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Full text of "Augusteum Dresden's antike Denkmäler enthaltend"

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AUGUSTEUM 

r 

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D RES D E N '. S 

ANTIKE DENKMÄLER ENTHALTEND. 



MBRAUSOB GEBEN 
▼ OH 

WILHELM . GOTTLIEB BECKER. 



ZWEITER BAND, 
i) K E s D E rr 

AUF RÜSTEN DES VERFASSER« 
UND IN COMMISSION 
»SR Oi.F.OITtCHMCHEN BUCltUAMDLUNG IN LEIPZIG. lOOB- 



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llBLTOTllIiCA 

REGIA 
MÜÜKCKSSIS. 



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VORREDE. 



Der erste Band dieses Works ist laii Beifall autgenoiiimen, 
aber nicht von allen Theilnehmem so thätig unlerstützt worden, 
ab eine solche Unternehmung, die ein Privatmann ganz auf eigne 
Gefehr gewagt hat* nothwendig erfordert Die Zatumstande 
haben andere Hindernisse herbeigeführt, welche eine frühere ond 
zu schnelle Ersdianung der Fortsetzung verboten. Ohne jene 
Unzuverlässi^eitent deren Anzeige ich mir vorbehalte, und ohne 
die Dazwischenkunft der letztem, würde ich dieses Werk mit 
frohem Muthe fortgesetzt haben, so wenig auch der Anfangs 
bestinunte Preis mit dem nachherigen Betrag der hohem Kosten 
in Verhältnifs steht. Gegenwartig aber sety.e i( h es aus Pfliclit 
Soit, um denen jenigen Theilnehmem, die ihre Zusagen er füllt 
haben, mdn Wort zu halten, und erwarte von der Zeit, ob ich 
die Untemehmong «fieses Werks bereuen soll oder nicht. Been- 
d^^ werden soll es auf jeden Fall, und ich darf diels um so 
dreister verrichero, da bereits der gröfste Theil der Pbtten in 
raeinen Händen ist. Die Ergänzung dürfte jedoch den säumigen 



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IV 



VORREDE. 



InteFesMDten nach Jahresfinst ziemlich schwer feilen oder ganz 
unmo^ch irerden, wo! die Nothwendigkeit erfordert, auf 

vollständige Exemplare Rücksicht zu nehmen, und die übrig- 
bleibenden, nach Vollendung des Werks, auf einen liolierii Preis 
zu setzen. Dafs übrigens, der angeiulirten Umstände wegen, 
dennoch nichts von mir gespart wird, die Abbildung^ so gut 
als mögUch zu liefern, mag der Augenschein lehren. 

Die öffentlichen Blatter haben ach für meine Unternehmung 
gunstig o-Uärt, und ^eidies Glück ist dar firanzöosdien Ausgabe 
in Frankrdch und Ei^;bnd iviederfiihrai. Audi die Kritik ist 
meinen Eiklärungen und Vermuthungen im Ganzen nicht abge- 
neigt gewesen; am umständlichsten und aufmunterndsten sind sie 
von dem Herrn Geheimen Justizrath Heyne beurtheilt worden. 
Einige Kenner, welche Achtung verdienen, haben über Alter 
und Bedeutung einiger wenigen Werke verschiedene Meinungen 
geaulsert» die vielleicht gegründet seyn können; aber &a anderer 
Gelehrter bat mdnen Hypothesen andere entgegengesetzt, die 
weniger Haltbarkeit haben, als die roeinigen. Oer Ton, in wel- 
chem ich meine Ansichten und Vermuthungen mittheile, fuhrt 
zu^eich den Beweis in sich, dafe ich sie keinesw^s für unfidilbar 
halte; aber ohne wahrscheinliche Gründe habe ich keine gegeben. 
Absprechende Aufeerungen, die nicht von wirklichen Beweisen 
unterstützt werden, können nur Miij>traucn erregen, und der 
kühnste darin wird vielleicht am meisten irren, w^ er immer 
von Torgefalsten Meinungen ausgeht. 

Jede Z^urechtweisung, die übozeugend för midi ist, wird 
mir, der Wissensdiafit selbst wegen, sdu* willkommen seyn; 
auch soU keine dcisdben für dieses Wok verkMPen gdien: denn 



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VORREDE. 



V 



ich habe mir vorgenommen, die abweichenden Mdnungen am 
Schlüsse desselben zu sammlen, wo ich dann die nberzeugenden 
willig anerkennen, andere liiny g( n /.u widerlegen suchen werde. 
Der Sachkundige wird sich tlann in den Stand gesetzt sehen, sein 
eignes Urtheil festzustellen, und die Wissenschaft wird dabei 
gewinnen. Bis dahin niufs ich mir gefallen lassen» dafs diejeni- 
gen , denm mein Werk nicht zu Gesicht kömmt, meine Bemer- 
kungen für widerlegt halten, wenn sie dieselben in Sdiriften auf 
solche Wdse beröhrt finden; denn ich bin mcht anmalsend 
genug, jeden Widerspruch eher su «rwiedern, als es nöthig ist« 
Das Unhaltbare memer Äulserangen mag fallen: das Wahre wird 

ohnehin stehen. Iki manchen kann l)lus die grufsere Wahr- 
scheinlichkeit / nts( lieiden. Ob sie gleicli von gelehrten Citaten, 
die hier unterdruckt werden nmfsten, entblolst erscheinen, so 
sind sie dennoch Resultate der Untersuchung und Prüfung. Aus 
den ndimlichen Gründen, die mich zu Wi^bssung alles Unnö- 
thigoi bestimmten, werde ich auch bei Gegenständen, die keiner 
umständlichen Erläuterung bedürfen, das Bdtannte voraussetzen, 
und nur das Nöth^te erinnern. 

Da ich m Ansehung der äuisem Form der Bände auf Gteidi- 
heit der Starke Rucksicht genommen habe , so sind diesem 
zweiten fiande mehr Knpfei hiatter zugetheilt worden, als tlem 
ersten. Ein einziges Denkmal erscheint in diesem noch von zwei 
Seiten dargestellt; die übrigen alle sind nur von eino' Ansicht 
genommen« 



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V£IVZ£ICHMISS EINIGER FAÄNUMEIVANTEN, 
die in der vorigen Liste übei;gangen, oder uoter den Angaiien der Buchbndluiigen 



Exempl. 



H. von Buul \ un Ukrenbergi 0«st. K. iL GeschäftMrügev am Köni^ 

Sachsbeben Hofe. i 

H. Ganzleidirector Ccanner in Wolfenbüttd. i 

H. T. Breymann in Bniunsdmeig. i 

H. Baron Gabrid vonPronay, Obergespami des Gömörer Comitatft 

in Hungarn. t 

H. H. Gebrüder Kilian, Buchhändler in Festh. i 



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AÜGUSTEUM. 



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Griechenliind war das heimische Gebiet der Poesie und bilden- 
den Kunst; die Philosophie veischwisterte sich aal jiaitu mui 
erhob sie, durch ihre lieitiing von der Einfachheit zur Erliahen- 
heit und Schönheit, zu ewigen Mustern der Nachwelt. Die altere 
Schwester, die Poesie, leuchtete der jüngem, der plastischen 
Kuost, TW, bis diese selbst zur SdiöpfSnio vrurde, uiid das 
Gebiet ihrer Ldirerin erwetterte. So Hand in Hand geschlungen, 
verbrateten sie iiber das schönste Gebiet der Welt^eschidite 
einen Zauber, den keine Zeit löset, den kein Erdstrich, kon 
Zeitalter sich jemals wieder erringen kann. Nie wird eine andere 
Fahelgeschichte der Kunst so gun>5tig wieder werden, als Grie- 
chenlands reizende Dichtung war ; nie kann die Wirklichkeit 
wieder sich so ins Romantische kleiden, als sie von dort uns 
erscheint; denn schon die Prosa des griechischen Lebens war 
Poesie, und blieb es auf immer. 

Doch auch die ewigen Urbegriffe der Kunst, und die aus 
grofien Mustern entsprungene IV^l der Wissraschaft, welche 
die Philosophie schon früh vor ihren Richterstuhl zog, mdit um 
die Kunst auf kalte Regeln zu griinden , sondern die Werke der 
Künstler luil Euisichl beurthedeti z,u lernen — auch diese leuchten 
aus jenem '/.ellaltei \or, und der Kunst bleibt nichts mehr 
übrig, als weuiger glückliche Stoftie nach gleichen Gesetzen zu 



^ 

beleben , gleichwie Her riiilosophie kaum mehr als das Verdienst 
der reifern Entwicklung und Ordnung jener ßegriife verbleibt. 

So ward und blieb die griechische Weit die Heimath der 
Ideale fiir alle bildende Künste. Oer veredelte Heros ö&ete 
den Einj^ng zum Olymp, und der Künstler erschaute die Göt- 
ter; die verschönerte Wdblidikat forderte mit Hoheit ihre 
Throne zu theilen, oder schwang nch durch Anmuth hinauf. 
Was auch die Kunst noch itzt zu erschaffen vermag, und so sehr 
sie ihr Gebiet zu erweitern gewufst hat, dennoch sind ihre erha- 
bensten Sciiojjfunjjcn , so vielen Ruhm sie verdienen, nur weise 
Modißcationen der Ideale, welche die Grieclien erschufen. 

Sind uns auch der Werke von hohem Rang nicht \'icle geblie> 
ben, so hat doch der schützende Genius der Kunst noch manches 
andre trefflidie Kunstwerk erhalten, aus welchen, verglichen mit 
jenen, die Höhe der Kunst» zu weldter sie in ihrem Vaterlande 
emporgestiegen war, überzeugend genug erkannt werden kann. 
Ja selbst in geringen Werken sind imm« noch Spuren eines 
grofsen Stils zu bemerken, welchen auch geschmacklose Nach- 
ahmer und Handwerker nicht ganz, verlaugnen konnten. Und 
sowohl in dieser, als auch in archäologischer Hinsicht, verdienen 
die bessern darunter, wenn sie nicht allzu verstümmelt sind, 
immer bekannt gemacht zu werden. 

Die Königliche Gallerie bewahrt aber, außer den schon g^e- 
fierten Werkoi, nodk viele vortreffHdie und interessante, unter 
welchen sogar einige vor andern ihrer Art den Vorrang bdiaopten* 
Die folg^den Ablnldimgen mögen nun femer, so viel es Kupfer^ 
blatter vermögen, die Aufmerksamkeit erwecken, welche die 
Originale von einsichtsvollen Kennern luid Künstlern verdienen. 



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3 

XXXV. 

Den Eingang zu dieser neuen Ausslellung merkwürdiger Denk- 
mäler möge ein Werk er^Enen, das unter den »diönsten idealen 
Formen einen Flau behauptet Derselbe Gegenstand befand sich 
ehemab auch in Rom, aber ohne Welugehange, und wir besitzen 
davon einen sehr schonen Abgufs in der Königlichen Sanmihing. 
Ob tlas Oiigliiiil so guL erhalten war, als iiiisrige, entsinne 
ich mich nicht mehr; docli ouch an diesem tthlt die Nase, und 
der Kopf ist abgebrochen gewesen, scheint al)er dem nehmlichen 
Körper angehört zu haben. Jenes ist als Büste gearbeitet} dieses 
aber scheint ursprüi^ch Statue g^vresen zu s^, daran unterer 
Theil Terstümmelt gewesen, öder sonst verloren gegang^ ist 
Vermuthlich war der Rücken so beschädiget, dals man ihn vot 
lends auszuhöhlen beschloJs, um es ab Büste darzustellen. Die 
Nase ist gut ergänzt und entstellt wenigstens den herrlichen Kopf 
nicht, der, wie die grofseii und edlen Formen der Brust, des 
schönsten der Helden würdig ist. 

Man hat dieses Ideal verschiedentlich benannt; bald hat man 
einen Sdpio Africanus, bald dnen Theseus darin gefunden. Jene 
Benennung ist wohl die unstatthafteste» diesor hing^en wäre 
nidits oitgqjen' zu setzen, wenn nidtt der von Diditern und 
Künstlern so hoch gierte Sohn des Peleus, wdchen Homer 
selbst nicht nur dm Tapfersten, sondern auch den Schönsten 
unter den Griechen nennt, auf ^n so treffliches Kunstwerk noch 
grofsem Anspruch hatte; denn wenn diese Vorstellungen das 
Ideal des Achilles nicht l)ezeiclincn, so dürlie es wenigstens kein 
anderes unter den übrig gebliebeneu Werken der Bildhauerkunst 
ausdrücken. • 



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4 . 

Was aber zu dieser Beneiiiuing noch mehr berechtiget, ist 
die Haltung und der Ausdruck des Kopfs, welche beide eine 
Gemüthsbewegung anzeigen, die der raschen Munterkeit des Hel- 
den en^egen gesetzt bt» ohne die edlen Züge des Gesichts zu 
stören. Vielleicht hat ihn der Künstler in dem Momente dar- 
stelle wollen» wo er vor seinem gefiallenen Freunde, dem Patro* 
klus, steht, und mit stiller Wehmuth auf ihn herabhlickt. Die 
Anleitung dazu ist wenigstens in dem Dichter enthalten. 

Dafs das Wehrgehangc , welches mit einer Ranke geziert ist, 
auf der linken Sthuker ruht, kann weder zur Erklaning des 
G^enstands beitragen, noch das Alter des Kunstwerks bestimmeu* 

Merkwürdiger sind die Verzierungen des Hehns, dessen obe- 
rer Griff eig^nzt ist, denn der Vordertheil des Löwen, den man 
auf Karthago hexogen hat, ist neu. Vermuthlich war es ein 
Sphinx, dergleichen nch auch auf jener andern erwähnten Büste 
befindet, neben welchem auf beiden Seiten «n Greif, und vomen 
am untern Theile, ebenfalls auf beiden Seiten, ein Hund in flach 
erhabener Arbeit erscheinen. Der Bau dieser Hunde gleicht dem 
Bau der Windhimde, die man fiir eine Anspiehing auf die Behen- 
digkeit des Helden nelunen konnte, wenn man sie nicht lieber 
für ^^ olfe erkennen will, die dem Helme eines Kriegen zu ^ner 
bedeutenden Verzierung gerdchen. 

Dieses vortr^Oiche Kunstweri^ befimd sich ehemals in der 
KönigL Preulsisdien Sammlung, aus wddier es B^er beschrie- 
ben und, des Löwen wegen, auf den Sdpio Afncanus bezogen 
hat, wogegen sich aber schon vormals Casanova mit Recht 
eik Lille. Die ganze Hohe dieses schonen colossaleii Fragments 
betrugt zwei Pariser P'uls und sieben Zioll. Gezeichnet ist es 



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vom Herrn Professor Schubert und gestochen von dem Herrn 
Professor J. G. Müller in Stuttgardt. 



XXXVl. 

Neben eiern idealen Bildnisse jenes Helden stehe hier ein 
anderes, das in Rucksicht diit Bedeutung und Dcirstellung gleich 
merkwürdig ist, und noch uberall die Spuren einer wahren 
Künstlerhand verrath. Manche Theüe des Gesichts, besonders 
um den Mund, haben etwas gelitten, und die Nasenspitze ist 
neu; dennodi macht dieses seltene Denkmal nodi immer ein 
interessames Ganze aus. 

Der Köpft welcher välig^ Lebensgrölse hat, steht frei her> 
vor, als wenn er aus anem Fenster heraus schaute, und es liefse 

sich daher verniulhen, dals dieses so seltene Haut-rtlief, welches 
unten eine .iblcudeiide Basis behalten hat, als Verzierung einge- 
mauert, oder Theil eines Ganzen gewesen sei, dessen Inhalt sich 
nicht errathen läislU Ich erinnere mich keiner ähnlichen Vorstel- 
lui^ dieser Art, man mülste denn einige gebrannte Bildnisse der 
späten Zeit hierher redmen, deren antike Ächthät jedoch noch 
bestritten werden kann. 

Ob die Tiefen der Augapfel mit Edelsteinen verziert gewesen, 
oder späterhin eingegraben worden, läfst ndi nicht bestimmen; 

doch ist eher d.is lelzlere zu vennuthen. Hier ruht das Wehr- 
gehange auf der rechten Schultci', und über der linken lumj^^l ein 
Stuck Gewand. Der Hehn ist von alter Form. Merkw urthg 
ist der Spieü», der hinter dem Kopfe des Helden sichtbar i&t. 

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Das Ganze bat, auch aulser der Seltenheit, emen entschiedenen 
Kunstweith. 

Man hat diesen bärtigai Kopf, nach einer Statue im Cafntol* 
mit der er einige Ähnlichkdt hat, Pyrrhus benannt; aber auch 
jene Statue fiihrt diesen Namen schwerlich mit Recht, denn den 
Köpfen auf den Münzen des Königs von Epirus gleicht sie so 

wenig, als das vor um liegende BildniCi). Das Schlaue und Lau- 
schende, was in dei H.illunii und dem Ausdruck, des Oriüinals 
liegt, durfte elirr i iiion Ulysses hezciclinen, der ja wohl eben so 
gut behelmt, als mit dei' Schifrerniutze erscheinen darf. 

Dieses Denkmal ist aus den Händen eines Privatmanns in Rom 
gekauft wordoi. Die ganze Höhe desselben beträgt einen Pariser 
Fofs und acht und emen halben ZoU. Gezeichnet ist es von 
Herrn Nadte, und gestochen von Herrn Gottschick. 



XXXVII. XXXVIII. 

Unter allen Kunstwerken, welche die Königliche Antikengal- 
koe ziorm, behauptet das unvergleichUche Fragment, welches 
die beid»i folgenden Platten darstellen, unstreitig den enten 
Rang. Aber kühn darf es sich überhaupt neben die berühmte* 
sten uns übrig gebliebenen Meisterstücke der alten Kunst stellen: 
es ist zu Ansprüchen berechtiget, die keines der übrigen machen 
daif , ob sie schon Vorzüge von anderer Art dagegen geltend zu 
machen vermögen. In keinem ist die Natur so treu, so wahr, 
und doch so veredelt dargestellt, als in diesem; aus keinem 
andern spricht so viel anatomische Kenutnils und Gelehrsamkeit, 



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als aus diesem, ohne dals die Hand des grolsen Kiinsllers blos 
von der Wissenschaft geleitet worden wäre. Vielmehr scheint 
sie nch derselben nur bei Oarstdlung ihres Gq^tandes mit 
ToUer Sicherheit bewulst gewesen zu seyn. Bei aller Ausführung 
des Detail sind dennoch die Formen grofs gehalten, und die 
aufserste Vollendung des Muskelspiels, das durchgängig das 
Gepräge der iiolliw t.;ii(lig.stcn Bc7,ieliung ti.igt, \irliejl sicli in 
einiifcr EntltTiuing dergestalt, daLs dem Auge nur die beweg- 
lichen Hauptlornien, aber eben deswegen auch in einer Wahr- 
heit und Weichlieit sichtbar werden, die dem Ganzen eine 
unverkennbare Freihat und Lebendigkeit geben. 

Auch der berühmte Denon, dessen Seiner Kunstnnn fgenof^ 
sam erkannt ist, zahlte diesen vortrefflichen Köipor unter die 
dassischen Mdsterstiidie des Alterthums. Will man freilich 
den greisen Stil, bei den ubri^n vorausgesetzten Erfordernissen, 
in \ ernieichnig eines zu ausgeführten Delail allein suchen, dann 
wird man \ielleK:ht diesem Fragment seinen ihm gebührenden 
Hang unter den Werken des grolsen Stils abstreiten, aber es 
dennoch für ein vortrefFliches Kunstwerk erkennen müssen. 
Doch jene, sonst» auf richtige Grundsätzen beruhende, Kritik 
kann es nicht einmal treffen, weil die Hauptformen alle grols 
erscheinen, und das bis zur möglichsten Genauigkeit ausgefiihrte 
Detail, das in seiner Art einzig genannt werden kann, nur dazu 
dient, dem Ganzen die höchste Vollkommenheit und Wahrheit 
^u gehen, die der giül>.e Kinislh r sich /.ur Aulj^alK' gemacht halte. 

Es ist cm giolser \ erlust, dals der Kopf, <Ier rechte Arm, 
das rechte Bein, ein Theil des linken Schenkels, und die Fufse 
verloren gegangen sind; desto schöner aber ist der übrige Theil 



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erhalten. Auch oline die überaus seltenen Attribute, die sicli an 
der Steinmasse neben {l(;ni linken Beine befindeilt vmS auf dem 
Kupferblatle besonders dargestellt sind, würde mao die Bedeu- 
tung dieser Statue nicht verkennen können« Der wohlgenährte 
und durch häufige Anstrengung der Muskeln stark gewordene 
kraftvolle Körper verkündet durdi die In'dite Brust sogleich den 
Athleten oder Pankratiasten. Der Künstler hat ihn dargestellt, 
wie er sich zun» K,impfe hcrcit(;t oder nacli errungenem Siege 
durcli Einreibung des Ols wieder stärkt. Er ist eben im Begriff, 
mit aufgehabener Rechten die Ölsalbe auf sich zu schütten, und 
hält daher <lie halbgeöffnete linke Hand unter, um die daneben 
fallenden Tropfen aufztt£ang^ Das Gefaüs, worin sich die Salbe 
be&nd, hängt an dem Steine zwischen dem Castus oder einem 
der Wehrhandschuhe und .der Stri^el, mit welcher die Athleten 
sidi von dem mit Schweiß vermischten Staube und Sande vrie- 
der zn reinigen suchten, bevw ae die Salbung des Körpers 
vornahmen. 

W^ic sehr Griechenland die Sieger in den Kanij)l«<j)ielen ehrte, . 
ist genugsam bekannt. Wahrscheinlich war auch unsere vStatue 
das Denkmal eines berühmten Athleten, das man dei- Hand eines 
groisen Künstlers anvertraute* Springer und Wettläufo: suchten 
sich einen 8chmachti^||en und leichten Körper zu erhaltiHi, aber 
die Ringer waren auf dnen wohlgenährten Körper bedadit, und 
manche eisen sogar übermäßig stark. Dabei aber behielten sie 
eine gewisse Ordnung bei , und suchten die Kräfte ihres Körpers, 
ohne jedoch die gewöhnlichen Ubunuen /.u unterlassen, möglichst 
zu schonen. Sie enthielten sich des Weins, l)eobachteten eine 
bestandige Keuscliheit , und alsen des Mittags wenig, desto 



9 



Stärker aber viele darunter des Abends, worauf sie sich einein 
asiemlich langen Schlafe überUefsen. Da vorher Geburt, Stand, 
und AufRihrung derselben in den Gymnasien gepi-üft werden 

luulstoii, elic sie die Eilaubnifs erhielten, in <len öffentlichen 
Kampfspielen aulz,utielen , so lafst sich die öfTentliche Achtung, 
in welcher sie standen, desto leichter erklaren. In den allern 
Zeiten trugen sie einen Schurz um die Hiifte, nachher aber tra- 
ten sie nackend auf. Unedle Mittel waren bei den Kämpfen 
durchaus verboten, und nie konnte der Sieg^ den Preis erhalten, 
wenn der G^ner dabd das Leben verlor. Lacedämon allein 
machte darin eine Ausnahme} denn Ssx Sieger konnte den 
Besiegten ungestraft tödten. 

Man hat unsern Athleten in einer alten Genune wieder zu 
fuiden geglaubt, aber die Stellung der Beine und die Haltung 
des Arms' sind ganz verschieden. Es giebt deren mehrere, die 
in der übiigen Stellung mit ihm ziemlich übereinstimmen, aber 
jugendhcher sind *, und es ist natürlich, dais die Künstler sie 
am liebsten in «ne sprechende Handlung gesetzt haben. 

^ne archäologische Merkwurdij^keit darf ich nicht über- 
ffAteOt wenn ae auch zu keinem Resultate fuhrt. Unten am 
linken Beine unserer Statue bemerkt man noch zwei Riemen, 
die, weil der Vorderfufs fehlt, die liestinunung ungewils lassen. 
Man hui dergleichen Riemen auf Befestigung einer Bein - oder 

* Gtiianaruiii antiquatuut tulfctm; fX pi anltinttonbui ileiumptus , (fuae in Dacty- 
JSof/Mvif Ducis MarUmrittuU comervataur, VaL t. Tob. XXXy. Bratci Commmtarm 
dit tMtiqiM scriptorihiu, VA t. Tak. LI et XXf'l. uid«nr Wcike mcbt su geden» 
km. Nfaipad* fiii4«i Mch ilw Altrilml« dabai, und u all«! Vanddlnngan sind dk 
Ffiläe ohne Anaalur. 

3 



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Fuls- Armatur g^eutet, aber mr finden wenigstens nicht, dals 
die Athleten eine solche Armatur gehabt haben. Wenn Achilles 

sich an dein linken Fufse eine Beinscliiene anlegte, so geschah es 
deswegen, weil er blos an diesem Fnfso ^crwundhai Asai. Viel- 
leicht bedeuten die Kiemen an unserer Slatue, welcher leider! 
das ganze rechte Bein nebst dem Fuüse fehlt, <lessen Daseyn die 
beste Erklärung g^ben könnte, eine gewöhnliche Cbaussüre der 
Fülse, eine Befestigung der Sandalen. 

Noch bleibt mir zu bemerken übrig» dals dieb herrliche 
Fragment ab Merkur ergänzt war, unter wdcher Gestalt es ncfa 
in dem Werke des le Hat befindet; vermuthlich hatte der 
unwissende Ejganzer das Salbgefafs fnr einen Be\itcl angesehen. 
Um es aber wieder in seiner eiuenlhnmhclien Bedeutung und 
Schönheit darzustellen, sind Kopf und Arm wieder abgenommen 
worden. 

Vormals war es das Hauptstuck in der Sammlung des Prin- 
cipe Chigi, so wie es itzt den aisten Rang in der Gallerie unsers 
Königs behauptet. Es ist fiinf Pariser Fuß, drn und drei Viertd 
Zoll hoch. Die Zeichnung ist vom Herrn Professor Schubert, 
und der Stich bäder Hatten yon Hem Seiffsrl. 



XXXIX. 

Hättoi sich eben so Tortrefflicbe Bildungen vom Vater der 
Götter erhaltim, wie wurden wir erst das hohe Ideal grolser 
Kimstler darin bewundem. Aber leider! hat rieh keine einzige 
Statue vom Jn|Hier gefunden, die man zu den Werken des ersten 



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Rangs rechnen könnte. Vorstellungen von ihm in Manmor smd 
überhaupt selten ; häufiger aber kommen sie auf Münzen und 
Gemmen vor, unter welchen es hauptsächlicli vortrefFliclie Köpfe 
gieht. Eine (h r lioiistcii , eilia})en ge.st:linitlfni.ii, Jupiter -Lai'-* 
ven wild in dem Konii^lichen Schalze aufbewahrt. 

Der obere von den beiden Köpfen auf vorliegendem Kupfer- . 
blatte bt auf einen sehr inittelmälsigen, beschädigten und schlecht 
ergänzten Körper gestellt, welcher der Jugend des Kop£» nicht 
einmal oitspricht» und ihm folglich audi nicht angehört haben 
kann. Desw^n habe ich auch nur den Kopf, der bis auf die 
Spitze der Nase vortrefflich erhalten ist, der Mittheilung werth 
gefunden. Er ist schon an sich unter die Seltenheiten zu rech- 
nen, weil er so iujJt'iullich dargestellt ist, nocli |ii!^tii(lliclu'r .ds 
die eine Statue, die sicli in dem \aticanisclien Mu.seum befuidet; 
aber er verdient es auci» wegen seiner Schönheit. Die Mischung 
von Ernst und Milde, die in dem Originale liegt, ist, so wie 
auch das Jugendliche desselben, in der vorliegenden Abbildung 
nicht ganz erreicht worden. Sowohl der Bart als das Haupthaar 
entsprechen dem angestellten Ideale des Jupiter vollkommen. 

Der untere Kopf, dessen Bart und Nasenspitze ergänzt sind, 
ist dem obern gleichsam entgegengesetzt. Der herrschende Aus- 
drucis. in (leniselbcn ist Strenge. D.is fa-t schlangenarlige Haar 
ist nicht in dem gewöhnlichen Cosiume des Jupiter, und doch 
deutet das Ganze auf Jupiter, oder auf einen Bruder \ on ihm. 
Neptun ist es nicht: sollte es nidit vielleicht ein Hades oder 
Pluto sejm, der durch furchtbare Strenge charakterisirt werdoi 
mufste? Bb itzt ist auiser dem Kopfe, den Visconti aus der 
Chig^schen Samndung anfuhrt, und auiser dem zu Ossea gefun- 



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la 

denen Basrelief» in Kunstwerken, so viel mir bekannt ist» noch 
keiner weiter entdeckt worden; säne Stelle muls der Juf^er 
Serajiit vertreten, den aber, auch aulser don Maas auf dem 
* Haupte, weldies dieser nicht gehabt haben kann, dn verschiede- 
ner Haarputz auszeichnet. Der Kopf ist voll emster Hoheit, 
und wurde in noch grölserer Würde erscheinen, wenn er besser 
erhalten wäre. 

Beide Stücke sind von Privatpersonen in Rom erkauft wor- 
den. Der obere Kopf ist von natürlicher Gröfse, dieser aber 
reicht übor dieselbe hinaus. Gezeichnet hat sie Herr Moritz 
Retzsdi, und gestochen Herr Gottsdiick! . 

Da in früheren Weilcen über die Königliche Anakragallerie 
noch mehrere. Vorstellui^en vom Jupiter erwäbnt wenden sind, 
so kann ich sie fiigHch nicht iibergehen, wenn sie auch keine 
Abbiltlun«;en vcnhcncii. beste diirnnter ist eine kleine Statue 

von zwei Pariser Fufs und sechs /.oll aus der Sanunkintj; des 
Principe Chigi, an welcher Kopf und Körper bis an die Beine, 
nebst dem von der linken Schulter rückwärts herabhangenden 
langen Gewände, eilialten sind. Ersterer ist jedoch uberarbeitet, 
und das Ganze wenigsten^ T<ni keinem besondem Werthe. Eine 
andere noch kleinefe, für dnen Jupiter «usg^ebene Statue, deren 
Kopf abgebrochen gewesen, ist, wie schon das übriggebliebene 
Stückchen Stab unter dem linken Arme beweiset, ein Aeskulap, 
und von keiner Redeulung. Interessanter wenigstens ist eine 
kleine Statue in Bronze nüi dem Blitz in der Hand. Aulser die- 
sen beßndet sich unter den Marmorn ein unbedeutender Kop^ 
der sehr ergänzt und retouchirt ist. Ganz modern ist der soge- 
nannte JupUmr jAiviiu. Von sehr sp&ter Zeit, vielleicht ans dem 



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Mittelalter, ibt ein alter bärtiger colossaler Kopf vorhanden, dest 
eine dem Scheffel des Jufntar Serapu ahnliche Mutze tr%t, die 
äufserlich wie von Lorbeerblättern geflochten, und oben dariiber 
noch «nen AuÜMts gehabt zu haben scheint. Das starke Haar 
ist von unten wulst^ hinaufwärts geschlagoa, so dals es rieh 
unter der Mütze veHiert. Da er fölschlich för einen Jupiter 
Serapu gehalten worden, so nuifste ich seinci hier erwähnen. 
Vielleicht ist es ein goiiiisches oder persisclieb Bildiüis, was nicht 
mit Sicherheit bestimmt werden kann. 



XL. 

Noch weit sdtener, als die Vorstellungen des Jupiter, sind 
die Statuen des Neptun, und es gereicht daher unserer Samm^' 

lung zum Vorzuge, dals sie deren zwei l)esitzi, \on welchen hier 
die vorzugÜchbte erscheint. Die /.weite, w<'l< Kc diesen Gott der 
Wasserwelt in einem wilderen Charakter darstellt, wird in der 
Folge mitgetheilt werden. 

Herr Hofrath Hirt, dem bei seinem langen AufiNithalt in 
Rom und bei seinen fleUsigen Untersuchung^ aller in Italien 
befindlichen Schatze des Alterthums nicht leidit em altes Konst- 
weik vorborgen. bleiben konnte, hat gegenwärtige Statue öffent- 
lich für die schönste dieser Gottheit erkläit, worin ihm audi, 
bis sich nicht eine schönere entdecken lafst, Niemand mderspre- 
chen wird. Allein sie ist iiitlit bh)s die bessere Slaliie unter den 
wenigen, die Aorhanden sind: sie verdient auch als ein vorzüg- 
Uches Kunstwerk bemerkt zu werden. 



14 

Die Familien -Ähnlichkeit zwischen den bei<len göttlichen Brü- 
dern ist nie zu verkennen, und dennoch sind die Charakter in 
bdden verschieden. Ju|nter übeitrifit den Neptun an Adel und 
Hoheit; hauptsächlich untersdidden sie sidi durch Stirn und 
Mund. Neptun hat nicht die eiiiabene Stirn noch den edleren 
Zug um den Mund, wie Jupiter. Auch Bart und Haupthaar 
sind an beiden verschieden: das Haar des Neptun ist oben nnin- 
der gewölbt und an den Selten minder gelockt; der Bait im Gan- 
zen verschieden und weniger ehrwürdig. 

Der Kopf unserer Statue ist wirklich vortrefflich, und weit 
edler als gewöhnlich dargestellt; auch der Körper verläugnet 
nicht die Mdsto-luHMl, und gleiches Lob verdient das Gewand* 
Die Arme sind neu. Der Kopf und der linke Fuls, der sich anf 
den De^hiii über dem Schifischnahd stützt, sind abgebrochen 
gewesen. Aulsordem ist diese Statqe, «nige Zersplitterui^^en auf 
der Rückseite ausgenommen , sehr gut erhalten. 

Ehemals gehörte dieses inteiessanle Kunstwerk dem Principe 
Chigi. Die Höhe desselben betragt nicht mehr als zwei Tariser 
Fuls und sieben Zoll. Gezeichnet ist es von Herrn Demiani, 
und gestochen von Herrn Stölzel. 

Bei dieser Gelegenheit kann ich unter den vielen Gemmen 
und Münzen, auf weldieo N^tun erscheint, einer Vorstellm^ 
dieses Gottes von der Rückseite, auf einer Münze erster Grofse 
des macedonisdien Königs Demetrius L, weLdie sich in dem 
Königlichen Münzcabtnet befindet, nicht unerwähnt lassen , wol 
sie neben unserer Statue als ein wahres Kunstwerk aufgeiuhrt zu 
werden verdient. 



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15 



XLI. 

Unter den venchiedeDen Pallas -Statuen, an wddien die 
Kmii^iche Sammlung dnen wahren Reichllnmi besitzt» behauptet 
gegenwärtig^, hauptsädilicfa des Kopfe wegen, der aber nicht zu 
dieser Statue gehört, einen ansehnlichen Rang. Dieser herrHdie, 

leider! etwas ficckiclit gewordene Kopf ist vom gröfsten Stil, 
und kann leicht, ohne mi \ie\ davon zu sagen, in die erhabenste 
Kuns^periode gehören. Auch der Heini ist von selir alter Fornu 

Der übrige Theil der Statue, mit Ausnahme der beiden 
Arme, wdche neu sind, gehört zwar in eine spätere Periode^ 
verdient aber wegen der guten und angenehmen Bdundlui^ ddr 
Draperie ein Torzüglidies Lob. Die kleine Aeg^, welche ^eich- 
sam ans zw« Hälften besteht, deren Verbindung die Medusen- 
larve zu verbexgen schönt, bededkt im eigentlichen ^n nur die 
Haupttheile der Brust. Übrigens hat diese Aegis eine Eigenthüm- 
lichkeit, die ich an keiner andern bemerkt habe; die Schuppen 
nehndich, die auf allen übrigen r^elnialsig iiber einander liegen, 
sind auf derselben in solcher Unordnung durch einander gewoi^ 
fen, dais es das Ansehen gewinnt, als wären sie absichtlich so 
nnregelnui(Mg darauf hingestreut worden. ~- Die schmalen Hüf- 
ten zeichnen auch hier die Jungfräulichkeit der Göttin ans. 

Diese Statue befand sidi eben£iUs in der sdion oft genannten 
Sammlung, ^e ist fünf Pariser Fiils und zwei Zoll hoch. IXe 
Zeichnung ist von Hm. Naeke und der Stich von Hrn. Kruger. 



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I« 



XLIl: 

Die Bildung des Merkur, oder des Hermes der Griechen» 
scheint, wie die Pallas-Athene, unter die Gegenstände zu gdiö- 
xen, womit die alte Bildhauerkunst sehr häufig beschäftiget wor- 
den isL Daher haben sich auch so viele Statuen des so erfinde- 
rischen und gewandten Götterboten, in mancherlei Beziehungen 
dargestellt, bis auf unsere Zeiten erhalten. In den schöneren 
Kunstwerken hat er stets eine jugendliche Form, die sich beson- 
ders um die Hüften durch Leichtigkeit und Behendigkeit aus- 
zeichnet; nur zuwalen erscheint er mit breiterer Brust, und 
dann ist er vielleicht als Vorstdier der Kamp&piele dargestellt. 
Der Petastts, die Flügd und der Heroldsstab und sdne gewöhn- 
lichsten Attribute, aber sie sind in Kunstwerken nicht immer 
verdn^;^ anzutreffen. 

Gegenwärtige Statue ist von trefFlicher Form und mit eben so 
viel Weicliheit als Wahrheit behandelt. Der gröfste Tht il des 
rechten Anns, der linke Vorderarm und die Beine, nebst dem 
uotem Theile der von der linken Schulter hinabhangenden Chla- 
mys, sind neu ; auch ist die Nase ergänzt, welches bei der 
übrige Scfaräheit des Kopfe um so mehr zu bedauon ist. An 
den Seiten desselben sind kleine Fhi^ angebracht, die zwischen 
dem loddchten Haar, wddies mit einem IKadem umgeben ist, 
kaum ins Auge fallen. Seine Stellung verräth die Übemehmung 
eines Auftrags, zu dessen Ausführung der Körper schon in Bewe> 
gung ist, oder sonst eine feinsinnige Handlung, die er gleiclisam 
im Vonibergelu n verriclitet. 

Dieser Merkur ist aus der nehmlichen Sammlung. Seine 



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Höhe betragt nur drei Pariser Fufs und eilf Zoll. Gezeicimet 
hat ihn Herr Moritz Retzsch und gestochen Herr StölzeL 



XLIII. 

Von noch weit höherem Knnstwerthe ist der imyei^efchliche 

Venuskörper, der auf gegenwärtiger Platte wicdergegebt?a ist. 
Leider! ist es freilich nur der Körjjer, der den I\iiliin verdient, 
unter die \ ortrefflichsten Kunstwerke gerechnet zu w erden ; denn 
der Kopf, der zwar, mit Ausnahme der Nase* antik ist» gehört 
nicht darauf, und die Anne und Fülse sind nen. Bios von dem 
rediten Ofaerann hat sich noch ein Thal bis an das neue Ann> 
band erhalten, wddies die Ansetzung varbergen soll, und dieser 
Udne Theil ist w^en der Harmonie mit dem Halse und der 
schönen jungfräulidien Brost immer noch als ein grolser Gewinn 
zu betrachten. Die Draperie wird wegen der Seltenheit des 
dunklen Marmors, der in neuem Zeilen nicht von gleicher Mi- 
schung gefunden wird, für eine altrüniischc Ergänzung eines 
geduckten Künstlers gehalten. Wie dem aber auch sei, die 
klugp Behandlung rechtfertiget weni^tens diese Vermuthun^ 
und man mnJs es dem Ergänzar Dank wissen, dafs er ndi nicht 
an Ersetzung des verlornen Körperstücks gewagt hat. welches 
msii ibfit wnt lieber untw der woUgerathenen Dnqperie wahizup 
nehmen glaubt. 

Unstreitig gehört dieser Körper unter die schönsten mid zar- 
testen Formen, und Casanova war so entzückt davon, dafs er 
sie über alle andere dieser Art, und folglich auch über die medi- 



18 



ceisclie Venus erhob. Höchst wahrscheinlich stellte diese Statue 
die Göttin selbst und keine Pojtraitstatue vor. Sie ist kleiner 
als die inediceische und als die uosrige, die sich in dem ersten 
Bvide befmd^; und au» dem vorwärts gehaltenen Körper lälst 
sich vemuithen, dats sie die ndunUche Stdlung g^bt habe. 

Saß ist ebenfalls mit der Sammlung des Prindpe Chigii su nns 
gdcommen. Die Höhe ihrer itzagen Gestalt beträgt vier Pariser 
Fufs, zwei und einen Viertel-ZolL Gezdchnet hat sie Herr 
Nacke und gestochen Irierr Aloib Kefsler in Stuttgardt. 



XLIV* 

Man wird es nicht müsbülig^» wenn ich diesen vortrefflichen 
Körper unter die Göttor stelle. Die Schönheit der Form» ver- 
bunden mit der Freiheit und Kühnheit« die ans dar ganzen 
Gestalt hervorgehen, smd emes Apoll vnirdig, und dafür ist 

diese Statue immer gehalten worden. Allerdings lalst aber der 
lange Mantel elier einen jungen Casar als einen Apoll vermu- 
then, und darum ist sie auch ab junger Marc-Aurel exganzt; 
demi der Kopf, die Arme und die Hälfte der Unterbeine, nebst 
«nem Stück des Mantek, nnd neu. Immerhin kann Jedoch 
die Form sdbst Gut emen ApoU gdten, ab Wjdchen vielleicht 
der Kunstler seinen jungen Halbgott hat darstdlen wollen, 

INefs Stück ist eben£db aus der genauntm Sammlung, und 
mit den Ergänzungen vier Fuis und sehen Zoll hodi. Die 
Zeichnung ist vom Herrn Professor Schubert, und der Stich 
von Herrn Krüger. 



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>9 



XLV. 

Eine schöner erhaltene Diana, als das vorliegende Kupfer- 
blatt darstellt, bt wohl nirgends vorhanden. Fast alle Statuen 
dieser Göttio hat das Schicksal getroffea, mehr oder minder 
sertrümmert za werden, nnd selbst die unsrige ist lücht gans 
unbeachädiget geUieben; denn an der rechten Hand fehlen die 
Finger, von «eichen vier ergänzt sind, und an der linken Hand 
die Spitze des Zeigefingers nebst der Hälfte des Bogens, den sie 
an diesem Arme aufwarte hall, wie das an (.Iciiist-lben nocli be- 
fiiiHliclie Stuck /.eigt. Der Kopf ist abgebrochen gewesen, ge- 
liört aber unlaugbar dazu. Diels wenige Mangelhafte kann aber 
bei 'der übrigen schönen Erhaltung kaum in Betracht kommen. 

Domenico Roasi hat in seiner Raecolta * eine Diana au%&- 
nommen, die Coke in Londpn bekonunen haben solL Da sie 
fälschUdi fiir die unsi^e gehalten worden ist, so mula ich den 
Unterschied zwischen beiden bemerken. Jene hat den Halb> 
mond auf dem Haupte und mit der Rediten schon die Pfeile in 
<lie Hohe ge/.ogen, um einen derselben sogleich auf den in die 
Quere gehaltenen Bogen zu legen, der schwerlich alt seyn kann. 
Übrigens hat sie unter der Brust einen Gürtel. Diefs alles ist 
bei der unsrigen entgegei^^tzt. Sie hat keinen Halbmond 
gehabt; die Pfdle ruhen noch in dem verschloasenen Köcher; 
der Bogen liegt aufwärts, und der Gürtel, dieser charakterische 
G^enstand, ganz. Was an jener neu ist, kann nicht 
daigethan werden, abor der Gurtd allein beweiset Surf Ver> 
adnedenheit. 

Schon die lange Bekleidung der Diana bib auf die Fülse herab, 

* HaccoUa de Statue imtUhet Ta& 145. 



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die jedoch <in jener ebenfalls SiaiL findet, und selbst auf Mün- 
zen angetioifen wird, ist selten. Gewöhnlich erscheini sie nur 
bis unter die Knie, oft aber auch über die Knie aufgeschürzt. 
Ein Gürtel bewahrt die leicht v^hüllte Brust, und am die Hüf- 
ten ist das Gewand untersdnuzt» damit es die rasche Jägerin 
nicht an Behendi^uit hindere. An gegenwartiger aber ist weder 
Gurtd nodi. Anfschiurzung wahrzondimen, und nur die Arme 
sind, wie gewöhnlidi» entbleist. Das lange leichte. Gewand flieist 
einfiiGh bis auf die Fülse herab, und ein kürzeres scheint darüber 
geworfen. Bios der Riemen, der den Kodier hak, und sich 
z\\ischen der Brust, unter dem linken Arme hin, rückwärts hin- 
auf ueht, veranlaist einen schönen und natürUcticn Faltenzu^ 
der die Brust nur sanft hervorhebt. Dieis ist der einzige Reiz» 
den der Kiinstler in das Zufällige legte, weil er es zur Verschö- 
nenn^ seiner lieblichen Schöpfung bedurfte, und eine solche 
Behandlung darf man wohl als ein sprechendes Merkmal des 
wahren griec h isc h e n Stils betraditen. 

In den frühesten Zdlten erscheint uns Artemis oder Diana, 
gleich andern Göttern, noch wenig veredelt. Sie jagt unaufliör- 
Vich flurcli Wälder und Berge, um Wild /.u erlegen, und rauhe 
Fühllosigkeit bestimmt sie zur Keuschheit. So finden wir sie 
auch am baofigsten in Kunstwerken. Religion und Dichtung 
erwaterten endlich ihren göttlichen Wirkungskreb» und die 
rauhe Jigerin ward zur sanftem Jw^au; die fubUoae Harte 
verwandelte sich in züchtige WeiUidikeit, die ohne Gefühl 
nicht gedacht werden kann; und so erschaut sie oft in Wider- 
spruch mit »Ich selbst, je nachdem ihr Eigenschaften beigelegt 
waren, die sie ursprunglich nicht gehabt hatte. 



Betrachten wir in ihr die Hci/^e einer sittsamen Weiblidi- 
keit, so ist nicht zu ]äugnen, da£s uns die Kunst in ihr ein Ideal 
aufstellte^ was noch nicht vorhanden war; und so exhlidwn wir 
die reizende Göttin in dieser vortreflUchen Statue. Wie ein 
schönes unbefengenes Midchen, das sich seiner Reize nicht 
bewufst ist, steht sie in züchtiger Verhülhing vor uns da. 

Die Scltenlicit der Voisteiliiiijj; würde dieser gut erlialtciien 
Statue schon einen bedeutenden VVerlli gehen, wenn ihn auch 
die ihr aufgeprägte Sch()nlieit nicht doppelt erhölite. So heb- 
lich sie von der vordem Ansicht erscheint, so ist doch das Pro- 
fil der ganzen Gestalt, von der linken Seite betraditet, sowohl 
in Ansdinng ihrer jungfiräidichen Reize, als des ein wenig seit- 
wirts gewendeten Kopfs, beinahe noch anzielender. Letzterer 
ist in allem Betracht sdiön, und die vortreCElich erhaltenen 
Arme, so wie die linke Hand, deren Erhaltung um so wichtiger 
ist, je weniger man deren in solchei- SchuiilieiL lindet, sind \on 
der edelsten Zeichnung. Die Stiitise initer dem rechten Arme 
ist alt und unversehrt. Solche Malsregelu der Sicherheit, die 
man entweder bei dem Transport oder wegen der Aufstellung 
eines Denkmals im Freien traf, hatten im Aiterthume nichts 
Aof&llendes. 

Diese Statue wurde mit jener, ^ auf der aditzehnten Kup- 
fertafel dargestellt ist, aus den Händen des Herrn Carinii in 
Rom gekauft Ihre Höhe beträgt vier Pariser Fulii und fimf 

Zioll. Gezeichnet ist sie vom Herrn Professor Sdnibert und 
gestochen von Herrn Krüger. 



6 



XL VI. 

Der obere von <leu beiden Köpfen, deren Abliildungen hier 
mitgetheilt werden, ward ehemals fiir Plato gehalten, aber mit 
Unrecht. Et gleicht« völlig dem Kopfe jener Statue des vatica- 
nischen Museum *, auf wdcher sich die Inschrift CcLpbavaxor 
Tios befinde^ die aber schon Visconti mit Redit für eine Erklä- 
rung der spätem Zeit ansieht, wenn ne nicht vielleicht erst in 
n«;uerer Zeit darauf gesetzt worden ist. Dieser Gelehrte hält 
jene Statue fiir einen uuhschen ßacxluis, und man kaiui ihm 
dann vollkonunen beipflichten; denn der Btgiift, den man mit 
dieser Vorstellung gewöhnlich zu verbinden })flegt, ist in die- 
sem Kopfe vollkommen ausgedrückt. £r ist über Lebensgröls^ 
und bis auf die Spitze der Nase sehr gut erhalten. 

Der untere Kopf ist das Bildnifs des Hippokrates, des be- 
rühmtesten Arztes Griechenlands. Die Ähnlidikeit mit den 
Vorstellungen auf Münzen und Gemmen ist nicht zu verkoi- 
nen, und man mnfs sich wundem, dafs ihn Casanova nicht 
sogleich dafiii cikannt , sondern tVir Epikur gehalten hat. Di^ 
ser Kopf ist von natiirlicher Grölse; die EVas«; ist neu. 

Jener ist aus der Königlich - Preufsischen Sammlung, dieser 
aber in Rom gekauft worden. Die Zeichnung beider Köpfe 
ist vom Herrn Professor Schubert, und der Stich von Henm 
Gottsdudt. 

* Mut. Pio-Ckment. Tom, U. Taü.^\. 



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»3 

XLVII. 

Das vieizigste Kupferblatt stellte die schönste Statue des 
Neptun dar, die aus dem Allerthume gerettet w<»den *. Hier 
erscheint eine andere, welche um einen Pariser Fuls höher ist, 
und jener zwar in Ansehung der Seltenheit ziemlich gleich 

koniiitt, aliLi in I\iid»siclit auf Scliöulieil l>cti ;iclilli( Ii nachsteht. 

Poseidon oder Xcptuu erscheint hier in einem wihli m ("lui- 
rakter, als jener, der aus der > eredehiden Didituiig einer i^ebil- 
detem Zeit hervorging. Die Darstelhing in gegenwärtiger Statue 
stimmt dagegen mehr mit den frühem Schilderungen überein, 
wenn sie auch noch weit hinter dem Homerischen Vorbilde 
surückbleibt. Dort ist der Ungestüm und das Rauhe seines 
Charakters durch Herrschergewalt und Kraft gehoben; denn 
der Gebieter eines so weit greifenden und furchtbaren Elements 
nuils bei aller leidenschaftlichen Wildheit seine Gottheit be- 
haupten. Nt'j)tun darf daher nie zu tiet untn scincin cihabe- 
nern Brudei stehen, wenn er ihm schon an hulieiei aiiuuifair 
sender Macht weicht. 

Wenn aber sclion diese zweite Statue dem Ideal des mäch- 
tigen Wassergotts nicht ganz entspricht, was ja auch bd den 
meisten übrig gebliebenen Statuen des Jupiters der Fall ist, so 
trägt sie doch das unverkennbare Gepräge desselben. Der Köpf 
ist im Ganzen charakteristisch genug, der Bart der gewöhnlichen 
Voi*stellung geniäfs, und das Haupthaar herahfliefsend , wie es 
tlas Fdcuienl erfordert, ni welchem er heirschet. hi gebieJen- 
der Stellung, mit dem Dreizack in der Linken, wie er hier 

* H. Sicbenke«t in teimrn Handliiieh dar Archäologie •dünnt Uflonoch 
den Khlcchten AMMUuagffii tn den Mvirei de Dmde gaiurtfanlt m kahcn. 



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«4 



gedacht werden mufs, stellt er das rechte Bein auf den Kopf 
eaaes Delphin, und überblickt sein gewaltiges Reich, um Auf> 
rühr oder Ruhe zu gebieten. Die Zeidinung der einzelnen 
Thefle ist gut, nur die Brust, die nach dem Kopfe den spre- 
chendsten Ausdruck seiner Wörde bezeichnen sollte, bt zu 
schmal und weder charakteristisch , noch edel- gezeichnet 

Dills der linke Aiiii und der rechte Vorderarm neu sind, 
bedai f kainii erwlilint zu werden, weil die An^etzungen in der 
Abbildung bemerkt sind. 

Der Baumsturz, an welchem das linke Bein lehnt, steht mit 
dem Delphin gewissermalsen in Widerspruch; vielleicht war es 
ein beschädigtes Felsenstuck, was der Ei^nzer in einen Baum- 
schaft verwandditew Es ist ungewifs, ob die Statue für eine 
Grotte oder zu einem ähnlichen Behufe bestimmt gewesen, wie 
die ans dem Halse des Delphin hervorragende Wasserleitung 
venuulhen lalst; aber es ist beinaiie wahrscheinlich, dals sie erst 
in neuem Zeiten Innz.ugcfugt worden, und dann wäre der Del- 
phin, ohne weitere Bestimmung, blos als Attiibut zu betrachten. 

Die Statue ist auf ein grosses länghc htrnndcs Becken gestellt, 
das mit yarde^antieo bel^, und schwerlich alt ist. Die darin 
befindlichen Röhren vennehren die Tausdiung, als wenn beide 
Studie zusammengehört hätten. Der Untersatz, dw aus einem 
röthlidien Marmor besteht, und mittebt vier oaiexoec durchg^ 
hender Stützen das Beck«) trägt, ist offenbar von neuer Arbeit 

Der vormalige Besitzer unserer Statue ist unbekannt; doch 
weifs man, dals sie in Rom gekauft worden ist. Ihre Hölie 
beträgt drei Pariser Fuls und einen Zoll. Gezeichnet hat sie 
Herr Hetzsch und gestochen Herr Gottsclück. 



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S5 

XLVIII. 

Unter den vielen und merkwürdigen Statuen der Pallas, 
welclu' du- K()iiii;lich(' Sanindiing enthält, ist die hier abgehil- 
dete eine der w ohlerhallenslen, denn blos der rechte Vorderani» 
und ein Theil des linken, welchen das Schild a erbiri^f, sind neu, 
90 wie natürlicher Weise das Scliild selbst. Alles Übrige ist bis 
auf die Spitze der Nase, die ein wenig gditten hat, unbeschä- 
digt, und diese glückliche Erhaltung hat Manche veranlal8^ 
ihr Alterthum zu bezweifeln. Was vielletdit zu diesem Ver> 
dacht noch mehr beigetragen, ist die Behandlung des Ganzen 
und die Manier der Arbeit selbst 

Es ist allei(hiigs bekannt, dais es auch luiter den Werken 
der Bildhauerkunst mehrere giobt, über deren antike Achtheit 
sich strdAen lädst. So siclier auch das Gepräge des Alterthums 
den meisten dersdben, sowohl den bessern als schlechtem, 
wenn auch schon in versdiiedener Hinsidit, angedrückt, und 
nicht dem mindesten Widerspruch ausgesetzt ist, so g^bt es 
doch audi genug Stücke aus der spätem Zeit, die wenig mehr 
als das äufsere Ansehen und beglaubte Zeugnisse für sich haben. 
Sind nun dergleichen Denkmäler, wenn sie unscheinbar gewe- 
sen, von niod< i nen Bildliaiu i ii liht rai hiritet worden, s>ü bleibt 
es innner ungewÜs, ob man ein antikes oder ein Irühes moder- 
nes Werk vor sich sieht, das nacli hundeit oder zweihuntlert 
Jahren, je nachdem es der Witterung und auch wohl Mifs- 
handlimgen ausgesetzt gewesen, einen alterthümlichen Anstrich 
bekommen hat Bei manchen Wecken dieser Art möchte sdbst 
die reifste Einsicht in die Stil-Arien der Alten eben so wenig 
ausrochen, einen entscheidenden Aussprudi darüber zu thun, 

7 



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I 



26 

als es sich ba einem grolsen Theile antiker Denkmäler mit 
Zuversicht entscheiden lafst^ ob es ursprüngliche Originale oder 
nur antike Nachbildungen verlorner Werke seien. Und diese 

Ungewifsheit trifft nicht blos Arbeiten von geringem Werthe, 
sondern auch \\ crkc, welclio Lob vordiciien. Es bleibt immer 
schwierig, über dergleichen Deiiknudej geiade^u abzusprechen, 
Ejrkannte doch selbst \ox ohngefahr dreilsig Jahren die ganze 
römische Akademie der Künste eine Statue der Venus für antik, 
die ^n in Rom lebender Bildhauer verfertiget und einige Jahre 
vergmboi hatte. IKeser einstimmigen Erklärung zufolge ward 
ne vom Pabst für das Museum gdiauA:, abar eine Zeitlang dar* 
auf dieser Ehre wieder verlustig, ak der Betrug durdk eine 
beleidigte Magd des Bildhauers entdeckt wurde. 

Was lur die Achtheit unserer Statue \ oi"zi'iglic]i spriclil, shid 
die Tiefen zwischen den untern Falten de> dewauds, die an 
modernen Werken niclit leicht so gefunden \\ erden. Auch der 
Kopf, dessen Haar, wie gewöludich, frei über den Nacken liin- 
abfällt, aber unten zMrischen den Schultern zusammen gebundm 
ist, scheint ohen alten Meisd zu venathen, und nur hie und 
da etwas retoudurt zu seyn. Die Form des Hdms und alles 
übrige wideffs|nicht eben so wenig dar Vermutlmng, dals sie 
wirklich alt sei Sie encheint hier in einem langen ungeschurzp 
ten Gewände, über welchem sie noch ein Obergewand trägt, 
das bis auf die Iliilfte des Körpers herabreicht, und sichere 
Spuren der uberarbeitimg zeigt. An den meisten Statuen der 
Pallas sind die Arme nackt; liier ist das Geuand, wie an der 
sitzenden Pallas der Gaüeria GutsHniam^ mit Ermein versehen, 
der^eiclien man zum Knöpfen imd Schnuren eingeriditet findet. 



DiyilizcQ by CjOü^IC 



Die (nc^nthümliclie Beschaffenheit der Aegb dürfte ebenfillls 

für ihre altertliiimliche Entstellung sprechen. Sie ist auf der 
rechten Sfhuhrr weit iihcr den Iiiichcn hin, his beinahe gegen 
die linke Seile übergeschlagen, und reicht liinleu bis auf die 
Hälfte der Figur hinab. Aus dem absichtlich umgeschlagenen 
Theile ersieht man, daD» sie aus lauter schmalen susammei^g^ 
setzten Streifen besteht, weldie die Breite emes halben ZoUs 
haben, und die nur vomen, wo der neue Bildhauer dieunsdiein- 
bar gewordenen wieder anzudeuten gesucht hat, von un^eicher 
Breite sind. Die Biemen, mit welchen sie ringsherum reichlidi 
versehen ist, haben die Gestalt der Schlangen, an welchen man 
die Köpfe deutlich wahrninnnt. Die ganze Oberseite ist bis 
hinten herab mit Schuppen belegt, die grölser als gewöhnlich 
sind und sehr unregelmäisig liegen. Merkwürdig ist der sehr 
erhaben gearbeitete Medusenkopf auf derselben , da er gewöhn* 
lieh nur als Larve erscheint. Mit Ungrand würde man daraus 
einen Beweisgrund wider das Alterüram der Statue herleiten, 
da der Medusenkopf sich eben so erhaben auf dem Harnisch 
einer colossalen Statue des Antoninus Pius befindet, welche in 
dem dritten Bande dieses Werks mitgetheilt werden soll. 

Es läfst sii li als{) (lies<'r l'allas uul grölster Wahrschein- 
lichl.eil heh.iiiplen, dals sie antik sei, wem) n»an sie gleich in 
kän hohes Alterthum zurücksetzen kann. Dennoch ist sie sehr 
gut gearbeitet, und nur die retouchirten Theile, als der Kop^ 
der Brusttheil der Aegis, und das unter derselben hervorge- 
hende Obeigewand luiben einige Zweifd über die Achtheit den- 
selben veranlassen können. 

Sie ist mit der alten Sammlung des Principe Chigi zu uns 



gdKonuneD. Ihre Höhe betragt vier Pariser Fufs. Die Zeich- 
nong ist von Herrn Naeke und der Stich von Herrn StöfaseL 



XLIX. 

Die Statue des Merkur, welche auf diesem Matte dargestellt 
ist, vordiente, ungeachtet ihrer Verstummeluiig, mitgetheilt su 
werden, weil die erhaltenen Theüe in onem sehr guten Stil 
gearbeitet sind und die Vorstellung selbst merkwürdig ist. Der 
iiui^einein schöne Kopf, an welchem die Nase und das IGnn 
neu sind, ruht nicht unmittelbar auf seinem Körper, sondern 
auf eiiiciu einges<Mz.ten Stücke. Dor obere Vorclerthcil fler 
ClJamys ist ebenfalls ergänzt, und der unlere stark retouchirt. 
Der reclite Unterarm, die linke Hand und fast das ganze linke 
Bein sind neu. Dessoi ungeachtet sind die erhaltenen Tlieile 
schätzbar, weil man auch in ihnen die idealisirte oder veigöt» 
terte Athletenform wieder erkennt, wdche in allen Statuoi des 
Merkur von gutem Stil Statt findet Ob der Kopf zu diesem 
Körper gehört habe, lafst sich nicht mit Zuverlässigkeit behaup> 
ten, aber es ist wahrscheinlich, weil sich der Stil in beiden 
iiiclit widerspricht, und beide in ricliLigem Verhältnisse stehen. 
Merkwürdig ist die Form des gefliigelten Huths auf den schön 
gekräuselten Haaren, die sehr viel Alinliclikeit mit den Vorstel- 
lungen auf den altgriechischen Vasen hat, und, hiernach zu 
urtheilen, diesora Kopfe, oder dieser Statue, wenn dar Körper 
dazu gehört hat, dn hohes Aker anweiset 

Der Beutel, den die neuem Bildhauer dem Meikur gewöhn- 



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lieh sulheflen, ist dn Attribut, das weDigstens «n den Werken 
der edlem Kunstperioden nicht gefunden wird. * 

IKese Statue befimd sich vormals in der Sammlung des Cai^ 
dinal Albani. Sie ist nicht h5her als drei Pariser Fnfs und acht 

Zoll, Gexeiciuiet ij>t sie von Herrn Naeke, und gesLocheii von 
Heim Krüger. 



L. 

Nodi mdir Fragment, als jener Merimr, ist das Stndi, 
welches ich hier mittheile; denn dar Kopf, beide Arme, fast 
das ganze rechte Bein, so wie das linke Unterbein, sind neu. 

Es ist folglich nu llte als der lujiprr und der linke ScIiLukcl 
übrig, die aber ihrer VorlreiTlichkeil wegen, wichtiger sind, als 
manche gut erhaltene Statue. Der Ergäuzer, welcher die Eigen- 
thümliclikeit dieses herrlichen Köq>ers gefühlt zu haben scheint, 
hat einen Alexander daraus gebildet, und zur Verdeutlichung 
sones Gedankens den Helm danebm gelegt Eine gewisse Na> 
tur, besonders in den Theilen unter der Brust, scheint aller- 
dings zu verrathen, der Künstler habe einen schönen Jüngling 
nehmlich ein bestimmtes Bildnifs, darstellen wollen. Dennoch 
laisL sicit aus dem veredelten Ganzen auf ein Gebilde von höhe- 

* Winkalmann Mgt von einer Statue in der Borghesc, «leli üb 

eimigf «ei, die mit «inea Bratet in iM Hand gefiinden imdei ebcr Hcit von 
Ramdohr in trinam Weike über Mahlerei uni BiMliaNerarbei«, i. Hl 
S. 513. hilt aa Ar avaiCiUiaflt, ob nicht ein naner KSnitlar den Beutel ana den Atte 
das Bennu, der ilun inr Stntie diente, verteitiget haha. 

a 



30 



rem Rang sdiliefsen; und dann scheint die Vennuthung, dals 
es tan Meiktir gewesen sei, die meiste Wahischeinlichkeit för 
flieh zu haben« Das Ganze deutet eine aufsdrebende Bew^ung 
an, die an der rechten Schulter am deutlichsten in die Augen 
fällt; und es wird der Einbildungskraft nicht schwer, sich in 
dieser (icstalt ilcn scliöneii GöttcihottMi zu deiiKeii, wie er eben 
im ßegiiff ist, sich nüttclst seiner üchwungsolilen, welche die 
bildende Kunst nur durch Fliigel andeuten konnte, zum Olymp 
zu erheben. Aber freilich läi'st sich über Fragmente dieser Art, 
die blo8 in artistischer Hinsicht wichtig sind, nichts gewisses 
bestimmoi; denn es könnte auch seyn, dafs diese Figur zu einer 
Gruppe gehört hätte. * 

Sie ist mit der Sammlung des Principe Chigi zu uns gekom- 
men. Ihre Höhe beträgt mit den ergänzten Tlieilen gegen fünf 
Pariser Fuls. Dw /.ciclinung ist von Herrn Retzsch, und der 
Stich vou Herrn Kriiger. 



LI 

Fast von gleicher Beschafifenheit ist das hier folgende Frag- 
ment, wovon ebenfalls nur der Körper und die einwärts gehen- 
den Theile der beiden Schenkel alt sind. Die rechte Hüfte ist 

noch ul)er(.lit lN » igair/.t; der Kopf aber, nebst den Arnum und 
ßeiiien ganz neu. Die grolsc äciiönheit des Körpers, über wel- 

* 3o ^ebt w dne {ogcadUchc SlatiM ait itm Adler, «b Gmymed bdutnnt. die gm 
aaA der Figur einer Grappe ai|itrt u i^n eclieiiil, weleli* CGr CeHor und Pollex gebeU 
UM wird. 



chen eine ungemeine Weichheit verbreitet ist, und die Bedeu- 
tung, die sad) aus der Stdläng herleiten lafst, verlangten inde»- 
sen mit Recht eine Aufnahme in diesem Weilte. Die Formen 
verrathen einen noch sein- jugendlichen Körper, und die Behand- 
lung einen edlen Gegenstand. 

Üif cii^äii/.teii Theile luiben Manche \eraiilalst, die \ orslel- 
luiig eines Gauyniecl darin zu finden; aber ich liabo Grinule da- 
gegen. Andere haben den Apoll mit den» Schwan daiin erkannt, 
und diese Meinung hätte allerdings grofse W ahrscheinlichkeit 
für sich, wenn sich nur Spuren des querüber gelegenen rediten 
Arms entdecken liefsen; denn b^ allen vorhandenen Statuen, 
die unter jener Benennung bekannt sind und von unserm Frag- 
ment eine Ähnlichkeit haben, liegt der rechte Arm quer über 
den Körper nach der linken Seite zu, wie man an den Statuen 
im («ipitol und l'loreiiz, wahrnehmen kann. Bei Erwähnung 
dei"selben will ich benu iken, dals Fabroni sie nidit fiir Vorstel- 
lungen des Apoll, sondern fiir den Genius von Rom, und den 
Schwan für eine Gans erklärt, so wie er die I^da fiu- die Vemu 
Lamia hält. Er hat ön eignes Werk darüber geschrieben und 
verschiedene Kupfer dazu geliefert 

Die nodi jugendlichere Form unsers Körpers macht es mir 
walurscheinlich, dafs es ein Apollo Sauroktonon geweson. Die 
schönsten und beriihnitesten Vorstellungen, die wahrscheinlich 
nach dem verlornen Orij^inal des Praxiteles, welches \(>n Bronze 
war, gefertiget worden, befanden sich in der Villa Bor^hese 
(die auch eine schlechtere Co|)ie entlüeh) und im Vatican. 
Eine andere iNachahinung in Bronze, die sich in der Villa 
Albani befand, steht jenen beiden offenbar iiacli, und kann auf 



3a 

kerne Weise von der Haad des Praxiteles seyn* Unsere Statue 
' mtils, nadi diesem Überreste zu schUelsen, unter die voizüg> 
liebsten dieser Art gdiört baben. Der Schaft, an wdcbem der 
Korper Idint, ist neu. 

Man denlie sieb diese Figur frei, die rechte Seite etwas vor- 
wärts gfnventlel, mit liiiitpr oiuaiicler gestellt«;!! Fülsei! *, den 
Kopf gegen die rechte Sclmlter etwas gesenkt, den litikcii Aiin 
oben auf den hohen ßaiunstanmi gestemmt, an welchem die 
Eidechse hinan kriecht, den rechten Oheranu herahgehend und 
den Unterarm wieder gehoben und mit einem spitzigen Werk- 
zeuge bewaffnet, so steht der junge Eidechsen-Tödter unlaug- 
bar vor ups da, denn Form und Wendung dieses Korpocs kom- 
men mit dieser Vorstellung vollkommen überein. 

Herr von Ramdohr macht die sehr wahre Bemerkung, dafs 
Ajxill Meliiiehi üiit (1(1 EuUchse z,ii spielen als sie tödten ZU 
wollen scheine. Sein antiker Beiname beweiset jedoch diese 
Absicht idlerdings. Apoll ist hier wie ein muthwilliger Knabe 
zu betrachten, welcher der Eidechse lauschend naclistellt und 
sie gleichsam scherzend tödtet. Vielieicbt ist der ganze G^en^ 
stand als dn Vorspiel von der spätem Erlegung des Python 
anzusdien. Ein Rückblick auf den jungen Herkules, welcher 
dieSc^ange erwürgt, entschuldiget wenigstens diesen Gedanken. 

Indessen scheint diese Vorstellung noch einen andern all^ 

goribchen Sinn zu lial)en; und dann fragt sich: Was bedeutet 
die Eidechse ? und warum tödtet sie Apoll ? - Die erste Frage 
ist leichter zu beantworten als die zweite. Man nimmt an, dais 
die Elidechse, so wie der Frosch, eine Vorempfindung von der 

* Wia £e SttUue im JI&mo ito-Gtrwieiit«», 31mm. /. Tav. XIII. 



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33 



VerSndemiig der Witterung habe, und in alten Zeiten eignete 
man ihr deswegen ane IMvinationa^be su. Dals sie als wd»- 
sagendes Symbol betrachtet worden, beweiset Pausanias durch 
die Statue des Wahrsagers Thrasybulus, welche durch eine von 

der Schulter iiacli den) Ohre zu Itriechciidc Eidechse cliaraktt- 
risirt war. So findet sir sich aiicli bei den \ orstelliiiigen des 
Schlafs als VerküiidiiJeriii durcli Träume; und iiieraus erhellt 
zuü,leich der Gruiid, warum man sie mit dem Merkur, als den» 
£ingeber der Träume, in Verbindung findet. Ist sie nun hier 
in dieser Beziehung su betrachten, warum stellt ihr ApoU nach 
dem Leben? — Geschieht es, weil er die Rathschlusse des 
Jupiters allein verkündigen voll, so wie er den Python todtet, 
um sein Orakel zu zerstören? 

Die Eidechse spielte aher auch m der Arzeiieikmult' der 
Alten eine sein w k litige IiolU'. Es ^it'bl Iveinen 1 heil au ihr, 
den Unrath selbst nicht ausgenommen, der uiclit wider irgend 
ein körperliches Übel für heilsaiii gehalten wurde. Die Mei- 
nungen der Ar^te arteten unter dem Volke sogar in den abge» 
schmacktesten Abecj^uboi aus. Da nun eine spätere Fabel den 
ApoU für den Erfinder der Arzendkunde erklart, so könnte 
sie hier vidleicht darauf anspielen, und Apolls Nachstellung 
wäre dadurdi erklärbar. 

Auf diese oder jene W^eise wäre sie als Symbol /.u betrach- 
ten. Indessen habe ich noch andere Gedanken darüber, die 
ich bei Beurtheiluug einer Statne der Königlichen Sammlung 
mittheilen werde, welche als Apollo Sauroctonon bekannt ist, 
über die ich aber verschiedene Meinungen hege. 

Unser Fragment ist aus den Händen eines Privatmanns in 

9 



9 



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Rom gduufi wordeiu Die Höhe beträgt mit dea Eiganzmigm 
vier Paria«- Fufs und eilf ZolL Gezeichnet hat es Herr Nadie 
und gestochen Herr StolseL 



LH. 

Die geschmackvolle Draperie dieses Stücks, wovon beson- 
ders der unterste Theil überaus schön ist, erregt Bedauern, dafs 
diese Statue dec Diana das nehmliche SchiAsai erfohren hat, 
dem die meisten Statuen dieser Göttin ausgesetzt gewesen rind. 
Indessen ist sie audt als Fragment noch schätzbar. Das Gewand 
ist, wie gewöhnlich unter der Brust gegürtet und unter dem 
Schoose wieder imterschärzt. Ob der Kopf, welcher angesetzt 
ist, dazu goliört habe, liilst sieb nicht mit (lew ilsheit ht stiin- 
men. Dals aber die Statue eine Diana vorgestellt habe, bewei- 
set auch der Köcher, deu sie auf der rechten Schulter tiägU 
Der Halbmond , der sich hinter den zierlich geordneten Haaren 
an einem Diadem erhebt, charakterisirt fai«r die Göttin als Luna» 
Die spfitoe Fabd, die ihr so mancheil^ Verrichtungen über- 
trug, vereinigte in ihrer Person auch die Selene der Griechen. 

Dieses schöne Fragment, welches herm- artig aufgestellt ist, 
ward in Rom aus Privathänden gekauft. Es ist nicht höher als 
zwei Pariser Fufs und sieben Zoll. Die Zeichnung ist von 
Herrn Naeke, und der Stich von Herm StölzeL 



Diü 



35 



LIII. 

Noch reizender und interessanter ist die hier folgende mmt' 
dienhafte Gestalt, welche der Ergänzer der fehlenden Theile 

•/.ur bacchischen Nytnplie oderPrtesterin umgeschaffen hat; denn 
der Kopt, der rechte und linke Voiderarni, nehsl einem Theile 
des in die Höhe gehaltenen Fells, der untere Theil des rechten 
Beins und das linke vom Knie an, sind neu. Der felüende 
Kopf des Thiers» was sie trägt^ ist durch einen Ziegenkopf 
ersetzt, und, damit alles obiger Darstdlung gemäls s^, ist da 
neue Stamm, an wddiem das rechte Bon lehnt, mit Weinre- 
ben umrankt 

Aber höchst wahrscheinlich hat diese kleine niedliche Statue 
eine Diana vorgestellt, die ein junges Reh trägt. Ich erumere 
mich keiner ähnlichen Darstellung , welche; id)er die unsrige 
einiges Licht verbreiten körmtc; aber das Ganze scheint dieser 
Vermuthung völlig zu entsprechen. GewiTs ist der Ergän-^er 
durch die entblölste rechte Brust getauscht worden, weil Diana 
gewöhnlich mit verhüllter Brust «scheint. Indessen kommt 
rie auch wohl mit nackter Brust, ja sogar einmal mit £ut ganz 
entblölstem Körper vor *, aber nur in Werkwi der spätem 7[Mt, 
Hier thut die Entblöfsung ihrer jungfräulichen Ziichtigkeit kei- 
nen Eintraij;, denn derjenige I heil ihres Gewands, wekhei die 
Brust bedeckte, hat sich, ihr selbst unbewufst, oben ausge- 
knöpft, und hängt über den Gürtel herab. Das Knöpfchen 
oder Quästchcn an demselben ist sehr deutlich zu bemerken. 
Dieser Gedanke ist wahrhaft künstl«risch schön, und gehört 
unter die seltenen IVfittel der alten Känsder, ane pittoreske 

* Man Mbe die OaUaia OtwimwiN Tak. Cs. 



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I 



36 

Freiheit zu rechtfertigen. Der Urheb» dieser Statue meichte 
dadurch, noch aufser der ästhetischen Schönheit, die Absicht, 
einige Nackthät des Körpers, ohne Nachthräl für die keusche 
Göttin, anzubringen, und der Draperie mehr Lächtigkeit und 
Anmuth zu geben. Überhaupt ist das ^nze Gewand und vor- 
züglicli die Alt der Auiscluuzung \oi) nngeineuier 8tlioiiheit. 

Die Attribute, welche diese Gcjttin bezeichnen, können 
leicht verloren gegangen seyn. Wollte man sie aber nicht dafür 
gelten lassen, so ist sie wenigstens als eine Nymphe derselben 
zu betraditra, oder, was nicht unmöglich ist, als eine Portrait- 
Statue, im Charakter der INana dargestellt 

Sie ist aus der Sammlung des Principe Giigi und nicht höher 
als drei Pariser Fufs und rieben Zoll. Die Zeichnung ist von 
Henm Retzsch und der Stich von Herrn Krüger. 



LIV. 

G^enwärtige Statue scheint ein Lieblings -G^nstand der 
alten Künsder gewesen zu seyn, denn sie ist in mehrern We- 
derholungot voifaanden, unter wddien die vaticanische, die 
rieh itzt in Paris befindet, die schönste ist und ihren vortreffli- 
chen Kopf behalten hat. Am bekanntesten ist sie imter dem 
Namen Antinous, der ihr aber auf keine Weise zukonuut. Bald 
hat man einen Theseus, bald einen uubärtigen Herkules darin 
gefunden, bis Winkelmann sie für einen Meleager erklarte, 
welclie Me^ung jedoch nicht viel befriedigender war. Visconti 
benannte sie endlich Merkur, und es ist nicht zu läugnen, dafs 



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die Gründe, die ihn du» bewogen, erhebHch dnd. Der wich- 
tigste darunter war aus einer antiken Copie der Famesuchen 
Gallerie hergenommen, welche an den Fufsen geflugelt ist und 
noch ein Stiick vom Catlucens in der Hand behalten hat. Den- 
noch soll V isconti seine Meinuni> yeiindeit nnd sie fi'ir einen 
Ferseus erklärt haben, späterhin aber zu seiner ei'steu Behaup- 
tung zurückgekommen seyn. 

Wenn ein Mann, wie Visconti, bei einer solchen Meinung 
beharret, so wird es schwer zu widersprechen. Dennoch fühlt 
man sidi geneigt, diese Statue eher für einen Peroeus, als für 
onen Merkur zu eikennen. Ohne Rücksicht auf die Attribute 
jener erwähnten Statue wird sie keinem geübten Auge als solcher 
erscheinen, wohl aber als ein jnnger vergötterter Heros, wie 
auch die frühem Meinnngen eines Mengs und VVinkehnanns 
beweisen. Merkur winde iti einem so schonen \\ erke den ihm 
eignen Charakter von Behendigkeit und Gewandtheit, selbst als 
Vorsteher der Palästra, nicht verleugnen, nnd diesen Cliarakter 
spricht die Statue nicht aus. Der Körper ist, bei aller Schöna 
heit, schwerfälliger, ids er am Meikur gedacht weiden karni, 
und . die nachlässig Ruhe, weldier et sich überlälst, scheint 
diesem Gott keineswegs zu geziemen. Das schön gekräuselte 
Haar nnd die vo^tterte Form allein können jene Meinung 
nicht untei stiit'/.eii , sontlern nur (he Altnhule der Fainesischen 
Statue, wenn diese niclit vielleicht als willkulu üclie Nachah- 
mung der Körperfonn zu het rächten ist. Indessen sind die 
Attribute des Merkur auch aut den Ferseus anwendbar, weil 
dieser Gott ihm seine Fliigelschuhe heb, als er seinem Pfl^e- 
valer gelobt hatte, ihm das Haupt der Medusa zu bringen. 

lO 



38 

Frölich erwälmt die Fabel nidits vom Cadnoeus; aber könnte 
ihn nicht der Künstler aus Unkunde oder Iirthum b^g^gt 
haben? Wenigstens scheint es lachter, eine solche V«nniu- 
thung zu wagen, als sich einen Merkur in dieser Darstellung zu 

denken. 

Was an unserer Statue alt ist, glebt der nunnielingen Pari- 
ser wenig nach; aber der Kopf, fast dej ciinze rechte Arm, der 
linke Vorderarm mit der daran befindlichen Draperie, der gröfste 
Theil des rechten Beins und das Unke vom Knie an, sind neu. 
• Der rechte Arm ist etwas höher eingesteomit gewesen, wie die 
in der Seite befindlichen Spuren beweisen. 

IMese Statue ist aus der Sammlung des Cardinals Albani 
erkauft worden. Ihre Höhe beträgt sechs Pariser Fufs und sechs 
Zoll. Gezeichnet ist sie von Herrn KeLzsck und gestochen von 
Herrn Stölzei. 



LV. 

SchwarHdi wird man unter den übrigen Statuen des Alter- 
thmns eine wandelnde Jungfrau finden, welche dieser an Reiz 
and Anmuth in der Bewegung gleich kommt. Sie ist ein Lieb> 
ling aller derer geworden, welche sie gesehen haben; aber es 
ist nicht zu leirgoen, dafs sie im Original noch uc-it anzieliender 
ist, als sie hier erscheint, denn der Kopf und das Hinschwe- 
ben dieser Gestalt sind von unbeschreibliclier Schönlieit. 

In jedem Betracht kann diese Statue selten genannt werden, 
wenn auch nicht wegen des ihr angedichteten Charakters. Sie 



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39 



war in Rom als VestaHn Tuoda bekannt, wdche zum Beweis 
ihrer Unschuld Waaso- im Siebe trug, und diesen Namen be- 
hielt sie audi nach ihrer Versetzung zu uns. So ist sie mehr- 
mals beschrieben worden; allein das Sieb, worauf sich diese 
ßeuenuung griiiulet, ist neu, und die ganze Bekleidung wider- 
spricht dem Charakter einer Vestalin, 

Die beiden Arme nebst der ganzen rechten Aclisel sind neu. 
Kopf und Hals sind Angesetzt, können aber füglich zur Statue 
gehört haben. Die zierlich geordneten Haare, welche oben 
etwas al^erieben sind, und über den Nacken hinabgehen, sind 
mit einem Kranze von Zweigen umgeboi, die unkenntlich ge- 
worden, und för Ähren, woför man sie gdialten, zu stark sind. 
Pur eine Ceres ist der Kopf zu jugendlich; auch scheint er mehr 
der Natur als dem Ideal anzugehören. Sehr S( l>a<le ist es, dafs 
die Nasenspitze und Oberlippe dieses reizenden Gesichts beschä- 
diget gewesen sind. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat die 
Figur etwas in den Händen getragen; denn ein kleines dem 
Körper sich anschliefsendes Stuck von onem Körbchen oder 
Küstchen, was man mit zum Siebe benutzt hat, scheint wirk- 
lich alt zu seyn. 

Betrachtet man das sanfte Hervonchweben dieser jungfiräu- 
Hchen Gestalt, so wird man zwar an die Diana lucifera, an die 
Dauaideii, aber docli noch lebiiafter au die Canepiioren erin- 
nert, die hei deu Festen der Minerva, des Bacchus und der 
Ceres Körbchen mit Heiligthümern oder Früchten auf dem 
Haupte trugen. Freilich scheint unsre Statue vielmehr et\vas 
vor sich hin getragen zu haben; aber deswegen konnte sie noch 
immer eine Ganephora seyn. 



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40 

Man erlaube mir jedoch one VermuthuDg, die icb nicht 
för Gewifshett g^be. Es ist bekannt, dals die erwachsenen 
Mädchen, wenn sie des jungfräulichen Standes überdrulsig wa- 
ren, ihrer bisherigen Schntzgöttin , der Diana, Kdibchen mit 

selbst \ rrf(M listen Arhcilcn und andern kostbaren Gesclieiiken 
<lail)iatlileii , inii dadurch ihren 'Aoin von sicli ahzuweiiden. 
Könnte niclit vielleicht der Meister dieses VV^erks eine hebens- 
würdiue Bi aut in dieser Handlung haben darstellen wollen? — 
Man betrachte nur die liebliche Gestalt, und man wird meine 
Vermuthung wenigstens nicht unwahrschonlich finden. 

Sie ist aus der Chigiscben Sammlung und etwas über fünf 
Pariser Fuls hoch. IKe Zdchnung ist vom Hetm Prof. Schu- 
bs, und der Stich T<iii Henm W* Böhm. 



LVl. 

Zwei vortreffliche Köpfe, die zu den schönsten der Könige 
liehen Sammlung gdiören: Artemisia und Ba?enioe genannt. 
Der erste ist ein blolses aufgelegtes Profil in Fonn eines Haut- 
relief oder grofsm Cameo, mit rundem marmornen Rahmen 
und auf ein marmornes Piedestal aufgestellt Das Profil ist von 
dunkelgrünem Jaspis, der beinahe ins Schwarze fällt, die obere 
Haarbedeckung aber von weifslicbgriinem zienihch (hnchsichli- 
gen Kalksinter, und der Schleier, der dem Halse und dem 
unterti Tlieilc der Haare zum Putze dient, von gelb und bräun- 
lich geflecktem Marmor. Höchst wabrscheinlidi ist nur der 
Kopf alt, und der übrige bunte Sclunuck in neuem Zeiten blos 



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liinzugefügl worden, um das bescliadigle Haar und den zer- 
broclnien Hals zu decken. Zeidmung luid Bearbeitung dieses 
schönen Profils sind vortrefflich und die Haare meisterhaft aus- 
gefuiirt. Mit welchem Rechte es den Namen der behdnnteii 
Gemahün des MausoluSy Königs voa Caiien, fuhrt, weils ich 
nicht anzugeben, da kone achten Münzen von ihr bekannt sind, 
und die gidche Benennung einer Gemme, mit der es eine ent- 
fernte Ähnlichkeit hat, auf eben so unnchem Gründen beruht. 
Aufser seinem grofsen Kunstwarthe hat es auch eine andere Art 
von Berüluntlieit erlangt, denn man behauptet^ da& es einer 
verebrlen Königin gloiclie. 

Mit nlciit grolsereni Reclite Tührt der zweite Kopf, der von 
weifsem Marmor ist, den Namen Berenice. Die Münzen von 
den beiden ägyptischen Königinnen, den Gemahlinnen von Pto- 
lemaus L und X., scheinen keinen fieweb dafür zu gewähren. 
Von andern dieses Namens and kdne Münzen bekannt, und 
wahre Mdnisse lassen sich nur durch Münzen bestimmen. DaCs 
es aber ein Portrait ist, verrathen die überaus feinen und natüi^ 
liehen Züge des ganzen Gesichts, das unstreitig noch mehr Har- 
monie ent lullten wurde, wenn die Nase Ai uare. Das unge- 
mein schön geoidnete Haar hat vielleicht zu obiger Benennung 
Gelegenheit gegeben. Ob aber das doppelt durclizogenc Band 
ab Diadem otlcr als Putz zu betracbten sei, ist eine Frage, auf 
die ich mich eben nicht für das Diadem erklären möchte. 

Beide Köpfe sind von Lebensgröfse. Das Profil ist in Rom 
aus Privathänden, und der zweite Kopf mit der Gallerie Chigi 
gduiuft worden. Beide und von Herrn Prof. Schubert gezeich- 
net und von Herrn Seiffeit gestochen. 



4» 

LVII. 

Zwei andere sehr schöne Köpfe von gleichem Kiinstwerthe. 
Der obere, König Juba 11. von Mauretanien, ^ cieinitj;!«.' dauiit 
noch den Wertli der gröisteu Seltenheit, indem kein anderes 
Bildniis, aulser den Münsen, von ihm vorhanden zu seyn 
scheint. Dieser König war &n Sohn von Juba L, König von 
Nmnidien, der in dem grolsen I$ampfe swisdien Cisar und 
Pompe|u8, zu deasm Parthie er sich gewendet hatte, umkam. 
Casar führte daher den Sohn, der noch ein Kind war, mit im 
Triumph auf. August nahm sich alsdann seiner Erziehung an, 
wodurch der Grund seiner nachherigen Ausbildung gelegt wurde, 
setzte iliu wieder in Numidien und rndlu Ii aucli in Getulien und 
Mauretanien zum Konig ein, und gab ilun Marc- Antons und 
der Cleopatra Tocliter gleiciies Namens zur Gemahlin. 

Dieser Kopf ist vom besten Stil, und desto mehr ist es zu 
bedauern, dais die Nase neu ist Um die Stirn und das schön 
geordnete Haar, dessen Bearbeitung des Ganzen würdig ist, 
sdilingt sich ein Diadmu Das Bruststiidi, wdches auf der 
rediten Sdiult^ mit einem Stndt Gewand vom schönsten Rosnh 
antieo bel^ wwden, ist neu. 

Der untere colossale Kopf ist ebenfalls von vortrefflicher 
Arbeit, aber nicht mit Siclierlicit zu bestinnnen. Beger hielt 
ihn für die bekainite schöne Cleopatra, aber die Minizen widei^ 
sprechen dieser Vermuthung. Eher könnte es die Mutter vcm 
Ptolemäus VlU. und IX., gleiches Namens, seyn; aber erweisen 
lafst sich äudi diels nicht ganz. Der IVbngel des Diadems, wd- 
cher dem gelehrten B^;er vid zu schaffen gemacht hat, mag 
6ea sonst einsichtsvoUen Casanova zu der Meinung veranlalst 



45 



haben, dafs der Kopf oben beschädiget gewesen und eine nenere 
Haiui tlenselben abuermulct und mit neuen Haaren bekleidet 
habe. Diese Vennutbung scbemt sich aber bh)s auf den Man- 
gel des Diadenis zu gründen , denn es ist in der Bearbeitung der 
Haare durchaus keine Verschiedenheit z.u bemerken. 

Der obere Kopf ist aus der Sammlung des Principe Chigi, 
der mitere aber aus, der KonigL Preufinscihen Sammlung. Ge- 
zeichnet sind sie von Herrn Pro£ Schubert und gestodien von 
Herrn Pro£ Schulze. 



LVIII. 

Von der hier folgenden Statue ist nichts als das Gewand 
und die Füise alt; der Kopf mit dem Halse und der grölste 
Theil der Anne sind neu. Das Gewand, weldies sehr gut erhal- 
ten ist, hat wegen der zierlichen Faltenlegung des Obeigewands, 
in welcher man eine gewisse Regelmafsigkeit bemeikt, viel E^a> 
thündiches. Man darf vermuthen, dafs beide Gewänder ein 
einziges ausgemacht haben, was über den Kopf geworfen wor- 
den. So vif] .sich dfr ('barakter der Fisrur aus demselben erra- 
then lälst, scheint sie eine l'riestenn, oder auch wohl gai" eine 
Porti-ait-Statue in opfernder Stellung gewesen zu seyn. 

Sie ist ebenfalls aus der Chigischen Sammlung. Ihre Höhe 
betrügt fiinf Pariser Fufs und anderthalb ZoU. Die Zeichnui^ 
ist von Herrn Retzsch und der Stich von Hemk StökeL 



Digiiizea by CjOO^tc 



44 



LIX. 

Unter den vielen Venns -Statuen, die grofsentheils für Por- 
trait-Staluen römischei Damen im Cliarakter der schaaiiiharieii 
Venus /u halten sind, ist die auf dem gegenwärtigen Kupfer- 
blatt dargestellte keine der geringem , ungeachtet sie weder auf 
itigaidlichea Reiz, noch aiif besondere Anmuth, ohne welche 
der Charakto* dar Laebesgöttin als ^nzlich verfehlt su betrach- 
ten bt, gi^ründeten Ansprach nuuJiai kann« Schon die Grofse 
der Figur, wdche übtir die naturliche hinausgeht, ist diesraa 
Begriff nicht günstig; übrigens drückt aber auch die ganze Kdr- 
perforin eine gewöhnliche Natur aus, die einer Frau, welche 
schon Mutter gewesen, anzugehören scheint. Als solche he- 
trachtet, verdient jedoch die Statue, sowolil in Ansehung der 
2^chnuQg als der Bearbeitung selbst, wahres Lob, zumal wenn 
man annimmt, dafs sie für einen bestimmten Platz in einer 
gewissen Höhe gearbeitet worden ist, wie die Verhältnisse des 
Untwleibes und die Brust, die aufserdem zu platt seyn wurde, 
anzudeuten scheinen. Denkt man sich aber diese Statue in eine 
Höhe, von welcher ae in gehöriger GrÖlse arschdnt, so zidken 
sich die Theile des Unterleibs und der Brust in ein vollkommcsi 
richtiges Verhallnils; und hlos aus einem solchen Standpunkte 
muls sie heurtheilt werden. Dergleichen Milsverlialtnisse, die 
man selbst in vortreffli( hen Kunstwerken antrifft, dürfen dem 
' Künstler nicht als Felder angerechnet werden, indem er sich 
ihrer absichtlich als Mittel bediente, seinen Gegenstand von 
dem ihm bestimmten Standpunkte so erscheinen zu lassen, dais 
die scheinbare Harmonie seiner Verhiltnisse die beabsichtigte 
Wirkung that. Er sah sich also genötluget, die Wahrheit der 



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45 



optischen Täuschung aufiEoojifeniy weil sonst das Wahre als 
unriditig endiienen wärew 

Der Kopf, in weldiem man einige ÄhnEchkeit mit der 
jungem Faustina zu finden geglaubt hat, ist aufgesetzt und 

gehört nicht zu Hieser Statue, wie die übriggebliebenen Haare 
des \ oriualigeii Kopfs auf der rechten Schulter beweisen. Die 
Nase, die Hiilfte des linken Vorderarms und die Finger der 
rechten Hand sind neu. Die Beine hat man lange fitr alt 
gehalten, aber iiöchst wahrscheinlich sind sie, nebst der 
daneben befindUchoi Vase, ebenfidls neu. 

Diese Statue bt aus der nehmtichen Sammlung. Ihre Höhe 
betrügt fünf Pariser Fufs, sechs ZoU. Gezeichnet ist sie von 
Herrn Naeke und gestodien von Hmn Gottschick. 



L5L 

Von noch gröfserein Werthe ist die hier folgende Statue, 
die vielleicht eben so wenig, als joie, für eine aus dem Bade 
steigende Venus genommen werden kann, obschon die antiken 
Theile derselben grofsem Anspruch auf den Charakter machen 
könnten, in welchem sie dargestellt ist Freilich kann man 
ihr keine ideale Form zuerkennen, die in mehrem Statuen 
dieser Art wenigstens beabsichtiget, wenn auch selten ganz 
erreicht worden ist; aber dagegen zeichnet sie sieli durch eine 
Wahrheit der Natur und durch eine Weicliheit aus, die sie 
vor vielen andern sehr merkwürdig machen. Eine so verstän- 
dige Behandlung wie diese, welche mit Recht auf einen 

1« 



46 



Meister der Kiuut schliefsen lälst, ist in antikeD Werken eben 
so angenehm als Idureich. Veredelte Foimen lassen sich, 
okne die Kunst der Belebung, weit leichter nadibflden, ab 
eine wahre und doch gefilllige Natur, weil hieibei die Wissen- 
schalt allein nicht ausreicht, sondern Gefühl und Darstellungs- 
vermögen ihr zu Hülfe kommen müssen. Daher lassen clie 
Gemälde mancher itaüenischen Meister den Beschauer so kalt, 
während einige niederländische durch Natur luid Wahrheit 
fesseln, wenn sie jenen schon an edler Zeichnung und über* 
haupt an edlem Vortrage nachstehm. 

Die weite Draperie dieser Statue, welche die Beine bis an 
den Sdu>08 umgiebt und mch fest an dieselben anschlielst^ 
drikkt die Nässe und dadurch entstandene Schwere des Ge- 
wands sdir gut aus, und dab« sind die Falten, die sie wirft, 
auch glücklich geordnet. Uberhaupt würde der Werth dieser 
Slatue mehr ins Auiie fallen, wenn sie nicht durcli einen 
schleclitern antiken Kopf, der zu diesem Körper nicht einmal 
palst, und an welchem die Nase, die abstehenden Theile der 
Ohren, und das Obere der Haarschleife neu rind, so wie durch 
die modernen Arme, verunstaltet wäre. D«r Körper selbst ist 
aus der Dnpeiie glddisam heraus gdbrochen gewesen, aber so 
gut wieder zusammragesetEt, dals num den Bruch, ohne 
nähexe Untersuchung, kaum bemerkt. 

Eine vorzng^che Merkwürdigkeit an dieser Statue, der- 
gleichen man sehr wenige findet, ist die Behandlung des Mar- 
mors. Man glaubt, indem man ihn befühlt, eine glatte Haut 
zu berühren, die mit einer Art von Fettigkeit überhaucht ist; 
es fehlt nichts ab die Wärme, um diese Täuschung voll- 



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47 



koimneD m machen. Dieses scheint von einer beaondem Art 
den Marmor zu schleifen oder su glätten herzurühren, und 
ich stelle mir vor, dais diese Behandlung erfolgt ist, nadidon 
der Marmor zuvor mit Wachs und Oel getrSnkt war. Vielleidit 

wurde er dann nochmals über. st riehen, um ihm, stall des 
giellen Weils, einen Ton zu geben, welcher der natiarhchen 
Farbe des Körpers näher kam und dif weichen Formen des- 
sdben mehr hervorhob. Man denke hierbei an keine Politur, 
in welcher die Beleuchtung verschwimmt, ohne das Spiel der 
Formen eriiennen zu lassen; demi dadurch kann jene Wirkung 
keinesw^ hervoigebracht werdm, und man fühlt eben so 
bestimmt, wie an andon Statuen, deren Formen noch so 
weich eiHcheinen, dafs man nur einen Stnn berührt Aufser 
dieser Statue giebl es keine in der Königlichen Gallerie, an 
welcher sich das Nehndiche bemerken liefse; aber in Italien 
habe ich zwei andere gefunden, an weichen sich eine gleiclxe 
Behandlimg voraussetzen läfst, 

Diese Statue ist der Königlichen Sammlung durch Se. £x-' 
odlenz den Herrn dbinetsminister Grafen Marcolim einver- 
Idbt worden. Sie ist fünf Pariser Fnls, und drn Zoll hodu 
Die Zeichnong ist von Herrn Naefce und der Stich von Herrn 
Gottschick« 



LXL 

Von einer andern Venus - Statue, wdche aus alten und 
neuen Theilen zusammengesetzt ist und eine vollständige 



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Abbildung nicht verdiente, wird hier nur der herrliche Kopf 
. mi^etheilt. Sie ist übri^is von le Plat und auch firüher 
sdion von Rossi in Mma Raocolta Tab. 144, bdiannt ge- 
madit worden. Ware sie nicht alku sehr mifshanddt, so 
würde sie immer Achtung verdienen; aber nur der Rüd(«n, 
der Unterleib, die aus vielen Stücken bestehenden Arme, mit 
Ausiialinie der recliten Hand und eines Tlieils der linken, der 
rechte zertniuiniertc Schenkel nebst dem Fufs, und das Unke 
Beiri bis auf den FuTs, nebst der um die Lenden gesclüagenen 
mit Franzen besetzten, aber ausgebesseiten Draperie, sind alt. 
Sie stammt aus der Chigischen Sammlung her, ist mit der 
vorigen &st von glei<ihar Grölse, und aus SaUnisdiem Mar- 
mor gearbeitet. 

Aber der aul^jiesetzte antike Kopf, der bis auf die Spitze 
der Nase, welche ergänzt worden, vortrefffich erhalten ist, 
gehört unter die schönsten Kopfe der Konlghchen Sannnlung. 
Er kann seiner erlial)enen Schönheit wegen für einen wahren 
•Venuskopf gelten, weil Anmut h mit Majestät einer Göttin in 
ihm vereiniget ist. Auch das Haar, durch welches sich das 
Diadem schlingt, ist sehr geschmackvoll geordnet 

Der untere Kopf auf diesem Kupferblatte verdiente die 
sdiöne Nachbarschaft, in die er gebracht worden ist, mit 
voUem Rechte. Es ist der schönste und bedeutendste Amor^ 
köpf, der mir ]e vorgekommen ist. Schade nur, dafs Nase, 
Mund und Kinn, nebst der halben linken Wange, ausge- 
brochen und \erloren gegangen sind! Aber aus dem herr- 
lichen Ueberreste, der auf einen der gröfsten Meister schliefsen 
läist, vermag dennoch die Einbildungskraft das Fehlende zu 



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49 



eijg^nzen, um sich den Genufs des vortrefHidien Ganzen zu 
vendiafien. Der Ausdruck, der in Axtgm und Stirn li^ 
veraniget alles, was die ailtm Lyriker und Eptgrammatisten 
dem Amor Schuld zu ^ben wissen, Schlauhdt, Muthwillen, 
verstellte Furcbtsamkeit und Gutmüthigkmt: er verwundet mit 
den Augen, vrie der Amor des Praxiteles. Charakteristisch an 
ihm ist übrigens dci Haaischopf, der ihm iiber der Stirn Hegt; 
die auf die Brust herabhängenden Haare sind unten ergänzt, 
aber die über den Nacken hiiiabfallenden sind nocli gut 
erhalten. 

Beide Köpfe sind von Herrn Professor Schubert gezeichnet 
und von Henn SeifFert gestochen. 



LXII. 

Unter den mancherlei büdliclien Vorstellungen der alten 
Kunst, die sich auf Gemmen und in Werken des Meiseis aus 
der Geschichte von Amor und Psyche erhalten haben, findet 
sich nicht eine, die auch nur eine entfernte AehnHdikeit oder 
sonst eine beziehende Verbindung mit g^enwirtiger Gruppe 
hätte. Um gleich anÜfuigs jedem Zw^el über die Achtheit 
oder Zusammensetzung derselben zu begegnen, rnnfs ich die 
Versicherung vorausschicken, dais sie, bis aut die Ergänziuigen, 
welche xihrig(.'ns auf die Bedeutung der Gruppe keiueii Einfluls 
haben, walu-liaft antik, und keineswegs zusammengesetzt, son- 
dem aus dem Ganzen gearbeitet ist. 

Die Nase der Hauptfigur, ihre beidm Arme, so weit die 

13 



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so 



Aiiset'^iingen bemerkt sind, die Köpfe der bcideu Kinder, die 
Flügel, der rechte Vorderarm und ein Theil des ausgestreckten 
linken der Psyche, wie auch ein Stuck ihxes rechten Beins 
nebst dem Fu£ie, sind neu. 

Auch ohne die beiden Kinder würde man diese sitzende 
Wiffxr sowohl in Ansehung des Gesichts und der Körperform, 
ab wegen ihres zierlich geordneten, mit dem Diadem umge- 
benen Haaischiimcks, fiij die V<;iius erkcuiu-ii ; aber der Knabe 
und das Madcbeu, die utn so inelir für Amor und Psycbo 
erkannt werden müssen, da sich an ersterem nocb Spuren 
von 6ea alten Flügeln finden, lassen schon an sidi keine an- 
dere Deutung zu, und setzen also den Sinn d^ ganzen Vor- 
stellung, so weit er ans der Handlung b^riffen werdw kann, 
aulser Zweifel. Amor l»ingt die geliebte Fsydie zur Mutter, 

• 

welche, dem Ausdruck des Gesichts zufolge, erzürnt yniAer 
sie, auf einem Felsen sitzt, und vielleicht mit dem Unken 
Anne eine diohende Bewegung gemacht hat. Psyche liat sich 
auf das linke Knie niedergelassen, und streckt die linke Hand 
aus, um entweder eine Züchtigimg abzuhalten, oder sich Ver» 
zeihung zu erflehen; aber Amor scheint ihr Muth einzu- 
sprechen und sie aus ihrer onuedrigendmi Stdlung emporzu- 
heben. Die Soene sdieint also die Einleitung zu emesr von 
Amor veranstalteten Aussöhnung der Venus mit der Psjrdie 
vorzustellen. 

Das Auffallende bei dieser Darstellung ist, dafs Amor 

und Psyche als kleine Kinder erscheinen. In den Zeitpunkt, 
wo Psyche, nach überstandenen Luiden, zu Gnaden aufge- 
nommen wird, kaim die Scene fuglich nicht gehören; und 



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61 



früher kommt sie, der Fabel nach, mit der Venus in kein 
persönliches Verhältniis. Entweder nmls also dieser Voi-stel- 
lung eine ältere Fabel zum Grunde li^en, oder der Uriieber 
dieser Gruppe liat sie, wie es späterhin mehrmals g^hehen 
ist, als blolses IXchterlnld willkährlich behandelt. Letzteres 
ist um so leichter am vormuthen, da Amor in dem Gebiet der 
Dichter und Künstler sehr häufig als Kind, weit seltener aber 
als reifender Knabe und Jüngling erschein!. Bei dieser gewölm- 
licliern Vorstellung mulsle sich natürlich aiicii Psyche in ein 
Kind verwandeln lassen, um in ihre V^ereiniginig kein Mifs- 
verhältniis zu bringen. Indessen bleibt es möglich, dafs auch 
diese Vorstdlung der bekannten Fabd, die uns höchst wahr- 
scheinlich nicht iii ihrer Reinheit aufbewahrt worden ist, 
ursprünglicli angehört. 

Apulejus, welcher ne uns znerst erzählt, lebte unter den 
Antoninen; aber mehrere Darstellungen in Marmor und auf 
Gemmen, zeigen oiienhar eine ältere Knnstperiode an. Auch 
weifs die Kunstgeschichte nichts von den Aeltern und Schwe- 
stern der Psyche. Wem die Geschichte unbekannt ist, lese 
sie in Manso's Versuchen S. 346 nach. Man sieht daraus, 
dals die schönste Fabel der Griechen in ein abenteueiliches 
Mährchan verwandelt ist. Aller Wahrschonlichkeit nach 
stammte sie, wie Buonarotti zuerst vermuthet luit, aus den 
Mysterien der Venus und des Amor her. Diejenigen, die in 
denselben eingeweiht waren, durften nicht davon reden, und 
hielten, wie sich hei mehrern altem Schriftstellern bemerken 
läfst, sehr gewissenhaft darüber. In den spätem /.eilen, wo 
man diese Mysterien vielleicht zu sehr profanirt und doi 



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52 

Zweck derselben aus den Augen verloren hatte , oder wo 
man wenigstens leichtsinniger darüber zu denken «fT p og , 
erlaubten sich die Schriftsteller saweilen Anspielungen und 
MittheUungm, die ihroi Zeitgenossen fiälich verstandlicher 
waren, als ne es uns sind. Aus obigen Gründen kam ver> 
muthlich die Fabel von Amor und Psydie sehr spät ins 
Publikum, und vidleicht verunstaltete sie Apulejus, wenn er 
selbst ein Eingeweihter war und sie nicht durch Verrath 
erfahren hatte, niil Absicht. Die Kunstwerke, die sie behan- 
dein, aiuisteii iibiigens zu seiner Zeit so häufig vorhanden 
seyn , dafs sich bei einiger Bekanntschaft mit andern Mysterien, 
sehr Idicht ein Mährdien daraus zusammensetzen lielse; und 
Apulejus war, wie wir wissen, in den Mysterien der Isb ein- 
gewdht. Die mystische Zahl drei, die in den Mysterien eine 
groCse Rolle spielte, hebt nch auch in säner Erzählung sdu* 
heraus; denn dreimal wird Psyche von ihren Schwestern 
besucht, dreimal fleht sie zu den Göttern, dreifach ist ihre 
Bülsung, dreifach ihr Bestreben, sich durch Verrichtung der 
auferlegten Arbeiten zu entsündigen. Psyche erscheint also 
darin zuerst in ihrer Reinheit und Unschuld; weil sie aber sel- 
bige verscherzt, mufs sie dafür laden, bis sie endlicli durch 
anhaltendes Bestreben, ihr Vergdien wiedta* gut zu machoi, 
von neuem ^ficklidi wird, und sdbst noch höheres Gtadk 
errncht» 

Sei nun unsere Gruppe eine blofs willkührliche Darstellung 

des Künstlers oder aus einer altern unverfälsclilen t'a[)el ge- 
sclu)j)ft, immer bleibt sie ein interessantes und seltenes Denk- 
mal aus dem Cyklus derselben, und verdient zugleicli als ein 



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43 



wahres Kunstwerk geschätzt zu werden. Der Charakter der 
Venus ist gut und edel gehalten, die ICndergruppe vortreff- 
lich und sehr naiv, und die Draperie der Venus, wie der 
Psyche, leiclil und geschniack\ olL 

Die Figuren iiaben ohngefähr drei Fünftheile der Lebens- 
gröfse. Die Höhe der ganzen Gruppe, welche mit der 
Gallerie Chigi zu uns gekommen bt, beträgt zwei Pariser 
Fuls und neun Zoll, Gezmchnet hat sie Herr Doniani und 
gestochen Herr A1<hs Kelsler. 



LXUL 

Der alte Eros oder Amor der Griechen war von dem 
Eros, den wii* aus den iyiischen Dictitern kennen lernen, 
sehr verschieden. Jener gehörte zu den cirsten Göttern der 
Weltschöpfimg, und sein Beruf war, die unter sich streiten- 
den Elemente, wddie aus dem Chaos horvorgingen, mit ein- 
ander in Verbindung zu bringen. Gewissermafsen lag , darin 
sdion der Hauptbegriff, den man nachher mit dem Amor, 
als Gott der Liebe, verband, aber freilich nadi ein«r emsfem 
Ansicht, als man späterhin von ihm nahm, nachdem die 
Dichter ihm zugleich so mancherlei lose Eigenschaften abge- 
merkt hatten, dals er als ein von jenem ganz verschiedenes 
Wesen erschien. Mit diesem allein scheinen sich auch nur 
die Künstler beschäftiget zu haben, weil er ilmtsk tmm so viel- 
fachen und gefilUigen Stoff zur B^andlung bot. 

Der holde Sohn der Liebesgöttin kann nicht anders als 

>4 



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54 

schön gedacht werden. Die Bildung desselben war daher als 

eine Kiinstaiifgabe zu betrachten, weil die Perioden des Alters, 
in welchen seine poetische und allegorisclie Existenz blüht, 
am sch"wiengston voiÄUStelh-n sind. Als Kind war er noch am 
leichtesten zu bilden, und daher finden wir ihn am häufigsten 
in dieser Vorstellung. Das Knabenalter, in welchem sich das 
Charakteristische der Kindheit schon verloren, ohne noch so 
dner gänzlichen Entwickelung gereift zu seyn, und die noch 
unvollendete JimgKngitfonn, welche den Übergang sor Jugend- 
lidien lüfönnlichkeit verkündiget, waren Aufgaben, die nur 
grofsen Künstlern gelingen konnten. Zwar hStte man ans 
dt ii uumnichl^altigen Schilderungen der Dichter ein Ideal ziehen 
können, mit welchem sich die I.ist und Gewalt des kleinen 
Gottes besser als mit dem Kindesalter vertrug, wenn man 
sich ihn nicht mehr als hind oder Knabe, sondern als einen 
schonen jugendlichen Zweig dachte, dessen zarte Form ihre 
VoUendung meidit hatte; aber diese Vorstellung hatte wieder 
ihre Schwierigkeiten, wenn er allein voigestellt werden sollte, 
wdl dann keine Veigleichung der Verhaltnisse Statt finden 
konnte. 

Beinahe könnte man das Knabenalter, in welchem er hier 
gebildet erscheint, als eine solche Fonu betrachten. Unstrei- 
tig geliort imser Fragment zu den scliunsten dieser Art, und 
es ist als ein walirer Verlust anzusehen, dals der Kopf, die 
Arme und die Beine verloren gegangen sind. Indessen bieten 
Körper und Schenkel wenigstens eine musterhafte Vorstellung 
des beabsichtigten Alters dar. Dab die Flügel und der Schaft 
nut dem Köcher eben£üls neu sind, braudit kaum bemerkt 



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KQ werden, jyie Handlung ist aus der Stellung nicht mit 
Gewilsheit zu bt'siiinmeii; fast scheint es, als sei er im Begriff 
sich empomischwingen. Der Ergäiizer liat sich ihn als Bo- 
genschützen gedacht, der entweder bereit ist, den Pfeil abzu- 
schnellen, oder ihm schon im Fluge nachblickt. 

Dieses Werk ist von einian Privatmann in Rom gekauft 
worden. Sduie jetage Höhe beträgt drei Pariser FvSs und 
sechs ZoUL Die Zeichnung ist vom Heim Professor Schubert 
und der Stich von Herrn Kriignr. 



LXIV. 

Auf dem vorletzten Kupferblatte salien wir den Aiuor als 
Kind, auf dem letzten als Knabeä, und auf gegenvrartigem 
sehen wir ihn als reifenden Jün^^ii^, in dar innigsten Vereini- 
gung mit der Psyche, voig^tellt In keiner IKchtung «rachont 
er edler als in dieser. Die ganze Gruppe drückt eine Ver- 
schmelzung der heiligsten Gefühle aus. Es bt ein geistiger 
Genufs, der nur in der bildlichen Darstellung an die Ober* 
fläclie der mhigen Siniihchkrit streift, ohne sie in Be\Vfi>ung 
zu setzen. Selbst die Wahl des Alters in beiden Gescidethttrn, 
in welchem die Triebe der Natur sicli erst ihrer Entwicklung 
nähern, spricht ganz für diesen Gedanken; denn auch Psyche 
reifk erst der jungfräuliche Vollendung en^egen. Ohne 
Zweifel war dieses Bild eine von den Hauptsoenen, die aus 
dem Cyklus diesor schönsten und gehaltvollsten Fabel des 
Altfflthums in den Mysterien aufgestellt waren, und nur ein 



96 

denkender Knnsder, der in denselben die volle Weihe 

empfangeu hatte und den Sinn des Ganzen völlig begriil, 
vermocht' es mit solchem Glück zu entwerfen. 

So leiclit es ist, diese reizende Allegorie auf mehr als 
eine Weise zu deuten, so schwer ist es zu bestimmen, 
welchen gehamen Sinn man in den Mysterien damit verband. 
Manche haben den ganzNi Mydms von Amor und Psyche 
für blofs mondisdi gehalten, und «n Bald der gepmSusa und 
belohnten didichai Treue darin gefundoi, und es ist nidit 
nnmögUch, dafs er diesen Zwedt gehabt habe. Vielleicht 
beabsichtigte man dadurch, der überhand nehmenden Sinnlich- 
keit zu steuern und ihr einn pdlrre Richtung zu geben. 
Wollte man die Fabel biois auf das weibliche Gesclilecht 
beziehen, weil sie eigentlich nur eine Geschichte der Psydie 
darbietet, so wird der moralische Sinn derselben noch an- 
scikaolicher; und da es audi Mysterion' für das weibliche 
Gesdilecht gab, so lag im Leboislaufi» der Psydie allerdings 
an reidkhaltiger Sto£f zu nützlichen Ldurbildem für dassdbe; 
Wahrsdieinlich aber waren ursprungUdi noch andere philo- 
sophische Ideen in diesen Mythus gehüllt, die vidleicht die 
l\atur der Licbf nicht allein betrafen. 

Es wäre ein fruchtloses Geschäft, den Ursprung dieser 
Dichtung zu erforschen, der schwerlich in Phönicicn, wie 
manche geglaubt haben, sondern in Griechenland sdbst zu 
suchen ist. Die Schönheit und Zartheit der gMoanii Allq;orie 
spridit unwiderspiechlich dafür. Eben so wenig lalst sidi 
erforschen, ob sie zu den Mystoien von Gnidus oder Thes* 
piä gehörte, oder ob sie für andere gebildet war. Aber Mutb- 



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57 



maftungen über die Bildung derselben lassen sich wagen, warn 
auch keine Gewifsheit daurijber erhngt werden kann. Mir 
scheint sie aus zwei andern All^oiien entsprungen su seyn, 
deren jede ihren eigenthümlichai Sinn hatte. Die Vorstellung 

der Seele oder Psyche unter dem Bilde eines Schmetterlings, 
sie mochte nun ein Sinnbild der Seclenwandennig oder d« i 
Unsterbiichkoit bedeuten, war ein höchst gliickliclier Gedanke 
und vielleicbl früher vorhanden, als die Bildung derselben in 
weiblicher Jugendgestalt mit Schmetterlingsflügeln. Diese Alle- 
gorie bestand für sich sdbst, und blobt auch ab «olche für 
iinmer meiliwuTdig und zwedunafsig» Sie bot zu obiger gioch- 
sam freiwillig die Hand, wenn man ne mit folgender verei- 
nigte, in wddMf bkw das Geschlecht verwandelt werden 
durfte. 

Amor, sagt die Fabel, wollte nicht wachsen; die Venus 
und die Grazien befragten darüber das Orakel der Thenns, 
und dieses antwortete: er bedürfe eines Gespielen, eines Gegen- 
aniors, der ihm Liebe und Freundlichkeit crwiedere. Hierauf 
gebar die Voius aus der Umaimui^ des Mars den Anteros, 
und von Stund* an wuchs Amor freudig und sdmdl empor. 
DieCi erzählen uns Themistius und Porphyrins. Versdiiedene 
Gelehrte liaben aber unter dem Anteros einen fieindseligen und 
rächenden Amor \ ei"standen, wofür sich jedoch weder in den 
alten Schriftslrilern noch in Kunslw(>ik('n ein Beweis findet. 
Anter«)S war vielmehr bestimmt, der Liebe, welche Eros ein- 
flölstc, Gegenliebe zu erwecken, und so erwuchs aus der Ver- 
^igung beider ein allegorisches Bild von Liebe und Gegen- 
liebe^ Selbst die Gruppe, wo Eros und Anteros mit einander 



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58 



um die lalme ringen, wdche für jene EiMänmg angeführt 
wird, spridit wdt naturlidier für diese. * Späterlun ward 
alsdann diese schöne Allegorie, deren Rrinheit nicht veriunint 
werden darf, noch lieblicher und sprechender ausgebildet, in- 
dem Psyche an die Stelle des Anteros trat Das Geschlecht 
veifleutlichte sie, und doch giiiy; durch ihe Wahl der Psyclie 
der vorige reine Sinn niclit verloren, sondern waid vielmehr 
noch erhabener dadurch ausgesprochen. 

Man darf rieh nicht wundern, daJb ein so anzi^eqder 
Gegenstand von den alten Künstlern so häufig dar^stellt 
worden. Unter den Gruppen, die sich erhalten haben, bt 
die unsrige eine der voizu^iclisten. Man mnla nur bedauern, 
dals sie, wie die meisten, die Köpfe verioren hat, welche sehr 
schlecht ersetzt worden sind; auch der gröfste Theil der Arme 
am Amor und des linken an der Psyche, so wie die Beine, 
die Fhig(!l inid der Köcher sind neu. Aber die Körper sind 
vortrefflicli und dem beabsichtigten Alter vollkommen ange- 
messen. 

• Thrmistius Orot, a^pag. ^o.'^. sq. erzählt die Ftibel fasi eben so wie Por- 
phyriiM. Die Erz.ih)i'ung des letttern findet miin auch in rinctii Aiilintxe des <a)eliut 
Calcagninu«(S. detseu Opera üasiL t544' pag- 43('i den Gv im Idu» nicht richtig aus- 
gezogen hat) aber daa Antenw, wo der Auntpruch des Orakeb in der Ueliencttung 
•NsdrficUidi heilki TtoM Uu venu Ämatt o yemu, mna' fortitan «obf potnr, «r«- 
jcnv OHliin jobu mm jMMvir/ qmd n evpu «1 nddkma , jinttrotU cptrm opiu ettt fni 
reciproqno mnore berirvoletitiae WM* repaidat. — Philostratiis adieint den Ante- 
ros in der nehinllchcn B< deiiturij; genommen zu hahen C a I c a g ni n ii s eiUl^irf d.iher, 
to wie Manso , den Eros und Anteros hetitiniint für Lit-be und Gegenliebe. Auch legt 
«In Wort iemt doi loirolil an lidi MUiit, ab in VoUndui^ mit diMr Meng« von 
WSiton« «faw GogBunli^uat oder Bnriedenuig «ndiückt, Imer Erklining «cbt 4i« 
ndniMlc Sdiwioigluit » den Wcf . 



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59 



Olmgens dringt sich dieser Gruppe noclt ein blos 
ardstisclier Gesichtspunkt aii£ Ausgeseichnete Künstler he- 
schiftigten sich gäni mit Gegenständoi, die nicht jeder Künstler 
mit ^leichem Gluck darstellen konnte. TJUe Ausbildung des- 
jenigen Alters, in vvelcliein die Formen beider Geschlechter 
noch \ ielr Ähnlichkeit mit einander liahcn, aber dir Abwei- 
f^hungeu von einander schon entlialten, oluie in ihrer Entwick- 
hing zu weit vorgerückt za seyn, war gewifs eine belohnende 
AufjB^be, und kein bekannter Gc|^nstand eignete sich dazu 
so glücklich ak Amor und Psydie^ Gewils wählten sidi gniise 
Künstler den Stoff oftmals nur der Behandlung weg^n. 

Unsere Gruppe ist aus der Gallerie Chi^ Ihre Höhe 
beträgt drei Pariser Pufs und eilfthalb ZolL Gezeichnet ist 
sie von Herrn Deniiani und gestochen von Herrn StölzeL 



LXV. 

Ungeachtet die hier folgoide kleine (nuppe k«ne Flügel 
hat, so kann sie doch nidits and«rs als Amor und Psydie 
vorstellen. Sie ist ohne Kunstwerth und allem Ansehen nadi 
dne Arbeit der s|Mtein Zeit Weil sie aber so gut erhalten 

und wahrscheinlich einer bessern Grnppe nachgebildet ist, so 
verdiente sie iles Costunis wegen iiier niilgethedt /n werden. 
An beiden Köpfen sind die Hintcrhaarc in einer Flechte hin- 
au^esdilagen und oben lockenartig umgelegt. Amor ist mit 
einer Art Von Rosenkranz geziert, Psyche aber mit dem Dia> 
dem. Letztere hat am linken Arme oben und unten ein Ann- 



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<0 

band, welclies ein sehr altior Gebrauch war, deigleichen man 
auch am rechten Arme der Psydie auf einer Vase b« Buona- 
Fotti Tab. XXVIIL wahrnimmt. 

Diese Gruppe ist aus der nehmlichen Sammhing und nicht 

höher als /.wel Pariser Fuls. Die Zeichnung ist von Herrn 
Retzsch und ilcr Stich von Herrn Slolzd. 



LXVI. 

Übenns mokwoidig und einzig in ihm Art ist die Vor^ 
Stellung, wdche das gegenwärtige Kupferblatt enthält: eine 
beMeidetie weiblidie Gestalt in sdtener Stellung mit über ein- 
ander gesddageiien Beinen, dicht an eine Weine Bildsäule des 
Priapus gelehnt, die sich neben ihr zui- Linken a\if einem 
runden Fuisgestelle befindet. Der Kopf mit dem aufgesetzten 
Diadem kann zur Erklärung des Gegenstands nicht mit Gewifs- 
hett in Ansdilag gebracht werden, weil er vielleicht nicht 
dazu gehört bat. Die Nase desselben ist neu, so wie die ein- 
gesetzte rechte Brust, die Vorderarme und di^,FuIse. 

Am Iciditestoa fiibrt man freilich mit der EiMärung dieses 
Denkmals, wenn man es geradezu för ein gelobtes Geschenk 
einer um Fruchtbarheit flehenden oder mit Fruchtbarkeit 
gesegneten Dame in den Tempel des Priapus crkläjt. Aher 
damit möchte sich der Altcrthumsforscher nicht sogleicli 
abfertigen lassen. Der Gegenstand ist zu merkwürdig, zu 
ungewöhnlich, als dafs er ohne weitere Betraditung bei dem- 
selben vorubeigehen soUte. 



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Die VonteUung des Priapus, dessen Gestalt verhüllt ist, 
ohne sein gewöhnlidies Symbol ganz zu verbergen, und der 
bedeutende Wink, den er mit dem Zeigefinger iiber die sich 

aiii ilin stützende Figuj- zu geben sclieint, lassen mit \ieler 
Walirscljcinlichkoit vemiuthen, dals dabei eine mystische Idee 
zum Grunde liegt. Emi Kückblick auf die Cyprisdie Zwitter- 
gottbeit, die vielleicht unter dem Bilde eines mit starken 
Brüsten bebten Priapus vorgestellt war, bringt mich auf 
den Gedanken, dals jener mystische Sinn in unserm Denkmale 
vereinfiicht und mit dem Kuns^esdunack vertiäglichar ent- 
halten seyn könne. Die widrige und unnaturlidie Vorstdlung 
des Zwitter^eschlechts, dessen orientalischer Ursprung nicht 
zu verkennen ist, eihcheiiit hier in beide (jescblecbter geschie- 
den, oluie d'w Bedeutung des damit verbundenen Sinns zu 
verändern. Wahrsdieinlich stellt die weibliche Figur die 
Venus, und das ganze Bild die zeugende und gebärende Kraft 
verdnigt vor. Die Verhüllung beider Figuren beweiset das 
Emstliche der Vorstellung, und die Kunst hat sie vereddl^ 
so wdt es, ohne der Deutlidikdt zu nahe zu treten, geschehen 
konnte. Uebrigens weüs man ja, daSs die Bildung des Friap 
im Alterthume nichts Anstöfsiges hatte. 

Es ist schwer zu »lauben, dals das weibliche Geschlecht 
in jener (Zyprischen /vvittergestalt anders als dnrt.li weihliche 
Brüste ausgedrückt ge\v<>sen, denn es findet sich kein Beispiel, 
dafs man die weiblit he Xatm , aufser etwa in Spintrien, zu 
dnem G^ustande bildlidier Vorstellung gemadit habe. Auch 
war ja jenes Zerrbild mit dnon wdblidien Gewände beklei- 
det, welches, so wie hier, nur die männliche Natur verrathen 



6a 

konnte^ Der Ein£ftll, dem Priapos wdbUche Brüste zu geben, 
konnte aus der Natur genommen seyn und auf den Gedanken 
des Zwitteigesclilechts geleitet haben; denn ich sdbst habe 
einen Mann gekannt, der eine volle weibliche Brust hatte. 

Ancl^ besitzen wir eine kleine männliche antike Figiir iiiit 
anselinlichen Brüsten, die für einen Silen genommen worden, 
aber so verstünunelt ist, dafs sidt nichts bestimmtes dai-über 
sagen läfst. Aus dem Cyprischen j(ppobi70Sy bei dessen 
mystischer Ansidkt dex Begriff der Voius herrschend seyn 
modite, wenn man Cypem als ilur Geburtsland betrachtete, 
ward auf diese Wdse eine bärtige od^ Aduin - Venus, dessen 
widersinnig VorsteUung die Dichter und Kunstlar freifich 
andteln muTste. 

hidessen verband man mit der wahren giiechischen Venus 
fast den nelindichen Begriff, nur dals ihre Erzeugung aus 
eigenthümlicher Kraft iiergeleitet wurde, welches aus iluren 
verschiedenen von Manso gesammelten Beinamen zu ersehen 
ist, untor welchen sie auch als Lebensgeberin, als Befinid^ 
tende und als Zeugerin au%efuhrt wird. Als solche soll ne 
auch, dem SchoBasten des Aiistophanes zufolge, in Athen 
veiehrt worden seyn. 

Könnte man sie also in unserm Denkmale nidit vielleidit 
als f^entts genetrix oder ytVETiipa beti icliien? — Sie ist in 
unserm Denkmale die Hauptfigur, und Friap ist als unterge- 
ordnetes, blos erläuterndes Attribut anzusehen, dessen Empor- 
zeigen mit dem Finger die Sache noch deutlicher macht« 
Frölich kann ich für diese Vennuthung keinen Beweis apföh- 
ren, aber es wäre nicht unmö^idi, dafs ne als solche unter - 



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diesem Bilde vorgestellt worden. Man setze mir nicht die 
Bildung derselben auf Kaisermün&en entgegen: dort besieht 
siel) die Legende femu genetrix auf die Venus überhaupt als 

angebliche Slaiiuuiiniltcr des Julischeii Ge.schl< c:l>t.s, uikI waicl, 
wie schon Heyiie benierkl liat, auch sjiäteihin als blolse 
Schmeichelei beibehalten. Sie ward auch nicht immer auf 
einerlei Weise gebildet, am öftersten aber mit dem Apfel 
und SpieCi als ferner ^^etrist sowohl sitamd als stehend, bi 
Hinsicht auf die Abstammung von ihr michtete ihr Julius 
Casar einen TempeL Aber sie ward audi, wie uns Maax>bius 
berichtet, von den Roman überhaupt ab Stammmutter verehrt, 
so wie Mars als Stammvater. Ob sie aber fröher einen Tem- 
pel gehabt luul ob sie bildlich dargestellt worden, bleibt 
gänzlich nngewils, wenn aichl etwa eine Stelle im Varro* 
dahhi zu deuten in V^ei-suchnng fiiliren sollte. 

Die blolse Ansicht nnsers Denkmals zeigt , dafs es wegen 
der künstlerischen Behandlung vieles Lob verdient. Besondm 
schön ist der Theil dar Draperie, d«r sich an der Seite des 
linken Beins herabeieht. Beide Figuren sind aus dem Ganzen 
gearbeitet und nirgends gebrodien. Wir luiben aodi dieses 
seltene Werk mit der Sammhmg des Prinzen Chigi erlialten. 
Seine Hohe Ix tiägt drei Fanser Fuls und sechs Zioll. Gezeicii- 
net hat es Herr Demiani und gestochen Herr Frieilrich Schulze 
in Stuttgartl. 



* t'tmo dl ÜHguti ior. Uk, $. 



64 



LXVII. 

Scliweilidi hat die hier fönende Statue ^nen Apoll, und 
wohl ebm so wenig einen Orpheus voigestellt, wie der Er- 
gänzer ▼emradiet hat Eher kann man sie for die Portrait- 

statuc eines jungen iMaiinrs i>alt(Mi, (1(m sich in einem Spiele 
oder Wettkanipfr den Lorbeerkranz errungen, welchen wir 
anf !>einein lockiditeu Haar erblicken. Der Körper hat das 
Verdienst einer wahren Naturfonn, ohoe jedoch Ansprüche 
auf besondere Auszadmung machen zu diirfen. Der Kopf 
ist abgehrodien gewesen, scheint aber zu diesem Kdrpar 
gdiört zn haben. Arme, Beine und Leier sind neue Zusätze. 

Dieses Stück ist aus d» nehmlichen Sammlung. Seine 
Höhe beträgt vier Pamer Fufs und neun ZolL Die Zeichnung 
ist von Herrn Retzsch und der Stich von Herrn Gottsduck. 



LXVIIL 

Die Eigänzung dieser sitzenden F^;ur ist wiUkührlidi. 
fietraditet man sie ohne die Aime, weldie so wie das linke 
Bein und die Nasenspitze neu sind, so wird man sie, wenn 
man ne mit der Qio im Museo Pio • Clemendno Tav. XVIl. 

vergleiclit, weit eher für die Muse der Geschichte, welche in 
der recliten Hand die offene Rolle gehallen, als für die Eralo 
oder Terpsichoic nehmen. Die ruhige^ etwas zumckgelehnte 
Haltung des Korpers kündigt einen Zustand des Nachsinnens 
und der Betrachtung an, wobei der Ausdruck des mit dem 
Diadem geschmückten Kopfs ziemlich entscheidend seyn wurde, 



Digiiizca by CjOO^Ic 



«5 



wenn er nicht aufgesetzt wäre und für diese Statue ein wenig 
SU grofs erschiene. Dem Tone des Ganzen zufol^ könnte nuui 
ihn allerdings für den wahren Kopf halten, aber Verhältnifs und 
Aufeetzung erregen Zweifel dagegen. Das Anschmiegende des 

mit einer Schmire unter dem Busen befestigten Uniergewands, 
und der Faltenwurf des über den Sclioos geworfenen Man- 
tels, sind ungemein scliöu und luaclxen einen sein- angenehmen 
£indruck. 

Diese Statue ist in Rom aus Privathänden gdkauft worden. 
Sie ist in naturiicher Grdlse und vier Pariser Fuls, fünf Zoll 
hodi. Gezeidinet hat ne Heir Naeke und gestochen Herr 
Kiruger. 



LXIX. 

Richtiger, der Bedeutung nach, scheint gegenwärtige Statue 
«acgkazx zu seyn^ denn d^ ganze rechte Arm und der linke 
Unterarm mit der Kugd sind neu. Der Kopf ist ausgesetzt, 
kann jedoch dazu gehört haben und ist sehr schön. Der Ergän- 
zer hat sie sich ab Mose dar Sternkunde und <ler Mathematik 
gedacht, und allerdings gleicht isie der stehenden Urania im 
AtuMO FSo-CttmaObio Tab. XXFl.^ nur dals das Obergewand 
an der unsrigen bis auf die Hnfiten herabgesunken ist und an 
jener weiter blnanf reicht. Eine andere Verschieden! leit macht 
die Richtung des Kopfs, der dort links gewendet ist. Al)ei 
auch in der Stellung weicht sie von ihr ab, denn wahrM;heinlich 
hat sie den rechten Arm auf etwas gestützt, weil sie ganz auf 

»7 



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I 



«6 

diese Seite hingt Die Venduedenheit der Stoffe von beiden 
Gewindem druckt sich sehr bestimmt aus: das Unteigewand, 
-das unter der Brust von dnm schmalen Bande zusammenge- 
halten wird, an welchem man ringsherum weder Anfang uoch 
Ende erblickt, ist von feinem Byssiis; das Obergewand hinge- 
gen, welches der linke Arm weiter liiiiab/aisniken hindert, von 
einen» slarkejii mid steifern, vielleiclit wollenen Stoff. Jenes 
ist ein wenig n herarbeitet; übrigens aber verdient die ganze 
Draperie \ieles Lob. Auf dem Rücken bemerkt man zwei 
kreusweis über die Achseln gehende Bander, die ehen so schmal 
sind als das Brustband, und sich unter dea Armen wc^idien, 
ohne da(s man vomen die geringste Spur dav<m booaeikt. 

Man hat in dem Kopfe eine Ahntichkett mit der Crispina, 
de» Kaisers Commodw Gemahlin, zu finden geglaubt, die aber 
weniger in den Gesichtszügen als in dem Haarput/.e liegt , wel- 
cher allerdings uui die nehmliche Art geordnet ist. Der Kopf 
selbst ist ungleich schöner, und scheint mehr Ideal als Portrait 
2U seyn. 

Auch diese Statue ist in Rom aus einor Privateammlung 
gekauft worden. Sie ist sechs Pariaer Puls und drei Zoll hoch. 
Die Zeichnung ist von Herrn Retzsch und der Stich von Herrn 
W.Bohm. 



«7 



LXX. 

Der obere von den beiden Köpfen, wdche auf dieson Blatte 
mitgedieilt werden, ist aUgemein als Sokrates bekannt und in 
vielen Naddnldungen vorbanden. Es bleibt ungewifs, ob es 
ein wahres Bildnifs von üinn gegeben, das den vorhandenen znm 

eisten Originale mdieul lial; vvalirscheinlicli ist es nur den Be- 
schreibungen des Plato nac ligealunt. Überhaupt mufs man die 
Köpte der ältesten griechischen Dichter und Philosophen blos 
ab ideale Bildnisse betrachten. Unter den viden alten Nachah* 
mungoa, die man von dem Kopfe des Sokrates antrifft, ist der 
gegmwartige keiner der schlechtesten, denn trotz der Silen-arti^ 
gea Bildung ist sein Gesicht so geistvoll gehalten, dals man jene 
Ähnlichkeit darüber vexfpÜL Selbst der Bart hat einen Aus* 
druck von Würde. Es ist Schade, dafs die Nase und das ganze 
Hintertheil des Kopfs neu sind. Vormals befand er sich in der 
Königlich -Preufsischen Sammlung. 

Der untere Kopf ist ein schönes ernstes Ideal, Epiktet 
genannt Elr ist vollkommen erhalten, aber ich sweifle an 
seiner antiken Achtheic Wahrscheinlich ist er einem alten 
Originale nachgebildet. 

Beide Köpfe und von Herrn Naeke gezeichnet und von 
Herrn Gottschidi gestochen. 



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6a 

LXXI. 

Wer sollte in dieser komischen Gestilt, in diesem txunke> 
nen Wald-DSmon dnen achar&iniiigen Witzling, einen Pliil<^ 
sophen, einoi wnsen Sdier, einai Genius der Ruhe, einen 
Vorsteher der Elemente, den Gott der Natur, ja den Vater des 

ijchüneii Apoll vermuthen, oder ihn fiir ein Syaibol der Freiheit 
und sogar für ein Bild des Todes halten? Und doch hat die 
alte Symbolik diese Bedeutungen in ilin hinein zn legen ge\vufst. * 
Leichter läfst er sich freilich, wenn nicht Trunkenheit und Trä^ 
heit ihn hindert, ab burlesker Vortänzer bei einon bacchischoi 
Au&uge draiken, ob es ^eich auch damit emstHcher gemeint 
war, weil sein Tanz die Wandlung des Proteus darstellte. 

Wir umgehen den ganzen mystischen Ffimbus, und hsHtea 
uns an die Fabel, wie die Dichter und Kunsder sie uns iiberlie- 
fert haben. Aus dieser blickt nun ziemhch deutlich henor, 
dafs, wenn die Mystiker zu viel Glorie an diesen sonderbaren 
Dämon verschwendeten, dieSatyriker dagegen, und nach ihnen 
die Künstler, seinen eigenthümhchen Natur-Giarakter zu aebr 
ins Lädiaüche travesdrten, 

* Mm loM lüsibar hMnuunm Abhamllaiigi II«* «ni Prol»« aller 
Symbolik tron Hann Ttot m at Cr««««r in ■um«!«* Band* ihr Studien, Iwn«»- 
gifgAm von Carl Daab und Fricdrieli Crcasar. FnutUort und HöddbMf i0o& 

S. afl^ikff-r w wie Friderici Creuxeri Dionysus, iive Comtnentatioius Aeade- 
micae de rtrum bacchicarum orpiiicarutntfue originibus et eausis. I'ol. I. lleidflbergae 
M DCCCIX. 4. Der xweite Band dieses mühsamen und gcleluten Werks, desiten 
Etadtdamag MJ in urfiatelun iit, wini «Mar andm de lüer» JEtruaconaitt AomcnM^ 
mnifwe aneOanMiu lunuMn. Auf dies* WaiM wbl ia» Gmhc aina fibanidit daa 
gpiaiitan liacdiiidieB FabdkvaiMs «nthaltan, and mlWclit ^ibar dia baccUacban My 
ilcrian ml die veibandcnen Büdwnkc an» denaaDien OMhr Licht terbwite ii . 



69 



Der Endeher und Lehrer eines so edlen Gottes, wie Bacdius 
gedacht werden mufs, war ursprünglich kein so lächerlicher 
Wald -Dämon, zu welcliein er später erniedriget wurde, son- 
dern ein ehrwürdiger Alter von heitrer Sünunung, welcher der 
Pflegevater des jungen Bacchus zu seyn nicht unwürdig war. 
Für diese Behauptung liefert die Kunstgeschichte noch itzt 
Belege, nnter welchen nur der schöne Boighesische Silen, der 
den kleinen Bacchus an seiner Brust halt, zun Beweis angeführt 
woden dai£ Es erging ihm aber «idlich wie dem Marsyas^ 
der seine Verwandlung eben so wenig verdiente, und es scheint 
beinahe, dafs. eine Verwechslung mit demselben, von welcher 
sich Zeugnisse anfüliren lassen, zu seiner Erniedrigung mitge- 
wirkt habe. Die satyiischen Dramen, welche nachher die Quel- 
len für Dichter und Künstler wurden, begnügten sich aber nicht 
mit Aufstellung eines einzigen Repräsentanten, um ganze Völ- 
kerschaften lächerlich zu machen, sondern liefsen ganze Fami- 
lien solcher Dimone auftreten, wddies die Sileni und Sa^ri 
waren, die anfimi^ viell^cht verschiedene Völkerschafeen be- 
«ichneten, nachher aber mit einand« verwechselt, und zuwa- 
len, nach dem Unterschied des Alters, verschieden benannt 
wurden, als auch der entadelte Pan mit seiner Familie, sei es 
der ManiiH lilaltigkcit wegen, oder um eine andere Völkerschaft 
noch geringschätziger zu bcliandeln, in die bacchisclieu Aufzüge 
und satyrischen Dramen aufgenommen wurde *. 

* Mm m^ddie UomH B5ttig*i'i AUHHidUmg: lU ErfiBdiiDK d«ff PiSt« 
mmi die BcttTafnng dat Martya» in WieUadi ■ktifcbam Hnaewa. I«B> 
«. H., woris CT dia Vafwiia«iiiig«n daau laiir glSdüiA am dnaodar Mlit. 

18 



LViyui^Oü Ly Google 



70 



Fast könnte man annehmen, dafs die ganze Veranlassung^ 
dem BaccbtM solch rohes und lochtes Gesindd SEum Gefolge zu 
bestimmen, iirsprimglich in der Abneigung der Athener gegen 
den Baccluisdiensl lag, v ielleicht blos weil er sich ^ on I hcl» u 
aus verbreitete. Milsbräuche, Ausschweirungen und Thorliei- 
ten mochten Uiuea, die den übiigen Griechen so zeitig an Bil- 
dung vorgingen, noch mehr Stoff gegeben haben, die Feier 
seiner Feste ins Lächerliche «a ziehen, wenn sie sich auch nicht 
an dem Bacchus selbst zu vergreifen wagten. Dem sei aber wie 
ihm wolle, der Bacchusdienst hatte dennoch bei ihnen Eingang 
g^nden, und die beliebte Schöpfoi^ jenor Mifsgestaltm, die 
den Dichtarn und Künstlern willkommenen Stoff zu mannich- 
faltigen bilderreichen Darstellungen boten, war nun einmal vor^ 
banden und mit der Fabel verwebt; doch mögen in sj)atern 
Zeiten manche willkiilirliche Verändeiungen damit vorgegangen 
seyn, die in Ansehung jener Wald - und Berggeistei* Venveclis^ 
lung^ und Verwirrungen voursacht haben. 

Gesnef trug zuerst eme umstilndlidie Charakteristik des 
Silen und seiner Abkömmlinge zusammen , ohne sich mit einer 
genauen Kritik dersdben zu beschäftigen *. Heyne, der zu- 
glach unter den Ibmstweiken der Alten besser bewandert war, 
unterschied den äufsem Charakter i&aer verschiedenen Dämone 
wohl , wie sich aus seinen behutsam gewählten Ausdrücken 
erglüht: aher da <he iiieihlen Arthiiologen , und an iiirer Spitze 
Winkelmann und Visconti, die Satyre mit den Faunen vernieng- 
ten, und es fast durchgän^ angenommen wurde, die men^ 
schenfüTsigen Dämone Faune, und die bockfülsigen Satyre zu 

* Oammmtaijoiw« Soektatis Begk» Sätmianim 6ouingauis,,yol. IV. 



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benennen, so wollte er vielleidit, wdl zunud schon Horaz und 
Lucrez die letztem mit Bocksfölsen gescluldert hatten, sich 
gegen diese allgemeine Benennung eben so wenig auflehnen , als 

Winkelniann gegen die hetrurisclie Benennung des \on Ihm 
wohl erkannten altgrieclmchen Stils, und netli nur, ungeachtet 
die angenommene Unterscheidung im alten Gebraudie keinen 
Grund liabe, es bei der bisherigen Benennung bewenden zu las- 
sen, um sich gegenseitig zu verstehen *. Da^^gen aber trat 
Vofs auf, und forderte mit kritischer Auseinandersetzung, dals 
man den Silenen und Satyrn, der eigentlichen Fabel geinäls, 
ihre Menschenföfse liefse und die römischen Faune för Bock- 
fiifslcr erkenne **. So gegriin(h'i diese Forderung war, so wenig 
hätte aber auch Silen geradc/.u als Satyr aufgeführt werden SoK 
len, wozu ei erst spater eniiethiget wurde. 

Silen und seine ganze Sippschaft liaben also Mensclienfiifse, 
und weil die alten Satyre auch Silene genannt wurden , so folgt 
daraus, dafs allen Satyren Menschenfüfse gebühren. Die Faune 
hingen, welche von Pannus, dem alten römischen Landes- 
gott, abzustammen scheinen, den man nicht nur mit dem Pan 
der Griechen fiir eins halt, sondern dessen Name sdbst von 
dem griechischen Peldgott hergeleitet wird, waren ziegpnföfsig 
wie di»' Panes der Griechen, initer welclien, vielleicht in Anse- 
hung tier Kopti^c^l.iltnng, noch ein Unterschied ^iMuacht w ni<lt'. 
Auch fuidcn wir den l'aun als cor////jcf, öicor/tn und Hv/zua/jer 
geschildert. Die Abarten beider FauuUen sind jedocli erst spä- 
ter entstanden. 

* Hcjrne aalupiariidhe AuJ*atae. Ztmtas Stödu 
** V«& myMhgaAt Brirf«. Zweites Binddisn. 



7« ; 

Da nun, wie Voü sagt, der gewöhnliche Gang der Kunst* 
Inidung allmähliche Enteddung der Menschengestalt zur thieii- 
schen ist, und da sich die ältem und vorzüglichem Kunstler des 

Akeithums, so weit sich bemerken lälst, genau an die Fabeln 
und angenommenen Vorstelhmgsarten banden, so läfst sieb aus 
Kunstwerken selbst, sie mögen origiuai oder altern verlornen 
nachgeahmt seyn, binlänglicb beweisen, dafs Silen ursprünglich 
keinesw^ die Bildung eines Satyrs hatte und folglich kein Satyr 
war, und dals die gespitzten Ohren und der Schwanz, anstatt 
sie, wie Diodor will, sdnem nach ihm benannten Geschlecht 
anzuerboi, von diesem vidmehr erst auf ihn übergetragen wor^ 
den sind. 

Die Vorstellungen des Silen in Kunstwerken lassen sich in 
dreierlei Abtlieilimgen bringen. In die erste, wo er weder un- 
edel dargestellt ist, nocli gespitzte Ohren und Schwanz bat, 
reebne ich die angeführte Borgbesiscbe Statue, WO er den klei- 
nen Bacchus in den Armen hält, und wovon sieb in Florenz 
«ne gute antike Copie befindet. Auch scheint 6ec Silen in dem 
schönen hodtulanischen Gemälde hierher zu gdiören, welches 
man die Erziehung des Bacdius nennt, aber die Form 6er Ohrai 
Mst ach nicht eikennen. Eben so erscheint er in einem andern 
Gemälde, die Hochzeit des Bacchus benannt, zwar kürzer und 
dickleibiger, aber nicht unedel im Gesiebt, und der Breite des 
rechten Ohrs nach zu scbliefsen, sind die Olnen nicht gespitzt *. 
Oberhaupt läist sieb vermutben, dafs alle 6dene, deren Obren 
oben mit Haaren bedeckt sind, Menschenohren haben, weil die 
gespitzten Ohren gewöhnlich ganz frei gelassen sind. 

* U AntiMtä di JEneolmo. T. U. Utk. ts n. i6> 



73 



In die zweite Abtheilung, wo er in Absicht auf Gesiclit, 
Kürpeifoi III iiikI soii!>lijj,e (^liaiaktt-ristik den Schildcriiii-< n der 
Alten entspricht, aber el)en so wenit; g<'sj)it/,te Oiutii uolIi 
Schwanz hat, setze icli unsere Statue, eine andere in der Gal- 
leria Güatuuami Tab. 1 38> , und eine dritte im Mmeo Fio - de^ 
merOmo nebst zwei andern Vorstellungen in Basreliefs daselbst % 
zwei Meine Büsten in Bronze, eine Larve ** und zwei Köpfe an 
einer Vase des Piraneu •**. 

In die dritte Abtheilung gehören endKch die spitzöhrigen 
und geschwänzten Silene, deren Daseyn nicht bewiesen werden 
darf, lind d.isoLi ein Theil fiu alle JSatyre zu h.iltLii sind. Man 
findet der^lri( li»Mi in Marnior, lianpfsiu hlicli auf spatern Sarko- 
phagen und Caudeiabern, in Gemälden und Bronzen. Merk- 
wi'irdig sind die y\eT colossalen Silene oder Satyre von Marmor 
bei Piranesi im angeführten Werlte, welche ein grolses Becken 
von Granit (vielleidit Sienit) tragen. I^se sind nicht nur 
spitzöhrig und geschwänzt, sondern auch so raudi, däfs die 
Haare, einem Schurze ähnlich, die halben Schenkel bedecken. 

Unsere Statue ist ein wahres Meisterwerk zu nenn«», und 
der gute Stil ist selbst in der Catricatur ihrer Formen nicht zu 
verkeimen, demi dif Höhen und ri( !< n des scKw amnuti,t'n II.ui- 
gehauchs Hk Im ii w u W ellen in euiaiuler. Der Körper ist ziem- 
lich behaart, doch ohne Nachtheil für die Form; am meisten 
bt er es äber den Knieen. Das mit Weinlaub und Trauben 
umkränzte glazige Haupt neigt sich, entschlummernd und 

• Toiiiol. Taw. XCJ t. u. ioiitoir. Tav. Wril. u. XXf'III. 

** U jintiehUa dt EreoUmo. T. If, t. q ». 4O. 

*** in Mincm Werket l^ari, Omirlnlwi. Gppi, Sana/Aagi, TrifmB. 

•9 



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74 

% 

I 

schwer von den Dunsten des Weins, auf die Brost herab, und 
der Ausdrudi des Gesichts, welcher Obersättigung und Über- 
druds anzeigt, ist vortrefflich, so wie der angedrückte Bart, der 
eben so schön geordnet als meisterhaft gearbeitet ist. Läfst sich 
gleich bei dem gröfsorn Tlieile der alten liimstwerke nicht mit 
Zuverlässiiikeit über Originalität und Nachbildung entsclieiden, 
SO glaube icli doch, dals dieser Silen für ein sidieres Origioal- 
werk angenommen werden kann. 

Es ist sehr Schade, dafs die Beine fehlen, welche unter 
den Knieen abgebrochen sind, denn er würde dann noch intei^ 
essanter erschauen. Der Künstler hatte ihn mit dem obem 
Thdle des Korpers überhängend gebildet, so dafs es das Anse- 
hen gewann, als wurde er überstürzen, wenn er vollends ent- 
schlafen wäre. Der Ergänzt i luiL ilin ahei nicht verslandrn : 
die Beine sollten 7,nri]ck^ezo2;en und das linke mit der Ferse 
einwärts gestellt scyn, um jene Stellung hervorzubringen. Der 
Unke Vorderarm ist , von der Draperie an, neu. Der rechte ist 
zwar oben abgebrochen gewesen, und man könnte. wegen des 
überarbeiteten Vorderarms, besonders wegen der Hand, die 
übrigens anige Er^nzungen hat, beinahe zwöfeln, dafs er 
nebst dem Schlauche antik sei,, wenn nicht die Draperie, die 
hie und da ausgebessert ist , für s»n Alterthum spräche. 

Diese treffliche Statue ist aus der Gallerie Chigi, und vier 
Panser Fuls, einen Z.0II hoch. Die Zeichnung ist von Herrn 
Retzsch und der Stich von Herrn Krüger. 



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75 



LXXII. 

^cchuSy der Dionysus der Griechen, ist einer der gröfsten 
Bevölkerer der Knnstwelt geworden. Die Schönheit und Ah- 

nehiiiliclikcit seiner idealisliten Gestalt, der eine gewisse leicht 
zu eikennende Eiiienthiinilit hkeit z,ii I heil ward; the Gesciiichtc 
seiner Entstehung und Erziehung; die Begebeuheiten auf seiuen 
weitläuftigen Wanderungen; die Wirkungen und Erfolge seines 
berückenden Schöplungskreises ; das mannicli&ltige Gefolge» 
was ihm zug^eben war; die rauschenden Feste, die ihm zu 
Ehren gefaert wurden, mit allen ihren Übertreibungen und 
Mifsbiüuchen; die rdthselhaften Vorstellungen und Sinnbilder, 
die nach und nach aus den Mysterien, vorgeschrieben oder zur 
Hiilfte erdichtet, ins Publikum kamen; alles dieses ^.\h tlen 
Kimstlern den reiciihaltigsten Stoff zu Bildwerken jeder Art; 
und aus der grolsen Anzald der bis auf unsere Zeiten criialte- 
nen Denkmäler läTst sich leicht auf die ungeheure Menge der- 
selben sclüiefsen, womit die alte Welt gleichsam angefüllt war. 

Die Fabel selbst mufs ich ab bdtannt voraussetzen. Den 
besten OberbUck in artistischer Hinsicht und eine treffende 
Chanikteristik der idealen Natur dieses Gottes gewährt, auTser 
Winkelmanns kurzem Bemerkungen, Hirts treffliches und lelir* 
reiches Rilderbuch weshalb ich mich einer umständlichen 
Zergliedenuig derselben idiei hohen achte. 

Bacchus ist oft als Kind gebddel, aber schone Kinderfor- 
raen, die überhaupt selten sind, giebt es wenige von ihm, 

* Ks git'bt oQch kein Werk , was den Freunden der alten Kunst ein« so belehrendr 
Mnd richtig« Übtnicikt in lediiqgler Kiin«, «der mit Bdcfoi, miclmllUt vrimAiuu. 
J«l«r, int m html, wA ^ baMige FortMliaiig dMadbm wümcIicii. 



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76 



wesw^n die unsrige, obgl^ch nur der Körper imd linke Ann, 
mit; Ausnahme des mittlem Studts dersdben, alt sind, eine 
Abbildung wohl verdiente. Der sanfte Obergang der weichen 
kindischen Brust zur rundlichen Wölbung des Bauchs und der 
nocli Ziarte iineiitwicUelle Rücken sind sehr <j;li"icklich ausse- 
drückt. Die Ergänisung ist ziemlich gut; nur halte, wenn auch 
der Gedanke selbst, ihn in ein Gefäis voU 1 rauben zu stellen, 
nicht unglücklich ist, ein antikes und kein modernes Gefiifs 
gewählt wwden sollen. 

Wir haben dieses Werk der Fürsorge Sr. Ebccdlenz des 
Herrn Cabinetsministm Grafen MarcoUni zu danken. IXe Höhe 
des Ganzen beträgt drei Pariser Fuls und einen ZoU. Gezeich- 
net ist es von Herrn Retzsch und gestodien von Horn StölzeL 



LXXIIK 

Eine andere schöne Knabenform bietet der kleine Bacchus 
in der sdtenen Vorstellung, mit dem Löwen spielend, dar, 
dergleichen nicht weiter vorkommt. Amor erscheint wohl auf 
Gemmen mit dem Löwen spidend oder ihn auf andere Weise 
beherrschend, aber nie der kleine Bacchus. Dafs aber dies«' 
Knabe nicht Amor, sondern Bacchus ist, beweiset der Zweig, 
der durch das welleufonnit;«" Haar gezogen ist, au welchem sicli 
noch eine Spur von Beeren befindet. Die Ha.n< haben aber 
etwas gelitten und mit ihnen der umkränzende Zweig , der 
jedoch auf beiden Seiten sichtbar ist. Übrigens ist die Allegorie 
so glücklich und sprechend als jene, und der Löwe, der dem 



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^ — 77 

Baodius ohnediefs zugethan war, konnte den Künstler sehr leicht 
auf einen ähnlichen Gedanken bringen. 

Das schöne Köpfchen, was zwar abgebrochm gewesen, aber 
dem Bruche und der Behandlung nach dazu gehört, hat einen 

überaus freiii)(lli(lieti und liebkosenden Ansdrnck, »ind winde 
noch weil lieblicher erscheinen, wenn die Nase erhalten wäre. 
Der Kör|>er, der linke Schenkel, der kleine Theil des rechten, 
und, der ganz antike linke Arm, der den Löwen umfafst, sind 
vortrefflich behandelt, und drücken die Wdchheit der genähr* 
ten Formen sdir glücklich aus. Der rechte Arm und die Beine^ 
so wie die Beine und das Unternuul des Löwen, sind neu. Die 
Gestalt des letztem, und besonders der Kopf, \erdient Lob. 

Diese schatzbare Gruppe befand sich ehemals in der Gallerie 
Chigi. Die Ilolie, bis iibcr den liopf iieiechnet , ist zwei Parisei' 
Fiils inul vier /.oll. Herr Professor Schubert hat sie gezeichnet 
und Herr W. Böhm gestochen. 



LXXIV. 

Bacchus ist in seinor vollendeten Jünglingsgestalt der schönste 
Goft nach Apoll. Er hat nicht den schlanken edlen Bau des 
It lzterii, aber dagegen eine Aninnth und VVeicliheil in ileii l'or- 
nieii, die beinahe in die z,arle Fülle einer schönen Weiblichkeit 
übergehen. Die Natur hatte schon seine Bildung als Jungfrau 
begonnen, als sie sich besann, ihn zum Jüngling umzuschaffen. 
Dieser Charakter ist in allen Statuen des Bacchus sichtbar, ob- 
schon nicht immer mit gleichem Glück behandelt. 

20 



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ff 



78 

Die Statue, welche g^enwäiti^ Platte von ihm darstellt, 
ist in grofsem Stil gearbatet und wurde unter die voizuglichen 
gehören, wenn sie besser erhalten wäre. Aber die Larve, die 
beiden Arme, das rechte Bein und der linke Fu£b sind neu. ' 

Selbst über das linke Bein, was oben gebrochen und nicht gut 
gestellt ist, lassen sich Zweifel erheben. Merkwürdig ist die 
Form des umgehaugenen liehteils. 

Auch diese Statue ist aus der Sammlung des Prinzen Cliigi, 
und drei Pariser Fufs, vier Zoll hoch. Die Zeichnung ist von 
Herrn Retzsch und der Stich von Herrn Alois Ketsler. 



LXXV. . 

Wenn auch die Iiier foli^ende Statue von der vorhergehen- 
den in Ansehung des Stils übertrotfen wird, so ist sie dnim 
mcht minder schön und hat dabei den Vorzug, besser erhalten 
ZU seyn. Kopf und Körperform entsprechen ganz den Forde- 
rungen, welche sidi nach dem angenommenen Ideal an die 
Darstellung eines jugendlichen Bacchus machen . lassen. Der 
gegenwäirtige ist ein wenig älter anzunehmen, als der vorige, 
und der Körper ist etwas genährter. Der Kopf hat viel ange- 
nehmes und gefälliges; er ist, aufser der ihm gebührenden Stim- 
binde, mit dem Epheukranz und an den Seiten iriil Trauben 
geschuuickt; hinten sind die Haare in einen dicken W ulst uni- 
gesdUagen; die Nasenspit7.e ausgenommen, weiche neu ist, hat 
er nicht gelitten. Überhaupt und die antiken Theile sehr gut 
erhalten. Das Rehfiell ist nur m reßef angedeutet, was ich an 



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79 

kon^n andern Bacdius bemerkt habe; verrouthlich wollte der 
Künstler die schöne Körperform nicht unterbrechen, die auf 

diese Weise sichtbarer blieb, denn in einiger Entlenuing ist das 
Fell kaum zu bemerken. Die untere Hälfte des rechten Arms 
und das liiike Beiu sind neu; der linke Ann, der vermuthlich 
auch ergänzt war^ ist ZAim Glück wieder verloren gegangen, 
denn die Ei^^nsongen sind schlecht. Am Leopard ist der Kopf 
nnd die linke Tatze neu. 

Wir haben diese Statue mit der ndlimlichen. Sammlui^ 
empfangen, Ihre Höhe betragt \ier Pariser Fufs, neun ZolL 
Sie ist von Herrn Naeke gezadmet und von Herrn Stölzel 
gestochen. 



LXXVI. 

Betrachtet man blos die Körperform, so erschdnet Bacchus, 
hier in dieser kleinem Statue jugendlicher ab in der vorigen; 
aber das Gesicht hat dagegen ein älteres Ansehn, Dieser Man- 
gel an Hannoma wurde schon an sich bewasen, dafs sie von 

keinem guten Stil ist, wenn es auch die Formen selbst nicht 
verriethen. Indessf ii ist die Bf li.uidliiiiii lir sser als the /,eich- 
nung, und der Korper i^t ziemlich weich gehalten. Der Kopt- 
putz ist überladen; übrigens feldt nichts an demselben, was zur 
Hauptzierde eines Bacchus gehört. 

Was diese kl^ne Statue nicht unwichtig macht, ist die gute 
Erhaltung, denn blos die Nase, ein Stückchen im linken Arm 
und der Stralil von Wein, der aus d&na. Gefafs in den Radien 



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8o 

des Leoparden stürzt ^ sind neu. Der zugesetzte Stab od» 
Thyrsus verräth sich von selbst. 

Sie ist ebenfalls ans der Chigischen Sammlung, und zwei 

Pariser Fiiis, ruiil /.oll liodi. Gezeichnet hat sie Herr Retzsch 
und gestochen Herr Gottschick« 



LXXVH. 

Der vortrefiOiche Kopf, den wir oben auf diesem Blatte 
wahrnehmen, ist von Mandien dem Bacchus zugeschrieb«! 
worden; unstratig aber gehört er seiner Geliebten* der Ariadne, 

an. Srlion das grscliuuu k\ oll geonhicte und näl einer W ein- 
raiiKc m'i.clinuicla(.- Maar, zwischen weichem sich das Diadem 
hin wegzieht, iiann dicls beweisen. Er ist von schönem griechi- 
schen Stil, und es ist daher um so niolir zn bedauern, dafs die 
Nase neu und der Mund ein wenig beschädiget ist. Ob der 
Arm, 6er vher demselben H^, ihr dgener sei, wie es den 
Anschein hat, oder ob er dem Bacchus angeh&re, der vielleicht 
mit ihr gruppirt gewesen, läfst nch nicht mit Zuverläso^^eit 
bestimmen, weil er etwas gelitten hat. 

Von gutem Stil ist auch die darunter befindliche Doppel- 
hcrnia, welche aus zwei zusaiuini'ni;efiiii;ten jungen SatyTkÖpfen 
von colossaler Gröisc besteht : eiiie seltene Vorstellung, die 
wenig vorkommen wird. Beide Köpfe sind sich einander durch-- 
aus gleich, auiser dafs der eine besser erhalten ist; die Nase 
ab^ fehlt beiden. Was für «ne Allegorie in dieser Vorstel- 
iung entlialten ist, wage ich nicht zu bestimmen, oh^eich der 



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Ausdrndt des Frohsinns, der in beiden Köpfen liegt, mancherlei 

Deutungen zulalst. \ itUeicht könnte man sie auf einen glück- 
lichen Wechsel der Zeil, odd auf die immer wiederkehrenden 
t'reuden des Lamllebens beziehen. 

Der obere Kopf ist mit der Gallerie Chigi, und die Doppel- 
hernu aus Privathänden erkauft worden. Sie sind b^e von 
Herrn Nadie gezeichnet und von Herra H. Schmidt g^tochen. 



LXXVIU. 

Die gefälligsten Dihnone aus cieni Gefolge des Bacchus sind 
die jungen Satyre, die wir als Flötenspieler vorgestellt finden. 
Sie sind in ziendicher Anzahl vorhanden, und die schönsten 
darunter nnd der Capitoiinische und Borghesische , beide in 
veränderter Stdlung. Sie scheinen alle dnem berühmten und 
beliebten Ori^ale nachgebildet zu seyn, in welchem man den 
sdiönen Satyr des Praxiteles wiederzufinden g^laubt hat Diese 
Vermuthung ist wenigstens nicht unwahrscheinlich. Wenn man 
erwägt, dals die gi'iechischen Künstler eine ganze Stufenleiter 
von idealisirleu P^Muien auistcilten, die sich der wahren Natur 
mehr oder weniger näiierten, so könnt«' wohl die üeue Darstel- 
lung der lieblichen Natur eines jungen Hirten von einer Meister- 
hand um so gefälliger ansprechen, je weniger man sie in Kunst- 
werken zu sehen gewohnt war. Wahrscheinlich lag in dieser 
vortrefHich behandeltoi Wahrheit, in. dieser Belebung der Natur 
selbst, der grofse Zauber, welcher so allgemdn anzog. 

An unserer Statue nnd freilich nur der Körper und die 

21 



Sdienkel alt, aber diese sind sehr gut behandelt Sie nähert 
sieb der Capitolinischen, ist aber in der Wendung etwas vei^ 

schieden von ihr. Die neue Syrinx am Tronc l»at vom Ergänzer 
eine Uolue zu viel erhallen. 

Sie ist in Rom von einem Privatmann gekauft worden. Die 
Höhe beträgt drei Pariser Fuls, eilf Zoll. Die Zeichnung ist 
von Herrn Naeke und der Stich von Herrn Krüger. 



LXXIX. 

Eine der beri'ihmtesten und schönsten Statuen des Satyr- 
Ideals ist der tanzeiule Satyr in Florenz, *, welchen man ehen- 
falls für das bei idnnte Werk des Praxiteles ausgegeben hat. Die 
Königüche Gallerie besitzt die nehmliche Vorstellung in einer 
veränderten Bew^ng, und es ist kein Yorurtheil, wenn ich 
mich SU behaupten getraue, dals der unsrige,. wenigstens in 
Ansdiung des Körpm, noch schöner ist Jener ist vorwärts 
dieser sdtwärts gebeugt, wodurch seine Stdlung mehr Anmuth 
gewinnt Er gehört, wie schon der Kopf zeigt, nicht mehr zn 
den jugendliclien Salyreu, inid der Korper stimmt damit voll- 
konuTien iiberein. Zwischen Kopf und Brust ist ein Stückchen 
Hals eingesetzt; die Arme mit den Krotalen, die er im Tanzen 
an einander schlägt, während er dem Knipezion, einer Art von 
metaUenmn Blasebalg, mit dem einen Fulse Töne entlockt, sind 
nen und schlecht, so wie die Beine. Am Florentiner nnd 
blos die Arme ei^^nzt Hinten haben beide das gewöhnliche 

* Musfum Plannt. 5||. 59. Haetetta ifi EtostL 55. 



as 



Abzeichen des Satyra. Die Vontdlung ist ein ausdnickvoUes 
Bild bänrisclien Frohsinns. 

Diese Statur /.ii ilr chenials die Gallerie Chi^. Sie ist iint 
drei Pariser Fl ils, /.u ei und einen halben Zoll hoch. Gezeichnet 
hat sie Herr Naelve und gestochen Herr StöiseL 



LXXX. 

Bdm ersten Blick wird man diese wabUche Statue, beson- 
ders wenn man sie von der Seite betrachtet, für eine histige 

oder trunkene Satyra erkennen; abei- bei genauerer Untersu- 
ciiung bleibt nicbis als der Ko|)f von ihr iib)iii,, der durch die 
Gesichtsform und die gespitzten Oliren lünhiogUch charakteri- 
sirt ist. 

Dieses Stück giebt einen neuen Beweis, dafs man bei Ab- 
güssen und bei Kupferwerken, in welchen die Er^nzungen 
nicht bemerkt nnd, getäuscht werden kann; denn es ist aus 
drei verscJiiedenen antiken Fragmenten zusammen gesetzt, die 
sich einander offenbar widersprechen, aber durch das moderne 
Mittelsluck , welches oben mit der ijiiei laiilenden Draperie 
anfäni^t, in eine solche Verbindung gebracht sind, dals diese 
zusammen gewürfelte Statiu-, der ganzen Bewegung nacli, welche 
niedrige Lustigkeit ausdrückt, olme nähere Prüfung, für eine 
Satyra genommen werden kann. 

Der Kopf allein ist also, was er vorstellen soll, und zugleich 
selten zu nennen, weil wenig weibliche Köpfe mit Satyr -Ohren 
vorkommen; das Bruststück aber gdiört einar weit betagtem 



84 



Frau an, deren Busen schon verwelkt ist; und der ganze untere 

Theil ist von einer sehr edlen jugendKchen Gestalt Alle drei 
Flatulente sind In ilin^i Ai t voi Ih IiIh Ii y.ii lu niKMi, besonders 
das selir gut drapirte Bniststuck, und die ganze niilere Midfte, 
zu weiclier sowolil die Draperie, als die ganze /-eiclinung sowolil 
des rechten Beins, welches unter der Bekleidung lienortritt, als 
der wiridich sehr schönen Fülse, mit vollem Redit gerühmt 
werden können. Aufser dem Bauchstük ist auch die Nase und 
der linke Arm neu. 

Dieses Stuck ist aus der nehmlichen Sammlung. Die Höhe 
beträgt vier Pariser Fufs, fünf Zoll Herr Naeke hat die Zeich- 
nung und Herr Hulhuann die Platte geliefert. 



LXXXI. 

Der Faun, der hier mit einer Satyra oder Bacchantin grop- 
pirt ist, erinnert an die schöne Gruppe von Pan und Olymp in 
der Villa Lodovisi zu Rom, welcher die unsrige vidleicht ihren 
Ursprung ZU danken hat. Da sie zusammengesetzt und der Kopf 

des Fauns abgebrochen gewesen ist, so lionnte man vielUncht 
glauben, dals die niannliclie Figur zu einer W ledei holung jener 
Gruppe gehört habe, weil die ganze Stellung von jenem Fan 
viele Ähnlichkeit hat, welcher das eine Bein eben so ziegonartig 
hinauf zieht; allein der Kopf, Avelfher wahrscheinlich dazu 
gdiört hat und nur unten etwas überarbeitet ist, besondos abor 
der in die Höhe geriditete rechte Arm beweisen das Ge^theil. 
Dals übrigms die w^bliche Figur zu einer ähnlichen Gruppe 



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gehört habe, fallt in die Augen: wanim also nicht zu der 
unsrigeii, wenn schön der Faun in Ansehung der Behandlung 
bei weitem den Vorzug verdient? 

Am Faun Lst clcr gaiiz,i' Unke Arm, der rcclitc Vonlerarm 
und die linke Klane, vielleicht ancli die rechte neu; an der 
Satyra wahrscheinlich der Kopf, der rechte Arm und der linke 
Vorderarm; die Beine sind zwar sehr zusammcngeseUt , aber 
alt. Hinter ihr am Tronc befindet sich eine spitzöhrige und 
gehörnte Larve. Die <kuppe ist aus der Ghigiscfaen Sammlung 
und vier Pariser Fufs hodk Gezeidmet hat sie Herr Naeke und 
^tochen Herr Stölzd. 



LXXXU. 

Silvan und Vertumnus sind häufig verwechselt und, bei 
gleichen Attribut«! von Spence * und Montfaucon ** sogar ver- 
schieden benannt worden. Es würde schwieriger zu entsdiei- 
den seyn, welchem von bdden die vorhandenen VorsteUungai 
zuzudgnen rind, wenn nicht Ovid den erstem alt aber kraftvoll, 
den letztern hingegen jung und hübsch geschildert hätte, wes- 
wegen er aiM h <il> ^i(■i^talHl in der Kunst /,u gefallen hcli.u htet 
worden, obgleich diese Eigenschaft mein- ans dem Haupll)egi itt 
seiner wendenden und lenkenden Macht hergeleitet werden 
kann. Ex ward als der Vorsteher des wiederkdirenden Jahrs, 
des Herbstes, und auch der Garten angesehen, weswe^n ihm 

* d^Mwe ntfymet. Tab. 35. VI. yjl. 

Atmu/mum T. I. iXXm. imd SuppL T, J. OCXPIL 



I 



S6 

die Erstlinge der Frädite geopfert wurden« Bei seiner Statue,' 
die uns aber Niemand besdurieben hat, wurdaa Blumen vei^ 
kauft. Doch scheint er, wenn man erwägt) dafs so wenig ihm 
gewidmete Denkmäler gefimden werden, bei weitem nicht so 

vereint gewesen 7.11 seyn als Silvan, der als ein iii alter einlieiiui- 
schcr Gott in viel grolserer Achtung stand, wie sich aus der 
Menge von Inschriften bei Gruter und Muratori, und aus den 
bildlichen Vorstellungen schlielsen läTst, die wir ihm mit desto 
gröfserer Gewifsheit zuschreiben köpnen, da verschiedene dei^ 
selben mit ihn benennenden Inschriften versehe sind. 

Silvan galt in Italien für den Gott der Urbarmachung, daher 
er die Ifippe oder das Gartenmesser zu Ausrottung der Waldun- 
gen fiihrt. Als solcher wurde er auch der Schutzgott der Heer- 
den und F'luren und ein vvaclisanier Bescliiilzer der Grt;nzen, 
dessen ßi h hle seui aufblickender I huid erlauerte. Er hatte in 
Roni mit dem Herkules, einem andern Wohlthäter der Mensch- 
heit, einen gememschaftlichen Tempel, und die Opfer, die 
man ihm bradite, bestanden in allerhand Früchten, Milch und 
Sdiweinen. Gewöhnlich bt er mit Pinienzwdgen bdtränzt und 
halt einen Pinien -Ast im Arme, weil er vielleidit diesen Baum, 
dessen Fruchte, besonders in frühen Zeiten, Menschen und 
Thieren von grofsem Nutzen waren , in seiner besondern Obhut 
hatte. Man hat den Pan der Grieclxin mit ihm verglichen und 
verwechselt, und daher mag es kommen, dals ihn Piutarch als 
Aegipan scliildert. mag auch seyn, dafs, als man sich spä- 
terhin mehrere Silvane dachte, ihre menschlidie Gestalt einoi 
Zusatz von Thierheit erhielt, indessen müssen sie doch von 
Satyren und Faunen verschieden gewesen seynj weil sie Ovid 



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87 



mit diesen zugleich auffuhrt. Zwar stellt uns M<mtfiiucon 
(Tab, 1. 168.) aus Boissard zwei Silvane mit Ziegenfufsen dar, 
' wemi anders im zweiten Basrelief nicht die Horma allein ihn 

bedeuten soll; aber wer wcils, ob die Unterschriften acht sind, 
ilii Mcli keine andere beweisende DeiiUiiialer als dl(;se fnulen. 
Dem sei je<^locli wie ihm W"olie, in Keinem Fall, weder als Aegi- 
|>anes, noch in blos menscliüclter Bildung, können sie mit den 
Satyren oder Silenen vergliclien werden, weil der menschlich 
gebildete Silvan in keiner Vorstellung spitzöhrig und geschwänzt 
ersehet. 

Alle entsdiiedene Bildnisse von ihm haben also ooe voll- 
kommen mensdiUche Gestalt Gruter beschreibt uns drei der- 
selben mit Aufschriften *. Das eine befand sich im Capranici- 

scben Hause: der riopf mit l*inieii/,w cii^en bekninzt, in der 
Aecbtcn das Gartenmesser, in der Linken den Pinien -Asl, und 
im Gewände Trauben und Trüchte tragend. Die zweite Statue 
hat Tomasini ** stechen lassen. Sie gleicht in etwas der unsri- 
gea, halt aber in der linken den Griff vom Gartenmesser, drü- 
her Früchte im Fell, und in der Rechten walurschein]ich einen 
besch&digten Ast, hat aber keine Halbstiefeln. Die dritte Vor- 
stellung befindet sich in einem Basrelief, was in Rom ubor einer 
Haustliüre angebracht war und ein ihm dargebrach t<'s Opfer 
\orslelll. Er ist nackt, tragt Fnidite und li.inlxii nn l'ell, 
hall in der l\echten das Gartenmesser, in der Linken den 
Pinien - Ziweig, hat Halhstiefeln , und ist waluM heirdi« h mit 
Starken Pinienzweigen bekränzt, die B^er, weil die Arbeit, 

* OrtUer, ^ueript. p. fi^. 

** ToMMHim de donarns. p. 109. 



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88 



den Nachriditen zufolge, etwas plmnp ist, für den Calathus 
angesehen hat . Der Hnnd ist ihm zur Rechten und das zu 
opfernde Schwein zur Linken gestellt Abbildungen davon li^ 

fern Beger *, Montfaucon (I. i77.)> die Marmorn Taurinensia 
(1. 29,) und Tomasliii, der nocli einen andern auffülirt, wel- 
cher in der Trinken den Abt und PViu lile in» Kell trägt, in der 
Rechten aber das Gartenmesser geliabt hat, was abgebrochen ist 
Sein unbekränztes Haar ist wild über den Kopf herein gekämmt 
Die Marmora Oxonimria ** enthalten einen andern, da- nur 
einen Fufs hoch ist, und Pinien -Kranz, Ast und Hund hat; 
der rechte Arm ist we^hrochen. La Chausse hat zwei Gem^ 
men von ähnlicher Bildung; un^d eben so erscheint er in einem 
Mosaik zu Lyon, was 1670 gefunden worden. In den beiden 
N^'orsteUuiigen bei Spence scheint er Cypresseii-/>weige in den 
Händen au haben. Montfaucon (I. 167.) liefert einen aus d(?in 
Garten von Sceaux, den er loht, aber mit Unrecht für Ver- 
tumnus erklärt Er ist drei Fuls hoch, liat auf der linken Seite 
Äpfd und Trauben im Fell, in der Rediten das aufwärts gehal- 
tene Gartenmesser, Halbstiefeln, und zur Rechten einen sitzen- 
den, zu ihm aufblidtenden Hund. Der Kopf ist mit Pinien- 
zweigen beki^nzt, und hat in der Abbildung Ähnlichkeit mit 
dem Herkules. 

l nsere Statue scheint nicht nur eine der gröfslen, wo nicht 
die groiste zu seyn, sondern auch alle jene Vorstellungen an 
Werth der Arbeit zu übertreffen, und es ist «m so mehr zu 
bedauern, dafs der wahre Kopf fehlt . Der Körper und die 

* Beger. Thes. Bnmd, T. HI. p, aSQ. 

** JUarmor. OjeoH. P. L T. 45.. n. 5. «der ZJOOL 



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89 



Schenkel, wie auch die übrigen alten Theile, verdienen grofses 
Lob. Im reclitcn Ann trägt er den Finicnast, und mit der Lin- 
ken ludt er ilas VV'idderfell, welches mit Fruchten und Trauben 
angefüllt ist. Die Halbstiefeln hat er auch hier. Das Garten- 
messer erblickt man zur Linken am Tronc, vor welchem der 
Hund sitzt, von dem nur die Pfoten erhalten sind. Aufser dem 
Kopfe ist blos die rechte Hand und das redite Bein vom Knie 
Ins zum Knochdi er^üist 

Diese sdtene und interessante Statue ist aus der Sammlung 
des Prinzen Chi^ Sie ist vier Parisor Fufs, sehen und einen 
halben Zoll hoch. Die Zeichnung i$l von Herrn Retzsch und 
der Stich von Herrn Gottscliick. 

Aulser derselben besitzt die KönigUclie Gallerie noch eine 
kleine Statue von ihm, die abei' keinen besondem Werth liat. 
Kopf und Beine sind übrigois neu. In dieser erscheint Silvan 
bekleidet und unterschüizt. Unter den Trauben und Frud^ten, 
die er trägt,' bemerkt man audi Pinienzapfen. Sie bt mit den 
Ergänzungen zwei Par. Fuls, zwei und einen halben Zoll hoch. 



LXXXIII. 

Von der Gruppe dieser Kupfertafel gedaclite ich erst keine 
Abbildung zu geben, weil sie mir keine zu verdienen sdiien. 
0a sie aber mdmnals, nicht nur als ein schönes, sondeni auch 
als «n Beweb führendes Denkmal au%estellt worden ist, so 
liielt ich die Mittheilung derselben för nothwendig. 

Es war ein greiser Miisgriif des EjRg^nzers, den Körper des 

23 



L.kju,^uü i.y Google 



90 



Apoll mit der etwas besser erhaltmen zwdten Figur in Verbin- 
dung zu bringen tmd beide in eine Gmppe von Apoll und Mai^ 

syas zu vereinigen. Dieser erFiiidsaiiie j)hrygisclie König, dem 
der JS])ott «ler atlu'iiisdien SatyjiKei' iibler niilgrspielt liat *, als 
es irgend eiiieni merkwürdigen Manne, in tler Gescläclite bege^> 
net ist, ward dmcli sie zum Satyr erniedriget, aber nie zum 
Halbmenschen lierai>gewürdiget. In allen Marmoni, auf allm 
Gemälden und Climen, tme einzige ausgenommen, die Um 
mit Bodufuiseh darstellt» ersdidnt er mit MensdienfiUsen **. 
hxie Gemme bdfindet sich in Florenz ***. Ich gestehe aber, 
dafs ich gegen ihr Alter grofses MiTstrauen hege; da sich auf so 
vielen andern, auch der Stoschischen Sammlung, wenigstens 
der Beschreibung nach, keine ahnliche rindet; deini Winkel- 
mann würde die Bocksfüise schwerlich unbemerkt gelassen 
haben. Wie unsicher sich übrigens auf viele Gemmen bauen 
lüDit, ist bekannt. 

Unsere aus so vielen Stäc^n zusammengesetzte Gruppe 
kann ako ihre bishoige Benennung schwedidi behaupten. Der 

« 

Kopf ist abgebrochen gewesen; das Horn und das überhängende 
Haar ist aber nen, so wie der rechte Arm nebst dem Baum- 
stamm, und die Beine. Der zei brochne linke Arm hat ein neues 
Achselstück erhalten; die übrigen zerbrochenen Stücke sclieinen 

* AttA hi«rnter v«rw«iMich iwf dk & 5» in d«r Hok H^ifiihrM AUiuiaiaBg ixi 
Herrn Boürath BSttigcr. 

*• Mnn sehe ilas Museum Pia- CUiiiettt. Tmn.If^. und Tont. tab. 4; die Piiturr 
di llicohiuo r. I. lab. <-). T. II. Cah. iij. Monttinenti iiifditi I msie's Ctttninffue qf 

aneient mul motlem lietiis. l^oL II. IV. XXSll., die Lippei tsche Dakl^liolhek ii. s. w. 

*** Sie beiladet sich in der zweiten Lieferung der TabUaux, Statuts, BtunSefi et 
Camda dt bt Galerie de Fhmtet et du Mm PklL 



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t 



9« 

meist alt 7.» seyn. Dieser Ann ist, wie die Bewegung zeigi, auf 
den I\iu:kcii gelegt gewesen, und de r xordere I lieil desselben 
mit einem dirlit anliegenden Fell umschlagen. Ol) dieses ein- 
gesetzte Stück Ann dazu gehurt hat, kann nicht mit Gewifsheit 
bestiuuiit werden; doch scheint es so. Aber angenommen, dals 
es wirklich dazu gehört habe, so ist doch keine Spur vorliaDden, 
dafs dieser Anti angebunden g^esen. Auch der redite war es 
nicht, denn der Bnidi beweiset, dafs er zwar gehoben, aber 
mehr vorwärts gestreckt gewesen. Der Rüdien ist dergestalt 
serstöckt , dafs blos der oberste Theil desselben antik ist Die 
zerbi (»dienen Scheid. elsliicke bis zum modernen Ansätze sind 
aber alt, jedoch, wie die id)iigen idten I heile, ganz iiberarbei- 
tet. i3enkt man sich die sannntUchen Erg.mzungen hmweg, 
und betrachtet die Haltung des Kopfs, die Andeutung des geiio- 
benen Arms, und das Blinsehi der Augen, so bleibt ein Pan 
übrig, der viellacht auf einem erlulbenen Platze gestanden und 
die Hand vor das Gesicht gehalten, um etwas zu erspähen. 
Da(s Gt auf diese Weise gelnldet worden, ist bekannt Auch 
könnte man ihn vielleicht (tir einen lauschenden Paniscus neh- 
men, der das auf dem l\ii( ken haltende Fell, wenn es anders 
tlazu gebort, entwen<let hat. Am Apoll ist blos der Körper 
alt gewesen, aber die Hand des Erganzers Itat ihn ganz nioder- 
nisirt. \% ahrsciieinlich liat er einem Apoll angehört, der so 
eben die Dapiuic ereilt hat 

Dieses Stiidt ist aus der Sammlung des Prinzen QiigL Seine 
Höhe beträgt drei und einen halben Pariser Puls. Gezachnet 
ist es von Herrn Retzsdi und gestochen von Herrn StölzeL 



i_.iyu,^uu Ly Google 



98 



LXXXIV. 

Es sind mir keine Theatennasken bekannt, welclie edler dar- 
gt'ilelil waren, als sie sich anf vorliegendem Ba.siclK 1 hcfindcn. 
Die beiden einander gegenüber stehenden bezeichnen die Tra- 
gödie und Komödie, und die untere das satyiische Drama. Eis 
wird an diesor Vorstellung sehr deutlicli, dals sie nicht das 
Gesicht allÄn, sondern den ganzen Kopf überdeckten. 

Da die Schauspieler maskirt aufbraten, so bedurfte es aucti 
einer g^ofsai Mannichfaltij^eit in dea Larven, die dem Charak- 
ter jeder Rolle in Bildung und Ausdruck so vid als möglich 
angemessen waren. Daher finden wir hauptsächlich die komi- 
schen und satyiischen Lar\en in SO beträchtlicher Anzatil und 
von SD greiser Verschiedenheit. 

Die Entstehung der Lar\'en bei AufTührung der satynsrlien 
Dramen läfst sich leicht b^eifen, weil man ihrer zu Auffüh- 
rung lächerliche- Gestalten bedurfte^ Man sdieint sie aber 
überhaupt bequem gefunden zu haben, wdl mittebt demselben 
die Schauspieler, wenn sie selbige wechselten, in mehr als einer 
Rolle auftreten konnten, und weil die Verlarvung zugleich dne 
grölsere Dreistigkeit und Zügellosigkeit gestattete. Hiervon 
sclireliien sich auch wahrscheinlich die vielen grotesken und 
scheuislichcn Lan en hei , die sich aus dem Aiterthume, unter 
so mannichfaltiger Anwendung, erhalten haben. 

Dals die Larven in die Komödie übergingen, darf weniger 
wundem,' als dals sie sich in der Tragödie erhielt«i. "Weaa 
sie in den satyrischen Dramen, aus den angeführten Ursachen, 
bequem gefunden wurden, so mulsten ne in anderer Hinsicht^ 
sowohl für Sdiauspieler als Zuhörer, höchst unbequem seyn. 



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93 

Man hanii sich kuulu denken, dafs, wenn auch die Öffnung um 
deo Muud uodi so geräumig war, die Stimmen vemelimlicli 
genug gehört werden konnten; und wie viel j^ng nicht an Aus^ 
druck der Gesichtszüge verloren, da c|ie Larven, wenn sie audi, 
nach Erfordemib der Leidenschaften, mit Beibehaltung der 
Ähnlichkeit, noch so gut nüancirt wurden, doch nur bei Ver- 
iiiulening der Scenpii üjewecliselt werden konnten. Was nuin 
aid der « imcii Seile ilun i» I iiuschuiig j^ew innen wolllc, t^mg anf 
der andern wieder an natiuiichem Ausdruck verloren. Dem 
Clu>r waren sie, seiner Bestimmung nach, am angemessensten« 

Der bacdiisclie Ursprung derselben ist nicht zu verkennen. 
Sdbst auf unserm Basrelief, was die Larven ohne alle Beimi- 
schung von Attributen darstellt, muCs dar bartige Bacchus in 
seiner Travestirung, so wie Ariadne und Silen, sogleich in die 
Augen fjUen. Noch deutlicher aber wird ihre bacchische Ab- 
stammung dnrcli ein andres Basrelief erwiesen, anf wekliem 
zugleich der I hyrsus, der Syiinx, und Horner und Hüten < 
angebracht sind *. 

Beide Basreliefs kommen auch darin mit einander iiberein, 
dafs sie auf der Aückseite verwandte .G^enstände enthalten, 
welche die Bestimmung dieser doppelsatigen Vorstellungen 
rätliselluift madien. Auf dem unsrigen befindet sich sur Lin- 
ken ein unvollkommen ausgebildeter Mennes, der gleiclisam 
aus dem rohen Steine erst in die Menschengestalt nberzu gehen 
beginnt, nni euieni grolseii Fhalhis versehen, \on welchem - 
■/-wei Schellen herabhängen, und vor dii seni ein Satyrkopf, der 
ohngefalir zwei Diittheile der Lebensgröi&e hau Auf der Rück- 

* Muiee NapoUen. T.U. il«?. 

«4 



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94 



Seite jenes andern Basreliefs opfert ein Satyr in begeisterter Stel- 
lung eine Traube, und hinter ihm steht Hermes oder Merkur 
in völlig ausgebildeter Gestalt als xptaxos» 

Unsnr Basrdief y das schön gearbeitet und bis auf die Nasen- 
^tze der tragisclien Maske sehr gut erhalt»! ist, rührt aus d«r 
Gallerie Chigi her. Es ist bdnahe einen Parisar Fufs hoch und 
einen Fufs und fünf Viertel -Zoll breit; die Platte selbst aber 
nur einen halben Zoll dick. Herr Naeke hat die Zeichnung 
und Herr Gottschick den Stich davon besorgt. 



LXXXV. 

Die b^den Köpfe dieser Platte werden für ähnliche Portraite 
gdialten, und sind von guter Arbeit; doch ist in dieser Hin- 
sicht der untere, ungeachtet der neuen Nase, dem obem noch 

vor/,u/.i(!hen , obgleich dieser ihn (hircli die Sieiiiarl au Selten- 
heil iibertrifft, denn er ist aus rosso antko gearbeitet, und zwar 
als vollkommene Büste, wovon aber das Bruststück gröfsten- 
theils zertrümmert und in neuerer Z^t, um das Mangelhafte 
zu vetbeigien, mit ein«n Gewand von fMrdS» tmtim bel^ wor> 
den ist. Die Nase ist al^^rochen g^esen, scheint aber durch 
das nehmliche Stuck ergänzt wordoi sn seyn. Man halt diesen 
Kopf für das Bildnils des Ptolemaus Philaddphus, des zweiten 
Königs von Ägypten aus diesem Geschlechte, der Wissenschaf- 
ten und Künste pflegte, und durcli seinen Bihliof liekar, den 
Demetrius Phalereus, die berühmte liiblu^thek sanunleii liels. 
Das Diadem, was sich zwischen den künstlich gekräuselten 



oiyio^-L. i.y Google 



95 



Haaren hin/.ii^lit , scheint aus einem Reifen au bestehen, um 
welchen ein Band gewunden ist. Bcger, der diese Büste zuerst 
bekannt gemacht hat hält es für eine Kette, welcher Mei* 
nnng aber die UoDk Ansidit widei8|mcht. Der Kopf ist in 
natürlicher Grdlsey und befand nch vormals in dee Königliche 
PreuDnschen Sammlung. 

Der untere Kopf ist am weifsem Marmor, und wird für den 
Ptohnnäus Apion, Koiiifcf \<>ii Cyrene, gehahon. Er war ein 
Sohn des Ploleinaus Physcon, der Libyen und Cyrene besafs, 
und sicli zweimal Ägyptens bemeistert hatte, aber es, seiner 
. Grausamkeit w^;en, wieder verlor. Ptolemäus Apion erhielt 
aber nur Cyrene, was zwisdien Agyptm und Libyen lag, regierte 
daselbst g^gW zwansig Jahre, und vermachte, da er keine Eiben 
hinterliels, sein Königreich den Römern, die es aber für frei 
eiUarten. Den Beinamen Ajnon eihielt er w^jen seiner Magei^ 
keit, so wie sdn Vater von sdnem didien Baudie fhyscon be- 
nannt worden ist. 

Dieser Kopf ist ehenfalls in natiirlicher Gröfse und aus der 
Sammlung (]higi. Beide Höpfe sind von Herrn Naeke gezeicli« 
net und vou Herrn Gottschick gestochen. 



LXXXVI. 

Unter den vielen Statuen, welche theHs die Venus selbst, 

theils Bihhiissc \()rn< hni('r Frauen im (Charakter der Venus dar- 
stellen, ist die g( g( 11 w artige, die man fiigiich für die Göttiu 
* Ar jcr Tktimtr. Brwidenb. Tom. III. p. 3s6. 



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selbst nehmen hanii , v'uw der besten und wohleihaltensten. 
Die Hände und Fülse, welche man so selten unbescliädiget fin- 
det und so ungern vennifst, wenn sie ^nzlich felüen, sind 
zwar neu, aber man würde ne weniger bedauern, wenn nur die 
Nasenspitze erhalten -wäre, der^ ungeschickte Ergänzung der 
Schönheit und Anmutli des Kop& ungemein schadet; dam um 
die neue Spitze, welche zu klein gerathen war, dem antiken 
Bruch anzupassen, hat der elende Ergänzer die antike Ponn 
von (ier Stirn an ganz hinweg gefeih. Ohne diese Verunstal- 
tung wünle dieser Kopf unter die schönsten Venuskopfe gehö- 
ren. Der Körper ist überaus weich beliandelt, wie man > oi-ziig- 
lich an der Brust und den Oberarmen bonerkt, denn der Uur 
tedeib und einige andere Tbeile nnd von der retoucfairaiden 
Hand nicht gpinz verschont geblieben. Die Stellung sdbst ist 
natürlicher und f^£dliger, als sie an'mehrem ähnlidien Statuen 
wahrzunehmen ist, und fallt sehr angenehm in die Augen. Das 
mit dem Diadem umschlungene Haar ist hinten geknüpit und 
tlieist nachhissig den \ackpn hinab. Das Gewand, was von 
einem Baumsturz über che ^ierliclie Vase herabfallt, ist schön 
geworfen, und bis auf das oberste angesetzte Stückchen sehr 
gnt erhalten. 

Diese Statue ist aus der 8ch<m ofit angeführten Samnilun|^ 
und fünf Pariser Fufs, sechs Zoll hoch; sie muls daher zu dexk 
colossalai gerecimet werden. Herr Professor Matthäi hat die 
SLeichnung und Herr Kruger doi Stidi geliefert 



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LXXXVIl. 

Es ist dne betnichtficlie Anzahl jugendlicher Statuen von 
ausgebreiteten Körperformen auf unsere Zeiten gekommen, die 
man alle unter der Benennung Athleten zu begreifen pflegt. 
Hieninter sind also nicht blos Pankratiasten zu vei"stehen, son- 
dern junge Kämpfer überhaupt, sowohl im Ringen als in andern 
gymnastischen Übungen und Spielen. Körperliche Geschicklich- 
keit und Stärke, so wie Muth und Tapfnkeit, wurden dadurch 
beabuchtiget und enefgtf und vom Staate durch öIGmtliche 
Wettkampfe befördert und mit bleibendem Ruhm g^oront. 
Den Si^«rn in dea angeordneten Spielen, unter welchen die 
olym|»ischen die berühmtesten waren, wurden von dem Staate 
oder dem Orte, dem sie angehörten, Denkmäler zuerkannt, die 
in öffentlicher Aufstellung ihrer Statuen bestanden; und ein 
soldier Staat nahm an dem erlangten Ruhme seiner gekrönten 
jungen Bürger, deren Namen in ganz Gxiechenland bekannt 
wurden, immer selbst grofsen AnÜieiL 

Bei der öftem Wiederholung und Mannichfidti^ieit dieser 
Spiele durdi mehrere Jahrhunderte lundurch, mulsten sich 
natäriidi diese Ehrendenkmäler sehr anhäufen, und deswega^ 
konnten von der Menge derselben immer noch mehrere dem 
Untergang»' t Ml^«'h('n, als manche andere Gatt uiiiJ» !) von SiaiuLii, 
welche nicht in so grolser Anzahl vorhanden waren. Stammen 
auch nur wenige aus den schönern Zeiten der Kunst her, so 
wurden doch \ iele durch Copien und Nachbildungen erhalten, 
und blieben den Römern eben sowohl &n G^jenstand der Ach- 
tung als des Kunst-Studiums; audi wird man nicht irren, wenn 
man mehrere dersdben fiir römische Originale annimmt. 

«5 



98 

Die Statue, die so diesen Bemerkungen Gde^^hat ^eb^ 
ist unstreitig ein junger AtUet, den der Eigpinzer durch Hinzu« 
fiiguiig des Jagdhorns und Jagdsais in anen jugendlichen Mele*- 
ger verwandelt liat Die vom Ringen gebreitete Brust und vor- 
züglich das Haar, was den jungen Athleten gemein ist, beweisen 
es hinlänglich. Der Ko})!', an welchem blos tlic Xase gelillen 
hatte, ist abgebrochen gewesen, gehört aber dazu. Die Anne 
und ßeine sind glücklicher Weise, so wie es auf dem Kupfex^ 
blatte bemerkt wordran, von einer geschickten tiand ergänzt^ so 
dafs sie das Auge bei Betraditung der schönen antiken Fooneii 
nidit bdeidigen; denn alle alten Thdle, sdbst der RiidKen, 
sind von tre£Eticher Zeichnung und Behandlung. 

Wir haben diese Statue mit der Gallerie Chigi erhalten. Sie 
ist vier Pariser Fufs und etwas über fünf Zoll hoch. Gezeichnet 
hat sie HeiT Naeke und gestochen Herr Krüger. 



LXXXVIII. 

Ein anderer sdidner junger AtUet, den an gunstiges Schick- 
sal vor grdfsoi» Ventummelung bewahrt hat; denn aulser der 
Nase, der HaUte des rechten Vorderarms und dem ganzen lin- 
ken Vorderarm ist er vortrefflich erhalten. Der nehmliche Clia- 
rakter, der jenen bezeichnet, ist an diesem noch weniger zu 
verkennen. Man erblickt in ihm die jugendliche Krall mit aller 
Gewandlieit des Körpers verbunden. Die Formen sind durcli» 
gängig schön, und die Rückseite mit gleichem Fleilse behan- 
delt, wie es dne freistehende Statue^ die ffoca umgangm werden 



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99 



kann und von jeder Seite one interessante Ansicht gewiliren 
soll, eifordert 

In dem Wefke des Ar Hat hat man diese Statue Andnowt 

benannt , aber Kopf und Formen widersprcclien dieser Benen- 
nung. Andere Ijaben sie für eint n Discobolm j^elialten, welcher 
Meinung aber die ganze Bewegung entgegen steht. Wahr- 
scheinlich stellt sie einen jungen Ringer vor, der eben im Bcgiiff 
ist, Semen Gc^er anzugreifen, odor einen Sieger im Wettlau^ 
der das Signal zum Aufbruch erwartet. 

Es ist nidit bekannt, von wem diese Statue erkauft worden 
ist Ihre Höhe beträgt, ohne den Splint, der bei den Angaben 
der Höhen in diesem Weike nie in Betrachtung gezogen wox^ 
den, \\et Pariser Fufs und acht Zoll. Die Zeichnung ist von 
Herrn Nacke und der Stich v on Herrn Seiffert, 



LXXXIX. 

Keine Fabel der Alten bietet dem Dkhto' so rrichhaltigen 
Stoff zu einem ejnscben Gedicht^ wenn er Um zu benutzen und 
zu wählen verst^t, als die Fabd des Herkules. Viele seiner 

Thaten haben einen tiefen Sinn in ein dichterisches Gewand 
gehiillt. Das Wunderbare üb<'ililei(lot , dem hohen Allerthume 
gt'inals, die ausgezeichneten Thaten genialischer und kraftvoller 
Menschen, welche die ersten Beförderer der Cultur ihres Volks 
und dadurch Wolüthäter der Menschheit wurden. Dafs Muth 
und Tapferkeit neben allen übrige Tugenden ftir die höchsten 
galten, war dem Zustande der rohem Zeiten vollkommen ange- 



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messen, und bHeb auch io den folgenden, ab poUdsdier Giun^ 
Mtz der Staaten, der gemeine Maafsstab. Das indste Gute und 
Cultivirende, was nngewöbnlidie Menschen voUbrachten, wurde 
durch Kraft und Heldmmuth bewirkt. Solche Männer glänzp 
ten durch den erhöhten Ruf, den die Bewunderung verbreitet 
und die laoigciilaiidische ßilderspi.iclie mit Wiuidern ausge- 
schmiickl hatte, der Nachwelt als Heroen uud Halbgötter, und 
— sie waren es ihrem Zeitalter. 

Der hervorstechendste unter aUoi diesen Heroen ist Herku- 
leSb Mit seinen dgenen Thaten wurden die Thaten Anderer 
verwebt, und so erstand aus der Dunkelhett der Vorzeit ein 
hohes Ideal von Kraf^, Mutb und Tapferkeit, «was die Poesie 
zu pflegen und zur Gotterschaft zu erheben wulste. Als solches 
ward es auch für die Kunst das höchste Ideal menschlicher Kraft 
und Starke, nacli dessen plastischer Darstellung die grölslen 
Künstler strebten. Auch war es unstreitig, ungeachtet des freien 
Spielraums , den der erhabene Gegenstand dem genialischen 
Künstler darbot, eine der schwierigsten Kunstaufgaben. Ein 
Heros, der «nen wnthraden Stier tacgnah und mit sidk fort- 
schleppt, der einen fiudbtbaren Löwen in seinoi Armen erstickt, 
Aer den Cerbenis ohne WafiPen bezwingt, mnfs eine ungewöhn- 
liche Körperform haben, die jedoch den Charakter eines nadi- 
herigen Halbgotts, eines Sohns des Zeus, nicht entadeln durfte. 
Dieses Ideal, ohne die Grundzüge der Natur uiiheacJilet zu las- 
sen, bis zur höchsten, ins Ubermenschliclie greifenden Voll- 
kommenheit dai-zustellen , erforderte den schäifstcn Kunstblick, 
weil die Oberschreitung der Linie, die das Ideal selbst b^renzt^ 
in Canicatur ausarten mufste. Es sind uns nur zwei an^^ 



zeichnete Oantellungea des Herkules aus dem Altertiium übrig 
geblieben, der Famesische in Neapel und der berühmte Torso, 
der sich ilzt in Paris befindet. In jenem erscheint er, nach Win- 
kdmanns einsichtsvollen Bemerkungen, noch als menschlicher 
Heros, in diesem hingen schon im Zustande der Vergötterung. 
Es wäre üborfliissig , inicli hier auf eine Cliarakterisük dieses 
Ideals cin/.idassen, da sie Winkelniaiin , nach den \üiiiandenen 
Werken, in seiner Geschichte der Kunst aufgestellt hat. 

Herkules gab den Künstlern den reichhaltigsten Stoff zu 
Bildwerken aller Art, und vor finden ihn dalier niclit blos in 
dem vollen Alter männlicher Kraft, sondern auch als Kind und 
Jüngling dargestdlt.' Als Kind sehen wir ihn hier, wie er die 
Schlangeil erdruckt, wddie Here oder Juno, die ilm von Kmd* 
h«t auf verfolgte, uider ihn abgeschickt hatte. Er verrichtet 

diese That, als wenn es ein Spichs erli vsäi'e. Sein Körper zeich* 
net Um daher, jener Handlung geniiils, in drölse und Form 
vor andern Knaben aus, uaj enthält bereits die ganze Anlage 
seiner künfiigen Entwicklung. 

Der Kopf, an wdchem Nase und Kinn beschädiget sind, ist 
abgebrochen gewesen. IXe Hälfte des reditoi Arms und die 
Hälfte des linken Vorderarms, so wie der rechte Fuls und ^e 
vordere Hälfte des linken, sind neu. Der unkundige Eigänzer, 
der den ihm unbekannten Knaben nicht ganz unbeschäfiiget 
lassen wollte, hat ihm in die linke Hand, statt der fehieiideit 
Schlangen, einen Fisch gegeben. 

Das Stuck ist aus der Sammlung des Prinzen Chigi, und einen 
Pariser Fnls, vier /.oll hoch. Gezeiclmet hat es Herr Retzscli 
und gestochen Herr Gottschick. 

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xc. 

Hier et-sclieint Herkules in JungUngsgestalt, Sein Körpor 
hat noch nicht die Ausarbeitung, die stazke Hervortretnng der 
Muskeln, die ilin nach oner Rdhe vollbrachter Thaten im ge- 
reiften tnännlidien Alter charakterisirt, in wdlchem wir ihn am 
häufigsten dai-gestellt finden; aber es ist bereits in ihm angedeu* 
tet, was er nach seiner Vollendung seyn wird. Alle Fonnen 
desselben \ erkündigen das Daseyn einer Kraft, die erst im 
Begrifl ist, ihnen durch angestrengten Gebrauch derselben die 
völlige Ausbildung zu geben, welche er nach vollbraclUen Hel- 
dentbaten erlangt und die ihn über die gewölinliche Menschhat 
erhebt. Aucli ohne Kopf und ohne die Attribute zur Sate 
wurde man dieses Weik für den jung» Hokules eriwnnen, 
denn jede andere jugendliche Form würde man in ihm ab vei^ 
fehlt betrachten müssen; und zur* reifem Männlidikdt mangelt 
ihm wieder die gehörige Bestimmtheit und Festigkeit. Ohne 
die Statue für unerheblich zu erklären, möchte ich sie für (Ue 
Nachbildung einer bessern halten, in welcher der beabsichtigte 
Charakter niclit ganz verloren gehen konnte. 

Der Kopf ist alt gewesen, und besser als die übrigen Theile, 
aber die g^nzhche Überarbeitung desselben giebt ihm em völlig 
modernes Ansehen. Anch ist er ein wenig zu grofs,«um dieser 
Statue angdiört zu haben. Der rechte Arm, die vordere Hälfte 
des linken, das rechte Bein und ein Seitenstudt des linken Fu£ms 
nebst einigen Zeilen nnd neu. Die ganzen Attribute hingegen 
sind all. Die knotige Keule, mit der Haut des Citharouischen 
Löwen fast ganz bedeckt, ruht neben dem Fufse auf einem 
Stierkopfe, der entweder auf seinen Sieg über den als Stier 



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verwandelten Fliil'sgoii Achelous odo: auf die Beswingui^ des 
wuth«iden Stieis anspielt. . 

Diese Statue ist aus der ndimltcheii Sammlung, und nur di« 
Pariser FWs hodu Sie ut von Horn Naclie gezeidmet und von 
Herrn Stölzel gestodien. 



XCI. 

Als gereifter Mann ist Herkules in gegenwärtiger Statue dar> 
gestellt, ^e nicht ganz ohne Verdienste ist. Um Formen, wie 
ne ihm gebühren, charakteristisch genug zu bilden, wird die 
gehörige Gr&fse erfordert, die sie nidit hat Bd einem verjüng- 
ten Maafsstabe muls das Veihältnils des Mudidspiels immer 
verletzt werden. Man verkleinere den Torso, und man wird 
sehen, wie \iel von dem, was an ihm bewundert wird, verloren 
geht. Man denke sich dagegen vNieder in einer kleinern Copie, 
in welcher man den Charakter des Originals möglichst aussu" 
drücken gesudit luit, die Muskeln mit der Figur in gleichem 
V^^ältniCi vergröfsMTt — > welch eine Canicatur wird dann vor 
uns sdiweben. Hier kömmt es also nicht auf ein blolses Ver* 
hältnils der Haupttheile an, wie etwa bei einer colosssiW Venus, 
die zwar in der Nähe weniger gefällt, ab«- von einem ent£emteii 
Standpunkte sich zur natürlichen Gröfse verjüngt. Gewisse 
Gegenstände können nur hei einem angemessenen Maolsstahe 
in möglichster \ Ollkonunenheit dargestrlh werden. 

Hals, Ohr und Haare, wie sie dem Heikules gchtihren, sind 
an unserer Statue ziemlich gut charakterinrt. Die Haut des 



104 

liöwenkopts ist über clas Haiij)t gezogen, und die Klauen sind 
auf der Brust über einander geknüpft. Der übrige Thell ist auf 
dem Rücken nach der linkea Seite gewendet und über den lin- 
ken Arm geschlagen. Neu sind die Nasenspitze, der rechte Arm, 
«Ue linke Hand nebst dem untern Hieil der Keule, und beide 
Beine von der Hälfte d^ Schenkel an. 

Dieses Stuck ist in Rom aus den Händen eines Privatmanns 
gekauft worden, und mit den Ergänzungen drei Pariser Fuls, 
neun und einen halben Zoll hoch. Die Zeichnung ist von Herrn 
Aetzsch und der Stich von Herrn Krüger. 



XCII. 

Ich beschliefse diesen Band mit vier antikoi Fresco-Gemäl- 
den, die aus Mauern der alten versunkenen Stadt Antiiim ge- 

schnitltii sind. Die Farl)en derselben sind freilich erbleicht, 
doch kann man die Gegenstände noch deutlich erkennen, und 
mit Wasser überfeuchlet, erheben sie sich etwas frischer aus 
dem Kalk. 

Über die Malerei der Altm haben wir noch immer keine 
genügenden AufiMhlüsse, was audi bisher darüber geschrieben 
worden. Gans neuerlich ist der Anfang eines Werks übor die 
Malerei Aar Griechen erschienen *, aber die Ansichten des Vei^ 
Gusers lassen sich erst in der Fortsetzung erwarten. 

* Die Malerei der GrieclieD, oder Entelthuiift Foitaduittt ToHoulutig vaA 
Verfall der Malerei. £bi Versuch von Joha DB Jeeolk Grund. EnlerltmL JhtMoi 
in der Wallhenchen Hofbuchhandlnnf. igio. 



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»05 



Von der dgentfidien enkaustischen Mtdera, von der wir 
wohl me «nen voUkomnmen B^frifF «rhalten werden, weil ridi 
keine Gemälde dieser Art bis aiif nnsere Zeiten erhalten haben, 

kann bei Eriorschung der PVesco- Malerei kaum die Rede seyii, 
denn weder die Methode des Eiiibreiinens der Farben, noch das 
Malen mit flüssigeni W achs sind liierbei für anwendbar zu hai- 
ten. Von den altem ^echischen Mauer- Gemälden können wir 
um 80 weniger uxtbeilen, da ynt selbst über die spätwn, von 
denen sidi doch eine raemliche Anzahl eihalten hal^ noch nidit • 
im Kbren sind. Nach den darüber angestellten Bemerkungen 
lassen sich dreieiiei Arten von FVesco-Malerei unter den Römern 
annehmen; die Methode' auf frischen Kalk zu malen, wozu die 
meisten noch vorhand( mcm (icniähle gehören; die Maieroi auf 
trocknen Kalk; und endlicli eine niclit zu nennende und nicht 
zu erklärende Manier, die, nach dem Plinius, in viermaliger 
Auftragung der Faiben bestand, und die man In einigen Gemäl* 
den zu finden gi^;laubt -hait, auf welchen der ndmüiche Gegen» 
stand ab viermal über einander g^schiditet angoiommen wird, 
ohne dals davon eine deutliche Erklärung gegeben worden. 
Man hat nehmüch Gemülde oitdeckt, von welchen ziemlich 
starke Stucke der Oberflache abgestofsen worden, und die unter 

denselben noch ganx den iirhnilicheii Gegenstand enthalten 
haben, so dals das Geniiilde Ininiei \ollsiän(lig gi'hlieben ist. 
Diese Manier ist, der Besclueibung nacii, mit einer tiei ( iiuliin- 
genden Heizung zu vergleiclier) ; denn dals ein Gemälde wieder 
gedeckt und auf diese Weise, mit viermaliger Wiederholung, 
immer wieder aufgetrag«! worden sei, wie Einige gelobt 
haben, lälst sich doch schwerlich annehmen. Wollte man aber 

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eine Art von Bdzung vermuthen, so mulste ae in horizontaler 
Richtung beweilistelUg^, und der gebeizte KaDdcuchen alsdann 
ent in die Mauer dng^tzt und mit derselben Best verbunden 
wmrden seyn. 

Unsere Gemälde gehören walirscheinlicli zur ersten odei 
zweiten Galtniii^. Die Dauer dieser Malerei sLheint hauptsäch- 
lich von der bessern und weit fcincrn Zubereitung und einer uiis 
unbekannten Mischung des Kalks hei'zuri'ihren , in welchen die 
• Farben tiefer eindrangen und fester gehalten wurden, so dafis 
sie von manchen Ganälden kaum abgeschabt werden können. 
Wahrscheinlich wurde die obere Kalklage, die gewöhnlich weit 
feiner ist, mit Gips vermischt. 

Der G^enstand des ersten Gemildes ist Heikules, der die 
Alceste seinem Freunde Admet aus der Unterwelt wieder z;iifiihrt. 
Die Deniuth und Schiichternheit, mit der sie, den lichtgnuien 
Ölzweig in der Linken, in die Überwelt zurückkehrt, ist selu: 
glücklich ausgedrückt. Ungeachtet Herkules verhältnifsmäDrig 
«n wenig zu kurz ist, so verdient doch die Zeichnni^ sdbst, 
so wie die Draperie der Alceste, vides Lob. 

Die Grundfiurbe, in welcher Herkules gehalten, ist braun- 
rolh, die Löwenhaut bräunUdi und die Keule grunlidi''gnM]. 
Alcestens Gewand scheint wofslich oder vielmehr peiUarbig, 
und mit einem röthlichen Braun, ohngefäiu" im Ton der Sepia, 
schattirt gewesen zu seyn. Das Ganze ist mit einer dunkelgrü- 
nen Einfassung umgeben. 

Dieses Gemälde ist einen Pariser Fufs, ^ier und einen halben 
Zoll hoch, und dnen Fuls und fast eilf Zoll breit. Gezeichnet 
ist es von H. Pk'ofessor Matthai und gestodien von H. Sdffiot. 



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107 



XCIII. 

Das zweite Gemälde ist eine puitheistische Vorstdlung, ein 
Bild, das mehrere Gotdieiten za^dch in ach begreift, und sich 
hauptsächlich auf die grofse Göttin Cybele berieht, mit welcher 

auch die Figur in Stellung der Füfse viele Ähnliclikeit hat. Es ist 
ein lichliclics und scliön (hapird s Filld der Diana mit dem Haih- 
raondc auf dem H.iu[»te, nach vveiclieui sie gewöhnlich Luna be- 
nannt wird. In der Rechten hält sie eine Scheibe, unter weiclusr 
man, der Vorstellung der Alten gemäls, die Erdscheibe b^nif^ 
und in der Linken die Lyra, die sich auf den Phöbus oder Apollo 
bezieht. Diese Attribute sdieinen also Sonne, Mond and Erde 
2U bezeichnen, und die erhabene Mutter Natur zu charakterin* 
reu, zu deren Vorstellung l^ana die treffendsten Grundzüge lielu 
Sic steht auf einem säulenartigen, mit Arabesken verzierten Piede- 
stal in einer Art von l\alunen, der auf eine /,ockc gestellt ist, unter 
welcher sich wieder eine Verzierung befindet. Ihr Gewand bt 
grünlich- weif s und mit einem rötlilichen Braun schattirt. Die 
innere Einfassung des Rahmens ist ochergelb, die äufserc licht- 
griin, und die Linie, die sie scheidet, dunkelgrün. Von letzt* 
genannter Farbe ist auch der WürfSd, auf dem sie steht; das 
IHedestal aber ist lichtgrun, und die Arabeske ocharlnrbig mit 
dunkler Schattirang. Die Zocke ist schmutzig -gelb, die runde 
Verzierung an derselben lichtroth , die Einfassung lichtgrün und 
die Linien (huuntri siiul iluiilu 1 liociuoth und braun. Das ge- 
iheille Feld der unlci ii V ciziennig hat einen schnuitzigeii braun- 
gelben I on und der Kanun in demselben ist dunkelbraun; das 
unterste Feld bt grau-grün, die bogenartige Verzierung dunkel- 
grün, und die unterste Linie etwas dunkler ab das Feld* So 



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cnchemen wenigstens die Farben noch iizt, ungeachtet die Zu- 
sammenadminung ihm wahrai Töne schwalich goiau aiug^ 
dnidit werden möchte^ 

Dieses Gemälde ist swei Psnser vier Zoll hodi, und 
einen Fufs, zwei ZoH brat. Zeichnung und Stidi sind von den 
nehmfidien Kfinsdem. 



XCIV. 

Das dritte und vierte Gemälde sind zwei verzierte Larven, wo- 
von wenigstens die untere su den tragischen gehört, wenn man 
auch anstdien wollte, die obere dafür zu nehmen, deren Ausdradi 
mehr Grauen und Furcht als Schredi^iHi bezeidinet, welches aus 
der untern, die unedle gedadit ist, harvorl^ichtet. Übrigens darf 
man bei Verzieningen dieser Art, welche flüchtig und ohne grofse 
Genauigkeit gen»aclit sind, es nicht so genau nehmen und grofse 
B<'d(Hitung ilarin suchen. Die ohci c Maske ist mit Bandern und 
Epheu oder Weinblattern geziert, und hinler ilir ist ein nnisicali- 
sches Horn angebracht. Am untern erblickt man ein anderes Ge- 
zweig, und aufser Dingen, die sicli nicht bestimmen lassen, den 
Griff von einem Dolche. Beide sind zionlidi lacht und fluchtig 
hingeworfien, aber nicht ohne Kunst dargestellt. Die Local&rb^ 
in der sie gehalten sind, ist gelb, die Lichter sind mit Weifs auf- 
getragen , und die Vertiefungen dunkelroth. Sie sind beide von 
gleicher Grölse: neun und einen halben Zoll hoch und zehen 
ZroU breit. Auch diese sind von den nehndichcn Küiutlern. 



ENDE DES ZWEITEN BANDES. 



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