst  zu  solchen  grilV.  die  wir 
jetzt  als  inhuman  bezeichnen  würden,  um  sich  Nachrichten  vom  Gegner 
Sil  verachaffeii.  ist  bekannt;  „man  bedient  sich  im  Kriege  der  Ldwen- 
und  der  Pachshaut*  —  Lftngere  Abhandlungen  und  Befehle  bat  der 
Kdnig  fiber  die  «Lager*  binteriassen;  er  unterscheidet  solche,  in  denen 
sich  die  Armee  yersaramelt»  Stand-  und  Still-Liger,  Lager,  um  zu  fou- 
ragieren.  verschanzte,  defensive  und  solche,  um  ein  Land  zu  decken. 
Die  Lagerkunst  war,  wie  wir  sehen,  zur  Zeit  Friedrichs  des  Grofsen 
ein  sehr  wichtiger  und  schwieriger  Teil  des  Krieges.  Hingehend  be- 
handelt sind  die  Marsche  und  Flulsübergänge.  Für  ♦•rsten-  galt  in 
allen  Heeren  als  Regel,  streng  nach  derSchlachtordnuntc  abzumarschieren, 
um  jederzeit  in  der  Latrt' zu  sein,  sie  wied<M  h«'rzustellen.  Der  Feslungs- 
krieg  spielte  eine  grofse  Rolle;  Schweidnitz  war  die  erste  Festung  mit 
Ports.  Die  Kriege  Priedricha  d.  Ghrofsen  sind  Angrifbkriege,  wenn 
auch  oft  dadurch  entstanden,  den  Gegnern  zu  „praevenven'* ;  er 
scheute  sich  dann  auch  nicht,  die  Winterquartiere  aufzugeben  und  im 
Winter  zu  agieren.  Er  unterscheidet  zwischen  Peldzugsentwürten  für 
den  Boginn  des  Krieges  und  solchen  für  den  weiteren  Verlauf.  ,War 
Friedrichs  Heer,"  so  sagt  die  Einzelschrift.  „zwischen  1745  und  1756 
taktisch  dem  (iegner  entschieden  nht^rlegen.  so  fohlte  doch  die  aus- 
gesj)rochene  strafr'trische  Überlegenheit.'*  „Wann  Ihr  offensive  agiret, 
so  detachiret  niemals!'*  „Wann  Ihr  eure  tbrcen  theilet.  werdet  Ihr 
en  detail  geschlagen  I"  Das  shid  beherzigenswerte  Worte.  Die  gröfsesie 
Einschränkung  seines  persdnlichen  Wollens  legte  sich  der  grofse  König 
in  strategischer  Beziehung  auf.  Denn  seine  Zeit,  die  des  Hinhaltens, 
dee  Manövrierens  war  nicht  dazu  angethan,  weiter  hinausgesteckte 
Ziele  ins  Auge  zu  fhssen.  Wir  möchten  ghiuben,  dafs  zu  dieser  Ein- 
sieht  Friedrich  erst  nach  schweren  inneren  Kämpfen  und  durch  den 
unglücklichen  Feldzug  von  1744  gekommen  ist.  Gerade  aber  in  diesem 
Bemeistern  seines  Selbst  lietrt  der  Beweis  seiner  (JeistesgrÖiise,  jener 
allen  Zeilen  vorbildlichen  Gestalt,  die  aus  dem  eig«'nen  Thun,  ja  aus 
den  eigenen  Fehlern  seine  eigenen  Ordonnanzen  gfscliatren  hat. 

Die  vorliegende  Kinzelschrift.  die   demnächst   eine  Fortsetzung 
OThält,  welche  die  taktische  Schulung  der  preufsischen  Armee  während 
.der  Priedenszeit  von  1745—1766  schildern  wird,  Ist  eine  wertvolle  An- 
leitung zum  Studium  des  ^gröfsten  aller  Könige  der  neueren  Zeit.**  63. 

Die  angaiiMiie  IHman- Armee  19i8/49.    Von  Anatolo  Vacquant. 
Breslau.    Kunst-  und  Verlagsanstalt  v.  S.  Schottlaender.  1900. 

I)ie  ungarische  Donauarmee  nimmt  vermöge  ihrer  Leistungen  in 
dem  Kriet:»»  1848/49  unzweifelhaft  den  ersten  Platz  ein  unter  den  da- 
mals neugCf^ciiatTenen  Honvedschaaren.  In  ihrer  eigenartigen  Zusammen- 
setzung bildete  diese  Armee  ein  Produkt  der  politischen  Wirrsale. 
welche  den  Sommer  1848  ausfüllten.    L>er  Verfasser  des  vorliegenden 


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Umsohaii  in  der  MiUtir-Uttoratar. 


115 


Buches  wollte  das  Werden  und  Wachsen  dieses  Heereskörpers  schildern, 
die  politischen  Vorgänge  dabei  aber  nur  in  allerknappostür  Form  be- 
rühren. Andererseits  hat  der  Verfasser  auch  keine  militärische  Ge- 
schichte der  ungarischen  Donauarmee  schreiben  wollen  unter  eingehender 
OarateUung  der  Organisatioo,  sowie  der  Operationen  und  Waffonthaten 
derselben.  Er  zeigt  uns  vielmehr  die  ungarische  Donauarmee,  dieses 
Kind  jener  Zeit  voller  Verwirrungen  und  Verirrungen  in  einem  unter- 
haltenden und  anregenden  kaleidoskopischen  Bilde  und  führt  uns  somit 
ein  Stück  Zeitgeschichte  vor. 

Da.s  Buch  soll  jedoch  nicht  hlofs  U'w  die  I  nterhaltung  geschrieben 
sein,  der  Verfasser  verfolgt  damit  am  h  den  sittlichen  Zweck,  der 
Wahrheit  die  Khre  zu  geben,  «ihr  Hecht  zu  verschatVen."  Hine  Flut 
von  Schrillen  halte  der  ungarische  Krieg  von  lö4ö/49  im  Gefolge  gehabt 
und  es  hielt  schwer,  darin  Dichtung  von  Wahrheit  zu  trennen.  In 
Hals  und  Erbitterung  tauchte  der  Ungar  seine  Feder,  zornentbrannt 
schrieb  aber  auch  der  Österreicher.  Die  zeitgenössischen  Berichte 
mufsten  daher  mit  grofeer  Vorsicht  aufgenommen  werden.  Der  Ver- 
lauf des  Feldzuges  hatte  zweifellos  auch  eine  gewisse  Anzahl  von 
Fehlern  zu  Tage  geföidert.  die  Zeit  war  Jedoch  noch  nicht  dazu  an- 
gethan,  eine  saeh liehe  Kritik  zuzulassen. 

In  l'ngarn  war  es  lange  Zeit  gt-radezu  verpönt,  anders  als  mit 
üoldtinktur  zu  schreiben.  I  ber  Ludwig  Kossuth,  den  damaligen 
Bannerträger  der  ungarischen  Nation,  durfte  man,  wie  der  Verfasser 
sich  ausdrückt,  nur  sprechen  mit  einem  Weihrauchfafs  in  der  Hand, 
Jetzt  jedoch,  seitdem  Ungarn  innerlich  erstarkte  und  in  der  Civilisation 
rOstig  mitarbeitete,  verlangte  es  nicht  mehr  ausschliefslich  Lobeshymnen. 
Kossuth  und  Görgey,  der  Führer  der  Donauarmee,  bildeten  die  Pole, 
um  welche  sich  die  Breignisse  des  Jahres  1848/49  in  Ungarn  drehten. 
Beide  Männer  hatten  ihre  Verehrer  und  Bewunderer  gefunden,  wobei 
anfangs  die  grofse  Mehrheit  auf  Kossuths  Seite  stand,  flörgey  be- 
schuldigte man  nach  seiner  Kapitulation  zu  Vilägos  1849  in  l  ugarn 
allgemein  dos  Verrats.  Doch  auch  dies  lialte  sich  geändert.  Auf 
die  Ihiuer  liefs  sich  solbst  in  Ungarn  das  vom  Auslanfle  über  Görgey 
gefällte  gerechtere  Urteil  nicht  von  der  Hand  weisen  und  allmählich 
wandte  sich  auch  dort  die  öffentliche  Meinung  zu  Gunsten  Oörgeys. 
Das  Buch  ist  sehr  interessant  und  geistvoll  geschrieben  und  kann  der 
Leserwelt  nur  warm  empfohlen  werden.  38. 

Leutnant  X.  La  Guerre  avec  l'Angleterre.  PoUtique  navalc  de  la 
France.  Paris,  Nancy  1900.  Berger- Uevrault.  Preis  8  Mk. 
her  ungenannte  Verfasser,  von  der  Hoffnungslosigkeit  erfülli.  Eng- 
land mit  denselben  Wafl'en  auf  See  bekämpfen  zu  können,  weil  es  an 
Schlachtschiüen,  Kreuzern  und  Torpedobootszer^^törern  Frankreich  weit 
überlegen  ist  und  immer  bleiben  wird,  emptiehlt  im  ersten  Teil  des 
Buchs,  welcher  „Apres  Faschoda''  genannt  ist,  den  Kreuzerkrieg  und 
den  Krieg  mit  Torpedobooten  und  unterseeischen  Booten. 

H* 


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llö 


Umschau  in  der  Miiitär-Uctcrauir. 


Der  sweite  Teil  besch&ftigt  sich  mit  den  YorbereitungeD  Frank- 
reichs  für  den  Seekrieg.  Er  veriangi  zu  einem  glücklichen  Ausgang 
des  Krieges  1.  wenigstens  60  Kreuzer  mehr,  2.  wenigstens  150  Torpedo- 
boote mehr,  3.  wenigstens  50  Unterseebote,  4.  eine  jsresicherte  Küsten- 
verteidigung.  Munitions-  und  Kohlenergänzung.  Gesicherte  Stützpunkte 
für  die  Flotte.  Als  Heizmaterial  verlang-t  er  für  die  neuen  Torpedo- 
boote Petroleum  und  für  die  zu  «-rhauenden  Kreuzer  I*etroleum  und 
Kohlen,  um  sich  von  England  zu  t  iiiancipieren.  Da  Rufsland  haupt- 
sächlich Petroleum  produziert,  wiinir  dies  für  Frankreich  von  grofsem 
Nutzen  sein  bei  der  gegenwärtigen  Allianz  der  beiden  Nationen.  Er 
bespricht  dann  die  Unterseeboote  und  veriangt  fflr  die  Kreuzer  und 
Torpedoboote  junge  Kommandanten  voll  Wagemut  und  frei  von  Be- 
denklichkeiten, Oberhaupt  eine  allgemeine  Verjfingung  des  Ofllzier- 
korps.  Die  erste  Operation  im  Kriege  mufs  für  Frankreich  sein,  alle 
englischen  Kabel  zu  zerstören,  da  die  englische  Kabelkarte  mit  allen 
ihren  Verzweifrunpen  im  französischen  Besitz  ist.  müssen  die  Kabel 
von  dazu  bestimmten  Kreuzern  mit  den  dazu  notwendi«ren  Hinrich- 
tungen ausgerüstet,  aufgenommen  werden.  Die  Politik  Kraiikreichs 
für  den  Seekrieg  mit  luigland  mufs  darauf  gerichtet  sein,  (i-  n  Handnl 
und  die  Verbindungen  Englands  zu  zersluren,  es  dadurch  auszuhungern, 
jeden  Geschwaderring  zu  vermeiden  und  sich  auf  eine  thätige  Defensive 
zu  beschrSnken. 

Der  dritte  Teil  des  Buchs  handelt  von  dem  angenommenen  Fall, 
dafs  Frankreich  sofort  den  Krieg  erklftren  mufs.  Die  Kolonien  können 

alsdann  nicht  verteidigt  werden,  sie  müssen  ihren  eigenen  Verteidigungs- 
kräften überlassen  bleiben,  zumal  Landungen  in  den  französischen 
grofsen  Kolonialgebieten  sehr  schwierig  auszuführen  sein  werden. 
Das  Schicksal  der  Kolonien  wird  in  Europ;i  entschie  ien  wenien  Im 
Mittelmeer  hat  England  eine  furchtbare  l  l'ermachl.  daher  mur-  sich 
die  französische  Flotte  in  Toulon  versammeln  und  durch  ihre  Kreuzer 
fortdauernd  über  die  feindlichen  Bewegungen  unterrichtet,  nur  dann 
zum  Angriff  übergehen,  wenn  die  englische  Flotte  sich  teilen  sollte  und 
eins  von  den  Geschwadern  dem  französischen  Mittelraeergeschwader 
an  StSrke  inferior  sein  sollte,  dann  ist  die  Vernichtung  desselben  auch 
mit  und  trotz  den  schwersten  Opfern  geboten.  Auf  den  Seekrieg  im 
Mittelmeer  näher  eingehend,  hält  er  den  Besitz  von  Mahon  auf  den 
Haiearen  für  eine  Lebensfrage  U'w  Frankreich,  der  Besitz  von  Mahon 
ist  der  Schlüssel  zum  Kriege  im  .Mittelmeer  und  darf  niemals  in  die 
Gewalt  der  Encrländer  kommen.  Hei  dem  geringsten  Versuch  seitens 
Englands,  sich  der  Belearen  zu  bemächtigen,  mufs  Frankreich  Spanien 
zwingen,  mit  seiner  HUfe  Gibraltar  zu  belagern  von  der  Landseite  aus. 
Für  den  Seekrieg  im  Kanal  empfiehlt  der  Verliisser  ebenfalls  den 
Kreuzerkrieg,  das  Nordgeschwader  soll  seinen  Stützpunkt  in  dem  un> 
einnehmbaren  Brest  haben  und  dort  eine  Binschlielsung  durch  die 
stärkere  englische  Flotte  ruhig  erwarten,  die  Defensive  aber  soll  durch 
Oflensivstöfse  von  Torpedobooten  und  Unterseebooten  dem  Feinde 


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Umaobau  in  der  Militkr-Littoratar. 


117 


Schaden  zutugt-n.  von  letzteren  Ix'idcii  rnuls  rinc  nio^liohst  grol'so 
Zahl  bei  den  horvurragondstcn  Werftfn  im  In-  und  Auslände  bestellt 
werden.  Zum  Öchlufs  fordert  er  einen  Massenankauf  von  900  000 
Tons  Kohlen  —  eine  sofortige  Ausgabe  von  30—35  Millionen  Pr.  ~« 
welche  er  in  folgender  Weise  auf  die  fUnf  Hanpthilfen  und  Stützpunkte 
(Qr  Schifte  verteilt  haben  will:  800000  Tons  zwischen  Dünkirchen  und' 
Brest,  200000  Tons  von  Brest  bis  Bayonne  und  von  200000  von  Port 
Vendres  nach  ViUefranka,  100000  Tons  in  Korsika  und  Bisorta  und 
100  000  Tons  in  Algier.  Mit  einem  Kassandraruf  nach  dem  Manne, 
welcher  die  Kraft  hat.  dem  Parlament  über  die  Schwächen  der  fran- 
zösischen Marine  die  Augen  zu  öttnen,  nach  dem  Retter  Prankreichs 
gegen  Englands  Habgier,  schliefst  das  sehr  bemerkenswerte  Buch. 
Am  Schluls  sind  sehr  schätzenswerte  Tabellen  gegeben  über  die  eng- 
lischen Seestreitkräfte,  fiber  die  beabsichtigten  Neubauten,  Vergleich 
der  beiden  Flotten  und  Budgets,  ttber  die  englische  Handelsflotte  und 
den  englischen  Handel,  Englands  Bevölkerung  und  Ernährung,  die 
grofsen  englischen  Dampferlinien,  die  Auxiliarkreuzer,  Kabellinien  und 
das  Personal  der  beiderseitigon  Flotten.  l>as  kompendinse  Werk 
des  ungenannten  Verfassers  deckt,  von  dem  Gefühl  glühender  Vater- 
landsliebe getragen,  mit  schonungsloser  Offenheit  die  Schwächen  der 
französischen  Marine  auf  und  giebt  in  geistvoller  Weise  den  Weg  an, 
der  erdrückenden  ('hermacht  Englands  mit  Erfolg  zu  begegnen.  Wenn 
sich  auch  verschiedene  von  den  gemachten  Vorschlägen  nicht  weiden 
verwirklichen  lassen,  wenigstens  nicht  in  absehbarer  Zeit,  kann  die 
Lektüre  dieses  Werkchens  nur  empfohlen  werden,  zumal  da  es  wohl 
die  Ansichten  des  französischen  Marineofflzierkorps  in  breiteren  Massen 
wiedergeben  wird.  Der  Styl  ist  prSgnant  und  verschiedene  neue  Ge- 
sichtspunkte in  dem  geistvoll  geschriebenen  Buch  geben  zum  Nach- 
denken Aniafs.  69.  (J.) 

Der  Krieg  in  Südafrika  Ihi)*.!  r.HM)  und  seine  Vorgeschichte.  Bear- 
beitet von  Altred  von  Müller.  Oberleutnant  im  1.  Hanseatischen 
Infanterie-Regiment  No.  75.  —  Mit  zahlreichen  Karten.  Skizzen 
und  Anlagen.  I.  Teil.  Vorgeschichte  der  beiden  Buren-Staaten 
und  die  Kriegsereignisse  bis  zum  BintrefTen  des  englischen 
Expeditions-Korps.  Berlin  1900.  Giebersche  Buchhandlung. 
Preis  2  Mark. 

Es  ist  gewifs  nicht  zu  leugnen,  dafs  der  zur  Zeit  in  Südafrika 
sich  abspielende  Krieg  nicht  nur  das  berechtigte  regste  Interesse 
wachruft,  sondern  auch  zu  Gunsten  der  Prüfung  unserer  eigenen  An- 
sichten zum  eingehenden  Studium  auffordert,  hie  eingehende  Dar- 
stellung der  Kriegsereignisse  wird  deshalb  einen  hohen  Wert  haben, 
wenn  durch  wahrheitsgetreue  lierichle  eine  genügend»'  (Jrundlage  für 
eine  solche  gegeben  sein  wird.  Zur  Zeit  kann  man  davon  niclii  reden, 
da  infolge  der  britischerseits  geübten  Censur  nur  auiserordentlich 
lückenhafte,  entstellte  und  von  grofsem  Mangel  an  taktischem  Ver- 


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118 


Umsehan  in  der  HlUtitr-Litteratiir. 


ständnis  zeugende  Mitteilungen  nach  Europa  gelangen.  Unter  diesen 
Umstünden  erscheint  das  Unternehmen  sehr  gewagt,  eine  Geschichte 
dieses  Krioiies  bereits  Jetzt  in  AnfrrifT  zu  nehmm.  wo  dessen  noch  irar 
kein  Ende  abzusehtni  ist.  und  eine  solche  fortlaufend  mit  den  l^^reij;- 
nissen  zu  veröffentlichen.  Wirft  man  nun  -  wie  svohl  jeder  thut  beim 
oiVnen  des  l^uches  zuerst  einen  Blick  auf  die  beigefügten  3  Karten, 
80  wird  man  in  der  Erwartung  noch  mehr  herabgestimmL  Die  MaCs* 
Stäbe  (für  Natal  1 : 800  000)  Bind  sehr  grofs  und  lassen  ohne  genaue 
Darstellung  aller  wichtigen  Einzelheiten  zu.  Anstatt  der.  wenn  auch 
noch  80  flüchtigen,  doch  wohl  nach  irgend  einem  System  zu  verlan- 
genden, lesbaren  und  verständlichen  Skizzierung  der  Geländeformationen, 
welche  gerade  auf  dem  südafrii^anisohen  Kriegsschauplatz  von  griMirter 
Wicht iiikeit  sind.  •'rl)r!rk»Mi  wir  nur  ein  jranz  wirres  Gestrichele  von 
einei'  Systenilusigkeil.  wic  man  «'s  von  ointMii  deutschen  Offizier  nicht 
erwarten  solltf.  Mit  dei  selben  Mühe  halle  er  auch  verständliche  For- 
mationen zeichnen  können.  Ubersichtlich  kann  man  diese  Pläne  nicht 
nennen,  wie  der  Verfa^üer  in  merkwürdiger  Selbsttäuschung  es  im 
Vorwort  thut. 

Als  Zweck  seines  Buches  giebt  er  nun  an,  ein  klares,  zusammen- 
hängendes Bild  von  den  kriegerischen  Ereignissen  gel»en  zu  wollen. 
Er  will  also  keine  Geschichte  des  Krieges  schreiben.  Und  wenn  man 
jene  Absicht  dahin  versteht,   dafs  er  das  in  Zeitungsnachrichten 

Mitgeteilte  zusammenstellen,  möglichst  nach  seiner  Auffassung  er- 
gänzen und  in  Zusammenhang  bringen  will,  so  kann  man  der  Arbeit 
eher  zustimmen.  Kin  Mehr  hat  er  auch  bei  d»  r  sichtbaren  Bemühung 
mangels  hinreichender  drundlatren  nicht  schatVeii  künnen;  es  bleiben 
Überali  Lücken  in  den  üperuiionen,  die  auszutuUen  unmöglich  war. 
Anderseits  sind  allerdings  Vervollständigungen  zu  verzeichnen,  welche 
—  wenn  sie  nicht  auf  willkürlichen  Kombinationen  beruhen  —  dem 
Verfasser  zu  Gebote  stehende,  sonst  nicht  bekannte  Nachrichten  vo^ 
aussetzen  lassen,  wie  vor  allem  die  genauen  Dislokationen  und  Be- 
wegungen der  Beeren-Abteilungen.  Die  Angabe  der  Quellen  wäre  hier 
erwünscht  gewesen.  Auffallend  ist  dagegen  das  stillschweigende 
('hergehen  anderer  Hreignisse,  wie  z.  H.  des  Vorstofses  des  Generals 
White  iim  27.  Oktober  in  der  Richtung  auf  Helpneakar.  .\us  der  Zeit 
vom  \b.  HO.  Oktober  liegt  eine  ganze  Reihe  von  Nachriehten  vor. 
welche  vuniVerfasser  nicht  benutzt  wurden  und  welche  zu  verwerten 
doch  im  Interesse  der  Vollständigkeit  notwendig  gewesen  wäre. 

So  kann  der  Arbeit  des  Oberleutnant  von  MflUer  eine  andere  Be- 
deutung nicht  zuerkannt  werden,  als  etwa  einer  Serie  zusammen- 
flusender  Zeitungsartikel.  In  diesem  Sinne  hat  sie  aber  gewifs  auch 
für  manchen  Wert.  49. 

Jahn,  Oberleutnant,  («esehiehte  des  Königlirli  Säeh.sisehen  Cara- 
binier-Kegiments,  vormaligen  .3.  Reiter-Regiments.  Auf  Befehl 
des  Regiments  zusammengestellt.    Mit  2  Bildnissen  und  fünf 


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UniBolun  In  der  MiHtitr-Iittentiir. 


119 


Karten   im  Steindruck.    Berlin  1899.    E.  ^.  Mittler  u.  Sohn. 

Preis  n  Mark. 

l^ine  sorgfältig  und  ihrem  Zweck  entsprechend  gesciuriehene 
Kegimentsgescichte ! 

I>er  Herr  Verfasser  hat  e's  verstanden,  ein  Bild  der  äufsern  Schick- 
sale und  des  innerii  Lebens  seines  Truppenteils  zu  geben.  Hierbei  ist 
von  dem  Hintergrund  der  groCsen  weltgesohichi&ohen  Ereignisse  nieht 
mehr,  aber  gerade  so  viel  gegeben,  wie  für  das  Verständnis  der  Teil- 
nahme des  Regiments  an  den  groÜBen  kriegerischen  Breignissen  not- 
wendig ist  In  lebendiger  und  daher  belehrender  Weise  haben  auoh 
Kinzelthaten,  namentlich  Patrouillenritte,  Erwähnung  gefunden.  Als 
Muster  eines  solchen  mochten  wir  den  Ritt  des  damaligen  Leutnants 
Freiherrn  von  Knde  am  26.  August  1870  zur  Einholung  von  Nach- 
richten über  den  Abmarsch  des  Feindes  von  Heims  auf  Metz  be- 
zeichnen. 17, 

JHe  Neutralität  der  Schweiz.    Rede,  gehalten  von  dem  Bundesrat 
Emil  Frey  am  16.  November  1899  in  der  demokratischen  Ver^ 
einigung  Winterthnr.  Winterthur.  Ziegler.  1900. 
Die  ideine  Schrift  hat  unseres  Erachtens  eine  weit  über  ihren 

Umfang  hinausreichende  Bedeutung.  Verfasser  ist  kein  Geringerer, 
als  der  frühere  Gesandte  bei  den  Vereinigten  Staaten,  Herr  Emil  Frey. 
Als  Motiv  für  seine  offene  und  ihm  gewifs  viele  Gotrner  erweckende 
Aussprache  leitete  ihn  das  Bewufstsein,  dafs  im  Kriegsfälle  die  unrich- 
tige Auflassung  der  Rechte  und  Pflichten  der  f^idgenossenschalX  un- 
sügliches  Unglück  über  sein  Vaterland  bringen  mü.sse. 

Er  wendet  sicli  in  energischer  Weise  gegen  die  seiner  Ansicht 
nach  irrtümliche  Äuffessung  der  Neutralität  der  Schweiz,  und  zwar 
nicht  nur  im  Auslande,  sondern  auch  im  Lande  selbst  Daüs  diese 
Neutralität  überhaupt  vor  kriegerischen  Verwickelungen  schütze  sowie 
(lafs  sie,  von  den  Vertragsmächten  anerkannt,  die  Schweiz  unter  allen 
Umständen  zur  Neutralität  verpflichte.  Er  erinnert  daran,  dafs  die 
Schweiz  seit  dem  Wiener  Frieden  ausschliefslich  durch  niemals  zu 
vermeidende  „diplomatische  Zwischenfälle"  vor  dem  Ausbruche  eines 
Krieges  gestanden  und  nur  —  wie  Verfiisser  scherzend  bemerkt  — 
durch  „L>ei  Providentia  und  hominum  contusio"  vor  demselben  bewahrt 
sei.  Als  Beweis  hierfür  führt  er  die  Kontlikte  mit  Frankreich  wegen 
Ludwig  Napoleon  Bonaparte,  mit  Preulsen  wegen  Neuenburg  und  mit 
Deutschland  wegen  dem  bekannten  Fall  Wohlgemuth  an.  —  In  allen 
drei  Fällen  hatte  nicht  die  Rücksicht  auf  die  Neutralität»  sondern  die 
Yerliandlungen  der  Diplomatie  den  Krieg  vermieden. 

Wir  stimmen  hierin  völlig  dem  Verfasser  bei  und  auch  darin, 
dafs  im  Falle  zwei  fremde  Nachbarnationen  mit  einander  Krieg  führten, 
je  nach  der  Kriegslage  die  eine  Macht  einen  wesentlichen  Vorteil 
darin  erblicken  wird,  dafs  die  Schweiz  die  Neutralität  wahrt,  während 
für  die  andere  diese  Neutralität  ein  Hindernis  sein  wird. 


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120 


UmseluHi  in  der  Müttlr-LittetatDr. 


Dagegen  wird  keine  Orofemaclit  die  Schweiz  im  Beeitee  einer 

andern  sehen  wollen  —  und  aus  diesem  Grunde  liegt  ihre  Unver- 
letzlichkeit im  steten  Interesse  aller  Mächte.  Diese  Unvorletoliciikeit 
kann  aber  nur  gewahrleistet  werden,  wenn  man  sich  auf  eine  ge- 
nügen«!»' L;indesvtM'tei(iiü:ung  stützt.  „I)aher"  —  sagt  Frey  —  beruht 
die  HtMieutui)^  dei-  Schweizer  Neutralitiit  in  letzter  Instanz  aut  den 
Kanonen  und  Bajonetten  und  auf  dem  unerschütterlichen  Entüchlu^M- 
unseres  Volkes,  für  seine  Freiheit  und  Unabhängigkeit  zu  fechten  bis 
zum  letzten  Mann." 

Wir  IcOnnen  die  kleine  Schrift  allen  empfehlen,  die  sich  für  die 
staatsrechtliche  und  militürische  Stellung  der  Schweiz  interessieren. 

V,  Z. 

L*Etat  mlUtaire  des  prindpales  puissaaoes  ^angins  en  1900. 

7itaie  Bdiiion,  augmentee  et  mise  a  jour  par  I.  Lauth,  chef 
d'escadron.  Paris-Nancy,  1900.  Bei^r-Levrault  et  Cie.  Pk^is 
7,öO  frcs. 

Dieses  jetzt  in  7.  Auflage  vorliegende  Werk  erschien,  unter  der 
Redaktion  des  Genend  Ran.  zum  ersten  Male  im  Jahre  1877;  es  behandelt 
mit  gröfster  Gründlichkeit  und  Zuverlässiirkeit  das  Heerwesen  folgender 
Staaten:  Ueutschland.  Österreich  -  I  ngarn.  Belgien.  Spanien,  (hofs- 
Britannien,  Italien.  Rumänien.  Rufsland,  Schweiz,  und  zwar  in  je  12 
Kapiteln:  1.  Oberbefehl  und  Central-Verwaliung,  2.  Ergänzung  und  Re- 
serven. 3.  Remontierung  und  Pferdeaushebung.  4.  Aktive  und  Hilfs- 
Kadres,  ö.  Organische  Fonnationen  der  Operationstruppen,  6.  MilitSrische 
Einteilung  des  Landes  und  Truppenverteilung  (Organisation  der  Landes- 
verteidigung), 7.  Formation  des  Heeres  im  FUle  einer  allgemeinen 
Mobilmachung,  8.  Fahrzeuge  und  Fuhrpark  »  Ines  mobilen  Armeekorps. 
Angabe  der  Munitionsvorräte.  Schanzzeug  der  Pioniere  und  Lehensmittel. 
9.  Bewafl'nung  und  Artillerietn  ateriai,  10.  Militärische  Institute, 
11.  Kolonialarmee,  12.  Unifurniieiung. 

Man  sieht,  dafs  der  Herr  Verfasser  seinem  Prt^granuu  geniäfs  über 
die  Heere  jrenanntei-  Staaten  die  erschöpfendste  Auskunft  iri^dit.  F'i-.s 
Werk  hält  die  Mitte  zwischen  dem  1.  Teil  der  Loebellsdu  n  ..  lalues- 
berichte"*  und  dem  Werk  des  General  v.  Zepelin  „Heere  und  Flotte 
der  Gegenwart**.  Aus  dem  oben  genannten  Verzeichnis  eriiellt,  dafs 
die  Heerwesen  der  Niederlande,  Portugals,  Norwegen-Schwedens,  Ser- 
biens, Bulgariens.  Griechenlands,  der  amerikanischen  Republiken,  dann 
Japans  und  Chinas  keine  Berttcksichtigung  fanden,  leider  auch  nicht 
das  der  Jetzt  im  Vordergrunde  des  Interesses  stehenden  südafrikanischen 
Republiken.  Das  aber,  was  uns  geboten  wird,  befriedigt  in  hohem 
Grade.  Wir  können  das  Werk  als  einen  zuverlässigen  Ratgeber  auf 
dem  (iebiele  der  Heeresorgan  isa  i  inn  bezeichnen.  1 'er  Preis  von 
7.Ö0  frks.  ist  für  dieses  754  Seiten  fülU'nde  Werk,  im  Vergleich  zu  den 
Preisen  ähnlich  umfangreicher  deutscher  Bücher,  ein  sehr  mäfsiger. 

1. 


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UniMhMi  in  der  MültiiiwLitterattir. 


Konstruktion  der  ^ezo^eneu  (iesoliützrohre.  Von  (U'ov^  Kaii^er, 
k.  u.  k.  Hofrat.  ord.  Professor.  Mit  14  Figuren-Tal'eln.  Zweite 
umgearbeitete  Auflage.   Wien  1900.   Veriag  voa     W.  Seidel  u. 

Sohn. 

IMe  erstt^  Auflag«'  (iies»vs  hervurragonden  Werkes  ist  er- 
schienen. Eö  bildet  einen  Teil  der  vom  V'erlasser  am  k.  u.  k. 
höheren  Artillerie  •  Kurse  gehaltenen  Vorlesungen  über  Artillerie- 
Konstruktions  -  Lehre.  VerO&sser  hat  es  fttr  zweckmälsig  ge> 
halten,  zur  richtigen  Wflrdigang  und  zum  grandlichen  Verstjindnis  der 
bestehenden  Konstruktionen  Angaben  aus  der  geschäftlichen  Entwicke* 
lung  der  gezogenen  Geschütze  der  Besiu  t  chung  der  einzelnen  Kon- 
8truktionsl)eziühungen  voranzustellen.  Nur  in  Bezug  auf  lif  Ver- 
schlufsmerhanismen  hat  er  sich  eine  Flinschränkuung  auferlegt.  Die 
der  s{»äterrn  Zeit  angehörenden  Versehiufsmechanismen  der  Schneilffuer- 
Kanunt*n  sind  in  einer  besonderen  Abhandlung  besprochen,  die  .schon 
eine  zweite  Autlage  und  hierzu  wieder  einen  Nachtrag  gefunden  hai. 
Der  Behandlung  des  Stoffes  dienten  die  zahlreichen  guten  Bücher  über 
Maschinonbau  als  Muster.  Die  neue  Auflage  hat  den  bisherigen 
Charskter  des  Werks  gewahrt,  die  seit  L892  im  WaJTenwesen  ge- 
machten  Fortschritte,  besonders  die  BinfUhrung  des  rauchlosen  Pulvers 
und  die  hierdurch  ermöglichten  groCsen  Geschofsgeschwindigkeiten 
nötigten  zu  einer  vollständigen  Umarbeitung  des  Buches. 

Das  Werk  zerfällt  seinem  Inhalt  nach  in  folgende  .Abschnitte: 
I.  Kaliberbestimmung.  II.  Konstruktion  der  Züge.  III.  (Jnifse  des 
anfänglichen  Verhrenniingsraumes.  IV.  (Jestalt  des  Laderaumes. 
V  Bestimmung  der  Seelenläng«'.  VI.  r)rall.  Vll.  Theorie  der  Elasti- 
citätund  Festigkeit  röhrenfürniiger  Körper.  VIII.  Theorie  der  beringten 
Cylinder.  IX.  Rohrmetalle,  X.  Kohrbau.  XI.  Zündung  der  Ladung. 
XIL  Rohrverschlüsse.  XIII.  Bestimmung  des  Rohrgewichtes  und  des 
Rohrschwerpunktes.  XIV.  Schildzapfen.  XV.  Vorgang  bei  der  Berech- 
nung eines  Rohres.  Der  Anhang  A  behandelt:  Dimensionierung  der 
Panzer-  und  Pulver-Granaten.  B:  Bestimmung  der  Widerstände  bei 
den  Zügen  des  Rohrs. 

Die  Darstellung  und  Begründung  konnte  zum  Teil  nur  durch 
Zuhilfenahme  höherer  .Mathematik  durchgeführt  werden.  fJiese  Teile 
würden  besonders  für  Konstrukturen  in  Betracht  kommen.  Ks  l)lciben 
immer  noch  manche  Kapitt^l  übrig,  welche  bei  gewöhnlicher  Schul- 
bildung verständlich  sind.  In  keinem  Falle  soll  man  aber  bei  dem  Werk 
vergessen,  dafs  es  auf  einen  höheren  Artilleriekurs  berechnet  ist  Die 
sehr  zahlreichen  Figuren  sind  in  einem  Atlas  vereinigt  Die  Aus- 
stattung des  Werks  Ittfst  nichts  zu  wünschen  übrig.  18. 

Anleitung  zur  Herstellung  von  Unterbau  für  Vullbahnen  durch 
Eisenbahntruppen.  (A.  U.)  und  Kntwurf  einer  Anleitung  zur 
Ausführung  von  GelSndeauÜnahmen  in  unübersichtlichem 
Terrain  mittelst  Bandzuges.  Berlin  1899.  B.  S.  Mittler  u. 
Sohn.  Preis  0,75  bezw.  0,50  M. 


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122 


UnMohan  in  der  Uilltllr^LlttenitDr. 


l)ie  beiden  kloinen  Hefto.  wHrhe  7.ur  Vorvollstfinrli^ng  der  Instruk- 
tionen unsonM'  technischen  Truppen  dienen,  wahren  den  Standpunkt 
der  Alljjeniein Verständlichkeit,  so  dafs  sie  ebensowohl  dem  Offizier,  als 
dem  L'nterulTizier  und  inlelligenleren  Pionier  in  die  Hand  gegeben 
werden  können.  Die  erstgenannte  Anleitung  behandelt  lediglich  den 
kriegsmIUiBigen  Bau;  die  letstgeoannto  ist  für  gute  GeUndeaufhalimeB 
von  Interesse  und  Wert.  49. 

Weiffenbach,  Dr.  Julius  (Wirkl.  (leh.  Knegs-Rat  und  Chef  der  .lustiz- 
Abt    im  Kgl.  Preufs.  Kriegsnjinistnrium.  uid.  Hon, -Professor  an 
der  l  niversitat  Berlin).  £infüliruiig  in  die  MiiitärstrafgericlitH- 
ordnung  vom  1.  Desember  1896.  Systematisclie  Darstellung 
der  MUitargerichtsverfassung  und  des  MilitarstrafVerfahrens  unter 
Berfic1[8iclitigung  der  Ausführungsbestimmungen.  Berlin  1900, 
E.  S.  Mittler  u.  Sohn,  Berlin  S.   Preis  4  UX  geb.  5  Mk. 
Die  Einführung  der  neuen  M.>St.-G.-0.  hat  eine  umfangreiche 
Litteratur  gezeitigt.    Wir  haben  an  dieser  Stelle  ziemlich  ein  Dutzend 
dieses  Thema  behandelnde  Schrif!*  !!  bt'sprochen.  denen  wir  durchweg 
pi-aktische  Brauchbarkeit   zusprechen  mulsten        Wenn  demnach  ein 
sog:   „dringendes  Bedürfnis**  für  vorliegendes  ziemlicli  als  letztes  in  der 
iieihe  im  Handel  erschienene  Werk  nicht  vurlag.so  verdient  es  doch  last  not 
least  insofern  eine  besondere  Beachtung,  als  der  Herr  Verfasser  an  der 
Ausarbeitung  des  Gesetzes,  als  Mitglied  des  Generalauditoriates  her- 
vorragenden Anteil  hatte  und  gegenwärtig,  unter  Ernennung  aum 
Professor,  mit  den  Vorlesungen  über  das  neue  MilitSrstrafverfahren 
an  der  KgL  Universität  zu  Berlin  beauftragt  ist;  die  Sachkenntnis  des 
Verfassers  und  Bedeutung  vorliegenden  Werkes  ist  damit  zur  Genfige 
gekennzeichnet  und  überhebt  uns  jeder  weiteren  Empfehlung,  2. 

A  f^neh-english  millUry  teehsiefti  dielioBary  by  Comelis  de  Witt 
coc.  first  lieutnant  of  artillery  (United  States  Army).  Part  I 

^^'ashington  Government  prinling  office  1899. 

Es  handelt  sich  hier  um  die  Wiedergabe  französischer  der 
militärisch  -  technischen  .\usdrucksweise  anueh'iritren  Wörter  in  der 
englischen  Sprache.  Ihe  Auf^^abe  hatte  ihre  Schwierigkeiten,  da  die 
englische  Sprache  die  Begriffe  weniger  kennt  und  gliedert,  als  die 
französiche,  jene  oft  den  Klassen-Namen  aul  jedes  einzelne  Objekt 
der  Klasse  anwendet.  Es  kann  daher  häufig  der  französische  Begriif 
im  Englischen  nicht  durch  einen  einzelnen  Namen  wiedergegeben 
werden,  sondern  es  wird  gewissermafsen  eine  Beschreibung  erforderlioh. 

Bs  liegt  die  erste  Lieferung  vor,  welche  mit  „abaissement*  be- 
ginnt und  mit  „espace"  endet.  Als  Quellen  sind  eine  ganze  Reihe 
technischer  Schriften,  dann  auch  wieder  solche  lexikographischen  In- 
halts aufgefürt  r»ie  Aufstellung  der  einzelnen  Wörter  mit  ihren  durch 
Zusätze  erlulglen  näheren  Bestimmun;:en  ist  mit  grofser  Gründlichkeit 
erfolgt.  So  kommt  z.  B.  das  W  ort  canon  mit  92  verschiedenen  Zu- 
sätzen vor. 


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UnMohan  In  dar  MiHtXr-Iitkaritar. 


128 


Einen  besomii  rtu  Nutzen  brinixt  das  Unternohmen  zunächst  nur 
für  diejenigen,  welche  einer  der  beiden  Sprachen  angehören;  für 
andere  hat  es  unserer  Ansicht  nach  nur  zu  Studienzwecken  Bedeutung. 

12. 

III.  Sefwesen. 

Aimaleji  der  Hydrographie  und  maritimen  Meteorologie.  Heft  2. 
Ansteuerong  des  Hafens  von  Gensan  aus  den  Rdseberichten  S.  M.  S. 
«Irene**,  Kommandant  Preg.-Kapt  Obenheimer,  Juli  1699,  und  S.  M.  S. 
„Deutschland'*,  Kommandant  Kapt.  z.  S.  Mfiller.  August  1899.  —  Hafen 
von  Fusan.  Aus  dem  Reisebericht  S.  M.  S.  ^Irene",  Juli  1899  (hierzu 
Tafel  2,  Vertonung  1).  —  Ansteuepung  der  Masanpho-Pöhrde.  Aus 
dem  Reisebericht  desselben  Schiffes.  —  Ebenso:  An  der  Westküste 
von  Nipon  und  Yezo  treibende  Bambusstan^^en  nnd  Baumstämme.  — 
Durch  die  Kurosima-no-seto-Strafse  nach  Kobe.  Aus  dem  Heiseberichi 
S.  M  S.  „Deutschland**.  Juni  1899.  —  Lotungen  im  Gelben  Meere 
Uiierzu  Tafel  3).  —  Nach  Japan  auf  der  Koute  ösllicii  von  Australien, 
im  April  und  Mai.   Heise  des  VoUschififes  „Aldebaran"*,  Kapt.  Chr.  Bruns, 

1898,  von  L.  E.  Dinklage.  —  Durch  die  Sunda-  und  die  Kaiitimastralse 
in  das  sadcliinesische  Meer  und  von  der  Nordspitze  von  Luson  an  der 
Ostkttste  von  Ponnosa  nach  Norden.  Aus  dem  Reisebericht  des  Kapt 
P.  Albrana  über  die  Reise  des  Vollschiffes  „Osorno"  von  New- York 
nach  Slianghai,  Marz  bis  Mai  1899.  —  Shanghai.  Bericht  desselben 
Kapitäns.  —  Die  Witterunsr  zuTsingtau  im  Juli.  August  und  September 

1899.  Nach  den  Aufzeiclmungen  der  Kaiserlichen  Vermessung  im 
Kiautschougtibiei.  Die  wichtigsten  Häfen  des  Asowschen  Meeres. 
Nach  Fragebogen  eingesandt  von  Kapt.  H.  Sclck.  Dampfer  „Gutrune", 
und  Kupt.  H.  Heinrichs.  Dampier  „Imbros**,  bearbeitet  durch  J.  Herr- 
mann,  Hilfsarbeiter  bei  der  Seewarte.  —  Das  kalte  KOstenwasser,  von 
S.  Witte.  —  Flaschenposten.  —  Besiehung  der  Fahrrichtung  von  Segel- 
schiffen zu  der  auf  ihnen  beobachteten  Windhftuflgkeit,  von  L.  B. 
Dinklage.  —  Über  die  Auflösung  des  Zweihöhen-Problems  nach  einer 
Näherungsmethode  von  Raper,  unter  Benutzung  der  Tabelle  der 
Mercatorschen  Funktionen  von  Prof.  Dr.  C.  Br»rgen.  —  Die  Witterung 
an  der  deutschen  Küste  im  Monat  I>ezemher  1^99. 

Marine-Rundschau.  Heft  2.  Titelbild:  Bildnis  (Statuei  Sr.  Maj. 
des  Kaisers  Wilhelm  II.  —  Die  Ansprache  Seiner  .Majestät  des  Kaisers 
an  die  Offiziere  der  Garnison  Berlin  am  1.  Januar  1900.  —  Von  der 
deutschen  Tiefsee-Expedition  1898/99.  Ein  Tag  an  Bord  des  Bxpeditions- 
dampfers  „Valdivia**,  von  Dr.  Qerhard  Schott  (Hamburg,  Seewarte), 
mit  7  Abbildungen.  —  Doppelte  Staatsangehörigkeit,  von  Oberleutnant 
zur  See  von  Natzmer.  —  Hygienische  und  sanittoe  Verhältnisse  in 
Tanger  (Marokko).  Las  Palmas  (Kanarische  Inseln)  und  Porto  Grande 
(Kap  Verdische  Inseln)  von  I.>r.  Reinhold  Rüge.  Marineoberstabsarzt 
2.  Kl.  —  Nordelbisch-Dänisclit's  von  Viceadmiral  Batsch  t.  II.  Kapitel 
(Fortä).  —  Sprichwörter  und  sprichwörtliche  Redensarten  über  See- 


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124 


(Jmsohin  io  der  MiUtSr-Iitteratiir. 


Wesen,  vSchUTer-  und  Fischorleben  in  den  germanischen  Sprachen 
(Forts.).  —  Die  französischen  Handels^^psellschaften.  —  Beitrag  zur 
Theorie  des  Wasserwiderst^indes  der  Schifi'e  (mit  3  Skizzen).  —  I>ie 
türkische  Marine  von  ihn*n  AnHingen  an,  von  Kalaii  vom  Hole. 
Pascha  (2.  Forts.).  —  Thätigkeitsberichte  der  Fischerei-Kreuzer  S.  M.  S. 
«Blits*  und  „Zieten''. 

HitteiliugeB  aus  den  Gebiet«  des  Seeweseos.  Nr.  8.  Einige 
Resultate  der  Anwendung  von  Wasserrohrkesseln  auf  Kriegsschiffen. 

—  Die  neuen  SciilufsprOfungsvorscliriften  für  die  nautisclien  Scliulen 
in  österreicll.  —  Elelitrische  Hilfsmaschinen  In  der  Kriegsmarine  der 
Vereinigten  Staaten.  —  Kohrbrucliventile,  System  Hübner  .1  Mayer.  — 
Der  französi.sche  Marinubiid^et- Voranschlag  für  das  Jahr  190().  -  Der 
Transport  der  Ti-uppon  und  des  Matei*ials  von  England  nach  der  Kap- 
Kolonie.  —  Der  neue  Distanzmess»n-  von  Commander  .1.  F.  Stuart.  — 
Dampfer  „Oceanic"  der  White-Star-Line.  —  Der  Ostsee -Schwarzes 
Meer-Kanal.  —  Ein  Schwimmdock  für  Deutsch-Osufnka. 

Aimy  «nd  Nary  CUuette.  Hr.  2088.  Geschlitzte  Kreuzer.  — 
Unsere  Stärke  zur  See.  —  Das  Verhalten  englischer  Seekadetten  im 
Transvaalkriege.  Nr.  2080.  Die  Vergröfserung  der  deutschen  Marine. 

—  Gerüchte  über  eine  bevorstehende  Mobilisierung  der  Reserven  in 
den  Werften.  —  Wie  die  deutschen  Marine -OtTfiziere  mit  dem  Durch* 
suchen  englischer  SchitTe  auf  Kontrebunde  in  Samoa  verfuhren.  —  Ver 
teilung  der  neuen  Torpedoboot -Zt-rstörer.  Frankreichs  Marine -Ver- 
mehrung. —  L'ntalle  russischer  Kriegsschiffe.  Nr.  2090.  Das  .Marine- 
Programm.  -  -  i'ber  den  rnfall  der  Kgl.  Yacht  „Victoria  and  .Mbert**. 

—  Englische  Versuche  mit  der  drahtlosen  Telegraphie  von  einem  vom 
Schiff  geschk  ppuMi  Ballon  nach  Land  zu.  —  Englische  Kohlenlieferungen 
an  aosw&riige  Marinen.  —  Kriegsgericht  in  Sachen  der  Kollision  des 
«Sans  Pareü"  mit  dem  „Bast  Lothian*.  Hr.  2001  Die  Flotte  und  die 
Heimat- Verteidigung.  —  Marine-Ausbildung.  —  Kollision  zwischen  dem 
^Pegasus"  und  „Trefusis*.  —  Marine-Pensionen.  — Die  Marine-Debatte 
im  deutschen  Reichstage. 

Army  and  Navy  Journal    Nr.  1900.    Gebt  das  Schiff  nicht  auf. 

—  Zollschitf- 1  kirnst.  Zusainnu'nwirkcn  von  ArnK'c  und  Marin«'  in 
Manila.  -  Naiuungsmittol  als  Kriegskontrebande.  Nrue  KaiiuiK  ii.  — 
Amerika  als  eine  Weltmacht.  —  Die  Expansion  des  britischen  Reiche. 

—  Emplehlenswerte  Steine  lür  Trockendocks.  Nr.  1901.  Die  Zukunft 
Chinas.  —  Bin  elektrisches  Qeschfltz.  —  Bnglands  Probestunde.  — 
Das  Neueste  von  Manila.  —  Bericht  über  die  Torpedoboote.  Hr.  1002. 
Das  Gefecht  des  Kanonenbootes  «Urdaneta**  bei  Manila.  —  Scheiben- 
schiefisen  für  die  Marine.  —  Der  Ruf  nach  Schlachtschiffen.  —  Das 
Neueste  von  Manila.  —  Das  Eingreifen  der  Marine  in  Manila.  Nr.  1008. 
Unsere  internen  Wasserwege.  —  Der  Nicaragua-Kanal- Vertrag.  —  Die 
Hevölkerung  von  Kuba  und  Porto-Rico.  -  Sanitätsdienst  im  südlichen 
Luzon.  —  iMe  Marine-Akademie.       l>ie  Marinen  der  Welt. 

Uivista  marittinia.    (Januar  1900.)    Die  Scharfschützen  an  i^ord. 


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Umsobau  in  der  Militär-Littoratur. 


125 


—  Kolonialkrieg^.  —  Die  Geflchwindigkeit  in  der  Seetaictilc.  —  Der  Bin- 
flufs  der  Handelsmarine.  —  Die  Kohlen  •Kriats.  —  Scliifia -Kollisionen. 

—  Die  Kapitäno  in  Italien  und  in  Deutschland.  —  Fischeroi  und  Wasser- 
kultur. —  E.xplüsionen,  hervorgerufen  durch  gewöhnliche  Substanzen. 

—  Die  batometrischen  Kosultate  der  belgischen  Antarcii( -  Expedition. 

Honderheft  der  3iarine-Kundschau,  enthaltend  den  Kntwurf  einer 
Novelle  zum  (ies«»tze.  betrellfiul  die  deutsche  Flotte  vom  10.  April  1898, 
nebst  Begründung  und  Anlairen  und  angtd'ügter  BeUage:  Die  Steigerung 
der  deutschen  Seeinteres.seu  von  189G— 18i>8.  Berlin  1900.  E.  Ö. 
Mittler  &  Sohn. 

Es  ist  ein  entschieden  glücklicher  Gedanke  gewesen,  dies  Sonder- 
heft jetzt  herauszugeben,  wo  die  Frage  der  PLottenTermehrung  im 
ganzen  deutschen  Reiche  alles  l'brige.  sogar  das  Interesse  am 
Transvaalkrlege.  beherrscht.  HotTentlich  wird  das  Heft  eine  aufser- 
ordentliche  Verbreitung  finden,  dann  kann  nicht  ausbleiben,  dafs  sieh 
auch  die  l  nentsehiedenen  odei  auch  (iegiier  ;iuf  Seiten  der  Regierung 
Stellen,  denn  in  der  That  ist  die  Flotlcnvermehrung  uns  bitter  not. 
Zu  bedauern  ist  nur.  dafs  das  Hefl  ei*st  jetzt  herauskommt,  wo  die 
Verhandlungen  des  Reichstages  dicht  vor  der  Thüre  stehen.  Ein 
früheres  Erscheinen  wäre  ein  nicht  zu  untersohlltzendes  Agitations- 
mlitel  mehr  gewesen.  Namentlich  der  Anhang  »die  Entwickelung  des 
deutschen  Seeverkehrs*  mit  seinem  ausgezeichneten  und  kolossal 
umfangreichen  statistischen  Material  ist  überaus  interessant.  Aus  dem 
Inhalte  desselben  sei  folgendes  hervorgehoben: 
L  Teil:  Bevölkerungsbewegung. 


TT. 

M 

Der  Aufsenhandel,  speziell  Seehandel. 

III. 

Der  deutsche  Schitlahrtsverkehr. 

IV. 

Die  deutsche  Khederei. 

V. 

Entwickelung  des  deutschen  Schillsbaues. 

VI. 

M 

Hafenwesen. 

VII. 

n 

Die  deutsche  Hochseefischerei. 

vm. 

m 

Kabelwesen. 

IX. 

*» 

Kolonien. 

Jeder  dieser  Teile  zerfallt  wieder  in  mehrere  Sonderkapitel,  so  dafe 
ca.  90  Seiten  Text  auf  diesen  Anhang  entfallen.  Es  kann  Jedermann 
die  Lektüre  dieses  Sonderheftes  nur  dringend  angeraten  werden. 

Marine-Taschenbuch  IlKMK  Herausgegeben  von  August  Bockel, 
im  Selbstverläge.  Kiel  19UJ.  Das  vorliegende  Taschenbuch  erscheint 
in  diesem  Jahre  zum  ersten  Male  und  kann  nur  anerkennend  begrüfst 
werden.  Es  bringt  alle  tüi-  das  Mai  ine-Personal  wichtigen  Bestimmungen 
und  interessanten  Angaben,  wie  die  Laufbahnen  der  einzelnen  Chargen, 
Qehalter,  Uniförmierung,  Verpflegung,  organisatorische  Bestimmungen, 
Geschftftsverkehr,  Liste  der  Kriegsschiffe  mit  Plänen,  allgemein  für 
den  Seemann  wissenswerte  Angaben  etc.,  so  dafs  es  sich  zweifellos  in 
Marinekreisen  viele  Freunde  erwerben  wild.  Die  Mitwirkung  von  Fach- 
leuten sichert  dem  Taschenbuch  gediegenen  Inhalt. 


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126 


ümselttii  fai  An  Hilitilr-Uttefatar. 


Monkol  Sbenik.  Pebfuar  1900.  Hr.  2.  Offizieller  Teil: 

Verzeichnis  der  Kriegsschiffe  in  fremden  Gewässern.  Auf 
dem  Wege  zum  Stillon  Ocean  befinden  sich:  Geschwaderpanzerschiff 
„Petropowlowsk''  (643  Mann  Hes..  52  Gesch.).  Kreuzer  I.  KI.  ^Admiral 
NachimoW  (522  Mann.  42  Gesch.)  und  Kanonenboot  .Giljak"  (170  Mann. 
16  Gesch. I,  wahrend  aus  dem  Stillen  Ocoan  zunickkehrt:  Kreuzerl.  Kl. 
„Pomjaiz  Asowa".  —  Verzeichnis  der  I)ampfer  der  freiwilligen 
Flotte.  Das  Verzeichnis  führt  14  DampfschilVe  auf.  von  denen  jt-doch 
nur  &  eine  Geschwindigkeit  von  18*/«  bis  20  Knoten  haben,  während 
die  Schnelligkeit  der  Übrigen  13  Knoten  und  weniger  beträgt. 

Nichtoffizieller  Teil:  Villeneuve  und  Cervera(au8  dem  Franz.). 

—  Die  Schlacht  bei  Tschesma  und  die  russische  Flotte  hn  Jahre  1769. 

—  Die  Fürsorge  der  deutschen  Verwaltung  für  die  Arbeiter  auf  Staats- 
werften. —  Die  Fähiijkeit  der  Sprenggeschosse.  Holz  zu  entzünden. 

—  Bemerkungen  über  Hydrographie. 

lY.  Yeneielmis  der  zur  Bespreehimg  eingegaBgenei  Bücher. 

(Die  ein^eixangen^n  Iluciior  «rfabren  pine  I<i>«pr«obung  nach  MaCHgabe  ihrer  Redentaif  ojld  d»a  «rr- 
ragkwm  Raum«.  Ein«  VerpfUektung.  jede«  eiagebrad«  Haeii  sa  bM^raehta.  ibeminmt  di* 
Uituff  der  ^ahi1il«h*t"  aiokt.  d«oh  w«d»B  dl«  Titel  ■tatUohm  Btakw  mbftAagab«  da«  PntoM 

—  Bti&m  diMOT  nitgwtoilt  ««rd«  »  kl*r  TwtnvrU.  Bta*  BtclMadiiDf  vm  Bl«kM»  tadM  Biefet  •!■».) 

1.  Das  Meer  als  <|velle  der  VSlkergrSflse.   Eine  politisch-geo- 

graphische  Studie  von  Friedrich  Ratzel.  München  u.  Leipzig  1900. 
a  Oldenbourg.    Preis  1.20  Mk. 

2.  Biographische  Volksbücher :  1.  Heinrich  Schliemann  und 
seine  Homerische  Welt  von  Ur.  J,  Nelson.  Mit  20  Abbildun<ren. 
2.  Thomas  Alva  Edison,  der  Krfinder.  von  Fi'anz  Pähl.  Preis  je 
1  Mk..  geb.  1.2.Ö  Mk.    Leipzig.    R.  VoiLahinders  Verlag. 

IL  Der  Krieg  in  Siid-Ai'riku  1H99/1900  uud  seine  Vorgeschichte. 
Bearbeitet  von  A.  v.  Müller,  Oberleutnant.  Mit  zahlreichen  Karten. 
Skizzen  und  Anlagen.  I.  Teil.  Vorgeschichte  und  Kriegsereignisse  bis 
zum  Bintreifen  des  englischen  Bxpeditions  -  Korps.  Berlin  1900. 
Liebeische  Buchhandlung.  Preis  2  Mk.  —  II.  Teil.  Der  Oraige-Modder- 
Feldzug.  Stonnberg  und  Colesbcrg.  I  )er  Tugola-Feldzug.  Preis  1  ..')0  ^fk. 

4,  La  guerre  avec  l'Angleterre.  (Leutnant  X.  .  .  .)  Politique 
navale  de  ia  France.  Paris  1900.  Berger- Levrault  et  Cie.,  editeurs. 
Preis  3  fr. 

5.  Uuerre  hispano-americaine  1898.  La  ,o:uerre  .sur  mer  et  .ses 
leQons  par  A.  T.  Malian.  Traduit  de  langlais  avec  lautorisation  de 
Tauteur  par  le  comte  A.  de  Diesbach.  Paris  1900.  hJerger-Levrault 
et  Gie.,  ^teuis.  Preis  4  fr. 

II.  La  d^Bse  aarale  par  B.  Lockroy.  Paris  1900.  Berger- 
Levrault  et  Cie.,  editeurs.  Preis  6  fr. 

7.  W.  Roth's  Jahresbericht  über  die  Leistungen  md  F^rtsehritte 
auf  dem  Gebiete  des  Militär-Hanitätswesens.  Herausgegeben  von  der 
Redaktion  der  Deutschen  militärürztlichen  Zeitfichriit.   XXIV.  Jahrgang. 


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Umachau  in  der  Militär-LitU-ralur. 


127 


Bericht  fflr  das  Jahr  1896.  Supplementband  zur  Deutschen  iniHt£r- 
ärztlichen  Zeitschrift  BerUn  1899.  B.  S.  Mittler  a»  Sohn.  Preis  4,50  Mk. 

8.  Die  Leibesübung^en  und  ihr«  Bedevtnuf?  für  die  Gesundheit. 

Von  Prot.  Dr.  R.  Zander.  Mit  19  Abbildunc^cn  im  Text  und  auf  Tafeln. 
Leipzig  1900.    G.  Toubnor    Preis  gebd.  l.lf)  Mk. 

9.  Das  strate^sche  uud  laktisi'hp  Zusammenwirken  von  Heer 
und  Flotte.  Von  v,  Janson.  Gcm'ialhnitnant  z.  D.  1.  Heft.  Berlin 
1900.    E.  S.  Mittler  &  Sohn.    IVois  1,Ö0  Mk. 

10.  Die  heutige  Grundlage  der  deutschen  Wehrkraft  von  Ligo 
Brentano  und  Robert  Kuczynski.  Stuttgart  1900.  J.  C.  Cotta  Nach- 
folger. Preis  8.50  Mk. 

11.  Fflr  Dentsehlaads  Kraft  war  See.  Aufsatze  aus  der  Deutschen 
Flotten-Zeitung  «Überall".  Beriin  1900.  E.  S.  Mittler  k  Sohn. 

12.  RptraehtungeB  fiber  die  Zukunft  dos  irieehanischeii  Zuges 
fiir  den  Transport  auf  Landstrafsen,  hauptsächlich  über  seine  Vor- 
wendbarkoit  im  Krioir<\  Angestellt  auf  (irum]  'ler  in  der  pinschlä^iixeti 
Litteratur  niederirelei^ieu  Erfahrungen  von  <>  Lay  riz,  Oberstleutnant  z.  l 
Mit  20  Abbildungen  im  Text,  lierlin  IIKX).  E.  S,  Mittler  k  Sohn. 
Preis  1.75  Mk. 

13.  Beschreibung  der  (Garnison  Frankfurt  a.  0.  vom  Standpunkte 
ier  tlesttiidiieltspllege  «ui  aa^gestellt.  Mit  1  Abbildung  im  Text, 
8  Anlagen.  2  Kartenbeilagen  und  64  Tafeln.  Berlin  1899.  B.  S. 
Mittler  &  Sohn.   Preis  9  Mk. 

14.  Das  Entfenmngssehitsen  der  Infanterie.  Wie  können  wir 
die  LtMstun.tren  im  Entfernungsschätzen  erhöhen  und  die  Fertigkeit  am 
einfachsten  beurteilen?  Von  J.  Stark,  Hauptmann.  Neuburg  a.  D. 
1900.    Griessmayersche  Buchhd. 

1.5.  Nautiscli-Teehnisches  Wörterbuch  der  Marine.  Deutscli. 
Italieni.sch.  F'ranzösisch  und  Englisch.  Herausgegeben  ven  der  Redaktion 
der  „Mitteilungen  aus  dem  Gebiete  des  Seewesens",  lirganzuiiy;  /um 
ersten  BanOe.  Bearbeitet  von  Julius  Heinz.  Pola  1900.  Verlag  der 
Redaktion  der  «Mitteilungen  aus  dem  Gebiete  des  Seewesens**. 

16.  Fortsehritte  imd  YerSiideniiigeii  im  Gebiete  des  Woffen- 
wesess  im  der  ■eMSaten  Zeit.  (Als  Ergänzung  und  Portsetzung  der 
gemeinfafeliohen  WafTenlohre.)  Von  W.  Witte,  Oberst  z.  D.  Mit 
Abbildungen  im  Text.  Zweite  völlig  umgearbeitete  Auflage.  In  drei 
Teilen.    Herlin  IW»     I.i.  l.elsclie  Buchh.    Preis  8  Mk. 

17.  Die  russische  Armee  in  Kinzelsehriftcn.  Von  Freiherr  v(  n 
Tot  tau.  Hauptmann.  Heft  5—-'^  Herlin  1899.  Liebeische  Buchh. 
Heft  h:  Kampfmittel  und  Gefecht  der  FeUhutillerie.  Preis  1,50  .Mk. 
Heft  6:  Ausbildung  der  Infanterie,  unter  besonderer  Berücksichtigung 
der  Schiefsvorschrift  vom  Jalire  1899.  Preis  2  Mk.  Heft  7:  Ausbildung 
der  Kavallerie.  Preis  2  Mk.  Heft  8:  Ausbildung  und  Gefecht  der 
Kasaken  auf  Grund  des  Kasaken-Reglements  vom  Jahre  1899.  Preis 
1,00  Mk. 

18.  Wie  lernt  mu  Instruieren  I  Eine  Anleitung  filr  den  Betrieb 


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128 


Umschau  in  der  Militär-Litterator. 


des  Dienstunterrichts.  Für  Offiziere  und  Unterofiiziere  verf^t  von 
T.  Klafs,  Major.    Zweite  Auflage.  Berlin  1900.  Liebeisohe  Buchh. 

19.  InstruktloA  über  KorporalschaflsfÜhning  für  junge  Ualei^ 
Offiziere  und  Reserve-Unterofflziers-Aspiranten.  Von  Sasse,  Oberst 
leutnant.    5.  Auflatr»'     Berlin  1900.    Liebelscho  Buchh.    Preis  30  Pf. 

20.  Die  Trinlisitton  im  Heere.  Kin«*  Ansprache  an  die  Offiziers- 
liauen  von  einem  Kavalleneoltizier  a.  D.  Alt»  Manuskript  gedruckt 
Verlatc  von  o.  V.  Böhniert,  Dre.sden  1900. 

21.  Santa  Barbara.  Seiner  Waffe.  Ai  üllerie-Oberleutnant  Rözsjl 
Wien  1900.  Im  Selbstverlage  des  YeTfassers. 

22.  Der  Krieg  in  SfidaIHka.  Nacli  den  besten  vorhandenen  Quellra 
bearbeitet  von  v.  Kunowski,  Hauptmann,  und  Pretzdorff.  Ober> 
leutnant.  Erster  Teil:  Die  Vorgeschichte  des  Krieges  und  die  Kriegs- 
ereiirnisse  bis  SchluTs  des  Jahres  1899.  Leipzig  1900.  Zuckschwerdt 
u.  Co.    Preis  1..^0  Mk. 

2:j.  Lehrgang  der  Kurzschrift  nach  dem  System  der  vereintachten 
deutsciion  Steiioß:raphie  zum  .^t'l!).>^tünterricht  und  (iebrauch  an  Kapi- 
tulantenschuleii  von  .\.  v,  Wittken.    Berlin  1900.    i.iebelsche  Buchh. 

24.  Die  königlich  preufsische  Infanterie -Schiefssehule.  Unter 
Zugrundelegung  amtlicher  Quellen  im  Auftrage  des  Kummandos  der 
Inftnterie>Schiefs8chule  bearbeitet  von  Th,  Wagner,  Hauptmann.  Mit 
drei  Plänen  in  Steindruck.  Berlin  1900.  E.  S.  Blittler  k  Sohn.  Preis 
6  Mk. 

25.  Ein  Schlachtenangriff  im  Lichte  neuerer  Kriegsgeschichte. 
II.  Theil  von:  „Der  SchlachtenangrilT  im  Lichte  der  Schlichtingschen 
Grundsätze  und  der  Boguslawski'schen  Betrachtuntr^'n".  Von  W.  von 
Scherff,  General  dei-  Infanterie  /,.  L).  Mit  einer  «Skizze  im  Text 
Berlin  1900.    B.  Eisenschmidt.    Pn  is  5  Mk. 

26.  Kuba  und  der  Krieg.  Von  J.  Herrings.  Eine  Darstellung 
der  Ereignisse  während  des  spanisch-Hmerikanischen  Krieges  nach 
eigener  Anschauung  des  Verfnssers,  sowie  ein  Leitfbden  fttr  „Kuba- 
Lustige''.  New- York  1899.  Ohas.  Wildermann. 

27.  H.  Kleiiis  Lehrbach  f6r  UiiifonnsehiieUlMr  xur  Selbsl* 
belehrung.  Teil  II:  Die  Uniformen  des  deutschen  Reichs-Heeres  und 
d<>r  kaiserlichen  Marine.  2.  Auflage.  Preis  8  Mk.  H.  Kleins  Verlag, 
Dresden- N. 

28.  Unifurmenkunde.  Lose  Blätter  zur  Geschichte  der  Entwickelung 
der  militärischen  Tracht.  Herausgegeben,  gezeichnet  und  mit  kurzem 
Texte  versehen  von  K.  Knütel.  Bd.  .\.  Heft  5  und  6.  Rathenow 
1899.    M.  Babenzien.    Preis  jeden  Heftes  1,50  Mk. 


Druck  von  A.  W.  Hayn«  Brben,  Berlin  and  Poitdnm. 


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xn. 

Dis  3.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71. 

Jink,  Büfandster  a.  D. 

(Fortaetsung.) 

V. 

Oegren  Amu-Cambral  und  b«l  Bapaume. 
General  Faidberbe  eneiohte  mit  der  znrttokgebenden  Armee  am 
24.  Dezember  nocb  Albert  und  die  Oegead  nördlich  and  wesüieh 
davon.  Die  in  letzterer  Richtung  am  Dächsten  der  Hallne  zo  ge- 
legenen Orte — VarenneSySenlis,  LaTi^ville  and  Baire — waren  immerhin 
von  derselben  schon  gegen  zwei  Meilen  entfernt  Da  kann  es  denn  nicht 
Wander  nehmen,  data  die  am  25.  erat  im  Laufe  des  Vornüttagg  in 
Marsch  gehetzten  prenfsischen  Trappen,  wenn  aneh  noeb  mehrere 
hundert  Nachzügler,  so  doch  geschlossene  Abteilangen  des  Gegners 
niebt  mehr  antrafen.  General  Goeben  gelangte  mit  der  30.  Brigade 
der  15.  Division  nach  Albert  —  die  29.  kam  nach  Querrienx  — , 
der  16.  nach  Boazincourt  and  Gegend,  Avantgarde  Aveluy  und  den 
ibr  beig^^benen  Teilen  der  3.  Kavallerie-Division  nach  Senlis.  Die 
tags  vorher  noch  aaf  dem  Schlachtfelde  eingetroffene  kombinierte 
Garde-Kavallerie-Brigade  (General-Leutnant  Prinz  Albrecht,  Sohn) 
folgte  von  Amiens  bis  Baizieux.  Selbst  den  noch  Uber  die  Avantgarden 
hinaus  vorgehenden  Patroaillen,  so  einer  des  Leotnants  der  Reserve 
Staettler  der  9.  Hasaren  von  Aveluy  nach  Mesnil,  gelang  es  nicht,  fest- 
snstellen,  ob  die  feindlichen  Streitkräfte  aaf  Arras  oder  auf  Cambrai 
zurückgegangen  waren.  Das  Thermometer  war  an  diesem  Ta^-e  bis 
auf  1  unter  Null  gesunken,  es  wehte  ein  eisiger,  scharfer  Nordostwind, 
der  die  Glieder  erstarren  machte,  und  jedem  Teilnehmer  am  Feldzuge 
durfte  dieser  Tag  dadurch  noch  in  ebenso  frischer  Erinnernng  geblieben 
sein,  wie  deijenige  des  Regenbiwaks  in  der  Nacht  vom  10.  zum  IL 
August  desselben  Jahres.  Am  2ü.  Dezember  setzte  das  VIII.  Armee- 
korps den  N'ormarscb  in  breiter  Front  derart  fort,  dafs  die  15.  Division 
mit  der  30.  Brigade  und  dem  Königs-Husaren-Kegiment  Bapanme, 

Jihrbftakar  Oi  di«  dratmk«  Am««  aad  MjoiM.  Bd.  11«.  9.  9 


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130 


Die  8.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71. 


die  29.  die  Gegend  von  k  Sars^  die  16.  DiyisioD  mit  der  32.  Brigade 
and  2  Eekadrons  (8.  nnd  4.)  9.  HoBsren  die  Aebiete  nnd  Gegend  nnd 
der  31.  Brigade,  sowie  der  1.  und  2.  Eskadron  der  9.  Hnsaren  nnd  der 
3.  Kayallerie-DiTiBion  Boeqaoy  und  Gegcud,  wesftlieh  bis  Hannescamps 
nnd  nördlich  bis  Donchy,  erreiolite.  Znr  Anftlttmng  war  die  3. 
Ka?aUerie-DiviBion  anf  der  groisen  Strabe  gegen  Anas  Yorgegangen 
nnd  fand  Boiiy  noch  besetzt.  Einige  Schnls  der  Batterie  liatten 
indes  die  baldige  Bttoronng  des  Ortes  znr  Folge.  Obgleich  nnn  ant 
der  ganzen  Front  Patronillen  bis  in  die  Vorstädte  von  Arras  streüten 
nnd  anch  noch  Gefangene  gemacht  wurden,  befand  man  sich  gerade 
darum  besttglich  der  flanptrttckzugslinie  des  Fdndes  im  Irrtum. 
Man  glaubte,  dieselbe  auf  Cambrai  annehmen  su  sollen.  Das  G^s 
der  feindlichen  Armee  war  aber  thatsächlich  auf  Arras  snrttck- 
gegangen  nnd  nahm  hinter  der  Scarpe  swisohen  Famponz  nnd 
Oorbehem  Stellung  nut  dem  Hauptquartier  in  Vitiy-en  Artois.  So 
&nd  sich  denn  auch  die  ganze  Gegend  westlicb  yon  Airas  bis  zur 
Scaipe  hin  und  selbst  Uber  diese  noch  hinaus  frei  vom  Feinde. 
Diese  Unkenntnis  vom  Feinde  zeigt  am  deutlichsten,  wie  schwer 
die  «Eavallerie-Didsion**  gesttndigt  hatte,  da(h  sie  nichts  gethan,  den 
Abmarecb  des  Feindes  am  24.  zu  erkennen  und  sich  ihm  denn  doch 
wenigstens  anzuhängen.  Die  Garde-KaTallerie-Brigade,  die  durch 
das  lU.  Bataillon  8a  Regiments  und  die  1.  leitende  Batterie  (YHL) 
Tcrstärkt  und  damit  anter  den  Befehl  des  Generals  Graf  t.  d.  Groeben 
gestellt  worden  war^  kam  anf  den  rechten  Flügel  der  Armee  nach 
Sallly-Sailiisel  and  Gegend  and  streifte  gegen  Gambrai  Diese  Auf- 
stellnng  wurde  infolge  der  sich  allmählich  kittrenden  Sachlage,  dafs 
der  Feind  mehr  nach  Dooai  hin  stehe,  am  28.  dabin  geändert,  dafo 
die  29.  Brigade  an  Stelle  des  Detachements  Graf  Groeben  rttckte, 
welches  seinerseits  nach  Fins  verlegt  wurde.  Eretere  dehnte  sich 
demnächst  bb  Bertinconrt  aus.  Der  also  ^egen  die  französische 
Nordarmee  genommenen  Aufstellung,  hatte  sich  dann  auch  am  27. 
seitens  des  Detachements  Mirus  und  der  Division  Senden  die  Ein- 
schliefinmg  Pöronne's  angeschlossen,  die  ihren  Fortgang  um  so  an- 
gestörtor  nehmen  konnte,  als  auf  eine  Versannnlnng  der  Haoptkräfte 
der  L.  Armee  bei  BeanTais  seitens  des  groisen  Uanptquartiers  definitiF 
Verzicht  geleistet  wurde. 

Qencnral  v.  Mirus  hatte  am  25.  mit  dem  Gros  der  ursprünglichen 
Armeereserve  Corbie  erreicht.  Dort  stiel's  auch  das  in  Amiens  abgelöste  IL 
Bataillon  44.  Regiments  zu  ihm.  Ein  Detachemeni,  bestehend  aus  L/4. 
nnd  *ltl.l\J.  5  anter  Oberst  v.  Tietzen  a.  Hennig  wurde  noch  selbigen 
Tages  in  die  veränderte  Marschrichtung  nach  Warfus^e-Abancourt 
TOrgeschoben,  desgleichen  eine  aus  der  2.  und  4.  Eskadron  der 


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Die  8.  KaTftllerie-DiTision  im  Kriege  1870—71. 


131 


6.  Ulanen  kombinierte  Eskadron  unter  Rittmeister  v.  Lnck  anr  £r- 
knndnng  des  reehten  Somme-Ufers  entsandt  Als  aber  am  26.  ans 
dem  Hauptquartier  lianteuffel's  zu  Biay  Befehl  erging,  dato  das 
Truppenkoips  des  Generals  Mirus  folgenden  Tages  Pöronne  von 
Norden  und  Westen  einausohlietoi  habe,  wührend  das  auf  den  beiden 
anderen  Seiten  seitens  der  Division  Senden  gesefaeben  werde,  wurde 
das  Detaohement  Tietaen  ron  Eströes  ans  in  die  Linie  Herb^urt- 
Villers-Carbonnel  gegen  P6ronne  voigeschoben,  indefli  das  Gros  von 
Foncanoourt  Uber  Bray  abmaischierte.  Die  beiden  gegen  P^ronne 
stehengebliebenen  Eskadrons  der  14.  Ulanen  hatten  berdts  am  25. 
dem  weiteren  Drängen  der  Pöronne'er  Mobilgarden  nachgeben  mttssen 
und  waren  von  Möharioonrt  nach  Warvillers  zurückgegangen.  Als 
aber  dort  am  folgenden  Tage  die  Nachricht  des  Vorgehens  gegen 
Pdronne  eintraf,  gingen  die  beiden  Eskadrons  vrieder  nach  M^aricoort 
vor,  um  vom  2&  ab  Uber  Boves,  Franvillers,  Albert  am  31.  in  Serre 
in  den  Divisions- Verband  znrUcksukehren. 

Die  ersten,  die  Ton  Norden  her  vor  Peronne  erschienen,  waren 
die  6.  Ulanen,  die  stob  in  der  Avantgarde  befanden  und  deren  Toten - 
Eskadron  (2.)  die  meisten  hier  liegenden  Dörfer  noch  besetzt  fand. 
Gegen  die  Ubetgänge  des  Tortille-Baches  bei  Allaines  and  Moislains 
waren  mit  je  3  Pferden  der  Portepee-Fähnrich  v.  Bemntb  und  der 
Sergeant  Schnittker  vorgeschickt  worden.  Bei  ersterem  Orte  stieÜBen 
die  beiden  Patrouillen  \Yieder  zusammen.  Der  Sergeant  machte 
daran!  aufmerksam,  dafs  seitwärts  des  Dorfes  sich  eine  etwa  20 
Mann  starke  feindliche  Intanterie- Abteilung,  wie  es  scheine  im  A^^^ng 
auf  Peronne  begriffen,  befände.  Nachdem  der  Fälmrich  sich  von 
der  Tiiatsaohe  persönlich  Uber/.eogt  hatte,  näherte  er  sich'  mit  der 
gesamten  Mannschaft,  durch  einen  Hohlweg  gedeckt,  dem  Feinde, 
der  in  schneidiger  Attacke  gesprengt  wurde.  10  Mann  wurden  zu 
Gefangenen  gemacht.  Der  fciergeant  erhielt  das  eiserne  Kreuz,  der 
Fähnrich,  der  sich  in  dieser  Beziehung  mit  Anderen  trösten  mufs, 
aber  nicht.  Die  Avantgarden-Infanterie  besetzte  den  Tortille-Bach 
von  Allaines  bis  zu  dessen  Einmündung  in  die  Sorame  unweit  Halle. 
Die  Ulanen  Eskadrons  erhielten  durehgehends  Ortsunter kunfk,  hatten 
aber  auf  dem  linken  Flügel  2  Feldwachen  gegen  Peronne  vor- 
geschoben. Das  Gros  befand  sich  in  Clery.  Bereits  am  29.  wurde 
das  Truppenkorps  des  Generals  v.  Mirus  durch  ö  Bataillone  der 
31.  Brigade  ab-  und  damit  zu  gleicher  Zeit  aufgelöst  General  v.  Mirus 
kehrte  mit  dem  5.  Ulanen-Regimente  am  :U  in  den  Verband  der 
3.  Kavallerie-Division  zurtlck,  die  nun  wieder  bis  auf  die  7.  Ulanen 
vollzählig  war.    Wenden  wir  uns  vorerst  diesen  zu. 

Die  am  23.  Dezembei  von  Picquigny  auf  Abbeville  znr  Erkundung 

9* 


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132 


Die  3.  Kavailerie-Divisiua  im  Kriege  1&70 — 71. 


entsandte  2.  Eekadion  derselben  war  berdts  bei  Hangest-enr-Somme 
anf  etwa  SOO  Mobilgarden  gestoben,  welche  deh  snnSehit  in  das 
Dorf  warfen,  dann  aber  anf  Conde-Folie  abzogen.  Die  am  nSehsten 
Tage  von  la  Chaussee  aus  ebenfiüls  zur  SrkunduDg  gegen  AbbeWUe 
Torgebende  1.  Eskadron  stiele  in  AiUy-ie  H4  Cloeber  anf  Mobil- 
garden. Mit  der  daraufhin  stattfindenden  Zuteilung  des  Fttsilier- 
Bataillons  70.  Begiments  unter  Hani»tnuuui  am  Ende  am  25.  Dezember 
hatte  Oberstleutnant  t.  Pestel  Befehl  erhalten,  sieh  als  „fliegende 
Kolonne"  zu  betrachten  und  das  ganze  Gelände  gegen  AbbeviUe  hfai 
Ton  Freischaareo  zu  säubern,  den  Telegraphen  von  dort  nach  Ams 
und  Hesdin,  sowie  auch  die  nach  Boulogne  fthrende  Eisenbahn  zu 
zerstören.  Von  Picquigny  ging  am  26.  Dezember  die  9.  Kompagnie 
mit  der  2.  Eskadron  zur  Erkundung  nach  Hangest-sur-Somme  ror. 
Die  von  dort  Torgetriebenen  Patrouillen  erhielten  aber,  sowohl  bei 
Conde-Folie  ab  auch  bei  Longpre-les  Corps  Saints  Feuer.  Am  27. 
marschierte  Oberstleutnaut  t.  Pestel  unter  Zurtteklassung  der 
9.  Kompagnie  und  der  2.  Eskadron  in  Hangest  nach  Flixeoonrt,  von 
wo  die  3.  Eskadron  mit  einer  Kompagnie  auf  Ailljr  weiter  vorging. 
Ais  TEtoile  aber  bereits  besetEt  gefunden  wurde,  folgte  Oberstleutnant 
T.  Pestel  mit  dem  Gros  in  dieser  Richtung.  Der  bei  TEtoile  be- 
findliche, etwa  2  Kompagnien  starke  Feind,  gab  vor  der  aus- 
schwärmenden 10.  Kompagnie  seine  Stellung  auf  und  ging  auf  das 
linke  Somme-Ufer  Uber,  die  Brttcke  hbter  sich  zerstörend.  Das 
Detachement  kehrte  nach  FUzeconrt  zurück.  Die  Ortschaften  Longpre- 
les  Corps  Saints  und  Cond6-Folie  sollten  von  8  Bataillonen  Mobiler 
besetzt  sein.  Oegen  ersteren  Ort  wandte  sich  am  folgenden  Tage 
ttber  Molliens-Vidame  and  Airaines  Oberstleutnant  y.  Pestel.  Der 
Eingang  des  vom  1.  Bataillon  des  7.  Rq;iment8  der  Mobüisieiten 
du  Nord  (Orehies)  besetzten  Ortes  wurde  um  2  Uhr  im  ersten  An- 
lauf von  der  11.  Kompagnie  genommen.  Im  Orte  selbst  aber  entspann 
sich  ein  tiartaiäckiger  Häuserkampf,  an  dem  sich  zahlreiche  F^inwobner 
beteiligten,  so  dals  auch  die  12.  Kompagnie  in  Thätijrkfit  treten 
mufsto,  die  sich  insbesondere  des  ebenfalls  besetsten  Kirchhofes  und 
der  Kirche  bemächtigte.  Die  10.  Kompagnie  war  am  Eingange  des 
Ortes  in  Reserve  geblieben,  die  Ulanen  hielten  seitwärts  desselben. 
.\ls  der  Kampf  im  Dorfinnern  noch  tobte,  wurde  der  Anmarsch  eines 
feindlichen  Bataillons  von  Cond6-Fülie  her  gemeldet.  Es  waren 
3  Kompagnien  des  4.  Bataillons  der  Mobilen  du  Pas-de  Calais,  welche 
TOr  dem  tou  Hangest  her  anruckenden  Detachement  Heinicben 
zurtlckgingen.  Die  Ulanen  schickten  sich  zor  Attacke  an,  als  das 
..Bataillon^',  ohne  einen  Schuls  zu  than,  einfach  davonlief.  Was 
bei  dem  tiefen  Schnee,  welcher  die  Bewegung  zu  Pferde  aulser- 


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Die  8.  Kavallerie-IHviaion  im  Kriege  lö70 — 71. 


133 


ordentlich  beeinträchtigte,  erreicht  werden  konnte,  wurde  nieder- 
gemacht oder  gefangen  genommen.  Als  nun  aber  von  Conde  her 
das  Eingreifen  der  9.  Kompagnie  sich  geltend  machte,  suchte  der 
Feind  sein  Heil  in  wUder  Flucht  anch  aus  Longpre  heraus.  Die 
▼erfolgenden,  dam  besonders  stark  gemachten  KaTalleriepatrouilleu 
steigerten  die  Niederlage  des  Feindes  £ut  rar  Vernichtung.  Naeh 
Lehaoleomrt  betrog  der  Clesamtrerlnst  der  Franzosen  gegen  300  Mann, 
davon  250  Mann  Gefangene.  Die  70er  Fttsiliere  nahmen  1  Major, 
3  Kapitäns,  6  Lentnants  nnd  220  Mann  gefangen  und  erbeuteten 
8  Fahnen.  Von  den  am  Kampfe  beteiligt  gewesenen  Bauern  wnrden 
Qeliaagene  nicht  gemaebi  Der  diesseitige  Verlast  betrog  1  Mann 
tot,  1  OflBzierdienstUiner,  Viaefeldwebel  £manael,  nnd  3  Mann  ver- 
woDdet  Die  Ulanen  hatten  gar  keinen  Verwundeten;  der  Leutnant 
Frbr.  v.  Sinner  hatte  sieb  aber  doreh  Sturz  mit  dem  Pferde  nicht 
nneibeblicb  verletEi  Am  29.  langte  in  Bapaume,  woselbst  General 
y.  Goeben  sein  HaupKiuartier  hatte,  die  Kunde  von  dem  errungenen 
Eriolge  aa  Pestel  meldete,  er  iiabe  eine  feindliche  Abteilung  an- 
gegriffen und  „kdstlich''  geseblagen  mit  nur  geringem  eigenen  Verlust, 
es  seien  aber  ein  Bataillonskommandeur,  9  Offiziere  und  250  Mann 
zu  Gefangenen  gemacht  worden.  Damach  hätte  der  Feind  also  noch 
etwa  50  Mann  an  Toten  und  Verwundeten  eingebttlst  Am 
29.  Dezember  marschierte  das  vereinigte  Detachement  wieder  Uber  die 
Summe  zurttek  nach  Domart-les  Fonthieu  und  am  folgenden  Tage 
naeh  St  Biquier,  mit  schon  nördlicher  Abweichung  östliob  Abbeville 
gelegen.  Leutnant  der  Beserve  Karcher  der  7.  Ulanen  wurde  ent- 
sandt, den  Kommandanten  zur  Übergabe  des  nicht  mehr  als  Festung 
in  Stand  gehaltenen  Platzes  aufzufordern;  Oberstleutnant  Plancassagne 
▼erweigerte  die  Übergabe.  Die  Garnison  zählte  gegen  3000  Mobilgarden 
und  Mobilisierte,  das  Bataillon  des  91.  Linien-Begiments  war  an  die 
Armee  herangezogen  worden.  In  der  folgenden  Nacht  trafen  aber  Ver- 
störknngen  aus  Lille  ein  und  mit  ihnen  General  Babouin,  welcher  das 
Kommando  ttbemahm  nnd  die  Verteidigung  organisierte.  Am  31.  er- 
reichte das  Detachement  Pestel  Gr^cy-en-Ponthien  nOrdlich  Abbeville. 
Am  1.  Januar  unterbrach  Bittmeister  v.  d.  Osten  mit  seiner  Eskadron 
(4.)  nnd  einer  unter  Leutnant  Pappritz  aus  Eisenbahnarbeitern  etc. 
zusammengesetzten  Abteilung  70er  bei  Bue  die  Eisenbahn-  nnd 
Telegraphenyerbindung  von  Abberille  naeh  Boulogne,  wobei  der 
Fäsüier  Berg  I.  durch  eine  umstUrzende  Telegraphenstange  tödlich 
Terletzt  wurde.  Die  sonstigen  Unternehmungen  am  Neujahrstage 
galten  der  Franktireurssuche  in  den  Nachbarorten.  Dabei  war  aut 
eine  Ulanen-Patrouille  aus  einem  Hause  in  Machiel  geschossen  worden. 
Durch  einen  Zug  der  9.  Kompagnie  wurde  das  Hans  niedergebrannt. 


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134 


Die  a.  Kavallerie-Divisioa  im  Kriege  1870—71. 


Das  Detaobement  marsohiexte  noeh  selbigen  Tages  nach  Anxj'le 
Chftteaa,  wo  die  Yerbindnng  mit  dem  Detaobement  Lölsberg  ber- 
gestellt  worde,  auf  das  wir  an  anderer  Stelle  liommen  werden.  Am 
a  Januar  marsebierte  Oberstleutnant  t.  Pestel  Ober  Domart-les 
Ponibieu  naeb  Piequigny.   Von  hier  wurde  die  2.  Esl^adron  (v.  Lack) 
nach  Beiloy  Torgeschoben  und  patrouillierte  nach  Longprö  und  Monflers. 
Am  6.  marschierte  das  Detacbement  unter  ZnrUcklassung  der 
4.  Eskadron  in  Piequigny  naeb  Villers  Bocage  und  am  folgenden 
Tage  nach  Acbeux,  um  Ton  dort  aus  im  wieder  engerem  An- 
sohlttis  an  die  3.  Ea?allerie*Division  gegen  Arras  und  Doullens  zu 
siohem  und  au&nidttren.   Doeh  jetzt  zu  dieser  selbst  wieder  zurttek* 
Nack  dem  Abmärsche  der  5  Bataillone  der  31.  Brigade,  sowie 
auch  der  noch  hier  befindlichen  70er  Musketiere  zur  Besetzung  Ton 
Amiens,  blieben  von  der  16.  Diyision  als  kombinierte  32.  Brigade, 
deren  Führung  sdt  dem  27.  Dezember  dem  Obersten  r.  Hertzberg 
vom  68.  Regiment  übertragen  worden  war,  nur  noch  das  40.  Regiment, 
das  I./69.,  welches  sich  zur  Zeit  des  Abmarsches  der  31.  Brigade 
bei  dem  gegen  Leus  entsandten  Detaobement  des  Obersten  r.  Wittieh 
befand,  das  9.  Husaren-Regiment  ond  die  6.  schwere  sowie  6.  leiebte 
Batterie  VUI.  znrttck.    Das  UI./40.  wurde  yon  Bihnconrt  nach 
Buequoy  verlegt,  die  11.  Kompagnie  naeb  AblainzeTelle  vorgeschoben. 
Auch  der  Infanterie-Brigadestab  siedelte  am  30.  nach  Bncqnoy  über. 
Nachdem  nun  die  unmittelbar  sUdlich  Arras  gelegenen  Orte  Beaurains 
üivl  Arhieourt  Ton  den  Franzosen  wieder  l)esetzt  worden  waren, 
auch  in  den  folgenden  Tagen  westlich  des  Platzes  sich  eine  gröbere 
Rührigkeit  seitens  des  Feindes  zeigte,  wur  lt  n  am  ?>1.  dir  11.  Kom- 
pagnie  mit  der  2.   Eskadron  der  :>.    Ulanen   nach  Ayette  und 
die  12.  Komfiagnie  mit  der  4.  Eskadron  derselben  Ulanen  nach 
Monchy  vorgeschoben  und  ein  Detachement  unter  General  v.  Miras, 
bestehend  aus  dem  am  30.  nach  Bavincourt  zurückgekehrten  Bataillone 
des  69.  Kegiments,  dem  Kürassier-Regiment  und  einem  Zuge  Artillerie 
nach  dorthin  und  la  Cauchnc  zur  Beobachtung  der  Strafse  von 
Arras  nach  Doullens  entsandt.    \  on  der  9.  Kompagnie  40.  Regiments 
worden  je  ein  Zug  nach  Les  Essarts-Bucquoy  nnd  Puisienx  detachiert. 
General  Graf  Groeben  hatte  das  Kommando  dieses  Flügels  über- 
nommen. General  t.  Goeben  hatte  sein  Hauptquartier  nach  Combles 
verlegt,  um  Pdronne  näher  zu  sein.    Als  dann  am  1.  Januar  das 
L/40.  mit  dem  Uegimentsstabe  aaf  dem  Marsche  von  Acbiet-le  Grand 
nach  Buequoy  sich  befand,  ging  die  Meldung  ein,  der  Feind  habe 
Kansart  und  Baiileulmont  stark  besetzt  und  die  12./40.  bei  Monchy 
heftig  angegriffen.  General  Graf  zu  Dohna  wurde  dadaroh  veranlatst, 
unter  Festhaltang  von  Ayette  und  Monchy,  dessen  Besetzung  durch 


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Die  8.  Kavallerle-Dlvisioo  in  Kilefe  1870—71.  135 


die  auf  HanneBcampe  dirigiertea  1.  4./40.  unter  Migor  Frhr.  t.  Rosen 
eventnell  sn  yentärken  gewesen  wttre,  das  gaose  Detaohement  nm 
10  mir  m  alannieren  nnd  bei  Pnisienx  sa  kmentrieren«  üie 
Meldung  Ton  einem  Angriff  anf  Moncby  erwies  sieb  indessen  als  fiüsob. 
Higor  V.  Bosen  lekognosderte  noeb  bis  la  Canobne,  welebes  er  vom 
Deteobement  des  Genends  y.  Miros  besetatt  £uid.  Dieser  besetite 
später  Bienyillers-aux  Bois.  GeDeral  Graf  v.  d.  Gioeben  befabl 
endlich  am  4  Ubr  das  Abrttcken  in  die  Qoartiere.  Das  Gros 
marschierte  nach  ßacqooy,  die  10./40.  Terblieb  mit  einigen  Eskadrons 
in  Puisieox.  In  vorderster  Linie  iiamen:  Mach  Ayette  die  11.  Kom- 
pagnie mit  der  2.  Eskadron  der  5.  Ulanen,  nach  les  Essarts-Bneqnoy 
1  Zag  der  9./40.  und  nach  Uannescamps  Migor  Frhr.  v.  Rosen  mit 
1.  4./40.  und  der  Begiment^stab  der  5.  Ulanen  mit  deren  4.  Eskadron. 
Die  1.  Eskadron  war  naob  Donilens  detachiert  worden.  An  der  den 
Alarm  bei  Bucqaoy  veranlassenden  Meldung  war  thatsächlich  etwas 
Wahres.  Die  französische  Nordarniee  hatte  am  31.  Dezember  bereits 
zwischen  der  StraÜBe  TOn  Arras-Donilens  nnd  der  Scaipe  behufs 
V'ersammlung  som  Vormarsch  anf  P6ronne  Bewegungen  ausgeführt 
Westlich  Arras  nnd  der  Bahn  Ton  dort  nach  Amiens  gelangte  das 
XXII.  französische  Korps  mit  der  1.  Division  nach  Beaumetz-les 
Loges,  Riviöres-Grosville  und  Wailiy,  mit  der  2.  nach  Dainviile, 
Achicourt  nnd  Agny.  Am  1.  Jannar  fanden  dann  Vorsehiebnngen 
bezw.  Erkundungen  anf  den  am  2.  Januar  festgesetzten  Vormarsch  der 
Armee  statt.  Gerade  derartige  Bewegnngen  auf  feindlicher  Seite  sind 
bezüglich  ihres  Zieles  schwer  zn  erkennen,  die  Thätigkeit  derPatroaillen 
war  aber  eine  nicht  weit  genug  gehende,  weil  sie  eben  mehr  der 
eigenen  iSicherung,  denn  der  Aufklärung  diente.  Hätte  man  beide 
getrennt,  dann  wäre  die  Bewegung  der  Fianzosen  am  31..  die  mit 
der  Besetzung  der  genannten  Ortschaften  abschlnls,  nicht  ganz  un- 
bemerkt geblieben.  Das  war  aber  der  Fall,  denn  es  ist  uns  keine 
Meldung  bekannt  g-pworden.  die  das  Gegenteil  bekundete,  auch  wäre 
der  :{].  Dezember  dann  nicht  ohne  Alarm  verlaufen,  ebenso  wenig 
wie  der  Neujahrstag.  An  diesem  waren  die  4.  Kompagnie  (59er 
(Preniie r- Leutnant  Pfeiffer)  und  '/i  1-^  '/»  •5-  und  4.  Kürassier- 
Eskadron  unter  Kittmeister  v.  Lölsberg  von  Bavincourt  niit  dem  Auf- 
trage entsandt  worden,  die  Verbindung  mit  dem  bei  Abijeville  streifenden 
Detachement  Pestel  aufzusuchen.  Von  diesem  schreibt  General 
V.  Goeben  an  seine  Gemahlin  unter  di  111  31.  Dezember:  „Pestel 
macht  mir  Sorge,  da  er  gar  zu  weit  gi  ht  und  sein  Detachement 
dadurch  sehr  exponiert.  Das  ist  immer  die  Gefahr  bei  solchen 
fliegenden  Korps.  Er  meldet  gestern,  dals  er  in  Domart  sei,  weiter 
auf  St.  Kiquier  rttcke,  sich  von  dort  auf  Ciecy  und  dann  aui 


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186 


Die  8.  KAvallArie-DMskHi  im  Kriege  1870-.7i. 


NoüvioD  wenden  wolle.  Werde  mich  freuen,  wenn  ich  ihn  erst 
indder  glttoklieh  in  der  Hand  habe.  Ich  habe  nau  befohlen,  dals 
morgen  von  meinem  linken  Flttgel  aas  starke  Patrooillen  auf  Bernaville 
and  Aoxy-leChateäD  gehen,  nm  ihm  wenigstens  eine  moralische 

ünterstützang  zu  geben." 

Rittmeister  ?.  Lofsberg  hatte  sein  Detachement  in  3  Abteilangen 
gegliedert,  jede  bestand  aus  */»  Eskadron  und  einem  Zuge  Infanterie. 
Das  rechte  FlUgel-Detachement  (Premier-Leutnant  Pfeiffer)  hatte  über 
ATCSnes-le  Comte  und  Frövent  nach  Auxy-le  Chätean  zu  marschieren, 
wohin  mit  dem  mittleren  sich  Kittmeister  v.  Lölsberg  direkt  wandte, 
während  das  linke  (Premier-Leutnant  v.  Buchwaldt)  nach  BernaWUe 
rückte.  Frövent  wurde  mittags  erreicht.  Als  am  Nacbnüttafr  nach 
stattgehabter  \'erpflegung  der  Marsch  nach  Auxy  fortgesetzt  werden 
sollte,  wurde  der  Einjährig-Freiwillige  Rommel  der  Kürassiere  ver- 
mifst  Er  werde  mit  Stichen  in  Hals  und  Brust,  ermordet,  auf- 
gefunden. Der  Maire  wurde  als  Geisel  festgenommen  und  ihm  seine 
schwere  Verantwortunir  vorgestellt,  wenn  der  Mörder  nicht  ausfreliefert 
werde.  Bis  '/,7  Uhr  fand  sich  derselbe.  Da  eine  Exekution  bei 
der  Dunkelheit  nicht  wirkuui^svoll  «rewesen  wäre,  liefs  Premier- 
Leutnant  Pfeiti'er  ihn  rnit  nach  Auxy  nehmen.  Auf  dem  Marsehe 
dorthin  wiirdo  das  Dorf  Ligny  von  Franktireurs  besetzt  gefunden. 
Die  Infanterie  rückte  iiu  Laufschritt  in  dasselbe  ein  und  vertrieb 
die  Franktireurs.  FAn  Haus,  aus  dem  noch  Schüsse  fielen,  wurde 
gestürmt  und  die  bewatiiieten  Einwohner  niedergemacht.  Der  Kürassier 
Thomas  war  tötlich  verwundet  worden.  Um  1 1  I  hr  Abends  wurde 
Auxy  erreicht,  in  welches  das  Detachement  Lolsberir  nach  einem 
Gefecht  mit  Franktireurs  eingerückt  war.  Das  Detachement 
Buchwaldt  hatte  Bernaville,  ohne  auf  Widerstand  zu  stofsen,  besetzt. 
Da  Oberstleutnant  v.  Pestel.  den  wir  ja  auch  in  Auxy-le  Chäteau 
noch  selbieren  Taires  hatten  ankommen  sehen,  keiner  Unterstützung 
bedurft,  rückte  am  andern  Tage  (2.  Januar)  Rittmeister  v.  Lofsberg 
mit  dem  ganzen  Detachement  von  Auxy  zunächst  nach  Litrny.  liel's 
dort  das  Haus,  aus  welchem  Tags  vorher  geschossen  worden  war, 
in  Brand  stecken  und  setzte  den  Marsch  nach  Frevent  fort.  Nach- 
dem man  dort  den  Mörder  auf  dem  ^larktplatze  aufgehängt  hatte, 
und  aufserdem  zur  Strafe  lOüOO  Frs.  gezahlt  worden  waren,  wurde 
nach  Bavincourt  zurückuiarschiert.  Man  erfuhr,  dafs  (ieneral  v.  Mirus 
bald  nach  dem  Abmarsch  des  Detachements  ebenfalls  abmarschiert  war. 
Das  Detachement  Ubernachtete  in  Bavincourt,  also  2  Meilen  hinter  dem 
zur  Zeit  bei  Achiet-Ie  Petit  stehenden  feindlichen  rechten  Flügel. 
Als  Patron ill  n  am  folgenden  Tage  (3.  Januar)  keine  Verbindung 
mit  preuisisehen  Truppen  finden  konnten,  marschierte  das  Detachement 


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Die  8.  KtT«Uerie-DiTi8i<m  im  Kriege  1870—71. 


137 


Uber  Doullens  nach  Aniicns.  Die  Kürassiere  fanden  bereits  am  5. 
den  ADSchliifs  an  ihr  Regiment.  Erst  am  10.  Janaar  gelang  es  der 
Kompagnie,  in  Fins  wieder  ihr  Bataillon  aafzutindeii.  Dals  von 
Barineoort  ans  am  3.  Janaar  die  \'erbindang  mit  der  eigenen  Partei 
nicht  gefanden  wurde,  läfst  auf  eine  besonders  grofse  Gewandtheit  im 
Patronillendienst  gerade  nicht  sohiielsen.  Die  Brigade  Graf  Dohna  befand 
sich  während  des  ganzen  Tages  westlich  der  Stralse  Arras-Aibert 
und  gelangte  sogar  schliefslich  nach  Sailly  an  Bois.  Es  wäre  aber  vor 
allen  Dingen  Sache  des  Generals  v.  Miras  gewesen,  das  Detachement 
Lölsberg  von  der  Käamang  Bavincoart's  in  Kenntnis  za  setzen, 
damit  es  iiaeh  seiner  Rückkehr  dorthin  nicht  einer  derart  gefahr- 
vollen Lage  ansp'esetzt  wnrde.  Beim  Abmärsche  aus  Bavinconrt  eine 
Avertissements-Abteilaog  mrttckzalassen.  wäre  nicht  ratsam,  weil 
selbst  za  gefährdet  gewesen.  Man  hätte  aber  dem  Detachement 
eine  Patrouille  bis  Zags  stärke  nach  Aaxy  nachsenden  und  ihm  von 
dort  die  Richtung  auf  Doullens  geben  können,  was  auch  aufscrdem 
noch  seitens  der  5.  Ulanen,  die  wir  am  1.  Januar  nach  dort  hatten 
eine  Eskadron  detachieren  sehen,  hätte  geschehen  können.  Ein 
Anderes  wäre  es  noch  gewesen,  wenn  General  \.  Mirus  um  den 
feindlichen  rechten  Flügel  herum  nach  Bavincourt  zur  eventuellen 
Verbindung  mit  dem  Detachement  einige  Patrouillen  entsandt  hätte. 
Das  wäre,  wie  wir  aus  den  Ereignissen  entnehmen  können,  ohne 
besondere  Schwierigkeiten  zu  ermöglichen  gewesen.  Man  hatte  aber 
wohl  nicht  daran  gedacht. 

Als  nun  am  2.  .lanuar  der  llv^i  der  32.  Brii^ade  üher  Bapaunie 
in  2  Kolonnen  nach  Fins  zur  \  erstärkung  des  dortii^'-cn  l  liiuels  -regen 
Cambrai  hin  abmarschiert  war,  verfügte  die  Kavallerie-Division  imr 
noch  Uber  die  a  Kompagnien  6J)er,  war  also  im  al!<remeinen  auf  ihre 
eigenen  Kriifte.  !()'/,  Eskadrons  mit  14:{o  Pferden  und  (i  (iejschUtzen, 
angewiesen.  JSie  postierte  je  eine  Eskadron  Ulanen  in  Ahlaiiizevelle 
und  ('ourcelles-le  Comte.  Die  in  Hannescamps  stehende  Eskadron 
der  .").  Flauen  war  durch  die  i./l  .  14  von  Serre  aus  abgelöst 
worden.  Die  Ablösung  war  kaum  Ix'werk^telligt,  als  schon  starkes 
Schielsen  hörbar  wurde.  Die  alarmierte  Eskadron  ging  auf  FouccjueviUers 
zurück  und  hei  steter  Beobachtung  der  feindlichen  rechten  Flanke 
bei  kurzem  Aufenthalt  in  Mirauiiiont  nach  IN)zi(''re8.  Es  wäre  nun 
geboten  gewesen,  ungesäumt  die  ()!)er  von  Bienvillers  nach  Bucquoy 
heranzuziehen,  was  nicht  geschehen  zu  sein  seheint,  denn  sonst  hätte 
doch  Buc(iuov  nicht  so  schnell  geräumt  zu  werden  brauchen,  wie  das 
alsbald  geschah.  Von  Seiten  der  lö.  Division  war  zur  Verbindung 
mit  der  H.  Kavallerie-Division  unter  dem  Hauptmann  Lossius  ein 
Detachement,  bestehend  aus  F./28.,  1  Zage  der  2.  Eskadron  Königs- 


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Die  8.  Ktvalloiie-DlTlBioD  im  Kriege  1870—71. 


baBaren  und  2  Gesehtttzen  der  2.  schweren  Batterie,  nach  Aehiet*]e 
Grand  entsandt  worden. 

Entgegen  der  Ansiebt  eines  am  31.  Dezember  zu  Beannüns 
abgebaltenen  Kriegsrates»  an  welchem  sSmtliohe  Generale  der 
fransOsiscben  Nordarmee  teilnahmen,  hatte  General  Faidherbe  sieh 
zur  Ergreifong  der  Offensive  entschlossen.  Es  ItUst  das  schon  den 
Wert  des  Generals  Faidherbe  erkennen.  Der  Fall  ist  sehr  selten, 
dais  wie  hier,  durch  einen  Kriegsrat  das  moralische  Element  in 
schwieriger  Lage  wieder  gehoben  wird.  Aof  dem  rechten  FlOge] 
hatte  am  2.  Januar  das  XXIL  Korps  in  Divisions-Kolonnen  anf 
Bncqnoy,  an!  dem  linken  das  XXUI.  ebenso  gegen  B^anme  vor- 
zngehen.  Es  will  nun  scheinen,  dato  dieser  Vormaisch  prenfsiacherseits 
nicht  rechtzeitig  erkannt  worden  ist,  denn  das  Erscheinen  des  Fdndes 
trägt  den  Charakter  der  Überraschong  besonders  anf  dem  linken 
Fittgel  Von  Seiten  der  Kavallerie-Division,  die  ihren  Platz  anf 
diesem  Fittgel  hatte,  hätte  der  Anmarsch  aber  frtther  erkannt  werden 
müssen*  Das  wird  immer  verspätet  geschehen,  wenn  das  Anfklärangs- 
instrament  wie  hier  nicht  richtig  gebandbabt  wird.  Nor  frontal  vor- 
gebende Patrouillen  können  nicht  Genügendes  erkennen.  Einen 
Einblick  in  die  Verhältnisse  des  Gegners  kann  man  sich  nur 
von  der  Flanke  her  versdiafl'en.  Das  hätte  damals  gar  keine 
Schwierigkeiten  gehabt,  da  der  Gegner  selbst  keine  Kavallerie  hatte, 
die  diesen  Hinblick  gewehrt  hätte,  was  in  Znkonft  aber  sicherlich 
geschehen  und  deshalb  Einblick  zu  nehmen,  schwerer  sein  wird.  Der 
auf  dem  äufsersten  rechten  Fittgel  der  Franzosen  befindlichen  Di\  ision 
Derroja  war  der  Weg  nacbBucquoy.  woselbst  man  dem  haaptsäcblicbsten 
Widerstande  zu  begegnen  glaubte,  Uber  iiansart  und  Hanneseamps,  der 
Division  du  ßessol,  bei  welcher  sich  der  Oberbefehlshaber  anch  am 
folgenden  Tage  befand,  aber  die  greise  Strafse  zum  Vormarsch  ange- 
wiesen worden.  Gegen  */,l  1  Uhr  vertrieb  die  erstgenannte  Division  die 
Vorjiosten  der  3.  Kavallerie-Division  aus  ihren  Stelinngen  südöstlich 
Bienvillers  anx  Bois.  General  Graf  Groeben  versammelte  seine 
Truppen  bei  l'uisieux  und  nahm  dann  Stellung  bei  Miraomont, 
weshalb  auch  die  Aufforderung  des  Generals  v.  Kummer  an  die 
'S.  Kavallerie-Division,  die  Brigade  Strubberg  zu  degagieren,  jene  nicht 
erreichte.  Die  Besetzung  von  Miraumout,  Irles  und  Pys  mit  je  einer 
Ii'.)  er  Kompagnie  erinnert  an  die  Besetzung  von  Marcelcave  in  der 
Schlacht  bei  Amiens  am  27.  November.  Auf  deni  preulsisehen 
linken  Flügel  befand  sich  nach  dem  Zurückgehen  der  ;i.  KavHHerie- 
Division  nun  vorerst  das  l)etachenient  Lossius  in  Achiet-le  lirand. 
Böhagnies.  nn  der  Strafse  Arras-Bapaunie  gelegen,  auf  welcher  die 
Division  f ayen  vorging,  hatte  von  dem  einen  dort  befindlichen 


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Die  8.  Kavallerie-Divisioa  im  Kriege  1870 — 71.  139 

Bataillon  der  28  er  Bchliebliob  gerttnmt  werden  mttssen.  Als  der 
Angriff  der  IMrinon  Payen  In  Sapignies  aber  endgttltig  von  nur 
2  Bataillonen,  2  Batterien  und  2  Zttgen  Hnsaren  abgeschlagen  worden 
war,  worde  aneh  Böbagnies  prenJaiscberseito  wieder  genommen. 
Die  Franmen  gingen  von  hier  naeb  Ervillers  znrttek.  Die  andere 
DiTision  (Robin)  des  XXI1L  Korps  war  Uber  Si  östlieh  der 

groÜBen  Strafee  vorgegangen,  liam  aber  nioht  Uber  Mory  nnd  Yrancoort 
hinaus  vor.  Das  in  Aohiet-le  Grand  stehende  Detachement  Lossios 
war  an  Infanterie  nnr  noch  2  Kompagnien  stark,  als  es  von  Ablatnzevelle 
seitens  der  Division  dn  Bessol  angegriffen  wurde.  Es  leistete  einen 
Vft  stttndigen  heldenmütigen  Widerstand.  Und  als  es  anf  ATCsnes-lcs 
Bapanme  abziehen  roolste,  worden  noch  die  dazwischenliegenden 
Dörfer  Bibnconrt  nnd  BieMllers-les-Bapanme  vorllbergehend  gehalten. 
Das  Gefecht  bei  Aehiet-le  Grand  hatte  anch  die  Division  Derroja 
bestimmt,  sieh  von  Bncqnoy  auf  Achiet-le  Petit  zu  wenden.  Der 
2.  Jannar  war  nur  die  Einleitung  fOr  den  8.,  an  welchem  die 
Sehlaeht  bei  Bapanme  geschlagen  wurde.  Der  Morgen  tand  das 
Gros  der  15.  Division  in  und  um  Bapanme.  Es  befanden  sich  noch, 
bezw.  wieder  von  ihr  besetzt  Frömiconrt,  Bengn&tre,  Favreuil,  Biefvillers 
nnd  Grivillers.  Das  Tmppenkorpa  des  Generalleutnante  Prinzen 
Albrecht  (Sohn)  hatte  bei  Bertincourt,  die  3.  Kavallerie-Division  auf 
der  Hohe  unmittelbar  südlich  Petit  Ifiraumont  und  die  Reserve  des 
Generals  v.  Goeben  bei  le-Transloy  bezw.  Sailly-Saillisel  Stellung  ge- 
nommen. Die  bei  letzterem  Orte  bestand  aus  3  Bataillonen  und  4  Batterien 
des  Cemiemngskorps  von  Pöronne.  Der  Disposition  geroäfis  hatte  die 
1&.  Division  ihre  Stellung  bei  Bapanme  hartnäckig  zu  verteidigen, 
das  Truppenkorps  des  Prinzen  Albrecht  bei  Bertincourt  bereit  zu 
stehen,  General  Graf  Groeben  aber  aus  seiner  Stellung  bei  Pys  zur 
Deckung  des  linken  Flttgels  2  Kavallerie-Regimenter  und  2  Geschütze 
mit  der  bestimmten  Aufgabe  links  zu  detachieren,  um  „un  Falle 
feindlichen  Angriffs  auf  Bapanme  in  Flanke  und  Rttcken  der  Nord- 
armee vorzugehen  und  namentlich  daselbst  seine  Geschtttze  zur 
Geltung  zu  bringen.**  Bereite  frtth  7  Uhr  hatte  General  Graf  Groeben 
die  7.  Kavallerie-Brigade  mit  2  GeschlltBen  der  reitenden  Batterie 
von  Coureelette,  woselbst  dieselbe  sich  versammelte,  gegen  die 
französische  rechte  Flanke  vorgehen  lassen.  Zum  Angriffe  der 
prenlsischen  Stellung  bei  Bapanme  am  3.  Januar,  einem  kalten,  aber 
trüben  Tage,  entwickelten  sich  die  Franzosen  zunächst  in  der  Linie- 
ßihacourt-Sapignies.  Von  der  auf  dem  rechten  französischen  Flttgei 
befindlichen  Division  Derroja  hatte  sich  die  Brigade  Aynös  an  dem 
Gefechte  der  Division  dn  ßessol  um  Biefvillers  beteiligt.  Die  Brigade 
Pittiö  aber  hatte  sieh  nach  Grövillers  gewandt,  welches  preufsiseher- 


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140  IH«  ^  KavaUezie-DiTiston  im  Kriege  1870—71. 


Seite  etwas  später  wie  Biefvilleis  das  erste  Mal  hatte  geräumt  werden 
rnttssen.  Ans  der  gewonnenen  Stellang  delmten  sich,  den  prenfeisohen 
Unken  Flllgel  bei  ÄTesnes  nmfassend,  die  Franzosen  nut  starken 
Tiiailleorsohwärmen  schon  jetzt  fost  bis  an  die  nach  Albert  führende 
Strafse  ans.  Als  dann  aber  die  29.  Brigade  in  nnd  die  80.  sttdlich 
Bapamne  za  nnmittelbarer  Verteidigimg  des  Platzes  gesammelt 
worden  nnd  die  Brigade  Ayn^  sich  Uber  Avesnes  gegen  die  West» 
Seite  der  Stadt  wandte,  sncbte  die  Brigade  Pittiö  von  Gr^villers 
Uber  Tilloy  weiter  zn  umfassen,  mit  kleinen  Infanterie-Abteilnngen 
das  Oetaehement  der  3.  Kavallerie-DiTision  beobachtend.  Oasselbe 
hatte  sich  aber  mittlerweile  aus  seiner  Stellung  Miraamont-Fys, 
nachdem  es  um  Mittag  eine  Erkundung  gegen  Achiet-le  Petit  gemacht 
and  seine  fiskadrons  auf  Grdvillers  dirigiert  hatte,  Uber  le  Sars  an 
den  diesseitigen  linken  Flügel  gegen  Ligny-Tilloy  herangezogen. 
Tilloy  sowie  Ligny  waren  von  dcu  8.  Jägern  besetzt  worden. 
Ligny  wurde  Ton  ihnen  behaaptet.  Tilloy  wieder  zn  nehmen,  ge- 
lang erst  den  vereinten  Anstrengungen  der  Infanterie  des  Detachements 
Mirus,  denen  des  111./33.  und  der  2'/,  von  Bapaurae  durch  General 
V.  Strubberg  herangeftlhrten  Bataillone.  Der  Angriff  war  durch  die 
auf  der  Höhe  südöstlich  Ligny  in  Stellung  gegangenen  Batterien, 
denen  sich  nuch  die  4  rreschut/e  der  reitenden  Batterie  Sehrader 
angeschlossen  hatten,  vorbereitet  worden. 

General  Graf  /.u  Dohna  hatte  sich  Uber  MiraamoDt  auf  Fuisieox 
au  Mont  gewandt.  Da  letzterer  Ort  aber  ebenso  wie  Serre  feindlicher- 
seits  besetzt  getundeu  wurde,  nahm  die  Kavallerie-Brigade,  unter 
Umgehung  dieser  beiden  Dörfer  zunächst  die  Richtung  Uber  Höbuterne 
auf  Hannescamps,  dann  auf  Bucquoy.  Östlich  dieses  Ortes  stiefs  die 
an  der  Tete  befindliche  2.  Eskadron  der  5.  Ulanen  auf  feindliche 
Infanterie,  wahrscheinlich  das  Bedeckungs-Bataillon  der  Trains  der 
Division  Derroja  und  bog  auf  Ablaiiizevelle  ab.  woselbst  2  Fourage- 
wagen  erbeutet  wurden.  Dort  wurden  nun  auch  die  beiden  Geschütze 
in  Stellung  gebracht  und  beschossen  in  nördliclu  r  Richtung  im  Ab- 
marsch begriffene  Kolonnen.  Dazu  bot  sich  noch  einmal  Gelegenheit, 
als  die  Brigade  auf  Achiet-le  Grand  vorging,  welcher  Ort  gerade  von 
den  Franzosen  l)esetzt  wurde  und  auch  besetzt  blieb,  ebenso  wie  auf 
diesem  Flügel  Bihucourt,  Biefviliers  und  Grevillers.  Bei  eintretender 
Dunkelheit  ging  dann  die  Brigade  in  westlicher  Richtung  über 
Hebuterne  nach  Sailly  au  Bois  zurück,  fast  3  Meilen  westlich 
von  Bapaume.  und  bezog  Alarnicjuartiere.  Diejenigen  des  Deta- 
chements Mirus.  hei  deru  sich  der  Divisionsstab  befand,  waren 
in  Ligny  und  den  nächstgeh'genen  <  )rtschaften.  Der  Verlust  der 
3.  Kavallerie -Division  belief  sich  am  2*  and  3.  Janaar  aaf  4  Mann 


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Die  8.  Kavallerie-Division  im  Kriege  IbTÜ— 71. 


141 


and  3  Pferde.  Im  HinbUek  daranl  nnd  die  schwierige  AUgemeln- 
läge,  die  die  AnsiintKiiiig  aller  EjMe  bis  anfe  ÄnDaerste  erforderlioh 
machte,  ist  die  FVage  wohl  berechtigt,  ob  Ton  der  Brigade  Graf 
Dohna,  deren  Einflofs  aof  den  Gang  der  Sohlacht  ohne  jeglichen 
Einflols  blieb,  nicht  eine  grölsere  Thätigkeit  hätte  erwartet  werden 
können  un  Gegensats  sn  der  entfalteten,  doch  geradezu  dürftigen. 
Bei  Bejahung  der  Frage  mufs  gleichzeitig  der  Fttbrung  der  Vorwurf 
gemacht  werden,  wenig  energicToll  und  thafkrilftig  gehandelt  zu 
haben;  hier  galt  es  zuzufassen.  Die  Trappe  war  allen  an  rie  zu 
stellenden  Anforderungen  mehr  denn  je  gewachsen.  Es  dürfte  sich  zu- 
nächst empföhlen  hahen,  spätestens  als  die  Brigade  Puisieux  au  Mont 
und  das  sttdlieher  gelegene  Serre  besetzt  fand,  die  Brigade  etwa 
bei  Beaucourt-Beaumont  vorerst  eine  Bereitscbaftsstellung  nehmen 
nnd  durch  Patrouillen  aufklären  zu  lassen,  um  so  mehr  es  bis  Mittag 
nicht  unbedeutend  nebelte.  Ifit  der  ganzen  Brigade  aber  auf  gut 
Glück  ▼oizugehen,  war  nicht  zweckentsprechend.  Das  dokumentierte 
eine  gewisse  Unthätigkeit  Kur  yon  einem  planyollen  Handeln  waren 
Erfolge  zu  erwarten.  Östlich,  also  nicht  in  Bucquoy  stiefs  man 
auf  feindliche  Infanterie.  Wie  bereits  erwähnt^  hatte  man  wahr- 
scheinlich das  Bedeckungs-Bataillon  der  Trains  der  Division  Derroja 
▼or  sich.  Das  Bois  de  Logeast,  in  welchem  die  Trains  sich  gerade 
befunden  haben  sollen,  liegt  inmitten  des  Ortsvierecks  Bucquoy, 
Ablainzevelle,  Gomiecourt,  Achiet-le  Grand,  am  nächsten  Ablainzevelle. 
Nach  Lehanteourt  wären  nun  diese  Trains  auch  attackiert  worden, 
aber  der  Angriff  seitens  des  Bataillons  und  der  Dragoner-Eskorte 
abgeschlagen  worden.  Da  sieb  indes  in  keinem  prenfeischen  Berichte 
darüber  etwas  findet,  so  liegt  der  französischen  Darstellung  zweilellos 
ein  Irrtum  zu  Grunde.  Die  prenlsische  Brigade  ist  auf  Ablainzevelle 
ausgewichen.  Warum  man  nun  aber  nicht  die  östlich  Bncquoy 
angetroffene  Infantene  anzukeifen  versucht  hat,  ist  unTerständlich, 
da  ein  Vogel-Straufs-Verfahren  doch  hier  ganz  und  gar  nicht  am 
Platze  war.  Auch  Verluste  mafsten  in  Kauf  genommen  virerden, 
ohne  solche  war  doch  einmal  ein  Auftrag,  wie  der  vorliegende,  gar 
nicht  zu  erfhUen.  Sind  wir  Kavalleristen  übrigens  doch  ebenso  zum 
..TotgeschosseDwerden"  da,  wie  unsere  Kameraden  von  den  anderen 
Waffen.  Wenn  das  Gelände  der  in  Rede  stehenden  Gegend  auch 
wellig  nnd  vielfach  eingeschnitten,  der  Hoden  fent  gefroren  und  mit 
Schnee  bedeckt  war,  so  waren  das  alles  keine  absoluten,  einer 
Attacke  entgegenstehenden  HindemngsgrUnde,  denn  was  in  diesen 
Tagen  andere  Kavallerie-Abteilungen  zn  leisten  vermochten,  hatte 
auch  die  7.  Kavallerie-Brigade  leisten  müssen.  Kine  andere  Kampf- 
art als  die  zu  Pferde  war  für  die  Ulanen  allerdings  ausgeschlossen, 


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Die  8.  Kavallerie-DiTiiion  im  Kriege  1870—71. 


da  dieselben  als  Schufswaffen  nur  Pistolen  hatten.  HUtte  man  den 
Auftrag  also  auf  die  BeutEergreiiang  gewisser,  wenn  auch  nur  leicht 
besetzter  Örtliclikeiten  gründen  mttssen,  dann  wäre  er  alleidings 
nnaiisfUhrbar  gewesen.  Dieser  Aasblick  woist  aber  daraaf  bin, 
welche  Bedeutung:  das  Fulsgefecht  aaeh  bei  der  KaTallerie  erlangen 
kann.  Man  sollte,  wie  selbst  heate  nooh,  nicht  geringschätzend 
darüber  hinweggehen.  Einen  grofsen  Erfolg  hätte  die  Brigade  Graf 
Dohna  am  3.  Janaar  im  Rücken  der  französischen  Nordarmee  nur 
erringen  können,  wenn  sie  in  der  Lage  gewesen  wäre,  Reitergefecbt 
and  Fufsgefecht  in  zweckmälsiger  Weise  miteinander  za  Terbinden. 
Warum  General  Graf  zu  Dohna  sich  so  weit,  in  noch  dazu  westlicher 
Richtung  von  Bapanme,  dem  Ort  der  Handlang  enttemte,  dafUr  haben 
wir  Grttnde  nicht  aa£(ofinden  vermocht 

VI. 

Die  Operationen  bis  zum  17.  Januar,  dem  Vortage  der 

Entscheidungskämple. 
Der  Fall,  dals  nach  einer,  wenn  auch  unent8chi('<li'TUMi  Schlacht 
beide  Teile  zurtickir»'h(^n.  wird  sehr  selten  sein.  Nach  Baiiaume  liejrt 
ein  solcher  seltener  Fall  vor.  Die  Prtnifseii  gingen  «r«  ,L't  n  und  Uber 
die  Somme  ziirUok,  di«^  Fran/.osen  bis  hinter  die  Linie  Adiiiter-Bovelles- 
Croisilles.  Aul  preulsischer  Seite  wurde  der  feiu(iliehe  Abmarsch 
alsbald  erkannt,  auf  französischer  der  der  l'reui'sen  aber  nicht. 
General  Faidherbe  glaul)te  noch  Tajre  hinaus,  dafs  Hapaunie  von 
den  Deutschen  stark  mit  Truppen  aller  Watlen  wieder  besetzt  sei. 
Die  t'in  Umstände  ist  es  /.weifellos  mit  zu  danken,  dafs  die  Holairerung 
von  P^ronne  ihren  ungestörten  l'ortgang  nehmen  konnte.  L>er  rechte 
preufsische  Flügel  war  auf  Roisel  in  die  Linie  Hervilly-Nurlu  zurilek- 
gegangen.  die  Front  nun  gegen  Canibrai  wendend,  die  1.").  Divisiou 
und  die  Korps-Artillerie  über  die  Somme  in  den  westlich  von  Peronne 
gelegenen  Kaum  mit  dem  Haupttpiartier  in  Dompierre,  der  linke 
Flügel,  auf  welchem  sich  die  Ii.  Kavallerie-Division  befand,  nach 
Albert.  Dorthin  wurden  auch  die  tags  vorher  aus  der  Richtung  von 
Peronne  eingetroffenen  beiden  Bataillone  des  19.  RegimeuUs  dirigiert 
und  der  Kavallerie  Division  zugeteilt.  Das  bisher  bei  derselben  ge- 
wesene Bataillon  des  69.  Regiments  kehrte  in  seinen  Verband  zurück. 
Wahrend  die  Divisions-Kavallerie  den  um  8  Uhr  begonnenen  Rückzug 
deckte,  gingen  die  allein  noch  zur  Hand  befindlichen  Kürassiere  der 
3,  Kavallerie-Division,  dem  Feinde  nach,  zur  Erkundung  gegen  Arras 
vor.  Es  waren  nur  7,  in  zwei  Eskadrons  eingeteilte  Züge  unter  den 
Rittmeistern  v.  Marees  und  Göschel  verfügbar.  Die  Eskadron  des 
ersteren  bestand  ans      4.  and  einem  Zage  der  3.,  die  des  letzteren 


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Dto  8.  Kavallerie-IMTitioii  Im  Kriege  1870—71. 


143 


ans  einer  1.  und  dem  grO&eren  Teile  der  2.  Znnttebst  stiefB  die  Tom 
BittmdsterFclir.Geyi^T.SehweppeDburggeftthrteATaiitgaiden-Alite^ 
auf  einen  etwa  20  Mann  starken  feindlieben  Nachtmpp,  der  attaekierl 
and  gefangen  genommen  wurde.  Beim  weiteren  Vorgehen  bemerkte 
man  zwisoben  BiefvillerB  and  Bibnconrt  eine  im  geordneten  Rttokzuge 
begriffeiie  feindliebe  Infimterlekolonne.  Rittmeister  Goesebel  erbielt 
Befehl,  reebts  der  Stralbe  vorgebend,  deren  T6te,  Kittmeister  t.  llaröes» 
▼on  Imks  her  die  Qaene  sn  attackieren.  Als  die  FVansosen  der 
Kürassiere  ansichtig  wurden,  liels  ihr  Kommandant  Hecqnet  seitwärts 
des  Weges  bei  geschiekter  Anlehnung  an  einen  hier  befindlichen  Hohl- 
weg Ewei  Karrees  formieren.  G^egen  das  eine  derselbe  ritt  noa 
aof  1000  bis  1200  Schritt  Rittmeister  t.  Harles  an.  Der  bart- 
gefrorene Boden  war  mit  Schnee  bedeciiter  Sturzacker.  Die  gate 
Haltung  des  20.  Marsch-Jäger-BataiUoos,  denn  dieses  hatte  man  vor 
sich«  kommt  schon  in  dem  Abstoppen  des  alsbald  beg:onnenen  Schnell- 
feners  zum  Aasdruck.  £rst  als  die  Kürassiere  sich  auf  etwa  100 
Schritt  genähert  hatten,  wurde  anf  Befehl  hierzu  wieder  gefeuert. 
Nur  wenigen  Kürassieren  gelang  es,  einzubrechen.  Die  Eskadron 
Ctoescbel  hatte  wegen  des  nicht  zu  überspringenden  Hohlweges  nicht 
einzugreifen  vermocht  So  blieb  denn  das  2.  Karree  intakt  und 
feuerte  ebeutalls  auf  die  Schwadron  Marpes.  Rittmeister  v.  Marees 
selbst  erbielt  einen  SchulÜB  in  den  Oberschenkel;  er  erlag  seiner 
Verwundung  am  24.  Januar  in  Albert.  Den  Leutnants  v.  Falkenhayn 
und  Schallehn  wurden  die  Pferde  erschossen.  Letzterem  im  Karree, 
welcher  Umstand  zur  Gefangennahme  des  Offiziers  führte.  Aufserdem 
waren  tot  oder  starben  an  ihren  Wunden  1 6  Mann,  verwundet  12  und 
yermüst  4.  An  Pferden  betrug  der  Verlust  l'S  und  zwar  waren  tot 
52,  verwundet  19  und  Termirst  2.  Wäre  die  Attacke,  die  nach 
Lage  der  Dinge  übrigens,  entgegen  anderer  Ansicht,  geboten  war, 
aof  eine  erschUttiTte  Truppe  gestoisen,  dann  wäre  sie  sicherlich  ge- 
langen, sie  traf  aber  auf  eine  in  guter  Haltung  freiwillig  zurück- 
gehende. Es  tritft  hier  das  Wort  drs  Krzherzogs  Karl  zu:  „Schnelligkeit 
und  Überraschung  sind  flir  die  Kavallerie  die  Hauptelemente  des 
Sieges,  doch  bedarf  man  auch  oft  der  überlegenen  Kraft  zur  Wahr- 
scheinlichkeit des  Erfolges."  Die  übrigens  bald  wieder  railiierten 
Kürassiere  folgten  dem  aut  Arras  abziehenden  Feinde  noch  bis 
Boyelles,  von  wo  sie  in  die  Gegend  von  Bapaunie  zurückgingen. 
Nach  dorthin  am  folgenden  Tage  vorzugehen  und  den  Feind  zu 
beobachtpti.  war  die  nächste  Aufgabe  der  Kavallerie-Division. 
Am  5.  Januar  früh  «s  Uhr  trat  dieselbe  den  Marsch  nach  Hapaume 
in  folgender,  eigentümlicher  Gliederung  an:  Avantgarde  General  Graf 
Dohna  (5.  Ulanen,  F./ 19.);  Gros  14.  Ulanen  und  11./ 19.;  Keserre  die 


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IHe  9.  Kavtllorto-Dlvliloii  im  Kftoga  1870—71. 


2*/t  Kttrassier-Eskadrons  des  Bittmeistera  Lofsbeig  ond  die  reitende 
Batterie.  Diese  Marschordoang  sebon  Iftist  erkennen)  wie  wenig 
taktisch  fortsobrittlicii  man  gesinnt  war.  Naelidem  t.  Yerdy  in  dem 
bereits  yor  Beginn  des  Krieges  erschienenen  ersten  Hefte  s^er 
Studien  Uber  Trappenfllbmng  darauf  hingewiesen  hatte,  dab  fitr  die 
Anaoheidnng  einer  Reserve  anf  dem  Marsche  Orttnde  nicht  zn  er- 
kennen seien,  sahen  die  denn  ftir  die  TrappenfUhrang  bereits  im 
Kriege  1870/71  maGsgebenden  Direktiren  das  Ansscheideo  einer 
Reserve  aucli  erst  für  das  Gefecht  vor.  Die  Anssobeidnng  einer 
Marsohreserve  scblng  jedem  gesunden  Begriffe  dner  Reserve  geraden 
ins  Gesicht  Denn  einer  Reserve  bedarf  man  erst,  wenn  das  Gefecht 
begonnen  hat.  „Alle  Truppen,  soweit  sie  noch  nicht  in  das  Gefeclit 
eingegriffen  haben,  sind  Reserven  der  obersten  Ftthmng."  Nach 
dem  Eintreffen  in  Bapaume  Übernahm  die  Avantgarde  die  Vor- 
posten  bei  Besetsung  folgender,  an  den  StraÜBen  nach  Cambral, 
Dooai,  Arras  und  Ablainsevelle  bezw.  Bncqnoj  gelegener  Ort* 
Schäften:  Främicourt  (12./ 19.  und  2./U.  5),  Beognfitre  (9./19. 
und  3./U.  5),  Sapignies  (11./19.  und  4./U.  5),  Bihncoart  (10./19. 
und  l./U.  5).  An  der  Strabe  Bapaume-Arras  standen  sieh  die  Vor- 
posten der  Prcnfsen  und  der  Franzosen  knapp  eine  Meile  gegenüber, 
was  selbstredend  zu  ^glichen  Scharmützeln  derselben  führen  mufsle. 
Um  sich  möglichst  gegen  Überrasehnngen  zn  sichern,  wurden  vom 
6.  Januar  ab  auf  angemessene  Entfernungen  stehende  Patrouillen 
vorgeschoben.  Man  hatte  nun  ulso  doch  schon  heransgefanden,  dafs  den 
Patrouillen  mehr  Bestand  am  Feinde  gegeben  werden  mofste.  Die 
He/.eichnung  „stehende  Patrouille''  ist  aus  unseren  Dienstvorschriften 
mit  Unrecht  «ranz  verschwunden.  Man  sollte  sie  baldmöglichst  wieder 
einfuhren  und  damit  auch  diese  Patrouillen,  die  in  der  Richtung 
gegen  den  Feind  vorgeschoben  werden  und  ihm  gegenüber  zunächst 
beobachtend  bleiben  sollen.  Man  würde  sofort  ])essere  Resultate  der 
Patrouillen  erzielen,  weil  die  beobachtende  Thätigkeit  am  Feinde 
durch  das  fortwährende  Kommen  und  Gehen  zur  Feldwache  keine 
Unterbrechung  erleiden  würde.  Es  ist  selbstredend,  dafs  auch  diese 
Patrouillen  nicht  am  Flecke  kleben  dürfen,  wie  etwa  ein  Posten, 
sondern  sich  im  Kanme  bewegen  müssen,  um  auch  dem  Zwecke 
jeder  Patrouille  gerecht  zu  werden.  Die  Bezeichnung  .,8teheud"  ist  eine 
zeitliche  und  keine  örtliche,  was  den  Mannschaften  beigebracht 
werden  mufs.  Vor  allen  Dingen  müssen  aber  dem  Offizier  alle 
taktischen  Begriffe  klar  sein,  was  nicht  durchgehends  der  Fall  ist, 
wie  wir  aus  leider  mühsamster  eigener  Erfahrung  wisset?.  Auf  die 
Meldung  hin,  dals  der  Gegner  im  Vorrücken  auf  Erviilers  uud  Mory 
sei,  entstand  am  6.  ein  allgemeiner  Alarm.  £r  lUbrte  zu  der  An- 


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Die  8.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71. 


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o^tlmlil^^  dafs  im  Falle  eines  Uberlejrenen  Angrilfs  die  kleinen  De- 
tachenu'uts  si^^h  nar  so  lan^'-e  in  ihren  vorgreschobenen  Stellungen 
halten  sollU'u,  als  für  das  Ausrücken  des  Gros  aus  Hapaume  Zeit 
erforderlich  sei.  Die  vom  Feinde  besetzt  gemeldeten  Orte  Ervillers 
und  Mory  wurden  indes  von  ihm  bald  wieder  geräumt  gefunden. 
Die  seitens  des  Detachements  Heister  von  Sapignies  nach  Behagiiies 
vorgeschobene  Infanterie  wurde  noch  durch  einige  20,  mit  Chassepot- 
gewehren  ausgerüstete  Ulanen  verstärkt.  Kälte  und  Glätte  hatten 
so  zagenommen,  dafs  eine  bessere  Verwendung  der  mit  Chassepots 
bewehrten  Leute  allerdings  gar  nicht  stattfinden  konnte.  Wiederam  ein 
Fall  ans  der  Praxis,  in  welchem  zu  des  Kavalleristen  Haoptwaffe 
ancfa  einmal  die  Schnfswaffe  werden  k&mj  mit  der  er  aber  dämm 
eben  gehörig  mnzngehen  Tersteben  mnfs.  Die  täglich  im  Sommer 
auf  dem  Exerzierplatz  stondenlang  im  Sinne  eines  noch  nicht  lange 
Terabscbiedeten  kommandierenden  GeneralBbetriebenaiLanzenflbnngen, 
aneh  Messerspiele  genannt,  sind  Zeitrergendnng.  Die  Lanze  ist  in 
der  Hand  eines  geschiekten  Reiters  gewüb  eine  vortreflliehe  Waflfe, 
sie  darf  aber  nieht  znm  Steckenpferde  werden  und  noch  dazn  anf 
Kosten  des  Felddienstes.  Die  gerade  anf  dem  ftolbersten  linken  FIttgei 
inBnc<iuu)  befindliohe  Eskadron  Kaisenberg  (4./U.  14)  war  am  6.  Janaar 
nachmittags  8  Uhr  Ton  zwei  Kompagnien  Ton  Ayette  her  angegriffen 
worden.  Die  Eskadron  hatte  keine  Chassepots,  besetzte  aber  trotz- 
dem mit  40  Hann  den  Dorfrand  nnd  liefiB  die  abgesessenen  Ulanen 
mit  ihren  Pistolen  den  nötigen  Lärm  machen.  An  ein  Treffen  war 
natttrlich  nicht  zn  denken,  denn  die  Pistolen  trogen,  wenn  unsere 
ErinneniQg  nicht  trttgt,  nnr  anf  etwa  50  Schritt,  dieselben  wären 
sich  bietenden  Falles  bekanntlich  besser  als  Keole  zn  hand- 
haben gewesen,  denn  als  Sohnlswaffe.  Hier  genügte  aber  der 
Lärm,  die  Franzosen  zunächst  in  respektvoller  Entfernung  zn  halten, 
nnd  auch  schie61ich  zum  Rttokznge  zn  bestimmen.  Der  Vorgang 
hatte  aber  neben  dem  diesseitigen  herrlichen  moralischen  Erfolge 
noch  das  Gute,  da(is  nnn  anch  den  Schwadronen  der  14.  Ulanen  einige 
diassepotkarabiner  Überwiesen  wurden. 

Am  7.  Januar  wurden  bei  grOister  Gefeehtsbereitsehaft,  auch  in 
Bapaome,  zwei  grO&ere  Erkundungs-Abteilungen  k  3  Ztlge  Ulanen 
nnd.  dO  Füsiliere  anf  Wagen  in  das  Vorgelände  entsandt,  ohne  dab 
der  sich  taktisch  ganz  untliätig  verhaltende  Feind  angetroffen  wurde. 

In  der  Absicht  des  Generals  r.  Goeben  hatte  es  gelegen,  zur 
Linie  Bapaume-Ptonne  bei  Albert  eine  Flankensteilnng  zu  nehmen. 
Die  29.  Brigade  war  bereits  mit  2  Eskadrons  nnd  2  Batterien  am 
6.  Januar  ttber  Bray  nach  dorthk  abgeräckt,  die  30.  am  folgenden 
Tage  bis  Bray  gefolgt  nnd  die  dem  Generalleutnant  Prinzen  Albrecht 

JalnbMIwr  Ar      dMiMk«  km—  a»d  MiriM.  B4.  US.  i  10 


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146 


Die  8.  KATgUerto-DiTiBion  im  Kriege  1870—71. 


jetzt  nntenleUte  3.  Reserve-Diyiflioii,  der  die  kombinierte  Garde« 
Kayallerie-Brigade  atkaohiert  blieb,  in  die  Gegend  yon  Ciombles 
gelangt,  als  Naebriehten  eingingen,  die  es  angezeigt  etsebeinen  Uelsen, 
die  Hanptkrttfle  der  dem  Genend  v.  Croeben  antenteilten  Trappen 
für  aUe  ETentaalitäten  aof  dem  linicen  Somme<Ufer  sUdlicb  Braj 
and  Feoillöres  bereit  zu  balten.  Dem  Gros  der  16.  Division  lag 
mit  selbständiger  Sieberang  nacb  aaisen  im  Verein  mit  der  Beserve- 
Kavallerie-Brigade  Strantz  aaob  femer  die  Belagerong  Ton  Ptomne 
ob.  Die  Garde-Kavallerie-Brigade  war  in  der  Gegend  Ton  Combles 
▼erblieben,  die  3.  Kayallerie^DiTision  in  und  vorwärts  Bapaame. 
Oberstleatnant  v.  Pestel  war  mit  seinem  Detaobement  in  Aebeox 
eingetroffen,  von  wo  aas  er  gegen  Arras-Doullens  anfkUlrte.  Er- 
forderliehenfalls  sollte  er  anf  Albert  zarttokgehen.  Die  am  8.  Janaar  mit 
je  20  Pferden  eutsandten  Premier-Lentnants  Roesingb  und  v.  Müller  II. 
der  PeHtel'schen  Ulanen  hatten  die  ganze  Gegend  westlich  Arras  frei 
vom  Feinde  gefanden.  Aus  Agny  sttdlioh  Arras  hatten  sie  schlieislicb 
Feuer  erbalten.  Auf  (lim  liückwege  nach  Acheux  kehrten  sie  in 
Monchy-aux-Rois  ein.  Dabei  wurden  sie  von  34  tirailleurs  volontaires 
do  Nord,  also  Franktireurs,  unter  Fuhrung  des  Kapitäns  Delaporte 
ond  des  Leutnants  Denol  Uberfallen.  Nur  wenigen  Leuten  gelang 
es,  zu  entkommen  nnd  die  Hiobspost  nach  Acheux  zu  bringen. 
Premier  Leutnant  Koesingh  war  durch  einen  Schufs  in  den  Arm  ver- 
wundet und  ebenso  wie  Premier-Leutnant  v.  Muller  II.  mit  4  Unter- 
offizieren nnd  29  Mann,  darunter  der  Avantageur  Loeb,  zu  Gefangenen 
gemacht  worden.  35  Pferde  wurden  vermifst.  3  Mann  waren  schwer 
verwundet.  Gefallen  waren  der  Avantageur  Graf  zu  Salm-Hoogstraeten, 
der  Einjährig-Freiwillige  Kraus  und  der  Ulan  Horn.  Sie  wurden 
am  10.  in  Aohenx  beerdigt.  Auch  Premier  Leutnant  Uoesingh  erlag 
am  29.  Janaar  in  Lille  seiner  Verwundung.  Bereits  am  9.  Januar 
frUh  4  Uhr  wurde  ein  Detachement,  bestehend  aus  9.  11./ 70  und 
l./U.  7  nach  Monchy  entsandt.  Das  Gehöft,  in  welchem  der 
Überfall  geschehen,  wurde  eingeäschert,  der  Ort  mulste  2000  Frs. 
Strafe  zahlen  und  aufserdem  wurden  7ö  Pferde  aus  demselben  mit- 
getUhrt. 

Am  Morgen  des  .s.  Jauuur  hatten  die  14.  Ulanen  die  5.  auf 
Vorposten  nörfllich  Bapaume  abgelöst,  die  letzteren  erhielten  dort, 
in  Lifrny  und  in  Tilloy  Quartiere.  Wiederum  entsandte  Detachements 
fanden  Ervillers  und  Mory  vom  Feinde  stark  besetzt.  Im  übrigen 
hatte  derselbe  sein  Verhalten  wenig  geändert.  Am  9.  l<»ste  das  II. 
Bataillon  das  Füsilier-Bataillon  auf  Vorposten  ab.  Es  war  praktisch, 
dafs  die  Ablösung  der  Infanterie  und  Kavallerie  nicht  gleichzeitig 
bewirkt  wurde.   Als  aber  das  FUsilier- Bataillon  mit  dem  Regiments- 


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Die  8.  KftvAlleile-DiTisloii  im  Krieg«  1670—71. 


147 


fliabe  (Oberst  y.  Goeben)  noch  selbigen  Tages  nach  Hanzepas  ab- 
marschierte, worde  die  7.  und  8.  Kompagnie  nach  Bapaume  zarttck- 
gezogen,  während  die  5.  Frömicourt  und  Favreuil  belegte,  die  6.  aber 
in  Sapigoies  verblieb.  Patrouillen  meldeten  das  Vorgehen  feindlieher 
Abteilungen  auf  Bucqnoy  und  Noreuil.  Z\v'  i  iregen  Mittag  von 
En-illers  Uber  Sapignies  vorstofsende  feindliche  Kompagnien  zogen 
sieh  znrttck,  als  diesseitige  Infanterie  von  Bapaume  vorging.  Schon 
am  folgenden  Tage  marschierte  auch  das  II.  19ner  Bataillon  nach 
Proyart  ab,  nachdem  es  durch  das  von  Albert  gekommene  II.  der 
88er  abgelöst  wurden  war.  Dieses  hatte  Fr^micourt,  Beugnätre  and 
Favreoil  mit  der  7.,  Sapignies  und  Bihucourt  mit  der  8.  Kompagnie 
besetzt.  Auch  waren  die  14.  Ulanen  wieder  von  den  5.  abgelöst 
worden.  Die  französische  Nordarmee  hatte  ihren  Vormarsch  bejronnen; 
die  Divisionen  Derroja,  Payen  und  du  Bessol  standen  mit  den  Teten 
in  Mory,  Ervillers,  Courcelles-le-Comte,  Hamelincourt  und  in  Ayette- 
Donchy,  die  Division  liobin  hinter  der  letzteren  in  Linie  Hendecourt- 
Boiry,  die  Kavallerie  in  Blaireville.  Die  Freikorps  de  Jonrdan  und 
de  Pousseur  deckten  die  Front  des  rechten  FlUgels  von  Ablaiozevelle 
und  Oomit'court. 

Durch  die  Kapitulation  von  Peronne  in  der  Nacht  vom  i).  zum  10. 
Januar  hatte  die  1.  Armee,  deren  Ol(erbefeh]  infolge  anderer  Ver- 
wendung des  Generals  Frhr.  v.  ManteulVel  tags  vorher  auf  den  General 
v.  Goeben  Ul)ergegaugen  war.  ihre  volle  Bewegungsfreiheit  wieder  er- 
langt. Die  Kntwickelung  der  Ereignisse  sollte  daher  hinter  der 
Somme  abgewartet  werden,  rirrade  als  die  3.  Kavallerie-Division  in 
der  Frlliie  des  11.  Januar  in  der  Ausführung  des  aus  dem  llaupt(|uartier 
ergangenen  Befehls  war,  liei  Bapaume  nur  1  Kavallerie-Kegiment 
beobachtend  zu  lassen,  mit  dem  Gros  aber  westlich  der  Bahn  Arras- 
Amiens  in  der  Gegend  Beaucourt-Mailly  Stellung  zu  nehmen,  wurde 
ihr  nach  Sapignies  vorgeschobenes  Detachement  überfallen,  nachdem 
soeben  die  Ablösung  der  s.  durch  die  */»  ^-  bewirkt  worden  war. 
Portepeefähnrich  v.  Knoliclsdurtr  hatte  zu  gleichem  Zwecke  ndt  der 
andern  6.  noch  nicht  liihucuurt  erreicht,  als  bei  Sapignies  heftiges 
Infanteriefeuer  hörbar  wurde.  In  Bihucourt  tilternahm  der  mit  der  halben 
8.  Kumpa^'uie  dort  befindliche  KonipagniefÜhrer  Premier-Leutnant 
Lehfeldt  den  Befehl  auch  über  die  halbe  (i.  und  marschierte  mit  beiden 
aufBapaume  ab.  InSapignies  hatte  der dortanweseiide KonipagniefÜhrer 
der  6.  Kompagnie  mittlerweile  Befehl  erhalten,  nach  Bapaume  zurück 
zu  marschieren.  Er  warf  sich  zwar  dem  Feinde  entgegen,  um  den  Ulanen 
Zeit  zum  Ausrücken  zu  verschafleu,  mulste  aber  der  Ubennacht  bald 
weichen  und  ging  auf  Bapaume  zurück,  von  beiden  Flanken  her 
schon  bedroht    10  Füsiliere  fielen,  zum  Teil  verwundet,  in  Feiudes- 


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Die  8.  KAvallerie-Dirlaion  im  Kriege  1870—71. 


band.  Den  Nordrand  von  Bapaunie  hielt  die  dort  eingetrotTono,  in 
Sapignies  abgelöste  */»  8.  Kompagnie  unter  Portepeefähnrich  Hunger 
bis  zur  KUekkehr  der  C).  besetzt.  Premier-Leutnant  Lehfeldt  liatte 
zunächst  noch  Biefvillers  besetzt,  von  wo  aus  er  dann  über  rirevillera 
in  Richtung  Ligny  auf  die  Strafse  Bapauiiic- Albert  gin^;  und  hier 
Anschlufs  an  das  auf  le  Sars  abmarschiercmir  Bataillon  gewann. 
Der  Fuhrer  der  in  Sai)ignies  befindlichen  Ulanen- Kskadron.  Premier- 
Leutnant  V.  Heister  sammelte  noch  die  Eskadron,  als  der  Feind  auch 
schon  von  der  Bapaunie  er  Seite  her  in  den  Ort  eindrang.  Die  auf 
Ervillers  entsandten  Patrouillen,  wie  auch  die  in  dieser  Hichtung 
vorgeschobenen  \  edetten,  hatten  bei  dem  starken  Nebel  und  der  noch 
herrschenden  Dunkelheit  das  \  orgelien  des  Feindes  erst  \erhältnis- 
mäfsig  spät  erkannt  und  waren  bei  der  Glätte  mit  ihm  fast  gleich- 
zeitig in  Sapignies  eingetroffen.  Die  nach  Beugnätre  zur  Ablösung 
der  7.  Kompagnie  bestimmte  5.  hatte  bereits  auf  dem  Marsehe  nach 
dorthin  die  vor  starker  feincilicher  Infanterie  aut  Bapaunie  zurück- 
weichende 7. Kompagnie  getrtdVen  und  sich  ihr  angeschlossen.  In  Beugnätre 
war  also  der  Uberfall  nicht  gelungen.  Der  L^msicht  und  Kaltbltltigkeit 
des  EskadronfUhrers  in  Sapignies  gelang  es  aber  die  Eskadron  noch 
in  der  freien  westlichen  Richtung  aus  dem  Dorfe  zu  fuhren,  was  mit 
einem  Gesamtverlust  von  13  Mann  und  16  Pferden  gelang.  1  Mann 
und  3  Pferde  l)lieben  tot,  1  Mann  und  1  l'ferd  waren  verwundet 
und  11  Mann  sowie  12  Pferde  stUrzten  bei  dem  Glatteise  und  ge- 
rieten in  Gefangenschaft.  Das  Regiment  wurde  gesammelt  und  Uber 
Lii:iiy  zunächst  auf  Flers,  und  von  da  nach  Courcelette  geführt,  wo- 
selbst es  die  Vorposten  übernahm.  Die  anderen  Regimenter  und  die 
Batterie  hatte  General  Graf  v.  d.  Groeben  bei  Tilloy  gesammelt  und 
ilann  Uber  le  Sars  in  die  Gegend  von  Beaucoort-Mesnil  geführt,  sich 
dort  mit  dem  Bataillon  wieder  vereinigend.  Erst  am  Abend  wurde 
Bapaume  von  einem  feindlieben  Detachement  besetzt,  dem  am  12. 
die  Armee  in  die  Linie  Buc<iuoy-Bapaunie  folgte,  deren  liaujitqnartier 
nach  Bapaume  ^ing.  Am  13.  verblieb  sie  in  der  tags  \(»rher  er- 
reichten Stellung,  um  dann  am  14.  den  Marsch  nach  und  auf  Albert 
fortzusetzen. 

Beim  Zurückgehen  der  3.  Kavallerie-Division  am  11.  in  die 
ihr  durch  Befehl  angewiesene  Stellung  war  die  Fühlung  mit  dem 
Feinde  vollständig  verloren  gegangen,  denn  sonst  hätte  am  12. 
anmöglich  gemeldet  werden  können,  daTs  auch  le  Sars  feindlicherseits 
stark  besetzt  worden  sei,  woraus  ebenso,  wie  ans  dem  weiteren 
Znittokgehen  der  KaTallerie-Division  gefolgert  wurde,  der  Feind 
sei  im  Tollen  Anmajrseb  auf  Albert.  Der  Befehl,  dats  die 
KaTallerie-DiyisioQ  eich  bei  Albert  dislotiereD  und  die  auf  Amiens 


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Die  8.  Kavallerie-DIviaioii  im  Kriege  1870—71. 


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führende  Stralse  daroh  fliegende  Kolounen  skht  rn  solle,  auch  Albert 
als  wiebtigen  Punkt  zu  halten  und  nicht  bei  jeder  feindlieben  An- 
nähenmg  gleicb  abzuziehen  habe,  war  ihr  noch  nicht  zugegang:en,  sie 
manebierte  also  aof  die  falsche  und  so  weiter  (reicht  ne  Meidung  hin 
am  12.  ohne  weiteres  von  ihrem  ISamnielplatz  bei  Mej^nil  bis  hinter 
die  Hallue  Uber  Contay  ab.  Auf  eben  dieselbe  Meldung  hin  war 
in  and  bei  Albert,  woselbst  sich  noch  die  29.  Brigade  befand, 
alarmiert  und  in  Stellung  gegangen  worden.  Als  dort  dann  bekannt 
wurde,  dafs  vom  Feinde  nichts  zn  bemerken  sei,  marschierte  die 
Rriirade,  erhaltener  Weisung  entsprechend,  auf  Kray  ab.  Das 
5.  ülanen-Re^'iiiK-tit  war  auf  der  grofsen,  Uber  Albert  führenden 
Stralse  bis  Franvillers  zurückgegangen,  von  wo  es  gegen  Albert 
sicherte  und  links  Anschlals  an  die  Kavallerie-Division  nahm,  die  in 
Contay,  Beaacourt,  Montigny  and  Cardonuette  (Dirisionsstab)  derart 
Quartiere  genommen  hatte,  dafs  in  jedem  der  genannten  Orte  eine 
Kompagnie  lag.  Nach  Amiens  war  bereits  aus  Dompierre  die  Kunde 
gekommen,  dafs  der  Feind  mit  starken  Massen  weiter  auf  Albert 
marschiere  und  schon  bis  le  Sars  gekommen  sei,  und  dals  solchem  \'or- 
marsch  gegenüber  die  auf  dem  rechten  Somme-Ufer  betindlichen 
Truppen  der  15.  Infanterie-Division  auf  das  linke  Ufer  genommen 
würden,  während  die  8.  Kavallerie-Division  in  der  Richtung  Amiens 
nach  Contay  zurückgehe.  Nach  Eingang  dieser  Meldungen  wurde 
General  v.  Memerty,  d(  r  mit  9  Bataillonen  und  4  Batterien  des 
I.  Atiiicekorps  in  und  um  Aniiens  stand,  ersucht.  , .sofort  gegen  Albert 
vorzuschieben,  um  genaue  Meldungen  Uber  den  AngritV  des  Fciudes 
ein/n/ii'ht  n.  und  alle  ^fafsregeln  zu  treffen,  um  die  oberhalb  und 
unterlialb  von  .\niierjs  zunüchstliegcnflcn  Sornine-Übergänge,  besonders 
die  bei  Daours,  zu  verteidigen.'  Die  3.  Kavallerie-Division,  mit 
welcher  das  zu  entsendende  Detachement  Verbindung  aufzusuchen 
hatte,  wurde  gleichzeitig  angewiesen,  „nur  vor  wirklich  konstatierter 
Überlegenheit  des  Feindes  zurückzuweichen  und  immer  bereit  zu 
bleil>en,  offensiv  gegen  des  Feindes  Flanke  vorzugehen.'*  Da  ein- 
gegangene Nachrichten  dagegen  den  Abzug  der  bei  Abbeville  betind- 
lichen feindlichen  Kräfte  nach  Arras  angaben,  sollte  auch  in  diesen 
Richtungen  durch  die  Kavallerie -Division  aufgeklärt  werden.  Als 
dann  aber  bekannt  wnrde,  dals  der  Feind  nur  mit  Rekognoszierungs- 
Abteilungen  nach  le  Sars  vorgegangen  sei.  den  Ort  bereits  wieder 
geräumt  habe  und  seine  Vorposten  südlich  Bapaume  aut  der  Stral'se 
nach  Albert  nur  bis  in  die  Höhe  von  Warlencourt  und  aof  der 
Strafse  nach  Peronne  bis  Beaulencourl  vorgeschoben  habe,  änderte 
General  v.  Goeben  seine  Befehle  dahin  ab,  dals  (ieneral  v.  Memerty 
oicbt  auf  das  linke  Somme-Ufer  Überzugehen,  vielmehr  eine  aus 


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Die  8.  KaTallerie-DiTlaioii  im  Kriege  1870—71. 


allen  Waffengattungen  zusammengesetzte  Avantgarde  TonnBchieben 
and  durch  Kavallerie  Ftthlnng  mit  dem  Feiode  zu  nehmen  habe. 
Nur  einem  wirklich  konstatierten  Überlegenen  feindlichen  Angriffe 
gegenüber  sollte  sich  jenoB  Detaeheroeot  gegen  Amiens  nnd  Uber 

die  Somme  ah/ichen,  indes  auch  auf  diesem  Abzüge  so  lange  wie 
möglich  die  Deboucheen  über  die  Hallae,  besonders  bei  Daours  sowie 
Uber  die  Somme  hei  Vecquemont  und  weiter  unterhalb  festhalten. 
Die  3.  Kavallerie -Division  aber  hatte  am  13.  wieder  naob  Mesnil 
vorzugehen,  deo  Keiiul  im  Auge  zn  behalten  ond  jeden  wirklieben 
Vorstols  desselben  nach  Stärke  und  Kicbtaog  zu  konstatieren.  Wenn 
hier  die  falsche  Meldung  Uber  die  Besetzung  von  le  Sars  bis  an  ihr 
Ziel  verfolgt  wurde  und  die  sich  an  dieselbe  knüpfenden  Maisnahmen 
möglichst  in  ihrem  Wortlaute  angeführt  worden  sind,  so  ist  das  ge- 
schehen, um  zu  zeigen,  wie  wichtig  es  ist,  nur  über  völlig  auf- 
geklärte Dinge  zu  melden.  Bevor  das  geschieht,  sind  von  ver- 
schiedenen Seiten  gekommene  Meldungen  über  dieselbe  Sache  mit 
einaiuler  zu  vergleichen,  und  ist  nicht  die  erste  Iteste  eingehende 
Meldung  gleich  weiter  zu  geben,  liesonders  wenn  es  sich  um  eine  Alarm- 
naeliriclit  ersten  Hanges  handelt,  wie  iiier.  Beim  Stnhe  der  'A.  Kavallerie- 
Division  hätte  jiian  sieh  die  I)in;r(^  in  aller  Hube  ansehen  können. 
Uberraseliuiigen  irgend  welcher  Art  waren  nach  Lage  der  Kin^tände 
ganz  ausgeschlossen,  die  französischen  Drasroner  konnten  doch  der 
Kavallerie-Division  solche  unnu'güeh  hcn  itrn.  Im  Nerfolg  des  ihr 
gewordenen  Befehls  dislozierte  die  Kavallerie-Division  am  13.  Januar 
noch  Hedauville,  Biuizineourt,  VVarloy-Baillon  ^Divisionsstah),  Vaden- 
court  und  (  ontay.  Die  Uber  .Mesnil  hinaus  bis  nach  Hamel  vor- 
geschobene Eskadron  hatte  sich  dort  nicht  halten  krmnen.  Man 
kann  sich  denken,  wie  anstrengend  der  Vorposten-  und  Kantonnements- 
dienst  auch  für  das  der  Kavallerie-Division  beigegebene  Bataillon 
nach  den  weiten  Märschen  war.  Die  Kopfstärke  der  einzehien 
Kompagnien  betrug  dazu  nur  l'yO  Mann.  Es  wird  aber  die  grolse 
Fürsorge  anerkannt,  die  ihnen  besonders  hinsichtlich  der  Verpflegung 
seitens  der  Kavallerie- Division  zu  teil  wurde. 

Bei  den  8.  Kürassieren  kam  es  an  diesem  Tage  zu  verschiedenen 
Begegnungen  mit  feindlichen  Dragonern,  Zunächst  erhielten  Kürassier- 
Vedetten  von  einem  plötzlich  quer  über  die  Strafse  Puisieux-Ht^dan- 
ville  autmarschierten  Zuge  französischer  Dragoner  Feuer.  Vor  dem 
zur  Erkundung  gegen  I^uisieux  daraufhin  entsandten  Leutnant  der 
lieserve  BUrgers  gin-en  die  Dragoner  zurück,  von  dem  Offizier  und 
nur  f)  Kürassieren  nun  aber  heftig  verfolgt.  Da  mau  es  auf  den 
leiiui liehen  Offizier  abgesehen  hatte,  wurden  die  nach  und  nach  von 
den  Kürassieren   überholten  Dragoner  vorerst  weiter  nicht  beachtet 


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Die  8.  KaTAUerie-Division  im  Kriege  1870-  71. 


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Diese  5  an  der  Zahl  wurden  zu  Gefangenen  gemacht,  nachdem  mau 
die  Absicht,  den  Offizier  gefangen  zu  nehmen,  hatte  aufgeben  müssen, 
üer  eine  dieser  Dragoner  gab  au.  Ordonnanz  des  Generals  Faidherbe 
zu  sein  nnd  sich  mit  einem  Pferde  desselben  verirrt  zu  haben. 
General  v.  Goeben  befahl,  jene  Ordonnanz  und  das  Pferd  mit  einem 
hufiii'l'.en  Schreiben  an  General  Faidherbe  nach  Bapaume,  woselbst 
dersell)e  sein  Hauptquartier  haben  s-ollte.  zurückzusenden.  Auch  eine 
Patrouille  des  Premier-Leutnants  Sem  buch  war  auf  feindliche  Dragoner 
gestofsen.  welche  aber  schleunigst  auswichen.  Gleichzeitig  mit  der 
Kavallerie-Division  war  das  seil  dcni  11.  Januar  in  Querrieux  be- 
findliche DetachenuMit  des  Obersten  v.  Tietzen-  u.  llennig  (I.  II./4., 
1*/,  Kskadrons  7.  Ulanen  nnd  4.  schw./T.)  nach  Albert  vorgegangen. 
Von  dort  war  Leutnant  der  Reserve  Schult/  mit  einem  Zuge  der 
2.  Eskadron  z,ur  Krkundung  gegen  Bapaume  entsandt  worden.  Heim 
Dorfe  Pozi(^res  hatte  er  durch  feindliches  Feuer  i2  Manu  und  ;}  l'lerde 
tot,  1  Mann  verwundet,  sowie  2  Mann  und  3  Pferde  vermilst.  Da 
indes  erst  am  14.  .lanuar  die  französische  Nordarmee  aus  der  Linie 
Bapaume-Bucquoy  mit  der  Division  Derroja  nach  Albert,  der  Division 
du  Bessol  in  die  Gegend  von  Pozieres,  der  Division  Payen  nach 
Martinpuich  und  Umgebungen,  der  Division  Kobin  in  die  Höhe  von 
Bapaume,  der  Kavallerie  nach  Lignj  und  Albert  gelangte,  müssen 
dem  Ulanenzuge  die  Verluste  dnxefa  Fimnktireois  Terumolit  wmrden 
sein.  Mit  demselben  Recht,  wie  die  8.  KavalMe-Dividoii  am  12. 
le  San  stark  besetst  meldete  and  in  Anbetraeht  dessen  abmarsehierte, 
bKtte  dies  am  18.  das  ant  jenen  Vorgang  hin  aneb  das  Detaebement 
Tietsen  tbnn  kOnnen.  Wenn  das  aber  geschieht,  dann  brancben 
wir  keine  Kaydleiie,  die  den  Befond  feststellen  nnd  dem  wahren 
Wert  nach  einsebftlEen  soll.  Als  nnn  am  14.  Januar  nachmittags 
der  fortgesetzt  beobachtete  Feind  mit  einer  ganzen  Division  im  Vor- 
marsch gegen  Albert  gemeldet  wurde,  da  war  es  begründet,  den  Ort 
zn  rttnmen,  um  so  mehr  befohlen  war,  das  ohne  Kampf  zu  thnn. 
Die  Karallerie-DiTision  hatte  festgestellt,  dafs  nördlich  von  Albert 
bis  Bneqnoy  ebenso  wenig  wie  westlich  dieser  Linie  feindliche  Kräfte 
stünden.  Am  Morgen  des  14.  seien  indes  im  Marsch  von  Bnoquoy 
über  Pni^enx  nach  BOranmont  etwa  8000  Mann  Infanterie,  2  Eskadrons 
nnd  15  Geschütze  beobachte  worden.  Den  Rttckmarsch  des  Detache- 
ments  Tietzen  nach  Qoerrienz  begleitete  die  Kavallerie-DiTidon  in 
der  linken  Flanke.  Es  wurden  Ton  ihr  aber  nnr  die  beiden  an  der 
Stra&e  Albert-Aehenz  befindlichen  Kantonnements  Bomdneonrt  und 
H^anviUe  geräumt  An  ihre  Stelle  traten  Beanconrt  (Divisionsstab) 
nnd  Montigny  an  der  HaUne.  Sämtliche  belegten  Ortschaften  wurden 
zu  nachhaltiger  Verteidigung  eingerichtet,  auch  durfte  nicht  abge- 


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Die  8.  Kavallerie-DhitioB  In  Kriege  1870—71. 


sattelt  werden.  General  Graf  y.  d.  Groeben  wurde  aber  nach 
Amiens  berafen  nnd  ihm  der  Befehl  Uber  die  dort  vereinigten 
Trappen  des  L  Armeekorps  übertragen  nnd  er  direkt  nnter  die 
Befehle  des  Oberkoromandos  der  Armee  gestellt  Die  3  bei  der 
8.  Kavallerie-Division  noch  befindlichen  Regimenter  nebst  der  Batterie 
hatten  nonmehr  eine  Kavallerie-Brigade  onter  (General  Graf  zu  Dohna 
an  bilden,  indes  anch  femer  ebenfalls  nnter  Kommando  des  Generals 
Graf  V.  d.  Gioeben  zu  verbleiben.  Znm  Detaehement  des  Generals  von 
Memeriy  trat  dauernd  das  7.  Ulanen-Regiment  Aber,  die  3.  Eskadron 
hatte  bis  anf  weiteres  in  Amiens  zu  bleiben,  während  die  seiner  Zeit 
in  Picqnignyzarttckgelassene  4.  Eskadron  herangezogen  wurde.  Anch  am 
15.  Januar  war  unter  Major  v.  Elpous  ein  Detaehement  (1I./U 
I.  II./4.,  1. 2,/U.7,  4.L/I.)  zur  Erkundung  gegen  Albert  entsandt 
worden.  In  der  linken  Flanke  sollte  das  Vorgehen  desselben  von 
dem  zu  diesem  Zwecke  bei  Warloy^BaiUon  versammelten  Kavallerie- 
Detaehement  des  Generals  Grafen  Dohna  begleitet  werden.  Aber  sehen 
Ostlieh  Franvillers  stiels  das  erstgenannte  Detaehement  auf  anscheinend 
stärkere  feindliehe  Abteilungen  und  nahm  Stellung  nordöstlich  des 
Ortes.  Das  eingetretene  Thanwetter  hatte  eine  derartige  Glätte  der 
Strafeen  zar  Folge,  dafe  selbst  Patrouillen  streckenweise  fahren 
mnlsten.  Darunter  inufste  natargemärs  die  Aufklärung  leiden.  Stollen- 
besohlag  batteu  wir  damals  noch  nicht.  Das  Schärfen  der  Eisen 
war  das  einzige  Mittel,  durch  welches  der  fieiter  mit  seinem  Pferde 
der  Glätte  zu  widerstehen  vermochte.  Die  geschärften  Eisen  nutzten 
8ich  aber  bald  ab.  Die  Schmiede  waren  infolgedessen  Tag  und 
Nacht  in  Thäti^keit,  um  nur  das  notwendigste  zu  leisten.  General 
V.  Goeben  schreibt,  dals  beim  Fähren  die  Patrouillen  natürlich 
nicht  Gentl<renrles  sehen  konnten,  stielsen  i^io  aber  nnversebens  auf 
den  Feind,  dann  wären  sie  geradezu  wehrlos,  wtlrden  herunter- 
geschossen oder  eingefangen.  Es  siod  das  gewil's  in  mancher  Be- 
ziehung für  eine  nicht  stets  prompte  Aufklärung  Milderungsgrtinde, 
zu  Resultaten  mnis  sie  aber  dennoch  fUliren,  Zweifel  dürfen  nicht 
Bestand  bekommen.  Es  mul'sten  daher  soviel  Pferde  mit  frisch- 
geschärften Eisen  stets  vorhanden  sein,  um  für  den  Patrouiliendienst 
die  nötigen  Kräfte  laufend  zu  haben.  Wir  wissen  aus  eigenster 
Erfahrung  in  jenen  Tagen,  dals  das  sehr  w  ohl  möglich  war.  Das 
Detaehement  Elpons  vermochte  festzustellen,  dals  der  Feind  von 
Bresle  her  gegen  Araiens  nicht  weiter  vorgehe  und  trat  den  Rück- 
marsch nach  der  Uallue  an.  Das  Kavallcrio-Brigade-Detachement  hatte 
mit  dem  vorgenannten  Detaehement  die  Verbindong  aufgenommen  und 
dann  eine  Eskadron  mit  2  Geschützen  gegen  das  ebenfalls  fcindlicherseits 
besetzt  gemeldete,  nach  Albert  zu  liegende  Dorf  H^nencourt  entsandt 


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IM«  8.  KavaUerie-DiTision  im  Krieg«  1870—71. 


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Die  gegren  die  Stralse  Acheax-Albert  vorgegangenen  Patrouillen  hatten 
auch  auf  dieser  Truppenbewegungen  des  Feindes  beobachtet.  An  Stelle 
des  hei  der  Kavallerie-Brigade  befindlichen  Bataillons  der  S3er 
trat  das  IL/ Land  dislozierte  mit  dem  Stab«'  und  der  7.  a.  8.  Kompagnie 
nach  Contay,  der  G.  nach  Ba?elinconrt  und  der  8.  nach  Montigny  und 
Beaacourt.  So  viel  stand  am  15.  abends  fest,  dals  der  Feind  in 
stärkeren  Verbänden  Uber  die  Stralse  Acbeax*Albert  insbesondere 
Uber  letzteren  Ort  hinaus  nicht  vorgegangen  war.  Die  Ubergänge 
über  die  Halliu'  hätte  er  bei  weiterem  Vorgehen  am  10.  Januar  stark 
besetzt  gefunden.  Die  Teile  der  ursprunglichen  3*  Kavallerie- Division 
befanden  sich  auf  dem  linken  FlUgel  an  folgenden  Punkten:  In 
Fr^cheneourt  und  8t.  Gratien  die  14.  Ulanen,  in  ersterem  Orte 
aufserdem  die  12.  Kompagnie  des  44.  Regiments,  in  Montigny, 
Beaucourt,  Bavelincourt  und  Contay,  wie  wir  schon  gesehen  hatten, 
die  Kronprinjt-Grenadiere,  aulserdem  in  diesen  Orten  die  5.  Ulanen 
und  in  Beaucourt  beim  Brigadestabc  die  reitende  Batterie.  Weiter 
zurück  war  mit  dem  F^ilier-BataUlon  des  1.  Regiments  das  KUrassier- 
Kegiment  in  Villers  Bocage,  Front  nach  Norden  mit  der  Aufklärung 
gegen  die  Linie  Abbeville-Arras  beauftragt.  Vom  7.  Ulanen-Regiment 
befanden  sich  die  l.  Eskadron  bei  dem  Detachement  in  Querrienx, 
die  4.  bei  einem  solchen  in  Daours  etc.,  die  2.  in  Cardounette  und 
die  3.  endlich  in  Araiens  zur  Verfügung  der  dortigen  Kommandantur. 

Am  Morgen  des  10.  .Tnnunr  war  Rittmeister  v.  Schaubert  mit 
Va3./U.  14  und  V«  12./44..  die  Inianterie  auf  14  zweir^rigen  Karreu 
über  Böhencourt  und  Baizieux  zur  Erkundung  Vorgegangen.  In 
Baizieux  verblieb  die  Infanterie,  indes  die  Kavallerie  Uber  Varennes 
anf  H6dauville  und  Uber  Henencourt  auf  Albert  patrouillierte. 
Letzterer  Ort  wurde  noch  besetzt,  die  anderen  Orte,  wie  Uberhaupt 
das  ganze  Gelände  westlich  Albert  aber  frei  vom  Feinde  gefunden. 
Auch  anf  dem  anderen  FlUgel  war  von  Daours  aus  ein  Detaehcinent 
(Va6./44.  und  1  Zug/U.  7)  unter  Premier-Leutnant  v.  Windheim  auf 
Ribemont  entsandt  worden.  Leutnant  der  Reserve  Clemens  zing 
mit  seinem  Ulanenzuge  zur  Krkundnng  nach  Alberl  vor  und  fand 
den  Ort  vom  Feinde  verlassen.  Leutnant  Clemens  muls  schon  um 
Mittag  in  dem  nur  1  Meile  von  Ribemont  entfernten  Albert  einge- 
troffen sein,  denn  er  kehrt«*  bereits  von  dort  um  '  ,2  Uhr  nach 
Ribemont  zurück.  Das  war  eine  der  wichtigsten  Meldungen,  die  im 
ganzen  Vorlaufe  des  Somme-Feldzuges  erstattet  worden  ist.  In  den 
Händen  des  das  Detachement  in  Daours  etc.  befehligenden  Majors 
Bock  ist  die  Meldung  bereits  um  3'  gewesen  und  sofort  an  General 
v.  Menu.'rty  nacii  dem  kaum  '/^  Meile  enttt-rnten  liussy-les  Daours 
weiter  gegeben  worden.    Wo  mag  die  Meldung  uuu  stecken  gebiiebeii. 


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154 


Die  8.  KavaUofie-Division  fan  Kriofo  1870—71. 


fleiD,  Greneral  y.  Goeben  hat  aie  in  Amieos  nicht  erhalten.  Erat  am 
andern  Morgen  (17.)  früh  5  Uhr  wnrde  er  dnreh  General  Graf 
V.  d.  Groeben  mttndlioh  benachrichtigt,  dab  schon  am  Mittag  des 
Torfaergegaugenen  Tages  Albert  vom  Feinde  geräumt  gefondeii 
worden  sei  Dafs  er  davon  nicht  früher  Kenntnis  bekommen,  be- 
zeichnet General  t.  Goeben  in  seiner  Korrespondenz  als  einen  groJsen 
Fehler.  Es  war  nicht  das  allein,  sondern  eine  grobe  Fahr-  nnd 
Nachlitssigkeit,  die  nicht  streng  genug  hätte  geahndet  werden  liönnen. 
Der  Befund  des  Leutnants  Clemens  war  von  diesisr  Seite  ein  glttck- 
licber  Zufall.  Den  in  nnd  bei  Albert  befindlichen  Feind  ohne  jegliche 
Unterbrechnog  zn  beobachten,  wäre  Sache  des  KaTaUerie-Detachenients 
Graf  Dohna  gewesen,  weshalb  es  am  15.  Jannar  bei  Warloy  hätte 
Terbleibeii  mUsscn.  Das  war  der  geeignetste  Pnnkt  filr  die  Ton  ihm 
zn  entfaltende  Thätigkeit  Diese  zn  steigern,  wäre  von  nm  so 
grösserer  Bedeutung  gewesen,  als  man  gar  nicht  wnfste,  was  der 
Gegner  eigeotlich  beabsic  tit!<d;e,  das  aber  baldmöglichst  zn  erkennen 
doch  von  IiervorrageDder  Wichtigkeit  war.  Am  14.  Jannar  hatte 
General  Faidherbe  in  Pozi^res  von  de  Freycinet  das  Telegramm 
erhalten,  in  welchem  dieser  mitteilte,  dafs  Paris  eine  letzte  äufserste 
Anstrengung  machen  werde,  dii-  deutschen  Linien  zu  durchbrechen. 
Die  Nordarmee  sei  eiii/i;:  in  der  Lage  dabei  dadurch  mitzuwirken, 
dafs  sie  möglichst  viel  Truppen  der  Kinschliefsongsarmee  auf  sich 
abziehe.  Faidherbe  entschlofs  sich,  auf  St.  Quentin  zu  marschieren, 
um  sich  von  dort  gegen  die  rückwärtigen  Verbindungen  der  Deutschen 
den  l'iiiständcn  entsprechend  zn  wenden.  General  Faidherbe  be- 
absichtigte also  eine  Diversion,  er  vergafs  aber  dabei,  dafs  er  dazn 
nicht  frei  war,  sich  vielmehr  bereits  in  engem  Kontakt  mit  der 
L  Armee  befand.  Er  konnte  nicht  mehr  thon,  was  er  wollte,  er 
^war  abhängig  von  den  MaXiuiahmen  seines  Gegners.  Um  diesem  nun 
seine  wahren  Absiebten  zn  verhüllen,  benutete  General  Faidherbe  den 
15.  Jannar  zn  Demonstrationen.  Die  Division  du  Hessol  sollte  zwar 
nach  Albert  marschieren,  aber  nicht  nur  auf  der  Strafse  gegen 
Amiens,  sondern  auch  Uber  Hedauville  gegen  die  obere  Hallue  dabei 
demonstrieren.  Wir  sehen  also,  dafs  die  Meldungen  der  8.  Kavallerie- 
Division  am  15.  ganz  zutreffend  waren.  Die  Division  Derroja  hatte 
sich  gegen  Brav  zu  wenden  und  sollte  slldlieh  der  Somme  demon- 
strieren, was  natürlich  nicht  gelingen  konnte,  da  man  dazu  erst  im 
Besitze  des  Flufsüberganges  hätte  sein  müssen.  Die  beiden  Divisionen 
des  noch  weiter  zurückbefindlichen  XXIII.  Korps  hatten  südlich  der 
Strafse  Hapaume-Albert  aufzuklären,  die  Kavallerie  insbesondere  von 
Albert  auf  Corbie  und  von  Ligny  auf  Perorine.  ,.Le  bat  principal 
de  tous  ces  moovemeuts  dtait  de  faire  voir  nos  troupesj  on  devait 


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Die  K  Kavalterie-Division  im  Kriege  1870—71. 


155 


cviter  tont  en^agement."  Nachdem  General  v.  Goeben  am 
17.  Januar  früli  erfaliren  hatte,  dafs  der  Geg^ner  von  Albert  ab- 
marsobiert  sei,  war  er  sofort  entschlossen,  ebeDfalls  rechts  abzn- 
marecbieren.  Jet/.t  war  der  Augenblick  gekommen,  das  Instroment 
zu  stimmen.  General  Graf  v.  d.  Groeben  hatte  mit  Zurlicklassung  nnr 
eines  Rataillons  sofort  Uber  Albert  in  die  Gegend  von  Combles  und 
nördlich  von  Peronne  abzumarschieren,  die  anderen  HeeresteÜe  in 
die  von  Ham-Nesle  und  nördlich.  Nach  letzterem  Orte  gelangte  per 
Eisenhahn  abends  8  Uhr  davS  Armee-Oberkommando.  Üals  auch 
nördlich  von  Amiens  keine  Kräfte  des  Feindes  mehr  verblichen 
waren,  ergab  eine  Meldung  des  Leutnants  der  lieserve  Körte  der 
8.  Kürassiere  des  Inhalts,  dals  westlich  Albert  keine  feindlichen 
Abteilungen  die  Strecke  Acheux-Doullens  passiert  hätten.  General 
V.  Goeben  machte  sich  von  der  ganzen  Sachlage  ein  durchaus  zu- 
tretTendes  Bild.  Die  sächsische  Kavallerie-Division  hatte  übrigens 
am  16.  schon  V(»r  der  Brigade  Isnard  St.  Quentin  räumen  müssen. 
Die  Avantgarde  des  Generals  Graf  v.  d.  Groeben  unter  Oberstleutnant 
V.  Pestel  il.  Il./  I.,  Ulanen  7.  ohne  und  G.l./I.)  gelangte  am  17.  nach 
Clerv  sur  Soniinc,  das  Gros  nach  Maricourt,  die  Bagage  war  unter 
Bedeckung  der  Konij)agnle  des  44.  Regiments  über  Albert  und 
Bray  nach  Cappy  dirigiert  worden,  von  wo  sie  am  folgenden  Tage 
Biaches  zu  erreichen  hatte.  Das  Detachcnn  nt  des  (n'nenils  Graf 
ZQ  Dohna,  zu  welchem  auch  das  Füsilier-Bataillon  des  1.  Begiments 
mit  dem  Hegimentsstabe  hei  Uontay  stiefs,  marschierte  von  dort  zunächst 
nach  Aveluy.  Oberst  v.  Massow  wandte  sich  dann  mit  den  beiden 
Bataillonen  seines  KeginnMits,  den  ö.  Ulanen  und  2  Geschützen  Uber 
Pozidres,  Bozantin  le  Petit  und  Longueval  nach  Combles  und  liefs 
gegen  Fins  und  Hoisel  rekognoszieren.  Mit  dem  Best  seines  Detache- 
ments  war  General  Graf  zu  Dohna  von  Aveluv  Uber  Bc^court  nach 
Maricourt  und  Gc^rt  nd  weiter  n)arschiert,  Hittmeister  v.  Luck  war 
von  Combles  aus  gegen  Fins.  Hittmeister  Grat  Lnoz  gegen  Roisel 
zur  Erkundung  entsandt  worden.  Bei  Fins  wurden  seitens  einer 
Patrouille  einige  Infanteristen  zu  (Tcfangenen  gemacht,  der  Ort  selbst 
war  stark  von  (eindlicher  Infanterie  besetzt.  Dem  nach  Koisel  mit 
10  Ulanen  vorgeschickten  Leutnant  der  Reserve  Peddinghaus  gelang 
es,  bei  schon  eingebrochener  Dunkelheit  eine  feindliche  Feldwache 
zu  Uberfallen  und  17  Mann  derselben  zu  Gefangenen  zu  machen. 
Die  Eskadron  Luck  nahm  Quartier  in  Sailly-Saillisel,  die  F^skadron 
Graf  Looz  in  Moislaius.  Es  war  liegen  and  somit  Thauwetter 
eingetreten.  (bcliiais  folgt.) 


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156   ^  ThStigkeit  der  Flotte  im  Dienste  der  Kiiegitfhmiig  xa  Laade. 

XIII. 

Die  Thätigkeit  der  Flotte  im  Dienste  der  Kriegführong 

zu  Lande. 

YorCng,  gebalton  vor  den  Offizieren  der  UHmi-^on  Wesel  am  19.  Janoer  d.  J. 

(Mit  a  Skizzen  im  Text.) 

Die  Erfolge  des  deiitsclicn  lln'res  in  Frankreich  einerst'it>.  die 
ans  der  Schwäche  sich  orgelieri(ie  p-riii-re  Thätigkeit  der  iiorddeutsehen. 
sowie  die  inangelhatte,  nur  iiiihedeiitende  Ergebnisse  liefernde  \ d- 
wendung  der  französischen  Flotte  andererseits  waren  die  Ursacho, 
dafs  man  nach  dem  Kriege  1870/71  in  Deutvschlanti  wie  anderwärts 
den  Ereignissen  zur  See  zunächst  eine  nur  untergeordnete  Bedeutuni: 
beiraals.  Nach  Gründung  ih's  Deutschen  Reiches  und  mit  dem  P^nipor- 
bllihen  des  deutschen  Handels  sah  man  aber  ein,  dals  zu  den  ersten 
Lebensbedingungen  für  unsern  Staat  und  unser  V  olk  neben  der  Wehr- 
haftigkeit  zu  Lande  auch  eine  solche  zur  See  gehöre;  mehr  und  mehr 
erkannte  man,  dals  eine  starke  Flotte  nötig  sei,  die  mit  dem  Heere 
gleichmäfsig  an  der  Verteidigung  des  Reiches  teilnehmen  niufste: 
mehr  und  mehr  wandte  man  auch  von  selten  des  Heeres  der  Flutte 
eine  erhöhte  Aufincrksamkeit  zu. 

Allen  voran  trat  unser  Kaiser  in  der  UlMTzeugung,  dals  ..Deutsch- 
lands Zukunft  auf  dem  Wasser  liege-  für  eine  VermehninL'^  der  Wehr- 
kraft zur  See  ein;  immer  enger  traten  unter  seiner  Rtgii  riiii«:  Heer 
und  Flotte  in  Berührung  und  iiir  Zusanmienwirken  in  einem  künftigen 
Kriege  sicher  zu  stellen,  wurde  inuner  mehr  der  Gegenstand  des 
Studiums  unseres  Generalstabes.  Verschiedene  in  den  letzten  .Jahren 
getroffene  Mafsnahmen  beweisen,  welch  hohe  Bedeutung  man  an 
leitender  Stelle  einer  gegenseitigen  Kenntnis  und  Gleichberechtigung 
beider  bei  der  Landesverteidigung  beimifst;  so  die  alljährlich  wieder- 
kehrende Kommandierang  von  Landoffizieren,  namentlich  solcher  des 
Generalstabs,  zur  HerbstUbuugsflotte,  die  Kommandierung  eines  höheren 
Seeoffixien  sbin  Generalstabe  der  Armee,  die  seit  1898  in  der  Kriegs- 
akademie eingeführten  Vorlesungen  ttber  Seekriegslehie  und  endlieb 
die  kttnlieh  in  den  Zeitungen  gemeldete  Absicht,  im  die^i&hrigen 
KaisermanÖTer  ein  Zusammenwirken  Ton  Heer  and  Flotte  zor  Dar- 
stellung zu  bringen. 

Ober  die  Bedeutung  und  die  Leistungsfähigkeit  der  Heere  herrscht 
beute  wohl  nirgends  mehr  ein  Zweifel;  anders  steht  es  aber  mit  den 
Flotten,  über  deren  Verwendung  die  Ansichten  noch  sehr  yersehieden 
sind«  Dies  liegt  zunächst  daran,  dafs  in  England  trotz  der  Erfolge 
seiner  Seemacht  zu  Ende  des  18.  und  im  Anfang  des  19.  Jahr- 


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Die  Tbätigkeit  der  Flotte  im  Dieasto  der  Kriegt'iibrung  za  Lande.  157 

hüllderL>  (las  Verständnis  für  die  Krie*:fUhrung  zur  Scp  verloren 
^ing";  war  dies  aber  schon  hier  der  Fall,  wie  sollte  es  anders  sein 
in  Staaten,  die  nur  eine  kleine  oder  überhaupt  keine  Flotte  besalsen? 
Wie  z.  B.  in  Deutschland,  wo  die  in  den  40er  Jahren  herrschende 
Flottenbe^eisterung  ini  Jahre  1848  zwar  einen  Flottenplan  zustande 
jrebracht,  wo  aber  Mangel  an  Geld  im  Jahre  1852  zur  Versteigerung 
der  bis  dahin  geschaffenen  Flotte  geführt  hatte?  Eine  Weiter- 
entwickelang  der  bisher  auf  dem  Wege  der  Erfahrung  gewoDDenen 
Lebren  fand  niebt  statt  and  eine  planlose  Verwendung  der  Seemacbl 
war  die  Folge  in  den  Kriegen  der  ersten  Hällle  des  19.  JahriiimdertB 
sowohl  als  in  denen  späterer  Zeit  Eäne  andere  Craaebe  ffeLr  dte 
groise  Yersobiedenheit  in  den  Ansicbten  bildet  die  anfberordentliohe 
ond  noch  immer  wfthrende  UmwSIznng  des  Flottenmaterials,  ebie 
Umwälzung,  die  bei  weitem  alle  die  tlbertrifik,  welcbe  seit  Jabrbmiderfcen 
In  den  Heeren  stattgefianden  haben.  Denn  der  Übergang  von  der 
Segel-  zur  Dampfeohiffahrt  nnd  der  Kampf  zwischen  Schiffiikanone 
und  Panzer  stellen  Fortsehiltte  dar,  wie  sie  auf  dem  Lande  nnr  dnieh 
Einittbnmg  des  ScbielspnlTers  hervorgemfen  worden  waren.') 

In  erster  Linie  bat  die  Kriegfllfarnng  znr  See  den  Sebntz  der 
heimischen  Kästen,  des  Handels  nnd  der  ttberseeisehen  Besitzungen 
im  Auge  zn  halten;  nicht  dorch  Deckung  aller  gefährdeten  Punkte, 
sondern  durch  Zusammenfassen  der  ganzen  Kraft  und  Vernichtung 
der  feindlichen  Seestreitkritfte  wird  sie  diesen  Zweck  eireiohen.  Die 
feindliche  Seemacht  bildet  also  das  Hauptziel  der  Flotte.  Daneben 
wird  sie  aber  auch  der  Kriegfähmng  zu  Lande  wichtige  Dienste 
leisten  können,  die  um  so  wertvoller  sein  werden,  je  mehr  es  ihr 
gelungen,  die  Herrschaft  zur  See  zu  erlangen.  Sich  diese  zu  sichern, 
mufe  daher  fttr  alle  KUstenstaaten  ein  ernstes  Bestreben  sem  und 
sie  dazu  fllhren,  nicht  nur  eine  an  Zahl  gro&e,  sondern  namentlioh 
auch  eine  solche  Flotte  zu  besitzen,  die  hinsiehtlich  ihrer  Bauart» 
Auarästung  und  Bemannung  auf  der  Hohe  steht 

Keben  der  gemeinsamen  Aufgabe,  daa  Vaterland  zn  schätzen, 
haben  die  Streitkräfte  zur  See  mit  dem  Heere  drei  Eigensehaften 
gemein:  die  Operationsfähigkeit,  die  Fähigkdt,  feindlichen  Besitz 
und  feindliches  Gebiet  zu  zerstören,  und  die  Notwendigkeit,  ftir  Un- 
brauchbares und  Verlorenes  Ersatz  zu  erhalten.  Der  Thätigkeit 
beider  setzt  aber  die  Grenze  zwischen  Meer  und  Land  eine  Schranke; 
hier  bedarf  also  der  eine  Teil  der  Wehrmacht  der  Unterstätzung  des 
anderen.  In  der  nachfolgenden  Abhandlung  sollen  nun  die  Dienste 
betrachtet  werden,  welcbe  die  Thätigkeit  der  Flotte  der  Kriegführung 
zu  Lande  zn  leisten  vermag. 

*)  Straael,  Die  Flotte  der  Nordstaatea  im  Seoessloukxiege. 


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156    -^i^  Tbätigkeit  der  FloUe  im  Dien«te  der  Kxiegfiüinuig  zu  Laude. 

Mittelbar  äolsern  sieb  diese  nmäcbst  dadarcb^  d&fs  das  Dasein 
einer  stariien  Flotte  ausgedehnte  und  kostspielige  Befestigungen, 
namentlich  an  der  Kllsle,  ersparen  Iftbt.*)  Beispiele  werden  dies 
am  besten  erläntem. 

Rnfiilaiids  Bestreben  z.  B.  wird  si^  sein,  AnseUoDs  ao  das 
lOttelmeer  su  gewinnen,  mit  anderen  Worten:  Konstantinopel  in 
Besita  sn  nehmen.  Hierzn  tilfit  es  schon  seit  langem  seine  Vor- 
bereitaDgcQ,  so  namentlich  durch  Schaflbog  einer  starken  Flotte  im 
Schwansen  Meere.  Solange  dieses  von  der  tOrkisehen  Flotte  beherrscht 
und  solange  diese  stark  genng  war,  gldehzeitig  anch  die  Dardanellen 
an  sperren,  solange  war  eine  starke  Befestigung  Konstantinopels 
nicht  erforderlich.  Als  dann  aber  die  Lelstuiigstabigkeit  der  tllrkisdien 
Flotte  gesunken,  nod  sie  unfähig  zur  Herrschaft  im  Sehwarzen  Meere 
nnd  zu  wirksamer  Sperrung  der  Dardanellen  geworden  war,  mnlsten, 
um  Konstantinopel,  das  Marmara-Meer  und  die  in  dasselbe  fahrenden 
Meerengen  zu  schützen,  zahlreiche  nnd  teure  Befestigungen  geschaffen 
werden,  die  einen  Wert  von  vielen  Millionen  darstellen.  Ähnlich 
steht  es  mit  Dänemarks  Hauptstadt;  auch  hier  kostete  die  Befestigung 
ungeheure  Summen,  die  unnötig  gewesen  witren,  weon  Dänemark 
mne  starke  Flotte  besä&e. 

Andererseits  lehrt  Englands  Beispiel,  wie  eine  starke  Flotte  nnd 
die  damit  verbundene  Seeherrschaft  viele  Befestigungen  nnn5tig 
machen;  London  mtt&te  befestigt  sdn,  wenn  beide  Voraussetzungen 
nicht  mehr  zuträfen;  leicht  konnte  es  ihm  sonst  ergehen  wie  am 
14.  Juni  1667,  da  Rnyter  die  Themse  aufwärts  segelte,  die  im  Flusse 
liegenden  Schiffe  verbrannte  und  dadurch  England  zum  Frieden  von 
Breda  zwang. 

Militärisch  betrachtet,  spielt  aber  bei  Erspamils  von  Befestigungen 
der  Geldpnnkt  natürlich  nicht  die  Hauptrolle;  noch  viel  wichtiger 
ist  es,  dnfs  Besatzungen  fortfallen  und  der  Kriegführung  zu  Lande 
zu  gute  kommen.  Dem  Feinde  mdglichst  stark  entgegenzutreten,  ist 
aber  einer  der  ersten  Grundsätze  derselben. 

Weiterhin  wirkt  die  Flotte  durch  Beherrschung  der  See  und 
Wahrung  der  Verbindung  mit  dem  Auslände  mittelbar  auf  die  Krieg- 
ftlhrung  zu  Lande  dadurch  ein,  dafe  sie  die  Widerstandskraft  des 
Landes  erhöht.  Sehr  lehrreich  ist  in  dieser  Beziehung  der  von 
(Vankreich  angriffsweise  begonnene  Krieg  von  1688  bis  1697,  der 
damit  endete,  dafs  der  Angreifer  sich  Überall  auf  die  Verteidigung 

^1  In  Ühereinstiinmung  hiennit  heilst  es  auch  in  der  Be^Tündunfr  der 
Novelle  zum  Klotteo^esetz  von  1898:  „ürölKCru  Aat'wünduogea  für  Kü^itea- 
befeftigangen  sind  am  m  weniger  driogHoh,  ja  mehr  die  Sehlaehtflotto  tw- 
■titrkt  wird.« 


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Die  ThStigkeit  der  Flotte  im  Dienste  der  Kriegrührung  za  Lande.  159 

besohi^kt  sah.  Dies  war  aber  banpMIchlich  das  Ergebnis  der 
Thäligkeit  der  englisch -holländisoben  Flotte,  welche  Handel  und 
SehifTabrt  Frankzdehs  schwer  schädigte  ond  in  dem  gewonnenen 
Gelde  den  Verbttndeten  anf  dem  Lande  das  Mittel  gab,  die  gegen 
Frankreich  kämpfenden  Heere  zn  unterhalten.') 

Welchen  Einflois  eine  solche  Thätigkeit  der  Flotte  fUr  Anf- 
ateUimg  nnd  Aasrttstnng,  Bekleidung  nnd  Verpflegnng,  Erhaltung 
und  Ergänzung  des  Heeres  besitzt,  drttckt  auch  sehr  deutlich  das 
deutsehe  Generalstabswerk  Uber  den  Krieg  1870/71  aus,  indem  es 
bei  BesprecbuDg  der  französischen  Neubildungen  anftthrt,  dafe  für 
diese  Kriegsmaterial  alier  Art  aus  dem  Auslande  aufgekauft  und  anf 
dem  Seewege  schnell  und  ncher  herangefbhrt  worden  sei.  Dies  war 
aber  nur  möglich,  da  Frankreich  stärker  zur  See  und  die  norddeutsche 
Flotte  nicht  imstande  war,  des  Feii^des  Seeverkehr  zu  hindern.  Hätte 
sie  dies  thun  können,  dann  wäre  die  Zuiuhr  von  Wulfen,  Bekleidungs- 
stücken nnd  Material  aller  Art,  wenn  nicht  ganz,  so  doch  sicher  zum 
grölsten  Teii  unterblieben;  Frankreich  hätte  schwerlich  so  viel  neue 
Heere  aufsteUen,  ausrttsten  und  bekleiden  können;  der  Widerstand 
irtae  geringer  gewesen;  der  Fall  von  Paris  und  damit  die  Beendigung 
des  Krieges  hätten  früher  stattgefunden. 

Auch  die  Geschichte  des  Sezessionskrieges  zeigt  klar,  wohin 
gänzliches  Abschndden  der  Zufuhr  todi  Meere  her  fllhren  kann. 
Denn  die  Nordstaatenflotte  hatte,  dank  aniserordentlichster  Thatkraft 
und  angestrengtester  Thätigkeit,  während  des  Krieges  eine  solche 
Stärke  erreicht,  dals  sie  die  4400  km  lange  Küste  der  Sttdstaaten 
blockieren  konnte,  derart  aber,  da(8  schon  im  Frtthjabr  1862,  also 
ein  Jahr  nach  Beginn  des  Krieges,  die  iremden  Regierungen  die 
Blockade  als  wirksam  im  Sinne  der  Pariser  Seerechtsdeklaration  von 
1850  anerkennen  mulsten.  Damit  waren  aber  die  einzig  und  allein 
auf  den  Seeverkehr  angewiesenen  SUdstaaton  völlig  vom  Auslande 
abgeschnitten;  ein  gänzlicher  Niederbruch  ailer  wirtschaftliobeD  Ver- 
bältnissf  trat  t  in;  Unterhaltung  und  \'ersorgung  des  Heeres  wurden 
unmöglich)  und  eine  solche  Erschöpfung  der  Streitkräfte  zu  Lande 
war  die  Folge,  dafs  die  Sttdstaaten  zu  weiterer  FortfUhmog  des 
Krieges  unfähig  waren. 3) 

Die  Möglichkeit,  die  beiden  sUdafrikauischeo  Republiken  vom 
Meere  abschneiden  zu  können,  sowie  die  Wahrung  der  eigenen  Ver- 
bindung zur  See  sind  auch  in  dem  aagenblicklichen  Kriege  Englands 
in  Südafrika  zwei  Bedingungen,  weiche  Toraussichtlioh  zn  einem 
Erfolge  des  britischen  Reiches  führen  werden. 

1)  Mahsn,  Der  Einflvb  der  Seemtoht  $nt  die  Gesohiehte. 
*)  Steoiel,  Die  Flotte  der  Nordetaalea  im  SeeeflsioiiBkriege. 


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1(^0    Die  Tbätigkeit  der  Flotte  iiu  Dieuste  lier  Kriegführung  zu  Lande. 

Neben  diesen  mittelbar  geleisteten  Diensten  Tennagjdie  Flotte 
der  KriegfUbnug  sn  Lande  auch  unmittelbar  Unterstützung  zn  ge- 
währen. Bei  dieser  mehr  ins  Ange  fallenden  Thätigkeit  maeht  sieh 
das  Zusammenwirken  von  Heer  nnd  Flotte  beme^bar,  dessen  Erfolg 
auf  dem  wechselseitigen  Verstilndnis  Air  die  Eigentttmliehkeiten  und 
anf  dem  flbereinstimmenden  Handeln  beider  Teile  einer  Wefarmadit 
berohi  Der  schon  mehrfach  angeführte  Sezessionskrieg  bietet  anch 
für  solche  gemeinsame  Thätigkeit  von  Heer  nnd  Flotte  viele  lehr- 
reiche  nnd  beachtenswerte  Beispiele. 

Unmittelbar  wird  die  Flotte  der  Kriegfkihrong  zu  Ltande  zonlichst 
dadurch  einen  Dienst  leisten  können^  dals  sie  das  längs  einer 
Ettste  vorgehende  Heer  begleitet  oder  ihm  voraoseilt  nnd 
wichtige  Kttstenpnnkte  in  Besitz  nimmt,  wie  dies  beispielsweise 
denkbar  ist,  wenn  Deutschland  im  Kriege  gegen  Rulsland  mit  einem 
Heere  längs  der  Ostsee  vorginge.  Die  Flotte  ttbemimmt  hierbei  die 
Sicherung  der  einen  Flanke,  so  dafo  das  Heer,  von  der  Sorge  am 
diese  beireit,  grölsere  Freiheit  der  Bewegung  in  der  Front,  sowie 
anf  dem  landeinwärts  gelegenen  Flttgel  gewinnt  und  seine  Hanpt- 
kräfte  anf  diesem  verwenden  kann.  Eine  solche  Thätigkeit  whni 
um  so  wirksamer  sein,  wenn  die  Flotte  das  Heer  beherrscht  und 
das  Heer  danach  streben  darf,  den  Gregner  gegen  die  See  zu  drängen. 
Wirft  sich  in  einem  solchen  Fall  der  Feind  in  eine  Kttstenfestung, 
oder  sucht  er  in  einer  nahe  der  Küste  gelegenen  Stellung  Widerstand 
zu  leisten,  dann  kann  hierbei  die  Flotte  dem  angreiienden  Heere  da- 
durch Unterstützung  gewähren,  dafii  sie  unmittelbar  am  Kampfe  teil 
nimmt,  und  Flanke  wie  Rücken  des  Gegners  bedroht  Dieser  kann 
einer  solchen  Crefahr  nichts  Gleichartiges  entgegensteilen  und  wird 
in  seiner  Widerstandskraft  sehr  beeinträchtigt  werden. 

Andererseits  vermag  aber  die  Flotte  den  Kampf  um  Befestigungea 
an  oder  in  der  Nähe  der  Küste  auch  zu  erleichtem.  Kol  borg  z.  B. 
konnte  sich  1807  nur  deshalb  so  lange  halten,  weil  befreundete  Schiffe 
die  Verbindung  zar  See  offen  hielten  nnd  die  Zufuhr  mancherlei  Art 
ermöglichten.  Ahnlich  wirkte  die  Seemacht  mit  bei  der  Verteidigung 
von  Stralsund,  welches  vom  13.  Mai  bis  24.  Juli  1628  durch  Wallen- 
stein belagert  wurde,  sich  aber,  dank  der  Hilfe  der  schwedischen 
Flotte,  gegen  alle  Angriffe  hielt,  und  bei  der  Verteidigung  von 
Gibraltar,  welches  1770  von  den  Spaniern  eingeschlossen  nnd  bis 
znni  Frieden  im  Jahre  1783  belagert  wurde.  Wenn  auch  jeder  An- 
griff vom  Lande  her  abgewiesen  werden  konnte,  so  gestaltete  sich 
doch  die  Versorgung  des  Platzes  mit  Sehielsbedarf  und  Lebensmitteln 
sehr  schwierig,  und  nur  der  Mitwirkung  der  Flotte  war  es  zu  danken» 
dafe  sich  die  für  England  so  wichtige  Festung  hielt   Einmal  sogar, 


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Die  Thätigkeit  der  Flutte  im  Dienste  der  KhegfUhruog  zu  Lande.  iQi 

im  Jshre  1780,  moAite  erst  eine  spanisolie  Flotte  geschlagen  werden, 
ehe  die  englischen  Zaftdmehiffe  in  den  Hafen  einlaufen  konnten.*) 

Es  möchte  hier,  beim  Angriff  nnd  hei  der  Verteidigang  von 
KflstenpnnlLteni  am  Platee  sein,  eines  Beispiels  ans  dem  Sezessions- 
Itriege  Erwlhnnng  zn  tlinn,  welches  die  Thätigkeit  der  Flotte  bei 
solcher  Gelegenheit  snr  Darstellnng  bringt;  ich  meine  die  gewaltsame 
Besitsnahme  des  Port-Koyal-Snndes. 

Die  Nordstaatenflotte  hatte  als  Operationsbasis  ftlr  die  Dnreh- 
itlhnmg  der  Blockade  an  der  Atlantischen  Kttste  snnKchst  den  Pam- 
liko-Snnd  benatzt,  der  aber  des  flachen  Fahrwassers,  später  auch 


wegeu  der  weiten  Entfemuuf;  von  Charleston  dafür  wenig  greeiguet 
war.  Als  neue  OperationshaBis  wurde  daher  der  Port-Koyal-Suud 
gewählt,  zu  dessen  Fortnahme  die  Nordstaaten  ein  Geschwader  von 
17  Schiffen,  sowie  35  TraosportschifTe  mit  15  000  Mann  Laudongs- 
truppen  bestimmten. 

Nachdem  am  28.  Oktober  zor  Tänscbnng  des  Gegners  35  Kohlen- 
schiffe in  Be^dc  itaug  eines  Kriegsschiffes  nach  Sayannah  abgegangen 
waren,  folgte  am  29.  die  Flotte.  Bei  ungünstigem,  meist  sttlrmischem 
Wetter  ging  die  Fahrt  vor  sich ;  2  Transportschiffe  sanken,  2  trieben 
anf  den  Strand  nnd  fielen  dem  Feinde  in  die  Binde,  4  mnlsten  be* 
schüdigt  nach  der  Cbesapeake-Bai  snrllckkehren  nnd  fast  alle  Schiffe 
hatten  die  Ar  die  Lsadnng  bestimmten  F^me  nnd  Boote  wlmcen. 
Die  Flotte  selbst  war  dnrch  den  Stnrm  so  xerstrent  worden,  dals 

1)  Maban,  Der  Einflnfs  der  Seemacht  auf  die  Gesohiebte. 
JahibtskM  Ar  di«  dMitMh*  AnoM  aod  Hula«.  B4.  11«.  &  11 


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162  ^  Tbxa^kat  der  Flotte  im  Diente  der  Kii^cfUhmig  m  Lande. 


am  2.  November  vom  Flaggsoliiff  kos  nur  eio  Schiff  za  sehen  war; 
der  Fflhier  des  Unteruehmenä,  Kommodore  Dapont,  liefe  sich  aber 
nicht  irre  maeben  and  behielt  die  iüehtimg  nach  dem  Port-Royal- 
Sund  bei 

Am  4.  November  8  Uhr  vormittags  lagen  denn  anch  25  Sebiffe 
vor  dem  Sand;  alle  Seezeichen  fehlten  nnd  Tom  Lande  war  auch 
fast  nichts  za  sehen ;  eine  vorliegende  fiane  erschwerte  die  Einfahrt. 
Sofort  erknodeten  Offiziere  das  Fahrwasser  nnd  schon  am  8  Uhr 
nachmittags  war  ein  Weg  für  Schiffe  mit  6  m  Tiefgang  festgelegt, 
so  dals  die  Flotte  bis  auf  einige  tiefer  gebende  Schiffe  Uber  die 
Bazre  gehen  and  in  stillem  Wasser  ankern  konnte.  Der  Rest  folgte 
am  5.  mit  der  Fiat.  An  diesem  Tage  vormittags  fand  dann  eine 
Erkondang  des  weiteren  Fahrwassers  nnd  der  Forts  statt;  Kanonen* 
boote  snebten  die  Werke  zar  Feaerabgabe  zn  veranlassen  und  stellten 
daraufhin  wenigstens  annähernd  Aufstellong,  Kaliber  und  Schalsweiten 
der  Geschütze  fest.  Da  währenddessen  aach  die  noch  fehlenden 
Schiffe  eintrafen,  hätte  naamebr  zam  Angriff  geschritten  werden 
können.  Ein  Unfall  des  Flaggschiffes  yeizOgerte  ihn  aber  noch  bis 
znm  7. 

Dem  Angriff  lag  folgender  Plan  zu  Grunde:  in  zwei  Kolonnen 
vorgehend,  sollten  die  Kriegsschiffe  Fort  Walker  niederkämpfen^ 
Fort  Beauregard  beschäftigen  und  die  Muskitoflotte  zurückdrängen. 
Nach  Niederkämpfang  des  Forts  Walker  sollten  dann  die  Trappen 
gelandet  werden,  um  in  den  Kampf  einzugreifen.  Dies  alles  kam 
in  energischer  und  geschickter  Weise  zar  Ausführung.  Beide  Kolonnen 
fuhren  in  den  Sund  ein;  die  rechte  trieb  die  Muskitoflotte  zurück, 
ging  oberhalb  des  Forts  Beauregard  in  Stellung,  bescbols  das  Fort 
and  entsandte  2  Kanonenboote  gegen  Fort  Walker,  um  dieses  von 
Norden  her  unter  Feuer  zu  nehmen.  Die  linke,  aus  den  8  besten 
Schiffen  bestehende  Kolonne  schwenkte  oberhalb  des  Forts  Walker 
und  aufser  dessen  Schulsweite  links,  fuhr  dann  möglichst  nahe  am 
Fort  vorüber,  dabei  eine  Breitseitenlage  abgebend,  und  schwenkte 
unterhalb  des  Forts  wieder  links,  um  dasselbe  Manöver  zu  wieder- 
holen, 2  Kanonenboote  beschossen  währenddessen  das  Fort  von 
S.O.  her.  Nach  vierstUndifreni  Kampfe  wurde  Fort  Walker,  welches 
unter  einem  beständigen  Kreuzfeuer  zu  leiden  hatte,  geräumt;  da  am 
Abend  auch  Fort  Beauregard  verlassen  wurde,  befand  sich  der  Port- 
Koval-Sund  widerstandslos  in  Händen  der  Nordstaaten.  Dabei  waren 
die  Verluste  nur  gering;  sie  betrugen  8  Tote  und  23  Verwundete. 
Alle  Schitie  war(Mi  getroffen  worden,  aber  nur  ein  Raddampfer  war 
aufser  Ttefeeht  ^^esctzt. 

Der  Eiuflulb  dieses  Erfolges  auf  die  Kriegführung  za  Lande  be- 


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Die  Thftigkelt  der  Flotte  im  Dienete  der  Kiie^ührong  sn  Lande.  I63 

stand  darin,  dafe  Heer  und  Flotte  Tereint  die  reiobsfee  Gegend  Sttd- 
Kiirolinas  in  Besitz  Dahmen,  die  von  Savannah  nach  Gharleston 
führende  Bahn  bedrohten  nnd  dadurch  eine  starlie  Sicherong  der^ 
selben,  also  Abgabe  von  Truppen  für  Nebenzwecke,  ndtig  machten.') 
Aus  neaester  Zeit  ist  bemerkenswert  die  Einnahme  von  Santiago 
de  Goba.  die  nnr  erronglicbt  wnrde  durch  die  Untenttltznng,  welche 
die  amerikanische  Flotte  dem  Heere  nach  seiner  Landung  zwischen 
Santiago  und  der  Bucht  von  Ouantonamo  zu  teil  werden  liels. 


Einen  vvoitoron  sohr  \vie}itiir»'ii  Dienst  Ifistrt  die  Flotte  der  Knc«:- 
führuiii:  zu  Lande  dadurch,  dafs  sie  Truppen  schnell  auf  weite  Knt- 
fernun«ren  iü»er  See  bef^irdert  und  so  dazu  beiträfrt.  dafs  die  Grenze, 
welche  das  Meer  den  Heeresl>eweiruniren  steckt,  Uberschritten  werden 
kann,  Solclie  Iruppenreisen  können  stattfinden:  hei  Ueuiiin  des 
Krie<res  zur  Entlastung:  der  Kisenbahnen  und  zur  l'berwinduno:  von 
Meeresarnien,  während  des  Krieges  zur  \  ersetzun^;  von  einem  Kriegs- 
schauplatz auf  den  anderen  und  zur  AusfUhrnng'  von  KUckzUgen. 

Truppenreisen  zur  See  haben  nun  ihre  besonderen  KigentUm- 
lichkeiteu.   Zunächst  sind  sie  bei  weitem  nicht  so  sicher  als  solche 

>)  Stensel,  Die  Flotte  der  Nordstaatem  im  SeseaBionskriege. 

II* 


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104        ThXtigkeit  der  Flotte  im  Dieaste  der  Kiiegfiiliniiig  n  Lande. 


mit  der  Eisenbahn;  denn  die  Einführung  der  Dampf  kraft  in  der  See- 
schiffahrt hat  zwar  eine  grrOlsere  Unabhängigkeit  vom  Winde  and 
eine  Beschleimigting  der  Fahrt  zur  Folge  gehabt,  konnte  aber  weder 
die  Gefabren  der  8ee  noch  die  damit  Terbundenen  Unfälle  beseitigen. 
Weiterhin  kann  eine  längere  Seefahrt  die  daran  nicht  gewöhnten 
Menschen  nnd  Tiere  in  ihrer  Leistnngsfähigkt  it  beeinträohtigeai 
dafs  sie  in  den  ersten  Tagen  nach  der  Aosschifi'ung  nnr  wenig  za 
brauchen  sind.  Sie  kann  sogar  einen  solchen  Verlast  an  Tieren 
herbeiführen,  dafs  die  Gebrauchstähigkeit  der  Truppe  sehr  herab- 
gedrückt  ist,  wie  dies  kürzlich  erst  die  Engländer  in  Südafrika  er- 
lahren  haben;  denn  von  den  24  OOO  Mann,  welche  G  Wochen  nach 
Beginn  des  Krieges  gelandet  waren,  war  der  frrölste  Teil  operations- 
nntlibiir.  da  die  vorhandene  gerin^re  Artillerie  infol<:;e  des  Znstandes 
der  Zuj,^tiere  und  man^'els  pMiüj^cnder  liespannunj:  bewetrunirsiinfähig 
war.  Ein  weiteres  Beispiel  daflir.  wie  die  Seefahrt  und  die  mit  ihr 
verbundenen  1  nfälle  einen  \  erlust  an  Tieren  herbeiführen  können, 
liefert  naiiientlieli  auch  die  Beförderun;r  /vveier  Eskadrons  des  eng- 
li^('lu'n  1).  rianen-He|iinients  nach  Südafrika.  Die  320  Pferde  der- 
selben wurden  nämlich  bei  einem  24  Stunden  währenden  Sturme 
derartiir  durch<'inander  geworfen  und  beschädigt,  dafs  mehr  als  drei 
Viertel  der  Tiere  getötet  und  über  Bord  geworfen  werden  mulsten, 
womit  aber  die  beiden  Eskadrons  gebrauchsunfähig  geworden  und 
zunächst  zu  längerem  Aufenthalt  an  ihrem  Ausschiffungspunkt  ge- 
zwungen waren. M  F'.ndlich  kommt  in  Betracht,  dafs  immer  nur  eine 
beschränkte  Zahl  von  Truppen  befördert  werden  kann,  dals  daher 
eine  btatl'elweise  Beförderung  mit  kürzeren  oder  läugereu  Zwischen- 
räumen stattfinden  mufs  und  dafs  sich  bei  einer  grölseren  Stärke 
und  bei  weiterer  Entfernung  Schwierigkeiten  geltend  machen,  wie 
solche  ebenfalls  die  jüngsten  englischen  Truppenreisen  gezeigt  haben. 
So  schrieb  z.  B.  unterm  20.  Dezember  1899  eine  Zeitung:** i  „Der 
Transport  der  ersten  loooü  Mann  nach  dem  Kap  vollzog  sich  ohne 
jede  Schwierigkeit,  und  auch  die  darauf  folgenden  Divisionen  kamen 
noch  leidlich  schnell  hinüber.  Bei  dem  Transport  der  5.  Division 
aber  begannen  bereits  die  Schwierigkeiten,  hinreichend  Schiffe  zu 
finden,  und  die  Absendang  der  (5.  Division,  welche  auf  den  ver- 
schiedenen Schlachtfeldern  dringend  gebraucht  wird,  kann  nur  ganz 
langsam  vollzogen  werden,  weil  es  an  den  nötigen  Fahrzeugen  ge- 
bricht. Wie  aber  die  7.  Division  befördert  werden  soll,  das  scheint 
man  hier  —  d.  h.  in  London  —  iu  amtlichen  Kreisen  selbst  noch 
nicht  /u  wissen.** 

ij  Mittciluti^  aus  cinciQ  Privatbrief  in  der  ,lllusuiertea  Welt." 

3)  Neue  Ziiriclicr  Zeitung. 


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Die  TliStigkeit  der  Flotte  Im  Dienste  der  Kriegltthnuig  m  Lande.  165 


Als  Befördernngs mittel  dieoen  Kriegs-,  Handels-  und  he- 
sondere  Transportschiffe.  Die  soerst  genannte  SchitVsart  wird  durch 
dne  solche  Verwendung  Torttb^ehend  kampfunfähig  premacht  und 
dem  Zweck,  für  den  sie  bestimmt  ist,  entzogen.  Auch  besitzen  Kriegs- 
schiffe meist  einen  solt-hen  Tiefgang,  dals  Ein-  und  Ausschiffung 
sehr  erschwert  sind.  liei  Benutzung  von  Handelsschiffen  müssen 
meist  erst  sehr  umfangreiche  und  zeitrauhende  Änderunfren  in  der 
Einrichtung  nnd  Ausrüstung  erfolgen;  ihre  Leistungsfähigkeit  ist  je 
nach  ihrer  Grölse  sehr  verschieden.  Im  allgemeinen  nimmt  man  an, 
dafs  ein  etwa  100  m  langes  und  12  m  breites  Schiff  von  (»  m  Tief- 
gang ein  Hataillon,  eine  Eskadron  oder  eiue  Batterie  aufnehmen 
kann.  Das  Fassungsvermögen  eines  Dampfers  der  P-Klasse  der 
Hamburg-Amerika-Liiiie  von  170  m  Länge,  19  m  Breite  und  S  m 
Tiefgang  wird  etwa  2  Bataillone  betragen.  Im  Uhrigen  ist  anzu- 
nehmen, dals  das  diesjährige  Kaisernianöver  genauere  Kenntnis  uher 
die  Leistungsfähigkeit  un^cri'r  grolseu  llandelsschitle  bringen  wird. 
Am  geeignetsten  für  die  Truppenheförderung  sind  natürlich  die  hier 
für  besonders  hestinimten  Transportsehiffe,  da  hei  ihnon  die  irtiti^tig^te 
Kaumausnutznng  statttindet;  ihr  Tiefgang  ist  mögliehst  gering,  dumit 
die  Schiffe  ni  igliehst  nahe  ans  Land  herankommen  können,  nuifs 
aber  mit  IJiicksielit  auf  die  Fahrt  auf  hoher  See  immerhin  wenigstens 
5  m  hetra;:('n.  Df  iitsehland  besitzt  nur  ein  der  Kriegsflotte  im 
Frieden  angehöreiulcs  TransportschifT,  den  l'elikan  von  24()()  Tonnen 
Wasserverdrängung;  indessen  bietet  sich  in  denSeedampfern  der  grolsen 
überseeischen  Linien  eiue  genügende  Zahl  von  Schiffen,  die  für  eine 
Trnppenbetörderung  geeignet  sind. 

Auf  die  Dauer  der  Einschiffung  ist  neben  der  Stärke  der 
Truppen  und  deren  Ausstattung  mit  Tieren  und  Material  besonders 
von  Einfluls,  ob  die  Einschiffung  unmittelliar  vom  Lande  aus  oder 
auf  otiener  See  erfolgt.  Im  ersten  Fall,  der  bei  grolsen,  gut  vor- 
bereiteten Truppenreisen  meist  vorliegen  wird,  gelangen  die  Truppen 
in  Seehäfen  vom  Bollwerk  aus  aufs  Schiff;  Witterung  und  Seegang 
machen  sich  nur  wenig  bemerkbar;  die  Einschiffung  kann  ununter- 
brochen fortdauern;  sie  wird  also  in  verhältiiisinulsig  kurzer  Zeit  be- 
endet sein.  Anders  auf  uffener  See,  wenn  also  ein  Hafen  nicht  vor- 
handen ist  oder  die  Schiffe  ihres  Tiefgangs  wegen  nicht  ans  Land 
heran  können.  In  solchem  Fall,  z.  B.  wenn  ein  KUckzug  über  das 
Me<^r  angetreten  werden  soll  wie  18(14  von  den  Dänen  bei  ihrem 
Rückzüge  von  Alsen  nach  Fünen,  ist  erst  ein  Heranfahren  der  Truppen 
und  ihres  Materials  an  die  Schiffe  und  dann  ein  Undaden  auf  diese 
nötig;  beides  erfordert  Zeit,  die  durch  den  Eindufs  von  VVitterunir 
and  Seegaug  noch  verlängert  wird.    Besonders  hoher  Seegang  und 


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106   IM«  Tbitigkett  der  Flotte  im  Dienste  der  KriegfUiniiig  m  Lende. 


sturmiscbes  Wetter  kOnnen  die  EinschiffoDg  sogar  gtazlicb  ver- 
hindern. 

Namentlich  wird  sich  auf  otffnier  See  das  Einladen  von  Tieren 
und  Material  schwierig  gestalten;  und  dies  ist  um  so  mehr  zu  be- 
achten, als  das  Material  das  am  meisten  in  Betracht  kommende  Ge- 
wicht darstellt.  Als  das  tranzösische  Heer  LSoO  aus  der  Krim  zu- 
Uck kehrte,  währte  seine  Einschitl'iing  vom  1*).  April  bis  zum  .">.  Juli. 
Dabei  erforderte  das  Material  des  l-'eld-  und  des  Belageruncr'^parkes 
allein  4<tn  SehiliV*.  eine  Zahl,  wie  sie  heute  infolge  der  Vergrolseruüg 
des  T()uneni:-eh;i!ts  allerdings  wohl  nicht  mehr  vorkommen  wird.') 

Die  Fahrzeit  ist  abhängig  von  der  Entfernung  und  von  der 
für  die  Hefiirderung  benutzten  SchiHsart.  Heute,  wo  die  \  erwcndung 
von  Dampfern  die  Kegel  bildet,  lälst  sie  sieh  im  allgemeinen  ziem- 
lich genau  bestimmen.  Als  Mafs  gilt  dabei  die  Seemeile  gleich 
ISö'J  m.  Hei  1()  .Seemeilen  1  aiirt  in  der  Stunde  wllrde  /..  H.  die 
Strecke  Danzig-Kiel  (:{")(»  Seemeilen)  in  etwa  Ta;:en,  die  Strecke 
Kiel-Hamburg  jJ(K)  Seemeilen)  in  etwa  '/«  die  Strecke  Ham- 

burg-London (4i{()  Seemeilen)  in  etwa  2  Tagen  zurückgelegt  werden 
ki^nnen,  während  die  11  400  Seemeilen  betragende  Strecke  liamburg- 
Kiautschou  etwa  47  Tage  erforderte.  Ini  letzteren  Fall  ist  aber 
noch  zu  berUcksichtig(»n.  dal's  die  Dampfstrecke  durch  das  Kohlen- 
fassnngsvermögen  begrenzt  ist,  und  dafs  der  mehr  oder  minder  grofse 
Aktionsradius  deh  Schilfes  unterwegs  noch  einen  längeren  Aufenthalt 
zum  Kuhlenauffllllen  nötig  macht. 

Was  Übrigens  noch  die  Schnelligkeit  angeht,  so  besitzt  die 
schon  einmal  erwähnte  P-Klasse  der  Hamburg-Amerika-Linie  (Patria, 
Patricia.  Pennsylvania  etc.)  eine  solche  von  115' /4  Seemeilen,  während 
der  neueste  Dampfer  der  (iesellschalt,  Deutschland,  eine  Geschwindig- 
keit von  2:i  Seemeilen  erhalten  soll.  Eine  derartige  Fahrleistang 
bildet  aber  eine  .Ausnahme  und  darf  daher  Truppenreisen  zur  See 
nicht  zu  Grunde  gelegt  werden.  Ist  Eile  nötig,  können  allerdings 
au l  ii  gröfsere  Leistungen  als  10  Seemeilen  in  der  Stunde  erreicht 
werden.  Mit  KUcksicht  auf  eine  (Tefährdung  durch  den  Feind  ist 
aller  das  Zusannnenfahren  einer  gröiseren  Zahl  von  TransportschitTen 
und  ihre  Begleitung  dunh  Kriegsschiffe  erforderlich,  weshalb  nur 
die  Leistungen  der  am  langsamsten  fahrenden  Schiffe  zu  Grunde 
gelegt  werden  können.  Ist  dagegen  ein  Zusammentreffen  luit  dem 
Feinde  ausgeschlossen,  dann  kann  aucii  die  höchste  Leistung  der 
einzelnen  Sehiflfe  gefordert  und  ein  Alleinfahren  derselben  gestattet 
werden;  solch  eine  Lage,  wie  sie  z.  B.  augenblicklich  im  Kriege 


')  Wei^lt,  Die  Belugeruag  vuu  Sebastopol. 


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Die  IMtigkeit  der  Flotte  im  Dienste  der  Kriei^föhnuig  m  Lande.  167 


tler  Engländer  gegen  die  Boren  vorliegrt,  gehört  aber  zu  den  Aus- 
nahmen und  wird  sicher  nicht  vorhanden  sein,  wenn  Deutschland 
z.  B.  iin  Kriege  mit  England  wäre  and  Truppen  dorthin  befördern 
wollte. 

Englands  augenblickliche  Truppenreisen  zur  See  geben  übrigens 
noch  zu  zwei  besonderen  Bemerkungen  Veranlassung.  Zunächst 
wurde  bei  ihi»en  Wert  weniger  auf  Zusaiiunenhalt  der  Truppen  als 
auf  Ausnutzung  des  iiaunies  gelc^'t.  Da  die  Verhältnisse  bei  Schiffen 
anders  liegen  als  bei  Eisenbahnen,  bei  denen  man  Wagen  an-  und 
abhängen  kann,  mag  dies  seine  Berechtigung  namentlich  da  hai)en, 
wo  an  geeigneten  Seiiitlen  Mangel  ist.  Im  allgemeinen  ist  aber 
auch  bei  Truppenreiseu  zur  See  Wahrung  der  Verbände  möglichst 
2n  beachten.  Weiter  fuhren  die  Offiziere  zum  grofseu  Teil  in  be- 
sonderen Schiffen,  was  ebenfalls  unserer  Anschauung  widerspricht. 
Wran  aach  während  der  Fahrt  eine  Überwachung  und  llntenveisung 
4er  Mannschaften  durch  die  Unteroffiziere  stattfand,  auch  täglich  ge- 
tarnt, exerziert  und  möglichst  geschossen  wurde,  so  machte  doch  das 
Femsein  der  Offiziere  ein  gegenseitiges  Kennenlernen  von  Fttbrer 
ond  Soldat  unmöglich,  dafs  solches  aber  stattfinde,  wird  in  onserem 
Heere  mit  Beeht  gefordert;  es  wäre  bei  den  Engländern  am  so  mehr 
am  PlaftEe  gewesen,  als  die  meisten  ihrer  Soldaten  erst  vor  kurzem 
eingestellte  Sdtdner  rind. 

Die  Fahrt  wird  oon  beendet  dnreh  die  Ansschiffang.  Sie 
hängt  Ton  denselben  Umständen  ab  wie  die  Einsohifliing  nnd  wird 
daher  ebenfklls  kniz  sein,  wenn  die  SebiflTe  in  Häfen  anlegen  können, 
nnd  länger  danem,  wenn  die  Fahrzenge  ihres  Tiefgangs  oder  anderer 
Umstände  wegen  vom  Lande  abbleiben  müssen.  Bei  stiller  See 
kann  ein  Boot  1000  m  beladen  in  20,  anbeladen  in  10  bis  15 
Minaten  znrtteklegen;  Ein-  nnd  Ausladen  eriordem  weitere  90  Mi- 
nntea  Jede  Fahrt  eines  Bootes  wird  somit  wenigstens  eine  Stande 
dauern.*)  ROnnen  also  s.  B.  von  einem  1000  m  vom  Lande  ent- 
fernt liegenden  Schiffe  gleichzeitig  12  Boote  mit  Je  SO  Hann  abge- 
lassen werden,  dann  wäre  die  Aassehiflung  eines  Bataillons  ohne 
Pferde  nnd  Fahnenge  in  mindestens  8  Stunden  ansgeführt  Diese 
Zeit  wird  aber  nmso  länger  dauern,  je  grOfser  die  Entfernung,  je 
hoher  der  Seegang  und  je  ungünstiger  die  Witterung  ist.  Stürmisohes 
Wetter  nnd  hoher  Seegang  kOnnen  die  Ansschifiang  sogar  gänzlieh 
nnterbreohen,  die  im  übrigen  bei  Dunkelheit  meist  nnterbleiben 
wird.  Wie  bei  der  EinsehiflFung  das  Einladen,  so  bereitet  bei  der 
AnssehifFung  das  Ausladen  der  Tiere  nnd  des  Materials  auf  hoher 


1)  Blume,  Strategie. 

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IQQ    Die  Tbätigkeit  der  Flotte  im  Dienste  der  Krie(j;fUbnuig  zu  Lande. 

See  grobe  Schwierigkeit  IMe  Amerikaner  iudfen  deh  bei  ihrer 
Landang  auf  Kuba  im  Jahre  1898  damit»  dals  sie  Hnnderte  tob 
Pferden  ins  Wasser  warfen  und  allein  ans  Land  schwimmen  lieihenf 
woltei  nur  Terhältnismälsig  wenig  Tiere  Terloren  gingen  nnd  viel 
Zeit  gewonnen  wnide.^)  Übrigens  werden  meist  aneh  die  ICann- 
sehaften  noch  eine  Strecke  weit  doiohs  Wasser  waten  müssen;  erste 
Sorge  der  Pioniere  oder  yon  Mannschaften  der  In&nterie  wird  es 
dann  sein,  fOx  Landuugsbrttoken  zu  sorgen,  damit  wenigstens  das 
Material,  namentlich  Schieisbedarf  nnd  Lebensmittel  trocken  ans 
Land  kommen. 

Die  fechtenden  Teile  eines  Armeekorps  sind  im  allgemeinen  in 
48  Stenden  an  Land  gebracht  Einen  Anhalt  hierfür  giebt  die  Ans> 
schiffnng  des  verbündeten  Heeres  anf  der  Halbinsel  Krim  im  Jahre 
i854,  bei  der  es  sich  am  63000  Mann  mit  etwa  230  Geschtttsen 
handelte.  Dieselbe  begann  am  14.  September  8'*  V.  und  wurde  so 
gefördert,  dab  nm  7*"  N.  der  grOfste  Teil  der  fransOsisehen  Toppen, 
etwa  20000  ICann  mit  60  Geschfltaen,  an  Land  war.  Stttrmisohes 
Wetter  nnterbraoh  dann  die  Ansschififong,  die  aber  trotz  des  an- 
haltenden starken  Windes  in  den  nftcbsten  Tagen  fortgesetst  nnd 
bis  auf  einige  wenige  Teile,  am  16.  abends  beendet  wnrde.')  Die 
Ansschiffnng  eines  etwa  1*/«  Armeekorps  starken  Heereskörpers 
hatte  also  trotz  ungünstiger  Verhältnisse  drei  Tage  erfordert 

Anders  steht  es  nnn,  wenn  die  AnsschifiEtmg  als  kriegerische 
Untemehmimg  nnd  als  unmittelbarer  Obergang  zu  den  Operationen 
sich  darstellt  Diese  Art  der  Aussohiflfnng,  die  Landung,*)  wird 
heute  aber  selten  und  dann  nur  zu  bestimmten  Zeiten  und  in  be- 
stimmten Fällen  stattfinden.  Wenn  auch  die  Verwendung  des 
Dampfes  gegen  früher  ein  plOtEÜches  Erscheinen  an  der  feindliehen 
Küste  erleichtert,  so  hat  andererseits  die  Landesverteidigung  durch 
die  Ausgestaltung  der  Wehrverfassungen,  durch  die  Verbesserung  des 
Nachrichtenwesens  und  durch  die  Entwickelung  der  Verkehrsnetze  so 
an  Sttrke  gewonnen,  dafs  die  Abwehr  von  Landungen  sehr  be- 
günstigt ist 

Immerhin  vermag  die  Flotte  der  KrlegfUhrnng  zu  Lande  durch 
Landangen  noch  recht  gute  Dienste  za  leisten.  Zunächst  da,  wo  der 
feindliche  Staat  nur  schwer  rechtzeitig  Oegenmalsregeln  ergreifen 
kann,  wie  z.  B.  dano,  wenn  das  feindliche  Heer  im  Aufmarsch  an 
der  Grenze  begriffen,  das  Bahnnetz  also  voll  in  Anspruch  genommen 

1)  Mittoilnng  des  Grafen  Goetzen  in  der  Militärischen  (iesellscbal't. 
>)  Weigelt,  Die  Belagerung  vun  Sepastopol. 

^)  Blume,  Strategie;  d.  Golts,  Kriegsflihniiig;  t.  d.  Golti,  Das  Volk  in 
Wallen. 


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Die  Tbätigkeit  der  Flotte  im  Dienste  der  KriegtUhrun^  zu  Lande.  169 

nnd  wegen  der  Schwierigkeit,  in  der  Fahrt  betindliche  lletresteile 
auf  andere  nach  der  Küste  führende  Linien  abzulenken,  nur  unvoll- 
kommen imstande  ist,  Truppen  sohneil  an  die  bedrohte  Küste  zu 
schaffen.  Auf  jeden  Fall  kann  aber  eine  erhebliche  Störung  des 
Aufmarsches  erfolgen  nnd  dadurch  die  Gestaltung  des  Krieges  sehr 
beeintrüchtigt  werden,  ein  Ergebnis,  welches  wohl  eine  Beendung  bei 
Beginn  de«  Krieges  reehtferfcigen  könnte.  Eine  solche  Ut  femer 
ausfilhrbar  da,  wo  dem  feindlieben  Staate  die  Mittel  snr  Abwehr 
fehlen;  so  namentUeh  bei  Kolonialkriegen  and  bei  Kämpfen  mit 
militärisch  wenig  entwickelten  Staaten  in  fernen  Weltteilen,  da  hier 
ein  kleines  wohl  aasgerQstetes  nnd  gut  ausgebildetes  Heer  zar 
Dnrebfllhnuig  des  Krieges  genügen  wird.  Die  Möglichkeit  solcher 
Kämpfe  wird  aber  immer  mehr  sehwinden,  je  mehr  diese  Gegenden 
dem  Weltverkehre  eischlossen  werden.  Namentlich  erscheint  es  aas* 
geschlossenf  dab  z.  B.  Oentschland  zom  Schatze  seines  eigenen 
überseeischen  Besitzes  Liandungen  größeren  Malsstabes  in  feindlichem 
Chibiet  vornehmen  wird,  ehe  nicht  der  Kampf  znr  See  nnd  die 
Frage,  wer  zur  See  herrschen  soll,  entschieden  sind.  Dies  kann  aber 
nar  dorch  eine  starke  Flotte  geschehen  and,  eine  solche  za  schaffen, 
mals  Deatschlands  Streben  sein. 

Während  des  Krieges  wird  eine  Landnng  in  Feindesland 
nar  da  von  Erfolg  sein,  wo  das  gelandete  Heer  bei  dem  Volke  oder 
bei  einem  l»enachbarten  Staate  aaf  Unterstätzang  rechnen  darf.  So 
lagen  die  Verhältnisse  1898,  als  die  Amerikaner  aai  Kaba  nnd  anf 
den  Philippinen  landeten,  and  ähnlich  hätte  1870  eine  Landung 
iranzOsisoher  Tmppen  Erfolg  haben  können,  wenn  Dänemark  die 
Nentralititt  aafgegeben  und  sich  Frankreich  angeschlossen  hätte. 
In  solchen  Fällen  hört  aber  der  Begriff  einer  Landung  als  ein  be- 
sonderes Unternehmen  aof,  da  es  sich  dabei  mehr  am  einen  ge- 
sonderten, mit  Hälfe  der  Flotte  ausgefilhrten  Aofmarsch  eines  Heeres- 
teils handelt,  der  dann  in  dem  verbündeten  Gebiete  den  Aasgangs- 
pnnkt  fttr  seine  weiteren  Bewegangen  findet.  Was  Übrigens  die 
Unterstfltzong  bei  dem  Volke  angeht,  so  ist  darauf  nicht  za  sehr  za 
banen.  Tänschongen  in  dieser  Bcziehang  haben  schon  oft  die  un- 
angenehmsten Folgen  gehabt,  so  z.  B.  während  des  nordamerika- 
nischen  Unabhängigkeitskrieges  beim  Einfall  in  die  sttdiichen 
Kolonien,  während  der  Bevolntionskriege  bei  der  Besitznahme  von 
Gnadalonpe  durch  die  Engländer  a.  a.  m.  Landungen  anter  solcher 
Voraussetznng  mögen  zwar  in  der  Absicht,  den  Gegner  von  anderen 
wichtigeren  Punkten  abzulenken  oder  ihm  durch  den  Aufstand  der 
Bevölkerung  Verlegenheiten  zu  bereiten,  versucht  werden;  nie  darf- 
aber  durch  sie  eine  fUr  die  Entscheidung  besser  angebrachte  Streit- 


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X70    I^i^  Thätigkeit  der  Flutte  im  DieDste  der  Kriegfubnuig  zu  Lande. 


kraft  abgezogen  werden.  Anden  TerliSlt  es  deh  mit  Landangen, 
welehe  die  Besitsnahme  eines  an  oder  in  der  Nllbe  der  KUste 
liegenden  and  ftr  den  Kiiegsrerlaaf  wichtigen  Punktes  liesEweeken. 
Wie  miUtilrische  Gründe  solcbes  verlangen  können,  zeigte  schon  das 
Beispiel  des  Poit-Royal-Siindes;  aber  ancb  politische  ChUnde  können 
oft  mafegebend  sein,  so  z.  B.  dafs  dorch  Einnahme  nnd  Beseteong 
der  Hauptstadt  eine  fremde  Regieruug  zam  BQndnIs  oder  zur  Ken- 
tralitftt  gezwangen  werden  soll  (Konstantinopel,  Kopenhagen l^) 

Endlieh  lälst  die  Möglichkeit,  vom  Feinde  besetetes  Gebiet  st 
überspringen  nnd  anerwartet  In  solchen  Landesteilen  anfzatreten,  die 
bisher  noch  vom  Kriege  anberOhrt  waren,  Landungen  besonders  aneh 

fUr  Flanken-  nnd  Rückenbedrohnng 
geeignet  erschienen,  wie  sie  z.  E 
1877/78  bei  der  Verteidigong  der 
Linien  von  Tscbataldscba  Ins  Aoge 
gefalst  war.  Eine  solche  wftre  hier 
umso  wirksamer  gewesen,  als  die 
Türken  das  bnlgariscbe  Festnngs- 
Viereck  im  Besitz  nnd  betrSchtUohe 
Streitkräfte  znr  Verftgnng  hatten. 

Gegen  Ende  des  Krieges 
Bobliefslich  kann  eine  Landung  dann 
stattfinden,  wenn  der  Gegner  in  seinen 
Machtmitteb  erschöpft  nnd  des  Krieges 
müde  Ist.  Denn  bei  der  meist  nor 
noch  schwachen  Abwehr  nnd  bei  der 
Möglichkeit,  da&  die  Regierang  dem  Eindruck,  den  jede  Landung 
auf  die  BevOlkerang  ausübt,  nachgiebt,  kann  dne  gut  gelungene 
Liandnng  zn  schneller  Beendung  des  Krieges  führen. 
Die  wesentlichste  Elgentttmlichkeit  einer  Landung  Ist  die,  dafii 
die  dafür  anzuwendende  Truppenzahi  beschränkt  ist.  Einmal 
sind  die  Landstreitkräfte  der  für  die  vorliegende  Betrachtung  haupt- 
sächlich in  Frage  kommenden  Staaten  derart  gleich  an  Zahl,  dab 
keine  Macht  gern  Teile  für  solche  Nebenaofgaben  abgiebt,  nnd  zwar 
um  so  weniger  gern,  als  Landungen  wenig  sichere  Aussiebt  auf 
entscheidenden  Erfolg  haben  und  duroh  etwaige  Vorteile  nicht  die 


1)  Es  sei  liier  noch  auf  die  Landunp^en  hingewiesen,  welche  die  Flotte  fern 
vom  eiiropäisohen  Krie<>:3schaui>latze  ausführen  kann  in  der  Absicht,  dadurch 
dem  Gegner  die  Benutzung  der  Uäfcn  anmüglich  zu  machen  and  sich  selbst 
Sküt^mikte  fHr  £e  eigenen  Bewegungen  ra  schaffen.  Wenn  meh  nicht  der 
KriegflUvoag  so  Lande  uunittelbar  dienend,  können  derartige  Iisndmigeii  der 
Flotte  nnd  damit  ndttelbar  wieder  dem  Heere  gute  Dienste  leisten. 


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IKe  ThStigkeik  der  flotte  im  Dienste  der  Kriegführung  an  Lande.  17] 

dem  HeMTo  dnrch  Schwächung  entstehenden  Nachteile  aufwicjren. 
Weiter  wird  die  Stärke  der  Landungstruppen  durch  die  Unmciglich- 
keit  eingeschränkt,  eine  irrofse  Zahl  von  Schiflfen  gleichzeitig  zu 
entladen,  ohne  dafs  die  wescntlii  hste  Hedingnng  ftlr  den  Erfolg,  die 
Überraschung,  darunter  litte,  (ientnai  von  Blume  hat  berechnet, 
dafs  eine  Laiuluugsflotte  von  öü  Schiffen,  wenn  alle  gleichzeitig 
landen  sollen,  einer  Ausdehnung  von  20  km  bedUrfe.  Solcher  Aus- 
dehnung stehen  aber  die  Beschaffenheit  der  KUste,  die  selten  oder 
fast  nie  in  solcher  Breite  für  Landungen  geeignet  ist,  als  auch  die 
Notwendigkeit  entgegen,  die  I^andungstruppe  wegen  der  Gefährdung 
durch  den  Feind  zusamnien/uhalteii.  Im  allgemeinen  wird  ein 
Landungskorps  höchstens  öOOOO  Mann,  also  ein  starkes  Armeekorps, 
betragen;  allerdings  kann,  wie  dies  jetzt  auch  von  den  Kngländern 
gemacht  worden  ist,  die  Flotte  neue  Stalfeln  heranführen.  Dazu 
ist  aber  Zeit  nötig,  während  der  ein  energischer  und  thatkräftiger 
Gegner  geeignete  Kräfte  versnninielt  haben  kann,  um  einen  Krfolg 
Uber  die  zuerst  geiuiideten  Truj)pen  davonzutragen.  Weiter  ist  der 
Landung  eigeniiiinlich.  dafs  die  Landungstruppen  mit  berittenen 
Waffen  und  Trains  meist  ungenügend  ausgestattet  sind,  es  sei  denn, 
dafs  ein  benachbarter  und  verbündeter  Staat  damit  aushelfe,  wie 
dies  l>ei  einer  frauzi)Nischen  Landung  1870  durch  Däin  inark  hätte 
geschehen  können.  Der  Grund  für  den  Mangel  liegt  in  der  so  \nel 
schwierigeren  Beturderung  von  Tieren  und  in  den  Flntbehrungen,  welche 
diese  während  der  Seefahrt  erleiden  nitissen.  Eine  längere  Dauer 
derselben  kann  nennenswerte  Verluste  an  Tieren  zur  Folge  haben, 
zu  denen  schliefslicli  noch  solche  bei  der  Ausschiffung  kommen. 
Eine  mangelhafte  Ausstattung  mit  berittenen  Waffen  und  Trains 
hemmt  aber  eine  energische  Vorwärtsbewegung,  die  gerade  zur 
Aunnurzung  der  Landung  und  zur  Vergrölsernng  der  Bads 
nötig  wäre. 

Eine  gnte  Basierang  der  Landungstruppe  ist  aber  um  deswillen 
erforderlich,  als  diese  vom  Hauptheere  TÖlUg  getrennt  and  nur  auf 
die  Verbhidaiig  snr  See  angewiesen  sind.  Holtke  sagte  einmal: 
ndafo  er  wolil  wisse,  wie  man  ein  Heer  naoli  England  hiozoschaffen 
babe,  da&  es  ibm  aber  verborgen  sei»  wie  man  dieses  Heer  wieder 
snrttekbringen  wolle. Er  wollte  damit  ansdrttcken,  wie  wicbtig 
die  VerbindoDg  cor  See  sei  nnd  wie  nnr  die  B^emehong  der 
See  die  Brhaltnng  des  gelandeten  Heeres  ermöglichen  könne.  Eine 
Basiemng  auf  die  See  and  anf  die  Flotte  ist  aber  stets  nnroUkommen, 
da  Wind  und  Wetter  den  Verkehr  mit  der  Flotte  stören,  ja  ihn 


Naeh  einer  Mitteilung  im  „Flottenfraund*. 


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172        Tbätigkeit  der  Flotte  im  Dienste  der  Kriegfühmn^  zu  Lande. 

gänzlich  unterbrechen  können.  Eine  iJautrude  Trennuujr  von  der 
Flotte  ist  für  die  schwachen  alleinstehenden  Landungstrappen  aber 
gleichbedeutend  mit  Vernichtung,  zumal  sie  bfi  der  Unsicherheit  der 
Verhältnisse  —  unbekannte  rrofrond,  feindselii.'-c  licviilkcrung  —  nnd 
bei  der  Unmöglichkeit  weiter  Aufklärung  vom  Feinde  völlig  abhängig 
und  deshalb  mehr  als  sonst  zum  Zusammenhalt  der  Kräfte  gezwungen 
sind.  Dies  hat  Schwierigkeiten  in  der  Verptlt  irung  zur  Folge,  die 
sich  mit  dem  weiteren  Vorschreiten  der  Bewegung  nur  verschlinum  rii. 
damit  der  Fntfcrnung  von  der  Landuiigsstelie  die  Verbindun^'Nlinieii 
länger  werden  und  ihre  Empfindlichkeit,  sowie  die  Gefahr  der 
Unterbrechung  zunehmen.  Starke  Etappentruppen  werden  notwendig, 
und  ihre  N'erwendung  im  Kücken  des  Heeres  entzieht  sie  dem 
Kampfe  in  der  Front.  Auch  die  erste  Ordre  de  Bataille  des  kürz- 
lieh für  Südafrika  aulgestellten  englischen  Armeekorps ')  trug  dieser 
Eigenschaft  der  \  erbinduugslinien  lU  chnnng;  denn  aulser  den  27 
Bataillonen  erster  Linie  waren  von  vornherein  7  Bataillone  als 
Etappentruppen  vorgesehen.  Zweifellos  wird  aber  die  Unsicherheit 
der  Verhältnisse  —  abgesehen  von  der  späteren  Verstärkimg  der 
Kampftruppe  —  noch  einen  erheblichen  Mehrbedarf  an  Truppen  zur 
Deckung  der  rückwärtigen  Verbindungslinien  nötig  gemacht  haben, 
wie  deoD  ancb  kttralieb  gemeldet  wurde,  dato  Ton  den  aogenbliok- 
Ueb*)  in  SttdaMka  befindlicben  105000  Mann  nur  etwa  70  bis  80000 
fttr  den  Kampf  in  der  Front  verfügbar  seien. 

Der  Erfolg  einer  Landong  hängt  besonders  davon  ab,  dafs  sie 
ttbeirasohend  ins  Werk  gesetzt  und  ausgeführt  wird.  Sie  wird  daher 
—  im  Gegensatz  zu  Ansscliiffiingen  am  Ende  von  Truppenreisen  — 
nur  aasnahmsweise  in  Häfen,  meist  aber  an  solcben  KUstenstellen 
stattfinden,  an  denen  ein  Herankommen  der  Transportschiffe  an  Land 
nicht  aosfOhrbar,  an  denen  also  znnäobst  ein  Umladen  von  Menschen, 
Tieren  nnd  Material  nötig  ist  Die  Wahl  des  Landongsponktes  ist 
daher  von  hohem  Wert  Am  günstigsten,  namentlich  aaeb  tttr  die 
spätere  Basierang,  wäre  eine  Ansscbifinng  unter  dem  Scbntze  einer 
Insel;  docb  wttrde  dies  die  erste  Bedingung  fbr  den  Erfolg  einer 
Landung,  die  Oberrascbung,  in  Frage  stellen.  Andererseits  giebt  es 
nur  wenige  für  eine  Landung  geeignete  Kttstenpunkte,  die  aber  dem 
Feinde  bekannt  nnd  daher  besonderer  Aufmerksamkeit  und  Be- 
wachung unterworfen  sind.  Es  kommt  also  darauf  an,  den  Feind 
zunächst  zu  täuschen  und  dann  überraschend  an  dem  wahren  Lan- 
dungspnnkte  aufzutreten.  Fttr  diesen  kommen  in  Betraobt:  ein  guter 
Ankerplatz  und  die  MOgHobkeit,  alle  Scbiffe  gleichzeitig  zu  entladen. 

I)  Militär-WoobenbUtt  für         Nr.  97. 
^  Anfimg  Jaansr. 


Die  ThStigk«it  der  Flotte  im  Dienste  der  Kriegftthnmg  ni  Lande.  173 


DatUr  ist  aber  eine  Steilküste  mit  vorgelagerten  Klippen  ebenso 
wenig  geeignet  als  ein  weit  in  die  See  hinausragender  Strand j 
während  erstere  die  Bewachung  erleichtert  und  den  Zugang  er- 
schwert, notigt  letztere  die  Schiffe  zu  weiterem  Abbleiben  und  yer« 
langsamt  so  die  Ausschiffung. 

Tin  übrigen  häugt  der  Erfolg  einer  Landung  auch  davon  ab, 
gegen  wen  sie  unternommen  wird:  geiron  eint-ii  starken  und  wohl- 
geordneten Staat  wird  die  Aussicht  auf  Ertbl^'^  nur  gering  sein; 
grölser  dagegen  ist  sie,  wenn  ein  erschöpfter  oder  ein  aller  Abwehr- 
inittel  barer  Staat  das  Angrit^'sziel  bildet.  Stets  bleibt  aber  zu  be- 
denken, dass  die  Aussieht  auf  Krfnl::-  ciiir  unsichere  ist. 

Die  Ausfuhrung  einer  Landung  richtet  sich  danach,  ob  eine 
Gefährdung  durch  den  Feind  zn  befürchten  ist  oder  nicht.  Im 
letzteren  Fall  gehen  die  rrans|)urt>chiflfe  an  die  Kllste  heran  und 
beginnen  mit  der  Landung  der  Infanterie,  die  dann  durch  Aufstellung 
vorwärts  der  Landungsstelle  das  I  nternehinen  zu  sichern  hat.  Zur 
Erhöhung  ihres  Widerstands  ist  aui  baldige  Nachfllhrung  von  Artillerie 
Bedacht  zu  nehmen,  zu  deren  AusschiiVung  nötigenfalls  von  den 
Pionieren  Landungsbrtlcken  herzustellen  sind.  Kavallerie,  die  aber 
meist  nur  in  geringer  Stärke  vorhanden  sein  wird,  ist  möglichst 
bald  nach  ihrer  Ausschiffung  vorzusenden,  um  .Aufklärung  zu  schaffen, 
wichtige  Bahn-  und  Telegraphenlinieu  zu  zerstören  und  ein  feind- 
liches Vorgehen  zu  verzögern.  Sind  sämtliche  Truppen  an  Land, 
dann  ist  sofort  —  ohne  dals  aber  dadurch  die  Vorwärtsbewegung 
der  Landungstruj)pen  aufgehalten  wtirde  —  mit  der  Befestigung  der 
Landungsstelle  zu  beginnen,  während  die  Flotte  durch  Besitznahme 
wichtiger  Punkte  die  Ausbreitung  längs  der  Küste  und  die  Sicherung 
der  Landungsstelle  zu  erleichtem  sucht,  da  nur  so  dem  Landungs- 
korps  die  Freiheit  der  Bewegung  und  die  Möglichkeit,  Erfolge  zu 
erzielen,  gewahrt  werden, 

„Die  Beherrschang  einer  KUstengegend  beruht  im  Kriege  auf 
dem  Ubergewicht  einer  Flotte",  sagt  Mahan  in  seinem  schon  mehr- 
mals angeführten  Werke;  dies  weist  wieder  auf  die  Bedeutung 
einer  starken  Flotte  hin,  stark  genug,  um  im  Kampfe  auf  offener 
See  die  Überlegenheit  Uber  den  Gegner  zu  gewinnen,  ohne  die  eine 
Ausüllirung  von  Landungen  und  der  dauernde  Besitz  der  Landuuga- 
etelle  unmöglich  erscbeinen. 

Eine  Landung  zu  erzwingen,  also  an  Bord  von  Schiffen  befind- 
liebe Truppen  mit  allen  Waffen  und  allem  Material  angesichts  des 
Feindes  an  Land  zu  bringen,  ist  ein  äufserst  schwieriges  Unter- 
nehmen, welches  nnr  an  solchen  Punkten  ausftthrbar  ist,  an  denen 
die  die  Transportschiffe  begleitenden  Kriegsschiffe  sich  dem  Strande 


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I 


174  ^  ThiitigfceÜ  der  Flotte  in  Diansto  der  JintgSühnng  m  Lande. 

80  weit  nähern  können,  dafs  ihre  weittragenden  (ieschütze  den  Feind 
in  solcher  Entfemang  halten,  dafs  sein  .\rtillerie-  und  Infanteriefener 
unwirksam  sind.  Gelingt  dies,  dann  kann  mit  der  Aassehilfonsr  der 
bisher  aulser  8chufsweite  grehalteneu  Landan^rstroppen  be^'unnen 
werden;  anderenfalls  muls  von  der  Landunpr  Abstand  jjenominen  und 
diese  an  anderer  Stelle  versucht  werden.  Bei  Hachen  Uteru  und 
fehlenden  Büchten  sind  p-öfsere  Truppenlandungen  angesichts  des 
Feindes  kaum  möglich;  dennoch  können  einzelne  von  Kriegsschiüeu 
begh'itetc  Trausportschitle  dadurch  von  Nutzen  sein,  dafs  sie  durch 
Scheinlandnngen  den  Feind  zu  täuschen  und  zur  Abzweigung  von 
Truppen  zu  veranlassen  suchen. 

Die  Thätigkeit  der  Flotte  bei  der  Abwehr  von  Landungen  be- 
steht darin,  dafs  durch  Torpedoboote  und  besondere  für  den  Küsten- 
schutz gebaute  Schiffe  ein  Herankoninini  tVindiicher  Fahrzeuge  wenn 
nicht  verhindert,  so  doch  erschwert  und  dir  wahre  Landnngspunkt 
thonlichst  bald  erkannt  wird.  In  Deutschland  sind  für  diesen  Zweck 
aulser  den  Torpedobooten  18  wenig  gefechtsfähige  Panzcrkanoneii- 
boote  von  3,5  m  Tiefgang  und  9  bezw.  15  (die  beiden  neuesten) 
Seemeilen  Schnelligkeit  bestimmt,  während  tür  den  besonderen 
Schutz  des  Kaiser-Wilhelm-Kanals  die  8  KUstenpanzer  der  Siegfried- 
Klasse  dienen  sollen,  die  in  den  Jahren  1888—1893  erbaut  sind 
und  einen  Tiefgang  von  5,3  m,  sowie  eine  Geschwindigkeit  von  15 
bis  16  Seemeilen  besitzen.  Sie  entsprechen  ihrem  Zweck  vollständig, 
sind  aber  zum  Gebrauche  auf  hoher  See  ungeeignet;  die  Überzeugung, 
dafe  die  Kttsten  am  besten  durch  Vernichtung  des  Gegners,  also 
dorch  den  Kampf  auf  hober  See,  verteidigt  werden,  bat  denn  aneh 
dazu  geführt,  dais  die  KoTelle  znm  Flottengesets  von  1898  an  Stelle^ 
der  KUstenpanzer  bei  fiimehnng  Uirer  Altersgrenze  einen  Ersatz 
durch  vollwertige  Liniensehiffe  Torsehlägt.  Die  Tbfttigkeit  der  ge* 
nannten  Schiffe  soll  nnn  die  Zeit  gewähren,  die  Kttstensehntztruppen 
nut  dem  Telegraphen  herheiznmfen  and  anf  der  Eiaenhahn  heranzn- 
Ülhren,  nm  eine  Landung  zn  verhindern,  oder  den  schon  gelandeten 
Gegner  zorttokznwerfen.  Der  Führer  der  Landtruppen  moCs  sieh 
dabei  vor  ttbereiltem  Eandehi  httten  und  darf  sieh  nicht  durch  die 
Aufregung  der  KttstenberOlkerung  zur  Verzettelung  seiner  Kraft 
verleiten  lassen.  Ist  aber  einmal  der  wahre  Landungsponkt  erkannt, 
dann  mnls  seine  Losung  sein:  schnelles  und  energisches  EfaiBetcea 
aUer  verfügbaren  Truppen! 

Fasse  ich  nun  n*eine  Betrachtung  noch  einmal  zusammen,  so 
kann  die  Thätigkeit  der  Flotte  der  Kriegsführung  zn  Lande  mittel- 
bar durch  Erspainis  ?on  Befestigungen  und  durch  Wahmng  der 
Verhuidnng  mit  dem  Auslände,  unmittelbar  durch  Untersttttznngp 


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Der  UMiiluttüseh-apaiiiBohe  Seekrieg  und  die  Strategen  in  Washington.  175 


der  Heeresbeweguiitron  län^s  der  Kliste,  besonders  beim  Angrift'und 
bei  der  Verteidigung  von  KUstenfestungen,  durch  llbprfl\hrung  des 
Heeres  oder  von  lieortpilen  Uber  das  Meer,  endlieh  durch  AusfUhrang 
und  Abwehr  von  Lauduniren  wichtige  Dienste  leisten.  Neben  dem 
verständnisvollen  und  wohl  Mherb^irten  Zusunnrienwirkeii  von  Heer 
und  Flotte  ist  dazu  aber  Voraussetzung,  dals  die  ISeeinacht  das  Meer 
beherrsche  oder  doch  imstande  sei,  gewisse  Abschnitte  in  acbtuogs- 
gebietender  Weise  zu  besetzen  und  wirksam  zu  verteidigen. 

Dafs  dies  von  der  deutsehen  Wehrkraft  zur  See  geschehen 
könne,  ist  das  Ziel  der  steten  Fürsorge  unseres  Kaisers,  das  Ziel, 
welches  er,  unbeirrt  durch  entgegenstehende  Anschauungen  Jeder 
Art,  seit  seinem  Kegiernngsantritt  unausgesetzt  verfolgt  hat  und 
welches  er.  wie  seine  am  1.  Januar  au  die  Offiziere  der  Garnison 
Berlin  gehaltene  Ansprache  wieder  gezeigt  bat,  aacb  iu  Zukauft  fest 
im  Auge  halten  will. 

Hotfeu  wir,  dals  Deutschland  dieses  Ziel  erreichen  und  iu  der 
Lage  sein  möge,  in  einem  künftigen  Kriege  nicht  nur  —  wie  vor 
30  Jahren  -  njit  der  Landmacht,  sondern  auch  mit  seiner  Marine 
reiche  Lorbeeren  zu  ernten!  F.  57. 


XIV. 

Der  amerikanisch-spaaischs  Seekrieg  und  die  Strategen 

in  Washington. 

Der  bekauiite  amerikanische  .Marineschrittsteller  Kapitän  Mahan  hat 
kürzlich  ein  Buch  über  den  letztei]  Krieg  gegen  Spanien  herausgegeben, 
welches  er  „der  Seekrieg  und  seine  Lehren"  (the  war  on  sea  and 
its  lessons)  betitelt  hat.  Dieses  Buch  ist  zu  früh  erschienen,  am  die 
vielen  fUr  das  vollständige  Verständnis  der  Operationen  wichtigen  An- 
gaben berücksichtigen  zu  können,  wie  z.  B.  di&  offiziellen  spanischen 
Anweisungen  and  Depeschen  an  die  Trappen-  ond  Gescbwaderchefs. 
Der  Autor  setzt  uns  selbst  davon  in  Kenntnis.  Aneb^ist  es  niebt 
die  Rtteksiebt  aaf  die  wirkliehe  Sachlage,  welche  diese  Übentttnoog 
bat  yeranlassen  mtlsseD,  sondern  der  lebbafte  Wunsch,  die  Rollen 
welche  die  amerikanisebe  Marine  während  des  Krieges  gespielt  bat, 
in  Terteidigen  nnd  die  Mafsregebi  tn  recbtlertigen,  welebe  bis  zur 


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176  I^or  amMllMiiiBeh-spttiiBolie  Seekrieg  und  die  8tnteg«ii  in  Washinglon. 


bchliersliehcn  Entuickelun^r  erfrnfTt*n  wurden.  Das  Buch  ist  ge- 
schrieben worden,  um  (iie  iifVentliche  Meinung  zu  bilden,  mit  andern 
Worten  zur  \  erteidiiruiii:  des  Adiniralstabes  oder  des  Strategie  Council 
in  Washin^'ton.  dein  Kapitän  Mahan  während  des  Krieges  angehörte. 
Wir  sehen  uunnielir.  wie  in  diesem  Buche  der  bedeutende  Gesehiehts- 
philosoph  sich  nicht  mehr  mit  der  Verganirenheit  befalst  wie  in  seinen 
bekannten  Büchern  ,4ö^lu^"ce  of  seapower  upon  history".  sondern  mit 
den  konkreten  und  sehr  einschneidenden  \  erhäitnisseu  der  Gegen- 
wart, und  wie  er  diese  in  der  matten  und  niittelmäfsigen  Art  be- 
handelt und  geleitet  hat,  welche  selbst  in  den  Augen  der  Amerikaner 
die  Fuhrung  iii<  scs  Seekrieges  charakterisiert.  Es  ist  eben  ein  ge- 
waltiger riitorsehied  zwischen  der  Arbeit  eines  Historikers,  welcher 
mit  kuhler  Seelenruhe  Uber  Kriegsoperationen  urteilt  und  der  eines 
Mitgliedes  des  Admiralstabes,  welches  militärische  Operationen  von 
grölster  einschneidender  Bedeutung  leiten  soll.  Mahan  beginnt  zuerst 
mit  der  Betrachtung,  dals  mit  dem  Verlust  des  „Maine-'  im  Hafeu 
von  llavana  das  Gleichgewicht  zwischen  den  beiden  ttiiidlieben 
Flotten  zu  Ungunsten  dvr  Amerikaner  gestört  war.  Daher  wurde 
der  „Oregon''  aus  dem  Stillen  Ocean  nach  dem  Atlantischen  beordert 
und  Admiral  Sampson  verboten,  seine  Schilfe  Gefahren  auszusetzen. 
Er  sollte  nur  dann  etwas  wagen,  wenn  er  sicher  wäre,  die  spanische 
Flotte  oder  wenigstens  einen  beträchtlichen  Teil  derselben  zu  ver- 
nichten Der  kiilirje  und  einsichtsvolle  Plan  des  Admirals,  Havana 
anzugreilen.  wurde  verworfen.  Was  soll  nun  dieses  Geschwader  be- 
ginnen, welches  sich  sorgfältig  intakt  halten  sollte  bis  zum  Moment  der 
Vernichtung  des  Feindes?  Wenn  das  feindliche  (Geschwader  in 
Europa  geblieben  wäre,  würde  mau  es  dort  haben  aufsuchen  müssen, 
während  dieser  Zeit  hätte  der  Feind  den  ungeschützten  Küsten  der 
Union  einen  sehr  unbequemen  Besuch  abstatten  können  und  würde 
reiche  Beute  unter  den  HandelsschiflFen  gefunden  haben.  Daher  tällt 
dem  reicheren  Feinde  immer  die  Verteidigung  zur  Last,  derjenige, 
welcher  weniger  zu  verlieren  hat.  wird  immer  entschlossen  zum 
Kreuzer-  oder  Kaperkriege  übergehen.  Wenn  der  Admiral  Cervera 
bei  den  kanarischen  Inseln  geblieben  wäre,  wie  er  es  wollte,  würde 
die  amerikanische  Strategie  sich  vor  einer  sehr  schwierigen  Aufgabe 
befunden  haben;  der  Krieg  in  Kuba  würde  seinen  normalen  Verlaut 
genommen  haben  in  der  Provinz  Havana,  wo  die  Spanier  alle  ihre 
Streitkräfte  konzentriert  hatten,  und  das  Schicksal  des  Krieges  würde 
nicht  in  einem  so  ganz  excentrisch  gelegenen  Ort  wie  Santiago  ent- 
schieden worden  sein.  Aber  diese  unangenehme  Perspektive  blieb  den 
Amerikanern  erspart.  Man  empfing  in  der  That  in  Washington  alle 
Telegramme,  welche  für  Cervera  bestimmt  waren,  man  erhielt  sie 


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Der  amerikaDihoh-3pam»ühe  .Seekrieg  und  die  Strategen  in  Waalüngtun.  X77 


sogar  vor  ihm.  Man  wnlMe  also,  dab  er  troti  aller  seiner  Gegeo- 
TorsteUiiDgen  von  der  iLanatehtigen  Regiemiig  den  Befehl  erhalten 
liatle,  naeh  den  französisehen  Antillen  in  See  m  geben  und  zwar 
Portorioo  als  äolserste  Station.  Man  hranehte  ihn  also  nnr  dort  an 
erwarten.  Daher  war  man  anoh  im  Kriegsrai  tlher  die  allgemeine 
Volksstimmnng  so  ungehalten,  welche  ganz  kategoriseh  das  fliegende 
C^ehwader  bei  Hampton-Boads  Terlangte,  nm  die  Kttste  zu  be- 
schützen, welche  man  nicht  bedroht  wobte.  Wie  dämm,  dab  man 
allen  diesen  tapferen  Yankees  nicht  zomfen  konnte,  wir  haben  die 
besseren  Longen,  es  ist  keine  Gefiihr.  Das  Buch  von  Mahan  ist 
▼oll  Ton  Anspielungen  aof  diese  unsinnige  und  wttrdelose  Panik. 
Dank  dieser  Kopflosigkeit  konnte  der  Kommodore  Schley  sich  nicht 
rechtzeitig  an  der  Sttdkttste  von  Kuba  ehiiinden,  so  ist  das  Meer, 
itlnf  Tage  fbr  Cerrera  frei  geblieben,  welcher  in  Santiago  ankerte. 
Da  die  Kabel  die  Geheminisse  Cerveras  Teirieten,  war  es  sehr  tot- 
teilbaft,  die  Blockade  von  Kuba  so  danustellen,  dals  die  Armee 
ausgehungert  würde,  um  so  die  Marine  zur  Intervention  zu  zwingen 
Diese  Blockade  ist  naeh  dem  Geständnis  des  Verfassers  in  Idig^ 
lieber  Welse  gehandhabt  worden.  Drei  Viertel  der  an  der  Küste 
stationierten  Schifle  hatten  überhaupt  keinen  Gefechtswert,  man  war 
ohne  Unterlab  bemüht,  sie  von  ihrer  eigentlichen  Bestimmung  abzu- 
wenden zur  Eskortiemng  TonKouTob,  Ausflihrung  von  Transporten  u.  a. 
Mahan  konstatiert  den  bedeutenden  Sebmuggelhandel  während  der 
stärksten  Blockade  und  ans  den  Berichten  der  dentsehen  Offideie 
weib  man,  wie  es  in  Havana  in  Bezug  auf  die  Lebensfrage  be- 
stellt war.  Auch  waren  die  Blockierten  mäbige  Südländer,  die 
Blockierenden  verlangten  mehr  für  den  Magen,  die  Partie  war  daher 
ungleich.  Sampsons  Geschwader  gab  die  Blockade  gerade  in  dem 
Augenblick  auf,  als  aller  Voraussicht  nach  das  spanische  Geschwader 
in  diesen  Gewässern  ankommen  sollte,  am  sich  nach  San  Juan  de 
Porto  Rico  zu  begeben,  eine  sehr  befremdende  Bewegung,  für  welche 
Mahan  Muhe  hat,  eine  befriedigende  Erklärung  abzugeben,  obwohl 
er  sich  bemüht,  zu  beweisen,  dab  der  begangene  Irrtum  ohne  Gefahr 
war.  An  der  Beweiskraft  seiner  Gründe  verzweifelnd  giebt  er  zaietzt 
offen  und  ToUständig  die  Wahrscheinliehkeit  zu,  dab  San  Juan  der 
wirkliche  Bestimmungsort  von  Cervera  war.  Die  eigene  Schuld, 
welche  er  sich  auf  Grnnd  dieser  Operation  beimilst,  wird  nur  kurz 
gestreift,  und  er  sohliebt  mit  der  ebenso  resignierten  wie  trivialen 
Reflexion,  dab  man  niemab  die  gegebenen  Anordnungen  autgeben 
soll,  wenn  man  seiner  Sache  sicher  ist.  Da  wird  das  spanische  Ge- 
schwader auf  der  Höhe  von  Martinique  gemeldet.  Nach  Mahan  ist 
es  sicher,  dab  die  Nachricht  yom  Bombardement  von  San  Juan  ihm 

JiMMot  IBr  ai*  dwlNk*  AmM  «aA  MiiiM.  Bd.  IM.  S.  12 


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178  ^  imerikaiüMlMpMBUehe  Seekrieg  und  die  Strategen  in  Waaliington. 

mitgeteOft  woiden  ist  Es  wird  daher  die  urBprttnglichen  so  wohl  be- 
kannten Instroktionen  nioht  befolgen.  Wohin  wird  es  geben?  Man 
wnfote  ans  früheren  genauen  Erknndignngen,  dats  KcMenschiffe  den 
Befehl  erhalten  hatten,  das  Geschwader  im  Golf  von  Venezuela  hnndeit 
Heilen  von  Cnragao  zu  treffen.  Für  ans,  die  wir  die  offiaellen  Do- 
komente  besitzen,  welehe  von  Oervera  Teröfllentlicbt  worden,  ist  es  nicht 
sehwer  zo  erraten,  wober  man  es  wnlste.  Der  Marineminister  Annon 
hatte  in  der  That  telegraphiert,  dats  er  Ihm  ein  RohlenschifiT  nach 
Cora^  an  seiner  Verfügung  schickte.  Dieses  Kohlenschiff  ist  zu 
spät  gekommen,  aber  Mahan,  welcher  davon  nichts  weils  oder  vor* 
giebt,  es  nicht  zu  wissen,  erklärt,  da(s  seine  Nachrichten  ungenau 
waren,  weil  Cenrera  in  Curacao  nur  sehr  wenig  Kohlen  genommen 
zu  haben  scheint    Welehe  Komödie  fllr  den  unparteiischen  Dritten! 

Als  Cervera  Curacao  veriiels.  wurde  noch  ein  dritter  Zaflocbtt>- 
ort  für  seine  Bestininiuug  ins  Treü'eo  geführt  „Man  hatte  die  Naeh- 
rieht  erhalten,  dals  Cervera  Kriegsmanition  znr  Verteidigung  von 
Havana  brächte,  und  dafs  er  die  bestimmte  Ordre  hatte,  entweder 
Havana  oder  einen  Hafen  zu  erreichen,  welcher  mit  Havana  durch 
die  Eisenbahn  za  erreioher)  war,  was  otTenbar  an!  Clenfuegos  biU' 
deutete."  Infolgedessen  wurden  die  kleinen  Fahrzeuge,  welche  diesen 
Hafen  blockierten,  im  Interesse  ihrer  Sicherheit  auf  die  hohe  See 
geschickt,  Kommodore  Schley  sollte  sie  ersetzen,  und  Schhy  konnte 
sich  nicht  entschliefsen,  diese  Blockade  aufzugeben.  Es  ist  sehr 
wahrscheinlich,  dals  diese  Nachricht  auf  Kuba  zu  einem  politischen 
Zweck  verbreitet  wurde,  aber  das  Geschwader  Cerveras  brachte  in 
Wirklichkeit  keine  Munition,  was  die  bitteren  und  gerechtfertigti  u 
Klagen  des  Marschall  Blanco  veranlalste.  Man  erkennt,  dafs  dsui 
reiche  Volk  der  Amerikaner  zuerst  daran  denkend  zu  sich  schützen, 
dann  das  Gebiet  des  Gegners  zn  blockieren  und  ihm  so  in  der 
That  die  strategische  Initiative  Uberlassend,  im  übrigen  im  Besitz 
der  genauesten  Nachrichten  Uber  die  Absichten  des  Feindes,  sieb 
dennoch  in  einer  beillosen  \  erlegenheit  befunden  bat.  da  alle  von  dem 
Kriegsrat  angeordneten  Maisnahmen  nachhinkten.  Natürlich  findet 
sich  diese  Bemerkung  nicht  in  dem  Werke  Mahans.  Die  guten  Ku- 
baner  benachrichtigten  die  Amerikaner  zum  Gluck,  dals  Cervera  in 
Santiago  war.  Dieser  Admiral  liefs  es  geschehen,  dafs  der  englische 
Kohlendampfer  Kestomiel,  welcher  2400  Tons  Kohlen  lUr  das  spa- 
nische Geschwader  an  Bord  hatte,  vor  dem  Hafen  von  dem  kaum 
armierten  amerikanischen  Hilfskreuzer  Saint-Paul  weggenommen  wurde, 
dessen  Zeitpunkt  der  Abrcis»'  von  Curai^ao  und  Geschwindigkeit  der 
Admiral  kannte,  welchen  er  um  jeden  Preis  in  den  Hafen  zu  bringen 
versacht  haben  sollte.   £ndUch  konnte  er  sich  nicht  entschüeisen. 


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Der  aiiieiilumiBch-spaiiigehe  Seekrieg  und  die  Strategen  in  Waahington.  179 

zor  rechten  Zeit  aus  dein  Hafen  aaszulanfen,  um  nach  Cienfuegoa 
zu  gehen,  wozu  ihn  die  beiden  thatkräftigrsten  seiner  höheren  Offiziere 
vergeblieh  zu  bewegen  suchten.    Die  Amerikaner  erfuhren  also,  wo 
die  spanische  Flotte  eingeschlossen  war.   Die  (Jberleitung  wollte  aber 
keines  ihrer  wenig  ersetzbaren  Panzerschiffe  in  die  Hafeneinfahrt  auf 
ein  ungewisses  Wagnis  hin  einlaufen  lassen.   Die  wenigen  Torpedo- 
boote, weiche  die  Union  besiafs,  waren  durch  den  Depescliendieust, 
weichen  der  Mangel   an   Kreuzern  ihnen  auferlegte  und  durch  den 
Blockadedienst,  welcher  iimen  an  der  Xonikllste  —  durchaus  im 
Gegensatz  zu  ilirer  Bestimmung  —  obla^:,  lahiii     wonleu.   Es  wurde 
daher   bestimmt,   dals  die  Armee  den  Tlat/.  zu  Fall  bringen  sollte 
und  mit  demselben  Schlage  die  Flotte.    Die  Marine  reservierte  sieh 
die   Aufgabe,  die   Flotte   am  Auslaufen  zu  verhindern,  was  aut  die 
wohlfeilste  Art  geschehen  wäre,  wenn  der  Anschlag  des  „Mi  1 1  imac" 
geglückt  wäre.    Hier  muls  unser  Autor  seine  ganze  Dialektik  an- 
wenden.   Bis  hierher  hat  er  ziemlich  leicht  die  öffentliche  Meinung 
berahigen  können,  indem  er  erklärt,  dafo  die  ersten  Operationen  ihm 
sehr  viel  Überraschnngen  gebracht  haben.    „Wenn  unsere  Kombina- 
tionen nicht  Ton  Erfolg  begünstigt  waren,  sagt  er  zum  amerikanischen 
Leser,  ist  es  tnerst  and  vor  allem  Eure  Selnild/*  ffia  habt  Furcht 
▼or  einem  Bombardement  der  Häfen  gehabt  nad  habt  ein  Verteidi- 
gungsgesehwader  zor  Unthätigkeit  Terdammt'*.  „Ndd  wohl,  wenn 
Jhr  80  ängstlich  seid,  hättet  Jhr  mehr  Geld  iUr  die  Befestigungen  and 
die  Flotte  ausgeben  sollen,  mit  vier  G^hwadem  wttiden  wir  Knba 
bloekierti  unsere  Kästen  gedeckt  nnd  ao&erdem  den  Fehid  in  seinem 
eigenen  Meere  anfgesnebt  haben.  Dann  wärde  es  keinen  Krieg  ge- 
geben haben,  denn  die  spanische  Admiralität  wttide  dann  eingesehen 
haben,  dals  die  Union  Spanien  am  die  vierfache  Zahi  an  Schiffen 
ttberlegen  ist  and  wttrde  sieh  beeilt  haben,  nnsem  Wünschen  nach- 
zukommen.  Aber  anfser  Euch  hat  auch  noch  Cervera  Sobald,  welcher 
unsere  sehr  mäfsigen  Hoflhnngen  getäuscht  hat,  denn  man  nimmt 
doch  nicht  an,  dals  man  so  lange  Zeit  braacht,  am  Uber  den  atlan- 
tiseben Ocean  zn  gehen.'*  —  Jetzt  aber  handelt  es  sich  darum,  die 
abwartende  Haltung  der  Flotte  vor  Santiago  zn  rechtfertigen,  welche 
sehr  streng  verarteilt  worden  ist,  es  handelt  sich  dumm,  anfeaklären, 
warnm  sie  so  lange  anthätig  geblieben  ist  damals,  als  Spanien  sieh 
rttstete,  sein  Reservegeschwader  nach  den  Philippinen  za  entsenden, 
welches  dort  sicherlich  Mher  angekommen  wäre  als  die  sich  mtthsam 
von  der  Stelle  bewegenden  amerikanischen  Monitors.  Hier  wird  nun 
em  politischer  Grand  angefahrt  „Man  maia  sich  erinnern,  daTs  die 
spanische  Marine  nicht  allein  hier  in  Betracht  kam."  Oflenbar  ist 
damit  Deutschland  gemeint,  aber  dies  Baisonnement  ist  ziemlich 

12* 


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XgO    ^Bi*  amerikaoisüh-spaaische  Seekrieg  und  die  Strategen  in  Washington. 

schwach.  Das  beste  Mittel,  eine  enropftische  Intenrention  zu  yer- 
iiindeni,  war,  schnell  einen  entscheidenden  Sehlag  aof  Kuba  m 
führen  nnd  dem  Feinde  keine  Zeit  zn  lassen,  aof  den  Philippinen 
das  ersohtttterte  Gleichgewicht  wiedeifaerzastellen.  Nicht  anf  Knba 
konnte  der*dentsche  Admiral  in  die  VersnchoDg  kommen,  zu  handehi  nnd 
nicht  dort  molste  man  sich  bereit  halten,  ihn  zn  empfangen.  Troto 
aller  gemachten  Fehler  wnrde  die  Gefahr  dnreh  die  Geschicklichkeit 
Deweys  abgewendet,  welcher  es  erreicht  hatte,  die  Dentschen  glanben 
zn  machen,  dab  der  englische  Kommodore  die  Ordre  hätte,  ihn  zn 
onterstlltzen,  was  der  gröfste  Dienst  war,  den  er  seinem  Lande  leisten 
konnte.  So  fadenscheinig  dieser  politische  Gmnd  aneh  ist,  so  hat 
dieser  Abschnitt  des  Bnches  mit  den  vielen  geheimnisvollen  Anspielungen 
nnd  Vorbehalten  des  Verfassers  aof  den  amerikanischen  Leser  Ein- 
druck machen  rottssen,  welcher  {ene  Bennmhigongen  nicht  vergessen 
hat,  die  das  deatsche  Geschwader  durch  seine  nicht  leicht  verständ- 
liche Haltung  verursacht  hat.  Mahan  beeilt  sich  allerdings  die  Hetz- 
hunde abzurufen,  wie  man  sagt,  indem  er  sieb  eingehend  ttber  die 
Sorgfalt  ausllKst»  mit  welcher  die  ICarine  die  Eskorte  des  Expeditions- 
korps nach  Kuba  organisierte.  „Wenn  die  spanischen  Kanonenboote, 
welche  den  Polizeidienst  an  der  Kttste  versahen,  um  die  Waffen- 
Zufuhr  für  die  Insurgenten  zu  verhindern,  sich  etwa  einfallen  lassen 
sollten,  gegen  den  Konvoi  vorzugehen,  sagt  er,  würden  sie  von 
dem  Panzerschiff  „Indiana*^  wohl  emp&ngen  worden  sein,  von  dem 
übrigen  zu  schweigen.^  Ende  gut,  alles  gut  —  „Oervera  machte 
seinen  Durohbruchsversnch,  nnd  wir  haben  ihn  in  Santiago  zermalmt, 
nnd  wenn  er  ans  seinem  Zufluehtshafen  verschwunden  würe,  würden 
wir  ihn  irgendwo  anders  abgefalst  baben.^  Was  würde  aber  ge- 
schehen sein,  wenn  Oervera  mit  seinen  Schiffen  sechszehn  Knoten 
hätte  laufen  können,  was  doch  keine  nngeheueriiche  Forderung  ist? 
Man  denke  nur  daran,  dafo  der  Kreuzer  Oolon  beinahe  entkoromen 
wäre,  der  nur  13  Knoten  lief.  Der  verzweifelte  Darchbruch  würde 
dann  geglückt  sein,  nnd  der  Admiral  würde  in  einen  andern  kuba- 
nischen Hafen  eingelaufen  sein,  der  weniger  einem  LandangritT  aus- 
gesetzt war.  Dann  hätte  sich  die  Angabe,  ihn  zn  fangen,  fUr  die 
Amerikaner  unter  unendlich  ungünstigeren  Bedingungen  wiederholt 
Die  moralische  Wirkung  der  Ankunft  und  des  Vorbandenseins  des 
(  rt  scinvaders  Oerveras  und  die  reichlich  erwiesene  Ohnmacht  dei 
AuKTikaner,  es  su  zerst()ren,  moTste  auf  die  Loyalität  der  Kubaner 
von  EinHuls  sein.  Die  herannahende  Jahreszeit  der  Stürme  mufhte 
jede  Blockade  nnmi^glich  machen  und  die  Aussicht  einer  regelrechten 
Truppenansschiffong  auf  Monate  hinausschieben.  Dadurch  wurde 
Zeit  gewonnen  nnd  eine  Intervention  europäischer  Mächte  ermöglicht 


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Der  amerikaaüab-spaniaobe  Seekii^  und  die  Strategen  in  Washington,  igi 

Mahan  erklärt  zwar,  dafs  der  mutmafsliche  Wert  einer  Uberhaupt 
vorhamleuen  Flottr  —  sqaadroii  in  being,  wie  er  sie  bezeichnet  — 
sehr  übertrieben  worden  ist,  obwohl  er  sie  an  anderer  Stelle  seines 
Werkes  für  „eine  fortgesetzte  Bedrohung  für  die  verschiedenen  Inter- 
essen des  Feindefi**  eiidärt,  „welefaer  den  beabsichtigten  Schlag  nicht 
▼oransseben  kann  nnd  daher  seine  Operationen,  die  sonst  mOglioh 
wttren,  einsebrttnken  mols,  bis  diese  Flotte  vernichtet  oder  sonst 
nnsebädlieh  gemacht  ist"  Er  sa^  „im  besten  Falle  kann  das  Ans^ 
weichen  vor  der  Sohlaeht  doch  nor  ein  Resultat  haben  bei  einem 
hartnäckigen  (Gegner:  „die  stärkere  Macht  wird  sshlielslich  Uber  die 
schwächere  den  Sieg  davontragen^'.  In  dieser  letzten  Bemerkung 
liegt  sozusagen  der  Kern  der  Lehre  Mahans,  der  gröfsere  wird 
sicherlich  den  schwächeren  aufzehren.  Dieser  Grundsatz  ist 
nicht  dorcbans  richtig,  ^das  Genie  des  Oberbefehlshabers  kann  sehr 
wohl  die  numerische  Uhermacht  wett  machen,  wie  der  so  oft  von 
ihm  citierte  Nelson  in  glänzendster  Weise  bei  Trafalgar  bewiesen  hat 
und  hochgeniale  Fuhrernaturen  vor  und  nach  ihm.  Es  wirkt  daher 
komiseh  Mahan  mit  sich  selbst  in  Wi(lersj)ruch  zu  finden,  wenn  er 
uns  begeistert  ausrinniiderst'tzt.  was  der  Oregon"  gcthun  hiittc,  falls 
er  sich  unvernuitet  dem  Geschwader  Cerveras  gegenüber  befunden 
hätte.  FiS  ist  mit  dürren  Worten  gesagt,  der  Kampf  der  lloratier  und 
Curiatier.  Übrigens  fügt  Mahan  hinzu,  dals  ihm  das  Ende  des  Kampfes 
nicht  zweifelhaft  wäre,  dies  beweist,  dab  der  gesunde  Menschen- 
Tentandsntetzt  Immer  gegen  die  systematisohe  Theorie  siegen  wird.  — 
Die  Lehre  Mabans  ist  im  ttbrigen  Wasser  auf  die  Mflhle  Englands. 
Mdgen  die  Engländer  es  glauben  oder  nteht»  sie  sind  sehr  zu  ihrem 
Vorteil  beflissen,  die  Welt  glauben  zu  machen,  dals  der  Kampf  gegen 
sie  nach  wissenschaftlicher  nnd  geschichtlicher  Logik  hoffnungslos 
ist  Die  Ereignisse  in  Südafrika  sind  dasn  angethan,  diese  Legende 
zu  zerstören,  sie  können  ein  Nachspiel  auf  dem  Meere  haben.  Viel- 
leicht wird  England  dereinst  sein  Prestige  in  einem  Kriege  mit  Frank- 
reich wiederherzustellen  suchen,  mögen  die  Franzosen  daher  die  Augen 
ofTen  halten  und  zeitig  zielbewuÜBt  rttsteu,  damit  ihnen  ein  zweites 
Trafalgar  erspart  bleibe. 

Der  spanisch-amerikanisehe  KrieL'  hat  die  Hiehtigkeit  der  Lehren 
erwiesen,  welche  Mahan.  der  begabte  Verfasser,  in  seim  in  l)ekannten 
Werke  ..Eiufiuls  der  Seemacht  auf  die  Geschichte"  ausgesjirochfn 
hat.  Die  amerikanische  Marine  hat  wohl  gezeigt,  dafs  sie  im  stände 
und  befähigt  ist,  an  eine  noch  schwerere  Aufgabe  heranzugehen  als 
die,  welche  ihr  im  vorigen  Jahre  ziigetailen  ist.  Aber  man  kann 
nicht  sagen,  dafs  alles  in  allem  die  Flotte  mit  bemerkenswerten)  Ge- 
schick  geleitet  worden  Ist,  nnd  die  Strategen  in  Washington  sind  der 
spanischen  Regierung  zu  grobem  Dank  verpflichtet 

Jach  mann,  Korr.-Kapi  a.  D. 


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182 


Die  neue  rusäische  FelddieustrYorächrift. 


XV. 

Die  Dsoe  rassische  Felddienst-Vorsehrift. 

VoD  der  neneD  rassischen  Felddiensl-Vorschrifl  ist  der  I.  Teil, 
welcher  im  Sommer  yorigen  Jahres  den  Trappen  Übergeben  wurde, 
vor  kurzem  in  mehreren  deutschen  Übersetzungen  erschienen  und 
damit  weiteren  Kreisen  znginglieh  gemacht  Bei  der  grofeen  Be- 
dentang, welche  die  Vorglinge  innerhalb  der  Armeen  unserer  Nach- 
barn ftlr  ans  besitzen,  dürfte  auch  die  neue  russische  Felddienst- 
Ordnung,  besonders  in  den  Bestimmungen,  welche  gegen  die  früheren 
und  in  deivjenigen,  welche  gegen  die  unserigen  abweichen,  ein  all- 
gemeines biteresse  beanspruchen. 

Die  neue  Vorschrift  stellt  eine  Umbearbeitung  des  Felddienst- 
Reglements  Tom  Jahre  1881  dar,  welche  sich  im  wesentlichen  auf 
Vereinigung  zusammengehöriger,  Vereinfachung'  komplizierter,  Er- 
gänzung fehlender  Bestimmungen  und  Verminderung  der  groÜBen  Zahl 
regiementarischer  Bezeichnungen  und  Fremdwörter  erstrecken  sollte. 

Der  I.  TeU  entbftlt  die  Kapitel: 

1.  Organisation  der  Heere  für  Operationen  im  Felde, 

2.  Leitung  der  Heere  im  Kriege, 
8.  Aufklärang  und  Sicherung, 

4.  Märsche, 

5.  Unterkünfte. 

Von  diesen  sind  die  Kapitel  1  und  2,  sowie  im  Kapitel  5  die 
BeBtimmungen  Uber  Ortschattslager  nen. 

Zu  dem  nur  wenige  Nummern  enthaltenden  1.  Kapitel  sind  be- 
sondere Bemerkungeo  nicht  zu  machen. 

Das  2.  Kapitel  enthält  die  Abschnitte: 

1.  Befehle,  Meldun^'^eii,  Mitteilungen, 

2.  llbermittelangen  derselben, 

3.  Fliegende  Post. 

Grofser  Wert  ist  auf  eme  recht  zeitige  Ausgabe  der  Befehle 
gelegt.  Die  durch  sie  bedingten  Anordnungen  sollen  bei  den  Truppen 
zeitg:erei*ht  und  mit  Kuhe  ausgefllhrt  und,  wenn  thunlich,  vor  Einbruch 
der  Dunkelheit  beendet  werden  können.  Wenn  ein  Befehl  mit 
Detail-Bestinimunjron  für  den  nächsten  Tag  ans  irgend  einem  Grunde 
verspätet  zur  Ausgabe  gelangt,  so  sollen  Jedenfalls  Ort  und  Zeit  der 
Versammlung  der  Truppe  rechtzeitig  bekannt  gegeben  werden. 

Dem  Wunsche  der  Truppen-Kommandeure  entsprechend  sind  in 
die  Felddienst-Vorschrift  eine  Anzahl  Muster-Befehle  au%enommen. 
Diese  Malsregel  an  sich,  wie  auch  die  Befehle  selbst  lassen  auf  eine 


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Die  neue  rurtünche  Felddienst- Vorschrift. 


183 


giolse  Gewandtbeit  io  der  BefebU-Aosgabe  nicht  gehlieÜBeii.  Sie 
sind  scbematiseh,  weitschweifig,  disponieien  zn  weit  Tonns  und 
greifen  mit  einer  Ansaht  TieUStch  nnolttiger  Einielbestimmangen  in 
den  Befehlsbereich  der  Unterführer  ein.  Recht  sobematiseh  z.  B.  er» 
scheint  ein  Befehls-Passns  wie:  „Der  Vortrupp  hat  Siobernngs- 
patroniUen  in  der  Sttrke  eines  Znges  m  entsenden:  Vorwärts  mn  . . . , 
rechts  nm  .  .  .  ,  lintLS  nm  .  .  .  nnd  gegen  .  .  .  nm'  oder  „die  Naeli- 
hat  entsendet  Späher-Patronillen  nach  rechts,  Ifaiks  nnd  rttckwirts.* 
In  keinem  der  Master-Maisohhefebie  fehlt  die  Angabe,  wo  nnd  wann 
die  grosse  Rast  gehalten,  nnd  wo  die  Treppe  für  die  Nacht  unter- 
gebracht weiden  soll.  In  dem  Korps-Befeld  fflr  den  Vormaisch  eines 
Armee-Korps  in  8  Kolonnen  mit  einer  allgemeinen  Avantgarde  Tor 
der  mittleren  Kolonne  wird  der  Ayantgarde  und  den  Seiten-Kolonnen 
das  Vorschieben  eines  Vortrupps,  der  Avantgarde  nnd  Amtlichen 
Kolonnen  das  —  als  Regel  geltende  —  Anscheiden  einer  Nachhut, 
den  Seiten-Kolonnen  die  Sicherung  der  Flanken  durch  Seiten- 
Deckungen  Yorgesehrieben  und  sogar  die  Stlirke  der  letsteren  be- 
stimmt Auch  die  Zahl  und  die  einzelnen  Aufgaben  der  von  der 
Ayantgarde  su  entsendenden  Nachrichten-Patrouillen  werden  ange- 
geben. Die  ttbrtgen  Befehls-Instanzett  geben  ähnlich  detaillierte 
Befehle. 

Alles  auf  Ausgahe,  Übermittelung  und  Empfang  tou  Befehlen, 
Meldungen  und  IGtteilungen  Bezügliche  wird  unter  dem  Begriff 
^Verbindungsdiensf*  zusammengefiilst  und  der  persönlichen  Verant- 
wortung des  Generalstabscbefe  bezw.  des  den  Dienst  desselben  ver- 
sehenden Offiziers  unterstellt  Die  Bestimmungen  Uber  den  Verbindungs- 
dienst sind  besonders  umfangreich  und  umständlich,  wabrschdnlicb, 
weil,  wie  in  der  Einleitung  der  russischen  Felddienst-Ordnung  erklärt 
ist,  „die  Praxis  der  FHedensttbuogen  zeigt,  dafo  der  Verbuidnngsdienst 
sich  als  eine  der  schwächsten  Seiten  unserer  Truppenansbildung 
darstellt**  In  wenig  glttcklieher  Weise  scheint  diesem  Übelstande 
durch  die  Errichtung  von  Relaislinien  („Fliegende  Post^)  i^Uuend 
der  Ruhe,  während  des  Marsches  und  während  des  Gefechtes  fast 
überall,  wo  überhaupt  eine  Meldung  etc.  geschickt  werden  kann,  ab- 
geholfen zu  sein.  Die  vielen  Relaislinien,  wie  auch  die  «.periodischen 
Meldungen'^  welche  zu  bestimmten  Zeiten,  meist  alle  Stunden  oder 
alle  2  Stunden  geschickt  werden  nnd  dem  Führer  eine  Rontrolle 
über  die  Thätigkeit  der  Patrouillen  etc.  und  Uber  das  sichere  Be- 
stehen der  betreffenden  Verbindung  bieten  sollen,  bilden  eine  erheb- 
liche Belastung  der  Kavallerie  und  verbrauchen  Kräfte,  die  an 
anderer  Stelle  besser  verwandt  werden  kOnnen.  In  den  Muster- 
Befehlen  für  den  Vormarsch  des  Armee-Korps  sind  z.  B.  nicht  mehr 


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184 


Die  neue  nmiMlw  Pelddieiuit>Vonolirift. 


nnd  uicbt  weniger  als  3*/*  SebwAdronen  aosseblielBlich  (Hr  deo 

Relaisdienst  bestimmt. 

Auffallend  ist  dafs  die  Schnelligkeit,  mit  welcher  Meldungen  etc. 
za  befördern  sind,  fOr  jede  Kelaislinie  besonders  ang^egeben  werden 
soll.  Abweichend  von  onseren  Bestimmangen  kennt  die  mssische 
Felddienst-Ordnnng  nur  2  verschiedene  Schnelligkeiten,  wechselnde 
Gangarten  (X  )  und  grufstmögüche  Scbnelligkeit  ,  X  X  )-  An  anderer 
Stelle  findet  sich  die  Bestimmong,  dafs  bei  allen  Berecbnnngen, 
welche  sich  aof  die  Übermittelang  von  Meidongen  bezieben,  —  wenn 
nicht  besondere  abweichende  Befehle  ergangen  sind,  —  die  Ge- 
schwindigkeit mit  0  -8  Werst  (0,4—8,5  km)  in  Ansatz  gebracht 
werden  soll)  was  zweifellos  eine  etwas  geringe  Leistung  bedeutet 

Im  Gegensatze  zu  der  russischen  Vorliebe  für  Heiaislinien  betont 
die  deutsche  Felddienst-Ordnnng,  dafs  zur  BeHirdcrung  wichtiger 
Befehle  und  Meldungen  auch  auf  längere  Strecken  die  Verwendung: 
gut  berittener  Ordonnanz-OlBziere  neben  gleicher  iScbnelligkeit  grölsere 
Sicherheit  gewährt 

Die  Priichten  des  Leiters  des  Verbindungsdienstes  sind  in  einer 
längeren  lieihe  von  Punkten  aufgezählt  Unter  anderem  soll  »r 
ausnahmsweise  mündlich  gegebene  Befehle  notieren  und  ))ei  nächster 
Gelegenheit  vom  Kommandeur  unterschreiben  Iji«";-;«'!!.  Es  ist  dies 
zweifellos  zweckmUfsig.  wenngleich  die  Aoöfilbrang  im  Drange  der 
üjreignisse  oft  fraglich  werden  kann. 

Kbenfalls  recht  eingehend  ist  das  Kapitel  Uber  ,,Aafklärung 
und  Sicherun L'.'*  welches  viele  nach  unseren  Begriffen  selbstverständ- 
liche Bestimmungen  enthält.  Während  in  der  deutschen  Armee  der 
eigentliche  Träger  der  Aufklärung  der  gut  berittene  Offizier  ist,  der 
zur  Rücksendung  von  Meldungen  und  zu  seiner  Bedeckung  von  einer 
beschränkten  Anzahl  Reiter  be;_'leitet  wird,  ist  der  BcgriÖ'  der  Olti/.ier- 
Patrouiile  als  solche  in  der  russischen  Armee  unbekannt  Die  Auf- 
klärung liegt  hier  in  erster  Linie  den  „Nachrichten-Patrouillen'* 
ob,  welche  von  den  „fliegenden  Detacheraents"  ( Kavallerie-Koqjs, 
Kavallerie-Divisionen  etc.),  die  sich  vor  der  Front  der  Armee  be- 
finden, vorgeschoben  werden.  Ihre  Stärke  wechselt  von  der  eines 
Schwarms  bis  zu  der  einer,  ja  selbst  zweier  Eskadrons;  ihre  Eilhrer 
sollen  im  allgemeinen  üttiziere  sein.  Di»'  Xachrichten-Patronilltn 
treiben  je  naeh  ihrer  Stärke  Sicherungs-ratrouillen  mit  Späher- 
Patrouillen  oder  nur  Späher-Patrouillen  vor,  welche  jedoch  auf- 
klärende Zwecke  nur  so  weit  verfolgen,  als  es  zur  unmittelbareu 
Sicherung  der  Nachrichten-Patrouille  nötig  ist  Sie  richten  ihren 
Marsch  nach  di  in  der  Nachrichten-Patrouille  ein  und  halten  sich 
thunlichst  in  demselben  Verhältnis   zu  ihr.    Vor  dem   zu  weiteu 


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Dia  neue  rntalMhe  Felddienst-Voraehrift. 


185 


Vortrdbeii  der  Späher  wird  aiisdillckUch  gewarnt,  weil  dadarch  leicht 
eine  Entdeekuig  der  Naehrichten-Patronille  doroh  den  Feind  herbei- 
geftohrt  werden  könne. 

Oberhaupt  wird  auf  rerdecktes  Vorgehen  der  Patrouillen  greiser 
Wert  gelegt  ^e  geheimer  nnd  fttr  den  Feind  anauffölliger  die 
Aufklärung  betrieben  wird,  desto  grOfser  ist  die  Möglichkeit  nnd 
Wahrscheinlichkeit,  die  notwendigen  Nachrichten  zu  erlangen,  ohne 
die  Aufmerksamkeit  des  Gegners  auf  sich  zu  lenken".  Deshalb  sind 
die  groben  Strafsen,  häufig  auch  die  Landwege  zn  vermeiden  und 
Torwiegend  verdeckende  Terrain^'^eircnstände  aufzusuchen.  „Die  Wahl 
eines  entsprechenden  Patrouillen-We^n  s  bildet  eine  der  wesentlichsten 
Aufgaben  in  der  Kunst  der  Patrouillen-Führung". 

Unter  den  sehr  umiangreicben  Vorschriften  Uber  „die  Thätigkeit 
der  Nachrichten- Patrouillen  in  besonderen  Fällen^^  ist  die  Bestimmung 
bemerkenswert,  dals  Sümpfe,  Moore  oder  Flüsse,  auf  welche  die 
Nachrichten-Patrouille  stöfst.  durch  eine  Kette  von  Späber-Patroailieu 
durchsucht  werden  sollen.  Zum  Durchsuchen  eines  grofsen  aber 
lichten  Waldes  werden  die  Späher-Patrouillen  verstärkt  und  eine 
Kette  \  on  Keiterpaaren  gebildet;  in  dieser  Formation  wird  der  Wald 
im  Trabe  passiert. 

Es  ist  nicht  recht  erfindlich,  was  in  den  Sümpfen,  Wäldern  etc. 
m  80  eingehender  Weise  gesucht  werden  soll.  Grölsere  feindliche 
Abteilangen  können  sich  in  ihnen  nicht  aufhalten;  einzelne  feindliche 
Patrouillen  aufzusuchen,  ist  aber  im  allgemeinen  nicht  Sache  der 
aufklärenden  Truppenkörper. 

Die  neuen  Bestimmungen  über  den  Aufklärungsdienst  unter- 
scheiden sich  hauptsächlich  dadurch  vorteilhaft  von  den  früheren, 
als  den  Auf klärungs- Patrouillen  bestimmte  Aufgaben  gegeben,  be- 
stimmte Ziele  gesteckt  werden.  Früher  wurde  die  von  einem 
Kavallerie-Körper  aufzuklärende  Front  ganz  schematisch  auf  eine 
Anzahl  von  Eskadrons  verteilt  und  jeder  Eskadron  eine  Front  vou 
5  Werst  1 5,li  km)  zugewiesen.  Vor  der  Front  der  Schwadronen 
breitete  sich  dann  ein  Schleier  von  Patrouillen  aus,  von  denen  jede 
Schwadron  2  entsandte,  und  welche  von  einander  einen  Abstand  von 
2—3  Werst  (2,1— 3,2  km  i  zu  halten  hatten. 

Völlig  getrennt  vom  Aufklärungs-  ist  der  Sicherungsdienst; 
jeder  wird  durch  besondere  Ahteilunireii  ausgeführt,  so  zwar,  dafe 
die  in  einer  liestiinniten  Hichtuiii:  \  crgetriebeiie  Aut  kliirungs-Patrouille 
von  der  Entsendung  einer  Sicberau^-Patrouiüe  in  gleicher  Uichtoug 
nicht  entbindet. 

Die  Sieberung  im  grolsen  liegt  den  Avantgarden  ob.  Für 
weiterreicbende  Aufklärimg  haben  sie  nur  in  dem  Falle  zu  sorgcu, 


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186 


Die  neue  rus?<i-icUe  Folddu'nst-Vorscbritt. 


wenn  sich  keine  fliegenden  Detachements  tot  der  Front  befinden. 
Anderenfalls  haben  sie  niur  „das  im  nKehsten  Bereielie  liegende  Ge- 
Ittnde^  «B&niclftreo. 

Die  Sttrke  der  Ayantgarde  soll  Va~~V«  gesamten  Infanterie, 
einen  „entspreelienden  Teil"  der  Kavallerie  und  V4— Vs 
Artillerie  betragen.  Bei  dem  Vormarsch  eines  Armee-Korps  in 
3  Kolonnen  ist  diese  Stärke  für  die  .«allgemeine  Avantgarde*'  gewählt, 
welehe  der  mittleren  Kolonne  yoraosgeht,  während  die  Sdten-Kolonnen 
Dor  eine  schwächere  Vorhat  vorschieben.  Anlfallend  ist,  dafs  nicht 
der  grOlste  Teil  der  Kavallerie,  ond  dafe  gnmdsätzlich  Artillerie  den 
Avantgarden  zugeteilt  wird.  Von  der  Artillerie  können  sogar  TeUe 
beim  Vortrapp  marschieren,  wenn  demselben  eine  „defensive  Aufgabe 
zofällt^'.  Diese  Bestimmong  ist  nicht  recht  verständlieh,  da  es  in 
den  meisten  Fällen  im  voraas  nicht  za  bestimmen  sein  dflifte,  ob 
dem  Vortrapp  eine  defensive  Aa%abe  zufallen  wiid  oder  Dicht 
Überdies  fahrt  diese  Mafsregel  za  einer  Zersplitterong  der  Artillerie, 
—  denn  mehr  als  eine  Batterie  durfte  man  in  der  Regel  dem 
schwachen  Vortrapp  kaom  zateiien,  —  welche  einer  einheitlichen 
Verwendung  dieserWaflfe  nicht  forderlich  sein  kann. 

Die  Avantgarde  gliedert  sich  in  Vortrupp,  Haupttrupp  und  Nach- 
trupp. Der  Vortrupp  scheidet  auf  der  Maisch-Sträfse  der  zu 
sichernden  Kolonne  und  auf  den  nächsten  Parallel-Wegen  vornehmlich 
aus  Kavallerie  bestehende  Vor-(Sicherungs-)PatrouiIlen  von  der  Stärke 
wenigstens  eines  Zuges  aus. 

Diese  Vor>Patrouillen  senden  aus  einigen  Mann  bestehende 
Späher-Patrouillen  auf  bezw.  1—3  Werst  vor.  Nach  den  früheren 
Bestimmungen  sollten  die  Späher-PatrouUlen  vor  der  Front  ein  dttnne 
bewegliche  Sicherheits-Kette  bilden  und  unter  einander  Augen- 
Verbindung  halten.  Diese  Bestimmung,  welche  beim  Vormarsch  in 
breiter  Front  eine  vollständige  Zeisplitterung  der  Kavallerie  bedingte 
und  eine  nutzlose  Belastung  der  Truppe  herbeifhhrte,  ist  in  der 
neuen  Felddienst-Ordnung  fortgefallen. 

Wie  die  Avantgarde,  so  scheidet  auch  das  Gros  der  Kolonne, 
auch  bei  Vormärsclien,  eine  Nachhut  aus,  welche  auf  eine  Entfernung 
von  */g  Werst  der  Kolonne  folgt.  Der  wesentliche  Zweck  dieser 
hinter  Avantgarde  und  Gros  folgenden  TruppenkOrper  ist  polizeilicher 
Natur,  wie  aus  der  fttr  den  Kommandeur  der  Nadihut  in  der  Feld- 
dienst-OrdnuDg  gegebenen  Vorschrifl,  das  Sammehi  der  Zorttek- 
gebliebenen  zu  ttberwachen,  hervorgeht 

Im  allgemehien  erscheint  der  ganze  liarscb-Sicherungsdienst 
umständlich  nnd  immer  noch  recht  schematisch.  Besonders  bezeichnend 
hierftar  ist  die  Bestimnmng,  dals  den  SfAher-Patronillen  ihr  Abstand 


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Diü  neue  ruäsisebe  Felddienst-Vorachrift. 


187 


▼OD  den  Siebenmgs-PatroiiUleti  vorgesebrieben  werden  soll,  and  dab 
die  Spfther-Patronillen  ihre  Siehernngs-Patronillen  womOfrUeh  niolit 
ans  den  Angen  verlieren  sollen.  Der  C^anke,  dab  die  beste 
Sicherang  in  einer  weitgreifenden  Auf  kli&rang  besteht,  ist  zwar  an- 
gedentet,  in  die  Pnais  ttbersetat  ist  er  nieht.  Eine  Betraehtnng  der 
gesamten  Aofklttrangs*  nnd  Sicbenugs-Maisregeln  beim  Vormarsch 
schliefst  sieh  zweekmtt&ig  der  Besprechung  des  Harsches  an. 

An  den  Marsoh-Siohemngsdienst  reiht  die  rassische  Felddienst- 
Ordnung  den  Vorpostendienst. 

Die  Vorposten  werden  Ton  den  Marsch -Sicherongs-Trappen 
entnommen.  Bei  kleineren  R5rpem  (anter  einer  Brigade)  bilden  die 
Avantgarden  in  ihrer  vollen  Stärke  die  Vorposten.  Da  die  rnssischen 
Brigaden  8  Bataillone  haben,  kann  bei  starken  Avantgarden  (von 
Vt  des  Ganzen)  diese  Bestimmung  leicht  zu  einer  ttberflOssigen 
Stärke  der  Vorposten  nnd  Belastung  der  Trappe  fahren.  Während 
naeh  den  früheren  Bestimmungen  der  Vorposten-Dienst  vorwiegend 
Saehe  der  Kavallerie  war,  nnd  Infanterie  nur  ausnahmsweise  dazu 
verwendet  wnrde,  erklärt  die  neue  Felddienst-Ordnung:  „Zu  Vor- 
posten wird  vorwiegend  Infanterie  bestimmt**  An  Kavallerie  werden 
zum  Beobachtnngs-,  Sioherungs*  und  Melde-Dienst  jedem  Bataillon 
etwa  1  bis  2  Reiteizttge  überwiesen.  Die  Zuteilung  von  Artillerie 
findet  nur  in  besonderen  li^Ulen  statt.  Die  besonderen  Fälle  werden 
durch  den  Hinweis  auf  eine  Nummer  erläutert,  in  der  es  heilst: 
„Zum  Vortrupp  wird  Artillerie  nur  in  dem  Falle  eingeteilt,  wenn 
demselben  eine  defensive  Angabe  zuftUt".  Eine  andere  als  eine 
defensive  Aufgabe  dürften  Vorposten  aber  wohl  ttberhapt  nicht  haben. 
Die  Fassung  der  Vorschrift  ist  daher  nicht  recht  verständlich. 

Die  Stärke  der  Vorposten  kann  bis  zu  2<i  sichernden 

Truppen  betragen.  Das  Vorposten-Gros,  welches  nach  den  früheren 
Vorschriften  und  ansnahmsweise  aufgestellt  und  durch  „die  Bereit- 
schaft^ der  ruhenden  Trappen  ersetzt  wnrde,  wählt  seine  Entfernung 
von  der  zu  sichernden  Truppe  je  nach  der  Zeit,  welcbe  diese  zur 
Ge  fechtsbereitschaft  brauohi  „Jedenfalls  muls  die  ganze  Vorposten- 
Aufstellung  80  weit  vorgeschoben  werden,  dafs  die  Haupttruppe  vor 
feindlichem  Artillerie-Fernfeuer  (etwa  6400  ra)  gesichert  sei." 

Zur  Erhöhung  der  Gefechtsbereitschaft  wird  vom  Vorposten -Gros 

'/s  besondere  Beieitsehafts-Abteilang  bestimmt  Dieselbe 
darf  die  Tornister  ablegen  und  die  Gewehre  zusammensetzen,  aber 
nicht  auseinandergehen;  die  üälfte  der  Leute  kann  schlafen. 

Vom  Vorposten-Gros  werden  Vorposten- Kompagnien  (-Eskadrons) 
vorgeschoben,  denen  bestimmte  Gelände-Abschnitte  von  3  bezw. 
6  Werst  (3,2  bezw.  6,4  lun)  Frontbreite  zugewiesen  weiden.  Die 


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188 


Die  neue  rnsaisolie  Felddienst^Vorschrift. 


£ntfenianfc  der  KompagDien  (fiskadrons)  vom  Vorposten-Gros  soll  so 
bemessen  sein,  dals  letzteres  seine  Aufgabe,  als  UDtersttitzang  und 
Rttekbalt  für  die  YOrd^n  Abteilungen  zn  dienen,  erfüllen  könne. 
Der  durch  eine  Kompagnie  (Eskadron)  gesicherte  Kaum  wird  Vor- 
posten-Abschnitt genannt  Jede  Kompagnie  (Eskadron)  stellt  einen 
bis  vier  Sicherangsposten  vomehmUch  anf  den  feindwärts  führenden 
Strafseii  aof^  von  denen  einer  als  Hauptposten  bezeichnet  wird,  bei 
welchem  sich  auch  der  Kompagnie-fKskadron-)Cbef  aofhält.  Der 
Hauptposten  kann  1  bezw.  2  Werst  hinter  der  Linie  der  übrigen 
Siobemngßposten,  aber  aaob  innerhalb  derselben  stehen.  Im  Gegen- 
satz zu  dem  Verfahren  in  anderen  Armeen  geschieht  die  Beob.x  htnng 
des  feindwärts  gelegenen  Geländes  dorcb  einen  Mann,  welcher  bei 
der  Infanterie  10  bis  50,  bei  der  Kavallerie  20  bis  150  Schritte  vor 
den  Sicherungsposten  vorgeschoben  vard.  Zu  seiner  unmittelbaren 
Unterstützung  im  Falle  der  Not  wird  beim  Sicherungsposten  ein 
zweiter  Mann,  „Aufpasser'-,  bestimmt,  welcher  den  Posten  dauernd  im 
Auge  haben  und  auf  das  erste  Zeichen  bereit  sein  soll,  ihm  zu  Hüte 
zn  kommen. 

Ist  sonst  noch  die  Besetzung  anderer  Orte  '/»  Werst  von  den 
Infanterie-.  !  Werst  von  den  Kavallerie-Sicherungsposten  nötig,  so 
geschieht  dies  durch  Posten  von  4 — 6  Mann,  welche  sich  ihrerseits 
wieder  durcb  einen  einzelnen  Yorgeschobenen  Posten  mit  Aufpasser 
sickern. 

Auf  regen  Patrouillen-Gang  innerhalb  der  Vorposten-Linie  zur 
Verhindunp:  der  einzelnen  Teile  und  ,,zur  Kontrolle  des  Dienstgauges^' 
bei  denst'Iheti  wird  besoiider.s  grolser  Wert  gelehrt. 

Die  Tiefe  eiue.s  Vorposten-Abschnitts  einschl.  des  Patrouillen- 
Rayons  der  Spilher-PatrouilU-n  soll  bei  der  Infanterie  bis  zu  2  Werst, 
bei  der  Kavallerie  bis  zu  4  Werst  betragen. 

Eine  besondere  Einrichtung  der  Hussen  bilden  tlie  ..Geheim- 
posten*', Posten  von  2  3  Mann,  welche  versteckt  aufgestellt,  nicht 
geweehselt,  von  Vorgesetzten  nicht  revidiert  werden  und  den  Zweck 
haben,  „die  Posten  vor  l'berfalleu  durch  einzelne  Leute  und  kleine 
Gruppen  zu  schützeu  und  aus  der  Nähe  den  Feind  heimlich  zu 
beobachten". 

Das  Beziehen  der  Vorposten  erfolgt  etwas  umständlich,  indem 
alle  Truppen  auf  den  Aufstellungsort  des  Vorposten-Gros  und  erst 
von  dort  auf  ihre  Plätze  rücken. 

Bemerkenswert  sind  die  ausdntekiiehen  Bestimmungen,  dafs 
Posten  auf  Fragen  ihrer  unmittelbaren  Vorgesetzten  zu  antworten 
haben,  und  dals  sie  ihre  unmittelbaren  Vorgesetzten,  ohne  sie  anzu- 
halten, passieren  lassen,  wenn  sie  dieselben  persönlich  kennen. 


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Die  neue  rusabuhe  Felddienst-Vorschritt. 


189 


Beträgt  die  Entfemiing  Tom  Feinde  mehrere  Tagemärschef  so 
werden  Yorposten-Detaohenients  ans  allen  3  Waffen  bis  anf  einen 
Tagemaneb  vorgescboben. 

Bei  grofser  Näbe  des  Gegners  wird  eme  nnonterbrocbene  Kette 
▼on  Posten  in  der  Stibrlie  von  4 — 6  Mann  etwa  400^  von  dnander 
angestellt. 

Die  nenen  Bestimmungen  Uber  den  Vorpostendienst  sneben  die 
alten,  gänzUoh  sebematiseben  Vorsebiülen  abzustreifen,  nacb  denen 
das  Streben  naeb  einer  m*  -iii:hst  hermetiscben  Abspermng  des  Ge- 
ländes zn  einer  fortlaufenden  Kette  von  Posten  ohne  grobe  Rück- 
sicht auf  Gelände,  Kommunikationen  und  Lage  geführt  hatte.  Die 
Beobachtung  des  (Geländes  dureh  einen  Mann  erscheint  naeb  unseren 
Begriffen  ungenügend.  Seine  Entfernung  vom  Sicherangsposten  ist 
sehr  gering,  kann  aber  für  den  einseinen  Mann  nicht  gut  weiter 
bemessen  werden. 

Die  Aufstellung  des  Hauptpostens  der  Kompagnie  in  der  Linie 
der  Übrigen  Sieherangsposten,  welche  gestattet  ist,  raubt  der  Vor- 
posten-Aufttellung  die  nötige  Tiefengliederung  und  Widerstandskraft. 

Das  Vorschieben  gemischter  Vorposten-Detachements  auf  einen 
Tagemarsoh  erscheint  nicht  unbedenklich  und  ist^  falls  sich  Kavallerie- 
KOiper  Tor  der  Front  befinden,  ziemlich  zwecklos. 

Das  4.  Kapitel  enthält  die  Bestimmungen  Uber  Märsche: 

Die  Marsch-Gkschwindigkeit  beträgt  für  Infanterie  und  Detache- 
mente  aUer  Waffen  4  Werst  (4,27  lun)  pro  Stunde  bei  einer  Tages- 
leistung Yon  20—25  Werst  (21,3—26,7  km),  Air  berittene  Waffen 
6 — 8  Werst  (6,4—8,5  km)  pro  Stunde  bei  einer  Tagesleistung  von 
80 — 10  Werst  (82—42,7  km).  Die  Manch-Formation  der  Infanterie 
ist  die  Schwann-  oder  die  Doppebeihen-Kolonne,  die  der  KaTallerie 
die  Kolonne  zn  8  oder  zu  6.  Ausnahmsweise  können  beide  Waffen 
in  Zug-Kolonne  marschieren.  Die  früher  gebriinchliche  Kolonne 
zu  2  ist  als  Maneh-Kolonne  der  Kavallerie  in  Fortfall  gekommen. 
Bei  jedem  Maisch  sind  stündliche  Rasten  tou  10  Minuten  und  eine 
groÜBe  Rast  von  2—4  Stunden  und  mehr  nach  Zurttcklegung  des 
gröberen  Teils  des  Weges  zu  halten« 

Die  Verteilung  der  Kavallerie  in  der  Marsch-Kolonne  weist 
die  alte  Zersplitterung  auf.  In  den  Muster-Befehlen  tHr  den  Vor- 
marsch eines  Armoe-Korps  in  8  Kolonnen  werden  der  allgemeinen 
Avantgarde  5  Schwadronen,  der  rechten  Kolonne  der  Hauptkräite  l^t» 
der  mittleren  l  Schwadron  zugeteilt,  während  aalkerdem  zu  den 
Kelaislinien  noch  eine  weitere  Sehwadron  bestimmt  ist.  Für  die  linke 
Kolonne  der  Hauptkräfte,  deren  Kavallerie  nicht  angegeben  ist, 
bleiben  von  der  Kavallerie-Brigade  2'/«  Schwadronen  ttbrig. 


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190 


Die  nene  rasaiaelie  Felddi«n8t*Vorwhilft. 


Von  der  Aitilierie  komt  der  Weite  bis  dritte  Teil,  wie  erwUwt» 
ZOT  Avantgarde.  Ist  ein  Zosammenstola  mit  dem  Feinde  walmelidDlich, 
so  wird  die  Artillerie  an  die  Tete  genommeD  and  vor  ihr  nor  Boviei 
Infanterie  oder  Kavallerie  eingeteilt,  als  za  Uiier  unmittelbaren 
Sieherang  nOtig  ist  Diese  Mafsregel  bat  ihre  grotsen  Bedenken. 
Das  weite  Vorziehen  der  Artillerie  in  den  Margeh-Kolonnen  wird 
häufig  zn  einer  Gefährdangy  noch  häufiger  aber  zu  einer  UbereilteD 
Entwickelung  derselben  ftthren  und  unter  Uniständen  den  Aufmarseh 
des  Gaozen  in  Bahnen  zwingen,  welche  den  Absiebten  der  btfheren 
Ftlhrunj^  widersprechen. 

Die  Teten-Bataillone  jeder  Infanterie-Brigadt-  werden  als  HiT»'it- 
Schafts-Abteilungen  bestimmt.  Als  solche  haben  sie  im  nrsentliehen 
die  Aufgabe,  Seiten-Patrouillen  zn  entsenden  nnd  während  der  grofsen 
Rast  in  Bereitschaft  zo  bleiben. 

Zur  grof'son  na2:age  wird  grundsätzlicli  eine  besondere  Bedeckong 
gegeben.  In  deu  Muster- Befehlen  ist  diese  bei  einer  Kolonue  tou 
der  Stärke  einer  gemischten  Brigade  auf  eine  Kompagnie  feptpresetzt. 
Nach  unseren  Ansichten  ist  im  allgemeinen  eine  derartige  Gefährdung 
der  grofsen  Bagage  nicht  zn  befürchten,  dals  sie  das  Zurückhalten 
geschlossener  Kompagnien  Tom  Kampfe  rechtfertigen  könnte.  Der 
Abstand  der  grolsen  Bagage  von  der  Truppen-Kolonne  soll  im 
allgemeinen  so  bemessen  werden,  dafs  die  Tete  der  grofsen  Bagage 
am  Orte  der  grolsen  Rast  nicht  eher  eintrifi't,  als  die  Qaeue  der 
Truppen-Kolonne  denselben  verläfst. 

Für  den  Marsch  in  breiter  Front  scheint  eine  besondere  Vorliebe 
zu  herrschen.  In  den  Moster-Befehlen  ist  der  \  onnarseh  eines 
Armee-Korps  in  3  Kolonnen  angeordnet,  jede  au  Intanterie  8  Bataillone 
stark.  Vor  der  mittleren  Kolonne  marschiert  die  allgemeine  Avant- 
garde von  8  Bataillonen,  ö  Eskadrons  und  1  Batterien,  vor  dem 
Armee-Korps  da^  fliegende  Detachement  von  12  Schwadronen  und 
l  Batterie.  Durch  diese  Einteilung  sind  naturgemäls  die  Verbände 
der  Infanterie-Divisionen  völlig  /.errissen.  Die  1.  Infanterie-Division 
hat  eine  Brigade  in  der  allgemeinen  Avantgarde,  die  zweite  in  der 
linken  Kolonne.  Hinter  der  1.  Brigade  der  1.  Division  niarsehiert 
in  (It  r  mittleren  Kolonne  die  1.  Briijade  der  2.  Division,  welche  mit 
ihrer  2.  Brifrade  die  rechte  Kolonne  bildet.  Dals  dies  unter  l'ni- 
ständen  auch  zu  einer  völliiren  Trennung  der  Brigaden  derselben 
Division  im  Gefecht  fuhren  kann,  ist  unbestreitbar.  Das  Auflieiit'ii 
des  Divisions-Verbandes  im  Gefeclit  dürfte  nbcr  eine  einheitliche 
Durchfilhrung  desselben  auf  das  Aufserste  erschweren  und  damit 
unberechenbare  Folgen  fllr  den  Verlauf  des  Kampfes  herbeifllhren. 
mag  gestattet  sein,  das  Bild  dieses  Tormarsehiereuden  Armee- 


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Die  Mae  russisehe  FelddienstpVonohrifk. 


191 


Koips  etwas  näher  sa  betraohten,  am  daran  aaeh  die  Sieberongs- 
und  Anfklftrangs-HIalbregeln  im  ZnsammenhaDge  za  wiedeibolen. 

Das  fliegende  Detachement  entsendet  znr  Anfklärnng  eine 
Sehwadron  in  3  PatrooUien  Ton  der  Stärke  eines  l>ezw.  zweier  Zttge, 
znr  Sieherang  anl^erdem  */«  Eebadron  in  3  Patrouillen  von  der 
Stärke  eines  Zages  ,,nacb  vorwärt«  rechts  and  links*'  and  verbrancht 
eine  ganze  Schwadron  zar  Kelaisverbindnng  von  der  Tete  ihres 
Gros  zar  Tete  der  Mittel-Kolonne  der  Haaptkräfte.  Anliserdem  haben 
sieh  alle  Anfklärnngs-Patronillen  mit  dem  Gros  des  fliegenden 
Detaehements  dorch  Relais  zn  verbinden. 

Dem  fliegenden  DetacheroeDt  folgt  die  allgemeine  Avantgarde 
io  Vortrupp  (2  Bataillone,  3  Eskadrons),  Hanpttrupp  (ö*/4  Bataillone, 
1  schwacher  Zug  Kavallerie,  4  Batterien)  und  Nachhut  (1  Kompagnie) 
gegliedert.    Das  Teten-Bataillon  ist  als  „Bereitschaft*  bestimmt. 

Zur  Aufklärung  entsendet  die  allgemeine  Avantgarde  3  Pa- 
trouillen in  der  Stärke  von  '/^  Eskadron  und  10  Reitern;  zur 
Sicherung  werden  von  dem  Vortmpp  5  Patrouillen  von  der  Stärke 
je  eines  Zuges  „rechts,  links,  vorwärts,  gegen  .  .  .  und  gegen  .  .  . 
yon  der  Bereitschaft  Späher-Patrouillen  „nach  rechts,  links  und  je  2 
entlang  der  Kolonne'',  von  der  Nachhut  Späher-Patroaillen  „nach 
rechts,  links  and  rückwärts*'  entsandt. 

Relais  wird  von  der  Tete  ck-r  Avant^%irde  nach  der  Tete  der 
mittleren  Kolonne,  sowie  nach  der  Vorhut  (schwachen  Avantgarde) 
der  rechten  und  linken  Kolonne  gelegt,  und  dazu  eine  ganze  Schwadron 
bestimmt. 

Hinter  der  allgemeinen  Avantgarde  marschiert  die  mittlere 
Koloniie  mit  einer  Nachhut  von  einer  Kompagnie.  Das  Teten-Bataillon 
ist  als  Bereitschaft*^  hestimmt  und  entsendet  Späher-Patrouillen 
„rechts,  links  und  je  2  entlan^r  der  Kolonne." 

Es  folgt  dann  noch  die  grolse  Bagage  mit  der  Bedeckung  von 
einer  Kompagnie. 

Die  Seiten-Kolonnen  decken  die  Flanken  durch  je  eine  »Seiten- 
Deckung  von  Eskadron  auf  der  angelehnten  und  von  1  Bataillon 
und  1  Eskadron  auf  der  nicht  angelehnten  Flanke.  Sie  sichern  sich 
durch  einen  Vortrupp  von  2  Bataillonen  und  1  Eskadron,  durch  eine 
Nachhut  von  einer  Kompagnie,  durch  Sicherangs- Patrouillen  in  der 
Stärke  eines  Zuges  ,,nach  vorwärts  und  nach  rechts"  (bezw.  links) 
und  durch  vom  Teten-Bataillon  entsandte  Späher-Patrouillen  „rechts 
und  links  der  Stral'se  und  je  zwei  entlang  der  Kolonne." 

Man  sieht  aus  diesen  Malsrcgeln  tUr  Aufklärung  und  Sicherung, 
dafs  auch  die  neue  Felddienst-Ordnung  von  gänzlicher  Befreiung  vom 
alten  Schema  noch  recht  weit  entfernt  ist. 


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192  DiMWt  auf  den  rttokwirtigen  Vefbindnngen  der  mobttea  fruisOe.  Annee. 

Das  5.  nnd  letete  Kapitel,  welebes  ttber  die  ,,Uoter]Lfliiile**  liaadelt, 
isl  Im  aUgemeinen  ktlizer  gehalten  als  die  andero  and  stimmt  in 
seinen  Bestimmungen  im  wesentliclien  mit  den  nnsem  flberein. 

Abweichend  wird  bei  Orts-Unterknnft  wie  im  Orts-Biwak  nnd 
im  Biwak  stets  eine  Bereitschafks-Abteilnng  bestimmt  Anch  die 
innere  Elinrichtnng  der  Biwaks  der  einzelnen  Waffen  weicht  von  der 
nnsem  Yöllig  ab,  doch  durften  die  Einzelheiten  derselben  ein  all- 
gemeines Interesse  nicht  beanspruchen. 

Wir  können  dem  1.  TeU  der  nenen  mssischen  Felddiensl- 
Ordnnng  die  Anerkennung  nicht  versagen,  dals  er  einen  groisen 
Fortschritt  auf  dem  Gebiete  der  Trnppen-Ansbildnng  bedentet  Wenn 
aber  auch  immer  noch  manches  nns  als  unzweokmäfidg  und  Yer> 
bessernngsfllhig  erscheint,  so  wollen  wir  bedenken,  dafe  eine  andere 
Armee  andere  Ueglements  bedarf,  und  dafs  diese  mit  der  Armee 
entstehen,  mit  ihr  nnd  ihrer  Eigenart  innig  verbunden  und  oicht 
durch  einen  Federstrich  von  ihr  sn  trennen  sind.  Andere  Völker, 
andere  Sitten!  51. 


XVI. 

Der  Dienst  auf  den  rückwärtigen  Verbindungen  der 
mobilen  französiscben  Armee. 

Das  neue  Reglement  „sur  les  Services  de  rarri^re".  das  seit 
5  Jahren  erwartet  wurde,  ist  durch  das  vom  Kriegsminister  Galliffet 
veranlafste  Dekret  vom  11.  Februar  1900  zur  That  geworden.  Die 
AusfUhrnngsbestimmungen  werden  wohl  bald  folgen  und  die  weilsen 
Blätter  die  seit  1895  sich  in  dem  „.\ide  Memoire  d'ödat  major" 
fanden,  werden  dann  verschwinden.  Die  Neuerungen,  die  das  Dekret 
vom  11.  Februar  I9(K)  bringt,  sind  fast  durchweg  auch  Verbpssorungen, 
auch  ohne  die  Ausfuhrungsbestimmungen  macht  die  Begründung  des 
Dekrets  und  dieses  selbst  die  Olit'derung  des  Dienstes  auf  den  rück- 
wärtigen Verbindungen  erkennbar,  die  einer  zif-nilieh  engen  Anlehnung 
an  ..berühmte  iMuster"  freilich  nicht  entbehrt.  In  Betracht  kommen 
bei  dem  oeueu  Dekret  die  Gesetze  vom  3.  Juli  1877,  betreffend  die 


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Dienst  auf  den  rttokwärtigen  Verbinduii|;eQ  der  mobilen  t'ranzGs.  Armee.  193 

Ht'quisitiou,  vom  28.  Dezember  1S88,  das  das  Ciesct/.  vom  1:5.  März 
1875,  betreffend  den  militärischen  Eiseiiljahndienst  änderte,  die  Dekrete 
vom  ö.  Februar  1889,  bezüglich  der  oberen  Militär  -  Eisenbahn- 
Kommission,  der  Linien  -  Kommissionen  und  der  Feld  -  Kisenbahn- 
Sektioaeu,  vom  10.  Oktober  1889,  betreffend  die  Organisation 
des  Dienstefl  auf  den  rückwärtigen  Verbiudangen ,  vom  19.  No- 
rember  1889,  betreffend  die  strategischen  Eisenbahntransporte, 
endlich  das  Reglement  für  den  Dienst  im  Felde  vom  28.  Mai  1895, 
die  Ändenmgen  erstrecken  sieh  aber  besonders  anf  die  Dekrete  vom 
10.  Oktober  und  19.  November  1889.  Erfahrongen  aas  der  Ptazis 
kann  man  als  Grandlage  ftlr  die  Neaeruiigen  nicht  haben,  man 
grttndet  sie,  wie  die  MotiTierong  selbst  aasspricht^  aaf  die  General- 
Stabsreisen  und  Arbeiten  anf  dem  Plane.  Sie  erweitem  die  territo- 
rialen Eommandobefugnisse  des  G^eraldirektors  der  Etappen  und 
Eisenbabneo  nnd  der  Etappendirektoren  der  einzelnen  Armeen.  Während 
nach  den  froheren  Bestimmongen  die  Generale,  die  in  der  Etappenzone 
einer  Armee  ein  Territorialkommando  innehatten,  dem  General- 
Direktor  des  Etappen-  nnd  Eisenbahnwesens  dnreh  besondem  Befehl 
unterstellt  werden  konnten,  llbemimmt  jetzt  der  Etappendirektor 
einer  Armee  in  der  Etappenzone  derselben  die  nötigen  Kommando- 
befagnisse  nnd  in  Feindesland  provisorisch  aaeh  die  Civilverwaltong. 
Damit  wird  eine  Centralisation  bewirkt,  die  aber  aneh  erforderlich 
scheint,  am  Ordnung  und  Sicherheit  im  Rücken  der  Armee  aofrecht 
zn  erhalten,  die  polizeiliche  Aafeicht  za  führen  nnd  die  lokalen  Hilfs- 
qaellen  anszonatsen* 

Die  Begrttndnng  des  Dekrets  betont  weiter,  daTs  es  notwendig 
war,  „dieBeziehnngendes  Eisenbahn-  nnd  Etappendienstes  za  einander 
zn  vereinfachen,**  dabei  die  Centralisation  der  Leitung  des  Bahn- 
dienstes in  einer  Hand  anf  einem  Operationssebaaplatz  beiznbehalten, 
mit  der  Aosnatzong  der  Bahnen  so  weit  als  irgend  denkbar  za 
rechnen,  am  mOgliehst  den  direkten  Kontakt  der  Trappen  mit  Bahnen 
als  VerbindnngsUnlen  zn  erhalten  and  dem  Eisenbahndienst  die 
„Initiative  nnd  LeistongsfUiigkeit  za  geben,  die  erforderlich  sind, 
am  den  ttglich  wechselnden  Anforderangen  des  Etappendienstes  an 
Transporton  za  genttgen**.  Dalb  mit  den  grOfeeren  Heeresmassen 
—  ond  man  wird  zugeben  massen,  dals  sie  seit  1889  noch  zogenommen 
haben  —  nnd  der  Weito  der  Rftnme,  auf  welchen  sie  sich  ausbreiten,  • 
die  Sdiwierigkeiten  des  Naobschnbs  nod  der  Evakaiemng  wachsen, 
bedarf  wohl  besonderen  Beweises  nicht  Das  neae  Dekret  schafll 
eh  neues  Organ  im  Feldeisenbahndienst  nnd  stellt  einen  neuen 
Grandsatz  für  den  Nachschub  aut  Um  beide  zu  erlüftren 
mflssen  wir  hier  schon  etwas  vorgreifen.  Nach  den  früheren  Be- 

JahAlkator  fkr  dt*  daulMte  AmM  nad  MbIb«.  B4.  IM.  1.  18 


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X94    I^ienst  aal  den  rückwärtigen  VerbiuiluDgea  der  mobilen  franzOs.  Armee. 


stfanmimgeii  trat  der  AnBehlalii  der  Leadteuieporle  (Trains,  Etappen- 
fahrpark)  an  die  Bahntransporte  anf  BalinhOfen  ein,  die  die  Bezeioh- 
nnng  „Kriegs-£tappen*Kop&tationen^  Miten  and  ein  beatimmtee  Mafs 
▼on  Sioherheit,  sowie  anch  UnterbringongsiiUunen  besitzen  rntJaten, 
im  ftr  einige  Zeit  Vorräte  anfitapeln  sa  kOnnen.  Man  hat  nnn  er- 
kannt, dafs  die  frühere  nt6te  d'^tapes  de  gnerre*'  naeh 
den  genannten  Gesiohtspnnkten  eingerichtet,  im  allgemeinen 
nicht  anoh  den  Abadilnls,  die  Endstation  der  Bahntransporte  an 
hüden  braneht,  dab  man  die  Vorräte  per  Bahn(nel£MshSchmalspnrbahn) 
näher  an  die  Tmppen  heraosnaehieben  vermag.  Ober  die  firtthere 
„t&te  d'ötapes  de  gnerre**  hat  man  daher  anter  derselben  Bezeich- 
nnng,  noeh  eine  Anzahl  von  Annex-Stattonen  liinaasgeschoben,  an 
denen  die  [iefernng  des  Nachschnbs  entweder  direkt  an  die  Trappen- 
fahrzenge,  oder  an  die  Trdns  stattfinden  soll.  Die  frühere  Eisenbahn- 
Kopfttation  heilst  fortan  „Regnliemngsstation'*  nnd  wechselt  nach  dem 
Fortgang  der  Operationen.  Hier  hat  aach  das  neae  Organ  des 
Eisenbahndienstes,  „die  Begolienrags  -  Kommission*'  ihren  Sitz.  Sie 
hat  die  Aoigabe,  aUe  Bedehnngen  mit  der  Armee,  oder  den  Armeen, 
welche  anf  die  Verbindnngslinie,  fbr  welche  die  Kommission  ionktio* 
niert,  angewiesen  sind,  sicher  sn  stellen  nnd  ihr  ist,  innerhalb  mner 
bestimmten  Zone  nnd  nach  Mafi^^be  der  ihr  von  der  Feldeisen- 
babn-Direktion  überwiesenen  Transportmittel  —  die  MOgUchkeit  ge- 
geben, die  Instradiemng  der  von  Tug  za  Tag  behnft  Nachsehab  der 
Verpflegung  bereit  zn  haltenden  Züge  vorzubereiten  and  anznordnen. 
Dank  diesem  Organ  anf  jeder  Verbindangslinie  sieht  man  es  als 
möglich  an,  dem  nenen  Grundsatz  zo  entsprechen^der  darin  besteht, 
dals  ohne  Anfordern  durch  die  Armeekorps,  gewissermafsea  durch 
antomatisches  Vorschieben,  der  Tagesvorrat  au  Verpflegung, 
den  jeder  Armee-Etappendirektor  in  der  Zone  der  He- 
gnlierungskommission  bereit  haben  mnfs,  bis  in  die  Höhe 
des  Unterbringungs-Baames  der  Armee  koprs  gelangen  soll. — 
Die  Be^rründimfr  des  neuen  Dekrets  betont  dann  noch  ganz  besonders, 
dals  für  den  Naohsohnb,  wo  dies  irgend  möglich,  anch  die  Wasser- 
straJsen  zn  yerwenden  sind. 

Kommen  wir  dann  auf  den  eigentlichen  Text  des  Dekrets»  so 
bringt  dasselbe  in  Kapitel  I  „Allgemeines'^:  Wir  erfahren,  dais  der 
Kriegsminister  beim  Beginn  des  Krieges  die  Grenzen  zwischen  dem 
Gebiet  zieht,  das  als  „Armee-Zone"  dem  Befehl  des  Generalissimus 
unterstellt  wird,  und  der  „inneren  Zone^',  welche  dem  Kriegsminister 
untergeordnet  bleibt.  Diese  Grenze  kann  durch  Vereinbarung  mit 
dem  grofsen  Haaptquartier  ira  Verlauf  der  Operations  geändert  werden. 
Wir  erfahren  ferner,  dals  der  Kontakt  der  Armee  im  Felde  mit  der 


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Dienst  aul'  den  rückwärtigen  Verbindungen  der  mobilen  tranzös.  Armee.  X95 

Heimat  doieh  die  Verbindangslinien  erfolg  meist  Eisenbahnen, 
eigimt  eveotiiell  dureh  WasBentrafoeD,  Yerlftngert,  weim  erforderlich, 
diireb  EtappenstralBea. 

Bei  ^ner  Eisenbahn  als  Verbindon^linie  werden,  Ton  der  Heimat 
nach  dem  Oegiier  hin,  folgende  Ponkte  besonders  genannt:  Sammel- 
stationen  ftlr  die  Herkunft  aas  demselben  Korpsbereieh,  Ver- 
pfleg angsstationen  (gares  haltes  repas)  ttlr  die  Verpflegnng  der 
transportierten  Mensehen  nnd  Pferde,  Magasinstationen  als  Stapel- 
orte ftlr  Lebensmittel  für  die  Armee,  die  weiter  oben  genannten 
Keguliernngsstationen,  sowie  eine  Obergaogsstation  dort,  wo  der 
sogenannte  normale  Betrieb  dnroh  das  Personal  der  Bahngesellschaften 
denjenigen  dnrch  die  Eisenbahntroppen  Platz  macht;  endlich  die  oben 
sehon  erwShnten  Kriegs-Eisenbahn-Kop&tationen.  An  Stralsen  als 
Verbindongslinien  sind  Etappenorte  zn  nennen,  Ton  denen  der  den 
Trappen  zon&ohst  liegende  „tSte  d'ötapes  de  roote*^  heibt  Die  Era- 
knierong  findet  im  aUgemeinen  auf  denselben  Verbindungslinien,  wie 
der  Nachschub,  statt,  für  dieselbe  sind  Bahnfaofslazarette  und  Ver- 
teünngsstationen  zu  nennen,  an  den  lefa&teren  werden  die  Kranken- 
transporte auf  die  einzelnen  Heimatslazarettbeiirke  verteilt 

Die  Aufgaben  der  „Services  de  Tanidre",  welche  die  dauernden 
Weehselverbindungen  zwischen  Operationstmppen  nnd  Heimat  erhalten 
sollen,  werden,  wie  folgt,  angegeben: 

a)  Nachschub  an  Verpflegung  fUr  die  Armeen,  b)  Entlastung  der 
Feldtmppen  von  Verwundeten,  Kranken,  Gefangenen,  unbrauchbarem 
Material,  c)  Regelung  nud  Sicherung  des  Dienstes  auf  Verbindungs- 
linien aller  Art,  Bewachung,  Einrichtung,  Reparatur  dieser  Linien, 
d)  Unterbringung  nnd  Verpflegung  der  Menschen  nnd  Pferde,  die  im 
Rücken  der  Armee  Verwendung  finden,  e)  Au&tapeb,  Erhaltung  und 
Ersatz  der  Vorrftte  und  des  Materials,  die  entweder  aas  der  Heimat 
naebgeschoben ,  oder  in  dem  besetzten  Gebiet  zusammengebracht 
worden  sind,  f)  Verteilung  nnd  Verwendung  der  Etappentruppen,  Re- 
gelung des  Polizeidienstes,  Aafrechterhaltung  der  Ordnung,  g)  Ver^ 
waltang  feindliehen  (Gebiets,  bis  Militttr-Territoriai-Koromandos  ein- 
gerichtet sind. 

In  der  Armeezone  erstreckt  sich  der  Dienst  aaf  den  rückwärtigen 
VerbindanfTcn  auf  deren  ganzes  Gebiet.  Für  alle  einem  Befehl 
onterstehenden  Armeen  liegt  die  oberste  Leitung  dieses  Dienstes 
in  der  Hand  des  Generaldirektors  der  Eisenbahnen  und 
Etappen,  bei  einer  isoliert  operierenden  Armee  in  der  Hand  eines 
Direktors  der  Etappen  und  Eisenbahnen.  Der  Generaldirektor, 
ein  General  mit  dem  Kange  eines  Generalquartiermeisters,  tritt  in 
Thätigkeit  auf  Befehl  des  Generalissimus,  untersteht  dem  Chef  des 


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296   IMenst  Mf  den  rttdcwärtigeD  Veri>iBdii]ig«ii  der  moUlen  franste.  Armee. 

GeneralslabB  im  grofsen  Hauptquartier  nnd  erhält  Ton  diesem  aiieh 
MitteilnogeD  Uber  die  Operationeii  mid  die  darans  moh  ergebenden 
Bedttrfiiisse  der  Armeeo,  innerhalb  der  Grenzen  dieser  Instmktionen 
ist  ihm  der  weitgehendste  Spielraom  Itlr  die  Macht  der  Mittel  rar 
Deckung  dieser  Bedürfnisse  gegeben.  Er  leitet  in  groisen  Ztigen  den 
Eisenbahndienst  nnd  regelt  dnrch  generelle  Weisungen  das  allgemeine 
Funktionieien  des  Etappendienstes,  Tor  allem  auch  bezOglieh  der  Be- 
ziehnngen  des  Eltappendienstes  der  einzelnen  Armeen  zu  einander 
und  zum  Eisenbahndienst.  Durch  Vermittelnng  des  G^eralissimns 
richtet  er  an  den  Krlegsminister  die  nOtigen  Anforderungen  an  Per- 
sonal nnd  Material  und  giebt  demselben  die  Transporte  bekannt,  die 
in  der  „inneren  Zone^'  zur  and  von  der  Armee  im  Felde  n<Kig  werden, 
sowie  den  Grad  der  Dringlichkeit.  Auf  Vorschlag  des  Armee* 
Bisenbahndirektors  bestimmt  er  die  L  t)ergaiigsstationen,  schreibt  Tor 
oder  Ycranlafet  Wechsel  in  der  Zuteilung  der  Magazinstationen  und 
ordnet  eventaell  noch  die  Schaffung  7on  Reserre-Magazinen  an.  Er 
korrespondiert  direkt  mit  den  Armee-Oberkommandos,  die  er  ?on 
den  für  den  Eisenbahndienst  und  fUr  den  Etappendienst  im  groÜBOi 
getroffenen  Anordnnogen  benachrichtigt.  Er  erhält  ihre  Forderangen 
bezüglich  dieser  Dienstzweige  nnd  benachrichtigt  sie  von  den  Instruk* 
tionen,  die  er  an  die  Etappendirektoren  ihrer  Armeai  erläfst  Ihm 
zur  Seite  steht  ein  Stab,  der  neben  militärischem,  auch  technisches 
Personal  enthält.  Die  lic^uliernngsstationen  werden  von  ihm  fest- 
gesetzt nnd  er  l)ezeichn(;t  die  Kegolierangskommission,  mit  welcher  jede 
Armee  sich  in  \  erhindang  zu  setzra  hat  Sind  mehrere  Armeen  auf 
dieselbe  Verbindungslinie  angewiesen,  bo  bestimmt  dt  i  General- 
direktor, in  welcher  Weise  der  Transportdienst  für  jede  derselben 
ausgenutzt  wird.  Nach  den  Weisungen  des  Chefs  des  Generalstabs 
im  grofsen  Hauptquartier  grenzt  der  Generaldirektor  die  Etappenzone 
jeder  Armee  ab,  bestimmt  die  Verwaltungsthätigkeit  der  Etappen- 
direktoren  in  feindlichem  Gebiet,  ihre  Befugnisse  in  Bezufr  auf  die 
territoriale  HefehlsfUhrung  und  verteilt  die  ihm  vom  Kriei:sminister 
zur  \  erfUgunfT  gestellten  Etapp<'ntrup|)eii,  Bei  Kreuzungen  oder  Zu- 
sammenlaufen der  \  erbinfluii'rslinien  versL'hietleuer  Armeen  weist  er 
jeder  dt  rselheu  eine  Etappen-Linie  zu.  Kr  verfügt  auch  über  Be- 
nutzung der  Wasserstrafsen  im  Klicken  der  .\rinee. 

Der  Armee-Eisen  bahn  direkter,  ein  General  mit  einem  ans 
militärischem  und  tec^hnischeni  Personal  zusammengesetzten  Stabe, 
leitet  den  ganzen  Eisenbahudieust  auf  allen  Linien  bezw.  Teilen  von 
solchen,  die  zur  Verfügung  des  grofsen  Hauptquartiers  gestellt  sind 
und  zwar  sowohl  in  Bezu<r  auf  nriranigation,  Fnterhaltung  und  Be- 
trieb, als  auch  auf  Bau  bezw.  Zerstörung.  £r  stellt  den  Babodienst  auf 


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Dienst  auf  den  rttokwXrtigen  Verbindiingeii  der  mobilen  franxda.  Armee,  igj 

den  Linien,  die  dem  Personal  der  Eisenbahngesellschaften  aiivcrtraat 
werden  können,  durch  dieses  mit  Hilfe  der  Linienkommissionen 
neber,  auf  den  Übrigen  Linien  and  Strecken  mit  Hilfe  der  Feld- 
Eisenbahn  -  Kommissionen  durch  die  Eisenhabntrappen.  Über- 
gangs-, Hegaliemngsstationen,  sowie  Keguliernugskommissionen  wurden 
oben  schon  einprehend  erwähnt 

Während  für  alle  demselben  Befehl  unterstehenden  Armeen  nnr 
ein  Eisenbahndirektor  vorgesehen  ist,  bat  jede  Armee,  wie  ihre  eigene 
Etappenzone,  auch  ihren  eigenen  Etappendirektor.  Die  Decentrali- 
sation  nach  dieser  Kichtung  ist  verständlich  und  zweckmälsig,  in  der 
Armee  hätte  man  aber,  wie  wir  hier  gleich  bemerken  wollen,  noch 
eine  weitere  erwartet.  Früher  war  es  zulässig,  dafs  die  komman- 
dierenden Generale  im  Falle  der  Not  ihre  Bedürfnisse  an  Nachschub 
direkt  dem  Etappendirektor  mitteilten,  man  nahm  in  der  Armee  an, 
dafs  diese  Bestimnuioi;  Uber  den  Fall  der  Not  hinaus  veralliremeinert 
werden  würde,  statt  dessen  spricht  das  neue  Dekret  bestimnit  aus, 
dals  derartige  Forderungen  stets  an  den  Chef  des  Oeneralstabs  des 
betrctfenden  Oberkommandos  und  von  diesem  an  den  Ftappendirektor 
zu  richten  sind.  Damit  ist  eine  prinzipielle  Franc  <  iitscliieden.  der 
Etajjpeudirektor  ressortiert  ja  direkt  auch  vom  <  in  t  t[r<  Kr-neral- 
stiibs  des  Oberkommanilos.  erhält  von  ihm  Nachrichten  über  den  Ver- 
lauf der  Operationen  und  die  NNciten  n  Absichten,  meldet  ihm  alle 
Vorkehrungen  für  die  \'erpflt\uung.  lokale  Hilfsmittel  und  macht  Vor- 
schläge zur  Sicherstellung  der  Verbindung  des  Etappendienstes  mit 
den  Truppentrains.  Der  Generalstabscbef  di'S  Oberkommandos  ist  also 
in  der  I^age.  zu  beurteilen,  ob  den  Forderungen  der  .Xrmeekorp.s  ent- 
sprochen werden  kann.  Der  Etappendirektor,  ein  General  mit  einem 
Stabe,  (lehnt  seine  Thätigkeit  auf  die  ganze  „Etappenzone"  der  be- 
treft'enden  Armee  aus,  ihm  unterstehen  auch  die  Chefs  der  Etappen- 
dienstzweige und  die  ihm  überwiesenen  Etappentruppen. 

Uber  seine  rerritorial-KomraandoheJugnisse  wurde,  ebenso  wie 
Uber  seine  provisorischen  Verwaltungsaufgaben  in  feindlichem  Gebiet, 
schon  oben  berichtet.  Für  die  \  Crpflegung  hat  er  zur  \  frfügung  die 
Hiltsquellen  und  Vorräte,  die  sieh  in  der  Etappenzone  >einer  Armee 
befinden,  die  Nachschübe  aus  der  inneren  Zone,  die  er  heim  {General- 
direktor der  Flappen  und  Eisenbahnen  beantragt.  Für  die  notwen- 
digen Transporte  wendet  er  sich  an  die  Regulierungs  -  Kommission, 
indem  er  dieselben  nach  der  Dringlichkeit  autlührt,  in  den  Eisenbahn- 
dienst darf  er  aber  unter  keiner  Bedingung  eingreifen.  Die  Punkte, 
an  denen  die  Tmppenfahrzeuge  mit  den  Organen  des  Etappendienstes 
behufs  Übernahme  von  Verpflegung  etc.  in  Verbindung  treten  BoUen, 
werden  vom  Oberkommando  dem  Etappendirektor  und  gleichzeitig  den 


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198 


Nene  Hafenahmen  im  Heere  Portagals. 


Korps,  beiuiimittplbarem  Anschlufs  derBahiieu  an  die  Trnppi'ii  auch  den 
Kegulierunjrs-Koniniissionen  direkt  niitjjeteilt.  Zwischen  diMi  Zeilen 
des  Dekrets  lesbar  wird,  namentlich  bei  einem  \  erjrh  ich  mit  den 
früheren  Bestlmmunisren.  das  Bestreben,  in  umfassendem  Mafse  auch 
von  den  schraalspuriiren  Feldeisenbahnen  Gebrauch  zu  machen.  Man 
darf  gespannt  sein,  ob  sich  an  das  neue  Dekret  nicht  auch  eine 
veränderte  Gliederaug,  bezw.  Zuteilung  des  Truppentrains  ausctiiicfsen 
wird.  18. 


XVll. 

Nene  Mar$aahmen  im  Heere  Portugals. 

Nachdem  für  die  hier  schon  dargestellte,  zugleich  aoch  deo 
Übergang  zu  einer  tbatsächlicb  2jährigen  aktiven  Dienstzeit,  sowie 
die  nötigen  Mafenfthmen  für  die  Scholuug  der  I.  und  IL  Beserre 
bringende  Heeresreform  die  AnifÜbningsbestimmangen  eiscbienen 
sind,  hat  der  Eriegsminister  dem  Parlament  nun  8  GesetBentwlIife 
Torgelegt,  die  mit  der  Heeresreform  in  msttcblichem  Znsammenbang 
stehen.  Sie  sind  wichtig  genug,  hier  Erwähnung  zn  finden,  zamal 
sie  erkennen  lassen,  wie  der  Kriegsminister  Sonsa  Teles,  überein- 
stimmend mit  seinem  echt  soldatischen  Könige,  es  versteht,  aiieh  bei 
schwieriger  Finanzlage  den  Bedttrfiussen  des  Heeres  Rechnong  zv 
tragen.  Wo  mehr  ans  dem  Vollen  gewirtsohaftet  werden  luuin,  ist 
das  ja  wesentlich  leichter,  der  Kriegsminister  Portugals  hat  aber 
mit  eng  gezogenen  Grenzen  an  Mitteki  zn  rechnen  nnd  dabei  treten 
Bedttrfiiisse  md^  filr  welche  die  Aasgaben  nicht  anf  eine  lange  Reibe 
von  Jahren  Terteilt  werden  können,  die  Tielmehr  baldigst  zu  decken 
sind.  Das  bezieht  sich  namentlich  auch  anf  die  Sicherstellnng  ans- 
reichender  Waffen  fbr  das  Heer,  die  als  das  dringendste  Bedflrfhts 
bezeichnet  werden  mnfs,  nachdem  die  fiVagen  der  Ergänzung  und 
Organisation  des  Heeres  eine  zweekmftliüge  LOsun^^  erfahren  haben. 
Die  nötige  Vermehrung  der  Wafien  kann  in  Portugal  selbst  nicht 
beschafft  wollen,  ein  Krieg,  der  jetzt  ausbräche,  schlösse  die  Landes- 
grenze gegen  Waffeneinfuhr  Ton  aulsen  ab,  mit  dem,  was  an  ver- 


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Nene  Mafimahmen  im  H«er«  Portugal«.  199 

alteten  Gewehren  noch  vorhanden  ist,  könnte  man  eine  Truppe  ^regen 
einen  moderne  Gewehre  führenden  Gegner  nieht  ins  Feld  stellen,  Eile  ist 
daher  geboten.  Das  heutige  Gewehr  der  portugiesischen  Armee, 
Kropatscheck.  stammt  aus  dem  Jahre  1880,  der  Kavalleriekarabiner 
ist  Jüngeren  Datums  (1895),  die  Armierung  der  wichtigeren  Festungen 
ist  unlängst  modernisiert,  die  Geschütze  der  Feld-Artiilt'rie  wurden 
1S74  und  1878  beschafft.  Die  Daten  der  Beschaflung  lassen  schon 
erkennen,  dass  die  \\  allen  der  Infanterie  (obwohl  das  Kropatscheck- 
gewehr  recht  lange  zu  den  brauchbarsten  gerechnet  hat)  und  Feld- 
Artillerie  nicht  mehr  auf  der  Höhe  der  Zeit  stehen.  Der  Mehrbedarf 
der  Infanterie  des  mobilen  Heeres  beträgt  TUOOi)  Gewehre  und  man 
thut  nun  einen  Schritt  vorwärts,  indem  man  für  die  mobile  aktive 
Infanterie  diese  70000  Gewehre  nach  einem  absolut  modernen  Modell 
beschaflft,  welches  eine  Kommission  schon  seit  Jahresfrist  erprobt 
hat  Die  Resenreformationen  werden  dann  mit  dem  bisherigen 
Gewehr  zunächst  noeh  ausgestattet  bleiben,  der  Dualismus  in  der 
BewalRuig  ist  zunächst  nicht  za  vermeiden.  Obwohl  der  Kriegs- 
minister in  seiner  Begründung  settist  aiiBB|nidit|  da&  die  hentigen 
FeldgescbtttM  der  Armee  den  modernen  löideier  Staaten  reiehlidi 
eben  so  sehr  unterlegen  sind,  wie  die  Kropatseheck-Gewehre  den 
iiirigen,  es  daher  als  dringend  erwttnsolit  bexeiehnet  werden  müsse, 
bei  der  Feld -Artillerie  so  zu  yerfahren,  wie  bei  der  Infknterie,  d.  h. 
neues  Bfaterial  tür  die  mobilen  Trappen  I.  Linie  zu  erwerben  und 
das  veraltete  der  Reserve  ond  den  Festungen  su  Überweisen,  so 
verbietet  die  Finanzlage  doeh  zunächst  so  dnrehgieifende  Änderungen, 
nur  8  neue  Batterien  zum  Ersatz  des  ältesten  Gesebtttzmodells 
werden  zunächst  verlangt.  Gleichzeitig  muis  die  nötige  Kriegs- 
chargierung  für  die  neuen  Wafien  erworben  werden,  da  man  diese 
zunächst  im  Inlande  nicht  herzusteUen  vermag.  Die  Kosten  sind 
auf  3000000  Ifibeis  (&  4,5  Mark)  veranschlagt  und  die  Schwierigkeit 
liegt  darin,  diese  Summen  in  verhältnismäfslg  kurzer  Zdt,  bei  der 
beutigen  Lage  der  Staatsfinanzen  sicher  zu  stellen.  Das  wird  nun 
so  bewirkt,  dafe  man  eine  innere  oder  äulsere  Anleihe,  mit  maximal 
6*/«  Zinsenzahlung  in  der  genannten  Höhe  aufiiehmen  und  diese 
durch  einen  Teil  der  Loskaufgelder  decken  will.  Die  Begründung  ver- 
breitet sich  dann  des  Weitem  äber  den  Loskand  der  in  anderen 
Staaten  verworfen  sei,  den  aber  Portugal  zulassen  dttrfe,  weil  man 
fttr  das  ganze  Bekrutenkontingent  im  aktiven  Heere  doch  nicht 
Raum  habe  und  durch  die  Loskaufsbetrilge  sonst  nicht  verfilgbar 
zu  machende  Summen  fttr  die  Zwecke  des  Heeres  und  der  Landesver- 
teidigung gewinne.  Seit  1892  ist  der  Ertrag  des  Loskaufe  für 
Kriegsmaterial  bestimmt  und  1896  wurde  dies  noch  schärfer  betont. 


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200 


Neue  Mafanahmen  im  Ueere  Portugals. 


indem  man  sich  entschlofs,  der  2.  Reserve  Schulonp  zu  Treben.  So 
lanfre  man  das  Prinzip  verfolgte,  den  l'.rtrafr  des  Lo^kauls  in  (ieni 
hetreffi  iiden  Jahre  zu  verwenden,  konnte  man  langsam  das  Kriegs- 
material verbessern,  die  nötigen  Reparaturen  bewirken,  auch  das 
weniger  teure  Material  ankauten,  nicht  aber  die  oben  näher  be- 
zeichneten Erwerbungen  machen.  Diese  Enverbungen  müssen  rasch 
eintreten,  nicht  allein,  weil  man  sonst  mit  den  anderen  Mächten  in  Bezog 
auf  Zeitgemärsheit  nie  Schritt  halten  wUrde,  sondern  auch,  weil  that- 
sächlich  Mangel  au  genügendem  Waffenmaterial  vorliegt.  Den  Ertraf? 
des  Loskands  kann  man  im  Onrchsehnitt  auf  450000  Milreis  annehmea, 
100000  =  450000  Bfark,  sollen  ftlr  die  AnsbOdang  der  2.  Reserve« 
100000  fUr  Beparataren  des  MateriaU  ondAnkanf  von  weniger  kost« 
spieligen,  250000  fOr  die  Deckung  der  Anleihe  behnfs  Bescbaffnng 
der  70000  Gewehre  nnd  8  nenen  Batterien  verwendet  werden.  Diese 
als  Minimnni  betrachtete  Snmme  soll  erhobt  werden,  wenn  man  vom 
Loskanf  grttlsere  Brtritge  hat,  eine  andere  Verwaltung  der  Ertrige 
stattfindet,  oder  die  Finanzlage  sich  bessert  Der  Gesetzentwurf 
bildet  emen  zweckmäJsigen  Answeg  ans  einer  sehr  schwierigen  Lage 
nnd,  neben  der  Erwerbung  des  mehrfach  erwähnten  Materials  will 
es  nns  aach  vrichtig  erscheinen,  dafs  in  der  Begründung  eine 
bestimmte  Snmme  fttr  die  Ausbildung  der  2.  Reserve  fest* 
gesetzt  und  dieser  damit  ein  fester  Rahmen  gezogen  wird. 

Ein  2.  Gesetzentwurf  betrifft  die  Civil  Versorgung  länger 
dienender  Unteroffiziere.  Die  Begründung  weist  dabei  ausdrücklich 
auf  das  Beispiel  des  deutschen  Heeres  hin,  eui  Zeichen  dafttr,  dals 
der  Kriegsminister  Sousa  Teles  nicht  nur  die  Einrichtungen  fremder 
Armeen  aufmerksam  studiert^  sondern  auch  deren  Wesen  verstanden 
hat  Selbstverständlich  sind  die  fttr  Portugal  vorgeschlagenen  Mafs- 
nahmen  nicht  nur  ciDÜMhe  Kopie  der  deutschen,  sondern  entsprechen 
den  nationalen  Verhältnissen.  Das  Prinzip  besteht  darin,  dals  man 
die  Unteroffiziere  bis  zu  einem  gewissen  Alter  im  aktiven  Dienst 
dnroh  aufeinanderfolgende  Rengagements  erhält,  dann  aber  ihr 
Ausscheiden  ans  dem  aktiven  Dienst  erleichtert^  um  Stellen  Itir 
weitere  Kapitulanten  frei  zu  erhalten  und  den  Reserve -Formationen 
die  eriörderliche  Ziffer  branchbarer  Unteroffiziere  zu  sichern.  Gleich- 
zeitig verspricht  man  sich  In  Portugal  von  der  Versorgung  der 
länger  dienenden  Unteroffiziere  auch  eine  sehr  brauchbare  Kategorie 
von  Beamten,  die  zum  Gehorsam,  zur  Pflichterfllllnng  nnd  zur  Zu- 
verlässigkeit erzogen  sind.  An  Vorgän^^en  bat  man  in  Portugal  das 
Gesetz  vom  28./7.  1880,  betreffend  Kapitulation  nnd  Ausscheiden 
der  Sergeanten,  das  aber  eigentlich  nie  in  Wirkung  trat,  1883  er- 
schien ein  neues  Gesetz,  das  durch  das  Reglement  von  1889  die  Aus- 


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Nene  MafsiMliiiien  im  Heere  Portogab. 


201 


fttfamngsbestiiiimongeii  brachte.  Hätte  man  dieses  Gesetz  and  das 
Reglement  zweokmälaig  angewendet,  so  bedürfte  es  hente  keiner 
Änderungen,  aber  die  verscbiedenen  Reformen  in  den  einsebien 
Ministerien  haben  die  Liste  der  für  die  Unteroffiziere  reservierten 
Posten  sehr  wesentUeb  TerSndert,  so  zwar,  dab  es  hente  schwer  ist, 
Sergeanten  za  Tersoigen.  Die  Regierung  erbittet  daher  die  (Ge- 
nehmigung zur  Umgestaltang  des  betrefifenden  Gesetzes,  ohne  die 
Tendenz  desselben  im  Übrigen  zu  ändern,  und  zwar  weil  «iine  neue 
Klassiemng  der  für  die  Sergeanten  reservierten  Stellen  entsprechend 
der  heutigen  Einteilung  der  Ministerien  nötig  geworden.  Die  Be- 
rechtigung zur  Civilversorgung  in  ausschlielslicb  für  sie  reservierten 
Stellen  erwerben  Sergeauten  des  Heeres,  der  Manicipalgarde  und 
der  Marine,  sowie  solche,  die  ielddienstontaugUcb  ausgeschieden 
sind,  wenn  sie  bei  fortgesetzt  guter  Führung,  9  Jahre,  darunter  3 
als  Sergeant,  frodient  haben,  die  reservierten  Stellen  worden  durch 
die  Regierung  bestimrat  und  bekannt  gegeben.  Die  in  solchen  Steilen, 
versorgten  Serjreanten  Übernehmen  die  Pflicht,  bis  zum  52.  Lebens- 
jahre für  die  Verwendung  in  den  Reserve- Korraationen  zur  Verfügung 
zu  bleiben,  es  sei  denn,  dais  ihre  Gesundheit  sie  untauglich  auch  für 
ihren  Civilposten  erscheinen  läfst,  in  welchein  Falle  ihnen  für  die 
Pensionierung  die  aktive  Dienstzeit  und  die  halbe  in  der  Civilstelle 
angerechnet  wird.  Während  ihrer  CivUverwendung  ruht  der  Bezug- 
der  Militärpension. 

Der  H.  Gesetzentwurf  handelt  von  den  Kapitulationen  und 
den  Tensionen  für  Unteroffiziere  und  Mannschaften,  liengagements 
(readmissoes)  werden,  so  sagt  die  Begründung,  um  so  notwendiger, 
je  mehr  man  die  Dienstzeit,  die  andrerseits  das  Kekruten- 
kontingent  zu  vermehren  erlaubt,  abkürzt,  da  die  kürzere  Zeit 
intensiver  flir  die  .Schulung  ausgenutzt  und  die  grülsere  Masse  von 
Streitern  durch  brauchbare  Cadres  fester  einirerahmt  werden  muls. 
Beide  (rründe  erfordern  ein  .Schulungs-  und  iinterführerpersonal  von 
längerrT  Dioiist/eit.  Mit  der  Abktirzunfr  der  Dienstzeit  auf  8  Jahre 
wnrdi-  ilalior  auch  in  das  Kekrutieruiigsgesetz  der  Grundgedanke 
Üir  Ivt  n;:;iiri  nH'iits  aufirenoinnien  und  durch  das  Tiesetz  vom  2;^./7.  81) 
für  (iic  S('r2:eauten  noch  näher  ausgei'uhrt.  In  den  Ik'StinunuK^M'U 
wurde  alier  keine  Rücksicht  auf  Weiterdieuen  von  Korporalen 
und  Gemeinen  genommen  (bei  letzteren  kommen  besonders  auch 
Spezialisten  in  Betracht)  und  doch  wird  es  für  Nvilnsciionswert 
gehalten,  wenn  auch  diese  kapitulieren  und  dem  sollen  die  neuen 
gesetzlichen  Verordnungen  abhelfen.  Da  die  Steifreruiiir  der  Re- 
krutenkontingente einerseits,  die  durch  die  Finanzlairc  bedingte 
Beschränkung  der  Präsenzstärke  andrerseits  die  aktive  Dienstdauer 


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202 


Nene  Mafimabineii  ho  Heere  Portugals. 


ihalsilehlieb  $xi  2  Jahre  besoIultiikeD,  so  Beheinl  die^VeimehmDg 
des  Aosbildangshilisperaonals  nötig.  Unbesebrilnkt  dttrfen  die  Kapi» 
tolationen  allerdings  nicht  sein,  da  man  sonst  die  Reknitenkontmgente 
Tennmdem  nnd  das  Gadre-PersoDal  fUr  die  Reser?e-Fomiation  in 
Frage  stellen  wttrde.  Im  Prinzip  sind  Kapitulationen  anf  je  3  Jahre 
bis  zom  vollendeten  52.  Jahre  mttglich,  die  Zahl  der  Korporale 
I.  Klasse  darf  aber  Etats,  die  der  Korporale  II.  Klasse 

(Gefreite)  und  Gemeinen  nicht  40  bei  jedem  Kavallerie-,  20  bei  jedem 
Feld-Artillerie-Kegiment,  Infanterie-  und  Jägerbataillon  Überschreiten. 
Bei  der  Kapitolation  werden  z.  B.  dem  Sergeant- Adjutanten  120  Reis 
bei  der  ersten,  100  bei  der  zweiten,  200  bei  der  Dritten,  240  für 
jede  folgende  Kapitulation  an  Zulage  gewährt.  2.  Sergeanten  60, 
bezw.  80,  bezw.  100,  bezw.  120,  Gemeiueo  20,  bezw.  30,  hezw.  40 
für  die  3.  und  jede  der  folgenden  Kapitulation,  bei  schlechter  Führung 
kennen  die  Kapitulationen  nach  Anhören  des  DissiplinaT-Rats  des 
Trappenteils  aufgehoben,  die  Betreffenden  der  Resen-e  Uberwiesen 
werden.  Das  Pensionierungs-System  flttr  Mannschaften  datiert  von  1868, 
für  Sergeanten  trat  1880  eine  Yerbesserong  ein.  Die  Vorschläge  der 
Regierung  geben  non  dahin,  analoge  Verbesserungen  wie  sie  1887 
itlr  die  0£6ziere  eintraten,  auch  für  die  Mannschatten  einzuftlhren, 
eine  bedeutende  Mehrausgabe  soll  nicht  verursacht  werden.  Die 
Verbesserung  besteht  darin,  dafs  man  die  Pensionssätze  von  15 — 30 
Dienstjahren  in  Perioden  von  5  Jahren  zerlegt  und  die  Invalidenbeiträge 
bei  Dienstbeschädigungen  gerechter  verteilt.  Beim  Ausscheiden  nach 
30  Jahren  wegen  Dienstuntauglichkeit  tritt  die  Maximal-Pension  ein 
(Sergeant- Adjutant  und  1.  Sergeant  r.(ut.  Korporal  I.  Klasse  :K>0, 
Gemeiner  200,  Fahnenschmied  450  Reis  täglich  \  nach  25  Jahren 
werden  HO*/,,  nach  20  Jahren  ßO*/^.  nach  15  Jahren  50°/o  des 
Maximums  gewährt,  gleiche  Sätze  können  auch  bei  Di<iistdaQer 
unter  15  Jahren  gewährt  werden,  wenn  die  Dienstuntauglichkeit 
durch  Verwundung  oder  durch  Bf  .'^chiidigungen  im  Dienst  verursacht 
worden  ist.  Wer  nur  fUr  den  aktiven  Dienst  untauglich  wird  oder 
mit  52  Jahren  ausscheidet,  kann  als  Halbinvalide  noch  im  Gamison- 
dienst  verwendet  werden,  die  Pensionäre  bilden  10  Kompagnien. 
Sergeant- Adjutanten,  bezw.  1.  Sergeanten  mit  25  jähriger  I)i(  nstzeit 
werden  als  Alferes  (Unterleutnant)  pensioniert.  Sergeanten,  weiche  die 
Prüfung  an  der  Central-Sergeanten-Schule  bestanden  haben,  können 
zu  Alferes  der  Reserve  ernannt  werden,  wenn  sie  den  Übrigen  He- 
4ingungea  entsprechen.  18. 


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Trappea-Übangsplitae.  203 

XVIII. 

„Truppen-Obungsplatze;* 

Unter  der  Aufschrift  „camps  d'instruction"  ftlhrt  in  der  „Revue 
du  eercle  miiitaire'^  vom  9.  12.  99  ein  sich  ..Nyx"  zeichnender 
Wissender  einschlägiger  Verhältnisse  bitter  Klage  darüber,  dals  in 
Frankreich  es  um  die  Truj>penUbungsj)lätze  aurserordentlich  sehlecht 
bestellt  sei,  und  er  bricht  unter  schlierslichem  Hinweise  auf  Deutsch- 
land filr  die  schleunigste  Ausbauung  der  vorhandenen  nnd  Anlage 
von  neuen  Plätzen  sehr  energisch  eine  Lanze.  Die  Ausführungen 
des  Herrn  Nyx  sind  so  interessant,  dals  es  lohnt,  sie  uusern  Lesern 
im  wesentliehei)  /u  unterbreiten. 

Herr  „Nyx"  leitet  sie  so  ein:  „Die  an  sich  schon  so  kurze 
Dienstzeit,  vielleicht  noch  weiterer  Kürzung  gewärtig,  zwingt  ge- 
bieterisch, die  Ausbildung  des  Soldaten  derart  za  leiten,  da&  aneh 
nicht  eine  Minute  der  kostbaren  Zeit  verloren  geht.  Um  rasch  und 
gut  zum  Ziele  zu  gelangen,  müssen  die  vollkommensten  Mittel  und 
die  geeignetsten  Aasbildungsstätteu  vorhanden  sein.  Die  cadres  müssen 
auf  dem  Exerzierplatze  und  im  Gelände  ihrer  Aofj^abe  gemftÜB  aus- 
gebildet werden/* 

In  Ansehiing  dessen  unterzieht  „Nyx"  das,  was  der  Infanterie 
ond  der  Artillerie  hierfttr  za  Gebote  steht,  einer  seharfen  Kritik, 
lüt  der  Ansbfldnni^  des  eimelnen  Mannes,  meint  er,  stehe  es  in 
dieser  Beziehong  ja  nieht  schlecht,  da  sie  sich  anf  dem  Kasemenhofe 
Tollziehe;  aoeh  die  Sehnlnng  der  Kompagnie  nnd  des  geschlossenen 
Bataillons  gebe  keinen  Anlafs  zu  AossteUnngen.  Aber  sobald  man 
an  die  dem  Emstfalle  entsprechende  Aasbildnng  gehe,  da  zeigten 
sich  sofort  bedentende  Schwierigkeiten.  Schon  wenn  man  die  Ent- 
Wickelung  zom  Oefecht  klarmachen  wolle,  tdlten  einem  greise 
Schwierigkeiten  entgegen.  Der  Obnngsplatz  sei  hierzu  meist  zu 
klein;  man  müsse  daher  die  betreffenden  Obnngen  in  mehrere  Ab« 
schnitte  zerlegen,  und  in  jeder  Phase  wäre  man  genötigt,  wieder 
anf  den  Ausgangspunkt  zurttoksagreifen,  anstatt  die  G^esamtaktlon  auf 
einem  einige  tausend  Meter  grofeen  Felde  dem  Emstfalle  entsprechend 
sich  entwickeln  zu  lassen.  Und  wenn  einmal  mne  Gsmison  im 
glttcklichen  Besitze  eines  im  allgemeinen  den  Anlorderangen  gerecht 
werdenden  Obungsfeldes  sei,  so  sei  dieses  oft  weit  yon  der  Garnison 
entfernt,  und  aulserdem  müssen  sieh  verschiedene  Begimenter  in  den 
Platz  teilen,  ganz  abgesehen  Ton  dem  Zeitrerlust,  der  durch  den 
weiten  Hin-  und  Btlekmarsch  verarsacfat  werde.  Das  hiufig  schlechte 
Wetter  thut  dann  das  ttbrige,  so  dafe  häufig  jedes  Begiment,  das 


204 


Truppen-Übungsplätze. 


noch  dazu  gar  nicht  selten  andern  Dienst  leisten  nillsse.  in  der 
Woche  höchstens  ein-  oder  zweimal  zur  l'bunp  käme.  Dals  dabei 
nicht  viel  gutes  herauskomme,  sei  klar.  Was  die  Hrigadeübungen 
anlange,  so  könnten  solche  nur  bei  einigen  Garnisonen  statttinden, 
sei  CS  infolge  der  weiten  Entfernungen  zwischen  den  beiden  Brigade- 
regimentern, oder  infolge  der  zu  geringen  Ausdehnung  des  hierzu 
verfügbaren  Platzes.  Die  zeitweilige  Zosammenziehung  der  Brigade 
sei  aber  anlsefordentlieli  nlltdieh.  Date  einige  der  im  Westen 
Fnmlaeiolis  liegenden  DivisioneD,  die  in  fraf^cher  Biehtong  gtlnstiger 
als  andere  dran  seien,  einen  TOrtrefflieben  innem  Zusammenhalt  nnd 
eine  Torzttgliehe  Ansbüdnng  im  ManOyerieren  besitzen  —  ein  solches 
Lob  könnten  diese  Divisionen  mit  vollem  Hecht  fbr  sich  in  Anspruch 
nehmen  —  das  habe  vor  allem  seinen  Gmnd  darin,  dals  dieselben 
hänüg  zu  gemeinsamen  Übungen  zusammengezogen  würden.  Wenden 
wir  uns  nun,  f^rt  Verfasser  fort,  vom  Exerzierplatz  zu  den  Feld- 
dienstttbungen  der  Kompagnien,  Bataillone  und  Regimenter  im  Gelände, 
die  fttr  die  cadres  notwendig  sind,  um  zu  lernen,  das  Gelände  richtig 
auszunutzen,  so  sind  wir  Überall  mehr  oder  weniger  beengt  durch 
die  bebauten  nnd  eingefriedigten  Felder.  In  einigen  Gegenden, 
namentlich  in  der  Normandie,  ist  es  fast  unmöglich,  die  Stralsen  zu 
verlassen.  Die  Folge  davon  ist,  dafs  die  Entwickelangen  nnvoU- 
ständig  bleiben,  die  gegeneinander  fechtenden  Truppen  in  ganz  un- 
geeigneten Formationen  auftreten  und  Gefechtsstellungen  einnehmeur 
die  in  Ansehung  des  Bmst&lls  geradezu  als  gefährlich  bezeichnet 
werden  mttssen,  während  nur  100  Meter  weiter  ausgezeichnete 
Stellungen  lägen,  die  man  aber  nicht  betreten  darf;  &lsche  Gefechts- 
bilder endlich,  die  trotz  aller  Erläuterungen  Verwirrung  nnd  Unklarheit 
in  den  Köpfen  der  Liente  und  auch  der  cadres  hervorrufen. 

Das  gleiche  gilt  von  der  Ausbildung  im  Schielsen.  Zu  dem 
Schiefestande,  dem  Übungsplatz  ftlr  das  Einzelsehiefsen,  kann  man 
schon  ^e  grölsere  Zahl  von  Leuten  heranziehen,  um  das  Stand- 
schielisen zu  lernen,  und  sie  genügen  auch  bis  zu  600  Meter.  Wie 
aber,  fragt  Herr  „Nyx*S  sieht  es  bei  uns  aus,  wenn  es  zur  Aus- 
bildung im  kriegsmäßigen  Schielsen  kommt  ?  Zum  Bdehrungssohieisen 
genügt  das  Schulsfeld  schon;  Massenfeuer  ist  nur  möglich,  wenn  das 
Schnisfeld  1000  Meter  lang  ist,  und  ein  solches  findet  sich  auch 
wohl.  Aber  die  neue  Schieisvorschrift  enthält  noch  eine  andere,  sehr 
wichtige  Bestimmung,  die  nämlich,  dals  der  Mann  ein  tttohtiger 
Scharfschütze  werden  soll,  der  einen  Schuis  abgiebt,  wie  er  im 
Gefecht  verlangt  werden  muls.  Ein  solcher  Schufs  mnfs  aber  auf 
ungekannte  Entfernung  abgegeben  werden,  so  dafs  der  Schütze  sich 
selbst  das  nötige  Visier  wählen  muls.  Das  ist  aber  auf  dem  Schieis- 


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Tmppen-ÜbungspÜUxe, 


205 


stunde,  ^vo  alle  Entferiuinireu  ht'kainit  sind,  einfach  ausj^eschlosseu. 
Der  Manu  mufs  ferner  auf  verschiedi  iiartie^c  Ziele  schiofsen  lernen, 
die  auch  plötzlich  auftreten,  und  auf  verschiedene  Eutfernunpen. 
Auf  dem  SchielsBtande  kann  man  aber  nur  p-radeaus  schielsen, 
wenn  man  kein  ruirlUck  anrichten  soll.  Anch  die  Instruktion  über 
den  krit'i:sniülsiM:en  Kinzelschul's,  von  deren  \Vichti;u'kt'it  ^icli  die 
meisten  unserer  Oftiziere  auf  der  Schielssehule  Uberzeujrt  haben, 
kann  auf  dem  Schiefsplatze  nur  sehr  unvidlkomnien  ^ej^eben  werden. 
Tiid  dennoch!  Der  bchielsstaiid  ist  der  einzige  i'laU,  Uber  den  man 
bei  uns  verftlfrti 

Die  Schiefsinstruktion  j;;ipfelt  im  kriegsmäfsi^en  Schielsen,  wobei 
der  Mann  die  Fenerdisziplin,  die  ( adres  die  Feuerleitunor  erlernen 
sollen.  Um  das  zu  können  muls  man  zum  mindesten  mit  den 
Bataillonen  (ietechtsUbuniren  vornehmen  können,  die  in  sieh  begreifen: 
Den  Anmarsch,  die  Kntwickelung  zum  Gefecht  und  das  Feuer. 
Rechnet  man  hierfür  20(X)  Meter,  ftlr  die  Tragweite  des  Gewehrs 
3000  Meter,  so  hat  man  ein  Feld  von  mindestens  5000  Meter 
Länge  nöti^-,  und  da  von  den  oben  erwähnten  unvorherfjesehenen 
Fällen  nicht  jrrols  die  Rede  sein  kann,  wenn  mau  nur  ge- 
radeaus schielsen  kann,  so  mufs  der  Platz  auch  5000  Meter  breit 
sein.  Noch  mehr!  Es  bedari  auf  den  i'bunj;splätzen,  um  ernstgemeinte 
oder  dem  Ernstfalle  möglichst  entsprechende  Übungen  anszufUhreo, 
zahlreicher,  beweglicher  Scheiben,  die  erscheinen  und  verschwinden: 
ein  beträchtliches  Material,  welches  schonende  Behandlung  von  vorn 
herein  verlangt.  Alles  das.  sagt  das  Reglement,  findet  sich  auf  den 
Lehrplätzen.  Um  kostspielige  Transporte  zu  vermeiden,  niu>seii 
die  Korps,  die  in  der  Nähe  von  günstigem  (ielände  stehen,  sich  mit 
der  Stadtverwaltung  in  Verbindung  setzen,  die  ihnen  ein  solches 
Gelände  vermieten  oder  leiben.  Aber  anter  welchen  Bedingungen 
nnd  was  IfÜr  ein  Gelände?  im  allgemeinen  ist  der  Platz  von  1500  Meter 
Lange  kaum  verwendbar  zum  Entwickeln.  Die  Ziele  sind  auf  eine 
Zone  Ton  2 — 800  Meter  Tiefe  yerteilt,  da  verbietet  sieb  das  Sebielsen 
schräg  znr  eigentlieben  Sohnfiriinie  von  selbst;  yom  HanttTerieren,  von 
nnvorheigesehenen  FttUen  keine  Bede,  denn  am  zweiten  Tage  kennt 
jedermann  die  Sntfemnngen.  So  liegt  es  z.  B.  beim  Sohiebplatie 
von  Bois  TEveqne  für  die  Ganisonen  Nancy  and  Tool,  bei  dem 
SebieTsplatze  von  St  Vigos  für  die  Garnisonen  der  Kormandie.  — 
Soviel  Uber  die  VerblUtntsse  bei  der  Infanterie. 

In  Betreff  der  Artillerie  gilt  dasselbe  fast,  nor  in  erhöhtem 
Maabe,  da  sie  bedentend  gröbere  PlStze  branchi  Sie  besitzt  aber 
nnr  Sehiefostünde,  die  man  eigentlioh  Scbielssehl&nehe  nennen  mlUste, 
die  gerade  nor  aosreichen,  nm  mit  den  Biehtkanonieren  Untenieht 


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206 


Trappeii-ÜboiigqkUttM. 


über  das  Schiefsen  an  sich  abzohalten,  wo  man  aber  nichts  findet, 
mn  die  Offiziere  zu  l)elebren,  wo  kaum  Platz  ist,  sich  zu  beweirt-n. 
So  z.  B.  der  Scbielsplatz  von  Fontainebleau,  Cercotfces,  und  vor  allem 
der  von  Braconne  —  ganze  400  Meter  breit!  Die  staatlichen 
Schieisplätze  sind  im  allgemeinen  BillardtUchern  ähnlich;  es  scheint, 
als  ob  man  besondern  Wert  darauf  lege,  dieselben  untereinander  so 
ähnlich  als  möglich  zu  machen,  indem  man  nach  und  nach  die 
natllrlichen  Hindernisse  entfernte.  Die  Schieisplätze  von  Sissone, 
kaum  2500  m,   absolut  nngenügeiid.  Kuchard,  \  albome,  Carpiagne 

—  armselig  und  völlig  ungenügend  ebenfalls! 

Herr  „Nyx-*  macht  nan  seine  „Vorschläge  zur  Verbesserang 
und  Neu  an  läge"  : 

„Ein  Scbielsplatz  mufs  4 — 5  km.  Aasdehnung  nach  jeder 
Richtung  haben." 

Chaluiis  ist  d(T  einzige,  der  den  3  Waflfengattungen  geniiircntlen 
Ranra  zur  Zusanimenziehnng  bietet;  aber  man  kann  ihn  nur  fUr 
einen  Teil  der  Garnisonen  des  Westens  benutzen.  Es  ist  unerUUslich, 
dals  man.  nnd  zwar  schleunigst,  noch  einen  äliiilieltrii  im  Westen, 
im  Siuit  ü.  im  Osten  und  im  Centruni  auU  -  i.  l  ud  man  kann  das 
auch  erreichen,  indem  man  die  vorhandenen  vergröfsert,  oder  neue 
Plätze  ankauft.  hu  Westen  konnte  man  den  Scbielsplatz  von 
Bois  l'Eveqae,  zwischen  Ouest  und  Nanc>  auf  dem  Plateau,  welches 
das  linke  Moselafer  beherrscht,  südlich  der  KrUmmung  der  Mosel 
beim  Hazeforst  vergrölsem.  Er  bat  bei  einer  Länge  von  etwa 
4  km.  eine  Breite  von  500  Meter  und  ist  gut  gelegen;  ringsam 
findet  Bich  genog  kanfbares  Gelände,  um  ihn  anf  eine  Breite  tob 
4  'ktu.  m  beben.  Die  Gamiionai  von  Nancy  und  Toal,  aacb  Nenf- 
obateaa,  selbtt  Epinal  ktinnten  ibn  benutzen,  obne  grobe  Kosten 
für  dfo  Mincbe  m  Um  m  Terusaeben.  In  der  Konnandie  ist  die 
Sacbe  scbon  scbwieriger,  sebr  schwierig,  da  bier  das  GelSnde  sehr 
teuer  ist.  Eän  ScbielsplatB  in  der  Bretagne  wflrde  nicht  genügend 
ansgennlxt  werden  können.  Fttr  diese  Gegend  nnd  lllr  die  Trappen 
des  Gentnuns  könnte  man  den  SehieisplatK  von  Raohard  TergrOiseni. 
Aneb  meine  ich,  wtirde  sich  das  Gelünde  anf  dem  Platean  Ton 
P^rigord  sebr  gnt  eignen.  Im  Südosten  endlich  könnte  die  Ebene 
von  Camargne  oder  die  Umgebong  des  Sees  de  Bene  ebnen  ganx 
TOnUglichen  Scbielsplatz  nnd  übongsplatz  fbr  die  meisten  Garnisonen 
des  16.  nnd  17.  Korps  abgeben.  Also  2  Scbielspliltze  znuKebst 
▼eigrölsern,  2  nene  schaffen,  dafür  müssen  nobedingt  nnd  möglichst 
bald  die  Gelder  flüssig  gemacht  werden. 

Zur  Bekräftigimg  seiner  Fordernng  iiihrt  nunmehr  Herr  „Nyz** 

—  Dentschland  ins  Treffen.   „Die  Dentechen  sind  uns  in  dieser  Be- 


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0 


Truppen-ÜbnngsplStie.  207 

liehang  ▼oraogegaogen.*'  „Die  .Obongsptttee",  sagt  die  Kölniaehe 
Zettnng,  ^nd  eine  Notwendigkeit,  einesteils  weil  die  Gesobttlse  in 
heutiger  Zeit  eine  solebe  Tragweite  baben,  dals  die  Artillerie 
besondere  SeMdbplfttsse  baben  molB,  nm  wirkUcb  sobiefsen  xa 
kffnnen,  andererseits,  weil  mit  der  Einfthrang  der  swegtthrigen  IMenst» 
idt  nnd  der|  Aosdebnnng  bentiger  Eriegsftbrnng  es  onerlttblieb  ist, 
FObrer  nnd  Lente  daran  zn  gewObnen  so  zn  manöverieren,  wie  es 
im  Kriege  ndt  grolsen  Einbetten  der  Fall  sein  mols'*.  „In  Rttoksiobt 
Ueraaf  bat  man  die  VeigrO&ening  aller  Sebielsplfttze  bemessen» 
Seit  1891  bat  man  in  Dentsohland  17  nene  Übangsplätse  gekauft; 
man  bat  infolgedessen  jetzt  20  solcber  Plätze,  deren  banptsäcbliebste 
sind:  Döberitz,  Arys,  Loburg,  Biedmsko  —  dieser  nördliob  von 
Posen  ftlr  das  5.  Korps  —  14000  b  giofs,  wird  so  schnell  ein- 
geriebtet  sein,  dals  er  im  Herbst  1900  benntzt  werden  kann;  femer 
Sprottan,  Paderborn,  Mongole,  Lockstedt,  Soltan,  Gruppe.  Für  die 

17  neaerworbenen  PUUse  bat  Dentseblaad  seit  1891  —  80  Millionen 
Franks  aufgewendet;  im  Budget  für  1900  ist  auiserdem  noch  die 
Summe  von  2,5  Millionen  Franks  angesetzt^  um  im  Elsals  einen 
Platz  zn  erwerben.  Jeder  Platz  milst  im  Mittel  etwa  2500  h,  der 
Preis  für  1  h  stellt  sich  also  aaf  rund  1900  Franks.  — 

Nun  stellt  ,.Nyz^*  eine  Bereobnong  an,  wie  sich  die  Kosten  für 
Frankreich  stellen  würden,  wenn  die  oben  geforderten  Plätze  aus- 
gebaut bezw.  neu  erworben  und  angelegt  werden.  Der  Hektar  wird, 
sehr  teuer  veranschlagt,  etwa  2500  Franks  kosten.  Zur  Vergröfserung 
des  Platzes  Bois  TEveqne  1200  h  =  3  Millionen  Frank.  Die  Neu- 
beschaffung  zweier  Plätze  —  je  5  km.  lang  und  breit  —  zusammen 
L2  Millionen,  davon  l  Million  zur  ii^inriobtung;  Kucbard  in  seiner 
Gröfse  verdoppelt  =  3  Millionen,  Gesamtsumme  fUr  diese  4  Plätze 

18  Millionen  Frank.  Auiserdem  müssen  noch  8  kleinere  Plätze 
neugeschaffen  oder  verbessert  werden  fUr  die  Truppen  eines  Korps, 
die  von  einem  der  grofsen  Plätze  zu  weit  entfernt  liegen,  um  sie 
gehörig  anasonntzen.  1—1,5  km.  schmäler  als  die  groisen  könnten 
diese  kleinen  Plätze  schon  s^n,  in  der  Länge  aber  müssen  sie  den 
groben  gleich  sein,  so  dals  wenigstens  die  Infanterie  hier  nach  Be* 
dürfnis  mariöveriereu  und  schielsen  könne  nach  jeder  Richtung  hin. 
Für  diese  Plätze  müsse  der  Staat  etwa  32  Millionen,  im  ganzen 
also  5n  Millionen  Franks  opfern,  wenn  er  den  unabweisliehen 
Armeebedurt'nissen  Keehruifür  tragen  wolle,  l'ni  das  weniger  schmerz- 
lich fiir  (las  Budget  zu  machen,  schlägt  Herr  .,Nvx"  vor,  man  solle 
zunächst  jährlich  1  Million  ausgeben  —  wahrhaftig  eine  lächerlich 
kleine  Summe,  die  der  Staat  noch  dazu  für  den  eigenen  Beutel 
hergäbe.   Alierdings  meint  er,  daljs,  sobald  man  von  der  Absiebt 


208  SchUue  und  -  üelui: 

der  Regierong  Im  Volke  eifllhre,  die  Pteise  fttr  die  GnmdBfctteke 
ins  UDgUrabliche  in  die  Hohe  selmeUen  worden."  Damit  bat  Herr 
„Nyz**  jedenfalls  Recht,  das  ist  Überall  dasselbe^  überall  nimmt  man 
,,die  Koigonktnr  wahr'^  —  Westen  ist  das,  wie  der  Herr  Ver- 
fasser sagt,  sehen  znr  Thatsaehe  geworden.  Hier  kostet,  seit  dem 
man  Lnnte  geroehen,  der  h  SOOO  Franks;  man  müsse  also,  wenn  das 
Bndget  des  Reiehs  vielleieht  räien  danemden  Zuwachs  an  Ausgaben 
nicht  vertragen  kOnne>  xnnächst  einmal  5  Millionen  springen  lassen 
nnd  dann  alle  5  Jahre  wenigstens  einen  neuen  ObnngsplatK  dnriohten!'' 
Diesen  etwas  sarkastischen  Vorschlag  beendet  er  dann  mit:  „il  faat 
se  häter.'*  „Die  Sache  heischt  Eile"  nnd  eine  Hinschleppnng,  wie 
sie  sich  ans  der  Befolgung  des  zuletzt  gegebenen  „guten"  Rates 
ergebe,  sei  unzulttssig.  Das  oben  geforderte  sei  unbedingt  nötig 
und  Tag  für  Tag  trete  die  Notwendigkeit  mehr  und  mehr  hervor. 
„FVankreioh  kann  und  darf  nicht  mtüsig  dastehen,  heute,  wo  die 
Fortschritte  in  der  Bewaffnung  der  benachbarten  Mächte  so  gewaltige 
sind.  Schnelle  Lösung  der  Frage  ist  Pflicht  fttr  uns,  eine  Frage, 
die  bereits  seit  10  Jahren  uns  .beschäftigt."  52. 


XIX. 

Schütze  und  —  Helm! 

Seit  der  Bewaffbung  der  Infanterie  mit  dem  gezogenen  Hinter- 
lader, besonders  dem  kleiukalibrigen,  wird  die  Kampf-fintscheidang: 
nicht  mehr  durch  den  Stols  in  geschlossener  Ordnung,  sondern  durch 
die  zasammengefalste  Feuerwirkung  der  Einzel-Schielsleistungen  der 
Schützen,  aus  welchen  sich  der  käropfeude  Schützenschwann  zu> 
8ammenf*etzt,  herbeigeführt  Die  taktische  Entscheidung  hängt  somit 
in  erster  Stelle  von  der  selbständigen,  gewandten  Ausnutzung  der 
Feuerwirkung  des  Gewehrs  dfirch  die  Schützen  ab. 

Es  versteht  sich  daher  von  selbst,  dals  unablässig  darnach  ge- 
strebt werden  muls,  den  Schützen  zur  möglichst  wirksamen  Ver^ 
Wertung  seiner  vorzüglichen  Wafie  auszubilden  —  dafs  aber  auch 
alles  zu  vermeiden  ist,  was  jene  Verwertung  irgendwie 
beeinträchtigen  könnte. 


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Sohtitze  und  —  üelm! 


209 


In  letzterer  Hinsicht  wäre  zu  wtJnschen,  dafs  der  knapp  an- 
liegende WuÜeuroek  mit  steifem  Kragen  und  engen  Ärmeln,  welcher 
—  besonders  bei  umgehängtem  Gepäck  —  jede  Anschlagsart  er- 
schwert, einem  loser  sitzenden  Waffenroek  mit  bequemem  weiten 
Umlegkragen  Platz  machte.  Auch  die  blinkende  Knopfreibe  mtliste 
geopfert  werden.    Die  Litewka  also  für  das  Feld! 

Von  ebenso  grober  und  noch  gröiserer  Bedeutung  wäre  es  aber, 
wenn  der  kämpfende  Schütze,  welcher  im  Liegen,  Knieen  und  Stehen 
feuern,  welcher,  am  sich  an  den  Gegner  beranzuschiefsen,  laufen, 
TOistttrzen  und  kiiecben  mnls,  welcher  endlich  während  des  Ladens 
dem  Auge  des  Gegners  bezw.  dessen  Geschossen  sich  durch  gewandte 
Deckung  entsiehen  soll  —  warn  dieser  Sehlltze  rem  dem  Helm  be- 
freit wttrde. 

Die  guten  Eigenschaften  des  Helms  —  nm  dieselben  im  voraas 
amrafHhien  —  bestehen  darin,  dafe  er  bei  Kegenwetter  den  Kopf 
trocken  hält,  und  dals  er  ventiliert  ist  Diese  gnten  Etgensehaften 
des  Helms  —  welche  aooh,  ond  zwar  vollkommener,  mit  anderen  Kopf- 
bedeckungen verbanden  sein  können  —  fallen  aber  nicht  ins  Ge- 
wicht gegenüber  seinen  Naehtdlen. 

Znnächst  steht  fest,  dalis  ein  ganz  betcttchtlieher  Prozentsatz  der 
Verloste  an  Verwondeten  nnd  Toten  des  Feldzages  1866  nnd  be- 
sonders desjenigen  von  1870/71  der  Aosrflstong  mit  dem  Helm  znzii« 
schreiben  ist  Der  glänzende  Helm  zieht  die  Angen  nnd  Visierlinien 
des  Feindes  gleichsam  magnetisch  an.  Es  mnls  bei  St  Privat  ihr 
die  franzOsisehen  SchlltBen  ein  leichtes  gewesen  sein,  die  glänzenden, 
wogenden  Hehn-Felder  der  Prenüsisehen  Garde- Bataillone  unter 
Fener  zu  nehmen.  Instinktiv  nahmen  daher  die  in  Stellung  befind- 
lichen Schlitzen  die  unbequemen  „Magnete**  meist  ab.  Auch  Uelsen 
schon  1866  einzehie  lYnppenteile  die  Helmadler  sehwaiz  lackieren, 
andere  setzten  zum  Gefedit  die  Mätzen  auf  und  trogen  die  Helme 
an  der  Seite. 

Dnieh  den  eingefähiten  Hekn-Oberzog  ist  allerdings  dem  Glänzen 
des  Helmes  auf  die  einfachste  Weise  abgeholfen.  Der  Oberzng  wird 
jedoch  im  Felde  bald  schadhaft  werden  nnd  geht  alsdann  Idcht  ver- 
loren; derselbe  vennehrt,  wenn  nals  geworden,  das  Gewicht  des 
Helmes  nnd  verhindert  hänfig  die  so  nOtige  Ventilation.  Anch  ist 
an  bedenken,  dafs  bei  Felddienst-Obungen  dnsohlieblidi  Manöver  die 
Partei  mit  Hehn  -  Obersttgen  insofern  verwöhnt  wird,  als  de  die 
Gegen-Partei  Idobter  erkennen  und  daher  anch  Idchter  aoft  Korn 
nehmen  kann. 

Neben  dem  dnzeh  den  Obeizag  —  fUr  einige  Zeit  —  onschäd- 
Heh  gemachten  Glanz  hat  der  Helm  aber  noch  andere  schwer 

JakAMtorflrdtodmlNteAmMudlUilB».  Bd.  IM.«.  14 


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210 


SMtM  und  —  Helmt 


wiegende  Nachteile.  Zanäobst  ist  aneb  der  Helm,  selbst  nenesteo 
niedrigen  Modells»  immer  noob  m  sobwer  nnd  trotz  der  Loftttfcber 

im  Sommer  zu  heifs.  Die  als  Zierrat  dienende  metallene  Spitze 
vermehrt  das  Gewicht  des  Helmes  and  ist  dadurch,  dals  sie  den 
Schützen  unnötig  h(iher  und  sichtbarer  macht,  nicht  kriegsgeniäfs. 

Da  ferner  der  aufgesetzte  Helm  nnr  mit  einem  im  Verhältnis  zn 
seiner  ganzen  Höbe  schmalen  Streifen  am  Kopf  anliegt,  und  da  das 
lackierte  üelmleder  steif  ist,  kann  der  Helm  nicht  elastisch  >t 
sitzen,  er  wackelt  bezw.  ratscht  bei  stärkeren  Kopfbewegangen,  tioU 
Lederfutter  und  Einlagen.  —  Wird  der  Kinnriemon  fest  angezogen, 
so  werden  dadurch  Hals  und  Kopf  geprefst,  somit  Atmung  and  Blnt- 
umlauf  gehemmt;  dies  hat  zur  Folge,  dafs  der  Schutze  nicht  scharf 
sehen  und  zielen  kann  —  die  wichtigsten  Bedingungen  zu  einem 
raschen  guten  Schufs  sind  dadurch  also  aufgehoben.  Ist  der  Kinn- 
riemen aber  nicht  henintergenümmen  oder  nicht  fest  angezogen,  so  wird 
der  Helm  dem  Schützen  bei  raschen  Bewegun:ren  und  Erschtltterungen. 
z.  B.  wenn  jener  sich  nach  einem  Sprung  hinwirft,  leicht  vom  Kopf 
fallen  oder  Uber  die  Augen  vorrutschen.  Anstatt  dalsr  der  im  stärksten 
feindliche  Feuer  vorstürzende  und  sich  hinwerfende  Schütze  sofort 
das  Feuer  aufnehmen  kann,  muls  er  in  diesen  kritischsten  Oefeehts- 
momenteu.  in  welchen  es  sich  um  Ausnutzung  jeder  Sekunde  zur 
Feuerabgabe  handelt,  häufig  —  um  st  lif  n  und  zielen  zu  können  — 
den  tief  gerutschten  Helm  zunächst  zurückzuschieben.  Jede  Sekunde 
bringt  aber  feindliehe  Geschosse  und  somit  die  Möglichkeit,  durch 
Treffer  aufscr  Gefecht  gesetzt  zu  werden. 

Beim  Schiefsen  im  Liegen  kann  der  Schtit/e  sehr  oft  den  Kopf 
zum  Sehen  und  Zielen  nicht  genügend  aiitrichttii  oder  zurUcklegen, 
weil  der  Helm  mit  dem  Hinterschirm  an  den  um  den  Tornister  ge- 
schnallten Mantel  bezw.  die  Zeltbahn  stüfst;  es  bleil)t  dem  Schüt/en 
dann  nur  übrig,  deu  Helm  abzunehmen.  Bei  lebhaftem  Feuern  im 
Liegen  rutscht  der  Helm  schon  wegen  der  mit  jedem  Schufs  ver- 
bundeneu ErscIiUtterung.  MuCs  sieh  ferner  der  Schütze,  weil  er  im 
Liegen  kein  freies  SchulstVld  hat,  zum  Knieen  oder  Stehen  auf- 
richten, so  wird  durch  das  rasche  F'.mporschnellen  zum  Anschlagen, 
sowie  durch  das  Heruntergehen  oder  ÜU(d\en  nacli  dem  Schufs  der 
nicht  elastisch  fest  sitzende  Helm  wieder  aus  seiner  Lage  gebracht 
und  dadurch  hinderlich. 

Das  Aufsetzen  oder  Mitnehmen  der  herunter  gefallenen  oder 
abgenommenen  Helme  l)ildet.  wenn  das  Kommando  zum  „Sprung" 
erfolgt,  wieder  eine  Hinderung  in  der  raschen  Ausführung  sowohl 
des  Aufspringens  wie  des  Vorstürzens. 

Der  Helm  erschwert  somit  die  ganze,  aus  Bewegung  und  Schielseu 


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Sobtttie  und  —  Helm! 


211 


bestehende  Thiitigkeit  des  Schützen  im  Gefecht;  er  hindert  ihn,  die 
Wirkung  seiner  Schnlswaffe  möglichst  auszunutzen  und  gieht  ihn 
dafür  umsoDiehr  den  feindlichen  GeschosHeu  Preis;  der  Helm  bildet 
daher  mehr  oder  minder  einen  Faktor  der  Feuer-Unterlegenheit,  mithin 
zur  Niederlage.  —  Der  Helm  ist  m.  E.  aus  diesen  Gründen  trutz 
IJberzng  keine  kriegsgemälse  Kopfbedeckung.  Für  da«  moderne 
Feoergefecht,  in  welchem  die  hoch  gesteigerte  Wirkung  des  klein- 
kalibrigen  Mehrladers  den  Angreifer  zwingt,  sich  aufzulösen  und  als 
SchUtzenschwarm  unter  Ausnutzung  des  Geländes  im  zähen,  oft 
stuiulcnlang  hin  und  her  wogenden  Feuergefecht  sich  an  den  Gegner 
heran  und  diesen  aus  seiner  Stellung  herauszuschielsen  (wobei  die 
Intelligen/,  und  (rcwandiheit  Jedes  einzelnen  Schützen  sehr  in  die 
Wagschalc  fällt)  mit  der  Bedingung:  „mehr  Schütze  als  Scheibe"  zu 
bcin,  palst  der  Helm  nicht  mehr. 

Die  erste  Frage  bei  der  Wahl  einer  Kopfbedeckung  sollte  lautt  ii: 
Ist  sie  bei  anstrengenden  Märschen,  sodann  beim  Schiefseu  in  allen 
Anschlagsarten,  bei  den  im  Angriffsgefecht  vorkommenden  Bewegungen 
als:  Laufen,  Vorstürzen,  sich  Hinwerfen,  Aufschnellen,  Aufspringen, 
über  Gräben  springen,  Uber  Zaun  oder  Mauer  klettern,  beim  raschen 
PaBsieren  tiefeingescbnittener  Hohlwege,  beim  Vorkriechen,  bei 
eiligstem  Ansbeben  tod  Schtttzengrilbeii  ele.  eto.  —  ist  die  Kopf- 
bedeekQDg  in  allen  diesen  Fällen  niebt  nor  nicht  im  geringsten  nn- 
praktlseb  und  hinderlich,  sondern  durch  Leichtigkeit,  elastisch  festen 
Sitz,  Form  nnd  Farbe  praktisch  nnd  forderlich? 

£&  kann  kein  Zweifel  bestehen:  jede  andere  Kopfbedeckung 
ist  —  fttr  die  heutige  Kampfweise  der  Infanterie  —  praktischer  als 
der  durch  Stoff,  Form,  Sitz  und  Gewicht  dazu  wenig  geeignete  Helm. 

Schon  unsere  Feldmtttze,  wenn  aus  wasserdichtem  —  Tielleicht 
scbilffarbenem  —  Stoff  gearbeitet,  mit  Luftltf ehern  und  mit  ab- 
stehendem d.  b.  nicht  an  der  Stirn  anliegenden  Schirm  versehen,  ist 
durchaus  kriegsbrauchbar.  An  ihrem  hinteren  unteren  Rand  könnte 
allenfiAlls,  damit  bei  anhaltendem  Regen  das  Wasser  nicht  in  den 
Hals  läuft,  em  dttnner  konkav  geschweifter  und  sich  nach  unten  etwas 
▼erbreitender  Schirm  angebracht  werden;  an  den  Tündern  desselben 
wären  zur  Wahrung  seiner  Form  Aluminium  •  Drähte  emzuoäben. 
Eß  möchte  sich  zur  Unterscheidung  von  Freund  und  Feind  im  Ge- 
fecht, besonders  bei  weiten  Entfernungen,  empfehlen,  einer  ev.  einzn- 
fllhrenden  neuen  Kopfbedeckung  auf  der  Hinterseite  einen  breiten 
weithen  Streifen  zu  geben,  denn  von  den  in  erster  Linie  kämpfenden 
eigenen  Truppen  sieht  man  doch  meist  nur  die  Rückseite. 

Zweierlei  Kopfbedeckungen  —  eine  für  Parade  etc.  und  eine 
ftlr  das  Feld  —  können  wir  nicht  das  Wort  reden. 

14* 


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212   Glumüctor,  Vossen  und  KOnnen  in  ihrer  Bedeutani^  fllr  den  Oifliier. 


Weich  kostbare  Zeit  wird  schon  zq  Helni-A{i]>olls  Terbianoht, 
aber  trotz  eingeleimter  Tuchstreifen  oder  Papier-£üilagen  ete.  sltaEk 
der  Hplni  uud  kann  er  nie  elastisch  festsiteen. 

Was  die  sonst  g:ewil8  sehr  wichtige  —  Tradition  betrifft,  so 
fällt  hinsichtlich  des  Helmes  jedes  Reeht  m.  £.  darauf  weg.  Der 
Helm  wurde  allerdings  in  drei  FeldzUgen  getragen,  aber  er  war  oft 
genug  Yeranlassunc:  empfindlicher  Gefechts  Verluste. 

Zudf'ni  wurde  der  Helm  bei  verschiedenen  historischeu  Waflfen- 
tbaten  der  letzten  FeldzUge,  so  z,  B.  isf;  (  bei  Alsen  und  bei  Düppel, 
dann  18G6  bei  Königgrätz  von  Terschiedenen  Truppenteilen,  aaeb 
1870  bei  Belagerang  französiseber  Festangen  meist  nicht  getragen 
ans  oben  entwickelten  Gründen. 

Was  die  anderen  Waftengattungen  betrifft,  so  hat  das  betreffs 
der  Infanterie  gesagte  auch  für  Fulsartillerie ,  Pioniere  und  Be- 
dienungsmannschaften der  Feldartillerie  volle  Anwendung;  auch  für  die 
beritteneu  Waffen  wäre  eine  leichtere  Kopfbedeckung  mit  elastisobem 
Sitz  gewifs  wünschenswert. 

Die  Thatsache,  dafs  der  Helm  von  fremden  Armeen  angenommen 
worden  ist.  entkräftet  das  Gesagte  nicht;  häufig  wählt  die  Nach- 
ahmungssucht gerade  das  am  wcnigstm  praktische;  aul'serdem  ist 
z.  B.  zwischen  dem  ans  Pflanzenfasern  bestehenden  luftigen,  porösen 
und  elastischen  Tropenhelm  und  unserem  Armee  «üelm  doch 
noch  ein  erheblicher  l'nterschied. 

Möchte  unserer  Infanterie  zur  Ausübung  ihrer,  die  Einsetzung 
der  ganzen  ^'•eistigen  und  kr»rperlich(  n  Energie  und  Kraft  jedes  ein- 
zelnen Schützen  fonierndcn  Kaniplcsthätigkeit  elFie  diese  nicht  hin- 
dernde K()j)ff)('deckung  gegeben  werden.  —  Der  Burenkrieg  in  Süd- 
afrika giebt  auch  in  dieser  Beziehung  zu  denken!  V. 


XX. 

Charakter,  Wissen  und  KönneQ  in  ihrer  Bedeutung 

tfir  den  Offizier. 


Es  wird  erzählt,  dafs  ein  hochgestellter  deutscher  (xeneral  einem 
Autographensammler  einen  für  ein  in  neuester  Zeit  vielgenanntes 
Sammehverk  von  Sentenzen  bedeutender  Männer  bestimmten  Denk- 


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Charakter,  WtoBen  und  KOnnen  in  Ihrer  Bedeatnng  flir  den  OfBder.  213 


sprach  anvertraut  habe,  der  ein  nicht  eben  schnieiehelhaftes  rrteil 
Ober  unser  Oflßzierkorps  zum  Gegenstand  h(ätte.*)  Wir  wissen,  dals  die 
deutsche  sozialdemokratische  und  die  ihr  nahestehende  sogenannte 
„linksliberale''  Presse  das  Unglaublichste  an  Unwahrheit  and  — 
Dreistigkeit  leistet,  wenn  es  gilt,  das  deutsche  Offizierkorps  anzu- 
greifen und  zu  verdächtigen.  Wir  freuen  uns  dessen  insofern,  als  wir 
in  dieser  Erscheinung  den  Beweis  sehen,  dafs  unsere  Armee  70n  dieser 
Seite  noch  immer  als  das  unerschütterlichste  BollwerlL  onseres  Vater« 
landes  angesehen  wird.  Aber  wir  glauben  auch,  hierin  einen  Finger- 
zeig zu  sehen,  seitens  autoritativer  Persönlichkeiten  vorsichtig  mit 
Aussprüchen  Uber  unser  Offizierkorps  zu  sein,  sobald  die  Gefahr 
vorliegt,  dals  diese  entstellt  oder  gemilsbraucht  werden  können.  — 
Wie  sollte  es  auch  möglich  sein,  dafs  es  einem  noch  so  grofsen. 
geistig  bedeutenden  Manne  gelingen  könnte,  die  Summe  seiner  in 
einem  laiijrcn  Leben  errungenen  Lebenserfahrung  and  Lebensweisheit 
in  einem  kurzen  Citat  zu  verdichten. 

Dies  voniiisgesc'hickt,  zweifeln  wir  noch  immer  daran,  dafs  dir 
von  der  oben  charakterisierten  Seite  verbreitete  Nachricht,  jenes 
Urteil  lial)e  dahin  L'f'lautet,  dafs  zwar  „das  Wissen"  in  nnsereni 
Offi/.ierkorjis  heute  ^criHser  sein  nii»ge  als  ehemals,  dals  aber  „das 
Können"  früher  in  höherem  Mafse  vorhanden  gewesen,  zutreffend 
sei.  Wir  L^laubcn  kaum,  dafs  in  dieser  Fassung  und  in  dieser  Tendenz 
jener  Ausspruch  gethan  ist.  Sei  dem  aber,  wie  ihm  wolle;  für  uns 
bot  dies  \'orkommnis  die  willkommeue  Veranlassung,  ans  mit  der 
aufgeworfenen  Frage  zu  beschäftigen. 

Unsen'  Zeit  ist  wahrhattig  nioht  arm  au  Wissen.  DafUr  zeugt 
die  iii  geradezu  erstaunlicher  Weise  zunehmt  nde  Zahl  derer,  welche 
die  höchsten  Stufen  unserer  ohnedies  so  verfeinerten  Schulbildung 
erklimmen  und  hierdurch  auch  die  Zahlen  der  Besucher  unserer 
Hochschulen  in  schier  unheimlicher  Weise  ansehwellen  machen,  ferner 
das  immer  mehr  und  zwar  fllr  den  Staat  in  gefäiirliehster  Weise 
anwachsende  „gelehrte  i'roletariat-'.  die  gefährlichste  Art  desselben. 
Unsere  Zeit  ist  wahrhaftig  auch  nicht  arm  an  Können.  Dafür  spricht 
die  Kntwickelung  unserer  Technik,  unserer  Industrie  im  weitesten 
Sinne  des  Wortes,  die  Ausdehnung  unseres  Handels  und  Verkehrs. 

Aber  unsere  Zeit  wird  immer  ärmer  und  schwächer  an  dem 
was  dem  Manne,  vor  allem  unserem  im  Innern  von  den  Männern 

1)  Wir  verhehleo  unsere  Ansicht  sielit,  dab  mit  derartigen  litterarisehea 
(?)  Enengnissen  modemer  Sp^nUtioB  heute  oft  ein  sehr  grofser  Mifsbraach 

getrieben  wird.  Hierzu  kommt  die  geradezu  schamlose,  tcndenziJSHe  Aus- 
beutung selbst  von  bücbster  Stelle  um  stammender  Aussprüche,  deren  Sinii 
ohne  jedes  Bedenken  verdreht  wird. 


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214    C^uvafcter,  Wissen  und  Kttnnen  in  Uirer  Bedeutung  für  den  Offizier. 

der  Revolation  nnd  von  den  radikalen  Elementen  bedrohten  deutschen 
Vateilande  heute  nnentbehrtioher  ist  denn  je  —  an  Charakter. 

Was  wir  hier  im  aUgemeinen  yon  dem  heutigen  Gesohlecht 
sagten,  gilt  mntatts  mntandis  auch  von  dem  Stande,  der  berufen  ist» 
der  Träger  aller  edelen  Eigenschaften  zn  sein,  die  unser  Heer  und 
Volk  grols  gemacht  liaben  —  dem  Offizier.  Aber  dennoch  mochten 
vir  nicht  falsch  verstanden  sein.  Wir  wissen  wohl,  dab  das  Offiziers- 
korps heute  wie  früher  in  emster  Zeit  der  „Rocher  de  bronce**  sein 
wird,  an  dem  die  Wellen  des  änfiseren  und  inneren  Umstar/x's  unserer 
Verhältnisse  zerschellen,  —  so  Gott  ans  hilft.  Aber  walirUch  grols 
sind  auch  die  Gefahren,  welche  ihm  drohen.  Wach  gilt  es  zu  sein, 
dals  die  an  ihn  andanemd  herandrängenden  Wogen  der  gesinnungslosen 
Zeitströinung  unserer  Tage  nicht  das  feste  Fundament  untergraben, 
aof  welfhcni  es  bisher  heo^rttndet  war. 

£he  wir  hierauf  eingehen,  möchten  wir  unsere  abweichende 
Meinung  von  dem  oben  beleuchteten  Gitate  festistellen  und  be- 
gründen. Die  heutige  Generation  unseres  Oftizierkorps  hat  — 
so  glauben  wir  —  nicht  durch  übertriebene  Betonung  des  Wissens 
die  richtige  Schätzung  des  Könnens  verlernt.  Sondern  im  Gegen- 
teil, es  will  uns  scheinen,  als  ob  gerade  dem  Wissen  zuweilen  ein 
zn  bescheidener  Platz  in  der  dienstlichen  Schätzung  des  Offiziers 
eingeräumt  werde.  Nicht.  (iaTs  das  Ol'fizierkorps  nicht  auch  Teil 
nähme  an  der  allgemeinen  üebuug  der  Bildung  des  deutschen  Volkes. 
Dafilr  sprechen  schon  die  höheren  Ansprüche,  welche  man  heute 
an  die  Kenntnisse  in  der  Fähnrichs -Prüfung  stellt,  dafür  die  so  un- 
endlich bessere  wissenschaftliche  Ausbildung  des  angehenden  Offiziers 
auf  unseren  vortreflflichen  Kriegssi-hiiltMi  wie  einst  auf  den  Divisions- 
schulen der  tUnf/iger  Jahre,  dafür  aueh  die  so  sehr  viel  gröfsere  Zahl 
der  Abiturienten  unter  unseren  Oftiziersaspirantcn.  dir  voraussichtlich 
in  F(»lge  der  neuesten  Allerhöchsten  Verordnung  in  Zukunft  noch  eine 
bedeutende  \'cnnehrung  fitahrin  wird. 

Aller  andererseits  glaube  ich  nicht  fehl  zu  greifen,  wenn  ich 
behaupte,  dafs  das  ülfizierkorps  der  Armee  Friedrich  Wilhelms  III. 
und  I\.,  ja.  auch  noch  in  dem  ersten  Teile  der  Regierung  Kaiser 
Wilhelms  I.  einen  weit  gröfseren  l^rozentsatz  von  Otlizieren  enthielt,  welche 
sich  im  Laufe  ihrer  Dienstzeit  mit  sehr  umfassenden  Studien,  auch  nicht 
rein  dienstlicher  Natur,  beschäftigten  und  auf  diesem  Felde  hervor- 
ragendes leisteten.  Man  lese  nur  die  Lebensschilderuugeu  vieler  unserer 
bedeutendsten  Generäle,deren  militärische  Jugend  in  jenen  Zeitraum  fällt, 
wie  eines  Multke,  iioon,  Werder.  Welcher  auf  wissenschaftliche,  oft 
aufserhalb  des  eigentlichen  Berufes  liegende  Thätigkeit  verwandter 
Fleüs  tritt  uns  da  entgegen!    Hat  das  meist  auf  dem  Gebiete  des 


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Gbanktor,  Wissen  und  Kttoneii  in  Ihrer  Bedentung  Ar  deo  Ofliiler.  215 


WiflseuB  Erreichte  ihrem  KKnnen  gesehadet?  Wir  glauben,  die 
RühmesbUttter  prenlbiflob-deatseher  Geaciiiehte  geben  die  Antvrort 
hieraal  Es  kann  aaeh  garnioht  anders  sein.  Denn  ein  vollendetes 
Können  des  Offiziers  ist  gar  nicht  denlLbar  ohne  ein  dnreh  klares 
Wissen  gest&rktes  sicheres  UrteU.  Die  KriegiUhnmg  ist  ja  eine 
Kunst;  aber  die  höchste  Stnfb  der  Kunst  erreicht  auch  der  genialste 
Künstler  nicht  ohne  Fleifs.  Das  lehren  nns  die  Blätter  der  Kunst- 
geschichte aller  Zeiten.  Und  auch  auf  diesem  Gebiete  gilt  neben 
dem  Grundsatz:  „Ohne  Fleils  kein  Preis!^  auch  der  alte  and  doch 
ewig  wahre:  ,^asnahmen  bestätigen  die  Regel!"  —  Solcher  Aus- 
nahmen hat  es  aber  Ende  des  neunzehnten  Jahrhnnderts  kaum  ge- 
geben, und  das  kommende  wird  sie  noch  weniger  kennen.  DafUr 
btirgt  die  andauernde  Verbesserung  der  Bewaffnung,  die  bisher  un- 
geahnten Fortschritte  der  Technik,  des  Verkehrswesens  und  die  un- 
ermttdUch  geförderte  Organisation  und  Gefechtsgewandtheit  der  Heere 
der  eiiropäiseheo  Grofsstaaten  sowie  die  Schwierigkeit  die  grolsen 
Massen  der  heotip:en  Volksheere  zu  leiten  und  zu  bewegen. 

Wissen  und  Können  schliefsen  sich  ihrer  Natur  nach 
in  keiner  Weise  ans.  Selbstverständlich  ist  ein  Wissen  ohne 
Können  unfruchtbar  fUr  den  Offizier,  und  der,  welcher  nnr  Im  ab- 
strakten Gebiete  des  Wissens  lebt  und  das  Können  nicht  übt,  wird 
auf  keiner  Stufe  militäriscli'T  Hierarchie  seine  Stelle  ausznfttllen 
Terniftgen.  Aber  ebenso  wird  der  nur  in  der  Schablone  der  Routine 
thätige  Offizier,  dem  jedes  höhere  Wissen  mangelt,  sehr  bald  in  eine 
Lage  gelangen,  wo  er  sich  selbst  nicht  verhehlen  kann,  dals  er  seine 
Stellung  nicht  mehr  auszufüllen  vermag. 

Oder  verletzt  der  Vorgesetzte  nicht  seine  Pflicht,  wenn  er  einen 
seiner  Untergebenen  reif  für  die  Leitung  eines  Offizierkorps  erklärt, 
der  seit  seiner  Leutnantszeit  niemals  an  die  Weiterentwickelang 
seines  Wissens  gedacht  hat  und  der  nur  von  dem  Drill  zu  guten 
Vorstcl hingen,  die  meist  mit  den  Knochen  und  der  Freudigkeit  der 
l'ntergelienen  erkauft  sind,  sein  Emporsteigen  erwartet,  wie  er  in 
den  niederen  Chargen  diesi-n  Mitteln  sein  Heil  verdankt  hat. 

Wenn  wir  es  somit  fUr  eine  grobe  Unwahrheit  erklären,  dal^ 
Wissen  und  Können  in  gewissem  Sinne  (n'gensätze  sein  sollten,  so 
müssen  wir  auch  die  heutige  Generation  gegen  den  Vonvurf  in 
Schutz  nehmen,  als  Uberschätze  sie  den  Wert  des  Wissens  gegeuüber 
der  Hodeutung  des  Könnens.  Wir  bedauern,  uns  im  Gegenteil  nicht 
der  Überzeugung  versehlielsen  zu  kiiniu  n,  dals  die  oft  an  die  Zeit  und 
die  köri)erlichen  Kräfte  der  Untergebenen  gestellten  Forderungen 
es  heute  dem  Offizier  fast  unmöglich  machen,  wenn  er  nicht  aut 
jede  Art  von  geselliger  Erholung  verzichten,  nicht  in  freiwilliger 


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216    Glumkier,  Wlsm  and  KOnoeB  in  Uir«r  Bedontonir  ^  dm  Oflhier. 

Vereinsamang  leben  will,  sich  so  eingebend  wisBenschaftlich  za  be> 
sohttftigen,  als  dies  noeb  unseren  Vorgängern  im  Oifizierkorps  bis  in 
die  siebenziger  Jabie  des  nun  abgelaufenen  Jabrbnnderts  mOglicb 

war.')  Wir  wollen  diesen  Gedanken  nicht  weiter  ansspinnen.  um 
nicht  pessimiBtiscb  zn  eischeinrii  und  die  Zukunft  onseres  Oflisier> 
korps  and  der  Armee  zn  sehr  Gran  in  Gran  malen  zn  müssen,  was 

weder  unserer  Absicht  noc;h  unserem  Charakter  entepricbt. 

Wir  glauben  aber  auch,  dais  Uber  dem  Wissen  and  dem  Rönnen 
des  Offiziers  die  Anfordemngen  nicht  vergessen  werden  dürfen,  die 
man  an  den  Charakter  za  stellen  berechtigt  ist.  Künstler  können 
YortrefiTlicbes  leisten,  Gelehrte  die  Höhen  des  Wissens  erklinmien, 
ohne  Charaktere zo sein.  Niemals  aber  wird  der  Oifizier  vor  dem 
Feinde  nnd  in  ernsten  Augenblicken  seines  Dienstlebens 
im  Frieden  Vorzügliches  leisten,  ja  nur  den  berechtigten 
Anforderungen  gentigen,  wenn  er  kein  Charakter  ist. 

Die  Gefahr  liegt  aber  sehr  nahe,  dais  derjenige,  welcher  sich 
seiner  raanjrelnden  Befähigung  für  die  ihm  anvertraute  Dienstteilung 
bewulst  ist,  leicht  an  seinem  Charakter  bedenklichen  Schifflirach 
leiden  kann,  sei  es.  dafs  er  die  Schwächen  seiner  Vorcresetzten  b*  - 
mitzend,  nur  auf  Tänschnnt;^  derselben  durch  äufsere  Erfolpe  hiii- 
arlicitet.  denen  jeder  innere  Wert  fehlt,  sei  es  dafs  er  in  steter 
Sorp'  um  seine  Person  in  sinnloser  Weise  die  Verantwortung  :iuf 
die  Schultern  seiner  linterfrebenen  abwälzt,  Solche  Man  in  r 
werden  aber  zum  Fluche  für  die  von  ihnen  befehligte 
Truppe.  Sie  verpriften  zu^'leieh  das  Höchste,  was  eine  Armee 
besitzt,  den  Geist  des  Offizierkorps,  seine  ritterliche  Ge- 
sinnung. 

Unsere  Zeit  scheint,  wohin  wir  auch  blicken,  die 
Bildunfr  von  Charakteren  nicht  zu  begünstigen.  —  Das 
wüste  Streben  uach  materiellem  Genuls  hat  natcrpemäls  eine  Unter- 
schätzung der  ideellen  Guter  im  Gefolge.  Die  Entwertung  des 
Geldes,  welche  den  frühzeitig  oder  doch  noch  in  bester  Mannes- 
kraft in  den  Kahestaad  tretenden  Offizier  in  eine  oft  hilflose  Lage 

1)  Wir  Terwshren  uns  hierbei  «aBdrttokUeh  gegen  die  Avttuamg,  als 

wollten  wir  etwa  das  Wissen  irgendwie  (Ibersohätzen,  namentlich  als 
wollten  wir  der  Bevorzugung  der  dorch  ilire  Stellung  aufserhalb  des  Frontdienstes 
begünstigten  Generalstabsoffiziere  a.  s.  w.  für  die  hüheren  FtthrerateUen  das 
Wort  ledea.  Im  OegenfeeB  «flidea  wir  ee  tlir  ein  groisef  Unglttek  halten« 
wenn  man  doh  je  der  Uebensengong  Tersehlieften  konnte,  daOi  ein  vortreMieher 
Adjutant  and  Generalstabsofßzier  ein  recht  uiäfsiger  Truppenftthrer  sein  kann 
nnd  dafs  die  franziisische  Armee  ihre  traurigen  Erfahrungen  1870/71  nicht 
zum  goring.sten  Teile  der  Abgesohloasenbeit  der  Laufbahn  der  St.  Cyhens 
▼erdankt  hat. 


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Gfavakter,  Wlueo  und  KOnneii  In  ihrer  Bedeatuog  für  den  OfBsler.  217 

Tenetst,  Iftfet  in  manchem  natorgemäb  den  Wonsoh  entitehen, 
rieb  —  wenn  irgend  thnnlieh  —  lange  in  «einer  Laufbahn  zn 
erhalten.  Dieser  Umstand  ond  die  ObertttUnng  der  sogenannten 
gelehrten  Berufe  bei  fortwährendem  vennehrten  Andrang  zn  ihnen  ist 
die  Veranlaesnng  zn  einem  Streben,  das  leicht  in  eine  Konkurrenz 
mit  Mitteln  qnand  ro§me  ausartet  Alle  diese  Momente  dienen  selbst- 
▼erstSndlieb  nieht  der  Entwickelnng  des  Charakters.  Die  Gefahr 
ist  aber  fUr  keinen  Stand  so  grols  wie  für  den  deR  Offiziers.  Denn 
was  nns  Ptenlken,  nns  Deutsche  grofs  gemacht  ist  vor  allem  der 
Charakter  seines  Ofßzierkorps.  Ohne  Charakter  ist  der  Offizier  ni  I  ts; 
mit  ihm  kann  auch  der  weniger  Begabte  Vortreffliehee  leisten.  Was 
wird  aus  der  Armee,  aus  dem  Offizierkorps,  wenn  nicht  immer  die 
tllobtigsten  Charaktere  in  die  malsgebenden  Stellangen  gelangen, 
sondern  auch  gewandte,  vielleicht  auch  in  Wissen  und  Können 
nieht  untüchtige,  aber  charakterlose  Streber?  Welche  Erziehung 
wtlrde  iinst  r  junger  Offizier  genielsen,  wenn  er  zu  seinem  Kommandeur 
nieht  mehr  aufsehen  könnte  als  zu  einem  Mann,  dessen  untadelhafiter 
Charakter  ihm  ein  leuchtendes  Beispiel  bietet,  /u  dessen  selbstloser 
Gerechtigkeit  und  dessen  stets  bereiter  Freudigkeit,  ohne  KUeksieht 
auf  die  eigene  Person  fllr  seine  Untergebenen  einzutreten  wo  und  gegen 
wen  es  aueli  ^^  Ite.  er  ein  felsenfestes  Vertrauen  haben  darf.  Wie 
gestaltet  sich  die  Zukunft  unserer  Armee,  wenn  je  in  höhere  Stellungen 
Männer  gelangen  sollten,  denen  die  ihnen  anvertrante  Truppe  nicht 
eki  ihnen  von  ihrem  Kriegsherrn  anvertraut^s  heiliges  Pfand 
ist,  sondern  nur  ein  Mittel  für  die  Ersteigung  einer  höheren  Stufe 
militärischer  Hierarchie,  das  ohne  Rücksicht  auf  seine  körperlichen, 
geistigen  und  seelischen  Kräfte  zur  Erreichung  für  den  V'orgesetzten 
günstigen  Ergebnissen  —  „Resultaten**  —  anzusi)annen  ihr  einziges 
Ziel  ist  Nicht  die  Erhaltung  der  Gesinnung  des  Otlizicrkorps,  nicht 
die  Steigerung  der  Schlagiertigkeit  der  'IVuppe  ^Lrilt  solchen  Persön- 
lichkeiten als  ihr  Endzweck,  sondern  nur  der  persönliche  V^orteil.  Es 
scheint  uns,  als  wenn  es  die  erste  und  wichtigste  Aufgabe  unserer 
obersten  Heeresleitung  und  aller  mal'^irehenden  Stellen  unserer  Armee 
sein  müsse,  das  Emporkommen  solcher  Elemente  zu  verhindeni. 
Ereilieh  kann  dies  nur  dadurch  geschehen,  dafs  man  selbst  den 
entscheidenden  Willen  kund  thnt.  das  Betreten  solcher  Bahnen  zu 
verhindern  und  alles  vermeidet,  was  mittelbar  oder  anmittelbar  solche 
Gesinnung  begünstigen  könnte. 

Fassen  wir  also  nceh  einmal  mit  wenigen  Worten  unsere  Ansicht 
zusammen,  so  geht  sie  dahin: 

Unser  Offizierkorps  hat  unstreitig  im  „Können**  Fortschritte 
gemacht.    Die  vortreö  liehen,  nur  auf  das  Wesen  des  Krieges  be- 


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218    Charakter,  Wisaen  und  Ktfnneii  in  ihrer  Bedeutung  für  den  Offizier. 

gittodeteo  Voracbriften  aller  Waffen,  die  Art  der  Aosbildang  der 
Tmppe  and  die  Grond^tze  für  die  Heranbildung  der  Offiziere  dnreb 
Übnngsritte,  Kriegsspiele,  Gamisonttbnngen  aller  Art,  Kooimandiernng 
KQ  anderen  Waffen,  den  Schielascbalen,  Telegrapben-Kanen  n.  a.  w. 
begünstigen  dies  in  erfreoliobem  Halse. 

Die  „Vertiefong  des  Wissens''  ist  dem  CMfizier  aber  dnreb  die 
bentige  fieberhafte,  seine  Zeit  ttbermälsig  in  Anspruch  nehmende 
Tbätigkeit,  namentlioh  bei  der  sweyftbrigen  Dienstzeit  nnd  der  immer 
grülseren  Schwierigkeit,  sich  ein  branehbaies  Hilfepersonal  an  Gefreiten 
und  Unteroffizieren  zu  schaffen,  sehr  ersebwert.  Es  mols  seitens 
der  mafsgebenden  Stellen  dringend  darauf  Bedacht  genommen  werden, 
nach  dieser  Ricbtnng  hin  Abhilfe  zn  schaffen. 

Am  wichtigsten  erscheint  nns  aber  die  Sorge,  dab  anter  dem 
Einflnsse  der  Strömungen  unserer  Zeit  nicht  „der  Charakter  des 
Offizierkorps*'  Schaden  nehme.  Dafs  man  bisher  im  Offi^rkorps 
selbst  noch  Widerstand  leistet,  das  seheinen  uns  die  Angriffe  aus 
nicht  immer  dem  sozialdemokTatiscben  Radikalismus,  sondern  auch 
dem  „sogenannten"  bürgerlichen  Liberalismus  angehörenden  Kreisen 
gegen  den  „Ehrbegriff  des  Offiziers*'  zu  beweisen.  Dafs  aber  die 
Strömungen  des  schrankenlosen  Materialismus  und  des  charakterlosen 
Strebertums  an  die  Mauern  der  festen  Borg,  die  unser  Of&zierkoips  bisher 
ftlr  unsere  Hobenzollern  nnd  das  Vaterland  stets  gewesen  ist,  pochen 
und  Einlafs  begehren,  davon  sprechen  schmeraliche  Erfahrungen  der 
jüngsten  Vergangenheit  und  ernste  Wamrafe  aus  treugesinnten  Kreisen 
Tor  dem  Lnzns,  dem  Strebertum,  ond  so  manchen  Ofilzierehen, 
in  welchen  statt  der  edlen,  gut  erzogenen  Frau  nur  der  Geldsaek 
von  Familien  herrscht,  deren  Gesinnung  und  Blut  nie  unser  ritter* 
liebes  Offizierkorps  degenerieren  sollte. 

Als  wir  diese  Zeilen  schrieben,  kam  ans  der  Mahnruf  in  den 
Sinn,  den  General  Troohn  in  seinem  geradezu  klassischen  Buche: 
„L'armöe  fran^aise  en  1867"  dem  französischen  OfiBzierkorps  des 
dritten  Napoleons  gleichsam  prophetisch  wenige  Jahre  TOr  den  Tagen 
TOD  Metz  und  Sedan  zurief. 

Da  heiffit  es  in  dem  Kapitel:  ..L'Esprit  du  siecle  dana  1' Armee", 
nachdem  auf  die  Gefahren  des  charakterlosen  Strebertums  nnd  des 
Jagens  nach  nintcriellem  Gewinn,  hingewiesen  wurde: 

,,Chez  les  oflioiers  et  les  göneraux,  la  meme  cause  cröe  les 
memes  effets,  avec  des  pc^rils  plus  irrands  encore.  car  ceux-lä  ne 
re^oivent  pas  l'exemple,  ils  le  donnent,  et  quand  dans  leurs  ämes 
le  calcul  a  pris  la  place  du  patriotisme,  c'en  est  fait  des  arm^es. 
Les  annales  de  tous  les  peuples  et  de  tous  les  temps  nous  ont  appris 
des  v^iites,  et  ii  ue  faudrait  pas  remonter  bien  loin  en  arriere  dans 


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Chankter,  Wissen  lud  Ktfanen  io  ihrer  Bedeutung  tllr  den  OUtsier.    2 1  \} 

]'hiBtoiie  oontemporaine,  ponr  eonstater  oe  qoe  sont,  an  jour  des 
grands  rerers  militaiies  et  dea  grandea  ^prenvea  nationalea,  la  Boliditö 
de  caractöre,  la  fennetd  dana  la  fid61it6  et  dana  le  devoir,  dea 
gtotonz  qne  la  foiinne  a  Bondainement  eomblto  en  les  deyant  aa- 
desans  de  toas!  Enfin  qni  ne  Tolt  qne  riiiTasion  pami  nona,  de 
ces  prineipea  destrocteon  da  dösintöresaemeDt  profeaaionel,  flut  naltre 
les  riTalitÖB  et  r^goisme,  favorise  les  aadadeoz,  öcaite  les  d^rone* 
meots  siiioöres  et  dösorganlse  pea  4  pea,  par  toute  sorte  de  moyens 
aper^ns  et  inaper^as^  cette  grande  famille  fran^ise  dont  les  membres 
dtaient  si  ^troitement  nnis  dans  la  slmplicitö  et  dans  rhoaneor.'* .... 
Soweit  der  französische  General.  — 

Unser  prenlsisch-deatsches  Of&derkorps  ist  so  reich  an  herrlicbeD, 
selbstlosen  Charakteren,  dals  es  uns  schwer  wird,  einzelne  Männer 
herau^/.u'rreiten.  V(»n  einem  Ziet(Mi,  einein  BlUcber,  Gneisenau,  Boven, 
Yorok  bis  sa  einem  Koon  and  Moltke,  welche  anendlich  lange  Reihe 
von  Männern  könnten  wir  nennen ! 

Allen  diesen  Offizieren,  welche  in  ernsten  Stunden  unsere  Armeen 
znra  Siege  führten  and  das  Vaterland  retteten,  stand  die  Pflicht 
höher  als  jeder  persönliche  Vorteil;  daher  ihr  forchtloser 
Mannesniut,  wo  es  galt,  ihr  Wort  im  Frieden  aud  im  Kriege  in  die 
Wageschale  ihrer  Überzeugung  zn  legen.  Ihnen  mtlssen  die  kommenden 
Geschlechter  unseres  Offizierkorps  nacheifern,  ohne  Rücksicht  darauf, 
ob  andere  Klassen  der  Gesellschaft  den  modernen  Götzen  ihre  Opfer 
bringen. 

Dulden  wir  incht,  dafe  in  unsere  Reihen  Männer  treten,  die 
durch  Erziehung  und  Gesinnung  diese  ritterlichen  Tugenden  verleugnen. 
Entfernen  wir  rücksichtslos  aus  unserem  Standesleben  alles,  was 
uns  hindert,  Männer  von  Charakter  zu  sein,  die  nie  versagen  in 
emster  Zeit  und  nieraalB  das  Vertrauen  unseres  geliebten  Allerhöchsten 
Kriegsherrn  täiisch<'n.  Dann  wird  unser  Heer,  unsere  Flotte  bleiben, 
was  sie  in  grolaer  Zeit  gewesen  sind,  der  Schrecken  unserer  Feinde, 
der  Stolz  des  Vaterlandes  und  der  Gegenstand  der  Bewunderung 
der  Welt.  Dann  werden  wir  in  der  Armee  in  echt  deutscher 
Weise  selbstlos  und  unermüdlich  arbeiten,  die  Wehrkraft 
des  Vaterlandes  zu  fördern  nach  allen  Richtungen,  nie 
auf  unsere  Person  bedacht,  sondern  nur  darauf,  das  Ver- 
trauen unseres  Obersten  Kriegsherrn  zu  rechtfertigen  und 
das  Wohl  der  uns  anvertrauten  Untergebenen  nach  allen 
Richtungen  hin  zu  fördern  als  Männer  von  Charakter. 

Fs  liegt  uns  fern,  schrofi'  oder  pessimistisch  sein  zu  wolh  n.  wir 
haben  ein  felsenfestes  Zutrauen  zu  der  Zukunft  unserer  Armee,  ge- 
griludet  auf  die  Charakterfestigkeit  imseres  Oftizierkorps.  Wir  glaubten 


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220 


Kleine  heeresgeschicbtlicbe  Mitteilangen. 


aber,  unsere  Ansichtc  n.  die  onserer  tiefen  Überzengun^  eutspringen. 
nicht  znrUckhalten  zu  dUrfen.  Irrten  wir,  so  belehre  man  uns  eines 
Besseren.    Bis  dahin  aber  gilt  fllr  uns  das  echt  deutsche  Wort: 

^Wer  (He  Walirlifit  k«^nnt  und  sagt  s*ie  nicht, 
Dor  ist  fürwahr  ein  erbärmlicher  Wicht! 
Wer  die  Wahiliflift  Sogatlieh  raror  erwä^ 
Der  beugt  sieh,  wo  die  Gewalt  aieh  regt! 

17. 


XXII. 

Kleine  Ueeresgeschichtliehe  Mitteilungen. 

Eil  ^renftMer  Ofliner  in  bayeriMbei  Diensten  Ter  100  Jahren. 

Unter  den  fremdlUndiBehen  Offizieren,  welehe  von  dem  Knrfttfsten 
Max  IV.  Joseph  (von  1806  ab  KOnig  Maximilian  1.)  Ton  Bayetn 
einen  Ruf  erhalten  hatten,  bei  der  Reorganisation  der  bajerisehen 
Armee  mttsnwirken,  befand  sieh  anob  der  Yormalige  prenlsisohe 
Artillerielentnant  Georg  Alexander  von  Sehweiniehen  (ans 
dem  Hanse  Heiren-MnseUitz). 

Geboren  am  8.  Februar  1752  sn  Berlin  als  der  Sohn  eines 
Infimterie-Lentnants,  hatte  t.  Sehweiniehen  am  4.  NoTemher  1768 
seine  Ernennung  zum  Sekondlentnant  beim  kOniglieh  prenlsisehen 
Feld-Aitillerie-Korps  nnd  swar  bei  der  reitenden  Artillerie  erhalten, 
in  weleher  Eigensehaft  er  bei  der  Armee  des  Prinzen  Heinrieh  von 
Plenisen  den  Feldzng  1778  in  Saehsen  nnd  B9hmen  mitmachte. 
Andauernde  Krttnkliehkeit  zwang  ihn  jedoeh,  bereits  mit  Begmn  1779 
um  seinen  Absebied  naehzusuohen,  welcher  ihm  aneh  unter  Ans- 
steUnng  eines  ansgezeiohneten  Zeugnisses  Ober  sdne  Verwendbarkeit, 
Tttehtigkeit  und  Uber  sein  tapferes  Verhalten^  unterm  12.  Februar 
gevriUut  wurde.  Es  konnte  ihm  daher  naeh  Festigung  seiner  Gesund- 
heit nicht  schwer  fisUen,  die  erstrebte  Wiederanstellung  bd  der 
reitenden  Artillerie  und  zwar  1790  bei  den  Terehiigten  belgischen 
Staaten  nnd  1798  in  holländischen  Diensten  sn  erhalten,  woselbst 
er  anch  den  Feldzügen  m  Brabant  (nnter  Glt  t.  Schönfeldt)  und  in 
Holland  beiwohnte. 

Wohl  auf  die  Empfehlung  des  Prinzen  Wilhebn  t.  Prenisen 


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Ktoilie  lioentgeieliielilllohe  MUteiliuigan. 


221 


hin,  bei  dessen  Gemahlin  die  Schwester  t.  Sohw.,  eine  Baronin 
D'Orville,  als  Oberhofmeisterin  Dtorate  leistete,  wurde,  wie  schon 
erwähnt,  v.  Schw.  als  Hauptmann  zur  Einrichtnng  einer  reiten- 
den Artillerie  mit  einem  Patente  vom  8.  August  1799  in  die 
bayerische  Armee  aufcjenommen.  Nach  seinen  Anordnungen  fand 
sofort  die  Herstellung  von  S  neuen  Geschützen  mit  verbesserter 
Lafettierung,  dann  von  Keit-  und  Zugs-Equipagen  nach  Mustern  statt, 
welche  v.  Schw.  von  Berlin  aus  mitgebracht  hatte.  Trotzdem 
dieser  anfaniis  sehr  viel  unter  der  Milsgunst  der  neuen  Kameraden, 
noch  mehr  aber  durch  den  Widerstund  der  Miinehener  Handwerks- 
meister, welche  sich  weigerten,  nach  Berliner  Mdiltdlen  zu  arbeiten, 
zu  leiden  hatte,  besiegte  er,  dank  dem  persönlichen  Wohlwollen  des 
Kurfllrsteu  und  seiner  ungewöhnlichen  Thatkratt.  dennoch  alle  Hinder- 
nisse, so  dais  seine  aus  120  Mann  und  llö  Pferden,  dann  aus 
4  Sechspf.- Kanonen  und  2  JSiebenpf.-Haubitzen  bestehende  Batterie 
schon  im  Feld/ujre  1800  und  zwar  namentlich  in  den  Gefechten  bei 
Monheim  und  Neuburg  a.  D.  (2r).  und  27.  Juni)  ausirezeichnete  Dienste 
leistete.  Selbst  der  Verlust  seiner  sämtlichen  (ieschUtz,e  in  der 
unglücklichen  Schlacht  bei  Hohenlinden  |3.  Dezember)  konnte  v. 
Schw,  das  Vertrauen  seines  neuen  Kriegsherrn  nicht  rauben,  denn 
gerade  diese  traurige  Katastrophe  hatte  bewiesen,  mit  welcher 
Ausdauer,  Unersclirockenheit  und  Selbstzucht  die  reitenden  Artilleristen 
selbst  unter  den  schwierigsten  Verhältnissen  ilwe  Pflicht  zu  erfüllen 
verstanden.  Obwohl  nur  4  Geschütze  rechts  und  links  der  Stralse 
in  einem  1*/,  Stunden  langen  Waldengnis  wirken  konnten,  hielten 
diese  dennoch  den  fast  zweistündigen  Anprall  der  durch  den  Wald 
gedeckten  und  von  allen  Seiten  andringenden  französischen  Ab- 
teilungen aus.  Erst  als  fast  alle  Zugpferde  am  Boden  lagen,  die 
Bedeckungsmannschaflen  tut  oder  zersprengt  und  die  Verluste  der 
Batterie  selbst  zu  grofs  geworden  waren,  mu£ste  der  Rest  auf  seine 
eigene  Rettung  Bedacht  nehmen. 

Sofort  nach  Beendigung  des  Feldzuges  begann  die  Neuauf- 
stellung auch  der  reitenden  Artillerie.  Um  allen  Hemmnissen  zn 
begegnen,  erklärte  der  Kurfürst  unterm  30.  Mai  1801  diese  Abteilung 
als  vollkommen  selbständig  und  nur  unter  seinem  persönlichen  Befehle 
stehend.  Als  der  Batterie  auch  noch  d:is  Schlofs  Fürstenried  (bei 
München)  als  ausschlieisliches  Kasernemeut  zugewiesen  worden  war, 
da  konnte  von  Schw.  —  seit  25.  April  1801  zum  Major  er- 
nannt — ,  unbeirrt  seine  Ideen  zur  Geltuug  bringen.  UnterstQtit 
▼on  wackeren  Offizieren  und  tüchtigen  Unteroffizieren  hatte  von 
Schw.  aus  seiner  l^atterie  gar  bald  ein  Elitekorps  sich  heran- 
gebildet;  sein  Lehrprogramm  zur  Erziehung  der  Chargen,  srine 


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222 


Klebie  heeresgesdiielitiidie  lOttdIiiiigai. 


Erfolge  im  Scheibenschieften  ond  in  der  Theorie,  der  ganze  innere 
Betrieb  liefsen  erkennen,  wie  weit  von  Sebw.  den  Anscbaanngen 
seiner  Zeit  schon  voiansgeeilt  war.  Solche  fireTentliche  VersUndi^Dgen 
gegen  den  Zopf  der  noeh  tief  im  Zünftgeist  steckenden  Fafe-Artillerie 
and  gegen  die  Bequemlichkeit  und  Unwissenheit  so  mancher  hoher 
Stelle  mulsten  eine  kräftige  Reaktion  bervorrafen.  Verstärkt  dorch 
verbohrten  PartikaiarismQS  and  geheime  Wühlerei  verbissener 
Zuuftgenoflsen  vermochte  selbst  die  Persönlichkeit  des  RarfUrsten  anf 
die  Dauer  den  fortwährenden  AngriffSen  gegenüber  niehr  mehr  Stand 
za  halten:  durch  Erlals  vom  14.  März  1804  erfolgte  die  Aaflösang 
der  reitenden  ArtiUerie  und  die  zur  Dispositionsstellang  ilires  bis- 
herigen Kommandanten  von  Schweinichen. 

Aber  die  Saat,  welche  dieser  ausgestreut  hatte,  zeitigte  nach 
einigen  Jahren  doch  herrliche  Früchte;  denn  als  1806  die  fahrenden 
(sog.  Wurst- iBatterien  zur  EinfUbrang  kamen,  an  deren  Spitze  in 
erster  Linie  die  früheren  SchfUer  von  Schw.,  —  Tausch,  Casfyers, 
von  Willenf'els  und  Rohr  —  gestellt  wurden,  wirkten  diese  im 
Geiste  ihres  früheren  Lehrers  weiter.  Schneidig  und  doch  mit  L'm- 
sicht  geleitet,  errangen  sich  diese  beweglichen  Batterien  gar  bald  die 
allgememe  Anerkennung,  Tor  allem  aber  sehr  häufig  die  des  grofsen 
Kriegsmeisters  Napoleon. 

Was  den  späteren  Lebensgang  v.  Schw.  betrifft,  so  wissen 
wir.  dafs  er  bis  1809  zu  Berlin  lebte,  jedoch  am  28.  März  1809 
unter  Befordenius:  zum  Oberstleutnant  zum  Platzkonimandanten  des 
kleinen  befestigten  Ortes  Forchheim  lini  nördlichen  Bayern)  ernannt 
worden  war,  woselbst  er  auch  bis  zu  seiner  wegen  Krankheit  her>"or- 
gerut'enen  \  erabschieduni'-  verblieb,  welche  ihm  auf  Nachsuchen 
unter  Verleihung  des  Charakter'^  als  Of)er«^t  am  10.  Februar  1824 
gewährt  wurde.  Oberst  von  Schwcinichen  starb  am  5.  Man;  IS'VI. 
80  Jahre  alt.  /n  Hainberi:  unter  Hinterlassung  einer  Witwe  (geli. 
Schmidt  aus  Magdeburg  i  und  eines  als  Leutnant  im  köuigl.  bayer. 
3.  Chevaulegers- Regiment  stehenden  Sohnes. 

Sein  Andenken  wird  in  der  bayerischen  Armee  nie  erloschen' 

V.  Messvs. 

Weneral  Lewal,  ein  in  seinem  Vaterlande  Frankreich  hocb- 
angesehener  Militärschriftsteller  und  früherer  Kriegsminister  der 
Republik,  sehreibt  im  Journal  des  sciences  militaires,  vom  Februar 
1900  auf  Seite  169  in  einein  .,L'avancement  fin  de  siede"  betitelten 
Aufsätze:  ..Die  heutigen  preufsischen  Heere  stellten  in  den  Kriegen 
der  Jaiire  1866  und  1870  hinter  ihren  Linien  eine  Kette  pomnier- 
scher  Gendarmen  mit  geladenem  Revolver  in  der  Hand  auf,  mit 
der  WeisuQgi  einen  Jeden  uiederauschiefsen,  der  stehen  bleiben  oder 


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Kleine  heeresgaMshiehtUohe  MitteOnngwi. 


22a 


zurüpk^jTchf'ii  würde.  Einigemal^  luihcn  sogar  Batterien  die  Truppen 
bedroht,  welche  zu  vcrsaireu  schienen.  In  Deutschland,  wo  man 
laut  die  Ehre,  das  \  aterland,  die  Minfrehung  predigt  und  wo  man 
mit  allen  Mitteln  benülht  ist,  diese  Gefühle  zu  steigern,  hat  man  zu 
ihrem  Ersätze  häutig  (iewaltraalsregeln  ergriffen,  und  zwar  ist  es  in 
solchem  Mafse  geschehen,  dal's  man  mit  Recht  sagen  kann:  „Für  den 
deutschen  Soldaten  ist  das  Hetirieren  mit  griilserer  Gefahr  verbunden 
als  das  Daraufgehen.**  Ks  ist  das  eine  Frage  des  Temperaments, 
eine  Rassenfrage,  in  Frankreich  hat  man  nie  nötig  gehabt,  solche 
Mittel  in  .\nsprach  zu  nehmen.  Allcrdinirs  sind  aueli  hei  uns.  wie 
Uberall.  Fälle  von  Kleinmut  vorgckoninicn.  al)er  jedesmal  haben 
moralische  Mittel,  das  Beispiel  und  der  FiiiHurs  der  Vorgesetzten 
hingereicht,  um  das  Gleichgewicht  lier/ustellen.  Im  Jahre  171)0  befahl 
Honaparte,  auf  die  Fahnen  von  zwei  liegimentern,  welche  sich  im 
Gefecht  schlecht  benommen,  die  Worte  zu  setzen:  Sie  gehören  nicht 
mehr  zur  Armee  von  Italien.  Diese  Trupjjen.  auf  das  empfindlichstf 
getroffen,  machten  Vorstellungen  gegen  die  .\nordnung  und  sagten, 
hei  der  nächsten  Gelegenheit  werde  man  sehen,  ob  das  der  Fall 
sei.  In  ehr  That  benahmen  sie  sich  bewunderungswürdig.  Eine 
Variante  auf  Friedrich  den  Grolsen  im  siebenjährigen  Kriege.  —  Anders 
freilich  urteilt  (rcneral  Lewal  über  die  preufsischen  Offiziere,  indem 
er  anf  Seite  181  schreibt:  Am  8.  August  179H  rief  Brissot  (ein 
Girondist)  auf  der  RednerbUhne  aus:  „Mit  \'aterlandsliebe.  Mut  und 
gesundem  Menschenverstände  zieht  man  binnen  kurzer  Zeit  brauch- 
bare Offiziere  heran,  freilich  niciit  nach  preufsischem  Muster,  aber 
echt  französische."  Dazu  bemerkt  der  (iciu  ral:  „Auch  heutigen 
Tages  giebt  es  noch  Leute,  welche  meinen,  man  könne  Offiziere  aus 
dem  Stegreife  schaffen.  Sie  haben  schon  vergessen,  was  im  .lalire 
1870  sich  ereiirnete,  sonst  würden  sie  sich  wohl  hüten,  eine  derartige 
Sprache  /ii  lilhren.**  14. 

Der  Schematismus  füi-  das  K.  und  K.  Heer  ünd  Hii'  die  K.  und 
K.  Kriegs-Mariüc,  dessen  kriegsgeschichtlicher  Teil  in  der  zu  Neujahr 
1900  erschienenen  Ausgabe  eine  wesentliche  Bereicherung  erfahren 
bat,  nennt  als  ersten  Hofkriegsratspräsidenten  den  Edlen  Ehren- 
reich von  Kunigsperg,  welcher  im  Jahre  150(5  den  Vorsitz  Uber- 
Dabm.  Ibm  folgte  Gebhard  von  Welzel,  diesem  1  .')()(>  Georg  von 
Tenffel  ond  alsdann  1578  Wilhelm  von  HofkircbeD.  Als  der  erste 
Hilter  diesen  WUrdenträgern,  welcher  oachwcislich  FeMmarseball 
war,  erscheint  Johann  Caspar  von  Stadion  (1619—1624).  Von  1632 
hia  1634  und  von  1801—1809,  wttfarend  Erzherzog  Karl  gleichzeitig 
die  Amter  als  Generalisnmne  des  Heeres,  Kriegs-  nnd  Marineminister 
bekleidete,  blieb  der  Posten  onbesetEt.  Der  letzte  Inhaber  war  der 


0 


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224 


fiUelne  faeeresgefloliiohtlidie  HttteilmigeD. 


General  der  Kavallerie  Graf  Ficquelmont,  welcher  im  Jahre  1848 
zurücktrat.  Ihm  fol^tcu  bis  1858  die  Kriegsmioister  Zaiüni,  Latour. 
CordoD,  Gyulai  und  Csorieh;  dann  befand  sich  Erzherzog  Wilhelm 
als  Armee-Oberkommandant  bis  1860  an  der  Spitze  des  gesamten 
Heerwesens,  eine  Stellung,  weiche  später,  als  Erzherzog  Albrecht  mit 
ihrer  Wahrnehmung  betraut  war,  neben  der  des  Kriegsministers 
bestand.  Der  letzteren  gab  es  in  den  vierzig  Jahren  von  1860 — 1900 
aeht,  nämlich  Degenfeld  von  1800—1864,  Franck  von  1864—1866, 
.lohn  vnu  1866—1868,  Kuhn  von  1868  1S74,  Koller  von  1874  -1875, 
ßylandt-Kheidt  von  187()  -1888,  Bauer  von  1888—1893  und  seit 
dieser  Zeit  Krieghammer. 

Di«'  Keihc  der  Feldni  arsehällo  eröffnet  Tilly,  welcher  freilich 
btreng  genommen  im  Dit-nf^te  der  Liga  stand,  während  der  erste 
eigentliche  kaiserliche  Feldmarschall  Michael  Graf  Althann  ( 1610 
bis  16861  war,  neben  welchen  eine  grolse  Zahl  von  anderen  be- 
kainiten  Generalen  den  Marschallstab  tührten:  Bouquoy.  Caraffa, 
Colalto,  Wallenstein,  Maradas,  Arnheim  (Arnim),  Schlik,  ein  anderer 
Althann,  Torquato,  Conti,  Pappenheini,  Teuflenbach  {Tiefenbach ), 
Aldringen,  Gallas,  Holck.  Schaiimhurg.  Ilow  (Illo>,  Mannsfeld,  der 
Erzherzog  Ferdinand  (später  Kaiser  Ferdinand  III. ),  Colloredo,  Picco- 
Inmini.  Erzherzog  Leopold  Wilhelm,  Werth  u.  a.  Auch  später  war 
der  Dienstgrad,  namentlich  iu  Kriegszeiten,  stark  vertreten.  (Armee- 
blatt 1899,  Nr.  52.)  14. 

Eine  Episode  aus  dem  (ielecht  bei  Helinstadt,  25.  Jnli  1866. 
In  diesem  (rcfecht  geriet  die  8.  Eskadron  des  2.  Rheinischen 
Husaren-Regiments  Nr.  9,  Rittmeister  Klaatsch  in  ein  heftiges  Hand- 
gemenge mit  bayerischen  Chevaulegers.  Die  Standarte  des  Regiments 
befand  sich  zwischen  dem  2.  und  8.  Zuge  mid  geriet  iu  harte  B- 
drangnis.  Deren  Träger,  der  Sergeant  Mnmbauer,  wurde  von  allen 
Seiten  umringt.  Vergebens  war  aber  das  Bemühen  des  Feindes, 
diese  Trophäe  zu  erbeuten.  Mumbauer  verteidigte  dieselbe  wie 
ein  Löwe;  er  kehrte  die  Standarte  um,  und  mit  der  Stange  nach 
allen  Seiten  wuchtige  Hiebe  austeilend,  hielt  er  sich  die  Feinde  so 
lange  vom  Leibe,  bis  Unteroffizier  Burkus  und  eini^-L  Husaren,  seine 
Gefahr  erblickend,  sich  auf  die  Angreifer  stürzten  und  ihn  von  diesen 
befreiten.  Das  Militärzeiclii  n  1.  kiasse  lohnte  das  tapfere  Verhalten 
des  Sergeanten  M  umbauer.  -  Aulser  dieser  Standarte  ist  nur  noch 
eine  der  preufsischen  Reiterei,  die  des  Zieten-Husaren-Regiments, 
beim  Einbruch  in  die  feinlichen  Reihen,  umdrängt  von  erdrttckender 
Übermacht,  von  ihrem  Träger  umgekehrt  and  durch  wuchtige  Keolen* 
schlage  mit  der  Stange  gerettet  worden.  (Gesch.  d.  2.  Bheln.  Hii&- 
Regts.  Nr.  9  nnd  Gesch.  d.  Kgl.  PreoTs.  Fahnen  und  StandarteD.) 

Schbg. 


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UmsohM  in  der  Militär-Litteratur. 


226 


XXIII. 

Umschau  in  der  Militär-Litteratur. 

I.  Ausländische  Zeitschriften. 
Streffleurs  Österreichische  Militärische  Zeitschrift.  (Märzhoft.) 
Das  neue  Exerzier-ReglenuMit  für  dio  deutsche  Feld-Artillerie  (Schlufs). 

—  Erfahrungen  und  Lehren  aus  dorn  südafrikanischen  Kriege.  —  Kinige 
JBeirachtungen  über  die  <ieländo-  und  Ziel-Aufklärer  der  Feldarlillerie, 

—  Versuch  eines  kriegsbrauchbaren  Systems  für  den  Munitionsersatz 
im  Infanteriel^ampfe. 

Ofgait  der  iiiUitibrwl880B0eli«flli«liai  Teniiie.  LX.  Bd.  2. 
Die  K&mpfe  in  den  Österreichisch  -  steierischen  Alpen  während  der 
Pransosenkriege.  —  Die  Belagerungen  von  Ragnsa  1806  und  1813/li, 

Mitteilungen  über  Gegenstände  des  Artillerie-  und  GenieweseiiB. 
(Jahrix  iiig  1900.)  S.Heft  Wirkungsftthiglceiikleinkalibriger  Gewehre. 

—  I)ie  Verwendung  goniometrischer  Apparate  zur  indirekten  Erteilung 
der  ersten  Seitenrichtung  bei  Geschützen.  —  Die  nächsten  Folgerungen 
aus  dem  südafrikanischen  Kriege. 

Armeeblatt.  (Österreich.)  Nr.  9.  Erziehung  für  Volk  und  Heer! 
(Öchlufs  in  Nr.  10).  —  Das  Parlament  und  die  Armee.  -  Löhnungs- 
Erhöhung!  —  Der  Krieg  In  Südafrika  (s.  auch  Nr.  10,  11,  12.  13).  — 
Die  MunitionsTorrftte  der  Buren  (Schluß  üi  Nr.  10).  —  Die  ungarische 
Donauarmee  1848/49.  Nr.  10.  Magaains-Offiziere  —  Die  Waffenübungen 
der  Reserve-Offiziere  und  Reservisten.  Hr.  11.  QroliBbritannlens  Wehr- 
macht und  ihre  politische  Bodcutuni^:.  —  Die  ungarische  Donau- Armee. 

—  Der  Transport  nach  Afrika.  Nr.  12.  Der  Kadett  —  Offiziersstell- 
vertreter. F  Z  M  Freiherr  v.  Beck.  —  Zur  neuen  Generalstabs- 
Organisation.  Nr.  13.  Scliutz  für  unsere  Militärmusik.  —  Französische 
Reitkunst.  —  Die  Staboffizioi-sprüfung  1900. 

Militär-Zeitung.  (Österreich.)  Nr.  8.  Betrachtungen  und  Perspektiven. 

—  Die  Wiener  Kasernenfrage.  —  Die  Organisation  der  Kriegsschule. 
Hr.  9.  Heer  und  Parlament  —  Offensive  Kriegführung.  ^  Der  Krieg 
in  Afrika.  Hr.  11  P,  Z.  M.  Preiherr  v.  Beck.  —  Wann  kommen  die 
neuen  Qagen.  —  Gamisonwechsel,  Transferierungen.  —  Die  Manöver 
und  Waffenübungen  im  Jahre  1900. 

Journal  des  sciences  militaires.  (März  1900.)  Die  Beförderung 
am  Ende  des  Jahrhunderts  (Forts.)  —  r>ie  Schlachten  Xapoleons.  — 
Organisation  und  Ausbildung  dei-  Kavallerie.  —  Studie  über  die 
Organisation  der  Küsten  Verteidigung  (Schlufs).  —  Studienreisen  der 
Offiziere  in  der  deutschen  Armee.  —  Der  Gebirgskrieg  (Schlufs).  — 
Die  Bmährung  der  Armee  (Forts.). 

Revue  da  eeiele  nilltaiie.  Hr.  9.  Qamison-Bibliotheken.  —  Der 
Krieg  in  Transvaal  (Forts,  hi  Nr.  10,  11,  12,  18).  —  Ober  das  Kriegs- 
spiel bei  den  Truppenkorps  (Schlufs).  —  Das  miÜtSrische  und  maritime 
Jahr.  England.  Hr.  10.  Oarni8on-Bibiiotheken(Sclilul8).  Hr.  11  Herbste 

JtMtabOT  fir  dl«  4«BtMk«  Aibm  ui  XiiiMb  Bd  Itt.  %  16 


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226 


Umschau  in  der  Militär-Litterator. 


manöver  (Schlub  in  Nr.  12),  —  Grobe  Osterrelohische  Manöver  1899. 
Dan  3.  und  14.  Korps  in  KSmthen  (Sohlufo  in  Nr.  12).  Nr.  12.  Siehe 
oben.  Vr.  13.  Deutschland.  Die  Peldartillerie  im  Jahre  1900.  —  Das 

militärische  und  maritime  Jahr.    Vereinigte  Staaten. 

Revue  d'Infaiiterie.  (März  1900.)  Nr.  164.  Geschichte  der 
Infanterie  in  Prankreich  (Forts.).  —  Cbungs-Schiefsen  mit  schwachen 
Ladungen  (Zimmergewclire)  bei  der  Infanterie  (Forts.).  —  Die  neue 
deutsche  Schiefsvorschriff  der  Infanterie.  —  Der  Haupigrundsaiz 
Jominis  in  Gefahr.  —  Eine  Foiddienstaufgabe  (Forts.). 

ReYne  de  GaTalerie.  (Februar  1900.)  Briefe  eines  Kayalleristen. 
Die  Schulen  und  die  Beförderung:  Saumur  (Ports.).  —  Neue  Worte, 
alte  Lieder  (Schlufs).  —  Die  Informationskurse  der  Oberstleutnants 
(Kommandierung  zu  einer  andern  Waffe  der  zur  Beförderung  vor- 
gesclilagenen  Oberstleutnants).  ~-  Die  Kavallerie  der  I.  und  II.  deutschen 
Armee  in  den  Tagen  vom  7.  zum  15.  August  1870  (Ühers.  d.  Pelet'schen 
Werkes)  (Forts  ).  -  Leichenrede  nach  dem  Ableben  des  Divisions- 
generals Lasalle,  15.,  18.  und  25.  Juli  1809. 

Revue  d'Artillerie.  (März  1900.)  Feuerverteilung  der  Artillerie 
(Forts.).  —  Die  Felddienstübungen  im  Abteilungs- Verbände  (F'ürlü.). 

—  Die  Schnellfeuergeschütze  der  englisehen  KflstenarUUerie. 

Heyne  da  GMe  militaiie.  (Februar  1900.)  Anmerkungen  über 
die  Einrichtung  elektrischer  Beleuchtung  in  der  polytechnischen  Schule. 

—  Beschreibung  eines  Rettungsversuches  ausgeführt  in  Böthisy- Saint 
Pieire  durch  ein  Detachement  des  3.  Oenie-Regts.  —  Über  den  Nutzen 
eines  national -ökonomischen  Kursus  an  der  Ecole  d'application  in 
Fontiiinebleaii.  —  Über  eine  der  Ursachen  der  Zerstörung  in  üyps> 
schichten  erbohrter  Brunnen. 

La  Franca  militaire.  Nr.  4784.  Die  Pensionierung  der  Hauptk'ute, 
Nr.  47Ö5.  Die  notwendige  FloLio.  Es  sollen  sein:  28  Schlachtpanzor. 
4  Geschwader  lu  6  Panaem  bildend ;  24  Panzerkreuzer,  8  Divisionen 
zu  3  bildend;  52  Torpedojäger,  208  Torpodeboote,  98  Unterseeboote. 
Es  ergeben  sich  hieraus  zwei  Kriegsflotten,  welche  dem  durch  die 
Lage  dos  Landes  geforderten  Maiine-Programm  in  befriedigender  Weise 
entsprechen.  Nr.  4787.  Die  Armee  und  das  Budget  II.  Mr.  4788. 
I><'r  Marsch  auf  Igli,  wichtiger  Punkt  in  Nord-Afrika,  welcher  Tust 
von  .Marokko  trennt.  Nr.  4789.  In  Afrika.  Unsere  Einflufssphären. — 
i>er  Krieg  in  Transvaal.  Nr.  4790.  Das  Kriejrsbudget.  —  Das  Intanlerie- 
(lewehr.  Die  Verbesserung  wird  aufs  strengste  geheim  gehalten.  Es 
ist  allein  boltannt  gegeben,  dais  nie  die  Ladoweise  betrifft.  Nr.  4791. 
Das  Beispiel  der  Buren.  Bs  wird  davor  gewarnt,  aus  den  Vorgängen 
praktische  Lehren,  namentlich  auch  in  Bezug  auf  Herabsetzung  der 
Dienstzeit  zu  ziehen.  Kr.  4798.  See-Verteidigung.  Nr.  4703.  Der 
kleine  Krieg.  X.  Hr.  4794.  Das  Kriegs-Budget.  —  Unsere  Kolonien. 
Nr.  4795.  Das  Dekret  vom  9.  Januar  1900  über  die  Aufstellung  der 
Beförderungslisten.  Die  frühen)  Festsetzung  seitens  des  Kriegsministers 
betreffend  die  Minimalgrenzen  des  Dienstalters  für  die  zur  Beförderung 


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UuuoJuiu  in  der  Militär-Litteratar. 


227 


vorzuschlagenden  Kandidaten  ist  aufireliohen.  —  Der  Krieg  in  Transvaal, 
Bemerkungen  über  Artillerie.  Bewallung.  Peldanzug  des  englischen 
Soldaten.  Nr.  4802.  Schiefsstände  und  Schiefsplätzc.  — ^  Unsere 
Artillerie.  fiSne  ministerielle  BesUmmung  setzt  die  Zalü  der  »Maltres 
pointeurs*  (Richtkanoniere)  einer  fohrenden  Batterie  auf  4  fest.  Man 
glaubt  darauf  auf  die  künftige  Zahl  von  4  Geschützen  in  der  Batterie 
schliefson  zu  können ;  dazu  treten  9  Munitionswagen  Nr.  4805.  Das 
englische  Phantom.  Untersuchung  der  Situation  Englands  als  Land- 
und  Seemacht  (Forts,  in  Nr.  4811).  Nr.  4807.  Im  Generalstab.  BetritTl 
eine  .Änderung  hinsichtlich  der  Ordonnanz  -  Offiziere.  —  l  »er  Krie?  in 
Transvaal.  Bemerkungen  liinsichtlich  d.s  Treffens  l>ei  Heiniont 
Nr.  4808.  Die  Oase  Figuig.  liegt  aut  dem  Marsche  dei-  Kolonne  gegen 
Igli  (v.  Nr. 4788).  Die  deutsche  Feld-Dienst-Ordnung  vom  I.Januar  lyOO.  I. 
Nr  4800.  Das  neue  Reglement  fQr  die  St&be.  —  Bericht  der  Kommission» 
betreffend  die  Vorlage  über  die  Reorganisation  der  MilitSr-Telegraphie 
(Forts,  in  Nr.  4810.  11,  12,  13).  Nr.  4812.  Die  Politik  und  der  Krieg. 

—  Napoleon  und  Moltke.  Besprechung  eines  Artikels  der  „Deutschen 
Heereszeitung".  Nr.  4813.  Wehe  dem  Besiegten!  Mit  Anwendung 
auf  den  Burenkrieg. 

Lc  Progres  niilitaire.  Nr.  2017.  TMe  Cadres  unserer  Batterien. 
r>er  südafrikanische  Krieg  (Forts,  in  Nr.  2018.  19.  20.  21.  22.  2:!.  24). 
Nr.  2018.  Die  Fahrikatton  des  Materials  (es  wird  für  De/eniralisaiion 
derselben  eingetreten |.  Nr.  2019.  Fine  Studie  über  ständige  Be- 
festigung (bezieht  sich  auf  ein»  n  Aufsatz  der  „Revue  du  genie  militaire"). 
Hr.  2020.  Zur  Frage  der  zweijilhrigen  Dienstzeit.  —  Militärtelegraphie. 
Nr.  2021.  Die  Batterie  zu  4  Geschützen  (scharfe  Polemik  gegen  dieselbe 
Poris,  in  Nr.  2022).  —  Ärzte  und  Krankenwärter.  Nr.  2022.  Die  Be- 
förderung in  Deutschland  und  bei  uns.  Nr.  2023.  Der  Gebii^krieg. 

—  Die  Pttfsartillerie.  Nr.  2024  IMe  neue  Vorschrift  über  den  Dienst 
des  Generalstabes.  Nr.  2025.  IMe  Aufnahmeprüfungen  zur  Kriegs- 
akademie.   Nr.  2026.    Der  Kampf  gegen  den  Alkohol. 

!4i  Helgique  niilitaire.   Nr.  löOO.   Wie  verhalten  sich  Söldlinge? 

—  Hefiagung  des  Land«'s  über  die  .Militäi  tVage.  —  E)er  Schlacliten- 
angritf  des  (leneral  v.  SchertT.   Nr.  1501.   L  nsere  Infanterie-Lehrscluile. 

—  Der  anglü- tiansvaalsche  Krieg  iForts.  in  Nr.  1502).  Nr.  1502. 
Kritische  Luge  der  Festung  Antwerpen.  Nr.  1508.  Militärbudget 
für  1900.  ^  Unsere  zukünftige  Feldartillerie.  Nr.  1504.  Die  neue 
deutsche  Pelddienstordnung.  —  Pistole  und  automatischer  Karabiner 
System  Bergmann,  Mod.  97.  —  Das  Liddite  (Ports.). 

Bulletin  de  la  Presse  et  de  la  INbliogntphie  miiitaire.  Nr.  379. 
Die  neue  deutsche  Feldartillerie  (Ports,  in  Nr.  380).  —  Deutsche 
Kaisermanöver  1899  (Forts.).  r)er  Anglo-Burenkrieg  (Forts,  in  Nr.  880) 
Nr.  380.    Prinz  Frietlrich  der  Niederlande  und  seine  Zeit 

Schweizerische  Monatsschrift  für  Offiziere  aller  Waffen.  (Februar 
1900.)   Unsere  Kavallerie.  Fragen  der  Ausbildung  und  Verwendung. 

15* 


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228 


Umaohan  in  dar  UiUtiir-Iitteratar. 


—  Die  Friedrich  Kruppschen  Werke  (Schlafe).  —  Der  Krieg  Bn^nds 
gegen  die  südafrikanischen  Republiken  (Ports.). 

Revue  militeire  sulsse.   (März  1900.)    Ausbildung  im  kriegs- 

gcniäfsen  Schiofsen  der  Infantrrio.  —  Du:  Befestigungen  in  Osterreich- 
l  ngarn  (Schlufs).  -  I  bespannten  FuXsartilierien  und  die  sciiweizerische 
Positionsartillerie.    -  Marse liübung. 

Sfliweizerische  Zeitsclirift  für  Artillerie  und  Genie.  (Februar.) 
Das  neue  Exorzierregleuiont  für  die  deuUsche  Feldartilierie  (Forts.).  — 
GrtJfsere  deutsche  Pionierübungen  im  Jahre  1899.  —  Die  Beschiefsung 
gedeckter  Ziele  im  Peldkriege  oder  Peldhaubitzen  und  schwere  Batterien 
des  Feldheeres.  —  Extrabeilage:  Die  Resultate  der  feldmalsigen 
Schiefsübungen  der  schweizerischen  Artillerie  im  Jahre  1899. 

Allgemeine  Sehwoizrrische  Militärzeitung.  Nr.  9.  Die  Herbst- 
manöver 1899  (Forts,  in  Nr.  10  und  12).  -  Die  Aufgabe  des  Höchst- 
koii.niundieronden  Feldmarschall  Lord  Roberts  (Schlnfsi  Nr  10.  Die 
Kriegslage.  Nr.  11.  Dio  grofscn  österreichischen  Manöver  im  Herbste 
1899  (Schlufs  in  iNr.  12).  —  Die  Kapitulation  üeaeral  Cror\jes.  Nr.  12. 
Siehe  oben. 

Army  and  Navy  üazette.  Nr.  2090.  Die  militärische  Lage  in 
Südafrika.  —  Mitteilungen  Ober  den  Charakter  und  die  Kampfweise 
der  Buren.  —  Der  Pferdebedarf  für  die  Armeen  im  Felde.  POr  Süd- 
afrika sind  kleine  Pferde,  besonders  Ponies,  am  besten  geeignet«  die 

von  Indien  und  Australien  eingeführten  Pferde  haben  sich  gut  be- 
währt. —  Dor  Transvaal- Krieg.  Tageweise  geordnete  Mitteilungen 
vom  Kriegsschauplatz.  --  Verlustlisten.  Nr.  2091.  Die  Hetrierungs- 
Vorlag»'!!  BetritTt  die  Absichten  der  Ki'tri«>runir  ftelrctVs  Vonnchrung 
des  stelitMiden  Heeres  und  Erleichterung  der  Mobilnuichung.  —  Die 
militärische  Lage  in  Südalrika.  —  Mangel  an  Kriegsmaterial.  Die 
Pferdeausrüstung  für  die  Yeomanry  sowie  der  Reserve- Vorrat  an 
Gewehren  sollen  ungenügend  sein.  —  Der  Transvaal-Krieg.  Tageweise 
geordnete  MitteUungen  vom  Kriegsschauplatz.  —  Ein  amerikanisches 
Urteil.  Behauptet,  dafs  die  militärische  Ausbildung  in  England  eine 
zu  wenig  individuelle  ist.  —  Verlustlisten.  Nr.  2092.  Die  militärische 
Lage  in  Siiilafrika.  —  Dio  Vermehrung  des  Heeres.  Bespricht  die 
dem  Parlamente  vorgelegten  Pläne  Lord  Lansdownes.  —  Der  Transvaal- 
Krieg.  Tageweise  geordnete  .Mitteilungen  vom  Krieu:sschaiiplatz.  Nament- 
liche Verlustliste.  —  Gesetz  für  den  Wiedereintritt  ausgedienler  Soldaten 
in  <iie  Re.servo- Bataillone  für  Landes- Verteidigun.e.  Nr.  2093.  I)er 
Wechsel  der  Flut.  Schilderung  der  Gefangennahme  Cronjes.  — 
Die  Kapitulation  bei  Paardeberg.  —  Deutsche  und  firanzösische  Urteüe 
über  die  Kriegsoperationen.  —  Die  Truppenstärke  der  Buren.  —  Die 
ägyptische  Armee.  Schildert  die  Entwickelung  derselben  unter  engliseher 
Führung  und  Ausbildung  seit  1882. 

Journal  of  the  Royal  United  Serviee  Institution.  Nr  264. 
Die  letzten  französischen  H.xpeditionen  in  Westafrika  1894 — 1899. 
öttchlich  gehaltene  Darstellung  mit  Planen.  —  Das  Gefecht  vom  Campo 


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UmaobAu  in  der  Militär-litterMiir. 


229 


Major.  H(\sc'hreibiin.£r  des  am  25.  März  1811  im  spanischrn  Kriege 
stattgehabten  üet'echtes.  —  Von  Löbells  Jahresberichte,  l  t>ersetzung 
einzelner  Abschnitte  aus  denselben.  —  Oifizier-Boförderungon  aus  dem 
Mannschaftsstande  im  englischen  Heere  1706-*1855.  Ein  Beitrag  zur 
Heereegeschichte.      Die  französischen  Manöver  für  1900. 

Amy  aad  Navy  ionnal.  (New-Yorlc.)  Nr  1903.  Die  General- 
8tabs-.\bteilungen  des  Heeres.  —  Die  Teilung  der  Samoa-Inseln.  — 
Ctoneral  Wheatons  Expedition.  —  Hin  Bericht  aus  dem  Kriegsleben 
auf  den  i'lülippinen,  —  \U'v  N'crtrap:  Ix'trefTs  des  Nilcarajrua-K.'tnfils.  — 
Die  poUtische  Vorwaltiini^  der  Philippinen  für  die  Zukunft.  Nr.  1902 
Moderne  Artillerie.  Kuthält  allgemeine  Grundsätze  für  die  Stärke  der 
Artillerie  im  Verhältnis  zur  Infanterie  General  Lawtons  Expedition 
am  Zagoto-Flufs.    Bericht  aus  dem  Kriege  auf  den  Philippinen.  — 

Beweis  aus  der  Geschichte.  Nachweis,  dafs  Nordamerika  gezwungen 
ist^  sich  ein  starices  stehendes  Heer  zu  halten.  —  Das  Gefecht  von 
Maicersfontein.  —  Die  Lage  in  SüdalHIca.  Nr  1904.  Bericht  aus 
Manila.  —  Gesundheitszustand  von  Havanna.  —  Die  schrecklichen 
Philippinen.  —  Englische  Fortschritte  in  Südafrika.  Nr.  1905.  Re- 
organisationsplan für  das  Heer.  —  Vorlage  des  Krieg.s-Sekrctärs.  — 
Die  Errichtung  einer  Kriegsakademie.  —  Der  zweite  Abschnitt  des 
Burenkrieges. 

Itu.sski  Invalid.  Nr.  38.  „Rechte  und  Pflichten  des  General- 
stabsofliziers  im  Gefecht."  Uie  neue  Gefechts  -  Instruktion 
(siehe  April«Heft:  „.\rmee-  und  Marine  •Nachrichten  aus  Rufsland") 
enthält  auch  Anweisungen  über  die  Thätigkeit  des  Generalstabsoffiziers 
im  Gefecht;  dieselben  enthalten  nichts  Neues.  Nr  89.  Das  neue 
Kadetten -Korps  in  Ssumy  (Gouv.)  Nr  41.  Die  Umbildung  des 
Transh.i  ikal -Kasalten- Heeres  Ist  nunmehr  vollendet.  Während 
das  Heer  bis  zum  Jahre  1897  aus  2  Reiter-Regimentern  und  2  Pufs- 
Batiiillonen  bestand,  sind  letztere  beide  allmählich  in  Reiter-Regimenter 
zu  je  6  Ssotnien  umgewandelt  worden,  so  dafs  jet/f  /um  1.  Aufgebot 
des  Heeres  4  Reiter- Regimenter  gehören,  von  denen  die  beiden  neu- 
gebildeten in  Tschita  stehen,  während  das  1.  Regiment  Talienwang 
(Kwantung*  Halbinsel),  das  2.  Regiment  Nikolssk-Ussurisski  im  Süd* 
Ussuri-Gebiet  zur  Garnison  hat.  Nr  45.  Ergebnisse  der  Vakanz -Be- 
förderung der  KapitSne  und  Rittmeister  zum  ersten  Stabsoffizier-Rang. 
Nr  46.  „Die  Versorgung  unserer  Truppen  mit  Fahrrädern bespricht 
die  seit  4  Jahren  angestellton  Versuche  mit  FahrrSdem  verschiedener 
Systeme,  welche  schliefslich  zur  Verwerfting  des  zusammenlegbaren 
Fabi  rarles  des  französischen  Kapitäns  Gerard  (modele  de  Tarmee  nisse) 
geführt  haben. 

Wajennüj  HsbomilL.  1900.  .März.  Zur  Biographie  des  Fürsten 
Golenischtscheff-Kutiisow  (mit  BUd).  —  Plewna.  1.  —  Über  den  Entwurf 
einer  Felddienstordnung.  —  Das  Schiefswesen  in  den  fremden  Armeen. 
Österreich-Ungarn,  England  (Schlufs).  —  Über  die  Organisation  der 
Kavallerie  nach  den  Anforderungen  der  Jetztzeit  —  Das  Reglement 


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230 


Umsohaa  in  der  MIUtiüsLittttatar. 


der  deutschen  PeldartiUerie  vom  Jahre  1899.  1.  —  Die  materielle  Lage 
unserer  Kasakenoffiziere.  —  Die  Ökonomie  der  Truppenteile  im  deutschen 
Heerp  (Schlufs).  Ssuworow  in  der  russischen  Litteratur.  III.  — 
Über  die  bürgerlichen,  militärischen  und  treistlichen  Gesetze  Schamiis. 

—  Schilderungen  von  der  Miumanküste  (Schlufs).  —  I)ie  Frage  der 
Organisation  der  Kavallrric  in  d«"r  linitschen  Litteratur.  —  I >ie  Statuten 
der  Siidrussischen  Schutz»  u  -  {Jesellschaft.  —  Die  neue  Organisation 
des  preufsischcn  Kadeiienkorps  vom  24.  Oktober  1Ö99.  -  Isbornik 
Raswjedtschika  XV.  Der  Kanonensohuls.  Übersetzung  aus  dem 
Französischen  des  Art  Koe.  ^  Die  Verpflegung  des  Heeres  nach  dem 
französischen  Reglement.  Skobelew  über  die  Kasalcen.  —  Der  Krieg 
in  Südafrika  und  die  sich  aus  ihm  ergebenden  Fragen. 

Ra.swjedt.schik.  Nr  481  Was  vermag  Euer  Bajonett  gegen  dies? 
(Eine  Zurückweisung  der  Tendenzen  der  Verehr»M-  d»'r  Ssuworowschen 
Taktik  der  blanken  WatVe.)  l»ir  deutsche  Taktik.  (Wiedergabe  einer 
.Aufi^ahe  beim  .\iifnahme- pAanieii  zu  uns.'ier  Kriegsakadeini«*  t  — 
Soldaten -Theater  des  148.  Kaspisriu-n  Infanieriereginients.  Nr.  482. 
Die  Verpflegung  der  englischen  Truppen  in  Südalrika.  —  Der  neu« 
Oberkommandierende  der  englischen  Truppen  in  Südafirika,  Lerd  Roberta. 
'  Der  Krieg  in  SfidafHka  (Porte,  in  Nr.  485,  87«  88,  89).  Hr.  488. 
Biographie  und  BUd  des  Generais  Lobke»  des  neuen  Relchskontrolleurs 
der  Finanzen.  —  Die  Einberufung  der  Reserve  bei  einer  Mobilmachung. 

—  Die  Flrleichterung  des  Gepäcksattels  in  der  reitenden  Artillerie.  — 
Freiwillige  .\rbeiten.    Nr.  484.    Die  Tigerjagd.  —  L>ie  rnteroffiziere, 

—  F'ie  Ilerbstnianöver  des  1.  Schweizer-Armeekorps.  -  I)ie  Umgebungen 
von  Ladysniith  und  das  Timl  des  Tugela.  Nr.  485.  .Vus  dem  Soldaten- 
lel>en  (Forts,  in  Nr.  486|.  —  Vergangeulieit  und  Zukunft  der  Terek- 
Jvasaken.  —  Die  Re.serve- Batterien.  —  Das  Telegraphieren  vom  Luft- 
ballon aus  ohne  Leitung.  Nr.  486.  Unser  Militärhaushalt.  —  Ein 
,,ru8«scher  Buer**  Ober  Afrika.  I.  (Ports,  in  Nr.  487).  Hr.  487.  Die 
Festungs-AriUleristen  (Forts,  in  Nr.  488).  —  Die  kaukasischen  Schützen 
jenseits  des  Kaspischen  Meeres.  L  —  Die  groben  für  dies  Jahr  in 
Aussicht  genommenen  Manöver  im  Bezirke  Kursk-Orel.  Nr.  488.  Die 
grofsen  Manöver.  —  I)ie  Offiziere  und  Mannschaften  der  Reserve  in 
Deutschland.  —  Die  kaukasischen  Schützen  jenseits  des  Kaspi.schen 
Meeres.  II.  —  Die  Verstärkung  der  Küstenbefestigungen.  Nr.  489. 
Statut  des  Vereins  zur  Fürsorge  für  die  Ultizierskinder  im  II.  .\rniee- 
korps.  —  I>ie  Kijewei-  ukonumische  Offiziers  -  ücsellschaft.  -  Die 
Schnelligkeit  des  Feuers  in  der  Fufs-Artillerie.  —  Der  jüngere  Stabs- 
offizier. ^  Port  Arthur  (mit  8  Sldzzen).  —  Die  ZuTeraicht  ist  daa 
Unterpfand  des  Sieges.  —  Die  Wirkung  des  Feuers  der  Artillerie- 
Chnppen.  —  Mitteilungen  über  die  Verleihung  des  Feldmarschall-Ranges 
seit  Einfühnmg  dieser  Einrichtung  in  Rufsland. 

Russisches  Artillerie-Journal.  Nr.  1.  Von  den  Korrekturen  nach 
den  Schufstafeln  für  Küstenmörser.  —  .\rtilleristische  Fragen.  —  Zur 
Frage  vom  WetUchielsen  der  Feuerwerker  bei  der  Festungs-Arüllerie. 


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Umsobau  in  der  MiUtär-Iitteratar. 


231 


—  Das  kleinste  Zeitmafo  zur  Bröflkiung  des  Feuers  und  zum  Bin- 
schiefsen  der  Feldbatterie.  —  Von  der  Bewerbung  um  die  Prämie  im 
Namen  des  Oeneralleuinant  Leer.  —  Oesellschaft  zur  Fürsorge  für 

gewcsono  Zöglinge  des  Ordowsky  •  Bachlin  Kadettenkorps  (MilitSr- 
Gymnasium).  —  Vom  Beibehalt  der  ursprünglichen  Seitenrichtung  eines 
Geschützes  der  Pestungs-  und  Bolagerungs- Artillerie  beim  Richten  mit 
Hilfe  des  Winkelmessers,  wenn  das  Ziel  iür  das  feuernde  Geschütz 
nicht  sichtbar  ist. 

L'Italia  militare  e  marina.  Nr.  37.  Die  UberstleutnanLs  in  den 
Regimentern.  Nr.  41  Neue  und  alte  Soldaten.  Nr.  42.  Von  der 
neuen  Ausbildungsweise  für  die  Infanterie.  Nr.  44.  Das  Gesetz  über 
die  Stellung  der  Offiziere.  —  Die  Luftscliiflfahrt  im  Transvaal-Kriege. 
Nr.  49.  Eine  Präge  über  das  Heeres -Reglement  Nr.  6L  Die 
Oriranisation  der  Kolonie  Eritrea.  Nr.  52.  Die  militärischen  Ausgaben. 
Nr.  55.  Dir  Disziplin  in  heuliger  Zeit.  —  Technische  und  fechtende 
ArtillfM'ie.  Nr.  58  I>er  14.  März,  Geburtstag  des  Königs.  —  Die 
Feldartillorie.  .\uszug  aus  dem  Bericht  des  Reterenten  der  Kammer 
über  den  (Jesetz-Kntwurf.  betreliend  die  aufserordenllichon  Militär-.\us- 
gaben  für  1900  bis  1905.  90  leichte  Feldbatterien  und  32  üubirgs- 
batterien,  im  ganzen  732  Geschütze  sollen  sogleich  durch  7  cm  Schnell- 
feuergeschütze  mit  Stahlrohren  ersetzt  werden,  die  Versuche  sind  dem 
Abschlufs  nahe.  Es  wird  beabsichtigt,  25  Batterien  von  Feldhaubitzen 
zu  beschaffen,  welche  in  Anrechnung  auf  ebensoviel  Kanonenbatterien 
kommen.  Nr.  69.  60.  Technische  und  fechtende  Artillerie  (Forts). 
Verfasser  ist  der  Ansicht,  dafs  das  beste  System  wäre,  die  Herstellung  de.s 
Kriegsmaterials  ganz  der  Privat-Iiidustrie  /ii  fiherlassen.  Doch  sei  fürs 
erste  hieran  noch  nictn  zu  denken.  Nr.  62.  l>ie  l'nteroffiziere  mit 
Aussieht  auf  Civil-Versorgung.  —  Technische  und  fechtende  Artillerie. 
Nr.  63.  Militärische  Lehrer.  V.  Die  aufserordentlichen  Ausgaben  für 
die  Artillerie.  General  Biancardi  wendet  sich  hier  gegen  die  Aus- 
fdhrungen  des  Referenten  der  Kammer  (t.  Nr.  68),  Urteile  Aber 
Kaliber  seien  dessen  Sache  nicht  Biancardi  verlangt  für  Italien  die 
Mitführung  grofserer  Kaliber  von  Steilfouergeschtttzen  bei  der  Feld- 
Armee,  unter  Hinweis  auf  Rufsland. 

Rivista  di  artiglieria  e  geilio.  (Januar.)  Organisation  und 
Material  des  Feldartillerie-Parks.  ~  Rinige  praktische  Regeln,  um 
Sonnenuhren  anzulegen.  —  Eine  Einteilung  der  Explo.sivstoffe.  —  Das 
Trinkwasser  im  Lager  von  San  Maurizio.  —  Neues  System  der  Signal- 
gebung  zwischen  Vorposten  und  Feldwachen.  —  Die  Plioiographie  in 
der  Anwendung  auf  die  Kriegskunst  (Februar.)  Die  technische  und 
die  fechtende  Artillerie.  —  Die  Losungen  des  heutigen  Problems  der 
Küstenverteidigung»  besonders  mit  Rttcksicht  auf  Einführung  von 
Brisanzgeschossen  in  der  SchiffsartUlerie.  —  Einige  Gedanken  über  die 
zusammenfassenden  Vorschriften  der  Feldartillerie.  —  Die  Wirlcsamkeit 
der  neuen  deutschen  Feldkanonen.  —  Die  Transporte  von  Erde  und 
Materialien  bei  Bau-Unternehmungen. 


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282 


UmMhan  In  d«r  MUitilr-Littentiur. 


Rivista  Militere  ItaUana.  (März.)  König  Carl  Alberl.  -  Moltkes 
Ansichten  über  den  Binmaroch  in  Böhmen  1866.  —  Der  Krieg  in  Sttd- 
afrika  ( Forts,  i. 

Esercito  Italiaiio.  Nr.  26.  Dtis  Decn-to-ieg^e  in  der  KamnuT. 
Nr.  27.  Der  Er.satz  der  Unteroffiziere.  Nr.  28.  Die  Altersgrenzen 
in  der  .Marine.  Nr.  30.  Sondernummer,  beiicflend  König  Carl  Alben. 
Nr«  31.  Die  aufsorordentliche  militärische  .Ausgabe.  Nr.  32.  Schiffs- 
leute  in  den  Arsenalen.  Nr.  88.  Einteilung  der  Kolonie  Eritrea.  Nr.  34. 
Die  Umgestaltung  der  Feld  •Artillerie.  Nr.  86.  Die  Reorganisation 
der  IhinzSsischen  Artillerie. 

Revista  cientiflco-militar.  (Spanit-n.)  Nr.  4.  Der  Krieg.  —  Die 
Wiederaufrichtung  (Forts.).  —  England  und  Transvaal.  Übersetzung 
aus  dem  Militär-Wochrnblatt  (Forts  ). 

Memorial  de  Ingenieros  del  li^ereito.  (Spanien.)  Nr.  2.  Das 
britische  Heer. 

RevistaMilitar.(Poriugal.)  Nr. 4.  Veränderungen  im  portugiesischen 
Offizierkorps  1899.  —  Selbständige  Kavallerie  (Forts.).  Nr.  5.  Die 
Reorganisation  der  Kolonialkrifte.  —  Selbständige  Kavallerie  (Ports.). 

KiigsTetenskapaAkademieiifl-lIaiidiiiigBr.  (Sohweden.)  5.  Haft 
Studium  ttber  TruppenfOhrung  und  Generalstabsdienst  (Ports.).  — 
Panzerschilde  für  Feldgeschütze. 

Militairc  Spectator.  (Holland.)  Nr.  3.  Strengere  Kriegszucht. — 
Bin  Volkslager,  Niederlande  und  die  iSchwoiz. 

Militaire  Gids.  ( H  o  1 1  a  n  d .  i  2.  Lieferung.  Einiges  über  infantehe- 
feuor.  —  Das  neue  Kriegsbudget. 

n.  Bücher. 

Weltwirtsehaft  und  Hotte.  Ein  Vortrag  zur  Flottenverstfirkung  von 
K.  Paschen,  Viceadmiral  z.  D.  München,  Becksche  Verlags- 
buchhandlung. 

Wenn  ein  so  berufener  Sachkenner  das  Wort  in  der  Flotten  frage 
ergreift,  so  gebührt  sich'.s,  dafs  er  in  weiten  Kreisen  Gehör  finde.  Und 
sollte  wirklich  der  Reichstag  gleich  den  Gelahrten  des  Odysseus  seine 
Ohren  verstopfen,  das  deutsche  Volk  in  seiner  überwältigenden  Mehrheit 
wird  und  mufs  zu  der  Erkenntnis  kommen,  dafs  es  sich  hier  um  keinen 
trügerischen  Sirenengesang  handelt,  sondern  um  einen  wahrliaftigen 
Weck-  und  Mahnruf: 

„Sieh  die  Naehbaro;  Meer  nm  Meer 

Sperron  sie  mit  Ketten. 

Michel,  sobärl'  die  alte  Wehr, 

Bette,  was  sa  retten! 

Miohel,  bist  do  tanb  and  Mfaidt 

Hartif^  an»  den  Kissen! 

Hnrti^  auf,  ins  Hoot  gesohwlnd, 

Segel  gUt'ä  zu  bisaeo!* 


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UmBohaa  in  dw  MOitir-Xittoratar. 


23$ 


I)er  Verfasser  beginnt  mit  lichtvoller  Darlegung  der  wirtschaft- 
lichen Verhältnisse.  Die  Land-  und  Forstwirtschaft  hat  einen  Einführ- 
bedarf von  nahezu  zwei  Milliarden.  Deutschland  wird  mehr  und  mehr 
Industriestafit,  eine  Thatsache,  die  man  vielleicht  bedauern,  aber  nicht 
ändern  kann.  So  stellt  die  wiilsclialtliche  Lage  Deutschlands  der 
Stiiatsleiuing  Aulgaben  von  höchster  Tragweite  und  Schwierigkeit.  L>ie 
Bedeutung  des  Reiches  beruht  auf  seiner  Exportindustrie  und  auf  seinem 
überseeischen  Handel.  Deutschland  hat  keine  Flotte,  die  annähernd 
die  Aufgabe  erfüllen  könnte,  diesen  ttberseeischen  Handel  su  schützen ; 
aber  es  hat  die  Macht  und  somit  die  Pflicht,  sich  solche 
Flotte  zu  schaffen.  Seit  der  Verkündung  des  Flottengesetzes  von 
1898  haben  sich  die  Verhältnisse  vollständig  zu  unseren  l'ngunsten 
geändert.  Täglich  haben  uns  die  einander  überstürzenden  Kreignisse 
neue  und  immei"  empfindlichere  Lehren  gegeben.  Wir  müssen  eine 
starke  Flotte  haben  oder  gar  keinel  Wie  Deutschland  durch 
sein  Landheer  den  europäischen  Frieden  gewahrt  hat,  so  mufs  es  auch 
imstande  sein,  den  Frieden  zur  See  zu  wahren.  Wer  die  Macht  be- 
sitzt, den  greift  niemand  an;  mit  dem  Schwachen  verfährt  man  nach 
Gutdünken.  „Sengen,  Plündern  und  Morden,  rücksichtslos  den  gröfsten 
Schaden  zufügen**  bezeichnet  ein  (hmzösischer  Admiral  als  die  Auf- 
gabe der  Marine  in  künftigem  Kriege.  Und  wie  sollen  wir  uns  dessen 
erwehren  ohne  Sohlachtflotte,  ohne  kriegstüchtige  Kreuzer .'  Die  lokale 
Küstenverteidigung  mag  sich  auf  wenige  Punkte  be.schränken :  die 
Hauptsache  ist  die  aktive  Verteidigung  durch  die  bewegliche 
Schlachtllotte. 

Es  folgen  interessante  und  auf  eingehender  rfaciikuniitnis  beruhende 
Ausfühmngen  über  die  noch  grofser  Steigerung  fähigen  Leistungen 
unserer  deutschen  Werften,  die  Vermehrung  unserer  Handelsflotte,  die 
Ausdehnung  unseres  Seehandels.  Alle  Gründe  sprechen  dafür,  mit  der 
neuen  Verstärkung  so  rasch  als  irgend  möglich  vorzugehen. 
Unsere  Finanzen  gestatten  solches  Vorgehen  durchaus.  Bei  Annahme 
der  neuen  Fl« ittrn Verstärkung  kommen  auf  den  Kopf  der  Bevölkerung 
Deutschlands  3,7ö  Mark,  während  in  Kngland  1 1  Mark,  in  Frankreich 
6  Mark  auf  den  Kopf  für  Marineaii.sgaben  entf.dlen.  Auch  die  Ver- 
meiirung  des  Flottenpersonals  stöfst  bei  uns  auf  keinerlei  Schwierig- 
keiten. L»er  Mannschat'tsersatz  unsiMer  Marine  ist  vorzüglich.  „Möge 
die  neue  Vorlage,"  .so  schliefst  der  Verfasser  seine  überzeugenden 
Darlegungen,  „einen  erleuchteten  Reichstag  finden,  in  dem  nur  Vater- 
landsliebe und  Sorge  um  des  Vaterlandes  Wohl  das  Wort,  das  Partei- 
interesse keine  Stätte  findet  Möge  die  ganze  Nation  sieh  durchdrungen 
fühlen  von  der  Wichtigkeit  und  Unentbehrlichkeit  unserer  Weltstellung, 
von  dem,  was  auf  dem  Spiele  steht.  Zum  Wiederau fblühen  seiner  alten 
Macht  und  Grr)fsr.  /.um  Fi  starken  seiner  Macht,  wie  in  den  Tagen  der 
Hansa,  mufs  DeutschUad  endlich  seine  Seegeltung  erlangenl** 

P.  V.  S. 

Industrie,  Handel  und  Flotte.   Volkswirtschaftlicher  Atlas  in  fünf 


I 


234  Unsoba«  in  der  Militi&i^Iittentar. 

Tafeln  und  zwei  Karten  nebst  erläuterndem  Text.  Unter  Beihilfe 
mehrerer  KOnstler  herausgegeben  vom  Deutschen  Flotten» 
vorein.  Braunschweig.  G.  Westermann.  Preis  1.50  Mk. 
Im  Vorworte  wird  gesagt,  mit  der  Herausgabe  dieses  Atlas  werde 
beabsiclitigt.  dem  gebildeten  Laien  das  zur  gründlichen  Beurleiiung  der 
Flottenfrage  notwendige  volkswirlschaftlirh-statistische  ^falerial  in  an- 
schaulicher Form  zu  bieten  durch  grapliische  Darstellungen.  L>er  Ge- 
danke ist  ein  sehr  glücldicher  und  hier  in  höchst  gelungener  Weise 
zur  Ausfflhrung  gekommen.  Auf  sieben  Tafeln,  denen  Erlfiuterangen 
beigefügt  sind,  werden  folgende  Themata  behandelt:  I.  Die  haupt- 
sSehlichsten  deutschen  Austuhrgüter.  n.  Die  Rohstoffeinfuhr  nach 
Deutschland  auf  dem  Seewege  und  die  beteiligten  Industrien.  III.  Die 
Seeeinfuhr  an  Nahrungs-  und  nt  iiufsmiiteln  und  die  beteiligten  In- 
diistiit'n  und  Gewerbe.  iV.  Wichtige  Vergleichszahlcn.  V.  Vergleich 
der  Fluttenstärkcn  und  der  Ausgaben  für  die  Flotte  lu-i  don  sieben 
bedeutendsten  Si  oninchtcn  nach  verschiedenen  Gesiclitspunkten.  VI.  Dor 
deutsche  Seohandfl  und  die  im  Auslande  angelegten  deutschen  Kapitalien. 
VII.  Die  Blückadegefahr.  —  Es  ergiebt  sich  aus  dem  hier  gebotenen 
Material  mit  yölliger  Klarheit,  dafs  der  milit&rische  Schutz  unserer 
ausländischen  Kapitals-  und  Handelsinteressen  durch  die  Kriegsflotte 
im  Gesamtinteresse  der  ganzen  deutschen  Volkswirtschaft,  nicht  zum 
wenigsten  auch  der  Arbeiterklasse  liegt  —  Der  Wert  unseres  See- 
handels betrug  1898:  6300  Mill  Mark,  er  wird  nur  übertrofTen  von 
England  mit  12863  Mill.  und  den  Verein.  Staaten  mit  7411  Mill.  Zu 
diesen  Zahlen  steht  in  schreiendem  Mifs Verhältnis  die  Stärke  unserer 
Flotte,  die  nach  Linienschiffen  über  5000  t  und  Kreuzern  über  800  t  im 
Deplacement  1899/1900  erst  an  6.  Stelle  steht;  Kngland,  Frankreich. 
Rufsland,  Vereinigte  Staaten  und  Italien  stehen  Deutschland  voran. 
Frankreich  s.  B.  um  mehr  als  das  Doppelte.  Wihrend  England  vom 
Nationaleinkommen  2,4Vt  auf  die  Flotte  verwendet,  Frankreich  1,2V«. 
verwendet  Deutschland  nur  0,55,  d.  h.  per  Kopf  der  Bevölkerung  2  Ifk. 
36  Pf.,  England  aber  16  Mk.  40  Pf..  Frankreich  6  Mk.  20  Pf.  —  Diese 
Zahlen  sprechen  eine  sehr  beredte  Sprache.  Wer  hören  will,  der 
höre!  Sehr  lehrreich  ist  besonders  Tafel  XII:  Die  Blockadegefahr;  sie 
stellt  die  deutsche  Bucht  der  Nordsee  als  Mittelpunkt  des  deutschen 
Seehandels  dar  und  zeigt,  dafs  keine  Küste  so  leicht  zu  blockieren  ist 
wie  die  deutsche.  —  Möge  dieser  zeitgemäfse  Atlas  dazu  beitragen, 
unser  Volk  in  allen  Kreisen  davon  zu  überzeugen,  dafs  die  Schaffung 
•einer  starken  Kriegsflotte  für  Deutschland  eine  absolute  wirtschaftliche 
wie  politische  Notwendigkeit  ist.  2. 

42«ii6nd-Feldmanehall  von  Steinneti.    Aus  den  Pamilienpapieren 

dargestellt  von  Hans  v.  Krosigk,  M^Or  a.  D.  Mit  einem  Bildnis. 
Berlin  1900.    £.  S.  Mittler  k  Sohn.    8*    XiV  und  328  Seiten. 

Preis  7  Mk 

Das  Vorwort  stellt  ein  abgerundetes  und  geschlossenes  Lebens- 


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Uinaelwo  in  der  UmOr-Lltteratiir. 


235 


und  Charakterbild  in  Äussloht^  welches  in  den  bisher  veröffenUichton 

Arbeiten  des  Generals  von  Conrady  und  von  Brachvogel  nicht  geboten 
sei.  Wenn  der  Verfasser  des  Buches  an  diesen  Arbeiten  auszusetzen 
hat.  dafs  sie  nur  einzelnes  und  Stürke  gebracht  babt»n  und  dafs  sie 
nicht  bis  an  das  Lebensende  des  üeneral-Feldmarschalls  hinanreichen, 
so  mufs  der  letztere  Einwand  als  berechtigt  anerkannt  werden.  Anders 
aber  ist  es  mit  dem  erstoren.  denn  lediglich  einzelnes  und  Stückwerk 
bilden  den  Inhalt  gerade  dieser  neuesten  VerötTentlicbung,  und  das 
Bild  der  Persönlichkeit  Stoinmetz\  welches  die  Vorgänger  anschaulich 
gezeichnet  haben,  mufo  der  Leser  hier  selbst  entwerfen.  Der  Verfiiisser 
liefert  dazu  aus  dem  Nachlasse  des  General-Feldmarschalls»  seines 
Schwagers,  ein  reiches  Material,  welches  sehr  wertvoll  sein  würde, 
wenn  es  nicht  in  der  Hauptsache  auch  schon  den  Voirgängem  des 
Herrn  Major  von  Krosigk  zur  Verfügung  gestanden  hätte. 

Die  HtMb'utunir  st'incr  Arbeit  licirf  —  zumal  <la  die  kriegerische 
Thütigkeil  im  F'eldzugc  von  1866.  über  welche  aus  des  Generals  eigenen 
Autzeichnungen  etwas  zu  erlahrcii  besonders  erwünscht  gewesen  wäre, 
mit  keiner  Zeile  erwähiji  ist  —  in  dem,  was  sie  über  die  Teilnahme 
am  Kriege  des  Jahres  1870  und  insonderheit  über  die  Verhaltnisse 
bringt,  unter  denen  die  Enthebung  des  Generals  vom  Oberkommando 
der  I.  Armee  erfblgte.  In  das  Dunkel,  in  welches  diese  Vorg&nge  bis 
jetzt  gehüllt  waren,  ist  volles  Licht  gebracht,  wenn  auch  zahlreiche 
im  Gewahrsam  der  Familie  boflndliohe  Niederschriften  des  General- 
Feldmarschalls  über  diesen  Zeitraum  nicht  veröffentlicht  sind.    Es  ist 
nur  gesairt.  dafs  ei-  in  seinen  Aufzeichnungen  die  (  borzeugung  von 
der  Richtigkeit  seines  ihm  zum  Vorwurfe  gemachten  Verbaltens  in  den 
ersten  Augustlagen  aufrecht  erhält,  dafs  er  über  den  dienstlichen  Fehler, 
welchen  er  dem  Prinzen  Friedricli  Karl  gegenüber  sich  liat  zu  Schulden 
kommen  lassen,  vollständig  geschwiegen  hat  und  dafs  er  bis  zuletzt 
von  dem  Argwohne  erfüllt  gewesen  ist,  eine  michtige,  ihm  feindlich 
gesmnte,  auf  seine  Erfolge  von  1866  eifersüchtige  Partei  ihm  ent- 
gegengearbeitetund  ihn  beimKönige  in  ein  ungünstiges  Lichtgestellthabe. 
Die  Aufklärung  ist  durch  den  Abdruck  des  hochbedeutenden,  bisher 
in  der  otlentlichkeit  ganz  unbekannt  gebliebenen  königlichen  Schreibens 
gebracht,  durch  welches  General  v.  Steinmetz  seiner  Stellung  als  Ober- 
befehlshaber der  I.  Armee  enthoben  wurde.   Es  ist  ebenso  beschämend 
für  den  Hmidlinger.  wie  es  Zeugnis  ablegt  von  dem  Edelmute  und  der 
Grofsherzigkeit  seines  Kriegsherrn,  der  „die  Ordre  mit  schwerem  Herzen 
erlassen  hat,  sich  künftig  nur  mit  dankbarer  Anerkennung  der  aus- 
gezeichneten  früheren  Dienste  des  Generals  erinnern  und  vöUig  ver- 
gessen will,  dafs  dieser  nicht  vermocht  hat,  seinen  BigenwiUen  dem 
des  Königs  unterzuordnen".  —  Bs  ist  ein  h&rsUcher  Mifoton,  mit 
welchem  dei  Sang  vom  Löwen  von  Nachod  ausklingt. 

Seine  Tüchtigkeit,  das  Aufgehen  in  seinem  Beruf  und  die  Erfolge 
seiner  militärischen  Thätigkeit  hatten  bis  dahin  die  Bedenken  7.urvi<  k- 
gedrängt,  zu  denen  die  Scliroflfheit  seines  Aul'lretens,  sein  aigwühnischer 


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I 


286  Umaolwii  in  der  MiUtItr-Utteratar. 

Charakter,  seine  anspruchsvolle  Überhebung  Veranlassung  boten.  Er 
war  der  Mitwelt  als  das  Muster  eines  altpreufsischen  Offiziers  mit  allen 
Vorzüfren  und  Schwächen  dieser  .Menschengattuns:  f'rsrhien«»n.  Als 
solches  kann  (ir  hinfort  nicht  gelten,  denn  es  fehlte  ihm  die  (Inirid- 
budingung  für  die  Bethätigung  aller  soldatischen  Tüchtigkeit,  die  Fähig- 
keit, zu  gehorchen,  eine  Eij^enschafl,  ohne  deren  Vorhandensein  das 
gedeihliche  Zusammenw^irken  aller  Glieder  eines  Heeres  undenkbar  ist. 

Wer  das  Buch  besitzen  will,  möge  ein  gebundenes  Ex^plar  er- 
werben. Der  an  die  Schriftleitung  der  Jahrbücher  gelangte  broschierte 
Abdruck  zerfiel,  als  er  in  Gebrauch  genommen  wurde,  sehr  bald  in 
eine  grofse  Zahl  kleiner  Hefte.  14. 

Neue  Volksbücher.  Herausgegeben  von  Freunden  chrisrlichcr  Vulks- 
litteratur.  Unser  Bismarck.  \'(in  Paul  v,  JSchmidl.  Geiifra!- 
major  z.  D.  65.  Bändchen.  Mit  24  Illustrationen.  Berlin  1900. 
Schriftenvertriebsanstalt.  Preis  40  Pfg. 
Der  Herr  Verfasser,  auf  dem  üebiete  der  vaterländischen  Lilteratur 
rühmlichst  bekannt,  besitzt  die  seltene  Gabe,  wirklich  volkstümlich, 
dazu  belehrend  und  fesselnd  zu  schreiben,  ohne  in  Überschwftnglich- 
keiten  zu  verfallen.  Seine  hohe  Begabung  auf  diesem  Gebiete  bewährte 
sich  u.  a.  in  den  an  dieser  Stelle  gebührend  gewürdigten  Schriften: 
„Kaiser  Wilhelm  II.  Kin  Lebensbild"  (Nr.  57.  „Neue  Volksbücher")  und 
dem  rharaktcrhild  Moltkes  in  der  Volksausgabe  der  Schriften  desselben: 
„Gencrai-Pi  Idmarschall  Graf  v.  Moltke  in  seinen  Prielen".  Dafs  sich 
P.  V.  Sc timidt  nun  den  unvergefslichen  Baumeister  des  deutschen 
Reiches  zum  Thema  wählte,  unseren  Bismarck,  freut  mich  ganz  be- 
sonders. Die  hier  gestellte  Aulgabe  konnte  nicht  in  geeignetere  Hände 
gelegt  werden.  loh  hoffe,  dafs  dieses  Büchlein  dazu  beitragen  werde, 
die  Erkenntnis  vom  Leben  und  Wirken  unseres  grOfsten  Staatsmannes 
in  immer  weitere  Kreise  zu  tragen  und  kann  es  Schulen,  Volks-  und 
Soldatenbibliotheken,  nicht  minder  aber  dem  deutschen  Volke  aller 
Stände  nicht  warm  genug  empfohlen  werden.  4. 

Kriegsgeschichtlichc  Beispiele  aus  dem  deutseh-ftranzösischen  Kriege 
von  1870/71  von  Kunz.  Major  a.  F».    Klftes  Heft.  Beispiele 
für  Geländeverstarkiingen  auf  dem  Schlaehtfelde.    Mit  zwei 
l^läncn  in  Steindruck  und  drei  vSkizzen   im  Text.    Berlin  1900. 
E.  S.  Mittler  &  Sohn.   Preis  2  Mk. 
Wenn  der  Herr  Verfasser  in  der  Binleitung  sagt,  „künftige  Kriege 
werden  die  Wichtigkeit  des  Spatens  voraussichtlich  noch  weit  mehr 
in  die  Erscheinung  bringen*,  so  pflichten  wir  ihm  hierin,  entgegen 
den  gegenteiligen  Anschauungen  der  Spatenfeinde,  unbedingt  bei.  Be- 
sonders für  den  Verteidiger  wird  die  künstliche  Geländeverstärkung 
unentbehrlich  werdi^n.  zumal  in  Stellunsren.  welche,  wie  man  zu  sagen 
pflegt,  wirklich  Stellungen  sind.    I>afs  im  Frieden  meistens  Gelände- 
verstärkungen  nur  darum  gemacht  werden,  um  schlielsiich  gai'nicht 


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4 


UiuäcUau  in  dar  Militär-Litteratur. 


237 


besetzt  zu  werden»  hat  seinen  Grund  darin,  daTs  der  Gegner  die  Stellung 
toumierte  oder  gamioht  angrifl  oder  dafs  der  Verteidiger  aus  der 

Stellung  offensiv  wurde.  Die  kfinstliche  GeUndeversUirkung  wird  sich 
für  den  Angreifer  wohl  nur  auf  V^erbesserunjr  des  Sohufsfeldes  und 
auf  Mafsnahmen  beschränken,  die  ihm  vorühorccehend  Schutz  gegen 
das  fVindHrhe  Fcwv  <rowähron.  Aus  diesen  (iriinden  hat  der  Herr 
Verfasser  in  seine  Heispiele  nur  solche  hinoingezopfn,  w«^lfh»;  dem 
Verteidiger  dienstbar  gemacht  werden.  I>ie  neuenMi  Kriege,  im  be- 
sonderen der  russisch- türkische  und  der  thessalische  Krieg  haben  er- 
neut die  Wichtigkeit  solcher  Anlagen  ergeben,  und  die  Ereignisse  in 
Transvaal  zeigen«  welchen  hohen  Wert  der  Anlage  von  Feldbefestigungen 
beizumessen  ist.  —  Wie  in  diesen  Heften  bereits  eingehend  dargethan 
wurde,  sind  die  Erfhhrungen  darüber«  wie  wir  befestigte  Feldstellungen 
zu  bekämpfen  haben«  noch  lange  nicht  abgeschlossen  —  weil  wir  eben 
thatsfichlich  hierin  noch  keine  Erfahrungen  haben.  Erst  neuerdings 
sind  reglementarische  Bestimmungen  darüber  getroffen  worden,  wie 
solche  verstärkte  Stellungen  anzulassen  seien,  die  Einführung  sctiwcier 
Steilfeuerffeschütze  bei  den  Feldaitillerien  wird  als  im  unmittelbaren 
Zusammenhange  hiermit  zu  betrachten  sein. 

Von  den  fünf  Beispielen  zeigt  dasjenige  der  Schlacht  von  Spicheren 
die  Eigentümlichlceit,  dalls  der  französische  General  Prossard«  selbst 
der  Geniewalfe  angehörend,  das  von  ihm  selbst  erwfihlte  Schlachtfeld 
mangelhaft  fttr  die  Verteidigung  vorbereitet  hatte«  obgleich  er  sich  ge- 
rade  hierin  in  früheren  Feldzügen  ruhmvoll  hervorgethan  hatte.  Fast 
überall  befand  sich  der  Angreifer  sehr  bald  im  toten  Winkel. 

In  der  Schlacht  von  Gravelotte  haben  „die  riolHndeverstärkungen 
der  Division  .Montaudon  ihre  Prol)e  nicht  best«  h*'n  können,  weil  sie 
an  keiner  Stelle  angcgritVen  wurden",  im  ül)riKeii  „waren  die  (iel  iide- 
verstärkungen  der  Divisionen  Metman  und  Aymard  sehr  zweckn  afsig 
und  haben  hervorragende  Dienste  geleistet".  Von  der  Besetzung  der 
vorgeschobenen  Stellungen  von  St  Hubert  und  im  Walde  von  Genivaux« 
der  fhinzösischerseits  vergeblich  in  Brand  zu  stecken  versucht  wurde« 
hatten  die  Franzosen  geringen  oder  gar  keinen  Gewinn;  endlich  fehlten 
ihnen  gedeckte  Verbindungswege  von  rückwärts  her  nach  ihren 
Schützengräben.  Liafs  das  Gelände  und  die  zahlreichen  Peldsteinmauern 
vor  St.  Privat  mustergültig  vom  Verteidiger  ausgenützt  worden  sind, 
hat  Major  Kunz  auch  früher  bereits  nachgewiesen 

Vor  Amiens  galt  es.  der  neugei»iUieien  französischen  Nordarmee, 
dem  Gegner  sich  mit  aller  Kraft  zu  wideisetzen.  Während  auf  dem 
rechten  Flügel  die  von  der  Verwaltung  der  Stadt  Amiens  hergestellten 
Versohananingen,  eine  zusammenhftngende  Linie  von  Schützengraben, 
die  von  Bastionen  flankiert  wurden«  sich  vorzüglich  bew&hrt  haben« 
indem  sie  den  Franzosen  einen,  völlig  ungestörten  Rückzug  ermöglichten, 
hatten  die  Verteidiger  auf  dem  Abschnitt  zwischen  Marcelcave  und 
Villers-Bretonneux  wenig  taktisches  Verständnis  gezeigt  Von  dem 
verschanzten  Lager  von  Orleans,  dem  Picwna  eines  Osroan  Pascha« 


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238 


UmMfaM  in  der  HilttSr-Littsratar. 


von  dem  das  französische  Volk  so  viol  erhofl't  hntU'.  sagt  der  Major 
Kunz  zutrettend.  es  sei  ein  Unglück  für  Prankreich  gewesen,  dafs. 
obgleich  für  die  Ausrüstung  ungemesseno  Mittel  zur  Verfügung  standen, 
die  Männer  fehlten,  die  vom  Kriegswesen  etwas  verstanden.  Auch 
Btand  dieses  Lager  im  Widerspruche  mit  dem  eigentlichen  KiiegB- 
zwecke,  Paris  zu  entsetzen. 

Von  den  Verteidigangsmafsnalimen  an  der  Lisaine  wird  gesagt,  es 
dürfte  Inom  möglioh  sein,  in  so  kurzer  Zeit  und  bei  so  ungfinstiger 
Jahreszeit  mehr  zu  leisten  als  von  den  den  Franzosen  an  Zahl  so  weit 
unterlegenen  Deutschen.  „Nicht  auf  die  Masse  der  Kämpfer  kommt 
es  an;  die  Entscheidung  liegt,  wenn  man  von  der  Führung  absehen 
"will,  in  dem  inneren  Werte  der  Trupiti-n.  Das  lehrt  keine  ISchlacht 
des  glorreichen  Krieges  von  1Ö70/71  so  übei-zeugend,  wie  die  bchlacbt 
an  der  Lisain«'. 

Auch  dem  vorliegenden  Heft  sind  wiederum  eine  Anzahl  Aufgaben 
und  Quellen  zu  deren  Lösung  beigetügt  und  wir  dürfen  es  auf  das 
wttrmste  empfehlen. 

Wie  wir  hören,  wird  ein  in  Vorbereitung  befindliches  weiteres 
(zwölftes)  Heft  die  gesamte  Gefechtsth&tigkeit  der  Infanterie  in  etwa 
500  kriegsgeschichtlichen  Beispielen  vorführen.  63. 

Kriegsgeschichtliche  Beispiele  des  Festungskrieges  aus  dem  deutsch- 
französischen Kriege  von  1870/71,  von  Proben ius,  Oberst- 
leutnant a.  1).  Zweites  Heft:  1.  Einschliefsung  (Cernierung). 
3.  Metz.  Mit  einem  Plan  und  5  Skizzen  in  Steindruck.  Preis 
3,50  Mk..  geb.  4,75  Uk. 

Drittes  Heft:  1.  Einschliefeung  (Cernierung).  4.  Paris.  Mit 
ehiem  Plan  in  Steindruck.  Pr^  3,75  Mk.,  geb.  5,00  Mk.  Berlin 
1899.  E.  S.  Mittler  u.  Sohn. 
Wir  haben  die  Auftaierksamkeit  weiterer  Kreise  schon  auf  das 
erste  Heft  zu  lenken  versucht,  die  nun  folgenden  verdienen  dies  in 
noch  höherem  Grade.  Strafsburg  und  Beifort  waren  Ereignisse  auf 
sekundärem  Kriegsschauplntz  und  liefsen  daher  den  Festungskrieg 
immer  noch  als  ein  den  grufsen  Entscheidungen  fernliegendes  Gebiet 
behandeln.  Dementgegen  führten  Metz  und  Paris  grofse  Feldarmeen 
und  damit  nahezu  die  ganze  deutsche  Streitmacht  unmittelbar  in  den 
Bereich  der  Festungen.  Tbatsächlich  lag  also  hier  die  Portsetzung  des 
Peldkrieges  mit  anderen  Mitteln  nahe,  aber  man  war  ja  gewohnt,  erst 
mit  dem  »förmlichen  Angrifft  den  Festungskampf  beginnen  zu  lassen. 
Dieser  fiel  den  SpezialwafTen,  den  übrigen  —  nach  überlieferten  .\n- 
schauungen  —  lediglich  di«>  \urgabe  zu,  mit  einer  Sicherheitskette 
den  Platz  zu  begrenzen,  auf  weichem  das  Schauspiel  sich  entwickein 
sollte. 

Welche  weittragenden  Folgen  diese  ,\utVnssiing  des  Pestungs- 
kampfes in  beiden  Fällen  (Metz  und  Paris»  hatte,  legt  der  Verfa.sser 
in  lichtvollen  Betrachtungen  des  Näheron  dar,  gleichzeitig  auf  die 


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Unaehfttt  in  dar  MilitSr-Uttarttar. 


239 


gftnzUch  veränderten  Verhaltnisse  einer  Festung  mit  Forts  gegenüber 
einer  Vaubanschen  hinweisend. 

Aber  nicht  nur  die  wirkliche  Festung  (Paris)  hielt  den  Feldsoldaten 

von  einem  energischen  Vorgehen  ab,  hierzu  genügte  schon  der  ge- 
heimnisvolle Zauber  des  ihm  fremden  Wesenn  —  Festung  —  auch  da, 
wo  sie  eigentlich  nur  dem  Namen  nach  vorhanden  war  (Metz|.  So 
sehen  wir  hier  abermals,  wie  unsere  (iegner  vor  Sebastopol,  die 
Festung  erst  vor  den  Augen  des  Angreifers  entstehen,  der  in  gänzlicher 
Verkennung  der  wahren  Verhältnisse  ihr  eben  hierzu  Zeit  gelassen 
hatte.  War  ja  doch  diese  neue  Festung  einer  wesenüichen  inneren 
Wandlung  und  Stärkung  auch  nach  der  Einschliefsung  fähig,  nament- 
lich dann,  wenn  sie  so  gewaltige  aktive  und  passive  Streitmittel  wie 
Paris  in  sich  barg  und  lediglich  nach  Aufsen  abgesperrt,  aber  nicht 
in  ihrer  Entwickelung  bodioht  war.  Dafs  andernfalls  ein  energisches 
Herangehen  schon  von  An  l  ang  an  bis  über  die  Grenze  d«'s  Schufs- 
bereichs  notwendig  war.  dafs  hierbei  auch  den  anderen  Watten,  also 
der  Feldarmee  eine  wichtige  Aufgabe  zufiel,  das  hat  namentlich  Paris 
in  überzeugender  Weise  gelehrt. 

Der  unerwartet  lange  Widerstand  war  ja  —  es  wird  dies  sehr 
treffend  betont  ~  nicht  allein  dem  mangelhaft  vorbereiteten  und  daher 
verspäteten  Eintreffen  der  Geschfitse,  er  war  vor  allem  auch  den 
unklaren  Vorstellungen  zuzuschreiben,  welche  noch  in  weiten  Kreisen 
über  den  Festungskrieg  bestanden.  Eben  deshalb  und  dank  der  ab- 
wartenden l'nthiitigkeit  „des  grofsen  Publikums"  hatte  sich  die  Scene 
schliefsüch  derart  verändert,  dafs  man  über  die  beschütze  gar  nicht 
mehr  frei  verfügen  konnte.  Sie  waren  zur  Abwehr  eines  Verteidicrers 
notwendig?  geworden,  der  nunmehr  selbst  das  Gesetz  bis  zu  einem  ge- 
wissen ürade  vorschrieb.    (Mont  Avron.) 

Wer  mit  dem  Verfasser  die  denkwürdigen  Ereignisse  dieser  grofsen 
Festungskämpfe  in  dem  eben  angedeuteten  Sinne  durchwandert,  wird 
sich  seinen  Folgerungen  Im  ganzen  wohl  nur  anschlielsen  können. 
Damit  wird  aber  zugleich  die  hohe  Bedeutung  des  Festungskrieges, 
wie  des  Studiums  seiner  Geschichte  für  alle  Waffen  unmittelbar  aus 
dem  Kri(  LT  '  heraus  in  einer  Weise  abgeleitet,  welche  der  Schrift  einen 
bleibenden  Wert  sichert. 

Oegenüb(M'  der  unheilvollen  Veiwirrung,  die  in  Metz  aus  dem 
planlosen  Zusammenwerfen  von  Feldarmee  und  Festung  entstand,  bot 
aber  Paris  das  Bild  «-iner  Verteidigung  dar,  von  der  wir  gewifs  wir 
möchten  dies  mit  dem  Verfasser  besonders  betonen  —  in  vielen  I  >ingen 
schon  deshalb  lernen  können,  um  unsern  Gegner  künftig  richtiger  als 
1870  zu  beurteilen.  Verband  sich  doch  damals  in  ganz  merkwürdiger 
Art  bei  dem  Angreifer  eine  Unterschätzung  der  Festung  in  ihrer 
Widerstandsdauer  mit  einer  Oberschätzung  der  von  ihr  drohenden 
Gefahr,  wie  dies  in  den  kritischen  BotrachtunRen  über  die  Einschliefsungs- 
linie  sehr  treffend  hervorgehoben  wird.  Wer  aber  künftig  den 
Festungen  eine  derartige  Bedeutung  als  Zuflucht  gesciilagener  Feld- 


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240 


(Jmächau  in  der  Idilitär-Iitterator. 


anneen  nicht  mehr  einrftumen  will,  der  irnifs  vor  allem  die  Kiust.  sie 
energisch  anzupacken  und  zwar  besser  verstehen,  als  sie  in  den  Be- 
trachtung'n  jroschildort  wird.  In  der  Venvertung  der  Festungen  aber 
—  das  sei  bei  aller  ZuKtimjnung  zu  dem  Standpunkt  des  Verfasser 
gesagt  —  siri'l  di**  Vcrhältnisso  nicht  in  allen  Landern  gleich  und 
geni'li'  III  lYankreich   von  iinstTcn  tlfMitschf'n   wcsfntli<-}i  verschieden. 

l  sonst  ahweichendt'  Anschauungen  in  Einzelheiten  gehen  wir 
unis(^ij('l)<r  hinweg,  als  wii-  den  unl)estreitbar  hohen  Wert  der  Schrift  auch 
in  den  vorliegenden  Fortsetzungen  in  keiner  Weise  schmälern  mochten. 

Nur  der  öfters  betonten  Notwendiglceit  von  Pestungpionieren  seien 
noch  einige  Worte  gewidmet  Die  hohe  Bedeutung  der  technischen 
Waffe  in  der  heutigen  KriegfQhrung  ist  ja  fttr  Sachverst&ndige  un* 
bestreitbar.  Die  volle  Leistungsffihigiceit  ist  aber  unseres  Erachtens 
bei  dieser  Waffe  auch  ohne  Festungspionier  dann  zu  erreichen,  wenn 
sie  nur  von  allem  unnötigen  Beiwerk  entlastet  und  lediglich  darin 
ausgebildet  wird,  was  ihr  h<  iitf  noch  allein  zufällt. 

Vielleicht  bieten  die  wcilcien  Ausführungen,  welche  nach  ihren 
Vorgiiniren  mir  zu  begiüfsen  sind,  Holegenheit  auf  diese  schon  mehr- 
fach beliandelle  Frage  zurückzukommen.  45 

Der  Krieg  In  SOd-AMka  IM/mO  imd  seine  Torgwdiickte.  Be- 
arbeitet von  A.  v.  M  All  er,  Oberleutnant  im  1.  Hanseatischen  In- 
fanterie-Regt.  Nr.  75.   Mit  zahlreichen  Karten,  Skizzen  und  An- 

lagen.    II.  Teil,     her  Oranje-Modder-Feldzng.    Stormberir  und 
('ol(>sberg.   1>(M'  Tugela-Feldzug.  Berlin  1900.  Liebeische  Buch* 
liandlung.    H\  Seiten.    2  Mk. 
I  >as  er.-^tf  lieft  des  vorliegenden  hJuches  wurde  bereits  besprochen. 
Das  zvveiie  trägt   selbstvei-stiindlich  denselben  Charakter.    Ein  etwa.s 
gröfseier  Fleils  ist  auf  die  Kartenskizzen  verwendet,  deren  Gelände- 
formationen doch  wesentlich  richtiger  gezeichnet  sind;  auch  giebt  die 
Skizze  des  Geländes  von  Ladysmith  im  allgemeinen  die  Situation  richtig 
wieder,  während  auf  der  betroffenden  Zeichnung  des  ersten  Teils 
eigentlich  alles  fidsch  war.   Aufikllender  Weise  ist  die  Skizze  von 
Magersfontein  wieder  aufserordentlich  wenig  dem  Bilde  entsprechend, 
welches  uns  die  guten  Karten  zeigen,  und  doch  lag  hier  in  einer 
Skizze  des  Militär  Wochenblattes  eine  allem  Anschein  nach  im  all- 
gemeinen riclilige  harstellunir  vor 

Im  Text  scheinen  einige  wesentliche  Irrtümer  untergelaufen  zu 
sein,  wie  S.  81  der  Veumarsch  Methuens,  welcher  nicht  am  2*2.  und 
23.  November,  sondern  am  21.  und  22.  ausgeführt  wurde  und  am  23. 
frQh  zum  Zusammenstofs  bei  Behnont  führte.  Nach  der  DarsteUnng 
Müllers  hätten  die  KnglSnder  am  23.  von  2  bis  4  Uhr  früh  15  KQo- 
meter  zurücklegen  müssen.  Bei  BCagersfontein  läfst  der  Verfhsser  die 
Buren  einen  OffensivstoCs  ausführen,  von  dem  sonst  nichts  bekannt 
ist.  S.  94  gehen  die  Buren  am  7  Dezember  von  Anindel  bis  Coles- 
berg  zurück  und  trieben  am  10.  French  wieder  bis  NaauwpoorL  Nach 


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Umschau  in  der  Militär-Litterator. 


241 


«nderen  Nachrichten  spielton  sich  die  hetreffenden  Gefechte  bei  Amndel 
und  nicht  bei  Colesberg  ab.  Ebenso  sind  in  den  Truppenflbersichten 

Irrtümer,  und  French  hatte  finde  November  durchaus  nicht  „fast  die 
ganze  Kavallerie-Division  zur  Verfügung",  wie  S.  93  behauptet  wird. 
Es  ist  nicht  gut,  mit  solcher  Aiisfiibrlirlikpit  kricprerisrho  Ereignisse 
zu  beschrfMhen.  wo  solche  wesentliche  Irrtümer  noch  unterlaufen  und 
beinahe  unvermeidlich  sind.  49. 

Ein  Schlachtenangriff  im  Lichte  neuerer  JkriegsgeiMjhichte.  II.  Teil 
von:  „Der  ScUachtonangriff  im  Lichte  der  SchMohtingsehen  Grund- 
sätze und  der  Boguslawskischen  Betrachtungen".  Von  W.  von 
Scherff,  General  der  Inf.  z.  D.    Mit  einer  Skizze  im  Text 

Berlin  1900.   R.  Eäsenschmidt 

Es  ist  alle  Mal  ein  Ereignis  für  die  kriegswissenschaftlich  gebildete 
Welt,  wenn  ein  neues  Werk  aus  der  Feder  des  Generals  von  Scherff 
erscheint.  Das  taktische  Bekenntnis,  für  welches  General  von  Scherff 
eintritt,  ist  den  Eingeweihten  wohl  von  vornherein  bekannt.  Es  ist 
im  wesentlichen  das  Eintreten  für  die  Notwendigkeit  und  Möglichkeit 
einer  festen  Regelung  des  Angriffsverfahrens,  sowie  für  die  Notwendig- 
keit einer  strengen  Unterscheidung  der  Thätigkeitsgebiete  der 
„Schlachtonleitung"  und  der  „Kampfdurchfahrung"  („Schlachten- 
angrüT*);  fttr  das  erstere  Gebiet  handelt  es  sich  hierbei  um  die  Grund- 
sätze fEhr  die  Beantwortung  der  Frage,  in  welcher  Kampfort  und  wie- 
viel KriUte  zu  bestimmtem  Zeitpunkt  und  an  bestimmter  Stelle  ein- 
zusetzen sind,  während  es  sich  für  das  letztere  Thätigkeitsgebiet 
lediglich  um  die  Grundsätze  handelt,  nach  welchen  die  befohlene  Truppe 
dann  —  als  Werkzeuir  der  Leitung  —  an  der  durch  diese  bestimmten 
Stelle,  zu  dem  durch  diese  festgesetzten  Zeitpunkt,  in  der  durch  sie 
befohlenen  Kampfart  ihre  Waffenthätigkeit  ausüben  soll.  Lediglich 
dieses  letztere  Thätigkeitsgebiet  ist  es,  fflr  welches  General  von  Scherff 
einer  festen  Regelung  des  Angriffsverfahrens  das  Wort  redet;  aber 
auch  nur  innerhalb  dieser  Grenzen  die  Anwendung  ein  und  desselben 
Schemas  ein  fflr  alle  Mal  fordern  zu  wollen,  ohne  das  Gelände  zu  be- 
rflcksichtigen,  davon  ist  General  von  Scherff  wohl  ebenso  weit  entfernt, 
wie  diejenigen,  die  ihm  solches  unterlegen.  Was  rieneral  von  Scherff 
fordert,  ist  ein  fest  gelegtes  Vertahren  für  einen  bestimmten  Fall  (ent- 
scheidender Angriff  über  eine  (ieckungslose  Ebene,  rechts  und  links 
angelehnt),  welches  als  Anhalt  dafür,  wovon  dann  eigentlich  im  ge- 
gebenen Faüü  nach  Umständen  abgewichen  werden  soll»  dient.  Wer 
von  General  von  Scherff  behauptet  —  wie  es  häufig  von  demjenigen, 
dte  für  die  Pestsetzung  eines  Schemas  ehitreton,  geschieht  —  er  setze 
die  Form  Aber  den  Geist  und  dergleichen,  der  hat  seine  Werke  wohl 
kaum  grfindlich  studiert 

In  dem  diesem  Buche  vorangegangenen  I.  Teil  desselben:  „Der 
Schlachtenangriff  im  Lichte  der  Schlichtingschen  Grundsätze  und  der 
Boguslawskischen  Betrachtungen"  hatte  General  von  Scherff  seine  An- 

JakrbAobn  fAr  di«  daatMh«  AnoM  and  Marin».   Bd.  116  3  16 


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242 


UmMium  In  der  Mltttfr-Uttentar. 


schauungen  auf  rein  theoretischem  Wego  durch  Vcr^^leich  seiner  Lehren 
mit  denen  der  genannten  Generale  dai/.ulegen  gesucht.  In  dem  vor- 
liegenden Werk  belegt  er  seinr*  Bohauptungen  und  widerlegt  diejenigen 
des  Generals  von  Schlichting  durch  die  Untersuchungen  an  einem 
kriegsgeschichtiichen  Beispiel.  Er  wählt  hierzu  die  Angriffe  der 
88.  Brigade  und  der  SO.  Division  am  Spätnachmittag  dea  16.  August 
bei  Mars-la-tour-Trouville.  Br  ftthrt  den  Nacliveis,  dak  der  einheitUcli 
und  ann&liemd  gleiclixeitig,  jedenfalls  al>er  rficksiclitslofi  duroligefülirte 
Angriff  der  gegen  erhebliche  Obermacht  eingesetzten  6  Bauiülone  der 
88.  Brigade  stellenweise  thatsHchlich  den  Gegner  geworfen  hat,  trotz* 
dem  der  AngritT  fast  ohne  Aitillorievorberoitung  und  nach  einem  un- 
zeitgemäfsen,  aber  eben  immerhin  nach  einem  gereireiten  Verfahren 
durchgeführt  worden  ist.  Wenn  der  Angriff  der  .'58.  Brigade  dennoch 
zu  einem  Mifsci  tolge  führte,  so  habe  das  einmal  daran  gelegen,  dafs 
er  im  lelzien  Augenblick  auf  völlig  irisch  eingesetzte,  abermals  über- 
legene Krfifte,  denen  gegenüber  preuTsischerseits  keine  Reserven  mehr 
eingesetzt  werden  konnten«  stiefo.  Nicht  zum  wenigsten  aber  auch 
habe  es  daran  gelegen,  dafs  der  Angriff  der  firfiher  zur  Stelle  beflnd- 
Uehen  benachbarten  20.  Division  nicht  rechtzeitig  zur  Wirksamkeit 
gelangte,  so  dafs  die  88.  Brigade  konzentrisches  Feuer  auch  von  solchen 
feindlichen  Truppen  erhielt,  die  bei  entsprechendem  Verhalten  der 
20.  Division  durch  diese  hätten  gebunden  werden  müssen.  Djifs  letzteres 
eintrat,  das  schreibt  General  von  ScherlV  in  erster  Linie  dem  Umstände 
zu,  dafs  die  '2n.  l  M\  ision  nicht  zu  einem  einheitlichen  „SchlatrhtenangrilT^ 
(„entscheidenden  Angriffs  kämpf")  eingesetzt  wurde,  sondern  dafs  sie 
selbständig  zu  fechten  begann  und  nach  dem  ^Auftrags-  und  Stütz» 
punktverfahren**  des  Generals  von  Schlichting  verwendet  wurde,  dessen 
Ergebnis  dann  an  Stelle  einer  rechtzeitig  sich  geltend  machenden  ein- 
heitlichen  Handlung  eine  Reihe  vweinzelter.  zu  spat  wirksam  werdender 
Binselhandlungen  war. 

r>ieser  Teil  der  Ausführungen  des  Generals  von  Scherff  ist  ganz 
besonderer  Beachtung  wert;  er  hätte  vielleicht  zweckmäfsiger  den 
ersten  Teil  des  Buches  gebildet.  Aber  auch  die  diesem  Teil  voran- 
gehenden Auseinandersetzungen  des  (ienerals  mit  den  Li  hi  -  n  d''> 
Generals  von  bchlichting,  insbesondere  seine  Hinwendungen  gegen 
das  von  diesem  vertretene  „Stützpunktverfahren'',  kann  dem  inter> 
essierten  Taktiker  nur  dringend  empfohlen  werden.  Wenn  die  geistig 
Groleen  ihre  MeinungskSmpfe  auskämpfen,  so  kann  die  Masse  und  der 
aufhtrebende  Jüngere  davon  nur  lernen.  Freilich  ist  das  Studium  dieses 
Teils  meha  eine  Arbeit  als  eine  leichte  Unterhaltung:  wenn  aber  manche 
Stelle  der  Bücher  des  Generals  von  Scherff  auch  nicht  leicht  zu  er- 
lassen ist.  so  unterscheiden  sich  seine  Arbeiten  doch  von  denen  mancher 
anderer  voru-illiaft  dadurch,  dafs  sie  nicht  nur  Behauptungen  aufstellen, 
sondern  jede  derselben  auch  bis  auf  den  Grund  logisch  zu  beweisen 
suchen,  freiUch  dann  manclimal  auf  Kosten  der  leichten  Lesbarkeit: 
doch  dürfte  es  aber  auch  mit  Recht  fast  als  anmafsend  gelten,  ein 


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Umaohaa  in  der  Militär-Litteratar. 


243 


Problem  wie  das  des  Infanterieangriffes,  über  welches  sich  die  Besten 
schwer  zu  einigen  venndgen,  in  leichter  Unterhaltungsleictare  lösen 

SU  wollen. 

Zwei  Hauptgrundsätze,  in  denen  General  von  Scherfl"  das  wesent- 
liche  der  Änderung  der  Taktik  infolge  der  vervollkommneten  Watten 
ziisammenlafst.  iniichlen  wir  hier  n(»ch  anführen;  nämlich  die  beiden 
balze,  dafs  „das  Herankommen    bis   auf  Hauptteuerstellung  sich 
voraussichtlich   nicht  mehr  ohne  eigenen  Feuereinsaiz  wird 
ermöglichen  lassen  und  dafs  das  Nachkommen  bis  auf  Haupt- 
feuerstellung ohne  feste  Regelung  des  Verh&Itnisses  zwischen 
vorderen  und  hinteren  Staffeln  (Treffen!)  nicht  mehr  gewähr- 
leistet werden  kann*. 

Zur  Bedingung  macht  General  von  Schlichting  aber,  dafs  der 
Schwerpunkt  aller  intanteristischen  Offensive  nicht  in  der  Hindung 
an  die  Zufälligkeiten  des  Geländes,  sondern  in  der  rationellen 
Ausnutzung;  ticr  Waffe  zu  suchen  ist. 

I>ie  KrkUiruiiu;  d  iliir  al>»'r.  dafs  Cieneral  von  Schciit"  alM-i  iuals  in 
den  Kampf  der  Meinungen  ütjer  den  Infanterieangrifl"  eiagi-eüt,  giebt 
uns  folgende  Stelle  seiner  Sclilufsworte: 

„Auch  jetzt  kann  ich  —  immer  wieder  aufs  neue!  —  meinen 
Standpunkt  zu  dieser  Frage  nur  dahin  präzisieren,  dafs  ich  es  für 
eine  Pflichtverletzung  eroehten  müfste,  der  Infanterie  in  einem 
Zukunftskriege  überlassen  zu  woUen»  sich  ihre  zeitgem&lisen  An- 
griffsmittel erst  auf  Grund  zu  machender  Erfahrungen  heraus- 
zuprobieren.** 

Das  teure  Lehrgeld,  welches  die  Engländer  jetzt  in  Sttdaftika  haben 
zahlen  müssen,  giebt  diesen  Worten  nur  zu  recht 

Wir  aber  können  stolz  darauf  sein,  dafs  der  Meinungskampf  über 
diese  wichtigste  Frage,  so  wenig  günstig  die  augenblickliche  Zeit- 
strömung in  wissenschaftlichen  Erörterungen  über  diese  Frage  auch 
ist.  niemals  einschläft.  Nur  so  können  wir  dereinst  mit  ruhigem  Ge- 
wissen sagen,  dafs  auch  die  Militärlitteratnr  ihre  öchuldigkuit  gethan 
hat!  V.  s. 

Das  Vordringen  der  russisehen  Macht  in  Asien.  Von  Maximilian 
Graf  Yorck  von  Wartenburg,  Oberst  und  Abteilungschef  im 
groJsen  Generalstabe.  Mit  einer  Karte  in  Steindruck.  Berlin  1900. 
E.  S.  Mittler  Sohn. 

Nachdem  der  viel  verbreitete  Glaube  an  die  unerschütterliche 
Weltmachtstellung  Englands  durch  den  Verlauf  des  gegenwärtigen 

südafrikanischen  Krieges  wesentlich  beeintrftchUgt  worden  ist,  richten 
sich  die  Augen  der  Welt  jetzt  wolü  mit  Spannung  auf  das  Verhalten 
Rufslands,  seines  besonders  in  Asien  gefahrlichsten  Rivalrn.  Es  liegt 
das  ujii  so  näher,  als  Rufsland  irrade  jetzt  trotz  aller  Bt-leut-rung  seiner 
Friedensliebe  den  Einfall  hatte,  eine  probeweise  Mobilisierung  und 

16« 


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244 


Umsohaa  In  der  lIUMIr-Iitteratar. 


Überführung  eines  Armeekorps  von  Tiflis  nach  der  afghanischen  Grenze 
in  Scene  zu  setzen! 

Höchst  willkommen  und  überaus  interessant  ist  daher  die  vor- 
liegende hochl)rd<'iitende  Schrift,  welche  uns  eine  historische  Dar- 
stellung von  dem  Vordringen  der  russischen  Macht  in  Asien  seit  dem 
16.  Jahrhundert  bis  auf  die  heutigen  Tage  bringt.  Sie  weist  dabei 
nach,  wie  Kulsiand  hautig,  mehr  der  Notwendigk«'it  folgend  als  dem 
inneren  Triebe,  von  Etappe  zu  Etappe  weiter  ging.  Teils  durch 
kommersdelle  Verhältnisse,  teils  durch  das  Bedfirfhis,  sich  feste  Grenzen 
zu  sohaflTen.  wurde  es  Teranla&t,  langsam  aber  sicher  die  letzteren 
immer  weiter  hinaus  zu  verlegen  und  seinen  Besitz  durch  Befestigungen, 

—  in  neuester  Zeit  aber  auch  durch  die  Anlage  eines  Eisenbahnnetzes 
sicher  zu  stellen.  Nach  einem  Rückblick  auf  die  früheren  Jahrhunderte 
sehen  wir,  wie  unter  Kaiser  Nikolais  I.  erneute  Unternehmungen  gegen 
Ciiiwa  ins  Auge  gefafst  wurden.  Wir  verfnls^en  di»'  Anla^jren  von  Be- 
festi^rungen  am  Kaspischen  .Meer  und  Aralsee,  denen  die  Einnahme  vonAk 
Metschet  am  Ssyr-Darja  durch  General  Porowski  im  Jahr  1850  folgte. 

—  Fast  gleichzeitig  operierte  der  zum  üouverneur  von  Sibirien  er- 
nannte Hurawiew  am  Amur  und  nalun  im  Jahre  1858  von  diesem 
Gebiet  Besitz,  um  1860  ihn  auch  auf  das  Ussuii-Gebiet  mit  dem  jetzigen 
Wladiwostok  auszudehnen.  Sp&ter  erlbigte  hierauf  die  Anlage  der 
sibirischen  Bahn  und  neuerdings  ihre  Fortsetzung  durch  die  Mantschurei 
sowie  die  Erwerbung  von  Port  Arthur  uud  Taliewan.  —  Im  Jahre  1854 
wurde  ferner  über  den  Iii  vorgegangen  und  Wjerny  gei^nindet.  - 
1861  begannen  die  weiteren  Operationen  am  Ssyr-liarja  und  64  das 
endgiltiy:e  und  planmäfsige  Vorgehen  ge^en  Kokan  in  zwei  Kolonnen 
von  Wjerny  und  Porowsk  aus.  welche  im  Jahre  1.S65  Taschkent  ein- 
nahmen. Hierdurch  war  der  Kampf  mit  i3uchara  unvermeidlich  ge- 
worden und  80  wurde  Im  Mai  1866  seitens  des  Genend  Romanowski 
die  Offensive  gegen  das  Heer  des  Emirs  ergriffen  und  Ghodshent, 
Saamin  und  Dshisak  erobert,  was  im  Juni  1867  die  Errichtung  des 
Militarbezirlts  und  Generalgouvernements  Turkestan  unter  dem  Befehl 
des  Generals  von  KaufVnann  und  sogleich  auch  die  Ansiedelung  von 
Kasaken  zur  Foltre  liatte.  Indes  bereits«  im  Jahr«»  1869  veranlafsten 
den  letzteren  Grenzstreitigkeiten  mit  dem  Emir  von  Buchara  wieder 
zu  einer  Expedition  in  sein  Land,  welche  nach  heftigen  Kämpfen  mit 
der  Besitzergreifung  des  Gebiets  von  Ssamarkand  endigten.  —  Ehe 
indes  hier  eine  feste  Grenzlinie  geschaffen  werden  konnte,  erschien  es 
notwendig,  sich  in  den  vollen  Besitz  des  Hinterlandes  zu  setzen  und 
80  wurde  im  Jahre  1878  der  Feldzug  gegen  Chiwa  eriMIhet,  indem 
Generai  von  Kaufmann  mit  der  Hauptkolonne  von  Turkestan  und  drei 
weitere  vom  Kaspischen  Meer  ans  gegen  dasselbe  vorrQckten,  was  mit 
der  Einnahme  Chiwa«  und  der  Unterwerfüng  des  Chans  Seid  Mehemmed 
endigte,  wodurch  der  Amu-Darja  nunmehr  die  westliche  Grenze  des 
russischen  Gebiets  bildet»-  —  im  Jahre  1876  wird  nach  einer  weiteren 
Expedition  endlich  auch  Kokan  durch  General  Skobelew  erobert,  Chan 


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Umschaa  in  der  Hilitär-Utterator. 


245 


Ab-dnr-Rachmann  nach  RuTsIand  gesendet  UDd  sein  Ghanat  als  Gebiet 
Fergana  dem  russiachen  Reich  einverleibt,  wobei  gleichzeitig  die  ersten 
Sohritie  gegen  Pamir  unternommen  werden.  Wiewohl  innere  Rümpfe 

in  Afghanistan.  spezi«>ll  diu  von  dessen  Thronbewerber  unter  einander« 
—  endlich  auch  im  Jahre  1880  der  englische  Feldzup  gegen  dieses 
Land,  es  Rufsland  nahe  gelegt  hätten,  sich  in  die  dortigen  Angelegen- 
heiten einzumischen,  so  sah  man  doch  vorläufig  d.ivon  in  der  Er- 
kenntnis ab,  dafs  weitere  l'nternehmiingen  in  dieser  Rirhtuntr,  ins- 
besondere gegen  England  nur  dann  aiisiührbar  sein  würden,  wenn 
gesichertere  Verbindungen  der  dortigen  Besitzungen  mit  dem  russischen 
Reiche  geschaffen  sein  würden.  So  wird  denn  am  Kaspischen  Meere 
eine  zweite  Basis  zu  schaffen  gesucht»  um,  wenn  nötig,  zuerst  auf 
Herat,  nicht  auf  Kabul  vorgehen  zu  können.  Zu  dem  Zweck  wird  1878 
Krasnowodsk  befestigt  und  1880  unter  Skol>elew  von  Tschikisoh^ar 
aus  eine  Expedition  gegen  die  Teke-Turlmenen  unternommen,  welche 
deren  l'nterwerfuntr  mit  der  Eroberung  von  Oeojr-Tepe  am  24.  Januar  1881 
sowie  die  Einverleibung  ihres  (Jebiets  in  das  transkaspische  Reich 
zur  Folge  hatte.  GleiciizeitiLr  vcranlafste  Skobelew  aber  auch  den 
Eisenbahnbau  von  Krosnowudsk  uacli  Kisyl  -  Arwat.  l'iesem  Schritt 
folgt©  aber  auch  1884  die  fast  freiwillige  Unterwerfung  der  Merw- 
Turkmenen,  so  dafe  Merw  nun  auch  besetzt  und  die  Bisenbahn  des 
weiteren  bis  dahin  fortgeführt  werden  konnte.  Als  nun  aber  auch 
die  Ssalor-  und  Ssaryk»  Turkmenen  ihre  Unterwerfung  antrugen  und 
Rufsland  Sseraohs  besetzte,  erhob  Afghanistan  Widerspruch,  besetzte 
Pendhs^de  und  «iie  von  Rufsland  bereits  besclilagnahmten  Bezirke  von 
Pamir,  was  dahin  liilirte,  dafs  Kamarow  sie  am  30.  März  1885  bei 
Pendhs-de  angriff,  in  di««  Flucht  schlug  und  den  dortigen  Bezirk  eben- 
falls einverleibte.  —  Hierauf  wurden  unter  Mitwirkung  Englands  Grenz- 
regulierungen vu!  ircrioninien,  in  denen  doch  der  \\  ille  Hulslands  im 
wesentlichsten  zum  Ausdruck  kam.  Es  war  das  um  so  wichtiger, 
als  die  bis  Ssamarkand  projektierte  und  nunmehr  auch  bis  Taschkent 
und  Andishan  ausgeführte  Bahn  auch  im  Jahre  1898  von  Merw  bis 
Kuschk  geführt  werden  konnte.  —  Auch  in  der  Pamirfrage  behauptete 
Rulsland  seinen  Willen,  indem  1892  afghanische  Truppen  dort  mit 
Waffengewalt  zurückgewiesen  wurden  und  England  auch  hier  den 
Afghanen  die  Unterstützung  versagte.  —  Weitere  Verhandlungen 
zwischen  den  drei  Staaten  setzten  srhliefslich  die  Grenzen  bis  an  das 
Gebiet  Chinas  fest,  wonach  im  östlichen  Teile  Afghanistans  am 
Hindukusch  zwischen  der  englischen  und  russischen  Grenze  nur  ein 
schmaler,  an  einer  Stelle  kaum  20  km  breiter  Streiten  als  sog.  Puller- 
staat  bleibt. 

Auf  die  Frage  einer  russischen  Aktion  gegen  Indien  näher  ein- 
gehend, giebt  nun  Verfasser  die  in  Torkestan  und  Transkaspien  stehenden 
Truppen  im  Frieden  auf  35000,  in  Kriegsstärke  auf  63000  Mann  an, 
wogegen  die  Englander  in  Indien  78000  englische  und  188000  Mann 
eingeborene  Truppen  zählen  sollen,  von  denen  aber  kaum  die  Hälfte 


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24G 


UiDMcbau  ia  der  Militär-Litterator. 


zur  Verwendung  nach  aufserhalb  gerechnet  werden  dürfe!  —  Rnikland 
bedürfe  daher  allerdings  der  Heranziehung  eines  der  kaukasischen 

Armeekorps  und  weiterer  europitischer  Verstärktinjren.  dii*  auch  im 
ferneren  Verlauf  der  Operationen  mit  Hilfe  seiner  Bahn  schneller 
heranziehen  könne  als  Kniriand,  desstMi  Kräfte  bald  erschöpft  sfin 
würden.  —  Der  erste  iSchrill  Hufslands  würde  unhedins^t  die  Besetzung? 
Herats  sein,  was  leicht  sei.  da  die  Kntfernun.i;  bis  dahin  von  der  End- 
station der  russischen  Bahn  Kusclik  nur  ein  Fünftel  der  Strecke  be- 
trage, dio  zwisc  hen  Herat  und  der  letzton  englischen  Station  Tschaman 
liege.  Bs  würden  die  Engländer  daher  wohl  Kandahar  besetzen,  was 
eine  gleichzeitige  russische  Operation  vom  Amu-Daija  aus  auf  Kabul 
nötig  mache,  welches  indes  u.  U.  die  Engl&nder  früher  erreichen  könnten. 
—  Von  gröfster  Bedeutung  für  beide  Teile  würde  aber  hierbei  das  Ver- 
halten des  Emirs  von  Afghanistan  sein.  Er  könnte  mit  seiner  40— 5000<^ 
Mann  starken  Armee  den  Hussen  elx-nsosehr  den  l'beriranc:  über  den 
Hindukusch  eischweren.  wie  den  Kiitrliindern  die  Defileen  des  Kahul- 
Thales  sperren,  beiden  auch  später  die  Verpflegung  und  wt'itHivn 
Nachschub  sehr  erschweren.  —  Die  diplomatische  Vorbereitung  zur 
Gewinnung  des  Emirs  spiele  daher  hierbei  eine  Hauptrolle;  indes  habe 
es  den  Anschein  als  ob  Rufsland  vorläufig  hier  im  Vorteil  sei!  Bs  er- 
scheine den  Asiaten  als  die  stSrkere  Macht,  da  es  stets  im  Vordringen 
geblieben  sei,  während  Bngland,  häufig  sogar  auf  Kosten  der  Afghanen, 
nachgab.  Auch  habe  Rufsland  es  verstanden,  in  den  einverleibten 
Gebieten  8i(;h  mit  den  Eingeborenen  schnell  auf  einen  guten  Fufs  zu 
stellen.  —  Vor  allen  Dingen  sei  zu  erwägen,  dafs  bei  einem  Kampf 
um  Afghanistan  die  Kngländci-  nichts  gewinnen  kimnen,  da  sie  kein 
Interesse  daran  und  keine  Möglichkeit  haben,  weiter  in  das  russischi) 
Reich  hineinzustofsen.  Sie  könnten  nur  Hufslands  Ansehen  in  Asien 
schädigen.  Dieses  setze  also  nur  einen  Teil  seiner  politischen  Stellung 
und  Macht  auf  das  Spiel,  in  Bngland  aber  das  Ganze!  v.  M. 

Die  heutig«  Grundlage  der  deatsehen  Wehrkraft  Von  LujoBrentano 

und  Robert  Kuczynski.  Stuttgart  1900.  Cottasche  Buchhandlung. 
Hervorgegangen  ist  diese  auf  statistischen  Grundlagen  beruhende 
Schrift  aus  einem  Vortrage,  den  HeiT  Brentano  in  München  irehalten  hat. 
In  diesem  Vortrage  wurde  die  Behauptung  autgestollt,  dafs  nicht,  wie  man 
allgemein  anzunehmen  püegt.  die  landwirtschaftliche  Bevölkerung, 
sondern  vielmehr  die  industrielle  das  gröfste  Kontingent  an  Ersatz 
für  das  Heer  stellt.  Dieser  Vortrag  erregte,  wie  natürlich,  lebhaften 
Widerspruch  in  der  Presse,  zumal  bei  den  Agrariern.  Nun  hat  Herr 
Kuczynski  an  der  Hand  sehr  sorgsam  zusanmiengestellten  statistischen 
Materials  den  Nachweis  zu  fahren  venucht,  dab  die  industrielle  Be- 
völkerung nicht  nur  absolut  mehr  Rekruten  stellt,  was  ja  bei  der 
Bevölkerungsdichtigkeit  in  Industriebezirken  noch  kein  Beweis  für  die 
Qualit;it  wäre,  sondern  dafs  sie  auch  relat  i  v  sich  leistungsfähiger  erweise, 
indem  von  tausend  Landleuten  weniger  Rekruten  zur  Einstellung  ge- 


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Umschta  in  der  Militär-IitterAtur. 


247 


langten,  als  von  tausend  Industrie-Arbeitern.  Nur  die  handeltreibende 
Bev51kerung  steht  nach  Herrn  KuczynsUs  Berechnungen  noch  hinter 
der  Ackerbau  treibenden  zurftek. 

Dies  im  wesentlichen  die  QnintessenB  der  beiden  einander  er- 
gänzenden Schritten,  wolcho  in  dem  vorliegenden  Heft  vereinigt  sind 
<132  Seiten).  Nebenbei  werden  der  amtlichen  deutschen  Statistik 
vielerloi  Vorwiirf«»  gomacht. 

Statistische  Zusamnu-nsteilungen  sind  sehr  wichtig  und  schätzens- 
wert: sie  gellen,  wenn  richtig  ermittelt  und  richtig  gruppiert,  eine 
sichere  Grundlage  für  die  Beurteilung.  Aber  mitunter  kommen  zwei 
Gegner  an  der  Hand  statistischen  Materials  zu  genau  entgegengesetzten 
Ergebnissen,  je  nachdem  sie  ihr  Material  auswählen  und  gruppieren.  Oft 
wird  der  Leser,  der  beide  Darlegongen  liest,  bei  Nr.  1  sagen:  „Der  Mann 
hat  Recht  und  bei  Nr.  2:  „DerMann  hat  auehRechf*;  analog  König 
Friedrich  Wilhelm  I..  als  er  sich  von  zwei  Advokaten  Aber  denselben 
Fall  Vortrag  halten  Uefs. 

Wir  können  den  eingehenden  I  'arlegnngen  der  Doppel-Broschüre 
liier  nicht  folgen,  wollen  nln-r  nicht  versäumen,  unsere  sich  für  die 
vorli.  Inende  Krage  interessierenden  Leser  auf  diese  bemerkenswerte 
statistische  Studie  hinzuweisen.  P.  v.  S. 

Das  Heer  als  ()nelle  der  TSIkergröfto.  Eine  politisch-geographische 
Studie.  Von  Dr.  Friedrich  Ratzel,  Profbssor  zu  Leipzig. 
München.  Oldenburg.  Preis  1,20  Mk. 

Der  Verfasser  ist  kein  Geringerer  als  der  in  der  geographischen 
Welt  rühmlichst  bekannte  und  hochgeschätzte  Autor  der  „Poiitüschen 
Geographie. **  Wenn  über  dies  grofse  Werk  seiner  Zeit  von  der 
berecht iirsten  Seite,  der  Gesellschaft  für  Kikunde  zu  Berlin  geurteilt, 
wurde:  „Hier  zuerst  sind  die  geschichtlichen  Thatsachen  aller  Zeiten 
und  aller  I-änder  zur  „Ermittelung  d*'r  geographischen  Grundfesten 
der  Politik  herangezogen  worden,**  so  gilt  dies  auch  von  der  vorliegenden 
geistvollen  Schrift,  mit  der  Ratzel  dem  deutschen  Vaterlande  in  der 
hochwichtigen  Zeit,  welche  wir  in  seiner  politischen  Entwickelung 
durchleben,  seinen  patriotischen  Tribut  abtragen  will  Mögen  es  sich 
die  engherzigen  Parteimänner  in  unserm  Reichstage  gesagt  sein  lassen. 
daTs  bei  der  Betrachtung  des  Umstandes,  dafs  auf  unserer  Erde  in 
einer  Wasserfläche  von  Ji65  Millionen  nur  144  Millionen  qkm  Land  in 
Form  von  Erdteilen  und  Inseln  liegen,  sich  vor  unserm  geistigen  Auge 
ein  ehenso  gewaltiges  Stück  Menschheitsgeschichte  erhebt.  Von  diesen 
Zahlen  gehen  unsere  Gedanken  zu  dem,  was  sie  für  die  Völker  be- 
deuten. Wenn  das  Meer  lusi  drei  Vierteile  der  Erde  bedeckt,  dann 
kann  nur  aus  dem  Meere  der  Schatz  der  Herrschaft  über  die  Erde 
gehoben  werden.  Und  dabei  sind  die  ilusgangspunkte  so  eng  wie 
unser  Dünenstrand. 

Wenn  der  Verfasser  sagt:  «Nur  das  Meer  kann  wahre  Weltmächte 
erziehen!*  so  fügt  er  auch  an  anderer  Stelle  mit  Recht  hinzu:  «Das 


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UmseliM  in  dm  M lUtibsLittentar. 


Meer  ist  eine  Quelle  politischer  Kraft  für  jedes  Volk,  das  sich  ihm 

anvertraut.**  —  Doch  dürfen  wir  hierbei  nicht  vergessen,  dafs  hier  nur 
die  Reichtumsquellen  dauernd  sind,  die  auch  zugleich  Machtquellen 
sind.  Und  darum  ist  es  das  weltgeschichtliche  Verhängnis  der  See- 
mächte von  Sidons  Z»Mten  an.  dafs  sie  die  Machtquellen  vernachlässigen, 
um  nur  die  Roiclislhiiius.juellen  zu  pflegen.  Die  Machtquelle  zur  See 
liegt  aber  in  einer  starken  Flotte.  —  Und  da  glauben  wir.  dafs  mit 
Flammenschrift  die  nackten  statistischen  Daten  sprechen,  dafs  am  Schlüsse 
des  19.  Jahrhunderts  Deutschland  im  Tonnengehalt  seiner  HandeU> 
flotte  Frankreich  fast  um  das  Doppelte  übertraf«  und  in  zweiter  Stelle 
gleich  hinter  England  stand,  w&hrend  Deutschlands  Kriegsflotte  noch 
nicht  die  Hälfte  des  Tonnengehaltes  der  französischen  zählte.  MQgen 
daher  die  Vertreter  des  deutschen  Volkes  sich  einmal  erheben  von  dem 
niedrigen  Standpunkte  kleinlichen  (iczänkes  und  es  vorstehe  n  l^Tnen. 
dafs,  wie  im  20.  Jahrhundert  ein  Grufsstaat  ohin-  wirtschaltliche  \\  elt- 
interessen  undenkbar  geworden  ist,  auch  ©in  wahrer  Seestaat  ohne 
Seemacht  nicht  mehr  zu  denken  ist.  C.  v.  Z. 

Freiherr  von  Tettau.  Die  russische  Armee  in  Einzelschriften.  Teil  I. 
Taktik  und  Reglements.    Heft  5.    Kampfmittel  und  ricfeclit  der 
Feldartillerie.  Heft  6.  Ausbildung  der  Infanterie  unter  besonderer 
Berücksichtigung  der  Srhiefsvors ch rift  vom  Jahre  189P.    Heft  7 
Ausbildung  der  Kavallerie.     Heft  8.     Ausbildung  und  Gefecht 
der  Kasaken.   Auf  Grund  dos  Kasakenreglements  vom  Jahre  1899. 
(Mit  vielen  Abbildungen  un  Text  u.  s.  w.).  —  Berlin  1900.  Liebel. 
Ermäbigter  Gesamtpreis  für  alle  bisher  erschienenen  8  Hefte 
12  Mk.  staU  15  Mk.    (Einzelpreis  Heft  5  und  8  je  1,60  Mk 
Heft  6  und  7  je  2  Mk  ). 
Mit  den  vorliegenden  Heften  hat  Freiherr  von  Tettau  den  ersten 
Teil  seiner  Arbeit  abgeschlossen.    Das  ungeteilte  Lob.  das  wir  den 
vorangehenden  aussprechen  durften,  können  wir  zu  unserer  Befriedigung 
hier  nur  wiederholen.    Es  verdient  besondere  .Anei  kennung,  dafs  Ver- 
fasser die  erst  im  Jahre  1899  endgültig  eingeführte  neue  Schiefsvor- 
schrift, die  Felddienstordnung,  die  Vorschritl  für  die  Ausführung  der 
Winterfibungen  im  (}el&nde,  das  Reglement  der  Feld>Artillerie  und  der 
Kasaken  schon  jetzt  unseren  Offizieren  zugänglich  gemacht  hat  Es 
wird  das  Studium  der  in  so  hohem  Grade  gegen  frfiher  verbesserten 
russischen  Ausbildungs-Grundsätze  gewifs  in  unserer  Armee  zu  erhöhtem 
Streben  anregen,  um  auch  bei  den  in  allen  europlUschen  Armeen 
unausgesetzt  gemachten  Fortschritten  stets  die  Führung  zu  behalten 
auf  allen  Gebieten  soldatischer  Thiitigkeit.    Wenn  Verfasser  in  der 
Einfiihr  ungseiner  .Arbeiten  darauf  hinwies,  dafs  diese  eiin-  wiilkuniniene 
Ergänzung    dos    Bandes   „Rufsland"    des   bekannten  Sammelwerkes 
^Heere  und  Flotten  der  Gegenwart"  bilden  sollten,  so  können  wir  aus 
eigenster  Kenntnis  beider  Werke  dies  nur  voll  best&tigen.  HofTentlich 
ISfst  die  als  2.  Teil  der  Einzelschriften  in  Aussicht  gestellte  «Organisation 
der  russischen  Armee"  nicht  zulange  auf  sich  warten.  17. 


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Umschau  in  der  Militär- Litter atur. 


249^ 


PoitBchritto  imd  Teiliidenuigen  Im  Geliiete  des  WalfoBwesens  in 
der  neaesten  Zelt.  Von  W.  Witte,  Oberst  z.  D.  Mit  Abbildungen 

im  Text    Zweite,  vollständig  umgearbeitete  Auflage.    In  drei 
Abteilen.   Berlin  1900.   Liebelsclie  Buclkh. 
Die  vorstehende   VeröfTentlichung.  in   erster    Autlago   1895  er- 
schienen,  sollte  die  vom  V<'rfa.ssei'  l^Sl  heniusgegebene  „Oemein- 
t'afslirhr  Waüenlehre**  ergänzen  und  l<»rtselzen.    Mit  Kücksicht  auf  dio 
fort  währenden  Neuerungen  im  Waffenwesen  erschienen  in  lien  F<»lge- 
jahron  Nachträge  zu  den  „Fortschritten  etc."    Verfasser  hat  es  nun 
für  zeitgem&iB  geiialten,  mit  einer  Neuauflage  lierauszutreten.  Hierzu 
ist  der  ZeitpunlKt  nicht  unglilclclicli  ausgewählt,  wenn  wir  gleich  einen 
gtewissen  Abschlufs  in  den  wichtigsten  Fragen  der  Armeebewaflhung 
nicht  zu  erkennen  vermögen,  insbesondere  auch  mit  Rücksicht  darauf,, 
dafs  eine  ganze  Reihe  von  Staaten  mit  üiren  Feldgeschütz-Modellen 
sich  noch  im  Versuch  befinden    Ks  sind  aber  wenigstens  einige  Staaten., 
tiber  deren  Vorgehen  man  in  ziemlicher  Klariieit  ist. 

Verfasser  hat  eine  Dreiteilung  des  .Stotles  vorgenommen.  Der  erste 
Teil  utnfafst:  (leschichtliche  Kntwu  kt  lung  des  WafVenwesens,  Treib- 
mittel und  Sprengstotle.  das  Öchiefseii  und  die  Wirkung  der  Feuer- 
"waffen,  die  Einrichtung  und  der  Gebrauch  der  Handfeuerwaffen.  Hier 
Ut  jedenfalls  Vielerlei  zusammengefalst.  Der  U.  Teil  behandelt:  Ein- 
richtung der  Geschützrohre,  Lafetten  und  Fahrzeuge,  ßevolverkanonen, 
Schnellfeuer-  und  Panzergeschütze  and  der  Artillerie-Munition.  Im. 
ganzen  handelt  es  sich  um  die  niechani-sche  Einrichtung  der  Geschütze.. 
Der  III.  Teil  giebt:  Gebrauch  der  Feld-Belagerungs-,  Festungs-  und 
Küstengeschütze.  Man  vormifsl  die  Aufschrift:  Wirkung  der  Geschütze. 

Verfasser  hat  alle  neueren  Konstruktionen  von  Handteuerwatten 
und  Geschützen,  soweit  sie  bekannt  sind,  berü<  ksj(  btiy:t.    So  finden 
wir  u.  a.  die  deutsche  Feldkanone  96  und  einige  .\ndeutungen  über  die 
Feldhaubitze  98.    Bei  ersterer  möchten  wir  zu  Seite  219  bemerken, 
dafs  die  völlige  Spannung  der  Schlagfeder  erst  mit  dem  Anziehen  der 
Abzugsschnur  eintritt  Unter  „Frankreich*  S.  225  erscheinen  die  ein- 
zelnen Konstruktionen  an  Schnellfeuergeschfitzen  nicht  genügend  aus- 
einander gehalten.   Über  das  französische  Feldgeschütz  97  hätten  sich, 
einige  Andeutungen  machen  lassen.    Auf  weitere  ll'u/elheiten  können 
wir  nicht  einerehen     Zur  Anmerkung  Seit'-         unten  möchten  wir 
bemerken,  dafs  der  Fanzerzug  auf  der  Militärbalin  trar  niehi  existiert  hat. 

Unser  Gesamt-lVteil  möchten  wir  dahin  abgeben,  dafs  du- vorliegende 
Schrift,  welche  mit  vielen  Abbildungen,  auch  Tabellen  a  usgeslattet  ist, 
ein  geeignetes  Orientierungsmiltel  auf  dem  Gebiete  des  Waffenwesel»- 
und  insbesondere  zur  Vorbereitung  auf  die  Offizier-Prüfung  ein  passendes 
Hüfsmitlel  bildet  1^* 

Betraehtongen  über  die  Zukunft  des  meehauischen  Zuges  für  den 

Transport  auf  Landsirafsen,  hauptsächlich  übi»r  seine  Verwend- 
barkeit im  Kriege.   Angestellt  auf  Grund  der  in  der  einschlägigen 


250 


Umschaa  in  der  MilitUr-Litteratur. 


LUteratur  niedergelegten  Brikhrungen  von  0.  Layriz,  Oberst- 
leutnant a.  D.    Mit  20  Abbildungen  im  Text.    Berlin  1900. 
B.  S.  Mittler  und  S. 
Im  yorliegenden  Buclic  wird  uns  ein  sehr  zoitj^emftfses  Thema 

vorcreführt.  Es  ist  keine  Fra^e.  dafs  wir  b»*i  der  Soriro  um  die  Er- 
haltung der  ^2n*ofsen  ZukunfUs-ArnietMi  mit  dem  tierischen  Zuge  nicht 
auskommen  werden,  ahgesehm  davon,  dafs  der  mechanische  auch  viele 
ihm  eigene  Vorteile  vcrschatTt.  Als  erste  (iattung  des  mechanii^chen 
Zuges  tritt  uns  die  iStrafsenlokomotive  entgegen,  die  schon  ihre  Kriegs- 
erfiihningen  hat;  die  neueste  Zeit  hat  die  Automobile  gebracht,  die 
auoh  als  Vorspann  benutzt  werden  Icann.  Wir  haben  solche  mit 
elektrischen  und  mit  Bxplosionsmotoren,  für  grofse  Lasten  können  sie 
aber  als  noch  nicht  kriegsbrauchbar  bezeichnet  werden.  In  alle  diese 
Beziehungen  führt  uns  die  Schrift  ein,  die  aufser  der  Einleitung  in 
noch  sieben  Abschnitte  zerfallt. 

In  der  Einleitung  lu'ht  Verfasser  u.  a.  hervor,  dafs  es  Zeit  ist  für 
die  Anerkennung  des  Ht'dürfnisses,  dafs  Einrichtungen  für  den  niecha- 
niscluMi  Zug  in  den  Rahmen  der  im  Frieden  für  den  Krieg  zu  trefViMiden 
Vorbereitungen  gehören.  lYiese  Hrkennlnis  mufs  weiteren  Kreisen 
der  Nation  zugänglich  gemacht  werden,  da  an  die  Vertreter  in  nicht  zu 
femer  Zeit  die  Forderung  herantritt,  Geld  dafür  zu  bewilligen.  Die 
Anschaffüng  der  Maschinen  und  Lastflihrzeuge  wird  eine  nicht  geringere 
Summe  ausmachen,  als  bisher  die  Ausgaben  für  eine  Neubewaflhnng 
der  Infanterie  betrugen. 

Der  zweite  Abschnitt  führt  uns  in  sehr  interessanter  Weise  in 
die  r,f.srhichtt>  d*>s  mechanischen  Zuges  ein;  das  erste  Vorkommen 
fällt  in  den  Krimkrieg,  wo  die  Strafsenlokomotive  seitens  dei-  Engländer 
zum  Transport  ihrer  schweren  Artillerie  benutzt  wurdo.  Seit  lb96, 
wo  es  g^'lun^en,  die  Explosionsmotoren  so  herzustellen,  dafs  damit 
kleine,  auf  guten  StraTsen  rasch  laufende  Fahrzeuge  möglich  wurden, 
kann  erst  von  einer  weitergreifenden  Bewegung  zu  Gunsten  des 
meclianischen  Zuges  die  Rede  sein.  Die  Automobile  als  Selbstihhrer 
ohne  Anhfingewagen  ist  das  Thema  des  dritten  Abschnitts,  das  uns 
mit  den  verschiedenen  Einrichtungen  bekannt  macht.  Der  Automobile 
in  dieser  (iestalt  wird  wenig  Aussicht  gemacht,  für  militärische  Zwecke 
im  grofsen  Stil  Verwendung  zu  finden,  wogegen  ihr  im  vierten  \h^<'hni*t 
eine  gröfsen*  Redeutunu  als  Vorspann  zuerkannt  wird.  Hici-  wrnien 
noch  ganz  Itesonders  die  1  »ampfmotoren  betrachtet,  für  welche  bereits 
kriegsgeschichlliclie  Erfahrungen  zu  Gebote  stehen.  Der  fünfte  Ab- 
schnitt beschäftigt  sich  nui  den  Dampfwagen,  die  in  erster  Linie 
Selbstlahrer  und  nur  in  zweiter  Linie  Vorspann  sind  für  kleinere 
Laston,  die  in  einzelnen  Geschützen  oder  beladenen  Beiwagen  bestehen. 
Der  Bestrebungen,  den  Dampfmotor  durch  andere  Motorarten  zu 
ersetzen,  ist  im  sechsten  Abschnitt  gedacht  Die  Stellung  des 
Transportbetriebes  mittelst  Strafsenlokomotiven  zu  dem  mittelst  Feld- 
Bahnen  betrachtet  der  siebente  Abschnitt  —  Wenn  zur  Zeit  wie 


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L'uiHciiau  in  der  Militär-Littoratur. 


251 


Verfasser  nachzuweisen  versucht,  nur  der  Strofsenlokomotive  die  Aus- 
sicht gegeben  ist.  als  mechanisches  Zugmittel  im  Kriege  statt  des 
tierischen  Verwendung  zu  finden,  so  lann  Iceineswegs  die  Armee  im 
Frieden  so  viel  Maschinen  bereit  halten,  als  sie  im  Krieg(>  bedarf.  E» 
ist  daher  von  grofsem  Interesse,  inwieweit  diese  Maschinen  im  Lande 
verltrcitot  sind,  um  im  Krieere  darauf  ziiriiok^rcifen  zu  krmnm  Tli«>rmit 
beschiit'tifff  sich  »irr  .irhtc  Abschnill.  Kinr  Anlap^  stellt  die  Erfahrungen 
in  mechunischeni  Zum-  mit  dt-r  Strarsenlokomotive  für  Kriegszwecke 
zusamnwiuMi  und  ist  besonders  lehrreich.  Hier  erfahren  wir  auch,  dafs 
England  in  Südafrika  eine  besondere  Strafsenlokoniütiv-Abteilung  tür 
den  gegenwärtigen  Krieg  gebildet  habe.  —  Zu  den  fhchgemllfi9en  Aus- 
filhrunfcen  des  Verfassers  liefern  die  betgegebenen  Lichtdruckbilder 
eine  sehr  willkommene  Erläuterung.  Die  Arbeit  wird  in  militärischen 
wie  technischen  Kreisen  eingehende  Beachtung  finden.  12. 

Die  Leibesübungen  und  iliro  Kedeutnn^^  für  die  Gesundheit.  Von 
Professor  Dr.  K.  Zander.  Mit  VJ  Abbildungen  im  Text  und 
auf  Tafeln.    Leipzig  1900.    (1.  Teiihn.Mv    {»reis  1,15  M. 

Vorliegende  Schrift  ist  das  13.  Bandelieii  der  Sammlung  wissen- 
schaftlich gemein vei-ständlichei  Darstellungen  aus  allen  Gebieten  des 
Wissens  (nAus  Natur  und  Geistesweh*)  und  verdiente  auch  in  militä- 
rischen  Kreisen  volle  Beachtung. 

Mit  Freuden  ist  es  zu  begrüfsen,  dafo  ein  so  berufener  Gelehrter 
wie  Dr.  R.  Zander  in  streng  wissenschaftlicher  Weise,  aber  allgemein 
verständlicher  Form  das  Wesen  der  Leibesübungen  dargestellt,  in 
Wort  und  Bild  geschildert  und  den  günstigen  oder  schädlichen  Einflufs 
derselben  auf  den  ganzen  Körper  eingehend  behandelt  hat.  Kr  er- 
läutert, weshalb  nicht  jode  Übung  für  einen  jeden  pafst,  und  zeigt, 
wie  nötig  es  ist.  dafs  Individualität  und  Lebensalter  bei  der  Wahl  der 
Übungen  Berücksichtigung  linden. 

Mit  Recht  darf  dieses  fiftndchen  einem  jeden  empfohlen  werden, 
der  sich  fflr  LeibesObungen  und  Sport  irgend  welcher  Art  üitereasiert 

S. 

III.  Seewesen. 

Annalen  der  Hydrographie  und  maritimen  Meteorologie.  Heft  3. 
I'^ntwurf  zu  einem  Hafenhandbuch  der  Seewarte.  —  Bemerkungen  über 
die  i'arafai-Bucht.  St.  Antonio.  Kap  Verdische  Inseln.  Anstcuening  des 
Ankerplatzes.  Aus  dem  Reisebericht  S.  M.  S.  ^Charlotte'-,  Kunid.  Kapt.  z. 
See  Vüllers.  Dezember  1899  (hierzu  die  Vertonung  im  Te.\i).  Be- 
merkungen fiber  den  Bismarck-Archipel.  Admiralitäts-Inseln,  Neu- 
Hannover,  Neu-Mecklenburg.  Aus  dem  Reisebericht  S.  M.  S.  „Möwe*, 
Komdt  Korv.-Kapt.  Dunbar.  Juli,  August  1809  (hierzu  Tafel  4).  — 
Santa  Rosalia.  Nach  Berichten  der  Kapt.  Mehring,  Schiff  MArtemis* 
und  Jolles,  Schiff  MBarmbeck"  ergänzt  nach  älteren  den f sehen  und 
englischen  Angaben.  —  Puerto  ei  Triunfo.  Nach  Fragebogen  und 


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252 


ümsoluui  in  der  MiUtibr-Uttentar. 


Bericht  des  Kapt.  0.  Niemann,  Bark  „Philip  Nelson**,  sowie  älteren 
Quollen,  —  Die  Ouan<»-!nsol  Lobos  de  Afiiera.  Xarh  Bericht  von  Kapt 
C.  Schulz,  Bark  „Edith"  nebst  Ergänzung  aus  englischt?n  Quellen. 
San  tos.  Einige  Angaben  über  das  Entladen  der  SchitTe.  —  Nach  der 
Xuidüstküste  Austraii«nis.  Aus  dem  Reisebericht  der  Bark  „Enderdale". 
Kapt.  K.  ßulier.  August  bis  Oktober  1898.  —  Von  Neu-Süd- Wales 
nach  Gallao  und  Talcabuano  von  demselben  Schiffe.  —  Stunn  auf  dem 
SfldaOantischen  Ocean  im  Februar  1899.  —  Wasserhosenartige  Er- 
scheinungen im  Gol&trome»  von  Kspt  H.  Haltermann,  Aaaistent  bei 
der  Seewarte.  —  Die  gegenwärtige  Eisnieerfischerei  und  der  Walfang. 
—  Treibeis  in  südlichen  Breiten  von  L.  Dinldage.  —  Hiifstafel  zur 
Berechnung  der  Besteck  Versetzung  bei  der  Längen-  und  Breilenmethode. 
von  W.  Reuter,  Navigatinnslohror  in  Leer.  —  Zur  Berechnung  des 
Schiffsortes  aus  zwei  Gestirnshöhen  nach  der  Höhenmethode,  von  E>r. 
R.  Schorr.  —  Zur  Berechnung  des  Schiflsortes  aus  zw»m  und  mehr 
üestirnshöhen  nach  der  Höhenmeihode  von  (J.  Holf,  Kgi.  Navigations- 
schul-Direlctor.  —  Über  Echo  bei  Nebel  und  ein  auffälliges  Verhalten 
der  Wassertemperatur.  —  Die  Witterung  an  der  deutschen  Käste  un 
Januar  1900. 

Marfaie*Bundschau.  März  1900.  Viceadmiral  z.  D.  Paul  Freihenr 

von  Reihnitz  t.  Über  New- York  und  seine  Kampfmittel,  von  W.Staven- 
hagen  (hierzu  1  Plan  mit  5  Bildern).  —  Die  fremden  Kriegsmarinen 
im  Jahre  1899.  von  Marinebaumeister  Sülsenguth  (mit  5  Ski/./en».  -  - 
Das  WerkstnttsrhifT  „Vulkan"  der  Vereiniirten  Stuaten-Flutte.  von 
Meufs,  Kapi  z.  S.  z.  D.  —  Die  Vermessung  m  Kiautschou.  —  Über 
Eisenbahnen  im  westlichen  Alrika,  von  Oberleutnant  z.  See  Küsel.  — 
Zur  deutschen  Marine^Utteratur  in  den  vierziger  Jahren,  von  J.  Nassen, 
Gymnasiai-Oberlehrer  in  Jülich.  —  Sprichwörter  und  sprichwörtliche 
Redensarten  über  Seewesen,  Schiffer-  und  Pischerieben  in  den 
germanischen  Sprachen.  —  Statischer  Schiffsgeschwindiglceitsmesser 
mit  Fernmessübertragung.  —  Thätigkeitsbericht  des  Fischereikreuzers 
S.  M.  S.  „Blitz'*  für  den  Monat  November  1899.  —  Sclinellsi^elnde 
Gaflelschooner.      Mobilisierung  alter  SchifTe. 

Mitteilungen  aus  dem  (»ebiete  des  Seewesens,  Nr.  3.  L)ie 
Campagne  von  Abukir.  —  lun  Diagramm  zur  graphischen  Lösung 
der  astronomischen  SchilVulu  t^-Problerae.  —  Die  Genauigkeit  der  heutigen 
Chronometer-Erzeugung.  —  Kohlenüberschiflung  in  See.  —  Der  Stern- 
Sucher.  —  Fremde  Kriegsmarinen.  —  Die  Flottenstarke  der  gröfseren 
Seemächte.  —  Stapellauf  des  deutschen  Schnelldampfers  „Deutsch- 
land*. — 

Amy  and  Navy  (Gazette.  Nr.  2092.  E)ie  erste  Reserve-Flotte. 
-  Das  neue  Marine-Budget.  —  Über  den  Zwischenfall  mit  englischen 
Marine-Offlzieren  in  Kapstadt.  —  Probefahrt  des  Torpedobootszerstörers 
„Viper**.  —  Nr.  2093.  Das  Marine-Budget.  —  Ansicht  des  Kapitäns 
Mahan  über  Englands  Zukunft  nach  dem  Transvaal-Krieg.  —  Nr.  2094. 
Ausweich-Regeln.  —  Der  Nicaragua-Kanal.  —  Zurückziehung  der 


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UmMluui  In  der  MIHtir-Iitteratar. 


253 


Marine-Bfannschaften  vom  sildaiHkaiuBchenKriegsscIiaupUits. — Ht.SOOB. 

Gewehrdienst  in  der  Plotto.  —  Der  Hay-Panncefote- Vertrag  —  Die 
Leistungen  der  Marine-Brigade  im  jetzigen  Kriege.  —  Unfälle  fran- 
zösische*!- Torpedoboote  Cyclono  und  Hallpbarde.  —  Einrichtung  von 
L)ar  es  Salaam  zu  einer  befestigten  Kohlenstation.  —  Die  Verteilung 
der  russischen  Auslandsschiflc. 

Journal  of  the  Royal  United  Service  Institution.  Nr.  264. 
Titelbild:  Das  russische  geschützte  Kanonenboot  1.  Kl.  „Kbrabri". — 
Neuere  französische  Expeditionen  in  West-Atrika.  —  Gründe  für  die 
Einfllhnmg  der  'Waseerrohrkessel  in  die  Bforiiie  der  Vereinigten 
Staaten.  —  Marine-Nachricbten. 

Army  and  Navy  JonniaL  Hr.  19M.  Die  Verbesserung  des 
Krieges.  —  Von  Manila.  —  Die  Siarinefbrtschritte  im  Jalire  1899.  — 
Von  den  Inseln.  —  Starke  Explosivstoffe.  Diese  schreoUichen 
Philippinen,  —  Die  Gesundheitsverhältnisse  in  Havanna.  —  Von  der 
Marine- Akademie.  —  Kr.  1906.  Spanische  Kritiken  über  Santiago.  — 
Die  Schnelligkeit  des  Baues  neuer  Schiffe.  —  Gratifikation  für  Deweys 
Flotte.  —  Bedarf  an  Marine-Offizieren.  —  Überwachung  eines  Untersee- 
Kabels.  —  Nr.  1907.  Die  Bubonen-Plage.  —  Kranke  Philippinen- 
Soldaten.  —  Die  ^New-York"  vor  La  Guayra.  —  Das  Neueste  von 
Manila.  —  Die  Befestigung  des  Isthmus-KanaJs.  —  Marine-Soliulschifre. 
Das  Pacifle-Kabel. 

ReTue  maritime  et  coloniale.  (Januar  1900)  Mitten  durch 
Tonkin;  der  Fluls  Ciaire.  ^  Die  Sicherung  von  Convois.  —  Die  Ver^ 
teidigung  von  Convois. — »Victoria  und  Albert"  die  neue  englisohe  Kdnigs- 
yacbt  —  Der  amerikanische  Kreuzer  «Chicago".  —  Der  amerikanische 
Kreuzer  „Kearsarge".  —  Fortschritte  der  japanischen  Marine.  — 
Meteorologie  im  fernsten  Orient.  —  Die  Kohlen  des  Donetz -Bassins. 
—  Seepostdienst  nach  den  Antillen.  —  Die  Lage  unserer  Handels- 
marine. —  Über  Schiffsunfälle. 

Rivista  inarittinia.  (Februar  19CX).)  Kanonen  und  Panzer.  — 
Bestimmung  der  Widerstandsmomente  gegen  die  Beanspruchung  der 
Längsverbände  von  Schiffen.  —  Über  die  Schlacht  bei  Setto-Pozzi  und 
deren  Folgen.  —  E)ie  Geschwindigkeit  in  der  Seetaktik.  —  Der  Transpurt 
•englischer  Truppen  nach  dem  Kap.  —  Yachtsegeln.  —  Ergänzungs- 
band: Über  Ballistik. 

Morakol  Sbonük.  Nr.  3.  iMärs.)  Offisleller  Teil:  Instruktion 
für  Spreng- Arbeiten  (Zerstörung  von  Küsten-.  Telegraphen- und  Telephon- 
Linien,  Signal -Stationen,  Eisenbahnlinien  und  Eisenbahnkunstbauten 
in  Nähe  der  Küsten,  Hafeneinrichtungen,  Geschfitsen  u.  s.  w.).  Nicht- 
offizieller  Teil:  Hilfskreuzer  im  spanisch-amerikanischen  Kriege.  — 
Die  Reorganisation  des  Personals  der  nordamerikanischen  Flotte.  — 
Grundlagen  der  Organisation  der  Seemacht.  —  Verwendiinc:  von  Lpucht- 
Bojen  bei  Geschwader-Fahrten  im  Nebel.  —  Stern-Beoh;u'litungen  auf 
dem  Meere.  —  Rettungs-Einrichtungen  an  den  Küsten  Europas. 


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254 


Umsebau  in  der  MiUtär-Litteratur. 


VI.  Verzeichnis  der  zur  Besprechung  eingegangenen  Bucher. 

(Dte  •!n^«>!rang(>n9B  Bfleh«r  erblir«!!  »In»  B»<K|>r(<cfaung  saeh  IfalVi^l)«  Ihrtr  1M*ntldl|t  '**  **>^ 
ffiplKi r>'ii  il.'itime«.  Eine  Verpflichtung,  jede*-  einpf htTiiln  Itu  ii  /u  l'».«;.rprln>n.  QberDimmt  die 
Leitung  der  .«Jalirb&eiier'  nicht,  doch  werden  dl»  Titel  BiLmtlicher  Bücher  nebst  Angabe  des  PreiMt 
—  tofMB  4l«Mr  ialt(«Mlt  «arl*  —  hl«r  vtmwM.  EIm  HMkMnlaiff  ven  BOobtni  fbd«!  bI«U  Matt.) 

1.  Geschidite  des  2.  Rheinischen  Husaren -Regiments  Nr.  9. 
Im  Auftrage  dargestellt  von  v.  Bredow,  Oberstleutnant.  1815  bis  1871. 
Pdrtgesetet  von  Böhmer,  Leutnant.  1871  bis  1899.  Dritte  Auflage. 
Berlin  1899.  EL  S.  MMer  &  Sohn.  Preis  10  Mk. 

2.  Lehncrf  s  Handbnoh  für  dem  Tmppenfilhrer.  Vnter  Berück' 
sichtigung  der  Felddienst-Ordnun^  vom  1.  Januar  1900.  Neunzehnte, 
völli«;  neu  bearbeitete  Auflage.  Berlin  1900.  £.  S.  Mittler  &  Sohn. 
Preis  1,50  Mk. 

3.  V.  VVedoKs  Offizier- Taseheubueh  tiir  Nf.imiver.  ('buuucsriti«'. 
Kriepsspiel.  taktische  Arbeiten.  Mit  Tabellen  iiiui  ^ignaturental'eln. 
Nüu  bearbeitet  von  Bai ck,  iiauptmann.  Berlin  1900.  R.  I^^isenschmidt. 
Preis  1,50  Mk. 

4.  Jahrbneh  für  Kadetten.  Herausgegeben  von  Schaarschmidt. 
Miyor  a.  D.  Erster  Jahrgang  1900.  Oldenburg  i./Qr.  1900. 

5.  Reglements  der  Kaiserlieh  Russischen  Armee.  6.  und  7.  Heft 

Die  Schiefsvorschrift  vom  Jahre  1899.  I.  und  II.  Teil.  Mit  Zeichnungen. 
Bearbeitet  von  Küster.  Hauptmann     Preis  4..¥>  Mk 

6.  Was  enthält  die  Felddieustordnung  vom  1.  Januar  1909 
Keuesi    Berlin  1900.    E.  S.  Mittler  \-  Sohn     Prei.s  60  Pfi?. 

7.  Der  Kriefj:  in  Südafrika,  ivurz  (iargestellt  von  Ludwig 
V.  Kstorfr,  Major  iiu  gr.  Ucnei-alstabe.  Erste  Lieferung.  Mit  4  Texl- 
skizzen  und  zwei  Karten  in  Steindruck.  Berlin  1900.  E.  S.  Mittler  &  Sohn. 
Preis  1,80  Mk. 

a  Zur  AusbUduig  der  Feld- Artillerie.  Studie  von  OttA-ied 
Layriz,  Oberstleutnant  z.  D.  Berlin  1900.  R.  Eisenschmidt  Preis  2  Mk. 

9.  Takti.sehe  EntwiekelimgBMif^aben  für  Kompagnie,  Bataillon, 

Regiment  und  Brigade  von  K.  v.  Briese n,  Oberstleutnant  Mit 
63  Figuren  im  Text  und  auf  18  Tafeln.  Berlin  1900.  R.  Eisenschmidt 

Preis  2  Mk. 

10.  Die  Schlacht  von  Vionville-Mars-la-Tour  und  das  Königl. 
Preufs.  X.  Armee-Korps.  Eine  kritische  btudie  über  die  19.  L»ivision 
von  Fr.  von  der  Wengen.  Berlin  1900.  Militär  -  Verlagsanstalt 
Preis  80  Pfg. 

11.  Kriegsgeschicshtllehe  Beispiele  ans  dem  deatseh-transSsisehen 
Kriege  von  1830/71.  Von  Kunz,  Major  a.  D.   12.  Heft  Beispiele 

für  das  Gefecht  und  den  Sicherheitsdienst  der  Infanterie. 
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12.  Die  Waffen  hoch!  Illustrierte  I>ekadenheffe  für  Deutschlands 
Heer  und  Flotte.  Nr.  2.  Preis  10  Pfg.  Saulgau,  Leipzig,  Stuttgart 
0.  Bachmann. 

13.  Neues  aus  der  Felddien  stordiiuug.  Von  Oldenburg  i./ür. 
1900.    G.  Stilling.    Preis  45  Pfg. 


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UuiMfaAa  in  der  Milttir-Littorator. 


255 


14.  üictioiiiiaire  müitaire.  Encyclopedie  des  sciences  militaires, 
redi^jee  par  im  comite  d'offlciers  de  toiites  armes.  15*"  livraison: 
Magasins-Montagne,  Paris -Nancy  1899.  Librairie  militAire  Berger 
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Preis  50  Pfg.  Leipzig  und  Berlin  1900.  G.  H.  Meyer. 

16.  AIHkanliwiher  Totentens.  Nach  den  Erinnerungen  eines 
englischen  Offiziers  vom  Stabe  des  General  BuUer.  I.  Teil.  Von 
London  nach  Ladysmith.  Preis  1  Mk.  Berlin  1900.  Fassingers  Buchh. 

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Oberleumant  a.  0.    Braiinschweig  V.m.    Preis  1.20  Mk. 

IS.  >\  eitwirtsehttft  und  Flotte.  Kin  Vortrag  zur  Flotten  Ver- 
stärkung von  K.  Paschen,  Viceadmiral  z.  D.  München  1900.  C.  H. 
Beck'sche  Buch  Ii.    Preis  hO  Plg. 

19.  Die  Meere.sbeherrschung  in  ihrer  Biiciiii  irkung  auf  die 
LandoperstioBeii  ta  grohea  Krieges.  Ein  Beitrag  zum  Studium 
modemer  Strategie  von  Albert  Mar  gu  tti,  Hauptmann  un  K.  u.K.  General- 
stabe-Korps.  Mit  5  KartenslLiszen.  Wien  und  Leipzig  1900.  W.  Brsu- 
müller.    Preis  4  Mk. 

20.  Neue  Volksbücher.  Herausgegeben  von  der  Vereinigung  von 
Freunden  christlicher  Volkslitteratur.  Unser  Bismarck.  Von  Paul 
von  Schmidt,  Generalmajor  z.  D.  65.  Bändchen,  Mit  iilustratiooen 
Berlin  1900.    Srhril'tenvertriebsanstalt  S.  W.  13. 

21.  Lehren  aus  dem  südafrikanischen  Kriege  für  das  deutsche 
Ueer  von  v.  Fran<,'ois,  Major  a.  D.,  früher  Landeshauptmann  von 
Deutsch-Südwestafrika.  Mit  8  Skizzen.  Berlin  1900.  B.  S.  Mittler  k 
Sohn.  Preis  1,40  Mk. 

22.  Denkirürdigkeiteii  eines  wfirttembergisehen  OfUers  aus  dem 
Fddsnge  im  Jabre  1812.  Verdffentlicht  durch  Freiherm  v.  Rote n ha n « 
Oberst  z  D.  Dritte  Auflage.  Mttnchen  1900.  Franz*sche  Buchh. 
Preis  1  .Mk. 

23.  Das  strategische  und  taktische  Zusammenwirken  von  Ueer 
und  Flotte.  \  on  v.  Jansen,  Generalleutnant  z.  I).  Zweites  (Schlufs-) 
Heft.    Berlin  1900.    K.  S.  Mittler     Sohn.    Preis  2,25  Mk. 

24.  Der  Krieg  in  Süd-Afrika  1899/1900.  Bearbeitet  von  A.  v.  Müller. 
Oberleutnant.  III.  Teil.  Die  englischen  Rüstungen  im  Dezember  1899 
und  Januar  1900.  Der  Tugelafeldzug  des  Generalleutnants  Buller. 
Die  Kriegslage  im  Süden  und  Westen.  Berlin  1900.  Liebersche 
Buchh.  Preis  1  Mk. 

25.  Die  Heere  und  Flotten  der  Gegenwart.  Herausgegeben  von 
C.  v.  Zepelin.  G»  n »  i  ilmajor  a.  D.  Frankreich.  Das  Heer  am  Ende  des 
neunzehnt^^n  Jahrhunderts  von  Hepke.  Oberst.  .Mit  einer  Karte  der 
Truppenstandorte  und  einer  Armee -Einteilung  von  Exner,  Oberst- 
leutnant.   Berlin.    A.  Schall. 

20.  Industrie,  Handel  und  Flutte.  Volkswirtschaftlicher  Atlas  in 
fünf  Tafeln  und  zwei  Karten  nebst  erläuterndem  Text.   Unter  Beihilfe 


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L 


256 


Umaohan  in  der  MilttSr-Uttwaftar. 


mehrerer  Künstler  herausgegeben  vum  De u Ischen  Plottenverein. 
Braunschweiff.    G.  Westormann.    Preis  1.50  Mk. 

27.  Skobelew  im  Türkeiikriege  und  Yor  Achal-Teke.  Er* 
innerungen  eines  Augenzeugen  von  A.  W.  Wereschtschagin. 
Autorisierte  deutsche  Ausgabe  von  A.  von  Drygalski.  Berlin  liNX). 
J.  Räde.   Stuhr'sche  Buchh. 

28.  IHe  Flottonfllhiiiiig  im  Kriege  auf  Onoid  des  DoppebrtaM- 
Systeins.  Von  Rudolf  v,  Lahres,  K.  und  K.  Linienschiffs- Kapitän. 
Mit  260  Abbildungen  im  Text  und  ö  Tafeln  in  Steindruck.  Berlin  1900. 
B.  S.  Mittler  Ä.-  Sohn.    Preis  10  Mk. 

29.  Der  Kriegin  Südafrika.  Nach  den  besten  vorhandern  n  Ouellen 
bearbeitet  von  v, Kunowski,  Hauptmann  und  Pretzdorff.  Olu  iieutnant. 
Zweiter  Teil:  Die  Ereignisse  im  Januar  und  Februar  1900  bis  zum 
Eingreifen  FeldmarBchall  Lord  Roberts.  Leipzig  1900.  Zuckschwerdt&Co. 
Preis  1,50  Mk. 

M.  Lehnertfs  Handbneh  für  den  TnippoifliliTer.  Unter  Berück- 
sichtigung der  Felddienst- Ordnung  vom  1.  Januar  1900.  19.  völlig 

neu  bearbeitete  Auflage.  Berlin.  April  1900.  B.  S.  Mittler  &  Sohn. 
Preis  gebd.  1,50  Mk. 

31.  Sy.stem  der  Reiter-Ausbildung  Den  Offizieren  der  deutschen 
Reiterei  gewidmet  von  Paul  Plinzner.  Major  a.  D.  Dritte,  durch- 
gesehene Aullage.   Berlin  1900.  E.  ä.  Mittler  &  Sohn.  Preis  2,40  Mk. 


Druck  von  A.  W.  Hayos  Erben,  Berlin  und  PetMdam 


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XXIII. 

Die  3.  Kavalleris-Division  im  Kriege  1870—71. 

Von 

Jnnk,  Kittmeister  a.  D. 


(Schlafs.) 
VII. 

Das  Gefecht  bei  Poeuilly  und  die  Sohlaoht  bei 

8t  Quentin. 

Am  18.  Jwiaar  halte  das  Trappenkoips  des  Generab  Graf 
y.  d.  Gfoeben  auf  Yennand  aa  manchiezen  imd  unter  den  Befehl 
des  Generals  t.  Enmmer  m  treten,  dessen  Bzigaden  ttber  Saint-Christ 
nnd  Tertiy  sowie  ttber  Brie  nnd  £str6ee-en*€9iaiissee  auf  Etreillen 
yorgingen.  Die  Kavallerie  des  Generals  Graf  y.  d.  Groeben  hatte 
naeh  links  an  shshern  nnd  bis  an  nnd  über  die  Sehelde  anfeaUXren. 
Sollte  der  Feind  bei  Si  Qnentin  stehen  bleiben,  so  lag  es  nicht  in 
der  Absieht  des  Generals  y.  Goeben  ihn  daselbst  sehen  am  18.  an* 
zagieifen,  die  genommenen  Stellnngen  sollten  dann  nnr  rekognosziert 
werden.  Sudlich  St.  Qnentin  marschierte  die  12.  Kavallerie-Division 
nach  Vendeoil,  Brissay,  Moy  und  Hamögiconrt,  die  16.  Division  in 
die  Gregend  Ostlich  nnd  nördlich  Jnssy,  die  3.  Beserre-Division, 
welche  dem  Befehle  des  Generals  v.  Bamekow  mit  nnterstellt  wurde, 
in  die  westlich  dieses  Ortes.  Die  Korps-Artillerie  war  naeh  Qnivitoes 
nnd  Ugny-r£qnip6e  beordert  worden.  Das  Hauptquartier  ging  nach 
Ham.  Eine  etwa  auf  Keims  hin  stattfindende  Bewegung  des  Feindes 
beabsichtigte  General  v.  Goeben  zn  kotoyren. 

Franz nRischerseits  sollte  die  Brigade  Föister  der  Division  Derroja, 
sowie  die  Division  dn  Bessol  tlber  Caolaincoort,  Beanvois  nnd  Grand- 
Söranooart,  die  Brigade  Aynös  aber  mit  der  Division  Payen  Uber 
Vemand  naeb  St  Qnentin  marschieren,  die  Division  Robin  Bellen- 
glise  erreichen,  die  Brigade  Panly  indes  nnr  bis  Lempire  und 
Bonssoy  bei  le  Catelet  folgen,  Brigade  ianard  in  nnd  bei  St  Qnentin 
aber  verbleiben. 

JaMMtr  Ar      dtatsoto  ktmm  maä  HuIm.  Bl.  UL  t,  ^'i 


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258  8-  KaTaUerie-DivisioB  fan  Kriege  1870—71. 


In  AnsfÜhniDg  der  beiderseitigen  Anordnungen  mnlste  es  in  der 
Gegend  westlicti  Vennand  zu  Znsammenstöfsen  des  deutschen  linken 
Flttgels  mit  den  feindlichen  Marschkolonnen  kommen. 

Nach  den  Stärkerapporten  zählte  die  ursprüngliche  3.  Kavallerie- 
Division  in  jenen  Tagen  in  16  Schwadronen  1942  Herde  und  6  Ge- 
sebtttse.  An  den  Kämpfen  des  18.  und  19.  Januar  nahmen  dem- 
entsprechend in  14  Schwadronen,  per  Schwadron  wieder  15  Pferde 
abgerechnet,  gegen  1500  Säbel  mit  6  Geschützen  teil.  Vom 
Truppenkorps  des  Generals  Graf  v.  d.  Groeben  hatte  sich  das 
Detachement  des  Generals  v.  Memerty  in  folgender  Maxsehordnung 
um  9  Uhr  von  Cldry-snr  Somme  anf  P(^Tonne  in  Bewegung  gesetzt: 
Avantgarde  Oberstleutnant  v.  Pestel  Ulanen  7  ohne  3.,  I./4.,  61./I, 
1LF./4.  Gros  Oberst  v.  Massow  I./44.,  4.  5.  schw.,  4.1./L,  II.F./44., 
1.  4./U..  5,  F./l.  Reserve  Major  v.  Elpons  II./l.  und  2/3  rtd./VIL 
Bei  Doinj:;t  östlich  Pöronnc  wurde  kurz  nach  Mittag  ein  Halt  ge- 
macht. Die  Kavallerie-Brigade  Graf  Dohna  9  Eskadrons  (Kür.  8, 
St.  2/U.  5,  Ulanen  14)  und  2  Geschütze  (Leutnant  Granier)  die 
3./U.  5  war  auf  Armeebefehl  zur  Verfü^utip  des  Koniniandanten 
nach  Peronne  detachiert  worden  -  hatte  Peroime  nördlich  uni- 
gan<:en,  war  aber  noch  zurück.  Das  Herankommen  der  Brigade  in 
gleiche  Höhe  mit  dem  Detachement  Memerty  wurde  erwartet.  Als 
dann  aber  aus  der  Gegend  von  Tertry  Kanonendonner  erschallte, 
marschierte  es  diesem  nach.  Er  mufste  von  der  15.  Division  her- 
rühren. Zur  Aufklärung  der  linken  Flanke  wurde  die  4./U.  7 
nach  Hoisel  entsandt,  die  Brigade  Graf  Dohna  aber  in  Richtung 
V'ermand  belassen,  nachdem  noch  die  1.  und  4./U.  14.  unter  Major 
V.  Strautz  an  das  Detachement  v.  Memerty  abgetreten  worden  waren. 
In  Estrees-en-Chaussöe  angelangt,  erhielt  dieses  Befehl,  sich  gegen 
Poeuilly  zu  wenden,  die  Kavallerie-Brigade  wurde  von  Hancourt 
heranbeordert.  Man  hatte  die  Division  Payen  sich  gegenüber. 
Durch  den  von  der  Avantgarde  des  XXll.  Korps  aus  der  Gegend  von 
Beanvois  herUberschallenden  Kanonendonner  hatte  auch  General 
Payen  mit  seiner  Division  den  Marsch  nach  \  ermand  nicht  fort- 
gesetzt, sondern  die  Brigade  Michelet  auf  Caulaincourt,  die  Brigade 
de  Lagrange  auf  Poeuilly  dirigiert.  Dort  befanden  sich  noch  2 
Kompagnien  des  69.  Marschregirnents  der  Brigade  Foerster  und  dem- 
nächst das  19.  Marschjägerbataillon  der  Brigade  Michelet,  der  Rest 
derseli)en  südlich  und  in  Caulaincourt.  Die  Brigade  de  Lagrange 
hatte  mit  2  Bataillonen  des  72.  Marschregiments  sowie  dem  47. 
Mobilgarden-Regiment  zwischen  Poeuilly  und  Soy6court  Stellung  ge- 
nommen, letzteren  Ort  selbst  hatte  das  24.  Marschjäger-Bataillon 
besetzt   Die  Batterie  d^r  PestePschen  Avantgarde  fuhr  2000  Schritt 


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Die  8.  KavaUerie-Divmoii  im  Kriege  1870—71.  259 

westlich  Poeniriy  auf,  alsbald  durch  die  Batterie  des  Gros  verstärkt, 
indes  die  Infanterie  gegen  den  Ort  vorging  und  ihn  nach  kurzem, 
aber  heftigem  Kampfe  besetzte,  während  der  Kavallerie  die  Deckung 
der  äulseren  linken  Flanke  zufiel.  Die  beiden  14.  L  lanen-Eskadrons 
hatten  dabei  den  sich  zwischen  Flöchin  nnd  Sov6court  hinziehenden 
Grund  erreicht,  in  welchem  sie  weiter  vorgingen.  Als  das  Infanterie- 
gefecht dann  nach  Besetzung  des  stcik  n  Hanges  östlich  Poeuilly —  auch  3 
Batterien  waren  Uber  denselben  vorgezogen  worden  —  zum  Sti  hcii 
gekommen  war.  bemerkten  die  genannten  Ulanen  ungeordnete  Hauten 
aus  Soyecourt  abziehender  Infanterie.  Nachdem  Rittmeister  v.  Kaisen- 
berg  mit  seiner  Eskadron  die  Flanke  des  ihm  zunächst  befindlichen 
feindlichen  Trupps  gewonnen  hatte,  attackierte  er  denselben  und  ritt 
ihn  aach  nieder.  Die  Eskadron  war  noch  mit  der  Entwaffnung  der 
niedergerittenen  Franzosen  beschäftigt  and  Sergeant  Ackermann 
bemQht,  seinem  Rittmeister  unter  dem  gestürzten  Pfeide  hervorznbelfen, 
als  Leutnant  der  Reserve  Scbacbtrupp  IL,  früher  aktiver  Offizier 
des  Regiments,  rieh  mit  etwa  20  Ulanen  auf  dne  andere  Infanterie- 
Abteilong  warf.  Der  Offizier  mit  den  ihm  zunächst  befindlichen 
Reitern  erreichte  dieselbe  zwar,  der  Angriff  aber  scheiterte  voll- 
ständig.  Vor  dem  Fener  der  felDdiicben  Abteilong  mnliBte  ancb  die 
£skadron  zurückgehen.  Ob  die  Attacke  Teile  des  47.  Mobilgaiden- 
regiments  oder  des  24.  Marschjäger-Bataillons  oder  beide  getroffen 
hatte,  sei  dahingestellt,  nach  Löhaotconrt  die  Jäger.  Leutnant 
Schachtnipp  IL  war  gefallen.  Mehr  oder  weniger  leichte  Kontosionen 
hatten  durch  das  Fallen  ihrer  Pferde  aulser  dem  Rittmeister 
T.  Kaisenberg,  dessen  Wunsch,  doch  vor  Thoresschluls  noch  zur 
Attacke  zukommen,  sich  erffiUt  hatte.  Major  v.  Strantz  und  Leutnant 
T.  Einem  erhalten.  Tot  waren  2  Mann,  8  Pferde,  verwundet  3 
Mann  und  vermilst  1  Mann,  9  Pferde,  so  dab  der  Gesamtveriust 
4  Offiziere,  6  Mann  und  17  Herde  betrug.  Die  l./U.  14  war  in  der 
irOheren  Richtung  weiter  gegangen  und  kam  solcher  Art  nicht  zur 
Thätigkeii  Ihr  waren  auch  noch  die  1.  und  2.  Eskadron  der 
7.  Ulanen,  bei  welchen  sieh  später  bei  Harcourt  auch  die  4  6e- 
schütze  der  reitenden  Batterie  in  Thätigkeit  befanden,  gefolgt,  ohne 
daih  irgend  ein  Zusammenbang  bestanden  hätte.  Die  yetsprengten 
Infanteristen,  die  von  ihnen  zu  Gefangenen  gemacht  wurden,  dfiiiten 
von  der  Attacke  Kaisenberg  herrühren.  Auch  soll  nach  der  Rei^ents- 
gesohichte  der  7.  Ulanen  eina  auf  Soyteonrt  marsehieiende  feindliche 
Abteilung  von  einem  Zuge  der  2.  Eskadron  unter  Vizewacht* 
meister  BOeking  attackiert  und  dabei  einige  Gefangene  gemacht 
worden  sein. 

Zur  Deckung  der  linken  Flanke  war  das  TetenbataiUon  des 

17» 


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260  I>te  >•  Kayaltorie-Dlviiioii  in  Kiiege  1870—71. 


Gffoe  (ohne  8.)  inswiBeben  nOrdlieh  Poeoilly  gegen  Soj6coart  auf- 
gestellt worden.  Als  nnn  aber  seitens  der  seit  4  Uhr  wieder  auf 
dem  linken  Flügel  befindlichen  und  aufklärenden  Kavallerie-Brigade 
Graf  Dohna  das  Eintreflfen  weiterer  feindlieber  Kräfte  zwiseben 
Sojteonrt  and  Vendelles  (Division  Bobin)  gemeldet  wurde,  konnte 
aacb  mit  der  Infanterie  des  Gros  an  eine  wirksame  Oftensive  auf 
Vermand  nicht  gedacht  werden.    General  Graf  Groeben  gab  gegen 

5  Uhr  im  Gegenteil  ganz  zatrefieudenfalls  Befehl,  die  Höhenstellong 
(istUch  Poenilly  za  räumen.  Nun  ging  der  Feind  seinerseits  sowohl 
von  Soy6court  als  auch  aus  der  Richtung  von  Vermand  her  znr 
Offensive  Uber.  Der  Flankenstols  wurde  dueb  I./44»  and  die  eben- 
falls nördlich  Poenilly  in  Stellung  genommene  4.  schwere;  sowie  die 
reitende  Batterie  der  Kavallerie-Brigade  von  südlich  Bernes  her 
abgewiesen,  Soyäconrt  nnd  Fl^chin  wurden  dabei  in  Brand  geschossen. 
Zur  Aufnahme  der  vom  Plateau  von  Vermand  langsam  zurück- 
gebenden Schützen  des  4.  und  44.  Regiments  hatte  das  II.  Bataillon 
des  letzteren  an  dem  Östlichen  Rande  des  Grundes  von  Poenilly  mit 

6  ausgeschwärmten  Zügen  Stellung:  geoommen,  die  7.  und  8.  Kompagnie 
waren  indes  geschlossen  geblieben.  Als  die  zurückgehende  Linie  aof- 
genommen  war  und  wieder  Front  gemacht  hatte,  empfing  die  hitzig 
nachdrängenden  Franzosen  ein  vernichtendes  Schnellfeuer.  Die  7. 
und  S  Kompagnie  aber  traten  tambour  battant  zum  Gegenstofs  an. 
Die  ganze  Schützenlinie  erhob  sich,  alle  Tambours  schlugen  und  mit 
echt  preulsischem  Hurrah  stürzte  sich  alles,  die  Führer  voran,  dem 
Feinde  entj^egen.  Gent  ral  v.  Memerty  war  schon  beim  Zurückgehen 
schwer  verwundet  worden.  Oberstleutnant  v,  Pestel,  dem  das 
Pferd  erschossen  worden  war,  befand  sich  zu  Fufs  in  der  Schützen- 
linie, mit  ihm  Leutnant  v.  Haeseler.  Als  der  Feind  dann  auf  der 
ganzen  Linie  zurückgegangen  war,  wurden  in  den  nächsten  Ort- 
schaften Quartiere  bezogen.  Die  Kavallerie  erhielt  solche  in  Bernes, 
Haucourt,  ßouvincourt,  Beauinetz  und  Cartigny.  Das  Füsilier- 
Bataillon  L  Regiments  hatte  die  \'or])osten  längs  der  Schlucht  von 
Poenilly  gegen  Vermand,  ^e^'^en  Soyecourt  das  L.  des  44.  Regiments. 
Poenilly  blieb  vom  II.  Bataillon  des  1.  und  dem  Füsilier-Bataillon 
des  44.  Regiments  besetzt.  Die  15.  Division  befand  sich  in  Caulain- 
ourt,  Trefcou,  Heauvois,  Lanchy  und  hinter  dieser  Front  mit  dem 
Gros  in  Tertr>'. 

Das  Gefecht  von  Poeuilly  war  seitens  des  Generals  Orat 
V.  d.  Groeben  thatkräftig  und  umsichtig  geleitet  worden  und  hat  das 
auch  besondere  Anerkennung  gefunden,  was  General  v.  Goeben, 
wohl  im  Hinblick  auf  frühere  \  or «ränge,  besonders  hervorhebt.  Das 
ist  fUr  uns  aber  insofern  von  Interesse,  als  es  zeigt,  dals  ein  Reiter- 


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Die  8.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71.  261 

ftbrer  ganz  besonderer  Eigensehaften  bedarf  bei  deten  Maugel  aber 
immer  nocb  ein  goter  Allgemein-Oeneral  ttbrig  bleiben  kann.  Eäne 
gxObere  Zersplittemng  der  Kayallerie  wie  bei  Poeailly  ist  allerdings 
Icanm  denkbar.  Änfiwr  dem  Kttrassier^Begimente  ist  nicht  ein  einziger 
Verband  gesobonti  selbst  der  der  Batterie  nicht  Das  Detacbement 
Memriy  war  ttberreieblicb  mit  Kavallerie  versehen,  man  liätte  es 
nur  verstehen  müssen,  den  Dienst  der  Masse  der  Kavallerie  von 
demjenigen  der  IKvisionskavallerie  sn  trennen  nnd  jedem  Teil  seine 
Aufgabe  anroweisen.  Dem  General  Gzaf  m  Dohna  waren  sehlieislich 
nur  noeh  7  Eskadrons  nnd  2  Geschtttse  geblieben,  wihiend  ebenso 
viele  Eskadrons  und  4  GesohUtBe  sich  beim  Detaehement  Memerty 
be£uiden.  Wliren  diese  letzteren  Eskadrons  nun  zasammenge&(st  nnd 
dem  Oberstlentnant  v.  Pestel  nnterstellt  worden,  am  dessen  kavalle- 
ristisehe  fiegabnng  zu  verwerten,  so  hätte  man  wenigstens  noch  ans 
der  Not  eine  Tagend  gemacht^  aber  auch  das  geschah  nicht  Ganz 
von  selbst  wäre  dem  Oberstlentnant  v.  Pestel  dann  zanächst  die 
frontale  Verwendong,  dem  General  Graf  zu  Dohna  aber  die  in  der 
Flanke  geworden.  Die  7  Eskadrons  beim  Detacbement  des  Generals 
V.  Memertjr  traten  aber  in  nicht  weniger  als  o  Gruppen  in  die 
Erscheinang. 

1.  Die  gegen  Roisel  zur  Aofklänmg  entsandte  4.  Eskadron 

der  7.  Ulanen. 

2.  Die  zunächst  noch  im  Gronde  westlich  Soyteoort  verbleibende 
1.  Eskadron  der  14.  Ulanen  als 

3.  die  4.  Eskadron  zur  Attacke  bei  Soy^coart  abbog. 

4.  Die  1.  und  2.  Eskadron  der  7.  Ulanen  klären  ebenfalls  für 
sich  aaf  and  bilden  später  die  Bedeckung  der  zunächst  bei  Hanconrt 
auftretenden  4  Geschtitee  der  Batterie  Schräder. 

5.  Die  beiden  Eskadrons  (1.  nnd  4.)  der  5.  Ulanen  finden 
schliesslich  zwischen  Poeuilly  und  Fl^cbin  Verwendung  als  Binde- 
glied des  Detacbements  mit  dem  nOrdlich  Flöohin  aofklärenden  Gros 
der  Kavallerie-Brigade. 

Dieses  nnn  war  Uber  Haucourt  heranbeordert  worden,  als  das 
Detacbement  gegen  den  bei  Poeailly  sichtbaren  Feind  sich  ent- 
wickelte. Indem  man  dagegen  aber  gleichzeitig  die  Detachemonts- 
kavallerie  zur  Aufklärung  und  Sicherung  in  die  linke  Flanke  nahm, 
kam  ein  richtiges  chatis^-crois^  der  beiden  Kavalleriegruppeu  zu 
Stande  nnd  ganz  folpreriehtig  znm  zweiten  Male  als  die  Detachfinents- 
Kavallerie  Bich  heranzog:  und  die  Kavallerie-Brigade  wieder  auf  den 
linken  Flügel  geschoben  wurde  und  dann  das  Vorgehen  frischer 
feindlieber  Kräfte,  zanächst  mit  Schlitzen,  zwischen  Soyecourt  und 
VendeJJes  meldete.   Diesen  gegenüber  begnügte  sich  General  Grat 


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262 


Die  8.  Kav«Uerie-Diviaio&  im  Kri«ge  1870—71, 


zu  Dohna  eine  beobachtende  htellunj::  nordöstlich  Fl6chin  za  nehmen 
und  mit  seinen  beiden  Geschützen  die  feindliche  8tellong  zu  be- 
schielsen.  Es  war  fab^t  zu  spät  geworden,  noch  etwas  Anderes  zu 
thun.  Man  denke  sich  nun  aber  einmal  die  hier  befindliche  Kavallerie 
mit  8  Eskadrous  7.  l'lanen  beim  Detachenn'Ut  Memerty  als  Divisions- 
Kavallerie  und  mit  10  Eskadrons  (eine  nach  Kuisel  und  gegen  die 
Scheide  detachiert)  sowie  der  reitenden  Batterie  als  Kavallerie- 
Masse  eingeteilt  und  letztere  beauftragt,  Uber  Haucourt  gegen 
Soyecourt — Vendelles  vorzugehen,  während  das  Detachement  sich  von 
Doingt  nach  Tertry  wandte.  Im  Verlaufe  der  Begebenheiten  wäre 
es  ganz  von  selbst  gekommen,  dals  die  Kavallerie-Miisse  sich  in 
Richtung  auf  N'endelles  gegen  die  Flanke  der  feindlichen  Stellung 
gewandt  hätte  und  dabei  auf  die  sich  erst  später  entwickelnde 
Mobilisös-Division  des  „Generals"  liobin  gcstofsen  wäre.  Gegen 
diese  Gesellschaft  —  es  ist  nicht  zuviel  gesagt  —  sachgemäss  die 
10  Eskadrons  und  die  Batterie  eingesetzt,  hätte  von  grofseni  Er- 
folge, ohne  wesentliche  Neriustc  sii<rc«r.  t-ciii  müssen.  Andernfalls 
hätte  die  blolse  Anwesenheit  dieser  Kavallerie  in  dem  Gelände  nord- 
östlich Vendelles  genügt,  das  Einrücken  der  Division  Kobin  in  die 
Gefecbtsstellung  traglich  erscheinen  zu  lassen  und  somit  auch 
den  Vorstols  der  Division  Payen  gegen  Poeuilly.  Aber  für  die 
Leistungen  keiner  Waffe  ist  die  Person  des  Ftlhrers  von  so  eminenter 
Bedeatang  wie  der  Kjiyallerie.  Die  Führung  der  3.  Kavalleiie- 
Diviflion  ete.  ermangelte  vor  wie  naeh  jeglioher  InitiatiTe  nnd  jeg- 
lioher  Unternehmungslust,  rot  lanter  Bedenken  kam  man  ganz  natur- 
gemftb  nioht  zum  Handeln.  Dazn  aber  gebOrt  Beweglichkeit,  noeh- 
mals  Beweglichkeit  nnd  immer  wieder  Beweglichkeit,  wenn  auch 
Tielleieht  einmal  zn  leichtsinnig.  Es  bleibt  zn  bedaaem,  dab  ein 
Mann  wie  der  Oberstleatnant  t.  Pestel  in  der  Anciennetftt  noch  zn 
weit  znrttok  war,  nm  im  Lanfe  des  Krieges  ans  semem  engeren 
Wirkungskreise  etwa  in  der  Weise  herauszutreten,  wie  der  Gteneral 
T.  Sehmidt  bei  der  6.  KaTallerie-DiTision. 

Der  Zersplitterung  der  Waffe  nnd  dem  Hangel  an  InitiatiTe  ist 
es  aneh  wieder  Tomehmlieh  zuzuschreiben,  dals  die  Kavallerie  in  der 
Hasse  in  der  Schlacht  bei  St.  Onentin,  zn  der  die  Gefechte  bei 
Tertiy  und  Poenilley  das  Vorsinel  waren,  so  wenig  leistete. 

Der  vom  General  v.  Goeben  ftir  den  19.  Jannar  gegebene  An- 
griffsbefehl hebt  ein  energisehes  Vorgehen  aller  Heeresteile  von  den 
bis  dahm  eireiehten  Punkten  besonden  hervor.  „Sollte  aber  der 
Feind",  so  schliefst  der  Befehl,  „unseren  Angriff  nicht  abwarten,  so 
ist  er  mit  Anfbietnng  der  letzten  Kräfte  energisch  zu  verfi^lgen,  da  die 
Er&hruog  lehrt,  dafo  bei  so  schwach  organisierten  Streitkzäfiken  nicht 


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Die  8.  KsvAllMto-Dhritioii  im  Kriete  1870—71.  263 

MwoU  der  Kampf  Belbst,  ala  die  dmehgreilende  Ansbentang  desaeLben 
die  grObten  Erfolge  giebi**  Dem  €^enl  t.  Kumner  nebet  der  Korpe- 
Artillerie  waien  die  Straben  Uber  EtieillerB  ond  Vermand  zum  Vor> 
marseli  beseiduiet  wordeiL  Zu  mögliebster  Umfusimg  von  St  Qaentin 
TOD  Norden  ber,  batte  deb  insbesondere  General  Graf  d.  Groeben 
naeb  links  hin  bis  anf  die  Strafse  naeh  Cambrai  anssndebnen.  Die 
gemisohte  Division  setste  sieb  frttb  8  Uhr  yon  Poenillj  ttber  Ver^ 
mand  auf  Holnon-Selen€j  in  Maneb,  indes  die  Kavallerie-Brigade  * 
Graf  Dohna  in  genau  dezselben  Zusammensetzang  wie  tags  Torber, 
am  OmignoD-Bache  entlaog,  in  Richtung  Bellenglise  die  naeh 
Cambrai  führende  Stralse  erreichen  sollte.  Bei  der  Pestel'seben 
Avantgarde  befanden  sich,  aulser  den  drei  fisiLadrons  7.  Ulanen,  die 
1.  und  4.  der  5.  nnd  die  2/3  reitende  Batterie,  im  Gros  dagegen 
die  2.  und  4.  der  14.  Ulanen.  Kine  Marschreserve  fand  sich  an 
diesem  Tage  nioht  wieder  ausgeschieden.  Auf  dem  Flügel  der  feind- 
lichen StelloDg,  gegen  welchen  der  prcafnische  linke  FlUgel  sieh 
vorwärts  bewegte,  befand  sich  das  XXilL  französische  Korps,  dessen 
linker  FlUgel  sich  mit  der  Division  Payen  an  die  Somme  anlehnte, 
während  der  rechte  mit  der  Division  Kobin  von  Franeilly  bis  Fayet 
reichte.  Zwischen  beide  Divisionen  eingeschoben  war  die  Brigade 
Isnard.  Die  vorderste  Linie  der  Franzosen  wurde  hier  bezeichnet 
darch  die  Orte  Fayet,  Holnon,  das  Wäldchen  südlich  des  letzteren 
Ortes  ond  die  Höhen  bei  Dallon.  Der  Zufall  wollte  es  also,  dafs 
die  minderwerteston  Trappen  der  Franzosen  an  deren  Hauptrtlck- 
ZQgsstrafse  nach  Cambrai  standen,  was  man  aber  preufsischerseits 
selbstredend  nicht  wissen  konnte.  Es  war  das  vollends  ausgeschlossen, 
als  General  v.  Goeben  die  Operation  von  Amiens  ^egen  den  eben- 
falls noch  in  der  Operation  befindlichen  Gelmer  ansetzte.  Das 
Wetter  war  trübe,  ab  und  zn  liel  feiner  liegen.  Der  kreidehaltige  Boden 
war  sehr  erweicht,  stellenweise  sotrar  mit  Wasser  bedeckt,  wodurch 
jede  Bewegung  aufserhalb  der  Strafsen  aulserordentlich  erschwert 
war.  Dazu  bot  das  Gelände  mancherlei  Schwierigkeiten,  besonders 
durch  die  Dämme,  welche  häufig  die  einzelnen  AckerstUcke  be- 
grenzten. Der  seitens  der  g-enüschten  Division  auf  Vermand  ein- 
geschlagrene  Weg  zeigte  die  deutlichsten  Sparen  des  auf  ihm  statt- 
gehabten Rückzuges  der  Franzosen.  In  Vermand  wurden  zahlreiche 
Nachzügler  augetroffen.  Zur  Säuberung  des  Urtes  mufste  vorerst 
eine  Kompagnie  (4./44.)  zurückgelassen  werden.  Ostlich  Vermand 
stiefs  die  an  der  Tete  der  Marschkolonne  befindliche  1.  Eskadron 
der  7.  Ulanen  auf  eine  geschlossene  Abteilung,  welche  aber  so- 
fort in  schneidiger  Attacke  zersprenget  wurde.  Etwa  100  Mann, 
Mannesoldaten  und  Mobilgarden,  wurden  zu  Gefangenen  gemacht. 


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264  'Ol»  8.  Savaltoiie-Blviaioii  Im  Kriege  1870—71. 


Die  Ulanen  verloien  7  Mann  nnd  18  Pfeide.  Das  Gfos  der  Ayant- 
gaidenkavallerie  nebst  der  2/8  reitenden  Batterie  nahm  Ostlicb 
Vennand,  an  der  Moalin  de  ViUeeliolles  AnfirteUnng.  Die  mittler* 
weile  aof  Holnon  weiter  Torgegangenen  Abteilungen  der  7.  (Jlanen 
fonden  den  diesem  Orte  vorgelegenen  Wald  zwar  noeb  nnbesetet» 
den  Feind  aber  gerade  im  ßegriffe,  die  Besetzung  Ton  Holnon 
ber  zu  bewirken.  Die  den  Ulanen  Uber  l'Abbaye,  also  aaf  der 
n^rdlieheren  StraCse  gefolgte  Avantgarden-Infanterie  erreiebte  den  dies- 
seitigen Rand  ebenfalls  noch  vor  dem  Feinde.  Die  an  der  Tete 
befindlichen,  nnn  ^anz  in  Schützen  aufgelösten  Kompagnien  der  44er 
trieben  die  dann  hn  Walde  angetroffenen  feindlichen  Sebtttzensebwänne 
der  Mobilgarden  des  Ardennes  vor  sich  her,  drangen  mit  deren  nicht 
SD  Gefangenen  gemachten  Resten  gleichzeitig  in  Holnon  ein  and 
besetzten  selbst  den  nördlichen  Teil  von  Selency.  Die  Avantgarden- 
batterie sowie  die  4  reitenden  Gesobtttze  hatten  anter  Bedeckung 
der  2.  Eskadron  der  7.  Ulanen  ans  einer  Stellung  am  Waldrande 
Dördliob  der  Chaussee  (Höhe  134)  das  Voi^ehen  der  Infanterie  gegen 
die  genannten  Dörfer  dorob  Granatfener  unterstützt  Die  beiden  in 
Selency  befindlichen  KompagnleD  der  44  er  Ftlsiliere  worden  später 
nach  Holnon  znrUckgenommen  nnd  Selency  ebenso  wie  die  nörd- 
licher gelegene  Moulin  Coutte  vom  II.  Bataillon  des  1.  Regiments 
besetzt.  Die  1.  und  4.  Eskadron  der  7.,  sowie  die  beiden  Eskadrons 
der  5.  Ulanen  waren  unter  Befehl  des  Rittmeisters  v.  Luck  der  7. 
Ulanen  links  an  Fresnoy-le  Petit  vorbeigegangen  und  hatten  südlich 
Pontru-Pontruet  zur  Siehenin£r  der  linken  Flanke  des  in  da-«;  CTofecbt 
getretenen  Detachements  Stellung  genommen.  Das  Dort  Ciricourt 
wurde  alsbald  stark  besetzt  gemeldet,  es  sollen  sich  dort  2  Bataillone 
befunden  haben.  Das  Gros  der  gemischten  Division  hatte  die 
Direktion  auf  die  Windmllhlenhöhe  nördlich  Moulin  Coutte  genommen, 
indes  die  Batterien  desselben  unter  Bedeckung  der  beiden  Eskadrons 
der  14.  Ulanen  nördlich  Holnon  Position  nahmen.  Das  1.  Bataillon 
Voltigeurs  du  Nord,  welches  die  genannte  WindmUhlenhöhe  besetzt 
hatte,  wurde  nach  einem  „simulacre  de  combat"  in  Unordnung  auf  Fayet 
und  Bois  des  Roses  zurückgeworfen.  Jetzt  fuhren  die  gesamten  28 
Geschütze  der  gemischten  Division  auf  der  WindmUhlenhöhe  Coutte 
auf,  18  nordöstlich  Moulin  Coutte,  16  zwischen  diesem  Gehöfte  und 
Selency  und  beschossen  die  grolse,  zur  Zeit  aus  18  Geschützen 
bestehende  feindliche  Batterie  bei  Moulin  de  C6py,  desgleichen  die 
hin  und  her  flutenden  feindliehen  Infanterie-Abteilungen.  Die  nun 
aber  den  Batterien  ganz  ausgehende  Munition  nötigte  dieselben,  nach 
Holnon  abzufahren.  Trotzdem  gelang  es  6  Kompagnien  44.  Regiments 
unter  Major  Bock  gegen  1  Uhr  in  Fayet  einzudringen,  dessen  öst- 


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Die  8.  KaTiUerle-DiTision  Im  Kriege  1870—71.  265 


iicher  Teil  aber  vod  Teilen  der  Division  Robin  besetzt  blieb.  Zwei 
inzwischen  wieder  mit  Monitioii  Terflehe&e  Batterien  kehrten  in  die 
vorher  innegehabte  StelloDg  niTttek,  am  den  Kampf  mit  der  feind- 
lichen Artillerie  Ton  neuem  aufzimehmen.  Auch  die  Kavallerie- 
Brigade  Graf  Dohna  war  nun  in  der  Sohlacbtstellnng  erschienen. 
Sie  war  Uber  Soy^court  auf  der  Strafse  von  Vermand  gegen  Bellen- 
glise  vorgegangen,  nm  hier  die  Stralse  von  Cainhrai  zu  g:ewinnen. 
Die  Ortschaften  Rihtcourt,  Maissemy,  Pontrn  und  Pontruet  waren 
anbesetzt  gefunden  worrlen,  in  Vendelles.  Jeauconrt  und  le  V'erguier 
aber  nur  Versprengte  vom  Tage  vorher.  Das  Dorf  Bellengüse  liegt 
unmittelbar  jenseits  der  zwischen  hohen  Dämmen  Uber  den  Kanal 
von  St.  Quentin  fllhrenden  Brüok(v  Bei  der  Annäherung  der  preulsi- 
echen  Kavallerie  wurden  die  BrtlL-ke  sowohl,  wie  die  Dämme  zu 
beiden  Seiten  derselben  von  dem  in  Bellenglise  betindlichen  II.  Ba- 
taillon der  4.  Mobilisds  du  Nord,  sowie  der  Bagagenbedeckung  des 
XXIIL  Korps  besetzt.  Die  Tete  der  Kavallerie-Brigade  wurde  mit 
heftigem  Feuer  empfangen  und  mnlste  znrtlckgehen.  Seitens  der 
wenigen  mit  Chassepots  ausgerüsteten  Mannschaften  war  der  Über- 
gang Uber  den  Kanal  selbstredend  nicht  zu  erzwingen,  warum  aber, 
schon  des  Eindrucks  halber,  die  beiden  Geschtltze  nicht  in  Thätigkeit 
getreten  sind,  entzieht  sich  der  Beorteilnng.  Da  nun  aber  auch  der 
Ubergang  bei  Pontru  über  den  Omignon-Bach  stark  besetzt  gemeldet 
wurde  —  es  können  dort  nur  Versprengte  oder  Franktireurs  ^'ewesen 
sein  — ,  mulste  die  Brigade  noch  bis  Maissemy  zurückgehen,  von 
wo  sie  dann  l)ei  Fresnoy-le  Petit  anlangte.  Dort  wäre  es  nun  au  der 
Zeit  gewesen,  die  gesarate  auf  dem  linken  Flügel  befindliche 
Kavallerie  nnter  Belassung  nur  einer  Eskadron  zur  Beot)achtung 
gegen  Pontrn — Pontruet — Bellenglise  zu  einheitlicher  \  erwendung  zu- 
sammenzuziehen.   Das  geschah  aber  nicht. 

Das   Dorf    Fayet   nächst    der  Strafse    nach    Cambrai  war 
ein    fUr    die    Franzosen    hervorragend    wichtiger    Punkt.  Daher 
war  die  noch  in  Reserve  bei  Fbg.  St.  Martin  befindliche  Brigade 
Michelet  der  Division  Payen  nach  Fayet  herangezogen,  auch  die 
Batterie  bei  Moniin  de  Oepy  um  9  Geschütze  der  Armeereserve  ver- 
stärkt worden.    Der  Anmarsch  der  Brigade  Pauly  über  Bellenglise 
wurde  gemeldet.    Um  denselben  zu  beschielsen,  hatte  Rittmeister 
V.  Luek    um   Zuteilung   von   Artillerie    gebeten.     Dem  WlUMOhe 
konnte  nicht  entsprochen  werden.    Das  kombinierte  Regiment  war 
auf  die  Höhe  südlich  Pontruet  geführt  worden.  Dort  Uefe  Bittmdater 
V.  Luck  die  mit  Chassepots  bewaffiieten  Uaunsehafkea  »bsÜKen  and 
den  Feind  beschielsen.    Die  Wirkung  dürfte  keine  neimenaweiie 
gewesen  sein,  ersieht  man  aber  doch  daraus,  dab  es  an  'dem  «8016» 


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266 


Die  8.  KaTallerie-Divtoios  im  Kilttge  1870—71. 


WUlen  zam  Handeln  nicht  fehlte.  Unter  grofsen  Verlasten  mafiiften 
die  44er  Fayet  ränmen  und  auf  die  Windmlihlenböhe  znrUok- 
geben.  Gegen  die  Flanke  der  siegreicb  naohdringenden  Franzosen 
etielsen  aber  von  Selency  5  Kompagnien  vom  4.  and  eine  des 
44.  Regiments  vor;  die  Franzosen  gingen  auf  Fayet  snittek;  das 
Gehöft  Bois  des  Koses  wnrde  genommen.  An  dem  om  diese  Zeit 
aneh  stattfindenden  Sturm  auf  Francilly  waren  6^/.  Kompagnien 
vom  1.  und  4.  Regiment  beteiligt,  6  Kompagnien  ebenfalis  Tom  4. 
und  44.  Regiment  an  dem  auf  die  weiter  südlich  gelegene  Wind- 
mUhlenböbe  (13S).  An  diesen  beiden  letzten  Kämpfen  waren  auch 
die  4  reitenden  Geschütze  der  Batterie  Schräder  beteiligt.  Für  den 
linken  Flügel  auf  dem  auch  die  letzten  beiden  noch  bei  Holnon  be- 
findlichen Batterien  wieder  in  Tbätigkeit  getreten  waren,  trat  ein 
Abermaliger  kritischer  Moment  ein.  Gleichzeitig  mit  der  inzwischen 
eingetrotli'uen  Brigade  Pauly  ging  zum  zweiten  Male  die  Brigade 
Michelet  zum  Angriff  der  WiudmUhlenhöhe  vor,  indes  die  feindliche 
Artillerie  das  Feuer  verstärkte.  Es  war  gegen  4  Uhr.  Für  uns  ist 
das  Vorgehen  der  Brigade  Paulj  auf  dem  feindlichen  rechten  Flügel, 
welches  mit  5  nebeneinander  entwickelten  Bataillonen  erfolgte,  von 
besonderem  Interesse.  Die  Gliederung  ermangelte  also  der  Tiefe, 
die  einzige  Deckung  taud  das  Vorgehen  an  den  kleinen  südlich 
von  Fresnoy  liegenden  Büschen.  Die  einschliefslich  der  beideu 
reitenden  Geschütze  (Leutnant  Tillessen)  der  Brigade  Graf  Dohna 
hier  in  Stellung  befindlichen  2()  Creschütze  richteten  ein  verheerendes 
Feuer  auf  die  angreifenden  Feinde.  Alle  nur  verfügbar  zu 
machenden  Kompagnien  wurden  in  die  Feuerlinie  möglichst  auf  den 
linken  P'lügel  gezogen.  Dem  kräftigen  Schützenfeaer,  im  Verein  mit 
dem  Granatenhagel,  gelang  es,  die  Brigade  Pauly  und  den  rechten 
Flügel  der  Brigade  Michelet  abzuwehren.  Dem  linken  Flügel  der 
letzteren  glückte  es  zwar  bei  Bois  des  Roses  festen  Fuls  zu  fassen, 
aber  auch  das  nur  auf  kurze  Zeit,  denn  der  von  der  üöhe  138 
unternommene  Flankenstofs  verfehlte  seine  Wirkung  nicht  Der 
Feind  flutete  auf  Fayet  zurtlck,  welches  Dorf  zuerst  wieder  vom 
II.  Bataillon  44.  Regiments  besetzt  wurde.  Die  durch  die  Truppen- 
einteilung auseinandergerissene  ursprüngliche  3.  Kavallerie-Division 
—  aufeer  den  beiden  in  Amiens  bezw.  in  Peronne  befindlichen 
Eskadrons  —  hatte  der  Zufall  auf  leicht  durch  den  Willen  zn  be- 
herrschendem Räume  auf  bezw.  hinter  dem  diesseitigen  linken  Flügel, 
also  gerade  an  der  richtigen  Stelle  zusammengeführt,  so  dafs  ihrer 
einheitlichen  Verwendung  nichts  im  Wege  stand.  Selbst  die  Ver- 
säumnis, dafs  eine  \'ereiuigung  der  Division  nach  dem  Eintreffen 
der  Brigade  Graf  Dohna   nicht  stattgefunden  hatte,   wäre  mit 


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Die  8.  Kftvalleito-DiTiBioii  im  Kriege  1870—71. 


267 


Leichtigkeit  noch  nachzuholen  gewesen,  als  der  letzte  Angrifif  des 
Feindes  sich  einleitete.  Man  benntzte  nicht  die  so  einer  Attacke 
im  grolsen  ÖtUe  sieb  darbietende  Gelegenheit;  ohne  zu  einem  Ent- 
schlüsse zu  kommmen,  blieb  man  in  abwartender  Haltung  mUfsiger 
Zuschauer  des  heldenmütigen  Kingens  der  Scbwesterwaffen.  Der 
geeignete  Moment  zju  Attacke  war  gekommen,  als  der  feindliche 
Angriff  abgeschlagen  war  und  die  Trümmer  desselben  auf  Fayet- 
Grioourt  zuriicktluteten.  GlUokte  dagegen  der  feindliche  Angrifif,  dann 
bfttte  erst  recht  attackiert  werden  mttssen.  Attackiert  mnlate  also 
auf  alle  Fälle  werden.  FUr  diese  Unterlassung  giebt  es  keine  £nt* 
schuldigong,  denn  was  der  General  v.  Strantz  mit  seinen  Reserve- 
Dragonern  anf  dem  alleren  Flttgei  der  Schlachtstellung  so  herrlich 
vollbrachte  —  auch  kleinere  Kavallerie-Abteilungen  gelangten  dort  zu 
erfolgreicherXhätigkeit  — ,das  hätte  man  hier  ebenfalls  leisten  and  somit 
den  Gesamterfolg  erhöhen  können.  Den  Exerzierplatz  kann  man 
natürlich  nicht  mit  in  den  Krieg  nehmen.  Das  Gelände  muls  man  sich 
dadurch  dienstbar  machen,  dals  man  die  demselben  entsprechende 
Attaekeuform  wählt.  Kann  man  nicht  in  breiten  Fronten  attackieren, 
dann  thut  man  das  eben  in  weniger  breiten,  selbst  die  Attacke  in 
Kolonne  bleibt  nicht  L-anz  ausgeschlossen.  Die  abgeschlagene  Bri- 
gade Pauly  niederzureiten,  war  in  jeder  Form  möglich.  Vielleicht 
wäre  darnach  eine  Panik  auch  in  die  grolse  französische  Batterie  bei  der 
Moulin  de  C6py  zu  tragen  gewesen.  Aber  es  geschah  nichts,  selbst  der 
^'ersnch,  gegen  die  Strafse  St.  Quentin-Caiiihrai.  auf  welcher  die 
frauzüsiscbe  Armee  ungestört  „sa  retraite  pr^cipit^e'*  bewerkstelligte, 
vorzugehen,  unterblieb. 

Die  6  Geschütze  der  reitenden  Batterie  hatten  224  Granateu 
verbraucht.  Die  \erluste  der  Kavallerie  des  Truppenkorps  Graf 
Groeben  betrugen  am  Tage  von  St.  Quentin  eiuschlielslich  der- 
jenigen der  reitenden  Batterie  nur  14  Mann  und  25  Pferde. 

Die  hereinbrechende  Dunkelheit  sah  das  geschlagene  französische 
Heer  mit  dem  XXIIL  Korps  in  eiligem  Kückzuge  nach  Cambrai, 
mit  dem  XXII.  schon  frtiher  noch  auf  Bohaiu  und  le  Cateau 
Cambresis.  Die  i'reufsen  blieben  ftlr  die  Nacht  in  St.  Quentin  und 
den  eroberten  Dörfern,  die  kombinierte  Kavallerie-Brigade  in  und 
bei  Maissemy. 

vra. 

Verfolgruug  und  Sclilufs. 
In  der  Schlacht  von  St.   Quentin   war  seitens  des  Generals 
v.  Goeben  der  französischen  Nordarmee  endlich  die  entscheidende 
Niederlage,  von  welcher  sie  sich  nicht  wieder  erholen  sollte,  bei- 


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268 


Die  a.  Kavallexie-DiTiiloii  im  Krieg«  1870—71. 


gebracht  worden.  Der  dem  Tage  folgende  Nachtmarsch  führte  eine 
völlige  Auflösang  des  an  nnd  für  sieb  lockeren  GefÜges  der  feind- 
lieben Armee  berbei.  Da  bereits  am  20.  Jannar  früh  4  Ubr  die 
ersten  Trappen  derselben  in  Cambrai  eintrafen  and  in  den  anderen 
Rttekzagsrichtungen  entspreobende  Entfernungen  zurückgelegt  wurden, 
konnte  eine  erst  am  anderen  Tage  in  die  Wege  geleitete  Verfolgung, 
die  es  als  nnerlälslicb  bingestellt  batte,  dafs  alle  Truppen  5  Meilen 
sn  marschieren  hätten,  von  nennenswertem  £rfolge  nicht  mehr  sein. 
Es  zeigte  sich  auch  hier  wieder,  welcher  nnglan blichen  Marsch- 
leistungen  geschlagene  Truppen  fähig  sind.  General  v.  Kummer 
batte  Uber  le  Cateiet,  (^i  neral  v.  Bamekow  Uber  Sequehart  auf 
Clary-Candry,  General  Graf  Lippe  über  Bohain  auf  Le  Cateau- 
Cambresis  und  auf  Guise  zu  verfolgen.  Die  Tete  des  linken  FlUgels 
hatte  das  Truppenkorps  Graf  Groeben.  Die  kombinierte  Brigade 
Graf  Dohna  brach  bereits  früh  6  Uhr  mit  9  Eskadrons,  aber  nar 
2  reitenden  Geschützen  (Leutnant  Tillessen)  von  Maisseray  Uber 
le  Cateiet  gegen  Cambrai  auf.  Dafs  nicht  die  franze  reitende  Batterie 
der  Verfolgungskavallerie  zu^^eteilt  war,  niuls  als  fehlerhaft  be/.eiehnet 
werden.  Bei  der  nur  unzulänglichen  Aüsrtlstunfr  mit  g-eeifrneten 
Handfeuerwaffen,  bedurfte  es  des  ganz  besonderen  Nachdrucks  der 
Artillerie,  um  etwa  sich  entgegenstellendem  Widerstande  nachdrück- 
lichst zu  begegnen.  An  der  Tete  befanden  sich  die  14.  Ulanen. 
Die  3.  Eskadron  ging  auf  der  Stralse  selbst  vor,  die  1.  und  2.  links, 
die  4.  rechts  derselben.  In  Bellicourt  wurden  die  ersten  Nachzügler 
angetroffen.  Von  solchen  dort,  bei  le  Cateiet  und  weiter  hin  gegen 
Bonavy  Ferme,  wie  auch  später  bei  Masnieres  nnd  Rumilly  geleisteter 
Widerstand  wurde  bald  durch  die  Artillerie  im  Verein  mit  den  zu 
Fuls  fechtenden,  mit  Chassepots  bewalFneten  Ulanen  gebrochen  und 
so  bis  Cambrai  hin  einige  hundert  Gefangene  gemacht.  Um  4  Uhr 
traf  die  Brigade  vor  der  südlichen  Vorstadt  des  Platzes  ein.  .^Is 
der  Feind  aber  mit  Infanterie  vorging,  muiste  die  Brigade  bis 
Rumilly  zurückgehen.  Die  Avantgarde  der  gemischten  Division  be- 
setzte später  Rumilly,  während  das  Gros  bis  Masnieres  folgte.  Die 
Kavallerie-Brigade  ging  nach  Riböcourt  und  Gegend,  sich  westlich 
bis  Flesqui^res  ausdehnend.  Das  Verfcdgungsresultat  aber  war 
wiederum,  wie  auch  nach  der  Schlacht  an  der  Hallue,  ein  durchaus 
negatives,  denn  am  20.  Abends  schrieb  General  v.  Goeben  in  Belli- 
court: „Sehr  gut  hat  Faidherbe  aber  seinen  RUckzug  bewerkstelligt, 
noch  bin  ich  durchaus  nicht  ganz  sicher  Uber  die  Richtung  desselben. 
Es  scheint  eine  kleine  Abteilung  auf  Cambrai,  die  gröfsere  aber 
auf  Landrecies  gegangen  zu  sein.**  Eine  verhältnismäfsig  spät  und 
dann  uaturgemäls  direkt  augesetzte  Verfolgung  wird  aucii,  was  das 


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Die  8.  Kavallerto-DiTiakm  im  Kriege  1S70— 71. 


269 


EikeDnen  der  femdllohen  Rllekzagsrichtimg  anbetriflfk,  steto  nor  tin- 
genttgeode  EigebnisBe  haben.   £mt  am  folgenden  Tage  meldete 
Bittmeister    Lnek,  General  Faidberbe  solle  (kir  sdne  Person  bereite 
in  der  Naeht  znm  20.  Jannar  nm  2  Uhr  In  Gambrai  eingetroifen 
sein  and  daselbst  aneh  Im  Laufe  des  Tages  ein  grolser  Teil  der 
Armee  mit  viel  ArtiUerie,  anf  swei  Straben,  etwa  10-  bis  16000  Mann. 
Das  feindliehe  Heer  war  also  im  allgemeinen  doeh  auf  Oambiai 
nirttokgegangen,  wenn  aneh,  wie  besonders  das  XXIL  Korps,  von 
Si  Qnentin  ans  sonSehst  in  nordOsdieher  Riehtang  ansholend. 
Genend  Faidherbe  gianbte  sn  seiner  Beorganisation  die  eimehien 
Heeresteile  in  feste  Flätie  bringen  an  soUen.  Cambrat  wurde  für 
die  DiTision  da  Bessol,  Anas  für  die  Division  Demtj^  Doom  fVat 
die  Division  Robin,  Videneiennes  ftir  die  Brigade  Paaly,  Lille  für 
die  Division  Payen  nnd  Sk  Omer  fUr  die  Brigade  Isnard  bestimmt 
Faidherbe  selbst  begab  sieh  naeh  Lille.   Die  stattfindenden  Be- 
wegongen,  sn  denen  aneh  die  Bahnen  in  Anspmeh  genommen  worden, 
waien  sehwer  erkenntlieh,  denn  selbst  für  Patronillen  war  es  schwierig, 
in  den  Bereieh  der  sehfltzenden  Festangen  zn  folgen.    Mit  der 
Armee  war  dies  gans  onthanlich.    Deshalb  fand  ancb  mit  dem 
bereits  am  20.  erreichten  Abschnitt  Masniöies-Marcoing  fUr  die  ge- 
misohte  Division  die  Vorwirtobewegnng  schon  ihr  Ende.    Links  schob 
sieb  die  15.,  reohts  die  16.  neben  die  gemisehte  Division.    Von  ihr 
wurden  die  Orte  westlich  des  l'Escaut  daher  am  21.  Januar  geräum^ 
dafUr  dehnte  sie  sich  aber  in  der  Tiefe  bis  Lesdain  und  nach  rechts 
bis  zur  Eisenbahn  Gambrai-St  Qaentin  aus.    Die  Kavallerie-Brigade 
dislozierte  nach  Crövecoeur,  woselbst  die  9.  Kompagnie  1.  Regiments 
ihr  zageteilt  wurde.   Als  dann  aber  am  22.  Januar  die  15.  Division 
mit  der  Fulsabteilnng  der  Korpsartillerie  und  dem  8.  Kürassier- 
Kegimente  in  Linie  Achiet  -  Bapaome  -  Beugny  le  Cbäteau -Beaamets 
gegen  Airas  nnd  Cambrai  aasgebreitet  wurde,  liel  dem  Truppenkorps 
des  Generals  Graf  v.  d.  Groeben  im  Anschlufs  nach  rechts  zur  Be- 
obaohtang  von  Cambrai  der  Abschnitt  Marcoing-Masni^res-Crävecoeor 
wieder  zn.    Die  16.  Division  befand  sich  westlich  der  Bahn  Cambrai- 
St.  Quentin  in  Claiy,  Marets,  Pr<^mont  und  Brancourt  westlich  Bohain 
und  beobachtete  aufserdem  die  StraDse  Cambrai-Le  Catean  Cambresis. 
Aus  dieser  Stellung  der  Armee  —  das  Truppenkorps  war  jetzt 
wieder  dem  Oberkommando  direkt  unterstellt  worden  —  sollten  die 
im  Rayon  des  Feindes  liegenden  Eisenbahnen  und  Brücken,  ebenso 
auch  die  TelegraphenlcituDgen   und  zwar  durch  Zerschlagen  der 
Isolatoren    zerstört   werden.     Eine   solche   Zerstörung   wurde  am 
22.  Januiir  nordöstlich  Cambrai  an  der  Strecke  nach  Bouchain  bei 
f^caadoeuvres  von  der  4.  fislLadron  der  5.  Ulanen  und  einer  Kompagnie 


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270 


Die  8.  Kavallerie-Division  im  Kriege  1870—71. 


des  1.  Begimento  ansgefltbri  Die  foitgesefaEl  beoliaeliieteii  Truppen* 
ableituDgen  tod  Cambrai  naeb  dem  Norden  lieÜBen  die  Annabme 
berechtigt  ersebeinen,  dab  CSambrai  nnr  noeb  aebwacb  besetzt»  daber 
einer  Eapitnlation  TieDdebt  niebt  abgeneigt  wL  Hieran  anfrofordeni, 
war  seitens  des  Generals  Graf  d.  Groeben  dessen  Ordonnanz-Oflisier» 
Fremier-Lentnant  t.  Voigt  ron  den  7.  UJanen  beaoflragt  worden; 
er  erliielt  indes  yom  Kommandanten  des  Platses  einen  ablelmenden 
Besebeid.  Das  Armee-Oberkommando,  welebes  am  21.  sieb  in  Caadiy 
befänden  batte,  ging  am  22.  naeb  8i  Qnentb  zorttek,  wobin  Beiais 
za  etablieren  waren.  Am  23.  waren  Kontribntionen  von  mtfglidist 
25  Franes  anf  den  Kopf  der  BevOlkemng  zo  erheben.  Zn  diesem 
Zweeke  wnrde  am  28.  ein  Detaehement  des  Trappenkorps  (IL/1., 
1.  4./U.  5,  2  Geschtttze)  nnter  Migor  y.  Elpons  entsandt  Es  batte 
gleichzeitig  die  Soarpelinie  zwischen  Donai  und  Azras  7on  Corbebem 
bis  Famponx  rekognoszieren  zn  lassen.  Um  9  Uhr  moigens  wnrde 
▼on  Masniires  angetreten  nnd  Uber  Bibtoonrt,  Havrinconrt,  HoenTres 
nnd  Jneby  nach  Marqnion  an  der  8tra(se  Gambrai-Amis  marsehiert 
Am  nXehsten  Morgen  Irflh  6  Uhr  wnrde  dann  I  Offizier  mit 
46  Pferden  mit  der  Erkundung  der  Scarpe  beanjftragt.  Das  Detache- 
ment  marsebierte  indes,  die  8.  Kompagnie  in  Marqnion  znr&eklassend, 
nach  Ltolnse,  von  wo  ans  Beitreibnngen  vorgenommen  wurden.  Bei 
Arlenx  ferner  an  der  Senste  bei  Dnry,  Etreplgny  nnd  Anbigny-an 
Bae  stiefe  man  anf  feindliche  Detacbements,  anch  wnrden  Tmppen- 
milrsebe  beobachtet  Vor  einem  dann  anf  L6olnse  vorgehenden 
feindlichen  Detaehement  trat  Miyor  v.  Elpons  den  Rttckmarsch  aber 
Marqnion,  woselbst  das  Detaehement  gespdst  wnrde,  nnd  Jnchy  nach 
Havrinconrt  an.  Von  dort  wnrden  am  folgenden  Tage  nnter  Be- 
decknng  der  6.  Kompagnie  die  requirierten  Vorräte  nach  Pdronne 
instradiert.  Das  Detaehement  marsehierte  nach  Masniöres  znrBck. 

Mitflerweile  hatte  auch  am  24.  Januar  der  Abmarsch  hinter 
die  Somme,  zn  welchem  General  v.  Goeben  sich  entschlossen  hatte, 
begonnen.  Die  3.  Reserve-Division  nebst  der  Garde-Kavallerie- 
Brigade  war  Uber  le  Catelet  abmarschiert.  Am  25.  folgte  die 
16.  DiviBioD  and  am  26.  die  kombinierte.  Die  Kavallerie-Division 
gelangte  an  letzterem  Tage  nach  Combles  und  Sailly-Saillisel.  Sie 
war  von  der  kombinierten  Division,  welcher  aber  die  3  Eskadrons 
der  7.  Ulanen  zugeteilt  blieben,  jetzt  getrennt  ond  wieder  nnter 
direkten  Befehl  des  Generals  Graf  v.  d.  Groeben  gestellt  worden.  Am 
27.  erreichte  die  Kavallerie-Division  Albert  nnd  Gegend.  Für  den 
Fall  feindlicher  Offensivbewegungen  in  diesen  Tagen  hätte  die 
Division  sieh  dem  noch  gegen  Bapanme  stehenden  General  v.  Kummer 
zn  nnterstellen  gehabt  Als  dann  am  2a  Jannar  die  15.  Division 


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Die  3.  Kawülerie-Division  im  Kriege  IB'iO—li. 


271 


derart  etabliert  worden  war,  dafe  die  80.  Infanterie-Brigade  nebst 
2  Batterien  und  dem  Königs-Hosaren-Regimeot  zwischen  Achenx 
und  HädaQTÜle  stand,  die  29.  Infanterie-Brigade  aber  mit  dem 
66.  Regiment,  dem  8.  Kürassier-Regiment  and  den  beiden  anderen 
BfttteiieD  Yorwftrts  VOIers  Boeage  in  Unie  Maonrs-Talmas-Rnbemprd, 
dem  Rest  aber  in  Amiens,  kantonnierte  die  7.  Kavallerie-Bri^e 
nebst  der  Batterie  rom  29.  ab  auf  dem  linken  Flügel  der  hinter 
der  Somme  aafgestellten  Armee  stidlieb  der  Stral^e  Amiens-Holliens- 
\idame  mit  dem  Dlvisionsstabe  In  BoveUes.  Ein  Detaefaemoit  anter 
Migor  Sehenck  (I.  I1./3.,  1.  2./U.  5,  1.  sebw./I.)  war  znr  Be- 
obachtong  von  Abbeville  naeh  Hangest  nnd  Pioquigny  vorgesehoben 
worden.  Ifit  der  Heldong  des  Yorbandenseins  sttrkerer  feindlieber 
Truppenabteilungen  in  Ailly-le  Hant  Gioeher  ging  gleichzeitig  die 
Naohricht  von  dem  bereits  nnterzeiebneten  WaffenstUlstandsvertrage 
ein,  der  jedoeh  erst  am  31.  Janoar  mittags  12  Uhr  in  Kraft  za 
treten  hatte.  Bis  dahin  war  eine  Einstellnng  der  Feindseligkeiten 
auf  Grundlage  des  statos  qno  zwar  zulässig,  es  malste  aber  mOgliehst 
yiel  Terrain  naeh  dem  Feinde  zu  besetzt  werden.  General  Graf 
T.  d.  Groeben  wurde  angewiesen,  den  Befehl  Uber  die  gegen  Abbeville 
disponibelen  Trappeo  za  übernehmen,  bis  znm  31.  mittags  HaUeneonrt 
and  Longprö-les  Corps  Saints  za  besetzen  nnd  Vortrappen  naeh 
Oisemont,  Pont-Remy  nnd  Aüly  vorzasehieben.  Die  7.  Kavallerie- 
Brigade  war  von  Bovelles  über  Briqoemesnil,  Molliens-Vidame, 
Camps  naeh  Airaines  vorgegangen.  Der  letzteie  Ort  warde  feindlicher- 
seita  besetzt  gefanden,  dann  aber  in  Riohtang  aof  Abbeville 
gerttamt.  Als  am  8.  Febraar  die  kombinierte  Division  des  L  Armee- 
koips  aa%elöst  warde,  traten  aaeh  die  7.  Ulaaea  in  den  Verband 
der  3.  KavaDerie-Division  znrttck,  dereo  Bezirk  in  der  Gegend 
€U>amay-Beaavai8-Breteail  sie  am  4.  Febraar  eireiohten.  Am 
23.  Febraar  waxdea  Quartiere  Ostlieh  Amiens  in  der  Gegend  von 
Roddres  und  B/o/ye  and  vom  10.  MSrz  ab  an  der  Hallue  genommen. 
Am  18.  März  standen  die  Trappen  der  1  Armee  vor  Seiner  KOnig^ 
Rehen  Hoheit  dem  Kronprinzen  des  deutschen  Reiches  nnd  von 
Prenfeen  in  Parade  zwischen  Allonville  nnd  les  Alen^ons  F'^,  Front 
gegen  die  Straise  Amiens-Albert.  Im  2.  Treffen  befanden  sich  die 
Kavallerie  nnd  Artillerie,  auf  dem  linken  Flügel  der  ersteren  die 
3.  Kavallerie-Division.  Der  Parademarsch  fand  im  Schritt  in  Zügen 
statt.  Am  21.  März  dislozierte  die  Division  in  die  Gegend  von 
Morenil,  Roye,  Nesle  und  Ham,  woselbst  sie  dann  am  25.  Mai  1871 
behofs  Rückkehr  ihrer  Truppenteile  in  die  Heimat  oder  Übertritts 
znr  Okknpations- Armee  aufgelöst  wurde. 

Wie  aach  die  vorstehende  Darstellung  der  Thätigkeit  einer 


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272 


Der  Kttog  in  Slldafrik*  1899/1900. 


Kavallerie-Division  zeigt,  ist  eine  solche  gar  nicht  denkbar,  olne 
dabei  die  Operationen  im  Grolsen  und  Ganzen  zu  bertlhren.  Damu 
ergiebt  sich  aber,  dafo  das  Stndiom  Hlr  die  Verwendong  grofeer 
Kavallerieköiper  nur  dann  tod  Katzen  sein  kann,  wenn  greise  Ver- 
httltnisse  angesogen  werden.  Das  endliche  Verständnis  ttli  solehe 
zn  gewinnen,  xanSa  das  Streben  jedes  Kavallerie-Ofißziers  sein,  aiieli 
wmoi  die  Anregaug  dazn  von  etwa  nicht  „benifenei^*  Seite  sa 
kommen,  erachtet  werden  sollte.  Die  Haaptsaebe  ist  Immer,  ob  man 
sich  selbst  tttr  berufen  bält  oder  nicht  — 


XXIV 

Der  Krieg  in  Südafrika  189911900. 


Am  26.  Jannar  ds.  Js.  warde  in  No.  27157  der  „London 
Ga/ette*'  die  erste  Serie  amtlicher  Dokumente  Uber  den  Krieg 
in  SUdafriku  v(  rüffentlieht,')  der  am  17.  April  eine  zweite  folgte. 

Auf  Grund  dieses  ersten  authentischen  Materials  kann  nonmehr 
endlich  eine  kriegsgeschichtliche  Abhandlung  sich  gründen,  insoweit 
eine  solche  aus  den  Gefeclitsberichteu  nur  der  einen  Partei  Uber- 
haupt aufgebaut  werden  kann.  —  Amtliche  Berichte  der  Boren 
dUrtteu  aber  wohl  noch  lange  auf  sich  warten  lassen. 

Schon  an  dieser  Stelle  mufs  vorausgeschickt  werden,  dafs  alle 
bisher  in  der  militärischen  Fachpresse  Englands  erschienenen  ,.Ofticial 
despatühes*'  sich  meist  nur  als  mehr  oder  minder  auglUckliche  oder 

1)  Eine  Sondermsgab«  diftser,  niuerem  BetohMOMifer  entepnehMidn 

Zeitung  ist  unter  dem  Titel:  „The  trae  history  of  the  war,  Part  I  and  II, 
beinjf  the  ofticial  despatches  and  enolosures  frora  the  General  (Dommanding- 
in-Chiet  the  torces  in  South-Africa"  am  26.  Janiuir  1900  und  17.  April  1900 
erschienen.  —  Der  1.  Teil  umfafst  den  Zeitrauu  vom  7.  Oktober  löä9  bu 
28.  Deiember  1899,  der  2.  Teil  hier  «uebllerseiid  bis  mm  24.  Jaimar  190a  — 
Die  VerSfiendioluingen,  welche  die  Fehler  der  englischen  Führer  in  helles  Uahk 
rücken,  begegneten  dem  heftigen  Widerspruche  der  Tinß:o  Presse  Trotzdem 
sind  Fortsetzungen  dieser  amtlichen  Quellen  zu  erwarten,  aamal  die  oMohste 
Serie  das  erfolgreiche  Eingreifen  Roberts  behandeln  wird. 


Luyitizuü  by  GoOglc 


Der  Krieg  in  Südafrika  1899/ 19U0. 


278 


nngesohiokte,  jedenfftllB  wUlkttrliehe  Anszttge  ans  den  jetast  vor- 
liegenden TolUtändigen  Gefechtsberichten  danteUen. 

0ie  mtÜiBamen  Kombinationen,  die  hlerdnzeb  militürisehen 
Kritikern  aller  Kationen  auferlegt  waren,  sind  seitdem  groIsenteilB 
wertlose  StUObnngen  geworden. 

Eine  Sehwierigkett  ist  besteben  geblieben,  der  Mangel  an  brauch- 
baren Karten  —  ein  Mangel,  den  die  englischen  Tmppenfthrer  selbst 
am  hifitesten  empfenden  haben.  —  Ldder  sind  aneh  die  den  Gefechts- 
berichten beigelegten  und  im  Text  erwähnten  sketches  nnd  plaas 
nicht  ndt  snm  Abdruck  gelangt,  sondern  in  den  Archiven  des  War 
Office  liegen  geblieben. 

I.  Vorgesoliiohte  des  Krieges. 

Ober  die  unmittelbare  Vorgeschichte  des  Krieges  liegt  anthen* 
tisohes  Quellenmaterial  bereits  seit  Oktober  1899  vor  in  den  Blau- 
bttchern  ^Sonth  Aftican  Bepublie,  0.  9846,  9404»  9415,  9518, 
9521  n.  9580",  welch  letrteies  mit  dem  Ultimatum  schlieisi 

Die  Vorgeschichte  des  gegenwärtigen  Krieges,  die  Geschichte 
der  Entstehung  und  steten  Verschärfung  der  zur  gewaltsamen  LOsnng 
drängenden  GegensStae,  reicht  jedoch  viel  weiter,  auf  ein  ganzes 
Jahrhundert  zurück;  es  ist  daher  noTermeidiich,  die  ältere  Geschichte 
Südafrikas  in  Kürze  zu  entrollen.  —  Ich  folge  hierbei  in  der  Haupt- 
sache den  trefTIichen  Ausführungen  Zimmermanns,  im  3.  Bande  seines 
jungst  erschienenen  Werkes  „Die  caropäischen  Kolonien." 

Am  16.  September  1795  mafste  die  niedergehende  Seemacht 
Holland  nach  I50jähriger  Herrschaft  Kapstadt  nnd  die  Kapkolonie 
einem  englischen  Geschwader  ausliefern. 

Noch  einmal,  im  Frieden  von  Amiens  1802,  gab  das  Macht- 
wort eines  Allgewaltigen  die  Kolonie  an  Holland  zurUek. 

Aber  England  mufste  das  Kap  haben,  wenn  es  Indien 
halten  wollte!  -  Die  Invasionsgefahr  von  1805  ist  kaum  vorüber 
—  England  atmet  auf;  1806,  während  Kapoleon  den  Kontinent  za 
Boden  ringt,  gewinnt  England  mit  seinen  Scbififen  das  Kap  zurück. 

£8  ist  nun  kein  Zweifel,  dals  die  Kolonie  eist  anter  englischer 
Herrschaft  ihren  Wert  bekam. 

Aber  schon  damals  schuf  die  englische  Verwaltung  den  Ur- 
grund zu  jener  Spannung,  die  in  dem  gegenwärtigen  Kriege 
gewaltsam  sich  löst:  Übertriebene  Humanitätsschwärmerei  führte  zu 
der  überstürzten  Sklavenbefreiung  und  zu  der  uuklngen  Malsnahme 
der  politischen  Gleichstellung  der  Ureinwohner  mit  den  altein- 
gesessenen holländischen  Kolonisten,  die  hierdurch  wirtschaftlich 
ruiniert  wurden. 

Jthiitaolter  für  di«  d«aUoha  Arm»«  und  Marin«.  Bd.  116.  9.  18 


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274 


Der  Kitof  in  SttdilHU  1899/190a 


Das  Sklavereiverbot  Uberschwemmte  das  Land  mit  arbeitsscheuem 
Qeundel  —  England  machte  an  sich  selbst  die  £ifahnmg  des  Goethe- 
Mhen  ZaaberlehEUngsl 

Die  schwer  gesdUkUgten  and  dftyh^li^  oosufaedraen  holländischen 
Kolonisten,  die  Buren,  scharten  sieb  zosammen  und  entschlossen 
sich  zur  Auswanderung.  —  Seit  1834  zogen  sie  nach  honderten  mit 
ihren  Yiehherden  nordwärts  und  gründeten  neue  Staaten  in  Natal 
and  jenseits  des  Oranje  und  Vaal. 

Diese  Staatenbildung  fremder  Elemente  war  England  natürlich 
ein  Dom  im  Auge;  mit  den  Waffen  in  der  Hand  folgte  es  nach: 
1843  wurde  Natal,  1848  auch  das  Gebiet  zwischen  Oranje  und  Vaal 
als  britisches  Eigentum  erklärt.  —  Gleichzeitig  versprach  jedoch  der 
englische  Gouverneur  Harry  Sniith,  „das  Laud  jenseits  des  Vaal 
iTransvaal)  würde  niemals  als  britischer  Besitz  proklamiert 
werden,  aufser  auf  Wunsch  der  Mehrzahl  der  Ansiedler  selbst.-' 

Ein  Aufstand  der  Oranje-Buren  unter  Pretorius  wurde  nach 
kurzem  Erfolge  niedergeschlagen;  Pretorius  floh  nach  Transvaal.  — 
Als  er  dort  neuerdings  Scharen  um  sich  gesammelt  hatte  und  mit 
der  Rtlckkehr  drohte,  versicherte  sich  England  in  der  Sandriver- 
Konvention  vom  17.  Januar  1852  der  Neutralität  der  \  aal- Buren, 
indem  diesen  volle  Selbstregierung,  ohne  jede  Einmischung 
der  britischen  Kegierung,  zugesagt  wurde.  —  Pretorius  war 
nun  zwar  isoliert;  es  waren  aber  inzwischen  die  eingeborenen  Stämme, 
im  Oranje-Gehiet  die  Basutos  und  in  der  Kapkolonie  die  Kaffem, 
den  Engländern  über  den  Kopf  gewachsen;  da  zudem  die  englische 
Politik,  unter  dem  Druck  der  gleichzeitigen  indischen  Ereignisse, 
jeder  Expansion  abgeneigt  war,  so  räumten  die  Briten  das  Land 
und  erkannten  am  23.  Februar  1854  auch  den  Oranje-Frei- 
staat  wieder  als  unabhängig  an. 

Aber  die  Krisis  für  England  ging  vorUber.  —  Mit  Hilfe  von 
deutschen  Landsknechten,  denselben,  die  im  Krimkriege  ihre  Haut 
zu  Markte  getragen,  wurden  die  aufständischen  Kaffern  gezüchtigt; 
eine  Viehseuche  fegte  die  lästigen  Leute  vollends  aus  dem  Lande, 
indem  25  000  iiuuL^ers  starben  und  etwa  100  000  auswanderten.  — 
Auch  der  grofsc  Auirnhr  in  Indien  war  glücklich  vorbei  —  England 
hatte  wieder  Luft  und  damit  kehrte  sein  Appetit  zurück. 

An  die  Burenstaaten  jedoch  dachte  man  zunächst  nicht 
mehr!  Der  Suezkanal  ging  seiner  Vollendung  entgegen;  mit  jedem 
Spatenstich,  der  diesen  kürzeren  Seeweg  nach  Indien  eröflben 
half,  sank  das  britische  Interesse  an  Kapland  selbst  und  ganz  be- 
sonders an  den  sttdafrikanischen  Grenzstaaten.  —  Die  Oden  Gras- 
steppen, wo  die  Bmen  ihre  Rinder  weideten,  waren  doch  nicht  des 


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Der  Krieg  in  Sildiirika  ]809/190O. 


275 


fiinsatzes  tod  Gold  qdcL  Blut  wert!  —  Ja,  man  echlng  Rogar  zwei- 
mal, 1858  und  1866  das  Anerbieten  des  Oraige-FraBtaates,  sich 
freiwillig  unter  engÜBehe  Oberhoheit  zn  stellen,  ab. 

Da  trat  ein  anerwartetes  Ereignis  ein;  1867  worden  am 
Oranje-Flnfs  die  ersten  Diamanten  gefiuiden.  Mit  einemmale 
schlag  die  Politik  der  Regierung  um.  Die  bisherige  Zorück- 
haltnng  worde  zor  heftigsten  Gier  nach  den  Diamantengebieten.  Als 
Vorwand  molste  gelten,  dafs  es  im  Interesse  des  Friedens  in  der 
Kapkolonie  liege,  die  Barenstaaten  einzuTerleiben.  Zunächst  wurde 
kurzweg  das  Diamantengebiet  Griqua-Land  annektiert.  Die  Buren- 
staaten widersprachen;  eingesetzte  Schiedsgerichte  entschieden  für 
England.  Transvaal  wollte  mit  Besitzergreifungen  bis  zur  Delagoa- 
Bai  antworten,  scheiterte  aber  an  Englands  energischem  Wider- 
spruch. 

Dem  englischen  Begehren  nach  den  Humistaaten  kamen  iiulsere 
Umstände  zn  Hilfe:  Die  Zulus,  die  mit  di^i  l'uren  stets  im  Streite 
lagen,  riefen  Englands  Schutz  und  Hilfe  an.  Auch  die  Missionare 
machten  ihren  Eintiufs  zu  Englands  (ninsten  geltend. 

Unter  dem  Titel,  die  Hechte  der  Eingetjorcnen  zu  schützen, 
wurde  am  V2.  April  1877  die  Annexion  Transvaals  proklamiert. 
Englische  Truppen  rückten  in  Pretoria  ein,  englisches  Geld  flois  in 
die  leeren  Kassen  des  kleinen  Freistaates.  Beides  half  zusammen, 
um  zahlreiche  Anhänger  Englands  in  Transvaal  selbst  zu  werben. 
Vergebens  remonstrierten  Deputationen  der  Transvaal-Buren,  deren 
Führer  der  Vice-Präsident  Krüger  war,  in  London  gegen  die  An- 
nexion. Die  Niederschlagung  des  Zulu-Aufstandes  (unter  Uetewayo, 
August  1879)  erhöhte  das  britische  Ansehen. 

Endlich,  am  IM.  Dezember  1880  erklärte  ein  von  Krüger.  Jonbert 
und  Pretorius  einberufener  Volksraad  die  Tr ansvaal  -  Kepu blik 
als  wieder  hergestellt.  Die  geringe  englische  Truppenmacht 
wurde  noch  im  Dezember  überwältigt.  Auch  die  aus  Natal  herbei- 
gerufenen britischen  Hilfskräfte  (1400  Mann,  G  Geschütze)  erlitten 
bei  Majuba  Hill  eine  schmähliche  Niederlage  (27.  Februar  I8S1). 

Greises  Erstaunen  in  England!  Der  Präsident  des  Oranje-Frei- 
staates  sollte  vermitteln.  Gleichzeitig  gingen  aber  lUüOO  Mann  als 
Strafexpedition  unter  Sir  Roberts  nach  Südafrika  ab.  Zu  spät  — 
der  Führer  der  geschlagenen  englischen  Truppen,  Sir  Evelyn  Wood, 
hatte  noch  vor  Ankunft  der  Verstärkungen  mit  den  Buren  einen 
Waffenstillstand  geschlossen,  unter  Bedingungen,  welche  Transvaal 
die  Selbstregierung,  jedoch  unter  der  0 berh oheit  Englands 
zugestanden.  England  hielt  sonach  die  Wiederaoinahme  der  Feind- 
seligkeiten nicht  fUr  geboten. 

18* 


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276 


Der  zwischen  Wood  und  Transvaal  abgeschlossene  Paki  wurde 
im  Auprust  Ihsi  durch  einen  f(>milichen  Vertrac  bestätigt. 

Das  mit  diesem  Vertrage  errichtete  Suzeränetäts -Verhältnis  er- 
hielt aber  eine  den  Boren  sehr  unangenehme  äufsere  Form  durch 
die  Einsetzung  einen  englischen  Residenten  in  Pretoria.  So  begannen 
denn  die  Huren  sehr  bald  sich  an  der  Suzeränetät  zu  stolsen.  Nach 
langem  Hin  und  Her  liels  England  in  einer  neuen  Konvention  von 
1884  den  betreffenden  Passus  des  Vertrages  von  1881  fallen  and 
ersetzte  ihn  durch  folgenden:  „Die  Südafrikanische  Republik  i diesen 
Namen  le^'te  sich  der  Transvaal-Staat  1884  bei)  willigt  ein,  k.  inen 
Vertrag  noch  Blhidnis  mit  irgend  einem  anderen  Staat  oder  Volk 
als  dem  Uranje-PVeistaat,  noch  mit  irgend  einem  eingehon  uen  Stamm 
östlich  oder  westlich  der  Republik,  zu  schliefsen,  bevor  derselbe 
nicht  durch  Ihre  Majestät  die  Königin  gebilligt  worden  wäre."') 

Eigentlich  ist  damit  der  Begriff  der  politischen  Unmündigkeit 
aoch  wieder  ausgesprochen,  wenn  auch  mit  anderen  Worten. 

Inzwischen  machte  eine  neue  Entdeckung  den  Transvaal 
noch  begehrenswerter:  Zu  den  Diamanten  war  das  Gold  ge- 
treten. 

Von  diesem  Zeitpunkte  (1884)  ab  verfolgte  England  systematisch 
jene  Politik,  welche  darauf  ausging,  die  Buren -Staaten  durch 
einen  breiten  Gürtel  englischen  Landbesitzes  zu  umschliefsen.') 

So  wurde  Betschuana-Land  (1885).  Zulu-Land  (1887),  Matabele- 
uud  Munit^f'-I^aud'')  etc.  (1888)  bis  zum  Nyassa  hinauf  erworljcn. 
(Mitbesliiniiiend  war  dabei  inii^'-lieherweise  auch  die  Furcht  vor  der 
Ausbreitun«;  Deutschlands  Uber  diese  (rebiete.) 

Die  reichen  Ausbeutungs-Syndikate,  an  deren  Spitze  der  aus 
bescheidensten  Anfängen  einpnrgekomraeue  Cecil  Rhodes  stand, 
spannten  Draht  und  Schienen  Uber  die  weiten  Ländergebiete.  IMe 
Bahn  vom  Kap  bis  Buluwayo,  die  ihre  Fortsetzung  bis  Ghaiinm 
finden  soll,  dann  die  Linie  Beira  —Fort  Salisbary,  verbanden  Rbo- 


^)  Die  hier  angewandte  sophistisohe  Form  erfamert  lebhaft  an  den  Veittag 
von  UaeialB,  wo  Menelik  ebeuo  muiiefUieh  in  ein  Vaeallen-yeriiillidB  sn  Italien 

gebracht  wurde  (siehe  Jahrbücher  1896,  Nov.  Seite  136).  Ebenso  wie  dort  daa 
Wort  „Protektorat"  selbst  nicht  erschoint.  so  ist  auch  in  der  engiiach-trans- 
vaaliticbcn  Konvention  von  lHb4  das  gelaiiriiche  Wort  „SnzeräneWf*  au^drUckHch 
vermieden;  die  italieniachen  bezw.  englischen  Diplomaten  konstruierten  sich 
einÜMli  ana  dem  Sinne  das  Teitea  das  gewttnaehte  Protcktorata-  beaw.  Svae- 
riinetilte.VeiUatnia. 

■'•)  Bei  allen  diesen  Landerwerbtmgen  schob  die  Regierung  zunächst  Kaut- 
lunnnschatten  oder  Missionare  vor.  JedeofaUs  die  praktischste  Art  kolonialer 
Besitzergreifung! 

')  Später  Rhodesia  genannt 


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Der  Krieg  in  SfldaMka  1899/1900. 


277 


desia  mit  zwei  Meeren.  1S91  sicherte  sich  England  durch  einen 
Vertrag  mit  Portugal  das  Vorkaofsrecbt  auf  die  portugiesischeo  Be- 
siUuogeo  slldlieh  vom  Sambesi. 

Aber  gerade  nach  der  portugiesischen  Delag<i:i-H;ii  ging  auch 
der  einzige  Weg  zum  Meere,  den  Transvaal  noch  otien  hatte;  Präsi- 
dent Krüger  erkannte  mit  klarem  Blick  die  Wichtigkeit  dieser  Ver- 
bindung und  betriel)  mit  allen  Mitteln  den  Bau  der  Delagoa-Bahn. 
Aber  auch  hier  wulste  England  bei  der  portugiesischen  Strecke 
der  Bahnlinie  seine  Hand  ins  Spiel  zu  bringen.  Der  dortige  Bau- 
unternehmer war  vor  Vollendung  der  Strecke  zurückgetreten,  weil 
Portugal  —  kontraktbrüchiger  Weise  —  eine  Konkurrenzhabn  kon- 
zessionieren wollte;  der  Unternehmer  verlangte  eine  enorme  Ablösungs- 
summe (2  Mill.  Pfund  Sterling)  für  die  unfertige  Bahnstrecke.  — 
Ein  Schweizer  Schiedsgericht  sollte  die  Streitsache  entscheiden;  nach 
11  jähriger  \  erschleppung  ist  der  Schiedsspruch  kürzlich  in  Bern 
gefallen  und  zw^ar  so  günstig  für  Portugal,  dals  dieses  die  ihm  auf- 
erlegte Summe,  zur  grofsen  Enttäuschung  Englands,  wohl  wird  be- 
zahlen können.  —  England  muls  nun  auf  andere  Mittel  sinnen,  um 
die  Delagoa-Bai  zu  erwerben  and  die  Bareo  endgültig  von  der  See 
abzuschneiden. 

Nachdem  auf  solche  Weise  Transvaal  nach  aulsen  hin  fast 
gänzlich  isoliert  war.  begann  England  ein  jahrelanges  System 
von  Chikanen,  welche  die  Buren  entweder  zur  freiwilligen 
Unterwerfung  oder  zu  einem  Verzweiflungsakt  treiben 
sollten. 

Die  Goldfelder  hatten  Ausländer  aller  Nationen  nach  Transvaal 
gelockt.  Die  Zahl  der  Weilsen  in  Transvaal,  die  1883  etwa  au  000 
betragen  hatte,  war  1890  auf  rund  120  000,  jetzt  bekaimtlich  auf 
290  0(X)  gestiegen.  Hierbei  hatte  freilich  auch  der  aufserordentliche 
Gehurtenübersehufs  des  Burenstammes  seinen  guten  Auteil;  immerhin 
kamen  die  Uitlanders  den  Buren  an  Zahl  nahezu  gleich.  Die  Uit- 
landers  begannen  daher  sehr  bald,  sieb  zu  fühlen  —  und  hier  setzten 
die  Engländer  den  Hebel  ein,  indem  sie  eine  mehrjährige  regelrechte 
Hetze  organisierten. 

Der  Anlals  war  bald  gefunden.  In  der  Konventioo  von  1884 
war  in  Artikel  14  den  Uitlanders,  welche  sich  den  Gesetzen  des 
Landes  unterwarfen,  volle  Erwerbs-,  Besitz-  and  Bewegungs-EVeihMt 
sagestandeu  worden,  ohne  andere  Lasten  (taxee),  als  de  die  Bttiger 
Transvaals  selbst  za  tragen  hatten;  von  gleichen  politiBchen 
BechteUj  wie  sie  die  Blliger  besaHsen,  war  fttr  die  Uitlanders  im 
Vertragstezte  nirgends  die  Bede. 

Gleiehwobl  wurden  solche  Becfate»  wie  Stimm-  nnd  Wahlrecht 


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278 


Der  Krieg  in  ättdafhka  1899;  1900. 


im  Laufe  der  80  er  Jahre  durch  freiwillige  Entschliefsungen  der 
Transvaal-Uegieruog  jenen  Uitlanders  zagestanden,  welche  nach 
einem  gewissen  Zeitraum  daaemden  Wolmsitzes  den  Nataralisations- 
eid  schworen  and  sich  beim  Feldkomet  sam  Kriegsdienst  ver- 
pflichteten. 

Bald  aber  eototand  —  bei  dem  mftchtigen  Anschwellen  des 
Einwandmrstnnnes  —  aas  dem  spontanen  Entgegenkommen  der 
Regierong  eine  innerpolitleche  Gefährdung. 

Der  Bozen-Regierung  war  ja  die  Auf  bessemng  des  Staats^ ckels 
sebr  SU  statten  gekommen;  das  Anwacbsen  der  fremden  BeTölkemng 
bildete  jedoch  eine  förmliche  Oberschwemmongsgefahr,  der  ein  Damm 
entgegengesetzt  werden  molste:  Damit  die  Baren  selbst  nicht  ans 
den  maisgebenden  Stellen  verdrängt  worden,  schnf  man  1890  einen 
zweiten  Volksraad,  in  welchen  die  natoralisierten  Uitlanders  nach 
4  Jahren  wählbar  werden  sollten;  nach  weiteren  10  Jahren  eist 
konnten  sie  aneh  in  den  ersten  Volksraad  gewühlt  werden,  beides 
Jedoch  nnr,  wenn  sie  beim  Natoralisationseide  ihre  frühere  Natio- 
nalitttt  aosdrttcklioh  abgeschworen  hatten. 

Diese  Schranke  erwies  sich  als  nicht  aosreichend;  ein  neues 
Gesetz  entzog  den  nach  1890  natoralisierten  Uitlanders  einen  Teil 
der  bisher  zugestandenen  Rechte.  Indem  das  Wahlrecht  zom  ersten 
Volksraad  normehr  ganz  aosnahmsweise  zogestanden  worde,  ond 
diese  Körperschaft  allein  über  wichtige  Angelegenheiten  zn  entscheideo 
hatte,  so  war  die  Hehrzahl  der  Uitlanders  fortan  von  jeder  politischen 
Einflolsnahme  aosgeschlossen.  Der  grolse  Hanfe  der  AosUlnder  machte 
sich  ans  dieser  Besehneidong  der  politischen  Rechte  nicht  aUzoTiel; 
sie  fanden  in  dem  Goldlande  reichen  Gewion,  die  Traosraal-Regiernng 
sicherte  ihnen  Leben  ond  Eigentom,  mehr  wottteo  sie  too  dem  Boren- 
staate  nicht 

Anders  dachten  die  grolsen  englischen  Unternehmer  nnd  be- 
sonders zwei  geschäftlich  sehr  interessierte  engiisehe  Staatsmänner, 

der  Minister-Piäsident  der  Kap-Regierong  Cecil  Rhodos  nnd  der 
britische  Kolonial-Minister  Chamberlain:  ihnen  war  es  ein  Dom 
im  Auge,  dafs  ein  Teil  ihrer  BetriebsOberschüsse  in  die  Kasse  der 
Transvaal-Regierong  floib;  der  Burenstaat  war  ihres  Erachtens  ein 
Parasit,  der  sich  von  ihrem  Fleische  nährte. 

Als  1893  im  Witwaters-Rand  neue  Goldfelder  —  die  ergiebigsten 
bisher  —  entdeckt  worden,  ond  in  den  folgenden  Jahren  ganze 
Str(}me  Ton  Einwanderern  nach  Transvaal  zogen,  da  hielten  die 
beiden  genannten  Männer  die  Zeit  des  Handelns  für  gekonunen.  Bis 
Ende  1895  hatte  infolge  ihrer  rastlosen  Agitation  in  Transraal  ein 
Uitlander-Bond  von  40000  Mitgliedern  sich  sosammengeschlossen, 


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Det  Kii^  In  SttdiMi  1899/1900.  279 

Qod  Olm  glaubte  man,  sieh  mittelst  eines  Handstrdoliee  der  Hemchaft 
in  Transvaal  bemSchtigen  zu  kOnnen.  Mit  einem  Hänfen  Lands- 
kneebte,  gefllhrt  von  einem  Abentenrer  sebUmmster  Sorte,  wollte 
Rbodes  Jobannesbarg  mid  Ftetoria  ttbermmpeln  nnd,  ontersttttit  von 
dem  Uitlander-Bnnd,  die  Staatsgewalt  an  sieb  reifsen. 

Der  kl&gUcbe  Ausgang  dieses  Pntscbes  ist  bekannt  Am  29. 
Deiember  1896  ttberaebritt  Dr.  Jameson  die  Grenze,  am  Keigabre- 
tage  war  er  mit  allen  seinen  Splebgesellen  bereits  in  der  Gewialt 
der  Buren. 

Sdi  den  EnthUllnngen  der  Ind^pendanee  helg:e  woifs  man,  dals 
hinter  dem  Kap-Minister  Cecil  Rhodes  der  englische  Kolonial-Minister 
stand.  Damit  erklärt  sieb  aach  die  Schwenkung  in  der  Politik 
des  Foreign  office  seit  1897:  ihr  Ziel  ist  die  Kaebe  einer  nm 
den  erhofften  Gewinn  betrogenen  Krämerseele. 

So  lange  der  Prozefs  gegen  Jameson  und  Genossen  schwebte 
and  hierbei  eine  Indiskretion  seitens  des  einen  oder  anderen  Be- 
teiligten zu  befürchten  stand,  so  lange  war  Obamberlain  der  mals- 
volle, Uber  den  Parteien  stehende  Staatsmann;  so  schreibt  er  noch 
am  4.  Februar  1896  in  einer  amtlichen  Depesche,  dals  England  mit 
der  Konvention  von  1S84  die  Sttdafrikanisehe  Republik  in  allen 
inneren  Angelegenheiten  als  eine  freie  nnd  nnabbäugige  Regiemng 
anerkannt  habe. 

Mit  der  aafserordentlich  milden  Bestrafung  der  Flibustier  schwand 
die  Gefahr,  dafs  einer  derselben  aus  der  Schule  schwätzte.  Sofort 
ändert  Chamberlain  seine  Tonart.  Er  fordert  den  Präsidenten  Krüger 
auf,  nach  London  zu  kommen,  um  dort  die  Vorschläge  des  Kolonial- 
amtes über  innere  Reformen  in  Transvaal  entgegen  zu  nehmen. 
Krüger  lehnt  mit  Entschiedenheit  ab,  und  Jetzt  stellt  Phamberlain 
mit  aller  HartnUckitrkeit  den  Satz  von  dem  Fortbesteheu  des 
»Suze ränetäts-Verhältnisses  auf,  welcher  Forderung  KrUger  das 
Verlangen  entgegensetzt,  den  Artikel  4,  aus  welchem  Chamberlain 
die  Oberherrlichkeit  Englands  Uber  Transvaal  konstruiertei  aas  der 
Konvention  von  18R4  zu  streichei). 

Präsident  KrUger  war  es  längst  klar,  dafs  England  Händel  suche; 
in  aller  Stille  traf  er  seine  Vorbereitungen.  Nachdem  er  schon  im 
März  1896  sich  eines  Bundesgenossen,  des  Oranje- Freistaates,  ver- 
sichert hatte,  widmete  er  sich  mit  vollendeter  Umsicht  der  Landesver- 
teidigung. Die  Landeshauptstadt  Pretoria  wurde  zu  einer  modernen 
Lagerfestung  ausgebaut;  Johannesburg,  die  Centrale  der  Uitlander, 
erhielt  eine  Art  Citadelle.  Krapp,  Grenzet  und  Mauser  lieferten  in 
Mengen  die  modernsten  Waffen. 

Alledem  sab  man  in  England  mit  der  gleichen  souveränen  Ver- 


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280  I>or  Krieg  in  SttdaMk»  1899/1900. 

achtang  so,  mit  der  num  1870  in  Frankr^eb  die  Bfaüiniingeii  des 
Oberaten  Stoffel  ttbeihOrte.  Die  Folgen  waren  nngeftlir  die  gleichen, 
wenigstens  anl^ngs. 

Indessen  war  Chamberlain  nneimlldlieli  in  der  Erfindung  Ton 
Cbikanen.  Ende  1897  fand  er  einen  Vertragslmieli  Transvaals  darin, 
daÜB  die  Republik,  obne  voiber  Englands  Genehmignng  naebznaneben, 
der  Genfer  Konvention  beigetreten  war;  dann  folgte  die  Znmntnng, 
dafe  SebloJknoten,  Fraebtbriefe  ete.  niekt  in  der  Landessprache,  dem 
HolUmdiscben,  sondern  englisch  abKafessen  seien.  Krüger  bewahrte 
eiserne  Ruhe;  er  trat  vielmehr,  trotz  der  Gegnerschaft  einer  starken 
Partei  von  Ultra-Boren,  den  Wünschen  nnd  Bedürfnissen  der  Minen- 
Indnstrie  anfinerksam,  aber  klarsehend,  näher,  and  zog  hierdurch  die 
vernünftigen  Elemente  der  Uitlander  sowohl  im  Transvaal,  wie  im 
Kaplande  auf  seine  Seite.  Seine  mit  überwältigender  Mehrheit 
erfolgende  Wiederwahl  zum  Präsidenten  (Februar  1898),  dann  die 
Wahl  des  Atrikaanders  Schreiner  an  Stelle  des  Vollblat-Briten  Sprigg 
znm  Premierminister  im  Kaplande  waren  deutliche  Belege  für  den 
Umschwung  der  Stimmung  in  Südafrika. 

Nachdem  auch  ein  Angriff  auf  das  Dynamit-Monopol  der  Trans- 
vaal-Regierung (wobei  die  Familie  Chamberlain  geschäftlich  inter- 
essiert war)  an  Krügers  Widerstand  ges<dieitert  war,  bot  ein  Polizei- 
Zwischenfall  (Mäiz  1899)  —  Erschieisung  eines  verhafteten  Engländers 
durch  einen  Transvaal-Polizisten  —  einen  willkommenen  Anlals  zu 
weitergehenden  Eingriffen.  Die  Sache  \^iirde  zn  einer  Staatsaktion 
aufgebauscht;  eine  Adresse  von  21(X)0  Unterschriften  bat  die  Köni^n 
von  England  um  Schutz  des  bedrohten  Lebens,  und  obwohl  eine 
Gegenadresse  von  25  (KH)  Uitlanders  dies  für  absolut  unnötig  erklärte, 
benutzte  Chamberlain  die  Gelegenheit,  um  zur  näheren  Untersuchung 
der  Mifsstände  eine  seiner  Kreaturen,  den  iüip-Gouvemeur  Müner, 
aufzustellen. 

Dieser  bestätigte  natürlich,  dafs  es  höchste  Zeit  sei,  Ernst  zu 
machen.  Wenn  man  nicht  allen  Eintiufs  in  Südafrika  verlieren  wolle, 
müsse  die  Regierung  zeigen,  dafs  sie  imstande  sei.  den  bedrängten 
Engländern  in  Transvaal  zu  ihrem  Hechte  zu  verhelfen. 

Chamberlain  schlug  hierauf  eine  Konferenz  zwischf  n  Krilger 
und  Milner  vor.  Am  31.  Mai  1899  trat  diese  in  i^ioemfontein  zu- 
sammen. 

6  BlaubUcher  (C  —  9345,  9404,  9415,  9518,  9521,  9530)  be- 
schäftigten sich  mit  dieser  merkwürdigen  Konferenz  und  ihren  Er- 
gebnissen. 

Die  von  Chamberlain  diktierten  Forderungen,  mit  welchen  Milner 
in  die  Konferenz  eintrat,  waren  absichtlich  so  gestellt,  dafs  sie  ihre 


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Der  Krieg  ia  Südafrika  18d9/t900. 


281 


Urheber  selbst  wohl  ftlr  indiskutabel  hielten.  Kein  Wunder,  dafs 
Milner  mehrfach  aus  dem  Konzepte  kam,  als  KrU^er  sehr  wohl  sieh 
aat  die  Besprechung  der  Vorschläge  einliels;  und  nur  seinerseits- 
Modifikationen  verlangte. 

In  der  Hauptsache  drehten  sieh  die  Verhandlungen  daruni,  dals 
die  Uitlanders  dem  englischen  \  erschlag  zufolge  schon  nach  5jährigeni 
Aufenthalte  und  Ableistung  des  Naturalisationseides  (NB.  ohne  Ab- 
schwören der  bisherigen  Nationalität)  volles  8timmreeht  erhalten, 
sollten;  für  dies  Gesetz  wurde  überdies  rückwirkende  Kraft  verlangt. 

—  Krüger  erklärte  in  aller  Ruhe,  ein  imperiura  in  imperio.  wie  es 
der  englische  Vorschlag  zur  Folge  haben  würde,  werde  der  Volks- 
raad  niemals  annehmen;  ebenso  wenig  liels  er  an  der  Form  des 
fiädes  rütteln,  wogegen  er  hinsichtlich  der  Frist  fUr  die  Erlangnng. 
des  Stimmreohies  yon  14  Jahren  auf  7  Jahre  herabging.  Im  übrigen 
sehlng  er  m,  ttber  alle  noch  strittigen  Paukte  der  Sebweiz  das 
Scbiedsrichteramt  sa  ttbertragen.  Lelsterer  Vorschlag  wiurde  hobeits- 
▼oU  abgelehnt:  zwiseben  England  and  Transvaal  kOnne  höchstens 
ä]i2»-«riTate  Sehiedsriobterkommission  entBcheiden. 

Hiln^*ging  Boweit»  sich  sogar  an  der  Bedingung  zn  stolsen,  dafs« 
Lente  mit  entehrenden  Vorstrafen  das  Bttrgerreeht  nieht  erhalten 
sollten;  er  telegraphierte  bterttber  Tertranllch  an  Chamberlain:  «l^iese 
Bedingung  würde  4  Hanptmitglieder  unseres  Reform-Komitees  in 
Johannesbnig  von  7ome  herehi  ansschlieben**  (Blanbneb  9415  No.  48).. 

Wie  wttrdeyoU  erstattete  dagegen  Krttger  im  Volksraad  zn. 
Pretoria  Beriebt  Aber  das  Ergebnis  der  Konferenz:  „Unsere  Gegner 
haben  uns  nichts  gegeben,  wir  haben  die  Hälfte  unserer  Rechte 
^geben.  Das  ist  ihnen  nicht  genug,  and  neileicht  machen  sie  Kiieg.. 
Wollten  wir  mehr  geben,  so  gäben  wir  unsere  Unabhängigkeit  bin», 
und  hätten  Räuber  und  Diebe  unter  den  Bürgern.  Um  das  Stimm- 
recht ist  es  unseren  Feinden  nicht  zu  thua,  sie  wollen  das  Land.. 
Der  Herr  hat  bisher  unsere  Frdheit  gesehatzt,  Er  wird  sie  uns  nie- 
mals veriieren  lassend  (9415/41). 

Schon  8  Tage  nach  Sohluls  der  Bloemfonteiner  Konferenz,  wo- 
\m  feierlich  der  status  quo  ante  verkündigt  worden  war,  ging  die 
Transvaal-Regierung  auch  auf  den  Gegenvorschlag  IfUners,  ein 
privates  SchiedsrichterkoUegium  betr.,  ein.  Dieses  „arbitration- 
tribunal**  sollte  bestehen  aus  je  einem  Vertreter  der  beiden  Staaten,, 
welche  beide  zusammen  sich  über  ein  drittes  —  das  ausschlaggebenda 

—  Mitglied  einigen  sollten;  dieses  letztere  durfte  keinem  der  beiden, 
Staaten  angeboren. 

Auf  dieses  freimütige  Anerbieten  antwortete  BCilner  erst  nach: 
14  Tagen,  er  habe  allerdings  dergleichen  selbst  vorgeschlagen,  könne- 


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282 


Der  Krieg  in  Sttd&frika  1899/1900. 


es  aber  seiner  Kegierong;  zur  Annahme  nicht  empfehlen  (9518/4, 
Beil.  1).  Und  erst  weitere  5  Wochen  später  verliert  Cbamberlain 
das  erste  Wort  darüber  (9518/10):  Milner  habe  ganz  recht  gehabt, 
dafe  er  ablehnte,  denn  die  ESimuschiing  eines  Fremden  (als  Pritai- 
denft  des  Schiedsgerichts)  kOane  England  ideht  anndimen.  —  Hit 
anderen  Worten,  der  PrSsident  mttftte  auch  Engländer  sein! 

Aiieh  dafs  Krüger,  um  England  noch  weiter  entgegen  zn  kommeD, 
die  Zahl  der  Vertreter  der  lOnenindnstrie  im  Volksraade  von  3  auf 
7»  dann  anf  10  (von  36)  UnanÜBetzte,  dals  er  den  jReolennachweis 
als  Omndlage  fbr  den  Erwerb  des  Wahbreckts  Ton  200  auf  100  ond 
sefaliefsUeh  50  Pfond  Sterling  reduzierte,  wurde  nickt  gewürdigt 
Inzwischen  wurden  diese  so  sekr  en^egenkommenden  Vorscklttge 
Erttgers  dnrck  Volluraadsbeschlnls  vom  26.  Jnli  1899  znm  Gesetz 
erhoben. 

Chamberlaui  erklärte  dies  Air  eine  politische  Ohrfeige;  da 
übrigens  das  Parlament  seit  Ende  Jnli  geschlossen  war, 
so  hatte  er  freie  Hand,  am  Ernst  za  machen:  in  aller  Stille 
leitete  er  Troppensendungen  nach  Südafrika  and  Kriegs- 
rflstangen  in  Natal  und  der  Kapkolonie  ein. 

Anf  die  Anfrage  Stegns  (15.  Aagost  1899  —  9521/24)  ond 
Krügers  {12.  September  1899  —  9521/28),  was  mit  den  Truppen- 
anhänfbngen  längs  den  Ghrenzen  gemeint  sei,  erwiderte  Hilner  dem 
ersteren  —  trotz  bestehender  Thatsachen  —  dais  niebts  wahres 
daran  sei,  es  übrigens  kein  Wunder  wäre,  wenn  England  „gegenüber 
den  Rüstungen  Transvaals**  militärische  Gegenmafsnahmen  treflim 
würde;  und  Krüger  lieb  erfragen,  von  weicken  Truppenanhäufungen 
denn  die  Bede  sei?  Alle  biitiseken  Truppen  in  Südafrika  bäHen 
den  Zweck,  britiseke  Interessen  zu  vertreten.  Gleichzeitig  verlangte 
er  die  Bevision  des  Wahfrechts-Gesetzes  dnrck  eine  ans  Engländern 
ond  Boren  gemisobte  Kommission,  sowie  die  Streiehnng  des 
Artikels  109  in  dem  Entwurf  zur  neuen  Transvaal -Yerfrwsung 
(Grondwet),  wonach  anch  Landesbewohner,  welcbe  nicht  Burgkers 
sind,  zur  Landesverteidigang  aofgerofen  werden  kttnnen,  und  griiF 
endlich  die  alte  Snzeränetätsfrage  wieder  aof. 

Krüger  ging,  des  lieben  Friedens  kalber,  soweit,  dals  er  am 
21.  August  1899  versprach,  alle  auf  der  Bloemfonteiner  Konferenz 
gestellten  Forderungen  dem  Volksraad  zur  Annahme  zu  empfehlen 
unter  der  einen  Bedingung,  dais  England  eki  für  allemal  die 
Suzeränetätsfra^e  fallen  lasse  (9521/86). 

Chamberlain  erklärte  am  28.  August  (9521/43),  die  englische 
Regierang  könne  Sick  unmöglich  eines  Becktes  selbst  entäursem,  das 
ihr  kraft  der  Konvention  von  1884  zustehe;  zur  Entseheidung  der 


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Der  Krieg  in  Sttdftfrilu  1899/1900. 


283 


Dntergeordneteu  Fragen  wollte  Chamberlain  statt  eines  Schieds- 
gerichtes eine  britische  Kommission,  mit  dem  bhtisohen  Geschäfts- 

ttthrer  an  der  Spitze,  aufgestellt  wissen. 

FjS  hätte  sieher  nicht  dieser  ganzen  Reihe  von  Unverschämtheiten 
und  auch  nicht  der  oflenen  KriegsrUstungen  F^nglands  hedurlt,  am 
Krü^rer  über  die  wahren  Ziele  der  rhaniberlainschen  Manöver  auf- 
zuklären; er  und  sein  Kollege  Steijn  zögerten  daher  nicht  iiinger, 
auch  ihrerseits  die  Konsequenzen  zu  ziehen.  Abermals  lieferten  die 
besten  Fabriken  Deutschlands,  Frankreichs  und  —  Englands  selbst 
Seuduug  auf  Sendung  von  Gewehren  (nach  Transvaal  allein  14ÜU0Ü, 
Blaabuch  9530,  S.  9),  Geschützen  und  Munition. 

Infolge  der  schroffen  Ablehnung  zog  Krüger  sein  Anerbieten 
vom  21.  August  in  vollem  Umfange  zurück;  in  dem  klugen  Bestreben 
jedoch,  vor  aller  Welt  jede  moralische  Mitschuld  an  dem  drohenden 
Kriege  von  sich  l't  rii  zu  halten,  ging  er  sogar  auf  das  tVllhere  Ver- 
langen Chainberlains,  betr.  die  Revision  des  Wahlgebetzes,  ein.  ah- 
wohl  dies  eine  Einmischung  in  innere  Angelegenheiten,  also  einen 
wirklichen  Bruch  der  Konvention  von  1SS4  bedeutete.  —  KrUger 
veihiügte  nur  das  Eine,  es  möge  gleichzeitig  konstatiert  werden,  dals 
das  ausnahmsweise  Entgegenkommen  Transvaals  keinen  Träcedenztall 
schaffen  dürfe. 

Chamberlain  erwiderte  (9521/52),  England  könne  sich  in  dieser 
Beziehung  die  Hände  nicht  binden,  und  verlangte  überdies  die  Re- 
Tision  darch  eioe  britische  Kommission  auf  der  Basis  der  letzten, 
eist  küralicb  abgelehoten  und  hierauf  von  KrUger  znrückgezogeaeu 
Vorschläge. 

In  einer  stilistisch  nicht  gerade  glttcklichen  Note  vom  16.  Sep- 
tember (mitenehiieben:  Beitz,  9680/7)  verharrte  Transvaal  aaf  seinem 
Standpmikte  und  gab  sieh  der  Hoffiiimg  bin,  dals  die  englische 
Regierung  ihr  „System,  immer  neue  und  sehnierigeie  Bedingungen 
tn  erfinden,**  anfgeben  and  sich  begnügen  ivoUe  mit  dem,  was 
Chamberlain  seinerzeit  selbst  Terlangt  nnd  was  Transraal  nunmehr 
zugestehen  wolle. 

Am  22.  September  drttckte  Chamberlain  hieranf  sein  Bedanem 
ans  (9580/12),  dafo  sein  gemftlsigtes  (!)  und  versöhnliches  (!)  An- 
erbieten abgelehnt  worden  sei;  die  Saehe  sei  nnn  nahezu  4  Ifonate 
Tersehleppt  worden  (natOrlieh  doreh  die  Schuld  Transvaals!).  —  „Die 
englische  Begierang  sei  nunmehr  gezwungen,  die  Sachlage 
de  novo  zu  erwägen  und  ihre  Yorsehlftge  fttr  endgültige  Bei- 
legung zu  formalieren.'* 

Hierzu  kam  es  nicht  mehr! 

Schon  am  8.  September  hatte  der  Yolksraad  zu  Pretoria 


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284 


Der  Krieg  in  Südafrika  1899/ IdOU. 


fol^'-endeii  einstimmigen  Beschlufs  gefafst  (9530/2):  „Der  N'olksraad 
bedauert  die  englischen  Truppenansaramlangen  au  den  Grenzen  und 
erklärt,  dals  im  Falle  eines  Krieges  Transvaal  eine  Mitschuld  nicht 
treffen  könne." 

Am  19.  September,  als  der  erste  englische  Truppentransport, 
das  II.  BataUloD  Lancasbire  von  Kapstadt  nach  Kimberley  abging, 
versicherte  Milner  den  Präsideateo  Steijn  aoter  lebhaften  FreondscbafU- 
bezeugongen ,  dafis  alle  diese  llafsregeln  niemals  gegen  den  Oranje- 
Freifltaat  geriehtet  seien.  —  SteQn  antwortete  noch  am  gleichen  Tage 
in  nicht  milesaTeratehender  Weise  „er  IcOnne  iLeinen  Grond  sehen,  wes- 
halb man  die  bestehmden  Differensen  mit  Waffengewalt  losen  wolle.  — 
Wenn  England  fort&bre,  Tmppen  an  die  Grenzen  sn  schieben,  die 
gleichseitig  den  E^reisftaat  bedrohen,  so  ltdnne  er  beim  besten  Willen 
nicht  dafür  gut  stehen,  dafo  die  Enegong  ün  Lande  nieht  weite  Kreise 
ergreife.  —  IMe  Begiernng  des  Onuye-Freistaals  lehne  daher  jede 
Verantwortang  ftr  eine  unerwünschte  Entwickelnng  der  Dinge  ab.^ 

Dies  war  doch  dentlich  genug!  —  Gleichwohl  fahr  Chamberlain 
in  den  uKohsten  Tagen  fort,  Stqjn  mit  frommen  Mahnungen  and 
Beehtfertigongcn  sa  bestOrmen,  bis  der  Bescblois  des  Oraige-Volks> 
raads  am  28.  September  die  Sachlage  endgültig  klarlegte  (9530/18): 

„Der  Volksläad  erkllErt,  es  liege  kern  Gmnd  som  Kriege  vor. 
—  Beginnt  oder  veranlalst  England  gleichwohl  den  Krieg  gegen 
Transvaal,  so  werde  dies  moralisch  ein  Krieg  gegen  die  ganze 
weilse  Berdlkernng  Ton  Südafrika  sein,  ▼erhängnisToU  and 
yerbreeherisoh  in  seinen  Folgen;  der  Oranje- Freistaat 
werde  tren  and  redlich  seine  Verpflichtnngen  gegen  Trans- 
vaal hochhalten,  kraft  des  politischen  Bttndnisses  beider 
Staaten  —  mag  kommen,  was  da  wolle!'* 

Einen  Tag  froher,  am  27.  September,  scheint  die  Transvaal- 
Begiernng  Bestimmnngen  erlassen  zn  haben,  welche  den  Kriegs- 
znstand bedeuten:  die  Bnrghers  wurden  zn  iea  Waffen  geralbn, 
alle  Wirtshftnser  geschlossen;  nach  6*  abends  dorfken  keine  KalTeni, 
nach  9^  abends  keine  Weifte  mehr  auf  der  Stralse  sich  aeigen  etc. 

Milner  will  Uber  diesen  liedentnngsvollen  Vorgang  am  4.  Oktober 
depeschiert  haben;  eine  Fofsnote  za  9580/46  besagt  hieiza:  Not  yet 
received  in  Colontal  Office  (!). 

Am  29.  September  hörte  der  Eisenbahnverkehr  Katal-Transvaal* 
Grenze  aof;  nur  der  Posttelegraph  spielte  noch. 

Am  30.  September  liels  Krttger  den  britischen  GeschttflBflUirer 
in  Pretoria,  Conyngham  Greene,  bitten,  seine  Regierung  zn  veran- 
lassen, dals  bis  spätestens  2.  Oktober  die  angekündigten  end- 
gültigen Vorschläge  bekannt  gegeben  würden  (9680/28). 


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Der  Krieg  in  »IdiftlEa  1899/1900. 


285 


Obamberlain  antwortete  am  1.  Oktober,  es  wfirde  wohl  noeb 
einige        danem  (9680/29). 

Ais  bis  zum  2.  OlLlober  abends  keine  Antwort  der  englischen 
Regierong  in  F^retoria  eingetroffen  war,  vertagte  Krttger  den 
Volksraad  ,^ine  die**.  —  Emst  nnd  mliig  ging  die  Versammlnng 
auseinander,  nachdem  der  Präsident  die  Thatsaehe  festgestellt  hatte, 
dafo  England  den  Kampf  wolle  (9680/82). 

Am  gleichen  Tage  kündigte  Steijn  an,  dato  er  im  Hinblick 
auf  die  tiefgehende  Beonrnhigang  im  ganzen  Lande,  henroigemfen 
durch  die  Ao&tellnng  englischer  Tmppen  im  Osten  nnd  Westen,  das 
Aufgebot  an  die  Burgbers  erlassen  habe  (9580/31). 

Am  8.  Oktober  fingen  die  TransTaal-Boren  einen  Goldtraus- 
port  an  der  Grenze  ab  (9530/37). 

Jetzt  erst  ting:en  die  leitenden  Männer  iu  Kngland  an,  daran 
zn  glauben,  dals  die  Buren  Kvuat  machten;  und  sie  sahen  mit 
Schrecken,  dals  England  noch  nicht  gerüstet  warl 

Die  Korrespondenz  Milners  mit  Steijn  vom  8. — <).  Oktober 
(95*30/34,  38,  40,  44)  ist  daher  ein  Kampf  um  Zeitfjewinn:  Eng- 
land habe  die  friedlichsten  Absichten  —  Steijn  wolle  doch  ver- 
mitteln —  die  englischen  Truppenansamnilungen  seien  nur  eine 
Gegenniafsregel  gegen  die  KUstongen  Transvaals  etc. 

Aber  Steijn  reiist  Milner  schonungslos  die  Larve  ab  ('9530/52): 
„Vorbedingung  jeder  \  erniittlung  sei.  dals  England  seine  Truppen 
zurückziehe  nnd  die  noch  auf  dem  Wasser  schwimmenden  Ver- 
stärkungen nicht  landen  lasse.  —  Als  er  am  27.  September  erstmals 
sich  Uber  die  Aniiäufung  englischer  Truppen  beschwert  habe,  sei  noch 
kein  einziger  Bur  zu  den  Waffen  gerufen  gewesen.  —  Dafs  später- 
hin dies  geschah,  das  habe  die  Erfahrung  von  1895  (Jameson) 
dringend  geboten;  die  Rüstungen  beider  Bureurepubükeu  seien  daher 
Notwehrakte." 

Am  gleichen  Tage  —  dem  9.  Oktober  —  Uberreichte 
Transvaal  sein  IMtimatum.  —  Entsprechend  der  Wichtigkeit 
dieser  letzten  diplomatischen  Note  (9530/53)  erscheint  es  von  Wert, 
sie  im  vollen  Wortlaut  hier  wiederzugeben,  zumal  dieselbe  den  ganzen 
Hergang  der  fruchtlosen  Verhandlungen  noch  eiinnal  zusammenfalst: 

„Die  Kegierung  der  sUdafrikanisohen  Republik  ftihlt  sich  ge- 
zwungen, die  englische  Regierung  neuerdings  auf  die  Konvention 
von  1884  zu  verweisen,  deren  Artikel  14  der  weifsen  Bevölkerung 
der  Hepublik  gewisse  liechte  sichert,  nämlich,  dafs  alle  Persooen. 
Eingeborene  ausgenommen,  iosoferne  sie  den  Landes-Gesetz^  äeb 
airterwerfeu, 


286 


Der  Krieg  in  Sttdafnk«  1899/1900. 


a)  volle  Freiheit  haben  sollen,  mit  ihren  Familien  einz-uwandern, 
zu  reisen  und  zu  wohnen,  wo  immer  in  Transvaal  sie  wollen; 

b)  dals  dieselben  das  Recht  haben  solleii,  Häuser,  Fabrikea  etc. 
ZQ  mieten  oder  zu  besitaMn; 

e)  dafs  dieselben  in  eigener  Person  oder  doreh  Agenten  Handel 
treiben  dttrfen; 

d)  dab  dieselben  weder  binsichtiich  ihrer  Person  noch  ihres 
Eigentoms,  Handels  oder  Gewerbes  anderen  allgemeinen 
oder  Ortliohen  Lasten  unterworfen  sein  sollen,  als  sie  von 
den  Bttrgem  der  Republik  selbst  getragen  werden. 

Dies  sind  die  einzigen  Reehte,  welehe  die  englische  Regiening 
in  der  genannten  Konyention  den  UitUmders  reservierte;  nur  eine 
Verletzung  dieser  Rechte  konnte  der  englischen  Regierung  eu  Recht 
la  diplomatisohen  Vorstellungen  oder  Interventionen  geben.  —  Die 
Regelung  aller  Übrigen  Fragen,  betreffend  Stellung  und 
Rechte  der  Uitlanders  ist  durch  eben  dieselbe  Konvention  aus- 
drücklich und  ausschlierslioh  der  transvaalischen  Regierung 
und  Volksvertretung  vorbehalteni  —  Unter  diese  Fragen  fallen 
jene,  welche  das  Stimm«  und  Wahlrecht  und  die  Vertretung  der 
Uitlanders  im  Volksraad  angehen.  —  HierQber  ist  die  Regierung  der 
Republik  mit  der  britischen  Regierung  freundschaftlich  ins  Benehmen 
getieten,  ohne  der  letzteren  hierdurch  irgend  welche  Eänspruchsiechte 
einzuräumen.  —  Diese  freundschaftliche  Aussprache  stand  unserer 
Regierung  bei  Abfassung  des  nunmehr  in  Kraft  getretenen  Wahl- 
rechts- und  Vertretungs-C^esetzes  stets  vor  Augen.  —  Auf  Seite  der 
britischen  Regierung  hat  jedoch  die  freundschaftliche  Art  der  Aus- 
sprache einen  mehr  und  mehr  drohenden  Ton  angenommen.  —  Sdt- 
dem  hat  grolse  Erregung  in  unserem  Volke  um  sich  gegriffen.  — 
£in  Zustand  ttalserster  Spannung  wurde  gesobaffen.  —  Bndlich  bnck 
die  englische  Regierang  durch  die  Note  vom  25.  September  1899 
jeden  freundschaftlichen  Schriftwechsel  Uber  den  Gegenstand  ab  und 
deutete  an,  dafe  sie  nonmehr  daran  gehen  mttsse,  ihre  eigenen  Vor- 
schläge fllr  endgültige  Beilegung  zu  machen.  —  In  dieser  Andcutang 
kann  die  diesseitige  Regierung  nur  eine  neue  Verletzung  der  Kon- 
vention von  1884  erblicken,  wonach  der  britischen  Regierung  kein 
Recht  für  einseitige  Regelung  einer  Frage  zusteht,  welche  ausschliels- 
lich  eine  interne  Frage  der  diesseitigen  Regierung  ist  und  durch 
diese  bereits  geregelt  wurde. 

Im  Hinblick  auf  die  gespannte  Lage  und  die  hiermit  sich  er- 
gebenden Bandels-Verlnste  und  Verkehrsunterbrechungen  war  eine 
Einigung  dringend  erwünscht;  bis  zur  Stunde  shid  jedoch  die 


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Der  Krieg  io  Sttdafrika  1899/1900. 


287 


mehi&oh  in  Aaaaicht  gestellten  Menäf»ttltigen  Vonehlttge"  niebt  an 
ODS  geUmgi 

Es  worden  sogar,  w&brend  der  fireondschafUiche  Schriftwechsel 
noch  im  Gange  war,  TrappenTerstärkuDgren  greisen  MsÜMtabes  von 
der  britischen  Begiemng  ebigeleitet  und  dicht  an  anseien  Gxenzen* 
postiert. 

Im  Hinblick  auf  gewisse  Vorkommnisse  in  der  Geschichte  unserer 
Hepablik,  deren  Erwähnimg  Uberfitlssig  ist,  mnfste  die  diesseitige 
Kegierung  in  den  Trappenanhäafungen  au  der  Grenze  eine  Bedrohong 
der  Unabhängigkeit  der  Südafrikanischen  Bepnblik  erblicken,  zomal 
man  sich  keinerlei  Umstände  bewafst  war,  welche  die  Anwesenheit 
einer  solchen  Tmppenmacht  in  Sudafrika  und  vollends  nahe  an 
nnseren  Grenzen  rechtfertigen  konnten.  —  Eäne  diesbezügliche  An- 
frage wurde  zu  nnsereni  grofsen  £r8taanen  mit  der  verschleierten 
Unterstellung  beantwortet,  als  sei  von  unserer  Seite  ein  Angritf  im 
Werke;  gleichzeitig  wurde  auf  mysteriöse  Möglichkeiten  hingedeutet, 
welche  nnseren  Verdacht  bestärkten,  daXs  die  Unabhängigkeit  der 
Bepublik  bedroht  sei. 

Zum  Zwecke  der  Abwehr  mofste  daher  ein  Teil  der  Bürger 
aufgeboten  werden,  nm  den  erwähnten  Möglichkeiten  wirksam  zn 
begegnen. 

Ihrer  Majestät  ungesetzliche  Inter\ention  in  internen  Angelegen- 
heiten der  diesseitigen  Republik,  eine  lnter\ention,  welche  der  Kon- 
vention von  1SS4  widerspricht,  dann  im  Gefolge  derselben  die  aufser- 
ordentliche  Truppenanhäufung  nahe  an  unseren  Grenzen,  hat  sonach 
eine  unerträjLHiehe  Sachlage  geschaffen,  welche  der  diesseitigen  K»'- 
gierung.  nicht  allein  im  Interesse  unserer  Republik,  sondern  ganz 
Südafrikas,  die  Pflicht  auferlegt,  sobald  als  niö*rlich  ein  Ende  zu 
machen,  ond  ernstlich  und  nachdrtlcklich  auf  eine  unigehende  Lösung 
der  Spannung  hinzuwirken  und  Ihrer  M^gestät  Regierung  za  ersuchen, 
OBS  die  Versicherung  zu  geben, 

1.  dals  alle  strittigen  Punkte  auf  dem  freundschaftlichen  We^xe 
eines  Schiedsgerichts  oder  irgend  einem  anderen  friedlichen  Wege 
geregelt  werden  würden; 

J.  dafs  die  Truppen  au  den  Grenzen  unseres  Staates  omgehend 
zurückgezogen  werden  sollen: 

3.  dals  alle  Truppenverstärkuiigen,  welche  seit  1.  Juni  1899  in 
Südafrika  ankamen,  in  einem  entsprechenden,  noch  zu  vereinbarenden 
Zeitraum  wieder  entfernt  werden  sollen,  wogegen  die  diesseitige 
Regierung  versichert  und  sich  verbürgt,  dafs  keinerlei  Angriff  oder 
Feindseligkeit  gegen  irgend  einen  Teil  der  britischen  Besitzungen  in 
einem  noch  zu  vereinbarenden  Zeiträume  erfolgen  sollen  und,  im 


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288 


Der  Krtog  ia  Sttdaflrik«  1899/1900. 


Falle  des  jenseitigen  Einverständnisses,  auch  die  bewaffneten  BUrger 
unseres  Staates  von  den  Grenzen  zurückgezogen  werden  wurden; 

4.  dafs  Ihrer  Majestät  Trappen,  welche  sich  jetzt  noch  auf  bober 
bee  befinden,  in  keinem  Hafen  Südafrikas  landen  sollen. 

Die  diesseitige  Ke^ierung  mufs  auf  eine  unverzügliche  und  be- 
jahende Beantwortung  lUescr  4  Fragen  dringen  und  Ihrer  Majestät 
Regierung  ernstlich  ersuchen,  besagte  Antwort  vor  oder  am  Mitt- 
woch, 11.  Oktober  1899.  nicht  später  als  5°  nachmittags  ein- 
zusenden, wobei  angefügt  werden  m(>ehte.  lials.  im  Falle  einer  un- 
erwarteterweise nicht  zutriedenstellendcn  Antwort  innerhalb  des 
genannten  Zeitraums,  wir  uns  mit  grolsem  Bedauern  genötigt  sehen 
würden,  die  Handlungsweise  von  Ihrer  Majestät  Regierung  als  eine 
förmliche  Kriegserklärung  zu  betrachten,  und  dafs  wir  uns 
selbst  für  die  hieraus  entstehenden  Folgen  nicht  für  verantwortlich 
halten,  und  dals  wir  in  dem  Falle  weiterer  Truppen liewegungen 
während  des  erwähnten  Zeitraumes  in  Richtung  unserer  Grenzen 
gleichfalls  eine  förmliche  Kriegserklärung  erblicken  müisten." 

Am  10.  Oktober  1899  10**  abends  telegraphiert  Chamberlain 
an  Milner  ( 95:50/07):  „Ihrer  Majestät  Regiening  hat  mit  grofsem 
Bedauern  die  peremptorischen  Forderungen  der  Regierung  der  Süd- 
afrikanischen Republik  erhalten.  In  Erwiderung  derselben  wollen 
Sie  die  Regierung  der  Sudafrikanischen  Republik  in  Kenntnis  setzen, 
dafs  die  von  derselben  aufgestellten  Bedinguniren  derart  sind,  dals 
Ihrer  Majestät  Regierung  sie  für  indiskutabel  c  i  achtet.  • 

Schon  H  Standen  vorher.  7'°  abends,  war  der  britische  Ge- 
schäftsführer in  Pretoria  aufgewiesen  worden,  bei  Übergabe  der 
Antwortnote  seine  Pässe  zu  verlangen  (95:^0/56). 

In  welche  Verlegenheit  die  englischen  leitenden  Staatsmänner 
durch  das  Ultimatum  versetzt  wurden,  zeigt  ein  letzter  verzweifelter 
^'ersuch  Milners.  wenigstens  den  Präsidenten  Steijo  noch  für  sieh 
za  gewinnen;  auf  die  Anfrage,  ob  die  Parteinahme  des  Bloemfonteiner 
Volksraads  flir  Transvaal  aacb  seine  (Steijns)  persönliche  Za- 
stimmang  and  Uatersttttzaog  finden  werde,  kam  folgende  drastisehe 
Abfertigung: 

,,Die  boehmutige  und  niebt  zn  rechtfertigende  Politik  und  Ge- 
babmng  von  Ihrer  Majestät  Regiening,  indem  diese  sieh  diktatorisch 
in  rein  interne  Angelegenheiten  der  SttdafHkanisehen  Bepnblik  misehte, 
was  einen  offenbaren  Brach  der  Konvention  von  1884  bedentet  — 
indem  sie  femer  zaerst  mit  Kriegs-Rttstangen,  späterhin  mit  tbat- 
sächlieber  ErOflnong  der  Feindseligkeiten  vorging,  von  welchen  sie 
sich  dorch  keine  unserer  frenndschaftlicben  nnd  wohlgemdnten  Be- 
mtlhongen  abbringen  liefs  —  diese  Politik  nnd  Gebahrung  sielll 


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Der  Krieg  in  Südafrika  1899/1900. 


289 


sweifeUo«  einen  uDgereelileD  Angriff  auf  die  SelbBttndigkeit  der  Sttd- 
Afrikaidselien  RepabülL  dar,  so  dafe  unserem  Staate  Iceine  andere 
RIelitBoluHir  belassen  ist»  als  in  Ehren  bei  dem  mit  Transvaal 
gesehlossenen  Bttndnis  ansxnharren.  leb  bitte  daber  Notix  sn 
nehmen,  dafs  unsere  Begiernng,  gezwungen  dnreh  die  Handlnngs- 
WQise  Ton  Ihier  Migesttt  Regiemng,  entschlossen  ist»  die  Instruktionen 
des  VoUcsraads  anaanfttbien  (9680/61).*' 

Diese  direkte  Absage  war  aaeh  flir  Chamberlain  eine  pelnliehe 
Oberrasehnng,  wie  das  TorletEte  Dokument  (No.  62)  des  filanbnehs 
9530  beknndet:  |,Hieinaeb  seheint  es  (it  appearey*  —  so  tele- 
grqihiert  er  am  12.  Oktober  an  IGlner  —  „dab  der  Oratye-Fieistaat 
sieh  der  Südafrlkanisehen  Republik  endgültig  angeseblossen  baf 

Dem  Staatsmann  Chamberlain  „scheint  es**  erst,  was  der  übrigen 
Welt  —  mindestens  seit  dem  27.  September  ~  bekannt  war;  es 
eiging  ihm  ihnlieh  wie  1870  den  Franzosen  hinsichtüeh  der  slld- 
dentseben  Staaten. 

Die  bisherigen  VerOfliBntlichnngen  Uber  den  sttdafrikaniseben 
Krieg  haben  die  diplomatische  Vorgesohiohte  des  Krieges  gamieht 
oder  nur  kurz  berttfart  —  Ich  habe  daher  —  trotz  des  breiten 
Ranmes,  den  der  amfongreiehe  Stoff  beansprachte  —  geglaubt»  dafs 
es  den  Lesern  der  »»Jahrbttehei^  erwünscht  sein  würde»  eine  zu- 
sammenhttngende  und  authentisohe  Darstellung  der  Kriegs- 
nrsaohen  —  oder  besser,  wie  unser  Mommsen  küizlieb  sagte,  „des 
Vorwandes  zoni  Kriege"  —  TOizufiDden,  um  so  mehr,  als  die 
kommenden  Friedensveriiandlungen  auf  die  gleiche  Basis  zurüek- 
greifen  werden. 

Auf  welcher  Seite  das  Recht  ist,  wird  auf  Grund  der  von 
der  englischen  Diplomatie  selbst  yeröffentlichten,  im  Vor- 
stehenden wiedergegebenen  Dokumente,  niemand  schwer  fallen,  zu 
entscheiden. 

Und  wo  das  Recht  ist,  da  dürfen,  da  müssen  auch  die  Sym- 
pathien  der  ganzen  gebildeten  Welt  sein  und  bleiben.  82. 

(Fortaetning  folgt) 


J»kr»»ok*r  f&r  di»  d*atMh*  Ahdm  lud  Marin*.   M  Iii.  3.  19 


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290 


La  gnene  rar  mer  et  Mi  la^oiu. 


XXV. 

La  guerre  sur  mer  et  ses  leconsJ). 

Das  neueste  Werk  des  bekaanten  amerikanisch en  Marineschrift- 
stellers und  Gescbichtsphilosopbe  n  Kapitän  Mahan  behandelt  den 
letzten  KtIp^  Amerikas  gegen  Spanien.  Kapitän  Mahan  bearbeitet 
den  StotV  in  fünf  Abschnitten.  Der  erste  handelt  von  den  Ursachen 
des  Krieges  und  ihrem  Einsals  auf  den  Beginn  desselben,  der  zweite 
von  dem  ungenügenden  Verteidigungszustand  der  Küsten  und  der 
Wirkung  desselben  auf  die  Bewegungen  der  Marine,  ferner  werdeo 
in  demselben  die  Streitkräfte  des  Feindes  zu  Lande  und  zur  See 
besprochen.  Der  dritte  Abschnitt  behandelt  die  Grlinde  für  die 
Blokade  von  Kuba,  das  Ziel  and  die  Bewegungen  des  Admiral 
Cervera. 

Der  vierte  Abschnitt  bespricht  die  Aufgaben,  welche  der  ameri- 
kanischen Marine  durch  das  Erscheinen  Cerveras  in  Westindien 
zufielen  und  wie  dieselben  gelöst  worden  sind.  Endlich  der  fünfte 
handelt  von  den  Maisuahmen  znr  Bewacbong  Cerveras  and  der 
Beobachtung  des  Admirals  Camara.  — 

Dieses  neueste  Buch  Mahans  ist  in  einer  gewissen  Über- 
sttlrzung  geschrieben  worden.  Es  konnte  die  vielen  wichtigen  An- 
gaben, welche  zum  vollständigen  Verständnis  der  Operationen  nötig 
^^ind,  wie  z.  B.  die  offiziellen  spanischen  Instruktionen  und  Depeschen 
an  die  Truppenführer  und  Gi-schwadercbefs  noch  nicht  berücksichtigen, 
wovon  der  Verftisser  uns  selbst  in  Kenntnis  setzt,  es  ist  in  der  Absicht 
geschrieben  worden,  die  Rolle,  welche  die  Marine  während  des 
Krieges  gespielt  hat  nnd  die  Mafsnahmen  des  Admiralsstabes  in 
Washington  zor  Leitung  derselben  zn  verteidigen,  dem  Kapitän 
Mahan  selbst  wttbrend  des  Krieges  angehörte,  es  ist  sozosagen  eine 
Apologie  der  Oberleitung  dieses  Seekrieges.  Da  diese  dorchans  nicht 
einwsndM  gewesen  ist,  sondern  einen  hoben  Grad  an  Zaghaftigkeit 
ond  UnentseUoBsenheit  an  dsii  Tag  legte,  welche  nnr  durch  sbfloliile 
Uiiihitigkeit  des  einzigen  spaniseben  Geschwaders,  welches  imstande 
war,  in  See  zn  gehen,  nentraliaiert  worden,  ohne  dafe  sehr  enute 
Folgen  daraas  entstanden,  Termifirt  man  in  diesem  WeriLC  anoh  jene 
Klarheit  nnd  Entschlossenheit,  welche  Mahans  firtthere  Werke,  dnich 
welche  er  berühmt  geworden  ist,  in  so  hohem  Grade  chaiakteilBiert 
Es  ist  freilich  ein  gewaltiger  Unterschied  zwischen  der  Arbeit  eines 

>)  La  guerro  sur  mer  et  ses  le^ons.  Par  A.  T.  Mahan  .  .  .  Tradait 
de  l'anglais  ....  par  ie  Comte  Alphonae  de  Diesbaoh.  Berger-Levrault  &  Üie. 
Paris  1900.  Prab  4  fr. 


ui^u i-L-j  cy  Google 


La  gaerre  bot  mer  et  ses  le^ona.  291 

Oeschiehtephilosophen ,  welcher  mit  groüser  Seelenrnbe  feniliegende 
Ereigniflse  und  Eriegsoperationen  In  der  Seekriegsgeschichte  be- 
hsDdeh  und  der  dnes  Mitgliedes  des  obenten  Kziegsnls,  Wiehes 
niflitiliüolie  und  maritime  Operationen  tod  der  bOoluten  WIebtIgkeil 
leiten  soll.  Aber  dennoeb,  wenn  Mnban  weniger  nbbftngig  oder  ganz 
unabbäDgig  von  der  Offenfliehen  Meinung  gewesen  wäre,  —  der 
Kiiegsrat  in  Washington  war  aber  sehr  abhängig  von  derselben,  — 
Wälde  sein  Stil  und,  das  was  er  sagt,  weniger  gewunden  und 
gesehraubt  sein,  und  er  wttrde  Tielleieht  manches  anders  aus- 
gesprochen haben,  was  jetzt  snm  Widerspruch  herausfordert  und  mit 
seinen  firttheren  Werken  nicht  in  Einklang  zu  bringen  ist  Alles, 
was  Eapitiln  Hahan  äber  die  Ursachen  des  Krieges  am  Anfang 
seines  Werkes  sagt,  ist  ein  weitschweifiges,  manchmal  unklares  Umher- 
schweifen, ToU  Ton  Vorbehalten  und  Zweideutigkeiten,  um  den  Kern- 
punkt, welchen  Mahan  offenbar  in  semer  brutalen  Nacktheit  nicht 
aussprechen  will:  der  amerikanische  Imperialismus  verlangte  Kuba 
und  Portorico,  wie  Uber  den  spanischen  Inseln  im  westindischen 
Meere  soll  auch  äber  den  andern,  welche  jetzt  noch  kleineren  Mächten 
angehören,  das  Sternenbanner  wehen,  ebenso  wie  der  englische  Im- 
perialismus Afrika  verlangt,  daher  der  Krieg  gegen  die  Buren.  Diese 
imperialistischen  Bestrebungen  smd  in  Amerika  durchaus  nicht  neu 
und  sind  in  der  Verwickelung  mit  Spanien  zum  ersten  Male  der  Welt 
ganz  deutlich  und  brutal  vor  Augen  geführt  worden.  Da  Kapitän 
Mahan  dies  nicht  sagen  konnte  oder  nicht  wollte,  sind  s^e  Aus- 
fttbrungen  im  ersten  Abschnitt  gewunden  und  weitschweifig,  Schein- 
grUnde,  welche  den  Kern  nicht  trefTen.  Wenn  Kapitän  Mahan  uns 
glanben  machen  will,  dai's  durch  deo  Verlust  des  amerikanischen 
Panzerschiffes  Maine  im  Hafen  von  Havana  das  Gleichgewicht 
zwischen  den  beiden  Flotten  zn  Ungunsten  Amerikas  gestört  worden 
sei,  so  können  wir  nur  ungläubig  darüber  lächeln.  Kapitän  Mahan 
sowie  dem  Admiralstab  wird  wohl  ganz  genau  bekannt  gewesen 
sein,  in  welchem  Zustande  von  Schlagfertigkeit  sich  die  spanische 
Marine  befand,  ebenso  wie  sie  über  das  Geschwader  des  Aflmiral 
Cervera,  des  einzigen,  w  1  *h' s  beim  Bepnn  des  Krieges  Überhaupt 
in  See  gehen  konnte,  gewifs  genau  orientiert  gewesen  sind.  Daher 
ist  wohl  die  Weisheit  der  Malsoahmen  des  Admtralstabes,  das  Panzer- 
schiff Oregon  aus  San  Francisco  nach  dem  westindischen  Kriegs- 
schauplatz zu  beordern,  über  Gebühr  von  Mahan  gelobt  worden  — , 
wäre  diese  Mafsregel  auch  ebenso  weise  und  lobenswert  geblieben, 
wenn  dies  Schiff  dem  spanischen  Geschwader  in  die  Hände  gefallen 
wäre,  was  späterhin  sehr  wohl  hätte  eintreten  können  V  —  während 
die  Schwierigkeiten,  welche  das  spauisohe  Geschwader  auf  drei- 

19* 


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292 


Im  gWR»  mir  aMr  et  ms  le^ons. 


tafwead  Heilen  und  mehr  von  seiner  Operalionsliasto  zn  ttberwinden 
hatte,  nicht  genügend  von  ihm  gewürdigt  worden  sind;  znmal  dieses 
unsinnige  Abentener  dem  spanisehen  Admirsl  teoti  seiner  energiseben 
Gegenrorsteilongen  Yon  seiner  Iransiehtigen  Begiemng  anfgednmgen 
weiden  ist.  Admiial  Cenrera  wollte  bei  den  kanaiiseben  Insebi 
bleiben  und  die  Amerikaner  erwarten,  dann  hätte  der  Krieg  woU 
einen  weit  andern  Verlanf  genommen.  Die  langen  Ansfahmngen 
Kapitiln  Hakans  am  Seblols  des  eisten  AbsehnitlB  Ober  die  Kot- 
wendigkeit  der  Kttstenbefestigmigen,  nm  welobe  es  in  den  Vereinigten 
Staaten  besonders  bei  Beginn  des  Krieges  sehr  schlecht  bestellt  war, 
„and  dafs  die  Marine  diesem  Mangel  abhelfen  mtiiste,  obwohl  sie  zur 
Offensiye  nicht  zor  DefensiTe  organisiert  isf*,  ist  wohl  auch  unter 
dem  Druck  der  (öffentlichen  Meinnng  znm  Teil  geschrieben  worden, 
welche  kategorisch  ein  Verteidigongsgescfawader  bei  Hampton  Kowds 
forderte.  Es  wllide  den  Amerikanern  einem  thatkräftigen  Gegner 
gegenüber  schwer  gefallen  sein,  mit  diesem  einen  Greschwader  ihre 
langgestreckte  Ktlste  zu  verteidigen,  sie  wnlsten  aber  wohl  sehr  bald, 
dais  die  Spanier  gar  nicht  in  der  Lage  waren,  mit  sehnellen  Panzer- 
kreuzern offensiy  g^n  die  atlantische  Küste  Yorzngehen.  Dieses 
Verteidigongsgeschwader  war  ein  Zugeständnis  gegen  die  von  den 
Schrecken  einer  Invasion  kopflos  gewordene  Menge,  was  Mahan  später 
auch  durchaus  tadelt,  man  kann  diese  weitschweifigen  Auslassangen 
Uber  den  Wert  von  KUstenbefestigongeD,  welche  wohl  viel  Richtiges 
enthalten,  iiiglich  tibergehen,  gerade  dieser  Krieg  hat  dargethan,  dalls 
selbst  sehr  bescheidene  KUstenwerke,  wenn  sie  nur  passend  armiert 
und  besetzt  sind,  den  Bedürfnissen  o^enügen;  daher  werden  diese 
Ausführungen  nicht  unwidersprochen  bleiben.  Zum  Schlufs  plädiert 
er  lebhaft  ftlr  die  Abschaffung  der  Monitors,  welche  sich  in  jeder 
Beziehung  als  unbrauchbar  erwiesen  haben. 

Der  zweite  Abschnitt  behandelt  den  ungünstigen  EinHufs  der 
mangelnden  Küstenbefestigung  auf  die  Bewetrunircn  der  Flotte  und 
Mahan  kommt  zu  folgendem  Schlufs  ;  ..der  ungenügende  Küstenschutz 
wirkte  ungünstig  auf  die  Kriegsflotte  zurück,  welche  in  allen  ihren 
Bewegungen  von  Jeder  Verantwortlichkeit  für  die  Sicherheit  der 
Häfen,  weiche  sie  verläfst,  befreit  sein  sollte.  Unter  den  obwaltenden 
Umständen  wäre  es  Spanien  möglich  gewesen,  unsere  ganze  Flotte 
zu  zwingen,  auf  ilire  Olfensivbewegnng  gegen  Kuba  zu  verzichten 
und  nur  die  Küste  zu  verteidigen.*'  Den  ersten  Satz  kann  man 
nur  unterschreiben,  den  zweiten  aber  wohl  nur.  wenn  auch  das 
folgende  eingetreten  wäre,  was  der  \  erfasser  später  sagt :  ,,Wenn 
statt  allein  nach  Westindien  zu  gehen,  das  Geschwader  Cerveras 
nach  Spanien  zarUckgerafen  and  dort  durch  die  beiden  Panzerschiffe 


La  guerre  aar  mer  et  ses  legons. 


29a 


▼erBtaikt  worden  wire,  welche  spSter  mit  Camara  Dach  Snes 
gegangen  sind,  —  wie  man  es  fafttte  tbnn  sollen  —  wttrde  dieses 
Geschwader  unsere  Flotte  gezwungen  habeUi  sich  ta  konsenteieren, 
denn  vor  der  Ankunft  des  Oregon  wäre  jede  unserer  DlTisionen 
aus  drei  Sebiffm  zu  schwach  gewesen,  um  den  Kampf  gegen  die 
sechs  femdüdien  Schüfe  au&unehmen."  Mahan  sagt  „wie  man  es 
hätte  thun  soUen"  — ^  nun  in  Wirklichkeit  ist  es  aber  nicht  geschehen, 
Admiral  Gervera  wurde  trota  seinen  energischen  Protesten  nach  den 
Antillen  geschickt,  der  Admiralstab  wie  der  oberste  Kriegsrat  in 
Washington  wnfote  dies  ganz  genau,  und  da  Admiral  Cerrera  die 
Oberfiihrt  Uber  den  Ozean  in  einer  unverhältnismäTsig  langen  Zeit- 
daner  machte,  ist  in  diesen  etwas  sophistischen  Spiegelfechtereien 
wohl  kein  Grund  zu  finden  für  das  yon  yomherein  zur  Untbtttigkeit 
verdammte  Kttstenverteidigungsgeschwader,  welches,  wie  schon  gesagt, 
nichts  weiter  als  eine  Konzession  gegen  die  kopflose  Panik  war, 
welehe  sich  der  Union  beml&chtigt  hatte,  und  welche  Mahan  an 
anderer  Stelle  auch  zugiebt  und  bitter  tadelt  Den  weitschweifigen 
Auseinandersetzungen  Mahans,  durch  welche  er  die  Teilung  der 
amerikanischen  Flotte  und  damit  die  Anordnungen  des  Admhralstabes 
zu  rechtfertigen  sucht  —  das  Geschwader  oder  vielmehr  die  Division 
des  Admiral  Sampson  in  den  kubanischen  Gewässern,  die  Division 
des  Kommodore  Schley  aof  der  Rhede  von  Hampton-Rowds  — 
wird  man  kaum  ohne  Widersprach  folgen  und  ihnen  trotz  allem 
dialektischen  Geschick  des  Verfassers  nicht  beistimmen  können.  Am 
Schlafs  dieser  Anseinandersetzan§:en  macht  Mahan  die  hypothetische 
Ueberlegung,  wie  grolse  Vorteile  ein  drittes  und  noch  ein  viertes 
Geschwader  anf  Seiten  Amerikas  im  Gefolge  gehabt  hätten,  dem 
Geschwader  Cerveras  allein  wttrde  der  Weg  nach  San  Juan  auf 
Portorico,  wie  Cienfaegos  und  Havana  durch  ein  drittes  Geschwader 
verlegt  worden  sein,  and  selbst  wenn  Camara  sich  mit  ihm  vereinigt 
hätte,  —  wie  er  es  thun  sollte  — ,  würde  eine  solche  Macht  ihnen 
die  Häfen  von  Cienfaegos  and  Havana  verschlossen  haben.  Wäre 
aber  noch  ein  viertes  Geschwader  dagewes^  bei  demselben 
unvollkommenen  Zustand  der  Küstenbefestigungen,  —  so  würde  diese 
Übermacht  zur  See  wahrseheinlich  die  spanische  Flotte  in  £aropa 
zurückgehalten  haben,  nnd  es  wttrde  keinen  Krieg  gegeben  haben." 
Abgesehen  von  dem  Appell  an  die  Kegiemng,  welcher  in  diesen 
Betrrachtangen  liegt,  die  Flotte  zu  verstärken,  sind  dies  wohl  mUfsige 
Betrachtungen,  da  sie  den  konkreten  Verhältnissen,  wie  sie  nun  ein- 
mal lagen,  nicht  Rechnung  tragen.  Nach  diesen  weitschweitigen 
Obstruktionen  erkennt  man  dann  in  folgenden  Bomerkunpen  den 
Verfasser  wieder,  wie  er  ans  in  seinen  Mberen  ausgezeichneten 


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294 


La  guerre  sor  uier  et  sea  legoas. 


Werken,  nnbeeugt  von  anderen  Bttcksichten,  wert  geworden  ist:  ^die 
Offensive  nicht  die  Defensive  entscheidet  das  Besoltat  des  Krieges. 
Die  wichtigen  Handelscentren  and  die  internationalen  maritimen 
HandelsfltraÜBeo  mttssen  einen  lokalen  Schnta  erhalten,  wenn  sie  einem 
Angriff  von  See  ansgesetst  sind,  die  andern  mttssen  sich  der  Flotte 
anvertrauen,  auf  diese  mnls  man  alle  Mittel  verwenden,  nm  sie  zo 
einem  wirksamen  Werkaeug  im  Kriege  an  machen*  Die  thörichte 
nnd  erniedrigende  Panik  der  letsten  Monate,  an  glauben,  dals 
eine  feindliche  Flotte  ihre  Kohlen  verschwenden  würde,  am  schate- 
lose Dörfer  and  Badeorte  an  der  Kttste  an  beschieisen,  wird  sich 
hoffentlich  nicht  wiederholen.^  Am  Schlafe  des  Abschnittes  behandelt 
der  Verfasser  die  militKrisohen  and  maritimen  Streitkittfte  Spaniens. 
Er  giebt  die  militärische  Überlegenheit  an,  aber  die  Kttstenbefestigimgea 
der  spanischen  Häfen  waren  aach  nngenttgend,  so  dafs  sich  in  der 
amerikanischen  Marine  eine  starke  StiOmmnng  geltend  machte,  den 
See-Krieg  nach  den  spanischen  Gewässern  and  seioen  K  listen  zn 
'übertragen.  Davon  motste  abgesehen  werden,  weil  weder  Panzer- 
schiffe noch  Kreuzer  dazu  verfügbar  waren,  wenn  die  beabsichtigte 
Blokade  von  Kaba  dorchgefUhrt  werden  sollte.   Anderseits  würde 
der  Kreuzerkrie^  gegen  den  spanischen  Handel  nur  dnen  geringen 
Wert  gehabt  haben,  denn  der  spanische  Handel  war  darch  die 
£iq>editionen  gegen  die  Kolonien  Kuba  und  Manila  vernichtet,  die 
geringe  Küstenschiffahrt  nnd  der  Handel  nach  England  war  für  ein 
SO  groüses  Risiko  keii)  genügendes  Äquivalent."    Unter  diesen  Um- 
ständen wurden  die  Küsten  der  Philippinen  and  von  Kuba  ftir  ans 
die  Küsten  Spaniens,  wie  Mahan  sagt,  und  noch  viel  bequemer  als 
es  diese  gewesen  wären/'  Mahan  betrachtet  dann  die  spanische  Flotte 
and  vergleicht  sie  mit  der  amerikanisehea  in  Bezng  auf  ihre  Stärke 
ond  Kriegsbereitschaft    »Wie  schon  gesagt,  waren  die  Panzertiotten 
der  beiden  Gregner  wenig  von  dnander  verschieden  und  die  Spanier 
hatten  einen  Vorzug  von  aufserordentlichem  Wert,  welcher  für  die 
amerikanische  Flotte  nicht  existierte,  nämlich  fünf  Panzerkreuzer, 
fast   hoinoiren.    "H'hr   schnell   und   sehr   ahnlich  in  Bezug  auf  die 
nautischen  Eigensehafteu  und  Armierung.''    In  dieser  Zahl   ist  nun 
freilich   der  Panzerkreuzer  „Emperador  Carlos        mit  einbe<rriffeu, 
■svelcher  das  Geschwader  Cerveras  auf  seiner  Fahrt  nach  \\'estindien 
nicht  begleitet  hat,  und  wie  es  um  die  Geschwindigkeit  dieses  letzteren 
bestellt  war,  hat  die  ungewöhnlich  lange  Überfahrt  über  den  Ozean 
zur  Genüge  bewiesen.  Nach  einem  weitschweifigen  Exkurs  über  den 
Wert  ein»'r  j.Hotte  eu  vie'*  (squadron  in  being)  —  ein  Ausdruck,  dessen 
ganze  Bedeutung  man  im  Deutschen  kaum  mit  der  erfürderiicbeu 
Prägnanz  wiedergeben  können  wird  — ,  in  dessen  Verlauf  sich 


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La  gueire  aar  mer  et  ses  le^ons* 


295 


Mahan  selbst  widerspricht,  indem  er  eicuial  sagrt,  dals  die  mutinals- 
liche  Bedeatung  einer  solchen  Flotte  sehr  stark  übertrieben  worden 
ist,  an  einer  andern  Stelle  aber  erklärt,  dals  das  Vorhandensein  einer 
solehen  eine  fortgesetzte  Bedrohung  der  Interessen  des  Feindes  ist, 
aacb  wenn  de  minderwertig  ist,  immer  unangenehme  Überraschungen 
in  sieh  birgt,  die  Opemtionen  UUimtr  so  lange  sie  nicht  zerstört  oder 
onsohädliob  gemadit  ist,  der  Flanken*  oder  Anieregardenbedvolinng 
eines  Heeres  vergleiehbar",  konunt  er  8ohlieldie]i  zn  dem  niebt  Uber- 
rasehenden  Resoitat,  dab  das  Auswichen  tot  einer  SeUaeht  wie 
in  dem  yorliegenden  FaUe  anf  die  Daner  immer  nor  ein  Resnltat 
haben  wird,  dafs  die  st&rkere  Flotte  znletzt  Uber  die  sehwiebere 
siegen  wird.  Er  ergebt  sieb  dann  nocb  in  hypotetiscben  Auseinander- 
setznngen,  was  das  Gtesebwader  CSenreras  alies  bstte  leisten  und 
welche  Ungelegeobeiten  es  der  amerikaniseben  Kriegfllbrong  hätte 
bereiten  können,  kommt  dann  etwa  zn  der  Scblnlsfolgemng,  dab 
das  genannte  Geschwader  wabrsebeinlicb  nicht  die  dazu  erforderliche 
Tüchtigkeit  gehabt  bat,  zomal  da  das  Masebinenpersonal  ganz  nn- 
zoreicbend  nnd  nntttehtig  aof  den  spaniscben  Schiffen  gewesen  wire. 
Anf  die  Geschwindigkeit  der  spanischen  ScbiffiB  dann  Übergehend, 
welche,  wie  die  Thatsaoben  erwiesen  haben,  sehr  gering  gewesen 
ist,  kommt  er  nach  selir  weitschweifigen  Auseinandersetzungen  zn 
dem  BesnUat,  dals  nicht  die  Geschwindigkeit,  sondern  der 
offensire  Gefechts  wert  der  ansscblaggebende  Faktor  für  eine 
Flotte  im  Seekriege  ist  nnd  sein  wird,  schon  ans  dem  Gmnde,  weil 
eine  Flotte  in  ihrer  Fahrgeschwindigkeit  sich  nach  dem  am  wenigsten 
sdmeUen  ScUff  richten  muls,  „die  wahre  Geschwmdigkeit  un  Kriege 
ist  nicht  eine  nngestttme  ÜI>erha8tQng,  sondern  die  nnermttdüche 
Energie,  welche  keine  Zeit  nnntttz  vergeudet,"  —  was  man  wohl 
unterschrdbeo  kann.  Nach  vielen  Abschweifongen  und  Lingen,  unter 
denen  dieses  Werk  Mahans  tllierhaupt  sehr  leidet,  kommt  der  Ver- 
&8ser  zu  dem  Schlufe,  dafs  der  spanische  Admiral  wahrscheinlich 
wenig  Vertraoen  in  ein  Geschwader  hatte,  welches  trotz  der  BraTOor 
und  den  andern  guten  Eigenschaften  seiner  Offiziere  und  Mann- 
Schäften,  niemals  im  Geschwader  bis  zu  seiner  Abreise  nach  den 
Kap  Verdischen  lusein  manövriert  hatte.  Dann  ftlhrt  er  die  aller- 
dings nach  der  Zerstörung  des  Greschwaders  ihm  angeblich  bekannt 
gewordenen  wenig  TertrauensvoUen  Aulserungen  Cerveras  selbst  an, 
dagegen  die  unkluge  Überhebung  eines  anderen  hohen  Offizier,  welche 
der  Heraldo  TerOfifentlicht  iiat,  —  wie  sie  in  allen  Lttndem  vor  einer 
Katastrophe  unmer  vorgekommen  ist  und  vorkommen  wird,  so  lange 
es  Menschen  geben  wird  —  und  die  Klagen  von  Marineoffizieren 
Uber  den  Hangel  an  Schielsttbnngen,  durch  welche  die  Kriegs- 


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296 


La  gnerre  »ur  rner  et  sea  le^ns. 


tuchtigkeit  des  Geechwadera  sebwer  gelitten  liatte.  Mit  einem  Worte, 
das  Geschwader  Cerveras  war  in  keiner  Welse  kriegstUcbtig  und 
angriffisHUiig.  Hiernach  begreift  man  nmsoweniger  die  wOrdelose  Panik, 
welche  die  Union  vor  einem  solchen  Geschwader  ergiüfen  liatte,  noch 
die  malle  nnd  nnentsoblossene  Leitnng  der  amerikanischen  Flotte, 
nm  einen  solehen  Gegner  ni  yernicliten. 

Der  dritte  Abschnitt,  welcher  Ton  den  Gründen  fttr  die  Blokade 
Kubas  nnd  den  Absiebten  and  Bewegungen  des  Admnral  Cenrera 
handelt,  bat  anch  sehr  nnangenebme  Längen,  nnd  ist  sehr  sn  sdnem 
NaehteU  vor  dem  fielunntwerden  der  anibentisehen  Briefe  des  Admirals 
in  der  Epoca  de  Madrid  rom  5.  November  1898  geschrieben  worden; 
andem&Us  würde  er  wohl  anders  ansgefidlen  sein.  Es  würde  in 
einem  Referat  viel  zo  weit  ftlfaren,  niber  aof  die  vielen  hypo- 
tbetisehen  Anselnandersetsangen  einingeben,  im  greisen  nnd  gamen 
hat  das  Bedttifiiis,  den  Admbralstab  nnd  die  Malbnabmen  des  Kriegs- 
rats  an  rechtfertigen,  anoh  diesen  Abschnitt  dem  Verfasser  m  die 
Feder  diktiert  Er  verurteilt  aueh  scharf  die  waghalsige  Fahrt 
Cerveras  naeh  den  AntiUen,  wenn  er  aber  behauptet,  dafs  sowoU 
das  Geschwader  des  Admiral  Sampson  als  anch  das  des  Komnpodore 
Sehley  imstande  war,  ihm  ebe  erfolgreiehe  Schlacht  zn  liefern 
oder  ihn  in  einem  Haien  au  blokieren,  so  setzt  er  sich  sowohl  mit 
den  Tbatsacben  wie  mit  seinen  Irttberen  AnseinandenwtBangen  in 
Widersprach;  es  soll  dies  anch  die  viel  and  mit  Recht  viel£Mh  an- 
gegriffene and  verorleilte  Teilnng  der  amerikanisohen  Flotte  recht- 
fertigen. Nach  weitscbwdfigen  Aaseinandersetzangen  tiber  den 
Wert  von  Biokaden,  welche  sehr  wohl  hätten  fortfollen  kttnnen, 
kommt  er  su  dem  Schlafe,  „dals,  so  lange  die  Landangsarmee  noch 
nicht  fertig  war  and  bis  die  spanische  Flotte  aof  Schafsweite  heran- 
gekommen war,  die  Blokade  die  einsige  entscheidende  unfehlbare 
wenn  anch  langwierige  Mafsregel  war,  welche  man  fassen  konnte, 
am  die  feindlichen  Schiffe  Uber  den  Ozean  herUberzoholen,  wofern 
nicht  Spanien  aof  den  Kampf  verziehten  wollte ;  ihre  Bedeutung 
berahte  auf  dem  doppelten  Zweck,  die  feindliche  Armee  in  Kuba 
annobnngem  und  die  Marine  zu  zwingen,  ihr  za  Hilie  zu  kommen." 
Das  ist  nur  richtij^  und  wUrde  nar  dann  den  beabsichtigten  Zweck 
erflült  and  die  iÜcbtigkeit  der  crotroffeuen  Mafsnahmen  erwiesen 
haben,  wenn  die  amerikanische  Flotte  dazn  imstande  gewesen 
wäre.  Nach  dem  eigenen  Geständnis  des  Verfassers  war  die  ameri- 
kanische Flotte  dazu  nicht  imstande,  denn  das  eine  Geschwader 
war  in  Hampton-Koads  zurückgehalten,  um  die  Bevölkening  za 
beruhigen,  die  andere  Panzerdivision  war  vor  Havana  stationiert, 
am  die  Blokadefabrzeuge  za  verstttrkeo  und  die  Operationsbasis  in 


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La  goerre  tnr  nier  et  ee«  legou. 


297 


Key -Wert  ni  sichern.  Erstlich  war  es  daan  nicht  imstande,  und 
überdies  Terliefii  dies  Geschwader  Sampsons  schon  am  4.  Mai,  ftlnf 
Tage  nachdem  Cenrera  die  Kap  Verdischen  Inseln  Terlassen  hatte, 
seinen  Standort,  nm  ihm  in  der  Windward-Paasage  nnd  noch  weiter 
<)8tUeb  —  wenn  erforderlich  —  entgegenzugehen.  Er  beschreibt 
dann  mit  sehr  nmsttlndlioher  Weitschweifigkeit  alle  die  falschen • 
Naehricbten  und  das  ganze  für  den  amerikanischen  AafklärDii<:<rH(>n8t 
wenig  schmeiehelhafte  Umhertappen  nach  dem  Verbleib  des  Ge- 
sdiwaders  Cerveras  und  als  Folge  dieser  unsicheren  Nachrichten  den 
nach  einem  Kriegsrat  aller  Kapitäne  gefaxten  Entschlals  des  Admirals 
Sampson,  nach  San  Juan  auf  Portorico  zu  gehen,  um  dort  das 
spanische  Geschwader  zu  erwarten.  Es  erfolgte  sodann  das  ganz 
überflüssige  zweistündige  Bombardement  dieses  Hafens.  Diese  Fahrt 
wirkte  sehr  befremdend  auf  jeden  Unparteiischen,  znmal  nach  den 
eitrenen  Worten  des  Admirals,  mit  denen  er  seinen  Rückzug  nach 
llavana  be<rrlUKlpt :  ..Da  die  vollständige  Besetzung  der  Stadt  uns 
mehrere  Tage  aiit'irehaltcn  hätte,  ein  Teil  des  Gesehwaders  hätte 
zurückbleiben  müssen,  um  die  Hesetzungstru|)pen  zu  erwarten,  die 
Bewe2:an<ren  des  spanischen  Geschwaders,  unsers  Hauptziels,  noch 
immer  unbestimmt  waren,  das  fliegende  Geschwader  noch  im  Norden 
und  nicht  in  der  Lage  war  uns  irgend  eine  l  int'  rstiit/.uiig  zu 
gewähren;  und  Havana,  das  naturgemäfbe  Ziel  (  erseras.  einer 
Macht  wie  der  seinigen  exponiert  war",  —  und  otlcn  la<r  — 
„während  wir  tausend  Meilen  davon  entfernt  waren,  alle  diese 
Gründe  machten  iinsern  sofortiireu  Rückzug  nach  Havana  unum- 
gänglich." Ich  glaube,  dafs  in  diesen  klaren  Darlegungen  des 
Admirals  Sampson  für  den  Rückzug  zugleich  die  ganze  Verurteilung 
der  ebenso  befremdenden  wie  unnützen  Fahrt  nach  San  Juan  de 
Portorico  mit  dem  ebenso  zwecklosen  Bombardement  dieses  Hafens 
liegt;  zumal  da  am  12.  Mai  verlälsliehe  Nachrichttii  dem  Admiral- 
stabe  zugingen,  dafs  Cerveras  Geschwader  auf  der  Höhe  von 
Martinique  angekommen  war.  Nach  weitscfiweifigen  und  die  Situation 
nur  unklar  machenden  Auseinandersetzungen  nach  dem  gefundenen 
Lügbuch  des  später  in  der  Schlacht  bei  Santiago  genommenen  Panzer- 
kreuzers Cristübal-Colon  Uber  diese  Fahrt  Cerveras  nach  Martinique 
und  der  sehr  unwahrscheinlichen  Vermutung,  dals  Admiral  Cervoa 
den  AngriflF  Sampsons  auf  San  Juan  erfahren  und,  um  von  Sampson 
nicht  abgefangen  zu  werden,  seine  i  aliit  beschleunigt  hatte,  ergeht- 
sich  dann  der  Verfasser  in  verschiedeneu  Betrachtungen  Uber  den 
von  Cervera  gemachten  Umweg  Uber  Cura^ao  vor  seinem  uaseUgca 
Einlaufen  in  den  Hafen  von  Santiago,  nachdem  er  in  Maittnique 
keine  Kohlen  erhalten  hatte.   Der  Grund  war  in  Wirkliobkelt  der, 


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La  guerre  aar  mer  et  ses  le^ons. 


dab  der  Adnidnl  dneii  eagÜBchen  Kllstradampier,  7om  spaidMben 
Kii^gsminister  fUr  sein  Geschwader  bestiiniiit,  bei  Goia^  erwartete, 
welcher  leider  so  Bpllt  kam,  zwei  Tage  naehdeni  der  Admlxal  diesen 
RendeKTODsplats  verlassen  hatte.  Diese  mtlisigen  Betnushtnngeo 
würden  alle  tortgefallen  sein,  wenn  Mahan  das  Erscheinen  der  Briefe 
und  der  Rechtfertigung  Cerreras  vor  der  VerOffenflicbnng  seines 
Briefes  abgewartet  hätte,  aas  den  schon  erklärten  Gründen  geschab 
dies  nicht.  Er  kommt  znm  Schlafe  dieses  Abschnitts  an  dem  Er- 
gebnis, dafe  der  Admiral  in  eine  ganz  falsche  Lage  darch  die  Sebald 
seiner  Begierang  gebracht,  sein  Bestes  gethan  habe,  and  dafo  er  dnrch 
seine  Handlnngsweiseder  Oberleitangdes  KriegesZcdten  grofew  Verlegen- 
heit verarsacht  habe.  Nach  den  mannigfachen  llilsgriffen  and  dem  nnent- 
schlossenen  Umhertappen  der  amerikanischen  Flottenleitong  berührt 
es  ebenso  befremdend  wie  anangenehm,  wenn  der  Verfesser  Uber  die 
fiewegangen  des  spanischen  Admirals  am  Schlafe  dieses  AbsefaiuttB 
sehr  von  oben  hmb  arteilt.  „Wir  haben  ihn  in  Santiago  veroichtet, 
nnd  wenn  er  aas  diesem  Hafen  yerschwanden  wäre,  wMen  wir  ihn 
irgendwo  anders  abgefefet  haben**,  mit  dieser  etwas  selbstherrlichen 
and  einem  so  ernsten  Kritiker  wenig  anstehenden  Fanfeutonnade 
schliefet  dieser  Abschnitt  Es  hätte  sehr  leicht  ganz  anders  and  weit 
ungünstiger  für  die  Amerikaner  verlaafen  können. 

Der  Yierte  Abschnitt,  welcher  von  den  Aachen  handelt,  welche 
der  amerikanischen  Marine  dnrch  das  Erscheinen  Cerreras  aaf  dem 
westindischen  Kriegsschaaplatz  zufielen,  und  wie  dieselben  gelöst 
worden  sind,  giebt  eine  chronologische  Darstellnng  der  Ereignisse 
nnd  Maisnahmen  bei  dem  Geschwader  des  Admiral  Sampson  nach 
der  Ankunft  Cerreras  auf  der  Höhe  von  Martmiqaa  Er  beschäftigt 
sich  eingehend  mit  dem  glücklichen  Entkommen  des  rereinzelten 
Panzerschiffes  Oregon,  welches  aas  dem  stillen  Ozean  nach  der 
westindischen  Station  befohlen  war,  und  seiner  Vereinigung  mit  der 
amerikanischen  Flotte  und  behandelt  weitschweifig  mit  einer  gewissen 
naiven  Begeistemng,  was  dieser  tapfere  Kommandant  gethan  hätte, 
wenn  er  sich  dem  spanischen  Geschwader  plötzlich  gegenüber 
befanden  hätte.  Es  ist  der  Kampf  der  Horatier  nnd  Kariatier  ins 
Moderne  und  auf  die  See  übertragen.  Er  giebt  dann  im  weiteren 
Verlauf  dieses  Abschnittes  eine  chronologische  Übersicht  der  Be- 
wegnagen des  sogenannten  fliegenden  Geschwaders  anter  dem 
Kommodore  Schley,  an  wp1r>ho  sich  dann  eine  sehr  weitschweifige 
Abhandlung  über  den  Nutzen  und  Wert  der  Kreuzer  im  Seekriege 
anschliefst.  Er  behauptet  mit  einer  gewissen  Berechti^^uno:,  ,.dal8 
nach  den  Erfahrungen  der  Seekricgsgeschichto  keine  Marine  jemals 
genügend  Kreuzer  gehabt  hätte",  trotz  aller  weitsob weiligen  Aus- 


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La  guerre  sur  mer  et  ses  le^uns. 


299 


einander  setzunjren,  welche  im  jrrol'sen  und  ganzen  auch  wieder  auf 
eine  llecbttVrti^^uiig   der  Oberleitung,   also  des  Admiralstabes  und 
seiner  verschiedenen  Maisnahmen  hinaaslaafen,  bleibt  dies  richtig, 
dai's  wenn  die  Amerikaner  mehr  braachbare  Kreuzer  und  Hilfiskreazer 
gehabt  hätten  and  diese  glücklicher  dirigiert  worden  Ktlkretjx,  die  Be- 
wegungen des  spaoisehen  Adminüs  weder  so  lange  Zeit  Iifttten  ver- 
borgen bleiben  können  noch  so  rlel  Kopfzerbreeben  nnd  Herz- 
beklemmnngen  der  Strategen  in  Wasbington  yenusaeht  liitten.  Dieses 
oflbne  Zugeständnis  wäre  riebtiger  gewesen,  als  aUe  gewondenen 
Weitschweifigkeiten  Ifabans  «her  die  Krenzer  ttberhanpt  nnd  im 
besondem.   Sehr  bezeichnend  für  die  ganze  Sachlage  ist  folgendes 
Eingeständnis  des  Yerfksseis,  welches  keines  Kommentars  bedarf. 
Er  sagt:  »Wir  kOnnen  nicht  erwarten,  jemals  wieder  emen  Gegner 
▼on  derselben  gftnzlichen  Unfähigkeit  zn  haben,  wie  sie  Spanien 
gezeigt  hat;  aber  anch  selbst  nnter  den  gegebenen  Verhältnissen 
bat  die  Division  Cerveras  Santiago  am  19.  Mai  erreicht,  zwei  Tage, 
bevor  unsere  Divinonen  vor  Havana  nnd  Qenfbegos  mit  allen  ver- 
fllgbaien  Streitkritften  erschienen  waren.    Wenn  der  spanische 
Admiral  versnobt  hätte,  in  einen  oder  den  anderen  dieser  Häfen  ein- 
zolanfen,  selbst  mit  der  langsamen  Fahrt,  welche  er  auf  der  Reise 
von  Coragao  nach  Santiago  innegehalten  hat  —  ca.  7  Knoten  in  der 
Stunde  — ,  hätte  er  von  Cura^ao  am  Abend  des  15.  Mai  fortgeben 
und  in  Cieniiiegos  am  21.  Mai  zwischen  Mittemacht  und  Tages- 
anbruch nnd  im  Hafen  am  8  Uhr  morgens  ankommen  kOnnen,  d.  h. 
mehr  als  12  Stunden  vor  der  Ankunft  des  fliegenden  Geschwaders  unter 
Sohley.  Dieses  Zuspätkommen  des  letzteren  Geschwaders  ist  nach 
der  Ansiobt  des  Verfassers  natttrlicb  durch  die  mangelhafte  Kttsten- 
verteidignng  veranlagt  worden.  Auf  die  sich  hier  anschlielsenden 
strategischen  Kombinationen  und  Koigunkturen  sowie  die  Verteidigung 
der  g^tnzlieh  verungltiekten  und  unüberlegten  Reise  des  Geschwaders 
Ton  Sampson  nach  dem  Osten,  welche  niemand  überzengen  wird, 
wtirde  weder  lohnend  sein  noch  in  den  Kähmen  des  Referats  passen. 

Der  letzte  Abschnitt  handelt  von  der  Bewachung  Cerveras  und 
den  Bewegungen  des  zweiten  spanischen  Admirals  Camara.  Mahan 
giebt  zuerst  eine  Schilderung  der  vielen  Befehle  nnd  Gegenbefehle 
in  der  widerspruchsvollen  Leitung  der  beiden  amerikanischen  Ge- 
scbwaderdivisionen,  denn  Cervera  war  am  19.  Mai  in  Santiago  ein- 
gelaofen,  ohne  von  einem  einzigen  amerikanischen  Schilfe  bemerkt  worden 
zn  sein.  Das  Marinedepartement,  also  der  Admiralstab,  erhielt  diese 
Nachrieht  auch  an  demselben  Tage,  hielt  sie  aber  nicht  für  wahr- 
scheinlich. Am  25.  Mai  war  vor  dem  Hafen  von  Santiago  der 
englische  Kohiendampfer  Restormel,  welcher  für  das  Geschwader 


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300 


La  guerre  sur  mer  et  ses  le^ns. 


Gervms  bestimmt  war,  yod  einem  l^aam  amiierten  amerikaniscben 
Hilfekrenzer  aufgebracht  worden,  weleher  exzihlte,  dab  noch  zwei 
andere  Eohlenscbiffe  sich  bei  Portoiioo  beftmden  hätten,  als  er  von 
dort  in  See  ging.  Nun  nahm  man  an,  daÜB  Portorico  nnd  nicht 
Santiago  die  erste  Bestimmung  Cerreras  war,  besonders  da  in 
Santiago  nor  2900  tons  Kohlen  waren,  und  man  schwankte  nnn 
wieder  hin  und  her  im  Kriegsrat  m  Washington.  Kommodore 
Schley  wollte  nach  Key  West  zorttckkehren  wegen  Kohlenmangels, 
daher  beschleonigte  Sampson,  weleher  den  Feind  in  Santiago  rer- 
mutete,  seine  Ankunft  dort  ndt  s^en  beiden  schnellsten  Schiffen,  wäh* 
rend  dieser  Zeit  hätte  Oervera  sehr  wohl  ohne  Kampf  ans  dem  Hafen 
entrinnen  and  von  nenem  im  Dnnkel  yeisehwinden  können,  znmal  der 
Kommodore  Sehl^  sich  noch  vor  Cienfaegos  aufhielt,  um  zu 
erfahren,  ob  das  spanische  Geschwader  nicht  etwa  dort  wäre;  da- 
durch  verzögerte  sich  seine  Überfahrt  nach  Key  West  Es  gelingt 
Mahan  nioht^  die  abwartende  Haltung  der  Flotte  vor  Santiagro  zu 
rechtfertigen,  za  erklären,  warnm  sie  so  lange  untbätig  gehlieben 
ist,  als  Spanien  sich  rtlstete  sein  Reservegeschwader  unter  Camara 
nach  den  Philippinen  zu  senden,  welches  dort  sicherlich  früher 
angekommen  wäre  wie  die  sich  mttbsam  fortbewegenden  amerikanischen 
Monitors.  Und  dies  noch  nmsoweniger  als  der  \  eri'asser  erklärt: 
„Unsere  Schlachtflotte  vor  Santiago  war  genügend  stark,  um  in  sehr 
kurzer  Zeit  das  feindliche  Geschwader  zu  vernichten,  wenn  dieses 
versuchen  sollte,  zu  kämpfen,  am  sich  zu  verteidigen.*'  Mit  Recht 
fragt  man  sich  da,  warum  dieses  starke  nnd  Übermächtige  Geschwader 
nicht  den  Feind  im  Hafen  von  Santiago  aufsuchte,  statt  der  Lan- 
dungearmee  diese  Aufgabe  zuzuweisen,  den  Feind  aas  dem  Hafen  zu 
treiben.  Nach  langen  Abschweifungen  gieht  Mahan  die  gewundene 
und  niemand  Überzeugende  Erklärung,  dals  bei  der  politischen  Lage 
des  letzten  Sommers  die  Kegierung  sich  nicht  hätte  erlauben  dürfen, 
ohne  ein  sehr  bedeutendes  Äquivalent  auf  der  feindlichen  Seite  nur 
ein  einziges  Schlachtschiff  zn  verlieren,  wenn  auch  nur  zeitweilig.  — 
Mit  BezujL'  auf  die  Entsendung  des  spanischen  rie«;chwaderR  nach  den 
Philippinen  unter  Admiral  Caraura,  welches  nur  bis  Suez  kam  und 
von  dort  wieder /urUckkehrte,  sagt  Mahan:  Indem  die  Marineleitung 
die  Streitkräfte  im  äulsersten  Osten  iiilerior  liefs  und  alle  verflltrbaren 
Kräfte  bei  den  Antillen  vereinigte,  dadurch  unsere  Uberlegeuheit 
gegen  jede  Kombination  der  spanischen  Schiffe  in  diesen  Gewässern 
sichernd,  hat  sie  korrekt  und  den  wirklichen  militärischen  V^orkonmi- 
nissen  entsprechend  gehandelt;  aber  man  raufs  sich  erinnern, 
dals  nicht  allein  die  spanische  Marine  hier  in  Betracht 
kam.''  Es  ist  dies  ein  politischer  Graod.  Offenbar  ist  damit  Deutsch- 


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Lt  gneire  tnr  mer  et  tM  le^iu. 


801 


land  gemeint,  jedoeh  ist  dieses  RaisonnemeDt  ziemlich  sohwaob.  Das 
beste  Mittel,  eine  europäische  loterrention zo  Terhindem,  war,  schnell 
einen  entscheidenden  Schlag  auf  Kuba  zu  führen  und  dem  Feinde 
keine  Zeit  zu  lassen,  auf  den  Philippinen  das  erschütterte  Gleich- 
gewicht wieder  herzustellen.  Nicht  anf  Knba  konnte  der  deatsobe 
Admiral  in  die  Versuchung  kommen,  zn  hradehiy  ebenso  wenig  wie 
man  sich  dort  bereit  zu  halten  brauchte,  uro  ihn  zn  empfangen.  Die 
Gefahr  wurde  trotz  aller  begangenen  Felder  durch  die  Geschicklich- 
keit Dewey's  abgewendet,  welcher  es  erreicht  hatte  die  Deutschen 
glauben  zn  maehen.  dalis  der  englische  Kommodore  die  Weisung 
hätte,  ihn  zu  unterstützen,  damit  hat  er  seinem  Vaterlande  den 
gröliiten  Dienst  erwiesen.  So  schlecht  dieser  politische  Grund 
Mahans  ist,  hat  dieser  Teil  des  letzten  Abschnittes  in  einem  Buche 
mit  den  vielen  geheimnisvollen  Anspielungen  und  Vorbehalten  un- 
zweifelhatlk  Eindruck  auf  das  amerikanische  Publikum  machen  müssen, 
welches  die  Beunruhigungen  und  Eifersüchteleien  nicht  vergessen  bat, 
die  das  deutsche  Geschwader  durch  scinr  nicht  leicht  verständliche 
Haltung  erregt  hat.  Mahan  beeilt  sich  allerdings,  die  Geister,  welche 
er  rief,  wieder  zu  bannen  und  sucht  abzuwiegeln,  indem  er  sich 
darauf  eingehend  Uber  die  Sorfrfalt  ausläfst,  mit  welcher  die  Marine- 
leituug  die  Eskorte  des  Expeditionskorps  nach  Kuba  orfranisierte. 
„Wenn  die  spanischen  Kanonenboote,  welche  den  Polizeidienst  an  der 
Küste  versahen,  um  die  Warteuzufuhr  ülr  die  Insurgenten  zu  ver- 
hindern, sich  einfallen  lassen  sollten,  den  Konvoi  zu  stören,  würden 
sie  von  dem  Panzerschift' Indiana"  gehörig  empfangen  worden  sein." 
Von  dem  übrigen  zu  schweigen,  Ende  ^ut,  alles  ^rut. 

Es  macht  dies  einen  sehr  sclhsthewulsten  Eindruck,  was 
durchaus  unberechtigt  ist.  denn  die  Amerikaner  sind  bei  ihrem 
Transport  der  Laudungsarraee  von  Tampa  nach  Kuba  ungewöhnlich 
vom  Glück  begünstigt  worden;  er  hätte  weit  ungünstiger  verlaufen 
können  bei  einem  einigermalsen  thatkräftigen  Gegner. 

Der  Gresamteindruck,  den  dies  letzte  Werk  Mahans  hinterlälst, 
Ist  der,  dafs  es  wohl  das  schwächste  Geisteserzeuguis  des  begabten 
Geschichtsphilosopheu  ist  und  mit  seinen  früheren  bedeutenden 
Büchern,  welche  seinen  Kamen  bekannt  gemacht  haben,  keinen 
Vergleich  aushält.  — 

Der  amerikanische  Admiralstab  hat  durch  seine  Marsnahnua 
wenig  zur  Vernichtung  des  spanischen  Geschwaders  und  damit  zur 
Beendigung  dieses  Krieges  beigetragen,  er  ist  der  spanischen 
Regierung,  welche  durch  unverantwortliche  Kur/sichtigkeit  und  Über- 
hebung ihren  Admiral  ins  Verderben  jagte,  zu  grofsem  Dank  ver- 
pflichtet. Jachmanu,  Korv.-Kapt.  a.  D. 


ui^juiiL-j  cy  Google 


902 


Heer  tmd  Flotte  ItaUens  im  2.  Halbjahr  1899. 


XXVT. 

Heer  und  Flotte  Mens  im  2.  Uaibjaiir  1899. 


Aoeh  der  Berieht  für  das  2.  Halbjahr  1899  amiii  etwas  vor- 
greifeiv  da  manche  sehr  wichtige  Fragen,  die  in  der  BeiiohtBzett  in 
der  Schwebe  waren,  an  Beginn  des  lanfienden  Jahres  ihre  Erledigang 
gefunden,  ein  unerwarteter  Wechsel  im  Kiiegsministerinra  dicht  nach 
der  Jahreswende  eintrat  ond  neben  dem  FJottenerweiteningsprogramm 
ein  grober  LandesTCrteidigungs-  and  Umbewaffnongsplan  zu  erwähnen 
ist,  dessen  Grnndzttge  aber  noch  in  der  Bericbtxeit  festgelegt  worden 
waren.  Unfrachtbar  war  das  zweite  Semester  1899  auf  keinem  Ge- 
biete des  Heeres-  nnd  Flottenwesens,  im  Gegenteil  bestanden,  wie 
schon  der  letzte  Bericht  andeuten  konnte,  mehrere  Einrichtungen 
TOn  Bedeutung  glänzende  Proben ;  aaf  dem  Wege  der  Lösang  anderer 
Fragen  wurden  entscheidende  Schritte  ^rethan,  besonders  in  den 
beiden  schon  erwähnten  von  vitaler  Wichtigkeit  fllr  Heer  nnd  Flotte, 
die  der  Bericbtzeit  geradezu  den  Stempel  aufdrücken.  Ohne  die 
ObstnÜLtion  im  Parlament  wäre  man  wohl  noch  weiter  gekommen,  die 
Leitung  von  Heer  ond  Flotte  kann  fUr  das,  was  die  Obstniktion  Ter- 
fiobnldete,  nicht  haftbar  gemacht  werden.  Die  organischen  Be- 
stimmungen für  Eritrea  wurden  kurz  nach  Jahresbeginn  nea  heraas- 
gegeben  nnd  anch  sie  mllsssen  im  diesmaligen  Halhjahrsbericbt 
wenigstens  insofern  Aufnahme  tiuden,  als  sie  sich  auf  die  Kolonial- 
trnppen  beziehen. 

Der  Übersicht  halber  stellen  wir  hier  das  Heer  nach  Jahr- 
gängen, den  Bestand  der  Marine  an  fertigen  Schiffen  am 
1.  Janaar  1900 and  die  Trup])en  in  Kritreanach  den  neuen  organischen 
Bestinimnniren  zusammen.  Dals  das  liudget  1899/1000  für  die  Armee 
mit  einer  Durchschnittsstärke  von  13527  Offizieren  und  Beamten,. 
212200  Mann,  9584  Oftizier-  und  3()628  xMannachalispfcrden  und  Ein- 
beorderung'en  rnnd  93 OCX)  Mann  des  Beurlaubtenstandes  rechnete, 
wurde  im  letzten  Berieht  schon  angegeben.  Zar  Gegen U berstellang 
bringen  wir  hier  zweckmälsig  aneh  wohl  gleich  die  wichtigsten  Daten 
des  Budget-Voranschlags  flir  19(H)/1901.  Bei  239  Millionen  Gesarat- 
forderung weist  derselbe  im  Extraordinarium  16014000  Lire  auf. 
Letzterer  Betrag  wird  aber  infolge  der  grolsen  Vorlage  Pelloux',  be- 
treffend Landesverteidigung  and  Umbewaffnun?  der  Artillerie  nra 
rund  7  Millionen  aus  den  Bewilligung-en  der  Gesetze  von  1885  und 
1894  gesteigert  werden,  von  welchem  Betrage  u.  a.  ö  Millionen  auf 


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H«er  und  Flotte  ItaUens  im  2.  Bdl^ihr  1899. 


808 


Erwerbang  ton  FeldartÜleriematerial,  1  Mittion  auf  KttoteDTerteidigiing 
nnd  Befestigung  yon  Rom  nnd  Capna  entfaUen.  Im  Ordinaiiiun 
entfallen  34549614  Lire  anf  Karabinieri,  nationale  SebielsTeieiney 
fignratiTe  Ausgaben.  Man  reehnet  mitEinbeordenug  von  89000  Mann 
des  Bearlaabtenstandes  nnd  90000  Lire  Aofwenclnng  für  hilfs- 
bedürftige Familien  von  EinbeorderteD.  Im  ttbrigen  erscheinen  im 
Ordinariam  92874800  Lire  fitr  Infanterie,  28896600  fUr  Kavallerie, 
34726000  ftlr  Artillerie,  7388300  ftlrGenie,  2981200  fllr  Schulen. 
\on  Interesse  ist  es  auch,  die  organische  (Soll-)  der  biul^retiiiroa 
(Durchschnitts  Ist-)  Stärke  gegenüberzustellen.  Die  organische  Stärke 
wttrde  235148  Köpfe  aofweisen,  die  bndgetaire  186679,  Differenz 
mnd  50000  Mann. 

Die  organisehe  Stärke  betrttge  bei 


Infanterie 

13.')  506  K 

(liebudg. 

127214, 

Differz.  36242  = 

22,2% 

Kavallerie 

24277  „ 

)» 

}? 

21900, 

j> 

2877  = 

11,8% 

Artillerie 

34446  „ 

?> 

?? 

27288, 

») 

7  318  = 

21,3^/. 

Genie 

907.-)  „ 

?> 

6680, 

2395 

26,30/0 

San. -Truppen 

2(iör> 

1  820. 

835  = 

•J1    -  Ol 

O  1  ,.J  IQ 

Verpfleg.-Truppcn 

213!)  „ 

1737, 

11 

702  = 

32,8% 

Die  Differenz  ist  richtiger  Weise  am  kleinsten  bei  der  Kavallerie, 
am  grölsten  bei  den  Hilfsdiensten.  Vom  15.  September  bis  1.  März 
hat  man  im  Dnrehsohnitt  ca.  135000  Mann  nnter  den  WatVeu,  in 
der  Hauptausbildnngszeit  mnd  240000.  Der  Jahresdorchschnitt 
betlägt  189000.  Wollte  man  die  organische  Stärke  während  des 
ganzen  Jahres  nnter  den  Waffen  halten,  so  nitllste  man  das  Kriegs- 
badget  im  Ordinarium  nm  24  Millionen  erhöben,  was  die  Finansdage 
nicht  erlaubt. 

Am  1.  Januar  1900  setete  sich  dus  Heer  nach  Jahrgängen  vrie 
folgt  zusammen:  Aktives  Heer  und  Reserve:  Leute  1.  Kateg. 
Jahrgänge  1871—79,  2.  Kateg.  Jahrjränge  1871  nnd  76,  aufserdera 
Jahrgänge  1867 — 70  der  Artilleriearbeiter,  1870  der  Karabinieri 
nnd  Kavallerie. 

MobilmiUi  (Landwehr):  Alle  Lente  1.  nnd  2.  Kateg.,  Jahrgänge 
1867—70,  aufser  Gefreite  nnd  Gemeine  der  Karabinieri,  KavaUerie 
nnd  Artilleriearbeiter. 

Teiritorialmiliz  (Landstnm):  1.  nnd  2.  Katag.  Jahrgänge  1861 
bis  66,  1.  Kateg.  Karabinieri  nnd  KavaUerie,  Jahrgänge  1867—69, 
8.  Kateg.,  Jahrgänge  1861 — 79. 

Nach  den  Beilagen  snm  Voransohlag  ftlr  das  Marinebndget 
1900/1901  zählte  die  Flotte  am  L  Janttar  1900: 


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804 


Heer  und  Flotte  ItalienB  im  2.  Hillijalir  1899. 


Kampfsobif fe  1.  Kl. 

Baujahr 

Deplacement 

Kosten 

Andrea  Doria 

1889 

11  204 

% 

14757536  L. 

Dandolo 

1882 

12268 

n 

17  HM »000 

n 

DuUiu 

1877 

11  138 

n 

1  i  loöOüyj 

n 

F.  Morosiui 

1889 

11 324 

ti 

14866936 

n 

Italia 

1884 

15  654 

n 

23937  769 

w 

Lepanto 

1887 

15  900 

n 

23537181 

jt 

Re  Umberto 

1890 

1 3  893 

n 

24667967 

n 

Kaggiero  di  Laaria 

1887 

11174 

n 

14836936 

»1 

Sardegna 

1893 

13860 

>» 

21642292 

n 

Sicilia 

1893 

13  298 

»j 

21600000 

im  Ganzen  10  Schiffe  mit  129  710  Tons,  226  177  066  Lire  Kosten. 


b)  K  Hiiipfsphiffe  2  Kl.  Baujahr  Deplacement 

Carlo  Alberto  1890       ()500  t 

Vettor  Pisani  1899       6500  „ 

im  Ganzen  2  Schiffe  mit  13  000  t,  23  164  000  L. 

o)  Kampfücbiffe  8.  Kl.  Baujahr  Deplacement 


Affondatore 

Aneona 

Castel  Fidardo 
Marco  Polo 
Maria  Pia 
San  Martino 


1866 
1S66 
1866 
1894 
1863 
1864 


3913  t 
4693  „ 
4259  „ 
4583 
4268  „ 
4234  „ 


im  Ganzen  6  (anteu  näher  zu  bewertende)  Schiffe 

27  888  856  L. 


Kosten 
11  507  000  L 
11557  000  „ 

Kosten 
4  OOO  000  L 
4  223  137  „ 
4  223  070  „ 
6  818  000  „ 
4  327  028  „ 
4  297  626  „ 
mit  29  950 


d)  K am pfhchiffe  4.  Kl. 

Baujahr 

Deplacement 

Kosten 

Etna 

1887 

3530  t 

3  962  237 

L 

Fieramosca 

1880 

3595  „ 

4  297  631 

Giovanni  Bausan 

1885 

3336 

3  708  450 

V 

Stroinboli 

1887 

3898  „ 

3  796  600 

Vesuvio 

1887 

3427 

3  762  779 

n 

im  Ganzen  5  Schiffe  mit  17  780  t,  19 

527  677  L. 

e)  K:im)) f schifte  5.  Kl 

Baujahr 

Deplacement 

Küsten 

Laliibria 

1897 

2467  t 

3  750  000 

L 

Dotrali 

1887 

2088  „ 

3  272  324 

Elba 

1894 

2732  „ 

3  798  ÜOO 

*  n 

Etruria 

1893 

2281  „ 

3  750  000 

j» 

Liguria 

1893 

2281  „ 

3  750  000 

Lonibardia 

1893 

2389  „ 

3  850  000 

Piemonte 

1889 

2639  „ 

4  108  000 

11 

Umbria 

1894 

2281  „ 

8  750  000 

11 

im  Ganzen  8  Schiffe  mit  19  158  %  30  020  324  L. 


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Heer  und  Flotte  fiaUeos  im  2.  Halbjalir  1899. 


305 


Hienm  kommeii:  18  Schiffe  6.  Kl.  mit  zasammen  11096  i, 
14884  700  8  Sohiffe  7.  Kl.  mit  zuMmmen  1069  t,  2458400  L, 
8  Tocpedoboote  1.  KL  mit  snsammen  3  157  750  94  Torpedoboote 
2.  Kl.  mit  soBammen  25  526  250  38  Torpedoboote  3.  KL  mit 
zuBftmmen  8  882  920  L,  4  Torpedoboote  4.  KL  mit  zusammen 
556  600  18  Torpedobarken  mit  861 800  L,  so  daCs  die  Marine 
an  fertigem  Material  am  1.  Jannar  1900  nm&fete:  204  Sohiffo 
mit  228  121  tons  nnd  887  536  348  Lire  Kosten. 

Die  Truppen  der  Kolonie  Eritrea  weisen  nach  den  nenen 
organiseben  Bestiminuiigen  an  rein  italieniscben  Formationen,  aulser 
dem  Depot  in  Neapel  und  dem  Tribunal,  nur  noch  3  italienische 
Jttgerkompagnien  mit  ll  Offizieren,  500  Mann  auf.  Alle  Übrigen 
Formationen  sind  gemischte  oder  rein  eingeborene  mit  italienischen 
Kadres,  nämlich  1  Karabinieri-Kompagnie,  G  eingeborene  Bataillone, 
1  eingeborene  Eskadron,  1  Kanonier-,  1  Küstenkompagnie,  2  eingeborene 
Batterien,!  Geniekonipagnie,  TraindetachementSf  sowie  die  verschiedenen 
Dienstzweige  mit  196  italienischen  Offizieren  und  Beamten,  1186 
italienischen  Unterofifzieren  nnd  Mannschaften,  5554  eingeborenen 
Offizieren  und  Mannschaften,  1862  Pferden  and  Maultieren. 

Beztiglich  der  Ergänzung  des  Heeres  geben  wir,  wie  im 
letzten  Bericht  fUr  den  Jahrgang  76,  so  jetzt  fllr  den  Jahrgang  1877 
einige  der  offiziellen  Statistik  entnommene  Daten.  Von  417  458  Leuten, 
die  sich  stellten,  wurden  13  454  während  des  Aushebungsgeschäftes 
aus  begründeten  Ursachen  von  den  Listen  gestrichen,  85  256  untaug- 
lich erklärt.  95  643  zurückgestellt,  104  820  der  1.,  551  (Restanten 
von  187())  der  2.,  01215  der  3.  Kate^.  zu're'wiesen.  Am  1.  Juli  1898 
setzte  sich  das  pcnnanente  Heer  zusauinieu  aus  ;>lu  602  zu  den 
aktiven  Klassen  rechnenden  Leuten,  503  857  des  Beurlaubtenstandes 
—  total  814  459  Mann,  die  Landwehr  aus  465  349  Leuten  1.  und 
2.  Kateg.  darunter  2016  Angestellte  der  Bahnen,  die  als  aktiv  gelten, 
der  Landsturm  aus  5394  Mann  der  Bahngesellschaften,  die  als 
aktiv  betrachtet  werden  und  1  936  524  Leuten  1^  2.  und  3.  Kateg^ 
zusammen  an  Wehrpflichtigen  3  221  726  Mann. 

An  Offizieren  des  aktiven  Heeres  waren  am  1.  Juli  1898  vorhanden 
13  834  gegen  14  076  zum  gleichen  Zeitpunkt  1897,  die  Verminderungen 
entfallen  in  geringem  Malse  auf  die  höheren  Dienstgrade  (General- 
leutnant 4-  L  Greneralniajors  —  3,  Obersten  —  12,  Oberstleutnants  —  1, 
Majors  —  5)  dagegen  in  höherem  Malse  auf  Leutnants  und 
Unterleutnants.  Die  Heiraten  der  Offiziere  stiegen  in  dem  Jahre  von 
5325  auf  5608.  Steigerungen  waren  besonders  bei  den  Stabs- 
offizieren und  Kapitäns,  aber  auch  bei  den  Leutnants  zu  konstatieren. 
Gestorben  sind  in  der  Zeit  363  Offiziere.    Im  ganzen  waren  am 

J&hrbfteliar  fftr  di*  deataoha  Anne«  und  MmIii*.   Bd.  tift.  f  20 


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306 


Heer  und  Flotte  ItiHens  im  2.  Halbjalir  1809. 


1.  Juli  1898  Torbandeo  (die  Ziffern  ftlr  1897  in  Klammern  gegenüber- 
gestellt): Aktive  Annee  13834  (14076),  auf  Wartegeld,  bezw.  in 
Dispoiübilitiit250  (284), Mobilmiliz  12(18),  Temtorialmiliz  4500(4677), 
Ersatz-Ofüziere  0914  (9811),  in  der  positione  aosiliaria  1030  (1196), 
BeBerve  6219  (6116)»  total  35  765  (36178). 

Sergeanten-Eleven  nahmen  am  Koisiis  1897/1898  III?  (\'or- 
korsus  894)  teil,  davon  schieden  aus  den  verschiedensten  Grtlnden 
ans  336  (285).  Bis  zum  Schlnss  blieben  781  (609),  davon  wurden 
sn  Sergeanten  befördert  724  (551),  d.  h.  64,8  (61,6  Vo),  also  eine 
wesentliche  Steigerung.  Am  15.  Dezember  1899  wurden  bei  12  In- 
fanterie-, 3  Bersaglieri-,  3  Alpen-Regimentern  Kurse  zu  je  50,  bei 
4  Kavallerie-Regimentern  Kurse  zu  je  25,  bei  3  Feldartillerie-  und 
dem  Gebirgsartillerie-Regiment  Kurse  zu  40,  bei  je  3  Küsten-  und 
Festungsartillerie-Bri^aden  Kurse  zu  je  25,  beim  1.  Genie-Regriment 
zu  12,  3.  Genie-Ro^^iment  zu  36,  beim  4.  Genie-Regiment  zu  18, 
beim  5.  zu  20,  bei  der  Eisenbahn-Brigade  zu  10  Aspiranten  eröffnet. 

Zur  Entlassung  kamen  vom  99  ab  die  Leute  1.  Kateirorie 

Jahr^^inc:«  1876  mit  3  jähriger  Dienstzeit,  aulser  Kavallerie,  die  Leute 
1.  Kategorie  Jahrgangs  1877  mit  2  jähriger  Dienstverpflichtung,  die 
Leute  1.  Kategorie,  die  mit  Jahrgang  1878  eingestellt  worden,  aber 
frtiheren  Jahrgängen  angehörten  und  das  39.  Lebensjahr  vollendeten, 
bezw.  2  Jahre  Zurtlekgestellten;  gleichzeitig  verfllgte  der  Kriegs- 
minister, dals  die  l^cnitp  Jahrgangs  LS77  mit  2  jähriger  Dienstzeit,  die 
in  der  Zeit  vom  1.  April  1897  bis  6.  März  1898  eintraten,  heimzusendeo 
seien,  sobald  sie  30  Monate,  die  des  Jahrganges  1878  mit  2  jähriger 
Dienstverpflielitung,  die  vom  1.  April  1898  bis  14.  März  1899  ein- 
getreten, sobald  sie  18  Monate  gedient  hatten,  endlich  vom 
29.  November  an  die  Leute  1.  Kategorie  Jahrgangs  1876  mit  3  jähriger 
Dienstverpflichtung  der  Kavallerie. 

Die,  wie  schon  im  vorigen  Bericht  gemeldet,  zunächst  in  der 
Form  eines  Dekrets  erlassenen,  dann  als  Gesetz  vom  Parlament  an- 
genommenen Bestimmungen  Uber  die  Rekrutenaushebung  unterschieden 
sich  nicht  wesentlich  von  denen  des  Vorjahres,  die  Rekruten  der 
berittenen  Truppen  wurden  zum  5.  Dezember  eingereiht,  die  Ein- 
stellungen derJeniiTfri  der  unberittenen  Waffen  auf  Ende  März  ver- 
schoben. 50*/o  der  auf  3  Jahre  Eingestellten  kann  der  Kriegs- 
minister nach  2  Jahren  entlassen. 

Zweckmäfsig  wird  hier  auch  gleich  der  Ersatz  an  Offizieren 
berührt.  Die  frei  werdenden  Stellen  fUr  den  1899  begonnenen 
Körens  waren  an  der  Militärschule  auf  145,  an  der  Militärakademie 
anf  100  festgesetzt  Bürgerliche  Kandidaten  konknirierten  287| 
beiw.  165,  dazn  30  Zöglinge  der  beiden  Militärkollegien.  Für  den 


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Heer  und  Flotte  lullens  im  2.  Halbjahr  1899. 


307 


3.  KnnoB  der  HUitttiakadeiiiie  irarde  dk  Zahl  der  ZolasBongen  von 
40  auf  56  erhobt,  das  Alter  Ar  die  Aspiranten  auf  18Vt— 24*/,  Jahre 
bemessen.  Fttr  die  Znlassnng  zun  2.  Jahr  der  Militiirkollegien  er- 
weiterte man  das  Alter  von  14^18  Jahre.  Zu  den  HDitttrkoUegien 
wurden  für  den  1.  Kursus  82  Zulassungen  in  Neapel,  25  in  Bom,  fttr  den 
2.  Kursus  aui  22  m  Neapel,  17  in  Rom  festgesetet»  d.  h.  ftr  die  jungen 
Leute,  die  nur  auf  Cteund  von  Sehnhseugnissen  aspirieren  (fllr  das  8ehul- 
jabr  1900/1901  auf  Grund  von  Schulzeugnissen  zum  1.  Kursus  in 
Neapel  55,  in  Rom  50,  znm  2.  Kursus  Neapel  25,  Rom  20).  Zum 
Spezialkursus  der  Militibnohnle  liels  man  59  Unteroffiziere,  dayon  6 
auf  Grund  Ton  Zeugnissen  a]s  Offizieraspuanten  fttr  die  kom- 
battanten  WalTen,  20  fbr  die  Zablmeister-Karriiie  zu.  Zur  Kriegsschule 
(unsere  Kriegsakademie)  berief  man  42  OfBziere  der  In&nterie 
und  Kavallerie,  18  der  Artillerie  und  des  Genie  ein.  Beim 
Generalstab  begann  am  1.  November  die  ProbedienstleiBtnng  tou 
21  Offizieren,  welehe  die  Kiiegssehule  mit  £rfo]g  absolviert  hatten. 
Ersatz-Offizier-Kurse  zu  6  Monaten  (Vorbedingung:  Abiturienten- 
Zengni&  eines  Lyoeums  oder  teohnisohen  Instituts,  bezw.  bei  Artillerie 
und  Ingenieuren  aneh  noch  UniTersitätBstudinm)  wurden  bei  10  In- 
fanterie-, 3  Bersaglieri-,  2  Alpen-,  5  Feldartillerie-,  2  Genieregimentem, 
der  reitenden  und  Gebirgsartillerie,  4  Festung«-  und  Kttstenbrigaden 
errichtet,  [Kurse  zu  9  Monaten  (Vorbedingung:  Zengnüs  der  2.  Kl. 
eines  Lycenms  oder  technischen  Instituts  bezw.  Bestehen  einer 
Prttinng)  bei  9  Infanterie-,  3  Bersaglieri-,  2  Alpen-,  4  Kavallerie- 
regimentem,  dem  Train  von  2  Feldartillerie-  und  1  Geniereginient» 

Erwähnen  wir  ferner  die  Thatsache,  dafs  sich  20  Ersatzoffiziere 
der  Kavallerie  der  Prttfong  für  den  aktiven  Dienst  bei  der  Kavallerie- 
schale Finerolo  untereogen  und  zu  den  Kursen  an  der  Central- 
Schiefsscbule  Ulr  Artillerie  in  Nettono  aneh  je  12  dienstleistende 
Ersatz-Offiziere  kommandiert  wurden,  um  uns  dann  der  Reform  der 
Militärschalen  zuzuwenden. 

Der  vorige  Berieht  wies  schon  auf  das  im  Dekret  vom 
8.  Juli  1899  aufgestellte  Prinzip  hin,  nach  welchem  die  Central- 
Schieissohole  fUr  Infanterie  und  die  Kavallerieschule  als  notwendige 
Ergänzung  fttr  die  Aosbildnog  der  Offiziere  beider  WaflFen  in  dem- 
selben Sinne  zn  betrachten  sind,  wie  die  AppUluitionsschnle  für  die 
der  Artillerie  und  des  Genies. 

Ein  Dekret  vom  2G.  November  1809  genehmigte  ein  neues 
organisches  Reglement  flir  die  MilitUrschulen.  Für  die  Kriegsschule 
waren  Anderunfren  schon  nach  dem  Dekret  vom  80.  Oktober  1899 
angeordnet.  Das  neue  organische  Hefrlement  trat  mit  dem  1.  Januar 
1900  in  Kraft,  mit  der  Maüsgabe  jedoch,  dafis  die  aus  den  Uoter- 

20* 


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308 


Heer  und  Flotte  ItaUeiu  im  2.  Eallijilir  1899. 


oilizieienhenroigegaiigeiieiiUiiteiletilnanlB  derlnfapterie  undKayallerie, 
die  sieh  dann  anf  den  Ergttnsnngaeehnlen  befinden,  den  nenen  Ver- 
ofdnimgen  noeh  niebt  ontenroifBn  sind.  Die  IGUti&nebnlea  weiden 
eingeteilt  in  a)  yorbereitende  Sobnlen  (lOlitSrkollegien),  b)  Sebnlen 
tnx  Ofiiziereiaati  (UOilftncbnle  nnd  Militärakademie),  c)  Ergänmngs- 
schulen  (CentralsehielBBehnle  für  Infanterie,  Kayalleriesehnle,  Appli- 
kationsschnle  ftr  Artillerie  nnd  Genie,  Centralscbieteehnle  für 
Artillerie,  Sanitäts-Applikationsscbale),  d)  Vervollkonunnnngssehnlen 
(Kriegsschule),  e)  Spezial-(Fecht-)Schale.  Das  Reglement  giebt  den 
Zweek  und  die  Aufgaben  der  Schulen,  den  Etat  an  Kommando-  und 
Instmktionspersonal,  die  Bestimmangen  über  Zulassung,  Ausgaben 
fllr  die  Schulen,  halbe  und  ganze  Freistellen.  Bei  der  Contralschiefe- 
schule  fllr  Infanterie  (und  analog  bei  der  Kavallerieschnle)  erfolgt 
am  Schlufs  des  Kursus  eine  BefähigangBprttfong;  wer  sie  nicht  be- 
steht, wird  zu  Beginn  des  nächsten  Kursus  zu  einer  Wiederholunsrs- 
prttfong  angelassen;  bei  Milserfolg  auch  in  dieser  kann  nach  1  Jahr 
Dienst  im  Regiment  eine  zweite  Wiederholungsprüfung  stattfinden, 
wer  sie  nicht  besteht,  rangiert  in  Bezug  auf  Patent  hinter  allen 
Teilnehmern  des  betreffenden  Korsos.  Die  Reihenfolge  der  Patente 
wird  bestimmt:  a)  bei  den  aas  den  Unteroffizieren  hervoi^henden 
Offizieren  nach  dem  Mittel  des  Resultats  der  SchluIsprUfung  an  der 
Militärschule,  der  Centralschiefsschule  und  dem  Dienstalter  als  Unter- 
offizier, b)  bei  den  Zöglingen  der  Militärschule  nach  dem  Mittel  der 
SchluIsprUfung  dort  und  an  der  Centralschielsschule,  c)  bei  über- 
getretenen Krsatzoffizieren  nach  dem  Mitte!  des  Offizierexamens,  der 
SchluIsprUfung  au  der  (  entralschielsschule  und  dem  Dienstalter  als 
Ersatzoffizier.  Bei  der  Kas  allrrioschule  gelten  ähnliche  Grundsätze. 
Ht'i  (ier  Applikationsschule  tur  Artillerie  und  Genie  werden  die  Schüler 
am  Sehlufs  jeden  Kursos  einer  Prüfung  unterworfen,  die  >\'iederholt 
werden  kann;  wer  die  Wiederholungsprüfung  nicht  besteht,  wird 
einem  Truppenteil  übenviesen  und  unterliegt  den  Bestimmungen  ftir 
die  aus  dem  l  'uteroffizierstaiidi'  liervorgebenden  Offiziere.  Die  Nummer 
der  SchluIsprUtoug  des  zweiten  Kursas  ist  maisgebend  ftlr  das  Patent 
als  Leutnant. 

Was  die  Kriegsschule  anbetrifft,  so  konkurrieren  nach  wie  vor 
um  Zulassung  ilauptleute  und  Leutnants  der  kombattanten  Waffen, 
Stellen  sind  maximal  jährlich  48  für  Infanterie  und  Kavallerie,  12  fUr 
Artillerie  und  Genie  vorgesehen.  Wer  die  Schule  mit  Erfolg  absohiert 
hat,  erhalt  ein  F^ignungsdiplom.  das  ihm  die  im  Beförderungsgesetz 
vorgesehenen  \  urteile  sichert.  Durch  die  bestimmte  Regelang  der 
Programms  und  Disziplinen  der  Militärschulen  wird  das  Reglement 
zo  einem  wichtigen  Fortschritt  gestempelt  —  Eine  neoe  Einrichtong 


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He«r  und  Flotte  Italiens  im  2.  Halbjahr  1899. 


309 


iBt  der  Tom  Kriegsminiater  geschaffene  Yorbereitangsknrs  für  die 
lUtesteD  Haupfleate  der  Infimterie  (22),  der  sieli  anf  ßeiten,  Taktik, 
Schienen  mit  Handfeaerwaffen  eistreciLt  and  yom  a  Dezember  an 
3  Monate  dauert  BezUglieh  der  CentralschlelBSohide  in  Nettnno  sei 
Jinrz  darauf  hingewiesen,  dals  nach  dem  1.  Korsos  eine  bis  som 
Febroar  reichende  Paose  eintrat  behoft  Versoeben  mit  SchneUfeoer- 
gesehtltsen,  dann  der  2.  ond  8.  Korsos  bis  Wkn  bezw.  bis  April 
folgten.  Zorn  1.  Korsos  worden  je  dn  Hanptmann  der  8  ersten 
FeidartiUerie-Regimenter  ond  des  Gebirgsregiments,  sowie  17  Leotnants 
der  anderen  Feldartillerie-Kegimenter  ond  der  reitenden  Artillerie, 
znm  2.  ond  8.  Korsos  analoge  Ziffem  von  den  andern  Kegimentem 
kommandiert  Der  Schole  worden  je  8  7  cm*  ond  9  cm-Batterien 
ZOT  Verfbgong  gestellt  Die  Bestimmongen  fttr  die  Centralsehiefe- 
schole  in  Parma  1900  berflcluiehtigen  schon  die  neoen,  oben  be- 
rührten Kormen  fOr  die  praktische  Aosbildong  der  jongen  Infanterie- 
Offiziere,  bis  zom  12.  Mai  daoert  der  erste,  sogenannte  Eii^bizoiigs- 
korsos  für  diese  Unterleotnants.  —  Esd»  lange  der  Beratong  onter- 
worfene  organisatoriscbe  Nenerong  ist  nach  Genehmignng  doroh  das 
Parlament  am  24.  Dezember  znm  Gesetz  erhoben  woiden,  die 
Beform  der  Sobalternofnziere  des  Kommissariatsdienstes 
(Intendaator),  SobaltemofBziere  der  Intendantor  fallen  in  Znkonft 
im  Flieden  fort,  der  niedrigste  Dienstgrad  ist  der  des  Kapittns  ond 
die  Kapitiins  werden  den  Leotnants  der  kombattenten  Waffen  ond 
des  ZahlmeisterkotpB,  die  den  doroh  Dekret  festgesetzten  Bestimmongen 
entsprechen,  entnommen.  Ihre  Versetzong  in  die  Intendantur  kann 
entweder  im  Moment  der  Beförderang,  oder  anch  später,  je  nach 
den  Vakanzen,  erfolgen.  Die  heotigen  Leutnants  ond  Unterleotnants 
des  Kommissariatskorps  bleiben  zonäcbst  in  diesem  ond  kOnnen, 
wenn  zor  Beförderung  geeignet,  auch  in  die  höheren  Stellen  aof- 
rücken^  die  nicht  geeigneten  werden  in  das  Zahlmeisterkorps  versetzt 
Die  Versetzansren  von  Leotoants  der  kombattanten  Waflfen  in  die 
Intendantur  beginnen  erst,  wenn  die  geeignet  erklärten  Sabaltem- 
Offiziere  dieses  Korps  anfgebraucht  sind.  —  Aufser  diesem  Gesetz- 
entwurf und  aufser  der  Anshehunir  Jahrgangs  1879  genehmigte  das 
Parlament  in  der  Tagung  vom  14.  November  bis  19.  Dezember  auch 
noch  Gesetzentwürfe,  betreffend  Änderung  des  Rayongesetzes  vom 
UK  Oktober  1859,  Überweisung  einiger  Kategorien  von  Leuten  des 
Benriaubtenstandes  der  Marine  zum  Heer  (betrifil  Leute  des  Eisen- 
bahn- und  Telegraphendienstes),  die  von  der  Kammer  schon  vor  der 
Vertagung  angenommenen  und  im  letzten  Bericht  aufgeführton  extra- 
ordinarien  Ausgaben  1899/l!H)(i  tlir  das  Heer,  das  Kriegs-  und  Marine- 
budget,  den  l^achtragsiuedit  von  4,7  Millionen  tttr  dos  Marinebodget 


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310 


Heer  und  Flotte  Italiens  im  2.  Halbjahr  1899. 


1898/1899  (bedingt  dnreh  die  ans  politiseben  OrOnden  nötige  etSikeie 
Indienststellong),  den  Naelitragslaedit  ftlr  das  Heer  1898/1899  in 
der  Höhe  Ton  7113176  L.  (zom  Teil  gedeckt  dnieb  Erspaniiese), 
bedingt  durch  politisebe  Grttnde,  die  zur  Venögerong  der  Entlassung 
des  ältesten  Jahrgangs  im  Jahre  1898,  cor  Verst&rlLnng  der  Cazabinieri, 
grölserer  Reise-  nnd  Transportkosten  swangen,  dorch  die  Trappen 
auf  Kreta  und  dnreb  die  DorcbfÜbning  der  Beorganisation  des  Heeres. 
Diese  Mehrkosten  konnte  das  sogenannte  konsolidierte  Budget  von 
239  Hillionen  niebt  tragen^  In  der  Sebwebe  blieben  die  im  Yorigen 
Beriebt  sehen  erwftlmten  Änderungen  des  BekmtieningsgeBetKes,  die 
Entwürfe  fttr  die  Ändemng  der  Organisation  der  Kavallerie  und 
Artillerie  nnd  die  noeb  der  Erwägung  unterliegenden  Beformen  der 
Alpentrappen. 

Sowohl  bei  der  Beratung  des  Extraordinariums  zum  Kriegsbudget 
1699/1900  (mit  14  5G0  ODO  L.)  und  der  Verftigung^  über  15  V«  Millionen 
für  nenes  Feld>  und  Gebirgsartillerie  -  Material  in  der  Zeit  nach 

1899/1900  (1.  vorigen  Bericht),  als  auch  bei  der  Beratung  des 
Kriegsbadgets,  dessen  Annahme  zugleich  mit  der  schon  im  letzten 
l^erieht  erwähnten  Tajresordnung  erfol^rte,  erklärte  der  Kriegsniinister 
Mirri  auf  Befragen,  dals  das  Ordinarium  des  Budgets  möglichst  unver- 
ändert bleiben  wUrde,  im  Extraordinär! um  aber  ttir  Zwecke  der  Landes- 
verteidigung und  Neubewafinnng  der  Feldartillerie  zeitweilig  eine 
Erhöhung  eriabren  müsse,  die  sich  nach  der  Finanzlage  richten  nnd 
die  er  in  einem  Gesetzentwurf  bald  vorleq-en  werde.  Dieser  gegen- 
wärtig dem  Parlament  vorliegende  Entwarf  bildet,  wie  Bettolo's 
Flottenerweiterungsplan  für  die  Marine,  einen  der  Ecksteine  für  die 
Weiterentwickelung  der  Wehrkraft  and  muis  daher  eingehender  be- 
leuchtet werden.  Wurde  der  Gesetzentwurf  auch  erst  am  31.  Januar 
dem  Parlament  vorgelegt  und  der  Budgetkommission  baldigst  über- 
wiesen, so  ist  er  doch  in  grofsen  Zügen  noch  vom  General  Mirri 
entworfen,  von  ihm  der  durch  königliches  Dekret  vom  10.  Juli  1899 
geschatlenen  obersten  Landesverteidigungskommission  unter  Vorsitz 
des  Prinzen  von  Neapel  unterbreitet  und  von  ihr  einigermafsen 
modifiziert  worden.  Seine  Gei)urtszeit  lieirt  also  in  der  Berichts- 
periode. —  Bemerkenswerl  ist  in  der  Vorlage,  die  sich  im  ganzen 
auf  25  Jahre  erstreckt,  das  Bestreben,  das  konsolidierte  Budget  von 
239  Millionen  möglichst  wenig  zu  stören,  die  Einteilung  der  Ausgaben 
in  solche  für  die  dringendsten  Bedürfnisse,  denen  im  nächsten 
Quinquenniuni  Rechnung  getragen  werden  sollte,  und  solche,  die 
noch  etwas  warten  können,  die  hervortretende  Sorgfalt,  mit  welcher 
Kriegsverwaltung  und  Generalstab  seit  einer  Reihe  von  Jahren  ziel- 
bewulst  gearbeitet,  daher,  wie  ein  Vergleich  mit  18äl  ergiebt,  auch 


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Heer  a&d  Flotte  Italiens  im  2  H&ibjahr 


311 


£rfolg  ao&aweisen  haben,  endlich  die  Yerwendang  von  Mitteln  «na 
Verkanf  veralteten  Walfenmateiia]s  mid  toh  Featmigsgelliide  ftr  die 
Zwecke  der  neaen  Verlage.  Ijetitere  hat  aneb  in  der  Fresee  im 
allgemeinen  eine  dnrchans  wohlwollende  Anfhahme  gefiinden.  Kxitiaeh 
iat  man  nnr  an  die  Thataadie  herangetreten,  dab  die  Dnrehfthrong 
25  Jahre  beansprneben  soll  Das  ist  ja  aber  in  der  Vorlage,  die 
nnr  Ulr  das  erste  Qninquennlnm  die  Jahresraten  in  Ansata  bringt, 
nieht  aasgesprodien;  naeh  den  Ertrügen  der  Verftnberongen  nnd 
den  Ersparnissen  in  anderen  Kapiteln,  z.  B.  HandwafiiBn,  wird  man 
die  Zeit  Ton  25  Jahren  ablLtlixen  können.  —  Pellonz*  Begründung 
wies  «inttohst  anf  den  bei  den  Extraordinarien  stets  befolgten  Grrond- 
satSy  das  konsolidierte  Budget  nieht  zu  Überschreiten,  dann  anf  die 
bis  1899  Tiel&ch  wiederholten  Aufforderungen  des  Parlaments  hkt, 
einen  Entwurf  Ar  die  Gesamtbedttrfnisse  der  Landesverteidigung 
Yorsulegen,  weiter  anf  die  Thatsaehe  der  Einbringung  emes  solchen 
für  1899/1908  und  das  Heransschneiden  des  Eztraoidinariums  filr 
1899/1900  durch  die  Budgetkommission.  Schon  am  7.  Desember  1897 
betonte  Peüoux  in  seinem  Bericht  ttber  die  Gesamtlage  des  Heeres, 
dals  die  Neubewaffnung  der  Feldartillerie  notwendig,  führte  an,  dals 
man  mit  Terschiedenen  Typen  Versuche  machte,  der  Ersatz  der 
zwanzig  Jahre  alten  7  cm  onabweislMur,  der  9em^noch  Terbesserungs- 
^ig,  und  nach  mnigen  (heute  dnrehgeführten)  Änderungen  an  Bohr 
und  LaflSste  als  Übergangsgeschtttz  noch  einige  Zeit  brauchbar  sein 
werde.  Die  Erwartung,  dafls  man  baldigst  einen  neuen  geeigneten  Typ 
finden  werde,  bestätigte  sich  nicht;  erst  im  Joli  1900  wird  man  mit  der 
Massenfabrikation  des  Ersatzes  für  den  7  cm  fUr  fahrende  und  Gebirgs- 
artillerie beginnen  können  (Kaliber  7, 4,  Rohrblöcke  vooTemifVerscblufs- 
system  vom  Arsenal  von  Neapel,  Bedarf  600  Geschütze  zu  je  30000  L,, 
total  also  18  Millionen,  die  zur  Verftlgnng  stehen,  bei  Heranziehung  aller 
Waffenfabriken,  DurchfUbrnng  des  Ersatzes  des  7  cm  bis  spätestens 
1902).  Felioux  bemerkt  dann,  dafs  die  finanziellen  Mittel  nicht  fehlen 
wttrdoi.  Er  weist  anf  den  Bericht  Afan  de  Kivera's,  Berichterstatter 
der  Kommission  tUr  die  Beratung  des  Extraordinarinms  1809/ 1000, 
vom  24.  September  1899,  hin.  welcher  die  Aptierung  des  9  cm 
.billigt,  die  Zeit  für  den  Ersatz  des  7  cm  abgekürzt  sehen  möchte 
(was  ja  anch  der  Kriegsminister  wünschte)  nnd  darum  weitere  15*/, 
Millionen  für  die  Zeit  nach  1900/1  sofort  zur  Verfügung  des  Kriegs- 
ministers gestellt  sehen  wollte,  was  durch  Gesetz  vom  10.  Dezember 
1899  erfolgte.  Der  Minister  wurde  dabei  wieder  aufgefordert,  einen 
Gesetzentwurf  für  die  Zwecke  der  Landesverteidigung  nnd  Uni- 
bewatfnung  sofort  nach  Beendigung  der  Studien  vorzulegen.  Dt  r 
Berichterstatter  Tavema  sprach  im  Senat  am  29.  Juni  1899  aas,  dals 


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312 


Beer  uad  Flotte  lUliens  im  2.  Halbjahr  löU9. 


man  die  fttr  den  BescrreTomt  an  Handwaffen  verlangten  Sommea 
auf  eine  längere  Rdhe  von  Jahren  rerteilen  nnd  dadurch,  wie  ans 
dem  EiiOs  des  Verkanft  von  Geweliren  nnd  Festnngsgelllnde,  die 
Fordemngen  Air  sehlennige  Umbewaffiinng  nnd  die  Landemrteidigimg 
zum  Teil  decken  aolle.  Diesen  Gmndsäteen  folge  aneh  er;  es  wäre 
tbOrichty  TOn  denselben  absnweieben  und  so  yielleicht  die  dozeb 
Gesetz  vom  2.  Jani  1897  abgeseblossene  Organisation  des  Heeres 
wieder  zur  Diskussion  sn  stellen.  Man  ki^nne  gegenwärtig  niebt 
mehr  als  239  Hillionen  auf  das  Kriegsbndget  verwenden,  da  aneb 
die  Marine  berechtigte  Forderongen  habe,  man  mllsse  sieh  also  aaf 
andere  Welse  hellen.  Bei  den  „speziell  ünamdellen  Vorkebrangen'' 
sagt  PeUonx,  dah  die  schon  doreb  bewilligte  Gesetze  verfilgbaien 
Mittel  erlauben,  nach  der  bis  zum  Jnli  1900  zn  erwartenden  defini- 
tiven FeststeUnng  des  l^s  Ersate  7  cm  in  die  Massenfiiü^rikation 
einzutreten.  Für  1900/1  habe  man  verfbgbar  fast  die  ganzen 
8  Millionen,  die  schon  fttr  1899/1900  genehmigt  wurden,  dann  6  BOl- 
Uonen  von  den  fttr  die  Zeit  nach  1899/1900  bewilligten  16,5  Millionen, 
sicher  also  8  Millionen,  mehr  als  man  sofort  aufbrauchen  könne. 
Für  das  folgende  Jahr  rechne  er  mit  einer  Quote  der  15,6  Millionen, 
dem  normalen  Posten  im  Eztraordinarinm,  dann  mit  einem  Teile 
des  Ertrags  der  Verftulsemng  von  Waffen  und  Festnngsgelände. 
Bezüglich  der  greisen  Fragen  der  Landesverteidignng  wurde  im  Herbst 
die  oberste  Landesverteidigangrskommission  zu  Studien  berufen.  Sie 
haben  zu  Sclütlssen  geführt,  die  man  als  definitive  betrachten  kann, 
da  sie  den  ganzen  l'infang  der  Befestigungen  and  ihrer  Armierung, 
den  Grad  der  Drinf^lichkeit  der  einzelnen  und  ihre  Bedeutung  be- 
rühren und  der  Heeresverwaltung  die  Möglichkeit  gaben,  ein  Pro- 
gramm aofisustellen,  auch  die  überflüssig  werdenden  Werke  zu  be- 
rttcksicbtigeD  und  aus  ihnen  Mittel  zn  gewinnen,  die  Kosten  der 
neuen  zum  Teil  zu  decken.  Indem  man  zu  den  Angaben  der 
obersten  Landesverteidigungskommission  die  Kosten  fUr  die  Um- 
bewafihung  der  Feld-  und  Gebirgsartillerie  incl.  9  cm  hinzurechnete, 
kam  man  (siehe  unten)  auf  393  Millionen  Gesamtkosten.  Die  vom 
Generalstabskomitee  und  den  Verteidigungskommissionen  1881 — 1883 
gemachten  Studien  liefsen  für  Befestigung  nnd  Armierung  1000  und 
mit  neuen  Handwaffen  1200  Millionen  fordern,  d.  h.  3  X  so  viel 
wie  heute,  ein  sprechender  Beweis  filr  das,  was  seither  von  der 
Heeresverwaltung  geleistet  worden  ist.  Mit  239  Millionen  wird  man 
normal  nach  Pelloux  wohl  auskommen,  nicht  nber.  wenn  grolse  und 
dringende  BedUHnisse  in  kurzer  Zeit  befriedigt  werden  müssen.  Nach 
dem  Ansatz  der  obersten  Landesverteidigungsknmmission  sind  für 
Befestigaugeu,  Armierung,  Umgestaltung  der  Armierung,  Munition 


L/'iyiki<_cCi  Ly 


Heer  imd  Flotte  Italiens  im  2.  Halbjahr  lb9».  313 

260  Millionen  tu)ti^^  da/.u  die  Ausgaben  für  Umbewaffnimg  der  Feld- 
aitillerie,  die  Haudwaöen-Keserve  sowie  andere  Dienstzweige  ergeben 
die  Summe  von  393  Millionen,  in  denen  auch  die  Geschütze  schweren 
Kalibers  modernsten  Typs,  Uiawandlung  des  älteren  Teils  der  bis- 
herigen Armierung  der  Festungen,  der  Belagerungsparks  a.  s. 
sowie  selbstverständlich  auch  der  Ersatz  der  9  em  (die  eben  mit 
Aufwand  von  8  Millionen  aptiert  würden)  einbegriffen  sind.  Hit  dem 
Enats  des  9  em  soll  begonnen  werden,  sobald  der  des  7  em  dnreb- 
geftlbzt  und  dasn  werden  j&t&ä^tm  werden  neben  den  znniehst  fllr 
den  ErsatB  des  7  cm  bestimmten  Jabre8(|aoten  auch  die  Snmmeo, 
die  naob  VoUendang  des  Beserve-Vorrats  an  Gewehren  irei  werden. 
Sebon  im  näcbsten  Qninqoennram  werden,  nacb  Pellonx,  aniser  der 
sebon  dmeb  Spezialgesetze  genebmigten  Sonime  flJr  den  Ersatz  des 
7  em  noch  9  MlUlonen  fOr  Ersatz  des  9  em  yerwendet  werden- 
und  der  Ersatz  1903/4,  vielieiebt  aaob  frttber  begonnen  werden  können^ 
Von  besonderem  Interesse  ist  aaob,  was  die  Begründung  ttber 
die  fllr  die  Gesamtansgaben  angesetzte  Zeit  sagt.  Ebe  die- 
oberste  LandesTerteidigongs-Kommission  gespiocben,  reebnet  Mirri 
mit  425  Millionen  Ausgaben,  die  er  auf  25  Jahre  verteilen  —  zm 
Abbilie  der  dringendsten  Bedttrfiiisse  dabei  in  den  eisten  5  Jahren 
das  Eztraordlnariam  Ton  16  auf  21  Millionen  stdgem  wollte.  Da 
die  Gesamtfordemng  Jetzt  398  Millionen  betrügt,  so  konnte  man  sie 
In  25  Jahren  mit  den  normalen  16  Millionen  des  Eztraordinarioms 
bestreiten,  bei  der  absolaten  Dringlichkeit  einzehier  Bedürfnisse 
steigert  aber  auch  die  Pellonzscbe  Vorlage  im  ersten  Qainqnenniom 
die  Extraordinarien.  Wenn  man  in  Eapitebi  des  Ordinarinms  Er^ 
spamisse  machen  künnte,  so  müfsten  diese  yerwendet  werden,  am  die 
Iststärke  der  Trappen  zn  steigern.  Es  sind  Ja  aber  aneh  andere 
Qnellen  für  die  Erhöhong  der  Extraordinarien  im  Qmnqaenninm  ▼or'- 
banden  and  zwar  1.  Rüokstttnde  des  Kriegsbadgets,  2.  Verteilong  dec 
Aasgaben  für  den  Beserre-Voirat  an  Gewebren  auf  eine  längere  Reihe 
TOn  Jahren,  8.  Ertrüge  aas  Verkauf  veralteter  Waffen  und  Vec- 
wendong  der  noch  brauchbaren  Teile  für  neue,  4.  Veräufserung 
militärfiskaliscben  Geländes,  5.  Benatzung  des  brancbbaren  Materials 
aufgelasseoer  Festungen  fUr  neue.  Aulserdem  kann  man  in  Sperrforts 
und  einigen  andern  Werken  Marinegeschütze  verwenden,  die  in  der 
Flotte  durch  Schnellfeaergeschütze  ersetzt  werden.  Da  man  schon 
jetzt  über  900000  Gewehre  91  verfilgt  (ein  neuer  verkürzter  Kara- 
biner 91  ist  1899  für  Spezialtruppen  eingetübrt  worden),  so  kann 
mit  dem  Verkauf  der  Gewehre  71/87  begonnen  werden,  sobald  der 
Krieg  in  Südafrika  beendet  ist.  Bei  militärfiskalischem  Gelände 
kommen  zunächst  in  Betracht  die  Festungen  Aiessandria,  Genua, 


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314 


Heer  und  Flotte  Italiens  im  2.  Halbjahr  1899. 


Bologna,  Anooaa  a.  8.  w.,  die  Einnahiiieii  kdnnen  toII  in  Redmang 
kommen,  da  die  Nenanlagen  sSmtUoh  in  der  Summe  von  393  Mil- 
lionen erscheinen. 

Die  Gesamtansgaben  von  398  Hillionen  Terteilen  sieh  wie  folgt: 


Befestigangsarbeiten   130000000  L. 

Anmerang  nnd  Umgestaltnng  der  bisherigen,  sowie 

Hnnition   80000000  „ 

Ergänzung  und  Umgestaltnng  der  Belagernngsparira 

für  Artillerie  nnd  Genie   30000000  « 

StralseUf  Eisenbahnen,  Material  fta  die  Eisenbahn- 
brigade  20000000  „ 

Ergänzung  des  HandwaffeuTonrats   24000000  „ 

Umbewaffnnng  der  gesamten  FeldartUlerie  (1806  qcmj  68500000 

Militärisehe  Gebäude  •  .   .   .  .  30000000  „ 

MobilmachnngsTorräte,  Material  f&r  feste  Plätze  8500000  „ 

Kasernenmaterial  fllr  Truppen  ■   ■  i^oiioiidn 


Total  393000000  U 

In  diese  Summe  Ton  393  Millionen  sind  alle  heute  roraus- 
zusehenden  Bedttrfiiisse  eingereehnet,  dem  Bedtbfius  sohleunigster 
Umbewafinung  der  Feld-  und  Gebirgsartillerie  ist  Beehnung  getragen, 
und  wenn  damit  noch  nicht  begonnen  ist,  so  liegen  daDir  nicht 
finanzielle  Grttnde,  sondern  die  technischen  Sohwierigkdten  vor,  auf 
die  man  gestolsen  ist. 

Pelloux'  Begründung  kommt  dann  zu  den  Beträgen  fttr  das 
Qninqnennium  1900—1905.  Er  rechnet  dabei  mit  7  Millionen  Rück- 
stand des  abgelaufenen  Jahres,  den  3  Millionen,  die  im  lanfendeo 
Jahre  schon  fttr  Ersatz  des  7  cm  bewilligt  wurden,  ebenso  den  15,5 
IGllionen,  die  man  fllr  die  Zeit  nach  1900  znr  Verfügung  gestellt 
mit  den  2475000  L.,  die  yon  den  am  2.  Juni  1888  fUr  KUsten- 
Terteidigong  schon  beviilligten  47,5  Millionen  L.  übrig  sind,  dann 
einen  Teil  der  schon  früher  ftir  militärische  Gebäude  bewilligten 


Beträge  und  stellt  folgende  Forderungen: 

MiUtärische  Gebünde   10nm(X)0  U 

Handwaffen   12(K)OüüO  „ 

Karte  von  Italien   280Ü00  „ 

HohUmaohuugävoiTlite   2000000  „ 

Schwere  KtUber,  Armiening  der  Festungen,  Be> 

lageriingsparks,  AussteUoilg  fester  PUlM .   .   .  24000000  „ 

VerteidigTing  der  Küsten   7  475000  „ 

Grenzbefestigungen  und  Rom   9000000 

Straiaen,  Bahnen  o.  8.  w   8400000  „ 

Eraats  der  7  em,  Begtain  dee  EmtM«  der  9  cm  .  84600000  „ 

Kaaemieruuf;  der  Truppen   2000000  „ 

MAteriAl  flir  £iseiibahnbrigade  ....  .  .  .   .  3000000 


Total  97605000  L. 


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Reer  and  Flotte  lUiiens  im  2.  iUlbjabr  1899. 


815 


Diese  Summe  entspricht  ^enau  der  Leistungsfähigkeit  der  Eta- 
blissements und  auch  den  mötrlichen  Fortschritten  der  Arbeiten  in  der 
Gebir^'szone.    Mehrbedarf  ist,  da  22  42ö(XX>  L.  schon  durch  frühere 
Gesetze  bewilligrt  sind,  nur  7r)lvS0Ü(H)  I>.    Die  Mittel  zur  Deckung 
des  Bedarfs  für  das  Quinquennium  sind      <  16(H>0(M)()  L,  des  nor- 
malen jährlichen  Extraordinariunis,   7  Miilioin*n  KUckstände  und  ca. 
10  Millonen  aus  Veräufseruugen  von  Waffen  und  Festunfirsjrebäudcn, 
auf  welche   aber  im  ersten  Jahre  des  Quinquenniums  nicht  eiiiinal 
gerechnet  zu  werden  braucht.  Die  Begründung  berührt  daim  weiter 
die  Forderungen  für   11>0C)/1,  die  22  714000  L.  umfassen  und 
gedeckt  werden  sollen  durch  ein  normales  Extraordinarium  von  16 
Millionen  und  den  Überschüssen  des  laufenden  Jahres.  Innerhalb  des 
Rahmens  will  der  Kriegsminister  die  Beträge  verteilt  seÜen  mit  1 750000 
U  anl  miUtSriselie  Gebäude,  3,5  IfiUioneii  Handwaffen,  90  000  L. 
Karte  tod  Italien,  400000  L.  MobihnaehungBrorrftte,  2,5  Millionen 
aehwere  Kaliber,  1,2  Millionen  Anniernng  von  Festangen,  1  Million 
Belagerangsparks,   1  MlUion  Arbdteii  an  Küstenbefestigungen,  17 
Millionen  Speirforts  nnd  Rom,  500000  L.  Strafeenbahnen,  8  Mil- 
lionen Umbewafintug  der  Feld-Artflleiie,  174000  L.  Material  für  die 
Eisenbahnbrigade,  600000  L.  Kasemierang  der  Tmppen.  Das 
Gesetz  veriangt  aber  davon  nur  9  764  ODO  L.,  da  der  an  16  Mil- 
lionen fehlende  Betrag  sehon  dorch  Spezialgeselze  genehmigt  ist. 
Wie  sehon  oben  bemerkt,  fordert  der  Kriegsminbter  an  Mehr- 
bedarf fttr  das  Qainquenninm  nur  75180000  L.  und  yertellt  die- 
selben in  Artikel  1  wie  folgt:  Gewehre  und  Karabiner  12  Millionen, 
Karte  yon  Italien  230000  L.,  Mobilmaehongsvorrttte  2  Millionen, 
sohwere  Kaliber  für  Kflstenbefestigimgen  12  Millionen,  Stralsen, 
Eisenbahnen  8,4,  Kttstenbefestigangen  5,  Sperrforts  nnd  Rom  8  Bfil- 
lionen,  Armierang  nnd  Munition  fester  Pllltze,  Material  für  Festnngs- 
Artillerie  nnd  Belagemngsparks  12,  milltftrisehe  Gebäude,  Schielis- 
pläize  etc.  9,5,  Kasemenntensilien  2,  Material  fttr  die  Eisenbahn- 
brigade 8,  Umbewafihnng  der  Feld-Artillerie  6  Millionen,  znsamroen 
76 180000  L.   Artikel  8  des  Gesetzentwnrfea  bestimmt,  dafs  der 
Erlös  ans  Verkünfen  Ton  Waffen  nnd  Festongsgelttaden  ein  Spezial- 
kapitel  bilden  nnd  dafe  Ton  1899/1900  das  sog.  konsolidierte  Bndget 
Ton  239  Millionen  im  Extraordinarinm  nm  die  Snname  erhobt  ^  erden 
soll,  die  znr  Deckung  der  oben  genannten  Beträge  nOtlg  erscheint 
und  ans  den  in  Artikel  3  genannten  ErUtoen  gedeokt  wird. 

Der  dnreh  KOnigUches  Dekret  vom  19.  JnU  1899  geschaffenen, 
mehrfach  erwähnten  obersten  Landesverteidigungskominissioii 
weist  das  Dekret   als  Aufgabe  im  Frieden  die  Beratung  der  wieb- 
tigsten  Landesrerteidigungsfragen  zu  (Einheit  der  Gesichtspunkte, 


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816 


Heer  md  Flotte  Italiens  im  2.  Halbjahr  1899. 


Stabilität  der  Anncbten).  Pritoident  ist  der  Prinz  von  Neapel,  Vice- 
prSttdent  der  Herzog  Ton  Gemu^  wirklieh  daoemde  Mitglieder  dnd 
die  für  die  Fttbmiig  tod  Armeen  deeignierten  Generile,  Chef  des 
GeDeraktabz,  ftr  die  Flotte  der  Piilaident  des  obem  Marinerats,  die 
designierten  Flottenkommaiidanten,  Cbef  des  Adnüialstabs,  beratende 
Mitglieder  die  kommandierenden  Grenerale,  GeneniUnspekteare  der 
Artillerie  nnd  des  Genies,  Admirale  als  Chefs  der  MarinedepartemenlB, 
Generaldirektoren  der  Artillerie  nnd  die  Annierongen  im  Marine- 
Ministerium. 

Bezüglich  vortlbergehcDder  Organisationen  weisen  wir  kurz  anf 
die  (ind.  noch  za  errichteDde)  liadfabrerkompagnien  von  0  Offizieren 
130  Mann  der  Bersaglieri-Hegimenter  und  auf  die  Einrichtung  von 
Lehrpelotons  bei  den  Bersaglieri-Regiraentern  hin,  fUr  welche  der 
Kriegsminister  einen  Bestand  von  £ädern  Hlr  3  Kompagnien  bestellt 
hat,  auf  die  Boihehaltung  der  rersuehsweisen  Bestimmungen  fUr  den 
Lebensmitteldienst,  die  schon  im  letzten  Bericht  berührte  Verbessening 
der  Soldatenkost,  die  Verordnungen  fUr  die  cavalli  di  ageToIezza, 
durch  welche  bestimmt  wurde,  dafs  die  höchste  Schuldsumme  gegen- 
über dem  Remontefonds  für  vom  Staat  Uberlassene  Pferde  für  Generäle 
und  Oberste  des  Generalstabs  2000,  ftlr  Offiziere  mit  400  L.  Plerde- 
abnutzungsgeld  1500,  mit  340  L.  1200  L.  betragen  darf,  anf  den 
Kursus  im  Campagne-Reiten  in  Tor  di  Quinto,  die  Versuche  mit 
liniformänderungen,  das  Reglement  tUr  den  Telegraphendienst  im 
Kriege,  die  durch  Dekret  vom  2.  Juli  erfolfrte  Bildung  einer  per- 
manenten Militärtelegraphen-Kommission  beim  Generalstab,  die  gröfsere 
Sicherstellung  der  Civilversorgung  der  l  nteroffiziere,  das  neue  Regle- 
ment für  den  Territorialdienst,  die  neue  Kriegs-Sanitätsordnung.  Er- 
wähnen wir  kurz  noch  das  neue  Reglement  für  den  Dienst  der 
Carabinieri  im  Kriege,  die  allgemeinen  Normen  für  den  Intendantur- 
dienst im  Kriege,  das  Gesetz,  das  für  den  Kriegsniinister  beim 
Schatze  ein  Kontokorrent  zur  Sicherstellung  der  drini:enden  Be- 
dürfnisse der  Truppenkassen  schafft,  um  uns  —  noch  auf  einige 
neue  Bahnstrecken  hinweisend  —  dann  den  grofsen  Truppen-  und 
Belagerungsübungeu  kurz  zuzuwenden,  die  1899  eine  besondere 
Bedeutung  dadurch  gewinnen,  dfils,  wie  schon  in  einem  Souder- 
aufsatze  ausgeführt,  die  neue  durch  Gesetz  vom  28.  Juni  1897 
geschaffene  Organisation  des  Heeres  sich  auch  bezüglich 
der  neuen  Normen  für  Einbeorderung  und  Instradieruug, 
wie  Einkleidung  und  Verteilung  der  Leute  des  Beurlaubten- 
standes, ^^länzenrl  bewährte  und  Gemeindevorstäntle  einer- 
seits, Tru|)peiidej)ots  andererseits  sich  den  zum  erstenmale 
an  sie  herantretenden  Aufgaben  für  die  Mobilmachung  über  Erwarten 


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H«er  und  Flott«  Italiens  im  2.  Halbjahr  1899. 


317 


ge wachse n  erwiesen.  Aaeb  besttgtteh  der  HobUmilh  (Luidwelir) 
Einbetten,  deren  AnfeteUang  ja  den  Depots  softUt,  bat  man  reeht 
gute  Erfijimngen  gemacbt^  wie  sieb  denn  aneb  die  HobibnilizdiTision, 
naob  Vorttbnngen  vom  19.  Angnst  ab  im  Lager  yon  San  Hanriuo, 
bei  den  ManOyem  dnrebans  anf  der  Höbe  erwies.  Obwobl  Leute 
der  Jahrgänge  1867  nnd  1869,  com  Teii  1868,  die  zwischen  30  nnd 
38  Jahre  alt  nnd  l&ngere  Zeit  nicht  melir  einbemfen  waren,  sie 
bildeten,  fanden  sich  dieselben  sehr  sehnell  in  den  Dienst  nnd  be- 
wiesen TorzQgliche  Dis2i]iUn  nnd  beste  Ansdaaer  (Uber  10000  Mann 
Landwehr).  Die  Dirision  wies  2  Brigaden  (Reghnenter  101,  108, 
besw.  105,  107),  2  Bersaglieri-Batalllone  (48  nnd  41),  eine  Genie- 
kompagnie  (18)  an  Landweltren  anf,  sngeteilt  waren  4  aktive 
Batterien,  alle  Snbaltemoffiziere  waren  dem  Beorlaabtenstand  ent- 
nommen, die  Eapiti&ns  entstammten  zom  grofeen  Teil,  die  Stabs- 
offiziere sämtiich  denen,  die  bei  den  aktlTcn  Begimentem  als  Cadres 
fttr  Landwehreinheiten  ttberzShlig  vorhanden  sind.  —  Bezttglich  der 
Einbeordemngen  von  Leuten  des  Benrlanbtenstandes,  sowie  aooh  be- 
zUgUeh  der  Herbstttbongen  der  nicht  an  den  grolsen  ManOvem  teil- 
nehmenden Korps  können  wir  uns  anf  den  letzten  Berieht  bedehen, 
dasselbe  gilt  ftir  die  sehr  am£Msenden  Sonder  -  Übungen  der 
Kavallerie. 

Die  grofsen  ManOver  zerfielen  in  2  Perioden,  vom  28. — 8L 
August  und  vom  1—8.  September,  in  der  2.  Periode  operierten  die 
Korps  gegeneinander,  dann  eine  Armee-Abteilung  unter  General  Leo 
Pelloox  gegen  einen  markierten  Feind  zwischen  Chisole  nnd  Sangone. 
Die  Mobilmilizdivision  traf  am  3.  Angnst,  nach  den  Übungen  im 
Lager  von  San  Maarizio,  beim  h  Korps,  die  Kavalleriedivision,  der 
eine  Bersaglieri-Radfahrerkompagnie  zugeteilt  worden,  an  demselben 
Tage  ein,  nacli  SonderUbungen  bei  Gallarate.  Der  Kavallerie  beider 
Korps   waren  Eisenbahn-,  -Sapenrs-    nnd  Telegraphentrupps  auf 
Fahrrädern  beigegeben,  das  II.  Korps  verfügte  Uber  eine  Abteilung 
Feldbäeker  mit  12  fahrbaren  Öfen,  die  täglich  den  Truppen  frisches 
Brot  liefern  sollten,  bei  der  Manöverleitung  wurden  Fesselballon^ 
nnd  sog.  „fliegende  Hirsche'*  zur  Übermittelung  von  Befehlen  and 
Nachrichten  verwendet. 

Das  II.  Korps,  General  Bosozzi.   bestand  aus  der  L  Division 
(Brigaden  Como  und  Modena),   4   ^>  cm   Batterien,   eine  Sapevir- 
kompagnie   mit  halbem   Park  und   Bruckensektion,  Artilleriepa^rK, 
Sanitäts-  und  Verpflegungssektion,  der  2.  Division  ( Brigaden  ReggVo 
nnd  Basilicata)  im  übrigen  wie  1.  Division,  und  den  so^'.  Verftignu^ti- 
truppen:  Bersaglieri-Resriuient  7,   Cavalloorprlcri  Roma  VlOl  4  7  exu 
Batterien,  Telegrapheukompagnie  mit  Park,  banimtssektion,  FeVAi- 


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818 


H6«r  und  Flotte  ItaUeBB  im  2.  Hilt^alir  1899. 


lazarett)  Verpflegongssektion.  Die  MobilmilisdiTision  wuzde  oben 
sehoD  berührt. 

Das  II.  Korps  (Greneral  Kngin)  setzte  sich  zusammen  aus  der 
V,.  Division  (Brigaden  Casale  und  Pistoiai  sonst  wie  1.),  der  4,  Di» 
Vision  (Brigaden  Cuneo  und  Ke,  sonst  wie  1.)  und  den  Verfügung»- 
trappen,  Bersafrlieri  B,  Cavalleggieri  Piaeenza  (18),  sonst  wie  l.KoipB^ 

nur  war  das  Feldlazarett  vom  Roten  Kreuz  geliefert. 

Dir  Kavalleriedivision  bestand  aus  2  Brigaden  mit  den  Regi- 
mentern i'ienionte  Reale  (2)  und  Laneiers  Aorta  ((5),  bozw.  Ca- 
valleggieri Caserta  (17),  Umberto  (2.{)  2  reitender  Batterien,  Radfahrer- 
konipagnie,  Artilleriepark  fllr  Kavalleriedivision,  Sanitäts-  und  Ver- 
ptlegungssektiou.  In  den  höheren  Stäben  waren  alle  Dienstzweige 
vertreten. 

Auf  den  Verlauf  der  grofsen  Manöver  im  Einzelnen  einzugeben, 
erscheint  ausgeschlossen,  einiges  besonders  Bemerkenswerte  mufs 
aber  hervorgehoben  werden.  Dem  Manöver  vom  1.  September  war 
folgende  allgemeine  Kriegslage  untergelegt:  Eine  SUdarmee  marschiert 
von  Tauaro  und  Stura  auf  Turin,  ihre  Avanttranle,  das  II.  Korps, 
hat  Brä  erreicht,  eine  Nordarmee,  die  auf  Sommariva  Bosco  zurück- 
gegangen, hat  nach  Eintreffen  einer  Mobilmiliz-  und  einer  Kavallerie- 
division sich  wieder  zur  Offensive  entschlossen,  ihre  bisheriire  Arriere- 
garde  war  um  Sommariva  Bosco  vereinigt  Die  zur  Aufklärung  vor- 
getriebene Kavalleriedivision  traf  gegen  8^*  V.  bei  Fosso  Merlo 
in  Gegenwart  des  Königs  auf  die  Regimenter  Roma  und  Piacen/.a 
der  Sudarmee.  Am  2.  September  versuchte  das  11.  Korps,  dem  vom 
rechten  Stura-Ufer  2  Divisionen  Verstärkungen  zugehen  sollten,  das 
Hochplateau  von  Brä  zu  halten,  um  den  \  erstärkungen  Zeit  zum 
Eintreffen  zu  geben,  die  Division  auf  dem  rechten  Flügel,  die 
4.  Division  zwischen  den  iiühen  und  der  Bahn  Bra  -  Sommarivji, 
jede  Division  mit  einer  Speziaireserve,  die  Verfllgungstruppen  des 
Korps  als  Hauptreserve  bei  Madonna  dei  Fiori,  die  Kavalleriedivision 
die  linke  Flanke  des  Korps  deckend  und  das  Herankommen  der  \'er- 
ßtärkungen  sichernd.  Das  I.,  durch  die  Mobihnili/divisiuu  verstärkte 
Korps  griflf  mit  der  1.  Division  den  rechten  feindliehen  Flügel  in 
dem  bergigen  Gelände  zwischen  Sanfrä  nnd  Paropaglia  umfassend 
an,  während  die  2.  Division  gegen  die  Front  und  das  hochgelegene 
Taxlopini  vorging.  Kaeh  grttndlieher  Vorbereitong  durch  Artillerie 
sebritten  beide  Divirionen  zum  Angrifi,  die  Veifttgungstruppen 
folgten  und  auf  sie  nnd  4  Eskadrons  traf  die  in  der  linken  feind- 
Uobea  Flanke  yon  SaTigliano  anf  Foieste  la  Motte  Torgehende 
KavalleriediTision.  Das  Eingreifen  der  KaTalleriediTision  hielt  difr 
Verfugungstruppen  anf,  demnach  wurde  das  II.  Korps  dueh  Dmek 


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Heer  und  Flotte  ItaHens  Im  2.  Halbjahr  1899. 


819 


auf  seine  rechte  Flanke  zum  Abzug  gezwungen.   Am  6.  September 
bildeten  L  and  II.  Korps  und  die  KaTalleiiedivision  eine  Armee- 
Abteilung  unter  General  Pelloox,  die  gegen  einen  aus  der  Mobil- 
miiizdlvision  und  die  je  eine  Division  darstellenden  Bersagiieri-Regi* 
menter  G  und  7  unter  Zugabe  der  nötigen  Kavallerie  gebildeten, 
markierten,  zur  Verteidigung  von  Turin  bestimmten  Feind  vorjrin^. 
Das  Vorgehen  des  Angreifers  erfolgte  mit  Staffeln  vom  rechten  Flügel 
gegen  den  linken  des  Gegners,  rechts  ging  das  I.  Korps  von  La 
Loggia  und  Vinuova   Uber  Michelino  vor,  links  davon  die  3.  und 
4.  Division  auf  der  Stralse  westlich  Stupinigi  mit  dem  Ziel,  den 
Sangone  zu  Uberschreiten  und  den  rechten  südlichen  Flügel  zu  um- 
fassen.   Besonders   bemerkenswert   war   der  Moment,   in  welchem 
Pelloux  aut  dem  Hochplateau  von  Drosso  2  Divisionen  mit  sehr 
starker  Artillerie  vereinif^t  hatte  und  dann  zum  Stöfs  gefcen  die 
rechte  Flanke  des  Verteidigers  schritt,  der  zu  eiligem  Al>zu<r  ire- 
zwungeu  wurde.  —  Wenn  der  Ausdauer,  Disziplin  und  dem  taktischen 
Verhalten  aller  Truppen  bei  den  Manövern  einschl.  Mohilmiliz,  selbst 
auch  vom  Könifre   aus^^es])rochenes  höh  gebUhrt,  das  Hervortreten 
der  Individualität  der   verschiedenen  Führer  in   der  Leitung  ihrer 
Trup{)en  durchaus  keinen  Vorwurf  bilden  kann,  so  muls  tloch  darauf 
hingewiesen  werden,  dals  vielfach  das  Streben  hervortrat.  Brigaden 
und  Re^'imenter  zu  sehr  in  der  Hand  der  Fuhrunj;  massiert  zu 
halten  und  den  Bataillonskommandeuren  nicht  immer  der  nöti^'e  Spiel- 
raum blieb.    Man  ist  nach   dieser  Richtung;  entschieden  etwas  in 
das  andere  Extrem   geraten.  —  Die  Parade  bei  Turin  am  8.  Sep- 
tember (über  50  0UO  Mann)  verlief  glänzend  für  die  Truppen.  Be- 
merkenswert ist  auch,  dafs  in  8  Tagen  der  Rücktransport  der  Truppen 
und  die  Entlassunj:  der  Leute  des  Beurlaubtenstandes  und  des  ältesten 
Jahrgangs  l)ewirkt  wurden.    Die  Radfahrerkompagnie,  2  Sektionen 
mit  starren,  2  mit  zusammenklappbaren  Fahrrädern,  ist  bei  den 
Manövern  mehrfach  in  den  Rücken  feindlicher  Infanterie  und  Kavallerie 
gelangt,  Flankenfeuer  gegen  feindliche  anreitende  Kavalk-rie.  Otfnen 
von  Engwegen  für  Kavallerie,  Besetzen  von  Brücken,  Zerstörung  von 
Eisenbahn   und  Telegraphen,   Flankenschutz   für  eigene  Truppen, 
Schutz  der  Artillerie,  Herstelluni:  provisorischer  Übergänge,  Zusammen- 
bringen von  ij'bersetzmaterial,   Rückhalt  für  Kavallerie -Vorposten 
waren  weitere  Aufgaben. 

Vor  Beginn  der  grolsen  Manöver  hatten  sieh  schon  vom  1.  bis 
23.  August  die  Übungen  in  Angriff  and  Verteidigung  fester 
Plätze  bei  Susa,  der  wichtigen  Sperre  der  Thäler  der  Oora  ond 
Cemischia  abgespielt.  Beim  Angriff  waren  beteiligt:  4  InfjMiterie-, 
2  Alpenbataillone,  1  Zog  Kavallerie,  je  1  Brigade  Feld-  ond  GebirgB- 


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820 


Haar  uiid  Flotte  ItilieiiB  im  2.  Balbjalir  1809. 


artillerie  (6  Batt.),  4  Brigaden  P'estunfrsartillerie  (13  Komp.),  2  Zü^e 
Artillerie-Arbeiter,  3  Kompagmien  Sapourc  je  1  Telegraphen-  und 
Mineurkompagnie,  1  Artillerie-Hela^eraug:spark,  'A  Sapenr-,  1  Mineur-. 
1  Telejrraphcn-Halbpark,  photographische  und  photoelektrische  Sektion, 
ein  Avantfrarden-Geniepark  flir  Gebir^stroppen,  bei  der  Verteidigung: 
3  Bataillone,  1  Znir  Kavallerie,  3  Kompaornien  Festunirs artillerie, 
1  Genie,  1  Zü^  Teiegraphisten,  1  schwerer  photoelektrischer  Park. 
Auch  hier  ist  es  unmöglich,  auf  Einzelheiten  einzugehen,  wichtig 
ist,  dafs  man  die  Therzeugung  gewann,  dafs  die  Plätze  von 
Moncenisio  und  Susa,  verstärkt  durch  provisorische  Werke  und 
mobile  Verteidigung,  in  der  Lage  sind,  mit  Erfolg  auch  stärkeren 
Kräften  den  Zugang  zum  Pothale  und  nach  Turin  so  lauge  m  ver- 
wehren, bis  starke  italienische  Abteilungen  bereit  sind. 

Soviel  sich  bis  jetzt  Ubersehen  läfst  sind  für  1900  grolse  Manüver 
nicht,  wohl  aber  Feldmanüver  bei  allen  Koq)s,  griifsere  Kavallerie- 
Übungen,  Belagerungs-Übungen  und  Genie-Übungen,  sowie  auch 
Übungen  in  der  KUstenverteidigUDg  im  Verein  mit  Fiotteuteileu 
vorgesehen. 

Bezüglich  der  Kolonie  Eritrea  inekleu  wir,  aufser  der  oben 
aiigegeheneu  organischen  Gliederung  der  Truppen,  nur  kurz  die  neue 
administrative  Einteilung  in  die  Regional  Commissariate  Massana 
Asmara,  Assab,  Keren,  die  Bildung  der  oben  auch  schon  bertlhrten 
KUstenkompagnie.  die  Bemessung  der  Abgaben  der  Kolonie  auf 
587  650  E.,  den  Beginn  des  Baus  der  Bahn  Sawti-Üigsa  durch  Unter- 
nehmer Veudelio,  endlich  die  Keise  des  Gral'en  von  Turin  durch  die 
Kolonie. 

Bei  der  Marine  drückt  der  grolse  Flottenerweiterungsplan 
Bettolo's  der  Berichtszeit  einen  besonderen  Stempel  auf.  Als  ein 
gutes  Omen  für  denselben  kann  es  bezeichnet  werden,  dafs  das 
Budget  1899/1900  (wirkliche  Ausgaben  119  002  826  L.)  oaeb  den 
Erklärungen  des  Ministers,  die  schon  die  wichtigsten  Teile  seines 
Programms  enthielten,  von  der  Kammer  mit  groiser  Helnlieit)  vom 
Senat  in  geheimer  Abstimmung  einstimmig  —  ein  nie  da- 
gewesener Vorgang  —  angenommen  wnide.  Vorab  baben  wir, 
ohronologiacb  Ter&brend,  nooh  den  Naobtiag  toh  4,7  BGIlionen  lom 
ICaiine-Bttdget  1898/99,  bedingt  doreh  stilrlEere  Entsendungen  wibiend 
des  sfmnisob-ameriluuiiseben  Krieges  naeb  China  nnd  Kreta,  zn  er- 
w&hnen. 

Bettolos  Progammrede  fan  Senat  vom  14.  Desember,  bi  der  Aas- 
ftbmng  schon  angebahnt  dnieh  die  Gesetsentwtlife,  betreSiBQd  die 
Reformen  der  Marine  «Verwaltang,  des  Personals  und  der  Arsenal* 
Arbeiter,  mols  ihrem  Hauptinhalt  nach  angegeben  werden.  Ans- 


He«r  nnd  Flotte  Italiens  im  2.  üaU)jahr  IH^d.  821 

gebend  toh  der  tod  den  Bänken  des  Senate  ans  aasgesproehener 
ubenengang  von  der  Notwendigkeit,  Italien  eine  seinem  Verteidigongs- 
bedttrfiüs  and  seinen  berechtigten  Ansprttcben  genügende  FlotteniLraft 
sa  geben,  betont  BetoUo,  dais  nicbt  nur  finanaieUe  Kalamitäten  die 
Ansflihrang  dieses  Wnnsehes  Tenllgert  liaben,  sondern  aneh  die  nicht 
genttgende  Erlcenntnis  von  der  Bedeutung  der  Seemaehi  £r 
tritt  dann  dem  Pessimismus  entgegen,  der  u.  A.  behauptete,  Italien 
besitze  gegenwärtig  nur  2  bereite  Sehlaehteebiffe  und  wüde  in  einiger 
Zeit  weitere  4  nnd  in  6  Jahien  weitere  5  haben.  Wenn  man  25 
Jahre  alte  Sohiflfe  mit  den  modernsten  fremden  Tergleiohen  wolle, 
so  mttlsten  dieselben  natUrlicb  veraltet  erseheinen,  der  Vergleich  sei 
aber  nur  dann  gerechtfertigt,  wenn  die  fremden  Nationen  derartige 
Schiffe  Ton  ihrer  Flottenlisto  abgesetet  hätten.  So  lange  fremde 
Nationen  noch  mit  Schiffen  rechneten,  die  Horosini,  Lanria,  Andrea 
Doria,  Dandolo  sieher  Übertreffen,  wäre  es  thöricht,  diese  Schiffe  mit 
den  modernsten  fremden  Tergleiohen  zu  wollen.  Italien  habe  eine 
Phase  erlebt,  in  welcher  es  mit  den  Fortsehritten  der  fremden  Mächte 
nicht  Schritt  gehalten  und  swar  gerade  in  der  Zeit,  in  welcher  man 
die  Schnellfeuer -Artillerie  und  die  verstärkten  Panzer  einftthrte. 
Während  man  sich  in  Italien  bei  den  Typs  Umberto,  Sardegna  auf- 
hielt, die  dem  englischen  Miyestic  entsprachen,  schritten  die  anderen 
Mächte  vorwärts.  Bettolo  erklitrte  nun,  da(s  er  inneriialb  des 
Rahmens  der  finanziellen  Leistungsftiiigkeit  das  Bestreben  haben 
werde,  durch  Ersparnisse  in  der  Verwaltung  and  ohne  in  das  lebende 
Fleisch  der  Flotte  zn  schneiden,  den  BedUr&issen  der  Flotte  ab- 
zuhelfen. Er  gewänne  dnreh  einen  auf  4  Jahresraten  zu  verteilenden 
VorschuDs  von  40  Millionen  aus  dem  Staatsschatz  die  Mittel,  den 
dringendsten  Bedttrfnissen  bald  abzuhelfen,  der  Vorschuls  werde  dann 
von  1905—1918  zorttckgezahlt  Die  QesetzentwUrfe,  betreffend  die 
Reform  des  Marinepersonals  und  der  Arsenal-Arbeiter  hängen  daher 
mit  dem  Flottenprogramm  eng  zusammen.  Nach  Bettolo  kann  Italien, 
ohne  San  Martino,  Maria  Pia  n.  s.  w.  zu  rechnen,  9  Schlachtschiffe 
zählen,  dazu  Italia  und  Lepanto  mit  ausreichender  Geschwindigkeit 
nach  der  Modernisierung,  also  11;  Garibaldi  ondVarese  treten  bald 
hinzu,  dann  also  13.  In  den  nächsten  5  Jahren  werden  mit  Mitteln 
des  Vorschusses  5  gegenwärtig  in  Bau  begriffene  Schlachtschiffe 
fertig,  ebenso  2  modernsten  Typs  ansgerttstet  werden.  1903/4 
würden  also  20  Schlachtschilfe  bereit  sein  nnd  man  ruhig  in  die 
Zukunft  blicken  können.  Auch  die  heute  veraltet  erscheinenden 
Schiffe  können  in  einem  Seekriege  nach  einer  Seeschlacht  schwer 
geschädigten  feindlichen  noch  den  Gnadenstofs  gehen.  Geschützte 
Krenzer,  einer  Periode  entstammend,  in  welcher  man  sich  Uber  die 

Ja^&ehw  fit  di«  dcatMk«  AimM  yod  MAria«.  Bd.  ilf.  S.  21 


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822 


Heer  und  Flotte  Italiens  im  2.  Halbjahr  1899. 


m  vMksDiiea  Sehiifetypen  noch  unklar  war,  bat  ItaMeu  genag, 
andere  Machte  haben  mehr.  Die  hoben  Kosten  der  Panzer  lielsett 
anf  den  Gedanken  kommen,  die  Unverletzbarkeit  der  Geschwindigkeit^ 
die  ja  aneb  ein  wichtiger  Faktor,  so  opfern.  Yaln  nnd  Santiago 
haben  bewiesen,  dals  die  geschttteten  Kreuzer  als  moderne  Sehlachl- 
schiffe  nicht  betrachtet  werden  können,  itlr  politische  Ifissionen 
haben  sie  Werk  Dagegen  wird  der  Destroyer  bei  den  Seeoperationen 
eine  grolse  RoUe  spielen,  Italien  mnls  eine  grobe  2Sahl  dieses  tj^ 
haben.  10  sind  in  Ban,  weitere  sollen  in  Auftrag  gegeben  werden. 
Wenn  man  sich  mit  Recht  Uber  die  Langsamkeit  des  Schiflbbans 
beklage,  so  dttrfie  nicht  vergessen  werden,  da(s  man  fBot  Schiflsban 
23  Hillionen  zor  Verfllgnng  habe,  in  den  Arsenalen  (4  nnd  eine 
Staatswerft)  18000  Arbeiter  verzeichne,  die  von  dieser  Summe  sehr 
viel  absorbierten.  Er  habe  daher  festgestellt,  wie  grols  die  Zahl  der 
Arbeiter  itir  Nenbanten  nnd  Instandhaltung  sdn  dürfe.  Bei  Sardegna, 
Saint  Bon  entfielen  ■/«  Ausgaben  auf  Arsenalarbeiten,  */• 
Material  wie  Maschinen,  Panzer,  Armierung,  */,  des  Werts  der  Schiffe 
auf  Arbeitslöhne.  Bei  Instandhaltung  der  Schiffe  kommen  etwa 
8  Millionen  auf  die  Arsenale,  bei  Sebübersatzban  von  ^* 
lionen,  Summa  12  BfUlionen,  der  Überschnls  6  Millionen  sei  also  zn 
ersparen^  daher  die  Notwendigkeit,  sich  auf  12000  Arbeiter  zu  be- 
schränken, wie  der  betreffende  Gesetzentwurf  TorschUgt.  Nach  dieser 
U(  (laktioD  könnte  mau  die  Arbeitskräfte  intensiver  ausnutzen,  die 
Jsteparnisse  auf  Sohiffsbaa  verwenden.  Die  für  Instandhaltung  aus- 
geworfene Samme  (13  M.)  entspreche  nicht  3"/»  des  Wertes,  schon 
im  DächstfMi  Budget  würden  20  Millionen  erscheinen.  Bettolo  giebt 
dann  das  Versprechen,  Personal  and  Material  daaemd  in  Übung  zu 
halten,  die  zur  Verfna-nii«:  stehenden  Mittel  möglichst  nutzbar  zu  ver- 
brauchen ohne  Rücksicht  auf  Popalarität. 

Bettolos  Programm  sieht  für  1899/1000—1902/3  im  Extra- 
ordinarium  jährlich  ein  Mehr  von  10  Millionen  vor  und  schlägt  vor, 
dafs  in  den  Ordinarien  der  Budgets  1899/1900—1908/4  unter  £in- 
rechnung  der  noch  vom  Gesetz  vom  18.  Juli  1891  übrigen  Summe, 
zu  verwenden  seien:  1899/1900  =  23,5,  1900/1  =  24,5,  1901/2 
=  24,4,  1902/3  =  24,  1903/4  =  24  Millonen  L.,  so  dafis  in  den 
4  ersten  Jahren  also,  unter  Hinzurechnung  der  40  Millionen  Vor- 
schuls  verbraucht  würden  136,8  Millionen,  in  den  14  folgenden  Jahren 
3  Millonen  wenip:er,  die  aber  durch  Ersparnisse  in  der  Verwaltung 
weitaus  trodcekt  werden,  da  diese  9 — 10  Millionen  betragen  werden. 
Erwähnen  wir  hier  gleich  noch,  dafs  1900  der  Flotte  hinzutreten: 
Schlachtschiff  St.  Bon,  Schiffe  II.  Kl.  Emanuele  Filiberto.  Vettor 
Pisani,  Garibaldi,  Varese,  5.  lüasse  (kleine  Kreuzer)  Agordat,  Coatit, 


L/'iyiki<_cCi  Ly 


Heer  md  Flolte  Italiens  Im  S.  Halbjahr  1899. 


328 


6  Dfstroyers,  cme  Anzahl  lloehseetorpedoboote,  im  Bau  sein  werden, 
aulser  Destroyers,  8ehifie  1.  Klasse  Kegina  MarL^herita.  Benedetto 
Brin.  H  Schiffe  II.  Klasse,  deren  IMäne  fertig,  um  uns  dann  kurz  den 
Gest  tzeiihvUrfen  vom  28.  November,  betreffend  die  Keorganisatinn 
des  Marincpersonals  und  die  Reduktion  der  Arsenalarbeiter  auf  12ÜU0 
zuzuwenden.  Ersterer  ersetzt  das  Gesetz  vom  3.  Februar  1S7H, 
nimmt  definitiv  den  oberen  Marinerat  und  den  Admiralstab  auf, 
trennt  das  Maschinistenkorps  von  den  Schiflsing:enieuren,  stellt  das 
Civilpersonal  der  N'erwaltung  und  des  Arsenals  auf  eine  feste  öko- 
nomische Grundlage,  erzielt,  bei  Stei;j:eruug  der  Leistun^^en,  wesent- 
liche Ersparnisse,  lälst  dem  Minister  Spielraum,  je  nach  Entvvickeluiii: 
der  Seemacht  die  Bemessung  der  militärischen  Formationen  in  jedem 
Budget  vorzu8chla<ren.  während  fllr  das  Civilpersonal  ein  fester  Etat 
besteht.  Die  Ersparnisse  berechnet  Bettolo  steigend  auf  tiber 
6  Millionen. 

Aus  dem  Gesetzentwurf  ersieht  man,  dafs  der  Minister,  aufser 
Uber  den  Unterstaatssekretär,  Uber  den  oberen  Marinerat  (Gut- 
achten über  Sehiffsleute,  (iesetze,  Reglements,  alle  die  Flottenkraft 
betreffenden  Fragen),  die  Admiralstabsabteilung  (Studien  Uber 
Kriegsvorbereitung,  Seekriegführung),  die  Generaldirektion,  Direktion 
und  Abteilungen  der  Centralver^valtung,  Kommandos  der  Marine- 
departements und  der  Flottenteile  als  Organe  verfügt.  Die  mili- 
tärischen Kori)s  der  Flotte  umfassen:  Admiralität,  Admiralstab, 
Maschinistenkorps,  Corpo  Reali  Equijtaggi,  See  -  Ingenieurkorps. 
Sanität»-.  Kommissariatskorps.  Für  HKM)/1  hat  der  Minister  in  der 
Verwaltung  schon  :J,5  Millionen  Ersparnisse  angesetzt.  Durch  Dekret 
vom  17.  Dezember  wurde  auf  Grund  des  Budgets  das  Seeoftizier- 
korps  auf  1  Admiral.  7  Vice-,  14  Contreadmirale,  58  Kapitäns  zur 
See,  70  Fregatten-,  75  Korrettenkapitäns,  400  Schiffsleutnants, 
166  Unterleatnants,  120  Fähnriche,  das  Ingenieorpersonal  auf  114, 
Masellinenpersonal  252,  SanhiltBkorps  174,  Intendantur  auf  291,  das 
OflSderkorps  des  Equipageokorps  aof  134  EOpfe  festgesetzt  Pör 
das  Equipageokorps  efäebein«!!  neae  Besümmimgen  Uber  Eintritt,  ein 
Gesets,  betreffend  Kapitolationen,  ein  nenes  organisclies  Reglement 
and  ein  Dekret}  betreffend  Heiraten;  fkir  das  Marineministeriom  ein 
Dekret,  betreifend  die  innere  Organisation,  ftr  Marine-Akademie  nnd 
MaseiilnlslenkorpB  ein  organisobes  Cadre.  Von  50  Aspiranten  anf 
der  Marine-Akademie  bestanden  die  Prüfung  14. 

An  Stapellftofen  ist  nnr  Coatit  (kL  Krenzer,  Castellamare,  87,6 
lang,  9,3  m  breit,  8000  Ind.  Pferdekraft  24  Knoten)  am  17.  Oktober 
zu  Tendebnen,  Masebinenproben  bestanden  gut  Veenvio  und  Proyana. 
Bis  Mftrz  1900  liefert  Sebicban  4  Destroyers,  der  Torpedobootigttger 

21* 


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824   ^®        Verordanng  betr.  den  Dienst  des  Generalstobes  in  Franicreioh. 


Condor,  bei  Ansaldo  gebaut,  2G,3  Knoten.  47  m  lang,  5.5  ni  breit 
139  Tons,  wird  als  neuer,  vorzüglicher  Typ  bezeichnet.  Die  Krieg^s- 
besetzung  für  die  Torpedo bootsjäger  Lampo,  Frescia.  Dardo,  Strale, 
Euro  und  Ostro  wurde  auf  5  Offiziere,  48  Mauu  bemesseo.  Ein 
neuer  Torpedo  ist  in  Versuch. 

Das  Marine-Aushebungsgesetz  für  Jahrgang  1879  unterscheidet 
sich  nicht  wesentlich  von  seinem  V^orgänger. 

Am  15.  St-pteniber  vereinigte  sich  im  Golf  von  Gaeta  das  aktive, 
Reserve-Geschwader  und  die  Torpedoi»u(itstiottillen  zu  Manövern  unter 
Leitung  des  liiiAugs  von  Genua.  Das  aktive  Geschwadii  be- 
stand aus  Sicilia,  Sardegna,  i\o  Umberto,  Dandolo,  Lauria,  Dorla, 
Urania,  Caprerii  ( \'ice-Adniiral  Ma,:ija^hi). 

Das  ReservL'-CH'sehwader  ( \  ice-Admiral  Frigerio)  ansLepanto, 
Murosini,  Maria  Pia,  Lorabardia,  Calatafirai,  Goito,  Savoia,  Volta, 
5  Torpedoboote  1.  Klasse  (Typ  Aquila)  bildeten  ein  Geschwader, 
36  Torpedoboote  11.  Klasse  5  Flottillen.  Nach  den  Sondertthnngen 
übernahm  der  Herzog  von  Genna  die  Leitung,  die  sehr  zairieden- 
gtdlend  verlaufenen  Übungen  schlosBen  mit  einer  Elottenparade 
(sa  September)  im  Golf  von  Gaeta.  IB, 


XXVil. 

Die  neue  Verordnung  betreffend  den  Dienst  des  General- 
stabs iü  Frankreich. 

Der  Kiiegsmioiflter  Galliffel  bal  nnteim  20.  Febmar  1900  eme 
nene  InstmktioD  für  den  Dienst  der  Stäbe  TerOffentUebt»  dnreb  welebe 
di^enigen  vom  3.  Jannar  1890  nnd  6.  Hftn  1893  an^ieboben  werden 
and  beBonden  in  dem  für  uns  Interesee  bat,  was  den  Dienst  des 
Generalstabs,  namentlieh  im  Felde  beträft  Als  An^iabe  des 
Generalstabs  im  Felde  wird  in  der  Instmktion  angegeben:  Über- 
mlttelnng  der  Befehle  der  FObrong,  die  sich  anf  Operationen  and  die 
einzelnen  Dienstsweige  beziehen,  Beschaffung  und  Sammeln  der  für 
den  Führer  idcbtigen  Nachrichten.  Der  Chef  des  Generalstabs  leitet 
und  Uberwacht  den  ganzen  Dienst  und  teilt  den  Greneralstabsoffizieren 
ihre  Aufgaben  zu. 


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J>]6  neae  Yerordniing  betr.  den  Dienst  des  Genendstabee  in  F^udir^h.  325 

Kapitel  II  behandelt  den  sogenannten  „änfseren  Diensf*  nnd  f^ebt 
an,  (lals  die  Generalstabsoffiziere  mit  allen  Entsendungen  betraut 
werden  können,  die  die  Ftlhrang  für  zweokmäfsig  hält,  besonders 
auch  jji  die  OrtsunterkUnfte  und  Biwaks,  zu  den  Lazaretten,  zur 
VerteiluDg  der  Lebeosmittel  und  dem  Nachschubsdienst,  zu  Gelände- 
erkundungen und  zur  Grewinnnng  von  Nachrichten  tiber  den  Feind, 
ZD  den  Trappen  in  Bewegung,  zur  Regelung  des  Marsehes,  zur  Ver- 
meidung von  Kieozongen,  zur  Bestimmung  der  groben  Basten,  der 
Unterkunftsräume,  zu  den  Vorposten,  zur  Überbringung  wichtiger 
Befehle,  Sieherstellung  ihrer  Ausftthrong,  Beobachtung  des  Verlaufs 
einer  Aktion,  endlich  auch  zum  Gegner.  Der  mit  einer  Mission  betraute 
Generalstabsoffizier  kann  von  den  Truppenkommandeuren  alle  Aus- 
kunft und  Unterstützung  verlangen,  bei  Gleichheit  des  Dienstgrades 
fuhrt  er  den  Befehl  Uber  alle  an  der  Erfüllung  des  Auftrages  be- 
teiligten Offiziere.  Uber  jede  Entsendung  ist  Bericht  zu  erstatten. 
Die  zu  Truppenteilen  geschickten  Geueralstabsoffiziere  soIIpti  nur 
beobachten,  uicht  in  die  Führung  eingreifen,  nur  Befehle  bringen 
und  auf  Fragen  Antworten  ^^ebcn.  sowie  den  Oberführer  orientieren. 
Der  l'herbringer  eines  schriftlichen  Befehls  mufs  dessen  Inhalt  auch 
mündlich  wiederholen  können.  Hat  sich  die  Lage,  auf  welche  sich 
der  Befehl  bezieht,  geändert  oder  war  sie  überhaupt  nicht  so,  wie 
der  Belehlsgeber  annahm,  so  hat  der  Offizier  trotzdem  den  Befehl 
zu  Ubergeben  und  dann  die  Absichten  des  Betehlsgebers  auseinander 
zu  setzen.  Bezieht  sich  der  Befehl  auf  etwas  sofort  Auszuführendes, 
60  bleibt  der  BefehlsUberbringer,  bis  die  Ausführung  begonnen  hat. 

Im  Generalstube  eines  Armee- 0  berkommandos  werden 
die  Offiziere  auf  drei  Bureaus  verteilt.  V'on  diesen  Bureaus  bearbeitet 
das  erste  Personal  und  .Material,  das  zweite  Nachrichten  und  politische 
Angelegenheiten,  das  dritte  Operationen  und  Bewegungen,  analog  ist 
die  Einteilung  bei  den  Generalkommandos  und  Divisionen,  nur  sind 
hier  das  zweite  und  dritte  Bureau  vereinigt. 

Die  Aufgaben  des  ersten  Bureaus  erstrecken  sich  auf  Organisation, 
Tagesstarken,  Verluste,  Evacuierungeu,  Ersatz  an  Leuten  und  Pferden, 
Beförderungs-  und  Belohnungsvorschläge,  Polizeidienst,  Disziplin, 
gerichtliche  Angelegenheiten,  Civilstandsfragen,  weiter  auf  Munitions- 
ersatz, Lebensmittel.  Material  aller  Art,  Sicherstellung,  Verbrauch, 
Ergänzung  der  Vorräte,  femer  auf  die  Korrespondenz  mit  den  ver- 
schiedenen Branchen  und  die  Beziehungen  zum  Dienst  auf  den  rück- 
wärtigen \  erbindungen.  Dein  ersten  Bureau  ist  auch  das  Kommando 
des  Hauptquartiers  zugeteilt. 

Die  ,, Situation  de  prise  d  armes*'  orientiert  die  Führung  an  jedem 
Morgen  Uber  Iststärke,   \orrat  an  Lebensmitteln    und  Munition, 


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826    ^  >uii6  Veroidnung  beta:.  den  Dienst  des  Genenlstebes  in  Fnnlueiefa. 

wird  vom  Generalstab  des  Anneekorps  zusaiumen^eblellt  und  anf 
dem  kürzesten  Wege,  möglichst  per  Telegraph  dem  Oberkommando 
übermittelt.  Alle  5  Tage  wird  ein  allgemeiner  Rapport  vom  General- 
stab {les  Oberkommandos  an  den  Kriegsminister  gesendet,  eventuell 
unter  Aiifunlcrn  von  Nachersatz. 

Das  zweite  Bureau  hat  neben  der  Bearbeitung  der  Nachrichten 
und  politiscbeu  Angeletrenheiten  auch  noch  topopraphische  Autgaben, 
die  sieh  auf  alles  erstrecken,  was  für  die  Orientierung  über  das 
Gelände  Bedeutung  hat.  Der  tüpofrrai)liisclie  Dienst  beim  Ober- 
kommando hält  die  Karte  des  Kriegstheaters  auf  dem  Laufenden, 
entwirft  die  Operationsskizzen,  die  tägliche  l  'nterbringung  der  Truppen 
nach  Mitteilungen  des  dritten  Bureaus  und  die  Krokis  der  benutzbaren 
Komiuunikationei)  im  Bereich  von  8  Tagemärschen,  eingetragen 
werden  dann  die  Krokis,  die  für  die  Marsch-  and  Gefechtsbefehle 
wichtig  sein  können,  sowie  diejenigen,  die  dem  Marscbtableau  beizu- 
iiigi'ii  sind.  In  die  Operationskarten  ist  täglich  auch  die  Situation 
beim  Gegner,  soweit  sie  bekannt,  einzutragen.  Armeekorps  und 
Divisionen  filhreii  keine  lautenden  Operationskartell.  In  die  Kubrik 
Nachrichten  uiui  i)olitische  Fragen  gehören  die  Kriegsgliederung 
des  Gegners,  seine  Unterkunft  und  seine  Bewegungen,  Erkundungen, 
Dolmetscher,  Zeitungs-,  Agentur -Nachrichten,  Parlamentaire,  Gefangene, 
Deserteare,  Verhandlungen  mit  CivilbehOrden  im  feindlichen  Lande, 
Kontributionen,  Requisitionen.  Über  den  geheimen  Fonds  fttr  Nach- 
riehten  veifUgt  der  Chef  des  Generalstoba. 

Zn  den  Aufgaben  des  dritten  Boreans  gehört  in  eister  Linie 
die  Abfassung  der  anf  die  Operationen  bezaglichen  Befehle 
1>eKw.  InstrniLtionen,  es  bearbeitet  anch  die  täglich  an  das  grobe 
Hauptquartier  zn  richtenden  Meldungen  Uber  den  Fortgang  der 
Operationen  und  führt  das  Marsch-  and  Operation^onmal 

Wir  Übergeben  hier  die  detailierten  Weisongen  für  die  Einriehtomg 
der  Bnreaasy  fttr  die  Einrichtung  and  das  Joamalisieren  des  Sehrifk- 
Verkehrs,  die  Obermittelang  der  Konespondenz,  die  Angaben  ttber 
die  Schrifkstttoke,  welche  die  Fflhrer  selbst  su  nnteizeiclinen  haben, 
die  Dienstvorschrift  ftlr  die  Kommandanten  des  Hauptquartiers  und 
die  Weisungen  für  die  tilgliche  Entsendung  eines  Offiziers  ron  jedem 
Stabe  zur  vorgesetzten  Dienststelle,  um  ans  Kapitel  V,  Befehle 
zuzuwenden. 

Nach  der  lostrulLtion  werden  die  Entscheidmigen  des  Ober^ 
Itommandos  den  interessierten  Stellen  entweder  in  der  Form  von 
B  efeh  len,  oder  von  Instruktionen  mitgeteilt,  leteteres,  wenn  nur  das 
zu  erreichende  Ziel,  nicht  anch  der  Weg  zu  demselben  näher  bezeichnet 
werden  soU.  Befehle  und  Instruktionen  sind,  auch  wenn  sie  mttnd- 


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Die  aeno  YocordnoDg  betr.  den  Dienst  des  Generalstabee  In  Frtnkreieli.  327 

lioh  erfolgen,  Ton  der  befehlenden  Stelle  sehriftlich  niedenolegen, 
Regel  ist  der  schriftliche  Befehl.  Die  aaf  die  Operationen  bezüg- 
lichen Befehle,  allgemeine  oder  spezielle  (Marsch-,  UnterkonflB-, 
Gefechts-,  Vorposten-Befehle,  Weisungen  fUr  Verpflegong  und  Eva- 
eaiemng)  sind  in  dem  Register  der  Operationsbefehle.  Tagesbeiehle 
werden  in  extenso  mitgeteili 

Die  von  dem  Oberkommando  zn  erlassenden  Operationsbefehle 
oder  Operations-lnstmktionen  sind  entweder  allgemein  für  die  ganze 
Armee  gUltige,  oder  spezielle,  nur  auf  einen  Teil  der  Armee,  oder 
eine  der  Branchen  sieh  beziehende.  Abfr(  sehen  von  besonderer 
Weisong  des  Oberkommandos  werden  diese  Befehle  nor  den  General- 
kommandos und  den  interessierten  Teilen  zor  Kenntnis  gebracht 
Befehle  und  Instroktionpii  der  Armee-Oberkonunandos  können  sich 
anf  mehrere  Tage  erstrecken. 

Beim  Armeekorps  werden  die  Operationen  täglich  durch  einen 
allgemeinen  Befehl  und  wenn  nöti^,  noch  durch  spezielle  Befehle 
und  Instruktionen  geregelt.  Die  Befehle  gehen  ihrem  ganzen  Inhalt 
nach  an  die  Divisionen,  die  Kommandeure  der  Korpskavallerie-Brigade, 
der  Artillerie  und  des  Genies,  im  Auszug  an  den  Intendanten, 
Generalarzt,  Post  und  Telegraphie.  Spezielle  Befehle  oder  In- 
struktionen bestimmen,  wenn  nöt'vj:,  die  Aufgabe,  die  im  allgemeinen 
Befehl  nur  summarisch  angeg:el>('n  wurde,  näher  und  bezeichnen  die 
Punkte,  auf  welche  besonders  /u  arhteu  ist,  um  den  Absichten  des 
Befehlenden  zu  entsprechen.  Sie  gehn  im  allgemeinen  den  Instanzen- 
zug- Spezielle  Befehle  erhalten  der  Artilleriepark,  eventuell  auch 
der  Genie-Park  und  BrUckentrain  (welche  beiden  gewöhnlich  zur 
kleinen  Bagage  rechnen),  die  Trains  (incl.  Bekleidunfrsvorrat, 
Schlachtvieh,  Feldbäckerei,  Pferdedepot,  Feldlazarette).  Bei  den  Train.s 
werden  auch  die  Bewegrun^ren  der  einzelnen  StatVeln  befohlen.  Die 
weiter  nach  unten  gehenden  Befehle  sollen  nur  das  enthalten,  was 
die  Truppen  wissen  müssen.  Wenn  der  definitive  Befehl  nicht  zeitig 
genug  abgesendet  werden  kann  —  was  die  lustruktion  als  die 
Kegel  bezeichnet  —  so  muls  ein  ,-vorläufiger  Befehl"  rechtzeitig 
gegeben  werden,  der  die  zum  Inmarschsetzen  der  Truppen  nötigen  An- 
gaben enthält. 

Operationsbefehle  sollen  im  allgemeinen  enthalten:  Zweck  der 
Operation,  \\ Cisun-ren  für  die  AusfUhrung,  Vorschriften  ftlr  Ver- 
pflegungund  Evaeuirungen.  Bezüglich  der  Ueihenfolge  in  den  Operations- 
befehlen giebt  die  Instruktion  folgende  Fingerzeige :  Nachrichten  Uber 
den  Gegner,  eigene  Aufgabe,  soweit  die  unteren  Stellen  diese  kennen 
müssen,  eigene  Absieht,  Aufgabe  für  die  Ka\allerie,  Zusammen- 
setzung uud  Gliederung  der  Marschkolonne  bezw.  der  Marschkolonnen, 


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828  Die  neu«  Verordniuif  ^etr.  den  Dienst  des  Generalstobee  In  Fmdoprieh. 

Befehl  fttr  den  Marseb,  Angabe  der  einzoschlagendeo  Wege,  Platz 
für  die  grofse  Bagage,  Aufbrachszeit,  bezw.  Zeit,  zn  welcher  die 
wichtigsten  Glieder  der  Marschkolonne  einen  bestimmten  Pnnkt  zu 
erreichen  haben,  Basten,  Aufenthalt  des  Führers,  besondere  Aufträge 
fttr  die  Avantgarde.  Arrieregarde,  Flankendeokimgen,  erentneli  Ver- 
bindung der  Marschkolonnen  untereinander. 

Befehle  für  die  Unterkunft  grenzen  die  Unterkunftsräume  für 
die  grofsen  Verbände  ab,  bestimme!!  die  Unterkanft  der  Sföbe,  die 
Sicherungslinien  und  das  Verbleiben  der  Kolonnen  und  Trains. 

Gefechtsbefehle  sollen  enthalten  die  Punkte,  welche  die 
Avantgarden  anzugreifen,  bezw.  zu  besetzen  haben,  Aufmarsch- 
räume  für  das  Gros,  Bezeichnung  der  nüohsten  Gefechtsziele,  Aufent- 
halt des  Fuhrers. 

Für  die  einzelnen  Branchen  ist  zu  befehlen  (und  soweit  nötig, 
den  Truppen  mitzuteilen)  a)  Munitionsersatz,  b)  N'erpfiegungsart,  Em- 
pfang lind  Ersatz  der  Lebensmittel,  c)  Bewegungen  der  Trains, 
d)  Fuiiktioiiit  ren  des  Sanitäts-,  £iseubabn-  und  Ü^tappendieustes,  der 
Telegraphic  und  der  Post. 

Marsch-  und  Unterkunftebefehle  können,  wenn  nio^^lich.  in  der 
Form  von  Tabellen  gegeben  werden.  Neue  Nachrichten  vom  Gegner 
machen  es  eventuell  nötig,  dem  ersten  Befehl  noch  einen  zweiten 
folgen  zu  lassen. 

Von  Interesse  sind  auch  die  Fingerzeige  für  die  Abfassung  der 
Befehle:  Volles  und  genaues  Ausschreiben  der  Bezeichnung  von 
Ortlichkeiten  (eventuell  in  den  Grenzbezirken  in  2  Sprachen),  Angabe 
der  benutzten  Karte,  Angabe  der  in  der  Nähe  liegenden  gxols- 
gedruckten  Orte  zur  leichteren  Aultindung  von  kleineren,  ebenso  bei 
Höhenbezeichnungen,  Angabe  der  Himmelsrichtung  statt  rechts,  links, 
vorwärts,  rückwärts,  die  Zeiten  in  Zahlen  und  in  Buchstaben  schreiben 
und  hinzufügen.  Matin  von  12*  Uhr  nachts  bis  11*'  mittags  und 
soir  fllr  die  Zeit  von  12"  Uhr  mittags  bis  II"  nachts. 

Die  Übermittelung  der  Befehle  erfolgt  durch  die  von  den  unteren 
Stäben  zu  den  oberen  täglich  gesendeten  Offiziere,  treffen  sie  nicht 
rechtzeitig  ein,  so  überbringt  ein  Offizier  des  Stabes  des  Belehlenden 
den  Befehl.  Die  Operationsbefehle  werden  an  das  grofse  Haupt- 
quartier gemeldet  und  den  Neben-Armeen  mitgeteilt,  von  den 
Generalkommandos  dem  Oberkommando  und  den  Nebeukorjis.  vou 
den  Divisionen  dem  eigenen  Generalkommando  und  den  anderen 
Divisionen  des  Korps. 

Jeder  Führer  muis  Uber  die  eigenen  Truppen,  die  nächsten 
anderen  und  über  den  Gegner  orientiert  sein.  Alle  Nachrichten  vom 
Feinde  werden  beim  Generalstabe,  dem  sie  zugehen,  geordnet,  ge- 


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OfSxiere  bOrgeriieber  Herkunft  in  der  Armee  Friedrich  Wiibelms  I  eto.  329 

sichtet,  TergUohen  and  so  ein  Bild  gewonnen.  Jede  Naehriobt  Uber 
den  Gegner  ist  ron  dem  Meldenden  an  den  eigenen  Voigeeelstenf 
eventnell  aaeh  direkt  an  die  Oberftlurang  nnd  die  zonSebst  geflUirdeten 
Truppen  zn  Übermitteln.  Jede  telegrapbiscbe  Hittdlnng  mab  briefliob 
noob  einmal  wiederholt  werden,  kein  Generalstabebnreaa  darf  im 
Kriege  ein  Telegramm  absenden,  anter  welobes  der  Chti  des 
Generalstabs  nicbt  sein  „Visom"  gesetzt  bat  In  jedem  Generalstab 
ttbemimmt  dn  Oflider,  eyentaell  aaeb  nocb  ein  Arobivist,  den  Tages- 
dienst nnd  hat  dann  aaeb  im  Borean  sa  nttebtigen  nnd  dalttr  zn 
sorgen,  dafo  danemd  Befeblsttberbringer,  Reiter  oder  Radfahrer, 
bereit  sind,  wichtige  Befehle  sind  aber  nar  Offizieren  anzayertraaen. 

18. 


XXVJU. 

Offiziere  bürgerlicher  Herkunft  in  der  Armee  Friedricli 
Wilhelms  L  und  Friedriciis  d.  Gr. 

Tn 

E.  Schnaekenbarg,  Oberstleatnant  a.  D. 


Nach  weit  verbreiteter  Ansicht  wären  in  der  altpreuTsischen 
Armee  Offiziere  bürgerlicher  Hcrkonft  nnr  bei  der  Artillerie,  den  In- 
geniearen, den  Garnison-Regimentern  und  den  Hasareu  zugelassen 
worden.^)   Diese  Ansicht  bedarf  der  Berichtigoog. 

1)  Im  In^enienrkorps  and  Mineurkorps  dienten  nach  der  Rangliste  1788  (JEn- 
ataad  dtr  KgL  PraolaiMhea  AraiM*)  78  Oflisiere,  davon  87  Bürgerltohe.  Babn 

Gamlaon-Regt.  v.  Kowalsky  iNo.  7)  von  17  Kapitäns  7,  beim  Gamisun-Regt.  y. 
Hencking  (No.  8)>on  11  Stabsoffizieren  4,  von  13  Kapitäns  9  Bürgerliche  Bei  der 
Artillerie  (Feld-  und  Gnmi=?on-Art  )  waren  von  81  Stabsoffizieren  und  Kapitäns 
54  Nicbtedelleate,  beim  Jä^erkorps  zu  Fuia  von  9  ätabsottizieren  and  Kapitäns 
6.  bflim  Zietan-Hnaareii-Regt.  l  Major  und  6  Btttmeiater,  bei  Üaedom-Hnaana 
(No.  8)  4  BIttmeiater,  bei  den  Bosniaken  5  (die  Lentnaata  und  ?^ä]mriohar 
bexw.  Comets  aind  in  dieser  alten  Rangliste  nicht  aufgefllhrt).  Aehnlich  lagos 
die  Yerbältaiaae  bei  den  übrigen  Begimentem  dieser  Trappengattongeo. 


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^30   Offldera  bttrgerJtoher  Herkunft  in  der  Armee  FHedtioli  mnihebne  L  ete. 


Das  Offizierkorps  der  preulsischen  Armee  war  im  18.  Jahr* 
hoodert  allerdings  grölstenteils  adeliger  Gebart  Da  der  brandeo- 
bargisch-preolsiacbe  Staat  im  Kriege  grofs  geworden  war,  so  er- 
sebeint  es  ganz  natürlich,  dals  der  zaUreiobe,  keineswegs  durch 
Vennßgen  hcirtinstigte  märivische,  pommersebe  und  preufsiscbe  Adel, 
den  Oevvohnlieit,  Sitte  und  Bedürfnis  durch  alle  Generationen  zum 
Waffendienste  geführt  hatten,  mit  Vorliebe  dem  Offizierstande  sieh 
widmete.  Irrtümlich  ist  aber  die  Ansicht,  dafs  bei  den  Infanterie- 
(Feld-)Kegimentern  and  der  Kavallerie  Bürgerliche  garnicht  ge- 
duldet worden  seien.  Den  Gegenbeweis  liefern  die  alten  ge- 
schriebenen Ranglisten  dieser  Regimenter. 

Friedrich  Wilhelm  I.  schlofs  die  Bürgerlichen  nicht  aus 
vom  Uftiziersstande,  er  verfügte  sogar  zuweilen,  dafs  bei  ent- 
stehenden Lücken  im  Ofiizierkorps  Uiiteroffr/iere  bürgerlicher 
Herkunft  zu  Offizieren  vorgeschlagen  werden  sollten,  wie  sieh 
aus  einem  Schreiben  an  den  General  -  Major  Prinzen  von 
Holstein,  d.  d.  Potsdam  den  1*>.  Februar  1727,  er;.nebt:'t  ..Durch- 
lauchtigster Fürst,  freundlich  lieber  Vetter.  Euer  Liebden  sollen 
Mir  von  dem  Kegiment  10  Unteroffiziere  vorschlagen,  die  capable 
sind,  dafs  ich  sie  zu  Officiers  machen  kann.  Vier  davon  sollen 
keine  Edelleute  sein;  es  müssen  aber  selt)ii:e  recht  dUchtige  Leute 
sein,  und  soviel  möglich  die  sihoa  in  canijjaune  gewesen  und  die 
capable  sind,  dals  ich  sie  gleich  zu  Lieutenants  machen  kann,  davon 
Euer  Liebden  auch  versichert  sein  müssen,  dals  sie  keine  Brand- 
weinsäufer  sind,  wie  sie  denn  auch  nicht  zu  jung  sein  müssen. 
Euer  Liebden  soll  mir  also  ihre  Namen  und  wo  sie  zu  Hause  ge- 
hören, mit  dem  Fordersahmsten  einschicken,  inzwischen  dieses  geheim 
halten,  dals  es  niemand  erfährt.  Ich  bin  übrigens  Euer  Liebden 
freundlich  williger  Vetter  Friedrich  Wilhelm."  —  Das  Regiment  Prinz 
von  Holstein  war  eines  der  ältesten  Regimenter  der  Armee,  es 
führte  die  Stammnummer  11,  war  1685  errichtet  worden  und  stand 
in  Ostpreufsen  (Königsberg)  in  Garnison.  Es  ist  anzunehmen,  dafs 
den  andern  Regimentern  ähnliche  Weisungen  zugegangen  sind. 

Dem  hier  gemachten  Vorschlage  entspricht  auch  der  Inhalt 
eines  Schreibens,  das  der  Kronprinz  Friedrich  1739  an 
seinen  \  ater  richtet:  ,.Was  das  avancement  der  officirers  betrift, 
so  Wolte  Meinen  Allergnädigsten  \'ahter  gebehten  haben,  ob  er 
Wollte  die  Gnahde  haben  und  den  Feldwebel  Schiling,  welchen 
ich  Meinen  allergnädigsten  Vahter  bei  der  Re\'ue  prescntiret,  und 
welcher  mihr  dieses  Jahr  die  grölsten  and  besten  Recmbten  bei  dem 


1)  Man.  boru.sa.  toi.  506. 


Oflbiere  bttigeriieher  HoriLunft  in  der  Armee  Friedrich  WUlielmB  I.  ete.   33 1 


Begiment  geworben  hat,  wie  Es  Hein^alleigniUligBter  Vater  aach  bei  der 
Revae  selber  sehen  wird,  ob  Hein  allergnSdigster  Vater  Wolte  die  gnade 
haben,  ihn  znm  Leutnant  zu  machen,  so  wtlide  er  rieh  gern  gefallen 
lassen,  nihmalen  weiter  zn  avansiren  nnd  wollte  ich  ihn  in  solchem 
Falle  bei  der  Grenadir^Gompagnie  setzen,  faidem  es  gewifs  ein  recht 
braver  nnd  tüchtiger  Kerl  ist.  Und  wegen  des  anderen  of&eirers 
wolte  Meinen  aUergnftdigsten  Vater  den  Unterofisier  Wictor  vohr- 
geschlagen  haben,  vohr  welchen  der  König  Stanislaus  als  anch  der 
Graf  Affalinsqni  mihr  vielle  Briwe  geschriben  haben  and  grofse 
promesen  gethan,  mihr  danach  in  der  Werbung  anf  aller  Art  behtUf> 
lieh  zu  sein."  (Das  kronprinzliche  Regiment  [Stamm numraer  18]  war 
eins  der  hervorragendsten  Regimenter;  es  wurde  bekanntlich  beim 
Kegierongsantritt  Friedrichs  d.  Gr.  znm  „Regiment  Garde  zn  Fnls'* 
gemacht) 

Die  Reglements  von  1726  nnd  1727  für  die  Infanterie  und 
Kavallerie  (Kürassiere)  bestimmen  ausdrücklich,  dals  Unteroffi/.iere 
anch  anadeliger  Gebort,  wofern  sie  sich  durch  Leistungen,  Fähig* 
keiten,  gnte  Führung  und  erlangte  Dienst-  und  Kriegser&hrong  vor- 
teilhaft auszeichnen,  dem  Könige  zur  Beförderung  zum  Offizier  in 
Vorschlag  gebracht  werden  sollen.  In  §  3  der  „Instruction,  Vor  die 
sämpti  Chefs  und  Commandenrs  derer  5  Regimenter  Infanterie,  so 
mit  zu  Felde  gehen",  vom  8.  März  1734,  heilst  es:  ,,Wan  sich  Unter- 
Oftiziers,  sie  sein  von  Adel  oder  nicht,  wUrcklich  Distingoiren,  so 
sollen  die  Chets  und  Commandeurs  deren  Regimenter  solches  an  Sr. 
Köngl.  Majestät  berichten,  auch  bei  vorfallenden  Avancements  auf 
sie  reflectiren  und  sie  dazu  vorschlagen." 

Die  Reglements  Friedrich  d.  Gr  bestimmten  in  diesem 
Sinne:  .,Wenn  ein  Unteroffizier,  wrkhcr  kein  EdehnaiHi.  irrosse 
Meriten  und  einen  ofTenen  Kopt,  auch  dabei  ein  gut  Exterieur  und 
wenigstens  12  Jahre  gedimt  hat,  injrleichen  kein  Braudeweinsäufer 
ist,  so  soll  solcher  zum  St-cuud-Leutnant  Sr.  Königl.  Majestät  vor- 
geschlagen w«.'rden."  —  In  einem  Armeebefehl  bei  Beginn  des  baye- 
rischen Erblolgekrieges,  vom  ä.  Februar  1778,  heifst  es  femer: 
„Sollten  sich  mank  den  ruti-roffizieren  welche  so  hervorthun,  dafs 
sie  sich  sehr  distinguiren,  so  sollen  sie  nicht  allein  OfHzier  werden, 
sondern  auch  eines  Adelspatentes  sich  verdient  machen."  —  Bekannt 
ist,  dafs  der  König  zahlreichen  Offizieren  bürgerlicher  Herkunft  den 
Adelsbrief  verlieh,  geniäls  seinem  Grundsatze:  ,,0n  devient  noble  par 
r^p^e  et  non  par  la  pluine  -  ivergl.  Fridericus  Rex  und  sein  Heer 
von  E.  Gr.  Lippe- Weilsenfe ki).  —  Professor  Preuls  führt  im  Anhange 
zu  seinem  Werke  „Friedrich  der  Grolle"  mehrere  hundert  dieses 
Schwertadeis  namentlich  auf. 


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882  Ofliiieie  bOigoriieher  H«ikiiiift  in  der  Anno«  FUedrloh  WlllMims  I.  eto. 

Bei  der  Durchsicht  alter  Kanglisten  und  He^Mmentsgeschichten 
fand  ich  in  der  Geschichte  und  Nachrichten  von  dem  Könipl.  preuss 
Infunterie-Kecrimente  Fürst  Franz  Adolph  von  Anhalt-Bernburg  von 
der  Zeit  seiner  Stiftung  bis  zum  18.  August  des  Jahres  1767"  unter 
3ii7  Offizieren  der  Zeit  von  1706 — 1767  SB  bürgerliche  Namen, 
sämtlich  in  der  Leutnants-  und  Kapitäns-Charge.  —  Die  Kaii^'liste 
des  Berliner  Regiments  No.  13  vom  Jahre  1720  (Kegt.  v.  Panuwitz) 
nennt  4  Bürgerliche:  Kapitän  Daniel  Lipp,  Leutnant«  Grevinger, 
Kademacher  und  Rose.  Die  Rangliste  1740  desselben  Regiments 
ftlhrt  letztfrcnannteu  Rose  als  Chef  der  6.  Kompagnie  auf,  1749  wird 
in  der  .jAbgangsliste"  der  mittlerweile  preadelte  Kapitän  Rose  als 
Oberst  von  Rose  und  „dimittirt"'  genannt.  In  der  Rangliste  1777 
dieses  Regiments  fand  ich  drei  bürgerliche  Namen:  l'reniierleutnant 
Rüger.  Sek. -Leutnant  Penne  und  Fähnrich  Kluge.  Letzterer  wird 
als  24  Jahre  alt,  aus  Potsdam  gebürtig,  mit  Hjähriger  Dienstzeit  er- 
wähnt, ist  also  nicht  im  Kriege  zum  Offizier  befördert  worden 
(NB.  Der    Fähnrich"  war  damals  die  unterste  Offizier-Charge). 

Bei  den  Dragoner-Regimentern  nennt  die  Rangliste  1783 
im  Regt.  Lottura  (No.  1)  einen  Oberstleutnant  Schoenholz,  im 
Kegt.  Borcke  (No.  7)  die  Stabs-Kapiians  Sehirmann  und  Mlllver- 
stedt,  im  Regt.  Platen  (No.  8)  den  Stabs-Kapitän  Meinecke.  — 
Der  ..Gnadenbrief",  welcher  dem  berühmten  Dragoner-Regiment  Bay- 
reuth nach  der  Schlacht  von  llohenfriedberg  verliehen  wurde  und 
der  sämtliche  Offiziere  namentlich  aufführt,  nennt  4  Offiziere  bürger- 
lichen Namens,  die  Leutnants  Borchard,  Köhler,  Fock  and 
Pfeiffer.  Die  Rangliste  1786  weist  nach  beim  Kürassier- Regiment 
T.  Baokhof  einen  Stabsrittmeister  Bresemann,  bei  den  Bayreath- 
Dragonern  die  Stabsrittmeister  Milow  lud  Ktthnbaam,  beim  Inl- 
Regt  No.  14  ^en  Stabs-Kapitlln  Miehaelis,  Inf.-Be|^  No.  82  einen 
Stalw-Ea^tKn  Mttller  n.  8.  w. 

Wie  stark  das  burgerliehe  Element  im  OfiBsierkoips  vertreten 
war,  erhellt  aneb  ans  den  von  mir  dnrebgesehenen  Berliner  Zeitongen 
des  Jahres  1776,  welche  die  Ernennung  Ton  71  bOj^liehen  Offizieren 
melden.  Unter  den  Beförderten  sind  1  Waehtmeister,  2  Feldwebel, 
20  Unteroffiziere,  46  der  Beförderten  gehörten  allerdings  m  8  yer- 
sehiedenen  Gamison-Regimentem. 

Nachstehend  einige  Beispiele  der  Beförderung  von  Nicht- 
edellenten  zum  Offizier,  als  Belohnnng  für  anlserordent* 
liehe  Verdienste  Tor  dem  Feinde. 

Der  bekannteste  Fall  betrifit  den  Grenadier  David  Krauel  rom 
Grenadier-Bataillon  Kahlbnts,  der  bei  ErstOnniing  des  Ziska-Berges 
Tor  Prag,  am  12.  September  1744  als  erster  die  Brustwehr  erstieg,  den 


Otfidero  bürgerlicher  Herkunft  in  der  Armee  Friedrich  Wilhelms  1.  eto.  333 

der  König  in  den  Adelstand  erhob  unter  dem  Namen  „Krauel  von  Ziska- 
berg"  und  denselben  als  Sekonde-Leutuant  iu  das  Grenadier-ßaiaillon 
V.  Byla  versetzte.  Die  „Berliner  Zeitung"  vom  24.  September  1744 
sagt  (hirilber:  ..Üal's  ein  gemeiner  Soldat  zuerst  eine  Bastion  er- 
stiegen und  sich,  nachdem  all  sein  Pulver  und  Blei  verschossen,  mit 
dem  üegen  in  der  Faust  solange  det'endiret,  bis  die  übrigen  gefolget 
und  dieses  Werk  erobert.  Sr.  Kgl.  Majestät  haben  hierauf  zur  Be- 
lohnung dieser  heroischen  That  und  erwiesenen  grolseu  Bravoor  ge- 
dachten Soldaten  in  seiner  Geraeinen-Montnr  an  die  Königliche 
Marschailstafel  ziehen  lassen,  ihn  mit  einer  wichtigen  Summe  Geldes 
besehenkel  und  zom  Lientenank  deklarieret;  wie  denn  auch  denelbe 
besondexB  toh  dm  GeneralfeldmusohaUs  und  Erbprinzen  Leopold 
▼OD  Anbalt-Dessan  Dareblanebt  die  Bokatenbörse  erhalten  haf 

Ein  zweiter  Fall  ist  folgender:  Im  Treffen  bei  Keicbenberg 
am  21.  April  wurde,  so  berichtet  Stadliuger  in  seiner  ,,(reschichte 
des  wUrttembergischen  Heerwesens"  (S.  46G),  der  an  der  Spitze  von 
drei  preulsisehen  Dragoner-Kegimentern  fechtende  Herzog  Friedrich 
Eugen  V.  Württemberg  vom  Feinde  umringt.  Sein  Pferd  wurde 
vom  Feinde  erschossen,  aber  ein  prenlsischer  Dragoner  eilte  herbei, 
spaltete  einem  der  Heiter  den  Kopf  und  bemächtigte  sieb  dessen 
Pferdes,  worauf  er  das  seinige  dem  Herzog  gab,  mit  dem  dieser  niiB 
auch  glücklich  sich  durchhieb.  Der  König  ernannte  ihn  dafür 
zmn  Lentoant.  (Leider  ist  der  Name  dieses  Tapferen  nicht 
genannt.) 

Andere  Fälle  betrellen  Unteroffiziere.  Während  der  Blokade 
von  Brieg  1741  ging  der  Unteroffizier  Zander  vom  Infanterie- 
Keglment  v.  Grävenitz  als  geheimer  Kundschafter  (verkleideter  Pater) 
in  die  Festuu«;-  hiiu m  und  brachte  die  genauesten  ^Nachrichten  Uber 
ihre  Beschaffenheit,  auf  Grund  deren  dieselbe  iu  der  Nacht  vom 
3.  zum  4.  Mai  erstürmt  wurde.  Der  König  ernannte  ihn  zum 
Hauptmann  und  Kompagnie -Chef  bei  dem  in  Breslau  stehenden 
Oamison-Regiment 

Im  Gefecht  bei  Lesch,  am  14.  März  1742,  hatte  der  Unter- 
offizier Meilsner  vom  Infanterie -Regiment  Truchsel's  die  Geistes- 
gegenwart, eine  umgestürzte  Kanone,  deren  Bespannung  erschossen 
war,  zu  vernageln.  Er  wurde  vom  General  v.  Truchsels  zum 
Offizier  vorgeschlagen  and  vom  Konige  bestätigt  (Droyseu,  Friedrich 
d.  Gr.  I,  412). 

Der  im  Jahre  1789  verabschiedete  Major  v.  Buchhorst  des  In- 
fanterie-Regiments Nr.  13,  Sohn  eines  F'eldwebels,  wurde  nach  Hoch- 
kircb,  wo  das  Regiment  stark  gelitten  hatte,  Sekond- Leutnant,  dann 


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334    Offiziere  bürgerlicher  Herkunft  in  der  Armee  Friedrich  Wilhelms  1.  etc. 

Adjutant,  1773  Kapitän,  1775  wurde  er  geadelt,  1782  Major  und 
Kommandeor  eines  Grenadier-Bataillons. 

In  der  Schlacht  hd  Leathen  zeichnete  Bich  der  Wachtmeister 
Biber  vom  Ktlra8sier-Reg;iinentSchmettaa(TonBal8Ge8sler)  beimKampi 
um  die  Standarte  des  Oeterreichischen  Dragoner-Begimenta  Ldwensteln 
so  ans,  dafs  ihn  der  KOnig  mit  Obergehong  der  Charge  als  Komet 
zum  Leutnant  beförderte.  —  Das  gleiche  geschah  nach  der  Schlacht 
bei  CSzaalan  beim  Dragoner-Regiment  Werdeck;  hier  wnrden 
6  Wachtmeister  und  Korporale,  mit  Obergebang  der  Ffthnrichs-Charge^ 
sam  Lentnaot  befördert  (Kähler,  Gesch.  d.  Uthanischen  Dragoner- 
Kegiments  I,  74). 

General  (v.)  Kohdich,  Sohn  eines  Feldwebels,  hatte  von  der 
Pike  anf  gedient,  wnrde  1779  als  Generalroi^or  Chef  des  Grenadier^ 
Garde-Bataillons,  starb  1796  als  G^eral  der  Infanterie  nnd  Kriegs- 
minister. — Tobia8(v.)  K  ttm  pe  1 ,  ehedemTambour,  starb  1804  zn  Potsdam 
als  Generalmigor  a.  D.  1808  erhielt  er  noch  das  von  Prinz  Heinrich 
testamentarisch  ansgesetzte  Legat  von  2000  Thalem  för  deigenigen 
Offizier,  der  1762  den  Mnldettbergang  mitgemacht  and  in  der  Schlacht 
bei  Freibelg  mitgefocbten.  (Kttmpel  war  damals  JSgerkapitftn  im 
y.  KleistBchen  Freikorps  gewesen).  —  Der  1746  rerstorbene  General- 
major Emst  Ludwig  t.  GOtze,  Bitter  des  Ordens  ponr  le  mörite, 
entstammte  einer  bürgerlichen  Berliner  Familie,  er  wnrde  1722  in 
den  Adelstand  erhoben.  —  Johann  Emst  t.  Alemann,  General- 
mijor,  Ghef  eines  Dragoner-Begiments  nnd  Bitter  des  Ordens  ponr 
le  möiite,  gestorben  1756  nach  53 jähriger  Dienstzeit,  war  ebenfoUs 
bttigerlicher  Herkunft  and  warde  von  Friedrich  Wilhelm  L  geadelt 
—  Ebenso  General  Friedrich  (y.)  Engeln,  Chd  des  Kttrassier-Begi- 
ments  Nr.  8,  erst  als  Stabsoflider  geadelt  (f  1784).  —  Stolhofen, 
Generalmajor  nnd  Kommandenr  des  Infmterie-Begiments  Nr.  1, 
Bitter  des  Ordens  ponr  le  mörite,  war  bei  einem  Feld-Begiment  ein- 
getreten nnd  wurde  erst  1744  bei  der  RcTue,  nach  seiner  Beförderung 
zum  Major,  geadelt,  sein  Vater  war  Prediger.  —  Der  General  Mayr, 
Chef  eines  Freibataillons,  ein  hervorragend  tttchtiger  Ftthrer,  war  ein 
Bastard,  der  seinen  Vator  nicht  einmal  kannte. 

DaCs  der  König  die  bürgerlichen  Elemente  in  dem  Oifizierkorps 
keineswegs  nach  dem  Kriege  wieder  za  beseitigen  strebte,  im  Gegen- 
teil den  dahin  abzielenden  Bestrebungen  der  Begimenter  energisch 
entgegentrat,  erhellt  aus  einem  Schreiben  an  den  Kayallerie>In* 
spektcur.  General-Major  v.  Löllhöfel,  d,  d.  Potsdam,  18.  November 
1772.  —  Es  waren  nämlich  bei  dem  zur  Inspektion  dieses  Generals 
gehörenden  Husaren- Regiment  y.  Bellings  das  1770  zur  OkkapatioD 
der  polntsohen  Nachbaiprovinsen  verwendet  worden  war,  arge  Ans» 


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Ottsiere  bürgerlicher  Uerkunft  in  der  Armee  Friedrich  Wilhelms  I.  etc.  335 


sehrehungeD,  ongereohte  BeitreiboDgen,  PlnndeningeD  nod  übnliebe 
BedrttekmigeD  Yorgekommen.  Der  in  hohem  Grade  enUmte  Kiiuig 
liefe  das  Regiment  seine  volle  Ungnade  itlhlen  nnd  veriangte,  dab 
die  Soholdigen  sn  strenger  Verantwortung  gezogen  würden  und 
sehreibt  an  LOllhOfel:  ^  ist  kemesiiv-egs  meine  Intention,  nnd  habt  Ihr 
solche  gaas  nnreeht  Terstanden,  wenn  Ihr  Inhalts  Enren  Berichtes 
vom  14.  d.  IL  nnter  denen  vom  BeUingscben  Regimente  wegza- 
schaffenden  Offizieren  nnr  diejenigen  bflrgerlichen  Standes  nnd 
sogar  solche,  welche  dnrch  ihre  rechtschaffenen  Dienste 
nnd  bravonr  sn  offioiers  aTanciret  sind,  wegznschaffen  mir 
in  Vorschlag  bringt;  sondern  ich  will  alle  die  officiers,  adeliohen 
nnd  bttrgerliohen  Standes,  welche  sich  Plttndereien  oder  Erpressungen 
nnd  anderer  dergL  niederträchtiger  Behandinngen  hi  Polen  theilhafitig 
gemacht,  wissen,  nnd  davon  werdet  Ihr  demnach  mir  eine  Liste  ein- 
snschicken  nicht  ermangeln,  weil  ich  dergleichen  Offiziers  als  Meines 
Dienstes  nnwttrdig  beim  Begimente  sn  dulden  nicht  gewillt  bin.*' 
(NB.  Unter  den  bei  dieser  Gelegenheit  yerabschiedeten  Oflfideren^ 
befand  sich  der  Bittmeister  von  BIttcher,  spätere  FeldmarsehalL) 

Der  Offizier  war  folglich  als  ein  Mann  ?on  Ehre  dem  KOnige 
gleich,  ob  er  nnn  adeliger  oder  bttrgerlicber  Herkunft  war. 

SAne  Ausnahme  ron  dieser  Regel  machten  die  Offiziere 
der  Freikorps,  anter  denen  sich  allerdings  viele  sehr  zweifelhafte 
PersOnlichkeÜen  beiden.  Das  Offizierkorps  der  Frmkorps  wurde  zu- 
meist ans  fremdländischen  Offizieren  ergänzt,  zum  Teil  waren  es  Aben- 
teurer, die  Sucht  nach  Beute  und  Gewinn  gelockt  hatte.  Welcher  Art 
die  von  den  alten  Regimentern  zu  den  Freikorps  abgegebenen  Offiziere 
waren,  erhellt  aus  einer  schriftlichen  Äulserung  des  Königs  vom  Jahre 
1758.  Er  schreibt  dem  Grafen  Dohna,  der  ihm  einen  guten  und  soliden 
Offizier  znm  Ubertritt  in  die  Freitrappen  vorschlägt:  „Ihr  müsset 
den  Brigademajor  v.  Kalckstein  nicht  zu  dem  (B*rei)  Ke^riment 
Hordt  setzen,  denn  Ich  zu  den  Frei-Bataillons  gern  brare  nnd  deter- 
minierte Offiziers  gebe,  die  aber  liederlieb  nnd  bei  guten  Feld* 
Regimentern  nicht  mehr  zo  gebrauchen  sind."^) 

Als  nach  dem  bayerischen  Erbfolgekrieg  die  nur  für  die  Kriesrs- 
dauer  ang:eworbenen  Freikorps  wieder  aufgelöst  wurden,  schreibt 
der  Köllig'  dem  General  der  Infanterie  von  Tanentzien  am  24.  Mai 
1779:  „Die  Offiziere  der  Freikorps  werden  entlassen,  weil  das  ge- 
wt^hnlich  liederliches  und  schiechtes  Zeug  ist,  so  darum  ausrangirt 

Vergl.  „Forschungen  zm  brandenburgiscben  und  preui'sisohen  Ge- 
•efatehte.«  12.  Bd.  S.  97iK:  ^Hlehers  Austritt  ins  dem  Heer.  Von  Enut 
Priedländer." 

3)  MarMhall     SulioU,  Krieg  in  Pommern.  S.  26. 


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836  Offiitere  blirgeriioher  HerkanH  in  der  Annee  Frlediteh  Wüheliiit  L  eto. 


werden  und  wo  oicbt  viel  draa  ist;  ndtidii  mOBset  Ihr  Eaeli  mit 
selbigen  wohl  in  Aobt  nehmen."*) 

Zahlreiche  tüchtige  Offiziere  dieser  Trappen  hat  der  Ktfnig 
Übrigens  bei  den  Feld-  oder  Garnisoutrappen  imtergebracbt,  mehrere 
von  ihnen  haben  es  bis  zo  den  höchsten  Stellangen  gebracht;  ich 
nenne  nnr  Coarbi^re  (der  spätere  Feldmarschall),  den  bekannten  Hu- 
saren-General (v.)  Gunther,  die  Generale  v.  Hordt  and  Wunsch, 
ferner  des  Königs  gelehrten,  militärvvissenschaftlich  hoch  gebildeten 
Ftennd,  den  Oberstleutnant  Guichard,  der  im  Tjährigen  Kriege  ein  Frei- 
regiment  kommandierte  und  vom  Könige  zn  seinem  Flügel- Adjutanten 
ernannt  wurde,  unter  Beifügung  des  Namens  Quintus  Icilius. 

£&  kann  allerdings  nicht  geleugnet  werden,  dafs  Friedrich  sich 
zuweilen  auch  gegen  die  Beibehaltung  nnadeliger  Offiziere  nach  dem 
TjUhrigon  Kriege  bestimmt  ausgesprochen  hat;  er  geriet  in  diesem 
Punkte  mit  sich  selbst  iu  Widerspruch.  Niemals  aber  hat  er  die 
ererbten  otfiziellen.  in  den  Reglements  niedergelegten  Bestimmungen 
aufgegeben,  wonach  l)Urgerlich  geborenen,  bewährten  Männern  die 
höhere  militärische  Laufbahn  eröffnet  blieb,  wenn  auch  nickt  ttberall 
mit  gleichen  Erleichterungen,  wie  dem  Adel. 

Friedrieh  war  dem  Grundsatz  getreu,  das  Talent  Uberall  zo 
fbrdern;  es  ist  mir  kein  einziges  Beispiel  bekannt^  dals  das  Ver- 
dienst hätte  der  „Geburt"  weichen  müssen. 

Wiederholt  aber  äulsert  sieh  der  König,  dals  das  ..Verdienst" 
der  „Crcbort"  voran  gehen  inllssp.  so  im  Antimacchiavcl:^)  „Je  dois 
aimerle  sang  des  h^ros,  mni'^j'aime  eneore  pluslemerite." 
—  Ferner  in  der  Instruktion  für  die  Erziehung  des  Thronfol|:ers: 
,,La  naissanee  n  est  qu'une  chimere  si  eile  n'est  pas  sou- 
tenue  jiar  le  merite.'*^*)  Sodann  in  dem  Aufsatze  „Sur  l  edueation: 
..Tont  serait  perdu  dans  an  ötat  si  la  naissance  derait 
remporter  sur  le  mörite.''*) 

Diesen  Anschauungen  entsprach,  wie  l)ekannt  die  bei  der  Thron- 
besteigung vollzogene  Trawandlung  des  Ordens  de  la  genörosit^, 
dieses  Ordens  von  höchst  zweifelhaftem  Werte,  in  den  Orden 
poar  le  merite. 


t)  Preuls.  I  rk.-Buch.  IV.  S.  228. 

3)  Oeuvres  de  Fr^dSiie  le  Gnnd  VIII.  88. 

>)  A.  a.  0.  IX.  89. 

«)  A.  a.  0.  IX.  122. 


U'l;^UlilL,o  Oy 


Die  UeerMverhiUtnkse  ülouadoni 


837 


XXIX. 

Die  Heensverhältnisse  Ecaadors. 


Die  nach  dem  Äquator.  —  welcher  das  Land  nahe  der  Haupt- 
stadt durchschneidet,  —  benannte  Kepulilik,  deren  Gröfse  emschl. 
der  Gaiapagoö-lnseln  807  243  qkra.  ( Grofsbritannien  bat  314  628 
qkm)  beträgt,  zählt  1  400  000  Einwohner.  Die  Bevölkernng 
setzt  sich  meist  aas  Mischlingen  zwischen  Weilsen  und  Indianern 
zasammen  nnd  aas  Hochlandsindianern.  Keine  Weifse  sind  selten, 
Neger  finden  sich  nur  in  den  KUstengegenden.  Der  Schwerpunkt 
des  Staats  beruht  auf  dem  dicht  bevölkerten,  aber  sterilen  Hochland, 
während  das  westliche  Küstengebiet  hervorragend  fruchtbar  ist. 

Nachdem  sich  die  Republik,  deren  Ausgaben  die  Einnahmen 
um  ca.  2  Millionen  jährlich  Ubersteigen,  in  ihren  Finanzen  soeben 
„arrangiert"  hat,  steht  es  mit  diesen  nicht  allzuschlecht  und  es  ist 
sogar  HotFnung,  dafs,  politische  Ruhe  vorausgesetzt,  Ecuador  besseren 
Zeiten  entgegengeht,  nachdem  sich  nunmehr  genügendes,  ausländisches 
Kapital  für  Hebung  der  reichen  Miueralschätze  etc.  gefunden  hat. 
Aber  mit  der  politischen  Ruhe,  da  fehlt  es  in  Stid-Amerika  so  gar 
eicht!  Das  nominelle  Budget  arbeitet  mit  4*/i  Millionen  Sücre, 
(1  Sucre  =  4  Mark),  wovon  97()923  ftlr  Heer  und  Marine  entfallen. 

Das  stehende  Heer  ersetzt  sich  im  Frieden  durch  Werbung. 
Seine  Stärke  ist  auf  5435  Mann  festgesetzt,  es  waren  jedoch  1898 
nur  4575  Mann  unter  den  Waffen. 

An  aktiven  Trappen  sind  vorhanden 

1.  3  Brigaden  Artillerie  mit  je  einem  Stab  von  1  Komman- 
deur und  4 — 7  Offizieren  (darunter  ein  Musikmeister)  und  3  Batterien 
von  zasammen  330  resp.  402  Mann.  In  Summa  (auüser  den  Stäben): 
9  Haaptlente,  53  Leutnants  nnd  1064  Mann. 

Hiemi  an  Material:  26  Krupp-Kanonen  (1880—1884)  Kai.  7,5; 
4  Kanonen  Whitworth  Kaliber  5  (Vorderlader);  5  Miftrailleasen 
Kordenfild.  Die  Beschaffung  von  neaen  Kiopp-GesehfltMDy  wie  solche 
in  Chile  in  Gebrauch  sind,  ist  angeregt 

2.  10  Bataillone  Infanterie  Ton  ganz  verschiedener  Stärke» 
sowohl  an  Offizieren  wie  an  Mannaehafteii,  formieit  in  d— 4  Kom- 
pagnien,  nebst  Bataillons-Stab. 

JaMUhM  Ar  Jfo  iMtaato  Asm»  maA  JfMda*.  Bd.  IM.  t  22 


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338 


Die  üeeresverhäitoiMie  Eeu^urs. 


£b  weiterer  Tefl  der  In&iiterie  iit  in  KolooneD  (7),  oder  anf 
saUxeielie  Pikets  (5)  und  GamisoneD  vezteilt^  deren  Sttrke  nnd 
Formation  dauernd  weehaeü 

In  Samma  besteht  die  alLtive  Infoaterie  ans  260  QfBsieren  mid 
3000  MaDDsehaften. 

8.  1  Karallerie-Begiment  Ana  einem  Stab  ▼on  7  Offiiieren 
ond  2  Eafcadrona  mit  aoeaauaen  21  Offideren  nnd  162  Mann.  Im 
Krieg8&U  wird  die  aktive  Armee  dureh  die  Miliz  (a.  nnten)  ver* 
aOrkt^  sowdt  die  Bekrutierang  niefat  s^nllgt  In  Bolehen  ZdHioften 
pflegt  man  in  Slld-Amerüut  aUgemein  nieht  yiel  Umgtlinde  an  maehen, 
geeignete  Individnen  werden  anf  den  Straiaen  eigrüfen  nnd  in  den 
Soldatenroek  gesteckt»  in  dem  sie  sieh  ttbrigens  bald  meist  gana 
Wold  ffihlen.  Die  Kavallerie  veiaehalR  aieli,  gleich  der  Artülerie, 
fehlende  Pferde  und  Manlliere  anf  ähnliche  Art 

Aach  im  Frieden  genttgen  die  vorhandenen  Pferde  ffir  die 
Kavallerie  in  kmner  Weise.  Whd  diese  mit  einem  Auftrag  entaandt, 
so  geht  oft  eine  Bauia  voraoa,  bei  welcher  man  die  nütigen  Vier- 
ItUsler  aufgreift.  Der  Besitser  kann  seine  Forderung  geltend  machen 
und  erhftlt,  wenn  ihm  das  Glttck  hold  ist,  einen  geringen  Eisats  in 
Geld.   Und  das  im  vielgepriesenen  freien  Amerika!  — 

Die  Verwaltung  des  Heeres  and  seine  Vertretung  vor  dem 
Kongrels  findet  durch  den  Kriegsminister  statt,  dem  ein  Stab  von 
14  Offizieren  zor  Seite  steht.  In  den  7  Provinzen :  Carchi,  Pichincha, 
Tnngnrahna,  Loja,  Gaayas,  £1  Oro,  Manabi  sind  Militäx-Komman- 
dantnren  eingerichtet,  fieichliches  Feld-Material  etc.  lagert  in  den 
grofsen  Parks  von  Gnayaqail  and  Riobamba» 

Um  im  Ernste  die  Reihen  des  Heeres  anf  eine  grOfsere  Zahl 
Streiter  zu  bringen,  ist  die  Miliz  bestimmt,  in  welcher  jeder  Ein- 
geborene zn  dienen  verpflichtet  ist  (Gesetz  vom  Jahre  187G). 

Im  Frieden  sind  nar  die  Stäbe  teilweise  formiert,  welche  in  der 
Stärke  von  2 — 3  Offizieren,  1  Tambour  etc.  Uber  das  Land  verteilt, 
zugleich  die  Aashebangs-Listeo  etc.  laufend  halten. 

Es  ist  (auf  dem  Papier)  vorgesehen  die  AuÜBtellung  von: 

88  Bataillonen  Infanterie 
3  Brigaden  Artillerie  Miliz. 
9  Regimenter  Kavallerie 
Fttr  diese  sind  an  OfiBzieren  nnd  Mannschaften  vorhanden: 
54  Stabs-Otlfiziere  des  stehenden  Heeres, 
78  Stabs-Offiziere  der  Miliz, 
44  Offiziere  des  stehendoi  Heeres, 
1490  Offidere  der  Miliz, 
23  657  Mann. 


L/'iyiki<_cCi  Ly 


Die  Heeresverbältnisse  Kcuadurs. 


339 


Die  Stifke  In  den  einseinen  Provinzen  ist  eine  sehr  verschiedene, 
in  einifen  Trnppentdlen  war  bei  der  un  29.  Mai  1898  vor- 
genommenen allgemeinen  Mneternng  ttbeilianpt  niemand  vorhanden, 
andere  lihlten  2—3  Offiziere.  In  der  Frovini  Piehineba  halle  die 
Hills  einen  Bestand  von  32  Stabsoffideren,  261  Offizieren,  8342 
Hann,  in  der  Ftovinz  Tnngnrahna:  10  Stabsoffiziere,  123  Offiziere, 
2818  Mann. 

Die  gesetzlich  vorgesehenen  Übungen  finden  nieht  statt,  was  den 
Wert  dieser  IfiUzfoimatlonen,  einem  emstBcben  Gegner  gegenüber 
genügend  kennzeiehnei  Wenn  Stimmen  dnrobdringen  soUten,  welebe, 
immer  ement  eine  Vermlndemng  aneh  deo  stehenden  Heeres 
verlangen,  so  wird  es  in  einigen  Jahren  nm  die  Widerstandskraft 
Ecuadors  schwach  bestellt  sein. 

Im  Interesse  des  Landes  kann  man  nur  bolTen,  dafo  wenn  der 
Gegner  anrückt,  der  schon  jetzt  in  Süd-Amerika  Umschan  hült  nnd 
seine  fein  gesponnenen  Ketee  auswirft,  es  nieht  hdlhen  wird:  Zu  spil! 
—  Beiestignngen  gielit  es  einige  wertlose  ans  spanisoher  Zelt,  sie 
würden  niemanden  bei  der  Landung  und  dem  Vormarseh  zu  hindern 
imstande  sein. 

Die  Uniform  des  Heeres  besteht  ans  dunkelblauem  einr^igem 
Roek  und  Hose.  Die  KnOpfe  zeigen  das  Wappen  von  Ecuador. 

Die  Infanterie  onterscheidet  sich  durch  gelbe  Kragen,  Ärmel- 
anlbehläge  und  Hosennath,  die  Kavallerie  zdgt  dasselbe  bi  wetts, 
die  Artillerie  in  rot.  Letzlere  führt  am  Kragen  noch  tSai  Abzelehen, 
welches  eine  platzende  Granate  darstellt 

Die  Käppis  sind  dunkelblau  mit  roten  Abzeichen. 

Die  Mariüe  der  Republik  ist  wenig  bedeutend  und  besteht  aus 
dem  Kreuzer  „Cotopani",  dem  Kanonenboot  „Tnngnrahna"  und  dem 
Fl ots- Dampfer  „Jaramigo*^,  letzterer  ohne  Geschütze,  nor  mit  6  Man- 
licher  (Gewehren  ausgertlstet. 

Der  Kreuzer  (10  Offiziere)  ftihrt  2  schwere  Nordenfild  Kanonen 
Kaliber  G-Pfdr..  2/(>  em-Kanonen  Kmpp,  2  Mitraillensen,  30  Manlicher- 
Gewehre,  Die  Ausrüstung  des  Kanonenboots  besteht  aus  1  Kevolver- 
Kanoiie    Kaliber  4  cm..  2  Mitraillecsen,   23  Manlicher-Gewehren. 

UaieQ-Kommandantoren  sind  an  5  Seeplätzen  eingerichtet  worden. 

Vielfach  macht  sich,  wie  oben  bemerkt,  entsprechend  der 
Stimmung  in  anderen  Staaten  Süd -Amerikas,  auch  in  Ecuador,  der 
Wunsch  nach  Verminderung  des  Landheeres  und  Verraehrunf;  der 
Marine  geltend.  In  einem  von  Parteien  zerrissenen  Land  wechseln 
solche  Projekte  mit  der  Mode,  so  auch  in  Quito,  Parteihäupter 
nehmen  sie  in  ihr  Progamm  auf,  die,  wie  in  manch  anderen  Staaten, 

22» 


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840  Kiffaif  leerasgesehiefaUiebe  MtttniliBfBa. 


aach  dort,  mehr  vom  Gefühl  ihrer  Unentbehrlichkeit  durchdruDgen 
sind,  als  von  demjenigeD  der  Pflicht  Ecuador  ist  aaf  dem  Lande 
noch  nicht  genügend  gefestigt,  om  sich  schon  mit  grölserer  Macht 
auf  da«?  Wasser  begeben  zu  können!  Einem  kräftigeren  Gegner 
gegenüber,  wie  ihn  Revolotions-Truppen  und  wilde  Indianer  darstellen, 
würde  seine  Widerstandskraft  trotz  des  vorzüglichen  Menschen- 
materials nicht  g»  nll^'en.  weshalb  zu  wünschen  ist,  dals  diejenigen 
Stimmen  durchdringen  möchten,  welche  vor  allem  in  energischem 
Ausbau  der  vorbandeoea  btreitkräite  das  Heil  des  Landes  erblicken. 

T. 


XXX. 

Kleine  heeresgesciiiciitliGhe  Mitteilungen. 

Ein  Beispiel  höchster  Opferfreadi|^keit  nid  Vatorlanikliebe  «is 
der  Zeit  der  Befreiungskriege.  Anfang  Augmt  1815  fehlte  es  der 
preufsisobeii  in  Fnnkreioh  stehenden  Armee  nnter  Bltleher  an  den 
nötigsten  Bedttrfidisen,  aneh  der  Sold  Air  die  Truppen  war  seil 
2  Monaten  rttekstHndig.  Es  sollte,  anf  VerfUgung  des  Staatskanslen 
Fliist  r.  Baldenberg,  das  nOtige  Geld  ans  der  Heimat  bezogen  werden. 
—  Fttrst  Blttoher  richtete  ans  seinem  Hauptquartier  Ghartres  den 
12.  August  1816  das  folgende  Sehreiben  an  den  EOnig: 

«Ener  KOnigliehe  Hajestit  haben  AlleignSdigst  befohlen,  dals 
dem  stehenden  Heere  der  rttokslllndlge  Sold  ansgeaahll  werden  solL 
Da  aber  in  Fhmkreieh  nooh  niehts  eingegangen  ist»  so  hat  der  Staats- 
kansler  Fttast  r.  Hardenberg  dnreh  den  Finanzminister  t.  Bttlow  die 
nötige  Summe  ans  dem  Vaterlande  sn  ziehen  befohlen. 

Euer  M^Jestit  erlauben,  dals  ieh  meine  Meinung  und  Bitte  und 
die  des  Heeres  offen  und  unrerhohlen  Tortragen  darf: 

Bei  unserem  Vordringen  in  BVankreieh  beseelte  uns  der  Wunseh, 
niehts  fttr  uns  sn  erwerben  als  Ehre,  dagegen  aber  dem  bediSqgten 


Kleine  heeresgesohiohtUehe  Mitteilungen. 


341 


VaterUulde  au&nhelfeD  and  £ver  Majestät  in  die  Lage  zn  setzen, 
die  Wunden  cn  heilen,  die  ein  langes  Unglttok  und  feindlieber  Über- 
mut dem  Vaterlande  nnd  jeder  einzehien  Familie  geecblagen  baben. 
Aas  diesem  Grande  forderte  ieb  die  Kontribution  von  100  Millionen 
Franken  ans  Paris,  nnd  von  dieser  Summe  allein  wttnsebe  ieb  nur 
dnen  Teil  fute  die  Armee  zu  verwenden,  nnd  trug  Euer  Miueelttt  eine 
zweimonatliche  Soldzahlung  fllr  die  Armee  vor,  die  aueh  Allergnttdlgst 
bewilligt  wurde. 

Da  aber  die  TeründerteD  Umstände  dies  unmOgUeh  maehen,  so 
wild  die  ganze  Armee  nioht  nur  freudig  auf  ihre  zweimonatliehe 
Soldzahhmg  Verzicht  leisten,  sondern  wir  bitten  auch  Euer  Ki^^^^ 
untertbllnigst,  nur  so  viel  Geld  uns  verabfolgen  zu  lassen,  als  wir 
fOr  die  Verwundeten  und  die  nnarogttngliche  Notwendigkeit  bedürfen. 

Wir  wollen  lieber  uns  auf  das  Itulserste  einsehrilnken,  als  das 
mühsam  zasammengebracbte  Einkommen  unseres  Landes  nach  Frank- 
reich ziehen  und  so  dieses  Land  bereichern,  das  wiederanfkeimende 
Lieben  unseres  Vaterlandes  dagegen  vernichten. 

gez.  V.  Blttoher. 

Ein  schöner  Zag  ans  längst  vergangenen  Tagen!  (v.  Bredow, 
Geschichte  des  2.  Rhein.  Hu8.-Kegts.  No.  9.    S.  18/19.) 

Eine  ei^entnmliehe  Sitte,  welche  im  iranzdsischen  Heere  während 
der  ersten  Hälfte  des  18.  Jahrhonderts  in  Blüte  stand,  war  die  den 
hentigen  Ansichten  Uber  Aufstellung  von  Nationalen  nnd  unserer 
Aufbssnng  standesamtlicher  Pflichten  in  hohem  Grade  zuwiderlanfende 
der  willkürlichen  Namensändemng  beim  Eintritte  in  das  Heer.  Es 
war  bei  den  Kekruten  Branch  geworden,  dals,  wenn  sie  dem  Aller- 
eludstlichsten  Könige  ihre  Haut  verkauft  hatten,  sie  ihren  Familien- 
namen ablegten  und  einen  in  die  Listen  getragenen  Namen  wählten, 
welcher  der  Stimmung  and  den  Erwartungen  Ausdruck  gab,  von 
denen  sie  in  diesem  Augenblicke  erfüllt  waren.  Dergleichen  Be- 
nennungen lauteten  beispielsweise  Sans-Quartier,  Va-de-bon  Coeur, 
Beau -Visage,  Brin-d'-Amonr,  La  Tnlipe,  La  Pen  enehe.  In  einer  am 
5.  Oktober  1899  zu  Paris  abgehaltenen  Sitzung  der  fünf  Akademien 
verlas  Henri  Houseaye  die  Lebensbeschreibung  eines  derartigen 
Pseudonymen,  dessen  nom  de  guerre  Sans-Soucy  lautete.  Der  Mann 
hiefs  ursprünglich  Michel  Anbry  und  war  am  6.  September  1721  in 
Lothringen  geboren.  Mit  sechzehn  Jahren  trat  er  in  das  Infanterie- 
Regiment  de  Tüurnaisis,  1742  erhielt  er  die  Hellebarde  des  Unter- 
otfiziers.  Als  er,  zum  Ludwigsritter  und  zum  Grenadierhauptraann  anf- 
gestiejren,  starb,  hatte  er  seinen  früheren  Namen  wieder  angenommen, 
doch  nannte  er  sich  dann  d' Anbry.  Er  war  der  Ansicht,  dals  die 
von  ihm  verrichteten  Heldentbaten  die  Beilegang  des  Adelstitels  aus 


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342 


Kleine  heeresgeschichtUche  Mittoilnngen 


eigener  Machtvollkommenheit  darchaas  rechtfertigten.  (Le  Progres 
militaire  Nr.  1938.)  14. 

Als  am  24.  Juni  1839  in  der  Schlacht  von  Nisib  der  vom 
Sultau  Mahmad  II.  ge^en  die  Afrypter  entsandte  Hafiz  i*a^^ha  durch 
Ibrahim  Pascha,  den  Sohn  des  Vizi'küui^'s  Mthemet  Ali  geschla;:en 
wurde,  hatte  jenem  als  Berater  ( Mustescharj,  dessen  Katsehlägen 
er  aber  nicht  fol^rte,  der  preufsisehe  Kapitän  Freiherr  von  Moltke 
zur  Seite  gestanden.  In  gleicher  Eigenschaft  begleitete  den  ägyp- 
tischen Heerführer  ein  französischer  Offizier,  der  Kapitän  Beanfort 
d'Hantpool.  Nach  mehr  als  drei(^ig  Jahren  begegneten  sieb  diese 
beiden  Generalstabsoffiziere  and  machten  peraOollelie  BekaiiiitBeha& 
Es  geschah  am  23.  Januar  1871  zo  VenaOles,  w6töa  der  General 
de  Beeofiurt  den  Vertreter  Frankreiehe  Jalee  Favre  beg^leltet  hatte, 
den  Yertieter  der  Regierung  der  natbnalen  Verteidigung,  welcher 
gekommen  war,  am  wegen  der  Kapitolation  Ton  Paris  in  anter- 
handeln.  (Le  Ganlois  Nr.  6629.)  14. 

Vem  den  hnreinknitiseheii  FomeBwesen,  welches  aar  Zeit  des 
italienischen  Krieges  Tom  Jahre  1859  die  Verwaltung  des  Öster- 
reichischen Heeres  TerknOeherte  and  die  Leistangen  der  Truppen 
beeintrilehtigte,  legen  an  Terschiedenen  Stellen  Anfteichnnngen  Zeug- 
nis ab,  welche  anter  dem  Titel  ^Altes  Eisen**  der  K.  and  K.  Oberst 
Moritz  Edler  yon  Aogeli  als  Jntimes  ans  Kriegs-  and  Frieden^jahien*' 
TcrOffentlicht  hat  (Stattgart  1900).  Zwei  Beispiele  daTon  seien  an- 
geflthrt  —  Das  Infanterie-Regiment  Erzherzog  Joseph  Ko.  37,  bei 
welchem  der  damalige  Oberlentoant  Edler  too  Angeli  stand,  war 
aas  Prag  nach  dem  Kriegsschaiiplatie  abgerttekt,  am  Abend  des 
29.  Hai  1859  mittelst  Foismacsches  in  Bozen  angekommen  and  vier- 
ondzwanzig  Standen  später  auf  der  Eisenbahn  mr  Befi^rdernng  nach 
Mailand  yerJaden.  Hier  erfolgte  die  Ankauft  am  Morgen  des  1.  JnnL 
Das  Regiment  werde  einqnartiert  and  bedeotet^  dais  der  Aafenthalt 
einige  Zeit  danem  werde.  Statt  dessen  ward  am  Mittag  alarmiert 
nnd  die  Nacht  hindarch  bis  an  den  TIeino  marschiert  Eine  regel- 
mftbige  Verpflegung  hatte  seit  Bozm  nicht  stattgefimden.  Es  wurde 
daher  der  Proriantoffizier  der  Brigade  zum  Empfange  nach  dem 
Magazine  Ton  Abbiategrasso  entsandt,  auf  welches  die  Tmppe  an- 
gewiesen war.  Er  kam  jedoch  nnTerriehleler  Sache  nnd  mit  leeren 
Händen  zurück.  Die  Magazinverwaltong  hatte  ihn  abschläglich  be- 
schieden, weil  die  Verordnang,  dab  das  I.  Korps  Clam  Gallas, 
welchem  das  Regiment  zugeteilt  war,  zur  italienischen  Armee  gehöre, 
noch  nicht  eingegangen  seL  —  Mehr  Glttck  hatte  Angeli  mit  seinen 
BeitreibnngeD.  Aber  eine  von  ihnen  sollte  ein  Nachspiel  bringen. 
Sie  war  in  der  Zeit  zwischen  den  Sdilachten  too  Magenta  nnd  Ton 


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Kleine  heweegeicliiehtiiehe  lOttoUimgen. 


84S 


SoUMdo,  also  nhteo  im  Kriege,  amgeflthrt  und  hatte  unter  andeieai 
eiinmddreibig  Oetasen  eingebraehtp  ttber  deren  Empfang  oidnonga- 
ml&ig  qnlttlBrt  war.  Ah  naeh  FriedenaeeblnaBe  mohbar  woide,  dab 
wttluend  des  Feldsngee  maneheriei  Unterachleife  und  Betrttgereien 
Torgekommen  waren,  fümdete  das  Rechmmgsdepartement  des 
Kriegeministeriams  auf  alle  Fälle,  welche  zn  Schttdigongea  dee 
Aerara  Gelegenheit  geboten  haben  konnten.  So  gelangte  auch  an 
den  nnnmehrigen  Hanptmann  Edlen  von  Angeli  der  Befehl  „binnen 
48  Standen  standhaft  za  äufsern",  was  ans  den  Hänten  nnd  dem 
Unschlitt  jener  einuoddreilsig  Ochsen  geworden  sei,  da  „diese  Be- 
standteile bei  der  Mannschaftskost  nicht  niitbegriifen  wären,  aber 
aneh  nirgends  zu  Gnnsten  des  Hohen  Aerars  in  Kechnnng  gestellt 
YOrkllmeo.'^  Angeli  erwiderte,  dais  er  die  Ochsen  lebendig  abgeliefert 
habe,  man  mOge  sieb  wegen  weiterer  Auskunft  an  die  wenden,  welche 
das  Fleisch  gegessen,  Häute  und  Unschlitt  aber  wahrscheinlieb 
sarttckgelassen  hätten.  Damit  hatte  die  Sache  ihr  Bewenden.  14. 

Der  Schematismns  fiir  das  K.  und  R.  Heer  anf  das  Jahr  1900 
Terzeichnet  33  inländische  Oiden  und  Medaillea.  Die  letzteren, 
welche  in  diesem  Jahre  zum  erstenmale  in  das  Buch  aufgenommen 
Warden,  sind  die  nachstehend  genannten :  Kriegsmedaille,  Erinnerungs- 
medaille an  den  Feldzug  von  1864  gegen  Dänemark,  Denkmünze 
an  die  Tiroler  Landesverteidigung  aus  den  Jahren  184H  und  1866, 
goldene  und  silberne  Hofmedaille,  goldene  und  bronzene  Jubilännis- 
Erinnerungsmedaille  für  die  bewaffnete  Macht,  Jubiläums-Erinnerungs- 
medaille fllr  Civil-Staatsbedienstete,  Militär- Dienstzeichen  fUr  Oftiziere 
1.,  2.  und  Klasse,  Militär-Dienstzeichen  für  die  Mannschaft  1.  und 
2.  Klasse,  Erinnerungszeichen  an  den  F.  M.  Erzherzog  Albrecht, 
Seereise-Denkmllnze  von  1891 — 1892,  im  ganzen  also  15  Medaillen. 
Unter  den  Orden  sind  der  Deutsche  Orden  und  der  Malteser  Ritter- 
orden verzeichnet,  nicht  aber  das  Marianerkreuz  des  Deutschen 
Ordens.  Die  Kriegsmedaille  ist  im  Heere  1420  mal  vertreten,  in  der 
Landwehr  tragen  sie  140  Offiziere,  in  beiden  bis  zum  Hauptmann 
bezw.  Rittmeister  abwärts.    (Vedette.  Nr.  200.)  14. 

In  der  altpreufsischen  Armee  unterlassen  die  „Bestallungen"  der 
Offiziere  einer  ziemlich  hohen  Stempeltaxe,  von  :i4  Thalern.  die  der 
Generalfeldmarschall  zahlte,  bis  :]  Thaler  der  Kapitän  ohne  Kompagnie 
(Stabskapitän),  während  der  Kapitän  mit  Kompagnie  6  Thaler  zahlte. 
Die  Leutnants  hatten  keinen  Stempel  zu  zahlen.  —  Bei  Beförderungen, 
femer  bei  Verabschiedung  mit  Gnadengehalt,  zahlten  aufserdem  alle 
Oftiziere  vom  Feldmarschall  bis  zum  Major,  ein  Monatsgehalt  an  die 
Chargenkasse.  —  PerrUcken  zu  tragen  war  ..nur  im  Notfall" 
erlaubt.    Das  „Reglement  für  die  KönigL  Preafsiscbe  leichte  In- 


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344  ümehaii  ud  iniBlirtMliDiMliflB  Qcibict. 

fanterie^'  (1788)  bestimmte:  PernckeD,  welche  der  Unteroffizier, 
Hornist,  Tambonr  oder  Geoieine  zu  tragen  genötigt  ist,  moIiB  der 
Kapitain  geben  md  solehes  gebOrt  m  den  Konpagnie-Unkosten." 

Sehbg. 


XXXI. 

Dmscliau  auf  militärteclmischem  Gebiet. 

Von 

Josepk  Sehott,  Major  a.  D. 


L  Deutschland. 

In  letzter  Umschau  haben  wir  Aaszüge  aas  dem  II.  Teil  des 
„Leitfaden  ftlr  den  Unterricht  in  der  Artillerie  an  Bord  des  Artillerie- 
schalschifTes"  (Berlin,  \  erlag  der  k.  Hofbachhandlung  von 
E.  S.  Mittler  k  Sohn)  gegeben.  Der  II.  Teil  ist  betitelt:  Pulver 
und  Munition  and  von  Kapitänleutiiant  Aders  abgefaDst,  es  war 
noch  ein  Teil  des  Auszugs  im  Rückstände. 

Die  in  der  Marine  angewandten  FriktionszUndungen  sind: 
1.  FriktionszUndschrauben  für  Rohre  mit  Keilverschlufs  and  axialer 
Zündung,  2.  Schlaorfihren  fbr  Oberzündung  und  fllr  KeilzUndung. 

An  vSchlagzüuiUmgen  hat  man  1.  Zündhütchen,  2.  Zündpatronen, 
3.  Zündschrauben  fUr  die  Patronen  der  Schnelladekanonen.  Eine 
Zündschraube  besteht  aas  ZUndschraubeahUlse,  Zündhütchen,  Pulver- 
ladang,  Satzpille  und  deren  Abscbluls. 

Elektrische  Zündung  ist  in  verschiedeneu  Marinen,  wie  En^^land, 
Frankreich,  Nordamerika,  Osterreich,  teilweise  im  Gebrauch,  in 
Deutschland  im  Versuch.  Sie  besteht  entweder  in  der  Verwendung 
elektrischer  Zündschrauben,  welche  durch  Scblielsen  eines  Stroms 
enMlndet  werden,  oder  bei  Patronenmnnition  ond  Httlsenkartnscben 
darin»  dab  dnreb  Stromschlols  mit  Hilfe  eines  Elektromagneten  der 
gespannte  Seblagbolien  aaageUtot  wird.  Der  Strom  wird  entwoder 
der  Liebtieitnng  entnommen,  oder  mit  einer  besonderen  Zttnd- 
anaflehine  erzeugt.  Abeolnte  Siebeilidt  gegen  nnbeabsichtigte  Tor- 
seitige  Zttndnng  ond  MOgliebkeit  lofortiger  meebankcher  Abfeaemng 


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UbmIuhi  tof  iBÜitlMadiBiBdMai  Gablet. 


34» 


im  Falle  Versagens  wenden  gefordert  Es  tritt  bei  der  elektriscbeo 
ZünduDg  ÜMt  kein  Abfeneningsverzog  ein,  da  der  Scbtttze  die  ZUd- 
dang  last  momentaii,  ebne  KiattMifwand  bewirkt  Dm  Ergebnis  ist 
ein  genaues  Abkommen,  welehes  naiUDtlich  bei  bewegtem  Geschtttz- 
stand,  beim  ScbiebeD  in  Seegang,  znr  Geltonir  kommen  wird.  Fttr 
Geschütze,  welche  vom  Zielenden  bisher  nicht  selbst  abgefeuert 
wniden,  fällt  der  BefehlsTCrzng:  und  die  Möglichkeit  ▼on  MiiBventtnd- 
niesen  seitens  des  Abfenerndeo  fort.  Mit  dt  r  EioflUining  verbesserter 
Visiereinrichtongen  and  vervollkommneter  Entfemnngsmesser  gewinnt 
die  elektrisebe  Zllndnng  an  Bedentong. 

Die  Patronenmnnition,  wie  sie  bei  etnem  Teil  der  Schnellade- 
kanonen  angewandt  wird,  ergiebt  ein  aufserordentlich  Tereinfachtes 
Laden  nnd  viel  grOfsere  Ladegeschwindigkeit  der  Gescbtltze.  Die 
Patronenhülse  übernimmt  die  Liderung,  die  Zündschraube  braucht 
nicht  t"ür  jeden  Schnfs  eingeschraubt  zu  werden.  Ein  Ansetzen  des 
Geschosses  findet  nicht  statt.  Ein  Nachteil  Hetrt  in  d(T  rrcwichts- 
vernu  hruii^'.  sowie  in  der  Länpre.  wodurch  die  I^atronenmunition  t"Ür 
gröfsere  Kaliber  unhandlic  h  wird  Man  geht  daher  in  der  Verwendung 
der  Patronenmonition  nicht  über  das  15  cm  Kaliber  hinaus.  .\uch 
für  dieses  ist  neuerdings  wieder  getrennte  Munition  beschafft.  Das 
Nichtansetzen  der  Geschosse  bat  leicht  Ansbrennnngen  im  Gefolge, 
da  ein  \'orbeischlagen  von  PnlTergasen  an  den  Ftthrongsringen  hier- 
durch begünstigt  wird. 

in  der  Marineartillerie  sind  Patronen  vorhanden  für: 
5    cm  2Scbnellade-Kanoneu  L/40, 
8,8  „  »  »  L/30, 

10,5  „  „  „  L/35, 

15     .,  „  L/35. 

Man  unterscheidet:  sfharfe  Granatpatronen  und  Übungspatronen. 

Die  erstgenannten  bestehen  aus  der  Granate,  der  Patronenhülse 
mit  der  Zündschraube,  der  Kartusche  nebst  Prefsspanboden,  dem 
GranatzUnder,  der  Verschlnfsschranbe.  Die  Patronenhülsen  werden 
aus  Messingscheiben  durch  Ziehen  hergestellt  und  bestehen  aus  Mantel 
und  Boden.  In  der  Mitte  des  Bodens  befindet  sich  das  ZUad- 
Bchrauhenlager.  Die  Kartuschen  füllen  die  Patronenhülsen  nicht 
ganz  aus  und  sind  durch  den  Preisspanboden  nach  dem  Geschois 
zu  abgeschlossen. 

Die  i  buiii.'>patronen  haben  eine  geringer  bemessene  Pulver- 
ladung  der  .Schonung  der  Geschütze  halber. 

Hinsichtlich  der  Munition  der  15,  21  und  24  om  Sebnettade- 
kanonen  L/40  entnehmen  wir  folgendes :  die  15  cm  Sehnelladekanone 
L/40  bat  die  15  cm  Granate  L/3,2  mit  Bodenzllndnng,  eine  Spreng- 


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:S46  UmBehAtt  auf  mOttibtediiiisdiem  Gebiet 

granate  (geheim  1,  die  15  cm  Uülsen-Kartasche  mit  Gefechts-  und 
mit  ÜbaogtladiUlg.  Die  Granate  besteht  aus  dem  Geschofskeni  mit 
2  FUbrungsringen,  der  Bodenschraube,  der  Sprengladung,  dem  ZUnd- 
schlag  C/98  und  dem  BodenzUnder  bezw.  der  V'erschlufsschraube. 
Die  Sprengladung  besteht  aus  1,1  kg  grrob körnigem  Spreogladepulver 
in  Ladebeuteln  aas  Flanell.  Die  HUlsenkartusche  mit  GefechtB' 
ladnng  ist  zusammengesetzt  aus  der  Kartuscbhtllse,  der  Palverladimgy 
dem  Kartuschhtllpendeckel  und  der  Zilndschraube  C/95. 

Die  21  cm  Schnelladekanone  L/4()  hat  die  21  cm  Granate 
L/3,1  mit  BodenzUnder  und  ZUndschlag  0/98,  die  21  cm  Stahl- 
grranate  mit  F'tillnng  von  Sand  und  Säcrespäuen  und  die  21  cm  FlUlsen- 
kartusche.  Die  Stahl^ranate  ist  aus  freschmiedetem  Stahl  herg^estellt. 
Die  24  cm  Schuelladekanone  L' 40  hat  die  24  cm  (Tranatc  1^/2,8 
mit  BodenzUndung:,  das  24  cm  Stahl voH^rpsphofs  (aus  ^'e^chmiedetem 
Stahl)  L/2,4  und  die  24  cm  HUlsenkartusche.  Auf  der  Spitze  des 
Stabivoll<rescbossps  ist  eine  konische  Kappe  bet'estigt|  welche  das 
Durch  sc  hiajren  des  Panzers  begrUnstigt 

\  on  den  besonderen  Krieg-sfeuern  und  deren  Zündungen  sind  für 
die  Marine  t»csonders  die  Signalfeuer  von  Bedeutung:.  Zu  ihnen 
gehören :  Achseustabsignalraketen,  Fackelfeuer,  Sterusignalpatroneü 
Kettungsbogeuliehte  C/88  und  Kanonenschläge. 

Im  folgenden  stellen  wir  noch  die  Gewichte  der  gefüllten  Stahi- 
grauaten  und  ihrer  Füllungen  zusammen. 


Gewicht 

Ltd. 

Beaennang  der 

der  gefüllten 

der 

No. 

Geschosse 

Stablgrauate 

Füllung 

k« 

1. 

15  em  L/3,5 

50,910 

0,70 

2. 

21  em  L/2,5 

96,515 

1,20 

3. 

21  cra  L/3,5 

140.020 

2,00 

4. 

24  cm  L/2.5 

139,521 

2,70 

ö. 

24  cm  L/3,o 

215,325 

3,00 

6. 

26  em  L/2,5 

187,673 

3,20 

7. 

28  em  L/2t5 

234,850 

8,00 

8. 

28  cm  L/2,6 

240,040 

3,30 

9. 

28  cm  L/3,5 

348.944 

4.00 

10. 

30,5  cm  L/2,8 

327,536 

4,00 

11. 

30^  cm  L/3|5 

455,060 

4^ 

347 


In  der  Felddieosl-Ordnnnp  1900  ist  auf  die  schweren 
Batttfien  des  Feldheeres,  welche  von  der  Fulsartillerie  besetzt  werden, 
ein  erhöhter  Wert  gelegt  Das  Material  besteht  aas  Geschützen  des 
Steilbogenfeoer« :  der  15  cm  Haabtee  and  dem  21  cm  Mörser  mit 
Stahlseele,  wie  des  Flachbahnschnssea :  der  sekwereo  12  cm  Kanone 
mit  Stakiseele.  Die  15  cm  Haubitze  hat  Sprenggiaiiaten  mit  dicker 
Wandnng  und  kleiner  Ftiilong:  and  Langgranatra  mit  dfinner  Wan> 
dang  nnd  grolser  Füilang.  Die  ersteren  haben  den  Doppelzttnder. 
die  letzteren  den  Aufschlagzünder  mit  Verzögerung:.  Das  Gewicht 
beider  Gescholsarten  ist  40  kg.  Die  Hauhitze  wird  ohne  Bettung 
verwendet  and  bedient  sich  zur  Kiicklanfheinmnng  der  Fabrbremse. 
Das  Gesamtgrewieht  ist  i*G.">0  k^.  Die  Sprenggraiiate  wird  geiren 
lebende  g^edeekte  Ziele  mit  Brenn-,  gegen  widerstan(i> fähige  Ziele 
mit  Aufschlagzünder  gebraucht.  Die  LanirL'rrinate  ist  den  stärkjsten 
l'el(lriiäf>i_'en  Deckungen  irfwaehsen.  Die  Haubitze  vormair  durch 
ihre  ßt  we.-liehkeit  und  die  grofse  Splitterwirkung  der  Sprenggranate 
gegen  lebende  Ziele  in  deo  Kampf  gegen  Feldartülerie  and  Infanterie 
anzugreifen. 

Der  21  cm  Mörser  hat  eine  Sprenggranate  von  78.83  kg  und 
eine  Lauggranate  von  144  kg  Gewicht,  beide  mit  Aufschlagzündern. 
Seine  Haupt-Aufgahe  ist  cegen  Eindeckungen  permanenter  Werke, 
insbesondere  von  ^pt  rrtV»rts  zu  wirken.  Zur  Herantührung  bedarf 
es  guter  Strafsen,  für  die  Feuertliätigkeit  vorbereiteter  Stellungen. 

Die  schwere  12  cm  Kanone  hat  Granaten  von  l."),G4  kg  mit 
Aufschlag-  und  Schrapnels  von  19  kg  mit  DoppelzUnder.  Sie  dient 
besunders  den  Zwecken  der  Verteidigung  unter  Ansnutzaug  des 
Schrapnelschusses. 

Der  Versuche  mit  Maschinengewehren  bei  einzelnen  Jagcr- 
bataillonen  (u.  a.  bei  den  vorjährigen  Kaisermanövern)  ist  trüberhin 
gedacht.    Es  hat  den  Anschein,  dals  die  Frage  ihrer  Lösung  näher 
rückt    Bereits  finden  Informationsknrse  für  Oberjäger  einer  Anzahl 
von   Batailloneu   im  Gehraueh   des  Maschinengewehres   in  Spandau 
statt.    Die  Ma-chiucngewebre  werden  voraussichtlich  bataillousweiaa 
in  Batterien  /.usammengestellt  und  mit  feldmäfsiger  Bespannnng 
versehen. 

Über  die  Darstellung  gefeclitsmftfsiger  Ziele  fllr  die  Infanten© 
ist  im  Verlag  der  Königl.  Hofbaebliandlang  von  E.  S.  Mittler  &  Soho 
eine  Anleitaug  erschienen.  Abgesehen  von  den  ^eneluedenen  Arien 
▼on  SdieibeD»  werden  nntenehieden :  Erseheinende  nnd  fereehwin- 
dfinde  ZIde,  bewegbare  ^ele,  feststehende  ZaxAe,  endUeh  Ztelfeaer 
filr  Infanterie-  und  ftlr  Artillerieziele. 


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348 


ünMluui  «nf  milttiirteoluiiMbem  Gebiet 


2.  Oesterreich-Ungram. 

Die  „Mitteiluneren  Uber  Gegenstände  des  Artillerie-  und  Genie- 
Wesens"  I.  Heft  1900  geben  eine  Übersicht  der  Versuche  auf  dem 
Gebiete  des  Artillerie-  imd  Waffenwesens,  wie  sie  vom  k.  n.  k.  tech- 
nischen Militär- Komitee  in  den  Jahren  1898  nnd  1899  durchgeführt 
worden  sind.  Selbstredend  sind  die  der  Geheim haltnng:  unterliegenden 
Versuche  ausgeschlossen.  Aas  der  ßearbeitang  seitens  des  Haapt- 
manns  K.  Eisner  entnehmen  wir  folgendes : 

Auf  dem  Gebiete  der  Handfeuerwaffen  wurde  der  Karabiner 
M/95  nach  durchgeführter  Truppen-Erprobung  eingeführt.  Es  ist 
aus  (lern  Kepetier- Stutzen  M/95  durch  Ausstattung  mit  einer  der 
Kavallerie-Truppe  entsprechenden  Tragevorrichtung  hervorgegangen. 

Die  verbesserte  Kepetier-Pistole  System  G.  Uoth  und  der 
8  mm  Revolver  System  Gasser  sind  der  Truppen-Erprobung 
unterworfen  gewesen.  Der  8  mm  Revolver  wurde  dabei  als  eine 
vollkommen  brauchbare  Waffe  anerkannt  und  gelangt  nach  einigen 
geringfügigen  Änderungen  als  Revolver  M/98  bei  den  Fufstruppen 
zur  Einführung.  Die  Repetier-Pistole  System  G.  Roth  galt  noch  als 
zu  kompliziert,  um  ihre  Einführung  beantragen  zu  können. 

Die  N'ersuc'he  auf  dem  (rebiete  der  P^estungs-  und  Küsten- 
geschütze umfafsten  zunächst  die  Erprobung  der  8  cm  Feld- 
kanone M/75  mit  hydraulischer  KUcklaufbremse.  Dieses  vor 
längerer  Zeit  aas  der  FeldartilJerie  ausgeschiedene  Geschütz  sollte 
für  beschränkte  Aufstellnngsräume  eingerichtet  und  ihm  zugleich 
eine  erhöhte  Feuergeschwindigkeit  verliehen  werden.  Das  Mittel 
sollte  die  genannte  Bremse  sein.  Wegen  des  geringen  Rttcklaaf- 
wegB  igt  ^  xeUtiy  groto  Bfemswiderstand  erforderlich,  daher  ein 
nicht  iineriiebliohes  Springen  des  ganzen  Systems  beim  Sehnsse  die 
Folge.  Eine  Abhilfe  wurde  dnreb  EineebaltDng  ebnest  FedeielUile 
swiflehea  Ptrotboek  imd  Laflfetenaehse  erlangt. 

Bei  der  15  em  Batteriehftobitze  worden  die  im  Vorfabre 
begonnenen  Versnehe  snr  EihOhnng  der  Seholspräzinon  fbrtgeeetit 
Eine  solehe  ErbOhong  liebe  sieh  unter  Beibehalt  des  normierten 
Ladongsranmes  dnreb  Heranziebong  emer  weniger  brisanten  Polver- 
Sorte  erreieben,  welche  bei  voller  Ausnutzung  der  zollssigen  Inan* 
spraobnahme  des  Bobrmaterials  die  Vermebrung  der  Anfangs- 
gescbwbdigkeit  gestattet  Es  war  dabei  nOtig,  aueb  die  Lafiete  zu 
Terstirken.  Es  worden  dann  auch  noeh  Versuche  mit  konstantem 
und  mit  pffogressivem  Drall  vorgenommen.  Der  erstere  zeigte  sieb 
im  allgemeinen  der  Präzision  günstiger,  jedoob  nicht  in  solchem 
Mabe,  dals  es  angezeigt  erschienen  wire,  eine  Anderang  in  Kon- 
struktion der  Bohrung  des  Greschlltzrobres  Torzunehmen.  —  Em 


L/'iyiki._cCi  Ly 


ünsehta  auf  nilttliteeliiitMheiii  €M»i0t 


840 


anderer  Versuch  erstreckte  sich  auf  die  Besehränkung:  des  Rück- 
laufs in  der  niederen  Batterielaffete  (dient  zur  \  erwendung  als 
mobiles  Geschütz).  Die  günstigsten  Ergebnisse  lieferte  die  \er- 
biudung  einer  Seilbrerase  mit  KUcklaufkeilen.  Hierdurch  wurde  es 
möglich,  das  Geschütz  bei  einem  verhältnismälsig  kleinen  Rücklauf 
selbstthätig:  in  die  urspründliche  Feuerstellung  zurückzubringen,  wo- 
durch die  Arbeit  der  Bedienungsmannschaft  sehr  erleichtert  und  die 
Feuergeschwindigkeit  des  Geschützes  wesentlich  erhöht  werden  kann. 

Zum  Zwecke  der  Verwendung  in  Küstenbefestigungen  wurde 
ein  15  cm  Batteriehaubitzro hr  in  einer  Mittelpivot-Schlitten- 
laffete  Erprobungen  unterzogen.  Betreffs  der  ballistischen 
Leistungsfähigkeit  erwies  sich  das  aptierte  Geschütz  der  Batterie- 
bezw.  Panzerhaobitze  vollständig  ^'U*ichwertig,  hinsichtlich  der  Aus- 
dauer hat  es  den  gestellten  Anforderungen  vollauf  entsprochen. 

Die  Erprobung  des  21  cm  Küsten mörsers  M/80  wurde  fort- 
gesetzt und  ergaben  sich  dabei  auch  die  Eiuzelbeitea  der  Koostruktiou 
als  zweckmäfsig. 

Über  die  Erprobung  eines  24  cm  Mörsers,  welche  zum  Be- 
lagerungsmörser M/08  führte,  ist  sehr  ausllihrlich  berichtet.  Ein- 
gehende Studien    und   \  orversuche   zur  Schaffung  eines  Brisanz- 
geschosses mit  bedeutender  Sprengwirkung  bei  gleichzeitig  zufrieden- 
stellender Scbufspräzision  des  betreffenden  Geschützes  auf  allen  Ent- 
fernungen, welche  den  Bomben  L/5  des  21  cm  Mörsers  mangelte, 
führte  zur  Erprobung  mehrerer  Typen  von  Mörsern  im  Kaliber  des 
24  cm.    Hieraus   ist  das  oben  genannte  Geschütz  hervorgeganfren. 
Das  S  Kaliber  lange  stählerne  Mörst-rrühr  ist  zur  Lagerung  in  einer 
Wiege  und  zur  Aufnahme  eines  Schrauben  v  erschlusses  eingerichtet. 
Eigentümlich  ist  die  Anwendung  einer  an  der  Verschlufsschraube 
leicht  abnehmbar  angebrachten  Liderungshülse,  welche  die  PolTer- 
ladung  aufnimmt,  sowie  die  Sperre  und  die  SicherheitsvorrichtQDg. 
Als  AbfenerungsYorrichtuDg  ist  ein  dnfacber  Schlsgboken  mit  Spaan- 
und  Gegenfeder  Terwendet  IHe  Laffete  ist  nach  dem  Ptinzip  der 
Yorderpivot-Wiegenlaffeten  koutrolert  Die  Wie|;e  bildet  zugleich 
die  Obeiiaffete,  welche  mit  ihren  Sehildzaplien  in  Pfannen  der  Unter- 
iaffete  lagert  Hydranliaehe  Btteklanfbremae  nnd  VorholTenriehtongen 
dnd  an  der  Wiege  angehraeht.  Das  Bohr  hal  einen  Rtteklanfweg 
Ton  81  em.  Ifit  ffilfe  eines  Protsbalkens,  der  an  der  Wiege  an- 
gebracht  wird,  nnd  dner  Protse  können  Bebt  nnd  Wiege  n  einem 
vienldxigen  Fuhrwerk  omgestaltet  werden;  ebenso  können  Bettung 
nnd  Unterlaflbte  als  Fuhrwerk  fortgesohaffi  werden.  Die  Geschosse 
haben  8  Kaliber  LSnge.    Dnreb  Kombination  von  TeiHadnngs- 
Patronen  kOimen  die  Sehnbwelten  von  1400  bin  7000  m  bebtiisifci 


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850 


Umtehan  auf  milttSrtMhniMlieni  G«biei 


werden.  Die  Elevatioiien  liegen  zwischen  40  und  68  Grad.  —  Bs 
waren  mancherlei  Übelstände  zu  beseitigen,  in  der  letzten  Aasftthrong 
konnte  die  Koastruktion  als  vollkommen  kriegsbraocbbar  bezeichnet 
werden.  Die  Armierung  geschieht  entweder  mittelst  Feldbahn  oder 
mittelst  Strafsentransport. 

Im  weiteren  finden  wir  die  Versuche  mit  Schnellfeuer- 
kanonen  and  zwar  zunächst  die  Erprobung  der  57  mm  Schnell- 
feuerkanone  in  der  fahr  baren  Panzerlaffete  ((3  cm  Fabrpanzer- 
Kanone  M/98).  Es  haudelte  sich  hier  am  Schaffung  einer  Kartätsche 
mit  zufriedenstellender  Wirkung,  die  Verbesserung  der  Schrapnel- 
Ronstruktion,  die  Erhöhung  der  Feuergeschwindigkeit  des  Geschützes 
und  um  die  Schaffung  von  Innen-Einrichtungen  des  Panzergehäuses 
zur  Unterbringung  einer  genügenden  Mnnitionsmenge.  Die  Feuer- 
geschwindigkeit mit  zu  tempierenden  Schrapnels  im  gezielten  Feuer 
wurde  von  4  auf  6  bis  7  Schufs  in  der  Minute  erhöht;  mit  lade- 
fertiger Munition  konnten  im  gezielten  Feuer  11,  im  angezielten  18 
Schüsse  in  einer  Minute  abgegeben  werden. 

Die  der  Erprobung  unterworfene  57  mm  Schnellfeuerkanone  in 
Schartenblendiatlete  soll  als  0  cm  Casematt-K anone  M/99  ein- 
geführt werden.  Es  handelt  sich  um  Verteidigung  der  Gräben  von 
Befestigungen,  wobei  die  Schartenöffnung  gegen  eindringende  schäd- 
liche Gase  gewahrt  werden  soll.  Als  ambulantes  Geschütz  in  der 
Kttstenverteidigung  soll  die  7  cm  L/42  Schnellfeuerkanone  in 
fahrbarer  Walllaffete  dienen.  Aus  den  Erprobungen  von  Schnell- 
feaerkanonen  sind  noch  bemrgegangen  die  8  cm  Minimal- 
Bcharftenkanone  M/98  und  die  12  cm  desgleichen  M/96,  bei  beiden 
banden  es  sieh  vm  Festeftelliing  der  Latfeten. 

Eine  weitere  Abteilung  bilden  Gescbofs-  nnd  Zttnder- 
▼ersnobe.  Spedell  bandelt  es  sieh  nm  StablhttlBeo^SofataiHiels, 
4  Kaliber  lange  Hinengranaten,  Etagensflnder,  sowie  nm  Boden-  nn 
Mitteblinder. 

Die  Pnlyerrersnehe  nnififirten  nnr  ranehsebwaehe  Gesobtttspnlver- 
sorten  nnd  zwar  ftr  12  nnd  15  om  Belagenmgs-Kanonenrobre  M/80, 
16  cm  Ktlstenkanonen  L/85  nnd  L/40»  Es  kamen  Tersehiedene 
Formen:  Plilleben-,  Sebeibehen-,  Rübrenform,  Bandfbrm  vor.  Aneb 
wurden  ranebfreie  GeBobtttEpnlTersorten  mit  niedrigerem  Nitroglycerin- 
gebalt  in  der  7  em  L/42  Kanone  erprobt 

Von  sonstigen  Versnoben  ist  noeh  sn  erwttbnen :  Laffetenilder, 
Sebildzapfenbremsen,  bydranlisebe  Bremsen. 

8*  Frankreiob. 
Von  einer  Abindernng  des  Lebel-Oewebrs  war  in  der 


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Umaehaa  auf  militärteohotöchem  Gebiet 


861 


Unsebaa  yom  Desember  1899  die  iEtede.  Die  „Ffanoe  niltteiie''  vom 
22.  Febraar  J.  kommt  hierauf  zaittok.  Sie  ben^  aeh  anf  eine 
Infeenmg  des  gegenwirtigeiiKriegsmiiiiilefS  in  der  Depntierlnknnuner 
▼em  21.  Feinnnr  iber  eine  eriieblielie  VenrolUuMnmnuig,  die  am  In- 
ifUiteiie-Gewehr  TerwiikHebtiBi  EäneTom  Kabinett  deeMinirten  erbetene 
niheie  Auskunft  besdiiäai^«ieh  daraof,  dafr  es  sieh  am  die  Ladeweise 
liandele.  Der  Beiielilenfeitler  saebt  aber  die  Verbeasening  anf  einem 
noeh  anderweiten  Gebiet  and  irt  der  Ansieht^  es  werde  sieb  s. 
eine  erhebiiebe  VergrObernng  der  Tragweite  lieransaleUeiL  Die 
aenliehe  Angabe  der  Beyne  beige,  es  sei  das  Gewehr  1886.  98,  ist 
insofern  nieht  zntraffiBBd,  als  dieses  lediglieh  eine  wenig  erhebliehe 
Aptienang  am  VeneUois  seigt. 

In  dem  Beliebt  an  die  italienisehe  Kammer  beillglieh  der  Um- 
wandlung des  ArtHlerie-Haterials  sind  einige  Angaben  Uber  das 
Material  anderer  Groteiehte  gemaefat,  damnter  aneh  Fhmkreieh. 
Erwähnt  wird  die  bydropneomatisebe  Bremse,  der  Speni  unter  dem 
Laffetensebwans,  sowie  die  Hemmung  der  JGUlder  dnreh  Gleitsehnhe 
and  die  Anwendung  von  Stahlsehilden.  Beim  SehneUfeoer  rer- 
Ueiben  swd  Kanoniere  anf  den  LafieteneitKn.  In  gewdhnüehem 
Feuer  werden  ftnf  Sebnlb  in  der  Xinnte  abgegeben.  Doreb  Ver- 
langeamnng  in  der  Ferfigstellung  der  Laffeten  und  Änderungen  am 
Selmpnel  ist  die  Ausgabe  des  Materials  versOgert  worden;  sie  hatte 
im  sweiten  Halbjahr  1898  begonnen. 

Für  die  reitenden  Batterien  soll  die  Feldkanone  M/97  sn  schwer 
sein;  man  beabsiditigt,  ihnen  «m  neues  Idehteres  ModeU  suyerleihen. 
Bis  jetzt  filhren  rie  noeh  das  ältere  GreaehtItE. 

Ober  die  Verriehtangen  am  Feldgesehllti  wird  neuerdings  an- 
gegeben, dab  der  Kanonier  links  vom  Bohr  das  Biehten,  der  rechts 
die  Bedienung  des  Verseblasses  und  das  Abfeuern  besorgt  Bisher 
nahm  man  hioiig  das  Umgekehrte  an. 

Aueh  Frankreich  hat  sieh  Versuehen  mit  einem  Maschinen- 
gewehr ftir  die  Feldarmee  zugewandt  Die  Versoche  beziehen  sich 
auf  eine  Konstruktion  Ton  Hotcbkiss.  Hier  ist  nicht  der  Kttckstofs 
des  Laufes,  wie  bei  Maxim,  sondern  ausströmendes  Fnl vergas  benutrt, 
am  den  selbstthitigeD  Gang  des  Mechanismus  zu  bewirken.  Es  lassen 
sich  500  bis  600  Sebuls  in  der  Minute  erreichen.  Das  Gewicht  der 
Wafie  bt  24  kg,  der  ganzen  Vorrichtung  mit  DieUnls  72  kg.  £8 
wird  die  Patrone  des  Infanteriegewehres  benutzt. 

Die  „Revue  d'artiUerie'*  Oktober  1899  enthält  Angaben  ttber 
Sebndifeuer-KOstenkanonen  System  Sehneider-Canet 

4.  OroClBbittumieiL 
Über  die  5s«llige  (12,7  cm)  englisehe  Feldhanbitse 


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852 


Umschau  auf  oiilitärtechüischem  Gebiet 


llaike  I  sind  in  der  Umsehaii  Jnni  1889  die  notwendigsten  llit- 
teünngen  gemaehi  Mit  Rtteksieht  anf  das  Interesse,  welehe  das  in 
Sttd-Afrika  bei  8  Batterien  Tertietene  Gesehttti  lieanspnielien  kann, 
ftgen  wir  anf  Grund  dner  Daistelinng  im  IQ.  Heft  der  Mit* 
teOnngen  ete.  weitere  Angaben  sn. 

Das  Bobr  ohne  Sebildsi^fen  ist  nadi  der  MaoteL-KonstnÜLtion 
ans  StaU  eiBengt  Das  Kemrohr  selber  bestellt  wieder  ans  2  mit 
Pression  Ober  einander  gesogenen  BObren,  deren  änfteres  das  Ver- 
sehlnislager  entidttt  Cber  das  bintere  Mantelende  ist  der  Scblnls* 
ring  gesebranbt  Am  Mantei  sind  seitlieb  zwei  Leisten,  welcbe  die 
Oradfilbmng  des  Bob»  in  der  JaolLO  bewirken.  Die  Bohrbolirang 
entbält  20  Zttge  mit  konstantem  DralL 

Die  Verseblofssobnuibe,  welebe  8  glatte  nnd  3  Gewinde-Sektoren 
enfliSlt,  ist  cor  Aninabme  des  den  Ztlndkanal  enthaltenden  Lidemngs- 
stempels  ansgebobli  DieVeisoblnlstfallr  ist  dnrebGhamierbolsen  mit  dem 
Soblnlsring  Terbnnden.  Die  Liderung  wird  in  der  Art  bewirkt,  dals 
zwisehen  dem  pilzförmigen  Stempelkopf  und  der  Torderen  ElAehe  der 
Sobranbe  ein  Polster  eingesdialtet  ist,  das  b  Zinnsobalen  dn- 
geseblossen  ein  mit  starkem  Segdtucb  umgebenes  Gemenge  von 
Asbest  und  Hammeltalg  enthMlt  Zwisehen  Polster  und  Stempelkopf 
einerseits,  nnd  Polster  nnd  Sebraubenfläebe  andererseits  sind  Söhnte- 
sebeiben  aus  Stahl  eingeschaltet 

Der  Verseblols  ist  gegen  selbstthätigee  Öffiien  ebenso  gesehtttet, 
wie  gegen  vorzeitige  Abgabe  des  Sobusses  bei  niobt  ganz 
geschlossenem  Verschlusse.  Das  Bohr  bat  ehie  rechts-  und  eine 
linksseitige  Visier-Vorrichtung. 

Die  Jacke  umschlierst  das  Kohr  nnd  verbindet  es  durch  ihre  in 
den  Schildpfannen  der  Laffete  gelagerten  Schildzapfen  mit  dar 
LatTete.  Sie  hat  die  Lager  fttr  die  beiden  hydraulischen  Bremsen 
nnd  fUr  die  Vorhol-Vorrichtnngen.  Der  Rohrrücklauf  beträgt  15  cm. 
Die  Laffete  ist  eine  starre  stählerne  Wandlalfete,  ohne  Seitenricht- 
maschine nnd  ohne  Sporn.  Als  Btlcklaufhemmnng  während  des 
Sobiefsens,  wie  als  Fahrbremse  dienen  Kadscbuhe.  Die  Räder  haben 
doppelte  Speichen  und  Metallnaben.  Die  Laffete  hat  eine  Zahn- 
bogen-Richtmasehine.  welche  Erhöhungen  von  5  Grad  bis 
4-  45  Grad  gestattet.  Die  KQoklaafbemm-  nnd  Brems-Vorricbtong 
besteht  aus  2  Radschuhen,  wovon  jeder  mit  2  Anfhängeketten  nnd 
1  Sperrkette  versehen  ist  An/ser  Gebrauch  hängen  die  Badschohe 
jui  Haken  der  Laffete. 

Die  Protze  nimmt  G  Schrapnels.  13  Granaten,  2  Kartätscheu 
auf.  Der  Protzkasten  öffnet  sich  nach  hinten,  er  hat  hier  2  Thür- 
flttgel,  von  weichen  einer  nach  oben,  einer  nach  nnten  aa%ekUippt 


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Cauduni  «■£  niUtiirteduiiaolieai  Gebiet. 


853 


werden  kann.  Der  untere  Teil  kann  in  bomootaler  Lage  als  Tisch- 
platte  erhalten  werden. 

Die  Granatt'n  sind  grewöbnliche  nnd  Lyddit-Granaten.  Die 
gewöhnliehe  Granate  ist  aus  Gufseisen  und  3  Kaliher  lau^.  Die 
SprensrladuDg  besteht  aas  1,175  kg  Pistolen-  and  0^09  kg  fein- 
körnigem Pulver. 

Die  Lyddit- (t ranate  stimmt  äufserlich  mit  der  gewöhnlichen 
überein,  ist  aber  aus  Sihmiedestahl  er/euLi  und  bat  dünnere  Wände, 
sowie  einen  grölseren  inneren  Raum.  Die  Sprengladung  beträgt 
2,22  kg  L  vddit  nebst  einer  Initial  Ladung  von  Pikrat-Pulver.  Beide 
Granaten  haben  den  Aufschlag-Zunder, 

Das  Schrapnel  hat  die  Bodenkammer  und  besteht  aus  geschmie- 
detem Stahl.  Die  Sprengladung.  0,113  kg  J^istoleu-Pulvt  r  ist  in  einer 
ZinnbUchse  eingeschlossen  und  in  die  Rndenkammtr  eingesetzt.  Die 
Füllung  besteht  aus  J^^  Kuiri  lo  von  _*"^.."»  g  und  s4  von  1>  g.  Die 
Zwischenräume  sind  mii  Harz  ausgegossen.  Der  Zünder  ist  der 
DoppelzUnder  mit  16  Sekunden  Brennzeit  —  Es  existiert  auch  noch 
eine  Kartätsche. 

Die  Ladung  aus  Cordit  kommt  in  vier  Grölsen  Tor:  0,323  kg, 
0,251  kg,  0,179  kg,  0,106  kg. 

Ans  den  nnmerischen  Angaben  eDtnehmen  wir  noch  folgendes. 
Das  Bolur  ist  93  Kaliber  lang  nnd  wiegt  488,52  kg.  Der  Drall- 
winlLel  ist  6*  24^  Die  Feaerliillie  des  Geselitttns  ist  1,09  m.  Dss 
fenernde  Gesdittts  wiegt  11^46  kg,  das  an^protcte  GesdilltE  ohne 
Mannsekallen  2298,83  kg.  Die  Protee  bat  21,  der  Mmdtkmswsgen 
46  Schnls.  Das  Gesehols  wiegt  22.65  kg.  Die  Mflndangsgesehwin- 
digkeit  bei  voller  Ladung  ist  238,5  m,  die  Mttodnngsatbeit  65,7  m, 
pro  kg  Bohrgewicbt  134,4  mkg. 

Das  GesebfltE  entspricbt  1>ei  einem  Gesamtgewieht  Ton  mnd 
2300.  kg  in  Bezog  anf  Beweglicbkeit  den  Anfoideniiigen  an  ein  Feld- 
gesebntz  in  keiner  Weise.  Die  Bewegung  aolseriialb  gebahnter 
Strafsen  mala  auf  erfaeblicbe  Sebwierigkeiten  stolsen.  Der  Bohrbaa 
ist  ziemlioh  komplizieit,  ohne  eine  erbebliehe  Verwertong  anfinwdsen; 
in  der  Hinsieht  bleibt  die  englisebe  Hanbttse  hinter  der  franzOsiseben 
120  mm  kusen  Kanone  (153,2  mkg)  ond  besonders  hinter  der 
12  em  Feldhanbitze  von  Sehndder  (202  mkg)  znriick.  Trotz  des 
hohen  Gewiehts  des  feuernden  GeseblltaKS  steht  die  Verwertung 
desselben  mit  56,2  mkg  hinter  der  fransQsiseben  120  mm  kurzen 
Kanone  mit  57,2  ndtg  (obgideb  diese  nahezu  300  kg  mehr  wiegt) 
und  wiederum  bedeutend  hinter  der  Sehneidersehen  Haubitze  mit 
65  mkg  sorflek. 

Die  Verwertung  des  Setarapneis  mit  39,6  Froaent  ist  eine  rer- 


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864 


Umtohau  auf  iniUtärteobnischeni  Gebiet 


bftitnismälsig  hohe.  Die  Kegrelwinkel  sind  im  allgremeinen  ziemlich 
klein.  Die  Brennzoit  der  Zeitzünder  ist  für  ein  Feldwurfgeschütz 
kaum  ausreichend,  die  Tragweite  des  Schrapaels  mit  3100  m 
Lu  klein. 

5.  Italien. 

Nach  dem  der  Kammer  seitens  ihres  Beiichteratatters  vor- 
gelegten  Bericht  werden  zum  Elrsatz  der  leichtea  Feld-  nnd  der 
Grebirgsgeschtttze  des  permanenten  Heeres  und  der  Mobilmilis  90 
Feld-  nnd  32  Gebirgsbatterien  binnen  2  Jabien  neo  liesoiiaflL  £• 
bandelt  sieh  nm  ^  SduttUfenergesehttti  Tom  Kaliber  7^4  em,  mit 
dem  die  Vennobe  naheBa  beendet  sind.  Der  Enali  des  eeliwerai 
FeldgesehlltMB  wird  erst  sirilter  erfolgen.  Im  gamen  soUeo  25 
Balterieii  Ton  FädhaobitMO  neu  beschalEI  werden,  aber  anf  Kanonen- 
batterien in  Anreebnnng  Icommen. 

6.  Raisland. 

Wie  in  dentsehen  Blättern  verlautet,  soll  man  die  Absicht  haben, 
gegen  tausend  Geschütze  nach  der  (früher  erwähnten)  Konstruktion 
des  General  Engelhardt  in  heimischen  Fabriken  zq  besoluiffen. 
Die  BewafiPhung  damit  soll  noch  keine  endgültige  sein,  man  will  sie 
unter  die  einzelnen  Truppenteile  im  Europäischen  Rufsland  verteilen 
und  rechnet  darauf,  dafs  der  Gebrauch  die  etwaigen  Mängel  auf- 
deckt. Inzwischen  sollen  die  bisherigen  Versuche  mit  nichtrussischea 
Sc'hnellfeuergeschUtzen  fortgesetzt  werden.  Im  Falle  das  Geschütz 
von  Engelhardt  nicht  zur  allgeiniMnen  Annahme  gelangen  sollte, 
würde  man  die  jetzt  bestellten  Geschütze  in  Asien  verwenden,  so  dals 
die  jetzt  bevorstehenden  grol'sen  Aasgaben  nicht  umsonst  gemacht 
sind.  —  Das  Ganze  klingt  wenig  wahrscheinlich. 

Durch  Erlals  vom  5.  Au^rust  1S99  wurde  tUr  die  Feld-,  Gebirg-s- 
und  Mrtrserbatterien  ein  neuer  Quadrant  mit  der  Bezeichnung 
M/99  eingeführt,  welcher  eine  Verbesserunir  des  Quadranten  M/87 
darstellt.  Es  wird  damit  ein  leichteres  Stellen  und  eine  sichere 
Rektifikation  bezweckt.  Der  Quadrant  ist  in  Linien  geteilt  und  kann 
genau  auf  halbe  Linien  eingestellt  werden.  Der  Quadrant  für  den 
Feldmörser  unterscheidet  sich  von  jenem  ftlr  Feld-  und  Gehirgs- 
batterien  nur  durch  die  Dimensionen  und  die  Teilung,  welche  nach 

der  Zeiclmung  bei  jenem  für  Feld-  und  GebirgsgeschUtze  bis  140, 
bei  jenem  für  Fcldmürser  bis  200  Linien  reicht.  Die  Einteilung  in 
Linien  ist  in  Ubereinstimmung  mit  dem  Aufsatz.  (Mitteilungen  Ii.  1900 
nach  Kuss.  Artillerie  Journal  Nr.  II.) 

7.  Schweiz. 

in  den  ersten  Monaten  dieses  Jahres  sind  in  Thnn  die  Veisnebe 


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UnMohan  anf  iidlitirteeliiiiidiem  GeUet 


855 


mit  Modellen  von  SchnellfeDer-Feldkanonen  wieder  aafgenommen 
worden.  Srmeit  bekannt,  hat  es  sieh  anber  um  Fried.  Kropp  und 
Cookerill-Nordeafelt  am  eine  Konstraktion  von  Schneider  in  Grensot 
und  von  der  Rheinischen  Metallwarenfabrik  Düsseldorf  gehandelt, 
beide  mit  RohrrUcklanf.  Das  Creasot-GeschUtz  soll  eine  sehr  grolae 
Feaergwehwindigkeit  entwickelt  haben.  Nach  Zeitungsmeldongen 
soll  es  aber  sehr  empfindlich  sein  und  an  die  Aasbildong  der  Mann- 
schaften Anfordenmgen  stellen,  die  sich  bei  der  kunen  Dienstieh 
nioht  eifllllen  lassen,  ancb  befördert  es  die  Munitionsverschwendong. 
Vor  HeramdehnDg  zn  weiteren  Versuchen  ist  Abstand  genommen 
worden,  ebenso  hinsichtlich  des  Geschützes  der  Düsseldorfer  Fabrik; 
Näheres  Uber  das  letztere  and  sein  Verhalten  ist  nicht  bekannt 
geworden. 

Eine  Botschaft  des  Kundesratt»  an  die  Bundesversammlung  vom 
13.  März  1900  gedenkt  der  Versuche  von  1S99  mit  der  Batterie 
Krupp.  Der  Zweck  sei  nicht  blofs  gewesen,  den  Wert  dieses 
Materials  dar/uthun,  sondern  besonders  den  taktischen  Wert  des 
SchnellfeuergesehUtzes  im  Vergleich  mit  der  bisherijjen  Ausrüstung 
festzustellen.  Die  Krorebnisse  der  Versuche  hätten  zu  aasroichenden 
Schlüssen  keine  genügende  Unterlage  geboten.  Das  Material  selber 
sei  im  allgemeinen  gut  und  einige  abweichende  Beurteilungen  in 
der  Presse  wären  nicht  zutreffend.  Wenn  das  Ergebnis  der  Ver- 
suche nicht  in  Jeder  Hinsicht  befriedige,  so  läge  es  daran,  dafs  die 
übungskurse.  wobei  man  das  Material  angewandt  habe,  von  zu 
kurzer  Dauer  seien  und  es  nicht  möglich  gewesen  wäre,  Chargen 
und  Truppe  genügend  einzuüben,  um  einen  zutreffenden  Vergleich 
zwischen  altem  und  neuem  Material  anzustellen.  Aus  demselben 
Grunde  sei  es  nicht  möglich  gewesen,  den  Wert  der  Schnellfeuer- 
kanonen hinreichend  sicher  zu  prüfen,  um  seitens  der  Kommission 
die  Versuche  abscbiiefsen  und  uns  eine  endgültige  Entscheidung  vor- 
legen zu  können.  Infolgedessen  hat  die  Kommission  vorgeschlagen, 
die  Versuche  in  erster  Linie  mit  dem  schon  angewandten  Material 
fortzusetzen.  Mit  Zustimmung  des  Militär-Departements  hat  die 
Kommission  die  Zwischenzeit  benutzt,  um  sich  zu  vergewissern,  dals 
das  Material  Krapp  nicht  durch  Konstruktionen  neueren  Ursprungs 
überholt  sei  Die  Versuche  vom  letzten  Februar  ( 19001  mit  mehreren 
Geschützen  anderer  Systeme  haben  dies  bewiesen.  Im  Gegenteil,  die 
Kommission  hat  die  Überzeugung  bewahrt  dals  man  dem  einfachsten 
und  beweglichsten  Material  tlcn  \  orzug  schenken  mufs  und  keinen 
entscheidenden  taktischen  Wert  Geschützen  grolserer  Feuergeschwindig- 
keit, aber  komplizierteren  Systems  zuschreiben  darf. 

Bei  den  kurzen  Versnoben  von  1898  hat  es  der  Kommission. 

82» 


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356 


Umatihm  auf  iiiiBtirfeeeliiiia«hem  G«biet. 


gesehienen,  als  ob  dn  Geschttti  GookeiiU-Nordeiifelt  vielleiclit  Yoa 
gleichem  Wert  mit  Kiapp  eeL  Dieselbe  sohlSgt  daher  Tor,  za  den 
Versnehen  von  1900  anoh  eine  Batterie  von  GeBohtttKn  OoekeriU* 
Nordenfelt  herangnziehen. 

In  jedem  Falle  mnfe  man,  nm  Aneechlag  gebende  Versuche  m 
haben,  einen  besonderen  Versncbs-Knrs  Ton  Tierwöchentlicher  Daner 
einrichten,  mit  einem  viertägigen  Kars  ftlr  die  Chargen.  Es  ist 
notwendig,  die  Trappe  aus  Freiwilligen  zu  bilden.  Besonderer  Wert 
wird  auf  das  Modell  der  Munition  gelegt.  —  Die  Versuche  mit  Feld- 
hanbitzen  sollen  fortgesetzt  werden.  —  Die  Gesamtkosten  betrogeD 
360000  Fr.  Die  Kommission  beabsichtigt,  mit  den  Versuchen  aaeh 
eine  Entscheidung  Uber  die  Frage,  ob  Batterien  ron  4  oder  tob  6 
Geschützen  herbeizuführen. 

Unsere  in  letzter  Umschau  geäufserte  Ansicht,  dafs  man  auf  die 
(von  uns  firühereingehend  geschilderte)  Konstruktion  Cockerill-Nordenfelt 
besondeien  Wert  legt,  findet  hier  ihre  Bestätigung.  Andererseits 
kann  man  aber  sich  nicht  der  Erkeinittiis  verschlielsen,  dal's  bin- 
sichtlich  der  Wertschätzung  der  verschiedenen  Systeme  eine  gewisse 
Übereinstimmung  mit  den  Anschauungen  der  schwedischen  Kommission 
herrscht,  weshalb  man  auch  Uber  das  endliche  Ergebnis  nicht  in 
Zweifel  sein  kann. 

8.  Belgien. 

Dals  Budget  für  1900  enthält  eine  Forderung:  vou  SoOOOU  Fr. 
fUr  die  Bewaftuung  der  Feldartillerie.  Bereits  vor  zwei  Jahren  war 
ein  Wettbewerb  für  SchnelltViuT-Feldkanonen  ausgeschrieben.  Neuer- 
dings hatte  sich  eine  Spezial-Komiuission  in  Brasschaet  vereinigt,  um 
unter  dem  seit  zwei  Jahren,  dem  Studium  unterliegenden  Material  die 
Wahl  zu  treffen.  Man  hat  sich  für  das  Material  der  Gesellschaft  John 
Cockerill  entschieden,  das  die  Modelle  der  fremden  Firmen  <ps 
scheiui  u  noch  Schneider  in  Creusot  und  St.  Chamond  vertreten  ge- 
wesen zu  sein)  weit  übestroüen  hat.  Die  Werke  von  Seraing  sollen 
schleunigst  eine  Versuchsbatterie  von  b  Geschützen.  4  Munitious- 
wagen  liefeni.  diese  wird  dann  in  den  Händen  der  Truppe  weiterhin 
geprüft  werden,  um  Uber  alle  noch  nicht  hinreichend  aufgeklärten 
Punkte  Licht  zu.  verschaffen.  Man  ist  der  Ansicht,  dafs  der  Sporn, 
wenn  es  sich  um  Ziele  in  Bewegung  handelt,  grolsen  Aufenthalt 
verursachen  kann,  auch  für  sehr  harten  und  felsigen  Boden  un- 
geeignet ist.  Man  ist  daher  sehr  zufrieden,  dafs  bei  Cockerill 
auf  den  Sporn  verzichtet  ist.  Es  ist  dafür,  wie  bekannt  eine 
Schuls-  und  Fahrbremse.  Die  Geschofsgeschwindiirkeit  ist  520  ra, 
Gescholsgewicht  6,5  kg,  Totalgewicht  bei  40  Schuls  in  der  Protze 


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tmadiaB  auf  nilltirtediBiMlMB  Gebiet 


357 


182S  kg.  (Belg.  miL  25.  Män  1900  und  Berne  beige  Januar,  Fe- 
brnar  1900.) 

9«  FcntiigaL 

In  einer  Vorlage  ttber  die  Bewaffnnng  der  Infanterie  nnd  nber 
das  Artillerie-Material  wird  darauf  hingewiesen,  dab  das  gegen- 
wärtige Infanterie-Gewehr  M/86  System  Kropatsebek  ron  8  mm 
Kaliber  (Schaitmagaain)  nieht  mtht  anf  der  Höbe  der  Zeit  steht 
Man  will  es  daher  den  Formationen  sweiter  Linie  ttberweisen  nnd 
ftar  das  stehende  Heer  nnd  sdne  Reserve  70000  Gewehre  eines 
allen  Ansprttehen  genttgenden  Systems  beflchaffen.  Für  die  Kavallerie 
bleibt  es  bei  dem  1895  besehafilen  Mannlieher-Karabiner.  Das 
gegenwtirtige  Material  der  Feldartilierie  ist  1874—78  beschafft  nnd 
iwar  eine  8  em  Kanone  von  Kmp|i.  Für  die  aktive  Annee  werden 
jetzt  8  nene  Feldbatterien  verfangt  Die  gesamten  Ken- 
hesebalhingen  werden  16800000  Fr.  in  Anspmeh  nehmen.  —  Für 
die  wenigen  reitenden  Batterien  ist  eine  Schnellfenerkanone  von 
Kropp  angenommen  worden.  (Rev.  dn  eerele  milit  Nr.  8  von  1900.) 

10.  VermiBoliteg. 

a)  Methoden  zur  Herstellung  von  Hohlröhren. 

In  Ergänzung:  der  Mitteilungen  in  der  Umschan  vom  Dezember  1899 
unter  12.  entnehmen  wir  das  Nachfolgende  dem  U.  Heft  1900  der 
„Mitteil,  über  Geg.  d.  .\rt.-  und  Geuie-Wesens.** 

Es  handelt  sich  um  das  Ehrhardt  sehe  Irrels  verfahren,  wie 
es  in  dem  Düsseldorfer  Werk  der  „Rheinischen  Metallwaren  und 
Masebiiienfahrik'"  zur  Anwendung  komoit.  Anlänglich  wurde  das 
N  erfahren  nur  zur  Malseiitabrikation  von  Geschofskernen  benutzt, 
später  wurde  es  auch  für  aiuicre  Zwecke,  besonders  zur  Erzeugung 
von  Röhren,  herangezogen.  Nach  etwa  siebenjähriger  Thätigkeit  in 
diesem  Zweige  haben  heute  die  Betriebs-Eiurichtungen  der  Fabrik 
eine  solche  Aasdebnuog  gewonnen,  dals  täglich  3—4000  Geschosse 
der  yenehiedensten  Kaliber  hergestellt  werden  können.  Diese  An- 
gabe entstammt  einem  Bericht  des  Oberstlentnant  a.  D.  Callenberg, 
artüleristiBchen  Bdbrats  der  genannten  Fabilk.  Man  konnte  anch 
znr  Heistellnng  der  kompliztertesten  Hohlkörper,  wie  solche  die 
Gescfallti&brikaÜon  bedingt,  übergehen.  So  wird  n.  a.  die  Nabe 
eines  Bades  samt  Speichen  ans  einer  eigens  voigeprefsten  nahtlosen 
BShre  enengt  Den  Felgenkrans  bilden  kreismnd  gebogene,  nahtlose 
Bahren,  deren  nrepriinglich  kreisrunder  Qnersehnitt  in  einen  recht- 
eckigen umgestaltet  ist  Die  hauptsächlichsten  Fabrikationsartikel 
in  dieser  Hinsicht  sind:  nathlose  Böhren  für  Dampikessel,  Drock- 


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858 


UmtdiM  Mf  miUtlrteehniMhem  Gebiet 


leitüngen,  KUhlschlaugen,  nathlose  Stahlbehälter  für  horhirespunote 
Gase  (Kohlensäure,  WasserstutT  etc.),  Ortscheite  tllr  Artillerie-Fahr- 
zeuge. Hoblachsen,  Hohlwellen,  Lanzen.  Masten  für  Heleuchtun^'s- 
und  Leitungszwecke,  Granaten,  SchrapnelhUlsen,  Kanonenrohre  ete. 

Das  Verfahren  besteht  der  Hauptsache  nach  in  dem  exakten 
Lochen  eines  in  einer  Matrize  von  rundem  Querschnitt  gelairerten, 
vierecki^'^en  bis  zur  Rot;:lUhhitze  erwärmten  Stahlblocks.  Das  Lix-hen 
geschieht  mittelst  eines  Dorns,  beim  Eindrin^'cn  desselben  weicht 
das  Material  derart  aus,  dals  es  die  Hohlräume  der  Matrize  füllt. 
Während  dieses  \  oriranjres  wird  das  vordere  Ende  des  Blockes  durch 
eine  Cenlrier- Vorrichtung  festfjrehallen.  Ist  der  Dorn  mit  Hilfe  eines 
Centrier-Hiu<res  {renau  c  entrisch  angesetzt,  so  centriert  er  sich  während 
des  weitereu  Eindringens  von  selljer.  Nach  dem  Lochen  folg:t  das 
Strecken  der  Röhre;  es  ist  möglich,  für  die  erste  und  zweite  Streckung 
bei  geringem  Nachwärmen  noch  mit  derselben  Hitze  auszulaugen, 
so  dafs  man  auf  diese  Weise  verhältnissmäfsig  bedeutende  Rohrlänge 
erhält.  Die  Druckkräfte  liefern  hydraulische  Pressen  in  Verliindung 
mit  Akkumulatoren;  mit  riucm  Druck  von  etwa  180  t  kann  man 
Röhren  bis  zu  '10  cm  lichter  Weite  herstellen.  Gegen  das  übcr- 
mäfsige  lleil^wrrdcn  der  Dorne  dienen  Kuhlvorrichtungen. 

Dem  Prels\ (  rtuhreii  wird  eine  Qualitäts-\'erbesserung  desMateriuls 
zugeschrieben,  welches  durch  das  Verfahren  au  Festigkeit  und 
Dehnung  gewinne.  Von  höchster  Wichtigkeit  ist  diese  Er-^cheinung 
iUr  die  Erzeugung  von  Geschützrohren  aas  Nickelstabl  und  ist  sie  auch 
die  Ursache,  daCs  die  nach  diesem  Verfahren  erzeugten  Geschosse 
Biok  dor^  liedentende  Festigkeit  bei  erhöhter  Zähigkeit,  bezw. 
Dehnung  anazeicfanen. 

Die  Hentellnng  Ton  C^ebttte-  besw.  Hantelroliren  geschieht  in 
der  beeproobenen  Weise;  ein  nah  Torgesebmiedeter  Biock  ans  Niekel- 
etakl  wud  in  eine  «ntspreeb^  ansgearbdtete  Matrixe  eingelegt  nnd 
mittelst  eines  einzigen  Drnekes  der  Presse  bei  gleichseitiger  KnliBerer 
Formgebung  geiocht  Es  ist  dann  im  Veigleioh  mit  den  bisherigen 
Hersteiinngsmethoden  nnr  noch  eine  geringe  Naeharbeit  an  der  Dreh- 
bank, das  Eänschneiden  der  Zttge  ete.  nOtig.  Das  hierbei  an  der  Seeien- 
wand  stark  verdichtete  Material  soll  anch  der  Einwirkung  der  hohen 
Temperaturen  der  jetzigen  PulTersorten  besser  widerstehen. 

Die  Enengung  der  erfbrderliehen  Stahlsorten  geschieht  (mit 
Ausnahme  des  Bessemer-Stahles)  im  benachbarten  Metallwerk  Rath; 
hier  werden  auch  noch  ganz  eigenartige  gleiohfidls  von  Ehrhardt 
herrtthrende  Fabrikations-Methoden  gellbl,  unter  welcher  besonders  die 
Erzeugung  Ton  spiralgesohweilster  Röhren  Beachtung  verdient 


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CwMhni  nf 


b)  Motorfabrseng  als  Motorkaodsehafter. 
In  den  lOtteilnngcn  Uber  Gegensünde  des  AitiDeiie-  nnd  Genin- 
WeseoB  XL  1899  irird  nacb  der  „Times**  ein  cngHscbes  Moloi^ 
ühaeog  erwifant,  welebes  den  Kamen  „MotoiknndsebaAer*'  fHbri. 
Es  ist  Tienidrig  und  wlid  dmeb  einen  Beniinmotor  Ton  1*/«  Pfeide» 
knft  bewegt,  mit  einer  Gesdnrindigkeit  bis  n  18  engl  MeUen  in 
der  Stunde.  Der  voibandene  BensinTonat  reicht  ftr  120  aigfiscbe 
Heilen,  aaeh  kann  noeh  ein  Beservebehilter  beigeftgt  werdwL  Das 
Fahneog  belMeii  swd  Mann,  oder  einen  Mann  nnd  eine  leidile 
Mazimkanene  (Marke  welche  Tom  Ober  den  Lenkiftdeni  so 
angebracht  ist  dafs  \-orwärt$,  rechts  and  links  geschossen  werden 
kann,  sowohl  in  Hube  als  während  der  Bewegung.  Es  können 
1040  Patronen  mitgeführt  werden.  —  Die  Fahr/enge  sind  angen- 
scheinlicb  als  Beigabe  ftlr  aufklärende  Kavalleiie-Abteilnngen,  Vor- 
huten etc.  gedacht,  aber  für  diesen  Zweck  noch  za  sehr  an  Straisen 
und  Wege  und  an  das  gangbare  Gelände  gebunden.  Nach  dem 
Urteil  der  Zeitschritt  erscheint  die  Konstruktion  noch  sehr  empflndlich 
an  sein,  Ciewehrgeschosse  des  Gegners  können  Störungen  im  Betrieb 
hervorrofen.  Die  Frage  des  Bc^ebsmaterials,  welches  bei  den 
Alotorfahrzeogen  praktisch  ra  verwenden  ist,  erscheint  noch  nicht 
gelöst.  Benzin  bietet  wegen  der  Explosionsgefahr  noch  nicht 
gentigend  Sicherheit.  Dem  Dieselmotor,  bei  welchem  auch  Petroleum 
verwendet  werden  kann,  wird  für  den  Betrieb  solcher  Fahrzeuge 
eine  Zukunft  er-'ffnet  Verwendung  leichter  Motorlahrzeuge  bei 
KadfahnT-.Abteilungen,  als  Untersttitz  uns:  un<i  Rückhalt  fllr  dieselben 
kann  in  Betracht  gezogen  werden.  Durch  Ausrüstung  mit  Ma-schuien- 
gewehren  wäre  dem  Fahrzeuge  Gelegenheit  gegeben,  Eug\vege  und 
bestimmte  Geländeteüe  onter  bestreichendes  Feuer  zu  nehmen. 

c)  RauehIo.«ies  Pulver. 

Die  Zeitschrift  „New  York  Herald*'  brachte  vor  eini^'er  Zeit  die 
Mitteilung,  der  amerikanische  Oberst  Smart  habe  entdeckt,  dals  mit 
Hilfe  violetter  Gläser  es  möglich  sei,  auf  grol'se  Entfernung  eine  Kauch- 
entwickelnng  beim  Schitlsm  mit  rauchlosem  Pulver  deutlich  wahr- 
zunehmen, und  das  Kriegs-Dfparten)tiit  habe  angeordnet,  diese 
Entdeckung  bei  den  Operationen  auf  den  Philippinen  zu  verwerten. 
Die  Offiziere  sollten  mit  Doppelfernrohren  mit  violetten  Gläsern  ver- 
gehen werden  und  auch  die  Maunschaiieu  bekämen  violette  Gläser 
für  das  Schiefsen  auf  grolsen  Entfernungen. 

Nach  den  Mitteilangen  XL  1899  wurden  in  Österreich  prak- 
tische Versuche  mit  violetten  Gläsern  verschiedenster  NUanoen  bd 
Beobaehtong  des  Sehieisens  ans  Feld-  und  FestungsgesehlltM  an- 


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aeO  Umsohaa  in  der  Hiütib^Iittantiir. 

gestellt.  Die  Entfemnngen  des  Beobaobten  von  den  OeeebtttaeD 
betragen  200,  500  und  1600  m,  die  Polverladiuigen  weebseltea 
zwischen  0,5  und  2,0  kg.  Mao  beobaebtete  aber  so  gat  wie  keinen 
Untenebied  mit  der  Ersoheiniing  bei  Beobaehtong  mit  freiem  Aoge. 
namentlioh  anf  weitere  EntÜBinnng,  wo  man  mit  blanen  oder  violetten 
GISaein  sehleebter  oder  gar  niobts  mebr  rieht 


XXXU. 

Umschau  in  der  Militär-Litteratur. 

1.  Ausländische  Zeitschriften. 

Streffleurs  Österreicliisehe  MilitXriaehe  Zeitschrift  (Apriiheft) 

Versuch  eines  kriegsbrauchbaren  Systems  für  den  Munitionsersatz  im 
Infanteriekampfe  (Schlufs).  —  Die  neue  Pelddienst-Vorschrift  für  dio 
französische  Feld-Artillerie  (Schlufs).  —  KurzL'efarste  Zusammenstellung 
und  Erläuterung  der  Neuerungen  auf  dem  üebiete  der  Handtcuerwaflfen 
und  der  zugehörigen  Munition.  —  Aufsätze  über  Gegenstände  der  all- 
gemeinen Kriegsgeschichte.  —  Skizzen  und  üefechtsbilder  aus  dem 
Feldzuge  1866  in  Böhmen. 

Organ  der  militlnrissensdiaftliehenTerdBe*  LX.Band.  3.  Heft 
Die  Operationen  im  Südosten  Flrankreichs  bis  zum  WaffenstiUatande. 
Von  C.  V.  H. 

mtteUvngeiL  über  Gegenstände  des  Artillerie-  und  Genieweseaa. 
Jahrgang  1900.    4.  Heft    Die  Infanterie  im  Festungskampfe.  — 

Studie  über  Gebirgs-Artillerie. 

Arraeeblatt.  «Österreich.^  Nr.  14.  Avancement  und  Pension. — 
E>er  Kadett-Offiziers-Stellvertreter.  II.  ~  Der  Krieg  in  Südafrika  (Förths, 
in  Nr.  15,  17).  —  Schweizer  Schncllfeuergeschütze.  Nr.  15,  Finanziell 
unmöglich.  —  Der  Korpskonmiando-Weehsel  in  Innsbrack.  —  Pensio- 
nisten-Jammer. Nr.  16.  In  der  Pensionsfrage.  —  Über  unsere  Armee- 
Signale.  —  Der  Krieg  in  Sadafrika.  Hr.  17.  Akademiker  und  Kadetten- 
schüler und  ihr  Rang.  —  Zur  Frage  der  Neubewaffnung  der  Feld- 
Artillerie  in  der  Schweiz.  —  Parade-Eindrücke.  —  Pensionisten-Jammer, 

Militär-Zeitung.  (Österreich. i  Nr.  12.  Ma.ssenpensionierungen. — 
Erzherzog  Eugen.  —  Zur  üeschülzfrage.  —  Der  Ivrieg  in  Südafrika. 
(Forts,  in  Nr.  14,  15.)  Nr.  13.   Zu  den  grofsen  Manövern  1800.  — 


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UmMhM  In  der  mUtlr-Utteratiir. 


Mdtorwatren  für  den  Feldgebrauch  Nr.  14.  Zum  künftigen  Heeres- 
bud£:et  Nr.  15.  Militärische  Hoffnun^^n  für  das  Jahr  1901.  —  Die 
ungarische  Landwehr. 

ReTue  miliUure  universelle.  (April heft.i  Allgemeiner  Bericht 
über  die  Gesamtlage  in  Madagaskar  (Forts.).  —  Die  Belagerung  Ton 
Pisyzburg  1870  (Ports.).  —  Unterauclningen  fiber  geheuchelte  Krank- 
heiten und  fteiwilUge  VerstOmmelungen,  beobachtet  von  1859  bis  1896 
(Forts.).  —  Stadium  einer  taktisehea  Präge. 

Revue  du  eercle  militiüre.  Hr.  14.  Ein  (>adre-Man$ver  im  Gelände 
(Forts,  u.  Schlufs  in  Nr.  15,  16.  IT).  —  Der  Krieg  in  Transvaal  (Ports, 
in  Nr.  15.  16.  17).  —  Defensiv  oder  offensiv,  -  Grolise  österreichische 
Manöver  Das  II.  u.  IV.  K«trps.  —  Unsere  Alpentnippen  nach 

italit-nischf m  Uneil.  Nr.  15.  Reorganisation  der  .\rtUlerie  »Schlufs  in 
Nr.  16  u.  17).  —  Die  neue  deutsche  Schiefsvorschrifl.  —  I  'er  Zukuiuis- 
inieg.  Hr.  16.  Die  O^-mnastik  in  der  italienischen  Armee.  Hr.  17. 
Den  Reserve-Offizieren.     Ausiandische  Taktik.  Italien. 

Berae  dlBtatarie.  (Aprilheft.)  Hr.  160.  (Seschicbte  der 
Infenterie  ia  Prankreich  (Ports.).  —  Über  das  Schieben  mit  Übnngs- 
munition  schwacher  Ladung  (Tir  reduit).  Schlufs.  —  Die  neue  deutsche 
Schiefsvorschnft.  —  Eine  praktische  Fekidienstftage.  —  Geschichtliche 
Studie  über  die  Taktik  der  Kavallerie. 

Revue  de  Cavalerie.  (.Märzheft.)  Die  Verwendung  des  Feuers 
bei  der  Kavallerie.  —  I»ie  Kavallerie  der  I.  u.  IL  deuL-^chen  Armee  in 
den  Tagen  vom  7.  zum  15.  August  1^70  iCberseizung  des  Pelei  schen 
Werkes).  —  Taktische  Aufgabe  beim  Examen  zur  Kriegsakademie  1900. 

—  Anmeikiingea  über  müitirische  Dressur  (Schlufe).  —  Die  Peuer* 
taufe  der  saharischeo  Spahls.  —  Ein  deutsches  Urteii  fiber  fran- 
zöaisctaea  Reitwesen. 

ReTue  d* Artillerie.  (Aprilheft.)  Feuer- Verteilung  der  Artillerie 
(Schlufs).  —  Paleotechnologische  Studie  über  das  Rad. 

Revue  du  Genie  militaire.  (Märzheft. •  Method--  der  .^chnell- 
aufnahni»^  bei  der  Studien-Mission  der  Eisenbahn  an  >U:r  Eilenbeinküste. 

—  Moderne  Befesugung  der  Schlachiieider.  —  Phulographische  Studie 
der  Explosionen  bei  freier  Luft.  —  Anal>s«  und  Schriftwechsel  Vaubans 
(Forts.) 

Im  Fnaee  ■Ottaire.  Hr.  4876.  Das  bedrohte  Ägypten.  Bezieht 
sich  auf  den  Einfluls  der  religiösen  Sekte  Sennssia,  die  sich  vieder 
dem   Sultan  unterworfen  hat  —  Militär -Telegrapiiie'Cbtmgen  der 

T.  !»-erniphenschu]en.  —  F'!''  allgemeine  Lage  un.seres  Kolonialbesitzes. 
Hr.  4877.  Das  englische  F'aniom.  Würdigung  der  briüschen  See- 
marht.  —  Cbun^^laser.  Hr.  4879.  Das  Prytaneum  von  La  Fleche, 
Zuz'ückweisung  der  -\npriiT^'  auf  das>;Hlbt-.  Nr  4820.  L-er  General- 
stab.     Hr.  482L    Das  Prvian  II      Nr.  4822.     L'ie  militärische 

Kraftanstrengung  Englands.  Hr.  4823.  Lue  zweijährige  Luenslzeiu 
Wird  als  ein  Wahlmanöver  bezeichnet,  das  von  allen  erfahrenen 
Militärs  gemUsbilligt  wird.  Hr.  4824.  Die  Kolonial-Armee.  Die  Pr^ 


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862 


ümaoluitt  In  der  lOUtir-Utlenitiir. 


ihrer  Zuteilung.  Nr.  4825.  Die  allgemeine  Verptlichtung  zu  Schiefs- 
übungen;  Gesetzentwurf  einer  Gruppe  von  Abgeordneten,  wonach  alle 
tauglichen  Franzosen  von  zohn  (I)  bis  40  .Jahren  zu  Schiefsiibunt!:*"n 
verpflichtet  sind.  Nr.  4827.  Erinnorungsmedaille  an  Beifort.  Gesetz- 
entwurfeiner Gruppe  von  Abgeordneten.  Nr.  4828.  Das  Prytaneum.  III. 
Nr.  4829.  Die  Kolonial-Armee.  I.  Nr.  4830.  Nachrut  an  ViUebois- 
Mareuil.  Nr.  4831.  Das  Prytaneum.  IV.  —  Bericht  Aber  die  Be- 
lagerung von  Ladysmitb.  Hr.  4883.  Verkfirsung  der  DienstxeiL 
Nr.  4834.  Das  Prytaneum.  V.  Der  Ehrensabel  für  Kaiser  Wilhelm  II. 
von  der  Stadt  Solingen.  —  Nr.  4886.  Die  Kolonial-Armee.  II.  —  Die 
Einweihung  der  Ausstellung. 

Le  Progres  niilitaire.    Nr.  2027.    Die  grofsen  deutschen  Manöver. 

—  Uber  die  .\rchiv-Beamten  Der  südafrikanische  Krieg  (Forts,  in 
Nr.  202«  Nr.  2028.  L)iu  Kekruteneinstellung  zum  1.  Oktober. 
(Wird  helürwortet.  in  llinldick  auf  die  deutsche  Kinstelhmsr.)  Nr.  2029. 
Diu  deutsche  Felddiensiordnung.  Nr.  2030.  Die  iMnheitlichkeit  des 
OffizierBtandes.  (BefOrwortet  die  Gleichstellung  aller,  auch  dar  Ver- 
waltungsbeamten, Aerzte  etc.)  Nr.  8031  Die  Ausbildung  der  Genie- 
truppen. —  Die  Kapitulation  von  Baylen.  Nr.  2038.  Dienstpflicht 
und  Dienstbefreiung.  —  Der  Übergang  über  Flüsse.  Nr.  2084.  Die 
grofsen  deutschen  Manöver,  -  Der  Generalstab  der  Marine. 

La  Belgique  militaire.  Nr.  1505.  Die  deutsche  Felddienstordniing 
(Forts.  \v.  Xr  15O0.  7.  S).  —  Der  Anglo-Transvaalsche  Krietr  (Forts,  in 
Nr.  150bj.  Nr.  1506.  Heraontierung  im  Falle  der  Mobilmachung.  — 
Für  allgemeine  Wehrpflicht  und  Verstärkung  der  Armee.  —  Schiefs- 
vorschrifi.  Nr.  1507.  Altersverhältnisse  und  Beförderung  der  Offiziere 
in  Deutschland.  Nr.  1808.  Das  Budget  der  aufserordentlichen  Aus- 
gaben. 

Bnlletfai  de  la  Presse  et  de  U  ffibliograplde  miUtaire.  Nr.  881 

Der  Anglo-Burenkrieg  (Ports.).  —  PHnz  Friedrich  der  Niederlande  und 

seine  Zeit  (Ports,  in  Nr.  382).  —  Praktische  Ausbildung  der  Truppen 
und  Cadres.  Manöver,  Generalstab-sreisen.  Cadres-Manöver.  Kriegsspiel 
(Forts,  in  Nr.  382).    Nr.  382.    Die  Eisenbahnen  vom  militfirischen 

Gesichtspunkte. 

Revue  de  FArmee  beige.  (Januar— Februar  1900).  Arraee- 
Reorgani.salions-Entwurf.  —  Studie  über  Geheimschrift,  ihre  Verwendung 
im  Kriege  und  in  der  Diplomatie  (Forts.).  —  Die  Portschritte  der  Tele- 
graphie  ohne  Draht  —  Eine  Seite  aus  der  Geschichte  Indiens  (Forts.). 

—  Belgischer  Wettbewerb  für  die  Wahl  eines  Feld-Schnellfener- 
geschützes. 

Schweizerische  Honatsschrift  fUr  OfBsiere  «Her  Waffen.  (März- 
heft.) Unsere  berittenen  Mitrailleurkompagnien.  —  Das  Gefecht  bei 
Frauonfeld  am  25.  Mai  1799.  Die  Hebung  der  Schiefsfortigkeit 
unserer  Infanterie  dnrrh  Reorganisation  des  obligatorischen  Schiefsens 
aufser  Dienst.  —  L'er  Krieg  Englands  gegen  die  südafrikanischen 
kopubliken  (Forts.). 


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Unatthta  in  der  MOttSr-Uttentar. 


863 


ReTne  militaire  suisse.  (Aprilheft.)  Die  neuen  Ausbildungs- 
Methüdt^n  im  Schiefsen  der  Infanterie.  —  Feidartillerio.  besichtigt 
durch  die  Generale.  —  Die  österreichisch-ungarischen  Kaisermanöver 
in  Kärnthen. 

Schweizerische  Zeitschrift  für  Artillerie  und  (lenie.  (Märzhet't.j 
Das  neue  Exerzierreglement  für  die  deutsche  Feldartillerie  (Schlufs). 

—  Über  die  Sicherung  der  Artillerie.  —  Die  neue  AusrOstung  der 
Ofllzier-Pferde. 

Allgeneiae  Sehweixerlsehe  Hililineitiiiig.  Hr.  13.  Die  neue 
Kriegslage.  —  Die  Herbstmanöver  1899  (Forts,  in  Xr.  14.  15, 16).  Nr.  14. 
Der  Kampf  um  den  Vaalkrans.  Nr.  16.  S.  Nr.  13.  Kr.  16.  Die 
neue  Kriegslage  in  Süd  .\fnk;i 

Army  and  Xavy  (Jazette.  Nr.  2095.  \hv  Hesotzung  von  Bluem- 
fonlain.  —  L>ie  Vorlage  des  Kriegsiiiinisteriunis.  Das  siehende  Heer 
soll  dauernd  vermehrt  werden  um  4  Kavallorie-ltegimenter.  7  Batterien 
reitender  Artillerie,  36  Feld-Batterien,  12  Haubitz-Batterien  und  mehrere 
Kompagnien  des  Ingenieur-Korps.  —  Meldungen  aus  SüdafHka. 
OlBzieller  Bericht  Lord  Methuens  über  das  Gefecht  am  Modder  River 
am  15.  Februar.  —  Kriegsberichte.  Tageweise  geordnete  Nachrichten 
vom  Kriegsschauplatz.  Nr.  2096.  Die  militärische  Lage  in  Südafrika. 
Kritische  Betrachtung.  —  Deutsche  Urteile  über  die  englische  Truppen- 
lührung.  —  Kriegsberichte.  —  Offizielle  Verlustliste.  Nr.  2097.  l>er 
Krieg  in  Südafrika.  —  Totens -h.iu.  Nachruf  an  die  gefallenen  und 
gestorbenen  Generale  und  Stabsotflziere.  —  Lord  Wolseley  über  die 
Miliz.  —  Der  Besuch  der  Ktinigin  in  Irland.  Nr  2098.  I»er  Krieg  in 
Südafrika.  —  Britische  und  ausländische  Arlillerie.  Vergleich  des 
engUschen  Artillerie-Materials  mit  dem  der  Franzosen  und  Deutschen. 

—  Die  Schwierigkeiten  des  Transportwesens  in  SfldafrUuL  Bespricht 
den  Pferdeveriust  und  den  Mangel  an  guten  Strafsen.  —  Kriegs- 
berichte. Tageweise  geordnete  Nachrichten.  —  Die  Streitkräfte 
Natals.  —  Osman  Paschas  Tod.  Ein  Nachruf.  —  Bei  der  Artillerie  in 
Natal,  Mitteilungen  eines  .\ugenzeugen  über  die  Thätigkeit  der 
englischen  Artillerie  in  verschiedenen  Gefechten.  —  Die  Schiefs- Aus- 
bildung im  Jahre  1Ö99.  —  Die  üelangennahme  Cronjes.  —  Das  eng- 
lische Infanterie-Gewehr. 

Juuruai  uf  the  Royal  United  Service  Institution.  Nr.  265. 
60  Jahre  Grenzkrieg.  Von  Major  Yate.  Kritische  Betrachtung  über 
die  in  den  Jahren  von  1838—1897  an  der  Afghanischen  Grenze  ge- 
führten Kriege  der  EnglSoder.  —  Wie  ist  die  Überiegenheit  des 
Infanterie-Angriffs  zu  erreichen?  Übersetzung  des  im  Deutschen 
Militär-Wochenblatt  erschienenen  Aufsatzes  des  General  Rohne.  — 
Organisations-Verändeningen  im  englischen  Heere  im  Laufe  des  Monats 
Februar  dieses  Jahres.  —  Zusammenstellung  der  Verluste  in  den 
gröfsien  Schlachten  der  leizl<'n  150  Jahre.  —  Versuche  mit  grofsen 
Munilions-Transporten  in  <) Tierreich. 

Army  and  Navy  Journal.  (New-York.j  Nr.  28.  Nachrichten 


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364  Umschau  in  der  Militär-Litteratar. 

von  den  Philippinen.  —  Bnidische  Ärzte  im  Felde.  —  Militärisches 
Leben  in  Alaska.  —  Berichte  aus  Manila.  —  Die  Sehechfiife  des 
Soldaten.  —  Die  Befestigung  des  Isthmus-Kanals.  kaSaer  der  Be- 
festigung des  Kanals  wird  eine  bedeutende  Vennehrnng  der  Flotte 
verlangt.  —  Unsere  Kavallerie  auf  den  Philippinen.  Nr.  29.  Die 
neuen  IVanzöschen  und  deutschen  Gewehre.  —  Die  Organisation  der 
englischen  Armee.  Fürsorge  für  den  deutschen  Soldaien.  An- 
erkennende Besprechung  der  Behandhing  kranker  Soldaten.  —  Ein 
neues  französisches  Geschütz.  —  Nachrichten  aus  Manila.  —  Hin 
Organisation  des  englischen  Sanitätswesens  in  Südafrika.  Nr.  30. 
Bericht  des  Bischof  Potters  über  die  Truppen  auf  Manila.  —  Die 
amerikanischen  Soldaten  auf  den  Philippinen.  Nr.  9L  Die  britische 
und  burisohe  Artillerie.  Vergleich  des  Materials  beider  Artillerien.  — 
Der  Einfluls  der  modernen  Waffen  auf  den  Angriff.  —  Russische 
Eisenbahnen  in  Porsien. 

Ruäski  Invalid.  Nr.  53  und  55.  „Briefe  über  die  deutsche 
Armee":  Verfasser,  N.  Potapow,  äufsert  sich  in  äufserst  synipatischer 
Weise  über  das,  was  er  von  der  deutschon  Armee,  namentlich  beim 
Koinpagiiie-Exerzieren  auf  dem  Tempelhofor  Felde  gesehen.  Nr,  57. 
Die  Chefs  der  Bezirksstäbe  des  selbständigen  Korps  der  Grenz- 
wache (7  Bezirke  zu  durchschnittlich  4—5  Brigaden)  sind  in  Zukunft 
den  alteren  StabsofSzieren  des  Generalstabes  zu  entnehmen.  Hr.  67. 
Neuorganisation  des  Remontierungs- Verfahrens  der  Ka- 
vallerie. Wahrend  bisher  der  Ankauf  der  Remonten  für  die  Kavallerie 
durch  Remontur-Offiziere  stattfand,  welche  für  jedes  zu  stellende 
Pferd  eine  besimmte  Pauschsumme  erhielten  und  daher  für  den  An- 
kauf der  Remonton  diejenigen  Gegenden  (r>on-Stpppe)  bevor/u irton, 
wo  sie  die  Pferde  am  billi^rsten  erhielten,  was  wiederum  den  Rück- 
gang dt'p  Gestiils-Pferdezuchi  im  Innern  liufslands  zur  Folge  hatte, 
geschieht  vom  1.  Januar  1901  ab  der  Ankauf  der  Rojnonten  nach 
den  gleichen  Grundsätzen  wie  in  den  westeurop&ischen 
Armeen*  d.  h.  durch  Remonte-Ankaufs-Kommissionen.  Es  werden 
7  standige  und  2  zeitweilige  Kommissionen  errichtet;  von  den  ersteren 
sind  4  für  die  Gebiete  der  kulturellen  Gestfitepferdezucht  (Poltowa* 
Jelissawetgrad,  Kyew  und  Charkow),  2  für  die  Don-Steppe,  1  für  die 
Astrachan-Steppe  und  den  nördlichen  Kaukasus  bestimmt.  Die  zeit- 
weiliffen  Kommissionen  kaufen  in  soU-hen  Gebieten,  deren  Pferdemittel 
zu  gering  sind,  um  die  Kosten  für  die  l  nterhaltnn^r  ständiger 
Kommissionen  zu  rechtfertigten  (Wolga-  und  Weichsel-^  lebiet).  iüese 
Vertlieilaiig  der  Koniiiiisiunen  beweist,  dafs  man  in  Zukunft  dem 
^Kulturpferde''  gegenüber  dem  Steppenpferde  wiedertun  den  ihm  ge- 
btthrenden  Platz  zuzuweisen  beabsichtigt  Hr.  72.  „Aus  Anlafs  der 
«besonderen  Ansicht*  des  General-Leutnants  Sskugarewski"; 
von  General  Pusyrewskl  In  der  Kommission,  welche  unter  Vorsitz 
des  Generals  Pusyrewski  die  neue  Gefechtsvorschrift  (siehe  Aprilheft 
der  «Jahrbücher/  S.  97)  bearbeitet  hat»  ist  General  Sskugarewski 


ui;^ui^L.j  cy  Google 


UnueliM  in  der  HiUlir-IJtteratar. 


865 


viellach  in  seinen  Anschauungen  von  den  durch  die  Kommission  ge- 
fafstcn  Beschlüssen  abgewichen.  Diese  abweichenden  Anschauungen 
sind  der  den  höheren  Truppen-Kommandeuren  als  Entwurf  zugegangenen 
Vorschrift  als  „Besondere  Ansicht  des  Genoralleutnants  Sskugarewski'' 
beigegeben  worden;  General  Sskugarowski  ist  namentlich  gegen  die 
Festsetzung  jegUcher  Norm  und  verlangt,  dafs  sich  die  Oefechts- 
TorBchrift  auf  Darlegung  der  Obliegenheiten  der  Ftthrer  und  der 
Gliederung  der  Gefechtsordnung  beschr&nken  solle;  General  PusyrewskI 
wendet  sich  gegen  diese  Ansichten. 

Raswjedtschik.  Nr.  490.  Die  Schule  und  der  Konvikt  für 
die  Kinder  der  Offiziere  des  II.  Armeekorps.  (Der  Umstand, 
dafs  ein  grofser  Teil  der  Offiziere  in  Garnisonen  aiifserhalb  des  eigent- 
lichen Hufslands,  namentlich  in  ehemals  polnischen,  von  russischer 
Sprache  und  Sitte  fast  ganz  unberührt  gebliebenen  Landesteilen 
garnisoniort,  ein  anderer  in  asiatischen  Garnisonen  einen  grofsen  Teil 
seiner  Dienstzeit  zubringen  mufs,  zwingt  dazu,  zum  Teil  durch  eigene 
ESnrichtungen  für  die  Erziehung  und  den  Unterricht  der  Kinder  zu 
sorgen.  Eine  solche  ist  die  obengenannte  Anstalt,  die  nach  zwei- 
jährigem Bestehen  in  Grodno  die  Zahl  ihrer  Zöglinge  YerfÜnffooht 
hat).  —  „Die  Leinwand  der  Intendantur,  mit  der  niemand 
etwas  anfertigt  (1).  (Eine  Klage  über  die  völlig  ungenügende  Be- 
schaflfenhoit  der  seitens  der  Intendantur  gelieferten  Leinewand.)  — 
Die  Unitorni  der  Offiziere  und  der  Beamten.  —  Die  bulgarische  Militär- 
litteratur.  —  Die  kaukasischen  Schützen  jenseits  des  Kaspis(  hcn 
Meeres.  (Eine  Schilderung  des  Transportes,  bezw.  der  Märsche  der 
kaukasischen  Schützenbrigade  in  die  neuen  Garnisonen  um  Kuschk.) 
Hr.  491.  Das  Jubilfinm  des  IL  Moskauer  Kadettenkorps.  —  Die 
Ssuworow-Kirche  in  Susdal.  —  Die  «Jungen*  Offiziere.  —  Taktische 
Beschäftigungen  mit  den  OMzieren.  —  Qn  Autograph  Bonapartes.  — 
Nr.  492.  Vergessene  Gräber.  (Erinnerung  an  die  in  den 
berüchtigten  Militärkolonien  des  Grafen  Araktschejeff  infolge  der 
Cholera  des  Jahres  hervorgerufenen  Soldatenrevolten,  denen  das 

Leben  mehrerer  Offiziere  zum  Opfer  fiel.)  —  Unser  Heereshaushalt.  — 
Der  Dienst  in  den  Mililärbildungsanstalten.  —  Die  Eisenbahnen  im 
Rücken  der  englischen  Armee  in  Südafrika.  —  Die  Duelle. 

Wajennüj  Ssboraik.  1900.  IV.  Zur  Lebensbeschreibung  des 
Pürsten  Oolenitscheff-Kutusow-Smolenskoj.  —  Der  Anfang  von  «Plewna." 
(SchluÜs  mit  einer  Karte.)  —  Der  Marsch  der  „fliegenden  Kolonne** 
des  Oberst  Jonow  in  Roscban  (am  Pamir)  1893.  —  Die  Kasaken  von 
Irkutsk  und  von  Jenessei.  (Eine  geschichtliche  Untersuchung).  — 
Über  den  «Entwurf  der  Felddienstordnung.**  II.  —  Bemerkungen  eines 
Schützen.  —  Das  Reglfinement  der  deutschen  Feldartillerie  vom  -Jahre 
1899  (Schlufs).  —  1  )ie  Keginieiiis-.Iairdkonimandos  in  ihrer  Verwendung 
als  Sappeure.  —  Fragen  des  militärischen  Schulwesens.  —  Ssuworow 
in  der  Russischen  Litteratur.  IV.  —  Das  Kaspische  Meer.  Zu  dem 
Artikel  „Der  Anfang  von  Plewna.**  — -  Bibliographie:  Das  X.  Heft 


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366 


Cnuehaa  m  d«r  MiUtir'Uttentar. 


der  «Sammluncr  ^rcschichtlicher  Malerialien**  aus  dem  Archiv  der 
Höchsteigenen  Kanzlei  Sr.  Maj.  des  Kaisers.  (Berichte  Kutosows  in 
dem  Feldzuge  1812).  —  Übersicht  über  die  astronomischen,  geodätischen 
und  topographischen  Arbeiten  im  Jahre  1998.  II.  —  Die  Militirreal* 
schulen  in  Österreich-Ungarn. 

BaasMies  AiÜXkaM^mnaL  (Februar.)  Artilleiistische  Fragen. 

—  PrOfüng  der  Richtmeister  beim  Oesehfits.  —  SeliieliBregeln«  an- 
genommen in  der  österreichischen  Festungsartillerie. 

L*ltalla  Billtare  e  maiiBa.    Hr.  64.    Die  Reserve- Offlsiere. 

Är.  65.  Der  Krieg  der  Zukunft.  Verfasser  denkt  sich  die  Kriep«-  der 
Zukunft  viel  andauernder  und  verderblicher  als  diejenigen  früht-rer 
Zeiten.  Ein  Monat  Krieg  in  iiir-'^nT  Zeit  brin^^t  viel  mehr  '  k  ■n  .ni  -chon 
Schaden  als  früherhin  ein  Krieg  von  einem  Jahr»'.  Nr.  66.  Der 
Kriptr  der  Zukunft.  Nr.  68.  r»ie  Offizierburschen  Nr.  70.  Über 
einen  zweiten  Kongrefs  der  verabschiedeten  Offiziere.  Der  erste  hatte 
keine  Ergebnisse  und  es  wird  vom  zweiten  ebenso  wenig  erwartet 
Viel  vorteilhafter  ist  die  dauernde  Arl»eit  in  der  Presse,  als  im  Kongrefs. 
Br.  71  Die  verhehvteten  Offiziere.  —  Die  Seekriege  der  Zukunft 
Mr.  72.  Eine  Lehre  des  sQdafrikanischen  Krieges.  Hr.  75.  Erginznng 
der  Offlzi«  r.'  *if  s  Trains.  Mr.  76.  Die  Vereinigung  der  Kräfte  eine 
Frage  der  iCriegskunst.  Nr.  77.  Die  Befestigungen.  Nr.  78.  Das 
Reglement  über  die  BefJtrdHrung.  Nr.  79.  Die  Offiziere,  welche 
Jubiläen  gefeiert  haben,  Nr.  81.  f'ie  Befestigungen  von  Verona.  — 
Die  Beförd»'rungsverhältniss<*  bei  den  l'nterotflzieren.  Nr.  82.  Die 
Befestigungen  von  Veronü.    Nr.  83.    Die  Frage  der  Unterolliziere.  I. 

—  Die  Vorherrschaft  Englands  zur  See.  Nr.  84.  Die  Präge  der 
Unteroffiziere.  II.  Hr.  86.  Die  Schlaehtverschanzungen.  Vr  97. 
Bin  edler  AufHif.  —  Die  Offiziere  des  Beurlaubtenstandes. 

Blviata  MlUtara  Itallwa.  (März.)  König  Cari  Albert.  —  Moltkes 
Gedanken  Uber  den  Einmarsch  in  Böhmen.  —  Der  Krieg  in  SfldafKka. 

—  Was  die  Kavallerie  ist  und  was  sie  sein  sollte. 

Eserdto  Italiaiio.  Hr.  37.  Aufserordentliche  militfirische  Aus- 
gaben (Forts.).  Nr.  38.  Krieg  zwischen  Buren  und  Engländer  (Forts.). 
Hr.  39.  Krieg  in  TransvaaL  Hr.  40.  Der  Sanitätsdienst  im  Heere. 
Nr.  41.    Tripoii.        Der  neue  Kriogsminister.    Hr.  42.   Der  neue 

Kriegsmini.ster  Ponza  di  San  Martino. 

Rivistn  di  artiglieria  e  genio.  (März.)  Vom  Einflufs  der  be- 
sonderen lugenschaften  des  Pulverkorns  auf  n»»srhorsgoschw  indigkeiten 
und  (jasdriicke.  —  Apparat  für  das  s(>lltNnhalige  Funktionieren  von 
Weichen  für  Straf.senbahneii  und  Eisenbahnen.  —  Bau  eines  Inlanterie- 
Steges  über  den  Voliurno.  —  Schiefsvorschrift  für  die  deutsche  Feld- 
artillerie. 

Berlflta  dentifloo  militar.  (Spanien.)  Hr.  5.  Aus  meinem  Tage- 
buch (Auszüge  über  den  Burenkrieg  aus  der  WeeUy  Times).  —  Eng* 
land  und  Transvaal  (Forts.).  ~~  Die  Wiederaufrichtung  (Forts.).  — 


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Umaobaa  in  der  Militär-Iittentar. 


867 


Nr.  6.  Neue  Versucho  mit  Telegraphie  ohne  Draht.  —  England  und 
Transvaal  (Forts.). 

Xminial  de  Ingenima  del  li;jeroito.  (Spanien.)  Hr.  2.  Die^ 
Znlaeenng  stur  Ingenieur-Akademie.  —  Das  britische  Heer.  —  Leichte 
Telegraphenparlcs. 

Be?toto  Militär.  (Portugal.)  Kr.  6.  IMe  Sehlacht  Yon  Teuro 
(1476).  —  Selbständige  Kavallerie. 

Kii^vetenskaps  Akademiens-Handlingar.  (Schweden.)  Nr.  d. 
Studien  über  Truppenführung  und  Stabsdienst  (Forts.). 

Militaert  Tid.sskrift.  (Dänemark.)  Beilageheit.  Studien  über 
Danemarks  Heerwesen  im  16.  Jahrhundert.  III. 

Norsk  Militaert  Tidiiskrilt.  (Nur wegen.)  Helt  2.  Kriegs- 
mürsche.  —  Der  Krieg  zwischen  England  und  Transvaal  (Ports.). 

MUitaire  Speetalor.  (Holland.)  Nr.  8.  Strengere  Kriegszucht 
(Ports.).  —  Volksheer  in  den  Niederlanden  und  der  Schweiz. 

Militaire  Gids.  (Holland.)  Nr.  2.  Einiges  über  Infhnteriefeuer. 
»  Die  höhere  Kriegsschule. 

II.  BQclier. 

Das  Strategisehe  und  taktische  Zusammenwirken  von  lieer  und 
Flotte.  Von  v.  Jansen,  Generalleutnant  z.  D.  Berlin  19(X). 
E.  S.  Mittler^  Sohn.  Hefte  1,  2.  Preis  1.50  und  2.25  Mk. 
Das  sehr  lesenswerte  Werk  mit  einer  POlle  anregender  Oedanken 
basiert  auf  eine  umfassende  Kenntnis  sowohl  der  MilitSr-,  als  der 
Marinelitteratur,  füllt  eine  Lücke  in  derselben  aus,  indem  es  mit  Klar- 
heit und  Sachkenntnis  den  Gegenst^ind  behandelt  Das  erste  Heft 
handelt  von  der  Notwendigkeit  und  Natur  des  Zusammenwirkens  und 
von  dem  strategischen  Zusammen\virk«'n.  und  zwar  behandelt 
der  erste  Abschnitt  dieses  Teils  die  Anwendbarkeit  der  strategischen 
BegritTo  des  Landkrieges  auf  den  Seekrieg  und  die  daraus  zu  ziehen- 
den Folgerungen,  der  zweite  Abschnitt  den  Krieg  zwischen  Mächten 
mit  gemeinsamer  Landgrenze  und  der  dritte  Abschnitt  —  schon  im 
zweiten  Heft  enthalten  —  den  Krieg  zweier  durch  das  Meer  getrennter 
Mächte.  Im  ersten  Heft  auf  Seite  32  will  der  Verfhsser  Torpedodivi- 
sionsboote und  die  neuen  Topedoboote  zum  Meldedienst  bei  der  Be- 
fehlsübermittelung im  Aufklärungsdienst  verwenden,  dem  kann  ich 
unter  keinen  Umständen  beipflichten.  Torpedodivisionsboote  und  Tor- 
pedoboote sind  ein  viel  zu  kostbares  Material,  um  derartig  verwendet 
zu  werden,  sie  haben  ihren  lmhz  bestimmten  Zweck  im  Seekrieg  und 
müssen  für  diesen  stets  bereit  und  scharf  sein,  um  nicht  im  Bedarfs- 
falle zu  versagen,  wenn  vorher  unrichtig  verwendet.  Dadurch  haben 
die  Amerikaner  im  letzten  Kriege  gegen  Spanien  ihre  wenigen  Torpedo- 
boote lahm  gemacht  und,  als  sie  bei  Santiago  mit  grofsem  Vorteil  gegen 
die  eingeschlossene  spanische  Plotte  h&tten  verwendet  werden  kdnnen, 
waren  sie  nicht  verwendungsbereit. 


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368 


Omsehau  in  dor  MUitir-Uttenttiir. 


Wenn  der  Verfasser  ferner  in  demselben  lieft  auf  Seite  33  San- 
tiago „für  die  geringe  Aussieht  eines  verzweifelteo  Durchbruchs  auf 
Erfolg**  als  Beispiel  anführt,  so  waren  die  Grande  für  das  Mifslingen 
dieses  Dnrclibnichs  der  spanischen  Flotte  nicht  der  enge  Hafeneingang 

und  die  Einschliersung  überhaupt,  sondern  ganz  andere.  Erstlich  war 

das  Geschwader  Admiral  Cerveras  nicht  gefechtsbereit,  es  fohlte  an 
Munition,  die  Geschütze'  konnten  teilweise  nicht  gefechtsmäfsig  bedient 
werden,  die  Geschützmannschaften  waren  im  Schiefsen  völlig  ungeübt, 
vor  allem  aber  hatten  die  Schiffe  bis  auf  den  Panzerkreuzer  „Colon* 
eine  ganz  ungenügende  (leschwindigkeit.  welche  durch  die  L'berlahrl 
und  das  schnelle  Bewachsen  der  SchiÜsböden  in  den  tropischen 
Gewissem  noch  bedeutend  Terringert  worden  war.  Das  Maschinen- 
personal  auf  den  spanischen  Schilfen  war  durchgingig  seiner  Auf- 
gabe nicht  gewachsen,  Admiral  Gervera  hatte  keine  Kohlen,  weil  er 
den  ihm  nach  GnraQao  nachgeschickten  Kohlendampfer  verfehlt 
oder    nicht  abgewartet  hatte  und  ihn  dann  vor  dem  Hafen  von 
Santiago  durch   einen  kaum  armierten  amerikanischen  Hilfskreuzer 
wegnehmen  liefs.  während  er  diesen  mit  allen  Mittehi  in  den  Hafen  hätte 
hineinbringen  müssen.    Auch  hatte  der  Admiral  den  richtiiren  Zeit- 
punkt zum  Durchbruch  versäumt.    Wäre  dies  alle^  nicht  zu.sammen- 
getroffen,  und  hätte  die  spanische  Flotte  statt  der  kläglichen  Geschwiodi^- 
keit  von  7  Knoten  —  aulker  dem  Panzerkreuzer  Colon  —  eine  solche 
von  14—16  gehabt  was  doch  eine  ganz  gewdlinliche  Forderung  für  einen 
modernen  Panzerkreuzer  ist,  so  wire  der  Durchbruchsversueh  [sehr 
wahrscheinlich  geglückt,  trotzdem  die  schon  enge  Hafeneinfkhit  von 
Santiago  durch  die  Versenkung  des  „Merrimac**  seitens  der  Amerikaner 
noch  verensrert  worden    war.     Denn   in    dem  nach  dem  Auslaufen 
der  spanischen  Schiffe  folgenden  Vernichtungskampf  wäre  der  nur  13 
Knoten  laufende  Panzerkreuzer  »Colon'*  beinahe  den  amerikanischen 
Schiffen  entkommen. 

Das  zweite  liett  des  Werkes  behandelt  aufserdem  in  eingehender 
Weise  das  taktische  Zusammenwirken  von  Armee  und  Flotte  und  xwar 
bei  Landungen,  im  Kampf  um  Küstenbefestigungen  und  bei  der  gegea- 
seitigen  Unterstützung  in  der  Peldschlacht  Der  letzte  Abschnitt 
handelt  von  den  Friedensvort>ereitungen  für  das  Zusammenwirken,  und 
zwar  behandelt  der  Verfasser  darin  die  Organisation  und  den  Ober- 
befehl, die  Gefechtsvorschriften.  Litteratur  und  Unterricht,  Versuche 
und  Übungen  und  besonder*-  Ausbilduns:  der  '  Offiziere.  —  Dieser  letzte 
Abschnitt  de^^  kompfnili'i.sen  Werkes  ist  mehr  in  grofsen  Zügen  ge- 
halten. In  dem  W  i  rk.*  des  geschätzten  Verfassers  lieirt  eine  Fülle  an- 
regender Gedanken  und  umfassender  Kenntnisse  auf  kriegsgeschichi- 
lichem  und  seekriegsgeschichtlichem  Gebiet,  man  liann  das  Erscheinen 
desselben  nur  mit  Genugthuung  begrOlsen  und  wird  ee  in  Wirklichkeit 
bei  sich  darbietender  Gelegenheit  einen  schfitzenswerten  Anhalt  f8r 
die  IVuppenfflhrer  am  Lande  wie  auf  See  und  deren  Offlsiere  vom 
Stabe  bUden.  59  (J.) 


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Umiohin  in  der  MUitir-Utteiatar. 


869 


Lehren  aus  dem  südafrikanischem  Kriege  für  das  deutsche  Heer. 
Von  V,  Franrois,  Major  a.  D.,  früher  Landeshauptmann  von 
Deutsch-iSüdwestafrika.  Mit  8  Skizzen.  Berlin  1900.  E.  S.  Mittler 
k  Sohn.    Preis  1.40  M. 

WSbrend  v.  Pran^ois  in  seiner  Broschflre  „Kriegführung  in  Sfld- 
afHka*  —  damals  pro  domo  —  den  Beweis  ttthrte,  dab  die  eigen- 
artigen VerhUtnisse  des  Klimas  und  OeMndes  «Abweichungen  von 
nnserer  europäischen  Kriegführung  bedingen",  giebt  er  dies  in  der 
YOlliegenden  letzten  Schrift  nur  mehr  „auf  dem  Gebiete  der  Truppen- 
bewegrung"  zu,  während  im  übrigen  „Taktik  eben  Taktik  bleibt,  in 
Afrika  wie  in  Europa".  Und  obwohl  er  in  der  ersten  Schrift  die 
Kampfweise  der  Buren  mit  jener  der  Eingeborenen  als  der  „Lehr- 
meister der  Buren"  —  identifiziert,  hält  er  nunmulir  gegenüber  den 
Buren  eine  spezifisch  „südafrikanische  Taktik  nicht  fUr  nötig**.  Diese 
an  die  Spitse  gestellten  Thesen  sucht  er  an  der  Hand  der  grOfseren 
Gefechte  im  Burenkriege  zu  beweisen.  —  Dreimal  fahrt  er  uns  von 
Qlencoe  bis  Stormberg*  indem  er  uns  jedesmal  den  Gefechtsverlauf 
durch  eine  andere  Brille  betrachten  läfst,  n&nlich  von  den  Gesichts- 
punkten: Beurteilung  der  Gefechtslage  durch  die  Führer,  Angriff  und 
Vertoidi^JTung.  Bei  dieser  Glioderun.e:  des  Stoftes  waren  Wiederholun- 
gen unvermeidlich.  Und  der  Beweis?  —  Genau  genommen,  bleibt 
Pranrois  ihn  schuldig.  —  Er  versucht  ihn  dadurch,  dafs  er  zeigen 
will,  wie  die  Engländer  nur  nach  Vorechritl  z.  B.  der  deutschen  Re- 
glements zu  verfahren  brauchten,  um  günstigere  Ergebnisse  zu  er- 
lielen.  (Idi  mOchte  dem  hinauffigen,  dab  die  Bnglftnder  schliebUch  nur 
nach  iliren  eigene  n  Dienstvorschriften  zu  handeln  brauchten,  denn 
diese  sind  (seit  IBdß)  den  kontinentalen  getreu  nachgebildet). 

Bald  jedoch  kommt  Fran^ois  zum  Schlüsse,  dafs  die  europäische 
Karapfart  doch  nicht  ausreicht;  so  empfiehlt  er  z.  B.  für  den  Angrifi 
auf  gröfsere  Burenstellungen  ein  von  ihm  erdachtes  „südafttkanisches** 
Rezept  (S.  36,  Skizze  8).  —  In  seiner  früheren  Schrift  sagt  Frangois: 
„Unser  europäischer  Soldat  wird  hauptsächlich  für  die  grofse  Schlacht 
ausgebildet  und  daran  gewöhnt,  in  der  Masse  und  durch  die  Masse 

zu  wirken."    (S.  32)  ^In  Südafrika  wird  das  Schiefsen  einer 

Truppe  nie  den  Charakter  unseres  Abteilungsschielbens  tragen,  sondern 
melir  demjenigen  unseres  Binaelsohiersens.  —  Eine  einh^tliohe  Peuer- 
leitung,  sogar  innerhalb  der  Gruppe,  wird  meist  durch  die  weiten 
Zwischenriume  der  einzelnen  Schütsen  und  die  NichtsichtbariMÜ  der 
Ziele  ausgeschlossen.  Die  Schützen  haben  also  eine,  bei  uns  unge- 
kannte  Selbständigkeitr    (S  54). 

In  diesem  Widerstreit  der  Ansichten  des  Franf^ois  von  damals  und 
heute  möchte  ich  seinen  früheren  beitreten. 

Was  Fran(,-ois  übrigens  damit  meint,  dafs  „die  Normaluhr  taktischer 
Denkfähigkeit  in  Afrika  denselben  Takt  wie  in  Europa  schlage**  — ,  ist 
jedem  Denkenden  Uar:  Francis  meint  damit  nUdit  etwa  eine  »euto- 
pSische  Normaltaktik**,  sondern  nichts  anderes,  als  den  gesunden 

JiMMhtr  fir  dt»  «ralMto  Ahm*  uA  HuIm.  B4.  lU  I  S4 


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370 


Lmscbau  in  der  Miiitür-Lätteratur. 


Mensohenverstand!  Diesen  hat  jeder  IViippeiifGUirer,  in  Afrika  wie 
in  Boropa,  in  erster  Linie  von  nSten;  und  gegen  diesen  haben  sich 
die  englischen  Führer  schwer  Yersfindigt^  als  sie  ohne  Aufldimng  und 

in  dichten  Massen  gegen  moderne  Feuerwaffen  anrannten. 

Auf  jeden  Fall  bietet  die  Prancois'sche  Schrift  dem  militärischen 
Leser  eine  Fülle  von  Anregungen;  für  unsere  koloniale  Schutzti-uppo 
hat  sie  einen  unmittelbaren  Wert.  —  um  so  mehr,  als  vielleicht  die 
nächsten  trekks  der  Buren  sich  nach  Deutsch-büdwestafrika  richten 
werden.  32. 

Der  Bomkiieg  im  Sidafrika*     Kurs  dargestellt  von  Ludwig 
V.  Bstorft,  M^jor  im  Groben  Generalstabe.  Erste  Lieferung.  Der 

Kriegsschauplatz.  —  Die  gegnerischen  Streitkräfte.  —  Der  erste 
Abschnitt  des  Krieges.  Mit  4  Textskizzen  und  2  Karten  in  Stein* 
druck.    Herlin  1900.    E.  S.  Mittler  &  Sohn.    Preis  1.80  Mk. 

Diesem  neuen  Lieferungswerke  über  den  Transvaal-Krieg  mufs 
von  vornherein  der  Vorzug  zugestanden  werden,  dafs  der  Verfasser  — 
gleich  Hartmann,  v.  Franvois.  Leutwein  —  die  südafrikanischen  Ver- 
hältnisse aus  eigener  Erfahrung  kennt 

Die  ersten  Abschnitte:  »Der  Kriegsschauplatz"  und  »Die  krieg- 
fahrenden  Parteien*  tragen  daher  auch  den  Originalstempel  der  Uo- 
mittetbarkeiU  die  fHsche  Farbe  des  Selbstgesehenen.  Sehade  nur,  daüs 
v.  EstorlT»  wie  jeder  lebhafter  Erzähler,  „von  fernen  Ländern  und 
Menschen"  häufig  vom  Thema  abspringt  und  demnach  die  im  Inhalls- 
verzeichnis  angegebene  Ordnung  des  Stoffes  nicht  einhält  In  d^r 
Vorgeschichte  des  Kriege.«?  bleibt  auch  EstorlV.  wie  alle  bisiiengen  Be- 
arbeiter, uns  die  Darstellung  der  jüngsten  Kriegsursachrn  schuldig; 
von  Januar  1896  springt  er  unvermittelt  auf  iSeptember  löyy.  Die 
Schilderung  der  Kriegsereignisse  ist  progranungemäfs  kurz  und  klar; 
das  erste  Heft  sehlielst  mit  der  Sehhwht  von  Golenso  (15.  12.  99)  ab. 

fistorff  ist  weder  Burenlhoatiker  nach  Anglophobe;  Tomirteilslos 
fahrt  er  die  Fehler  auf  beiden  Seiten  zum  greisen  Teile  auf  die  b6> 
stehenden  Schwächen  der  Organisation  und  der  Ausbildung  der  Truppen 
und  auf  die  Eigenart  des  Volkscharakters  und  Kriegstheaters  zurttclc 

Dieses  Streben  nach  objektivem  Urteil  sichert  der  Schrift  einen 
besonderen  Wert  32. 

Der  Krieg  in  Südafrika,  nach  den  besten  vorhandenen  Quellen  be- 
arbeitet von  V.  Kunowski.  Hauptmann,  und  Fretzdorff,  Ober- 
leutnant Erster  TeU:  Die  Voigeschiolite  des  Krieges  und  die 
Kriegsereignisse  bis  Schlufo  des  Jahres  1899,  Mit  ehier  Übersichts- 
karte^ drei  SUuen  vom  Kriegssohauplats  und  einer  Beilage. 
Leipzig  1900.   Zuckschwerdt  &  Co,   Preis  1.50  Mk. 
Unter  der  sich  täglich  melirenden  Anzahl  von  Bearbeitungen  des  süd- 
afrikanischen Krieges  ist  die  vorliegende  als  zweite  aufgetaucht.  Sie 
liat  zwei  Vorzüge:  sie  ist  kurz,  und  läfst  sich  auf  keine  gewagte  iuitik 


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Umschau  in  der  MiUtär-Litterator. 


371 


ein  und  —  sie  hat  wenige  aber  für  die  vorliegenden  schwierigen  Vor- 
h&ltniBse  immerhin  bimii«]ibm  Kartonskizseii.  Natürlich  haben  den 
Verfassern  auch  keine  anderen  QueUen  zur  Verfügung  gestanden,  als 
anderen  Bearbeitern;  was  wollen  vielleicht  einige  Friratbriefe  sagen,  die 
höchstens  über  einige  persönliche  Verhältnisse,  aber  niemals  über  die 
vielen  Dunkelheiten  dieses  ungeheuren  Kriegstheaters  Licht  verbreiten 
können!  Ist  es  doch  nicht  einmal  möglich,  die  Gruppierung  der  brit- 
lischen  Truppen  und  die  Zugehörigkeit  der  einzelnen  Regimenter  zu 
diesem  und  jenem  Armeekörper  mit  voller  Sicherheit  festzustellen. 
Namentlich  streitet  man  sich  bekanntlich  über  die  Verteilung  der 
Kavallerie,  wo  die  Zerreifsung  einiger  Regimenter  und  die  Verwendung 
ihrer  ehizelnen  Schwadronen  auf  verschiedenen  Kriegsschaupl&tien  au 
vielen  Irrtümern  Anlafs  gegeben  hat.  Die  Verfasser  tragen  nun  zu 
einer  Klürung  dieser  Verhültnisse  bei,  indem  sie  die  Zuteilung  der 
Schwadronen  des  14.  Husaren-Regiments  zu  4  Divisionen  als  Divisions- 
Kavallerie  zeigen,  aber  sie  bringen  eine  neue  Verwirrung,  indem  sie 
neben  dem  5.  Ulanen-  auch  ein  5.  Dragoner-Regiment  aufführen,  ob- 
gleich sie  S.  10  ganz  richtig  auseinandersetzen,  dafs  die  Linien- 
kavallerie-Iieginienter  fortlaufende  Nummern  tragen,  ohne  Rücksicht 
auf  ihre  besondere  Bezeichnung,  dafs  dieselbe  Nummer  also  nur  bei 
der  Garde-Kavallerie  noch  einmal  vorkommen  kann. 

Dies  ist  eine  wahrscheinlich  leicht  aufkuldärende  Nebensache. 
Bedenklicher  jedoch  ist  die  doch  ziemlich  kritiklose  Wiedergabe  der 
Nachricht,  dafs  Methuens  Truppen  am  28.  November  nach  Oranje-River- 
Station  zurückgekehrt,  am  24.  dort  geblieben,  und  am  25.  fHih  3  Uhr 
aufgebrochen  seien,  dann  einen  Marsch  von  40  km  zurückgelegt,  ein 
hartnäckiges  Geffcht  bei  Graspau  geliefert  und  dieses  um  10  Uhr  vor- 
mittags ahgchrochen  hätten;  also  ein  Marsch  von  40  km  und  ein  Ge- 
fecht innerhalb  7  Stunden!  Das  ist  um  so  aulTallender,  wenn  man  es 
mit  den  sonstigen  Marschleistungen  der  Engländer  vergleicht.  Dafs 
hier  ein  Irrtum  der  Berichterstattung  vorliegt,  ist  wohl  mehr  als  wahr- 
scheinlich. 

Im  allgemeinen  ist  anzuerkennen,  d&fs  die  Verfasser  es  vermeiden, 
Lücken  der  Berichterstattung  durch  Phantasien  oder  Hypoth«ton  auszu- 
füllen;  trotzdem  ist  der  Wert  der  Arbeit  wohl  kaum  ein  über  die 
nächste  Zeit  hinwegreichender.  49. 

Kuba  und  der  Krieg.    Von  J.  Herrings.    Rathenow.    M.  Kabenzien. 

Der  Verfasser  ist  der  ein/ige  deutsche  Kriegsberichtserstatter,  der 
im  amerikanischen  Heere  den  Feldzug  gegen  Santiago  von  Anfang  bis 
zu  Ende  mitgemacht  hat.  Er  will  keine  Geschichte  des  Krieges 
schreiben,  denn  dazu  liegt  das  ganze  Material  noch  allzu  verworren 
und,  wie  er  steUenweise  andeutet,  absichtlich  verwirrt»  vor.  Br 
schildert  vielmehr  seine  persönlichen  Erlebnisse  und  Beobachtungen 
während  des  Krieges  in  amüsanter,  oft  rocht  sarkastischer  Art;  um 
dabei  aber  dem  Leser  den  Überblick  über  den  Verlauf  der  Kriegs- 

24' 


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372 


Umtehaii  b  dar  Milttir-Iittentiir. 


beereb-'nhi'it»'n  zu  erleichtern,  fügt  er  diese,  tageweise  geordnet. 
Verbindung  zwischen  den  einzelnen  Abschnitten  beL  Er  beginnt  mit 
der  Versammlung  der  Truppen  im  Lager  vom  Port  Tampa,  der  Ver- 
ladung auf  die  Transportschiffe  und  der  StSgigen  Seereise  bis  Kuba. 
Der  zweite  Teil  schildert  die  Kfimple  um  Santiago  und  enthilt  viele 
recht  interessante  Eänselheiten.  Nach  der  Obergabe  begab  sich  der 
Verfasser  nach  Havana.  Den  Aufenthalt  in  diesmi  Tabaks-Paradieee 
beschreibt  er  im  dritten  Teile,  in  dem  er  auch  den  dort  lebenden 
Deutschen  ein  besonderes  Kapitel  widmet.  Zum  Schlufs  beantwortet  er 
noch  einige  Fragen  vom  ;illp:emeinen  Interesse,  z.  B.:  Wer  soll  nach 
Kuba  gehen?  Was  sind  die  Hauptprodukte,  und  wie  lassen  sie  sich 
auf  dem  Weltmarkte  verwerten?  Was  man  in  Kuba  verkaufen 
kann  u.  s.  w.  Zahlreiche  Holzschnitte,  zum  Teil  nach  Augenblicks- 
Photographien  sind  dem  Text  beigefügt.  D. 

IHe  Heeie  uid  Flotten  der  Gegenwart.  Herau^egeben  von  C.  von 
Zepelin,  Generalmigor  a.  D.  Frankrdeh.  Das  Heer  am  Ende 

des  neunzehnten  Jahrhunderts  von  Hepke,  Oberst.   Mit  einer 

Karte  der  Truppenstandorte  und  einer  Armee-Einteilung  von 
Exner,  Oberstleutnant.   Berlin.   A.  Schall.  Preis  13,ö0  ML. 

geb.  15  Mk. 

In  dem  schon  zur  Geniige  bekannten  Gesamtwerke  ist  dieser  Band 
der  fünfte.    Eis  erschienen  bereits:  Deutschland.  Grofsbritannien  und 
Iiiand»  Rufsland,  Österreich-Ungarn,  und  zwar  von  genannten  Staaten 
Landheer  und  Seemacht  je  in  einem  Bande,  wihrend  der  vorliegende 
auescliliefslich  das  Landheer  Frankreichs  behandelt,  da  die  Flotte  ehien 
noch  im  Laufe  dieses  Jahres  nachfolgenden  besonderen  Band  bilden 
soll.    Der  Herausgeber  begründet  dieses  Abweichen  von  der  Regel  mit 
der  „eingehenden,  möglichst  einseitigen  Schilderung  Frankreichs  und 
ihrer  Entwickelung  seit  dem  Jahre  1871, "     Der  Verfasser,  Oberst 
Hepke.  meint,  der  über  den  anfänglichen  Kähmen  weit  hinausgehende 
Umfang  der  Arbeit  und  der  Inhalt  der  einzelnen  Abschnitte  sprechen 
laut  dafür,  was  Frankreich  inmitten  schwerer  innerer  Krisen  für 
den  Wiederaufbau  und  die  Ausgestaltung  seines  Heeres  geleistet  hat. 
—  Wir  stehen  nicht  an,  nachdem  wir  die  Lektüre  dieses  stattlichen, 
Aber  600  Seiten  fallenden  Bandes  beendet  haben,  es  auszusprechen, 
dab  derselbe  nicht  allein  an  Umfiing  seine  Vorglnger  Oberragt,  sondern 
einige  derselben  unbedingt  auch  an  Gediegenheit  des  Inhalts  und  ge- 
fälliger, fesselnder  Darstellung.  —  Werke  dieser  Art  sind  der  Gefahr 
ausgesetzt,  schnell  zu  veralten.    Das  vorliegende  ist  bis  zum  Schlufs 
des  J  ihres  1899  auf  dem  Laufenden  gehalten,  es  ist  deshalb  jedem 
Besiizer,  der  an  den  seit  der  Jahreswende  eingetretenen  Veränderungen 
besonderes  Interesse  nimmt,   ein  Leichtes,   dieselben  nachzutragen. 
Besonders  angenehm  berührt  es  mich,  dafs  V^erfasser  der  geschicht- 
lichen Entwickelung  breiten  Raum  gewfthrte;  ist  es  doch  unbestreli- 
bar,  da&,  wer  die  Gegenwart  verstehen  will,  die  Vergangenheit 


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Umsolwii  in  der  Mitttilr-Iitteratiir. 


873 


kennen  mufs.  Die  geschichtliche  Entwickelung  steigt  folgerichtig  bis 
zur  Revolution  hinauf  und  bildet  das  1.  Kapitel  des  ersten  Haupt- 
abschnittes, dessen  2.  dann  die  „Grundlagen  der  militärischen 
GeBetzgebung"  bietet  Der  iwelte  Haupt&bflehnftt  bebandelt  1.  die 
oberste  Leitung  und  Verwaltung  des  Heeres  (Kriegsministerium,  Ober- 
kriegsrst  und  Oberbefehl.  Genemlstab,  die  Verwaltung  des  Heeres, 
Budget),  2.  die  militfirische  Einteilung  des  Gebietes  und  Befehls- 
Verhältnisse,  3.  der  Ersatz  des  Heeres,  4.  die  Gliedening  des  Heeres, 
die  einzelnen  Waffengattungen,  die  Truppenstärken  im  Frieden  und 
im  Kriege.  -  Auffallig  ist  es,  dafs  hier  der  Kolonialtruppen  ^arnicht 
gedacht  wurde,  zumal  die  Marinetruppen  hier  Autnahme  landen. 
Meines  Erachtens  hätten  die  letzteren,  nebst  den  Kolonialtruppen  in 
dem  noch  ausstehenden  Flottenbande  behandelt  werden  können.  Der 
dritte  Hauptabschnitt  behandelt  l.  die  Landesverteidigung, 
2.  Obungslager  und  TruppenQbungsplätse,  8.  das  Verkehrswesen 
(Eisenbahnen,  Etappenwesen,  HiL-Telegraphie,  LuftschUrahrt,  Brief- 
tauben,  Radfahrwesen,  Motorwagen).  4.  Mobilmachung.  Der  vierte 
Hauptabschnitt  bietet:  Disziplinarverhältnisse,  Militär-Gerichtswesen 
Ehrengerichte,  Sanitätswesen,  Veterinärdienst,  Seelsorge,  Dolmetscher. 
Bekleidung  und  Ausrüstung,  Be\vaflhun>r.  Besoldung.  Formen  des 
Au.sscheidens  aus  dem  Dienste  und  Versorgungswesen,  Ehrenlegion 
und  Militärmedaille.  Der  fünfte  Hauptabschnitt:  die  taktische 
Ausbildung  des  Heeres,  Dienst  im  Felde,  der  innere  Dienst,  endlich 
der  sechste:  MilitSrische  Rangstufen,  Disziplin  und  Geist,  das  aktive 
Otflzierkoips,  die  Unteroffiziere,  die  militirische  Jugenderziehung, 
Militir^Litteratur  und  Kartenwesen,  die  nordafirikanisohen  Kolonien 
(leider  nur  diese!).  Im  Anhange  befinden  sich  die  im  Titel  erwähnten 
(s.  0.)  Karten,  dann  Nachträge  (abgeschlossen  am  15.  Dez.  1899)  und 
Übersieht  der  benutzten  Quellen,  dann  (dies  ist  sehr  wesentlich  für 
den  Handgebrauch)  ein  alphabetisches  Sachregister.  —  Dies  das 
Gerippe  des  breit  veranlagten  Werkes,  dem  wir  gegenwärtig  in  seiner 
Art  kein  ähnliches  zur  Seite  stellen  könnten.  —  Wir  müssen  der 
Versuchung  widerstehen,  aui  Einzelheiten  einzugehen,  möchten  aber 
noch  besonders  betonen,  dafs  es  mit  Illustrationen  fiberreich  versehen 
ist,  68  VoUbUder,  70  Textbüder  und  4  Karten  zahlten  wir.  Wie  sehr 
durch  bildliche  Erläuterungen  das  Verständnis  des  Textes  gefördert 
wird,  bedarf  keiner  Beweise.  In  Summa:  Wir  stehen  einer  vortreiT- 
lichen  Leistung  gegenüber,  deren  Bedeutung  für  das  Studium  nicht 
hoch  genug  zu  veranschlagen  ist  1. 

Die  Königlieh  preursische  Infauterie-Schiefsschule.  Unter  Zugrunde- 
legung amtlicher  Quellen  im  Auftrage  des  Kommandos  der 
Inlanterie-SchieÜBschule  bearbeitet  von  Th.  Wagner,  Hauptmann. 
Mit  3  Plänen  in  Steindruck.  Berlin  1900.  R  S.  Mittler  &  Sohn. 
Preis  6  Mk. 

Der  Herr  Verfasser  sagt  in  der  Vonrede,  dafs  mit  der  (Srfindungs- 


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874 


CTinaehca  tat  der  HUltibr-Iitterator. 


und  Entwickolungsgeschirhte  der  Infanterie-Schiefsschule  die  wieder- 
holten Vermehrungen  der  preufsischen  bezw.  deutschen  Armee,  sowie 
die  allmähliche  Vervollkommnung  deren  Handfcuprwaffen  von  den 
dreifsiger  Jahren  ab  in  ursächUchem  Zusammenhange  stehe.  Diesem 
Oedanken  entspricht  die  kurze  ^Einleitung**  des  Buches,  welche  die 
Entwiokelung  der  Handfeuerwaffen  von  1880—1856  in  Ktiize  scbilderi. 
Im  Jahre  1855  trat>  als  Vorg&ngerin  der  Infanterie-Schiebschule  die 
Gewehr-Prfifungs-Kommission  Ins  Leben,  die  als  solche  bis 
1860  bestand,  um  der,  den  erweiterten  Aufgaben  der  reorganisierten 
Armee  entsprechenden  Militär-Schiefsschule  (1861—1890)  Platz  zu 
machen.  Seit  dem  Jahre  1890  wurde  dieser  Name  in  den  jetzigen. 
Infanterie-Schiefsschule,  umgeändert.  Wer  in  diesen  Blättern 
eine  Darstellung  der  von  der  InHinterie-Schiefsschule  gemachten  hoch- 
interessanten Versuche  zu  linden  Uuü'u  wird  sich  enttäuscht  finden,  da 
deren  Veröffentlichung  dienstlich  verboten  ist;  nur  einige  wenige  der 
froheren  Aufgaben  wurden  beigegeben,  um  doch  dem  Leser  klar  zu 
legen,  in  welcher  Weise  solche  Versuche  durchgeführt  wurden.  Das 
Verbot  dienstlicher  Geheimhaltung  erstreckte  sich  auch  auf  die  aus- 
führliche Darlegung  der  dort  gewonnenen  Brfhhrungen  und  der  An- 
sichten über  Waffentechnik,  Schiefsausbildung  und  Gefecht.  Desto 
ausführlicher  ist  in  dem  2.'>7  Seiten  füllenden  Werke  das  Gebiet  der 
Personalien  und  der  dienstlichen  Verordnungen,  dann  der  Erlebnisse 
dieser  wichtigen  Lehr-Anstalt  bearbeitet  worden.  Die  14  Anlagen 
enthalten  u.  a.  die  sämtlichen  Ranglisten  der  Stammofilziere,  den 
Wortlaut  der  A.  K.  0.  und  K.  M.s  betreffend  die  G.  P.  K.  u.  I.  Seh., 
tabellarische  Zusammenstellung  sftmtlicher  Kurse  u.  a.,  außerdem 
drei  Plane  vom  SchiefsstandsgeUnde  1869,  79,  99.  —  Das  Werk  will 
überdies,  da  es  alle  einschlägigen  Besttanmungen  enthilt,  einschlielsUch 
der  Gebühmisse  für  die  Kommandierten,  ein  für  die  Truppenteile 
kompetentes  Naccschlagebuch  sein,  nicht  minder  ein  Denkmal  der 
segensreichen  Wirksamkeit  der  Infanterie-Schiefsschule.  Es  wird 
namentlich  in  den  Kreisen  derjenigen  Offiziere,  die  der  l.-Sch.  kürzere 
oder  längere  Zeit  angehört  haben,  siciferiich  freundlich  aufgenommen 
werden.  4. 

Die  Taktik  der  FeMutülerie  für  die  Oflsiere  aller  Wafflen  auf 

Grund  der  für  die  deutsche  Artillerie  bestehenden  Bestimmungen. 
Von  H.  Rohne,  Generalleutnant  z.  D.    Zweite  vermehrte  und 

verbesserte  Aunns^e.  Berlin  1900.  E.  S.  Mittler  k  Sohn. 
Die  erste  Auflage  dieses  ausgezeichneten  Werkes  hat  bereits  im 
Januarhefte  eine  ei-schöpfende  und  gebührende  Würdigung  erfahren. 
Das  Erscheinen  einer  zweiten  Auflage  nach  so  kurzer  Zeit  beweist, 
wie  sehr  das  R.sche  Buch  einem  Bedürlnisse  entsprochen  hat.  Wir 
geben  von  dieser  Auflage  nur  deshalb  Kenntnis,  um  darauf  hinzu- 
weisen, dab  dieselbe  mehrere  Ergänzungen,  besonders  in  Bezug  auf 
auf  die  erst  neuerdings  bekannt  gewordene  Munitionsausrflstung  ent- 


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Unaobm  in  der  MHiHr-Iittanftnr. 


375 


hüt,  auch  sind  die  kriegsgesohichilichen  Beispiele  Termehri  worden. 
In  einer  besonderen  Beilage  wurden  verschiedene  Einzelfragcn  be- 
handelt, so  das  Stärkevertialtnis  der  Artillerie  zu  den  anderen  Waffen, 

die  Frage  dor  Hattcrien  von  4  und  ^  Geschützen,  die  Reitende  Artillerie 
ira  Kavalleriekampf  u.  m.  a.  —  Einer  weiteren  Empfehlung  bedarf 
dieses  artilleristische  Vademekum  des  Truppenführers  nicht  1. 

TalEtisehe  Ent  wickelungsauf  gaben  für  Kompagnie,  Bataillon,  Regi- 
ment und  Brigade  von  R.  v,  Bri eisen,  Oberslleulnant.  ^11163 
Figuren  im  Text  nnd  anf  19  Tafeln.    Berlin  1000.  R.  Eisen- 
Schmidt  Preis  2  Mk. 
Das  vorliegende  Buch  geht  von  dem  Grundsatae  aus,  an  der  Hand 
des  Reglements  diqenigen  Qefechtssitnationen  durchzusprechen,  in 
denen  eine  Entwickelung  der  betreffenden  kleineren  oder  gröfseren 
Gefechtskraft  für  den  Gefechtszweck  erforderlich  wird.   Es  ist  dabei 
besonderer  Wert  auf  die  Entwickelung  der  gröfisten  dieser  Gefechts- 
kräfte,  die  hier  in  Frage  kommen,  der  Brigade,  gelegt.    Wir  bedauern 
das  insofern,  weil  gerade  die  kleineren  Verbände  weit  öfter  in  solche 
und  ähnliche  Lagen  kommen  wie  sie  für  dieselben  iiier  nur  flüchtig  an- 
gedeutet werden  und  weil  Brigaden  nur  sehr  selten  auf  dem  Exerzier- 
platz, derselbe  nicht  als  Gelände  angesehen,  entwickelt  werden. 

Wenn  wir  auf  die  Art  der  Entwickelungsau l'gaben  näher  eingehen, 
80  m&chten  wir  betonen,  dafs  dieselben  niemals  einfach  genug  sein 
Jcönnen.  Wir  sind  der  Meinung,  dafs  die  Entwickelung  einer  Truppe 
für  einen  demnftchst  zu  erfüllenden  Qefechtszweck  noch  durchaus  nicht 

bedingt,  diese  Truppe  in  dem  landläuiBgen  Sinne  zu  entwiclroln.  Viel- 
mehr ist  der  Unterschied  streng  festzuhalten,  ob  sich  die  Truppe  nur 
zur  Entwickelung  bereit  stellen,  oder  ob  sie  bereits  in  die  Gefechta- 

handlung  eingreifen  soll. 

im  ersteren  Falle  wird  es  sicli  darum  handeln,  die  Gliederung  so 
vorzunehmen,  wie  sie  für  die  beabsichtigte  Gefechtshandlung  am 
zweckdienlichsten  ist:  im  letzteren  Falle  um  diese  Gefechtshandlung  selbst. 
-Grundsätzlich  soliie  die  eine  Art  erst  der  andern  folgen.  Es  ist  etwas 
anderes,  wenn  eine  Truppe  z.  B.  aus  der  Marschfbrmation  unmittelbar 
in  das  Gefecht  eintritt^  oder  wenn  üir  die  Zeit  bleibt,  sich  erst  In  Ruhe 
zu  gliedern. 

Für  den  beabsichtigten  Zweck,  Schulung  der  Pfihrer,  würden  wir 
den  Ausdruck:  ^gliedern"  als  zweckdienlicher  erachten  als  „ent- 
wickeln". Immerhin  bringt  das  Reglement  den  letzteren  nnd  Verfluser 
.steht  sonach  auf  dessen  Boden. 

Jedenfalls  bieten  die  Aufgaben  mancherlei  Anregung,  für  welche 
dem  Herrn  Verfasser  nur  Dank  ausgesprochen  werden  soll. 

Wenn  wir  auch  bei  den  Lösungen  vielfach  Vereinfachungen  vor- 
schlagen möchten,  so  ist  das  keineswegs  Grund,  die  dortige  Lösung 
Jiicht  anzuerkennen.  Es  führen  nirgends  mehr  Wege  zum  Ziele,  d.  h. 


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876 


ümieliaii  in  dar  miltilrXittontar. 


Kttm  Siege,  wie  in  der  kriegerischen  Tb&tigkeit;  das  erlebt  man  jeden 

Tag  von  neuem. 

Die  beigo^obencn  Figuren  erleichtern  wesentlich  das  Studium  der 
empfehlenswerten  Schrift.  63. 

Das  EntfemunefssohätBen  der  Isfaffiterie.  Wie  kdnnen  wir  die 
Leiatiingen  im  BDtfemttngsachfttsen  erbdlien  und  die  Fertigkeit 
am  besten  beurteilent  Von  J.  Stark»  Hauptmann.  Netiburga.D. 
1900.  Griefemayeroehe  Buchhandlung. 

Mit  scharfem  Nachdenken,  mit  anfserordentlicher  Liebe  und  grofsem 
Pleifse  hat  der  Verfasser  das  von  ihm  gewählte  Gebiet  behandelt.  Mit 
Recht  hebt  er  hervor,  dafs  ohne  eine  ausreichende  Ausbildung  im  Ent- 
fernungsschätzen die  beste  Präzisionsleistung  im  Schiefsen  nicht  nur 
hinfällig  wird,  sondern  geradezu  schädlich  wirken  kann.  Allerseits 
wird  wohl  heutigentags  auch  zugegeben,  dafs  neben  der  Treffsicherheit 
des  einzelnen  Schützen  die  Zuverlässigkeit  der  Feuerleitung  und  hier  be- 
sonders die  Wahl  des  riclitigen  Visiers,  einen  mindestens  gleicliwer- 
tigen  Faktor  für  den  Brfolg  der  Ptoertlifttigkeit  einer  Truppe  bildet 
Auch  darin  dürfte  dem  Verfasser  Recht  zu  geben  sein«  dafs  trotz  aller 
Erfindungen  und  Hilfsmittel  das  menschliche  Auge  immer  noch  als  derein- 
zige,  überall  und  stets  anwendbare  Entiemungsm^ser  für  die  Infanterie 
anzu.sehen  ist.  Aber  dieser  Entfernungsmesser  ist  von  Natur  aus  so 
unvollkommen,  dafs  wir  bestreiten  möchten,  dtifs  es  auch  mit  der  vom 
Herrn  Verfasser  vorgeschlagenen  Ausbildungsmothodo  möglich  wäre, 
selbst  bei  genauester  Befolgung  derselben  zu  zuverlässigeren  Ergeb- 
nissen zu  gelangen,  d.  h.  den  erfahrungsmäfsigen  Durchnittfifehler 
unter  das  Mab  von  16—20  */#  herunterzudrücken.  Die  Erftihrung  lehrt« 
dab  auch  der  begabteste  und  ansclieinend  zuveriSssigste  Bntfemungs- 
Schätzer  im  unbekannten  Qel&nde  beim  reinen  Bntfemungsschfttzen, 
d.  h.  dort,  wo  alle  als  Anhalt  dienende  Nebenumstände  fehlen,  vor 
Fehlern  von  100  und  mehr  Prozent  nicht  sicher  ist,  und  wir  möchten 
den  Ausspruch  nicht  für  unberechtigt  halten,  dafs  derjenige  am 
wenigsten  vom  Entfernungsschätzen  versteht,  der  sich  am  meisten 
über  hierbei  vorkommende  Fehler  wundert.  Wir  glauben,  dafs  das 
Entfernungsschätzen  nicht  so  sehr  eine  Thätigkeit  des  Auges  als  eine 
solche  des  Verstandes  ist;  der  Augenschein  mufs  unter  Umständen 
ZU  Fehlem  führen;  nur  richtige  Überiegungen,  d.  h.  Würdigung  der 
Beleuchtungsverhältnisse,  der  erfohrungsm&bigen  Gestaltung  der  Erd- 
oberflSche,  der  taktischen  Lage,  der  Vergleich  mit  anderen  in  der 
Nähe  befindlichen  Oegenst&nden  bekannter  GröCse  vermag  vor  erheb«» 
liehen  Irrtümern  zu  bewahren.  Diese  Fähigkeiten  zu  entwickeln, 
halten  wir  daher  für  das  Wichtigste;  und  das  führt  dann  dazu,  die 
Ausbildung  im  Entfernungsschätzen  auf  die  Führer  und  Unterführer 
nebst  ihren  Stellvertretern  zu  beschränken.  Bis  der  Feuerkampf  auf 
600  m  herangetragen  ist,  werden  diese  noch  ihren  Einflufs  auf  die 
Anwendung  des  richtigen  Visiers  geltend  machen;  von  da  ab  kann 


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ümsohaa  in  der  MUttlr-LWtntiir. 


877 


der  Fehler  dann  kein  allzu  ^lofser  mehr  sein,  wenn  der  Schütze  nur 
den  einen  Grunds-atz  befolgt,  dafs  er.  je  näher  der  Angriff  herange- 
tragen wird,  desto  mehr  von  dem  zuletzt  befohlenen  Visier  nach  unten 
zu  abzuweichen  hat. 

Das  Auge  nirt  einen  auf  1200  m  knieenden  Gegner  für  näher 
halten  als  einen  auf  900  m  liegenden  Gegner;  selbst  mit  einem 
Doppelglase  wird  es  aber  oft  nicht  möglich  sein,  zu  unterscheiden,  ob 
ein  Gegner  liegt  oder  kniet  Auch  das  Ablesen  der  Entfernung  am 
Erdboden  entlang  —  wie  es  zur  Ermittelung  der  Entfernung  empfohlen 
wird  —  mufs,  wenn  es  wirklich  angewandt  würde,  zu  Fehlern  führen; 
im  unbekannten  Gelände  weifs  der  Si  hittze  nie,  wieviel  er  von  dem 
zwischen  ihm  und  dem  Ziel  liegenden  Erdboden  einsehen  kann,  und 
w^ieviel  nicht;  wollte  er  sich  an  die  tür  ihn  sichtbare  Erdoberfläche 
halten,  so  mürste  er  zu  erheblichen  Fehlern  kommen;  denn  der 
liegende  Schatze  sieht  oft  noch  nicht  den  zehnten  Teil  der  zwischen 
ihm  und  dem  Ziel  liegenden  Brdoberfl&che  ein.  Nur  die  richtige  Wtlr^ 
dignng  der  sonstigen  Anhaltspunkte  und  Nebenumstftnde  vermag  das. 
Auge  vor  groben  Irrtümern  zu  bewahren. 

Ausdiesen  und  ähnlichen  Erwägungen  möchten  wir  daher  diesen  vomi 
Verfasser  empfohlenen,  zum  Teü  etwas  weitschweiflgon  Ausbildungsgang 
nicht  unbedingt  empfehlen;  er  hält  sich  unseres  Erachtens  nach  zu  lange 
mit  den  Vorübungen  und  dem  reinen  Entfernungsschätzen  auf:  wir 
würden  es  vorziehen,  von  vornherein,  d.  h.  sogleich  nach  der  Rekruten- 
einstellung, neben  den  unbedingt  nötigen  Vorübungen,  von  denen  wir 
das  Einprägen  der  Grdfse  der  Zidereeheinun^  auf  300, 600  und  1000  m; 
als  die  wichtigste  ansehen,  mit  Übungen  hau  .angewandten"  Bntfemungs- 
sehfttzen  zu  beginnen.  Mit  je  weniger  Schreibwesen  der  Dienst  hier» 
bei  belastet  wird,  desto  freudiger  wird  er  unseres  Erachtens  nach  aus- 
geübt  werden ;  unserer  Erfahrung  nach  lassen  sich  auch  ohne  Sch&tz- 
bücher,  Fortschrittslisten  und  der^'l.  dieselben  Ergebnisse  erzielen  wie 
mit  solchen.    Die  von  dem  Herrn  Verfasser  vorgeschlagene  „Ent- 
fernungsschätzkarte" kann  gewifs  nur  empfohlen   werden.  Hierbei 
möchten  wir  auch  eines  bisher  in  der  Lilteratur  wohl  noch  nicht  er- 
wähnten Hilfsmittels  zum  Entfern ungsmessen  gedenken;  es  ist  das 
Fahrrad  mit  einem  daran  angebrachten  Entfernungsmesser  (Curvimeter).. 
Bei  Übungspl&tzen  mit  gutem  Boden  hat  es  den  grofsen  Vorteil,  dab 
bei  jeder  Übung  und  zu  jeder  Zeit  die  jeweiligen  Entfernungen  genau 
festgestellt  werden  können;  man  wird  sich  dabei  Überzeugen  können,, 
welche  gewaltigen  Fehler  selbst  auf  den  bekanntesten  Übungsplätzen 
oft  gemacht  werden.    Auch  im  Gelände  läfst  sich  zu  diesem  Zweck 
das  Fahrrad  stets  dort  benutzen,  wo  nur  fahrbare  Wege  in  der 
>iähe  sind. 

Die  vom  Verfasser  vorgeschlagene  Art  der  Beurteilung  der  Leist- 
ungen im  Entfernungsschätzen  glauben  wir  nicht  empfehlen  zu  können; 
sie  entbehrt  fUr  den  GelHranch  der  Truppe  immerhin  die  Einfachheit;, 
zudem  ist  es  unseres  Brachtens  für  die  Beurteilung  der  Gröfse  des. 


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378 


Ümteliaa  ia  der  HiHtir-Iittantar. 


Fehlers,  den  ein  Mann  gemacht  hftt,  gleichgültig,  welche  Folgen  der 

gemachte  Fehler  hat 

Sind  wir  somit  auch  nicht  mit  allen  Vorschlägen  dos  Verfassers 
einverstanden,  so  sind  wir  doch  der  festen  Überzeugung:,  dafs  das 
Studium  seiner  Schrift  dem  Verständnis  für  den  wichtigen  Dienst- 
zweig des  Entfernungsschätzens  förderlich  sein  mu£i. 

Es  wSre  gewiis  Ton  hohem  Interesse,  wenn  einmal  hSheren  Orts 
durch  entsprechende  Versuche  ermittelt  würde,  welche  Ergebnisse  sich 
seitens  der  Truppe  in  unbekanntem  Gelinde  flberhaupt  erzielen 
lassen  und  weiterhin,  mit  welcher  Methode  sich  die  besten  Ergebnisse 
erzielen  lassen,  bezw.  ob  sich  bei  gleicher  Ausbildunis^zeit  und  ver- 
schiedener Ausbildungsmethode  überhaupt  nennenswerte  Ver- 
schiedenheiten nachweisen  lassen.  v.  s. 

A.  W.  WeresehtM-hagiu.  Skobelew  im  Türkenkriege  und  vor 
Geok-Tepe.  Erinnernngen  eines  Augenzeugen.  Autorisierte 
deutsche  Ausgabe  von  A.  ▼.  Drygalskt  Berlin  1900.  1.  Ride 
(Stuhrsche  Buchhandlung). 
Der  Verfasser  dar  interessanten  Skizzen:  «In  der  Heimat  und 
im  Kriege"  hat  unlängst  unter  dem  Titel:  .N'eue  Erzählungen' 
ein*'  n«'ue  Reihe  von  Skizzen  folgen  lassen,  die  nach  der  Anordnung 
ilirt's  Inhaltes,  wie  ein  russischer  Schriftsteller  nicht  tr^inz  unrichtig 
bemerkt,  eigentlich  den  Tit»'l:  „Im  Kri'-tre  und  in  der  Hpimat*  führen 
müfsten.  li'-nn  das  unbedingt  anregeiid>te  in  der  kleinen  Schrift  sind 
die  den  Krieg  behandelnden  Schilderungen.  Der  Verfasser  giebt  in 
ihnen  Erinnerungen  aus  den  Feldzügen,  an  denen  ihm  persönlich  Teil 
zu  nehmen  vergönnt  war.  Im  Mittelpunkt  der  Ereignisse  steht  der 
moderne  russische  Heros,  Skobelew,  der  «weilse  General*  mit  dem 
deutschem  Ausdruck  seines  vom  blonden  Backenbart  umrahmten  Ge- 
wehtes, er.  der  Deutschenfresser.  —  Wereschtschagin  beftnd  sich  be- 
kanntlich als  Ordonanzoffizier  in  seiner  nächsten  Umgebung.  Die 
beiden  Kapitel  des  ersten  Teils  der  „Neuen  Erzählungen":  „Jenseits 
der  Donau"  und  „r>ie  Achal-Teke**  werden  dem  deutschen  f.»^ser 
hier  in  der  t  bersetzung  vorgeführt.  Sie  sind,  wie  alles,  was  We- 
rechtschagiii  sehreibt,  ausgezeichnet  durch  Lebendigkeit  und  objektive 
Wahrheit  der  Darstellung.  Diese  Offenheit,  die  auch  den  Schatten- 
seiten russischer  VerhSltnisse  nicht  ans  dem  Wege  geht,  hat  fMlich 
nicht  iauier  den  BeifUl  russischer  Kritiker  gefunden.  So  namentlich 
der  Schlafs  der  Erzihhmg,  der  die  Überschrift:  „Das  Kriegsgericht* 
tragt.  —  Hier  charakterisiert  Wereschtschagin  in  allerdings  sehr  offener 
Weise  das  System  „der  unerlaubten  Ersparnisse",  das  besonders  früher 
in  der  russisch<^n  Armee  eine  so  grofse  Rolle  spielte  und  norh  in  neuester 
Zeit  durch  die  Prozesse  gegen  mehrere  Generale  und  frühere  Ver- 
"waliuiig>beamie  —  in  Petersburg  und  Ssewastopol  —  illustriert  wurde. 
Wir  sehen  da  zwei  Offiziere,  Befehlshaber  von  Ssotnien.  im  Kreise  der 
jflngeren  OfBziere  sitzen  und  berechnen,  welche  „Ersparnis"  fürsiebeidem 


L/'iyiki._cCi  Ly 


Uiuücbaa  in  der  MiUtär-Litteratur. 


379 


fteibftndigen  Ankauf  der  für  ihre  Ssotiden  erforderlichen  dreimonat- 
lichen Pourage  ahfKUL    Wereschtschagin  schildert  diese  Szene  fol- 

gendermafsen:  „18540  Rubel!  ruft,  endlich  mit  seiner  Rechnung  fertig, 
Mahomcd,  reifet  die  kleine  Tossetinisohe  Papacha  (die  Pelzmütze  der 
Kaiikasicr)  von  seinem  grauen,  ganz  kurz  geschorenen  Kopf  und 
schwiriiTl  sie  feierlich  in  die  Luft,  da  fällt  was  ordentliches  für  unsere 
Tasche  abl  —  Unsere  Subalternofflziero  verhalten  sich  bei  dieser 
Nachricht  ziemlich  gleichgültig  und  essen  in  dem  Bewufstsein,  dafs 
sie  nichts  von  dem  Segen  abbekommen,  ruhig  weiter.  Wir  beiden 
Ssotnienkommandeure  beschliefsen  dagegen,  schon  in  aller  Fr&he  zum 
Geldempfang  nach  dem  etwa  40  Werst  entfernten  Stabsquartier  zu 
reiten.*  —  Sehr  drastisch  schildert  Wereschtschagin  dann,  wie  in  ihren 
Freudenbecher  hier  ein  bitterer  Tropfen  Wermut  fallt,  da  ihnen,  „für 
den  Ökonomiefond  des  Regiments"  vom  Zahlmeister  Ssemler  Petro- 
witsch  ein  „Abzugs  von  20%  gemacht  wird. 

Dieser  Abzug  spielt  nun  in  dem  vor  dem  Kriegsgericht  statt- 
findenden Prozesse  eine  Rolle,  da  der  vor  dasselbe  geforderte  Regiments- 
kommandeur die  „20  Prozent"  Hatto  in  seine  eigene  Taschn  gleiten 
lassen  und  deshalb  von  den  Führnri  der  Divisionen  (Halbiegimeiiterj. 
denen  nicht  wie  den  Eskadronskummandeuren  die  Möglichkeil,  auch 
ihrerseits  „Ersparnisse"  zu  machen,  gegeben  wurde,  denunziert  worden 
war.  Der  Angeschuldigte  wird  freigesprochen  und  spfiter  Brigade- 
kommandeur. —  W.  schliefet  seine  ErzShlung  nun  mit  einer  Äußerung 
Skobelews,  der  im  Kreise  mehrerer  Offiziere  einem  derselben  sagt: 
.Wissen  Sie,  Oberst,  dafs  während  des  ganzen  türkischen 
Krieges  nur  drei  Regimentskommandeure  die  Okonomie- 
gelder  vollständig  an  die  Kasse  abgeführt  haben:  Graf  S.. 
Oberst  R.  und  Haron  K.'  Mit  gedämpfter  Stimme  und  halb 
traurig  fügte  er  dabei  hinzu:  l'nd  das  waren  lauter 
Deutsche!*" —  Hierzu  bemerkt  W.  Apuschkin  im  „Invaliden."  dafs, 
wenn  „der  weifse  General"  aus  seinem  vorzeitigen  Grabe  stiege,  er 
sicher  seinen  früheren  OrdonanzofBzier  bitten  würde,  aus  dieser  Er- 
zählung die  Äufserung  über  die  Deutschen  zu  streichen. 

In  allen  Erzählungen  W.s  kehrt  die  Bewunderung  der  magischen 
Gewalt  wieder,  den  die  Persönlichkeit  Skobelews,  seine  Todesverachtung, 
seine  Siegeszuversicht,  seine  Klarheit  in  der  Befehlsführung  auf  den 

russischen  Soldaten  ausübte.  —  Bekanntlich  hat  ein  russischer  Militär- 
schriftsteller, Herschelmann,  im  Wajennüj  Sbornik  „Das  moralische 
Element  in  den  Händen  Skobelews  1880 — 1881**  zum  Gegenstande 
einer  eigenen  Abhandlung  gemacht. 

Dafs  der  Humor  bei  der  NatuiwahrtH'it  der  Erzählungen  W.s  zu 
seinem  Rechte  kommt,  darf  kaum  erwähnt  werden.  Köstlich  ist  in 
dieser  Hinsicht  die  Skizze:  „Der  Feldzahlmoister." 

Die  Übersetzung  giebt  das  Original  gut  wieder.  Die  unrichtige 
Wiedergabe   russischer   Titel  u.  s.  w.    (wie   Pragorschtschik  für 


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380 


Umschau  in  der  Wlitlr-Iitteratiir. 


Praporschtscbik,  Priskow  für  Pristaw  u.  m.  a.)  ist  wohl  auf  Druck- 
fehler surOckzuftthran.  Die  beigegebenen  Bilder  des  Verfassers  und 
seines  Ueblingshelden  sind  eine  willkommene  Zugabe.  17. 

Blnteiluiig  und  Dislokation  der  Russischen  Armee  nebst  einem 
Verzeichnisse  der  KriegsschiiTe.    Nach  russischen  offiziellen 
Quellen  bearbeitet  von  v.  C.-M..  Major.   April  1900.   6.  Ausgabe. 
Leipzig.    Zuckschwerdt.    Preis  1  Mk. 
Wir  müssen  es  dem  Verfasser  und  dem  Verleger  zum  besonderen 
Verdienst  anrechnen,  dafs  sie  so  schnell  der  letzten  Veröffentlichung 
eine  infolge  der  inzwischen  eingetretenen  Veränderungen  richtig  ge- 
stellte neue  Ausgabe  folgen  UeTsen.   Da  diese  sich  meist  auf  die 
Flotte  und  die  Truppen  in  Asien  bestehen,  so  sind  diese  Verbesserungen 
bei  dem  hohen  Inteiesse,  das  gegenwärtig  gerade  der  mÜitarisehen 
Lage  in  diesem  Weltteile  entgegengebracht  wird,  um  so  wichtiger. 

17. 

III.  SotwMan. 

Amudem  der  Hydrographie  imd  navittMen  MetoOMlofle.  Hsili.' 
Port  Elisabeth.  Nach  Berichten  des  Kaiseriiohen  Konsulats  daselbst, 
des  Kapitäns  B.  M.  0.  Loders,  Bark  „India"  und  ergSnzt  nach  eng- 
lischen Quellen  (hierzu  Tafel  5).  —  Die  Delagoa-Bucht   Nach  Berichten 

vom  Kaiserlichen  Konsulat  in  Lorenzo  Marques  und  von  den  Komman- 
danten S.  M  S  Schiffe  in  Ostafrika,  nach  neueren  Veröffentlichungen 
in  den  „Annalen  der  Hydrographie  und  maritimen  Meteorologie**  und 
Bekanntmftchunp:en  in  den  „Nachrichten  für  Seefahrer"  aus  portu- 
giesischen, holländischen,  englischen  und  amerikanischen  Quellen,  er- 
gänzt nach  sonstigen  englischen  Angaben.  —  Rasche  Fahrten  deutscher 
Segelschiffe  auf  afidllehen  Breiten  von  L.  B.  Dinlüage.  —  Rttckbliok 
auf  das  Wetter  in  Deutschland  im  Jahre  1890.  —  Sprungwelle  und 
Flutgröfse  im  oberen  Teil  der  Pundy-Bai.  Nach  einem  kanadischen 
amtlichen  Bericht  bearbeitet  von  Dr.  G.  Schott  (Hierzu  Tafel  IV.)  — 
Die  Witterung  an  der  Deutschen  Küste  im  Februar  1900. 

Marine-Rundschau.  Heft  4.  Titelbild:  Der  russische  geschützte 
Kreuzer  „Askold  "  —  Was  verdankte  die  athenische  Demokratie  ihrer 
Herrschaft  zur  See.  —  L>ie  türkische  Marine  von  ihren  Anfangen  an. 
Von  Kalau  vom  Hofe  Pascha.  (3.  Forts.)  —  Von  der  ostasiatischen 
SiHiion.  Dienstliches  und  Aufserdieiistliches.  —  Sprichwörter  und 
sprichwörtliche  Redensarten  über  Seewesen,  Schiffer-  und  Fischerleben 
in  den  germanischen  Sprachen  (Schlub).  —  Betrag  sur  Theorie  dee 
Wasserwiderstandes  der  Schiffe.  Von  tfartaie-^berbaurat  Schwan.  — 
Das  Wassergas  und  seine  Verwendung.  Von  Torpedo*8tabsingenieur 
Diegel.  (Mit  10  Skizzen.)  —  Die  Vermessung  in  Kiautschou.  —  Neue 
elektrische  Glühlampen. 

Mitteilungen  aus  dem  Gebiete  des  Seewesens.  Nr.  4.  Die 
KesseleiLplosion  auf  S.  M.  Torpedoboot  ^dler."  —  Graphische  Methoden 


ui^ui-L-j  cy  Google 


UniMluui  in  dar  MmUr-Llttanitiir. 


881 


für  die  astronomische  Ortsbestimmung  in  See.  —  Die  Fortschritko  der 
Piiotogrammetrie.  —  Budget  der  K.  K.  Kriegsmarine  für  das  Jahr 
1900.  —  Der  deutsche  kleine  Kreuzer  „Gazelle."  —  Der  brasilianische 
Torpedokreuzer  „Tamoyo."  —  Das  schwedische  Marinebudget  für  das 
Jahr  1900.  —  Fremde  Kriegsmarinen.  —  Der  Hafen  von  Piume. 
Nr.  5.  Astronomische  Ortsbestimmung  zur  See  ohne  Rechnung  und 
Tafeln.  —  Der  SeecQstanzmeaser  der  Profeeaoren  Barr  und  Strond.  — 
Die  Zunahme  der  OrttfeenTerhSltniaee  der  Seeschiffe.  —  Der  8ehiffi»au 
im  Jahre  1899.  —  Die  neuen  Gesohfitze  (Ur  rauchloses  Pulver  in  den 
Vereinigten  Staaten.  —  Der  Schiffspark  der  österreichischen  Handels- 
marine. —  Ein  für  eine  geplante  antarktische  Expedition  bestimmter 
Dampfer.  —  Petroleumgewinnung  der  Erde.  —  Die  Naphta-Ausbeute 
Rufslands  im  Jahre  1899. 

Army  and  Navy  Gazette.  Nr.  2096  l^ie  Rückkehr  des  „Power- 
ful."  —  Die  Proi»aganda  für  die  deutsche  Flottenvermehrung.  —  Besuch 
des  Kanaigt;s(^h\vaders  in  Kingstown  zur  Anwesenheit  der  Königin 
dort.  —  Mangel  an  Ingenieuren  in  der  französichen  Marine.  Nr.  2097. 
Mit  Masten  und  Raaen.  —  Französische  Schiffe  und  Kanonen.  —  Die 
SohiflbausrOstungsfrage.  —  Marine-Depeschen  flber  den  Anteil  an  den 
Gefechten  des  Boeren-Krieges.  Hr.  9098.  Die  Marine  und  die 
Kolonien.  —  Pranaösisohe  Marine-Politik.  —  Englische  Schiffs-Geschütse 
in  der  Front.  —  Das  österreichische  Marinebudget  für  1900.  Hr.  2099. 
Die  Marine.  —  Die  japanische  Marine.    -  Rückkehr  der  »PowerM.** 

—  Erfahrungen  mit  dem  Personal  im  Transvaaikriege. 

Journal  of  the  Royal  United  Seryice  Institution.   Nr.  265. 

Titelbild:  Der  deutsche  Aviso  I.  Klasse  „Heia.**  —  Taktik  bei  dem  „Jane"- 
Seekriegsspiel.  wie  sich  dieselbe  bei  den  verschiedenen  Marinen  er- 
giebt.      Eine  Einleitung  in  das  Studium  von  Marine-Taktik.  —  Marine- 

Nachrichlon. 

Ariny  and  Navy  Journal.  Nr.  1908.  Ein  neues  französisches 
Geschütz.  —  Das  Neueste  von  Manila.  —  Die  Feuerzone.  —  Nr.  1909. 
Ausgaben  für  die  Ktlstenbefestigung.  —  Der  Marinegerichtshof.  — 
Arbeiten  der  Marine-Inihnterie  in  Alaska.  —  Das  Neueste  von  Manila. 

—  Nicht  entzflndliches  Holz.  Hr.  1910.  Die  Befestigung  von  Guam. 

—  Unser  Konsulardienst.  —  Revision  der  Marine-ReglementB.  —  Das 
Neueste  von  Manila.  —  Neue  Klassifikation  von  Kriegsschiffen.  — 
Nr.  1911.  Die  Frage  der  Panzerplatten.  —  Anwachsen  des  ameri- 
kanischen Seehandels  über  den  Stillen  Ocean.  —  Die  Lage  in  Süd- 
afrika. —  Die  Geschichte  der  Marine-Akademie.  —  Pensionierung  von 
Seeoffizieren.  —  Versuche  mit  Etagentürmen.  —  Ausländische  An- 
sichten über  unsere  Kommandanten. 

Revue  maritime  et  cuiuniale.  (Februar  1900.)  Achter  Beitrag 
zur  Schiffs-Kinematik.  —  Die  Verteidigung  der  fkvnzSdsehen  KOste 
von  Bayonne  bis  Dunkerque  im  17.  Jahrhundert  —  Schill^egnahmen 
«ur  See.  —  Die  Wirkung  des  Feuers  zur  See.  —  Die  Konstruktion 


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382 


Umsohaa  in  der  MmtSr-IitteratDr. 


von  Torpedobooten.  —  Der  „Oceanie.*  —  Das  Personal  der  deutschen 
Marine.  —  Versuche  mit  den  Babcock-  und  Wilcox-Kessoln  E)as 
Torpedoboot  „Bailey."  —  Vergleich  zwischen  den  bestehenden  und 
den  im  Hau  befindlichen  amerikanischen  Kreuzern.  —  Die  englische 
Seefischerei.  —  Fischerei  verlrag  zwischen  Schweden  und  Dänemark. 

—  Das  Lyddite.  —  Reorganisation  des  amerikanischen  Marine* 
Personals. 

Rivista  marittima.  (März  1900.)  Schlufslolgerungen  über  den 
spanisch -amerikanischen  Krieg.  —  Eine  neue  Veröffentlichung  des 
Herrn  Loctaroy.  —  Die  Herrschaft  über  das  Mittelmeer  im  Mittelalter. 

—  Elemente  des  Schiffbaues.  —  Die  Erziehung  des  italienischen 
Matrosen.  —  Der  deutsche  Dampfer  «Deutschland.**  —  Yachtsegeln. 

—  Eine  auf  See  ausgeführte  Maschinenreparatur.  —  Neue  Forschungs- 
ergebnisse auf  dem  Gebiete  der  italienischen  Seekriegsgeschichte.  — 
April  190n  I»ie  Punktionen  des  Exerzierens  und  der  Bewaffnung  bei 
der  Vrrtcidigung  der  Nation.  —  Die  n<»ue  Idee.  —  Der  Einflufs  der 
Wa.sserliefe  auf  den  Widerstand  gepen  die  Schiftsliewegungen.  — 
Erfahrungen  mit  dem  Schlingerpendel  in  hoher  See.  —  Die  Lage 
Italiens  als  Kohlen-Konsument.  —  Versuche  mit  Wasserrohrkesseln. 

Mor»kui  Sbornik.  Nr.  4.  (.April.)  Nicht  offizieller  Teil: 
HilAikreuzer  im  spanisch-amerikanischen  Kriege.  —  Armee  und  Flotte 
unter  den  augenblicklichen  VerfaSltnissen;  von  Graf  A.  Heyden.  — 
Der  Personalbestand  der  danischen  Flotte.  —  Stembeobachtungen  auf 
dem  Meere.  —  Grundsätze  für  Wahl  und  AufeteUung  der  Artillerie 
eines  Schiffes.  —  Metallurgische  Bemerkungen. 

IV.  Verzeiebnis  der  zur  Besprechung  eingegangenen  BOcher. 

(Dto  «llfafaagtoen  BBelitr  »rfUirtB  •iae  Be»pr«cliang  oaeh  Mar»gabe  ikrer  Bedeutung  and  daa  T«r- 
nftma  RauMt.  Ha»  V«rpflJoktaBg,  jadm  «ingekMid«  Baoh  xn  bMpiMhta,  ftiwtaüuit  4to 
Uitof  der  ^■kAMhM»  itf  kt.  «mIi  wnimm  «U«  TttdH  lialilchtr  BMwr  mM  Aag>k«  iM  PnIm« 

—  Hbm  4lM«r  oiitMrilt  mtte  —  khr  immmM.  BfawKidMBdniv  vwBtokn  taitl  tUkH  aMt) 

1.  System  der  PfMe-Gymaastik.  Den  Offizieren  der  deutschen 
Beiterei  gewidmet  von  Paul  Plinzner,  Major  a.  D..  Leibstallmeister 
S.  M.  Vierte  durchgesehene  Aullage.  Berlin  1900.  R.  Schröder. 

2.  HiUtKriache  Reiseerinnerungen  aus  Rntelaild.  Sommer  1899. 
Von  A.  von  Drygalslii.  Sonderabdruck  aus  ^Neue  Müitftrische 
Blätter.-  lanu.'ir-März  1900.   Berlin  1900.   R.  Schröder. 

3.  Was  bringt  uns  die  FelddienstoidBUig  1800  Neaesi  Für 

Offiziere  aller  Wdflen  dargestellt  von  A.  von  Hennings,  Hauptmann. 

Berlin  1900.    R.  Schröder. 

4.  Otto  von  Bismarck.  Sein  Lehfn  und  sein  Werk  von  Johannes 

Kreutzer.  Zwei  Bände  mit  zwei  Bildnissen  von  I.  V  Cissarz. 
Leipzig  1900.    R.  Voigtländers  Verlag.    Preis  6,50  Mk.,  geb.  8  Mk. 

5.  Die  Taktik  der  Feldartillerie  für  die  Offiziere  aller  Waffen 
aul  Grund  der  für  die  deutsche  Artillerie  bestehenden  Bestimmungen. 


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UoMOhau  in  der  Militär-Litt«ratur. 


383 


Von  H.  Rohne,  Oeneralleutnant  &  D.  Zweite  vemetarte  und  ver- 
besserte  Auflage.  Berlin  1900.-  E.  8.  MitÜer  A  Solin. 

e.  Krieg  «nd  Arbelt.  Von  Michael  Anitehkow.  Berlin  1900. 
Puttkammer  &  MUhlbrecht 

7.  Batillviig  oBi  Staadorte  des  deutBehea  Heeres  imd  der 
Katoeriiehen  Kaifiie^  Berichtigt  bis  zum  8.  AjirU  1900.  Von 
C.  Alandt  VierunddreiTsigater  Jahrgang.  (Erste  Ausgabe.)  Berlin 
1900.  A.  Bath.  Preis  1  Mk. 

8.  Einteilung  und  Dislokation  der  russis^Aeii  Amee  nebst 
einem  Verzeiclinisse  der  Krie^sehiife.  Nach  russischen  offiziellen 
Quellen  bearbeitet  von  v.  C.  —  M.  Mijjor.  6.  Ausgabe.  Leipzig  1900. 
Zuckfichwordt  &  Co.    Preis  1  Mk. 

9.  Statistik  der  SaniUit.sverhältnisse  der  Mannscliaft  des  K. 
und  K.  Heeres  im  Jahre  1898.    Über  Anordnung  des  K.  u.  K.  Reichs- 

Kricgs-Minisleriums  bearbeitet  und  herausgegeben  von  der  III.  Sektion 
des  K.  u.  K.  technischen  Militär-Komitee.  Wien  1899.  Druck  der  K.  K. 
Hof-  und  Staatsdruckerei. 

10.  Oescliichte  des  Feidartillerie-Regiments  General-Feldzeug- 
meister (1.  Brandenburgischen)  Nr.  3.  Auf  Befehl  des  Königlichen 
Regiments  bearbeitet  von  v.  Stumpl'f,  Hauptmann.  Mit  Skizzen, 
Karten  und  Plänen.  Berlin  1900.    E.  S.  Mittler  &  Sohn.    Preis  13,50  Mk. 

11.  Geschichte  des  4.  Magdeburgischen  Infanterie-Regiments 
Nr.  67.  Ergänzte  und  bis  1899  fortgeführte  Auflage  von  „Die  ersten 
25  Jahre  des  4.  Magdeburgischen  Inf.-Regts.  Nr.  67,"  dargestellt  von 
Heinrich,  s.  Zt  Hauptmann  v.  N.  B.  d.  gr.  Generalstabes.  Auf 
Befehl  des  Königlichen  Regiments  bearbeitet  von  Weberstedt» 
Leutnant  Mit  Abbildungen,  Karten  und  PlXnen.  Berlin  1899.  B.  S. 
MitUer  k  Sohn.  Preis  12,S0  Mk. 

12.  T.  LQbeU'a  Ja]ire8beri<Ate  Iber  die  Verindenuigem  und 
Fortaefavitte  in  HilitinreeeB.  XXVL  Jahrgang  1899.  Unter  Mit- 
wirkung  mehrerer  Offiziere  herausgegeben  von  v.  Pelet-Narbonne» 

Generalleutnant  z.  D.  Mit  6  Skizzen  im  Text  Berlin.  B.  S.  Mittler 
k  Sohn.  Preis  11  Mk.,  geb.  12,50  Mk. 

IS.  L' Armee  k  travers  les  agea.  Chefk  d'armee.  Gonferencee 

faites  en  1899  ä  l'ecole  speciale  militaire  de  Saint-Cyr.  Paris  1900. 
Librairie  militaire  R,  Chapelot  et  X)ie. 

14.  Quartter^  «nd  Katniallelatiiiiff  für  die  bewallkete  Macht  Im 

Frieden  in  den  Jahren  1894  bis  1897.   Von  Dr.  M.  Neefe,  Dbektor 

des  statistischen  Amts  der  Stadt  Breslau.  Sonderabdruck  aus  dem 
8.  Jahrgang  des  Statistischen  Jahrbuchs  deutscher  Städte.  Breslau 
1900,    W.  Korn. 

15.  Der  Krieg  in  Transvaal  1899—1900.  Von  Tiederaann, 
Oberstleutnant  z.  D.  Ers'er  Teil:  Der  Krieg  bis  Ende  1899  und  seine 


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Umsoiuui  in  dar  MUitir-Litteratar. 


Vorgeschichte.  Mit  2  Karten,  Berlin  1900.  Militär -Verlagsanstalt 
Preis  2  Bfk. 

la  HisteiMi»  Stadien.  Heft  XVI.  Die  KiiegfHhiug  iM 
EnhonogB  Cail.  Von  Heinrieh  Ommen.  Beriin  1900.  R  Ebering. 
Preis  4  Mk. 

17.  General  Gallieni.  La  FacÜMlttoii  de  Madagascar.  (Operations 
d'Octobre  1896  a  Mars  1899.)  Ouvrage  redige  d'apres  les  Archives  de 
rKtat-Major  du  corps  d'occupation.  Par  P.  Hellot,  oapitaine.  Paris 
1900.   Librairie  müitaire  H.  Chapeiot  et  Cie. 


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